Zeitschrift für Psychologie: Band 186, Heft 1 1978 [Reprint 2021 ed.]
 9783112579800, 9783112579794

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Band 186 (1978)

Heft 1

Zeitschrift für Psychologie mit Zeitschrift für angewandte Psychologie

Schriftleitung Friedhart Klix, Berlin • H a n s - D i e t e r Schmidt, Berlin • Hubert Sydow, Berlin Redaktion:

Jürgen Mehl, Berlin • Friedrich Kukla, Berlin

Unter Mitwirkung

von

C. Clauß, Leipzig H. Düker, Marburg H.-J. Eysenck, London P. Fraisse, Paris J. J. Gibson, Ithaca, N. Y. W. Hacker, Dresden J. Helm, Berlin H. Hiebsch, Jena A. Kossakowski, Berlin D. Koväc, Bratislava

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A. N. Leontjew, Moskau B. F. Lomow, Moskau D. A. Oschanin, Moskau J. Piaget, Genf H. D. Rösler, Rostock W. P. Sintschenko, Moskau W. Straub, Dresden M. Vorwerg, Leipzig D. Wendt, Hamburg

Z. Psychol.

EVP 12,50 M je Heft

JOHANN AMBROSIUS BARTH

LEIPZIG

INHALT LOMOW, B. F. (Moskau). Über Entwicklungsstand und Perspektiven der psychologischen Wissenschaft in der UdSSR KLIX, F. (Berlin). On the representation of semantic information in human long-termmemory. With 9 figures K L I X , F . , and Elke van der M E E R (Berlin). Analogical reasoning — an approach to cognitive microprocesses as well as to intelligence performance. With 8 figures HOFFMANN, J . , and F . K L I X (Berlin). Process and structure in sentence verification tasks. With 14 figures BLUTNER, R. (Berlin). Solving problems about incomplete relational structures. With 2 figures HAGENDORF, H . (Berlin). On the acquisition of structures in problem solving processes. With 2 figures and W . F R E I E R (Berlin). Identification of strategies and chronometric analysis of problem solving processes. With 2 figures K R A U S E , W . (Berlin). Determination of internal representation of a decision structure in human problem solving by means of eye movement measurements. With 6 figures . . . KRAUSE, B. (Berlin). Semanlic components in processes of representing and solving a problem. With 6 figures

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26 39 48 58 64

HAGENDORF, H . H . SYDOW

70 75 82

FENK, A. (Klagenfurt). Langsame Hirnpotentiale bei verschieden strukturierten Aufgaben. Mit 6 Abbildungen 89 KEILER, P., und V. SCHURIG. (Berlin-[West]). Einige Grundlagenprobleme der Naturgeschichte des Lernens I 113 Buchbesprechungen 142

Manuskripte für Originalabhandlungenund R e f e r a t e wer den an Dr. J. Mehl. Sektion Psychologie der Humboldt-Universität, DDR —102 Rerlin, Oranienburger Str. 18, erbeten. Für diese Zeitschrift werden grundsätzlich nur Arbeiten angenommen, die vorher weder im Inland noch im AusIaud veröffentlicht worden sind. Das Manuskript ist satzfertig einzusenden, damit das Lesen der Korrektur bei Zeitmangel von der Redaktion veranlaßt werden kann. Jede Abhandlung ist mit einer kurzen Zusammenfassung in 3facher Anfertigung für die Übersetzung in russischer und englischer Sprache abzuschließen. Mit der Annahme des Manuskriptes und seiner Veröffentlichung geht das alleinige Recht der Vervielfältigung, Verbreitung und Übersetzung auf den Verlag über. Von Originalarbeiten liefert der Verlag an Stelle eines Honorars 50 Sonderdrucke. Buchbesprechungen werden nicht vergütet, dafür wird das Besprechungsexemplar Eigentum des Referenten. Der Rezugspreis beträgt für den Band mit 4 Heften 50,— M zuzüglich Postgebühren. Bestellungen nehmen entgegen: Der gesamte Buch- und Zeitschriftenhandel. Die Lieferung erfolgt bis zur Abbestellung, die nur für das Ende eines Bandes ausgesprochen werden kann. Adresse des Verlages: Johann Ambrosius Barth, DDR —701 Leipzig, Salomonstr. 18b, Postfach 109, Ruf 29 52 45. Anzeigen werden erbeten an DEWAG LEIPZIG (Inland), DDR — 705 Leipzig, Oststr. 105, Ruf 7 97 43 03; InterwerbungGmbH (Ausland), D D R - 104 Berlin, Tucholskystr. 40, Ruf 282 51 96. Für die Anzeigenpreise gelten die Festlegungen gemäß Preiskatalog Nr. 286/1 vom 1. 7. 1975.

ZEITSCHRIFT FÜR

PSYCHOLOGIE

Band 186,1978

Heftl Band 92

mit Zeitschrift iilr angewandte Psychologie

Über Entwicklungsstand und Perspektiven der psychologischen Wissenschaft in der U d S S R 1 Von B. F.

LOMOW

Der V. Kongreß der Gesellschaft für Psychologie der U d S S R findet in einer bedeutsamen Zeit statt. Das ganze Land bereitete sich auf eine Würdigung des 60. Jahrestages der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution vor, die das Hauptereignis des 20. Jahrhunderts war und den Gang der Entwicklung der Menschheit grundlegend veränderte. In den 60 Jahren, die seit der Oktoberrevolution vergangen sind, wurde in unserem Land eine entwickelte sozialistische Gesellschaft aufgebaut, deren Grundzüge echte Demokratie, wirkliche Freiheit der Persönlichkeit, realer Humanismus und sozialer Optimismus sind. Durch diese Züge werden auch-Ziele und Aufgaben der sowjetischen Wissenschaft bestimmt. Im System moderner wissenschaftlicher Erkenntnisse gewinnt die Psychologie ständig an Bedeutung. Als führendes Wissenschaftsgebiet bei der Erforschung des Menschen wird die Psychologie heute in die Lösung sowohl vieler Grundlagenals auch angewandter Probleme, die in der Praxis des Aufbaus des Kommunismus entstehen, einbezogen. Man kann die Rolle, die die Große Sozialistische Oktoberrevolution in der Entwicklung der Psychologie als Wissenschaft gespielt hat und noch spielt, nicht hoch genug einschätzen. Bekanntlich war die offizielle Psychologie, die den Interessen der herrschenden Klassen diente, im vorrevolutionären Rußland eng mit der idealistischen Philosophie verbunden, was die Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Natur psychischer Erscheinungen hemmte. Eine materialistische, d. h. echt wissenschaftliche Entwicklungslinie in der Psychologie wurde unter den Bedingungen des zaristischen Rußland nicht verfolgt, sondern vielmehr unterdrückt. Die Oktoberrevolution veränderte entscheidend die Situation. Sie eröffnete gerade für eine materialistische Psychologie breite Entwicklungsmöglichkeiten. Erinnern wir uns der zwanziger Jahre. Das war eine Periode schärfsten K a m p f e s auf dem Gebiet philosophischer, methodologischer und allgemeintheoretischer 1

Referat, gehalten auf der Plenarsitzung des .V. Kongresses der Gesellschaft für Psychologie

der U d S S R . — Ü b e r s e t z u n g a u s d e m R u s s i s c h e n v o n SYLVIA KÜHNE.

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Probleme der Psychologie. Führende Psychologen der damaligen Zeit äußerten scharfe Kritik an den idealistischen Konzeptionen in der Psychologie, zeigten ihre wissenschaftliche Unhaltbarkeit und wiesen die Bedeutung des Marxismus-Leninismus für die Entwicklung der Psychologie als Wissenschaft nach (P. P. Blonski „Reform der Wissenschaft", 1920; K. N. KORNILOW „Psychologie und Marxismus", 1923; „Die dialektische Methode in der Psychologie", 1925). Großen Einfluß auf die Entwicklung materialistischer Positionen unserer Wissenschaft hatten die Arbeiten hervorragender Naturforscher wie I. P. Pawlow, W. M. Bechterew, A. A. Uchtomski, A. K. Timirjasew, N. A. Sewerzew u. a. Es muß festgestellt werden, daß einige ausländische Historiker der sowjetischen Psychologie die zwanziger Jahre so darzustellen, als ob es. sich hier um eine gewaltsame Einführung des Marxismus in die Psychologie gehandelt habe. Diese Versuche verzerren jedoch die tatsächliche Lage der Dinge. Die Aufgabe der Beherrschung der materialistischen Dialektik wurde von der Logik der Entwicklung der Psychologie selbst, von ihren inneren Bedürfnissen diktiert, Schon vor der Revolution war vielen fortschrittlichen Wissenschaftlern klar, daß Idealismus und Metaphysik die Psychologie in eine Sackgasse führen, daß sie ihre progressive Entwicklung einschränken. Nicht ohne Grund sahen sie deshalb in der Oktoberrevolution ein Ereignis, das die Psychologie von den Fesseln der idealistischen Philosophie befreit und Wege ihrer Entwicklung zu einer wirklichen Wissenschaft eröffnet. Es ist besonders wichtig zu unterstreichen, daß der Marxismus zum erstenmal in der Geschichte wissenschaftlichen Denkens eine konsequent wissenschaftliche Erklärung gesellschaftlicher Erscheinungen gab und die Entwicklungsgesetze der Gesellschaft aufdeckte. Damit war eine reale Grundlage für eine streng wissenschaftliche Erforschung der spezifisch menschlichen Eigenschaften der Psyche, des Ursprungs und der Entwicklung des Bewußtseins, der Determinanten der .psychischen Entwicklung des Menschen und des psychologischen Charakters der Persönlichkeit geschaffen. Die Psychologie, die sich in ihrer Entwicklung nur auf die Naturwissenschaften stützte, kannte nicht Wege und Methoden der Erforschung von Gesetzen der gesellschaftlich-historischen Entwicklung des Menschen, des psychologischen Charakters der Persönlichkeit. Erst durch die Aneignung des historischen Materialismus erhielt sie die Möglichkeit der Bestimmung dieser Wege und der Entwicklung streng wissenschaftlicher Methoden der Erforschung psychischer Erscheinungen des Menschen in ihrer ganzen Breite und Vielfalt. Die Herausbildung methodologischer und allgemeintheoretischer Positionen der sowjetischen Psychologie auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus vollzog sich in einer scharfen Auseinandersetzung mit den damals modernen Strömungen in der ausländischen Psychologie: dem Behaviorismus, der Psychoanalyse, phänomenologischen, positivistischen, biologistischen und soziologistischen Konzeptionen. Man muß sagen, daß die Kritik der aufgeführten Strömungen und Konzeptionen, die die sowjetischen Psychologen vor einem halben Jahrhundert übten, jetzt auch

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von fortschrittlichen Wissenschaftlern westlicher Länder begonnen wird. Es wird immer deutlicher, daß ein Ausweg aus der Krise, die die psychologische Theorie in den westlichen Ländern durchmacht, nur auf dem Wege der Aneignung des dialektischen und historischen Materialismus möglich ist. Aber die Oktoberrevolution gewährleistete nicht nur die Möglichkeit einer E n t wicklung der Theorie der Psychologie auf der Grundlage einer konsequent materialistischen Philosophie. Die sowjetische Psychologie entwickelte sich unter den Bedingungen einer grundlegenden Umgestaltung der Gesellschaft, unter den Bedingungen der Herausbildung eines neuen Typs gesellschaftlicher Verhältnisse und eines neuen Menschen. Ihre Positionen entstanden auf der Grundlage der Untersuchung der Entwicklung des Menschen unter neuen sozialen Bedingungen, in untrennbarer Verbindung mit der revolutionär-umgestaltenden Praxis des Aufbaus einer Gesellschaft sozialer Gleichheit, die die Vorstellungen über den Menschen, wie sie in der Klassengesellschaft entstanden waren und den Interessen der herrschenden Klassen dienten, zunichte machte. Die revolutionäre Praxis, die die Gesellschaft umgestaltete, zeigte die Unhaltbarkeit in den kapitalistischen Ländern verbreiteter psychologischer Konzeptionen. Nehmen wir zum Beispiel die behavioristische Konzeption, die behauptet, daß das Verhalten des Menschen nach dem „Reiz-Reaktions-Prinzip" funktioniert, daß es völlig der Umwelt untergeordnet ist. Von diesem S t a n d p u n k t aus ist es nicht möglich, die Quellen der Aktivität des Menschen, seiner zielgerichteten bewußten Tätigkeit zu verstehen. Die revolutionäre Aktivität, die auf die Umgestaltung der Gesellschaft gerichtet war und in sich breite Schichten der Werktätigen vereinte, widerlegte das Paradigma des Behaviorismus nicht in der Theorie, sondern in der Praxis. Dasselbe Schicksal ereilte auch Konzeptionen, die eine genetische Beschränktheit der geistigen Entwicklung bestimmter Kategorien von Menschen — Klassen, Nationalitäten und Rassen behaupteten. Die Revolution zeigte in der Praxis, daß wirkliche Einschränkungen durch Klassen — und andere Schranken und nicht durch die Genetik des Menschen erzeugt werden. Sie zerbrach diese Schranken und öffnete einen breiten Weg für die Entwicklung eines jeden Menschen. Die Realisierung der Prinzipien sozialer Gleichheit und des Internationalismus zeigte die Unhaltbarkeit jener Konzeptionen, die behaupteten, daß Talent einer Elite eigen ist, die angeblich von Natur aus über den Volksmassen steht. Die revolutionär-umgestaltende Praxis widerlegte auch die These der Psychoanalyse über den ursprünglichen Antagonismus von Persönlichkeit und Gesellschaft sowie die Behauptung einiger Psychologen über den Egoismus als naturgegebene Eigenschaft des Menschen, die sich aus dem biologischen Prinzip des Existenzkampfes ergibt. Die Erfahrung beim Aufbau des Sozialismus bestätigte die These von Karl Marx, daß „das Individuum nur im Kollektiv die Mittel erhält, die ihm eine allseitige E n t wicklung seiner Anlagen ermöglichen und folglich nur im Kollektiv die persönliche Freiheit möglich ist" (Marx und Engels, Bd. 3, S. 75). Die Entwicklung des kollek-

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tiven Elements in den Beziehungen der Menschen untereinander zeigte, daß der Egoismus eine soziale und keine biologische Erscheinung ist. Damit schufen die Oktoberrevolution und der Aufbau der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in unserem Land nicht nur neue Möglichkeiten für die Entwicklung der psychologischen Wissenschaft. Im Prozeß der revolutionär-umgestal-tenden Praxis veränderte sich auch jene Realität, die die Psychologie untersucht — der Mensch, das H a u p t o b j e k t psychologischer Forschung. Gemeint ist natürlich nur die Veränderung der psychologischen Eigenschaften, deren Basis die gesellschaftlichen Verhältnisse sind. Selbstverständlich wäre es naiv zu behaupten, daß diese Veränderungen alle psychischen Prozesse, Funktionen, Zustände und Eigenschaften und erst recht ihre neuropfiysiologischen Grundlagen betreffen (obwohl es bekanntlich in der Geschichte der sowjetischen Psychologie auch solche Versuche gegeben hat). Der Marxismus erarbeitete eine materialistische Lehre von der menschlichen Tätigkeit, der Rolle der Arbeit bei der Entstehung und Entwicklung des Menschen, der gesellschaftlich-historischen Bedingtheit der Entwicklung des Bewußtseins (sowohl des gesellschaftlichen als auch des individuellen) und den Wechselbeziehungen zwischen Persönlichkeit und Gesellschaft. Diese Lehre lag den Prinzipien der sowjetischen Psychologie zugrunde, die ihre Problematik, Herangehensweisen und Untersuchungsmethoden bestimmten. Die Realisierung dieser grundlegenden Prinzipien in konkreten Untersuchungen erwies sich als ergebnisreich. Gemeint sind vor allem die Betrachtung psychischer Erscheinungen im Lichte der Leninschen Widerspiegelungstheorie, die Anwendung der marxistisch-leninistischen Lehre von der Tätigkeit als Grundform der Existenz 'des Menschen bei der Untersuchung seiner Psyche, die Analyse der gesellschaftlich historischen Bedingtheit des Bewußtseins und die Erforschung der materiellen Grundlagen der Psyche. In der sowjetischen Psychologie entstand eine Reihe von Richtungen und Schulen, die einen wesentlichen Beitrag zur psychologischen Wissenschaft leisteten. Die Namen solcher hervorragenden Psyc h o l o g e n w i e B . G . ANANJEW, W . L . S . ' WYGOTSKI,

M . BECHTEREW, M . J . BASOW, P . P . BLONSKI,

K . N . KORNILOW,

S. W .

KÄAWKOW,

N. I.

LADYGINA-KOTS,

W . N . MJASSISCHTSCHEW, W . D . NEBYLIZYN, S . L . R U B I N S T E I N , B . M . TEPLOW,

N. D. USNADSE, P. A. ScHEWAREW werden für immer in der Geschichte der sowjetischen Psychologie bewahrt. Eine große Rolle bei der Herausbildung und Entwicklung der sowjetischen Psychologie in den Unionsrepubliken spielten die Arbeiten v o n P . I . SINTSCHENKO u n d P . R . TSCHAMATA ( U k r a i n e ) , P . I . IWANOW ( U s b e k i s t a n ) , M . A . MASMANJAN

(Armenien),

K . A . RAMUL

(Estland)

und

I. T.

BSHALAWA

(Georgien). Die ältere Generation sowjetischer Psychologen W. A. ARTJOMOW, D. N. BOGOJAWLENSKI, L . I . BOSHOWITSCH, L . J . G A I P E R I N , N . F . D O B R Y N I N , N . I . S H I N K I N , A. W .

