Zeitgemäßes Zuwanderungs- und Asylrecht - ein Problem der Industriestaaten: Internationale wissenschaftliche Tagung des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin vom 16. bis 18. Juni 2002 [1 ed.] 9783428511495, 9783428111497


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German Pages 286 Year 2003

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Zeitgemäßes Zuwanderungs- und Asylrecht - ein Problem der Industriestaaten: Internationale wissenschaftliche Tagung des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin vom 16. bis 18. Juni 2002 [1 ed.]
 9783428511495, 9783428111497

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KLAUS STERN (Hrsg.)

Zeitgemäßes Zuwanderungs- und Asylrecht ein Problem der Industriestaaten

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 922

Zeitgemäßes Zuwanderungsund Asylrecht - ein Problem der Industriestaaten Internationale wissenschaftliche Tagung des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin vom 16. bis 18. Juni 2002

Herausgegeben von Klaus Stern

Duncker & Humblot • Berlin

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-11149-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Vorwort Vom 16. bis 18. Juni 2002 traf sich ein internationaler Kreis von Wissenschaftlern auf Einladung des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin zu einer Tagung über „Zeitgemäßes Zuwanderungs- und Asylrecht - ein Problem der Industriestaaten" in den Räumen des Zentrums in der Saargemünder Straße in Berlin-Dahlem. Die Teilnehmer stammten vorwiegend aus Japan und Deutschland, aber auch aus den Vereinigten Staaten von Amerika, aus Südafrika und verschiedenen europäischen Ländern. Ihre Referate, Statements und Diskussionsbeiträge analysieren eindrucksvoll die komplexe tatsächliche und rechtliche Lage der Zuwanderung und Asylgewährung in den jeweiligen Staaten. Die Tagung wurde durch eine großzügige finanzielle Unterstützung der ZEITStiftung ermöglicht. Der Vorsitzende der Deutsch-Japanischen Juristenvereinigung vermittelte bei der Abendveranstaltung am 17. Juni ein Bild von den langjährigen engen Beziehungen zwischen japanischen und deutschen Juristen. Der Unterzeichnende hofft, mit dem Abdruck der Reden und Diskussionsbeiträge das gerade in Deutschland politisch so umstrittene Thema durch rechtsvergleichende wissenschaftliche Beiträge zu entschärfen. Köln, im Oktober 2002

Klaus Stern

Inhalt

Volker Klein , Begrüßung

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Issei Nomura, Grußworte

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Klaus Stern, Eröffnung und Einführung

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Referate

Albrecht Randelzhofer, schen Asylrechts

Die Völker- und verfassungsrechtlichen Grundlagen des deut19

Hiroaki Kobayashi , Asyl-, Ausländer- und Zuwanderungsrecht in Japan: die Verfassungs- und einfachgesetzlichen Rechtsgrundlagen 33

Diskussion

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Rudolf Streinz, Gibt es ein europäisches Einwanderungs- und Asylrecht? - Probleme der Vergemeinschaftung 67 Kay Hailbronner, Zuwanderungsbegrenzung oder Zuwanderungserleichterung? - Das Zuwanderungsgesetz 2002 im Spiegel der Vorstellungen der politischen Parteien 99 Koichi Miyazawa , Neuere Entwicklung der japanischen Ausländerpolitik unter besonderer Berücksichtigung der Straffälligkeit von Gastarbeiterkindern aus Brasilien 125

Diskussion

133

Hidemi Suzuki , Die verwaltungsbehördliche Praxis bezüglich der Asyl- und Ausländerproblematik in Japan 151 Go Koyama , Die verwaltungsgerichtliche Praxis bezüglich der Asyl- und Ausländerproblematik in Japan 159

8

Inhalt Statements

David Capitant: Frankreich

169

Paulo Mota Pinto: Portugal

175

Adele Anzon: Italien

189

Heinz Peter Rill und Herbert Schambeck: Österreich Diskussion

197,201 205

Walter Haller: Schweiz

211

Piet Voncken: Niederlande

221

Miroslaw Wyrzykowski:

Polen

Horst Call: Schweden Johan van der Walt: Südafrika Joseph J. Darby: USA

227 239 259 265

Diskussion

273

Teilnehmerverzeichnis

283

Begrüßung Von Volker Klein Herr Botschafter, meine Damen und Herren Professoren, meine Damen und Herren, verehrte Gäste, Sie wissen, dass die Medien für heute einen der heißesten Tage seit langem angekündigt haben. Davon sind auch wir betroffen. Ich spreche natürlich von der Temperatur. Wir werden alles Mögliche tun, um Ihnen den Aufenthalt in diesen Räumen so angenehm wie möglich zu machen. Der Grund, warum ausgerechnet ich das sage, liegt darin, das hätte ich vielleicht schon eingangs sagen sollen, dass es sich bei mir um den augenblicklichen Leiter dieser Institution handelt, mein Name ist Volker Klein - ich bin der Generalsekretär des JapanischDeutschen Zentrums Berlin - und deshalb unter anderem auch für die Lüftung dieses Raumes zuständig. Meine Damen und Herren, es ist mir eine ganz besonders große Freude, dass dieses Ereignis heute stattfinden kann. Wir vom Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin erblicken darin einen Höhepunkt unserer diesjährigen Aktivitäten. Es ist gleichzeitig die Verwirklichung eines sehr lang gehegten Wunsches, nicht nur meinerseits und von Seiten meiner Kollegen, sondern auch von Seiten unserer Gremien. Die Gründungsväter des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin haben sich vor allem vorgenommen, das Zentrum zu einem Instrument des kontinuierlichen Meinungsaustausches zwischen Japan und Deutschland zu machen über Themen, die beide Länder in gleicher Weise tangieren. Was könnte die beiden Länder mehr tangieren als die demografischen Veränderungen, die ihnen bevorstehen und die Konsequenzen hieraus. Ich habe für das Zustandekommen der heutigen Veranstaltung vor allen Dingen Herrn Professor Stern , seiner Gestaltungskraft und seiner Geduld zu danken. Ich habe des weiteren der Zeit-Stiftung zu danken, und da möchte ich besonders den früheren Finanzminister, Professor Lahnstein erwähnen, der heute leider nicht unter uns sein kann, aber der seit Jahren immer ein offenes Ohr für die Anliegen des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin hat. Des weiteren danke ich dem Freundeskreis des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin und seiner großzügigen und tatkräftigen Unterstützung, ohne die wir die heutige Veranstaltung nicht hätten verwirklichen können. Und schließlich danke ich im Vorgriff auf eine ganz besonders erfreuliche Tatsache Herrn Simon vom Verlag Duncker & Humblot, der sich dazu bereitgefunden hat, die Dokumente und Resultate der heutigen Veranstaltung zu veröffentlichen. Bei dem Wort Veröffentlichung noch ein letztes Wort: Es wäre uns eine ganz besonders große Freude, wenn die heutige Veranstaltung zu konkreten Empfehlun-

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Volker Klein

gen an unsere beiden Regierungen fuhren könnte. Das ist ein Anliegen, das immer wieder von den Außenministerien der beiden Länder an uns herangetragen wird. Ich wünsche Ihnen und uns allen eine erfreuliche und nicht unter der Außentemperatur zu stark in Mitleidenschaft gezogene Diskussionsrunde und gute Ergebnisse. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Opening remarks at the symposium "Contemporary Migration and Asylum Laws" By Issei Nomura Secretary General Herr Klein, Herr Professor Dr. Stern, Ladies and Gentlemen, I am pleased to say a few words at the opening of the symposium on "Contemporary Migration and Asylum Laws" at the Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin. I decided to speak here today because the issue to be discussed at this symposium is of great significance to our governments, and is being dealt with at the highest level of the G7 Summit. When we look at the situation facing the international community today, we can see both positive and negative aspects of globalization. Positive aspects are progressive liberalization of economic systems and rapid development of information and transport technologies. A negative aspect is the constantly increasing gap between the rich and the poor, between the have and the have-nots. In a globalized world, we are required to create a more open society, while we continue to secure our own prosperity and stability. All nations are thus faced with the challenge of creating an environment which ensures a smooth exchange of people. For this purpose, implementation of more efficient and appropriate immigration controls is necessary to meet the requirements of a more flexible labor market in view of changing industrial structures and business activities. Decreasing birth rates and an increasing population of elderly people are the phenomena more or less common to the industrialized nations, but in Japan especially, this process is gaining momentum at a rate never experienced before. The predicted decrease in population over the next decades and an accompanying decrease in potential labor may have great influence on Japanese society. In order to meet these new challenges, measures to ensure labor potential within a country should be combined with measures to maintain or increase productivity. We hear some voices within Japanese society which suggest that we should explore the possibility to make up for the failing birth rate or the disappearing labor potential through expanding migration. Yet, when we look back at the paths taken by Japanese society to date, and take into account the social and cultural expectations as well as the sensibilities of the Japanese, then it would be unrealistic to expect a

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Issei Nomura

general willingness to accept a sudden influx of foreign migrants. Rather, it is necessary to prepare adequate answers to the following questions: (i) In which areas of social and economic life should foreigners be accepted? (ii) What kinds of experiences and backgrounds should these foreigners bring with them to ensure harmonious co-existence in Japanese society? (iii) What are the working and living environments Japan should offer to these new migrants? Answers to these questions need to be dealt with and adjusted with sufficient care to enable us to strive toward a form of migration that will avoid social frictions. Furthermore, increasing globalization of the international community simultaneously calls for greater efforts to ensure security in all areas of society. I do not think I need to refer to the events of September 11 and their impact in this regard. Indeed, smooth integration of foreigners must be administered in a way that ensures security and order within society. Today we are aware of approximately 270,000 cases of illegal immigrants in Japan, and a considerable number of clandestine cases should be added to this figure. Over the past years international criminal organizations have become increasingly active as "people smugglers", and they are acting in a more and more organized and versatile way. This fact poses a grave security problem for Japan. Ladies and gentlemen, I would now like to touch upon the issue of accepting refugees in Japan. W^hen deciding the status of asylum seekers, Japan always follows international agreements regarding the recognition of refugees. On the basis of individual assessments, persons entitled to refugee status are granted this recognition. Even those persons who are not recognized as refugees according to these international agreements are granted a special permit to remain in Japan if humanitarian needs warrant such a decision. Some people point out that the number of refugees recognized in Japan is very small in comparison to European countries. There are several reasons behind this. Japan has historically shared rather weak relations with those countries from which many of the refugees originate. There is a great language barrier, Japan is located at a great distance from the home countries of many refugees and the only access to enter Japan is by either sea or air. It is for these reasons that the number of applications for refugee status is small, and this results in a smaller number of applicants actually granted refugee status. However, if we look at the percentage of asylum seekers awarded refugee status, we see that in the year 2000 it was 14% and in the year 2001 it was 8%. And this is certainly not a low rate, even in comparison with European countries.

Opening remarks

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In view of the current international situation, discussions about refugees are gaining importance in Japan. The discussions, in my view, reflect an enhancement of people's awareness for humanitarian needs and human rights. Well, ladies and gentlemen, the issue related to "migration and asylum" is one which is innately linked to the social situation of individual countries, and, therefore, is dealt with in many different ways. At the same time the search for an answer to the issue is a common challenge facing all the industrialized nations, which are bound to ensure sustainable and orderly development of their economies and societies within the framework of globalization. I sincerely hope that the experts from different countries attending today's symposium will try to synthesize their knowledge in the search for a solution to this common challenge. Thank you.

Eröffnung und Einführung Von Klaus Stern Zuwanderung und Asylgewährung sind für viele Industriestaaten ein brisantes Thema, nicht nur in den zurückliegenden Jahrzehnten, sondern auch - wie zu erwarten ist - in der Zukunft. In einigen Ländern ist die Problematik zudem verknüpft mit ungünstiger demographischer Entwicklung. Für Deutschland gelten ab 2020 geradezu dramatisch zurückgehende Bevölkerungszahlen. Das bringt gravierende Folgen für den Arbeitsmarkt mit sich. So prognostiziert z. B. das in dieser Stadt ansässige Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung einen jährlichen Bedarf von etwa 200.000 Zuwanderern, um die deutsche Bevölkerungszahl zu stabilisieren und die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungssysteme zu sichern. Dieser Bevölkerungsrückgang könnte den Ruf nach verstärkter Zulassung der Einwanderung auslösen, zumal dann, wenn es sich um befähigte Arbeitskräfte für Mangelberufe handelt. Folgt man einer Studie der Vereinten Nationen, so könnten nahezu alle Industrienationen, um die Überalterung ihrer Bevölkerung abzufedern, auf Einwanderer angewiesen sein, da nicht zu gewährleisten sei, daß sich die Geburtenrate spürbar erhöhen wird - ein hochemotionales Thema, nicht nur in Wahlkampfzeiten. Aber die Fragen müssen mit Vernunft und Augenmaß entschieden werden. Dazu soll diese Tagung einen Beitrag leisten. In Deutschland ist es mit dem am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen reformierten Staatsangehörigkeitsrecht gelungen, einen Teilkomplex der Probleme neu zu ordnen. Es gibt jetzt auch den jus-soli-Deutschen; zudem wird die Einbürgerung erleichtert. Doppelstaatsangehörigkeit ist nicht mehr per se abgelehnt. Das mag Fragen lösen für Ausländer, die schon im Lande sind, aber nicht mehr. Aktuell steht besonders das Thema Zuwanderung, Aufenthaltserlaubnis, Familiennachzug und Integration auf der Tagesordnung, etwas weniger das Asylrecht, das 1993 mit dem überparteilichen Kompromiß in Art. 16 a GG und der Änderung des Asylverfahrensgesetzes sowie dem Asylbewerberleistungsgesetz eine Neuregelung gefunden hat, die freilich wieder modifiziert werden soll - zu Lasten des Bleiberechts. Daß Asyl und Einwanderung in der Europäischen Union mittlerweile auch eine europäische Einbindung erhalten haben, zeigt die Asylrechtskonvention von Dublin von 1990 und die Neuregelung der Art. 61 ff. EG-Vertrag zu Visa, Asyl, Einwanderung und anderen Politiken des freien Personenverkehrs durch die Verträge von Maastricht und Amsterdam. Die „neue Völkerwanderung nach Westeuropa" -

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Klaus Stern

wie es einer unserer Referenten einmal formulierte - bedarf aber mehr als eines verläßlichen europäischen Rechtsrahmens für die EU-Außengrenzen, die einem starken Migrationsdruck ausgesetzt sind. Ob insoweit eine stärkere Vergemeinschaftung gelingt, ist zweifelhaft. Die Ergebnisse des EU-Gipfels von Nizza jedenfalls enttäuschten. Nicht minder geht es darum, den internationalen und nationalen Minderheitenschutz zu stärken. Kernpunkt bleibt aber für jeden Industriestaat seine nationale Lösung der Zuwanderung sowie die Ausgestaltung des Ausländerrechts einschließlich der Integration von Ausländern. Dabei dürfte für den Integrationsbegriff noch am ehesten ein gemeinsamer Nenner gefunden werden können. Dazu gehört jedenfalls Erlernung der jeweiligen Landessprache, Respekt vor Verfassung und Gesetz sowie den Grundwerten der jeweiligen Gesellschaft. Was das Ausländerrecht betrifft, so gilt der völkerrechtliche Grundsatz, daß jeder Staat in seiner Rechtsordnung die Stellung des Ausländers regeln kann; er hat jedoch das völkerrechtliche Fremdenrecht, teils gewohnheitsrechtlich, teils vertraglich geregelt, zu beachten. Das schließt vor allem die Beachtung der Menschenrechte ein. Völkergewohnheitsrecht hindert einen Staat nicht, in Gesetzen darüber zu befinden, ob und unter welchen Voraussetzungen er die Einreise in sein Hoheitsgebiet gestattet. Für EU-Bürger gilt in den EU-Mitgliedsstaaten etwas anderes; sie genießen Freizügigkeit. Aber dies ist eine besondere Situation des Europäischen Gemeinschaftsrechts. Für Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht zur Zuwanderung von Ausländern klargestellt: „Das Grundgesetz überantwortet es ... weitgehend der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt festzulegen, in welcher Zahl und unter welchen Voraussetzungen Fremden der Zugang zum Bundesgebiet ermöglicht wird. Es schließt weder eine großzügige Zulassung von Fremden aus, noch gebietet es eine solche Praxis. In dem von ihm (dem Grundgesetz) gesetzten weiten Rahmen obliegt es der Entscheidung der Legislative und - in den von dieser zulässigerweise gezogenen Grenzen - der Exekutive, ob und bei welchem Anteil Nichtdeutscher an der Gesamtbevölkerung die Zuwanderung von Ausländern begrenzt wird oder ob und bis zu welchem Umfang eine solche Zuwanderung geduldet oder gefördert wird; insbesondere ist es von Verfassungs wegen zuvörderst Sache des Gesetzgebers und der vollziehenden Gewalt, darüber zu befinden, ob und in welcher Zahl Ausländer zur Arbeitsaufnahme im Bundesgebiet angeworben werden und ob den Kindern angeworbener Ausländer nach bestimmter Zeit ein von bestehenden familiären Bindungen unabhängiges Recht auf Aufenthalt eingeräumt wird, oder ob aus sozialen, wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen von einem solchen Vorgehen, das mögliche Grundlage einer generationenübergreifenden Zuwanderung von Ausländern ins Bundesgebiet ist, abgesehen wird" (BVerfG vom 12. 5. 1987, E 76, 1 (47 f.)). Ohne den Berichten aus den einzelnen Staaten vorzugreifen, dürfte die Verfassungsrechtslage in ihnen kaum anders sein als in der Bundesrepublik Deutschland.

Eröffnung und Einführung

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So ist daran zu erinnern, daß in jüngster Zeit z. B. Dänemark sein Einwanderungsund Asylrecht aus der Sicht der Ausländer verschärft hat. Auch die neue Regierung in Portugal will die Einwanderung zurückschrauben. Es ist also Sache der Politik, die Konzepte für Zuwanderung und Ausländerintegration zu entwickeln. In Deutschland gibt es davon nicht wenige seitens aller politischen Parteien und nicht weniger Verbände, darüber hinaus einen Bericht einer vom Bundesinnenministerium eingesetzten Kommission, der sog. Süßmuth-Kommission, und schließlich das vom Deutschen Bundestag am 1. März 2002 beschlossene „Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz)", wobei freilich Kurztitel und Langtitel nicht ganz harmonieren. Seine Hauptbestandteile sind ein „Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz)" und ein „Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU)". Um dieses Artikelgesetz ranken sich allerdings noch verfassungsrechtliche Streitfragen, nicht nur im Hinblick auf die Zustimmung des Bundesrates, so daß es noch nicht verkündet ist. Auch inhaltlich ist es nicht außer Streit. Einig ist man sich aber im grundsätzlichen darin, daß die weitgehende Nicht-Regelung der Probleme nicht länger fortbestehen kann, daß es allzu drängende Probleme gibt, die angepackt werden müssen. Die Zweifel an dem lange geltenden Satz „Deutschland ist kein Einwanderungsland" sind jedenfalls so stark gewachsen, daß heute eine gesetzliche Zuwanderungssteuerung allenthalben für dringend erachtet wird. Der bevorstehende Wahlkampf wird die Thematik nicht außen vor lassen können. Er soll nicht im Rahmen dieses Kongresses stattfinden. Im Vordergrund steht die wissenschaftliche Behandlung der Thematik, die in einen internationalen Rahmen eingebunden sein soll. Ich erwarte einen offenen Dialog über gewiß schwierige, auch emotional bewegende Fragen. Initiiert vom und abgehalten im Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin, ist es selbstverständlich, daß japanische Referenten die Tagung maßgeblich prägen. Von den japanischen Freunden ging auch der erste Anstoß für die Tagung aus. Ich freue mich, daß Frau Kollegin Suzuki und die Herren Kollegen Kobayashi, Koyama, Miyazawa, Kambashi und Ochi aus Japan zu uns gekommen sind. Sie sind mit dem deutschen Recht aufgrund ihrer langjährigen Forschung und zahlreicher Aufenthalte an deutschen Universitäten in hohem Maße vertraut. Heute und morgen sind wir neugierig, über die Probleme und ihre Lösung in Japan zu hören. Ebenfalls aus Übersee begrüße ich Herrn Kollegen Darby von der Universität San Diego in Kalifornien und Herrn Kollegen Johan van der Walt von der Rand Afrikaans Universität in Johannesburg. Zuwanderungs- und Integrationsprobleme sind in ihren Ländern gleichermaßen virulent wie in Deutschland. Wir sind gespannt auf ihre Berichte. 2 Stem

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Klaus Stern

Natürlich ist bei unserem Kongreß Europa stark, wenn auch nicht vollzählig, vertreten. Wissenschaftler aus allen europäischen Staaten einzuladen, verboten die Finanzen und der zeitliche Rahmen. So bedurfte es einer Auswahl. Ich hoffe, sie repräsentativ getroffen zu haben mit Frau Kollegin Anzon aus Rom, den Herren Kollegen Capitant aus Paris, Mota Pinto aus Lissabon, Haller aus Zürich, Voncken aus Roermond, Wyrzykowski aus Warschau und für Schweden mit Herrn Rechtsanwalt Call. Alle sind mir als hervorragende Sachkenner bekannt. Ich bin sicher, daß wir viel Neues von ihnen über die Situation in sieben europäischen Ländern erfahren. Last but not least heiße ich meine deutschen Kollegen Randelzhofer, Streinz und Hailbronner willkommen. Über ihre Kompetenz für das Thema bedarf es keiner Worte. Sie gehören zu den ersten Adressen. Ich bin glücklich, daß Sie sofort zugesagt haben zu referieren. Natürlich lebt eine Tagung nicht nur von den Referenten. Gleichermaßen wichtig sind die weiteren Teilnehmer. Sie sind diejenigen, die Salz und Pfeffer in die Diskussion über die Referate bringen. Ich freue mich, hierfür viele Damen und Herren aus Wissenschaft, Exekutive und Judikative gewonnen zu haben - aus dem In- und dem Ausland. Erlauben Sie mir, stellvertretend für alle zu nennen: den Altpräsidenten des österreichischen Bundesrats, Professor Schambeck, den Altrektor der Wirtschaftsuniversität Wien, Professor Rill aus Rom Professor Mangiameli , aus Paris Professor Fromont , aus Deutschland Bundesverfassungsrichter Bertold Sommer und mehrere Mitglieder der Deutsch-Japanischen Juristenvereinigung. Nun aber medias in res: Herr Randelzhofer,

Sie haben das Wort!

Die Völker- und verfassungsrechtlichen Grundlagen des deutschen Asylrechts* Von Albrecht Randelzhofer A. Einleitung B. Hauptteil I. Die völkerrechtlichen Grundlagen II. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen C. Abschließende Bemerkung

A. Einleitung Quasi als clausula salvatoria weise ich einleitend noch einmal auf die Grenzen meines Themas hin. Ich soll und werde zu den Völker- und verfassungsrechtlichen Grundlagen des deutschen Asylrechts sprechen. D. h., ich klammere die europarechtlichen Implikationen des Asylrechts aus. Dazu wird Herr Streinz sprechen. Und ich werde auch nicht Stellung nehmen zur ganz aktuellen Problematik des Zuwanderungsgesetzes. Hier wird Herr Hailbronner die nötigen Dinge sagen. Auch in dieser Begrenzung ist es freilich ein kühnes, um nicht zu sagen ein verwegenes Unternehmen, in 45 Minuten die Völker- und verfassungsrechtlichen Grundlagen des deutschen Asylrechts darstellen zu wollen. Meine Kommentierung im Maunz/Dürig dazu umfaßt 251 Seiten1. Es kann also nur darum gehen, den Rahmen und den wesentlichen Inhalt vorzutragen.

B. Hauptteil I. Die völkerrechtlichen Grundlagen Ich beginne mit den völkerrechtlichen Grundlagen. Im Artikel 4 Abs. 2 des Herrenchiemseer Entwurfes hieß es: „Wer unter Nichtbeachtung der in dieser Verfas* Die Vortragsform wurde beibehalten. Die Nachweise beschränken sich überwiegend auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts. 1 Siehe Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz. Kommentar, Kommentierung zu Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG alte Fassung und Kommentierung zu Art. 16 a Abs. 2 - 5 GG. 2*

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Albrecht Randelzhofer

sung niedergelegten Grundrechte von einer Stelle außerhalb des Bundes verfolgt wird, wird nicht ausgeliefert". Für die 4. Sitzung des Parlamentarischen Rates am 23. September 1948 wurde durch das Redaktionskomitee folgender anderer Wortlaut vorgeschlagen: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht im Rahmen des Allgemeinen Völkerrechts." Dagegen wandte sich dann Dr. Carlo Schmid, indem er sagte, der Zusatz „im Rahmen des Allgemeinen Völkerrechts" solle entfallen. Aber nicht, weil er sich inhaltlich dagegen wandte, sondern deswegen, weil schon über Artikel 25 GG die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Grundgesetzes seien. Deshalb müsse man das beim Asylrecht nicht noch einmal betonen. So blieb es bei der Formulierung „Politisch Verfolgte genießen Asyl". Aber man muss dabei mitbedenken, daß mitgedacht worden ist, im Rahmen des Völkerrechts. Daher ist es durchaus sinnvoll, die Frage nach der Vereinbarkeit des Deutschen Asylsrechts mit dem Völkerrecht zu stellen. Das Völkerrecht kennt bzw. kannte das Asylrecht in zwei verschiedenen Formen.

7. Diplomatisches Asyl Ich nenne als erstes das sogenannte diplomatische Asyl. Das ist das Asyl, das ein Staat nicht auf seinem Staatsgebiet, sondern auf fremdem Staatsgebiet in seinen dortigen diplomatischen Missionen gewährt. Dieses diplomatische Asyl war so lange mit dem Völkerrecht vereinbar, als die Vorrechte und Befreiungen diplomatischer Missionen durch die sogenannte Exterritorialität begründet wurden. Das Völkerrecht des 19. Jahrhunderts war dadurch gekennzeichnet, daß diplomatische Missionen auf einem Staatsgebiet als exterritorial galten, das heißt nicht der Justizhoheit des Empfangsstaates unterfielen. Diese Konzeption ist schon im 20. Jahrhundert nicht mehr geltendes Völkerrecht gewesen. Die Vorrechte und Befreiungen von diplomatischen Missionen und Diplomaten werden heute funktional und nicht mit dem Gedanken der Exterritorialität begründet. Die Folge ist, daß das heutige Völkerrecht die Gewährung diplomatischen Asyls grundsätzlich nicht zulässt. Das hat der Internationale Gerichtshof im Haya de la Torre-Fall im Jahre 19502 auch ausdrücklich so festgestellt. Eine Ausnahme kommt nur in Frage, wenn das diplomatische Asyl als Unterfall des sogenannten humanitären Asyls erscheint, d. h., wenn die Gewährung diplomatischen Asyls einen Verfolgten nicht vor der lege artis ausgeübten Justizhoheit schützt, sondern z. B. vor einem lynchwütigen Mob oder vor einer Staatsgewalt, die die Mindestanforderungen eines Rechtsstaates nicht erfüllt. Unter diesem letzteren Aspekt etwa haben die Vereinigten Staaten über viele Jahre hinweg nach der Niederschlagung des Ungarischen Völksaufstandes 1956 dem Kardinal Erzbischof Mindszenty in ihrer Budapester Botschaft diplomatisches Asyl gewährt. In Latein2

Siehe International Court of Justice, Reports of Judgements, 1950, s. 266 ff.

Die Grundlagen des deutschen Asylrechts

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amerika besteht regionales Völkergewohnheitsrecht dahingehend, daß diplomatisches Asyl gewährt werden kann. Aber das allgemeine Völkerrecht kennt heute das diplomatische Asyl nicht mehr.

2. Das territoriale

Asyl

Die zweite Form des Asyls im Völkerrecht ist die Gewährung territorialen Asyls, d. h. die Gewährung von Asyl auf dem eigenen Staatsgebiet. Dies ist nach geltendem Völkerrecht zulässig, denn die fremde Justizhoheit erstreckt sich nicht auf andere Staatsgebiete. Wenn auf fremdem Staatsgebiet der Verfolgte Asyl genießt, fällt der asylgewährende Staat der Justizhoheit des verfolgenden Staates nicht in den Arm. Deshalb läßt das Völkerrecht dies zu. Allerdings gewährt das Völkerrecht dies nur als Recht des Staates, enthält aber nicht eine dahingehende Pflicht. Im allgemeinen Völkerrecht gibt es also keine Pflicht für Staaten, territoriales Asyl zu gewähren. Eine solche Pflicht ergibt sich auch nicht - wie verschiedentlich behauptet wird - aus dem Artikel 33 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention. Dort ist zwar das wichtige und bedeutsame Prinzip des non-refoulement 3, d. h. das Verbot der Zurückweisung eines Flüchtlings an der Grenze enthalten. Aber das Asylrecht umfasst nicht nur diesen Grundsatz des non-refoulement, sondern geht deutlich darüber hinaus. Das Asylrecht umfasst 1. das Recht, Verfolgte einreisen zu lassen, 2. das Verbot des non-refoulement, 3. das Recht auf den rechtlich gesicherten Aufenthalt und 4. das Recht auf persönliche und berufliche Entfaltung. Soviel ist in Artikel 33 nicht enthalten, sondern nur der Grundsatz des non-refoulement, und deshalb kann man nicht davon sprechen, dass sich aus Artikel 33 eine Pflicht der Staaten zur Gewährung des Asyls ergäbe. Vor allem aber fehlt es im heutigen Völkerrecht noch immer an einem Anspruch des Individuums auf Gewährung von Asyl. Zwar lautet der Artikel 14 Ziffer 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte „Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern Asyl zu suchen und zu genießen." Aber die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist eine Resolution der Generalversammlung. Resolutionen der Generalversammlung haben nur empfehlenden Charakter und keinen rechtlich bindenden. Und selbst wenn man, wie viele Stimmen im völkerrechtlichen Schrifttum 4 , davon ausgeht, dass die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte mittlerweile Völkergewohnheitsrecht sei, muß gesagt werden, daß in dieser Formulierung kein Recht des Individuums enthalten ist, denn suchen und genießen bedeutet nicht erhalten. Daß dies so ist, ergibt sich deutlich aus der Entstehungsgeschichte. Im Vorschlag der Menschenrechtskommission für diese Norm hieß es: „Jeder Mensch 3 Umstritten ist, ob dieses Prinzip schon Völkergewohnheitsrecht darstellt. Bejahend Hailbronner, Asylrecht und Volkerrecht, in: Beitz/Wollenschläger (Hrsg.), Handbuch des Asylrechts, Bd. 1, 1980, S. 89 f.; verneinend mit m. E. überzeugender Begründung Kälin, Das Prinzip des non-refoulement, 1982, S. 59 ff., 338. 4

Siehe z. B. Verdross /Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Auflage, 1984, § 1234 m. w. N.

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Albrecht Randelzhofer

hat das Recht, in anderen Ländern Asyl vor Verfolgung zu suchen und zu erhalten". Dieser Vorschlag scheiterte jedoch bei der Umsetzung und es kam zur heute gültigen Formulierung. Weiter muß man feststellen, daß die völkerrechtlichen Verträge, in denen heute Menschenrechtsschutz durch rechtlich bindende Vorschriften gewährleistet ist, keinen Asylanspruch des Individuums enthalten. Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966, der heute, was die Universalität anbelangt, umfassendste völkerrechtliche Vertrag über Menschenrechtsschutz enthält kein Asylrecht. Er spricht überhaupt nicht vom Asylrecht. In der Debatte um die Ausarbeitung dieses Paktes hat das Asylrecht durchaus eine Rolle gespielt. Man wollte Regelungen über das Asylrecht in diesen Pakt hineinbringen, aber es zeigte sich dann bei den Verhandlungen, daß die Gefahr bestand, daß der gesamte Pakt scheitern würde, wenn man auf dem Asylrecht beharren würde. Deshalb ließ man es dann aus den weiteren Diskussionen herausfallen und sagte, es solle später eine spezielle Asylrechtskonvention geschaffen werden. Aber auch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und ihre Protokolle, die heute, wenn auch nur auf regionaler Ebene, den höchsten Standard darstellen, der im völkerrechtlichen Menschenrechtsschutz bisher erreicht ist, enthält keine Aussagen zum Asylrecht. Das gleiche gilt für die Amerikanische Menschenrechtskonvention, die fast inhaltsgleich mit der EMRK ist. Der Versuch, eine spezielle Asylrechtskonvention zu schaffen, scheiterte bis heute. Zwar erarbeitete die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen, ein Unterorgan des Wirtschafts- und Sozialmarktes, eine Erklärung über das Asylrecht, die am 14. Dezember 1967 von der Generalversammlung als United Nations Declaration on Territorial Asylum verabschiedet wurde, doch enthielt diese Deklaration keinen Anspruch des Individuums auf Gewährung von Asyl. Zwischen dem 10. Januar und dem 7. Februar 1977 hatten die Vereinten Nationen nach Genf eine Konferenz einberufen, mit dem Ziel, eine Asylrechtskonvention zu schaffen. Der Entwurf, der dieser Konferenz vorlag, enthielt keinen Anspruch des Individuums auf Gewährung von Asyl. Die Bundesrepublik Deutschland machte auf dieser Konferenz den Vorschlag, ein Individualrecht auf Asyl in diese Konvention aufzunehmen. Das wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Die ganze Konferenz scheiterte. Ich ziehe das Fazit der völkerrechtlichen Grundlagen: Im heute geltenden Völkerrecht gibt es keinen Anspruch des Individuums auf Gewährung von Asyl. Das Völkerrecht verbietet auf der anderen Seite nicht, daß durch innerstaatliches Recht ein solcher Anspruch gewährt wird. Das deutsche Asylrecht mit der Gewährung dieses Individualanspruchs auf verfassungsrechtlicher Ebene geht deutlich über das Völkerrecht hinaus.

Die Grundlagen des deutschen Asylrechts

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II. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen Ich wende mich nun den verfassungsrechtlichen Grundlagen zu. „Politisch Verfolgte genießen Asyl" - lautete der ursprüngliche Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG und genauso lautet der Art. 16 a Abs. 1 GG, der an seine Stelle getreten ist. Diese Norm hat keine Vorläufer in früheren deutschen Verfassungen. Allerdings finden sich in einzelnen Landesverfassungen Regelungen über das Asyl im Sinne der Gewährung eines Individualrechts 5. Daß der Art. 16 Abs. 2 Satz 2 ins Grundgesetz hineingekommen ist, hat wohl doch mit dem Schicksal der im nationalsozialistischen Deutschland ausgebürgerten Juden zu tun, und ihrem nicht selten vergeblichen Versuch, irgendwo in der Welt Asyl zu finden 6.

1. Wesentlicher Inhalt des deutschen Asylrechts Ich werde nun den wesentlichen Inhalt des verfassungsrechtlichen Anspruches auf Asyl vortragen. Dazu zunächst noch eine Vorbemerkung. Zwar lautet der Art. 16 a Abs. 1 GG genauso wie der ursprüngliche Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG: „Politisch Verfolgte genießen Asyl". Dem Art. 16 Abs. 1 GG folgt dann nun fast eine ganze Druckseite in den Absätzen 2 bis 5. Ohne Zweifel ist dies einmal mehr ein Beispiel dafür, daß die Kunst der Verfassungsgebung darniederliegt. Ich bin der Meinung, daß trotz des Wortreichtums des Art. 16 a GG in seinen fünf Absätzen der inhaltliche Kern des Asylrechts sich nicht fundamental verändert hat. Was sich sehr verändert hat, bewirken die Regelungen in den Absätzen 2 und 3, die für das Asylverfahren wesentliche Umgestaltungen mit sich bringen.

a) Politische Verfolgung als zentrale Voraussetzung des Asylrechts Im Zentrum des Grundrechtes auf Asyl steht der Begriff der politischen Verfolgung. Das ist die Grundvoraussetzung. Ohne politische Verfolgung, nicht irgendeine Verfolgung, sondern politische Verfolgung, das Adjektiv ist wichtig, gibt es keinen Anspruch auf Asyl nach deutschem Recht. Nur, das Grundgesetz selbst sagt uns nicht weiter, was politische Verfolgung ist. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts hat den Begriff der politischen Verfolgung stets in Anlehnung an den Ar5 Siehe Art. 16 Abs. 2 der Verfassung von Rheinland-Pfalz; Art. 11 Abs. 2 der Verfassung des Saarlandes. Art. 105 der Verfassung des Freistaates Bayern und Art. 7 Satz 2 der Verfassung des Landes Hessen gewähren politisch Verfolgten Schutz vor Auslieferung und Ausweisung. 6 Siehe Bonk, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 2. Auflage, 1999, Rdnr. 3 zu Art. 16 a; kritisch dazu Lübbe-Wolff, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 1996, Rdnr. 4 zu Art. 16 a.

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tikel 1 A Nr. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention interpretiert 7. Asylrechtlichen Schutz genießt danach, wer wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung verfolgt wird. D. h. die Motivation des Verfolgers ist das Entscheidende für den politischen Charakter der Verfolgung. Das bedeutet, daß eine allgemeine wirtschaftliche Notlage oder die Leiden und Gefährdungen in einem Bürgerkrieg grundsätzlich keine politische Verfolgung und damit keinen Asylgrund darstellen. Für das deutsche Asylrecht kommt es nicht auf die politische Überzeugung oder Aktivität des Verfolgten an. Darin unterscheidet sich das deutsche Asylrecht von dem in den ehedem sogenannten sozialistischen Staaten, in denen es Ausländern gewährt wurde, die wegen ihrer Verteidigung der Interessen der Arbeiterklasse oder ihres Kampfes für die nationale Befreiung oder ihres Kampfes für den sozialen Fortschritt verfolgt werden8. In Frankreich wird dem Asyl gewährt, der wegen seines Einsatzes für die Freiheit verfolgt wird, in Portugal dem, der wegen des Kampfes für die Demokratie verfolgt wird. Solche an der Person des Verfolgten ansetzenden Qualifikationen sind dem deutschen Asylrecht fremd. Die politische Überzeugung des Verfolgten ist für das deutsche Asylrecht belanglos. Entscheidend ist die Motivation des Verfolgers. Ich wende mich nun dem Tatbestand der Verfolgung zu. Die Verfolgung setzt einen zielgerichteten Eingriff voraus. Wer sein Heimatland wegen der dort herrschenden ungünstigen allgemeinen politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Lebensbedingungen verläßt, ist nicht Verfolgter 9. Der zielgerichtete Eingriff muß von einer gewissen Intensität sein. Diese Intensität muß die Qualität einer Rechtsverletzung erreichen. Belästigungen und Schikanen reichen nicht aus. Doch ist politische Verfolgung auf der anderen Seite nicht nur gegebenen bei Eingriffen in Leben, Leib und Freiheit, sondern auch bei Eingriffen etwa in die Freiheit der Religion oder des Berufs oder generell der wirtschaftlichen Betätigung. Nur daß diese Eingriffe besonders intensiv sein müssen, während sie bei Eingriffen in Leben, Leib und Freiheit per se ausreichen, um politische Verfolgung darzustellen. Wichtig ist, daß das Asylrecht nicht erst dann gegeben ist, wenn der Eingriff tatsächlich erfolgt ist, wenn die politische Verfolgung tatsächlich gegeben ist. Es reicht vielmehr schon die Wahrscheinlichkeit der Verfolgung aus. Die Rechtsprechung spricht in diesem Zusammenhang davon, daß begründete Furcht vor politischer Verfolgung bestehen müsse10. Es kommt also entscheidend nicht auf das subjektive Empfinden der Furcht an, die der Ängstliche rascher haben wird als der Mutige, sondern darauf, ob die objektive Wahrscheinlichkeit der Verfolgung be7 Siehe BVerfGE 9, 174, 181; 54, 341, 356; BVerwGE 49, 202, 204 f.; 55, 82, 84; 67, 184, 185 f. 8 Siehe z. B. Art. 38 der Verfassung der UdSSR von 1977; Art. 23 Abs. 3 der Verfassung der DDR von 1968 i. d. F. von 1974. 9 Siehe BVerfGE 54, 341, 357; 56, 216, 235. 10 Siehe z. B. BVerwGE 55, 82, 83.

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steht. Dann liegt die begründete Furcht vor Verfolgung vor. Eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit der Verfolgung wird angenommen, wenn eine Person bereits früher verfolgt worden ist 11 . Bezüglich des Problems der Wahrscheinlichkeit der politischen Verfolgung ist im neuen Art. 16 a Absatz 3 GG eine bedeutsame Regelung in das Asylrecht eingefügt werden. Dort heißt es: „Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, so lange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, dass er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird". Das heißt, der Art. 16 Absatz 3 GG schafft eine, allerdings widerlegbare, Vermutung durch antizipierte Tatsachen- und Beweiswürdigung. Warum antizipiert? Die Tatsachen- und Beweiswürdigung erfolgt nicht mehr, wie bis dahin, allein durch die Verwaltungsbehörde, kontrolliert durch die Gerichte, sondern bereits durch den Gesetzgeber. Der hat die Entscheidung vorweggenommen, daß es bestimmte Staaten gibt, bezüglich derer die Vermutung dagegen spricht, daß in ihnen politische Verfolgung stattfindet. Diese Vermutung bindet, das hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung, die diesen Art. 16 a Absatz 3 GG auch als mit der Verfassung für vereinbar erklärte, festgestellt sowohl die Exekutive wie die Verwaltungsgerichte 12. Die Vermutung erfaßt auch den Schutz gegen Abschiebung nach § 53 des Ausländergesetzes. Der Ausländer, der das Asylrecht in Anspruch nehmen will, muß diese Vermutung widerlegen. Das kann er nur, wenn er Tatsachen vorträgt, die die Annahme seiner politischen Verfolgung begründen. Umgesetzt ist der Art. 16 a Abs. 3 GG durch § 29 a des Asylverfahrensgesetzes zusammen mit der Anlage I I dieses Gesetzes. Dort sind als sichere bzw. verfolgungsfreie Herkunftsstaaten genannt: Bulgarien, Ghana, Polen, Rumänien, Senegal, Slowakei, Tschechien und Ungarn. Weiter ist für die Verfolgung i.S. des Art. 16 a GG das persönliche Betroffensein erforderlich. D. h., derjenige, der sich auf Verfolgung beruft, muß grundsätzlich persönlich verfolgt werden bzw. eine begründete Furcht davor haben. Familienangehörige eines Verfolgten sind nicht ohne weiteres auch Verfolgte. Allerdings gilt insofern eine wichtige Ausnahme: Wenn ganze Gruppen von Menschen, ethnische Gruppen, religiöse Gruppen oder wie auch immer determinierte Gruppen verfolgt werden, dann gilt die Regelvermutung dafür, daß jeder Angehörige dieser Gruppe der Wahrscheinlichkeit der Verfolgung unterworfen ist, und ihm steht damit das Asylrecht zu 1 3 .

11 Siehe BVerfGE 54, 341, 359 ff.; BVerwGE 67, 314, 316 f. 12 Siehe BVerfGE 94,115,133. 13 Siehe BVerfGE 54, 341, 358 f.; BVerwGE 67, 314, 315.

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Eine weitere Voraussetzung für das Asylrecht ist, daß es sich bei der Verfolgung um staatliche Verfolgung handeln muß 14 . Es reicht aber auch die mittelbare staatliche Verfolgung aus. Das wäre etwa der Fall, wenn der Staat Private zur Verfolgung anstiftet oder die Verfolgung durch Private duldet. Die Rechtsprechung geht sogar noch weiter. Sie nimmt mittelbare staatliche Verfolgung auch dann an, wenn der Staat prinzipiell und auf Dauer nicht mehr in der Lage ist, Verfolgung durch Private zu verhindern 15. Ich erachte diese Rechtsprechung für zu weitgehend. Ich meine, daß die von der Rechtsprechung dann vorgenommene Zurechenbarkeit dieser privaten Verfolgung zum Staat gegen die ansonsten von der Rechtsprechung geteilte Einsicht verstößt, daß die schädlichen Folgen etwa einer allgemeinen Bürgerkriegssituation gerade nicht politische Verfolgung sind 16 . Auf der anderen Seite wird man den Art. 16 a GG analog anzuwenden haben, wenn die Verfolgung durch Kräfte erfolgt, die eine staatsähnliche Hoheitsgewalt ausüben17. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Februar 2002 die zwei sogenannten „Afghanistan-Entscheidungen" 18 verkündet. Darin betont das Gericht einmal mehr, daß politische Verfolgung grundsätzlich staatliche Verfolgung ist. Es fährt dann aber fort: „Dem Staat stehen solche staatsähnlichen (quasi staatlichen) Organisationen gleich, die den jeweiligen Staat verdrängt haben oder denen dieser das Feld überlassen hat und die ihn daher insoweit ersetzen". 19 Die Quasi-Staatlichkeit der Organisation sei, die Existenz eines Herrschaftsgefüges von gewisser Stabilität in einem Kernterritorium vorausgesetzt, auch dann nicht zwingend zu verneinen, wenn die Organisation von außen und im Inneren bekämpft wird 2 0 . Ein dorniges Problem des Asylrechts sind die sogenannten Nachfluchtgründe. Der Regelfall, den man sich beim Asylrecht vorstellt, ist der, daß jemand in einem Heimatstaat verfolgt wird, flieht und um Asyl bittet. Es gibt aber auch die Fälle, daß jemand aus seinem Staat ausreist, ohne verfolgt zu sein und danach Umstände eintreten, die zu begründeter Furcht vor Verfolgung führen. Hier spricht man von Nachfluchtgriinden. Auch solche Nachfluchtgründe können das Asylrecht begründen 21 . Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in seiner jüngeren Rechtsprechung die Anforderungen an selbstgeschaffene Nachfluchtgründe erhöht und zwar zu Recht erhöht, wie ich meine. Selbstgeschaffene Nachfluchtgründe liegen z. B. vor, wenn jemand unbehelligt in seinem Land gelebt hat, in die Bundesrepublik eingereist ist und erst hier Aktivitäten entfaltet, von denen er weiß, daß sie im Hei-

n Siehe insbesondere BVerwGE 65, 317, 317 f.; siehe auch BVerfGE 9,174,180. 15 Siehe BVerwGE 67, 317, 320. 16 Siehe die Kritik bei Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz. Kommentar, Rdnr. 62 zu Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG. 17 So schon Randelzhofer, a. a. O., Rdnr. 63 zu Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG. 18 BVerwGE 114,16 ff.; 114,27 ff. 19 BVerfGE 114,16,20. 20 BVerwGE 111,16, 21 ff.

21 Siehe BVerfGE 9,174,181; BVerwGE 49, 202, 205; 55, 82, 83.

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matstaat zu politischer Verfolgung führen. Das Bundesverfassungsgericht anerkennt heute solche selbstgeschaffenen Nachfluchtgründe nur dann, wenn sie sich als Ausdruck und Fortführung einer schon im Heimatstaat vorhandenen und erkennbar betätigten festen Überzeugung darstellen 22. Das Bundesverwaltungsgericht hat daraufhin 23 seine frühere Rechtsprechung24 insoweit für überholt erklärt, als darin bei selbstgeschaffenen Nachfluchtgründen der kausale Zusammenhang zwischen Flucht und Verfolgung nicht als wesentlich angesehen wurde.

b) Das Erreichen des Bundesgebiets und das Fehlen anderweitigen Schutzes als weitere Voraussetzungen des Asylrechts Eine weitere Voraussetzung für das Asylrecht ist das Erreichen des Bundesgebietes25. Der Verzicht auf diese räumliche Komponente würde in zu vielen Fällen zu einem nur „papierenen" Asylrecht führen, denn die Bundesrepublik könnte nichts tun, dem im Verfolgungsstaat Festgehaltenen den Genuß des Asylrechts auch tatsächlich zu verschaffen. Das bedeutet auch, daß vom Ausland her ein Asylantrag nicht wirksam gestellt werden kann. Eine weitere Voraussetzung des Asylrechts ist das Fehlen anderweitigen Schutzes. Das Grundrecht auf Asyl soll politisch Verfolgten Schutz vor Verfolgungsmaßnahmen bieten. Damit setzt es voraus, daß der Asylbewerber schutzlos ist. Schutzlosigkeit und Schutzbedürfnis entfallen, wenn der Verfolgte anderweitigen Schutz genießt oder finden kann. Das Asylrecht ist insofern subsidiär. Anderweitiger Schutz besteht, wenn eine inländische oder eine ausländische Fluchtalternative gegeben ist. Die inländische Fluchtalternative ist gegeben, wenn die Verfolgung nur in Teilen des Verfolgerstaates stattfindet und der Verfolgte die verfolgungsfreien Gebiete in zumutbarer Weise erreichen kann. Unzumutbarkeit liegt nur vor, wenn die Rückkehr dorthin auf Dauer nicht möglich ist 2 6 . Ich wende mich der ausländischen Fluchtalternative zu. Diese liegt vor, wenn der Asylsuchende, bevor er die Bundesrepublik erreicht hat, schon in einem Drittstaat Schutz gefunden hat oder Schutz finden konnte. Dann muß er diesen Schutz in Anspruch nehmen, er kann sich nicht mehr auf das Asylrecht in der Bundesrepublik berufen. In seiner früheren Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht 27 die These vertreten, Asyl in einem Drittstaat könne nur der finden, der es dort auch gesucht habe. Das liefe auf eine freie Wahl das Asyllandes hinaus. Das 22 23 24 25 26 27

BVerfGE 74, 51, 64 ff.; 94,115, 145. Siehe BVerwGE 77, 258, 260 f. Siehe BVerwGE 68, 171,174 ff.; 75, 99,105 ff. Siehe BVerwGE 69, 323, 324 ff.; 69, 289, 291. Siehe BVerwGE 67, 314, 315 f.; BVerwG, DVB1. 2001, S. 667 ff. Siehe BVerwGE 69, 289, 292 f.

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Bundesverfassungsgericht hat sich gegenüber dieser Rechtsprechung auf den Standpunkt gestellt, der anderweitige Schutz und damit die ausländische Fluchtalternative beurteile sich allein nach objektiven Kriterien und nicht nach dem subjektiven Willen des Asylsuchenden28. Daraufhin hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung geändert und vertritt nun auch die Ansicht, daß sich die ausländische Fluchtalternative nach objektiven Kriterien beurteile 29. Im Zusammenhang mit der ausländischen Fluchtalternative ist auf den Art. 16 a Abs. 2 GG einzugehen. Dieser ruht auf der Rechtsprechung zur ausländischen Fluchtalternative, hat deren Grundgedanken aber nicht unbeträchtlich weiter entwickelt. Gemäß Art. 16 a Abs. 2 GG kann sich nicht auf Art. 16 a Abs. 1 GG, also auf das Asylrecht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden. Bezüglich der in diesem Absatz genannten Staaten spricht man von sogenannten sicheren Drittstaaten. Nach dem Grundgesetz selbst sind alle EG-Staaten per se sichere Drittstaaten. Darüber hinaus kann der Gesetzgeber weitere sichere Drittstaaten bestimmen. Umgesetzt ist dies durch den § 26 a und die Anlage I des Asylverfahrensgesetzes. Dort sind Norwegen, Polen, die Schweiz und Tschechien als weitere sichere Drittstaaten genannt. Das hat zu dem Ergebnis geführt, daß die Bundesrepublik von lauter sicheren Drittstaaten umgeben ist. Auf dem Landwege kommen Asylsuchende nur noch über sichere Drittstaaten in die Bundesrepublik Deutschland. Die Folge ist, daß ihre Asylanträge erst gar nicht mehr geprüft werden und sie kein vorläufiges Bleiberecht haben. Es genügt, daß Asylsuchende die objektive Möglichkeit hätten, ein Verfahren zur Anerkennung als Verfolgte zu nutzen, ihr subjektiver Wille ist unbeachtlich. Das Bundesverfassungsgericht 30 sieht in Art. 16 a Abs. 2 eine normative Vergewisserung über die Sicherheit in Drittstaaten und hält ihn für verfassungsgemäß. Ich will noch auf den Unterschied zu Art. 16 a Abs. 3 GG hinweisen. In Art. 16 a Abs. 3 GG handelt es sich nur um eine Vermutung, und zwar um eine widerlegbare. Art. 16 a Abs. 2 GG ist keine Vermutung, sondern eine Festlegung. Darin liegt für das Verfahren eine entscheidende Umgestaltung des deutschen Asylrechts. Was den materiellen Gehalt des Asylrechts anlangt, sehe ich in Art. 16 a Abs. 2 und 3 GG Präzisierungen von verfassungsimmanenten Schranken des Asylrechts, welche die Rechtsprechung im Kern schon bisher angezeigt hat. 28 Siehe BVerfGE 71, 276, 298. 29 Siehe BVerwGE 77,150, 152 ff. 30 Siehe BVerfGE 94,49, 95 f.

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2. Schranken des Asylrechts Die Frage der Schranken des Asylrechts stellt sich aber nicht erst, seit es die Absätze 2 und 3 des Art. 16 a GG gibt, sondern unabhängig davon. Sie stellte sich schon, als das Asylrecht in Art. 16 Abs. 2 Satz 2 geregelt war. Eindeutig ist, daß das Asylrecht weder damals noch heute einem Gesetzesvorbehalt unterliegt, weder einem allgemeinen noch einem besonderen. Damit stellt sich gleichwohl die Frage verfassungsimmanenter Schranken. Für die anderen Grundrechte ohne Gesetzesvorbehalt, wie z. B. Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3 und Art. 8 Abs. 1 GG, ist es in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, daß sie verfassungsimmanenten Schranken unterliegen. Keine Verfassung verträgt wirklich schrankenlose Grundrechte. Vor diesem Hintergrund muß es verwundern, daß in manchen Darstellungen des Asylrechts seine Schranken entweder gar nicht 31 oder nur bezüglich Art. 16 a Abs. 2 und 3 GG behandelt werden 32, oder Schranken des Asylrechts überhaupt verneint werden 33. Demgegenüber anerkennt das Bundesverwaltungsgericht 34, daß das Asylrecht mit Rücksicht auf die Einheit der Verfassung und die von ihr geschützte gesamte Wertordnung Beschränkungen unterliegt. So könne die Sicherheit des Zufluchtsstaates und der in ihm lebenden Menschen u.U. Vorrang gegenüber dem Asylrecht haben. Wo die Grenze verläuft, ist in Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen. Auch das Bundesverfassungsgericht anerkennt die Sicherheit der Bundesrepublik und der in ihr lebenden Menschen indem es ausführt: „Es liegt außerhalb des Asylrechts, wenn für terroristische Aktivitäten nur ein neuer Kampfplatz gesucht wird, um sie dort fortzusetzen oder zu unterstützen. Demgemäß kann Asyl nicht beanspruchen, wer im Heimatland unternommene terroristische Aktivitäten oder deren Unterstützung von der Bundesrepublik Deutschland aus in den möglichen Formen fortzuführen trachtet; er sucht nicht den Schutz und Frieden, den das Asylrecht gewähren will" 3 5 . Diese Schranke deckt die Möglichkeit, Asylberechtigte, wenn auch unter erschwerten Voraussetzungen36, nach § 48 Abs. 1 AuslG auszuweisen und nach Art. 51 Abs. 3 AuslG abzuschieben 37 .

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Siehe z. B. Schnapp, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz - Kommentar, Bd. 1, 5. Auflage, 2000, Kommentierung des Art. 16 a GG. 32 Siehe z. B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 5. Auflage, 2000, Rdnr. 24 ff.; Bonk, in: Sachs, Grundgesetz. Kommentar, 2. Auflage, 1999, Rdnr. 6 ff. zu Art. 16 a GG. 33

Siehe Lübbe-Wolff, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. I, 1996, Rdnr. 106 zu Art. 16 a. 34 Grundlegend BVerwGE 49, 202, 208 ff. 3

5 BVerfGE 81, 142, 152. 6 Nach BVerwG, DVB1. 2001, S. 341 ff. führt die Verurteilung zu mindestens 3 Jahren nur dann zum Ausschluß des Abschiebungsschutzes nach § 51 Abs. 3 AuslG, wenn im Einzelfall eine konkrete Wiederholungsgefahr festgestellt wird. Eine solche liegt vor, wenn in Zukunft neue vergleichbare Straftaten des Ausländers ernsthaft drohen. 3

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Einen Unterfall der Schranke „Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und der in ihr lebenden Menschen" stellt m. E. auch die Erschöpfung der Ressourcen durch eine zu große Zahl von Asylbewerbern dar 38 . Diese Sicherheit wäre bedroht, wenn viele Millionen politisch Verfolgter in der Bundesrepublik Zuflucht finden würden. Dies zu leugnen und so zu tun, als könnte man das meistern, zeugt von der Hybris, Deutschland könnte fast allein das Elend der Welt schultern. Ich spreche nicht davon, daß diese Schranke heute schon erreicht sei. Mir geht es nur darum, darauf hinzuweisen, daß eine solche Schranke überhaupt besteht.

3. Beendigung des Asylrechts Asylrecht vermittelt kein Status, den man notwendigerweise auf Dauer erwirbt. Der Asylantenstatus kann auch enden, und zwar auf verschiedenen Wegen: Einmal können die Voraussetzungen für das Asylrecht entfallen. Hier kommt das Ende der politischen Verfolgung infrage oder das dauerhafte Finden eines anderweitigen Schutzes. Weiter die rechtskräftige Abschiebung, da damit der Aufenthalt im Bundesgebiet als Voraussetzung des Asylrechts entfällt. Auch der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit bedeutet das Ende des Asylrechts, da es nur Ausländern zustehen kann. Schließlich führt auch die Verwirkung nach Art. 18 GG zur Beendigung des Asylrechts 39.

C. Abschließende Bemerkung Mit dem Asylrecht als Anspruch des Individuums auf der Ebene der Verfassung geht das deutsche Asylrecht weit über das Völkerrecht hinaus und auch weit über das hinaus, was in den meisten anderen Staaten geltendes Recht ist. Dieses weitreichende Asylrecht ist nicht zuletzt der Grund dafür, daß Deutschland einen extrem hohen Zuspruch von Asylbewerbern erlebte. Im zweiten Halbjahr - ich betone Halbjahr - 1992 waren es mehr als eine Viertel Million. Die Reform des Asylrechts, die seit dem 1. Juli 1993 mit dem neuen Art. 16 a GG in Kraft getreten ist, hat diese Asylbewerberzahl deutlich reduziert, obgleich, wie ich meine, der Kern des Asylrechts damit nicht beseitigt wurde, wohl aber die Möglichkeiten, unter bloßer Berufung auf ein Asylrecht sich jahrelang in der Bundesrepublik aufhalten zu können, deutlich reduziert wurden.

37 BVerfG, NVwZ-Beilage I 3/2001, Beschluß der 2. Kammer des 2. Senates vom 2. 10. 2000: „Die Ausweisung eines Asylberechtigten verletzt diesen nicht in dem Kerngehalt des Grundrechts auf Asyl". 38 Siehe Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, Rdnr. 108 zu Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG. 39 Allgemeine Meinung. A. A. jedoch Lerche, Das Asylrecht ist unverwirkbar, in: Festschrift für A. Arndt, 1969, S. 199 ff., bes. 206 ff.

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Der Zustrom von letztlich erfolglosen Asylbewerbern ist aber noch immer hoch. Weitere nur nationale Maßnahmen werden, jedenfalls wenn das Asylrecht im Kern erhalten bleiben soll, keine entscheidende Veränderung bewirken. Das Problem ist wohl nur dann zu entschärfen, wenn Lösungen auf der Ebene des Europarechts und des allgemeinen Völkerrechts gefunden werden. Leicht wird das nicht sein, da dazu vielfacher Eigennutz der Staaten überwunden werden muß bzw. müßte.

Asyl-, Ausländer- und Zuwanderungsrecht in Japan: die Verfassungs- und einfachgesetzlichen Rechtsgrundlagen Von Hiroaki Kobayashi A. Einführung B. Völkerrechtliche Grundlagen C. Verfassungsrechtliche Grundlagen D. Einfachgesetzliche Grundlagen E. Schlussbemerkung

A. Einführung Das vergangene Jahrhundert war u. a. auch das Jahrhundert der „Flüchtlinge", verursacht durch Kriege, Bürgerkriege, innerstaatliche Unterdrückungen u. ä. m. 1 Die Flüchtlinge brauchen „Asyl". Das politische Asyl wurde schon in der Mitte des 18. Jh. in das Rechtsbewusstsein der europäischen Völker aufgenommen, durch die Französische Revolution gefördert und Mitte des 19. Jh. zum Rechtsgrundsatz der zivilisierten Völker verdichtet und wahlweise praktiziert. 2 Erst die Massenfluchten, verursacht durch die Russische Revolution, prägten das Problem des Asyls im weiteren Sinne in das Bewusstsein der Völkergemeinschaft. Ob Asyl im Völkerrecht im allgemeinen als „das subjektive Recht" der Einzelnen zu bezeichnen ist, ist bis zur Gegenwart sowohl in der Staatspraxis als auch in der Völkerrechtsdogmatik eher negativ beantwortet (eher lex ferenda als lex lata)3. Es gibt jedoch einige völkerrechtliche Verträge und Erklärungen in Bezug auf das Asyl, deren Vertragspartei auch Japan ist, was zur Grundlage der Flüchtlingspolitik gemacht werden sollte.4

1 Vgl. u. a. H. Honma, Kojin no Kihonken to shiteno Higoken („Das Asylrecht als ein Grundrecht des Einzelnen."), 1985, S. 1. 2 Vgl. E. Reale, Le Droit d'Asyle, Recueil des Cours, Vol. 63 (1938-1), S. 553 f. 3 4

Vgl. u. a. Y. Shimada, „Higoken no Kenkyu" (Studien über das Asylrecht), 1983, S. 116. Z. B. Genfer Flüchtlingskonvention von 1951.

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Somit versucht der Verfasser zunächst die völkerrechtlichen Rechtsgrundlagen für das Asyl der Flüchtlinge in Japan zu ermitteln, dann die verfassungsrechtlichen und schließlich die einfachgesetzlichen Rechtsgrundlagen. Zum Schluss werden angesichts der spezifischen sicherheitspolitischen Sonderlage in Asien im Allgemeinen und in Japan im Besonderen Ausführungen über die Lösungsmöglichkeiten der Asyl- und Flüchtlingsprobleme gemacht. Zur Einhaltung der abgesprochenen Arbeitsteilung unter den japanischen Referenten wird auf die Bewertungen der verwaltungsbehördlichen und -gerichtlichen Praxis und auf das Problem der Gewährung des Wahlrechts an Taiwanesen und Koreaner, die in Japan grundsätzlich das Recht auf unbefristeten Aufenthalt genießen, nicht eingegangen.

B. Völkerrechtliche Grundlagen I. Volkerrechtliche Erklärungen Die allgemeine Menschenrechtserklärung von 19485 bestimmt in ihrem Artikel 14: „Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgungen Asyl zu suchen und zu genießen."

Die Erklärung über das territoriale Asyl von 1967 (Rn. 2312) bestimmt ferner in ihrem Artikel 1 Abs. 1: „Das Asyl, das ein Staat als Anwendung seiner Souveränität demjenigen gewährt, der zur Anwendung des Artikels 14 der Menschenrechtserklärung berechtigt ist, einschließlich derjenigen, die gegen den Kolonialismus kämpfen, muss von allen anderen Staaten respektiert werden."

Die oben erwähnten Erklärungen der UN haben zwar keine direkte völkerrechtliche Rechtsverbindlichkeit. Sie sind jedoch insoweit für die Rechtsüberzeugung (opinio iuris) der Völkerrechtsgemeinschaft wichtig, da sie die Grundlage für das Volkergewohnheitsrecht bilden.6 Aus der Entstehungsgeschichte dieser Artikel und der Völkerrechtsdogmatik ergibt sich jedoch: Das sog. Asylrecht im Art. 14 ist eher das Recht eines Staates, dem Einzelnen das Asyl zu gewähren, als das subjektive Recht des Einzelnen auf Gewährung des Asyls. 7 5

Resolution 217 (III) Universal Declaration of Human Rights in: United Nations, General Assembly, Official Records third Session (part 1) Resolutions (Doc. A/810) S. 71. 6 Vgl. u. a. A. Verdross , Völkerrecht, 1964, S. 138 ff. 7 Vgl. u. a. Meinungen von Vertretern Italiens und Großbritanniens: U. N. Official Records of the General Assembly 17 th Session, Third Committee, 1196th Meeting (29. Nov. 1962) S. 308; jedoch auch P. Weis, The Right of Asylum in the Context of the Protection of Human Rights in Regional and Municipal Law, International Review of the Red Cross, Vol. 6

Asyl- und Ausländerrecht in Japan

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II. Der Status der Asylsuchenden im Völkerrecht Die Asylsuchenden sind in dem Staat, wo sie Asyl suchen, Ausländer. Sie unterscheiden sich aber von gewöhnlichen Ausländern dadurch, dass ihnen vom Heimatland kein diplomatischer Schutz gewährt wird und dass in den Beziehungen zwischen dem Land, wo sie Asyl suchen, und ihrem Heimatland in der Sache keine Reziprozität besteht.8 Dies macht den Status der Asylsuchenden unsicher. Somit fragt man sich nach dem völkerrechtlichen Vertrag, der die Staaten zur Gewährung des Schutzes der Asylsuchenden verpflichtet.

I I I . Die Genfer Flüchtlingskonvention von 19519 Die Genfer Flüchtlingskonvention, deren Vertragspartei Japan seit 1.1. 1982 ist, bestimmt in der Präambel über die Gewährung der Grundrechte und Grundfreiheiten auch an Flüchtlinge, im Art. 1 über die Definition der Flüchtlinge, im Art. 2 über die allgemeinen Verpflichtungen der Flüchtlinge, im Art. 7 über die Gleichbehandlung der Flüchtlinge mit den Ausländern (Abs. 1) und über den Ausschluss der Reziprozität (Abs. 2), im Art. 34 über die Naturalisierung der Flüchtlinge u. ä. m. Artikel 1 des Zusatzprotokolls zum Status der Flüchtlinge vom 31. Januar 1967 10 bestimmt ferner wie folgt: „(1) Die Vertragsparteien dieses Protokolls verpflichten sich, die Artikel 2 bis 34 des Abkommens auf Flüchtlinge im Sinne der nachstehenden Begriffsbestimmung anzuwenden." „(3) Dieses Protokoll wird von seinen Vertragsstaaten ohne jede geographische Begrenzung angewendet..."

Daraus ergibt sich jedoch noch kein international einklagbares völkerrechtliches subjektives Asylrecht der Einzelnen. Denn die Staaten sind zwar in der Flüchtlingskonvention von 1951 aus dem völkerrechtlichen Grundsatz der Humanität

(1966); „Das Völkergewohnheitsrecht kennt also kein Recht auf Einreise und Aufenthalt". G. Renner, Ausländerrecht in Deutschland, 1998, S. 52; K. Hailbronner, Ausländerrecht, 2. Aufl. 1989, Rn 10; R. Schiedermaier u. M. Wollenschläger, Handbuch des Ausländerrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. 1997, B2 Rn 2; „Anerkannt ist nur das Recht der Staaten, politisch Verfolgten Asyl zu gewähren." G. Renner, s. o., S. 53; F. Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, Bd. I, 2. Aufl. 1975, S. 405; R. Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht, 2. Aufl. 1994, S. 313. s Vgl. N. Robinson, Convention relating to the Status of Refugees - Its History, Contents and Interpretation - A Commentary, 1955, S. 1. 9 Convention relating to the Status of Refugees, UNTS, Vol. 188 (1954), No. 2545, S. 150-221. 10 UNTS, Vol. 606, S. 267. 3*

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grundsätzlich verpflichtet, in ihren Territorien den asylsuchenden Asylberechtigten das Asyl zu gewähren. Dieses Recht wird jedoch erst durch die staatliche Gesetzgebung verwirklicht. Dieses Recht der Einzelnen kommt vor innerstaatlichen Gerichten erst durch die innerstaatliche materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Gesetzgebung einschließlich der Verfassungsgesetzgebung zum Zug. Das Völkerrecht verpflichtet zwar die Staaten, den Einzelnen ein bestimmtes Recht zu gewähren, überlässt jedoch die Art und Weise der Verwirklichung seiner Verpflichtung den verpflichteten Staaten selbst.11 Somit muss man das Augenmerk auf die innerstaatliche Gesetzgebung richten. Vorher muss man sich mit dem Begriff „non-refoulement" auseinandersetzen.

IV. Das Prinzip des „Non-refoulement" Ein Staat ist völkerrechtlich grundsätzlich berechtigt, frei über die Bedingungen für die Einreise der Ausländer zu bestimmen. In dem Moment jedoch, wo ein Ausländer in einen Staat eingereist ist oder, wenn auch vorläufig, gelandet ist, ist er mit verschiedenen Rechten ausgestattet. Eines davon ist der Grundsatz des „Nonrefoulement". „Refoulement" bedeutet das zwangsweise Zurückschicken der rechtmäßig Eingereisten (= Flüchtlinge) oder unrechtmäßig Eingereisten oder derjenigen, denen die Einreise am (Flug-)Hafen durch die Behörde eines betreffenden Staates verweigert wird. 12 D. h. „refoulement" ist die Art und Weise, den Ausländern das Asyl zu verweigern. 13 Artikel 33 Abs. 1 der Flüchtlingskonvention von 1951 bestimmt: „(1) Keiner der vertragschließenden Staaten wird einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die Grenzen in Gebiete ausweisen oder zurückweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde."

Artikel 3 Absatz 1 der Erklärung der Generalversammlung der UNO über das territoriale Asyl von 1967,14 die allerdings keine unmittelbare völkerrechtliche Bindung erzeugt, bestimmt, dass der im Sinne des Artikels 14 der allgemeinen Menschenrechtserklärung von 1948 Asylberechtigte, wenn ihm an einer Staatsgrenze die Einreise verweigert wird oder er schon in einen Staat eingereist ist, auf keine Weise über die Grenzen in Gebiete ausgewiesen oder zwangsweise zurückgewiesen werden darf, in denen sein Leben oder seine Freiheit bedroht sein würde.

n Vgl. A. Verdross , (Fn 6), S. 111 -122. 12 Vgl. u. a. Council of Europe, Consultative Assembly, 17 th Session, Doc. 1986 (Sep. 29, 1965), p. 7. 13 Vgl. u. a. L. Bolesta-Koziebrodzki, Le Droit d'Asyle, 1962, S. 179. 14 Declaration on territorial Asylum, 14. 12. 1967 (Res. 2312.XXII).

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Daraus ergibt sich: Zwar ist kein Staat völkerrechtlich verpflichtet, große Mengen von Asylsuchenden bei sich aufzunehmen. Wenn er sie nicht aufnimmt, ist er jedoch verpflichtet, sie nicht über die Grenzen in die Gebiete auszuweisen oder zwangsweise zurückzuweisen, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht sein würde. Sondern er muss sie einvernehmlich in solche Drittstaaten schicken, in denen das Leben oder die Freiheit der Asylsuchenden nicht bedroht sein würde. 15 Zur Verwirklichung völkerrechtlicher Verpflichtungen eines Staates erwartet das Völkerrecht, dass die innerstaatliche Gesetzgebung handelt.

C. Verfassungsrechtliche Grundlagen Psychologisch vom Muttermal der Politik des eingeschränkten Verkehrs mit dem Ausland aus der Edo-Zeit und vom Wunsch der Aufrechterhaltung der angeblichen Homogenität des japanischen Volkes beeinflusst, verhält sich Japan im Allgemeinen bis zur Gegenwart dem Asylrecht gegenüber stets passiv.16 Im Gegensatz z. B. zu Deutschland, Frankreich und Italien, wo in der Verfassung das Asylgrundrecht vorgeschrieben ist, gibt es in der japanischen Verfassung keine derartige Asylbestimmung. Im Artikel 98 Absatz 2 der japanischen Verfassung steht lediglich: „Die von Japan geschlossenen Verträge und die allgemein anerkannten Bestimmungen des Völkerrechts sind in bona fide zu beachten."

Das bedeutet: Japan muss bei der Handhabung der einfachgesetzlichen Bestimmungen des Asyl- und Ausländerrechts stets auf Völkerrecht zurückgreifen.

D. Einfachgesetzliche Grundlagen Als einfachgesetzliche Grundlage für das Asyl- und Ausländerrecht ist das Ausund Einreisekontroll- und Flüchtlingsanerkennungsgesetz (= A.Ek.Fa.G.) vom 12. Juni 1981 zu betrachten. 17 Im Zusammenhang mit dem Beitritt Japans zur Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und zu den Zusatzprotokollen zum Status der Flüchtlinge von 1967 (gültig vom 1. Januar 1982) hat Japan das Aus- und Einreise15 Vgl. Y. Shimada, Fn 3, S. 325. 16 Z. B. die Gewährung des vorläufigen Asyls Japans an vietnamesische Flüchtlinge (zwischen Mai 1975 und November 2000): 14.332 Personen, vgl. Das Außenministerium Japans (Hrsg.), „Das Flüchtlingsproblem und Japan", 12.2000. 17 Vgl. H. Sakanaka und T. Saito, „Shutsuyukokukanri oyobi Nanmin-Ninteihou Chi-kujikaishaku" (Kommentar zum Aus- und Einreisekontroll- und Flüchtlingsanerkennungsgesetz = A.Ek.Fa.G.), 1994.

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kontrollgesetz weitgehend geändert und das Gesetz ist mit dem Namen „Aus- und Einreisekontroll- und Flüchtlingsanerkennungsgesetz (= A.Ek.Fa.G.)" am 12. Juni 1981 in Kraft getreten.

I. Der Zweck der Aus- und Einreisekontrollverwaltung Artikel 1 des A.Ek.Fa.G. bestimmt: „Das A.Ek.Fa.G. hat den Zweck, gerechte Kontrolle all derjenigen, die nach Japan einreisen und aus Japan ausreisen wollen, zu vollziehen und die Anerkennungsverfahren der Flüchtlinge einzurichten."

Der Zweck der Aus- und Einreisekontrollverwaltung liegt somit darin, dass sie ein Beitrag zur Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit und des internationalen gegenseitigen Verkehrs ist und dient der stabilen Entwicklung der japanischen Gesellschaft, in Ausübung der in der internationalen Rechtsordnung anerkannten souveränen Rechte, die dem Interesse Japans entsprechenden Ausländer einzulassen und die dem Interesse Japans widersprechenden Ausländer nicht einzulassen.18

n . Die Definition Die Flüchtlinge: Artikel 2 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 des A.Ek.Fa.G. bestimmt: „Die Flüchtlinge sind diejenigen, die gemäß den Bestimmungen des Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und des Artikels 1 des Protokolls zur Flüchtlingskonvention zur Anwendung dieser Konvention von 1967 berechtigt sind."

Dies bedeutet: Bei der Feststellung der Flüchtlinge sind die Bestimmungen des Artikels 1 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und des Artikels 1 des Protokolls zur Flüchtlingskonvention von 1967 ausschlaggebend. Hier geht es jedoch in der japanischen Flüchtlingsanerkennungspolitik hauptsächlich um „die Gefahr der Verfolgung" und weniger um Kriegsfolgen, Naturkatastrophen, Armut und Hunger, also um die „Wirtschaftsflüchtlinge" 19.

18 Vgl. H. Sakanaka und T. Saito, Fn 17, S. 11. 19 Vgl. H. Sakanaka und T. Saito, Fn 17, S. 37.

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III. Die Einreisegenehmigung und die Aufenthaltsqualifikation 7. Die Einreiseverweigerungsgründe Die Gründe für die Einreise Verweigerung (Zurückweisung): Nach Art. 5 Abs. 1 und 2 kann bestimmten Ausländern die Einreise nach Japan verweigert werden. Das sind im Einzelnen: Diejenigen, bei denen das Gesetz über die ansteckenden Krankheiten angewendet werden kann. Diejenigen, bei denen das Gesetz über die Geistesgestörten angewendet werden kann. Die Armen, die finanzielle Lasten der Gemeinden werden können. Diejenigen, die wegen Zuwiderhandlung gegen japanische oder ausländische Gesetze länger als ein Jahr Gefängnisstrafe eingebüßt haben. Davon ausgenommen sind die Verurteilten aus politischen Gründen. Diejenigen, die wegen Zuwiderhandlung gegen japanische oder ausländische Gesetze über Drogen und Opium rechtskräftig verurteilt worden sind. Die Prostituierten und diejenigen, die das mit der Prostitution direkt im Zusammenhang stehende Gewerbe ausgeübt haben. Die Besitzer von Waffen und explosiven Stoffen. Diejenigen, denen innerhalb eines Jahres die Einreise verweigert wurde oder die abgeschoben worden sind. Die Mitglieder der Parteien und Verbände, die darauf aus sind, mit Gewalt die japanische Verfassung und Regierung zu stürzen oder die zu diesem Zweck Drucksachen, Filme und andere Dokumente herstellen und verteilen. Die Mitglieder der folgenden Parteien und Verbände: Diejenigen, die darauf aus sind, gegen die öffentlichen Bediensteten Gewalt auszuüben oder sie zu töten. Diejenigen, die darauf aus sind, die öffentlichen Einrichtungen zu zerstören. Diejenigen, deren zukünftige Tätigkeit nach Ansicht des Justizministers den Interessen oder der öffentlichen Sicherheit Japans zuwiderlaufen würde. Auch wenn die oben erwähnten Gründe zur Einreiseverweigerung nicht bestehen, kann der Justizminister denjenigen die Einreise verweigern, deren Staat aus oben erwähnten Gründen die Einreise von Japanern verweigert.

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2. Die Einreisegenehmigung In Bezug auf die Einreisegenehmigung darf ein Ausländer grundsätzlich nur mit dem gültigen Reisepass und Visum nach Japan einreisen (Art. 3 Abs. 1). Der Antrag auf Einreise: Jeder, der die Einreise beabsichtigt, muss, abgesehen vom Fall der Sondergenehmigung, grundsätzlich den Antrag auf Einreise stellen und sich unter ein Kontrollverfahren stellen (Art. 6 Abs. 2). Demjenigen Ausländer, der die Bedingungen für die Einreise erfüllt, wird die Einreise genehmigt (Art. 9 Abs. 3). Das Gesetz unterscheidet zwei Arten von Einreisegenehmigung: die allgemeine Genehmigung und die Sondergenehmigung. Die allgemeine Genehmigung wird vom Einreisekontrollbeamten (Art. 9-11) und die Sondergenehmigung vom Justizminister (Art. 12) erteilt.

3. Die allgemeine Genehmigung Neben der Sondergenehmigung durch den Justizminister (Art. 12), zu der u. a. auch die Genehmigung vorläufigen Asyls gehört, gibt es die allgemeine Genehmigung. Beim Verfahren der allgemeinen Genehmigung, das aus drei Instanzen besteht, geht es zunächst um die „Genehmigungsfähigkeit" für die Einreise, d. h. um die Prüfung, ob der Antragsteller die Bedingungen für die Einreise erfüllt.

a) Die Prüfung durch den Einreisekontrollbeamten Art. 7 bestimmt über den Prüfungsgegenstand durch den Einreisekontrollbeamten wie folgt: 1. Über die Gültigkeit von Reisepass und Visum (Art. 7 Abs. 1 Nr. 1). 2. Über den Besitz der Aufenthaltsqualifikation und die Erfüllung der Einreisekriterien (Art. 7 Abs. 1 Nr. 2). Es geht dabei zunächst um die Glaubwürdigkeit des vom Antragsteller beschriebenen Einreisezwecks und dann um dessen Einflussmöglichkeit auf die japanische Wirtschaft und Gesellschaft. 3. Über die Aufenthaltsdauer (Art. 7 Abs. 1 Nr. 3) (90 Tage für „Kurzaufenthalt"). 4. Dass auf den Antragsteller keines der Kriterien des Art. 5 Abs. 1 (Einreiseverweigerungsgründe) zutrifft (Art. 7 Abs. 1 Nr. 4).

Der Ausländer, dessen Einreiseantrag die Bedingungen für die Einreise nicht erfüllt, wird an den Sonderkontrollbeamten zur weiteren mündlichen Prüfung weiter verwiesen (Art. 9 Abs. 4).

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b) Die Prüfung durch den Sonderkontrollbeamten Stellt der Sonderkontrollbeamte nach der mündlichen Prüfung fest, dass der Einreiseantrag doch die Bedingungen für die Einreise erfüllt, muss er dem betreffenden Ausländer den Stempel zur Einreisegenehmigung ausstellen (Art. 10 Abs. 6). Stellt der Sonderkontrollbeamte fest, dass der Einreiseantrag die Bedingungen für die Einreise nicht erfüllt, soll er dem betreffenden Ausländer die Gründe für diese Feststellung mitteilen und ihn über die Möglichkeit des Widerspruchs beim Justizminister aufklären (Art. 10 Abs. 8).

c) Der Widerspruch (die Prüfung durch den Hauptkontrollbeamten) Der Ausländer, der gemäß Art. 10 Abs. 8 die negative Feststellung erhalten hat, kann innerhalb von drei Tagen beim Hauptkontrollbeamten den Widerspruch gegen den Justizminister einlegen (Art. 11 Abs. 1). Der Hauptkontrollbeamte leitet den Widerspruch mit den relevanten Dokumenten einschließlich des Protokolls der mündlichen Prüfung dem Justizminister weiter (Art. 11 Abs. 2). Hält der Justizminister den Widerspruch für begründet, hat er die Feststellung dem Hauptkontrollbeamten mitzuteilen (Art. 11 Abs. 3). Der Hauptkontrollbeamte muss unverzüglich auf dem Reisepass des Ausländers den Stempel zur Einreisegenehmigung versehen (Art. 11 Abs. 4).

d) Die Zurückweisung Hält der Justizminister den Widerspruch für nicht begründet, teilt er die Feststellung (die Zurückweisung) dem Hauptkontrollbeamten mit (Art. 11 Abs. 3). Der Hauptkontrollbeamte teilt dem Ausländer diese Feststellung mit und verweist dann den Ausländer des Landes (Art. 11 Abs. 6). Auch wenn der Justizminister den Widerspruch für nicht begründet hält, kann er die Einreise ausnahmsweise genehmigen, wenn er es unter besonderen Umständen für erforderlich hält (Art. 12 Abs. 1). Diese Genehmigung gilt wie der für begründet gehaltene Widerspruch (Art. 12 Abs. 2).

4. Die Sondergenehmigung Zur Sondergenehmigung gehört u. a. die Landung zum Zweck des vorläufigen Asyls (Art. 18 Abs. 2).

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a) Die Kriterien für die Sondergenehmigung In Bezug auf das vorläufige Asyl bestimmt Art. 18 Abs. 2 Satz 1 wie folgt: „Der Einreisekontrollbeamte kann auf Grund des Antrags eines im Schiff oder im Flugzeug befindlichen Ausländers in folgenden Fällen zum Zweck des vorläufigen Asyls die Einreise genehmigen: 1) Wenn dem betreffenden Ausländer wegen der in den Bestimmungen des Art. 1 (A) der Genfer Flüchtlingskonvention liegenden und anderer ähnlicher Gründe die Gefahr für sein Leben und seine Freiheit besteht, sodass der betreffende Ausländer aus diesem Gebiete geflüchtet und in Japan gelandet ist, und 2) wenn es angemessen erscheint, den betreffenden Ausländer in Japan einreisen zu lassen."

b) Das Ermessen des Einreisekontrollbeamten Hier wird dem Einreisekontrollbeamten größtmögliche Ermessensfreiheit gewährt, weil der Artikel 18 zur Gewährung des vorläufigen Asyls nicht nur die Gefahr für Leben und Freiheit des Asylsuchenden, sondern auch „Angemessenheit" zur Landung in Japan vorsieht. Hier wird der „Automatismus" wegen der objektiven Kriterien (d. h. die „Gefahr") ausgeschlossen, was als behutsame Vorgehensweise des japanischen Staates zu bewerten ist. Die „Angemessenheit" bedeutet jedoch nicht die „Unbegrenzbarkeit" der Ermessensfreiheit der Kontrollbeamten. Zur „Angemessenheit" im positiven Sinne können z. B. die humanitären Gründe, die internationalen Beiträge und die Erhöhung des internationalen Images Japans u. ä. m. gehören. Zur „Angemessenheit" im negativen Sinne (d. h. „unangemessen") können z. B. die Asylanträge derjenigen, denen in sicheren Drittstaaten Asyl gewährt wurde, der Kriminellen und der großen Massen (der Angehörigen der Japan gegenüber nicht freundlich gesinnten Staaten) u. ä. m. gehören.

c) Die Bedingungen für die Genehmigung Im Fall der Gewährung des vorläufigen Asyls hat der Kontrollbeamte dem betreffenden Ausländer das Genehmigungszertifikat auszustellen (Art. 18 Abs. 2 Satz 2). Dabei hat der Kontrollbeamte gemäß der Justizordnung dem betreffenden Ausländer die Bedingungen wie die Aufenthaltsdauer, die Wohnung und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit und andere nötige Bedingungen aufzuerlegen. Er kann, wenn nötig, die Fingerabdrücke verlangen (Art. 18 Abs. 2 Satz 3). Sie werden grundsätzlich dann verlangt, wenn der Antragsteller keinen Reisepass besitzt.

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Nach Art. 18 Abs. 4 der Justizordnung sind die Bedingungen für das vorläufige Asyl wie folgt bestimmt: 1) Die Aufenthaltsdauer darf sechs Monate nicht überschreiten. (Der Kontrollbeamte ist jedoch berechtigt die Verlängerung zu genehmigen.) 2) Der Kontrollbeamte weist eine angemessene Wohnung zu. 3) Der Kreis der Bewegungsfreiheit ist, wenn nicht anders bestimmt, die Gemeinde, in der sich die Wohnung befindet. 4) Unter den anderen nötigen Bedingungen versteht man z. B. das Verbot der Erwerbstätigkeit.

d) Die Verweigerung der Sondergenehmigung (Zurückweisung) Da die relevanten Vorschriften für die Sondergenehmigung nur „Kann"-Vorschriften sind, kann der betreffende Ausländer gegen die negative Entscheidung keinen Widerspruch im Verwaltungsweg einlegen. Sie gilt als Zurückweisung. Es bleibt nur der gerichtliche Weg.

IV. Die Anerkennung der Flüchtlinge Das Aus- und Einreisekontrollund Flüchtlingsanerkennungsgesetz (= A.Ek.Fa.G.) vom 12. Juni 1981 bestimmt auch über die Anerkennung der Flüchtlinge (Art. 62 Abs. 2), den Widerruf der Anerkennung (Art. 61 Abs. 2 Satz 2), die Erhebung des Widerspruchs (Art. 61 Abs. 2 Satz 4) usw.

1. Die Anerkennung Der Justizminister kann auf Antrag des Ausländers diesen in Japan auf der Grundlage seiner Belegmaterialien als „Flüchtling" anerkennen. Diese „Kann"-Vorschrift bedeutet nicht die Ermessensvorschrift, sondern die Befugnisvorschrift des Justizministers. Dies bedeutet: Wenn der antragstellende Ausländer den Tatbestand eines Flüchtlings erfüllt, hat der Justizminister ihn als Flüchtling anzuerkennen. Ausschlaggebend dabei ist Art. 1 Abs. A Satz 2 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Darin wird diejenige Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will, oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereig-

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nisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren w i l l " , als „Flüchtling" definiert. Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling sind somit der Aufenthalt in Japan, das Vorhandensein von der begründeten Furcht vor Verfolgung und die Unmöglichkeit des Schutzes des eigenen Landes oder die Ablehnung des Schutzes des eigenen Landes seitens des betreffenden Ausländers. Der Antrag ist innerhalb der sechzig Tage seit der Einreise des Antragstellers in Japan zu stellen. I m Notfall kann die vorliegende Frist ausgesetzt werden (Art. 61 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2). Der Justizminister hat, i m Fall der Anerkennung, dem Antragstellenden einen Flüchtlings-Anerkennungsausweis auszustellen und, i m Fall der Nichtanerkennung, ihm dies mit schriftlicher Begründung mitzuteilen (Art. 61 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3).

2. Der Widerruf

der Anerkennung

Der Justizminister kann i n folgenden Fällen die Anerkennung des Flüchtlings widerrufen: 1) Wenn Art. 1 Abs. C Ziff. 1) bis 6) 2 0 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegt. 2) Wenn der Flüchtling nach der Anerkennung die in den Bestimmungen des Art. 1 Abs. F lit. a) od. c) 2 1 vorgesehene Tat begangen hat (Art. 61 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1).

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Art. 1 Abs. C der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 lautet: „Eine Person, auf die die Bestimmungen des Absatzes A zutreffen, fallt nicht mehr unter dieses Abkommen, 1. wenn sie sich freiwillig erneut dem Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, unterstellt; oder 2. wenn sie nach dem Verlust ihrer Staatsangehörigkeit diese freiwillig wiedererlangt hat; oder 3. wenn sie eine neue Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie erworben hat, genießt; oder 4. wenn sie freiwillig in das Land, das sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen hat oder außerhalb dessen sie sich befindet, zurückgekehrt ist und sich dort niedergelassen hat; oder 5. wenn sie nach Wegfall der Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt; 6. wenn es sich um eine Person handelt, die keine Staatsangehörigkeit besitzt, falls sie nach Wegfall der Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, in der Lage ist, in das Land zurückzukehren, in dem sie ihren gewöhnlichen Wohnsitz hat.. 21 Art. 1 Abs. F der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 lautet: „Die Bestimmungen dieses Abkommens finden keine Anwendung auf Personen, auf die aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, a) dass sie ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen haben, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen; ...

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Der Justizminister hat im Fall des Widerrufs dies dem betreffenden Ausländer mit schriftlicher Begründung mitzuteilen (Art. 61 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2).

3. Die Ermittlung Hält der Justizminister die gemäß den Bestimmungen des Art. 61 Abs. 2 Satz 1 eingereichten Materialien für die angemessene Anerkennungsentscheidung des Flüchtlings für nicht genügend, kann er von sich aus den Flüchtlingsermittlungsbeamten beauftragen, die Tatsachen zu ermitteln (Art. 61 Abs. 2 Satz 3).

4. Der Widerspruch Ist der betreffende Ausländer mit den folgenden Verfügungen nicht einverstanden, kann er innerhalb von sieben Tagen nach der Mitteilung schriftlich Widerspruch gegen den Justizminister erheben: 1) Die Verfügung der Nichtanerkennung als Flüchtling. 2) Die Verfügung des Widerrufs der Anerkennung (Art. 61 Abs. 2 Satz 4).

5. Die Sonderregelung für die Gewährung des unbefristeten

Aufenthaltes

Wenn der als Flüchtling anerkannte Ausländer den Antrag auf Gewährung des unbefristeten Aufenthaltes gemäß Art. 22 Abs. 1 stellt, kann der Justizminister ihm trotz des Art. 22 Abs. 2 Satz 2 die Genehmigung des unbefristeten Aufenthaltes doch erteilen (Art. 61 Abs. 2 Satz 5). Hier handelt es sich um „das Vermögen oder die Ausbildung, das oder die es dem betreffenden Ausländer ermöglicht, selbständig den Haushalt zu führen." Solange die Gewährung der Genehmigung des unbefristeten Aufenthaltes dem Interesse Japans entspricht, soll das Vermögen oder die Ausbildung des betreffenden Flüchtlings keine Rolle spielen.

6. Die Sonderregelung für die Entscheidung des Justizministers Wenn der nicht als Flüchtling anerkannte Ausländer den in den Bestimmungen des Art. 49 Abs. 1 vorgesehenen Widerspruch gegen die Entscheidung des Hauptkontrollbeamten erhebt, kann der Justizminister neben den in den Bestimmungen des Art. 50 Abs. 1 vorgesehenen Fällen dem betreffenden Ausländer den Aufenthalt auch in dem Fall zulassen, in dem der Justizminister den Widerspruch für unc) dass sie sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen."

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begründet hält. In diesem Fall werden Art. 50 Abs. 2 und 3 entsprechend angewendet (Art. 61 Abs. 2 Satz 8). Hier wird nämlich der Widerspruch so behandelt, als sei er begründet.

V. Die Abschiebung Die Abschiebung unterscheidet sich von der Zurückweisung. Während Abschiebung den faktisch (nicht unbedingt auch rechtlich) bereits erreichten Aufenthalt beendet, verhindert die Zurückweisung das Gelingen des Einreiseversuchs. Gegenüber Asylbewerbern wird die Zurückweisung als Einreiseverweigerung bezeichnet. 22 Bei dem Vollzug der Zurückweisung und der Abschiebung (des Befehls zum Verlassen Japans) macht jedoch das japanische Gesetz keinen Unterschied der beiden Begriffe (Zurückweisung und Abschiebung), so dass der Verfasser für die beiden einheitlich den Begriff „Abschiebung" benutzen möchte.

7. Die Ausländer, die abgeschoben werden können Gemäß Art. 24 können folgende Ausländer aus Japan abgeschoben werden: 1) Diejenigen, die entgegen Art. 3 (ohne Reisepass und Visum) in Japan eingereist sind. 2) Diejenigen, die entgegen Art. 9 Abs. 5 (Einreisegenehmigung) in Japan gereist sind. 3) Diejenigen, die entgegen Art. 14 bis Art. 18 Abs. 2 (u. a. vorläufige Genehmigung zum Asyl) in Japan eingereist sind. 4) Diejenigen, die gegen Art. 19 Abs. 1 (die Erwerbstätigkeit) verstoßen haben, die sich ohne Verlängerung der Aufenthaltsdauer in Japan aufhalten und die sich gegen Art. 5 Abs. 1 Sätze 6 bis 14 (die Einreiseverweigerung) verhalten haben. 5) Diejenigen, die eine vorläufige Einreiseerlaubnis erhalten haben und im Widerspruch zu den Bestimmungen des Art. 13 Abs. 3 (die Einschränkung der Bewegungsfreiheit) geflüchtet sind. 6) Diejenigen, die u. a. das vorläufige Asyl erhalten haben und sich über die genehmigte Aufenthaltsdauer hinaus in Japan aufhalten.

Um einen faktisch (wenn auch illegal) eingereisten Ausländer abschieben zu können, muss ein Abschiebungsverfahren vorausgehen. Das Kapitel 5 (Art. 27 bis Art. 55) des A.Ek.Fa.G. bestimmt Näheres darüber.

22 Vgl. G. Renner, Fn 7, S. 121.

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2. Das Verfahren

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vor der Abschiebung

a) Die Ermittlung Nach Art. 27 kann die Einreisepolizei zu den Tatsachen der zur Abschiebung verdächtigten Ausländer (Art. 24) ermitteln. Sie kann dabei außer den Verdächtigten selbst auch Zeugen vorladen (Art. 30). Zur Wohnungsdurchsuchung benötigt die Polizei die Erlaubnis des Bezirks- oder Amtsrichters (Art. 31).

b) Die Internierung Nach Art. 39 kann die Polizei beim Vorliegen berechtigter Gründe mit dem vom Hauptkontrollbeamten ausgestellten Internierungsbefehl den betreffenden Verdächtigten internieren (Art. 40). Die Internierungsdauer beträgt dreißig Tage und nötigenfalls weitere dreißig Tage (Art. 41). Innerhalb von 48 Stunden nach der Internierung hat die Polizei den Verdächtigten dem Einreisekontrollbeamten zu übergeben (Art. 44).

c) Die Prüfung, die mündlichen Verhandlungen und der Widerspruch Der Einreisekontrollbeamte hat gemäß Art. 45 Abs. 1 unverzüglich zu prüfen, ob der verdächtigte Ausländer den Tatbestand der Bestimmungen des Art. 24 erfüllt. Stellt der Einreisekontrollbeamte fest, dass das Verhalten des verdächtigten Ausländers den Tatbestand der Bestimmungen des Art. 24 nicht betrifft, hat er den betreffenden Ausländer unverzüglich freizulassen (Art. 47 Abs. 1). Stellt er fest, dass das Verhalten des verdächtigten Ausländers doch den Tatbestand des Art. 24 betrifft, hat er dies unverzüglich schriftlich mit einer Begründung dem Hauptkontrollbeamten und dem betreffenden Ausländer mitzuteilen (Art. 47 Abs. 2). Bei der Mitteilung hat der Einreisekontrollbeamte dem betreffenden Ausländer in Kenntnis zu setzen, dass er gemäß Art. 48 die mündlichen Verhandlungen fordern kann (Art. 47 Abs. 3). Der verdächtigte Ausländer, der die Feststellung gemäß Art. 47 Abs. 2 erhalten hat, kann innerhalb von drei Tagen mündlich vom Sonderkontrollbeamten die mündlichen Verhandlungen fordern (Art. 48 Abs. 1). Für die mündlichen Verhandlungen hat der Einreisekontrollbeamte dem Sonderkontrollbeamten das Protokoll des Art. 45 Abs. 2 und die einschlägigen Dokumente zu übergeben (Art. 48 Abs. 2). Stellt der Sonderkontrollbeamte fest, dass die Feststellung gemäß Art. 47 Abs. 2 nicht den Tatsachen entspricht, hat er den verdächtigten Ausländer unverzüglich freizulassen (Art. 48 Abs. 6). Hält der Sonderkontrollbeamte die Feststellung ge-

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mäß Art. 47 Abs. 2 für richtig, hat er unverzüglich dem Hauptkontrollbeamten und dem verdächtigten Ausländer seine Feststellung mitzuteilen. Er hat dem betreffenden Ausländer auch über die Möglichkeit des Widerspruchs gemäß den Bestimmungen des Art. 49 aufzuklären (Art. 48 Abs. 7). Der verdächtigte Ausländer, der die Feststellung gemäß Art. 48 Abs. 7 erhalten hat, kann innerhalb von drei Tagen dem Hauptkontrollbeamten sein Widerspruchsschreiben gegen den Justizminister überreichen (Art. 49 Abs. 1). Der Hauptkontrollbeamte hat im Widerspruchsfall dem Justizminister das Protokoll der Feststellung des Art. 45 Abs. 2 und das Protokoll der mündlichen Verhandlungen gemäß Art. 48 Abs. 4 mit den entsprechenden Unterlagen zu überreichen (Art. 49 Abs. 2). Der Justizminister hat darüber zu entscheiden, ob der Widerspruch begründet ist oder nicht und dem Hauptkontrollbeamten das Ergebnis mitzuteilen (Art. 49 Abs. 3). Der Hauptkontrollbeamte hat im Fall der Bestätigung des Widerspruchs den verdächtigten Ausländer unverzüglich freizulassen (Art. 49 Abs. 4). Erhält der Hauptkontrollbeamte die Mitteilung des Justizministers, dass der Widerspruch unbegründet ist, hat er den verdächtigten Ausländer unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen. Er hat gemäß den Bestimmungen des Art. 51 das Befehlsschreiben zum Verlassen Japans (das Abschiebungsschreiben) auszustellen (Art. 49 Abs. 5). d) Die Sonderregelung über die Entscheidung des Justizministers Der Justizminister kann gemäß dem Art. 50 Abs. 1, auch wenn er gemäß dem Art. 49 Abs. 3 den Widerspruch für unbegründet hält, im Fall, dass der verdächtigte Ausländer einen der folgenden Tatbestände erfüllt, seinen Aufenthalt erlauben: 1) Er besitzt die Erlaubnis zum unbefristeten Aufenthalt. 2) Er besaß in der Vergangenheit die Staatsangehörigkeit Japans. 3) Der Justizminister hält sonst die Umstände für vorhanden, dass dem betreffenden Ausländer die Erlaubnis für den Aufenthalt gewährt werden soll.

