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German Pages 157 [158] Year 2004
Zehn Jahre Hochschulreformen seit dem Eckwertepapier
Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 165
Zehn Jahre Hochschulreformen seit dem Eckwertepapier Anstöße, Maßnahmen, Erfolge
Herausgegeben von
Gisela Färber und Sandra Renn
Duncker & Humblot · Berlin
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0561-6271 ISBN 3-428-11477-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Die Regierungschefs von Bund und Ländern hatten am 17. Dezember 1992 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt, die konkrete Entscheidungsvorschläge zur Hochschul-, Forschungs- und Bildungspolitik und zur kurz- und mittelfristigen Finanzierung dieser Politikbereiche unterbreiten sollte. Der Bericht dieser Arbeitsgruppe kann als Startpunkt zu einer neuen Welle von Hochschulreformen angesehen werden, die - vielleicht nicht von ungefähr - in die sehr weiterreichenden Reformen in der Folge der Beschlüsse der Konferenz von Bologna mündete. Ungewöhnlich für diese Arbeitsgruppe war, dass ihr nicht nur hochrangige Vertreter von Bund und Ländern angehörten, sondern auch Vertreter von fünf Finanzressorts: der Bundesminister der Finanzen und vier Vertreter der Finanzministerkonferenz aus Nordrhein-Westfalen, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Somit sollte die Ressourcenausstattung des Bildungs- und Wissenschaftsbereichs in die Reformagenda einbezogen werden. Bezeichnenderweise blieben jedoch die Fragen der Finanzierung strittig. Die Finanzierungsprobleme der deutschen Einigung und der Mitte 1993 einsetzende konjunkturelle Rückgang führten anstelle einer maßvollen Ausweitung der Finanzausstattung für Bildung und Wissenschaft zu größeren Kürzungen vor allem im Hochschulbereich. Diese Entwicklung dürfte aber auch den verschiedenen Versuchen, Effizienzreserven bei Universitäten und Fachhochschulen zu heben, weiteren Vorschub geleistet haben. Der vorliegende Tagungsband geht auf eine Tagung an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer zurück, auf der verschiedene Reformansätze und ihre praktische Umsetzung zehn Jahre nach dem sogenannten Eckwertepapier in einer Gesamtschau evaluiert wurden. Im Zentrum stand die Frage, ob seine Empfehlungen und welche von ihnen umgesetzt wurden. Zu den Kernthemen binnenstruktureller Erneuerung, zu denen 1992/93 im Übrigen noch nicht die Neuausrichtung der Studiengänge in Bachelor- und Masterstudiengänge zählte, gehörten u.a. eine leistungsorientierte Besoldungsreform für Hochschullehrer, regelmäßige Evaluierungen der Lehre, die Einführung leistungsorientierter Finanzierungsschlüssel, mehr Autonomie für Hochschulen auch im Bereich der Ressourcenverantwortung durch Globalhaushalte und schließlich Maßnahmen zur Verkürzung der Studienzeiten. Relativ spät, nämlich erst 2000/2001 wurden in einigen Ländern Kommissionen eingesetzt, die Empfehlungen zur strategischen Ausrichtung der Hochschullandschaft ei-
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Vorwort
nes Landes erarbeiten sollten. Die Beispiele von Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen werden in diesem Band präsentiert. Die Beiträge dieses Tagungsbandes wurden als „best-practice"-Fälle ausgewählt. Das heißt sie stehen nicht alleine, denn in allen deutschen Ländern wurden seit spätestens Mitte der Neunzigerjahre mehr oder weniger weitreichende Strukturreformen in und mit den Hochschulen durchgeführt. Die präsentierten Fälle zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine jeweilige Vorreiterrolle innehatten, besonders weitreichende Veränderungen anstießen oder bereits Erfahrungen über Verwaltungsänderungen und Probleme vorlagen. Die letzten beiden Beiträge des Bandes, von Andrea Schenker-Wicki und Klaus Landfried, sowie die Dokumentation der abschließenden Podiumsdiskussion sollen den Blick auf die zukünftige Entwicklung der deutschen Hochschulen richten. Gerade das Beispiel der Hochschulfinanzierung in der benachbarten Schweiz richtet die Aufmerksamkeit auf die Finanzierungsprobleme des deutschen Fiskalföderalismus, unter dem die deutschen Hochschulen zunehmend leiden. Denn die trotz aller Neuerungen weiterhin unitarische Finanzierung aus dem Steueraufkommen der Länder nach Finanzausgleich und die starre Mischfinanzierung des Hochschulbaus verhindern, dass die Hochschulen die ihnen innewohnenden Leistungspotentiale tatsächlich erschließen, weil sie sich die dafür notwendigen Ressourcen im Wettbewerb unter den Hochschulen in Deutschland und auch zur übrigen Welt nicht selbst verdienen können. Auch vor diesem Hintergrund darf die Prognose gewagt werden, dass die Reformen in den deutschen Hochschulen weitergehen werden, ja dass sie zehn Jahre nach dem Eckwertepapier gerade erst angefangen haben. Man darf die weitere Entwicklung mit Spannung verfolgen. Speyer, im Oktober 2003
Gisela Färber Sandra Renn
Inhaltsverzeichnis
Zehn Jahre Hochschulreformen seit dem „Eckwertepapier" Von Josef Mentges
Die Arbeit der Expertengruppe „Wissenschaftsstruktur" in Sachsen-Anhalt Von Wolf gang Eichler
Profilbildung an den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen - der Expertenrat und die Umsetzung seiner Empfehlungen Von Thomas Grünewald
Die Dienstrechts- und Besoldungsreform für Hochschullehrer Von Reimund Scheuermann
Flächendeckende und systematische Evaluation von Lehre und Studium Erfahrungen in Niedersachsen Von Hermann Reuke
Hochschulfmanzierung: Einige Anmerkungen zu Globalhaushalten und leistungsorientierten Finanzierungsschlüsseln Von Rolf-Dieter Posdep
Die Globalhaushalte der niedersächsischen Fachhochschulen Von Dieüinde Valentien
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Inhaltsverzeichnis
Haushaltsfinanzierung und Studienkonten in Rheinland-Pfalz Von Carsten Kühl
Das System der Hochschulfinanzierung in der Schweiz ein weiterführender Ansatz für Deutschland Von Andrea Schencker-Wicki
Perspektiven der Hochschulreformen in Deutschland Von Klaus Landfried
Podiumsdiskussion zum Thema: Gelungene Modernisierung, verdeckter Widerstand, zukünftiger Handlungsbedarf: Wie weit ist der Wandel der deutschen Hochschulen gediehen? Mit Theresia Bauer, Klaus Landfried\ Leitung: Gisela Färber
Verzeichnis der Autoren und Podiumsteilnehmer
Thomas A.H Schock.
Zehn Jahre Hochschulreformen seit dem „Eckwertepapier"
Von Josef Mentges Sehr geehrter Herr Rektor Prof. Dr. Fisch, sehr geehrte Frau Prof. Dr. Färber, ich bedanke mich für die Einladung, heute zu dem Thema der Veranstaltung sprechen zu dürfen.
I. Einleitung Ich halte es für eine lohnende Idee, sich einmal anzuschauen, was aus dem guten alten Eckwertepapier geworden ist. Das sog. „Eckwertepapier" - es wurde auch schon damals in distanzierende Anführungszeichen gesetzt, so als habe man sich bei diesem Vorhaben nicht ganz wohl gefühlt; es wurde im Rahmen der Bund-Länder-Kommission von einer Staatssekretärsarbeitsgruppe Anfang der 90er-Jahre beraten und 1993 verabschiedet; es sollte als Grundlage für ein Bildungspolitisches Spitzengespräch zwischen Bundeskanzler und Ministerpräsidenten noch im Jahr 1993 dienen. Im ersten Teil meiner Ausführungen möchte ich eher allgemein auf das Eckwertepapier, seine Motivation und die Entwicklung solcher Reformpapiere eingehen. In dem zweiten, etwas längeren Teil werde ich dann anhand einiger Beispiele aufzeigen, was aus den Vorschlägen geworden ist bzw. wie ich sie aus der Sicht heutiger Überlegungen qualifizieren möchte. Das Eckwertepapier resultierte im Wesentlichen aus der Unzufriedenheit mit dem zu langwierigen und unstrukturierten Universitätsstudium. Man versuchte, eine Vielzahl mehr oder weniger konkreter Maßnahmen und Ziele bis hin zu finanziellen Konsequenzen aufzulisten, um insbesondere zu einer Verkürzung des Universitätsstudiums zu kommen. Es war nicht das einzige überregional verhandelte Reformpapier im Wissenschaftsbereich der damaligen Zeit. Gewissermaßen als Vorläuferversion auf Länderebene gab es eine Vorlage der Finanzministerkonferenz und der Kultusministerkonferenz an die Ministerpräsidenten der Länder mit dem Datum vom 22.05.1992. Sie sprach sich für ei-
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ne finanzielle Entlastung der Länder durch den Bund aus, um die Länder in die Lage zu versetzen, die Lehrkapazitäten an den Hochschulen zu erhöhen und die Studienzeiten zu verkürzen. Das strategische Ziel der finanziellen Entlastung der Länder wurde auch in das Eckwertepapier transportiert; und dies ist eine der historischen Besonderheiten dieses Reformpapiers. Das Zusammenwirken der Fachminister und der Finanzminister sowie der Versuch, nicht nur Reformen, sondern auch deren Kostenfolgen zu beschreiben, was die Beratungen naturgemäß nicht gerade einfacher machte. Die Ziele jedoch, auf die sich diese beiden Ministerkonferenzen gemeinsam verpflichten, müssten in der Umsetzung leichter zu erreichen sein. Ich möchte die finanziellen Aspekte nicht weiter behandeln, sondern mich auf die inhaltlichen Reformmaßnahmen konzentrieren. Bemerken möchte ich nur am Rande, dass die strittigen Teile des Eckwertepapiers dadurch kenntlich sind, dass sie kursiv gedruckt wurden. Während dies im inhaltlichen Teil eher die Ausnahme ist, erscheint fast der gesamte Teil E „Kosten und Finanzierung" in kursiver Schrift. Die Finanzen haben es also in sich! Ferner ist in diesem Zusammenhang auf die Empfehlungen des Wissenschaftsrates „10 Thesen zur Hochschulpolitik" vom 22.01.1993 und auf die von Kultusministerkonferenz und Hochschulrektorenkonferenz im Juli 1993 proklamierte Umsetzung der Studienstrukturreform hinzuweisen. Also fast eine Flut von Reformpapieren in einem kurzen Zeitraum, die sich nicht grundlegend voneinander unterschieden. Sie dienten dem Zweck, die zuständigen Gremien und Verantwortlichen auf gemeinsame Reformziele und -maßnahmen einzuschwören und zu verpflichten. Schicksal solcher Papiere ist es, einmal mühsam verabschiedet und mit Kompromissen durchsetzt, dann in die noch schwierigere Umsetzungsphase eintreten zu müssen, anfangs als Bibel und Handlungsanleitung vielfach zitiert, um dann irgendwann aber eher in der Schublade gelassen zu werden und allmählich in Vergessenheit zu geraten. Ich jedenfalls habe das Eckwertepapier schon seit Jahren nicht mehr erwähnt. Das heißt nicht, dass ich solche Reformpapiere fur nutzlos hielte. Der Versuch, gemeinsam Ziele zu definieren und Maßnahmen vorzuschlagen, ist erforderlich, um neue Entwicklungen anzustoßen und zum Erfolg zu führen. Dabei ist eine Reform, hier im speziellen Fall die Hochschulreform, natürlich kein einmaliges oder nur in langfristigen Abständen durchzuführendes Unternehmen, sondern eine dauernde Aufgabe. Da sich die Gesellschaft und ihre Institutionen ständig fortentwickeln und wandeln, immer schneller wandeln, muss dies selbstverständlich auch auf die Aufgaben und die Rolle der Hochschulen Rückwirkungen haben. Die Ziele, die sich im Bewusstsein der Verantwortlichen festgesetzt haben, können auch dann fortwirken, wenn das zu Grunde liegende Programmpapier weg gelegt ist. Werden Ziele verfehlt; dann wird man versuchen, mit anderen Maßnahmen oder Mitteln diese Ziele dennoch zu erreichen. Möglicherweise
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werden sie aber auch durch andere Überzeugungen und Akzentsetzungen überlagert und damit in Teilen nicht mehr zeitgemäß und unmodern. Hierzu trägt auch bei, dass im Wechsel der politischen Verantwortung in Bund und Ländern ein einmal erreichter Konsens bröckeln kann bzw. selbst bei weiterbestehender Übereinstimmung über grundlegende Ziele dies im Wettbewerb zwischen den Ländern partiell mit neuen Ideen und Maßnahmen weiter betrieben wird. Ich persönlich war sehr gespannt, dieses aus Anlass der am heutigen Tag beginnenden Veranstaltung am Beispiel des Eckwertepapiers nachzuverfolgen. Zumal ich damals als Referent fur Hochschulplanung im rheinland-pfälzischen Wissenschaftsministerium und als Begleiter des Staatssekretärs an der Diskussion mitwirken durfte. Auf der Suche nach dem Eckwertepapier fand ich tatsächlich fast auf Anhieb in meinem Schrank ein etwas angegilbtes Exemplar. Ich hatte also offensichtlich darauf vertraut, das Papier später einmal wieder zu brauchen. Ich will nun also den Versuch machen, aus der Sicht des Vertreters eines Landes exemplarisch aufzuzeigen, welche Ziele des Eckwertepapiers erreicht wurden, welche Ziele nicht erreicht sind, welche Bereiche erst heute in Angriff genommen werden und welche heute zentralen Themen damals fehlten oder nur randständig auftauchten. Ich möchte dies anhand von sieben Beispielen betrachten: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
der Studienzeitverkürzung und der Reform der Studienstruktur, dem Fachhochschulausbau, der leistungsbezogenen Hochschulfinanzierung, der Dienstrechtsreform, der wissenschaftlichen Weiterbildung, der Internationalisierung, den Neuen Medien.
II. Welche Ziele sind in den vergangenen zehn Jahren erreicht worden? 1. Studienzeitverkürzung
und Reform der Studienstruktur
Ich möchte mit dem Unangenehmen anfangen: Was ist nicht erreicht worden? Lässt man die Teile des Papiers, die sich mit Forschung und Berufsausbildung sowie der besonderen Situation in den neuen Ländern befassen, weg, ist eines der wichtigsten Ziele, ich deutete es anfangs an, die Verkürzung des Universitätsstudiums: Gewissermaßen aus allen Knopflöchern schimmert es hervor. Bereits in Nr. 2 der Präambel heißt es markig: „Das Universitätsstudium muss reformiert und vor allem auf eine Studienzeit von real vier bis fünf Jahren verkürzt werden." Als Maßnahmen, die hier im Rahmen einer Studienstrukturreform direkt oder indirekt dazu beitragen sollten, werden z.B. differenzierte Studienangebote, Festlegung von Regelstudienzeiten und strukturell-quanti-
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tativer Eckwerte, der Ausschluss von missbräuchlichem Studienfachwechsel (was ist das eigentlich?) etc. genannt. Dieses Oberziel, die Verkürzung der Studienzeiten, das muss man peinlicherweise nüchtern eingestehen, ist nicht erreicht; das gilt mehr oder weniger für alle Länder. Die Daten des Wissenschaftsrates, der in regelmäßigen Abständen die Entwicklung der effektiven Studienzeiten in einzelnen Studiengängen untersucht, sind eindeutig. Sie belegen, dass sich zwar in verschiedenen Studiengängen die Studienzeiten verkürzen, in anderen wiederum aber verlängern; wobei dies zwischen einzelnen Universitäten in denselben Studiengängen sehr stark auseinander laufen kann. Insgesamt kann von einer durchgreifenden Veränderung keine Rede sein. Seit über fünf Jahren liegen die effektiven Studienzeiten in Geistes-, Gesellschafts- und in Naturwissenschaften an den Universitäten fast gleichbleibend bei durchschnittlich 11,5 Semestern, während das Eckwertepapier einen Regelwert von neun Semestern vorgibt. An dieser Stelle möchte ich einflechten, dass das Eckwertepapier übrigens nicht ganz so vergessen ist, wie ich anfangs undifferenziert suggeriert habe. Die Kultusministerkonferenz beschloss damals, in ihren Studierenden- und Absolventenprognosen nicht nur die aus der Wirklichkeit entlehnten Studiendauern als Parameter aufzunehmen, sondern auch mit den genannten Vorgaben des Eckwertepapiers Alternativrechnungen durchzufuhren. Dies wird auch heute noch getan; allerdings sind die Ergebnisse über die Jahre hinweg so unrealistisch, dass dieser Beschluss derzeit überprüft und das Eckwertepapier dann möglicherweise offiziell ein Stück relativiert wird. Das Ziel, einen frühzeitigen Berufseintritt von Studierenden zu ermöglichen, ist nach wie unumstritten. Allerdings wird die Studienzeitverkürzung heute nach meinem Eindruck nicht mehr in dieser Absolutheit gesehen wie vor zehn Jahren. Deutliches Beispiel ist, dass immer wieder der Vorschlag unterbreitet wird, einen formalen Teilzeitstudierendenstatus einzuführen. Ich halte das zwar nicht für sinnvoll; aber dies zeigt, dass man ein geändertes Studierverhalten zur Kenntnis nimmt, das sich kaum wieder zurück drehen lässt und dem man Rechnung tragen sollte. Man wird vermehrt darüber nachdenken müssen, wie man durch eine Vernetzung von Berufsausbildung, Berufstätigkeit, beruflicher Weiterbildung und Hochschulausbildung geeignete Angebote bereit stellen kann, damit man diese verschiedenen Phasen miteinander verschränken und parallel fuhren kann. Rheinland-Pfalz hat mit seinen berufs- und ausbildungsintegrierten Studiengängen gute Erfahrungen gemacht und wird dies ausbauen. Manch ein Land glaubt, mit Langzeitstudiengebühren gegensteuern zu können. Im Eckwertepapier tauchte diese Möglichkeit bereits vorsichtig auf, wenn auch mit vielen „Wenns und Abers" versehen. Ich zitiere: „Wenn und soweit durch Umsetzung der Studienstrukturreform und Schaffung angemessener Studienbedingungen die Voraussetzungen dafür gegeben sind, dass das jeweilige
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Studium innerhalb der Regelstudienzeit absolviert werden kann, muss auch von Studierenden erwartet werden, dass sie sich an den Vorgaben für ein zügiges Studium orientieren". Ein wenig später heißt es: „Um darauf hinzuwirken, dass die Regelstudienzeiten eingehalten werden, kommen folgende Maßnahmen in Betracht:" Als letzte Maßnahme werden dann Studiengebühren bei wesentlicher Überschreitung der Regelstudienzeit genannt. Wir gehen diesen Weg nicht. Minister Zöllner setzt dem sein Studienkontenmodell entgegen, das sowohl Anreize für ein Studium möglichst in der Regelstudienzeit setzt, gleichzeitig aber Raum für individuelle Entscheidungen für ein längeres Studium aus welchen Gründen auch immer lässt. Ich werde an anderer Stelle noch darauf eingehen. Die bessere Strukturierung des Studiums ist heute weiter einvernehmliches Ziel. Allerdings hat auch hier eine Akzentverschiebung eingesetzt. Regelstudienzeiten und quantitative Eckwerte sind weiterhin wichtig, weil sie Orientierung geben. Heute tauchen aber neue Stichworte auf: Modularisierung, European Credit Transfer System (ECTS), gestufte Studiengänge mit den international üblichen Bachelor- und Masterabschlüssen usw.
