Meisterlieder des 16. bis 18. Jahrhunderts 9783110941586, 9783484365179


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German Pages 358 [360] Year 1993

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Table of contents :
Vorwort
Editionsgrundsätze und Einrichtung der Texte
I. Lieder auf biblischer Grundlage
1. Altes Testament: Nr. 1–11
2. Psalmen: Nr. 12–16
3. Neues Testament: Nr. 17–22
II. Geistliche Lieder
1. Kirchliche Feste: Nr. 23–30
2. Gebete: Nr. 31–33
3. Geistliche Naturdeutung: Nr. 34–39
4. Weitere geistliche Themen: Nr. 40–47
III. Ernste weltliche Lieder
1. Lebenslehren: Nr. 48–50
2. Beispiele für vorbildliches und abschreckendes Verhalten: Nr. 51
3. Beispiele für Tyrannei, Martyrium und Christenverfolgung: Nr. 54
4. Antike Stoffe: Nr. 60–64
5. Biographien, Klaglieder: Nr. 65–68
6. Zeitgeschichtliches: Nr. 69–72
7. Weitere Themen (Städtelob, Schäferlied, Rätsel, Fabel, Beispiel eines dankbaren Tieres): Nr. 73–77
IV. Lieder mit formalen Besonderheiten (Equivoca, anaphorische Reihung, Loica, Echolied, Beziehung zwischen Tonname und Text): Nr. 78–82
V. Schwanklieder: Nr. 83–91
VI. Lieder über den Meistergesang und über Hans Sachs: Nr. 92–98
VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622
Anmerkungen
Register
1. Handschriften und Drucke
2. Autoren
3. Entstehungsdaten der Lieder
4. Töne
5. Initien
6. Bibelstellen
7. Orts–und Ländernamen
8. Personen–und Völkernamen
9. Stichwörter
Konkordanzen
1. Ausgabe-RSM
2. RSM-Ausgabe
Auswahlbibliographie zum Meistergesang des 16. bis 18. Jahrhunderts
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Meisterlieder des 16. bis 18. Jahrhunderts
 9783110941586, 9783484365179

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FRÜHE NEUZEIT Band 17

Studien und Dokumente zur deutschen Literatur und Kultur im europäischen Kontext In Verbindung mit der Forschungsstelle „Literatur der Frühen Neuzeit" an der Universität Osnabrück und der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Herausgegeben von Jörg Jochen Berns, Gotthardt Frühsorge, Klaus Garber, Wilhelm Kühlmann und Jan-Dirk Müller

Meisterlieder des 16. bis 18. Jahrhunderts Herausgegeben von Eva Klesatschke und Horst Brunner

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1993

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Meisterlieder des 16. bis 18. Jahrhunderts / hrsg. von Eva Klesatschke und Horst Brunner. - Niemeyer, 1993 (Frühe Neuzeit; Bd. 17) NE: Klesatschke, Eva [Hrsg.]; GT ISBN 3-484-36517-X

ISSN 0934-5531

© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1993 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Satz und Druck: Memminger Zeitung, Verlagsdruckerei GmbH, Memmingen Einband: Heinr. Koch, Tübingen

Inhalt

Vorwort Editionsgrundsätze und Einrichtung der Texte I. Lieder auf biblischer Grundlage 1. Altes Testament: Nr. 1-11 2. Psalmen: Nr. 12-16 3. Neues Testament: Nr. 17-22 II. Geistliche Lieder 1. Kirchliche Feste: Nr. 23-30 2. Gebete: Nr. 31-33 3. Geistliche Naturdeutung: Nr. 34-39 4. Weitere geistliche Themen: Nr. 40-47 III. Ernste weltliche Lieder 1. Lebenslehren: Nr. 48-50 2. Beispiele für vorbildliches und abschreckendes Verhalten: Nr. 51-53 3. Beispiele für Tyrannei, Martyrium und Christenverfolgung: Nr. 54-59 4. Antike Stoffe: Nr. 60-64 5. Biographien, Klaglieder: Nr. 65-68 6. Zeitgeschichtliches: Nr. 69-72 7. Weitere Themen (Städtelob, Schäferlied, Rätsel, Fabel, Beispiel eines dankbaren Tieres): Nr. 73-77 IV. Lieder mit formalen Besonderheiten (Equivoca, anaphorische Reihung, Loica, Echolied, Beziehung zwischen Tonname und Text): Nr. 78-82 V. Schwanklieder: Nr. 83-91 VI. Lieder über den Meistergesang und über Hans Sachs: Nr. 92-98

VII IX 1 3 30 43 69 71 91 97 113 137 139 145 151 162 173 183 191

201 213 231

VI

Inhalt

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622 Das Hauptsingen: Nr. 99-102 (mit den Melodien) Das Zechsingen: Nr. 103-111 (mit den Melodien)

251 253 268

Anmerkungen

297

Register 1. Handschriften und Drucke 2. Autoren 3. Entstehungsdaten der Lieder 4. Töne 5. Initien 6. Bibelstellen 7. Orts- und Ländernamen 8. Personen-und Völkernamen 9. Stichwörter

315 317 321 323 325 327 329 330 331 334

Konkordanzen 1. Ausgabe-RSM 2. RSM-Ausgabe

343 343 344

Auswahlbibliographie zum Meistergesang des 16. bis 18. Jahrhunderts

346

Vorwort

Während der vorreformatorische Meistergesang mittlerweile durch zahlreiche Textausgaben relativ gut erschlossen ist - wenngleich auch hier noch manches zu tun bleibt sieht man sich bei Studien zum Meistergesang nach der Reformation nach wie vor weitgehend auf die zahlreichen Handschriften und alten Drucke angewiesen. Einzelne moderne Abdrucke von Liedern sind ebenso zufällig wie weit verstreut (vgl. dazu die Angaben im RSM), nur von vergleichsweise wenigen Autoren liegt das Meisterliedceuvre vollständig oder teilweise ediert vor: (annähernd) vollständige Ausgaben gibt es von Jörg Schechner (ed. I. Stahl), Peter Probst (ed. E. Kreisler und C.Grönlund), Georg Hager (ed.C.H.Beil), Onoferus Schwartzenbach (ed.B.-F. Schultze) und Wolfhart Spangenberg (ed. A. Vizkelety), größere Teilausgaben von Hans Sachs (ed. K. Goedeke/J. Tittmann, E. Goetze/K. Drescher, F. H. Ellis), Johann Spreng (ed. I. Urban) und Ambrosius Metzger (ed. H. Kugler). Das >Repertorium der Sangsprüche und Meisterlieder des 12. bis 18. Jahrhunderts< (RSM) bietet zwar die Möglichkeit, das umfangreiche nachreformatorische Textmaterial, rund 13 500 Lieder, unter vielen Fragestellungen rasch zu sichten und sich anhand der Inhaltsangaben Einblick zu verschaffen, ein umfassendes und fundiertes Bild der Gattung Meisterlied mit ihren verschiedenen Text- und Tönetypen, Darstellungsformen, thematischen Schwerpunkten, orts- und zeitbedingten Besonderheiten kann man indes nur durch die relativ breite Kenntnis von Liedtexten selbst gewinnen. Die hier vorgelegte Anthologie, die 111 Meisterlieder in 94 Tönen von 52 namentlich bekannten Autoren, dazu einigen Anonymi des 16. bis 18. Jahrhunderts enthält, soll diese Kenntnisnahme erleichtern. Sie soll es zugleich ermöglichen, den Meistergesang mehr als bisher in die akademische Lehre einzubeziehen. Die Lieder sind in sechs Gruppen angeordnet, mit denen die wesentlichen Themen und relevanten Texttypen des nachreformatorischen Meistergesangs erfaßt sind (vgl. das Inhaltsverzeichnis). Den Abschluß bildet die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622, die Einblick in den »Alltag« der Singschulen bietet. Sie wurde ausgewählt, weil alle damals gesungenen Texte in der vorhandenen Überlieferung identifiziert werden konnten; soweit überliefert, sind auch die Melodien mit abgedruckt (aus Raum- und

VIII

Vorwort

Kostengründen mußte im übrigen auf ihre Beigabe verzichtet werden). Die nötigsten Erläuterungen zu den Liedern enthalten die Anmerkungen, beigefügt sind ferner zahlreiche, auf der Grundlage des RSM erstellte Register, die es erlauben, viele Fragen an das Textmaterial zu stellen. Am Ende findet sich eine Auswahlbibliographie, die weiteres Eindringen in das Gebiet des Meistergesangs erleichtern soll. Der Wunsch, als Supplement zum RSM eine Textanthologie zu publizieren, ergab sich im Lauf der Jahre bei den Bearbeitern des nachreformatorischen Teils dieses Werkes; er wurde mehrfach auch von interessierten Fachkollegen an uns herangetragen. Ermöglicht wurde der Band durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft; insbesondere Herrn Dr. Manfred Briegel, der den Gedanken sogleich engagiert unterstützte, bin ich auch hier zu großem Dank verpflichtet. Die Sammlung der Texte in der Stadtbibliothek Nürnberg haben wir auch bei diesem Projekt dankbar benutzt. Bei den Vorarbeiten berieten uns Dieter Merzbacher und Johannes Rettelbach. Die Hauptlast des Unternehmens von der Planung bis zur Aufbereitung der Texte und zu ihrer Erläuterung in den Anmerkungen trug Eva Klesatschke. Nach ihrem beruflich bedingten Ausscheiden gewährte Kai Richter wesentliche Hilfe; ohne ihn hätte der Band nicht in vergleichsweise kurzer Zeit zum Druck gebracht werden können. Ich selbst habe die Anthologie redigiert, die Texte mehrfach durchgesehen, die Melodien transkribiert und die Auswahlbibliographie erstellt. Würzburg, im Mai 1993

Horst Brunner

Editionsgrundsätze und Einrichtung der Texte

1. Den Textabdrucken liegen soweit möglich Autographe zugrunde, im übrigen wurde der jeweils beste Überlieferungsträger herangezogen. Lesarten sind in der Regel nur dort verzeichnet, wo der Text gegenüber der Vorlage durch Rückgriff auf die Parallelüberlieferung oder durch Konjektur verbessert werden mußte; die betreffenden Stellen sind durch Kursivsatz hervorgehoben. Bloße Ergänzungen von Wörtern, Wortteilen oder einzelnen Buchstaben erscheinen in spitzen Klammern; ein Apparatnachweis findet sich bei mehrfach überlieferten Texten nur dort, wo die Ergänzung sich auf die Parallelüberlieferung stützt oder wo sie entgegen der gesamten Überlieferung vorgenommen werden mußte. 2. In folgenden Punkten weicht die Ausgabe stillschweigend von den Vorlagen ab: a. Groß geschrieben sind lediglich die Anfänge von Überschriften und Strophenteilen (Stollen, Abgesang) sowie Eigennamen, alles übrige ist klein geschrieben. b. Zusammen- und Getrenntschreibung sind nach heutigen Regeln bereinigt. c. Die Texte sind nach heutigen Regeln interpungiert. d. Abkürzungen sind aufgelöst e. Umlautzeichen sind durchweg als Tremata wiedergegeben; Zeichen, die der Unterscheidung von n und u dienen (Häkchen, Tremata), sind vernachlässigt; die Schreibung ü in den Diphthongen eü und äü wurde ebenfalls beseitigt; die graphischen Varianten von s wurden vereinheitlicht, ausgenommen ß. f. Der Zeilenumbruch in Überschriften und Subscriptiones wurde nach Sinnzusammenhang und Optik gestaltet und folgt nicht prinzipiell der Vorlage. g. Fehlende Strophenzählungen wurden ergänzt. h. Die Texte wurden mit einer Verszählung versehen. i. Seitenwechsel in der Vorlage wurde im Text mit Schrägstrich / markiert.

I. Lieder auf biblischer Grundlage

1. Altes Testament

1

Hans Sachs [2S/4624a] a = Zwickau MG 15, 34r-35r In der schlangenweis Bastian Hilprant die schlang im paradeis 1 (I)n Genesim stet an dem driten, wie die schlang kam vnd sprach: »Eua, 5 hat gesagt Got, das ir solt nicht Essen, vernim,/ der frucht, mit sitten, aller mit nam 10 im garten da? es wer onot.« Eua, die spricht

34v

Vnd claget: »Got hat gesaget: 15 von aller frucht zw essen waget, allein versüecht der fruechte nit Weitere Überlieferung: b = Dresden M190,121r-122r; c = Breslau IV Fol 88b/4, S. 894-896; d = Augsburg U B 111.3.2° 13, 267-269r / Initiale nicht ausgeführt a

4

I. Lieder auf biblischer

Grundlage

vom paum veruecht 20 in gartens mit. 2 Ruercz auch nit an, sunst wert ir sterben.« da sprach die schlang: »ir wert darumb 25 nit sterben dot. wan Got weis wol, Est ir darfon, wert ir erwerben klugheit anfang 30 vnd wert in rumb gleich sein wie Got, der Weisheit vol. Im muete das pös vnd guete 35 wert wissen ir.« ganz vnpehuete das weibe schir den paumb ansach vnd mit pegir 40 ein frucht aprach. 3 Dieselben as vnd reicht sie dare auch irem man,/ as auch der fruecht; 45 Gottes gepot zerprachen sie. Mit diesem fräs fing sich vurware der iamer an. 50 der mensch verfluecht lag in dem dot, verthammet hie,

35r

5

1. Altes Testament

Vertorben, pis das ist gstorben 55 am crewcz Cristus, der hat erworben gnad, huld vnd pus. durch den allein der mensch gen mus 60 ins leben ein. anno salutis 1555 am 18 tag marci

2

Hans Sachs [2S/269a] a = Zwickau MG 3, 23r-25r In dem gulden thon Fogelgesangs der thuren Babel aligoria 1

(M)oses am ailfften melte des puches Genesis vnd spricht: es het al weite einerley zung. 5 vnd sprach weitter, ich Iis: als sie zogen gen morgen, in dem lant Sinear funden ein plan, wonten da vnferporgen. vnd dise lewt 10 sprachen zusamen nun: »Auf, lat vns ziegel machen!« namen ziegel vur stein, dahen vur kalk vnd sprachen:

Weitere Überlieferung: b = Nürnberg Will VIII 235, 248v-250v; c = Dresden M 190, 46v48v; d = Dresden M 195, 5r-5ar; e = Nürnberg Will III 784, 582v-583r, nur 1. Str. mit Melodie; f=Berlin Mgf 25, S. 122-126, mit Melodie; g = Weimar Q 572, 58r-60r 1 Initiale nicht ausgeführt a

6

I. Lieder auf biblischer

Grundlage

»das ist genung! 15 lat vns pawen gemein ein duren hoch alsamen, der an den himel dar reich mit dem spicz: so mach wir vns ein namen, so wir zwstrewt 20 werden in alle lant.«/ 23v Der herr stieg ab, zw schawen den thuren vnd die stat, daran die menschenkinder künden pawen alt vnde jung. 25 der her sprach zw der that: »einerley volck das iste, vnd auch ein spräche gar ist vnther in allen, doch sie mit liste hant das zw thun 30 angefangen alsant. 2

Dis volck wirt nicht ablasen von allem, das sie hant gefangen an der masen. auf, lat vns hie 35 nidersteigen alsant vnd ire sprach verwirren, auf das ir keiner mer des andren sprach verste on alles irren, das disen hewt 40 geweret wert der drucz.« Also weib vnde mender der her zwstrewen dat/ von dan in alle lender, aufhertten sie 45 zw pawen an der stat. daher so heist ir name Babel, seit sie der her verwiret in der lender sprach alsame vnd sie zerstrewt 50 in die lant als den staub.

24r

7

1. Altes Testament

Disse pawlewt pedeutten die traumprediger, mergk. sint ein petrueg den einfeltigen leutten vnd lernen die 55 erdichte menschenwerck, dewt die zigel aus erden, von fleisch vnd pluette schwer, on Gottes wort, zwsamgefueget werden aus eygennucz, 60 on liebe vnd gelaub. 3 Durch diesse werck sie pawen auf zw der himelport. wan es Got duet anschawen, absteiget drot 65 durch sein heilsames wort,/ so thuet er in verwirren ir sprach, werck vnde 1er. kein sect mit der andren ist concordiren, ir werck sint gar 70 parteyisch vnd czwdrent.

24v

Francziser, Bernhardiner, Predigerobserfancz, Karthewser, Augustiner, itliche rot 75 sich vntherscheidet gancz vnd füret seinen prachte in wercken hin vnd her. ein ide sect die andren al verachte, der leyen schar 80 hat auch ir sunder weis. Aber die cristenheitte, die hat kein Spaltung nit, sie peleibett in geistes einikeitte vnd ist in Got 85 erpawet in dem frit. einfeltig sie gelaubet,/ ein hercz, gemuet, peger, zwsamgefueget an Christo, dem haubet,

25r

8

I. Lieder auf biblischer Grundlage

pis an das ent, 90 dem sey lob, er vnd preis. deo gratias im 1528 jar am 27 tag septembris

Valentin Voigt [2Voi/14a] a = Jena El Fol 100, 25rv Anno salutis 1544 am 6 marcy

In der kelberweis Hansen von Gruningen das 11. capittel Genesis der tührm Babel

1 Mose am eilfften Genesis schreibt clar, das alle weit einerley sprach het gar, vnnd zcogen balt gegen den morgen, funden do 5 ein eben lant, sprachen also: »wolauff, lasset vns allesant Zcigel streichen vnd brennen also hart.« vnd nahmen zcigel zw derselben fart vnd thon manchfalt 10 vor kalgk vnd sprachen: »nw, wolauff, last vns ein Stadt vnd thurm hinnauff bawen, des spitz reiche zwhant Inn den himel, das wir vns einen nam machen, dann wir werden villeicht alsam 15 zwstrewet inn alle lender so schir.« der herre für ernider mit begir auch der gestalt, das er die Stadt vnd thurm she on, welche der menschen kinder schon 20 gebawet hetten inn dem lant. Am Ende: anno 1528 d. Hans Sachs / Weitere Überlieferung: b = Jena Fol El 100, 97v-98v, nur 1. Str. mit Melodie

1. Altes Testament

9

Der herre sprach: »sie, es ist einerley volg vnd einerley spräche also frey vnther in all, vnd haben angefangen, das 25 zw thun vnd werden solcher maß douon nicht lassen allesant. Wolauff, last vns erniderfahren balt vnd yre sprach vorwirren der gestalt, in solchem fall 30 keiner vorsthe des andren sprach.«/ also zwstrewet sie hernach der herre balt inn alle lanth, Das sie mussten auffhoren also drat zw bawen, vnd von dem heist dise Stadt 35 Babel mitt nam, das Got vorwirret heth aller lender spräche zcur selben steth mitt grossem schall, in alle lant zwstrewet so. hiraus ein jeder lehre do 40 der histori geistlich vorstanth: 3 Gleich wie anfangs der weit ist einerley sprach gewest, vnd dodurch erhalten frey gros einigkeit, also ynn der christlich kirch ist 45 erhalten einigkeit alfrist, als man geprediget allein Hat den glauben an Christum also her vnd auch allein gesuchet seine ehr. an allen streit 50 die kirche blywen ist so zcart. als aber die bawlewt zcur fart suchten yr ehr, nam, rühm gemein, Wurden sie durch vil sprachen also forth zwstrewet in die weit an manchen orth. 55 also wen die prediger yre wergk predigen, suchen yr ehr, rühm vnd stergk,

25v

10

I. Lieder auf biblischer

Grundlage

fallen alzceit von Christi einigkeit, von stunth inn rotten, secten, ghen zw grunth 60 vnnd vorliren den glauben rein.

4

Georg Hager [2HaG/542a] a = Göttweig 1034, 93r-94v

24 In der spiczigen trinckhschuechweiß Georgen Hagers die erstgeburt in Egipto 1 In dem alfften capitel Exodj stet on mitel, wie Gott zu Mosy sprach: »zu Pharrao ansage, 5 ich schickh im noch ein plage vber Egiptenlanndt. Den wirt er euch erst lassen hinzihen eur strassen vnd, sam zu einer räch, 10 auß seinem land austreiben mit viech, kindern vnd weiben.« Mose, der gieng zuhanndt Vnd in di potschafft brachte: »heint wirt vmb miternachte 15 aufsten der herr mit machte, in Egibtenland die erstgeburt wirgen thane

Weitere Überlieferung: b = Dresden M 9, S. 1043-1045; c = Augsburg UB 111.3.2° 13,463v465r 1 alfften] zwelfften a, unleserlich c 6 Egibtenlande a 12 zuhande a 17 wirclhen a, wircken b

11

1. Altes Testament

van dem ersten sonn anne, der sizt auf deinem throne, 20 biß auf der Magd sonn jhe,/ der in der mül vmbziehe. dergleich an allen, siehe, das dem niemand entpfliehe. dergleich geschach vor nie.

93v

2 25 Dan wirt angst vnd triebsalle vnd gschrei sein vberale im ganz Egiptenlanndt. doch Israhel ich wile halten frelich vnd Stile, 30 nit pellen sol ein hunt. Das du erforst mit leite, wie Gott Egibten scheyde vnd Israhel zuhant. dan werden dein knecht müessen 35 mir falen zu den füessen, bitten, zeuch auß zu stunt Sambt deinem volckh mit machte.« Pharao das verachte. Gott sprach: »Mose, betrachte, 40 der könig Pharao, der heret mein wort nichte. wievil wunders geschichte im land, sein herz endtwichte verstockht ob meiner dro. 45 damit in dj best plage,/ hert auf nach meiner sage, das in der Engel Schlahe die erstgeburt also.« 3 Der Pharao ist pure 50 vnß ein clare figure auf den falschen sathan,

27 Egibtenlande a, unleserlich c

94r

12

/ . Lieder auf biblischer Grundlage

der auch durch seine knechte helt gfangen leider rechte die arme Christenheit, 55 Mit den menschengesezen die gwissen zuuerlezen. wil sy nit lassen gan nach Gottes wort alleine clar, pur, lauter vnd reine. 60 wiewol Gott dise zeit Gibt vil straf, plag vnd wunder, den sathanas besunder wil gar zu stürzen minder, doch er sich nit dran ghert, 65 biß Gott al seine gliter im lande hin vnd wider, die erstgeburt, schlegt nider, das er alsdan erfört vnd merckt, das Gott helt seie 70 vnd seinem volckh stet peie/ vnd von dem jhoch mach freie, sein nam, der sei geehrt! Gedicht durch vorgemelten Georg Hager zu Nyrmberg

5i gewissen a c, unleserlich b

94v

13

1. Altes Testament

5

Hans Sachs pS/2452b] b = Dresden M 192, 189v-192r

In der corweis Six Peckmessers die pit Batseba mit Salomo 1

Do Batseba mit irem sun ein pit wolt thun von Adonia wegen, als es ir war gelegen, 5 drat sie zw im hinein. gechling Solomo gegen ir aufstan/ vnd ging ir entgegen vnd pettet an vnd sas auf seinem tron gericht.

190r

So pald lies er ain tron herlich 10 hart neben sich seczen, zv seiner rechten, vnd lies darauff mit mechten seczen die muter sein. vnd sie sprach: »sun, ich hab ain klaine pit 15 alhie. hoff, dw werst mir versagen nit vnd peschemen mein angesicht.« Der kunig sprach: »dein pit ansach. pit, was dw wilt, mueter, 20 ich dich gewer. dein angsichtt her indem peschem ich nymer mer.« sie sprach: »so pit ich eben, das dw hie wollest geben/ 25 von Sünem Abisag, die maid, elichen hie ze ainem weib

190v

Weitere Überlieferung: a = Zwickau MG 9, 240, verloren; c = Göttingen Philol 194,105v107v; d = Dresden M 11, 52r-53r; e = Weimar Q 569, 118v-121r 23 sie] ich b 26 erchen b, ehelichen e

/ . Lieder auf biblischer

Grundlage

on Iaid, deim prueder von deins vater leib, Adonia, auf diesen tag.«

2 Sa- lomo antwort ir allein, 30 der mueter sein: »warumb thuestw hie pitten Adonia, mit siten, Abisag von Sunem? pit im auch vmb das gancze kunigreich! 35 vernym, er ist mein eltster prueder gleich, hat pej im den hawptman Ioab.« Da schwuer Salomo Got ain aid. sprach: »solchs, mit laid, sol Adonia eben 40 wider sein aigen leben haben geret. nach dem, so war Got lebt, der mir pestetet hat/ hie gar mein kunicliche mayestat vnd mir meins vaters reich eingab,

191r

45 Sol sterben er noch hewt in schwer.« vnd Salomo hinsent ein knecht pehent, der in ellent erschlueg. 50 mit fueg, so nam ein ent Adonia im plute, wie vns ansagen duete das drite puech regum, man list in dem anderen capitel. 55 hie ist mit dem argument gar hei der papisten zv stosen vm,

3 Die dis gschicht nemen ain figur clar, hell vnd pur, wie kunig Salomone 60 pedeute Cristum frone,/ den kunig, vnd geleich

191v

15

1. Altes Testament

als, was in Maria, sein mueter, pit, vnd das kuen er ir auch versagen nit. also sie sey ein mitlerin 65 Hie zwischen den menschen vnd Got in aller not. den text meinen sie clare, sagen in doch nit gare, wie Salomo, der reich, 70 hie sein mueter genczlich lies vngewert vnd kein ding thet, was sie an in pegert, sunder rieht sein prueder gar hin. Aus dem petrueg ist offen gnueg, 75 das sie haben die schritt gnackt vnd zerkift, darmit ir gift vnd fünd an gründ feischlich verprift./ was nit fuegt, sie verschwiegen 80 vnd thetten vns abtriegen von Cristo, dem hailand, der doch allein der ainig mitler ist. wo noch in nötten ze im rueft ain Crist, dem pewt er sein genedig hand. anno salutis 1547 am 20 tag septembris

Am Ende: anno salutis 1547 am 29 tag septembris d

192r

16

I. Lieder auf biblischer Grundlage

6

Hans Sachs [2S/484] Zwickau MG 3, 321v-322v

In dem dingenden thon Hans Saxen die gespons mit irem freunt 1 (Z)w- hört, wie im puech der hohen gesange am füenften spricht die geystlich prawte: ich schlaff, mein hercz aufschawet. mein freunt klopft an der tüer, wer geren hinnen. 5 »Dw mir auf«, spricht er, »ich hab klopfet lange, dw mein schwester, mein daub, mein drawte. mein haupt ist mir petawet, die nachtdropfen vber mein lock abrinnen.« Die spons antwort: »mein cleide 10 ist abgezogen, peide sint auch mein fües gancz rein gewaschen, sol ich die feinen icz vervnreinen, wan ich lieg in dem pete?« 15 durch das fenster mein freunt sein hant eindränge, als ob er mich da wolt erhaschen, mein leib erzitren dete, ich stund auf, mein freund einzwlassen innen. 2 Fein tropfeten mein hent von mirren sere, 20 rinnen am schloss vber mein hande./ da ich meim freunt aufdette, da war er hingangen von diesem orte. Mein sei gieng heraus, seinem wort zw ere. ich sucht in, idoch in nycht fände, 25 ich rueft im an der stette, er aber antwort mir genczlich kein worte.

322r

1. Altes Testament

17

Mich aber funden spate die hüeter an der State vnd schluegen mich genczlichen wunde. 30 die wechter kamen, mein Schleyer namen. also ich allein pliebe. ir dochter Jerusalem, ich peschwere euch, das ir meinem freunt dut künde, 35 das ich lieg kranck vor liebe. nun hert den text geystlich ercleren forte: 3 Wo Got anklopfet vnd mit gnad pegewste des menschen hercz, zw im wil zihen durch jnnerlich ansprechen vnd in ändert mit seiner liebesflamen, So dan der mensch sein hercz verstockt peschlewste/ in wollust, schlyst den geyst, dut flihen vnd lest in nicht einprechen, so tan der mensch erkennet sein vertamen 45 Vnd dannach geren wolte, das im Got helffen solte, hin ist der drost, der in vor wecket, den suchet ere in wercken schwere. 50 dan sieht in das geseeze vnd schlecht in wund, der werck er nicht genewste, sein hewchlerey wirt im endecket, pis in der glaub zwlecze in Cristum, sein gespons, macht selig, amen. Anno salutis 1531 am 8 tag july

40 322v

18

/ . Lieder auf biblischer

Grundlage

7

Ambrosius Metzger [2Met/79/la] a = Nürnberg Will III 783, 276rv Der prophet Jona in vier vnderschiedlichen maisterthönen daß erst par im süssen ton Hans Vogels 1 Zu Jona thet geschehen deß herren wortt: »mache dich auf vnd thu bald gehen in Ninive, die grosen stat. 5 ir bosheitt hat hefftiklichen meine ohren berühret.« Dem herren zu entfliehen nach einem ortt, Japho genandt, thet Jonas zihen. 10 als er da eben ein schiff fand, er sich zuhand drauff dringtt, gab den schifflohn, wie sich gebüret. Wie gutter windt thet blassen, der schiffherr ward beweget, 15 zu nemen da sein strassen. drauff die segel einleget, thet von deß landes portt abfahren, nachdem sie eingenumen daß höh meer fortt, 20 liß Gott, der herr, ein Sturmwind kumen. die wellen daß schiff vngestüm durch manche krüm deß meers hin vnd her gferlich werffen waren. 2

Grose forcht thet entstehen 25 bey der schiffsgmein, das eß möchte zu schindren gehen Weitere Überlieferung: b = Nürnberg Will III 783, 522v-523r 21 schiff mit vngestüm a

19

1. Altes Testament

vom gwalt, so brauchten die Sturmwind, ein jeder gschwind sich mit gebett zu seinem Gott ward kehren. 30 Daß nichtt die last brecht schaden, so drin thet sein im schiff, theten sie den außladen vnd warffen auß deß schiffs gerätt inns meer, verstet, 35 das die bürd diseß nicht solte versehren. Jonas, vom schlaff eingnomen, in deß schiffs grund gestigen. wie der schiffherr thet komen/ vnd sach in schlaffen ligen, 40 weckt er in auf. thet zu im sagen: »waß thustu alhie schlaffen? ruff dem Gott dein, ob der vileichtt vns heil thu schaffen durch deines gebetts stim devott, 45 daß wir in nott nicht also erbär(m)lich müsen verzagen.« 3 Zu erfahren den bösen, vmb deß will sich daß meer aufbließ, sie theten lössen. 50 wie diseß nun Jonam berührt, das volck klag führt, fragtten, wer er wer. Jonas thet bald sagen: »Ich bin ein knecht andechtig Gottes, der mich 55 gsand in die stat Ninive mechtig, das ich den inwohnern drin solt, er haben wolt, seines zorens grim vnd auch straff fürtragen. Weil ich im widerstrebet 60 er das vngestüm schedlich

46 erbärüch a

276v

I. Lieder auf biblischer

Grundlage

erweit, das ir nun lebet, werfft mich in das meer.« endlich thet solches von ihnen geschehen, ein wahlfisch gar gehlingen 65 thet vrblötzlich Jonam, den propheten, verschlingen, wie in sein gschichtten offenbar, gantz hell vnd klar, auß dem ersten Capittel ist zu sehen. Den 18 September 1624

8

Ambrosius Metzger [2Met/79/2] Nürnberg Will III 783, 276v-277v Im linden thon Jeronimus Trabolt das 2 lied oder p a r 1 Im andren Jona stet, als grimiklich verschlungen war vom wahlfisch Jonas, der prophet, da er war in höchster gefahr 5 auch in dem bauch des walfisch gar. also er bett an schrecken:/ »Zum herren, meinem Gott, ruff ich in der trübseligkeitt vnd er erhörtt mich in der nott. 10 er andwortt mir zu diser zeitt, da ich in deß bauchs hol ie leid, in sorg vnd angst ward stecken.

277r

1. Altes Testament

21

Meine stim, lieber Gott, du hast erhöret, da ich sehr dieff lag in des meeres grund, 15 von deß wassers wellen gleichsam bethöret vnd mich verschlossen het deß vischeß Schlund, da deß wasser wogen vngutt, gleichsfals auch des meers grose flut mich vngestüm vmbgeben 20 vnd kosten solt mein leben, du ansehen thest mein eilend gschwind vnd behend. deiner hilff sterck vnd gwalt ob mir thet schweben. 2 Offt ich bey mir bedracht, 25 in deinem tempel fort nicht mehr ich dir werd komen, mit andacht erzeigen gebürliche ehr. welcheß mir anlag also sehr, daß ich meint zu vergehen. 30 Wasser mich auch vmbgab, das mir gar nahent war der dott. von der dieffe ich gleichsfals hab außgstanden grose gfahr vnd nott. menng deß schilffs war ob mir mit spott 35 vnd thet ob mein haupt stehen. Gewaltig tiff ich hinunder wart sincken, also das ich berühret die berggrund, in deß wassers flut ich meint zu ertrincken. mich hett auch verdilliget der erdschlund, 40 aber du, herr, hast durch dein güet mich gnediklich vnd wol behüet, das ich nicht dorffte sterben durch ewiges verderben, da meine seel war ganz verzagtt 45 vnd mich hart plagtt, durch dein güet ich bey dir ward gnad erwerben./

34 schliffs Hs.

277v

I. Lieder auf biblischer Grundlage

3 Dieser, so seine pflicht auf das eittel gesezet hat vnd dem, so vnütz vnd entwicht, 50 nachgetrachtet hat früe vnd spat, den verlest entlich Gottes gnad. ich aber wil im geben Opffer der dankbarkeitt vnd wil zallen das glüpte mein, SS das er mir thet in angsteß leid, auch erbermlichen gfahres pein mir so treulich beystendig sein vnd erretten mein leben.« Wie Jonas drey tag war im walfisch glegen, 60 Gott, der herr, demselben saget zuhand: »ich gebeut dir, das du dich wolst bewegen vnd Jonam gsund ausspejen auf das land.« welchs gschah nach des herren gebott. hie ist zu lernen, das in nott 65 wir allein Gott vertrauen vnd nach seiner hilff schauen durch ein inbrünstiges gebet, wie Jonas thet, da in vnbgeben het des todes grauen. d 22 Septen 1624

23

1. Altes Testament

9

Ambrosius Metzger [2Met/79/3] Nürnberg Will III 783, 277v-278v In Palladis lauttenweis M Ambrosi Metzger daß 3 lied oder par 1 Als Jonas, der prophet, vom walfisch vnuerletzet außgspeitt, er an der stet Gottes gebott nachsetzet 5 vnd von dem ortt aufs herren wortt, zweymal zu im geschehen, er ohn verzug nach Ninive thet gehen. Ninive aber war 10 ein stat drejer tag reisen, wie nun Jonas kam dar, das volck zu vnderweissen, ging er ein tag drin, eh er pflag, 15 Gottes grim zu verkünden vnd des volcks vndergang wegen der Sünden;/ Saget: »wo nicht ir euch frömmer erzeiget vnd zu dem herren neiget 20 durch demütige pflicht, solt ir mit groser nott den ewigen tod leiden, dan euch der zornig Gott noch virtzig tag bescheiden. 25 wo ir nicht werd von sünd beschwerd euch demütig bekehren, wil er euch durch seines grims räch verzehren.«

26 von der sünd Hs.

278r

24

I. Lieder auf biblischer Grundlage

2 Daß volck deß Jone red 30 alsbald thet glauben geben, die öbristen der stet ruffeten aus darneben, daß sol die gmein, groß vnd auch klein, 35 von der handarbeitt rasten vnd Gott suchen mit betten vnd mit fasten. Ein jeder ein sack nam vnd sich darmitt bekleidett. wie das zum könig kam 40 durchs volck, so im bescheidet verlauffner ding, er bald hinging vnd von seim leib beweget daß purpur kleid vnd einen sack anleget 45 Vnd liß alsbald

durch die stat proclamiren, daß der sein huld verliren, so schwechet seins gsetz gwalt: »vich vnd menschen zugleich 50 sollen manglen der speisen, der arme als der reich, ob vns Gott möcht erweissen seiner gnad huld von der sünd schuld. 55 wir hertzlich thun bereuen vnd durch büß vns im ergeben in treuen. 3 Auch solt mit einem sack mensch vnd vich sein verhüllet von der lend bis zum nack./ 60 villeicht wird noch erkühlet deß herren grim, wan wir zu im

36 ersuchen Hs.

43 vom Hs.

278v

25

1. Altes Testament

durchs gebett vns thon kehren vnd die sünd bereuen mit vnsren zehren.« 65 Wie nun der gütig Gott gehörtt ir sehnlichs flehen vnd ires herzen nott, hat er sie angesehen mit seiner gnad 70 vnd die straff hat an ihnen hat verschonet. durch ir büß sie mit der sanfftmut belohnet. Wie Jonas diß in seines büchlein tittel 75 in dem dritten capittel vns bescheidet gewiß, hier aus disen berichtt ein sünder hat zu fassen, so er ist gwest entwichtt, 80 sol er vom bösen lassen vnd durch vil reu ohn allen scheu dem gutten stet nachsetzen, so wirt in Gott hie vnd dortten ergetzen. 25 sep 1624

10

Ambrosius Metzger pMet/79/4] Nürnberg Will III 783, 278v-279v In der süssen erdbeerweis H Christof Weinmair das 4 lied oder par 1 Jonas geriet in vngedult, daß Gott Ninive het verschonet vnd nicht nach sein wort der straff schuld

1. Lieder auf biblischer

Grundlage

mit verderbung der stat belohnet, 5 richtt sein gebett zu Gott ohn scheu: »Herr, das ists, daß ich sagen war, da ich noch in mein land gewessen, du bist gnedig vnd güttig gar, lest von dir den gottlossen gnesen, 10 wan er het seiner sünde reu. Drumb ich wolt flihen vnd mich entzihen, daß du mir schaffen auß forcht der straffen, 15 nim doch von mir, herr, meine seel,/ daß alle qual, so ich hie leid, haben ein end. dan mich verdreust, forthin zu leben.« der herr Jone darauf behend 20 volgende antwortt hat gegeben: »Jona, von dir gschichtt aus vndreu, 2 Daß den vnzeittigen eiffer du dich also lessest berühren, daß dir freutt der Niniviter 25 verderben bracht, ist draus zu spüren.« Jonas sich machet aus der stat Vnd setzte sich an einen ortt, so der stat gegen morgen glegen, bautt ein hütten, das er sah fortt, 30 waß Gott wider die stat erregen, sein zeitt in der hütt zubracht hat. Der Gott, großmechtig, ein kürbis, brechtig, herfür liß komen 35 Jone, dem fromen, zum besten, weil er schatten gab. Jonas darob hat große freut vnd zum theil gar seins gefasten leids war vergessen. 40 wie der morgen anbrachen war,

279r

27

1. Altes Testament

sent Gott, der herr, ein wurm, vermesen, der dem kürbiß zufüget schad. 3 Dan er durch ein gifftigen stich dem kürbiß seinen safft thet nemen, 45 das er verdarb. Jonas thet sich vber alle massen thet gremen. Gott, der herr, zu im sagen war: »Dich dauert deß kürbiß schönheitt, den du doch nicht hast aufferzogen 50 noch an in gwand einig arbeitt, vil mehr solt ich werden bewogen von Ninive des volckes schar, Der ich verschonet, weil drin gewohnet, 55 die ich erwehlet, wens würden zehlet, vil mehr den hunderttausent man. dar keiner kan verstehen, was recht oder gutt.«/ 60 wie darvon in seinen geschichten der heilig prophet Jonas thut mit klaren wortten vns berichten in dem viertten capittel klar.

279v

25 September 1624

11

Albrecht Widemann [ 2 WideA/3] Nürnberg Will III 782, S. 15-17

Im gfangenen thon Hans Vogels die schiffart Jona 1 Höret zu, ir christenleut, was ich euch durch gesang wil fürbringen:

28

I. Lieder auf biblischer Grundlage

ein historj, schön vber das, euch da von einer schiffart singen,/ 5 weliche vns Jonas verkünd, so sich mit im selb hab begeben vnd thut sie klar also anheben.

16

Such in dem propheten Jona, stet in seinem ersten capittel. 10 als er Gott auff dem meer alda entfliehen wolt durch forchtes mitel, da kam ein vngestumer wind vnd erhub sich groß vngewitter, das die schiffleutt vor angst vnd zitter 15 Meineten all, das schiff würde zerbrechen vnd vndergehn, daß sie ersauffen müesten. wa(r)ffen das loß, wolten sich rechen, da draff das loß vnder dem hauffen deß volcks Jonam, vnd warffen in 20 hin in das meer, das es stil wäre, weil Gott vmb Jona flucht forthin erzürnet ward, liß der herr gare komen das vngwitter vnlind, weil er Gottes befelch vnd wortten 25 nicht war nachkomen an den ortten. 2 Hernach im meer ein walfisch gantz verschlunde in mit groser klage vnd verschloß in ihn sein substanz. drey tag vnd nacht er darin läge 30 vnd ist mit im gefahren weitt vnd breitt vmbherr im meer mit notte. so hart thet Jonam straffen Gotte. Bey Joppen, der grosen meerstat, da der walfisch in sich geladen, 35 wie in ein schiff, den Jonam hat vnd hernach in wider ohn schaden an dem vffer in sonderheitt deß Cirinischen meers befrejet, in hernach wider ausgespejett./

17

29

1. Altes Testament

40 Josephuß die schiffart weitter beschreibet klar in seim buch, daß viert capittel such, darinn(en) er noch weitter einleibet von der geschieht Jonam durch mittel, daraus volgtt, das Gott durch sein macht 45 den walfisch mit Jona hat triben. all stund vier meil, nembt das in acht, schoß er mit im schnei fort, ir liben, vnd vmbschwame alda bereitt das gantz Kleinasiam dermassen. 50 führt ihn im meer weitter sein strassen, 3 Ist mit im durchs Egiptisch meer vber Constantinopel kumen vnd durch den enngen meerschlund sehr, bey izt gemelter stat herumen 55 in daß Cyrische meer. da ist er mit Jonam hineingeschossen, gar schnelliklich vnd vnuerdrosen. Hat den Jonam drey dag vnd nacht in so gar groser eyl geführet 60 zweyhundert meil durch Gottes macht darzu fünffzig gar vngeirett, dan so weitt thut man rechnen, wist, von Jopen an dem ort zusamen des Cyrinischen meers mit namen. 65 Also endt sich die wunderbar schiffarte von Jonam, des grossen propheten, die er außstund wunderbarlicher arte in dem bauch des walfischs mit nötten. welche schiffart in sonderheitt 70 ein wunder vber alles wunder ist, nie erhört worden die zeitt. doch hat dise schiffart besunder Josephuß beschriben an list, das wir es zu eim wunder mercken, 75 vns als Gottes werck darin stercken. d Albrecht Wideman 1627 den 17 heumonat

2. Psalmen

12

Johann Suppius [2Suppi/l] Memmingen 2.113, 16v-17r In der bekanten schuolweiß Johann Suppi, teutschen schuolhalter zu Memmingen, so anno 1628, den 12 octobr vor einer gesellschafft deren gebrauch nach ist bewert worden. Geczeugen seind herr Michael Schuoster, steurschreiber vnd maister Ludwig Holczwarth, bede maistersinger. 1 Dauid erkleret den achten psalmen sein, fangt an vnd spricht zuhand: herr, vnser herrscher herrlich, 5 wie ist dein nam so clerlich in allen landen weidte Mit lob beweret, das man dir dancket fein in dem himmel erkant. 10 vnd du hast zu der stunde auß der seuglingen munde dir ein lob zubereite Vmb deiner feinde willen, das du die vertilgest all mit räch. 15 vnd ich werde sehen mit gründe den mond vnd die sterne fürbas, die du bereidest, vnd hernach dich animbst der menschenkind. vnde noch weider höret:

31

2. Psalmen

20 du wirst in lassen ein kleine zeit abgewandt von Gott, doch ohngefehrlich will er ihn ohnbeschwerlich mit schmuck krönen alczeite. 2 25 Du wierst mit ehren zum herren machen ihn vber alle werck deinner hende wol bescheiden vnd ihm alles mit frewden 30 vnder seine fueß legen. Du thust vermehren schaff vnd ochssen forthin, auch die wilden thier fein vnder dem himmel mechtig, 35 die wilden thier so schlechtig, vnd auch der visch dargegen In den wassern vnd in dem meer. vnd was darinn lebet fürbas ist alles gut, herrlich vnd prechtig. 40 darumb dich sollen preisen sehr alle menschen, thier, laub vnd graß loben ihren schöpffer eintrechtig. allso thut lehren Dauid mit gleichem sin, 45 das wir all ingemein vnns auch darzu bereiten, Gottes lob außzubreiten auff all vnseren wegen. 3 Ach, Gott vnd herre, 50 ich dancke dir von grund meines herczens allezeit, das du mich hast gezieret, wunderbarlich formieret in mutterleib vmbgeben.