SAPOROSHEZ, B . W .

ZEIGARNTK, G . S . K O S T J U K , A . N . L E O N T J E W , A . R .

LTJRIA, A . A . LJTTBLINSKAJA, N . A . MENTSCHINSKAJA, W . S . M E R L I N , R . G .

NA-

TADSE, K . K . PLATONOW, A . S . PRANGISCHWILI, A . Z . P I J N I , P . A . RUDNXK, A . M .

SMIRNOW, D . G . ET.KTN, D . B . ELKONIN b e w a h r t die T r a d i t i o n e n d e r s o w j e t i s c h e n

B. F. LOMOW, Entwicklungsstand und Perspektiven in der U d S S R

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Psychologie, indem sie die mittlere und junge Generation sorgsam im Geiste dieser Traditionen erzieht. Die Grundlagen der sowjetischen Psychologie, die durch die kollektiven Anstrengungen vieler Wissenschaftler gelegt wurden, bestimmten die Wege ihrer Weiterentwicklung. Die Funktionen der psychologischen Wissenschaft in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft In der entwickelten sozialistischen Gesellschaft ist die Psychologie wie auch alle anderen Wissenschaftsgebiete völlig in den Dienst des arbeitenden Menschen gestellt. Und darin sieht sie auch ihr höchstes Ziel. Die Geschichte der sowjetischen Psychologie ist untrennbar mit der Geschichte des Landes, mit der Geschichte des Volkes verbunden. In den Jahren, in denen die junge Sowjetrepublik begann, die Grundlagen einer sozialistischen Wirtschaft zu errichten, eine sozialistische Industrie zu schaffen, wurde die Psychologie aktiv in die Rationalisierung von Arbeitsprozessen und die Entwicklung von Methoden der Berufsausbildung und -erziehung einbezogen. In der Periode der Beseitigung des Analphabetentums, der Herausbildung des sowjetischen Bildungssystems, widmeten sich viele Psychologen Problemen des Schreibund Leseunterrichts. In den Jahren des Großen Vaterländischen Krieges lösten die Psychologen solche Aufgaben wie Tarnung von Industrie- und anderen Objekten, Herausbildung von Fertigkeiten im Umgang mit der Waffe, Erarbeitung von Methoden zur Rehabilitation von verwundeten Soldaten und andere. Nach dem Krieg waren die Hauptanstrengungen der Psychologen auf die Aufgaben der Erziehung und Ausbildung der heranwachsenden Generationen, auf die Untersuchung von Problemen der psychischen Entwicklung des Kindes gerichtet. Die wissenschaftlich-technische Revolution stellte die psychologische Wissenschaft vor eine Reihe neuer Aufgaben. Das brachte auch eine Reihe neuer Richtungen in der Psychologie hervor (Ingenieur-, Organisations-, kosmische Psychologie u. a.). Aufgaben, deren Lösung psychologische Kompetenz erfordert, ergeben sich faktisch in allen Sphären des gesellschaftlichen Lebens — in Produktion und Verwaltung, Bildungs- und Gesundheitswesen, Ideologie und Propaganda, Kunst und Wissenschaft. Das wird durch die wachsende Rolle des menschlichen Faktors in allen genannten Sphären bestimmt. Damit ist der breite Kreis sozialer, sozialpsychologischer, physiologischer und anderer Eigenschaften gemeint, die lebendigen Menschen eigen sind und sich immer in ihren konkreten Tätigkeiten niederschlagen, indem sie einen Einfluß auf Qualität und Effektivität dieser Tätigkeiten ausüben. Es geht hier vor allem um die Fähigkeiten und Bedürfnisse des Menschen, Motive seines Verhaltens, um seine Interessen und schöpferischen Möglichkeiten, um Leistungs- und Arbeitsfähigkeit, um Intellekt und Emotionen, um Willen und Charakter, um Bewußtsein und Selbstbewußtsein, um soziale Einstellungen und Wertorientierungen usw.

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In der entwickelten sozialistischen Gesellschaft wächst die Rolle dieser Faktoren unvergleichlich mehr als in allen vorhergehenden sozialökonomischen Formationen. Der Problemkreis des menschlichen Faktors ist äußerst groß. Manche Probleme sind rein psychologischer Natur, andere liegen im Grenzbereich zwischen der Psychologie und den anderen Natur-, Gesellschafts- und technischen Wissenschaften. In keinem Fall ist die Lösung dieser Probleme ohne eine Stützung durch Ergebnisse der psychologischen Wissenschaft möglich. Die Erforschung der menschlichen Faktoren in verschiedenen Lebenssphären der sozialistischen Gesellschaft und der Anwendung entsprechender Erkenntnisse (darunter vor allem über die Gesetzmäßigkeiten der psychischen Tätigkeit des Menschen) in der gesellschaftlichen Praxis wird jetzt zur wichtigsten Bedingung der Lösung vieler Aufgaben, die im Laufe des kommunistischen Aufbaus entstehen. Wie Genosse L. I. BRESHNEW auf der Jubiläumssitzung der Akademie der Wissenschaften der UdSSR sagte, „muß die Wissenschaft immer aktiver der Entwicklung der Hauptproduktivkraft der Gesellschaft — der Entwicklung des Menschen, seiner Fähigkeiten und Anlagen, der Erhöhung des Nutzens, den er der Gesellschaft bringt, dienen". Es seien einige Hauptrichtungen der Erforschung von Problemen des menschlichen Faktors hervorgehoben, die di.e Funktionen der psychologischen Wissenschaft in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft bestimmen. Im Rechenschaftsbericht an den X X V . Parteitag der KPdSU sagte Genosse BRESHNEW: „Damit die vielfältigen ökonomischen und sozialen Aufgaben, die vor dem Land stehen, gelöst werden, gibt es keinen anderen Weg als das schnelle Anwachsen der Arbeitsproduktivität, die Erhöhung der Effektivität der gesamten gesellschaftlichen Produktion" (Rechenschaftsbericht, S. 34). Die Aufdeckung von Reserven zur Steigerung der Arbeitsproduktivität erfordert natürlich eine Durchführung von Untersuchungen auf vielen Gebieten der Natur-, Gesellschafts- und technischen Wissenschaften, Errungenschaften bei der Entwicklung der Technik und Techpologie, des Systems der Planung und Leitung der Produktion decken gewaltige Reserven des Wachstums der Arbeitsproduktivität und der Effektivitätssteigerung der Produktion auf. Aber sie können nur wirklich ausgeschöpft werden unter der Bedingung der Entwicklung der schöpferischen Aktivität des Menschen. Es erübrigt sich zu beweisen, daß der Mensch die Hauptproduktivkraft der Gesellschaft ist. Und das bedeutet, daß bei der Aufdeckung von Reserven des Anwachsens der Arbeitsproduktivität die wichtigste Stellung den Wissenschaften zukommt, die den Menschen untersuchen — „die physischen und geistigen Fähigkeiten, über die ein Organismus verfügt, die lebendige Persönlichkeit des Menschen, und die immer dann in Gang gesetzt werden, wenn er irgendwelche Gebrauchswerte herstellt" (Marx und Engels, Bd. 23, S. 178). Die Erforschung dieser Fähigkeiten (im weitesten Sinne des Wortes), Gesetzmäßigkeiten und Bedingungen ihrer Entwicklung und Realisierung im Arbeitsprozeß ist kaum ohne eine aktive Beteiligung der psychologischen Wissenschaft möglich. Hier eröffnet sich vor der Psychologie ein weiter Problemkreis: von

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psychophysiologischen bis zu sozialpsychologischen Problemen. Eine rationelle, d. h. wissenschaftlich begründete Arbeitsorganisation erfordert die Erforschung der Entwicklung von Fähigkeiten und Bedürfnissen des Menschen, von Motiven seines Verhaltens, der Herausbildung von Berufskenntnissen und -fertigkeiten, der Fähigkeit zur Planung seiner Arbeit, Meisterschaft und Kultur der Arbeit, der Dynamik der Arbeitsfähigkeit, des Einflusses individualpsychologischer Besonderheiten des Menschen auf seine Arbeitstätigkeit, der Herausbildung und Entwicklung des Arbeitskollektivs, der Entstehung eines psychologischen Klimas in der Werkhalle, der Abteilung, im Betrieb usw. Besondere Aufmerksamkeit verlangt die Frage der Abstimmung der Technik und technologischen Prozesse auf die Charakteristika des Menschen, weil davon Effektivität und Zuverlässigkeit der Ausnutzung der Technik abhängen. Es ist notwendig zu unterstreichen, daß sich in der gegenwärtigen Entwicklungsetappe der Produktion der Charakter der gesellschaftlichen Arbeit grundlegend ändert. Vor allem ändert sich das Verhältnis von physischer und geistiger Arbeit. Die komplexe Mechanisierung und Automatisierung der Produktionsprozesse und die Ausnutzung der E D V bei ihrer Steuerung wurden zu typischen Erscheinungen der modernen Produktion. Unter diesen Bedingungen erhöht sich die Kompliziertheit der menschlichen Tätigkeit: es wächst die Bedeutung von Tätigkeiten, die mit der Aufnahme und Verarbeitung von Information zusammenhängen sowie mit dem Treffen von Entscheidungen. Reine Vollzugsoperationen nehmen ab und werden modifiziert, es sinken physische Belastungen. Die Anforderungen an die „intellektuelle Sphäre" des Menschen, seine volitiven und emotionalen Eigenschaften wachsen. Bedeutend erhöht sich die Verantwortung der Spezialisten, die automatisierte Systeme steuern. Ihre Fehler haben manchmal katastrophale Folgen. Hinzukommt, daß ein schnelles Anwachsen von Bildung, Kultur und politischer Bewußtheit der sowjetischen Menschen im Zusammenhang mit dem erreichten Niveau des Wohlstandes die Bedeutung sozialer und sozialpsychologischer Faktoren in ihrer Produktionstä tigkeit erhöht hat. All das führte dazu, daß psychologische Faktoren zur wichtigsten Reserve bei der Steigerung der Arbeitsproduktivität geworden sind und ihre wissenschaftliche Erforschung — zu einer Aufgabe von großer staatlicher Wichtigkeit. Die Ausnutzung von Empfehlungen, die von der psychologischen Wissenschaft erarbeitet wurden, kann bei der Organisation der Produktion einen bedeutenden technisch-ökonomischen Effekt haben und h a t dies auch in der Realität. Hier könnte m a n noch viele konkrete Beispiele anführen. Aber es geht hier nicht nur um den technisch-ökonomischen Effekt, der durch Einführung von Empfehlungen der Psychologie in die Produktion erreicht wird. Noch wichtiger ist, daß eine psychologisch begründete Vervollkommnung der Arbeitsprozesse die Entwicklung der Fähigkeiten des Menschen und die Erhaltung seiner Leistungsfähigkeit gewährleistet. Sie ist ebenso eine wichtige Bedingung für die Verwandlung der Arbeit in das erste Lebensbedürfnis des Menschen. Natürlich werden auch in kapitalistischen

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Ländern psychologische Untersuchungen der Arbeitstätigkeit des Menschen durchgeführt zum Zwecke der Steigerung der Arbeitsproduktivität (dabei in konkreten Produktionsprozessen nicht selten effektiver als bei uns). Aber letzten Endes werden die Ergebnisse dieser Untersuchungen im Interesse des Kapitals ausgenutzt. Die Psychologie wird nicht selten zu einem Mittel der Erhöhung der Ausbeutung der Werktätigen. In unserem Land, wo die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beseitigt ist, dient die Psychologie den Interessen des arbeitenden Menschen. Die Ergebnisse der Anwendung ihrer Empfehlungen in der Produktion sind zum Nutzen der ganzen Gesellschaft. Von nicht geringerer Bedeutung sind psychologische Untersuchungen für die Vervollkommnung des Systems der Leitung der Volkswirtschaft. Denn Leiten — ist vor allem Arbeit mit den Menschen. Seine wissenschaftlich begründete Organisation erfordert ein Verständnis der Gesetzmäßigkeiten des Verhaltens des Menschen, der Entwicklung der psychologischen Persönlichkeitsstruktur, der individualpsychologischen Unterschiede zwischen den Menschen, der Kommunikationsprozesse zwischen den Menschen, der Herausbildung für den Sozialismus charakteristischer zwischenmenschlicher Beziehungen usw. Die Unterschätzung psychologischer Aspekte dieser oder jener Leitungsaufgaben kann (und f ü h r t in der Realität) zur Entstehung vielfältiger „psychologischer Barrieren" führen. Dort, wo diese Aspekte berücksichtigt werden, werden sie im Gegenteil zu einem gewaltigen Faktor bei der Steigerung der Effektivität der Leitung. Der Kreis psychologischer Probleme, die mit der Aufgabe der Vervollkommnung der Systeme der Leitung der Volkswirtschaft zusammenhängen, ist auch sehr groß. Ihre Erforschung erfordert vereinte Anstrengungen von Psychologen verschiedener Fachrichtungen. Es ist wichtig zu unterstreichen, daß in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft breite Schichten der Werktätigen in die Leitung einbezogen werden. Und das bedeutet ein Anwachsen der Rolle jener Probleme der Psychologie, die mit der kommunistischen Erziehung der sowjetischen Menschen zusammenhängen. Der X X V . Parteitag der K P d S U erhob die Herausbildung einis neuen Menschen zur wichtigsten Aufgabe für die gegenwärtige E t a p p e des Aufbaus des Kommunismus. Ihre Lösung erfordert in einer Reihe von Wissenschaften die Durchführung von Untersuchungen. Eine große Rolle k o m m t dabei der Psychologie zu, die die Mechanismen dessen aufdecken muß, wie sich sozialistische gesellschaftliche Verhältnisse bei konkreten Menschen widerspiegeln und zu Persönlichkeitszügen werden. Denn es wäre falsch, sich die Sache so vorzustellen, als ob neue gesellschaftliche Verhältnisse sozusagen automatisch einen neuen Menschen hervorbringen. Das ist ein komplizierter Prozeß, dessen Beherrschung das Verständnis der Gesetzmäßigkeiten der Persönlichkeitsentwicklung verlangt. Gesellschaftliche Beziehungen sind nicht etwas außerhalb konkreter Menschen existierendes. Jeder Mensch ist in diese Verhältnisse unmittelbar durch seine Tätigkeit und Kommunikation mit anderen Menschen eingeschlossen. E r t r i t t als Subjekt auf, als Träger dieser Verhältnisse. Im Prozeß seiner Entwicklung in der Gesellschaft eignet sich der Mensch ein

