Zehn Jahre reformiertes Urhebervertragsrecht: 1. Josef Kohler-Symposion 9783110304688, 9783110304619

Ten years ago, new provisions for compensation claims were adopted as part of the reform of German copyright law. Ten ye

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German Pages 168 Year 2013

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Grußwort
Grußwort
Tagungsbeiträge
Urhebervertragsrecht 2012 - Eine Zwischenbilanz
Schutzzweck des Urheberrechts und angemessene Vergütung
Beteiligungsgrundsatz und Fairness - Warum das Vertragsrecht ungeeignet ist, die soziale Frage der Urheber zu lösen
Gemeinsame Vergütungsregeln als kollektives Instrument
Alternative Lizenzierungsmodelle unter Beteiligung der Verlage und Verwertungsgesellschaften
Arbeitnehmererfinderrecht und Arbeitnehmerurheberrecht
Urhebervertragsrechtsreform oder die Leiden der Kreativen? -Schlussbetrachtungen
Diskussionsbericht
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
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Zehn Jahre reformiertes Urhebervertragsrecht: 1. Josef Kohler-Symposion
 9783110304688, 9783110304619

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Zehn Jahre reformiertes Urhebervertragsrecht Völkerrecht de Gruyter Lehrbuch

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Zehn Jahre reformiertes Urhebervertragsrecht 1. Josef Kohler-Symposion

Herausgegeben von Eva Inés Obergfell

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Prof. Dr. Eva Inés Obergfell, Humboldt-Universität zu Berlin Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT.

ISBN 978-3-11-030461-9 e-ISBN 978-3-11-030468-8 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2013 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Datenkonvertierung und Satz: jürgen ullrich typosatz, 86720 Nördlingen Druck und Bindung: Hubert & Co GmbH & Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.de

Vorwort

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Vorwort Vorwort Vorwort Dieser Band beschäftigt sich mit dem Streitthema der urheberrechtlichen Teilhabe. Es geht um die Teilhabe der Schöpfer urheberrechtlicher Werke am Verwertungserlös, der aus ihren Werkschöpfungen in aller Regel mit Hilfe von Verwertern – Verlagen, Filmproduktion und –vertrieb, Musikproduzenten und Sendeunternehmen, etc. – generiert wird. Der Urheber soll die Früchte seiner Werkschöpfung zumindest auch (neben anderen) ernten. Er soll nicht gänzlich leer ausgehen, wenn sein Werk ausgewertet wird. Ist es besonders erfolgreich, so scheint es legitim, den Urheber an diesem Erfolg seines Werkes teilhaben zu lassen. Der Gedanke der Teilhabe soll entsprechend auch für ausübende Künstler in Bezug auf ihre Darbietungen gelten. Durch die Urhebervertragsrechtsreform im Jahr 2002, die erstmals Vergütungsansprüche im Urheberrechtsgesetz erwähnt, wurde diese Zielsetzung der Urheberbeteiligung am Verwertungserfolg besonders prononciert, nachdem zuvor lange um die passende juristische Ausgestaltung gerungen worden war. Zehn Jahre nach der großen Urhebervertragsrechtsreform, die das Urheberrecht in Bezug auf den Rechtsverkehr zwischen Urheber und Verwerter auf neue Füße stellen sollte, wurde an der Humboldt-Universität zu Berlin und dem Josef Kohler-Institut für Immaterialgüterrecht das 1. Josef Kohler-Symposion veranstaltet, um eine Zwischenbilanz zu ziehen. Unter dem Titel „Zehn Jahre reformiertes Urhebervertragsrecht“ diskutierten am 4. Oktober 2012 namhafte Referenten mit einem hoch spezialisierten Publikum aus Wissenschaft und Praxis über die noch immer brennenden Fragen der Austarierung einer angemessenen Urhebervergütung und ihrer praktischen Durchsetzung. Referate und Diskussionen drehten sich v.a. um folgende Fragen: Haben sich die Erwartungen in die gesetzliche Neuregelung erfüllt? Wo sollte gesetzlich nachjustiert werden? Welche Praxiswirkung zeichnet sich ab? Welche Auswirkungen haben die Richtlinienpolitik der Europäischen Union und die Rechtsprechung des EuGH auf das Urhebervertragsrecht? Mit diesem Tagungsband sollen die Ergebnisse des Symposions einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Herausgeberin dankt der VG WORT sehr herzlich für die großzügige finanzielle Förderung, durch die eine Dokumentation der Tagungsbeiträge wie auch der begleitenden Diskussionen in diesem Band überhaupt erst ermöglicht wurde. Sowohl bei der Veranstaltung des Symposions als auch bei der Vorbereitung dieses Tagungsbands wirkten vielerlei „hilfreiche Hände“ mit, ohne die eine solche Unternehmung schlechterdings nicht gelingen kann. Besonderer Dank gebührt vor allem – und stellvertretend für das gesamte Lehrstuhlteam –

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Vorwort

meiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Frau Anne-Luise Riedel, die in vorbildlicher Weise die organisatorische Gesamtverantwortung für das Symposion getragen hat. Sie hat dankenswerterweise ebenfalls die redaktionelle Betreuung des vorliegenden Bandes übernommen. Mit Freude und Dank erfüllt es uns, dass die Bundesministerin der Justiz, Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, und die ehemalige Justizministerin des Landes Sachsen-Anhalt sowie Berliner Justizsenatorin a.D., Frau Karin Schubert, diese Tagungsdokumentation mit ihrem Grußwort begleiten. Allen Referenten sei schließlich dafür gedankt, dass sie sich der zusätzlichen Mühe unterzogen haben, ihren Tagungsbeitrag in eine Druckfassung zu bringen. Den Diskussionsbericht hat meine wissenschaftliche Mitarbeiterin Nina Elisabeth Herbort angefertigt. Auch ihr gebührt mein herzlicher Dank. Für die zügige Drucklegung im De Gruyter Verlag geht schließlich der Dank der Herausgeberin und Autoren an Frau Katharina Stosno sowie Frau Birte Treder und Herrn Jan Schmidt. Berlin, im März 2013

Eva Inés Obergfell

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Vorwort | V Inhaltsverzeichnis | VII Abkürzungsverzeichnis | IX

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Grußwort | 1 Karin Schubert Grußwort | 3

Tagungsbeiträge | 5 Eva Inés Obergfell Urhebervertragsrecht 2012 – Eine Zwischenbilanz | 7 Karl-Nikolaus Peifer/Christopher Nohr Schutzzweck des Urheberrechts und angemessene Vergütung | 25 Axel Metzger Beteiligungsgrundsatz und Fairness – Warum das Vertragsrecht ungeeignet ist, die soziale Frage der Urheber zu lösen | 37 Paul Katzenberger Gemeinsame Vergütungsregeln als kollektives Instrument | 55 Christian Sprang Alternative Lizenzierungsmodelle unter Beteiligung der Verlage und Verwertungsgesellschaften | 75 Christoph Ann Arbeitnehmererfinderrecht und Arbeitnehmerurheberrecht | 85

VII

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Inhaltsverzeichnis

Artur-Axel Wandtke Urhebervertragsrechtsreform oder die Leiden der Kreativen? – Schlussbetrachtungen | 101 Nina Elisabeth Herbort Diskussionsbericht | 129 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren | 155

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. Abs. a.F. AcP AfP Anm. ArbNErfG ArbuR Art. Aufl. BAG BB BeckRS BGBl. BGH BGHZ BR-Drucks. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE bzw. CR ebd. Einf. Einl. Erg.lief. Erw. EuGH Fn. f./ff. GeschmMG GG GRUR GRUR Int. GRUR-Prax GRUR-RR GWB h.M. Hrsg. i.S.d./e.

andere Ansicht am angegebenen Ort Absatz alte Fassung Archiv für die civilistische Praxis Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht Anmerkung Gesetz über Arbeitnehmererfindungen Arbeit und Recht Artikel Auflage Bundesarbeitsgericht Betriebs-Berater Beck-Rechtsprechung Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesrat-Drucksache Bundestag-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Computer und Recht ebenda Einführung Einleitung Ergänzungslieferung Erwägungsgrund Europäischer Gerichtshof Fußnote fortfolgende Gesetz über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (Geschmacksmustergesetz) Grundgesetz Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberecht, Praxis im Immaterialgüterund Wettbewerbsrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Rechtsprechungs-Report Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen herrschende Meinung Herausgeber im Sinne des/der/eines/einer

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Abkürzungsverzeichnis

i.V.m. JZ KG LG Ls. li.Sp. lt. m.w.N. Mitt. MMR m. (zust.) Anm. NJW Nr. o. OLG Patentbl. ProfE RArbBl. RegE re.Sp. RGBl. RGZ Rz. s. S. s.a. Tz. UFITA UrhG u.v.m. vgl. UWG WRP z.B. ZUM ZUM-RD

in Verbindung mit Juristen-Zeitung Kammergericht Berlin Landgericht Leitsatz/Leitsätze linke Spalte laut mit weiteren Nachweisen Mitteilungen der deutschen Patentanwälte MultiMedia und Recht mit (zustimmender) Anmerkung Neue Juristische Wochenschrift Nummer oben Oberlandesgericht Patentblatt Professorenentwurf Reichsarbeitsblatt Regierungsentwurf rechte Spalte Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randziffer siehe Seite/Satz siehe auch Teilziffer Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Urheberrechtsgesetz und vieles mehr vergleiche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Wettbewerb in Recht und Praxis zum Beispiel Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht: Rechtsprechungsdienst

Grußwort

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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, MdB Bundesministerin der Justiz

Grußwort Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Grußwort Sehr geehrte Damen und Herren, seit gut zehn Jahren ist das Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern in Kraft. Zuvor enthielt das Urheberrechtsgesetz lediglich rudimentäre Regelungen zum Urhebervertragsrecht. Schon deshalb hatte der Gesetzgeber in der amtlichen Begründung des Urheberrechtsgesetzes von 1965 die Notwendigkeit eines ergänzenden Urhebervertragsgesetzes unterstrichen. Wesentlicher Grundgedanke des Urheberrechts ist das Prinzip der angemessenen Vergütung. Für die Nutzung von künstlerischen Werken ist eine angemessene Vergütung der Kreativen unverzichtbar. Mit dem am 1. Juli 2002 in Kraft getretenen Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern wird dieser Grundgedanke gesetzlich abgesichert: Die Verwerter haben die Urheber angemessen zu vergüten. Was aber ist nun angemessen? Angemessen ist jedenfalls eine Vergütung, die zwischen Vereinigungen von Kreativen und Werknutzern in gemeinsamen Vergütungsregeln ausgehandelt worden ist. Ein Hauptanliegen des in das Urhebervertragsrecht eingefügten Instruments der gemeinsamen Vergütungsregel war es, Unzulänglichkeiten im Bereich von Individualverträgen nicht durch zahlreiche Einzelverfahren zu begegnen, sondern durch kollektive Regelungen. Der Gesetzgeber hat sich nicht angemaßt, für alle Branchen und Branchensegmente verbindliche Vergütungen festzuschreiben. Er ist vielmehr davon ausgegangen, dass die fachkundigen Verbände der Kreativen und der Werknutzer wissen, was angemessen ist. Gemeinsame Vergütungsregeln bieten für Kreative und für Werknutzer also die Chance, eng an den eigenen Interessen und Bedürfnissen orientierte Vereinbarungen zu treffen, die spezifische Schwerpunkte und Besonderheiten berücksichtigen. Mit dieser Aufforderung zur Selbstregulierung hat das Reformgesetz juristisches Neuland betreten, auf dem Rechtssicherheit und Rechtsfrieden gedeihen können. Die Reform des Urhebervertragsrechts war insgesamt ein wichtiger und notwendiger Schritt mit weitreichender Bedeutung für die Rechtsposition der Kreativen. Vor allem die Einführung eines bereichsübergreifenden gesetzlichen Vergütungsanspruchs stellt einen Meilenstein in der Geschichte des Urheberrechts dar. Hier ist die deutsche Reform Beispiel für Reformüberlegungen auch in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Natürlich ist anzuerkennen, dass sich nicht alle Erwartungen, die mit der Reform verbunden waren, erfüllt haben. So ist die Verständigung auf gemeinsame Vergütungsregeln bislang nur für einzelne Branchensegmente gelungen – etwa für die Autoren belletristischer Werke in deutscher Sprache und für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen. Jenseits dieser punktuellen Regelungen ist der primäre Regelungsansatz der Reform – ein engmaschiges Netz von Vergütungsregeln – aber noch nicht flächendeckend zum Tragen gekommen. Bis dahin sind die zahlreichen zum Urhebervertragsrecht ergangenen Entscheidungen der Instanzgerichte sowie des Bundesgerichtshofs als Anwendung desjenigen Instrumentariums zu sehen, das der Gesetzgeber den Kreativen für den Fall zur Verfügung gestellt hat, dass kollektive Lösungen scheitern. Die Reform sollte daher nicht insgesamt in Frage gestellt werden. Die Ausformung der mit der Reform getroffenen gesetzgeberischen Grundentscheidungen wird auch hier fortschreiten. Kreativ- und Werknutzerseite bleiben nachdrücklich aufgefordert, die vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Instrumentarien zu nutzen.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, MdB Bundesministerin der Justiz

Grußwort

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Karin Schubert Justizministerin des Landes Sachsen-Anhalt a.D., Senatorin für Justiz und Bürgermeisterin in Berlin a.D.

Grußwort Karin Schubert Grußwort Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Obergfell, sehr geehrter Herr Dekan Prof. Dr. Singer, sehr geehrte Spektabilitäten und Teilnehmer des ersten Josef-KohlerSymposions an der Humboldt-Universität in Berlin, ich bedaure außerordentlich, an Ihrem Symposion nicht teilnehmen zu können und die Bewährung des nunmehr schon zehn Jahre geltenden Urhebervertragsrechts zu diskutieren. Als ich die Diskussion des Gesetzgebungsvorgangs von den Vorschlägen des Max-Planck-Instituts in den 90-er Jahren über den Referentenentwurf des BMJ von 2001 zu dem „Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung der Urheber und ausübenden Künstler“ vom 22.03.2002 als damalige Justizministerin und spätere Justizsenatorin im Deutschen Bundesrat, dem Deutschen Bundestag und dem Vermittlungsausschuss begleitet habe, hatte ich noch keine Vorstellung davon, dass ich später als Rechtsanwältin auch auf dem Gebiet des Urheberrechts tätig werden und mit den Vorschriften des Gesetzes von 2002 erhebliche Schwierigkeiten haben würde. Sicherlich wäre ich den Bestrebungen der Verlage, der Verwertungsgesellschaften und der Medien, die Vertragsautonomie der Vertragspartner zu Lasten der Klarheit der Vergütungsregelungen im BMJ-Referentenentwurf, was den Umfang, die Art und die Dauer der abgetretenen Nutzungsrechte anbetrifft, stärker entgegengetreten. Heute ist die Rechtsprechung aufgerufen, die vielfach unangemessene Vergütung der Urheber zu korrigieren. Ein eindeutig vorgegebener Rahmen im Gesetz wäre sicherlich hilfreicher und sollte auch von Ihnen heute in abgewogene Änderungsvorschläge an den Gesetzgeber münden. Ich denke hier an eine Regelung der Sendeverträge, der Bühnenaufführungsverträge, der Musikproduktionsverträge und eine Regelung für Total-BuyOut-Verträge bestimmter Verlage und Sender. Mit Freude habe ich auch der Einladung zum heutigen Josef-Kohler-Symposion entnommen, dass Sie sich mit den Problemen des Arbeitnehmerurheberrechts und eines einheitlichen europäischen Urheberrechts-Rahmengesetzes befassen werden. Wünschenswert ist sicherlich eine einheitliche europäische Regelung des Urheberrechtes, wenn auch eine Einigung über internationale Grundsätze angesichts der InternetProblematik im Urheberrecht vorzuziehen wäre. Ich bin gespannt, zu welchen Ergebnissen Sie kommen werden. Bestimmt wird auch die am 30. November

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Karin Schubert

und 1. Dezember 2012 in Hamburg stattfindende 10. Jahresarbeitstagung „Gewerblicher Rechtsschutz“ des Deutschen Anwaltsinstituts e.V. davon profitieren. Ich wünsche Ihnen allen eine gewinnbringende Erörterung und Ergebnisse, die dem Praktiker den Umgang mit dem Urheberrecht erleichtern. gez. Karin Schubert Rechtsanwältin

Urhebervertragsrecht 2012

Eva Inés Obergfell Urhebervertragsrecht 2012

Tagungsbeiträge (Zwischentitel)

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Eva Inés Obergfell

Urhebervertragsrecht 2012

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Eva Inés Obergfell

Urhebervertragsrecht 2012 – Eine Zwischenbilanz – Eva Inés Obergfell Urhebervertragsrecht 2012 Wenn besonders laut gestritten wird, geht es stets ums Geld. Und im Urhebervertragsrecht, dem Thema unseres Symposions, wird laut gestritten. Im Kern geht es denn auch um die Bezahlung der geistig-schöpferischen Leistung des Urhebers, genauer gesagt: um die Vergütung urheberrechtlicher Werke und auch um die Vergütung von Darbietungen ausübender Künstler. Letzteres gerät in der Diskussion oftmals etwas in den Hintergrund. In dem seit Jahren geführten Streitgespräch über das „Ob“ und „Wie“ – vor allem das „Wie hoch?“ – der Vergütung gehen die Stimmen weit auseinander. Von dem ein oder anderen der auch an diesem Symposion beteiligten Diskutanten lassen sich etwa folgende Äußerungen zitieren. Ganz ernüchternd wird z.B. festgestellt: „Es ist eine Illusion, anzunehmen, dass durch das Urhebervertragsrecht die gegensätzlichen Interessen der Künstler und Verwerter ausgeglichen werden können.“1

Nach anderer Ansicht ist es aber gerade die „Gretchenfrage, ob er [der Urheber] an der Vermarktung finanziell beteiligt wird und seine ideellen Interessen gewahrt bleiben.“2

Wieder eine andere Stimme gibt zu bedenken: „Wer den am Existenzminimum darbenden Kreativen als Bohemien verklärt, spottet der schlechten materiellen Situation vieler Urheber Hohn.“3

In Bezug auf die Schwierigkeit der rechtlichen Regelung wird eine rechtsphilosophische Grundweisheit genannt:

_____ 1 Von Olenhusen Die Fabrikation der Fiktionen, in Schattenlinien, Nr. 8/9, Berlin 1994, S. 48, 52. 2 Wandtke in Adrian/Nordemann/Wandtke (Hrsg.), Josef Kohler und der Schutz des geistigen Eigentums in Europa, 1996, S. 113, 118. 3 Metzger/Jaeger GRUR Int. 1999, 839.

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Eva Inés Obergfell

„Wir können ein gerechtes Urheberrecht nicht einfach gestalten, weil einfach nicht gerecht heißt.“4

In die Niederungen der Verteilungskämpfe führt uns wiederum folgendes Zitat: „Bis heute streiten sich Autorengewerkschaften und Verwerterverbände mit Verve um die Größe ihrer Kuchenstücke, statt gemeinsam dagegen zu kämpfen, dass der Kuchen insgesamt nicht immer weiter schrumpft.“5

Und schließlich wird kritisiert, dass Urheber als „bloße Melkkühe gesehen [werden], deren Milch man gerne nimmt, während man die Futterrationen kontrolliert verringert.“6

In dieser Weise ließe sich fortfahren und eine buchfüllende Zitatesammlung zusammenstellen. Aber wenden wir uns den Grundfragen des Urhebervertragsund Urhebervergütungsrechts zu.

I. Urheberwerk und Vergütung – verfassungsrechtlich verbürgt? Die Frage der Vergütung hängt eng mit der Begründung des Urheberrechts überhaupt zusammen. Das gesetzgeberische Verständnis war bei Schaffung unseres Urheberrechtsgesetzes von 1965 ein Urheberrechtsverständnis des gesellschaftlichen do ut des. Urheberrechtliche Werke sollten geschaffen und die Entstehung dieser Werke vom Gesetzgeber befördert werden, weil man erkannt hatte, dass sie im Dienste der Gesellschaft einen beachtlichen Wert bilden. Das Interesse der Allgemeinheit an einem „ungehinderten Zugang zu den Kulturgütern“ wurde explizit anerkannt und in einen größeren Zusammenhang mit der Freiheit des geistigen Schaffens und den Urheberrechten gestellt.7 Garant und Katalysator der möglichst nicht abbrechenden „Produktion“ kreativer Werke

_____ 4 Peifer abrufbar unter http://irights.info/?q=content/karl-nikolaus-peifer-das-urheberrechtwird-zum-informationskontrollrecht (zuletzt abgerufen am 22.3.2013). 5 Sprang ZUM 2010, 116. 6 Neubauer Ein verlorenes Jahrzehnt – Zehn Jahre Urhebervertragsrecht, 2011, S. 8. 7 S. die Amtl. Begründung, BT-Drucks. IV/270 = Haertel/Schiefler Urheberrechtsgesetz und Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, 1967, S. 106.

Urhebervertragsrecht 2012

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sollte die urheberrechtliche Anerkennung einer Urhebervergütung sein. Ziel war dabei gerade auch der Werkzugang – der aber nicht auch zwangsläufig gratis sein muss, sondern umfassend der Kontrolle des Urhebers unterliegen sollte.8 Sinn des Urheberrechts sollte es nach Vorstellung des Gesetzgebers sein, „dem Urheber die rechtliche Grundlage dafür zu geben, Art und Umfang der Nutzung seines Werkes zu überwachen und diese von der Zahlung einer Vergütung abhängig zu machen“.9 Aufgabe des Urhebervertragsrechts ist es vor diesem Hintergrund, bei der Verwertung urheberrechtlicher Werke für die privatrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen Urhebern und Verwertern Rahmenbedingungen zu schaffen, die prinzipiell faire Verträge ermöglichen. Denn auch im Urhebervertragsrecht gilt grundsätzlich die Vertragsfreiheit. Die Vorschriften der §§ 31 ff. UrhG ziehen aber gewisse „Leitplanken“ ein zum Schutz der Urheber und ihrer Werke. Das war schon vor der Reform so (insbesondere die „Zweckübertragungs“- oder heute „Übertragungszwecklehre“ nach § 31 Abs. 5 UrhG und das frühere Verbot des § 31 Abs. 4 UrhG a.F. zählen zu diesen „Leitplanken“) und ist nach der Urhebervertragsrechtsreform durch die Vergütungsvorschriften der §§ 32, 32a UrhG deutlich verstärkt worden. Dass der Gesetzgeber die Verwertung der urheberrechtlichen Werke in die Hände der Urheber selbst legt und es ihnen überlässt, in privatautonomer Selbstbestimmung im Gegenzug für die Überlassung der Nutzungsrechte an ihren Werken am Markt einen Preis zu erzielen, dieses gesetzgeberische Idealbild entspricht dem verfassungsrechtlichen Kern des Urheberrechts. Dieser verfassungsrechtliche Kern des Urheberrechts lässt sich an zwei Punkten festmachen: zum einen an der Privatnützigkeit i.S.e. Zuordnung des Urheberrechts an den Urheber und zum anderen an der privatautonomen Verfügungsbefugnis.10 Das Bundesverfassungsgericht formuliert dies folgendermaßen: „Zu den konstituierenden Merkmalen des Urheberrechts als Eigentum im Sinne der Verfassung gehört die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege privatrechtlicher

_____ 8 S. die Amtl. Begründung, BT-Drucks. IV/270 = Haertel/Schiefler Urheberrechtsgesetz und Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, 1967, S. 100 f. und 106. 9 S. die Amtl. Begründung, BT-Drucks. IV/270 = Haertel/Schiefler Urheberrechtsgesetz und Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, 1967, S. 101. 10 S.a. Badura Privatnützigkeit und Sozialbindung des geistigen Eigentums, in Ohly/Klippel Geistiges Eigentum und Gemeinfreiheit, 2007, S. 45, 56.

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Eva Inés Obergfell

Normierung und seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können. Das macht den grundgesetzlich geschützten Kern des Urheberrechts aus.“11 Klarheit herrscht darüber, dass das Urheberrecht – auch wenn es anders als in der Bayerischen Verfassung12 nicht explizit13 im Grundgesetz genannt wird – sich als absolutes, persönlichkeits- wie vermögensrechtlich ausgestaltetes Immaterialgüterrecht aus der Verfassung ableiten lässt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die vermögensrechtlichen Implikationen des Urheberrechts im Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG verankert.14 Die Literatur folgt dieser Bewertung.15 Weniger eindeutig fällt die Antwort auf die Frage aus, ob sich auch der Grundsatz einer konkreten urheberrechtlichen Vergütung aus der Verankerung des Urheberrechts im Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich ableiten lässt.16 Die Frage muss letztlich verneint werden. Auch wenn mit dem Urheberrecht als Ausprägung des grundgesetzlichen Eigentumsschutzes die grundsätzliche private Zuordnung des Urheberrechts als Immaterialgüterrecht zur Person des Urhebers verbürgt ist, bedeutet dies jedoch nicht zugleich ein urheberrechtliches Vergütungsrecht als grundrechtlich verbürgte Beteiligung an den aus der Werknutzung erzielten Einkünften in einer ganz bestimmten Höhe17 und ebenso wenig eine generelle finanzielle Beteiligung an jedem Nutzungsvorgang.18 Letzteres belegt schon die

_____ 11 BVerfG GRUR 1972, 481, 483 – Kirchen- und Schulgebrauch; s.a. BVerfG GRUR 2012, 53 56 Tz. 85 – Le-Corbusier-Möbel; Badura in Ohly/Klippel Geistiges Eigentum und Gemeinfreiheit, S. 45, 55; Grzeszick AfP 2002, 383, 388. 12 Art. 162 der Bayerischen Verfassung stellt das geistige Eigentum, das Recht der Urheber, der Erfinder und Künstler unter staatlichen Schutz. 13 Abgesehen von der Kompetenznorm des Art. 73 Nr. 9 GG. 14 BVerfGE 49, 382, 392 = GRUR 1980, 44, 46 – Kirchenmusik; BVerfGE 31, 229, 240 = GRUR 1972, 481, 483 – Kirchen- und Schulgebrauch; BVerfGE 31, 270, 272 = GRUR 1972, 485, 486 – Bibliotheksgroschen; BVerfG GRUR 2012, 53, 56 Tz. 83 f. – Le-Corbusier-Möbel. 15 S. z.B. Badura in Ohly/Klippel Geistiges Eigentum und Gemeinfreiheit, 2007, S. 45, 55 f.; Dreier/Schulze/Dreier Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl. 2008, Einl. UrhG Rz. 39; Loewenheim/ v. Becker Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, § 29 Rz. 10; Rehbinder Urheberrecht, 16. Aufl. 2010, Rz. 139; Schricker/Loewenheim/Loewenheim Urheberrecht, 4. Aufl. 2010, Einleitung UrhG Rz. 10; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 32 UrhG Rz. 1. 16 In diesem Sinne Rehbinder (o. Fn. 15), Rz. 139; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert (o. Fn. 15), § 32 UrhG Rz. 1. 17 Berger/Wündisch/Berger Urhebervertragsrecht, 2008, § 2 Rz. 14; Grzeszick AfP 2002, 383, 388; Ritgen JZ 2002, 114, 118. 18 Erdmann GRUR 2002, 923, 924.

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Existenz vergütungsfreier Schrankenlegitimation wie etwa der Zitierfreiheit. Stattdessen garantiert die Verfassung allein, dass der wirtschaftliche Nutzen aus der Verwertung seiner Werke in rechtlicher Hinsicht grundsätzlich dem Urheber zugeordnet werden soll – nämlich durch die prinzipielle Zuerkennung von Verfügungsrechten.19 In diesem Sinne formuliert bereits der historische Gesetzgeber den „Grundsatz des Urheberrechts, die ausschließlichen Befugnisse des Urhebers so umfassend zu gestalten, daß möglichst jede Art der Nutzung seines Werkes seiner Kontrolle unterliegt“.20 Dass es um eine Grundsatzentscheidung bezüglich der Zuordnung von Kontrollbefugnissen, nicht aber um konkrete Zahlen gehen kann, zeigt auch der Vergleich mit dem Sacheigentum. Auch beim Sacheigentum bedeutet die verfassungsrechtliche Verbürgung nicht, dass ein bestimmter Erlös aus der Verfügung über dieses garantiert werden könnte (so ist bei der Veräußerung des Grundstücks nicht etwa eine Mindestverkaufssumme verfassungsrechtlich geboten). Sicherlich soll die Ausübung der privaten Verfügungsrechte durch den Urheber diesem dazu dienen, seine Rechtspositionen in eine konkrete finanzielle Teilhabe umzuwandeln, doch lässt sich diese praktisch nachgeordnete Stufe nicht bereits unmittelbar aus der Verfassung ableiten. Wenn man von der Normierung gesetzlicher Vergütungsansprüche im Bereich der urheberrechtlichen Schranken absieht, gibt es aus verfassungsrechtlicher Sicht also auch keine gesetzgeberische Verpflichtung zur Schaffung von Vergütungsansprüchen auf angemessene Vergütung.21 Dessen ungeachtet durfte der Gesetzgeber – bei Beachtung des Übermaßverbots – trotzdem handeln.22 Denn auch ohne verfassungsrechtliche Gebotenheit eines gesetzgeberischen Tätigwerdens ist vieles zweckmäßigerweise und vernünftigerweise durch den Gesetzgeber zu regeln. In diesem Sinne war es vernünftig und entsprach einer lange zuvor – zu Recht – erhobenen Forderung,23 den zweifellos bestehenden vertraglichen24 Vergütungsanspruch des Urhebers durch die

_____ 19 Grzeszick AfP 2002, 383, 388; s.a. Ritgen JZ 2002, 114, 118. 20 S. die Amtl. Begründung, BT-Drucks. IV/270 = Haertel/Schiefler Urheberrechtsgesetz und Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, 1967, S. 101. 21 Grzeszick AfP 2002, 383, 388; s.a. Ritgen JZ 2002, 114, 118. 22 S. Grzeszick AfP 2002, 383, 388 f., der treffend von einem „Korridor für fakultative Schutzregelungen“ spricht. 23 W. Nordemann GRUR 1991, 1 ff. 24 Der sog. Professorenentwurf („Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ vom 22. Mai 2000, Dietz/Loewenheim/ Nordemann/Schricker/Vogel GRUR 2000, 765 ff.) sah sogar einen gesetzlichen Vergütungsanspruch vor.

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Eva Inés Obergfell

Urhebervertragsrechtsreform vor zehn Jahren gesetzlich zu verankern. Gleiches muss für den Vergütungsanspruch ausübender Künstler gelten. Für eine Ungleichbehandlung von Urhebern und ausübenden Künstlern existiert schlicht kein taugliches Differenzierungskriterium, das eine Schlechterstellung ausübender Künstler rechtfertigen könnte. Bevor weiter in die materiellen Fragen der Vergütung eingetaucht wird, sollen nochmals rasch die Entwicklungslinien des Urhebervertragsrechts in Erinnerung gerufen werden.

II. Historische Entwicklungslinien des Urhebervertragsrechts 1. Vom Verlagsgesetz zum Urhebervertragsgesetz? Bereits im Jahr 1901 wurde mit dem Verlagsgesetz ein Regelungskomplex geschaffen, der Vorgaben für den Leistungsaustausch zwischen den Parteien normiert. Nach § 22 Abs. 1 S. 2 VerlG gilt „[e]ine Vergütung […] als stillschweigend vereinbart, wenn die Überlassung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.“ Eine vertragliche Lücke bezüglich der Vergütung sollte damit schon seit über 110 Jahren eben nicht zur Folge haben, dass der Urheber leer ausgeht. Außerdem knüpft der historische Gesetzgeber in § 22 Abs. 2 VerlG bereits an den Begriff der Angemessenheit an, denn es ist danach „eine angemessene Vergütung in Geld als vereinbart anzusehen“, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt wurde. Wie sich herausstellte, liegt die entscheidende praktische Schwäche des Gesetzes jedoch darin, dass es sich weitgehend um dispositives Recht handelt und abweichende Regelungen getroffen werden können.25 Die gesetzgeberische Idee der regelmäßigen Vergütung konnte sich in der Verlagspraxis (und erst recht im allgemeinen Urhebervertragsrecht) nicht in einer Weise entfalten, die wünschenswert gewesen wäre. Zudem gilt das Verlagsgesetz naturgemäß nur für die Verlagsbranche. Der Gesetzgeber der 1960er Jahre erkannte diese Defizite. Als Lösung stand die Ergänzung des speziellen Verlagsgesetzes durch ein eigenes allgemeines

_____ 25 Obergfell in Ulmer-Eilfort/Obergfell Verlagsrecht, 2013 (im Erscheinen), Kap. A Rz. 2 und § 22 VerlG Rz. 1.

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Urhebervertragsgesetz 26 wie ein Silberschweif am Himmel. 27 Vor der Verabschiedung des Urheberrechtsgesetzes im Jahr 1965 wurden dementsprechend Überlegungen angestellt, urhebervertragliche Regelungen ganz zu streichen, da sie nur ein lückenhaftes System darstellten konnten und man dem geplanten eigenen Gesetz zum Urhebervertragsrecht nicht vorgreifen wollte.28 Um aber umgekehrt nicht hinter den damals erreichten Standard zurückzutreten (und dem Urheber seinen Schutz in unzumutbarer Weise zu entziehen), blieben die rudimentären urhebervertragsrechtlichen Regelungen der §§ 31 ff. UrhG letztlich doch erhalten.29 Ein Urhebervertragsgesetz wäre ohne eine Regelung der Vergütungsfrage nicht denkbar gewesen.

2. Das Urheberrechtsgesetz von 1965: Überblick über Hintergründe, Motivation und Zielrichtung des damaligen Gesetzgebers Es wurde bereits erwähnt, dass schon damals bei Schaffung des Urheberrechtsgesetzes von 1965 die Zahlung einer Vergütung an den Urheber als Teilhabe an den Erträgen aus der Verwertung seiner Werke eine Leitidee darstellte.30 Die kritische Diagnose, die bald nach Inkrafttreten des UrhG gestellt wurde, scheint aus unserer Zeit zu stammen: Wirksame Urheberschutzmaßnahmen fehlen. Der Bestsellerparagraph in § 36 UrhG a.F. erweise sich durch zu strenge Voraussetzungen als praktisch wirkungslos.31 Der Ausschluss der Übertragung des Urhe-

_____ 26 S. die Amtl. Begründung, BT-Drucks. IV/270 = Haertel/Schiefler Urheberrechtsgesetz und Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, 1967, S. 100. 27 S. z.B. Ulmer Urhebervertragsrecht, 1977, S. 1 f. et passim, der in seinem Gutachten, welches er im Auftrag des Bundesjustizministeriums erstattete, in dezidierter Weise beschrieb, wie der Gesetzgeber durch die schrittweise Normierung einzelner Vertragstypen und Anreicherung durch allgemeine Grundsätze schließlich zu einem umfassenden Urhebervertragsrecht gelangen könne. 28 S. die Amtl. Begründung, BT-Drucks. IV/270 = Haertel/Schiefler Urheberrechtsgesetz und Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, 1967, S. 186. 29 Vgl. die Amtl. Begründung, a.a.O., S. 186. 30 Vgl. die Amtl. Begründung, a.a.O., S. 101. 31 So z.B. die Krititk bei Katzenberger GRUR Int. 1983, 410, 414 und 421; Schricker/Schricker Urheberrecht, 2. Aufl. 1999, § 36 a.F. Rz. 2; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Praxiskommentar zum Urheberrecht, 1. Aufl. 2002, § 32 a Rz. 1. Erdmann GRUR 2002, 923, 927, spricht äußerlich

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berrechts als Grundgedanke des Urheberrechts werde durch Formularverträge und Buy-out-Verträge völlig unterlaufen.32 Aufgrund dieser misslichen Situation gab es nach 1965 zahlreiche Anstöße, eine gesetzliche Regelung des Urhebervertragsrechts zu kodifizieren. Zu nennen sind der Vorschlag eines Urhebervertragsgesetzes von Wilhelm Nordemann von 1991,33 aber auch bereits das Gutachten, das Eugen Ulmer im Auftrag des Bundesministers der Justiz im Jahr 1977 vorlegte.34 Die Erarbeitung eines Urhebervertragsgesetzes blieb allerdings bis heute ein uneingelöstes Versprechen sämtlicher Regierungen seit Inkrafttreten des Urhebergesetzes im Jahr 1966. Erst zu Beginn des Jahrtausends brachte die damalige Justizministerin Herta Däubler-Gmelin zumindest ein Reformgesetz auf den Weg, das trotz des enormen medialen Drucks auf die Bundesregierung im Jahr 2002 verabschiedet wurde.35

3. Das Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung der Urheber und ausübenden Künstler – Vorarbeiten und Reformdiskussion Initialzündung für das Reformgesetz von 2002 war der sog. Professorenentwurf aus dem Jahr 2000.36 Die damalige Bundesjustizministerin hatte eine fünfköpfige Kommission eingesetzt (Mitglieder waren Adolf Dietz, Ulrich Loewenheim, Wilhelm Nordemann, Gerhard Schricker und Martin Vogel), die diesen Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern vorlegte. Der Professorenentwurf konnte sich weder für ein in sich geschlossenes System eines Urhebervertragsgesetzes entschließen noch wollte er sich mit einzelnen, nur punktuellen Korrekturen begnügen. Stattdessen wurde die Lösung einer Neuregelung der §§ 32 ff. UrhG favorisiert. In dieser Grundidee ist der Vorschlag realisiert worden. Es gibt jedoch wichtige Entwurfs-

_____ freundlicher, aber in der Sache mit gleicher Schärfe von einem „Dornröschenschlaf“, in dem sich der bisherige Bestsellerparagraf lange befunden habe. 32 Ähnlich noch heute der Vorwurf von Wandtke in diesem Band, S. 101, 113 f. 33 W. Nordemann GRUR 1991, 1 ff. 34 Ulmer Urhebervertragsrecht, 1977. 35 Dazu im folgenden Abschnitt II 3. 36 „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ vom 22. Mai 2000 (sog. „Professorenentwurf), Dietz/Loewenheim/ Nordemann/Schricker/Vogel GRUR 2000, 765 ff.

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regelungen, die keinen Eingang in das reformierte UrhG fanden, wie insbesondere der gesetzliche Vergütungsanspruch. Die den Referenten- und Regierungsentwurf begleitende Reformdiskussion verlief – gelinde gesagt – sehr lebhaft. Eine Flut von Stellungnahmen kam aus der Praxis und der Wissenschaft, so dass der Diskussionsstand beinahe unüberschaubar wurde.37 Im Zentrum der Diskussion stand die Frage der Zulässigkeit und konkreten Ausgestaltung des Vergütungsanspruchs. Obgleich die Debatten noch kein Ende gefunden hatten, wurde das „Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ am 22. März 2002 verabschiedet.38 Es trat wenig später am 1. Juli 2002 in Kraft.

III. Kernpunkte der Urhebervertragsrechtsreform von 2002 – gestern und heute 1. Allgemeine Zielsetzung der Verbesserung der Urheberposition Schon ausweislich des Gesetzestitels ging es dem Gesetzgeber darum, die Rechtsstellung von Urhebern und ausübenden Künstlern als in der Regel schwächere Vertragspartei gegenüber den Verwertern zu stärken. Als Programmsatz und Fundament wurde der Beteiligungsgrundsatz in § 11 S. 2 UrhG verankert.39 Ziel dieser großen Urhebervertragsrechtsreform war dementsprechend die gesetzliche Absicherung eines vertraglichen Anspruchs auf angemessene Vergütung sowie die Einführung abstrakter Vergütungsregularien, um über eine unwiderlegbare Vermutung die Angemessenheit zu ermitteln. Es sollte der Grundsatz „pacta sunt servanda“ für die Fälle durchbrochen werden, in denen bei der Festlegung der Vergütung kein entsprechender „Interessenausgleich“ verhandelt wurde, sondern eine Seite letztlich ihre Bedingungen diktier-

_____ 37 Siehe nur Bayreuther UFITA 2002/III, 623 ff.; Erdmann GRUR 2002, 923 ff.; Schack ZUM 2001, 453 ff.; ders., GRUR 2002, 853 ff.; Reber ZUM 2000, 729 ff.; Schricker GRUR Int. 2002, 797 ff.; Wandtke K&R 2001, 601 ff. 38 BGBl. 2002 I, S. 1155. 39 Schricker/Loewenheim/Loewenheim Urheberrecht, 4. Aufl., 2010, § 11 Rz. 6 f.

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ten konnte.40 Die gesetzgeberische Rechtfertigung des gesetzlich vorgegebenen „Zwangs“ zur Vereinbarung einer angemessenen Vergütung wird angelehnt an das vom Bundesverfassungsgericht in der Bürgschaftsentscheidung41 entwickelte verfassungsrechtliche Gebot zum Ausgleich einer wegen struktureller Unterlegenheit einer Vertragspartei gestörten Vertragsparität.42 Durch das auch „Stärkungsgesetz“ genannte Gesetz von 2002 wurde der Wille des Gesetzgebers, dass den Urhebern eine „angemessene Vergütung in Geld“ zufließt, manifestiert. So konnte die Idee des Verlagsgesetzes hundert Jahre nach Inkrafttreten zu neuem Leben erweckt und auf alle anderen Medien außerhalb des Anwendungsbereichs des Verlagsgesetzes ausgedehnt werden. Es bleibt freilich heute die Frage zu beantworten, ob sich die gesetzlichen Neuerungen tatsächlich als tauglich erwiesen haben, den explizit angestrebten Zweck zu erreichen, ob also die durch Regelungsdefizite entstandenen Missstände tatsächlich und effektiv behoben wurden. Dies zu eruieren, ist Ziel des 1. Josef-Kohler-Symposions, welches hier dokumentiert wird.

2. Gesetzliche Normierung des vertraglichen Anspruchs auf angemessene Vergütung Als neuer, gesetzlich normierter Zweck des Urheberrechts wurde die Sicherstellung einer „angemessenen“ Vergütung der Urheber und ausübenden Künstler für die Werknutzung in Gestalt vertraglicher Korrekturansprüche in das Gesetz aufgenommen. Der Gesetzgeber hat zu diesem Zweck die Vorschriften der §§ 32, 32a, 32b, 36 und 36a UrhG geschaffen, die einerseits eine anfänglich unangemessene Vergütung korrigieren und andererseits sich im Verlauf der Werknutzung später ergebende Missverhältnisse ausgleichen sollen. Als wichtigste Regelung kann die Regelung in § 32 Abs. 1 S. 2 UrhG betrachtet werden. Danach hat der Urheber bei einer nicht angemessenen Vergütung einen Anspruch auf

_____ 40 Dies bedeutet im Ergebnis allerdings keinen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG; so auch Berger/Wündisch/Berger Urhebervertragsrecht, 2008, § 2 Rz. 14; Grzeszick AfP 2002, 383, 385 ff. u. 390. S. zur Kritik Bayreuther UFITA 2002/III, 623, 624 ff., der das Vergütungsrecht der §§ 32, 32a UrhG als eine im Widerspruch zur Vertragsfreiheit stehende bedenkliche „gerichtliche Preisbestimmung“ betrachtet. 41 BVerfG NJW 1994, 2749 f. – Bürgschaftsvertrag. 42 BT-Drucks. 14/6433, S. 7. Zustimmend W. Nordemann Urhebervertragsrecht, § 32 Rz. 1; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert (o. Fn. 15), § 32 UrhG Rz. 2; a.A. Ritgen JZ 2002, 114, 120; Stickelbrock GRUR 2001, 1087, 1094; Thüsing GRUR 2002, 203, 207 f.

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Vertragsanpassung. Es soll hier geprüft werden, ob die Vergütung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses angemessen, das heißt „üblich und redlich“ war. KarlNikolaus Peifer bemängelt im folgenden Beitrag die Unschärfe, die sich aus dieser gesetzlichen Regelung ergibt, und schlägt in seinem Lösungsansatz eine Reihe von Grundregeln vor, die durchaus nicht betriebswirtschaftlicher Kostenkalkulation des Verwerters widersprechen.43

3. Fairnessbeteiligung des Urhebers Der alte Bestsellerparagraph wurde durch einen sog. „Fairnessausgleich“ (§ 32a UrhG) ersetzt, wonach das Missverhältnis zwischen den Erträgen des Werknutzers und der Vergütung des Urhebers nicht mehr „grob“, sondern nur noch „auffällig“, vor allem aber nicht mehr „unerwartet“ sein muss.44 Man wollte der Nachvergütung des Urhebers im Falle besonderer Erfolgswerke („Bestseller“) eine durchgreifendere Praxiswirkung verschaffen, als sie auf Grundlage des Bestsellerparagrafen in § 36 UrhG a.F. möglich war. Es liegen mittlerweile einige höchstrichterliche Entscheidungen zur sog. Fairnessbeteiligung vor,45 die Axel Metzger in seinem Beitrag analysiert.46 Insgesamt kommt Metzger zu einem sehr ernüchternden und skeptischen Fazit, welches der Reform „kaum positive Effekte“ bescheinigt.47

4. Konkretisierung der Angemessenheit durch gemeinsame Vergütungsregeln Als weitere grundlegende Neuerung wurde mit den Vorschriften der §§ 36, 36a UrhG die Möglichkeit eröffnet, Branchenstandards für die Ermittlung der Angemessenheit von Vergütungen durch sog. gemeinsame Vergütungsregelungen zu definieren. Das Gesetz überantwortet die konkrete Ausgestaltung von Vergütungen und Konditionen damit der Autonomie der Branchen und Verbände. Dies ist Chance und Gefahr zugleich. Denn in der Praxis hat es sich als enorm

_____ 43 44 45 46 47

S. Peifer in diesem Band, S. 25, 31 und 32 f. Schricker/Loewenheim/Schricker/Haedicke (o. Fn. 15), § 32 Rz. 15 ff. BGH GRUR 2012, 496 – Das Boot; BGH GRUR 2012, 1248 – Fluch der Karibik. S.u. Metzger in diesem Band, S. 37, 48 ff. Vgl. Metzger in diesem Band, S. 37, 52.

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schwierig erwiesen, gemeinsame Vergütungsregeln zu vereinbaren.48 So saßen bisweilen „Verhandlungspartner“ am Tisch, die nicht über das erforderliche Mandat zum Abschluss einer für den jeweiligen Branchenverband verbindlichen Vergütungsregel verfügen. In anderen Fällen saßen zwar die „richtigen“ Verhandlungspartner am Tisch, doch konnten sie sich nicht einigen, so dass ein Schlichtungsverfahren durchgeführt wurde, welches jedoch letztlich zu keinem verbindlichen Ergebnis führen muss. Denn durch den bloßen Widerspruch einer Partei ist das Schlichtungsverfahren gescheitert.49 Trotz dieser eher verhaltenen Praxiswirkung des neuen gesetzlichen Instrumentariums zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln, die wie im Fall der „Gemeinsamen Vergütungsregeln für Autoren belletristischer Werke in deutscher Sprache“ lediglich den Status quo festgeschrieben haben (nämlich ein Regelhonorar in Höhe von 10% vom Nettoladenpreis des gebundenen Buches und eine Beteiligung an den Nebenrechtserlösen von mindestens 50%), sieht Paul Katzenberger die Reform und ihre Praxiseffekte hier „auf einem nunmehr guten Weg“.50

5. Nachtrag durch die Reform von 2007: Verträge über unbekannte Nutzungsarten – im Widerspruch zur Urhebervertragsrechtsreform? Ein Aspekt, dessen Diskussion seit jeher die Gemüter erhitzt hat, ist das Problem der unbekannten Nutzungsarten. In der großen Urhebervertragsrechtsreform blieb das seit Schaffung des Urheberrechtsgesetzes bestehende Verbot der Nutzungsrechtseinräumung bezüglich unbekannter Nutzungsarten (§ 31 Abs. 4 UrhG a.F.) unangetastet. In der Urheberrechtsreform des Jahres 200751 wurde das Verbot schließlich grundsätzlich abgeschafft und durch eine differenzierte Regelung ersetzt, die Verträge und Nutzungsrechtseinräumungen hinsichtlich unbekannter Nutzungsarten im Kern zulässt, aber unter bestimmte Bedingungen wie insbesondere das Schriftformerfordernis gemäß § 31a Abs. 1 S. 1 UrhG

_____ 48 Zu den erfolgreichen Fällen wie den „Gemeinsamen Vergütungsregeln für Autoren belletristischer Werke in deutscher Sprache“ s. Katzenberger in diesem Band, S. 55, 58 ff. 49 Vgl. § 36 Abs. 4 S. 2 UrhG. 50 S. Katzenberger in diesem Band, S. 55, 72. 51 Zweites Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 26.10.2007, BGBl. I, S. 2513.

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stellt.52 Nach dieser Abkehr von einem über Jahrzehnte gültigen, urheberschützenden Prinzip ließ die Kritik nicht lange auf sich warten.53

IV. Nicht realisierte Regelungsvorschläge Offen geblieben sind, obgleich es an Regelungsvorschlägen nicht fehlte, vor allem zwei Punkte: die Arbeitnehmervergütung und die Frage der Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte.54 Der Vorschlag eines ausdrücklichen Vergütungsanspruchs für Arbeitnehmer in einem neu zu fassenden § 43 UrhG wurde nicht realisiert.55 In seinem Beitrag behandelt Christoph Ann das Thema der Arbeitnehmervergütung in einem interessanten Vergleich zur Arbeitnehmererfindervergütung.56 Verschiedene weitere Problempunkte sind im Urhebervertragsrechtsreformgesetz von 2002 offen geblieben. Alternative Lizenzierungsmodelle, die Christian Sprang in seinem Beitrag darstellt,57 sind in der Urhebervertragsrechtsreform nicht berücksichtigt worden, naturgemäß auch deshalb, weil die technischen Gegebenheiten zum damaligen Zeitpunkt noch nicht so ausgereift waren.

V. Schattendasein der Urheberpersönlichkeitsrechte Wenn man das Urhebervertragsrecht diskutiert, tritt das persönlichkeitsrechtliche Element des Urheberrechts regelmäßig in den Hintergrund. Fast so wie in den Augen Josef Kohlers – dem Namensgeber unseres Symposions –, der im Sinne der von ihm begründeten dualistischen Theorie Urheberpersönlichkeits-

_____ 52 53 54 55 56 57

S. näher zur Reform Schricker/Loewenheim/Spindler (o. Fn. 15), § 31a Rz. 1–5. Kritisch etwa Wandtke in diesem Band, S. 101, 103. Dazu sogleich unter V. BT-Drucks. 14/6433, S. 5. S. Ann in diesem Band, S. 85 ff. S. Sprang in diesem Band, S. 75 ff.

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rechte und Urheberverwertungsrechte getrennt verstand und in dem großen Theorienstreit im 19. Jahrhundert die Immaterialgüterrechtstheorie postulierte.58 Für eine Erweiterung der rechtsgeschäftlichen Verfügungsmöglichkeiten über Urheberpersönlichkeitsrechte sprechen m.E. eine Reihe guter Gründe.59 Es sei in diesem Zusammenhang an den Professorenentwurf erinnert, der eine gesonderte Regelung für Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte vorschlug (§ 39 UrhG-E),60 die später sogar als Regierungsentwurf beschlossen wurde,61 aber schließlich ohne nähere Begründung von der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses im Januar 2002 abgelehnt wurde.62 § 29 Abs. 2 UrhG verweist noch heute auf die „in § 39 geregelten Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte“. Dass es zur Normierung dieser Regelung nicht gekommen ist, bleibt von der Sache her unverständlich. Denn der Formulierungsvorschlag hätte eine praktikable Lösung gebracht. Der erste Absatz der vorgeschlagenen Vorschrift eines § 39 UrhG-E bezog sich auf das Veröffentlichungsrecht (§ 12 UrhG) und ordnete an: „Der Urheber kann das Veröffentlichungsrecht in der Weise ausüben, dass er den Inhaber eines Nutzungsrechts durch Vereinbarung dazu ermächtigt, den Zeitpunkt und die Umstände der Veröffentlichung seines Werkes zu bestimmen. Bis zum Eintritt der Veröffentlichung bleibt der Urheber zur Geltendmachung des Veröffentlichungsrechts gegenüber Dritten befugt.“ Der zweite Absatz der Entwurfsvorschrift beschäftigte sich mit dem Urheberbenennungsrecht (§ 13 UrhG) und der dritte und vierte Absatz mit dem Änderungsrecht. Für den geplanten zweiten Absatz war folgender Wortlaut vorgesehen: „Der Urheber kann durch Vereinbarung mit dem Inhaber eines Nutzungsrechts für eine genau bestimmte beschränkte Nutzung des Werkes auf die Anbringung der Urheberbezeichnung und die Nennung des Urhebernamens verzichten. Der Widerruf des Verzichts

_____ 58 Dazu Wandtke in Adrian/Nordemann/Wandtke Josef Kohler und der Schutz des geistigen Eigentums in Europa, 1996, S. 114 ff. 59 S. Obergfell ZGE/IPJ 3 (2011) 202 ff.; ausführlich zu dieser Problematik auch Metzger, GRUR Int. 2003, 9 ff. 60 „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ vom 22. Mai 2000, Dietz/Loewenheim/Nordemann/Schricker/Vogel GRUR 2000, 765 ff. 61 BT-Drucks. 14/7564, S. 5 mit Verweis auf den gleichlautenden Text in BT-Drucks. 14/6433, S. 3–20. Auch der „European copyright code“ des „Wittem Project“ vom 21.4.2010 (abrufbar unter www.copyrightcode.eu) sieht in Art. 3.5 eine Regelung vor: „The author can consent not to exercise his moral rights. Such consent must be limited in scope, unequivocal and informed.“ 62 Vgl. BT-Drucks. 14/8058, S. 9 u. 21.