32

/ . Lieder auf biblischer

55 Vnd auch (noch) mehre thust du mir alle stund deine barmherczigkeit an mir taglich beweisen, mich trencken vnd auch speisen 60 vnd gibst mir auch darneben,/ Was meiner seelen hail thut sein, den du hast mich ohn allen fehl auß (meiner) mutter leib thon reysen. auch hat Christus, der heyland mein, 65 mich erlöst aus der höllenquel, darumb wil ich ihn (ewig) preisen, zu lob vnd ehre will ich mit hercz vnd mund mit einem lied bereit 70 ihn mennichfalt glorieren, bis mich wirdt tranßferieren

in das ewige leben. Amen, Amen, A.

56 du an mir Hs.

70 mennich glorieret Hs.

71 wirdt tranßferieret Hs.

Grundlage

17r

33

2. Psalmen

13

Michael Schuster [2SCUSM/5]

Memmingen 2.113, 35v.37r, mit Melodie In deß alten liebhabenden singerweiß herrn Michael Schuesters, steyerschreibers in Memmingen, approbiert vnd componirt 15. 8ber anno 1654 deß seind gezeugen herr Caspar Schmelz, obman vndt Hanß Georg Veit, saddtler. 1 Der herr ist ia mein hirte, vnd mir nichts manglen würte, durch eine auwen führte er mich zum bach gezürte, 5 mein seel tradierte, Auff rechtem weg regierte, seins namens will mich rierte, ob ich schon wandrent irrte, im finstern thal pausierte, 10 mich nicht vexierte Ein vnglückh vnd bloquirte, der herr mich auch vmbschnierte, daß ich mich nicht vertierte, sein stab mich disponirte, 15 sein tischmal mir praestirte, viel gnadenoel mich schnürte, sich guets demonstrirte bei mir, weil ich marckirte, wie sichs gebüerte./ 2 20 Der dreyvndzwainzigst reine psalm Dauid beschreibt feine, deß menschen trost thuet seine Gott, vnser herr, alleine in noth vnd peine. 16 gnad dein oel Hs.

37r

I. Lieder auf biblischer

25 Darumb, o seele meine, rieht an das leben deine auß deines herzen schreine, die Sünden sehr beweine, weil sie nicht kleine. 30 O klarer sonnenscheine, gib, daß mich anblick eine genad, vnd mich auch keine noth hier so gar vmbzeine, daß ich kein sündenschweine 35 werdt, sondern stetigs greine vber mein lasterbreine, fliech der abgotter heine vnd sie verneine. 3

So darff ich kühnlich sagen: 40 wer wolte mich geschlagen, weil Gott mein bürg vnd wagen vnd ich nach Gott thue fragen ohn alles zagen? Will etwan hervorragen 45 ein grosßer häuf von plagen, mich nemmen bey dem kragen, auch wol mich gar veriagen oder wegtragen, So förcht ich in den tagen 50 nicht ihr getrohtes zwagen, noch feintliche auflagen, auch nicht des todtes schrägen, mit Gottes zorenspagen die bunden sein mit klagen, 55 so haben keinen magen zu mir. mich soll nichts nagen alls wolbehagen.

Grundlage

35

2. Psalmen

14

Johann Baur [2Bau/4a] a = Ulm StAv Nachlässe Baur, S. 29-32 19 r In der irrenden schafweiß Johannes Bauren von Ulm der 4. Psalm 1 Erhöre mich, getrewer Gott, wan ich ruffe von herzen! o Gott meiner gerechtigkeit,/ der du mich in angst, noth vnd pein 5 thust trösten manigfaltig.

30

Ach herr, sey mir genädig doch vnd erhöre fürträchtig mein herzliches gebett noch heut, wie lang soll meine ehre frey 10 spöttlich geschendet werden? Ach, wie habt ihr doch vberall in gleichem fall so lieb zumal die eitelkeit iezunder. 15 erkennet doch, das der herr klug seine heyligen wüchtig wunderlich führet allezeit, der herr höret, wan ich mit wohn anruffe seinem nahmen 2 20 Vnd erröttet mich auß der noth,/ auch jammer, angst vnd schmerzen, darumb, so ihr traurigermaß wegen ewerer sünd ohnrein beladen seyt gewaltig,

31

Weitere Überlieferung: b = Ulm StM L 5850, 190r-191r; c = UIm StM L 5850, 189r, nur Str. 1,1. Stollen und Teile des Abgesangs mit Melodie

I. Lieder auf biblischer

Grundlage

25 So redet von dem herren hoch vmb hülff vnd beystand mächtig mit ewerem herzen fürbaß auff ewerem lager mit rew. ach, harret doch auff erden 30 Auf den herren mit allem fleiß. geleicher weiß zu lob vnd preiß seinem namen besonder opffert gerechtigkeit genug 35 vnd hoffet ganz fürsüchtig auff den herren ohn vnderlaß, welicher euch mit freuden schon erretten wirdt allsammen. 3 Darumb herr, erhebe ohn spott/ 40 vber vns all ohn scherzen das liecht deines antliz fürwar. dan du erfrewest das herz mein vor meine feind zwyspaltig. Ob iene schon gleich haben noch 45 viel wein vnd koren prächtig, so lige ich doch ohn gefahr vnd schlaffe mit freuden ohn schew. dan allein in geferden Hülffestu nur, herr, mein heiland, 50 das ich zuhand durch den beystand sicher wohne mit wunder, also endet Davidt mit fug diesen bettpsalmen nichtig, 55 vnd wirdt gezehlet der vierdt klar, hülff vns, o Jesu, Gottes söhn, zu dir in himmel! amen. Componirt Johannes Baur von Ulm den 4. January anno 1658

32

37

2. Psalmen

15

Cyprian Hummel [ 2 HumCy/l] Memmingen 2.113, 66v.68r-69r Mit Gott! In der frölichen jubelweiß Cyprianus Hümmels von Memmingen 1748 einer ehrbaren gesellschafft der meistersinger daselbst fürgesungen vnd bewährt, dessen sind gezeugen m. Casper Leeb, obmann, und Christoph Humel als bewährte meister allhier in Memmingen. 34 psalm 1 r 22 Auf, Memmingen, erfreue dich und lobe deinen Gott auß einem treuen hertzen, weil hundert jähr geendet sich, daß dich verlassen hat all trübsall, angst und schmertzen, 5 sampt der darbey 30sig jähr langen kriegeslast, da hunger, pest und tod du außgestanden hast. Ja, noch dein edler glaub darzu solt gar zerstört, vernicht und außgerottet werden, der feind wolt auch nicht haben ruh, 10 biß daß Lutheri lehr hinweg sey von der erden, da weckte entlich Gott den theuren helden auf, Gustavum, welcher hat gedämpft deß papstes hauff./ Nach so viellen trangsalsjahren trib Gott alles selbst zurück 15 und lies fried und freud erfahren von Münster und Osnabrück, so jauchtze dan Gott alle weit, lobsingt zu ehren seinem grossen wundernamen, weil er von seinem himmelszelt 20 uns mächtiglich beschützt, behüt, bewacht alsammen. so kommbt dan alle vor sein angsicht jetzund und erzehlt seine wunder alle tag und stund.

68r

38

I. Lieder auf biblischer

Grundlage

2 Wie uns der könig David thut im vierunddreysigisten seiner psalmen lehren: 25 alzeit Gott loben ist ja gut und ihn mit dankopffer für seine hülff verehren, ja, es soll immerdar in meinem munde sein, spricht David, weil mich Gott erlöst von vieller pein. Und meine seele soll noch sich 30 des herren rühmen, daß er gegen mir so güttig, weil er gehört elenden mich, deß freuet euch und preiset mit mir doch einmüttig den herren, welcher uns so vielles hat getahn, last miteinander ihn loben und betten an. 35 Den da ich den herren suchte, fand ich hülff von seiner hand, ob der feind schon grimmig fluchte, kam doch segen in daß land./ dan welche ihn anlauffen thun 40 mit loben, betten, schreyen, der wirt nicht zu schänden, und steh sich Gott, als wer er nun von unß so fern getretten und nicht mehr vorhanden, so zweiffle nicht und glaub, daß Gott doch hülffe send, weil er erhörte den, der schwach war und elend. 3 45 Darum erkennet dises doch und sehet wie der herr so freundlich mit uns allen, es müssen sich die engel noch um uns herlageren nach seinem Wohlgefallen, zwar nur um dise, die den herren förchten rein, 50 bey denen soll kein noth und auch kein mangel sein. Wer aber gern hätt solche tag oder begehret gern zu haben guttes leben, laß zung und lippen sein, ohn clag, zu reden, waß falsch ist und sey nicht so ergeben 55 dem bössen, weil zuletzt es bringet weh und ach; thu guttes, suche fried und jage ihm stets nach.

48 herlagerin Hs.

68v

2.

39

Psalmen

Gottes äugen sehen gerne nach dem, der daß gutte übt. denck nicht, daß er dir sey ferne, 60 wan du thust, waß ihn betrübt, merck, wie sein anlitzt über die er grimt soll stehen, so da bösses thun und treiben./ ja, er will von der erden hie ihr gedächtnus außrotten und sogar au (ßt) reiben. 65 dargegen wan der gerechte nur zu ihm schreyt, soll er erhöret sein und auß der noth befreyt. 4 Dan der herr stehet denen bey, die ein zerbrochen hertz und gemüth an sich haben, ob sie gleich leiden mancherley, 70 so hülfft Gott ihnen doch und thut mit trost sie laben, er bewahret auch ihnen alle ihr gebein, daß keins zerbrochen werd, es sey gros oder klein. Aber den recht gottlossen soll, wan er schon kommen wirt in grosse angst und nöthen 75 und wan sein sündenmaas ist voll, alsdan wirt ihn zu lest daß ungelück noch tödten. die seele aber seiner from und treuen knecht erlössen will der herr, weil sie seind recht und schlecht, Dafür werden sie ihm dancken, 80 weil Gott hülffet wunderbar, ein Christ solle niemals wancken und Gott loben jmmerdar. wie lobte Noah seinen Gott, als ihm der herr gesetzt daß grosse gnadenzeichen, 85 so preiste Jacob auch, ohn spott, den herren, der ihm offt sein gnadenhand tädt reichen, und David wil den herren loben alle zeit, weil seine gütte ist himmel und erden weit. Ende comp. Cypr. Hummel 1748 22 setember

69r

I. Lieder auf biblischer Grundlage

16

Johann Friedrich Oetterle [ 2 Oette/l] Memmingen 2.113, 86v, 88r-89v Soli deo gloria! Johann Fridrich Oetterle, provisor in Memmingen, bewährte vor gesammter ehrbahren gesellschaft der meistersinger daselbst anno 1788 den 18. may seine hohe otterweiß. dessen seyn gezeugen, Gabriel Küechle, strumpfwürker, als bewährter meister, und Elias Bayer, Schneider, als vorgesezter. psalm 41 1 vers 26 Wer seinen bruder schmachten sieht in lebensdürftigkeiten, nicht harten sinns die thränen flieht, die seinem aug entgleiten, 5 o wohl dem mann, der um und an trost ist und hülf des armen! des wird sich Gott zur zeit der noth 10 auch gnädiglich erbarmen./ Für ihn mus jedes morgenlicht zum segen sich enthüllen, Gott schüzt und hält ihn, gibt ihn nicht in seiner feinde willen. 15 wirft krankheit ihn aufs siechbett hin und nagt an seinem herzen, Gott eilt herbey und macht ihn frey 20 vom lager seiner schmerzen. Sey mir gnädig, herr, verleih genesung meiner seele! gefehlt hab ich,

88r

herr, wieder dich, 25 verzeih mir meine fehle!

2 Die bosheit meiner feinde spricht: »wenn reissen todeswehen hinweg ihn aus dem Sonnenlicht, wenn wird seyn nam vergehen?«/ 30 da kommen sie und schauen hie umher mit scharfen äugen, wo durch den blik ihr herz voll tük 35 gift, zu verläumden, sauge. All, die in hasse wieder mich zusammen sich verschworen, ersinnen böses fürchterlich, den anschlag in die ohren. 40 ersonnen ist voll arger list das bubenstück, beschlossen: »ha, nimmermehr, ligt er, soll er 45 empor zur sonne sprossen!« Freund, dem sich mein hercz vereint, vertraut dein zu genießen, von meinem brod ich stets dir bot, 50 auch du tritst mich mit füssen./ 3 Herr, deine gnad erhebe mich, das ich mit neuer stärke, mein helfer, unterstüzt durch dich, belohne ihre werke. 55 diß zeuget mir laut, daß ich dir, mein Gott, dir, wohlgefalle, das nimmermehr hoch ob mir her 60 gejauchz des feinds erschalle.

I. Lieder auf biblischer Grundlage

Mein herze fürchtet dich und wählt zu wandten deine pfade, darum stärkt mich, darum erhält mich deine huld und gnade. 65 dein angesicht verhüllt sich nicht vor mir, auf meine wege schaut tag und nacht dein aug und wacht 70 ob mir mit vaterpflege./ Lobt nun des Israels Gott und ehre seinem namen! zu aller zeit in ewigkeit 75 sey Gott gelobet! amen! Anno 1788 den 18. may Das ist meines herzens lust, das ich mich zu Gott bekenne, das ich ihn in meiner brüst, meinen trost und vater nenne, das er mir zur rechten steht, wenn mein mund sein lob erhöht.

89v

3. Neues Testament

17

Wolfhart Spangenberg [2Span/26] Jena Prov. o. 21, 477v-479r Im neuen ton Hans Sachsen Luc. 1 Ma.6 1 Sanct Johannes, welchen die schrifft so klar mit seinem Zunamen nennet den teuffer, derselb ein söhn gewesen ist des pristers Zacharia außerwehlet. 5 sein mutter Elisabeth, wolbetaget, Vnfruchtbar in ihrem eh(e)stand war. ohn kinder lebten sie beide mit ehren, ein engel zu derselben frist thet dem prister Zachariae erscheinen, 10 sprach: »fürcht dich nicht, dein glaub Got wolbehaget. Der hat dich auch erhöret schon, darum wird dein weib Elisabeth eben dir recht gebären einen son, dem soltu den namen Johannis geben, 15 des wirstu haben freud vnd lust. dir sey bewust, das er viel leute werd zu Gott bekehren, dan er wird auch groß sein vor Gott vnd ohne spott

11 schön Hs.

I. Lieder auf biblischer

20 des verheissenen Messiae vorleuffer.« demnach gebar Elisabeth, so alt,/ ein kindt. viel leute das nicht teten meinen, das kindt wuchs vnd ward dergestalt starck im geist, wie solch(e)s Lucas erzehlet 25 am ersten, vnd Marcus am sechsten saget.

Grundlage

478r

2 Im funffzehenden jar, mercket mich recht, des keyserstums Tyberij mit namen, da kam Johannes an Jordan vnd prediget die busse allen leuten. 30 er tauffte sie mit wasser auch darneben Zu Vergebung der sünd alß Gottes knecht. sein kleid, (das) war gemacht von camelharen, ein ledergürtel trug er an, heuschrecken vnd wild honig war sein speiße. 35 von Christo thet er gutte Zeugnis geben, Den tauffte er auch zu der zeit, darbey geschach ein furtreffliches wunder: die heilige dreyfaltigkeitt offenbaret sich daselbsten besunder, 40 der heilig geist erschein alßbaldt, taubents gestalt, vnd thet auf Christum Jesum herabfahren./ Gottvatter rief mit heller stim: »o mensch vernim, 45 das ist mein son, der rechte weibessamen, an deme ich ein wolgefallen hab, den sollet yr hören glaubiger weiße.« Johannes ließ auch gar nicht ab, die lehr von Christo Jesu recht zu deuten, 50 dardurch bracht er viel zum ewigen leben. 3 Bey ihm war kein ansehen der person, er straffet eines jeden böses leben, den könig Herodem er auch (gar) hart straffte vm Herodias willen, 55 die er sein bruder Philippo genommen.

478v

45

3. Neues Testament

Herodes hielt die straff für spott vnd höhn vnd dorfte sich doch nicht öffentlich rechen nach seinem tyrannischen brauch, dan das volck hielt ihn vor ein(en) propheten. 60 doch alß des Herodis jarstag war komen, Da hielt er ein königlich mahl, die tochter Herodiae war zugegen, sie tanzte vor dem tisch im sahl. der könig verhieß von des tanzes wegen,/ 65 das er alles yr geben wolt, allein sie solt nur bitten, das megdlein thet zu ihm sprechen: »ich wil, das du mihr gebest baldt solcher gestalt 70 auff ein schüssel das haubt Johannis eben.« darauff schlug man Johannij das haubt ab. die jünger Johannis zusamen theten den cörper, legten in ein grab vnnd beweineten ihn also in stillen. 75 dis war das ende Johannis, des fromen.

479r

Comp per M. Wolfart Spangenberg

18

Wolf Herold [2Herol/3a] a = Breslau IV Fol 88b/4, S. 925-928

Inn der langen scwerdweiß W. Heroltt das weinachttfest 1 Lucas beschreibet also fein/ an dem andren klerlich die geburd Jesu Christi rein, spricht: es begäbe sich 5 ein gebott zu der zeide, Weitere Überlieferung: b = Dresden M 6, 509r-510r, mit Melodie

926

I. Lieder auf biblischer Grundlage

ausging gar weide vom keiser Augusto lobsame, Das geschez würdt die gancze welltt. das die erst schazung waß, 10 geschah zur zeid, wie der text meltt, als Kirenius sas vnnd in Siria gare landpfleger wäre. vnd jederman auch dahin käme, 15 Auff daß er sich da scheren liß, jeder nach seiner statte, sich macht auch auff Joseph gewis auß Gallilea spatte von Nasarett 20 vnd kam, verstet, herauß wol in das jüdisch lannde, bekannde, in Dauidß stat genn Betleheme, dan er wer auch von dem geschlechtt 25 Dauidis, auff das er dahin auch seine schezung prechtt. mit im kam auch daher sein verdrauettes weibe, schwanger von lejbe, 30 welche his Marja. nachdeme 2 Vnd als sie dahin kamen gar, erfültt wäre die zeid, iren ersten sun sie gebar, den wickeltt sie bereid 35 in windelein, verstete, in legen dette wol in ein krippen an dem ende, Wan sie hett sunst kein räum gemein, eß waren auff dem feltt 40 hirtten bej irer herdt allein,

3. Neues Testament

detten hätten, ich meltt,/ vnnd der engeil des herren erschin von ferren, vnd des herren klarheid behende 45 Vmbleuchtet sie vnnd forchten sich, der enngell zu in spräche: »forcht euch nicht, euch verkünde ich sehr grosse freud hernache, die wird sein rechtt 50 ob allen gschlechtt, dan euch ist der heiland erkoren geboren, welcher Christus genenett iste, dordt in der stat Dauids geschwind. 55 euch habtt zum zeichen, das ir da werdet finden das kind in windelein dermas eingewikeltt darneben, liget gar eben 60 in einer kripen zu der friste.« 3 Bej dem engell gehöret was die himlische herschar, lobtten Gott vnd sprachen furbas: »in der höh imerdar 65 sej Gott ewiklich ehre, lob, preis fort mehre vnnd fride auff der ganzen erdenn, Den menschen ein wolgefallenn.« darnach die engell fronn 70 schnell hinauff gen himell furenn. alsbaltt die hirtten schon sprachen: »last vns nachdeme gen Betleheme vnd schauen, was vns kund det werden.«

SO geschlechtt a

66 lob vnd preis imer mehre a

48

I. Lieder auf biblischer Grundlage

75 Nachdem funden sie Marja, den Joseph vnd das kinde, auch ligen in der kripen da./ solchs deten sie geschwinde ausbreiten fordt 80 an alle ordt. wer das hordt, wundert sich on scherzen, im herzen thet Marja die wordt bewegenn. darnach die hirtten kertten vmb, 85 sagten Gott lob vnd preis, das sie erkendt heten Christum, darum, o mensch, mit fleis Christo, dem herren reine, sag lob alleine, 90 durch in han wir ebigen segen.

928

1574 W. Herolt

19

Georg Hager [2HaG/543] Göttweig 1034,106r-107r 24 In Georgen Hagers spiczigen trinckschuchweis das euangelium am sontag post trinitatis 1 Seit still vnnd nemet wäre, Mattheus schreibet clare am zwajvnndzwainczigsten, wie da giengen mit synne 5 die Phariseer hine vnnd hielten einen rath,

Am Ende-, anno 74 decembris Wolffgang .

(Rest unleserlich) b

49

3. Neues Testament

Wie sie fiengen im leben Christum in der red eben, berueffen, thut verstehn, 10 ir junger, senndens schlechte, darzue Herodes knechte, die sprachen zu ihm spat: »Maister, wir wissen feine, vnd das du bist alleine 15 warhafftig vnnd lehrst reine den weg Gottes gar frej. vnnd dw fragst nach niemande,/ du achtest nicht im lannde das ansehen zuhannde 20 der menschen, wie das sej. darumb thue vnns balt sagen, was wir dich hie thuen fragen: ists recht, das man mit clagen den zins gebe herbej 2 25 Dem kaiser da gerichte oder sol mans thuen nichte?« da Jhesus mercket frej ire list vnnd schalckheite, sprach er zw in die zeite: 30 »ir schälck vnnd heuchler, was Versucht ir mich hieneben? weist mir on widerstreben die zinsmüncz!« vnnd darbej weisten sie im hernache 35 ein groschen, vnnd er spräche zw innen solchermaß: »Wes ist darauf das bilde vnnd die vberschrifft milde?« sie sprachen zu im wilde: 40 »des kajsers da fürwar.« zuhannd er sagen gunde: »so gebet zu der stunde alda dem kajser runde, was des kajsers ist zwar

106v

50

1. Lieder auf biblischer

Grundlage

45 vnnd gebt auch Gott so feine, was Gottes ist alleine.« da sie das hörten reine, nam sie es wunder gar,

3 Vnnd Hessen in allsannde, 50 giengen daruon zuhande. der text enndt sich, hiebej werden vergleichet feine all heuchler, die noch seine vnd mit vnns stallen nicht, 55 Die theuten das wort eben annders, denns Gott hat geben, wo sie hören gar frej von eim prediger schlechte, das doch sein lehr ist rechte, 60 da kommen sie gericht Mit arglisstigen fragen, hören, was er thue sagen, ob sie in in den tagen fiengen in seiner redt. 65 wenn sie antworten forte gar rain aus Gottes worte, das sie sich an dem orte erwundren an der stet, müessen abtreten gare 70 mit spot. o herr, gib dare dein geist, der vnns beware vnnd allezeit vertret! Zu Nürnberg vorgemelts Georg Hagers aigen composition vnnd gedieht anno 15

61 fragen] worten Hs.

107r

51

3. Neues Testament

20

Valentin Voigt [2Voi/102] Jena El Fol 100, 218v-220v In der radtweis ader jarweis Libans von Gengen euangelium am ersten sontage in der fasten

Anno salutis 1539 am 24 Marcy

1 Am Vierden Mathei (da) steth, das Jesus warth auch vone dem geist geführt so frone in die wustung zcur farth, 5 auf das er von dem tewffel schnell vorsuchet wurt so hart. Vierczig tagk, virzcig nacht er het gefastet also schone, gunth ym zw hungren done. 10 zw ym auß böser arth der tewffel trath vnd sprach gar hell zw dem herren so zcart: »Bistu der söhn Gottes so reyn, so sprich zw dißer zceite, 15 das zw broth werden dieße steyn, sunst Got von dir ist weite.« Christus antwerth mit streite: »der mensch lebt nicht alfrist vom broth, sunder von Gottes worth 20 alzceit, gewiß es ist.« 2 Nw mergket hie auch alle gleich,/ der tewffel nicht zcur friste zw Christo komen iste in eyns tewffels gestalt, 25 sunder als eyn heiliger man mit wergken mannichfalt,

219r

I. Lieder auf biblischer

Grundlage

Als auch gewest seynt stetigleich bey Christo in der wiste. mit solchem trug vnd liste 30 der tewffel kam gar balt zw Christo, dem herren, lobsan, vorsucht yn mit gewalt. Mit solcher list der tewffel noch vns alle thut betrigen, 35 mit sorg des bauchs vnd narung doch, mit falschem scheyn thut ligen. nymants ym kan entpfligen. fürth vns awf solchen orth, das wir dürch sorg vnd auch den geicz 40 vorliren Gottes worth. 3 Auch führt der tewffel Christum balt in die Stadt, auf die zcynne des tempels, sprach mit synne: »bistu nu Gottes söhn, 45 so laß dich auch hynnab zw thal. es steth geschrieben schon, Got werdt seyn englein mannichfalt gepieten auch hirjnne stetz mit grossem gewynne, 50 das deyne fusse nohn sich werden auch nicht zw dem mahl am steyn vorletzen thon.« Do sprach Jesus Christus zw ym: »auch steth geschrieben zcarte, 55 dw solt Got, deyn herren, vornym, nicht vorsuchen so harte.« der tewffel zw der farthe hat nicht tewffels figur, sunder wie eyn engel erscheyn,/ 60 Christo zw helffen nur.

219v

53

3. Neues Testament

4 Solch kunst vnd list der tewffel kan gebrauchen alle stunde im falschen scheyn vnd gründe, das er vns gar balt hat 65 geführet von dem rechten wegk, Goth zu uorsuchen drath. Zcum engel des lichts lobesan sich machen kan gesunde, biß das ers breng zw bunde 70 seyn kunst vnd list, vorstath. so müssen wir auf rechtem stegk bleiben gancz, frw vnd spath, Das er vns nicht vorfelschen thw die schrift, Gots worth so reyne, 75 durch falsche lehrer spath vnd frw in falschem scheyn, ich meyne, sunder bleiben alleyne steth bey dem ciarenn worth, wie vns Sanct Paul vormanth gancz trew 80 clerlich an eynem orth. 5 Wider der tewffel fürth Christum auf einen pergk hoch dare, zceigt ym der weit reich gare, dorzw al herligkeit. 85 sprach: »wil dir geben dises all, doch mit solchem bescheit, So dw nyderfellest dorvm vnd bettest mich an zcware alhie gancz offinbare.« 90 Christus sprach gancz bereith: »heb dich, tewffel! in diesem fall anbeth dein Got allzceit.«

(Î solich Hs.

I. Lieder auf biblischer

Hie kumpt der tewffel, wie ich melt, nicht in seyner gestalte, 95 sunder wie eyn Got diser weit mith reichtumb, craft, gewalte, das er Christum behalte/ auf eynem falschen wohn vnd reisse yn vom rechten Got 100 wol awß des vaters tron. 6 Also der tewffel spilt iczundt mit craft, reichtumb, gewalte, das er vns auch behalte, in seynem reich bewart. 105 gibt vns reichtumb, gewalt vnd ehr vnd brengt vns zw der farth Von gotlichem worth zw der stundt, das vnser glaub erkalte, vnd vorachten manchfalte 110 Gots worth auß böser arth vnd wollen nicht noch Christus lehr vorlasßen also zcart. Wer hawß vnd hoff vnd al seyn guth, vater, mutter, freuntschaffte, 115 auch weip vnd kinth mit freyem muth mehr liebt vnd helt in haffte, die nicht vorlest mit crafte vmb Gottes willen feyn vnd lest seyn leben nicht alfrist, 120 muß sehn ewige peyn. 7 Wie nu dreyerley lewte seynt, die do alzceut thun leben dem fleisch, weit, tewffel eben, mith wollust eitel sehr, 125 mit reichtumb vnd vnglauben hart, also seynt, hart vnd schwer, Dreyerley vorsuchung erscheint tuth der tewffel auch geben

Grundlage

220r

3. Neues Testament

55

Christo auch widerstreben - , 130 welche mit rechter lehr, dem gotlichen worth, Christus zcart vberwinth on gefehr. So vns auch nu der tewffel thut gleicher gestalt vorsuchen, 135 so sol wir stecz halten in huth/ Gots worth, yn gantz vorfluchen, dem tewffel nicht geruchen, sunder gleuben awß grunth, das yn Christus vor vns auch hat 140 vberwunden alstundt.

220v

21

Georg Hager [ 2 HaG/14] Nürnberg Will III 782, S. 203-205 Im langen ton Linhartt Nunenbecken der Cornelius 1 Lu- caß beschreibet eben in der apostelgeschichtt also frej, im zehenden capittel klar: ein man, der war 5 auch dortte zu Cesarien an verdrus, Cornelius hieß er, war ein hauptman mit name. Der war in seinem leben 10 gottsförchtig, gab vil almosen darbej. er sach im gesichtt ein engel, der sprach gar schnei die worte:/ »dein almosen ist ohne spott 15 kumen für Gott mitsambt deinem gebett lobsame.

204

56

I. Lieder auf biblischer Grundlage

Darumb send gehn Joppen vnd las fodren Simon, der Petrus ist genande, welcher zu herberg ist fürbas 20 bey Simon, eim gerber am meer zuhande, derselbig wird dir sagen hei, waß du solt thon an hindernus.« er fodert schlecht zu im 3 knecht, 25 send sie gehn Joppen recht. Gottes geist sprach zu Petro zwar: »drey menner suchen dich mit nott.« zu in stig Petrus hinab, sie alsande, an bschwer, erzehltens im die gschicht an schäme. 2 30 Vnd am anderen tage zog Pettruß auß mit ihnen an der stat, kamen gehn Cesarien ie. da ward auff sie die zeitte 35 Cornelius vnd die freund sein, als Pettrus einging, da fiel Cornelius balte Do dem Pettro an klage zu seinen füessen, vnd Petrus so drat 40 hub in auff von der erd mit nam. gingen alsam bereitte in das haus, vnd Petrus darbej, der thet auff frej 45 seinen mund vnd sprach solcher gstalte: »Nun erfahr ich hie an dem ortt, das Gott nicht ansieht die person auf erde, sonder, wer in förchtet hinfort, die nimbt er an aus allen völekren werde. 50 ir wist, das Gott gsand hat lobsam da dem volck Israel gemein Gotteß wort klar,

29 beschwer Hs.

57

3. Neues Testament

vnd das fürwar durch Jesum Christum gar/ 55 dem menschen sind vergeben hie auff erd die sind, wie groß die sey. rund habens Jesum gedött mit beschwerde also an einem creutz gar mit gewalde. 3 Seht, den hat Gott gar eben 60 widerumb aufferweckt am dritten tag von den toden, vnd ist darbej erschienen fre j auff erde nichtt allem volck hie in gemein, 65 sonder allein vnß, die wir zeugen sind alsamen, Die wir mit im im leben gessen vnd getrunken haben an klag, nachdem er aufferstund vom tod, 70 er vns gebott so werde, zu bredigen dem volck fürwar, das er ist gar von Gott verordnet da mit namen 75 Ein richtter zu ewiger zeitt der lebentigen vnd toden hinfortte. von dem all prophetten bereitt zeugen, das durch seinen namen sind dorte all sind vergeben ohne spott.« 80 eh Petrus end die predig sein, da fiel gebreist der heilig geist bald herab allermeist auff dise menschen allerlej, 85 die das wort Gottes hören klar recht, o Gott, erhalt vns bej deinem wortte alhie, daß wir dich dort all preisen! amen. 1597 den 4 maj d G. Hager

205

I. Lieder auf biblischer Grundlage

58 22

Adam Puschman [2Pus/37a] a = Straßburg Archives ser V 154/3, 20r-25v, mit Melodie

Inn der vberlangen vogelweis Adam Puschmans hat 100 reimen oder verse das neue Jerusalem apoca: 21 vn 22 der 1 stoll dieses gesezzes

5

10

15

20

1 Hört in Offenbarung das einvndzwanzichst treu sagt vom neuen Jerusalem, spricht Johannis: vnd ich sähe einen neuen himel vnd ein neu ert, den der erst himel, ert verging/ 20v vnd das meer ist fürbas nit mer erkent. vnd ich, Johannis, schauet an die heylige stat vnbekant, das neue Jerusalem blos, aus dem himel faren herab wie ein geschmückt braut ihrem man in not. vnd ich hört von dem stul ein stim: »schau, ein hütte Gottes beim menschen ist! vnd Gott wirt selber bey im wonen je vnd wirt selber sein ihr Gott reich./ 21r vnd Gott wirt abwaschen ir trenen bal vor irn äugen, es wirt nicht mer sein der tot, noch leid, noch geschrey vnd wirt fort kein schmerzen mer bey ihn sein gemein rundt; vndt das erste weh vnd tot ist vergangen forthin.«

Weitere Überlieferung: b = Breslau StB 1009, 233r, mit Melodie, verschollen, vgl. dazu E. Bohn, Die musikalischen Handschriften des 16. und 17. Jahrhunderts in der Stadtbibliothek zu Breslau. Breslau 1890, S. 375-420, Nr. 121; c = Dresden M 6, 481r-484v, mit Melodie; d = Nürnberg Will III 784, 373r-376v Überschrift: Über dem 2. Stollen der 2 stoll dieses gesezzes; über dem Abgesang das abgesang dieses gesezzes IS iren a, ihr c

59

3. Neues Testament

Vnd der auff dem stul sas, sprach: »ich machs al(e)s neu!« vnd er sprach zu mir: »schreib bekem fürwar als dis, 25 den warhafftig sint alle die wort hei!« sprach weiter wert: »es ist gesehen, ich bien der ding das a vnd o, der anfang vnd das ent. ich wil dem dursting geben than 30 von dem brun des lebens genant, des wassers er vmbsunst genos. wer vberwindet in der gab, der wirt als ererben, ich bien sein Gott, vnd er wirt mein son sein ohn grim./ 35 aber den verzagten vngleubing wist, greulich tottschlegern vnd abgöttisch, die hurer vnd zauberer zugleich, auch aller verlogner leut grose zal, ir teil wirt sein verirt 40 in dem hellsehen feurigen pfui, darbey mit feuer vnd schwefel brennen, gar nicht gericht. do so enndet sich des andern todes we mit beschwer.« Her- kam der sieben engl einer zu mire, welche ir schalen vol hetten mit zire, 45 der rett mit mir vnd sprach: »kum her mit zire, ich wiel dir die braut des lambs zeigen.« fürt mich auff ein hohen bergneygen vnd zeigt mir die grose stat eygen, das heylig Jerusalem schone,/ 50 kam von Gott aus des himelstrone, vnd Gottes herrlikeit tat leuchten wie der hell jaspis, tut mich deuchten. die stat het starck vnd hohe mauren vnd zwelff tor, drauf waren ohn trauren 55 zwelff engel vnd auch darzu 12 namen geschriben, die sint des volcks Israel zwelf geschlechte, vom morgen sint drei thore, von mitternacht vnd mitag sechs tor rechte, drey tor von abents gspore.

22 als a, alls new vnd licht c

4t feuring a

tl mich] mit a

21v

22r

60

I. Lieder auf biblischer

Grundlage

60 vnd die mauer hat zwelf gründe zusamgetriben,/ das sint der zwelff apostel nam des lames zames. der mit mir rett, hat ein masstabror, war gülden, das er die stat vnd mauren solt ausmessen gesessen. 65 vnd die stad war vierecket vnd so lang als breite, do mas der Engel die gros vnd lang stat ohn scheu zwelfftausent feit wegs angenem. auch ist gleich dis dieser stat lenge vnd breite gar schnei. 70 vnd er mahs hert der mauren breite, die vmbfing hundertviervndvirzig elen behent, wie sie ein mensch den messen kan. der bau der mauren war allsant 75 von jaspis, vnd diese stat gros war von golt, wie hell glas, vorab der grünt der stat vnd mauren war ohn spot von viel edlen gstein(en), vernim:/

22v

23r

der erst grünt war ein jaspis zu der frist, 80 der ander ein saphir, der drit ist hie ein callcedonier kostleich, der viert ein schmaragt, der fünfft war dismal ein sardonich geziert, der sechst sardis, der sieben crisolt frey, 85 der acht beril, der neunt topasir melt, zende war klar crisophras, delft hyacint, zwelfft ametist bas. 2 Vnd die zwelff thor waren (von) 12 perlen (gar) hei, den jedes tor ein perlen war. aber höret, 90 der statt gössen waren von lauter gold vnd leuchten licht als ein klar durchschimertes glas.

il/62 Zu lames/zames am Rand: klingender Schlagreim 62 Am Rand: blos reim 65 Am Rand: des tones korn 66 Über diesem Vers der ganze stoll kompt wider in der melodie; der Rest des Abgesangs, wie der 2. Stollen, ohne Melodienotierung 67 weges gemein a T1 war] vor a TS gstein a, steinen d 85 Nach dem Reimschema müßten melt und das folgende Wort reimen 81 von, gar fehlen ad 90 die gassen der stat waren von lautres [lautrem c] golt a c

3. Neues Testament

61

vnd ich sähe keinen tempel darin, wan der herr, der almechtig Gott, 95 ist selbs der tempel vnd das lamb. vnd die stat darff kein(e)s monds nit noch sonnen, die scheinen der stat, den sie erleicht Gottes herlikeit heut vnd das lamb hie ir leuchte ist. 100 vnd die heyden, die selig werden dort, die wandeln in dem selbing licht ewig, vnd die konige auf der erd, die bringen darein ir herlikeit frisch, da wirt sein keine nacht, 105 ir tor ist steth offen, dardurch gehn wirt kein gemeines, kein greulichs noch luegnern, sondern al- mal, die geschrieben sin(d) im lebendigen buch hie.

110

115

120

125

Weiter sagt das zweyvndzwanzigist capitel: vnd er zeigt mir einen ström klar, der wasser het des lebens lauter wie ein christall holt./ 23v der flos gericht von Gottes stul vnd lamb fürbas recht mitten auf iren gassen dahien. vnd auf beyden Seiten zur not des stromes stunt viel holz wunsam des lebens. dis holz trug hiemit zwifeltig fruchte all monat. die bletter des holz erleuchten mit freut alle heiden zu aller frist. drin wirt kein verbantes mer sein hinfort, der stul Gotes lambs wirt da sein mit sig, vnd sein knechte dienen im wert vnd sehen auff sein angesicht himlisch. vnd sein nam wirt geacht geschrieben an iren Stirnen gezirt. da wirt kein nacht, noch leucht, noch sonnen schein mer sein, den, wen Gott erleucht vnd regirt, als ewig wert vnd fer.

95 selber a 96 keins a, keiner sone d 194 nacht] macht a, ruh die nacht d 197 sin a 127 nacht] macht a, da wirt leuchten kein man noch sonnenschein c

62

I. Lieder auf biblischer

Grundlage

Er sprach weiter: »diese wort warhafft sinde, 130 den der herr der heylig propheten linde hat mich, sein engel, hergesant geschwinde, seinen knechten zu sagen balde, was geschehen mus dergestalde. sihe, ich kum bald manigfalte, 135 selig ist der, so halten thutte die wort nach der Weissagung gutte, die in disem buch sint geschehen.« vnd ich hab solchs ghört vnd gesehen vnd da ich solches sach vnd höret, 140 fiel vor dem engel ich bethöret vnd wolt ihn anbeten, weil er mir tet anzeigen, da sprach er zu mir: »du solt das nicht tane, den ich bien dein mittknechte vnd der propheten. drumb bete Gott ane, 145 er alein ist gerechte.« vnd er sprach zu mir: »versigele noch nicht eygen/ dise wort vnd Weissagung in dem buche suche, welch mensch böse ist, der sey imerhin böse, vnd wer vnrein ist, der sey vnrein imer, 150 verwimer, aber wer frum vnd heilig ist, sey frum alzeite. vnd ich kume balt vnd nim mit mir den Ion schnei, zu Ionen ein(em) jedem bar, nachdem er stet 155 mit wercken verdienet, wirt im sein solt nach seiner pflicht. ich bien das a vnd o ohn has, der anfang vnd das ent nach meinem sihn, der erste vnd der lezt ohn spot. 160 drumb, wer helt die gebott mit nam Gottes, der wirt selig in fried durch die macht, welche das holz hat des kreuzes Christi, dardurch alle leut eingehn ins ewig leben, wist,

134 da kam ich balt vnd sagts mannichfalde a c 147/148 Zu buche/suche am Rand: No: kling, schlagreim 148 welch mensch] welcher mensch a, wer d\ am Rand: blos reim 151 Am Rand: das korn 153 ein a 163 leut] lant a, deß lebens vnd zu den thoren vertrau d

24r

63

3. Neues Testament

165 das ist alein diese stat vnd ir pfort. aber die falschen hunt eygensinnig, als zaubrer vnd hurer verkert, auch die todschleger vnd die abtrinnisch, vnd wer nur auff ligen hie tracht 170 vnd sie liebhaben vnd treiben verirt, der keiner kumpt in diese stat herleich, zugleich sint kint des teufels in seim hellischen pfui ewiklich.« 3 Hiemit beschleust Johan die Offenbarung sein, welche Christus selber erklert, 175 weil er selbs spricht: »ich, Jesus, hab gesent meinen engel,/ 24v solches euch an- zuzeigen in meim nam«, er melt. »ich bien die wurzel könig Dauidis, 180 ein hell morgenstern vberal, ich bien die braut vnd auch der geist, wer es hört, der Sprech mit mir: kum! vnd wen dürstet, der kum zu mir vnd trinck vmbsunst des lebens wasser frei. 185 ich bezeuge aber all wort der Weissagung, so sint in diesem buch.