2. Ausbau der Fachhochschulen Ein weiteres herausragendes Ziel des Eckwertepapiers war der quantitative und fächermäßige Ausbau der Fachhochschulen. Ein eigener Abschnitt, Abschnitt II, ist ihm gewidmet. Den Studierenden sollte eine ausreichende Zahl kürzerer und anwendungsbezogener Studiengänge angeboten werden. Hier haben wir in Rheinland-Pfalz einiges erreicht. Wir haben im Rahmen der Konversion von Militärstandorten und im Rahmen des Bonn-Berlin-Ausgleichs drei neue Fachhochschulstandorte in Zweibrücken, Birkenfeld und Remagen gegründet. Damit wurden 3.400 zusätzliche Studienplätze eingerichtet, ein Zuwachs von immerhin über 21 % im Fachhochschulbereich. Damit konnten eine Reihe neuartiger Studiengänge gegründet werden, ganz im Sinne des Eckwertepapiers. Dieser Ausbau ist auch eine wesentliche Ursache, dass Rheinland-Pfalz inzwischen einen positiven Wanderungssaldo bei den Studienanfängern zu verzeichnen hat, Während noch Anfang der 90er-Jahre ca. 13 % mehr RheinlandPfälzer in anderen Bundesländern studiert haben, als aus anderen Bundesländern nach Rheinland-Pfalz zum Studium gekommen sind, hat sich dies in letzter Zeit umgekehrt. Aus dem Studienanfängerexport wurde seit 1999 ein Import mit zunehmender Tendenz. Allerdings muss konstatiert werden, und das betrifft wiederum alle Länder, dass sich die Erwartung bislang nicht erfüllt hat, der deutliche Ausbau im
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Fachhochschulbereich und die weitgehende Beseitigung des damals fast flächendeckenden Numerus clausus werde quasi von selbst bewirken, dass ein erheblich höherer Anteil der Studienanfänger zu den Fachhochschulen streben werde und dadurch die Universitäten entlastet würden. Als Zielgröße wurde im Eckwertepapier bis 2000 ein Studienanfängeranteil von 35 % genannt; später sollte eine Erhöhung auf mindestens 40 % angestrebt werden. In RheinlandPfalz haben wir 2001 einen Anfängeranteil von 37 %. Dies ist im bundesweiten Vergleich sicher ein Spitzenwert und man könnte also zufrieden sein. Der Blick über die Jahre hinweg zeigt aber, dass wir zur Zeit der Beratung des Eckwertepapiers mit rund 35 % einen ähnlich guten Anteil hatten. Die Entwicklung in der Zwischenzeit wurde durch die bundesweite Krise der ingenieurwissenschaftlichen Fächer in den 90er-Jahren verhagelt. Eine wesentliche Steigerung des Anteils wird sich nur dann auf Dauer etablieren, wenn der gegenwärtige Trend zurück zu den ingenieurwissenschaftlichen Fächern anhält und das Fächerspektrum der Fachhochschulen weiter ausgedehnt wird. Von entscheidender Bedeutung ist ferner, dass einige Rahmenbedingungen, die die andersartige, aber gleichwertige Fachhochschule noch behindern, zu ihren Gunsten verändert werden. Das fängt schon bei der Beratung in der Schule an; dort darf nicht die Universität, an der die Lehrer ihre Ausbildung genossen haben, als das eigentliche Studienziel vermittelt werden. Ebenso wichtig ist, dass nun mit der Dienstrechtsreform im Prinzip gleiche Professorenämter an Universitäten und Fachhochschulen möglich sind und dass mit dem Masterabschluss an Fachhochschulen der unmittelbare Promotionszugang an Universitäten gewährt wird. Schließlich hat sich bislang die ausschließliche Zuordnung der Absolventen zum gehobenen Dienst als Barriere für das Fachhochschulstudium ausgewirkt. Gegenwärtig laufen Gespräche zwischen Kultusministerkonferenz und Innenministerkonferenz, die erstmals hoffen lassen, dass es für den Fachhochschulmaster entsprechend dem Votum der Kultusministerkonferenz zu einem wichtigen Durchbruch kommen kann.
3. Leistungsbezogene Hochschulfinanzierung Ich möchte nun zu einem weiteren Bereich kommen, der für die Hochschulreform in Rheinland-Pfalz eine zentrale Bedeutung einnimmt: Das sind die leistungsbezogenen Hochschulfinanzierungssysteme. Hier glauben wir, bundesweit eine fuhrende Rolle einzunehmen. Im Eckwertepapier heißt es hierzu unter dem Thema Maßnahmen zur Verbesserung der Lehre: „Mittelzuweisung nach erfolgs- und qualitätsorientierten Kriterien". Ein weiter aktuelles Ziel, wie sich schon daran zeigt, dass es 1998 im Hochschulrahmengesetz als Gesetzesauftrag verankert worden ist. „Beginnend ab 1994" wurde im Eckwertepapier als Zeithorizont festgelegt. Dem konnten wir entsprechen, weil wir parallel zum Eck-
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wertepapier bereits das Mittelbemessungsmodell zusammen mit den Hochschulen entwickelt hatten. Seitdem verteilen wir jährlich sämtliche laufenden Mittel für Forschung und Lehre, derzeit sind das knapp 40 Mio. Euro, nach Kriterien zwischen den Hochschulen, die sich an Belastung und Leistung orientieren, und zwar entsprechend den Bereichen, wie sie in den zehn Thesen des Wissenschaftsrates empfohlen wurden: Neben einer Grundausstattung in Höhe von 20 % fließen die anderen Mittel in Zusatzausstattungen für die Bereiche Lehre, Forschung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. In der Zusatzausstattung Lehre werden nur die Studierenden in der Regelstudienzeit berücksichtigt; ohne dass dies - wie erwähnt - die Hochschulen bislang zu ausreichendem Reformstreben veranlasst hat. Daneben aber auch die Zahl der Absolventen, sodass es sich für die Hochschulen auf jeden Fall - unabhängig von der Studiendauer - lohnt, Studierende zum Abschluss zu bringen. Die Zusatzausstattung Forschung wird ausschließlich nach dem Umfang der eingeworbenen Drittmittel verteilt. Zusätzlich ist inzwischen im Personal- und Studierendenbereich eine Frauenkomponente integriert. Für besonders wichtig halte ich hierbei, dass Universitäten und Fachhochschulen, wenn auch mit spezifischen Gewichtungsfaktoren in demselben System unmittelbar miteinander konkurrieren. Zugegebenermaßen ist dies ein einfaches und holzschnittartiges System, das keinen Anspruch auf Detailgerechtigkeit - falls es die überhaupt geben kann - oder Punktgenauigkeit erhebt. Gerade in dieser Einfachheit und Transparenz liegt aber seine Überzeugungskraft; das kann man glaube ich sagen, nachdem wir es fast seit zehn Jahren praktizieren. Ich halte auch den Einwand, der bisweilen gegen solche Parametersysteme erhoben wird, man messe Quantität statt Qualität, nicht für gerechtfertigt. Es ist nicht bestreitbar, dass eine über die Jahre weg hohe oder steigende Drittmittelsumme einer Hochschule oder eines Fachbereichs dafür stehen kann, dass dort besonders aktiv qualitativ anspruchsvolle Forschung betrieben wird. In der öffentlichen Forschungsforderung werden die Anträge begutachtet und unterliegen damit einer Qualitätskontrolle. Und auch Industrie und Wirtschaft oder sonstige private Einrichtungen werden Hochschulen wohl kaum für schlechte Leistungen in Forschung und Transfer bezahlen. Im Jahr 1998 wurde mit dem Personalbemessungskonzept die nächste Stufe eingeführt. Sämtliche Personalstellen und -mittel werden nach einem System zwischen den Hochschulen verteilt, das sich im wissenschaftlichen Bereich zu ca. 70 % nach Studierendenzahlen und dem Curriculanormwert (CNW) in den einzelnen Fächergruppen richtet und damit Belastungsfaktoren abbildet; auch hier werden nur die Studierenden in der Regelstudienzeit berücksichtigt. Im Übrigen werden z.B. Leistungen in der Forschung, bei Modellstudiengängen und -projekten und in der Weiterbildung honoriert. Die Verteilung der nicht-
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wissenschaftlichen Stellen wird daraus mit bestimmten Faktoren abgeleitet. Schließlich werden 3-5 % der Stellen und Mittel im Rahmen eines Innovationsfonds ohne rechnerische Kriterien für neuartige Projekte befristet zugewiesen. Der dritte und weitaus schwierigste Schritt wird nun angegangen: Das sog. Flächenmanagement, die belastungs- und leistungsorientierte Zumessung der Hochschulflächen wird 2003 mit drei Pilotprojekten beginnen. Grundprinzipien des Systems sind, dass die Hochschulen Eigentümer der von ihnen genutzten Flächen werden. Das Verhältnis Hochschule zu Fachbereich wird als ein Vermieter-Mieter-Verhältnis gestaltet. Aus einem Kriteriensystem wird der Bedarf eines Fachbereichs für einen quantifizierten Flächenbedarf berechnet. Hiermit wird der tatsächliche Flächenbestand abgeglichen. Ein Fachbereich, der danach zu viel Fläche hat, muss entscheiden, ob er Fläche abgibt oder ob er aus seinen sonstigen Mitteln eine zusätzliche Miete an die Hochschule zahlt. Umgekehrt kann ein Fachbereich, für den das System einen zusätzlichen Flächenbedarf ausweist wählen, ob er weitere Flächen oder zusätzliche Mittel bekommen will. Minister Zöllner bringt dies so auf den Punkt: Ein Fachbereich wird zukünftig entscheiden müssen, ob er auf ein Labor verzichten und statt dessen zusätzliche Hilfskräfte beschäftigen will. Diese Systeme haben im Wesentlichen zweierlei bewirkt: Die Transparenz in der Mittelverteilung hat das Parlament davon überzeugt, dass die Ressourcen trotz der bekannten Schwierigkeiten der öffentlichen Haushalte dem Hochschulbereich grundsätzlich erhalten bleiben sollen. Der Umverteilungsprozess zwischen den Hochschulen, der durch die Systeme eingeleitet wurde, hat eine bislang nicht vorstellbare Bewegung in die Hochschulen hinein gebracht. Unabhängig davon, wie man zu einzelnen Kriterien des Landesmodells und seiner konkreten, von der Hochschule jeweils selbst gestalteten internen Umsetzung stehen mag, muss nun bei der Infragestellung von Besitzständen in der Sache und im Vergleich mit anderen Fächern hart an Parametern argumentiert werden. Die Finanzierungssysteme sind aus der rheinland-pfälzischen Hochschullandschaft nicht mehr weg zu denken. Selbst die Hochschulen, die gegenwärtig als Verlierer bezeichnet werden müssen, stehen zu dem System. Diese Systeme repräsentieren zugleich Ziele, denen sich Land und Hochschulen gemeinsam verpflichtet haben, heute allgemein Zielvereinbarungen genannt. Einschränkend muss gesagt werden, dass die Hochschulen noch nicht ausreichend gelernt haben, die Parameter des Modells zu ihren Gunsten zu nutzen. In einzelnen Bereichen ist dies gelungen; so sind z.B. die Weiterbildungseinnahmen, die im Personalbemessungskonzept zusätzlich honoriert werden, seit Planung des Systems von 600 T D M in 1996 auf 7,5 Mio. D M in 2001 gestiegen, sicher ein bemerkenswertes Ergebnis. Allerdings haben die Anreize zur Studienstrukturreform, insbesondere zur Einhaltung der Regelstudienzeit, noch nicht genug
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gegriffen. Zusätzliche Mechanismen müssen in Gang gesetzt werden. Hier spielt das Studienkontenmodell von Minister Zöllner eine entscheidende Rolle. Der Staat und die Gesellschaft haben ein hohes Interesse an möglichst vielen und gut ausgebildeten Akademikern. Deutschland ist auf dieses „Humankapital" angewiesen, dies ist fast schon ein Allgemeinplatz. Das Studienkontenmodell begreift daher Studierende gewissermaßen als Investitionsobjekt. Studierende erhalten ein in Semesterwochenstunden berechnetes Studienkonto. Es ist so großzügig bemessen, dass in aller Regel davon auszugehen ist, dass es für ein nicht allzu ausuferndes Studium ausreicht. Bis zur doppelten Regelstudienzeit ist ein gebührenfreies Studium gewährleistet, wenn nicht das Studienkonto bereits vorher durch eine zu große Inanspruchnahme von Hochschulleistungen aufgebraucht ist. Wer zügig studiert, das heißt innerhalb der Regelstudienzeit plus einem Semester, behält sein Restguthaben und kann es für gebührenpflichtige Weiterbildungsveranstaltungen, in diesem Fall kostenlos, verwenden. Für die Hochschulen wird das Studienkonto mit ihrer Refinanzierung verbunden. Die Hochschulen lösen die von den Studierenden in Anspruch genommenen Leistungen einschließlich der kostenlos genutzten Weiterbildungsveranstaltungen beim Land ein. Hierbei werden Semesterwochenstunden für die Weiterbildung erheblich höher vergütet als solche im Rahmen der Erstausbildung. Folgendes soll bewirkt werden: Für die Studierenden entsteht ein Anreiz, innerhalb der Regelstudienzeit zu studieren, da sie dann ihr Restguthaben behalten. Dennoch wird ein längeres Studium hingenommen, um individuelle Lebensentwürfe zu ermöglichen, ohne dass nachteilige Wirkungen zu befürchten sind. Für die Hochschule wird es künftig lohnender sein, die Erstausbildung zu reformieren und zu entschlacken und stattdessen im Rahmen des Lebenslangen Lernens umfassend Weiterbildungsangebote zu entwickeln.
4. Dienstrechtsreform Ich komme nun kurz zur Dienstrechtsreform. Im Eckwertepapier steht dazu unter „Maßnahmen zur Verbesserung der Lehre": Aktualisierung des Dienstrechts für Hochschullehrer unter Leistungsgesichtspunkten. Dies wird dann mit Einzelmaßnahmen unterlegt, die aber von dem damals Möglichen und Denkbaren ausgingen. Keiner war damals so kühn, das niederzuschreiben, was heute mit der W2 und W3-Besoldung und den Leistungsbezügen angegangen wird und was vor allem für die Hochschulen eine schwierige Herausforderung bedeuten wird. Manches von dem, was damals denkbar erschien, wie z.B. zusätzliche Lehrvergütungsmöglichkeiten durch eine Rechtsverordnung nach § 50 Bundesbesoldungsgesetz, konnte nicht verwirklicht werden; die Finanzminister und die Kultusminister einigten sich nicht über die Modalitäten. Aber der Grundgedan-
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ke hat die Verantwortlichen nicht losgelassen und hat sich jetzt nach zehn Jahren in einer Weise verdichtet, die damals nicht ins Auge gefasst wurde.