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kann nur mit Wirkung für die Zukunft und nur für solche Nutzungen erfolgen, die noch nicht begonnen worden sind; er kann nicht ausgeschlossen werden.“ Nach Abs. 3 der Entwurfsvorschrift sollte es dem Urheber möglich sein, dem Inhaber eines Nutzungsrechts durch Vereinbarung zu „gestatten, im Zusammenhang mit der Werknutzung stehende Änderungen des Werkes, seines Titels oder der Urheberbezeichnung vorzunehmen.“ Die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung sollte nach dem Entwurf jedoch davon abhängig sein, dass „die beabsichtigten Änderungen nach Art und Ausmaß genau bezeichnet sind und sich auf eine bestimmte beschränkte Nutzung des Werkes beziehen.“63 Weiter sollte „[f]ür den Widerruf der Gestattung […] Absatz 2 Satz 2 entsprechend [gelten].“64 Schließlich wurde ein vierter Absatz mit folgender Formulierung entworfen: „Änderungen des Werkes und seines Titels, zu denen der Urheber seine Einwilligung nach Treu und Glauben nicht versagen kann, sind stets zulässig.“ Die Verfasser des Professorenentwurfs begründeten ihren Vorschlag einer gesetzlichen Regelung von Rechtsgeschäften über Urheberpersönlichkeitsrechte damit, dass aus Gründen der Praktikabilität und angesichts der großen Spannbreite denkbarer Urheberrechtsgegenstände „ein gewisses Maß an Flexibilität erforderlich“ sei.65 Sie argumentierten, dass der Urheberrechtsschutz nicht nur „Spitzenwerke des Urheberschaffens“ umfasse, sondern auch der sog. „kleinen Münze“ Schutz gewähre, also Werke am unteren Rand der urheberrechtlich notwendigen Individualität und damit Schutzfähigkeit. Deshalb solle der „Grundsatz der Unübertragbarkeit des Urheberpersönlichkeitsrechts als solcher durch die ausdrückliche Zulassung gewisser, auf konkrete Einzelnutzungen bezogener Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte abgemildert werden.“ 66 Die Berücksichtigung einer bestimmten Branchenübung wurde ebenso für möglich erachtet wie die Annahme eines stillschweigenden Verzichts auf die Ausübung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse. 67 Bemerkenswerterweise sollte mit dem Entwurf jedoch keine substantielle Änderung der Rechtslage erfolgen, sondern der Meinungskonsens bestätigt werden – mit den Worten der Entwurfsverfasser: „Darüber hinaus soll § 39 – einem praktischen Bedürfnis folgend und ohne nennenswerte Änderung der geltenden Rechtslage – im wesentlichen klarstellen, in welchem Umfang rechtsgeschäft-

_____ 63 64 65 66 67

§ 39 Abs. 3 S. 2 UrhG-E 2001 (s.o. Fn. 60). § 39 Abs. 3 S. 3 UrhG-E 2001 (o. Fn. 60). Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 14/6433, S. 18 li. Sp. S. die Begründung des Regierungsentwurfs, a.a.O. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 14/6433, S. 18 li.Sp.

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liche Vereinbarungen über Urheberpersönlichkeitsrechte möglich sind“.68 Zu Recht wollte die geplante Vorschrift die im Schrifttum entwickelte sog. Vorhersehbarkeitslehre in Gesetzesform gießen und die Zulässigkeit von Vereinbarungen über urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse von der jeweils genau benannten beschränkten Werknutzung abhängig machen.69 Schon zur Vermeidung von Missverständnissen, die sich aus dem redaktionellen Versehen ergeben könnten, die Vorschrift des im Rahmen der Urhebervertragsrechtsreform eingeführten § 29 Abs. 2 UrhG im Gesetz belassen zu haben, obwohl es an der korrespondierenden Norm eines § 39 UrhG-E fehlt, sollte genug Anlass sein, um eine gesetzliche Normierung dieser Thematik endlich in Angriff zu nehmen.70

VI. Ausblick Im Ergebnis war die Reform nicht „der große Wurf“, den mancher erhofft und mancher befürchtet hatte. Die gesetzlichen Regelungen weisen in die richtige Richtung. Aber dennoch ist das Gesetz in manchen Bereichen gescheitert: Es gibt immer noch (selbst wenn die Tendenz langsam steigend ist) in den wenigsten Branchen gemeinsame Vergütungsregeln, gegen eine Ausbeutung der Urheber durch Buy-Out-Verträge ist noch immer keine Handhabe gefunden worden und die dringend nötige Anpassung an digitale Verwertungsumfelder fehlt bisher. Insbesondere der Schutz der Werke im Internet stellt noch immer ein großes Problem dar.71 Die Unzufriedenheit der Urheber und ihre Sorge vor der unentgeltlichen Nutzung ihrer Werke sind groß. Deutlich wurde dies zum Beispiel durch die Kampagne im Mai 2012 „Wir sind die Urheber. Gegen den Diebstahl geistigen Eigentums“,72 die von 6.000 Personen unterzeichnet wurde, und einen

_____ 68 S. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 14/6433, S. 13 re.Sp. Siehe auch BT-Drucks. 14/6433, S. 18 li. Sp.: „Die Neufassung des § 39, der bereits in seiner bisherigen Fassung als Beleg für die Zulässigkeit rechtsgeschäftlicher Verfügungen über das Urheberpersönlichkeitsrecht herangezogen werden konnte, hat im Wesentlichen klarstellenden Charakter. Sie führt über das in Praxis und Rechtsprechung heute schon weitgehend für zulässig erachtete Maß an Verfügungen über das Urheberpersönlichkeitsrecht kaum hinaus.“ 69 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 14/6433, S. 18 li.Sp. 70 Obergfell ZGE/IPJ 3 (2011) 202, 221 ff. 71 Vgl. auch die Tagungsbeiträge in Leible (Hrsg.) Der Schutz des Geistigen Eigentums im Internet, 2012. 72 Http://www.wir-sind-die-urheber.de/ (zuletzt abgerufen am 22.3.2013).

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Gegenaufruf „Wir sind die Bürger“ mit ca. 7.000 Unterzeichnern provozierte.73 Formuliert wurden diese Bedenken auch durch den offenen Brief von 51 Drehbuchautoren der ARD-Krimireihe „Tatort“ (März 2012),74 in dem die „UmsonstMentalität“ im Internet angeprangert wird. Das Wortgefecht im Netz macht nachdenklich. Die rechtliche Sicherung der Urheberansprüche auf angemessene Vergütung auch im Internet gelingt ganz offenbar auf der jetzigen gesetzlichen Grundlage letztlich nicht. Die urhebervertragsrechtliche Zwischenbilanz fällt – im Hinblick auf die Praxiswirkungen – überwiegend negativ aus, wenngleich eine grundsätzliche „Bresche“ zugunsten der Urheber und ausübenden Künstler durch die Appellfunktion der Vergütungsvorschriften geschlagen worden ist. Das Symposion hat gezeigt, dass der Gesetzgeber bei der Urhebervertragsrechtsreform vor zehn Jahren seine vollmundige Versprechung einer Besserstellung der Urheber und ausübenden Künstler nicht vollumfänglich einlösen konnte. Denn diese Besserstellung ist nach dem Befund unserer Referenten keineswegs erreicht worden. Schließlich bleibt die Frage, ob der Stand der europäischen Harmonisierung nicht eine gewisse Sogwirkung entfaltet hat und ein europäisches Urhebervertragsrecht legitim und wünschenswert wäre. Die Frage wurde in der urheberrechtlichen Literatur noch nicht näher diskutiert, doch gibt es erste Stimmen, die sich zu Recht offen für eine europäische Regelung dieses Schlüsselproblems zeigen.75 Angesichts der Internetproblematik lässt sich nicht übersehen, dass es sich um ein globales Problem handelt, das einer globalen Lösung bedarf. Solange dies nicht möglich ist, sollte zumindest auf europäischer Ebene ein gemeinsamer Nenner gesucht werden.

_____ 73 Http://wir-sind-die-buerger.de/ (zuletzt abgerufen am 22.3.2013). 74 Http://www.drehbuchautoren.de/nachrichten/2012/03/offener-brief-von-51-tatortautoren-0 (zuletzt abgerufen am 22.3.2013). 75 So Wandtke in diesem Band, S. 101, 107. Für eine weitergehende Harmonisierung spricht sich auch Schack ZGE/IPJ 1 (2009) 275 aus.

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Karl-Nikolaus Peifer/Christopher Nohr

Schutzzweck des Urheberrechts und angemessene Vergütung Karl-Nikolaus Peifer/Christopher Nohr

I. Einführung Schutzzweck des Urheberrechts und angemessene Vergütung Es gibt nur wenige Standpunkte im Urheberrecht, die in diesen Tagen mehrheitsfähig sind. Dazu gehört der Satz, dass Kreative angemessen zu vergüten sind.1 Gemeint sind die Urheber, die natürlichen Personen, die Werke schaffen. Dem Ziel der angemessenen Vergütung Rechnung zu tragen war die Urhebervertragsrechtsreform des Jahres 2002 verschrieben.2 Für manche überflüssig, aber für die Legitimation des Rechtsgebietes überlebenswichtig ist der mit ihr eingefügte § 11 S. 2 UrhG. Die Durchsetzung der Reform war außerordentlich umstritten. Erstmals zeigte sich, dass die Symbiose zwischen Urhebern und Verwertern nicht ganz so innig ist, wenn es um die Verteilung der Erlöse aus der Verwertung von Werken geht. Die Kooperation zwischen Kreativen und ihren Vermittlern wurde zu einer Zeit brüchig, zu der die Herausforderungen des Digitalen Zeitalters gerade erst begannen. Die Frage, ob das Urheberrecht in erster Linie Investitionsschutz für Verwerter darstellt oder dem Urheber ein Einkommen verschaffen soll, wurde durch das Digitale Zeitalter erheblich verkompliziert, weil die Nutzer als dritte Interessengruppe erstmals spürten, wie sehr das Urheberrecht ihre Entfaltungsmöglichkeiten im Netz bestimmt. Seither ist viel von einer neuen Schutzzweckklausel die Rede, wonach die Interessen der Urheber, Verwerter und Nutzer gleichberechtigt durch das Urheberrechtsgesetz zu berücksichtigen sind.3

_____ 1 S. statt vieler: Stellungnahme der Piratenpartei vom 21.05.2012, abrufbar unter: http:// www.piratenpartei.de/2012/05/21/zehn-punkte-urheberrechtsreform/; SPD – Zwölf Thesen für ein faires und zeitgemäßes Urheberrecht, Nr. 3, abrufbar unter: http://irights.info/blog/arbeit 2.0/2012/05/21/spd-thesenpapier-zum-urheberrecht-im-volltext/; Initiative Urheberrecht, Stellungnahme v. 15.10.2012, abrufbar unter: http://www.urheber.info/positionen/aktuellepositionen/2012-10-15_respekt-fuer-geistige-leistung-und-kuenstlerische-arbeit-r; letzter Abruf jeweils am 29.11.2012. 2 BT-Drucks. 14/8058, S. 1 f.; Däubler-Gmelin ZUM 1999, 265, 269. 3 Leistner/Hansen GRUR 2008, 479, 486; Hansen Warum Urheberrecht?, 2009, S. 430; Kreutzer in Copy.Right.Now, abrufbar unter: http://www.boell.de/ downloads/2010-04-copy_right_now _zukunft_urheberrecht.pdf, S. 54 f., letzter Abruf: 30.11.2012.

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Das Anliegen dieses Beitrags ist es, den urheberzentrierten Schutzzweck zu betonen und hierauf aufbauend die Vergütungsfrage zu betrachten. Die richtige Balance zwischen Schutz und Zugangsinteressen der Nutzer hat mit dem Ziel der Vergütungsgerechtigkeit meines Erachtens nichts zu tun. Das empfundene Ungleichgewicht ist vielmehr Ausdruck einer Absenkung der Schutzschwellen des Rechtsgebiets bei gleichzeitiger Ausdehnung von Schutzumfang und Rechtsdurchsetzung.4 Dieses Problem hat mit der Frage einer angemessenen Vergütung für die Urheber zwar zu tun, weil man die Frage stellen muss, wofür eine gesonderte Vergütung überhaupt gezahlt wird, ob für Banales oder für Individuelles. Doch wird damit das Ziel einer angemessenen Vergütung nicht grundsätzlich in Frage gestellt.

II. Schutzweck des Urheberrechts Im Zentrum des neuzeitlichen Urheberrechts steht der Urheber. Das Gesetz ist insoweit klar: § 1 UrhG schützt den Urheber, nicht das Werk als solches und ohne Rücksicht auf seinen Schöpfer.5 § 11 ist kongenial. Wenn die Norm von der Sicherung einer angemessenen Vergütung spricht, so meint sie nicht die der Verwerter, sondern die der Urheber. Das Leitbild der angemessenen Vergütung des Urhebers, also der Schutz auch seiner wirtschaftlichen Interessen, führte allerdings stets ein Schattendasein, weil die politisch und wirtschaftlich treibenden Kräfte bei der Entwicklung des Rechtsgebiets diejenigen Institutionen waren, die Werke verwerten.6 Deren Arbeit für den Ausbau des Rechtsgebiets ist zweifellos auch verdienstvoll. Doch waren die Verwerter stets darauf angewiesen, den Urheber als Sympathieträger des Rechtsgebiets zum Zugpferd von Weiterentwicklungen zu machen. Der Gesetzgeber mag für manchen Schritt nur bereit gewesen sein, weil er davon ausging, dass die Entwicklung dem Kreativen zugute kommt. Der berühmte Streit im englischen House of Lords, welcher der Entscheidung Donaldson v. Beckett7 vorausging und dafür sorgte, dass ein naturrechtlich begründeter Urheber-

_____ 4 Peifer Politische Meinung Nr. 514, 2012, S. 18 (21 f.). 5 Schack Urheberrecht und Urhebervertragsrecht, 6. Aufl. 2013, Rz. 339. 6 Zur Kritik der Verwerter an der Reform 2002 s. Schricker/Loewenheim in Schricker/ Loewenheim UrhG, 4. Aufl. 2010, Vor § 28 Rz. 9,11.; Dietz/Haedicke ebd., § 36 Rz. 4; Schricker Anm. JZ 2002, 149, 149 f. 7 Donaldson v Beckett 2 Brown's Parl. Cases 129, 1 Eng. Rep. 837 (H.L. 1774).

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schutz abgelehnt wurde, richtete sich gegen Verleger und manche übertriebene Ausübung monopolistischer Praktiken, übrigens auch zu Zensurzwecken. Er richtete sich nicht gegen die Urheber.8 Die Entscheidung des Gesetzgebers, den Schöpfer des Werkes in das Zentrum der gesetzlichen Regelung zu stellen und seinen Interessen in der Abwägung einen Vorrang einzuräumen, mag etwas Romantisches haben.9 Sie folgt jedoch nachvollziehbar der Überzeugung, dass es der Urheber ist, der am Beginn der kulturellen Schöpfung steht. Ohne seinen Beitrag fehlt der gesamten Kette von Interpretatoren, Vermittlern und Nutzern der Bezugspunkt. Interessenausgleich im Urheberrecht heißt vor diesem Hintergrund nicht Interessengleichbehandlung.10 Wer den Vorrang der Urheberinteressen kritisiert, kritisiert nicht weniger als die abendländische Überzeugung davon, dass es das Individuum ist, welches das Eigenartige und das Besondere hervorbringt.11 Das freilich betont den Befund, dass nur die Individualität des Werkes den Schutz begründet, sie ihn aber auch begrenzt. Für dieses Individuelle, nicht für das Allgemeinmögliche oder das Banale wird letztlich die angemessene Vergütung verlangt. Der Ausgangspunkt gerät in Vergessenheit, wenn über die Leistungsschutzrechte auch der Eindruck erweckt wird, dass Ton- und Bildfetzen12 oder künftig auch Textschnipsel ohne eigenpersönliche Prägung Schutz und Vergütung reklamieren.13

III. Schutzzweck und Vergütung Die Bindung der Vergütung an den Schutzzweck begründet nicht das Problem der Legitimationskrise des Urheberrechts, sondern sie löst es. Man erreicht die angemessene Vergütung ganz offensichtlich nicht allein durch die Hoffnung auf

_____ 8 Peifer Individualität im Zivilrecht, 2001, S. 67–69. 9 So etwa Boyle 37 Am.Univ.L.Rev. 625, 629 (1988) zum kontinentaleuropäischen Konzept der „authorship“. 10 Rehbinder Urheberrecht, 16. Aufl. 2010, Rz. 72; Schack Urheberrecht und Urhebervertragsrecht, 6. Aufl. 2013, Rz. 94; Peifer AfP 2008, 545 (548). 11 E. Ulmer Urheber- u. Verlagsrecht, 3. Aufl 1980, S. 111, 123; Rehbinder Urheberrecht, 16. Aufl. 2010, Rz. 55. 12 BGH GRUR 2009 403, 404 – Metall auf Metall. 13 So § 87 Abs. 1 S. 1 UrhG in der Fassung des am 1.3.2013 verabschiedeten 7. Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes („Leistungsschutzrecht für Presseverleger“), BRDrucks. 162/13 mit BT-Drucks. 17/12534 und 17/11470; dazu Peifer GRUR-Prax 2013, 149.

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die Vertragsfreiheit und die Großzügigkeit derer, die selbst dem Druck von Marktmechanismen ausgesetzt sind.14

1. Vergütung und Urhebervertragsrecht Die Forderung nach einem spezifischen Urhebervertragsrecht begleitete bereits die Arbeiten zum UrhG 1965.15 Dass das Verlagsgesetz die Problematik nur sehr rudimentär löste, lag schon wegen seines begrenzten Anwendungsbereichs und seines dispositiven Charakters auf der Hand.16 Immerhin führte der Gesetzgeber 1965 im UrhG eine Reihe von Sicherungen zugunsten der Urheber ein, die jedenfalls die Verhandlungsposition gegenüber den Werkverwertern verbesserte. Dazu gehörten – das Verbot der Einräumung unbekannter Nutzungsarten in § 31 Abs. 4 UrhG a.F., – die Kodifikation der sog. Zweckübertragungslehre, neuerdings unter dem Begriff Übertragungszwecklehre firmierend17 (§ 31 Abs. 5 UrhG); – die Festschreibung der monistischen Konzeption in § 11 UrhG; – die Möglichkeit zum Rückruf von Nutzungsrechten wegen Nichtausübung oder gewandelter Überzeugung; – und als einzige Vorschrift mit vergütungssichernder Wirkung der sog. „Bestsellerparagraph“ des § 36 UrhG a.F. Die genannten Sicherungsmechanismen versagten allerdings selbst dann, wenn es um die Sicherung einer angemessenen oder die Durchsetzung einer zusätzlichen Vergütung bei besonders erfolgreichen Werken ging. § 31 Abs. 4 UrhG a.F. wurde als Hindernis bei der Hebung von Archivschätzung empfunden und in seiner Kontrollwirkung beseitigt.18 Die Übertragungszwecklehre wird allenfalls unerfahrenen Verwertern gefährlich, die keinen ausformulierten Katalog von Nutzungsrechtseinräumungen zu formulieren in der Lage sind. Der Rückruf ist weitgehend ohne Anwendungsfall geblieben, weil er entweder für den Urheber

_____ 14 Schack Urheberrecht und Urhebervertragsrecht, 6. Aufl. 2013, Rz. 1080. 15 S. Begründung des RegE zum UrhG, BT-Drucks. IV/270, S. 28, 56. 16 Schack ZUM 2001, 453, 453. 17 Vgl. BGH GRUR 2010, 623, 624 – Restwertbörse; BGHZ 185, 291 = GRUR 2010, 628, 631 – Vorschaubilder. 18 Däubler-Gmelin ZUM 1999, 265, 273.

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zu kostspielig ist oder gar nicht erst in Betracht gezogen wird.19 Die monistische Konzeption ist kein Hindernis für die Einräumung umfassender Nutzungsrechte,20 persönlichkeitsrechtliche Einwände spielen in der Praxis kaum eine Rolle, wenn es nicht gerade um die Integritätsrechte von Architekten geht.21 Nicht einmal der Bestsellerparagraph half. Er brachte aber einen „good case“ hervor, der den Druck auf den Gesetzgeber gehörig verstärkte.22 Die Übersetzerin verschiedener Asterix-, Lucky-Luke-, Rantanplan- und Isnogud-Bände hatte pro Band zwischen 1.000 und 4.000 DM, für verschiede Bände der »Lustigen Taschenbücher« zwischen 3.000 und 11.000 DM erhalten. Allein der vor Prozessbeginn letzte der übersetzten Asterix-Bände hatte dagegen einen Erlös von ca. 17 Mio. DM für den Verlag eingebracht. Die Übersetzerin klagte gleichwohl vergeblich auf angemessene Beteiligung. Der BGH bejahte zwar das Missverhältnis, kam allerdings zu dem Ergebnis, das grobe Missverhältnis zwischen Erträgen und Gegenleistung sei im Zeitpunkt des Vertrages nicht unerwartet gewesen,23 der große Erfolg sei für die Vertragsparteien bereits absehbar gewesen, m.a.W.: die Übersetzerin hatte lediglich schlecht verhandelt. In einem System der Vertragsfreiheit rächt sich dies unter der Bezeichnung »pacta sunt servanda«. Die Kontrollbefugnisse zugunsten des Urhebers haben also im Ergebnis keine vergütungssichernde Wirkung erlangt.24

2. Das Konzept der Urhebervertragsrechtsreform von 2002 Der Fall der Comicübersetzungen demonstriert, was der Gesetzgeber mit der Begründung des Reformgesetzes 2002 meinte, wenn er davon sprach, dass er das „wirtschaftliche Ungleichgewicht“ zwischen Urheber und den „strukturell

_____ 19 Zu einem der wenigen Fälle OLG Celle, NJW 2000, 1579 (kein Recht zum Rückruf von bereits verbreiteten Dissertationsexemplaren nach Rückgabe des Doktortitels). 20 Nicht einmal die AGB-Kontrolle verhindert dies, BGH GRUR 2012, 1031, 1035 m. zust. Anm. Soppe – Honorarbedingungen Freie Journalisten. 21 Z.B. LG Berlin GRUR 2007, 964, 967. 22 BGHZ 137, 387 = GRUR 1998, 680, 684 – Comic-Übersetzungen. 23 BGHZ 137, 387 = GRUR 1998, 680, 683 f. – Comic-Übersetzungen; BGHZ 115, 63 = GRUR 1991, 901, 902 – Horoskopkalender. 24 Wandtke/Grunert in Wandtke/Bullinger UrhG 3. Aufl. 2009, § 32 Rz. 2; Rehbinder Urheberrecht, 16. Aufl. 2010, Rz. 609; Schimmel ZUM 2010, S. 95, 97; Stickelbrock GRUR 2001, 1087, 1090; Erdmann GRUR 2002, 923, 924.

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überlegenen Verwertern“ beseitigen wollte.25 Dieses aus der Bürgschaftsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts26 entlehnte Schlagwort sollte sich als die Stärke und die Schwäche des Konzepts entpuppen.

a) Angemessenheit und Redlichkeit Stark war die Idee, dass man die vertragliche Position des Urhebers gesetzlich stärken muss, weil den Verwertern nicht zugetraut wurde, durch angemessene Vertragsbedingungen strukturelle Probleme selbst zu beseitigen. Schwach überzeugungskräftig war möglicherweise der Verdacht, dass der freie Urheber eine Art Grundeinkommen für kreative Tätigkeit begehrte, wenn man ihm von Gesetzes wegen einen Vergütungsanspruch für jede Werknutzung zugesteht, wie es der Professorenentwurf in der Tendenz durchaus nachvollziehbar tat.27 Im Gesetzgebungsverfahren prallten die Gegensätze frontal aufeinander.28 Das böse Wort von der gesetzlichen Preiskontrolle hielt der Kritik nicht stand. Zu vielfältig waren überdies die Verhältnisse auf den Verwertermärkten, um diese Basisforderung durchzusetzen. Die Lösung bestand bekanntlich darin, den Urhebern keinen Anspruch auf angemessene Vergütung, sondern nur auf Vertragsanpassung in Fällen zu geben, in denen die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist. Die Angemessenheit durften die Verbände von Urhebern und Verwertern selbst aushandeln.29 Ein wenig Sozialrecht in Form von Tarifrecht war damit doch durchgesetzt.30 Die gesetzliche Lücke liegt darin, dass für die Fälle, in denen es nicht zu Vereinbarungen kommt, nur der allgemeine Maßstab der Redlichkeit verbleibt. Auf ihn stellt § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG ab, wenn es um die Bestimmung dessen geht, was angemessen ist. Einige konkrete Aussagen lassen sich aus dem Kriterienkatalog der Norm immerhin entnehmen:

_____ 25 BT-Drucks. 14/8058, S. 1; Däubler-Gmelin ZUM 1999, 265, 269. 26 BVerfGE 89, 214 = NJW 1994, 36, 38 f. 27 Vgl. § 32 ProfE, GRUR 2000, 765, 766. 28 Überblick über das Gesetzgebungsverfahren bei Schricker/Loewenheim in Schricker/ Loewenheim UrhG, 4. Aufl. 2010, Vor § 28 Rz. 7 – 10; Dietz/Haedicke ebd., § 36 Rz. 2 – 16. 29 BT-Drucks. 14/8058, S. 20. 30 Zustimmend: Dietz/Haedicke in Schricker/Loewenheim UrhG 4. Aufl. 2010, § 36 Rz. 23, Schimmel ZUM 2010, S. 95, 106; Schricker GRUR 1992, 242, 246); ablehnend: Berger ZUM 2010, 90, 91; Sprang ZUM 2010, 116, 118.

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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung der Angemessenheit ist nicht der Zeitpunkt der Nutzung, sondern der des Vertragsschlusses. Korrekturen aufgrund besonderen Erfolgs ergeben sich allenfalls aus § 32a UrhG. Angemessenheit kann auch dadurch hergestellt werden, dass der Verwerter nicht alles nimmt, was er bekommen kann, sondern inhaltliche, räumliche oder zeitliche Beschränkungen akzeptiert.31 Auswirkungen auf die Praxis hatte dies ersichtlich nicht. Die bisher gerichtsnotorisch gewordenen Verträge, etwa im Fall „Honorarbedingungen Freie Journalisten“,32 zeigen keine besondere Bescheidenheit. Entscheidend ist daher letztlich doch die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Redlichkeit. Redlich ist nicht notwendigerweise das, was üblich ist, sondern das, was „neben der Interessenlage der Verwerter gleichberechtigt die Interessen der Urheber“ berücksichtigt.33

Im Ergebnis enthält dies viel Rhetorik und wenig Durchschlagskraft. Buy-outVerträge mögen die strukturelle Unterlegenheit der Urheber sinnfällig machen; angemessen können sie gleichwohl sein. Auch Fixbeträge, also Pauschalhonorare, können noch redlich sein.34 Für den Rechtsanwender fehlen klare Vorgaben. Das Problem der Angemessenheit wird durch den Topos der Redlichkeit ersetzt. Erklärbar wird dies nur vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber Vertrauen in das Instrument der Vergütungsregeln nach § 36 UrhG investierte.35 Die „Redlichkeit“ sollte daher von vornherein nur subsidiäres Instrument des gesamten Verhandlungsprozesses sein.36

_____ 31 v. Becker in Loewenheim Hdb. UrhR, 2. Aufl. 2010, § 29 Rz. 35. 32 BGH GRUR 2012, 1031, 1032 f. – Honorarbedingungen Freie Journalisten. 33 BT-Drucks. 14/8058, S. 18. 34 BGHZ 182, 337 = GRUR 2009, 1148, 1150 f. – Talking to Addison; Schricker/Haedicke in Schricker/Loewenheim UrhG 4. Aufl. 2010, § 32 Rz. 35; Lindner in Mestmäcker/Schulze UrhKomm, 43. Erg.lief. 2006, § 32 Rz. 30; a.A. für andauernde Nutzungen noch Schulze in Dreier/ Schulze UrhG, 4. Aufl 2013, § 32 Rz. 54. 35 So ausdrücklich die Gesetzesbegründung, soweit sie auf die zuvor zugesagte Verhandlungsbereitschaft der Verwerter abstellt und für den Fall des Ausbleibens gemeinsamer Vergütungsregeln ein erneutes Tätigwerden des Gesetzgebers anmahnt, s. BT-Drucks. 14/8058, S. 20. 36 S. BT-Drucks. 14/8058, S. 20; Berger/Wündisch Urhebervertragsrecht, 2008, § 2 Rz. 113, 131.

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b) Vergütungsregeln, § 36 UrhG Entscheidend sollte die Aufstellung von Vergütungsregeln und das diesen Prozess stärkende Schlichtungsverfahren nach § 36a UrhG sein. Dieser Mechanismus hat sich bisher nicht bewährt.37 Die Vergütungsregeln überfordern offenbar die Branche, weil es nicht gelingt, gemeinsame Regeln für anscheinend sehr individuelle Verhältnisse zu schaffen.38 Einige aus heutiger Sicht als handwerkliche Mängel wahrgenommene Probleme kommen hinzu. Obligatorisch in dem Gesamtprozess ist nur die Teilnahme am Schlichtungsverfahren, nicht jedoch die Aufstellung von Vergütungsrichtlinien.39 Auch eine Einigung ist nicht obligatorisch, denn jede Partei kann einem Einigungsvorschlag des Schlichters widersprechen.40 Verbände, die von ihren Mitgliedern nicht ermächtigt werden, können nicht verhandeln (§ 36 Abs. 2 UrhG).41

IV. Lösungen Was die „angemessene Vergütung“ ist, ist nach alledem nicht klar.

1. Grundregeln Erstaunlich ist, dass in Ansätzen die Hilfslösung des Gesetzes funktioniert, nämlich die Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung darüber, was angemessen ist. Der BGH hat diesbezüglich das Naheliegende getan und sich an den Ergebnissen bisheriger Vergütungsrunden42 selbst gescheiterter Verhandlungen orientiert und dabei einige Grundsätze entwickelt.

_____ 37 Berger ZUM 2010, 90, 92; Sprang ZUM 2010, 116, 118; a.A. Schimmel ZUM 2010, 95, 106. 38 V. Becker ZUM 2007, 249, 256; Berger/Wündisch Urhebervertragsrecht, 2008, § 2 Rz. 84. 39 Dietz/Haedicke in Schricker/Loewenheim UrhG 4. Aufl. 2010, § 36 Rz.17, 22. 40 S. § 36 Abs. 4 S. 2 UrhG. 41 LG Frankfurt/M ZUM 2006, 948, 948; Dietz/Haedicke in Schricker/Loewenheim UrhG 4. Aufl. 2010, § 36 Rz. 58 f. 42 „Gemeinsame Vergütungsregeln für Autoren belletristischer Werke in deutscher Sprache“ vom 1.7.2005, abrufbar unter: http://vs.verdi.de/urheberrecht/angemessene_verguetungen/ verguetungsregeln_belletristik, letzter Abruf: 29.11.2012.

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Danach ist die Erlösbeteiligung eher angemessen als die Pauschalzahlung.43 Die Koppelung der Vergütung an die Vervielfältigungstücke ist daher naheliegend, bei öffentlichen Wiedergaben würde hieraus eine Koppelung an die Größe des Nutzerkreises folgen; bei der Sendung von Werken ist eine Wiederholungsvergütung angemessen; 44 bei Online-Nutzungen die Bindung an die Klickrate. Bei Nebenrechtsverwertungen ist die Erlösbeteiligung potentiell höher anzusetzen als bei den investitionsintensiven Hauptverwertungen.45 Eine Inhaltskontrolle von Rechteübertragungsklauseln findet grundsätzlich nicht statt, weil dieser Bereich zu dem nicht abstrakt-generell kontrollfähigen Bereich der Inhaltsbestimmung eines Vertrages gehört.46 Buy-Outs und Pauschalzahlungen bleiben zulässig, sie erhöhen aber den Begründungsdruck auf Seiten des Verwerters, der sie abverlangt.47

Hier liegt eine Besonderheit der Verhältnisse im Urheberrecht. Den Verwertern gestattet es im Ergebnis, die Vergütung an ihrer Produktionsfunktion, nicht an den Produktionsverhältnissen der Urheber auszurichten.48

2. Ausrichtung an der Verwerterkalkulation Tatsächlich ist „angemessene Vergütung“ im Wesentlichen „angemessene Beteiligung“ an den Erlösen des Verwerters.49 Die Vergütung des Urhebers, und das ist für eine Marktwirtschaft eigenartig, bemisst sich nicht an dem „Wareneinsatzpreis“ für die Leistung des Urhebers. Sie richtet sich vielmehr an der Kalkulation des Marktpreises durch den Verwerter aus. Dabei erhält der Verwerter die Möglichkeit, seine Investitionskosten in Vertrieb und Marketing als Basis zu

_____ 43 BGHZ 182, 337 = GRUR 2009, 1148, 1150 – Talking to Addison; BGH GRUR 2005, 148, 151 – Oceano Mare. 44 So z.B. in Ziff. 16.3.5 des Tarifvertrags über die Urheberrechte arbeitnehmerähnlicher Personen des WDR vorgesehen, vgl. Hillig ZUM 2010, 514, 515. 45 BGHZ 182, 337 = GRUR 2009, 1148, 1153 – Talking to Addison 46 BGH GRUR 2012, 1031, 1035 f. – Honorarbedingungen Freie Journalisten, KG ZUM 2010, 799, 804; a.A. OLG Hamburg ZUM 2011, 846, 853 f.; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, Vor § 31 Rz. 16; Schricker/Loewenheim in Schricker/Loewenheim UrhG 4. Aufl. 2010, Vor § 28 UrhG Rz. 40 f. 47 Peifer AfP 2008, 545, 549; Peifer AfP 2012, 510. 48 Schack Urheberrecht und Urhebervertragsrecht, 6. Aufl. 2013, Rz. 1076. 49 Schricker/Haedicke in Schricker/Loewenheim UrhG 4. Aufl. 2010, § 32 Rz. 33 f.

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setzen. Wenn der am Markt erzielbare Umsatz aufgrund voraussichtlich hoher Umsatzzahlen diese Basisinvestitionen erwirtschaftet, so wird der Urheber an dem überschüssigen Erlös beteiligt, allerdings nur dann. Erwirtschaftet der Markterlös nur die Kosten (und vermutlich eine Verwerterrendite), so fällt die Beteiligung des Urhebers aus.50 Werden nicht einmal die Kosten erwirtschaftet, so wird die Verwerterleistung zur bezahlten Dienstleistung, genannt Druckkostenzuschuss.51 So wird etwa bei der Vergütung belletristischer Werke akzeptiert, dass nur ein Pauschalhonorar gezahlt wird, während eine Erlösbeteiligung erst ab dem 5.000. verkauften Exemplar erfolgt.52 Im Ergebnis ist die Urhebervergütung daher ein durchaus nachrangiger Kalkulationsposten in der betriebswirtschaftlichen Rechnung des Verwerters. Der Gedanke, dass die Urheberleistung den Hauptgegenstand bilden müsste, der Urheber also für den Wert dieser Leistung selbst – und nicht in Abhängigkeit von der Angebotsrechnung des Verwerters – bezahlt werden müsste, ist noch bei weitem nicht durchgesetzt.

3. Parallele: Vergütung für Schrankenbestimmungen Ganz anders ist die Logik erstaunlicherweise, wenn es um die angemessene Vergütung für die Wahrnehmung von Schrankenrechten der Nutzer geht. Hier gebietet auch das europäische Recht eine angemessene Vergütung, die einerseits die Interessen der Rechteinhaber, andererseits die Interessen der Nutzer berücksichtigt, die sich aber jetzt an dem Nachteil orientiert, der dem Rechteinhaber durch die freie Nutzung entsteht.53 Es geht dabei um Schadensausgleich, nicht um die Frage, was der Nutzer sich leisten kann. Der vom EuGH entschiedene Fall „Padawan“54 befasst sich mit einer spanischen Regelung, die versucht, eine angemessene Vergütung für Kopien zu eigenen Zwecken anhand ganz anderer Kriterien zu definieren. Die spanische Regelung hielt Folgendes für wesentlich:

_____ 50 Peifer AfP 2008, 545, 547 f. 51 Schricker/Haedicke in Schricker/Loewenheim UrhG 4. Aufl. 2010, § 32 Rz. 36; Schack Urheberrecht und Urhebervertragsrecht, 6. Aufl. 2013, Rz. 1076. 52 BGHZ 182, 337 = GRUR 2009, 1148, 1151 – Talking to Addison. 53 Flechsig in Loewenheim Handbuch Urheberrecht, § 89 Rz. 2, 7; Peifer AfP 2008, 545, 549. 54 EuGH C-467/08 = GRUR 2011, 50 – 56.

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den den Inhabern des Rechts des geistigen Eigentums durch die als Privatkopien katalogisierten Vervielfältigungen tatsächlich entstandenen Schaden, den Umfang, in dem Anlagen, Geräte und Datenträger für das Anfertigen von Privatkopien zum Einsatz kommen, die Speicherkapazität der für Privatkopien verwendeten Anlagen, Geräte und Datenträger, die Wiedergabequalität, die Verfügbarkeit sowie der Anwendungs- und Effektivitätsgrad der technologischen Mittel, die Speicherdauer der Vervielfältigungen und ein wirtschaftlich angemessenes Verhältnis zwischen den als Ausgleich auf die verschiedenen Anlagen und Geräte erhobenen Beträgen gegenüber ihrem Endverkaufspreis.

Nur das letzte Kriterium stellt auf Bedingungen ab, die nicht den Wert der Nutzung betreffen. In allen anderen Fällen geht es um die Bestimmung eines eigenständigen objektiven Wertes der Nutzung. Relevant ist nicht der Wert, den der Nutzer dem Recht zubilligt, sondern relevant ist im Ergebnis der Verlust, der dem Rechteinhaber durch die freie Nutzung entsteht.55 Auch bei der Frage, welchen Wert eine öffentliche Wiedergabe von Videos auf Youtube hat, welchen Wert die Nutzung von Musik auf Stadtteilfesten hat,56 kommt es nicht darauf an, was der Nutzer zu zahlen bereit oder in der Lage ist, sondern auf den Wert der Nutzung aus Sicht des Rechteinhabers. Das entspricht auch sonst marktwirtschaftlichem Denken. Natürlich kann der Käufer einer Ware die Zahlung nicht mit dem Hinweis darauf ablehnen, dass er sich leider den höheren Preis nicht leisten könne und deshalb nur einen Anteil seines eigenen Einkommens zahlen werde. Wenn das Unternehmen Google den Vorschlag einer Beteiligung am „revenue share“ anbietet, lehnen Rechteinhaber das regelmäßig ab, weil diese Vergütung aus Sicht des Verwerters unangemessen ist. Angemessene Beteiligung an den Erlösen des Suchmaschinenbetreibers gilt nicht als angemessene Vergütung. Angemessene Beteiligung des Urhebers an den Erträgen des Verwerters kann nach dieser Logik daher wohl ebenso wenig ohne Weiteres angemessene Vergütung sein.

_____ 55 EuGH, Urt. v. 21. 10. 2010 – C-467/08 = GRUR 2011, 50, 54. 56 BGH GRUR 2012, 715, 716 – Bochumer Weihnachtsmarkt.

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Karl-Nikolaus Peifer/Christopher Nohr

V. Schluss 1. 2. 3.

Der Urheber steht zwar im Gesetz, nicht aber in der Verwertungswirklichkeit im Zentrum des Gesetzes. „Angemessene Vergütung“ ist im Urhebervertragsrecht noch undefiniert. Übersetzt wird sie derzeit als angemessene Beteiligung an den Erlösen von Verwertern. Das ist immerhin ein Schritt, wenn auch noch nicht das Ziel.

Beteiligungsgrundsatz und Fairness

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Axel Metzger

Beteiligungsgrundsatz und Fairness – Warum das Vertragsrecht ungeeignet ist, die soziale Frage der Urheber zu lösen – Axel Metzger Beteiligungsgrundsatz und Fairness

I. Einleitung Die Gesetzesfolgenabschätzung sollte eigentlich zu den Kernaufgaben der Rechtswissenschaft gehören, wird aber leider oft sträflich vernachlässigt.1 Ob die Ziele, die mit Gesetzesnovellen erreicht werden sollten, nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums tatsächlich eingetreten sind, lässt sich mit den Mitteln einer rein auf die Gesetzesauslegung oder Dogmatik ausgerichteten Rechtswissenschaft nicht ermitteln. Gefordert ist vielmehr Empirie, im Idealfall durch statistische Erhebungen zum Zustand vor und nach Inkrafttreten der gesetzlichen Maßnahme. Dies übersteigt jedoch den Methodenapparat, der dem herkömmlich ausgebildeten (und ausgestatteten) Rechtswissenschaftler zur Verfügung steht. Faute de mieux behilft sich der Jurist mit einer Analyse der Rechtsprechung. Diese bildet zwar nur die Spitze des Eisbergs, nämlich die streitigen Fälle, in denen eine Partei das Risiko auf sich nimmt, einen Rechtsstreit anzufangen. Unter der Oberfläche bleiben bei dieser Methode aber die sonstigen Auswirkungen, die Rechtsnormen auf das Verhalten der Parteien haben. Dieses methodische Problem ist auch für die folgenden Überlegungen zum Beteiligungsgrundsatz einzuräumen. Sie stellen deswegen nicht mehr als eine Skizze dar und bedürften, um zu definitiven Aussagen zu kommen, weiterer quantitativer Absicherung. Trotz dieser Einschränkung lässt sich nach zehn Jahren anhand der veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und verschiedener Studien zur Einkommenssituation von Urhebern gleichwohl einiges zur Effektivität der Regelungen des „Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ aus dem Jahr 2002 sagen. Im Folgenden sollen zunächst kurz die ökonomischen Grundlagen (II) beleuchtet werden, bevor der Beteiligungsgrundsatz im Urhebervertragsrecht in seinen verschiedenen Ausprägungen untersucht wird (III). Der Beitrag schließt mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und einigen Schlussfolgerungen (IV).

_____ 1 Siehe hierzu Eidenmüller JZ 1999, 53, 54 f.

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Axel Metzger

II. Ökonomische Grundlagen 1. Einkommenssituation der selbstständigen Kreativen Zur Einkommenssituation selbstständiger Kreativer liegen verschiedene aktuelle Studien vor, die in der Tendenz zu ähnlich ernüchternden Ergebnissen gelangen.2 Von Interesse sind zunächst die aktuellen Zahlen der Künstlersozialkasse (KSK) zu den Einkommensverhältnissen ihrer Mitglieder. Die Erhebung kommt zu folgenden Durchschnittseinkommen:3 Durchschnittseinkommen der aktiv Versicherten auf Bundesebene zum 1.1.2012 – Wort 17.563 € – Musik 13.743 € – Kunst 12.005 € Natürlich darf die Aussagekraft der Zahlen der KSK nicht überschätzt werden. Die Erhebung basiert auf den geschätzten Eigenangaben der Versicherten. Da die Höhe des Beitrags zur KSK von dem angegebenen geschätzten Einkommen (Einnahmen abzüglich Betriebsausgaben vor Steuern) abhängt, hat ein Teil der Versicherten durchaus ein Interesse daran, das eigene Einkommen eher niedrig zu schätzen.4 Wer Sorge haben muss, unter die Mindestverdienstgrenze zu sinken, hat dagegen ein Interesse daran, das eigene Einkommen eher hoch einzuschätzen. Die Zahlen sind also in verschiedener Hinsicht verzerrt. Allerdings kann die KSK die Auskunft über die Einkommensverhältnisse unter Vorlage des Einkommenssteuerbescheids und weiterer Unterlagen verlangen.5 Die Überprüfung trifft jedes Jahr ca. 5% der Versicherten.6 Insofern sollte nicht davon ausgegangen werden, dass die Zahlen auf Angaben ins Blaue hinein beruhen. Die

_____ 2 Vgl. daneben die ähnlichen Ergebnisse von Kretschmer/Hardwick Authors’ earnings from copyright and non-copyright sources: A survey of 25,000 British and German writers, 2007, http://www.cippm.org.uk/alcs_study.html. 3 Die Aufstellung schlüsselt weiter nach Geschlecht und Altersgruppen auf, siehe www.kuenstlersozialkasse.de/wDeutsch/ksk_in_zahlen/statistik/durchschnittseinkommenver sicherte.php. 4 Siehe § 12 Künstlersozialversicherungsgesetz. 5 Siehe §§ 5 ff. KSVG-Beitragsüberwachungsverordnung. 6 So die Angabe bei www.medienvorsorge.de/interview/alle-interviews/interview-detail/die_ kuenstlersozialkasse_im_interview.html.

Beteiligungsgrundsatz und Fairness

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Zahlen sind aus einem weiteren Grund interessant: Hinsichtlich der Rentenversicherung besteht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz eine Versicherungspflicht für selbstständige Künstler und Publizisten. Es kann deswegen nicht davon ausgegangen werden, dass nur die Künstler mit geringen Einkommen erfasst werden, während Besserverdienende nicht erfasst wären. Die Zahlen, die immerhin auf den Angaben von über 175.000 Versicherten beruhen, bieten deshalb durchaus Anhaltspunkte, um sich ein Bild von der Einkommenssituation freiberuflicher Künstler und Publizisten zu machen. Weitere Anhaltspunkte bietet eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahr 2009, die für die städtischen Zentren zu ähnlichen Ergebnissen kommt.7 Laut der DIW-Studie hat das Monatseinkommen Netto 2006 in Berlin bzw. in den anderen untersuchten Großstädten in gerundeten Zahlen betragen: Durchschnittseinkommen (Netto) 2006 in Berlin/a.O. von Künstlern und anderen „Kreativen“ – Buch und Presse 1.450/1.600 € – Musik 1.050/1.300 € – Kunst 1.000/1.100 € Als Basis diente dabei der Mikrozensus 2006, auf dessen Grundlage die Berechnung der Durchschnittseinkommen erfolgte. Die Abweichungen zu den Zahlen der KSK dürften sich aus der Fokussierung auf die Situation von Kreativen in Großstädten und den genannten Besonderheiten der Berechnungsgrundlage der KSK ergeben. Interessant sind die weiteren Vergleichsaussagen der DIWStudie. Danach beträgt das Durchschnittseinkommen der Künstler und Kreativen weniger als die Hälfte des Einkommens anderer Selbstständiger. Zudem bestätigt sich die landläufige Vermutung, dass im Kreativbereich wenige viel verdienen, während viele wenig verdienen. In der Gesamtschau ergeben die beiden statistischen Erhebungen ein nach wie vor düsteres Bild von der Einkommenssituation freischaffender Urheber. Es ist nicht festzustellen, dass die Reform des Urhebervertragsrechts bisher zu einer zufriedenstellenden Einkommenssituation bei Künstlern und anderen Kreativen geführt hat.

_____ 7 Mundelius Einkommen in der Berliner Kreativbranche: Angestellte Künstler verdienen am besten, Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 9/2009, 138-143.

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2. Besonderheiten der Verhandlungssituation – ökonomische Grundlagen der Vertragskorrektur Die Verhandlungssituation beim Abschluss von Verträgen zwischen Urhebern und Verwertern weist Besonderheiten auf, die sie von herkömmlichen Verträgen zwischen Freiberuflern und ihren Auftraggebern unterscheidet. Viele Kreative richten sich bei ihrer Arbeit nicht am Markt aus, sondern verfolgen eigene, künstlerische Ziele. Letztlich stellt sich für jeden freiberuflichen Kreativen über kurz oder lang ein Zielkonflikt zwischen künstlerischer Freiheit und Marktgängigkeit ein. Bei Anwendung der normalen marktwirtschaftlichen Prinzipien würde man es der Auslese des Wettbewerbs überlassen, welche kreativen Erzeugnisse nachgefragt werden und welche über kurz oder lang mangels Nachfrage vom Markt verschwinden. Bei kreativen Leistungen ist die Lage jedoch komplexer, weil die Gesellschaft ein langfristiges Interesse an wirtschaftlich „unvernünftigen“ Produktionen hat. Es entspricht dem Erfahrungswissen, dass viele kulturelle Leistungen erst erheblich später in ihrer Bedeutung erkannt werden. Würden visionäre Künstler ihre Arbeit nicht auch entgegen den Marktmechanismen aufrecht erhalten, so müssten wir auf viele der großartigsten Kulturgüter verzichten. Hinzu tritt eine weitere Besonderheit, die die Marktmechanismen im Urhebervertragsrecht unterläuft. Es entspricht dem postindustriellen Menschenbild, dass heute nahezu jedermann Autor, Künstler, Fotograf, Grafiker ist, sei es beruflich oder privat. Joseph Beuys' berühmtes Diktum „Jeder ist ein Künstler“ bringt es provokant auf den Punkt. Dies sorgt auf den Märkten der Kreativen für ein ständiges Überangebot. „Newcomer Bands“ stehen ebenso Schlange, einen Vertrag mit einem Musikunternehmen zu unterschreiben, wie Journalisten, Fotografen oder Grafiker bei klassischen Printmedien. Die Verhandlungsposition der Kreativen verschlechtert sich dadurch zwangsläufig. Der Effekt verstärkt sich noch bei substituierbaren Kreativleistungen, bspw. Übersetzungen, Studiomusik oder einfachen Presseartikeln. Wer die Bedingungen nicht akzeptiert, die seitens der Verwerter geboten werden, hat keine Chance, seiner Berufung nachzugehen. Dieses schon lange bekannte Marktversagen hat sich durch die Krise der klassischen Medien- und Unterhaltungsindustrien noch verstärkt. Der Kostendruck ist allgegenwärtig. Hinzu mag im Einzelfall noch eine Informationsasymmetrie zwischen dem professionellen Verwerter und dem geschäftlich unbedarften Urheber kommen, das Klischee sollte hier aber nicht den Blick auf die Vielfalt der Akteure und ihrer Erfahrungen verstellen. Bei dieser Marktlage können Vertragsfreiheit und Wettbewerb ihre Funktionen als Instrumente einer effizienten Güteralloka-

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tion8 nicht erfüllen. Die „Richtigkeitsgewähr des Vertrags“9 ist außer Kraft gesetzt. Für den Juristen liegt es nahe, auf das beschriebene Marktversagen mit zwingenden Regelungen zu antworten. Dies ist auch die Lösung der Gesetzesreform von 2002. Für Ökonomen liegt diese Lösung allerdings weniger nahe. In der Rechtsökonomik werden zwingende Regelungen im Vertragsrecht nur beim Vorliegen bestimmter, eng umschriebener Rechtfertigungsgründe für sinnvoll gehalten.10 Die beschriebene Situation im Urhebervertragsrecht passt jedoch unter keine der anerkannten Kategorien. Ein erster Grund, vertraglichen Regelungen die Wirksamkeit zu versagen, läge im Eintritt nachteiliger Folgen für Dritte (sogenannte Externalitäten). Eine Beeinträchtigung Dritter liegt bei Verträgen zwischen Urhebern und Verwertern jedoch ersichtlich nicht vor. Auch darf man zweitens daran zweifeln, dass zwischen Urheber und Verwerter regelmäßig Informationsasymmetrien herrschen. Natürlich gibt es den geschäftlich unerfahrenen Kreativen, der auf den geschäftlich versierten Verwerter trifft. Für eine Generalisierung fehlt aber die Grundlage. Auch sonst im Geschäftsleben kontrahieren Freiberufler mit größeren Unternehmen, ohne besonderen Schutz zu genießen.11 Drittens wird in der ökonomischen Literatur auf den Schutz schwächerer Parteien vor nachteiligen Verträgen verwiesen, etwa bei Minderjährigen. Und in der Tat sind im Urheberrecht paternalistische Argumentationsmuster gang und gäbe, bei denen der Urheber als schöpferisch genial, aber geschäftlich infantil behandelt wird. Ein harter Parternalismus, der den Urheber vor sich selbst schützen will, ist aber weder durch das Grundgesetz, noch durch ethische Grundsätze geboten.12 Wo der Vertrag nicht Ausdruck des freien Willens des Urhebers ist, kann über die allgemeinen zivilrechtlichen Korrekturmechanismen, insbesondere §§ 123, 138 BGB geholfen werden. Begibt sich

_____ 8 Siehe hierzu nur Schäfer/Ott Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4. Aufl. 2005, S. 421 ff. 9 So die berühmte Formulierung von Schmidt-Rimpler AcP 147 (1941) 130, 156 f. 10 Siehe zum Folgenden Shavell Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, 320–322. Vgl. auch Bechtold Die Grenzen zwingenden Vertragsrechts, 2010, 19 ff., insb. 43 f. 11 Vgl. jetzt aber Art. 7 der Basis-VO zum Vorschlag der Europäischen Kommission für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, KOM (2011) 635 endgültig. 12 Siehe hierzu Eidenmüller Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 359 ff.; Enderlein Rechtspaternalismus und Vertragsrecht, 1996, S. 7 ff.; Ohly Volenti non fit iniuria – die Einwilligung im Privatrecht, 2002, S. 71 ff. Vgl. auch bereits Metzger Rechtsgeschäfte über das Droit moral im deutschen und französischen Urheberrecht, 2002, S. 97 ff. Siehe jetzt auch Eidenmüller JZ 2011, 814 sowie Kirste JZ 2011, 805 jeweils m.w.N.