Dieser text darf sunders keiner auslegung nit, den er erklert sich selber gnug. doch merckt ettwas: das neu vnd schone gros Jerusalem bedeutt all stunt das rein, klar, lauter gotteswortt. das hatt vns der ewige Gott gesant von himel durch Jesum Christum, der ist das lam vnd auch die brautt, der hie trug die sünd aller weit, der sizt auf dem stul Gottes, secht, der hub auff das alte gesez behent vnd bracht das euangelion, das ist das neu Jerusalem, drumb hatt

170 verirst a 3. Strophe: c- und d-Überlieferung weichen wesentlich ab von der a-Überlieferung. Parallelabdruck rechts folgt der c-Überlieferung 17S Der Vers korrespondiert nach dem Reim173 sunderlich c Schema mit den Versen 196 und 240

Der

64

I. Lieder auf biblischer Grundlage

wer von oder zu dem buch was wirt thun, auff den Gott diese plag schikket, die in diesem buch hie geschrieben sint, 190 also wird Gott ir teil abthun vom buch des lebens vnd der stat vnd von dem, das darin geschriben ist all frist.« derr herr, so solchs zeugt, ist Jesus, kumpt balt, amen, in fried.

er alles renouirt vnd neu gemacht, darumb ist er das a vnd o,

Alhie mercken wir aus dem text vier leren fein: 195 erstlich der text vns klar bewert die ewig freut vnd selikeit der auserwelten hei,

Der hie alle seine Christen trenck(e)t in fried mitt lebendigem wasser klug seins bluttes, das er vergos an des creuzes stam, nachdem er wart verwunt für alle arme sünder fortt.

welche kein man aussprechen kan auff dieser weit. 200 kein ohr hats auch gehört, sagt Paulus gwis. dergleichen auch die pein vnd gwal der verdampten, die hell, beweist, welche leben gleich toll vnd thum ir gottlos leben vnd begir, 205 verachten Gotes wort in Schwärmerei,

den allen wirt pelonet dort, wie anzeigt dieser text, darin es such. 201 die gros pein a 204 ir] in a 205 Verachtung a

der anfang vnd das ende, den er war im anfang der Schaffung des himels vnd der erden auch bey Gott, dem ewing vater, vnd dem heyling geist, beweist sein rein allemacht vnd bleibt auch in ewikeit fort mehr,

dargegen werden gottlose genant, vnd falsche Christen in der sum, all abgöttische, hie anschautt, welch Gottes wortt, hie recht erzelt, wollen hie vnterdrucken schlecht vnd das nicht annemen vor ihrem ent, nemlichs neu Jerusalem fron, die werden alle geworffen gar spatt 2S3 welche c

65

3. Neues Testament

zu dem andren merckt aus diesem text nun: der engel wol nit angebet 210 sein, das ist ein krefftig argument gschwint,/ kein heyligen zum heil anzubeten nach des babst(es) mandat. der engel spricht: »du solt anbeten Gott in nott. sich, ich bien nur der heyling vnd propheten mitknecht je.« 215 Die drit 1er im zweyvndzwanzing capitel sagt: Gott, der herr, der wiel haben ohn mittel, das man sein wort in der biblien tittel nicht sol verbergen noch verstecken, wan es thut die gleubing erkekken, 220 aber die gottlosen erschrecken, das sie absten von iren Sünden. alsden thuts ihn genad verkünden, den Christus wiel sein reich han gmeret vnd nicht gemindert, die schrifft leret. 225 den durch Gottes wort Offenbarung wirt zerstöret die arg erfarung,

in den ewigen heischen pfui, betracht, da sie all müssen brennen do in Schwefel vnd hellischem feuer gar 25r arm vnd reich, alt vnd jung, das ist das ander weh vnd ander tott der gottlosen vnd der verdampfen all. hört ball Nu zu, was aus diesem text noch mehr zu lernen sey jhe: Die gros vnd schön liebliche stad mitt gschelle, vnd der breite, starcke grünt der stad schnelle von herrlichen, edlen gesteinen helle bedeut das herrlich himelreiche, drin ist wunn vnd freud ewigkleiche, die gar kein zung ausspricht warleiche. da weder sonn noch mond wirt leuchten oder was viel kazzer bedeuchten, sondern Gottes schön helle klarheit, vnd auch der drejfaltikeit warheit, die wirt alles erleuchten eben, alles, was thutt leben vnd schweben,

215 gescheite c 228 die kein zung aussprechen kan warleiche c 221 weder] wieder c

66 die anschleg des babst vnd aller secten vnd rotten, die wieder Christum vnd sein wort thun streben vnd Christum nicht recht kennen. 230 zum vierten sollen wir mercken darneben, das Johannes thutt nennen, zu dieser Weissagung sol man alhie mit spotten nichts darzu noch darvon was thun mit spizzen wizzen, ist nit alein auf diese Weissagung deutet, 235 sondern sie betrifft die ganz heylig schriffte gestiffte, so begriffen ist in der ganz biblien weite, wie den Deuteronomi sagt am vierten rein: alles, was ich befehl auff ert 240 vnd euch gebeut, das solt ir alles halten vnd thun schnei, auff das ir dan darnach thut vnd lebt in der weit. ir solt nichts darvon vnd zu thun, das Iis./ 245 drumb beschleust Johannis dismal: alles, was dieses buch ausweist, die ganz heylig schrifft vmb vnd vmb,

234 am Rand: blos reim 233,2)4 zu spizzen/wizzen am Rand: No: klingender schlagreim 237 ganzen a\ am Rand: das korn 239 befehle a ffl ganze a

I. Lieder auf biblischer

Grundlage

wie solches erklert das zweyvndzwanzigst capittel. vnd der hell, klar, christallen wasserstrome deß lebens bedeut eygen das rein vnd lauter Gotteswort mit name, thut das blutt Christi zeygen, welches das vnschultige lam Gottes ohn mittel, Christus, für all arme sünder lies schissen, gnissen, als er vnschuldig wart geschlacht an dem creuze. darumb thutt solches beteuren der engel ohn mengel, das all die wortt warhafftig sein in ewikeitte. (welch) wort (die) sacramentirer vnd schwermer mit ihrem schwärm, vberwiz, vnfug nicht kunn fürbas ausleschen oder vertilgen bekwem, den hie stet runt, dise wortt sint warhafftig dortt. das aber der engel nicht wil zuhant, 25 v das jmandes ihn sol darumb

anbeten, sondern Gott, er melt,

229 das c 246 fehlt c, jedoch keine Textlücke

67

3. Neues Testament

ist alles Gottes wort mit zu, vnd ist gar gewis vnd war allerley. 250 drum bezeugt ers an diesem ort mit Jesu Christo selbs, welcher sprichte: »ich, Jesus Christus, warer Gottes sun, bezeuge dis vnd selber ret vnd sende euch hie meinen engel lint, 255 euchs zu sagen in eil.« o herr Jesu, kum zu vns fru vnd spat vnd sende auch zu vns dein engel gleich, geistreich o so, der vns für ins ewig Jerusalem, amen! Anno 80 febru: 6 Ad;

250 251 der Am

diesen a der sprich a; nach dem Reimschema müßte Vers mit 186 und 207 reimen Ende: Anno Christi 1579 adj 24 noumber

das ist (gar) ein beweislich argument, das man die heyligen schon gar nicht anbeten sol an Gottes Stadt vnd Gott also enzihn sein ehr vnd macht, darumb beschleust Johannes so: wer frumb wil sein, der sey frum imerdar, vnd welchen alhie drung die bosheit, der sey imer bös in nott, den jeder entpfecht sein Ion nach seim werck. ach sterck nun, sun Gottes, vns in deim newen Jerusalem fort. Puschman ticht

248 fehlt c, jedoch keine Textlücke 258 vns suns Jesu Christ in deim neu Jerusalem fortt meh c hts Adam Puschman d

II. Geistliche Lieder

1. Kirchliche Feste

23

Andreas Reinthaler [2ReinA/12] Nürnberg Will III 782, S. 735-738 In der frölichen hermelweis Hans Settelmair ein anfangruff 1 O christlichs hertz, betrachte recht, mit andacht also vnd nicht spöttlich verachte, deß almechtigen Gottes huld vnd treu,/ 5 die er auffs neu dir mitgetheillet hat in seinem vilgeliebten söhn. Ja, der ist vns geboren zum heil von Maria, 10 der jungfrau außerkoren, zu Betlehem in groser armutt zwar, jedoch so war er mechtig von der that vnd die einig hilft auß Zion. 15 Dan er ist mit dem vatter sein ewiklich fein in gleicher krafft vnd ehr im wessen, daher seine almacht vnd krafft vns bracht warhafft, 20 daß wir in im ewig genessen. be- langtt nun sein menschwerdung, so hat dieselb, versteh,

736

72

II. Geistliche Lieder

uns der grasen beschwerdung der sünden befreitt, in welcher mit nott 25 wir lagen tod vnd dorfften frü vnd spat derwegen nicht für Gottes thron. 2 Dan die erfüllung köstlich deß gesetzeß etwan, 30 auch die Stillung hochtröstlich deß zorns vnd straff Gottes von Adam her warde zu schwer dem menschlichen g(e)schlecht zu verrichten auß eigner krafft. 35 Dar- umb ist herabkumen daß göttliche wort klar, sich vnser angenum(en), ist fleisch worden, jedoch ohne sünd, rein, als ein kneblein 40 sich am achten tag recht auch lassen beschneiden warhafft Vnd sich gantz frejwilliklich doch/ vnder daß joch deß gesetzes dahingegeben, 45 daßselbig mit seim theuren blut vnd verdinst gut gantz volkümlich erfüllet eben vnd vns, die ohn hilff lagen zu derselbigen stund 50 vnder dem gsez mit klagen, erlöst vnd frej gemacht, das wir verpflicht sein blieben nicht dessen eigene knecht, sonder empfangen die kindschafft. , 3 55 Wie Paulus solchs erzehlet in dem vierten an die Galater ausserwehlet vnd vermand sie ferner auffs allerbest, zu bleiben fest

737

1. Kirchliche Feste

11

60 in aller angst vnd nott in der frejheitt Christi Jesu, Weil darinnen alleine stet vnser ewigs heil, so sol vns ingeheime 65 folgen Sanct Paulj lehr heitt im eingang vnd zum anfang des neuen jars ohn spott. vnd also ein Christ sprechen thu: O herr, sey vnser ingedenck, 70 genedig schenck vns ein fridsames neues jare, beschlis das mit eim gutten end. von vns abwend alle trübsal, angst vnd gefare. 75 er- halt vor allen dingen bey vns dein wortt, dan der/ feind wil vns das abtringen, vnd deim armen heufflein gnedig beysteh in angst vnd weh, 80 biß wir durch nott vnd tod dringen zu der seligen ru. d. Andreas Reintaler 1630

738

74

II. Geistliche Lieder

24

Ambrosius Metzger [2Met/137a] a = Nürnberg Will III 783,135v-136v

In der fetten taxweis h. m. Ambrosi Metzger ein neuejarwünschung 1 Aus lieb vnd in vertrauen besteig ich disen singstul gleich, zu wünschen herrn vnd frauen, gsellen, jungfrauen, arm vnd reich 5 ein neueß jar erlessen, wie nach altem gebrauch fürwar am neuen jar lang zeitt vblich gewessen. Anfangs wil ich mich wenden 10 zu diser policey gemein: wünsch, das Gott an den enden mit seinem frid bey der wöl sein, vnd das er wöl abdreiben vnfried, krieg, teurung, pestilenz 15 von diser grenz vnd er schutzherr wöl bleiben. Auch wünsch ich denen, so fürstehen dem wort Gottes, einen haußhan. dan, gleich wie derselbig mit krehen 20 daß gwitter vnd den tag zeigtt an, also ein lehrer jederzeitt nach deß wortts recht vnd glegenheitt soll den bössen anzeigen der vbertrettung schwere sünd, 25 vnd daß er auch ohn schweigen/ denselben Gottes straff ankünd, wo dise nicht ablassen von irer vnthat gantz verucht

Weitere Überlieferung: b = Weimar Fol 421/23, 3r-4r

136r

75

1. Kirchliche Feste

vnd der bußfrucht 30 mit glauben sich anmassen.

2 Der obrigkeitt, so wehret mit straff der vngerechtigkeitt, soll von mir sein verehrett ein pelican in sonderheitt. 35 dan wie der an verdrissen zu erhaltung der jungen gutt heuffig sein blut auß liebe thut vergissen, Also sol gleichermassen 40 die obrigkeitt gesinnet sein, in zeitt der nott auch lassen ir leib vnd gutt für die gemein vnd führen ohnverletzett konnig Alphonsi symbolum: 45 für mein volck frumb vnd recht ich mein leib setzet. Den haußvättren ich die ammeisen verehren wil zu einer gab, die einzusamblen sich befleisen, 50 auff daß sie darnach künfftig hab: also ein haußvatter mit raht sol sparen, das er alzeitt hatt. frauen vnd auch jungfrauen den Schnecken ich verehren will, 55 das in dem hauß ohn grauen sich die halten züchtig vnd still, den kindren thu ich schencken den storch, das sie, wie diser thut, ihr eltren gutt, 60 im alter gleichfals trencken. 3 Deß vatterlandes vatter, herren pfleger diser gemein,

32 der straff mit vngerechtigkeitt a

Si sein a

II. Geistliche

so der künsten wolthater vnd forderer des worttes rein, 65 den wolle Jesuß geben, das neugeborne kleine kind, das sanfft vnd lind er hie vnd dort mög leben./ Er wöl im auch erneuen 70 seins alter(s) jar mit langer frist vnd in mit dem erfreuen, so hie vnd dort annemlich ist. er wöl in auch regiren mit des heiligen geists genad, 75 daß er in that daß recht thu exequiren. Diseß stiffts ehrenvester pfleger, so ein fürderer vnsrer kunst, wünsch ich entlich, daß auf sein leger 80 im Gott thu mittheillen die gunst, das er im lindre seinen schmertz, so in dotteßnott fühlt das hertz, vnd das er werd eingführet in den ewigen freudensal, 85 da die fromen nicht bhrüret kein einige pein oder qual. das diß in Christi namen vns mittheilen wöl der Hb Gott, die gantze rott 90 mit mir sol sprechen amen. 1 januarj 1625 h. A. Mezger

Lieder

136v

77

1. Kirchliche Feste

25

Hans Sachs [2S/76b] b = Augsburg 4° Cod Aug 218, 27r-27v

Ein betrachtung über den passion in des Hans Sachsen seligen kurtzen thon vnd durch in gedieht der erst hört

1 Geh auß, du andechtige seele mein, vnd tröste den treuen liebhaber dein, der ligt traurig in des Ölberges garten Vnd thut betrachten sein zuekünfftig pein, 5 vnser sünd ligen auf dem ruggen sein, vnd ist alda seiner todfeind erwarten. Wie ist der guet so vngemuet! Schau, wie sein angsicht im erbleichen thuet, 10 sich, wie sein gantzer leib bidem vnd zitter, schau, wie durst er vor ängstiglicher hitz, sich, wie vor angst bluetigen schweiß er schwitz, wie forchtsam ist worden der küne ritter. 2 Schau, wie erschröcklich kumb der juden schar, 15 sich, wie gütig geth er entgegen dar, wie freundlich beut er sein mund den vnwerten. Schau, wie sy fachen dein liebhaber gar vnbarmhertziglichen bey seinem har, vnder sich nider werffen auf der erden.

Weitere Überlieferung: a = Zwickau MG 1, 33, verloren; c = Dresden M 8a, 119rv, teilweise unleserlich; d = Ulm StM L 5851, 68rv 1 gehe b

78

IL Geistliche Lieder

20 Greulicher stimm zornig vnd grimm sy in sein wunnsam angsicht treten im. wie überhart auf seiner brüst sy knien, sich, wie man im sein hend bind auf den rugk, 25 wie vnverschont man in wider aufzugk. schau, wie sein jünger all thon von im fliehen./

27v

3 Sich, wie verlassen stet er vnder in, schau, wie ims bluet zum mund vnd nas ausrin, sich, wie hart er gebunden ist mit strickhen, 30 Schau, wie im seine hend erschwartzet sin, sich, wie gewaltig sy in firren hin, schau, wie sein jünger senlich nach im blicken. Mein seel, schau, wie offt fällen sie 35 in so vnbarmhertzig auf seine knie, biß sy in bringen gen Jerusaleme, da er dann wirt leiden so grosse pein von wegen vnser sünd, so gar vnrein, auf daß er vnß ewige gfengcknus neme.

26 Hans Sachs [2S/73b] b = Augsburg 4° Cod Aug 218, 27v-28v der ander hört 1 Geh hin, du andechtige seel, betracht, gen Jerusalem, schau, wie dise nacht dein liebhaber vor Hannas stet gefangen, Weitere Überlieferung: a = Zwickau MG 1, 34, verloren; c = Dresden M 8a, 119v-120v, teilweise unleserlich; d = Ulm StM L 5851, 72r-73r / gehe b, unleserlich c

79

1. Kirchliche Feste

Hör, wie spötlichen Hannas in bespracht, 5 wie gietig antwort er im wol bedacht, sich, wie schlecht in der knecht auf seine wangen, Schau, wie die meng mit grossem dreng deinen liebhaber hin für Caipham bring, 10 hör, wie Petrus schwörent sein thuet verlaugen, sich, wie speyen sy im in sein anblick, schau, wie schlagen sy im auf sein genick, sich, wie verbindens im sein clare äugen./ 2 Schau zue, wie raufen sy im seinen bart, 15 sich, wie sy im zusetzen also hart mit vnermeßlich vnd vnrechter marter. In grimigkeit sich keiner an im spart, schau zue, wie bled ist sein menschliche art, wie jämerlich ist jetzt worden dein zarter. 20 Schau, wie sie außfieren mit grauß in an einer kettin zue dem richthaus, als ob er sey des todes gentzlich schuldig, hör, wie fälschlich man in verklagen thut, 25 sich, wie er darzue schweiget in demuet. wie stet er vor dem richter so geduldig! 3 Schau, wie hart in der richter schlagen lat mit gaißlen, rueten on alle genad gantz ab von der schaitel biß auf die solen. 30 Sich, wie hart wurd er an der seulen stat gebunden, schau, wie das bluet von im gat, wie ist sein wunder leib so gar verschwolen. Sich, wie dein her vor schmertzen sehr 35 sinckhe in ohnmacht an der seul nider. sich, wie fiert man dahin den wolgeboren, schau, wie bluetig sein fueßtrit sind alsand,

28r

80

II. Geistliche Lieder

schau, wie sy im anthon ein purpur gwand auf einem stuel, flechten ein cron von doren./

28v

4 40 Schau, wie man sy im in sein haubt eintruckh, sich, wie er den köpf in die achsel ruckh, schau, wie das bluet von seinem köpf abtropffe. Sich, wie spötlich mancher jud gen im buck, schau, wie das ror man auß der hand im zuckh 45 vnd schlegt im das vmb sein Versehrten kopffe. Mein seel, schau an, wie er mueß gan für das richthauß vnd stehn vor jederman. sich, wie sein wunder leib vor kelt thuet schwitzen. 50 wie stet er mit genaigten haubt so bleich, zerstossen, den aussetzigen geleich, hör, wie die juden schreyen, in zue creutzen. 5 Schau, wie man in für das gericht einstell, hör, wie ein falsches vrtheil man im feil: 55 er soll sterben zwischen himel vnd erden. Am lufft an dem galgen des creutz in quell, hör, wie ein horn durch die statt heraußschäll. wie thuet von dem volckh ein getümmel werden. Schau, mit was weh 60 dein herr außgeh tödtlich kranck an dem berg Calvarie, tragend sein selb creutz, das gedultig lamme, zue seinem tod, damit er wieder löß dich vom ewigen tod, darein der böß 65 Sathan dich bracht durch dein vatter Adame.

47 stehen b, unleserlich c 60 ausgehe b, unleserlich c

57 außschäll b, unleserlich c

59 wehe b, unleserlich c

81

1. Kirchliche Feste

27

Hans Sachs [2S/72b] b = Augsburg 4° Cod Aug 218, 29r-30v der drit hört 1 Steh auf, geh auß, du andechtige seel, vnd schaw deinen künig Emanuel, wie er am berg Caluarie dort stete An dem galgen des creütz in todesquel. 5 eil zue dem creütz, sich, wie sich daran stel dein liebhaber, eh im die seel außgethe. Er hangt trostloß, nackhet vnd ploß, ohn alle kleidung vnd in schwacheit groß 10 in dem mittel zwayer verdampten schächer, vnschuldigclich, mit der höchsten gedult, mit inbrünstiger lieb für deine schult, eil bald zue im, er wirdt ie lenger schwächer. 2 Schaw zue, wie ist er so tödtlichen kranckh. 15 sich, wie leidt er so hertigclichen zwanckh. schaw, wie ist im sein zarter leib so bluetig. Sich, wie sein haubet hin vnd wider schwanckh, wie inmietig ist hertz, muet vnd gedanckh, wie hangt der freudenreich so gar vnmuetig, 20 Kein frey gelid hat er auch nit. hör, wie freundtlich für seine feind er bit, wie ist sein siesse stimm worden so haiser.

Weitere Überlieferung: a = Zwickau MG 1, 35, verloren; c = Dresden M 8a, 120v-122r; d = Ulm StM L 5851, 73r-74v 1 Stehe auf, gehe auß b, unleserlich c 6 ehe b, unleserlich c

82

II. Geistliche

schaw, wie er aufblickt zue seim vatter fron, 25 wie sieht er sein mueter so traurig ston, wie gar verlassen hangt der himelkaiser./

Lieder

29v

3 Schaw, wie ist er aufgespant vnd erhöcht, all sein gebein man im wol zelen mecht, wie kleglichen geberden er anzeiget. 30 Schaw, wie sein mund zue blaichen anefecht. sich, wie sein hertz so fast ächzet vnd schlecht, wie mancher seuffz im durch sein hertz aufsteiget. Mein seel, schaw meh doch, mit was weh 35 er mit den fiessen in den neglen steh, wie hart in das creütz auf sein Schulter truckhet. schaw, wie er hangt an den neglen so hart mit den henden, darin die wund im spart, mit seinem haubt für sich nidergebuckhet, 4 40 Wie ist sein brüst verdoret vnd verschmacht. schaw, wie sein mund vnd gom vor durst im bacht, wie ist sein zung von gallen im verbitert, Wie seind im seine krefft so gar verschmacht, wie geth durch sein hertz maniche ohnmacht. 45 schaw, wie sein gantzer leib bidme vnd zitert, Sein haubet fron mit dornerkron vor Schwindel er nit mehr aufheben kan. schaw, wie er kleglich mit den äugen zehert, 50 wie hertigclichen er sein athem gwint, sein fieß vnd hend im gar ertodtet sind, wie gwaltigclich der grimme tod im nehert./

33 mehe b, unleserlich c, schawe d 34 wehe b, unleserlich c, waß wehe d

35 stehe b d, unleserlich c

30r

83

1. Kirchliche Feste

5 O schaw, du andechtige seel(e) mein, wie bey den fiessen stet die mueter sein, 55 wie manchen seuffzer sy zue im aufschickhet. Schaw, wie stet sy in engstigclicher pein vnd seinen tod so innigclich bewein, schaw, wie offt sy zue irem son aufblickhet, Ob er noch leb, 60 ein zeichen geb, wie bitterlichen er mit dem tod streb, merckh, wie erkent er ir hertzlichs mitleiden, wie hart er mit dem grimmen tod auch ficht, noch kert er zue seiner mueter sein gsicht, 65 eh er von diser weit gar ab thuet scheiden. 6 Schaw, wie bidmet sein leib vor todesgrim. hör, wie schreit er so gar mit lauter stim: »vatter, in dein hend beuilch ich mein geiste!« Wie krimbt der tod sein angsicht im, vernim, 70 wie ist sein todtes hertz durchstochen im, all sein gestalt sich gar tödtlich beweiste. Sein fieß vnd händ erstarret send, sein schlagend hertz ist worden stiller stend, 75 sein heiligs haubt lest er auf der brüst ligen mit zuegespitztem angesichte vnd mit brochnen äugen vnd mit offnem mund. wie seind all seine wunden im versiegen./ 7 Wie thuet die sunn verlieren iren schein, 80 sich, wie zerklieben sich der felsen stein, die erd bidmet, des herren tod sy tauret.

5? seel b,

unleserlich c

64 gesicht b, unleserlich c

65 ehe b, unleserlich c

30v

84

II. Geistliche Lieder

Wie kleglich stellen sich die engel rein, schaw, wie zerreisst der fürhang gar allein, alles geschöpff vmb seinen schöpffer t(r)auret. 85 Mein seel, merck, das dir zimet bas zue trauren vmb dein sünd ohn vnterlas, darumb Christus lit so vnmenschlich schmertzen. laß dir sein, als ob er erst teglich sterb 90 vor dein äugen, sein biter marter herb soll ewig sein ein Spiegel deines hertzen.

28

Johann Faulhaber pFaulh/la] a = Ulm StM L 5850,142r-143r Inn der leibfarben engelsaitweiß Johann Stissen Lucae a m 23 capitel 1 Als Jesus eben an dem creucz hieng zumahl vnnd wolt sein leben beschließen, überal 5 ein finsternus abschewlich, welche drey stund lang weret, Wurd vnbequemlich über das gancze land. die sonn fürnemlich 10 verlohr den schein zuhand, wie Lucas solches trewlich anzaiget vnnd erkleret

W tauret b, unleserlich c Am Ende: anno salutis 1519 zu Nurenberg c Weitere Überlieferung: b = Weimar Q 573, 126r-127v

85

1. Kirchliche Feste

Am dreyvnndzwainzigisten. darbey merckhet, ihr Christen, 15 das etliche sophisten scharpff disputierten vonn dißer finsternus vnnd sich verierten. wier wollen ohn verdruß 20 diße finsternus grewlich ansehen, die vnns lehret,/

142v

2 Das der allmächtig vnnd ewig Gott fürwar gancz wolbedächtig 25 darmit angezaigt klar, wie er über die Sünden erzürnet sey gewaltig. Dann Gott erschröckhet die sünder inngemein, 30 wann er bedeckhet sein angesicht allein, wer aber ihn will finden, der sol sich gancz einfaltig Zuo seinem wort recht kehren 35 vnnd dasselbige geren mit ganczem fleyß anhören, alsdann vermerckhet er, das der hailig gaist ihn gar wol sterckhet, 40 dann solcher allermaist die gaaben thuot ausspinden durch sein wort ohnzwyspaltig./ 3 Wann du gesündigt hast wider deinen Gott, 45 alßbald verkündigt er dir sein gnad ohn spott vnnd lasst sich wider sehen mit seiner wolthaat güetig.

143r

86

II. Geistliche Lieder

Wer sich vereinigt 50 mit dißer weit alhie, der würdt gepeinigt: ein finsternus ist die, sy würdt endtlich vergehen mit ihrem weßen wüetig. 55 Darumb, wann du erledigt bist, so bleib ohnbeschedigt, wie Gottes wort dir predigt, biß fein vernünfftig inn deinen werckhen guet, 60 dann Gott zukünfftig alle werckh richten thuet, wie sie alhie geschehen seind auß glauben sänfftmüetig. Finis Amensis dichts Johann Faulhaber anno 1604 anno domini 4 january

29

Hans Minderlein [ 2 Mind/4a] a = Weimar Q 573, 68r-69r In d e r Clivs p o s a u n e n w e i ß M A M z u m zusamsingen vf ostern 1644 1 Victoria, victoria, dan vnser general hat vberwunden vnd erleget die feinde da, hat dieselben gefangen vnd gebunden, 5 auß ihnen ein triumph gemacht alein!

Weitere Überlieferung: b = Nürnberg GNM Merkel 531, 17v-19r Tonangabe: gemeint ist Magister Ambrosius Metzger

1. Kirchliche Feste

87

Wer ist der gwaltige kriegßhelt, der den feindt hat so gwaltig thun erlegen vnd den sieg behielt in dem feit, das ihr euch so in freuden tut bewegen? 10 macht mir denselbigen auch namhaft fein. Ey, fragstu dan, wer diser kriegßhelt ist, so wis, es ist vnser herr Jesu Christ, er ist der herr, mechtig im streit, der den krigen in aler weit kan wehren. 15 darumb, so macht die thore weit, das der könig der ehren mög einkehren, der vnß erlößet hat auß aler pein./

68v

2 Wer waren dan die feindt grausam, die diser helt im feit hat tun erlegen? 20 nent mir dieselbigen mit nam, das ich mich auch in freuden möcht bewegen, wanß meine feindt auch sindt gewesen da. Die feindt wolen wir klar vnd hei dir izunder auch thun vor äugen Stelen: 25 es waren sündt, weit, tot, teufel. diese hat er ale sieghaft tun feien, auß inen ein thriumph gemachet ia. Forthin könen wir wol sagen mit spott: sage vnß, wo ist dein Stachel, o tott? 30 vnd du, o hell, wo ist dein sieg? Gott sey gelobt, der den sieg hat gegeben vnsrem heilandt in disem krieg. ach, tut doch eure stim frölich erheben vnd singet noch einmal victoria!/ 3 35 Es war ein wunderlicher krieg, da tot vnd leben miteinander rungen.

28 mira

69r

II. Geistliche Lieder

das leben behilte den sieg, es hat den grimigen tot gar verschlungen, auß im einen thriumph gemacht alein. 40 Darumb eset vnd lebet wol zu diser zeit im rechten osterfladen. der alte Sauerteig nicht sol forthin mehr sein wol bej dem wort der gnaden, dan Christus selber wil die koste sein 45 Vnd speisen vnser arme mate seel, die er erlößet hat auß pein vnd quel. wir dancken dir, herr Jesu Christ, das du für vnß am stam deß creuzs gestorben vnd widerumb erstanden bist 50 vnd hast vns das ebige heil erworben, singet aleluia wol ingemein! Fecit Johan Minderlein senior messerschmidt 1644 14 martzi

30

Paulus Freudenlechner [2Freu/9] Göttweig 1034, 253v-255r In Raphaeli Duellers neuen thon ein pfingstlied von dem heiligen geist 1 Gott, die heilig treyfalte, regier mein hercz vnnd mund, das ich jeczund/ vor der gemain zue singen 5 Volbringen mag ohn vertrus von dem heiligen geist Vnnd seines ampts gewalte, wie keckh vnnd freydig ser

254r

89

1. Kirchliche Feste

10 die seinen er macht in dem chreucz gedultig. liebhuldig daher Christus in ainen tröster heist, 15 Wie man spurt an dem frumen Stephano, widerumben ohn Paulo gar dar vnnd Johanne, die al zwar liessen ir maul nit stummen, 20 was Gott antraff lidtens eh not, auch woll den todt. 2 Die Apostel fast alle vnnd martterer ir bluet vergossen guet 25 Christo vnnd seiner lehre zur ehre, ja heutzuetag die rechten Christen frumb Werden noch alczumalle 30 verfolget vngespart. mancherlay ardt legt man sie an gros peine. alleine ist das die clag,/ 35 das mit khainem ierrthumb, Der jeczund vil regieren, sie wellen coludieren. denn Gottes geist weist sie dauon ab allermeist, 40 lesset nit annders füeren, vnnd soll es khosten guet vnnd leib, ehr, kind vnnd weib,

18 alle Hs.

254v

90

II. Geistliche Lieder

3 Wie villen ist geschehen vnnd noch teglich geschickt. 45 doch Christus spricht: wer sein leben hie waget, Matth 10 failtraget vmb willen mein vnnds euangelij, 50 Der sol gewis dort sehen, das er das ewig schan darfür solt han, da er vor der tyrannen mortgrannen 55 wirt sicher sein. dass fast im glauben hie Durch Gottes geist volkhrefftig, der thätig vnnd geschefftig vnns machen thuet, 60 guet hilfft vberwinden fleisch, bluet, teuffei vnnd weit gleich hefftig vnnd alles, was vnns spat vnnd frue mag seczen zue./ Zu Wellß gedieht durch Paulum Freudenlechner am heiligen auffartsabent, das ist der 14 tag may im jar Christi 1586 Jesus

44 geschickht Hs.

60 fleisch vnd bluet Hs.

255r

2. Gebete

31

Ambrosius Metzger [2Met/666a] a = Nürnberg Will III 783, 600r-601r

In der heissen threnenweis h. M. A. Metzger ein morgensegen 1 Dein gnad wil ich, herr, preissen, die du mir thust erweissen in meines lebens zeitt. durch dein güett manigfaltig 5 werd ich beschütztt gewaltig in nott vnd gferligkeitt. Du thest mich auch genedig alß mein heyland gutthetig als heind in diser nacht 10 wider deß teuffels wüetten aus lautter gnad behüetten. auch bitt ich mit andacht, O herr Gott, dich, daß du wolst mich 15 dissen tag bhüetten gnediklich, das ich nicht mög vnbillig als ein sünder mutwillig hanndien wider dein wortt. dein geist thu mir beystehen,

Weitere Überlieferung: b = Weimar Q 577/2, 17v-19r

92

II. Geistliche Lieder

20 das ich mög hereingehen/ auff rechter ban hinfortt. 2 Dan so ich würd abweichen durch des feinds hinderschleichen von deiner warheitt klar, 25 würd mich groß nott berühren vnd könd kein hilff nicht spüren, wan mir zustund gefahr. Laß mich, o herr, bereuen mein sünd, die in vntreuen 30 ich wider dich volbrachtt. verzeich mir mein vndugent, die in der zartten jugent ich thete vnbedachtt. Laß stetig mich 35 hoffen auff dich in glauben fest bestendiklich. thu mir die gnad verleychen, daß, willig zu verzeichen in zugefüegtter schmach, 40 ich mich stet mög erzeigen, laß mein hertz nicht besteigen vom feind zu nemen räch. 3 Du wolst gleichsfals bewahren vor nott vnd leids gefahren 45 vnsser gantze gemein, geschwistriche verwanden, sambt allen vns bekanden, die nah vnd ferne sein. Laß mich den tag vollenden 50 vnd zu deim lob anwenden mit höchster bscheidenheitt die früchtt, die du gegeben für das menschliche leben, behüett vor allem leid!

600v

93

2. Gebete

55 Drauff ich angreiff ohne vmbschweiff all mein handarbaitt vest vnd steiff, die mir Gott fürgestellet vnd mich darzu erwehlet, 60 das ich durch meinen fleiß/ mich sol darmit ernehren, thet dieselbe vermehren durch deines namens preiß.

601r

22 junj 1627

32

Wolf Bauttner [ 2 Baut/la] a = Breslau IV Fol 88b/4, S. 251-252 In der kurtzen tagweis C . Nachtigal

ein dischlidlein

dicht Wolff Bautner 1599

-15-

octo

-

1 Aler äugen, o herre, wartten genzlich auf dich, Den du gibest in ferre ire speis gnediklich. 5 Zu seiner zeitt dust auff dein milte hande,/ wen sie dich anruffen genzlich, settigstus, herr, alsande. 2 Herr Gott, himlischer vatter, segne vns auch alein 10 Dein gaben, du woltatter, die wir empfangen rein Am Ende: M A M den 22 jully anno 1627 b Weitere Überlieferung: b = Breslau IV Fol 88b/4, S. 352-353

252

94

II. Geistliche Lieder

Von deiner miltten gütte alesamen, las vns dj gnisen. sprech(e)t fein durch Jesus Christum amen! 3 15 Nun lasett vns hie ale frolich sein zu der frist, Gott danckbar sein mit schale, dan er stet bej vns ist, Inn pitten, das er vns nach disem leben 20 durch sein liben sun Jesum Christ wole das ebig gebenn.

33

Martin Dürr [2Dürr/47] Göttweig 1034,448v-449v 20 In Pauly Schmids hohen knabenweis ein schone dancksagung für alle wolthaten Gottes 1 Ach Gott vatter vnnd herre, dir sej lob, preis vnnd ehre in ewigkait. hoch sej gebenedeyt 5 der heilig name deine. Ser gros ist dein wolthate, die sich erzaiget hate, allzeit von dir zu nucz ist kommen mir 10 durch das gancz leben meine./

13 sprecht a, las vns dj gnissen an beschwer (diese Version in der a-Überlieferung chen) b

449r

gestri-

2.

95

Gebete

Von jugent an ich spüren kan dein grosse güt, herczlich gemüet 15 hat mich allzeit behüet kindsweis vnnd vberalle. aus allerlaj trüebsalle, gefahr vnnd noth hastu, mein lieber Gott, 20 mir geholffen alleine. 2 Wer wolt in sein lebtagen dir nicht herczlich danckhsagen? du höchstes gut, von dem vnns alles thut 25 genedigclich herfliessen, Dein lieb ist vnaussprechlich. mein leben ist gebrechlich, voller schwachhait, das fleisch begert allzeit 30 der schnöden lust zu büessen Vnnd allermeist wider den geist erhebet sich hochmüetigclich. 35 ach Gott, erbarme dich vnnd hilff mir vberwinden, erlös mich von den Sünden so manigfalt. o mein Gott, mich erhalt, 40 laß mich dein hilff geniessen. 3 Ich bitt mit hercz vnnd munde von dir zu aller stunde, weich nicht von mir. mein hercz wenndt ich zu dir 45 in rechter liebesflamen,/

449v

II. Geistliche Lieder

Das ich allzeit gedencke deiner gnadengeschencke an seel vnnd leib vnnd alle ehr zueschreib SO deinem heiligen namen. Denn alle gab ich von dir hab von oben her, dir sej lob, ehr. 55 mein Gott, ich bitt noch mer: tröst vnnd sterck alle schwachen, laß ir gemüet aufwachen zu hail vnnd nucz. erhalt in deinem schucz 60 die frommen allesammen! Zu Augspurg durch Marthinum Tyereum gedieht

3. Geistliche Naturdeutung

34

Abraham Letscher [2Lets/25a] a = Breslau IV Fol 88b/8, S. 95-96

In der grünen hagweiß Georg Hagers Gottes almacht zu erkenen 1 O mensch, schau deinen schöpffer an, der alß weislich regiren kan. bedenck, wan ich dir izt fürbas beschreiben solt das grüne gras, 5 wie das Gott, seinen schöpffer, preist vnd mit der dat reichlich beweist, Wenns grünet, blüet, wechst vnd dregtt samen, nutz, speiß vnd lust eregtt den menschen, thirn vnd vöglen fein 10 durch sein kräfftiges wort allein, dan alle gewechs offenbar seind gar mancherlej weiß fürwar An form, grösen, brauch vnd g(e)stalt, ir vnderscheid ist manigfalt. 15 auch in den kreutlein wunderlich die frucht den samen hat bej sich

Weitere Oberlieferung: b = Dresden M 7, 364r-365r 19 Nach v. 10 zwei zusätzliche Verse: villerley gwechß zu nutz warhafft/erschuf Gott durch sein göttlich krafft a 13 gstalt ab

98

II. Geistliche Lieder

zur narung der menschen vnd thier, gibt krafft, geruch vnd schöne zir. 2 Ettlich sind schlechte kreutlein klein, 20 doch hat jedeß den fromen sein, ir gruch vnd gschmuck ist manigfalt. üblich zu sehen ist ir gstalt, mit färben bund, sam gemalt, hoch auch löblich anzussehen doch. 25 Gar keins vergebens wachsen thut, es hat bej sich sein dugent gut./ daran man sieht zu aller zeitt Gotteß wunderbare weisheitt. zudem schau an die thirlein frej: 30 bey groß vnd klein, ja mancherlej, Da gets vnd kraucht, flaugt, hupfft vnd springt, in wassren schwimbt, in lüfften singtt, vngleich an färb, stim, haut vnd woll, ist schupicht oder fedren vol. 35 ein jedlichs sucht sein weid vnd speiß, nachdem es zu genissen weiß. 3 Jedes sich zu seinsgleichen helt, gleich vnd gleich sich zusam geselt, manlich vnd weiblicher gestalt, 40 mit wiz zu irem aufenthalt. im schad vnd nutz verstehn geschwind, ob sie gleich vnuernünfftig sind. In suma, die Gottes almacht hat als weislich herfürgebracht, 45 wo man hinsieht, sich kehrt vnd wend, da sieht man Gott an allem end. auch ist in dem kleinsten baumblat anzudreffen sein majestat.

19 Ettlich so sind a

96

99

3. Geistliche Naturdeutung

So nahe ist vns Gott, der herr, 50 vnd wir denken, er sej gar ferr! o mensch, vermeid das bös all zeitt, denck nicht, das Gott von dir sej weitt. rieht all dein thun nach seinem wort, so wirt dirs wol gehn hie vnd dortt.

35

Georg Morgenstern [2Morg/2a] a = Weimar Fol 419, 538v-539v hat 20 reimen Im langen thon Hopffengartens ein figur der victory Christy

1596 Georg Morgenstern Plinius

1 Gar ein schröckliche creatur/ wohnt in Egipten da, würdt mit seim namen crocodil genennet, kompt her von einem ey so klein, 5 wie Plinius bekennet, zweintzig elen findet mann seiner leng.

539r

Auch hat er seine wonung pur im waßerfluß Nylo. sein haut ist hart, mann kan ihn nicht verwunden, 10 allein nur an dem bauche sein würdt er tödtlich befunden, das viech thut er auch freßen nach der meng Vndt wann er einen menschen thut ersehen, so schmeichelt ihm diser bößwicht, 15 sam thäten sein äugen weinen vndt flehen, wann er denn sein vortheil ersieht, 49 Gotter herr a Am Ende: tichts Abraham letscher b Weitere Überlieferung: b = Dresden M 16,464v-465r; c = Nürnberg Will III 782, S. 670-672 16 vrtheil a

II. Geistliche Lieder das er den menschen ellent kan erreichen, so zuckhet er den zu sich baldt, frist also grimmigleichen 20 die menschen, wann er sie bringt in sein gwalt. 2 Nun findet mann ein thierlein klein, ist ichneumon genant, würdt auch nachtschleicherlein genant der maßen, ist in der groß gleich einer katz. 25 thut den crocodil haßen, stelt ihm nach seinem leben früe vndt spat. Gar wol känt es dises thierlein, weis sein bosheit zuhandt. wann er nun schiäfft mit aufgespertem rächen, 30 thut sich das thierlein mit aufsatz netzen vndt kotig machen, das es ein vnkäntlich ansehen hat, Thut dem crocodil in sein rächen springen, rachgirig vndt gantz grimmiglich 35 thut es disen schröckhlichen wurmb vmbringen. doch machet loß das thierlein sich, wenn es durch seinen bauch sich hat gefreßen,/ also der wurm getöttet würdt. nun merckhet vnvergeßen, 40 bey dem thierlein würdt Christus figuriert. 3 Alß der hellische crocodil wol in dem paradeiß den menschen schmeichelhafftig hät betrogen, durch süeße wort mit listigkheit 45 in sein rächen gezogen, das iamert den himlischen ichneumon. Netzt sich in hoher demut still, durch Gottes raht gar weiß mit dem hellischen crocodil zu kämpfen,

539v

101

3. Geistliche Naturdeutung

50 verkleidet sich zu disem streit vndt thät den satan dempfen, also half vns aus not Gottes söhn fron. Darumb ihr Christen laßet vns bedenckhen, wir waren mit nott gantz bedeckht, 55 darumb thät vns Gott sein lieben söhn schenckhen, der sich mit vnser sündt befleckht, auf das er vns entledigt großer schmertzen. deß freü dich, du christliche schar, durch Christj kämpf ohn schertzen 60 ligt der hellisch crocodil vnden gar.

36

Andreas Ulrich [ 2 UIriA/7] Nürnberg Will III 782, S. 514-516 In d e r tagweis F r a u e n l o b s ein s o m e r l o b 1 Die kalt, frostige wintterszeitt ist nun vergangen albereitt, löblich herfür thut glentzen die sonn mit irem hellen schein, 5 bringtt den frölichen lenzen/ vnd freuet sich jetzunder Mitt allen creaturen schon, die Gott vnder des himelß thron erschaffen hat fürtrechtig, 10 daß sie auffs neu wider gemein herfürkumen so mechtig mit vbergrosem wunder. Waß durch den wintter gantz verwegen in der erden ist tod gelegen, 15 das gibt sich widerum herfür, lebt vnd thut sich von dem gefrür

515

102

IL Geistliche Lieder

erwärmen vnd erquicken vnd sich gegen dem somer fein gar herlich darzu schiken, 20 das eß frucht bring besunder. 2 Alle blumen vnd kreutter sich erzeigen gar schön vnd löblich, auch iren geruch geben, die beum sämptlich nach irer art 25 grünen vnd wider leben gegen dem warmen sumer. Die satt wechst auch frölich herfür, erzeiget ir fruchtt mit gebür, schon thut auch herfürschossen 30 der wein so gar herlich vnd zart, die thierlein vnuerdrosen springen ohn sorg vnd kumer, Alles gewürm kriechtt auf der erden vnd thun widerumb lebend werden. 35 frölich ist auch der vögel schar, löblich sy singen imerdar vnd iren schepffer preisen, gar herlich sie zu aller fart sein hoheß lob beweissen, 40 bey in find sich kein stumer. 3 Der gueguck, des gleichen die schwalb lassen sich hören allenthalb, die nachtigal darneben singet frölich. lustig vnd fein/ 45 preist Gott, was hat das leben, der alles thet erneren. Wie nun gegen dem somer pur sich erfreutt alle creatur, gleich also wider werden 50 vnsere leiber ingemein widerumb auß der erden schön neu, ohn als versehren,

516

3. Geistliche

103

Naturdeutung

An dem jüngsten tag herfürkumen. da wird die glaubigen vnd frumen 55 Christus führen ins himelreich in die ewige freud, zugleich die bössen vnd gottlossen in die ewig hellische pein mit den teufflen Verstössen. 60 ir pein wird ewig wehren! d. Andreas Virich

37

Georg Holzbock [2HOZ/116] Weimar O 150, 166r-167r Im hanenkraa Hans Folczens 1 Tag vnd auch nacht kräet der han beyhendig. er ist gleichsam nottwendig ein nachtwächter verstendig, der die menschen vom schlaff aufwekht, 5 Das sy irem berueff fleissig nachkomen. hört, wie vnß von dem fromen Gregorio darumen ein schöne gleichnus wirt entdekht. Er spricht: wie der han mit seim kräen 10 den tag anzeiget, thuet mit seinen flüglen hoch wehen, also (auch) schweiget mit nichten ein getreyer hirt vnd lerer, Gottes lobs ein vermehrer, 15 wekht auf seine zueherer vom schlaff der sinden lang erstrekht./

166v

104

II. Geistliche Lieder

2 Das liecht der göttlichen warheit in treyen sy in der weit anschreyen, alß in der nacht erfreyen 20 sich des göttlichen Hechtes glast. Gegen tag thuet das laut geschrey des hanen die wandersleit ermanen, baldt zue reisen von danen, weliche nit lang haben rast. 25 Die sorgfeltigen er aufwekhet, tröst sy darneben, die stunden des nachts er endekhet. thuet er anheben zue kräen, so weicht der dieb widerumen, 30 gedenkht, man wirt bald kumen. der han erfreyt den frumen schiffman mit seim gesang gar fast/ 3 Darumen, weil sich die wind etwaß gegen dem morgen niderlegen. 35 die andechtigen pflegen zue beten, wan sie wekht der han. Durch den hanen sehr früe erinert werdten der bücher die gelerten, die sollen ohn beschwerten 40 sy mit dem liecht suechen alßdan. Wen der han krätt, fassen die krankhen ein hercz, ir schmerczen legt sich ein wenig, darumb dankhen sy Gott von herczen. 45 auch kinden sich trösten bueßfertig sinder, sy seyen Gottes kinder,

30 komen Hs.