5. Wissenschaftliche
Weiterbildung
Wissenschaftliche Weiterbildung ist heute ein zentrales Thema. Im Eckwertpapier wurde dies folgendermaßen formuliert: „Bereitstellung von Weiterbildungsstudiengängen und -angeboten mit definierten Zulassungsvoraussetzungen und gegen angemessene Gebühren bei Sicherstellung des grundständigen Angebotes". Damit wurde schon damals die Bedeutung der Weiterbildung für die Reform der Struktur des Studiums anerkannt. Allerdings hatte man doch offensichtlich etwas Angst, die Hochschulen würden sich zu sehr auf die Weiterbildung stürzen, weil sie dort Gebühren einnehmen können. Deshalb wurde die Sicherstellung des Erststudiums angemahnt. Dieses Primat der Erstausbildung verhindert nach wie vor, dass die Bedeutung der Weiterbildung in den Köpfen der handelnden Personen ankommt. Hochschulen sollen nicht nur auch Weiterbildung betreiben. Vielmehr dürfen Erstausbildung und Weiterbildung nur noch in einem Atemzug genannt werden. Sie sind gleichberechtigte Phasen innerhalb des lebenslangen Lernens, die aufeinander zugeordnet werden müssen. Das heißt auch, dass Weiterbildung nur dann umfassend etabliert werden kann, wenn Kapazitäten aus einer gestrafften Erstausbildung in die Weiterbildung verlagert werden; dies muss selbst in zulassungsbeschränkten Studiengängen möglich sein. Die Kultusministerkonferenz hat vor wenigen Monaten eine Empfehlung an die Länder ausgesprochen, die Rahmenbedingungen für die Weiterbildung an Hochschulen in vielfältiger Hinsicht zu verbessern. Auch die Dienstrechtsreform wird mit den Leistungsbezügen weitere Anreize für ein Engagement in der Weiterbildung bringen. In Rheinland-Pfalz erwarten wir insbesondere durch das Studienkontenmodell aus den genannten Gründen einen deutlichen Schub.
6. Internationalisierung Letzter Punkt im Eckwertepapier ist die Internationalisierung, und zwar als Unterpunkt der Maßnahmen im Bereich der Forschungspolitik. Und da ist den Verfassern offensichtlich die Puste oder die Druckerschwärze ausgegangen. Es wird lediglich angeraten, die Forschungsprogramme der EU zu reformieren und in Deutschland zur Ressourcenmehrung in der Forschung stärker zu nutzen.
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Im Bereich der Lehre wurde die Internationalisierung offensichtlich nicht als Reformthema angesehen. Heute ist dies deutlich anders. Internationalisierung ist ein umfassendes Thema. Bund und Länder haben eine Konzertierte Aktion Bildungsmarketing initiiert. Dort geht es nicht nur um die Gewinnung von hoch qualifizierten ausländischen Studierenden und Wissenschaftlern oder die internationale Platzierung deutscher Bildungsangebote. Erkannt ist, dass aus der zunehmenden Globalisierung ein wachsender Reformdruck auf das deutsche Hochschulsystem hervorgeht, das langfristig nur weiter erfolgreich und einen international attraktiven Studien- und Forschungsstandort bieten kann, wenn es Kompatibilität zulässt und wenn es der Qualitätssicherung in allen Bereichen einen hohen Stellenwert beimisst. Daher - aus unserer Sicht nicht ausschließlich, sondern als Option - die schon kurz erwähnten gestuften Studiengänge mit international üblichen Abschlüssen sowie die Einführung eines Akkreditierungssystems für Studiengänge. Der Bereich der Internationalisierung ist also im Eckwertepapier aus heutiger Sicht stark unterbelichtet.
7. Neue Medien Mein letzter Punkt in diesem Vortrag sind die Neuen Medien. Auch dies ist heute ein zentrales Thema. Bund und Länder haben seit langem eine Staatssekretärsarbeitsgruppe eingesetzt. Die von dort ausgehenden Initiativen sind aufgegriffen worden. Bildungsnetze entstehen, virtuelle Hochschulen werden eingerichtet; bei uns nennt sich das Virtueller Campus Rheinland-Pfalz. In einer ersten Stufe sind die Lehrangebote, die von Hochschullehrern bereits im Internet eingestellt waren, gesammelt und mittels einer zentralen Plattform der Nutzung zugeführt worden. Nun geht es darum, die einzelnen Module sinnvoll inhaltlich zu ergänzen und zu systematischen Einheiten zusammen zu führen. Das Eckwertepapier schweigt zu solchen Entwicklungen. Zwar ist innerhalb der Maßnahmen zur Verbesserung der Lehre von einer intensiveren Nutzung von Fernstudien die Rede. Aber das war nicht gerade spannend und einfallsreich, denn die vorgeschlagene Maßnahme, Fernstudienprojekte im Förderschwerpunkt Fernstudien der Bund-Länder-Kommission wurde damals ja bereits praktiziert. Erst heute ist offensichtlich vorstellbar, in welcher Weise die Arbeit der Hochschule durch die Einbindung von Multimedia und die Verknüpfung mit dem Internet revolutioniert werden kann und welche Möglichkeiten sich für die Vernetzung von Berufswelt, Familienphase und Hochschule ergeben.
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I I I . Fazit Die Themen, die 1993 im Eckwertepapier aufgegriffen wurden, sind nach wie vor aktuell, wenn auch die ein oder andere Akzentverschiebung eingetreten ist. In Manchem war man sogar der Zeit voraus, wie bei der Dienstrechtsreform, die in ihrem Grundziel beschrieben wurde, ohne aber die derzeitige Reform der Professorenbesoldung zu konzipieren. Die Ergebnisse, die Bund und Länder erreicht haben, können sich sehen lassen. Allerdings wurden nicht alle Ziele erreicht; insbesondere sind keine Fortschritte bei der Studienzeitverkürzung erreicht worden, sodass von Neuem überlegt wird, welche anderen Maßnahmen geeigneter erscheinen. Weitere heute moderne Themen, wie die Internationalisierung und Neue Medien, tauchten damals nicht oder nur am Rande auf. Insgesamt also kann man sagen, dass ebenso, wie die Aufgaben und die Stellung der Hochschulen in der Gesellschaft ständig überdacht werden müssen, auch Reformpapiere, die Zeichen einer Zeit sind, einem Wandel in der Beurteilung unterliegen. In dem Schreiben des Sekretariates der Kultusministerkonferenz an die Kultusminister, mit dem am 17. Mai 1993 das Eckwertepapier zugeleitet wurde, hieß es: „Wie in der 263. Plenarsitzung in Greifswald in Aussicht gestellt, übersende ich Ihnen als Anlage die endgültige Fassung des Eckwertepapiers." Auch das Eckwertepapier kann jedoch, wie wir gesehen haben, keine endlose Gültigkeit beanspruchen.
Die Arbeit der Expertengruppe „Wissenschaftsstruktur" in Sachsen-Anhalt
Von Wolfgang Eichler
I. Einführung Heute Nachmittag stehen exemplarisch zwei Erfahrungsberichte auf unserer Tagesordnung: es geht jeweils um die zeitweilige externe Begleitung von Hochschulen und dem für sie zuständigen Ministerium durch eine auswärtige Expertengruppe in einer Phase notwendiger struktureller Anpassungsveränderungen im Hochschulsystem eines Landes. Geht es dabei aber im engeren Sinne um eine geplante Reform? Wurde in Sachsen-Anhalt eine „Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur" engagiert, um eine neue „strategische Ausrichtung der Hochschulen" zu begleiten, wie es der übergreifende Gesichtspunkt dieser Veranstaltung nahe legt? Meine Antwort vorab, die Sie vielleicht überraschen wird, lautet: Nein. Die Tätigkeit der Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur erfolgte gerade nicht im Zeichen des Umbruchs, sondern im Zeichen der Kontinuität. Aber der Reihe nach.
II. Was heißt „strategische Ausrichtung der Hochschulen" in Sachsen-Anhalt? Mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland begann in den neunziger Jahren ein riesiges Reformwerk für die Hochschulen und Forschungseinrichtungen der ostdeutschen Länder. Die Wissenschaftslandschaft musste politisch und administrativ von einer zentralstaatlichen in eine föderale Struktur überführt werden. Allein schon dadurch änderten sich ihre Außen- und Binnenbeziehungen radikal. Dies wurde noch überboten durch weitreichende Veränderungen der Kommunikationsformen durch die Wiedererlangung der Selbstverwaltung der Hochschulen und die demokratische Legitimation sowohl der politischen Entscheidungsträger in Parlament sowie Administration als auch der Hochschulgremien.
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Vor allem aber waren die Wissenschaftsstrukturen selbst betroffen. In den Jahren 1991/92 arbeitete eine Hochschulstrukturkommission in SachsenAnhalt: Konversion, Sanierung, Aufbau und strategische Neuausrichtung lauteten damals die Leitworte dieser Kommission - Konversion von Einrichtungen und Disziplinen, Sanierung von Gebäuden und wissenschaftlicher Infrastruktur, Aufbau von Fachhochschulen, die es zuvor nicht gab und eine strategische Neuausrichtung der Hochschulen durch die gegenseitige Funktionsabgrenzung zwischen Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen, die Evaluation und Neuordnung von Fächergruppen und Instituten, die Wiedereinrichtung und teilweise Neuerrichtung einer Anzahl geisteswissenschaftlicher Fachbereiche. Sechs Jahre später, 1998, war diese Reform an Haupt und Gliedern quasi einmal durch: Der vom damaligen Minister berufene „Beirat für Wissenschaft und Forschung" legte einen Bericht mit Empfehlungen für die Entwicklung der Forschungsschwerpunkte und zu einzelnen Fächern vor, verbunden mit ersten Korrekturen an den ursprünglichen ehrgeizigen Hochschulausbauzielen von 1992. Jetzt sollte es um Detailsteuerung gehen, die der wachsenden Erkenntnis Rechnung trug, dass insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung Ostdeutschlands langsamer vorankam als anfangs geglaubt. Diese Bemühungen zeigten uns nach einiger Zeit, dass es mit einer einfachen Nachsteuerung nicht getan war. Zu Anfang des Jahres 2000 vollzog die Landesregierung daher einen Schnitt in der Ausbauplanung der Hochschulen des Landes, der die ursprüngliche Zielzahl von 44.000 flächenbezogenen Studienplätzen aus dem Jahre 1992 auf nunmehr nur 33.000 in der mittelfristigen Planung bis 2010 reduzierte. Diese Korrektur berücksichtigte die inzwischen sichtbar gewordene demographische Entwicklung in den ostdeutschen Ländern, die Studierquote, das Studienwahlverhalten und die Wanderungsbewegung alles Faktoren, die die Zahl der zu erwarteten Studienanfänger absenken. Allerdings, und daraufkommt es hierbei an, stellt auch der reduzierte Ansatz noch eine Zuwachsgröße dar, dessen Erreichbarkeit keineswegs sicher ist. Wir nahmen uns jedoch vor, den Kurs beizubehalten und die Hochschullandschaft weiter auf- und auszubauen. Um dies zu sichern, überspitzt könnte man sagen: um eine zweite, größere Reform, dann freilich im Zeichen des Kapazitätsabbaus, zu vermeiden, wurde in Sachsen-Anhalt die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur berufen. Sie sollte uns mit ihrer Sicht von außen Wege der Steigerung der Attraktivität der Hochschulen zeigen, damit es uns gelingt, die Studierquote zu erhöhen, den Wanderungssaldo zu unseren Gunsten umzukehren und mehr ausländische Studierende ins Land zu holen. Der Auftrag der Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur bestand also nicht in einer strategischen Neuausrichtung der Hochschulen des Landes, sondern sie bestand vielmehr in
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der Sicherung der Kontinuität der erst mit großem politischen, personellen und finanziellen Aufwand auf den Weg gebrachten Entwicklung.
I I I . Die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur Dem Gremium gehörten durchweg sehr kompetente und erfahrene Persönlichkeiten von außerhalb unseres Landes an. Teils handelte es sich um Rektoren und Rektorinnen anderer Hochschulen, teils um Wissenschafts- und Finanzpolitiker oder um Vertreter länderübergreifender Wissenschaftsgremien. Die Arbeitsgruppe arbeitete etwa ein Jahr lang und konnte sich dabei auf fünf durch das Kultusministerium eingerichtete Projektgruppen stützen. Die Projektgruppen bearbeiteten in Kooperation mit den Hochschulen folgende Themen: Stellen- und Personalwirtschaft, Ausgestaltung, Struktur und Effizienz der Studiengänge an Fachhochschulen, Fächer-, Personal- und Kostenstruktur an Universitäten, Studienstrukturreform, Ausstattungs-, Kosten- und Leistungsvergleich, Multimedia und Telematik. Bereits diese Themen verraten, dass das Unvermeidliche geschah: man wandte sich unweigerlich grundsätzlichen Problemen unserer Hochschullandschaft zu. Eine Darstellung all der Einzelfragen die die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur in Besuchen der Hochschulen, in Auswertung der Arbeit der Projektgruppen und in eigenen Diskussionen aufgriff, die hier im Einzelnen nicht geboten werden kann, würde es noch deutlicher unterstreichen: Die Aufgabe einer Beratung zur Weiterentwicklung der Wissenschaftsstrukturen des Landes hat die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur durch eine gründliche, kritische und ausgesprochen reformorientierte Durchdringung der gewachsenen Strukturen voll erfüllt. Im Frühjahr 2001 legte die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur ihren abschließenden Bericht mit Empfehlungen für die weitere Entwicklung der Hochschulen im Lande vor. Diese Empfehlungen sind seither zur Basis der weiteren Planung mit den Hochschulen über gezielte Veränderungen geworden. Ministeriumsintern wurde eine Klausurtagung durchgeführt, die den weiteren Umgang mit den Empfehlungen zum Gegenstand hatte und die in Grundzügen eines Reformkonzeptes für Sachsen-Anhalt mündeten, das in enger Wechselwirkung zwischen Kultusministerium und Hochschulen fortgeschrieben und umgesetzt wird. Auf diese Weise wirkt die Tätigkeit der Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur fruchtbringend weiter. Die anfangs verneinte Frage, ob die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur eingesetzt wurde, um eine neue
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strategische Ausrichtung der Hochschulen zu begleiten, muss im Ergebnis doch bejaht werden: Die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur bildete den Wendepunkt von der ersten zur zweiten Hochschulreform in Sachsen-Anhalt.