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der Urheber aber freiwillig in einen nachteiligen Vertrag, so ist für Paternalismus im Vertragsrecht kein Raum. Schließlich handelt es sich viertens auch nicht um Verträge, die der Vertragspartner wegen seiner Marktmacht durchsetzen kann. Das Marktversagen in der Kreativwirtschaft gründet nicht im fehlenden Wettbewerb auf der Nachfrageseite (Verwerter), sondern darin, dass der Wettbewerb als Ausleseverfahren auf der Angebotsseite der Urheber nicht richtig funktioniert, weil Kreative typischerweise intrinsisch motiviert sind. Aus Sicht der ökonomischen Analyse handelt es sich damit insgesamt nicht um ein Marktversagen, das mit zwingenden Vorschriften kuriert werden kann. Kern des Problems ist vielmehr die ungleiche Einkommensverteilung, für deren Korrektur Ökonomen jedoch eher eine Steuerfinanzierung als eine flächendeckende Vertragskorrektur empfehlen würden.13 Dies rückt sozialpolitische Instrumente wie die Sonderregeln der Künstlersozialversicherung, aber auch die öffentliche Kulturförderung in den Blickpunkt. Einbeziehen könnte man hierbei auch die Verteilungspläne der Verwertungsgesellschaften. Beleuchtet man die Einkommenssituation der Künstler und Kreativen aus diesem Blickwinkel, so ist weniger zu fragen, wie Urheber stärker an den – gegebenenfalls gar nicht vorhandenen – Erträgen aus der Verwertung ihrer Werke zu beteiligen sind, sondern ob und, wenn ja, wie die Gesellschaft einen kreativen Sektor jenseits des Marktes und seiner Mechanismen aufrechterhalten und stärken möchte.

III. Beteiligungsgrundsatz und Urhebervertragsrecht 1. Allgemeiner Beteiligungsgrundsatz im Urheberrecht Der Grundsatz, wonach das Urheberrecht „der Sicherung einer angemessenen Vergütung (der Urheber) für die Nutzung des Werkes“ (§ 11 S. 2 UrhG) dient, hat bereits vor der gesetzlichen Regelung im Jahr 2002 an verschiedenen Stellen in Gesetzgebung und Rechtsprechung Niederschlag gefunden, zumeist jedoch als allgemeiner Programmsatz oder in Bezug auf Urheberrechtsschranken, seltener im Urhebervertragsrecht. Dies gilt zunächst für die europäischen Richtlinien zum Urheberrecht, die das Urhebervertragsrecht bislang ohnehin ausgespart

_____ 13 Siehe hierzu Shavell Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, 3.

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haben.14 Auch das Bundesverfassungsgericht hat früh betont, dass der Gesetzgeber im Rahmen der inhaltlichen Ausprägung des Urheberrechts sachgerechte Maßstäbe festzulegen habe, die eine der Natur und sozialen Bedeutung des Urheberrechts entsprechende Nutzung und angemessene Verwertung sicherstellen. Nach der Entscheidung „Kirchen- und Schulgebrauch“ hat der Urheber „nach dem Inhalt der Eigentumsgarantie grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass ihm der wirtschaftliche Nutzen seiner Arbeit zugeordnet wird, soweit nicht Gründen des gemeinen Wohls der Vorrang vor den Belangen des Urhebers zukommt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es um das Ergebnis der geistigen und persönlichen Leistung des Urhebers geht, nicht aber etwa um einen unverdienten Vermögenszuwachs.“15 Wieder ging es aber um Urheberrechtsschranken, nicht um das Urhebervertragsrecht. Die vom Gesetzgeber im Jahr 200216 als Referenz zitierte ältere BGH- und Reichsgerichtsrechtsprechung bezieht sich zum Teil ebenfalls auf gesetzliche Lizenzen bzw. Urheberrechtsschranken,17 zum Teil aber auch auf den Zweckübertragungsgrundsatz.18 Der (allgemeine) Beteiligungsgrundsatz im Urheberrecht bot sich für den Gesetzgeber des Jahres 2002 gleichwohl als natürlicher Anknüpfungspunkt an, um eine stärkere Beteiligung der Urheber an den Erträgen ihrer Arbeit nunmehr auch mit den Mitteln des Vertragsrechts durchzusetzen. Die Begründung des Regierungsentwurfs nimmt mehrfach ausdrücklich Bezug auf den „Grundgedanken, Urheber und ausübende Künstler angemessen an dem wirtschaftlichen Nutzen ihrer Arbeit, ihrer Werke und Darbietungen zu beteiligen.“ 19 Gleichwohl war man sich durchaus bewusst, „juristisches Neuland“ zu betreten.20 Im Urhebervertragsrecht ist die Durchsetzung des Beteiligungsgrundsatzes kompliziert, weil das ebenso fundamentale Prinzip der Vertragsfreiheit zu beachten ist. Die Begründung des Regierungsentwurfs nennt die Vertragsfreiheit denn auch als gegenläufiges Prinzip, setzt sich über das Marktmodell aber in denkbar knappen Worten hinweg. Vertragsfreiheit, so der Regierungsentwurf, setze Vertragsparität voraus. Der „Ausgleich gestörter Vertragsparität“ gehöre deswegen „zu den

_____ 14 Allgemeine Nennungen finden sich in Erw. 9 der Richtlinie 2001/29 zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft und Erw. 5 der Richtlinie 2006/115 der Vermiet- und Verleihrichtlinie (ehemals Richtlinie 92/100/EWG). 15 BVerfG 31, 229, 243 – Kirchen- und Schulgebrauch. 16 BT-Drucks. 14/6433, S. 7, 14. 17 BGHZ 11, 135, 143; RGZ 128, 102, 113 – Schlagerliederbuch. 18 RGZ 134, 198, 201 – Schallplattenrechte. 19 BT-Drucks. 14/6433, S. 7. 20 A.a.O., S. 12.

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Hauptaufgaben des Zivilrechts“.21 Die vom Gesetzgeber gewählten Mittel zur Behebung der Marktstörung, die §§ 32, 32a, 32b, 36, 36a UrhG, sind bekannt. Andere Mittel zur Behebung der sozialen Frage der freiberuflichen Urheber wurden nicht erwogen.

2. Anspruch auf angemessene Vergütung Kernpunkt der Gesetzesnovelle aus dem Jahr 2002 ist der Anspruch auf angemessene Vergütung in § 32 Abs. 1 UrhG. Danach ist für die Bestimmung der geschuldeten Vergütung in erster Linie auf die vertragliche Absprache abzustellen, § 32 Abs. 1 S. 1 UrhG. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so gilt die angemessene Vergütung als vereinbart, § 32 Abs. 1 S. 2 UrhG. Beide Regelungen finden sich in ähnlicher Form auch im bürgerlichen Recht für den Dienstvertrag (§ 612 BGB) und den Werkvertrag (§ 632 BGB). Sie bieten keine Instrumente zur Vertragskorrektur, sondern stellen bloße Auslegungsregeln dar. Die wirkliche Sprengkraft der Neuregelung liegt im Anspruch auf Vertragsanpassung gem. § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG. Danach kann der Urheber eine Erhöhung der vereinbarten Vergütung auf das Niveau der angemessenen Vergütung verlangen, und zwar rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Bestehen für die betreffende Branche gemeinsame Vergütungsregeln gem. §§ 36, 36a UrhG, so gilt die dort festgesetzte Vergütung als angemessen, § 32 Abs. 2 S. 1 UrhG. Entsprechende Gesamtverträge22 bestehen bislang allerdings nur für Autoren belletristischer Literatur (2005)23 sowie für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten „an Tageszeitungen“ (2009).24 Für alle anderen Branchen25 bleibt es einstweilen bei der allgemeinen Regelung des § 32 Abs. 2 S. 2 UrhG, wonach die Vergütung angemessen ist, „wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung,

_____ 21 A.a.O., S. 7. 22 Die gemeinsamen Vergütungsregeln sind Gegenstand des Beitrags von Katzenberger in diesem Band und werden dementsprechend hier nicht vertieft behandelt. Siehe hierzu auch Spindler ZUM 2012, 921. 23 Www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Gemeinsame_Verguetungsregeln.html. 24 Www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Gemeinsame_Verguetungsregeln_in_Tageszeitungen.html. 25 Siehe aber den aktuellen Streit über die Verpflichtung einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln, LG München ZUM 2012, 1000.

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unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.“ Als (erstes) Schlachtfeld für die nähere Konkretisierung der auch nach dieser Vorschrift kaum näher bestimmten „angemessenen Vergütung“ hat sich die Bezahlung der Literaturübersetzer erwiesen, welche schon in der Begründung des Regierungsentwurfs von 2001 als „kärgliches Pauschalhonorar“ bezeichnet wurde.26 Die Verhandlungen zwischen Übersetzern und Verlagen über gemeinsame Vergütungsregeln waren im Jahr 2009 nach langjährigen Verhandlungen und gerichtlichen Auseinandersetzungen am Widerstand der organisierten Literaturübersetzer gescheitert, obwohl sich die Verhandlungsführer bereits auf einen gemeinsamen Vorschlag geeinigt hatten.27 Die parallel auf Grundlage des § 32 Abs. 2 S. 2 UrhG seit dem Jahr 2004 zunächst außergerichtlich, später vor dem Landgericht und Oberlandesgericht München geforderte Einwilligung des Verlags in eine Anpassung der Vergütung für die Übersetzerin des Romans „Talking to Addison“ führte schließlich zu der gleichnamigen Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2009, welche die Literaturübersetzer erneut ernüchtert zurück ließ. In der Entscheidung sprach der Gerichtshof der Klägerin eine Nachzahlung in Höhe von 166 € für eines der beiden streitgegenständlichen Bücher zu, während es für das andere Buch beim marktüblichen (und bereits bezahlten) Pauschalhonorar von 14,32 € pro Normseite blieb – nach jahrelanger streitiger Auseinandersetzung. Die Vereinbarung des im Markt üblichen Seitenhonorars ohne weitere Beteiligung am Erfolg des Buchs stellte nach Ansicht des Senats zwar keine angemessene Vergütung dar. Bei Anwendung des Berechnungsmodells des Gerichts kam für die Klägerin gleichwohl nur eine sehr geringe Nachzahlung heraus. Nach dem vom Senat entwickelten Modell muss ab dem 5.000. verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplar des übersetzten Werkes eine zusätzliche Vergütung gezahlt werden, die bei gebundenen Büchern 0,8% und bei Taschenbüchern 0,4% des Nettoladenverkaufspreises beträgt.28 Die Berechnungsfaktoren leitete der Senat aus den erwähnten gemeinsamen Vergütungsregeln für Autoren belletristischer Werke ab, wobei für Übersetzer eine Beteiligung in Höhe von 20% der für Autoren vereinbarten Vergütung veranschlagt wurde, welche bei Einbeziehung des pauschalen Seitenhonorars auf die genannten geringen Quoten abgesenkt wur-

_____ 26 Siehe BT-Drucks. 14/6433, S. 9. 27 Siehe Soppe in Ahlberg/Götting Beck'scher Online-Kommentar Urheberrecht, Stand 15.9.2012, § 36 Rz. 102–104 m.w.N. 28 Dies stellt nominell eine Verbesserung gegenüber den zuvor üblichen Honoraren dar, vgl. hierzu v. Rom Der Schutz des Übersetzers im Urheberrecht, 2007, S. 136.

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de. Problematisch aus Sicht der Übersetzer ist an diesem Modell, dass überhaupt nur die wenigsten Bücher die genannte Schwelle von 5.000 Exemplaren erreichen. Im konkreten Fall wurden von den beiden Büchern 10264 bzw. 4943 Exemplare verkauft. Bleibt das Werk unterhalb der Schwelle, dann muss der Verlag nur das branchenübliche Seitenhonorar bezahlen. Dies führt im Ergebnis dazu, dass nur die Übersetzer von Bestsellern oder jedenfalls überdurchschnittlich erfolgreichen Büchern von der neuen Regelung profitieren, während es für alle anderen faktisch bei den niedrigen Pauschalhonoraren bleibt.29 Der Bundesgerichtshof hat sich hierbei ersichtlich von ökonomischen Erwägungen leiten lassen: „Da Bücher mit einer geringen Auflagenhöhe für den Verlag zumeist nicht profitabel sind, ist die Absatzbeteiligung zudem nicht bereits ab dem ersten Exemplar, sondern erst ab einer bestimmten Auflagenhöhe zu zahlen.“ Vor diesem Hintergrund kann es nicht verwundern, dass Autorenverbände die Bilanz des § 32 UrhG als enttäuschend bezeichnen.30 Aus ökonomischer Sicht ist allerdings zu konzedieren, dass Kostensteigerungen – und um nichts anderes handelt es sich aus Sicht der Verlage – dazu führen, dass Bücher mit geringen Auflagen nicht mehr profitabel sind und folglich nicht mehr hergestellt werden.31

_____ 29 Czychowski GRUR 2010, 793, 795 meint sogar, dass bei der Schwelle von 5.000 abverkauften Büchern die prozentuale Beteiligung bei übersetzten Büchern „nahezu nie erreicht wird.“ 30 Siehe bspw. den Band „Ein verlorenes Jahrzehnt: 10 Jahre Urhebervertragsrecht“, hrsg. vom Bundesverband Kamera 2010; siehe auch die Pressemitteilung des Deutschen Kulturrates vom 18.10.2012, „Urhebervertragsrecht muss evaluiert werden“, in der es heißt: „Gut gemeint ist nicht gut gemacht, die alte Weisheit trifft besonders auf das vor zehn Jahren novellierte Urhebervertragsrecht zu. Selbst in den wenigen Bereichen, in denen gemeinsame Vergütungsregeln vereinbart wurden, gestaltet sich die Übernahme in die berufliche Wirklichkeit als äußerst schwierig.“, www.kulturrat.de/detail.php?detail=2405&rubrik=2; ähnlich auch die Stellungnahme des Deutschen Journalistenverbands DJV vom 23.4.2012, S. 23: „Zehn Jahre nach Inkrafttreten dieser wesentlichen Neuerungen des Urhebervertragsrechts muss konstatiert werden, dass die jeweiligen Mechanismen dieser gesetzlichen Änderungen nur unvollkommen funktionieren, z.T. auch keine Wirkung entfalten konnten.“, www.djv.de. 31 Siehe hierzu das im Auftrag des Börsenvereins erstellte Gutachten von Homburger Betriebswirtschaftliche Auswirkungen möglicher Veränderungen der Honorarsituation in Verlagen als Folge der Urheberrechtsnovellierung, 2003, S. 35 f., www.urheberrecht.org/ UrhGE-2000/download/gem-verg/Gutachten_Honorarsituation.pdf.

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3. Anspruch auf „weitere Beteiligung“ Der Anspruch auf weitere Beteiligung gem. § 32a UrhG ist bekanntlich keine Erfindung des Gesetzgebers von 2002, sondern fußt auf der älteren Vorschrift des § 36 UrhG, welche sich bereits im Urheberrechtsgesetz von 1965 fand. In der Grundkonstellation richtet sich der Anspruch gem. § 32a Abs. 1 UrhG gegen den Inhaber von Nutzungsrechten, der diese direkt vom Urheber eingeräumt bekommen hat. Zeigt sich nach Vertragsschluss,32 dass die vereinbarte Gegenleistung in einem „auffälligen Missverhältnis“ zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht, so ist der Inhaber der Nutzungsrechte auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. Das Urheberrechtsgesetz von 1965 hat noch ein grobes Missverhältnis vorausgesetzt, der Gesetzgeber von 2002 wollte hier die Voraussetzungen „deutlich herabsetzen“.33 Im Regierungsentwurf war zunächst vorgesehen, den Bestsellerparagraphen zu streichen und die Vergütungsfrage allein den neuen Regelungen zur angemessenen Vergütung zu überlassen, die sich in der ursprünglichen Fassung gegen jedermann richteten, der das Werk nutzt.34 Als § 32 UrhG entsprechend seiner heutigen Gestalt auf das vertragliche Verhältnis des Urhebers zum Nutzungsrechtsinhaber verengt worden war, wurde der Bestsellerparagraph auf Empfehlung des Rechtsausschusses wieder in den Entwurf eingefügt. Zugleich wurde in Abs. 2 der bereits zuvor in der Literatur35 geforderte Direktanspruch gegen den Inhaber von Nutzungsrechten, der diese nicht unmittelbar vom Urheber, sondern durch Weiterübertragung oder Einräumung von Enkelrechten erworben hat, erstmals ausdrücklich geregelt. Damit kann der Urheber nunmehr auch Ansprüche in der Lizenzkette durchsetzen, wenn sich das auffällige Missverhältnis erst anhand der Erträge eines späteren Erwerbers von Nutzungsrechten zeigt. Dieser Anspruch lässt sich kaum noch als „vertragsrechtlich“ qualifizieren, sondern wird zu Recht als gesetzlicher Anspruch eingeordnet.36 Ein Verzicht auf den Anspruch ist ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um eine Rechtseinräumung im Rahmen von Open Source

_____ 32 Schulze in Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl. 2008, § 32a Rz. 7. 33 BT-Drucks. 14/8058, S. 19. 34 BT-Drucks. 14/6433, S. 15 f. 35 Siehe insb. Katzenberger GRUR Int. 1983, 410, 420 f. mit Hinweis auf § 404 BGB. 36 Wie hier Schricker/Haedicke in Schricker/Loewenheim Urheberrecht, 4. Aufl. 2010, § 32a Rz. 34; Schulze Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl. 2008, § 32a Rz. 48: „gesetzlicher Anspruch“.

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und anderen alternativen Lizenzmodellen, bei denen der Urheber unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann einräumt.37 Lediglich bei besonderen Regelungen in gemeinsamen Vergütungsregeln oder Tarifverträgen können Verwerter spätere Ansprüche auf Grundlage des § 32a UrhG ausschließen. Die Neufassung des Bestsellerparagraphen wirft schwierige Fragestellungen auf, dies gilt insbesondere für den Direktanspruch in der Lizenzkette.38 Für die hier im Mittelpunkt stehende Frage nach den praktischen Auswirkungen der Regelung ist allerdings eine Analyse der Ergebnisse der aktuellen Rechtsprechung aussagekräftiger. Tatsächlich haben sich der Bundesgerichtshof und die Oberlandesgerichte in jüngerer Zeit mehrfach mit Ansprüchen gem. § 32a UrhG auseinandergesetzt, und zwar auffällig oft in Fällen von Filmurhebern, für die der alte Bestsellerparagraph im Gegensatz zur neuen Regelung ausgeschlossen war (siehe § 90 S. 2 UrhG a.F.). Zu nennen sind hier die BGH-Entscheidung „Das Boot“ zum intertemporalen Recht des § 132 Abs. 3 S. 2 UrhG sowie zu der vom Senat bejahten Frage, ob ein Miturheber unabhängig von der Mitwirkung der anderen Miturheber entsprechende Ansprüche geltend machen kann. Da es in dem Streit zunächst nur um einen im Wege der Stufenklage geltend gemachten Auskunftsanspruch ging, blieb offen, ob und wenn ja in welcher Höhe der Kameramann am Ende tatsächlich einen Anspruch auf weitere Beteiligung durchsetzen kann.39 Immerhin stellte der Bundesgerichtshof fest, dass ein auffälliges Missverhältnis vorliege, wenn die vereinbarte Vergütung nur die Hälfte der nach § 32 UrhG angemessenen Vergütung beträgt. Die zweite BGH-Entscheidung betraf den Fall des Synchronsprechers, der die Hauptrolle im Spielfilm „Fluch der Karibik“ gesprochen hatte. Hier kam es ebenfalls zunächst nicht zu einer Bezifferung des Anspruchs.40 Das KG hatte den Anspruch noch mit der Begründung abgelehnt, dass es sich bei den Leistungen von Synchronsprechern um untergeordnete Beiträge zum Gesamtwerk handele, die durch die erhaltenen Vergütungen ausreichend abgegolten seien. Ansatzpunkt für diese enge Auslegung war der Hinweis in den Materialien, wonach untergeordnete Beiträge beim Film keine Ansprüche gem. § 32a UrhG begründen können.41 Dem trat der Bun-

_____ 37 Siehe hierzu im Einzelnen Jaeger/Metzger Open Source Software – Rechtliche Rahmenbedingungen der Freien Software, 3. Aufl. 2011, Rz. 135 ff. 38 Siehe hierzu nur Schack Urheber- und Urhebervertragsrecht, 5. Aufl. 2010, Rz. 1100 m.w.N. 39 BGH GRUR 2012, 496 – Das Boot. 40 BGH GRUR 2012, 1248 – Fluch der Karibik. 41 Siehe BT-Drucks. 14/8058, S. 19: „Bei untergeordneten Beiträgen wird § 32a aber zurückhaltend anzuwenden sein. Dies gilt insbesondere bei der künftig vorgesehenen weiteren Beteiligung der ausübenden Künstler: Gerade beim Film, aber auch bei anderen Multimediawerken, wirken viele Personen in höchst unterschiedlicher Intensität mit. So kann etwa

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desgerichtshof nun entgegen. Nur bei „gänzlich untergeordneten“ Leistungen, die üblicherweise durch ein Pauschalhonorar abgegolten werden, sei ein auffälliges Missverhältnis zwischen Vergütung und den aus der Verwertung erzielten Vorteilen von vornherein ausgeschlossen. Die Synchronisierungsleistung habe für den Eindruck der dargestellten Filmfigur aber eine wesentlich mitprägende Bedeutung. Handele es sich um eine Hauptfigur, könne der Anspruch gem. § 32a UrhG nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Dagegen sah das OLG München in der Entscheidung „Tatort-Vorspann“ in dem Beitrag der Klägerin, die das Storyboard des bekannten Vorspanns der Krimiserie geschrieben und an den Dreharbeiten mitgewirkt hatte, einen untergeordneten Beitrag zum Gesamtwerk und lehnte dementsprechend einen Anspruch gem. § 32a UrhG ab.42 In der Entscheidung „Tourfilm“ stellte das KG fest, dass Pauschalvergütungen im Filmbereich branchenüblich und nicht ohne Weiteres als unzulässig anzusehen sind.43 Da im vorliegenden Fall dem klagenden Filmregisseur umgerechnet 2,68% des durchschnittlichen Händlerabgabepreises gezahlt wurden, lehnte das Gericht eine weitere Beteiligung gem. § 32a UrhG ab. Bei diesem Honorar könne kein auffälliges Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Verwertung des Filmwerkes angenommen werden. An einem auffälligen Missverhältnis fehlte es nach Ansicht des OLG München auch in der Entscheidung „The Secret“, weil die angemessene Vergütung eines Literaturübersetzers gem. § 32 UrhG in dem konkreten Fall mit 22.617,68 € berechnet wurde, die vereinbarte Gegenleistung jedoch immerhin noch 15.445,10 € betragen hatte.44 Erst wenn die vereinbarte Vergütung unter 50% der angemessenen Vergütung liege, könne § 32a UrhG eingreifen. Dagegen sprach das OLG München in der Entscheidung „Pumuckl-Verwertung“ eine konkrete bezifferte Nachzahlung in Höhe von 75.000 € zu, weil der Klägerin für die grafische Gestaltung der Figur des „Pumuckl“ ein Pauschalhonorar gezahlt worden sei, welches in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen aus der Fernsehserie gestanden habe.45 In diesem Fall führte der Anspruch aus § 32a UrhG also tatsächlich zu einer durch ein Oberlandesgericht konkret benannten Nachzahlung. Nimmt man die genannten

_____ zwischen Hauptdarstellern, Nebenrollen und Komparsen unterschieden werden. Vor allem die wesentlichen Beiträge zum Gesamtwerk rechtfertigen hier eine weitere Beteiligung nach § 32a. Für andere – marginale – Beiträge wird es auch im Erfolgsfall oft keiner weiteren Beteiligung mehr bedürfen.“ 42 OLG München ZUM 2011, 422 – Tatort-Vorspann. 43 KG ZUM 2012, 686 – Tourfilm. 44 OLG München ZUM 2013, 47 – The Secret. 45 OLG München ZUM 2011, 665 – Pumuckl-Verwertung.

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Entscheidungen insgesamt in den Blick, so ist zunächst festzustellen, dass die Neufassung des § 32a UrhG Bewegung in die nachträgliche Kontrolle der Urhebervergütungen bei erfolgreichen Werken gebracht hat. Wegen des gestuften Verfahrens lässt sich den Entscheidungen allerdings nur wenig zu den konkret geschuldeten Nachzahlungen entnehmen. Klar ist, dass auch § 32a UrhG kein Füllhorn über den Urhebern ausgeschüttet hat. Ebenso deutlich ist, dass die Vorschrift vor allen den wirtschaftlich erfolgreichen Urhebern zu weiteren Einnahmen verhilft, während die breite Masse der Urheber von Nischenprodukten kaum profitieren kann.

4. Weitere Ausprägungen des Beteiligungsgrundsatzes im Urhebervertragsrecht Der Beteiligungsgrundsatz im Urhebervertragsrecht findet seine wichtigsten Ankerpunkte in den §§ 32, 32a, 36, 36a UrhG. In einem weiteren Zusammenhang können allerdings noch eine Reihe anderer Regelungen im Urheberrechtsgesetz genannt werden, insbesondere die §§ 27, 31a, 32c, 137l UrhG sowie in einem indirekten Sinn auch all diejenigen Vorschriften, die eine zu weitgehende Einräumung von Nutzungsrechten und damit einhergehende Preisgabe von Ertragschancen verhindern sollen, insbesondere die §§ 31 Abs. 5, 34 Abs. 1, 35 Abs. 1, 37, 38 Abs. 1 S. 2, 41, 44 Abs. 1 UrhG.46 Zusätzlich zu den Regelungen im Urheberrechtsgesetz hatte der Gesetzgeber im Jahr 2002 die Hoffnung geweckt, der allgemeine Beteiligungsgrundsatz in § 11 S. 2 BGB könnte künftig auch zu einer Überprüfung von Vergütungsabsprachen im Rahmen der AGB-Kontrolle herangezogen werden.47 Allerdings heißt es schon in den Materialien, dass die §§ 32, 32a UrhG dort eine angemessene Vergütung sichern sollen, wo eine AGBKontrolle wegen § 307 Abs. 3 S. 1 BGB (§ 8 AGBG a.F.) nicht möglich ist. Im Gesetzgebungsverfahren wurde also durchaus erkannt, dass eine AGB-Kontrolle hinsichtlich der Vergütungsabrede wegen ihres Charakters als Hauptleistungs-

_____ 46 So auch der Bundesgerichtshof zu § 31 Abs. 5 UrhG, siehe BGH GRUR 2012, 1031 – Honorarbedingungen Freie Journalisten, Leitsatz 1: „Die Anwendung des Schutzgedankens des § 31 Abs. 5 UrhG, wonach der Urheber möglichst weitgehend an den wirtschaftlichen Früchten der Verwertung seines Werkes zu beteiligen ist, kommt als Maßstab einer Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht in Betracht.“ Siehe auch Schulze GRUR 2012, 993. 47 Siehe BT-Drucks. 14/8058, S. 17 f.

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pflicht nicht möglich ist. Dies hat nun auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Honorarbedingungen Freie Journalisten“ festgestellt.48 Formularmäßige Abreden, so der Bundesgerichtshof, „die die für die vertragliche Hauptleistung zu erbringende Vergütung unmittelbar bestimmen, sind von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB ausgenommen, da die Vertragsparteien nach dem im bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Vertragsfreiheit Leistung und Gegenleistung grundsätzlich frei regeln können. Daran hat die Einführung des § 11 S. 2 UrhG nichts geändert.“ Seitens des Deutschen Journalisten-Verbands wurde die Entscheidung mit Enttäuschung aufgenommen. 49 Da der Gerichtshof, in Übereinstimmung mit der älteren Rechtsprechung, zugleich eine AGB-Kontrolle am Maßstab des Zweckübertragungsgrundsatzes in § 31 Abs. 5 UrhG ablehnte, ist auch weiterhin eine Kombination von Buy-out und Pauschalhonorar wirksam. Damit dürfte die Bedeutung des § 11 S. 2 UrhG in der AGB-Kontrolle vor allem bei den Nebenrechten liegen.

IV. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Die kursorische Übersicht zu den praktischen Auswirkungen der §§ 32, 32a UrhG – soweit sich diese an den wenigen statistischen Erhebungen und den veröffentlichten Gerichtsentscheidungen ablesen lassen – hat offenbart, dass sich die „soziale Frage“ der kreativ Tätigen auch zehn Jahre nach der Reform des Urhebervertragsrechts so dringend stellt wie im Jahr 2002. Die §§ 32, 36, 36a UrhG haben sich als wenig schlagkräftig erwiesen.50 Sie führen nach der Rechtsprechung des BGH und der Oberlandesgerichte im Moment nur bei den wenigen erfolgreichen Urhebern zu höheren Vergütungen, nicht aber zu einer flächendeckend höheren Entlohnung von Kreativen. Ob künftige gemeinsame Vergütungsregeln hieran etwas ändern werden, muss man nach zehn Jahren

_____ 48 BGH GRUR 2012, 1031 – Honorarbedingungen Freie Journalisten. Siehe hierzu Jan Bernd Nordemann NJW 2012, 3121; Peifer AfP 2012, 510. 49 Siehe die Pressemitteilung des DJV vom 31.5.2012, www.djv.de: „Nachdem sich die Reform des Urhebervertragsrechts in einem derart wichtigen Punkt als zahnloser Tiger erwiesen hat, ist nun der Gesetzgeber gefordert, die Augenhöhe der Vertragsparteien endlich herzustellen.“ Dagegen weisen Verlagsvertreter auf die dogmatisch überzeugende Argumentation des Gerichts hin, so bspw. die Urteilsanmerkung des Gruner+Jahr-Syndikus Soppe BGH GRUR 2012, 1039 f. 50 Insgesamt kritisch auch Czychowski in Fromm/Nordemann Urheberrecht, 10. Aufl. 2008, § 32 Rz. 2.

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Erfahrung mit den Regelungen bezweifeln. Dass § 32 UrhG für die Urheber von Nischenprodukten keine deutliche Verbesserung der Einkommenssituation gebracht hat, liegt letztlich an den ökonomischen Gegebenheiten, vor denen auch die Gerichte nicht die Augen verschließen können. Urheber nicht profitabler Werke können keine zusätzliche Vergütung verlangen.51 Für die große Zahl der am Existenzminimum lebenden Urheber hat die Reform damit kaum positive Effekte erzeugen können. Zugleich sind erhebliche Folgekosten durch die sehr komplexen Regelungen entstanden. Das Gesagte gilt umso mehr für § 32a UrhG.52 Die Vorschrift ist ohnehin nur auf Werke zugeschnitten, die sich als wirtschaftlich erfolgreich erweisen. Den Urhebern wirtschaftlich erfolgloser Werke bringt sie nichts. Dies rückt die oben angestellten ökonomischen Überlegungen erneut in den Blickpunkt. Die wenig ermutigenden Erfahrungen mit den Regelungen der Urhebervertragsrechtsreform von 2002 können auch als Beleg für die These interpretiert werden, dass das Vertragsrecht letztlich ungeeignet ist, um die sozialen Probleme der kreativ Tätigen zu lösen. Bei Projekten an der Schwelle der Rentabilität ist von einem redlichen Verwerter nicht mehr als eine geringe Vergütung zu holen. Hieran können auch zwingende Regeln im Vertragsrecht nichts ändern. Wird die Vergütung durch den Gesetzgeber hochgesetzt, werden die nicht mehr profitablen Projekte eingestellt. Natürlich muss ein missbräuchliches Ausnutzen der schlechten Verhandlungsposition von Kreativen verhindert werden. Mehr als eine Missbrauchskontrolle ist aber kaum möglich. Das Marktversagen in den verschiedenen Kreativbranchen lässt sich durch gesetzliche Mindestvergütungen nicht ausgleichen. Gefordert sind deswegen neue Ansätze, die die gewohnten Pfade verlassen. Nachzudenken wäre über die Erschließung neuer Einnahmequellen für Verwertungsgesellschaften, insbesondere bei Nutzungshandlungen im Internet, und eine Verteilung der Einnahmen, die die Urheber hieran möglichst weitgehend partizipieren lässt. Ein weiterer Ansatz könnte in der Stärkung und Neuausrichtung der steuerfinanzierten Kulturförderung bestehen. Schon heute sind ganze Kulturzweige staatlich alimentiert, von den Opern und Theatern, über die Filmförderung, den beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk bis zu den zahlreichen Urhebern an Hochschu-

_____ 51 Dies bedeutet allerdings nicht, dass starr auf die mit einem Werk erzielten Gewinne abgestellt werden darf, denn vertane Gewinnchancen des Verwerters dürfen nicht dem Urheber angelastet werden. Zur Frage Umsatz oder Gewinn als Berechnungsgrundlage siehe Reber GRUR Int. 2011, 569. 52 Schack Urheber- und Urhebervertragsrecht, 5. Aufl. 2010, Rz. 1101, befürchtet für § 32a UrhG sogar kontraproduktive Effekte wegen der Rechtsunsicherheit und der Haftungsrisiken.

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len. Eine Ausweitung oder Umschichtung des öffentlichen Kultursektors setzt aber eine gesellschaftliche Debatte darüber voraus, ob, in welchem Ausmaß und auf Grundlage welcher Spielregeln sich unsere Gesellschaft einen Kulturbetrieb jenseits ökonomischer Zwänge leisten möchte. Wer ein solch modernes Mäzenatentum ablehnt und weiter dem Leitbild des wirtschaftlichen freien Künstlers anhängt, muss einstweilen mit den Mechanismen von Markt und Wettbewerb im Vertragsrecht leben.

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Gemeinsame Vergütungsregeln als kollektives Instrument Paul Katzenberger

I. Einführung Gemeinsame Vergütungsregeln als kollektives Instrument Der vorliegende Beitrag macht es sich zur Aufgabe, einen Überblick über Recht und Praxis der sog. Gemeinsamen Vergütungsregeln im reformierten deutschen Urhebervertragsrecht zu vermitteln. Mit diesen Regeln hat der Gesetzgeber des „Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ vom 28. März 20021 juristisches Neuland betreten;2 das Gesetz wird oft abgekürzt als „Urhebervertragsgesetz“, gelegentlich auch als „Stärkungsgesetz“ bezeichnet. Neu sind demgemäß auch viele Rechtsfragen, die sich mit den Gemeinsamen Vergütungsegeln verbinden, und die Praxis benötigt einige Zeit, mit ihnen umzugehen. Wie zu zeigen sein wird, sind bemerkenswerte Ergebnisse dennoch schon erzielt worden, und erscheint eine weitere positive Prognose als gerechtfertigt. Im Folgenden sollen zunächst (unter II.) die Gemeinsamen Vergütungsregeln als kollektives Schutzinstrument zugunsten von Urhebern und ausübenden Künstlern vorgestellt und soll ihr Zusammenspiel mit dem ebenfalls neuen, aber individualrechtlichen Anspruch dieses Personenkreises auf angemessene Vergütung aufgezeigt werden. Es folgt ein Statusbericht (III.) über das in der Praxis bereits Erreichte und über noch laufende Bemühungen. Dem schließen sich Überblicke über die gesetzlichen Regelungen und die Wirkungen Gemeinsamer Vergütungsregeln (IV.) sowie über die Rechtsstreitigkeiten an, die bisher die Gerichte im Zusammenhang mit Verfahrensfragen solcher Regeln beschäftigt haben (V.). Ein weiterer Abschnitt (VI.) hat die Frage zum Gegenstand, welche Rolle Gemeinsame Vergütungsregeln spielen können, wenn es um die Beziehungen von Urhebern oder ausübenden Künstlern nicht zu ihren Vertragspartnern, sondern zu Inhabern weiterübertragener Nutzungsrechte geht. Es folgt ein Überblick über Inhalte schon vereinbarter Gemeinsamer Vergütungsregeln, der im vorliegenden Zusammenhang nur beispielhafter Natur sein kann (VII. 1.). Dabei wird die eingangs in Aussicht gestellte positive Prognose in besonderer Weise ge-

_____ 1 BGBl. I S. 1155. 2 Siehe BT-Drucks. 14/6433, S. 12, i.V.m. BT-Drucks. 14/7564, S. 5; Hucko Das neue Urhebervertragsgesetz, 2002, S. 15.

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stützt, wenn man die Resonanz bedenkt, die bisher Erreichtes in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in einem Bereich erfahren hat, für den selbst es noch gar keine spezifischen Gemeinsamen Vergütungsregeln gibt, nämlich für Übersetzer belletristischer Werke und von Sachbüchern (VII.2.). Vor einem kurzen abschließenden Resümee mit der angekündigten Prognose (IX.) soll dann im Sinne eines weiterführenden Hinweises die Frage lediglich angesprochen werden, ob vereinbarte Gemeinsame Vergütungsregeln nur individuell oder auch kollektiv durchgesetzt werden können (VIII.). Wie schon der Name des Reformgesetzes von 2002 besagt, soll mit ihm die vertragsrechtliche Stellung nicht nur der Urheber, sondern auch der ausübenden Künstler gestärkt werden. Beide Personengruppen pflegt man zusammenfassend auch als „Kreative“ zu bezeichnen.3 Gesetzestechnisch folgt die Begünstigung auch der ausübenden Künstler daraus, dass § 79 Abs. 2 Satz 2 UrhG eine entsprechende Anwendung der für Urheber geltenden Vorschriften der §§ 32, 33 bis 42 UrhG und damit auch der §§ 32 Abs. 2 Satz 1, 36 und 36a UrhG über Gemeinsame Vergütungsregeln vorsieht. Es dient nur der Vereinfachung, wenn im Folgenden lediglich von Urhebern oder Kreativen die Rede ist; ausübende Künstler sind dabei mit gemeint, wenn sich aus den Umständen nichts anderes ergibt. Gleiches gilt für den Schutz ihrer darbietenden Leistungen, wenn ausdrücklich nur die Werke der Urheber angesprochen werden.

II. Gemeinsame Vergütungsregeln als zweite und kollektive Säule des reformierten Urhebervertragsrechts Elmar Hucko, der für die Ausarbeitung des amtlichen Entwurfs zum Urhebervertragsgesetz von 2002 im Bundesministerium der Justiz zuständige leitende Beamte, hat den Kernbereich dieses Gesetzes zu Recht mit nur zwei Regelungskomplexen gekennzeichnet und diese Komplexe anschaulich mit zwei neuen biblischen Geboten umschrieben: 1. „Die Verwerter sollen ihre Urheber angemessen vergüten.“ Und 2. „Die Verbände der Verwerter und der Urheber sollen sich zusammensetzen und vereinbaren, was jeweils angemessen ist.“4

_____ 3 Siehe BT-Drucks. 14/6433, S. 8. 4 A.a.O., S. 8.

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Das erste dieser Gebote ist in den §§ 32 und 32a UrhG als Anspruch des Urhebers auf eine angemessene Vergütung für die vertragliche Einräumung von Nutzungsrechten (§ 32 UrhG) geregelt; gegebenenfalls als Anspruch auch auf eine weitere angemessene Beteiligung an den Erträgen und Vorteilen des Werknutzers (§ 32a UrhG), auf den sog. Fairnessausgleich.5 Es handelt sich hierbei um die erste, die individualrechtliche tragende Säule des neuen Urhebervertragsrechts. Dem zweiten Gebot wird durch die Gemeinsamen Vergütungsregeln als kollektives Instrument (§§ 32 Abs. 2 Satz 1, 36 und 36a UrhG) Rechnung getragen. Sie bilden die zweite Säule des reformierten Urhebervertragsrechts und stehen im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags. Zielgruppen beider Regelungskomplexe sind freiberuflich tätige Kreative einerseits und deren Vertragspartner und die Werknutzer als Verwerterunternehmen andererseits. Ihre Beziehungen zueinander sind durch ein strukturelles Ungleichgewicht zu Lasten der Kreativen als der jeweils schwächeren Vertragspartei gekennzeichnet.6 Nur wenige Stars unter den Kreativen können sich dem Diktat ungünstiger Vertragsbedingungen der Verwerter entziehen. Ihre Quote soll ca. 1,5% betragen.7 Als besonders ungünstig betroffen bezeichnen die amtlichen Gesetzesmaterialien Übersetzer, freie Journalisten und Fotojournalisten.8

III. Bisherige Ergebnisse und Initiativen Bedenkt man die Neuheit des Regelungsinstruments der Gemeinsamen Vergütungsregeln und die Freiwilligkeit ihrer Aufstellung, von welcher der Gesetzgeber ausgegangen ist,9 so können sich die bisherigen Ergebnisse durchaus sehen lassen. Nach Kenntnis des Verfassers sind bis zum Sommer des Jahres 2012 Gemeinsame Vergütungsregeln für die folgenden Bereiche vereinbart worden:

_____ 5 6 7 8 9

Siehe BT-Drucks. 14/8085, S. 19. Siehe BT-Drucks. 14/6433, S. 9 f. So BT-Drucks. 14/6433, S. 9. Siehe ebenfalls BT-Drucks. 14/6433, S. 9. Siehe BT-Drucks. 14/8058, S. 20.

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1. Autoren belletristischer Werke in deutscher Sprache Als erste Gemeinsame Vergütungsregeln wurden am 9. Juni 2005 diejenigen für Autoren belletristischer Werke in deutscher Sprache aufgestellt.10 Vertragsparteien waren der Verband deutscher Schriftsteller (VS) in der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) einerseits und neun namhafte Verlage jeweils als einzelne Werknutzer, nicht als Verband andererseits.11 Die Einigung gelang in einem Mediationsverfahren des Bundesministeriums der Justiz. Vorausgegangen war, dass sich auf der Verwerterseite der Börsenverein des Deutschen Buchhandels als Verlegerverband für nicht zuständig erklärt hatte. Ferner war zwar speziell für die Verhandlungen über die Vergütungsregeln eine Verlegervereinigung Buchhandel gegründet, dann aber wieder aufgelöst worden.12 Diese Umstände vermitteln eine Ahnung davon, mit welchen Schwierigkeiten in der Praxis der Aufstellung Gemeinsamer Vergütungsregeln zu rechnen ist. Der Erfolg innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des Urhebervertragsgesetzes am 1. Juli 2002 erscheint daher bemerkenswert. Dies gilt umso mehr, als es fünf weitere Jahre dauern sollte, bis der nächste Erfolg erzielt wurde.

2. Freie hauptberufliche Journalisten an Tageszeitungen Dieser zweite Erfolg ergab sich am 29. Januar 2010 in Gestalt der Gemeinsamen Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen.13 Aufgestellt wurden sie vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV) als Vertreter einer Reihe von Mitgliedsverbänden auf Seiten der Werkverwerter sowie auf der Seite der Urheber vom Deutschen Journalisten-Verband e.V. – Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten (DJV) und von der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di sowie dem ver.di-Bundesvorstand. Die Verhandlungen dauerten sechs Jahre.14

_____ 10 Abgedruckt in Urheber- und Verlagsrecht, Textausgabe, 14. Aufl. 2012 (Beck-Texte im dtv), S. 114. 11 Benannt unter www.vs.verdi.de/Urheberrecht. 12 Siehe auch hierzu www.vs.verdi.de/Urheberrecht. 13 Ebenfalls abgedruckt in Beck-Texte im dtv., a.a.O., S. 117. 14 Siehe dazu den Bericht unter www.djv-nrw.de.

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3. Urheber von Bühnen- und Medienwerken und Zweites Deutsches Fernsehen a) Formfragen Im Jahre 2012 folgten dann im Abstand von einem halben Jahr gleich zwei weitere Gemeinsame Vergütungsregeln, vereinbart jeweils unter Beteiligung des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) als einer öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt und einzelner Werknutzerin im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 UrhG. Beide Vereinbarungen vermeiden in ihrer jeweiligen Bezeichnung den Begriff der Gemeinsamen Vergütungsregel. Dies allein steht ihrer Qualifikation als solche Regeln aber nicht entgegen. Die gesetzlichen Bestimmungen schreiben die Verwendung dieses Begriffs nicht vor, auch sonstige gesetzliche Formvorschriften gibt es für sie nicht.15 Auch eine Veröffentlichung Gemeinsamer Vergütungsregeln ist gesetzlich nicht vorgeschrieben und daher auch nicht Voraussetzung ihrer Wirksamkeit, auch wenn sie ihrer Zweckbestimmung entspricht, auf breiter Grundlage Maßstäbe für die Angemessenheit vertraglicher Urhebervergütungen und diesbezüglich branchenweite Standards zu setzen.16

b) Verband der Deutschen Bühnen- und Medienverlage als unabhängige Vereinigung von Urhebern Die chronologisch erste der beiden in Frage stehenden Vereinbarungen ist die „Rahmenvereinbarung für die Neuregelung der Vergütungssätze und des Vergütungssystems“ zwischen dem ZDF und dem Verband Deutscher Bühnen- und Medienverlage e.V. (VDB) vom Januar 2012 nach dem Stand vom 21. Dezember 2011.17 Diese Vereinbarung weist neben den schon eingangs angesprochenen Umständen eine Besonderheit auf, welche ihre Qualifikation als Gemeinsame Vergütungsregel als zweifelhaft erscheinen lässt: Sie wurde zwischen zwei Institutionen getroffen, die auf den ersten Blick beide keine Vereinigungen von Urhebern im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 UrhG sind. Nach dem Gesetzeswortlaut scheint es sich daher nicht um eine Gemeinsame Vergütungsregel im Rechts-

_____ 15 Siehe Haas Das neue Urhebervertragsrecht, 2002, Rz. 229; Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/ Meckel Urheberrecht, 2. Aufl. 2009, § 36 UrhG Rz. 9. 16 Zu Letzterem siehe BT-Drucks. 14/6433, S. 16; zum Ergebnis: Haas a.a.O., Rz. 230; Kotthoff a.a.O., § 36 UrhG Rz. 9. 17 Bisher nicht veröffentlicht.

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sinn zu handeln. Auch nach der amtlichen Gesetzesbegründung zielen die Neuregelungen des Urhebervertragsgesetzes von 2002 nicht auf Verträge zwischen Verwerterunternehmen ab18 und damit auch nicht auf eine Vereinbarung zwischen einem Fernsehsender als Werknutzer und einer Vereinigung von Verlagen als Rechtsinhabern. Die Zweifel sind jedoch nicht begründet. Die Bühnen- und Medienverlage als Mitglieder des VDB erwerben von den Urhebern von Bühnen- und Medienwerken, wie Bühnenautoren, Bühnenkomponisten, Hörspiel- und Drehbuchautoren,19 umfassende Nutzungsrechte über spezielle Urheberrechtsverträge; die klassische Form dieser Verträge ist der Bühnenverlags- bzw. Bühnenvertriebsvertrag.20 Anders als z.B. bei Buchverlagsverträgen erfolgt die Rechtseinräumung an den Verlag von Seiten der Urheber nicht zur Nutzung, sondern zur treuhänderischen Wahrnehmung für Rechnung der Urheber, wenn auch im eigenen Namen des Bühnen- oder Medienverlags. Dieser handelt somit beim Abschluss von Aufführungs- und Sendeverträgen mit Theatern und Sendeunternehmen als mittelbarer Stellvertreter der Urheber.21 Der Verlag verpflichtet sich auch nicht zur Zahlung von Nutzungsvergütungen an die Urheber, sondern zieht für diese die Vergütungen ein, die von Theatern und Sendeunternehmen geschuldet werden. Der Verlag erhält einen Anteil daran als Provision. All dies rechtfertigt es, den VDB im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 UrhG als Vereinigung nicht nur der Bühnen- und Medienverlage, sondern auch der Urheber zu qualifizieren, die von diesen Verlagen vertreten werden. Einer Anwendung der neuen Bestimmungen über Gemeinsame Vergütungsregeln auf die Vereinbarung zwischen ZDF und VDB vom Januar 2012 steht damit unter dem Gesichtspunkt des § 36 Abs. 1 Satz 1 UrhG nichts entgegen.22 Gleiches gilt für das Erfordernis der Unabhängigkeit des VDB als Urhebervereinigung gemäß § 36 Abs. 2 UrhG. Die Vereinbarung zwischen ZDF und VDB vom Januar 2012 enthält Änderungen früherer Vereinbarungen dieser Vertragsparteien in Form der sog. Re-

_____ 18 Siehe BT-Drucks. 14/6433, S. 8. 19 So die Umschreibung des Kreises der von den Mitgliedsverlagen des VDB vertretenen Autoren in dessen Homepage, www.theatertexte.de/inhalt/verband. Ausführlicher Schlatter in Loewenheim (Hrsg.) Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, § 72 Rz. 10. 20 Siehe dazu und zum Folgenden Ulmer Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl. 1980, S. 358, 406 ff.; Beilharz Der Bühnenvertriebsvertrag als Beispiel eines urheberrechtlichen Wahrnehmungsvertrages, 1970, S. 32 ff.; Schlatter a.a.O., § 72 Rz. 30 ff. 21 Siehe Beilharz a.a.O., S. 52, 63. 22 Ebenso J.B. Nordemann in Loewenheim/Meesen/Riesenkampff (Hrsg.) Kartellrecht Kommentar, 2. Aufl. 2009, § 1 GWB Rz. 224, aus kartellrechtlicher Sicht.

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gelsammlung Bühnenverlage/Rundfunk (Fernsehen) – RS FS –,23 die seit Mitte der 1970er Jahre zwischen den öffentlich-rechtlichen deutschen Rundfunksendern24 und dem VDB getroffen wurden; die aktuelle Fassung datiert vom 9./22. Mai 2008 auf der Grundlage der im Jahre 2005 vereinbarten, vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2010 gültigen und vorläufig weiter angewandten Fassung. Anlässlich der Verabschiedung des Urhebervertragsgesetzes von 2002 ist streitig geworden, ob es sich bei den vom VDB mit seinen Vertragspartnern aufgestellten Regelsammlungen25 um Gemeinsame Vergütungsregeln im Sinne des neuen Urhebervertragsrechts handelt 26 oder nicht. 27 Der ersteren Auffassung wird man auch Stimmen hinzurechnen können, welche die Annahme einer Vereinigung von Urhebern im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 UrhG nicht daran scheitern lassen, dass Verlage und Agenturen als Vertreter von Urhebern einem Verband angehören.28 Gleiches gilt eingeschränkt für die Ansicht, eine Regelsammlung könne zukünftig auch als Gemeinsame Vergütungsregel vereinbart werden.29 Im Ergebnis ist der erstgenannten Auffassung und den ihr zuzurechnenden Äußerungen zu folgen. Unabhängigkeit einer Vereinigung im Sinne des § 36 Abs. 2 UrhG bedeutet Gegnerfreiheit bezogen auf die jeweilige Verhandlungsgegenseite,30 nicht ganz allgemein. Im Fall der RS Fernsehen sind in diesem Sinne Gegner der Urheber von Bühnen- und Medienwerken die öffentlich-rechtlichen

_____ 23 Nicht veröffentlicht, aber in Teilen beschrieben m.w.N. von Castendyk in Loewenheim (Hrsg.) a.a.O., § 75 Rz. 261 ff.; Ehrhardt in Wandtke/Bullinger (Hrsg.) Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, §§ 20–20b UrhG Rz. 40 ff. 24 Dies sind die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, DeutschlandRadio und ZDF. 25 Neben der RS Fernsehen die RS Hörfunk und die mit dem Deutschen Bühnenverein (DBV) als Bundesverband der Theater und Orchester aufgestellte RS Bühne. 26 So ohne nähere Begründung Schlatter a.a.O., 1. Aufl. 2003, § 72 Rz. 39, 56, in der 2. Aufl. 2010, a.a.O. nur noch: Ansatz zur Umwidmung mit Neuregelung unter Einbeziehung der Urheberverbände. 27 So Dietz/Haedicke in Schricker/Loewenheim (Hrsg.) Urheberrecht Kommentar, 4. Aufl. 2010, § 36 UrhG Rz. 57; Ehrhard a.a.O., § 19 UrhG, Rz. 23, § 36 UrhG Rz. 20 zur RS Bühne, §§ 20– 20b UrhG Rz. 42: „zweifelhaft“ zu allen RS; Schulze in Dreier/Schulze Urheberrechtsgesetz Kommentar, 3. Aufl. 2008, § 36 UrhG Rz. 22; Wandtke/Grunert in Wandtke/Bullinger (Hrsg.) a.a.O., § 36 UrhG Rz. 20. 28 So Flechsig/Hendricks ZUM 2002, 423, 424 f. im Anschluss an Thüssing GRUR 2002, 203, 204. 29 So Castendyk a.a.O., § 75 Rz. 265. 30 Siehe Dietz/Haedicke a.a.O., § 36 UrhG Rz. 56; Schulze a.a.O., § 36 UrhG Rz. 21; Wandtke/Grunert a.a.O., § 36 UrhG Rz. 10.