31 fromen Hs.

167r

105

3. Geistliche Naturdeutung

weil der heyland nit minder Petrum die zeit gnedig sah an. Finis Gott hab lob 1625 d. Jerg Holzbokh sebtember 21

38

Paulus Freudenlechner [2Freu/50a] a = Göttweig 1034, 351r-352r Im kayserlichen baratreyen Lorenczen Weßsels der lannge schwannenhals auf jecziger weit hoffart in klaydungen vnnd anndern aus Jesaia vnnd Paulo accommodirt 1 Bedencket, was vnns dises gedieht vom schwannenvogel lehret vnnd kurcz bericht: 5 wie gros vnnd schwer getruckt sein leib sej all sein tage vnnd trage ein schwarz fleisch allemals. Euch lencket, 10 wie Gott zu seinem preis in vber das hoch ehret, mit federn weis beklaidet, zirt vnnd schmückt vor anndern vögeln kluge. 15 genüge lanng ist sein kragenhals,

Weitere Überlieferung: b = München Cgm 6250, Fasz. 23,2r-3r

29 v

II. Geistliche Lieder

Damit er sein nahrung vnnd alls aus den tieften wassren erlanng, erhalt sich vnnd sein schön gesanng 20 vnnd lieblich stim, wie die Gott im verlyhen hat. nun jeczt vernim, wann Gott an spott in stellet in verbott mit seinem langen hals als vnrein, will er auch 25 verboten haben freylich den greulich stolcz aufgereckten hals der hoffart, jeczt im brauch,/ 2 Mit lanngen schwenczen vnnd krösen tyck. 30 Jesayas am dritten nennd alle stück in klaidern, sonderbar in harpuffen vnnd krausen, lanng zausen, 35 zu allen Zeiten vil Erganngen. Paulus legt sich auch ein zun Corinthern gestriten der ersten sein 40 am virten hell vnnd dar. der schwär leib vnnd schwarcz fleische, gereusche am schwannenvogel wil Den auswendigen glancz subtil 45 andeutten aus Esaia. die aufgeblasen gehn, schaw da, in klaydungstracht auffs höchst gebracht, wie es der reich mann hat gemacht, 50 stehn noch vom joch der sünden schweren bloch nicht gern, wie sie innwendig sein verstricket schan im herczen, zu erbarmen der armen, weil Gott solches nicht vngestraffet lassen kan,

351v

107

3. Geistliche Naturdeutung 3 55 Imfalle die bueß gar aussen bleibt noch in der zeit der gnaden, darzw Gott treibt vnnd locket spat vnnd frw 60 ingemain alle sünder als kinder im predigambt, das er Zumalle darzue gebrauchen thut 65 mit Warnungen vor schaden/ ewig nicht gut. darumb wir immerzue vmb ein buesfertigs herze an schercze 70 sollen bitten, noch mehr Die wäre bueß fordert aber: rhew vnnd laid erstlich in haubtsach der sünden an Christum, darnach den glauben, vnnd 75 die frücht vom grund des neuen gehorsams all stund im lauff darauff müessen folgen zuhauff. so erlangt man Vergebung aller sünden fort, gerechtigkeit, darneben 80 das leben vnnd ewig freud. amen, herr Jhesus, auf dein wort. Zu Eferding durch Paulum Freudenlechner von Wells gedieht den ersten tag juny im 1606 jar

352r

IL Geistliche Lieder

39

Johannes Zehenthofer [ 2 Zehof/l] Breslau IV Fol 88b/4, S. 579-583

Inn der löbenweis Peter Fleischers die eigenschafft des regenbogens

Johan Zehendhofer 1592

1 Das neundt Genesis zeigt vns an rechtschaffen, nachdem Gott hat dj erste weldt don straffen, mid der sündflut abscheulich ales erseuffett het, 5 was nit mit Noa reulich in kästen eingen det, Do dat Gott den Noa wider erfrischen, sprach: »das ist des bundes zeichen, der zwischen mir vnd auch euch, al thiren 10 ewig sol sein hinfordt. meinen bogen in ziren, hab ich hingesezt dortt In dj wolcken des himels hoch, der sol sein des punds zeichen 15 zwischen mir vnd der erden doch, vnd wan es kumpt dergleichen, das ich wolcken iber dj erd las gehen, sol man meinen bogen darinnen sehen, alsdan wil ich gedencken 20 meins bundes in der still, das ich mier (nit) erdrencken al kreaturen wil.« 2 Dieser bogen, von dem wir hie thon lesen, ist ein fürbilt des jüngsten dags gewesen. 25 dan wie der regenbogen in den wolcken Stenn dut,/ also wird vnbedrogen auch Christus kumen gutt

580

3. Geistliche Naturdeutung

109

In denn wolcken des himels, wie vnns Christen 30 Matheus schreibt am virvndzwanzigisten. wie auch dj wolcken ziret der regenbogen hoch, bis das er sich verliret vnd nicht mer da ist noch, 35 Also wird auch der jüngste dag ein zir sein alen frumen. den sobalt er nach der schrifft sag einbrechen wird vnd kumen, so werden ale frume herzen dröstlich 40 vil heller scheinen wider dj sun köstlich, wie Danjell verkündet am zwelfften solches fein, in Matheo mans findet am 13henden sein. 3 45 Wie der regenbogen ist auch alwegen auff Gottes gebott gewessen zugegen, ist vns menschen erschinen vnd hat also on spott sein gehorscham herinnen 50 erzeiget gegen Gott, Also werden am jüngsten tag zugleichlich al engeil Christo gehorchen sein reichlich, wie an dem drejzehenden melden dut sanct Marcus 55 vnd spricht: es wirdt aussenden seine jünger Christus Mitt der hellen posaunen hall, vnd sie werden sich finden, auch seine auserweltten all 60 samlen von den 4 winden. so werden auch al menschen sich gar eigen/ müssen Christo ganz khorschamlich erzejgen vnd aus den grebren gehen

581

110

II. Geistliche Lieder

auf seinen befelch rein 65 vnd werden missen stehen vor dem richterstul sein. 4 Wie der regenbogen am himel heider nicht wird gsehen, wen er hell ist vnd weider, sunder er dut dastehen, 70 wen der himel gar drüb vnd dunkell dut aussehen, wie solchs weis euer Hb, Also wird der jüngste tag auch herkumen, wen glaub vnd lib sich gar werden den frumen 75 dunkel vnd daub erzeigen, solches bekend, mein Christ, in Matheo gar eigen das virvndzwejzigist. Darum, so offt wir sehen an 80 den regenbogen Gottes, so solen wir vns auff der ban erinrenn vnsers dottes vnd des jüngsten dages, welcher vns lezlich wie ein falstrick iberfallen wird plözlich. 85 der wird nit lang ausblejben, sunder balt brechen ein vnd wird zu gericht drejben al menschen ingemein. 5 Den wie der regenbogen dut auffgehen 90 eh sich die leut(e) kunen recht versehen, also der jüngste dage wird auch brechen herein vnuersehens, ich sage, e h ( e ) man warnimt fein. 95 Den Petrus vnd Paulus schrejben, ir frumen, Christus werd wie ein dieb in der nacht kumen/ gleich, wen das volck wird sprechen: 64 auf] aus Hs.

582

3. Geistliche Naturdeutung

111

»es ist frid frü vnd spatt, kein gefahr kan inn brechen.« 100 da wird alsdan geradt Das verderben auch iren leib gar plöczlich iberzihen, gleich wie der schmerz ein schwangers weib. sie werden nitt endflihen. 105 weil den der regenbogen hoch verwundern nun hat auff die 3000 vnd 900 hundertt vnd sechs jar than verkünden Christi jüngstes gericht, so wird es sich baltt finden 110 vnd lang ausblejben nicht. 6 Vnd wie nach dem regenbogen sich lezlich das schwarz gewulck auch offt verleuertt pleczlich, das der himel wird heider, vnd die helle sun rein 115 sich auch herfür dut weider mit irem hellen schein, Also, wen der jüngste tag her wird gehen, alsdan wirstu kein kreuzwolken ersehen, darzu keinen angstregen, 120 sunder du wirst alsdan, mein frumer christ, alwegen den himel heider han. Da wird den Christen die hell sun der gerechtikeid kestlich 125 in al ebykeid scheinen thun. da werden sie al drestlich Gott mit alen englenn stets in verdrauen von angesichtt zu angesichtt anschauen vnd mit freuden vnd springen 130 iren Gott brejssen da/ vnd das schön sanctus singen sampt dem aleluja.

103 weibe Hs.

131 schöne Hs.

583

112

II. Geistliche Lieder

7 Vnd wie am regenbogen zugleich friedlich die färben gesehen sein vnderschiedlich, 135 also wird in warheide in jenem leben ein vndterschied sein bereide vnder vns Christen fein, Wen solche klarheid mag euer Hb sehen: 140 die word Paulj, so da geschriben stehen im fünffzehenden eben der ersten epistell, welche Baulus hat geben an dj Corjnder schnell. 145 Darum siht man hieraus genug, wie das der regenbogen den jüngsten tag zu vnsrem fug fürbildet vnbedrogen, so du, o heiland, baldt zu gericht kume 150 vnd erles dj gelaubigen vnd frume. ach, thu nicht lang ausblejben, nach dir senen vns wir, kum heiland, thun wir drejben all vil seuffzen nach dir.

147 dem Hs.

4. Weitere geistliche Themen

40

Paulus Freudenlechner [2Freu/47] Göttweig 1034, 340v-342r 32 v In Marci Bunczels frölichen baradisweis die neunerlay namen des himlischen baradis Gottes 1 Ein jeder frommer Christ ja sol das himlisch paradeis vnnd ewig leben recht vnnd wol erwegen offt mit fleis. 5 das wirt vil trost vnnd lehren fein in aller noth vnnd anngst einsprechen süeß dem herczen sein, daher gibt im vorlanngst Die heilig schrifft neun namen schön: 10 erstlich wirt es ein ort genennd aller freuden gethön, da die seligen dort mit einem ström der lust vnnd freud getrenckt vnnd sath gemacht 15 werden in alle ewigkeit. zum anndern wirts gedacht Ein orth des glanczes flamen, da die seligen gancz werden leuchten bej samen, 20 gleich schön des himmels glancz. ein orth der freuden höchst erkannd

114

II. Geistliche Lieder

wirt es genennd zum dritten, da den seligen wirt niemannd ir freud mügen zerrütten. 25 zum vierten wirt es nicht gering/ ein orth des vberflus genennet, weil dort aller ding wirt sein groß vberschus. was den seligen immerdar 30 zur freud nur dienen mag, wirt heuffig alles vollauf gar vorhannden sein ohn clag.

341r

2 Zum fünfften es ein orth auch heist der liebligkeit gespürt, 35 da liebreich, freundlich allermeist den seligen Gott wirt sich praesentiren wesenlich, zum sechsten haist es frej ein orth des frides ewigclich. 40 zum sibenden darbej Einn orth auch der verwundrung gros, da alle gotteswerck wunderbar sein zw sehen blos. zum achten tröstlich, merck, 45 ein orth der sattigke(i)dt, dann die seligen werden in benüegen lassen gar, wann sie nach Gottes bild dorthin Frölich werden erwachen. 50 zum neunten wirts gemelt des anschauens vnnd lachen ein orth schön auserwelt, denn die seligen werden da Gott selbst von angesichte 55 zu angesicht anschauen ja, das höchste gut verpflichte, da wirt ein Weisheit sein behend ohn vnwissen der sach,/ vnnd ein gedechtnuß vnuerwennd 60 ohn Vergessenheit schwach,

34 lv

4. Weitere geistliche Themen

115

ein verstannd ohn ihrthumbs gefar, ein erleuchte vernunfft ohn tunckl leuchten hell vnnd dar. der herr wirt jn zuckunfft 3 65 Gern seinen auserwelten dort dienen solcher gestalt, das er sich in wirt zeigen fort, wie er in der dreyfalt an im selbst ist, da wirt Gott auch 70 alles in allem sein. alles in seiner ordnungs brauch wirt in recht loben fein. O dw liebe, glaubige seel, aus Gottes wort betracht, 75 all dein gedancken rieht vnnd stel an das orth tag vnnd nacht, da der enngel vil tausentmaltausent stehn ringsherumb. der heiligen ein grosse zal 80 dienen dem herren frumb Vnnd singen all fürtrechtig ains vmb das annder das »dancket dem herren« mechtig, ewig, ohn vnnterlas, 85 »denn er ist freundlich.« gebt im preis vnnd ehr in dem gesannge, last die frölich baradisweis schallen mit süessem klannge,/ die ir auf erd nach Gottes will 90 gesungen habt voran das »te rogamus« offt vnnd vil im glauben Christi schan. das »te laudamus« nun auch singt in freuden albereit, 95 mit renouirten zungen klingt in alle ewigkeit.

342r

116

II. Geistliche Lieder

Zu Bresslau vorgedachtem Marco bunczelio zw ehren vnnd gefallen da selbst durch Paulum Freudenlechner von Wells gedieht den 18. tag may anno 1603

41

Jakob Thoma [ 2 Thoma/5a] a = Breslau IV Fol 88b/8, S. 140-142 I n d e m g e w u n d n e n t h o n C a s p a r Klipisch vom vall d e r engel 1 Ich wil mit frölicher andacht erschwingen, erheben mein hertz vnd gemüett. o mein Gott vnd herr, hilff mir es Volbringen, send mir deinen heiligen geist, 5 das ich mög in warhaitt rümen dein herligkeitt Schlecht vnnd einfeltig, allein dir zu ehren, dein grose wunderwerck in gütt kan nimand gnug aussprechen vnd erkleren, 10 alß die heillige schlifft beweist, wie Gott auß weisem raht alles erschaffen hat: Erstlich nach seinem ebenbiltt die heilligen engel ganz rein, 15 vnstrefflich, keusch, gerecht vnd milt; himel vnd erd mit einem wort, thut denn himel klar mit englen erfillen, das sie semptlich sollen hinfort Gott, den herren, allein 20 loben vnd ehren fein./

Weitere Oberlieferung: b = Dresden M 7, 400v-401v

141

4. Weitere geistliche Themen

2 Aber mit solchen hohen gottesgaben Luciuer, der schön morgenstern, sampt seinem anhang gestoltzirett haben vnd fiellen ab von irem Gott. 25 auß gutten engelein wurden teuffei vnrein. Ihr ehrgeitz vnd hoffart wurt bald verkürtzet, den sie wurden von Gott, dem hern, von dem himel ab als ein pliz gestürtzet 30 in der hellen abgrund mit spott, auß dem himlischen stul in den feurigen pfui. Der sathan wart gebunden hart mit ketten der finsterniß schwer. 35 also straffet Gott sein hoffart mitt vnendlicher pein vnd qual. vber ihn wirt Gott seinen zorn nit stillen, drumb guntt er der glaubigen zal die selligkeitt nit mehr, 40 wüttet vnd dobet sehr, 3 Tut aufruhr, sünd vnd ketzerej erwegen, allerley kreutz, vnglück vnd pein. doch drösten vnd behütten vns entgegen Gottes heillige engl gutt, 45 schaffen vns gutten frid, wie auch konig Dauid Im einvndneintzigisten psalm bekenet. auch im hundertvndviertten sein die enget wind vnd feuerflamen nenet, 50 welche Gott dennen senden dutt, die da sollen bereitt erben die selligkeitt.

47 einvndneintzigisten] einvndfünffzigisten a

118

II. Geistliche Lieder

Ir ampt vnd dinst befindet sich, Gottes befelch sie fleisig gar 55 an vns verrichten williklich, beschützen vns an leib vnd seel, wan wir wandlen nach Gottes wort vnd willen, o herr vnd grosfürst Michael,/ Jesu, hilff vns auch dar 60 zu deiner enngel schar.

142

42

Daniel Holzmann [2Hozm/14/la] a = Augsburg 2° 370, 389v-390r Hernach volgen die 16 prophetten durch Daniel Holzman gedieht vnd ist der erst in dem paratrayen der prophet Esaias 1 Derr prophet Esaias klar auß Jherusalem birdig war, ein knechte rechte Gottes von edlem geschlechte, 5 in freyen künsten herlich gar. fing zeuttlich an sein prophezey, Biß auf sibenzig jar hinein weret die prophetzeyung sein, sein leben eben 10 erstreckhet sich darneben vnnder finf kinig Juda fein, denen er hat gewonet bej Am Ende: ticht Jacob Thoma 1617 Jar b Weitere Überlieferung: b = Göttweig 1034, 119r-120v; c = Weimar Q 569, 19r-20v; d = Wien s. n. 12635, 57r-58r Tonangabe: gemeint ist der Paratreihen Fritz Kettners 6 vnnd fieng zeit ab c

4. Weitere geistliche Themen

Gar herzlich, schmerzlich straffet er hart 15 in seines buechs anfang die not vnnd spott vnnd besse art, darin das volckh vmbgang. er beschilt auch in sunderheit 20 des volckhs zerbrochnen stand derzeit, bekeren geren wolt er das volckh dem heren, hayst sy das beß ablegen weit, so sy haben petriben lang. 2 25 Err trewet inen auch darzue iren vnndergang mit vnrue, verderben, sterben, dieweil sy sich bewerben vmb frimbde Gottsdienst spatt vnnd frue, 30 darmit sy Gott erzürnen hoch. Wiewol er mit traurigem muet iren vnndergang melden thuet, darneben eben ettlichen er ir leben 35 zuesagt vmb Chrysti willen guett, damit sein reich bestehe noch, Das erlich, herlich (gar) offenbar sey gaistlich in dem wordt 40 durchauß on grauß durch die weit gar allen völckhern fordt außgebray(t)et worden, nachdem den hayden von Jherusalem 45 gemeine feine das durch die predig seine

36 bestände ab 37 Des a 38 gar fehlt a b, vnd offenbar d 43 außgebrayet werde a, außgebreitet werden b d

120

II. Geistliche Lieder

vnnd durch die bueß ganz angenem sey zuegekumen an dem ordt./

390r

3 Von Chrysto ehr zue seiner zeit 50 vil melden thuett, in sunderheit, das leben eben vnnd auch das sindvergeben stand in seiner almechtigkeit, die seinen er beschüzen ist. 55 Essaias hat von Chrysto vnnd auch von seinem reich also ganz ehrlich herlich beschriben, onbeschwerlich darumb von (sanct) Hieronimo 60 würt gnandt ein euangelist. Vngietig, wietig (ver)schueffe in Manasses böser ardt, mit gwalt gar balt 65 zue richten hin. mit einer segen hardt durchschnit man Essaiam gar. er war alt sechsvnndachzig jar. begraben haben 70 in die jüdischen knaben, vor der geburt Chrystj fürwar sechshundertzwei ff jar zellet wart. finis den 26. junj 76 D. H. po. ds.

48 sy zue Got kumen ab d, sey zu Gott kumen c 59 sanct fehlt a 62 schueffe ab d Am Ende: Die Abkürzungen sind vermutlich aufzulösen als Daniel Holzmann poeta dichts; anno saludis gedieht den 26 juni des 1576 jar geschriben im 1586 jar den 23 february d

121

4. Weitere geistliche Themen

43

Kaspar Krewitz [2Krew/17] Göttweig 1034, 526r-527v In Wolffgangi Buchners feurweis die eußserlich gestalt des herrn Christi, wie die Lentulus dem kayser Tyberio in einer sondern epistel beschriben vnnd auf Rom geschicket hatt.

17 v

1 Ir Christen, hört mit andacht vnbeschwerlich, wie ein epistel wart gesenndet ehrlich von Lentulo hin gen Rom in die stat zw dem kayser Tyberio, 5 der zw der zeit regieret. Den innhalt derselbigen merckt ir lieben, da wirt die schön bildnuß Christy beschriben, auch seine wunderwerck vnnd grosse that, vnnd lauth nach dem titel also 10 in teudsch so transferiret: Ein Mensch ist bej vnns noch jeczt wol erkennet, der ist mit grossen tugenten vmbgeben, Jhesus Christus wirt sein Name genennet, den verstorbnen gibt er wider das leben, 15 vil krancke machet er gesund durchs wort, das geth aus seinem mund, krefftig das guberniret. 2 Das gmein volck haist in ein propheten mechtig, seine junger nennen in auch eintrechtig 20 den (einen) eingebornen gottesson. vil volck hanngt im an gar gemein, hat an im groß gefallen./

3 Pilato Hs.

526v

122

II. Geistliche Lieder

Der mensch ist adelich wol personiret, sein leib vnnd lennge recht vnnd wolgezieret, 25 gancz lieblich (vnd auch) schön zu sehen an, hat ein erbar angesicht fein, die leuth, so zu im wallen, Sein angesicht lieblich, sanfftmüetig preisen, doch darneben zu fürchten auch besunder. 30 kain runzel in seim angesicht erweiset, ein wenig rodt ist auch gemengt mit vnter, darinn hat er kein mackel nicht, schön glidmassiret man auch sieht sein hennd vnnd naß ob allen. 3 35 Schön braunlicht ist der mensch gezirt erkoren, an im ist alles ade lieh geboren, mit einem kurz vnd dyck zwysleten bart, an gestalt vnnd färben durchaus, wie im sendbrieff erkleret, 40 Einer zeytigen haslnuß gar aigen, thut er har vnnd bart mit der färb anzaigen. das har hanget im auf sein achssl zart, vnnterhalb den ohren fein kraus, oben fein schlecht beweret. 45 Fornen thut er auch eine schaytel haben nach der nasarenischen weiß bescheyden. er ist durchaus gezirt mit grossen gaben, hennd vnnd füeß wolgestalt gar vil in neyden. in seiner redt ist er schrecklich 50 zu straffen vnnd im trost freundlich, sein lehr vil volck begeret. 4/ Der mensch ist frölich, embsig in sein Sachen, jedoch sieht man in durchaus gar nicht lachen, aber wainen mit grosser traurigkeit

527r

28 Der letzte Buchstabe ist durch einen Fleck unkenntlich. Nach dem Schema reimt der Vers mit v. 30, vom Sinn her muß jedoch preisen stehen

4. Weitere geistliche

Themen

123

55 hat man in offt gesehen wol gar mit grossem wehklagen. Seelengespräch der mensch auch offt einführet, in frag vnnd antwort scharffe lehr man spüret, doch mässig in seinen worten allzeit. 60 er ist verstannnd vnnd Weisheit vol, groß lob thut man im sagen. Er ist der allerschöneste auf erden vnnter den menschenkindern auserwellet, seinesgleichen mag nicht gefunden werden. 65 also die epistel schlieslich erzellet, die Lentulus gen Rom hinsanndt kayser Tyberio genanndt, im schrifftlich thet fürtragen 5 Die gestalt Jhesu Christi, vnnsers herren, 70 sein wunderwerck, berhüemet weid vnnd ferren. er hat vnns armen erworben groß hail durch sein geburt, leyden vnnd tod, der edle weibessamen. Solchs alles hat er vnns zu gut erlyten, 75 durch solchen harten kampff vnns frej erstriten, vnns aufgelöst des todes bannd vnnd sail, der schlanngen kopff zerknürscht mit spot. wir dancken deinem namen, O dw, herr Jhesu Christe gar senfftmütig, 80 hilff, das wir deine schön dort ewig schawen!/ erzaig an vnns dein süesse liebe gütig, das wir in aller noth auf dich fesst bauen vnnd dir hernach im himmelreich mit allen ausserwelten gleich 85 ewig lobsingen, amen. Gedicht durch Caspar Kräwiczen anno 1595

66 Pilatus Hs.

527v

124

II. Geistliche

Lieder

44

Ambrosius Metzger [2Met/526/la] a = Nürnberg Will III 783,168r-169r Etliche emblemata des ehrwürtigen herren m. Johaniß Sauberti, bredigers bey vnser lieben frauen daß erste emblemata: täglich vnd notwendiger kampff eines Christen in der feurweiß Wolffgang Buchners 1 O christenmensch, thu bej dir hoch erwegen,/ wie gar vil sey an disem stuck gelegen, wol zu betrachten in dem herzen dein, daß du müessest hie in dem streit 5 däglich mit deim fleisch stehen. Dan wan sich dasselb mus creutzigen lassen von dem geist, bringtt es im vber die massen im herzen eine fast schmerzliche pein vnd thut in diß zu jeder zeitt 10 hart vnd schwerlich eingehen. Doch kan daß fleisch keineswegs nicht entweichen der creutzigung, so eß dorten wil leben vnd mit den fromen diese freut erreichen, die Christus hat versprochen gwiß zu geben. 15 die creutzigung gschicht, wan im krieg, man wider lust behelt den sieg, der sich dem fleisch thut nehen. 2 Eh aber du dich abents legest schlaffen, betrachte zuvor, waß du thetest schaffen 20 den gantzen tag, ob du gwessen im streitt mit deinem fleisch, ob disem sich dein geist hab widersetzet. Weitere Überlieferung: b = Weimar Q 577/3, 14v-15v 15 geschieht im krieg a

168v

4. Weitere geistliche Themen

125

Frag auch dich selb, ob dich thete einnemen zoren vnd neid, dem thu dich nicht bequemen, 25 ob du schon darzu ghabt gros glegenheit. examinire gleichsfals dich, ob du nicht warst verlezet Von hoffart, welche so ein schweres laster, das sie in ewigeß verderben stürzet, 30 der geitz, so aller sünden ein Zugpflaster, ob er nicht billigkeitt hab abgekürtzet, vnd waß du sunst mehr gethan hast, daruon dein geist beschweret fast, nur das dein fleisch ergötzet. 3 35 Wan solche betrachtung von dir nicht gschehen, wie woltestu vor deinem Gott bestehen, wan er dich abfordren solt diesse nacht? gewißlich in die hellenpein würd dein arme seel gführet! 40 Dan diser mensch, der nicht täglichen dämpffet/ sein fleisch, der hat kein gutten kampff gekempfet vnd denselbigen tag böslich zubracht, welcher ein rechter Christ wil sein, disem auß recht gebüret, 45 Das er all abent sein sünd bereu glütig vnd thu Gott, dem herren, treulich verheissen, das er mit beystandt seines geistes gütig sich morgen frömer zu sein wol befleissen. wer solcheß thut, der wirt zu lohn 50 daruon bringen des lebens cron, so die fromen berühret. 5. julj 1626 d. h. m. Metzger

169r

II. Geistliche Lieder

45 Alexander Sauerweid [ 2 Sauer/5] Nürnberg Will III 782, S. 837-838

Inn der mayenweis Eislingers das feurloch zu Rom algoria 1 Liuio Im Liffio geschriben stet, wie sich zu Rom die erd auffthet, die geleichet der hellen Schlund. Daraus ging lautter dampf vnd rauch 5 vnd stanck so gar vbel, das auch niemand daruor beleiben kund. Man hette der Weissager rat, die andwortten zu solcher that: wan sie wolten früe oder spat/ 10 abkumen der plag, werden frej, so müest sich einer dauor ablassen in dise klufft hinab, der lust zu dem vatterland hab. ein edler ritter trat herbej, 2 15 Den bedauert alda zuhand sein hoch geliebtes vatterland, das es also verderben solt. In beweget sein treu vnd güett, darzu sein adelich gemüett, 20 daß er da selber sterben wolt. Sas auff sein pferd vnd sprang hinein in die vergiffte klufft vnrein. daß kan ein herczliche lieb sein von disem ritter hoch gemelt,

838

Weitere geistliche Themen

25 doch tregtt vil ein grösser lieb der war ewig söhn Gottes, welcher lied für vns martter, angst vnd bschwer, den er liebet die gantzen weit. 3 Sas auff sein pferd, des creutzes stam, 30 lied für vns dultig wie ein lamb, vergoß sein rosenfarbes blutt Für vns arme sünder zumal, erlösset vns aus nott vnd qual, auß der ewigen hellenglutt. 35 Liß sich auch in die klufft hinab, auff das er vns dardurch erlab, am dritten tag er aus dem grab aufferstunde mit groser freid, im sey ewiges lob ohn end 40 wol für sein fröliche vrstend. kinder Gottes sind wir genent bey den englen in ewigkeitt. d. Alexander Sauerweid 1626 18. jener

II. Geistliche Lieder

46 Hans Braunwald pBrauw/l] Nürnberg Will 782, S. 423-424

In der kortzen tagweis Michael Vogels vergleichung der singschul 1 Von der singschul im leben hie vnd der himlischen singschul köstlich wil ich sinngen. drumb mercket, wie dasselbig sej zu hören tröstlich, 5 auff das also die kunst vor allen einem Christen mög wol gefallen. Erstlich eine vergleichung thun zwischen den zwejen schulen eben, daß mercket wol. ja wan man nun 10 wil alhie ein singschul anheben, so thut man sie also anstellen: erstlich zwölff meister ausserwehlen, Auch etlich mercker zu der schule, darnach auch für die singer einen stulle, 15 darauff den die singer gar schon singen vmb die gaben fürträchtig, vmb einen cranz oder ein krön, welcher singer so wol bedächtig das beste thut mit seinem singen, 20 thut der gab eine daruon bringen. 2 Nun von der geistlichen singschul mercket, ir Christen, auch andechtig: Gott ist der recht genadenstul, Jesuß Christuß, Gottes söhn mechtig, 25 ist die cron des Iebens mit glänze,/ der heilig geist der ehrencrantze.

424

Weitere geistliche Themen

Mercket die zwelff maister mit lob: Moseß vnd Ellies beidsamen, Abraham, Isaac, Jacob, 30 Josua, Josaphat mit namen, konig Dauid mit hohem preise, konig Saloman, sein söhn weise, Der gottsförchtige Joseph reine, Zacharias vnd Simeon so feine. 35 dise 12 maister rein vnd pur sind izt erzehlet worden eben vns zu einer schönen figur, das wir stetig in vnsrem leben noch irer lehr vnd leben ringen, 40 daß wir auch die cron daruonbringen. 3 Nun von den singren ingemein, so vmb dise ehrencron singen: sind alle Christen gros vnd klein, der ettlich mit fleiß darnach ringen, 45 wie ein maistersinger in ehren auch den besten fleiß thut ankehren, Daß er allein die irdisch krön möge erlangen vnd bekomen, auch die freutt vnd ehr brächt daruon. 50 also sollen auch alle fromen nach der ehrenkron dortten streben, die inn Jesus Christus wird geben. Auch last vns all feindschafft ablegen, auff das, wan Christus kumen wird zugegen 55 mit den 12 maistern offenbar vnd das gemerckbüchlein besehen, das auch vnsere namen klar im buch des lebens mögen stehen, vnd die krön der ehren mit namen 60 vns mög auffgeseczt werden, amen. d. Hans Brauwald 1602

130

II. Geistliche Lieder

47

Peter Riedemann [ 2 Riedm/2a] a = Wien s. n. 11999, 206v-208r

Ein anders liedt ins herczogen Emsts thon zu singen in Hessen gemacht P. R. 1 Preiß, eer gehört dir, Gott, allein! es lobt dich dein heilig gemein mit ainem hercz vnd geiste, Gedenckhet deiner wunderthat, 5 weil Christus sein werckh in ihr hat vnd fiert mit seinem geiste. Dadurch sie machen deiner art nach, deinem herz vnd leben, die sich dir fleißig vngespart 10 vnd deinem wort begeben, das sy mit dir gemainschafft han, wie die heiligen haben zuuor in Christo oft gethan. 2 Es lebt die weit im widerspil, 15 deinem wort nit gehorchen will, noch so wilstu es haben, Sendest dein wort drumb in die weit, wer demselben genczlich zuefellt, den wirstu balt begaben

Weitere Überlieferung: b = Druck 111A: Gesangbuch der hutterischen Brüder, S. 512-514 Überschrift: P. R. steht für Peter Riedemann S ihr] im a 7 machet ab 17 darumb a

4. Weitere geistliche Themen

20 Mit rechtem schacz, dem geiste dein, der sie mit guetem füllet vnd durch die krafft der würckung sein den fleischlichen muet stillet, die sünd mit des todes gewalt, 25 der vns lang hat beherschet, in vns werdt ausgetriben balt./ 3 Thuest darnach balt pflanczen in vns das leben, gnad vnd deine gunst, das himlische zu suechen, 30 Das irdisch zuuerlaßen gar, gelt, guet, weib, kindt, auch haut vnd haar, zeitlich leben nit suechen, Weil du vns hast gemachet schon, herr, bey dir haußgenossen 35 vnd mitburger in deinem son, der heiligen genossen, die im wol eingeseczet sein vnd so zu eim gewechse von dir, vatter, gepflanczet sein. 4 40 Er ist der stam, die wurczel guet, die himlische frucht tragen thuet, die reben solin im gleichen. Der vor der weit beim vatter war gar herrlich, schön gezieret klar, 45 verließ seins vattern reiche, Kam in die weit, sein aigenthumb, die in nit wolt erkennen, doch merckend das in kurczer sum, thet nidrigkeit annemen 50 vnnd sich der klarhait eissern gar,

42 sollen a b

131

207r

132

II. Geistliche Lieder

darzue in vil schmach gehen, auff das wir durch in werden klar. 5 Recht hat er vns ein leer gestelt vnd die selbs mit der that erfüllt, 55 das wir im nach solin tretten. Vnd wir, die seines geists empfahn, solin sein art auch erscheinen lan, darein er ist getretten. Eüssert vnd verließ seiner eer, 60 das er vns möcht erwerben, er ward für vns geschlagen seer, das wir nit ewig sterben, also durch in geschencket hat der vatter seine güete, 65 vns allgemein gemachet hat. 6 Reichlich hat er vns ausgetailt ieczund in der genadenzeit, solln vns Christi nit Schemen. Was vns in im ist geben für, 70 sein reich, das ist vns vor der thür, deß last vns wol warnemen, Das wir im fleißig volgen nach, des vattern willen treiben, willig auff vns / nemen sein joch, 75 in seim gehorsam bleiben, vns vmbeinander nemen an, durch göttlich lieb zu dienen, wie vns Christus allen hat than.

51 geben ab

55 sollen ab

56 empfahen a

57 sollen ab

207v

68 sollen a b

4. Weitere geistliche

Themen

7 Im selb hat er gelebet nit; 80 wer durch in wil haben zutritt, sicher zum vatter komen, Der mueß auch gleich on allen spott, wie vns Christus geliebet hat, sich vmb vns angenomen, 85 Sein brueder lieben mit begier, sich mit freüden hingeben, vnd das mueß auch geschehen schier: mueß im nit lenger leben, nach aignen nucz nit trachten mer, 90 sunder was sich zuetraget dem menschen zum hail, nucz vnd eer. 8 Der herr, als er vom himel kam, nam er sich souil vmb vns an, thet vns alls vbergeben, 95 Wie er zu seinen jungern sprach: »was ich von Gott empfangen hab, hab ich euch alles geben.« Also solt ir dergleichen thon, euch nichts aigens zuemessen, 100 Gott alls geben, von dem wirs han, darzue auch nit vergessen, das wir geistlich gemainschafft han der gnaden mit dem fromen. drumb soll das zeitlich nit abgon, 9 105 Es ist ein warer zeugen guet, das wir in dem himlischen guet gemainschafft han erlanget.

96 Unreiner Reim auf v. 95

134

II. Geistliche Lieder

Do hat Gott lust, wo es geschieht, wer aber sein hercz nit hin rieht, 110 der creatur anhanget, Vbern schöpffer sy lieben thuet, kan vor Gott nit genesen, das fleisch in gar verderben thuet, als wir in der gschrifft lesen. 115 wer solch gotteswerckh scheühen thuet, ist in der torhait zaigen, das er mit Christ nit erben thuet. 10 Mit lust von ganezer herezensgier mueß es geschehen für vnd für, 120 die lieb mueß das werckh treiben, Den sonst gilt es gar nichts vor Gott, wirt von im geachtet ein spott. in der lieb mueß man bleiben, Wer mit im wil gemainschafft han/ 125 vnd seinem volckh beywonen, sonst nimbt er sich vmb kainen an, wie vns ist vnuerhollen. darumb, ir lieben kinde mein, last euch vom herren fieren, 130 so wirt er euch barmherezig sein. 11

An allen, die mercken auff in, hat er lust vnd kert seinen sinn, sy allzeit zu behüeten. Sein hand thuet er von in nit ab, 135 wie ich das offt erfaren hab, zaigt inen seine güete. Er ist guet, treu, freündtlich vnd milt, sein handt, die last er sehen,

129 den a b

208r

4. Weitere geistliche Themen ist dem fromen ein vester schilt 140 wider die in wölln schmehen. guet ist rueen vnder seim schatt, vnbeweglichen gründe hat er geleget seiner statt, 12 Nichts schedlichs wirt ir mögen zue. 145 darumb, herr, wir dich bitten thuen, wellst dein aug zu vns wenden, Mit deiner hand vns helffen schier, das wir allzeit bleiben bey dir, vnd vns deinen geist senden, 150 D e r vns behalt auf rechter bahn, die vns zum leben bringet, da wir mit Christo freüde han vnd dir ewig lobsingen, vor deinem stuel in schöner zier 155 mit den fromen erscheinen, amen, ewig zu deiner eer! amen.

140 wollen a 153 Unreiner Reim auf v. 151 156 Nach dem Schema müßte dieser Vers mit v. 154 reimen

III. Ernste weltliche Lieder

1. Lebenslehren

48

Daniel Holzmann [2Hozm/49a] a = Weimar Q 571, 40v-41v Inn dem süssenn thonn Härder

die zehenn Periander 1

Zehen 1er hatt vnns klar fürgeben der weis Periander vonn Corintho, vonn dem beschreibet Pluttarchus. die erst lautet also: 5 Mensch, du solt dir inn deinem lebenn denn dott nytt selber wünschenn mitt gewalt, auch soltu dich entsezen nicht vor dem todt solcher gstalt. Zum anderenn, halt dich auch feinn bescheiden/ 10 vnnd leid gedultig, was du sollest leidenn. zum drittenn, thu vermeidenn allen stolz, wenn es dir gelücklich gatt, denn du waist nit, wie lanng das glück dir wol wil vnnd beystatt.

Weitere Überlieferung: b = München Cgm 5102, 318rv; c = Dresden M 7, 486rv Tonangabe: Herodes a 4 erste laufft a 9 auch gar feinn a, so halt dich fein b c

41r

140

III. Ernste weltliche Lieder 2

15 Zum vierdenn soltu nit verzagenn, wenn dich angst vnnd drübsal begreifenn thut, sunnder dröst dich selbst mitt gedult, hoff, es werd wider gutt. Zum fünfftenn dett der weis mann sagenn: 20 frew dich nit (ob) deines negstenn vnbfall, damit nit auch kum vber dich angst, jamer vnnd drübsal. Zu dem sechstenn soltu merckenn gar ebenn: weill du alhie inn dieser weit thu(s)t lebenn, 25 so soltu dich ergebenn auff kunnst vnnd ehr, das bringt dir lob vnnd preis, wann der welttlich wollust zergett wie der sehne vnnd das eis./

41 v

3 Zum sibenndenn, so sey veinn gütig 30 vnnd dhue dich auch befleissenn der warheit, vermeitt auch das nachreden schnödt. zum achtenn merck allzeit: Haltt jnn dem zaum dein zorenn wittig, denn welcher inn denn zorenn etwas thut, 35 der volbringt gewislich einn thatt, welche dir ist nit gutt. Zum neundenn merck: inn deinen jungenn tagenn thu die narung vnnd kunst zusamenndragen, das du ann allenn klagenn 40 habest zu zerenn inn denn alter deinn. zum zehenn(ten), schick dich all stundt zu sterbenn wol vnnd feinn.

20 nit deines a 24 thut a 32 merckt a Am Ende: D. H. p. [Daniel Holzmann poeta] b

41 zehenn a

141

1. Lebenslehren

49 Johann Spreng [2Spr/217a] a = JenaProv. o.21,186r-187r

Im gülden Regenbogen von Alexandro vnd Diogine 1 Als könig Alexander stieß vor jähren auff Diogenem, welchen aber Diogenes nicht kennet, Fragt er den könig wie er hieß. 5 der könig antwort ihm bequem: »Alexander der Groß bin ich genenet.« Diogenes sprach zu der frist: »wan du begerst zu wißen auch mein namen, Diogenes derselbig ist, 10 deßen thu ich mit nicht(en) mich beschämen, ich werdt genandt ein hundt darzu, auff offner gaßen spat vnd fru die leut offt hefftig vber mich grißgramen.«/ 2 Also der weiß philosophus, 15 welcher die freiheit lieben thet, berümet sich dießes zunamens prechtig, Gleich wie Alexander Mangnus auch darum den zunamen het, das er verrichtet große thatten mechtig. 20 Als in der könig weitter fragt, warum er doch ein hundt würde genennet, Diogenes im dießes sagt vnd balt die vrsach öffentlich bekennet, sprach: »wer mir liebs vnd gutts erzeigt, Weitere Überlieferung: b = Jena Prov. o. 21, 453v-454v 10 nicht a

186v

III. Ernste weltliche Lieder

25 zu dem sich mein gemütt auch neigt in lieb vnd freundtschafft, von ihm vngetrennet./

187r

3 Wer aber mir nichts geben thut vnd kein wolthat beweißet gar, denselben bell ich an auff ebner gaßen, 30 An ihm erküll ich meinen mutt vorauß die menschen offenbar, so alle erbarkeit vnd tugent haßen, Die beiß ich gar vnd fall sie an, straff ihr vnzucht vnd ergerliches leben. 35 dießes die weit nicht leiden kan, daher ist mir der hündisch nam gegeben,« wie vns erzelt Plutarchus werdt. lebt nach Diogenes auff erdt, wie hefftig würdt man ihm heutt widerstreben. m. Johan Spreng

50

Hans Kalförder [2KalfH/2] Weimar Fol 418, S. 880-881 In der grün rautenkranzweis Francz Calförders vom nuz der rautten 1 Die alten weissen hoch erfahren vns die eigenschafft offenbaren des edlen krautt der grüne rautten, von der ire wort also lautten: 5 wen sie sol fruchtbarlich aufgehen, mus man sie im lenzen aussehen,

1. Lebenslehren

143

Voraus wan man hat than ereichen die zeitt, wan dag vnd nacht sich gleichen, auch, sol die rautten wol bekumen, 10 so leren vns die alten frumen, das man sol laugaschen darneben schütten, so thut sie sich erheben. An feucht vnd gaille ortt sol man die rautten nicht sezen, sehen noch pflanzen, 15 sunder wo starck mit irer hiz die sonn den ganzen tag sie thut beschanzen. so kumpt sie recht zu iren krefften, vil knöpfflen thut sie an sich hefften, dardurch dan die jungen vnd alten 20 menschen von gifft werden erhalten. 2 Solches wissen gar wol die Tattern, wen sie sehen schlangen vnd natern, thon sie die rautten gar balt bringen, zerknirschens vnd vor allen dingen 25 den safft legen sie auf den schaden, wo sie mit gifft hart sind beladen. Ja wen die wissel mit der schlangen/ wil einen kampff vnd streit anfangen, thut sie sich vor mit rautten stercken. 30 auch wo krötten vnd schlangen mercken, da vil rauden wächst, sie nit bleiben, ir krafft vnd sterck thut sie verdreiben. Doch in den gertten so find man die rautten geren bey den saluejstöcken, 35 das verdriben wirt durch ir krafft, die krotten vnd schlangen darbej zu hecken, den sie geren bey saluej wohnen, auch so thutt sie herlich verschonen das blöd gesichtte vnd eß scherffen. 40 wen die fallete suchtt thut werffen,

7 wan] man Hs.