3. Der Vollzug der Abschiebung a) Die Einreisepolizei Der Befehl zum Verlassen Japans (die Abschiebung) wird durch die Einreisepolizei vollzogen (Art. 52 Abs. 1). Die Einreisepolizei hat dem Abzuschiebenden das Abschiebungsschreiben zu zeigen und ihn unverzüglich in das nach den Bestimmungen des Art. 53 vorgesehene Land abzuschieben. Im Fall der Übernahme der Abschiebung durch das in den Bestimmungen des Art. 59 vorgesehene Beförderungsunternehmen hat die Einreisepolizei den Abzuschiebenden dem betreffenden Unternehmen zu übergeben (Art. 52 Abs. 3).

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b) Das Land als Abschiebungsziel Der abzuschiebende Ausländer ist in das Land abzuschieben, dessen Nationalität oder Bürgerrecht er besitzt (Art. 53 Abs. 1). Im Fall der Unmöglichkeit dieser Abschiebung wird er seinem Wunsch entsprechend in eines der folgenden Länder abgeschoben: 1) Das Land, in dem der abzuschiebende Ausländer unmittelbar vor der Einreise nach Japan gewohnt hatte. 2) Das Land, in dem der abzuschiebende Ausländer vor der Einreise nach Japan gewohnt hatte. 3) Das Land, in dessen (Flug-)Hafen der abzuschiebende Ausländer das Beförderungsmittel nach Japan bestiegen hatte. 4) Das Land, in dem der abzuschiebende Ausländer geboren ist. 5) Die anderen Länder (Art. 53 Abs. 2).

Abgesehen vom Fall, in dem der Justizminister der Meinung ist, dass es dem Interesse oder der öffentlichen Ordnung Japans widerspricht, gehören die im Art. 33 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 vorgesehenen Länder nicht zu den im vorliegenden Absatz (Art. 52 Abs. 2) vorgesehen Ländern (Art. 53 Abs. 3). Die Bestimmungen des Art. 53 Abs. 3 entsprechen somit, zwar nicht wortwörtlich, aber doch dem Geist nach, grundsätzlich den Bestimmungen des Art. 33 Abs. 1 und 2 der Genfer Flüchtlingskonvention. Art. 53 Abs. 3 ist als die Transformation des Prinzips von „non-refoulement" zu betrachten. Die Übernahme von Art. 33 Abs. 1 bedeutet, dass Japan die Verpflichtung übernommen hat, grundsätzlich alle Ausländer, nicht nur die als Flüchtlinge anerkannten Ausländer, nicht in die in den Bestimmungen des Art. 33. Abs. 1 vorgesehenen Länder abzuschieben.

E. Schlussbemerkung Zum Schluss können folgende Bemerkungen zugefügt werden: Das Asyl- und Ausländerrecht Japans nach den einfachgesetzlichen Rechtsgrundlagen entspricht zwar den Bestimmungen des völkerrechtlichen Vertragsrechts (vor allem der Genfer Flüchtlingskonvention). Seine Einreisekontrollmaßnahmen sind aber, wie manche Kritiken bemerken, 23 äußerst restriktiv. Im Gegensatz zu Europa, wo infolge der Auflösung des sowjetischen Imperiums das Ende des Kalten Krieges eingetreten ist, kann in Asien vom Ende des Kalten Krieges noch nicht gesprochen werden. Wenn die regionale Gemeinschaft nicht 23

Vgl. u. a. Arco Iris (Hrsg.), „A Governmental Hate Crime, Afghani Asylum Seekers have been persecuted by Japanese Immigration Authorities", 11. 12. 2002. 4 Stern

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stabil ist, können leicht zwischenstaatliche Konflikte und innere Unruhen entstehen, so dass der Nährboden für die Flucht von Menschen latent vorhanden ist. Z. B. wenn in der internationalen Taiwan-Meerenge oder auf der Koreanischen Halbinsel ein Militärkonflikt entsteht, wird Japan nolens volens in der Lage sein müssen, die Flüchtlinge, wenn auch nur vorläufig, aufzunehmen. Japan ist jedoch darauf weder gesetzlich, noch physisch, noch psychologisch, noch finanziell vorbereitet, da hier die nötige Notstandsverfassung und Gesetzgebungen fehlen. Lösungsideen: 1) Erlass einer Notstandsverfassung. 2) Erlass einer Notstandsgesetzgebung. Darin sind sog. Schubladengesetze einzubauen; z. B. Errichtung von ausreichenden Aufnahmelagern für die Flüchtlinge. 3) Größtmögliche Ausnutzung des Ermessensspielraumes des Justizministers zugunsten der Flüchtlinge.

Diskussion Christian Hillgruber Ich habe zwei Fragen an Herrn Randelzhofen wobei ich vorausschicken darf, dass ich mit Ihren Thesen sowohl völkerrechtlich wie verfassungsrechtlich nahezu vollständig übereinstimme. Meine erste Frage betrifft den Begriff der politischen Verfolgung. Ich bin wahrscheinlich nicht der einzige, den es überrascht, um nicht zu sagen befremdet hat zu erfahren, dass der berüchtigte Kalif von Köln Asyl erhalten hat. Und dass nach Verbüßung der Strafhaft zunächst einmal, ehe über eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nachgedacht werden kann, der Widerruf oder die Rücknahme der Asylgewährung erfolgen muss. Meine Frage in diesem Zusammenhang lautet: Wie kann man im Fall des Kalifen von Köln politische Verfolgung bejahen, oder muss man nicht umgekehrt politische Verfolgung zwingend verneinen? Was der Kalif von Köln vorhat, wissen wir alle. Es ist bezogen auf die Türkei die Beseitigung säkularer Staatlichkeit nach dem Muster Atatürks und gleiches plant er, soweit sein Einfluss reicht, offensichtlich auch in Köln und Umgebung oder bezüglich ganz Deutschland. Kann man darin, wenn ihm infolge dieser politischen Bestrebungen, die unstreitig sind, in der Türkei ein Hochverratsprozess droht, Herr Randelzhofer, den Tatbestand politischer Verfolgung erfüllt sehen oder würden Sie im Hinblick darauf, dass wir uns wahrscheinlich in gleicher Weise gegen entsprechende verfassungsfeindliche Bestrebungen zur Wehr setzen würden, diesen Tatbestand verneinen? Wenn Sie den Tatbestand bejahen, würden Sie dann die von Ihnen erwogenen und ansatzweise benannten immanenten Schranken des Asylrechts mobilisieren, um die Gewährung von Asylrecht auszuschließen oder würden Sie schließlich letzten Endes - auch das haben Sie angedeutet - soweit es entsprechende politischen Aktivitäten auf dem deutschen Territorium gegeben hat, die Verwirkung des Grundrechts des Asyl in Erwägung ziehen? Meine zweite Frage betrifft die von Ihnen angesprochenen subjektiven Nachfluchtgründe, bei denen das Bundesverfassungsgericht ja zu Recht in der Anerkennung vorsichtig und zurückhaltend ist. Findet hier nicht lediglich eine Problemverlagerung statt, wenn derjenige, dessen subjektive Nachfluchtgründe nicht anerkannt werden, gleichwohl Abschiebungsschutz nach § 53 Ausländergesetz genießt? Können wir hier eigentlich das verhindern, was ich einmal als politische Erpressung bezeichnen würde? Liegen unsere Hauptprobleme heute eigentlich noch beim Asylrecht oder hat nicht im Grunde eine Verlagerung auf ganz andere Tatbestände stattgefunden? Dem Asylsuchenden ist es ja letztlich gleichgültig, auf welcher Rechtsgrundlage er ein Bleiberecht erhält. Und wenn dieses dauerhafte *

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Bleiberecht ihm durch Abschiebungsschutz vermittelt wird, dann ist ihm das so recht wie die Gewährung von Asyl. Frage also: Ist der Asylkompromiss gewissermaßen erst das Durchschlagen des ersten Gordischen Knotens gewesen, müsste ein zweiter Befreiungsschlag erfolgen, der uns vor der genannten Art politischer Erpressung bewahrt? Vielen Dank. Albrecht Randelzhofer Herr Hillgruber, hinsichtlich Ihrer Frage bezüglich des Kalifen von Köln muß ich zunächst bekennen, daß ich nicht weiß, weshalb er verurteilt wurde und zu welcher Strafe. Ich verstehe Ihre Frage dahingehend, wie sich Staatsschutz und politische Verfolgung zueinander verhalten. Dazu ist zu sagen, daß Maßnahmen des Staatsschutzes grundsätzlich keine politische Verfolgung darstellen, auch wenn die Strafen hart sind, bis hin zur Todesstrafe. Etwas anderes gilt, wenn jemand in diesem Zusammenhang wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung wesentlich härter bestraft wird als üblich. Ob das beim Kalifen von Köln in der Türkei der Fall wäre, weiß ich ebenfalls nicht. Die kritische Frage, wie es möglich war, daß ihm in der Bundesrepublik Deutschland Asyl gewährt wurde, stellt sich, wenn man bedenkt, daß das Bundesverfassungsgericht, wie gezeigt, gesagt hat, daß Asyl derjenige nicht beanspruchen kann, der hier terroristische Aktivitäten entfaltet. Wozu ist er verurteilt worden? Christian Hillgruber Das kann ich kurz nachtragen. Er ist wegen Anstiftung zum Mord verurteilt worden. Albrecht Randelzhofer In welcher Höhe? Christian Hillgruber Das kann ich Ihnen nicht sagen. Albrecht Randelzhofer Ich habe den § 51 Abs. 3 Ausländergesetz zitiert, wonach bei einer Verurteilung wegen eines Verbrechens zu drei oder mehr Jahren trotz Asylberechtigung der Abschiebeschutz nicht mehr greift. Wenn er also zu mehr als drei Jahren verurteilt ist, kann man ihn abschieben. Dann würde ich es für einen sinnlosen Umweg halten, der natürlich sehr viel länger dauert, sein Asylrecht auf dem Wege des Artikel 18 GG vom Bundesverfassungsgericht für verwirkt erklären zu lassen. Allerdings habe ich zu § 51 Abs. 3 Ausländergesetz auch gesagt, daß die Rechtsprechung daran festhält, daß der Abschiebeschutz nur dann entfällt, wenn eine konkrete Wieder-

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holungsgefahr festgestellt wird. Zu Ihrer zweiten Frage: Allein mit dem Asylrecht lösen wir die Probleme des großen Zustroms und des Verbleibens trotz fehlenden Asyls nicht mehr, da durch Ausweisungs- und Abschiebungshindernisse eine zweite Barriere dagegen aufgebaut ist, daß der Staat sich von solchen Leuten wieder trennen kann. Man wird sich auch auf diesem Felde überlegen müssen, was man rechtens tun kann, und was innerhalb des verfassungsrechtlich Möglichen das politisch Gebotene ist. Claus Dieter Classen Ich habe ebenfalls eine Frage zum völkerrechtlichen Hintergrund der Diskussion. Ich stimme dem, was Sie, Herr Randelzhofer gesagt haben, uneingeschränkt zu, habe aber Zweifel, ob man nicht noch den einen oder anderen Punkt ergänzen muss. Im Völkerrecht geregelt ist das non-refoulement-Verbot. Im Tatbestand nicht in den Rechtsfolgen - stimmt dieses mit dem Asylrecht, wie wir es vom Verfassungsrecht her kennen, im wesentlichen überein. Nun liegen die Probleme, die wir haben, nicht bei der Frage, was wir mit den anerkannten Asylberechtigten machen, sondern, wie wir feststellen, ob überhaupt jemand verfolgt ist oder nicht. Wenn dies so ist, dann wird deutlich, dass eben doch hinter dem Verfassungsrecht auch völkerrechtliche Bindungen stehen. Würde man im Wege einer Verfassungsreform das Asylrecht beseitigen, würden immer noch die völkerrechtlichen Bindungen bestehen bleiben. Der einzige Punkt, bei dem man vom Völkerrecht her deutlicher freier ist, betrifft die Frage der Sicherheit in anderen Staaten. Wenn jemand woanders sicher untergebracht werden kann, ist eine Abschiebung dorthin im Lichte von Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention kein Problem. Nur besteht diese Möglichkeit aus praktischen Gründen relativ selten, also die Möglichkeit, jemand in einen dritten Staat zu verbringen, wenn er nicht von dort hergekommen ist. Von daher stellt sich eben doch die Frage - Herr Hillgruber hat es ja schon angesprochen, ich formuliere es nur anders, - ob nicht im Völkerrecht die Verpflichtung besteht, in vielen Fällen die Frage der Verfolgung in einem rechtsstaatlich einwandfreien Verfahren zu prüfen. Stellt man sich die Frage nach der innerstaatlichen Umsetzung dieser Pflicht im deutschen Recht, so kann man kaum bestreiten, dass es hier um Individualgarantien geht, so dass verfassungsrechtlich Artikel 19 Abs. 4 GG einschlägig ist. Insofern habe ich die Frage an Sie, Herr Randelzhofer, weil Sie das Problem der Schranken des Asylrechts aufgeworfen haben und dabei insbesondere die Erschöpfung von Ressourcen angesprochen haben, ob es nicht eher um Schranken des Art. 19 Abs. 4 GG geht. Es geht ja nicht darum, dass die vorhandenen Asylberechtigten irgendwelche Ressourcen erschöpfen, sondern das Problem liegt darin, wie wir verfahren sollen. Letzter Punkt, noch einmal zum Völkerrecht, und zwar zum Stichwort „legitimer Staatsschutz", der soeben angesprochen wurde. Ich bin insofern etwas von den Ausführungen von Ihnen, Herrn Randelzhofer, überrascht, weil die Verfolgung etwa eines Separatisten sicher nicht bedeutet, dass ihm der Schutz aus Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention verlorengeht. Die Legitimität staatsschützender

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Maßnahmen ist jedenfalls im Bereich des Völkerrechts eine Kategorie, die man bewusst abgekoppelt hat vom Flüchtlingsstatus; ob ein Staat einen Flüchtling zu Recht oder zu Unrecht verfolgt, ist gleichgültig. Markus Heintzen Ich habe eine Frage an Herrn Kobayashi - eine Frage, die vielleicht etwas vorgreift auf den Vortrag von Herrn Koyama, den wir noch hören werden, zum Rechtsschutz. Ich komme auf diese Frage, weil mir beim Vergleich Ihres Referates mit dem von Herrn Randelzhofer aufgefallen ist, dass Herr Randelzhofer, bezogen auf die deutsche Rechtslage, völlig zu Recht ausführlich und umfangreich über den Rechtsschutz gesprochen hat, auch hingewiesen hat auf die Frage des vorläufigen Rechtsschutzes, die nun mit Artikel 16 a Abs. 2 sogar im Grundgesetz eine Regelung gefunden hat. Man kann sich dabei - nebenbei gesagt - fragen, ob der vorläufige Rechtsschutz im Verwaltungsprozess unbedingt in den Grundrechtsteil eines Grundgesetzes hinein gehört. Die Frage lautet ganz einfach: Warum ist das in Ihrem Referat, so jedenfalls mein Eindruck, nicht in dem Umfang vorgekommen? Liegt das vielleicht daran, dass in Japan ein Rechtsschutz, jedenfalls ein vorläufiger Rechtsschutz, der mit dem Mittel des Suspensiveffektives die Probleme, von denen Herr Randelzhofer gesprochen hat, produziert, dass ein solcher Rechtsschutz nicht existiert oder jedenfalls nicht als ein solches Problem empfunden wird? Detlef Merten Ich möchte nur eine kurze Anmerkung zu der These machen, Deutschland sei Einwanderungsland. Diese These wird uns von der öffentlichen Meinung und der politischen Korrektheit seit Jahren eingehämmert, und man muss sich fragen, ob diese These nun faktisch oder normativ gemeint ist. Faktisch kann sie wohl nicht zutreffen, denn man wird nicht dadurch zum Einwanderungsland, dass Einwanderung stattfindet, wie etwa Großbritannien nicht dadurch zum Euroland wird, dass einige Geschäfte in London den Euro akzeptieren. Gemeint ist wohl vielmehr, dass „Einwanderungsland" normativ zu verstehen sei. Diese These widerspricht der Verfassung, was auch Herr Kollege Randelzhofer in seinem schönen Referat vorgetragen hat. Denn die Einwanderung ist nach Artikel 11 des Grundgesetzes auf Deutsche beschränkt, mit der etwas schwierigen Konstruktion, dass die Freizügigkeit der Deutschen im Bundesgebiet auch das Recht umfasst, in das Bundesgebiet einzureisen und einzuwandern. Für Ausländer, wenn wir einmal die EU-Ausländer beiseite lassen, gilt das nicht, und gilt es auch nicht nach Artikel 2 Abs. 1 GG, weil die allgemeine Handlungsfreiheit territorial auf die Bundesrepublik Deutschland reduziert ist. Das Grundgesetz wollte keinen Grundrechtsimperialismus errichten mit der Folge, dass auch die Chinesen Grundrechtsträger sind und jeden Tag deutsche Grundrechte ausüben können. Vielmehr kann nur der Ausländer, der bestimmte Beziehungen zur Bundesrepublik hat, unter Berufung auf Artikel 2 Abs. 1 GG einreisen. Herr Randelzhofer hat dargelegt, wie weit die Grenzen des politischen Asylrechts gehen. Im Umkehrschluss ist daraus zu schließen, dass von Verfassungs

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wegen eine Einwanderung, eine Möglichkeit in Deutschland Aufenthalt zu nehmen, nur politisch verfolgten Ausländern gewährt wird. Dies setzt überdies voraus, dass diese Ausländer zuvor im Bundesgebiet sein müssen, also nicht unter Berufung auf Artikel 16 a GG in das Bundesgebiet einreisen dürfen. Als Sozialrechtler möchte ich noch eine Anmerkung zu dem Argument machen, das auch Sie, Herr Vorsitzender, zitiert haben: Wir brauchen die Einwanderung zur Finanzierung unserer Sozialsysteme. Meine Damen und Herren, dieses Argument ist gleichsam ein Aufruf zur Wechselreiterei. Denn wenn Ausländer dann einwandern, erbringen sie nicht nur Beiträge zur Sozialversicherung, sondern erwerben in gleicher Weise Anwartschaften. Und die Sozialversicherungsrente, die heute gezahlt wird, wird schon längst nicht mehr allein aus den laufenden Beiträgen gezahlt, sondern sie benötigt einen immer höher werdenden Bundeszuschuss. Darüber hinaus werden Ausländer auch sonstige Sozialleistungen beanspruchen, etwa Kindergeld. Das heißt: Aus der Einwanderung kann sich eine Lawine, ein Schneeballsystem ergeben, das vielleicht die Probleme im Jahre 2002 lösen kann, dafür aber in den folgenden Jahren immer größere Probleme hervorrufen würde. Stelio Mangiameli Ich wollte auf das Referat von Herrn Prof. Randelzhofer eingehen. Er hatte von dem Anspruch des Individuums auf Asyl gesprochen und auch über verfassungsimmanente Sicherheitsprobleme. Wie kann daraus eine Beschränkung für diese Ansprüche folgen? - Und zu Verfassungsgesichtspunkten: Ich sehe, das ist das Problem, dass diese gegensätzliche Formulierung ein bisschen unklar und problematisch ist. Wenn wir einen Anspruch des Individuums als subjektives Recht anerkennen, dann ist Verfassungssicherheit keine gute Begründung für eine Beschränkung. Statt aber das Sicherheitsproblem der Asylanten als Grenze für die Ansprüche zu nehmen, können wir das in einer anderen Art und Weise formulieren? Das bedeutet erstens: Der Anspruch auf das Asyl ist noch unterschiedlich im Staatsrecht und im Völkerrecht formuliert. Und besonders im Völkerrecht gibt es eine Erweiterung dieses Begriffs, die nicht nur einzelne Menschen, sondern immer größere Teile der Bevölkerung betrifft. Zwar ist diese Erweiterung noch nicht genau von der Verfassung anerkannt, aber die völkerrechtlichen Verträge sind normalerweise Innenrecht und als Innenrecht gelten sie für die Verwaltung und für die gesamte öffentliche Organisation des Staates. Das Problem von diesem Asyl ist nicht nur eine Frage der Freiheit der Ausländer, sondern auch eine Leistungsfrage des Staates. Diese Leistung kostet finanziell gesehen viel und belastet den Haushalt mehr als unsere Gesellschaften ertragen wollen. Man könnte theoretisch die soziale Leistung begrenzen, aber das wäre keine gute Lösung, weil wir das nicht mit unserem Gewissen vereinbaren könnten und

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auch weil andere Sicherheitsprobleme und materielle Probleme daraus erwachsen würden. Vor der Erweiterung des Begriffes dieses individuellen Rechts konnte der Staat die Situation des Asyls kontrollieren, obwohl es immer verschiedene Probleme gab. Das Problem ist jetzt z. B. der Tatbestand von Asylverfahren - vor allem in quantitativer Hinsicht. Ich denke besonders an ein Land wie Italien, das 1.800 km Grenze direkt am Meer hat. Das bringt in dieser Zeit selbstverständlich viele Probleme mit sich. Man schafft es nicht, diese Probleme alleine auf Staatsebene zu lösen, sondern sie müssen direkt auf europäischer Ebene angegangen werden. Also kann eine Kontrolle über diese Situation im Moment nicht nur eine Reduzierung der Möglichkeiten für die Asylbewerber sein, sondern die Staaten der EU sollen diese Erweiterung des Asyls durch eine Zusammenarbeit kontrollieren, mit dem Ziel, sowohl die Sicherheitsansprüche unserer Gesellschaft als auch die Grundrechte der Asylbewerber zu gewährleisten. Heinz Peter Rill Ihrer These vom vollen Boot, Herr Randelzhofer, eignet ein Provokationspotential. Sie kann mit lebhafter Zustimmung wie mit entrüsteter Ablehnung rechnen. Ich finde sie bei nüchterner juristischer Betrachtung nicht so dramatisch. Herr Classen hat schon gesagt, dass ja das Problem nicht die sind, die das Asyl bekommen, sondern jene, die das Asyl nicht bekommen, aber nicht abgeschoben werden können. Diese kann man ja wohl nicht in Ihrem Boot mitzählen. Wenn das im Grundrecht auf Asyl enthalten ist, dann kann das Boot doch nur mit Asylanten voll sein. Oder meinen Sie, dass auch jene das Boot belasten, die eben zwar nicht asylberechtigt sind, aber auch nicht abgeschoben werden können. Selbstverständlich gewinnt Ihre These, wenn auch diese Gruppe hineinfällt, an aktuellem praktischen Gewicht. Der zweite Grund, weshalb Ihre These nicht gar so großes praktisches Gewicht hat, ist der, dass man ja erst einmal eine einfachgesetzliche Grundlage schaffen müsste, um wegen Überlastung des Bootes Asyl verweigern zu dürfen. Das volle Boot könnte den Asylwerbern doch nicht unmittelbar auf Grund Art. 16 a GG entgegengehalten werden. Wenn das so wäre, würde ich mich sehr wundern. Wenn es nicht so wäre, hat man das riesige Problem, wie man den Tatbestand des vollen Bootes überhaupt im einfachen Gesetz hinreichend determiniert festlegt. Das ist ja gar nicht so leicht zu formulieren. Nicht zuletzt auch wegen dieser Schwierigkeit hielte ich eine unmittelbare Anwendung des Grundrechts nicht für zulässig. Walter Haller Herr Kobayashi, Sie haben über die Abschiebung gesprochen und gesagt, die Gründe seien im Gesetz von 1981 geregelt. Sie haben allerdings hinzugefügt, der

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Justizminister könne Ausnahmen machen. Ich wollte Sie fragen, ob hier das Recht auf Familienleben, wie es z. B. die Europäische Menschenrechtskonvention in Art. 8 verankert, eine Rolle spielt und ausländerrechtlichen Zwangsmassnahmen entgegenstehen kann. Gestatten Sie dem Schwiegervater einer Japanerin, Ihnen diese Frage zu stellen. Hermann-Josef Blanke Herr Kobayashi , ich möchte zu dem Thema Zuwanderung aus japanischer Sicht von Ihnen einige Informationen erbitten. Aus deutscher Perspektive sind ja von Herrn Merten zwei problematische Punkte aufgezeigt worden, und zwar unter den Stichworten Zuwanderungsland und Einwanderung in die Sozialsysteme. Letztgenanntes Phänomen bestimmt ja auch den Tampere-Prozess, auf den sicherlich Herr Streinz noch eingehen wird, weil es erheblichen Einfluss auf die politische Debatte in Deutschland hat. Was Japan betrifft, so entnehme ich Ihrer Darstellung, dass - obwohl in der Gesetzesbezeichnung der Begriff der Zuwanderung nicht ausdrücklich erscheint - es doch zumindest implizit Elemente einer Zuwanderung enthält. Sie haben davon gesprochen - wenn ich Sie richtig verstanden habe - dass Armut ein Grund ist, um eine Einreiseverweigerung auszusprechen. Sie haben später ausgeführt, dass Vermögen und Bildung Gründe sein können, jemanden einreisen zu lassen. Sie haben auch eine Bemerkung gemacht, wonach dann, wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, dies noch nicht unbedingt eine Einreise ausfließen muß. Daraus entnehme ich, dass es dann Gründe für Japan gibt, bestimmte Personen aufzunehmen. Darin mündet also meine Frage: Sind in Japan Elemente einer gesteuerten Zuwanderung erkennbar? Ist es Anliegen des von Ihnen wiedergegebenen Gesetzes gewesen, dieses hiermit zu regeln, oder gibt es sogar Bestrebungen, in einem eigenständigen Gesetz, das Herr Stern heute morgen für Deutschland unter der Kurzbezeichnung „Zuwanderungsgesetz" eingeführt hat, diese Materie zu reglementieren? Vielen Dank. Albrecht Randelzhofer Herr Classen , Ihre Frage ging dahin, ob das Ganze nicht eher ein Problem der Beschränkung der Rechtsweggarantie als der Beschränkung des Asylrechts sei. Da weise ich auf den Art. 16 a Abs. 4 GG hin, der sich genau dieses Problems auch annimmt. Danach wird die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen in den Fällen des Abs. 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen bestehen. Der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das zeigt, daß Ihre Diagnose, wo das eigentliche Problem liegt, richtig ist, d. h., daß sie auch vom Verfassungsgesetzgeber so gesehen wurde. Er hat in Art. 16 a Abs. 4 GG darauf reagiert. Wenn Sie sagen, Sie könnten mir nicht folgen bei meiner Aussage, legitimer Staatsschutz habe mit Asylrecht nichts zu tun, dann habe ich mich vielleicht mißverständlich ausgedrückt. Ich meine aber, daß ich es so

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nicht gesagt habe. Ich habe vorsichtiger formuliert, nämlich dahingehend, daß legitimer Staatsschutz nicht per se politische Verfolgung ist, es aber u.U. sein kann. Zu Ihrem letzten Punkt: Ich teile die Auffassung nicht, dass non-refoulement und Asylrecht so sehr in eins zu setzen seien, daß gar kein Unterschied bestehe. Ich habe darauf hingewiesen, daß zum Asylrecht eben auch das Recht auf persönliche und berufliche Entfaltung gehört. Claus Dieter Classen Direkt dazu: Die Entfaltung eines Asylberechtigten ist eine Frage der Rechtsfolge des Asyls, nicht aber der Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit es gewährt wird. Und meine Aussage war... Albrecht Randelzhofer Voraussetzung ist die politische Verfolgung. Claus Dieter Classen Eben, politische Verfolgung ist aber auch die Voraussetzung dafür, dass das Refoulement-Verbot zum Tragen kommt. Und insoweit gibt es dann doch im Prinzip eine Parallele. Politische Verfolgung muss ich sowohl prüfen bei der Frage, ob ich Asyl gewähre oder nicht, und als auch bei der Frage, ob ich jemand zurückschicken kann in sein Heimatland oder nicht. Das besteht in der zentralen Frage ein enges Näheverhältnis. Albrecht Randelzhofer Eine große Nähe, aber nicht das gleiche. Ich habe nicht bestritten, daß das nonrefoulement ein wesentlicher Aspekt auch des Asylrechts ist. Ich habe nur die Deckungsgleichheit verneint. Herr Mangiameli, hoffentlich habe ich Sie richtig verstanden. Ich habe Sie dahingehend verstanden, daß Sie rechtspolitische Bedenken geltend machen, einen Individualanspruch auf Asyl zu gewähren. Sie haben nicht bestreiten wollen, daß nach deutschem Verfassungsrecht ein solcher Individualanspruch besteht. Sie haben darauf hingewiesen, daß bei einem Individualanspruch dies nicht nur ein Freiheitsrecht wäre, sondern auch ein Grundrecht auf Leistung im status positivus. Und das sei ja alles teuer. Ja so ist es bei uns. Es wird zwar in einem Teil der rechtswissenschaftlichen Literatur bestritten, daß unser Asylrecht auch ein Grundrecht im status positivus ist. Das wird aber nur gemacht, weil diese Autoren meinen, damit könnten Sie die Argumentation mit den immanenten Schranken abwehren. Aber unser Asylrecht enthält auch ein Recht auf persönliche und berufliche Entfaltung. Wir erfüllen den Asylrechtsanspruch nicht voll, wenn wir die Menschen nur ins Land lassen und dann sagen, kümmert euch um euch selbst. Wir

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müssen ihnen die entsprechenden Hilfen geben, daß sie sich persönlich und beruflich entfalten können. Insofern ist das Asylrecht auch im wahrsten Sinne des Wortes ein teures Grundrecht, und es ist unbezweifelbar ein Grundrecht im status positivus. Das ist geltendes deutsches Recht. Jetzt leite ich über zu Herrn Rill Herr Rill, Sie fragten mich, ob das Boot auch voll wegen der Bewerber sei. In meiner Argumentation habe ich nicht auf die Bewerber abgestellt. Es geht mir nur um die - jetzt sage ich es sehr pointiert - theoretische Frage, im Moment vielleicht noch theoretische, ob das Grundrecht auf Asyl überhaupt diese Schranke der Erschöpfung der Ressourcen kennt. Und ich sage ja. Es gibt gegenwärtig Millionen von echten Asylberechtigten. Wenn die alle an unsere Tür klopfen, müßten wir sie alle reinlassen und müßten allen das Recht auf persönliche und berufliche Entfaltung geben, wenn es diese Schranke nicht gäbe. Das überfordert uns. Ich habe aber betont, daß ich auf das Problem dieser Schranke nicht eingegangen bin, weil ich meine, daß sie gegenwärtig erfüllt ist und ich damit jeden weiteren Zuzug zurückweisen will. Ich teile ganz Ihre Auffassung, die Wenigen, die wirklich asylberechtigt sind, und die gegenwärtig bei uns an die Türe geklopft haben, die haben das Boot nicht vollgemacht. Aber man muß doch auch den Extremfall bedenken. Mir geht es nur darum, daß wir uns Klarheit darüber verschaffen, wie die Struktur unseres Asylrechts ist. Nicht Ihrer Meinung bin ich, wenn Sie sagen, wenn wir eine solche immanente Schranke hätten, dann müßte die auf der Ebene des einfachen Gesetzes zunächst umgesetzt werden. Es geschieht gelegentlich, daß verfassungsimmanente Schranken auf der Ebene des einfachen Gesetzes umgesetzt werden z. B., im Versammlungsgesetz, wenn drinsteht, daß die Versammlung in geschlossenen Räumen aufgelöst werden darf, wenn sie einen gewalttätigen Verlauf nimmt. Dann ist dies kein Gesetzesvorbehalt, der konstitutiv in das Grundrecht eingreift, sondern nur die deklaratorische Nachzeichnung der immanenten Schranke. Die immanente Schranke ergibt sich aus der Verfassung selbst. Es bedarf, damit sie überhaupt existiert, nicht ihrer einfachgesetzlichen Umsetzung. Heinz Peter Rill Nach der österreichischen Verfassungsdogmatik könnten solche Schranken immer nur Gesetzesvorbehalte sein und müssten durch einfaches Gesetz eben ausgestaltet werden. Albrecht Randelzhofer Herr Rill, dann muß ich mit großem Bedauern und möglicherweise zum Nachteil unserer Rechtskultur einen Unterschied zwischen Österreich und Deutschland konstatieren. Stelio Mangiameli Darf ich ganz kurz fragen: Gelten diese immanenten Schranken für alle Grundrechte, auch für die Deutschen, oder nur für die Asylanten?

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Albrecht Randelzhofer Sie gelten für alle sogenannten vorbehaltslosen Grundrechte, wie z. B. noch das Grundrecht aus Artikel 8 Abs. 1 GG - Versammlung in geschlossenen Räumen - , das Grundrecht aus Artikel 5 Abs. 3 GG - Wissenschaftsfreiheit. Die meisten unserer Grundrechte unterliegen ja einem Gesetzes vorbehält. Das heißt, der einfache Gesetzgeber kann in dieses Grundrecht eingreifen. Die Grundrechte, die keinem Gesetzesvorbehalt unterliegen, haben aber verfassungsimmanente Schranken, das heißt, Schranken, die sich aus der Verfassung selbst ergeben, ohne daß sie der einfache Gesetzgeber erst formulieren muß. Hiroaki Kobayashi Zur ersten Frage, ob es in Japan persönlichen Rechtsschutz gebe oder nicht. Diese Frage ist so zu beantworten: 1. Unser Flüchtlings-Anerkennungsgesetz hat weitgehend die Genfer Flüchtlingskonvention übernommen in Bezug auf die Definition, den Status und in Bezug auf die Abschiebung etc. Und da muss man noch zusätzlich sagen, dass auch eine gerichtliche Verhandlung kommen kann. Ich werde nicht vorgreifen, weil unsere Kollegin und unsere Kollegen auch darüber berichten wollen. Ich werde nur sagen, dass durch diese gerichtlichen Verhandlungen doch die Möglichkeit für Rechtsschutz besteht, obwohl - wie ich vorhin schon gesagt habe - Asylrecht kein verfassungsrechtlich garantiertes Grundrecht ist. Sie haben auch in Deutschland keine verfassungsrechtlich garantierten Sozialgrundrechte, aber weitgehend sind in der Bundesrepublik soziale Rechte verwirklicht. Rechtsschutz ist mindestens theoretisch vorhanden. Das ist die erste Antwort. Und zweitens zu der Frage von Kollege Haller: Familienzusammenführung, das wird im Gesetz nicht ausdrücklich festgelegt. Aber mit dem großen Begriff der „humanitären Gründe" wird dies praktisch gehandhabt. Aber ob der Schwiegervater aufgenommen wird, das wird wahrscheinlich mehr oder weniger von der Qualifikation des Schwiegervaters abhängen. Drittens in Bezug auf die Zuwanderung: Ich werde keine Anekdote, aber gewissermaßen eine Tatsache dazu berichten. Auf dem Lande - nicht in der Stadt - haben die Männer zwischen 30 und 50, ich sage ausdrücklich bis 50, keine Braut bekommen können. Das ist bei uns in Japan ein ganz großes Problem, ein höchstes Politikum. Zur Zeit ist es für Philippinerinnen sehr leicht möglich, zugelassen zu werden und zu heiraten. Es wird sehr leicht die Staatsangehörigkeit gewährt, um viele Kinder zu zeugen. Und sie sind an und für sich sehr produktiv. Deshalb ist dies bei uns sehr willkommen, besonders auf dem Lande. Ich bin dafür, dass dort eine größtmögliche Organisation vorhanden ist, und der Staat tut sehr viel für die Philippinerinnen und ist sehr wohlwollend, mit Erfolg. Das ist aber nicht genügend. Aber in dieser vorgenannten Hinsicht sind weitgehende Möglichkeiten da. Ich möchte aber nicht diesen Verwaltungsmaßnahmen oder dieser gerichtlichen Maßnahme vorgreifen. Deshalb dürfen Sie noch bis morgen warten.

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Bertold Sommer Ich möchte ein paar Bemerkungen dazu machen, was Herr Hillgruber vorgetragen hat in Form von Fragen an Herrn Randelzhofer. Als erstes zu dem Fall des „Kalifen von Köln": Ich gehe mal davon aus, dass Herrn Kaplan irgendwann unanfechtbar Asyl gewährt worden ist und dass das zu dieser Zeit auch materiellrechtlich in Ordnung war. Ich meine, man muss jetzt, nachdem er sich in dieser Weise betätigt hat, nicht so hoch gehen, dass man nach der Verwirkung des Asylrechts fragt und sogar ein Verfahren nach Artikel 18 GG beim Bundesverfassungsgericht anstrebt. Sondern ich meine, das Asylgrundrecht steht unter anderem unter dem immanenten Vorbehalt - ich greife das auf, was Herr Randelzhofer dazu vorgetragen hat - dass es nicht missbraucht werden darf zur Fortsetzung oder auch Aufnahme von terroristischer Betätigung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Das hat mit der Ressourcenerschöpfung noch gar nichts zu tun. Das ist Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, aber auch des Bundesverfassungsgerichts in Band 81: Es besteht insofern eine „Opfergrenze" des deutschen Staates, als er es nicht zulassen muss, dass von seinem Boden aus politische Kämpfe mit Mitteln des Terrorismus durchgeführt werden. Wenn ich den Fall Kaplan richtig einordne, dann ist das so ein Fall. Und wenn das so richtig ist, dann greift meines Erachtens die Widerrufsmöglichkeit des § 73 Asylverfahrensgesetz ein, weil nämlich inzwischen eine Entwicklung eingetreten ist, nach der die Voraussetzungen für die Asylgewährung nicht mehr vorliegen. Nur ist damit das Problem des Falles Kaplan noch nicht gelöst. Wir haben die absoluten Abschiebungshindernisse im § 53 AuslG, bei dem § 51 Abs. 3 AuslG nicht gilt; wenn also im Fall Kaplan die Gefahr von Folter, Todesstrafe oder unmenschlicher Behandlung im Strafvollzug in der Türkei besteht, dann steht er unter Abschiebungsschutz. Das ist das erste. Das zweite, was Sie gesagt haben, betrifft die subjektiven Nachfluchtgründe und die Möglichkeit, dass Deutschland erpresst wird. Also zunächst einmal ist das Problem der subjektiven Nachfluchtgründe nicht eines des § 53 AuslG, sondern des § 5 1 AuslG, des so genannten kleinen Asyls. Natürlich besteht die Möglichkeit durch Schaffen von Nachfluchtgründen, also etwa durch lautstarke exilpolitische Betätigung, eine Situation herbeizuführen, die dann die Verfolgung im Heimatstaat auslöst. Ich erinnere an den berühmt gewordenen Fall der hungerstreikenden Sudanesen auf dem Frankfurter Flughafen, die durch den Hungerstreik auf die Verhältnisse im Sudan aufmerksam gemacht haben. Natürlich muss man sehen, dass das eine Möglichkeit ist, ein Bleiberecht zu erzwingen. Nur ich meine, es hängt letztlich davon ab, wie der Heimatstaat derjenigen, die sich so betätigen, darauf reagiert. Ob dieser Heimatstaat das als den Versuch erkennt, ein Bleiberecht in Deutschland zu erzwingen, hinter dem gar nicht die ernsthafte politische Gegnerschaft zu dem Heimatstaat steht. Wenn aber der Heimatstaat diese Provokation ernst nimmt und nach allen Erkenntnissen darauf mit politischer Verfolgung im Falle der Rückkehr antwortet, dann ist dies nach meiner Auffassung bis zur Grenze des § 51 Abs. 3 ein Fall des „kleinen Asyls" nach § 51 des Ausländergesetzes.

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Dritter Punkt: Sie haben, wenn ich das richtig verstanden habe, korrigieren Sie mich, wenn ich das falsch verstanden habe, gesagt, es komme ja gar nicht so genau darauf an, ob jemand als Asylberechtigter anerkannt ist oder ob er Abschiebungsschutz findet. Ich meine, es kommt sehr wohl darauf an, nämlich für die Frage, welchen Status er hat, wenn er hier ist. Der anerkannte Asylberechtigte bekommt eine Aufenthaltserlaubnis, mit der Möglichkeit, sich beruflich zu betätigen und in freier Entfaltung sich selbst eine Lebensgrundlage in Deutschland zu schaffen. Das kleine Asyl gewährt nur eine Aufenthaltsbefugnis, grundsätzlich befristet, und der Abschiebungsschutz nach § 53 AuslG, mit dem ja sehr viele Quasiflüchtlinge hier leben, wird befristet in Form von Duldungen gewährt. Für die Betroffenen ist es ein großer Unterschied, welchen Status sie bekommen. Gestatten Sie mir zum Schluss noch eine kleine Anmerkung zu dem, was Herr Merten zur Frage „Deutschland ein Einwanderungsland" gesagt hat. Ich stimme ihm völlig zu: Normativ haben wir jedenfalls zurzeit in Deutschland keine Situation, wo man sagen kann, Deutschland ist ein Einwanderungsland. Es fehlt an der dafür vorhandenen Gesetzgebung und an Behörden, die gezielt und gesteuert Einwanderung regeln. Nur falls Sie sagen wollten, die normativ verstandene Aussage, Deutschland sei ein Einwanderungsland, verstoße gegen die Verfassung, dann kann ich mich dem nicht anschließen; vielmehr ist das eine Entscheidung, die das Grundgesetz dem einfachen Gesetzgeber überlässt, ob er gesteuerte Einwanderung zulassen will oder nicht. Danke. Adele Anzon Ich habe zur deutschen Rechtslage eine Frage. In Deutschland wird den politisch Verfolgten Asylrecht zuerkannt. Die Frage ist folgende: Genießen die Einwanderer, die im echten Sinn nicht politisch verfolgt sind und die in großem Maße nach Deutschland einreisen, auch einen besonderen verfassungsrechtlichen oder einfachgesetzlichen Schutz? Die Frage bezieht sich insbesondere auf die europäische Tendenz nach der Zuerkennung eines Rechtsschutzes für die Vertriebenen, die aus verschiedenen Gründen aus ihrem eigenen Land auswandern müssen und in europäische Länder einwandern. Kay Hailbronner Ich wollte ergänzend zu dem, was Herr Sommer bereits sagte, noch einiges zur Relevanz des Asylrechts nachtragen. Es ist sicherlich richtig, dass nach geltendem Recht noch ein Unterschied zwischen dem verfassungsrechtlichen Asylrecht und dem kleinen Asyl besteht. Dieser Unterschied wird zunehmend verschwinden und er ist im Zuwanderungsgesetz bereits weitgehend aufgelöst. Bislang gibt es noch ein unterschiedliches Aufenthaltsrecht; in Zukunft wird es auch für Personen, die früher nur einen Abschiebungsschutz besessen haben, ein gesichertes Aufenthaltsrecht geben. Nun ist nicht ganz sicher, ob das Zuwanderungsgesetz auch vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben wird. Ungeachtet dessen ist der Unter-

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schied zwischen dem verfassungsrechtlichen Asylrecht und dem kleinen Asyl angesichts der europäischen Rechtsentwicklung weitgehend praktisch bedeutungslos geworden. Die einschlägigen Richtlinien und Entwürfe der Kommission bezüglich der Kriterien der Anerkennung als Konventionsflüchtling und der Gewährung von subsidiärem Schutz sowie bezüglich des Asylverfahrens gehen davon aus, dass der Genfer Konventionsstatus entscheidend ist. Das verfassungsrechtliche Asylrecht wird dadurch weiter an Bedeutung verlieren. Es hat schon jetzt in der Praxis nur noch verfahrensrechtliche Bedeutung, wenn man von einigen materiell-rechtlichen Unterschieden zwischen dem Abschiebungsschutz wegen politischer Verfolgung und der Anerkennung als Asylberechtigter absieht. In Zukunft wird das verfassungsrechtliche Asylrecht weitgehend im europäischen Asylrecht aufgehen. Wenn man auf die Anerkennungsziffern sieht, wird man auf Anhieb feststellen, dass sich in Deutschland eine Entwicklung weg vom verfassungsrechtlichen Asylrecht hin zur Gewährung des Konventionsstatus vollzogen hat. Wir haben mittlerweile annähernd doppelt so viele Fälle, die unter das so genannte „kleine Asylrecht", d. h. den Konventionsstatus fallen. Die Zahlen der Anerkennung als Asylberechtigter gehen weiter zurück und das zeigt, dass das verfassungsrechtliche Asylrecht in der Praxis weiter an Bedeutung verliert. Meiner Auffassung nach sind die Fragen des Vollzugs heute die zentralen Fragen. Dies betrifft insbesondere die rechtlichen und faktischen Abschiebungshindernisse, die die deutsche Ausländerpolitik und zunehmend auch die europäische Ausländerpolitik beschäftigen. Diese Fragen sind wohl auch für Japan von erheblicher Bedeutung. Dabei spielt es eine Rolle, dass neben dem Genfer Konventionsstatus in Europa ein quasi-Asylrecht in der Form von faktischen und rechtlichen Abschiebungshindernissen und humanitären Aufenthaltsrechten entsteht. Auch das ist nicht auf Deutschland beschränkt, sondern stellt eine europäische Entwicklung dar. Aufenthaltsrechte oder ein rechtlich verfestigter Abschiebungsschutz ergeben sich nicht nur aus der Europäischen Menschenrechtskonvention im Hinblick auf den Familienschutz, sondern auch unter dem Blickwinkel des Schutzes gegenüber unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte geht es dabei um einen unbeschränkten Rechtsschutz. Auch ein Terrorist, der erklärt, er werde unter Umständen weitere terroristische Aktionen begehen, hat nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte einen Anspruch auf Aufenthaltsrecht und Schutz vor Abschiebung, in ein Land, in dem ihm Verfolgung droht was faktisch regelmäßig auf ein gesichertes Aufenthaltsrecht hinausläuft. Daneben spielen aber weitere Formen subsidiären Schutzes eine Rolle. Die Europäische Kommission hat in einem Richtlinienentwurf zur Anerkennung von Konventionsflüchtlingen und zur Gewährung subsidiären Schutzes bereits eine Reihe von Tatbeständen niedergelegt, wie z. B. Verfolgungsgefahr bei gravierenden Menschenrechtsverletzungen. Insofern würde es mir interessant erscheinen, zu erfahren, inwieweit in Japan subsidiäre Schutztatbestände bereits rechtlich verfestigt sind. Ein Problem erscheint mir dabei, dass die Gewährung humanitären Schutzes mehr und

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mehr aus dem früheren eher traditionell-politisch geprägten Ermessensbereich entschwindet in den Bereich rechtlich verfestigter und gerichtlich überprüfbarer Ansprüche. Wir haben heute in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, wenn auch in unterschiedlichem Maße, Verfahrensweisen über die Gewährung subsidiären Schutzes und im Prinzip gerichtliche Überprüfungen, ob aus humanitären Gründen ein Abschiebungsschutz gewährt werden muss. Ein letzter Punkt: Man vergisst bei unseren Diskussionen gelegentlich, dass zentrale Probleme im Bereich des Vollzugs aufenthaltsbeendender Maßnahmen bestehen. Deutschland weist im Jahr 2000 eine Zahl von 234.638 vollziehbar ausreisepflichtigen Personen aus, die nicht abgeschoben werden können. Wenn man nachfragt, was hierfür die entscheidenden Gründe sind, stellt man fest, dass ganz banale Gründe dafür maßgeblich sind. Ein sehr großer Teil von Asylsuchenden, man schätzt bis zu 70 %, verfügen über keine Dokumente, aufgrund derer eine Rückführung in ein Heimatland möglich wäre. Die Gründe dafür sind neben Vernichtung von Dokumenten auch faktische Schwierigkeiten, Reisedokumente zu erlangen. Hinzu kommen Schwierigkeiten der Abschiebung rein faktischer Art. Insgesamt ist der Vollzug insbesondere in einige Länder der Dritten Welt, wie z. B. die afrikanischen Staaten, außerordentlich schwierig, wenn nicht faktisch unmöglich geworden. Selbst bei schwer straffälligen Ausländern ist häufig der Vollzug dadurch unmöglich, dass kurz vor dem Besteigen des Flugzeugs ein Ausländer sich gegen die Abschiebung gewaltsam wehrt. Regelmäßig verweigern daraufhin die Piloten der betreffenden Fluggesellschaften die Mitnahme eines Passagiers, der ein Sicherheitsrisiko darstellen könnte. Norbert Simon Ich habe noch eine Frage an Herrn Kobayashi. Zunächst einmal eine Feststellung: Ich finde es bemerkenswert, wie brillant von Ihnen in unserer Sprache das japanische Recht dargestellt wurde. Allerhöchstes Kompliment, allergrößten Respekt! Ihre Darstellung fand ich ungemein interessant, weil mir nicht bewusst war, wie detailliert in den japanischen Gesetzen das Asylrecht behandelt wird. Ich habe aber den ganz leichten Verdacht, als würde es sich bei diesen Regelungen eher um AsylverweigerungsrQchte als um Asylgewährungsrechte handeln. Wenn der Justizminister ein weitgespanntes Ermessen zur Gewährung von Asyl hat, so hat er eigentlich auch das ebenso weitgespannte Ermessen, es nicht zu gewähren. So würde ich mir jetzt eine rechtstatsächliche Frage erlauben: Welche Bedeutung hat denn rechtstatsächlich das Asylrecht in Japan? Michel Fromont Meine Frage an Herrn Kobayashi ist die folgende: In vielen Ländern, wo Rechtsverfolgung stattfindet, können Menschen, die gerade verfolgt werden, kei-

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nen Pass erwerben. Die Frage: Können solche Leute in Japan überhaupt kein Asyl erwerben? Danke sehr. Siegfried Magiera Ich möchte auch zwei Fragen stellen, davon zunächst eine an Herrn Kobayashi. Sie bezieht sich auf die tatsächliche Situation bei der Asylbewerbung, vor allem auf die Bewerberzahlen. Japan ist bekanntlich eine Insel. Insofern scheidet der Landweg als Fluchtweg aus, und ich nehme an, dass auch Japan davon ausgeht, dass ein Asylantrag erst gestellt werden kann, wenn der Bewerber auf japanischem Territorium ist. Der Luftweg ist zumindest faktisch ebenfalls ausgeschlossen, weil man in dem Land, aus dem man fliehen möchte, kaum einen Flugschein bekommen wird. Letztlich ist es offensichtlich der Seeweg, der entscheidet. Das Gleiche hat sich in der Europäischen Union herausgestellt, nachdem diese umgeben ist von Staaten, die dazu veranlasst wurden, nicht mehr als Fluchtweg genutzt zu werden, so dass der Seeweg der neueste und offenste ist. Deshalb ist für Italien die lange Seegrenze nunmehr zu einem ernsten Problem geworden. Das wurde früher, wie auch etwa in Großbritannien, nicht so empfunden. Sie haben eine Zahl von Asylbewerbern genannt, die mir im Vergleich zu Europa recht gering erscheint. Deshalb geht meine Frage dahin, wie sich dies erklärt, insbesondere, welchen Rechtsschutz das japanische Recht bietet, ob insoweit das Völkerrecht unmittelbar im japanischen Rechtsraum gilt. Die zweite Frage betrifft die Grenzen des Asylrechts aus Gründen der Ressourcenerschöpfung. Ich denke, Herr Randelzhofer, man kann Ihnen nur zustimmen. Irgendwo gibt es für jedes Recht eine Grenze, und wenn die faktischen Ressourcen erschöpft sind, dann muss man dies annehmen. Aber die Schwierigkeit liegt vor allem darin festzustellen, wann die Mittel erschöpft sind. Insofern geht meine Frage dahin, ob nicht doch in diesem Bereich von einem Gesetzesvorbehalt auszugehen ist oder auch die Verwaltungsbehörde entscheiden könnte, wann die Ressourcen erschöpft sind. Herbert Schambeck Ich möchte Ihnen nur zum Abschluß zu dem Thema „Zeitgemäßes Zuwanderungs- und Asylrecht" einige Zahlen nennen, die interessant sind, und zwar, meine Damen und Herren, wie hoch der Anteil der ausländischen Bürger in Europa im Prozentsatz zur Bevölkerung ist. Das spielt indirekt zum Thema eine Rolle: in Luxemburg 37,3%, in der Schweiz 20,1%, in Österreich 9,1%, in Deutschland 8,9%, in Belgien 8,4%, in Frankreich 5,6%, in Schweden 5,4%, in Dänemark 4,8%, in den Niederlanden 4,1%, ebenso in Großbritannien, in Irland 3,3%, in Spanien 2,2%, in Italien 2,2%, in Portugal 1,9%, in Finnland 1,8% und in Griechenland 1,6%. Ich bedanke mich. Hiroaki Kobayashi Ich werde nicht den Ausführungen meiner Kollegin und meiner Kollegen vorgreifen. Aber trotzdem werde ich Ihnen ein paar Zahlen nennen: Zwischen 1982 5 Stern

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und 2001 - also in den letzten zwanzig Jahren - hat Japan nur 2.532 Anträge gehabt. Es wurden 291 Anträge anerkannt. Das besagt, dass unsere Politik sehr restriktiv ist. Deswegen hat jemand auch „Asylverweigerungsgesetz" gesagt. Aber das Gesetz an und für sich ist ganz gut geschrieben, es hängt von der Handhabung ab. Das würde ich immer betonen. Es ist schwierig, ob Japan Völkerrecht direkt anwenden kann. Ich würde sagen, insoweit es, wie z. B. die Genfer Flüchtlingskonvention, in japanisches Recht transformiert ist, wird es effektiv angewendet. Aber die direkte Anwendung aus humanitären Gründen in der bisherigen gerichtlichen Praxis ist ziemlich schwierig. Transformation ist bei uns sehr wichtig. - Bis dahin möchten Sie sich bitte gedulden, bis meine beiden Kollegen über die angewandte Praxis berichten. Albrecht Randelzhofer Frau Anzon, ich verweise, um es kurz zu machen, auf den § 32 a unseres Ausländergesetzes, wo es heißt: Verständigen sich der Bund und die Länder einvernehmlich darüber, daß Ausländer aus Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten vorübergehend Schutz in der Bundesrepublik Deutschland erhalten, ordnet die Oberste Landesbehörde an, daß diesen Ausländern zur vorübergehenden Aufnahme eine Aufenthaltsbefugnis erteilt und verlängert wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesinnenminister. Man spricht hier von Kontingentflüchtlingen. Das kommt daher, weil in § 32 a Abs. 10 festgelegt ist, daß die Länder Kontingente vereinbaren können, wie viel jedes Land aufnimmt. Herr Magiern, ich bin ja froh, daß Sie mir überhaupt zustimmen, daß die Ressourcenerschöpfung eine verfassungsimmanente Schranke ist, aber fordern, daß sie irgendwann näher bestimmt werden muß. Da habe ich vorher schon Herrn Rill gegenüber gesagt, daß dies nicht mein gegenwärtiges Problem ist und wie ich meine auch nicht das der Bundesrepublik. Es wäre dennoch sinnvoll, dies einmal in einem einfachen Gesetz niederzulegen, denn sonst wäre die Gefahr zu groß, daß Behörden oder auch Gerichte zu unterschiedlichen Grenzen kämen. Gleichwohl meine ich nicht, daß in einem solchen Fall diese Grenze vom einfachen Gesetzgeber konstitutiv niedergelegt würde, vielmehr zeichnete der einfache Gesetzgeber das nach, was in der Verfassung schon angelegt ist. Hiroaki Kobayashi In der Bundesrepublik Deutschland ist es schwierig, rechtskräftig Verurteilte abzuschieben. Das haben eben Kollegen gesagt. Das ist in Japan aber genauso. In Japan ist es sehr schwierig abzuschieben. Außerdem gibt es in Japan etwa 220.000 illegal Eingewanderte. Das bedeutet, dass auch bei uns in Japan in Bezug auf Asylpolitik damit locker umgegangen wird. Das kann ich nur ergänzen.

Gibt es ein europäisches Einwanderungs- und Asylrecht? Probleme der Vergemeinschaftung Von Rudolf Streinz

A. Einleitung: Von der „Wirtschaftsgemeinschaft" zu einem „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts" B. Die Entwicklung eines Einwanderungs- und Asylrechts im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften bzw. der Europäischen Union I. Entwicklung bis zum Unionsvertrag von Maastricht (1992) II. Die Regelungen des Unionsvertrags von Maastricht und die auf ihrer Grundlage erlassenen Durchführungsmaßnahmen III. Europäisches Asyl- und Einwanderungsrecht nach dem Vertrag von Amsterdam IV. Bisherige Realisierung der Asyl- und Einwanderungspolitik gemäß Art. 63 EGV C. Probleme der Vergemeinschaftung - Thesen und Ausblick

A . E i n l e i t u n g : V o n d e r „Wirtschaftsgemeinschaft" z u e i n e m „ R a u m d e r F r e i h e i t , d e r Sicherheit u n d des Rechts 4 4 Die Europäische Gemeinschaft wurde in den Römischen Verträgen von 1957 1 als „Wirtschaftsgemeinschaft" gegründet. Der Amsterdamer Vertrag vom 2. Oktober 1997 2 hatte als vordringliches Ziel, einen „Raum der Freiheit, der Sicherheit 1 Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25. 3. 1957, BGBl. II, S. 766; Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) vom 25. 3. 1957, BGBl. II, S. 1014. Beide Verträge sind am 1. 1. 1958 in Kraft getreten, vgl. Bek. v. 27. 12. 1957 (BGBl. 1958 II, S. 1). Vorangegangen war der in Paris geschlossene Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. 4. 1951 (BGBl. 1952 II, S. 447), der am 23. 7. 1952 in Kraft getreten ist (Bek. v. 14. 10. 1952, BGBl. II, S. 978). Gemäß Art. 97 EGKSV endet seine Geltungsdauer am 23. 7. 2002. Die Materien des EGKSV werden vom EGV erfasst. Die Eigentumsrechte an den EGKS-Mitteln werden gemäß dem Protokoll über die finanziellen Folgen des Ablaufs der Geltungsdauer des EGKSV und über die Errichtung und Verwaltung des Forschungsfonds für Kohle und Stahl (Protokoll zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft des Vertrags von Nizza, ABl. 2001 Nr. C 80/69) auf die EG übertragen. 2 BGBl. 1998 II, S. 387, ber. BGBl. 1999 II, S. 416. In Kraft seit 1. 5. 1999, vgl. Bek. v. 6. 4. 1999, BGBl. 1999 II, S. 296. *

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und des Rechts" aufzubauen 3, wozu u. a. „Maßnahmen zur Gewährleistung des freien Personenverkehrs ... in Verbindung mit unmittelbar damit zusammenhängenden flankierenden Maßnahmen in bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen, Asyl und Einwanderung" sowie „sonstigen Maßnahmen in den Bereichen Asyl, Einwanderung und Schutz der Rechte von Staatsangehörigen dritter Länder" gehören4. Dieser Schritt ist ein Markstein zu weiterer Integration einer „Rechtsgemeinschaft". Als Rechtsgemeinschaft war aber, wie der frühere Präsident der EWG, Walter Hallstein, hervorgehoben hat, bereits die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gegründet worden 5. Denn nur das Recht kann das einigende Band einer Gemeinschaft zwischen souveränen Staaten sein, die in einem Gebilde, das vom Bundesverfassungsgericht entgegen aller Kritik m. E. - richtig verstanden durchaus treffend als „Staatenverbund" bezeichnet wurde 6, ihre Hoheitsrechte zum Teil durch Ausübung „im Verbund" eingeschränkt, zum Teil auf die Gemeinschaft zur Ausübung durch diese selbst „übertragen" haben. Ersteres bezieht sich auf die intergouvernemental strukturierten „Säulen" des Unionsvertrags von Maastricht vom 7. 2. 19927, nämlich die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) als „Zweite Säule"8 und die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres (ZBJI) als „Dritte Säule"9, durch die „Vergemeinschaftung" des Teilbereichs „Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr" durch den Vertrag von Amsterdam reduziert auf die „polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen" (PJZS)10, letzteres auf die fortbestehenden drei, bald nur 3

Deutlich wird dies im Vertragsentwurf, der „Freiheit, Sicherheit und Recht" als Abschnitt I voranstellt. Im Amsterdamer Vertrag selbst wird dies aus rechtstechnischen Gründen aufgeteilt und wie bei jedem „Artikelgesetz" zwangsläufig unübersichtlich. Die einzelnen Teile finden sich jetzt in der konsolidierten Fassung des EU-Vertrags bzw. des EG-Vertrags wieder. Vgl. dazu Rudolf Streinz, Aufbau, Struktur und Inhalt des Vertrags von Amsterdam, in: Waldemar Hummer (Hrsg.), Die Europäische Union nach dem Vertrag von Amsterdam, 1998, S. 47 (48 ff.). 4 Art. 61 lit. a und b EGV in der Fassung (i. d. F.) des Vertrags von Amsterdam (Fn. 2). 5 Walter Hallstein, Die Europäische Gemeinschaft, 1973, S. 31 ff. Unterdessen kennzeichnet auch der EuGH die Gemeinschaft als „Rechtsgemeinschaft" und betont ihre Rechtlichkeit als zentrale Strukturdeterminante, vgl. z. B. EuGH, Urt. v. 23. 4. 1986, Rs. 294/83 - Les Verts Slg. 1986, 1339/1365, Rn. 23. Vgl. dazu Bernhard Wegener, in: Christian Calliess/ Matthias Ruffert (Hrsg.), Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag 2. Aufl. 2002, Art. 220, Rn. 3, Fn. 3 m. w. N.; Manfred Zuleeg, Die Europäische Gemeinschaft als Rechtsgemeinschaft, NJW 1994, S. 545 ff. 6 BVerfGE 89, 155 (181, 184 ff.) - Maastricht-Urteil. Kritisch z. B. Ingolf Pernice, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VIII, 1995, § 191, Rn. 64 f.; Christian Tomuschat, Das Endziel der europäischen Integration, Maastricht ad infinitum?, DVB1. 1996, S. 1073 (1075 f.). 7 BGBl. 1992 II, S. 1253, in Kraft getreten am 1. 11. 1993 (Bek. v. 19. 10. 1993 BGBl. 1993 II, S. 1947). 8 Art. 11 bis 28 EUV i. d. F. des Vertrags von Amsterdam (Fn. 2). 9 Titel V I (Art. K) EUV i. d. F. des Unionsvertrags von Maastricht vom 7. 2. 1992 (Fn. 7). Vgl. dazu Manfred Degen, in: Hans von der Groeben/Jochen Thiesing/Claus-Dieter Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, 5. Aufl. 1997, Bd. 5, S. 997 ff.

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noch zwei Europäischen Gemeinschaften (sog. „Erste Säule") als unterschiedliche Bauelemente der Europäischen Union 11 . Die Übertragung gerade der sensiblen Bereiche Asyl und Einwanderung aus der „Dritten Säule" in die „Erste Säule" verdeutlicht die Brisanz des mit dem Vertrag von Amsterdam erfolgten Schritts. Die Brisanz wird aber ebenso deutlich in der Ausgestaltung des Titels IV des EG-Vertrags, die an mehreren Stellen das Zögern der Mitgliedstaaten bei dieser „Vergemeinschaftung" deutlich macht. Dies zeigt sich z. B. in den Fristen 12, in der Rechtsform der Mindestnormen 13, dem Vorbehalt der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit 14, den zulässigen Maßnahmen der betreffenden Mitgliedstaaten bei einer Notlage aufgrund eines plötzlichen Zustroms von Staatsangehörigen dritter Länder 15 sowie der Einschränkung der Vorlagebefugnis an den EuGH 16 . Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob es wirklich ein europäisches Einwanderungs- und Asylrecht gibt und welche Probleme der Vergemeinschaftung bestehen. Das Thema hat konkrete Bezüge zu den von Herrn Randelzhofer behandelten Völker- und verfassungsrechtlichen Grundlagen des deutschen Asylrechts. Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EGV fordert für Asylmaßnahmen des Rates die „Übereinstimmung mit dem Genfer Abkommen vom 28. Juli 1951 und dem Protokoll vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie einschlägigen anderen Verträgen". Gemäß Art. 16 a Abs. 5 GG steht das in Art. 16 a Abs. 1 bis 4 GG garantierte Asylrecht „völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung Asylentscheidungen treffen". Umstritten ist, ob Art. 16 a Abs. 5 GG auch für Verträge zur Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Union (vgl. Art. 48 EUV) und damit auch für die „Vergemeinschaftung" durch Einbeziehung des Asylrechts in den EG-Vertrag gilt und insoweit als lex specialis zu Art. 23 GG spezielle Integrationsschranken entfaltet 17. Für die Diskussion der io Art. 29 bis 42 EUV i.d.F. des Vertrages von Amsterdam (Fn. 2). h Vgl. dazu z. B. Rudolf Streinz, Europarecht, 5. Aufl. 2001, Rn. 121a. 12 Vgl. Art. 62, Art. 63, Art. 67 EGV. 13 Vgl. Art. 63 Nr. 1 lit. b bis d, Nr. 2 lit. a EGV. 14 Art. 64 Abs. 1 EGV. 15 Art. 64 Abs. 2 EGV. 16 Art. 68 EGV. 17 Dafür z. B. Ralph Göbel-Zimmermann, in: Berthold Huber (Hrsg.), Handbuch des Ausländer» und Asylrechts, Bd. I (Loseblatt/2001), Art. 16a GG, B 1, Rn. 140; Andreas Zimmermann, Der Vertrag von Amsterdam und das deutsche Asylrecht, NVwZ 1998, S. 450 (455). Dagegen in Auseinandersetzung mit der Ansicht Zimmermanns z. B. Albrecht Randelzhofer,

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Einwanderungs- und Asylpolitik in Deutschland, auf die Herr Hailbronner

einge-

hen wird, setzt - wie bereits i m Titel seines Vortrags angedeutet - das Gemeinschaftsrecht Vorgaben. D. h.: Der nationale politische Gestaltungsspielraum ist nicht nur faktisch, sondern auch rechtlich durch die europäische Dimension eingeschränkt.

B. Die Entwicklung eines Einwanderungs- und Asylrechts im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften bzw. der Europäischen Union I . Entwicklung bis zum Unionsvertrag von Maastricht (1992) Obwohl keine besondere Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft für Asyl- und Einwanderungsrecht bestand und sich entsprechende Aktivitäten auf europäischer Ebene allein, aber immerhin i m Rahmen des Europarats 18 entfalteten 19 , erkannten die Mitgliedstaaten, wie in anderen Bereichen auch 2 0 , spätestens mit in: Theodor Maunz/Günter Dürig, Grundgesetz. Kommentar (Loseblatt/1999), Art. 16a Abs. 5, Rn. 196; Ulrich Becker, in: Hermann von Mangoldt/Friedrich Klein/Christian Starck (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz. Kommentar, Bd. 1, 1999, Art. 16 a Abs. 5, Rn. 223 f. m. w. N. Für eine inhaltliche Maßstäblichkeit der Bindungen aus Art. 16 a GG Heinz Joachim Bonk, in: Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 3. Aufl. 2002, Art. 16a, Rn. 109, 115. Nach Randelzhofer, a. a. O. (m. w. N.) ist die Bundesrepublik Deutschland auch im Bereich des Asylrechts gemäß Art. 23 GG berechtigt, Kompetenzen an die EG zu übertragen, soweit die EG einen mit Art. 16 a GG vergleichbaren Schutz vor politischer Verfolgung bietet. Die Verfassungsänderung war - wie auch in Frankreich (Einfügung von Art. 5 3 - 1 in Titel V I der Französischen Verfassung durch Gesetz Nr. 93-1256 vom 25. 11. 1993; vgl. dazu Jean Rosetto, Le Droit d'Asile en Europe: Evolution Contemporaine, AFDI XXXIX (1993), S. 919 (931 ff.); deutsche Übersetzung in Adolf Kimmel/Christiane Kimmel, Verfassungen der EU-Mitgliedstaaten, 5. Aufl. 2000, Nr. 5) erforderlich, um zu verhindern, daß diese beiden Staaten, deren Verfassung jeweils ein individuelles Recht auf Asyl enthält, zu „Reserveasylstaaten" werden, vgl. Stefanie Schmahl, Die Vergemeinschaftung der Asyl- und Flüchtlingspolitik, ZAR 2001, S. 1 (4). 18 Vgl. die Aufgabe des Europarats gemäß Art. 1 und die Mittel zu ihrer Erfüllung in Art. 15 der Satzung des Europarates vom 5. 5. 1949, BGBl. 1950 I, S. 263. Aktualisierte Fassung in Sartorius II, Internationale Verträge. Europarecht (Loseblatt/2001), Nr. 110. Vertragsparteien in Fundstellennachweis B zum Bundesgesetzblatt, 2002, S. 306. 19

Vgl. dazu Michael Wollenschläger, Grundstrukturen eines Europäischen Asylrechts, AWR-Bulletin 1987, S. 19 ff.; ders., Europäische Entwicklungen im Asylrecht und die Einwanderungsproblematik, NVwBl 1992, S. 225 ff. Der Europarat behandelte auch Initiativen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), so z. B. die von der Generalversammlung der Gesellschaft zur Erforschung des Weltflüchtlingsproblems (Association for the Study of the World Refugee Problem - AWR) 1988 verabschiedeten Feldkircher Grundsätze für ein europäisches Flüchtlingsrecht (AWR-Bulletin 1988, S. 168 ff.), vgl. Michael Wollenschläger, Das Asyl- und Einwanderungsrecht der EU, EuGRZ 28 (2001), S. 354 (355). 20

Vgl. zur Entwicklung der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) Streinz, (Fn. 11), Rn. 28 ff.

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dem Plan, bis Ende 1992 einen Binnenmarkt als Raum ohne Binnengrenzen (vgl. die Definition in Art. 14 Abs. 2 EGV) zu entwickeln, daß dies nicht ohne Koordinierung ihrer Einwanderungs- und Asylpolitik geschehen konnte. Denn die Gewährung territorialen Asyls 21 und die Zulassung von Einwanderung auf ihr Territorium22 setzt die Kontrolle der Grenzen eben dieses Territoriums voraus. Der Wegfall der Kontrollen an den EG-Binnengrenzen erforderte Kompensationen, die letztlich nur im EG-Rahmen erfolgen konnten. Daher gaben die Mitgliedstaaten bei Annahme der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) vom 27./28. Februar 198623 folgende Erklärung ab: „Zur Förderung der Freizügigkeit arbeiten die Mitgliedstaaten unbeschadet der Befugnisse der Gemeinschaft zusammen und zwar insbesondere hinsichtlich der Einreise, der Bewegungsfreiheit und des Aufenthalts von Staatsangehörigen dritter Länder. Außerdem arbeiten sie bei der Bekämpfung von Terrorismus, Kriminalität, Drogenhandel und unerlaubtem Handel mit Kunstwerken und Antiquitäten zusammen"24.

Während sich die intergouvernementale Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bis dahin auf letzteres, nämlich die Bekämpfung von Verbrechen einschließlich Terrorismus beschränkte - genannt sei hier nur die sog. „TREVI-Gruppe" 25 - , wurde nach der Erstreckung auf Einwanderung und Asyl zur Durchführung der Aufgaben die Ad-hoc-Gruppe Einwanderung gegründet, die sich seit 1986 u. a. mit der Sicherung strikter Kontrollen an den Außengrenzen und den (damals noch kontrollierten) Binnengrenzen, der Koordinierung der Visapolitik, der Verbesserung des Informationsaustausches zwischen den Einwanderungsbehörden sowie mit dem Asylrecht befaßte 26. Asyl- und Einwanderungspolitik verblieben damit in der Kompetenz der Mitgliedstaaten, die sich aber um eine gegenseitige Abstimmung bemühten. Versuchen der Kommission, bereits damals eine „Vergemeinschaftung" zu erreichen, traten die Mitgliedstaaten entgegen. So erfolgte als Reaktion auf die Vorschläge im Weiß21

Zu den völkerrechtlichen Grundlagen vgl. z. B. Karl Doehring, Völkerrecht, 1999, Rn. 931 ff. 22 Vgl. zu den völkerrechtlichen Grundlagen Doehring (Fn. 21), Rn. 853 ff. m. w. N. 2 3 BGBl. 1986 II, S. 1104; AB1.EG 1987 Nr. L 169/1. In Kraft getreten am 1. 7. 1987, vgl. Bek. v. 31. 07.1987 BGBl. 1987 II, S. 451. 24 AB1.EG 1987 Nr. L 169/26 . 25 Abkürzung für die sog. „Action contre Terrorisme, Radicalisme, Extrémisme, Violence Internationale". Dies ist allerdings nicht belegt, der Name wird auch mit dem ersten Tagungsort bei der Fontana di Trevi in Rom in Verbindung gebracht, so Degen (Fn. 9), Vorbemerkung zu Art. K bis K.9, Rn. 2, Fn. 4. Vielleicht trifft beides zu, nämlich daß an diesem schönen Ort die passende Abkürzung gefunden wurde, was ja auch für andere Abkürzungen im EG-Rahmen gilt. Zu den Aktivitäten der Trevi-Gruppe vgl. Degen, a. a. O., Rn. 2 ff. m. w. N. 26

Vgl. zu der durch Beschluß der Innen- und Jusitzminister vom 20. 10. 1986 eingerichteten Ad-hoc-Gruppe Einwanderung Degen (Fn. 9), Vorbemerkung zu Art. K bis K.9, Rn. 6 ff. m. w. N.; Kay Hailbronner, in: Kay Hailbronner/Eckart Klein /Siegfried Magiera/PeterChristian Müller-Graff (Hrsg.), Handkommentar zum Vertrag über die Europäische Union, Loseblatt (1996), Art. K, Rn. 7 ff.

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buch der Kommission zur Vollendung des Binnenmarktes von 1985, gemeinschaftsrechtliche Ausgleichsmaßnahmen für den Wegfall der Binnengrenzen zu ergreifen 27, die ausdrückliche Zuweisung dieser Materien in die intergouvernementale Zusammenarbeit im Dokument von Palma vom Juni 198928. Der Vorentwurf der Kommission zu einer EG-Asylrichtlinie von 1989 wurde bereits in diesem Stadium wegen mangelnder Verbandskompetenz der EG (vgl. das Prinzip der begrenzten Ermächtigung in Art. 5 Abs. 1 EGV) zurückgewiesen 29. Die Beratungen der Ad-hoc-Gruppe Einwanderung wurden im wesentlichen durch fünf Untergruppen vorbereitet, nämlich Asyl, Außengrenzen, Gefälschte Dokumente, Visa und Zulassung/Entfernung. Ihre Arbeiten zielten auf den Entwurf von völkerrechtlichen Übereinkommen oder Empfehlungen für ein gemeinsames Vorgehen und hatten keinen operativen Charakter. In diesem Rahmen arbeitete das „Zentrum für beschleunigte Konsultationen" für den Fall von plötzlichen und unvorhergesehenen Wanderungsbewegungen erheblichen Umfangs, die Clearingstelle für Asylfragen (CIREA 30 ) und die Clearingstelle für Einwanderungsfragen (CIREFI 31 ). Die Untergruppe „Asyl" bereitete das Übereinkommen über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft gestellten Asylantrags vor, das am 15. Juni 1990 in Dublin (daher Dubliner Übereinkommen, DÜ) unterzeichnet worden 32 und das nach den erforderlichen Ratifikationen durch die Unterzeichnerstaaten am 1. September 1997 in Kraft getreten ist 33 . Nach dem Dubliner Übereinkommen 34, das aufgrund des sog.

27 Weißbuch der Kommission vom 14. 6. 1985 zur „Vollendung des Binnenmarktes", Dok. (KOM) (85) 310, S. 15, Nr. 55; Anhang zum Weißbuch, S. 15. 28 BullEG 6-1989, S. 10. Vgl. dazu Degen (Fn. 9), Vorbemerkung zu Art. K bis K.9, Rn. 14; Angela Bardenhewer, in: Carl Otto Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag, Kommentar, 2. Aufl. 1999, Art. 61, Rn. 3. 29 Vgl. zu diesem Vorentwurf Axel Wilke, Vollendung des EG-Binnenmarktes und Asylrecht, ZRP 1989, S. 225 ff.; Michael Wollenschläger/Ulrich Becker, Harmonisierung des Asylrechts in der EG und Art. 16 Abs. 2 S. 2 GG, EuGRZ 1990, S. 1 (5). 30 Centre d'information, de réflexion et d'échanges en matière d'asile (Informations-, Reflexions- und Austauschzentrum für Asylfragen). Geschaffen durch Beschluß der für Einwanderungsfragen zuständigen Minister der Mitgliedstaaten vom 1. 2. 1992, abgedruckt in Kay Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar (Loseblatt/2001), Bd. 4, D 12.4. Vgl. den Zweiten Bericht über die Tätigkeit von CIREA, AB1.EG 1996 Nr. C 274/55, abgedruckt in: Hailbronner, a. a. O., D 1 2 . l l . 31

Centre d'information, de réflexion et d'échanges en matière de franchissement des frontières et d'immigration (Informations-, Reflexions- und Austauschzentrum für Fragen im Zusammenhang mit dem Überschreiten der Außengrenzen und der Einwanderung). Vgl. die Schlußfolgerungen des Rates vom 30. 11. 1994 über die Ausgestaltung von CIREFI, AB1.EG 1996 Nr. C 274/50, abgedruckt in Hailbronner (Fn. 30), D 9.6. 32 BGBl. 1994 II, S. 792; AB1.EG 1997 Nr. C 254 /1. 33 Bek. v. 2. 7. 1997, BGBl. II, S. 1452. Inkrafttreten für Österreich und Schweden am 1. 10. 1997, für Finnland am 1. 1. 1998 (Bek. v. 2. 12. 1997, BGBl. 1998 II, S. 62). Das Abkommen ist abgedruckt in Sartorius I I (Fn. 18), Nr. 285. Vertragsparteien in Fundstellennachweis B (Fn. 18), S. 653 f.

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Bonner Protokolls vom 26. April 199435 die asylrechtlichen Bestimmungen des Schengener Durchführungsübereinkommens vom 19. Juni 1990 (Schengen II, SDÜ) 36 hinsichtlich der Bestimmungen über die Zuständigkeit für die Behandlung von Asylbegehren ersetzt 37, wird der zuständige Staat für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrags bestimmt. Danach soll mindestens und zugleich nur ein einziger Signatarstaat für die Prüfung eines Asylantrages eines Ausländers aus einem Drittstaat zuständig sein (sog. „one chance only"-Prinzip). Dies soll zum einen verhindern, daß Asylsuchende von einem Vertragsstaat in einen anderen abgeschoben werden, ohne daß sich einer dieser Staaten - aus letztlich formalen Gründen - für die Behandlung der Asylbegehren für zuständig erklärt (sog. „refugee in orbit"-Phänomen), zum anderen aber auch den Asylbewerbern die unkontrollierte Weiterwanderung, insbesondere das Betreiben paralleler oder sukzessiver Asylverfahren, innerhalb des Vertragsgebietes verwehrt werden (sog. „asylum Shopping" oder „asylum hopping"). Grundsätzlich soll ausschließlich die zuständige Vertragspartei den Asylantrag prüfen, entscheiden und im Falle des negativen Verfahrensausgangs dafür Sorge tragen, daß der Asylbewerber das Vertragsgebiet verläßt. Die Durchführung des Asylverfahrens erfolgt aber entsprechend der nationalen Gesetzgebung des zuständigen Vertragsstaates (Art. 3 Abs. 3 DÜ). Folglich werden weder das materielle Asylrecht noch das Asylverfahrensrecht harmonisiert. Es besteht jedoch die Möglichkeit, nicht aber die Verpflichtung, Entscheidungen anderer Vertragsstaaten anzuerkennen (fakultative negative Bindungswirkung), was auf dem gegenseitigen Vertrauen darauf beruht, daß die nationalen Asylrechtsstandards trotz der im einzelnen bestehenden Unterschiede in ihrem Kerngehalt rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügen und insoweit gleichwertig sind. Macht ein Vertragsstaat von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch und prüft einen Asylantrag erneut, so bewirkt die Ausübung dieses Selbsteintrittsrechts einen Zuständigkeitswechsel, d. h., der vormals zuständige Staat wird dadurch von seinen Verpflichtungen befreit (vgl. Art. 3 Abs. 4 S. 2 DÜ). Diese Ausnahmeregelung trägt zum einen den fortbestehenden Souveränitätsinteressen der Vertragsstaaten, zum anderen den Staaten Rechnung, 34 Vgl. zum folgenden Volker Roben, in: Eberhard Grabitz/Meinhard Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Kommentar, Bd. I (Loseblatt/1999), Art. 63 EGV, Rn. 18 ff. m. w. N.; Friedrich Löper, Das Dubliner Übereinkommen über die Zuständigkeit der Asylverfahren, ZAR 2000, S. 16 ff. 35 BGBl. 1995 II, S. 739. In Kraft für Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal und Spanien am 1. 8. 1997 (Bek. v. 3. 7. 1997, BGBl. 1997 II, S. 1468), abgedruckt in Hailbronner (Fn. 30), D 8.1. 36 Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14.6.1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, BGBl. 1993 II, S. 1010. Aktualisierte Fassung in Sartorius I I (Fn. 18), Nr. 280. Vertragsparteien und beigetretene Staaten in Fundstellennachweis B (Fn. 18), S. 654 f.

37 Vgl. dazu Kay Hailbronner/Claus Thiery, Asylstaat in Europa, ZAR 1997, S. 55 (55 ff.).

Schengen I I und Dublin - Der zuständige

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die - wie Deutschland - ein individuelles Asylrecht in der Verfassung verankert haben (vgl. Art. 16a Abs. 1 GG). Der für die Behandlung eines Asylbegehrens zuständige Staat wird nach dem sog. Verursacherprinzip bestimmt, d. h. nach gestaffelten Kriterien (enges Verwandtschaftsverhältnis zu einem bereits anerkannten Asylbewerber, Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis, Erteilung eines Visums, illegale Einreise, Gestattung der visumfreien Einreise, Antragsort; Art. 4 - 8 DÜ), die die relativ größte Verantwortung für den Aufenthalt eines Asylbewerbers im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten begründen. Aus humanitären Gründen kann mit Zustimmung des Asylbewerbers eine abweichende Zuständigkeit begründet werden (Art. 9 DÜ). Die Vertragsparteien sind verpflichtet, jeden Asylantrag, der von einem Ausländer aus einem Drittstaat an der Grenze oder im Hoheitsgebiet gestellt wird, zu prüfen (Art. 3 Abs. 1 DÜ). Als Asylantrag gilt jeder Antrag, mit dem ein Ausländer einen Mitgliedstaat um Schutz unter Berufung auf den Flüchtlingsstatus im Sinne von Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 195 1 3 8 ersucht (Art. 1 Abs. 1 lit. b DÜ). Danach ist ausreichend, wenn ein Flüchtling sinngemäß geltend macht, er sei auch aus politischen Gründen verfolgt und begehre Schutz im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Erfaßt werden nur Asylanträge von Ausländern aus Drittstaaten (vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. c i.V.m. lit. a DÜ). Die Vertragsparteien sind befugt, einen Asylbewerber aufgrund des nationalen Rechts und unter Berücksichtigung ihrer internationalen Verpflichtungen, insbesondere unter Beachtung des Refoulement-Verbots des Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention sowie von Art. 3 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 195039 in einen Drittstaat zurückoder auszuweisen, und zwar sowohl der nach den Regeln des Dubliner Übereinkommens zuständige, als auch ein unzuständiger Vertragsstaat, in dem ein Asylantrag gestellt wird (Art. 3 Abs. 5 DÜ) 4 0 . Ferner wurden der Entwurf eines Übereinkommens über die Zusammenarbeit in Asylangelegenheiten für Drittstaaten ausgearbeitet und Entschließungen über offensichtlich unbegründete Asylanträge, über ein harmonisiertes Vorgehen gegenüber Aufnahme- Drittländern (sog. sichere Drittstaaten) und betreffend die Länder, in denen generell keine ernstliche Verfolgungsgefahr besteht, verhandelt 41. Die Untergruppe „Zulassung/Entfernung" war für Fragen des rechtmäßigen Aufenthalts und der Aufenthaltsbeendigung zuständig und arbeitete Entschließungen u. a. 38 Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1953 II, S. 560. Abgedruckt in Sartorius I I (Fn. 18), Nr. 28. Ergänzt durch Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. 1. 1967, BGBl. 1969 II, S. 1294, Sartorius I I (Fn. 18) Nr. 28a. 39 BGBl. 1952 II, S. 685, 953. Aktualisierte Fassung in Sartorius I I (Fn. 18), Nr. 130. Vgl. zu diesen völkerrechtlichen Vorgaben Albrecht Randelzhofer in diesem Band. 40 Vgl. Ziffer 3 der Entschließung der für Einwanderungsfragen zuständigen Minister der EG-Staaten vom 30.11./1. 12. 1992 (Londoner Entschließung) zu einem einheitlichen Konzept in bezug auf Aufnahmedrittländer, abgedruckt in Hailbwnner (Fn. 30), D 12.2. 41 Ministertagung vom 1. 12. 1992 in London, BullEG 12-1992, S. 157. Vgl. Degen (Fn. 9), Vorbemerkung zu Art. K bis K.9, Rn. 7 m. w. N.

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über die Harmonisierung der nationalen Politiken im Bereich der Familienzusammenführung und über die flexiblere Anwendung der Bestimmungen über den Transit zum Zwecke der Entfernung sowie Empfehlungen über die von den Mitgliedstaaten geübte Praxis der Entfernung und betreffend Kontrollen und Entfernung Staatsangehöriger dritter Länder ohne Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis aus 42 . Die Arbeiten für gemeinsame Grundsätze für die Zuwanderung zu Zwecken der Beschäftigung und zu Ausbildungszwecken konnten erst nach Inkrafttreten des Unionsvertrags abgeschlossen werden 43. Insgesamt läßt sich feststellen, daß die Einwanderungspolitik noch langsamere Fortschritte machte als die Asylpolitik. Der deutsche Vorschlag auf der Luxemburger Gipfelkonferenz 1991, die Zusammenarbeit über die reinen Ausgleichsmaßnahmen für den Wegfall der Binnengrenzen auf die Asyl- und Einwanderungspolitik auszudehnen, führte zwar im sog. „Maastrichter Arbeitsprogramm" 44 zur Verständigung auf einen „umfassenden zuwanderungspolitischen Ansatz", praktisch aber zu einer Verengung auf die Rechtsfragen des Zugangs, des Aufenthalts und der Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, insbesondere der Rechtsstellung von Asylbewerbern. Allenfalls in Randbereichen wurde eine gemeinsame Einwanderungspolitik diskutiert. Für eine Politik der Bekämpfung der Flucht- und Wandemngsursachen sahen sich die Innen- und Justizminister nicht als zuständig an. Die deutschen Forderungen nach einer raschen, rechtlich verbindlichen „Harmonisierung des Asylrechts" wurden in Brüssel als „Schwarzer-Peter-Spiel" verstanden45.

IL Die Regelungen des Unionsvertrags von Maastricht und die auf ihrer Grundlage erlassenen Durchführungsmaßnahmen 1. Asyl- und Einwanderungsrecht im Rahmen der Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres Der Unionsvertrag von Maastricht behielt die durch die Einheitliche Europäische Akte auf eine vertragliche Grundlage gestellte Aufteilung der Union auf zwei Säulen, nämlich die Europäischen Gemeinschaften und die mit dem Unionsvertrag eingeführten Politiken und Formen der Zusammenarbeit, und deren Verknüpfung bei, stellte sie aber auf eine neue, präzisere und auch inhaltlich verbesserte Grundlage 46 . Gemäß Art. K. 1 EUV a. F. betrachteten die Mitgliedstaaten unbeschadet der

42 Vgl. Degen (Fn. 9), Vorbemerkung zu Art. K bis K.9, Rn. 8 m. w. N. 43 Beschluß des Rates vom 20./21. 6. 1994, BullEG 6-1994, S. 122 f. 44 Bericht der für Einwanderungsfragen zuständigen Minister an den Europäischen Rat (Maastricht) über die Einwanderungs- und Asylpolitik, Bulletin des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung Nr. 78 v. 9. 7. 1991, S. 625 ff. (635). 45 Degen (Fn. 9), Vorbemerkung zu Art. K bis K.9, Rn. 11.

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Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft zur Verwirklichung der Ziele der Union, insbesondere der Freizügigkeit, u. a. „die Asylpolitik" (Nr. 1) und „die Einwanderungspolitik und die Politik gegenüber den Staatsangehörigen dritter Länder" (Nr. 3) „als Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse" 47. Mit der Aufnahme von Asyl- und Einwanderungspolitik in die sog. „Dritte Säule" der Europäischen Union wurde klargestellt, daß in diesen Bereichen die Mitgliedstaaten ihre Kompetenz behielten und eine Vergemeinschaftung (noch) nicht erfolgte 48. Es verblieb bei der bereits vorher gepflogenen intergouvernementalen Zusammenarbeit, allerdings mit materiellen Konkretisierungen und der Schaffung besonderer Instrumente (vgl. Art. K.3 Abs. 2 EUV a. F.). So werden als Materien der Einwanderungspolitik und der Politik gegenüber den Staatsangehörigen dritter Länder die Voraussetzungen für die Einreise und den Verkehr von Staatsangehörigen dritter Länder im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, die Voraussetzungen für den Aufenthalt von Staatsangehörigen dritter Länder im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einschließlich der Familienzusammenführung und des Zugangs zur Beschäftigung sowie die Bekämpfung der illegalen Einwanderung, des illegalen Aufenthalts und der illegalen Arbeit von Staatsangehörigen dritter Länder im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten genannt (Art. K . l Nr. 3 lit. a bis c EUVa. F.). Art. K.2 schreibt vor, daß die in Art. K . l genannten Angelegenheiten (insbesondere das Asylrecht) unter Beachtung der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Genfer Flüchtlingskonvention49 behandelt werden. Diese Erklärung ist - anders als die Verpflichtung der EG in Art. 63 Nr. 1 E G V 5 0 - noch deklaratorisch, da alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union Vertragsparteien der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention sind und die Asylkompetenz gerade nicht auf die Europäische Gemeinschaft übertragen haben, sondern in der Europäischen Union „verbunden" vorgehen. Art. K.9 EUV a. F. ermöglichte, daß die Regelungen des (durch den Vertrag von Amsterdam aufgehobenen) Art. 100c a. F. EGV über Visumszwang und einheitliche Visagestaltung aufgrund einstimmigen Beschlusses des Rates für die Bereiche der Art. K. 1 Nr. 1 bis 6 EUV anwendbar sind. Von dieser Möglichkeit der erleichterten „Vergemeinschaftung" 51 wurde nicht Gebrauch gemacht52.

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Vgl. Art. 1 Abs. 3, Art. 3 EUV. Zur Struktur der Europäischen Union vgl. z. B. Matthias Pechstein/Christian Koenig, Die Europäische Union, 3. Aufl. 2000, Rn. 1 ff. m. w. N. 47 Vgl. dazu Kay Hailbronner, Perspektiven einer Europäischen Asylrechtsharmonisierung nach dem Vertrag von Maastricht, in: Michael Piazolo/Klaus Grosch (Hrsg.), Festung oder offene Grenzen, 1995, S. 73 (76 ff.). 48 Vgl. dazu Kay Hailbronner, Die Europäische Asylrechtsharmonisierung nach dem Vertrag von Maastricht, ZAR 1995, S. 3 ff.; Albrecht Weber, Einwanderung- und Asylpolitik nach Maastricht, ZAR 1993, S. 11 ff. 49

Dies bezieht sich auf die Fassung des New Yorker Zusatzprotokolls vom 31.1. 1967, BGBl. 1969 II, S. 1294. Abgedruckt in Sartorius I I (Fn. 18), Nr. 28a. Vgl. Degen (Fn. 9), Art. K.2, Rn. 2. so Siehe dazu unten S. 91 (C. VI).

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2. Maßnahmen auf der Basis des Unionsvertrags

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von Maastricht

a) Asylrecht Nach Inkrafttreten des Unionsvertrags legte der Rat dem Europäischen Rat für den Gipfel von Brüssel vom 10./11. Dezember 1993 einen längeren Aktionsplan für die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres vor, der für den Bereich der Asylpolitik gemäß Art. K . l Nr. 1, Art. K.2 Abs. 2 EUV a. F. eine „gemeinsame Aktion" für die harmonisierte Anwendung des Flüchtlingsbegriffs der Genfer Flüchtlingskonvention, die Annahme von Grundsätzen für bi- und multilaterale Rücknahmeübereinkommen mit Drittstaaten sowie die Berücksichtigung der Rücknahmepraxis von Drittstaaten bei Abschluß europäischer Assoziations- oder Kooperationsabkommen vorsah 53. Das diesem Aktionsplan beigefügte Arbeitsprogramm 1994 sah die Definition von Mindestgarantien für das Asyl verfahren, die Prüfung einer Lastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten und die Angleichung der Aufnahmebedingungen von Asylbewerbern vor 5 4 . Am 4. März 1996 beschloß der Rat den gemeinsamen Standpunkt betreffend die harmonisierte Anwendung der Definition des Begriffs „Flüchtling" in Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention 5 5 . Damit gelang es, Konsens über zentrale Fragen des materiellen Asylrechts (Gruppenverfolgung, Verfolgungsbegriff, Verfolgungsgründe, innerstaatliche Fluchtalternative, Abgrenzung zu Bürgerkriegsflüchtlingen, réfugié sur place, Kriegsdienstverweigerung, Verlust der Flüchtlingseigenschaft) zu finden. Diese Leitlinien des Rates sind aber rechtlich nicht verbindlich, stehen unter dem Vorbehalt der Vereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben der einzelnen Mitgliedstaaten und unterliegen keiner gemeinsamen gerichtlichen Kontrolle. Sie sind aber immerhin Empfehlungen an die zuständigen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten.56 Ferner beschloß der Rat eine Reihe von Schlußfolgerungen zu verfahrenstechnischen Fragen. 57 Nach schwierigen Verhandlungen einigte man sich auf die Entschließung des Rates vom 20. Juni 1995 über Mindestgarantien für Asylverfahren, 58 die minimale Standards für das Asylverfahren, für die individuellen Rechte der Asylbewerber und für die Behandlung offensichtlich unbegründeter Anträge und von Asylanträgen an der Grenze empfehlen.

51 Vgl. zu den Erleichterungen gegenüber dem normalen Vertragsänderungsverfahren Degen (Fn. 9), Art. K.9, Rn. 8. 52 Vgl. zur zögerlichen Haltung Degen (Fn. 9), Art. K.9, Rn. 4. 53 BullEG 12-1993, S. 11 f. (12). 54 Arbeitsprogramm vom 2. 12. 1993, vgl. BullEG 11 -1993, S. 100 (101 f.). 55 AB1.EG 1996 Nr. L 63/2. Abgedruckt in Hailbronner (Fn. 30), D 12.14. Vgl. dazu Hailbronner (Fn. 26), Art. K, Rn. 76 ff.; Albrecht Weber, Entwicklungen zu einem gemeineuropäischen Asylrecht, AWR-Bulletin 1999, S. 122 (123). 56 Vgl. dazu Pechstein/Koenig (Fn. 46), Rn. 237. 57 Vgl. dazu Degen (Fn. 9), Art. K.l, Rn. 6, S. 1037 f. 58 AB1.EG 1996 Nr. C 274/13. Abgedruckt in Hailbronner (Fn. 30), D 12.12.

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Angesichts der vor allem durch die Konflikte im ehemaligen Jugoslawien ausgelösten Flüchtlingsströme erging die Entschließung des Rates vom 25. September 1995 zur Lasten Verteilung hinsichtlich der Aufnahme und des vorübergehenden Aufenthalts von Vertriebenen 59 sowie der Beschluß des Rates vom 4. März 1996 über ein diesbezügliches Warn- und Dringlichkeitsverfahren. 60

b) Einwanderungspolitik Die Kommission arbeitete einen Vorschlag für einen Rechtsakt des Rates über die Ausarbeitung eines völkerrechtlichen Übereinkommens zur Regelung der Zulassung von Staatsangehörigen dritter Länder in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aus. Dieser Vorschlag enthält detaillierte Regelungen über die Zulassung zur Ausübung einer abhängigen sowie einer selbständigen Erwerbstätigkeit, zur Aufnahme eines Studiums und zur beruflichen Bildung, zu sonstigen Zwecken und zur Familienzusammenführung. Er sieht ferner Regelungen für auf Dauer sich aufhaltende Drittstaatsangehörige vor. Erwägungsgrund 9 des Vorschlags stellt jedoch klar, daß die geplanten gemeinsamen Zulassungsregeln für Drittstaatsangehörige mit Ausnahme der für die Familienzusammenführung geltenden Regeln kein Aufenthaltsrecht vorsehen, und die Entscheidung über die Zulassung von Staatsangehörigen dritter Länder weiterhin im Ermessen der Mitgliedstaaten liegt. 61 Nach der Entschließung des Rates vom 4. März 1996 über die Rechtsstellung von Staatsangehörigen dritter Länder, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf Dauer aufhältig sind, 62 legte die Kommission am 30. September 1997 den Vorschlag eines entsprechenden Rechtsaktes des Rates gemäß Art. K.3 lit. c EUV a. F. vor. 63 Dieser Vorschlag ist durch die Vergemeinschaftung der Einwanderungspolitik gemäß Art. 63 Nr. 3 und 4 EGV 6 4 nicht überholt, da die Kompetenzen der EG nur konkurrierende sind und die betroffenen Beschäftigungsfragen in Titel IV EGV ausgeklammert wurden. 65 Der Rat hat über diesen Vorschlag bislang nicht beschlossen. Danach ist noch die gesonderte Unterzeichnung 66 und Annahme durch 59 AB1.EG 1995 Nr. C 262/1. Abgedruckt in Hailbronner (Fn. 30), D 12.13. 60 AB1.EG 1996 Nr. L 63/10. Abgedruckt in Hailbronner (Fn. 30), D 12.15. 61 Vgl. dazu Michael Wollenschläger, Grundlagen und Anforderungen einer Europäischen Einwanderungsregelung, in: Werner Weidenfeld (Hrsg.), Das Europäische Einwanderungskonzept, 1994, S. 161 (184 f.). 62 AB1.EG 1996 Nr. C 80/2. Abgedruckt in Hailbronner (Fn. 30), D 10.2. 63 Dok KOM (97) 387 endg., ABl.EG 1997 Nr. C 337/9. Stellungnahme des Europäischen Parlaments in AB1.EG 1999 Nr. C 150/187. Vgl. dazu Steve Peers, Raising Minimum Standards or Racing to the Bottom?, in: Elspeth Guild (Hrsg.), The Legal Framework and Social Consequences of Free Movement of Persons in the EU, 1999, S. 149; Steve Peers, EU Justice and Home Affairs Law, 2000, S. 90 ff. 64 Siehe unten S. 81 ff. (B Ill.l.b).