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Rundfunkanstalten, nicht die Mitgliedsverlage des VDB. Gegenüber den Sendern ziehen Urheber und Verlage an einem Strang. Die Gegner der hier vertretenen Deutung bestätigen diese im Übrigen selbst, soweit sie sich im Hinblick auf die Freistellung der Regelsammlungen vom Kartellverbot auf die amtliche Begründung zu den Gemeinsamen Vergütungsregeln31 berufen.32 Letzteres geschieht auch dann, wenn dabei, wie geschehen, im Hinblick auf den bloßen Empfehlungscharakter der Regelsammlungen einerseits und die vom Gesetzgeber intendierte Freistellung auch von Mindestvergütungen33 andererseits auf das Weniger an Wettbewerbsbeschränkung durch die Regelsammlungen abgestellt wird. Von der kartellrechtlichen Privilegierung des § 36 UrhG kann, ob mit mehr oder weniger Wettbewerbsbeschränkung verbunden, nur umfasst sein, was selbst als Gemeinsame Vergütungsregel im Sinne dieser Bestimmung qualifiziert ist. 34 Spätestens seit der Neuvereinbarung der Regelsammlung Fernsehen im Jahre 2005 überholt ist auch das Argument der Gegenmeinung gegen das hier vertretene Ergebnis, dass Regelwerke aus der Zeit vor Neuregelung des Urhebervertragsrechts aufgrund der veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen nicht ohne weiteres in Gemeinsame Vergütungsregeln umgewidmet werden könnten.35 Spätestens seit diesem Zeitpunkt kommt es auf eine Umwidmung gar nicht an: Die Regelsammlung ist eine Gemeinsame Vergütungsregel im Sinne des neuen Urhebervertragsrechts. Aus diesem Ergebnis folgt der Schluss, dass es sich auch bei der Vereinbarung zwischen ZDF und VDB von Januar 2012, welche die Regelsammlung Fernsehen lediglich abändert, ebenfalls um eine solche Vergütungsregel handelt. Denkbar ist und Indizien dafür gibt es,36 dass dieses Ergebnis beiden Vertragsparteien oder einer von ihnen ungelegen kommt, beispielweise begründet durch den Wunsch, andere Urhebergruppen an aufwendig erkämpften bzw. nur ungern zugestandenen Erfolgen nicht partizipieren zu lassen oder diese Erfolge nicht durch Begehrlichkeiten solcher Gruppen zu gefährden. In solchen Vorstellungen läge nicht nur ein glatter Widerspruch zu den Zielen, welche der Gesetz-

_____ 31 Siehe BT-Drucks. 14/6433, S. 12. 32 So Ehrhardt a.a.O., § 19 UrhG Rz. 23, unter Berufung auf J.B. Nordemann a.a.O., § 1 GWB Rz. 224. 33 Siehe BT-Drucks. 14/6433, S. 12. 34 Gegen J.B. Nordemann a.a.O., § 1 GWB Rz. 224. 35 Gegen Wandtke/Grunert a.a.O., § 36 UrhG Rz. 20. 36 Siehe Schlatter a.a.O., § 72 Rz. 56. Bezeichnend ist insoweit auch, dass die Regelsammlungen Fernsehen und wohl auch Hörfunk der allgemeinen Öffentlichkeit bisher weitgehend unzugänglich sind.

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geber mit den Gemeinsamen Vergütungsregeln als branchenweiten Maßstäben für angemessene Urhebervergütungen verfolgt hat, sie wären auch rechtlich weithin unbeachtlich: Ein insgeheimer Vorbehalt einer Vertragspartei, das Erklärte wegen seiner Konsequenzen nicht zu wollen, wäre nach § 116 Satz 1 BGB folgenlos.37 Ein enstprechender Vorbehalt beider Vertragsparteien hätte gemäß § 117 Abs. 1 BGB die Nichtigkeit ihrer Erklärungen und damit die Unwirksamkeit der Vereinbarung vom Januar 2012 zur Folge.38 Es ist zu erwarten, dass diese Vereinbarung faktisch ebenso umgesetzt werden wird, wie dies bei der Regelsammlung Fernsehen seit langem der Fall ist,39 und dass bei eventuellen kartellrechtlichen Vorwürfen eine Berufung auf die diesbezügliche Freistellung durch § 36 UrhG nicht ausbleiben wird. Würde dann gegen die Verbindlichkeit der Vereinbarung vom Januar 2012 deren unerwünschte Qualität als Gemeinsame Vergütungsregel eingewandt, so wäre dies nach den für eine „protestatio facto contraria“ geltenden Regeln40 unbeachtlich. Ein diesbezüglicher Irrtum würde auch nicht zur Anfechtung berechtigen.41

c)

Regelsammlungen des VDB als weitere Gemeinsame Vergütungsregeln

Wie vorstehend zur Regelsammlung Fernsehen dargestellt, handelt es sich auch bei diesem Regelwerk über Vergütungssätze und Vergütungsbeträge für Urheber im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks jedenfalls seit ihrer Neuvereinbarung im Jahre 2005 um eine Gemeinsame Vergütungsregel im Sinne des neuen Urhebervertragsrechts. Für die Regelsammlung Hörfunk dürfte dasselbe gelten. Und auch die Regelsammlung Bühne42 dürfte, ungeachtet ihres Charakters als Zusammenstellung festgestellter Bühnenbräuche,43 letztlich auf Vereinbarungen zwischen dem VDB und dem Deutschen Bühnenverein beruhen44 und damit ebenso zu beurteilen sein.

_____ 37 Siehe Ellenberger in Palandt Bürgerliches Gesetzbuch Kommentar, 72. Aufl. 2013, § 116 BGB Rz. 1. 38 Siehe Ellenberger a.a.O., § 116 BGB Rz. 6. 39 Siehe Ehrhard a.a.O., §§ 20–20b UrhG Rz. 40. 40 Siehe Ellenberger a.a.O., Einf. v. § 145 BGB Rz. 26. 41 Siehe Ellenberger a.a.O., § 119 BGB Rz. 15. 42 Siehe oben Fn. 25. 43 Siehe Ehrhard a.a.O., § 19 UrhG Rz. 22; Schlatter a.a.O., § 72 Rz. 55. 44 Von einer Vereinbarung spricht selbst die Präambel der Regelsammlung Bühne in der Fassung vom 1.8.2005, abgedruckt als Teil III A 1 in: Deutscher Bühnenverein (Hrsg.) Bühnenund Musikrecht, Loseblatt Stand Juni 2012, S. 1.

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4. Drehbuchautoren bei Auftragsproduktionen für das Zweite Deutsche Fernsehen Bei der zweiten im Jahr 2012 vereinbarten Gemeinsamen Vergütungsregel handelt es sich um die „Vereinbarung über die Eckpunkte für Verträge zwischen Auftragsproduzenten und Autoren“45 für ZDF-Produktionen mit Verhandlungsabschluss im Mai/Juli 2012, unterzeichnet von drei Vertragsparteien: dem Verband Deutscher Drehbuchautoren e.V. (VDD), dem ZDF und der Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e.V. (Produzentenallianz).46 Die Beteiligung dreier Vertragsparteien mit je eigener Interessenlage und Kompetenz ist auf dem Gebiet der Gemeinsamen Vergütungsregeln bisher einmalig und von besonderem Interesse.47 Die trilaterale Vereinbarung vermeidet in ihrer Bezeichnung ebenfalls den Begriff der Gemeinsamen Vergütungsregel. Wie vorstehend zu der Vereinbarung des ZDF mit dem VDB dargestellt, hindert dies die Qualifikation als Gemeinsame Vergütungsregel aber ebenso wenig wie ein mögliches Motiv, sie abzulehnen. Die Qualifikation ist auch, anders als dort, nicht durch das scheinbare Fehlen einer Urhebervereinigung als Vertragspartei und durch Meinungsunterschiede in Bezug auf vorbestehende Regelwerke nach Art der Regelsammlungen des VDB vorbelastet. Entscheidend für die Qualifikation sind hier wie dort der Inhalt in Form von Vergütungssätzen und Vergütungsbeträgen zugunsten der Urheber48 sowie deren Absprache durch Vereinigungen, die einerseits Urheber und andererseits Verwerterunternehmen mit entgegengesetzten Interessen vertreten.

5. Weitere Initiativen Über die vorstehend dargestellten positiven Ergebnisse hinaus sind in der Vergangenheit von Vereinigungen mehrerer Berufsgruppen freiberuflich tätiger Urheber Initiativen zur Aufstellung Gemeinsamer Vergütungsregeln ergriffen

_____ 45 So die Bezeichnung in einer Pressemitteilung des VDD vom 2.8.2012, www.drehbuchautoren.de/nachrichten/2012/08/vdd. 46 Soweit ersichtlich (Stand: Anfang Oktober 2012), noch nicht veröffentlicht, aber öffentlich mitgeteilt (siehe vorstehende Fn.), siehe auch: www.urheberrecht.org/news/4698 und www.connexx-av.de/meldung. 47 Siehe unten VI. 48 Siehe unten VII. 1. b).

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worden, die bisher49 erfolglos geblieben sind. Sie richteten sich sowohl an Verbände von Verwerterunternehmen als auch an einzelne Werkverwerter und zielten auf Regeln für die folgenden Berufsgruppen ab: Übersetzer,50 Wort- und Bild-Journalisten an Zeitschriften, sowie speziell Bild-Journalisten an Tageszeitungen und Zeitschriften,51 Fernseh- und Filmregisseure bei Auftragsproduktionen des ZDF52 und Kameraleute.53

IV. Gesetzliche Regelungen und Wirkungen Gemeinsamer Vergütungsregeln Wie schon eingangs (siehe oben II.) angesprochen, sind Gemeinsame Vergütungsregeln insbesondere Gegenstand der §§ 36 und 36a UrhG in der Fassung des Urhebervertragsgesetzes von 2002. Die zentralen Bestimmungen sind in § 36 UrhG enthalten, § 36a UrhG enthält Regeln über Schlichtungsverfahren für den Fall, dass Verhandlungen ohne ein solches Verfahren zu keinem Erfolg führen. Daneben bestimmt § 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG die Wirkung einer erfolgreich und wirksam zustande gekommenen Gemeinsamen Vergütungsregel. 1. § 36 Abs. 1 UrhG regelt Aufgabe, mögliche Parteien und Inhalte Gemeinsamer Vergütungsregeln sowie den Vorrang von Tarifverträgen, § 36 Abs. 2 UrhG die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit Vereinigungen Gemeinsame Vergütungsregeln wirksam vereinbaren können: Sie müssen repräsentativ, unabhängig und zur Aufstellung ermächtigt sein. Nach § 36 Abs. 3 UrhG findet ein Schlichtungsverfahren statt, wenn die Parteien dies vereinbaren, unter bestimmten Voraussetzungen aber auch auf Verlangen nur einer Par-

_____ 49 Stand Sommer 2012, ohne Anspruch auf Vollständigkeit; siehe auch zu weiteren Initiativen in der Vergangenheit Czychowski in Fromm/Nordemann (Hrsg.) Urheberrecht Kommentar, 10. Aufl. 2008, § 36 UrhG Rz. 33. 50 Mit einem ausformulierten Entwurf bereits vom 22.6.2002, vorgelegt durch den VS in ver.di und dem Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V. (VdÜ), siehe www.literaturuebersetzer.de. 51 Entwürfe von dju in ver.di und djv, siehe www.mediafon.net; Einigungsvorschlag der Schlichtungsstelle vom 1.2.2013, zugänglich über www.djv.de: INFOS, Bildjournalisten, News vom 7.2.2013. 52 Siehe BGH GRUR 2011, 808 – Aussetzung eines Schlichtungsverfahres. 53 Siehe OLG München GRUR-RR 2011, 441 – Schlichtungsstellenbesetzung; Einigungsvorschlag der Schlichtungsstelle vom 14.12.2012 lt. freundlicher Mitteilung des Beisitzers Rechtsanwalt Dr. Nikolaus Reber, München; seit 12.3.2013 angenommen, siehe www.bvkamera.org.

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tei, nämlich wenn alternativ die andere Partei trotz Aufforderung nicht innerhalb von drei Monaten mit Verhandlungen beginnt, Verhandlungen ein Jahr lang ohne Ergebnis bleiben oder eine Partei die Verhandlungen endgültig für gescheitert erklärt. Nach § 36 Abs. 4 UrhG endet das Schlichtungsverfahren mit einem begründeten Einigungsvorschlag der Schlichtungsstelle. Jede Partei kann ihm innerhalb von drei Monaten widersprechen. Wird nicht widersprochen, so gilt der Einigungsvorschlag als angenommen – und wird damit zu einer Gemeinsamen Vergütungsregel. 2. Unwidersprochen gebliebene Einigungsvorschläge der Schlichtungsstelle und vereinbarte Gemeinsame Vergütungsregeln haben bedeutsame Rechtsfolgen: In Rechtsstreitigkeiten über angemessene Urhebervergütungen bestimmen sie die Angemessenheit, und zwar unwiderlegbar.54 § 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG bestimmt dies mit dem lapidaren Satz: „Eine nach einer Gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) ermittelte Vergütung ist angemessen.“ Man spricht insoweit von einer Bindungswirkung solcher Regeln. Ein Widerspruch gegen einen Einigungsvorschlag einer Schlichtungsstelle verhindert dieses Ergebnis zwar. Die Gerichte können dem Einigungsvorschlag aber eine Indizwirkung entnehmen.55 Zur Bindungs- und Indizwirkung hinzu kommt die vom Bundesgerichtshof anerkannte Berücksichtigung Gemeinsamer Vergütungsregeln selbst in ganz anderen Branchen (siehe unten VII. 2.). 3. § 36a UrhG enthält Regelungen über das Schlichtungsverfahren, insbesondere über die Errichtung der Schlichtungsstelle, ihre Zusammensetzung unter einem unparteiischen Vorsitzenden, die Zahl der von den Parteien zu bestellenden jeweils gleichzahligen Beisitzer, beides mangels Einigung durch Entscheidung durch das zuständige Oberlandesgericht, und die Beschlussfassung durch Stimmenmehrheit: Letzteres auch dann, wenn eine Partei keine Beisitzer benennt oder diese trotz Einladung einer Sitzung fernbleiben.

_____ 54 Siehe BT-Drucks. 14/8058, S. 5, 15, 18; Schulze a.a.O., § 32 UrhG Rz. 30, § 36 UrhG Rz. 15; Schricker/Haedicke in Schricker/Loewenheim (Hrsg.) a.a.O., § 32 UrhG Rz. 24. 55 So BT-Drucks. 14/8058, S. 50 und die h.M.: siehe Dietz/Haedicke a.a.O., § 36 UrhG Rz. 92; Schulze a.a.O., § 36 UrhG Rz. 36; W. Nordemann Das neue Urhebervertragsrecht, 2002, § 36 UrhG Rz. 15; a.A. Berger Das neue Urhebervertragsrecht, 2002, S. 90 Rz. 242.

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V. Erste Rechtsstreitigkeiten zum Schlichtungsverfahren Bereits mehrfach mussten sich die Gerichte mit dem Schlichtungsverfahren zur Aufstellung Gemeinsamer Vergütungsregeln befassen. 56 Gegenstand war zumeist die Reichweite der Entscheidungsbefugnis des zuständigen Oberlandesgerichts im Rahmen des Verfahrens über die Bestellung des Vorsitzenden der Schlichtungsstelle und die Zahl der Beisitzer nach § 36a Abs. 3 UrhG.57 Im Kern ging es dabei jeweils um den Konflikt zweier Ziele: Beschleunigung des Bestellungsverfahrens einerseits und Rechtssicherheit in Bezug auf die Wirksamkeit Gemeinsamer Vergütungsregeln andererseits. So wies das Kammergericht Berlin in einem Bestellungsverfahren das Ansinnen zurück, darüber zu entscheiden, ob der Börsenverein des Deutschen Buchhandels als Verlegervereinigung ermächtigt war, Gemeinsame Vergütungsregeln für Literatur-Übersetzer zu vereinbaren.58 Es verwies den Rechtsstreit insoweit an das Landgericht Frankfurt/M., welches die Passivlegitimation des Börsenvereins verneinte.59 In einem anderen Bestellungsverfahren hat es das Oberlandesgericht München nach den Umständen des Falles für nicht zweckmäßig erklärt, dieses Verfahren bis zur Klärung einer negativen Feststellungsklage auszusetzen.60 In einem ähnlichen Verfahren hat dasselbe Gericht jedoch die Aussetzung verfügt61 und ist darin durch den Bundesgerichtshof bestätigt worden:62 Gemeinsame Vergütungsregeln, die von dazu nicht ermächtigten Vereinigungen aufgestellt wurden, sind unwirksam und entfalten weder eine Bindungswirkung noch eine Indizwirkung.63 Die Zulässigkeit Gemeinsamer Vergütungsregeln ist daher frühzeitig und rechtlich verbindlich zu klären, um faktische Wirkungen unwirksamer Regeln möglichst zu vermeiden. Und weiter: Das Oberlandesgericht im

_____ 56 KG Berlin ZUM 2005, 229; LG Frankfurt/M. ZUM 2006, 948; OLG München Beck RS 2010, 18324 = GRUR-RR 2010, 494 (nur Ls.); OLG München ZUM 2011, 511; OLG München GRUR-RR 2011, 441; BGH GRUR 2011, 808 – Aussetzung eines Schlichtungsverfahrens. 57 Siehe oben IV. 3. 58 ZUM 2005, 229. 59 ZUM 2006, 948. 60 GRUR-RR 2011, 441. 61 BeckRS 2010, 1832 = GRUR-RR 2010, 494 (nur Leits.). 62 GRUR 2011, 808 – Aussetzung eines Schlichtungsverfahrens, betreffend einen Rechtsstreit zwischen dem Bundesverband der Fernseh- und Filmregisseure (Regieverband) und dem ZDF. 63 Siehe zu diesen Wirkungen oben IV. 2.

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Bestellungsverfahren ist nicht befugt, über die Zulässigkeit des Schlichtungsverfahrens zu entscheiden. So lassen sich die wesentlichen Ergebnisse des BGHBeschlusses zusammenfassen.

VI. Rolle Gemeinsamer Vergütungsregeln bei Auseinanderfallen von Vertragspartei des Urhebers und Werknutzer Im Zusammenhang mit der ersten Säule des neuen Urhebervertragsrechts kann sich die Frage ergeben, gegen wen der Urheber seinen gesetzlichen Anspruch auf eine angemessene Vergütung nach § 32 UrhG und gegebenenfalls seinen Anspruch auf Fairnessausgleich nach § 32a UrhG64 geltend machen kann: gegen seinen Vertragspartner oder gegen den Werknutzer. Sind beide identisch, so ist die Frage nur theoretischer Natur. Sie können aber auch auseinanderfallen, wenn beispielsweise der Auftragsproduzent eines Fernsehsenders die Verträge mit den Filmurhebern im eigenen Namen und auf eigene Rechnung schließt und die von Urhebern erworbenen Sendebefugnisse auf den Fernsehsender weiterüberträgt. In einem solchen Fall ist im Hinblick auf den Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung nach § 32 UrhG65 und die diesbezügliche Passivlegitimation des Produzenten oder des Senders zwischen dem Bestehen des Anspruchs und der Bestimmung der Höhe der Vergütung über eine Gemeinsame Vergütungsregel zu unterscheiden. Zu dem erstgenannten Aspekt kann hier lediglich darauf hingewiesen werden, dass nach herrschender Auffassung nur der Auftragsproduzent passivlegitimiert ist.66 Dies bedeutet aber nicht zwingend zugleich, dass die Urheberseite gehindert wäre, das Sendeunternehmen oder eine Vereinigung solcher Unternehmen in ein Schlichtungsverfahren zur Aufstellung einer entsprechenden Gemeinsamen Vergütungsregel hineinzuziehen. Zu diesem Ergebnis führt bereits der unterschiedliche Gesetzeswortlaut: Der Vergütungs-Korrekturanspruch des Urhebers richtet sich nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG gegen den „Vertragspartner“ des Urhebers, Gemeinsame Vergütungsregeln werden auf Seiten von Werkverwer-

_____ 64 Siehe hierzu einleitend oben II. 65 § 32a UrhG hier beiseite gelassen. 66 Siehe Hucko a.a.O., S. 9, 11; Schricker/Haedicke a.a.O., § 32 UrhG Rz. 2; Schulze a.a.O., § 32 UrhG Rz. 17; Wandtke/Grunert a.a.O., § 32 UrhG Rz. 14; siehe auch BT-Drucks. 14/8058, S. 45.

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tern gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 UrhG von Vereinigungen von „Werknutzern“ oder Einzelnen von ihnen aufgestellt. Sie bilden nach § 36a Abs. 1 UrhG zusammen mit Vereinigungen von Urhebern auch eine Schlichtungsstelle. Zutreffend ist inzwischen auch gerichtlich entschieden worden, dass Möglichkeiten eines auftraggebenden Senders, auf die Gestaltung und Durchführung der Verträge seiner Auftragsproduzenten einzuwirken, den Sender als Werknutzer in diesem Sinne qualifizieren können.67 Für dieses Ergebnis spricht auch die unterschiedlich verteilte Informationslage bezüglich der Faktoren, die bei der Aufstellung angemessener Gemeinsamer Vergütungsregeln bei Auftragsproduktionen insgesamt zu berücksichtigen sind: auf Seiten der Auftragsproduzenten beispielsweise deren Ertragslage, auf Seiten öffentlich-rechtlicher Sender deren Kenntnis der nicht allgemein zugänglichen Regelsammlung Fernsehen für Urheber von Bühnen- und Medienwerken68 als Orientierungsmaßstab für die gesamte Branche und der Einkaufspreise für fremdes Sendematerial als Maßstab für den Marktwert der im Auftrag produzierten Filme anstelle beispielsweise der für eine angemessene Urhebervergütung ungeeigneten Vorzugsbedingungen im Rahmen des Programmaustausches der Landesrundfunkanstalten. Im Bereich der privaten Fernsehsender wird etwa deren Ertragslage nur den Sendern, nicht aber ihren Auftragsproduzenten oder der Urheberseite bekannt sein. In dieser Situation ist es zweifellos ein bedeutsamer Erfolg, dass im Mai/Juli 2012 unter Beteiligung des ZDF erstmals eine trilaterale Gemeinsame Vergütungsregel für Auftragsproduktionen geschaffen werden konnte.69

VII. Ergebnisse der bisherigen Gemeinsamen Vergütungsregeln Die bisher mit Gemeinsamen Vergütungsregeln erreichten Ergebnisse erscheinen zumindest in einer Gesamtschau durchaus als positiv. Dies gilt nicht nur für den unmittelbaren Anwendungsbereich der Regeln, sondern fast mehr noch für ihre Auswirkungen auf benachbarte Bereiche nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

_____ 67 So LG München I, Urteil vom 6.11.2012, 33 0 1081/12, GRUR-Prax 2012, 530 m. zust. Anm. von N. Reber. 68 Siehe oben III. 3. b). 69 Siehe oben III. 4.

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1. Vergütungen für belletristische Autoren und Drehbuchautoren Im Rahmen des unmittelbaren Anwendungsbereichs bereits aufgestellter Gemeinsamer Vergütungsregeln sei hier kurz auf diejenigen für belletristische Autoren70 und Drehbuchautoren71 beispielhaft hingewiesen. a) Im belletristischen Buchverlagsbereich waren auch früher schon feste Beteiligungen am Netto-Ladenverkaufspreis üblich. Die Vergütungsregel setzt ihn auf grundsätzlich 10% mit Abweichungen nach unten bis 8% in bestimmten, definierten Fällen und noch darunter nur in „außergewöhnlichen Ausnahmefällen“ fest. Bei Taschenbuchausgaben beträgt die Beteiligung gestaffelt 5% bis 8% je nach Auflagenhöhe. Aus buchnahen Nebenrechten, wie dem Hörbuch, erhält der Autor 50% des Verlagserlöses, bei buchfernen Nebenrechten, wie Bühnen- und Medienrechten, 60%. b) Auch Drehbuchautoren zählten zumindest beim ZDF schon bisher zu den Filmurhebern im weiteren Sinne, die mit Wiederholungsvergütungen für Fernsehsendungen rechnen konnten. In der neuen Gemeinsamen Vergütungsregel vom Mai/Juli 2012 werden drei Vergütungsmodelle als gleichermaßen angemessen anerkannt:72 aa) die Wiederholungsvergütung mit 50% im Hauptprogramm, basierend auf einem Grundhonorar von knapp 28.000 Euro für einen 90 Minuten-Film und niedrigeren Prozentsätzen für die verschiedenen anderen Programme des ZDF, bis hinab zu 5% für die Digitalkanäle. Gegenüber den bisherigen Gepflogenheiten scheint dies auf eine Halbierung hinauszulaufen, wird aber kompensiert durch neue Vergütungen für die Online-Nutzung und insbesondere durch eine Beteiligung in Höhe von 4% an den Erlösen des ZDF und der Produzenten aus der kommerziellen Verwertung, d.h. z.B. aus dem Vertrieb von DVDs.73 bb) Die zweite Alternative, genannt Einkorbmodell, sieht im Beispielsfall eine Grundvergütung in Höhe von 46.000 Euro pauschal für einen Zeitraum von

_____ 70 Siehe oben III. 1. 71 Siehe oben III. 4. 72 Über die Wahl eines der drei Vergütungsmodelle entscheiden Autor, Produzent und ZDF gemeinsam. Kommt es zu keiner Einigung und soll ein Projekt dennoch realisiert werden, so dürfte sich faktisch das ZDF als stärkste Partei durchsetzen. 73 Siehe zur Bewertung als Kompensation auch durch den VDD dessen Pressemitteilung vom 2.8.2012, www.drehbuchautoren.de/nachrichten/2012/08; siehe auch www.urheberrecht.org/ news/4698.

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7 Jahren vor, gefolgt dann von Wiederholungsvergütungen und der Erlösbeteiligung in Höhe von 4% wie im Fall der ersten Alternative. cc) Die dritte Alternative, genannt Dreikorbmodell, sieht gestaffelte Pauschalvergütungen (46.000 Euro, 11.000 Euro und 7.000 Euro) für die ersten sieben Jahre, die zweiten sieben Jahre und dann bis zum Ende der urheberrechtlichen Schutzdauer vor. Hinzu kommt wieder der Erlösanteil in Höhe von 4% aus der kommerziellen Verwertung.

2. Übertragung des Beteiligungsprinzips für belletristische Autoren auf die Vergütungen für Übersetzer Übersetzer und Übersetzerinnen zählten bisher zu denjenigen Gruppen freiberuflich tätiger Urheber, die am häufigsten mit niedrigen einmaligen Pauschalvergütungen für die Einräumung umfassender Nutzungsrechte an die Verlage abgefunden wurden, also unter sog. Buy-out-Verträgen zu leiden hatten. In einer Reihe von bedeutsamen Entscheidungen zu Übersetzungen sowohl von belletristischen Werken als auch von Sachbüchern hat der Bundesgerichtshof dem Einhalt geboten und dem urheberrechtlichen Beteiligungsprinzip Geltung verschafft.74 Bedeutsam für die gesamte zweite Säule des neuen Urhebervertragsrechts ist dabei, dass der Bundesgerichtshof sich zur Begründung dieses Ergebnisses im Prinzip, wenn auch nicht in der Höhe der Beteiligungssätze, auch auf die Gemeinsame Vergütungsregel für die Autoren belletristischer Werke stützt.75 Es liegt daher nicht fern, dass das Gericht im Anschluss an die neue Gemeinsame Vergütungsregel für Drehbuchautoren aus dem Jahre 201276 auch bei der Überprüfung von Vergütungspraktiken im Bereich Fernsehen und Film ähnlich verfahren würde. Dies mag vor allem für die ebenfalls öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten die Neigung verstärken, zusammen mit den Autorenund Künstlerverbänden und ihren Auftragsproduzenten eigene Gemeinsame Vergütungsregeln aufzustellen, um gegebenenfalls einer schlichten Übernahme der ZDF-Vergütungsregeln vorzubeugen.

_____ 74 Siehe BGH GRUR 2009, 1148 – Talking to Addison; BGH Urteil vom 7.10.2009, I ZR 230/06 – The Clash of Fundamentalisms; BGH GRUR 2011, 328 – Destructive Emotions. 75 Siehe BGH GRUR 2009, 1148, 1151 ff. – Talking to Addison; BGH Urteil vom 7.10.2009, I ZR 230/06 – The Clash of Fundamentalism, S. 15 ff.; BGH GRUR 2011, 328, 330 ff. – Destructive Emotions. 76 Siehe oben III. 4.

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VIII. Individuelle und/oder kollektive Durchsetzung Gemeinsamer Vergütungsregeln? Nur im Sinne einer fortführenden Anregung zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema der Gemeinsamen Vergütungsregeln sei auf das Problem ihrer Durchsetzung hingewiesen. Es ist schon oft beklagt worden, dass eine individuelle Durchsetzung von Rechtsansprüchen durch die Urheber mit der Gefahr verbunden ist, von der Gegenpartei oder gar der gesamten Verwerterbranche keine Aufträge mehr zu erhalten.77 Zu denken ist daher an eine kollektive Durchsetzung durch Verbandsklagen.78 Eine solche Klage nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erscheint nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs im Fall Honorarbedingungen Freie Journalisten 79 kaum aussichtsreich. Die Überlegungen könnten sich daher auf eine wettbewerbsrechtliche Verbandsklage konzentrieren, etwa unter dem Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch gemäß § 4 Nr. 11 UWG. So wird zwar im Allgemeinen Tarifverträgen als Parallelen zu Gemeinsamen Vergütungsregeln die Anerkennung als Marktverhaltensregelungen verweigert, nicht aber gesetzlichen Mindestlohnregelungen z.B. bei für allgemein verbindlich erklärten Tariflohnvereinbarungen.80 Im Hinblick auf 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG könnte daran gedacht werden, Gemeinsame Vergütungsregeln mit gesetzlich vorgeschriebener Bindungswirkung81 ebenso wie solche Vereinbarungen zu beurteilen.

IX. Resümee Abschließend erscheinen die Gemeinsamen Vergütungsregeln als Neuland des Urhebervertragsgesetzes von 2002 nach schwierigen Anfangsjahren auf einem nunmehr guten Weg. Insbesondere die dreifache Wirkung erfolgreich zustande gekommener oder im Schlichtungsverfahren vorgeschlagener Regeln im Sinne

_____ 77 Siehe z.B. Hucko a.a.O., S. 15; N. Reber GRUR Int. 2011, 569, 571. 78 Siehe dazu ausführlich Brandes Befugnis der Filmverbände zur Durchsetzung des § 36 UrhG, Beitrag zum Seminar Filmrecht SS 2011, Prof. Dr. Thomas Hoeren, www.telemedicus.info. 79 Urteil vom 31.5.2012 GRUR 2012, 1031. 80 Siehe Köhler in Köhler/Bornkamm Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Kommentar, 28. Aufl. 2010, § 4 UWG Rz. 11.38. 81 Siehe oben IV. 2.

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der Bindungswirkung, der Indizwirkung oder der selbst branchenübergreifenden Berücksichtigung82 lassen mit zunehmender Anzahl erwarten, dass Vereinigungen von Werknutzern und einzelne Werknutzer sich kaum mehr entziehen oder widersetzen können, wenn seriöse Vereinigungen von Urhebern oder ausübender Künstler sie auffordern, mit ihnen Gemeinsame Vergütungsregeln aufzustellen. Die eingangs angekündigte positive Prognose für diese Neuerung des Urhebervertragsgesetzes von 2002 kann daher in der Tat gewagt werden.

_____ 82 Siehe oben IV. 2. und VII. 2.

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Altern. Lizenzierungsmodelle unter Beteiligung d. Verlage u. Verwertungsges.

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Christian Sprang

Alternative Lizenzierungsmodelle unter Beteiligung der Verlage und Verwertungsgesellschaften Christian Sprang

I. Einführung Altern. Lizenzierungsmodelle unter Beteiligung d. Verlage u. Verwertungsges. Für meinen Vortrag habe ich bewusst ein Thema gewählt, das außerhalb des „klassischen“ Urhebervertragsrechts liegt und einmal nicht der Diskussion der vor zehn Jahren beschlossenen gesetzlichen Regelungen der §§ 32 ff. UrhG gilt. Vielmehr möchte ich mich mit drei in diesem Jahr auf den Markt gekommenen Modellen der online-Lizenzierungen bzw. der Lizenzierung von online-Nutzungen beschäftigen: – der online-Vergabe von sogenannten Kleinlizenzen über die Plattform MVB RightsLink – der Vergabe von Unternehmenslizenzen für digitale Nutzungen durch die VG Wort Digital Copyright Lizenz – den Open-Access-Lizenzen für Ergebnisse steuerlich geförderter Forschung, insbesondere der CC-by-Lizenz der Research Councils des United Kingdom Die drei genannten Angebote sind Reaktionen von Verlagen bzw. Verwertungsgesellschaften bzw. Forschungsförderern auf Nutzerbedürfnisse im onlineZeitalter, insbesondere den Wunsch nach vereinfachten Lizenzierungsformen. Wir haben es in allen Fällen mit neuen, zukunftsgerichteten Arten des vertraglichen Handels mit Rechten an urheberrechtlich geschützten Werken zu tun. Ich möchte untersuchen, wie diese neuartigen Lizenzierungsmodelle urheber- bzw. urhebervertragsrechtlich einzuschätzen sind. Dabei habe ich in der vorliegenden Schriftfassung meines Vortrags den Schwerpunkt deutlich auf das dritte Thema gelegt. Einerseits ist diese Problematik in der Praxis besonders relevant – man könnte von einem sich anbahnenden weltweiten Urhebervertragsrecht für Wissenschaftler sprechen – und bringt spannende Rechtsfragen mit sich, andererseits fällt in der Schriftform die insbesondere für das erste Thema wichtige Möglichkeit weg, einen Lizenzierungsvorgang einmal online durchzuexerzieren. Bewusst beibehalten habe ich in der schriftlichen Niederlegung die Vortragsform und deshalb nur wenige Fußnoten mit Belegen oder Verweisen ergänzt.

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II. MVB RightsLink Bei dem Angebot MVB RightsLink1 handelt es sich um eine Online-Plattform, die den aufwändigen Handel mit Abdruckrechten (z.B. für Gedichte oder sonstige Texte, Bilder, Landkarten oder Grafiken) und anderen sogenannten Kleinlizenzen standardisiert und automatisiert. Sie bietet Nutzern die Möglichkeit, online jederzeit schnell und komfortabel einfache Nutzungsrechte an kleinen Werken bzw. Werkteilen abzufragen und/oder einzuholen. MVB RightsLink kombiniert die Datenbank des Verzeichnisses Lieferbarer Bücher (VLB) mit der international führenden Lizenzsoftware RightsLink des Copyright Clearance Center (CCC). Das Angebot kann von Verlagen, die ihre Titel zum VLB melden, kostenlos genutzt werden. Derzeit – nicht einmal 12 Monate nach dem Start der Plattform – können bereits Inhalte aus über 200.000 Buchtiteln lizenziert werden. Wenn die Lizenzinteressenten den bzw. die für sie relevanten Titel auf www.mvb-rightslink.com oder auf der Website eines teilnehmenden Verlags gefunden haben, füllen sie – wahlweise deutsch- oder englischsprachig – ein online-Formular mit Angaben zu der von ihnen geplanten Werknutzung aus. Preisangaben für gewünschte Lizenzen erleichtern ihnen die Kalkulation. Die lizenzgebenden Verlage haben werkbezogen die Möglichkeit, an sie gerichtete Anfragen automatisiert oder individuell zu beantworten. Der Lizenzvertrag kommt online mit weitgehend standardisierten Bedingungen zu individuell gestuften, vom Verlag festgesetzten Preisen zustande. MVB RightsLink übernimmt auch das komplette Zahlungsclearing. Über die Plattform abgeschlossene Verträge werden zudem automatisch für beide Seiten dokumentiert, archiviert und mit statistischen Auswertungstools erschlossen. So interessant die zentrale, branchenweite online-Plattform MVB RightsLink als Antwort auf gestiegene Nutzererwartungen an Komfort und Schnelligkeit von Lizenzvergaben sowie als Rationalisierungsinstrument für Verlage ist, so offensichtlich ist ihre Funktionsweise (urhebervertrags-)rechtlich unbedenklich. Obgleich Lizenzierungsablauf und Preisstufen standardisiert werden, bleibt die Lizenzierung selbst ein individuelles Geschäft. Der lizenzgebende Verlag kann für jede einzelne Anfrage vorab entscheiden, ob er überhaupt Rechte vergeben will bzw. vergeben darf, ob dieses automatisch oder manuell geschehen soll und welche Preise und ggf. Sonderbedingungen Gegenstand seines Vertragsangebots werden. Ausdrücklich vorgesehen ist eine werkbezogene

_____ 1 www.mvb-rightslink.com.

Altern. Lizenzierungsmodelle unter Beteiligung d. Verlage u. Verwertungsges.

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Möglichkeit zur Einbindung des Autors in die Genehmigung von Lizenzanfragen, wie sie zwischen Urhebern und Verlagen häufig vertraglich vereinbart wird. Zudem bietet die Plattform den Verlagen Schnittstellen zur automatisierten, vertragsgerechten Abrechnung der erzielten Lizenzerträge an den Urheber. MVB RightsLink bietet eine gut funktionierende, mit hohem Nutzerkomfort verbundene Lösung für die automatisierte titel- und nutzungsrechtsbezogene Lizenzierung nach individuellen vertraglichen Vorgaben von Urheber und Verlag. Mit ihren Möglichkeiten eignet sich die Plattform grundsätzlich ebenso für den Einsatz durch Verwertungsgesellschaften, die kollektive Lizenzierungen bei werkbezogener Abrechnung durchführen wollen, was z.B. im Rahmen von §§ 52a, 52b UrhG in Frage kommt.

III. VG Wort Digital Copyright Lizenz Ein in seiner Funktionsweise neuartiges Instrument kollektiver Rechtewahrnehmung ist die „Digital Copyright Lizenz“, ein seit Anfang des Jahres bestehendes Lizenzangebot der VG Wort für digitale Textnutzungen in Unternehmen. Die VG Wort lässt dieses Angebot durch den Dienstleister RightsDirect vertreiben, eine Tochterfirma des Copyright Clearance Center (CCC). Dabei erfolgt die Vermarktung der von der VG Wort treuhänderisch wahrgenommenen Rechte ihrer Mitgliedsautoren und -verlage gebündelt mit den Inhalten der 12.000 Partnerverlage von CCC, insbesondere einem immensen Korpus internationaler Fach- und Wissenschaftszeitschriften, die in Branchen wie der chemischen oder pharmazeutischen Industrie stark genutzt werden. Die VG Wort Digital Copyright Lizenz ermöglicht insbesondere international tätigen deutschen Unternehmen, die weltweit gefragtesten Informationsquellen bei unternehmensweiter Abdeckung – die grenzüberschreitend in 160 Ländern gültig ist – in einheitlicher Weise zu nutzen. Unabhängig von den Bedingungen der mit Verlagen bzw. Datenbankbetreibern abgeschlossenen Lizenzverträge wird es mit dem zusätzlichen Erwerb der VG Wort Digital Copyright Lizenz für Firmen möglich, einen einheitlichen Satz digitaler Rechte durch jeden ihrer Mitarbeiter überall, jederzeit und auf jedem Gerät zu nutzen und Inhalte innerhalb des Unternehmens beliebig zu teilen. Dies betrifft die Nutzung von geschützten Werken per E-Mail, durch Speicherung, in internen File-Sharing-Portalen bzw. im Intranet von Firmen und Behörden. Die dafür anfallende Lizenzgebühr errechnet sich aus verschiedenen Parametern, u.a. Anzahl und Standort der Mitarbeiter und Zugehörigkeit zu einer

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bestimmten Branche. In der Gebühr enthalten sind Urheberrechtsschulungen für die Mitarbeiter der Unternehmen sowie die Nutzung einer Software zur einfachen Identifikation bestehender rechtlicher Befugnisse. So überraschend es auf den ersten Blick anmutet, wenn eine Verwertungsgesellschaft mit einem attraktiven Lizenzangebot auf freiwilliger Basis auf Unternehmen zugeht, so nahtlos passt die VG Wort Digital Copyright Lizenz in den Lizenzierungskanon einer Verwertungsgesellschaft. Einerseits basiert sie auf aufsichtsbehördlich genehmigter treuhänderischer Rechtewahrnehmung, andererseits handelt es sich um eine ergänzende Zweitverwertungslizenz, die sich mit der individuell erworbenen Primärlizenz (z.B. für die Datenbank eines Verlags) verschränkt. Im Ergebnis wirkt das angebotene Lizenzprodukt wie eine Versicherungspolice für Unternehmen gegen Urheberrechtsverstöße ihrer Mitarbeiter. Gezahlt wird die Lizenzgebühr letztlich dafür, dass die kollektive Wahrnehmung einen vereinheitlichten Kanon von Nutzungsbefugnissen für Verlagsprodukte möglich macht. Da bei dem Angebot aus Praktikabilitätsgründen in der Regel pauschal lizenziert wird, erfolgt die Abrechnung der VG Wort gegenüber ihren wahrnehmungsberechtigten Autoren und Verlagen auf der Basis von Stichproben, die bei den nutzenden Unternehmen gezogen werden. Mag es sich hierbei auch um ein Element von „rough justice“ handeln, so ermöglicht das Angebot als solches doch, dass sich Unternehmen bei der Nutzung urheberrechtlich geschützter Textwerke komplett urheberrechtskonform verhalten können – und Autoren und Verlage sowohl bei der Erst- wie der Zweitverwertung ihrer Werke in Firmen angemessen vergütet werden. Auch dieses Angebot ist mithin urhebervertragsrechtlich unbedenklich.

IV. Open-Access-Lizenzierung mittels CC-by-Lizenzen Schon relativ früh hat es bei der online-Verbreitung von Texten das Bedürfnis nach vereinfachten Lizenzierungsformen gegeben. Im Jahr 2001 wurde – angestoßen durch die sich im Softwarebereich ausbreitende Open-Source-Bewegung – von einer Gruppe von Urheberrechtlern um Lawrence Lessig die gemeinnützige Creative-Commons-Stiftung gegründet. Sie veröffentlicht verschiedene Standard-Lizenzverträge, mit denen ein Urheber der Öffentlichkeit auf einfache Weise Nutzungsrechte an seinen Werken einräumen kann. Diese Lizenzverträge haben im Text- und Bildbereich wegen der geringeren Bedeutung kollektiver Lizenzierung deutlich mehr Relevanz als im Musikbereich.

Altern. Lizenzierungsmodelle unter Beteiligung d. Verlage u. Verwertungsges.

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Alle Varianten von CC-Lizenzen haben gewisse Gemeinsamkeiten. So wird in sämtlichen Fällen einer unbestimmten Vielzahl von Nutzern das Recht zur Vervielfältigung und weltweiten Weiterverbreitung des Werks eingeräumt, ohne dass dabei Zahlungen an den Urheber fällig werden. Alle CC-Lizenzen basieren zudem auf vier sogenannten Rechtemodulen. Diese betreffen erstens das Recht des Urhebers auf Namensnennung (das in den aktuellen Versionen aller CCLizenzen verpflichtend enthalten ist), zweitens eine Regelung zur Verwendbarkeit des Werks in kommerziellen Zusammenhängen, drittens zur Nutzung in veränderter/bearbeiteter Form und viertens zur Frage, ob das Werk nach Veränderung vom Bearbeiter unter der gleichen Lizenz weitergegeben werden muss. Die denkbaren Kombinationen dieser vier Rechtemodule ergeben sechs Lizenztypen. In der folgenden, aus der deutschen Wikipedia entnommenen Übersicht werden diese mit den dazugehörigen Icons und Buchstabenkürzeln dargestellt: Icons

Kurzform

Bedeutung

by

Namensnennung

by-sa

Namensnennung, Weitergabe unter gleichen Bedingungen

by-nd

Namensnennung, keine Bearbeitung

by-nc

Namensnennung, nicht kommerziell

by-nc-sa

Namensnennung, nicht kommerziell, Weitergabe unter gleichen Bedingungen

by-nc-nd

Namensnennung, nicht kommerziell, keine Bearbeitung

Der primäre Impetus für die Entwicklung dieser Lizenztypen ist der Wunsch nach der Schaffung freier Inhalte für online-Nutzungen gewesen. Zugleich liegt das große Verdienst der Standard-Lizenzverträge der Creative-Commons-Stiftung aber darin, frühzeitig ein Instrument bereitgestellt zu haben, mit dem Massen von Inhalten verschiedenster Urheber und Verlage in für den Endnutzer transparenter und beherrschbarer Weise verwendet werden können.2 Dazu trägt

_____ 2 Es kann für die Zwecke dieser Darstellung dahingestellt bleiben, ob die genauen Inhalte der CC-Lizenzen in Wirklichkeit „nur in Nerdkreisen, die sich darauf spezialisiert haben“,

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wesentlich bei, dass die CC-Lizenzen von Anfang an durch die Verwendung international einheitlicher Metadaten maschinenlesbar konzipiert wurden und von allen Internet-Suchmaschinen erkannt werden. Insbesondere hinsichtlich der Inhalte wissenschaftlicher Zeitschriften und Datenbanken ist in den vergangenen 20 Jahren das Bedürfnis institutioneller Nutzer – wie Hochschulen, Firmen oder Bibliotheken – gewachsen, mit den Massen lizenzierter Inhalte verschiedenster Verlage und Rechteinhaber leichter umgehen zu können. Dieser Trend hat sich deutlich verstärkt, seit durch Forschungen von Computerlinguisten und anderen Wissenschaftlern die Möglichkeit des sogenannten Text and Data Mining erschlossen wurde. Darunter versteht man „ein Bündel von Algorithmus-basierten Analyseverfahren zur Entdeckung von Bedeutungsstrukturen aus un- oder schwachstrukturierten Textdaten. Mit statistischen und linguistischen Mitteln erschließt Text-Mining-Software aus Texten Strukturen, die die Benutzer in die Lage versetzen sollen, Kerninformationen der verarbeiteten Texte schnell zu erkennen. Im Optimalfall liefern Text-Mining-Systeme Informationen, von denen die Benutzer zuvor nicht wissen, ob und dass sie in den verarbeiteten Texten enthalten sind. Bei zielgerichteter Anwendung sind Werkzeuge des Text Mining außerdem dazu in der Lage, Hypothesen zu generieren, diese zu überprüfen und schrittweise zu verfeinern.“3 Insgesamt kann man gerade für den Wissenschaftsbereich feststellen, dass der hohe Aufwand individuellen Rechteerwerbs einen erheblichen Leidensdruck für die Schaffung standardisierter online-Lizenzierungsangebote erzeugt hat. Wie gesehen versuchen Verlage, Verwertungsgesellschaften und Agenturen wie CCC nicht zuletzt deswegen, bündelnde Lizenzangebote und one-stopshops für den Lizenzerwerb zu schaffen. Daneben wird seit langem damit experimentiert, Lizenzierungsinformationen in den Metadaten digitaler Textdateien zu platzieren, z.B. in dem groß angelegten Projekt „Onix for Licensing Terms“. Auch im Zusammenhang mit der Lösung des Problems massenhafter illegaler Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte im Internet wird in der Europäischen Union und insbesondere im United Kingdom unter dem Schlagwort „The Big Idea“ intensiv für die maschinenlesbare online-Lizenzierung geworben. Dass eine direkte Beziehung zwischen einer standardisierten und stark vereinfachten Lizenzierung zum Endkunden und den vertragsrechtlichen Kompetenzen von Urhebern besteht, möchte ich nun an einem konkreten und gerade-

_____ verstanden werden, vgl. Michael Seemann 10 Jahre Creative Commons. Der Ökoladen der NerdElite, in Die Zeit vom 6. Dezember 2012. 3 Zitiert nach der deutschen Wikipedia, Artikel „Text Mining“, abgerufen am 9. März 2013.

Altern. Lizenzierungsmodelle unter Beteiligung d. Verlage u. Verwertungsges.

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zu modellhaften Beispiel zeigen, nämlich aktuellen Entwicklungen im Bereich des wissenschaftlichen Publizierens. Im United Kingdom haben sich Forschungsförderer, Wissenschaftsverlage und Regierung im Sommer 2012 auf den Umstieg auf das sogenannte Open-Access-Publizieren verständigt. Hierunter versteht man die kostenfreie Zugänglichmachung von Publikationen (primär Beiträgen zu wissenschaftlichen Zeitschriften) im Internet. Um diese zu ermöglichen, kommt entweder der wissenschaftliche Autor bzw. die ihn fördernde Forschungsorganisation für die mit der Veröffentlichung verbundenen Kosten auf (sog. Golden Open Access) oder es werden Artikel aus subskriptionsfinanzierten Zeitschriften zeitverzögert und/oder in nicht zitierfähigen Vorversionen verwendet (sog. Green Open Access). Die Forschungsförderorganisationen bezwecken mit der Privilegierung von Open Access-Veröffentlichungen die Erleichterung des Zugriffs des steuerzahlenden Bürgers und der steuerzahlenden Industrie auf die Ergebnisse von mit Steuergeld geförderten Forschungsvorhaben. Deshalb haben sich die Research Councils UK (RCUK) – das Pendant zu DFG und wissenschaftlichen Gesellschaften im Vereinigten Königreich – darauf festgelegt, Wissenschaftlern für die von ihnen geförderten Vorhaben Open-Access-Publikationen unter einer (maschinenlesbaren) CC-by-Lizenz vorzuschreiben. Nach dem oben Dargestellten bedeutet dies, dass den Wissenschaftlern lediglich das Urhebernennungsrecht bei ihren Veröffentlichungen verbleibt, während sie sowohl die Bearbeitung ihrer Werke – wie sie z.B. beim eben erwähnten Text Mining erfolgt – als auch deren ungefragte kommerzielle Verwendung dulden müssen. Mit diesem Trend steht das Vereinigte Königreich nicht allein. Soeben (Februar 2013) haben der Demokrat Ron Wyden und sein republikanischer Kollege John Cornyn einen Gesetzentwurf in den US-Senat eingebracht, der OpenAccess-Veröffentlichungen fördern soll, den „Fair Access to Science and Technology Research Act“ (FASTR). FASTR läuft darauf hinaus, die Ergebnisse staatlich geförderter Forschung spätestens sechs Monate nach ihrer Erstpublikation in einem wissenschaftlichen Journal online unter einer CC-by-Lizenz frei zugänglich zu machen. Neelie Kroes, die Vizepräsidentin der EU-Kommission, möchte entsprechende Regelungen in der gesamten Europäischen Union durchsetzen. Beim Lisbon Council, einer von Google und anderen Firmen geförderten Tagung, begründete sie dies im September 2012 wie folgt: I want to talk about why, in a changing digital age, copyright reform is the right way to support that (the creative) sector. […] Today, new scientific discoveries don't just come from new experiments, new drugs, new clinical trials: in fact, now, we can get new results by manipulating existing data. Data and

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text-mining techniques now lie behind a huge field of research, like human genome projects, potentially life-saving. They could hold the key to the next medical breakthrough, if only we freed them from their current legal tangle. […] We can' t look at copyright in isolation: you have to look at how it fits into the real world. […] I ask myself, are current copyright rules favourable to potentially life-saving scientific research or do they stand in its way?4 In allen Wissenschaften, insbesondere auch in den am stärksten von OpenAccess-Veröffentlichungen geprägten Naturwissenschaften, lehnen Wissenschaftler die CC-by-Lizenz bislang weit überwiegend ab. Verlage, die ihren Autoren die Wahl zwischen den verschiedenen CC-Lizenztypen lassen, machen durchgängig die Erfahrung, dass bei Urhebern mit weitem Abstand die CC-bync-nd Lizenz bevorzugt wird. Dahinter steht Furcht um den Verlust der Integrität ihrer Werke, entweder durch eine – und sei es auch nur durch Auslassungen – korrumpierte Wiedergabe ihrer Artikel oder deren Nutzung durch kommerzielle Firmen, mit denen sie sich nicht in Verbindung gebracht sehen wollen. Auch die Wissenschaftsverlage selbst haben überwiegend eine Abneigung gegen Lizenzierungen unter Verzicht auf die Auflage „non commercial“. Sie möchten ungern auf Einnahmen aus der Lizenzierung von Zeitschriftenbeiträgen verzichten und fürchten aufgrund der groben Rasterung der Lizenzvorgaben durch die Creative-Commons-Stiftung insbesondere, dass die von ihnen veröffentlichten (Open Access-)Artikel von Wettbewerbern „re-branded“ werden könnten, d.h. andere Zeitschriften diese als vermeintliche Originärpublikationen verwenden. In Deutschland wird die CC-by-Lizenz deshalb bislang in der Regel bei wissenschaftlichem Open Access nicht verwendet. So nutzt das urheberrechtliche Open-Access-Angebot JIPITEC die speziell an das deutsche Urheberrecht angepasste DIPPL-Lizenz. Allerdings kooperieren seit kurzem die Max PlanckGesellschaft und die Helmholtz-Gemeinschaft – ohne ihre Wissenschaftler über die Implikationen des Lizenztyps aufzuklären – mit einem CC-by-Verlag und legen ihren Autoren nahe, dort zu veröffentlichen. Aus rechtlicher Sicht ist der Zwang zur CC-by-Lizenzierung von Veröffentlichungen aus steuerfinanzierter Forschung problematisch. Auch wenn das Interesse von Forschung und Industrie an einer optimalen Ausnutzung steuergeldfinanzierter Forschungsergebnisse anzuerkennen ist, lässt sich die nicht auf einer freien Entscheidung des wissenschaftlichen Autors beruhende Veröffent-

_____ 4 Http://europa.eu/rapid/press-release_SPEECH-12-592_en.html.

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lichung unter einer CC-by-Lizenz weder mit seinem Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit – Art. 5 Abs. 3 GG umfasst auch die Veröffentlichungsfreiheit des Wissenschaftlers – noch mit seinen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen aus §§ 12 ff. UrhG vereinbaren. Die in den geschilderten Phänomenen zum Ausdruck kommende Tendenz zur Entrechtung von in steuergeldfinanzierter Anstellung befindlichen wissenschaftlichen Autoren und zur Negierung ihrer Urheberrechte ist leider nicht nur im Vereinigten Königreich, in den USA oder in der EU spürbar. Vorerst als gescheitert anzusehen ist zwar ein Vorstoß aus der Wissenschaftsbürokratie, Hochschulen und Forschungseinrichtungen über einen § 43 Abs. 2 UrhG ein Zugriffsrecht auf die Veröffentlichungen steuerfinanzierter Wissenschaftler einzuräumen5. Auch die aktuellen Bestrebungen zur Einführung eines Zweitveröffentlichungsrecht für Ergebnisse steuerfinanzierter Forschung (§ 38 Abs. 4 UrhG-E) laufen aber im Kern auf eine – europarechtlich unzulässige – Schranke für solche Wissenschaftsurheber zu.6 Mittelfristig könnte ein Ausweg aus dem Dilemma zwischen dem Bedürfnis von Nutzern nach leicht durchschaubaren Nutzungsregeln für wissenschaftliche Veröffentlichungen und der Sicherung grundlegender persönlichkeitsrechtlicher Befugnisse der Urheber in der Entwicklung eines vernünftigen Systems maschinenlesbarer Open-Access-Lizenzen liegen. Nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen einer Gruppe internationaler Wissenschaftsverlage und der Creative-Commons-Stiftung ist wohl ohnehin davon auszugehen, dass die CC-Lizenzen im Wissenschaftsbereich bald nicht mehr die Qualität von Standards für Open-Access-Publikationen haben werden, sondern eine neue, originäre Lizenz an ihre Stelle tritt. Daneben ist es aber auch wichtig – und das war das Anliegen meines Vortrags-, dass die Urheberrechtswissenschaft zu einem erweiterten Verständnis des Urhebervertragsrechts und seiner Bedeutung kommt. Wenn sich die Diskussion allzu sehr auf das Streiten um Definition und Durchsetzung der angemessenen Urhebervergütung verengt, könnte die Gefahr aus dem Blick geraten, dass in bestimmten Bereichen währenddessen Urhebern stillschweigend ihre Veröffentlichungspartner und die mit diesen zu vereinbarenden Vertragsinhalte de facto diktiert werden.