881

144

IU. Ernste weltliche Lieder

3

Den ist sie gutt an allen scherzen, o mensch, so pflancz dief in deim herzen die nichterkeitt mesiger dugent im lenzen deiner zartten jugent, 45 wie der rautten art dich mit ehren vnd Petrus am fünfften thut lehren, Das du dein herz gar nicht lest lauffen an feucht vnd geille ort des sauffen, das dich der sauffgeist nicht thu haschen. 50 darumb schickt dir Gott zu laugaschen das beissende creucz hie auf erden, das du nicht zu sichen magst werden. Ob dich der saluenwurm secht an, nemlich die hiz der anfechtung gar schendlich, 55 die hellisch schlanng vnd gifftig krott dich wolte gar sehr hart vergifften endlich, so thu gar wol die rautten keuen, bußfertig darmit sünd bereuen, so mus der hellisch sellenmörder 60 von dir weichen, spricht Hans Calförder. Dicht Hans Calferder

2. Beispiele für vorbildliches und

abschreckendes Verhalten

51

Anonym [2A/1305] Weimar Fol 419,113r-114r hat 16 reimen Die drey heydnische wittfrauen im gülden thon Wolffram

Plutarchus

1 Plutarchus vns beschreibet das: drey heydnische wittfrauen, in stehten threuen weit erkant, jede den preiß erwarbe. 5 Valeria die erste was, die in hohem vertrauen/ hielt ihren wittfräulichen standt, nachdem alß ihr herr starbe. Wann mann sie dann fraget, warumb 10 sie nit heyraten wolte, so antworttet die ehrenfromb, was sie heyraten solte: »mein edler herr, der lebet mir.« es meint die treu vndt kluege: 15 er lebet noch ihm hertzen ihr, darvon hätt sie genüge.

9 darumb Hs.

113v

146

III. Ernste weltliche Lieder

hat 17 reimen I m b l ü e n d e n t h o n H e y n r i c h F. l o b 2 Ania die ander genant: alß der auch starb ihr mann zuhandt, ihr freundtschafft riht ihr offt vndt vil, 20 das sie heyrathen solt: Sie wer noch jung, darzue fruchtbar, schöner gestalt vndt färbe gar. den gab sie zur antwort ihn still, kein mann sie nemen wolt: 25 »Wänn ich ein f r o m b e n vberkäm, möcht ich sorgen, ihn widernäm der todt von mir gar baldt. vberkäm ich dann hertigkhlich ein bösen mann, so thäts mir wee 30 nach meinem fromben mann, verstehe, ein böse ehe baldt haben würdt. darumb wils nit thun ich, mehr zu verloben mich.« hat 17 reimen I n d e r f e u e r w e i s W. B ü c h n e r s 3 Marcia die dritt fraw genennet wäre: 35 alß ihr mann starb, führt sie grose klag dare./ alß mann sie fraget, wenn sie ihr klagleidt widerumb wolte legen ab vndt ein anderen n e m e n , Sie sprach: »meines mans todt bleibet bey mire 40 biß auf den tag, daran ich sterben würe, darmit so will enden mein hertz(e)leidt. wenn mann mich treget zu dem grab, thut sich mein trauren demmen.« Bey diesen heydnischen wittfrauen merckhe, 45 du biderweib: laß dir das sein ein Spiegel. Tonangabe 2. Strophe: gemeint ist Frauenlob 44 den Hs.

114r

2. Vorbildliches und abschreckendes

147

Verhalten

ihr reinigkheit, keuschheüt, threu vndt auch stärckhe laß dir auf erden sein ein steifes sigel. halt solchen thrauen in (der) nott nach deines lieben mannes todt. 50 thue dein ehr nit beschemen.

52

Johann Baur [2Bau/202] Ulm StM L 5851, 15rv 21 r Im reitterthon Conrad Fulsack ein exempel kindlicher lieb und treu zu Catana 1 Ihr christenleit, kommet herbey zu hören, waß wir anheit von Catana erklären 5 und darbey einen ieden menschen lehren, waß er allhier bedarff. Denn weil alda, wie Livius bekennet, der berg Etna 10 grausam und schröklich brennet und noch darzu, wie Elianus nennet, vil kohlen von sich warff, Da kam auch Catana, die statt, gärtten und weinberg, die mann hatt, 15 in die flamm und gefahr. iedoch so nam ein ieder, ders durfft wagen, waß er bekam und ihm lieb war kundt tragen, 20 brachte daßselb mit weinen und wehklagen, wo eß gesichert war.

III. Ernste weltliche Lieder

2 Inn solcher noth und übereilten flammen haten durch Gott 25 auß treu und liebessamen Philonomus und Callias mit namen ein grosse taht verricht. Dann weilen nun ihre eitern von haaren 30 weiß und darvon kraftloß zu flühen waren, name der stärkst und eldeste von jähren a u ß treuer Zuversicht

Seinen alten vatter auff sich 35 und der ander gutwilliglich/ seine mutter alda, und haben sie auff ihr beherztes wagen ohn alle müh, 40 wo andre Sachen lagen, mitten durchs feur an sichren ort getragen, da ihnen nichts gescha. 3 Bey dißer that, welche die heiden übten, 45 hat Gott sein gnad disen damals betrübten und dannoch in der kinder treu verliebten erzeigt und dargestelt. Dann da die zween 50 vor solchen hohen flammen auß treuem sinn ihre eitern auffnamen, wich sie das feur, biß das sie auch hinkamen, wie zuvor wurd gemelt. 55 Ihr christenkinder, kommet her und nimmt hiervon auch eine lehr, wie ihr in allem tuhn

15v

149

2. Vorbildliches und abschreckendes Verhalten

auß lieb und treu euren eitern auff erden 60 in mancherley angst, nöhten und beschwerden zusprüngen solt, daß sie errettet werden: so gibt euch Gott den lohn! componiert Johanneß Baur von Vlm den 2 julius anno 1665

53

Georg Sper [ 2 SperG/l] Weimar Fol 418, S. 964-965 In der meyenweis Virich Eislingers straff der flucher vnd schwerer 1 Das Gott nichts vngestraffet lest, sunder ist ein Gott, welcher festheit ob der gerechtigkeitt stet, Das bezeigtt die erfahrung frej, 5 wie ein burger gewessen sej zu Rom, welcher ein kneblein het, Das war gleich bej fünff jaren alt,/ welches gar greulicher gestalt, fluchen vnd schweren manigfalt 10 gottslesterlich schon dreiben kund, ja auch zu einem jeden wort fluchet es lesterlich hinfort, jedoch sein vatter an dem ort gestat im solches alle stund. 2 15 Als nun das kneblein nicht Iis nach, auch kein straff im darumb geschach, sonder im als gestatet war,

965

150

III. Ernste weltliche Lieder

Kam die göttliche macht bereitt. dann als der vatter auff ein zeitt 20 sein kind het auff den armen zwar, Vnd als es nun nach seiner art thete fluchen vnd schweren hart, wie es gewohnt ward zu der fart, den teufflen zu ruffen vnfrum, 25 nach disem kamen bald mit pein fünff geister in die Stuben nein, welche das kneblein sach allein vnd sprach zu dem vatter darumb: 3 »O vatter, es kumen allein 30 fünff gar schwartzer menner vnrein, die wollen mich nemen von dir.« Als der vatter gar nimand sach, er gar bald zu seinem kind sprach: »sej stil, es dunket dich, glaub mir.« 35 Mitt disen worten ward gar bald dem vatter schrecklicher gestalt das kind genomen, mitt gewald in der Stuben zerissen gar. dise erschröckliche geschichtt 40 Andreas Hondorff klar berichtt zu eim exempel, das wir nicht fluchen vnd schweren imerdar. gedieht Greorius Sper 1624

3. Beispiele für Tyrannei, Martyrium und Christenverfolgung

54

Hans Steinlein [2Stl/26] Weimar Fol 420a, S. 118 5 r In der vberkurzen narrenweiß B. L.

1 Alß der keisser Nero regirt Daß römische reich wol gezirt, Da tribe er gar grose vnzucht schendlich 5 mit den jungfrauen ohn beschwer. 2 Auff eine zeit begab es sich, Daß die keisserin gar freundlich Scherzet nach mals mit eim jüngeling kendlich, 10 griff ihm auß lieb an seinen halß. 3 Wie solches der keisser ersach,

Tonangabe: gemeint ist Balthasar Loscher 2 Korrektur von fremder Hand: vormirt

11 Von fremder Hand: Als

152

111. Ernste weltliche Lieder

Nam er balt einen schuch auß räch Vnd erschlug sein weib darmit zu todt endlich, 15 wie disses Hossman beschrib fein. dichts Hans Steinlein 1661

55

Benedict von Watt [2Wat/23a] a = Weimar Q 576/2, 18r-19r 12 r I m kurzen t h o n Müglings von d e r tyranney d e ß künigs E c e l j n j vnd sein e n d e 1 Sabellicus gar frey/ beschreibet die groß tyrannej, so triben hat gar mancherlej künig Ecelinus, verstet.

18v

5 Durch denn tyrannen so musten vil leut verderben, o, der Wüterich war mechtig fro vnd ob ihrer plag ein freud het. Er Hesse auch mit grosser schand an grauen 10 vberal schwechen die schönen jungkfrauen vnd die kinder zerhauen, denn weiberen die brüst abschnit. 2 Auch ließ der wütig hund schwangeren weiberen gesund 15 Von fremder Hand: meltet Abraham Hosman fein Weitere Überlieferung: b = München Cgm 5103, 206rv; c = Erlangen B 83, 392rv; d = Berlin Mgf 22, 23v-24r; e = Weimar Fol 419, 137v-138r; f = Dresden M 9, S. 1036

3. Tyrannei, Martyrium und Christenverfolgung

153

15 ire leibe aufschneiden vnd nam darnach die geburt elend Vnd sie mit grimen gar in ein feuer warffe fürwar. idoch der tyrann ofenbar 20 von Gott gestraffet ward behend,/

19r

Dann in einem streit der bluthund hochmütig verwundet wurde, er starbe gancz wütig. Gott lonet im vngütig, wie er verdienet het hiemit. 3 25 Sechs sön deß bruders sein wurden erwürget gar vnfein von der aufrürischen gemein, darnach name das volck mit grim Deß tyrannen weib vnd 30 sein tochter, die beid auf ein stund warffen sie ihn ein feuer rund, darinn verbrannen sie, vernim. Hie merck, du frumer Christ, wie Got thut rechen die tyrannej vnd den hochmut kan brechen 35 der tyrannen vnd frechen, schonet hie vnd dort ihrer nit. dichts Benedict von Watt

Am Ende: dichts Benedict von Watt anno 1592 anno domini den 3 dag September b c, anno 1593 dichts Wenedick vonn Wäit d, 1592 13 septembris Benedic von Watt (neben der Überschrift) e

154

III. Ernste weltliche Lieder

56

Georg Danbeck pDanbG/19] München Cgm 5102, 80r-81r 20 In der suessen clagweis G. D . 1 Drei Männer hat Valerius beschriben, wie sie verharret send gedultig gar inn irer marter hart 5 standhaffter art. Pompeyus der erst war: Als ein legat ist vnuerzagt beliben, nachdem Jugenthius, der konig reich, 10 durch heimlichen betrug gfencklich einzug in, zue zwingen geleich, Das er im des senats rathschlag anzaiget, vnd Pompeius 15 zue eim prinnenden liecht sein finger naiget gancz ohn uerdrus, entseczet sich nit ob der brunst. da das der konig sach, merckht er hernach, 20 all marter wer vmbsunst./ 2 Als Zenon wart von Nearcho gefangen, der im nach seinem leben hat gesteh, ob er wol hefftigclich 25 vnd jemerlich hernachee wurd gequält,

Tonangabe: gemeint ist Georg Danbeck

80v

3. Tyrannei, Martyrium und Christenverfolgung

155

Die marter hart mocht bey im nicht erlangen, das er verrathen thet sein gesöllschafft, 30 sunder duldet vil mehr die marter schwer vnuerzagt vnd standhafft. Als er thet sein gelegenheyt ersehen, ergriff er balt 35 dem konig, als er sich zue im thet nehen, gancz mit gewalt das ein ohr vnd biß es im ab. erquicket damit fein das hercze sein, 40 das leben dafür gab./ 3 Also der drit, Anaxarchus genennet: als in Nicocreon in seinem land martret vber die maß 45 ohn vnderlaß, Anaxarchus zuhand Hefftig hiemit den tirrannen anrennet mit bößen schmachworten vol hon vnd spot, 50 ob der pein ohnentseczt. vnd als zueleczt Nicocreon gebot, Wa er nit schwig, das man im solt abschneiden die zungen sein, 55 Anaxarchus thet dises doch nit meiden, biß gleich allein sie im selbs ab vnd spy sie balt dem konig inn das gsicht. damit vernicht 60 sein träwen vnd gewalt. d.G.D. Am Ende: lies dichts Georg Danbeck

81r

156

III. Ernste weltliche Lieder

57

Wolf Bauttner pBaut/113] Weimar Fol 418, S. 874-875

Inn der kurtzen palmweis Hans Findeisen tirannej keiser Adrianj 1 Adrianus, der keisser schnödt, gar vil der Christen dött nach irer martter. Eim gräffen vbergab er das, 5 der auch ein tiran was. diser mit hartter Gefenncknus blaget die christliche schar ganz blöd, darunder zartter 10 kinder waren, vnd sie 2 In einem backoffen verbrent, die Christen gar eilend, der waren eben Zwelffhundertvndfuffzig person. 15 het noch kein gnüegen dran, det in dott geben Bey zehentaussent der Christen, musten behend lauffen vnd schweben 20 auf negeln hin- vnd her-

9 darunder vil zartter Hs.

157

3. Tyrannei, Martyrium und Christenverfolgung

3 Gestreuet, doch gab Gott die gnad, das in geschach kein schad. endlich die fromen/

875

Musten am creutz sterben eilend, 25 erlangten nach dem end die cron vnd kamen Für Gottes angesichtt. dise schröckliche thatt, die ist genomen 30 aus der kirchengeschichtt.

58

Kaspar Klippisch [2Klip/48] Weimar Fol 418, S. 710-711 Im gewundnen thon Caspar Klipisch keiser Licini tirannej 1 Eusebius gar eigentlich bezeuget, wie sich nach des herren auffartt die fruchtt des euangeliums ereiget in den herzen der Christen frum, 5 da thet man sie zumal anfeinden vberal, Den man woltt fast die fromen nirgent lassen, all die, so bestendiger artt den christlichen glauben nicht wolden hassen 10 vnd gründen ir heil auf Christum, wurden aus eittlem has verfolg« vber die mas. Aber die tiranen gottlos richtteten darmit nichts mehr aus 15 als das sie Gottes zoren gros

158

III. Ernste weltliche Lieder

vnd sein vnerdreglich gerichtt, welches er vber die sünder lest gehen, wo sie sich thon bekheren nichtt, theten zihen auf sich 20 frech vnd muttwilliklich. 2 Dan vnder andren thut man gründlich lesen, das keiser Licinius auch ein feind der frume Christen sej gewesen, in dem ganzen römischen reich 25 durchecht er sie grausam, zumal, weil er fürnam, Das sein tochter gar standhafftig bekenet nach aller rechtgläubigen brauch Christum vnd ihn einen wahren Gott nenet,/ 30 der sie vnd all Christen zugleich het erlösset aus nott allein durch seinen dott. Der keisser dacht durch tiranej sie abzudreiben von Christo, 35 aber ir stund krefftiklich bey Gottes geist, das sie wol bewert, gleich als ein felß, in der brob thet bestehen, ob man schon grosen fleiß ankehrt, sie abzuwenden von 40 Gott vnd auch seinem söhn. 3 Da sie wider bitt oder drowort achtet vnd wolt durchaus nit fallen ab, keisser Licinius, ir vatter, drachtet, wie er sie möcht hinrichtten bald 45 vnd gebott schnöder artt, das man die jungfrau zartt In einen sal bey einem dollen rose, welchem man nichts zu fressen gab,

17 Am linken Rand:

korn

711

3. Tyrannei, Martyrium und

Christenverfolgung

159

gar vnbarmherzigerweise verschlose, 50 das es aus des hungers gewalt sie alsbalt an der stat in stuek zeriß vnd dratt. Aber Gott suchet heim gar schwer an im solche mörderej arg, 55 den in thet hartt bekriegen der grigisch keiser Constantinus, das er sich nach der flucht muste vmbsehen. kürzlich in auch ohn reu vnd bus sein eigen pferd vmbstiß 60 vnd im den hals abriß. dicht Caspar Klipisch 1621 am lichtmesdag

59

Wolfhart Spangenberg [2Span/30] Nürnberg Will III 782, S. 545-547 In der cleeweis Schwartzenbach die standhafft Biblidas 1 Im hundertvndachzigsten jar nach Christi geburtt eben, als Antonius keisser war, damals thet sich begeben 5 eine Verfolgung greulich. In Frankreich, zu Wien vnd Leon/ thet man schröcklich hinrichten gar vil Christen mit schmach vnd hon, irer schont man mit nichten 10 vnd martert hie abscheulich Beid, man vnd weib, an gutt vnd leib,

546

160

III. Ernste weltliche Lieder

das war schröcklich zu hören, zu diser frist 15 gar mancher Christ liß sich dardurch bethören, vom glauben abzuweichen auß kleinmutt. auch desgleichen ein weib, so Biblidas genand, 20 gar forchtsam thet abfallen von Christo; dem sie hett bekand gar frejmüettig vor allen, den leugnet sie vndreulich. 2 Die todesforcht vnd die gefahr 25 thet diß weib forchtsam machen, aber Gott schickt es wunderbar vnd endert ire sachen: den balt, in wenig tagen Nach irem abfahl, ward sie doch 30 von dem tiranen eben alß ein Christin fürgestelt noch, das sie andwortt solt geben, da thet sie nicht verzagen, Sonder ir hertz 35 in solchem schmertz fing an standhafft zu werden, ja Gottes geist ir beistand leist, daß sie an als beschwerden 40 Christum thet frej bekennen vnd sich ein christin nennen, vor dem tod sie sich nicht entsezt, noch für der martter greulich, dan sie bey Christo wolt zulezt 45 im glauben bleiben treulich, dem sie auch lob thet sagen.

Ii sie Hs.

3. Tyrannei, Martyrium und Christenverfolgung

3 Biblidas, die frau tugentsam, het gar ein ander hertze alß vor, da sie zum abfahl kam. 50 izt war es ir kein scherze,/ weil Gott schicket solch mitel, Das sie durch die martter hiebej in sein reich solte kumen vnd auch also erlanngen frej 55 beyneben allen frumen der märtrer cron vnd titel. Darumb sie gar hertzfreudig war vnd bestendig darneben, 60 auß frejem mutt wolt sie ir blut willig vergisen eben vnd forchtet sich mitnichten, alsbald thet man sie richten. 65 sie aber thet im glauben rein getrost vnd standhafft bleiben, wie solches Eusebius fein im fünfften buch thut schreiben in dem ersten capittel. Wolffart Spangenberg

161

547

4. Antike Stoffe

60

Hans Sachs [2S/1845b] b = Weimar Fol 418, S. 658-659 In der silberweis Hans Sachsen Jupitter wirtt ein ochs 1 Ju- pitter auß seim throne sach bey dem vich vmbgone eins konigs dochter schone, war Europa genand. 5 Zu der schwang er sich nider durch sein göttlich gefider. beim vich hin vnd auch wider ging er doch vnbekand In eines ochsen gstalt, schneweis, 10 sein hörner groß vnd glat. Europa ersach in mit fleis. sie zu dem ochsen drat, verwundert sich ob seiner schön vnd rupfft im in der wissen grön 15 mit irer hand das grase vnd im des geben wasse, das er sanfftmütig asse auß ir schneweissen hand.

Weitere Überlieferung: a = Zwickau MG 7, 305, verloren

163

4. Antike Stoffe

2 Dar- nach hat sie genumen 20 von allerlei färb blumen, ist neher zu im kumen vnd flocht im schöne krentz. Gar zirlich auserkoren setzt im die hochgeboren 25 die krentz auf seine hören, mit branck vnd reverentz Leckt er ir sittlich ire hand,/ macht sich freuntlich nochmals, die jungfrau streicht im an dem end 30 vber sein weissen hals. der ochs haucht nider in das gras, zuhand die jungfrau auf in sas. aufstund der ochs mit sitten, ging mit langsamen schritten 35 vnd schlich mit laissen dritten neben des meeres grentz 3 Vnd sprang hinein, das meere Europa erschrack sehre. der ochs nam schnei sein kehre 40 in das meer mit gewalt, Rund mit ir vberschwame. als er in Creta käme, erkent sie in mit name, als er gwan manlich gstalt. 45 Alda er sie in lieb vmbschlus, das sie verlor ir ehr, wie vns beschreibt Ovidius. daraus hab wir die lehr, das ein jungfrau nit weitt spatzir, 50 auf das sie nicht ir ehr verlir vnd fal in frembe liebe, die stat macht offt den diebe,

659

164

III. Ernste weltliche Lieder

wie das alt Sprichwort driebe, wie dan gschicht manigfalt. 1545 den 12 october Hans Sachs

61

Augustin Leschenbrand [ 2 Lesbr/4a] a = Ulm StM L 5850,176v-178v r 30 Inn d e r g o l d f a r b e n n jungfrawweiß Augustin L ä s c h e n b r a n n d s von Vlm 1 Wie die statt war Troie so gar umblägeret beschwärlich, vnd der feind vnauffhörlich 5 sie griffe an, das mancher man vf disen plan das leben sein thett elendiglichen verlassenn, 10 Die Troianer mit starckher wehr aufhielten die feind mächtig. Hector gantz wolbedächtig, ein starckher helt 15 hoch ausserweltt, wurde gefhältt durch Achillem, der in durchstach grimigermassen./

177r

Weitere Überlieferung: b = Ulm StM L 5850,176r, 1. Str. mit Melodie; c = Weimar Fol 418, S. 1131-1133; d = Nürnberg Will III 793, 22rv, nur 1. Str., 1. Stollen und Teile des Abgesangs mit Melodie S Am linken Rand: Korn 17 Am linken Rand: Weis

165

4. Antike Stoffe

Vnd alßbalt der Hector todt was, 20 stund die stat in grosser gfhar, das dan sie hette verlhoren den allerstärckhesten lobsam, der den Griechen ir hertz wegnam. diser held ausserkhoren 25 war des königs Priamj shon. nach seinem todt thatt balt zerghon die gantze troianische krön wol durch der Griechen zoren. 2 Mächtt- ig hilff kam 30 gantz wundersam der statt Troiam geleiche. Pentesilea reiche, die war fortthin ein königin 35 mit weissem shün, vor todtespein woltt sie die Troianer erretten, Recht war gerüst/ vf kriegeslist. 40 Amazones genennet waren sie weitt erkennet, hatten ohn scherz ein heldenherz, dan sie kein schmerz 45 der waffen böß entsäzt, streittbarlich kempffen thetten. Königin Pentthesilea hett in ihrer gselschafft alda streittbarer weiber mächtig 50 zehenttaussend ganz vnuerzagt, haben die Griechen offt geiagt in manchen schlachten prächtig.

2$ gefhar ab

29 hilffe a

Am linken Rand: W(eis)

36 Am linken Rand: K(orn)

177v

166

III. Ernste weltliche Lieder

Pentesilea leget sich wider könig Pürum küenlich, 55 süget im an gar kräfftiglich, erhieltt auch wolbedächtig 3 Vor den tod rauch den könig auch, Pilamenes hoch weise./ 60 das volckh gab ir den preiße, dan sie forthan griff die feind an, das roß vnd man tödlich allein 65 durch ihrer händ mussten ersterben.

178r

Zor- niglich gar hieltt sie sich zwar sampt ihren weibern kräfftig, welche stritten gantz häfftig. 70 durch ire händt sie an dem endt manich taussendt Griechen gefältt. manicher held thet da verderben, 75 Bis sie zuletst der Griechen maacht haben gantz vnd gar vmbgebracht. vor Troiam ist vmbkumen königin Penttesilea, durch vil streitten hat sie alda 80 zuletst ir end genumen. durch die schön(e) Helenam frej/ dis als geschach. ein ieder sey gewarnet vor der bullerej, schreibtt Darettus, ir frumen.

64 Am linken Rand: K(orn) 81 schön a

73 Am linken Rand: W(eis)

178v

74 alda a

167

4. Antike Stoffe

Finis dicht A. Läsch. anno 1607, vf den 24 juny, hab ich disen, meinen viertten thon vor vnd bej einer ehrliebenden geselschafft der meistersinger alhie zu Vlm bewähren lassen, vnd nach gehaltener bewährung ihn genändt die goldfarb jungfrawweiß. heltt r 30. bin ich dazumal selber schulmeister gewessen, vnd märckher Melchior Kienlin vnd Hanß Jorg Beringer. 1607

62

Hans Weidner [2Weidn/59a] a = München Cgm 5102, 302v-303v 16 Inn des Lochners clagweiß 1 Als Vlysses von Troya auß zue hauß hin auff dem mör mit seinem hör heimbraysen wolt mit eile, 5 Bewiß im das vnstete glückh denn das mör streng seine schiff geng versenckhet mit vnheile, Das er einsam, 10 ploß daruonkam inn die inßel Ogigiam. die göttin Calipso war sein gar herczlich fro, ir hilff wurd im zuetheile.

Weitere Überlieferung: b = Jena Prov. o. 21, 292v-293r

sein dückh,

III. Ernste weltliche Lieder

2 15 Sie kleydet in kestlicher weiß, wolt sie im fein/ auch geben ein, in vntödlich zue machen, Damit, das in aus irer hand 20 erleset gar. Vlisses war betrüebet ob den sachen,

ein speiß 303r

niemand

Im stuend sein sin widerumb in 25 sein liebes vatterland dahin, im war bey ir sehr bang, zehen ganczer jar lang sein bitt thet sy verlachen. 3 Jouem gieng zue hertzen sein klag 30 der göttin klueg schickht er mit fueg ein mandat solchermassen, Sie solt Vlissem mit begir bald schickhen fort/ 35 nach seinem wort vnd in heimrayßen laßen.

von ir

Dises geschach alsbald hernach. Homerus schreibet von der sach. 40 ein Christ mueß auch fürwar leiden not vnd gefar auff der himlischen Straßen. d. H. W.

al tag,

303v

169

4. Antike Stoffe

63

Georg Hager [2HaG/16] Nürnberg Will III 782, S. 207-208 In der schallweis Hans Vogels konig Croesij vbermutt 1 Konig Croesus hat gehn Delpos in die stat gesendet spat einen legatten eben 5 Mitt groser schenck an spott. Appolinem, dem gott, solt man in nott verehren vnd darneben In fragen auch mit fleiß, 10 ob er mit heereskraffte könd erlegen zuhand Cirum aus Grichenland./ so wolt er solcherweis in vberzihen bald 15 vnd mit gewalt vertreiben auch warhaffte. 2 Durch falschen bedrug zwar andwort das bild fürwar vnd saget klar 20 zu dem legatten runde: »Sag deim konig, wie er Cirumb obliegen wer nach seim beger.« der legatt zu der stunde 25 Zog hin, saget es an Croesum. der zog balde, bestritt Cirumb mit macht,

208

III. Ernste weltliche Lieder

doch er in diser schlacht verlohr vil taussent man. 30 konig Croesuß do bald wurd also gefangen mit gewalde, 3 Hend vnd füeß man im bund. Cirus verschuff zustund, 35 das man gar rund Croesum solt verbrenen. Als er auff dem holtz sas, das man wolt solchermas anzünden das, 40 da thet er bald bekenen, Wie er an vrsach blos Cirumb hett vberzogen. durch klegliches geschrej erbarmet sich sein frej 45 Ciruß vnd liß in los, Herodotus schreibt klar, durch das bild war Croesus hart betrogen. 1591 den 14. october d. Georg Hager

4. Antike

171

Stoffe

64

Hans Sachs [2S/2266b] b = Dresden M 8, 386v-387v In der rorweis Pfaltzen von Straßburg die feldtschlacht in Etruria 1 Tarquinius Priscus der war der fünfft könig zu Rome. nachdem das land Etruria wider Roma 5 zum krieg sich rüstet sere, Zum krieg aussschus Tarquinius ein hör vnd damit kome für ein stat, Tereta genant, vnd sich im lant 10 vergruob mit seinem here. Der feindt war vil ein größer zal, die auch zu felde zuegen vnd drieben, im in einem thal auch ir hörleger schluegen. 15 als sie ansetzten einen tag zu streitten, versteckt der konig bey der nacht heimlich in einen wald zu baiden seitten zu ros vnd fües ein grose macht, auch zu der Schlacht 20 gerüst mit irer were. 2 Früe bald auffdrung/ die son, det er aus seinem leger fueren sein volck vnd sein Schlacht Ordnung macht zu der feldtschlacht 25 mit seim vbrigen here.

387r

Weitere Überlieferung: a = Zwickau MG 9, 62, verloren; c = Weimar Fol 418, S. 860-861

III. Ernste weltliche Lieder

Mit Schlachtordnung der Etrurier hauff, wie det gebueren, den Römeren entgegen kam vnd beide sam 30 angriffen mit der were. Der Römer hör lied gros gwalt von schiessen, hauen, stechen, erst thet ir feint der hinterhalt zu beiden seitten brechen, 35 zu ros vnd fues, der feint, mued vnd erschrecket, zerstreuet wart vnd gar zertrent, auff den abent sich zu der fluchte strecket vnd wider in sein lager went, erlegt am ent 40 want der halb theil vnd mere. 3 Also den sieg erhielt das römisch hör mit ritters kraffte vnd thailet der erschlagnen peut, dotte kriegsleut 45 vergruob, die wundten bände. Gantz demuetig zum konigkh kam der Etrurier potschaffte vnd brachten im von golde schon zepter vnd krön,/ 50 köstlich purpur gewande, Ergaben sich in sein genad. gnedig er sie auffnome on all Schätzung beschwer vnd schad, doch das sie der stat Rome 55 blieben vntherthenig fort on betrüge vnd der konig mit großem guet mit grosem triumph in die stat Rom zuge, Thittus Livius schreiben thuet. list vnd sennfftmuet 60 bezwingt noch leut vnd lande. Anno salutis 1547 am 2 tag aprilis

387v

5. Biographien, Klaglieder

65

Benedict von Watt [2Wat/157/la] a = Nürnberg Will III 784, 636r-637r Das leben des erwirdigen herren m. Philippj Melanthonis in 2 par gebracht das erste in der lewenweis Pet. Flaischers 1 Dieweil vns Got auß sunderlichen gnaden des bapstes joch vnd lere thet abladen vnd sendet vns sein worte durch doctor Lutherum, 5 das noch bej vns hinforte/ leuchtet mit hohem rum, Mit grosser müh vnd gar empsiger hande macht doctor Luther Gotes wort bekande, verdeutscht die bibel klare, 10 Philippus Melanthon sein dreuer gehilf wäre, zu pflanczen die 1er fron. Dann herr Philippus dugentreich ist in die weit geboren 15 von frumen eitern, als man gleich zehlen thet außerkoren nach Christj geburte vierzehenhundert

Weitere Überlieferung: b = Dresden M 6, 334v-335v

636v

174

III. Ernste weltliche Lieder

vnd auch sibenvndneunczig jar gesundert in dem hornung, darneben 20 den sechzehenden dag, zu Breta, mercket eben, in der Pfalcz, ich euch sag. 2 Er wur gar fleissig zu der schul gehalten, vnd nach disem schicketen in die alten 25 gen Pforczheim zu studieren, da er drefflich zunam, wann Got thet in regieren mit seinem geist lobsam. Sein fleiß in aller lernung war so grosse, 30 gegen iderman er sein kunst außgosse, studiert gar manche spräche als latheinisch, griechisch vnd hebreisch. hernache, er war ein jüngling frisch, 35 In der stat Tübingen ist er maigister der schrifft woren. hernach, so thet Marthin Luther wider den bapst rumoren,/ her Philippus zu Augspurg wur gesellet 40 zu doctor Luther vnd im zugestellet. mit dem thet er verrichten manches herrliches ding, in heiliger schrifft schlichten, sein verstand war nicht ring. 3 45 Er bracht den inhalt vber der gerechten christlichen kirchen in dem widerfechten in den aller vil besten vnd künstlichsten außzug, es thet herrlich befesten. 50 diser mann an bedrug Die augspurgisch confession drug zusamen. sein lob ist gar kurcz gefasset zusamen in suma: diser mone

637r

5. Biographien,

175

Klaglieder

gar hoch erleucht von Got 55 vil guttes hat gethone der kirchen biß inn dot. Ein erliche dochter hat er zu einem weib genumen, zwen sün vnd darzu zwo dochter 60 zeugt er mit diser frumen. als man 1550 jare vnd sibene zehlet, do starbe gare das weib dem frumen herren, als er auf dem reichdag 65 zu Wormbs ware von ferren. des fürt er grosse klag. anno 1598 den 28 july dicht

66

Benedict von Watt [2Wat/157/2a] a = Nürnberg Will III 784, 637r-638r Das 2 par in der nachtweis S e u e r i n j Krigsauers 1 Do herr Philippus widerum von Wormbs heimkam vnd sein weib frum durch den dot het verloren,/ lebet hernach 5 im witwenstand drej jar, der auserkoren. Vnd in der palmnacht käme an ein feber den hochtheuren man, das in bracht vmb sein leben,

55 gotes a

61 Lies: fünfzehenhundertfünfzig

Weitere Überlieferung: b = Dresden M 6, 335v-336v

637v

III. Ernste weltliche Lieder

10 weil er alt, schwach sunst war zuhand. im aprilis gar eben, Den ailfften dag, gancz christlich ist verschiden, herczlich rüfft er an die dreyfaltigkeite. 15 nachdem er alt war drejvndsechczig jare vnd auch so vil dag, für er hin inn friden. des sei in der himlischen kirchen weite bejm sun Gotes ist vnd der frumen schare, wie geschriben steht: selig sind 20 die doten, so im herren entschlaffen, sie sind Gotes kind, als vbel ist in ferren. 2 In ein zineren sarch hat man seinen leib geleget vorthan 25 vnd den mit schmerczens plage bestetigt fein mit grosser er zu Witenberg jn klage. In der Schloßkirchen alda dut 30 sein leib ruen in sicher hut biß nach diser weit ende, da wirt der rein, theure man mer wie die frumen behende 35 Mit seinem leibe widerum vmbgeben/ vnd ewigklich Gott, den herren, ansehen sampt seinem sun, den er auff diser erden erkennt, bekennt vnd gelert het im leben, biß im sein sei außginge an verschmehen. 40 o wie fein sanfft entschlefft, an als beschwerden, der mensch, so auf erden lebt recht, er schmeckt den dot gar nichte, es schleift nur diser gottesknecht biß zum jüngsten gerichte.

638r

Biographien, Klaglieder

3 45 Wie mag sich der mensch vor dem dot entseczen, wer hie glaubt an Got vnd sein wort, das da seje der herre Christ im fleische sein 50 für vns gestorben freye Vnd am creucz des dotes gifft wur vnd verschlung ihn zue seim sig pur vnd hat auß vnsrem grabe gemachet, wist, 55 ein ruhbetlein, sanfft zu schlaffen durchabe? Ein glaubiger mensch muß sich ein weil lassen vom zeitlichen dot beissen vnd auch nagen, fülen vil hellenangst vnd dotesschmerczen, 60 darmit im der herr des lebens dermassen dest über werd. jdoch wert solches plagen nicht ewig, die frumen betten von herczen: nun kum doch bald, o herr Jesu, laß dein angsicht alsamen 65 anschauen vnd bej dir in ru ewig beleiben, amen. anno 1599 den 29. july dicht

178

III. Ernste weltliche Lieder

67

Hans Deisinger [2Dei/236] München Cgm 6252, Fasz. 19, lr-2r

25 Im laidtthon C. Nachtigal klagliedt Lucas Engel 1 Zergencklich ist hie aller menschen leben, spricht Job im vierzehenden sein, der mensch, vom weib geboren, ist vmbgeben 5 mit vil jamer, angst (vnd) triebsal. wir kumen durch dis jamertal als die bilger gegangen. Sirach ohn list thut das viertzigst anzeugen: 10 ein jemerliches ding alein ist hie vmb aller menschen leben eugen von mutterleib an, biß das sie wider werden begraben hie, so wol der, so mitt brangen 15 Dutt seiden vnd cron dragen, als der ein groben küttel an dutt haben, immer ist angst vnd klagen, deilett Gott einem mit schon hoche gaben, Weisheit, gesundheit vnd verstand 20 vnd im gibet auch ein zimliches alter, wie im neunzigsten psalm bekand David spricht: Gott ist des lebens erhalten erstreckt es sich sibenzig jar, kumbt es hoch sind ir achzig gar, 25 doch fressen vns die schlangen./

S Sisrach Hs.

lv

5. Biographien,

Klaglieder

179

2 Elend vnd gfar ist es doch, solt ir wissen, weil Gott durch den zeitlichen dodt den erbaren man hatt auch hingerissen, 30 Lucas Engel zu Breslau, der ein kauffherr wäre, wel(i)cher geleich wurde geboren, Als man dis jar fünffzehenhundert eben 35 vnd einvndfürtzig schrüb mit nott. det sich hernach in den estand begeben, als man schrib sibenzig die zal. sechs sön vnd söchs töchter nachsmal zeuget er auserkoren. 40 Vier sön noch leben syder vnd ein tochter. lebtt mit seiner hausfrauen viervndvierzig jar byder. den sechsvndzweinzigsten juny on grauen, als man sechzehenhundertvnd45 vierzehen jar schrib, verschid er mit klagen zu Breslau vnd wird da zu der stund cristlich zur erd bestet nach dreuen dagen gros in der pfarkirchen, verstet, genend zu Sand Elisabet. 50 wie der dodt dut rumoren,/ 3 Sihet mit nott man an al orten kleglich: keiner ist zu klein noch zu gros noch zu reich, der dot wirget in auch deglich 55 darnider wie ein metzger sein schefflein, fürtz zu der schlachtbanck ein, si nacheinander schlachtet. Also der dot dut mit seinem boltz feilen

2r

180

III. Ernste weltliche Lieder

60 die menschen frum vnd auch gottlos, bis Christus alles für gericht thut stellen, da jeder empfecht seinen Ion, hat er bös oder guts gethon. der dot kein reichtumb achtet. 65 Wie dan auch Lucas Engel dort mit allen auserwelten thut leben, da wird ohn allen mengel mit freuden werden frelich singen eben: »heilig, heilig Gott, der herr, ist!« 70 alle jar haben wir von im empfangen ein daler, darumb wir ohn list von allen engein sangen mit verlangen, seinem namen zu ehr erklert. Gott geb, das auch sein freundschafft werdt 75 solches fleisig betrachtet. dicht H. Deisinger, geschriben Jeremias Koler

68

Georg Ungelehrt [ 2 UngeG/l] Budapest Quart germ 329, 29r-31r Inn der traurigen klagweiß m . A . M . 1 Was man in der weit siehet an, thut nicht beständig wehren und muß wieder vergehen dan, in asch und staub verkehren, 5 wie Gottes wort spricht klar und hell, viel exempel sind aufgezeichnet ja mit wunder:

66 auserwelteten Hs. Tonangabe: magister Ambrosius Metzger

5. Biographien, Klaglieder

Kayßer, könige offenbahr, auch all menschen darneben 10 werden wieder zu erden gar. doch am jüngsten tag eben auffstehen auß ihrer ruhstadt, mit grosser gnad und freud einhergehen gar munder/

181

29v

15 Ins neu Jerusalem, verstet, vor Gottes thron großmächtig, wer from gelebt, nichts bosses thet, wird leichten schön und prächtig, ach grosser Gott, steh uns doch bey! 20 man thut jezt observieren von noth und tod, auch krigsgeschrey, viel tausend sich verliehren, die der tod wegnimt mit gewalt. ach höret bald, 25 was vor post hören wir jezunder 2 In dieser jezt betrübten zeit, daß uns der tod genomen daß haupt der ganzen Christenheit, der gnädig war den fromen, 30 vnssern großmächtigsten kayßer und frome herr, Josephus den ersten bedächtig./ Als man sechzehenhundert fein achtundsiebenzig zehlet, 35 war der groß fürst gebohren rein, zum kayßer er gewehlet im siebenzehenhundertenundfünften schön zur freud deß ganzen reichs fürtrechtig. 40 Der herr gab ihm viel schöne sieg wieder all seine feinde in diesen jezt noch schweren krieg,

32 Joselsus Hs.

30r

III. Ernste weltliche Lieder

den wir noch fiellen heinte. aber in dem betrübten jähr, 45 da man jezt zehlet eben eintausendsiebenhundert gar und eilffe auch darneben, den siebenzehenden april, entschlieffe still, 50 der grosse herr. ach Gott allmächtig,/

30v

3 Erbarme dich in diesser noth über uns arme sünder, du bist ja unsser frome Gott, wür arme menschenkinder 55 wüssen jezt nicht wo aus noch ein, zu dir allein fliehen wir jezund all darneben Und trauren jezund all zugleich, weil Gott uns so geschlagen. 60 es traure daß ganz römisch reich, weil nun wird hingetragen ihr kayßerliche mayestädt in sein ruhbett bis an den jüngsten tag gar eben. 65 Der herr bewahr all sein gebein, daß keines mög umbkommen und führ sie in dem himel fein einmal mit allen fromen./ nun last uns betten zu Gott all, 70 daß er mög gnad verleihen jezunder zu der neuen wähl, dieselbig benedeyen, daß es ausschlag zu seiner ehr. ach Herr, erhör 75 und thu uns dis aus gnaden geben! dichts Georg Vngelehrt, barchentweber, der singkünst befließener anno 1711 den 17. may

31r

6. Zeitgeschichtliches

69

Benedict von Watt [2Wat/721] Nürnberg Will III 784, 324v 7 r In der hasenweiß Bend. v. Watt zauberin so ir eigen hauß angezündet hat die wirt zu Speyer verbrennet 1 Als man sechzehenhundert zelet vnd auch zwey jare, Im meyen außgesundert der sibenzehend, wäre, 5 Das man zu Speyer hat verbrennt ein zauberin. erkennt, dieselbige hex obgenennt 2 Hat ihr eigen hauß wütig angestossen mit feuer 10 Vnd es also vngütig verbrennet, doch zu Steuer Kam man der hexen eigen kind, der viere gewest sind, ir leibliche muter vnlind

184

III. Ernste weltliche Lieder

3 15 Het mit ihn kein erbarmen, aber Gott halff auß schaden Disen elenden armen, lob, ehr sey seiner gnaden! Solche brunst geschach, da man zwar 20 gleich in der predig war. o Gott, dempffe deß teuffels schar! anno 1611 anno domini 31. augustj dichts Benedict von Watt

70 Hans Winter [2WiH/41a] a = Dresden M 16, 260r-261r

17 r Im strengen thon Hanns Vogels das jubeljar 1 Gleich wie vor alters hochvertrauet, als Roma wart erbauet, man allmal vber hundert jar mit groser herligkeit fürwar 5 prechtig das jubeljar thet halten, Wie Plutarchus thut klar beschreiben, man thet die zeitt vertreiben/ in aller freut vnd fröligkeit, es war kein trauren dise zeit 10 zu finden bey jungen vnd alten. Wer nur ein kurczweil kund erdencken, es wer mit danczen oder springen,

Weitere Überlieferung: b = Nürnberg Will III 782, S. 585-586

260v

6.