IV. Grundzüge eines Hochschulreformkonzeptes für Sachsen-Anhalt Nachdem seit Mitte der 90er Jahre im deutschen Hochschulsystem eine Reihe von Reformen auf den Weg gebracht worden sind, zeichnet sich nunmehr auch in Sachsen-Anhalt ab, dass der Erfolg dieser Reformen wesentlich davon abhängt, inwieweit es gelingt, verschiedene Instrumente und Ziele unter einem einheitlichen, auf das Globalziel orientierten Vorgehen zu integrieren. Nicht die einzelne Reformmaßnahme oder das isoliert angewandte neue Steuerungsinstrument kann Entscheidendes bewirken. Es bedarf eines Ziel- und Bezugsrahmens, von dem aus einzelne Reformmaßnahmen im Hochschulsystem erst eingeordnet, bewertet und aufeinander bezogen werden können. Ein solcher Rahmen ist in einem neuen Verständnis der Hochschulautonomie und des Verhältnisses von Staat und Hochschule zu suchen. Unter den neuen Anforderungen des internationalen Wettbewerbs sind die strategischen Handlungsfähigkeiten der Hochschulen zu erhöhen. Dazu müssen sowohl die Partial- und Gruppeninteressen im Innern als auch die Weisungs- und Kontrollansprüche des Staates zugunsten stärker kooperativ orientierter Beziehungen zurückgedrängt werden. Aus diesem Hauptziel ergeben sich die aufeinander abzustimmenden Reformschritte, die sich vor allem auf Strategiebildung, Qualitätsmanagement, Leitungs- und Organisationsstrukturen, den Personalbereich und die Hochschulfinanzierung beziehen und die in wohl allen die Hochschulen betreffenden Bereichen zu Veränderungen fuhren werden. Ohne die Hochschulen unsachgerecht mit Wirtschaftsunternehmen zu vergleichen, gehen die aktuellen Reformbestrebungen grundsätzlich davon aus, dass auch von hohen Bildungseinrichtungen Effizienz erwartet werden kann. Die Anwendung angepasster betriebswirtschaftlicher Verfahren und Instrumentarien stiftet Nutzen. Wettbewerb fuhrt zu mehr Effizienz. Die Hochschulen übernehmen mehr Verantwortung und nehmen zunehmend Aufgaben wahr, die bisher in staatlicher Hand lagen. Dazu bedarf es auch eines neuen Rollenverständnisses von Staat und Verwaltung. Die öffentlichen Aufgaben der Hochschulen müssen zunehmend von ihnen selbst und weniger vom Staat wahrgenommen werden. Es sind solche Rahmenbedingungen zu etablieren, die den Wettbewerb befördern. Dazu gehören vor allem Zielvereinbarungen als modernes Steuerungselement, dezentrale Organisationsstrukturen, aufgabenbezogene und leistungsorientierte Ressourcenzuweisung, indikatorgestützte Mittelvergabe, Budgetierung, Kostenrech-
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nung und Controlling, Flexibilisierung des Personaleinsatzes, leistungsorientierte Anreizsysteme und Qualitätsmanagement. Das erfordert auch von der Wissenschaftsadministration ein Umdenken. Die Hochschulen sind im Begriff, sich zu eigenständigen Organisationen zu entwickeln. Wenn den Hochschulen mehr Autonomie gewährt wird, dann ist auch gegenüber der staatlichen Seite mehr Rechenschaft über Leistung erforderlich. Die Hochschulen haben sich vermehrt mit Qualitätsprüfungen und Leistungsnachweisen auseinander zu setzen und auf diese Weise mehr Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit herzustellen. Die gegenwärtigen Reformbemühungen erklären sich vor allem aus der neuen, sich unter den Gegebenheiten der Europäisierung und Globalisierung unserer Lebenswelten noch verschärfenden Wettbewerbssituation. Im sich entwickelnden europäischen Hochschulraum beginnt ein Wettbewerb um Studierende und den wissenschaftlichen Nachwuchs, um Forschungsinfrastruktur und um Drittmittel aus öffentlichen Ressourcen sowie der Wirtschaft. Darauf sind die hiesigen Hochschulen in ihrer internen Verfasstheit noch nicht hinreichend eingestellt, so dass dies im Innern zu Spannungen führt. Gerade diese lassen sich mit modernen Organisationsentwicklungen am ehesten bewältigen. Vor diesem Hintergrund sind auch die Empfehlungen der Arbeitgruppe Wissenschaftsstruktur wegen der Interdependenzen zwischen den angestrebten Zielen (Profilbildung, Modernisierung der Lehre, Verbesserung der Forschung u.a.) und den erforderlichen Instrumenten (Qualitätsmanagement, Flexibilisierung der Rahmenbedingungen) nur in einem umfassenden und mehrjährigen Reformkonzept umsetzbar. Im Rahmen eines qualitativ neuartigen Verhandlungssystems zwischen Staat und Hochschule sollen dabei konsensuale Lösungen gefunden werden. Planungs- und Finanzierungssicherheit sind vor dem Hintergrund der an die Hochschulen gerichteten Forderung zu eigenständigem Handeln unverzichtbar. Den Hochschulen ist unter Berücksichtigung der Finanzkraft des Landes für immer wieder auszuhandelnde Gestaltungszeiträume diese Planungs- und Finanzierungssicherheit aufgabenbezogen, leistungsorientiert und innovationsfordernd zu geben. Damit wird die 1997 mit der probeweisen Einführung der Budgetierung begonnene, auf einen effizienten, leistungsbezogenen Mitteleinsatz orientierte Hochschulpolitik fortgeführt. Unter Berücksichtigung dieses Reformansatzes wird der Kernbestand der Empfehlungen der Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur in einen Umsetzungsprozess integriert, der im Laufe von drei Jahren die angestrebten Ergebnisse bringen soll. Das Reformkonzept berücksichtigt dabei mehrere sich gegenseitig bedingende und überlagernde Handlungslinien:
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y. Profilierung
und Schwerpunktbildung
der Hochschulen
Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur sehen in der Wettbewerbsfähigkeit ein zentrales, künftig verstärkt zu verfolgendes Merkmal der Hochschulen, das deren Exzellenz und Unverwechselbarkeit voraussetzt. Die Schärfung der Profile, die auch eine hochschul- und standortübergreifende Abstimmung einschließt, ist dringender denn je geboten. Es sind vor allem die Bereiche zu stärken, in denen Spitzenleistungen vorliegen oder zu erwarten sind. Es ist zu überprüfen, ob die klassische Gliederung in Fachbereiche dem Anspruch einer sich mehr und mehr inter- und transdisziplinär organisierenden Wissenschaft gerecht werden kann. Zur Unterstützung dieser vor allem wissenschaftsintern zu fuhrenden Abstimmungen müssen passende Organisationsformen, Steuerungsinstrumente und Leitungsstrukturen von Land und Hochschulen entwickelt werden. Anpassung der Fachbereichsstrukturen, Schwerpunktbildung und Stärkung der Profile werden Gegenstand der Abstimmungen zur Struktur und Entwicklungsplanung, von Zielvereinbarungen und zur staatlichen Mittelvergabe sein. Beispielsweise empfiehlt die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur für die Ingenieurwissenschaften an beiden universitären Standorten des Landes, die bisherigen Konzepte der Lehre und der anwendungsbezogenen Forschung zu überdenken und dabei auch eine standortübergreifende Kooperation anzustreben sowie eine landesweite Neuordnung der Ingenieurwissenschaften unter Einbezug der Fachhochschulen zu erreichen. Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat nunmehr ein Konzept entwickelt, das auf einer Orientierung auf die universitären Schwerpunkte Bio- und Materialwissenschaften beruht. Zu diesem Problemkreis leitet das Kultusministerium einen moderierten Diskussions- und Entscheidungsprozess ein. Zielvereinbarungen und Hochschulentwicklungsplanung der einzelnen Hochschulen und auch hochschulübergreifend werden aufeinander abgestimmt. Zwar setzt das Land u.a. bei den Haushalts Verhandlungen mit den Hochschulen den Rahmen und die Zielvorgaben, im Kern bleibt aber die Hochschulentwicklungsplanung ein wissenschaftsinterner Prozess, der extern moderiert sein kann und sukzessive Veränderung der Strukturen ermöglicht. Das Land hat von den Hochschulen zu April 2002 mittelfristige Struktur- und Entwicklungsplanungen angefordert, die zusammen mit den Hochschulen und externen Gutachtern erörtert werden sollen. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen werden zum Gegenstand der Verhandlungen zu den jeweiligen Ziel Vereinbarungen und gehen in den Anforderungskatalog künftiger Struktur- und Entwicklungsplanungen ein.
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2. Flexibilisierung der Rahmenbedingungen, Steuerung und staatliche Mittelvergabe Die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur hält den Ausbau der Instrumente der staatlichen Mittelvergabe und die Sicherung der Finanzautonomie der Hochschulen für dringend erforderlich. Transparenz bei Leistungsbewertung und Mittelverwendung bildet eine Grundlage für die neuen Steuerungsmethoden. Nach einem im Jahr 1997 begonnenen Modellversuch sind alle Fachhochschulen des Landes und auch die Burg Giebichenstein Hochschule für Kunst und Design Halle seit 2000 budgetiert. Die dabei gewonnenen Erfahrungen zur Budgetermittlung sowie der Kosten- und Leistungsrechnung sind weiterzuentwickeln und zu spezifizieren. Ab dem Haushaltsjahr 2003 sollen auch die beiden Universitäten des Landes budgetierte Haushalte erhalten. Obwohl hinsichtlich der Zielvereinbarungen stark mit der obengenannten Handlungslinie „Profilierung und Schwerpunktbildung der Hochschulen" verbunden, überwiegt hier der instrumenteile Aspekt, geeignete Methoden der staatlichen Mittelvergabe und Steuerung auszubauen. Sachsen-Anhalt wird sich dabei selbstverständlich auch an den diesbezüglichen Fortschritten in anderen Bundesländern orientieren. Die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur hat dem Land dringend empfohlen, zur Verstärkung des Wettbewerbs zwischen den Hochschulen und zur Schaffung finanzieller Anreize einen Qualifikations- und Innovationsfonds für alle Hochschulen einzurichten, aus dem Projekte gefördert sollen, die in einem externen Verfahren als besonders qualitätsvoll und innovativ begutachtet worden sind. Die Landesregierung hat diesen Vorschlag sofort aufgegriffen. Im Haushalt 2003 sind für Fachhochschulen sowie Universitäten je ein Innovationsfonds etatisiert, 40 Graduiertenstipendien sind ausgereicht und von den Hochschulen gehen derzeit Projektvorschläge ein.
3. Qualitätsorientierung Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur sehen es als unabdingbar an, insbesondere die Lehre, aber auch alle anderen Leistungsbereiche der Hochschulen wie Forschung, Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, Kooperationsbeziehungen und Verwaltung einem Qualitätsmanagement zu unterwerfen. Eine umfassende Qualitätsorientierung ist wesentliche Voraussetzung für Innovationsstrategien bezüglich der Stärkung von Profilen, der Wettbewerbsfähigkeit und der internen Mittelvergabe. Dadurch werden die Stärkung der Eigenverantwortung der Hochschulen und der Rückzug des Staates aus der Detailsteuerung erst ermöglicht. Die Qualitätsorientierung wird in Übereinstimmung mit den Empfehlungen als ein Erhebungs- und Verände-
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rungsprozess angelegt, der alle relevanten Aspekte erfasst. Dabei werden nicht nur die allgemeinen Empfehlungen der Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur umgesetzt, sondern es wird auch für die Kontrolle der Umsetzung von hochschulspezifischen Empfehlungen gesorgt werden. Das Land stimmt mit den Hochschulen Systeme des Qualitätsmanagement ab. Dabei kommt es demnächst vor allem darauf an, die bestehenden Ansätze durch systematische externe Evaluation und Akkreditierung weiter zu entwickeln. Nach aktueller Rechtslage kann die Implementierung derzeit nur über Zielvereinbarungen erfolgen. Es ist jedoch beabsichtigt, auch eine hochschulrechtliche Regelung zu treffen.
4. Modernisierung
der Lehre
Die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur geht davon aus, dass die Hochschulen nicht zuletzt wegen der Internationalisierung vor einer umfassenden Neuorganisation der Studienstrukturen und Studienangebote einschließlich gestufter Studienabschlüsse und der Modularisierung von Studiengängen stehen. Damit wird die wünschenswerte Mobilität der Studierenden begünstigt und gleichzeitig eine Effizienzsteigerung ermöglicht. Es sind die neuen Dimensionen der Informations- und Kommunikationstechnologie zu erschließen und moderne standortunabhängige Lehrangebote zu schaffen. Den dualen, von Wirtschaft und Fachhochschulen getragenen Studiengängen und den zu entwickelnden Konzeptionen der Weiterbildung und des lebensbegleitenden Lernens, die in die Lehrkonzepte zu integrieren sind, soll entsprechende Aufmerksamkeit beigemessen werden. Die Hochschulen müssen diese neuen, sich rasant entwickelnden Aufgabenfelder besetzen und in den Kernbestand ihrer Aufgaben einbeziehen. Seit Vorliegen der Empfehlungen der Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur haben die Hochschulen die Diskussion um die Neuorganisation intensiviert. Beispielsweise sind von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Modelle zur konsekutiven und modularen Gestaltung der Lehrerbildung erarbeitet worden, die in die eingeleiteten Maßnahmen zur Lehrerbildung einfließen. Diese Maßnahmen zielen zugleich auf eine Verbesserung der Fort- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern sowie auf eine Unterstützung der Schulen durch Transfer von Wissen als Bestandteil dieser Wissensvermittlung ab. Die Standortfrage ist in dieser Hinsicht nachrangig.
Die Arbeit der Expertengruppe „Wissenschaftsstruktur" in Sachsen-Anhalt 5. Forschung und wissenschaftlicher
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Nachwuchs
Die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur empfiehlt Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass über die Fächer-, Fachbereichs- und Hochschulgrenzen hinweg Forschungsverbünde und Forschergruppen insbesondere inter- und transdisziplinärer Forschung entstehen. Die beiden Universitäten des Landes haben diesbezüglich erfreuliche Aktivitäten entfaltet. Die sieben interdisziplinären wissenschaftlichen Zentren der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sind beispielgebend. Die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur empfiehlt allen Hochschulen, Potential und Kompetenzen für sowohl Grundlagenforschung als auch angewandte Forschung deutlich stärker als bisher zur Erhöhung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und Profilbildung zu nutzen. Es sollen durch Bildung herausragender Schwerpunkte „Leuchttürme" geschaffen und für Dritte wahrnehmbar werden. Land und Hochschulen müssen sich durch ihre Förderpolitik noch mehr um den wissenschaftlichen Nachwuchs bemühen. Deshalb werden verstärkt Mittel in differenzierten Programmen der Nachwuchsförderung konzentriert. Zusätzlich zu den Programmen der Graduiertenförderung, der Förderung der Wissenschafts- und Forschungslandschaft sowie der Förderung von Frauen in der Forschung aus dem Hochschul- und Wissenschaftsprogramm und dem Forschungspreis des Landes Sachsen-Anhalt wurden - wie oben bereits erwähnt Innovationsfonds für Universitäten und Fachhochschulen eingerichtet. Letztere dienen besonders der Unterstützung von Initiativen, die längerfristige Strukturvorteile erwarten lassen, die die internationale und interdisziplinäre Zusammenarbeit stärken und welche die Bedingungen in der Drittmittelforschung verbessern. Darüber hinaus wird das Land die mit der Einführung von Juniorprofessuren verbundenen Möglichkeiten zur strukturellen Stärkung des Forschungspotentials intensiv nutzen. Mittlerweile ist die Profilbildung an beiden Universitäten weiterentwickelt worden. Dies belegt u.a. die Einrichtung mehrerer neuer Sonderforschungsbereiche durch die DFG an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die diesbezüglich zu den Spitzenhochschulen in Ostdeutschland gehört. Die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und das Leibniz-Institut für Neurobiologie bilden einen anerkannten neurowissenschaftlichen Schwerpunkt. Insbesondere jenen Fachhochschulen, deren Drittmittelaufkommen zur Zeit noch nicht zufriedenstellen kann, empfiehlt die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur, vorhandene Stärken auf dem Gebiet der angewandten Forschung und Entwicklung deutlicher als bisher herauszustellen und Unternehmen sowie Kammern in der Region über konkrete Kooperations- und Finanzierungsmöglichkeiten zu informieren. Dies korrespondiert mit Empfehlungen, die der Wissenschaftsrat zu Beginn des Jahres 2002 zu Entwicklung der Fachhochschulen
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gegeben hat. Hier sind beispielhaft Vorhaben der Fachhochschule Harz in Wernigerode zu nennen, deren Fachbereich fur Automatisierung und Informatik in enger Kooperation mit der Wirtschaft an einem innovativen Entwicklungsprojekt arbeitet, das zugleich durch das InnoRegio-Programm gefördert wird.
6. Technologie- und Wissenstransfer Im Zusammenhang mit der Profilierung der Hochschullandschaft hält die Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur trotz zahlreicher Aktivitäten eine Verbesserung und Koordinierung des Transfers für erforderlich. Die Bemühungen auf diesem Gebiet sollen in Zukunft auf konkrete Projekte abzielen, die Wissenschaft sowie Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen interessieren und Unternehmen und Institutionen zu einer finanziellen Beteiligung veranlassen. Als Gerüst der hierfür erforderlichen Infrastruktur dienen die Technologie- und Gründerzentren sowie die errichteten Forschungsverfügungsbauten wie etwa das „Biozentrum" in Halle und „ZENIT" in Magdeburg, in denen unter einem Dach universitäre Forschergruppen und innovative Firmen arbeiten. Sie haben sich in der Praxis zu geeigneten Projektträgern und zu Vermittlern von Synergieeffekten bei der Übertragung von Forschungsergebnissen in Technologien und Produkte entwickelt. Für die Landesregierung besitzt die Orientierung an diesen sechs Handlungslinien der Wissenschaftspolitik grundsätzliche Bedeutung. Sie verfolgt damit das Ziel, eine solche Ausprägung der Hochschullandschaft zu erreichen, die ihre herkömmlichen Stärken mit der Ausrichtung auf neu erschlossene Forschungs- und Anwendungsgebiete verbindet. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf solchen Entwicklungen, die die Verflechtung mit der Wirtschaft und die Standortentwicklung nachhaltig unterstützen. Der Weg zur Erreichung der Ziele wird durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Hochschulen gekennzeichnet sein. Die Landesregierung hat den Mitgliedern der Arbeitsgruppe Wissenschaftsstruktur ihren Dank ausgesprochen. Ich hoffe durch diesen Beitrag deutlich gemacht zu haben, dass die Empfehlungen der Arbeitsgruppe Wirkungen gezeitigt haben und weiter auslösen werden.