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System von Normen, Prinzipien u n d Verhaltensregeln an. In diesem Zusammenhang ist die wichtigste Frage die Frage der psychologischen Mechanismen der sozialen Verfcaltensregulation. In der Psychologie der kapitalistischen Länder wird auch die Frage nach dem neuen (genauer — modernisierten) Menschen gestellt, der dem in seinem psychologischen Charakteristika „traditionellen" gegenübergestellt wird. Wenn sie das Bild des „modernisierten Menschen" beschreiben, führen die Untersucher als einen der Hauptzüge eine Vereinheitlichung der psychologischen Struktur, eine Standardisierung an. Es wird behauptet, daß die Beziehungen des „modernisierten Menschen" zu anderen Menschen nach dem Prinzip der Beziehungen zwischen Mensch und Maschine funktionieren. Dabei werden Versuche einer direkten Ableitung dieses Menschenbildes aus den Besonderheiten der wissenschaftlich-technischen Revolution unternommen, die unabhängig vom sozialen System gesehen wird, innerhalb dessen sie realisiert wird. Bei der Erforschung des Prozesses der Herausbildung des neuen Menschen geht die sowjetische Psychologie von der Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse aus. Gerade sie (und nicht die Entwicklung von Produktion und Technik an sich) bestimmten das Bild des neuen Menschen. Im Gegensatz zur Konzeption des „modernisierten" Menschen entwickelt die sowjetische Psychologie eine Theorie der allseitigen Entwicklung der ganzheitlichen Persönlichkeit des Menschen der sozialistischen Gesellschaft. Die organische Verbindung der Errungenschaften der wissenschaftlich-technischen Revolution mit den Vorzügen des Sozialismus f ü h r t nicht nur zu keiner Vereinheitlichung und Standardisierung der Menschen, sondern schafft im Gegenteil Möglichkeiten für die allseitige Entwicklung eines jeden Menschen, der Individualität eines jeden. Schließlich muß darauf hingewiesen werden, daß unter den gegenwärtigen Bedingungen die ideologische Funktion der Psychologie wächst. Die Frage, was der Mensch ist, was die „Triebkräfte" seines Verhaltens sind, ist nicht nur von rein akademischem Interesse. Das Problem des Menschen wird jetzt zu einem Feld schärfster ideologischer Auseinandersetzung. Es ist gut bekannt, daß führende Kreise in westlichen Ländern versuchen, einige psychologische Konzeptionen als Beweis für die Unerschütterlichkeit der kapitalistischen Ordnung (als ob sich dies direkt aus der Natur des Menschen ergibt), für die Rassendiskriminierung (als ob die Natur die Rassen in niedere und höhere differenziert hätte), im Kampf gegen die nationale Befreiungsbewegung (als ob die einen Nationen ihrer psychologischen Natur nach zur Selbstbestimmung fähig wären und andere nicht) usw. zu benutzen. Mehr noch, die Resultate psychologischer Forschung werden zur Erarbeitung einer „Technologie" der Einwirkung auf den Menschen, einer „Technik des Einhämmerns ins Gehirn" von Ideen über die kapitalistische Lebensweise genutzt, als ob diese ideal für den Menschen wäre, d. h. die Psychologie wird als Mittel der ideologischen Bearbeitung der Menschen im Interesse des Kapitals eingesetzt. Unter diesen Bedingungen gewinnt die Weiterentwicklung der Theorie der Psychologie auf der Grundlage der marxistisch-leninistischen Lehre vom Menschen

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außerordentlich große B e d e u t u n g im K a m p f für die Ideale des Sozialismus. N u r eine konsequent wissenschaftliche Theorie, die das Wesen des Menschen in der G e s a m t h e i t des ganzen S y s t e m s der gesellschaftlichen Verhältnisse sieht, k a y n d e m A n s t u r m psychoanalytischer und neopsychoanalytischer, behavioristischer u n d neobehavioristischer, biologistischer, positivistischer und anderer Konzeptionen, die im Westen verbreitet sind, gegenübergestellt werden. Die E r r u n g e n s c h a f t e n der sowjetischen Psychologie können und m ü s s e n im Interesse der F e s t i g u n g der sozialistischen Lebensweise, im Interesse der Ideologie des Sozialismus a u s g e n u t z t werden. D a m i t wird die Psychologie u n m i t t e l b a r in die L ö s u n g der A u f g a b e n beim A u f b a u des K o m m u n i s m ü s einbezogen. Die A u s n u t z u n g ihrer E r r u n g e n s c h a f t e n in der gesellschaftlichen P r a x i s wird zur wichtigsten Bedingung der Steigerung der A r b e i t s p r o d u k t i v i t ä t und - q u a l i t ä t , der E f f e k t i v i t ä t von Produktion und Leitung, der E n t w i c k l u n g der modernen Technik und Technologie, der Vervollkommnung der sozialistischen Gesellschaftsverhältnisse und der Herausbildung eines neuen Menschen. Darin bestehen auch die H a u p t f u n k t i o n e n der psychologischen Wissenschaft in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft. B e i ihrer Realisierung läßt sich die Psychologie konsequent v o n den Prinzipien eines wahren H u m a n i s m u s und sozialen O p t i m i s m u s leiten.

über den Stand der psychologischen Wissenschaft (Bilanz über ihre Entwicklung in der Zeit zwischen dem IV. und V. Kongreß der Gesellschalt für Psychologie der UdSSR) E s ist unmöglich, die E r r u n g e n s c h a f t e n der sowjetischen Psychologie, die sie im neunten F ü n f j a h r p l a n erreicht hat, in einem kurzen R e f e r a t hinreichend darzustellen. Deshalb muß ich mich nur auf g a n z allgemeine B e m e r k u n g e n zu den wichtigsten R e s u l t a t e n , den K e r n p r o b l e m e n und „ W a c h s t u m s p u n k t e n " der psychologischen Wissenschaft der U d S S R beschränken. wurde die E r a r b e i t u n g philosophischer, Auf dem Gebiet der Grundlagenforschung methodologischer und allgemeintheoretischer Probleme der Psychologie fortgesetzt. In der gegenwärtigen E n t w i c k l u n g s e t a p p e unserer Wissenschaft erlangen diese Probleme im Z u s a m m e n h a n g mit ihrer immer weitergehenden Differenzierung (die gegenwärtige Psychologie u m f a ß t einige D u t z e n d selbständiger Gebiete u n d Richtungen) außerordentlich große B e d e u t u n g . Nur eine intensive E r a r b e i t u n g einer allgemeinen Theorie der Psychologie k a n n die sorgfältige Selektion und S y s t e m a t i sierung der auf j e d e m Spezialgebiet g e s a m m e l t e n wissenschaftlichen D a t e n , Ideen, Herangehensweisen, Methoden und K o n z e p t i o n e n u n d d a m i t des psychologischen Wissens i n s g e s a m t gewährleisten. G e r a d e die G r u n d l a g e n u n t e r s u c h u n g b e s t i m m t die Perspektiven der E n t w i c k l u n g unserer Wissenschaft. Gleichzeitig ist die E r arbeitung einer allgemeinen Theorie der Psychologie eine notwendige B e d i n g u n g für die effektive A n w e n d u n g ihrer E r k e n n t n i s s e in der gesellschaftlichen P r a x i s . Die sowjetische Psychologie, die sich auf der G r u n d l a g e des Marxismus-Leninism u s entwickelt, h a t immer den F r a g e n einer allgemeinen Theorie große A u f m e r k -

B. F. LOMOW, Entwicklungsstand und Perspektiven in der UdSSR

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samkeit geschenkt und wird dies auch weiterhin tun. Ihre methodologischen Positionen, die vor etwa einem halben Jahrhundert bestimmt wurden, entwickeln sich kontinuierlich, werden vervollkommnet und bereichert. Die Erarbeitung des Determinismus-, Entwicklungs- und Widerspiegelungsprinzips, der Prinzipien der Einheit von Tätigkeit und Bewußtsein, und des Herangehens an den ganzen Problemkomplex der Psychologie unter dem Persönlichkeitsaspekt bedingte die Haupterrungenschaften der Psychologie. Einen bedeutenden Platz unter den theoretischen Arbeiten, die in den Jahren zwischen dem IV. und V. Kongreß der Gesellschaft für Psychologie der UdSSR geschaffen wurden, nimmt das Buch von A. N. L E O N T J E W „Tätigkeit, Bewußtsein, Persönlichkeit" ein. Darin werden prinzipielle Fragen des Ursprungs und des Funktionierens des Psychischen als Widerspiegelung der Welt durch den Menschen im Prozeß der Tätigkeit beleuchtet und innere Zusammenhänge zwischen Tätigkeit, Bewußtsein und Persönlichkeit aufgedeckt. In dem Buch von K. A . A B T J L C H A N O W A S L A W S K A J A „Uber das Subjekt psychischer Tätigkeit" werden Probleme der Wechselbeziehung zwischen Gesellschaftlichem und Individuellem im Menschen, der Entwicklung und Vervollkommnung der individuellen Art der Lebenstätigkeit in Abhängigkeit vom System der gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen sie sich vollzieht, erörtert. Das Buch „Theoretische Probleme der Persönlichkeitspsychologie" (Hrsg. J. W. S C H O B O C H O W A ) widmet sich dem breiten Kreis von Fragen, die die Persönlichkeit als Gegenstand psychologischer Forschung betreffen: dem Wechselverhältnis von Biologischem und Sozialem in der Entwicklung der Persönlichkeit, der Motivation, den Bedürfnissen, Fähigkeiten, dem Charakter und dem Selbstbewußtsein, den Prinzipien der psychologischen Charakteristik von Persönlichkeitstypen u. a. Der Versuch, die Probleme der gegenwärtigen Psychologie als einheitliches Wissenssystem zu betrachtet, wurde in dem Buch „Über das System der Psychologie" von K. K. P L A T O N O W unternommen. Große Bedeutung für die weitere Erarbeitung methodologischer und allgemeintheoretischer Probleme der Psychologie hat das Studium der Geschichte ihrer Entwicklung und des gegenwärtigen Zustandes. In diesem Zusammenhang sei an die Bücher von L. I. A N Z Y F E R O W A „Materialistische Ideen in der ausländischen Psychologie", „Philosophische Probleme in der sowjetischen Psychologie" von J. A. B U D I L O W A , „Psychologie im XX. Jahrhundert" und „Geschichte der Psychologie" von M. G. J A R O S C H E W S K I erinnert. In diesen Arbeiten werden die theoretischen Grundprobleme der Psychologie in ihrer historischen Entwicklung erörtert, es werden reaktionäre Konzeptionen kritisiert und eine Auseinandersetzung zwischen Materialismus und Idealismus in der Auffassung vom Wesen psychischer Erscheinungen geführt. Das wichtigste Ereignis im Hinblick auf eine Systematisierung und Verallgemeinerung der Errungenschaften der sowjetischen Psychologie innerhalb von 60 Jahren ist die mehrbändige Arbeit „Grundlagen der Psychologie", die vom Senior der sowjetischen Psychologie A. A. S M T R N O W redigiert wird. Die Schaffung solch eines Werkes, das ein großes Kollektiv von Wissenschaftlern vereint, entspricht dem ursprünglichsten Bedürfnis unserer Wissenschaft.

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In den vergangenen Jahren wurden an breiter Front Untersuchungen zu einzelnen Richtungen der allgemeinen Psychologie, vor allem auf dem Gebiet psychischer Prozesse und Funktionen, durchgeführt. Die Vielfalt der Herangehensweisen an ihre Untersuchung ist bemerkenswert. So wurde das Problem der Empfindungen und der Wahrnehmung sowohl unter psychophysischen als auch psychophysiologischem, unter kybernetischem und genetischem Aspekt untersucht. Die Wahrnehmung wurde sowohl als Prozeß einer Abbilderzeugung als auch im Hinblick auf ihre Regulationsfunktion, im Kontext der gegenständlich-praktischen Tätigkeit und unter einer Reihe anderer Aspekte untersucht. Zum Problem der Empfindungen und der Wahrnehmung sind eine Reihe großer Arbeiten veröffentlicht worden ( K . W . BARDIN, L . M . W E K K E R , J . N . WERGILES, M . D . DWORJASCHINA, W .

P.

SINTSCHENKO, W . A . GÄNSEN, J . B . G I P P E N R E J T T E R , J . M . SABRODIN, A . N . L E B E DE"VY,

B. B. Kossow, A. A.

MITKIN,

P. G.

NATADSE,

J . F.

RYBALKO,

J.

N . SOKOLOW,

N . I. TSCHUPRIKOWA, M . S . SCHECHTER u . a . ) .

Die Erforschung von Gedächtnisprozessen verfolgte auch verschiedene Richtungen. Die gegenwärtigen Vorstellungen vom Gedächtnis wurden wesentlich bereichert; es wurde die Vielfalt seiner Formen aufgedeckt (Langzeit- und Kurzzeitgedächtnis, unmittelbares und mittelbares, bildhaftes und verbales, ikonisches Gedächtnis u. a.) Untersuchungen zum Gedächtnis unter genetischem Aspekt sind in einer Monographie zusammengefaßt, die unter der Redaktion von A. A. S M I R N O W erschienen ist. Darin werden die reichen noch wenig im Unterrichtsprozeß genutzten Möglichkeiten des logischen Gedächtnisses bei Schülern untersucht. Es wurde auch die Entwicklung des Gedächtnisses im Vorschulalter untersucht (S. M. ISTOMINA); es wurden neue Erkenntnisse über das Wechselverhältnis von Gedächtnis und Denken in verschiedenen Altersstufen und über die Besonderheiten des auftretens von Gedächtnisfunktionen unter Extrembedingungen gewonnen. In Untersuchungen, die nach einem von B. G. A N A N J E W skizzierten Programm durchgeführt wurden, wurden sowohl allen Gedächtnisformen gemeinsame Faktoren als auch spezielle Faktoren eines bildhaften und eines verbalen Gedächtnisses extrahiert ( J . I. S T E F A NO W A , J . I. P E T R O W ) . E S wurden die Untersuchungen des Gedächtnisses im Kontext der Tätigkeit fortgesetzt; es wurde die Bedeutung der Voraussicht für Gedächtnisprozesse gezeigt (G. K. SEREDA) ; es wurde die Struktur der Gedächtniswirkung untersucht (W. J . LJAUDIS). Es wurde ein Zyklus von Untersuchungen durchgeführt, die die Besonderheiten der Informationsverarbeitung in Gedächtnisprozessen erhellten (S. P. BOTSCHAROWA). Neue Ergebnisse liegen auch zu Fragen der neurophysiologischen Mechanismen des Gedächtnisses vor (E. A. G O L U B E W A , G. A. AMINEW). Mit den Methoden der Mikrostrukturanalyse wurden die Prozesse des Kurzzeitgedächtnisses untersucht; es wurden neue Mikrophasen gefunden ( W . P . SLNTSCHENKO U. a . ) .