Zeitgeschichtliches

185

mit höfflich vnd artlichen schwencken, leblich mit holtselligem singen, 15 der hilt sich gar für angenem bey seinen götren gar bequem, sein hercz thet aller freuden walten. 2 Weil dann nun iczund widerumen die zeit herbey ist kumen, 20 fürvber ist das neue jar, welches vns hat gebracht fürwar das jubeljar mit jubiliren, Sechzehenhundert jar man zellet, siebenzehen erwehlet. 25 iczt ist es hundert jar mit rat, das doctor Martin Luther hat angefangen zu disputiren Wider das bapstum gar abscheulich, bracht das euangelium wider 30 vnd prediget das gar getreulich, leget starck mit Gottes wort nider menschensaczung vnd gleisnerey, den heydnischen greuel, darbey der heillig geist thet in regiren. 3 35 Drum dancket Got zu allen fristen, ir auserwehlten Christen, das ir erlebet habt fürwar das euangelisch jubeljar, welchs vnsre herczen thut anrüren. 40 Nun wollen wir gar mit verlangen das jubeljar anfangen, nicht wie die heyden gar verucht, sunder fein mit christlicher zucht. wie frumen Christen thut gebüren, 45 Ohn vnderlas betten andechtig, frölich von ganczem herczen singen./ dancket Got, dem herren, almechtig,

261r

III. Ernste weltliche Lieder

jederman thu sein lob verbringen in der ganczen weit vberal. 50 herr, thu vns aus dem jammerthal in das himlisch jubeljar füren! anno 1617 den 6. januarj dicht Hans Winder

71

Franz Kalförder [2KalF/2] Weimar Fol 418, S. 1061-1063 In der grünen hagweis Georg Hagers feurbrunst zu Magdenburg 1 O du getreuer herr vnd Gott, stehe vns bey in vnsrer nott, sich vns an mit den äugen dein, die wir sind deine kinderlein. 5 o herr, erbarme dich vnser vnd steh vns bey in nötten schwer,/ Dan wir haben mit vnsrer schuld verloren, herr, dein gnad vnd huld vnd hetten wol verdienet noch, 10 daß du vns thetest straffen hoch mit allerhand plagen in sum. sey genedig, o vatter frumb, Vnd behüet vns in sonderheitt für pestilenz vnd teurer zeitt, 15 für wasser vnd feuersgefahr. dan es ist nu gewest 6 jar, das wir erlitten großen prant in vnsrem lieben vatterland.

1062

6.

Zeitgeschichtliches

187

2 Dan das feur diser gutten stat 20 ein groß theil hingenum(en) hat: 200drejzehn heusser da, darzu die kirch S. Kathrina verlohr ir schöne spizen ganz mit dem vhrwerck sambt dem kirchkranz. 25 In 3 stunden lag es zugrund, da eß gar erbärmlich dastund, daß kam vmb vnser sünd verucht, in der vns Gott hat heimgesuchtt. wir bitten ferner, lieber Gott, 30 wend von vns ab solch grose nott, Auch behüet vns, o lieber herr, vor krieg vnd blutvergisen ferr. weil das reich izund ist hauptlos, wirtt es g(e)winen manchen stoß 35 vm pabst vnd Spanier lustig gar vnd auch der Jesuiter schar, 3 Die vns nachstellen grausamlich, vns zu verdiigen jämerlich. herr, jr anschläg zunichten mach, 40 laß sie treffen die bössen sach vnd stürz sie in die gruben nein, die sie machen den Christen dein. O herr, erhör vnser gebett, darmit wir dich anrufen stet 45 durch Jesum Christum, deinen söhn, welcher für vns hat gnug gethon. sich vns mit gnaden an, o Gott, vnd streitt für vns in aller nott Vnd erhalt vns bey deinem wort 50 vnd steur des babsts vnd Türcken mord/ vnd gib vns frid in deinem land,

19 disen Hs.

1063

III. Ernste weltliche Lieder

gelück vnd heil zu allem stand vnd sej vns gnedig alle zeitt von nun an biß in ewigkeitt. d. Franz Kalferder

72 Hans Minderlein [2Mind/7] Nürnberg Will III 782, S. 1171-1173

27 r In der hochgläntzeten sonnenweiß m. Ambrosj Metzgers 1 In der lieblichen frülingszeit spatziret ich in grünen walt, darneben zu vertreiben die traurigkeit. in dem wald thet ich antreffen gar eben 5 ein schöne jungfrau, woll gezirt, englisch gelidmasirt, die trug auff ihrem haubt besunder Ein schönen, grünen lorberkrantz. ihre kleidung war gantz gülden bedechtig, 10 mich deucht, sie geb von ihr ein glantz. wer sie ansah, verliebt sich ihn ihr mechtig, sie war gar freundlicher gestalt. ich thet hingehen balt vnd fraget die jungfrau jetzunder, 15 Sprach zu ihr: »o schönes weibsbilt, sage mir doch ohne beschwer, waß machestu hie in der wilt?« sie sprach: »ich wurd citiret her von meiner scharpffen widerpart, 20 welche mich anfechten thut also hart.« ich sprach: »sag mir, wie heistestu?« sie sprach: »ich werd der edle frid genennet, mein widerpart heist die vnruh

6.

Zeitgeschichtliches

189

oder vnfrid, welchen jederman kennet.« 25 als sie noch also mit mir ret, von ferren komen thet der vnfrid. ich verbarg mich munder, 2/ Weil er kam erschröcklicher gstalt, gantz ferdig zu rauben, morden vnd brennen. 30 thette den edlen frid gar balt mit rauen worten gantz trutzig anrennen, sprach: »wiltu dich nicht machen fort, mir einräumen daß ort, da ich so lang hab dominiret,

1172

35 Nemlichen daß gantze Teutschland? wilt nicht, so wil ich dich mit gwalt vertreiben.« der edle frid antwort zuhand: »ich werde noch lang in dem Teutschland bleiben, ich weiche dir nicht vmb ein haar, 40 daß sag ich dir fürwar. ich hab mich gar starck einlosiret, Dan, waß der großfürstliche rath beschlossen gantz einmütiglich alhie wol in Nürnberg, der stat, 45 deß halten sie vnzerbrüchlich. darum so nim nur dein abschid auß dem Teutschland, du schendlicher vnfrid.« der vnfrid anwortet ohn klag: »weistu dan nicht, daß auch worden beschlossen, 50 daß man sol halten ein reichtstag? darauff kan wider werden vmbgestossen, waß man zu Nürnberg hatt gemacht, wan ich dises betracht, mein hertz vor freuden jubiliret.« 3 55 Der edle frid antwortet balt: »meine schwester concordia ohn schertzen wird haben ihren auffendhalt auff den reichstag in aller fürsten hertzen,/

1173

III. Ernste weltliche

daß sie werden halten allsand, 60 waß sigel, mund vnd hand zu Nürnberg hatt versprochen eben.« Der vnfrid sprach: »die schwester mein, irra, ist auch alda, thu ich dir sagen, welche etliche hertzen fein 65 besitzen wird vnd dieselbigen nagen, daß sie wider anfangen krig. ich hoff, ich wil den sig erhalten vnd wil dir obschweben.« Vnd nam gantz zornig sein abschid 70 auß dem walt vnd verschwände gar, deselbengleichen auch der frid. ich stund in grosser angst vnd gfar. darum, ihr lieben christenleut, bittet Gott tag vnd nacht mit grosser freud, 75 waß man zu Nürnberg in der stat so gar einmüttiglich habe beschlossen, o lieber Gott, gib dein genad, daß es zu Regenspurg nicht werd vmbgstossen. o du, lieber herr Jesu Christ, 80 weil du ein sigsfürst bist, so thu deine gnad darzu geben. 1653 den 10 appril dichts Hans Minderlein

Lieder

7. Weitere Themen (Städtelob, Schäferlied, Rätsel, Fabel, Beispiel eines dankbaren Tieres)

73

H.K. [ 2 K.H./1] München Cgm 5102, 135v-136v 20 Inn des R ö m e r s gsangweiß 1 Zue lob vnd preiß will ich ieczund singen zuhand der reichstatt Memmingen, so ligt im Schwabenland, wie sie gebawen ist zue diser zeite: Sie ist geziert mit thürnen, mauren auf das best, 5 darzue mit einem polwerckh gemacht zimlich vest, sie hat ein Wassergraben zimlich weite. Auff der maur man spatzieren gath ringsweiß herumb, gar lustigclich vnd feine, darzue hat es inn diser stat 10 fünff haubtthor, dardurch man förth aus vnd eine vnd ein kleins thürlein vber das. bey disem thirlein stet ein grosse linden, darzue hat es auch ein einlaß, den jeclicher bey der nacht wol kan finden. 15 die statt in irem wappen klar fiert, was ir ist gegeben, nemlich ein schwarczen adler gar, darzue fürwar ein rotes creucz gancz offenbar 20 inn weissem feld darneben./

136r

III. Ernste weltliche Lieder 2 Durch die statt laufft ein wasser zimlich groß vnd guet, das inn dem winter nimmer vberfrieren thuet. auch hat es vber dises wasser klare Siben bruckhen, die seind gemacht von stainen hört, 25 dariber man zue aller zeit gath, reitt vnd fort, auch hat sie ein scharpffs milwerckh, das ist wäre, Darin malt man mit ganczem fleiß. die beckhen bachen auch zue aller zeite das brott gar lustig vnd schön weiß, 30 das man es gwißlich loben thuet alzeite. darzue hat es inn diser stat vil schöpffbrunnen, darin guet wasser iste, bey zweinnczig rörbrunnen es hat, daruon man wasser holtt zue aller friste. 35 auch thon hie vier badstuben sein, darein die gmain thuet gohne. auch hat sie vier schlaggloggen fein, darzue gemein siben märckht, darob man kaufft ein, 40 was der gmain man will hone./ 3 Darzue so hat es auch nit weit von diser stat zway vberaus gar guet nuczliche wasserbadt. das ein heyst man das Bergerbad mit ehren, Das ander bad, das wirt genent Zum dickhen Reiß, 45 dasselbig ist lustig gebaut mit allem fleiß vnd gehört auch inn sunderheit den herren. Hiemit will ichs beleiben Ion vnd damit jeczt beschließen mein gedichte. also thet es vmb die statt ston 50 zue der zeit, da das lied war zuegerichte, als man zeit nach Christj geburt 1583ig jare. dise jarzal gezehlet wurt, als eben Maria geburtstag wäre, 55 da hab ich das lied zuebereit zue lob der statt mit namen.

136v

193

7. Weitere Themen

o herr, regier die statt alzeit durch dein weißheit, das sie in der bestendigkeit 60 bey deinem wort bleib, amen! d.H.K

74

Hans Winter [2WiH/115a] a = Dresden M 16, 451rv 20 r In der rürenten röselweiß Niclas Lindwurms der verliebte scheffer vnd schefferin 1 Cyprina hieß mit namen ein wunderschöne schäfferin, jung vnd von reichem stamen, gar adelich vnd stolczer sin, 5 hütet der schaff auff grüner awen. Viel theten ir nachstellen, ir schöne schwarcze äuglein klar theten vil herczen feilen, mit goltfarbem fliegentem har, 10 zwey roter wänglein thet man schauen, Die brüstlein wie zwey schöner berglein weiß, leibfarbe becklein gleich den rosen, wan sie die son mit iren strallen heiß in schöner blü hat aufgeschlosen. 15 bey der jungfrauen lag verborgen Amor mit seinen pfeillen,/ wer ansach dises jungfreulein, den thet er vbereillen. sie leuchtet wie der sonnen schein, 20 wan sie auffgeth frü an dem morgen.

Weitere Überlieferung: b = Weimar O 148,122v-123v

451v

194

/ / / . Ernste weltliche Lieder

2 Bey ir ein schäffer wonet, Porphyrus, lid armut mit schmercz. Amor sein nicht verschonet, entzündet im sein junges hercz 25 gegen der schön zarten jungfrauen. Als sie der schäfflein hütet, kam ein groser schröcklicher ber, mit brüllen grausam wütet, indem kam Porphyrus daher, 30 sehnlich thet in sein lieb anschauen. Er griff den beren an mit dapferkeit, der im sein liebsten schacz wolt rauben, sein krafft mehret sich von irer Schönheit, thet in mit schlegen hart betauben 35 vnd in auch leczlich gar ertödtet, erret ir junges leben, sie iren eltren widerbracht, bat ims ehlich zu geben, vmb sein armut man in veracht. 40 vor groser schäm er sich anrötet, 3 Auff mitel vnd weg trachtet, wie er möcht gwinen groses gut, weil er sunst wart verachtet, wurd ein mörräuber mit hochmut, 45 hat dardurch grosen schacz erworben. Ir beider lieb zu stillen, gab man der jungfraw einen man, doch wider iren willen, weil sie noch hing Porphyro an. 50 dardurch sie endlich sind verdorben. Dann als Porphyrus kam vnd solchs erfur, vor jammer wolt sein hercz zerbrechen, ohn sie mocht er nimer leben, thet nur seinen spieß balt durch sich außstechen,

195

7. Weitere Themen

55 verschid mit grosem leidt vnd schmerczen. die frau kam auch, vnmutig sprach: »du warst meines herczens lust, jeczt ligstu da gancz blutig.« stach den spieß durch ir zarte brüst, 60 so starben die zwey junge herczen. anno 1619 den 23. julj dichts Hans Winter

75

Martin Gümpel [ 2 Gümp/l] Nürnberg Will III 784, 352v-353r 22 r Im klingenden thon M. Gümpels ein fragstück von einem hertzog seinen 4 sönen, derselben kinder, kinder kind biß ins 4. glid Ich grüß euch alle mit reichem schalle, ir singer alhie zu der zeit, wie ir iczunder al bereit 5 versamlet seit zu rechter stund fein vnd all gut herren vnd freund mit namen. Ich wünsch euch gare ein gutes jare, darum vil glück vnd heil zur frist 10 durch vnsern heiland Jesum Christ, der vns alle kunst machet kund, wert fleissig aufhören, hoff ich an schämen. Gott geb euch glück, sprecht amen! wil nach gebüre 15 singen hinfüre ein schön fragstück, wer das begert, ir singer, mercket auf gemein,

196

III. Ernste weltliche

Lieder

legt mir es auß nach gsanges fleiß weiß- lieh mit verstand, das man es recht spüre. 2 20 Ein herezog wäre alt vil der jare. in seim alter het er vier sön, die waren adelich vnd schön, vnd ider son hernach bekam 25 für- war zur zeit drey kinder hie auff erden. Vnder den dreyen ider der freyen vberkame zu seiner fart vier kinder, alle schön vnd zart. 30 vnd dise viererley mit nam/ si- ben son idem thet gegeben werden. Die regierten on bschwerden, alda geboren, von Gott erkoren, 35 on hend vnd füß, mercket alhie. der alt herezog kleit sie herfür in kleider schwarz vnd weiß gar fein, sein hofkleidung ist dise vnuerloren. 3 Also im fride 40 im vierten glide sie kamen, das ir hören werdt, vnd starben ab auff diser erdt mit dem alten vatter nun doch, dann one ihn künnen sie hie nicht leben. 45 Vnd dise frumen doch wider kumen, bsiezen (wider) ir altes reich, regieren mit dem vatter gleich gehorsam als liebe kind hoch 50 in voller krafft wie vorher, höret eben.

SO vor hört Hs.

353r

197

7. Weitere Themen

Wer ist hie, der thut geben ein antwort gegen, thu nur außlegen dise fragstück mit klugem sin: 55 ir maistersinger, zeiget ann, ist es von regen oder wind, gschwind thu er es fein meisterlich bewegen. anno 1579 am tag Stephany dichts Martin Gümpel

76

Anonym [2A/410] Dresden M 5, S. 773-775 In der hagelweis Hülczings der adler mit dem fuchs 1 Ir mechtigen, nun habet acht, das ir der nidrigen bedracht, thut sie nit vbergeben vnd habet sie in hut./ 5 Ein adler groß einem fuchs nam seine jungen gar allesam, bracht die sein jungen eben zu einer speiße gut. Der fuchs lief im nach vnd bat in 10 zu geben im sein jungen, der adler meint in seinem sin, er het den nidren zwungen, da weng anlag, aber der fuchs arglistig war, 15 nam einen brand im walde dar, als eben zu den zeiten ein opfer bran den dag.

774

198

III. Ernste weltliche Lieder 2 D e s nestes bäum mit holcz vmblegt, zündet das an. darmit bewegt 20 er den adler an scherczen mit seiner listigkeit. So bald der herbe rauch vnd flam hoch auffging an des baumes stam, schry der adler mit schmerczen, 25 dann zu derselben zeit War sein sorg groß für s e i n ( e ) kind, auff das nicht verdürben vnd mit den jungen füchsen gschwind in dem feuer verdürben. 30 darum bat er den fuchs abzulassen iczund, seine jungen er im gesund willig wolt widergeben, so kam der fuchs auß gfer. 3 35 Heut es auch noch also zuget, das die gewaltigen, verstet, die armen wollen zwingen vnd vnderdrücken gar. Dise fabel im grund bewert, 40 das keiner den andren auff ert vom seinen sol abdringen durch gewalt, nemet war,/ Das diser adler gethan hat dem fuchsen, mercket eben. 45 des bracht im angst vnd not sein that, sunder must wider geben das geraubt gut, wolt er änderst verderben nicht, ein exempel sej die geschieht 50 den gewaltigen allen, bedracht vnglückes rut.

775

199

7. Weitere Themen

77

Georg Holzbock [2HOZ/111] Weimar O 150,159r-160r

Im gailen thon H F lobs 1 Eim lewen seine jungen fielen in ein grueb tieff, weil er dem raub nachlieff. das bracht im grossen kumer, 5 da er sie also fandt. Er lieff auß nott getrungen vnd legt sich an den weg, das er hilf krüegen meg. dieselb Straß gieng ein frumer 10 man, Philinus genandt. Da er das vngeheyre thier erblikhet, wart er mit forcht, sorg vnd angst hart verstrikhet, wolt weichen hinder sich, der lew gancz trawrigclich 15 vor ihm seuffzet vnd schlickhet, lies kosen im freundlich./ 159v 2 Philinus derbey merkhet, das ihm feiet ettwaß. vnd alß der lew sah, das 20 er im geren wolt helfen, wurt er in seinem leid Erquikhet vnd gesterkhet. Philinus hofflich hueb vnd fiert in zue der grueb.

Tonangabe: Heinrich Frauenlobs 5 sich Hs. 22 gestrekhet Hs.

200

Hl. Ernste weltliche Lieder

25 die jungen theten gelfen, da het er schon bescheid, Waß er thon solt. er thet bald hinabsteigen vnd half inen heraus, da thet sich neigen gegen ihn der lew alt 30 vnd thet sich auch alsbaldt gar dankhbarlich erzeigen also vnd der gestalt/ 3 Er fieret widerumen Philinum auf die Straß, 35 da er dan zuevor waß, vnd in mit seinen jungen beleitet durch den waldt. Alß er schid von dem fromen, liebkoset er im ser, 40 gab zue verstehn, weil er ihm da sey zuegesprungen mit seiner hilf alßbaldt, So soll er sich zue im auch guets versehen, er wöll ihm gar kein leid lassen geschehen. 45 Plinius diß beschreibt vnd also einverleibt, vnß menschen in der nehen einander zue dienst treibt. finis d. Jerg Holzbokh 1625 septembris 11

160r

IV. Lieder mit formalen Besonderheiten (Equivoca, anaphorische Reihung, Loica, Echolied, Beziehung zwischen Tonname und Text)

78

Hans Winter [2WiH/188] Weimar O 148, 28v-29r 12 v In der grundweiß Heinrich Frauenlob r i m ( i ) aeoquica 1 Wach auf, mein schacz, vnd hör mein stim erklingen: drauß bey der Buchenklingen, da singen die waldvögelein mit schall. Ach, mein schäczlein, thu dich buczen vnd ziren 5 vnd geh mit mir spacziren, so kauff ich dir ein venedische schall. Mein schacz heist Klar, sie ist schön clar, stets klug vnd weiß. 10 ihr freund mich nächten in vertrauen baden, mit meinen schacz zu baden, weil sie an ihren leib wer kreidenweiß. 2 Ihr brüstlein seind gleich zweyen linden kißen, wolt Godt ich solt sie küßen! 15 auff ihren bäuchlein wachst ein bertlichs ding, Daß ist ein werczel von goldfarben hären, darauff so wil ich hären, sie hurtig streichen, sam het ichs verding. O liebe baß, 20 könd ich noch baß, so müst es sein./ kein alts messer sol weiße semel schneiden,

29r

204

IV. Lieder mit formalen

Besonderheiten

sie haben krume schneiden. jeder schneid auf der wisen, die ist sein. 3 25 Allein mein messer hat ein krumes hefftlein, drum braucht ich wol ein hefftlein, damit ich tewfet nach der alten weiß. Mich däucht, ich hör eins klopffen an der porten, bocz, mein schäczlein wil porten, 30 ich sol ihrs prämen auff ihr hembet weiß. Weil ich bin leicht, trägts mich villeicht, ich bin nicht schwer, darzu hilff ich ihr daß bet machen wider, 35 vnd weils heut ist in wider, will ich ihr auffstechen daß alt geschwer. dichts Hanns Winter

79

Georg Braun [2A/931 = 2Brau/6] München Cgm 5102,165v-166v

20 Im rosenthon H. S. vom clagende potten 1 Einsmals stuend ich auff früe vor tage, hört von eim botten grosse clage, sprach: »ich glaub, daß im ganczen land sey kein so hartseeliger stand, 5 dann bottendienst - will ich bewehren!« wie er klaget, das solt ir heren:

Tonangabe: Hans Sachs

Anaphorische Reihung

205

Offt mueß ich lauften tag vnd nachte, offt donnerschlag mir herczleid brachte, offt lauft ich durch wild wäld zumal, 10 offt vber berg vnd tiefte thal. offt mueß ich lauften jnn ein höre, offt mueß ich gar vber das möre. Offt mueß ich eilend schnell hinweckh. offt fall ich gancz vnd gar inn dreckh. 15 offt steig ich hart vber ein stigel. offt mueß ich auff ein hohen higel. offt fall ich inn ein graben ein. offt stoß ich mich an einen stein, offt lig ich inn eim wald verborgen. 20 offt mueß ich raub vnd mord besorgen./

166r

2 Offt weißt mich vnrecht mancher leckher. offt gang ich hart vberzwercheckher. offt heyst man mich wilkomen sein wie inn eins Juden hauß ein schwein. 25 offt wirdt ich vmb mein Ion betrogen, offt wirdt ich fälschlich angelogen. Offt gibt man mir böß wort inn summen, offt thue ich manchem zue spat kummen. offt bring ich eim zue wenig geltt, 30 offt wirt mir sehr damit gestrelt. offt lig ich hart auff stro vnd benckhen. offt wird ich müed vnd thue früe henckhen. Offt druckhen mich gar hart die schue, offt hab ich gar kein geltt darzue. 35 offt fehlt es mit an gueten klaider. offt manglet mir speiß vnd dranckh beider, offt fall ich auff dem gfrornen eiß. offt schlegt mich manichs böses reiß, offt so will mir der wirt nit borgen. 40 offt mueß ich als vnglückhs besorgen./ 3 Offt kumb ich für ein falsch gerichte. offt mir gwalt vnd vnrecht geschichte.

166v

206

IV. Lieder mit formalen

Besonderheiten

offt heltt man mir kein gmachtes zil. offt thuet man mich betriegen vil, 45 offt thuet mir dasselbig gar zoren. offt ist mir hend vnd füeß erfroren. Offt thuet mir vnrecht mancher wirte vnd mir offt ohn einen kam schirte. offt kumb ich in geh wind vnd schnee. 50 offt stechen mich die miliers fleh. offt mueß ich leiden grossen kumer durchauß den winter als den sumer. Offt mueß ich auch dragen gar schwer, offt wirt mir gar mein beuttel lehr. 55 nun habt ir ghört, wie man den botten thuet nachstellen vnd auch verspotten, vnd was sie für not vnd gefar müessen ausstehn durchs gancze jar. weil er souil vnglückh mueß leiden, 60 so zal in willig vnd bescheiden. G.B.

80

Anonym [2A/319] Berlin Mgf 22, 4rv

Inn dem vergesen ton Frauenlob 1 Merk auuff, jung man, waß ich wil singen dire! wan du das lernest vnnd nachvolgest mire, so wirt es dir wol gehn auff erd vnnd bey gott ewig bleiben. 5 Ehrstiich glaub du träue Gott dem vatter nichte böse ding hat er alle zeutt erdichte 49 gehe Hs.

St millersflehe Hs.

207

Loica

sein namen fluch halt in vnwert nit bett in an derneben Er sitzt im himl hillfft dire nicht 10 weich von im aber ist enntwicht nit allzeutt du in breisen den himl vnd erden hat er erschaffen gar nit vnrecht leren aus die brediger fürwar verflucht sey der Gottes lob meret 15 nit er du im beweisen. 2 Verfluchen du Christo mit seinen Christen nit recht han geschriben die evanglisten Mattes Marcus vnnd Lucas Johannes dergeleichen/ 20 Sant Petrus Pauleß sein juden belliben nit recht han sy von Christo Jesu gschriben ir epistel bezeuget daß gar schönn dan sy rauuß streichen Darumb lob den heren Christo nicht 25 verspott in wie einen boswicht fluch sey seinen fünff wunden immer bedracht seiner piter marter angst vnd nott vnnd wie er hab für dich geliten hie den dott verachte in ohn vnderlaß 30 nit er in zu den stunden. 3 Zum driten sol auch der heillige geiste ein troster sein vol gnaden allermeiste daß soltu auch gelauben nicht trostloß ist der geist gare 35 Vatter sun heillig geist die namen dreye die sollen auch ein got (sein) also freye daß haltu auch für ein gedieht nit gewiß ist es fürware.

23 streigen Hs.

4v

208

IV. Lieder mit formalen Besonderheiten

Wer einen Loica verstett 40 vnnd mein gesang geheret het vnnd alle wort vernummen, der zaig mir on, wo ich vnrecht gesunngen schon, ich hab gelobet die gotheit in dem höchsten dron, der helff vnns am jüngsten gericht, 45 wan wir dort für in kumen. ano salutis 1577 jar den 17 novembris

81

Ambrosius Metzger [2Met/633a] a = Nürnberg Will III 783, 217v-218r In der widerhallweis h. m. Ambrosi Metzger ein echo 1 »Gehöret hab ich offt vnd vil, daß echo, die jungfrau subtil, sich gmeinklich enthalt in dem thal vnd geb andwortt durch Widerhall, 5 wan an sie gelange ein frag.« echo: »her sag!« »Nun, in der that, erfahr ich hie diß, so ich vor hab gelaubt nie. echo, mitttheil auch andwort mir in dem, darnach ich hab begir, 10 welchs sey auff erd das höchst kleinott.«

e.: »Gott!«

»Wie wirtt vns der bekand hinfortt?« e.: »durchs wortt!« »wer hat vns kund gmacht dessen lohn?« e.: »sein söhn!« »wo hat solches verrichtt der werdt?« e.: »auf erd!« »nam er den menschlich gstalt an sich?« e.: »freylich!«

Weitere Überlieferung: b = Weimar Fol 420/9,10v-llv

209

Echolied

2 15 »echo, ich bin des hocherfreut, daß du mir itzt hast angedeut vnd faß daraus disen verstand, daß er gwiß sey vnser heyland, der vnß bsetz wider gferligkeitt.« 20 »Weil an sich nam das höchste gut warhafftig vnser fleisch vnd blut, so thut er vnser bruder sein, daher vns schaden kan kein pein. hab ich deß auch zu trösten mich?«

e.: »allzeitt!«/

(e.:) »gänzlich!«

25 »Aber ich förcht mich vor dem tod!« e.: »ohn nott!« »wie ist dan izt desselben gwald?« e.: »sehr kalt!« »hat vnsren bruder das bethörtt?« e.: »zerstörtt!« »vnd denselbigen auch betäubt?« e.: »gargraubt!« 3 »O, wie sind wir doch nur anheut 30 so vberaus selige leut! zudem das kindlein Jesu Christ recht vnser bruder worden ist. was haben wir von im noch mer?«

e.: »groß ehr!«

»Wan dieselbig thut zeittlich sein, 35 so ist eß nur ein bloser schein, auch gar vergencklich vnd sehr kalt, ob sie auch het den grösten gwalt. was ist solche ehr? bricht mich gleich!«

e.: »sein reich!«

»Das er vns erwer(b) durch sein tod?« e.: »ohn spott!« 40 »gantz söllig schätz ich mich darumb!« e.: »sey frumb!« »ich wil thon alles, was ich sol!« e.: »leb wol!« »verfüg dich nun, wo du warst eh!« e.: »ade!« . fecit h. m. Mezer 9. december 1626

39 erwer a 42 verfüng a Am Ende: m. A. M. 1626 29. december b

218r

210

TV. Lieder mit formalen

Besonderheiten

82

Kaspar Klippisch [2Klip/70] Nürnberg Will III 782, S. 563-564 Im fein ton Walters es ist alles fein 1 Ich wil sinngen ein fein gedichtt im fein Walter, verachts mir nicht, sonder lasset eß euch fein wolgefallen. Ein fein dinng ist es jederzeitt, 5 wan man fein helt ob der warheitt, so wohnt Gott fein mit gnaden bey vns allen. Fein ist es auch in disem leben, wen man fein sitzt in frid vnd ruh vnd kan bey seiner handthirung fein bleiben. 10 ein fein ding ist es auch darneben, wen obrigkeitt fein sihet zu, daß der gemeine nutz fein thut beleiben. 2 Ein fein ding ist auch in der weit vmb ein feinenn jüngling, ich meld, 15 welcher gar fein der jugent thut nachjagen. Fein ist es vmb gesunden leib, gleich so fein ist ein fromb ehweib, so irem man die haußsorg fein thut tragen. Fein ist es, wan ein man hat kinder,/ 20 so im alzeitt gehorchen fein; wan eim landsassen die frücht fein gerahten, hat auch feinne schaff vnd auch rinder, so kan er dan fein legen ein, thun zum schätz feinne tahler vnd ducaten;

564

Beziehung Tonname-Text

3 25 Auch wan ehleutt sich fein begehn, in der nott fein beysamenstehn, vnd eins das ander mit trost fein erquicket. Ja Gott thut auch fein segnen sie vnd ihnen fein beystehen hie, 30 das sich alles fein zu irem heil schicket. Christlich ist es vnd fein bequeme, wan man nach Christi befelch fein die sacramente reicht vnd fein ausspendet, das der glaub in vns fein zuneme, 35 wie Paulus der feinen gemein zu Corintho im ersten fein fürwendet. 1629 Caspar Klippisch

32 beflech Hs.

211

V. Schwanklieder

215

V. Schwanklieder

83

Hans Sachs [2S/690a] a = Zwickau MG 4,160v-161v In dem kurczen ton Wolfrans der Socrates mit seinen zwaien pössen argen frawen/

161r

1 (Z)w Athen macht man ein gesecze, das iderman zway weiber nem. zwlecze nam Socrates, der philosophus, auch zway weib gancz üeberpoes, 5 Die sich miteinander zertruegent, deglich einander rauften vnde schluegent. eins tags Socrates sein gespöte aus in treib in dem gestös, Do fiellens üeber in all peid 10 zw machen im die sach, mit Worten scharpf sagten sie im ped den pescheid. Socrates in dem lermen in entloffe, zw seinem glüeck er pald die haustüer tröffe vnd vor dem hauss auf dem ruestein siezen peleib. 15 hört was geschach: 2 Xantippa, sein weib, sach in siezet ir zw gespöt, in zoren sich anspiezet vnd goss ein schaff mit spüelwasser auf in herab, neezt in durchaus. Weitere Überlieferung: b = Göttingen Philol 194, 53v-54v; c = Dresden M 8, 412r-413r; d = Dresden M 9, S. 1079-1080;e = DresdenM5,S.604-605;f = WeimarFol418,S. 132-134 1 Initiale nicht ausgeführt a

216

V. Schwanklieder

20 Er schüet den köpf vnd sprach: »erwegen hab ich, das künftig wer ein gros placzregen, weil sich darfor gros doner vnd pliczen pegab in meinem haus.« Nach dem in aber einer fragt, 25 warumb er leiden kunt von sein frawen ir zancken. zw welchen er sagt: »daheim lern ich, wan mich mein weiber schmehen, das ich kan ueberhören, vbersehen/ pey frembden lewten, mit den ich zw schaffen hab, 30 was sie mir dunt.« 3 Nun wolt ich Got, das also detten alle mender, die poese weiber hetten, das sie von in lertten gedult nach der geschieht. so das geschech, 35 So würt nicht so vil zanck vnd kriegen, ein ider würt sich nach gewonheit schmiegen, wie er von seinem weib daheim wer abgericht vnd sich nicht rech Wiewol in dieser stat alhie 40 nur ist ein poeses weib (doch wo einer kumbt in ein haus, da fint er sie) - , des würden alle mender gar senftmüetig, gedultig, in widerwertikeit güetig, so straffet sie der rich(t)er vmb kein wandel nicht 45 an guet noch leib. Anno salutis 1535 gedieht am 23 tag may

44 richera

161v

217

V. Schwanklieder

84

Hans Sachs [2S/1441b] b = Nürnberg Solg 56/2.2°, 225v-226v

Im rotten thon Petter Zwinger drei schwenk Stratonici 1 Stratonicus, der war ein harffenschlager, mancherlei schwenck ein kurczweiliger sager. als er in der stat Marania wase, Sah er das volck treiben gros füllereie. 5 da wettet er mit seinem wirte freie vmb des besten weines auf zehen mase, Sein äugen man verbinden solt vnd in füren in der stat hin vnd here, doch er aigentlich wissen wolt,/ 10 an welchem ort er in der stat doch were. als man verbunden füret, fragt, wo er sech hinaus, »auff ein wirtzhaus«, sprach er, »hab ich gespüret«, 15 maint, allenthalb lebt man im saus. 2 Zum andren: als er gen Seripho käme, die stat eng, stinckent vnd kottig vername, hunger stetig an allen gwerb vnd handel, Da thet er auch den seinen wirtte fragen: 20 »warumb thut man eim hie die stat versagen?« der wirt sprach: »vmb ein vnehrlichen wandel.« Er sprach: »so mach ein böses stück, das du mit ehren kumbst aus diser State, das vngelück ist drin gelück,

Weitere Überlieferung: a = Zwickau, MG 6, 212, verloren

226r

218

V. Schwanklieder

25 auf das du kumest aus disem vnflate.« in der frembde eilende zu wohnen sei besser hin vnde her denn in eim solchen ende, 30 da vnlust vnd kein narung wer. 3 Zum dritten: als er war in einem bade, vnfletig trübes wasser schöpft ein rade, das badgsind war auch faul in allen dingen, Aus disem lörlesbad, da ging er schnelle. 35 zunegst darbei stund ein kleine Capelle, darbei vil wichsen opferzeichen hingen. Er sprach: »es verwundert mich nicht, das do so vil der opferzeichen hangen./ der jeder eins hat aufgericht, 40 wer vnbeschedigt aus dem bad ist gangen, als ob er sei entrunnen eim Schiffbruch auf dem meer.« Plutarchus ser nent den köpf wol besunnen, 45 der sein schwenck mit vernunfft anker. Anno salutis 1544 am 17 july

226v

219

V. Schwanklieder

85

Hans Sachs [2S/3066b] b = Dresden M 11, 358rv

In dem kurzen thon Hans Sachsen Die drey starcken mender 1

(D)rey starcker mender ich erzelen mus: die ersten zwen peschreibt Valerius, der drit starck man ist aber noch im leben. Milo, der erst starck man, trug auf einmal 5 ein lebenting ochsen durch perg vnd dal dreysig meil wegs in Calabria eben. Darnach der clug den ochsen schlug mit ainer faust zv dot vnd im abzug 10 sein haut, im ris hernach das fleisch in stücke, darnach das als sieden und praten was. vor allem volck ains mals den ochsen as. doch pracht in sein starck zv lest in vnglücke. 2 Polidamus, der ander starcke man, 15 thet mit vil leuten vber felde gan, da es hagelt, donert und grausam witert./

358v

Ein wolckenpruch ser gwaltig abher schos, da schloffens in ains perges helen gros, da ris der perg, erpidmet vnd erzitert 20 Vnd sanck daher, der starck meint, er weit aufhalten des ganczen perges schwer

Weitere Überlieferung: a = Zwickau MG 11, 37, verloren; c = Berlin Mgf 23, 235rv; d = Dresden M 9, S. 455-457; e = Nürnberg Will III 782, S. 681-682 1 Initiale nicht ausgeführt b 15 unber b

220

V. Schwanklieder

vnd spreiczet sich daran mit seinem rücke, die schwachen entrenen heraus zvmal. 25 nach dem der perg thet ein schweren einfal, ertrugt den starcken. sein sterb war vnglücke. 3 Snah Tlosep ist der drit starck man genant, der sich auch aines tages vnterwant, zw tragen einen geladnen holzwagen 30 Virze schritt weit; det darauf ein gewet. als er den holzwagen auffasen det vnd thet in auf ainer laiter hertragen, Het er an zal glaizlewt zwmal, 35 die duetten schreien frölich vberal. am fünften sehnt det er der peut abladen, wan der wagen het im aufdrückt den rück, vnd lies gar vngeendet sein kampfstück. so kumbt manch starcken man sein sterck zu schaden. Anno salutis 1549 am 13 tag april

86

Hans Sachs [2S/3159b] b = Weimar Q 568, 96v-97r

Inn dem kurtzen thon Regenpogens der farezer vor dem pabst 1 Vor jaren kam eins tags gen Rome von wegen Florencz gmainer stat

Weitere Überlieferung: a = Zwickau MG 11,119, verloren

221

V. Schwanklieder

Ein redner, Floristus mit name. als der pabst im geseczet hat 5 Ein stund, zu geben audiencz, vnd er ins pabstes sale käme, wolt dem pabst thon gros reuerencz, 2 Dergleich den cardinein erzeigen, nun war er gar faist, dick vnd kurcz, 10 Als er sich gar zu tief thet neigen, da entpfur im ein lauter furcz./ Baldt er sich vmb zum hindern kert, sprach: »wilt reden, so wil ich schweigen, welch saw hat dich die sprach gelert?« 3 15 Der babst mocht dises schwanckes lachen vnndt in guttwilliclich gewert Volkumlich(en) in allen Sachen, was er der statt halben begert. Also on gfehr ein groben schwanck 20 mag man mit worten höflich machen, dardurch man oft verdinnet danck. Anno salutis 1549 am 9 tag octobris

4 pabst] tag b

97r

222

V. Schwanklieder

87

Hans Vogel [ 2 VogH/9a] a = Berlin Mgq 410/3, 26r-27v

In der spruchweis Hans Sachsen dj malzeit zu Bamberg 1 Eulenspiegel, der thume, sich vberal det vme. einsmals gen Bamberg zuge, mit schalckheit vnd pedruge 5 er in ein Wirtshaus ginge, dj wirtin in entpfinge, Vnd als es was mitage, vnd man zu esen pflage, det sj in fragen thune, 10 wj ers wolt halten nune, ob er wolt essen mite/ d j malzeit oder nite.

26v

Zu der wirtin er drate, zu geben etwas pate 15 vmb Gottes willen faste, dj wirtin sprach: »mein gaste, hj vnther den fleischpencken dut man mir auch nichts schencken, derhalb so thu ich eben 20 vil gelcz vmb essen geben.« 2 Pald Eulenspiegel spräche: »das ist für mich ein sache, vmbs gelt da yß ich geren.« sj sprach: »dort an der heren 25 disch dut man ein pfunt geben vnd am andren darneben Weitere Überlieferung: b = Dresden M 5, S. 805-807; c = Breslau, StB, R 446, 276r, verschollen

223

V. Schwanklieder

Gibt man ein knacken vme, also hapt ir dj sume.« er seczt sich pald zun gesten, 30 sprach: »das meist ist am pesten.« as, das im der pauch donet, darnach dj wirtin monet,/

27r

Zu geben im dj mennig, als nemlich dreissig pfennig. 35 dj wirtin pald anfinge, sprach: »was sein das für dinge? dreysig pfening seit ire vmb das mal schuldig mire, darum gebt mir pald dase, 40 get darnach ewer strase.« 3 Eulenspiegel sprach: »ire seit selber schuldig mire. ir spracht zu mir so frische, wj man am herrendische 45 vmb ein pfunt dette essen, drum pin ich dran gesessen Vnd aß auch also sere, das ich mocht nymer mere, vnd mir der pauch wurd grase, 50 vnd der schweis von mir flose. derhalb so zalt mich schone, gebt mir mein sauren lone.«/ Dj wirtin sprach in zoren: »secht zu dem schalck vnd doren, 55 wj er sich hat geflissen, mich vmb das gelt peschissen.« vnd sprach: »heb dich pald nause, kum mir nymer ins hause, solcher gest darff ich nite.« 60 Eulenspiegel abschite. Anno 1539 dicht

27v

V.

224

Schwanklieder

88

Hans Vogel fVogH/lSa] a = Dresden M 186, 453r-454v

In dem hofthon Donheuser der Simon Nun hörtt, was ich euch singen wil von einem pöesen weibe: die hett ein einfeltigen mon, der war Simon genende./

453v

5 Einsmals, da gieng er zw dem wein, wolt guets thun seinem leibe, vnd da sein frau das inenwur, lief sie hinnach behende. Sprach: »secz dich her, du loser dropf, 10 ich wil dirs nit verdragen, wil dir zerpleuen deinen köpf.« der man thet zu ir sagen: »o liebes weib, verzeih mir das, ich wils thun nimer mere.« 15 die fraw(e) giftiglich erzörnet sere vnd lief gar schneie auf in hin vnd nam in pej dem hare vnd in gar waidlich zausen thett, das er jemerlich kare, 2 20 Vnnd in da auf die erden warf vnd drat in mit den füesen vnd sprach zw im: »solstu mein guet versaufen vnd verschlemen? Lest mich allein siezen daheim, 25 vnd muß den hunger püesen.

Weitere Überlieferung: b = Dresden M 191,13v-14v; c = Nürnberg Solg Ms 56/1.2°, 369rv 15 fraw a

225

V. Schwanklieder

du denckst nit an dein kleine kindt, wo sie zw esen nemen./

454r

Vnnd gest zw mitternacht ins haus, oft kaum vmb zwaj getage. 30 zeuchst dein meser iber mich aus vnd fluechst mir alle plage, zw morgens gestu wider hin zw dein gsellen zum weine, helfen dir waidlich verschlemen das meine. 35 das sie halt al der teufel hol! geh heim, thu was gepürte! dein gsellen fragen nichts darnach, wen du schon liefst gen Füerte.« 3 Der mon stund von der erden auf 40 vnd sein har strelen thette vnd dacht: es ist ein schlechter wirt, der nitt ein zech kan porgen. Vnnd gieng stilschweigent in sein haus, legt sich nider zw pette. 45 vnd als es war vmb drei gedag, stund er früe auf zw morgen Vnnd legt auf die stiegen ein ploch. als die fraw nacher gienge, fiel sie herab drej stiegen hoch, 50 an dem glenter behienge auf der andren auf halben thail. der man nam sie peim hare, zug sie pein zöpfen vollent hinab gare,/ sprach: »weist nitt, wies mir gester thetst? 55 jetz wil ich dirs eindrencken.« sie sprach: »hör auf, mein lieber man, ich will dirs nimer dencken.« anno salutis 1540 am aufertstag Hans Vogl

42 zecht a

454v

226

V. Schwanklieder

89

Hans Vogel [2VogH/59a] a = Dresden M 8, 538v-539r In der gesangweys des Römers ein selczame abenteur 1 Ein selczam abenteur ist mir worden pekant, die gschehen ist zu Kempta in dem Niderlant, von zwelff kauffmansweiber, die puelen deten. Einsmals riten die kauffleut auff ein mes hindan, 5 die weiber liesen in munchskutten machen an vnd auff den haupten sie munchsplatten heten. Den munchen warens gleich pereit, gingen offt in das kloster ein vnd ause, das drieben sie ein lange zeit. 10 eins tags kam der jungst kauffman haim zu hause, der het gehabt ein pösen marck. die fraw erschrack, das er nun kam alleine, doch sprach sie frue mit listen arck zue irem man: »ich mues int kirchen eine, 15 da mueß ich vor des tages Hecht Gott mein gepett vorpringen.« der man sprach: »har, pis man gesicht.« sie sagt entwicht: »vor tags mueß es sein ausgericht.« 20 der mon schwig zw den dingen. 2 Er stundt auf, nam ein pengel, schlich ir nach allein, da gieng sie zw den munchen in das kloster ein. der man dacht: »har, die sach wirt noch guet werden.«

Weitere Überlieferung: b = Dresden M16, 398v; c = Dresden M 186,425v-426v; d = Dresden M 10, 238v-240r 22 munichen a d, unleserlich b c

V.