Profilbildung an den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen der Expertenrat und die Umsetzung seiner Empfehlungen
Von Thomas Grünewald
I. Der Expertenrat: Zusammensetzung und Auftrag Nordrhein-Westfalen als einen leistungsstarken Standort fur Wissenschaft und Forschung weiter zu entwickeln, ist eine vordringliche Aufgabe, deren sich das Land und seine Hochschulen gemeinsam annehmen. Voraussetzung für die Verwirklichung dieses Ziels ist eine an den gegenwärtigen und zukünftigen Bedürfnissen von Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft orientierte Hochschulentwicklungsplanung. Einen Neuanfang bezeichnet in dieser Hinsicht der 19. Januar 1999, an dem die Landesregierung Nordrein-Westfalen beschloss, einen Expertenrat mit einer Querschnittuntersuchung von Lehre und Forschung an den staatlichen Hochschulen des Landes zu beauftragen. In das international besetzte Gremium wurden unabhängige Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wissenschaftsverwaltung berufen. Die Mitglieder des Expertenrates repräsentierten das gesamte Spektrum der universitären Fächer. Den Vorsitz führte Prof. Hans-Uwe Erichsen, der für diese Aufgabe dank seiner vielfältigen hochschulischen und hochschulpolitischen Erfahrungen hervorragend ausgewiesén war. Das Kabinett beauftragte den Expertenrat, die Stärken und Schwächen der Studien- und Forschungsbereiche an den nordrhein-westfälischen Hochschulen unter Berücksichtigung der fachlichen Verflechtungen zu analysieren und zu bewerten, Empfehlungen zur landesweiten Entwicklung der einzelnen Fächergruppen und zur regionalen Verteilung der Studienangebote zu erarbeiten, das künftig erforderliche Studienangebot in Fächern, die für die wirtschaftliche und technologische Entwicklung des Landes Nordrhein-Westfalen unter Forschungs- und Entwicklungsgesichtspunkten von besonderer Bedeutung sind, abzuschätzen (z.B. Natur- und Ingenieurwissenschaften),
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Vorschläge für eine Anpassung der Lehrerausbildungskapazität und den absehbaren Einstellungsbedarf in quantitativer und qualitativer Hinsicht zu erarbeiten, die Entwicklungsoptionen der einzelnen Standorte im Lichte einer regionalen Arbeitsteilung, Profilschärfung und Schwerpunktbildung zu beurteilen, -
Hinweise zur Fortentwicklung der Gesamthochschulen innerhalb des nordrhein-westfälischen Hochschulsystems zu geben, das Ziel einer weiteren Erhöhung des Ausbildungsanteils der Fachhochschulen auch mit Blick auf die Einführung kurzer berufsbefähigender Studiengänge an den Universitäten zu bewerten.
Während der folgenden zwei Jahre wurden die 27 staatlichen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen - es sind dies 15 Universitäten und zwölf Fachhochschulen - einer systematischen und umfassenden Analyse ihrer Stärken und Schwächen unterzogen. Seit dem 20. Februar 2001 liegt das Ergebnis der Arbeit des Expertenrats vor: Ein umfangreicher Bericht, der unter dem programmatischen Titel „Profilbildung im Dialog" veröffentlicht wurde. Zu seiner Entstehung haben die Hochschulen konstruktiv und kritisch beigetragen. Die folgenden Darlegungen gelten diesem Prozess. Sie beschreiben die hochschulpolitische Zielsetzung, unter der das Expertenratsverfahren stattfand, die Arbeitsweise des Gutachtergremiums und die Umsetzung seiner Empfehlungen.
II. Hochschulgesetz und Qualitätspakt, Autonomie und Globalsteuerung: Voraussetzungen und Ziele der Hochschulreform in Nordrhein-Westfalen Entscheidende Reformimpulse in Nordrhein-Westfalen gaben das neue Hochschulgesetz vom 14. März 2000 und der Qualitätspakt, der am 4. Juni 1999 zwischen der Landesregierung und den staatlichen Hochschulen des Landes geschlossen wurde. Hochschulgesetz und Qualitätspakt folgen einer einheitlichen politischen Leitlinie, die sich an den Merkmalen Autonomie und Eigenverantwortung orientiert. Mit dem nordrhein-westfälischen Hochschulgesetz, das seit März 2000 gilt, verbindet sich eine dezidierte Stärkung der Autonomie der Hochschulen. Das Gesetz schafft Freiräume für die weitgehende Verlagerung von Planungsentscheidungen (betreffend das Studienangebot, Personalentscheidungen und Haushaltsangelegenheiten) vom Ministerium, wo sie bisher gefallen waren, zu den Hochschulen, wo sie näher an der Sache und somit wirksamer als bisher getroffen werden können. Weitreichenden Delegationsmöglichkeiten korrespondiert eine dezidierte Stärkung der Entscheidungsstrukturen in den Hoch-
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schulen: Die Rektorate und Dekane bzw. Dekanate verfügen nunmehr über eine ihrer neuen Verantwortung für die Hochschulentwicklungsplanung angemessene Richtlinienkompetenz. Durch den Qualitätspakt erhielten die Hochschulen für eine Laufzeit von zehn Jahren Planungssicherheit, was ihre Stellen- und Finanzausstattung anbetrifft. Vor Restriktionen im Haushaltsvollzug und vor Stellenbesetzungssperren sind sie für die Dauer von zunächst fünf Jahren geschützt. Die Standort- und Stellengarantie des Qualitätspakts gilt für zehn Jahre. Die Hochschulen tragen ihrerseits mit 2.000 (von insgesamt rund 60.000) Stellen zu dem Vertragswerk bei. Von den abzugebenden Stellen waren ohnehin 1.626 mit sogenannten kwVermerken versehen; sie hätten also auch ohne den Qualitätspakt nicht zur Wiederbesetzung bereit gestanden. Im Gegenzug für die abzugebenden Stellen wurde ein Innovationsfonds eingerichtet, der während der Laufzeit des Qualitätspakts bis zu einem Gegenwert von 1.000 Stellen aufwächst. Die Mittel des Innovationsfonds - dies sind jährlich bis zu 50 Mio. Euro - stehen für den Ausbau zukunftsweisender Schwerpunkte und die Verbesserung der Ausstattung der Hochschulen zur Verfügung. Die Vergabe erfolgt im Rahmen von Zielvereinbarungen. Der Qualitätspakt setzt Leistung und Gegenleistung in ein ausgewogenes Verhältnis, stellt die finanziellen Grundlagen der Hochschulen sicher und verschafft ihnen neue Planungsspielräume für die notwendige fachliche und strukturelle Erneuerung. Staat und Hochschulen brauchen neue rechtliche Grundlagen, um die vor Ort entwickelten Zukunftsperspektiven und die Empfehlungen des Expertenrats auch praktisch umsetzen zu können. Da dies unter den Vorzeichen von Autonomie und Eigenverantwortung geschehen soll, bekennt sich die nordrheinwestfälische Wissenschaftspolitik zu der Aufgabe, die Zahl und die Dichte staatlicher Vorschriften deutlich zu vermindern. Dezentrale Globalsteuerung statt zentralistischer Detailsteuerung ist folglich der Leitgedanke einer Hochschulreform, wie sie sich in den zuvor genannten Reformschritten konkretisiert. Deregulierung sollte keineswegs als Rückzug der Politik aus der Verantwortung für die Hochschulen missverstanden werden. Vielmehr kann die staatliche Verantwortung für das öffentliche Bildungswesen wirkungsvoller wahrgenommen werden, wenn die Politik sich darauf beschränkt, den finanziellen und strukturellen Rahmen für das Hochschulwesen zu setzen und über Grundentscheidungen oder über Zielvereinbarungen zu steuern. Der Wandel hin zu Autonomie und Selbstverantwortung, wie er sich zurzeit bei den staatlichen Hochschulen vollzieht, hat in vielen Unternehmen der Wirtschaft und auch bei anderen staatlichen Einrichtungen bereits stattgefunden und dort zu einem beachtlichen Mehr an Effizienz und Selbstverantwortung geführt. Autonomie und Globalsteuerung als Grundsätze eines neuen Steue-
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rungsmodells für die Hochschulen leiten sich nicht allein aus den tageskonjunkturellen Entwicklungen des Strukturwandels und der technologischen Revolution her, sondern können sich auf gut begründete, traditionelle Positionen demokratischer Systemtheorie stützen. Konkret ist hier der Gedanke der Subsidiarität angesprochen - als ein Organisationsgrundsatz, den unser Grundgesetz aus gutem Grund in den Rang von Verfassungsrecht erhoben hat. Eine Maßgabe gilt freilich für alle Organisationen, die nach dem Subsidiaritätsprinzip arbeiten, und so auch für das Verhältnis von Staat und Hochschulen: Die Entscheidungen en détail müssen mit einer übergeordneten Rahmenplanung übereinstimmen.
I I I . Die Arbeitsweise des Expertenrates Am Anfang der Arbeit des Expertenrates standen Strukturberichte, die jede Hochschule über sich selbst verfasste. Die Strukturberichte beinhalteten sowohl eine Selbsteinschätzung der Ausgangslage als auch eigene Vorstellungen über eine in die Zukunft weisende Entwicklungsplanung. Mit ihren Strukturberichten haben die Hochschulen eine wichtige Vorarbeit für den Expertenrat geleistet, aber viel mehr als dies: Sie haben damit auch einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zu mehr Selbststeuerung und mehr Eigenverantwortung im Sinne des Hochschulgesetzes getan. Die Strukturberichte und die sich anschließenden Perspektivgespräche haben eine zeitgemäße Hochschulentwicklungsplanung eingeleitet, neue Verfahren zu internen Mittelverteilung initiiert und längst überfällige Mechanismen der Evaluation hervorgebracht. Die Strukturberichte wurden nach einem vorgegebenen Informationsraster abgefasst. Die formale Gleichheit ermöglichte einen hochschulübergreifenden Vergleich der Ergebnisse, den der Expertenrat in eigens hierzu gebildeten Arbeitsgruppen erstellte. Die Arbeitsgruppen diskutierten ihre Auswertungen mit den Hochschulen und formulierten Sachstandsberichte als Zwischenbilanz. Zu den bilanzierenden Sachstandsberichten nahmen die Hochschulen ihrerseits Stellung. Die so gewonnenen Ergebnisse bündelte der Expertenrat zu hochschulübergreifenden Empfehlungen. Zur Entwicklung der Fächergruppen wurde darin ebenso Stellung genommen wie zu den Strukturen und Standorten der Lehrerausbildung; Fragen von Kooperation und Konzentration, zu Studiengängen und Abschlüssen wurden angesprochen, ferner Strategien der Internationalisierung formuliert, Desiderate der wissenschaftlichen Weiterbildung aufgezeigt, Notwendigkeiten zum Einsatz von MultiMedia in der Lehre angesprochen, Empfehlungen zur Entwicklung der Gesamthochschulen gegeben und Perspektiven der Entwicklung der Fachhochschulen aufgezeigt, schließlich Anregungen zur Methodik der Qualitätssicherung gegeben und Erfordernisse der Gleichstellung benannt.
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Aufgrund dieser Vorarbeiten formulierte der Expertenrat seinen Abschlussbericht. Der Bericht beinhaltet Fächeranalysen zu den Theologien, den Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwiss^nschaften, den Naturwissenschaften, der Mathematik und der Informatik, zü den Ingenieurwissenschaften und zur Lehrerausbildung. Darüber hinaus formulierte der Expertenrat Empfehlungen zu Kooperation und Konzentration im Hochschulbereich, zur Studienstruktur, zur Internationalisierung, zu den Neuen Medien, zur Qualitätssicherung, schließlich zu den Gesamthochschulen und Fachhochschulen. In seinem dritten und letzten Teil bietet „Profilbildung im Dialog" Hochschulberichte zu den einzelnen Standorten, Universitäten und Fachhochschulen gleichermaßen.
IV. Nach dem Expertenrat: Die Umsetzung der Empfehlungen Nach dem Abschluss des Expertenratsverfahrens tauschten das Ministerium und die Hochschulen ihre Einschätzungen über die jeweiligen Empfehlungen des Expertenrates aus. Das Ergebnis dieser sogenannten Perspektivgespräche mit den Hochschulen war ein Katalog von ersten Maßnahmen, durch die mit der Umsetzung der Empfehlungen des Expertenrates begonnen wurde. Systematisch zusammengefasst und rechtlich verankert wurden diese ersten Maßnahmen in der Sechsten Verordnung zur Sicherung der Aufgaben im Hochschulbereich vom 30. Mai 2001. Im Mittelpunkt dieser Verordnung steht die Einstellung von geringer nachgefragten oder nicht hinreichend leistungsfähigen Studiengängen. Über ganz Nordrhein-Westfalen hinweg summiert sich die Zahl der nach einer angemessenen Frist einzustellenden Studiengänge auf nicht weniger als 150. Durch diese mitunter sehr tiefen Einschnitte wurde und wird ein beträchtliches Potenzial zur Umschichtung in innovative Bereiche von Studium, Lehre und Forschung freigesetzt. Leitlinie des vom Expertenrat vorgezeichneten Prozesses der Profilbildung innerhalb der stark differenzierten Hochschullandschaft Nordrhein-Westfalens ist das ebenso schlicht zu formulierende wie schwer zu verwirklichende Ziel, Stärken auszubauen und Schwächen zu beheben.
1. Zielvereinbarungen Mit den in der ersten Jahreshälfte 2002 abgeschlossenen Zielvereinbarungen hat die Hochschulreform in Nordrhein-Westfalen nach dem Abschluss der Arbeit des Expertenrats ihre nächste Stufe erreicht. Den mit einer dreijährigen Laufzeit abgeschlossenen Zielvereinbarungen liegen folgende Voraussetzungen zugrunde:
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Sowohl die Hochschulen als auch das Ministerium betreten Neuland, insofern sie Zielvereinbarungen erstmals als Instrument einer neuen Konzeption der Globalsteuerung anwenden. Das Ministerium und die Hochschulen begreifen den gegenwärtigen Prozess als eine Phase der Erprobung.
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Dem Erprobungscharakter entsprechend, beschränken die Vertragspartner den Wirkungsbereich der Zielvereinbarungen bewusst auf bestimmte Ausschnitte aus dem Tätigkeitsbereich der Hochschulen. Die Vertragspartner sind übereingekommen, die Umsetzung der Empfehlungen des Expertenrates zum Gegenstand von Zielvereinbarungen zu machen. Das Ministerium beabsichtigt, nach dem Ablauf der Vertragsdauer der gegenwärtigen Zielvereinbarungen - also zum Ende des Jahres 2004 - neue Zielvereinbarungen abzuschließen, die dann einen weiter gefassten Ausschnitt des Wirkungsbereichs der Hochschulen einschließen. In einem engen Zusammenhang mit künftigen Zielvereinbarungen einer „zweiten Generation" steht, dass die Hochschulen vom Haushaltsjahr 2005 an ihre staatlichen Zuschüsse als Globalhaushalte erhalten werden. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Hochschulen hinreichende Instrumente eines wirksamen Controllings, insbesondere eine umfassende Kosten- und Leistungsrechnung, entwickelt haben. Nachdem diese Voraussetzungen erfüllt und angemessene Instrumente der Evaluation geschaffen sind, sollen umfassende Zielvereinbarungen den gesamten Tätigkeitsbereich der Hochschulen steuern.
Die Zielvereinbarungen der „ersten Generation" erlauben eine vorläufige Zwischenbilanz des erreichten Standes, die nachfolgend gezogen wird. Die Zielvereinbarungen mit den Universitäten und Fachhochschulen des Landes unterliegen einem Katalog von übergeordneten Zielen der hochschulpolitischen Landesplanung. Diese konkretisiert sich in den nachfolgend formulierten Desideraten. Qualitätssicherung in Lehre und Forschung ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass die Hochschulen durch exzellente Forschungsleistungen und qualitätsvolle Ausbildung von Absolventen einen hohen Beitrag zum wirtschaftlichen Wohlstand, zum sozialen Ausgleich und zur kulturellen Entwicklung Nordrhein-Westfalens leisten können. Insbesondere überträgt das Land die Qualitätsprüfung konsekutiver Studienangebote auf anerkannte Akkreditierungseinrichtungen. Das Land verpflichtet sich, die administrativen Voraussetzungen für die Erfüllung des gesetzlichen Auftrages zur regelmäßigen Evaluation zu schaffen und die entsprechenden Verfahren gemeinsam mit den Hochschulen zu entwickeln und durchzufuhren.