65 Siehe unten S. 80 (B Ill.l.a). 66 An diesem Erfordernis hält der Rat fest, vgl. z. B. AB1.EG 1996 Nr. C 313/11.

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die Mitgliedstaaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften erforderlich. Das Beispiel zeigt, daß die verfahrensmäßigen Erleichterungen, die Art. K.3 lit. c EUV a. F. brachte, 67 wenig helfen, solange die Einigung in den Sachfragen nicht erreicht ist.

c) Visumspolitik Die Visumspolitik war bereits durch Art. 100 c EGV a. F. vergemeinschaftet. Der Rat setzte darauf die Verordnung vom 25. September 1995 zur Bestimmung der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten in Besitz eines Visums sein müssen68, und die Verordnung vom 29. Mai 1995 über eine einheitliche Visagestaltung69.

d) Überschreiten der Außengrenzen Die Kommission arbeitete ein gemäß Art. K.3 Abs. 2 lit. c EUV a. F. abzuschließendes Übereinkommen über das Überschreiten der Außengrenzen der EG aus. 70 Der Beschluß des Rates und die Unterzeichnung scheiterten an Meinungsverschiedenheiten zwischen Spanien und dem Vereinigten Königreich über den Status von Gibraltar. 71

III. Europäisches Asyl- und Einwanderungsrecht nach dem Vertrag von Amsterdam 1. Die „ Vergemeinschaftung"

in Titel IV EG-Vertrag

a) Gründe für die „Vergemeinschaftung" Die Form der intergouvernementalen Zusammenarbeit in der „Dritten Säule" wurde u. a. für die Teilgebiete Asyl und Einwanderung als nicht mehr adäquat empfunden, um das Ziel des schrittweisen Aufbaus eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu erreichen. Man hielt die (wie eingangs gezeigt, limitierte und mit Kautelen versehene) Übertragung von Hoheitsrechten in einem 67 Vgl. dazu Degen (Fn. 9), Art. K.3, Rn. 12 f. 68 Verordnung (EG) Nr. 2317/95, ABl. 1995 Nr. L 234/1. In die gemeinsame Liste der Drittländer wurden 101 Staaten aufgenommen. Vgl. dazu Birgit Laubach, Bürgerrechte für Ausländer und Ausländerinnen in der Europäischen Union, 1999, S. 187 f. 69 AB1.EG 1995 Nr. L 164/1. 70 Dok KOM (93) 684 endg., AB1.EG 1994 Nr. C 11 /8. 71 Vgl. Pechstein/Koenig (Fn. 46), Rn. 347. Koen Lenaerts/Piet nal Law of the EU, 1996, S. 42, Rn. 2-020.

van Nuffel,

Constitutio-

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Kernbereich nationaler Souveränität für erforderlich, um im Gegenzug das in der Tat effizientere Gemeinschaftsverfahren (Verordnungen und Richtlinien statt ratifizierungsbedürftiger völkerrechtlicher Verträge oder lediglich europarechtliches „soft law") sowie vor allem eine verbesserte gerichtliche Kontrolle durch den EuGH und die parlamentarische Kontrolle durch das am Gesetzgebungsverfahren beteiligte Europäische Parlament zu erhalten. 72 Vielleicht war man sich teilweise aber auch der Brisanz und des Inhalts mancher Vorschriften nicht bewußt, was ggf. zu entsprechenden Auslegungsstreitigkeiten, hinter denen politische Kontroversen stehen, führen könnte.73 Wenngleich die aus dem operativen Feld der Europäischen Union, der „Dritten Säule", in die Gemeinschaftsrechtsordnung überführten Bestimmungen weitgehend inhaltlich, zu einem erheblichen Teil auch wörtlich übereinstimmend sind, sich materiell somit nicht viel ändert, ist die „Vergemeinschaftung", die Übertragung in die „Erste Säule" der Gemeinschaftsrechtsordnung, ein wesentlicher Schritt nicht nur hinsichtlich der verfahrensmäßigen Erleichterung des Vöranschreitens, sondern auch - bei aller gebotenen Vorsicht und ggf. veranlaßtem politischem Widerstand gegen eine „schleichende Bundesstaatlichkeit" - von größter Bedeutung für das Selbstverständnis der Europäischen Union als einer auf die Personen zugeschnittenen Einheit mit territorial definiertem Zuständigkeitsbereich 74. Bemerkenswert ist aber auch, daß bei der Vergemeinschaftung von Asyl- und Einwanderungspolitik in Titel IV EGV eine teilweise materielle Reduktion gegenüber dem alten Titel V I EUV erfolgte. Art. 63 EGV ist gegenüber Art. K . l Nr. 1 und Nr. 3 EUV a. F. insoweit enger, als die allgemeine Kompetenz für „Politik gegenüber Staatsangehörigen dritter Länder" (vgl. Art. K . l Nr. 3 EUV a. F.) und die Kompetenz für den Zugang zur Beschäftigung (vgl. Art. K.l Nr. 3 lit. b a.E. EUV a. F.) fehlen 75 . Da diese Bereiche auch nicht in der neuen Fassung der „Dritten Säule" geregelt sind, stellt sich die Frage, wo sie verblieben bzw. gelandet sind. 76

72 Vgl. Wollenschläger (Fn. 19), EuGRZ 2001, S. 357. 73 Vgl. dazu Rudolf Streinz, Amsterdamer Vertrag in Kraft, EWS 1999, Heft 5, S. I. 74 Vgl. Rohen, in: Grabitz / Hilf (Fn. 34), Vor Art. 61 EGV, Rn. 1. 75 Diese Reduktion wird in der Literatur z.T. bestritten, vgl. Thomas Wiedmann, in: Jürgen Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2000, Art. 63, Rn. 36; Elspeth Guild, Primary Immigration: The Great Myths, in: dies./Carol Harlow (Hrsg.), Implementing Amsterdam. Immigration and Asylum Rights in EC Law, 2001, S. 65 (71); Gisbert Brinkmann, Family Reunion. Third Country Nationals and the Community's New Powers, ebd., S. 241 (252), Fn. 40. Zutreffend dagegen Bardenhewer, in: Lenz (Fn. 28), Rn. 12; Wolfgang Weiß, Die Personenverkehrsfreiheiten von Staatsangehörigen assoziierter Staaten in der EU, 1998, S. 22. Die Kompetenz gemäß Art. 137 Abs. 3, 4. Spiegelstrich EGV bezieht sich allein auf die Beschäftigungsbedingungen der Staatsangehörigen dritter Länder, die sich (bereits) rechtmäßig im Gebiet der EG aufhalten, nicht auf den Zugang zum Arbeitsmarkt, vgl. Robert Rebhahn, in: Schwarze, a. a. O., Art. 137, Rn. 20. 76 Siehe dazu unten S. 83 ff. (B III.2).

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b) Die Materien der Asyl- und Einwanderungspolitik Die „vergemeinschafteten" Materien werden in Art. 61 E G V aufgeführt. Art. 62 E G V regelt vor allem Maßnahmen bezüglich des Überschreitens der Außengrenzen der Mitgliedstaaten. Die bereits vorher (Art. 100 c E G V a. F.) „vergemeinschaftete" Visapolitik wird jetzt von Art. 62 Nr. 2 lit. b EGV erfaßt. 77 Die sonstigen Maßnahmen in den Bereichen Asyl, Einwanderung und Schutz der Rechte von Staatsangehörigen dritter Länder regelt Art. 63 EGV. Danach beschließt der Rat gemäß dem noch zu erörternden Verfahren des Art. 67 EGV innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam, also bis zum 30. A p r i l 2004, in Übereinstimmung mit der Genfer Flüchtlingskonvention sowie einschlägigen anderen Verträgen - zu denken ist hier insbesondere an Art. 3 E M R K - Asylmaßnahmen in folgenden Bereichen (Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EGV): a) Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines dritten Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat; b) Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten; c) Mindestnormen für die Anerkennung von Staatsangehörigen dritter Länder als Flüchtlinge; d) Mindestnormen für die Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft. In bezug auf Flüchtlinge und vertriebene Personen beschließt der Rat Maßnahmen in folgenden Bereichen (Nr. 2): a) Mindestnormen für den vorübergehenden Schutz von vertriebenen Personen aus dritten Ländern, die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, und von Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen; b) Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme von Flüchtlingen und vertriebenen Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten. In folgenden Bereichen sollen einwanderungspolitische sen werden (Nr. 3):

Maßnahmen beschlos-

1. Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen sowie Normen für die Verfahren zur Erteilung von Visa für einen langfristigen Aufenthalt und Aufenthaltstiteln, einschließlich solcher zur Familienzusammenführung, durch die Mitgliedstaaten; 2. illegale Einwanderung und illegaler Aufenthalt, einschließlich der Rückführung solcher Personen, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten.

77 Vgl. dazu und zur (geringen) Relevanz der Beschränkung auf Visa von kurzer Dauer Josef Heimann, „Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr" - der neue Titel IV EGV unter besonderer Berücksichtigung des SchengenProtokolls, 1999, S. 21 f. 6 Stern

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Schließlich sollen Maßnahmen zur Festlegung der Rechte und der Bedingungen beschlossen werden, aufgrund derer sich Staatsangehörige dritter Länder, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, in anderen Mitgliedstaaten aufhalten dürfen (Nr. 4). Die Maßnahmen, die von der EG dazu und zur Einwanderungspolitik beschlossen wurden, hindern die Mitgliedstaaten nicht daran, in den betreffenden Bereichen innerstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen, die mit dem EGVertrag und mit internationalen Übereinkünften vereinbar sind (Art. 63 Abs. 2 EGV, der auf Art. 63 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EGV verweist). Die Mitgliedstaaten dürfen somit insoweit vom Sekundärrecht, nicht aber vom Primärrecht abweichen und z. B. entgegen den Bestimmungen einer EG-Verordnung oder EG-Richtlinie - vorbehaltlich anderslautender völkerrechtlicher Verträge 78 - den Aufenthalt von ausreichenden Finanzmitteln des Betreffenden abhängig machen79. Damit werden was allerdings nicht unumstritten ist - den Mitgliedstaaten auch gegenüber erfolgter gemeinschaftsrechtlicher Harmonisierung Handlungsspielräume für nationale Sonderregelungen („Alleingänge") eröffnet 80. Unzulässig sind dagegen Abweichungen von den beschlossenen ayy/rechtlichen Maßnahmen (kein Verweis auf Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EGV). Für das Asylrecht bedeutsam ist ferner die Einbeziehung des sog. „SchengenBesitzstands" in die Europäische Union 81 , dessen Aufteilung auf den intergouver78 Vgl. zu den Sonderregelungen in den Assoziierungsabkommen mit Marokko und der Türkei Roben, in: Grabitz / Hilf (Fn. 34), Art. 63, Rn. 34. 79 So ausdrücklich der Standpunkt der deutschen Bundesregierung, Schreiben an den damaligen britischen Vorsitz vom 13. 3. 1998, vgl. Bardenhewer, in: Lenz (Fn. 28), Art. 63, Rn. 12; Winfried Brechmann, in: Calliess / Ruffert (Fn. 5), Art. 63, Rn. 42. 80 So zutreffend Brechmann, in: Calliess/Ruffert (Fn. 5), Art. 63, Rn. 41 f. Die Durchbrechung der Sperrwirkung von erlassenem Sekundärrecht ohne inhaltlich Bindung („Schutzverstärkung", vgl. z. B. Art. 95 Abs. 4, Art. 176 EGV) und ohne speziellen Kontrollmechanismus (vgl. Art. 95 Abs. 5 bis 9 EGV) mag ungewöhnlich sein, läßt sich aber als politischer Kompromiß erklären. Um die Einhaltung des Primärrechts zu gewährleisten, dürfte zumindest die Pflicht zur Konsultation der Kommission bestehen, vgl. Roben, in: Grabitz/Hilf (Fn. 34), Art. 63, Rn. 43. Der (herrschenden) Gegenansicht, z. B. Kay Hailbronner, European Immigration and Asylum Law under the Amsterdam Treaty, CMLRev 35 (1998), S. 1047 (1051); Christoph Thun-Hohenstein, Der Vertrag von Amsterdam, 1997, S. 35; Albrecht Weber, Möglichkeiten und Grenzen europäischer Asylrechtsharmonisierung, ZAR 1998, S. 149 (151); Wollenschläger (Fn. 19), EuGRZ 2001, S. 358, ist zuzugeben, daß das Ergebnis des politischen Kompromisses unbefriedigend sein mag. Allerdings ist auffallend, daß es sich bei den Maßnahmen nach Art. 63 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EGV im Gegensatz zu den nicht erfaßten Maßnahmen des Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EGV nicht um Mindestnormen handelt, was die Differenzierung insoweit schlüssig erscheinen läßt. 81 Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstandes in den Rahmen der Europäischen Union, Protokoll (Nr. 2) zum Amsterdamer Vertrag, BGBl. 1998 II, S. 386 (429); AB1.EG 1997 Nr. C 340/93. Abgedruckt in Sartorius I I (Fn. 18), Nr. 151, S. 2 ff.; Hailbronner{ Fn. 30),D2, S. 12.2 ff. Vgl. auch den Beschluß 1999/435/EG des Rates vom 20.5.1999 zur Bestimmung des Schengen-Besitzstands zwecks Festlegung der Rechtsgrundlagen für jede Bestimmung und jeden Beschluß, die diesen Besitzstand bilden, nach Maßgabe

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nementalen Bereich des EU-Vertrags und den vergemeinschafteten Bereich des EG-Vertrags durch den Festlegungsbeschluß des Rates vom 20. Mai 1999 82 erfolgte. Die Zuordnung der das Asylrecht betreffenden Art. 28 bis 38 SDÜ unterblieb, weil diese Regeln gemäß dem Bonner Protokoll durch das Dubliner Übereinkommen überholt wurden 83 . Schließlich haben sich die Mitgliedstaaten durch ein Protokoll zum Amsterdamer Vertrag selbst als sichere Herkunfts- und Drittstaaten definiert 84 , so daß ein Asylbegehren eines EU-Bürgers ohne weiteres als unbeachtlich oder unzulässig behandelt werden kann. Dieses Protokoll schließt normativ aus, daß in einem EU-Mitgliedstaat überhaupt politische Verfolgung stattfinden kann 85 .

2. Das Verhältnis der vergemeinschafteten Asyl- und Einwanderungspolitik (Titel IV EGV) zur neuen PJZS (Titel VI EUV) und zur „alten" ZBJI (Titel VI Art. K EUVa. F.) a) Verhältnis zur neuen „Dritten Säule" (PJZS) Eine Brücke zur polizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS), der neuen „Dritten Säule", stellt Art. 61 lit. e EGV her. Dies ist sachgerecht wegen der Verbindung von Personenverkehr und Kriminalitätsbekämpfung und entspricht dem in Art. 1 EUV festgelegten Kohärenzprinzip. Eine andere Frage ist, ob von den drei Aspekten Freiheit, Sicherheit und Recht der Aspekt der Sicherheit auf Dauer von der Vergemeinschaftung ausgeschlossen bleiben kann.

b) Verhältnis zur alten „Dritten Säule" (ZBJI) Durch Art. 2 des Schengen-Protokolls zum Amsterdamer Vertrag wird nur der eigens definierte „Schengen-Besitzstand"86, nicht aber der sog. „Acquis" der alten der einschlägigen Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union, AB1.EG 1999 Nr. L 176/1, abgedruckt in Hailbronner (Fn. 30), D 6.1. 82 Beschluß 1999/436/EG, AB1.EG 1999 Nr. L 176/17. Abgedruckt in Hailbronner (Fn. 30), D 6.2. 83 Siehe oben Fn. 37. 84 Protokoll über die Gewährung von Asyl für Staatsangehörige für Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Protokoll (Nr. 29) zum Amsterdamer Vertrag, BGBl. 1998 II, S. 386 (433); AB1.EG 1997 Nr. C 340/103. Abgedruckt in Sartorius II (Fn. 18), Nr. 151, S. 29 f.; Hailbronner (Fn. 30), D 2, S. 23 f. 85 Zur völkerrechtlichen Zulässigkeit dieser Maßnahme vgl. Röben, in: Grabitz / H i l f (Fn. 34), Art. 63, Rn. 26. Zu den (gebotenen) Ausnahmen in lit. a bis d des Protokolls vgl. Kay Hailbronner, Die Neuregelung der Bereiche Freier Personenverkehr, Asylrecht und Einwanderung, in: Hummer (Fn. 3), S. 179 (183). 86 Siehe oben Fn. 80, 81. 6*

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„Dritten Säule" (Titel V I - Art. K EUVa. F.: ZBJI) einbezogen. Somit ist die Frage, welche rechtliche Bedeutung diesen Akten nach den Änderungen durch den Vertrag von Amsterdam noch zukommt, nicht geklärt 87 . Eine automatische Vergemeinschaftung 88 kommt, wie gerade die differenzierende Regelung des Art. 2 des Schengen-Protokolls zeigt, ebensowenig in Betracht wie der ersatzlose Wegfall, da die Europäische Union auf die „Wahrung und Weiterentwicklung des gemeinschaftlichen Besitzstands" (Art. 3 Abs. 1 EUV) angelegt ist 89 . Zudem ist zu berücksichtigen, daß die Mitgliedstaaten zu intergouvernementalen Maßnahmen ohnehin, d. h. unabhängig von einer rechtlichen Grundlage in Titel V I EUV a. F., zuständig waren und bleiben, solange nicht diese Kompetenzen - wie jetzt in Titel IV EGV - auf die EG übergegangen sind. Daher bleiben nicht nur die auf Art. K.3 Abs. 2 lit. c EUV a. F. gestützten Abkommen in Kraft, die bereits vor dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrags am 1. Mai 1999 90 in Kraft getreten waren, sondern es können solche Abkommen auch danach ratifiziert werden, allerdings nur solange und soweit, als die betreffenden Materien nicht vom Gemeinschaftsrecht, jetzt insbesondere von Titel IV EGV, erfaßt werden. Bestehende Abkommen sollen insoweit in Gemeinschaftsrecht übergeleitet werden, bis dahin bleiben sie in Kraft 91 . Die Ratifizierung von Abkommen wird eingestellt („eingefroren"), sobald die EG-Kommission einen entsprechenden EG-Rechtsakt vorschlägt 92. Darüber hinaus führt der Wegfall einer Rechtsgrundlage nicht notwendig zum Erlöschen der darauf gestützten Maßnahmen, soweit diese nicht mit der neuen Regelung unvereinbar sind 93 . Relevant ist dies für diejenigen Materien des Asyl- und Einwanderungsrechts, die nicht aus der „Dritten Säule" der alten ZBJI in Titel IV EGV übernommen wurden, aber auch nicht in der neuen PJZS verblieben sind, z. B. die auf Art. K.3 EUV a. F. gestützte gemeinsame Maßnahme 1996/197 / JI vom 4. März 1996 betreffend den Transit auf Flughäfen 94.

87 Vgl. Rainer Hofmann, Die Freizügigkeit von Drittstaatsangehörigen in der EU, in: Franz Merli (Hrsg.), Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und die Osterweiterung der EU, 2001, S. 163 (168); Roben, in: Grabitz / Hilf (Fn. 34), Vor Art. 61, Rn. 14. 88 In diese Richtung Roben, in: Grabitz / Hilf (Fn. 34), Vor Art. 61, Rn. 14. 89 Vgl. auch die Erklärung (Nr. 51) zu Art. 10 des Vertrags von Amsterdam, BGBl. 1998 II, S. 417 (452); AB1.EG 1997 Nr. C 340/142; abgedruckt in Sartorius I I (Fn. 18), Nr. 147a, S. 23. Diese Erklärung bezieht allerdings den Unionsvertrag von Maastricht selbst nicht ein. 90 Vgl. oben Fn. 2.

91 Vgl. Peter-Christian Müller-Grajf, Die fortentwickelte Übernahme des acquis der „Dritten Säule" in die „Erste Säule" der Union, in: Waldemar Hummer (Hrsg.), Rechtsfragen in der Anwendung des Amsterdamer Vertrags, 2001, S. 53 (69 f.); Wiedmann, in: Schwarze (Fn. 75), Art. 61, Rn. 30. 92 Vgl. Roben, in: Grabitz/Hilf (Fn. 34), Vor Art. 61, Rn. 16. Die Mitgliedstaaten sind dazu aus Art. 10 Abs. 2 EGV verpflichtet, Wiedmann, in: Schwarze (Fn. 75), Art. 61, Rn. 30. 93 Vgl. EuGH, Urt. v. 16. 3. 1999, Rs. C-222/97 - Trümmer und Mayer - , Slg. 1999 I, 1661 (1678), Rn. 21 zur auf Art. 67 EWGV a. F. gestützten Kapitalverkehrsrichtlinie 88/361 / EWG. Vgl. dazu Streinz (Fn. 11), Rn. 763. 94 AB1.EG 1996 Nr. L 63 / 8. Abgedruckt in Hailbronner (Fn. 30), D 9.8.

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3. Europa mehrerer Geschwindigkeiten - Sonderregelungen für Dänemark, das Vereinigte Königreich und Irland Ein besonderes Problem der Vergemeinschaftung und damit für ein gemeinsames europäisches Einwanderungs- und Asylrecht sind die bereits zuvor bestehenden und vom Amsterdamer Vertrag (modifiziert) übernommenen länderspezifischen Sonderregelungen für das Vereinigte Königreich und Irland sowie für Dänemark 95. Durch die insoweit bestehenden, politisch verständlichen opt-in und opt-out Vorrechte wird die Rechtsmaterie noch unübersichtlicher und in einer Reihe von Rechtsfragen noch komplizierter als sie ohnehin schon ist. Es ist fraglich, ob diese Sonderregelungen auf Dauer haltbar sind 96 .

4. Vorgaben für die Realisierung der Kompetenzen des Titels IV EGV Die in Art. 61 EGV aufgeführten Kompetenzen der EG und damit auch die Kompetenzen in der Asyl- und Einwanderungspolitik (Art. 63 EGV) sind gegenständlich begrenzt (Enumerationsprinzip, Mindestnormen) und konkurrierend zu den Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten97, so daß gemäß Art. 5 Abs. 2 EGV das Subsidiaritätsprinzip zu beachten ist. Allerdings liegen gerade in den Grundfragen des Asyl- und Einwanderungsrechts das Erfordernis einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung und deren Vorteile („besser") auf der Hand. Gemäß Art. 63 EGV beschließt der Rat über die genannten Maßnahmen der Einwanderungs- und Asylpolitik innerhalb eine Zeitraums von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam, also bis zum 30. April 2004. Mit der ausgewogenen Verteilung der Belastung mit Flüchtlingen (Art. 63 Abs. 1 Nr. 2 lit. b), den Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen (Art. 63 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) und dem Aufenthalt von Drittstaatlern in allen Mitgliedstaaten (Art. 63 Abs. 1 Nr. 4) sind allerdings wesentliche Materien von dieser Zeitvorgabe ausdrücklich ausgenommen (Art. 63 Abs. 3 EGV). Diese Zielvorgabe soll - wie beim Binnenmarkt - zur zügigen Herstellung des angestrebten Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beitragen, hat aber, auch wenn dies hier nicht ausdrücklich festgelegt wurde 98 , keine unmittelbare rechtliche Wirkung 99 . Jedoch ist der Rat rechtlich verpflichtet, sich um den Erlaß der gebotenen Maßnahmen innerhalb dieser Frist zu bemühen 100 .

95 Vgl. dazu Hailbronner (Fn. 85), S. 185 ff. m. w. N. 96 Vgl. Hailbronner (Fn. 85), S. 195 f. 97 Vgl. Wiedmann, in: Schwarze (Fn. 75), Art. 61, Rn. 37; Roben, in: Grabitz/Hilf (Fn. 34), Vor Art. 61, Rn. 3. 98 Vgl. die Erklärung zu Art. 8 a EWGV a. F. zur Einheitlichen Europäischen Akte, ABl. 1987 Nr. L 169/24. Vgl. dazu Armin Hatje, in: Schwarze (Fn. 75), Art. 14, Rn. 17 m. w. N. 99 Vgl. Roben, in: Grabitz / Hilf (Fn. 34), Art. 67, Rn. 9.

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Von einer möglichen Fristüberschreitung geht Art. 67 EGVaus, der nach Ablauf des Übergangszeitraums von fünf Jahren der Kommission das alleinige Initiativrecht gibt und es dem Rat ermöglicht, durch einstimmigen Beschluß nach Anhörung des Europäischen Parlaments für alle oder Teile der Bereiche des Titels IV EGV von der Einstimmigkeit zum Verfahren der Mitentscheidung des Europäischen Parlaments mit qualifizierter Mehrheit im Rat (Art. 251 EGV) überzugehen (Art. 67 Abs. 2 EGV).

IV. Bisherige Realisierung der Asyl- und Einwanderungspolitik gemäß Art. 63 EGV 1. Aktionspläne und Programme Nach der Unterzeichnung des Amsterdamer Vertrags wurde auf Beschluß des Europäischen Rates von Cardiff (15. Juni 1998) 101 für den Wiener Gipfel (11. Dezember 1998) 102 ein Aktionsplan zur bestmöglichen Umsetzung des Titels IV EGV und damit auch der Einwanderungs- und Asylpolitik vorgelegt 103 . Die österreichische Ratspräsidentschaft legte ferner ein überarbeitetes Strategiepapier zu Maßnahmen der Migrationspolitik der EU mit dem Ziel einer besseren Steuerung der Zuwanderung vor 1 0 4 , auf dessen Basis im Mai 1999 vom Rat die Leitlinien für eine europäische Migrationsstrategie entwickelt wurden 105 . Der Gipfel des Europäischen Rates von Tampere (15./16. Oktober 1999) 106 bekräftigte und konkretisierte das Vorhaben der Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen auch für die Gebiete Asylpolitik, Flüchtlingspolitik und Einwanderungspolitik. Für die Durchführung der Maßnahmen wurden bestimmte Fristen gesetzt und ein von der 100 Vgl. Brechmann, in: Calliess/Ruffert (Fn. 5), Art. 61, Rn. 13. Nur eine politische Verpflichtung nimmt Bardenhewer, in: Lenz (Fn. 28), Art. 61, Rn. 2 an. Zur Möglichkeit einer Untätigkeitsklage gemäß Art. 232 EGV vgl. Roben, in: Grabitz/Hilf (Fn. 34), Art. 63, Rn. 7 m. w. N. 101 BullEG 6-1998, S. 7 ff. 102 BullEG 12-1998, S. 8 ff. 103 Aktionsplan des Rates und der Kommission zur bestmöglichen Umsetzung der Bestimmungen des Amsterdamer Vertrages über den Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, ABl.EG 1999 Nr. C 19/1 (7 ff.). 1 04 Strategiepapier des Rates der Europäischen Union zur Migrationspolitik vom 19. 11. 1998. Vgl. dazu Klemens H. Fischer, Auf dem Weg zu einer neuen Asyl- und Migrationspolitik der Europäischen Union?, Europäische Sicherheit 1998, S. 57 ff.; Wollenschläger (Fn. 19), EuGRZ 2001, S. 360 f. 105 Leitlinien für eine Europäische Migrationsstrategie des Rates der Europäischen Union vom 3. 5. 1999, Ratsdokument 7931/99, http://register.consilium.eu.int/pdf/de/99/st07/ 07931d9.pdf. 106 BullEG 10-1999, S. 7. Vgl. dazu Florian von Alemann, Die Entwicklung der europäischen Asylpolitik bis zum Vertrag von Amsterdam, Forum Recht 2000, S. 15 f.; Wollenschläger (Fn. 19), EuGRZ 2001, S. 361.

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Kommission halbjährlich zu aktualisierender Anzeiger über die Fortschritte („Score Board") beschlossen107. Die Kommission legte ferner u. a. Mitteilungen für ein gemeinsames Asylverfahren und einen unionsweit geltenden einheitlichen Status von Personen, denen Asyl gewährt wird 1 0 8 , über eine Migrationspolitik der Gemeinschaft 109, über eine gemeinsame Politik auf dem Gebiet illegaler Einwanderung 110 , ein Weißbuch zur Einwanderungspolitik 111 und ein Grünbuch über eine Gemeinschaftspolitik zur Rückkehr illegal aufhältiger Personen 112 vor 1 1 3 . Ein gemeinsames europäisches Asylsystem soll danach folgende Ziele verfolgen: Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Staates; ein gerechtes und wirksames Asylverfahren; einheitlicher Status für Personen, denen unionsweit Asyl gewährt wird; Erlaß von Maßnahmen für Flüchtlinge und Vertriebene mit dem Ziel, jeder Person, die internationalen Schutz benötigt, einen geeigneten Status zu bieten; Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastung der Mitgliedstaaten bei der Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen sowie den daraus folgenden Konsequenzen. Die gemeinsame Einwanderungspolitik soll Regelungen der Stellung von Drittstaatsangehörigen, die Bedingungen für deren Aufnahme und Aufenthalt sowie die Bekämpfung der illegalen Einwanderung umfassen 114.

2. Bereits beschlossene Rechtsakte

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Als erster Rechtsakt im Bereich des Asylrechts wurde auf der Basis des Amsterdamer Vertrags (Art. 63 EGV) am 11. Dezember 2000 die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates über die Einrichtung von „Eurodac" für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zweck der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens116 erlassen. Am 28. Februar 2002 erging dazu eine Verordnung zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen 117. Die Verordnungen haben gemäß 107 Der „Anzeiger der Fortschritte bei der Schaffung eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der Europäischen Union" wurde von der Kommission am 24. 3. 2000 vorgelegt, Dok KOM (2000) 167. Erstmalige Aktualisierung am 30. 11. 2000, Dok KOM (2000) 782 endg. los Dok. KOM (2000) 755 vom 22. 11. 2000. 109 Dok. KOM (2000) 757 vom 22. 11. 2000.

110 Dok. KOM (2001) 672 vom 15. 11. 2001. in Dok. KOM (2001) 428 endg. vom 25. 7. 2001. Vgl. zu diesen und anderen Aktivitäten Wollenschläger (Fn. 19), EuGRZ 2001, S. 362 ff. m. w. N. 112 Dok. KOM (2002) 175 vom 10. 4. 2002. 113

Vgl. dazu und zu weiteren Initiativen Katja Tombrock-Söll, Zuwanderung - ein europäisches Thema, EU-Magazin 5/2002, S. 10 ff. 114 Vgl. dazu Weber (Fn. 55), S. 91; Müller-Graff (Fn. 91), S. 66. 115 Siehe dazu die Übersicht in Anhang 1. 116 AB1.EG 2000 Nr. L 316/1.

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Art. 249 Abs. 2 E G V unmittelbare Geltung in jedem Mitgliedstaat und bedürfen nicht der Umsetzung in nationales Recht, sondern allein der Anwendung durch die nationalen Behörden, die dazu gemeinschaftsrechtlich verpflichtet s i n d 1 1 8 . Weitere Verordnungen wurden zur Visumspolitik 1 1 9 und zur Überwachung der Grenzen 1 2 0 erlassen. Richtlinien wurden zur Bekämpfung illegaler Einwanderung 1 2 1 und über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen 122 erlassen. Offensichtlich lag bei den bereits verabschiedeten Maßnahmen der Schwerpunkt eher i m „defensiven" Bereich, der auch die jüngsten Beratungen des Rates (der Innenminister) in L u x e m b u r g 1 2 3 zur Vorbereitung des Gipfels von S e v i l l a 1 2 4 bestimmte. Daran knüpft der Vorwurf an, es gehe um den Ausbau einer „Festung E u r o p a " 1 2 5 . Jedoch zeigt sich darin eher, daß einerseits illegale Einwanderung ein aktuelles und akutes Problem i s t 1 2 6 und andererseits die

H7 Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates vom 28. 2. 2002 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 über die Einrichtung von „Eurodac" für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens, AB1.EG 2002 Nr. L 62/1. HS Vgl. dazu z. B. Streinz (Fn. 11), Rn. 382. 119 Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. 3. 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumspflicht befreit sind, AB1.EG 2001 Nr. L 81/1; Verordnung (EG) Nr. 1091/2001 des Rates vom 28. 5. 2001 über den freien Personenverkehr mit einem Visum für den längerfristigen Aufenthalt, ABl. 2001 Nr. L 150/4; Verordnung (EG) Nr. 334/2002 des Rates vom 18. 2. 2002 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1683/95 über eine einheitliche Visagestaltung, AB1.EG 2002 Nr. L 53/7. 120 Verordnung (EG) Nr. 790/2001 des Rates vom 24. 4. 2001 zur Übertragung von Durchführungsbefugnissen an den Rat im Hinblick auf bestimmte detaillierte Vorschriften und praktische Verfahren für die Durchführung der Grenzkontrollen und die Überwachung der Grenzen, AB1.EG 2001 Nr. L 116/5. 121 Richtlinie 2001/51 /EG des Rates vom 28. 6. 2001 zur Ergänzung der Regelungen nach Artikel 26 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985, AB1.EG 2001 Nr. L 187/45. 122 Richtlinie 2001 /40/EG des Rates vom 28. 5. 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, AB1.EG 2001 Nr. L 149/34. 123

Tagung des Rates der Innen- und Justizminister in Luxemburg vom 25./26. 4. 2002, BullEU Nr. 4-2002, S. 44 f. (Nr. 1.4.7). 124 Tagung des Europäischen Rates von Sevilla vom 21./22. 6. 2002, BullEU Nr. 6-2002, S. 8 (12 ff.). Vgl. auch EU-Nachrichten Nr. 23/2002, S. 1. Mit Asyl und Einwanderung befassen sich Nr. 26-39 der Schlußfolgerungen des Vorsitzes, EU-Nachrichten, Dokumentation Nr. 2/2002, S. 6 ff. Entgegen den Ankündigungen im Vorfeld, das Schlepperunwesen durch Sanktionen gegenüber betreffende Drittstaaten zu bekämpfen, wurde nichts Neues beschlossen, sondern allein die Durchführung des Programms von Tampere bekräftigt. Vgl. dazu z. B. Hartmut Hausmann, Gipfel in Sevilla beschließt mehr Grenzkontrollen, Europäische Zeitung Juni/Juli 2002, S. 10; EU-Magazin 7-8/2002, S. 4. 125 Vgl. dazu z. B. Florian von Alemann, Die Festung wird umgebaut. Europäisches Asylrecht nach Tampere, Forum Recht Heft 4/2001, S. 1.

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„offensive" Gestaltung eines Europäischen Asyl- und Einwanderungsrechts wegen der erforderlichen politischen Einigung schwieriger ist. Verabschiedet wurden insoweit bisher die Entscheidung des Rates vom 28. September 2000 über die Errichtung eines Europäischen Flüchtlingsfonds 127 und die Richtlinie des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten128.

3. Vorliegende Initiativen

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Zu vielen anderen Punkten des Programms des Art. 63 EGV, konkretisiert in Tampere und den Aktionsplänen, liegen die im Rechtssetzungsverfahren vorgesehenen Vorschläge der Kommission vor 1 3 0 . Genannt seien hier nur die Vorschläge für Richtlinien des Rates betreffend den Status der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen 131 und über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit 132 sowie über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen 133 . Über eine „gemeinsame Asylpolitik" selbst liegt allein eine „Mitteilung" vor, die einen Mechanismus sog. „offener Koordinierung" empfiehlt 134 . Gleiches gilt insoweit für die Migrationspolitik der Gemeinschaft 135. Die Initiativen der Mitgliedstaaten - bis 2004 haben ja diese hier neben der Kommission das Initiativrecht 136 - beschränken sich soweit ersichtlich auf „defensive" Maßnahmen137. 126 Die Brisanz des Problems zeigt sich z. B. darin, daß die Kommission für die Sicherheit der Außengrenzen ein „Europäisches Grenzkorps" vorschlägt, vgl. EU-Nachrichten Nr. 17/2002, S. 1. 127 Entscheidung 2000/596/EG, ABl.EG 2000 Nr. L 252/12. 128 Richtlinie 2001 /55/EG, AB1.EG 2001 Nr. L 212/12. 129 Siehe die Übersicht in Anhang 2. 130 Vgl. auch die Übersicht bei Tombrock-Söll (Fn. 113), EU-Magazin 5 / 2002, S. 15. 131 Dok. KOM (2001) 127 vom 13. 5. 2001. 132 Dok. KOM (2001) 386 vom 11. 7. 2001. 133 Dok. KOM (2001) 510 vom 12. 9. 2001. 134 Dok. KOM (2001) 710 vom 27. 11. 2001. 135 Mitteilung Dok. KOM (2001) 387 endg. der Kommission vom 11.7. 2001: Offener Koordinierungsmechanismus für die Migrationspolitik der Gemeinschaft. 136 Nach den Erfahrungen in der intergouvernementalen Zusammenarbeit fällt es den Mitgliedstaaten wegen der Abstimmungsschwierigkeiten untereinander schwer, im Rat Beschlußentwürfe mit Aussicht auf Erfolg einzubringen, vgl. Bardenhewer, in: Lenz (Fn. 28), Art. 67, Rn. 5. Das (Ko-)Initiativrecht ist darum als Übergangsregelung zu sehen, mit dessen Hilfe vor

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Rudolf Streinz 4. Der Vertrag

von Nizza

Der Vertrag von N i z z a 1 3 8 sollte i m Rahmen der Reform der Institutionen u. a. eine Ausweitung der Mehrheitsabstimmung i m Rat bringen 1 3 9 . Für die Asyl- und Einwanderungspolitik wurde jedoch am Grundsatz der Einstimmigkeit (vgl. Art. 67 EGV) festgehalten 140 . Frankreich und Deutschland hatten sich ausdrücklich dafür eingesetzt 1 4 1 . Die in Nizza am 7. Dezember 2000 proklamierte rechtlich (noch) nicht verbindliche Charta der Grundrechte der Europäischen U n i o n 1 4 2 enthält i n Art. 18 das Recht auf Asyl nach Maßgabe der Genfer Flüchtlingskonvention und des EG-Vertrags 1 4 3 .

C. Probleme der Vergemeinschaftung Thesen und Ausblick Zusammenfassend lassen sich folgende Thesen zu den Problemen der Vergemeinschaftung des Einwanderungs- und Asylrechts festhalten: allem die im Wege intergouvernementaler Zusammenarbeit ausgearbeiteten, aber noch nicht in Kraft getretenen Abkommen dem Rat zum Erlaß in der Form eines Gemeinschaftsrechtsakts zugeführt werden können, vgl. Wiedmann, in: Schwarze (Fn. 75), Art. 67, Rn. 4. 137 Vgl. die Übersicht in Anhang 3. 138 Vertrag zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte vom 26.2.2001, AB1.EG Nr. C 80/1; BGBl. 2001 II, S. 1666 (1667 ff.). In Kraft seit 1.2.2003. 139

Vgl. zum Auftrag der Regierungskonferenz von Nizza 2000 Klemens H. Fischer, Der Vertrag von Nizza. Text und Kommentar, 2001, S. 23 ff. m. w. N. 140 Vgl. dazu Fischer (Fn. 139), S. 111 f.: Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit erst, wenn der Rat einstimmig einen sog. Grundsatzacquis geschaffen hat. Damit gehört die Asylund Einwanderungspolitik zu den „nationalen Souveränitätsreservaten", wie z. B. auch das Steuerwesen und die Sozialpolitik, vgl. Jan Bergmann, Recht und Politik der Europäischen Union. Der Integrationsverbünd vor der Osterweiterung, 2001, Rn. 259. 141 Vgl. Wollenschläger (Fn. 19), EuGRZ 2001, S. 363 m. w. N. 142 AB1.EG Nr. C 364/1. Zur Rechtsnatur der Charta vgl. z. B. Streinz (Fn. 11), Rn. 358a m. w. N. Während der EuGH insoweit äußerst zurückhaltend ist, ziehen die Generalanwälte und auch das EuG die Grundrechte-Charta als „Rechtserkenntnisquelle" zur Bestätigung allgemeiner Grundsätze des Rechtsstaats heran, die den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. Dabei handelte es sich bislang allerdings um Fälle, in denen das Bestehen eines entsprechenden Rechtsgrundsatzes durch die Orientierung an der EMRK gesichert war. Instruktiv dazu EuG, Urt. v. 30. 1. 2002, Rs. T 54/99 - max.mobil Telekommunikation Service GmbH/Kommission - , Slg. 2002 II, 313 (333), Rn. 48 = EuGRZ 2002, S. 266 (270), Nr. 48 zu Art. 41 Abs. 1 Grundrechte-Charta, der sich an Art. 6 Abs. 1 EMRK orientiert. 143 Vgl. dazu die vom Präsidium des Konvents, der die Charta ausgearbeitet hat, in eigener Verantwortung formulierten Erläuterungen, abgedruckt bei Fischer (Fn. 139), S. 529. Hierdurch wird kein subjektives Asylrecht verankert. Die Verweise auf die Genfer Konvention und auf Art. 63 EGV machen deutlich, daß lediglich Rechte im Asyl gewährt werden sollen, so zutreffend Schmahl (Fn. 17), ZAR 2001, S. 11.

Gibt es ein europäisches Einwanderungs- und Asylrecht?

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I. Asylrecht und Einwanderungspolitik gehören nicht nur mit zu den „sensibelsten" Bereichen der Innenpolitik und damit zu den „Reservaten" nationaler Souveränität. Sie sind auch aufgrund unterschiedlicher rechtlicher Konzeptionen (individuelles Grundrecht/institutionelle Garantie /Gnadenrecht) und politischer Beurteilungen, auch geographischer Umstände, in den Mitgliedstaaten uneinheitlich ausgestaltet144. Unterschiede zeigen sich z. B. im Verständnis der Begriffe „Flüchtlinge" und „politische Verfolgung" 145 sowie in der Handhabung der Konzepte „Sichere (Dritt-)Staaten" 146 und „Sicherer Herkunftsstaat" 147. II. Die Erfordernisse des Gemeinsamen Marktes, deutlich erkannt im Konzept des Binnenmarktes als eines Raums ohne Binnengrenzen (vgl. Art. 14 Abs. 2 EGV), zeigten auf, daß (rein) nationale Lösungsversuche damit unvereinbar sind und daher gemeinsame Lösungen gefunden werden müssen. Dies führte zu den völkerrechtlichen Konzepten der EPZ, sodann zur intergouvernemental geprägten ZBJI, schließlich zur „Vergemeinschaftung" in Art. 63 EGV. Letzteres ist aber nur eine Rechtsgrundlage, die der Realisierung durch sekundäres Gemeinschaftsrecht bedarf. III. Die Überlagerung völkerrechtlicher und gemeinschaftsrechtlicher Instrumente macht die Rechtslage unübersichtlich. Dies wird durch die Sonderregelungen für das Vereinigte Königreich, Irland und Dänemark noch verstärkt 148 . IV. Die besten Instrumente können fehlenden gemeinsamen politischen Willen nicht ersetzen. Die Sensibilität der Materie und die erforderliche Akzeptanz erklären und rechtfertigen das grundsätzliche Festhalten am Einstimmigkeitsprinzip, so schwerfällig dies - gerade im Hinblick auf die bevorstehende Erweiterung der EU - auch ist. V. Die bisherige Entwicklung der sekundärrechtlichen Realisierung zeigt, daß man sich auf „defensive" Maßnahmen leichter einigt als auf gestaltende, „positive" Maßnahmen. VI. Einigendes Band für die Asylpolitik ist die Genfer Flüchtlingskonvention, die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EGV zum verbindlichen Bestandteil des Gemeinschaftsrechts macht 149 . 144 Vgl. dazu den Überblick von Albrecht Weber, Ansätze zu einem gemeineuropäischen Asylrecht, EuGRZ 26 (1999), S. 301 ff. Einzelheiten in den Landesberichten zu Frankreich, Portugal, Italien, den Niederlanden und Schweden in diesem Band. 145 Vgl. Weber (Fn. 144), EuGRZ 1999, S. 305 ff. sowie die Übersicht in Anhang 4. 146 Vgl. Weber (Fn. 144), EuGRZ 1999, S. 307 ff. und die Übersicht in Anhang 5. 147 Vgl. Weber (Fn. 144), EuGRZ 1999, S. 307 ff. und die Übersicht in Anhang 6. 148 Zur „reichlich verworrenen Rechtslage" vgl. Albrecht Weber, Möglichkeiten und Grenzen europäischer Asylrechtsharmonisierung vor und nach Amsterdam, ZAR 1998, S. 147 (151). 149 Die konstitutive Wirkung des Art. 63 EGV ist strittig. Zutreffend Schmahl (Fn. 17), ZAR 2001, S. 3 m. w. N. Von besonderer Bedeutung ist die gemeinschaftsrechtliche Bindung der EG an Art. 3 EMRK, der ggf. ein Bleiberecht für Personen begründen kann, die nicht als

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VII. Um das Konzept einer gemeinsamen Einwanderungspolitik wird noch gerungen. VIII. Erfordernisse des Binnenmarktes und Druck von Außen werden die „Vergemeinschaftung" des Einwanderungs- und Asylrechts beschleunigen.

Anhang 1: Sekundärrecht zum EG-Einwanderungsund Asylrecht (Auswahl) I. Verordnungen 1. Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates über die Einrichtung von „Eurodac" für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens, ABl. 2000 Nr. L 316 /1. 2. Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. 3. 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen in Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörigen von dieser Visumspflicht befreit sind, ABl. 2001 Nr. L 81 /1, Änderung in ABl. 2001 Nr. L 327/1. 3. Verordnung (EG) Nr. 790/2001 des Rates zur Übertragung von Durchführungsbefugnissen an den Rat im Hinblick auf bestimmte detaillierte Vorschriften und praktische Verfahren für die Durchführung der Grenzkontrollen und die Überwachung der Grenzen, ABl. 2001 Nr. L 116/5. 4. Verordnung (EG) Nr. 1091/2001 des Rates über den freien Personenverkehr mit einem Visum für den längerfristigen Aufenthalt, ABl. 2001 Nr. L 150/4. 5. Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 über die Errichtung von „Eurodac", ABl. 2002 Nr. L 62/1.

II. Richtlinien 1. Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. 5. 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, ABl. 2001 Nr. L 149/34. 2. Richtlinie 2001/51 /EG des Rates vom 28. 6. 2001 zur Ergänzung der Regelung nach Artikel 26 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 (Bekämpfung illegaler Einwanderung), ABl. 2001 Nr. L 187/45.

Asylberechtigte anerkannt wurden, vgl. Jochen A. Frowein, in: Jochen A. Frowein/Wolfgang Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Aufl. 1996, Art. 3, Rn. 18 ff. Ausführlich und kritisch zur Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK Kay Hailbronner, Art. 3 EMRK - ein neues europäisches Konzept der Schutzgewährung?, DÖV 1999, S. 617 (620 ff.). Gegen eine konstitutive Wirkung des Art. 63 EGV Roben, in: Grabitz/Hilf (Fn. 34), Art. 63, Rn. 8 und Rn. 11; Brechmann, in: Calliess / Ruffert (Fn. 5), Art. 63, Rn. 4.

Gibt es ein europäisches Einwanderungs- und Asylrecht?

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3. Richtlinie 2001 /55/EG des Rates vom 20. 7. 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten, ABl. 2001 Nr. L 212/12.

I I I . Entscheidungen Entscheidung 2000/596/EG des Rats vom 28. 9. 2000 über die Errichtung eines Europäischen Flüchtlingsfonds, ABl. 2000 Nr. L 252/12.

Anhang 2: Initiativen der Kommission zum EG-Einwanderungs- und Asylrecht (Auswahl) I. Grünbücher, Arbeitsdokumente 1. Grünbuch über eine Gemeinschaftspolitik zur Rückkehr illegal aufhältiger Personen vom 10. 4. 2002, Dok. KOM (2002) 175 endgültig. 2. Arbeitsdokument der Kommission „gemeinsame Normen für Asylverfahren" vom 5.3. 1999, SEK (1999) 271.

II. Mitteilungen 1. Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament für ein gemeinsames Asylverfahren und einen unionsweit geltenden einheitlichen Status für die Personen, denen Asyl gewährt wird, vom 22. 11. 2000, Dok. KOM (2000) 755 endgültig. 2. Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über eine Migrationspolitik der Gemeinschaft vom 22. 11. 2000, Dok. KOM (2000) 757 endgültig. 3. Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Offener Koordinierungsmechanismus für die Migrationspolitik der Gemeinschaft, vom 11. 7. 2001, Dok. KOM (2001) 387 endgültig. 4. Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament für ein gemeinsames Asylverfahren und einen unionsweit geltenden einheitlichen Status für die Personen, denen Asyl gewährt wird, vom 15. 11. 2001, Dok. KOM (2001) 672 endgültig. 5. Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die gemeinsame Asylpolitik - Einführung eines Offenen Koordinierungsmechanismus. Erster Bericht der Kommission über die Durchführung der Mitteilung KOM (2000) 755 endg. vom 22. November 2000, vom 28. 11. 2001, Dok. KOM (2001) 710 endgültig.

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I I I . Vorschläge für (noch nicht erlassene) Verordnungen 1. Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines dritten Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat, vom 26. 7. 2001, Dok. KOM (2001) 447 endgültig; ABl. 2001 Nr. C 304 E /192. 2. Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1683/95 über eine einheitliche Visagestaltung, Dok. KOM (2001) 577 endgültig, von der Kommission vorgelegt am 9. 10. 2001, ABl. 2002 Nr. C 51 E/219.

IV. Vorschläge für (noch nicht erlassene) Richtlinien 1. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates betreffend das Recht auf Familienzusammenführung vom 1. 12. 1999, Dok. KOM (1999) 638 endgültig. Geänderter Vorschlag vom 10. 10. 2000, Dok. KOM (2000) 624 endgültig; ABl. 2001 Nr. C 62 E/99. 2. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft vom 20. 9. 2000, Dok. KOM (2000) 578 endgültig; ABl. 2001 Nr. C 62 E/231. 3. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates betreffend des Status der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen vom 13. 3. 2001, Dok. KOM (2001) 127 endgültig; ABl. 2001 Nr. C 240 E/79. 4. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten vom 3. 4. 2001, Dok. KOM (2001) 181 endgültig; ABl. 2001 Nr. C 213 E/286. 5. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates betreffend die Voraussetzungen, unter denen Drittstaatsangehörige im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten während höchstens drei Monaten Reisefreiheit genießen und die Einführung einer besonderen Reisegenehmigung unter Festlegung der Voraussetzungen, unter denen Drittstaatsangehörige einreisen dürfen, um sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten während höchstens sechs Monaten frei zu bewegen vom 10. 7. 2001, Dok. KOM (2001) 388 endgültig; ABl. 2001 Nr. C 270 E/244. 6. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit vom 11. 7. 2001, Dok. KOM (2001) 386 endgültig; ABl. 2001 Nr. C 332 E/248. 7. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, vom 12. 9. 2001, Dok. KOM (2001) 510 endgültig, von der Kommission vorgelegt am 30. 10. 2001, ABl. 2002 Nr. C 51 E/325. 8. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Erteilung kurzfristiger Aufenthaltstitel für Opfer der Beihilfe zur illegalen Einwanderung und des Menschenhandels, die mit den zuständigen Behörden kooperieren, vom 11. 2. 2002, Dok. KOM (2002) 71 endgültig; ABl. 2002 Nr. C 126 E/393.

Gibt es ein europäisches Einwanderungs- und Asylrecht?

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V. Vorschläge für Entscheidungen Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über ein Aktionsprogramm für Verwaltungszusammenarbeit in den Bereichen Außengrenzen, Visa, Asyl und Einwanderung (ARGO) vom 16. 10. 2001, Dok. KOM (2001) 567 endgültig; ABl. 2002 Nr. C 25 E/526.

Anhang 3: Initiativen von Mitgliedstaaten 1. Entwurf einer Initiative der Französischen Republik zur Annahme einer Richtlinie des Rates über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Staatsangehörigen dritter Länder vom 24. 8. 2000, ABl. 2000 Nr. C 243/1. 2. Initiative der Französischen Republik im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Rates zur Definition der Beihilfe zur illegalen Einreise und zum unerlaubten Aufenthalt vom 4. 9. 2000, ABl. 2000 Nr. C 253 /1. 3. Initiative der Französischen Republik im Hinblick auf die Annahme eines Rahmenbeschlusses zur Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur illegalen Einreise und zum unerlaubten Aufenthalt vom 4. 9. 2000, ABl. 2000 Nr. C 253/6. 4. Initiative der Französischen Republik im Hinblick auf die Annahme einer Richtlinie des Rates über die Harmonisierung der Geldbußen und Geldstrafen für Beförderungsunternehmen, die Staatsangehörige dritter Länder ohne die für die Einreise erforderlichen Dokumente in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verbringen, vom 20. 9. 2000, ABl. 2000 Nr. C 269/8. 5. Initiative des Königreichs Belgien, des Königreichs Spanien und der Französischen Republik im Hinblick auf den Erlass durch den Rat des Beschlusses zur Änderung des Artikels 40 Absätze 1 und 7 des Übereinkommens zur Durchführung des Schengener Übereinkommens vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen vom 11. 10. 2001, ABl. 2001 Nr. C 285/3 (Hinzufügung u. a. von „Schleuserorganisationen" in Absatz 7).

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Anhang 4: Definition des Flüchtlingsbegriffs Praktiken der Mitgliedstaaten

1.1.1. Staatliche Behörden Flüchtlingsstatus kann in allen Mitgliedstaaten gewährt werden.

1.1.2. Nichtstaatliche Organe, wobei öffentliche Behörden die Verfolgung fördern oder wobei die Behörden nicht bereit sind , Schutz anzubieten. In allen Mitgliedstaaten außer Griechenland, Luxemburg und Portugal

1.1.3. Nichtstaatliche Organe, wobei sich öffentliche Behörden als unfähig oder unwirksam erweisen, Schutz zu gewährleisten Österreich

(Österreichische Asylbehörden verfolgen in manchen Entscheidungen eine eingeschränkte Interpretation.)

Belgien Dänemark Finnland Irland Italien

(Mögliche Anerkennung, aber die Situation ist ziemlich unklar.)

Niederlande Schweden Vereinigtes Königreich

(Bewerber müssen nachweisen, daß sie zuerst den Schutz der eigenen Behörden gesucht haben.)

1.1.4. Nichtstaatliche Organe, wenn kein Staat vorhanden ist Belgien

(Hinsichtlich Praktiken)

Italien

(Mögliche Anerkennung, aber die Situation ist ziemlich unklar.)

Niederlande Schweden Vereinigtes Königreich Aus: European Parliament, Working Paper, A s y l u m in the E U Member States, 1 - 2 0 0 0 , PE 168.631, S. 10 f.

Gibt es ein europäisches Einwanderungs- und Asylrecht?

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Anhang 5: Sicherer Drittstaat Praktiken der Mitgliedstaaten

5.1.1. Mitgliedstaaten, die von dem Prinzip sicherer Drittstaaten Gebrauch machen Österreich

(Im Rahmen des Zulassungsverfahrens durchgeführt. Formal verkürztes Verfahren, aber in der Praxis reguläres Verfahren mit begrenzten Schutzmaßnahmen.)

Belgien

(Kann während des Zulassungsverfahrens in Verbindung mit anderen Unzulässigkeitskriterien angewendet werden und wenn der Bewerber sich drei Monate in dem sicheren Drittstaat aufgehalten hat.)

Dänemark

(Grenzanträge: Unzulässigkeitsgrund; im Landesinneren gestellte Anträge: Sichere Drittstaaten sind ein Ausweisungsgrund, der nach genauerer Untersuchung in Erwägung gezogen wird.)

Finnland

(Gebrauch des verkürzten Verfahrens.)

Frankreich

(Grenzanträge: Unzulässigkeitsgrund; im Landesinneren gestellte Anträge: Der Antrag wird untersucht, aber Fälle sicherer Drittstaaten werden im verkürzten Verfahren behandelt.)

Deutschland

(Direkt an der Grenze abgewiesen. Kein Zugang zu regulärem Bestimmungsverfahren. Innerstaatliche Bewerber können bei Zurückweisung Berufung einlegen.)

Griechenland

(Als offensichtlich unbegründet angesehen, Gebrauch des verkürzten Verfahrens.)

Italien

(An der Grenze unzulässig erklärter Antrag.)

Luxemburg

(Unzulässigkeitsgrund.)

Niederlande

(Unzulässigkeitsgrund.)

Portugal

(Offensichtlich unbegründete und unzulässige Forderung im verkürzten Zulassungsverfahren.)

Spanien

(Nie allein, sondern immer in Verbindung mit anderen Unzulässigkeitsursachen angewendet.)

Schweden

(Verkürztes Verfahren.)

Vereinigtes Königreich

(Verkürztes Berufungsverfahren.)

5.1.2. Mitgliedstaaten, die von dem Prinzip sicherer Drittstaaten keinen Gebrauch machen Irland

(Der Bewerber kann in den Drittstaat zurückgeschickt werden, wenn er dort eine Aufenthaltsgenehmigung hat und dort einen Asylantrag gestellt hat.)

Aus: European Parliament, Working Paper, Asylum in the E U Member States, 1 - 2 0 0 0 , PE 168.631, S. 10 f. 7 Stern

Rudolf Streinz

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Anhang 6: Sicherer Herkunftsstaat Praktiken der Mitgliedstaaten

4.1.1. Mitgliedstaaten, die von dem Prinzip sicherer Herkunftsstaaten Gebrauch machen Österreich

(Als offensichtlich unbegründet angesehen. Vereinfachtes Verfahren. Konzept wird nur selten angewandt.)

Dänemark

(Als offensichtlich unbegründet angesehen. Verkürztes Verfahren. Gebrauch einer Liste von sicheren Staaten.)

Frankreich

(Führt nicht automatisch - nur in manchen Fällen - zu verkürzten Verfahren)

Deutschland

(Als offensichtlich unbegründet angesehen. Verkürztes Verfahren. Gebrauch einer Liste von sicheren Staaten.)

Griechenland

(Als offensichtlich unbegründet angesehen. Verkürztes Verfahren.)

Luxemburg

(Als offensichtlich unbegründet angesehen und für unzulässig erklärt.)

Niederlande

(Als offensichtlich unbegründet angesehen und im verkürzten Zulassungsverfahren für unzulässig erklärt. Gebrauch einer Liste von sicheren Staaten.)

Portugal

(Als offensichtlich unbegründet angesehen. Verkürztes Verfahren.)

Spanien

(Ein Antrag wird nicht auf der Grundlage des Prinzips des sicheren Herkunftslandes zurückgewiesen, würde aber vor dem Hintergrund der allgemeinen Situation im Land wegen Glaubwürdigkeitsmangel als offensichtlich unbegründet angesehen und einem verkürzten Verfahren unterzogen werden.)

Schweden

(Als offensichtlich unbegründet angesehen. Verkürztes Verfahren.)

Vereinigtes Königreich

(Als offensichtlich unbegründet angesehen. Verkürztes Verfahren. Eine Liste sicherer Staaten ist stets in Gebrauch, sie soll aber abgeschafft werden, wenn eine neue Gesetzgebung angenommen wird.)

4.1.2. Mitgliedstaaten, die von dem Prinzip sicherer Herkunftsstaaten keinen Gebrauch machen Belgien Finnland

(Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten wurde verworfen und jeder Fall wird auf einer individuellen Grundlage untersucht.)

Irland Italien

(Die Sicherheit des Herkunftslandes wird mit berücksichtigt, aber sie ist nur einer unter mehreren Faktoren, die während des Verfahrens angewendet werden.)

Aus: European Parliament, Working Paper, Asylum in the E U Member States, 1 - 2 0 0 0 , PE 168.631, S. 10 f.

Zuwanderungsbegrenzung oder Zuwanderungserleichterung? Das Zuwanderungsgesetz 2002 im Spiegel der Vorstellungen der politischen Parteien Von Kay Hailbronner

A. Einführung B. Schaffung eines Instrumentariums für die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte C. Begrenzung D. Asylrecht und humanitäre Aufnahme E. Integration

A. Einführung Am 20. Juni 2002* ist das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) verkündet worden.1 Wesentlicher Bestandteil des Zuwanderungsgesetzes ist das neue Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz), sowie in Art. 2 das neue Freizügigkeitsgesetz (Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern). Darüber hinaus sind in den Art. 3 - 1 2 zahlreiche Gesetze und Verordnungen geändert worden, unter anderem das Asylverfahrensgesetz, das Ausländerzentralregistergesetz, das Staatsangehörigkeitsgesetz und das Asylbewerberleistungsgesetz. Der Verkündung durch den Bundespräsidenten ist eine kontroverse Abstimmung im Bundesrat vorausgegangen, bei der es zu Meinungsverschiedenheiten kam, ob das Land Brandenburg, wie in Art. 51 Abs. 3 S. 2 GG angeordnet, seine Stimmen einheitlich abgegeben hat. Wegen des Zustandekommens des Gesetzes ist eine Klage der unionsregierten Länder gegen das Gesetz beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Die Frage der Migration war Gegenstand zahlreicher kontroverser Stellungnahmen der politischen Parteien, Verbände und Nicht-Regierungsorganisationen. Die * Überarbeitete Fassung des Vortragsmanuskripts. i BGBl. I, S. 1946. 7*

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Kay Hailbronner

CDU hat ihre Vorstellungen am 7. 6. 2001 in Leitlinien zur Zuwanderung auf der Grundlage der von einer Kommission bearbeiteten Empfehlung zur Zuwanderung und Integration vorgelegt. 2 Die Bündnis 90/Grüne haben ihre migrationspolitischen Vorstellungen in einem Bericht vom 8. 11. 2000 niedergelegt. Eckpunkte der SPD Bundestagsfraktion sind vom Parteivorstand der SPD am 9. 7. 2001 beschlossen worden. 3 Die FDP Bundestagsfraktion hat schließlich am 30. 7. 2001 ebenfalls ein Zuwanderungskonzept unter Bezugnahme auf einen bereits zu Beginn der Legislaturperiode eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Zuwanderung vorgelegt. 4 In einer Reihe zentraler Punkte besteht zwischen dem Zuwanderungsgesetz, das mit einigen Ausnahmen gegen die Stimmen der CDU/CSU verabschiedet worden ist, und den migrationspolitischen Vorstellungen der CDU/CSU ein Maß von Übereinstimmung, das man vor wenigen Jahren noch für nicht recht vorstellbar gehalten hatte. Insbesondere in einigen Grundfragen der Ausländerpolitik hat sich in relativ kurzer Zeit ein breiter Konsens entwickelt, der neuerdings häufig als Paradigmenwechsel in der Zuwanderungspolitik bezeichnet worden ist.5 Dieser Grundkonsens kann etwa folgendermaßen umschrieben werden: 1. Die Einreise und der Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet hat künftig im Rahmen eines migrationspolitischen Gesamtkonzepts (Zuwanderungsgesetz) zu erfolgen, das sich stärker an den Interessen der Bundesrepublik Deutschland orientiert. 2. Das Gesamtkonzept schließt Rechte auf Daueraufenthalt (Einwanderung) und Integration mit ein. 3. Der befristete Aufenthalt und der Daueraufenthalt qualifizierter Ausländer liegt im Interesse der Bundesrepublik Deutschland und ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen und der Arbeitsmarktbedürfnisse mittels eines möglichst flexiblen Instrumentariums zu ermöglichen. 4. Die Einreise und der Aufenthalt von Ausländern, die nicht im öffentlichen Interesse der Bundesrepublik Deutschland liegt, ist in stärkerem Maße als bisher einer Steuerung und Begrenzung zu unterwerfen. Ausländer, die über kein Aufenthaltsrecht in Deutschland verfügen, sind in ihre Heimatstaaten zurückzuführen. 5. Ausländern, die sich für einen Daueraufenthalt im Bundesgebiet entscheiden, müssen verstärkte Integrationsbemühungen (Deutschkenntnisse usw.) abver2 Vgl. ZAR 2001, 191, sowie die von der CSU vorgelegten bayerischen Eckpunkte zur Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung v. 6. 11. 2000. 3 ZAR 2001, 237. 4 Vgl. ebd. 5 Vgl. z.B. G. L. Braun, Paradigmen Wechsel in der Zuwanderungspolitik wagen, in: ZAR (2001), S. 194; H. Putzhammer, Für einen Paradigmen Wechsel in der Einwanderungs- und Migrationspolitik, in: ZAR (2001), 204.

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langt werden. Umgekehrt sind verstärkte Integrationsangebote von Bund, Ländern und Gemeinden erforderlich. 6. Die Bundesrepublik gewährt weiterhin politisch Verfolgten und aus anderen Gründen schutzbedürftigen Personen Zuflucht. Auch in der Bevölkerung hat sich offenbar ein grundsätzlicher Wandel in der Einstellung gegenüber einem Einwanderungsgesetz vollzogen. In einer Umfrage halten es 98 % für wichtig, dass die Zuwanderung in Deutschland bald geregelt wird. Dabei herrscht deutlich die Auffassung vor, dass eine weithin als ungesteuert angesehene faktische Zuwanderung durch einen quantitativ und qualitativ gesteuerten Zuzug ersetzt wird. Eine große Mehrheit (68 %) hält daher eine Ausweitung der Zahl der Zuwanderer für nicht verkraftbar. 47 % wünschen ein Gesetz, das den Zuzug vermindert, während 35 % für eine Stabilisierung auf dem derzeitigen Niveau plädieren, und nur 8 % für eine Ausweitung eintreten. Eine überwältigende Mehrheit will die qualitative Steuerung der Zuwanderung an die berufliche Qualifikation und die Beherrschung der deutschen Sprache knüpfen, darüber hinaus aber auch Leumund, politische Einstellung, Integrationswillen und die Lage auf dem Arbeitsmarkt mit einbeziehen. 83 % der Bürger möchten die Einwanderung solchen Bewerbern verwehren, die radikalen politischen Gruppierungen angehören, 76 % Bewerbern, die Vorstrafen aufweisen und 81 % verlangen als Bedingung die Beherrschung der deutschen Sprache oder zumindest die Bereitschaft, sie zu erlernen.6 Die Abwendung von einer durch die Formel „die Bundesrepublik Deutschland ist kein Einwanderungsland" charakterisierten Ausländerpolitik wird damit deutlich. Zwar betont die CSU in ihren Eckpunkten unverändert, Deutschland sei kein „klassisches Einwanderungsland" und dürfe dieses auch in Zukunft nicht werden. Eine Begrenzung der Zuwanderung sei daher unabdingbar, wenn die Gesellschaft nicht die innere Stabilität aufs Spiel setzen wolle. Sachlich dürfte damit zum Zuwanderungsgesetz kein großer Dissens verbunden sein. Allenfalls sind insoweit Divergenzen zu den Vorstellungen der Grünen erkennbar, die es ablehnen, eine „Belastungsgrenze" anzuerkennen, und die deshalb auch allen Vorstellungen einer Begrenzung oder einer Gesamtquote entgegentreten. Ein zentraler Punkt des neuen migrationspolitischen Konzepts ist die Frage, auf welche Weise in Zukunft die „Zuwanderung Qualifizierter" geregelt werden soll. Ungeachtet des „Anwerbestopps" hat entgegen einer häufig vertretenen Meinung bereits das geltende Recht die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen zum Zweck der unselbständigen Erwerbstätigkeit zugelassen, allerdings nur im Rahmen einer durch den Bundesinnenminister mit Zustimmung des Bundesrats erlassenen Rechtsverordnung. 7 Die „Arbeitsaufenthalteverordnung" 8 hat die Erteilung von 6

R. Köcher, Die Bevölkerung fordert ein Einwanderungsgesetz, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. 12. 2000, S. 5. 7 Vgl. hierzu K. Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Heidelberg 1992, § 10 AuslG, Rn. 1 f.; G. Renner, Ausländerrecht in Deutschland, München 1998, § 3.

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Aufenthaltsrechten zur Aus- und Weiterbildung, für Werkvertragsarbeitnehmer und für eine Reihe zeitlich begrenzter Arbeitsaufenthalte und sonstige im Interesse der Bundesrepublik liegende Beschäftigungen vorgesehen. In den meisten Fällen, nicht aber für besonders qualifizierte Personen (Wissenschafter, Fachkräfte, leitende Angestellte usw.) ist dabei die Befristung des Aufenthaltsrechts vorgeschrieben. Im übrigen erlaubt das geltende Recht, wie die „Green-Card-Verordnung" 9 zeigt, dass auf aktuelle Mangellagen kurzfristig mit Ausnahmen vom Grundsatz der Verhinderung von Einwanderung reagiert werden kann. Allerdings besteht weiterhin Übereinstimmung darüber, dass die geltenden Regeln, insbesondere in ihrer Grundtendenz zur Abwehr von Einwanderung dem neuen Einwanderungskonzept entgegenstehen.

B. Schaffung eines Instrumentariums für die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte § 1 Abs. 1 S. 2 beschreibt als Zweck die Ermöglichung und Gestaltung von Zuwanderung unter Berücksichtigung der Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Zunächst besteht Einigkeit darüber, dass mit Gestaltung der Zuwanderung auch eine grundsätzliche Öffnung einer allerdings gesteuerten Zuwanderung von Ausländern insbesondere für qualifizierte Erwerbstätigkeit, die auch die Perspektive einer Einwanderung mit einschließt, erfasst ist. Ob die Prognosen der Wirtschaft über einen Mangel an Erwerbskräften in bestimmten Branchen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten teilt oder nicht, ist letztlich nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass ein Instrumentarium benötigt wird, um flexibel auf kurz- und mittelfristige Bedürfnisse des Arbeitsmarktes durch Rekrutierung von ausländischen Arbeitskräften reagieren zu können und dabei längerfristig eine Einwanderung nicht nur als negative Erscheinung anzusehen, sondern sie aktiv zu gestalten. Das ist an sich nichts sensationell Neues. Ungeachtet der berühmten Kontroverse um das Einwanderungsland Bundesrepublik Deutschland hatte das Ausländergesetz in § 10 in Verbindung mit der Arbeitsaufenthalteverordnung differenzierte Regelungen für die Erteilung regelmäßig befristeter Aufenthaltsrechte für bestimmte Kategorien für Erwerbstätigkeit vorgesehen. Sowohl die Arbeitsaufenthalteverordnung als auch das Ausländergesetz erwiesen sich freilich insoweit als zu eng und zu inflexibel, als man vom Grundsatz des im Allgemeinen zeitlich befristeten Aufenthaltsrechts ausging und nicht hinreichend die Perspektive eines Daueraufent8 Vgl. Hailbronner, a. a. O., A 1.2. Verordnung über Aufenthaltserlaubnisse für hochqualifizierte ausländische Fachkräfte der Informations- und Kommunikationstechnologie (IT-AV) v. 25. 6. 2000, in: K. Hailbronner (Anm. 6), C 1.5. 9

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haltsrechts einbezogen hat. Nicht ausreichend berücksichtigt wurde auch, dass über die in der Arbeitsaufenthalteverordnung angesprochenen Typen von Erwerbstätigkeit hinaus ein Arbeitskräftebedarf insbesondere für qualifizierte Erwerbstätigkeit entstehen kann, der auf dem inländischen Arbeitsmarkt nicht gedeckt werden kann. Nun hätte man freilich diese Mängel mit verhältnismäßig einfachen gesetzestechnischen Mitteln dadurch beseitigen können, dass man auf der Grundlage des geltenden Ausländergesetzes eine neue Arbeitsaufenthalteverordnung durch das BMI mit Zustimmung des Bundesrats erlassen hätte und bei den allgemeinen Regeln des Ausländergesetzes die Vorschriften über das Aufenthaltsrecht entsprechend angepasst hätte. Das Zuwanderungsgesetz hat - wie die Zuwanderungskommission - eine grundsätzliche Neuregelung favorisiert. Kernpunkte sind das Auswahlverfahren, die befristete Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung mit Zustimmung der Bundesanstalt für Arbeit und die Erteilung von Aufenthaltsrechten an Selbständige. Weitgehend unproblematisch sind die Vorschriften über die Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte und Selbständige. Schon nach bisherigem Recht war es freilich nicht ausgeschlossen, dem Nobelpreisträger ein Aufenthaltsrecht zu erteilen, und auch Bill Gates, wenn er seinen Aufenthalt nach Deutschland hätte verlegen wollen, wäre mit offenen Armen aufgenommen worden. Besondere Aufmerksamkeit hat in der Öffentlichkeit das Auswahlverfahren nach Punkten gefunden. Grundsätzlich erscheint die Idee eines an den wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Interessen Deutschlands orientierten Auswahlverfahren sinnvoll. Doch sollte man die Gefahr eines Unterlaufens des Ziels der Begrenzung von Einwanderung nicht überschätzen, da das Gesetz ja eine Festsetzung von Höchstzahlen vorsieht, auch wenn dabei der Familiennachzug immer mit einbezogen werden muss. Viel eher wahrscheinlich ist es, dass sich das Auswahlverfahren in der Praxis als weithin bedeutungslos herausstellt gegenüber den faktisch weiterhin bestehenden Möglichkeiten regulärer und irregulärer Zuwanderung. Bedenklich erscheint immerhin, dass ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis vorgesehen ist, wenn ein Ausländer erfolgreich an einem Auswahlverfahren teilgenommen hat. Die Kriterien, die im Gesetz aufgeführt sind, sind jedoch viel zu vage, wie z. B. im Hinblick auf die beruflichen Qualifikationserfordernisse, als dass ein hinreichend zuverlässiger Maßstab vorgegeben werden könnte, zumal der Nachweis eines Arbeitsverhältnisses im Gesetz bewusst nicht vorgesehen worden ist. Meines Erachtens ist weder das Fehlen eines Arbeitsvertrages noch ein Rechtsanspruch, der allein an die Erbringung einer Punktzahl anknüpft, ohne dass eine Ermessenentscheidung der Behörde möglich wäre, akzeptabel. Bei dem in der Praxis vermutlich weit wichtigeren befristeten Aufenthaltsrecht zur Ausübung einer Beschäftigung sieht das Zuwanderungsgesetz ein Verfahren unter Einbeziehung der Bundesanstalt für Arbeit vor, das alternativ auf einer Einzelfallprüfung oder einer allgemeinen Prüfung der arbeitsmarkt- und integrations-

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politischen Verantwortbarkeit unter Berücksichtigung des generellen Vorrangs inländischer Arbeitskräfte eine Ausländerbeschäftigung für einzelne Berufsgruppen oder Wirtschaftszweige ermöglicht. Durch Verordnung des Arbeits- und Sozialministeriums können schließlich mit Zustimmung des Bundesrats die Verfahren der Zustimmung der Bundesanstalt, einschließlich alternativer Verfahren zur Vorrangprüfung, geregelt werden. Darüber hinaus können weitreichende Ausnahmen von den allgemeinen Erfordernissen der Vorrangprüfung vorgesehen werden. Bei der Analyse diese Regelwerks stellen sich eine Reihe von Fragen. Zum einen die Frage der Begrenzung. Im Gegensatz zum Auswahlverfahren sind hier keine Höchstzahlen festgelegt. Maßgeblich ist die Zustimmung der Bundesanstalt für Arbeit bzw. eine Rechtsverordnung, wonach die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesanstalt der Arbeit zulässig ist. Nicht erst seit der GreenCard-Diskussion wissen wir allerdings, wie schnell sich Bedarfsprognosen ändern können und welchen Wert die mit wissenschaftlichem Anspruch vorgetragenen Analysen zu den arbeitsmarktpolitischen und integrationspolitischen Folgen erweiterter Zuwanderung besitzen. Ob einem unabhängigen Sachverständigenrat für Zuwanderung und Integration eine höhere Weisheit zukommt als den politisch verantwortlichen Instanzen ist zumindest zweifelhaft. Notwendig erscheint daher die Schaffung eines Instrumentariums für eine flexible Gestaltung des Aufenthaltsrechts. Grundsätzlich sollte eine zeitliche Befristung des Aufenthaltsrechts der Regelfall sein mit der Möglichkeit der Verlängerung, wenn sich das Arbeitsverhältnis als stabil erweist. Für den Übergang in ein Daueraufenthaltsrecht sollten in der Regel Integrationserfordernisse gelten, wie z. B. der Nachweis deutscher Sprachkenntnisse.

C. Begrenzung Dreh- und Angelpunkt eines potentiellen Konsenses über ein Zuwanderungskonzept ist die Frage der Begrenzung. Zwar sind sich nahezu alle Beteiligten über die grundsätzliche Notwendigkeit einer Begrenzung der Zuwanderung einig. Einen erheblichen Dissens gibt es jedoch in der Frage, wie diese Begrenzung bewerkstelligt werden soll. Dies beginnt bereits bei der grundsätzlichen Frage, ob die neuen Möglichkeiten für eine befristete oder dauerhafte Zuwanderung von Arbeitskräften neben die bisher bestehenden Zuwanderungsströme, insbesondere Asylbewerberzuzug, Familiennachzug, Spätaussiedler, humanitäre Aufnahme und illegale Einreise treten oder zumindest teilweise an die Stelle dieser Zuwanderungskanäle treten. Es erscheint wenig sinnvoll, den Blick auf kunstvoll erarbeitete Punktesysteme und Auswahlverfahren zu richten, wenn dadurch die Realität der Zuwanderung von Ausländern ins Bundesgebiet verfehlt wird. Der „rote Teppich" für den Nobelpreisträger konnte auch schon bisher ausgelegt werden, ohne dass das Ausländergesetz hätte geändert werden müssen. Die Vorschläge der Unabhängigen Kommis-

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sion „Zuwanderung" haben insoweit der Versuchung, ein „Disneyland" der Einwanderung hochqualifizierter Ausländer zu kreieren, nicht ganz widerstanden. Ein realistisches Konzept darf sich daher nicht mit der Erarbeitung neuer Verfahrensweisen zur Gewinnung qualifizierter Zuwanderer begnügen, sondern muss sowohl konkrete Vorschläge zur Begrenzung bestehender Zuwanderung anbieten, als auch Konzepte zur Integration deijenigen Ausländer, die nach wie vor nicht den Voraussetzungen eines wie auch immer gearteten Punktesystems entsprechen und dennoch auf Dauer im Bundesgebiet verbleiben. Diese Personengruppe wird auch nach einem neuen Zuwanderungsgesetz die weit überwiegende Mehrheit der nach Deutschland zuwandernden Ausländer darstellen. Am klarsten ist die Begrenzungsproblematik vielleicht in den Papieren der CSU einerseits und der Fraktion Bündnis 90/Grüne andererseits formuliert. Während die CSU eine jährlich festzulegende Quote für Arbeitsmarkt, Migration und gleichzeitig eine Einschränkung der bestehenden Möglichkeiten zur Zuwanderung im Bereich des Familiennachzugs und des Asylrechts verlangt, möchte die Fraktion Bündnis 90/Grüne eine wenn auch kontrollierte Öffnung für neue Einwandererkategorien bei gleichzeitiger Erweiterung der Möglichkeiten des Familiennachzugs und der humanitären Aufnahme. Dazwischen befinden sich das Zuwanderungsgesetz, die Vorschläge der Unabhängigen Kommission „Zuwanderung" und die Beschlüsse der CDU. Alle enthalten eine Reihe von Vorschlägen zur Begrenzung der Zuwanderung, die jedoch zum Teil nicht unerheblich differieren. Am weitesten geht vielleicht der Konsens in der Frage der Bekämpfung illegaler Einreise und Aufenthalt und der Notwendigkeit verstärkter Anstrengungen zur Beendigung des Aufenthalts ausreisepflichtiger Ausländer. Auch insoweit bestehen freilich in der Frage, mit welchen Mitteln der illegalen Einreise und dem illegalen Aufenthalt Einhalt geboten werden könnte, erhebliche Meinungsverschiedenheiten. Ein zentraler Vorwurf, der in diesem Zusammenhang gegen das Zuwanderungsgesetz von Seiten der CDU /CSU erhoben wird, ist das Fehlen eines ausreichenden Instrumentariums zur Begrenzung der Zuwanderung. Zugleich wird aber auch von den Wohlfahrtsverbänden und Kirchen neuerdings der Vorwurf erhoben, das Zuwanderungsgesetz enthalte viel zu weitgehende Einschränkungen der Rechte von Ausländern, insbesondere im Bereich des Familiennachzugs und der sozialen Rechte von Ausländern, die nicht abgeschoben werden könnten. Darin zeigt sich ein Dilemma, dem keiner der vorgelegten Vorschläge entgeht. Das Dilemma besteht darin, dass „Patentrezepte" zur Verhinderung ungewollter bzw. unkontrollierter Zuwanderung nicht vorhanden sind und effektive Maßnahmen zur Zuwanderungsbegrenzung wenn nicht an völkerrechtlichen, so doch jedenfalls an rechtspolitischen Grenzen scheitern.

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I. Illegale Einreise und Aufenthalt Eine unabdingbare Voraussetzung für eine effektive Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung ist eine konsequente und effektive Politik der Rückführung solcher Ausländer, die über kein Aufenthaltsrecht verfügen. Die praktischen und rechtlichen Schwierigkeiten des Vollzugs aufenthaltsbeendender Maßnahmen sind eine der Hauptursachen für eine unkontrollierte praktische Einwanderung. Der Bericht der Unabhängigen Kommission „Zuwanderung" macht das Problem deutlich. Bis zum Jahresende 2000 waren im Ausländerzentralregister allein 234.682 ausgewiesene und abzuschiebende Personen erfasst; darüber hinaus gibt es eine große Zahl von ausreisepflichtigen Ausländern, die zwar eine Duldung besitzen, die aber die Hindernisse, die ihrer Rückführung entgegenstehen, selbst zu vertreten haben. Soweit Rückführungen ausreisepflichtiger Ausländer scheitern, ist dies in vielen Fällen den Ausländern oder bestimmten Herkunfts- oder Transitstaaten zuzurechnen. Der Bericht weist auf einen von der Innenministerkonferenz am 5. 5. 2000 verabschiedeten Bericht zur Beseitigung von Rückführungsschwierigkeiten hin, der die Ursachen für Rückführungsprobleme detailliert aufführt. Dazu gehören Vernichtung oder Fälschung von Ausweispapieren, Verschleierung von Identität, Geltendmachung von überprüfungsbedürftigen Abschiebungshindernissen beim Vollzug der Abschiebung oder mangelnde Kooperation bei der Erfüllung einer für die Rückführung erforderlichen Formalität. Nicht selten handeln die ausreisepflichtigen Personen auch in Kollusion mit ihren Heimatstaaten. Hinzu kommt, dass ungeachtet der in den letzten 20 Jahren unternommenen Maßnahmen zur Beschleunigung von Asylverfahren das geltende Ausländerrecht zahlreiche Möglichkeiten bietet, mittels Asylfolgeanträgen und anschließenden Anträgen auf Gewährung einer Aufenthaltsbefugnis oder Duldung die Durchsetzung von Ausreisepflichten nicht selten so lange hinauszuschieben, bis aus rechtlichen oder politischen Gründen (Familienschutz usw.) die erzwungene Ausreise unzumutbar geworden ist. Dies führt keineswegs immer zu unerwünschten Resultaten im Einzelfall. In einem Gesamtkonzept einer neuen, auf stärkere Öffnung angelegten Zuwanderungspolitik kann jedoch ein solches Versagen der Steuerungsinstrumentarien nicht befriedigen. Das Zuwanderungsgesetz sieht zur besseren Bekämpfung der unerlaubten Einreise eine Reihe von datenrechtlichen Maßnahmen vor, wie z. B. Speicherung von Verurteilungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Aufenthaltstiteln oder dem Einschleusen von Ausländern, ebenso wie die Vorlage ge- oder verfälschter Dokumente bei der Visumsbeantragung im Ausländerzentralregister. Darüber hinaus sollen bei der Beantragung eines Visums zur Sicherung der Identität in Zukunft unter Umständen Lichtbilder und Fingerabdrücke gefertigt werden können. Damit soll die Identifizierung von Personen erleichtert werden, die nach ihrer Einreise die Reisedokumente verstecken oder vernichten. Gewichtiger sind freilich die Bestimmungen über die Durchsetzung von Ausreisepflichten. Das Gesetz sieht vor, den Aufenthalt von ausreisepflichtigen Personen

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räumlich zu beschränken. Darüber hinaus wird die Duldung beseitigt. Ferner wird durch Abschaffung des Instituts der Duldung der bisherigen Praxis, die Duldung als Quasi-Aufenthaltsrecht zu erteilen, begegnet. Dies führt einerseits zu einer klaren Verbesserung des aufenthaltsrechtlichen Schutzes von Personen, die bislang für längere Zeit „Kettenduldungen" erhalten haben. Andererseits wird von der Erteilung eines befristeten Aufenthaltsrechts in Zukunft ausgeschlossen, wenn ein Ausländer das Ausreisehindernis selbst zu vertreten hat, während in derartigen Fällen nach einer wenn auch nicht unproblematischen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 10 eine Duldung erteilt werden musste. In derartigen Fällen ist auch zukünftig keine Erteilung einer Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung vorgesehen. Die Vorschläge sind auf heftige Kritik von Seiten der Kirchen und freien Wohlfahrtsverbände gestoßen. Das Gesetz führe zu einer „gesetzlich geregelten Rechtlosigkeit" eines großen Teils von Personen, deren Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich sei. Verwiesen wird stattdessen auf die Vorschläge für eine neue Härtefallregelung, wie sie in den Entwürfen von SPD und CDU /CSU enthalten seien.11 Im wesentlichen dürfte diese Kritik auch der Auffassung der Fraktion Bündnis 90/Grüne entsprechen, die in ihrem migrationspolitischen Gesamtkonzept allerdings die Frage aufenthaltsbeendender Maßnahmen schlicht ignorieren. Das einzige, was zu diesem Thema gesagt wird, läuft lediglich auf eine Erweiterung von Abschiebungshindernissen hinaus. So soll z. B. die Bundesregierung ebenso wie Länder Abschiebungsstopps erlassen können. Wolle ein Land Bundeseinheitlichkeit herstellen, so sei der Weg über den Bundesrat zu beschreiten. Etwas detaillierter sind in diesem Punkt die Beschlüsse der CDU. Beim Punkt Sicherstellung der Aufenthaltsbeendigung wird die Möglichkeit der Anordnung von Beugehaft zur Erzwingung der Mitarbeit, die Schaffung der Möglichkeit kontrollierter Unterbringung bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Asylantrags und die Beseitigung von Rückführungsschwierigkeiten durch Maßnahmen der deutschen Auslandsvertretung erwähnt. Ob die Anordnung von Beugehaft sich als sehr effektives Mittel erweist, ist immerhin nicht unzweifelhaft. Die Unabhängige Kommission „Zuwanderung" hat die Frage der Beugehaft eingehend erörtert und ist zum Ergebnis gekommen, dass der Beugehaft voraussichtlich keine große Bedeutung in der Erzwingung von Mitwirkungshandlungen zukommt. Von erheblicher praktischer Bedeutung ist indes der Vorschlag, den Innenministern und den Innensenatoren der Länder auf gesetzlicher Grundlage die Möglichkeit einzuräumen, in Härtefällen Aufenthaltsrechte zu gewähren. Der Vorschlag läuft in der Praxis auf eine Institutionalisierung eines erneuten Überprüfungsver10 Vgl. BVerwGE 105, 232, 236. 11 Vgl. Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege v. 31.8. 2001; ebenso die gemeinsame Stellungnahme einer Reihe von Verbänden zum Entwurf eines Zuwanderungsgesetzes, in: Asylmagazin (2001), 9, S. 9 ff.

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fahrens mit Suspensivwirkung hinaus, auch wenn die Schaffung von Rechtsansprüchen nach den Vorstellungen der CDU ausgeschlossen werden soll. Die Unabhängige Kommission „Zuwanderung" hatte sich mit der Härtefallproblematik eingehend befasst und sich letztlich gegen eine institutionalisierte Regelung aus rechtspolitischen und rechtssystematischen Überlegungen ausgesprochen. Entscheidend hierfür ist die Erwägung, dass jede institutionalisierte Härtefallregelung einen zusätzlichen Verfahrensweg ermöglichen würde. Eine Reihe weiterer Vorschläge der CDU befassen sich mit der illegalen Zuwanderung und dem illegalen Aufenthalt. Die allgemeinen Ausführungen über Verhinderung illegaler Einreise und Verbesserung der Informationsmöglichkeiten bei der Bekämpfung des Schlepperunwesens dürften kaum einen Dissenspunkt darstellen, ebenso wenig wie die Aussage, dass der illegale Aufenthalt konsequent zu beenden ist. Darüber hinaus wird die Schaffung „geeigneter Möglichkeiten" zur Rückführung renitenter Ausreisepflichtiger vorgeschlagen. Man vermisst hierzu etwas präzisere Angaben, wie dieses Ziel angesichts der praktischen und rechtlichen Probleme des Vollzugs aufenthaltsbeendender Maßnahmen verwirklicht werden kann. Die in diesem Zusammenhang genannten zusätzlichen Maßnahmen (Abschluss von Rücknahmeabkommen, präventive Verweigerung der Visumserteilung bei Zweifeln über die Rückkehrbereitschaft; Anfertigung von Passkopien im Visumsverfahren - Warndatei, Speicherung der Entscheidungen über Visumsanträge) sind zu einem erheblichen Teil entweder geltendes Recht oder in das Gesetz übernommen worden. Sie dürften daher kaum einen wesentlichen Konfliktpunkt abgeben.

II. Familiennachzug Für die Frage der Begrenzung der Zuwanderung kommt dem Nachzug von Familienangehörigen ebenfalls eine erhebliche Bedeutung zu. Nach Schätzungen umfasste es in den 70er und 80er Jahren mehr als die Hälfte der gesamten Zuwanderung. Erst seit 1996 wird allerdings der Familiennachzug statistisch genauer erfasst. Danach hat die Zahl der jährlich erteilten Visa für ausländische Ehepartner und Kinder von 55.886 (1996) auf 75.888 (2000) zugenommen. Nicht eingerechnet in diese Zahl sind die Fälle von Familiennachzug in denen Ausländer, die aus anderen Gründen nach Deutschland gekommen sind oder illegal nach Deutschland eingereist sind, aus Gründen des Familiennachzugs ein Aufenthaltsrecht erlangen. Die Unabhängige Kommission „Zuwanderung" hat im wesentlichen im Hinblick auf den europäischen Standard und die in dem Richtlinienentwurf der EU-Kommission vorgelegten Vorschlägen empfohlen, den Familiennachzug minderjähriger Kinder durch Anhebung des Nachzugsalter auszuweiten. Zwar wird anerkannt, dass, je früher die Einreise erfolge, desto wahrscheinlicher ein positiver Integrationsverlauf sei. Eine Trennung von Eltern und minderjährigen Kindern wird aber aus familienpolitischen Gründen als nicht wünschbar angesehen. Empfohlen wird daher eine Anhebung des Höchstalters für den Nachzug von Kindern von derzeit

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16 auf 18 Jahre. Darüber hinaus wird ein zusätzliches Nachzugspotential dadurch geschaffen, dass die unterschiedliche Behandlung von Ausländern und Unionsbürgern künftig auch bei der Gestattung des Familiennachzugs entfallen soll. Das würde bedeuten, dass auch für den Nachzug von deutschen Staatsangehörigen künftig die großzügigen EG-Regeln gelten, die auch den Nachzug sonstiger Verwandter, denen Unterhalt gewährt wird, ermöglichen. Gegen eine Absenkung des Höchstalters für den Nachzug von Kindern werden wegen des Vorrangs der Elternverantwortung für das Kindeswohl gegenüber einwanderungspolitischen Belangen verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Das Zuwanderungsgesetz teilt diese Bedenken nicht. Zwar ist auch hier vorgesehen, dass ein Anspruch auf Nachzug von Kindern bis zum 18. Lebensjahr bei Einreise im Familienverband vorgesehen ist. Dagegen soll bei einer Einreise außerhalb des Familienverbandes, d. h. insbesondere im Falle des späteren Nachzugs von Familienangehörigen, das Höchstalter für den Nachzug von Kindern auf das 12. Lebensjahr abgesenkt werden. Darüber hinaus soll ein Nachzug nach einer allerdings sehr weitgehenden Klausel nach Ermessen möglich sein, insbesondere bei Vorliegen ausreichender deutscher Sprachkenntnisse. Ziel dieser Regelung ist es, der Praxis, Kinder im Heimatstaat aufwachsen zu lassen und erst kurz vor Erreichen des Nachzugshöchstalters in die Bundesrepublik zu holen, einen Riegel vorzuschieben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Praxis erhebliche integrationspolitische Probleme aufwirft. Kinder, die im Heimatstaat aufgewachsen sind und dort ihre schulische Ausbildung erhalten haben, haben häufig keine Chancen mehr auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Auch das CDU-Konzept sieht eine Beschränkung des Familiennachzugs unter Berücksichtigung des Verwandtschaftsgrades und der Integrationsperspektive vor. Das gegenwärtige Nachzugsalter wird als mit 16 Jahren zu hoch angesehen. Es soll in der Regel auf 6, höchstens auf 10 Jahre abgesenkt werden. Auch bei Ehegatten und sonstigen Verwandten sollen deutsche Sprachkenntnisse bei der Nachzugsentscheidung privilegierend berücksichtigt werden. Die Zuwanderung sonstiger Verwandter soll nur in Ausnahmefällen zugelassen werden und an das Vorliegen einer besonderen Härte gebunden werden. Beide Vorschläge sind auf scharfe Kritik von Seiten der Kirchen und der Fraktion Bündnis 90/Grüne gestoßen. In diesem Zusammenhang werden auch völkerund verfassungsrechtliche Einwendungen erhoben. 12 Es ist freilich keineswegs eindeutig, dass eine Absenkung des Nachzugsalters verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1987 Beschränkungen des Nachzugs von Familienangehörigen im Hinblick auf den Schutz von Ehe und Familien deutlichen Schranken unterworfen. Danach wäre eine Kontingentierung ebenso wie die Einführung von langen Warte12

Vgl. H. Putzhammer, Deutscher Gewerkschaftsbund, Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMI v. 10. 9. 2001.