Bei der Erforschung des Problems des Denkens wurde mehr als zuvor den Fragen des schöpferischen Denkens und auch der Intuition Aufmerksamkeit geschenkt ( A . W . BRTJSCHLINSKI, J . A. P O N O M A R J O W , 0 . K . T I C H O M I R O W ) . E S wurden die wechselseitige Verbindung anschaulich-bildhafter und verbal-logischer, intuitiver

B . F . LOMOW, E n t w i c k l u n g s s t a n d u n d P e r s p e k t i v e n in der U d S S R

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und diskursiver Komponenten des Denkprozesses untersucht. (L. L. G U R O W A , D. N. S A W A L I S C H I N A ) , sowie die wechselseitige Verbindung von Denken und Sprache (A. N. S O K O L O W ) . Besondere Aufmerksamkeit wurde der Klassifikation von Problemsituationen (A. M. M A T J U S C H K I N , A. F . E S A U L O W ) gewidmet. Untersuchungen zum heuristischen Denken wurden fortgesetzt (W. P . P U S C H K I N ) . Unter genetischem Aspekt wurden vorbegriffliche Denkformen im Vorschulalter (N. N. P O D D J A K O W ) , das allgemeine Bild der Entwicklung des kindlichen Denkens. (L. F . OBTTCHOWA) und Begriffsbildungsprozesse ( R . G . N A T A D S E , M. J E R I Z J A N ) untersucht. Eine psychologische Analyse der Denktätigkeit erwachsener Lernender findet sich in den Arbeiten von J . N . K T J L J T J T K I N A und G . S . S T J C H O B S K A J A . E S wurde das technische Denken untersucht (G. W . K U D R J A W Z E W , W . A. M O L J A K O , E. F . F A R A P O N O W A ) . Es wurden Versuche einer Erforschung der historischen Entwicklung des Denkens unternommen (A. R . L T J R I A , M. M. M U K A N O W , P. T U L W I S T E ) . Mehrfach wurden Probleme der sogenannten künstlichen Intelligenz und prinzipieller Unterschiede zwischen der Funktionsweise von informationsverarbeitenden Maschinen und der Denktätigkeit des Menschen erörtert. Es wurden einige Besonderheiten der Denktätigkeit des Menschen, der bei der Lösung von Aufgaben die Rechentechnik benutzt, herausgefunden. Viele Untersuchungen wurden in Richtung einer Analyse des Verhältnisses von operatiönalen und motivationalen Seiten der Denktätigkeit durchgeführt. Die Arbeit zu Fragen der Diagnostik der geistigen Entwicklung machte bedeutende Fortschritte. Von den Arbeiten zur Untersuchung anderer Erkenntnisprozesse sind die Untersuchung zur Phantasie (R. G . N A T A D S E ) und zu den Vorstellungen (M. W. G A M E S O , J . N . S T J R K O W , I. S . J A K I M A N S K A J A ) erwähnenswert. In den Untersuchungen einzelner psychischer Prozesse wurde reiches wissenschaftliches Material gesammelt. Im Zusammenhang damit wird die Notwendigkeit ihrer Betrachtung in einem System immer deutlicher. Im Laufe der angeführten Untersuchungen wurden einige „kritische Punkte" sichtbar, die die Erarbeitung neuer komplexer Herangehensweisen erfordern. Das soll heißen, daß es in konkreten Untersuchungen bei weitem nicht immer gelingt, die untersuchten psychischen Prozesse entsprechend den üblichen Klassifikationskriterien zu trennen. In Untersuchungen, die auf die Erforschung der einen Prozesse gerichtet sind, werden unausbleiblich auch die anderen berührt. In diesem Zusammenhang treten Probleme „komplexen Charakters" auf. Dazu kann man zum Beispiel das Problem der Entscheidungsfällung rechnen, das in spezifischer Weise immer bei der Untersuchung eines beliebigen psychischen Prozesses auftritt. Als Integralproblem wird es in der Kollektivarbeit „Probleme der Entscheidungsfällung" (Hrsg. W. F. R T J B A C H I N ) beleuchtet. Von großer Bedeutung für die Integration von Daten über die Dynamik und die Gesetzmäßigkeiten psychischer Prozesse ist auch die Untersuchung der Rolle von Zeichen und Zeichensystemen in der psychischen Entwicklung des Menschen. Diesem Problem ist die Kollektivarbeit „Psychologische Probleme der Verarbeitung von Zeicheninformation" (Hrsg. W. F. R U B A C H I N A , M. W. G A M E S O , W. F. W E N D A , J . M. S A B R O D I N ) gewidmet.

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Obwohl Untersuchungen sogenannter kognitiver Prozesse ihrem Maßstab nach bedeutend über den anderen Gebieten der allgemeinen Psychologie liegen, erfuhren diese Gebiete in den letzten 5 J a h r e n eine gewisse Weiterentwicklung. Vor allem muß hier das Problem der psychischen Zustände genannt werden, das lange Zeit fast gar nicht bearbeitet wurde. Im Ergebnis der Untersuchungen, die in den letzten J a h r e n durchgeführt wurden, wurden eine Reihe von psychophysiologischen Indikatoren für einige Zustände gefunden (Ermüdung, Diskomfort, Streß) und Faktoren ihrer Entstehung und Dynamik bestimmt, es werden Mittel zu ihrer automatischen Kontrolle entwickelt (W. G . A S E J E W , F. D. GORBOW, L. L. GRIMAX, N . W . K R Y L O W A , M. A . N o w m o w , W . A . POPOW, W . I. ROSHDESTWENSKAJA, W . W . SUWOROWA, L . S . CHATSCHATURJANZ, J . W . CHRTJNOW U. a . ) .

In den Untersuchungen psychischer Eigenschaften des Menschen wurden sowohl allgemeine Probleme (Struktur dieser Eigenschaften, Determinanten ihrer Entwicklung, psychologischer Charakter der Persönlichkeit), als auch Teilprobleme (Temperament, Fähigkeiten) W . D. NEBYLIZYN, W . S. MERLIN) behandelt. Einzelne Persönlichkeitseigenschaften werden in den Arbeiten von W . S . MERLIN, K . K . PLATONOW, N. S . LEITES untersucht. Große Aufmerksamkeit wurde der Untersuchung allgemeiner Eigenschaften des Nervensystems (E. A. GOLUBEWA, K . M. GTJREWITSCH, A . J . OLSCHANIKOWA, W . I . ROSHDESTWENSKAJA, W . M. R U S A -

und ihren genetischen Grundlagen (I. W . RAWITSCH-SCHTSCHERBO) gewidmet. Die Leningrader Psychologen führten einen Zyklus von Untersuchungen zum Problem der menschlichen Individualität durch, der seiner Zeit unter der Leitung von B. G. A N A N J E W begonnen worden war. In den zurückliegenden 5 J a h r e n wurden konkret-psychologische Untersuchungen verschiedener Tätigkeitsformen und -arten fortgesetzt. Es wurden Probleme der Struktur der Tätigkeit, ihrer Dynamik und Regulationsmechanismen bearbeitet. Neben der Untersuchung der Tätigkeitsstruktur auf Makroebene wurden auch Methoden und Prinzipien ihrer Mikrostrukturanalyse (W. P. SINTSCHENKO) entwickelt. Ein großer Zyklus von Arbeiten wurde zum Problem der psychischen Regulation und Autoregulation von Handlungen ( 0 . A. KONOPKIN, D. A. OSCHANIN) durchgeführt; es werden Prozesse der Zielsetzung und Zielbildung ( 0 . K . TICHOMTROw) untersucht. Es wurden psychologische Untersuchungen von Kommunikationsprozessen aktiviert. Das Problem der Kommunikation wurde unter verschiedenen Aspekten betrachtet: unter allgemein theoretischem, psycholinguistischem, sozialpsychologischem und pädagogisch-psychologischem Aspekt (A. A. BODALJOW, A. A. BRTJDNY,

LOw)

A . W . SAPOROSHEZ, A . A . LEONTJEW, M . M . LISINA, A . M . MATJTJSCHKIN, N .

N.

A. A. STEPANOW U. a.) Die auf diesem Gebiet erhaltenen Ergebnisse sind wertvoll für die Bestimmung der Funktionen der Kommunikation in der psychischen Entwicklung, ihrer Struktur und Dynamik. Grundlagenuntersuchungen würden außer in der allgemeinen Psychologie auch auf ihren Spezialgebieten durchgeführt. Große Aufmerksamkeit wurde methodologischen Problemen der Sozialpsychologie geschenkt. Die Bemühungen der WissenOBOSOW,

B. F.

LOMOW,

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schaftler waren gerichtet auf die Bestimmung der Problematik dieses Gebietes der psychologischen Wissenschaft und auf die Suche nach effektivsten Herangeherisweisen an die Analyse sozialpsychologischer Erscheinungen von marxistischleninistischen Positionen (G. M. ANDREJEWA, M. I. BOBNEWA, A. A. BODALJOW, J . S . KUSMIN, B . D . PARYGIN, A . W . PETROWSKI, J . W . SOHOROCHOWA u . a . ) .

In den letzten Jahren entstand eine Reihe eigener Richtungen zur Erforschung psychologischer Mechanismen der sozialen Verhaltensregulation der Menschen (M. I. BOBNEWA, J . W . SCHOROCHOWA), der Entwicklung des Kollektivs (A. D . GLOTOTSCHKIN, A . I . KITOW, J . S . KUSMIN, A . W . PETROWSKI, K . K . PLATONOW, L . M .

u. a.), psychologischer Aspekte von Prozessen der Massenkommunikation K. ROSCHTSCHIN, A. A. STEPANOW, J . A. SCHTSCHERKOWIN) und der Personenwahrnehmung (A. A. BODALJOW). Eine Reihe von Grundlagenuntersuchungen wurde auf dem Gebiet der pädagogischen und Kinderpsychologie durchgeführt. Einen bedeutenden Fortschritt gab es bei der Erforschung der psychischen Entwicklung im frühkindlichen Alter, das vor allem von Physiologen untersucht wurde. Neue Ansätze zur Untersuchung von Vorschulkindern werden in den Arbeiten von UMANSKI (S.

P . J . GALPERIN, A . W . SAPOROSHEZ, M . I . LISINA, N . N . PODDJAKOWA U. a . v o r -

gestellt. Eine intensive Entwicklung erfuhren auch Untersuchungen im Schulalter (W. W. DAWYDOW, L . W . SANKOW, A . I. LIPKINA, A . K . MARKOWA, N . F . TALYSINA U. a . ) .

Es wurden auch Probleme der intellektuellen Entwicklung und der Erwachsenenbildung untersucht (G. W . KUDRJAWZEW, J . N . KULJUTKIN, A . M . MATJUSCHKIN, J . I. STEPANOWA, G. S . SUCHOBSKAJA u . a . ) .

Auf dem Gebiet der Ingenierupsychologie wurde besondere Aufmerksamkeit der Erarbeitung ihrer theoretischen Grundlagen gewidmet. Auf diesem Gebiet entstand eine Reihe von originellen Konzeptionen: der hierarchischen Struktur der Tätigkeit des Operators (G. M . SARAKOWSKI, W. P. SINTSCHENKO, W. I. MEDWEDEW), des schichtweise stufenförmigen Aufbaus von Prozessen der Informationsaufnahme und -Verarbeitung, der Abhängigkeit der Einbeziehung neuer Handlungen in die Tätigkeit von ihrer Struktur (A. A. KRYLOW), des aktiven Operators ( N . D . SAWALOWA, W. A. PONOMARENKO), der adaptiven Informationswechselwirkung (W. F. WENDA) .

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Entwicklung der Ingenieurpsychologie wird in dem Buch „Ingenieurpsychologie: Theorie, Methodologie, praktische Anwendung" gegeben; in diesem Buch werden auch einige Perspektiven ihrer weiteren Entwicklung skizziert. Auf dem Gebiet der Arbeitspsychologie wurden auch Untersuchungen von grundlegender Bedeutung durchgeführt. Vieles wurde im Hinblick auf die Untersuchung konkreter Arten der Arbeitstätigkeit, des Einflusses verschiedenartiger Produktionsfaktoren auf ihre Effektivität und Qualität, der Gesetzmäßigkeiten der Beherrschung dieser Tätigkeiten, der Herausbildung von Arbeitskollektiven, der Prinzipien der Berufsorientierung und der Berufswahl

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(W. G. Asejew, K. M. Gurewitsch, T. G. Dshamgarow, J. A. Klinow, J. A. Milerjan, K. K. P l a t o n o w , W. D. Schadkikow und andere) getan. Auf dem Gebiet der medizinischen und Neuropsychologic wurden Probleme der dynamischen Lokalisation psychischer Funktionen (A. R. Luria, J. D. Chomskaja, L. S. Zwetkowa), des Einflusses psychologischer Faktoren auf Entstehung, Verlauf und Therapie verschiedener Erkrankungen (B. W. Zeigarnik, B. D. Karwasarski, T. G. Nemtschin, 1.1. Tonkonogi u. a.) bearbeitet. Für die Bearbeitung von Grundlagenproblemen der psychologischen Wissenschaft wichtige Untersuchungen wurden auch in der allgemeinen und differentielleri Psychophysiologic, der Psycholinguistik, der Sportpsychologie, der Leitungspsychologie und anderen Gebieten durchgeführt. Jedes der aufgezählten Gebiete der Psychologie untersucht bestimmte Grenzgebiete psychischer Erscheinungen, liefert Erkenntnisse über ihre Verbindungen und Beziehungen, erlaubt es, tiefer in ihre Natur einzudringen. In diesem Zusammenhang schafft die Entwicklung von Spezialgebieten der psychologischen Wissenschaft eine breite Basis für die Bearbeitung ihrer Grundlagenprobleme und die Entwicklung der allgemeinen Theorie. Wenn vor einem Vierteljahrhundert die allgemeine Psychologie durch konkrete Daten „gespeist" wurde, die in der Hauptsache durch die pädagogische und Kinderpsychologie gesammelt wurden, so erweitert sich der Kreis dieser Daten jetzt bedeutend. Und das ist sehr wichtig für das Zustandekommen theoretischer Verallgemeinerungen, ihre Kontrolle und Korrektur. Jedes der Spezialgebiete der Psychologie löst seinen spezifischen Kreis theoretischer und praktischer Fragen, dient aber im Zusammenhang damit der Bearbeitung allgemeiner Grundlagenprobleme. So hat zum Beispiel die Sozialpsychologie ihren Gegenstand, ihre Problematik und ihre Untersuchungsmethoden. Gleichzeitig sind die durch sie gesammelten Daten von außerordentlichem Wert für das Verständnis der Mechanismen der sozialen Determination der psychischen Entwicklung des Menschen, der gesellschaftlich-historischen Bedingtheit seines Bewußtseins, für die weitere Entwicklung des allgemeinpsychologischen Prinzips der Einheit von Bewußtsein und Tätigkeit. Die Ingenieur- und Arbeitspsychologie haben auch ihre spezifischen Aufgaben, Probleme und Methoden. Aber im Zusammenhang damit ist ihre Entwicklung wichtig für die weitere Erarbeitung einer psychologischen Theorie der Tätigkeit, die Untersuchung psychischer Prozesse, Funktionen und Zustände in Abhängigkeit von den Bedingungen, unter denen diese Tätigkeit abläuft, für die Erarbeitung von Prinzipien ihrer formalen Beschreibung und auch den Aufbau eines Experiments (nicht zufällig wurde gerade auf dem Gebiet der Ingenieurpsychologie eine ganze Reihe neuer experimenteller Ansätze zur Untersuchung von Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Denken, emotionalen Zuständen usw. erarbeitet). Psychophysiologie, Neuropsychologie und medizinische Psychologie sind auch selbständige wissenschaftliche Disziplinen und haben eine wesentliche Bedeutung für die Bearbeitung jenes Gebietes von Grundlagenproblemen unserer Wissenschaft,

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die die Erforschung des materiellen Substrats des Psychischen und auch einer Reihe anderer Probleme betreffen. Spezialgebiete der Psychologie sind auch „Kanäle", durch die Grundlagenforschung in die Praxis eingeführt und durch sie überprüft werden. Die Entwicklung von Spezialgebieten schuf in der Psychologie eine neue Situation. Theoretische Verallgemeinerungen erfordern jetzt eine tiefergehende Analyse und eine Zusammenstellung von Daten, die auf verschiedenen Gebieten gesammelt wurden. Aber diese Daten sind nicht selten widersprüchlich und passen oft nicht in allgemeine Schemata und Konzeptionen, die wir gewöhnt sind. Leider schenken wir ungenügend Aufmerksamkeit der Systematisierung von Daten, die auf anderen Gebieten der psychologischen Wissenschaft gesammelt wurden. Die Erarbeitung einer allgemeinen Theorie der Psychologie, die auf den Errungenschaften des gesamten Systems der psychologischen Wissenschaften basieren würde, erfordert die Erarbeitung konkret-wissenschaftlicher Prinzipien und Methoden der systemhaften Analyse, die sich aus den Positionen dör materialistischen Dialektik ergibt und vom Gang der Entwicklung der modernen Wissenschaft bestätigt wird. Der Gedanke des systemhaften Herangehens zieht jetzt immer mehr die Aufmerksamkeit der Psychologen auf sich. Hier liegen schon einige Ergebnisse vor. Die Erarbeitung einer Systemtheorie der Psychologie ist die theoretische Hauptaufgabe des wiedergegründeten Instituts für Psychologie der Akademie der Wissenschaften der U d S S R . Ein „theoretisches Gebäude" ist an sich eine komplizierte Angelegenheit. Es wäre falsch, sich die Sache so vorzustellen, als wäre eine allgemeine Theorie eine Zusammenstellung allgemeiner Ideen und Prinzipien, die auf einer Ebene liegen. Die Ebenen in der modernen Psychologie sind unterschiedlich. Die einen betreffen die allgemeinsten Gesetze und Eigenschaften des Psychischen, andere — Spezialgebiete der menschlichen Tätigkeit, dritte wiederum behandeln Teilfragen usw. Man kann offensichtlich von einer Makro- einer Meso- und einer Mikroebene der Analyse psychischer Erscheinungen sprechen und dementsprechend von verschiedenen Niveaus theoretischer Verallgemeinerungen. Der Zusammenhang zwischen den einzelnen Ebenen ist längst nicht immer leicht zu durchschauen. Manchmal findet man in psychologischen Untersuchungen Versuche einer unberechtigten Erweiterung oder im Gegenteil einer unberechtigten Einengung (was bedeutend seltener vorkommt) der Anwendungssphäre dieser oder jener Verallgemeinerungen, Konzeptionen, Hypothesen, eine unpräzise Einschätzung der Beschreibungsebene, eine „Verflachung" der psychologischen Erkenntnis. Das erzeugt ein theoretisches Durcheinander und kann bei Anwendung der Ergebnisse einer solchen Theorie in der Praxis zu ernsthaften Fehlern führen. Leider wird manchmal eine wirklich theoretische Arbeit durch ein einfaches Wortspiel und eine Manipulation mit Termini ersetzt. Solch eine Art der Erarbeitung einer Theorie dient kaum ihrer Vorwärtsentwicklung. Die gegenwärtige Entwicklungsetappe der Psychologie verlangt dringend eine Erforschung der „Architektonik" ihres „theoretischen Gebäudes", eine Aufdeckung jener „Blöcke" und „Etagen", die bereits geschaffen wurden, jener, die erst im 2

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Projekt existieren und jener, die erst noch projektiert und geschaffen werden müssen. In der Zeit, die seit dem IV. Kongreß der Gesellschaft für Psychologie der UdSSR vergangen ist, wurden nicht nur Grundlagen- sondern auch angewandte Untersuchungen durchgeführt, obwohl ihr Anteil an allen wissenschaftlichen Forschungsarbeiten gering war. Auf dem Gebiet der Aufgaben, die mit einer Steigerung der Effektivität und Qualität von Arbeitsprozessen zusammenhängen, wurden psychologische Ansätze zur Rationalisierung der Arbeitstätigkeit (A. A. KRYLOW, W. D. SCHADREKOW), Methoden zur Bekämpfung der Monotonie (W. G. ASEJEW), Fragen der Adaptation des jungen Arbeiters an die Produktion (J. W. TARANOW), des sozialistischen Wettbewerbs (O. I. SOTOWA u. a.) und des psychologischen Klimas in Arbeitskollektiven (J. S. KTJSMTN U. a.) e r a r b e i t e t .