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Forschung bzw. Forschung und Entwicklung auf allen Feldern der Wissenschaft, insbesondere aber auf zukunftsrelevanten Gebieten, bildet eine Grundvoraussetzung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit nordrhein-westfälischer Hochschulen. Durch die Konzentration auf ausgewählte Bereiche der Spitzenforschung geben sich die Hochschulen ein unverwechselbares Profil und umreißen Themen und Gebiete, für die sie aufgrund ihrer herausragenden Qualifikation eine gleichsam natürliche Zuständigkeit erlangen. Die Hochschulen streben zu diesem Zweck eine intensivere Kooperation mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Lande an. In der Forschung und bei der Verwertung von Forschungsergebnissen bekennen sich die Hochschulen zu ihrer ethischen Verantwortung. Dass die akademische Lehre auf das Engste mit der Forschung korrespondiert, gilt als eine ausgesprochene Stärke des deutschen Hochschulsystems, die für die Zukunft erhalten werden muss. Die nordrhein-westfälischen Hochschulen stellen sich der Verantwortung für ein an den Regelstudienzeiten orientiertes, strukturiertes Studium und einer Verbesserung des Studienerfolgs. Darüber hinaus bieten die Hochschulen entsprechend ihrem Aufgabenprofil Studiengänge an, die sich durch ein hinreichendes Maß an Berufsorientierung auszeichnen, indem sie neben den für die Berufsausübung im engeren Sinne erforderlichen Kenntnissen auch Fähigkeiten vermitteln, die für den Arbeitsmarkt von allgemeiner Bedeutung sind; hierzu zählen insbesondere die kommunikative und die soziale Kompetenz sowie Grundkenntnisse in den Kulturwissenschaften und im Bereich der Informationstechnologie. Im Sinne der Ziele, auf die sich die Bildungsministerinnen und -minister der Europäischen Union in der Bologna-Erklärung vom 19. Juni 1999 festgelegt haben, verpflichten sich die Hochschulen zu einer zeitnahen Umstellung ihrer Studienangebote auf das Modell gestufter Bachelor- und Master-Studiengänge. Im Interesse der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gewährleisten die Universitäten entsprechend den Bedürfnissen des akademischen Arbeitsmarktes hinreichende Promotionsmöglichkeiten. Insbesondere ermöglichen die Universitäten qualifizierten Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschulen die Möglichkeit zur Einschreibung in universitäre Masterund Promotionsstudiengänge. Ihrem gesetzlichen Auftrag entsprechen die Hochschulen ferner durch ein verstärktes Angebot in der wissenschaftlichen Weiterbildung, mit der sie zur Weiterqualifikation akademisch ausgebildeter Arbeitskräfte beitragen. Das Land schafft durch Veränderung der derzeitigen Rahmenbedingungen für die wissenschaftliche Weiterbildung die rechtlichen Voraussetzungen und materiellen Anreizstrukturen dafür, dass Weiterbildungsaufgaben neben der grundständigen Lehre verstärkt wahrgenommen werden. Die Hochschulen sind gehalten, bei der Entwicklung eines an der Nachfrage orientierten Weiterbildungsangebots intensiv mit Unternehmen und Verbänden zusammenzuarbeiten.
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Als Einrichtungen der Forschung und Ausbildung, als Vermittler von Wissen und Kultur und nicht zuletzt als Arbeitgeber nehmen die Hochschulen eine besondere Verantwortung für ihre nähere Umgebung wahr. Ihrer regionalen Verantwortung kommen die Hochschulen durch den gezielten Transfer von Wissen und Kreativität in die Stadt und das Umland nach. In besonderer Weise gilt dies für die Universitäten im Ballungsraum des Ruhrgebietes, wo der Strukturwandel die intensive Begleitung durch das kreative Potenzial der Bildungseinrichtungen benötigt. Internationalisierung von Lehre und Forschung ist eine weitere, unabdingbare Voraussetzung für die Fähigkeit nordrhein-westfälischer Hochschulen, ihre Position unter den globalen Akteuren auf dem Gebiet der Wissenschaft zu verbessern. Intensiver Austausch mit ausländischen Studierenden und Forschern ist eine Gewähr für Forschung und Lehre auf höchstem Niveau, bringt Angehörige verschiedener Kulturkreise miteinander in Berührung und fordert die Weltoffenheit nordrhein-westfälischer Absolventen ebenso wie die Attraktivität Nordrhein-Westfalens im Ausland. Das Land verpflichtet sich, die auf Internationalisierung gerichteten Aktivitäten der Hochschulen auch weiterhin im Rahmen der Programmforderung gezielt zu unterstützen und setzt sich für die Verbesserung der Rahmenbedingungen ein. Die Hochschulen sind gehalten, ein eigenes, ihrem Profil und ihren Möglichkeiten entsprechendes Internationalisierungskonzept als Bestandteil ihrer Hochschulentwicklungsplanung vorzusehen. Neue Medien bilden ein entscheidendes Kriterium für die Zukunftsfähigkeit von Lehre und Forschung. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Medien- und Informationstechnologie sind die Hochschulen - ebenso wie Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt - dazu angehalten, Multimedia und Telematik systematisch in Lehre und Forschung zu implementieren und mit der raschen Entwicklung auf diesem Gebiet Schritt zu halten. Um so größere Bedeutung kommt der Schaffung integrierter Medienkonzepte zu, die der Bedeutung der Neuen Medien für Forschung, Lehre und Weiterbildung in angemessener Weise Rechnung tragen. Das Kreativitätspotential von Frauen bildet eine Ressource, auf die in Forschung und Lehre nicht verzichtet werden kann. Die Verbesserung der Chancen für Frauen auf allen Stufen der Wissenschaft ist daher ein Beitrag zur Qualitätssicherung, Leistungssteigerung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen. Zielvereinbarungen sollen konkrete Vorhaben und Initiativen der Hochschulen zur FrauenfÖrderung unterstützen und steuern. Die Maßnahmen dienen der gezielten Förderung der Studien- und Berufschancen von Frauen sowie der Qualifizierung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses. Voraussetzung einer regelmäßigen Überprüfung der Leistungen der Hochschulen ist ein ausgeprägtes Controlling, das sich eines an den Hochschulen in-
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stitutionalisierten Berichtswesens als seines zuverlässigen Instruments bedient. Grundlage hierfür ist die an den Hochschulen in der Einführung befindliche Kosten- und Leistungsrechnung.
2. Erste Ergebnisse der Profilbildung Will man die wesentlichen Ergebnisse der abgeschlossenen Zielvereinbarungen bilanzieren, so ist einzuräumen, dass es nicht möglich war, alle Empfehlungen des Expertenrates gleichsam auf einen Schlag zu verwirklichen. Hinsichtlich einer schärferen Konturierung des Forschungs- und Lehrprofils der nordrhein-westfälischen Hochschulen ist jedoch zu betonen, dass die grundlegenden Empfehlungen des Expertenrates angemessenen Niederschlag in den Zielvereinbarungen gefunden haben: An den nordrhein-westfälischen Hochschulen wird auch weiterhin eine hinreichende, dem staatlichen Bildungsauftrag und den Bedürfnissen von Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur entsprechende Vielfalt des Studienangebots in den Geistes- und Sozialwissenschaften, den Wirtschaftswissenschaften, den Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie in den Rechtswissenschaften, der Medizin und den Theologien gewährleistet sein. Künftig wird ein deutlicher Schwerpunkt des Wissenschaftsstandorts Nordrhein-Westfalen auf den Life Sciences liegen, ein weiterer auf den Informations· und Kommunikationstechnologien sowie auf den Medienwissenschaften; ungeschmälert erhalten bleibt daneben der Schwerpunkt, den die Natur- und Ingenieurwissenschaften im Gefüge unserer Wissenschaftslandschaft traditionell bilden. Gemäß den Empfehlungen des Expertenrates zur Reform von Studium und Lehre werden gestufte Studiengänge in allen Fachbereichen den Standard der Zukunft bilden. In einem entsprechenden Modellversuch aufgegriffen wird die Empfehlung des Expertenrates zur Erprobung einer konsekutiven Lehrerausbildung. Die Umwandlung der Universitäten-Gesamthochschulen in Universitäten wird gemäß dem Wunsch der Hochschulen und entsprechend einer Empfehlung des Expertenrates in Kürze auf gesetzlichem Wege realisiert. Im gleichen Zuge wird der Hochschulzugang neu geregelt, so dass zugleich das Gebot der gleichen Bildungschancen gewahrt bleibt und die Typenreinheit der Hochschularten beachtet wird. Die vom Expertenrat angeregte Fusion der Universitäten Duisburg und Essen steht vor der Verwirklichung: Das geplante Fusionsgesetz durchläuft
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zurzeit das parlamentarische Verfahren in Kürze und soll zum 1. Januar 2003 in Kraft treten. Die Voraussetzungen fur die vom Expertenrat - in Übereinstimmung mit der einschlägigen Empfehlung des Forum Bildung zum Lebenslangen Lernen - empfohlene Verstärkung des Angebots an wissenschaftlicher Weiterbildung werden gleichfalls in Kürze durch eine gesetzliche Neuregelung verbessert. Die Umsetzung der Empfehlungen, die der Expertenrat zur weiteren Entwicklung der Fachhochschulen formuliert hat, unterliegt besonderen Ausgangsbedingungen, auf die weiter unten einzugehen ist. Im Vorgriff darauf ist bereits hier zu erwähnen, dass der vom Expertenrat empfohlene Anschluss der Fachochschul-Außenstandorte der Universität-Gesamthochschule Paderborn es handelt sich um die Standorte Soest, Meschede und Höxter - an die Fachhochschule Lippe bzw. an die Märkische Fachhochschule Iserlohn (seitdem: Fachhochschule Südwestfalen) bereits im zurückliegenden Jahr erfolgt ist.
3. Weitere Maßnahmen zur Profilbildung In einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit den Empfehlungen des Expertenrates und der Umsetzung seiner Empfehlungen sind im Interesse einer weiteren Profilierung der nordrhein-westfälischen Forschungseinrichtungen zusätzliche innovative Maßnahmen getroffen worden: Graduate Schools und IT-Centers. Aufgrund eines nach strengen Kriterien durchgeführten Wettbewerbs wurden im zurückliegenden Jahr sechs Graduate-Schools eingerichtet. Gemeinsames Kennzeichen dieser Einrichtungen sind u.a. die Internationalität der Graduierten durch einen ausländischen Anteil von 30 %, die Konzentration aller Doktoranden auf ein innovatives Forschungsgebiet, die intensive Begleitung des individuellen Promotionsvorhabens durch ein hohes Maß an persönlicher Betreuung und durch ein straff abgestimmtes Curriculum. Im Einzelnen sind die nordrhein-westfälischen Graduate Schools folgendermaßen zu charakterisieren: Die International Graduate School for ,3ioInformatics and Genome Research" an der Universität Bielefeld ist in das Gesamtkonzept Bioinformatik und Genomforschung in Bielefeld integriert, das sowohl von der DFG gefördert als auch mit Bundesmitteln unterstützt wird. Sie wird am dortigen Zentrum
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für Biotechnologie eingerichtet und basiert neben der zentralen Einbindung der Institute für Bioinformatik und Genomforschung auf einer breiten interdisziplinären Kooperation zur Sicherstellung einer intensiven fachlichen Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses an der zukunftsträchtigen Schnittstelle zwischen Genomforschung und Informatik. Die International Graduate School for „Neurosciences" an der Universität Bochum bietet ein interdisziplinäres Forschungsprogramm im Bereich der Neurowissenschaften, das sich zwischen der Genetik, der Strukturanalyse von Membranproteinen, der Modellbildung und der technischen Umsetzung in der Neuroinformatik bewegt. Neue Techniken der Molekularbiologie, Genetik, Immunologie und neue Entwicklungen in der Erfassung und Modellierung neuronaler Prozesse sowie die Fortschritte im Bereich der bildgebenden Verfahren sind die Ursache für die rasante Entwicklung der Neurowissenschaften und Kognitionswissenschaften. Erfolgreiche Untersuchungen von Nervensystem und Gehirn erfordern eine Vielzahl interdisziplinärer technischer Ansätze und eine Ausbildung entsprechender Spezialisten, die durch diese Graduate School ermöglicht wird. Die Graduate School for „Production and Logistics" an der Universität Dortmund ist eine wissenschaftliche Einrichtung der Fachbereiche Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemietechnik, Statistik und Mathematik, die einen gemeinsamen Beitrag zur Lehre und Forschung im Bereich der Lebenszyklen von Produkten liefern: von der Produktentwicklung über die Produktionstechnologien bis zum Produktrecycling mit den in allen Phasen notwendigen und die Teilbereiche verbindenden Logistik- und Geschäftsprozessen. Moderne Unternehmenskonzepte unterliegen einer steigenden Kundenorientierung. Die dynamische Entwicklung von Kundenbedürfnissen, Märkten und Technologien verlangen eine Anpassung bei Produktionsabläufen, Produktionstechnik und Logistik. Zukünftige Lösungen können nur durch das Zusammenwirken vieler Fachdisziplinen entwickelt werden. Zur Bewältigung dieser Fragestellung bedarf es eines zunehmenden interdisziplinären Outputs, den die aktuellen Fachkräfte oft nicht in hinreichendem Maße zu liefern vermögen. Hier soll durch die Einrichtung dieser Graduate School Abhilfe geschaffen werden. Die Graduate School „Genetics and Functional Genomics" an der Universität Köln vereint verschiedene Gebiete der molekulargenetischen Grundlagenforschung sowohl in der Biologie, als auch in der Medizin, die hier im Sinne eines modernen Studienkonzeptes für eine methodisch breit angelegte Doktorandenausbildung zusammenwirken sollen. Die Graduierten sollen dazu befähigt werden, auf hohem Niveau an der Funktion und Evolution von Genen und Genomen zu forschen. Das Promotionsstudium beinhaltet mit der Molekulargenetik, der Zellgenetik, der Medizinischen Genetik, der Evolutionsgenetik und
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der praktischen Umsetzung im Rahmen von Mausmodellen alle Aspekte der modernen Genetik, für die die Universität Köln traditionell ausgewiesen ist. Die Graduate School „Molekulare Wirkstrukturen und feste Funktionsmaterialien" an der Universität Münster vereint die Fachbereiche Chemie und Pharmazie im Hinblick auf die Erforschung der Wechselbeziehungen zwischen Synthese, strukturellem Aufbau, molekularer Dynamik und Reaktivität sowie von funktionellen Charakteristika molekular organisierter Wirkstoffe oder fester Materialien. Die international anerkannte Chemie, die u.a. durch zahlreiche Sonderforschungsbereiche der DFG ausgewiesen ist, bildet den Kern der Graduate School, die in Sinne des interdisziplinären Ansatzes über den Anwendungsbezug die Materialwissenschaften und Pharmazie einbindet. Die Graduate School „Dynamisch-vernetzte intelligente Systeme" an der Universität Paderborn befasst sich mit der Entwicklung von Methoden und Techniken zum integrierten Entwurf großer dynamischer Netze und intelligenter Subsysteme. Die Dynamik solcher Systeme erweitert das Spektrum möglicher Anwendungen, stellt aber auch ständig neue Anforderungen an die Informatik im Hinblick auf die Entwicklung neuer Methoden und Verfahren. Dies soll in Zusammenarbeit mit Anwendern auf dem Gebiet der Mechatronik, Logistik und Produktionsplanung und -Steuerung geschehen. Die Hochschule verfugt bereits über einen entsprechenden Forschungsschwerpunkt, der mit der Einrichtung einer entsprechenden Graduate School nachhaltig manifestiert wird. In ähnlicher Weise wie die Graduate Schools werden zwei neue IT-Centers zur weiteren Profilbildung am Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen beitragen. Das unlängst gegründete IT-Center Dortmund betreibt Aus- und Weiterbildung in der angewandten Informatik auf herausgehobenem Niveau, und zwar in breitem Umfang, von der Grundausbildung bis zur Förderung von Spitzenbegabungen. Träger sind die Stadt Dortmund, die IHK Dortmund, die Universität Dortmund und die Fachhochschule Dortmund. Sie bieten eine bundesweit einmalige zweijährige akademische Ausbildung zum Professional in Information Technology an. Neben Kernelementen der Informatik stehen E-Commerce, Datenbankanwendungen und Netzwerkmanagement auf dem Studienplan. In Bonn soll in Kürze ein International Center for Information Technology B-IT errichtet werden. Hierbei kooperieren die Fraunhofer Institute in Sankt Augustin, die Universität Bonn, die Technische Hochschule Aachen und die Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin. Weitere Partner, insbesondere andere Hochschulen der Region, können hinzutreten. Das Konzept des B-IT beinhaltet den Aufbau von Exzellenzstudiengängen und entsprechenden Weiterbildungsangeboten im Bereich der Informatik und Schnittstellen zur
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Biologie sowie zu den Medienwissenschaften. Die Master-Studiengänge Life Science Informatics und Media Informatics sind vorgesehen. Darüber hinaus sollen besonders befähigte Studierende im Bereich der Informatik ein allgemeines Exzellenz-Studium vorfinden, das sie in kurzer Zeit zu dem international anerkannten Bachelor-Abschluss führt. In der Fachhochschule Bonn-RheinSieg ist die Einbeziehung der Robotik geplant. Ein Master-Studiengang Autonomous Systems soll diesen Bereich abdecken. Zunächst werden insgesamt etwa 300 Studienplätze eingerichtet. Weitere Ausbaumöglichkeiten werden gesehen. Das B-IT gliedert sich in zwei zentrale Institute der Universität Bonn, der Technischen Hochschule Aachen und der Fachhochschule Bonn-RheinSieg und soll Trägerin der Studiengänge und Weiterbildungsangebote sein. Die Studierenden werden durch das B-IT ausgewählt und betreut. Die Hochschulen werden ihre Studiengänge jeweils in eigener Verantwortung aufbauen. Die nordrhein-westfälischen Graduate-Schools und IT-Centers dokumentieren beispielhaft, wie der Prozess der Profilbildung im Wissenschaftsland NRW entlang der Leitlinien, die der Expertenrat mit seinen Empfehlungen vorgezeichnet hat, bereits kurze Zeit nach dem Vorliegen des Abschlussberichts zu innovativen neuen Ansätzen gefunden hat.