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zeiten für den Nachzug minderjähriger Kinder grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig. Eine generelle Einschränkung des Nachzugsalters auf 12 Jahre wäre daher wohl verfassungsrechtliche bedenklich. Das Bundesverfassungsgericht hatte sich hier allerdings nicht mit der Frage zu befassen, wie eine Einschränkung des Familiennachzugs verfassungsrechtlich zu berücksichtigen ist, wenn die Ehegatten bzw. ein Elternteil sehr wohl die Möglichkeit hätte, im Familienverbund bei der Aufenthaltnahme in die Bundesrepublik Deutschland minderjährige Kinder mitzunehmen und sich dafür entscheidet, die Kinder im Heimatstaat aufwachsen zu lassen. Auf diese rechtliche Ausgangslage sind die Überlegungen über eine unzulässige Quotierung des Nachzugs ausländischer Ehegatten und Kinder zu in Deutschland lebenden Deutschen oder zu Ausländern mit gesichertem Aufenthaltsrecht nicht ohne weiteres übertragbar. Auch den Hinweisen auf völkerrechtliche Übereinkommen, insbesondere Art. 8 EMRK und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, lassen sich zur Frage des Familiennachzugs keineswegs so eindeutige Leitlinien entnehmen, wie dies in ersten kritischen Reaktionen zum Zuwanderungsgesetz behauptet wird. So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass sich aus Art. 8 kein Anspruch auf Herstellung der Familieneinheit in dem gewünschten Aufenthaltsstaat ableiten lässt, wenn die Möglichkeit besteht, die Ehe- und Familieneinheit in einem anderen Staat herzustellen. Beschwerden, die auf die Verweigerung eines Nachzugsrechts von Ehegatten im Aufenthaltsstaat eines Ehegatten gestützt waren, erwiesen sich daher bislang durchweg nicht als erfolgreich. Der Gerichtshof hat dagegen sehr viel strengere Maßstäbe angelegt, wenn es um die Beurteilung der Vereinbarkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme wie z. B. Ausweisung oder Abschiebung im Hinblick auf die Trennung einer bestehenden Ehe oder Familie ging. 13

I I I . Quantitative Begrenzung durch Quoten oder Kontingente Die Frage der zahlenmäßigen Begrenzung der Zuwanderung hat in der öffentlichen Diskussion eine überragende Rolle gespielt. Dabei ist nicht immer deutlich unterschieden worden, was mit Quotenregelungen gemeint ist. Zum Teil wurde darunter in Anlehnung an Vorbilder klassischer Entwicklungsländer die Einführung von Kontingenten vorgeschlagen, bei denen für bestimmte Kategorien von Zuwanderern Höchstzahlen pro Jahr festgesetzt werden. Zum Teil wurde aber auch unter Quotenregelung verstanden, dass insgesamt durch die Festsetzung einer Höchstzahl an Zuwanderung einer unkontrollierten Zuwanderung begegnet werden sollte. Unklar ist in der öffentlichen Diskussion auch häufig, ob und inwieweit die

13 Vgl. z. B. Entscheidung des EGMR v. 2. 8. 2001 im Fall Bultif, In. Migration News Sheet, September 2001, S. 1.

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Zuwanderung einzelner Kategorien von Personen (z. B. Asylsuchende, aus humanitären Gründen aufgenommene Flüchtlinge, Familiennachzug) in ein Gesamtsystem zahlenmäßiger Begrenzung aufgenommen werden sollte. Das Zuwanderungsgesetz enthält kein System einer planmäßigen Begrenzung der Gesamtzuwanderung. Die neuen Zuwanderungsmöglichkeiten sollen sich an den jeweiligen Arbeitsmarktbedürfnissen orientieren und ein offenes und flexibles Verfahren ermöglichen. Eine Höchstzahl ist lediglich für die Zuwanderung im Auswahlverfahren vorgesehen, während für alle anderen Kategorien keine zahlenmäßige Begrenzung vorgesehen ist. Das CDU-Konzept ist dagegen deutlich stärker an ausländischen Modellen von Zuwanderungskontingenten für bestimmte Kategorien von Ausländern orientiert. Gesetzlich sollen die Tatbestände geregelt werden, für die Zuwanderungskontingente geschaffen werden, sowie die Verfahren und Grundsätze zur Bestimmung der Kontingente und der Auswahl der über die Kontingente einreisenden Personen. Insbesondere sollen Kontingente für Arbeitsmigranten aufgrund einer Rechtsverordnung der Bundesregierung festgesetzt werden. Für die Gesamthöhe der festgesetzten Kontingente sollen die Grenzen der Aufnahmefähigkeit der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich sein. Die nicht-limitierte Zuwanderung soll auf der Basis der Zahlen des vorvergangenen Jahres berücksichtigt werden. Hinsichtlich der Auswahl der auf die Kontingente entfallenden Personen sollen Kriterienkataloge niedergelegt werden. Dabei soll auf die jeweilige Integrationsperspektive als zentrales Entscheidungskriterium abgestellt werden. Angehörige künftiger EUBeitrittsländer sollen vorrangig berücksichtigt werden. 14 Auch nach dem CDU-Konzept ist freilich keine Kontingentierung der Zuwanderung von Asylbewerbern, von Bürgerkriegsflüchtlingen und von freizügigkeitsberechtigten Personen vorgesehen. Dennoch soll der Umfang der auf diese Tatbestände entfallenden Zuwanderung festgestellt werden, da er auf die Spielräume zur Festsetzung der Kontingente für die übrigen Zuwanderungsgruppe zurückwirke. Es wird nicht ganz deutlich, in welcher Weise diese Rückwirkung erfolgen soll. Da aber die Gesamthöhe der Kontingente nach Maßgabe der Aufnahmefähigkeit der Bundesrepublik Deutschland festgesetzt werden soll, steht zu vermuten, dass bei der Eröffnung zusätzlicher Zuwanderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen ist, inwieweit nach den geltenden rechtlichen Vorgaben bereits eine nicht steuerbare Zuwanderung ins Bundesgebiet stattfindet. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass nicht nur die EU-Freizügigkeit keine Steuerung der Einreise und des Aufenthalts erlaubt, sondern dass auch bei Drittstaatsangehörigen künftig nur eingeschränkte Steuerungsmöglichkeiten bestehen. Das gilt insbesondere für diejenigen Drittstaatsangehörigen, die über ein gesichertes Aufenthaltsrecht in einem der EU-Mitgliedstaaten verfügen und künftig im 14 Vgl. auch Antrag der CDU/CSU-Fraktion zu einem Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung sowie zur Förderung der Integration, BT-Drs. 14/6641.

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gesamten Unionsgebiet eine weitgehend Unionsbürgern angenäherte Freizügigkeit genießen werden. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass der Erwerb von Daueraufenthaltsrechten gegenüber türkischen Staatsangehörigen nur noch begrenzt steuerbar ist, nachdem der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, dass aus dem Recht auf Zugang zur Beschäftigung ein „implizites Aufenthaltsrecht" abzuleiten ist. Soweit Steuerung der Zuwanderung im Sinne der Begrenzung einer Verfestigung von befristeten Aufenthaltsrechten zu einem Daueraufenthaltsrecht verstanden wird, scheiden türkische Staatsangehörige, denen einmal der Aufenthalt in Deutschland gestattet worden ist, weitgehend aus dem Anwendungsbereich von Regelungen über Begrenzungen des Erwerbs von Daueraufenthaltsrechten aus.

D. Asylrecht und humanitäre Aufnahme I. Beschränkung des Asylbewerberzugangs Der Zugang von Asylbewerbern hat unverändert eine erhebliche Bedeutung als Reservoir faktischer Zuwanderung. Auch von denjenigen Asylsuchenden, die nach häufig langwierigen Verfahren unter Stellung von Folgeanträgen rechtskräftig abgewiesen werden, verlässt nur ein relativ kleiner Teil die Bundesrepublik Deutschland. Seit neuerdings die Zahlen der Asylbewerber wieder im Ansteigen begriffen sind, sind auch die Stimmen, die das Asylbewerberproblem als quantitativ bedeutungslos erklären, etwas leiser geworden. Mit Skepsis sind auch die mit großem publizistischen Aufwand geführten Versuche zu betrachten, die Erfolgsquote der Asylbewerber je nach politischem Lager hoch oder niedrig zu rechnen. Die Unabhängige Kommission „Zuwanderung" hat sich redlich bemüht, nach objektiven Kriterien Zahlen zu ermitteln und kommt bei einer „Gesamtanerkennungsquote" unter Einbeziehung der Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG und von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG auf 20,98 %. Meines Erachtens ist auch diese Zahl nicht unanfechtbar, da die größte Kategorie der aus rechtlichen Gründen den Schutz der Genfer Konvention genießenden Personen (§51 Abs. 1 AuslG) durchweg aus sicheren Drittstaaten eingereist ist und nur deshalb einen Status als Konventionsflüchtling erlangt, weil Reiseweg und Voraufenthalt in sicheren Drittstaaten, in denen jederzeit Asyl hätte beantragt werden können, regelmäßig verschleiert werden, um eine Abschiebung oder Rückführung in den sicheren Drittstaat auszuschließen. Erfasst sind von dieser Gruppe auch Personen, die sich durch exilpolitische Betätigung ohne Anknüpfung an eine frühere politische Tätigkeit erst ein Aufenthaltsrecht in Deutschland verschaffen. Das individuelle Grundrecht auf Asyl, das ursprünglich eine zentrale Rolle in der politischen Diskussion eingenommen hat, hat im weiteren Verlauf der Diskus-

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sion keinen wesentlichen Konfliktstoff erzeugt. Sowohl das Zuwanderungsgesetz als auch die CDU-Beschlüsse gehen unverändert von der Beibehaltung des individuellen Grundrechts auf Asyl aus. Allerdings wird hier ein Vorbehalt gemacht für den Fall, dass die einfachgesetzlichen Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung, Aufenthaltsbeendigung und Transfergestaltung zu einer deutlichen Reduzierung des Asylmissbrauchs führen. In diesem Fall soll überprüft werden, wie das Grundrecht auf Asyl nach Art. 16 a Abs. 1 GG in eine institutionelle Garantie umgewandelt werden kann. Mit einer gleichzeitigen Anpassung der Rechtsweggarantie in Art. 19 Abs. 4 GG soll in diesem Fall auch eine spürbare Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren möglich sein. Auch die Unabhängige Kommission „Zuwanderung" hat sich intensiv mit der Frage des individuellen Grundrechts auf Asyl befasst und sich nach Einholung mehrerer Rechtsgutachten der Auffassung angeschlossen, dass eine Umwandlung des Asylrechts in eine institutionelle Garantie keine Möglichkeit aufzeigt, in rechtsstaatlicher Weise das Problem der massenhaften Überprüfung von Asylsuchenden, die individuelle politische Verfolgung geltend machen, schneller und effektiver zu lösen. Dem folgend hält auch das Zuwanderungsgesetz am individuellen Grundrecht auf Asyl fest und sieht die Lösung des Asylproblems - ähnlich wie die Unabhängige Kommission „Zuwanderung" - eher in einer Beschleunigung des Asylverfahrens, der obligatorischen Einführung des Einzelrichters (entgegen der Kommissionsempfehlung) und in - allerdings weitreichenden - Maßnahmen gegen den Missbrauch des Asylrechts. So sehr die rechtliche Analyse zutrifft, dass eine Ersetzung des individuellen Grundrechts auf Asyl durch eine institutionelle Garantie oder objektiv-rechtliche Gewährleistung voraussichtlich an dem zentralen Problem einer gerichtsförmigen Überprüfung von hunderttausenden von Asylantragstellern nichts ändern würden, so sehr verfehlt sie doch den Kern des Problems. Das Problem besteht darin, dass die Konzeption eines individuellen Anspruchs auf Asyl nach nationalen Regeln auf deutschem Territorium und mittels deutscher Staatsorgane obsolet geworden ist. Rein rechtlich gesehen sind schon heute für den weitaus größten Teil der Asylsuchenden andere Staaten zuständig, entweder im Rahmen der Europäischen Union nach den Regeln des Dubliner Übereinkommens, oder, soweit es sich um NichtUnions-Staaten handelt, an die Bundesrepublik Deutschland angrenzende sichere Drittstaaten. Der Verfassungsgesetzgeber hat sich mit der Asylreform 1993 dafür entschieden, diejenigen von der Berufung auf Asyl auszuschließen, die aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder einem anderen sicheren Drittstaat einreisen. Die Perspektive der Erweiterung der Europäischen Union, die Erstreckung des Dubliner Zuständigkeitssystems und die datenmäßige Erfassung von Schutzsuchenden im gesamten Gemeinschaftsgebiet mit Hilfe von EURODAC führen zwangsläufig zu einer Auflösung nationaler Asylrechtskonzeptionen. Es kann aber nicht Sinn einer europäischen Harmonisierung des Asylrechts sein, den Staaten mit Außengrenzen die gesamten Lasten der Bewältigung von Flüchtlingsbewegungen aufzubürden. Dies muss in der Konsequenz zu einer ausschließ8 Stern

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lieh europäischen Verantwortlichkeit für die Durchführung von Asylverfahren nach europäischen Regeln führen, mit anschließender Verteilung derjenigen Antragsteller, denen als politisch Verfolgte oder aus anderweitigen Gründen Schutzbedürftige ein Aufenthaltsrecht zugebilligt wird. Ein zweites grundsätzliches Problem des geltenden Asylrechts besteht darin, dass die Konzentration auf das individuelle Asylrecht den Blick dafür verstellt, dass zwischen der Schutzgewährung wegen politischer Verfolgung und anderweitiger Schutzgewährung häufig nicht mehr präzise unterschieden werden kann. Alle EU-Staaten haben - wenn auch in unterschiedlicher Weise - Instrumentarien zur Aufnahme von Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen und sonstigen, von extremen Gefahren für Leib und Leben bedrohten Personen entwickelt. Dem sollte auch durch ein einheitliches Verfahren, in dem abschließend über die Gewährung vorübergehenden oder dauernden Schutzes aus humanitären Gründen nach Maßgabe der Verhältnisse des individuellen Falles entschieden wird, Rechnung getragen werden. Schon nach dem geltenden Recht entscheidet freilich das Bundesamt über zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse. Dennoch kommt es nicht selten zu weiteren Verfahren, in denen zusätzliche Abschiebungshindernisse nicht zielstaatsbezogener Art geltend gemacht werden, und über die von den Ausländerbehörden zu entscheiden ist. Diese Trennung macht aber wenig Sinn, zumal sie zu einer Verfahrensperpetuierung führt. Die Einführung eines einheitlichen Verfahrens hätte den wesentlichen Vorteil, dass damit abschließend über sämtliche Gesichtspunkte, die eine Schutzbedürftigkeit begründen können, entschieden wird. Das schließt nicht aus, weiterhin zwischen rechtlich zwingenden Abschiebungshindernissen und auf politischen Entscheidungen beruhenden humanitären Aufnahmeaktionen zu unterscheiden. Von entscheidender Bedeutung sind daher Maßnahmen, um der Nutzung des Asylrechts als „Ersatzaufenthaltsrecht" wirksamer als bisher zu begegnen. Im Asylrecht sind es nicht nur das individuelle Grundrecht auf Asyl, sondern die völkerrechtlichen Vorgaben insbesondere der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention, die einer Zurückschiebung von Ausländern, die politische Verfolgung, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu gewärtigen haben, entgegenstehen. Das Problem sind freilich nicht diejenigen, die diese Voraussetzungen erfüllen. Das Problem stellen diejenigen Personen dar, die unter Berufung auf Asyl oder anderweitigen Schutz einen nicht selten mehrjährigen Aufenthalt durchsetzen, der ohne Rücksicht auf die Berechtigung des Schutzanspruchs schließlich in einen Daueraufenthalt mündet. Ein sinnvolles Verfahren kann sich nicht in einer Beschleunigung des Asylverfahrens erschöpfen. Was nützt es, wenn das Bundesamt und das Verwaltungsgericht in einem relativ beschleunigten Verfahren über Asylanträge entscheiden, wenn sich daran weitere Verfahren vor dem Bundesamt und vor den Ausländerbehörden über Folgeanträge, humanitäre Aufenthaltsrechte oder Vollzugsaussetzungen anschließen, nach Erschöpfung des Rechtswegs schließlich

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noch Härtefallkommissionen und Petitionsausschüsse eine Verfahrensbeendigung verzögern. Rein rechtlich gesehen, besteht in all diesen Fällen kein Suspensiveffekt. Faktisch ist es aber so, das in allen Fällen, in denen eine zumindest rechtlich geregelte Überprüfungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt wird, die überprüfende Instanz von ihrem Selbstverständnis her die Vollziehungsaussetzung erlangen wird. Eine Einschränkung der Nutzung des Asylrechts als Ersatzaufenthaltsrecht von Personen, die tatsächlich nicht schutzbedürftig sind, lässt sich nur erreichen, wenn das Asylverfahren und der Status von Asylsuchenden auf die wesentliche Funktion der Überprüfung eines außerordentlichen Schutzanspruches zurückgeführt wird. Daraus folgt die Notwendigkeit • einer drastischen Beschränkung der Gesamtverfahrensdauer • eine Klarheit der Regeln, unter denen Asyl oder temporärer Schutz vor Verfolgung beansprucht werden kann • die Einführung eines einheitlichen Verfahrens, in dem abschließend nicht nur über Asylrecht, sondern auch über völkerrechtlich begründete, anderweitige subsidiäre Schutzansprüche, humanitäre Aufenthaltsrechte und Abschiebungshindernisse, einschließlich familiärer Aspekte, entschieden wird • die Bekämpfung des Asylrechtsmissbrauchs durch Entziehung der mit dem Asylbewerberstatus verbundenen sozialen und aufenthaltsrechtlichen Privilegien • konsequente und einheitliche Politik der Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer Wie sieht es mit diesen Vorgaben im Ausländergesetz 1990, der ausländerrechtlichen Praxis und im Zuwanderungsgesetz aus? Von einer Klarheit der Regeln und Verfahrenweisen, unter denen nach geltendem Recht ein Aufenthaltsrecht oder zumindest Abschiebungsschutz erreicht werden kann, kann wohl kaum die Rede sein. Dass komplizierte Geflecht von Asyl, Folgeasyl, humanitären Aufenthaltsrechten, obligatorischen und fakultativen Abschiebungshindernissen, über die zum Teil das Bundesamt, zum Teil die Ausländerbehörden (inlandsbezogene Abschiebungshindernisse) in jeweils unterschiedlichen Verfahren entscheiden, entzieht sich jeder Transparenz. Verfahren, bei denen über viele Jahre hinweg zahlreiche gerichtliche Prozesse anhängig sind, sind keine Seltenheit. Muss man sich unter diesen Umständen wundern, wenn trotz aller Asylverfahrensnovellen der letzten 20 Jahre die Erwartung eines Asylsuchenden oder illegal einreisenden Ausländers, er werde irgendwie durch die Maschen der Institutionen und Rechtsinstrumente durchschlüpfen, in den meisten Fällen aufgeht? Was hält das Zuwanderungsgesetz für Rezepte bereit, um dem zu begegnen? Die Ansätze zur Beschleunigung des Asylverfahrens sind angesichts der zum Teil im Asylverfahren unerträglich langen gerichtlichen Verfahrensdauern notwendig. Es wird aber noch kein einheitliches Verfahren geschaffen, in dem abschließend 8*

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und nur noch gefolgt vom Vollzug über länger- oder kurzfristige Aufenthaltsrechte und Abschiebungshindernisse entschieden wird. Im Bereich des materiellen Rechts tritt durch die Erweiterung des Verfolgungsbegriffs um die nichtstaatliche und geschlechtsbezogene Verfolgung zunächst eine erhebliche Komplizierung ein. Nach § 60 des Aufenthaltsgesetzes soll „in Anwendung des Genfer Abkommens" auch die Verfolgung wegen des Geschlechts ein Abschiebungsverbot begründen, während das Genfer Abkommen das Geschlecht als Verfolgungsmerkmal nicht vorsieht. Für die nichtstaatliche Verfolgung ist umstritten, ob sie vom Verfolgungsbegriff der Genfer Konvention erfasst wird. In Zukunft haben wir also einen Verfolgungsbegriff des verfassungsrechtlichen Asylrechts, der selbstverständlich von der nach wie vor authentischen Auslegung des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts, d. h. unter Beschränkung auf die staatliche Verfolgung, ausgelegt wird. Daneben haben wir einen einfachrechtlichen Verfolgungsbegriff des § 60 AufenthaltsG und den völkerrechtlichen Verfolgungsbegriff der Genfer Konvention, der mit § 60 AufenthaltsG seinerseits jedenfalls in Bezug auf das Geschlecht nicht identisch ist. Ob dadurch die rechtliche Transparenz auch im Hinblick auf einen gemeinschaftsrechtlichen Verfolgungsbegriff der im Entwurf vorliegenden Richtlinie zum Verfolgungsbegriff der Genfer Konvention erleichtert wird, erscheint mir jedenfalls zweifelhaft. Jedenfalls wird die Rechtslage dadurch nicht vereinfacht auch im Hinblick auf die mit der Aufklärung nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung verbundenen Beweisprobleme. Sinnvoller wäre eine behutsame Fortentwicklung der Praxis des Bundesamts unter Einbeziehung gewisser Formen geschlechtsbezogener Verfolgung, die bei richtigem Verständnis der Genfer Konvention auch als politische Verfolgung gesehen werden kann. Der rechtsvergleichende Hinweis auf die Praxis anderer Konventionsstaaten berücksichtigt im übrigen nicht ausreichend, dass das individuelle Überprüfungsverfahren in anderen Konventionsstaaten bei weitem nicht die gleiche Bedeutung hat, wie dies in Deutschland der Fall ist. Gravierender erscheint, dass der Gesetzgeber auch im Falle von rechtlichen und faktischen Abschiebungshindernissen zukünftig auch einen Anspruch auf ein humanitäres Aufenthaltsrecht einräumt, so z. B. wenn die freiwillige Rückreise oder Abschiebung aus faktischen oder rechtlichen Gründen nicht möglich ist, z. B. weil der Heimatstaat die Aufnahme verweigert, oder weil die erforderlichen Dokumente nicht beigebracht werden können. Eine Ausnahme soll nur dann gelten, wenn der Ausländer die Ausreisehindernisse selbst zu vertreten hat. Zwar ist die letzte Missbrauchsklausel lobenswert; sie löst aber nicht das Problem, dass ein Instrument des vorübergehenden Aufschubs des Vollzugs auch ohne Nachweis einer Verantwortlichkeit des Ausländers für das Ausreisehindernis in der ausländerrechtlichen Praxis nicht verzichtbar ist. Die Situation kann sich rasch ändern; die Gewährung eines zeitlich befristeten Aufenthaltsrechts verhindert jedes flexible Reagieren der Ausländerbehörden auf sich wechselnde Verhältnisse. Darüber hinaus stellt aber auch die faktisch weitgehende Gleichstellung des verfassungsrechtlichen Asylrechts mit dem „kleinen Asyl", d. h. dem bisher vorgese-

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henen Abschiebungshindernis wegen politischer Verfolgung, einen Systemwiderspruch dar. Mit der Asylrechtsreform 1993 wurde eingeführt, dass sich auf Asyl nicht berufen kann, wer aus sogenannten sicheren Drittstaaten eingereist ist (vgl. Art. 16 a Abs. 2 GG). Dahinter steht auch die Erwägung, dass selbst dann, wenn eine Abschiebung nicht möglich ist, was tatsächlich in den meisten Fällen wegen Verschleierung der Reisewege nicht möglich ist, ein Asylsuchender in den Genuss des Asylrechts kommen soll, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, anderweitig in einem sicheren Drittstaat Schutz zu erlangen. Diese Grundkonzeption wird nun konterkariert, wenn Inhaber des „kleinen Asyls" weitgehend in Bezug auf das Aufenthaltsrecht dem verfassungsrechtlichen Asylrecht gleichgestellt werden. Nun mag man einwenden, dass die Beschränkung auf einen Abschiebungsschutz für Personen, die im Falle einer Rückführung in ihr Heimatland politischer Verfolgung ausgesetzt wären, migrationspolitisch verfehlt ist. Diese Argumentation ist aber nur dann sinnvoll, wenn man sicheren Drittstaatenregelungen, einschließlich Zuständigkeitsregeln des Dubliner Übereinkommens letztlich keine Zukunft gibt. Richtig ist, dass gegenwärtig die sichere Drittstaatenregelung weitgehend leerläuft. Das sollte aber kein Grund sein, das mit der Gewährung von befristeten Aufenthaltsrechten gewissermaßen rechtlich zu verfestigen. Vielmehr muss die Zielsetzung darauf ausgerichtet sein, die sichere Drittstaatenregelung durch ein europa-einheitliches System der Identifikation anhand von Fingerabdrücken, dem Abschluss von europäischen Rückübernahmeabkommen und einer effektiven Durchsetzung von Zuständigkeitsregelungen, die eine Rückführung in sichere Drittstaaten erlauben, zu ermöglichen. Kontraproduktiv erscheint schließlich auch die Ermöglichung einer Durchbrechung rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen durch Härtefallkommissionen. Auch wenn es sich hier um keine obligatorische Regelung handelt, sondern nur den Ländern die Option der Einrichtung von Härtefallkommissionen eingerichtet wird, wird diese Regelung dazu führen, dass praktisch Härtefallkommissionen als Superrevisionsinstanz in Anspruch genommen werden. Nur in ganz begrenztem Umfang wird es möglich sein, auch eine rechtliche Überprüfung von Entscheidungen von Härtefallkommissionen völlig auszuschließen. Zwar erscheint es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, weite Ermessensspielräume einzuräumen, nachdem über ein Aufenthaltsrecht bereits abschließend gerichtlich entschieden worden ist. Nicht ausschließen können wird man aber die Möglichkeit, sich auf Verfahrensfehler, auf die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und Verletzung von Grundrechten zu berufen. Praktisch könnte dies leicht dazu führen, dass Verfahren vor Härtefallkommissionen einen quasi justiziellen Charakter annehmen.

II. Angleichung der Aufenthaltsrechte Einen kleinen Schritt in diese Richtung unternimmt immerhin das Zuwanderungsgesetz durch die erste Befristung des Aufenthaltsrechts auch bei Asylbe-

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rechtigten auf drei Jahre. Der Aufenthaltstitel kann zu einer Verfestigung führen, wenn die Voraussetzungen weiter bestehen. Darüber hinaus sieht das Gesetz - insoweit den Empfehlungen der Unabhängigen Kommission „Zuwanderung" folgend - eine Angleichung des Aufenthaltsrechts für Asylberechtigte und Inhaber des „kleinen Asyls" vor. Auch der CDUBeschluss will beim Bestehen dauernder Abschiebungshindernisse den Status abgelehnter Asylbewerber verbessern und demjenigen von Asylberechtigten angleichen. Grundsätzlich erscheint zwar aus integrationspolitischen Gründen eine aufenthaltsrechtliche Einschränkung des Status von Personen, die Abschiebungsschutz nach § 51 AuslG genießen, nicht sinnvoll. Der übereinstimmende Vorschlag einer Angleichung der Aufenthaltsrechte verkennt aber, dass damit ein wesentliches Element der „Drittstaatenregelung" preisgegeben wird. Der Gesetzgeber ging nämlich bei der geltenden Regelung, die in derartigen Fällen prinzipiell nur einen Abschiebungsschutz vorgesehen hat, davon aus, dass Personen, die die Möglichkeit hatten, in sicheren Drittstaaten Schutz zu erhalten, grundsätzlich nicht asylberechtigt sein sollen. Durch die Angleichung der Aufenthaltsrechte wird dieser Unterschied konterkariert. Nun kann man einwenden, dass die Drittstaatenregelung als Folge der Verschleierung von Reisewegen und mangels aufnahmebereiter sicherer Drittstaaten ohnedies häufig auf dem Papier steht. Die Lösung dieses Problems kann aber nicht darin bestehen, asylberechtigte und vor Abschiebung in ein Verfolgerland geschützte Personen gleich zu behandeln, sofern diese anderweitige zumutbare Schutzmöglichkeiten gehabt hätten oder sich im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen Abschiebungsschutz erst in Deutschland durch entsprechende politische Aktivitäten verschafft haben. Immerhin sieht im Gegensatz zum CDU-Beschluss das Zuwanderungsgesetz eine Begrenzung insoweit vor, dass künftig auch das „kleine Asyl" regelmäßig ausgeschlossen ist, wenn der Ausländer ohne Verfolgungshintergrund aus seinem Herkunftsland ausreist und erst durch selbst geschaffene (subjektive) Nachfluchtgründe eine Verfolgung im Herkunftsland auslöst. In diesem Fall hatte das Bundesverfassungsgericht eine Asylberechtigung nach Art. 16 a Abs. 1 GG ausgeschlossen.

III. Begriff der politischen Verfolgung Im Anschluss an die Bekanntmachung des Zuwanderungsgesetzes ist eine heftige Kontroverse über die (Nicht-) Einbeziehung „nichtstaatlicher Verfolgung" in den Begriff der politischen Verfolgung nach Art. 16 a Abs. 1 GG entbrannt. Kritisiert wurde das Zuwanderungsgesetz insbesondere im Hinblick auf die Nichteinbeziehung nichtstaatlicher Verfolgung in den Verfolgungsbegriff. Die CDU äußert sich demgegenüber nicht ausdrücklich zu dieser Frage. Der Abschlussbericht der Kommission spricht aber von der „vollumfänglichen Anwendung der Genfer

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Flüchtlingskonvention", was teilweise als Bekenntnis zur Einbeziehung nichtstaatlicher Verfolgung interpretiert wird. Wie auch immer diese Formulierung zu verstehen sein mag, die Forderung nach Einbeziehung nichtstaatlicher Verfolgung verkennt jedenfalls, dass auch diejenigen Genfer Konventionsstaaten, die vom „Schutzprinzip" ausgehen und daher unter bestimmten Voraussetzungen nichtstaatliche Verfolgung in den Anwendungsbereich der Genfer Konvention einbeziehen, keineswegs einer undifferenzierten Ausdehnung der Genfer Konvention auf alle Formen nichtstaatlicher Verfolgung das Wort reden. Auch die Unabhängige Kommission „Zuwanderung" hat sich mit der Frage der Definition der politischen Verfolgung im Sinne der Genfer Konvention befasst und ist mangels einer Einigung zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen. Dahinter steht weniger eine mangelnde Übereinstimmung über die Notwendigkeit der Schutzbedürftigkeit bestimmter Kategorien von Ausländern, die nicht als politisch Verfolgte im herkömmlichen Sinne angesehen werden können. Ausdrücklich wird daher die Schutzbedürftigkeit von Frauen, die ihres Geschlechts wegen verfolgt werden, sowie die Schutzbedürftigkeit von Verfolgungsopfern in Situationen nicht oder nicht mehr bestehender staatlicher Strukturen bejaht. Weder die grundsätzliche Akzeptanz eines Schutzbedürfnisses noch der Hinweis auf einen anzustrebenden einheitlichen europäischen Flüchtlings- und Verfolgungsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention führen aber zu dem Schluss einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Genfer Konvention. Gerade weil die Genfer Konvention sich sowohl in Bezug auf die Rechtstellung von Flüchtlingen als auch in Bezug auf die verfahrensmäßigen Ableitungen als wenig flexibel erwiesen hat, sollte über alternative Instrumente der Schutzgewährung stärker nachgedacht werden. Eine immer weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Genfer Konvention kann schwerlich die Lösung des Problems sich auflösender Staaten, fundamentalistischer Regime und traditioneller Gesellschaftsstrukturen, die mit europäischen Vorstellungen nicht übereinstimmen, darstellen. Noch gravierender fällt ins Gewicht, dass eine gesetzliche Gleichstellung von nichtstaatlicher Verfolgung mit politischer Verfolgung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und Bundesverwaltungsgerichts eine erheblich andere rechtliche und praktische Dimension gewinnen würde, als z. B. eine behutsame Änderung der Praxis des Bundesamts, bei der in verstärktem Maße auch der politische Charakter von Maßnahmen fundamentalistischer Regime gegenüber Frauen als Teil der politischen Herrschaftssicherung verstanden wird. Im Endergebnis zeigt sich Konfliktstoff insoweit ebenfalls nur zwischen dem Zuwanderungsgesetz und den öffentlich geäußerten Vorstellungen der Fraktion Bündnis 90/Grüne.

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IV. Missbrauch des Asylrechts Mit dem schillernden Begriff des „Asylrechtsmissbrauchs" werden eine Reihe von Verhaltensweisen umschrieben, die insbesondere die Verhinderung aufenthaltsbeendender Maßnahmen durch Identitätsverschleierung, mangelnde Kooperation und Vernichtung von Dokumenten umschreiben. Dazu gehört aber auch die steigende Zahl von Asylfolgeanträgen, die nach Beendigung des Asylverfahren nicht selten als zweite und dritte Folgeanträge kurz vor dem Vollzug einer Abschiebung gestellt werden, um aufenthaltsbeendende Maßnahmen unmöglich zu machen. Das Zuwanderungsgesetz sieht neben den bereits oben erwähnten Maßnahmen zur Erreichung eines effektiveren Vollzugs insbesondere Sanktionen im Bereich der Reduzierung von Sozialleistungen vor. Künftig sollen ausreisepflichtige Personen auch nach Beendigung des Drei-Jahres-Zeitraums für die gesamte Dauer des Asylverfahrens Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Damit soll der Anreiz vermieden werden, die Asylverfahren und die Beendigung des Aufenthalts zu verzögern. Der CDU-Beschluss spricht ebenfalls von der Notwendigkeit der Bekämpfung des Asylrechtsmissbrauchs. Über die bereits erwähnten Möglichkeiten einer Verfahrensbeschleunigung und Aufenthaltsbeendigung mittels einfachgesetzlicher Maßnahmen hinaus stellt freilich auch der CDU-Beschluss keine neuen Rezepte vor, wie dem Asylrechtsmissbrauch besser begegnet werden könnte. Bemerkenswerterweise wird auch im CDU-Entwurf einer verstärkten Einführung von zwangsweiser Unterbringung ausreisepflichtiger Ausländer, wie sie in den klassischen Einwanderungsländern USA und Australien in weitem Umfang praktiziert werden, nicht das Wort gesprochen. Auch der CDU-Beschluss sieht keine weitere Absenkung von Sozialhilfeleistungen ausreisepflichtiger Ausländer vor, obwohl zumindest bei denjenigen Ausländern, denen die freiwillige Ausreise zumutbar ist und deren Abschiebung lediglich an ihrem eigenen Verhalten scheitert, durchaus an einen gänzlichen Ausschluss des Zugangs vom Sozialhilfesystem gedacht werden könnte. Für die missbräuchliche Praxis der Stellung von Folgeanträgen sieht das Zuwanderungsgesetz vor, dass bei Folgeantragstellung vom Erlass einer erneuten Abschiebungsandrohung bzw. Anordnung abgesehen werden kann. Darüber hinaus soll Antragstellern, die im Folgeverfahren selbst geschaffene Fluchtgründe vorbringen, kein Flüchtlingsstatus nach der Genfer Konvention zugebilligt werden. Ob diese Vorschläge einen effektiven Beitrag zur Bekämpfung der weitverbreiteten Praxis von Dokumentenvernichtung und Verschleierung von Reisewegen bringen werden, bleibt abzuwarten. Eine durchgehende Änderung des Systems von Anreizen, sich des Asylrechts zur Erlangung anderweitig nicht erreichbarer Aufenthaltsrechte zu bedienen, wird wohl nur dann erreicht werden können, wenn die Geltendmachung eines humanitären Schutzanspruchs, der auf die Genfer Konven-

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tion oder Art. 3 der EMRK gestützt ist, nicht mehr dazu führt, im Aufenthaltsstaat der Wahl für zumindest mehrere Jahre ein faktisches und häufig auch dauerndes Bleiberecht ohne Rücksicht auf die Berechtigung des Asylanspruchs zu erlangen. Dies führt zu der Notwendigkeit einer strikten Trennung der Phase der Prüfung des Asylbegehrens von derjenigen der vorübergehenden oder dauernden Aufnahme nach festgestellter Schutzbedürftigkeit zurück. Erreichen lässt sich eine solche Trennung nur, wenn der Grundsatz der ausschließlichen Zuständigkeit im ersten sicheren Drittstaat, sei es innerhalb der EU oder in einem assoziierten sonstigen sicheren Drittstaat, durchgefühlt wird. Ein (beschränktes) Recht auf freie Wahl des Aufnahmelands sollte erst dann zum Zuge kommen, wenn bereits über den Aufnahmeanspruch abschließend entschieden worden ist.

E. Integration Ein zentrales Anliegen des neuen migrationspolitischen Konzepts ist die Verknüpfung der Gewährung von Aufenthaltsrechten mit Integrationsanforderungen. Ein umfassendes Integrationskonzept ist daher Bestandteil sämtlicher Berichte und Entwürfe. Weithin übereinstimmend sind auch die Forderungen, die ein solches Integrationskonzept erfüllen soll. Insbesondere soll eine bessere und schnellere Integration der rechtmäßig und auf Dauer in Deutschland lebenden Ausländer durch Erwerb von Sprachkenntnissen erreicht werden. Der Ghettobildung von Ausländern soll begegnet werden. Die im Bericht der Unabhängigen Kommission „Zuwanderung" detailliert geschilderten Defizite in Schule, Beruf und sozialer Integration sollen vermieden werden. Vor diesem Hintergrund sind auch die z. T. besorgniserregenden Zahlen über die Kriminalitätsbelastung, insbesondere jugendlicher Ausländer zu sehen. Das Zuwanderungsgesetz sieht vor, dass im Aufenthaltsgesetz ein Mindestrahmen staatlicher Integrationsangebote (Sprachkurse, Einführungen in die Rechtsordnung, die Kultur und die Geschichte Deutschlands) gesetzlich geregelt werden soll. Dem neu zu gründenden Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll die Aufgabe übertragen werden, ein bundesweites Integrationsprogramm zu entwickeln, in dem Grundstruktur, Inhalt und Umfang, Einzelheiten der Organisation, Ausgestaltung und der Durchführung sowie Rahmenbedingungen für die Teilnahme an den Integrationskursen festgelegt werden. Ausländer, die sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten, sollen einen Anspruch auf die Teilnahme an den Integrationskursen erhalten. Bei fehlenden Deutschkenntnissen und einem Aufenthalt von weniger als sechs Jahren soll eine Teilnahmepflicht bestehen. Diese Pflicht ist allerdings nur eingeschränkt durchsetzbar. Wenn der Ausländer der Pflicht nicht nachkommt, soll die zuständige Ausländerbehörde mit dem Ausländer ein Beratungsgespräch führen. Die Nichtteilnahme soll bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis berücksichtigt werden.

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Darüber hinaus sieht das Gesetz auch vor, dass ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache sowie Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet zukünftig Voraussetzung für die Gewährung eines dauerhaften Aufenthaltsrechts sein sollen. Darüber hinaus soll die erfolgreiche Kursteilnahme auch eine Fristverkürzung bei der Einbürgerung von acht auf sieben Jahren begründen. Die Vorstellungen der CDU unterscheiden sich zunächst in den Grundzielen der Integration nicht wesentlich von denen des Zuwanderungsgesetzes. Integration wird definiert als die Einbindung in das gesellschaftliche, wirtschaftliche, geistigkulturelle und rechtliche Gefüge des Aufnahmelandes, ohne Aufgabe der eigenen kulturellen Identität. Damit dürfte der Streit um die „Leitkultur" weitgehend erledigt sein. Allenfalls könnte die Formulierung, wonach Grundlage des Zusammenlebens nicht multikulturelle Beliebigkeit, sondern die Weiteordnung der christlichabendländischen Kultur, die von Christentum, Judentum, antiker Philosophie, Humanismus, römischem Recht und Aufklärung geprägt wurde, noch Anlass zu Konflikten mit anderen Parteien geben. Eine Divergenz zu den Vorstellungen des BMI ist darin schwerlich zu erkennen, da die in dem Integrationskurs zu vermittelnden Grundkenntnisse der Lebensverhältnisse und der Rechts- und Gesellschaftsordnung kaum anders als durch Bezugnahme auf eine Werteordnung definiert werden könnten. Eine gewisse Divergenz ist allenfalls zum Integrationskonzept der Grünen erkennbar, wo in einer vagen Formulierung vom „beständigen Prozess der Verständigung über die gemeinsamen Grundlagen und Regeln des Zusammenlebens" gesprochen wird. 15 Ein gewisser Dissens liegt allerdings in den Instrumenten der Integrationspolitik. Zwar ist auch nach dem Abschlussbericht der CDU-Kommission grundsätzlich ein Anreizsystem für die Integrationskurse vorgesehen. Wer die Kurse absolviert hat, soll durch eine Verbesserung seiner Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnissituation belohnt werden. Gleichzeitig soll aber der Verstoß gegen die Teilnahmepflicht sanktioniert werden. Denkbar sind danach der Verlust des Anspruchs auf soziale Transferleistungen, die Verlängerung der Fristen für die Verbesserung des Aufenthaltsstatus, die Versagung der Aufenthaltsverlängerung oder Auflagen und Befristungen des Aufenthaltsstatus. Unter Hinweis auf das niederländische Modell wird darüber hinaus die Möglichkeit der Anordnung von Geldstrafen vorgesehen, wobei allerdings verschwiegen wird, dass hiervon in der Praxis kein Gebrauch gemacht wird. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass die Kosten der Kurse bei Leistungsfähigkeit grundsätzlich durch die Zuwanderer selbst getragen werden sollen. 15

Ähnlich vage D. Oberndörfer, Das Grundgesetz ist die Hausordnung der multikulturellen Gesellschaft Deutschlands, Zukunftsforum Politik Nr. 23: „Diese (gemeint ist die Kultur der Republik) umfasst die Gesamtheit der kulturellen Güter und Präferenzen aller ihrer Staatsbürger. Wenn etwa in der Bundesrepublik Deutschland die Zahl der Staatsbürger muslimischen Glaubens zunehmen wird, werden deren religiöse Überzeugungen in noch stärkerem Umfang als schon heute zu einem Bestandteil der Kultur der Bundesrepublik Deutschland, der Kultur der Deutschen, werden".

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Daneben soll die Kostenbeteiligungspflicht für begünstigte Unternehmen, die Zuwanderer beschäftigen, geprüft werden. Weitgehend mit dem Zuwanderungsgesetz ist dagegen die Forderung vereinbar, die Zuwanderungsgestaltung auf die Integration zu orientieren. So sollte bei der Auswahl der Zuwanderer möglichst eine Berücksichtigung des Vorhandenseins deutscher Sprachkenntnisse erfolgen. Zu prüfen soll auch sein, ob und inwieweit die Vermittlung von Sprach- und sonstigen Kenntnissen bereits in den Herkunftsländern erfolgen könne. Nach den Beschlüssen der Fraktion Bündnis 90/Grüne ist jedenfalls ausdrücklich von obligatorischen Integrations- und Sprachkursen nicht die Rede. Vielmehr wird davon gesprochen, Integrationsangebote auszubauen, wobei sie allerdings auf ein dem niederländischen Vorbild vergleichbares Angebot von umfassenden Sprach- und Orientierungskursen verweisen. Dieses Angebot sollte gezielt mit Anreizen verbunden werden. Von dem umfangreichen Wunschkatalog der Unabhängigen Kommission „Zuwanderung", der unter anderem die Veranstaltung von Deutschkursen für Mütter mit Migrationshintergrund, interkulturelle Ausbildung von Erziehern und vieles mehr gefordert hatte, ist damit nur ein Teil übernommen worden. Das nimmt den Forderungen der Kommission nicht ihre Berechtigung. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Integration erhebliche Kosten erfordert. Bei der Anbietung unentgeltlicher Integrationskurse für die Erstförderung setzt die Kommission bei zunächst 220.000 Kursplätzen einen Kostenaufwand von 615 Millionen DM. Der Gesamtaufwand dürfte aber leicht in mehrstellige Milliardenbeiträge gehen. Zu erwägen wäre, ob nicht zumindest partiell die Ausländer auch an den Kosten der Integration beteiligt werden sollten. Auf der anderen Seite wird die Integration unvermeidlich erheblich höhere finanzielle Mittel erfordern. Wenn die dringend erforderlichen Integrationsmaßnahmen unterbleiben, werden jedoch die Folgekosten langfristig höher sein als die jetzt notwendigen Investitionskosten.

Neuere Entwicklung der japanischen Ausländerpolitik unter besonderer Berücksichtigung der Straffälligkeit von Gastarbeiterkindern aus Brasilien* Von Koichi Miyazawa A. Einleitung B. Der militärische Streit um Hegemonie in Fernost und Japan C. Drei Fehler der japanischen Immigrationspolitik D. Neue Probleme hinsichtlich der Immigrationspolitik in Japan E. Abschließende Bemerkung

A. Einleitung I. Als Japan zum ersten Male in den chinesischen Dokumenten in der Mitte des 3. Jahrhunderts urkundlich erwähnt wurde, lebten die Bewohner des Landes in primitiven Strohhütten und waren mit der Bodenbearbeitung beschäftigt. Nach der allmählichen Aufnahme des Schiffsverkehrs mit China und Korea stand Japan unter dem Einfluß ihrer hochentwickelten Kulturen. Etwa ab dem Ende des 6. Jahrhunderts nahm Japan planmäßigen Kontakt mit China unter der Shui-Dynastie (589-618) auf und ließ chinesische Handwerker und Künstler verschiedenster Art der hochentwickelten chinesischen Zivilisation ins Land kommen. Daneben wurden unter anderem chinesische Gesetze1, Münzen, Bronzearbeiten und chinesisches Porzellan importiert. Nach dem Zusammenbruch der Shui-Dynastie hat Japan mit den folgenden Dynastien, der Tang-Dynastie (618-907) und ihren Nachfolgern, die zwischenstaatlichen, offiziellen Verbindungen aufrechterhalten. Viele Chinesen und auch Koreaner sind nach Japan gekommen, haben berufliches Know-how sowie technische Neuerungen mitgebracht und haben das Land Japan in Folge davon in jeder Hinsicht kulturell beeinflußt. 2 Die meisten Einwanderer haben sich in Japan eingebürgert, das Alltagsleben bereichert und zur Entwicklung des japanischen Inselreichs beigetragen. So entstand auf friedliche Weise eine Ver* Bei dem Beitrag handelt es sich um ein mit einigen Fußnoten versehenes Referat, das der Verfasser im Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin gehalten hat. Für die sprachliche Bearbeitung bin ich Frau Rechtsanwältin Gabriele Schabesberger-Ida zu Dank verpflichtet. 1 Koichi Miyazawa, ZStrW, Bd. 77, 1965. 2 Koichi Miyazawa/Hans Joachim Schneider, in: Rudolf Sieverts / Hans Joachim Schneider, Handwörterbuch der Kriminologie, 4. Band Ergänzungsband, 1979.

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mischung dieser drei verschiedenen Völker. Die guten Beziehungen dauerten fort bis zum 16. Jahrhundert. II. Ende des 16. Jahrhunderts hat der damalige De-facto-Alleinherrscher Japans Toyotomi Hideyoshi, von politischem Ehrgeiz und Größenwahn getrieben, seine Truppen zweimal nach der Halbinsel Korea geschickt, eine unsinnige Invasion versucht und als Ergebnis lediglich das Land Korea mit seiner hochentwickelten Kultur zerstört. Das war die Ouvertüre zu den verhängnisvollen Volkerkonflikten zwischen China, Korea und Japan, die in der neueren Geschichte ab der Meiji-Restauration im Jahre 1868 und später im Laufe der sog. Modernisierung Japans stattfanden.

B. Der militärische Streit um Hegemonie in Fernost und Japan Als Japan als Spätentwickler in der Geschichte der Kolonialisierung Asiens auf der Bildfläche erschien und nach dem Vorbild der anglo-amerikanischen sowie der europäischen Kultur und Zivilisation sein Staatswesen reformierte, hatte China an seinem althergebrachten System festgehalten und wurde in der Folge von den Großmächten erobert. Auch Korea war konventionell und hielt an seiner veralteten Tradition fest. Inmitten der Machtpolitik der damaligen Weltmächte hat Japan unterstützt von Großbritannien Krieg mit Rußland geführt. Nachdem es im Jahre 1905 den Russisch-Japanischen Krieg gewonnen hatte, hat es 1910 zuerst Korea besetzt und 36 Jahre lang kolonisiert gehalten. 1931 hat die Mandschurei (NordostChina) vor der japanischen militärischen Überlegenheit kapituliert. Unter der Leitung des japanischen Militärs wurde die Marionettenregierung des Kaiserreichs Mandschurei errichtet. Schließlich, im Jahre 1937, begann Japan gegen China einen Invasionskrieg. Infolgedessen mußte sich Japan mit Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika, die in Kontinentalchina Interessen und auch Rechte hatten, politisch und auch militärisch auseinandersetzen, ist so letzten Endes in den Zweiten Weltkrieg eingetreten und wurde schließlich besiegt. Während dieser Zeit des militärischen Machtmißbrauchs (1940-1945) hat Japan viele Koreaner und auch Chinesen als Zwangsarbeiter ausgenutzt, sowohl in den besetzten Gebieten als auch in der Mandschurei.3 Wegen des Mangels an Arbeitskräften im Mutterland wurden sie sogar zwangsweise nach Japan transportiert und mußten meistens in Kohlenminen und Bergwerken harte körperliche Arbeit leisten.4 Viele Nachfahren dieser Zwangsarbeiter lebten und leben bis heute isoliert vom normalen sozialen Leben in Japan. 3 Toru Takahashi, in: Klaus Marxen / Koichi Miyazawa/Gerhard Werle (Hrsg.), Der Umgang mit Kriegs- und Besatzungsunrecht in Japan und Deutschland, 2001, S. 131. 4 Hierzu Philipp Osten, Der Tokioter Kriegsverbrecherprozeß und seine Rezeption durch die japanische Rechtswissenschaft, Dissertation der Humboldt-Universität zu Berlin, 2001.

Neuere Entwicklung der j apanischen Ausländerpolitik

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C. Drei Fehler der japanischen Immigrationspolitik I. Wegen der politischen Unruhen im Heimatland nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges mußten die zwangsweise zugewanderten Chinesen, insbesondere jedoch die Koreaner in Japan bleiben. Zu ihrem Unglück hat die japanische Regierung jedoch keine vernünftige Immigrationspolitik für diese ehemaligen Zwangsarbeiter praktiziert. So konnten die Zuwanderer beider Nationen leider nicht zufriedenstellend in das japanische Gesellschaftsleben integriert werden. Auch zeigten die Japaner ihnen gegenüber kein freundliches Verhalten. Sie waren allzu konservativ hinsichtlich der Völkerverständigung und brachten außerdem ein Überlegenheitsgefühl gegenüber den anderen Asiaten zum Ausdruck, das jeglicher Grundlage entbehrte. Dadurch, daß sie aus dem japanischen Alltagsleben, insbesondere aus dem normalen Berufs- sowie aus dem familiären Leben ausgeschlossen wurden, wurden die jungen Koreaner mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert. Unter diesen Umständen blieb vielen von ihnen nichts anderes übrig als sich Yakuza-Banden anzuschließen,5 da die organisierte Kriminalität keine Diskriminierung wegen fremder Staatsangehörigkeit kannte. Die Ausgrenzung der Zwangsarbeiter und ihrer Abkömmlinge war der erste Fehler Japans nach dem letzten Krieg. II. Gegen Ende des Krieges mußten viele japanische Familien, die bis dahin mit ihren Angehörigen an der Staatsgrenze zwischen der Mandschurei und Rußland lebten, nach dem Ausbruch des russischen Angriffskrieges vor den russischen Truppen ohne den Schutz der japanischen Armee zu Fuß an die Küste fliehen, um dann mit irgendeinem Schiff oder Boot nach Japan übersetzen zu können. Viele kamen dabei vor Hunger und Entbehrungen um, sie mußten ihre kleinen Kinder hinter sich lassen bzw. von chinesischen Familien adoptieren lassen. Zwanzig bis dreißig Jahre nach dem Krieg wollten diese von ihren Eltern zurückgelassenen Japaner in ihre Heimat zurückkehren. Die japanische Regierung ist rechtlich verpflichtet, ihnen und auch ihren Kindern zu erlauben, in die Heimat zurückzukehren. Die Rückkehrer können zwar einigermaßen Japanisch verstehen und sind auch einigermaßen an die japanische Kultur gewöhnt, ihre Kinder haben jedoch ihr bisheriges Leben als Chinesen verbracht und haben somit keinerlei Bezug zu der japanischen Kultur. Ebenso wie die deutschen Zuwanderer aus Rußland haben diese japanisch-chinesischen Kinder Schwierigkeiten im schulischen Leben sowie im Zusammenleben mit ihren japanischen Nachbarn. Infolge ihrer Außenseiterstellung haben die jungen Zuwanderer aus Frustration überall in japanischen Städten Rockerbanden gegründet und sich kriminell betätigt. Viele Kommunalregierungen haben sich um verschiedene Sozialhilfeprojekte bemüht und versucht, den Jugendlichen bei der sozialen Integration in ihre neue Heimat behilflich zu sein. Auf diese Weise ist dieses Problem mittlerweile nahezu gelöst.

5

Koichi Miyazawa, Festschrift für Horst Schüler-Springorum, 1993, S. 149 (159).

128

Koichi Miyazawa

III. Heute stehen wir vor neuen sozialen Problemen hinsichtlich der Straffälligkeit der Gastarbeiterkinder aus Brasilien, bei deren Behandlung ein dritter Fehler gemacht wurde, den sich viele lokale Gemeinschaften in der Zwischenzeit zu lösen bemüht haben.

D. Neue Probleme hinsichtlich der Immigrationspolitik in Japan I. Die 80er Jahre hießen in Brasilien die „verlorenen 10 Jahre", da auf Grund einer fehlgeschlagenen Wirtschaftspolitik der brasilianischen Regierung viele Arbeitslose geschaffen wurden und sich daneben die sozialen Unterschiede zwischen arm und reich vergrößert hatten. Beinahe zur gleichen Zeit jedoch blühte in Japan die Wirtschaft in nie dagewesenem Maße. Insbesondere die kleinen sowie die mittelgroßen Betriebe benötigten mehr Arbeitskräfte, als auf dem japanischen Markt zu finden waren. Auf Grund dieser Umstände hat die japanische Regierung ihre strikte Einwanderungspolitik zugunsten japanischstämmiger Brasilianer gelockert und für sie günstige Arbeitszulassungsbedingungen geschaffen. Aus der Tabelle 2 kann man ersehen, daß die Zahl der legal eingewanderten Brasilianer in den 80er Jahren stark zugenommen hat, nämlich um beinahe das Vierzigfache. Diese plötzliche Zunahme hatte aber auch eine Kehrseite, nämlich das starke Ansteigen der jugendlichen Straffälligen, die sich aus Kindern und Jugendlichen der Gastarbeiter aus Brasilien zusammensetzen (s. Tabellen 3 und 4). Wie die demographische Entwicklung der Zahl der neu aufgenommenen Insassen in die Jugendklassifikationszentren sowie in die Jugendtrainingsschulen, die den europäischen Jugendstrafanstalten entsprechen, zeigt, war die Anzahl der brasilianischen Insassen anfangs praktisch null und nahm dann sprunghaft zu. Im Jahre 2001 nahm deren Zahl sogar die erste Stelle der ausländischen Insassen sowohl im Klassifikationszentrum als auch in der Jugendtrainingsschule ein! II. An dieser Entwicklung ist die Immigrationspolitik Japans keineswegs unschuldig. Sie orientiert sich lediglich am Gewinn der Arbeitskraft für die Industrie, denkt jedoch allzu wenig daran, daß die Gastarbeiter auch Familien haben, die integriert werden müssen. Sie nimmt sehr wenig Rücksicht auf die Integration der Kinder und Jugendlichen der Gastarbeiter in Schulen und Alltagsleben in Japan. Die Regierung war zu blauäugig, da sie davon ausging, daß die Kinder und Enkelkinder der japanischstämmigen Immigranten aus Brasilien Japaner sind, oder daß sie sich zumindest, da sie ja japanisches Blut in sich haben, auch wie Japaner benehmen. Das ging an der Wirklichkeit vorbei. Zwar spricht die erste Generation der japanischen Immigranten aus Brasilien Japanisch und ist mit der japanischen Kultur verbunden. Das ändert sich jedoch völlig im Hinblick auf die zweite, dritte oder gar vierte Generation. Diese Leute lebten lange Zeit in Brasilien, verkehrten ständig mit Brasilianern und denken brasilianisch, da sie ja praktisch als Brasilianer geboren und erzogen wurden.

Neuere Entwicklung der japanischen Ausländerpolitik

129

III. Viele Kommunalregierungen an Orten, wo diese Gastarbeiter aus Brasilien wohnhaft sind, die diesen neuartigen sozialen Problemen begegneten und sich mit ihnen auseinanderzusetzen bemühten, haben eine intensive Integrationspolitik in Gang gesetzt und damit auch einige augenfällige Erfolge erzielt. 6

E. Abschließende Bemerkung Verglichen mit den anderen Industrieländern stellt auch heute die Kriminalität einschließlich der Jugendkriminalität in Japan keineswegs ein großes soziales Problem dar. Japan hat noch wesentlich größere und ernstzunehmendere soziale Probleme, nämlich die rasend schnell verlaufende Überalterung der Bevölkerung, die einhergeht mit ständig sinkenden Geburtenzahlen. Das zeigt die Tabelle 1. Innerhalb der nächsten 25 Jahre wird die Zahl der Jugendlichen, d. h. der Personen jünger als zwanzig Jahre, sich um ca. vier Millionen und die der 20 -29jährigen um ca. sechs Millionen vermindern, während die Zahl der Personen, die älter als 65

6 Hier seien einige neueste Daten bezüglich der Gastarbeiterkinder aus Brasilien anzuführen: Im Jahre 2000 wurden insgesamt 1.184 Jugendliche in polizeilichen Gewahrsam genommen. Sie sind wie folgt auf die Präfekturen verteilt: 437 Personen in Aichi (Bezirkshauptstadt: Nagoya), 257 Personen in Mie, 174 in Shizuoka, 73 in Nagano, 57 in Gunma usw. Sehr interessant ist zu erwähnen, daß in Tokyo 120 Chinesen, 77 Philippinos und 10 Koreaner verhaftet wurden, jedoch nur noch ein Brasilianer. Die folgenden Daten beziehen sich auf die Statistiken der beiden Landespolizeiämter der Präfekturen Nagano und Shizuoka:

Die Entwicklung der brasilianischen jugendlichen Tatverdächtigen bei Straftaten (ohne Verkehrsdelikte) in Shizuoka (1992-2001): Kategorie/Jhg. Ausl. Jugdl. insgesamt Bras. Jugdl.

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

7

16

17

18

24

24

35

66

63

108

4

10

11

15

20

14

25

48

46

78

Die Entwicklung der ausländischen Tatverdächtigen (Erwachsenen sowie Jugendlichen) bei Straftaten einschließlich der Nebenstraftaten in Nagano (1989-2001): Kategorie/Jhg. 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 63

62

87

94

154

Koreaner Chinesen Thailänder

2 4 32

4 24

2

11 21

14

13 16

Philippinos Brasilianer

15 2

Peruaner

0

Ausl. Verdächt.

9 Stern

22

36 14

0 0

1 1

53 10 2 0

66 14 0 14

179

193

123

222

8 19 75 17

13 38 59 20

6 34

6

15

9 9

69 27 27

19

5

1

11

27

236

246

275

346

34

32 76 36 12

19 64

35 67 34

48

30

23

25 103

45

45 13 64

5

9

83 6

68 57

7

Koichi Miyazawa

130

Jahre sind, sich um neun Millionen erhöhen wird. Symbolisch wird die Überalterungstendenz bei den über 75jährigen sein. Deren Zahl wird sich innerhalb des nächsten Vierteljahrhunderts von ca. neun Millionen (2000) auf ca. neunzehn Millionen (2025) mehr als verdoppeln. In der Presseerklärung der japanischen Regierung steht jedoch nach wie vor, daß der Arbeitsmarkt für einfache Tätigkeiten für Ausländer wie bisher schmal bleiben wird, da die Arbeitschancen für die weibliche sowie die betagte japanische Bevölkerung vergrößert werden sollen. Zur Begründung solch unsinniger Immigrationspolitik heißt es gleichzeitig, daß man befürchtet, Mehrkosten in bezug auf die ärztlichen sowie die schulischen Ausgaben für Gastarbeiter und ihre Familienangehörigen übernehmen zu müssen. Die sozialen Probleme, die das Bild der demographischen Entwicklung Japans aufzeigt, kann man jedoch nicht so leicht lösen. Wir brauchen eine anständige Immigrationspolitik. Nur diese kann eine langfristige Lösung für die imminenten Bevölkerungsprobleme bieten. Nun stellt sich am Ende die Frage, wie man heutzutage genügend Arbeitskräfte für die Zukunft gewinnen kann. Möglicherweise aus Asien, jedoch nicht aus Korea oder Taiwan, weil sich der Lebensstandart beider Länder in der Zwischenzeit sehr nach oben entwickelt hat, ihr Lohnniveau dem japanischen annähernd gleichkommt und es sich infolgedessen für ihre Volksangehörigen nicht mehr lohnen wird, als Gastarbeiter nach Japan zu kommen. Also müssen wir unsere Arbeitskräfte aus den Reihen der Volkschinesen nehmen. Wir dürfen aber nicht auf die alten Fehler verfallen und auf diese Weise die Straffälligkeit der Gastarbeiterkinder aus China provozieren. Wir müssen uns unsere Erfahrungen bezüglich der Gastarbeiterkinder aus Brasilien in Erinnerung rufen und daraus lernen.

Tabelle 1 Demographische Entwicklung in Japan 1:1000 (1995 - 2030): Jahrg.

Ges. Bev.

0-19 J

20-30

30-39

40-49

50-64

65-74

1995

125,570

28,600

18,706

15,966

19,645

24,398

11,101

2000

126,892

26,084

18,440

16,007

16,718

6,873

12,985

8,885

2005

127,684

24,780

15,989

18,672

15,790

27,446

13,853

11,153

ab 75 7,176

2010

127,632

24,291

13,978

18,606

16,731

26,090

14,776

13,349

2015

126,444

23,992

12,484

15,966

18,486

23,633

16,863

15,020

2020

124,133

23,172

11,995

13,961

18,222

23,450

16,690

16,645

2025

120,913

21,879

12,193

12,471

15,809

25,444

14,229

18,887

2030

117,149

20,566

12,199

11,986

13,829

25,803

13,629

19,239

FN: Jahrg. = Jahrgang; Ges. Bev.= gesamte Bevölkerung; J= Jahr(e) National Institute of Security and Demography (ed.), Population Projections for Japan: 1996 - 2100, Tokyo, 1997, p. 74; auch Masatoshi Ozaki , Die gegenwärtige Lage der Aufnahme der japanischen Immigranten in Japan und ihre Aufgabe, 2000 (japanischer Privatdruck), S. 3.

Neuere Entwicklung der japanischen Ausländerpolitik

131

Tabelle 2 Demographische Entwicklung der ausländischen Immigranten legal eingetragene Immigranten (1960-1998): Ges. Imm./Land

1960

1970

1980

Ges. Imm.

650,566

708,910

782,910

NS-Korea

581,257

614,202

664,536

687,940

693,050

688,144

45,535

51,481

52,896

150,339

171,071

195,334

Philippinen

390

932

5,547

49,092

61,837

62,218

Brasilien

240

891

1,492

56,429

119,333

147,803

1993

1994

1995

1996

1997

1998

China

Ges. Imm./Land

1990

1991

1992

1,075,217 1,218,891 1,281,644

1,320,748 1,354,011 1,362,371 1,415,136 1,482,707 1,512,118

Ges. Imm. NS-Korea

682,276

676,793

666,376

657,159

645,373

638,828

China

210,138

218,585

222,991

234,264

252,164

272,230

77,170

90,900

64,144

74,297

74,345

105,308

154,650

159,619

176,440

201,795

233,254

222,217

Philippinen Brasilien

Aus: Masatoshi Ozaki, op. cit., S. 5 f.

Tabelle 3 Neuaufgenommene männliche Jugendliche in Jugendklassifikationszentren (1993 - 2001): Land

1993

1994

1995

1996

1997

1998

NS-Korea

156

126

112

134

141

40

33

44

46

96

7

10

34

36

61

China Brasilien

1999

2000

2001

137

162

195

153

125

104

68

107

116

130

145

190

Tabelle 4 Neuaufgenommene ausländische Jugendliche in Jugendtrainingsschulen (= Shonen-in) (1993-2001): Land

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

49

29

35

8

44

45

46

66

43

China

3

4

6

1

6

5

8

2

16

Brasilien

1

3

5

10

13

33

29

41

49

NS-Korea

Statistical Bulletin of Corrections, Ministry of Justice, Tokyo, No.100-103, 1998-2001. 9*

132

Koichi Miyazawa Tabelle 5 Die Entwicklung der Anzahl der polizeilich festgenommenen ausländischen und brasilianischen Jugendlichen (1996-2001):

Kategorie/Jahrg.

1996

1997

1998

1999

2000

2001

Ausl. Jugendl.

404

644

792

774

770

978

Brasil. Jugendl.

72

136

212

244

272

383

Aus: Informationsblatt der National Police Agency, 2002.

Diskussion Klaus Stern Herr Kollege Miyazawa , ich danke Ihnen für Ihr Referat, das uns tief in die Geschichte Japans eingeführt hat, und ich glaube, es waren recht viele hier, die von diesen geschichtlichen Hintergründen zum ersten Mal gehört haben. Und Sie haben uns auch die Migrationsfragen aufgezeigt, die im Laufe der Jahrhunderte in Japan eine große Rolle spielten bis zur Gegenwart. Daß Sie Strafrechtler sind, hat man gemerkt, als Sie zum Schluß auf Fragen zur Kriminalität eingegangen sind, wobei jeder von uns weiß, daß die Kriminalitätsrate in Japan wesentlich geringer ist als bei uns. Das ist erfreulich für den, der nach Japan reist. Man kann beruhigt durch die Straßen gehen, auch als Frau und allein. Günter Benassi Ich möchte von Herrn Prof. Hailbronner ein Stichwort aufgreifen, nämlich das Problem der Zuwanderungsbegrenzung, und dazu ergänzend eine Bemerkung machen. Es ist in der Tat der Bereich, wo die größten Unstimmigkeiten bestehen, der aber auch am schwierigsten gesetzlich umzusetzen ist. Wenn es darum geht, wen wir einwandern lassen wollen, dann sind wir sehr schnell einig. Aber wir werden die eingereisten Ausländer, die wir nicht haben wollen, schließlich nicht wieder los. Aus der täglichen Praxis weiß ich, das dieser Umstand die Mitarbeiter der Ausländerbehörden frustriert, ihre Arbeit wesentlich erschwert und sich negativ auf die Bearbeitung der Fälle niederschlägt, d. h. zu Lasten der Ausländer geht; es wird zunehmend weniger hinreichend differenziert. Darum meine ich, es muss ein ganz besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, wie wir diese Problemlage entschärfen können. Ich möchte dazu auf Folgendes hinweisen: In einem Zeitalter der wirtschaftlichen Globalisierung erleben wir zugleich eine globalisierte Migration. Beispielsweise führt die wirtschaftliche Notlage in den armen Länder Afrikas offen erkennbar zu großen Migrationsbewegungen. In Italien, das ist besonders augenfällig, erleben wir die Strandung von Schiffen mit illegalen Einwanderern. Dadurch werden wir alle anschaulich auf die Problemlage aufmerksam gemacht. Ich denke, wir brauchen zur Lösung des Problems der Zuwanderungsbegrenzung eine Politik, mag sie auch kurzfristig nicht durchsetzbar sein, die es sich - wie der SüßmuthBericht aufzeigt - zur Aufgabe macht, Ausländerpolitik nicht nur innenpolitisch, sondern auch außenpolitisch, umweltpolitisch und wirtschaftspolitisch zu sehen. Davon ausgehend könnte über die Entwicklungshilfe versucht werden, die Ursachen des Wanderungswesens in den Griff zu bekommen. Wenn wir dazu keine Im-

134

Diskussion

pulse setzen, dann werkeln wir auf Jahrzehnte noch an einem Ausländerrecht herum, das uns nicht weiterbringt. Peter Tettinger Ich denke, wir sollten Herrn Miyazawa sehr dankbar dafür sein, dass er einen besonderen Akzent darauf gesetzt hat, uns hier statistisch darzulegen, dass Japan auf dem Weg in eine Seniorenrepublik ist. Die gleiche Entwicklung können wir ja für Deutschland auch erkennen. Und deswegen meine ich, wäre es allzu eng, wenn man in der Ausländerpolitik in erster Linie nur unter fachspezifischen Gesichtspunkten argumentierte, sondern in der Tat, so glaube ich, muß man ein integratives gesellschaftspolitisches Modell finden, damit man die Ansätze, die zum Beispiel in der Familienpolitik nicht funktionieren, hier entsprechend auszugleichen vermag. Unsere politischen Parteien haben sich diesbezüglich bislang viel zu defensiv orientiert; sie betrachten die Ausländerpolitik augenscheinlich nach wie vor immer nur als einen Einzelkomplex. Hier müssen also integrative Überlegungen angestellt werden. Ich glaube, das ist wichtig, denn ohne familienpolitische Komponenten werden wir auch in dieser Diskussion nicht weiterkommen; für die Zukunft sind ganz entscheidende Weichenstellungen vonnöten, damit wir die gewohnten wirtschaftlichen Standards am Wirtschaftsstandort Deutschland aufrechterhalten können. Es geht also um mehr als nur um Details einer Ausländerpolitik. Matthias K. Scheer Herr Prof. Miyazawa hat ja dankenswerterweise diesen großen historischen Rundumschlag gemacht. Daran kann man sehen, dass es Zeiten gab, in denen Japan sich Know-How aus dem Ausland, d. h. China und Korea, besorgt hat, und es hat Zeiten gegeben, in denen Japan sich damals in Form von Zwangsarbeitern Arbeiter ins Land geholt hat, um unerwünschte Arbeit zu machen. Japan ist besser damit gefahren, sich die Know-How-Träger hereinzuholen. Und es ist auch besser damit gefahren, weniger wertvolle Arbeit im Ausland durch dortige Fabriken erledigen zu lassen. Japan hat die Arbeit exportiert und nicht die Arbeiter importiert. Und die Frage ist hier, ob wir uns nicht damit einmal stärker befassen sollten, dass es besser wäre, im Ausland Fabriken zu bauen und in Deutschland oder in Europa insgesamt uns nicht die sozialen Probleme hereinzuholen. Otto Depenheuer Erlauben Sie mir kurz, die Diskussion auf eine Ebene jenseits des positiven Rechtes zu heben, und zwar in praktischer Absicht: erst aus dieser Perspektive werden Problemdimensionen und Lösungsoptionen sichtbar, die andernfalls verstellt bleiben. Das Thema der Veranstaltung „Zeitgemäßes Zuwanderungs- und Asylrecht" ist so offen gehalten, daß man dieses gravierende Problem - und das ist in Ansehung der Debatten der Vergangenheit kein geringes Verdienst der Veranstalter - vorurteilslos analysieren und sachbezogen versuchen kann, nach ange-

Diskussion

messenen Lösungen zu suchen und sie zu finden. Befreit von ideologisch inspirierten Einbahnstraßen des Denkens - wie sie früher entweder in der Aussage „das Boot ist voll", oder in der naiv-idealistischen Maxime des „alle Menschen werden Brüder" sichtbar wurden, im letzten Fall mit der praktischen Folge, daß alle Menschen einen Anspruch darauf hätten, im Land ihrer Wahl glücklich zu werden kann und muß man sich gegenwärtig dem Zuwanderungsproblem in der Sache und sehr grundsätzlich zuwenden. Wenn man dies ansatzweise unternimmt, zeigt sich Folgendes: jeder Staat, der mit einer nicht unerheblichen Zuwanderung konfrontiert ist, sieht sich zwei Gruppen von Zuwanderern gegenüber: solchen, von denen er im eigenen Interesse will, dass sie kommen und solchen, die kommen, obwohl der Staat sie eigentlich gar nicht will. Es gibt also erwünschte und unerwünschte Zuwanderung. Und damit stellt sich auf dieser grundsätzlichen Ebene die Frage, wie sich der Staat zu diesen beiden Gruppen stellt. Das ist im Hinblick auf die gewollte Zuwanderung unproblematisch: hier kann der Staat nach Maßgabe seiner Interessen Zuwanderung anregen, fördern, erleichtern, aber auch begrenzen, d. h. steuern. Anders aber steht es mit der ungewollten Zuwanderung: hier stellt sich die Frage, ob der Staat auch ungewollte Zuwanderung steuern, d. h. begrenzen kann. Insoweit hört man häufig die Antwort, daß es in Bezug auf diese Gruppe wegen des Asylrecht des Grundgesetzes, der EMRK und der Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention keine Steuerungsmöglichkeiten gebe. Ich möchte dies aus staatstheoretischer Perspektive mit Nachdruck bestreiten. Denn diese normativen Festlegungen sind bereits eine - eventuell zu hinterfragende - Antwort auf die Frage nach der Steuerung der Zuwanderung. Diskutiert man auf dieser Ebene, auf der also die genannten normativen Bestimmungen nur eine von mehreren Lösungsansätzen darstellen, zeigt sich sofort, daß die staatlichen Handlungsoptionen viel weiter greifen als man das gemeinhin glaubt. So kann der Staat Zuwanderung aktiv betreiben und fördern, nach seinen Interessen und Kriterien - arbeitsmarktpolitische und bevölkerungspolitische Gesichtspunkte - Zuwanderung regulieren. Insoweit kann und muß man sich politisch über die Tragfähigkeit und die Zweckmäßigkeit der Einwanderungspolitik unterhalten - mit welchem Ergebnis auch immer. Das Entscheidende ist in diesen Fällen: der Staat ist es, der nach seinen Interessen bestimmt, wer warum kommen darf und wer aus welchen Gründen nicht. Kommt dem Staat diese Freiheit aber auch für den Bereich der ungewollten Zuwanderung zu oder haben Menschen unter angebbaren Voraussetzungen einen Anspruch darauf, ins Land zu kommen, nicht abgeschoben zu werden oder auf Dauer bleiben zu dürfen? Herr Hailbronner hat hier im Prinzip für die zweite Alternative votiert; wir hätten in diesem Bereich keine Steuerungsmöglichkeiten. Auf der Ebene des positiven Rechts stimme ich dem uneingeschränkt zu; wir haben Art. 16 GG, Art. 3 EMRK, die Genfer Flüchtlingskonvention. Aber - und allein darauf möchte ich aufmerksam machen - man sollte sich darüber im klaren sein darüber, dass alle diese positivrechtlichen Bestimmungen nicht vom Himmel gefallen sind, sondern bewußt vom Staat bzw. der Staatengemeinschaft gesetztes Recht sind, also auch in seinen Folgen vom Staat verantwortet werden müssen. Mit diesen Rege-

136

Diskussion

lungen hat der Staat auf bestimmte Problemlagen geantwortet. Sie so, wie sie sind, zu setzen, oder auch nicht zu setzen oder auch zu ändern, obliegt also staatlicher Souveränität und Verantwortung. Was damit deutlich werden soll: wenn wir über Zuwanderung, Steuerung derselben und Quotierungen nachdenken, dann ist es a priori eine Verkürzung der Problematik, die ungewollte und im Regelfall problematische Zuwanderung a conto Asyl, Flucht etc. als unvermeidbar zu begreifen, und Quotierungen allenfalls im Bereich der gewollten Zuwanderung für möglich zu halten. Inwieweit sich der Staat aus humanitären Gründen Zuwanderung öffnet, obliegt prinzipiell in gleicher Weise seiner souveränen Entscheidung wie die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit er bewußt Zuwanderung fördert. Die Möglichkeiten zur Begrenzung ungewollter Zuwanderung erweist sich aus dieser Perspektive daher als weit größer als gemeinhin angenommen: einen rechtsethisch begründeten Anspruch auf Zuwanderung dürfte ein Ausländer wohl nur dann geltend machen, wenn Staatlichkeit ihm gegenüber grundsätzlich fehlschlägt, was ich im einzelnen in der Festschrift für Brunner näher entfaltet und begründet habe. Im Fall des von Herrn Randelzhofer angesprochenen „Zuwanderungsnotstands" muss man also sehen, dass Quotenregelungen sowohl die gewollte wir die ungewollte Zuwanderung betreffen können. Zur Klarstellung: ich plädiere hier nicht für eine Einschränkung des Asylrechts oder für ähnliche Modifikationen des internationalen Rechts. Aber wenn ich sehe, wie fernab der völkerrechtlichen Bindungen der Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention in der Rechtsprechung neu gefasst wird, konkret: wenn schon Krankheit ein Bleiberecht nach sich zieht, dann sollte man sich daran erinnern dürfen, dass ein derartig interpretiertes Flüchtlingsrecht nicht unverfügbar ist, sondern seinerseits Gegenstand staatlicher Steuerung sein kann und gegebenenfalls sein muss. Edit Masika Gestatten Sie mir, einige Gedanken zu den Vorträgen, die wir gehört haben, aus der Sicht eines Beitrittslandes, nämlich Ungarns, zu äußern. Erstens: Wenn man bedenkt, dass die neuen Außengrenzen der Europäischen Union mehrere 1.000 Kilometer östlich sein werden, dann kann man feststellen, dass es bei dieser Erweiterung zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union dazu kommt, dass auf dem Festland die Außengrenzen direkt zu Herkunftsländern der Asylbewegungen, der illegalen Migrationsbewegungen bestehen. Außerdem kommen wir sehr nahe zu den Zentren, die Krisenzentren sind, wo instabile Regime bestehen. Ferner glaube ich, dass bei dieser Erweiterung das Wohlstandsgefälle in noch nie vorher gesehener Weise sehr groß sein wird. Es muss größer sein, als es bei den bisherigen Erweiterungen gewesen ist. Es liegt zwischen uns kein Meer, was uns schützt, also braucht man kein Schiff, es genügt mit Lastwagen zu fahren. Ich glaube, das ist neuartig bei den Erweiterungen. D. h. der Druck wird größer als bisher, der Migrationsdruck. Man muss darüber nachdenken, wie man die neuen Länder unterstützen soll, die sowieso noch wirtschaftlich schwächer sind. Die europäische Grenzpolizei könnte eine Lösung sein, aber über die Lastenverteilung muss man im

Diskussion

europäischen Rahmen nachdenken. Wenn man die Verhandlungen zu den Erweiterungen ansieht, stellt man fest, dass Probleme mit der Erweiterung dort auftauchen, wo auch innerhalb der Europäischen Union oder in den alten Mitgliedsländern Probleme sind. Zuwanderung bedeutet für zwei Länder innerhalb der Europäischen Union, insbesondere Probleme und zwar bei der Osterweiterung für Österreich und Deutschland. Sie haben in der Europäischen Union bei der Freizügigkeitsfrage sieben Jahre Übergangszeit durchgesetzt, die uns gegenüber verhängt werden, d. h. wir treten 2004 ein, spätestens 2005, hoffentlich 2004, aber erst nach zwei Jahren wird überprüft, ob überhaupt noch diese Übergangszeit aufrechterhalten wird oder nicht. Deutschland macht inzwischen ein Zuwanderungsgesetz, das nur die qualifizierten Fachkräfte auch aus den mittel- und osteuropäischen Ländern zum deutschen und österreichischen Arbeitsmarkt zulässt. D. h. diese alten Mitgliedsländer picken die Rosinen aus dem Kuchen heraus, holen unsere besten Köpfe, wie es ihnen gefällt, während wir uns an die Übergangszeit halten sollen. Ich bezweifele, ob das bereits abgeschlossen ist. Jedenfalls hat mein Land dies als Erstes akzeptiert. Damit haben wir auch ein Beispiel gesetzt. In diesem Zuwanderungsgesetz ein Punktesystem einzuführen, das die Einwanderung oder Zuwanderung regelt, das gewährt uns die sogenannte communauté préférence, also wir werden wie die Beitrittsländer dort nach diesem Präferenzsystem praktisch mit den alten EU-Mitgliedsländern, also mit den Arbeitnehmern aus diesen Ländern, gleich behandelt. Es ist natürlich eine Frage: Tritt dieses Gesetz jetzt in Kraft oder nicht? Aber wenn es in Kraft treten wird, dann kommt es zu spät. Die alten Mitgliedsländer haben sich nämlich verpflichtet, ein nationales Regime auszuarbeiten. Wie behandeln sie uns nach dem Beitritt? Das muss bis zum Beitrittsvertrag geklärt werden von allen alten Mitgliedsländern. Wie lassen sie uns zum nationalen Arbeitsmarkt zu? Und wenn dieses Gesetz nicht in Kraft tritt, dann fehlt eine gesetzliche Grundlage der Behandlung der neuen Beitrittsländer in Deutschland. Danke. Rudolf Streinz Vielleicht darf ich zunächst etwas zu den von Frau Botschaftsrätin Dr. Masika angesprochenen Übergangszeiten sagen. Man muss sehen, dass dies auch bei den früheren Beitrittsverhandlungen nichts Ungewöhnliches war. So war beispielsweise beim Beitritt Spaniens und Portugals die Übergangszeit bis 1993 vorgesehen, und allein wegen des Binnenmarktes 1992 hat man sie abgekürzt. Man sieht daran auch, dass die Laufzeit an die Entwicklung angepasst und ggf. verkürzt werden kann, was auch für die jetzt vereinbarten Übergangszeiten gilt. In Ihrem Beitrag haben Sie eingangs etwas ganz Wichtiges angesprochen, nämlich die Verschiebung der Perspektive durch die Erweiterung. Ich glaube, man muss in vielerlei Hinsicht sehen, dass die Europäische Union nach der Erweiterung eine andere sein wird als sie jetzt ist. Und die Frage ist immer wieder zu stellen, ob die Regelungen, die wir jetzt haben, obwohl das Gegenteil häufig bekundet wird, auch für die erweiterte Union noch so passen. Sie haben ein deutliches Beispiel aufgezeigt, woran man bei der Gestaltung der Einwanderungs- und Asylpolitik innerhalb der Europäi-

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sehen Union auch denken muss, nämlich an diese neue Qualität im Hinblick auf die Erweiterung. Ein Problem haben Sie ferner angesprochen hinsichtlich der Politik, qualifizierte Arbeitskräfte zu holen. Man sollte vielleicht auch daran denken, dass es Länder gibt, die es gar nicht so gerne haben, wenn ihre qualifizierten Arbeitskräfte abgezogen werden. Dieser Aspekt stand hinter dem früheren Ansatz, dass aus entwicklungspolitischen Gründen Absolventen nach ihrem Studium in Deutschland in ihr Heimatland zurückkehren mussten, wenngleich es auch mir widerstrebt, dies zwangsweise durchzusetzen. Das Problem sollte aber nicht übersehen werden. Dann wurde eine Frage angesprochen, die bei mir im Vortrag nur kurz vorkam, im Wesentlichen allerdings ausgeblendet wurde, weil die Politik sie damals auch ausgeblendet hat, nämlich die Bekämpfung der Migrationsursachen, also das Ansetzen in den Herkunftsländern. Es geht um die Ursachen, warum Leute weggehen und weggehen müssen und zu uns kommen. Früher, allein bezogen auf Innen- und Justizpolitik, hat man sich für unzuständig erklärt. Im neuen Ansatz der Politik der Europäischen Gemeinschaft ist dieser entwicklungspolitische Aspekt der Bekämpfung der Fluchtursachen mit enthalten. Die Realisierung ist natürlich schwierig. Die Effizienz von Entwicklungshilfe und die Frage geeigneter Entwicklungshilfe ist ein eigenes Thema. Herr Benassi, was Sie zur Frustration für die Behörden sagten, habe ich selber, als ich früher als Referendar tätig war, auch erlebt. Ich glaube, ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass diese Frustration nachteilige Folgen auch für Ausländer hat. Das Klima bei Ausländerbehörden wird dadurch nicht gerade gefördert und dies wirkt sich negativ aus. Wir haben solche negativen Erfahrungen auch im Universitätsbereich gemacht. Dies ist in der Tat ein wichtiger Aspekt, auf den man hinweisen sollte. Ein wichtiges Bezugsthema ist die aufgeworfene Frage der Investitionen im Ausland. Man sollte durchaus überlegen, was damit verbunden ist. Dies ist offenbar zu wenig geschehen, und auch heute überlegt man aus der rein ökonomischen Sicht zu wenig die Folgen. Der Satz, man rief Arbeitskräfte und es kamen Menschen, wird auch heute wohl zu wenig bedacht, auch von anderen als denen, denen man dies oft unterstellt. Kay Hailbronner Ich möchte gerne von hinten anfangen, Frau Masika, weil ich glaube, dass das von Ihnen angesprochene Problem die grundsätzlichen Fragen der europäischen Konzeption der Ausländer- und Asylpolitik betrifft. Sie haben die Konzeption der Lastenverteilung angesprochen. Wir sind sicherlich an einem Punkt angekommen, wo das bisherige System nicht mehr in der bisherigen Weise weiterfunktionieren kann. Ich will versuchen, das an einem Beispiel klar zu machen. Wir haben in Dublin ein Zuständigkeitssystem, was demnächst in eine EG-Verordnung überführt werden wird. Die Verordnung wird im Wesentlichen die Zuständigkeitskriterien des Dubliner Übereinkommens, unter anderem die Zuständigkeit bei illegaler Einreise, übernehmen. Es handelt sich hier um einen zentralen Punkt der praktischen Bedeutung des Dubliner Systems. Bislang hat die illegale Einreise über das Erstland deshalb keine zentrale Rolle gespielt, weil wir in den seltensten Fällen darü-

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ber genaue Erkenntnisse hatten. Das mag sich möglicherweise in der Zukunft ändern mit den europäischen Vorschriften über die Registrierung von Asylsuchenden durch die Abnahme von Fingerabdrücken (EURODAC). Es ist offenkundig, dass sich die Bedeutung des Dubliner Zuständigkeitssystems erheblich verändern wird, wenn genaue Erkenntnisse darüber bestehen, wo und wann jemand in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union eingereist ist. In diesem Zusammenhang kommt der Einreise über die neu beitretenden mittel- und osteuropäischen Staaten große praktische Bedeutung zu. Theoretisch wird bei einer Funktionsweise von EURODAC ein großer Teil der über die Ostgrenzen einreisenden Drittstaatsangehörigen an Ungarn, die Slowakische Republik, Polen etc. zuständigkeitshalber zur Durchführung des Asyl Verfahrens zurücküberstellt werden können. Dieses System wird nicht mehr haltbar sein ohne ein echtes Lastenverteilungssystem. Die vom Rat verabschiedete EG-Richtlinie über vorübergehende Aufnahme im Fall von Massenfluchtbewegungen liefert hierzu kein ausreichendes Instrumentarium. Sie sieht lediglich ein Verfahren vor, wonach es aufgrund eines Ratsbeschlusses eine völlige Freiwilligkeit der Mitgliedstaaten darüber gibt, ob sie in einem solchen Fall Flüchtlinge aufnehmen wollen oder nicht. Erst wenn die Mitgliedstaaten also eine Erklärung abgeben, dass sie aufgrund des Ratsbeschlusses zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Kriegs- oder Bürgerkriegsstaaten bereit sind, entsteht auch eine Verpflichtung zur Aufnahme. Die Freiwilligkeit ist also typisch für die jetzige Rechtslage. Ob dieses System noch nach der Erweiterung der Europäischen Union haltbar sein wird, erscheint mir zweifelhaft. Die neuen Beitrittsstaaten werden, jedenfalls wenn das System weiter perfektioniert ist, mit einer erheblichen Belastung konfrontiert werden, die sie allein nicht mehr tragen können. In der längerfristigen Perspektive ist daher ein Instrumentarium zu schaffen, wonach die Aufnahme von Asylsuchenden und Personen, die subsidiären Schutz genießen, zu einer europäischen Verantwortlichkeit wird. Das bedeutet, dass man darüber nachdenken muss, ob nicht die Überprüfung von Asylsuchenden und Personen, die subsidiären Schutz begehren, weithin aus der nationalen Verantwortlichkeit herausgenommen wird und nach ausschließlich europäischen Maßstäben darüber entschieden wird, ob jemand schutzberechtigt ist. Anschließen würde sich ein Verteilungssystem bzgl. derjenigen Personen, die entweder Genfer Konventionsstatus genießen oder zu subsidiärem Schutz berechtigt sind. Hiervon sind wir natürlich beim jetzigen Zustand noch weit entfernt. In einer längerfristigen Perspektive darf man ein solches Verteilungssystem aber nicht völlig aus den Augen verlieren. Schließlich hat sich die Europäische Gemeinschaft nach langen Mühen auch dazu bereit gefunden, die Kosten der Subventionierung der Landwirtschaft nach einem europäischen Schlüssel auf alle Mitgliedstaaten zu verteilen, wobei bekanntlich einige Mitgliedstaaten in besonderem Maße hiervon profitieren. Akzeptiert man grundsätzlich, dass die Aufnahme von Flüchtlingen eine europäische Angelegenheit ist, müsste man auch akzeptieren, dass die Durchführung von Prüfungsverfahren und die sich daraus ergebenden Belastungen eine europäische Verantwortlichkeit darstellen.

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Was den anderen von Ihnen angesprochenen Punkt Auswahlsystem nach Punkten angeht, so teile ich Ihre Befürchtungen nicht ganz. Sofern das Zuwanderungsgesetz letztendlich nicht in Kraft treten sollte, tritt kein Rechtszustand ein, wonach die Einreise und der Aufenthalt von Ausländern zum Zweck der Erwerbstätigkeit ausgeschlossen wird. Das geltende Ausländerrecht ist weit flexibler als dies in der öffentlichen Meinung häufig angenommen wird. In § 10 AuslG ist eine Ermächtigung an den Bundesinnenminister vorgesehen, mit Zustimmung des Bundesrats eine Verordnung über die Aufnahme von Ausländern zu erlassen. Die Arbeitsaufenthaltsverordnung sieht dementsprechend für bestimmte Kategorien von Erwerbstätigen die Gewährung von Einreise- und Aufenthaltserlaubnissen zum Zweck einer, allerdings zumeist zeitlich befristeten Erwerbstätigkeit, vor. Dementsprechend sieht auch die so genannte Green-Card-Verordnung vor, für bestimmte Kategorien von Berufstätigen zeitlich befristete Aufenthaltsrechte zu erteilen. Es ist nach dem geltenden Ausländerrecht auch nicht ausgeschlossen, eine derartige Verordnung erheblich zu erweitern und in erheblich größerem Umfang die Gewährung von Einreise- und Aufenthaltsrechen für qualifizierte Erwerbstätige vorzusehen. Was die Ausführung von Herrn Benassi betrifft, so kann ich dem nur zustimmen. Es handelt sich hier um eine echt originär europäische Aufgabe, dass wir die Migrationspolitik aus einem rein nationalen Kontext lösen, wenn also Ursachen und die Kooperation mit Herkunftsländern in die Migrationspolitik einbezogen werden. Das bedeutet den Abschluss von Rücknahmeabkommen. Es bedeutet aber auch eine Einbeziehung der Migrationspolitik in bestehende Handelsverträge, Entwicklungshilfe und überhaupt in das ganze Geflecht von völkerrechtlichen Beziehungen mit Drittstaaten. Man muss Migrationspolitik begreifen als Teil einer umfassenden Politik mit Herkunftsländern von Personen. Bei dieser Sichtweise wird auch deutlich, dass das Problem nur auf europäischer Ebene gelöst werden kann. Eine ausschließliche Kompetenz der EG besteht ja heute bereits in Bezug auf Handelsabkommen. Die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft haben insoweit ihre Kompetenz verloren. Aber das gilt eben auch für weitere Bereiche. Wenn wir heute effektive Rücknahmeabkommen abschließen wollen, dann ist es ungeachtet der Kompetenzfrage jedenfalls weitgehend sinnlos, wenn dies auf einer rein nationalen Ebene verhandelt und abgeschlossen wird Erforderlich sind multi-laterale Abkommen. Dies wird auch von der EG anerkannt. Wir sind hier aber schon erheblich weitergekommen und ich denke, dies ist gerade ein Bereich, in dem intensiv derzeit beraten wird, auch wenn man sich über Sanktionen auf dem letzten Gipfel nicht einigen konnte. Die Frage, die Herr Tettinger aufgeworfen hat, nämlich die nach den familienpolitischen Aspekten, wirft natürlich über das Ausländerrecht hinausgehende Aspekte auf. Dass die Ausländerpolitik nicht allein familienpolitische Grundsatzprobleme lösen kann, scheint mir offenkundig. Man wird wohl darüber nachdenken müssen, inwieweit der Ausländerpolitik insoweit eine wesentliche Funktion zukommt. Skeptisch wäre ich gegenüber der Vorstellung, ob ausländerpolitische Fragen der Beschäftigung niedrig qualifizierter Arbeitskräfte dadurch gelöst wer-

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den können, dass man die Beschäftigung ins Ausland verlagert. Niedrig qualifizierte Arbeitskräfte werden nach wie vor nach Deutschland kommen, auch aus Drittstaaten. Wenn hier weniger Möglichkeiten der Beschäftigung vorhanden sind, wird das ausländerpolitische Problem nur noch verschärft, abgesehen davon, dass es auch eine nicht unerhebliche Zahl von Deutschen gibt, die auf Arbeitsplätze für niedrig qualifizierte Erwerbstätigkeit angewiesen sind. Wenn die niedrig qualifizierten Arbeitsplätze noch weiter ins Ausland verlagert werden, werden deshalb weder ausländerpolitische noch innenpolitische Probleme gelöst. Zum Abschluss zu der Frage von Herrn Depenheuer. Bei den unter Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention fallenden Fällen gibt es relativ wenig Steuerungspotential. Nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden hat, dass in bestimmten Fällen auch die Abschiebung in Länder, in denen bestimmte Medikamente bei sehr schweren Krankheiten nicht verfügbar sind, unter den Begriff der unmenschlichen Behandlung fallen, ist der Anwendungsbereich von Art. 3 EMRK sehr weit geworden. Nicht mehr erforderlich ist, dass irgend jemandem, entweder den staatlichen oder nichtstaatlichen Organisationen, ein Vorwurf gemacht werden kann. Es genügt schon die rein faktische Lage in einem Heimatstaat eines Ausländers, wenn aufgrund der faktischen Verhältnisse dort eine im Sinne des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte menschliche Behandlung nicht mehr gewährleistet ist. Diese Rechtsprechung scheint mir bedenklich, sie ist aber bereits durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in mehreren Urteilen bestätigt. Natürlich bestehen noch gewisse Steuerungspotentiale bei der Frage, wie Schutzsuchende behandelt werden. Wir versuchen nunmehr seit mehr als 20 Jahren das Asylverfahren zu beschleunigen. Faktisch wissen aber alle, wie schwierig eine derartige Beschleunigung ist, wenn sich einmal Asylsuchende oder sonstige Schutzsuchende in Deutschland eingerichtet haben. Jeder weiß, dass Abschiebungen bereits nach einigen Jahren Aufenthalt in der Praxis enorme Schwierigkeiten aufwerfen. Schaut man sich die Statistiken in Japan an, so stellen wir eine relativ hohe Zahl von Abschiebungen fest. In Deutschland gab es den höchsten Stand an Abschiebungen meiner Erinnerung nach im Anschluss an das Jahr 1992, in dem wir allein 438 000 Asylsuchende zu verzeichnen hatten. Heute kann man ungeachtet einer sehr viel größeren Zahl vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer nur circa 25 000 bis 30 000 Ausländer pro Jahr in ihre Heimatländer zwangsweise zurückführen, bei sinkender Tendenz. Das Problem kann daher nicht einfach dadurch gelöst werden, dass man sich darauf verständigt, die Abschiebungsziffer zu erhöhen. Das Problem wird sich letztendlich nur lösen lassen, wenn man es schafft, transparente, also kürzere Verfahren einzuführen und wenn dadurch die Anreize für eine illegale Einreise deutlich zurückgefahren werden. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass das materielle Recht und das Verfahrensrecht so klar sind, dass einem Einreisewilligen deutlich ist, unter welchen Voraussetzungen er eine Chance hat, ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu erhalten. Die jetzige Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die begründete Erwartung besteht, man werde es irgendwie schaffen, ein Aufenthaltsrecht zu erlangen.