_____ 5 Pflüger/Ertmann ZUM 2004, 436 ff. 6 Vgl. dazu die Stellungnahme des Börsenvereins zum entsprechenden Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums, http://www.boersenverein.de/sixcms/media.php/976/Stellungnahme_Dritter_Korb_Endfassung.pdf.

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Arbeitnehmererfinderrecht und Arbeitnehmerurheberrecht Christoph Ann

I. Entstehung des deutschen Arbeitnehmererfindungsgesetzes 1. Einführung Arbeitnehmererfinderrecht und Arbeitnehmerurheberrecht Gegenstand dieses Vortrags ist das Verhältnis zwischen deutschem Arbeitsrecht einerseits und dem Recht des geistigen Eigentums andererseits. Dieses Thema ist nicht nur höchst praxisrelevant, sondern wird auch international stark wahrgenommen. Grund dafür ist die lange Tradition, die Deutschland sowohl im Arbeitsrecht vorweisen kann, als auch im Recht des geistigen Eigentums. Es überrascht darum nicht, dass Deutschland einer der wenigen Staaten ist, in dem die Frage nach der Zuordnung der schutzrechtsfähigen Erfindung eines Angestellten – an den angestellten Erfinder oder an seinen Arbeitgeber – in einem besonderen Gesetz geregelt ist, dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbNErfG). Im Weltmaßstab war eine solche Regelung selbst 1957, als die Nachkriegsversion des Gesetzes in Kraft trat, noch ohne Vorbild; schon ganz und gar in ihrer Kleinteiligkeit, die nicht nur dem Komparatisten typisch deutsch anmutet. Und bis heute gibt es nicht viele Länder, die dieses Problem in ihrer nationalen Gesetzgebung ansprechen. Japan ist eine der wenigen Ausnahmen, nicht erst seit dem Vergleich in Nakamura vs. Nichia (Blaue Diode) vor dem Obergericht Tokyo vom Januar 2005 oder anderen Entscheidungen, die japanische Gerichte in den letzten 20 Jahren erlassen haben.1 Japan nimmt vielmehr bereits seit den 1920er Jahren eine Ausnahmestellung ein, als Art. 35 des Japanischen Patentgesetzes von 1921 in Kraft trat, der bis auf einen kürzlich hinzugefügten Absatz 5 seither praktisch unverändert besteht. Die Vorschrift gewährte zunächst dem Arbeitnehmererfinder, der eine patentierbare Erfindung gemacht hat, entsprechend dem Erfinderprinzip das Recht auf das Patent an seiner Erfindung, dem Arbeitgeber aber dennoch ein unentgeltliches, einfaches Nutzungsrecht, das japanische Arbeitgeber traditionell reichlich nutzten. Anspruch auf angemessene Vergütung schulde-

_____ 1 Siehe Petersen-Padberg/Klusmann GRUR Int. 2005, 370 ff.

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ten Arbeitgeber aber dann, wenn der Arbeitnehmererfinder ihnen das Patent an ihrer Erfindung übertrug oder ausschließliche Nutzungs- und Verwertungsrechte daran einräumte. Konzeptioneller Hintergrund der Pflicht zur angemessenen Vergütung von Arbeitnehmern, die ihnen die exklusive Nutzung ihrer Erfindungen gestattet hatten, war das Unternehmensethos im Japan des 20. Jahrhunderts: Arbeitgeber durften Erfindungen ihrer Arbeitnehmer grundsätzlich nutzen und schuldeten Vergütung nur für Monopolgewinne, die anfielen, weil ihre Arbeitnehmer ihnen die ausschließliche Nutzung gestattet hatten. Faktisch hatte diese Regelung bis vor etwa 20 Jahren dazu geführt, dass japanische Arbeitgeber sich nur selten verpflichtet gesehen hatten, Arbeitnehmer für Erfindungen gesondert zu vergüten. Stattdessen wurde hauptsächlich nach Seniorität bezahlt, weil dieses Kriterium transparent war und so – aus japanischer Sicht – zur Harmonie am Arbeitsplatz und damit zur Stabilität von Arbeitsverhältnissen mehr beitrug als das in westlichen Ländern bevorzugte Leistungsprinzip.

2. Meinungsstreit vor dem Ersten Weltkrieg In Deutschland wurden Arbeitnehmererfindungen seit jeher anders behandelt: Schon 1870 standen sich dabei Meinungen aus zwei Lagern gegenüber: Ausgehend von der Situation des Beamten wollte die sogenannte „arbeitsrechtliche Theorie“2 festhalten an der Regel, dass sämtliche aus der Tätigkeit eines Arbeitnehmers resultierende Ergebnisse seinem jeweiligen Arbeitgeber gehörten. Auch Arbeitnehmererfindungen seien folglich grundsätzlich dem Arbeitgeber des jeweiligen Erfinders zuzuordnen. Die „patent- bzw. erfinderrechtlich ausgerichtete Lehre“3 vertrat die entgegengesetzte Ansicht. Ausgehend maßgeblich vom Persönlichkeitsrecht des Erfinders an seiner Erfindung sollte das Recht des Arbeitgebers, die Arbeitnehmererfindung zu erwerben und zu nutzen, begrenzt sein durch das Persönlichkeitsrecht des Erfinders. Arbeitgeber müssten folglich die Nutzung jeglicher Arbeitnehmererfindung mit dem Arbeitnehmer aushandeln, der sie gemacht hatte, und der Arbeitnehmer sei für jede seiner vom Arbeitgeber genutzten Erfindungen gesondert zu vergüten. In vielerlei Hinsicht wirkt diese Diskussion aus heutiger Sicht ausgesprochen deutsch: Nicht nur war sie beispielhaft für die unter deutschen Juristen

_____ 2 Dambach Das Patentgesetz für das Deutsche Reich, 1877, S. 14 Anm. 7 zu § 3. 3 Gareis Deutsches Patentgesetz, 1877, S. 75 ff.

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besonders ausgeprägte Neigung, Dogmatik und Theorie der Rechtswissenschaft zu kultivieren – anders als der deutlich pragmatischere Ansatz etwa des angloamerikanischen Rechts. Auch erstreckte sich der Meinungsstreit namentlich auf Erfindungen durch Beamte, also auf Vertreter des in Deutschland besonders intensiv strukturierten und (bis heute) maßgeblich von preußischen Konzepten geprägten Berufsbeamtentums, dessen Kennzeichen bis heute grundlegende Unterschiede in der Behandlung regulärer Arbeitnehmer einerseits und Beamter andererseits sind; Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers für die Bereitstellung seiner Arbeitskraft einerseits und dem Anspruch des Beamten auf standesgemäße (!) Alimentierung andererseits. Mehr noch als das reguläre Arbeitsrecht, wo sich ja noch hätte argumentieren lassen, der Arbeitgeber sei für eine über seine vertraglichen Pflichten hinausgehende Leistung noch nicht bezahlt worden, gestattete das Konzept des Berufsbeamtentums ohne weitere Probleme die Aneignung von Beamtenerfindungen durch den jeweiligen Dienstherrn. Denn wie gesagt: Beamte wurden damals wie heute nicht für geleistete Arbeit vergütet, sondern für ihr Versprechen, ihrem Dienstherrn umfassend zu dienen. Der Arbeitsrechtstheorie folgend erließ das Kaiserliche Patentamt im Jahr 1879 einen Bescheid, wonach zumindest sogenannte Etablissementerfindungen, die ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit gemacht hatte, seinem Arbeitgeber zustehen sollen – ohne jegliche Vergütung über den regulären Lohn des Arbeitnehmers hinaus.4 Diese Entscheidung stand nicht nur im Einklang mit dem damaligen § 2 Abs. 2 des Geschmacksmustergesetzes von 1876 (heute § 7 Abs. 2 GeschmMG). Sie war überdies sowohl an das Konzept vom trusteeship des englischen Court of King’s Bench in Bloxam v. Elsee (1825) und Minter v. Wells (1834)5 angelehnt, als auch an ein Urteil des französischen Tribunal Civil de Paris aus dem Jahr 1878, das ebenso wie viele andere französische Gerichtsentscheidungen in Deutschland veröffentlicht6 und von der Rechtswissenschaft rezipiert worden war. Diese Rezeption war 1879 noch intakt, war der französische Code Civil von etwa 1810 bis 1900 doch fast ein Jahrhundert lang in weiten Teilen Deutschlands in Kraft. Doch nicht nur das Patentamt, sondern auch das Reichsgericht differenzierte in Deutschland zunehmend zwischen den bereits erwähnten Etablissementerfindungen und sogenannten freien Erfindungen, die Arbeitnehmer außerhalb ihrer vertraglichen Verpflichtungen machten.

_____ 4 Patentbl. 1879, 231 ff. 5 Vgl. Neumeyer Mitt. 1971, 213, 216 m.w.N. 6 Patentbl. 1879, 79 ff.

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Die dogmatischen Probleme dieser Rechtsprechung waren enorm. Wenn Arbeitgeber Etablissementerfindungen originär und unmittelbar erwarben, wie das Reichsgericht geurteilt hatte,7 also ohne die Notwendigkeit einer Abtretung durch den Arbeitnehmer: Wie passte dies zum neu aufkommenden Konzept der Erfinderrechte? Immerhin bedeuteten diese Erfinderrechte, dass Erfinder mit Fertigstellung ihrer Erfindung daran das originäre Recht erwarben, ihre Erfindung zu patentieren (oder sie gemeinfrei werden zu lassen), sie als ihre Arbeit zu beanspruchen und sie als persönliches Eigentum zu verwerten.

3. Streitschlichtung durch Kollektivvereinbarungen Um 1900 herum erhielt die Diskussion eine neue Dimension und wurde politisch. Verbände von insbesondere technischen Angestellten und Berufsbeamten wie der Deutsche Verein für den Schutz des gewerblichen Eigentums, der Deutsche Technikerverband und der Bund der technisch-industriellen Beamten – funktionell den heutigen Gewerkschaften vergleichbar, aber für Angestellte, statt primär für Arbeiter – beanspruchten eine verbesserte Anerkennung der Erfinderrechte ihrer Mitglieder.8 Hatte der Bund der technisch-industriellen Beamten zunächst noch vergleichsweise bescheiden gefordert, dass die Erfinderstellung des Arbeitnehmererfinders und damit seine Erfinderehre anerkannt werden und dass sein Name in der Patentanmeldung erwähnt werden müsse,9 ging man schon bald weiter und veröffentlichte im Jahr 1905 sechs Leitsätze,10 die seitdem die Diskussion in Deutschland beherrschten. Viele dieser Leitsätze werden Sie wiedererkennen: 1) Recht des Arbeitnehmererfinders auf Erfindernennung, 2) Begrenzung der Arbeitgeberrechte auf Etablissementerfindungen, 3) Pflicht des Arbeitgebers, Etablissementerfindungen seiner Arbeitnehmer binnen eines Monats zu beanspruchen, oder anderenfalls jeden Zugriff zu verlieren,

_____ 7 RG Patentbl. 1883, 465, 467 f.; RG Patentbl. 1887, 56 f. 8 Vgl. Schanze GRUR 1902, 65 ff.; von Boehmer GRUR 1903, 329 ff.; West GRUR 1908, 73 ff.; Engländer Die Angestelltenerfindung nach geltendem Recht, 1925, S. 1 ff.; Schreiber Die rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung der Angestelltenerfindung, 1930, S. 18 ff.; Belz Die Arbeitnehmererfindung im Wandel der patentrechtlichen Auffassungen, 1958, S. 6 ff. 9 Vgl. Schanze (Fn. 8), a.a.O. 10 Vgl. West GRUR 1908, 73, 75.

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4) Pflicht des Arbeitgebers, Patentschutz auf eigene Kosten zu erlangen und zu erhalten, sowie Begrenzung der Arbeitgeberrechte auf eine ausschließliche Lizenz an der geschützten Arbeitnehmererfindung, 5) Pflicht des Arbeitgebers zur angemessenen Vergütung von Arbeitnehmererfindern, 6) Nichtigkeit aller abweichenden Vereinbarungen. Viele Industrielle, wie beispielsweise Werner von Siemens, der auch Mitglied des Kaiserlichen Patentamts war, sowie deren Vereinigungen, lehnten diese Leitsätze ab. Sie verwiesen darauf, dass Erfindungen nicht selten zu den der regulären Aufgaben von Arbeitnehmern zählten und dass, wer entsprechend tätig war, unmöglich zusätzliche Anerkennung und Vergütung für den Erfolgsfall einfordern könne. Angesichts dieses Streits zwischen Arbeitnehmerverbänden einerseits und Industriellenverbänden andererseits war folgerichtig, dass das Thema noch im selben Jahr, 1905, vor den Reichstag gelangte.11 Dort folgte eine intensive Debatte, in der bedeutende politische Parteien, vor allem das katholische Zentrum, die liberal-konservative Nationalliberale Partei und die liberale Freisinnige Vereinigung die Arbeitnehmerverbände unterstützten. Im April 1909 ersuchte der Reichstag Reichskanzler von Bülow förmlich, in die geplante Reform des Patentgesetzes von 1891 Regelungen zum besseren Schutz der Erfindungen von technischen Angestellten und Arbeitern aufzunehmen.12 Auch der 28. und 29. Juristentag in den Jahren 1906 und 1908 sowie die Deutsche Gesellschaft für Gewerblichen Rechtsschutz befürworteten dieses Ansinnen,13 letztere auf ihrem Kongress in Stettin 1909. Ergebnis dieser Diskussion war, dass die kaiserliche Regierung im Sommer 1913 ihren Entwurf eines Patentgesetzes veröffentlichte, an dem sie seit 1906 gearbeitet hatte. Der Entwurf versuchte, die entgegenstehenden Interessen der Arbeitnehmerverbände und der Arbeitgeberverbände dadurch in Einklang zu bringen, dass er das Anmelderprinzip durch das Erfinderprinzip ersetzte und das Erfinderpersönlichkeitsrecht anerkannte – wodurch den Interessen der angestellten Erfinder Genüge getan werden sollte. Zugleich sollte der Arbeitgeber Zugang zu den sogenannten Etablissementerfindungen seiner Arbeitnehmer erhalten. Oder anders gewendet: Einerseits erkannte der neue Gesetzesentwurf den Erfinder vollumfänglich als Schöpfer seiner Erfindung an. Andererseits er-

_____ 11 GRUR 1905, 206, 207; s. auch West GRUR 1908, 73, 74. 12 GRUR 1909, 202. 13 Verhandlungen des neunundzwanzigsten Deutschen Juristentages, 5. Band, S. 388.

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möglichte er den Zugang des Arbeitgebers zu den Erfindungen, die Arbeitnehmer in den Diensträumen und im Rahmen ihrer Arbeit machten. Wenngleich dieser Entwurf bei der deutschen Industrie noch immer auf Widerstand traf, war er doch ein großer Schritt nach vorn. Namentlich half er: das Erfinderpersönlichkeitsrecht anzuerkennen und die Differenzierung zwischen (1) Betriebserfindungen, (2) Diensterfindungen, und (3) Freien Erfindungen zu begründen. Leider trat dieser Entwurf von 1913 nie in Kraft, denn ein Jahr später brach der erste Weltkrieg aus. Nach dem Krieg sahen sowohl die Arbeitnehmerverbände als auch die Industriellenverbände das deutliche Bedürfnis, die Problematik zu lösen, weshalb in verschiedenen wichtigen Industriezweigen Tarifverträge geschlossen wurden, die das Reichsarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärte. Die bekannteste dieser Vereinbarungen ist der Reichstarifvertrag für die akademisch gebildeten Angestellten der chemischen Industrie vom 27. Januar 1920.14 Dessen Regelungen waren so einflussreich, dass sie noch immer als Ursprung aller nachfolgenden deutschen Gesetzgebung zum Thema zitiert werden. Der erste Teil dieser Gesetzgebung kam im Jahr 1923 mit einem „Entwurf eines Allgemeinen Arbeitsvertragsgesetzes“,15 dessen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitnehmererfindervergütung jedoch eingeschränkter waren als die des Patentgesetzentwurfs von 1913 – vielleicht weil es sich nun um ein Produkt aus der Welt des Arbeitsrechts handelte, in der das Persönlichkeitsrecht des Schöpfers weniger stark war, weil die Arbeitsergebnisse ohnehin dem Arbeitgeber gehörten. Folgerichtig sollte der Anspruch auf ein besonderes Entgelt nur dann entstehen, „wenn der Gewinn [des Arbeitgebers] aus der Erfindung in auffälligem Missverhältnis zum Entgelt des Erfinders steht.“ Das zweite gesetzgeberische Vorhaben, das von dem Tarifvertrag der Chemieindustrie beeinflusst worden war, war das Patentgesetz von 1936. Sein Paragraph 3 ersetzte nun endlich das Anmelderprinzip durch das Erfinderprinzip und erkannte auch das aus dem Persönlichkeitsrecht fließende Recht des Erfinders an, als solcher anerkannt und namentlich in Patentanmeldung und Patentschrift genannt zu werden. Darüber hinaus wurden Arbeitnehmererfindungen nicht erwähnt, da 1935/36 die „Erfindungen von Gefolgsmännern“ in einem geplanten Tarifvertragsgesetz angesprochen werden sollten. Dieses Gesetz trat freilich nie in Kraft, weil NSDAP-Gliederungen, zivile Regierungsbehörden und

_____ 14 Vgl. Kommentar zum Reichstarifvertrag für die akademisch gebildeten Angestellten der chemischen Industrie, 2. Aufl. 1922. 15 RArbBl. (Amtl. Teil) 1923, 498 ff.

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Wehrmachtsbehörden über zu viele Einzelfragen uneinig waren.16 Gleiches galt für die entsprechende Regelung für Arbeitnehmer im privaten Dienst, die durch militärische Kommandobehörden der Wehrmacht blockiert wurde.

4. Weithin anerkannte Gesetzgebung Diese politische Situation änderte sich 1942, denn Nazideutschland benötigte für seine Rüstungsproduktion fortschrittliche Technologie. In der „Verordnung 1942“ (über die Behandlung von Erfindungen von Gefolgschaftsmitgliedern)17 wurde dazu der Reichsminister für Bewaffnung und Munition ermächtigt, eine „Durchführungsverordnung“ zu erlassen. Diese Durchführungsverordnung 18 erging 1943. Sie setzte nicht nur dem langjährigen Meinungsstreit zwischen Arbeitsrecht einerseits und Patentrecht andererseits ein Ende, sondern wurde zur Vorgängerin des heutigen Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen. Neu und aus der Grundsatzdiskussion um den konzeptionellen Ansatz des Arbeitnehmererfinderrechts nicht bekannt gewesen war die Zielsetzung dieser Verordnung: Unmittelbar nach der Niederlage von Stalingrad, dem Wendepunkt des Krieges, nicht nur an der Ostfront, wurde dem Arbeitnehmererfindungsrecht nun zusätzlich die neue Aufgabe zugewiesen, das Erfinderpotential der Arbeiterschaft freizusetzen, um Nazideutschland mit neuen „Wunderwaffen“ doch noch zum „Endsieg“ zu führen, wie es im Sprachgebrauch der Nazipropaganda hieß. Zur Erreichung dieses Zwecks wurden die Interessen von Arbeitnehmerund Arbeitgeberseite zu einem Ausgleich geführt, der bis heute als im Grundsatz ausgewogen anerkannt ist: Arbeitnehmer wurden Erfinder und als solche anerkannt, was dem Patentrecht gerecht wurde, und Arbeitgeber wurden über alle Erfindungen ihrer Arbeitnehmer informiert und erhielten exklusiv Zugang nicht nur zu Etablissementerfindungen, die ihnen ohnehin gehörten, sondern auch zu Diensterfindungen, was den Grundsätzen des Arbeitsrechts Rechnung trug. Für Erfindungen, die Arbeitgeber in Anspruch nahmen, erhielten die betroffenen Arbeitnehmererfinder eine angemessene Vergütung, wenn es sich um eine im Rahmen des Dienstverhältnisses entstandene Erfindung handelte. Auch an einen Streitbeilegungsmechanismus wurde gedacht; vergleichbar mit der heutigen Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts. Freilich verlor

_____ 16 Ausführlich Volmer/Gaul Arbeitnehmererfindungsgesetz, 2. Aufl. 1983, Einl. Rz. 88 ff. 17 RGBl. I, 466 f. – VO 1942. 18 RGBl. I, 257 ff. – DVO 1943.

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Deutschland – erwartungsgemäß – den Krieg, was für mehr als eine Dekade das Ende des deutschen Arbeitnehmererfindungsrechts bedeutete – wenngleich die VO 1942 und die DVO 1943 nach wie vor geltendes Recht waren19 und deshalb abgesehen von den Vorschriften über nationalsozialistische Organisationen weiter anwendbar waren. Erst 1957 trat in der Bundesrepublik dann das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen in Kraft – wenig mehr als die entnazifizierte Version der alten Durchführungsverordnung von 1943. Nach Entfernung seiner nationalsozialistisch geprägten Inhalte stieß das Gesetz weiterhin auf Zustimmung, denn die Sicht, dass sein Konzept Patent- und Arbeitsrecht, und damit die Interessen von Arbeitsgebern und Arbeitnehmern vernünftig in Einklang brachte, bestand unverändert. Sie mögen sich nun fragen, weshalb ich so viel Zeit auf den rechtsgeschichtlichen Hintergrund des Arbeitnehmererfindungsrechts verwendet habe. Nun, ich denke, es gibt einige Lehren, die sich aus der Geschichte des Arbeitnehmererfindungsrechts für das Urheberrecht ziehen lassen: Erstens: Die Entstehung eines guten Regelungskörpers braucht ihre Zeit. Kontroverse Themen können nur dann nachhaltig geregelt werden, wenn alle Interessenvertreter sich gehört fühlen und wenn ausreichend Zeit zur Verfügung stand, das abzuwägen, zu verhandeln und zu diskutieren, was schließlich Gesetz wird. Hier vergingen mehr als 70 Jahre zwischen dem Beginn der Diskussion und dem Inkrafttreten des ersten Gesetzes. Selbst wenn ein Teil dieser Zeit aufgrund von zwei Weltkriegen abgezogen werden muss, ist dies ein langer Zeitraum, und man wird sagen können, dass dies dem Diskussionsergebnis gut getan hat. Zweitens: Ein gutes und nachhaltiges Gesetz muss gerecht sein. Vorliegend können Arbeitgeber die Erfindungen beanspruchen, die ihre Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Tätigkeit machen; die Arbeitgeber müssen diese dann aber zum Patent anmelden und eine Vergütung zahlen. In anderen Worten: Arbeitnehmer mögen verpflichtet sein, Diensterfindungen an ihre Arbeitgeber zu übertragen, sie erhalten dafür aber auch moralische Anerkennung sowie eine angemessene Vergütung. Dies ist ein nachhaltiges Konzept, ungeachtet des Konfliktpotentials, das jeder Vergütungsverpflichtung innewohnt und ungeachtet auch der Verwaltungskosten sowie der dogmatischen Fragen, die die Definition der Reichweite von Diensterfindungen mit sich bringt.

_____ 19 Vgl. z.B. Kirchhoff GRUR 1950, 156; Hueck BB 1948, 437, 439; Müller-Pohle GRUR 1950, 172; Reimer Das Recht der Angestelltenerfindung, 1948, S. 15, 63; BGH GRUR 1952, 573 – Zuckerdiffuseur; BAG GRUR 1957, 338.

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II. Erfinderpersönlichkeitsrecht als konzeptionelle Grundlage 1. Immanente Grenzen des Erfinderpersönlichkeitsrechts Wie bereits gesagt, ist das Erfinderpersönlichkeitsrecht die dogmatische Grundlage dafür, die Rechte von Arbeitgebern auf Diensterfindungen zu begrenzen, die ihre Arbeitnehmer gemacht haben. Anders gesagt: Selbst wenn Diensterfindungen Arbeitsergebnisse sind, sind Arbeitgeber nicht automatisch deren Eigentümer, sondern können sie diese nur beanspruchen – mit dem Ergebnis, dass sie dann auch für Patent- oder Gebrauchsmusterschutz sorgen müssen, dass sie ihre Arbeitnehmer als Erfinder nennen müssen und dass sie diese über das Erteilungsverfahren informieren und sie angemessen vergüten müssen. Natürlich kann ein Erfinderpersönlichkeitsrecht nur in Zusammenhang mit Erfindungen bestehen. Darum bestimmt § 2 ArbNErfG, dass das Gesetz nur für solche Erfindungen gilt, die patent- oder gebrauchsmusterfähig sind. Technische Verbesserungen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, können die entsprechenden Rechte des Arbeitnehmers nur dann auslösen, wenn sie dem Arbeitgeber eine ähnliche Vorzugsstellung gewähren wie ein gewerbliches Schutzrecht – als sogenannte Qualifizierte Technische Verbesserungsvorschläge. Technische Verbesserungsvorschläge unterhalb dieses Niveaus unterfallen nach § 20 Abs. 2 nicht dem Arbeitnehmererfindungsgesetz, sondern müssen durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen geregelt werden. Da das Erfinderpersönlichkeitsrecht patentfähige Arbeitnehmererfindungen von Erfindungen trennt, die nicht patent- oder gebrauchsmusterschutzfähig sind, lässt es sich als Begrenzung der Rechte von Arbeitnehmern an ihren Arbeitnehmererfindungen sehen.

2. Eingeschränkte Bedeutung des Erfinderpersönlichkeitsrechts im deutschen Patentrecht Dieser Befund ist insofern interessant, als das Erfinderpersönlichkeitsrecht im deutschen Patentrecht verglichen mit anderen Gebieten des Rechts des geistigen Eigentums verhältnismäßig schwach ausgeprägt ist. Stärkster Aspekt des Erfinderpersönlichkeitsrechts ist das Erfinderprinzip. Dieses Prinzip ist seit 1936 in Kraft und besagt, dass demjenigen, der als erster eine Erfindung macht, auch das Recht auf deren Patentierung zusteht, das Recht auf das Patent. Das Anmelderprinzip, das im europäischen und im japanischen Patent(verfahrens)recht

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gilt, ändert daran nichts. Es soll lediglich das Patentamt von der Pflicht zur Untersuchung entlasten, ob Erstanmelder und Ersterfinder wirklich identisch sind. Erheblich schwächer als das Erfinderprinzip ist das Recht auf Erfindernennung gemäß §§ 37, 63 PatG, wenngleich es auch beinhaltet, dass ein unrichtig angegebener Name korrigiert wird oder dass eine unterlassene Nennung nachträglich erfolgt.

3. Der Aspekt der Motivation – Standpunkt der deutschen Industrie (Bereitschaft zur Kostentragung) Ein vergleichsweise neuer Aspekt des deutschen Arbeitnehmererfindungsrechts ist der Gesichtspunkt der Motivation. Von der Erkenntnis ausgehend, dass der Anteil der Arbeitnehmererfindungen an der Gesamtzahl aller beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichten Patentanmeldungen von 60% in den 1940er Jahren auf über 90% im Jahr 2011 angestiegen ist, ist der Aspekt, arbeitnehmererfindungsrechtlich Anreize für den potentiell kreativen Teil der Belegschaft zu setzen, für das Arbeitnehmererfindungsrecht immer bedeutsamer geworden.20 Verglichen mit dem ursprünglichen Interessengegensatz zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite ist dieser Aspekt nicht nur neuartig. Er schwächt auch die Bedeutung des Erfinderpersönlichkeitsrechts, denn er macht das Recht der Arbeitnehmererfindungen zu einem Teil des Innovationsmanagements im Unternehmen.

III.

Urheberpersönlichkeitsrecht

1. Reichweite und Unterschiede im Vergleich zu (technischen) Erfindungen Das Urheberpersönlichkeitsrecht ist im deutschen Urheberrecht, das dem Berner Übereinkommen und damit der kontinentaleuropäischen Tradition der droits morals verpflichtet ist, stark und vielfach ausgeprägt. Als besonders

_____ 20 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts, BR-Drucks. 757/08, S. 23.

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prominente Ausprägungen des Urheberpersönlichkeitsrechts lassen sich nennen: – Recht der Erstveröffentlichung (§ 12 Abs. 1 UrhG), – Recht der ersten öffentlichen Inhaltsmitteilung oder -beschreibung eines unveröffentlichten Werks (§ 12 Abs. 2 UrhG), – Recht auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 13 Satz 1 UrhG), – Recht auf Urhebernennung (§ 13 Satz 2 UrhG), – Recht auf Schutz gegen Entstellung und Beeinträchtigung des Werkes (§§ 14, 39 UrhG), – Zugangsrecht (§ 25 Abs. 1 UrhG), – Rückrufsrecht wegen Nichtausübung oder gewandelter Überzeugung (§§ 41 und 42 UrhG). Schon diese Aufzählung zeigt, dass das Urheberpersönlichkeitsrecht anders als das Erfinderpersönlichkeitsrecht nicht auf die Beziehung des Rechteinhabers zu seinem Werk beschränkt ist, sondern dem Rechteinhaber die Kontrolle seines Werks ermöglicht. Ein treffendes Beispiel dafür ist das Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung. Dieses Recht begrenzt die Rechte von autorisierten Nutzern – ungeachtet der Entschädigungspflicht, die seine Ausübung auslöst. Im Geschmacksmusterrecht ist die Rechtslage ähnlich: Teils in Verbindung mit Regelungen des Urheberrechtsgesetzes haben auch Designer das Recht, als solche benannt zu werden, auf Erstveröffentlichung und auf Schutz gegen Veränderung oder Entstellung.21 Die Feststellung, dass die Persönlichkeitsrechte von Urhebern und Designern erheblich weiter reichen als die von Erfindern, führt zu der Frage, wie sich dies im Recht der Arbeitnehmerschöpfungen niederschlägt – wie man sagen müsste, wenn es um die Schaffung urheberrechtlich geschützter Werke durch angestellte Urheber geht. Immerhin werden im Arbeitnehmererfinderrecht stets die Erfinderpersönlichkeitsrechte als Grund für die Abweichung von der arbeitsrechtlichen Grundregel genannt, dass dem Arbeitgeber die Arbeitsergebnisse seiner Arbeitnehmer originär zustehen.

_____ 21 Eichmann/von Falckenstein Geschmacksmustergesetz, 4. Aufl. 2010, Allgemeines zum Designrecht Rz. 15 ff.

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2. Behandlung angestellter Urheber und angestellter Designer unter deutschem Recht Nachdem ich bislang nur über das Recht der Arbeitnehmererfindungen und das Urheberpersönlichkeitsrecht gesprochen habe, nun endlich zur Situation abhängig beschäftigter Urheber und Designer im deutschen Recht. Dabei wird sich herausstellen, dass deren Rechtsstellung im Vergleich zu Arbeitnehmererfindern inkonsistent ist. Arbeitnehmerurheber stehen trotz stärkerer Persönlichkeitsrechte nämlich nennenswert schlechter als angestellte Erfinder, obwohl deren privilegierte Behandlung maßgeblich mit der Bedeutung ihrer Erfinderpersönlichkeitsrechte begründet wird. Das deutsche Urheberrecht regelt die Rechte von angestellten Urhebern in den §§ 43, 32, 32a, 69b UrhG. Anders als das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen wurden diese Regelungen vom Bundesgerichtshof22 dahingehend ausgelegt, dass Arbeitgeber zwar nicht Inhaber der Urheberrechte an den geschützten Werken ihrer Angestellten werden, dass sie diese Werke aber wirtschaftlich nutzen dürfen, sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde (§§ 32 Abs. 4 und 36 Abs. 1 Satz 3 UrhG). Gesondert zu vergüten ist auch die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke von Arbeitnehmern allenfalls, wenn diese Werke nicht in Erfüllung arbeitsvertraglicher Verpflichtungen geschaffen wurden.23 Oder anders gewendet: Wenngleich urheberrechtlich geschützte Pflichtwerke stets deren Arbeitnehmerurhebern zugeordnet bleiben, anders als Arbeitnehmererfindern ihre Arbeitnehmererfindungen, können Arbeitgeber diese Pflichtwerke ohne eine Vergütungspflicht über das vereinbarte Arbeitsentgelt hinaus für Betriebszwecke nutzen. Denn nach der herrschenden Abgeltungstheorie ist die Einräumung derjenigen Nutzungsrechte, die der Arbeitgeber für die betrieblichen Zwecke benötigt, bereits mit der Lohnzahlung abgegolten.24 Die Vertreter der Trennungstheorie25 möchten dem Arbeitnehmer dagegen auch für Pflichtwerke einen zusätzlichen vom Arbeitslohn unabhängigen Vergütungsanspruch gewähren. Ihrer Ansicht nach werde der Arbeitslohn allein für

_____ 22 BGH GRUR 2001, 155, 157 – Wetterführungspläne I, GRUR 2002, 149, 152 – Wetterführungspläne II. 23 Bartenbach/Volz in Festschrift Tilmann, 2003, S. 431, 445. 24 BGH GRUR 2001, 155, 157 – Wetterführungspläne I; BGH GRUR 2002, 149, 152 – Wetterführungspläne II; Rojahn in Schricker/Loewenheim Urheberrecht, 4. Aufl. 2010, § 43 Rz. 64; Fromm/Nordemann Urheberrecht, 10. Aufl. 2008, § 43 Rz. 58. 25 Wandtke/Bullinger Urheberrecht, 3. Aufl., 2009, § 43 Rz. 137; Wandtke GRUR 1992, 139, 141; derselbe GRUR 1999, 390, 395; derselbe GRUR Int. 2010, 704, 706; kritisch gegenüber der h.M. auch Schwab ArbuR 1993, 129, 133 ff.

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die Arbeitsleistung bezahlt, die urheberrechtliche Nutzungsrechtseinräumung sei hiervon zu trennen und gesondert zu vergüten. Damit bleibt der Arbeitnehmerurheber zwar immer Inhaber seines Urheberrechts. Der wirtschaftliche Gewinn aus der Nutzung seiner Pflichtwerke geht aber nach überwiegender Ansicht an seinen Arbeitgeber. Etwas anderes gilt gemäß § 32 UrhG nur für außerdienstlich geschaffene, freie Werke durch den Arbeitgeber. Hier gibt es nicht nur kein Nutzungsrecht des Arbeitgebers, sondern nicht einmal eine Andienungspflicht vergleichbar § 19 ArbNErfG. Stattdessen kann der Urheber abgesehen von extremen Ausnahmefällen so frei mit seinem Arbeitgeber verhandeln wie jeder andere Urheber – weshalb man ihn hier auch besser nicht als Arbeitnehmerurheber bezeichnen sollte.26 Die Frage nach der angemessenen Vergütung stellt sich nur, wenn im Einzelfall die §§ 32, 32a UrhG anwendbar sind. Generell wird „Angemessenheit“ anhand der im Geschäftsverkehr üblichen Praxis bestimmt, weniger durch individuelle Parteibestimmung. Eine Nutzungsvergütung, die tarifvertraglich bestimmt wird, gilt gemäß § 32 Abs. 4 UrhG unwiderleglich als angemessen. Sollte sich herausstellen, dass die vereinbarte Vergütung in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen des Arbeitgebers steht, z.B. weil das Geschäft des Arbeitgebers unerwartet erfolgreich gewesen ist, gewährt § 32a UrhG dem Arbeitnehmer jedenfalls dann Anspruch auf weitere Beteiligung an den Erträgen seines Arbeitgebers, wenn man mit der h.M. § 32a UrhG als Nachfolgenorm zu § 36 UrhG a.F.27 uneingeschränkt auf Arbeitnehmer anwenden möchte28. Verglichen mit Arbeitnehmererfindungen ist auch dies ein geringerer Schutz, zumal mit Blick auf die starken Urheberpersönlichkeitsrechte.

3. Behandlung angestellter Softwareprogrammierer nach deutschem Urheberrecht Für angestellte Programmierer von Computersoftware ist die Lage umstritten. Zwar weist § 69b UrhG sämtliche Nutzungsrechte an Computersoftware, die ver-

_____ 26 Wandtke/Bullinger (Fn. 25), § 43 Rz. 34. 27 Zur Anwendbarkeit von § 36 UrhG a.F. auf Arbeitnehmerurheber: BGH GRUR 2002, 149, 152 – Wetterführungspläne II. 28 Für eine Anwendung von § 32a UrhG auf Arbeitnehmer: Wandtke/Bullinger (Fn. 25), § 43 Rz. 146; Rojahn in Schricker/Loewenheim (Fn. 24), § 43 Rz. 71; Berger ZUM 2003, 173, 179; Bayreuther GRUR 2003, 570, 572 f.; für eine auf die tatbestandliche Reichweite des § 36 UrhG a.F. beschränkte Anwendung: Wimmers/Rode CR 2003, 399, 404.

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trags- oder weisungsgemäß geschaffen wurde, ausdrücklich dem Arbeitgeber des Arbeitnehmerurhebers zu. Streitig ist freilich, ob dies den Rückgriff auf die §§ 32, 32a UrhG ausschließt, oder ob eine über das Arbeitsentgelt hinausgehende Vergütung geschuldet ist. Auch insoweit werden Abgeltungs- und Trennungstheorie vertreten, wobei eine vergütungsrechtliche Ungleichbehandlung zwischen angestellten Programmierern und sonstigen Arbeitnehmerurhebern kaum zu rechtfertigen ist.29 Eine Klärung durch die Rechtsprechung ist wünschenswert, besonders mit Blick auf die Neuerungen, die durch das uns heute interessierende Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern in Form urhebervertragsrechtlicher Regelungen in das Urheberrechtsgesetz Einzug gehalten haben. Auf patentfähige Computersoftware ist das ArbNErfG anwendbar, so dass Programmierer patentfähiger Computersoftware zusätzlich zu ihrem Arbeitslohn vergütet werden müssen. Die Anwendbarkeit des ArbNErfG wird allgemein aus § 69g UrhG gefolgert.

4. Behandlung angestellter Designer nach deutschem Geschmacksmusterrecht Für angestellte Designer regelt § 7 Abs. 2 des deutschen Geschmacksmustergesetzes, dass Geschmacksmuster auf ihre Schöpfungen allein ihren Arbeitgebern zustehen. Grund hierfür sei nach Prof. Meier-Beck, dem Vorsitzenden Richter des Patentsenats des Bundesgerichtshofs, die Absenkung des erforderlichen Maßes an Originalität durch die Gesetzesreform von 2004.30 Mir scheint dies zweifelhaft. Immerhin war der Wortlaut des früheren Geschmacksmustergesetzes in § 2 Abs. 2 im Wesentlichen der gleiche wie der des neuen § 7 Abs. 2: „Bei solchen Mustern und Modellen, welche von den in einer inländischen gewerblichen Anstalt beschäftigten Zeichnern, Malern, Bildhauern usw. im Auftrage oder für Rechnung des Eigentümers der gewerblichen Anstalt angefertigt werden, gilt der letztere, wenn durch Vertrag nichts anderes bestimmt ist, als der Urheber der Muster und Modelle.“ Und dies war bevor die ursprüngliche Voraussetzung des Geschmacksmusterschutzes von Eigentüm-

_____ 29 Himmelmann Vergütungsrechtliche Ungleichbehandlung von Arbeitnehmer-Erfinder und Arbeitnehmer-Urheber, 1998, S. 94. 30 Meier-Beck in: Festschrift Reimann, 2009, S. 305, 321.

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lichkeit zu Eigenart abgesenkt wurde, worauf Prof. Meier-Beck hingewiesen hatte. Aber im Ergebnis mag das dahinstehen.

5. Warum Besserstellung von Arbeitnehmererfindern im Vergleich zu angestellten Urhebern, Softwareprogrammierern oder Designern? Wie gesehen, sind die Rechte von Arbeitnehmern im deutschen Patentrecht bedeutend stärker als im Urheber- oder im Geschmacksmusterrecht – trotz der traditionell starken Urheberpersönlichkeitsrechte in diesen letztgenannten Bereichen. Warum dies so ist, ist eine Frage, die ich mir schon länger stelle und die ich Ihnen Frau Obergfell, deshalb auch für unser heutiges Symposion vorgeschlagen hatte. Die Reform des Urhebervertragsrechts von 2002 hat sie jedenfalls nicht abschließend gelöst. Als ich einmal meinen Freund Paul Goldstein von der Stanford University’s School of Law fragte, warum Urheber in den USA, d.h. in einer besonders individualistischen Gesellschaft, kein stärkeres Urheberpersönlichkeitsrecht hätten, gab er die klassische Antwort: “The reason is three words!”, sagte er: “Motion – Picture – Industry.” Und tatsächlich: Die Filmstudios von Hollywood haben es sehr viel einfacher ohne die starken Urheberpersönlichkeitsrechte des kontinentaleuropäischen Urheberrechts. Sie haben sich daher schon früh dafür eingesetzt, Urheberrecht auf den Schutz (ihrer eigenen) wirtschaftlichen Interessen zurückzuschneiden, Befugnisse also weg vom Urheber zu verlagern und hin zum Verwerter. Auch bei den Rechten von angestellten Urhebern scheint man ähnlichen Überlegungen zu folgen, weshalb die Frage vielleicht weniger sein sollte, warum die Rechtsstellung von angestellten Urhebern in Deutschland vergleichsweise schwach ist. Man könnte stattdessen auch fragen, weshalb die Rechte von angestellten Erfindern in Deutschland so stark sind. Grund hierfür, also für eine auf den ersten Blick arbeitnehmerfreundliche, in Wahrheit aber wohl eher kompromisslos anreizorientierte Regelung war wohl die militärische Notlage Nazideutschlands nach Stalingrad. Zur Entwicklung neuer “Wunderwaffen“, war die nationalsozialistische Regierung 1943 verzweifelt genug, angestellten Erfindern die Rechte zu gewähren, die deren Verbände schon lange gefordert hatten: Inhaberschaft, Anerkennung, und gesonderte Vergütung für Erfinungen, die vom Arbeitgeber beansprucht wurden. Das wurde auf einmal möglich.

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IV.

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Zusammenfassung und Ausblick

Wichtigste Feststellung auf Basis meiner Ausführungen ist zunächst, dass kreative Arbeitnehmer in Deutschland rechtlich nicht einheitlich behandelt werden. Arbeitnehmererfindern werden Inhaberschaft, Anerkennung als Erfinder sowie Teilhabe in Gestalt gesonderter Vergütungen gewährt, wenn ihre Arbeitgeber ihre Erfindungen beanspruchen. Angestellte Softwareentwickler und Designer genießen an ihren Werken über das schiere Urheberpersönlichkeitsrecht hinaus dagegen kaum wirtschaftliche Rechte. Die Lage von Arbeitnehmerurhebern liegt irgendwo zwischen diesen Extremen. Die Gründe für diese unterschiedliche Behandlung sind teils historisch bedingt und teils das Ergebnis erfolgreicher Lobbyarbeit. Gleichwohl sollte diese Uneinheitlichkeit beseitigt werden, aus Wettbewerbsgründen vorzugsweise durch die Entwicklung von Unionsrecht über die urheberrechtliche Behandlung der Werke von Arbeitnehmern; ausdrücklich unter Einschluss angestellter Softwareprogrammierer sowie angestellter Designer. Eine Alternative auf nationaler Ebene könnten neben der Fortentwicklung des Urheberrechtsgesetzes auch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen sein. Doch gleichgültig, für welchen Regelungsansatz man sich am Ende entscheidet: Die gegenwärtige Situation ist unzulänglich und muss verbessert werden! Sehr zu Recht streiten Sie, lieber Herr Kollege Wandtke, dafür nun schon bald ein Vierteljahrhundert.

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Urhebervertragsrechtsreform oder die Leiden der Kreativen? – Schlussbetrachtungen – Urhebervertragsrechtsreform oder die Leiden der Kreativen?

I. Einleitung Artur-Axel Wandtke In der Geschichte des Urheberrechts hat es immer Reformen gegeben, die das bestehende Regelungssystem verändert haben. Sie waren von dem Gedanken getragen, den ökonomischen, kulturellen und technischen Bedingungen der geistigen Produktion Rechnung zu tragen.1 Dabei haben sich Interessenwidersprüche offenbart, die zu lösen häufig schwierig waren und sind. Rückblickend auf zehn Jahre Urhebervertragsrecht sind die Ergebnisse ernüchternd. Das hat das heutige Symposion gezeigt. Es ist eben nicht alles Wirkliche vernünftig und alles Vernünftige wirklich. Die Leiden der Kreativen, d.h. die Urheber und ausübenden Künstler, sind natürlich nicht zu vergleichen mit den Leiden der Banken. Denn die Banken haben eine stärkere Lobby als die Kreativen. Nicht nur die Produktion von Geld und dessen Verteilung durch die Banken sind international miteinander verflochten, sondern die Verteilungskämpfe finden auch auf dem Gebiet des Urheberrechts statt. Deshalb ist die Auseinandersetzung um ein gerechtes Urheberrecht nicht nur ein kleiner Nebenschauplatz im nationalen Rahmen, sondern das Urheberrecht steht wegen der grundlegenden Veränderungen der Produktions-und Verteilungsprozesse, insbesondere durch das Internet und die Digitalisierung, erstmals historisch vor der Frage, ob das Urheberrecht aufgrund seiner individualrechtlichen Infrastruktur mit den Vergesellschaftungsprozessen im technologischen Zeitalter überhaupt noch Schritt halten kann. Die modernen Produktivkräfte haben offensichtlich einen Zustand erreicht, der den Widerspruch zwischen dem individuellen Anspruch des Kreativen und der Vergesellschaftung der Aneignung von Werken und künstlerischen Leistungen verschärft hat. Die Urheberrechtswissenschaft steht vor dem Dilemma, neben theoretischen und rechtspolitischen Überlegungen ebenso praktische Lösungen anzubieten. Denn ein modernes Urheberrecht muss eine vernünftige Lösung für die Zukunft zum Ausdruck bringen, in der einerseits die

_____ 1 Wandtke/Wandtke Urheberrecht, 3. Aufl. 2012, S. 17.

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Persönlichkeitsrechte und eine angemessene Vergütung der Kreativen und andererseits ein umfassender Zugang der Nutzer zu den Werken und künstlerischen Leistungen sowie der Verwerterindustrie ein Gewinn gesichert werden. Dass der Konflikt in dieser Interessenkonstellation offensichtlich ist, machen nicht nur die unappetitlichen Plagiatsfälle in der Politik und Wissenschaft deutlich, sondern auch die öffentliche Auseinandersetzung um ACTA. Wäre es nicht wunderbar, wenn die Massen aus Kenntnis – und nicht aus Unkenntnis – auf die Straße gehen würden, um den Wert der geistigen Arbeit zu würdigen? Die Vor- und Nachteile des Internets sind evident. Neue Geschäftsmodelle schießen wie Pilze aus dem Boden und machen den Boden für das Urheberrecht fruchtbar. Aber auch gegenläufige Tendenzen machen sich breit und die Geister, die man rief, wird man nicht los. Die Vorschläge, die z.B. von der Piratenpartei gemacht werden, sind teilweise abenteuerlich.2 Dabei beruft man sich auf die sog. Prosumententheorie, die in der Tat ein anderes Urheberrecht begründet. Nicht der Urheber steht im Mittelpunkt, sondern vordergründig der Nutzer.3 Solche Theorien bedrohen das Urheberrecht. Nicht die Abschaffung des Urheberrechts ist die Alternative, wie gefordert wird,4 sondern eine notwendige Anpassung an die digitale Welt erscheint dringender denn je. Auch das Urhebervertragsrecht steht in dem Zusammenhang auf dem Prüfstand. Denn mit der Reform des Urheberrechts im Jahre 2002 sollte die rechtliche Stellung der Urheber und ausübenden Künstler gestärkt werden. Ob dieses Ziel erreicht wurde, bedarf einer genauen Analyse. Dabei darf nicht vergessen werden, dass das Urhebervertragsrecht nicht losgelöst von den ökonomischen Widersprüchen in der Gesellschaft betrachtet werden kann. Das gilt für das Recht im Allgemeinen und für das Urheberrecht im Besonderen. Auf dem Symposion ist teilweise auf folgende Defizite in der Umsetzung der Urheberrechtsreform hingewiesen worden.

_____ 2 So wird vorgeschlagen: Zulässigkeit von Mashups und Remixes; digitale Privatkopie, unabhängig davon, ob die Quelle rechtmäßig ist; Tauschbörsen legalisieren; 10 Jahre Schutzdauer u.v.m. Siehe http://www.urheberrecht.org/news/p/1/i/4746/. 3 Wandtke/Wandtke (Fn.1), S. 53. 4 Smiers/van Schijndel No Copyright, Berlin/Köln 2012, S. 86.

Urhebervertragsrechtsreform oder die Leiden der Kreativen?

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II. Urhebervertragsrecht und Vertragsfreiheit Während mit dem Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern vom 22.3.20025 noch der Versuch unternommen wurde, die Rechtsstellung der Kreativen aufgrund der in der Regel ökonomisch schwächeren Verhandlungsposition zu stärken, um eine angemessene wirtschaftliche Beteiligung des Urhebers an der Verwertung zu sichern,6 wurde mit dem zweiten Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 26.10.2007,7 das am 1.1.2008 in Kraft trat, ein umgekehrter Weg vom Gesetzgeber eingeschlagen. So wurde das scharfe Schwert des § 31 Abs. 4 UrhG a.F. zugunsten des Urhebers in ein stumpfes Schwert umgewandelt. Die Abschaffung des § 31 Abs. 4 UrhG a.F. für unbekannte Nutzungsarten ist kein Ruhmesblatt des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber hat den Interessen der Verwerterindustrie entsprochen und dabei vergessen, dass die Vertragsfreiheit vor allem durch zwingende Regelungen flankiert werden muss.8 Denn es ist eine Illusion, anzunehmen, dass in der Regel die ökonomisch schwächere Stellung des Kreativen durch sein Verhandlungsgeschick kompensiert werden kann. Es geht um die Priorität des Urhebers und des Künstlers im Gesetz, die mit ihren Werken und Leistungen den entscheidenden Anteil an der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung einer Gesellschaft leisten. Denn die geistige Arbeit ist eine wesentliche Quelle allen Reichtums. Die Wissenschafts-, die Literatur- und Kunstproduktion ist akkumulierte Arbeit auf einer bestimmten historischen Kulturstufe. Würde die Produktion solcher kultureller Leistungen der geistigen Arbeiter nicht stattfinden, würde die Gesellschaft um ein Vielfaches ärmer und die Nutzung derselben durch die Allgemeinheit wäre nicht möglich. Eine ganze Kultur würde zugrunde gehen. Wer also die Voraussetzungen für die Nutzung und Verwertung bzw. Vermarktung der wissenschaftlichen, literarischen und künstlerischen Waren schafft, sollte auch im Urhebervertragsrecht gebührend berücksichtigt werden. Im Urhebervertragsrecht ist aber teilweise eine gesetzlich geregelte Interessenverschiebung zugunsten der Kulturindustrieunternehmen festzustellen. Urheber und ausübende Künstler sind ökonomisch abhängig

_____ 5 Wandtke/Jani Medienrecht, 2. Aufl. 2011, Bd. 2, Kap. 1 Rz. 243; Dreier/Schulze/Schulze Urheberrecht, 3. Aufl. 2008, Vor § 31 Rz. 2; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, Vor §§ 31 Rz. 61. 6 Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern vom 22. März 2002 (BGBl. 2002 I, 1155–1188); abgedruckt: UFITA Bd. 2002/II, 500. 7 BGBl. I 2513, S. 4. 8 Schack Urheber- und Urhebervertragsrecht, 6. Aufl. 2013, Rz. 1080.