V. Nächste Schritte der Hochschulreform Nachfolgend wird in der Form eines Ausblicks beschrieben, welche weiteren Schritte der Hochschulreform in Nordrhein-Westfalen geplant sind. Die Agenda ist weder vollständig noch systematisch angelegt; sie beschränkt sich bewusst auf eine Auswahl an Vorhaben, die mit einer hohen Priorität versehen sind.
1. Weiterentwicklung
der neuen Steuerung
Ein erstes Stichwort in diesem Zusammenhang ist der weitere Ausbau der Hochschulautonomie. Seine Notwendigkeit ergibt sich aus der Anwendung des neuen Steuerungsmodells. Zielvereinbarungen setzen u.a. voraus, dass die Hochschulen in stärkerem Maße als bisher Planungs- und Personalentscheidungen eigenverantwortlich treffen können - und müssen. Dies geschieht durch Delegationen, beispielsweise der Genehmigung neuer Studiengänge oder von Berufungs- und anderen Personalangelegenheiten. Bereits mit dem Abschluss von Zielvereinbarungen der oben beschriebenen, „ersten Generation" sind in ausgewählten Fällen Delegationen gewährt worden; künftig wird der Umfang, in dem die Landesregierung derartige Aufgaben den Hochschulen überträgt, beträchtlich zunehmen.
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Die Verlagerung von Einzelentscheidungen an den Ort, an dem die Entscheidungen unmittelbar wirken, entspricht konsequent dem Modell einer auf Detaileingriffe verzichtenden Globalsteuerung, die das Leitbild eines unserer Zeit gemäßen Regierungshandelns bestimmt. Die neue Form der Steuerung setzt auch eine haushaltsrechtliche Flexibilisierung der Hochschulen voraus, die über das bisher erreichte Maß hinausgeht. Im kommenden Jahr werden zwei Universitäten und zwei Fachhochschulen in einen Modellversuch zur Erprobung des Globalhaushalts eintreten. Vom Jahr 2005 an werden alle Hochschulen ihre jährlichen Zuschüsse als Globalhaushalte zugewiesen erhalten. Mit der Einlösung dieses Anspruchs ist unverzichtbar verbunden ist, dass die Hochschulen bis zu diesem Zeitpunkt über hinreichende Mechanismen eines wirksamen Controllings, insbesondere einer ihren gesamten Aufgabenbereich umfassenden Kosten- und Leistungsrechnung verfugen.
2. Qualitätssicherung Das Stichwort Controlling und seine Funktion im Zusammenhang der neuen Steuerung gibt Anlass, einige weitere Punkte auf der Agenda der nordrheinwestfälischen Wissenschaftspolitik zu benennen. Diese Punkte entsprechen dem Erfordernis der Qualitätssicherung unter den Bedingungen einer weiter ausgebauten Hochschulautonomie. Besonders hervorzuheben ist die Einrichtung einer Akkreditierungsagentur. Dieses Ziel ist erreicht: Die nordrhein-westfälischen Hochschulen haben - mit finanzieller Unterstützung des Landes und in gemeinsamer Trägerschaft mit den Hochschulen des Landes Rheinland-Pfalz - die Akkreditierungsagentur AQAS mit Sitz in Bonn gegründet. Die Anerkennung durch den Deutschen Akkreditierungsrat ist erfolgt. Die Agentur hat ihre Arbeit zum Sommersemester 2002 aufgenommen. Die Akkreditierung wird sicher stellen, dass die gestuften Bachelor- und Masterstudiengänge internationalen fachlichen Standards entsprechen. Der zunehmenden Delegation von Planungsentscheidungen an die Hochschulen muss, zur Gewährleistung einer ihrer Verantwortung gerecht werdenden hochschulpolitischen Landesplanung, der Aufbau einer wirksamen Evaluationsinstanz korrespondieren. Dazu wird das Wissenschaftliche Sekretariat für die Studienreform in Bochum in ein Evaluationsbüro umgewandelt. Ziel ist, Evaluationsverfahren zu entwickeln, die eine künftige Wiederholung des aufwändigen Verfahrens einer Querschnittuntersuchung, wie sie der Expertenrat vorgenommen hat, vermeiden.
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3. Bedarfsgerechte
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Ressourcenallokation
Unter den Bedingungen von Hochschulautonomie und Globalhaushalt kommt den Ergebnissen regelmäßiger, auf der Ebene aller Studienfächer vergleichend durchgeführter Evaluationen eine besondere Bedeutung für die hochschulpolitische Landesplanung zu. Durch gezielte planerische Entscheidungen, die auf der Grundlage valider Evaluationsergebnisse getroffen werden, muss künftig ein zeitgemäßes Studienangebot gewährleistet werden. Im Interesse einer bedarfsgerechten Ressourcenallokation ist sicher zu stellen, dass relevante Veränderungen der Studiennachfrage, Innovationen in der Forschung oder neue Herausforderungen aufgrund gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Wandlungsprozesse sich möglichst rasch in wirksamen Anpassungen des Studienangebotes und der zugeordneten Forschungskapazitäten niederschlagen. Die Hochschulen benötigen und erhalten bei anstehenden Entscheidungen hinsichtlich der Reorganisation defizitärer Bereiche oder des Aufbaus innovativer Felder eine qualifizierte Beratung durch das Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung, dessen Aufgabe insbesondere darin besteht, die Planungsvorhaben einzelner Hochschulen mit den Erfordernissen der hochschulpolitischen Landesplanung in Übereinstimmung zu bringen.
4. Vollendung des Bologna-Prozesses Hinsichtlich der auch vom Expertenrat empfohlenen Einrichtung gestufter Bachelor- und Masterstudiengänge nimmt Nordrhein-Westfalen die Rolle eines Vorreiters ein. Mit der unlängst verabschiedeten sechsten Novelle zum Hochschulrahmengesetz ist das Vorhaben verbunden, die Erprobungsphase der gestuften Studiengänge zu beenden. Bachelor- und Masterstudiengänge werden somit den künftigen europäischen Standard bilden. In Nordrhein-Westfalen wird konsequent auf das Ziel hingearbeitet, Diplom- und Magisterstudiengänge durch konsekutive Studiengänge zu ersetzen und so für ein flächendeckendes Angebot zu sorgen. Diese Maßnahme genießt eine hohe Priorität nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Internationalisierung, sondern auch unter dem Aspekt der Bemühungen um eine nachhaltige Steigerung der Studienerfolgsquote durch eine straffere Strukturierung und eine intensivere Betreuung der Studierenden in praxisorientierten, berufsqualifizierenden Studiengängen.
5. Weitere Profilierung
der Fachhochschulen
Eine weitere hochschulpolitische Aufgabe von großer Bedeutung wird es ferner sein, die weitere Entwicklung der Fachhochschulen planvoll zu begleiten. Im Zuge der Hochschulreform stehen die Fachhochschulen inzwischen an
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einer Wendemarke. Nach gezielter, massiver Förderung durch die Hochschulsonderprogramme der 1990er Jahren haben sie in quantitativer Hinsicht einen fortgeschrittenen Ausbaustand erreicht. Unzweifelhaft steht fest, dass die Fachhochschulen ihren Gründungsauftrag in vollem Umfang erfüllen. Daher sollte sich die Fachhochschulen auch künftig auf ihre Stärken konzentrieren. Ihr Erfolg substantiiert die vom Wissenschaftsrat geprägte Formel „gleichwertig, aber andersartig" in beiden Aspekten, sowohl was die Gleichwertigkeit mit den Universitäten anbetrifft, als auch hinsichtlich ihrer Verschiedenheit. Dies bedeutet aber zugleich, dass das Leitbild der Fachhochschulen nicht die Universität sein oder werden sollte. Eine zu starke Konvergenz der Hochschularten würde zu einer Preisgabe des spezifischen Profils der Fachhochschulen und damit auch zu einer Gefährdung ihrer erfolgreichen Konzeption führen. Die weitere Erneuerung des Studienangebotes und die Arrondierung des Fächerspektrums an den Fachhochschulen erfolgt auf der Grundlage Empfehlungen des Expertenrates. Bemühungen zur weiteren Profilierung des Studienangebotes an Fachhochschulen sind von großer Bedeutung und werden von der nordrhein-westfälischen Landesregierung angemessen unterstützt. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Vertretern der Fachhochschulen und des Ministeriums hat mit der Ausarbeitung eines tragfähigen Konzepts begonnen. Überdies unterstützt Nordrhein-Westfalen die Fachhochschulen nachdrücklich in ihrem Bemühen um den weiteren Ausbau ihrer Forschung und Entwicklung. Es hat zu diesem Zweck eigene Förderprogramme aufgelegt, die auch weiterhin hohe Priorität genießen. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang den im Entstehen befindlichen „Kompetenzplattformen an Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen" (KOPF) zu. Profilbildung im Rahmen des Qualitätspakts, konsekutive Studiengänge und eine fachhochschulspezifische Forschung ermöglichen es den nordrhein-westfälischen Fachhochschulen, sich im internationalen Wettbewerb der Hochschulen langfristig optimal zu positionieren.
V I . Schlussbemerkung Mit dem Qualitätspakt, der Einsetzung des Expertenrates und der zügigen Umsetzung seiner Empfehlungen sind wichtige Schritte zur Sicherung und Stärkung der Hochschullandschaft Nordrhein-Westfalens getan. Die Hochschulen des Landes verfügen über ein hinreichendes Maß an Planungssicherheit und autonom zu nutzender finanzieller Spielräume. Die kritische Sicht von außen durch den Expertenrat hat Profilbildung und Schwerpunktsetzung erleichtert, während die Steuerungs- und Entscheidungskompetenz der Rektorate durch das neue Hochschulgesetz gestärkt worden ist. Dies wird sich im derzeit laufenden
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Prozess der Zielvereinbarungen zwischen Land und Hochschulen über mittelfristige Ausbau- und Reorganisationsfelder in Lehre und Forschung niederschlagen. Wie die vorstehend beschriebene hochschulpolitische Agenda zeigt, ist die Hochschulreform mit der Vorlage der Empfehlungen des Expertenrates keineswegs abgeschlossen; vielmehr hat die Landesregierung seitdem eine Vielzahl an konkreten und wirksamen Schritten zur Umsetzung der Empfehlungen unternommen, Schritte, denen weitere folgen werden. Zusammen genommen, summieren sich diese Maßnahmen zu einer zeitgemäßen Hochschulreformpolitik, die auch weiterhin konsequent auf das Ziel hinwirkt, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftsstandorts Nordrhein-Westfalen zu sichern.
Die Dienstrechts- und Besoldungsreform für Hochschullehrer
Von Reimund Scheuermann
Sehr geehrte Frau Professorin Färber, sehr geehrte Damen und Herren.
I. Einleitung Mit Ihrer Tagung, zu der ich sehr gerne gekommen bin, liegen Sie am Puls der Zeit, der gegenwärtig recht heftig schlägt, denn am vergangenen Samstag, den 23. Februar sind das neue Hochschulrahmengesetz in der Fassung des fünften Hochschulrahmengesetzänderungsgesetzes und das Professorenbesoldungsreformgesetz - wie Sie wissen, in Teilen hoch umstritten - in Kraft getreten. Mit dieser wirklich bedeutenden Reform folgt auf den ersten Reformschritt von 1998 der zweite, aus meiner Sicht noch wichtigere Schritt, nämlich die neuen Regelungen für das wissenschaftliche Personal. Wer je in einer großen Einrichtung wie den Hochschulen Personalverantwortung getragen hat, weiß, dass so gut wie alles darauf ankommt, die dienstrechtlichen Regelungen den Organisationszielen entsprechend zu gestalten. Nur zur Erinnerung an die vierte Novelle des Hochschulrahmengesetzes (HRG) 1998 die folgenden Stichworte zur einigen der damals geregelten Themenkomplexe: leistungsorientierte Hochschulfinanzierung, Evaluation von Forschung und Lehre unter Beteiligung der Studierenden, Neudefinition der Regelstudienzeit, Multimedia an den Hochschulen, neues Prüfungsrecht (Zwischenprüfungen für alle und Freischuss), Erprobung von Bachelor- und Masterstudiengängen, Verpflichtung zu einem Leistungspunktsystem, hochschuleigenes Auswahlverfahren, habilitationsgleiche Leistungen für die Erstberufung, Deregulierung. Bei diesem Katalog leuchtet ein, dass 1998 nicht auch noch das Dienstrecht in Angriff genommen werden konnte. Nun aber ist es soweit: Die Gesetze gel-
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ten und der Bundesgesetzgeber muss und darf darauf vertrauen, dass Länder und Hochschulen das ihre tun, um die Ziele der Reform zu erreichen. Nun gilt der als Forderung oder als Erwartung aus meiner eigenen Managementerfahrung formulierte Grundsatz: „Bis zur Entscheidung wird diskutiert, danach wird - ich vermeide den nach Exekution klingenden Fachbegriff „exekutiert" loyal vollzogen.
I I . Allgemeines Das HRG gilt, soweit es Rahmenrecht enthält, nicht unmittelbar für die Hochschulen, sondern bedarf zunächst der Umsetzung in Landeshochschulrecht. Innerhalb von drei Jahren muss das geschehen. Ohne weitere Umsetzung durch Landesrecht sind die neuen Regelungen zum Abschluss befristeter Arbeitsverträge (§§ 57a ff.) in Kraft getreten, da sie unmittelbar geltendes Arbeitsrecht enthalten. Die Reform der Professorenbesoldung erfordert nach Inkrafttreten der bundesrechtlichen Regelung ebenfalls zunächst den Erlass konkretisierender Bestimmungen im Bundes- und Landesrecht. Insbesondere sind nähere Regelungen zur Vergabe der Leistungsbezüge zu treffen. Die Übergangsfrist dazu läuft bis zum 31.12.2004. Die nunmehr eingeleiteten Strukturreformen werden trotz aller Schwierigkeiten bewirken, dass unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen künftig im internationalen Wettbewerb besser als bisher bestehen können. Es geht - nur noch einmal zur Erinnerung - um die Lösung der folgenden zentralen Probleme: 1.
die Qualifikation des wissenschaftlichen Nachwuchses dauert zu lange,
2.
im internationalen Vergleich erhalten Postdoktoranden auf dem Weg zur Professur zu spät Eigenverantwortung,
3.
das durchschnittliche Erstberufungsalter von Professoren ist zu hoch,
4.
in der Professorenbesoldung haben die Altersstufen gegenüber den auf Leistung abstellenden Elementen ein Übergewicht,
5.
es fehlen Leistungsanreize für ein größeres Engagement in der Lehre,
6.
die Möglichkeiten, im Wettbewerb mit der Industrie und ausländischen Hochschulen konkurrenzfähige Bezahlung zur Gewinnung von Wissenschaftlern anbieten zu können, sind unzureichend,
Die Dienstrechts- und Besoldungsreform für Hochschullehrer
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die Zeitvertragsregelungen zum Abschluss befristeter Verträge in der Qualifizierungsphase des wissenschaftlichen Nachwuchses sind kompliziert und verleiten zu häufigem Fehlbrauch.
I I I . Hochschulrahmengesetzänderungsgesetz /. Juniorprofessur Zentraler Punkt der HRG-Novelle ist die Einführung der Juniorprofessur. Die Juniorprofessur wird es künftig jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bereits mit Anfang 30 und nicht erst nach Eintritt in das fünfte Lebensjahrzehnt ermöglichen, selbständig und unabhängig zu lehren und zu forschen. Die Juniorprofessur soll in möglichst zeitnahem Anschluss an die Promotion beginnen und ist auf eine maximale Dauer von sechs Jahren angelegt. Nach drei Jahren ergeht eine Entscheidung darüber, ob die Leistungen der vergangenen Jahre den erfolgreichen Abschluss der Bewährung für den Professor in den verbleibenden drei Jahren erwarten lassen. Insbesondere aus den Geisteswissenschaften heraus wird kritisiert, sechs Jahre seien zu kurz. In der Tat reichen vielen Nachwuchswissenschaftlern derzeit sechs Jahre nicht, um ihr Habilitationsverfahren abzuschließen. Nach der Feststellung des Wissenschaftsrates ist die größte Gruppe im Zeitpunkt des Abschlusses der Habilitation die der Arbeitslosen, deren Assistentenverhältnis oder Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter zuvor bereits ausgelaufen ist. Dies ist ein Missstand, der beseitigt werden muss. Die Juniorprofessur soll im Regelfall die Einstellungsvoraussetzung für eine Universitätsprofessur sein. Alternative Wege für eine Berufung wird es aber auch künftig geben. Das Hochschulrahmengesetz selbst nennt die wesentlichen alternativen Qualifizierungswege: die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter oder wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Hochschule oder einer außeruniversitären Forschungseinrichtung sowie die wissenschaftliche Tätigkeit in der Wirtschaft oder in einem anderen gesellschaftlichen Bereich im In- oder Ausland. Wesentliches Element der neuen Bewährungsphase der Juniorprofessur ist, dass künftig nicht mehr die abgebenden, sondern die aufnehmenden Institutionen darüber befinden, ob Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren über die erforderliche Eignung und Befähigung für die Berufung auf eine Lebenszeitprofessur verfügen. Dies entspricht internationaler Üblichkeit und ist deshalb eine wichtige Voraussetzung für die Herstellung der internationalen Anschlussfähigkeit des deutschen Hochschulsystems. Es ist zugleich Bedingung dafür, dass unser Hochschulsystem für deutsche und ausländische Nachwuchswissenschaftler attraktiver wird.