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Das Prinzip des Überlebens in den Institutionen und gerichtlichen Verfahren ist vielleicht wichtiger als die Aussicht auf Sozialleistungen. Dies ist einer der Hauptfaktoren dafür, dass keine Aussicht besteht, mit der illegalen Einwanderung alsbald fertig zu werden. Koichi Miyazawa Da ich Strafrechtler und Kriminologe bin, habe ich nicht so viele Kenntnisse und Erfahrungen auf solchen Gebieten wie beispielsweise der Migrationspolitik oder der Asylpolitik. Von meinem Standpunkt aus möchte ich meine Aussage deshalb etwas ergänzen. Erstens: Wie ich schon gesagt habe, ist in Japan der Problemkreis der niedrigen Geburtenrate und der damit einhergehenden Überalterung eine wirklich drängende soziale Frage. Es ist deshalb sehr wichtig, in naher Zukunft eine Lösung dieses Problems zu finden. Im Vergleich zu Deutschland - Deutschland muß sich natürlich mit den gleichen Problemen herumschlagen - liegt aber Japan in Asien. Unser Nachbarland, Kontinentalchina, hat eine etwa elfmal größere Bevölkerung als Japan. Außerdem ist das Niveau des Lebensstandards zwischen China und Japan so unendlich verschieden. Ein Beispiel hierfür: Ein junger Professor in China erhält monatlich ungefähr 10.000 Yen, etwa 90 Euro. Dieses Geld könnte ein Chinese in Japan im U-Bahn-Bau in einer Nacht verdienen, ein Mädchen, das im Prostitutionsgewerbe in Japan tätig ist, bräuchte dazu nur eine Stunde. Das heißt, Japan ist nach wie vor ein Land des Geldes. So wollen viele Chinesen nach Japan kommen, um dort das schnelle Geld zu machen. Interessant ist auch: Viele unserer Universitäten haben mittlerweile ein sehr großes Problem, nämlich auf Grund der sinkenden Geburtenzahlen gibt es einen Mangel an Studenten. Viele Universitäten sind beinahe bankrott. Und diese Universitäten möchten chinesische Studentinnen und Studenten als Stipendiaten bekommen. Wegen unserer schmutzigen Vergangenheit mußte unsere Regierung Sonderstipendien für Asiaten, insbesondere Chinesen, ausgeben. Unter Ausnutzung dieser Umstände haben einige arglistige Betreiber von privaten Universitäten diese staatlichen Budgets mißbraucht. Ein besonders eklatantes Beispiel dafür ist eine namenlose Universität in Nordjapan, die über hundert Chinesen als Stipendiaten hatte und zwar nicht als Normalstudenten, sondern als Fernstudenten. Diese Fernstudenten der Universität in Nordjapan arbeiten nun in Tokio. Die Universität schickt ihnen Disketten oder Bänder mit der Bitte, sie anzuhören, und sie schreiben daraufhin ihre Hausarbeiten. Das ist ein Verhalten am Rande der Legalität. Solche sogenannten Sprachschulen für Chinesen, die mit solchen arglistigen oder sogar betrügerischen Methoden arbeiten, gibt es in Japan sehr viele. Dadurch werden einige kriminelle Probleme aufgeworfen. Bezüglich der Familienpolitik: Früher konnten unsere jungen Frauen Universitäten besuchen und versuchen, durch gute Noten einen guten Job zu bekommen und ein Berufsleben zu führen. Sie arbeiteten so in Firmen oder Banken. Wenn sie aber heirateten, waren sie gezwungen, ihren Job oder ihre Stelle aufzugeben. Mittlerweile ist ihre Situation etwas besser geworden. Wie Sie sehen können, hat Japan

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jetzt sehr große Schwierigkeiten mit seiner Wirtschaft, insbesondere mit der großen Zahl von Bankrotten. Viele Banken haben nach wie vor große Schulden. Meine Studenten, vor allen Dingen meine Studentinnen, habe ich immer gefragt, warum sie nicht heiraten wollen. Sie antworteten: Kein Interesse. Und wenn sie heiraten, warum dann kein Kind? Sie sagten: Ach, so eine ungewisse Zukunft kann ich meinen Kindern doch nicht zumuten. Wir haben ausgebildete intelligente Frauen, die das Leben genießen, in festen Beziehungen leben, sich aber nicht entschließen können zu heiraten. Und wie Herr Kollege Kobayashi erzählte, haben wir noch ein anderes Problem, und zwar die sogenannte allzu schnelle Urbanisierung. Mehr als drei Viertel der Bevölkerung leben in großen Städten, auf dem Land sind praktisch nur noch alte Leute übrig. Man sagt, unsere Landwirtschaft habe keine Zukunft mehr. Und ein großes Problem stellen auch unsere Bauern mittleren Alters dar. Sie haben keine Chance zu heiraten. Die jungen Frauen in Japan wollen nicht auf dem Land bleiben, es zieht sie immer in die Stadt. Sie wollen auch später nicht auf das Land zurück. In der Stadt gibt es deswegen Ehevermittlungsfirmen, die Philippinerinnen oder andere asiatischen Frauen nach Japan vermitteln. Das bringt natürlich auch Probleme mit sich. Und dann unsere Industrie. Im Augenblick läuft sie etwas besser, aber in zehn Jahren wird unsere Industrie unter einem großen Mangel an Arbeitskräften leiden. Viele große Firmen, vor allem Textilfirmen usw., haben in asiatischen Ländern Kapital angelegt, wobei die Produkte in Thailand, Vietnam oder China hergestellt werden und nachher nach Japan importiert werden. Das Asylproblem ist natürlich eine sehr schmerzhafte Sache. In der Nähe Japans gibt es ein sehr problematisches Land, Nordkorea. Viele Nordkoreaner versuchen, in irgendeinem Land Asyl zu finden. Etwa vor einem Monat gab es eine Streitigkeit in dem Konsulat in Nordostchina. Auch die südkoreanische Botschaft in Peking hat ähnliche Probleme. Und während sich Südkorea nicht scheut, auf diplomatischem Niveau mit China auf Kollisionskurs zu gehen, läßt unsere japanische Außenpolitik, wie das so ihre Art ist, ihre wirkliche Meinung nicht klar erkennen. Schwierigkeiten wird es nicht nur in der Bevölkerungspolitik, sondern auch in der Finanzpolitik geben, wenn die jetzt aufgetretenen Probleme in die Zukunft verschoben werden und nicht gleich einer Lösung zugeführt werden. Zu allem Wichtigen wird bei uns in Japan immer gesagt: Jetzt nicht, sondern in der nahen Zukunft oder: Die nächste Regierung wird das erledigen usw. So, Herr Kollege Kobayashi , haben wir keine glückliche Zukunft? Ich muß leider eine negative Antwort dazu geben. Stelio Mangiameli Ich wollte auf das Referat von Herrn Prof. Hailbronner zurückkommen. Er sprach besonders über den europäischen Mechanismus und er hat gesagt, die Verwaltung der Mitgliedsstaaten muss sich an gleiche Maßstäbe halten. Ich bin völlig

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damit einverstanden. Ich möchte ergänzen, die Verwaltungen der Mitgliedsstaaten müssen nicht nur kooperieren, sondern auch zusammenarbeiten, wenn es möglich wäre. Zu einem Punkt möchte ich eine Frage stellen: Er hat über eine europäische Einrichtung, die für diese Aufgaben zuständig sei, gesprochen. Mir ist grundsätzlich nicht klar, was diese europäische Einrichtung bedeutet. Ich sehe dort ein Anwachsen und eine Erweiterung der europäischen Bürokratie. Und das ist auch ein Problem, meiner Meinung nach, denn die Probleme, die sich bei der Einwanderung stellen, sind als Erstes die Polizeiprobleme. Und im Moment haben wir noch nicht die Idee, eine europäische Polizei zu bilden, sondern diese Kompetenz ist den Mitgliedsstaaten überlassen. Siegfried Magiera Ich würde gern einige Bemerkungen machen zur Reichweite der Gemeinschaftskompetenz im Bereich Einwanderung, auf die Herr Streinz eingegangen ist. Das ist eines der wichtigsten Themen, die auch im Rahmen des Konvents zur Zukunft der Europäischen Union behandelt werden. Artikel 63 EG-Vertrag - ich habe ihn jetzt im Wortlaut nicht vor mir - sagt, dass die Gemeinschaft die Zuständigkeit hat, die Einreise- und Aufenthaltsbedingungen für Drittstaatsangehörige festzulegen einschließlich der Familienzusammenführung. Damit stellt sich die Frage, die Herr Streinz angesprochen hat, ob dazu auch die Regelungsmöglichkeit für den Zugang zur Beschäftigung gehört. Dagegen lässt sich einwenden, dass dies in dem früheren Artikel K.l, auf dem der jetzige Artikel 63 beruht, ausdrücklich so geregelt war, aber nicht in den EG-Vertrag übernommen wurde. Die historische Entstehung ist jedoch nur ein Aspekt. Der Wortlaut des Artikels 63 schließt zwar die Familienzusammenführung ein, aber andere Möglichkeiten nicht aus. Fragt man nach dem Sinn und Zweck einer Einwanderungsregelung, so wird man sie nicht gerade als Einwanderung von Sozialhilfeempfängern, sondern so zu verstehen haben, dass die Betreffenden zur Einwanderung zugelassen werden sollen, wenn sie sich selbst unterhalten, also einer Erwerbstätigkeit nachgehen können. Wenn man das anerkennt, fragt sich, was die zweite Einschränkung in Artikel 63 bedeutet, wonach die Mitgliedstaaten weiterhin abweichende Regelungen in diesen Bereichen beibehalten oder sogar neu einführen können, es sei denn, sie verstoßen dabei gegen das EG-Vertragsrecht. Herr Streinz hat korrekt berichtet, dass viele meinen, dazu gehöre nicht das Sekundärrecht. Ich habe insoweit Zweifel, denn das EG-Vertragsrecht ist ein relativ weit gefasstes Recht, das durch das Sekundärrecht näher ausgestaltet werden muss. Bezieht man das Sekundärrecht nicht ein, so macht die ganze Regelung wenig Sinn. Da auch keine zeitliche Grenze für mögliche Abweichungen vorgesehen ist, könnten die Mitgliedstaaten das Sekundärrecht bis in alle Zukunft durch eigene Regelungen unterlaufen. Ich hätte auch Zweifel im Hinblick auf die Frage, ob dies nicht ein venire contra factum proprium wäre, zumindest solange die Sekundärregelung Einstimmigkeit erfordert. Abschließend noch eine kurze Be-

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merkung zu Herrrn Hailbronners Vortrag im Anschluss an das, was Herr Mangiameli gefragt hat. Ich sehe insoweit auch ein gewisses Problem. Einerseits soll das Gemeinschaftsrecht in der gesamten Union gleichmäßig durchgefühlt werden, andererseits - Herr Hailbronner hat zu Recht darauf hingewiesen - macht jeder Mitgliedstaat das anders. Dadurch entstehen Lücken, und es fragt sich, ob die Durchführung nicht durch eine gemeinschaftliche Institution geschehen müsste. Herr Mangiameli, ich sehe zwar, dass die Mitgliedstaaten das Gemeinschaftsrecht durch Koordinierung ordnungsgemäß durchführen können. Sie tun dies nur nicht immer, und dadurch entsteht der Zwang zum Zentralismus. Man kann das in allen Bereichen beobachten. Wenn die Mitgliedstaaten nicht in der Lage sind, es selbst ordnungsgemäß zu regeln, dann muss es die Gemeinschaft machen. Das entspricht genau dem Subsidiaritätsprinzip. Es wäre insoweit sogar geboten, dass die Gemeinschaft tätig wird, auch wenn es vielleicht nicht wünschenswert erschiene. Christian Hillgruber Gestatten Sie mir drei Anmerkungen zum Referat von Herrn Hailbronner. Als erstes möchte ich noch einmal den Einwand von Herrn Kollegen Depenheuer aufgreifen und, wenn Sie erlauben, Ihnen widersprechen. Wir sollten - und damit meine ich die Staaten - wir sollten uns nicht stärker gebunden fühlen als wir uns gebunden haben; gebunden sind die Mitgliedstaaten an die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle. Die Rechtsprechung entscheidet autoritativ bestimmte Streitfälle, über die der Gerichtshof die Jurisdiktionsgewalt besitzt, aber seine Rechtsprechung bedeutet keine authentische Interpretation der EMRK, die Kompetenz dazu liegt nach vor bei den Mitgliedstaaten, bei den Vertragsstaaten. Hinzukommt, dass der Gerichtshof gerade in den von Ihnen angesprochenen und von mir als hoch problematisch angesehenen Fällen (Stichwort: Vorenthaltung oder besser gesagt Unfähigkeit zur Bereitstellung angemessener medizinischer Versorgung für einen AIDS-kranken Drogenhändler als erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK) selbst den Einzelfallcharakter der Entscheidungen betont hat. Ob das überzeugt, steht auf einem anderen Blatt. Aber wir sollten den Gerichtshof daran festhalten und keinesfalls dazu übergehen, diese Einzelfalljudikatur, so problematisch sie ist, jetzt auch noch zu kanonisieren, also - so habe ich Herrn Depenheuer verstanden, dessen Appell ich gerne aufgreife - hier nicht mehr an Bindung hinein zu interpretieren, als hier wirklich vorhanden ist. Das Bundesverwaltungsgericht etwa ist ja schwer gescholten worden dafür, dass es in punkto nichtstaatlicher Verfolgung dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegen getreten ist. Über die Frage mag man streiten, aber jedenfalls brauchen wir, glaube ich, gelegentlich - nicht dass Sie das missverstehen als Aufforderung zu rechtlichem Ungehorsam - solche geistigen Blockadebrecher, damit sich die Chance ergibt, dass der Gerichtshof - die Hoffnung auf bessere Rechtserkenntnis würde ich nicht aufgeben wollen - mit einem ähnlichen Fall konfrontiert, die Sache noch einmal ernsthaft erwägt und dann möglicherweise doch noch zu einem anderen, vernünftigen Ergebnis kommt. Das Beispiel von Ben Laden 10 Stern

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man muss sich ja nur vorstellen, der käme in den Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland, wir könnten ihn weder nach Saudi Arabien noch an die USA ausliefern - zeigt doch die ganze Absurdität. Das muss man dann dem Gerichtshof sehr deutlich vor Augen führen, und ich bin ziemlich sicher, dass er in einem solchen Falle an dieser Rechtsprechung nicht festhalten würde. Wir müssen ihm allerdings die Chance zur Selbstkorrektur geben, und die geben wir ihm nicht, wenn wir von vornherein das alles kanonisieren, was ja auch einmal ein „Ausreisser" gewesen sein kann. Im übrigen ist die EMRK und damit auch die Unterwerfung unter die Gerichtsbarkeit des EGMR, auch darauf wird man hinweisen dürfen, kündbar. Belgien hat seinerzeit in einem weniger dramatischen Fall - Stichwort: Sprachenstreit - sehr deutlich darauf hingewiesen, dass man auch diese Unterwerfung zurückziehen könnte, und das blieb nicht ohne Einfluss auf den Gerichtshof. Gestatten Sie mir noch ganz kurz, zwei andere Punkte anzusprechen: Der erste betrifft Ihre, wie ich finde, berechtigte Kritik an der Regelung, die im Zuwanderungsgesetz vorgesehen ist, wonach die Arbeitsmigration im Auswahlverfahren nach dem Punktesystem die vorherige Festlegung einer Quote voraussetzt, die allerdings in die Kompetenz von nachgeordneten Verwaltungsbehörden und des Zuwanderungsrates gelegt worden ist. Sie haben das, wie ich finde, völlig zu Recht kritisiert. Das bedeutet eine Abwälzung politischer Verantwortung, die nicht nur politisch skandalös ist, sondern wahrscheinlich unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeitstheorie, die ja gelegentlich für Quisquillen bemüht wird, auch verfassungsrechtlich inakzeptabel ist. Meine letzte Bemerkung betrifft das Thema „nichtstaatliche geschlechtsspezifische Verfolgung". Die eigentliche Problematik liegt in der Kombination dieser beiden Kriterien. Darin liegt nämlich, glaube ich, die Gefahr begründet, dass massive Formen gesellschaftlicher Geschlechterdiskriminierung, und die gibt es ja in einer Fülle von Ländern, plötzlich als flüchtlingsrechtlich relevant erfasst würden. Das halte ich für hochproblematisch. Rudolf Streinz Vielen Dank. Zunächst an Sie, Herr Magiera. Bei Artikel 63 Nr. 3 lit. a ist in der Tat umstritten, was man mit der Vorschrift anfangen soll, weil und wenn sie die Beschäftigungspolitik nicht enthält. Dazu gibt es zwei Argumente. Das eine ist: Die Beschäftigungspolitik war vorher in der ZBJI enthalten, jetzt ist sie es nicht mehr. Das ist das historische Argument. Das andere ist: Was soll diese Vorschrift ohne die Beschäftigungspolitik? So sind die beiden Argumentationslinien. Zu der letzteren kann man sagen, dass sich die Regelung als politischer Kompromiss erklären lässt, weil man sich auf die Aufnahme der Beschäftigungspolitik nicht einigen konnte. Ich glaube nicht, dass dies ein Redaktionsversehen war. Es kann nämlich so sein, dass die Mitgliedstaaten sich die ergänzenden beschäftigungspolitischen Maßnahmen noch vorbehielten. Ob dies funktioniert oder auf Dauer sinnvoll ist, weiß ich nicht. Aber es zeigt, wie brisant die Materie ist. Das Gleiche gilt für die merkwürdige Klausel, dass Maßnahmen, die vom Rat beschlossen wurden, die Mitgliedstaaten nicht hindern, andere Maßnahmen zu ergreifen. Dieses Problem

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habe auch ich so gesehen, es kommt bei mir in einer Fußnote vor, die ich vielleicht vorab vortragen darf. Die Durchbrechung der Sperrwirkung von erlassenem Sekundärrecht ohne inhaltliche Bindung - sonst haben wir in solchen Fällen Schutzverstärkungsklauseln - und ohne speziellen Kontrollmechanismus, wie wir es beim nationalen Alleingang gemäß Artikel 95 Abs. 4 bis 9 EG-Vertrag haben, mag ungewöhnlich sein, lässt sich aber als politischer Kompromiss erklären und auch nur als solcher. Aber es ist in der Tat fraglich, ob dies so handhabbar sein wird. Der gegenwärtige Zustand dürfte aber wirklich eine politische Kompromissformel sein, als welches sich auch manch anderes in diesem Titel des EG-Vertrags erweist. Sie haben Herrn Hailbronner zu den europäischen Einrichtungen angesprochen. Darf auch ich aus meiner Sicht etwas dazu sagen? Eine Frage ist, ob unser Thema insgesamt materiell europarechtlich zu regeln ist. Eine andere Frage ist, wer für den Vollzug zuständig sein sollte. Da plädiere ich eigentlich auch dafür, den Vollzug bei den Mitgliedstaaten solange zu belassen, solange dies funktioniert. Allerdings gab es angesichts der aktuellen Flüchtlingsereignisse, die gerade Italien betroffen haben, seitens der Kommission einen Vorschlag, jetzt eine gemeinsame Grenzkontrollpolizei zu errichten. Der Vorstoß ist wahrscheinlich aus aktuellem Anlass gemacht worden. Ich glaube aber nicht, dass die Mitgliedstaaten sich trotz der aktuellen Probleme auf Dauer darauf einlassen werden, weil dies eine grundsätzliche Kompetenzfrage aufwirft. Abschließend noch zu einem Punkt, den Herr Depenheuer aufgeworfen und auch Herr Hillgruber in anderem Zusammenhang angesprochen hat. Die Einschränkung politischer Gestaltungsfreiheit, die wir durch völkerrechtliche und europarechtliche Einbindungen haben, soll uns in der Tat nicht daran hindern, zu bedenken und zu überlegen, dass auch diese etwas Geschaffenes sind, das man vielleicht fortentwickeln kann. Es fällt immer der Ausdruck, zu einer bestimmten Politik gebe es keine Alternative. Vielleicht hat man bloß über keine nachgedacht. Freilich muss man sehen, dass man aus einem bestehenden völkerrechtlichen System nicht so leicht herauskommt wie aus einer nationalen Regelung, wo man noch die volle politische Gestaltungsfreiheit hat. Vielen Dank. Kay Hailbronner Die europäische Grenzkontrolle ist eine deutsche Forderung gewesen, dies darf man nicht vergessen. Schon jetzt bestehen an den polnischen Grenzen gemeinsame Grenzkontrollen von deutschen und polnischen Bundesgrenzschützern, was offenbar problemlos funktioniert. Auch in der Zusammenarbeit mit sonstigen Mitgliedstaaten sind wir - auch wenn es noch keine europäische Polizei gibt - weiter, als man gemeinhin glaubt. Es gibt schon zahlreiche Formen der Zusammenarbeit, gerade im Bereich der Kontrolle der Außengrenzen der Europäischen Gemeinschaft. Ich würde die damit verbundenen Probleme nicht als unüberwindbar ansehen. Wenn man schon gemeinsame Außengrenzen hat und wenn man daran festhält, dass hierfür ausschließlich europäische Regelungen, die im Schengener Abkommen niedergelegt sind, maßgeblich sind, ist es nur konsequent, wenn hier auch administrativ einheitliche Regelungen geschaffen werden und eine gemeinsame 10*

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Außengrenzkontrolle eingerichtet wird. Natürlich ist es derzeit noch illusorisch, anzunehmen, dass der gesamte Vollzug des Einreiserechts in die Hände europäischer Grenzkontrollbehörden und Ausländerbehörden übergeht. Nach wie vor werden die Mitgliedstaaten hier Kompetenzen behalten. Dennoch wird man darüber nachdenken müssen, wie auch der Vollzug durch nationale Behörden schrittweise aus der rein nationalen Verantwortung herausgenommen werden kann, so dass zum Beispiel der deutsche Bundesgrenzschutz oder die polnischen Behörden nicht mehr ausschließlich nach deutschen bzw. polnischen Vorgaben tätig werden, sondern zunehmend auch über die Schengen-Regeln hinaus in Europa geltenden Leitlinien und Verwaltungsvorschriften unterworfen sind. In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich auch die Frage des Vollzugs von ausländerbehördlichen Verwaltungsakten durch Behörden anderer Mitgliedstaaten. Hier könnte man sich vorstellen, dass in Zukunft die auf europäischem Recht beruhenden ausländerpolitischen Akte auch durch die Behörden anderer EG-Mitgliedstaaten vollzogen werden können. Konsequent wäre es, dass dann nicht mehr ausschließlich die französischen, polnischen und deutschen Verwaltungsgerichte entscheiden, sondern dass unabhängige Überprüfungsinstanzen eingerichtet werden, die darüber verbindlich entscheiden, ob ein europäischer Schutzstatus oder ein Abschiebungshindernis oder ein sonstiges subsidiäres Aufenthaltsrecht besteht. Im Rahmen eines solchen Verfahrens ließe sich auch denken, dass in das Verfahren zusätzliche nationale Aufenthaltsrechte einbezogen werden. So steht es natürlich jedem EG-Mitgliedstaat frei, auch dann temporäre Aufenthaltsrechte oder Abschiebungsschutz zu gewähren, wenn nach europäischen Grundsätzen ein Schutzstatus nicht besteht. Zur Zuständigkeit würde ich gerne noch eine Bemerkung anfügen, obwohl die Frage an Herrn Streinz gerichtet war. Ich teile die Auffassung von Herrn Magiern, obwohl ich tendenziell nicht dazu neige, die Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaft zu Lasten der Mitgliedstaaten weiter auszuweiten. Aber es macht für mich keinen Sinn, in Art. 63 des Vertrages der Europäischen Gemeinschaft die Kompetenz für verschiedene Kategorien des Aufenthalts von Drittstaatsangehörigen, Studenten, Nichterwerbstätigen und Erwerbstätigen zu geben, ohne gleichzeitig den Zugang von diesen Personen zum Arbeitsmarkt zu regeln. Es erscheint mir nicht sinnvoll, hier eine Trennung vorzunehmen und der EG lediglich eine Kompetenz für Einreise und Aufenthalt zu geben, den Zugang zum Arbeitsmarkt aber ausschließlich den Mitgliedstaaten zu überlassen. Wenn das Gesamtsystem insgesamt als rational angesehen wird, so muss auf Grund der ganzen Entwicklung, die die europäische Harmonisierung genommen hat, der Zugang zum Arbeitsmarkt in die Kompetenz der Europäischen Gemeinschaft einbezogen werden. Problematisch erscheint mir, dass die von der Kommission vorgelegten Vorschläge im Asylbereich zum Teil kaum noch Spielräume für die Mitgliedstaaten lassen. Nun sieht der Art. 63 regelmäßig den Erlass von „Mindeststandards" vor. Der von der Kommission verabschiedete Vorschlag über Mindeststandards im Asylverfahren erhält jedoch eine so detaillierte Regelung, dass die Mitgliedstaaten im Wesentlichen nur noch den Kommissionsvorschlag übernehmen können. Allerdings bestehen An-

Diskussion

haltspunkte dafür, dass die Kommission in einem abgeänderten Vorschlag nunmehr erheblich größere Spielräume für die Mitgliedstaaten vorsieht. Auf der anderen Seite ist - wie Herr Magiera gesagt hat - es möglicherweise kontraproduktiv, wenn zumindest in bestimmten Bereichen nicht relativ detaillierte Regelungen erlassen werden. Entscheidet man sich für so flexible Regelungen, dass die Mitgliedstaaten weithin die Freiheit behalten, ihre alten Regelungen beizubehalten, dann sind wir im Grunde bei dem alten Rechtszustand. Es hat deshalb keinen Sinn, nur immer auf die Kommission den Finger zu zeigen, sondern man muss auch von den Mitgliedstaaten verlangen, dass die über ihren eigenen nationalen Schatten springen, um einheitliche europäische Regelungen zu schaffen. Letztlich wird die Frage, ob es sich im förmlichen Sinne um „Mindeststandards" handelt, nicht die entscheidende Rolle spielen. Zum Abschluss darf ich auf die Bemerkung von Herrn Hillgruber eingehen. Ich stimme ihm natürlich bezüglich der Bindung an die EMRK zu. Ich habe mich selbst bemüht, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Punkt der ausländerpolitischen Auswirkungen des Art. 3 EMRK kritisch zu überprüfen, aber es bestehen natürlich wenig Aussichten dafür, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs von außen her zu kritisieren. Umgekehrt hat Herr Frowein das Bundesverwaltungsgericht heftig angegriffen dafür, dass es dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht in allen Punkten gefolgt ist. In der Praxis und in der Politik ist es offensichtlich so, dass wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einmal etwas entschieden hat, nur noch eine Zustimmung als politisch korrekt erscheint. Vielleicht ist an die Mitgliedstaaten zu appellieren, dass die Rechtsprechung eine Reihe von ausländerpolitischen Problemen aufwirft. Natürlich haben es auch die Mitgliedsstaaten in der Hand, auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte dadurch Einfluss zu nehmen, dass sie sich über Fragen der Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention verständigen, auch wenn der Straßburger Gerichtshof daran nicht gebunden ist. Im Übrigen gilt, dass auch die nationalen Gerichte, auch wenn sie die Aufhebung ihrer Entscheidungen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte riskieren, nicht verpflichtet sind, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte völlig unkritisch zu übernehmen. Es gibt kein Recht auf authentische Interpretation durch den Straßburger Gerichtshof und es ist vielleicht auch gar nicht sinnvoll im Interesse einer fruchtbaren Diskussion über Auslegungsfragen, dass ein Recht auf eine solche authentische Interpretation besteht.

Die verwaltungsbehördliche Praxis bezüglich der Asyl- und Ausländerproblematik in Japan Von Hidemi Suzuki A. Einleitung B. Überblick über das japanische Asylverfahren C. Der unangemessene Schutz des Flüchtlings in Japan D. Die heutige Situation

A. Einleitung Ich lege den Schwerpunkt meines Referats auf die Asylproblematik, die unter verschiedenen Gesichtspunkten scharf kritisiert wird. Japan hat eine klare Asylpolitik. Es ist sehr schwierig für einen Ausländer, als Flüchtling anerkannt zu werden. Das Justizministerium bemüht sich, die Zahl von Flüchtlingen möglichst gering zu halten. Auch die verwaltungsbehördliche Praxis in diesem Bereich ist nicht asylbewerberfreundlich. Das Immigrationsamt (.Nyükoku Kanri Kyoku), das eine dem Justizministerium unterstellte Behörde ist, ist neben der Kontrolle der Immigration auch für die Entgegennahme und Prüfung aller Asylanträge zuständig. Das Immigrationsamt wendet die gesetzlichen Regelungen des Flüchtlingsrechts auf die einzelnen Fälle sehr streng an. Geschichtlich gesehen kamen ausländische Flüchtlinge von der koreanischen Halbinsel, aus China oder aus Rußland nach Japan. Aber die Zahl der Flüchtlinge blieb gering, weil Japan ein Inselstaat ist. Diese geschichtliche Erfahrung ist als ein Grund für die Zurückhaltung der japanischen Regierung in der Asylpolitik anzusehen. Die Strenge der japanischen Asylpolitik führt dazu, daß die Zahl der Anerkennungen im Vergleich mit anderen Industrieländern beschämend gering ist. Im Jahr 2001 wurden 353 Asylanträge gestellt und nur 26 Asylbewerber konnten als Flüchtlinge anerkannt werden. Dazu gehörten zwei Asylbewerber, die mit Hilfe des Widerspruchsverfahrens die ablehnende Entscheidung des Justizministers erfolgreich anfechten konnten. Nach der Statistik des Justizministeriums wurden 2.532 Asylanträge von 1982 bis 2001 gestellt und nur 291 davon anerkannt (sieben

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Hidemi Suzuki

davon erst durch den Widerspruch). Dazu kommen 219 Ausländer, die von 1991 bis 2001 die Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erhielten, obwohl sie nicht als Flüchtlinge anerkannt werden konnten. Das japanische Justizministerium behauptet, daß der Prozentsatz der Anerkennung als Flüchtling in Japan 14,5% betrage und er keine schlechte Zahl im Vergleich mit den anderen Industrieländern sei. Aber 156 von den gesetzlich anerkannten Flüchtlingen waren Flüchtlinge aus Indochina, die in den achtziger Jahren nach Japan kamen. Sie brauchten eigentlich keine gesetzliche Anerkennung als Flüchtlinge, weil die japanische Regierung aus außenpolitischen Gründen bereit war, sie ohne gesetzliche Grundlage in Japan aufzunehmen. Der Prozentsatz der Anerkennung sinkt bis 7,3%, wenn man die Zahl 156 von 291 abzieht. Dieser Prozentsatz kann die wirkliche Situation, in der Asylbewerber sich in Japan befinden, genauer zeigen als der Prozentsatz der Anerkennung, den das Justizministerium offiziell angibt. Die japanische Verfassung (JV) vom 3. November 19461 gewährleistet kein Asylrecht. Nach der überwiegenden Meinung der Literatur ist die Frage, ob und wie Japan dem ausländischen Flüchtling Asyl gewährt, kein verfassungsrechtliches, sondern ein rechtspolitisches Problem. Die Lösung dieses Problems ist deshalb als Aufgabe des Gesetzgebers anzusehen. Nur ein Teil der Literatur versucht, ein verfassungsrechtliches Asylrecht der Flüchtlinge durch die Präambel und den Artikel 98 Absatz 2 der JV zu begründen, der die Achtung der völkerrechtlichen Bestimmungen verlangt. Japan ist jedoch als Vertragsstaat der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK: The Convention Relating to the Status of Refugees and its Protocol) völkerrechtlich verpflichtet, dem ausländischen Flüchtling Asyl zu gewähren. Durch das Inkrafttreten dieser Konvention am 1. Januar 1982 wurde das Rechtssystem für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Japan eingeführt. Das Gesetz über die Kontrolle der Immigration und die Anerkennung des Flüchtlings (Shutsunyükoku Kanri oyobi Nanmin Nintei Ho) hat durch die Änderung im Jahr 1981 die gesetzliche Grundlage für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge geschaffen. Der Anlaß der Ratifizierung dieser Konvention war die Aufnahme von Flüchtlingen aus Indochina (Vietnam, Laos und Kambodscha), wo der Vietnam-Krieg im Jahr 1975 geendet hatte. Im Jahr 1978 hatte sich die japanische Regierung zunächst ohne gesetzliche Grundlage dafür entschieden, Flüchtlinge aus Vietnam aufzunehmen. Japan hat bisher insgesamt über zehntausend Flüchtlinge aus Indochina aufgenommen. Viele davon wurden durch Regierungsbeschluß aufgenommen. Fast alle gesetzlich anerkannten Flüchtlinge in den achtziger Jahren kamen aus Indochina.

1 Vgl. Miyazawa Toshiyoshi, übersetzt, bearbeitet und herausgegeben von Robert Heuser und Yamasaki Kazuaki, Verfassungsrecht (Kempo), Köln, Berlin, Bonn und München 1986.

Asyl- und Ausländerproblematik in Japan - verwaltungsbehördliche Praxis

153

Japan hat heute eine zwanzigjährige Erfahrung mit der Auslegung und Anwendung des Gesetzes über die Kontrolle der Immigration und die Anerkennung des Flüchtlings. Obwohl die verwaltungsbehördliche Praxis für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge allmählich verbessert worden ist, ist sie noch aus verschiedenen Gesichtspunkten kritisierbar. Im Folgenden möchte ich zuerst den Überblick über das japanische Asyl verfahren geben und dann an die Problematik herangehen, die in der Praxis oft diskutiert wird. Dabei möchte ich auf die zwei folgenden Dokumente Bezug nehmen: den Bericht von „Amnesty International" von 1993, der „Japan: Inadequate Protection for Refugees and Asylum-Seekers" 2 heißt, und die Vorschläge für die Verbesserung des japanischen Asyl Verfahrens, die das „Forschungsforum über das Flüchtlingsproblem" 3 im Jahr 1996 gemacht hat.

B. Überblick über das japanische Asylverfahren Nach der Genfer Flüchtlingskonvention ist ein Flüchtling eine Person, „die aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht in Anspruch nehmen will". Das japanische Gesetz benutzt denselben Flüchtlingsbegriff (Artikel 2 (3)-2). Danach wird eine Person als Flüchtling anerkannt, wenn diese Person durch ein Beweismittel oder die Aussage von Zeugen nachweisen kann, daß sie begründete Furcht vor Verfolgung hat. Die Zuständigkeit für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge liegt in den Händen des Justizministers. Das Immigrationsamt prüft im Namen des Justizministers Asylanträge und entscheidet über die Anerkennung. Wer tatsächlich über die Anerkennung entscheidet, ist gesetzlich nicht geregelt. In der Praxis entscheidet eine Kommission darüber, die aus einigen höheren Beamten des Immigrationsamtes besteht. Der Antrag für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge muß innerhalb von 60 Tagen nach der Ankunft in Japan eingereicht werden. Der Asylbewerber muß seinem Antrag die Beweismittel beifügen. Falls der Justizminister diese Beweismittel nicht für ausreichend genug befindet, kann er den zuständigen Beamten, dessen Stelle Flüchtlingsuntersucher (heiät), den Fall genauer untersuchen lassen. Wer als Flüchtling nicht anerkannt wurde, kann gegen den Bescheid des Justizministers Widerspruch innerhalb von sieben Tagen (nach dem Empfang des Ablehnungsbescheids) erheben. Falls der Widerspruch keinen Erfolg hat, kann der 2 Amnesty International, Japan: Inadequate Protection for Refugees and Asylum-Seekers (Nihon ni okeru Nanmin no Hogo), 1993. 3 Nanmin Mondai Kenkyu Forum, Nihon no Nanmin Nintei Tetsuzuki (Das japanische Asylverfahren), 1996.

154

Hidemi Suzuki

Rechtsweg beschritten werden. Über die gerichtliche Praxis wird Herr Kollege Koyama berichten.

C. Der unangemessene Schutz des Flüchtlings in Japan Im Jahr 1993 hat „Amnesty International" (London) einen Bericht über den Schutz des Flüchtlings in Japan veröffentlicht. Der Bericht ist das Ergebnis der Untersuchung durch Amnesty International im Jahr 1992 und der langjährigen Tätigkeiten von Amnesty International Japan. Amnesty International hat in diesem Bericht das japanische Flüchtlingsrecht stark kritisiert und eine Reform gefordert. Als das größte Problem sieht Amnesty International die Geheimnistuerei des Immigrationsamts an. Wer tatsächlich über die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge entscheidet, ist im japanischen Asylverfahren unklar. Das macht eine willkürliche und politische Entscheidung des Immigrationsamts möglich. Ich fasse im Folgenden die Kritik von Amnesty International zusammen: (1) Nach dem Bericht von Amnesty International zeigt das Immigrationsamt die Tendenz, eine Aufnahme des Asylantrags möglichst zu vermeiden. Es gab einige Fälle, bei denen das Immigrationsamt die Antragstellung des Flüchtlings verhindert hat, obwohl Ausländer ausgesagt haben, daß sie Furcht vor der Verfolgung im Land haben, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen. Das Personal des Immigrationsamtes lehnte es manchmal einfach ab, dem Asylsuchenden das notwendige Formular zu geben. Wegen dieser Tendenz ist die Zahl der Asylanträge immer sehr gering geblieben. (2) Das Immigrationsamt wandte die sechzigtägige Frist für die Beantragung sehr streng an. Der Asylbewerber muß den Antrag innerhalb von 60 Tagen nach seiner Ankunft in Japan einreichen. Falls die Situation, die eine Person zu einem Flüchtling macht, während seines Aufenthalts in Japan entsteht, beginnt die Frist von dem Zeitpunkt an, ab dem diese Person von dieser Tatsache Kenntnis erlangt hat. Das Immigrationsamt neigt dazu, die Aufnahme der Beantragung abzulehnen, wenn die Frist schon abgelaufen ist. Obwohl Art. 6 1 - 2 Abs. 2 Gesetz über die Kontrolle der Immigration und die Anerkennung des Flüchtlings den Ausnahmefall aus unvermeidlichen Gründen regelt, legt das Immigrationsamt diese Regelung sehr streng aus. Nur eine Krankheit oder andere Situationen, die es Asylsuchenden physisch unmöglich machen, den Antrag einzureichen, werden vom Immigrationsamt als Ausnahmefall anerkannt. (3) Nach der Ansicht von Amnesty International fehlen dem japanischen Asylverfahren die Beratung und Erklärung zur Beantragung. Das Immigrationsamt gibt dem Asylsuchenden nur ein Prospekt, welches das Asylverfahren beschreibt.

Asyl- und Ausländerproblematik in Japan - verwaltungsbehördliche Praxis

155

(4) Die Personen, welche über die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge entscheiden und die Flüchtlingsuntersuchung durchführen, haben nicht genug Erfahrungen und Wissen, um eine gerechte Entscheidung über die Anerkennung treffen zu können. Nach dem Ergebnis des Interviews beim Immigrationsamt kritisiert Amnesty International, daß es kein zuverlässiges System des Immigrationsamts gibt, das gegenwärtige und unparteiische Informationen aus möglichst vielen Informationsquellen sammelt. Informationen von non-governmental organizations, die über die Menschenrechtssituationen auf der Welt berichten, werden prinzipiell nicht gesucht oder verwendet. (5) Der Asylsuchende kann die Japan Federation of Bar Associations (Nikon Bengoshi Rengökai) um juristische Beratung und Unterstützung bitten. Das japanische Büro des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR: UN High Commissioner for Refugees) gibt dem Asylsuchenden die Möglichkeit, freie juristische Beratung bei der Legal Aid Association (Höritsufujo Kyökai) zu bekommen. Aber der Asylbewerber darf bei der Anhörung durch das Immigrationsamt seinen Rechtsanwalt nicht mitbringen. Der Rechtsanwalt darf die schriftliche Aussage des Asylbewerbers vor dessen Unterschrift nicht prüfen. Wegen dieses Verfahrensablaufs entstehen dem Rechtsanwalt viele Schwierigkeiten bei der juristischen Unterstützung des Asylbewerbers. (6) Obwohl die japanische Regierung durch die Flüchtlingskonvention verpflichtet ist, mit dem Hohen Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) zusammenzuarbeiten, ignorierte das Immigrationsamt manchmal die Empfehlung des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen, daß ein Asylbewerber als Flüchtling anerkannt werden soll. (7) Wer nicht als Flüchtling anerkannt wurde, kann den ablehnenden Bescheid des Justizministers innerhalb von sieben Tagen (nach dem Empfang des Ablehnungsbescheids) anfechten. Amnesty International hält das Anfechtungsverfahren zur Erwirkung eines Widerspruchs für unwirksam. Obwohl die zuständige Stelle für die Nachprüfung der Ablehnung von der für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zuständigen Stelle verschieden ist, verbleibt die Entscheidungsbefugnis innerhalb des Immigrationsamtes. Das macht es unmöglich, in diesem Verfahren neue Aspekte zu überprüfen. Amnesty International fordert, daß eine unabhängige, gerechte und leistungsfähige Organisation die Zuständigkeit für die Nachprüfung haben soll. Was den Widerspruch angeht, gibt es noch ein anderes Problem. Obwohl der Asylbewerber den Ablehnungsbescheid vom Immigrationsamt erhalten hat, fehlt diesem Bescheid eine nähere Begründung über die Ursachen der Ablehnung. Normalerweise gibt es nur den kurzen Hinweis im Ablehnungsbescheid, daß die Beweismittel für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge nicht ausreichend sind. Amnesty International glaubt, daß ausreichende Gründe für die Ablehnung des Antrags im Ablehnungsbescheid angegeben werden sollten,

156

Hidemi Suzuki

um einen wirksamen Widerspruch zu ermöglichen. Falls der Rechtsweg beschritten wird, bleibt dem Asylbewerber nur geringe Hoffnung auf Aufnahme als Flüchtling. Außerdem kann das Immigrationsamt den Asylbewerber auch des Landes verweisen, während dessen Klage noch bei Gericht anhängig ist. (8) Das Immigrationsamt kann Ausländer aus einigen Gründen (zum Beispiel bei der illegalen Einreise) in Haft nehmen. Es gab einige Asylsuchende, die illegal nach Japan eingereist waren und deshalb in Haft genommen wurden. Diese Haft führt dazu, daß die Asylbewerber mit hoher Wahrscheinlichkeit einen ablehnenden Bescheid erhalten werden und dann ohnehin zwangsweise zurückgesendet werden müssen4. Aber der Asylbewerber darf grundsätzlich nicht in Haft genommen werden. Die Haft des Asylbewerbers muß darauf begrenzt werden, daß besondere Gründe vorliegen, welche eine Haft rechtfertigen.

D. Die heutige Situation Seit der Veröffentlichung dieses Berichts sind schon neun Jahre vergangen. Im Jahr 1998 öffnete der Justizminister die Tür für den Asylbewerber ein bißchen weiter. Durch die Vermehrung des Personals läuft das Asylverfahren seit 1998 schneller als bisher. Die Zahl der Anerkennungen hat seitdem etwas zugenommen. Aber an den von Amnesty International kritisierten Problemen des japanischen Flüchtlingsrechts hat sich bisher grundsätzlich nichts geändert. Am 17. Mai 2002 verlangte Amnesty International wiederholt in einem Bericht, der „Welcome to Japan?"5 heißt, die Verbesserung des japanischen Flüchtlingsrechts. Im Jahr 2001 wurden neun Asylbewerber aus Afghanistan in Haft genommen. Ende Februar 2002 waren 23 Asylbewerber aus Afghanistan im ostjapanischen Zentrum für Immigrationskontrolle (in der Ibaraki Präfektur) verhaftet worden. Weil sie illegal in Japan eingereist waren, entschied das Immigrationsamt, daß sie zwangsweise nach Afghanistan zurückgesendet werden müssen. Das Immigrationsamt hat die Immigrationskontrolle dem Schutz des Flüchtlings vorgezogen. Aber sieben Asylbewerber, die in Haft genommen waren, wurden durch den Beschluß des Landgerichts Tokyo vom 1. März 2002 freigelassen. Andere Asylbewerber hat das Immigrationsamt von selbst entlassen. Die Rechtsanwälte, die die Asylbewerber aus Afghanistan unterstützen, kritisieren die Verhaftung von Asylbewerbern durch das Immigrationsamt. Sie behaupten, daß das Immigrationsamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge nicht geeignet sei und ein eigenes Amt, das nur für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zuständig ist, neu ge4 Nach der Statistik des Justizministeriums wurden 45.145 Ausländer im Jahr 2000 zwangsweise aus Japan in ihre Heimatländer zurückgesendet. Im Jahr 1999 betrug diese Zahl 50.381. 5 AI Index: ASA 22/002/2002. Dieser Bericht ist abrufbar unter: http.//www.amnesty. org.

Asyl- und Ausländerproblematik in Japan - verwaltungsbehördliche Praxis

157

gründet werden sollte. Für die Stelle der Flüchtlingsuntersucher sollen in Zukunft anders als bisher Sachverständige berufen werden. Am 8. Mai 2002 wurden fünf nordkoreanische Flüchtlinge im japanischen Konsulat in Shenyang von der chinesischen Polizei festgenommen. Ein Journalist nahm diese Szene auf Videofilm auf und man konnte deshalb im Fernsehen miterleben, was dort passiert war. Weil das diplomatische Personal des Konsulats die Flüchtlinge vor der Festnahme nicht gerettet hat, wurde die japanische Regierung scharf kritisiert. Dieser Fall gab Anlaß zur Reform des japanischen Flüchtlingsrechts. Der Justizminister sagte am 24. Mai 2002, daß er in seinem beratenden Ausschuß eine neue Arbeitsgruppe über Flüchtlinge einrichten wolle. Diese Arbeitsgruppe, die aus etwa zehn Sachverständigen bestehen soll, wird zum Beispiel über die Frist der Beantragung, andere Schwierigkeiten beim Asylverfahren und auch organisatorische Probleme beraten. Sie wird auch über den Schutz der Botschaftsflüchtlinge diskutieren. Das japanische Flüchtlingsrecht und die behördliche Praxis sind aus verschiedenen Gründen reformbedürftig. Namentlich fehlt es am verfahrensrechtlichen Schutz für die Flüchtlinge. Ich schließe mein Referat in der Hoffnung, daß die vorgesehene Reform 6 dem japanischen Flüchtlingsrecht gründliche Verbesserung bringen wird.

6 Im Juli 2002 beschloß die Liberal-Demokratische Partei (LDP), die die größte Regierungspartei in Japan ist, die Richtlinie über die Reform der Asylpolitik. Danach soll die sechzigtägige Frist für die Beantragung bis auf 180 Tage verlängert werden. Der illegal einreisende Asylbewerber kann eine besondere Aufenthaltserlaubnis erhalten, um die zwangsmäßige Zurücksendung zu vermeiden. An der Nachprüfung über den Ablehnungsbescheid des Justizministers sollen nicht nur Beamte des Immigrationsamtes sondern auch Sachverständige teilnehmen. Anfang August 2002 beschloß das Kabinett die neue Asylpolitik der Richtlinie der LDP entsprechend. Danach kann der illegal einreisende Asylbewerber eine besondere Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn er bereit ist, in einer Anstalt für Asylbewerber zu wohnen. Die Regierung wartet auf die Empfehlung der Arbeitsgruppe über Flüchtlinge, die vom Justizminister einberufen wurde, und formuliert dann den Entwurf zur Änderung des Gesetzes über die Kontrolle der Immigration und die Anerkennung des Flüchtlings. Eine große Änderung dieses Gesetzes ist zu erwarten.

158

Hidemi Suzuki Estimated number of applications for Recognition of Refugees Status and number of processed applications in Japan Year

Number of applications

Number of processed applications Approved

Declined

Unprocessed

Withdrawn

1982

530

67

40

59

364

1983

44

63

177

23

145

1984

62

31

114

18

44

1985

29

10

28

7

28

1986

54

3

5

5

69

1987

48

6

35

1

65

1988

47

12

62

7

31

1989

50

2

23

7

49

1990

32

2

31

4

44

1991

42

1

13

5

67

1992

68

3

40

2

90

1993

50

6

33

16

85

1994

73

1

41

9

107

1995

52

2

532

24

102

1996

147

1

43

6

199

1997

242

1

80

27

333

1998

133

16

293

41

117

1999

260

16

77

16

171

2000

216

22

138

25

202

2001

353

6

316

28

187

Total

2,532

291

1,721

340

187

Immigration Bureau (Ministry of Justice).

Die verwaltungsgerichtliche Praxis bezüglich der Asylund Ausländerproblematik in Japan Von Go Koyama A. Betroffenheit: „Begründete Furcht" B. Nachträglicher Flüchtling C. 60-Tage-Regel D. Asylfrage als verfassungsrechtliche Frage

Strenge gesetzliche Regelungen, strenge Anwendung in der behördlichen Praxis 1 - diese Grundlinie ist im Großen und Ganzen auch in der gerichtlichen Praxis zu bestätigen. Aber in der jüngsten Rechtsprechung ist auch eine Tendenz erkennbar, die etwas asylfreundlicher als bisher ist. Im Folgenden möchte ich zuerst versuchen, einen Überblick über die wichtigsten gerichtlichen Entscheidungen zur Asylfrage zu geben.

A. Betroffenheit: „Begründete Furcht44 Nach der Genfer Flüchtlingskonvention und auch nach dem japanischen Gesetz (Gesetz über die Kontrolle der Immigration und die Anerkennung als Flüchtling = Shutsunyükoku Kanri oyobi Nanmin Nintei Ho) ist Flüchtling diejenige Person, „die aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht in Anspruch nehmen will". Die Frage lautet zuerst, wie genau der Asylsuchende seine Furcht begründen soll. Nach der bisherigen Praxis genügt es der Verwaltungsbehörde, dem Immigrationsamt (Nyükoku Kanri Kyoku), nicht, dass der Asylsuchende zu einer bestimmten Rasse usw. gehört, deren Angehörige in ihrem Vaterland evident unterdrückt werden.2 Es wirkt auch keine Vermutung. Die Behörde verlangt vielmehr den Beweis 1

Siehe die Beiträge von H. Kobayashi und H. Suzuki in diesem Band. H. Suzuki, Die verwaltungsbehördliche Praxis bezüglich der Asyl- und Ausländerproblematik in Japan (in diesem Band). 2

160

Go Koyama

dafür, dass gerade der Antragsteller in concreto verfolgt wurde. Dieser Beweis ist nicht einfach, wenn man bedenkt, dass der Asylsuchende normalerweise nicht in der Lage ist, alle erforderlichen Akten und Beweise vorzubereiten und in dem kurzen behördlichen Prüfungsverfahren ausreichend darzulegen, dass seine Furcht begründet ist.

I. Beschluss des Landgerichts Tokyo vom 1. März 20023 Im Beschluss vom 1. März 2002 hat das Landgericht Tokyo den Antragsteller als Flüchtling im Sinne des § 32 qualifiziert und den Vollzug der verwaltungsbehördlichen Anordnungen eingestellt. Der Kläger gehörte zu einer Minderheitenbevölkerung, den Hazara, in Afghanistan. Am 18. Juli 2001 kam er mit Hilfe eines Vermittlers über verschiedene Staaten ohne Erlaubnis nach Japan, wo er als Asylant bleiben wollte. Am 1. August wendete er sich an das Immigrationsamt, um den Antrag auf Asyl zu stellen. Das Immigrationsamt lehnte aber den Antrag ab. Im Oktober 2001 hat das Immigrationsamt eine Durchsuchung vorgenommen und elf Afghanen, einschließlich des Klägers, festgenommen, die nach der Auffassung des Amtes illegal aus wirtschaftlichen Gründen in Japan wohnen. Das Amt hat den Haftbefehl erlassen, nach der Zurückweisung des Widerspruchs durch den Justizminister auch die Anordnung zur Zwangsausweisung nach Afghanistan. Das Gericht hat zuerst festgestellt, dass die Hazara in der Geschichte von Afghanistan seit dem 19. Jahrhundert, aber vor allem seit 1993, nicht zuletzt aus religiösen Motiven, wiederholt verfolgt oder veijagt wurden. Der Kläger selbst und seine Familie sind nach der Feststellung des Gerichtes seit 1996 von verschiedenen Sekten, später vor allem von den Taliban verfolgt und unterdrückt worden. Der Kläger, der in Kabul gesehen hat, dass viele Angehörige der Hazara nur wegen der Zugehörigkeit zu dieser religiösen Minderheit verhaftet, zur Zwangsarbeit eingesetzt und sogar getötet wurden, hat sich entschlossen, ins Ausland zu fliehen. Er wurde aber von der kommunalen Polizeibehörde, wo er seinen Reisepass erneuern lassen wollte, nach Gewalttätigkeiten zwanzig Tage lang in eine Leichtmetallkiste gesperrt. Nach der Bezahlung eines Bestechungsgeldes in Höhe von 8.000 US-Dollar wurde er entlassen. Danach floh er unmittelbar aus seinem Vaterland und kam mit der Hilfe eines Vermittlers nach Japan. Nach dieser Feststellung hat das Gericht den Schluss gezogen, „der Kläger hatte in Afghanistan im Zeitpunkt der Ausreise eine begründete Furcht, wegen seiner Rasse und Religion verfolgt zu werden. Er ist Flüchtling im Sinne von § 31 der Genfer Flüchtlingskonvention."

3

Beschluss des Landgerichts Tokyo vom 1. März 2002, in: Hanrei-Jiho Nr. 1774, S. 25.

Asyl- und Ausländerproblematik in Japan - verwaltungsgerichtliche Praxis

161

II. Kurze Anmerkung Weder die Definition noch die Tatbestandsmerkmale des Flüchtlings haben die sog. Asylunfreundlichkeit Japans verursacht, sondern die Verwaltungspraxis. Es scheint angebracht danach zu fragen, warum das Immigrationsamt den Kläger nicht als Flüchtling anerkannt hat. Es sind zwei Faktoren zu nennen, die die Einschätzung des Immigrationsamtes vermutlich beeinflusst haben. Erstens: Der Kläger ist mit Hilfe eines organisierten Vermittlers in Japan angekommen. Die japanische Verwaltung war und ist sehr nervös gegenüber solchen organisierten Vermittlern, die mit allen Mitteln, z. B. Verfälschung des Reisepasses oder heimliche Überfahrt mit dem Schiff, viele Ausländer, vor allem Chinesen, in Japan eingeschleust haben. Zweitens: Unter elf Afghanen, die an demselben Tag festgenommen wurden, gab es zwei Pakistani, die ihre Staatsangehörigkeit verfälscht haben, um in Japan den Asylantrag zu stellen. Auch unter den Afghanen gab es einige, die offensichtlich aus ökonomischen Gründen illegal in Japan lebten. Das Immigrationsamt ging wahrscheinlich von der Vermutung aus, dass auch der Kläger ein solcher Illegaler ist. Solcher Verdacht sollte eigentlich im Rahmen der behördlichen Prüfungsverfahren geklärt werden, wenn das Verfahren mit der erforderlichen Sorgfalt läuft. Aber gerade in diesem ersten Stadium liegt beim Immigrationsamt der wesentliche Mangel der japanischen Praxis. Darauf werde ich später zurückkommen. Für die Deutschen ist vielleicht der Umstand interessant, dass der Kläger nicht unmittelbar aus Afghanistan, sondern über dritte Länder, einschließlich Südkorea, nach Japan gekommen ist. Dazu hat das Gericht wie folgt ausgeführt: § 31 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention schreibe die Unmittelbarkeit vor. Diese Unmittelbarkeit sei aber nicht rein formell zu betrachten. Auch derjenige, der im Zuge seiner Flucht über dritte Länder gekommen sei, könne als Flüchtling eingestuft werden. Der Kläger des vorliegenden Verfahrens sei über Pakistan, Thailand und Korea nach Japan gekommen. Er habe sich in diesen Ländern aber nicht ansässig gemacht. Die Unmittelbarkeit sei zu bejahen.

B. Nachträglicher Flüchtling Jetzt komme ich zu einer angewandten Frage: die, nach dem sog. nachträglichen Flüchtling. Im Beschluss des Landgerichts Osaka vom 1. April 1993 ging es in erster Linie um die Frage, ob der Kläger als nachträglicher Flüchtling anerkannt werden soll.

11 Stern

162

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I. Beschluss des Landgerichts Osaka vom 1. April 19934 Der Kläger war ein Chinese, der in China zuerst bei der Marine, dann als höherer Beamter einer regionalen Sicherheitsbehörde tätig war. Er versuchte, nach Japan ohne Erlaubnis einzureisen, wurde aber bald in Osaka verhaftet. Im gerichtlichen Verfahren behauptete der Kläger, dass er in China wegen der Äußerung seiner politischen Meinung aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen wurde (aa) und dass er durch die Tatsache der Bewerbung um das Asyl oder durch Darlegungen über die Zusammensetzung der chinesischen Sicherheitsbehörde vor den japanischen Rechtsanwälten und Beamten nachträglich in Gefahr gerate, in China schwer bestraft zu werden (bb). Der Kläger hat außerdem behauptet, dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten staatlichen Stelle (hier: Sicherheitsbehörde) mit der Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gleichzusetzen sei. Das Gericht hat alle Behauptungen zurückgewiesen. Zur Behauptung (aa) hat das Gericht einfach festgestellt, dass sein Ausschluss aus der Kommunistischen Partei nicht wegen der Meinungsäußerung, sondern wegen der dienstlichen Untüchtigkeit des Klägers erfolgt sei. Den Schwerpunkt der Prüfung legte das Gericht auf die Frage nach der nachträglichen Betroffenheit. Zuerst legte das Gericht dar, dass der Begriff „Flüchtling" im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention auch diejenige Person einschließen, deren Furcht vor Verfolgung erst nachträglich entstanden sei. Es führte aber aus, dass diese nachträgliche Betroffenheit nur dann anzunehmen sei, wenn der Hauptzweck der Ausreise in der politischen Meinungsäußerung liege. Nach der Feststellung des Gerichts ist der Kläger in erster Linie aus wirtschaftlichen Gründen ausgereist. Seine mögliche Darlegung über die Zusammensetzung der Sicherheitsbehörde oder seine Antragstellung auf Asyl seien nicht als politischer Zweck zu bewerten. Das Gericht hat zwar angenommen, dass der Kläger nach dem Zurückschicken nach China schwer bestraft werden würde, weil der Kläger Beamter gewesen sei und die chinesische Regierung nicht tolerant gegenüber Verbrechen der Beamten sei. Dies bedeutet aber nach der Ansicht des Gerichts nicht, dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten staatlichen Stelle mit der Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen gleichzusetzen sei.

II. Kurze Anmerkung Man kann zuerst überlegen, ob die illegale Ausreise aus einem Land als solche schon als Äußerung einer kritischen politischen Meinung gegen die Regierung zu qualifizieren ist. Die deutschen Gerichte haben diese Frage bejaht, und zwar be4 Beschluss des Landgerichts Osaka vom 1. April 1993, in: Hanrei-Times Nr. 837, S. 242. Hiroshi Honma, Anmerkung, in: Jurist. Sonderheft, 1994, S. 251 f.

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züglich der sog. Republikflucht aus der damaligen DDR. Diese deutsche Rechtspraxis ist aber nicht verallgemeinerungsfähig. Demgegenüber hat das Landgericht Osaka danach gefragt, ob der Kläger schon vor seiner heimlichen Ausreise kritische Meinungen tatsächlich geäußert habe. Eine solche Anforderung ist im Regelfall vertretbar, kann aber m. E. in einigen Fällen ausnahmsweise den Asylsuchenden übermäßig belasten, da die Regierung nicht erst durch eine konkrete Äußerung, sondern schon durch Indizien die politische Stellung einer Person ermitteln kann.

C. 60-Tage-Regel Nach § 6 1 - 2 des Gesetzes über die Kontrolle der Immigration und die Anerkennung als Flüchtling schreibt die sog. 60-Tage-Regel vor, dass der Asylbewerber den Antrag auf Asyl innerhalb von 60 Tagen nach Einreise in Japan einreichen soll. Falls sich die Situation während seines Aufenthalts in Japan verändert und Verfolgungsgefahr entsteht, beginnt die Frist mit dem Datum, an dem diese Tatsache erkannt wird. Das Immigrationsamt wendet diese Regel sehr streng an.5 § 6 1 - 2 Abs. 2 des Gesetzes regelt die Ausnahme aus unvermeidlichen Gründen. Das Immigrationsamt legt diese Ausnahme aber sehr streng aus. Nur Krankheit, Verkehrsbehinderung und ähnliches - oder die Einreichung des Asylantrags an einen anderen Staat - ist vom Immigrationsamt als Ausnahme anerkannt. I. Urteil des Landgerichts Tokyo vom 28. Feb. 19956 Der Kläger war Chinese. Er kam im September 1988 mit einer Erlaubnis nach Japan, um die japanische Sprache zu lernen. Seine Aufenthaltserlaubnis wurde dreimal verlängert (insgesamt zwei Jahre lang), aber im Oktober 1990 hat der Justizminister einen erneuten Antrag auf Aufenthalt zum Studium an der Universität abgelehnt. Der Kläger arbeitete vor der Einreise in Japan bei der Redaktion einer Zeitschrift, die eine Tendenz zu Opposition hatte. Er wurde sogar in China zwei Jahre lang in Haft genommen. Nach der chinesischen Freiheitsbewegung im Juni 1990 hat er in Japan die chinesischen Studenten unterstützt. Im Juli 1990 erfuhr der Kläger aus einer chinesischen Zeitschrift von der Verfolgung der Beteiligten der Freiheitsbewegung durch die chinesische Regierung. Im September 1990 stellte er fest, dass er selber auf die schwarze Liste gekommen ist. In demselben Monat hat er sich um die Einreise in die USA beworben. Dieser Antrag wurde aber von der amerikanischen Botschaft bald abgelehnt. Am 6. Dezember 1990, also erst drei 5

Takeo Kawashima, in: Law Review der Osaka Universität, Bd. 43 Heft 2=3, 1993, S. 437 ff. 6 Urteil des Landgerichts Tokyo vom 28. Feb. 1995, in: Hanrei-Jiho Nr. 1533, S. 171. Takeshi Yamashita, Anmerkung, in: Hanrei-Jiho Nr. 1549, S. 170 ff. Ii

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Monate später, hat der Kläger beim Immigrationsamt den Antrag auf Asyl einreicht. Den Sinn der 60-Tage-Regel sah das Gericht darin, dass die Feststellung der Betroffenheit nach Ablauf der Zeit schwierig sei und der Gesetzgeber um der Durchführung des gerechten und glatten Anerkennnungsverfahrens willen die Frist gesetzt habe. Der Kläger hat zuerst behauptet, dass diese Fristregel den Ausländern unbekannt sei und darüber hinaus irrational und ungültig, da der Ausländer, der rechtmäßig in Japan ansässig sei, nach der Genfer Flüchtlingskonvention und dem internationalen Gewohnheitsrecht ohne Frist immer berechtigt sei, einen Asylantrag zu stellen. Das Gericht betonte dagegen den Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers und wies die Behauptung des Klägers zurück. Der Kläger hat weiterhin behauptet, dass die Ausnahmeklausel möglichst erweiternd ausgelegt werden solle. Das Gericht hat dagegen entschieden, dass die Klausel grundsätzlich streng auszulegen sei, da sonst die 60-Tage-Regel ihren Sinn verliere.

II. Kurze Anmerkung Diese Entscheidung hat in der Literatur grundsätzlich Zustimmung gefunden. 7 Die 60-Tage-Regel als solche wird auch in der Literatur als zulässig angesehen. Die Literatur warnt nur vor der allzu formellen Handhabung der 60-Tage-Frist, weil die Frist im konkreten Fall zu einer unzumutbaren Belastung führen kann. Das Gericht hat aber vermutlich bei der Tatsachenfeststellung den Eindruck gehabt, dass der Asylantrag bloß zum Zweck der Verlängerung des Aufenthaltes eingereicht wurde, und ging nicht der Frage nach, ob die 60-Tage-Regel für den Kläger in seiner konkreten Situation zumutbar ist.

D. Asylfrage als verfassungsrechtliche Frage Die japanischen Verfassung (JV) vom 3. November 19468 gewährleistet kein Asylrecht. Die Frage, ob aus der JV ein Recht der ausländischen Flüchtlinge auf Asyl interpretatorisch ableitbar ist, wird von der ganz überwiegenden Meinung der Literatur verneint. 9 Damit fehlt auch der Anhaltspunkt dafür, die Ausgestaltung durch den Gesetzgeber grundrechtlich zu kontrollieren oder von der Verwaltung eine grundrechtskonforme Auslegung und Anwendung des Gesetzes zu fordern. 7 Yamashita, in: Hanrei-Jiho Nr. 1549, S. 170 ff. 8 Toshiyoshi Miyazawa, übersetzt, bearbeitet und herausgegeben von Robert Heuser und Yamasaki Kazuaki, Verfassungsrecht (Kempo), Köln, Berlin, Bonn und München 1986 (mit der Übersetzung des Verfassungstextes). Zum Überblick über das japanische Recht vgl. auch TanaJca/Smith, The Japanese Legal System, Tokio 1976. 9 Yamashita, in: Hanrei-Jiho Nr. 1549, S. 170 ff. m. w. Nachw.

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I. Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 4. Okt. 1978 10 Die Grundlinie der verfassungsrechtlichen Stellung der Ausländer in Japan bildete das Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) vom 4. Okt. 1978. Der Kläger dieses Verfahrens war ein Amerikaner, der als Lehrer einer Sprachschule mit einer Erlaubnis in Japan wohnte. Als er den Antrag auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis stellte, lehnte der Justizminister den Antrag ab, weil er während des Aufenthalts an der Friedensbewegung gegen den Vietnam-Krieg wiederholt teilgenommen hatte. Die erste Instanz (Landgericht Tokyo) 11 ging zwar von breiter Ermessensfreiheit des Justizministers aus. Das Gericht versuchte aber seinen Entscheidungsspielraum einzuengen und verlangte die nach der gesellschaftlichen Vorstellung angemessene Ermessensausübung. Die zweite Instanz, OLG Tokyo, verwarf aber das Urteil des Landgerichts Tokyo und erklärte die Ablehnung des Justizministers für rechtmäßig. 12 Der vom Kläger angerufene OGH hat der Verwaltung fast uneingeschränkten Ermessensspielraum eingeräumt: Der OGH hat zuerst ausgeführt, dass der Ausländer keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf die Einreise habe (Bestätigung der bisherigen Entscheidungen)13 und demzufolge keinen Anspruch auf die Verlängerung oder Erneuerung der Aufenthaltserlaubnis. Der OGH hat zwar die Grundrechtssubjektivität der Ausländer anerkannt, soweit die Natur der jeweiligen Grundrechte es zulässt (also, nicht nach dem Wortlaut, sondern nach der Natur der jeweiligen Grundrechte). Diese Grundrechtssubjektivität sei aber nur im Rahmen der Immigrationssysteme anzuerkennen. Das bedeutet im Ergebnis, das Immigrationsrecht geht den Grundrechten vor. Dieses Urteil hatte m. E. nachhaltige Bedeutung auch für das Asylrecht. Der souveräne Staat ist grundsätzlich frei zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen der Ausländer einreisen darf. D. h. er kann dabei frei von den Grundrechten entscheiden. Der Entscheidungsspielraum des Justizministers spiegelt die Souveränität wider. Er ist zwar durch die Genfer Flüchtlingskonvention gebunden. Diese Konvention lässt aber dem einzelnen Mitgliedstaat einen großzügigen Gestaltungsspielraum. Einer der führenden Verfassungsrechtslehrer Japans hat in seinem Lehrbuch schlicht geschrieben, „die Frage, wann und wie viele Flüchtlinge Japan aufnehmen soll, ist eine rein außenpolitische Sache. Hier wirken die Verfassungsprinzipien nicht". 14

io Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 4. Okt. 1978, OGHZ Bd. 32, Heft 7, S. 1223. h Urteil des Landgerichts Tokyo vom 27. März 1973, in: Hanrei-Jiho Nr. 702, S. 46. 12 Urteil des OLG Tokyo vom 25. Sept. 1975, in: Hanrei-Jiho Nr. 792, S. 11. 13 Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 16. Juni 1957, OGHSt Bd. 11, Heft 6, S. 1663. 14 Siehe nur Yasuhiro Okudaira, Verfassungsrecht III, Grundrechte, 1993, S. 64.

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II. Gebot des gerechten Verfahrens Was die gesetzgeberische Gestaltung vor allem der materiellen Voraussetzungen der Asylannahme angeht, so ist der oben genannten Auffassung zu folgen. Aber die Gestaltung des Verfahrens und vor allem der tatsächliche behördliche Verfahrensverlauf darf nicht frei sein von den rechtsstaatlichen Anforderungen. Doch gerade im Ausgangsverfahren beim Immigrationsamt liegt der wesentliche Mangel der japanischen Praxis. Hier nenne ich ein anderes Beispiel: 15 Im November 1991 kam ein in Kuwait geborener, staatenloser Palästinenser nach Japan. Nach dem Golfkrieg litt der in Kuwait ansässige Palästinenser unter der Furcht von Verfolgung, weil die Palästinenser dort als Unterstützer des Iraks empfunden wurden. Sein Asylantrag wurde vom japanischen Immigrationsamt abgelehnt. Sein Bruder ist von den Vereinigten Staaten ohne weiteres als Flüchtling angenommen worden. Der Hintergrund der Ablehnung durch das japanische Immigrationsamt liegt darin, dass das mündliche Verfahren des Amtes nicht unproblematisch war. Das Immigrationsamt gibt dem Asylbewerber normalerweise nur einen Prospekt über das Asylverfahren, der auf Japanisch oder Englisch geschrieben ist. Neben dieser unzureichenden Einführung war die Muttersprache des Antragstellers Arabisch, die des Dolmetschers hingegen Persisch. Beide mussten sich auf Englisch, natürlich stockend, unterhalten. Diesem Bewerber wurde erst nach dem Widerspruchsverfahren die Asylanerkennung erteilt, aber es dauerte insgesamt vier Jahre. Gründliche Verbesserung des Verfahrens führt zu einem wesentlich verbesserten und schnellen Ergebnis. Dabei kann der Beschluss des Landgerichts Tokyo vom 1. März 2002 für ein rechtsstaatliches Verfahren die Weichen stellen. Das bedeutet allerdings noch nicht, dass Japan sich damit im internationalen Vergleich verpflichtet, eine entsprechende Quote zu übernehmen. Aber es gibt guten Anlass, rechtsund außenpolitisch zu überlegen, ob Japan nicht auch in diesem Bereich mit der europäischen Spitze gleichziehen wird.

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Klaus Stern Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zum zweiten Teil unserer Konferenz, nämlich zu den Berichten, kurzen Statements aus mehreren europäischen Ländern sowie aus Südafrika und den Vereinigten Staaten. Ich hatte für heute vormittag vorgesehen, dass wir Westeuropa und Südeuropa behandeln, daher folgen

15 Masataka Iwasaki, Aus dem Praxis, in: Tokino-Horei Nr. 1528, 1996, S. 55 ff. Siehe auch Chieko Haga, Aus dem Praxis, in: Tokino-Horei Nr. 1469,1993, S. 29 ff.

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zunächst Statements aus Frankreich, Portugal und Italien, sodann aus Österreich. Ich darf als ersten aufrufen Herrn Kollegen Capitant von der Universität Paris 1 Pantheon-Sorbonne, der dort den Lehrstuhl übernommen hat von unserem ebenfalls anwesenden Kollegen Fromont. Bitte schön, Herr Capitant!

Statement Frankreich Von David Capitant A. Das allgemeine Ausländerrecht B. Das Asylrecht

Meine Damen und Herren, in diesem kurzen Statement möchte ich die französischen Probleme und Lösungen - meistens ungenügende Lösungen - präsentieren, die Frankreich zu den Fragen der Einwanderung ausgearbeitet hat. Fragen, die sich in Frankreich unter denselben sozialen Bedingungen stellen wie in Deutschland oder in Japan. Allerdings sind die Herkunftsstaaten der nach Frankreich Einwandernden etwas spezifisch, da es sich meistens um ehemalige französische Territorien handelt, und zwar in Nordafrika, also Tunesien, Marokko und Algerien. Daneben gibt es noch einige schwarzafrikanische Staaten - wie Mali - und auch die hinterindischen Länder, z. B. Vietnam, Laos oder Kambodscha. Ich werde zuerst auf das allgemeine Ausländerrecht eingehen und dann auf den besonderen Bereich des Asylrechts. Das Staatsangehörigkeitsrecht werde ich aber beiseite lassen. Es steht jedoch zum Anwendungsbereich des Ausländerrechts im direkten Verhältnis, so daß die verschiedenen Reformen des Staatsangehörigkeitsrechts mit dem Ausländerrecht in enger zeitlicher Verbindung stehen.

A. Das allgemeine Ausländerrecht Die Grundregelung des Ausländerrechts ist heute noch ein Erlaß der provisorischen Regierung vom Ende der zweiten Weltkriegsperiode, und zwar eine Ordonnance vom 2. November 1945, die Gesetzesrang hat. Dieser Text, der in seiner nahezu ursprünglichen Fassung 35 Jahre in Kraft geblieben war, dann aber seit Anfang der 80er Jahre - seit Beginn der sozialistischen Regierung mit der Wahl von François Mitterand zum Staatspräsidenten im Jahre 1981 - fast stetig geändert wurde. Seitdem gab es bei jeden Wahlen einen Regierungswechsel in Frankreich, und der Erlaß von 1945 wurde jedesmal geändert. Das ist ein Zeichen dafür, daß die rechtlichen Maßnahmen, die die Einwanderung einrahmen sollen, sehr schwierig durchzuführen sind. Zum Beispiel lag 1996 der Prozentsatz der durchgeführten Entfernungsentscheidungen (sog. Abschiebungen) bei 23 %. Das heißt, daß bis zu einem gewissen Maße strengere Zutrittsregelungen eher eine Steigerung der illega-

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len Zuwanderung auslösen. Die Zahl der Immigranten wird nicht reduziert. Das Problem der Einwanderung wird auf die Integration verschoben. Zuerst möchte ich jetzt die verschiedenen Rechtsmittel kurz darstellen, die dazu dienen, den Aufenthalt des Ausländers in Frankreich so weit wie möglich unter die Kontrolle der Verwaltung zu stellen.

I. Die Mittel, die gegen den Zutritt wirken - Zuerst wird der Verwaltung ein großer Ermessensspielraum zuerkannt, der sich auf die Verweigerung des Visums bezieht. Die Verweigerung des Visums muß nicht ausführlich begründet werden und die Kontrollmöglichkeiten des Richters sind nur gering. Es gibt keine Verhältnismäßigkeitskontrolle. - Bei der Eintrittsverweigerung gibt es Beschwerdemöglichkeiten, die aber keine aufschiebende Wirkung haben; das heißt, daß der Ausländer dann meistens schon im Ausland ist, wenn er die Entscheidung rügen kann. Dies bleibt natürlich ziemlich folgenlos. Bei der Eintritts Verweigerung darf der Ausländer zuerst für zweimal 48 Stunden von der Grenzschutzverwaltung in eine „Wartezone" (zone d'attente) gewiesen werden, um seine Repatriierung durchführen zu können. Diese Periode von zweimal 48 Stunden darf sogar auf zweimal acht Tage verlängert werden, diesmal aber vom Zivilgericht. Eventuelle Beschwerden haben keine aufschiebende Wirkung. Das Problem der Unterkunftsbedingungen in diesen Wartezonen ist stark in den Medien thematisiert worden. Es ist für die Leute, die sich dort befinden, ziemlich schwierig, ihre Beschwerden an das Gericht zu schicken oder mit Rechtsanwälten in Kontakt zu treten. Das beruht auf praktischen Gründen, weil es z. B. nur wenige Telefonapparate gibt, die auch nur mit französischen Münzen funktionieren. - Wenn dem Ausländer die Einreise erlaubt wurde, kann er sich maximal drei Monate auf dem französischen Territorium aufhalten, es sei denn, er hat eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt und sie auch erhalten. Die Verwaltung verfügt über ein weites Ermessen und wird nur wenig vom Richter kontrolliert. Nur die groben Ermessensfehler führen dazu, daß die Verweigerung der Aufenthaltsgenehmigung annulliert wird. Die Erlaubnisverweigerung hat eine Ausreisepflicht zur Folge, Beschwerden haben keine aufschiebende Wirkung. - Wenn der Ausländer dazu noch arbeiten will, bedarf er zusätzlich einer Erlaubnis. Die Erlaubniserteilung hängt von dem Stand des Arbeitsmarktes in Frankreich ab. Es ist fraglich, ob eine solche Beschränkung des Rechts auf Arbeit verfassungsgemäß ist. - Der Ausländer kann, wenn er eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten hat, eventuell doch ausgewiesen werden, wenn seine Anwesenheit in Frankreich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Verfahren: Das normale Verfahren sieht vor, daß der Ausländer sich verteidigen

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kann. Er darf nur nach Stellungnahme eines Ausschusses, der aus Richtern besteht, von der Verwaltung ausgewiesen werden. Aber in dringenden Fällen kann die Verwaltung den Ausländer ohne weiteres ausweisen, das heißt, ohne Verteidigungsmöglichkeiten des Ausländers und ohne Stellungnahme des Ausschusses. Die Beschwerden haben in diesem Falle auch keine aufschiebende Wirkung.

II. Die Schutzelemente Einige Elemente können aber die Situation des Ausländers verfestigen. Es gibt verschiedene Artikel der Ordonnance von 1945, die die rechtliche Stellung der Ausländer verstärken, wenn sie zu bestimmten Kategorien gehören: - Sie haben französische Familienteile, Kinder, einen französischen Ehepartner, einen französischen Elternteil. - Sie haben eine gewisse Zeit in Frankreich gelebt. Es gibt sehr unterschiedliche Mindestdauern, die dafür vorgesehen sind. - Bedeutsam sind auch die minderjährigen Ausländer, deren Eltern in Frankreich regelmäßig wohnen. In diesen Fällen muß die Visumsverweigerung begründet werden. Die Verwaltung muß die Aufenthaltsgenehmigung erteilen, sie hat kein Ermessen. Eine Ausweisung ist nicht möglich, es sei dann, es handelt sich um einen dringenden Fall. Dazu muß man auch erwähnen, daß unter dem Druck des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg den französischen Richtern eine vollständige Verhältnismäßigkeitskontrolle der Entscheidungen, die gegen Art. 8 EMRK verstoßen können, zugestanden wird. Das ist so seit einem Urteil des Conseil d'Etat von 1990.

III. Sozialschutz Die Ausländer, die sich regelmäßig in Frankreich aufhalten, genießen denselben sozialen Schutz wie die französischen Bürger. Das wird verfassungsrechtlich garantiert, wie es der Conseil Constitutionnel in einem Beschluß vom 13. August 1993 festgestellt hat. Es soll erwähnt werden, da es einen Unterschied darstellt zu dem Recht, das z. B. in den Vereinigten Staaten von Amerika angewandt wird.

IV. Die Probleme des Abschiebungsvollzugs Das beschriebene System soll den Ausländern einen guten sozialen Standard garantieren und zu ihrer Integration beitragen, unter der Voraussetzung, daß ihr Auf-

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enthalt auf französischem Boden von der Verwaltung erlaubt wird. Es leidet aber daran, daß die praktischen Möglichkeiten der Abschiebung von illegalen Ausländern sehr gering sind. Das vereitelt eigentlich das gesamte System. Obwohl der Gesetzgeber allmählich mehrere Mittel verabschiedet hat, um die Abschiebung zu vereinfachen, bleibt es immer noch schwierig, sie durchzuführen. Zu diesen Mitteln darf man folgende zählen: - Die Beschwerden gegen die Abschiebungsentscheidungen, die in diesem Fall aufschiebende Wirkung haben, werden von einem einzelnen Richter in einem vereinfachten Verfahren zügig beurteilt. - Wenn die Abschiebung nicht unverzüglich durchgeführt werden kann, kann die Verwaltung den Ausländer für maximal vier Tage in ein Zurückhaltungslager schicken. Der Richter kann dann die Maßnahme auf zehn Tage verlängern. Trotzdem werden die Abschiebungen aus verschiedenen Gründen nur selten vollzogen (1996 23%), da es z. B. unmöglich ist, einen Empfangsstaat zu finden, weil man nicht die Staatsangehörigkeit des Ausländers kennt, da er seinen Paß verloren hat, oder weil er in seinem Herkunftsland gefoltert werden könnte. Ferner kann es unmöglich sein, ihn mit einem Flugzeug zu transportieren, wenn er sich dagegen wehrt. Sicherlich kann dann der Ausländer, der sich auf französischem Boden weiterhin noch illegal aufhält, strafrechtlich verfolgt werden. Das führt aber meistens nicht weiter. So ist man zu dem merkwürdigen Ergebnis gekommen, daß die Maßnahmen, die Ausländer vom Staatsterritorium fernhalten sollten, nur dazu beigetragen haben, die Zahl der illegalen Ausländer zu erhöhen. Diese Leute sind aus rechtlichen Gründen an den Rand der Gesellschaft gedrängt und nicht aus sozialen, wie es gestern anläßlich des Referats zu den Immigrantenkindern in Japan dargestellt worden ist, zumal da sie nicht arbeiten dürfen und keinen sozialen Schutz genießen. Das heißt, daß sie im besten Fall schwarzarbeiten und keine Sozialbeiträge zahlen, schlimmstenfalls daß sie kriminell werden. Um dagegen zu kämpfen, hat man mehrmals Massenregularisierungen durchgeführt (1981, 1991, 1997, 1998). Das stellt ganz und gar die totale Vereitelung des Ausländerrechts dar.

B. Das Asylrecht Ich möchte mich zum Punkt Asylrecht kurz fassen und mich auf das Thema Asylrecht als Recht des Individuums oder des Staates konzentrieren. Obwohl die französische Verfassung ein Asylrecht „jedermann, der wegen seines Einsatzes zugunsten der Freiheit verfolgt wird", seit 1946 garantiert, ist diese Bestimmung mangels eines konkretisierenden Gesetzes sehr lange folgenlos geblieben. Nur aufgrund der Genfer Konvention hat ein Gesetz vom 25. Juli 1952 den Flüchtlingen das Asylrecht gewährt. Hierbei hat die französische Rechtspre-

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chung eine enge Auslegung dieser Bestimmungen entwickelt, die, so scheint es mir, enger ist als die deutsche Rechtsprechung oder sogar die Position des HCR. Das betrifft z. B. die staatsähnlichen Verfolgungsmaßnahmen. Die geltend zu machenden Verfolgungen sollen vom Herkunftsstaat aktiv durchgeführt werden oder zumindest toleriert werden, was z. B. für die von den Islamisten in Algerien regierten Gebiete nicht der Fall war. Anläßlich der Verfassungskontrolle zu den Abkommen von Maastricht und Dublin hat der Conseil Constitutionnel erneut auf die Bestimmungen der Verfassung von 1946 verwiesen, so daß 1993 das Asylrecht im Gesetz von 1952 auf die sog. Freiheitskämpfer erweitert wurde. Neben diesen beiden Fällen, in denen ein richtiges Asylrecht vom Gesetzgeber gewährt wird, besteht auch die Möglichkeit, allen Leuten unter irgendwelchen Motiven Asyl zu gewähren. Das ist nur ein Recht des Staates. Es ist seit 1993 von Art. 5 3 - 1 der Verfassung vorgesehen und seit 1998 vom Gesetz von 1952 organisiert. So viel zur Problematik des Asylrechts in Frankreich. Ansonsten gibt es die Problematik der Ausländer, die in Frankreich bleiben, nachdem ihr Asylantrag zurückgewiesen worden war. Das Verfahren dauert in etwa zwei Jahre. Das ist das Problem der illegalen Ausländer, das ich schon vorhin dargestellt habe.

Statement Portugal* Von Paulo Mota Pinto A. Einleitung B. Der verfassungsrechtliche Rahmen C. Das Zuwanderungsrecht D. Das Asylrecht E. Einbeziehungspolitiken

A. Einleitung I. Portugal als Auswanderungsland Seit dem 15. Jahrhundert gab es ständige Aus Wanderungsströme aus Portugal, zunächst zu den in Nordafrika eroberten Städten und den atlantischen Inseln, dann auch zu den afrikanischen (Angola, Mosambik usw.), südamerikanischen (Brasilien) und asiatischen Kolonien. Und sogar bis Japan - vielleicht kamen die ersten europäischen Einwanderer als portugiesische Seefahrer. Kurz vor der Unabhängigkeit Brasiliens, im Jahre 1822, lag die portugiesische Bevölkerung unter 3,5 Millionen auf dem Festland und auf den atlantischen Inseln. Dafür gab es 1,1 Millionen Portugiesen in Afrika, 600.000 in Asien und 5,3 Millionen in Brasilien. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ist noch eine Million Portugiesen nach Brasilien ausgewandert - und nur ein Zehntel davon in andere Länder oder Gebiete. Brasilien blieb das Hauptziel der portugiesischen Auswanderung, bis es 1963 durch Frankreich ersetzt wurde. Heute kommen auf ca. zehn Millionen Staatsbürger in Portugal ungefähr 4,5 Millionen Portugiesen im Ausland. Geschichtlich war das Problem in Portugal die Auswanderung. Auf der rechtlichen und politischen Ebene hat das Diskussionen über die Rechtslage (z. B. das aktive Wahlrecht betreffend) der Emigranten angeregt. Und das hilft auch, die offene Haltung der portugiesischen Rechtsordnung gegenüber Zuwanderung und Asyl zu verstehen.

* Der Verfasser möchte Herrn Dr. Victor Calvete Vasconcelos Raposo, Assessor am Portugiesischen Verfassungsgericht, für die Mitarbeit bei der Vorbereitung der portugiesischen Fassung dieses Texts danken.

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II. Portugal als Zuwanderungsland Bis zu den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts war die Zahl der in Portugal angesiedelten Ausländer relativ stabil und gering. Diese Zahl hat seither stark zugenommen: 1980 gab es ungefähr 50.000; 1990 waren es schon 100.000; im Jahre 2000 210.000 und Anfang 2002 350.000. Diese Entwicklung, in der sich auch der Vollzug von drei außerordentlichen Verfahren zur Normalisierung der Rechtslage von irregulären Immigranten 1 widerspiegelt, ist sehr auffällig. Die Umkehrung des Aus- und Einwanderungssaldos fand aber in Portugal schon früher statt: 1974-1975 sind mit der Unabhängigkeit der Kolonien mehr als eine halbe Million Portugiesen nach Portugal zurückgekehrt - d. h. um die 6% der damaligen Bevölkerung. Wir können bei der Einwanderung nach Portugal bisher zwei verschiedene Strömungen unterscheiden: - Die Süd-Nord Strömung: Vor dem letzten außerordentlichen Normalisierungsverfahren (2001) kamen die Immigranten hauptsächlich aus Afrika (mehr als 50%), vor allem aus den neuen Ländern portugiesischer Sprache (90% davon); aus Brasilien kamen nur um die 10% aller neuen ausländischen Einwohner (es war aber die zweitgrößte Gruppe, nach den kapverdischen Immigranten). - Die Ost-West Strömung: Seit dem vorletzten außerordentlichen Normalisierungsverfahren (1996 bis 2001) hat sich die Herkunft der Einwanderung nach Portugal erheblich geändert. Osteuropa ist jetzt die Haupteinwanderungsquelle, so dass z. B. die ukrainische Bevölkerung heute fast so groß ist wie die kapverdische und die brasilianische (auch wenn beide sehr verschieden, z. B. in der Geschlechterverteilung, sind - nur ca. 20% der ukrainischen Einwanderer sind Frauen).

B. Der verfassungsrechtliche Rahmen I. Gleichstellung mit den portugiesischen Staatsbürgern Artikel 15 Abs. 1 der portugiesischen Verfassung (Constituisäo da República Portuguesa - CRP) gibt „Ausländern und Staatenlosen, die in Portugal wohnhaft sind oder sich im Lande befinden" dieselben Rechte und Pflichten wie den portugiesischen Bürgern, mit Ausnahme (Abs. 2) der „politischen Rechte ", der „Ausübung öffentlicher Ämter mit nicht überwiegend technischem Charakter" sowie

1 S. Gesetzesverordnung Nr. 212/92 vom 12. Oktober 1992 (erstes Verfahren zur Normalisierung des Rechtslage von irregulären Immigranten); Gesetz Nr. 17/96 vom 24. Mai 1996 (zweites Verfahren); Art. 55 der Gesetzes Verordnung Nr. 4/2001 vom 10. Januar 2001 (drittes Verfahren), die die Gesetzesverordnung Nr. 244/98 vom 8. August 1998 geändert hat.

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„jener Rechte und Pflichten, die durch Verfassung oder Gesetz ausschließlich portugiesischen Staatsbürgern vorbehalten sind" (so z. B. die diplomatische Laufbahn und der Dienst in den Streitkräften, der durch Art. 274 Abs. 2 CRP den portugiesischen Staatsbürgern vorbehalten ist). Mit diesen Ausnahmen umfasst die Gleichstellung der Ausländer und Staatenlosen mit den portugiesischen Bürgern grundsätzlich alle sowohl verfassungsrechtlich als auch gesetzlich verankerten Rechte sowie auch die Leistungsrechte und die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte.2 Die hiervon ausgenommenen „politischen Rechte" sind die „Rechte, Freiheiten und Garantien zur Teilnahme am politischen Leben" (Art. 48 bis 51 CRP), die mit den „Rechten, Freiheiten und Garantien der Person" (Art. 24 bis 47 CRP) und den „Rechten, Freiheiten und Garantien der Arbeitnehmer" (Art. 53 bis 57 CRP) das Kapitel der „Rechte, Freiheiten und Garantien" bilden. Es sind Rechte der Staatsbürger als Mitglieder der politischen Gemeinschaft. Die in Portugal siedelnden Ausländer können aber auch einige politische Rechte haben (Art. 15 Abs. 4 und 5 CRP): a) Das aktive und passive Wahlrecht für die Wahl der Amtsträger der kommunalen Selbstverwaltungsorgane, wenn die betreffenden Ausländer in Portugal schon seit drei bzw. fünf Jahren ansässig sind und wenn sie Staatsbürger von Staaten sind, die auf der Grundlage der Gegenseitigkeit auch das aktive und passive Wahlrecht den in diesen Staaten wohnenden Portugiesen zuerkennen - Art. 2 Abs. 1 lit. d) und Art. 5 Abs. 1 lit. d) des Organischen Gesetzes („Lei Orgánica") Nr. 1/2001 vom 14. August, in der Fassung des Organischen Gesetzes Nr. 5-A/2001 vom 26. November. Diese Mindestwohnzeit ist für Staatsbürger von portugiesischsprachigen Ländern auf zwei und vier Jahre reduziert und für die Staatsbürger der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) nicht erforderlich (Art. 2 Abs. 1 lit. c) und b) und Art. 5 Abs. 1 lit. c) und b) der genannten Gesetze); b) Das Petitionsrecht beim Parlament zum Zwecke der Verteidigung ihrer Rechte und rechtlich geschützten Interessen (Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 43/90 vom 10. August, in der Fassung des Gesetzes Nr. 6/93 vom 1. März). Die Staatsbürger anderer Mitgliedstaaten der EU, die in Portugal wohnhaft sind, haben auch das aktive und passive Wahlrecht für die Wahlen zum Europaparlament (Art. 15 Abs. 5 CRP) und auch das Recht auf Teilnahme an lokalen Volksentschei2 So das Urteil Nr. 423/01 vom Portugiesischen Verfassungsgericht (Tribunal Constitucional - TC), in Diário da República (DR), 1. Serie, vom 7. November 2001, und das Gutachten Nr. 23/81 vom Rat („Conselho Consultivo") der „Procuradoria Geral da República", in Pareceres - Procuradoria Geral da República, vol. I, S. 319. In der Literatur siehe Mário Torres , O Estatuto Constitucional dos Estrangeiros, Scientia Iuridica, Tomo L, 2001, S. 14; Vieira de Andrade, Os Direitos Fundamentais na Constituisao da República Portuguesa de 1976, Coimbra, 1983, S. 184; Gomes Canotilho/Vital Moreira, Constituisao da República Portuguesa Anotada, Coimbra, 1993, S. 134.

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den, wenn dieses Recht auch den in ihren Staaten wohnenden Portugiesen zuerkannt wird (Art. 35 Abs. 3 des Organischen Gesetzes Nr. 4/2000 vom 24. August) und (für beide Rechte) wenn sie in den portugiesischen Wählerlisten eingetragen sind. Das Recht auf Teilnahme an lokalen Volksentscheiden wird auf der Grundlage der Gegenseitigkeit auch den Staatsbürgern aus portugiesischsprachigen Ländern zuerkannt, die ihren Wohnsitz seit mehr als zwei Jahren in Portugal haben und in den lokalen Wählerlisten eingetragen sind (Art. 35 Abs. 2 desselben Gesetzes).3 Der Begriff „Ausübung öffentlicher Ämter mit nicht überwiegend technischem Charakter", der zur Bestimmung der genannten Ausnahme von der Gleichstellung dient, hatte zunächst eine restriktive Auslegung: Nicht ausgenommen waren nur die Ämter, für die es keine qualifizierten portugiesischen Staatsbürger gab. Dann hat sich aber eine umfassendere Auslegung durchgesetzt, nach dem Kriterium des überwiegenden „Hoheitscharakters" oder der „Technizität" der Ämter. 4 Nach dem Gutachten Nr. 36/79 der „Comissäo Constitucional" (Verfassungsausschuss des 1982 abgeschafften Revolutionsrates5) ist die Begrenzung des Zugangs von Ausländern zu öffentlichen Ämtern einem parlamentarischen Gesetz vorbehalten, und die Verwaltung kann für diese Begrenzung keine Kriterien bestimmen. In einem der ersten Fälle bezüglich des Artikels 15 Abs. 2 CRP6 hat auch das Portugiesische Verfassungsgericht (TC) entschieden, dass „obwohl die Verfassung gestattet, dass der Gesetzgeber bestimmte Rechte den portugiesischen Staatsbürgern vorbehält, er das nicht willkürlich, unnötig oder unverhältnismäßig bewirken darf, um den Grundsatz der Gleichstellung von Ausländern, Staatenlosen und portugiesischen Staatsbürgern seines Inhalts nicht zu entleeren." Den brasilianischen Bürgern sowie den Bürgern aus den anderen portugiesischsprachigen Ländern, die den ständigen Wohnsitz in Portugal haben, werden - durch Gesetz und auf der Grundlage der Gegenseitigkeit - auch die erwähnten ausgenommenen Rechte anerkannt, mit Ausnahme aber der Ämter des Präsidenten der Republik, des Präsidenten des Parlaments, des Ministerpräsidenten und des Präsidenten der obersten Gerichtshöfe, ferner mit Ausnahme des Dienstes in den Streitkräften und der diplomatischen Laufbahn. 7

3

Über die Teilnahme der Ausländer in den portugiesischen Wahlen, s. Paulo Manuel Costa, in Documentagäo e Direito Comparado, Bd. 81/82, 2000, S. 179-216. 4 Vgl. die Gutachten der Procuradoria Geral da República Nr. 260/77, 258/77, 23/81 e 77/86 in Boletim do Ministério da Justisa (BMJ), Bd. 281, S. 35 ff., Bd. 291, S. 195 ff., Pareceres - Procuradoria Geral da República, Bd. I, S. 309 ff. und DR, 2. Serie, vom 15. September 1988. 5

In Pareceres da Comissäo Constitucional, Bd. 10., S. 167 ff. 6 Urteil Nr. 54/97, in Acordaos do Tribunal Constitucional (ATC), Bd. 9, 1987, S. 273-280.

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II. Auslieferung, Übergabe, Ausweisung und Asylrecht Art. 33 CRP regelt die Auslieferung, die Übergabe, die Ausweisung und das Asylrecht im Kapitel über Rechte, Freiheiten und Garantien der Person. Die Auslieferung 8 war traditionell nur auf Ausländer anwendbar. Nach der Verfassungsrevision von 1997 wurde aber auch eine Auslieferung portugiesischer Staatsbürger aus dem Staatsgebiet zulässig, und zwar in den Fällen des Terrorismus und der international organisierten Kriminalität, wenn das durch internationale Vereinbarung auf der Grundlage der Gegenseitigkeit vorgesehen ist, sowie unter der Voraussetzung, dass das Rechtssystem des ersuchenden Staates ein gerechtes Verfahren gewährleistet. Mit Ausnahme der Anwendung der Normen über richterliche Zusammenarbeit in Strafsachen im Rahmen der EU (Art. 7 Abs. 5) - es handelt sich hauptsächlich um den europäischen Haftbefehl, der auch im neuen Abs. 6 des Artikels 7 CRP vorgesehen ist - darf die Auslieferung wegen solcher Verbrechen, die nach dem Recht des ersuchenden Staates eine lebenslange oder zeitlich unbestimmte Strafe oder Sicherheitsmaßnahme nach sich ziehen, nur erfolgen, wenn die Gegenseitigkeit durch ein internationales Abkommen gewährleistet ist und sofern der ersuchende Staat ausreichende Garantien dafür gibt, dass eine solche Strafe oder Sicherheitsmaßnahme nicht angewandt oder nicht vollstreckbar wird (Art. 33 Abs. 4). In Portugal wurde die lebenslängliche Freiheitsstrafe schon durch Gesetz vom 4. Juni 1884 abgeschafft, und der portugiesische Staat hat immer Vorbehalte erklärt gegenüber internationalen Vereinbarungen, die die Auslieferung regeln und die Anwendung von lebenslänglichen Strafen oder Sicherheitsmaßnahmen durch den beantragenden Staat zulassen: so z. B. bei der Ratifikation des Europäischen Auslieferungsübereinkommens des Europarats vom 13. Dezember 1957 und auch des Übereinkommens über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der EU 9 Die Verfassungsrevision von 2001, die das Ziel hatte, den Beitritt Portugals zum Internationalen Strafgericht 10 zu erlauben, hat aber die Unterscheidung zwischen 7

Diese Erweiterung der Rechte der Staatsbürger portugiesischsprachiger Länder gilt in der Praxis nur für die Staatsbürger aus Brasilien, den Kapverdischen Inseln und Osttimor, da nur die brasilianische (1988), die kapverdische (1992) und die osttimoresische (2002) Verfassung den portugiesischen Staatsbürgern gegenseitig diesselben Rechte zuerkennen. 8 Das TC hatte mehrmals über die Verfassungsmäßigkeit von gesetzlichen Regelungen der Auslieferung zu entscheiden: vgl. die Urteile Nr.: 481/94,417/95,474/95 und 1/2001 (dieser schon über Gesetz Nr. 144/99 vom 31. August, das die internationale Zusammenarbeit in Strafsachen, einschließlich der Auslieferung, regelt) - in DR, 2. Serie, vom 15. Dezember 1994, 17. November 1995 und 8 Februar 2001. 9 Am 27. September 1996 mit einem Rechtsakt des Rates festgestellt und am gleichen Tag von allen Mitgliedstaaten unterzeichnet - AmtlBl., 313, vom 23. Oktober 1996. 10 Portugal gehört zu den Gründerstaaten des Internationalen Strafgerichts. Das Rom-Statut war genehmigt für die Ratifikation durch den Beschluss des Parlaments Nr. 3/2002 vom 1*

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der Auslieferung - angeordnet nur von Gerichten, nach einem entsprechenden Verwaltungsverfahren (Gesetz Nr. 144/99 vom 31. August 1999) - und der Übergabe eingeführt. Die Übergabe ist die Überführung einer sich im portugiesischen Hoheitsgebiet befindenden Person an die Jurisdiktion des Internationalen Strafgerichts oder an die Behörden eines anderen Mitgliedstaats der EU. 1 1 Laut Art. 33 Abs. 6 sind aber weder die Auslieferung noch die Übergabe aus jedwedem Grund zulässig, so bei politischen Motiven oder wegen eines Verbrechens, auf das nach dem Recht des ersuchenden Staates die Todesstrafe steht oder eine andere Strafe, die unumkehrbare Schäden der körperlichen Unversehrtheit zur Folge hat. Die Ausweisung ist nicht zulässig für portugiesische Staatsbürger (Art. 33 Abs. 1). Die Ausweisung einer Person, die auf reguläre Weise in das portugiesische Staatsgebiet eingereist ist oder sich dort aufhält, die eine Aufenthaltserlaubnis besitzt oder die einen nicht abgewiesenen Asylantrag gestellt hat, kann nur von der richterlichen Gewalt angeordnet werden (Art. 33 Abs. 2). Die Ausweisung durch die Verwaltung kann nur in den Fällen stattfinden, in denen der Ausgewiesene sich auf nicht reguläre Weise in Portugal aufhält. Ausländern und Staatenlosen, die infolge ihres Kampfes für Demokratie, soziale und nationale Befreiung, Frieden zwischen den Völkern, Freiheit und Menschenrechte verfolgt oder von einer Verfolgung ernstlich bedroht werden, ist das Asylrecht von der Verfassung gewährleistet (Art. 33 Abs. 8). Die Verfassung beauftragt den Gesetzgeber mit der Regelung des Status des politischen Flüchtlings (Abs. 9). Das TC hat die Verfassungswidrigkeit einer Norm erklärt, sofern sie die Ausweisung von Ausländern mit minderjährigen Kindern portugiesischer Staatsbürgerschaft, die mit ihnen in Portugal wohnten, vorsah. 12

20. Dezember 2001 und ratifiziert durch die Verordnung des Präsidenten der Republik Nr. 2/2002 vom 18. Januar (beide in DR, 1. Serie A, vom 18. Januar 2002). Da schon 60 Ratifikationen erreicht wurden, beginnt das Gericht am 1. Juli 2002 seine Tätigkeit. 11 Die Übergabe der Personen, nach denen zum Zweck der Auslieferung gefahndet wird, war geregelt durch das Übereinkommen über das vereinfachte Auslieferungsverfahren zwi schen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 10. März 1995, ratifiziert durch die Verordnung des Präsidenten der Republik Nr. 41/97 (DR, 1. Serie-A, vom 18. Juni 1997). Da Portugal Vertragsteil im Übereinkommen zur Durchfuhrung des Übereinkommens von Schengen ist, sind auch die Art. 59 bis 66 (Auslieferung) dieses Übereinkommens seit März 1995 anwendbar. 12 Urteil Nr. 470/99, in DR, 2. Serie, vom 14. März 2000. Über die Ausweisung ist auch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes („Supremo Tribunal de Justisa") zu erwähnen: vgl. Urteilen vom 12. November 1986 (BMJ, Bd. 361, S. 239), 18. April 1990 (BMJ, Bd. 396, S. 245), 11. November 1991 (Colectänea de Jurisprudencia [CJ], 16. Jahr, Bd. 5, S. 29), 15. Juli 1992 (CJ, 17. Jahr, Bd. 4, S. 8), 17. Dezember 1992 (CJ, 17. Jahr, Bd. 5, S. 26), 26. September 1991 (CJ, 16. Jahr, Bd. 4, S. 31), 19. Dezember 1991 (CJ, 16. Jahr, Bd. 5, S. 31), 18. April 1990 (BMJ, Bd. 396, S. 245), 16. Mai 1990 (BMJ, Bd. 397, S. 190), und 18. November 1986 (BMJ, Bd. 361, S. 239).