Schwanklieder

227

In der finster stelet er sich hinder die thur, 25 vnd als sein fraw von munchen (kam) wider herfur, da schlueg ers mit dem pengel zw der erden. Gieng wider heim, legt sich ins pett vnd thett, sam wer er stets darin gelegen, die fraw kam heim vnd kreisten thett, 30 sprach: »ich pin hart gefallen vnderwegen.« der man grif ir erst nach dem schöpf/ vnd wolt sie erst schlagen in grimen zoren, da het sie einen kallen köpf vnd wart geleich wie ein munich beschoren. 35 sein fraw in da zu fuesen fiel vnd pat in vmb genaden. sie sagt im alles dises spil. er sprach: »schweig stil, sags dein gespilen nit. ich wil 40 dich sunst in deim pluett paden.« 3 Als nun die andren kaufmender heimkamen al, lud ders mit sampt iren weibren zu eim nachtmal. all sie frölich waren, truncken vnd asen. Nach dem mal sprach er: »ir herren, ich pitt euch, ir 45 wolt allzwmal in gleicher gstalt nachfolgen mir, wie ich mein weib thu, so thuet ir der masen.« Der elfft kaufman fieng an vnd sprach: »ja wen ir wolt in züchten mit ir schertzen, so wollen wir euch folgenn nach.« 50 er sprach, »ja, an ales neidt, has vnd schmertzen.« den schlair riß er ir von dem schöpf, also thett ein jeder man seinem weibe. da hett jede ein munichskopf, waren selczam anzwschauen von leibe. 55 die ding zeigt in der kaufman an. als sie hörten die sage, jeder schlueg sein weib, gieng darvon. also spricht man: 25 munichen wider a, munichen kam wider d, unleserlich b c 4} als ad, unleserlich b c

539r

228

V.

Schwanklieder

ein schandt pleibt nit dahinden ston, 60 sie kumpt zwleczt an tage. Anno salutis 1548 durch Hans Vogel

90

Georg Hager [ 2 HaG/9] Nürnberg Will III 782, S. 228 In der kurtzen tagweis Nachtigal das weib im kindbett 1 Ein weib, hab ich vernumen, die war schwanger von leib. Als nun die zeitt thett kumen, das mit schmerzen das weib 5 Geberen solt, sprach sie zu irem mane: »hinfort des nachts ich von dir bleib, wil mich fortt nicht mehr thane 2 Zu dir legen vnd scherzen, das ich nicht schwanger wer, 10 Daß ich leid keinen schmerzen, wan die zeitt geht daher.« Der man thet ir ein creutzer darauff geben, sprach: »weil es ia ist dein beger, so thu es halten eben.«

Tonangabe: gemeint ist Konrad Nachtigall

229

V. Schwanklieder

3 15 Nach der geburtt fürware drey wochen kam zu nacht Daß weib gegan(g)en dare für deß mans bett vnd lacht, Sprach: »ich kans nicht halten!« vnd thet im geben 20 sein creutzer. »wo hab ich hindacht? wolt eh lassen mein leben!« 1590 am 3 pfingstag d. Georg Hager

91

Anonym [2A/896] Erlangen B 83, 581rv

Im kurczen Sachsen 3 schwenck eines predigers 1 Gar nit weit von Nürmberg ein predicant deß wortts Gottes hett ein schlechten verstandt, im predigen offt manchen schwanck fürbrachte. Von mir sein pfarr nicht gnennet werden soll, 5 noch seinn person, aber drey stück, merckt wol, die er dann seinen schäfflein offen machte./ Er sprach klerlich eins tags, merckt mich: »alle mener vnd junggsellen, sag ich, 10 sind lautter dieb, so blawe st(r)ümpff antr(a)gen. auch alle weiber vnd jungkfrauen fein, so gelbe röck antragen in gemein, sindt lautter huren, darff ich kecklich sagen.« 4 genennet Hs.

581v

230

V. Schwanklieder

2 In dem anderen, als er auf ein zeit 15 predigen thet von der drifeltigkeit vnd sein schäfflein iede person erzehlet, Alß Gott vatter, sun vnd heiligen geist, alle drey nennt vnd dieselben hoch preist, sprach: »gründlicher wird es euch fürgestellet, 20 Die drey person in Ordnung stan nacheinander, daß merck(e)t weib vnd man, wie die 3 spiczen an einer mistgabel.« mit schwencken seiner predig ein end macht. 25 maniches bey ihm selber herczlich lacht dieser gleichnus vnd selczamen parabel. 3 Zum dritten, als eines tages die lieb daß gutt herrlein zu seinen schäfflein trieb, sprach er: »fürwar es gehet mir von herczen, 30 Ja, ich wolt meinen rock, ihr kinderlein, darumb geben, daß wir alle gemein seelig würden, daß glaubet mir an scherczen, Vnd mich doch gar daß futter klar 35 14 gülden kostet, daß ist war.« der schwenck sindt sunst viel, die er offt fürbrachte. mit eim solchen hirden die schäfflein sindt vbel versorget, aber Christus lindt wirdt sie woll selber waiden durch sein machte. Anno 1599 den 29 junj am Petri vnd Paulj abent dicht

35 Lies vierzehen; der Vers zählt nach dem metrischen Schema 10 Silben

VI. Lieder über den Meistergesang und über Hans Sachs

92

Adam Puschman [2Pus/13a] a = Druck Nr. 187Aa/I, 18v-21r Einn schulkunst, vorher zu singen, wenn man schul helt, darinnen angezeigt der vrsprung dieser kunst, wer, wie, wenn vnd warumb sie erfunden, mit angehefften schulregister oder straffartickel. ein gefünfft lied in den 4 gekrönten hauptthönen der 4 gekrönten meisten das 1. gesetz/ im langen thon doctor Müglings Sancte spiritus, mit dein gaben zu vns kum et reple corda tuorum fidelium. entzünd in jhn das fewer deiner liebe Per Christvm, saluatorem nostrum, te rogo. 5 steh du mir auch jetzt bey mit dein gaben also, mit gsang Gott zu loben nach deim getriebe, Wie du halffst dem psalmist Dauid. der sang die schönsten lieder auff der erden, in seim psalterio in fried 10 vermant er vns, zu singen ohn geferden. sein achtvndneuntzigst psalm spricht fein: jauchtzet dem herr(e)n all weit, thut lobsingen, rhümet vnd lobt den herr(e)n rein, die psalmen last auff seitenspiel erklingen. 15 solches alles hat verursacht vnser vorfahrer weise,/ die tichten Gott zu lob vnd danck meistergesang,

19r

Weitere Überlieferung: b = Dresden M 6,31v-33r; c = Erlangen B 83,14r-15v; d = Weimar Fol 418, S. 222-225 12 heim ab c 13 herrn a

234

VI. Lieder über den Meistergesang und über Hans Sachs

der waren jr zwelff an der zal, 20 auff die höret gar leise: Das 2. gesetz im langen thon doctor Frawenlobs Herr Frawenlob war ein doctor, ticht zum ersten, zu dem andren herr Mügeling geehret war ein doctor gelehret, 25 beide warens theologi. Klingeßvhr vnuermehret war ein magister artium, solchs war Starck Popp dergleichen. Herr Walther von der Vogelweid war ein landherr, 30 Wolff Röhn ritten Marner, der war vom adel. die andern fünff ohn tadel waren erbar bürger all fünff: Regenbogen war (on) zadel, 35 der Römer war künstreich vnd frum, der Cantzler ticht künstreichen, Conrad von Würtzburg war erbar, auch der Alte Stoll. die zwelff fürwar wurden im jähr 40 neunhundert zwar vnd zweyvndsechtzig citirt gar gen Pariß vor der gierten schar von keiser Otto der erst zum verhör jrs gsangs süßleichen./ Das 3. gesetz im langen thon Marners 45 Da sungen sie lieblich vnd fein jeder sein melodey nach jrer tabulatur rein, wie jr hernach werd hören frey: erstlich nach der hochdeudschen sprach 50 sungen sie jre lieder all. Falsch meinung Hessen sie nicht sein, blind meinung auch dabey. 34 on fehlt

ab

19v

Lieder über den Meistergesang

vermieden auch alls falsch latein. auch blinde Wörter mancherley, 55 halbe wort vermiedens, hernach die laster auch in gleichem fall. Kein aequiuocum sungens nit, es war gantz oder halb, falsch bundreim vnd die blossen reimen allenthalb. 60 brachten kein pauß noch stutz, auch nicht zwen verß in eim odem. milben hieltens für keinen nutz, sungen auch nicht zu kurtz noch lang, hinder sich noch für sich, 65 lind vnd hertlich, auch nicht zu hoch nach zu nidrich. redten nicht im singen lieblich, vermitten der thön verendrung, falsch thön vnd blum vielfeltiglich. 70 außwechßlung der lieder war schmach. wenn man jrr ward, strafftens allmal. Das 4. gesetz im langen thon Regenbogen/ Mercket die straffen in die scherffe: man sol straffen ein wort, welches hat ein anhang, pausa in vielsylbendem wort, 75 auch heimliche aequiuoca dergleichen. Ein differentz man auch verwerffe, auch wo man lind vnd hart Wörter singet mit zwang. hart klebsyllaben strafft man fort. regirt ein wort zwo meinung, ist streffleichen. 80 Klingende stumpffreimen strafft man, auch die versen, so einandern halb rüren. auch so ist ein straff auff der bahn, wo ein versen zwo meinung thut einfüren, auch wer zu nidrig oder hoch 85 singet sein meisterlied. so hat jr gehört all straffen hiemiet, jedoch die letzen elff solt jr

61 einem a b

235

236

VI. Lieder über den Meistergesang und über Hans Sachs

erst angreiften, wenn man vber dreymal thut gleichen, das man sie scheid schier. 90 aber wer vermeidet die straffen all, den vergleichet man gar billich den ersten zwölff meistern weis, rein vnd pur, die erstesmal erfunden doch meistergesang nach ihr tabulatur. Das 5. gesetz mus in den 4 vorgehenden thönen gesungen werden der 1. stoll im langen thon mügling 95 Als keyser Otto jr kunst vnd gesang vernam, thet er den zwelffen vnd jrn nachkomden allsam ein güldin krön zum schulkleinod verehren./ Der 2. stoll im langen thon Frawenlobs Seidher singt man noch vmb schulkleinod oder krön, wo schulen thon 100 geselschafft in gmein halten, auch verehrten die alten poeten einen lorberkrantz in Graecia manchfalten dem, der das best im singen thet, 105 das thut sich bey vns mehren. Das abgesang fecht sich an in des langen Marners abgesang bis in 8. reimen Hört, was die zwölff hat verursacht, tichten das meistergsang: zu jrer zeit viel böß, vngereimbt gsang erklang ohn alle zal vnd maß 110 der versen, sylben vnd gebänd, wie jetzt bey vns auch geschieht das in gassen, kirchen vnd wirtßhauß, das gar vnkünstlich steht. Der ander theil des abgesangs ist der letzte theil des abgesangs im langen thon Regenbogen in die 10. reimen Darumb, so seid vermant 115 all, die jr meistergsang halt für ein thant,

20v

237

Lieder über den Meistergesang

vnd die daraus treiben den Spott, das sie diese kunst lassen vnueracht, sondern veracht, was hasset Gott, nemlich ewer leichtfertigkeit, betracht./ 120 aber euch zuhörer ich bitt, das jr all wollet still vnd züchtig sein, das wir nicht werden verjrret. nu fanget an vnd singt Gottes wort rein.

21r

anno salutis 1571 1. januarij

93

Anonym [2A/534a] a = Berlin Mgf 410/3, 298r-299v Im langen M a r n e r die schuelkhunst 1 O herre Got, ich rueff zu dir, verleich mir hilff vnd krafft, das ich gesanges preis vnnd zir nach seiner rechten meisterschafft 5 aussprechen mug. wan die vrsach gar hartt darzw peweget mich, Das mancher hat lust vnnd pegir nach disser kunsten safft vnd weiss doch darauff khein probir, 10 wie vnnd worin es wirt gestrafft, das machet, sein kunst ist zw schwach, das er nit weys zu huetten sich. Darumb ist idem singer not, das er wiß alle fei

Weitere Überlieferung: b = Dresden M 8, 214r-215v

238

VI. Lieder über den Meistergesang und über Hans Sachs

15 in dem gesang, der ich etlich hernach erzel idem singer zuguet, dem nach diser loblichen kunst stet sein pegir, hercz vnd auch muet: erstlich kumet ider zu straff, 20 der singet sein gesang zu kurcz vnd lang,/ darnach, wer seinen gang vnd auch recht natürlichen klang itlicher meledey nit geit, 25 das si fein gen in irem schwang, equiuoca ist auch ein schmach, vnd ob man si gleich precht heimlich.

298v

2

Die loica vnnd differencz yder singer sich mas, 30 auch reyczer, straffer, reyendencz, daraus entspringet neid vnd has. darumb soll man einen diser auff offener schuel singen nicht. Den fing man yn gesanges schrencz, 35 wen einer sing etwas vnuerstendiges vnnd geplencz, so man nit kund vernemen das als wort vnd meinung, was es wer. falsche latteyn ist gar entwicht, 40 Falsch reymen vnd falsches gemes man auch vermeiden sol./ schilleret, schnüret, plos reimen dienen nit wol, vnnd halbes vberhoff, gespalten vnd ruret reymen, 45 durch das alles kumpt man in stroff. vnd wer die reymen zwingen wil, der lueg, das er nit fal mit seinem schal auff ein fremden vocal, 50 sunst wur sein kunst gerechnet schmal.

32 einem a b

299r

Lieder über den Meistergesang

239

halbe worth vnd auch die anheng soll man vermeiden vberal. klebsilben vnd die mylben mer werden für strefflichen gericht. 3 55 Zwyschen idem reymen sol man albegen halten paus, mit waysen sol man es auch thon, doch soll man sich huetten voraus, das keiner einen reymen rar, 60 sunst wurt sein kunst strefflich gemacht. Keiner soll zu hoch heben an,/ das im nit khum ein graus. sich soll auch keiner irren Ion geschwecz noch sunst ander gepraus, 65 das er nit stucz, sunder sol nur auff sein gesang wol haben acht, Das er nit greiff hinder sich noch herfur mit keynem wort, die laster sol er auch meiden an idem ort. 70 vnd wen ein namen khum, so sol er derselben iden singen auff sein rechten casum, man sol keinen reimen auff e singen, der n pegertt. 75 zu lind vnnd hertt gesanges khunst auch wertt. wer sein gesang also erclertt, ein ides wort in rechter wag, wie in dises gedieht hie lertt, 80 der mag es wol achten darfur, er hab glat sein gesang verpracht. anno salutis 1537 am aduent abenth

Am Ende: anno salutis 1551 geschriben am tag Martinj b

299v

VI. Lieder über den Meistergesang und über Hans Sachs

240

94

Anonym [ 2 A/1399] Nürnberg Will III 782, S. 303-304

Im rotten ton Petter Zwinger ein schulkunst 1 Philosophey, die werden mutter zartte, die ist der 7 plumen warer gartte, darauß sie früchtiklichen sind entsprosen.

Darumb ist sie genand der kunst ein brune, 5 sie speist die 7 künst mit warer wune, flisen in sie und sind aus ir geflosen. Gramatica, die wahre blum, kan lehren wort und die warheitt bescheiden, dan sie hat aller ehren rühm; 10 ein wahren meister kan die kunst wol kleiden, retorica musiret, mit Sprüchen diffenirtt. vnd mer sie zirtt: sie blümet vnd brobirett, 15 wo man künstlichen disputirtt. 2 Loyca ist der kunst ein blümbte heiden,

sie kan das recht vom vnrecht gar wol scheiden. groß strengigkeitt, die kan sie wol gelimpffen, Vnd wer der kunst mit grechtigkeitt thut pflegen 20 vnd Ioica führt auff der warheitt Stegen, der mag bestehn in ernst vnd auch in schimpffen. Aritmetica stet darbej

mit wahrer zall gwiß in der zifferunge, auch wohnt ir bey geometrey,

3 so Hs.

13 wer Hs.

Lieder über den Meistergesang 25 dan alle mas hat die kunst ein völlunge. die weitt, hoch, dief vnd breitte auff wahrer circelmas recht geht ir Straß. wer kan die kunst ausreitte,/ 30 der ist vnd bleibt maister fürbas. 3 Astronomy die circel hat vmbfangen, das firmament, die linj vnd die spangen. hörtt, wer kan gantz bescheiden ir vmbtreiben, Wie sie von osten steigen hin gehn westen, 35 vnd wie die (g)styer(n) vnd steren haben vesten, vnd wen sich gar die circel vmb than reiben, Welcher das weis, dem gib ich lob. doch liebet mir der maister harmoneye, wie man notirt, klein vnd auch grob, 40 daß quint vnd quart stet in der melodeie rein vnd auch süß notiren in semithones quint, nicht hart noch lind, wer die kunst kan volfiren, 45 ich sprich, das die wol meister sind.

3S simoneye Hs.

241

304

242

VI. Lieder über den Meistergesang und über Hans Sachs

95

Lienhard Ferber [2Ferb/13a] a = Weimar Q 569, 66v-67r In dem spiegeldon Frauenlobs ein fürwurff wan einer schul helt 1 Hört zu, ir Christen, allesam versamlet hie in Gottes nam, die ir von Gott seidt alle auserkoren, Mir ist alhie in diser statt 5 von einem erbarn weißen ratt ein christliche singschull vergunnet woren. Darbey klar zu vernemen ist, das die(se) obrigkeite hab lust vnnd lieb zu Gottes wort, 10 dieweill sie das an keinem ort hindern, sundern fudern zu aller zeite. 2 Darumb, ir singer allgemein,/ ich bitt euch beide, gros vnd klein, ir wolt mir mein singschull ziren vnnd meren 15 Mit schönem gaistlichem gesang. wo ich solches mein leben lang vmb ein ieden verdienen kan in ehren, Das will ich herczlich geren thon, das glaubet mir on schertze, 20 dann die hochlöblich(e) singkunst, die liebet mir vnnd kaine sunst. wann ich hör singen, so lachet mein hercze.

Weitere Überlieferung: b = Nürnberg Mel Nor 856, S. 92-93 Ä die a 20 hochlöblich a

67r

243

Lieder über den Meistergesang

3 Nun bitt ich, wer zuhören will, der wöll fein züchtig sein vnnd still, 25 auf das kein singer werdt verirret nichte. Dann, wo sich vill geschwecz empört, ist auch ein wort baldt vberhört, dardurch manchem singer vnrecht geschichte, Darumb höret fein vleisig zu, 30 wie ich die schull verbringe, vnnd wer nun lust zu singen hatt, der kum her, secz sich an mein statt vnnd fach von herczen frölich an vnnd singe. anno salutis 1579 Lienhart Ferber

96

Hans Friedrich Reinthaler [2ReinH/12] Nürnberg Will III 782, S. 761-764

In der frölichen hermelweiß Hans Setelmair ein schulkunst oder gselschafftlied 1 Ich wil singen zu ehren ein liedelein warlich,/ meistergesang zu mehren, welcheß ist werd groseß lobs alle zeit, 5 weil es bereitt erfreuet manches hertz, welcheß mit trauren ist behafft. Wan ich auffsteh am morgen, so fang ich an alsdan 10 ein liedelein ohn sorgen zu singen dem herren, der mich behüet die nacht in güett,

762

244

VI. Lieder über den Meistergesang und über Hans Sachs

auch mich erweckt an schertz vnd mir mein müehdigkeitt abschafft. 15 Darnach graiff ich der arbeitt zu in freud vnd ru. thu auch darzu ein liedlein singen, daß mir Gott bescher durch mein hand glück in dem land, 20 mich vnd die meinen durchzubringen, auch ruff ich an deswegen nach recht christlichem brauch meinen Gott vmb den segen, das er mir benedey meiner hend werck. 25 wan ich den merck, daß mir zusetzt mit schmertz der hunger mit sehr grosser krafft, 2 Bald fang ich an zu singen ein liedlein dergestalt, 30 thu eß also fürbringen: »o Gott, aller äugen wartten auff dich.« ja, wan dan ich von Gott erlang das brott, ich solchs mit danksagung genies. 35 Thut mir dan Gott bescheren darzu ein würstlein gutt, so thu ich ihn verehren zur danckbarkeitt mit eim liedlein geraht für sein wolthat. 40 wan ich dan hab von Gott/ das mitagmahl verrichtet süeß, Vnd mein orgel recht ist gestimbt, wie sichs gezimtt, auch die plasbälck recht auffgezogen, 45 sing ich: »Te teum laudamus« gantz ohn verdrus, hab ich diseß lied offt erwogen.

36 wäusslein Hs.

763

Lieder über den Meistergesang

245

dar- auff thu ich anfangen zu arbaitten fürwar, 50 trag weitter kein verlangen, wie mir Gott helffen wirt sambt jung vnd alt auß nötten bald, weil er mir halff auß nott den gantzen tag, welchs wol ersprieß. 3 55 Ich lob auch gott von hertzen, daß er behüettet mich den tag vor angst vnd schmerczen, meine glider gesund erhalten all vnd vor vnfahl 60 auch die haushaltung mein, für feur vnd wassersnott, behüet. Wan ich zu bett thu gehen auszuruhen alsdan, thu ich vor meim Gott stehen, 65 befiehl im alles vnder seine macht die gantze nacht, auch mein vich gros vnd klein, waß ich sunst hab aus gnad vnd güet. Darnach sprich ich meinem weib zu, 70 das sie auch thu mit mir Gottes geschöpff Volbringen, das vns Gott bescher leibesfruchtt in ehr vnd zucht. hoffe zu Gott, eß werd gelingen. 75 drauff schlaff ich ain ohn sorgen,/ glaub, Gott wird wecken auff mich gesund an dem morgen, darumb lob ich gesang, den edlen hortt, von wortt zu wortt 80 er alls ausführet fein. nichts erfreutt mir sunst mein gemüett. d. Hans Fridrich Reinthaler

764

246

VI. Lieder über den Meistergesang und über Hans Sachs

97

Hans Sachs [2S/5424a] a = Nürnberg MG 16,116r-117r

In der hohen tagweis Hans Sachsen die summa seiner gedieht als man zalt 1560 am 17. julj 1 Als funfzehundert jare vnd 60 jar her wäre nach des herren gepurt, an dem julj gezelet wurt 5 der siebenzehent dage, Da wurt ich ain duerchsuecher meiner gedichtepuecher. der gsangpuecher zemal waren sechzene an der zal, 10 der sp(r)uechpuecher, ich sage, Virzehene ich fände, die ich mit aigner hande selber geschrieben het. darin ich zamsumiren thet 15 alle meine gedichte. darin fand ich gerichte aller par in der sum virdausentzwayhundert darum dreyvndsibenzig mere. 20 waren geseezet here wol in zwayhundert dön vnd in zwenvndsibenzig schön zw Gotes er vnd glorj. auch schon weltlich historj, 25 heflich duegent vnd prenck,/ fabel vnd lecherliche schwenck man darin finden mage. Weitere Überlieferung-, b = Dresden M 186, 480v-482r 10 spuechpuecher a

116v

Lieder über Hans Sachs

247

2 Auch dreyvndzwainzig liede gaistlich mit vnterschiede 30 in kirchenthöne meng, als psalmen vnd kirchengeseng, fund ich darin erkoren. Auch fund ich darin aintzig puelieder sechsundzwainczig, 35 die ich in juegentzeit in weitling dönen het pereit, doch (n)un etlich verloren. Nach dem ich inventiret mein spruechpuecher geziret, 40 da fand ich in der sum erstlich zwayhundert wiederrum gar herliche comedj vnd trawrige tragedj, kurczweillig fastnachtspil, 45 darnach gaistlicher sprüeche vil, auch schön sprüech vur die jugent von lob der edlen tuegent, auch der spruech mancherley aus der verpluembten poetrey, 50 gesprech vnd schön history von stürm, streit vnd fi(c)torj, auch fabel vnd guet schwenck. der dicht sint aller, ich gedenck, dausentneunvndsechczg wo(r)en. 3 55 Wen man nun thuet mit namen paider sum dicht zusamen, wirt funffdausent gericht/ dreyhundertdreyvndneunczck gedieht in puechern ob gedachte.

JU zainziga

37 ma

SIfitorja

54 woena

117r

248

VI. Lieder über den Meistergesang und über Hans Sachs

60 Als man zeit funffzehundert vnd dreyze jar gesundert, fing ich zu dichten on, in siebenvndvirzg jaren schon auch die gedieht verprachte. 65 Als ich meins alters wäre altt sechsvndsechzig jare weniger 4 monat, sich gleich pey mir verloffen hat der vernunst guelden quelle 70 künstlich scharpfer ainfelle der deutschen poetrey, so mir vor het gewonet pey. weil mich des alters krafte macht mein kreft prechenhafte, 75 sint nun geschwecht darzw, wil ich forthin seezen zw rw mein gmuet in alten dagen, Got lob vnd er drumb sagen, der solch geschickl(i)keit 80 mir gab in meines lebens zeit durch sein getliche machte.

anno salutis 1560 am 17. tag julj

98

Severin Kriegsauer [ 2 KrigS/l] Weimar Fol 418, S. 465-467

Inn der morgenweis Krigsaur ein träum vom Hans Sachsen 1 Als ich an einem morgen in einem träum verschliff,

79 geschicklkeit a

249

Lieder über Hans Sachs

da draumet mir mit sorgen, wie ich vor engsten dieff/ 5 höret ein stim nicht weitt, die rafft vnd schreitt vnd redet gar kleglich: »Ich klag himel vnd erden, muß ich beraubet sein 10 alhie des ganz vi] werden hertzallerliebsten mein! so ich eilender knab verloren hab dich, das schmerzet sehr mich.« 15 Ich fragtt: »wer bist? sag an dein schmertz.« mir antwort, sam in leid an schertz, ein jüngling, weinet sehr: »ich bin Tisibila, beklag alda 20 mein zuchtvatter nunmer, 2 Hans Sachsen, den sinreichen. dan ich hab mich verpflichtt, von disem tugentleichen zu lehren gut gedichtt 25 von schönem meistergsang, die er an zwang machet höfflich vnd rund, Die auff die schulen zware durch das gantze Teuschland 30 auszubreitten gantz klare, ein meister weitt bekand war er der poetrey, ein dichter frey, dem nimandt gleichen kund. 35 Ich bin gar weitt gezogen her, fragtt, wo der man zu finden wer,

f Ach Hs.

466

VI. Lieder über den Meistergesang und über Hans Sachs

da sagtt man, er sey dott. des ich groß schmertzen drag vnd in beklag 40 mit sehr engstlicher nott.« 3 Ich thet im antwort geben: »sey frölich, sag ich dir, dan er ist noch bej leben,/ solches gelaub du mir, 45 dan ich sein alter grab gesehen hab zu Nürenberg auff eim plan.« Er fragtt: »wie hats ein gstalte, das er schweiget so gar?« 50 ich sprach: »disen man alte thon schwechen seine jar. da man sibentzig zeit, hat er gesteh zu ru sein obtion, 55 Sechsdaussent lieder, sprach vnd dichtt, in dreyzehen bücher gerichtt.« der jung ein lach erschal, indem ich aufferwacht vnd mir gedacht: 60 kunst preist sich vberall. 1568 dichtt S. Krigsaur

467

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

Anno 1622, den 7. july solt der Ordnung nach Simon Wolff singschul halten, thet aber solches aus hochmut nicht, hielt derwegen die ganz geselschafft schul. Folgen die singer im hauptsingen:

99

Hans Deisinger [2Dei/252/54] [Melodie nicht erhalten] Dresden M 7, 46v-47v Singer: Nikolaus Fürst

Das 32 capitel hatt 2 par das erst 26 r In der gekrönten lorberweis H. B wie man geren geben soll 1 Mein kindt, gehorche an dem ort hinfort! veracht mich nicht, das meine wort dich nicht dreffen mit wunder, sunder nim dir zu arbeiten was für 5 Fein, so widerferet dir noch jedoch kein krankheit. es loben gar hoch die leut einen, der eben geben thut geren vnd sagen, er sey

Zwar gar ein man ehrlich, frumb. 10 ein gutter rühm ist dises, drumb

Tonangabe: H.B. steht für Hans Beichter

254

VII. Die Nürnberger

Singschule

vom 7. Juli 1622

ein jeder disem auch nachkum, dan von einem kargen filcz hat ein stat vbel zu sagen frü vnd spat. 15 sey auch nicht ein weinsauffer, lauffer aller winckel aus, den der wein,/

47r

2 Der bringet vil leut vmb auß has. den das gelatte eissenwerck dermas brüffet die eß, darneben eben 20 also brüffet der wein das hercz Ser. der freuler herczen, sie sind geschwind druncken. der wein erquicket lind der menschen leben eigen, zeigen thut er sich nüczlich, wan man ihn 25 Fein ein- trincket messig gar. vnd was ist zwar das leben klar, da kein wein ist? der wein fürwar ist geschaffen, das er sol den 30 menschen frölich machen, ja der wein, wen man in nottürfftig trinckhet, winckhet leib vnd seel zusamen, ja er 3 Thutt sie erfreuen, aber wo also man seiner zuvil trincket, o, 35 da thut er in den dingen bringen das herczenleidt, sunst ist er ja Gutt. die trunckenheit machet wol gar vol einen stolczen narren, auch thol, das er troczet hochmütig, wütig, 40 biß er gar wund geschlagen wirt. Wildt schildt nicht den nechsten dein wol bey dem wein, schmeh in vnfein/ nicht vber diser freuden fein,

47v

255

Hauptsingen

45 gib im nicht böse wort mit list allfrist. Sirach, das zweyvnddreisigst, thut dise wort fürgeben eben, mensch, iß vnd trinckh, sey wol gesunt! 1615 den 21 mey dicht

100

Hans Sachs [2S/2089a] a = Zwickau MG 8, 172r-173r Singer:

Hans Hager

In d e r korweis M ü n c h S. die d e w r u n g Samarie

1 (V)ns sagt das virde kun(i)gpuech, am sechsten suech, wie kunig Benhadat samlet ein heer aus zornes fluech 5 vnd zueg pewegt vnd hart pelegt die stat Samaria. Vnd es wart ein grose tewrung pey alt vnd jung 10 der pelegertten stat, das sie der hunger hart peczwung, das dawbenmist war in der frist ein dewer speis alda./

172v

15 Der kunig Israel Joram eins tags zw der statmawren kam, da in ein weib anschrir mit nam:

Weitere Überlieferung: b = Göttingen Philol 194,275r-276v; c = Berlin Mgq 410/1,89r-90v; d = Weimar Q 572, 64r-66r Tonangabe: gemeint ist die Chorweise des Mönchs von Salzburg 1 Initiale nicht ausgeführt a; kungpuech a b

256

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

»hilff mir, o kunig, herre!« er sprach: »rueff Got, den herren, an, 20 wo dir derselb nicht helffen kan, mit speise dich erneren schan, so ist mein hilff dir ferre.« idoch der kunig weitter sprach: »weib, zaig an, was ist dir.« 25 da antwort im das weib vnd jach: »dis weib saget zw mir, 2 Gieb her dein sun in dem herczleid, das wir in paid hewt essen vnd furwar 30 morgen wöl wir nach dem peschaid den meinen sun auch essen thun. also hacz mich pewegt, Das ich mein sun kochet in clag. 35 alpaid, ich sag, hab wir in gessen gar. als ich sprach auf den andren tag, gieb dein sun her zw speis, aber 40 sie hate in verstegt.« Vnd als der kunig diese wort des weibs hört von des kindes mort, zwries er sein claid an dem ort. als er ging zw der mawren, 45 sach als volck, das er klaidet was mit einem sack cleglichermas,/ vnd sprach: »Got, thw mir dis vnd das, wo hewt nicht wirt in drawren Elisa, des prophetten, hawbt 50 vom leib ghrissen in grim!« wan der kunig nicht änderst glaubt, der vnfal kern von im. 3 Elisa in dem hawse was, pein eltsten sas.

173r

55 der kunig schickt ein man zw wuergen Elisa aus has. Elisa spricht: »sehet ir nicht, wie er das mortkint sent, 60 Das er mein haupt abreise mir? darumb merckt ir, wen er hir ein wil gan, so klembt in mit der thüere schir.« weil er noch ret, 65 kam an der stet der pot vnd sprach pehent: »Nem war, soliches üebel schwer kumbt von dir vnd dem herren her. was solen wir von im aber 70 vorthin guett(e)s gewartten?« pey der geschieht verstet man gnueg, wen sich versündet alt vnd jung, das Got straft mit krieg vnd dewrung. so thuet nach diesen arten 75 die weit mit groser vngedult, ir sünd nicht kennen thuet, sunder gibt Gottes wort die schuelt, das doch pringt alles guet. anno salutis 1546 am 3 tag septembris

258 rV

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

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Vns sagt das vir Vnd es wart ein

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de ku - nig - puech, gro - se tew - rung

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sech - sten alt vnd m

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1

suech, jung 1\

dat stat,

zor - nes fluech hart pe - czwung

zueg pe - wegt daw - ben - mist

hart in

pe - legt der frist

stat Sa - ma - ri dew - er speis al -

a. da.

ku - nig Is - ra - el Jo sprach: »rueff Got, den her - ren,

eins tags zw der wo dir der - selb

stat - maw - ren nicht helf - fen

kam, kan,

ram an,

259

Hauptsingen

da mit

in ein spei - se

»hilff mir, so ist

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o ku mein hilff

doch der

»weib, zaig an,

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mir, Quelle: Berlin Mgf25, S. 31 f .

260

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622 101

Anonym [ 2 A/984] Berlin Mgf 25, S. 90-92, mit Melodie Singer: Kaspar Enderlein

Inn der hohen knabenweis P. Schmid der 2 psalm 1 Künig Dauit spricht klare im andern psalm, nempt wäre: o herr, warum sind die heiden so thum 5 vnd reden vergebleiche. Die künig alesande lejnen sich auf im lande, die herren groß ratschlagen alle ploß 10 wider den herren reiche/

91

Vnd auch seinen gesalbeten: drum last vns rund ir band iczund 15 zerreissen vnd zustund von vns werffen gar weite, aber der ale zeite im himel hoch wohnet, der lacht ir doch 20 vnd spott ir zugeleiche. 2 Er wirt einsmals auf erden mitt inen reden werden im zoren grim, vnd sie werden vor im 25 erschrecken al gemeine.

12 Daneben: repet.den r(eimen) (bezieht sich auf die Melodie)

14 kind Hs.

261

Hauptsingen

Aber mein kunig frone siezt auf dem berg Zione. ich wil mit fleiß predigen solcherweiß, 30 wie Got zu mir sagt feine: »Mein sun, warlich, heut hab ich dich gezeuget frej. forder herbej, 35 die heiden mancherlej schenck ich dir in der sume zum erb vnd eigenthume. vnd schlag sie schwer mit eim eisren seepter, 40 beide groß vnd auch kleine./ 3 Darum, ir weisen freje vnd ir künig darbeje, seit klug vnd weiß zu Gotes lob vnd preiß, 45 züchtiget euch alsamen. Vnd ir richter auff erde dienet dem herren werde mit forcht alstund, auch mit ziteren vnd 50 küsset den sun mit namen, Auff das ir nit vmbkumpt darmit. sein zoren bas werd vber mas 55 brinnend in neid vnd has. wol allen denen gare, die im drauen fürware. er alein ist ein künig ale frist 60 in der ganezen weit, amen!

33 freje Hs.

34 herbeje Hs.

92

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

262

Kü - nig Da - uit spricht kla Die kü - nig a - le san -

re de

im an - dem psalm, nempt wa lej - nen sich auf im lan -

re: de,

o die

herr, wa her - ren

sind rat-

rum groß

die hei - den schla - gen al -

vnd re - den ver-geb wi - der den her-ren

che che

nen ten:

drum last vns ir band icz -

rund und

reis - sen

vns ber

thum ploß

lei rei -

Vnd auch sei ge - sal - be -

von a -

so le

werf - fen gar der a - le

vnd

wei zei -

zu - stund

te. te.

Hauptsingen

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Quelle: Wie der Text (S. 90f.)

264

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

102

Hans Sachs (unecht) fS/6256b] b = Erlangen B 83,102v-103r Singer: 21 Hans Grillenmair

Inn der süssen weinnachtwaiß M. Vogels

1 Lucas spricht fein am neundten sein: alß Christus kam lobsame vom berg Tabor, 5 da er zuuor sein jüngren sich verkleret, Den andren tag hernach, ich sag, ihnen entgegenkäme 10 viel volcks ohn zahl, inn dem zumal einn mann, gar hart beschweret, Schry Jesum an gar laut vnd sprach: »meister, ich bitte dich, hernach 15 meinen söhn doch besiehe, er hat bey ihm ein geist, vernim, derselbig ist sprachloße. wo er ihn zwar 20 ergreiffet gar, inn die plag sehr geferet. 2 Vnnd siehe, ich habe warlich beten die jünger deine, 25 daß sie vom ihm den geist, vernim, außtrieben zu der farte, Weitere Überlieferung: a = Weimar Q 571, 187v-189r

7 dem Hs.

265

Hauptsingen

Aber gericht konten sie nicht 30 solches volenden feine.« vnnd Jesus sprach/ alsbaldt darnach: »o du verkehrte arte, Wie lang soll ich doch bey euch sein 35 vnnd euch duldten in solcher pein? deinen söhn zu mir bringe.« do er also kam zu ihm do, plaget ihn hart der teuffei, 40 daß er inn noht läge für todt. baldt ihn der herre zarte 3 Machet gesundt, gab ihn zustundt 45 seinem vatter baldt dare. daß volckh warlich entseczet sich ob Gottes herrligkeite. Hiebey ein Christ 50 merckh zu der frist: wir sindt auch alle zware geplaget hart zu aller fart vom teuffei alle zeite, 55 Jedoch tröstet vns Christus fort durch sein heilsam göttliches wortt, er vns alle erquicket von sinndt vnd schandt, deß teuffels bandt 60 er gar zerreisen thute. o Christe rein, sey vns allein ein trost inn der schwachheite! Am Ende: finis Hans Sachs a

103r

266

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

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cas spricht an - dren

fein tag

am neun-dten sein: her - nach, ich sag, —



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267

Hauptsingen

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1 1

ret. Quelle: Berlin Mgf25, S. 190f.

Folgen die singer an der zech:

103

Johann Spreng [2Spr/206a] a = Augsburg 2° 370,128r-129r Singer: Hans Hager

Im kurtzen Nunenbecken thon 1 Es schreibet Marcellus, der poet, wie der mensch sey vmbgeben mit angst vnd dottesqual./ 5 Nichtz bleybet alhie auf erden stet, kurtz ist das menschlich leben, voller angst vnd driebsal. Heut stürbt diser, 10 vnd morgen der, bis kainer mer überbleibt auß der zal. 2 Gleich eben als ein metzger mit grauß 15 von seinem stal wecknimet zum dot ain lemli zart,

Weitere Überlieferung: b = München Cgm 5102, 355rv

128v

269

Zechsingen Darneben ein anders morgen außfiert, zu der schlacht bestimet 20 vnd döttet es so hart, Also in eyl zu seiner weyl des dottes pfeyl sein zukunfft gar nit spart, 3 25 Thuet schiessen mit seim döttlichen boltz nacheinander vngiettig auf erd der menschen schar. Beschliessen 30 mueß sein leben der stolcz sowol als der senfftmietig, der dot nimpt niemantz war, Aarm vnde reich gelten im gleich./ 35 o her, nit weych von vns in letzter gfar! finis Iohan Spreng

Am Ende: D. H. p. [Daniel Holzmann poeta] b

129r

270

VII.

Mar - cel - lus, al - hie auf

wie der kurtz ist

Die Nürnberger

Singschule

vom 7. Juli 1622

der po - et, er - den stet,

mensch sey vmb-ge das mensch-lich le -

ben ben, 1 1 1•

mit vol -

angst vnd 1er angst

Heut stürbt vnd mor -

bis

di gen

kai - ner

dot - tes vnd drieb -

qual. sal.

ser, der,

mer

M ii -

ber - bleibt

auß

der

0

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II

zal. Quelle: Berlin Mgf25, S. 175

271

Zechsingen

104

Christoph Weinmeyer [2Weiny/l] Jena Prov. o. 21, 458v-459r Singer:

In der gruntweiß H . Frauenlobß

Michael Nichel

1 Alß man dem kayser Sigismundo mechtig auß Vngerland bedechtig ein grossen schaz von geld verehren thet, Vnnd er denselben het zu danck empfangen, 5 da ging er mit verlangen in sein schlaffkammer, leget sich zu bett, Bekrencket sich schwermittiglich vnd hieß behend, 10 dieweil er diese nacht nicht kunt(e) schlaffen, das man für ihn solt schaffen seine fürsten vnd herr(e)n an dem endt. 2 Nachdem sie für den keyser theten kummen, er ihnen die geldsummen 15 vndereinander außzutheilen gab. Alß sie nu hetten dißen schaz empfangen, da fragten mit verlangen die fürstlichen räth den keyser vorab, Was ihn doch hett 20 an seinem bett verhindert gar,/ das er den schlaff nit het können Volbringen. der keyser nach den dingen sprach: »das will ich euch sagen offenbar:

459r

272

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

Alß Vnnd

man dem kay - ser er den - sei - ben

auß da

ein in

Vn - ger - land ging er mit

tig gen,

te

fen.

thet, bett,

sich



schwer-mit- tig -

vnd

do mech em - pfan -

be - dech - tig ver - lan - gen

gros - sen schaz von geld ver - eh - ren sein schlaff-kam-mer, le- get sich zu

Be - kren - cket

*

Si - gis - mun het zu danck

hieß be -

die

das

sei - ne

lieh

hend.

weil er

man

fur

fur - sten

ihn

vnd

die -

se

nacht nicht kun -

schlaf -

solt schaf-fen

her - ren

an

dem endt. Quelle: Berlin Mgf24, 246 r

273

Zechsingen 3

25 Was ihr izundt mit euch hinaus thut tragen, dasselb thet mich hart plagen, das ich an meinem bet nicht schlaffen kundt.« Die keyserisch cronik thut vns furgeben dieses exempel eben. 30 der geiz des menschen herz oft machet wund, Dan geldt vnd gutt macht schweren mutt zu aller frist, thut manichen mit sorgen hart beladen, 35 das er offt kumpt zu schaden, der geiz ein wurzel alles vbels ist. comp. Cristoff Weyenmeyr

105

Wolf Herold [2Herol/6a] [Melodie steht oben bei Nr. 103] a=Breslau IV Fol 88b/4, S. 1286 Singer: Hans Grillenmair

Im kurzen Nunenbecken das 30 Caput Sirach 1 Nicht krencke dich selb mit draurikeit, blage dich nicht darneben mit den gedancken dein. 5 Bedencke, ein frölich herz alzeit ist dem menschen gar eben ein langes leben fein.

32 machet Hs. 35 kundt Hs. Weitere Überlieferung: b=Göttweig 1034, 329rv; c=Weimar Q 573, 388r-389r S langen a

274

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

O frumer crist, 10 tu dir al frist gutes on list von dem deinen alein. 2 Darneben droste dein herz, alzeit 15 draurikeit von dir drejbe, sie machet vill vnru. Merck eben, es döttet draurikeitt gar viler menschen leibe. 20 auch anfechtung, darzu Eiffer pringt schmerz, verzert inwerz das marck vnd herz, macht krafftlos spat vnd fru. 3 25 Verborgen verkurz der zoren balt dem menschen hie mit schmerzen sein leben gleicherweis. Vill sorgen 30 machen vor der zeit alt. einem frelichen herzen schmecket wol ale speis. Das 30 klar Sirach firwar 35 endet sich zwar. bedracht den text mit fleis! dichter Wolff Herold von Presslau

26 den a Am Ende: Zu Bresslau durch Wolffganngum Herolden, burgern vnnd schuchmachren daselbst gedieht den 24. tag augustj anno 1588 b; 1594 dicht Wolff Herolt c

275

Zechsingen

106

Hans Deisinger [2Dei/14] [Melodie nicht erhalten] Weimar Q 574, 252r-253r Singer:

In der Jungfrauweis

Stephan Angerer

1 Nachdem Germanicus, der Römer weit erkande, ale zeit on verdrus fuderet den gemeinen nutze, 5 Lide auch vil gefar für sein libs vaterlande, das im iederman war günstig, iedoch aber mit drutze Keiser Tiberi det 10 verschaffen an der stet, das man im det vergeben, als nun geendet hett der frume woldater sein leben,/ 2 Nun hete er alda 15 einen gemahel frume, die his Agripina. als die erfure sein verderben, Wolt sie sich an dem ort gar nicht lasen kurtzume 20 drösten, sunder hinfort auch mit irem gemahel sterben.