Es wurden ingenieurpsychologische Empfehlungen für Systeme der Informationsdarstellung, für Steuerpulte, Arbeitsplätze von Operateuren und für die Bestimmung der F u n k t i o n e n des M e n s c h e n e r a r b e i t e t (G. T. BEREGOWOJ, W . A. BODROW, W . F . W E N D A , J . M . SABRODIN, G . M . SARAKOWSKI, W . P . SINTSCHENKO, A . A . KRYLOW, W . J . KRYLOW, W . A . PONOMARENKO, W . A . POPOW, W . D . SCHADRIKOW, J . W . CHRUKOW U. a . ) .

Es wurde mit der Entwicklung von GOST, d. h. der Normung und Standardisierung begonnen, die neben anderen auch psychologische Erkenntnisse benutzen. Die Anwendung von Ergebnissen der psychologischen Wissenschaft in der Praxis h a t einen bedeutenden technisch-ökonomischen Effekt. So ermöglichte die Einführung ingenieurpsychologischer Empfehlungen im Chemiekombinat Schtschekino (Operatorenpunkt in der Ammoniakproduktion) eine Senkung des Hilfspersonals um 4 0 % und um 15% der Störungen des technologischen Ablaufs. Der ökonomische Nutzen betrug 50000 Rubel im J a h r . Die Einführung psychologischer Empfehlungen zur Teilrationalisierung von Dispatcherzentralen des Urals bringt der Wirtschaft einen Nutzen von etwa 150000 Rubel im J a h r ; der berechnete Effekt der vollen Rationalisierung der Arbeitsplätze beträgt 540000 Rubel im J a h r . Eine Reorganisation des Produktionsprozesses in der Irkutsker Schuhfabrik, die nach Empfehlungen von Psychologen durchgeführt wurde, erlaubte eine Senkung des Arbeitsaufwands um 4,5000 Arbeitsstunden und eine Steigerung der Arbeitsproduktivität u m 16%. Eine psychologisch begründete Rationalisierung des Fahrtenregimes auf den Fernschiffen des Ministeriums für Fischindustrie ergab einen ökonomischen E f f e k t von etwa 5 Mill. Rubel. Ein bedeutender E f f e k t wurde im Jaroslawler Reifenwerk erzielt. Die Ausnutzung sozialpsychologischer Empfehlungen in der Vereinigung „Kurganpribor" erlaubte es, die Arbeitskräftefluktuation bedeutend zu senken und die Arbeitsproduktivität zu steigern. Die angeführten Beispiele zeigen, daß die Anwendung von Ergebnissen der psychologischen Wissenschaft in der Praxis einen bedeutenden technisch-ökonomischen Effekt erbringt. Aber niemand h a t bisher ermittelt, welche Verluste unser

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S t a a t erleidet, weil wir die Ergebnisse der psychologischen Wissenschaft ungenügend in die Produktion überführen. Ergebnisse der Psychologie werden auch in der Praxis von Erziehung und Ausbildung der heranwachsenden Generation angewendet. In Experimentalschulen der Akademie der pädagogischen Wissenschaften der UdSSR wird von den Psychologen eine große Arbeit zur Vervollkommnung der Unterrichts- und Erziehungsmethoden geleistet, die Effektivität und Qualität der pädagogischen Arbeit erhöht. Eine Reihe effektiver psychologischer Methoden zur Diagnostik von Erkrankungen und ihrer Therapie wurde durch die medizinische Psychologie entwickelt. Jedoch wird die praktische Arbeit von den Psychologen noch in ungenügendem Maße und in sehr kleinen Maßstäben geleistet und trägt episodischen Charakter. Es ist notwendig, in allernächster Zeit und auf das allerentschiedenste die Sachlage auf dem Gebiet der angewandten Forschung zu verändern. Zum Abschluß'der ganz flüchtigen und allgemeinen Charakteristik des Standes der psychologischen Wissenschaft, sollen noch einige Worte darüber gesagt werden, wie sich das System der Einrichtungen, in denen psychologische Forschung betrieben wird, seit dem IV. Kongreß der Gesellschaft für Psychologie erweitert hat. Die 1966 gegründeten psychologischen Fakultäten an der Moskauer und Leningrader Universität haben schon einige Absolventenjahrgänge qualifizierter Spezialisten ausgebildet. Abteilungen f ü r Psychologie wurden an den Universitäten von Kiew, Tbilissi, Taschkent, Jaroslawl, Rostow, Charkow und Tartu geschaffen. Neben der Ausbildung von Spezialisten leisten diese Abteilungen auch eine umfangreiche wissenschaftliche Forschungsarbeit. Neue psychologische Zentren werden in der Akademie des Ministeriums des Inneren der UdSSR, am Institut der Leitupg der Volkswirtschaft beim Staatlichen Komitee für Wissenschaft und Technik, im Wissenschaftlichen Forschungsinstitut für Hochschulwesen und in einer Reihe von Instituten an Akademien der Unionsrepubliken geschaffen. Ein großes Ereignis war die Schaffung des Instituts für Psychologie an der Akademie der Wissenschaften der U d S S R . Das auf Beschluß des Präsidiums der Akademie der Wissenschaften der UdSSR Ende 1971 gegründete Institut h a t bereits Untersuchungen auf den Gebieten der allgemeinen, Sozial-, Ingenieur- und mathematischen Psychologie, der Psychophysik, der allgemeinen und differentiellen Psychophysiologie und der Neuropsychologie begonnen. Im Institut werden auch einige angewandte Probleme bearbeitet. Das Institut wird eine komplexe wissenschaftliche Forschungseinrichtung, in der die psychologische Theorie auf der Grundlage eines systemhaften Ansatzes erarbeitet wird. Wie Genosse L. I. B R E S H N E W mehrmals feststellte, ist die Akademie der Wissenschaften der U d S S R der Hauptkoordinator der Wissenschaft im Lande. Das Institut für Psychologie h a t eine Führungsfunktion und beginnt allmählich auch seine Koordinierungsfunktion zu erfüllen. Es trug auch bei zur Festigung der Zusammenarbeit der Psychologen sozialistischer Länder.

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Über die Aufgaben der psychologischen Wissenschaft im Lichte der Beschlüsse des X X Y . Parteitages der KPdSU Der X X V . Parteitag legte ein klares Programm für die Entwicklung unseres Landes fest, einen großen Platz nehmen darin Fragen der Wissenschaft ein. „. . . nur auf der Grundlage einer beschleunigten Entwicklung von Wissenschaft und Technik", sagte Genosse L. I. BRESHNEW, „können die letzten Aufgaben der sozialen Revolution — des Aufbaus des Kommunismus gelöst werden." (Materialien des XXV.. Parteitages der KPdS U, S. 47). Wie schon zu Beginn des Referates festgestellt, beginnt die Psychologie im System der modernen wissenschaftlichen Erkenntnisse eine immer bedeutendere Rolle zu spielen. Als führende Wissenschaft bei der Erforschung des Menschen ist sie mit den Gesellschafts-, Natur- und technischen Wissenschaften verbunden. Die spezifische Lage der Psychologie im System der Wissenschaften eröffnet ihr breite Perspektiven. Genosse L. I. BRESHNEW sagte: „Neue Möglichkeiten für fruchtbare Forschungen sowohl allgemeintheoretischen und grundlegenden, als auch angewandten Charakters liegen bei Stoßstellen verschiedener Wissenschaften, insbesondere von Natur--und Gesellschaftswissenschaften. Man muß sie in vollem Maße ausnutzen." (ebenda, S. 73). Diese Worte gehen die Psychologie mehr als jede andere Wissenschaft an. Es ist zu erwarten, daß die Ausnutzung der Möglichkeiten, die durch die besondere Stellung der Psychologie bedingt sind, ihr eine intensive Entwicklung garantiert. Wie schon gesagt, stellt die moderne Psychologie ein äußerst differenziertes System wissenschaftlicher Disziplinen und Richtungen dar. Einige von ihnen (zum Beispiel die pädagogische und Kinderpsychologie) haben schon alte Traditionen; ihr Gegenstand und ihre Problematik sind klar bestimmt, ihre Untersuchungsmethoden sind entwickelt. Andere befinden sich im Stadium der Herausbildung (zum Beispiel die Sozialpsychologie). Dritte haben ihre Entwicklung eben erst begonnen (zum Beispiel die forensische, die kosmische und die Organisationspsychologie). Vierte werden fast nicht bearbeitet (zum Beispiel Grenzgebiete von Psychologie und Genetik, Psychologie und Biochemie, Psychologie und Ökonomie). Irgendwann einmal wurden in unserem Land nicht wenig Untersuchungen auf dem Gebiet der Tier- und vergleichenden Psychologie durchgeführt. Leider wurden jetzt diese Untersuchungen eingestellt. Somit ist eine Disproportion in der Entwicklung verschiedener Gebiete der psychologischen Wissenschaft vorhanden. Die wichtigste Aufgabe ist jetzt ein Ausgleich der historisch entstandenen Disproportion. Es ist notwendig,' in den nächsten Jahren die Gebiete der Psychologie zu entwickeln, die bis jetzt noch im Keimstadium stecken. Da diese Gebiete in der Mehrzahl zu den Grenzgebieten gehören, erfordert ihre Entwicklung eine feste Zusammenarbeit mit den angrenzenden Wissenschaften.

B. F. LOMOW, Entwicklungsstand und Perspektiven in der UdSSR

21

Eine bestimmte Disproportion läßt sich auch bei der Analyse der Problematik der allgemeinen Psychologie feststellen. Wenn bei uns auf dem Gebiet der Probleme sogenannter kognitiver Prozesse in breiter F r o n t gearbeitet wird und hier nicht wenige wertvolle Ergebnisse vorliegen, so sind Untersuchungen von Prozessen der psychischen Regulation des Verhaltens und der Tätigkeit noch ungenügend entwickelt. Sehr wenig Untersuchungen gibt es zu den Problemen der Aufmerksamkeit, der Emotionen, des Willens und Charakters. Unzureichend werden Vorstellungen und Phantasie untersucht. Dabei haben diese Probleme im allgemeinen System der Psychologie wesentliche Bedeutung. Offenbar müssen wir unsere Anstrengungen umverteilen und unsere Arbeit so planen, daß eine mehr oder weniger harmonische Bearbeitung des ganzen Systems der Hauptprobleme der allgemeinen Psychologie gewährleistet ist. Die Gesellschaft für Psychologie der UdSSR h a t gemeinsam mit dem Institut für Psychologie der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, der A P W der U d S S R und den führenden Universitäten des Landes den Verusch der Erarbeitung eines Planes der Entwicklung der Psychologie in unserem Lande innerhalb des zehnten Fünfjahrplans unternommen. Diese Arbeit sollte fortgesetzt werden. Wir müssen einen Perspektivplan schaffen, der eine Erhöhung der Effektivität und der Qualität psychologischer Forschung garantiert. J e t z t entsteht die Notwendigkeit, ernsthaft die Entwicklungstendenzen der Problematik der Psychologie selbst zu analysieren, die logischen Zusammenhänge zwischen den Problemen aufzudecken, die Problemgebiete zu bestimmen, die eine Konzentration unserer Anstrengungen erfordern und ihre Bearbeitung entsprechend zu organisieren. Die wichtigste Bedeutung für die Entwicklung der psychologischen Theorie h a t die weitere Entwicklung ihres Begriffsapparats, insbesondere jener Kategorien, in denen sich die allgemeinsten und wesentlichsten Eigenschaften der von der Psychologie untersuchten Erscheinungen widerspiegeln. Am intensivsten wird bei uns die Kategorie der Tätigkeit bearbeitet. Die Anwendung der marxistischen Lehre von der menschlichen Tätigkeit spielte und spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung sowohl der Allgemeinen Psychologie als auch ihrer Spezialgebiete. Man muß jedoch feststellen, daß man jetzt beginnt den Begriff „Tätigkeit" so breit anzuwenden, daß sein Sinn verschwommen wird und damit seinen Erklärungswert verliert. Nicht selten wird eine Bedeutung dieses Begriffs durch eine andere ersetzt, was Verwirrung stiftet. Die Tätigkeit wird im System der marxistisch-leninistischen Theorie als gesellschaftlich-historische Kategorie angesehen und ist als solche Gegenstand einer Reihe von Wissenschaften: der Philosophie und Soziologie, Ökonomie und Rechtswissenschaft, Geschichte und Pädagogik. Man muß feststellen, daß psychologische Untersuchungen der Tätigkeit in bestimmtem Maße ihre Untersuchungen auch in anderen Wissenschaften stimuliert haben. Jedoch wird in der Psychologie selbst bei weitem nicht immer der Aspekt der Tätigkeit klar bestimmt, den sie und nur sie erforschen muß und der von keiner anderen Wissenschaft außer ihr erforscht werden kann. In