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und nicht frei. Der Begriff „frei“ oder „fest frei“ im privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist eine historisch entstandene Abgrenzungsformel zum Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis, der auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.9 So sind in den zehn Teilbereichen (Musik, Literatur, Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Film, Architektur, Kulturelles Erbe, Rundfunk, Werbung, Software/Games) 1,7 Millionen Arbeitnehmer beschäftigt, wenn man die geringfügig Beschäftigten dazu rechnet.10 Dieser ökonomische Fakt sollte durch den Gesetzgeber Beachtung finden. Denn das Urhebervertragsrecht, wie es gegenwärtig ausgestaltet ist, ist überwiegend an die sog. „freien Mitarbeiter“ gerichtet. Für das Arbeitnehmerurheberrecht gibt es nur einen Paragrafen: § 43 UrhG. Die Arbeitnehmerurheber oder die sog. „freien Mitarbeiter“ sind nicht frei in ihren ökonomischen Entscheidungen. An dieser ökonomischen Feststellung hat sich auch nichts durch das technologische Zeitalter geändert. Das trifft ebenso auf die sog. „arbeitnehmerähnlichen“ Personen im Medienbereich zu. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich nicht gleiche Interessen gegenüberstehen. Der Widerspruch zwischen ungleichen Vertragspartnern wird in der Regel bleiben. Der Urheber kann zwar „frei“ entscheiden, ob, mit wem und mit welchem Inhalt er Nutzungsverträge abschließen will, aber die Bedingungen werden oft diktiert. Die Tatsache, dass bei geistigen Gütern – im Unterschied zu körperlichen Sachen oder Lebensmitteln – kein moralischer Verschleiß bzw. ein Verbrauch derselben erfolgt, macht sie für die millionenfache Nutzung durch die Allgemeinheit oder für die Vermarktung durch Unternehmen zum wirtschaftlichen und kulturellen Objekt der Begierde. Musik z.B. kann überall zur gleichen Zeit bei gleicher Qualität gehört werden. Das Internet und die Digitalisierung machen es möglich. Diese Besonderheiten der Produkte der geistigen Produktion sind im Wertschöpfungs- und Verbreitungsprozess evident. Es ist deshalb bedeutsam, dass sich im Nutzungsbzw. Lizenzvertrag der ökonomische Wert in Form der angemessenen Vergütung der in den Werken und künstlerischen Leistungen vergegenständlichten Persönlichkeit widerspiegelt. Das gilt für die bekannten und unbekannten Nutzungsarten gleichermaßen.11 Der Begriff Vertragsfreiheit als Teil des allgemei-

_____ 9 BAG NJW 2012, 2903, 2904. 10 Siehe Opitz SZ Nr.212, 2012, S. 15. 11 Schack (Fn. 8), Rz. 619.

Urhebervertragsrechtsreform oder die Leiden der Kreativen?

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nen bürgerlichen Vertragsrechts12 verschleiert den Zusammenhang zwischen dem Mehrwert einer geistigen Arbeit, der im Werk oder in der künstlerischen Leistung zum Ausdruck kommt, und der Vergütung. Die Inhaltsfreiheit muss deshalb zum Schutz der schwächeren Partei Einschränkungen hinnehmen.13 Der Urheber oder der ausübende Künstler will für seine eingeräumten Nutzungsrechte als Gegenleistung eine angemessene Vergütung. Der Verwerter will mit der Vermarktung der Werke und künstlerischen Leistungen einen Gewinn machen. Das ist der schlichte ökonomische Vorgang beim Abschluss eines Nutzungs- bzw. Lizenzvertrages. Da der ökonomische Druck in der Kulturindustrie immer weiter zunimmt, sind auch die Chancen für einen redlichen Vertragsabschluss nicht rosig. Sollte ein Urheber klagen, treffen ihn die Nachteile bei zukünftigen Auftragsvergaben oder er steht auf der „schwarzen“ Liste. Das Urhebervertragsrecht mit seinen Rechtsinstituten sollte aus den genannten Gründen im Interesse der Literatur-, Wissenschafts- und Kunstproduktion zwingende (ius cogens) Regelungen aufnehmen, um die Rechtsstellung der Urheber und ausübenden Künstler zu stärken. Dazu gehört ehrlicherweise, dass die Vertragsfreiheit im Interesse der Urheber de lege ferenda weiter eingeschränkt wird. Die bestehenden Einschränkungen der Vertragsfreiheit im Urhebervertragsrecht reichen nicht aus, z.B. §§ 31a, 32 Abs. 3, 32a Abs. 3, 32c Abs. 1 S. 2, 34 Abs. 4 u. 5, 41 Abs. 4, 42 Abs. 2 UrhG. Zum Schutz der Urheber und ausübenden Künstler ist auch die Entscheidungspraxis des BGH kritisch zu beleuchten. Mit seiner Substitutionstheorie, wonach eine neue Nutzungsart nur vorliegt, wenn ein neuer Markt entstanden ist,14 wird mit seiner Auslegung die Vergütung für neue technische Geräte ausgeschlossen. Das BVerfG hat zwar die Klärung, was eine unbekannte Nutzungsart ist, den Fachgerichten überlassen, aber darauf hingewiesen, dass durch die Neuregelung möglicherweise eine andere Bewertung zu erfolgen hat.15 Der Sinn und Zweck der Neuregelung der §§ 31a und 32c UrhG kann nur darin bestehen, die Beteiligung des Urhebers an der wirtschaftlichen Verwertung seines Werkes zu sichern und nicht zu verhindern. Das ist Verfassungsauftrag nach Art. 14 GG. Dabei sind sachgerechte Maßstäbe anzuwenden.16 Der eigentliche Skandal besteht aber darin, dass die ausübenden Künstler

_____ 12 Fromm/Nordemann/J.B. Nordemann Urheberrecht, 10. Aufl. 2008, Vor §§ 31 ff. Rz. 5; Dreier/ Schulze/Schulze (Fn. 3), Vor § 31, Rz. 4; Schack (Fn. 8), Rz.1077. 13 Schack (Fn. 8), Rz. 1077. 14 BGH ZUM-RD 2012, 192, Rz. 51 – Das Boot; BGHZ 163, 209, 116 – Der Zauberberg. 15 BVerfG GRUR 2010, 332, 334. 16 BVerfG GRUR 2012, 53, 57 – Le-Corbusier Möbel; BVerfG GRUR 2010, 235, 238 – Filmurheberrecht.

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überhaupt nicht an der Verwertung unbekannter Nutzungsarten beteiligt werden. Verschärft zeigt sich das Problem der fehlenden Beteiligung an der wirtschaftlichen Verwertung unbekannter Nutzungsarten im Zusammenhang mit der Verlängerung der Schutzfristen von 50 auf 70 Jahre durch die geänderte Schutzdauerrichtlinie von 2011.17 Der Anspruch auf eine angemessene Vergütung für unbekannte Nutzungsarten ist nicht vorgesehen. 70 Jahre kann die Kulturindustrie die künstlerischen Leistungen mittels neuer Nutzungsarten verwerten, ohne dass die ausübenden Künstler eine Vergütung erhalten. Die Ungleichheit zwischen den Urhebern und ausübenden Künstlern wird zementiert. Deshalb bestehen auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ausschluss möglicher Vergütungsansprüche aus der Verwertung unbekannter Nutzungsarten. Eine plausible Begründung des Gesetzgebers für die Ungleichbehandlung i.S.d. Art. 3 GG im Urhebervertragsrecht gibt es nicht.18 Interessant ist aber, dass der Gesetzgeber nicht nur die Ungleichbehandlung zwischen den Urhebern und ausübenden Künstlern geregelt hat, sondern die Rechtsstellung im Rahmen der Vertragsfreiheit ist nicht im Interesse der Künstler gestärkt worden. Die Neuregelung veranschaulicht, dass sich eben keine gleichen Vertragspartner gegenüberstehen. Der Mehrwert der künstlerischen Leistungen wird durch die Kulturindustrie ohne eine Gegenleistung angeeignet. Während das Arbeitsrecht weitestgehend neben dem individuellen Arbeitsvertrag und dem kollektiven Tarifrecht sozialrechtliche Rechtsinstitute im Interesse der Arbeitnehmer zum Ausdruck bringt, ist dem Urhebervertragsrecht eine derartige sozialrechtliche Absicherung für die freien Urheber und ausübenden Künstler – mit Ausnahme der Künstlersozialkasse – fremd. Das Urhebervertragsrecht ist seinem Wesen nach ein individuelles Vertragsrecht – mit Ausnahme der gemeinsamen Vergütungsregelungen nach den §§ 36 ff. UrhG. Dem widerspricht es nicht, dass urhebervertragliche Regelungen ebenso eine soziale Dimension haben, was sich vor allem bei der Durchsetzung einer angemessenen Vergütung zeigt. Da die geistige Arbeit nicht nur individuelle Warenproduktion ist, sollte mit zwingenden Regelungen dieses Defizit ausgleichen und mindestens den Anspruch auf eine angemessene Vergütung für unbekannte Nutzungsarten den ausübenden Künstlern sichern helfen. Denn die Werke oder künstlerischen Leistungen als Waren der geistigen Arbeit in ihrer konkreten rechtlichen

_____ 17 S. Richtlinie 2011/77/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.9.2011 zur Änderung der RL 2006/116/EG über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (ABI. L 265 v.11.10.2011), 4. 18 So soll der Nacherwerb von Rechten nicht praktikabel sein; siehe BT-Drucks.14/8058, S. 21.

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Ausgestaltung sind weder aus sich selbst zu begreifen, noch entspringen sie einem höheren Wesen. Sie wurzeln vielmehr in den jeweils gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen, die die Widersprüche und Auseinandersetzungen sowie Kompromisse in der Vertragswelt der geistigen Produktion bestimmen. Das Urhebervertragsrecht ist davon genauso betroffen. Es kann nicht höher sein als die ökonomischen Verhältnisse, die die Arbeitswelt in der Wissenschafts-, Literaturund Kunstproduktion bestimmen. Das Internet und digitale Revolution verschärfen die Widersprüche als Folge des Ungleichgewichts zwischen den Kreativen und der Verwerterindustrie im technologischen Zeitalter. Die Idee der Vertragsfreiheit entpuppt sich in Wirklichkeit als Illusion. Denn diese Theorie von der Vertragsfreiheit im Rahmen der Privatautonomie geht von gleichen Warenbesitzern aus. In der Realität nimmt nicht der Kreative die wissenschaftliche, literarische und künstlerische Arbeit, sondern er gibt die Ergebnisse der geistigen Arbeit in Form von Werken und künstlerischen Leistungen dem Verwerter. Insofern ist der Urheber Arbeitgeber und der Verwerter Arbeitnehmer. In der Politik und in der Rechtswissenschaft wird dieser Zusammenhang auf den Kopf gestellt. Der Urheber oder der ausübende Künstler ist der Abhängige im sozialökonomischen Sinne in einer kapitalorientierten Produktionsweise. Die daraus entstehenden Widersprüche bestimmen ebenso die Durchsetzung des Urhebervertragsrechts. Weil das so ist, müssen auch die bestehenden Rechtsinstitute im Urhebervertragsrecht überprüft werden, um die Kreativen vertragsrechtlich zu stärken.

III.

Anspruch auf eine angemessene Vergütung

Da die Werke und künstlerischen Leistungen nicht nur einer nationalen Verbreitung unterliegen, ist die Forderung nach einem europäischen Urhebervertragsrecht berechtigt. In einigen Richtlinien sind teilweise urhebervertragsrechtliche Grundsätze aufgestellt worden, die für ein künftiges europäisches Urhebervertragsrecht sprechen. So wird in Art. 5 der Vermiet- und Verleihrichtlinie 2006/115/EG darauf hingewiesen, dass der Urheber oder ausübende Künstler ein unverzichtbares Recht auf eine angemessene Vergütung haben. Der Begriff der angemessenen Vergütung wird dabei unionsrechtlich ausgelegt, wonach die Angemessenheit der Vergütung anhand des wirtschaftlichen Wertes der Nutzung eines geschützten Werkes zu ermitteln ist.19 Die geschaffenen Wer-

_____ 19 EuGH ZUM-RD 2003, 225 Rz. 37 – SENA/NOS; EuGH ZUM-RD 2011, 453 Rz. 32 – VEWA/ Königlicher Erlass.

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ke oder Leistungen ausübender Künstler sind zunächst das Resultat der Wissenschafts-, Literatur- und Kunstproduktion. Das geistige Eigentum stellt gleichsam einen durch eigene Arbeit geschaffenen Vermögenswert dar. „Der Urheber hat nach dem Inhalt der Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass ihm der wirtschaftliche Nutzen seiner Arbeit zugeordnet wird, soweit nicht Gründen des gemeinen Wohls der Vorrang vor den Belangen des Urhebers zukommt.“20 In der geistigen Produktion wird das Werk hergestellt und soll dann in der Gesellschaft dem Verwerter bzw. Nutzer zur Verfügung gestellt werden. Das Werk oder die Leistungen werden in unterschiedlicher Weise konsumiert. Der Verbraucher kann sich auf die Schrankenregelungen berufen und z.B. Vervielfältigungshandlungen vornehmen (§§ 44a ff. UrhG) oder dem Produzenten werden Nutzungsrechte (§§ 31 ff. UrhG) eingeräumt, um sie ökonomisch gewinnbringend zu verwerten. Die Wissenschafts-, Literatur- und Kunstproduktion produziert insofern nicht nur ein Werk für das Subjekt, sondern auch ein Subjekt für das Werk.21 Die Wechselwirkung zwischen Herstellung von Werken und der Zirkulation bzw. Distribution derselben wird urheberrechtlich insbesondere durch das Urhebervertragsrecht rechtssystematisch geregelt, unabhängig davon, ob die Schöpfer als „Freischaffende“ oder in einem Arbeitsverhältnis (§ 43 UrhG) tätig sind. Dieser Verwertungsprozess wird durch einen urheberrechtlichen Vergütungsanspruch ermöglicht. Der urheberrechtliche Vergütungsanspruch kann vertraglich vereinbart werden (§§ 32, 32a, 32c UrhG) oder kann gesetzlich entstehen (§§ 54 ff. UrhG). Dem Wesen nach ist der urheberrechtlich vereinbarte Vergütungsanspruch eine Gegenleistung für die Rechtseinräumung22 und Nutzung der vermögensrechtlichen Befugnisse zur Verwertung des Werkes oder der Leistungen der ausübenden Künstler. Der Anspruch auf eine angemessene Vergütung ist gleichsam der Mehrwert, der aus einem Werk oder einer künstlerischen Leistung als Ware erzielt werden kann. Der Kreative hat mit der vergegenständlichten Arbeitsleistung in Form des Werkes der Kunst, Literatur und Wissenschaft eine konstante ökonomische Wertgröße geschaffen, die quantitativ mehrfach verwertet werden kann, ohne dass sich die Qualität verschlechtert und die Transaktionskosten steigen müssen. Die angemessene Vergütung ist die Gegenleistung des Verwerters für die Leistung des Urhebers und des ausübenden Künstlers für die Rechtseinräumung, den Inhalt und Umfang der Nutzung. Der Wert der wirtschaftlichen Nutzung stellt den Bezugspunkt für die Angemessenheit der Vergütung

_____ 20 BVerfG GRUR 2010, 332, 334 – Filmurheberrecht. 21 Wandtke GRUR 2002, 1, 4. 22 BGH ZUM-RD 2012, 192, 196, Rz. 28 – Das Boot.

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nach § 32 UrhG dar.23 Hierbei spielt § 11 S. 2 UrhG als gesetzliches Leitbild eine bedeutende Rolle. Der Anspruch auf eine angemessene Vergütung ist nach §§ 32, 32a, 32c UrhG – mit Ausnahme für unentgeltliche einfache Nutzungsrechte – ein Recht der Urheber. § 32 UrhG als grundlegende Norm ist zwingendes Recht. Der BGH hat in Bezug auf die angemessene Vergütung für Übersetzer wegweisende Grundsätze aufgestellt,24 wobei die prozentuale Beteiligung der Übersetzer im Verhältnis zu den Originalautoren nicht überzeugt.25 Aber nicht nur Urheber können den Anspruch aus § 32 UrhG durchsetzen. In analoger Anwendung des § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG sind auch Gesellschaften bürgerlichen Rechts berechtigt, deren alleinige Gesellschafter Urheber sind, von dem Vertragspartner der Gesellschaft die Einwilligung in die Änderung des Vertrages zu verlangen, um eine angemessene Vergütung für die Werknutzung zu erreichen. Das gilt nach Auffassung des BGH ebenso für Personengesellschaften, nicht aber für Kapitalgesellschaften.26 Nutzungsverträge, die synallagmatisch ausgerichtet sind, worin die ökonomischen Transaktionen als Willenshandlungen erscheinen, bestimmen als bloße Formen nicht den Inhalt, sondern drücken ihn nur aus. Der vereinbarte Inhalt ist nur dann gerecht, wenn er dem Wesen des urheberrechtlichen Vergütungsanspruchs entspricht. Dabei spielt der Marktwert eines Nutzungsrechtes eine Rolle, wobei der Gebrauchs- und Tauschwert des Werkes oder der künstlerischen Leistung als Ware darin einfließt.

IV.

Gemeinsame Vergütungsregeln

Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit der Reform 2002 die §§ 36, 36a UrhG eingeführt. Beide Vorschriften sind mit den §§ 31a Abs. 2 S. 2, 32 Abs. 2 S. 1, 32a Abs. 4 UrhG zu lesen, wenn es die Frage des Anspruchs auf eine angemessene Vergütung zu beantworten gilt. Erstmals in der Geschichte des Urheberrechts wurde die Möglichkeit geschaffen, dass Vereinigungen von Urhebern und Vereinigungen der Werknutzer gemeinsame Vergütungsregeln über eine angemessene Vergütung für die Verwertung von Werken vereinbaren. Während auf Seiten der Urheber nur Verbände handlungsfähig sind, z.B. der Berufsverband der Kameraleute in Deutschland, kommen nach § 36 Abs. 1 UrhG auf Seiten der Verwerter auch einzelne Werknutzer in Betracht, z.B. Produzenten von Kino-

_____ 23 24 25 26

BVerfG ZUM 2011, 396, 397. BGH GRUR 2009, 1148, 1150 – Talking to Addison. Wandtke NJW 2010, 771, 777. BGH NJW 2012, 2805, 2808, Rz. 33 – Kommunikationsdesigner.

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und Fernsehfilmen.27 Die gemeinsamen Vergütungsregeln können unterschiedliche Vergütungsformen enthalten. Es können Beteiligungs- und Pauschalhonorare vereinbart werden. Der Maßstab der Angemessenheit in den gemeinsamen Vergütungsregeln wird durch die jeweiligen Parteien bestimmt. Die gemeinsamen Vergütungsregeln als Instrument der Selbstregulierung bedürfen aber einer Änderung des § 32 Abs. 2 S. 1 UrhG. Die unwiderlegbare Vermutung, dass die gemeinsame Vergütungsregel angemessen sein soll, ist ein Eingriff in die Privatautonomie. Denn der Urheber muss die Möglichkeit haben, individualvertraglich eine Vergütung zu verlangen, die über der gemeinsamen Vergütungsregel liegt. Eine widerlegbare Vermutung würde dem Angebot und einer entsprechenden Nachfrage in der Kulturindustrie entsprechen. Das gilt vor allem, wenn der Urheber z.B. nicht dem Urheberverband angehört. Wenn sich die Parteien nicht über eine gemeinsame Vergütungsregel einigen können, kann hierzu eine Schlichtungsstelle eingeschaltet werden. Sie unterbreitet einen Einigungsvorschlag.28 § 36 Abs. 3, 4 und § 36a UrhG beschreiben die Aufgaben und das Verfahren der Schlichtungsstelle. Streiten z.B. die Parteien über die Person des Vorsitzenden und die Zahl der Beisitzer oder über die Zulässigkeit des Schlichtungsverfahrens, kann das OLG das Verfahren nach § 148 ZPO aussetzen. Wird eine gemeinsame Vergütungsregel i.S.d. § 36 UrhG in einem Schlichtungsverfahren von nicht berechtigten Parteien aufgestellt, kann in einem Rechtsstreit dieselbe keine Bindungs- und Indizwirkung entfalten.29 Überhaupt sollte darüber nachgedacht werden, ob nicht das 2002 entworfene verbindliche Schiedsverfahren im Verhältnis zum gegenwärtigen Schlichtungsverfahren in Betracht gezogen werden sollte.30 Die gemeinsamen Vergütungsregeln unterscheiden sich von Tarifverträgen. Die Tarifverträge, die für die Arbeitnehmerurheber oder arbeitnehmerähnliche Personen existieren, enthalten Rechtsnormen (§§ 1, 12a TVG). Gemeinsame Vergütungsregeln enthalten keine Rechtsnormen. Sollten Tarifverträge urheberrechtliche Vergütungsregeln enthalten, haben sie Vorrang vor gemeinsamen Vergütungsregeln (§ 36 Abs. 1 S. 3 UrhG). Gemeinsame Vergütungsregeln i.S.d. § 36 Abs. 1 S. 1 UrhG sind für freischaffende Urheber geschaffen worden. Sie sind gleichsam neben den Tarifverträgen die zweite Säule eines kollektiven vertraglichen Regelungswerkes. Die Vorstellung des Gesetzgebers, dass die Verei-

_____ 27 OLG München GRUR-RR 2011, 441, 442 – Schlichtungsstellenbesetzung. 28 Schack (Fn. 8), Rz. 1102. 29 BGH ZUM 2011, 732 – Aussetzung eines Schlichtungsverfahrens. 30 Hoeren weist in seinem Gutachten vom 20. Juni 2012 (S. 23) auf diese Möglichkeit hin. Ebenso Spindler Gutachten vom 20. Mai 2012, S. 23.

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nigungen der Urheber und die der Werknutzer gemeinsame Vergütungsregeln sowohl für die Angemessenheit nach § 32 UrhG (ex ante) als auch nach § 32a UrhG (ex post) für die verschiedenen Werkkategorien vereinbaren würden, ist aufgrund der völlig entgegengesetzten Interessen der Urheber und vor allem der Werknutzer teilweise ein Traum geblieben. Die Erwartungen, in den einzelnen Branchen gemeinsame Vergütungsregelungen aufzustellen, sind nur teilweise erfüllt.31 Bisher existieren zwei gemeinsame Vergütungsregeln. Die eine betrifft Autoren belletristischer Werke in deutscher Sprache, welche am 9.6.2005 aufgestellt worden ist. Zum anderen gibt es seit dem 1.2.2010 eine „Gemeinsame Vergütungsregelung für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen.“ Darüber hinaus sind Vergütungsvereinbarungen im Rundfunkbereich 2012 abgeschlossen worden, die ebenfalls als allgemeine Vergütungsregeln bezeichnet werden und eine Vorbildwirkung für andere Sender haben können.32 Kritisch muss die gemeinsame Vergütungsregel aus § 3 Abs. 1 S. 2 der „Gemeinsamen Vergütungsregeln für Autoren belletristischer Werke“ gesehen werden. So wird als Richtwert für den Normalfall ein Honorar von 10 Prozent vom Nettoladenverkaufspreis für jedes verkaufte Exemplar angesehen. Es kann aber auch nur eine Beteiligung von 8–10 Prozent im Einzelfall möglich sein. Ob diese Vergütungsregel angemessen ist, muss ernsthaft bezweifelt werden. Die Verlagspraxis zeigt ein düsteres Bild, wenn es um die Vereinbarung eines Honorars im wissenschaftlichen Bereich geht. 10% vom Nettoladenverkaufspreis ist möglich, aber wenn die Verträge genauer unter die Lupe genommen werden, bleibt von den 10% nicht viel übrig. Der BGH sieht in den „Gemeinsamen Vergütungsregeln für Autoren belletristischer Werke in deutscher Sprache“ eine Orientierungshilfe für die Bestimmung der angemessenen Vergütung der literarischen Übersetzer.33

_____ 31 Berger ZUM 2010, 90, 92. 32 Siehe die Vergütungsvereinbarung v. 14.5.2012 zwischen dem Verband der Drehbuchautoren (VDD), dem ZDF und der Allianz Deutscher Produzenten- Film & Fernsehen für ZDFProduktionen. Die Vergütungsvereinbarung zwischen den Bühnenverlegern und dem ZDF vom 21.11.2011 wird nicht als gemeinsame Vergütungsregel i.S.d. § 36 UrhG zu werten sein, weil kein Urheberverband Beteiligter der Vereinbarung ist. 33 BGH GRUR 2011, 328, 331 – Destructive Emotions; BGH GRUR 2009, 1148, 1152 – Talking to Addison.

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V. Fairness-Paragraf § 32a UrhG ist eine weitere ius cogens-Regel, wonach der Urheber nachträglich einen Anpassungs- bzw. Korrekturanspruch hat, wenn die vereinbarte Gegenleistung (ex ante) unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen der Nutzung des Werkes (ex post) steht.34 § 32a Abs. 1 UrhG ist zunächst kein Zahlungsanspruch, sondern nur ein Anspruch auf Vertragsanpassung. Mit der Klage auf Einwilligung in die Vertragsänderung ist zugleich die Klage auf Zahlung der sich aus der Vertragsänderung ergebenden Nachforderung verbunden.35 Der Urheber kann – wie beim § 32 UrhG – verlangen, dass dann der Werknutzer in die Änderung des Nutzungsvertrages einwilligt (§ 32a Abs. 1 S. 1 UrhG). Nicht überzeugend ist der Vorschlag, den § 32a UrhG im Filmbereich auszuschließen.36 Wie sich aus der Entstehungsgeschichte des § 36 a.F. UrhG ergibt, war diese Vorschrift als ein besonderer Anwendungsfall der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage ausgestaltet worden.37 Im Verhältnis zur alten Regelung schreibt § 32a UrhG nicht mehr die Tatbestände des Unerwarteten. Nach § 32a Abs. 1 S. 2 UrhG wird nicht mehr davon ausgegangen, dass die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können. Werbeerlöse und Filmfördergelder sind zu berücksichtigende Vorteile.38 Werbeerlöse eines TV-Senders gehören ebenfalls zu den Vorteilen einer Verwertungshandlung. Sie stehen fest und sind regelmäßig an den mit der Einschaltquote gemessenen Erfolg geknüpft und stehen damit in einem kausalen Zusammenhang mit der Werknutzung.39 Es kommt nicht mehr auf ein „grobes Missverhältnis“ an, sondern nur auf „ein auffälliges Missverhältnis“. Das auffällige Missverhältnis muss zwischen der vereinbarten Vergütung und der später erfolgreichen Vermarktung des Werkes liegen. Es findet eine ex postBetrachtung statt.40 Die vereinbarte Gegenleistung wird dem Ertrag gegenübergestellt, um ein „auffälliges Missverhältnis“ festzustellen. Erträgnisse sind die Bruttoeinnahmen des Verwerters, und zwar ohne Abzug von Herstellungskosten, Vertriebs-

_____ 34 35 36 37 38 39 40

BGH ZUM-RD 2012, 192, Rz. 25, 57 – Das Boot. BGH GRUR 2009, 939, 941 – Mambo No. 5. So aber Schwarz ZUM 2010, 107, 111. BGHZ 137, 387, 396 – Comic-Übersetzungen. BGH ZUM-RD 2012, 192, Rz. 91 – Das Boot; a.A. Schwarz ZUM 2010, 107, 112. LG Berlin ZUM 2009, 788; a.A. KG Berlin ZUM 2010, 532, 535 – Drehbuchautor. BGH ZUM-RD 2012, 192, Rz. 33 – Das Boot.

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kosten und sonstige Aufwendungen.41 Der BGH bejaht auf der einen Seite den Bruttoerlös, aber auf der anderen Seite sind die den Gewinn schmälernden Aufwendungen zu berücksichtigen, was letztlich auf eine Nettobewertung hinausläuft.42 Ein auffälliges Missverhältnis ist ein Minus gegenüber dem „groben Missverhältnis“. Um dies feststellen zu können, hat der Urheber einen Auskunftsanspruch. Er ist eine Vorstufe zu dem Anspruch auf Vertragsanpassung. Erst nach erteilter Auskunft kann beurteilt werden, ob tatsächlich ein Vertragsänderungsanspruch besteht.43 Der Urheber kann grundsätzlich immer dann Auskunft und gegebenenfalls Rechnungslegung verlangen, wenn aufgrund nachprüfbarer Tatsachen klare Anhaltspunkte für einen solchen Anspruch bestehen, um im Einzelnen die weiteren Voraussetzungen dieses Anspruchs ermitteln und die zu zahlende Vergütung verlangen zu können.44 Ein „auffälliges Missverhältnis“ liegt nicht nur dann vor, wenn die vereinbarte Vergütung (ex ante) um 100 oder 50 Prozent von der angemessenen Beteiligung abweicht,45 sondern im Einzelfall sind auch 20 bis 30 Prozent möglich. Wer also einen Nutzungsvertrag mit einer Pauschalvergütung von 5.000,– Euro abgeschlossen hat und der Verwerter dem Urheber ex post 10.000,– Euro anbietet, liegt auf alle Fälle im Rahmen der Angemessenheit. War umgekehrt die vereinbarte Vergütung von Anfang an im Nutzungsvertrag zu niedrig, kann sie nicht über § 32a UrhG, sondern nur über § 32 UrhG korrigiert werden.46 Nach § 32a Abs. 1 S. 1 UrhG ist – wie bei § 32 UrhG – eine Korrektur der Vergütung durch Änderung des Nutzungsvertrages möglich. Der Vertragspartner des Urhebers ist verpflichtet, in die Änderung einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. 47 Besonders schwierig ist es, die angemessene Vergütung im Medienbereich durchzusetzen, weil zunehmend Pauschalvergütungen als Einmalzahlungen in Buy-out-Verträgen für die Abgeltung sämtlicher Nutzungsrechte vereinbart werden. In der Filmwirtschaft sind Pauschalhonorare häufig unangemessen. Buy-out-Verträge im Film- und Fernsehbereich mit Einmalvergütungen sind ein ökonomisches Diktat. Da der Sender, nicht der Produzent,

_____ 41 42 43 44 45 46 47

Reber GRUR Int. 2011, 569, 577, a.A. BGH ZUM-RD 2012, 192, Rz. 33 – Das Boot. BGH ZUM-RD 2012, 192, Rz. 33 – Das Boot. BGH GRUR 2002, 602, 603 – Musikfragmente. BGH ZUM-RD 2012, 192, Rz. 79 – Das Boot. BT-Drucks. 14/8058, 45. BGH GRUR 2009, 1148, 1151 – Talking to Addison. OLG München ZUM 2011, 665, 673 – Pumuckl – Illustration III.

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über die Rechte verfügt und die Wiederverwertung auf neue Auswertungsplattformen im digitalen Bereich, z.B. Handy-TV, Pay-TV, vornimmt, kann man davon ausgehen, dass die Pauschalvergütungen nicht den Angemessenheitsmaßstab nach den §§ 32, 32a UrhG erreichen. Es ist deshalb auch kein Wunder, dass Buy-out-Nutzungsverträge im Film- und Fernsehbereich favorisiert werden.48 Es muss der Tendenz in der Praxis entgegengewirkt werden, dass Urheber aufgrund der ökonomischen Abhängigkeit auf den Anspruch aus § 32a UrhG verzichten. So haben Filmfirmen aus den USA, die in Deutschland produzieren, in Verträgen eine Verzichtserklärung bezüglich des § 32a UrhG aufgenommen. Derartige Verzichtserklärungen haben keine rechtliche Bindungswirkung. Solche Vertragsklauseln verstoßen gegen den Sinn und Zweck des § 32a UrhG. Ebenso ist ein Buy-out-Vertrag unredlich, wenn die Weiterübertragung von Nutzungsrechten an Dritte (Lizenznehmer) mit der Einmalzahlung sämtlicher gegenwärtiger und künftiger Nutzungsrechte abgegolten wird. Gerade die Lizenzeinnahmen des Filmherstellers oder des Senders können einträgliche wirtschaftliche Geschäfte sein. Beklagenswert ist auch hier die Praxis. So werden Produktionsfirmen von Sendern, z.B. ZDF oder RTL, beauftragt, Fernsehfilme zu produzieren. Der Filmurheber räumt der Produktionsfirma sämtliche Nutzungsrechte ein, die wiederum den Sendern übertragen werden. Die Frage, die immer wieder auftritt, ist die, ob nicht der Filmurheber gegen den Sender nach den §§ 32, 32a UrhG vorgehen kann, wenn mit der Pauschalvergütung die Angemessenheit nicht vorliegt. Soweit es § 32a UrhG betrifft, wäre dies nach § 32a Abs. 2 UrhG möglich.49 Da keine vertraglichen Beziehungen bestehen, ist dieser gesetzliche Anspruch nach § 32a UrhG auf Zahlung50 gegen den Sender als Dritten gerichtet. Hat der Urheber einem Verwerter seine Nutzungsrechte ausschließlich eingeräumt und ist diesem die Zustimmung nach § 35 UrhG erteilt worden, auf einen Dritten die Nutzungsrechte zu übertragen, so kann der Urheber gegen den Dritten vorgehen, wenn der Dritte Erträgnisse oder Vorteile hat, die in einem „auffälligen Missverhältnis“ stehen. Es haftet dann der Dritte unmittelbar (§ 32a Abs. 2 S. 1 UrhG). Die Haftung des anderen entfällt (§ 32a Abs. 2 S. 2 UrhG). Dies sollte auch nach § 32 UrhG gelten, wenn die Produktionsfirma vom Sender ausgegliedert wurde oder in seinem Auftrag handelt, um Kosten zu sparen und letztlich mit der Pauschalvergütung durch die Produktionsfirma den Grundsatz der Angemessenheit verletzt. In solchen Fällen wäre dem Filmurheber zu raten,

_____ 48 Kasten ZUM 2010, 130, 132. 49 BGH NJW 2012, 2805, 2806, Rz. 16 – Kommunikationsdesigner. 50 Schricker/Loewenheim/Schricker/Haedicke Urheberrecht, 4. Aufl. 2010, § 32a Rz. 34.

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gegen den Sender wegen des wirtschaftlichen Vorteils und wegen der Umgehung des § 32 UrhG vorzugehen. Auf die Ansprüche gegenüber dem Vertragspartner und gegenüber jedem innerhalb der Lizenzkette kann der Urheber nicht im Voraus verzichten (§ 32a Abs. 3 S. 1 UrhG). Wie schon in § 32 UrhG kann der Urheber unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht jedermann einräumen (§ 32a Abs. 3 S. 3 UrhG). §§ 32 und 32a UrhG gelten für alle Nutzungsverträge und Werkarten, einschließlich im Arbeitnehmerurheberrecht. Mit § 32a UrhG ist aber noch ein anderes Problem verbunden, dass die generelle Frage nach der Bemessungsgrundlage des „auffälligen Missverhältnisses“ und des urheberrechtlichen Charakters der Vergütung beim Abschluss von Werkverträgen nach §§ 631 ff. BGB und von Arbeitsverträgen nach §§ 612 ff. BGB i.V.m. § 43 UrhG aufwirft. Sowohl der BGH51 als auch das KG52 werfen die grundlegende Rechtsfrage auf, ob mit einer Pauschalvergütung in einem Werkvertrag (Kamera-, Autoren- und Regievertrag) in vollem Umfang mit der Gegenleistung i.S.d. § 32a UrhG gleichgesetzt werden kann. Das gilt insbesondere dann, wenn keine schriftliche Einräumung der Nutzungsrechte erfolgt war und die vereinbarte Pauschalvergütung sich ausdrücklich auf die Werkleistungen (Drehbuch und Regie) bezog. Das KG berief sich auf den BGH und entschied sich dafür, dass die Pauschalvergütung des Klägers in vollem Umfang als Gegenleistung i.S.d. § 32a anzusetzen sei „und nicht in eine außer Ansatz zu lassende Teilvergütung für die Arbeitsleistung sowie eine zu berücksichtigende Teilvergütung für die Einräumung des Nutzungsrechts […]“53 aufzuspalten sei. Sollte diese Rechtsauffassung Bestand haben, hätte das verheerende Auswirkungen auf die Problematik der Angemessenheit der urheberrechtlichen Vergütung. Das KG argumentiert schwer verständlich: der „Werkvertrag wird nicht ausgehebelt, sondern behält seinen Anwendungsbereich. Lediglich für die Angemessenheitsprüfung nach §§ 32, 32a UrhG wird die vereinbarte Gesamtvergütung zu den Erträgen und Vorteilen des Nutzungsberechtigten ins Verhältnis gesetzt.“54 Aus welchem Rechtsgrund die Gesamtvergütung eines Werkvertrages eine urheberrechtliche Vergütung sein soll, bleibt ein Geheimnis des KG. Wieso soll eine Gesamtvergütung eines Werkvertrages nicht einer prozentualen Aufteilung in eine Werk- und eine urheberrechtliche Vergütung zugänglich sein, vor allem dann, wenn der Werkvertrag keinen Hinweis auf die Rechtseinräumung gibt? Die unterschiedliche dogmatische Vergütungsproblematik kann nicht da-

_____ 51 52 53 54

BGH ZUM-RD 2012, 192 – Das Boot. KG ZUM 2012, 686 – Filmregisseur; mit kritischer Anm. Wandtke ZUM 2012, 688 f. KG ZUM 2012, 686, 687 – Filmregisseur; BGH ZUM-RD 2012, 192, 196 Rz. 28 – Das Boot. KG ZUM 2012, 686, 687 – Filmregisseur.

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durch gelöst werden, dass das KG eine derartige Differenzierung aus Gründen einer angeblich nicht ausreichenden Tatsachengrundlage für nicht möglich hält. Natürlich müsste die Vergütung einer auf Werkleistung und Lizenzierung entfallenden Teilvergütung regelmäßig einer Plausibilitäts- und Angemessenheitsprüfung unterzogen werden. Weil eine Schätzung nicht möglich sei, kann das doch nicht für den Ansatz einer Gesamtvergütung sprechen, so aber das KG.55 Es ist nämlich ein großer Unterschied, ob ich ein urheberrechtlich relevantes Werk auf der Grundlage eines Werkvertrages erst herstellen muss oder ob das Werk bereits vorliegt und ein Lizenzvertrag abgeschlossen wird. Selbst bei gemischten Verträgen (eine Kombination aus Werk-und Lizenzvertrag) müsste die entsprechende unterschiedliche Vergütung vereinbart werden. Wenn aber in der Praxis unklare Vergütungsvereinbarungen in den Werkverträgen enthalten sind, kann nicht im Nachhinein der Wille der Vertragsparteien umgedeutet oder der Rechtscharakter einer Werk- oder Urhebervergütung ins Gegenteil verkehrt werden. Während bei der Angemessenheit der Werkvergütung nach § 632 Abs. 2 BGB nur die übliche Vergütung geprüft wird, verlangt die urheberrechtliche Angemessenheitsprüfung die Tatbestände „üblich“ und „redlich“, die kumulativ vorliegen müssen. Der weitaus größere Kritikpunkt an der Entscheidung des BGH und des KG ist die Leugnung zweier unterschiedlicher Vergütungssysteme. Der urheberrechtliche Vergütungsanspruch nach den §§ 32, 32a UrhG ist ein selbständiger Anspruch sui generis, der unabhängig vom konkreten Vertragsverhältnis entsteht. Die Umdeutung einer pauschalen Werkvergütung erinnert an die Abgeltungstheorie im Arbeitnehmerurheberrecht. Der erste Gesetzesentwurf zur Reform des Urhebervertragsrechts 2002 hatte in der geplanten, dann aber nicht verwirklichten Neufassung des § 43 UrhG den urheberrechtlichen Vergütungsanspruch des Arbeitnehmerurhebers neben dem Gehalt ausdrücklich vorgesehen.56 Das muss erst recht auch für den Dienstvertrag gemäß §§ 611 ff. BGB und den Werkvertrag nach den §§ 631 ff. BGB gelten. Die Dienst- und Werkverträge werden zwar unter unterschiedlichen Voraussetzungen abgeschlossen, aber deren schuldrechtliche Vergütungsansprüche knüpfen an andere Tatbestände als der urheberrechtliche Vergütungsanspruch an. Beim Dienstvertrag wird die Leistung versprochen und dafür erfolgt die Vergütung als Gegenleistung (§ 611 Abs.1 BGB). Die Hauptleistungspflichten beim Werkvertrag liegen zum einen beim Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes und der Entrich-

_____ 55 KG Berlin ZUM 2012, 686, 687 – Filmregisseur. 56 BT-Drucks. 14/6433, S. 5.

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tung der vereinbarten Vergütung durch den Besteller (§ 631 Abs.1 BGB).57 So ist der Vertrag zur Erstellung eines Datenverarbeitungsprogramms58 oder der Architektenvertrag i.d.R. ein Werkvertrag.59 Die Vergütung ist bei der Abnahme zu entrichten (§ 640 Abs.1 BGB). Erfolgt keine Abnahme durch den Besteller, z.B. wegen eines Mangels, sieht das Gesetz verschiedene Rechtsfolgen vor, die auch die Vergütung betreffen (z.B. Minderung § 638 BGB). Es ist also durchaus so, dass zwar eine Arbeitsleistung des Urhebers (Unternehmer) vorliegt, die sich im mangelhaften Werk (z.B. ein Gemälde) vergegenständlicht, aber für den Besteller wirtschaftlich nicht wertvoll ist. Dennoch entsteht ein geminderter Vergütungsanspruch, unabhängig davon, ob der Besteller das Werk urheberrechtlich nutzen kann oder will. Es ist deshalb vor allem im Bereich der Filmherstellung oder der bildenden Kunst durchaus nicht selten, dass eine Arbeitsleistung des Urhebers für den Verwerter wirtschaftlich nicht interessant ist, z.B. die Ablehnung eines Drehbuches. Die Schlussfolgerung, dass „die Arbeitsleistung des Urhebers für den anderen ohne die Einräumung des Nutzungsrechts in der Regel wertlos ist,“60 ist in ihrer Absolutheit durchaus angreifbar, weil es sich um zwei verschiedene dogmatische Probleme handelt. Erstens wird mit der konkreten Werkherstellung nicht unbedingt eine Rechtseinräumung die Folge sein. Mit dem Verkauf z.B. eines Gemäldes räumt der Urheber im Zweifel nach § 44 Abs. 1 UrhG dem Erwerber ein Nutzungsrecht nicht ein. Die Arbeitsleistung ist also ohne Rechtseinräumung wertvoll und der Verkäufer als Urheber will mit dem Kaufpreis auch die Werkvergütung abgelten lassen. Zweitens wird es in den Fällen, in denen urheberrechtliche Werke hergestellt werden, Sinn und Zweck sein, diese zu verwerten. Die dazu notwendigen Nutzungsrechte können ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart sein. Daraus ergibt sich aber weder tatsächlich, noch logisch, dass der vereinbarte Werklohn ausschließlich als urheberrechtliche Vergütung i.S.d. § 32a UrhG definiert werden kann. Denn die Abgeltung der Arbeitsleistung hat nichts mit der Vergütung für die Einräumung von Nutzungsrechten als Verfügungsgeschäft zu tun. So wie der Arbeitsaufwand für die Schutzfähigkeit eines Werkes keine Rolle spielt, kann auch nicht die Werkvergütung in eine urheberrechtliche Vergütung umgedeutet werden. Es gilt immer noch der Grundsatz, dass der Bezugspunkt für die Angemessenheit der urheberrechtlichen Vergütung der Wert der wirtschaftlichen Nutzung eines

_____ 57 58 59 60

Dauner-Lieb/Langen/Raab BGB Schuldrecht, Bd. 2/2, 2. Aufl. 2012, § 631 Rz. 1. Palandt/Sprau BGB, 71. Aufl. 2012, § 631 Rz. 22; BGH NJW 2002, 3323. BGHZ 141, 63. BGH ZUM-RD 2012, 192, 196 Rz. 28 – Das Boot.

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Werkes ist.61 Die Angemessenheitsprüfung erfolgt im Grunde zum einen auf der Ebene der Werkvergütung und zum anderen auf der Ebene der urheberrechtlichen Vergütung. Dieser Unterschied muss bei der Frage der Bemessungsgrundlage für das „auffällige Missverhältnis“ berücksichtigt werden. Die Vereinbarung zwischen dem Drehbuchverband, dem ZDF und der Allianz Deutscher Produzenten-Film&Fernsehen vom 19.7.2012 hat in dem Vergütungsmodell ausdrücklich die Vergütung hinsichtlich der Herstellung des Drehbuchs und der Wiederholungsvergütung geregelt. Wenn die Bemessungsgrundlage unklar ist, kann nicht das „auffällige Missverhältnis“ festgestellt werden. Im Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass § 32a UrhG auch im Arbeitnehmerurheberrecht zur Anwendung kommen kann.62 Wie soll das aber möglich sein, wenn die Abgeltungstheorie überwiegend vertreten wird? Danach ist mit dem Lohn und dem Gehalt die stillschweigende oder ausdrückliche Einräumung von ausschließlichen Nutzungsrechten abgegolten.63 Der Wortlaut des Gesetzes orientiert sich nicht am Arbeitsaufwand oder an der erbrachten Arbeitsleistung oder am sozialrechtlichen Prinzip der Alimentierung nach Bedürftigkeit. Die Rechtsprechung macht auch den Unterschied zwischen einem abhängig Beschäftigten und einem freien Mitarbeiter. So kann der selbstständige Übersetzer eine Vergütung nur verlangen, wenn er auch eine bestimmte Leistung erbringt, wogegen dem abhängig Beschäftigten ein Lohnanspruch schon dann zusteht, wenn er sich arbeitsbereit hält.64 Die Abgeltungstheorie verkennt den Unterschied zwischen dem Wesen des Werklohn- bzw. Gehaltsanspruchs und dem urheberrechtlichen Nutzungsentgelt. Der Werklohn bzw. Arbeitslohn hat einen anderen Sachverhalt zum Gegenstand. Während für die Lohnfindung die menschliche Arbeitsleistung innerhalb einer Zeiteinheit Gegenstand und Maß der Entlohnung ist, knüpft der urheberrechtliche Vergütungsanspruch an die Rechtseinräumung und Nutzung der Rechte an. Der Arbeitgeber schuldet auf der einen Seite als Gegenleistung das Gehalt und auf der anderen Seite die urheberrechtliche Vergütung als Gegenleistung für das Verfügungsgeschäft. Eine ähnliche dogmatische Rechtskonstruktion der Trennung zwischen dem Gehalt und einer besonderen Vergütung ist im Arbeitnehmererfindungsrecht festzustellen. Der Vorteil der Vergütung für Diensterfindungen

_____ 61 BVerfG ZUM 2011, 396 – Designer. 62 Fromm/Nordemann/A.Nordemann (Fn. 12), § 43 Rz. 60; Dreyer/Kotthoff/Meckel/Kotthoff Urheberrecht, 2. Aufl. 2009, § 43 Rz. 22; Dreier/Schulze/Dreier (Fn. 5), § 43 Rz. 30; Schricker/ Loewenheim/Rojahn (Fn. 50), § 43, Rz. 71. 63 Ausführlich zum Meinungsstand Wandtke/Bullinger/Wandtke (Fn. 5), § 43 Rz. 134. 64 BAGE 93, 218; LSG ZUM 2012, 618, 624.

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besteht darin, dass es eine gesetzliche Grundlage für die Beteiligung des Erfinders als Arbeitnehmer gibt.65 Beim urheberrechtlichen Anspruch auf angemessene Vergütung wird die Rechtseinräumung der Nutzungsrechte geschuldet. Die Trennung zwischen dem Gehalt oder der Werkvergütung und der urheberrechtlichen Vergütung (Trennungstheorie) ist eine Frage der Redlichkeit beim Vertragsabschluss.66 Das BVerfG hat diesen Unterschied nunmehr bestätigt.67 Der BGH hat in einer früheren Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber den Nachweis erbringen muss, ob mit dem Lohn auch die Nutzungsrechte erworben sind.68 Die Vertreter der Abgeltungstheorie verkennen den Unterschied zwischen dem im Gehalt innewohnenden sozialrechtlichen Prinzip der Sicherung der Reproduktion der Arbeitskraft und dem nur an die Rechtseinräumung und dem Umfang der Nutzung anknüpfenden urheberrechtlichen Vergütungsanspruch. Der urheberrechtliche Vergütungsanspruch existiert unabhängig davon, ob ein Werk- oder Arbeitsvertrag vorliegt. So ist die Wiederholungsvergütung i.S.v. § 32 UrhG, die von den Rundfunkanstalten gezahlt werden muss, nicht mit dem Gehalt als Zeitlohn zu vergleichen. Auch die Werkvergütung ist mit der angemessenen Vergütung nach § 32 UrhG nicht gleichzusetzen. Nicht das Rechtsverhältnis oder der Vertragstyp ist für das Wesen des urheberrechtlichen Vergütungsanspruchs entscheidend, sondern allein die Tatsache, ob die Einräumung der Nutzungsrechte, der Inhalt, die Dauer und der Umfang der Nutzung des Werkes oder der künstlerischen Leistungen ausdrücklich vereinbart wurden, einschließlich die tatsächliche Nutzung. Nur so lässt sich der objektive Wert der Benutzungsberechtigung ermitteln, der für die Bemessung der Lizenzgebühr maßgebend ist. In dem vorliegenden Rechtsstreit wäre es Aufgabe des Gerichts gewesen, die Pauschalvergütung zwischen einer Werkvergütung und urheberrechtlich angemessenen Vergütung aufzuteilen,69 wie dies das LG getan hat. Es ist eben nicht anzunehmen – wie sich der BGH auszudrücken pflegt –, dass die Arbeitsleistung des Urhebers für den anderen ohne die Einräumung des Nutzungsrechts in der Regel wertlos ist. Wenn aber – wie im vorliegenden Fall – die Arbeitsleistung wertvoll war und die Nutzung erfolgte, hätte erst recht eine Trennung zwischen der Werkvergütung und der

_____ 65 BVerfG NJW 1998, 3704 f.; § 42 Ziff. 4 AErfG sieht vor, dass der Beschäftigte einer Hochschule für Erfindungen eine Vergütung in Höhe von 30% der erzielten Einnahmen verlangen kann. 66 Wandtke/Bullinger/Wandtke (Fn. 5), § 43 Rz. 134. 67 BVerfG ZUM 2011, 396 – Designer. 68 BGH GRUR 1987, 244, 248 – Ratgeber für Tierheilkunde. 69 Loewenheim/v.Becker Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, § 29 Rz. 106.

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angemessenen Vergütung nach § 32 UrhG erfolgen müssen, um das „auffällige Missverhältnis“ feststellen zu können. Im Grunde läuft die Rechtskonstruktion des KG und des BGH darauf hinaus, dass der Urheber auf einen Teil seiner Vergütung verzichtet bzw. ihn nicht durchsetzen kann, obwohl zwei dogmatische Ebenen zwischen Leistung und Gegenleistung existieren. Die Rechtsauffassung des BGH und des KG würde im Falle des Gehalts letztlich auch dazu führen, dass § 32a UrhG im Arbeitnehmerurheberrecht nicht anwendbar wäre, wenn der Abgeltungstheorie der Vorrang eingeräumt würde. Die unredliche Praxis bei der Ausgestaltung der Arbeits- und Werkverträge als angebliche Buy-out-Verträge kann nicht im Nachhinein durch die Rechtsprechung legalisiert werden. Insofern bestehen auch verfassungsrechtliche Bedenken, wenn die vermögenswerte Zuordnung der angemessenen Vergütung nach den §§ 32, 32a UrhG im Sinne des Art. 14 GG zum Nachteil der Urheber erfolgt.

VI. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Urhebervertragsrecht AGB spielen im Urhebervertragsrecht eine große Rolle, weil sich die Verwerter (z.B. Verlage, Filmhersteller, Sendeunternehmen, Tonträgerhersteller, Softwareunternehmen) oft vorformulierter Vertragbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB) bedienen, um häufig wiederkehrende gleiche oder ähnliche Vertragsinhalte zu vereinbaren. Neben der Einbeziehung der AGB in den Vertrag (§ 305 BGB), der Überraschungsklausel (§ 305c Abs. 1 BGB), dem Vorrang der Individualabrede (§ 305 BGB) steht die Generalklausel des § 307 BGB im Zentrum. Danach sind AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen des Gebotes von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.70 § 307 BGB ermöglicht eine gegenüber dem § 138 BGB erweiterte Inhaltskontrolle. Eine unangemessene Benachteiligung des Urhebers kommt vor allem dann in Frage, wenn Regelungen der AGB einem Anspruch des Urhebers auf angemessene Vergütung (§ 32 UrhG) für jede Werknutzung entgegenstehen. Der Gesetzgeber hat dies durch Erweiterung des § 11 um einen Satz 2 in der Reform 2002 ausdrücklich klargestellt und dem Beteiligungsgrundsatz somit eine gesetzliche Leitbildfunktion i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB verliehen.71 In einem Rahmenvertrag war

_____ 70 LG Bochum ZUM-RD 2012, 217, 221; Berberich MMR 2010, 736, 737. 71 OLG Hamburg ZUM 2011, 846, 856 – Fotonutzungsrechte.