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Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts hat auch mehrmals den Rechtsstatus der Ausländer behandelt und immer die Gleichstellung der Ausländer mit den portugiesischen Staatsbürgern unterstrichen, und zwar auf verschiedenen Gebieten: Garantie des Rechtswegs und des Zugangs zu den Gerichten (Urteile Nr.: 316/95, 317/95, 318/95, 338/95, 339/95, 340/95, 341/95, 392/95, 403/95, 407/95, 420/95, 444/95, 464/95, 690/95, 726/95, 138/96, 240/96, 962/96 und 365/2000); Garantien des Strafprozesses (Urteile Nr.: 54/87, 359/93, 434/93, 442/93, 288/94, 577/94 und 41/95); Gleichheitsprinzip (Urteile Nr.: 354/97, 392/97, 405/97, 406/97, 443/97, 482/97, 590/97, 48/98, 55/98, 89/98, 91/98, 94/98, 98/98, 159/98, 165/98, 231/98, 294/98, 308/98, 309/98, 332/98,400/98,434/98, 552/98 und 624/98).

C. Das Zuwanderungsrecht I. Der Rechtsstatus der Ausländer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten der EU sind Die Gesetzesverordnung Nr. 60/93 vom 3. März (geändert durch Gesetzes Verordnung Nr. 250 / 98 vom 11. August) hat die anwendbaren EG-Richtlinien umgesetzt13 und die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt der Angehörigen von Mitgliedstaaten der EU, einschließlich deren Familienangehöriger und der portugiesischen Staatsbürger (Art. 1), geregelt. Es hat drei Arten von Wohnungskarten eingeführt (Art. 15): - die Wohnungskarte für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der EU (Art. 16), die für Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag für ein Jahr oder länger, für Studenten, für andere Inhaber eines Niederlassungsrechts und für ihre Familienangehörigen bestimmt ist; - die zeitlich begrenzte Wohnungskarte (Art. 19), die für Arbeitnehmer für weniger als ein Jahr aber mehr als drei Monate, für Dienstleister oder Dienstleistungsbenutzer im nationalen Gebiet für mehr als drei Monate und ihre Familienangehörigen sowie auch für die Familienangehörigen der Inhaber einer Wohnungskarte als Angehörige eines Mitgliedstaates der EU, die aber nicht Angehörige eines Mitgliedstaates sind, bestimmt ist; - die Wohnungskarte (Art. 21) für die Angehörigen eines Mitgliedstaats und ihrer Familienangehörigen, die ihr Recht ausüben, im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats zu verbleiben; dieses Recht steht den Arbeitnehmern oder Inha13 Richtlinien des Rates Nr.: 64/221/EWG vom 25. Februar 1964; 68/360/EWG vom 15. Oktober 1968; 72/194/EWG vom 18. Mai 1972; 73/148/EWG vom 21. Mai 1973; 75/34/EWG und 75/35/EWG vom 17. Dezember 1974 (die schon von früheren Gesetzen umgesetzt worden waren); 90/364/EWG, 90/365/EWG und 90/366/EWG vom 28. Juni 1990, die durch das Gesetz von 1993 umgesetzt waren.

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bern des Niederlassungsrechtes zu, die: a) in Portugal ohne Unterbrechung länger als drei Jahre gewohnt haben und ihre Tätigkeit in Portugal während der zwölf Monate vor dem gesetzlichen Alter für die Pensionierung ausgeübt haben; b) ihre Tätigkeit wegen Behinderung beendet haben, wenn sie ohne Unterbrechung in Portugal für mehr als zwei Jahre gewohnt haben; c) ihre Tätigkeit mit Wohnsitz in Portugal für mehr als drei Jahre ausgeübt haben, und die ihren Wohnsitz im nationalen Hoheitsgebiet behalten, auch wenn sie jetzt ihre Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben; d) ihren Familienangehörigen. Die Wohnungskarte ist drei Monate vor dem Eintritt in das nationale Hoheitsgebiet zu beantragen (Art. 23). Die Entscheidung der Annahme oder Abweisung muss innerhalb einer Frist von sechs Monaten getroffen werden (Art. 25 Abs. 1). Der Antragsteller darf bis zur Entscheidung im nationalen Hoheitsgebiet verbleiben (Art. 25 Absatz 3). Die Entscheidung über die Wohnungserlaubnis muss ihm mitgeteilt werden (Art. 26) und es gibt gerichtliche Rechtsbehelfe dagegen. Es ist auch zu erwähnen, dass Portugal seit 1. März 1994 Vertragsteil des Übereinkommens von Schengen (in Kraft seit dem 26. März 1995) ist - nach dem Beitritt zum Schengener Übereinkommen am 25. Juni 1991. Portugal hat so die sich aus diesem Übereinkommen ergebenden Pflichten angenommen. Sie betreffen z. B.: - Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen (Art. 2); - Kontrollen an den Außengrenzen, einschließlich Flughäfen, mit Einführung der Änderungen zur Einrichtung des Schengener Informationssystems (Art. 3 bis 8 und Art. 92 bis 119); - Harmonisierung der Sichtvermerkspolitik (Art. 9 bis 20); - Asyl (Art. 28 bis 38); - Internationale richterliche Zusammenarbeit (Art. 48 bis 58); - Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität (Art. 70 bis 76). II. Der Rechtsstatus der Ausländer, die nicht Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten der EU sind Die Gesetzes Verordnung Nr. 244/98 vom 8. August (geändert durch Gesetz Nr. 97/99 vom 26. Juli und zuletzt durch Gesetzes Verordnung Nr. 4/2001 vom 10. Januar) regelt die Bedingungen der Einreise, des Aufenthalts, der Ausreise und Ausweisung von Ausländern aus dem nationalen Hoheitsgebiet mit Rücksicht auf die internationalen Vereinbarungen Portugals. 14 14 Die portugiesische Regierung hat im Juli 2002 ein parlamentarisches Gesetzgebungsverfahren zur Änderung der Regelungen der Einreise, des Aufenthalts, der Ausreise und Ausweisung von Ausländern aus dem nationalen Hoheitsgebiet eingeführt. In eine im Parlament schon abgestimmte Gesetzgebungsermächtigung an die Regierung werden so Änderungen vorgesehen, betreffend: den Begriff des ausländischen Einwohners; die Harmonisierung der nationalen Regelungen mit der Richtlinie 2001/51/EG des Rates vom 28. Juni 2001, im

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Es ist somit vorgesehen, dass für die Einreise in das nationale Hoheitsgebiet grundsätzlich ein gültiges Reisedokument und ein Eintrittssichtvermerk (Eintrittsvisum) benötigt wird. Die Sichtvermerke können für Transit, Kurzaufenthalte, Wohnung, Studium, Arbeit und befristeten Aufenthalt sein, wenn sie im Ausland erteilt werden; sie können für Transit oder Kurzaufenthalte sein oder es kann sich um ein Sondervisum handeln, wenn sie an den Grenzposten erteilt werden. Die Langzeitsichtvermerke (für Aufenthalte, die länger als drei Monate währen) sind vom portugiesischen Gesetz geregelt. Die Sichtvermerke für Kurzaufenthalte (bis zu drei Monaten) sind gemäß dem Schengener Übereinkommen grundsätzlich einheitlich (obwohl nur von einem Staat ausgestellt, erlauben sie die freie Bewegung des Inhabers im Gebiet aller Vertragsparteien) und sie sind in diesem Übereinkommen und in EG-Verordnung Nr. 1683/95 vom 29. Mai geregelt. Um eine Wohnungserlaubnis zu erlangen, muss der Ausländer ein gültiges Wohnungsvisum besitzen; er muss sich im nationalen Gebiet befinden und es darf kein Grund vorliegen, der, falls er bekannt gewesen wäre, die Erteilung des Visums verhindert hätte (Art. 81). Es gibt zwei Arten von Wohnungserlaubnissen: die zeitliche Erlaubnis (Art. 82 lit. a) und Art. 83), die für zwei Jahre gültig ist und erneuert werden kann; und die ständige Erlaubnis (Art. 82 lit. b) und Art. 84) ohne zeitliche Begrenzung, auch wenn die entsprechende Karte alle fünf Jahre erneuert werden muss (Art. 85). Die ständige Wohnungserlaubnis setzt einen gesetzlichen Wohnsitz im nationalen Gebiet seit mindestens sechs Jahren (für Angehörige portugiesischsprachiger Länder) oder zehn Jahren (für Angehörige anderer Länder) voraus. Voraussetzung dieser Erlaubnis ist auch, dass der Antragsteller in den letzten sechs Jahren (für Angehörige portugiesischsprachiger Länder) oder zehn Jahren (für Angehörige anderer Länder) nicht zu mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe (getrennt oder kumulativ) bestraft worden ist. Die Gesetzes Verordnung Nr. 4/2001 hat ein neues Normalisierungs verfahren für Ausländer vorgesehen, die anerkannte und gültige Einreisepapiere besaßen, mit oder ohne die nötigen Sichtvermerke. Bereich der Verantwortlichkeit von Beförderungsunternehmen und von Arbeitgebern; eine Klarstellung der Gründe des Einreiseverbotes (einschließlich der Vorbestrafung); die Regelung der Visaerteilung und Visaaufhebung und ihre Kontrollmechanismen; die Bestimmung einer zweijährigen zwingenden Höchstgrenze zur Einreise von Ausländern mit beruflichen Zwecken; die Einschränkung der Regelungen über Aufenthaltserlaubnisse (mit Ersetzung durch zeitlich begrenzte Wohnungserlaubnisse); die Änderung des Familiennachzugsrechts (mit einer Mindestwohnzeit als Voraussetzung und mit Einschränkung an minderjährige Kinder); die Erleichterung der Ausweisungsverfahren; die Änderung der Regelungen über Wohnungserlaubnisse aus humanitären Gründen; einige Änderungen der betreffenden strafrechtlichen Normen (z. B. Erhöhung der Geldstrafen). Die entsprechende Gesetzesverordnung wurde aber noch nicht verabschiedet.

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Dieses Gesetz hat auch die sog. Aufenthaltserlaubnisse eingeführt. Diese werden erteilt: für fünf Tage, wenn der Inhaber einen Transitsichtvermerk hat; für sechzig Tage, wenn der Inhaber ein Sondervisum hat; für neunzig Tage (verlängerbar für die gleiche Dauer), wenn der Inhaber ein Kurzzeitvisum hat oder in das Land eingereist ist, ohne ein Visum zu benötigen; bis zu einem Jahr (verlängerbar für die gleiche Dauer), wenn er ein Studienvisum oder ein Visum für einen zeitlichen Aufenthalt hat; bis zu zwei Jahren, wenn der Inhaber ein Arbeitsvisum hat. Das Gesetz Nr. 20/98 vom 12. Mai, das sowohl auf die Angehörigen eines Mitgliedstaates der EU als auch auf die Nicht-EU-Ausländer und auf Staatenlose anwendbar ist, regelt die Arbeit von Ausländern in Portugal. Die Gleichstellung der Rechte der Arbeitnehmer mit denen der portugiesischen Arbeitnehmer setzt ihren „Wohnsitz oder gesetzlichen Aufenthalt im portugiesischen Staatsgebiet" voraus (Art. 2). Die Nicht-EU-Arbeitnehmer sind auch verpflichtet, ein Exemplar ihrer Arbeitsverträge beim Institut für Entwicklung und Kontrolle der Arbeitsbedingungen („Instituto de Desenvolvimento e Inspec£ao das Condigöes de Trabalho") zu hinterlegen. 15 Wenn innerhalb von dreißig Tagen keine Annahme- oder Abweisungsentscheidung erfolgt, gilt der Antrag als stillschweigend angenommen (Art. 4 Absatz 3).

D. Das Asylrecht In Portugal ist das Asylrecht in bestimmten Fällen verfassungsrechtlich verankert. Man muss aber vermerken, dass von den 366.269 Asylanträgen, die in 2001 in den EU-Ländern vorlagen, Portugal den niedrigsten Anteil hat (nur 192). Das Gesetz Nr. 15/98 vom 26. März regelt das Asylrecht und den Rechtsstatus des Flüchtlings. Art. 1 wiederholt den Verfassungstatbestand des Asylrechts 16 (Abs. 1): es gilt, als Asylanspruch, für Ausländer und Staatenlose, die infolge ihres Kampfes für

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Wenn der Ausländer Angehöriger eines Mitgliedstaates der EU ist, fordert das Gesetz Nr. 20/98 anstatt der Hinterlegung nur die schriftliche Mitteilung des Vertrages. Der Arbeitsvertrag muss den Namen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers, die Arbeitsbedingungen (Arbeitszeiten, Ferien, Arbeitsort, Pflichten des Arbeitnehmers) und den Lohn enthalten. Es muss auch als Beilage einen Nachweis der rechtmäßigen Erfüllung der Normen über Einreise, Aufenthalt oder Niederlassung des ausländischen Arbeitnehmers in Portugal haben. 16 Laut Art. 10 vom Gesetz Nr. 15/98 „ist als Asylantrag der Antrag zu verstehen, durch den der ausländische Antragsteller den in der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 vorgesehenen Schutz beantragt, sofern er sich auf seine Eigenschaft als Flüchtling beruft laut Art. 1 dieser Konvention in der Fassung vom Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Januar 1967".

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Demokratie, soziale und nationale Befreiung, Frieden zwischen den Völkern, Freiheit und Menschenrechte verfolgt oder von einer Verfolgung ernstlich bedroht werden. Absatz 2 geht aber darüber hinaus und besagt, dass dieser Anspruch auch für Ausländer und Staatenlose gilt, die mit Gründen befürchten, wegen ihrer Rasse, Religion, Herkunft, politischen Überzeugungen oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt zu werden, und die aus diesem Grund nicht zu den Staaten ihrer Staatsangehörigkeit oder ihrer Wohnung zurückkehren können oder möch. „ 17

ten. Laut Art. 8 kann auch eine Wohnungserlaubnis aus humanitären Gründen denjenigen Ausländern und Staatenlosen gewährt werden, die wegen der Unsicherheit, die mit bewaffneten Konflikten oder mit der systematischen Verletzung der Menschenrechte verbunden ist, nicht zu den Staaten ihrer Staatsangehörigkeit oder ihrer Wohnung zurückkehren können. Art. 9 sieht auch die Möglichkeit des vorübergehenden Schutzes (bis zu zwei Jahren) der aus ihren Ländern wegen schwerer bewaffneter Konflikte vertriebenen Personen vor. Dafür soll ein entsprechender Beschluss des Ministerrates ergehen. In Art. 27 ist die Umsiedlung von Flüchtlingen im Auftrag des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen vorgesehen. Die Entscheidung darüber soll der Innenminister treffen. Ihm obliegen auch die Entscheidungen über vorübergehende oder außerordentliche Wohnungserlaubnisse als Alternative zum Asyl. Diese werden der Ehegattin, den Kindern (solange sie Minderjährige sind oder nicht die volle Geschäftsfähigkeit besitzen) und, wenn der Antragsteller noch nicht achtzehn Jahre alt ist, den Eltern und minderjährigen Brüdern gewährt (Art. 4, unter dem Titel „Familienzusammenführung" - „reagrupamento familiar"). Bis zur endgültigen Entscheidung gewährt der Staat dem Asylantragsteller Lebensbedingungen, die der menschlichen Würde genügen (Art. 49), und, wenn nötig, sozialen Schutz (Art. 50), Zugang zum Nationalen Gesundheitswesen („Serviqo Nacional de Saude" - Art. 53), Unterhalt und Ernährung (Art. 54) sowie, nachdem sie eine vorläufige Wohnungserlaubnis erhalten haben, die entsprechende Arbeitserlaubnis (Art. 55) und Zugang zur Pflichtschulausbildung (Art. 56). Der soziale Schutz endet mit der Entscheidung über den Asylantrag - auch wenn diese gerichtlich angegriffen wird - , es sei denn, eine Bewertung der wirtschaftlichen und sozialen Lage des Antragstellers rechtfertigt die Beibehaltung dieses Schutzes. Das Portugiesische Verfassungsgericht hat Normen für verfassungswidrig erklärt, die den Ausländern und Staatenlosen, die in Portugal wohnhaft waren, zur Rechtsklage gegen die Ablehnung des Asylantrags durch die Verwaltung die 17 Die geschlechtsspezifische Verfolgung scheint so vorgesehen zu sein sowie auch die sog. Nachfluchtgründe.

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Rechtshilfe (in der Form einer unentgeltlichen Vertretung durch einen Rechtsanwalt) verweigerten. Das TC hat dazu ausgeführt, dass das Asylrecht (und nicht nur die Rechtsweggarantie) inhaltlich entleert werden könnte, wenn die Verwaltungsentscheidung darüber nicht gerichtlich überprüfbar wäre, und wenn dafür der Antragsteller nicht die üblichen Rechtshilfemittel zum Ausgleich seiner wirtschaftlichen Unfähigkeit zur Verfügung hätte.18 Die Verweigerung der Rechtshilfe an Ausländer wurde auch in Fällen für verfassungswidrig erklärt, in denen eine Klage gegen die Ablehnung des Rentnerstatus des portugiesischen öffentlichen Dienstes durch Verwaltungsakt zur Frage stand. Die Antragsteller waren hauptsächlich Staatsbürger der neuen afrikanischen portugiesischsprachigen Länder, die jahrelang im portugiesischen öffentlichen Dienst in den Kolonien tätig waren, jetzt aber nicht in Portugal wohnten. Für die Erklärung der Verfassungswidrigkeit der Norm, die die Rechtshilfe auf die in Portugal wohnenden Personen begrenzte, hat sich das Gericht auf die erwähnte Rechtsprechung über die Rechtshilfe beim Asylantrag berufen. 19

E. Einbeziehungspolitiken Wegen der Veränderungen, die die Herkunft der Immigranten betreffen, ist jetzt die Sprache ein weiteres Hindernis zur Einbeziehung der Immigranten geworden. Im Jahre 2001, nach der Bekanntmachung eines neuen außerordentlichen Normalisierungsverfahrens für Immigranten, wurde das sog. Programm „Aufnahme in Portugal " („Portugal Acolhe") eingerichtet. Dieses umfasste neue Sprach- und Staatsbürgerschaftskurse in den verschiedenen Regionen Portugals und die Verteilung von Aufnahmeprospekten in fünf Sprachen. Es gibt in Portugal mehrere nichtstaatliche Organisationen, die den Immigranten helfen (z. B. der Portugiesische Flüchtlingsrat - „Conselho Portugués para os Refugiados"). Einige davon arbeiten nach Kooperationsabkommen mit dem öffentlichen Dienst. Es gibt auch eine quasistaatliche Einrichtung - das Hochkommissariat für Immigration und Ethnische Minderheiten („Alto Comissário para a Imigran äo e Minorías Etnicas") - , deren Tätigkeit die des polizeilichen Ausländerund Grenzamtes („Servido de Estrangeiros e Fronteiras" 20) ergänzt.

18 Cfr., z. B. die Urteile Nr. 316/95 und 338/95 in ATC, Bd. 31. (1995), S. 491-500 sowie S. 575-583 und Urteil Nr. 962/96, in ATC, Bd. 34 (1996), S. 153-157 (dieser mit Wirkung erga omnes). 19 Urteil Nr. 365/00, in DR, 2. Serie, vom 14. November 2000. 20

Mit der Revolution im April 1974 wurde die politische Polizei, die auch die Grenzen überwachte (die sog. Generaldirektion für Sicherheit - „Direc^äo-Geral de Seguranga"), abgeschafft. Die Kontrolle der Ausländer im nationalen Hoheitsgebiet wurde zunächst der Kriminalpolizei (der „Policia Judiciäria") und die Überwachung der Grenzen der Grenzwache („Guarda Fiscal") zugeteilt. Im Mai 1974 wurde die Kriminalpolizei in diesem Bereich durch

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Die portugiesischen Behörden bezwecken, die jetzige Lage durch eine gesteuerte Einwanderung zu ersetzen. Sie haben dafür vor, Verbindungsbeamte in die Länder, aus denen die meisten Immigranten stammen, zu entsenden, um zu versuchen, in diesen Ländern die Immigrationsströmungen durch Erteilung von Arbeitsvisa nach Bedingungen und in Grenzen zu kontrollieren, die mit diesen Ländern zu vereinbaren wären. Bisher gibt es aber nur sehr wenige solcher Vereinbarungen. Die vereinbarten Erlaubnisse sollen nach einer Schätzung der Entwicklung der Arbeitsmöglichkeiten in der Wirtschaft erteilt werden. Eine solche Schätzung muss die Regierung jährlich vorgelegen (Art. 36 Absatz 2 der Gesetzesverordnung Nr. 244/98 vom 8. August in der Fassung der Gesetzes Verordnung Nr. 4/2001 vom 10. Januar) - auf der Grundlage eines Gutachtens des Instituts für Arbeit und Berufsausbildung („Instituto do Emprego e Formagäo Profissional") und nach Anhörung der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften. Dieses Institut soll auch (nach Art. 41 Absatz 4 des zitierten Gesetzes) - in Verbindung mit der Generaldirektion für Konsularangelegenheiten und für die portugiesischen Gemeinschaften („Direcgäo Geral dos Assuntos Consulares e Comunidades Portuguesas") des Außenministeriums - durch vorherige Abkommen die nötigen Mechanismen zur Behandlung der auf nationaler und EU-Ebene nicht beantworteten Arbeitsangebote entwickeln. Das Ausländer- und Grenzamt sollte auch die sog. Zentren für vorübergehende Unterbringung („Centros de instalasäo temporäria"), die im Gesetz Nr. 34/94 vom 14. September vorgesehen und in der erwähnten Gesetzes Verordnung Nr. 244/98 vorausgesetzt sind, einrichten. Diese Zentren haben eine große Polemik hervorgerufen, nicht weil sie die Internierung aus humanitären Gründen bezweckten, sondern weil diese Internierung aus Sicherheitsgründen oder wegen des Versuchs eines irregulären Eintritts in das nationale Hoheitsgebiet erfolgen könnte.21 Bisher wurden diese Zentren für vorübergehende Unterbringung noch nicht reglementiert (wie Art. 6 des Gesetzes Nr. 34/94 anordnet) und sind somit noch nicht in Betrieb. Natürlich benachteiligt aber das Fehlen solcher Zentren die Wirksamkeit der durch die Verwaltung (und sogar gerichtlich) angeordneten Ausweisungsbefehle, da die Internierung aus Sicherheitsgründen gerade der Garantie der Durchführung der Ausweisungsentscheidungen diente. Laut Gesetz muss diese Maßnahme (die auch als Sanktion für die Nichteinhaltung von gerichtlichen Bedie normale Polizei („Policia de Seguran?a Pública") ersetzt. Diese hat noch 1974 ein Ausländeramt eingerichtet, das im Juli 1976 selbstständig geworden ist und im Dezember 1986 in ein Ausländer- und Grenzamt („Servi?o de Estrangeiros e Fronteiras") umgewandelt wurde. 21 Beim Tribunal Constitucional wurde die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit der Internierung von Ausländern in diesen Zentren, solange sie die Durchführung der Ausweisung abwarteten, beantragt. Die entsprechenden Normen wurden aber inzwischen geändert (Gesetzesverordnung Nr. 59/93 wurde von der Gesetzesverordnung Nr. 244/98 aufgehoben) und dieser Antrag hat so sein Interesse verloren (Urteil Nr. 31/99).

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fehlen zum Erscheinen vor Gericht diente) immer der Richter anordnen. Sie darf nicht zwei Monate überschreiten und muss alle acht Tage wieder vom Richter evaluiert werden (Art. 3 vom Gesetz Nr. 34/94). Ohne die Möglichkeit der Durchführung dieser Internierung können ausländische Staatsbürger, die sich in Portugal irregulär aufhalten und für die entschieden ist, die Ausweisungbefehle nicht zu erfüllen, nur mit großen Schwierigkeiten dazu gedrängt werden (wenn sie nicht aus anderen Gründen festgenommen werden).

Statement Italien Von Adele Anzon A. Die verfassungsrechtliche Grundlage der Rechtsstellung des „Ausländers" B. Die Grundrechte des Ausländers C. Das Einwanderungsgesetz - Grundstrukturen der Regulierung D. Die Rechte des Einwanderers E. Die verschiedenen Arten von „Asyl" - das verfassungsrechtliche Asyl und der Flüchtlingsstatus F. Der humanitäre Schutz

A. Die verfassungsrechtliche Grundlage der Rechtsstellung des „Ausländers" Die italienische Verfassung enthält an verschiedenen Stellen teils explizite, teils implizite Aussagen zur Stellung der „Ausländer". Dieser Begriff umfasst nach allgemeiner Auffassung Angehörige fremder Staaten und Staatenlose. Gemäß Art. 10 Abs. 2 der Verfassung wird die Rechtsstellung des Ausländers „in Übereinstimmung mit den Normen und den Verträgen des Völkerrechts durch Gesetz geregelt". Damit wird ein Gesetzesvorbehalt aufgestellt und dem Gesetzgeber eine Bindung an die Normen des allgemeinen und des Vertragsvölkerrechts auferlegt. Gemäß Art. 11 und Art. 117 Abs. 1 wird diese Bindung auf das Europäische Gemeinschaftsrecht erstreckt. Neben dieser allen Ausländern garantierten Rechtsstellung gibt Art. 10 Abs. 3 dem Ausländer eine Sonderstellung, der „in seinem Land an der effektiven Ausübung der von der italienischen Verfassung gewährleisteten demokratischen Freiheiten gehindert wird". Ihm steht ein „Recht auf Asyl" nach Maßgabe der Gesetze zu. Zugunsten aller Ausländer, d. h. unabhängig vom Asylrecht, verbietet Art. 10 Abs. 4 die Auslieferung wegen „politischer Straftaten". Daneben enthält die italienische Verfassung eine Reihe von Vorschriften, die die Rechtsstellung der Ausländer indirekt dadurch bestimmen, dass sie bestimmte Grundrechte und -pflichten den „Staatsbürgern" vorbehält. Dabei handelt es sich um die Rechte auf Freizügigkeit und Aufenthalt (Art. 16), die Versammlungs- und

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Vereinigungsfreiheit (Art. 17 und 18), das Recht auf Arbeit (bzw. die allgemeine Arbeitspflicht, Art. 4), das Recht auf soziale Vorsorge (Art. 38 Abs. 1), die klassischen politischen Rechte (Wahl, Petition, Parteimitgliedschaft, Zugang zum öffentlichen Dienst und zu Wahlämtern) sowie die Pflichten zur Verteidigung des „Vaterlands" (Art. 52 Abs. 1) und zur „Republiktreue" (Art. 54 Abs. 1). Auch das Gleichheitsprinzip (Art. 3 Abs. 1) ist seinem Wortlaut nach nur zugunsten der Staatsbürger gewährleistet. Neben den bereits genannten besonderen Bestimmungen enthält die Verfassung noch einen sehr weit reichenden Katalog von „zivilen" und „sozialen" Rechten, die ausdrücklich oder implizit „allen" zuerkannt werden. In ihren „Grundprinzipien" bietet die Verfassung zudem eine Generalklausel zur Gewähr der „unverletzlichen Rechte des Menschen" (Art. 2). Die Rechtsstellung des Ausländers wird damit nicht nur durch die Verfassung, sondern auch durch das Völkerrecht vorbestimmt, das weitergehende Rechte gewährleisten kann. Bürger der EU-Mitgliedstaaten haben auf Grund der Europäischen Verträge eine besondere Rechtsstellung. Sie sind in Italien keine „Ausländer" im echten Sinne, ihr Status kann in keinem Fall durch Einwanderungs- und Asylgesetze geregelt werden. Deshalb braucht man hier darüber nicht weiter zu reden. Bemerkenswert ist der zunehmende Einfluss der Europäischen Union auf die Gestaltung der innerstaatlichen Einwanderungs- und Asylpolitik nach der durch den Amsterdamer Vertrag eingeleiteten Vergemeinschaftung dieser Politik und des Schengen-Besitzstandes. In diesem Rahmen hat die Europäische Kommission schon mehrere Berichte, Mitteilungen und Vorschläge vorgelegt und der Rat einige Rechtsakte erlassen (u. a. „Eurodac"-Verordnungen, Richtlinien Nr. 43/2000; 40, 51, 55/2001). Die formelle Umsetzung insbesondere solcher Richtlinien fehlt noch in Italien. Inwieweit die geltende Gesetzgebung den europäischen Tendenzen schon entspricht, mag man am Ende meines Statements beurteilen.

B. Die Grundrechte des Ausländers Auf die Frage nach den Grundrechten der Ausländer lässt sich zunächst auf Grund der vorherrschenden, freilich nicht unbestrittenen, systematischen Verfassungsauslegung antworten, dass alle nicht besonderen Subjekten vorbehaltenen „Verfassungsrechte" auch solche der Ausländer sind. Hinsichtlich der den „Bürgern" vorbehaltenen Rechte werden zwei Auffassungen vertreten. Die eine hält ihre Erstreckung auf Ausländer durch einfaches Gesetz (als einfachgesetzliche Rechte) für zulässig, die andere hält dies für unzulässig. Dem favor libertatis unserer Verfassung dürfte die erste Auslegung wohl eher entsprechen.

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Der Verfassungsgerichtshof hat von Anfang an in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass Ausländer die „unverletzlichen Rechte des Menschen" gemäß der Generalklausel des Art. 2 der Verfassung als „Verfassungsrechte" geltend machen können. Sie sind in der Regel im Rechtekatalog des ersten Teils der Verfassung ausdrücklich genannt oder eingeschlossen (z. B. das Recht auf Freiheit der Person, das Recht auf Verteidigung vor Gericht, das Recht auf Leben, das Recht auf Familiengründung und -leben, das Recht auf Gesundheit, Rechte aus dem Arbeitsverhältnis und auf Sozialfürsorge) und sie sind meistens auch im Völkerrecht gewährleistet. Der Verfassungsgerichtshof hat kürzlich bekräftigt, dass das Recht auf Freiheit der Person auch den Ausländern zusteht, da es wegen seines „universellen Charakters" den Individuen als „menschlichen Wesen" und nicht erst „als Teilnehmern an einer bestimmten politischen Gemeinschaft" zukommt (Urteil Nr. 105/2001). Auch das Recht und die Pflicht, die eigenen Kinder zu unterhalten, zu bilden und zu erziehen und mit ihnen zusammenzuleben, das Recht der Eltern und Kinder auf ein Zusammenleben im Zeichen der Einheit der Familie, sind Grundrechte der Person, die grundsätzlich auch den Ausländern gebühren und nur unter Berücksichtigung gleichrangiger Verfassungswerte beschränkt werden können (Urteile Nr. 28/1995 und 203/1997). Hinsichtlich des Gleichheitssatzes, der sich ausdrücklich nur auf den Staatsbürger bezieht, gehen der Verfassungsgerichtshof und die herrschenden Lehre davon aus, dass er nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit den Artikeln 2 (Generalklausel der Menschenrechte) und 10 Abs. 2 (Verweisung auf das Völkerrecht) der Verfassung auszulegen ist. In dieser systematischen Auslegung erlaubt er grundsätzlich keine Differenzierung zwischen Staatsbürgern und Ausländern in der Inhaberschaft und Ausgestaltung von Menschenrechten. Andererseits aber sind Differenzierungen erlaubt, soweit sie nicht zu willkürlichen Diskriminierungen führen. Ungleichbehandlungen sind dann zulässig, wenn tatsächliche Unterschiede bestehen, die auf dem Vorhandensein oder Fehlen der Staatsbürgerschaft beruhen. Dies kann sowohl bei einfachgesetzlich verbürgten Rechten als auch bei „Verfassungsrechten" geschehen. Diese Auslegungskriterien finden besonders Anwendung auf die Rechte auf Einreise nach sowie auf Freizügigkeit und Aufenthalt in Italien. Der Verfassungsgerichtshof (Urteile Nr. 244/1974 und 62/1994) hat hierzu festgestellt, dass die Rechtsstellung des Bürgers und des Ausländers insofern nicht vergleichbar ist und kein Verfassungsrecht des Ausländers auf Einreise ins und Aufenthalt im Staatsgebiet besteht. Das Recht, „frei innerhalb des Staatsgebiets zu verkehren und sich aufzuhalten", ist dem Bürger ebenso vorbehalten wie das Recht auf Ein- und Ausreise und das Recht, nicht ausgewiesen zu werden (Art. 16). Es kann zwar durch Gesetz auf Ausländer erstreckt werden, aber das „Fehlen einer ontologischen Bindung zur nationalen Gemeinschaft und damit einer rechtlichen Verknüpfung mit dem italienischen Staat" verhindert es, ihm eine „Position gleicher Freiheit hin-

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sichtlich der Einreise in das und des Verbleibens auf dem Staatsgebiet" zuzuerkennen. Es ist erlaubt, den Ausländer besonderen Erlaubnispflichten und Beschränkungen zu unterwerfen, die auf dem Bedürfnis, das sich auch aus inter- und supranationalen Bindungen ergibt, beruhen, seine persönlichen mit anderen öffentlichen Interessen in Einklang zu bringen (Urteil Nr. 62/1994). Die Einreise in das und das Verbleiben von Ausländern im Staatsgebiet kann insbesondere einer Regulierung der Zuwanderungsflüsse unterworfen werden. Allgemein gerechtfertigt werden kann dies durch eine „unumgängliche Pflicht des Staates, die eigenen Grenzen zum Schutz der nationalen Gemeinschaft zu verteidigen" (Urteil Nr. 353/1997), ferner durch die entsprechenden unabdingbaren Pflichten zur Kontrolle der EUAußengrenzen und zur Regulierung der Zuwanderung der Ausländer, die sich aus den Europäischen Verträgen, speziell aus der Vergemeinschaftung der Einwanderungspolitik und des Schengen-Besitzstandes, ergeben (Urteil Nr. 31/2000).

C. Das Einwanderungsgesetz Grundstrukturen der Regulierung Derzeit gilt für die Zuwanderung hauptsächlich ein allgemeines Gesetz (D.P.R. 25. Juli 1998, Nr. 268) und die dazu ergangene Ausführungsverordnung vom 31. August 1999, Nr. 394. Im Augenblick liegt eine neue Regierungsgesetzesvorlage beim Parlament, die aber bis jetzt nur von einer Kammer beschlossen worden ist. Das geltende Einwanderungsgesetz regelt im Wesentlichen die folgenden Punkte: Steuerung der Einwanderungspolitik durch Dreijahresprogramme; jährliche Festsetzung von Einreisequoten für lohnabhängig beschäftigte oder selbständig arbeitende Ausländer; substanzielle und verfahrensmäßige Regeln zur Einreise und zum Aufenthalt unter Einschluss der jeweiligen Formen der Beendigung des Aufenthalts; Maßnahmen gegen die illegale Einwanderung; Zugang zum Arbeitsmarkt; lohnabhängige und selbständige Arbeit, Saisonarbeit von Ausländern; Schutz der Familieneinheit und der Minderjährigen; Leistungsansprüche im Zusammenhang mit Sozialrechten (Gesundheit, Bildung, Studium und Berufsausbildung, Wohnung, Sozialfürsorge); Maßnahmen zur Sozialintegration (Art. 42); Maßnahmen gegen rassische, ethnische, nationale oder religiöse Diskriminierung auch durch Private (Art. 43 und 44). Ein Verfahren zur Umsetzung der EG-Richtlinie Nr. 43/2000 („zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse und der ethnischen Herkunft") ist eingeleitet. Auf Grund seiner geografischen Lage ist Italien in besonderem Maße und in hohem Umfang illegaler Zuwanderung ausgesetzt, die nur schwer und begrenzt kontrollierbar ist. Neben anderen Bekämpfungsmaßnahmen wurden mit verschiedenen Staaten auch Rückübernahmeabkommen abgeschlossen.

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Die hohe Zahl von sich illegal im Staatsgebiet aufhaltenden Ausländern führte zu Maßnahmen, die ihren Aufenthalt unter bestimmten Voraussetzungen „legalisierten". Die letzte Maßnahme erfolgte im Oktober 1998.

D. Die Rechte des Einwanderers Das Einwanderungsgesetz sichert allen Ausländern einen Mindestschutz unabhängig von der jeweiligen Rechtslage und Regularität ihres Aufenthalts zu. Gemäß Art. 2 genießt der „an der Grenze oder im Staatsgebiet sich befindende Ausländer" auf jeden Fall alle „Grundrechte der menschlichen Person, die von nationalen Rechtsvorschriften, geltenden völkerrechtlichen Verträgen und den allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen des Völkerrechts anerkannt werden". Das Gesetz sichert insbesondere das Recht auf Rechtsschutz, dringende oder sonst unabdingbare medizinische Heilbehandlung, Behandlung von Infektionskrankheiten, Schutz der Gesundheit von Minderjährigen (Art. 35 Abs. 3) und Schulunterricht, soweit Schulpflicht besteht (Art. 38). Der Verfassungsgerichtshof hat hinsichtlich der Freiheit der Person jedes Ausländers erkannt, dass solche behördlichen Ausweisungsverfügungen, deren konkrete Ausführungsmodalitäten in diese Freiheit eingreifen, von einem Richter gemäß Art. 13 Abs. 3 der Verfassung bestätigt werden müssen (Urteil Nr. 105/2001). Art. 19 des Einwanderungsgesetzes erstreckt ferner auf jeden Ausländer, auch den illegalen, einen dem Art. 33 der Genfer Füchtlingskonvention entsprechenden Schutz: „In keinem Fall" kann er in einen Staat ausgewiesen oder zurückgewiesen werden, in dem er „Gegenstand einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, des Geschlechts, der Sprache, der Staatsangehörigkeit, der Religion, der politischen Meinungen oder der persönlichen oder sozialen Lage werden kann oder Gefahr läuft, in einen anderen Staat verwiesen zu werden, in dem er vor Verfolgung nicht geschützt ist". Jenseits dieses Mindestschutzes werden den sich regulär in Italien aufhaltenden Ausländern je nach der Dauer ihres inländischen Wohnsitzes weitergehende Rechte gewährt. Nur der sich rechtmäßig in Italien aufhaltende Ausländer genießt „die dem italienischen Bürger zugeteilten Zivilrechte", „nimmt am lokalen öffentlichen Leben teil" (aber - noch - ohne Wahlberechtigung), hat Anteil an der Gesundheitsversorgung des Nationalen Gesundheitsdienstes, in den er sich einschreiben muß. Wenn er sich seit mehr als einem Jahr rechtmäßig zwecks Arbeit, Studium oder Religion in Italien aufhält, hat er Recht auf Familieneinheit (Art. 28 Abs. 1) und Nachzug der Familienangehörigen (Art. 29). Weitergehende Rechte hat der sich rechtmäßig in Italien aufhaltende und arbeitende Ausländer, der samt Familienangehörigen völlige Gleichstellung mit italie13 Stem

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nischen Arbeitnehmern, auch in der Sozialfürsorge, beanspruchen kann (Art. 2 Abs. 3, Verfassungsgerichtsurteil Nr. 454/1998).

E. Die verschiedenen Arten von „Asyl" das verfassungsrechtliche Asyl und der Flüchtlingsstatus Unter Asyl im weitesten Sinn werden von der italienischen Rechtsordnung eine Reihe heterogener Erscheinungen erfasst: verfassungsrechtliches Asyl, Flüchtlingsstatus nach der Genfer Konvention und weitere so genannte humanitäre Asylarten. Jedenfalls stehen allen Ausländern, die Asyl im weitesten Sinn genießen, wenigstens auch die „Grundrechte der menschlichen Person" zu (Art. 2 des allgemeinen Gesetzes); sie dürfen an der Grenze nicht zurückgewiesen werden, auch wenn sie die sonstigen Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen (Art. 10 Abs. 4 des Gesetzes). Und ebenso wenig wie alle anderen Ausländer dürfen sie in einen Staat ausgewiesen oder zurückgewiesen werden, in dem sie aus Gründen der Rasse, des Geschlechts, der Sprache usw. verfolgt werden könnten (Art. 19). Die erste Unterscheidung betrifft das verfassungsrechtliche Asyl gemäß Art. 10 Abs. 3 der Verfassung und das Recht auf Anerkennung als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 und dem entsprechenden Zusatzprotokoll von 1967. Ein Gesetz zur Ausführung des Art. 10 Abs. 3 der Verfassung ist nicht ergangen. Das einzige Gesetz, das den Begriff „Asyl" benutzt, bezieht sich in Wirklichkeit auf die Anerkennung der Flüchtlinge nach der Genfer Konvention (Gesetz Nr. 39/1990). Im Wege der europäischen Vergemeinschaftung der Asylpolitik ist zwar die Kategorie der politischen Flüchtlinge bevorzugt worden, wie auch die Formulierung der Europäischen Grundrechtecharta zeigt (Art. 18); in Italien ist diese von der Genfer Konvention definierte Kategorie jedoch nicht identisch mit den Berechtigten des verfassungsrechtlichen Asyls. In Ermangelung eines Ausführungsgesetzes kommt zwei neueren Entscheidungen des Kassationsgerichtshofs entscheidende Bedeutung zu. Nach ihnen statuiert Art. 10 Abs. 3, der nach seiner Formulierung auf eine sofortige Wirkung zielt, auch ohne Ausführungsgesetz ein subjektives und unmittelbar geltend zu machendes Recht auf Zuerkennung des Asyls. Dieses Recht auf Asyl geht insofern über das Recht auf Anerkennung als Flüchtling hinaus, als es nicht nur auf Fälle erlittener oder drohender „Verfolgung" beschränkt ist, sondern sich kraft Verfassung auch auf weitere Fälle einer objektiven Hinderung in der effektiven Ausübung der demokratischen Rechte erstreckt. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung haben einige Zivilgerichte nach entsprechender Beweisaufnahme daher das verfassungsrechtliche Asyl zuerkannt

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(Tribunale Roma 1. 10. 1999, Fall Ocalan; Tribunale Torino 6. 10. 2001; Tribunale Bologna 11. 12. 2001).

F. Der humanitäre Schutz Unter den Begriff des Asyls im weitesten Sinn werden heute auch weitere Arten des sog. humanitären Asyls subsumiert, mit denen die jüngere Gesetzgebung und Regierungspraxis einem massiven Zustrom von Vertriebenen (Staatsangehörigen von Drittländern - nicht EU-Mitgliedstaaten - oder Staatenlosen) zu begegnen suchen, für den die traditionellen Mittel des Asyl- und Flüchtlingsrechts unanwendbar sind oder unzulänglich erscheinen. Es handelt sich dabei um in mehreren europäischen Ländern erprobte Maßnahmen, für die der Rat der Europäischen Union auf der Grundlage des Vertrags von Amsterdam (jetzt Art. 63 EG) kürzlich die Richtlinie Nr. 55/2001 erlassen hat. Nach der derzeitigen italienischen Gesetzgebung (die noch keine spezifische Umsetzung der Richtlinie bietet) bestehen solche Maßnahmen im Wesentlichen in einem aus humanitären Erwägungen gewährten vorübergehenden Schutz (Art. 20 Gesetz Nr. 286/1998) und in einer aus den gleichen Gründen erteilten Aufenthaltserlaubnis (Art. 5 Abs. 6). Sie sind in der Regel befristet und auf die Rückführung in die Herkunftsländer ausgerichtet. Diese Fälle sind nicht solche des Asyl- bzw. Flüchtlingsrechts, weil sie die entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllen oder bei u. a. durch Krieg, Naturkatastrophen, Gewalt oder Kriminalität verursachten Massenzuströmen von Vertriebenen für unpraktizierbar gehalten werden. Anwendungsbeispiele boten bisher Vertriebene aus dem Kosovo und Somalia. Einen Sonderfall stellt die Notgesetzverordnung vom 22. Mai 2002, Nr. 118, dar, die auf Grund des gemeinsamen Standpunkts des Rates der Europäischen Union vom 21. Mai 2002 erlassen worden ist. Dieser betrifft die vorübergehende Aufnahme bestimmter aus der Geburtskirche von Bethlehem evakuierter Palästinenser in EU-Staaten. Nach der italienischen Verordnung wird (unter Voraussetzung der freien Annahme seitens der Betroffenen) drei dieser Palästinenser - „abweichend von den sonst geltenden Bestimmungen" - „aus humanitären Gründen" die Einreise und der Aufenthalt bis zu zwölf Monaten gestattet: Sie sind verpflichtet, in speziellen Strukturen und unter besonderen Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen zu verbleiben.

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Klaus Stern Sehr herzlichen Dank Frau Kollegin Anzon für Ihre Ausführungen. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß die italienische Rechtslage sehr viel gemeinsam mit der 13*

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deutschen Rechtslage hat, insbesondere auch auf der verfassungsrechtlichen Ebene durch den Artikel 10 der italienischen Verfassung. Meine Damen und Herren, ehe wir zur Diskussion schreiten, möchte ich gerne noch die beiden österreichischen Kollegen aufrufen, etwas zur Rechtslage in Österreich zu sagen. Bitte schön, Herr Kollege Rill und Herr Kollege Schambeck.

Statement Österreich Von Heinz Peter Rill Anders als in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweizerischen Eidgenossenschaft kennt die österreichische Bundesverfassung keine spezifischen grundrechtlichen Garantien für Flüchtlinge. Das Asylrecht ist also in Österreich nur einfachgesetzlich geregelt, und zwar einerseits durch das Asylgesetz und andererseits durch die Genfer Flüchtlingskonvention, die innerstaatlich die Wirkung eines einfachen Bundesgesetzes hat. Die Vollziehung des Asylrechts obliegt in erster Instanz dem Bundesasylamt, einer Behörde mit Sitz in Wien, aber mit Außenstellen in allen Bundesländern, denn alle Bundesländer außer Wien haben Grenzen zu ausländischen Staaten. Das Bundesasylamt ist dem Innenministerium unterstellt und an die Weisungen des Innenministers gebunden. Als zweite Instanz, die mit Berufung angerufen werden kann, ist der Unabhängige Bundesasylsenat eingerichtet. Dieser hat nach den europarechtlichen Anforderungen Gerichtsqualität. Die Mitglieder sind unabhängig und entscheiden im Wesentlichen als Einzelorgane. Der Unabhängige Asylsenat wurde eingerichtet, weil der österreichische Verwaltungsgerichtshof durch die Asylrechtssachen in einem hohen Maße überlastet war. Wir haben nämlich keine Landesverwaltungsgerichte, sondern nur den zentralen Verwaltungsgerichtshof. Wenn man als Asylbewerber auch beim Bundesasylsenat nicht die gewünschte Entscheidung erhält, so kann man sich mit Bescheidbeschwerde, in der man die Verletzung subjektiver Rechte geltend macht, nicht aber die Beweiswürdigung der belangten Behörde anfechten kann, an den Verwaltungsgerichtshof wenden. Dass der Verwaltungsgerichtshof keine Tatsacheninstanz ist, wird allerdings dadurch relativiert, dass der Gerichtshof den Verfahrensvorschriften sehr viele rechtliche Vorgaben entnimmt, so dass er Bescheide vielfach wegen Verfahrensfehlern aufhebt und eine Sachverhaltsergänzung bei der Verwaltungsbehörde, beim Unabhängigen Bundesasylsenat, stattzufinden hat. Das Gesetz unterscheidet eine Reihe von Asylverfahren. Im Vordergrund steht in der Praxis wohl das Asylverfahren der Einreise über den Flugplatz, ohne dass dazwischen ein sicheres Drittland erreicht wurde. Wenn der Flüchtling ohne Einreisepapiere angetroffen wird, so ist er auf seinen Asylantrag hin dem Bundesasylamt vorzuführen. Dieses hat nun zu entscheiden, ob er Asyl erhält oder nicht. Mit der Stellung dieses Antrages erreicht er ipso iure auch die vorläufige Aufenthaltsbewilligung. Der Antrag kann nun wegen Unzulässigkeit infolge Drittstaatssicherheit zurückzuweisen sein; das sollte in einem relativ beschleunigten Verfahren geschehen. Ferner kann der Antrag wegen offensichtlicher Unbegründetheit abzuwei-

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sen sein, wieder verbunden mit einem beschleunigten Berufungsverfahren. Schließlich kann ein ordentliches Verfahren durchzuführen sein, in welchem dann zu entscheiden ist, ob das Asylrecht zugesprochen wird oder nicht. Wird der Antrag abgewiesen, ist zugleich zu entscheiden, ob nicht das Non-refoulement-Verbot anzuwenden ist, also ob der Antragsteller abgeschoben oder ob er, weil die Verletzung von Menschenrechten zu befürchten ist, nicht abgeschoben werden darf. Bei Einreise auf dem Landwege oder auf dem (Binnen-)Wasserwege, also auf Binnengewässern, ist der Ausländer ohne Einreisepapiere zurückzuweisen und zugleich aufzufordern, entweder Schutz in einem anderen Staat, etwa in dem Staat, aus dem er kommt, zu suchen oder bei der österreichischen Vertretungsbehörde einen Antrag auf Asylgewährung zu stellen. Wenn er das auch nicht will, dann sind ihm entsprechende Formulare zu geben und Belehrungen zu erteilen, um seinen Antrag bei der Grenzkontrollstelle einbringen zu können. Aber auch diesfalls muss er im Ausland auf die Entscheidung warten. Die Einreise wird ihm erst erlaubt und der vorläufige Aufenthalt erst genehmigt, wenn das Bundesasylamt die Wahrscheinlichkeit der Asylerteilung mitteilt. Sodann ist wieder das bereits skizzierte Prüfungsverfahren durchzuführen. Wer rechtmäßig einreist, kann im Land den Antrag auf Asylgewährung stellen. Ab Antragstellung läuft wieder die vorläufige Aufenthaltsberechtigung. Die Entscheidungsmöglichkeiten bleiben wie gehabt. Wer über die sog grüne Grenze nach Österreich gelangt, also rechtswidrig einreist, muss sich binnen sieben Tagen bei der Behörde stellen, sonst kann er sofort wieder abgeschoben werden. Sobald ein Antrag auf Asylgewährung gestellt ist, läuft wieder die vorläufige Aufenthaltsbewilligung, und wieder gibt es die verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten. Schließlich ist ein Asylverfahren von Amts wegen vorgesehen: Wenn sich Österreich völkerrechtlich bereit erklärt hat - so die Worte im Gesetz - , das heißt, völkerrechtlich bindend bereit erklärt hat, Flüchtlinge aufzunehmen, dann ist im Rahmen des dabei erklärten Kontingents die Aufnahme ohne weiteres Verfahren durchzuführen. Es gibt auch noch die Besonderheit der Asylerstreckung auf minderjährige Deszendenten, den Ehegatten bzw. die Ehegattin. Wenn man nun die Praxis der Asylverfahren betrachtet, so muss man sagen, dass erstens die erste Instanz eine Polizeibehörde ist, was nicht ohne Einfluss auf die Verwaltungskultur ist. Kennzeichnend für die Behörde erster Instanz ist ferner die geringe personelle Ausstattung. Trotz Gebots der Anwendung des AVG, des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (auf das wir Österreicher besonders stolz sind, weil wir mit diesem schon ein halbes Jahrhundert vor den Deutschen in Analogie zum Zivilprozessrecht das Verwaltungsverfahren einer umfassenden gesetzlichen Determinierung unterworfen haben), sind die Verfahren nicht von der Qualität, die man mit dem AVG an sich verbindet. Die Berufungsbehörde, der Unabhängige Bundesasylsenat, klagt daher, dass er in jedem Berufungsverfahren eigentlich ein neues Ermittlungsverfahren durchführen muss, was bei Berufungen nicht der Regelfall ist. Im Regelfall findet allenfalls ein abgekürztes ergänzendes Ermitt-

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lungsverfahren statt oder es wird zur Ergänzung der Sachverhaltsermittlung zurückverwiesen an die Vorinstanz. Hinzu kommt die schon erwähnte Tendenz des Verwaltungsgerichtshofs, Verfahrensvorschriften sehr ergiebig zu interpretieren und die so ausgelegten Vorschriften sehr streng anzuwenden. Das führt dazu, dass die angefochtenen Bescheide wegen Verfahrensfehlern aufgehoben werden und der Unabhängige Bundesasylsenat weitere Ermittlungen vorzunehmen hat. Die Mitglieder dieses Senats klagen, dass diese Zurückverweisungen vielfach Anforderungen stellen, die eigentlich wenig Sinn machen, weil von vornherein schon klar ist, dass die aufgetragenen Verfahrensergänzungen nichts bringen. Diese Klage kann man freilich auch von anderen Verwaltungsbehörden hören. Aber es dürfte die in Rede stehende Tendenz der Rechtsprechung in Asylsachen - nach den Fällen, die man mir geschildert hat - eine besonders starke Ausprägung haben. Am Rechtsschutz fehlt es in Österreich für Asylbewerber nicht. Dass die Verfahren relativ lange dauern, ist aus prinzipiellen rechtsstaatlichen Gründen und im Hinblick auf staatliche Interessen zu beklagen, kann aber den Asylbewerbern zupass kommen. Insbesondere die Frage der Drittstaatssicherheit bedingt Verzögerungen. Denn es werden in der Verwaltungsgerichtshofrechtsprechung hohe Anforderungen an die Drittstaatssicherheit gestellt. Der Ermittlungsaufwand ist daher erheblich. Auch die Änderungen der Rechtslage in den ausländischen Staaten bereiten Schwierigkeiten, zumal auch die Effektivität des Asylrechts in einem Drittstaat zu prüfen ist. Auch der Versuch, über die Unzulässigkeit von Anträgen bei Drittstaatssicherheit das Verfahren zu beschleunigen, ist nicht allzu erfolgreich. Man sollte, sagt der Unabhängige Bundesasylsenat, die Frage der Drittstaatssicherheit ins ordentliche Verfahren einbeziehen. Auch die Abweisung offensichtlich unbegründeter Anträge bewährt sich nicht besonders. Die schnelle Bewältigung dieses Verfahrens ist eine Herausforderung, der man sich behördlicherseits bislang jedenfalls nicht mit allzu großer Fortune gestellt hat.

Statement Österreich Von Herbert Schambeck Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, da das Asylrecht und das Zuwanderungsrecht Probleme für Drittstaatsangehörige darstellen können, möchte ich ergänzend zu Professor Rill auf die Zuwanderungspolitik und auf ein Thema, das uns vielleicht auch unbewußt begleitet, eingehen; es ist die Sicherheitsfrage. Diese ist auch in der österreichischen Innenpolitik sehr aktuell. Die Integration von Zuwanderern steht im Mittelpunkt des Fremdenrechtes und der Ausländerbeschäftigungspolitik in Österreich, um den ausländischen Mitbürgern die Teilnahme am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben in Österreich zu ermöglichen. Das Ziel der Integrationspolitik ist daher ein Brückenbau zwischen all den in Österreich lebenden Menschen, um ein friedliches und verständnisvolles Zusammenleben zu ermöglichen. Diese Bemühungen sind besonders wichtig, weil in der Vergangenheit eine starke Zuwanderung stattfand, ohne die erforderlichen Maßnahmen zur Integration in der politischen Arbeit zu setzen. Die Integration stellt im Projekt der Bundesregierung zur Harmonisierung des Ausländerbeschäftigungsrechtes mit dem Fremdenrecht einen wesentlichen Schwerpunkt der Regierungsarbeit dar. Darüber hinaus stellt die Neuregelung der Zuwanderungspolitik auch ein Instrument zur Verhinderung eines möglichen sozialen Mißbrauchs dar. Die Schwerpunkte der Regelung sind erstens die Harmonisierung des Ausländerbeschäftigungsrechtes mit dem Fremdenrecht. Angehörige von Fremden mit Niederlassungs- und Arbeitsbewilligung erhalten nach fünf Jahren legalen Aufenthalts einen Niederlassungsnachweis und somit den freien Zugang zum Arbeitsmarkt, entsprechend dem RL-Vorschlag der Europäischen Union. Es wird keine zusätzliche Arbeitsmarktprüfung mehr erfolgen. Jugendliche, deren Eltern während der letzten fünf Jahre mindestens drei Jahre erwerbstätig waren, und die das letzte volle Pflichtschuljahr in Österreich absolviert haben, erhalten den freien Zugang zum Arbeitsmarkt (Befreiungsschein). Bisher mußten diese Jugendlichen mehr als die Hälfte der Pflichtschulzeit in Österreich absolviert haben. Unter Bedachtnahme auf die Arbeitsmarktlage wird der Zuzug neuer Arbeitskräfte auf Schlüsselarbeitskräfte beschränkt werden. Dabei handelt es sich um Arbeitskräfte, die über eine besondere am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher

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Erfahrung verfügen und die für die beabsichtigte Tätigkeit eine monatliche Bruttoentlohnung erhalten, die 60% der Höchstbeitragsgrundlage entspricht (das sind in etwa € 2000,-). Darüber hinaus muß mindestens eine der folgenden Voraussetzungen gegeben sein: Die beabsichtigte Beschäftigung hat eine besondere, über das betriebsbezogene Interesse hinausgehende Bedeutung für die betroffene Region oder den betroffenen Teilarbeitsmarkt. Zweitens: die beabsichtigte Beschäftigung trägt zur Schaffung neuer Arbeitsplätze oder zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze bei. Drittens: der Fremde übt einen maßgeblichen Einfluß auf die Führung des Betriebes aus, er ist also eine Führungskraft. Viertens: die beabsichtigte Beschäftigung hat, was besonders wichtig ist, den Transfer von Investitionskapital nach Österreich zur Folge, oder letztlich der Ausländer verfügt über den Abschluß einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung oder einer sonstigen fachlich besonders anerkannten Ausbildung. Lassen Sie mich betonen, daß hier auch eine Verfahrensvereinfachung vorgesehen ist (One Stop Shop Prinzip). Im Zentrum steht ein rasches Verfahren für die Zulassung von Schlüsselkräften, das über die Bezirksverwaltungsbehörde (oder den Landeshauptmann) abgewickelt wird. Für die Saisonarbeitskräfte (nunmehr „kurzfristig Beschäftigte") ist die Ausweitung der Möglichkeit vorgesehen, sie in Österreich zu beschäftigen. Die Bundesregierung gibt im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates wie bisher einen Quotenrahmen vor, der jedoch nicht mehr nur für die Branchen Tourismus und Landwirtschaft, sondern auch für die zeitlich befristete Beschäftigung von Fachkräften in anderen Branchen zur Verfügung steht. Dies alles jedoch nur dann, wenn diese Arbeitsplätze nicht durch am inländischen Arbeitsmarkt verfügbares Arbeitskräftepotential besetzt werden können. Strittig war insbesondere die Frage, wie die in der Niederlassungsverordnung festgelegte Zahl zu interpretieren sein wird. Die Verordnung, durch die eine Überschreitung der Höchstzahl bewirkt wird, gibt im Verfahren auch dem Landeshauptmann, das ist der „Chef 4 einer Landesregierung in Österreich, Gelegenheit zu einer Stellungnahme. Die Integrationsvereinbarung gilt rückwirkend für Drittstaatsangehörige, die nach dem 1. Jänner 1998 nach Österreich zugewandert sind und deren Aufenthalt somit noch nicht verfestigt ist und andererseits für jene Drittstaatsangehörigen, die sich nach Inkrafttreten dieser Bestimmung (somit ab 1. Jänner 2003) auf Dauer in Österreich niederlassen wollen. Die Integrationsvereinbarung dient der Unterstützung der Integration auf Dauer niedergelassener Fremder. Ziel ist der Erwerb von Grundkenntnissen der deutschen Sprache zur bestmöglichen Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich. Lassen Sie mich noch ergänzend über einen weiteren Punkt referieren, der von Wichtigkeit ist, was von unserem ungarischen Kollegen noch angeschnitten wurde;

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nämlich die Problematik aus österreichischer Sicht zu unseren Nachbarstaaten. Bereits im Juli 2001 hat Österreich mit den benachbarten Beitrittskandidaten Ungarn, Slowenien, Slowakei und Tschechien sowie mit Polen, mit denen uns die kulturelle Nachbarschaft verbindet, die Initiative der Sicherheitspartnerschaft gestartet. Es ist zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit diesen Staaten im Rahmen des EU-Beitrittspozesses gekommen, mit dem Ziel, mit den Beitrittskandidaten eine Kooperation für die Zeit nach dem Beitritt zu bilden, nämlich im Rahmen der regionalen Zusammenarbeit den Prozeß der Einführung, Umsetzung und Durchführung des EU-Ziels zu unterstützen und zu beschleunigen. Im Rahmen der Sicherheitspartnerschaft werden die Partner insbesondere durch die Bereitstellung von Experten, Hospitationen und die Durchführung von Seminaren bei der Anpassung von EU- und Schengen-Standards, insbesondere hinsichtlich der Grenz- und Einreisekontrolle, der Visa-, Migrations- und Rückübernahmepolitik sowie auf dem Gebiet der polizeilichen Zusammenarbeit unterstützt. Im Rahmen der Sicherheitspartnerschaft werden zwischen dem Bundesministerium für Inneres Österreichs und den jeweiligen Beitrittskandidaten konkrete Annahmen definiert und aktiviert. Österreich - lassen Sie mich das betonen - beteiligt sich verstärkt an Finanzierungsprogrammen der Europäischen Union, wie die Übernahme des jeweiligen Acquis in die Rechtsordnung des Beitrittskandidaten, dessen Umsetzung und Anwendung, die nötigen Strukturreformen, Personal- oder Ausbildungsgrundsätze sowie die Ausstattung. Ich möchte weiters betonen, daß österreichische Experten laufend an Expertenmissionen, Seminaren und Konferenzen teilnehmen, um die Beitrittskandidaten bei der Umsetzung des EU-Besitzstandes zu unterstützen. Um die Diskussionszeit nicht noch mehr für Österreich in Anspruch zu nehmen, erlauben Sie mir, folgendes zu sagen: Österreich war in den Jahrzehnten unserer Geschichte vor der politischen Wende in bezug auf unsere Nachbarstaaten in Mittel- und Osteuropa faktisch die Grenze des freien westlichen Europas. Heute sind wir in diesem Teil Europas die Außengrenze der EU zu den eben genannten Staaten. Wir sind vordringlich an der Erweiterung der Europäischen Union interessiert. Wobei ich das in bezug auf die Teilnahme Österreichs an der Integration Europas und der Mitgliedschaft bei der Nato getrennt sehen möchte, da wir auf Grund eines eigenen Bundesverfassungsgesetzes ein dauernd neutraler Staat sind, dem derzeit aufgrund des Status der dauernden Neutralität eine solche Nato-Mitgliedschaft verwehrt ist. Ungarn ist bereits Natomitglied und auch die Tschechische Republik. So weit sind wir noch nicht - das ist ein Prozeß der innerstaatlichen Meinungs-, Urteilsund Willensbildung, der noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Zum Ende meines Diskussionsbeitrages kommend möchte ich die Entwicklungstendenzen in Europa betreffend einen ergänzenden Hinweis geben: Wir sprechen von einer Vielzahl von Menschen, die notleidend sind, politisch verfolgt werden und die nach Europa kommen. Und wir wissen alle um diese großen Zahlen. Darunter sind auch viele Nichtchristen! Ich habe gehört, daß in Köln nur 50% Ka-

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tholiken sind, alle anderen sind von anderen Religionen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß mit der Zuwanderungspolitik und dem Asylrecht eine Vielzahl von Menschen nach Europa kommen, die bisher die europäische Kultur abendländischer Prägung mit uns nicht teilen. In diesem Zusammenhang möchte ich noch abschließend zur Überlegung geben: Wir bemühen uns, - Papst Johannes Paul II. im Besonderen - immer zu sagen, die Europäische Union als ein Kernstück, aber nicht der einzige Teil Europas, soll eine Wirtschafts-, Währungs- und Rechtsgemeinschaft, aber auch eine Wertegemeinschaft sein. Ich möchte nun in den Raum stellen, wenn so viele nach Europa kommen, und zwar laufend, die von uns Christen zu Recht Toleranz erwarten, aber in den Ländern, in denen sie zuhause sind, diese Toleranz den Christen nicht entgegengebracht wird, wird das zu bedenken sein. Bei Anerkennung des Asylrechtes und der Zuwanderungspolitik, der Menschlichkeit und all dem, was die Weitegemeinschaft so zum Tragen bringt, wird in unseren Staaten eine multinationale Gesellschaft entstehen, in der wir uns eines Tages über das Rechtsnormative hinaus fragen müssen, wie kann dieses multinationale, multireligiöse Europa dann auch eine entsprechende Wertegemeinschaft abendländischer Prägung sein. Ich habe in meinen früheren, jahrzehntelangen politischen Funktionen diese Staaten bisweilen auch offiziell besucht. Ich mußte dabei feststellen, daß dort zwischen dem, was Christen in Funktionen an protokollarischer Höflichkeit in der ganzen Welt entgegengebracht wird und dem, was dort lebende Christenmenschen ohne offizielle Funktionen in diesen Staaten erfahren, eine große Differenz zu dem besteht, was wir deren Gläubigen hier an Toleranz entgegenbringen. Das möchte ich nur abschließend in den Raum stellen, weil Europa ja auch als Wertegemeinschaft keine Einbahnstraße sein darf. Die Solidarität soll sich nämlich nicht allein auf die Fremden bei uns, sondern auch auf die Unseren in der Fremde beziehen; auch dies verlangt die Solidarität in der Völkergemeinschaft als Wertegemeinschaft! Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

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Klaus Stern Vielen Dank Herr Kollege Schambeck. Ihre letzten Bemerkungen in bezug auf Europa, die Europäische Rechts- und Wertegemeinschaft, führen uns dann wieder zurück zur Diskussion, die wir über drei europäische Länder und über Japan durchführen wollen. Ich darf um Wortmeldungen bitten.

Diskussion Claus Dieter Classen Zunächst Fragen zum japanischen Recht. Frau Suzuki , Sie haben geschildert, dass ein Flüchtling keinen Anwalt mitbringen darf, dass die Entscheidungen von der Behörde - wenn ich es richtig verstanden habe - auch nicht richtig begründet werden und dass schließlich das Flüchtlingsbüro die Leute verhaften kann. Meine Frage: Wie verhält sich das eigentlich zum allgemeinen Standard des japanischen Verwaltungsverfahrens? Kann man auch sonst keinen Anwalt mitbringen, wie ist das sonst mit der Begründung und einer Inhaftnahme? Ist es sonst üblich, dass da ein Richter eingeschaltet wird oder nicht? Also die Frage: Wie verhält sich das Asyl verfahren in seinen Standards zu dem, was allgemein im japanischen Verfahrensrecht üblich ist? Gibt es insoweit oder - das wäre dann eher eine Frage an Herrn Koyama - auch mit Blick auf das gerichtliche Verfahren verfassungsrechtliche Standards allgemeiner Art, wie wir sie etwa in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz haben, die den Entscheidungsspielraum des Staates bei der Frage, wie er seine völkerrechtlichen Verpflichtungen erfüllt, zwar nicht speziell mit Blick auf das Asylrecht, aber doch generell mit Blick auf die Verfahrensstandards einschränken. Sodann zu Frankreich und Italien. Wenn ich es richtig verstanden habe, regelt man in beiden Ländern das Problem, vor dem wir in Deutschland ja auch stehen - die Vielzahl von Leuten, die man nicht abschieben kann - , dadurch, dass man ab und an in größeren Zahlen die Leute in ihrem Status regularisiert. In Deutschland hat man demgegenüber vor einigen Jahren versucht, salopp gesprochen, die Illegalität zu reglementieren durch die Einführung der Duldung. Damit wurde sozusagen ein Zwischenstatus geschaffen. Die Leute sollen eigentlich ausreisen, können aber nicht abgeschoben werden und sind dann eben hier. Gibt es in Frankreich und Italien Diskussionen darüber, diesen Status der Illegalität zumindest teilweise rechtlich zu regeln, um aus diesem Teufelskreis herauszukommen, dass man alle fünf bis zehn Jahre wieder eine Vielzahl von illegalen Ausländern hat, die man dann irgendwie legalisiert? Christian Hillgruber Ich möchte einige grundsätzliche Ausführungen machen, die ausgelöst worden sind durch die - wie ich finde - außerordentlichen instruktiven Länderberichte und Vorträge unserer japanischen Kollegen, die uns sehr gut über die Rechtslage in Japan in Kenntnis gesetzt haben. Wir haben, glaube ich, mit dem japanischen Modell, wenn ich das mal so nennen darf, im Grunde ein Gegenmodell der „Lösung"

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der Problematik vor Augen geführt bekommen. Neben den mehr oder weniger weitreichenden Rechtsbindungen, die in Europa in bezug auf Asylgewährung bestehen, gerade auch im Sinne der Einräumung eines Individualrechts, gibt es sozusagen als Gegenmodell eine Lösung, die auf einen sehr weiten ausländerpolitischen Gestaltungsspielraum setzt. Nun ist vielleicht die Praxis, die japanische Praxis in bezug auf diesen freien Gestaltungsspielraum, die beide Referenten ja auch in Ihren Vorträgen kritisiert haben, geeignet, dieses Modell zu diskreditieren, weil es den legitimen humanitären Erwägungen offensichtlich nicht den nötigen Raum schafft. Das japanische Gegenmodell muss man jedoch zum Anlass nehmen, auch auf die Ambivalenz eines ausgebauten Individualrechtsschutzes hinzuweisen. Was prima facie unter dem Gesichtspunkt der Verstärkung des Individualrechtsschutzes begrüßenswert erscheint, kann doch auch eine Bumerangwirkung haben. Denn im Grunde ist doch erkennbar, auch wiederum aus den Länderberichten, dass die Staaten, wenn sie unter dem Zwang stehen, individuelle Rechtsansprüche erfüllen zu müssen, die Rechtsbindung zurückzudrängen versuchen durch restriktive Interpretation dieser rechtlichen Gewährleistungen und deren restriktive Handhabung. Das heißt, anders formuliert, je mehr wir die rechtlichen Möglichkeiten der Steuerung von Einwanderung und Zuwanderung begrenzen durch Auferlegung von Rechtsbindungen, insbesondere durch Einräumung von Individualrechten, zwingen wir mittelbar die Staaten auch dazu, hier restriktiv zu verfahren, um noch wenigstens ansatzweise Möglichkeiten der Steuerung zu behalten. Deshalb scheint mir das japanische Modell, nicht unbedingt in der praktischen Handhabung, aber als Modell durchaus erwägenswert zu sein. Unter Umständen wird es den Staaten leichter fallen, humanitären Erwägungen Platz zu geben, wenn sie nicht gleich das Gefühl haben, damit eine Lawine auszulösen, im Sinne der Einräumung von unzähligen Rechtsansprüchen, sondern wenn sie die Möglichkeit sehen, auch noch einmal steuernd einzugreifen. Deshalb würde es mich interessieren, Frau Suzuki und Herr Koyama, die Frage richtet sich aber auch an die anderen Referenten, was Sie von dieser Idee halten. Was ist, aufs Ganze gesehen, menschlicher, was nützt Menschen in Not, Flüchtlingen letztlich mehr, das eine oder das andere System, oder muss man ein Mischsystem wählen? Vielen Dank. Kazuhiko Kambashi Ich möchte vom Standpunkt eines japanischen Teilnehmers eine Bemerkung machen, um die Vorträge meiner Kollegen aus Japan zu ergänzen. Ich habe das Thema bis heute nicht ausführlich erforscht, aber ich glaube, dass wir Japaner Zuwanderer in Zukunft aufnehmen müssen. Das ist unabhängig davon, ob wir es wollen oder nicht, weil sich die Anzahl der Geburten in Japan von Jahr zu Jahr reduziert. Wir müssen die gesellschaftliche Organisation unterstützen, um insbesondere notwendige Arbeitskräfte herzuholen. Man kann vorhersehen, dass je nach der Veränderung der politischen Situation in Korea angesichts der politischen Krise in Nordkorea viele Asylbewerber, besonders aus Nordkorea, kommen werden. Allerdings zeigen Japaner im Allgemeinen keine Bereitschaft dazu, sich auf diese Ver-

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änderungen hin zu einer multikulturellen Gesellschaft einzustellen. Insbesondere die islamische Kultur ist den Japanern im Allgemeinen sehr fremd. Es ist sehr selten, dass wir Leute aus islamischen Ländern in einer kleinen Stadt in Japan treffen. Man kann deshalb vorhersehen, dass bei der Aufnahme von Asylbewerbern oder Zuwanderern große Konflikte entstehen müssen. Ich will hier ein Beispiel nennen: In Japan setzt der Antrag auf Erteilung eines Führerscheins die Fotografie des Gesichts voraus. Eine Japanerin, deren Ehemann aus einem islamischen Land kam, hat es in diesem Zusammenhang abgelehnt, ihre Kopfbedeckung abzunehmen. Natürlich muss man das respektieren. Wie der Konflikt gelöst worden ist, weiß ich leider nicht. Aber ich habe das in der Zeitung gelesen. Ich glaube, dies zeigt die Probleme, die bei der Entwicklung hin zu einer multikulturellen Gesellschaft auftreten. Einerseits ist die Verwaltung auch in Japan zur religiösen Neutralität nach Artikel 20 Abs. 3 der japanischen Verfassung verpflichtet. Andererseits wird verlangt, dass die verschiedenen Kulturen in Wirklichkeit berücksichtigt werden. Es ist ein sehr schwieriges Problem, verschiedene Kulturen zu koordinieren. Dieses Problem muss gelöst werden. Bis heute hat die japanische Verwaltung keine Bereitschaft gezeigt, sich darum zu bemühen. Vielen Dank. Hidemi Suzuki Ich will auf die Frage von Prof. Classen antworten. Ich habe schon in meinem Vortrag gesagt, das Immigrationsamt hat zwei andere Kompetenzzuständigkeiten. Die eine ist die Zuständigkeit für die Immigrationskontrolle, die andere die Zuständigkeit für die Anerkennung der Flüchtlinge. Beide Verfahren laufen ganz unterschiedlich. Der für die Immigrationskontrolle zuständige Beamte kann Asylbewerber in Haft nehmen. Dafür braucht er keine richterliche Erlaubnis, sondern die Erlaubnis von seinem Vorgesetzten. Er braucht keinen Haftbefehl. Deshalb ist die Kritik sehr stark, nicht nur bezogen auf das japanische Asyl verfahren, sondern auch auf die japanische Immigrationskontrolle. In beiden Bereichen fehlt es am verfahrensrechtlichen Schutz für Ausländer. Go Koyama Herr Classen , Sie haben mich nach dem Standard der Verwaltungsgerichte in Japan gefragt? Claus Dieter Classen Die Frage war, ob es, wenn die Verfassung keine inhaltlichen Garantien in Sachen Asylrecht enthält, dort zumindest generelle Aussagen für das gerichtliche Verfahren gibt wie bei uns in Art. 19 Abs. 4 GG, die dann auch Auswirkungen haben können auf das Asylrecht. Go Koyama In unserer Verfassung gibt es einen Artikel über Rechtsschutz, über das Recht auf einen Rechtsweg, Art. 32 der Verfassung. Aber bei der Interpretation dieses

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Artikels können die Japaner nicht so viel herausholen - im Gegensatz zu den Deutschen bei ihren Artikeln. Aber ich muss auch darauf hinweisen, dass wir keine Verwaltungsgerichte haben. Wir haben natürlich eine Verwaltungsprozessordnung, aber ordentliche Gerichte entscheiden auch über die Verwaltungssachen. Und unsere Gerichte sind im Vergleich zu deutschen Gerichten etwas restriktiver, vor allem bei der Interpretation der unbestimmten Rechtsbegriffe. Das Verfahren ist in Ordnung, aber die Gerichte sind etwas zurückhaltender als deutsche Verwaltungsgerichte. Klaus Stern Das wirkt sich natürlich wahrscheinlich bei der Interpretation des Begriffs „angemessen" und „unangemessen" bei der Zuwanderung aus. Was für uns unstreitig ein unbestimmter Rechtsbegriff wäre, wird dort offenbar zurückhaltender interpretiert. Go Koyama Zu Herrn Hillgruber: Sie haben unser neues Modell als japanisches Modell bezeichnet. Ich stimme Ihnen völlig zu, wenn Sie sagen, dass es auch ein solches Modell geben kann. Wie Sie gesagt haben, bin ich auch der Auffassung: Wenn man das Gesetz asylfreundlich auslegt, können wir sehr viel daraus herausholen. Aber auch die japanische Verwaltungspraxis ist entscheidend. Der Spielraum wird auch in die andere Richtung ausgenutzt. Aber ich sehe schon eine neue Tendenz mindestens in der Rechtsprechung, die in Zukunft sicher auch auf die Verwaltungspraxis Einfluß nehmen wird. Sie haben auch vom Ausweisungsschutz aus humanitären Gründen gesprochen. Und in der Tat, es wird auch eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilt. Das kann man so sagen. David Capitant Zur Frage nach dem Duldungsrecht, ob eine solche Regelung in Frankreich besteht. Sie besteht nicht, das heißt, es ist keine generelle Lösung gefunden worden für die Leute, die sich illegal in Frankreich aufhalten. Deshalb muss man diese Regulierungsmaßnahmen ab und zu vornehmen, damit die Leute, die sich dort auf dem Territorium aufhalten, einen richtigen Status bekommen. Das resultiert aus den Änderungen, die Anfang der 90er Jahre in Frankreich von Innenminister Pasqua durchgeführt worden sind, und dadurch hatten sich die Fälle multipliziert, in welchen Ausländer ohne Aufenthaltserlaubnis nicht nur aus praktischen, sondern auch aus rechtlichen Gründen nicht abgeschoben werden konnten. Daher musste man dann später große Massenregulierungen vornehmen. Das heißt aber natürlich nicht, dass nur die Leute, die legal in Frankreich leben, sich auf der Straße bewegen können. Zum Beispiel hat die französische Regierung ein Programm organisiert, damit alle Leute, die sich mit irgendeinem Status in Frankreich aufhalten, auch wenn sie nicht versichert sind, ärztlich behandelt werden können. Das ist auch für die illegalen Ausländer möglich. Dasselbe gilt auch für Kinder, gleichgültig, ob man die Kinder in einer Schule einschreiben kann oder nicht. Das gilt auch

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dann, wenn die Eltern oder die Kinder illegal in Frankreich sind. Dazu haben auch die Gerichte entschieden, dass die Einschreibung in eine Schule rechtens ist, unabhängig vom Status der Eltern. Also es gibt verschiedene Regelungen bzw. eine punktuelle verwaltungsrechtliche Praxis, die hilft. Bei der Unterkunft ist das auch so. Aber ein generelles Modell im Sinne einer Duldungsregelung gibt es nicht. Paulo Mota Pinto Ich möchte sagen, dass es in Portugal schon drei außerordentliche Regulierungsverfahren für illegale Einwanderer gab, in 1992, 1996 und 2001. Es gibt aber keine allgemeine Duldung, zumindest in dem Sinne, dass es keine allgemeine Regelung über Regulierungen gibt. Aber natürlich hängt das immer von politischen Entscheidungen ab. Die übliche Kritik ist, mit diesen Verfahren würden immer Erwartungen geweckt, dass irgendwann noch eine solche Regulierung kommen werde, so dass die Leute sich nicht darum kümmerten, nur regulär einzureisen. In jeder dieser Regierungsverfahren hat der Staat gesagt, es wäre das letzte - doch war das nicht der Fall. So kann aber die illegale Einwanderung nur schwer bekämpft werden. Ich wollte noch etwas über Asylansprüche sagen. In Portugal gibt es einen Asylanspruch im Fall der politischen Verfolgung, der sogar verfassungsrechtlich verankert ist. Einfachgesetzlich ist aber der Gesetzgeber ein bisschen weitergegangen: Es gibt eine Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis auch aus humanitären Gründen zu bekommen, die aber keinen rechtlichen Anspruch begründet. Ich bin nicht so sicher, ob man nicht auch humanitären Erwägungen folgen kann, nur weil es für andere Tatbestände rechtliche Ansprüche auf Asyl gibt. Und ich möchte noch kurz eine Erwähnung zum Multikulturalismus machen, weil ich die Bemerkungen von Herrn Professor Schambeck äußerst interessant fand. Ich wollte nur sagen, dass ich aus der Werteordnung der portugiesischen Verfassung keinen Multikulturalismus entnehmen würde. Ich würde auch nicht sagen, dass uns die Toleranz zum Kulturalismus zwingt. Man kann sogar feststellen, dass dieser Multikulturalismus immer im Bereich Einwanderung eine gewisse Tendenz zur gesellschaftlichen Ghettoisierung um die Großstädte begründet. Im Gegenteil, ich würde sagen, das, was wir benötigen, sind vor allem Einbeziehungspolitiken. Adele Anzon Sie wollten etwas über die sich illegal in Italien aufhaltenden Einwanderer wissen. Also ich kenne sehr viele Einwanderer, die jetzt meistens auch in Italien bleiben wollen, die dort schon arbeiten. Diesen Leuten, auch den Illegalen, sichert das Einwanderungsgesetz einen Mindestschutz zu. Die Grundrechte der menschlichen Person werden auch anerkannt: Recht auf Rechtsschutz, Freiheit der Person und Schutz der Gesundheit, Recht auf medizinische Heilbehandlung. Aber das ist nur dieser Mindestschutz. Für mehr und weitere Rechte braucht man eine Aufenthaltserlaubnis, eine legale Einreise nach Italien. 14 Stern

Statement Schweiz* Von Walter Haller A. Ausländerstatistik B. Volksrechte und Ausländerpolitik C. Verfassungsrechtliche und völkerrechtliche Vorgaben D. Rechtliche Ausgestaltung des Ausländer- und Asylrechts

Bei der Regelung des Zuwanderungs- und Asylrechts sind wir in der Schweiz mit einer besonderen Ausgangslage konfrontiert: Einerseits ist der prozentuale Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Wohnbevölkerung im internationalen Vergleich sehr hoch, anderseits kann das Schweizer Volk mittels Volksinitiativen und Referendumsbegehren unmittelbar in den politischen Prozess eingreifen, auch gegen den Willen von Regierung und Parlament. Auf diese Besonderheiten muss kurz eingegangen werden, um die Sachzwänge zu begreifen, denen die Rechtsetzung auf diesem Gebiet unterliegt.

A. Ausländerstatistik Ende 2001 belief sich die ständige ausländische Wohnbevölkerung auf über 1,4 Millionen Menschen, was einem Ausländeranteil von 19,7% entspricht 1. Kein Mitgliedstaat der EU hat, vom Sonderfall Luxemburg abgesehen, einen vergleichbar hohen Ausländeranteil auszuweisen. Zum Vergleich: Die Ausländeranteile betrugen Ende letztes Jahr in Deutschland 9%, in Schweden knapp 6%, in Frankreich * Frau lic.iur. Tiziana Locati und Frau lic.iur. Iris Widmer danke ich für ihre Unterstützung bei der Zusammenstellung der Dokumentation. Auf eine Auseinandersetzung mit der Literatur wird verzichtet. Vgl. aus neuester Zeit statt Vieler Giorgio Malinverni, Ausländerrecht, in: Verfassungsrecht der Schweiz, herausgegeben von Daniel Thürer, Jean-François Aubert und Jörg Paul Müller, S. 979 ff. Demnächst wird in der vom Verlag Helbing & Lichtenhahn in Basel herausgegebenen Reihe „Handbücher für die Anwaltspraxis" Band 8 erscheinen, der dem Ausländerrecht gewidmet ist (Herausgeber: Peter Übersax, Peter Münch, Thomas Geiser und Martin Arnold). 1 Ausländerstatitik des Bundesamtes für Ausländerfragen, Februar 2002. Diese Ausländerstatistik umfasst die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz. Nicht berücksichtigt sind Asylbewerber, internationale Funktionäre mit ihren Familienangehörigen, Kurzaufenthalter, deren Erwerbsaufenthalt für weniger als ein Jahr bewilligt wurde, sowie Saisonniers. 14*

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und Italien sogar unter 2%. In diesen Zahlen nicht enthalten sind die anerkannten Flüchtlinge und die Asylsuchenden, insgesamt knapp 100000 Personen (d. h. ca. 1,4% der Wohnbevölkerung). Mindestens jede fünfte Person, die in der Schweiz wohnt, ist also Ausländerin oder Ausländer. Freilich ist diese Zahl zu relativieren, weil die Schweiz eine sehr restriktive Bürgerrechtsregelung kennt: Im Normalfall müssen Ausländer zwölf Jahre in der Schweiz gewohnt haben, um auf ordentlichem Weg das Schweizer Bürgerrecht zu erlangen. Im November 2001 hat die Bundesregierung dem Parlament eine Gesetzesvorlage unterbreitet, die neben der Verkürzung der Wohnsitzfrist auf acht Jahre vor allem eine erleichterte Einbürgerung von jungen, in der Schweiz aufgewachsenen Ausländern sowie einen Bürgerrechtserwerb von Personen der „dritten Ausländergeneration" von Gesetzes wegen mit der Geburt vorsieht 2.

B. Volksrechte und Ausländerpolitik Überfremdungsängste gibt es zwar auch in Ländern mit geringerem Ausländeranteil - ich denke an die deutsche Debatte über das Zuwanderungsgesetz - aber bei uns haben sie eine besonders grosse politische Sprengkraft, weil das Volk, wenn es dem Parlament Untätigkeit vorwirft oder dessen Entscheidungen missbilligt, das Zepter selbst in die Hand nehmen und rigorose Massnahmen initiieren oder von Regierung und Parlament konzipierte massvolle Lösungen zu Fall bringen kann. 100000 Stimmberechtigte können jederzeit mit einer Verfassungsinitiative verlangen, dass die Bundesverfassung ganz oder teilweise geändert werde 3. Ein Unbehagen in weiten Teilen der Bevölkerung gegenüber zunehmender „Überfremdung", das von Parlament und politischen Parteien lange Zeit zu wenig ernst genommen wurde, schuf um 1970 den Nährboden für eine Reihe von gegen die Überfremdung gerichteten Initiativen, die aber alle in Volksabstimmungen (1970, 1974, 1977) verworfen wurden. Eine weitere Volksinitiative, die u. a. vorsah, dass illegal eingereiste Asylbewerber umgehend und ohne Beschwerdemöglichkeit aus der Schweiz weggewiesen würden, erklärte das Parlament 1996 als unzulässig, weil sie gegen zwingendes Völkerrecht verstiess4. Im gleichen Jahr lehnte das Volk eine rechtlich zulässige, aber problematische Initiative gegen illegale Einwanderung ab. Ebenso erging es 2000 einer Volksinitiative, die den Anteil der ausländischen Staatsangehörigen an der Wohnbevölkerung auf 18% plafonieren wollte. Fremdenfeindliche 2 Botschaft des Bundesrates zum Bürgerrecht für junge Ausländerinnen und Ausländer und zur Revision des Bürgerrechtsgesetzes vom 21. November 2001, Bundesblatt (BB1) 2002, 1911 ff. 3 Art. 138-140, 142, 193 und 194 der Bundesverfassung (BV) der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999, Systematische Sammlung des Bundesrechts (SR) 101. 4 BB1 19961 1355.

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Volksinitiativen haben also bisher immer Schiffbruch erlitten. Indes ging von ihnen meistens eine indirekte Wirkung aus, weil sie Regierung und Parlament veranlassten, einschneidende Massnahmen zur Stabilisierung der ausländischen Wohnbevölkerung zu treffen. Zur Zeit ist eine Volksinitiative „gegen Asylrechtsmissbrauch" hängig5. Auch durch das Gesetzesreferendum kann das Volk direkt auf die Ausländerpolitik einwirken, nämlich indem mindestens 50000 Stimmberechtigte innerhalb von 100 Tagen nach Veröffentlichung eines vom Parlament beschlossenen Gesetzes eine Volksabstimmung darüber verlangen6. Das Parlament muss sich daher ständig darum bemühen, einen „referendumssicheren" Konsens zu finden. Eine Gesamtrevision des Ausländergesetzes scheiterte 1981 in einer Volksabstimmung, während ein neues Asylgesetz, gegen welches ein Referendum zustandegekommen war, 1999 die Volksabstimmung heil überstand7.

C. Verfassungsrechtliche und völkerrechtliche Vorgaben Anfangs 2000 trat in der Schweiz eine neue Bundesverfassung in Kraft, die keine eigentliche Staatsreform beinhaltete, sondern sich im Wesentlichen darauf beschränkte, das bisher geltende, durch viele Teilrevisionen unübersichtlich gewordene Verfassungsrecht vollständig, klar und verständlich darzustellen. Immerhin kommt die zunehmende Einbindung der Schweiz in die internationale Gemeinschaft klarer als bisher zum Ausdruck: Der Grundrechtskatalog ist sehr stark von internationalen Abkommen, insbesondere von der EMRK, in geringerem Ausmass auch von den beiden UNO-Menschenrechtspakten, beeinflusst. In den Allgemeinen Bestimmungen wird die Bindung an das Volkerrecht verankert (Art. 5 Abs. 4). Zwingendes Völkerrecht stellt sogar eine Schranke für Verfassungsrevisionen und damit auch für Volksinitiativen dar (Art. 139 Abs. 3, 193 Abs. 4, 194 Abs. 2). Zum zwingenden Völkerrecht gehört u. a. das Non-Refoulement-Gebot, das zusätzlich durch den Grundrechtskatalog der BV abgesichert wird. Nach Art. 25 Abs. 2 BV dürfen nämlich Flüchtlinge nicht in einen Staat ausgeschafft oder ausgeliefert werden, in dem sie verfolgt werden, und Art. 25 Abs. 3 BV schützt alle Menschen, nicht nur Flüchtlinge, in absoluter Weise vor der Ausschaffung in einen Staat, in dem ihnen Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht. Dagegen verankert die schweizerische Verfassung - anders als Art. 16a des deutschen Grundgesetzes und Art. 10 Abs. 3 der italienischen Verfassung - kein Grundrecht auf Asyl. 5 BB1 2000, 6233. Das Parlament beantragte die Ablehnung der Initiative; vgl. BB1 2002, 2744. Im November 2002 wurde die Initiative nur äusserst knapp (mit 50,1 % Nein!) abgelehnt. 6 Art. 141 Abs. 1 lit. a und b BV. 7 Asylgesetz (AsylG) vom 26. Juni 1998, SR 142.31.

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Die Schweiz hat sowohl die Genfer Flüchtlings-Konvention von 1951 wie auch das UNO-Übereinkommen gegen die Folter von 1984 und das UNO-Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989 ratifiziert. Von besonderer Bedeutung für das Ausländerrecht ist ferner das Grundrecht auf Privat- und Familienleben, das für die Schweiz schon bisher unmittelbar gestützt auf Art. 8 EMRK galt und neu ausdrücklich in der BV (Art. 13 Abs. 1) verankert wird. Das Recht auf Familienleben, bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften auch das Recht auf Privatleben, kann unter bestimmten Voraussetzungen Fernhalte- und Entfernungsmassnahmen gegen Ausländer entgegenstehen und demzufolge einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung begründen8. Auch für das Ausländerrecht von grundsätzlicher rechtsstaatlicher Bedeutung sind das Gleichbehandlungsgebot (Art. 8 Abs. 1), das Diskriminierungsverbot (Art. 8 Abs. 2) sowie der Schutz vor Willkür und die Wahrung von Treu und Glauben (Art. 9 und Art. 5 Abs. 3). Eine weitere verfassungsrechtliche Vorgabe stellt schliesslich das soziale Grundrecht auf Hilfe in Notlagen (Art. 12 BV) dar, das allen Personen in der Schweiz einen Anspruch auf das für ein Leben in Würde unerlässliche Mass an Nahrung, Kleidung, Obdach und wohl auch medizinische Grundversorgung gewährt. Auf dieses Recht können sich auch allé Ausländer berufen, unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status9.

D. Rechtliche Ausgestaltung des Ausländer- und Asylrechts Im schweizerischen Bundesstaat wird dem Bund die Kompetenz zugewiesen, über Ein- und Ausreise, Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern sowie über die Gewährung von Asyl zu legiferieren 10. Im Folgenden werden das Ausländerund das Asylrecht getrennt dargestellt.

I. Niederlassung und Aufenthalt von Ausländern Der wichtigste Erlass auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) vom 26. März 193111. Es soll demnächst durch ein neues Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer abgelöst werden 12. s Entscheid des Schweizerischen Bundesgerichts (BGE) 126 II 425; BGE 120 Ib 16. BGE 121 I 367. Vor der Verankerung in der neuen Bundesverfassung stellte das Recht auf Existenzsicherung ein ungeschriebenes, durch die bundesgerichtliche Praxis entwickeltes Verfassungsrecht dar. 10 Art. 121 Abs. 1 BV. 9

" SR 142.20. 12 Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über Ausländerinnen und Ausländer vom 8. März 2002, BB12002, 3709 ff.

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Unter welchen Voraussetzungen ist nun ein Ausländer zur Anwesenheit in der Schweiz berechtigt? Ausländer, die für mehr als drei Monate in die Schweiz übersiedeln oder die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit einreisen wollen, unterstehen einer Bewilligungspflicht 13. Die wichtigsten Bewilligungsarten sind die Aufenthaltsbewilligung und die Niederlassungsbewilligung. Die Aufenthaltsbewilligung (Bewilligung B ) 1 4 ermächtigt zum befristeten Verbleiben des Ausländers und seiner Familie in der Schweiz. Die erstmalige Erteilung ist auf maximal ein Jahr befristet; hernach kann die Bewilligung periodisch erneuert werden. Für den erwerbstätigen Ausländer wird die Aufenthaltsbewilligung mit der Erlaubnis zur Ausübung einer näher bezeichneten Arbeit in einem bestimmten Kanton verknüpft. Der Stellen- oder Berufswechsel löst eine neue Bewilligungspflicht aus, ebenso die Verlegung des Wohnsitzes in einen andern Kanton. Eine Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer sieht Höchstzahlen für diejenigen Ausländer vor, die erstmals zur Erwerbstätigkeit einreisen oder die erstmals eine Erwerbstätigkeit in der Schweiz aufnehmen 15. Die Bundesregierung legt periodisch Kontingente fest und teilt sie auf Bund und Kantone auf. Für die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung zu Lasten eines Kontingents ist die kantonale Fremdenpolizei zuständig, wobei die Erteilung einer Bewilligung (im Gegensatz zu deren Verweigerung) der Zustimmung des Bundesamtes für Ausländerfragen bedarf. Wenn ein Ausländer eine Stelle antreten will, so muss die kantonale Arbeitsmarktbehörde damit einverstanden sein. Bewilligungen zur erstmaligen Erwerbstätigkeit sowie zum Stellen- oder Berufswechsel dürfen nur erteilt werden, wenn der Arbeitgeber keine einheimische Arbeitskraft findet, die gewillt und fähig ist, die Arbeit zu den orts- und berufsüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen zu leisten. Die Niederlassungsbewilligung (Bewilligung C ) 1 6 ermächtigt zum unbefristeten Verbleiben des Ausländers und seiner Familie in der Schweiz. In der Regel wird sie nach einer Aufenthaltsdauer von zehn Jahren erteilt; oft gelten aber kürzere Fristen. So erhalten alle Angehörigen von Mitgliedstaaten der EU oder der EFTA sowie der USA schon nach einem rechtmässigen und ununterbrochen Aufenthalt von fünf Jahren auf Grund von Niederlassungsvereinbarungen oder Gegenrechtserwägungen die Niederlassungsbewilligung. 17 Diese verkürzte Frist gilt auch für den ausländischen Ehegatten eines schweizerischen Staatsangehörigen. Ca. 75% der in der Schweiz wohnhaften Ausländer besitzen eine Niederlassungsbewil13 Art. 2 ANAG. 14 Art. 5 ANAG. 15 Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer vom 6. Oktober 1986 (BVO), SR 823.21. Diese Verordnung stützt sich auf eine weit gefasste Delegationsnorm (Art. 25 Abs. 1 ANAG) und ist kein Prunkstück der schweizerischen Rechtsetzungstechnik: Für die Stellung der Ausländer zentrale Belange werden durch die Exekutive geregelt oder an die Verwaltung weiterdelegiert. 16 Art. 6 ANAG. 17 BB12002, 3750.

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ligung. Sie haben weitgehend dieselbe Rechtsstellung wie Schweizer Bürger, ausser dass ihnen die Ausübung der politischen Rechte versagt ist und sie nicht militärdienstpflichtig sind. Ausländer ohne gültige Bewilligung sind zur Ausreise verpflichtet und können aus der Schweiz weggewiesen werden. 18 Von dieser Wegweisung zu unterscheiden ist die Ausweisung. Sie kann verfügt werden gegen Ausländer, die zwar eine Bewilligung besitzen, deren Verbleiben in der Schweiz jedoch aus wichtigen Gründen, z. B. zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit, nicht mehr toleriert wird. 19 Wichtigstes Zwangsmittel zur Durchsetzung der Wegweisung und der Ausweisung ist die Ausschaffung 20. Am 1. Juni 2002 sind die bilateralen Abkommen in Kraft getreten, welche die Schweiz mit der Europäischen Union abgeschlossen hat. Eines dieser Abkommen betrifft den freien Personenverkehr. Es sieht vor, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der selbständig Erwerbenden aus dem EURaum schrittweise eingefühlt wird. Vorerst noch bestehende Kontingente werden nach fünf Jahren wegfallen, was im Ergebnis zu einer Gleichstellung von Angehörigen aus EU-Staaten mit Schweizer Bürgern hinsichtlich Niederlassung und Erwerbstätigkeit in der Schweiz führen wird. Das Abkommen wurde auf die EFTA-Staaten ausgedehnt.21 Inskünftig werden also Ein- und Ausreise sowie Aufenthalt von Ausländern, die aus EU- oder EFTA-Staaten stammen, vor allem durch das Freizügigkeitsabkommen geregelt. Das in Vorbereitung befindliche neue Ausländergesetz wird daher im Wesentlichen nur für andere Ausländerinnen und Ausländer, sog. Drittstaatsangehörige, gelten; auf Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der EU bzw. der EFTA soll es nur subsidiär Anwendung finden, nämlich soweit das Freizügigkeitsabkommen keine abweichenden Bestimmungen enthält. Es gilt somit ein duales Zulassungssystem: weitgehende Freizügigkeit im Verhältnis zur EU, während die Zulassung von Arbeitskräften ausserhalb der EU- und der EFTA-Mitgliedstaaten im Gesetzesentwurf eingeschränkt wird auf dringend benötigte und gut qualifizierte Arbeitskräfte, deren langfristige berufliche und soziale Integration im Hinblick auf Ausbildungsstand, Alter, Sprachkenntnisse und andere Faktoren gesichert erscheint22. Von einem „Punktesystem" wird im Interesse der Flexibilität bewusst abgesehen. Ausnahmen von den strengen Zulassungsvorschriften sind allerdings möglich, etwa aus wichtigen humanitären Gründen, zur Aus- und Weiterbildung, ferner im Interesse des wissenschaftlichen und kulturellen Austauschs sowie des Sports. Anderseits wird eine Verbesserung der Rechtsstellung und der Integration 18 Art. 12 ANAG. 19 Art. 10 ANAG. 20 Art. 14 ANAG. 21 In einem zweiten bilateralen Vertragszyklus wird mit der EU über den Einbezug der Schweiz in die Abkommen von Schengen und Dublin verhandelt. 22 Art. 23 des Entwurfs.