22

Z. Psychol. Bd. 186 (1978) H. 1

konkreten psychologischen Untersuchungen wurde und wird die Tätigkeit traditionsgemäß als Tätigkeit des Individuums, als individuelle Tätigkeit untersucht. Im realen Leben ist die Tätigkeit eines einzelnen Menschen immer mit der Tätigkeit anderer Menschen verbunden. Es entsteht die Aufgabe der psychologischen Untersuchung verschiedener Formen gemeinsamer Tätigkeit. Sie wird zum Teil schon in der Sozialpsychologie begonnen, aber an ihrer Erforschung sind auch andere Gebiete der psychologischen Wissenschaft nicht weniger interessiert. Offensichtlich muß die gemeinsame Tätigkeit von Menschen komplex untersucht werden. Leider wird den anderen Kategorien, die für die Psychologie von sehr großer Bedeutung sind ungenügende Aufmerksamkeit geschenkt. Es ist ein starkes Ungleichgewicht in der Erforschung der Hauptkategorien vorhanden, die die Psychologie untersucht. Leider werden bei uns nicht selten bei der Bearbeitung solcher Kategorien wie Bewußtsein, Erkenntnis, Persönlichkeit, Kommunikation, gesellschaftliche Verhältnisse und andere psychologische Forschungsaspekte durch philosophische, soziologische, pädagogische, ethische und umgekehrt ersetzt. Es entsteht die Notwendigkeit der Betrachtung aller Kategorien in einem System und einer klaren Bestimmung der Aspekte, die die Psychologie und nur die Psychologie erforschen muß und die von keiner anderen Wissenschaft als der Psychologie erforscht werden können. Natürlich erfordert das die schöpferische Zusammenarbeit mit Vertretern anderer Wissenschaften, vor allem mit den Philosophen. Es ist auch eine weitere tiefgreifende theoretische Ausarbeitung der Prinzipien der Psychologie erforderlich. Die Grundprinzipien der sowjetischen Psychologie sind gut bekannt, und müssen nicht wiederholt werden. Jetzt ist es wichtig festzustellen, daß ihre Beziehungen noch ungenügend geklärt sind. Die einen Prinzipien sind ganz allgemeiner Natur und betreffen eigentlich jede beliebige Wissenschaft (zum Beispiel das Determinismusprinzip), andere erfassen einige zusammenhängende Wissenschaften, dritte sind spezifisch für die Psychologie. Kurzgesagt, die Prinzipien liegen nicht in einer Reihe. Es ist notwendig, ihre Zusammenhänge und Beziehungen aufzuzeigen und ein System von Prinzipien gerade als System zu formulieren. Der XXV. Parteitag der KPdSU richtete die Wissenschaft auf die Lösung von Aufgaben aus, die in der gesellschaftlichen Praxis entstehen. Genosse L. I. BreshNEW stellte fest, daß „Die praktische Umsetzung neuer wissenschaftlicher Ideen heute keine weniger wichtige Aufgabe ist als ihre Erarbeitung „(Materialien des XXV. Parteitages der KPdSU, S. 48). Wie schon gesagt, geschieht bei uns die Umsetzung von Ergebnissen der psychologischen Forschung in ungenügendem Maße. Einer der Gründe dafür liegt in der in Psychologenkreisen noch anzutreffenden absurden und schädlichen Meinung, daß praktische Arbeit eine Arbeit zweiter Kategorie ist und in die Praxis nur die gehen sollen, deren Talent nicht zu mehr reicht. Hier sei an B. M. Teplow erinnert, der in seinem hervorragenden Artikel „Der Geist des Heerführers" schrieb: „Wenn man schon Abstufungen in Schwierigkeit und Kompliziertheit der Anforderungen feststellt, die durch sie an den Geist gestellt

B. F.

LOMOW,

Entwicklungsstand und Perspektiven in der UdSSR

23

werden, so muß man anerkennen, daß vom Standpunkt der Vielfalt und manchmal auch der inneren Widersprüchlichkeit intellektueller Aufgaben und auch der Grausamkeit der Bedingungen, unter denen geistige Arbeit sich vollzieht, die ersten Plätze höheren Formen praktischer Tätigkeit gehören." (B. M. TEPLOW, „Probleme individueller Unterschiede", S. 225). Jetzt kommt es darauf entschieden an, mit der herrschaftlich-geringschätzigen Einstellung eines gewissen Teils der Wissenschaftler gegenüber praktischer Arbeit zu brechen. Man muß besonders bei der Jugend ein richtiges Verhältnis zur Beziehung von Theorie und Praxis in der Entwicklung der Wissenschaft herausbilden. Eine aktive Einbeziehung in die gesellschaftliche Praxis ist eine der wichtigsten Bedingungen für die Entwicklung der psychologischen Theorie. Nur eine organische Verbindung von Theorie, Experiment und Praxis kann eine Erhöhung von Effektivität und Qualität psychologischer Forschung gewährleisten. Wenn von der Umsetzung psychologischer Ergebnisse in der Praxis die Rede ist, muß gesagt werden, daß die Wege dieser Umsetzung verschieden sind. In manchen Fällen ist eine direkte Umsetzung möglich, in anderen Fällen geschieht sie durch die Pädagogik, Medizin, Ingenieurforschungen usw. Die Umsetzung erfordert komplexe Untersuchungen, die sich auf eine Systemtheorie stützen. Das Leben stellt mit voller Schärfe die Aufgabe der Ausbildung von Spezialisten, die fähig sind, wissenschaftlich-praktische Aufgaben zu lösen, psychologisch gebildete Pädagogen, Ärzte und Ingenieure. In den nächsten Jahren gilt es, Ausbildungsprogramme für solche Spezialisten zu entwickeln und klar ihre Funktionen, den Aufgabenkreis, Prinzipien und Methoden ihrer Lösung zu bestimmen. Das erfordert natürlich eine ernsthafte Vervollkommnung des gesamten Ausbildungssystems für Psychologen. Menschen mit einer psychologischen Ausbildung sollen-nicht nur viel wissen, sondern auch viel können. Sie müssen die moderne Theorie, das System von Methoden wissenschaftlicher Forschungs- und wissenschaftlich-praktischer Arbeit beherrschen — Methoden, die sie anwenden können, wenn sie nicht nur in wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen, sondern auch in der Produktion, im Konstruktionsbüro, in der Klinik, in der Schule usw. arbeiten. Unter den gegenwärtigen Bedingungen der Entwicklung der Psychologie, ihrer Differenzierung und Integration sowie der Erhöhung ihrer praktischen Bedeutsamkeit, wächst die Rolle der Gesellschaft für Psychologie der UdSSR, die die Psychologen unseres Landes vereinigt. Die Gesellschaft muß die Funktionen der Planung und Koordinierung der Arbeit auf allen Gebieten der psychologischen Wissenschaft ausüben. Davon wird die Notwendigkeit diktiert, die Tätigkeit der Gesellschaft auf ein höheres Niveau zu heben. Der zehnte Fünfjahrplan muß für die psychologische Wissenschaft zu einer Periode intensiver Entwicklung, der Erhöhung der Qualität wissenschaftlicher, theoretischer und experimenteller Untersuchungen, der Verstärkung ihrer erzieherischen und ideologischen Rolle im Leben unserer Gesellschaft, eines noch ernsthafteren Kampfes mit dem Marxismus fremden Einflüssen und aktiverer Einbeziehung in die Praxis des Kommunistischen Aufbaus werden.

24

Z. Psychol. Bd. 186 (1978) H. 1

Ohne Zweifel werden die sowjetischen Psychologen diese Aufgaben, die sich aus den Beschlüssen des X X V . Parteitages der Kommunistischen Partei der Sowjetunion ergeben, ehrenvoll erfüllen. Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. B. F. LOMOW

Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Psychologisches Institut ul. WawUowa 37 a, 117 312 Moskau B-312

Vorwort Vom 11. bis 15. 7. 1977 fand auf Einladung Prof. J . LINHARTS, Direktor des Instituts für Psychologie der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften, das schon traditionelle Symposion zu Grundproblemen der Allgemeinen Psychologie statt. Es stand unter dem Thema „Psychologie des menschlichen Lernens und Problemlösens". Auch diesmal war es eine anregende und romantischer Tagung. - Im nachfolgenden veröffentlichen wir eine Reihe von Beiträgen, die von Psychologen der D D R gehalten wurden. Eine erste Gruppe (aus der Sektion Psychologie der Humboldt-Universität Berlin) beschäftigt sich mit der Organisation und Funktion semantische Eigenschaften des menschlichen Langzeitgedächtnisses. Dabei stehen Probleme der Aufnahme und Verarbeitung semantischer Information im Vordergrund (vgl. dazu die A u f s ä t z e v o n K L I X , K L I X u n d VAN DER M E E R , HOFFMANN u n d

KUX).

Eine zweite Gruppe von Beiträgen (vorwiegend aus dem Bereich Künstliche Intelligenz des Zentralinstitutes für Kybernetik und Informationsprozesse der Akademie der Wissenschaften der1 DDR) h a t vor allem Aspekte menschlichen Problemlösens zum Inhalt. Dabei stehen vorwiegend strukturelle Fragen im Vordergrund. H i e r sind es die B e i t r ä g e v o n BLUTNER, HAGENDORF u n d M i t a r b . KRAUSE u n d SYDOW.

Die Schriftleitung geht davon aus, daß die vorliegenden Berichte neue Ergebnisse auf dem Gebiet der Allgemeinen Psychologie enthalten und von daher auch einen Platz in der Zeitschrift für Psychologie beanspruchen können. F. KLIX

From the Department of Psychology, Humboldt-University, Berlin

On the representation of semantic information in human long-term-memory B y F. KLIX

With 9 figures

I believe that human long-term-memory is one of the most complicated structures with which psychology is concned. It comprises not only all the individual experiences ; nevertheless if immediately perceived or if mediated by social communication, especially by language; it contains also rules for the combination of elements of knowledge, inferential rules, strategies for information gain and use; it contains procedures for problemsolving techniques, rules for the transfer of experiences from one subject to another. And it performs the evaluation of stored information, especially the estimation of its value with regard to a special situational requirement. The examples reveal: Human long-term-memory is the vehicle, the functional organ of all mental processes. It mediates the language — as well as the nonverbal communication. And the core of the whole is that it constitutes meaning; i. e. that it constitutes equivalent classes of informational properties; equivalent with regard to behavioral decisions; overt or covert, that does not matter. In view of such a complicated structure we should not be surprised that the real progress in investigating the main components and laws of its function are really slow.

1. Some aspects of the state of the art The panoramic view of the functions of human long-term-memory (LTM) is more than a little bit confounding. Since the beginning of investigating human memory in a more systematic manner psychologists have been trying to systematize the main underlying components. In the meantime agreement seems to be that there are at least four main essentials, interlinked in their real function but nevertheless discriminable and identifiable as subjects of reasearch work, namely: (1) concepts as class-information on object sets, defined by common properties; (2) operations as the cause of transformations (by action or imaging); (3) systems of rules which govern the interlinkage of concepts and operations; (4) denominations of (1), (2) or (3), where the denominations of (1) and (2) constitute the lexicon of the inner language, whereas the denominations of (3) constitute the grammar.

F. RLIX, Representation of semantic information

27

During the last 20 years up to the late sixties psychologists tend to investigate these components independently from each other: (1) a s " c o n c e p t f o r m a t i o n " o r " - a c q u i s i t i o n " (BRTTNER, TRABASSO e t c . ) , (2) a s p r o b l e m s o l v i n g ( N E W E L L , R E I T M A N , TIKHOMIROV e t c . ) , (3) a s l a n g u a g e a n a l y s i s ( L U R I A , M I L L E R ) o r f o r m a l g r a m m a r a c q u i s i t i o n ( S U P P E S ,

SYDOW etc.). In recent developments of Experimental Psychology one prefers to abandon this separation as artificial and to stress the interlinkage between the different components. The main consequences of this confluence of historically different areas in Cognitive Psychology are twofold: The one is that human longterm-memory is recognized as not being a passive store for stimuli but as an active processor and producer of information; the other consequence is that its usual or normal function is to constitute meaning, i. e. that it uses the environmental inputs together with the related knowledge as data base for adequate behavior decisions. Under this aspect for instance, concepts and their denominations are inseparable. In contemporary psychology we have two research strategies, used to roll up cognitive capabilities of LTM by meaning analysis: a top-down strategy and a bottom-up strategy. In the first case experimentalists try to model the function of the whole, derive consequences in details and prove the details by experiments. R e p r e s e n t a t i v e s of t h i s s o r t a r e BOWER a n d A N D E R S O N , NORMAN, RTJMELHART a n d

others. Representatives of the bottom-up-strategy try to construct paradigmatic experiments, so that the results reveal as much as possible of the whole. Repres e n t a t i v e s of t h i s s t r a t e g y a r e KLNTSCH, PAIVIO, TULVING e t c . I n m y g r o u p w e a l s o

use this second way. Before I give an example of our experiments it seems necessary to explain what we mean when speaking about meaning and meaning representation in memory. 2. Properties, Concepts and Denominations Our general approach is demonstrated with fig. 1. It describes the transmission and representation of semantic information. We have states (objects with properties) which are decoded (£)2) as perceived objects (i. e. in an analogical, iconic or image-like manner) or (Dt) due to a specific learning process as conceptual structures (i. e. as a description of relevant properties). Then we have types of physical events which (due to sociological and historical conditions) may substitute these objects'and their properties. They work as signs like the words of a natural language. The signs are decoded in the same manner (Z)3): as a sound representation and as a property description (i. e. a phonem concatenation). So we have two possible mappings between the different modes of object representation in memory. These mappings — as I believe — perform what we call meaning understanding: If you hear a word like tree and your memory actualizes an image of a tree than the word gets its denotative meaning by that actualized image. And (2): If a word is mapped onto a conceptual property structure then the word gets its meaning by this structure. In this case it denominates not

28

Z. Psychol. B d . 186 (1978) H. 1

only one but a set of objects, i. e. a concept. So we have two modes of meaning understanding: as a mapping function from the sign to its image representation and as a mapping function from the sign representation to a conceptual, i. e. a propertystructure representation. If one of the two mappings are realized in memory then meaning understanding takes place. HOFFMANN and KLIX in their report give evidence to this statement. Our experiments prove the assumption that there are two different forms of meaning comprehension due to two different kinds of information representation in human LTM. external

internal s e m a n t i c attachments

set of feature vectors {(z,)}. These features are transmitted ( T ) by physical laws. Affecting a receptor they will be decoded ( D ) . We discriminate two decoding functions: D2 decodes the perceived connections in an iconic or image-like representation which m a y also be stored in an holistic manner. Di indicates that perceived situations m a y have a conceptual representation (zj) in memory, i. e. a property description for a set of environmental conditions. (Z>3 is equivalent to Dl and denominates the conceptual representation of perceived words, i. e. sets of phonema properties). On the external side there are also patterns /SU>.: (WMj ab )

Cor.tr.: (WM abc)

: (WM2

:

I Comp.'(WM

pHo npoBepneTcn nyTeM BapwanHH CTpyKTypu 3aflaq. Peayjibtanj noRTBepumawT ninoTe3y. HccjienoBaHHe o o^Hoit cTopornj HOKashmaeT cymecTBOBaHHe yHKijHOHaJibHO 3KBHBajieHTHux cTpaTernit npn pemeHHH HaaßaHHoro KJiacca aaflai h c «pyroit cTopoHH, ReMOHCTpapyeT BJiHHHHe BHCOKOopraHHaoBamibix no3iranaTcjibiiM3: CTpyKTyp Ha $opMnpoBaHne cTpaTerHö.

References 1. D e c k e r , G.: Die Ausbildung von Entscheidungsstrukturen in Abhängigkeit vom Problemraum und ihre chronometrische Analyse. Diplomarbeit, Humboldt-Universität, Berlin 1976. 2. G r e e n o , J. G.: Theory and practice regarding acquired cognitive structures. Educ. Psychol. 10 (1973) 117-122. 3. K l i x , F.: Über Grundstrukturen und Funktionsprinzipien kognitiver Prozesse. In K l i x , F., (ed.): Psychologische Beiträge zur Analyse kognitiver Prozesse. Berlin 1976.

H. HAGENDORN, Acquisition of structures in problem solving processes

69

4. SIMON, H. A.: The functional equivalence of problem solving skills. Cognitive Psychol. 7 (1975) 2 6 8 - 2 8 8 .

5. SYDOW, H. : Acquisition of structure in problem solving processes. X V I I I . Int. Congr. on Applied Psychology. Montreal, Canada 1975. Author's address: D r . H . HAGENDORF

Sektion Psychologie der Humboldt-Universität DDR - 102 Berlin, Oranienburger Stf. 18 '

From the Central Institute for Cybernetics and Information Processing of the Academy of Science of the G DR, Berlin

Identification of strategies and chronometric analysis of problem solving processes B y H . HAGENDORF, H. SYDOW a n d W .