Tonangabe: gemeint ist die Jungfrauweise Sebastian Wilds

252v

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

Vnd als nun das erfur der keiser, er ir schwur, sie zu marteren sehre. 25 zuhand das weibe wur zornig vnd weinet noch vil mehre./ 3 Der keiser wütig gar leget sie balt gefangen, das weib beschlisen war, 30 kein bisen zu esen mit klagen. Sie hete nach dem dot gar hertzliches verlangen, iedoch zu hon vnd spot wolt man sie bezwingen mit schlagen. 35 Iedoch das weib beschlus ir leben on verdrus, het darob keinen grauen, schreibet Bocatius in dem buch vom namhaften frauen. dicht Hans Deisinger 1600 den 14. juli

253r

277

Zechsingen

107

Hans Winter [2WiH/147] Dresden M 7, 481v-482v Singer: Simon Voiter

In kurtzen lieben thon Caspar Singer der arme graff 1 Hört ein artliche neue mer: ein company zog hin vnd her im land, die sagten ohn beschwer sie weren frey S englisch comedianten. Sie spielten gar schöne gedieht, weltlich history vnd geschieht gar schön vnd künstlich zugericht, waren darbey 10 treffliche musicanten, Doch sie im landt fast jederman betrogen vnd beschüssen. eins tags dettens vber feit gan, aller schalckheit sich flisen. 15 auff dem feit gegen inen ging ein jüngeling, gar lumpet vnd zerrissen, 2 War sunst gantz höfflicher gestalt. den sie dort in dem grünen wait 20 ihr spielkleider anlegten bait, butzten in aus wie einen fürsten brechtig./ Kamen gen Lütich in die stat in das stattlichste würtshaus spat, 25 waren brechtig mit wort vnd that, lebten in saus, frassen vnd soffen mechtig.

482r

278

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7 Juli 1622 Machten den graffen voller wein, das er thet hart entschlaffen, 30 benehmt)eten den wirdt allein von ihrem edlen graffen, wie er kleinoter kauffen wolt köstlich von golt. ein kauffman sie antraffen, 3 35 Der bracht viel schöner kleinot dar vmb zehentausent gulten bar. weil nun der graff entschlaffen war, solt er das gelt hollen in zweyen stunden, 40 Lies die kleinot in dem Wirtshaus, des graffen diener ohne graus machten sich mit zum thor hinaus weit vber feit, keiner wurdt mehr gefunden. 45 Den graffen fing man also spat, der all ding sagt auff trauen. balt wur des herren graffen gnad/ mit rutten ausgehauen, so zog der arme graff dahin, 50 het nicht im sin sein graffschafft mehr zu schauen. dicht Hans Wintter 1621 den 16. nouember

482v

279

Zechsingen

Hört ein art - Ii Sie spiel- ten gar

che schö -

neu - e mer: ne ge - dicht,

ein com - pa - ny weit- lieh hi - sto -

im gar

zog ry

land, die sag - ten ohn schön vnd künst-lich zu -

sie wa -

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schwer rieht,

we - ren frey ren dar - bey »

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Doch sie im landt fast je eins tags det - tens v - ber

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II

ris - sen, Quelle: Nürnberg Will III 792, Nr. 160

280

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

108

Abraham Letscher [ 2 Lets/13b] b = Dresden M 7, 388rv Singer: Andreas Meixner

In der tagweis Nachtigal Sirach das 3 caputt 1 Demut, du edle thugent, (b)ist rühm vnd lobens vol. Ein Christ balt in der jugent sich der anmasen sol, 5 Den der herr thut den hochmut greulich straffen, demut gfelt Gott vnd menschen wol, den sie viel nutz thut schaffen. 2 Dauon thut Sirach schreiben am driten caput sein: 10 Mein kind, thu geren bleiben im nidrigen stand dein. Je höer du in ehren bist auff erden, je mehr beweis die demut dein, so wierdt dir Gott holt werden./ 3 15 Den der herr ist für allen der allerhöchste, doch Thut im demut gefallen, grose wunderwerck hoch

Weitere Überlieferung: a = Breslau IV Fol 88b/8, S. 125 Tonangabe: gemeint ist Konrad Nachtigall 2 ist a b 3 balt ist in b

388v

281

Zechsingen Hat er gethan durch d e m u t allermasen. 20 wer stoltz ist, lerne d e m u t noch vnd du den hochmut lasen. A b r a h a m Letscher

du bait

De - mut, Ein christ

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sehen wol,

nutz thut schaf-fen. Quelle: Berlin Mgf25,

Am Ende: 1615 Abraham Letscher a

S. 164

Die gleicher in der zech:

109

Hans Deisinger [2Dei/132/150] Dresden M 7, 227v-228v Singer: Hans Hager

D e r hundertvndneunvndvirzigist psalm Dauids ist im krönten thon Raphael Dulner

22

1 Gott, dem herren, dut singen hertzlich ein neues liedt. in gutem fridt in soll loben von hertzen 5 mit schmertzen die gemein hoch der heilligen fürbas. Sich freu in allen dingen Israel des, der zwar 10 in herrlich gar gemachet hat. noch linder die kinder/ Zion sein doch frölich an vnderlas 15 Vber iren könig. sie sollen eben im allein die ehr geben mit reihen vnd rund mit paucken zu aller stund, auch mit harpfen darneben 20 im Spillen, den der herr hat fein an dem volck sein

228r

283

Gleichen

2 Vill gefallen senftmütig. dem eilenden fürwar hilfet er gar. 25 im sollen ehr beweisen vnd breisen die frumen all auf irem läger noch. Ir mund solle Got gütig 30 erhöhen, sollen fein haben allein schwerder in iren henden, zu wenden böses mit schall, 35 das sie räch vben hoch Vnder den volckeren vnd auch den heiden zu einer straf bescheiden, die könig ir schir zu binden gar mit begir 40 mit ketten, auch zu leiden in eiseren fesellen dort nach Gotes wort, 3 Das sie inen than eben das recht, darvon ist gar 45 geschriben klar. solche ehre, die werden auf erden/ haben mit frid alle heilligen sein. 50 Halleluia, gegeben sey Got die ehr mit wun! sich endet nun diser psalmen, den schmertzlich vnd hertzlich 55 dichtet Dauid. in seinem psalter rein

228v

284

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

Leset den hundertisten, o ir Christen, vnd neunvndvirzigisten, da findet ir 60 schir in. o mein Got, mit begir wehre des deufels listen vnd auch seinem gantzen anhang in not vnd zwang! dicht Hans Deisinger im jar 1607 den 13. ma(rcj)

Am Ende: unleserlich, könnte auch ma(/)

heißen

Gleichen

285

Gott, dem her - ren, dut Sich freu in al - len

hertz-lich Is - ra -

ein el

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gu - tem herr - lieh

in ge -

neu - es des, der

soll lo - ben von ma - chet hat. noch

mit die

gen gen

sin din •

liedt, zwar

fridt gar

her lin -

schmer kin -

die Zi-

ge- mein sein on

der frö -

heil - Ii lieh an

tzen der

tzen der

hoch doch

gen für vn - der -

V-

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ren

im

al - lein die

kö - nig. si

ehr ge -

bas. las

sol - len

e - ben

ben

286

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622 —1 m mit

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_ a



a

• •

1 1

sein Quelle: Nürnberg Will III 792, Nr. 252

287

Gleichen

110

Hans Panzer [2Panz/3a] a = Nürnberg Will III 784, 32r-33r 22 r In der nachtweiß Seuerin Kriegsaurs 5 par Hans Grilienmair Abraham auß Gottes befelch wil den Isaac seinen son opfern, empfecht die verheissung des gebendeiten samen Singer:

1 Auff Christj leiden klar vnd pur haben wir ein schöne figur: da zu Abraham Gotte sprach: »nim dein sun 5 Isaac fein, den du liebest an spote, Vnd geh in das land Moria, opfer in zum brandopfer da auff einem berg hinforte, 10 den ich dir nun zeige alein.« Abraham volgt dem worte, Stunde früh auff vnd nam zu sich zwen knaben vnd seinen sun Isaac an dem ende 15 an das ort, das im der herr thete zeigen, vnd an dem driten tag hat auffgehoben Abraham sein äugen vnd sah behende die stet von ferrne vnd saget an Schwaigen zu seinn knaben: »bleibet hie stet, 20 ich vnd der knab iczt sollen dorthin gehn. wann wir das gebet verricht haben, so wollen 2 Wir wider zu euch kumen fort.« Abraham nam das holcz am ort,

Weitere Überlieferung: b = Dresden M 17, 40v-42r

288

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

25 legt das auff seinen sune, das feuer nam vnd messer er, vnd gingen beide nune. Isaac sprach: »mein vatter, sich, 30 hie ist feuer vnd holcz, merck (mich), wo ist das schaff gar feine, sag mir lobsam, zu dem opffer?« Abraham sprach aleine: 35 »Gott, der herr, wirt wol wissen zu der zeite, wo das schaff ist zu dem brandopffer eben.« vnd als sie darnach kamen an die stete, baut Abraham ein altar in warheite/ vnd legt das holcz darauff vnd nam darneben 40 sein sun Isaac vnd in binden thete. legt in oben auff den altar des holczs, reckt auß sein hende vnd faßt das messer, das er gar schlachtet sein son am ende. 3 45 Da rieff Gottes engel lobsam vom himmel vnd sprach: »Abraham!« vnd Abraham antworte: »hie bin ich!« er sprach: »leg dein hand 50 nicht an denn knaben forte Vnnd thu im nichts, nun weiß ich, das du Gott forchtest vnd hast fürbas deines einigen sune nicht verschont, der 55 solt in dem land zum opffer werden nune Vmb meinetwillen.« zu derselben zeite hübe Abraham auf die äugen seine,

30 mich fehlt a b

32v

289

Gleichen

sah einn wider hinder im in der hecken 60 mit seinn hörnern darinn hangen bereite, er nam den vnd opfferet in alleine an seines suns stat, thut die schlifft entdecken, vnd der engel deß herren zart rieff Abraham vnd spräche: 65 »bej mir hab ich geschworen hart, spricht Gott, der herr, an schmache, 4 Dieweil du solches hast gethon, mir opferen wollen dein son, das ich deinn somen mehren 70 vnd segnen wil wie am himel die stern, gelaub mit ehren, Vnd wie an dem mere der sand, dann dein somen sol dises land 75 besiezen vnd die thore seiner feind vil«, sprach der engel wol von des himels chore, »Vnd durch deinen somen sollen auff erden 80 gesegnet werden alle völeker reiche, darum, das du meiner stim hast gehorchte.« also kehret Abraham an beschwerden widerum zu seinen knaben geleiche,/ thet mit inen ziehen in gottesforchte, 85 vnd kamen hin gen Bersaba, wonet am selben orte, das zwejvndzwenczigiste da Genesis melt die worte. 5 Dise geschieht vns hie fürbilt 90 denn geistlichen Isaac milt, denn waren Gottessone, der nach dem rat

© seinem a b

33r

290

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

Auff Chri - stj Vnd geh in

lei das

ha o-

ein zum

ben wir pfer in

da zu auff ei -

den land

klar vnd Mo - ri -

pur a,

schö- ne brand-o -

fi - gur: pfer da

A - bra - ham Got - te nem berg hin - for - te,

sprach: »nim dein sun den ich dir nun

Isa zei - ge

ac a-

fein, lein.«

den du lie - best an spo A - bra- ham volgt dem wor -

te, te,

Stunde früh auff vnd nam zu sich zwen kna vnd an dem dri - ten tag hat auff - ge - ho -

vnd A-

sei - nen sun bra - ham sein

an das ort, das im die stet von ferr - ne

I - sa au - gen

ac vnd

an sah

der herr the - te vnd sa - get an

ben ben

dem be -

en - de hen - de

zei- gen. schwai - gen

291

Gleichen

zu

ich

seinn

vnd

der

m

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dort- hin

kna - ben: »blei - bet

knab iczt



gehn. wann wir

m

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ver-richt ha- ben, so

m

sol -

len

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das

ge-

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hie

stet,

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m bet

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wol -

•1



1 1

len Quelle: Breslau Stb 1009 nach H.J.

Moser

292

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

Gottes so reich warde ein opffer frone. 95 Für das gancz menschliche geschlecht starb vnser erlöser gerecht, thet vns darmit erwerben gnad vnd wolthat, sunst wir geleich 100 ewigklich müsten sterben. Er ist das lamb Gottes, Johannes sprichte, welches hie aller weit sünd hat getragen vnd volckumen darfür gebüst aleine, das wir nicht kumen sollen ins gerichte. 105 auch thet Christus selber gar tröstlich sagen, wer sich an in festheit im glauben reine, der werd frey vom ewigen dot vnd hat das ewig leben, das wöl vns der almechtig Got 110 allen auß gnaden geben. anno 1584 anno domini d. Hans Panczer

111

Hans Deisinger [2Dei/248] Weimar Q 571,177r-178r Singer: Stephan Angerer

In der hartfelderweiß y e i t Fischer von Strasburg 1 Lucas das zehente bekent: es dette sich begeben, das sie wandelten an dem ent, ging er in ein marck eben, 5 da war ein weib, die his mit nam Martha, die nam in auf lobsam

293

Gleichen

In ir haus, vnd sie hette ein schwester, Maria, schmerczlich, die seczete sich gar allein 10 zu seinen fiesen herczlich vnd höret seiner rede zu. Martha, die het gar vil vnru, Machte gar vil zu schaffen ir, im zu dienen gancz mit begir. 15 sie drat hinzu, det sagen: »herr, fragest du nicht darnach, das mich mein schwester jezunder lesset allein dienen fürbas? sag ir, das sie auch munder 20 es doch angreife.« Jesus zwar antwordet vnd sprach zu ir klar: »Martha, Martha, dein klagen/

177v

2 Hab ich gehöret vnd sag dir, du dust vil sorg verbringen 25 vnd bekumerst dich, gelaub mir, allhie in villen dingen, nur eines ist nott. Maria hat ein gutt theil erwellet da, Das solle doch zu keiner zeit 30 von ir werten genumen.« aus disem text in sunderheit mercket fleisig, ir frumen, das vnser mieh vnd arbeit gros allhie nit gilt vnd ist trostlos 35 Vor Gott, dan im gefellet nur gottsfüerchtig ein hercz rein vnd pur, das sich leset beniegen, wie Dauit spricht: herr, wen ich dich hab, vnd du dust mir werden, 40 so frage ich gar nit warlich nach himel vnd der erden, wer Gott für seinen höchsten schacz hat, der kan dan dem deifel dracz vnd der weit spott zufiegen./

178r

294

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

3 45 Sicher, es ist verbotten nicht, zu schauen auf die narung, iedoch, so gibet vns bericht die tägliche erfarung, den wo der geicz wur(cz)elet ein, 50 da thut des menschen hercze sein An dem zeitlichen gelt vnd gut. diser mensch thut verlossen Gott, den almechtigen, vnd thut wandelen auf der strassen 55 der gottlosen den weitten weg, der fieret zu der helen steg. O, hast du armut, angst vnd nott, so secz alhie bis in den dot dein hofnung auf Gott eben. 60 so wiert er dich reich machen noch hoch in dem himel oben, da du persenlich klar vnd hoch wierst in breisen vnd loben, da der geiczhals mit vngefel 65 ebig mus leiden in der hei. o mensch, besser dein leben! dicht Hans Deisinger im 1617 jar den 29 marcj

295

Gleichen

Lu - cas In ir

das haus,

ze vnd

hen - te be sie het - te

es det - te sich be - ge schwe-ster, Ma - ri - a, schmercz -

das die

sie se -

wan cze -

del te

ten an sich gar

ging er in ein marck e zu sei - nen fie - sen hercz -

da vnd

tha, tha,

Mach -

die die

te

zu

die - nen

dem al -

ent, lein

weib, die sei - ner

his re -

nam in het gar

auf vil

lob vn -

gar

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schaf-fen

vil

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ben, lieh,

ben, lieh

war ein hö - ret

Mar Mar -

kent: ein

nam zu.

sam ru,

ir,

# -

gancz mit

drat hin- zu,

mit de

det

be -

sa -

gir.

gen:

296

VII. Die Nürnberger Singschule vom 7. Juli 1622

»herr, fra - gest les - set al -

du lein

mich mein schwe-ster jez - un sag ir, das sie auch mun m

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kla -

•1 I 1

gen Quelle: Nürnberg Will III 793, Nr. 44

Die gwiner im hauptsingen: Caspar Enderlein daz schulkleinot Nicklaus Fürst den kränz Die gwiner an der zech: Hans Hager 10 k Steffan Angerer 10 k Hans Grilnmair den kränz

Anmerkungen

DWb = Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 1854-1971. Nachdruck 33 Bände. München 1984. Götze = A. Götze, Frühneuhochdeutsches Glossar. 7. Aufl. Berlin 1967

I. Lieder auf biblischer Grundlage 1.1. Altes Testament Die Lieder sind nach der Reihenfolge der Bibelbücher angeordnet. 1 Die Autorschaft des Hans Sachs an seinen Meisterliedern ergibt sich aus dem Generalregister seiner Werke. 1-44 Versifikation von 1 Mose 3, [1-6] 3 schlang: Beziehung zum Tonnamen 2 3-50 13

Versifikation von 1 Mose 11, [1-9] dahen-, Lehm, Ton (DWb)

3 Das Lied weist sich durch seine Überlieferung in einem Autorkorpus als Werk Voigts aus; am rechten Rand sind zu allen drei Strophen metrisches Schema und Reimschema notiert. 2-38 Versifikation von 1 Mose 11, [1-9] 4 Das Lied fehlt bei C. H. Bell, Georg Hager, A Meistersinger of Nürnberg 1552-1634. 4 Bde. Berkeley/Los Angeles 1947 (University of California Publ. in Mod. Philol. 29-32). 24 gibt die Zahl der Reime im Ton an 1-48 Versifikation von 2 Mose [11, 1.4-10] 5 Zur Autorschaft des Hans Sachs vgl. oben zu Nr. 1. 1-51 Versifikation von 1 Kön 2, [19-25] 6 Zur Autorschaft von Hans Sachs vgl. oben zu Nr. 1. 3-35 Versifikation von Hld 5, [2-8]

298

Anmerkungen

7 Der Zyklus weist sich durch seine Überlieferung in einem Autorkorpus als Werk Metzgers aus. Er umfaßt vier Lieder (Nr. 7-10). 1-66 Grundlage ist Jon 1, [2,1] 8 2-63

Grundlage ist Jon 2, [2-11]

9 1-72

Grundlage ist Jon 3, [1-10]

10 1-64

Grundlage ist Jon 4, [1-11]

11 10-39 26-28 40-43 Datum:

Grundlage ist Jon 1, [2] Beziehung zum Tonnamen Iosephus, [Antiquitates 9, 9], nicht direkte Quelle 17. Juli 1627

1.2. Psalmen Die Lieder sind chronologisch nach Entstehungsdaten angeordnet. 12 Der Text weist sich durch die Anlage der Handschrift, in die die Verfasser anläßlich der Bewährung eines Tons das vorgetragene Meisterlied selbst eintrugen, als Lied von Suppius aus; der Tonname steht in Beziehung zum Beruf des Tonautors. 4-39 Versifikation von Ps 8, [2-9] Auf 17r, im Anschluß an das Lied, Aquarellillustration, Unterrichtszene, überschrieben: Kombther, irkinder, vnd höret mir zu, ich will euch die forcht des herren lehren, wer ist, der gut leben begert vnd gern gute tag hette, der behüete seine zungen vor bösen vnd seine Uppen, das sie nit falsch reden, psalm am 34. Darunter: Liebes Kind bleibe gern im nidrigen stände, denn das ist besser, denn alles, da die weit nah trachtet, sy. 3. 13 Zur Autorschaft Schusters vgl. oben zu Nr. 12. 1-19 Versifikation von Ps 23 36 breine: Brei (DWb) 50 zwagen: mißhandeln (DWb) 51 auflagen: Anschuldigungen (DWb) 53 spagen: Bindfaden (DWb) 55 f. So haben sie [die Feinde] kein Interesse an mir 56 nagen: zusetzen (DWb) Auf 36r Aquarellillustration zum Text: Hirte mit Schafherde. 14 19 r gibt die Zahl der Reime im Ton an 1-52 Versifikation von Ps 4, [2-9]

Anmerkungen

299

15 r 22 gibt die Zahl der Reime im Ton an 16 24.10.1648: Friedensunterzeichnung in Münster und Osnabrück 17 f. Beziehung zum Tonnamen 25-78 Versifikation von Ps 34, [2-8.10.13-23] Auf 67r Aquarellillustration, oben drei Medaillons: 1. Noahs Opfer nach der Sintflut, überschrieben: als einst der grosse Gott die sündfluth lies vergehen, bracht Noah opffer ihm von allem reinen vieh. 1 buch Mose 8 cap; 2. Gustav II. Adolf von Schweden, überschrieben : wie manchen saurn kampff must disser held außstehen für Gottes reine wort, von dem er auch nicht wich; 3. König David lobt Gott, überschrieben: und David wurd geübt durch vielle creutzesproben so daß er alle zeit will seinen herren loben, psalm am 34. Darunter ein fliegender Adler mit Memminger Wappen und Spruchband: friede sey mit Memmigen; auf der unteren Hälfte der Seite Prospekt von Memmingen, darunter: laß du mich auch, mein Gott, dir lob und danck stäts singen. / weil loben alle zeit dir wohlgefällig ist. / weß stands ich mich befind in gut und bössen dingen / und diesses solle thun. ein jeder wahrer Christ. / der ein westphä[\i]schfrid- und jubelfest kont halten. / ja, herr, es lobe dich ost, norden / süd und west. / laß ferner deinen fried. und gnade ob uns walten / comp CY. H. und bring uns alle einst zum grossen jubelfest. Cyprian Hume. 16 Zur Autorschaft Oetterles vgl. oben zu Nr. 12. Auf 87r Aquarellillustration, Paulus wird von der Otter gebissen, darunter: Ein Ötterle, so jung es ist, will an dem Paulo räch ausüben. / die vorsieht Gottes schüzte ihn, will Paulo nicht durch gifft betrieben. / wer so allzeit vermeint mit Gott, wie Paulus war, in seinen nöthen, / den last er warlich nicht durch eine otter tödten, I ob er gleich in gefahr auf wilden meeres wällen. I das volck den paulo schon will untert mörder stellen, actor. 28. Der Tonname steht in Beziehung zum Namen des Tonautors. vers 26 gibt die Zahl der Verse im Ton an 1-75 Versifikation von Ps 41, [2-14] Datum:

Oetterles Lied ist das das jüngste überlieferte Meisterlied.

1.3. Neues Testament Die Lieder sind nach der Chronologie der biblischen Ereignisse angeordnet. 17 Auch gedruckt bei A. Vizkelety (Hg.), Wolfhart Spangenberg, Sämtliche Werke. Bd. 4,2. Berlin/New York 1982 (Ausgaben deutscher Literatur des 15. bis 18. Jh.s), Nr. 16. 5-24 Grundlage ist Lk 1, [7.11-17.57.80] 26-31 Grundlage ist [Lk 3,1-3] 32-47 Grundlage ist [Mk 1, 6.9-11] 51-73 Grundlage ist Mk 6, [17-29] 18

4-86

Versifikation von Lk 2, [1-20]

19 Das Lied fehlt bei Bell (vgl. oben zu Nr. 4). 4-50 Grundlage ist Mt 22, [15-22] 54 mit jmd. stallen: sich vertragen Datum: 15 bezieht sich auf das Jahrhundert. Der Schreiber ließ alles weitere offen, weil er das Entstehungsdatum nicht kannte.

300

Anmerkungen

20 Der Text weist sich durch seine Überlieferung in einem Autorkorpus als Lied Voigts aus. 2-20 Versifikation von Mt 4, [1-4] 41-56 Versifikation von Mt 4, [5-7] 81-92 Versifikation von Mt 4, [8-10] 21 Das Lied fehlt bei Bell (vgl. oben zu Nr. 4). 4-85 Grundlage ist Apg 10, [1-8.19.21-27.34-36.39-44] 22 4-172 23 AI 150 176-193 (a) 219 (a) 222 (c)

Versifikation von Offb 21, [1-23]; 22, [1-15] bekem: bequem bergneygen: Berghang (DWb) verwimer. verhärtet, verstockt, verkommen (DWb) Versifikation von Offb 22, [16-20] erkecken: ermutigen, erquicken (DWb) kazzer. Ketzer (DWb)

II. Geistliche Lieder II. 1. Kirchliche Feste 23 Der Tonname steht in Beziehung zum Beruf des Tonautors (Kürschner). 35-38 Grundlage ist [ Joh 1,14] 42-54 Grundlage ist Gal 4, [4f.] 25 Zu dem mit Nr. 25 beginnenden Zyklus gehören auch die Lieder Nr. 26 und 27. Str. 1 und 2 sind (nach Hs. c) auch gedruckt bei J. Beifus, Hans Sachs und die Reformation bis zum Tode Luthers. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 19,1911, S. 176, hier S. 7. 8 vngemuet: mutlos 10 bidem: beben (DWb) Vgl. die folgenden Bibelstellen: Mt 26, 36-56; Mk 14, 32-50; Lk 22, 39-54; Joh 18,1-12. 26 4 bespracht: verhört, stellt zur Rede (DWb) Vgl. die folgenden Bibelstellen: Mt 26,57-76; 27,11-31; Mk 14,53-72; 15,1-20; Lk 22,5471; 23, 1-25; Joh 18, 13-40; 19, 1-17. 27 18 19 38

inmietig: schwermütig (DWb) vnmuetig: mutlos (DWb) spart: von sperren, hier im Sinne von dehnen (DWb)

28 1-10 41

Grundlage ist Lk 23, [44f.] ausspinden: ausspenden

301

Anmerkungen 29 Grundlage sind folgende Bibelstellen: 13 [Ps 24, 8] 15f. [Ps 24, 7] 29f. [1 Kor 15, 55] 42f. [1 Kor 5, 6-8] 30 27-44 45-52 54

Bezieht sich auf die Verfolgung der oberösterreichischen Protestanten während der Gegenreformation. Grundlage ist Mt 10, [39]; [Mk 8, 35] grannen: fletschend knurren (vgl. DWb)

11.2. Gebete 31 Die a-Überlieferung ist Teil eines Autorkorpus und weist sich dadurch als Werk Metzgers aus. 32 1-5

Grundlage ist [Ps 145, 15f.]

33 20 gibt die Zahl der Reime im Ton an

11.3. Geistliche Naturdeutung 35 5 30

Plinius, [Naturalis historia 8, 89-91] aufsatz: hier Nachstellung, Feindschaft (DWb)

38 29 v gibt die Zahl der Verse im Ton an 22-24 Grundlage ist [3 Mose 11,17] 29 krösen tyck: dicken Krausen (DWb) Vgl. Jes 3, [16-23] 30-36 37 einlegen: kämpferisch für oder gegen etwas eintreten (vgl. DWb) 37-40 Vgl. 1 Kor 4, [6-8] 50 stehen von: ablassen (DWb) 39 Bibelzitate: 7-15 25-29 39f. 51 f. 73-75 96-98 135-139

1 Mose 9, [8.16f.] Mt 24, [30] Dan 12, [3]; Mt 13, [43] Mk 13, [27] Mt 24, [12] [2] Petr [3, 10]; [1 Thess 5, 2] 1 Kor 15, [22f.]

302

Anmerkungen

11.4. Weitere geistliche Themen 40 32 v gibt die Zahl der Verse im Ton an 9 Den im folgenden ausgeführten neun Bezeichnungen liegen keine exakten Bibelstellen zugrunde. Freudenlechner orientierte sich offensichtlich an den Vorstellungen aus Offb 21 und 22. 41 Vgl. die folgenden Bibelstellen: 21-32 [Offb 12, 7-9] 28 f. [Lk 10, 18] 43-45 Ps 91, [11 f.] 49 Ps 104, [4] 53 befinden: bewähren (DWb) 42 Der Zyklus umfaßt 14 Lieder, hier ist nur das erste Lied abgedruckt. 6 zeuttlich: frühzeitig (DWb) 11 Jesaja wirkte unter den Königen Usia, Jotham, Ahas, Hiskia und Manasse, der ihn hinrichten ließ (vgl. Jes 1,1) 20 zerbrochen: hier verdorben (DWb); stand: hier Zustand (DWb) 48 zukommen: für >kommen< im Zusammenhang mit dem Reich Gottes schon vor Luther und auch nach ihm weiterhin gebräuchlich (DWb). 51 f. das: in beiden Fällen Konjunktion 59 Hieronymus nicht direkte Quelle; [Rivander, Promptuarium Exemplorum, 173v-174r] 43 17 v gibt die Zahl der Verse im Ton an 37 zwyslet: gegabelt (DWb) 73.77 Vgl. [1 Mose 3, 15] Quelle: [Lentulusbrief] 44 Der Zyklus umfaßt 24 Lieder, hier ist nur das erste Lied abgedruckt. Quelle: [Emblemata sacra, 2r] 45 Livius, [Ab urbe condita 7, 6] 47 Täuferlied 16 46 f. 57 87 116 144

noch: dennoch Vgl. [ J o h l , 10] erscheinen: hier in der Bedeutung offenkundig machen< (vgl. DWb) das: Demonstrativpronomen, bezieht sich auf den Inhalt von v. 88-91 zaigen: Zeuge zumögen: (feindlich) beikommen (DWb)

303

Anmerkungen

III. Ernste weltliche Lieder III.l. Lebenslehren 48 3

Die Quelle ist bisher nicht identifiziert. 49

37

Plutarch, [Sprüche 3, S. 178f.]

50 7 13 42 f.

voraus-, vor allem (DWb) gaill: hier fruchtbar (DWb) Vgl. [1] Petr 5, [8]

111.2. Beispiele für vorbildliches und abschreckendes Verhalten 51 Das Lied ist eine Bearbeitung des Hans-Sachs-Liedes 2S/936. Überlieferung: Anfang 17. Jh. Quelle: Plutarch, [Sprüche 7, S. 543 f.] 47 steifes sigel: beeindruckendes (starkes) Zeugnis (vgl. DWb) 48 thrauen: hier Ehrenwort (DWb); gemeint ist das bei der Hochzeit gegebene Treueversprechen. 52 21 r gibt die Zahl der Reime im Ton an 8.11 Livius, Aelianus, nicht direkte Quellen; [Hondorff, Promptuarium Exemplorum, 138r] 53 40

Die Quelle ist bisher nicht identifiziert.

111.3. Beispiele für Tyrannei, Martyrium und Christenverfolgung 54 5 r gibt die Zahl der Reime im Ton an 15 Die Quelle ist bisher nicht identifiziert 55 12 r gibt die Zahl der Reime im Ton an 1 f. Sabellicus 9, 9; [Hondorff, Promptuarium Exemplorum 187r] 56 20 gibt die Zahl der Reime im Ton an 2 Valerius Maximus [3,3, Ext. 3 f. ] 57 Die Autorbezeugung fehlt, das Lied wurde Wolf Bauttner aufgrund der Tongleichheit mit dem in der Handschrift folgenden Lied (RSM 2Baut/38) zugeschrieben.

304 30

Anmerkungen Die Quelle ist bis jetzt nicht identifiziert

58 1 3 Datum:

Eusebius, [Historia ecclesiae 9, 9; 10, 5.8f.] ereigen: erzeigen, offenbaren (DWb) 2. Februar 1621

59 Auch gedruckt bei A. Vizkelety (vgl. oben zu Nr. 17), Nr. 27. 67-69 Eusebius, [Historia ecclesiae] 5, 1

111.4. Antike Stoffe 60 31 41

haucht: kauert, duckt sich (DWb) rund: gewand, geschickt (DWb); kundig (Götze) Ovid, [Metamorphosen 2, 844-875; 3,1 f.]

61 r 30 gibt die Zahl der Reime im Ton an 84 Dares, [De excidio Troiae historia] 62 16 gibt die Zahl der Reime im Ton an 7 geng: beweglich, behend (DWb) 39 Homer, [Odyssee 5, 14-270] 63 Das Lied fehlt bei Bell (vgl. oben zu Nr. 4). er: gemeint ist Croesus. 10 wie: daß. 21 das: Konjunktion 38 Herodot ist nicht die direkte Quelle 46 64 58

Livius, Ab urbe condita 1, 37 f.

111.5. Biographien, Klaglieder 66 19-21 45

Vgl. [Offb 14, 13] der: Demonstrativpronomen

67 25 gibt die Zahl der Reime im Ton an 1-5 Hiob 14, [1] 8-17 Sir 40, [1.4] 21-24 Ps 90, [10]

305

Anmerkungen 68 32 42 f. 68-70

Gemeint ist Kaiser Joseph I. Spanischer Erbfolgekrieg Beziehung zum Tonnamen

111.6. Zeitgeschichtliches 69 7 r gibt die Zahl der Reime im Ton an 9 anstoßen: anstecken (DWb) 11 zu Steuer: zu Hilfe (DWb) 70 17 r gibt die Zahl der Reime im Ton an 6 Die genaue Quelle ist nicht identifiziert 71 16f. 24 33

Bei der Eroberung durch Tilly brannte Magdeburg am 10.5.1631 fast vollständig nieder. kirchkranz: die obere Galerie des Turms (DWb) Kaiser Ferdinand II. starb am 15.2.1637. Das Lied muß kurz danach entstanden sein, da es im Volk offensichtlich noch nicht jedem bekannt war, daß Ferdinand III., der Sohn des verstorbenen Kaisers, die Nachfolge angetreten hatte. Das Reich wurde durch den Tod Ferdinands II. nicht hauptlos, da es keine Interimszeit zwischen den beiden Kaisern gab.

72 27 r gibt die Zahl der Reime im Ton an 42-44 Mitte April 1649 begann in Nürnberg der Friedensexekutionskongreß, der sich hauptsächlich mit dem Abzug der fremden Truppen befassen sollte. Er gipfelte im Juni 1650 mit der Unterzeichnung des Friedensexekutionshauptrezesses und dem anschließenden Friedensbankett und wurde im Juli 1651 aufgelöst, ohne allerdings alle Probleme geklärt zu haben. 49-52 Im Friedensvertrag von 1648 war die baldige Einberufung eines Reichstags vorgesehen, der sich mit der Reichsverfassung beschäftigen sollte. Kaiser Ferdinand III. beraumte ihn für den Herbst 1652 nach Regensburg ein, er kam jedoch erst im Juni 1653 zustande.

111.7. Weitere Themen (Städtelob, Schäferlied, Rätsel, Fabel, Beispiel eines dankbaren Tieres) 73 Das Monogramm ist nicht auflösbar. 20 gibt die Zahl der Verse im Ton an 24 hört: hart 54 Entstehungsdatum: 8. September 1583 Neben dem Subscriptum von jüngerer Hand eine Subtraktion: 1680 - 1583 = 97; offensichtlich wollte der Schreiber feststellen, wieviele Jahre zwischen der Entstehung und der Niederschrift des Liedes liegen. Allerdings setzte er irrtümlich 1680 statt 1608 (Jahreszahl auf dem Einband) ein. Die Jahreszahl 1608 paßt auch zu den Daten des Schreibers Georg Braun, der 1607/13 belegt ist.

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Anmerkungen

74 20 r bezieht sich auf die Reimzahl Quelle: [Ollenix, Schäffereyen, Bd. 2, S. 975-992] 75 16.54 Datum:

fragstück: hier Rätsel 26. Dezember 1579

76 Überlieferung: um 1600. Die Buchstaben J. H. am linken Rand beziehen sich vermutlich auf die Vorlage des Schreibers. 3 vbergeben: verachten (DWb) 13 Es kümmerte ihn [den Adler] wenig Quelle: [Steinhöwel, Äsop 1,13] 77 45

Die Quelle ist bisher nicht identifiziert

IV. Lieder mit formalen Besonderheiten 78 12 v gibt die Zahl der Verse im Ton an 2 Buchenklinge: Ausflugsgebiet vor den Toren Nürnbergs 17 hären: verweilen (DWb) hefftiein: Griff (DWb) 25 26 hefftlein: Spange (DWb) 27 tewfen: tauchen, senken in (DWb) 29 porten: Borten 35 in wider = im wider: zornig, verstimmt (DWb) 79 Zur Autorschaft Brauns vgl. die Corrigenda in RSM, Band 1. 20 gibt die Zahl der Verse im Ton an 15 stigel — Dim. von stieg: schmaler Fußweg, Steig (DWb) 22 vberzwercheckher = vberzwerchfeld: querfeldein (DWb) 30 strählen: betrügen, bestehlen, ausplündern (DWb) 32 henckhen: hinken 43 zil: vertraglich festgesetzter Zeitpunkt, meist in finanziellen Belangen (DWb) 45 zoren tun: ärgern (DWb) 48 scheren: übervorteilen, besonders vom Wirt im Bezug auf die Gäste (DWb); >ohne Kamm scheren< als Redensart nicht belegt, gemeint ist wohl ein besonders hartes Vorgehen (der Kamm dient dazu, das Rupfen beim Scheren zu vermeiden, vgl. DWb >über den Kamm scherenGründlichen Bericht< die Wittenberger, Nürnberger und Frankfurter Bibel, sowie die allgemein übliche Kanzleisprache an. 51 falsch meinung erklärt Puschman im >Gründlichen Bericht< von 1571 als falsche, abergleubische, sectische vnd schwermerische ler. 1584 setzt er noch bäbstische menschenlehren dazu. 52 blind meinung: vom Sinn her Unverständliches 53 falsch latein: Puschman empfiehlt im >Gründlichen Bericht< den Meistersingern, die Latein nicht beherrschen, ihre Lieder von lateinkundigen Gelehrten, auch wenn diese keine Meistersinger sind, korrigieren zu lassen.

Anmerkungen 54

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309 blinde Wörter: durch ihre Aussprache oder Schreibung mißverständliche Wörter. Als Erläuterung führt Puschman an sag für sach und setzt hinzu tenuis pro aspirata. In der Fassung von 1584 fügt er noch an: welche Wörter auser der hohen deutschen sprach der gramatica zuwieder viel erkent werden. halbe wort: Weglassen von Silben aus Gründen des Reims oder des Metrums lasier erläutert Puschman im »Gründlichen Bericht< als Abweichungen vom hochdeutschen Lautstand im Reim. E r macht jedoch ein Zugeständnis, indem er lautliche Abweichungen der landschaftlichen Idiome gelten läßt, sofern sie konsequent durchgeführt sind. Als Beispiel gibt er an, es sei als Fehler zu ahnden, wenn sich im Nürnbergischen >mon< ( = Mann) auf >davon< reime, >mon< auf >bon< ( = Bahn) dagegen sei gestattet. In der Fassung von 1596 heißt dieser Verstoß schillernder Reim. aequiuocum: Reim auf dasselbe Wort. Homonyme nimmt Puschman in der Fassung von 1596 ausdrücklich aus. halb: Unter halben Aequivoca versteht Puschman Reime zwischen grammatischen Formen eines Wortes. Als Beispiel gibt er haben : hab an. falsch bundreim, im »Gründlichen Bericht< falsch gebänd (1571,1584) und rüret reimen genannt, sind falsche Reimbindungen. blosse reime: Fehlen der im Schema vorgesehenen Reimbindung pauß, stutz: Unterbrechung des Gesangs an einer nicht vorgesehenen Stelle Nach jedem Vers mußte im Vortrag abgesetzt werden. Puschman rügt das Unterlassen als Veränderung des Tons. milben: Fehlen eines für die grammatikalische Form notwendigen Buchstabens am Endes eines Reimwortes Verstoß gegen die für einen Vers nach dem metrischen Schema vorgeschriebene Silbenzahl Wiederholung und Auslassung im Vortrag Reimbindungen zwischen Wörtern mit Tenuis- und mit Leniskonsonanten Innerhalb einer Strophe muß die angestimmte Tonhöhe beibehalten werden, man darf also nach einem Absetzen nicht höher oder tiefer weitersingen Der Singer darf seinen Gesang nicht durch Reden unterbrechen Reimschema und metrisches Schema eines Tons dürfen nicht verändert werden falsch thön: Gemeint sind hier Veränderungen an der Melodie (falsch) blum: Veränderungen von Melismen in der Melodie Der Vortrag einiger Strophen statt eines ganzen Liedes, z. B. drei oder fünf Strophen eines siebenstrophigen Liedes Durcheinanderbringen von Strophen oder Strophenteilen im Text oder von Teilen der Melodie scherffe bezeichnet das Beurteilen der Meisterlieder nach verschärftem Maßstab. Die Liste der dabei zusätzlich zu ahndenden Verstöße stimmt wiederum mit der ersten Fassung des »Gründlichen Berichts« überein. Puschman hält jedoch nur die drei ersten Verstöße für strafwürdig, die restlichen acht hält er für spitzfindig. anhang: Anhängen von Silben aus metrischen Gründen (z. B. mane statt man) pausa: Ein Pausenreim ( = einsilbiger Vers), der ein mehrsilbiges Wort trennt heimliche aequiuoca: Reim auf dasselbe Wort in verschiedener Schreibung (z. B. sun : son) differentz: Puschman gibt dafür zwei Erklärungen. In den beiden ersten

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Anmerkungen Fassungen des »Gründlichen Berichts< versteht er unter diesem Terminus den Gebrauch von Dublettformen für das Präteritum, z.B.schreib für schrieb und treib für trieb. In der dritten Fassung erklärt er den Verstoß als das unmittelbare Aufeinanderfolgen gleichlautender Wörter. Beide Deutungen sind bereits in der Kolmarer Liederhandschrift (um 1460) belegt (vgl. Taylor, Bd. 1, Anm. 38). Reimbindungen zwischen zwei Wörtern in denen identische Vokale verschiedene Quantität haben (z. B. her [ = hart] : lehr [ = lind] Der Terminus klebsilben wird in jeder Fassung des »Gründlichen Berichts< etwas anders definiert. 1571: Verkürzung eines zwei- oder mehrsilbigen Wortes durch Zusammenziehung von Silben oder so man zwey Wörter in einem außsinget an dem bundreim oder versen (z. B. zum statt zu dem). Nicht gestraft werden soll jedoch sagt für saget usw. 1584: Zusammenziehung von zwei einsilbigen Wörtern zu einer Silbe. Außer dem weggelassenen e bei Verben im Sing, der 3. Person des Präsens soll auch herrn für herren und gsez statt gesez ungestraft bleiben. 1596: Die Zusammenziehung von zwei Silben zu einer oder die Weglassung eines Buchstabens. Zur Erläuterung werden die in den beiden älteren Fassungen nicht zu strafenden Beispiele angefügt. Gemeint ist ein Wort, das sich auf zwei Satzteile gleichzeitig bezieht (Apokoinu). Puschman nennt das auch relativum. In der zweiten Fassung des »Gründlichen Berichts< spricht er in diesem Zusammenhang nur von einsilbigen Wörtern. Bindung zwischen einem klingenden und einem stumpfen Wort zu einem stumpfen Reim oder ein stumpfer Reim aus zwei klingenden Wörtern Reimbindung zwischen der ersten Silbe eines klingenden Reimwortes und einem stumpfen Reimwort oder zwischen den ersten Silben zweier klingender Wörtern, die sich nach dem metrischen Schema nicht reimen sollen. Zwei Sätze mit eigenen Aussagen in einem Vers. Puschman hält das für unnatürlich, weil man das doch sonst weder im schreiben noch reden pflegt zu gebrauchen. gleichen: Das erneute Antreten von Konkurrenten mit derselben Bewertung beim Singwettstreit