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folgende Formulierung enthalten: „Mit der Zahlung des Honorars sind außerdem sämtliche gegenwärtige Rechte und zukünftige verwandte Schutzrechte des Verlages, insbesondere die Übertragung sämtlicher Nutzungsrechte durch den Verlag und sämtliche Nutzungen der Werke des Fotografen unabhängig davon, ob durch den Verlag selbst, durch seine Gesellschafter, durch verbundene Unternehmen oder durch Dritte, abgegolten.“72 Das Gericht sah in dieser AGB-Klausel im Rahmenvertrag einen Verstoß gegen § 307 BGB i.V.m. § 11 S. 2 UrhG.73 § 11 S. 2 UrhG dient gerade dazu, der Rechtsprechung dahingehend eine umfangreichere Kontrolle von AGB zu ermöglichen.74 Ob aber die Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB mit der Angemessenheitsprüfung nach § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG gleichgesetzt werden kann, ist fraglich. Während die Unwirksamkeitsfolge aus § 307 BGB abgeleitet wird, bleibt bei der Angemessenheitsprüfung nur der Vertragsanpassungsanspruch.75 Weitaus bedenklicher ist die aktuelle Entscheidung des BGH, wonach § 31 Abs. 5 UrhG nicht für die Inhaltskontrolle der AGB im Mittelpunkt steht und eine Leitbildfunktion des § 31 Abs. 5 UrhG ablehnt, da es sich lediglich um eine Auslegungsregel handelt.76 Dies ist ein Schlag gegen das Urhebervertragsrecht. Er begründet seine Auffassung damit, dass § 31 Abs. 5 UrhG nicht als Maßstab einer Inhaltskontrolle von AGB nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Betracht kommen kann, weil der Inhalt und Umfang der einzuräumenden Rechte grundsätzlich der Disposition der Vertragsparteien überlässt.77 Dem muss widersprochen werden, selbst wenn es sich um Hauptleistungspflichten handeln soll. 78 Der BGH hat dem Urhebervertragsrecht gleichsam mit dieser Rechtsprechung eine Ohrfeige erteilt.79 Der BGH hat die gegensätzlichen Auffassungen zum § 31 Abs. 5 UrhG dargelegt.80 Im Grunde hat er sich auf die bereits in der Vergangenheit kritisierte Entscheidung „Honorarbedingungen Sendeverträge“ gestützt.81 So ist er der Ansicht, dass der Schutzgedanke des § 31 Abs. 5 UrhG als Maßstab einer Inhaltskontrolle von AGB nicht

_____ 72 LG Hamburg ZUM 2010, 72. 73 LG Hamburg ZUM 2010, 72. 74 BT-Drucks. 14/8058, S. 41. 75 So Wille ZUM 2011, 206, 211. 76 BGH GRUR 2012, 1031 – Honorarbedingungen Freie Journalisten. 77 BGH GRUR 2012, 1031 – Honorarbedingungen Freie Journalisten; BGH GRUR 1984, 45, 46 – Sendeverträge. 78 Hoeren GRUR-Prax 2012, 402, 403. 79 Hoeren GRUR-Prax 2012, 402, 403. 80 BGH GRUR 2012, 1031 ff. – Honorarbedingungen Freie Journalisten; ebenso KG Berlin GRUR-RR 2012, 362, 364. 81 BGH GRUR 1984, 45, 48 f.

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in Betracht kommt, weil neben dem Gesetzeswortlaut auch systematische und teleologische Erwägungen dem widersprechen würden.82 Genau das Gegenteil ist richtig.83 So soll § 31 Abs. 5 UrhG als Auslegungsregel erst anwendbar sein, wenn eine ausdrückliche vertragliche Regelung fehlt oder über den Umfang einer Rechtseinräumung Unklarheiten bestehen. Diese Auslegungsregel hätte nur Ersatzfunktion, so der BGH.84 Analysiert man die Auffassung, wird das ganze Dilemma der sog. „privatautonomen Vertragsgestaltung“ sichtbar. Wer z.B. in der journalistischen oder Filmproduktion die Vertragsgestaltung erlebt, weiß, dass sich nur für bekannte Persönlichkeiten das Vertragsgeschäft anders gestaltet, als es üblicherweise geschieht. Die zahlreichen Entscheidungen zu den Journalisten sprechen eine eindeutige Sprache.85 Die vertragliche Hauptleistungspflicht des Urhebers oder des ausübenden Künstlers besteht in der Einräumung der Nutzungsrechte, die genau zu bestimmen sind. Dieses Bestimmtheitsgebot obliegt beiden Vertragspartnern. Nicht überzeugend ist deshalb das Argument, dass vertragliche Regelungen, die unmittelbar den Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht bestimmen, nach dem BGH wegen der privatautonomen Vertragsgestaltung der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB entzogen sind.86 Das Grundproblem besteht aber darin, dass der BGH von einer „autonomen“ Vertragsgestaltung der Parteien ausgeht, die dem Wesen urheberrechtlicher Verträge als Nutzungsverträge widerspricht. Es handelt sich nicht um Miet- oder Kaufverträge, sondern um Verträge, deren wirtschaftlicher Wert gerade die Nutzungsrechte darstellen. Sie sind wiederum die Grundlage für die Angemessenheitsprüfung der urheberrechtlichen Vergütung.87 Es handelt sich deshalb beim § 31 Abs. 5 UrhG nicht um eine dispositive Regelung im Urhebervertragsrecht, sondern um eine verbindliche Leitbildfunktion, die teleologisch im Zusammenhang mit § 11 S. 2 UrhG zu lesen ist.88 Selbst wenn in § 31 Abs. 5 UrhG kein Leitbild gesehen werden kann, ist diese Norm Ausdruck einer seit langem anerkannten und zentralen Wertung und Zielstellung des Urheberrechts. So gilt der Grundsatz der angemessenen Beteiligung der Urheber an der Verwertung ihrer Werke und die Tendenz, dass die Rechte weitestgehend beim

_____ 82 BGH GRUR 2012, 1031, 1035 – Honorarbedingungen Freie Journalisten. 83 A.A. Schippan ZUM 2012, 771, 776. 84 BGH GRUR 2012, 1031, 1035 – Honorarbedingungen Freie Journalisten. 85 OLG Hamburg GRUR-RR 2011, 293; LG Mannheim NJW-RR 2012, 564; OLG Zweibrücken ZUM 2001, 346, 347 – ZDF Komponistenvertrag. 86 BGH GRUR 2012, 1031, 1035 – Honorarbedingungen Freie Journalisten; ebenso Schulze GRUR 2012, 993, 995. 87 BVerfG ZUM 2011, 396, 397. 88 A.A. BGH GRUR 2012, 1031, 1035 – Honorarbedingungen Freie Journalisten.

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Rechteinhaber verbleiben.89 Außerdem geht es nicht nur um die Frage einer angemessenen Vergütung, die immer mit den vereinbarten Nutzungsrechten in Verbindung steht. Die Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB bezieht sich auch auf die Einräumung der Nutzungsrechte. Wenn der Verwerter die Bedingungen des Verfügungsgeschäftes als Hauptleistungspflichten in Form von Buy-out-Verträgen diktiert, widerspricht das dem Wesen des Urheberrechtsgesetzes. Zwischen der Einräumung der Nutzungsrechte und der Vergütung besteht gleichsam ein zwingender dogmatischer Zusammenhang. Ohne Einräumung der Nutzungsrechte keine urheberrechtliche Vergütung. Entscheidend ist, dass im Interesse des Schutzes der Urheber und ausübenden Künstler § 31 Abs. 5 UrhG eine Einräumung „überschießender“ Rechte im Wege einer AGB-Kontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB am gesetzlichen Leitbild der Übertragungslehre zu messen ist. Wenn alle möglichen Nutzungsrechte aufgeführt werden, die der Verwerter gar nicht benötigt und vom Vertragszweck nicht erfasst sind, kann nicht § 31 Abs. 5 UrhG obsolet sein, vor allem bei Buy-out-Verträgen, die im Zeitungs-, Film- und Rundfunkbereich unterschiedlich ausgestaltet werden. Die Vertragsgestaltung hat teilweise „feudalistische“ Züge, wenn der Kreative gleichsam gezwungen wird, dem Sender alle Rechte unbefristet, weltweit und inhaltlich umfassend mit einer Pauschalvergütung einzuräumen. Hat also der Verwerter über den Vertragszweck hinaus einzelne Nutzungsrechte mit dem Urheber vereinbart, können die Nutzungsrechte, die dem Vertragszweck widersprechen, keine Wirksamkeit nach § 31 Abs. 5 UrhG entfalten. Die „überschießenden“ Rechte stellen ein Verstoß gegen § 31 Abs. 5 UrhG dar. Nur so ist der kausalen Bindung zwischen der vereinbarten Vergütung und dem Umfang der Nutzungsrechte Rechnung zu tragen. Denn jede einzelne Nutzungsart löst einen Vergütungsanspruch aus. Wenn man bedenkt, dass die Vertragszweckstheorie dem Prinzip folgt, den Urheber angemessen zu vergüten, und dass dieses Prinzip nach § 11 S. 2 UrhG Leitbildfunktion hat, dann sollte auch § 31 Abs. 5 UrhG im Rahmen der Inhaltskontrolle der AGB herangezogen werden.90 Soweit eine unangemessene Vergütung vereinbart wurde, kann man sicherlich einen Rückgriff auf §§ 32, 32a UrhG vornehmen. Das gilt auch für die ab dem 1.1.2008 geltenden §§ 31a, 32c UrhG. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (Verstoß gegen das gesetzliche Leitbild) ist aber dann anwendbar, wenn trotz präziser Klauseln sämtliche Nutzungsrechte räumlich und zeitlich unbeschränkt eingeräumt werden und damit der Urheber sämtliche Rechte verliert. Dies wäre ein Verstoß gegen das gesetzliche Leitbild des § 31

_____ 89 Schulze GRUR 2012, 993, 994; Berberich WRP 2012, 1055, 1058. 90 A.A. BGH I ZR 73/10 – Axel Springer Verlag.

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Abs. 5 UrhG, selbst wenn der Wortlaut der vertraglichen Regelung eindeutig ist. Die verklausulierte Einräumung von Rechten an unbekannten Nutzungsarten wird als überraschend i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB zu werten sein.91 Das gilt auch für das Urheberpersönlichkeitsrecht. Es ist ein Verstoß gegen den Grundgedanken des Urheberpersönlichkeitsrechts, wenn im Rahmen von AGB eine pauschale Übertragung des Bearbeitungsrechts erfolgt.92 Der Urheber würde in eine Defensivposition bei unzulässigen Werkänderungen oder Entstellungen geraten.93 Da sich die klagenden Urheber wegen der Kosten und der Gefahr, auf eine „schwarze Liste“ gesetzt zu werden, in einer Notlage befinden, ist der Vorschlag nur zu begrüßen, dass die Verbände die einschlägigen AGB hinsichtlich einer redlichen Einräumung von Nutzungsrechten und einer angemessenen Vergütung vom Gericht inhaltlich kontrollieren lassen.94

VII. Verwertungsgesellschaften Auf den ersten Blick scheint es so, als ob die Verwertungsgesellschaften keine Bedeutung für das Urhebervertragsrecht hätten, weil ihr Kerngeschäft auf dem Gebiet der gesetzlichen Vergütungsansprüche liegen würde. Aber durch die Digitalisierung und das Internet sind Überlegungen erforderlich, die die individuelle vertragliche Einräumung von Nutzungsrechten im Verhältnis zur kollektiven Wahrnehmung in einem anderen Licht erscheinen lassen. Es ist für die Zukunft der Verwertungsgesellschaften als Treuhänder der Urheber und ausübenden Künstler von Bedeutung, dass ein neben den Schrankenregelungen zu entwickelndes Lizenzsystem aufgebaut wird. Denn es hat sich in der Geschichte der Verwertungsgesellschaft gezeigt, dass die Ursachen für die Gründungen von Verwertungsgesellschaften nicht aufgehoben worden sind. Die Situation hat sich verschärft. Die modernen Informations- und Kommunikationsmittel haben dazu geführt, dass es noch unmöglicher erscheint, die Nutzungshandlungen individuell zu kontrollieren und die Rechte effektiv durchzusetzen. Veränderte Nutzergewohnheiten durch das Internet und neue Geschäftsmodelle stellen die Verwertungsgesellschaften vor schier unlösbare Probleme. Aufgrund der Vorteile der kollektiven Rechtewahrnehmung für die Rechteinhaber und vor allem für

_____ 91 Wille GRUR 2009, 470, 473. 92 A.A. Schippan ZUM 2012, 771, 775. 93 LG Braunschweig ZUM 2012, 66, 70; OLG Hamburg ZUM 2011, 846, 860 – Fotonutzungsrechte. 94 Schulze GRUR 2012, 993, 996.

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die Nutzer, ist es notwendig den Rechteerwerb zu erleichtern. So wäre es angebracht, den Studenten in den Universitäten den Zugang zu den urheberrechtlichen Werken zu erleichtern. Denn die gegenwärtige Schrankenregelung z.B. des § 52a UrhG ist nicht praktikabel. Über diese Schrankenregelung hinaus könnte die VG Wort einen Lizenzvertrag mit den Universitäten abschließen. Ebenso ist ein Lizenzmodell denkbar, indem die VG Wort die Online-Erstrechte von den Urhebern im Wahrnehmungsvertrag erwirbt und diese den Unternehmen und Behörden zur Verfügung stellt. Der Wahrnehmungsvertrag der VG Wort hat eine solche Lizenzierung für Unternehmen und Behörden geregelt, die über die Schrankenregelungen hinausgeht. Die Idee eines One-Stop-Shop für den Erwerb von Onlinerechten ist nicht nur für die nationalen Verwertungsgesellschaften von Bedeutung. In eine falsche Richtung gehen die Vorschläge der EUKommission in Bezug auf den Entwurf der Richtlinie über die kollektive Musikwahrnehmung. Das „zweigleisige“ Lizenzierungssystem zementiert die Zerstückelung der Musikrechte, indem die Verwerter bei Massennutzungen mit mehreren amerikanischen Musikverlagen über Onlinerechte verhandeln müssen. Eine zentrale Vergabe von Musikrechten im Online-Bereich wäre erforderlich.95 Ein weiteres aktuelles Problem im Rahmen des Urhebervertragsrechts ist die Rolle des verunglückten § 63a UrhG. Das verunglückte Kind ist aber nicht mit dem Bade auszuschütten oder gar den Anspruch der Verleger auf Beteiligung an der gesetzlichen Vergütung zu verneinen.96 Natürlich ist es eine Binsenweisheit, dass derjenige Urheber, der seine Ausschließlichkeitsrechte zuerst abtritt, nicht wieder einem Anderen die Rechte einräumen kann. Aber im Lichte des § 63a und der Gesetzesbegründung sowie des dogmatischen Charakters des Wahrnehmungsvertrages mit seinen Verteilungsplänen und der Quotenregelung ist die zeitliche Abtretung der gesetzlichen Vergütungsansprüche im Zusammenhang mit der Verteilung derselben rechtlich nicht erheblich. Denn § 63a UrhG betrifft allein die Abtretung der Vergütungsansprüche, nicht aber die Verteilung der Vergütung durch die Verwertungsgesellschaften.97 Außerdem hat die Beteiligung der Verleger an der Verteilung der Verwertungsgesellschaften einen verlagsrechtlichen Hintergrund. Der Urheber räumt dem Verleger Rechte ein, die kollektiv von Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden. Die Verleger bringen diese Rechte in die Verwertungsgesellschaft ein. Dies gilt ebenso für die gesetzlichen Vergütungsansprüche, wenn sie dem Verleger abgetreten wurden.

_____ 95 Baierle MMR 2012, 503 ff.; Ventroni MMR 2012, 565, 566. 96 LG München I ZUM-RD 2012, 410 ff. 97 Riesenhuber ZUM 2012, 746, 749.

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Er muss sie dann der Verwertungsgesellschaft einbringen.98 Ob der Verlag die abgetretenen gesetzlichen Vergütungsansprüche oder der Urheber dieselben in die Verwertungsgesellschaft zeitlich unterschiedlich einbringt, ist für die Verteilung innerhalb der Verwertungsgesellschaft unerheblich. Da hilft auch nicht die so viel gepriesene „Luksan“-Entscheidung des EuGH.99 Sie bestätigt nur das, was in der deutschen Urheberrechtsordnung bereits geregelt ist, wonach die gesetzlichen Vergütungsansprüche den Urhebern gehören. Der EuGH hat nicht über den Inhalt und Umfang der Verteilung entschieden. Die Schlussfolgerung, dass § 63a UrhG zwingend unionswidrig sein soll, ist nicht nachvollziehbar.100 Denn die Verwertungsgesellschaftspflichtigkeit unterliegt einem vereinbarten kollektiven Verteilungssystem, das das DPMA kontrolliert. Die Vertragsfreiheit der Urheber ist insofern einer staatlichen Aufsichtsbehörde im Interesse einer gerechten Verteilung unterworfen. Außerdem handelt es sich um eine zweckgebundene Abtretung der gesetzlichen Vergütungsansprüche.101 Die Einschränkung der Vertragsfreiheit zugunsten der Urheber und Verleger bezieht sich nicht nur auf die Verteilungspläne sondern ebenso auf die Abtretung nach § 63a UrhG, die sich von der Abtretung einer Kaufpreisforderung unterscheidet. Den Besonderheiten des Urheberrechts wird insofern Rechnung getragen. Eine Besonderheit ist die Tatsache, dass der Gesetzgeber vorschreibt, wie die Abtretung zu erfolgen hat. Außerdem werden die individuellen Rechte und Ansprüche kollektiv wahrgenommen. So wie die gemeinsamen Vergütungsregelungen nach den §§ 36 ff. UrhG Bestandteil des kollektiven Urheberrechts sind, trifft dies auch auf die kollektive Wahrnehmung der individuellen Ansprüche und Rechte durch die Verwertungsgesellschaften zu, die durch die Urheber und Verleger gegründet wurden. Mit dem Wahrnehmungsvertrag, der seiner Rechtsnatur nach ein urheberrechtlicher Nutzungsvertrag eigener Art mit Elementen des Auftrags, des Gesellschaftsvertrages, des Dienst- und vor allem des Geschäftsbesorgungsvertrages ist,102 vereinbaren die Urheber kollektiv einen Verteilungsplan mit Quoten. Richtig ist, dass mit dem Wahrnehmungsvertrag der Urheber auch zukünftige gesetzliche Vergütungsansprüche an die Verwertungsgesellschaft mit der Folge abtreten kann. Insofern kann ein Verleger sie nicht wirksam erwerben. Aber es wird in der Auseinandersetzung vergessen, dass die Verleger auch eigene abgeleitete Rechte einbringen, die sehr wohl mittelbar mit

_____ 98 99 100 101 102

Wandtke/Schunke Urheberrecht (Fn. 1), S. 293; a.A. LG München I ZUM-RD 2012, 410 ff. EuGH ZUM 2012, 313 – Luksan/van der Let. Flechsig MMR 2012, 293, 299. Dreier/Schulze/Schulze, § 63a Rz. 14. BGH GRUR 1982, 308, 309 – Kunsthändler; BGH GRUR 1968, 321, 328 – Haselnuss.

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den gesetzlichen Vergütungsansprüchen im Zusammenhang stehen. So ist das Vervielfältigungsrecht als Verbotsrecht des Urhebers, das dem Verleger eingeräumt wird, nicht nur vergütungsrechtlich ausschließlich für den Urheber von Bedeutung. Das abgetretene und der Verwertungsgesellschaft übertragene Recht hat ebenso für den Verleger eine vermögensrechtliche Disposition. Es besteht deshalb eine Akzessorietät zwischen den gesetzlichen Vergütungsansprüchen und den den Verlegern eingeräumten Nutzungsrechten.103 Die Beteiligung der Verleger an den gesetzlichen Vergütungsansprüchen ist nicht nur der Tatsache geschuldet, dass der Gesetzgeber im Zusammenhang mit § 63a UrhG in der Gesetzesbegründung darauf hinweist, sondern vor allem dadurch, dass sie die erworbenen Rechte in die Verwertungsgesellschaft einbringen und damit eine eigene Eigentumsposition aufweisen, unabhängig davon, ob die Verleger ein Leistungsschutzrecht haben. Dabei sind Pauschalierungen oder sonstige Vereinfachungen der Berechnung der Vergütung zulässig und angemessen.104 Der Verteilungsplan und die Festlegung der Quoten sind das kollektive Werk der Urheber und Verleger. § 63a S. 2 UrhG postuliert ein eingeschränktes Abtretungsverbot, d.h., dass diese Norm sich gegen Vorausabtretungen gesetzlicher Vergütungsansprüche wendet, die nicht gegenüber einer Verwertungsgesellschaft vorgenommen werden.105 Es bleibt bei dem Grundsatz, dass die gesetzlichen Vergütungsansprüche letztlich durch die entsprechenden Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden und nicht durch andere Gesellschaften oder Verwerter Verteilungspläne und Quoten aufgestellt werden können. Insofern hat § 63a S. 2 UrhG mittelbare Auswirkungen auf die Verteilungsquote.106 Natürlich würde die Stellung der Verleger in einer Verwertungsgesellschaft gestärkt, wenn ihnen außerdem ein eigenes Leistungsschutzrecht vom Gesetzgeber zugestanden würde. Der Versuch, nur den Presseverlegern ein Leistungsschutzrecht für journalistische Beiträge einzuräumen, ist wohl mehr der Lobby geschuldet als einem durchdachten Konzept für Verleger in der digitalen Welt.

_____ 103 Flechsig MMR 2012, 293, 299. 104 BGH GRUR 2005, 757, 759 – PRO-Verfahren; BGH ZUM 1989, 80, 82 – GEMA-Wertungsverfahren. 105 Hanewinkel GRUR 2007, 373, 376. 106 Hanewinkel GRUR 2007, 373, 378.

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Diskussionsbericht Schutzzweck des Urheberrechts und angemessene Vergütung Diskussionsbericht zum Vortrag von Prof. Dr. Karl-Nikolaus Peifer Nina Elisabeth Herbort Diskussionsbericht Den Auftakt der Tagung bildete das Referat von Prof. Dr. Karl-Nikolaus Peifer (Universität zu Köln, RiOLG Hamm), in welchem er eine grundlegende Analyse der gesetzlichen Vorgaben einer angemessenen Vergütung vornahm. Hieran schloss sich die erste Diskussionsrunde des Tages an. Zunächst machte Rechtsanwalt Dr. Nikolaus Reber (München) auf ein Problem aus der Praxis aufmerksam. So seien laut Reber die Vertragspartner der Urheber oft gar nicht die Verwerter, sondern, z.B. im Filmbereich, die Produzenten. Die angemessene Vergütung orientiere sich aber in der Regel an den Erlösen der direkten Vertragspartner, die in diesem Fall ebenfalls finanziell schwach ausgestattet seien. Wenn man im Filmbereich eine Beteiligung an der Ausstrahlung, also den praktischen Nutzungen, anstrebe, könne man in der Regel nur über den Bestsellerparagraphen an die Sender herantreten. Reber diagnostizierte hier ein strukturelles Problem des Gesetzes. Der Professorenentwurf1 sei in dieser Hinsicht deutlicher2 gewesen. Weiterhin machte er auf einen aktuellen Fall betreffend den Tatort-Vorspann 3 aufmerksam, wonach eine Nachvergütung bei einem Missverhältnis unter dem Vorbehalt stehe, dass ein wesentlicher Beitrag zum Gesamtwerk vorliege. Ein Vorspann hingegen stelle

_____ 1 „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ vom 22. Mai 2000 (sog. „Professorenentwurf“), verfasst von Adolf Dietz, Ulrich Loewenheim, Wilhelm Nordemann, Gerhard Schricker und Martin Vogel. 2 § 32 Abs. 1 S. 2 des Entwurfs lautet: „Soweit aus der Werknutzung Einnahmen erzielt werden, ist zu berücksichtigen, dass dem Urheber daran eine angemessene Beteiligung gebührt.“ Die geltende Fassung des § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG hingegen stellt auf den Vertragspartner ab: „Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.“ 3 OLG München GRUR-RR 2011, 245 – Tatort-Vorspann, m. Anm. Obergfell GRUR-Prax 2011, 174.

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laut dieser Entscheidung einen untergeordneten Beitrag dar. Dies hielt Reber für streitbar und erwartet daher in einem noch laufenden vergleichbaren Verfahren die Entscheidung des BGH. Abschließend äußerte er sich zu den Regelungen generell in der Weise, dass zwar gewisse Vorteile bewirkt worden seien. Die Rechtsdurchsetzung bezeichnete er jedoch als äußerst schwierig – Verfahren würden sieben bis zehn Jahre in Anspruch nehmen. Welcher Urheber sich einem solchen Druck, Geld- und Zeitaufwand tatsächlich aussetzen könne, sei fraglich. Daher sprach Reber sich dafür aus, die damalige Form nochmals zu reformieren, was seiner Ansicht nach aber derweil nicht absehbar sei. Hierauf Bezug nehmend betonte Peifer nochmals die Pointe seiner Ausführungen: Der Maßstab, an welchen sich eine Beteiligung anlehne, sei in Anbetracht der gesetzlichen Formulierung einer angemessenen Vergütung unzulänglich. Das Problem könne gelöst werden, indem man einen Marktwert oder Tauschwert für den Urheberbeitrag bemisst, wie es bei den Schrankenvergütungen gemacht werde. Hierdurch könne es zwar dazu kommen, dass der Vertragspartner sich den Urheber nicht mehr leisten könne. Dies wiederum sei aber einfach ein typisches Phänomen einer Marktwirtschaft. Prof. Dr. Ulrich Loewenheim (Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main) stimmte mit dem Referenten darin überein, dass sich die Vergütung der Urheber nicht am objektiven Wert des Werkes orientiere, sondern an dem, was der Verwerter einnehme. Wie Peifer sagte, könne die Vergütung der Urheber auch auf Null gehen, wenn sich die Investitionen des Verwerters nicht auszahlten. Nach eigener Erfahrung Loewenheims würden auch Modelle praktiziert, nach welchen der Urheber einen gewissen Prozentsatz vom Verkaufspreis, unabhängig von der Auszahlung für den Verwerter, oder eine Festvergütung erhalte. Peifer stellte hierzu fest, dass im Bereich des derivativen Werkschaffens, beispielsweise bei Übersetzern, durch Festvergütungen das Element der angemessenen Vergütung fast besser umgesetzt worden sei als bei originären Urhebern. Ilja Braun (Berlin) warf die Frage auf, was passiere, wenn der Wert des Werkes objektiv über dem liege, was gezahlt werden könne, bzw. wenn der Wert des Werkes über dem wirtschaftlichen Marktwert liege. Dann könne eine Nutzung unter Umständen gar nicht stattfinden. Man könne sich mit dieser Situation abfinden – hierin sah Braun aber keine ernstzunehmende Lösung, da der Urheber von etwas leben müsse. Er selbst halte eine Bestimmung der kreativen Leistung unabhängig vom Marktwert für nicht zielführend. Wenn man diese Methode tatsächlich praktizieren wolle, müssten Urheber von Verwertern gegebenenfalls anders bezahlt werden, wobei Braun das Stichwort „öffentliche Subventionen“ in die Diskussion einbrachte. Er hob zudem die Digitalisierung und das Internet als Zeitpunkt des Wandels des Urhebers zum gleichzeitigen Ver-

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werter und ein damit potentielles Konkurrenzverhältnis zu klassischen Verwertern hervor. Peifer griff die Frage des hohen Wertes auf und bezeichnete es als nicht unüblich, dass Nutzungen schlichtweg einfach unterlassen werden, wenn sie zu teuer seien. In der Regel würden dann aber andere Formen der Produktion gesucht. Zudem bezweifelte er, ob die durch Digitalisierung und Internet eingesetzte Eigenproduktion gegenüber professionellen Verwertern tatsächlich eine echte Konkurrenz darstelle. Vielmehr seien im Zuge der Digitalisierung vor allem Marktchancen für Urheber geschaffen worden, deren Werke sonst niemals verlegt worden seien. Rechtsanwalt Dr. Christian Sprang (Frankfurt am Main) stellte sich daraufhin den gesamten bisherigen Ausführungen entgegen, indem er feststellte, die Wirklichkeit in den Verwertungsgesellschaften sei eine andere. Seiner Ansicht nach sei der Professorenentwurf4 merklich anders ausgefallen, hätte einer der Professoren einmal vier Wochen in einem Verwerterunternehmen gearbeitet. Selbst im Umfeld redlich handelnder Verwerter werde man feststellen, dass es die Vision einer angemessenen Vergütung nicht gebe. Er kritisierte, dass Peifer im Rahmen seines Referats nicht auf die laufende Verfassungsbeschwerde zur Übersetzer-Rechtsprechung5 des BGH eingegangen sei. Es sei gerade offenkundig, dass es nicht mehr angemessen sein könne, wenn ein Übersetzer desselben Werkes von einem Konzernverlag, der das Taschenbuch selbst auswerte, einen bestimmten Betrag als angemessene Vergütung bekomme, aber ein nicht konzerngebundener Hardcover-Verlag mehr als das Doppelte für dieselbe Leistung bezahlen solle. Dieser Umstand zeige, an welche Grenzen die (gerichtliche) Definition der angemessenen Vergütung stoße. Die Faustregeln, die das Urhebervertragsrecht aufstellt, würden der Realität des Marktes nicht gerecht. Sprang zog hier den Schluss, wenn dies schon bei Übersetzern zu verzeichnen sei, dann erst Recht in anderen Bereichen des Marktes, in denen wesentlich größere organisatorische Leistungen zu erbringen seien. Laut Sprang käme man an dieser Stelle nur weiter, wenn diejenigen, die sich mit dem Urhebervertragsrecht beschäftigten, einmal ein Praktikum im Börsenverein des Deutschen Buchhandels absolvieren würden. Peifer reagierte hierauf mit einem Vergleich zu YouTube, deren Justiziar wohl das gleiche Argument der betriebswirtschaftlichen Unmöglichkeit vorbringen würde. Zwar sehe er, wie schon in seinem

_____ 4 Siehe oben Fn. 1. 5 Sprang bezieht sich hier ausweislich einer Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels auf die Verfassungsbeschwerde des Carl Hanser-Verlag GmbH & Co. KG gegen die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 20.1.2011, GRUR 2011, 328 – Destructive Emotions, und ZUM 2011, 403 – Richter ./. Carl Hanser-Verlag GmbH & Co. KG.

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Vortrag ausgeführt, dass die Logik bei der angemessenen Schrankenvergütung genau anders herum sei als bei angemessener Urhebervergütung. Dieser Widerspruch könne jedoch nicht dadurch aufgelöst werden, dass eine Seite erkläre, sich die Nutzung möglicherweise nicht mehr leisten zu können. Peifer entgegnete weiter, zwar nicht in einem Verlag gearbeitet zu haben, dass ihm strukturelle Schwächen in der Praxis aber sehr wohl bekannt seien, etwa solche aus dem Bankenbereich in der Bürgschaftsrechtsprechung. Er sehe allerdings nicht, weshalb man nicht an einer Thematik feilen könne, wenn man sich die Verlagsinteressen nicht vorher zu Eigen gemacht habe. Rechtsanwalt Prof. Dr. Paul W. Hertin (Berlin) differenzierte daraufhin aus Sicht eines Praktikers nochmals konkret zwischen § 32 UrhG, bei welchem eine ex-ante Betrachtung, und § 32 a UrhG, bei welchem eine ex-post Betrachtung vorzunehmen sei – so dass beide Normen also mit unterschiedlichen Mitteln für eine angemessene Lösung kämpfen. Wenn über eine angemessene Beteiligung an Erlösen gesprochen werde, könne nur bei § 32 a UrhG angesetzt werden, da im Vorhinein gerade nicht absehbar sei, welche Höhe die Auflage beträgt bzw. welche Erlöse erzielt werden. Hertin verortete das entscheidende Problem daher nicht bei dem Ersthonorar, sondern erst im nächsten Schritt, der Lizenzkette, sofern ein großer Erfolg tatsächlich eintrete. Weitere Ausführungen hierzu wollte er aber auf die Diskussion des thematisch passenderen Referats von Metzger verschieben. Prof. Dr. Norbert Flechsig (Stuttgart/Eberhard Karls-Universität Tübingen) warf nunmehr den Hinweis ein, dass das Urhebervertragsrecht sich nicht in den § 31 ff. UrhG erschöpfe, sondern sich auch innerhalb der Schrankenbestimmungen mit seinen gesetzlichen Vergütungsansprüchen fortführe. Es dürfe nicht unerwähnt bleiben, dass das Urhebervertragsrecht und das Gesetz zur Stärkung der Urheber (von 2002) expressis verbis den Urheber und den Leistungsschutzberechtigten wieder in den Mittelpunkt des Urheberrechtsgesetzes stellen sollten. In letzter Zeit wäre jedoch häufig zu vernehmen gewesen, dass sich die Verwerter untereinander die Motive und Argumente des Urhebervertragsrechts zu Eigen machten, wenn diese z.B. die gesetzlichen Vergütungsansprüche für sich in Anspruch nehmen. Flechsig verwies in diesem Zusammenhang auf eine aktuelle Entscheidung des LG Leipzig.6 Es müsse laut Flechsig also darauf geachtet werden, dass die Zielsetzungen des Urhebervertragsrechts nicht zugunsten Dritter überinterpretiert werden. Peifer sah hier ebenfalls das ungeklärte Problem, wer eigentlich von den Schranken profitiere bzw. profitieren solle.

_____ 6 LG Leipzig ZUM-RD 2012, 550.

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Besonderen Wert auf die Betrachtung praktischer Gegebenheiten legte Rechtsanwalt Prof. Dr. Oliver Castendyk (Berlin). Seiner Aussage nach komme es auf kollektiver Seite immer häufiger zu (Tarif-) Verhandlungen zwischen Urhebern, Leistungsschutzberechtigten, Verwertern bzw. Produzenten. Zudem bestätigte Castendyk aus seiner praktischen Erfahrung, dass die direkten Vertragspartner der Urheber, also die Produzenten, selbst nicht an der letztendlich (erfolgreichen) Verwertung beteiligt würden, da diese ebenfalls in einem strukturellen Ungleichgewicht zu den Sendern stehen. Praktisch bestehe ein Nachfrageoligopol auf Seiten der Sender, indem es mehr Produzenten als Aufträge gebe. Er betonte jedoch, dass er ein strukturelles Ungleichgewicht nicht nur von Urhebern zu Verwertern sehe. Unter anderem sei es bei sogenannten „Stars“ regelmäßig genau anders herum. Auch verwies er auf die heftige Debatte zwischen der GEMA und diversen Musikclubs. Beispielhaft nannte er eine von Studenten, als Verwerter, organisierte Konzertveranstaltung, bei welcher wegen des Wetters Gäste ausblieben, während die GEMA als Vertreter der Urheber dennoch volle Gebühren für die angemeldete aber ausgebliebene Gästezahl einforderte. Letztlich sprach Castendyk aber von einer Übermacht der Sender. Peifer konterte, dass auch der Gastwirt bezahlt werden müsse, wenn eine Hochzeitsgesellschaft nicht komme. Grundsätzlich möchte er daher vermeiden, die Benachteiligung von Urhebern mit der von Produzenten zu vergleichen. Auf die von Peifer angesprochene Pauschalvergütung zurückkommend bezeichnete Rechtsanwalt Dr. Gernot Schulze (München) diese zwar als „schön und gut“. Offen sei für ihn entsprechend jedoch die Frage, wofür eine Schutzfrist von 70 Jahre post mortem auctoris noch nötig sei, wenn der Urheber für sein Werk ohnehin keinen weiteren finanziellen Ausgleich mehr bekomme. Er fragte, ob es dann nicht eine zweckmäßige Alternative sei, ähnlich dem amerikanischen Recht, die Rechte nach 35 Jahren7 zurückfallen zu lassen. Ebenfalls denkbar sei ein spezielles Kündigungsrecht oder die Verkürzung der Schutzdauer in solchen Pauschalvergütungsfällen. Der Notwendigkeit einer Weiterverfolgung dieses Gedankens pflichtete Peifer uneingeschränkt bei. Als weiteren Punkt merkte Schulze an, dass eine angemessene Vergütung schwer zu beurteilen sei, insbesondere aufgrund fehlender Marktehrlichkeit und dementsprechend mangelnder Kenntnis, wie die Zahlen zustande kämen. Er führte hier das Beispiel an, dass bei steigenden Papierpreisen entweder ein Buch teurer verkauft oder eben an anderer Stelle der Preis gedrückt werden könne. Hier würde oft bei den Urhebervergütungen angesetzt werden; einen entsprechenden Zusammenhang nachzuweisen,

_____ 7 Vgl. 17 U.S.C. § 203.

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sei jedoch schwierig. Als weiteren Stolperstein bezeichnete er die aktuelle Entscheidung des BGH zu den Honorarbedingungen (für Freie Journalisten), wonach § 31 Abs. 5 UrhG nicht als Maßstab für eine Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen dienen könne. 8 Letztlich schloss er sich den Einschätzungen Rebers insofern an, als er es für praktisch unmöglich für die Urheber halte, eine angemessene Vergütung selbst einzufordern, da sie dann Gefahr liefen, auf einer „schwarzen Liste“ aufgenommen zu werden. Schulze sah vielmehr Verbände in der Pflicht zur Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Peifer erachtete diesen Gedanken der kollektiven Durchsetzung von angemessenen Vergütungsmechanismen durch Kontrolle von Verbänden für schwierig und nicht zwingend zielführend, zumal nicht pauschal gesagt werden könne, dass das, was in dem einen Fall angemessen ist, auch in allen anderen Fällen angemessen sei. Dennoch hegte er Sympathie für diese Idee.

Beteiligungsgrundsatz und Fairness Diskussionsbericht zum Vortrag von Prof. Dr. Axel Metzger, LL.M. (Harvard) An das mit einem deutlichen Plädoyer für eine Abschaffung des Stärkungsgesetzes abgeschlossene Referat von Prof. Dr. Axel Metzger (Gottfried Wilhelm Leibniz-Universität Hannover) schloss sich eine weitere Diskussion der Symposionsteilnehmer an. Rechtsanwalt Prof. Dr. Paul W. Hertin (Berlin) wollte dem Plädoyer Metzgers nicht beipflichten. Er widersprach der Ansicht Metzgers, dass das Gesetz keinerlei positive Wirkung entfaltet habe, auch wenn er selbst natürlich nach wie vor eine gewisse Unvollständigkeit erkenne. Es müsse bei der Durchsetzbarkeit nachjustiert werden, denn Urheber trauten sich nicht zu prozessieren, da andernfalls Aufträge ausbleiben würden. Seiner Einschätzung nach täten sich die Gerichte bzw. die Richter, denen der Grundsatz pacta sunt servanda sehr präsent wäre, schwer, die §§ 32 ff. UrhG anzuwenden. Hertin verwies auf die Ansicht mancher Richter, es liege hier vermeintlich eine Verfassungswidrigkeit vor. In die Urteile würde diese Begründung jedoch nicht aufgenommen werden. Er zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass die prozessuale Durchsetzung der Ansprüche in Zukunft leichter werde, wenn der Bundesge-

_____ 8 BGH GRUR 2012, 1031 – Honorarbedingungen Freie Journalisten.

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richtshof sich der Anwendung der Normen nunmehr nach und nach öffne. Als Problem verbleibe jedoch, wie er bereits in der vorangegangenen Diskussion erwähnt hatte, dass Drehbuchautoren, die einen solchen Prozess anstrebten, keine Aufträge mehr bekommen würden, da sie ansonsten das Schicksal der Aufnahme auf eine „schwarze Liste“ ereile. Ebenso nahm Hertin das Problem der Lizenzkette noch einmal auf, bei welcher für jeden Beteiligten der Kette der besondere Erfolg dargelegt werden müsse. Grundsätzlich schließe der Synchronsprecher einen Vertrag nur mit der Synchron-Firma, diese handele in der Regel im Auftrag eines deutschen oder multinationalen Verleihers. Gemäß § 32a Abs. 1 UrhG müsse gegen denjenigen, bei dem der Erfolg eingetreten ist, vorgegangen werden. Bei einer Kino-Auswertung sei der Nachweis des besonderen Erfolgs und eines entsprechenden Missverhältnisses noch vergleichsweise problemlos möglich, wenn sich der Anwendungsbereich des § 32a UrhG nicht aus anderen Gründen verschließe. Hertin verwies in diesem Zusammenhang auf das aktuelle Beispiel der Synchronsprecher9 in erfolgreichen amerikanischen Kinoproduktionen, deren Leistung als untergeordnet abgetan wurde, aber laut Hertin wohl kaum mit der Leistung eines Kabelträgers gleichzusetzen sei. Im Bereich der DVD-Auswertung, die wieder von einer anderen Firma vorgenommen werde, verlangten die Gerichte jedoch einen gesonderten Nachweis des ein Missverhältnis begründenden Erfolges gerade bei der DVD-Auswertung. Hier berufe man sich auf Beklagtenseite typischerweise darauf, dass der Erfolg schon beim Kinofilm zu verzeichnen gewesen sei und der Urheber folglich schon an dem Erfolg partizipiert habe. Die DVD sei lediglich eine Zusatzauswertung entsprechend des Kino-Erfolges. Nach Hertin müsse aber ein auffälliges Missverhältnis an jeder Stelle der Lizenzkette von Relevanz sein und der besondere Erfolg unabhängig von der vorangegangenen Verwertungsstufe beurteilt werden. Metzger äußerte daraufhin sein Unverständnis für die Angst vor der Prozessführung. Die Urheber seien alle, oder zumindest die meisten, in Interessenverbänden organisiert. Diese Interessenverbände könnten nun Musterverfahren führen, insbesondere mit Personen, die nicht mehr auf die Auftragsvergabe angewiesen seien. Zwischen den beiden Varianten, dass man mit der Situation nicht auskomme, und sich daher von der Werkschaffung abwendet, und der Situation, dass man sich den Gegebenheiten unterordne, solle das Urhebervertragsrecht gerade einen Mittelweg eröffnen. Allerdings pflichtete Metzger gleichwohl der Einschätzung bei, dass die Regelungen „überkomplex“ seien. Nicht nur

_____ 9 So noch KG GRUR-RR 2011, 409 – Synchronsprecher; mittlerweile hat sich der BGH für die „wesentlich mitprägende Bedeutung“ der Synchronisierungsleistung ausgesprochen, vgl. BGH GRUR 2012, 1248 – Fluch der Karibik.

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§§ 32, 32a UrhG, sondern auch § 31a UrhG und dessen Folgeprobleme eröffne die Beschäftigung von Generationen von Doktoranden. Gerade diese Komplexität verursache Transaktionskosten, die bisher nicht berücksichtigt worden seien. Rechtsanwalt Prof. Dr. Gerhard Pfennig (Bonn/Johannes GutenbergUniversität Mainz) bemerkte daraufhin eine gemeinsame Neigung dahingehend, Karl Marx zu zitieren. Die von Metzger als Denkmodel vorgeschlagene staatliche Finanzierung der Kreativen werde seiner Kenntnis nach auch in der politischen Diskussion, insbesondere von der Piratenpartei, favorisiert. Pfennig selbst hielt dies aber für sehr gefährlich. Er verwies auf die DDR, in der es zwar ein fortschrittliches Urhebervertragsrecht gegeben habe, aber die Ansicht vertreten wurde, man brauche dieses nicht, weil der Staat die Urheber entsprechend fördere. Während die erste Feststellung zutreffend gewesen sei, hielt Pfennig die Schlussfolgerung für fehlerhaft. Der Staat habe in der DDR gerade nicht die Urheber als solche gefördert, sondern ihnen ein Grundeinkommen verschafft, wenn sie sich einigermaßen regimekonform verhalten hätten. Er selbst glaube, man könne hieraus kein Erfolgsmodell ableiten, für die Probleme, die sich heute aus dem Urheberrecht ergeben. Pfennig erinnerte auch noch einmal daran, dass man differenzieren müsse zwischen dem Teil des kulturellen Prozesses, der über Verwertungsprozesse ablaufe, also über Verlage, und dem Teil, der über Selbstvermarktung direkt ans Publikum gerichtet werde. Dies sei ein sehr großer Teil der Kulturwirtschaft. Pfennig schloss sich weiterhin der Aussage Peifers an, im Zentrum des Urheberrechts stehe der Urheber, und forderte, auch davon auszugehen, dass im Vermarktungsprozess im Zentrum zunächst der Urheber und das Werk stünden. Ohne Urheber könne die vermarktende Industrie überhaupt nicht bestehen. Deren aktuelle Schwäche resultiere letztendlich aus der mangelnden Bereitschaft der Konsumenten, einen adäquaten Betrag zu bezahlen. Er akzeptiere es dementsprechend nicht als Lösung, die Kreativen, die diesen Industriezweig erst ermöglichen, dem Staat zu überlassen. Einen Vergleich zog Pfennig zu den Banken, bei welchen der Staat eingesprungen sei, was seiner Ansicht nach aber nicht funktioniert habe. Das Gleiche gelte, wenn der Staat einspringe, um die Kulturwirtschaft zu gewährleisten. Man müsse sich in dieser Diskussion vielmehr darauf konzentrieren, dass im Urhebervertragsrecht ein Marktversagen vorliege, das dadurch hervorgerufen werde, dass die Verwerter in der Regel tatsächlich die Klügeren und die Mächtigeren und die Urheber die Schwächeren seien. Als positives Beispiel für eine Regelung, die interessengerecht sei, führte er die Atelierförderung, durch u.a. Mietpreisbindung, an. Metzger gab zu erkennen, dass er ebenfalls kein besonders großes Interesse daran hege, einen steuerfinanzierten Kulturbetrieb zu konstituieren. Man müsse sich aber vor Augen führen, dass bereits heute viele Urheber aufgrund der prekären Einkommensverhältnisse steuerfinanziert agieren. Er betonte zudem,

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dass das von Pfennig beschriebene Marktversagen mit den Mitteln des Vertragsrechts nicht zu heilen sei. Zwar schloss Metzger sich der Ansicht Pfennigs bezüglich der Analyse der „Krankheit“ an, jedoch war er ob des „Medikaments“ und dessen erwünschtem Heilerfolg skeptisch, da das spezielle Ausgeliefertsein sich empirisch sehr schwer belegen lasse. Letztendlich würden die Urheber wie auch andere kleinere, jüngere, unerfahrene Selbstständige agieren. Ihr Problem sei, dass sie unbedingt ihre eigene Leistung erbringen wollen und eben keine andere Leistung. Man könne sich nun aus gesellschaftlicher Sicht fragen, ob man gleichwohl eine Finanzierung anstreben solle, weil man auch diese nicht marktgängigen Leistungen haben möchte. Metzger verstehe hier aber auch die Verwerter, die bemängeln, dass versucht werde, ein gesellschaftliches Problem durch Einschränkung der Vertragsfreiheit zu lösen, was politisch und verfassungsrechtlich bedenklich sei. Metzger forderte daher, man solle ehrlich mit der Frage umgehen, ob man einem Marktmodell oder vielmehr einem Gesellschaftsmodell folgen wolle. Ilja Braun (Berlin) stellte klar, dass für die Urheber nicht die Armut an sich, sondern die Tatsache, dass etwas vorenthalten werde, was ihnen zustehe, der Kernpunkt sei. Zudem kam er auf das Phänomen der Rechtemakler zu sprechen, die Rechte lediglich durchleiten würden, z.B. an Google und Co., ohne selbst Werke zu schaffen oder sie zu verwerten. Diese würden keine eigene Leistung erbringen und dementsprechend keinen nennenswerten Aufwand haben. Sie würden sich jedoch jegliche finanziellen Vorteile einverleiben. Braun sah hier gesetzlichen Änderungsbedarf in der Weise, dass Verwerter sich nicht bloß als Rechtemakler betätigen dürfen. Das Urhebervertragsrecht könne hier Lösungen herbeiführen, z.B. indem die Rechte von vorneherein beim Urheber verblieben oder aber an ihn zurückfielen. Dipl.-Wirt.Jur. Thomas Hartmann (Berlin) verwies auf die unstreitige Existenz von staatlich finanzierter Werkschaffung in der Wissenschaft. Seiner Ansicht nach gelte der Beteiligungsgrundsatz für alle Urheberinnen und Urheber, auch für wissenschaftliche, was ihn zu der Frage veranlasste, weshalb die gesetzliche Vermutungsregel des § 38 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 UrhG nicht funktioniere. Zudem deutete er das kartellrechtliche Problem an, dass polypopulistische Strukturen bestehen würden, etwa im Bereich der Wissenschaftsverlage. Metzger verwies in Bezug auf § 38 Abs. 2 UrhG konkret auf ein Desinteresse der (insbesondere älteren) Autoren. Rechtsanwalt Prof. Dr. Oliver Castendyk (Berlin) brachte Zahlen aus der Praxis in die Diskussion mit ein: Von 100 deutschen Kinofilmen würden nur 20 Filme mehr als 100.000 Zuschauer erreichen. Die restlichen Produktionen erreichen nur Zuschauerzahlen von unter 20.000, was im Gesamten deutlich rote Zahlen hervorbringe. In der Filmbranche gebe es keinerlei Sicherheit dafür,

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dass mit einer Filmproduktion etwaige Umsätze oder gar Gewinne erzielt würden. Von 10 Filmen gingen nur ein bis zwei nennenswert gut. Zwei bis drei gingen mäßig und der Rest mache Verluste. Das sei die harte Realität des Filmgeschäfts. Im Ergebnis gebe es häufig „nichts zu verteilen“. Entsprechende Parallelen vermutete Castendyk im Musik- und Buchgeschäft. Er betonte, dass der Ausgangspunkt nicht sei, dass jeder Werkschaffende, z.B. Bildhauer, Maler oder Dichter, sowieso Erfolg habe, weil die Leute seine Werke kaufen wollen, und es dann bloß eine gesellschaftliche Frage sei, ob man ihn zusätzlich mit einer Art Grundeinkommen unterstützen wolle. Vielmehr ginge es schlechterdings überhaupt um die Existenz eines Einkommens. So etwas wie staatlich angestellte Schriftsteller habe es im Übrigen in den 30er Jahren nach dem New Deal in den USA schon gegeben. Castendyk sah dennoch im Rahmen der allgemeinen Vergütungsregelvereinbarungen einen unerkannten Vorteil des Urhebervertragsrechts. Es schaffe nämlich Sicherheit für beide Seiten und die Möglichkeit für strukturelle Veränderungen, wobei Castendyk ein neues Drehbuchautorenvertragsmodell als Beispiel anführte, bei welchem permanente Wiederholungshonorare durch einen mehrjährigen Rechteverkauf ersetzt werden. Rechtsanwalt Dr. Timm Neu (Düsseldorf) merkte an, dass der Begriff der „Redlichkeit“ nach § 32 Abs. 2 UrhG selten in jüngeren Gerichtsentscheidungen zu finden sei, was Metzger bestätigte, da „Redlichkeit“ letztendlich keinen Erkenntnisgewinn für die Richter bringen würde. Denn im Zweifel könne eine redliche Vergütung auch sehr niedrig sein. Warum solle der erfolglose Autor einen Anspruch auf Quersubventionierung aus der erfolgreichen anderen Verlagstätigkeit haben? Darüber hinaus betonte Metzger, dass derjenige, der das unternehmerische Risiko trage, auch die Gewinnchancen haben müsse. Hierzu ergänzte Reber, dass dieses besagte Risiko, z.B. für Produzenten, durch staatliche Filmförderung erheblich reduziert sei. Zu Bedenken gebe es überdies die zusätzliche Hürde beim Prozessieren, wonach zunächst ein Auskunftsanspruch geltend gemacht werden müsse, um ein tatsächliches Missverhältnis zu klären. Dr. Martin Vogel (München) bedauerte die fehlende Einbeziehung der Schrankenproblematik in die Diskussion. Er betonte, dass die gesetzlichen Vergütungsansprüche nach ganz herrschender Meinung, zu welcher auch das Bundesverfassungsgericht zähle, dem Urheber zustünden. § 63a UrhG besage hierzu eindeutig, dass die aus der zwar erlaubnis-, aber nicht vergütungsfreien Nutzung erwachsenden Ansprüche nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten werden können. Obwohl dementsprechend an die Verlage selbst gar keine Ansprüche abgetreten werden könnten, würden die Verwertungsgesellschaften aber immer wieder hohe Prozentanteile (Vogel nannte Zahlen von 30% im Bild- und schöngeistigen Bereich sowie bis 50% im Wissenschaftsbereich) der

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Vergütungen an die Verleger weiterleiten.10 Dies sei im Grunde ein Skandal, denn die Verleger würden im Endeffekt überhaupt keine Rechte in die Verwertungsgesellschaften einbringen. Er sprach insoweit von „kränkelnder“ Verteilungspraxis. Die Urheber würden jedes Jahr zwischen 40 und 50 Millionen durch diese Verteilungspraxis verlieren. Die VG Wort und andere Verwertungsgesellschaften hätten den Gründungsfehler, dass ihre Statuten der grundsätzlichen Verteilungsquoten nur mit Zustimmung aller Berufsverbände geändert werden können, was die Berufsverbände der Verleger laut Vogel natürlich nicht tun werden. Er bezeichnete es als „grotesk“, dass die Berufsverbände der Autoren selbst einmal dieser Verteilung, die den Urhebern 50% ihrer Ansprüche nehmen würden, zugestimmt haben. Rechtsanwältin Anke Stelkens (München) stellte abschließend die Frage nach der Zulässigkeit von Nullvergütungen. Während früher in der Künstlerszene Nullvergütungen der Reputation wegen vielfach akzeptiert waren, gehe die Realität mittlerweile noch einen Schritt weiter: mangels Gewinn würden viele Verwerter gar nicht mehr tätig werden, so dass sich die Künstler selbst veranstalten sollen und müssen. Metzger bestätigte hier ein Wachstum des problematischen Bereichs der Nullvergütungen, unter welchen auch Dissertationen und Habilitationen fielen.