FREIER

With 2 figures

The dominant approach to the analysis of human problem solving has been the construction and experimental identification of strategies and the simulation of qualitative aspects of human problem solving processes. Relatively less well explored is the approach, that specifies the processing time implications of proposed strategies and determines whether observed solution times are consistent with quantitative predictions. Although the two approaches are directed on different goals they are interconnected by several theoretical and experimental links: The experimental identification of strategies can be realized by means of quantitative, chronometric analyses. The prediction of processing times presupposes a stage model, that describes problem solving strategies in terms of the sequential application of a set of basic psychological operations and serves as a rational basis for the construction of specific statistical models [1, 3]. This paper presents some experimental results [2] for problem solving tasks where alternative solution strategies are a genuine theoretical possibility. Let us assume that for every solution strategy there exists a decision structure, containing the elementary decisions of the solution strategy. Chronometric analysis may be used in two ways to gain knowledge about these decision structures : Firstly after specifying one special decision structure you may predict decision times and perform experiments to test these predictions. Secondly after specifying a set of decision structures you may perform experiments and use reaction time data to identify some special decision structures within the specified set. We used the second possibility to identify different solution strategies. In order to make clear the main questions and results to be presented, we describe first the experimental situation. We realized our problem space as switch light problems. The subjects were sitting in front of the display, schematized in figure 1. Four lights define the goal state and additional four lights represent the initial state, which is to be transformed into the goal state step by step by means of a minimal number of operations — switches corresponding to the lights. The applicability of operations depends on

H . HAGENDORF U. a., Identification of strategies and chronometric analysis X,

. x2

X3

Xt

• • • • • • O o

—T—|

- h -

r - H

• o o o a

- 4 -

r

f

-T- 1

-

r

2

71

3

Goal State:

0

Realized state:

0

0

0

Applicability of operators: —

+

0

0 1 1

+

+

— Operators

1

Fig. 1. Display for subjects

the state reached and is at each moment indicated to the subject by means of lights corresponding to the switches. Our subjects solved problems within the problem space represented in figure 2. The states are binary coded from left to right. " 1 " means that the corresponding light is on. The branches in the graph correspond to operations. The applicability of the operations is determined by logical functions of the four Boolean variables. ^goal state

1 1 1 1

o 1

0 0

1110

10

10

/J

1 o 1 JLi

10

1 11 JLi

0 0 4

o 17 JLi

o.o 1

n o 1—0

' 0 0 0 1

111—0

0110

/}

0 11

0 0 0 1

0010

0000

applicable at all states

r3

applicable if

r2

applicable if

xt-1 x^-xj-l

r-f

applicable if

Xir-x3-x2-7

Fig. 2. Problem space and applicability of operators

For instance r 2 is applicable if lights x3 and x^ are on. Operation r t is only applicable in two states in the center of the graph. Operation r 4 is applicable at every state. These logical constraints define the structure of the problem space. There are two types of strategies to solve any problem within the problem space: — one strategy, that determines the solution steps by means of subgoal formation principles (subgoal strategy S) and — a second strategy, that determines the solution steps with respect to the applicability constraints of the operations (applicability strategy A).

72

Z. Psychol. Bd. 186 (1978) H. 1

The first strategy implicates, that the components of the problem states are to be tested from left to right. On the contrary, the second strategy contains elementary decisions from right to left with respect to the state features For the sake of simplicity let us regard in the following only these two strategies and their identification. In our first experiment subjects solved five problems one after the other. After each trial the subjects received a decision task. Given a fixed goal state (the state 1000) the subjects had to determine the first optimal operation for all other states, presented in random order. Furthermore they had to identify the components of the problem state they used to answer these questions. So we got for the five decision tasks for each problem and subject a rank order of the state components. The frequencies of the rank order from right to left (4321), for the rank orders beginning with the leftmost (first) component and for unsystematic rank orders are given in table I. Table I. Frequencies of rank orders of state components 1 4321 1 (234) Unsyst.



150

2

3

4

5

6 61 83

62 47 41

114 30 6

133 16 1

The frequency of the rank order from right to left increases over trials. The subjects acquire the rank order, that determines the decision structure with the minimal number of decisions. Only in the first trials subjects use rank orders starting from the left. In our second experiment two other groups of subjects solved the same five problems. After each trial the subjects received the same decision task but this time with two different prescribed orderlngs of state components determined in the first experiment: The first group was instructed to use the minimal possible number of state components from right to left in order to determine the first optimal operation. The second group received the rank order 1432 and had to choose the minimal number of components from this ordering to determine the first optimal operation. Our hypothesis is that these experimental conditions suggest the use of the applicability strategy A to the first group and the use of the subgoal strategy S to the second group. To test this hypothesis we continued the experiment with a sixth decision task which was to be performed by the subjects as fast as possible, that means reaction times were collected. If our hypothesis is true reactions to the main subgoals should be faster in the second group than in the first group. On the contrary reactions to problem states where the applicability constraints of operations determine the optimal operation (the. state's at the border of the problem space) should be faster in the first group. Table II presents the data (mean number of true decisions) from the first five

H . H A G E N D O R F U.

a., Identification of strategies and chronometric analysis

73

Table It. Mean numbers of true decisions

1432 4321

1

2

3

4

5

4,6 2,0

8,8 7,0

12,2 12,0

14,6 14,8

14,8 15,0

decision trials. The data indicate, that the two groups acquire at the same time the structure of the problem space. But do they realize their decisions by using the above mentioned strategies? Table III shows the mean reaction times in seconds for a : the main subgoals and b : the border states. Table III. Mean reaction times for a: the main subgoals and b : the border states a

1432 4321

b

Subgoals

Other

1,32 2,02

1,50 1,69

1432 4321

Border

Other

1,53 1,21

1,43 2,19

Subjects, that were trained to use information from the problem state according to the ordering 1432 were fastest for the subgoals. So we are inclined to assume that they used a subgoal strategy. The border states were answered fastest by subjects in the other group. That means that the rank order from right to left reveajs the .A-strategy: the determination of optimal operations with respect to the applicability constraints. The main conclusions from our experimental data are: — Reaction time data may be used to differentiate between complex problem solving strategies. — Subgoal formation strategies may be transient stages, followed by simpler local classificatory strategies during overlearning. Summary The paper discusses different strategies of chronometric analysis of problem solving processes and presents experimental results for problem solving tasks where alternative solution strategies are a genuine possibility. The experiments were performed with switch-light problems. The chronometric analysis may be used to identify or differentiate between possible solution strategies. It seems that after the solution process various processing procedures coexist with respect to classes of problems to be solved.

Zusammenfassung Es werden verschiedene Vorgehensweisen des Einsatzes der chronometrischen Analyse bei der Untersuchung von Problemlösungsprozessen diskutiert und experimentelle Ergebnisse für Problemlösungsanforderungen mit unterschiedlichen Lösungsstrategien dargelegt. Die Experimente wurden mit Licht-Schalter-Aufgaben durchgeführt.

74

Z. Psychol. Bd. 186 (1978) H. 1

Die chronometrische Analyse kann zur Identifizierung oder Differenzierung von Lösungsstrategien verwendet werden. Es scheint so zu sein, daß nach Abschluß eines Lösungsprozesses verschiedene Prozeduren zur Lösung der Probleme aus einer homogenen Klasse von Problemen koexistieren können. PesioHe OöcyjKflaroTCH pa3HHe bo3mo>khocth npnMeH6HHH xpoHOMerpHiecKoro aHajinsa npn nccjie.noBäHHM npoqeccoB pemeHHH npoßnei« h H3Jiarai0TlcH aKcnepHMeHiajibHue pe3yjibpTaTbi ^jih npo6jieMHux 3aflai c pasjiHiHiiMH cxpaTeruHMH pemeHHH. SKcnepHMeHTii 6hjih npoBeaeHbi c noMomtio ocBeTHTenbHoro BUKnioiaTejiH. XpoHOMeTpHnecKHÄ aHajiHa MOHCHO ncn0Jib30BaTb «an HfleHTHijMKai^HH hjih pa3JiHieHH(t CTpaTerHfi pemeHHH. KaweTCH, i t o nocjie OKOHnaHHH npoqecca pemeHHH MoryT cocymecTBOBaTb pa3Hbie npoi;e»ypH pemeHHH npoöneM H3 roMoreHHoro npoßneMHoro Knacca. References 1.

Dülge, B., H. II AGENDORF and H. SydoW: Identification of cognitive structures in problem solving processes. 2nd Prague Conference on Human Learning and Problem Solving, Prague 1973. 2. F r e i e r , W.: Einfluß unterschiedlicher methodischer Bedingungen auf die Herausbildung von Entscheidungsstrukturen innerhalb eines konstanten Problemraumes und deren chronometrische Analyse, Diplomarbeit, Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin 1977. 3. K u x , F.: Aspekte des Erkenntnisfortschritts in der psychologischen Grundlagenforschung. Z. Psychol. 184 (1976) 17-36. Author's address:

Dr. H. Hagendorf

Sektion Psychologie der Humboldt-Universität DDR—102 Berlin, Oranienburger Str. 18

From the Central Institute for Cybernetics and Information Processing of the Academy of Sciences of the G D R , Berlin

Determination of internal representation of a decision structure in human problem solving by means of eye movement measurements ~ B y W.

KRAUSE

With 6 figures

During a problem solving process "algorithmic knowledge" seems to become developed [2]. Algorithms or strategies may be changed in the course of the process. The changes of strategies are determined by a decision structure. The solution process is characterized by the acquisition of information and its processing. We started from the hypothesis that the sequence of information acquisition is determined by a decision structure for strategy changes. This decision structure — as an internally represented operative memory structure — is to be described in the present paper. To check our hypothesis we used a decomposition problem : A set X of elements that are connected and whose connections are evaluated was divided into subsets Xu X2, • • • , Xn in such a way that the number of connections between subsets was a minimum. For the experimental situation the step by step construction of one subset only was used.

information seeking strategy

2

90al

s

"kin'

strategy 1

Fig. 1. Two strategies for solving the decomposition problem

76

Z. Psychol. Bd. 186 (1978) H. 1

In each step Ss could choose between two alternative strategies: goal seeking (strategy 1) and information seeking (strategy 2). Based on the problem space two decision parameters were determined: the goal distance nz and the risk factor s as a difference of the evaluations of a number of certain states in a local situation. The decision parameters are the elements of the decision structure. The latter determines the sequence of the acquisition of information on our hypothesis: goal distance preceding risk factor check (fig. 2).

Fig. 2. Decision structure

Method The experiment consisted of two sections. (1) Problem solving experiment: Ss solved a decomposition problem. (2) Decision experiment (as one step of problem solving) : Ss decided on a strategy. Three independent methods were used in the experiment for the determination of the decision structure : (2 a) registration of the subject's answers (2 b) measurement of the decision time (2 c) measurements of the eye movements. Subjects and materials We confine ourselves to the decision experiment. Twenty-Five students of psychology took part and Wefé tested individually. All of the subjects had participated in experiment 1. Stimuli consisted of slides and were taken from the single situations of the problem solving experiment (fig. 3). Procedure

Ss were instructed to decide as in the problem solving situation. They were required to construct subsets of elements with a minimal number of connections between them, but in the decision experiment to realize but one step. The complete

W. KRAUSE, Determination of internal representation

77

information is given in the slide. Ss were informed to decide as quickly as possible and with the highest possible subjective certainty as to wheter they prefered the left or the right element. B y means of the right element the set of selection could be increased (strategy 2), while with the left element Ss could (in most cases) decrease the number of connections (strategy 1). The decision parameters, goal distance n and risk factor s were varied. The subjects answers (right or left), the decision time and the eye movements were recorded.

Results a) R e g i s t r a t i o n

of s u b j e c t s

Figure 4 shows the probability of preference factor s with goal distance nz as parameter. strategy 2 is dependent on risk factor s. Near ( n 2 = 17) the decision is independent of the risk

answers

of strategy 2 as a function of risk Only for a medium range ( n 2 = 8 ) the goal ( n z = 3 ) and near the s t a r t factor. From this result we postu-

P (Strat.2 ) 1,0 n z -17

0,5

Fig. 4. The probability of preference of strategy 2 as a function of the risk factors s (situational parameter) with the goal distance nz as parameter

78

Z. Psychol. Bd. 186 (1978) H. 1

late a decision structure as shown in figure 2, which reflects the dependence of the check of the risk factor on the goal distance. b) M e a s u r e m e n t of t h e d e c i s i o n

time

The decision time will be increased if there is an additional check of the risk factor. Figure 5 shows the decision time as a function of the goal distance n for a typical subject (fig. 5). Actually the decision time increases by about 3 sees. We claim that the increase of the decision time in the medium range is, indeed, caused by the additional checking of the risk factor, that is by a procedure of information acquisition. ConDecision t i me

g

8

7 6

5 U 3 2

1 0

1 2 3 ¿

5 6 7 8 9 10 11 12 —• n2

Fig. 5. Decision time as a function of goal distance nz

trary to this opinion it would seem possible that the increased decision time is caused by a procedure of information processing, in that, the high subjective uncertainty in the decision situation might be the reason for the increase in decision time [3]. We have employed measurement of eye movements to check the two alternatives. c) M e a s u r e m e n t of e y e

movements

Two hypotheses are derivable from the decision structure. Firstly: The goal distance nz is checked prior to the risk factors s. The measurements of eye movements show that 62 percent of the subjects agree with this hypothesis. Secondly: A special sequence of eye movements is required to determine the risk factor s. We assume that such sequences of eye movements are observable in the very periods when decision times are greatly increased. B y means of eye movement measurements it became possible to demonstrate that the increase in the decision time is, indeed, accounted by the determination of the risk factor. Figure 6 shows the averaged frequency of eye movements for the two phases: risk factor estimated/risk factor not estimated. (In the figure only such eye move-

W. KBAUSE, Determination of internal representation goal distance-middle

79

goal distance: large/small

a) risk factor estimated

b) risk factor not estimated

Fig. 6. E y e movements in two phases:

ments between two points have been marked that were recorded more than half the m a x i m u m frequency). In the phase "risk factor e s t i m a t e d " the eye movements correspond to the special sequence of the information acquisition for the estimation of the risk factor s. This is the phase with the increased decision time. The table I shows the averaged frequencies of eye movements related to one step in the experimental situation for three different operation: orientation, comparison and estimation (jointly with operation time) for the two phases, risk factor estimated/risk factor not estimated [1]. Table I Orientation

Comparison

exp.

theor.

exp.

theor.

Risk factor estimated, Decision time « 7 sec

2.7 701 msec

1

2 312 msec

0

Risk factor not estimated, Decision time « 3 . 5 sec

1.5 662 msec

1

0.7 310 msec

0

Estimation exp.

theor.

4.4 369 msec

4

0.8 316 msec

0

During the phase "risk factor e s t i m a t e d " the frequency of the estimation operation is very high and equivalent to its theoretical estimate. These results show t h a t the sequence of acquiring information is influenced b y information processing. Goal oriented decision parameters seem to be checked before situational decision parameters. Thus those results from the literature (PUSHKIN, TICHOMIROV) have been confirmed that emphasize cognitive components (like those internally represented decision structures) as a reason for the sequence of acquisition of information in contrast to j u s t perceptive components.

80

Z. Psychol. Bd. 186 (1978) H. 1

Summary Three independent methods have been used to determine the internal representation of a decision structure for the change of strategy between information and goal searching in human problem solving, namely, recording the response behavior of subjects, measuring the time required to make a decision, and measuring eye movements. Collection of data was in -a situation that required a certain decision to be made. Regarded as elements of the decision structure are the distance from the goal and an evaluational difference of conditions (risk factor). The time required to make a decision is more than 3 seconds in those cases where an additional determination of the factor of risk is made. Using eye movement measurements it has been possible to show that the increase in time is due in fact to the determination of the risk factor. The decision structure for the change in strategy determins not only the processing of information, but also the uptake of information, with goal-oriented decision parameters (distance from the goal) being examined before situational decision parameters (factor of risk). This may be considered as corroborating those results reported in the literature which show cognitive components rather than purely perceptive components to be the cause of the sequence of uptake of information in problem solving.

Zusammenfassung Drei voneinander unabhängige Methoden werden verwendet, um die interne Repräsentation einer Entscheidungsstruktur für den Strategiewechsel zwischen Informationssuche und Zielsuche im menschlichen Problemlösen zu bestimmen: — die Registrierung des Antwortverhaltens der Versuchspersonen — die Messung der Entscheidungszeit — die Messung von Augenbewegungen Die Daten werden in einer Entscheidungssituation erhoben. Als Elemente der Entscheidungsstruktur werden der Zielabstand und eine Bewertungsdifferenz von Zuständen (Risikofaktor) betrachtet. Die Entscheidungszeit steigt über 3 sec. an, wenn eine zusätzliche Prüfung des Risikofaktors erfolgt. Mit Hilfe der Augenbewegungsmessung läßt'sich zeigen, daß die Zeitverlängerung tatsächlich auf die Bestimmung des Risikofaktors zurückzuführen ist. Die Entscheidungsstruktur für den Strategiewechsel determiniert nicht nur die Informationsverarbeitung, sondern auch die Informationsaufnahme: Zielorientierte Entscheidungsparameter (Zielabstand) werden vor situationalen Entscheidungspar'ametern (Risikofaktor) geprüft. Damit werden diejenigen Ergebnisse der Literatur untermauert, die kognitive Komponenten im Gegensatz zu rein perzeptiven Komponenten als Ursache für die Sequenz der Informationsaufnahme bei der Lösung von Problemen betonen.