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der rechtmäßig und dauerhaft anwesenden ausländischen Staatsangehörigen angestrebt. Haben sie einmal die relativ hohe „Einstiegshürde" überwunden, so wird ihnen eine gegenüber heute erhöhte Mobilität eingeräumt. Vorgesehen sind insbesondere Erleichterungen beim Kantons-, Berufs- und Stellenwechsel sowie die Möglichkeit des Familiennachzugs auch für sog. Kurzaufenthalter sowie Personen in Ausbildung. Missbräuchen und Umgehungen des Ausländerrechts soll indes mit wirksameren Sanktionen begegnet werden können. Glücklicherweise werden die Saisonnierbewilligungen bald ganz der Vergangenheit angehören. Sie dienten dazu, billige Arbeitskräfte während maximal neun Monaten jährlich in sogenannten Saisonbetrieben (z. B. im Hotel- und Gastgewerbe, der Landwirtschaft und im Bausektor) zu beschäftigen, ohne dass deren Familienangehörige einreisen durften. Dagegen ist die Grenzgängerbewilligung für Ausländer mit Wohnsitz im grenznahen Ausland, die eine Erwerbstätigkeit in einer Grenzzone der Schweiz ausüben, auch im neuen Ausländergesetz vorgesehen23.

II. Asylrecht Das Asylgesetz datiert aus dem Jahr 199824. Es baut auf den Grundgedanken der Genfer Flüchtlingskonvention auf, brachte allerdings gegenüber dem früheren Asylgesetz eine Verschärfung, um eine wirksamere Bekämpfung von Missbräuchen des Asylrechts zu ermöglichen. Asyl wird Flüchtlingen gewährt. Als Flüchtlinge anerkannt werden „Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden" 25 . Bei der Interpretation des Flüchtlingsbegriffs ist auch den „frauenspezifischen Fluchtgründen" Rechnung zu tragen 26. Der Gesuchsteller „muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen"27. Selbst wenn diese gegeben ist, erhält er in der Schweiz kein Asyl, wenn Asylausschlussgründe vorliegen, z. B. wenn er sich vor seiner Einreise einige Zeit (in der Regel mindestens 20 Tage) in einem Drittstaat aufgehalten hat, in den er zurückkehren kann, oder wenn er die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz verletzt oder gefährdet.

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Art. 34 des Entwurfs. 24 Vgl. Anm. 280. 25 Art. 3 Abs. 1 AsylG. 26 Art. 3 Abs. 2 Satz 2 AsylG. 27 Art. 7 Abs. 1 AsylG.

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Das Asylverfahren wird eingeleitet durch die Einreichung eines Asylgesuchs, das z. B. bei der Einreise am Flughafen gestellt wird. Der Bewerber wird einer Empfangsstelle zugewiesen, die erste Abklärungen trifft. In gewissen Fällen, etwa wenn die Weiterreise in einen Drittstaat zulässig, zumutbar und möglich ist, erfolgt eine sofortige Wegweisung. Ansonsten wird der Bewerber einem Kanton zugeteilt, der ein Anhörungsverfahren durchzuführen hat. Aufgabe des Verfahrens ist es, unter den zahlreichen Asylsuchenden jene zu erkennen, die unter den Flüchtlingsbegriff fallen und Anspruch auf Schutz haben. Viele Gesuchsteller sind nicht dieser Kategorie zuzurechnen, sondern versuchen ihren Wunsch, in der Schweiz arbeiten zu können, über den Weg des Asylverfahrens zu erreichen, weil sie kaum Aussicht auf Erteilung einer normalen Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung haben. Damit wird das Asylgesetz zum „verkappten Migrationsgesetz" 28. Die Behörden sind bestrebt, die Verfahren gegen solche „Wirtschaftsflüchtlinge" möglichst rasch zu Ende zu führen und den Vollzug der Wegweisung durchzusetzen. Eine häufige Verfahrenserschwernis bildet dabei der Umstand, dass manche Gesuchsteller keine Reisepapiere bei sich haben und die Behörden über ihre Nationalität und Identität zu täuschen versuchen. Verfügungen des Bundesamtes für Flüchtlinge betreffend Verweigerung des Asyls oder Wegweisung können bei einem Spezialverwaltungsgericht, der Asylrekurskommission, angefochten werden 29. In gewissen Fällen ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig oder nicht möglich, z. B. weil das völkerrechtliche Verbot der Rückschiebung in einen „Folterstaat" eine solche Massnahme ausschliesst oder weil der Ausländer oder die Ausländerin weder in den Herkunfts- oder Heimatstaat noch in einen Drittstaat ausreisen kann. In solchen Fällen ordnet das Bundesamt für Flüchtlinge eine vorläufige Aufnahme an 30 . Eine vorläufige Aufnahme kann auch verfügt werden, wenn vier Jahre nach Einreichung des Asylgesuchs noch kein rechtskräftiger Entscheid vorliegt und eine schwerwiegende persönliche Notlage besteht31. Die Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung gegenüber abgewiesenen Asylbewerbern bereit den Behörden in zunehmendem Mass Schwierigkeiten. Um die Durchführung einer Wegweisung praktisch sicherzustellen, kann der Ausländer unter gesetzlich näher umschriebenen Voraussetzungen, namentlich bei Verschleierung der Identität oder Verfolgung wegen strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben in Haft genommen werden 32. Der Entwurf zum neuen Ausländergesetz33 sieht als zusätzlichen Haftgrund die Ausschaffungshaft nach Beschaffung der Reisepapiere durch die Behörden vor. Damit soll verhindert werden, dass Personen 28 Diese prägnante Formel verwendete die schweizerische Justizministerin Ruth Metzler in einem Vortrag. 29 Art. 104 ff. AsylG. 30 Art. 14a ANAG.

31 Art. 44 Abs. 3 AsylG. 32 Art. 13a und 13b ANAG. 33 Art. 74 des Entwurfs.

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untertauchen, nachdem die staatlichen Organe die für eine Ausreise notwendigen Papiere für sie beschaffen mussten. Eine wichtige Neuerung des Asylgesetzes besteht darin, dass Gruppen von Schutzbedürftigen ohne aufwendige Einzelverfahren vorübergehend aufgenommen werden können, ohne dass ihnen der Status von Flüchtlingen verliehen wird 34 . Gedacht wurde dabei vor allem an Kriegsvertriebene. Die Bundesregierung trifft von Fall zu Fall den Grundsatzentscheid, ob und wie vielen Personen aus einem Kriegsgebiet vorübergehend Schutz gewährt wird. Sobald es die Lage zulässt, müssen die Betreffenden in ihren Heimat- oder Herkunftsstaat zurückkehren. Zwischen Anfang 1998 und August 1999 fanden über 50.000 Menschen aus dem Kosovo in der Schweiz Zuflucht. Wichtig ist auch die in neuerer Zeit wiederholt praktizierte Rückkehrhilfe: Zur Erleichterung der Rückkehr sowie zur Wiedereingliederung von Asyl- und Schutzsuchenden im Heimatstaat finanziert die Schweiz Projekte, z. B. Beratungsstellen und Ausbildungsgänge, die dem Zweck dienen, die Reintegrationschancen der Betroffenen in ihrem Herkunftsland zu erhöhen und sie zu einer Rückkehr zu motivieren. Solche Programme wurden z. B. für vorübergehend aufgenommene Schutzbedürftige aus Bosnien/Herzegowina und später aus dem Kosovo durchgeführt. Ebenfalls wichtig ist die sog. Hilfe vor Ort, die darin besteht, dass die Schweiz in Kriegs- und Katastrophengebieten im Ausland humanitäre Hilfe für die notleidende Bevölkerung leistet und auch entsprechende internationale Aktionen unterstützt. Diese Hilfe vor Ort spricht m.E. ein Hauptproblem an, mit dem alle Einwanderungsstaaten konfrontiert sind: Es geht darum, in Zusammenarbeit mit andern Staaten nachhaltig wirksame Massnahmen zur Eindämmung der Ursachen unfreiwilliger Migration zu ergreifen oder - mit den Worten der schweizerischen Bundesregierung 35: „Die wirksamste Migrationsaussenpolitik ist diejenige, die sich nicht an der Minderung der Immigration orientiert, sondern am Abbau der Ursachen von notgedrungener und erzwungener Migration".

34 Art. 4 und 66 ff. AsylG. 35 Botschaft Ausländergesetz, BB12002, 3730.

Statement Niederlande Von Piet Voncken Sehr geehrte Damen und Herren, aus den Referaten dieser Tagung tritt deutlich hervor, dass die Einwanderungsfrage für den modernen Staat ein großes Problem darstellt. Dass Einwanderung - zwar auf Dauer gesehen - dem Staat eine Herausforderung für eine günstige Entwicklung bietet, ist auch wahr. Der niederländische Staat wäre ohne die Immigration nicht geworden, was er ist. Seit der Gründung, nein, schon bei der Gründung der Niederlande spielten Migranten eine wichtige Rolle. Der Rebellenführer beim Aufstand gegen die spanische Herrschaft war ein Migrant, ein deutscher Prinz. Das siebzehnte Jahrhundert wäre für die junge niederländische Republik kein goldenes Jahrhundert geworden ohne die deutschen, flämischen, französischen, portugiesischen Flüchtlinge. Arbeitsuchende und politische Flüchtlinge haben das jetzige Aussehen der Niederlande stark mitgeprägt. Ich möchte Ihnen einen Einblick in die Rechtsgrundlagen des heutigen niederländischen Ausländerrechts anhand des neuen niederländischen Ausländergesetzes bieten, das am 1. April 2001 in Kraft getreten ist. Dieser Einblick erfolgt vom Blickwinkel eines Richters an einem niederländischen Gericht der ersten Instanz. In dieser Weise kann ich Ihnen auch zeigen, mit welchen Problemen die niederländische gesetzgebende Gewalt konfrontiert wurde und wird, und ferner, in welcher Weise versucht wurde, diese Probleme im neuen Gesetz zu lösen. Die Rechtsgrundlagen werde ich dabei streifen und die prozeduralen Maßnahmen akzentuieren. In dieser Zeit, in der man in vielen Staaten an eine wesentliche Verschärfung der Asylpolitik denkt oder sogar daran arbeitet, werden in den Niederlanden die Folgen einer Änderung des Ausländergesetzes deutlich, die sich eigentlich auf prozedurale Maßnahmen beschränkt hat. Das niederländische Grundgesetz überlässt die Zulassung und Ausweisung der Ausländer dem Gesetz. Anders als in Deutschland ist das Asylrecht nicht ausdrücklich als ein Grundrecht in der Verfassung formuliert, sondern es wird im Ausländergesetz unter Berücksichtigung internationaler Verträge konkretisiert. Dies hatte nicht den gleichen Einfluss wie in Japan, da die gerichtliche Praxis unmittel-

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bar - und streng - anhand der Flüchtlingskonvention und anderer Verträge prüft, und zwar mit einer ähnlichen Auswirkung wie in Deutschland. Das neue niederländische Ausländergesetz hat nichts an der Zulassungspolitik geändert. Die Niederlande führen eine zurückhaltende Zulassungspolitik. Das heißt, dass auch in Zukunft ein Ausländer nur dann mit einem rechtmäßigen Aufenthalt in den Niederlanden rechnen kann, wenn - eine internationale Verpflichtung, - ein wesentliches nationales Interesse oder - zwingende Gründe humanitärer Art dazu Anlass geben. Das Gesetz unterscheidet zwischen regulärem Aufenthaltsrecht und Asylrecht. Diese Abgrenzung entspricht, wie Sie sehen werden, nicht ganz jener des deutschen Rechts. Zuerst und nur ganz kurz will ich das reguläre Aufenthaltsrecht eingehen: Wenn einem Ausländer aus regulären Gründen Aufenthalt in den Niederlanden zugestanden wird, bekommt er eine Aufenthaltsgenehmigung prinzipiell nur auf Zeit und unter Bedingungen und Beschränkungen. Nach einem Aufenthalt von mindestens fünf Jahren ist eine Genehmigung auf unbeschränkte Zeit möglich. Die letztgenannte Genehmigung ist nur unter bestimmten Bedingungen abzuweisen, z. B. wenn der Ausländer nicht über genügend Mittel verfügt, um für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, oder wenn er eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt oder wegen seiner schweren strafrechtlichen Vergangenheit. Ich will mich weiter aber auf das niederländische Asylrecht konzentrieren. Es gab große Probleme zu bewältigen betreffend die Verstopfung der Verfahren. Und der wichtigste Anlass, um ein neues Gesetz zu schaffen, war die Absicht, diese Probleme konkret zu lösen. Das Asylverfahren hatte schwer „unter Verstopfung" zu leiden. Das war ein Grund für Menschenrechtsorganisationen, aber auch für den niederländischen Ombudsmann, den Justizminister zu rügen. Die Politik betrachtete es als eine ihrer wichtigsten Aufgaben, die Zahl der Gerichtsverfahren zu verringern. Die Zahl der Verfahren wurde nicht nur durch die große Menge der Asylanten verursacht, sondern auch durch das Rechtsschutzsystem. Dies zu erklären erfordert, dass ich das System der Zulassungsgründe im Asylrecht, also eine wichtige Rechtsgrundlage des niederländischen Ausländerrechts, behandle. Eine Aufenthaltsgenehmigung wird für drei Jahre erteilt und kann nach dieser beschränkten Zeit in eine zeitlich unbeschränkte Aufenthaltsgenehmigung umgesetzt werden, wenn der Antragsteller dann immer noch den Schutz der Niederlande braucht.

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Es gibt vier wichtige Gründe zur Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, wovon die zwei ersten unmittelbar aus dem internationalen Recht stammen. Bei der Behandlung eines Asylantrags muss die Verwaltung theoretisch immer der Reihe nach diese vier Gründe untersuchen, auch wenn sie im konkreten Fall von Anfang an dazu neigt, eine Aufenthaltsgenehmigung wegen des letzten Grundes zu erteilen. Der erste Zulassungsgrund verlangt, dass der Antragsteller ein Flüchtling im Sinne der Flüchtlingskonvention ist. Den Begriff „Flüchtling" definiert das Gesetz nicht, sondern es verweist auf die Konvention. Der zweite Zulassungsgrund hängt mit Artikel 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten zusammen: Der Antragsteller muss glaubhaft machen, dass er triftige Gründe hat anzunehmen, dass bei Ausweisung ein reelles Risiko auf Folterungen, unmenschliche Behandlung oder Bestrafung besteht. Wie auch in diesen Tagen nachdrücklich vertreten wurde, gilt im deutschen Recht die Bedingung, dass Verfolgung durch Dritte nur dann einen Asylanspruch begründen kann, wenn sie dem Staat zuzurechnen ist. Nach niederländischem Recht gibt es auch im Falle von Verfolgung durch Dritte einen Asylanspruch, wenn der Ausländer keine Möglichkeit hatte, eine Obrigkeit um Schutz zu bitten oder dies vergebens getan hat. Es sieht so aus, als würde damit die Interpretation des Begriffs „Flüchtling" im deutschen Recht strenger sein als in den Niederlanden. Trotzdem hat die niederländische Rechtseinheitskammer entschieden, dass dieser Unterschied in der Asylpolitik zu wenig relevant ist, um trotz des Dubliner Abkommens einen Asylantrag zu behandeln, nachdem eine Antragsprozedur in Deutschland erfolglos beendet war. Die Rechtseinheitskammer hat den Unterschied also nicht so aufgefasst, dass eine wesentlich andere Einschätzung der Sicherheitslage im Herkunftsland erfolgte. Die zwei nächsten Zulassungsgründe kommen nicht unmittelbar aus internationalen Verpflichtungen. Sie spielen aber im internationalen Recht und auch in anderen Staaten eine Rolle. Die Zulassung als Asylant ist nämlich auch dann geboten, wenn es aus Gründen humanitärer Art, die mit den Gründen der Abreise aus dem Herkunftsland zusammenhängen, vom Asylanten nicht zu fordern wäre, dass er in sein Land zurückkehrt. Als bitteres Beispiel hierfür sind die Vertriebenen aus Srebrenica zu nennen. Und schließlich ist eine Zulassung für die Personen möglich, deren Rückkehr in ihr Herkunftsland wegen der allgemeinen Lage in jenem Land eine besondere Härte darstellen würde. Zu denken wäre bei diesem Grund an Flüchtlinge aus Sierra Leone, aus Afghanistan, und an jene Iraker, die in einem anderen Teil ihres Landes keine Aufenthaltsalternative finden würden.

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Was haben diese vier wichtigen Pfeiler für die Aufenthaltsgenehmigung im Asylrecht mit der großen Zahl der Gerichtsverfahren zu tun? Für jeden der vier genannten Zulassungsgründe gab es verschiedene Aufenthaltsgenehmigungen mit jeweils verschiedenen rechtlichen Folgen, zum Beispiel zeitlich, bei Ansprüchen auf Gesundheitspflege oder auf sozialrechtliche Unterstützung. Und viele Gerichtsverfahren entstanden nun gerade dadurch, dass der Antragsteller - trotz Erhalt einer Aufenthaltsgenehmigung - versuchte, eine bessere rechtliche Position zu erreichen. Im neuen Recht vereinfachte man deshalb das System der Aufenthaltsgenehmigungen. Der Unterschied in Zuweisungsgründe ist der gleiche geblieben, aber der Unterschied in den rechtlichen Folgen verringerte sich oder ist gar nicht mehr vorhanden. Bei Erhalt einer Aufenthaltsgenehmigung besteht nach dem niederländischen Verwaltungsrecht für den Antragsteller kein wesentliches direktes Interesse mehr, über den Grund der Zuweisung weiter zu prozessieren. Denn um zu prozessieren ist eine unmittelbar auftretende Rechtsfolge unbedingt erforderlich. Dieses direkte Interesse und diese unmittelbar auftretende Rechtsfolge entstehen aber erst in dem Moment, in dem die Genehmigung zurückgezogen wird. Es könnte für den Ausländer dann wichtig sein zu beweisen, dass ein anderer Zulassungsgrund zutreffender gewesen wäre, um damit länger oder gar für unbestimmte Zeit im Land bleiben zu können. Ich persönlich bin der Meinung, dass der Rückgang in der Zahl der Gerichtsverfahren darum nur vorübergehend sein könnte, und dass die Prozesse gegen die Beendigung der Aufenthaltsgenehmigung mit der Zeit zunehmen werden. Aber es wird deutlich, dass der Asylant hierdurch wegen der fortschreitenden Zeit in eine schwierige Beweislage gerät. Die generelle Einführung einer aufhebenden Wirkung (u. a.) im Falle eines Gerichtsverfahrens ist die zweite Maßnahme, um die Zahl der Gerichtsverfahren zu verringern. Eine Abweisung der Aufenthaltsgenehmigung führt im neuen Gesetz von Rechts wegen zur Beendigung der Aufnahme und liefert einen Rechtstitel zur Abschiebung, wenn der Abgewiesene nicht selbständig das Land verlässt. In diesem Phänomen der mehrumfassenden Entscheidung werden alle Folgen der Abweisung zusammen mit der Abweisung - anders als es früher der Fall war - im selben Gerichtsverfahren dem Richter zur Beurteilung vorgelegt. In diesem Zusammenhang ist noch eine gesetzliche Maßnahme zu nennen, die schon unter dem alten Gesetz durchgeführt wurde: Wer nicht rechtmäßig im Land verbleibt, dem werden jegliche Ansprüche auf soziale Unterstützung, Gesundheitspflege usw. untersagt. Die Folge ist aber, dass die Abgelehnten nicht immer auf offiziellen Wegen aus dem Boot steigen, sondern noch mehr in die Illegalität untertauchen. Vorgeschrieben ist jetzt auch, dass das Gericht bei der Beurteilung der Berufung in Asylfragen im Prinzip auch Fakten und Umstände mitbeurteilen muss, die erst

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nach dem Zustandekommen des Entscheids aufgekommen sind. Mit dieser Ausweitung der Beurteilungsaufgabe des Richters, die im niederländischen Verwaltungsrecht eine große, spektakuläre Ausnahme ist, kann wiederholtes Prozessieren verhindert werden. Sie ist aber nur dann möglich, wenn die neuen Fakten und Umstände für Abweisung oder Zuweisung einer Aufenthaltsgenehmigung Relevanz haben können. Wenn für den Asylanten im Laufe des Asylverfahrens ein regulärer Zulassungsgrund in Frage kommt, dann ist das für die Beurteilung des Asylantrags und dessen Abweisung nicht wichtig. Das Gericht darf diese Tatsache in der Beurteilung nicht mitberücksichtigen. Neue Fakten oder neue Umstände darf der Richter nach neuester Auffassung des höchsten Asylrichters auch nicht mitberücksichtigen, wenn die Parteien diese Fakten oder Umstände nicht selbst angetragen haben und der Richter selbständig darauf gekommen ist. Das letztere betrachte ich als eine unbefriedigende Verschärfung. Mit allen diesen Änderungen in der Prozedur wäre ein Ziel, die Abnahme der Gerichtsverfahren, erreicht. Die Verkürzung der Prozedur vom Antrag bis zur gerichtlichen Entscheidung war auch ein Ziel. Dies zu erreichen war schwieriger - wegen des Drucks, nun endlich auch im Ausländerrecht einen Rechtsweg in zwei Instanzen zu schaffen. Das Problem löste man durch Abschaffung der Beschwerdenprozedur zusammen mit der Einführung der zweiten Instanz, dem Staatsrat. Berufung zu dieser Instanz ist aber nur in sehr beschränktem Maße möglich. Ferner stehen dem Staatsrat Mittel zur Verfügung, um kurz - ohne Formulierung der Gründe - ein Urteil des ersten Richters zu bestätigen, und zwar in Fällen, in denen keine Fragen gestellt werden, die im Interesse der Rechtseinheit, der Rechtsentwicklung oder des Rechtsschutzes im allgemeinen Sinne beantwortet werden müssen. Diese Beschränkung ist u. a. in der Wissenschaft sehr umstritten. Auch die Rechtsprechung in zweiter Instanz trägt zu einer Abnahme der Antragsprozedur und der Gerichtsverfahren bei. Sehr kurz nach seinem Antritt als Asylrichter hat der Staatsrat entschieden, dass sich der Überprüfungsumfang des Asylrichters - so wie in der restlichen Verwaltungsrechtsprechung - bei einem wiederholten Antrag, einer Revisionsprozedur, auf die Frage beschränken soll, ob der Antragsteller neue Tatsachen vorbringen kann, die den Minister zur erneuten Erwägung des ersten Beschlusses veranlassen müssten. Es zeigt sich, dass viele Tatsachen, die in einem Revisionsantrag vorgebracht werden, dieser Forderung nicht genügen können. Vorher war die Verwaltung und auch der Asylrichter dazu geneigt, diesen Revisionsantrag zu benutzen, um zu untersuchen, ob ein neuer Zulassungsgrund vorhanden sein könnte. Gerade vor einer Woche sind Zahlen bekannt geworden, die darauf hinweisen, dass die Asylanträge und die Gerichtsverfahren stark zurückgehen. Auch wird deutlich, dass die Gerichtsverfahren eine kürzere Laufzeit haben. 15 Stern

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Sind das alles Folgen der neuen Gesetzgebung? Die Politische Meinung sagt einerseits, dass dies der Fall sei, will aber - im Zuge des Zeitgeists und als Ergebnis des letzten Wahlgangs - eine noch schärfere Gesetzgebung. Die jetzt laufenden Verhandlungen zur Regierungsbildung bezeugen das. Letztes Verhandlungsresultat ist, dass Maßnahmen durchgeführt werden sollen, um die tatsächliche Aussetzung des Illegalen verwirklichen zu können. Man scheint nicht lernen zu wollen. Denn Maßnahmen solcher Art scheiterten immer, weil die Mitwirkung anderer Länder fehlt. Schlimmer noch, man spricht davon, Verträge zu kündigen, um danach die gesetzlichen Maßnahmen verschärfen zu können. Ich habe Ihnen in fünfzehn Minuten nur einen unvollkommenen und oberflächlichen Einblick bieten können. Vieles bleibt unbesprochen, aber ich hoffe, dass ich Ihnen hiermit einen kleinen, aber interessanten Eindruck von den Entwicklungen in der niederländischen Ausländergesetzgebung gegeben habe.

* * *

Klaus Stern Vielen Dank, Herr Kollege Voncken. Sie haben uns nicht nur einen kleinen Einblick, sondern einen sehr guten Überblick über die Rechtslage in Ihrem Heimatland gegeben. Erlauben Sie, da Sie weg müssen, eine kleine Frage meinerseits: Gibt es irgendeine privilegierte Zuwanderungsmöglichkeit für diejenigen, die aus Ihren früheren Kolonien, also z. B. dem heutigen Indonesien, nach Holland kommen wollen. Piet Voncken Nein, die gibt es nicht mehr. Es hat sie gegeben für die ehemaligen Einwohner der jetzigen Republik Indonesien, dem ehemaligen Niederländischen-Indien, die als Soldaten im Dienst des Königreiches gedient hatten, und deren Angehörigen. Sie sind als Staatenlose in den 50er Jahren zugelassen worden. Bei der Unabhängigkeitserklärung der Republik Surinam 1975 gab es aufgrund eines Abkommens zwischen den Niederlanden und Surinam für die Dauer von fünf Jahren eine leichtere Zulassungsmöglichkeit. Jetzt gilt auch für Indonesier und Surinamer die restriktive Zulassungspolitik wie sie auch für andere Ausländer gilt. Das Staatsbürgerrecht ist für Bürger der Niederlande, Arubas und der niederländischen Antillen (Inseln, die Ausländer vielleicht noch als unsere Kolonien betrachten) gleich.

Statement Polen Von Miroslaw Wyrzykowski A. Status des Ausländers in der Verfassung B. Die Rechtsstellung der Ausländer in Polen - der Begriff des Ausländers C. Allgemeine Charakteristik des Ausländergesetzes D. Wesentliche Änderung des Ausländerrechts durch die Novellierung im Jahre 2001 E. Die Anwendungspraxis des Ausländergesetzes F. Fazit

A. Status des Ausländers in der Verfassung Die Ausländerproblematik war in den polnischen Verfassungen des 20. Jahrhunderts nicht geregelt. Erst die geltende Verfassung vom 2. April 1997 regelt diese Problematik, sie tut es aber in einem ziemlich beschränkten Umfang. Erstens: Der Ausländer genießt die in der Verfassung gewährten Freiheiten und Rechte, wenn er unter der Gewalt der Republik Polen steht (Art. 37 Abs. 1 der Verfassung). Über die eigenen Bürger und die Ausländer, die sich auf dem Gebiet Polens aufhalten, erstreckt sich sowohl die Personal- als auch die Gebietshoheit des Staates. Zweitens: Die Garantie der Freiheiten und Rechte für Ausländer ist wegen ihres Verhältnisses zum polnischen Staat beschränkt. Der Ausländer ist beschränkt in der Wahrnehmung von Rechten und Freiheiten, welche für die polnischen Bürger vorbehalten sind (politische, persönliche und soziale Rechte und Freiheiten). Es gilt mithin der Grundsatz der Achtung der Menschenwürde, der Nichtdiskriminierung sowie der Grundsatz einer engen Auslegung der gesetzlichen Ausnahmen vom Grundsatz der Wahrnehmung von Freiheiten und Rechten. Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung bleibt außerdem im besprochenen Umfang in Verbindung mit dem Grundsatz der Gegenseitigkeit. Eine genaue Bestimmung der Rechtsstellung eines Ausländers ist also erst nach der Feststellung möglich, in welchem Umfang der Gegenseitigkeitsgrundsatz angewendet werden kann, d. h. nach der Feststellung, ob die geltenden rechtlichen Regelungen im Staat des jeweiligen Ausländers auf den polnischen Bürger angewendet werden. Drittens: Art. 37 der Verfassung regelt zwar die Rechte und Freiheiten, doch man muss auch auf die Pflichten hinweisen, welche den Ausländern durch die Verfassung auferlegt werden. In Bezug auf die Ausländer kommen praktisch drei Pflichten in Frage: 1. die Pflicht zur Einhaltung des Rechts der Republik Polen; 1*

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2. die Pflicht, öffentliche Lasten und Leistungen zu tragen, darunter die gesetzlich bestimmten Steuern; 3. die Pflicht, für den Zustand der Umwelt zu sorgen und für die selbst verursachten Verschlechterungen im gesetzlich bestimmten Umfang zu haften. Die zweite Gruppe der verfassungsrechtlichen Regelungen hinsichtlich der Rechtsstellung des Ausländers betrifft das Asylrecht und die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus. Das Asylrecht betrifft ausschließlich Ausländer (Staatsbürger eines bestimmten Staates oder Staatenlose) und sein Zuerkennen liegt im Ermessen der polnischen öffentlichen Gewalt sowohl im Inland (territoriales Asyl) als auch im Ausland (Konsular- oder diplomatischer Dienst, diplomatisches Asyl). Das Asylrecht wird einer aus politischen oder rassistischen Gründen verfolgten Person gewährt. Das Asylrecht ist ausgeschlossen, wenn der Asylbewerber in einem anderen Staat ein gewöhnliches Verbrechen, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat. Die Verfassung legt die Voraussetzungen für das Asylrecht nicht fest, doch die heutzutage allgemein anerkannten Regelungen sind in den entsprechenden Gesetzen enthalten. Während die Verfassung die Voraussetzungen für das Asylrecht nicht regelt, hängt die Erkennung des Flüchtlingsstatus von der verfassungsrechtlichen Bedingung der Suche nach dem Schutze vor Verfolgung ab; dieses Recht ist zugleich verstärkt durch die Bindung Polens an völkerrechtliche Verträge, welche die Rechtsstellung der Flüchtlinge regeln. Das dritte Problem hängt damit zusammen, dass das Recht auf die Einlegung der Verfassungsbeschwerde für die Gewährung des Asylrechts und die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus ausgeschlossen wurde. Von jedem, dessen in der Verfassung verankerten Rechte oder Freiheiten verletzt wurden, kann beim Verfassungsgericht die - ihrem Umfang nach eher enge - Verfassungsbeschwerde hinsichtlich der Verfassungskonformität eines Gesetzes oder eines anderen normativen Aktes erhoben werden, auf dessen Grundlage ein Gericht oder ein Organ der öffentlichen Verwaltung über seine Freiheiten oder Rechte oder über die in der Verfassung verankerten Pflichten rechtskräftig urteilte (Art. 79 der Verfassung). Die polnische Verfassungsbeschwerde ist, z. B. im Gegensatz zu der deutschen Konstruktion, eine Art abstrakte Kontrolle, die in einem konkreten Falle (je nach dem verletzten Rechtsgut) von einer natürlichen oder juristischen Person in Gang gesetzt wird. Und auch dieses sehr eng bestimmte Recht auf Einlegung der Verfassungsbeschwerde wird für das Asylrecht und den Flüchtlingsstatus ausgeschlossen. Das vierte Problem, das für die Ausländer eine Garantiefunktion hat, hängt mit der Stellung des Völkerrechts in der inländischen Rechtsordnung zusammen. Dies ist umso wesentlicher, als die rechtlichen Regelungen betreffend die Ausländer sowohl in innerstaatlichen Rechtsakten als auch in internationalen Verträgen enthalten sind. Gemäß Art. 92 Abs. 2 der Verfassung hat ein mit vorhergehender Zustimmung ratifizierter internationaler Vertrag Vorrang vor einem Gesetz, falls sich dieses Gesetz nicht mit dem Vertrag vereinbaren lässt. Die durch die sog. qualifizierte Ratifizierung, d. h. mit vorhergehender durch ein Gesetz ausgedrückter Zustim-

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mung, ratifizierten Verträge betreffen u. a. folgende Angelegenheiten: Freiheiten, Rechte oder bürgerliche Pflichten, die in der Verfassung bestimmt sind, Angelegenheiten, die in einem Gesetz geregelt sind oder für diese die Verfassung ein Gesetz verlangt (Art. 89 Abs. 1 Ziffern 2 und 5 der Verfassung). Völkerrechtliche Verträge, die bisher von der Republik auf der Grundlage der während ihrer Ratifizierung geltenden Verfassungsbestimmungen ratifiziert und im Dziennik Ustaw (Dz.U.; im polnischen Verkündungsblatt) verkündet wurden, gelten - gemäß den Übergangsvorschriften der Verfassung - als nach vorhergehender, in einem Gesetz ausgedrückter Zustimmung ratifizierte Verträge, und sie werden vorrangig vor einem Gesetz angewendet, wenn das Gesetz mit der Verfassung nicht zu vereinbaren ist und sich aus dessen Inhalt ergibt, dass es die oben genannten Angelegenheiten betrifft.

B. Die Rechtsstellung der Ausländer in Polen der Begriff des Ausländers Die erste gesetzliche Regelung der Ausländerproblematik im modernen polnischen Staat erfolgte durch den Erlass der Verordnung des Präsidenten der Republik Polen vom 13. August 1926 über die Ausländer (Dz.U. Nr. 83, Pos. 456 und Dz.U. 1973 Nr. 11, Pos. 83 - eine solche Verordnung hatte Gesetzeskraft). Als Ausländer wurde jeder bezeichnet, der nicht polnischer Staatsbürger war (negative Definition). Ähnlich definierte dies das Ausländergesetz aus dem Jahre 1973 (Gesetzestext in der neuesten Fassung: Dz.U. 1992 Nr. 7, Pos. 30 mit Änderungen); demnach war Ausländer „jeder, der die polnische Staatsangehörigkeit nicht besitzt". Auch das geltende Gesetz über die Ausländer vom 25. Juni 1997 (Dz.U. 114, Pos. 739 mit Änderungen), das durch das Gesetz vom 11. April 2001 über die Änderung des Ausländergesetzes und anderer Gesetze (Dz.U. 2001, Nr. 42, Pos. 475) grundlegend novelliert wurde, wiederholt die vorher geltende Definition: „Ausländer ist jeder, der die polnische Staatsangehörigkeit nicht besitzt." Charakteristisch für die polnische Regelung ist der Gebrauch des Begriffs „Ausländer" für die legislativen Bedürfnisse. Dies resultiert aus der historisch langen - auf 1920 zurückgehenden - Rechtskonstruktion des Ausländers für die Beschränkung des Grundstückserwerbs für Nicht-Polen. Ausländer im Sinne des Gesetzes vom 14. März 1920, das zuletzt im Jahre 2001 novelliert wurde, ist: 1. eine natürliche Person, die nicht die polnische Staatsangehörigkeit besitzt, 2. eine natürliche Person, die ihren Sitz im Ausland hat, 3. eine Gesellschaft der natürlichen Personen ohne Rechtspersönlichkeit oder eine Gesellschaft juristischer Personen mit Sitz im Ausland, 4. eine juristische Person und eine Handelsgesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die ihren Sitz auf dem Gebiet der Republik Polen haben und von in Ziff. 1 - 3 genannten Personen oder Gesellschaften unmittelbar oder mittelbar kontrolliert

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werden. Zum Erwerb eines Grundstücks bedürfen diese Personen der Genehmigung vom Minister des Inneren im Einvernehmen mit dem Minister für Nationale Verteidigung. In den durch das Gesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Ausländer bestimmten Fällen ist die Genehmigung jedoch nicht erforderlich.

C. Allgemeine Charakteristik des Ausländergesetzes Das 2001 grundlegend novellierte Ausländergesetz ist ein umfassender, 113 Artikel zählender Rechtsakt, der im Prinzip alle wesentlichen Fragen der Rechtsstellung des Ausländers in Polen regelt. Das Gesetz berücksichtigt sowohl die in Polen geltenden internationalen Regelungen als auch die in den letzten Jahren ausgebaute Rechtsprechung, vor allem die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts. Im Ausländergesetz sind die grundsätzlichen Fällen zwar ausführlich geregelt, doch es gibt trotzdem in bestimmten Fällen zahlreiche Verweise auf Regelungen auf Verordnungsebene. Erstens steigt dadurch der Kompliziertheitsgrad des Gesetzes. Zweitens ist diese rechtliche Regelung bis zum Erlass sämtlicher Ausführungsvorschriften bruchstückhaft. Drittens sind die Organe der staatlichen Verwaltung nicht nur Rechtsanwender (das ist ja selbstverständlich), sondern ihnen werden auch weitgehende Gesetzgebungskompetenzen verliehen. Das Gesetz erfüllt die dem Ausländerrecht traditionell beigemessenen Aufgaben - sowohl traditionell in der inneren als auch in der äußeren Sphäre. Beide Sphären sind eng miteinander verknüpft; ein Beispiel dafür ist die Tatsache, dass „in einer Kleinstadt in Pommern (Nordpolen) 80% aller geschlossenen Ehen Mischehen waren, jedoch betrafen alle Ehen ausschließlich die Bürgerinnen und Bürger Vietnams".

D. Wesentliche Änderung des Ausländerrechts durch die Novellierung im Jahre 2001 Das Ausländergesetz aus dem Jahre 1997 regelt den subjektiven Bereich, den Grenzübertritt, Rechte und Pflichten der Ausländer, die Rechtsstellung des Flüchtlings, das Asylrecht, die Verpflichtung zum Verlassen des Gebiets Polens und die Ausweisung der Ausländer, die Verantwortlichkeit des Beförderers, die Grundsätze für das Entscheiden in Ausländerfragen, das Verwaltungsverfahren, die Kontrolle und die Grundsätze der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Ich möchte auf neue Elemente im Ausländergesetz hinweisen. Dies betrifft vor allem die Erteilung von Visen, darunter auch die Voraussetzung für die Verweigerung des Visums oder der Einreise in das Gebiet der Republik Polen. Charakteristisch dafür sind nicht nur zahlreiche Fälle, in denen die Erteilung des Visums verweigert werden kann, sondern auch ein weiter Ermessensspielraum der Verwal-

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tung, der daraus resultiert, dass der Gesetzgeber Begriffe gebraucht, die erst in den einzelnen Fällen der am Aufenthalt in Polen interessierten Ausländer konkretisiert werden müssen. Ähnlich wie die Regelung über die Erteilung von Visen ist die Regelung hinsichtlich der befristeten Wohnerlaubnis und der Aufenthaltsgenehmigung1. Die befristete Wohnerlaubnis kann zum Beispiel wegen der Eheschließung mit einem polnischen Staatsbürger oder mit einem die Aufenthaltsgenehmigung besitzenden Ausländer erteilt werden, sofern die Ehe nicht ausschließlich zwecks Einholung der befristeten Wohnerlaubnis geschlossen wurde. Von einer Eheschließung ausschließlich zwecks Einholung der befristeten Wohnerlaubnis kann - nach Meinung des Gesetzgebers - insbesondere Folgendes zeugen: die Annahme eines Vermögensvorteils für die Zustimmung zur Eheschließung durch einen der Ehegatten; die Tatsache, dass sich die Ehegatten vor der Eheschließung niemals getroffen haben; dass sie keine Sprache sprechen, welche für beide verständlich ist; sowie die Tatsache, dass zwischen den Ehegatten kein Einvernehmen bezüglich der Angaben über den anderen Ehegatten (Name, Adresse, Staatsangehörigkeit, Beruf) sowie über andere für sie wesentliche Umstände besteht. Der Gebrauch des Begriffes „insbesondere" für die Einschätzung der Ehe als Scheinehe und des Begriffes „andere wesentliche Umstände" bestätigt meine Bewertung dieser gesetzlichen Regelung. Das heikle Problem des Familiennachzugs wurde insofern positiv geregelt, als eine Lösung des ständigen Konflikts zwischen dem fundamentalen Recht der Blutsverwandten und der Eheleute auf das gemeinsame Leben und dem berechtigten Schutz des Staates vor Missbrauch dieses Rechts zu anderen Zwecken gefunden werden konnte. Für den Familiennachzug ist der Antrag eines Ausländers erforderlich, der entweder die Aufenthaltsgenehmigung besitzt, sich in Polen mindestens drei Jahre lang aufgrund der befristeten Wohnerlaubnis oder aufgrund der im Zusammenhang mit der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus erteilten befristeten Wohnerlaubnis aufhält. Dieser Antrag betrifft entweder den außerhalb Polens wohnenden Ausländer, der mit dem Antragsteller in ehelicher, durch das polnische Recht anerkannter, Gemeinschaft lebt oder das mindeijährige ledige Kind des Antragstellers, über das er die elterliche Gewalt oder die Vormundschaft ausübt; das vom Antragsteller vor der Einreise in Polen aufgrund einer Entscheidung des zuständigen Organs adoptierte Kind, das gleiche Rechte und Pflichten wie das Kind des Antragstellers besitzt; das Kind des außerhalb Polens wohnenden Ehegatten des Antragstellers, sofern einer der Ehegatten oder beide über das Kind die elterliche Gewalt oder die Vormundschaft ausüben. In solchen Fällen wird, sofern die im Gesetz bestimmten Versagungsgründe nicht vorliegen, die befristete Wohnerlaubnis zwecks Familiennachzug erteilt. Ferner ist zu prüfen: 1. die Bedingung, dass der Aufenthalt des Ehegatten oder des minderjährigen Kindes des Antragstellers auf dem Gebiet Polens die öffentliche Ordnung nicht gefährdet; 2. die Bedingung, dass die materielle Lage und der Wohnraum des Antragstellers darauf schließen 1

Wörtlich: Niederlassungserlaubnis.

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lassen, dass der Aufenthalt seiner Familie auf dem Gebiet Polens das Sozialhilfesystem nicht belastet; 3. der Antragsteller ist imstande, seinen Angehörigen den Krankenversicherungsschutz zu sichern. Die Aufenthaltsgenehmigung zwecks Familiennachzugs wird dagegen versagt und die erteilte Genehmigung zurückgenommen, wenn: 1. der Antrag auf deren Erteilung falsche Angaben zur Person oder falsche Informationen enthielt; 2. die Ehe ausschließlich zwecks Einholung der befristeten Wohnerlaubnis auf dem Gebiet Polens geschlossen wurde (Scheinehe); 3. der Aufenthalt des Ehegatten oder des minderjährigen Kindes die Staatssicherheit oder die öffentliche Ordnung gefährdet. Ausgebaut wurde auch die Regelung über die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus. Die Einleitung des Zuerkennungsverfahrens wird versagt, wenn der Ausländer die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus zum wiederholten Male beantragt und keine neuen Umstände vorliegen oder wenn er aus einem sicheren Drittstaat einreist, in den er wieder zurückreisen kann (d. h. nicht aus seinem Herkunftsland), welcher die Genfer Konvention und das Protokoll von New York ratifiziert hat und anwendet. Es handelt sich hier insbesondere um einen Staat, in dem keine Gefährdung für Leben und Gesundheit des um Flüchtlingsstatus Nachsuchenden gemäß Art. 33 der Genfer Konvention besteht, der den Ausländern den Zugang zum Zuerkennungsverfahren ermöglicht, in dem der um Flüchtlingsstatus nachsuchende Ausländer gemäß den Vorschriften der Genfer Konvention Schutz vor Abschiebung genießt und in dem der um Flüchtlingsstatus Nachsuchende weder Folter noch unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt wird. Ein sicherer Staat im Sinne des polnischen Rechts ist das Herkunftsland des Ausländers, in dem das Rechtssystem und die politischen Verhältnisse gewährleisten, dass dort keine Verfolgungen wegen Rasse, Religion, Nationalität, Angehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung stattfinden und die Nichtregierungsorganisationen Maßnahmen zur Beachtung der Menschenrechte ergreifen können. Polen gewährt den befristeten Schutz den Ausländern, die ihr Land wegen Invasion, Krieg, Bürgerkrieg, ethnischer Konflikte und krasser Missachtung der Menschenrechte massenhaft verlassen. Ein Ausländer, welcher einen solchen befristeten Schutz genießt, erhält das Visum oder die befristete Wohnerlaubnis und er kann Unterbringung, Verpflegung, medizinische Hilfe und Leistungen zur Befriedigung grundsätzlicher existentieller Bedürfnisse entgegennehmen. Er ist zugleich verpflichtet, seine Fingerabdrücke nehmen und sich fotografieren zu lassen; außerdem ist er - in begründeten Fällen - verpflichtet, sich medizinischer Untersuchung sowie den nötigen sanitären Maßnahmen unterziehen zu lassen. Das Verfahren betreffend die Ausländer ist im Ausländergesetz geregelt. In den nicht geregelten Angelegenheiten wird das Verwaltungsverfahrensgesetz einschließlich der Regelungen über die Klage beim Verwaltungsgericht entsprechend angewendet. Das erstinstanzliche Organ ist der Woiwode, die höhere Instanz ist der Vorsitzende des Amtes für Repatriierung und Ausländer. Über Berufungen und Beschwerden über die Entscheidungen und Beschlüsse des Vorsitzenden erkennt

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der Rat für Flüchtlingsfragen. Neben den individuellen Entscheidungen analysiert dieser Rat die Rechtsprechung im Zusammenhang mit Zu- oder Aberkennung des Flüchtlingsstatus, er sammelt Informationen über die Herkunftsländer der Flüchtlinge und arbeitet im Bereich der Migration und Flüchtlingsfragen mit in- und ausländischen Institutionen zusammen.

E. Die Anwendungspraxis des Ausländergesetzes Die im Allgemeinen positive Bewertung der Rechtsstellung der Ausländer in Polen muss mit der Anwendungspraxis des Ausländergesetzes konfrontiert werden. Charakteristisch ist hier die liberale Politik der öffentlichen Gewalt sowohl hinsichtlich der Anträge auf Aufenthaltsgenehmigung in Polen als auch der Anträge auf befristete Wohnerlaubnis. Im Falle der Aufenthaltsgenehmigung waren die Entscheidungen zu 95% positiv (682 Anträge im Jahre 2001) und der befristeten Wohnerlaubnis ungefähr zu 90% (21.740 Anträge im Jahre 2001). Anders sieht es bei Anträgen auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus aus, denn nur in 5% der Fälle waren die Entscheidungen positiv (3.302 Anträge im Jahre 2001). Im Falle der Asylanträge wurde kein Antrag positiv beschieden (22 Anträge im Jahre 2001). Der Bürgerrechtssprecher (Mitteilung des Bürgerrechtssprechers für das Jahr 2001, Bulletin des Bürgerrechtssprechers Nr. 44, Warschau 2002, S. 337 f.) stellt fest, dass die offizielle Statistik die tatsächliche Lage der Ausländer in Polen nicht widerspiegelt. Erstens: Die Ausländer nehmen die ihnen zustehenden Rechte selten in Anspruch, denn sie kennen sie nicht oder es fällt ihnen schwer (wegen Sprachproblemen oder finanzieller Lage), ihre Rechte geltend zu machen. Zweitens: Die tatsächliche Zahl der Ausländer, die sich auf dem Gebiet Polens aufhalten, bleibt unbekannt. Polen wurde in den letzten Jahren sowohl zum Zielland als auch zum Transitland für diejenigen, die in das Gebiet der Europäischen Union eindringen wollen. Weder die vorherige Regelung noch die bereits erwähnte Novellierung des Ausländerrechts im Jahre 2001 noch die Anwendungspraxis der Verwaltungsorgane machen die Legalisierung des Aufenthalts der sich auf dem Gebiet Polens illegal aufhaltenden Personen leichter. Es ist auch wahr, dass diese Duldung durch die öffentliche Gewalt in vielen Situationen einen Versuch darstellt, einen Ausweg aus der Situation zu finden, in der wir es zum einen mit einem illegalen Aufenthalt des Ausländers auf dem Gebiet Polens zu tun haben, was dessen Abschiebung bewirken sollte. Zum anderen sprechen die Umstände jedoch dafür, dass eine restriktive Reaktion auf den illegalen Aufenthalt im krassen Widerspruch zu den elementaren Grundsätzen der Billigkeit, Gerechtigkeit und Menschenwürde stünden. Aus den oben erwähnten Gründen beantragte der Bürgerrechtssprecher beim Verfassungsgericht, die Verfassungswidrigkeit der neuen rechtlichen Regelung hinsichtlich der Aufenthaltsgenehmigung für den Ehegatten des Ausländers festzustel-

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len. Die neue Regelung in Art. 19 des Ausländergesetzes besagt nämlich, dass sich der ausländische Ehegatte des polnischen Bürgers zwecks Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung in Polen unmittelbar vor der Antragstellung seit mindestens fünf Jahren aufgrund von Visen oder einer befristeten Wohnerlaubnis ununterbrochen aufhalten muss (vorher waren es drei Jahre). Die Ausländer jedoch, die Ehegatten der sich in Polen ständig aufhaltenden Ausländer sind, können die Aufenthaltsgenehmigung zwecks Familiennachzug erhalten, wenn sie sich unmittelbar vor der Antragstellung aufgrund der befristeten Wohnerlaubnis seit mindestens drei Jahren in Polen aufhalten. Nach Meinung des Bürgerrechtssprechers verstößt eine derartige Regelung gegen den Grundsatz des demokratischen Rechtsstaates sowie den Gleichheitsgrundsatz in dem Umfang, in welchem diese Regelung die zur Beantragung der Aufenthaltsgenehmigung berechtigende Aufenthaltszeit differenziert. An Gewicht gewinnt immer mehr das bereits bemerkbare Problem im Zusammenhang mit der Erlangung des Berufsausübungsrechts durch einen Ausländer in Polen. Die gesetzlichen Regelungen über die freiberufliche Selbstverwaltung bei Berufen öffentlichen Vertrauens (Rechtsanwälte, Ärzte) enthalten die Voraussetzung der polnischen Staatsangehörigkeit für die Ausübung des Berufes. Die Ausländer, die einen polnischen Hochschulabschluss haben und die Aufenthaltsgenehmigung besitzen, müssen auf besondere Weise das Recht zur Berufsausübung beantragen. Die Interventionen des Bürgerrechtssprechers, einschließlich der Mitbeteiligung an Verwaltungsverfahren in solchen Sachen oder der Erhebung der Klagen beim Verwaltungsgericht, helfen in Einzelfällen; sie stellen jedoch keine systematische Lösung dieser Erscheinung dar. Und die Mitgliedschaft Polens in der EU wird gerade eine solche systematische Lösung erfordern (neben anderen Fragen, z. B. die Berechtigung des EU-Bürgers zur Wahlbeteiligung auf lokaler Ebene). Die Rechtsprechung des Obersten Verwaltungsgerichts in Ausländersachen zeigt nicht nur dramatische Schicksale der einzelnen Menschen, sie bildet vielmehr Richtlinien für das richtige Verständnis der einzelnen Institute des Ausländerrechts und die besondere Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes in solchen Angelegenheiten. Die Rechtsprechung des Obersten Verwaltungsgerichts verweist zugleich auf die krassesten Fehler der öffentlichen Verwaltung bei der Anwendung des Ausländerrechts. Hier einige Beispiele dafür: Das Verwaltungsgericht bestätigte im Urteil vom 26. August 1999 (V S.A. 708/99) die verfassungsmäßige Verankerung des Rechts des Ausländers auf die Beantragung des Flüchtlingsstatus und betonte zugleich, dass dieses Recht nur solchen Beschränkungen wie den in der Verfassung verankerten Rechten und Freiheiten unterliegen kann. Die Beschränkungen im Gebrauch von verfassungsmäßigen Rechten und Freiheiten dürfen somit nur in einem Gesetz bestimmt werden und nur dann, wenn sie in dem demokratischen Staat zu dessen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung oder dazu notwendig sind, die Umwelt, die öffentliche Gesundheit und Sittlichkeit oder Rechte oder Freiheiten anderer Personen zu schüt-

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zen. Solche Beschränkungen dürfen das Wesen der Freiheiten und der Rechte nicht verletzen (Art. 31 Abs. 3 der Verfassung). In einer Reihe von Entscheidungen stellte das Verfassungsgericht fest, dass die materiell-rechtlichen Ansprüche des Ausländers auf die Beantragung des Flüchtlingsstatus ein subjektives Recht darstellen, dessen Bestehen nicht durch eine Frist beschränkt ist. Dieser Anspruch besteht, wenn die in der Genfer Konvention vorgesehenen Voraussetzungen für die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling erfüllt sind, und er wird nicht zunichte gemacht durch die Stellung eines Antrags unter Verletzung der im Ausländergesetz vorgesehenen Fristen. Die Folgen der Nichteinhaltung der Frist zur Beantragung des Flüchtlingsstatus sollen zusammen mit der Einschätzung der möglichen in entsprechenden Gesetzesvorschriften bestimmten Voraussetzungen für die Beantragung des Flüchtlingsstatus betrachtet werden. Die im Gesetz vorgesehene vierzehntägige Frist zur Beantragung des Flüchtlingsstatus sollte als Ordnungsmittel und Anweisung dienen und darf nicht als eine zusätzliche materiell-rechtliche Voraussetzung verstanden werden, von der die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus abhängig gemacht wird. Denn würde man annehmen, dass der Flüchtlingsstatus nicht nur von den in der Genfer Konvention und im Protokoll von New York bestimmten Voraussetzungen, sondern auch von der materiell-rechtlichen Bedingung der Fristeinhaltung abhängig ist und ansonsten das Erlöschen des Anspruchs auf Beantragung des Flüchtlingsstatus bewirkt, führte dies zur Widersprüchlichkeit der erwähnten Regelungen. Denn die Konvention überlässt ihren Mitgliedstaaten lediglich die Freiheit in Hinsicht auf die Bestimmung des Entscheidungsverfahrens bei der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus (V S.A. 1376/89; V S.A. 693/99; V S.A. 770/99; V S.A. 706/99). Weiterhin bestätigt das Verwaltungsgericht die von Anfang an gestaltete Rechtsprechung, dass die Entscheidung über die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus zwar im Ermessen der Verwaltung liegt, doch bevor das Verwaltungsorgan über den Umfang des Ermessensspielraums entscheidet, ist es verpflichtet, den Sachverhalt gründlich und allseitig zu klären und das Beweismaterial unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände in Erwägung des gesellschaftlichen Interesses und des berechtigten Interesses der Partei zu prüfen. Das Ermessen der Verwaltung darf somit nicht zu einer Entscheidung führen, welche auf den im Beweismaterial gesammelten Beweisen und Anträgen nicht basiert (V S.A. 1890/99). Das berechtigte Interesse der Partei bedeutet das Interesse eines jeden Individuums (oder einer juristischen Person), das sich am Verwaltungsverfahren beteiligt - unabhängig davon, ob es sich dabei um einen polnischen Staatsbürger oder um einen Ausländer handelt. Das „berechtigte Interesse" darf nicht verstanden werden als eine Verpflichtung für das Verwaltungsorgan, eine Entscheidung unter Verletzung des Rechts zu fällen oder sich eine Meinung entgegen den gegebenen Tatsachen, den Regeln logischen Denkens oder infolge sonstigen fahrlässigen Handelns zu bilden (V S.A. 629/99). Die im Verwaltungsverfahrensgesetzbuch enthaltene Richtlinie zur Berücksichtigung des gesellschaftlichen Interesses und des berechtigten Interesses der Partei lässt ja gar nicht darauf schließen, dass im Verwaltungsverfahren unbedingt das gesellschaftli-

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che Interesse die Oberhand gewinnen soll, dem das Interesse des Individuums immer ausweichen muss. Das Verwaltungsorgan sollte also die Harmonisierung der beiden Interessen anstreben und den Grundsatz des Vorrangs des gesellschaftlichen Interesses vor dem Interesse des Individuums nicht mechanisch und steif auslegen (V S.A. 984/99). Einer autoritativen Klärung durch das Oberste Gericht (das Oberste Gericht erkannte über die außerordentliche Revision des für die Partei ungünstigen Urteils des Verwaltungsgerichts) bedurfte die Rechtsstellung eines Ausländers, der am Tage der Einleitung des Abschiebungsverfahrens weder einen gültigen Reisepass noch ein Visum noch eine Aufenthaltsberechtigung besaß. Doch er hatte die gültige Bestätigung, dass er den Antrag auf die Einleitung des Verfahrens zur Zuerkennung des Flüchtlingsstatus gestellt hat. In dieser Situation hält sich der Ausländer gemäß der Entscheidung des Obersten Gerichts (III RN 73/98) auf dem Gebiet Polens legal auf. Die Entscheidung über die Abschiebung des Ausländers, während seines legalen Aufenthalts in Polen im Zusammenhang mit dem in Gang gesetzten Verfahren zur Erteilung des Aufenthaltsvisums vor dessen Beendigung durch rechtskräftige Entscheidung, würde sein Recht auf die Erkennung der Sache durch die zuständigen Organe einschließlich des Rechts auf mögliche Einklagung der Entscheidung beim Gericht verletzen (V S.A. 231 / 99). Das Verwaltungsgericht mied es auch nicht, den Inhalt der in der Genfer Konvention und im Protokoll sowie im Ausländergesetz enthaltenen Begriffe im konkreten Fall zu präzisieren. Das Verwaltungsgericht vertritt u. a. den Standpunkt, dass die Verfolgung und die Befürchtung einer Verfolgung objektiv und realistisch einzuschätzen ist und stellt fest, dass die Befürchtung einer Verfolgung begründet sein muss. Die Feststellung des Gefährdungszustands aus den in der Konvention genannten Gründen muss also nicht nur aus der subjektiven Überzeugung des Antragstellers resultieren, sondern es müssen objektive Bedingungen vorliegen. Voraussetzungen für die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus können konkrete Beweise für die Verfolgung sein oder die Glaubhaftmachung der Umstände, die als begründete Befürchtung einer Verfolgung angesehen werden können (V S.A. 1648/99). Das Gericht ging davon aus, dass die Unmöglichkeit, den Schutz seines eigenen Staates wegen Befürchtung der in der Konvention und im Protokoll bestimmten Verfolgungen zu genießen, darauf schließen lässt, dass es sich hauptsächlich um die Gefahr von Verfolgungen seitens der staatlichen Behörden handelt, welche aus den erwähnten Gründen von diesem Staat angewendet oder angeregt werden. Deswegen bilden die Gefahren seitens der Nachbarn oder anderen Fremden keine ausreichende Voraussetzung für die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus. Denn dies sind weder Verfolgungen seitens der öffentlichen Gewalt noch sind es Verfolgungen, vor denen der Staat den Bürgern keinen Schutz gewähren kann (V S.A. 1648/99). Weiterhin stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Begriffe „Verfolgung" und „Diskriminierung" nicht identisch sind, da in vielen Gesellschaften größere oder kleinere Unterschiede in der Behandlung verschiedener sozialer Gruppen auftreten. Die wegen dieser Unterschiede schlechter behandelten Personen sind

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nicht zwingend Opfer von Verfolgungen. Die Diskriminierung einer Gruppe kann zwar im Sinne der Genfer Konvention zu Verfolgungen führen, sie bilden jedoch keine Grundlage für eine generelle Vermutung der Verfolgung von der ganzen Gruppe, denn sie sind nicht Bestandteil der organisierten Staatspolitik. Zur Erlangung des Flüchtlingsstatus ist es nicht ausreichend, wenn sich der Antragsteller lediglich auf die Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruft (die Sache betraf die Sinti V. S.A. 119/99). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts bildet auch die Befürchtung vor einem Strafverfahren wegen Fahnenflucht keine ausreichende Voraussetzung für die Feststellung der Verfolgung im Sinne der Konvention. Wesentlich sind dagegen die Motive der Militärdienstverweigerung. Die Dienstverweigerung aus religiösen Gründen kann in Einzelfällen angesichts der Konsequenzen im Herkunftsland Voraussetzung für die Beantragung des Flüchtlingsstatus bilden (V S.A. 1170/97). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt die Verfolgung im Sinne der Genfer Konvention nur dann vor, wenn die Konsequenzen für den um Flüchtlingsstatus Nachsuchenden im Falle der Militärdienstverweigerung mit einem der in der Konvention genannten Verfolgungsgründe in Verbindung stehen (V S.A. 1758 — 1759/99). Das Polnische Verfassungsgericht vertritt konsequent die Auffassung, dass die Genfer Konvention bei der Bestimmung der Voraussetzungen für den Flüchtlingsschutz rigoros vorgeht und sie eng definiert. Ausgeschlossen ist sowohl die Suche nach einer Niederlassung aus ökonomischen Gründen als auch die Legalisierung des Aufenthalts aus persönlichen Gründen (z. B. Gründung der Familie, Integration in die polnischen Gesellschaft); zu diesen Zwecken dienen andere Legalisierungsverfahren, jedoch nicht das Flüchtlingsverfahren (V S.A. 1765/99).

F. Fazit Zusammenfassend kann man feststellen, dass sowohl die rechtliche Regelung als auch die Anwendungspraxis des Ausländergesetzes - trotz mancher Mängel den europäischen Standards entspricht. Diese Feststellung ist umso wesentlicher, als Polen im letzten Jahrzehnt zum nächsten Punkt auf der Weltkarte wurde, in dem die Zuwanderungsfrage sowohl vor dem Hintergrund der heutigen Politik, Wirtschaft und des sozialen Bewusstseins als auch der rechtlichen Regelung eine immer wichtigere Rolle spielt. Die öffentliche Gewalt wird in der Ausländerfrage mit allen Erscheinungen konfrontiert, welche auch die anderen europäischen Staaten betreffen. Die baldige EU-Mitgliedschaft Polens beeinflusst die inneren rechtlichen Lösungen sowie Taktik und Strategie im Zusammenhang mit dem baldigen Beitritt zum Schengen-Abkommen. Bald wird die östliche Grenze Polens zur EUGrenze. Dies beeinflusst auch die bilateralen Beziehungen z. B mit der Russischen Föderation, die in Anbetracht der Tatsache, dass der Kaliningrader Kreis von den

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EU-Staaten umkreist sein wird, für die Einwohner dieser Region einen besonderen Einreisestatus fordert (und derartige Forderungen können bald für alle Einwohner der Föderation gemacht werden). Von Polen verlangt Russland die Schaffung eines Korridors zwischen dem Kaliningrader Kreis und Weißrussland zur Beförderung russischer Staatsangehöriger. In Anbetracht der Bedeutung des Wortes „Korridor" im historischen Bewusstsein der Polen, die den Ereignissen des 20. Jahrhunderts gedenken, ist die internationale Lösung des schwierigen, heiklen und potentiell gefährlichen (je nach Lösung) Problems der Kaliningrader Enklave notwendig. Dieses Beispiel zeigt wieder die Verschiebung der wesentlichen Aspekte der Zuwanderungs- und Ausländerproblematik - von bilateralen Regelungen bis hin zu internationalen multilateralen Abkommen und Verpflichtungen.

Statement Schweden Von Horst Call

A. Ausländerrecht in Schweden B. Asyl- und Flüchtlingsrecht in Schweden C. Möglichkeit des Erwerbs der schwedischen Staatsangehörigkeit

A. Ausländerrecht in Schweden I . Grundlagen des Ausländerrechts in Schweden Grundlagen des Ausländerrechts sind in Schweden das Utlänningslag (UtlL) (= Ausländergesetz) von 1989 1 sowie die ebenfalls aus diesem Jahr stammende Utlänningsförordning (UtlF) (= Ausländerverordnung) 2 . Das Ausländergesetz enthält die grundlegenden Regelungen über die Ein- und Ausreise, den Aufenthalt und die Arbeitsaufnahme von Ausländern sowie das Recht auf Asyl. Es gibt ferner an, unter welchen Voraussetzungen ein Ausländer zurückgewiesen oder aus dem Land ausgewiesen werden kann 3 . Die Regelungen des Ausländergesetzes werden durch die Bestimmungen der Ausländerverordnung konkretisiert und ergänzt. 1 Abgedruckt in Svensk Författningssamling (Schwedische Gesetzessammlung) 1989: 529; Das Gesetz ist in 12 Kapitel unterteilt: Kap. 1: Voraussetzungen für den Aufenthalt von Ausländern in Schweden; Kap. 2: Näheres über Visen, Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse; Kap. 3: Schutzbedürftige; Kap. 4: Abweisung und Ausweisung; Kap. 5: Kontroll- und Zwangsmaßnahmen; Kap. 6: Besondere Bestimmungen über Verwahrung und Aufsicht; Kap. 7: Beschwerden; Kap. 8: Vollzug; Kap. 9: Kostenverantwortlichkeit; Kap. 10: Folgen von Straftaten; Kap. 11: Bestimmte Verfahrensvorschriften; Kap. 12: Besondere Ermächtigungen. Zum bis 1989 geltenden Ausländergesetz von 1980 (SFS 1980:376) siehe: Hofmann, Das Ausländerrecht der skandinavischen Staaten, in: Ausländerrecht im internationalen Vergleich, Frowein, Jochen A./Wolf, Joachim (Hrsg.), Heidelberg 1985, S. 191-221; ders., Neuere Entwicklungen im Ausländerrecht der skandinavischen Staaten, in: ZAR 3/1986, S. 113-121 (Beitrag beruht weitgehend auf dem Beitrag in Ausländerrecht im internationalen Vergleich); zum Ausländergesetz und zur Ausländerverordnung von 1989 siehe: Eliason, Marianne, Citizens and Immigrants, in: Swedish law - a survey, Tilberg, Hugo (Hrsg.), S. 93-105; kritisch zur Entwicklung der schwedischen Asyl- und Flüchtlingspolitik: Abiri, The changing praxis of „generosity": Swedish refugee policy during the 1990s, in: Journal of Refugee Studies, Vol. 3, Nr. 1, 2000, S. 11-28. 2

547.

Abgedruckt in Svensk Författningssamling (Schwedische Gesetzessammlung) 1989:

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Horst Call I I . Besondere Regelungen für Angehörige nordischer Staaten und für Angehörige aus EU- und EWR 4 -Staaten

Bereits 1954 haben die nordischen Staaten Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden ein Übereinkommen über einen gemeinsamen nordischen Arbeitsmarkt geschlossen. Überdies vereinbarten sie, dass Staatsangehörige der nordischen Staaten zur Einreise und zum Aufenthalt in einem anderen nordischen Land weder eines Passes noch einer Arbeits- oder Aufenthaltserlaubnis bedürfen. 5 Schweden ist seit dem 01. 01. 1995 Mitglied der Europäischen Union. 6 A m 01. 12. 1996 hat Schweden das Schengener Abkommen unterzeichnet. 7 Das Schengener Durchführungsübereinkommen wurde allerdings in Schweden erst am 25. 03. 2001 in Kraft gesetzt. Staatsangehörige der EU- und EWR-Staaten sowie deren nächste Angehörige benötigen für die Einreise nach Schweden nur einen gültigen Pass oder ein anderes gültiges Identitätsdokument (z. B. einen Personalausweis), aus dem die Staatsangehörigkeit hervorgeht 8 . Beabsichtigt ein Angehöriger eines EU/EWR-Staates län-

3 Vgl. Kap. 1, § 1 UtlL. 4

Durch den am 1. Januar 1994 in Kraft getretenen Vertrag über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) wurde der Europäische Binnenmarkt mit den vier Grundfreiheiten - freier Dienstleistungs-, Waren- und Kapitalverkehr sowie Freizügigkeit - faktisch um 6 der 7 (mit Ausnahme der Schweiz) EFTA-Staaten Island, Norwegen und Liechtenstein (ab 1. Mai 1995) sowie den damaligen EU-Beitrittskandidaten Österreich, Finnland und Schweden erweitert. Für Staatsangehörige aus Island, Norwegen und Liechtenstein gelten seitdem insofern im Hinblick auf die Einreise und den Aufenthalt in EU/EWR-Staaten grundsätzlich dieselben Bedingungen wie für Staatsangehörige der EU-Staaten. Da es sich bei Island und Norwegen um nordische Staaten handelt, haben Bürger dieser Staaten noch weitergehende Rechte im Hinblick auf die Einreise und den Aufenthalt in Schweden. Am 1. Juni 2002 sind nun auch Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union in Kraft getreten, die u. a. auch den freien Personenverkehr zwischen den EU-Staaten und der Schweiz regeln. Seitdem sind Staatsangehörige aller EFTA-Staaten den Staatsangehörigen von EU-Staaten im Hinblick auf den freien Personenverkehr weitgehend gleichgestellt. Zur Gleichbehandlung von Angehörigen aus EWR-Staaten vgl. auch: Kap. 1, § 6 UtlF zur Befreiung vom Passerfordernis, Kap. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 3 zur Befreiung vom Visumserfordernis; zur gleichen Behandlung bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis siehe Kap. 3, §§ 5 und 5 a Abs. 1 UtlF, im Hinblick auf die Befreiung von dem Erfordernis einer Arbeitserlaubnis Kap. 4, § 1 UtlF. 5 Vgl. hierzu Prop. 1999/2000: 43, S. 20. 6 Mitglieder sind neben Schweden: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Portugal, Spanien und Österreich. 7 Unterzeichner des Abkommens sind neben Schweden: Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Portugal, Spanien, Österreich sowie die beiden EFTA-Staaten Island und Norwegen (nicht unterzeichnet haben es bislang die EU-Länder Großbritannien und Irland). 8 Das grundsätzliche Recht der Unionsbürger, sich vorbehaltlich gewisser Bedingungen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten ergibt sich aus Art. 8 a des EG-Vertrags.

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eden

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ger als drei Monate in Schweden zu bleiben, benötigt er eine Aufenthaltserlaubnis 9 . EU/EWR-Staatsangehörige können den Antrag auf Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise nach Schweden stellen. Sie und ihre nächsten Angehörigen bedürfen zur Arbeitsaufnahme in Schweden keiner Arbeitserlaubnis, sondern sind berechtigt, direkt nach der Ankunft in Schweden eine Arbeit aufzunehmen, auch wenn eine Aufenthaltserlaubnis noch nicht erteilt ist. Arbeitnehmer aus EU/EWR-Staaten 10 erhalten grundsätzlich eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer von fünf Jahren, wenn das Beschäftigungsverhältnis eine Dauer von einem Jahr oder länger hat. Ist die Beschäftigungszeit kürzer als ein Jahr, erhalten sie eine Aufenthaltserlaubnis für die Dauer der Beschäftigung. Selbständige aus EU/EWR-Staaten, 11 die ihre Selbständigkeit z. B. durch eine Registrierungsbescheinigung oder einen Steuerbescheid nachweisen können, erhalten in der Regel ebenfalls eine fünfjährige Aufenthaltserlaubnis (Kap. 3, § 5 a UtlF). Empfänger oder Bereitsteller von Dienstleistungen aus EU/EWR-Staaten erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für die Dauer des Dienstleistungsverhältnisses (Kap. 3, § 5 a Abs. 3 UtlF). Studierende aus EU/EWR-Staaten, 12 die bei einer anerkannten Ausbildungsanstalt eingeschrieben sind und versichern, dass ihre Versorgung gesichert ist und dass sie dem schwedischen Sozialversicherungssystem nicht zur Last fallen werden und die eine umfassende Krankenversicherung haben, die in Schweden gültig ist, erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für die Dauer der Ausbildung. Dauert die Ausbildung länger als ein Jahr, erhalten sie eine Erlaubnis für jeweils ein Jahr. Wird der Angehörige eines EU/EWR-Staates Rentner, 13 während er in Schweden ansässig ist, darf er in Schweden bleiben, wenn er dort mindestens drei Jahre gelebt und während der letzten zwölf Monate gearbeitet hat. Ist der Staatsangehörige eines EU / EWR-Staates zu dem Zeitpunkt, in dem er sich in Schweden niederlassen möchte, bereits Rentner 14, muss er nachweisen, dass er über Geldmittel verfügt, die nach Steuern einen Betrag in Höhe der monatlichen schwedischen Volksrente (in 2001 ca. 4600 SEK) entsprechen und ausreichend krankenversichert ist, damit er während seines Aufenthalts nicht dem schwedischen Sozialsystem zur Last fällt. Die Aufenthaltserlaubnis eines EU/EWR-Rentners kann nach zwei Jahren überprüft und nach fünf Jahren erneuert werden. 9 Dieses Papier dient ausschließlich zum Nachweis des Aufenthaltsrechts, das allen Unionsbürgern zusteht, und wird auf Vorlage bestimmter Unterlagen erteilt. 10 Vgl. hierzu Verordnung 1612/68 und Richtlinie 68/360/EWG.

11 Vgl. hierzu Richtlinie 73 /148 / EWG. 12 Vgl. hierzu Richtlinie 93 / 96 / EWG. 13 Vgl. hierzu Verordnung 1251 / 70 und Richtlinie 75 / 34 / EWG. 14 Vgl. hierzu Richtlinie 90/365/EWG. 16 Stern

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EU/EWR-Staatsangehörige, die weder Arbeitnehmer, Selbständige, Studierende oder Rentner sind, können eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, 15 wenn sie ausreichend krankenversichert sind und über ausreichende Geldmittel für ihre Versorgung verfügen, so dass sie nicht auf Sozialhilfe angewiesen sind. In der Regel wird eine Aufenthaltserlaubnis für fünf Jahre erteilt, sie kann jedoch nach zwei Jahren revidiert werden, wenn sich zeigt, dass der EU /EWR-Angehörige sich nicht länger versorgen kann.

III. Grundsätzliches Pass- und Visumserfordernis für Ausländer, die weder die Staatsangehörigkeit eines der nordischen Staaten noch die eines EU/EWR-Staates besitzen Ausländer, die nach Schweden einreisen möchten und die weder die Staatsangehörigkeit eines nordischen Staates noch die eines EU/EWR-Staates besitzen, müssen grundsätzlich bei Einreise im Besitz eines Passes (Kap. 1, § 2, S. 1 UtlL) und eines Visums (Kap. 1, § 3 UtlL) sein. Ausländer, die ein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis für eines der Unterzeichnerländer des Schengener Abkommens besitzen, können damit grundsätzlich nach Schweden einreisen 16. Eines Visums bedürfen Ausländer dann nicht, wenn sie eine Aufenthaltserlaubnis besitzen. Vom Pass- und Visumszwang gibt es zahlreiche Ausnahmen. Im Ausländergesetz selbst ist nur ausdrücklich geregelt, dass Bürger aus anderen nordischen Staaten (Dänemark, Finnland, Island und Norwegen) keines Visums bedürfen. In Kap. 1, § 2 S. 2 UtlL wird die Regierung ermächtigt, Ausnahmen vom Passerfordernis, in Kap. 1, § 3, S. 2 UtlL Ausnahmen von der Visumspflicht zu regeln. Die Ausländerverordnung enthält zahlreiche solcher Ausnahmen vom Pass- (vgl. Kap. 1 UtlF) und Visumserfordernis (Kap. 2, § 4 UtlF). Besteht für einen Ausländer Visumspflicht, so muss das Visum vor der Einreise nach Schweden bei einer schwedischen Auslandsvertretung (Botschaft oder Konsulat) beantragt werden. Es beinhaltet für einen Ausländer die Erlaubnis, nach Schweden einzureisen 17 und sich dort für eine gewisse kurze Zeit - längstens für drei Monate - aufzuhalten (Kap. 2, § 1). Einer Erwerbstätigkeit darf er in dieser Zeit nicht nachgehen.

15 Vgl. hierzu Richtlinie 90 / 364 / EWG. 16

Vgl. hierzu auch Kap. 2, § 1 UtlF; zu den Unterzeichnerstaaten des Abkommens siehe oben FN 7. 17 Während der Gültigkeitsdauer des Visums kann der Ausländer einreisen wann und sooft er möchte (.Fridström Ingela/Magnuson, Lars, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4005, Nr. 14).

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IV. Erfordernis einer Aufenthaltserlaubnis Visumspflichtige und vom Visumszwang befreite Ausländer bedürfen für einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten gem. Kap. 1, § 4 U t l L einer Aufenthaltserlaubnis 1 8 . Ausdrücklich ausgenommen von diesem Erfordernis sind nur Bürger anderer nordischer Staaten (Island, Norwegen, Dänemark und Finnland). In Kap. 1, § 4 U t l L wird die Regierung ferner ermächtigt, weitere Ausnahmen von diesem Erfordernis zu regeln. Hiervon hat sie bislang keinen Gebrauch gemacht 1 9 . Eine Aufenthaltserlaubnis kann befristet (sog. „tidsbegränsat uppehällstillständ") oder unbefristet (sog. „permanent uppehällstillständ") erteilt werden (vgl. Kap. 2, § 2 U t l L ) 2 0 . Sie soll gemäß Kap. 2, § 4 U t l L erteilt werden, wenn: - ein Ausländer mit jemandem verheiratet oder partnerschaftlich verbunden i s t 2 1 , der in Schweden ansässig ist oder dem eine Aufenthaltserlaubnis zur Niederlassung in Schweden erteilt worden ist, wenn die Eheleute oder Partner i m Ausland ständig zusammengelebt haben (Nr. 1), - ein Ausländer jünger als achtzehn Jahre 2 2 und unverheiratet ist und bei jemandem zu Hause lebt oder lebte, der in Schweden ansässig ist oder dem eine Aufenthaltserlaubnis zur Niederlassung in Schweden erteilt worden ist (Nr. 2).

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Ein Ausländer, der die Absicht hat, länger als drei Monate in Schweden zu bleiben, bedarf auch für die ersten drei Monate einer Aufenthaltserlaubnis (Fridström/Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4005, Nr. 8). 19 Fridström/Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4005, Nr. 9. 20 Eine befristete Aufenthaltserlaubnis kann z. B. für längere Besuche, Gaststudien, bei vorübergehenden Vollzugshindernissen oder im Rahmen einer sog. aufgeschobenen Einwanderungsprüfung erteilt werden (Fridström/Magnuson , Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4006, Nr. 17; zu den verschieden Fällen vgl. auch: Wikrén, Gerhard/Sandesjö, Hakan, Utlänningslagen, 6. Aufl. 1999, S. 62 ff.). Hat ein Ausländer die Absicht, sich dauerhaft in Schweden niederzulassen und stehen dem keine Hindernisse entgegen, soll von Anfang an eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt werden (.Fridström/Magnuson , Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4006, Nr. 18). 21

Hiervon sollen sowohl heterosexuelle als auch homosexuelle Beziehungen erfasst werden (vgl. Punkt 21 in Gesetz 1987: 813 über homosexuelle Partnerschaften). 22 Nach der Sozialcharta des Europarats, die Schweden ratifiziert hat, soll die Altersgrenze im Verhältnis zu anderen Mitgliedstaaten, die das Abkommen angenommen haben, 21 Jahre betragen. Die Regierung kann deshalb auf der Grundlage von Kap. 2, § 14 UtlL gezwungen werden, im Verordnungswege zu bestimmen, dass diese Altersgrenze bei Kindern angewendet wird, die Bürger eines Staates sind, der sich dem Abkommen angeschlossen hat (vgl. Fridström/Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4006, Nr. 24). Nach Kap. 2, § 14 UtlL soll die Regierung u. a. Vorschriften erlassen, wenn ein Antrag auf Aufenthaltserlaubnis aufgrund eines Übereinkommens mit einem anderen Staat erteilt werden soll. 16*

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- ein Ausländer jünger als achtzehn Jahre 23 und unverheiratet ist und von jemandem adoptiert worden ist oder adoptiert werden soll, der zum Zeitpunkt des Adoptionsbeschlusses in Schweden ansässig war oder noch ist (sofern der Ausländer nicht schon von Nr. 2 erfasst wird) und die Adoption: - von einem schwedischen Gericht beschlossen worden ist oder beschlossen werden s o l l 2 4 - in Schweden gemäß dem Gesetz (1971:796) über internationale Rechtsverhältnisse über die Adoption gültig ist, oder - in Schweden nach dem Gesetz (1997:191) anlässlich des Beitritts Schwedens zur Haager Konvention über den Schutz von Kindern und Zusammenarbeit bei internationalen Adoptionen gültig ist (Nr. 2 a). Eine Aufenthaltserlaubnis soll ferner bewilligt werden, wenn: - ein Ausländer aus anderen als den in Nr. 1 - 2 a genannten Gründen naher Angehöriger einer Person ist, die in Schweden ansässig ist oder der eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist und er zum selben Haushalt gehörte wie diese Person (Nr. 3 ) 2 5 . - ein Ausländer aus anderen Gründen eine Anknüpfung an Schweden hat (Nr. 4 ) 2 6 ,

23 Ein Kind, das noch nicht das 12. Lebensjahr vollendet hat und von einem schwedischen Staatsangehörigen adoptiert wird, wird automatisch schwedischer Staatsangehöriger, wenn die Adoption in Schweden oder einem anderen nordischen Staat stattfindet oder die Adoption kraft Gesetzes unmittelbar in Schweden gilt (§ 3 Staatsangehörigkeitsgesetz, SFS 2001:82). 24 Die Ausformung der Vorschrift ermöglicht sowohl die Erteilung einer unbefristeten als auch einer befristeten Aufenthaltserlaubnis. Letztere kommt insbesondere dann in Betracht, wenn ein Kind nach Schweden kommt und wartet, dass die Adoptionsfrage geklärt wird {Fridström/Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4006, Nr. 28). 25 Diese Bestimmung bezieht sich z. B. auf im Haushalt lebende Kinder über 18 Jahre, Eltern, um die sich im Heimatland die Kinder, die nach Schweden umgesiedelt sind, gekümmert haben, oder auf einen anderen nahen Verwandten, der in Haushaltsgemeinschaft mit einem Verwandten lebte und den man aus kulturellen Gründen nicht alleine im Heimatland zurücklassen kann. Im Prinzip ist es erforderlich, dass diese Personen unmittelbar vor der Übersiedlung nach Schweden im selben Haushalt zusammen gelebt haben. Der Antrag auf Familienzusammenführung muß zudem relativ kurz nach der Niederlassung in Schweden gestellt werden. Derjenige, der angibt, er habe mit den betreffenden Personen zusammen in einem Haushalt gelebt, ist dafür beweispflichtig. Die Anforderungen hierfür dürfen allerdings nicht überzogen werden (vgl. Prop. 1996/97: 25, S. 113 f.; zur Handhabung dieser Bestimmung in der Praxis siehe UN 350-97; vgl. Fridström/Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4006, Nr. 27). 26 Zum Beispiel durch einen längeren Aufenthalt in Schweden, aufgrund schwedischer Abstammung oder einer langjährigen Arbeitsanstellung in Schweden (vgl. Prop. 1983/84: 144, S. 76-78). In Ausnahmefällen kann auch einem nahen Angehörigen eines Flüchtlings oder

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- ein Ausländer sich aus humanitären Gründen in Schweden niederlassen darf (Nr. 5 ) 2 7 . - ein Ausländer eine Arbeitserlaubnis erhalten oder der seine Versorgung auf andere Weise sichergestellt hat (Nr. 6), und - ein Ausländer sich zum Studium oder zu einem Besuch in Schweden aufhalten möchte (Nr. 7 ) 2 8 . Eine Aufenthaltserlaubnis soll nach Kap. 2, § 4 Abs. 2 U t l L ferner ein Ausländer erhalten, - der mit jemandem, der in Schweden ansässig ist oder dem eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist, verheiratet oder partnerschaftlich verbunden ist, ohne dass die Eheleute oder Lebenspartner i m Ausland ständig zusammengelebt haben, oder einer anderen schutzbedürftigen Person auf der Grundlage dieser Bestimmung eine Aufenthaltserlaubnis gewährt werden, selbst wenn die betreffende Person nicht im selben Haushalt gelebt hat. Dies kommt jedoch nur in Betracht, wenn eine besonders starke Beziehung zwischen diesen Personen besteht (Fridström/Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4006, Nr. 28). 27 Eine Erlaubnis soll nach dieser Vorschrift z. B. Personen gewährt werden, die lebensgefährlich erkrankt sind und in Schweden versorgt werden müssen sowie Kindern mit Behinderungen oder Krankheiten, die in ihrem Heimatland nicht adäquat behandelt werden können (vgl. hierzu: reg. 10-93, reg. 21-94, reg. 23-94, reg 47-94 sowie UN 16-93 und Prop. 1983/84: 144 S. 80 u. 82 sowie SOU 1995: 75, S. 167 f. und 233 f.). Eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen kann auch für Verwandte erteilt werden, die nicht von Nr. 1 erfasst werden, die sich aber auf eine Kombination aus Anknüpfung an Schweden und humanitären Gründen berufen können. So hat die Regierung z. B. in einem Fall einer Frau eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, deren einzige Tochter in Schweden lebte und bei der im Falle der Abweisung ernsthafte Risiken für ihren Gesundheitszustand bestanden hätten (reg. 86-98). Auf der Grundlage dieser Vorschrift ist früher in Schweden auch Personen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden, die ihr Land wegen eines Krieges oder Bürgerkriegs verlassen haben. Diese - wie auch Personen, die aus ihrem Land wegen einer Naturkatastrophe fortgehen - werden nun von der Vorschrift in Kap. 3, § 3 Abs. 1 Nr. 2 UtlL erfasst. Im übrigen soll die bisher geltende Praxis fortgesetzt werden und die bedrohliche Situation für Kinder soll besonders berücksichtigt werden. Vgl. auch die allgemeine Zielsetzung in Kap. 1 § 1 Abs. 2 S. 2 UtlL, wonach bei der der Anwendung der Vorschriften des Ausländergesetzes besonderes beachtet werden soll, was für die Gesundheit und Entwicklung des Kindes und sein Wohl im übrigen erforderlich ist. Diese Vorschrift ist vor dem Hintergrund von Artikel 3 der Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes (UN-Kinderkonvention) von 1989 eingeführt worden (vgl. hierzu: Prop. 1996/97: 25, S. 225 ff. Das Ausländeramt hat allerdings in verschiedenen Fällen betont, dass andere wichtige Interessen dazu führen können, dass Maßnahmen, die an und für sich mit dem Wohl des Kindes nicht vereinbar seien, ergriffen werden müssten und dass das öffentliche Interesse so hoch zu bewerten sei, dass es höher wiegen könne als das Interesse des Kindes, in Schweden zu bleiben (Fridström/ Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4005, Nr. 4). 28

Die Regierung kann nach Kap. 2, § 14 Abs. 1 Nr. 1 UtlL Vorschriften über Aufenthaltserlaubnisse zum Studium oder für Besuche erlassen. Bestimmungen über Gaststudenten sind in § 3, § 4 UtlL enthalten.

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- der die Absicht hat, die Ehe oder eine Lebenspartnerschaft mit jemandem einzugehen, der in Schweden ansässig ist oder dem eine Aufenthaltserlaubnis zur Niederlassung in Schweden erteilt worden ist, wenn das Verhältnis seriös erscheint 29 und besondere Gründe 3 0 nicht gegen die Erteilung einer Erlaubnis sprechen. Nach § 4 d soll in den beiden genannten Fällen zunächst eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt werden (sog. „aufgeschobene Einwanderungsprüfung") 31 . Danach soll eine neue befristete oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis nur bewilligt werden, wenn die Beziehung noch besteht 32 . Nach zwei Jahren soll grundsätzlich eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis gewährt werden. Liegen besondere Gründe vor, kann dies auch schon vor Ablauf der zwei Jahre geschehen (Kap. 2, § 4 e U t l L ) 3 3 . Ist die Beziehung beendet, soll eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn

29 Im Normalfall ist die Anhörung des Antragstellers und der Referenzperson erforderlich. Im Rahmen der Seriositätsprüfung wird in der Regel gefordert, dass die Beziehung bereits einige Zeit besteht, dass die Partner sich in gewissem Umfang getroffen haben, dass sie gute Kenntnis voneinander haben und in einer gemeinsamen Sprache kommunizieren können. Berücksichtigt wird auch, ob die Partner gemeinsame Kinder haben oder Kinder gemeinsam betreuen. Kulturelle Sitten und Gebräuche in den Ländern, aus denen die ausländischen Staatsangehörigen stammen, sollen bei der Prüfung berücksichtigt werden. Ist eine Beziehung nach bestimmten Sitten und Gebräuchen zustande gekommen, kann die Aufenthaltserlaubnis auch bewilligt werden, wenn die Partner sich nur in begrenztem Umfang getroffen haben und sich vielleicht nicht sehr gut kennen. In diesem Fall ist eine mündliche Befragung der Partner besonders wichtig. In der Regel soll eine Beziehung als seriös eingestuft werden, wenn es keine Hinweise dafür gibt, dass eine Scheinehe oder -beziehung vorliegt. Sprechen bestimmte Gründe gegen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis; soll eine solche nicht gewährt werden, selbst, wenn die Beziehung an sich seriös erscheint. Ein solcher Grund kann z. B. sein, dass ein greifbares Risiko besteht, dass der Antragsteller oder die Antragstellerin Gewalt oder anderen ernsthaften Verletzungen ausgesetzt sein könnte, z. B. wenn eine in Schweden ansässige Person schon mehrfach Beziehungen zu ausländischen Personen hatte, die sie verletzt oder misshandelt hat. Zur Seriositätsprüfung siehe Prop. 1999/2000: 43, S. 37-39, SOU 2001:13, S. 22. Zur Beweiskraft der Seriositätsprüfung siehe UN 384-00. 30 Ein besonderer Grund kann z. B. sein, dass es für die antragstellende Person ein begründetes Risiko gibt, in der Beziehung Gewalt oder ernsthaften Verletzungen ausgesetzt zu sein (vgl. hierzu Prop. 1999/2000: 43, S. 46). Zur Beurteilung des Risikos bedarf es vor allem einer Überprüfung der Referenzperson. Wenn es bestimmte Anhaltspunkte gibt, kann das Migrationsamt hierzu Angaben aus dem Polizeiregister einholen. Vorschriften hierzu finden sich in der Verordnung (1999:1134) über das Vorstrafenregister und in der Verordnung (1999: 1135) über das Ermittlungsregister. 31

Zur sog. „aufgeschobenen Einwanderungsprüfung" siehe: Prop. 1999/2000:43, S. 23 ff. In den ersten beiden Jahren erteilt des Migrationsamt gewöhnlich Erlaubnisse für jeweils ein Jahr, in einigen Fällen für sechs Monate. 33 Z. B. wenn die Partner ein gemeinsames Kind haben (Fridström /Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4008, Nr. 44). 32

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1. der Ausländer eine besondere Anknüpfung an Schweden hat, z. B. wenn er auf dem schwedischen Arbeitsmarkt Fuß gefasst hat. Bei der Beurteilung sollen sämtliche Umstände berücksichtigt werden, insbesondere auch, wie lange der Ausländer sich bereits in Schweden aufgehalten h a t 3 4 ; 2. die Beziehung in erster Linie deshalb endete, weil der Ausländer oder sein K i n d in der Beziehung Gewalt oder anderen ernsthaften Verletzungen seiner Freiheit oder seines Friedens ausgesetzt w a r 3 5 , oder 3. andere gewichtige Gründe dafür sprechen, dass der Ausländer weiterhin eine Aufenthaltserlaubnis erhalten s o l l 3 6 . Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf den Adoptionsbeschluss eines schwedischen Gerichts gestützt wird, soll die Anknüpfung, die durch den Beschluss entstanden ist, i m Verfahren über die Aufenthaltserlaubnis zugrunde gelegt werden (§ 4 Abs. 3 U t l L ) 3 7 . Bei der Prüfung eines Antrags auf Aufenthaltserlaubnis soll gemäß § 4 Abs. 4 U t l L auch berücksichtigt werden, ob erwartet werden kann, dass der Ausländer einen ordentlichen Lebenswandel führt 3 8 .

34 Fridström/ Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3,6. Aufl., S. 4008, Nr. 45). 3 5 Vgl. hierzu Prop. 1999/2000: 43, S. 53-55. 36 In erste Linie kommen hier humanitäre Gründe in Betracht, z. B. dass der Antragsteller dem Risiko ausgesetzt ist, bei einer Rückkehr in sein Land sozial ausgestoßen zu werden oder dass der Antragsteller schwer krank oder behindert ist (Fridström/Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4008, Nr. 47). 37 Die Ausländerbehörden sollen also nicht die Anknüpfung überprüfen, die im Adoptionsverfahren geprüft worden ist, sondern stattdessen die Beziehung zwischen Adoptierendem und Adoptivkind auf die gleiche Weise berücksichtigen wie bei einer biologischen Eltern-Kind-Beziehung, wobei die Adoption und die zugrundeliegende Beziehung zwischen Adoptivkind und Adoptierendem nicht in Frage gestellt werden soll. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass Ausländerbehörden ausnahmsweise zu dem Ergebnis kommen, dass die Adoption nicht als Grundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt. Das grundlegende Prinzip ist in dieser Hinsicht, dass adoptierte Kinder keine bessere rechtliche Stellung als biologische Kinder haben sollen. Vgl. zu dieser Problematik Prop. 2000/01: 66, S. 30-33 und 39. 38 Frühere Straffälligkeit, die zur Annahme einer schlechten Führung in der Zukunft Anlass geben könnte, kann dazu führen, dass eine Aufenthaltserlaubnis, die normalerweise aufgrund von § 4 UtlL erteilt worden wäre, verweigert wird. Dabei soll nur eine klar festgestellte schlechte Führung berücksichtigt werden, z. B. eine Straftat, die rechtskräftig von einem Gericht festgestellt worden ist oder ein anderes Fehlverhalten, bei dem die faktischen Umstände ganz klar feststehen, z. B. bei Vorliegen eines Geständnisses. In diesem Fall soll eine Abwägung zwischen dem Fehlverhalten einerseits und der Anknüpfung an Schweden erfolgen. Wenn der Ausländer Kinder hat, soll auch die Situation der Kinder berücksichtigt werden (Siehe Prop. 1994/95: 179, S. 48 f.; im Hinblick auf EU-Bürger siehe auch Wikren/Sandesjö, Utlänningslagen, 6. Aufl. 1999, S. 120 f.). Das Ausländeramt hat in verschiedenen Entscheidungen bei der Abwägung zwischen der Anknüpfung an Schweden und früherer Straffällig-

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Wenn die in Kap. 2, § 4 UtlL genannten Voraussetzungen erfüllt sind, soll eine Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich erteilt werden, es sei denn, es liegen besondere Gründe vor, die dagegen sprechen, wie z. B. ein schlechter Lebenswandel, eine Heirat unter Minderjährigen oder Fälle, in denen eine Familienzusammenführung in einem anderen Land stattfinden sollte 39 . Ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis für Schweden erhalten möchte, soll diese gemäß Kap. 2, § 5 UtlL vor der Einreise nach Schweden erwirken. Ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise soll grundsätzlich nicht bewilligt werden (gilt nicht für Angehörige von EU/EWR-Staaten). Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn 1. dem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis aufgrund einer Verordnung der Regierung für eine bestimmte, vorübergehend schutzbedürftige Gruppe von Ausländern (Kap. 2, § 4 a UtlL) oder als Asylant oder Flüchtling (Kap. 3, § 4 UtlL) gewährt werden kann. 2. ein Ausländer sich aus humanitären Gründen in Schweden niederlassen können soll. 3. es sich um einen Antrag auf Verlängerung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis aufgrund familiärer Anknüpfung gemäß Kap. 2, § 4 Abs. 2 UtlL handelt, oder 4. andere besondere Gründe vorliegen. 40 Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis trotz Antragstellung nach Einreise auch dann erteilt werden, wenn er eine besonders starke Anknüpfung an eine in Schweden ansässige Person hat und es billigerweise nicht von dem Ausländer verlangt werden kann, dass er in ein anderes Land reist, um seinen Antrag dort zu stellen41. Ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Verlängerung eines gegenwärtigen Besuchs oder eines anderen temporären Besuchs soll gem. Kap. 2, § 5 a UtlL bewilligt werden, wenn der Ausländer gewichtige Gründe für die Verlängerung anführen kann.

keit Gründe gesehen, eine befristete Aufenthaltserlaubnis mit einer bestimmten Probezeit zu erteilen (vgl. z. B. UN 326-97). In anderen Fällen hat die frühere Straffälligkeit zur Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis geführt (vgl. z. B. UN 305-98; UN 37-98 und UN 395-00). 39 Prop. 1996/97: 25, S. 111 f. und 284; (Fridström/Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4006, Nr. 20). 40

Z. B. wenn sich eine Person unter Arbeitsmarktsgesichtpunkten in Schweden niederlassen sollte. Nur absolute Ausnahmefälle werden von dieser Vorschrift erfasst (Vgl. hierzu Prop. 1994/95: 179, S. 75. 41

Weitere Ausnahmegründe enthalten die §§ 5 a und b in Kap. 2 UtlL.