Gemeinsame Vergütungsregeln als kollektives Instrument Diskussionsbericht zum Vortrag von Rechtsanwalt Dr. Paul Katzenberger Die Diskussionsrunde des dritten Referats fand Eingang mit der direkten Frage von Prof. Dr. Norbert Flechsig (Stuttgart/Eberhard Karls-Universität Tübingen), wo denn die Privaten blieben. Rechtsanwalt Prof. Dr. Paul W. Hertin (Berlin) ergänzte, dass es nicht den Gegebenheiten entspreche, dass sich der Drehbuchautor aussuchen könne, welches Bezahlmodell er möchte, sondern dass die Rundfunkanstalt diese Entscheidung vielmehr mittragen müsse. Der Autor könne nicht nach seinem Willen frei wählen, sondern nur zu einem ge-

_____ 10 Bezug genommen wurde hier auf das Urteil des LG München I ZUM-RD 2012, 410. Eine Berufungsentscheidung wird für Mitte 2013 erwartet.

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wissen Grade eingrenzen. Welches Vergütungsmodell es letztendlich werde, würden dann beide Parteien gemeinsam entscheiden. Katzenberger entgegnete auf Hertins weitere Bemerkung zu kartellrechtlichen Berührungspunkten, dass aus den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sei, dass die Gemeinsamen Vergütungsregeln kartellrechtlich freigestellt seien. Es werde immer wieder betont, es solle kartellrechtlich zulässig sein, hier verbindliche Regeln über die Bindungswirkung und über die Indizwirkung zu schaffen, die bisher aber nicht möglich gewesen seien. Um an dieser Stelle jegliche Zweifel auszuräumen, setzte sich Katzenberger dafür ein, die neuen Vereinbarungen des ZDF oder anderer öffentlich-rechtlicher Anstalten auch als Gemeinsame Vergütungsregeln zu bezeichnen. Hieran schloss sich der Gesprächsbeitrag von Rechtsanwalt Prof. Dr. Jan Bernd Nordemann (Berlin) an. Er fragte nach Möglichkeiten, die Durchsetzung von § 32 Abs. 2 UrhG zu verbessern und zu einer kollektiven Durchsetzung zu transformieren. Laut Rechtsprechung fielen Verstöße gegen Tarifverträge nicht unter § 4 Nr. 11 UWG. Auch sei unklar, wieso in nunmehr zehn Jahren niemand versucht habe, eine Indizwirkung durch Schlichtungssprüche herbeizuführen. Hertin warf hierzu umgehend ein, dass Verbände sich nicht auf die Schlichtung einlassen würden und es folglich gar nicht zu einer Indizwirkung kommen könne. Dem stimmte Katzenberger zwar grundsätzlich zu. Seiner Ansicht nach sei aber auch bereits das Stadium der bloßen Diskussionen zwischen verschiedenen Parteien über die Angemessenheit zu berücksichtigen, wenn auch nicht im Sinne der Indizwirkung eines formalen Schlichtungsvorschlages. Rechtsanwalt Dr. Gernot Schulze (München) nahm darauf Bezug, dass Katzenberger in seinem mündlichen Referat den beiden neuen, von Hucko formulierten biblischen Geboten scherzhaft noch ein neues drittes, „bayerisches“ Gebot hinzugefügt hatte11: „Wenn ihr nicht mitspielt, dann kommt ihr in die Hölle“. Er fragte pointiert, ob man hier an den Gesetzgeber appellieren müsse, damit dieser den „Zutritt zur Hölle“ stärker ausformuliere. Hierdurch würde man unter Umständen auch den von Metzger angesprochenen Problemen begegnen können, wonach Urheber verliebt seien in ihre Kreativität, davon auch nicht weg wollen und somit am Markt vorbei produzieren, was die Grundlage für ein Ausnutzen bei Tarifverhandlungen schaffe. Es werde schließlich auch in anderen Bereichen von Mindestlohn gesprochen. Gemeinsame Vergütungsregeln seien daher im Grunde ideal. Jedoch halte er das Schlichtungsverfahren zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln formal für ziemlich kompliziert und zudem

_____ 11 Dieses wurde von Katzenberger in seinem gedruckten Beitrag, oben Seiten 55 ff., nicht übernommen.

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langwierig. Er stellte die Frage in den Raum, ob man zur Verbesserung der Stellung der Urheber nicht bei diesen Schiedsstellenverfahren ansetzen müsse. In diesem Zusammenhang verwies Schulze auf den Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der gebeten worden war, verhandelnd tätig zu werden, sich später dem Verfahren aber wieder entzogen habe. Rechtsanwalt Dr. Christian Sprang (Frankfurt am Main) entgegnete hierauf, dass der Börsenverein des Deutschen Buchhandels sich von vornherein nicht für Verhandlungen zur Verfügung gestellt habe und er dies auch gar nicht dürfe. Der Börsenverein sei eine Unternehmensvereinigung und kein Arbeitgeberverband. Es wurde daher von vornherein deutlich gemacht, der Verein dürfe und könne nicht am Schlichtungsverfahren teilnehmen, was kein böser Wille gewesen sei. Daraufhin hätten sich einige Verlage zusammengeschlossen und die Verhandlungen geführt, wobei man in der Tat zu keiner Verständigung gekommen sei. Aus diesem Grund sei ein Schlichter einbestellt und gewählt worden, der jedoch auf das Urheberrecht erklärtermaßen nicht spezialisiert, sondern ein Tarifschlichter gewesen sei. Dies habe dazu geführt, dass die Verlegervereinigungen beschlossen haben, sich aufzulösen. Sprang stellte klar, dass der Börsenverein sich diesen Verhandlungen nicht durch „fiese juristische Tricks“ entzogen habe. Vielmehr habe der Börsenverein von vornherein – und werde auch weiterhin – immer offen in Bezug auf seine fehlende Beteiligungsbefugnis agieren. Katzenberger pflichtete Sprang daraufhin bei, dass der Börsenverein verständlicherweise aufgrund seiner Satzung keine Befugnis zum Abschluss von Tarifverträgen habe. Es sei völlig korrekt, dass ein Verband, der diese Befugnis nicht habe, ebenfalls die Befugnis zum Abschluss gemeinsamer Vergütungsregeln nicht besitze. Dies sei auch durch das Landgericht Frankfurt12 bestätigt worden. Für ihn sei eher bedenklich gewesen, dass bei der Gründung einer Verlegervereinigung Buchhandel diese zunächst Verhandlungen geführt und sich dann wieder aufgelöst habe. Dass es dann im Ergebnis zu einer gemeinsamen Vergütungsregel gekommen sei, liege in der Verantwortung der beteiligten Verlage – neun namhafte und sachkundige Verlage, die sich individuell auf diese Regel eingelassen hätten. Im Gesetz stehe ausdrücklich, dass gemeinsame Vergütungsregeln auf der Verwerterseite sowohl von Verbänden als auch von einzelnen Werknutzern geschlossen werden können, weswegen Katzenberger das erzielte Ergebnis auch für völlig korrekt und bindend hielt. Auch der Bundesgerichtshof habe, z.B. in den Übersetzerfällen, bisher nicht bezweifelt, dass die von ihm zum Vorbild genommenen Vergütungsregeln wirksam seien.

_____ 12 LG Frankfurt a.M. ZUM 2006, 948.

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Zu den übrigen Wortmeldungen fasste Katzenberger abschließend zusammen, er wolle natürlich nicht behaupten, dass es mögliche Verbesserungen im Verfahren nicht gebe. Damit wurde sich jedoch noch nicht genug auseinandergesetzt.

Alternative Lizenzierungsmodelle unter Beteiligung der Verlage und Verwertungsgesellschaften Diskussionsbericht zum Vortrag von Dr. Christian Sprang Mit seinem praxisorientierten Referat eröffnete Rechtsanwalt Dr. Christian Sprang (Frankfurt am Main) eine lebhafte Diskussion, die mit zwei Fragen von Dipl.-Wirt.Jur. Thomas Hartmann (Berlin) eingeleitet wurde. Unter Verweis auf den Grundsatz „Nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet“13 warf er zunächst die Frage auf, wie sich die neuen Lizenzmodelle zu den Schrankenregelungen verhielten. Dabei dachte er nicht an die vieldiskutierten §§ 52a, 52b UrhG, sondern insbesondere an das wissenschaftliche Großzitat aus § 51 UrhG und Wissenschaftskopien aus § 53 Abs. 2. UrhG. Er befürchtete, hier könne es aus Bequemlichkeitsgründen dauerhaft zu einer Überlizenzierung kommen. Seine zweite Frage betraf den Bereich der Creative Commons-Lizenzen und die dortige Einschränkung „keine Bearbeitung“.14 Er hege an der Sinnhaftigkeit der Anwendung dieser Klausel für Deutschland und Zentraleuropa Zweifel. CCLizenzen kämen aus den USA, wo wohlweislich kein Urheberpersönlichkeitsrecht existiere. Er fragte daher, ob die Beispiele der Research Councils UK, die in dem Referat15 genannt wurden, nach deutschem zwingenden Urheberpersönlichkeitsrecht gemäß § 14 UrhG nicht ohnehin zu weitgehend seien. Bezugnehmend auf das Verhältnis der vorgestellten Lizenzen zu den Schrankenregelungen erwiderte Sprang, dass es sich dabei um ein Problem

_____ 13 „Niemand kann mehr Rechte übertragen, als er selbst hat“. 14 Hartmann bezog sich hier auf die CC-BY-ND Lizenz, die von der Basislizenz CC-BY insoweit abweicht, als nicht nur eine Namensnennung erfolgen muss, sondern eine Bearbeitung des Werkes gänzlich untersagt wird. 15 Vgl. Sprang, in diesem Band, S. 75 ff.

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handele, das nicht neu sei. Wie er schon beim Verlag gelernt habe, bestehe die grundsätzliche Neigung, Anfragen auf Nutzungserlaubnis und einer entsprechenden Lizenzerteilung eher nachzukommen, als beispielsweise auf den nicht eindeutigen Bestand eines gesetzlichen Nutzungsrechts abzustellen. Speziell die VG Wort Digital Copyright Lizenz betreffend können hier zwar unter Umständen auch Fälle erfasst werden, in denen der Nutzer eine Lizenz oder ein Nutzungsrecht schon besitze. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle sei dies jedoch auszuschließen. Die Lizenz sei entsprechend so berechnet, dass man aus der Summe aller Nutzungshandlungen einen fairen Preis erhalte. Sprang reagierte auf die zweite Frage Hartmanns mit der Entgegnung, dass diese gerade das Problem treffe. Die CC-BY Lizenzen seien gerade nicht mit den hiesigen Vorstellungen von Urheberpersönlichkeitsrechten vereinbar. Jedoch gebe es unzweifelhaft die normative Kraft des Faktischen in der Form, dass einige Regierungen die Bereitstellung von Forschungsgeldern an gewisse Bedingungen knüpfen. Entweder bekomme man Unterstützung unter der Voraussetzung der Nutzung von CC-BY Lizenzen oder man müsse selbst zurecht kommen. So weit sei man in Deutschland aber (noch) nicht. Sprang setzte sich generell gegen eine staatliche Regulierung im Bildungsbereich ein, um die Schaffung „superbilliger“ Tarife zu vermeiden. Rechtsanwalt Dr. Timm Neu (Düsseldorf) berichtete aus seiner Arbeit in einem amerikanischen Verlagshaus und der dortigen Beobachtung, dass nur 60% der innerhalb des Unternehmens ausgetauschten Publikationen tatsächlich von CCC Lizenzen16 gedeckt waren. Er wollte wissen, wie dies in Deutschland zu beurteilen sei. Dem setzte Sprang entgegen, dass die deutschsprachige Literatur mit ca. 90% nahezu vollständig von den Digital Copyright Lizenzen der VG Wort gedeckt sei – allerdings könne man natürlich niemanden zwingen, seine Rechte an eine Verwertungsgesellschaft wie die VG Wort abzutreten. An verbleibenden „schwarzen Flecken“ müsse dementsprechend nach wie vor gearbeitet werden. Jeder könne aber einsehen und auch Wünsche äußern, welche Publikationen von der Lizenz erfasst werden sollen. Zudem wirke sich dieser Umstand entsprechend durch geringere Lizenzpreise aus. Bezugnehmend auf die Digital Copyright Lizenz der VG Wort fragte Ilja Braun (Berlin) nach der Herkunft des plötzlichen Bedürfnisses der Regulierung von Kopien in Unternehmen. Er konnte sich dies nur politisch erklären, indem durch Etablierung eines umfassenden Lizenzsystems im amerikanischen Raum und dessen Ausbreitung ein gewisser Druck erzeugt wurde in dem Sinne, dass man dieses Sys-

_____ 16 Das Copyright Clearance Center vermittelt in den USA Lizenzen an Urheberrechtsmaterial.

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tem durch die Schaffung eigener interoperabler Lizenzmodelle zu unterstützen habe, damit der deutsche Markt nicht durch ausländische Modelle übernommen werde. Zusätzlich zeigte er sich verwundert über den Jahresbericht der VG Wort, in welchem er die Verteilungspraxis eingesehen habe. Demnach würden nicht 100% der Gelder an die Autoren ausgeschüttet, sondern auch an die Verlage. Von den Ausschüttungen für Werke, deren Rechte die Autoren den Verlagen abgetreten haben, komme nicht alles bei den Autoren an. Er fragte nun, wie sich diese Praxis zur Gerechtigkeit und dazu, dass das Recht des Urhebers geschützt werden soll, verhalte. Dr. Robert Staats (München) stellte klar, dass die VG Wort-Lizenz dort beginne, wo die Schrankenregelungen aufhören. Es seien keine Nutzungen von der neuen Lizenz erfasst, die durch Schrankenbestimmungen bereits abgedeckt seien. Als Beispiel nannte er das Intranet und Archive. Es gebe darüber hinaus eine ganze Reihe von Nutzungen, die nicht unter die Schrankenbestimmungen fielen, und es gebe entsprechend ein Bedürfnis der Arbeitgeber, für solche Rechte Lizenzen eingeräumt zu bekommen, um ein unternehmerisches Haftungsrisiko zu minimieren. Es bestünden verschiedene Möglichkeiten, dies zu organisieren – über die Verlage oder eben über die Verwertungsgesellschaften. Sofern die Verteilung nun über Verwertungsgesellschaften wie die VG Wort laufe, ginge es gerade darum, die Berücksichtigung der Autoren sicher zu stellen. Alle Vergütungen, die über die VG Wort fließen, würden selbstverständlich anhand eines einheitlich festgelegten Verlags- und Autorenschlüssels aufgeteilt und ausgeschüttet. Prof. Dr. Axel Metzger (Gottfried Wilhelm Leibniz-Universität Hannover) setzte den Fokus seiner Wortmeldung (in Ergänzung eines kurzen Einwurfs von Sprang) auf § 53 Abs. 2 S. 2 und 3 UrhG, den er als unklar kritisierte. Nutzer, an die sich diese Norm eigentlich richte, seien in der Regel Laien und für diese sei die Regelung nicht oder nur schwer nachvollziehbar. Zudem richtete er seine Hauptforderung dahin, sich gegen eine zwangsweise Lizenzierung wissenschaftlicher Werke, wie dem Open-Access-Model der RCUK, einzusetzen. Dies sei kontraproduktiv und zudem laufe eine zwanghafte Lizenzierung den rechtlichen Interessen der Autoren zuwider. Als Randbemerkung ergänzte er den Bedarf, anstatt Zwang lieber intelligente Lizenzierungsmodelle zu entwickeln. So verwies er als Beispiel auf die Möglichkeit, Veröffentlichungen zusammen mit Glossen zu verbinden, was zu einer Kommunikationsförderung zwischen Leser und Autor führen könne. Auf das Stichwort Steuerfinanzierung angesprochen, stellte Sprang nochmals die Situation dar, in welcher auf der einen Seite Zeitschriftenverlage stünden, die nicht nur Steuern zahlen und alle möglichen Kosten auch mit ihrer Zeitschrift verdienen müssten, welche konkurrieren würden mit einer

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JIPITEC17, bei welcher die entscheidenden Kosten letztlich vom Staat übernommen werden. Er fasste seine Kritik knapp zusammen mit der Aussage, dass letztlich das Geld der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) zu den Anwälten wandere. Dies sei der falsche Ansatz. Wer Aufsätze oder Bücher publizieren wolle, und er selber stehe dem liberal und offen gegenüber, solle dies in einer nachhaltigen Form machen. Nachhaltig heiße aber eben, dass die (Verlags-) Leistung, die erbracht werde, um solche Aufsätze zu schreiben und letztendlich zu publizieren, auch bezahlt werden solle – und wenn niemand etwas bezahle,18 finde er dies kritisch. Dem ersten Hinweis Metzgers schloss sich Sprang vollumfänglich an. Er glaube auch, dass es wichtig sei, vereinfachte Lizenzen zu entwickeln. Der Urheber dürfe aber nicht gegen seinen Willen zu etwas gezwungen und nicht mit irgendwelchen Bedingungen konfrontiert werden. Rechtsanwalt Dr. Gernot Schulze (München) kritisierte eine zu große Bereitschaft, allen Leuten umgehend alles zu geben. Dabei führte er Hermann Hesse an, der seine Gedichte wohl kaum auf jeder x-beliebigen Plattform wiederfinden wollte. Schulze war unverständlich, wieso eine Lizenzierung immer sofort erfolgen könne und müsse, anstatt den nächsten Werktag abzuwarten. Auch warf er die Frage auf, ob gesetzliche Schranken angemessene Vertragsangebote fördern würden. Er habe den Eindruck, dass manche gesetzliche Schrankenregelungen die Rechteinhaber beschneiden würden und so im Ergebnis dazu brächten, marktkonforme Vertragsangebote zu machen. Er sprach insoweit von einer Art „Wechselspiel“. Er fragte daher, ob man nicht letztendlich die Schranken in manchen Fällen zugunsten individueller Vereinbarungen kappen könne. Daraufhin stellte Sprang zur Beruhigung aller Hesse-Liebhaber klar, dass es Hesse tatsächlich nicht vorbehaltlos für jeden gebe. Hier erfolge eine Einzelfallprüfung über jede Veröffentlichung. Allgemein sei das Modell der automatisierten Vergabe von Lizenzen aber zweifelsohne im Sinne der Autoren, sofern diese keine Vorbehalte getroffen haben. Den Autoren ginge es primär darum, gesehen zu werden. Auch lebe deren Vertrag von Lizenzverkäufen. Dass dies im wissenschaftlichen Bereich nicht funktioniere, liege häufig an anderen Faktoren, wie zu hohen Kosten. „Der Kunde ist beim Verlag König“, stellte Sprang klar. Den zweiten Ansatz Schulzes konnte Sprang nicht ganz teilen. Die Lizenz könne im-

_____ 17 (Online-)Journal of Intellectual Property, Information Technology and Electronic Commerce Law. 18 Sprang bezog sich hier darauf, dass es sich bei der JIPITEC um ein Open Access Journal handelt.

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mer nur das betreffen, was über die Schranken hinaus ginge. Man könne ja nicht das, was die gesetzlichen Schranken schon zuließen, noch mal zu einem Lizenzangebot machen. Das Zitat einer amerikanischen Kollegin „No one can ever spent one hour on the internet without colliding with the copyright law“ nutzte Rechtsanwalt Prof. Dr. Norbert Flechsig (Eberhard Karls-Universität Tübingen) als Einstieg für seine Frage, ob viele Rückfragen im Sinne „ich zitiere ja nur“ zu verzeichnen seien. Dies wurde von Sprang kurz bejaht, um daraufhin zum Abschluss einige Zeilen aus einem Lied von Weird Al Yankovic 19 zu zitieren: Once in a while Maybe you will feel the urge. To break international copyright law By downloading mp3s From file sharing sites

Arbeitnehmererfinderrecht und Arbeitnehmerurheberrecht Diskussionsbericht zum Vortrag von Prof. Dr. Christoph Ann, LL.M. (Duke) Anknüpfend an die Ausführungen von Prof. Dr. Christoph Ann (Technische Universität München) stellte sich Rechtsanwalt Dr. Gernot Schulze (München) die Frage, ob bei einer Erfindung überhaupt so viel entstellt werden könne wie bei einem Werk. Er stellte pointiert fest, dass Änderungen an der Erfindung womöglich zur Folge hätten, dass diese einem „um die Ohren fliegt“ – vergleichbar mit der Veränderung von Werken seien diese Folgen aber nicht. Als Antwort auf seine eingangs gestellte Frage bot er selbst das Stichwort der „Zweckentfremdung“ an, sah darüber hinaus in einer beispielsweise falschen Anwendung aber keine Entstellung, sondern höchstens eine Schädlichkeit für

_____ 19 Weird Al Yankovic „Don't Download This Song“ – der Chorus lautet: „So Don't Download This Song The record store is where you belong Go and buy the CD like you know that you should Oh Don't Download This Song“.

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den Nutzer. Daher fragte er sich, inwiefern hier tatsächlich noch Persönlichkeitsrechte berührt werden könnten und welche Möglichkeit der vertragsrechtlich anderen Einordnung bestünde, wobei er vorschlug, den Wortlaut des § 43 UrhG zu verdeutlichen. Ann pflichtete diesem Gedankengang insofern bei, als eine Entstellung bei einer Erfindung natürlich schwächer ausgeprägt sei als bei einem Werk. Dennoch bestünden aber rechtliche Interessen des Erfinders. Einerseits in der Weise, dass die Erfindung in die Welt hinaus gehen solle und hiermit einhergehe, dass der Erfinder durch Namensnennung mit dieser Erfindung in Verbindung gebracht werde. Im Übrigen aber pflichtete er Schulze bezüglich des Problems bei, dass die Persönlichkeitsrechte des Urhebers zwar deutlich weiter gingen als die des Erfinders, der Urheber in seiner Rechtsstellung aber hinter der des Arbeitnehmererfinders zurück bleibe. Ann erwähnte diesbezüglich die Möglichkeit des Rückrufs wegen Nichtausübung durch den Urheber. Seiner Ansicht nach müsse es ein solches Recht nicht notwendigerweise geben, dennoch bestehe die Meinung, dass der Urheber seine Einbußen kompensieren können müsse. Rein rechtlich sei es bemerkenswert, dass einem autorisierten Konzern das Recht, welches diesem einmal eingeräumt worden sei, durch Ausübung des Rückrufsrechts wieder genommen werden könne. Es sei außergewöhnlich, was das deutsche Urheberrecht mit seinem Rückrufmechanismus vorsehe, den es im deutschen Arbeitnehmererfinderrecht gerade nicht gebe. Trotzdem würden Arbeitnehmererfinder letztlich besser behandelt als Urheber. Richter a.D. Prof. Dr. Helmut Haberstumpf (Nürnberg-Fürth) sah demgegenüber keine Inkonsistenz zwischen einer höheren Wertung der Urheberpersönlichkeitsstellung und einer niedrigeren Wertung der Erfinderpersönlichkeitsstellung. Ann erklärte daraufhin, dass eine letztlich bessere Stellung der Arbeitnehmererfinder und des Arbeitnehmererfinderpersönlichkeitsrechts damit begründet werde, dass dem Arbeitgeber der Eingriff in die Sphäre der Persönlichkeit des Arbeitnehmererfinders gestattet werde und dies kompensiert werden müsse. Seiner Ansicht nach könne dieses Argument, sofern hier tatsächlich das ausschlaggebende Argument zu erblicken sei, nicht nur für das Arbeitnehmererfinderrecht gelten. Vielmehr müsse konsequenterweise die Kompensation von Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht letztlich in beiden Bereichen gleich vorgenommen werden. Metzger sah die Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung in einem anderen Begründungsansatz. So sei die Anreiztheorie bei Patenten nötiger als bei Werken, da für geistige Leistungen ohnehin sehr schnell ein urheberrechtlicher Schutz bestehen würde. Dem stimmte Ann hier grundsätzlich zu, verwies aber auf das Gebrauchsmusterrecht als „fleischgewordene kleine Münze“. Weiterhin verwies Metzger noch kurz auf die Softwareentwicklung. In der

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entsprechenden Richtlinie20 stehe, dass alle vermögensrechtlichen Befugnisse beim Arbeitgeber liegen sollen21, aber gleichwohl noch aus nationalrechtlichen Kohärenzerwägungen ein Vergütungsanspruch herbeigeführt werden solle. Die Klärung dieses Widerspruchs hätte der Bundesgerichtshof schon vor ein paar Jahren vorlegen können, was er jedoch bisher nicht gemacht habe. Metzger hielt eine solche Vorlage jedoch für notwendig, da die Anwendung des Bestsellerparagraphen womöglich mit der Richtlinie nicht vereinbar sei. Auf eine bisher unerwähnt gebliebene dritte Personengruppe neben den Arbeitnehmererfindern und Urhebern machte Rechtsanwalt Prof. Dr. Norbert Flechsig (Stuttgart/Eberhard Karls-Universität Tübingen) aufmerksam: die arbeitnehmerähnlichen Urheber. Er stellte die Frage, ob die arbeitnehmerähnliche Person nicht wie die Arbeitnehmerperson, d.h. wie ein Arbeitnehmerurheber behandelt werden müsse, mit der Folge, dass die strengen Anforderungen des § 43 UrhG auch auf diese Person anzuwenden seien. Flechsig war der Ansicht, dass die arbeitnehmerähnliche Person jedenfalls dann, wenn sie sozialversicherungsrechtlich so abgesichert sei wie ein Arbeitnehmer, auch aus urhebervertragsrechtlicher Sicht so behandelt werden müsse wie der Arbeitnehmerurheber. Eine aus der praktischen Arbeit herrührende Ergänzung erfolgte durch Rechtsanwältin Anke Stelkens (München). Sie beobachte insbesondere bei Designern, dass diese gar nicht mehr angestellt würden. Eine ähnliche Entwicklung sei bei Programmierern zu erwarten, da vermehrt Programmierleistungen ausgeschrieben wurden. Praktisch bedeute diese Entwicklung, dass die Urheber als Freiberufler ihre Urheberrechte und ihre Arbeitsleistung verkaufen sollten und letztendlich noch schlechter gestellt seien als bei einem Anstellungsverhältnis. Diese tatsächlichen Umstände müsse man sich bei der Beurteilung der Auswirkung des Urhebervertragsrechts klar machen. Stelkens ordnete die angestellten Urheber daher als privilegierte Personengruppe ein. In diesem Zusammenhang führte sie noch an, dass § 43 UrhG von Studenten regelmäßig falsch interpretiert würde – der Inhalt sei einfach schwer vermittelbar. Dieser kritischen Sicht auf das Verständnis von § 43 UrhG schloss sich Ann mit einem Hinweis auf den hierbei bestehenden Reformbedarf an. Eine Rechtfertigung dafür, bei angestellten Urhebern das Ergebnis dem Arbeitgeber zukommen zu lassen, sah Richter a.D. Prof. Dr. Eike Ullmann (Karlsruhe) in der Natur und dem Inhalt einer Anstellung. Konkret wies er auf die wirtschaftlichen Unterschiede hin, wonach bei einem angestellten Urheber das

_____ 20 Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.4.2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, Abl. EG Nr. L 111 S. 16 vom 5.5.2009. 21 Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2009/24/EG.

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von ihm Geschaffene häufig seine konkrete Arbeitsleistung darstelle. Etwas zu kreieren, Werbesprüche, Werbedesign, vielleicht auch Musik, sei die arbeitsrechtlich definierte Aufgabe und dementsprechend sei es auch gerechtfertigt, die wirtschaftliche Verwertung ohne Weiteres dem Arbeitgeber zuzuordnen. Beim Arbeitgebererfinderrecht sehe es wirtschaftlich ein wenig anders aus – es gebe nicht den angestellten Erfinder im engeren Sinne. Vielmehr werde im Rahmen der technischen Arbeit eine Erfindung gemacht. Deswegen könne hier die Privilegierung des Arbeitnehmererfinders etwas anders ausfallen, als die des Urhebers. Diese Differenzierung vermochte Ann nicht zu bestätigen. Auf den Punkt brachte es Prof. em. Dr. Johann Adrian (HumboldtUniversität zu Berlin), der ökonomische Aspekte für eine unterschiedliche Ausprägung der Persönlichkeitsrechte bei Urheber und Erfinder verantwortlich machte. Zunächst stellte er klar, dass es die im Patentschutz verwendete Bezeichnung des Innovationsschutzes im Urheberrecht gerade nicht gebe, woraus bereits Rückschlüsse auf die unterschiedliche Behandlung gezogen werden könnten. Er verwies in seinen Ausführungen weiterhin auf praktische Umstände, die den Arbeitsverhältnissen zu Grunde lägen. Schaue man sich die differenzierten Vergütungssätze im Arbeitnehmererfinderrecht an, zum Beispiel in der Chemie oder dem Maschinenbau, dann sehe man, welchen finanziellen Stellenwert die Information in diesem Bereich habe. Wenn man sich im Vergleich die Softwarebranche anschaue, sei zu erkennen, dass die Verwendung von Software-Programmen vergleichbar sei mit der Verwendung von Erfindungen, die dem Patentschutz zugänglich sind. Hieraus resultiere womöglich der Schritt, dem Arbeitgeber, d.h. dem Unternehmer, sofort diese Rechte an die Hand zu geben, die er sich sonst bei der Erfindung erst über die Inanspruchnahme holen müsse. Für das Ergebnis, dass ökonomische Aspekte die Ursache seien, warum im Rahmen des Erfinderschutzes die Anerkennung des Erfinders so stark ausgeprägt sei, erhielt Adrian umfassende Zustimmung von Ann. Ebenfalls pflichtete Prof. Dr. iur. Dipl. Biol. Herbert Zech (Basel) der Relevanz ökonomischer Aspekte bei und ergänzte diese kurz.

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Urhebervertragsrechtsreform oder die Leiden der Kreativen? Diskussionsbericht zum Vortrag von Prof. em. Dr. Artur-Axel Wandtke Die letzte Diskussionsrunde des Tages diente nicht nur dem Austausch über das zuvor von Prof. em. Dr. Artur-Axel Wandtke (Humboldt-Universität zu Berlin) in seinem Referat „Urhebervertragsrechtsreform oder die Leiden der Kreativen?“ Erläuterte, sondern bot zusätzlich Raum für eine übergreifende Abschlusserörterung. Zunächst verwies Ilja Braun (Berlin) auf das „Luksan“-Urteil des EuGH22, über dessen Inhalt gerade in Bezug auf die Verwertungsgesellschaften Uneinigkeit in der Runde bestand. Nach Ansicht Brauns sei der Entscheidung ein ausschließlicher Anspruch des originären Urhebers auf gesetzliche Vergütung zu entnehmen. Zudem bestehe eine Inkongruenz zwischen dem Ruf nach mehr Kontrolle und Selbstverwaltung in dem Sinne, dass Urheber die Lizenzen zur Nutzung ihrer Werke selbst vergeben, und dem Ruf nach Verwertungsgesellschaften. Entweder man brauche Verwertungsgesellschaften oder man brauche sie eben nicht. Im ersten Fall müsse die Verteilung dann aber auch entsprechend der tatsächlich eingebrachten Rechte erfolgen. Wandtke fügte den Hinweis an, dass die erwähnte Entscheidung keinerlei Aussage darüber treffe, wie die Verteilung vorgenommen werden solle. Zwischen der Frage der Verteilung und der Abtretung von Verwertungsrechten sei zu unterscheiden. Es wurde durch die Wahrnehmungsberechtigten und deren Interessenvertretern eine Verteilungsquote von 50% Verleger und 50% wissenschaftliche Autoren entschieden. Ob diese Quote gerecht ist, sei ein anderes Problem, als die Frage, ob diese Art der Verteilung an sich vorgenommen werden könne. Hieran anknüpfend kritisierte Dr. Martin Vogel (München) die gegenwärtige Praxis. Verwertungsgesellschaften würden Rechte, die ihnen die Berechtigten zur Wahrnehmung übertragen hätten, als Treuhänder an sich nehmen. Diesem Verständnis laufe es aber zuwider, wenn jemand, der 100% seiner Rechte bei den Verwertungsgesellschaften eingebracht habe, nur 50% der Vergütung ausgezahlt bekomme. Dies widerspreche dem Prinzip der Treuhand, dem die Verwertungsgesellschaften unterliegen würden. Vogel verwies diesbezüglich

_____ 22 EuGH GRUR 2012, 489 – Luksan/van der Let, m. Anm. Obergfell.

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auf das Urteil des Landgerichts München23 zur Ausschüttung eines Verlegeranteils. Den Ausführungen Vogels trat Dr. Robert Staats (Berlin) entgegen, indem er auf § 63a UrhG verwies, der ausdrücklich die Abtretung von Vergütungsansprüchen an Verlage, die die Rechte durch Verwertungsgesellschaften wahrnehmen lassen, erlaube. Es sei gerade auch Aufgabe der Verwertungsgesellschaften, für einen gerechten Ausgleich zwischen den Rechteinhabern zu sorgen. Dementsprechend sei es auch vollkommen legitim, einen innerhalb der gesamten Verwertungsgesellschaft einheitlich geltenden Verteilungsschlüssel zu verwenden. Die Vergütungsansprüche stünden eben nicht immer nur den Urhebern, sondern auch den Leistungsschutzberechtigten zu. Indem die Verlage hierzu nicht direkt gehörten, würden sie über die Urheber mittelbar einbezogen. Dieses Vorgehen sei nur konsequent und hieran ändere sich erst dann etwas, wenn den Verlagen ein eigenes Leistungsschutzrecht zukomme. Rechtsanwalt Dr. Gernot Schulze (München) lenkte daraufhin die Diskussion auf die bereits im Vortrag von Wandtke thematisierte Entscheidung des BGH zu Honorarvereinbarungen, wonach die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Inhaltskontrolle gemessen am Schutzgedanken des § 31 Abs. 5 UrhG entzogen sind.24 Er bedauere diese Rechtsprechung. Es müsse ein Weg gefunden werden, die Inhaltskontrolle durchzuführen. Auch wenn die konkrete Vergütungshöhe hierüber nicht kontrolliert werden könne, da diese nicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt werde, ließe sich so aber zumindest eine Vergütungsstruktur kontrollieren. Er plädierte dafür, der Intransparenz „einen Riegel vorzuschieben“. Zustimmend zur Ansicht Vogels betonte Braun, dass es nicht Aufgabe von Verwertern sei, die Nachteile auszugleichen, die Verleger hätten. Dies widerspreche dem Gerechtigkeitsgedanken. Der Geschäftsführer des Bundesverband Kamera e.V., Dr. Michael Neubauer (München), sah in diesem hitzigen Streit als schlimmste Folge, dass das Verwertungssystem in Misskredit falle. Zu diesem Ergebnis würde eine Vielzahl von Phänomenen beitragen. Neben der aktuellen Problematik der GEMA und der Einführung neuer Vergütungsstrukturen im Verhältnis zu Musikclubs und YouTube, trage auch die Diskussion in der Politik seinen Teil bei. Er betonte abermals die Stellung der Verwertungsgesellschaften als Treuhänder und Sachwalter. Als ursächliches Problem für die Ausschüttungsstreitigkeiten sah

_____ 23 LG München I GRUR-Prax. 2012, 355 (nicht rechtskräftig); die Berufung ist anhängig beim OLG München unter dem Az. 6 U 2492/12. 24 BGH GRUR 2012, 1031 – Honorarbedingungen Freie Journalisten.

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Neubauer den Mangel an Gegnerfreiheit. Eine weitere Schwierigkeit, welche noch nicht zur Sprache gekommen sei, Neubauer als Kameramann aber wohl bekannt sei, sei die angemessene Vergütung bei Filmen im Low Budget oder sogar No Budget Bereich. Grundsätzlich solle man erwarten können, dass für die Tätigkeit des Urhebers oder Leistungsschutzberechtigten beziehungsweise die Nutzung dessen Werkes irgendeine Vergütung gezahlt werde, also keine Nullvergütung, und sei es auch nur ein symbolischer Beitrag. Wenn aber die Urheber sich überhaupt nicht daran störten, dass sie nur eine stark herabgesetzte oder gar keine Vergütung erhielten, dann könne auch der Anspruch auf angemessen Vergütung nicht weiter helfen. Dieses Problem lasse sich ebenso auf Journalisten oder Fotografen übertragen. Plakativ und überspitzt bezeichnete Neubauer daher die meisten Kulturschaffenden, zumindest aus seiner Branche, als „Junkies“ und „schwer Gestörte“, die dem Werkschaffen um des Schaffens wegen verfallen seien. Sie würden getrieben von dem Gedanken, besser ohne Gehalt tätig zu werden als gar nicht beteiligt zu sein. Neubauer regte daher eine gesetzliche Regelung an, wonach eine Verwertung ausgeschlossen ist, wenn keinerlei Vergütung gezahlt werde. Nur bei einer überhaupt existierenden Vergütung dürfe das Werk z.B. gesendet werden. Die Intention Neubauers hierbei war der Schutz der Werkschaffenden insbesondere vor Altersarmut, bezüglich deren Existenz den meisten Werkschaffenden das Bewusstsein fehle. Vogel kam daraufhin noch einmal auf die Verwertungsgesellschaften zurück und betonte, dass in der „Luksan“-Entscheidung des EuGH ausdrücklich stehe, dass der Urheber die Zahlung und den Vergütungsanspruch erhalten müsse und dieser Zahlungsanspruch unverzichtbar sei. Vogel verwies zudem auf die Tatsache, dass die VG Wort nicht nur Rechte für Mitglieder wahrnehme. Die Mitgliederzahlen der Verwertungsgesellschaften seien verschwindend gering gegenüber der Anzahl von Wahrnehmungsberechtigten. Abschließend nahm Wandtke zu den verschiedenen Beiträgen Stellung. Zunächst nahm er sich der aktuellen BGH-Entscheidung zu Honorarvereinbarungen an, deren Begründung auf einer Stärkung der privatautonomen Vertragsgestaltung beruht.25 Wandtke verwies darauf, dass es bei der Vereinbarung der Hauptpflichten eines Vertrages zwischen Urheber und Verwerter, also der Rechteeinräumung betreffend Nutzungsrechten, an sich beiden Parteien gleichermaßen obliege, den Umfang zu bestimmen. In der Realität würden derartige Verhandlungen jedoch in der überwiegenden Anzahl der Fälle keiner auto-

_____ 25 BGH GRUR 2012, 1031 – Honorarbedingungen Freie Journalisten.

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nomen Vertragsgestaltung unterliegen. Er setzte sich dafür ein, der Vereinbarung überschießender Rechtekataloge, die der Verwerter für die Durchführung seiner Verwertung gar nicht benötigt, kritisch gegenüber zu stehen, denn dies widerspreche dem Leitbild des Urheberrechts, wonach die Urheber tunlichst an der Auswertung ihrer Werke beteiligt werden sollen. Dieser Gedanke könne jedoch nur umgesetzt werden, wenn die Rechte möglichst beim Rechteinhaber verblieben und der Urheber nicht unnötigerweise pauschal Rechte vergebe. Er halte es grundsätzlich für falsch, eine Inhaltskontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB am Maßstab des § 31 Abs. 5 UrhG mit der Begründung auszuschließen, dass dieser als Auslegungsregel nur Ersatzfunktion habe. Den wesentlichen Grundgedanken des Gesetzgebers auf die Auslegungsregeln zu reduzieren, sei nicht richtig. Vielmehr handele es sich bei Verträgen zur Übertragung von Nutzungsrechten an urheberrechtlich geschützten Werken um allgemeine zivilrechtliche Verträge, bei welchen die Frage nach der Wirkung solcher Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzuwerfen sei. Es seien die zwingenden Gründe, die den Gesetzgeber zu der Gesetzesformulierung bewegt hätten, einzubeziehen. Nach Wandtkes Ansicht sei dieses Problem, sofern § 31 Abs. 5 UrhG nicht als Maßstab herangezogen werden könne, über das Leitbild des § 11 S. 2 UrhG zu beheben. Wandtke bezog zudem allgemein Stellung zum Ansehen der Verwertungsgesellschaften. Zunächst stellte er klar, dass die Verleger sehr wohl etwas einbringen würden, nämlich Rechte wie das Vervielfältigungsrecht, welches beispielsweise bei der privaten Kopie eine Rolle spiele. Wandtke machte klar, dass seine Überlegungen nicht nur dogmatischer, sondern auch rechtspolitischer Natur seien. So stehe die grundsätzliche Frage im Raum, welche Konsequenzen ein solches System der Verwertungsgesellschaften haben müsse und solle. Er bekundete sein Unverständnis für die fehlende Aufgeschlossenheit der Öffentlichkeit für diesen Gedankengang. Bei der Betrachtung der Verwertungsgesellschaften würde lediglich auf die Position als Treuhänder abgestellt. Keinerlei Beachtung finde die soziale Kompetenz. Gesehen werde nur eine schlechte Behandlung der Urheber zugunsten einer Geldmaschine. Was bei der Beurteilung der Verwertungsgesellschaften aber scheinbar keine Rolle spiele, ist die Möglichkeit der Unterstützung für Urheber, die sich in einer Notlage befänden. Natürlich fänden auch umgekehrte Fälle statt. Dies könne jedoch kein Grund sein, allgemeine Schlüsse daraus zu ziehen, wenn ein Verleger einen Autor einmal nicht so vertraglich behandelt, wie es eigentlich sein müsse. Eine derartige Verallgemeinerung würde letztendlich dazu führen, dass Verwertungsgesellschaften nicht mehr in Anspruch genommen werden würden, die Verwerter sich selbst organisieren müssten und am Ende eine schlechtere Position für die Urheber entstehe. Der Gesetzgeber ver-

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suche, mit seinen Regelungen etwaige Ungleichbehandlungen soweit auszugleichen, dass besonders schwerwiegende Auswüchse verhindert werden. Die Frage der Vergütung müsse laut Wandtke in einem gesellschaftlichen Gesamtkontext gesehen werden. Es gebe Künstler und Urheber, die sehr gut verdienten und davon problemlos leben könnten. Andere seien Empfänger von Hartz IV. Für die Mehrheit werde die Vergütung in der Entwicklung aber immer geringer. Aufgabe des Urheberrechts sei nicht die Förderung der wenigen Stars. Vielmehr müsse für alle, also diejenigen, die im gesamtgesellschaftlichen Kontext an der Maschinerie beteiligt seien, eine tatsächliche Vergütung gewährleistet werden. Bezugnehmend auf den Beitrag Vogels verwies Wandtke auf den Inhalt der „Luksan“-Entscheidung,26 wonach es nur um die Zahlung der Vergütung ging. Der gesetzliche Vergütungsanspruch stehe den Urhebern zu und könne ihnen nicht genommen werden. Hingegen habe die Frage hinsichtlich der Aufteilung der Vergütung durch die Verwertungsgesellschaften keine Rolle gespielt. Abschließend stellte er mit Blick auf die „Padawan“-Entscheidung27 fest, dass die Frage nach einer angemessenen Vergütung28 nicht nur auf die Urheber reduziert werden dürfe, sondern auch bezüglich anderer möglicher Rechteinhaber, wie z.B. der Tonträgerindustrie, berücksichtigt werden müsse.

_____ 26 EuGH GRUR 2012, 489 – Luksan/van der Let, m. Anmerkung Obergfell. 27 EuGH GRUR 2011, 50 – Padawan/SGAE. 28 In der genannten Entscheidung ging es um einen „gerechten Ausgleich“ nach Art. 5 Abs. 2 lit. b der Info-Richtlinie 2001/29/EG.

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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren Verzeichnis der Autorinnen und Autoren Christoph Ann Verzeichnis der Autorinnen und Autoren Prof. Dr. iur. Christoph Ann LL.M. (Duke Univ.) ist Ordinarius und Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsrecht und Geistiges Eigentum an der TU München sowie Mitglied im Managing Board des Munich Intellectual Property Law Centers (MIPLC). Nach Promotion bei Volker Emmerich in Bayreuth und Habilitation bei Gottfried Christoph Schiemann in Tübingen war Christoph Ann von 2000 bis 2003 Professor für Privatrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht an der Universität Freiburg/Br. und dort im Nebenamt von 2001–2003 auch Richter am LG Mannheim, Kammer für Patent-, Marken- und Urheberstreitsachen. Nina Elisabeth Herbort Seit Januar 2012 ist Nina Elisabeth Herbort Doktorandin bei Prof. Dr. Eva Inés Obergfell im Bereich des Urheber- und Persönlichkeitsrechts sowie seit Oktober 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach ihrem Studium der Rechtswissenschaften in Berlin und Auslandsaufenthalten in Shanghai hat Nina Elisabeth Herbort im September 2011 ihr Erstes Juristisches Staatsexamen in Berlin abgelegt. Bis September 2012 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in einer energiewirtschaftlich ausgerichteten Kanzlei in der Abteilung für Gewerblichen Rechtsschutz in Berlin. Paul Katzenberger Rechtsanwalt Dr. iur. Paul Katzenberger, geb. 1937 in München, absolvierte das Studium der Rechtswissenschaften sowie das 1. und 2. Juristische Staatsexamen in München. 1967 erfolgte die Promotion zum Dr. iur. Bis 1971 war Paul Katzenberger Wissenschaftlicher Assistent bei Prof. Dr. Eugen Ulmer, Ludwig-Maximilians-Universität München, anschließend Wissenschaftlicher Referent und dann Abteilungsleiter am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht (jetzt: für Immaterialgüterund Wettbewerbsrecht), München. Paul Katzenberger ist seit 2002 Forschungsgruppenleiter i.R. und Rechtsanwalt in München. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, geb. am 26. Juli 1951 und aufgewachsen in Minden (Westfalen), verwitwet, ist seit Oktober 2009 Bundesministerin der

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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Justiz und seit Mai 2011 stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP. Sie studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Göttingen und Bielefeld. Nach dem 2. Staatsexamen war sie im Deutschen Patentamt in München, zuletzt als Leitende Regierungsdirektorin, beschäftigt (1978–1990). Seit 1978 ist sie Mitglied der FDP und seit 1990 Mitglied des Deutschen Bundestages (Wahlkreis Starnberg/Bayern). Von Mai 1992 bis Januar 1996 war Sabine LeutheusserSchnarrenberger Bundesministerin der Justiz; sie trat nach dem Mitgliederentscheid der FDP zum sog. „großen Lauschangriff“ zurück. Von Juli 1997 bis Ende 2009 war sie als Rechtsanwältin in München tätig. Seit 1997 ist Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Mitglied des Bundespräsidiums der FDP und seit Dezember 2000 Vorsitzende des FDP-Landesverbandes Bayern; von September 2005 bis Oktober 2009 war sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende und rechtspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion. Die Schwerpunkte ihrer politischen Arbeit liegen im Bereich der Rechts-, Innen und Menschenrechtspolitik. Axel Metzger Axel Metzger, geb. 1971, Dr. iur., LL.M. (Harvard), ist seit 2008 Professor für Zivilrecht, Geistiges Eigentum, Informationstechnologierecht und internationales Privatrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Hannover. Er war nach der Promotion am Münchener Max-Planck-Institut für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht (2000–2002) als Referent am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg tätig (2002–2008). Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen geistiges Eigentum, Informationstechnologierecht, europäisches und internationales Privatrecht. Er ist Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Recht und Informatik (DGRI) sowie von ALAI Deutschland. Axel Metzger ist Herausgeber des Journal of Intellectual Property, Information Technology and E-Commerce Law – JIPITEC. Christopher Nohr Seit 2009 ist Christopher Nohr Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medienrecht und Kommunikationsrecht der Universität zu Köln. Von März 2011 bis Januar 2013 war er in der Projektbetreuung im Justitiariat des WDR zur Vorbereitung und Koordination der Verhandlungen der Tarifverträge über die Urheberrechte als freier Mitarbeiter tätig. Von Januar 2008 bis Dezember 2008 arbeitete Christopher Nohr als Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, Abteilung IP/IT, in Köln. Im Jahr 2007 war er freier Mitarbeiter im Repetitorium Jura Intensiv, Köln. Das Studium der Rechtswissenschaften absolvierte er von 2001 bis 2007 in Köln.

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

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Eva Inés Obergfell Prof. Dr. Eva Inés Obergfell ist seit 2011 Universitätsprofessorin für Bürgerliches Recht, Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie ist seit 2013 geschäftsführende Mitdirektorin des Josef Kohler-Instituts für Immaterialgüterrecht in der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen des Geistigen Eigentums und Wirtschaftsrechts, Internationalen Privatrechts und Erbrechts. Eva Inés Obergfell studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Bielefeld, Strasbourg und Konstanz. Sie wurde in Konstanz promoviert (2000), war als Rechtsanwältin in Berlin (2002–2003) sowie als Wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Wirtschaftsrecht und Geistiges Eigentum an der Technischen Universität München bei Prof. Dr. Christoph Ann, LL.M. tätig (2004–2011) und habilitierte sich 2010 an der Universität Konstanz. Karl-Nikolaus Peifer Prof. Dr. iur. Karl-Nikolaus Peifer ist seit 2004 Universitätsprofessor an der Universität zu Köln und leitet das dortige Institut für Medienrecht und Kommunikationsrecht. Er ist zudem Mitdirektor des Instituts für Rundfunkrecht an der Universität zu Köln. Karl-Nikolaus Peifer studierte Rechtswissenschaften, Volkswirtschaftslehre und romanische Sprachen an den Universitäten Trier, Bonn, Hamburg und Kiel, war Stipendiat des Max-Planck-Instituts für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht in München, wissenschaftlicher Assistent an der Universität Kiel sowie ordentlicher Professor an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder und der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2003 ist Karl-Nikolaus Peifer Richter im Nebenamt beim Oberlandesgericht Hamm. Seine Forschungsinteressen und Lehrgebiete umfassen das Bürgerliche Recht, das Wirtschaftsrecht sowie das Recht des Geistigen Eigentums und das Medienrecht. Karin Schubert Rechtsanwältin Karin Schubert, geb. 1944, studierte Rechtswissenschaften in Köln. Sie war zunächst als Richterin in Wuppertal und Düsseldorf tätig (1973– 1988). Nachdem sie bis 1991 Referatsleiterin im Ministerium für Europa- und Bundesangelegenheiten des Landes Nordrhein-Westfalen war, wechselte sie nach der „Wende“ zum Landgericht Neubrandenburg, als dessen Präsidentin sie von 1992 bis 1994 amtierte. 1994 wurde Karin Schubert zur Justizministerin des Landes Sachsen-Anhalt ernannt. Im Jahr 2002 wechselte sie als Senatorin für Justiz und Bürgermeisterin für eine Legislaturperiode nach Berlin. Seit 2007 ist Karin Schubert als Rechtsanwältin in Berlin tätig. Ihre Arbeitsschwerpunkte

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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

sind das Familienrecht und das Erbrecht. Karin Schubert ist unter anderem Mitglied des Kuratoriums der Friedrich-Ebert-Stiftung, Gründungsmitglied und Schirmherrin des Landesverbandes der Jugendrechtshäuser e.V., Präsidentin des Ehrenkomitees INITIATIVE TOP 500, Vorsitzende des Europäischen Freundeskreises Julius-Stern-Institut der UdK Berlin, stellvertretende Vorsitzende des Wirtschaftsbeirates der Arbeiterwohlfahrt Berlin/Brandenburg sowie Mitglied verschiedener Beiräte und Aufsichtsräte. Christian Sprang Rechtsanwalt Dr. phil. Christian Sprang ist seit 2001 Justiziar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Nach dem Studium der Rechts- und Musikwissenschaft an den Universitäten Marburg, Osnabrück und Göttingen und einem Forschungsaufenthalt in Paris als Stipendiat des DAAD verfasste er eine preisgekrönte musikwissenschaftliche Dissertation zum Thema „Grand Opéra vor Gericht“. Sein Referendariat absolvierte Christian Sprang beim Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg mit Auslandsstation in Wellington, Neuseeland. Er war Justiziar des Musikverlags Schott Musik International in Mainz (1994– 2000), hat seit 1995 Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen inne und leitet Seminare, Expertentagungen und Fachanwaltslehrgänge zum Urheber- und Verlagsrecht. Christian Sprang arbeitet in internationalen verlagsrechtlichen Gremien mit und veröffentlicht zu urheberrechtlichen und urheberrechtspolitischen Themen. Artur-Axel Wandtke Prof. em. Dr. iur. Artur-Axel Wandtke ist Emeritus für Bürgerliches Recht, Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach dem Studium in Berlin folgte 1974 die Promotion zum Dr. iur. („Arbeitsrechtliche Streitigkeiten und Schlussfolgerungen für die Betriebe“) und 1980 die Habilitation zum Dr. sc. („Zur Normsetzung der ILO“). Nach Tätigkeiten als Justitiar der Komischen Oper Berlin und als Dozent am Institut für Kulturforschung in Berlin ist er seit 1988 ordentlicher Professor der HumboldtUniversität zu Berlin. Seit 2010 ist er Vorstandsmitglied der VG Wort.