Pe3ioMe IIpHMeHHioTCH TpH HeaaBHCHMux a p y r

3eHTciijiiH cTpyKTypw p e m e H H H

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K a i e c T B e ajieMeHTOB C T p y K T y p w oijghkh coctohhhü ( c f i a K T o p p n c K a ) .

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HSMepeHHH «BH>KeHHft m a 3 mojkho n o K a 3 a T b , hto n p o f l j i e H n e B p e M e H H «eftcTBHTeJitHo mohcho CBectH k onpeflejieHHio $aKTopa pncKa. CTpyKTypa pemeHHH äjih qepe^OBaHHH c i p a T e r a f t C

noMombio

W. KRAUSE, Determination of internal representation

81

fleTepmmipyeT He TOJIBKO nepepaßoTKy, HO H npneiw iiH^opMaqiai: opiieHTHpoBäHHbie Ha ijejib napaMeTpti pemeHHH (^HCT P A Vert: N A < P A Bei Ableitung vom Occipitale (Nähe des Sehzentrums) war fast durchwegs die Amplitude der Negativierung, die zeitlich mit der Phase der visuellen und kognitiven Leistung zusammenfällt, größer als die der Positivierung. Die Vertexableitung führte also zu einer Vergrößerung der PA im Vergleich zu NA und zu einer Vergrößerung von A, NA i^nd PA bei R-Tr-Analyse. Die Occipitalableitung führte zu einer Vergrößerung der NA im Vergleich zu PA und zu einer Vergrößerung von A, NA und PA bei S-Tr-Analyse. Bringt man diesen verstärkten Einfluß mit den Zentren, die in der Nähe der Ableitungspunkte liegen (Vertex: Motorische Zentren, Occipitale: Sehzentrum), in Zusammenhang, so läßt sich auch die beim Vergleich (Occ) (Vert) beobachtete Ausnahme erklären: Bei diesem Vergleich waren die Amplitudenwerte bei Vertexableitung signifikant größer als bei Occipitalableitung; nur in der Versuchsbedingung (Geom, S-Tr) war die NA bei Vertexableitung signifikant kleiner als bei Occipitalableitung. Nun erforderten die Geometrie-Aufgaben sicher die bei weitem größte visuelle Diskriminationsleistung, und vermutlich deshalb hat bei Ableitung T

100

Z. Psychol. Bd. 186 (1978) H. 1

vom Occipitale (Sehzentrum) die Negativierung (Phase der Diskriminationsleistung) eine außergewöhnlich hohe Amplitude erreicht, was bei S-Tr-Analyse am deutlichsten zum Ausdruck kam. 4.4. Die Ergebnisse der Latenzvergleiche und ihre Interpretation 4.4.1. V e r g l e i c h z w i s c h e n d e n 3 H a u p t v e r s u c h e n Die Negativierungslatenz wuchs mit der Lösungszeit der Aufgabengruppe, wobei jedoch der Unterschied zwischen (Geom) und (Math) nicht signifikant war. Lösungszeit: Die Rangreihe der Aufgabenkategorien nach der Lösungszeit, die sie im Durchschnitt erforderten,, sah folgendermaßen aus: Geom (längste Lösungszeit) Math X + Zwischen Geom und Math war der Unterschied am geringsten, jedoch noch signifikant. Die Positivierungslatenz, H und T j dagegen nahmen mit der „Komplexität" der Aufgabengruppen zu; für T t war der Unterschied (Math) =-(Geom) in keinem Fall signifikant. 4.4.2. V e r g l e i c h z w i s c h e n O c c i p i t a l a b l e i t u n g u n d

Vertexableitung

NL, P L und T j waren im allgemeinen bei Vertexableitung größer als bei Occipitalableitung. Als signifikant erwiesen sich diese Unterschiede jedoch nur für NL und T t und nur bei Triggerung von der Reaktion. 4.4.3. V e r g l e i c h z w i s c h e n R - T r - A n a l y s e und S - T r - A n a l y s e Für NL und T t zeigten — aus Gründen, die eingangs erläutert wurden — immer die R-Tr-Kurven die höheren Werte, mit nur einer — nicht signifikanten — Ausnahme: Ti bei (Geom, Occ). Bei den Vergleichen in bezug auf P L gab es nur einen signifikanten Unterschied: (S T r ) > ( R - T r ) bei (Math, Vert) 4.4.4. V e r g l e i c h z w i s c h e n N L u n d P L In den R-Tr-Analysen war immer die NL größer als die P L . Signifikant waren diese Unterschiede jeweils nur bei Vertexableitung. 4.4.5. D i e H a u p t e r g e b n i s s e a) Die Länge der Latenzen hing vor allem mit der Lösungsdauer und dem Komplexitätsgrad der Aufgabengruppen zusammen — im Gegensatz zur AmplitudenKöhe, für die sich die Wahl des Ableitungspunktes und der zeitlichen Lage des Triggers als ausschlaggebend erwiesen hatte.

101

A. F ç n k , Langsame Hirnpotentiale

b) Die Vertexableitung zeigte — ebenso wie für die Amplituden — auch für die Latenzen größere Mittelwerte als die Occipitalableitung. c) Die Relation N L > P L war in allen 3 Hauptversuchen und bei beiden Ableitungen zu beobachten. 4.5. Korrelationen zwischen Kurvenparametern Die Korrelationen wurden ausschließlich für die R-Tr-Analysen errechnet, weil bei diesen alle jene Vorbehalte wegfallen, die für die S-Tr-Analysen Gültigkeit haben (siehe 4.2). Ergebnis : Wie bei der für eine Bestimmung der Korrelation sehr geringen Anzahl von Vpn erwartet, erwiesen sich nur wenige Ergebnisse als signifikant : 1. In allen 3 Hauptversuchen war der positive Zusammenhang zwischen Negativierungsamplitude und Positivierungsamplitude signifikant: J e höher der negative Anstieg, desto größer der positive Abfall. Ein eher triviales Ergebnis, weil es j a in der Natur einer Potentialschwankung liegt, daß der Weg zurück zur Ausgangslage umso größer ist, je weiter sie sich davon entfernt hat. 2. Die folgenden Korrelationen waren nur bei (Math) signifikant: der positive Zusammenhang zwischen Gesamtamplitude und Gesamtlatenz, der positive Zusammenhang zwischen Gesamtamplitude und Positivierungslatenz, der positive Zusammenhang zwischen Positivierungsamplitude und Positivierungslatenz. Mindestens für den Hauptversuch 3 (Math) kann also behauptet werden, daß die CNV in ihrer Verlaufsform zwei Charakteristika zeigte: Sowohl das Verhältnis zwischen vertikaler und horizontaler Ausdehnung als auch der Winkel, in dem der absteigende Ast der CNV eine gedachte, horizontale NullLinie schneidet, erwiesen sich als sehr konstant (vergl. Abb. 5). Korr P A / P L war signifikant, was eine große Konstanz des Winkels a bedeutet. R

PL Abb. 5

102

Z. Psychol. Bd. 186 (1978) H. 1 5. CNV und Oculogramm

Kontrollversuche mit Registrierung peripherer Maße liefern Argumente dafür, daß die langsame negative Welle zwar cerebralen Ursprungs ist, aber von Augenbewegungen [2, 26, 19] und Atmung [11] stark beeinflußt werden kann; Aufschluß über das Ausmaß dieser Störung sollte-das folgende Kontrollexperiment geben. 6.1. Durchführung des Kontrollversuches Bei Yp 29 wurden außer dem E E G (Vertexableitung) ein vertikales und ein horizontales Oculogramm registriert und gespeichert. Das E E G wurde, wie in den anderen Versuchen, mit der Verstärkung 50 (50 /uY entsprechen einer Eichzackenhöhe von 8 mm), die beiden Oculogramme dagegen nur mit der Verstärkung 500 (500 fiV entsprechen einer Eichzacke von 8 mm) vom Mingograf registriert. Für E E G und Oculogramm wurde dieselbe Zeitkonstante (1, 2) gewählt. 5.2. Ergebnisse des Kontrollversuches und ihre Interpretation Der bloße Vergleich der Summenkurven von E E G und Oculogramm kann keine klare Entscheidung für eines der folgenden Modelle — oder einer Kombination aus ihnen — bringen: a) Modell der wechselseitigen Beeinflussung b) Modelle der einseitigen Beeinflussung c) Modell der Beeinflussung beider durch dritte Faktoren (wie Änderungen des Hautwiderstandes oder des Tonus der Kopfschwartenmuskulatur) d) Modelle des ursächlichen Zusammenhanges zwischen zentralnervösem Geschehen und Augenbewegung (1. die zentralnervösen Erregungen, die die Augenbewegungen steuern, finden im E E G einen Niederschlag, 2. der sensorische Input — und damit das E E G — erfahren durch Augenbewegungen miteinander korrespondierende Änderungen) Umgekehrt ist es aber für eine sinnvolle Interpretation notwendig, eine dieser Erklärungsmöglichkeiten als zutreffend vorauszusetzen. Obwohl sehr wahrscheinlich auch etwa die im Modell d/2 angesprochenen Einflüsse zur Korrespondenz zwischen E E G und Oculogramm beitragen, wird der Interpretation das Modell a zugrundegelegt. Diese Annahme ermöglicht: 1. eine anschauliche Beschreibung der Ergebnisse, weil das Auftreten ähnlicher .Potentialschwankungen in E E G und Oculogramm als Wirkung von Augenbewegungen angesehen werden darf, wenn diese Schwankungen im Oculogramm deutlicher sind, und als Wirkung zentralnervöser Prozesse, wenn sie im E E G stärker hervortreten. 2. einen Vergleich mit anderen Arbeiten, wo die .Ergebnisse unter derselben Voraussetzung beschrieben werden. Unter diesen Annahmen können die Ergebnisse des Kontrollversuches folgendermaßen interpretiert werden:

A. FENK, Langsame Hirnpotentiale

103

5.2,1. E i n f l u ß z e n t r a l n e r v ö s e r P o t e n t i a l s c h w a n k u - n g e n auf das O c u l o g r a m m Die langsamsten Potentialschwankungen (länger als 1 Sekunde) färben zwar auf die Registrierung des Oculogramms ab, sind aber ihrer Herkunft nach zentralnervös: In den EEG-Kurven sind sie deutlicher als in den Oculogramm-Kurven, was sich am überzeugendsten demonstrieren läßt, indem man durch beide Kurven eine Null-Linie — am einfachsten durch die Mitte der jeweils größten Amplitude — legt und dann die Zahl der Durchstoßpunkte zählt. Diese Anzahl ist in den Oculogrammen bei weitem größer als beim E E G . Für den Gipfel einer langsamen negativen Potentialschwankung im E E G , die zum größeren Teil vor und zum kleineren nach der Reaktion liegt, findet sich in den Oculogrammen kein Maximum mit entsprechend hoher Amplitude. 5.2.2. E i n f l u ß d e r A u g e n b e w e g u n g e n a u f d a s E E G Die kürzeren Schwankungen des Oculogramms (meist kürzer als 0,5 sec) scheinen sich vor allem in einer reicheren Gliederung der langsamen EEG-Wellen auszuwirken. Besonders die eher vertikalen Augenbewegungen — sie haben eine höhere Amplitude und ihre Aufzeichnung ist dem E E G ähnlicher als die der horizontalen — führen zu einer Zerklüftung der langsamen EEG-Wellen, was eine Verzerrung der Latenzen und Amplituden dieser langsamen Potentialverschiebung bedeutet. Nach S. A. HlLLYABD und R. GALAMBOS [19] führen Abwärtsbewegungen der Augen zu einer Negativierung, Aufwärtsbewegungen zu einer Positivierung im E E G . Demnach hat in den Versuchsbedingungen X + und Geom das rasche Aufeinanderfolgen einer Augenaufwärts- und einer Abwärtsbewegung etwa am Beginn der CNV das E E G kurzzeitig positiviert und sofort wieder negativiert, wobei aber das Maximum der Negativierung im E E G mit verzögerter Latenz und erhöhter Amplitude auftrat. Nach diesen markanten Augenbewegungen zu Beginn der CNV verlief dann das Oculogramm bis zur Reaktion auffallend ruhig — in dieser Phase der höchsten Konzentration wurden die Augenbewegungen auf ein Minimum reduziert, was eine wichtige Parallele zu Beobachtungen an den a-Wellen bedeutet (siehe nächster Abschnitt: CNV und a-Wellen). Nach der Reaktion setzen wieder heftige Augenbewegungen ein, deren Auswirkung im E E G deutlich zu sehen ist. Besonders bei X + ist etwa eine halbe Sekunde nach der Reaktion eine ähnliche Schwankung wie zu Beginn der CNV festzustellen. Bei den X + -Aufgaben war die Reaktionszeit am kürzesten und wies die geringste Streuung auf; in diesem also eher rhythmisch verlaufenden Hauptversuch war die Beeinflussung durch Augenbewegungen offensichtlich am stärksten. Die strenge zeitliche Übereinstimmung von Darbietungsbeginn, Reaktion und Pausenintervall zwischen den 50 Wiederholungen war offensichtlich geeignet, ein charakteristisches Augenbewegungsmuster hervorzurufen, dessen Auswirkung auf das E E G unver-

104

Z. Psychol. Bd. 186 (1978) H. 1

kennbar ist. Einen Einfluß der Augenbewegungen auf das E E G besonders in sehr rhythmischen Versuchen hat schon STTTDYNKA [ 3 8 ] festgestellt. Bei den Mathematikaufgaben waren die Augenbewegungen und ihr Einfluß auf das E E G am schwächsten. Bei diesen Aufgaben traten — wenigstens vor der Reaktion — im Oculogramm weder langdauernde noch besonders markante kurzzeitige Schwankungen auf, wogegen im E E G eine sehr kontinuierliche, wenig gegliederte, langsame Negativierung und eine etwas schnellere Positivierung stattfanden. Das beweist, daß die CNV auch ohne Mitwirkung von Augenbewegungen zustandekommt, obwohl mindestens vertikale Augenbewegungen durchaus imstande sind, Latenzen und Amplituden langsamer EEG-Wellen entscheidend zu verändern. 6. CNY und a-Aktivität Während der 1,5 Sekunden dauernden Dunkelphasen — in der Zeitspanne also, wo der Projektionsapparat die Bilder auswechselte und kein Licht in den Versuchsraum dringen konnte — zeigte das Roh-EEG der meisten (ausgenommen 5) Vpn vor allem occipital mit solcher Regelmäßigkeit a-Tätigkeit, daß zuerst ein Artefakt vermutet wurde. Dieser Verdacht konnte aber durch Kontrollen (händisches Auswechseln der Bilder mit Variieren der Dunkelintervalle) ausgeräumt werden. Das folgende Beispiel eines solchen Roh-EEG (Abb. 6) zeigt die Verteilung der a-Wellen auf die jeweils 1,5 Sekunden Dunkelphase bei 3,5 Sekunden (oben) und 0.5.Sekunden (unten) reiner Expositionszeit. Für die Theorie der CNV und wohl auch der Alpha-Wellen ist sicher von Bedeutung, daß 1. die Darbietungszeit die Dauer der Alpha-Blockade bestimmt (die a-Aktivität verteilt sich nur auf die Pausen zwischen den Darbietungsintervallen), 2. nicht aber die Latenz der CNV: Die Negativierung begann — sicher ein Konditionierungseffekt — vor allem bei Vertexableitung schon vor Darbietungsbeginn, die Positivierung fiel zeitlich mit der operanten Antwort und nicht mit dem Ende der Exposition zusammen, 3. und schließlich, daß gerade bei Ableitung vom Occipitale, wo die a-Tätigkeit am stärksten ist, nur eine sehr schwache CNV auftritt. Diese Beobachtungen widersprechen der Annahme von H I L L Y A R D und GALAMBOS [18], wonach CNV und a-Blockade Auswirkung desselben zentralen Mechanismus sind. Diese ihre Annahme basierte auf den Übereinstimmungen zwischen den zwei folgenden Untersuchungen: LANSING und Mitarb. [23] fanden in Konditionierungsexperimenten im Intervall zwischen bedingtem und imperativem Reiz eine deutliche a-Blockade. Bei Verkürzung des Intervalls zwischen S1 und S2 traten immer weniger a-Blockaden auf, und parallel damit wuchsen die Reaktionszeiten. Sank das Intervall unter 0,3 Sekunden, so verschwanden die a-Blockaden völlig, und die Reaktionszeiten nahmen sprunghaft zu.

A. FENK,

Langsame Hirnpotentiale

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