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V. Erfordernis einer Arbeitserlaubnis Nach Kap. 1, § 5 UtlL soll ein Ausländer, der aufgrund eines Anstellungsverhältnisses im In- oder Ausland in Schweden arbeiten will, eine Arbeitserlaubnis besitzen, es sei denn er ist im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis oder er ist Staatsangehöriger Dänemarks, Finnlands, Islands oder Norwegens. Von dem Erfordernis einer Arbeitserlaubnis sind ferner Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staates sowie deren Lebenspartner (unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit) befreit (Kap. 4, § 1 UtlF) 42 . Für die Frage, ob eine Arbeitserlaubnis erteilt wird, ist grundsätzlich die allgemeine Lage auf dem Arbeitsmarkt ausschlaggebend43. Die Entscheidung wird grundsätzlich durch das Migrationsamt nach Beratung mit der Arbeitsverwaltung getroffen (Kap. 4, § 7 Abs. 1 UtlF) 4 4 . Die Beratung gilt nach § 7 Abs. 2 UtlF als erfolgt, wenn das Migrationsamt bei der Prüfung nach Richtlinien verfährt, die von der schwedische Arbeitsmarktdirektion beschlossen worden sind (vgl. Kap. 4, § 6 UtlF), nachdem Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften Stellung nehmen konnten. Eine Arbeitserlaubnis soll für eine bestimmte Zeit erteilt werden (Kap. 2, § 6 UtlL), jedoch grundsätzlich nicht länger als für die Gültigkeitsdauer des Passes des betreffenden Ausländers und nicht für Zeiträume, für die eine erforderliche Aufenthaltserlaubnis nicht vorliegt (Kap. 4, § 9 UtlF). In der Regel wird sie jeweils für ein Jahr erteilt. Ist die Beschäftigungszeit kürzer als ein Jahr, wird die Erlaubnis für die Dauer der Beschäftigung gewährt. Wenn die Arbeitserlaubnis aufgrund vorübergehenden Arbeitskräftebedarfs erteilt worden ist, wird sie maximal für achtzehn Monate bewilligt. Ist die Beschäftigung Teil eines internationalen Austauschprogramms, kann die Erlaubnis auf bis zu vier Jahre ausgedehnt werden. Die Arbeitserlaubnis soll sich auf eine bestimmte Arbeit oder bestimmte Arten von Arbeiten beziehen45 und - soweit erforderlich - mit weiteren Bedingungen verbunden 42

Vgl. dazu auch oben S. 1; vom Erfordernis einer Arbeitserlaubnis ausgenommen sind z. B. Handelsreisende, Personal von Fluggesellschaften oder Spezialisten international tätiger Unternehmen, die für kurze Zeit in dieser Funktion in Schweden arbeiten. Bei diesen darf die Gesamtdauer des Aufenthalts 12 Monate nicht übersteigen. Dauert sie länger als drei Monate am Stück, ist eine Aufenthaltsgenehmigung erforderlich. Staatsangehöriger verschiedener Länder müssen bei der Einreise allerdings ein Visum vorweisen. Vgl. zu weiteren Ausnahmen Kap. 4, §§ 1 a und 2. 43 Bereits im Jahre 1968 ist in einer Regierungsvorlage festgestellt worden, dass Arbeitskräfte für den Arbeitsmarkt in erster Linie durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, wie die Ausbildung von Arbeitslosen, Umzügen innerhalb des Landes oder durch die Erleichterung des Eintritts auf den Arbeitsmarkt für Frauen generiert werden sollten. 44 Die Erlaubnis soll nicht erteilt werden, wenn sich das lokale Arbeitsamt dagegen wendet (Fridström/ Magnuson, Kommentierung zur Utlänningsförordning, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4033, Nr. 49). 45 Wandert ein Ausländer ein, weil bestimmte Arbeitskräfte benötigt werden, so wird die Arbeitserlaubnis im allgemeinen für eine Beschäftigung in einem bestimmten Beruf erteilt

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werden 46. Eine Arbeitserlaubnis muß wie eine Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich vor der Einreise nach Schweden (bei einer schwedischen Auslandsvertretung) erwirkt werden. Die oben genannten Ausnahmen zur Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise nach Schweden gelten für die Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis entsprechend (Kap. 2, § 6 Abs. 2 UtlL). Nach Kap. 2, § 6 Abs. 3 UtlL kann die Regierung weitere Vorschriften über die Arbeitserlaubnis erlassen. Von dieser Ermächtigung hat sie in Kap. 4 der Ausländerverordnung (UtlF) Gebrauch gemacht.

VI. Zurückweisungs- und Ausweisungsgründe Das schwedische Recht unterscheidet zwischen der Zurückweisung eines Ausländers („avvisning") und der eigentlichen Ausweisung („utvisning") Nach Kap. 4, § 1 UtlL kann 47 ein Ausländer zurückgewiesen werden, 1. wenn er nicht im Besitze eines Passes ist, obwohl für ihn für die Einreise oder den Aufenthalt in Schweden ein Pass erforderlich ist, 2. wenn ihm ein Visum, eine Aufenthaltserlaubnis oder eine andere Erlaubnis fehlt, die für die Einreise, den Aufenthalt oder die Arbeitsaufnahme in Schweden notwendig ist, 3. wenn bei seiner Ankunft in Schweden deutlich wird, dass er ein anderes nordisches Land besuchen will, er aber nicht die erforderliche Erlaubnis hat, 4. wenn er es bei der Einreise entweder unterlässt, der Polizei gegenüber die erforderlichen Angaben zu machen oder wissentlich falsche Angaben macht, die für das Recht auf Einreise von Bedeutung sind oder wissentlich solche Umstände verschweigt, oder 5. wenn der Ausländer nicht die Voraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Durchführungsübereinkommens vom 14. Juni 1985 erfüllt. Nach Kap. 4, § 2 UtlL kann ein Ausländer ferner zurückgewiesen werden, 1. wenn angenommen werden kann, dass ihm ausreichende Mittel für seinen Aufenthalt in Schweden oder in einem anderen nordischen Land, das er besuchen will, und für seine Heimreise fehlen 48 ;

(Fridström /Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4009, Nr. 57). 46 Bedingung im Sinne dieser Vorschrift kann z. B. sein, dass die Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber erfolgen muss - etwa im Rahmen eines internationalen Austauschs. 47 Im Prinzip soll eine Abweisung erfolgen, wenn die Voraussetzungen in Nr. 1 oder 2 erfüllt sind, eine Ausnahme soll jedoch dann gemacht werden, wenn der Betreffende Asyl sucht oder in bestimmten Fällen der Familienzusammenführung (vgl. Kap. 2, § 5 UtlL).

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2. wenn angenommen werden kann, dass er sich während seines Aufenthalts in Schweden oder einem anderen nordischen Land nicht selbst auf ehrliche Weise versorgen kann oder dass er einer Beschäftigung nachgeht, fiir die er eine Arbeitserlaubnis braucht, ohne dass er im Besitz einer solchen ist, 3. wenn aufgrund der früheren Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe oder aufgrund anderer Umstände angenommen werden kann, dass er eine Straftat in Schweden oder einem anderen nordischen Land begeht, 4. wenn aufgrund seiner früheren Aktivitäten oder sonst angenommen werden kann, dass er Sabotage, Spionage oder eine verbotene nachrichtendienstliche Tätigkeit in Schweden oder in einem anderen nordischen Land betreibt, oder 5. wenn es nach dem Gesetz (1996:95) über bestimmte internationale Sanktionen vorgeschrieben ist, dass eine Zurückweisung erfolgen darf. Eine Zurückweisung darf nicht später als drei Monate nach der Ankunft des Ausländers in Schweden erfolgen 49. Sie kommt ebenfalls nicht in Betracht, wenn der Ausländer ein Visum oder eine Aufenthaltsgenehmigung besitzt. Die Ausweisung eines Ausländers kann nach Kap. 4, § 3 UtlL erfolgen, wenn dieser sich in Schweden aufhält, nachdem seine Aufenthaltserlaubnis abgelaufen oder widerrufen worden ist. Aus Kap. 4, §§ 7 -10 geht ferner hervor, dass ein Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen aufgrund einer begangenen Straftat ausgewiesen werden kann. Nach Kap. 4, § 11 kann ein Ausländer ebenfalls mit Rücksicht auf die Sicherheit des Reiches ausgewiesen werden. Bei der Prüfung, ob eine Zurückweisung oder Ausweisung erfolgen soll, sollen Vollzugshindernisse berücksichtigt werden. Ein solches liegt gemäß Kap. 8, §§ 1 und 2 UtlL z. B. vor, wenn das Risiko besteht, dass der Ausländer bei Rückkehr in sein Heimatland der Todesstrafe, einer Körperstrafe, Folter oder Verfolgung ausgesetzt ist.

VII. Zuständige Behörden Die zentrale Behörde für Ausländerfragen in Schweden, das sog. Migrationsamt (Migrationsverket), ist nach Kap. 2, § 7 Abs. 1 S. 1 UtlL grundsätzlich für die Entscheidung über die Visumerteilung, die Bewilligung einer Aufenthaltsgenehmigung sowie die Gewährung einer Arbeitserlaubnis zuständig. Nach S. 2 dieser Vorschrift können die Entscheidungen zur Erteilung von Visa und von Aufenthalts-

48 Ob der Ausländer über ausreichende Mittel verfügt, soll vor dem Hintergrund verschiedener Faktoren beurteilt werden, wie die geplante Länge seines Aufenthalts und seine persönlichen Verhältnisse (Vgl. hierzu Wikren/Sandesjö, Utlänningslagen, 6. Aufl. 1999, S. 177 ff.). 49 Dies gilt nur im Hinblick auf die erstinstanzliche Entscheidung.

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genehmigungen auch vom Außenministerium getroffen werden. Überdies kann die Regierung und - in einem durch die Regierung bestimmten Umfang - auch das Migrationsamt die Entscheidungskompetenz gemäß Kap. 2, § 7 Abs. 2 UtlL auf andere Behörden delegieren 50. Gegen Entscheidungen des Migrationsamts oder der Behörde, auf die die Entscheidungsbefugnis delegiert wurde, kann in der Regel innerhalb von drei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung Beschwerde eingelegt werden (vgl. Kap. 7 UtlL) 5 1 . Diese wird nach erneuter Prüfungsmöglichkeit durch die Behörde, die die ablehnende Entscheidung erlassen hat, grundsätzlich an den Ausländerausschuss („Utlänningsnämnden") zur Prüfung weitergeleitet.

B. Asyl52- und Flüchtlingsrecht in Schweden Kap. 3 des schwedischen Ausländergesetzes enthält Bestimmungen über „Schutzbedürftige". Danach wird in Schweden zwischen „Flüchtlingen" (Kap. 3, § 2 UtlL) und „Schutzbedürftigen im übrigen" (Kap. 3, § 3 UtlL) unterschieden.

I. Flüchtlinge im Sinne von Kap. 3, § 2 UtlL Als Flüchtling wird gem. Kap. 3, § 2 Abs. 1 S. 1 UtlL ein Ausländer betrachtet, der sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsbürger er ist, weil er eine begründete Furcht vor Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe oder aufgrund seiner religiösen oder politischen Anschauung empfindet, und sich den Schutz dieses Landes nicht zunutze machen kann oder aufgrund seiner Furcht nicht zunutze machen will. Dies gilt gem. Kap. 3, § 2 Abs. 1 S. 2 UtlL unabhängig davon, ob die Verfolgung von staatlichen Organen dieses Landes ausgeht oder ob diese keinen hinreichenden Schutz gegen Verfolgung durch Dritte gewähren können. Als Flüchtling wird nach Kap. 3, § 2 Abs. 2 auch jemand betrachtet, der staatenlos ist und sich aus den 50

Gemäß Kap. 2, § 6 UtlF kann das Migrationsamt die Entscheidungsbefugnis in Visumsangelegenheiten in Abstimmung mit dem Außenministerium auf schwedische Auslandsvertretungen delegieren. Nach Kap. 3, § 3a UtlF kann es ferner - nach Abstimmung mit dem Außenministerium - die Entscheidungsbefugnis für Aufenthaltsgenehmigungen bis zu einer Höchstdauer von 3 Jahren auf schwedische Auslandsvertretungen delegieren. Aus Kap. 4, §§ 4, 4 a und 5 UtlF geht überdies hervor, dass das Migrationsamt unter bestimmten Voraussetzungen - in der Regel in Abstimmung mit verschiedenen Behörden - die Entscheidungsbefugnis für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis auf Polizeibehörden, auf schwedische Auslandsvertretungen oder Arbeitsbehörden delegieren kann. 51 In Visumsangelegenheiten ist eine Beschwerde nicht möglich. Es kann jedoch ein neuer Antrag auf Erteilung eines Visums gestellt werden. 52 Das Asylrecht ist in Schweden nicht verfassungsrechtlich verankert.

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genannten Gründen außerhalb des Landes befindet, in dem er zuvor seinen Aufenthaltsort hatte, unter der Voraussetzung, dass er nicht dorthin zurückgehen kann oder aufgrund seiner Furcht nicht will. Die Definition des Begriffs „Flüchtling" in Kap. 3, § 2 Abs. 1 des schwedischen Ausländergesetzes stimmt weitgehend mit der Flüchtlingsdefinition der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 überein 53. Personen, die von dieser Definition erfasst werden, werden in Schweden auch als Konventionsflüchtinge bezeichnet. Im schwedischen Ausländergesetz wird allerdings noch ausdrücklich klargestellt, dass die Verfolgung nicht von staatlichen Organen ausgehen muss, sondern dass es ausreicht, dass solche keinen hinreichenden Schutz vor einer Verfolgung durch Dritte gewähren. Eine Anerkennung als Flüchtling soll auch dann in Betracht kommen, wenn es in dem Land, in dem die Verfolgung stattfand, ganz an einer Staatsmacht fehlt 54 . Personen, die in einem anderen Teil ihres Heimatlands als dem, in dem sie ansässig sind, Schutz erhalten können, werden nicht als Flüchtlinge betrachtet 55. Der Flüchtlingsbegriff soll extensiv ausgelegt werden und im Zweifel soll eine Beurteilung zugunsten des Asylsuchenden erfolgen, d. h. seine Angaben sollen der Beurteilung zugrunde gelegt werden, wenn seine Aussagen über die Verfolgung glaubhaft erscheinen und die faktischen Verhältnisse nicht aufgeklärt werden können 56 . Nach der extensiven Auslegung des Flüchtlingsbegriffs sollen z. B. auch Kriegsdienstverweigerer, d. h. Personen, deren Heimatland sich im Krieg befindet oder im Begriff ist, einen Krieg einzuleiten und die riskieren müssen, in den Krieg gesandt zu werden, weitgehend als Flüchtlinge betrachtet werden 57. Nahe Angehörige von Flüchtlingen werden in der Regel ebenfalls als Flüchtlinge angesehen58. Flüchtlingen im Sinne von Kap. 3, § 2 UtlL wird normalerweise eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt 59 . Sie wird nur bei Flüchtlingen im Sinne dieser Vorschrift als Asyl bezeichnet (vgl. Kap. 3, § 1 UtlL). Nach Kap. 3, § 6 UtlL soll das Migrationsamt auf Antrag eines Flüchtlings entweder zusammen mit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis oder später angeben, dass dieser Flüchtling ist (sog.

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Grundlegende internationale Regelungen über Asyl sind in der Genfer Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen von 1951 sowie dem Zusatzprotokoll über die Rechtsstellung von Flüchtlingen aus dem Jahre 1967 enthalten, denen sich Schweden angeschlossen hat und auf denen die schwedische Gesetzgebung zum Asyl und Flüchtlingsrecht basiert. 54 Vgl. Prop. 1996/97:25, S. 97 und 289. 55 Vgl. reg. 18-93. 56 Fridström/Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4010, Nr. 83. 57 Vgl. Prop 1996/97: 25, S. 99. 58 Vgl. UN 32-93. 59 Zu Verweigerungsgründen siehe unten S. 14.

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Flüchtlingserklärung). Das Amt stellt ferner für Flüchtlinge auch ein Reisedokument für Reisen außerhalb Schwedens aus (Kap. 3, § 7 UtlL).

II. Quotenflüchtlinge Schweden hat mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) vereinbart, dass es jährlich neben den Konventionsflüchtlingen im Sinne von Kap. 3, § 2 UtlL, die ihren Weg nach Schweden finden, eine bestimmte Anzahl sog. Quotenflüchtlinge aufnimmt. Die jährliche Quote wird vom schwedischen Reichstag beschlossen. In den letzten Jahren lag sie zwischen 1.700 und 1.800 Flüchtlingen. Flüchtlinge, die aufgrund der Quote nach Schweden kommen, werden von schwedischen Behörden - im allgemeinen auf der Grundlage von Akten, die vom UNHCR übermittelt wurden - ausgesucht.

III. „Schutzbedürftige im übrigen" im Sinne von Kap. 3, § 3 UtlL Als „Schutzbedürftige im übrigen" werden nach Kap. 3, § 3 UtlL Ausländer betrachtet, die das Land, in dem sie Staatsbürger sind, aus anderen Gründen als den in Kap. 3, § 2 UtlL genannten Asylgründen verlassen haben, weil: - sie eine begründete Furcht vor Todes- oder Körperstrafe, Folter oder anderer unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung haben60; - sie aufgrund eines äußeren oder inneren 61 bewaffneten Konflikts eines Schutzes bedürfen 62 oder sie aufgrund einer Naturkatastrophe nicht in ihr Heimatland zurückkehren können, oder - sie aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer Homosexualität eine begründete Furcht vor Verfolgung haben63.

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Der Schutz gilt ungeachtet des Anlasses für die in Frage stehende Behandlung und ist unbedingt. Für die Anwendung dieser Vorschrift ist die Praxis, die sich im Hinblick auf Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention und zu Art. 3 der Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung gebildet hat, von Bedeutung. Vgl. hierzu: Wikren/Sandesjö, Utlänningslagen, 6. Aufl. 1999, S. 146 ff.; Carl Henrik Ehrencrona, Folkrättsliga hinder mot utvisning enligt utlänningslagen (1989:529) m.m., SvJT 1999, S. 1. 61 Die Bestimmung gilt folglich auch für diejenigen, die vor einem Bürgerkrieg flüchten. Sie wird auch in dem Fall für anwendbar gehalten, in dem ein bewaffneter Bürgerkrieg in einem Land erst begonnen hat, nachdem ein Flüchtling sein Heimatland verlassen hat (vgl. UN 357-97). 62 Von dieser Bestimmung dürften auch Kriegsdienstverweigerer, soweit sie nicht als Flüchtlinge nach Kap. 3, § 2 betrachtet werden, erfasst werden (Fridström/Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4011, Nr. 83).

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Als schutzbedürftig wird auch eine Person betrachtet, die staatenlos ist und die sich aus den aufgezählten Gründen außerhalb des Landes befindet, in dem sie zuvor ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte unter der Voraussetzung, dass die Person nicht dorthin zurückgehen kann oder dies aufgrund ihrer Furcht nicht will. Ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Kap. 3, § 3 UtlL soll gem. Kap. 3, § 1 Abs. 2 UtlL wie ein Antrag auf Asyl behandelt werden.

IV. Verweigerungsgründe Nach Kap. 3,§ 4 Abs. 1 UtlL haben Flüchtlinge im Sinne von Kap. 3, § 2 UtlL und Schutzbedürftige nach Kap. 3, § 3 UtlL grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Eine Aufenthaltserlaubnis kann jedoch verweigert werden, wenn: 1. es im Hinblick auf den betreffenden Flüchtling nach § 2 oder den Schutzbedürftigen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3 unter Berücksichtigung dessen, was über seine frühere Aktivitäten 64 bekannt ist oder wenn es mit Rücksicht auf die Sicherheit des Reiches besondere Gründe gibt, eine Aufenthaltserlaubnis nicht zu erteilen 65 , oder 2. bei einem Schutzbedürftigen, der von § 3 Abs. 1 Nr. 2 erfasst wird, aufgrund von Kriminalität oder irgendeinem anderen Umstand der sich auf die schutzbedürftige Person bezieht, besondere Gründe vorliegen, eine Aufenthaltserlaubnis nicht zu erteilen, 3. der Ausländer von Dänemark, Finnland, Island oder Norwegen aus eingereist ist und dorthin zurückgeschickt werden kann, soweit nicht offensichtlich ist, dass er dort keine Aufenthaltserlaubnis erhalten wird, 63 Ein Schutzbedürfnis dürfte in erster Linie vorliegen, wenn eine Person mit den Gesetzen oder Gebräuchen ihres Heimatlandes in Konflikt kommt. Ein Recht auf Schutz sollen nur Personen haben, die dem Risiko einer Verfolgung in gleicher Weise und in gleichem Maße wie Konventionsflüchtlinge ausgesetzt sind (vgl. Prop. 1996/97:25, S. 103). Auf der Grundlage dieser Bestimmung ist Frauen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden, die in ihrem Heimatland dem Risiko einer Beschneidung ausgesetzt waren (UN 328-97). Zur begründeten Furcht vor Verfolgung aufgrund von Homosexualität vgl. reg. 85-98. 64

Dies bezieht sich auf dieselben Umstände, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention dazu führen, dass eine Person nicht von der Konvention erfasst wird, d. h. wenn es wichtige Gründe gibt, die die Annahme rechtfertigen, dass eine Person ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat (Fridström/ Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4011, Nr. 88). 65 Es kann allerdings vorkommen, dass bei dem Ausländer eine begründete Furcht vor Folter ö.ä. vorliegt, was dazu führen kann, dass die Person letzten Endes in Schweden bleiben kann (Fridström/Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4011, Nr. 89).

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4. der Ausländer sich andernfalls vor der Ankunft in Schweden in einem anderen Land als seinem Heimatland aufgehalten hat 66 und, wenn er dorthin zurückgeschickt wird, er vor Verfolgung oder Rückführung in sein Heimatland oder in ein anderes Land, wo er keinen entsprechenden Schutz genießt, geschützt ist 6 7 , 5. der Ausländer eine besondere Anknüpfung 68 an ein anderes Land hat und dort auf gleiche Weise geschützt ist (wie in Nr. 4 angegeben), oder 6. der Ausländer in ein Land geschickt werden kann, das der Konvention beigetreten ist, nach der bestimmt wird, welcher Staat für die Prüfung eines Asylbegehrens zuständig ist, das in einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft gestellt wird und der Ausländer dort ebenso geschützt ist (wie in Nr. 4 angegeben)69. Grundsätzlich wird Flüchtlingen im Sinne von Kap. 3, § 2 UtlL und anderen Schutzbedürftigen im Sinne von Kap. 3, § 3 UtlL eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn der Erteilung keine Gründe entgegenstehen.

V. Vorrübergehende Schutzgewährung Durch Kap. 2, § 4 a UtlL wird die Regierung ermächtigt, für eine bestimmte Gruppe von Ausländern, die auf der Grundlage der Bestimmungen in Kap. 3 des Ausländergesetzes über Schutzbedürftige eine Aufenthaltserlaubnis begehren und die als vorübergehend schutzbedürftig betrachtet wird, Regelungen zu treffen, nach denen dieser Gruppe eine befristete Aufenthaltserlaubnis gewährt werden kann. Diese Erlaubnis darf insgesamt auf höchstens zwei Jahre befristet werden. Wenn in 66 Eine bloße Durchreise oder ein kurzer Aufenthalt aufgrund von Krankheit oder anderen Umständen auf die der Ausländer keinen Einfluss hat, wird nicht als Aufenthalt im Sinne dieser Vorschrift betrachtet (vgl. UN 203-94). Der Ausländer muss jedoch glaubhaft machen, dass der Aufenthalt nur sehr kurz und unfreiwillig war (vgl. Prop. 1988/89:86, S. 157). Die Angaben des Ausländers sollen akzeptiert werden, wenn nichts darauf hindeutet, dass diese unrichtig sind (Fridström/ Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4011, Nr. 94). 67 Dieser Bestimmung liegt der Gedanke zugrunde, dass der Flüchtling nicht das Recht hat zu wählen, wo ihm Schutz gewährt wird, sondern dass er in dem Land Schutz suchen soll, in dem er sich nach seiner Flucht zuerst aufhält - das sog. Prinzip des 1. Asyllands (siehe: Prop. 1983/84:144, S. 42 ff. sowie Wikren/Sandesjö, Utlänningslagen, 6. Aufl. 1999, S. 155 ff.). Regelungen darüber, welches Land ein Asylbegehren prüfen soll, sind in der Dubliner Konvention enthalten, der Schweden sich angeschlossen hat und die für Schweden am 01. 10. 1997 in Kraft getreten ist. 68 Dies ist z. B. der Fall, wenn der Ausländer ein Reisedokument mit Rückkehrklausel hat, das von einem anderen Land aufgrund eines früheren längeren Aufenthalts oder familiärer Verbindungen ausgestellt wurde (Fridström/Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4011, Nr. 96). 69 Diese Bestimmung wurde aufgrund des Anschlusses Schwedens an die Dubliner Konvention eingefügt, nach der ein Staat bestimmt wird, der für die Prüfung eines Asylbegehrens zuständig ist.

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diesem Zeitraum die Vorbereitungen für die Rückführung eingeleitet worden sind, darf die Erlaubnis um höchstens weitere zwei Jahre verlängert werden 70. Am 15. April 1999 hat die schwedische Regierung auf der Grundlage dieser Bestimmung die Verordnung 1999/209 erlassen, wonach Kosovo-Albanern, die aufgrund des Evakuierungsprogramms des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) oder spontan nach Schweden kamen, vorrübergehender Schutz gewährt wurde. Von der Verordnung wurden auch Personen erfasst, die bereits in Schweden waren und über deren Asylanträge noch nicht entschieden war. Kosovo-Albaner wurden mithin als vorrübergehend schutzbedürftig betrachtet und erhielten eine auf 11 Monate befristete Aufenthaltserlaubnis. Die Regelung wurde nach dem 01. Mai 2000 nicht verlängert. Kosovo-Albaner, die in Schweden bleiben wollten, mussten einen neuen Asylantrag stellen.

VI. Verfahren Alle Asylanträge - an Grenzübergangspunkten oder innerhalb des Landes müssen dem staatlichen Migrationsamt (Migrationsverket) - als zentrale Behörde für Ausländerfragen - zur Entscheidung vorgelegt werden. Die Grenzpolizei hat keine Entscheidungsbefugnisse im Hinblick auf Asylanträge. Beamte des Migrationsamts sind an den Hauptgrenzübergangspunkten vor Ort. Um die Identität eines Asylsuchenden festzustellen, ist dieser verpflichtet, seine Fingerabdrücke nehmen und Fotos machen zu lassen. Asylsuchende können auch einem Sprachtest unterzogen werden, um ihre Nationalität festzustellen. Asylsuchende, deren Anträge als offensichtlich unbegründet 71 betrachtet werden, können nach Kap. 8, § 8 UtlL an der Grenze zurückgewiesen werden. Sind sie bereits (illegal) nach Schweden eingereist, kann ihnen eine Aufenthaltserlaubnis verweigert werden und eine sofortige Ausweisung erfolgen. Gegen Entscheidungen des Migrationsamts ist die Beschwerde zum Ausländerausschuss („Utlänningsnämnden") innerhalb von drei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung möglich. Die Beschwerde ist beim Migrationsamt einzulegen, welches nochmals die Option hat, den Fall zu untersuchen. Sieht das Migrations70 In Kap. 2, §§ 4 b-e sind weitere Fälle genannt, in denen eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll, z. B. bei ärztlicher Behandlung eines Kindes in Schweden. 71 Es darf nicht den geringsten Zweifel geben, dass die angeführten Asylgründe unzureichend sind. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn das Migrationsamt gute Kenntnisse über die Verhältnisse in dem Land hat, in das der Asylbegehrende zurückgesandt werden soll und die individuell geltend gemachten Gründe vor diesem Hintergrund kein Recht auf Asyl zu begründen vermögen. In Betracht kommen ferner Fälle, in denen feststeht, dass die Angaben des Ausländer in allen wesentlichen Teilen unwahr sind. Diese Regelung ist überdies einschlägig, wenn ein Asylsuchender nach der Dubliner Konvention in das sog. 1. Asylland zurückgeschickt wird (Fridström/Magnuson, Kommentierung zum Utlänningslag, in: Karnov, Svensk lagsamling med kommentarer, Bd. 3, 6. Aufl., S. 4023, Nr. 295).

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amt keinen Grund, die angegriffene Entscheidung zu ändern, wird sie die Beschwerde an den Ausländerausschuss zur abschließenden Prüfung übermitteln.

C. Möglichkeit des Erwerbs der schwedischen Staatsangehörigkeit72

Am Ol. 03. 2001 ist in Schweden das neue „Gesetz über die schwedische Staatsangehörigkeit" (SFS 2001:82) in Kraft getreten. Nach § 11 dieses Gesetzes kann ein Ausländer grundsätzlich die schwedische Staatsangehörigkeit erwerben, wenn er 1. 2. 3. 4.

seine Identität nachweist, mindestens 18 Jahre alt ist, eine permanente Aufenthaltsgenehmigung besitzt, in Schweden ansässig ist seit: a) 2 Jahren, wenn er Staatsangehöriger eines nordischen Staates ist, b) 4 Jahren, wenn er staatenlos oder Flüchtling im Sinne von Kap. 3, § 2 UtlL ist, c) 5 Jahren (übrige Ausländer).

Nach dem neuen Gesetz kann ein Ausländer, der die schwedische Staatsangehörigkeit erwirbt, seine bisherige Staatsangehörigkeit behalten, sofern die Regelungen eines anderen Landes dem nicht entgegenstehen. Es besteht also grundsätzlich die Möglichkeit einer doppelten Staatsangehörigkeit.

72 Schweden hat bereits 1976 das kommunale Wahlrecht für alle in Schweden lebenden Ausländer - also nicht nur für EU-Staatsangehörige - eingeführt.

Statement Südafrika Von Johan van der Walt A. Einführung B. Grundzüge des Flüchtlingsgesetzes C. Grundzüge des Ausländerkontrollgesetzes von 1991 und des Einwanderungsgesetzes von 2002

A. Einführung Südafrika ist - gemessen am europäischen, deutschen und japanischen Standard - kein großes Industrieland. Dennoch ist Südafrika in der Region des südlichen Afrika wohl ein Industrie- und Wirtschaftsführer. Als solcher lockt das Land selbstverständlich immer viele Arbeitslose aus den Nachbarländern an, die die Grenze legal oder illegal überschreiten, um einen Arbeitsplatz zu bekommen. Südafrika hat aber selbst eine sehr hohe Arbeitslosigkeit und deshalb eine Pflicht, so weit wie möglich Arbeitsplätze für die eigenen Bürger zu reservieren und zu schützen.1 Auf der anderen Seite ist Südafrika auch eine verfassungsrechtliche Demokratie, die die Menschenrechtsverträge der Vereinten Nationen, einschließlich der Genfer Flüchtlingskonvention, unterschrieben hat. Diese Unterzeichnung fordert nicht nur Gewährung von Asyl für politische Flüchtlinge guten Glaubens, sondern auch Respekt vor den Menschenrechten und deren Gewährleistung an Tausende sog. Wirtschaftsflüchtlinge (economic refugees), die jährlich die Landesgrenzen überqueren, um eine bessere Zukunft in Südafrika zu finden. Dabei wäre es auch unvernünftig, gar keine Gastarbeiter ins Land zu lassen. Es fehlt der südafrikanischen Wirtschaft an genügend qualifizierten Arbeitskräften, ohne die sie nicht wachsen kann. Das südafrikanische Flüchtlings- und Einwanderungsrecht verfolgt also vier Ziele: 1. Gewährung von Asyl an politische Flüchtlinge. 2. Respekt vor den Menschenrechten und deren Gewährleistung an die Leute (im Grunde Wirtschaftsflüchtlinge), die illegal in das Land kommen. 1 Kategorisch im Kantischen Sinne kann diese Pflicht aber nicht sein. Für weitere Bemerkungen in dieser Hinsicht, vgl. van der Walt, „Piracy, property and plurality. Rereading the Foundations of Modern Law" 2001, lydskrif vir die Suid-Afrikaanse Reg. 524, 539.

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3. Reservierung und Schutz von Arbeitsplätzen für Landsleute. 4. Einlaß für qualifizierte Arbeitskräfte, ohne die die Wirtschaft nicht wachsen kann. Diese vier Ziele werden durch zwei Instrumente verfolgt, nämlich das Flüchtlingsgesetz von 1998 und das Einwanderungsgesetz von 2002. Das südafrikanische Einwanderungsrecht wurde vor kurzem noch vom Ausländerkontrollgesetz von 1991 geregelt. Einige Klauseln des Ausländerkontrollgesetzes hat das Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Die Verfassungswidrigkeit hat es aber bis Juni 2002 suspendiert. Dieses Gesetz ist dann auch im Juni 2002 vom Einwanderungsgesetz ersetzt worden.

B. Grundzüge des Flüchtlingsgesetzes Artikel 2 des Flüchtlingsgesetzes von 1998 schreibt vor, daß keiner Person die Einreise nach Südafrika verweigert werden darf und daß keine Person ausgewiesen oder ausgeliefert werden darf, wenn a) diese Verweigerung, Ausweisung oder Auslieferung die Person zwingen würde, in ein Land zurückzukehren, in dem sie wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer spezifischen politischen Gruppe verfolgt würde oder wenn b) die Verweigerung, Ausweisung oder Auslieferung das Leben, die körperliche Sicherheit oder die Freiheit jener Person aufgrund eines Angriffs von außen, Besetzung oder Fremdbeherrschung oder sonstiger Ereignisse, die die öffentliche Ordnung zerrütten, gefährdete. Diese Klauseln des Artikels 2 konstituieren das sogenannte allgemeine Verbot des Gesetzes. Diesen Klauseln folgen in Artikel 3 weitere Bedingungen für den Flüchtlingsstatus. Nach Artikel 3 wird eine Person als Flüchtling betrachtet, wenn a) sie sich außerhalb des Landes ihrer Nationalität oder ihres üblichen Aufenthalts befindet und nicht imstande ist oder auf Grund einer begründeten Furcht vor Verfolgung im Sinne von Artikel 2 (a) nicht willens ist, in das Land zurückzukehren oder b) sie das Land ihrer Nationalität oder ihres üblichen Aufenthalts aus den in Artikel 2 (b) genannten Gründen verlassen muß oder c) die Person von einer anderen Person abhängig ist, die als Flüchtling im Sinne von Artikel 3 (a) oder 3 (b) zu qualifizieren ist. Artikel 4 nennt die Gründe, nach denen eine Person nicht so zu qualifizieren ist. Artikel 5 gibt an, wann der Flüchtlingsstatus endet. Artikel 35 ermächtigt den Innenminister im Falle eines Massenzustroms, eine Gruppe von Menschen für Flüchtlinge zu erklären. Weitere Artikel legen fest, wie das Gesetz interpretiert

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werden soll. Sie bestimmen auch die Behörden, die verantwortlich für die Durchführung des Gesetzes sind, und das Verfahren, nach dem das Gesetz durchgeführt werden soll. Wenn einer Person der Flüchtlingsstatus verweigert worden ist, wurde sie bis vor kurzem nach dem Ausländerkontrollgesetz von 1991 als „verbotene Person" (prohibited person) angesehen. Das Einwanderungsgesetz von 2002 bezeichnet diese Personen, denen der Flüchtlingsstatus verweigert worden ist, nicht mehr ausdrücklich als eine der Kategorien von „verbotenen Personen", die Artikel 23 festlegt. Man kann aber annehmen, daß sie nach Artikel 35 des Einwanderungsgesetzes als illegale Ausländer (illegal foreigners) betrachtet würden und daß sie genau wie früher nach Artikel 44 des Ausländerkontrollgesetzes, jetzt nach den Artikeln 35 und 37 (1) des Einwanderungsgesetzes verhaftet und aus der Republik Südafrika abgeschoben werden dürfen.

C. Grundzüge des Ausländerkontrollgesetzes von 1991 und des Einwanderungsgesetzes von 2002 Artikel 5 des Ausländerkontrollgesetzes von 1991 bestimmte, daß eine Person in die Republik Südafrika nur über eine Eingangspforte einreisen darf, an der man sich bei einem Einwanderungsbeamten melden soll. Artikel 11 legte weiter fest, daß eine Person in die Republik nur einreisen darf, wenn sie erstens einen gültigen Pass und ein Visum hat oder zweitens beweisen kann, daß er oder sie ein Bürger der Republik ist, oder drittens vom Visumerfordernis durch den Innenminister befreit ist. 2 Gemäß Artikel 8 entscheidet der Einwanderungsbeamte, ob eine Person eine „verbotene Person" ist oder nicht. Gemäß Artikel 16 kann der Beamte demjenigen, den er verdächtigt, eine „verbotene Person" zu sein, eine vorläufige Erlaubnis erteilen. Wenn der Beamte entscheidet, daß es sich bei einer Person um eine „verbotene Person" handelt, soll er diese davon in Kenntnis setzen und sie auf ihr Widerspruchsrecht hinweisen. Artikel 24 errichtet eine Einwanderungsauswahlbehörde, die für die Beurteilung von Einwanderungsanträgen verantwortlich ist. Gemäß Artikel 25 (4) (a) kann ein Regionalausschuß der Behörde eine Einwanderungserlaubnis erteilen, wenn der Antragsteller, (i) von gutem Charakter ist; (ii) ein wünschenswerter Einwohner der Republik sein würde;

2

Ähnliche Klauseln sind in Artikel 2 des Einwanderungsgesetzes von 2002 aufgenommen worden. Siehe weiter unten für weitere Bemerkungen zur Ersetzung des Ausländerkontrollgesetzes von 1991 durch das Einwanderungsgesetz von 2002.

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(iii) nicht das Gemeinwohl der Republik gefährden würde; (iv) nicht einen Beruf ausübt, in dem nach Ansicht des Regionalausschusses eine ausreichende Zahl in der Republik tätig ist, so daß genügend dieser Berufstätigen in der Republik zur Verfügung stehen. Gemäß Artikel 25 (4) (b) kann ein Regionalausschuß auch eine Einwanderungserlaubnis erteilen, wenn der Antragsteller ein notleidendes oder schwaches Mitglied der Familie einer Person ist, die sich legal in der Republik aufhält und die bereit und imstande ist, den Antragsteller zu unterhalten. Gemäß Artikel 25 (5) kann der Regionalausschuß im Fall des Antrags einer Gattin, eines Gatten oder eines abhängigen Kindes eine Einwanderungserlaubnis ungeachtet der Bestimmung in Artikel 25 (4) gewähren. Im Urteil der Sache National Coalition for Gay and Lesbian Equality and Others v Minister ofHome Affairs Others 3 hat das Verfassungsgericht entschieden, daß die Abwesenheit der Worte „Partner in einer dauerhaften gleichgeschlechtlichen Beziehung" (partner in a permanent same-sex partnership) nach dem Wort „Gatte" (spouse) im Artikel 25 (5) verfassungswidrig ist. Das Gericht entschied, daß man die Worte „partner in a permanent same-sex partnership" weiterhin in den Artikel hineinlesen soll. Dem Urteil zufolge sind alle sonstigen Artikel des Gesetzes, die sich auf Artikel 25 (5) beziehen, verfassungswidrig. Die Verfassungswidrigkeit ist aber für eine Frist von 24 Monaten vom Gericht suspendiert worden. Diese Frist endete im Juni 2002. Deshalb mußte das Parlament vorher die erforderlichen Gesetzesänderungen durchführen. Zu diesem Zweck nahm das Parlament am 2. Juni 2002 den Entwurf für ein Einwanderungsgesetz von 2001 an. Das südafrikanische Einwanderungsrecht regelt also jetzt das Einwanderungsgesetz von 2002. Das Ausländerkontrollgesetz von 1991 bestimmte bis zum Inkrafttreten des Einwanderungsgesetzes das Verfahren für die Behandlung von Einwanderungsverträgen wie oben erwähnt. Wie gesehen, war das Antragsverfahren zentralistisch orientiert und wurde ganz von der Verwaltung (das heißt, von dem relevanten Regionalausschuß) gesteuert. Das war dann auch die Ursache für die wichtigste Unzulänglichkeit des Gesetzes. Die zentralistische Verwaltung von Einwanderungsanträgen war nicht imstande, die Besonderheiten von wirtschaftlichen Bedürfnissen zu beurteilen. Das Einwanderungsgesetz von 2002 ist also nicht nur angenommen worden, um die Verfassungswidrigkeit des Ausländerkontrollgesetzes zu korrigieren, sondern auch um den zentralistischen Verwaltungsprozeß zu ändern. So legt Artikel 16 des Gesetzes zum Beispiel fest, daß korporative Arbeitgeber einen Einwanderungsantrag stellen können. Darin können sie die spezifischen Bedürfnisse der relevanten Industrie, die nicht südafrikanische Arbeitnehmer erfüllen können, darlegen und zur Begründung des Antrags heranziehen. Diese Anträge können deshalb nach den wirklichen Bedürfnissen der südafrikanischen Industrie und Wirtschaft beurteilt werden. Der Antrag eines Arbeitgebers wird aber 3 2000 (1) BCLR 39 (CC).

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auch im Hinblick auf die Höhe seiner Beiträge zur lokalen Fähigkeitsentwicklungsstiftung (local skills development fund) beurteilt. 4 Der neue Gesetzesentwurf versucht also nicht nur, den Mangel an lokalen Fähigkeiten, ohne die die Wirtschaft nicht wachsen kann, anzusprechen, sondern auch die Entwicklung lokaler Fähigkeiten zu fördern. Wie das Ausländerkontrollgesetz zuvor legt auch das Einwanderungsgesetz fest, daß Arbeitgeber, die einen illegalen Einwanderer anheuern oder ihm Obdach gewähren, sich eines Vergehens strafbar machen und eine Geldstrafe zahlen müssen.5 Illegale Einwanderer können gemäß Artikel 35 (2) und 37 (1) des Gesetzes verhaftet und aus der Republik ausgewiesen werden. Schutz und Reservierung von Arbeitsplätzen für Südafrikaner bleiben also wie zuvor wichtige Beweggründe der südafrikanischen Gesetzgebung. In Artikel 29 (1) (a) fordert die neue Gesetzgebung aber auch, daß die Durchführung des Gesetzes die Entwicklung einer Menschenrechtskultur fördern soll.

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Vergleich die ähnliche Bestimmung für individuelle Arbeitgeber im Artikel 12 (1) (b)

(1). 5

Zur neuen Gesetzgebung siehe Artikel 45 und 52.

Statement USA* Von Joseph J. Darby A. Einwanderung B. Nicht-Einwanderung C. Asyl D. Illegal Einreisende E. Schlussfolgerung

A. Einwanderung Den überwiegenden Teil seiner Geschichte verfolgte Amerika eine Politik der offenen Tür für Ausländer. Genau genommen sind alle amerikanischen Bürger entweder Einwanderer oder Abkömmlinge von Einwanderern. Menschen, die religiöse und politische Freiheiten, wirtschaftliche Chancen oder auch einfach nur einen Neuanfang in ihrem Leben suchten, nutzten diese großzügige Einwanderungspolitik und kamen zu uns. Damals waren wir ein „Einwanderungsland". In mancher Hinsicht sind wir es noch immer. Unser Erfolg als Nation gründet sich zu einem großen Teil darauf, dass es uns gelungen ist, den Einwanderern aus allen Teilen dieser Welt verständlich zu machen, dass es auf der Suche nach dem eigenen Glück erforderlich ist, unsere Vorstellungen von Freiheit, Demokratie und Gleichberechtigung zu respektieren und von den Freiheiten, die unsere Verfassung gewährt, verantwortungsvoll und in angemessener Form Gebrauch zu machen. Insgesamt betrachtet kann man die Einwanderung als Erfolgsstory für die Vereinigten Staaten bezeichnen. Wir werden die Beiträge, die Einwanderer für unser Gemeinwesen und unseren Wohlstand geleistet haben, nicht vergessen. Wie alles andere hat auch die Einwanderung eine Kehrseite. Wenn Einwanderer einerseits Fähigkeiten und Entschlossenheit mitbringen, konkurrieren sie andererseits mit arbeitslosen Amerikanern auf dem Arbeitsmarkt. Oft haben sie fremde Sprachen, Sitten und Gebräuche, die mit der vorwiegend angelsächsischen Kultur der amerikanischen Gesellschaft in Konflikt geraten. Viele Zuwanderer sind arm und benötigen staatliche Unterstützung bei der Gesundheitsvorsorge, Bildung und ihrem Lebensunterhalt. Außerdem besteht immer die Möglichkeit, dass Einwan* Der Autor möchte Herrn Rechtsanwalt Michael Hemming für die Übersetzung aus dem Englischen seine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen.

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derer, insbesondere nachdem sie die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen haben, den Versuch unternehmen werden, die amerikanische Innen- und Außenpolitik in Bereichen, die ihr Heimatland betreffen, mit inakzeptablen Ergebnissen zu beeinflussen. Nach rund hundert Jahren ungeregelter Einwanderungspolitik beschloss der Kongress die Beschränkung der Einwanderung in Form einer „Qualitätskontrolle" im Hinblick auf bestimmte Gruppen (Verbrecher, Prostituierte, Geisteskranke) und „solche, die voraussichtlich der öffentlichen Hand zur Last fallen werden". Der Ausschluss einzelner ethnischer Gruppen (Asiaten) und die Quoten für bestimmte Herkunftsländer (Süd- und Osteuropa) wurden erst nach dem 2. Weltkrieg vollständig aufgehoben. Das Einwanderungsrecht hat über die letzten fünfzig Jahre viele Veränderungen erfahren und stellt heute ein unüberschaubares Labyrinth komplexer Regeln und Ausnahmen dar. Kürzlich hat der Kongress eine Beschränkung auf 675.000 Immigranten pro Jahr beschlossen.1 Dieses jährliche Kontingent setzt sich zusammen aus 480.000 Visa zum Zwecke der Familienzusammenführung, 140.000 beschäftigungsabhängige Visa (Fachkräfte und Investoren) und 55.000 Diversity Visa, die die Bevölkerungsvielfalt fördern (Bürger aus Staaten mit relativ geringer Einwanderung in den vergangenen Jahren).

B. Nicht-Einwanderung2 Logisch erschiene es, Ausländer, die in die Vereinigten Staaten einreisen, in zwei Gruppen zu unterteilen: (1) diejenigen, die die US-Staatsbürgerschaft annehmen oder eine dauerhafte Aufenthaltsberechtigung erhalten möchten und (2) diejenigen, die dies nicht beabsichtigen. Die Unterscheidung zwischen Einwanderern und Nicht-Einwanderern ist gesetzlich jedoch anders definiert. Abgesehen von einigen Ausnahmen wird von einem Ausländer, der den Boden der USA zu betreten beabsichtigt, angenommen, dass er Einwanderer sei. Anders ist es nur, wenn der Ausländer darlegen kann, dass er die Voraussetzungen für ein Visum erfüllt, die den weniger strengen Zugangsvoraussetzungen für einen Nicht-Einwanderer unterliegen.3 Hierzu muss er zwei Dinge beweisen: (1) dass er in eine der diversen, speziell aufgelisteten Kategorien von Besuchern mit zeitlich begrenztem Aufenthalt fällt 4 und, (2) dass bei ihm nicht einer der gesetzlich festgelegten Gründe für eine Verweigerung der Einreise vorliegt. 5 Die verschiedenen Kategorien für NichtEinwanderer sind im Gesetz nach Zahlen und Buchstaben aufgelistet. Zum Bei1

Immigration and Nationality Act, geändert, 8 U.S.C. § 201. Auf Englisch non-immigration, ähnlich wie der Begriff „Zuwanderung" im deutschen Recht. 3 8 U.S.C. § 214(b). 4 8 U.S.C. § 110(a) (15). 5 8 U.S.C. § 1182. 2

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spiel betrifft 8 U.S.C. § 1101 (a) (15) (E) (1) den „ Treaty Tradereine Person, die im Rahmen eines Handelsabkommens zwischen den Vereinigten Staaten und einem Land, dessen Staatsbürger sie ist, in die Vereinigten Staaten nur zu dem Zweck einreisen möchte, Handelgeschäfte zu treiben. Von einem „Treaty-TraderVisum" kann man auch als einem „E-2-Visum" sprechen. Dementsprechend ist ein Touristen-Visum ein „B-2-Visum"; ein „L-Visum" ist ein solches für eine Person, die innerhalb ihres Unternehmens in die USA versetzt wurde, usw. Zu den Gründen für eine Einreiseverweigerung zählen: eine ansteckende Krankheit, kriminelle Aktivitäten, Gründe der nationalen Sicherheit, Armut und selbstverständlich unzureichende Unterlagen. Personen, die in eine dieser AusschlussKategorien fallen, werden als „nicht qualifiziert ein Visum zu erhalten und nicht qualifiziert in die Vereinigten Staaten einzureisen" eingestuft. 6

C. Asyl Entsprechend den Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention von 19517 und dem Protokoll von 19678 haben die Vereinigten Staaten das Verfahren für die Beantragung von Asyl für politisch verfolgte Personen gesetzlich normiert. 9 Unter Zugrundelegung der Definition des Begriffs „Flüchtling" der Genfer Flüchtlingskonvention unterscheidet das US-amerikanische Verfahren zwei Arten von Bewerbern: (1) diejenigen, die sich außerhalb der Vereinigten Staaten aufhalten und deswegen nach amerikanischem Recht Flüchdingsstatus zugebilligt bekommen, und (2) diejenigen, die sich bereits innerhalb der Vereinigten Staaten aufhalten oder sich an deren Grenze befinden und von denen angenommen wird, dass sie einen Asylantenstatus besitzen. „Flüchtling" ist ein Ausländer, der sich außerhalb der Vereinigten Staaten aufhält und wegen Verfolgung in der Vergangenheit oder der begründeten Befürchtung einer Verfolgung in der Zukunft nicht in der Lage oder nicht willens ist, in das Land, dessen Staatsbürger er ist, zurückzukehren. Jedes Jahr ermittelt der Präsident nach Beratung der weltweiten Flüchtlingssituation mit dem Kongress die Zahl der Flüchtlinge, die eine neue Heimat brauchen und denen das besondere hu-

6 8 U.S.C. § 1182(a). 7 The United Nations Convention Relating to the Status of Refugees, 28 July 1951, 19 U.S.T. 6259, T.I.A.S. No. 6577,189 U.N.T.S. 150. 8 United Nations Protocol Relating to the Status of Refugees, 31 January 1967, 19 U.S.T. 6259, T.I.A.S. No. 6577, U.N.T.S. 267. 9 8 U.S.C. § 1157 ff. Deborah Anker und Michael Posner, „The Forty Years Crisis: A Legislative History of the Refugee Act of 1980", 19 San Diego Law Review 9 (1981). Die US-Verfassung enthält keine Bestimmungen bezüglich Asylsuchender.

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manitäre Interesse der Vereinigten Staaten gilt. Hiernach legt der Präsident die genehmigte Anzahl von Zugängen für das Jahr fest. 10 Seinen Antrag hat der Flüchtling beim Konsulat der Vereinigten Staaten im Land seines Wohnsitzes zu stellen. Die Entscheidung des Konsulats über die Anspruchsberechtigung ist abschließend und keiner Überprüfung in einem Rechtsmittelverfahren zugänglich. Wird dem Flüchtling die Einreise gewährt, kann er sich auf eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung einstellen. „Asylant" ist ein Ausländer, der sich innerhalb der Vereinigten Staaten aufhält und nicht in der Lage oder nicht willens ist, in das Land, dessen Staatsbürger er ist, zurückzukehren, weil er in der Vergangenheit verfolgt wurde oder die begründete Befürchtung einer zukünftigen Verfolgung besteht. Anders als bei Flüchtlingen, setzt die Gewährung von Asyl nicht voraus, dass der Person „das besondere humanitäre Interesse der Vereinigten Staaten gilt". Außerdem gibt es bei der Gewährung von Asyl keine zahlenmäßige Begrenzung. Ein Ausländer, der sich innerhalb der Vereinigten Staaten aufhält oder sich an einem Grenzübergang befindet, kann Asyl in den Vereinigten Staaten beantragen. Ein Asyl-Beamter des INS 11 führt eine Glaubwürdigkeitsanhörung durch. Genehmigt der Asyl-Beamte den Antrag nicht, folgt ein formales Verfahren mit Beweiserhebung vor einem für Einwanderungen zuständigen Verwaltungsrichter (Immigration judge). Sowohl der INS als auch der Ausländer kann gegen die Entscheidung dieses Verwaltungsrichters Rechtsmittel beim Board of Immigration Appeals 12, das ebenso wie der für Einwanderungen zuständige Verwaltungsrichter dem Executive Office for Immigration Review des US-Justizministers untersteht, einlegen. Die Entscheidung des Board of Immigration Appeals ist der anschließenden gerichtlichen Überprüfung, entweder durch ein Berufungsgericht des Bundes (Federal Court of Appeals) bei einer Abschiebeanordnung oder durch ein Bundesamtsgericht (U.S. District Court) wegen eines Vörführungsbefehls zur Haftprüfung (writ ofhabeas corpus) zugänglich. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die überwältigende Mehrheit von Ausländern, die Asylanträge stellen, nicht vor politischer Verfolgung, sondern vor den schlechten sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen in ihren Heimatländern fliehen. Statistiken zeigen, dass von den mehr als eine Million Asylanträgen, die während der letzten 25 Jahre gestellt wurden, nur 23,6% genehmigt wurden. 13

10 Die genehmigte Obergrenze wurde von 83.000 im Jahr 1998 auf 78.000 im Jahr 1999 reduziert, nach dem Höhepunkt von 142.000 im Jahr 1992. Siehe 1999 Statistical Yearbook of the Immigration and Naturalization Service, Washington, D.C.: U.S. Printing Office, 2001, S. 80. 11 Der Immigration and Naturalization Service (INS) ist eine Verwaltungsbehörde des Bundes, die beim Justizministerium der Vereinigten Staaten angesiedelt ist. 12 8 Code of Federal Regulations § 3.1 [b] [1,2]. 13 Daselbst Tabelle 25, S. 96.

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D. Illegal Einreisende Die obige Betrachtung bezieht sich auf Ausländer, die sich gesetzestreu verhalten, unabhängig davon, ob sie die Voraussetzungen erfüllen, Zutritt in die Vereinigten Staaten zu erhalten. Ein enormes Problem stellen allerdings diejenigen Ausländer dar, die versuchen, illegal in die Vereinigten Staaten zu kommen oder - als eine Alternative hiervon - zwar legal mit Nicht-Einwanderer-Visa einwandern, dann aber illegal über den im Visum gewährten Zeitraum hinaus im Land verbleiben. Die Gesamtzahl dieser nicht erfassten Ausländer ist aus nachvollziehbaren Gründen unbekannt. Es liegen jedoch Schätzungen vor, die von bis zu 8,5 Mio. Personen ausgehen. Die Hälfte davon sind allein mexikanische Staatsbürger. 14 Unsere Grenze zu Mexiko, die fast 2.000 Meilen lang ist, ist extrem schwer zu überwachen. Mein Heimatstaat Kalifornien beherbergt den höchsten Anteil (ungefähr 40%) der illegalen Einwanderer, die zum größten Teil aus Mexiko kommen. Es gab in den Vereinigten Staaten schon immer eine Nachfrage nach billigen Arbeitskräften. Nicht erfasste mexikanische Ausländer arbeiten viel für wenig Geld (landwirtschaftliche Hilfskräfte, Haushaltshilfen, Hilfskräfte in der Gastronomie usw.), was für die meisten Amerikaner inakzeptabel wäre. Die Löhne, die sie für diese harte Arbeit bekommen, sind, obwohl sie für amerikanische Verhältnisse niedrig sind, immer noch vier bis fünf Mal so hoch wie die, die sie in Mexiko bekämen. Natürlich ist das ein starker wirtschaftlicher Vorteil für die amerikanischen Arbeitgeber einerseits und die arbeitsbereiten, nicht erfassten Mexikaner andererseits. Außerdem besitzt dieses Thema eine wichtige politische Dimension. Vicente Fox, der Präsident von Mexiko, hat seinem Volk versprochen, eine „besondere Beziehung" zu den Vereinigten Staaten zu entwickeln. Mexiko wäre bereit, seinen Energie- und Telekommunikationsmarkt für amerikanische Investoren zu öffnen, wenn die Vereinigten Staaten im Gegenzug - Mexikanern, die sich illegal in den Vereinigten Staaten aufhalten, ein Aufenthaltsrecht gewähren würden, - mehr Visa als bisher an Mexikaner, die in die Vereinigten Staaten auszuwandern wünschen, ausgeben und - ein Gastarbeiterprogramm für die Landwirtschaft (Bracero ) wieder aufleben lassen, das 1965 auslief. Sollte es jemals Hoffnung gegeben haben, dass die Vereinigten Staaten bereit wären, diese Punkte umzusetzen, ist sie mit den schrecklichen Terrorangriffen auf das Pentagon und das World Trade Center am 11. September 2001 gestorben.

14 Eduardo Porter, Wall Street Journal, 14. August 2001, dgl, 1998 Statistical Yearbook of the Immigration and Naturalization Service, Washington D.C.: U.S. Printing Office, 2000, S. 239.

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Über Nacht hat sich die politische Debatte über das Thema Einwanderung radikal verändert. Das Wall Street Journal hat seine Unterstützung für einen Zusatz zur amerikanischen Verfassung, der besagt hätte, dass „die Grenzen offen sein sollen", aufgegeben. Dafür hat die US-Regierung auf die militanten islamistischen Angriffe auf Amerika mit der Einführung von mehr als ein Dutzend Anti-Terror-Maßnahmen reagiert. Die meisten von ihnen hatten Auswirkungen auf die Einwanderungs-, Zuwanderungs- und Asylpolitik. Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, sich mit allen auseinander zu setzen. Zumindest die wichtigeren von ihnen sollen hier jedoch Erwähnung finden. a) Verhaftung von Ausländern. Ein Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde ist gesetzlich befugt, jeden Ausländer ohne Haftbefehl zu verhaften, von dem er annimmt, dass dieser Ausländer die Einwanderungsgesetze der Vereinigten Staaten verletzt. 15 Der Grenzschutzbeamte muss dem Ausländer nach den gesetzlichen Bestimmungen einen Haftprüfungstermin innerhalb von 48 Stunden verschaffen, „außer in einem Notfall oder unter außerordentlichen Umständen". In diesem Falle kann der Ausländer „für eine angemessene Zeit zusätzlich" 16 in Gewahrsam behalten werden. Diese Bestimmung ermächtigt den Generalstaatsanwalt, einen Ausländer unter außergewöhnlichen Umständen auf unbestimmte Zeit in Haft zu belassen. Auch die Polizei kann einen Ausländer festnehmen, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass er kriminelle Handlungen begangen hat. In diesem Fall unterliegt die Entscheidung über Haft oder Freilassung den gewöhnlichen Bestimmungen des Strafprozessrechts. Selbst wenn hinreichender Verdacht nicht gegeben ist, kann eine Person trotzdem verhaftet werden, wenn sie ein „Material Witness", also ein „Zeuge zur Tatsache" ist. 17 Die Bundesregierung benutzte diese „Material Witness "-Bestimmung, um mehr als tausend Ausländer in Haft zu nehmen, die sie verdächtigte, Informationen über die Angriffe des 11. September zu besitzen. Die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme wurde in Frage gestellt, als ein amerikanisches erstinstanzliches Bundesgericht in New York entschied, dass eine derartige Verhaftung die Rechte des Ausländers, die ihm durch den vierten Zusatz zur amerikanischen Verfassung zustünden, verletzten. 18 Am 26. Oktober 2001 erließ der Kongress den „ USA Patriot Act", dessen § 412 den Generalstaatsanwalt ermächtigt, jeden Ausländer in Verwahrung zu nehmen, von dem man annehmen muss, dass er in terroristische Aktivitäten verstrickt oder an „einer anderen Aktivität, die die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten bedroht", beteiligt ist. 19 Gegen Ausländer, die aufgrund dieser Bestimmung verhaf15 8 U.S.C. § 1357 (a) (2). 16 8 Code of Federal Regulations § 287.3. 17 8 U.S.C. §3144. 18 United States v. Osama Arvadallah, 2002 U.S. Dist. LEXIS 7536, Entscheidung vom 30. April 2002. Das Gericht interpretierte den Gesetzestext „criminal proceeding" dahin gehend, dass eine Untersuchung durch die Grand Jury ausgeschlossen sei.

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tet werden, muss innerhalb von sieben Tagen nach der Verhaftung entweder ein Abschiebeverfahren eingeleitet oder eine Anklage wegen einer Straftat erhoben werden. Wenn „eine Abschiebung in angemessener Zeit unwahrscheinlich erscheint", kann der Ausländer für bis zu weitere sechs Monate in Haft behalten werden, wenn die nationale Sicherheit dies erfordert. 20 b) Überprüfung von Ausländern, die die Vereinigten Staaten betreten wollen. § 403 des „ USA Patriot Act" aus dem Jahr 2001 sieht den Zugang der Einwanderungsbehörde und des State Department zu den Informationen vor, die die Datenbank des National Crime Information Center des FBI enthält. Zusammen mit dem Erfordernis, die Identität des Visum-Bewerbers nach dem Stand der Technik sicherzustellen, ist mit dieser Bestimmung beabsichtigt, den Austausch von Informationen über Ausländer zwischen Behörden zu erleichtern. Ein Kommunikationsdefizit zwischen Strafverfolgungsbehörden, den Nachrichtendiensten und den Ausländerbehörden wurde als wesentlicher Faktor für das Versagen der US-Regierung, seine Bevölkerung gegen die Angriffe des 11. September zu schützen, identifiziert. c) Überwachung von Ausländern nach Ankunft in den Vereinigten Staaten. Alle neunzehn der militanten Islamisten des 11. September reisten legal in die Vereinigten Staaten ein. Die Vorbereitungen für ihre terroristischen Angriffe sind entweder der Aufmerksamkeit unserer Organisationen für innere Sicherheit entgangen oder wurden, sofern sie Warnungen aussprachen, nicht richtig bewertet. § 416 des „ USPatriot Act" aus dem Jahr 2001 sieht eine verschärfte Überwachung ausländischer Studenten vor 21 . Der zweite Abschnitt dieses Gesetzes ermöglicht weiter gehende Überwachungsmaßnahmen (Telekommunikationsüberwachung) und zwischenbehördlichen Austausch von Ermittlungsergebnissen. Bundesbeamte haben die Suche bereits aufgenommen und ungefähr 6.000 Personen aus Ländern, die bezichtigt werden, terroristische Gruppen zu beherbergen, die sich trotz bereits erfolgter Ausreiseaufforderungen abgesetzt haben, verhaftet.

E. Schlussfolgerung Die militanten islamistischen Angriffe vom 11. September hatten eine dramatische Auswirkung auf die amerikanische Einwanderungspolitik. Amerika, das Europa einst anflehte, ihm seine unterdrückten Massen, die sich nach Freiheit sehnten, zu schicken, ist mit einer neuen und schwerwiegenden Bedrohung seiner Frei19 8 U.S.C. § 1226A. 20

Diese Bestimmung sollte verglichen werden mit Zadvydas v. Davis, 121 S.Ct. 2491 (2001), in dem der Oberste Gerichtshof in einer 4:5-Entscheidung, die einen Fall betraf, bei der Terrorismus keine Rolle spielte, befand, dass man einen Ausländer, der abgeschoben werden könnte, nicht unbegrenzt in Haft halten könne, weil sein Heimatland ihn nicht aufzunehmen bereit sei. 2

1 8 U.S.C. § 1372 (a).

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heiten konfrontiert. Werte wie Freiheit sind wahrhaft unteilbar: Ein Angriff auf die Freiheit in Amerika ist ein Angriff auf die Freiheit in jedem Land, das unsere aufgeklärten Werte der Demokratie, Toleranz und Respekt vor den Menschenrechten anderer teilt. Ich bitte um Ihre Unterstützung in diesem Kampf. Wir befinden uns im Krieg mit einer rücksichtslosen Bewegung, die den Tod glorifiziert und versucht, unsere Lebensart zu zerstören. Wenn wir das Übel des islamistischen Terrors ausgemerzt haben, können wir wieder nach Wegen zur Liberalisierung unserer Einwanderungs- und Asylpolitik suchen. Eine derartige Liberalisierung wird keine einfache Aufgabe sein. Wie ein deutscher Wissenschaftler es zutreffend ausdrückte, kann eine „dauerhafte Ansiedlung in den westlichen industrialisierten Ländern kaum eine Lösung für die wirtschaftliche Unterentwicklung, politische Instabilität und Bürgerkriege in vielen Gegenden der Welt sein" 22 .

22 Kay Hailbronner, „New Techniques for Renderering Asylum Manageable" in Kay Hailbronner u. a. (Hrsg.), Immigration Controls, The Search for Workable Policies in Germany and the United States. Providence: Berghahn Books, 1998, S. 167.

Diskussion Claus Dieter Classen Ich habe zwei Fragen. Die eine betrifft Schweden. Ich war etwas überrascht zu hören, dass man dort im Gegensatz zu allen anderen Ländern sehr offen gegenüber Asylbewerbern ist. Von überall her haben wir gehört, dass man versucht, den Zustrom von Asylbewerbern irgendwie zurückzudrängen, mal mehr erfolgreich, mal weniger erfolgreich. Und in Schweden, so habe ich es jetzt vernommen, legt man im Zweifelsfall alles zugunsten des Flüchtlings aus. Wenn die deutschen Verwaltungsgerichte damit angefangen hätten, dann hätten sie glaube ich noch mehr Schwierigkeiten gehabt als sie ohnehin gehabt haben. Dies ist besonders bemerkenswert, weil nach Statistik die Asylbewerberzahlen in Schweden jedenfalls im Verhältnis zu den Einwohnerzahlen nicht so niedrig sind. Von daher ergibt sich die Frage: Wie kommt es, dass sich Schweden vom sonstigen Trend völlig abkoppelt? Die zweite Frage geht an Herrn Wyrzykowski. Sie haben das Thema 2004 angesprochen, allerdings schwerpunktmäßig mit Blick auf die russische Enklave „Kaliningrad". Wenn Polen zur EG gehört, dann vermittelt die Möglichkeit, in Polen dauerhaft bleiben zu können, ja ggf. auch die Option, in der ganzen EG arbeiten zu können. Rechnet man dann mit einem Asylbewerberstrom in völlig anderen Dimensionen als bisher oder geht man davon aus, dass das dann in gleichen Proportionen wie bisher bleiben wird? Und wenn man dann mit anderen Zahlen rechnet, ist man irgendwie dafür gewappnet? Horst Call Auch Schweden hatte Anfang der 90er Jahre einen rapiden Anstieg der Asylbewerber- und Flüchtlingszahlen - u. a. wegen des Konflikts in Jugoslawien - zu verzeichnen. Man hat sich damals in Schweden auch ernsthaft Gedanken darüber gemacht, ob nicht das Zuwanderungs- und Asylrecht geändert werden müsste und Änderungsvorschläge wurden vorgelegt. Ähnlich wie in Deutschland gab es damals auch in Schweden politische Gruppierungen - ich sage einmal - am rechten Rand, die für starke Einschränkungen plädierten. Anders als wir das in Deutschland erlebt haben, wo dies Druck auf die politische Führung erzeugte, etwas in diese Richtung zu tun, hat die politische Führung in Schweden damals gesagt, nein, wir lassen uns da nicht vor den Karren spannen, und wir lassen uns auch mit diesen rechten Gruppierungen nicht in einen Topf werfen. Änderungen wurden deshalb erst einmal aufgeschoben. Grundsätzliche Änderungen gab es dann erst 1996. Eine von der Regierung eingesetzte Kommission legte damals einen Bericht vor, der sich mit Zuwanderung und Asyl befasste und den Titel trug „Schwedische 18 Stem

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Migrationspolitik in einer globalen Perspektive". In dem Bericht wurde deutlich gemacht, dass man von dem Prinzip der Generosität eigentlich nicht abrücken wollte, andererseits wollte man aber schon genau hinschauen, ob es sich bei Personen, die in Schweden Zuflucht suchen, denn wirklich um Flüchtlinge bzw. Asylanten handelt. Aber man hat auch gesagt, wenn jemand kommt und seine Angaben sind glaubhaft, und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sie unrichtig bzw. unzutreffend sind, dann können wir das auch nicht unterstellen. Dies ist bis heute die schwedische Grundposition. Schweden vertritt im Vergleich zu anderen europäischen Ländern schon sehr liberale Positionen. Dies wird in vielen Bereichen deutlich. Es ist zum Beispiel so, dass die Angehörigen von Flüchtlingen in der Regel in Schweden automatisch auch als Flüchtlinge betrachtet werden, es muss also nicht noch eine persönliche Verfolgung einzelner Angehöriger nachgewiesen werden. Von dem Prinzip der Generosität, das die schwedischen Asyl- und Flüchtlingspolitik über Jahrzehnte geprägt hat, möchte man auch heute grundsätzlich nicht abrücken. Miroslaw Wyrzykowski 2004 sehe ich die echten Grenzen zwischen Polen und Weißrussland oder zwischen Polen und der Ukraine. Und was fehlt? - Es fehlt eigentlich nicht eine Mauer, weil das schon wieder schlimm wäre. Es fehlen keine Schussautomaten an der Grenze zwischen Europäischer Union und Russland und Weißrussland. Es fehlt ein Konzept. Inwieweit könnte man aufgrund von internationalen Verträgen, internationalen Regelungen diese relativ geringe Menge von Ukrainern und Weißrussen die Möglichkeit geben, mit einem Visum auf das Gebiet der Europäischen Union zu kommen - und dies nur für eine beschränkte Zeit mit einer effizienten Durchsetzung der Pflichten? Das würde nach drei Monaten bedeuten: Bitte, auf Wiedersehen, Sie waren Gast, aber nicht Stammgast, weil wir nicht eine Stammkneipe gemietet oder gepachtet haben. Zweitens, vermute ich, wird es aufgrund der dritten Säule der EU zu einer europäischen Polizei kommen, der Grenzpolizei, dem Grenzschutz. Und ich glaube, es ist wichtig, nicht nur Informationssysteme zu verbessern - Computer, alle diese technischen Möglichkeiten - , sondern auch die Logistik. Es geht um die Erfahrungen, auch von Schweizern. Und letztendlich geht es um die Verantwortung - nicht nur für polnische Beamte. Wenn alle verantwortlich sind, ist niemand verantwortlich. Anders aber, wenn alle eine Art von Verantwortung übernehmen. Gestern hat jemand darüber gesprochen, die polnische Grenze sei eine Grenze mit deutsch-polnischer Mannschaft - und das funktioniert. Die Partner benehmen sich so, wie wir es zulassen. Es bedeutet, wenn wir zulassen werden, dass wir die Probleme der Ukraine, von Weißrussland oder Russland, von denen wir lesen oder hören, bekommen, dann wird es schwierig sein. Zur zweiten Frage: Es ist keine echte Gefahr. Zwar sind wir 38 Millionen Polen, eine Lawine von Arbeitern oder eine Gefahr für Arbeitskräfte in Belgien, Deutschland oder Österreich gibt es nicht. Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Classen?

Diskussion

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Claus Dieter Classen Meine Frage bezog sich auf die Personen, die von außen nach Polen kommen und dann weiter wollen. Wie stellt man es sich vor, wenn die Polen mit einem sehr viel stärkeren Zuwanderungsdruck fertig werden müssten als jetzt, weil man über Polen in die EG reinkommt, weil die Verfahren, also die Asylverfahren in Polen stattfinden... Miroslaw Wyrzykowski Ich würde sagen, die bisherigen Erfahrungen sind eher positiv als negativ, sind eher optimistisch als pessimistisch. Ich würde ich nicht sagen, dass wir durch den Druck viele Probleme haben werden, sondern eher illegale Zuwanderer. Aber da ist nicht nur die polnische Grenze oder Polen unter der Lupe. Diese Frage habe ich Ihnen vor einer Minute beantwortet. Also zur nächsten Frage: die Meinungsforschungsuntersuchungen, inwieweit Polen bereit sind, nach Deutschland, Österreich oder Frankreich zur Arbeit zu gehen. Die Antwort war klar. Diejenigen, die dort schon arbeiten, sind überwiegend schlecht qualifizierte, nicht besonders gut qualifizierte Arbeitskräfte. Hochqualifizierte, die in Polen sind, haben keine Lust, nach Deutschland oder nach Österreich zu kommen, weil Polen ausgezeichnete Arbeitsund Finanzbedingungen anbietet für hoch qualifizierte Leute wie Informatiker, Ingenieure oder aus der Landwirtschaft. Wir haben Freunde aus Holland, Hunderte, die in Polen auf dem Lande arbeiten, die Hunderte von Hektar gemietet haben. (Das ist ein Zeichen, das ist schon gut.) Ähnlich war es in Polen schon im 14. Jahrhundert. Sie sehen, die Geschichte wiederholt sich. Aber es sind nicht die Voraussetzungen, dass wir die EU überfluten werden. Nein, das glaube ich nicht. Rudolf Streinz Zunächst eine Bemerkung oder Anmerkung zu dem Vortrag von Herrn Haller. Wenn ich das richtig sehe, gibt es in der Schweiz auch die Tendenz, die Zugangshürden zu erhöhen, wegen der besonderen Voraussetzungen differenziert nach Einwanderung und Asyl, dann aber für die zugelassenen Personen die Bedingungen zu verbessern. Ich glaube, dass dies auch ein gesamteuropäischer Trend ist. Wenn man in den Dokumenten der EG hier eine Linie sieht, dürften sich durchaus Parallelen zeigen. Dann hätte ich zwei Fragen an Herrn Darby: Sie haben gezeigt, dass die Einwanderungspolitik der USA zur Zeit durch die Ereignisse vom 11. September 2001 überlagert ist. Die allgemeine Politik wird dadurch überlagert und geprägt, weil man darauf reagieren muss. Meine Frage geht dahin: Wenn das Sicherheitsproblem, das damit verbunden ist, mehr oder weniger bewältigt ist, welche Tendenzen zeichnen sich dann ab? Sie haben ein Beispiel gebracht, das man einmal angedacht hatte, nämlich im Verhältnis zwischen Mexiko und den USA die Öffnung des Exportmarktes gegen die Öffnung des Arbeitsmarktes. Würde man solche Modelle, wenn die Frage des Sicherheitsaspektes geklärt ist, im Rahmen der NAFTA unter Umständen weiterverfolgen? Mich interessiert dies vor allem 18*

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auch deshalb, weil wir uns überlegen, inwieweit Integrationsräume wie die EG auch in anderen Teilen der Welt entstehen könnten. Meine zweite Frage: Sie haben die angelsächsische Prägung angesprochen. Es ist ja so, dass sich durch die Einwanderung auch die Prägung eines Landes verändern kann. Ich glaube, das trifft hier insbesondere auf Kalifornien zu, nämlich die dortige Prägung durch Latinos. In Deutschland gibt es ja auch diese Debatte unter dem Stichwort der Leitkultur, das ja nicht die CDU erfunden hat, sondern das, soviel ich weiß, Bassam Tibi in die Debatte gebracht hat. Gibt es eine ähnliche Debatte, also die Frage, inwieweit die Prägung sich an Schulen etc. verändert, auch in den USA und insbesondere in Kalifornien? Michel Fromont Ich möchte zwei kurze Bemerkungen vorbringen. Die erste Bemerkung betrifft den deutschen Begriff des Gastarbeiters. Meines Erachtens gehört dieser Begriff heute zur Vergangenheit. Das Recht auf Familienleben, das kraft der Europäischen Menschenrechtskonvention oder nationalen Verfassungen einen höheren Rang, hat die Grundlage des Gastarbeiters erschüttert. Dadurch wird die deutsche Einwanderungspolitik schwierig steuerbar gemacht. Zwar kann der nationale Staat den Eintritt des Familienvaters, aber nicht den Eintritt der Frau und der Kinder steuern. Deshalb kann praktisch der Ausländer ohne Frau und Kinder und für eine festgesetzte Zeit nicht mehr zugelassen werden. Die zweite Bemerkung betrifft den Begriff des Wirtschaftsflüchtlings. Im 19. Jahrhundert diente das Asylrecht dem Schutz der Politiker. Menschen, die politisch aktiv waren und deshalb verfolgt wurden, konnten Asyl in einem anderen Land finden. Sie bildeten eine Elite. Im Gegensatz zu diesem Begriff kam der Begriff des Flüchtlings im Sinne der Genfer Konvention zu Tage. Nach dieser Konvention ist der Flüchtling jemand, der wegen seiner Rasse, seines Glaubens oder seiner Herkunft von seinem eigenen Staat verfolgt wird. Bei der Anwendung der Konvention wurde als Gegensatz zu diesem Begriff der Begriff des Wirtschaftsflüchtlings entwickelt. Wirtschaftsflüchtling ist ein Ausländer, der seine Heimat verlassen hat, um bessere Wirtschaftsbedingungen zu finden. Ich bin nicht davon überzeugt, dass die Unterschiede zwischen verfolgten Flüchtlingen und Wirtschaftsflüchtlingen sehr groß sind. In Ländern, wo Bürgerkrieg oder schwere Unruhen wie in Algerien herrschen, läuft die Wirtschaft in der Regel sehr schlecht. Das heißt, die beiden Phänomene, Bürgerkrieg bzw. schwere Unruhen und schlechte Wirtschaftslage, sind in der Regel eng verbunden. Deshalb wurde dann ein neuer Begriff entwickelt, nämlich das humanitäre Asyl. Zum Beispiel wurden viele Flüchtlinge aus Jugoslawien aus humanitären Gründen aufgenommen. Mit diesem neuen Begriff wurde öfters die Zeitbegrenzung des erlaubten Aufenthalts gebunden. Aber selbstverständlich ist eine solche Zeitbegrenzung auch schwer durchzuführen. Es ist klar, dass ein Teil der Flüchtlinge nie wieder in ihr eigenes Land kommen wird. Insoweit bringt der Begriff des humanitären Asyls ebenfalls eine hinkende Lösung.

Diskussion

Adele Anzon Ich habe an den Kollegen Haller eine Frage: Es geht um die Durchführung einer Rückweisung. Sie sagen, Ausländer könnten verhaftet werden, um die Durchführung sicherzustellen. - Wer erläßt den Haftbefehl? Ist das eine behördliche Verfügung oder eine gerichtliche? Günter Benassi Herr Haller, ich habe auch noch eine Frage: Wie geht die Schweiz mit den so genannten illegalen Ausländern um? Ich meine die Ausländer, die illegal ins Land gereist sind und diejenigen, die ein Asylverfahren erfolglos abgeschlossen haben. Fallen diese - wie Sie es heute Morgen anklingen ließen - in ein wirtschaftliches Loch, indem ihnen die Arbeitsmöglichkeit abgeschnitten wird usw.? So ähnlich ist es ja in den Niederlanden. Dort werden Ausländer, die erfolglos ein Asylverfahren betrieben haben, nach dessen Abschluss sozusagen entlassen. Sie bekommen keinerlei soziale Hilfen mehr, um das Leben zu bewältigen. Walter Haller Herr Streinz hat sehr zutreffend auf den Zusammenhang zwischen der Besserstellung von Ausländern, vor allem beim Familiennachzug, und höheren Hürden bei der Einwanderung hingewiesen. Vorläufig ist es so, dass Personen in Ausbildung und Kurzaufenthalter die Familie nicht nachziehen lassen können, sondern nur Leute mit einem längeren Aufenthaltsrecht. Und das soll verbessert werden. Das führt allerdings - wie Herr Fromont ausgeführt hat - dazu, dass gewisse Entwicklungen noch weniger steuerbar werden. Ich habe hier eine Aufstellung des Justizministeriums, aus der sich ergibt, dass bei den Einreisen nach Einwanderungsgrund im Jahr 2001 ca. 30% auf den Familiennachzug entfielen. 30% der neu Zugewanderten! Wenn wir den Familiennachzug weiter liberalisieren, wird sich dieser Prozentanteil noch vergrössern. Die im Entwurf zum neuen Ausländergesetz vorgesehene Besserstellung erschöpft sich nicht im Familiennachzug, sondern es sind weitere Integrationsmassnahmen wie Förderung des Spracherwerbs, der Mobilität bei Kantons- und Stellenwechsel sowie des beruflichen Fortkommens vorgesehen. Die beste Integrationsmassnahme wäre eine Liberalisierung des Bürgerrechts. Gemäss der heutigen, sehr restriktiven Regelung ist eine ordentliche Einbürgerung erst nach 12 Jahren Wohnsitz in der Schweiz möglich, wobei gewisse Zeitabschnitte doppelt gezählt werden. Die vorgesehene Verkürzung auf 8 Jahre stellt immer noch eine hohe Hürde dar. Vor allem sollten Ausländer, die in der Schweiz aufgewachsen und zur Schule gegangen sind, rascher und leichter eingebürgert werden können. Die beabsichtigte Besserstellung der rechtmässig und dauernd in der Schweiz anwesenden Ausländer wird in der Vorlage zum neuen Ausländergesetz mit einem höheren „Eintrittspreis" und mit verschärften Sanktionen, insbesondere einer effizienten Missbrauchsbekämpfung, gekoppelt - ein Thema, das auch in andern Referaten angeklungen ist. Herr Wyrzykowski hat auf das Pro-

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blem der Umgehung des Ausländerrechts durch Scheinehen hingewiesen. Damit befasst sich auch die Vorlage zum neuen Ausländergesetz. Neu sollen die Zivilstandsbeamten die Möglichkeit erhalten, eine Eheschliessung zu verweigern, wenn feststeht, dass die Ehe bloss der Umgehung ausländerrechtlicher Zulassungsbestimmungen dient. Freilich ergeben sich hier offenkundige Beweisschwierigkeiten. Herr van der Walt hat die Frage der Strafsanktionen bei illegalen Einwanderungen angesprochen. Die schweizerische Gesetzesvorlage sieht generell eine Verschärfung der entsprechenden Strafbestimmungen vor und will vor allem die Schlepperkriminalität bekämpfen. Zu Recht hat Herr Fromont die Ansicht vertreten, dass die Grenzlinie zwischen den klassischen „politischen" Flüchtlingen und den Wirtschaftsflüchtlingen nicht immer messerscharf gezogen werden könne. In diesem Lichte ist die von mir vorgestellte Lösung des Asylgesetzes zu sehen, wonach ganze Gruppen von Schutzbedürftigen, vor allem aus kriegsversehrten Gebieten, ohne genaue Abklärung der Flüchtlingseigenschaft vorübergehend aufgenommen werden können. Deren Motivation zur möglichst frühzeitigen Rückkehr in ihr Heimatland kann dabei dadurch erhöht werden, dass ihnen nicht nur das Flugticket vergütet, sondern ein zusätzlicher Geldbetrag als Starthilfe ausbezahlt wird. Herr Benassi fragte, wie vorgegangen werde, wenn die Leute trotz negativem Asylentscheid nicht weggewiesen werden könnten. Für diese Fälle kennen wir die Einrichtung der vorläufigen Aufnahme, auf die ich im mündlichen Referat aus Zeitgründen nicht näher eingehen konnte. Die vorläufig Aufgenommenen können in der Schweiz bleiben und sich sogar auf das soziale Grundrecht auf Existenzsicherung berufen, wobei der Umfang der staatlichen Leistungspflicht unter dem betreibungsrechtlichen Notbedarf liegt und sich nur auf das für ein menschenwürdiges Dasein Unerlässliche bezieht. Zur Frage von Frau Anzon werde ich im weiteren Verlauf der Diskussion noch Stellung nehmen. Joseph J. Darby Herr StreinZy Sie haben zwei Fragen gestellt. Die erste bezieht sich auf die NAFTA und das Verhältnis zwischen NAFTA und Einwanderung. Dazu möchte ich einige Worte sagen: Das North American Free Trade Agreement von 1994 zwischen Kanada, den Vereinigten Staaten und Mexiko hatte nie vor, die Freizügigkeit von Arbeitskräften zu garantieren. Das wurde von vornherein ganz klar gestellt, weshalb die Mexikaner wissen mussten, dass es für sie durch diesen internationalen Vertrag keine Hoffnung gab, ihr sehr gewünschtes Ziel zu erreichen. Ziel des Vertrages war die Reduktion und eventuelle Abschaffung von Steuern auf ein breites Sortiment von Waren, in erster Linie den wichtigsten Einfuhren. Als der Vertrag im Januar 1994 in Kraft trat, war plötzlich eine ganze Menge von Waren über Nacht einfuhrsteuerfrei. Und andere, für die interne Wirtschaft empfindlichere Waren, sollten über einen Zeitraum von fünf, zehn oder fünfzehn Jahre von der Einfuhrsteuer befreit werden. Dienstleistungen und direkte Investitionen werden in einigen wichtigen Wirtschaftsbereichen (Energie, Bankwesen) auch allmählich reduziert.

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Wahrscheinlich wollte Präsident Vicente Fox unseren Präsidenten Bush überzeugen , dass es im gemeinsamen Interesse beider Nationen wäre, wenn arbeitsuchende Mexikaner in viel größerer Zahl nach Amerika hereinkommen dürften. Bush war sogar vor dem Anschlag auf das World Trade Center sehr zögerlich in dieser Hinsicht. Er wollte wahrscheinlich etwas entgegenkommen, aber nicht in dem Maße, wie es Fox, der Präsident von Mexiko, wollte. Im Wesentlichen beabsichtigt die NAFTA folgendes: Freizügigkeit für Waren, aber nicht für Arbeitskräfte. Im Gegensatz zu den Römischen Verträgen, welche die Europäischen Gemeinschaften etablierten, hatte NAFTA nie das Ziel, Institutionen zu bauen, die eines Tages zu einer politischen Union führen würden. Nun zur zweiten Frage, ob die Immigration beziehungsweise die Zuwanderung eine Bedrohung der Herrschaft der angelsächsischen Kultur in den Vereinigten Staaten darstellt. Meines Erachtens existiert so eine Gefahr. In der Vergangenheit haben wir Immigranten von überall in der Welt aufgenommen und, weil sie sich aus verschiedenen Gründen so schnell wie möglich assimilieren wollten, hat der Schmelztiegel gut funktioniert. Damals war die überwiegende Mehrzahl der Amerikaner weiß und sprach Englisch als ihre Muttersprache. Die letzte nationale Völkszählung (von 2000) hat gezeigt, dass in Kalifornien die Weißen europäischer Abstammung in der Minderheit sind. Und diese Tendenz wird sich höchstwahrscheinlich in der nächsten Zeit auf die ganzen Vereinigten Staaten ausdehnen. Ob das heißt, dass die englische Sprache nicht mehr die einzige offizielle Amtssprache sein wird, bezweifle ich. Ich würde sehr dagegen kämpfen. Es ist im allgemeinen gut, wenn man Fremdsprachen sprechen kann. Aber in Amerika brauchen wir Englisch als universelle Verbindungssprache. Eingewanderte Eltern wissen schon, wie wichtig es für die Aufstiegschancen ihrer Kinder ist, die englische Sprache zu beherrschen. Englisch wird also bleiben, besonders als Wirtschaftssprache. Die angelsächsische Kultur wird aber immer mehr von zentral- und südamerikanischen und asiatischen Einwanderern beeinflusst. Das ist nicht nur unvermeidbar, sondern bereichert die Vielfältigkeit unserer Gesellschaft. Ich hoffe, dass meine Bemerkungen ihre Fragen beantwortet haben. Johan van der Walt Ich möchte einige Bemerkungen zu den unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Flüchtlingen machen. Ich denke, es könnte nie einen rechtsbegrifflichen Unterschied zwischen wirtschaftlichen und politischen Flüchtlingen geben. Der Unterschied ist im Prinzip recht politisch. Man kann erwarten, dass man immer mehr, viel mehr wirtschaftliche als politische Flüchtlinge haben wird. Das macht es wichtiger, bei Einwanderungsanträgen von Wirtschaftsflüchtlingen die Wirtschaftsinteressen im eigenen Land stärker ins Spiel zu bringen.

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Walter Haller Ich möchte zurückkommen auf die Frage von Frau Anzon: Die Frage der Ausschaffungshaft wird nicht im Asylgesetz geregelt, sondern im Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer in Artikel 13a ff. Die Voraussetzungen der Ausschaffungshaft sind hier detailliert festgelegt. Die Dauer wird grundsätzlich auf drei Monate begrenzt, doch ist in besonderen Fällen eine Verlängerung bis zur absoluten Höchstdauer von neun Monaten möglich. Wer ordnet das an, war Ihre spezifische Frage? Da muss ich Ihnen eine typisch schweizerische Antwort geben, das ist von Kanton zu Kanton verschieden. Die Kantone sind mit dem Vollzug teilweise betraut, d. h. die Haft wird von der Behörde des Kantons angeordnet, welche für den Vollzug der Ausweisung zuständig ist. Aber dann kommt eine wichtige Sicherung des Bundesrechts hinzu: Die Rechtmässigkeit und die Angemessenheit der Haft sind spätestens nach 96 Stunden durch eine richterliche Behörde aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu prüfen, um den Anforderungen von Artikel 5 EMRK gerecht zu werden. Zur Bedeutung der Ausschaffungshaft habe ich auch noch Angaben gefunden: In den Jahren 1995-2000 wurde die Ausschaffungshaft jährlich in zwischen 5.500 und 7.000 Fällen angeordnet. Eine Massnahme also, die leider sehr häufig angeordnet werden muss. Die durchschnittliche Haftdauer betrug allerdings weniger als 23 Tage, aber das ist immerhin noch gravierend genug. Verlängerungen sind höchst selten. Hiroaki Kobayashi Ich möchte einigen Herren zwei Fragen stellen: Herr Wyrzykowski hat über die relativ offene Gesellschaft und sehr ausländerfreundliche Politik sowie über die gesetzlichen Maßnahmen, Verfassungen etc. in der polnischen Gesellschaft sehr eindrucksvoll berichtet. Herr Haller, Sie haben uns mitgeteilt, daß die Schweiz einen Ausländeranteil von 20% hat und diese Situation trotzdem gut meistert. Sie haben das sehr eindrucksvoll dargestellt. Geschichtlich gesehen ist der Meister der Immigrationsleistung die USA, nicht wahr, und die sehr offene Gesellschaft in Schweden. Das, was Sie in Ihren Statements gesagt haben, ist in Japan nicht vorhanden. Deswegen interessiert mich, ob sehr viele Ausländer bei Ihnen leicht die unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten. Das ist die erste Frage. Und wenn die Leute eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis haben, können sie an Kommunalwahlen in Ihren Ländern teilnehmen? Das interessiert uns Japaner außerordentlich. Denn in Japan ist das ein höchstes Politikum. Unser Oberster Gerichtshof hat in einem Urteil gesagt: Ob man den Ausländern mit unbefristeter Aufenthaltserlaubnis Kommunalwahlrecht geben soll oder nicht, sei die Sache des Gesetzgebers. Dass die EU-Länder untereinander den Ausländern reziprok das Kommunalwahlrecht und das Recht zur Wahl des Europäischen Parlaments gewähren, das wissen wir. Wir sind aber nicht in der EU und die Schweiz auch noch nicht. Gewähren auch die

Diskussion

Schweiz und Polen Ausländern, die eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis haben, das Kommunalwahlrecht. Mirostaw Wyrzykowski Punkt a: Es gibt einige tausend Ausländer mit unbefristeten Aufenthaltserlaubnissen. Die genauen Zahlen habe ich nicht, aber es ist keine große Menge. Punkt b: Nein, die Ausländer haben kein Kommunal Wahlrecht. Aber wir haben Artikel 62 der polnischen Verfassung. Darin steht, dass der polnische Bürger das Recht auf Parlamentswahlen, Präsidentenwahlen usw. hat. Es ist die Frage, ob die europäischen Bürger gleiches Recht bei Kommunal- und Europaparlamentswahlen haben. Ich habe folgende Auslegung der polnischen Verfassung vorgeschlagen: Art. 62 ist ein Minimalgrundrecht für Polen; es bedeutet aber nicht, dass diese Formulierung die Möglichkeit für andere europäische Bürger ausschließt, an Kommunal- und Europaparlamentswahlen teilzunehmen. Diese europafreundliche Auslegung hat keine überwiegende Zustimmung bekommen. Ich bedaure das sehr. Das bedeutet, wir müssen die Verfassung vermutlich ändern, was zu vielen Problemen führen wird. Walter Haller Kurz zu den beiden Fragen von Herrn Kobayashi: Die Niedergelassenen, die einen unbefristeten Aufenthalt haben, also drei Viertel der in der Schweiz wohnenden Ausländer, haben grundsätzlich ein dauerndes Bleiberecht. Bei der Frage zum Kommunalwahlrecht kommt mir ein dummer Witz in den Sinn. Die Leute diskutieren darüber, wie die Kinder zur Welt kommen. Und dann sagt ein Schweizer: Bei uns ist das von Kanton zu Kanton verschieden geregelt. Also, das haben wir auch in Bezug auf das kantonale und kommunale Wahlrecht, in dem nur zwei Kantone ein Ausländerstimmwahlrecht haben, das sind die Kantone Neuenburg und Jura. Und andere Kantone haben das auch schon diskutiert. Das Volk kann ja immer mit Initiativen verlangen, dass das Stimmrecht erweitert werde. Im Kanton Neuenburg hat das Stimm- und Wahlrecht der Ausländer in kommunalen Angelegenheiten eine lange Tradition. Im Kanton Jura ist es ziemlich neu. Die Verfassung des Kantons Appenzell Ausserrhoden ermächtigt die Gemeinden, Ausländern, die seit langem dort wohnen, das Stimmrecht zu erteilen; von dieser Möglichkeit hat meines Wissens nur eine Gemeinde Gebrauch gemacht. Klaus Stern Meine Damen und Herren, wir sind am Ende unseres wissenschaftlichen Teils. Es haben nicht alle bis zur letzten Minute, ich würde sagen, bis zum Elfmeterschießen, ausgeharrt, aber ich bin doch sehr froh, daß wir auf die ausländischen Referate und Statements noch hinreichend ausführlich diskutieren konnten. Ich darf allen Teilnehmern sehr herzlich danken, vor allen unseren Referenten. Ich glaube, Sie haben allesamt dazu beigetragen, daß wir eine Tagung veranstalten konnten, deren

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Ertrag für den einzelnen sicher sehr groß gewesen ist. Noch größer dürfte er sein, wenn die schriftlichen Referate vorliegen, und wir das Ganze gedruckt haben. Wir haben viele Ausländergesetze, Einwanderungsgesetze, Kontrollgesetze vergleichen können. Das ist natürlich für Deutschland von Wichtigkeit, wenn das gerade in der Diskussion befindliche Gesetz noch einmal reformiert werden sollte. Ich schließe die heutige Tagung. Noch einmal sehr herzlichen Dank an alle.

Teilnehmerverzeichnis Seietsu Amano, Doktorand, Nihon Universität Tokyo Prof. Dr. Adele Anzon, Universität Rom Tor Vergata Jeannette Behagel, M. A., wissenschaftliche Mitarbeiterin, Universität Düsseldorf Günter Benassi, Richter am Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Münster Prof. Dr. Hermann-Josef Blanke, Universität Erfurt Dr. Wolfgang Brenn, Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin Dr. Thilo Graf Brockdorff,

Präsident Deutsch-Japanische Gesellschaft Potsdam

Horst Call, Rechtsanwalt, Berlin Prof. David Capitant, Universität Paris 1 - Pantheon-Sorbonne Prof. Dr. Claus Dieter Classen, Universität Greifswald Dr. Gerhard Dannert, Richter am Oberlandesgericht a. D. Prof. Dr. Joseph J. Darby, Universität San Diego Prof. Dr. Otto Depenheuer, Universität zu Köln Prof. Dr. Johannes Dietlein, Universität Düsseldorf Dr. Monika Fahland, Referat VR Grundrechte, Bundesministerium des Innern Prof. Dr. Dr. h. c. Michel Fromont, Universität Paris 1 - Pantheon-Sorbonne Ileana Grabitz, Financial Times Deutschland Dr. Jan Grotheer, Präsident des Finanzgerichts Hamburg, Präsident der Deutsch-Japanischen Juristenvereinigung Prof. Dr. Kay Hailbronner,

Universität Konstanz

Prof. Dr. Walter Haller, Universität Zürich Dr. Hannelore Hegel, Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Berlin Prof. Dr. Markus Heintzen, Freie Universität Berlin Prof. Dr. Christian Hillgruber,

Universität Erlangen-Nürnberg

Chiaki Ikuta, Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin Kaoru Iriyama, Studentin, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Sozialwissenschaft Dr. Steffen Iwers, Landkreistag Brandenburg, Potsdam Uwe Kaiser, Deutsche Bank AG, Frankfurt am Main

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Teilnehmerverzeichnis

Prof. Dr. Kazuhiko Kambashi, Universität Kanazawa, Gastprofessor Humboldt-Universität zu Berlin Volker Klein, Generalsekretär Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin Prof. Dr. Hiroaki Kobayashi, Nihon Universität Tokyo Prof. Go Koyama, Keio Universität Tokyo Andrea Kretschmann, LL.M., Richterin am Landgericht Potsdam Markus Kuczera, Assessor, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Köln Julia Lebens, Regierungsrätin, Senatsverwaltung für Inneres, Berlin Andrea Leuck-Baumanns, Wissenschaftliche Referentin, ZEIT-Stiftung, Hamburg Prof. Dr. Dr. Ulrich Lohmann, Alice-Salomon Fachhochschule, Berlin Prof. Dr. Siegfried

Magiera, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer

Prof. Dr. Stelio Mangiameli, Universität Teramo Dr. Edit Masika, Botschaftsrätin der Republik Ungarn, Berlin Yutaka Matsumoto, Japanische Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin Prof. Dr. Dr. Detlef Merten, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer Harald Meyer, Richter am Verwaltungsgericht, Bundesministerium der Justiz Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Koichi Miyazawa, Keio Universität Tokyo Prof. Dr. Paulo Mota Pinto, Universität Coimbra, Richter am Portugiesischen Verfassungsgericht Michael Niemann, Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin Prof. Dr. Michael Nierhaus, Universität Potsdam Issei Nomura, Botschafter Japans in der Bundesrepublik Deutschland Dr. Hisashi Ochi, Dozent, Nihon Universität Tokyo Kiyotaka Oki, Stellvertretender Generalsekretär Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin Philipp Osten, Rechtsreferendar, Doktorand, Keio Universität Tokyo Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit, Rechtsanwältin, Senatorin für Justiz a. D., Berlin Christina Polzin, Referentin, Bundesministerium des Innern Prof. Dr. Albrecht Randelzhofer,

Freie Universität Berlin

Jörg Reinowski, Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin Prof. Dr. Heinz Peter Rill, Wirtschaftsuniversität Wien Enzo Di Salvatore, wissenschaftlicher Assistent, Universität Teramo Grit Sänger, Rechtsanwältin und Japanologin, Berlin Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Herbert Schambeck, Universität Linz, Präsident des Bundesrates i. R. Prof. Dr. Matthias K. Scheer, LL.M., Rechtsanwalt, Hamburg Takao Shishikura, Japanische Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin

Teilnehmerverzeichnis

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Prof. Dr. Norbert Simon, Verlag Duncker & Humblot, Berlin Bertold Sommer, Richter am Bundesverfassungsgericht, Karlsruhe Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Klaus Stern, Universität zu Köln Prof. Dr. Rudolf Streinz, Universität Bayreuth Prof. Hidemi Suzuki, Nihon Universität Tokyo Joachim Teipel, Münster

Richter am Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen,

Prof. Dr. Peter Tettinger,

Universität zu Köln

Tsuyoshi Toyoda, Berlin Korrespondent, The Sekai Nippö Piet Voncken, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Roermond Prof. Johan van der Walt, Rand Afrikaans Universität, Johannesburg Tatjana Wonneberg, Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin Prof. Dr. Miroslaw Wyrzykowski, gericht

Universität Warschau, Richter am Polnischen Verfassungs-