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2. Habilitation, Hausberufungen,
tenure-track
Ebenfalls von Bedeutung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Hochschulsystems und mehr noch für Planbarkeit und Sicherheit des Karriereweges der Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren ist die Auflockerung des Hausberufungsverbots bei der Berufung auf eine Lebenszeitprofessur. Auch in Zukunft muss zwar zumindest ein Hochschulwechsel nach der Promotion erfolgen. Dieser kann aber künftig schon vor oder bei der Berufung auf eine Juniorprofessur vorgenommen werden. Das bisherige Qualifizierungssystem beruht im wesentlichen auf drei Elementen: der Habilitation, dem Hausberufungsverbot und der Bestenauswahl unter den Habilitierten im Berufungsverfahren. Insbesondere von den Geisteswissenschaften wird die Beibehaltung dieses Systems vehement gefordert. Zu fragen ist allerdings, wohin dieses System bis heute geführt hat. Aufgrund des Hausberufungsverbotes gibt es an den Hochschulen keine Personalplanung für die Besetzung der Professuren. Nachwuchswissenschaftler werden vielfach völlig unabhängig von dem künftig benötigten Bedarf an Professorenstellen habilitiert. Die verfassungsrechtlich gebotene Bestenauswahl unter den habilitierten 40 bis 45jährigen verhilft nur wenigen zu der angestrebten Professur und belässt viele andere im Status als Privatdozent mit anschließender Arbeitslosigkeit oder jedenfalls einer nicht der nachgewiesenen Qualifikation entsprechenden Tätigkeit. Als Fazit ist deshalb festzuhalten, dass das bisherige System gerade in den Geisteswissenschaften für die Betroffenen unsozial ist. Die neue Personalstruktur des HRG und die Neugestaltung des Qualifikationsweges werden hier Abhilfe schaffen: Schon im Rahmen der Vorgriffforderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) auf das Juniorprofessorenprogramm ist festzustellen, dass Hochschulen aufgrund der Einschränkung des Hausberufungsverbotes erstmals personalplanerische Aspekte für die Besetzung zukünftig freiwerdender Professuren in den Blick nehmen. Juniorprofessuren werden vorrangig dort geschaffen, wo in fünf bis sechs Jahren eine Professur frei wird. Die Qualifizierung erfolgt also unter Berücksichtigung des zukünftigen Bedarfes. Die darüber hinaus eingeräumte Möglichkeit des tenure track schafft planbare Berufsperspektiven, die nur noch von einem abhängig sind: der eigenen Leistung. Eine systematische Produktion von arbeitslosen oder weit unter Wert eingesetzten Hochqualifizierten wird durch dieses neue System ausgeschlossen. Die Bundesregierung teilt die Feststellung des Wissenschaftsrates, dass das Habilitationsverfahren nicht zur Realisierung der mit der Dienstrechtsreform verfolgten Ziele beiträgt. Die Habilitation als Prüfungsverfahren steht vor allem der gewollten größeren Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit des wis-
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senschaftlichen Nachwuchses entgegen. Die für die Berufung auf eine Professur erforderlichen zusätzlichen wissenschaftlichen Leistungen sollen deshalb künftig nicht mehr zum Gegenstand eines Habilitationsverfahrens gemacht werden, sondern - wie es international üblich ist - nur noch im Berufungsverfahren bewertet werden. Eine Übergangsregelung stellt sicher, dass Habilitationsverfahren noch bis Ende 2009 durchgeführt werden können. In die Bewertung des Berufungsverfahrens werden alle erbrachten wissenschaftlichen Leistungen einbezogen, und zwar unabhängig davon, ob sie zuvor schon Gegenstand eines Habilitationsverfahrens waren. Anderslautende Darstellungen sind und bleiben falsch. Wie sollen sich post-docs künftig weiterqualifizieren? In den Naturwissenschaften vor allem durch Veröffentlichung in international führenden Zeitschriften, in den Geisteswissenschaften eher durch das „zweite Buch", das aber - anders als die Habilitation - eine eigenverantwortliche, unabhängige Forschungsarbeit ist. Das Nebeneinander der neuen Juniorprofessur ohne Habilitation und des bisherigen Qualifikationsweges über die Habilitation muss aber auf den Übergangszeitraum bis Ende des Jahres 2009 beschränkt bleiben. Das allseits befürwortete Reformziel, dem wissenschaftlichen Nachwuchs frühere Selbständigkeit zu geben, würde verfehlt, wenn selbst in zehn Jahren nicht einmal die Hälfte der neuen Professoren vorher Juniorprofessoren waren und damit Eigenverantwortung in Forschung und Lehre hatten. Die Bundesregierung unterstützt die Länder bei der Einrichtung von Juniorprofessuren mit einer nennenswerten Bezuschussung der drittmittelfähigen Grundausstattung. Sie stellt hierzu in den Jahren 2002 bis 2006 für die Grundausstattung der ersten 3.000 Juniorprofessuren rund 180 Millionen Euro zur Verfügung. Im Rahmen eines Vorgriffförderungsprogramms, das auf eine überwältigende Resonanz bei den Hochschulen gestoßen ist, sind bereits die ersten Juniorprofessuren ausgeschrieben worden. Eine Reihe dieser zukünftigen Juniorprofessuren soll gemeinsam von Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen eingerichtet werden. Das Programm zur Vorgriffförderung bietet damit zugleich den Rahmen, um die Kooperation zwischen Universitäten und Forschungseinrichtungen nach Einführung der Juniorprofessur schon jetzt im Modell zu erproben.
3. Zeitvertragsregelungen Neben der Einfuhrung der Juniorprofessur sieht das neue Hochschulrahmengesetz Änderungen bei der Struktur des wissenschaftlichen Personals der Hochschulen vor. Durch die Juniorprofessur werden die bisherigen Personal-
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kategorien der wissenschaftlichen und künstlerischen Assistenten, Oberassistenten, Oberingenieure und Hochschuldozenten entbehrlich. Das Profil des wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiters wird um Komponenten der bisherigen wissenschaftlichen und künstlerischen Assistenten erweitert. Diese Position soll künftig insbesondere nicht mehr nur dem Erwerb einer Promotion, sondern auch der Erarbeitung weiterer wissenschaftlicher Leistungen dienen. Auf Einzelheiten dieser Regelung, die, wie Sie wissen unter den Betroffenen hoch umstritten ist, werde ich später noch detailliert eingehen.
IV. Reform der Professorenbesoldung I. Leistungskriterien Die zweite wesentliche Neuerung der Dienstrechtsreform ist die Einführung von Leistungskriterien bei der Besoldung. Mit dem neuen Dienstrecht setzt die Bundesregierung ganz klar auf Leistung und Engagement. Nicht mehr nur das Älterwerden, sondern die Qualität der Arbeit soll in Zukunft das Gehalt der Hochschullehrer bestimmen. Gleichzeitig soll der Karriereweg an der eigenen Hochschule eröffnet werden: Leistungsgerechte Gehaltssteigerungen sollen künftig unabhängig von Berufungsverhandlungen und ohne den Zwang zum Weggang an eine andere Hochschule möglich sein. Die Besoldung der Professoren setzt sich künftig aus einem Mindestbetrag der W-Besoldung und zusätzlichen variablen Gehaltsbestandteilen, den sog. Leistungsbezügen, zusammen. Die Leistungsbezüge werden individuell mit der Hochschule verhandelt und vereinbart. Hier kommen sowohl quantitative als auch qualitative Kriterien zum Tragen. Da Leistungsbezüge in der Regel auch schon bei der Erstberufung vereinbart werden - zumindest bei allen Professoren, die älter als Anfang 30 sind - ist der Mindestbetrag der Besoldung nicht gleichzusetzen mit dem Anfangsgehalt für Professoren.
2. Die neuen Besoldungsgruppen der W-Besoldung Die Mindestbeträge (W 2 = 3 .724 €, W 3 = 4 .522 € monatlich), die als zu niedrig kritisiert werden, orientieren sich an der C 3- und C 4-Besoldung junger Professoren und liegen damit zum Teil sogar über der heutigen Besoldung von C 2-Professoren an Fachhochschulen und C 3-Professoren an Universitäten. Juniorprofessoren sind in W 1 eingeordnet (W 1 = 3.260 Euro; bei positiver Evaluation nach drei Jahren erhöht sich die Besoldung um 260 €).
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Für die individuelle Besoldung gibt es künftig keine absolute Obergrenze mehr. Deutsche Hochschulen erhalten damit eine realistische Chance, Spitzenkräfte, die auch von der Wirtschaft oder ausländischen Universitäten umworben werden, zu gewinnen. Sie werden so mit Hochschulen in anderen Ländern konkurrenzfähig. Um sicher zu stellen, dass die Reform insgesamt nicht zu einer Besoldungskürzung bei den Professoren führt, wird das bisherige Personalbudget durch die bundesrechtliche Festlegung eines Vergaberahmens garantiert. Darüber hinaus erhalten die Länder die Möglichkeit, den für die Berechnung des Vergaberahmens maßgeblichen Besoldungsdurchschnitt des Jahres 2001 für die Besoldung der Professoren um durchschnittlich jährlich bis zu 2 % zu überschreiten, insgesamt jedoch höchstens bis zu 10 %. Darüber hinaus können alle Länder, deren Besoldungsdurchschnitt des Jahres 2001 unter dem Niveau des ausgabenstärksten Landes liegt, ihren Besoldungsdurchschnitt auf dieses höchste Niveau erhöhen. Diese Handlungsspielräume ermöglichen es, die Anwerbung von Spitzenkräften aus Industrie und Ausland zu finanzieren, die Fachhochschulprofessuren aufzuwerten und das Besoldungsniveau in Ostdeutschland - unabhängig von den zunächst noch fortbestehenden generellen Besoldungsabsenkung - dem Niveau der westlichen Länder anzugleichen. Falsch ist deshalb die in der Öffentlichkeit gelegentlich geäußerte Behauptung, dass eine Kürzung bei den Ausgaben für die Professorengehälter vorgesehen sei. Richtig ist vielmehr das Gegenteil: dass nämlich eine solche Kürzung gesetzlich ausgeschlossen wird. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Kostenneutralität „nach unten" garantiert, dass künftig unter dem Strich kein Cent weniger für die Professorenbesoldung ausgegeben wird. Der Erfolg der Reform wird nicht zuletzt von den unmittelbar Betroffenen abhängen. Die Besoldungsreform bietet Hochschulen und Forschungseinrichtungen die Chance, die Orientierung ihrer leitenden Wissenschaftler auf strategische Ziele, auf Erfolg und Ertrag auch durch finanzielle incentives " wirkungsvoll unterstützen und sich in der Konkurrenz um Spitzenkräfte auf dem nationalen und internationalen Wissenschaftsmarkt zu behaupten. Ohne die Akzeptanz und die Mitwirkungsbereitschaft der Hochschulleitungen, der Vorstände der Forschungseinrichtungen, der Professoren und leitenden Wissenschaftler können die neuen Instrumente nicht funktionieren. Alle sind daher aufgerufen, sich an dem Reformprozess zu beteiligen, damit HRG- und Besoldungsreform gelingen. Dies bedeutet erstens für die Juniorprofessur, dass sie so ausgestaltet werden muss, dass die Bewährung als Professor erfolgreich sein kann. Folglich kann fairerweise niemand von einem gerade berufenen Juniorprofessor die volle Last eines auf Lebenszeit berufenen Universitätsprofessors verlangen. Freilich sollte
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er zeigen, dass er genau dies am Ende der Bewährung - also im sechsten Jahr spätestens - zu leisten im Stande ist. Bei der Besoldung kommt es ganz entscheidend darauf an, die Kriterien, nach denen Leistungszulagen gezahlt werden, präzise zu definieren. Und man muss das Verfahren hierzu, insbesondere wer über die Zulagen entscheidet, besonders ernstnehmen. Nach meiner festen Überzeugung wäre es nicht erträglich, Leistungszulagen nur an diejenigen zu zahlen, die - sozusagen - ihr Geld wieder hereinbringen durch Patente, Steuermehreinnahmen, Arbeitsplätze und nicht markt-, aber marketingfähige Leistungen (z.B. Nobelpreise). Die Geistesund Gesellschaftswissenschaft tragen hier ein besonderes Risiko. Aber „Diogenes in der Tonne" oder der „arme Poet" dürfen nicht der Normalfall bei ihnen werden, genauso wenig wie bei den Naturwissenschaftlern der „beamtete mittelständische Unternehmer", der in seinem Institut mit einer beträchtlichen Anzahl wissenschaftlichen und administrativen Personals einen Millionenumsatz (an Drittmitteln) „erwirtschaftet" (und für den Zulagen zwar als Anerkennung, weniger aber unter finanziellen Gesichtspunkten interessant sind). Sonst haben wir ein Zweiklassensystem unter den Universitätsprofessoren und unter den Fächern mit nicht absehbaren negativen Folgen.
V. Zeitvertragsregelungen für befristet Beschäftigte Die dritte wesentliche Neuerung der Hochschuldienstrechtsreform ist die Neugestaltung der Rechtsvorschriften über die befristete Beschäftigung von wissenschaftlichen Mitarbeitern und wissenschaftlichen Hilfskräften. Dieser Teil der Reform, für den sich jahrelang niemand mehr zu interessieren schien, ist seit einigen Wochen in das Zentrum der öffentlichen Debatte gerückt. Von Berufsverbot, Massenentlassungen, Verschrottung einer ganzen Dozentengeneration und Arbeitslosigkeit derjenigen, die innerhalb von zwölf Jahren keine Professur erreicht haben, ist hier die Rede. Für das BMBF war diese Kritik Anlass, das neue Recht noch einmal unter allen Aspekten genau zu durchleuchten, aber auch den in den Presseberichten genannten konkreten Einzelfällen auf den Grund zu gehen. Ich will daher ein bisschen genauer darauf eingehen. Im Ergebnis hat sich der Wahrheitsgehalt der öffentlichen Darstellungen als äußerst gering herausgestellt. Jedenfalls ist die angebliche Äußerung von der „Verschrottung" einer Generation von Privatdozenten weder von der Leitung noch einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin des BMBF gemacht worden. Auf die Aufforderung, dieses angebliche Zitat einem Namen zuzuordnen, wurde dies schriftlich verweigert. Ohne Zweifel wird hier in unverantwortlicher Weise von Personen, die die arbeitsrechtliche Lage entweder nicht in ausreichender Weise kennen oder gar nicht kennen wollen, Verunsicherung betrieben. Deshalb zurück zu den Tatsachen!
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/. Mängel des bisherigen Zeitvertragsrechts Das alte Zeitvertragsrecht wies vier gravierende Mängel auf: Erstens erforderte es bereits in der Qualifizierungsphase einen exakten Sachgrund für die Befristung. Probleme ergeben sich dabei daraus, dass wissenschaftliche Mitarbeiter neben befristeten Projektaufgaben oder Aufgaben, die ihrer Qualifikation dienen, häufig auch Daueraufgaben in Forschung und Lehre übernehmen, die nicht im Einklang mit dem der Befristung zugrundegelegten Sachgrund stehen. Das neue Recht beseitigt dieses Problem. Es erfordert innerhalb der zwölfjährigen Qualifizierungsphase keinerlei Sachgrund. Die Befristungsmöglichkeit besteht unabhängig von der Art der Tätigkeit, der Art der Finanzierung und auch der Anzahl der Arbeitgeber. Der zweite Mangel bestand darin, dass das alte Recht keine zeitliche Obergrenze für die Promotionsphase vorsah. Dazu hatte der Wissenschaftsrat 1982 festgestellt, dass die damals allein bestehende Befristungsmöglichkeit, nämlich fünf Jahre nach der Sonderregelung 2 y des Bundesangestelltentarifs (BAT) für die Promotions- und eine anschließende Postdoc-Phase, zu kurz war. Durch das Zeitvertragsgesetz von 1985 wurde dann die bisher geltende Rechtslage geschaffen, nach der die fünf Jahre für die Postdoc-Phase zur Verfügung stehen und Promotionszeiten hierauf nicht angerechnet werden. Promotionszeiten sollten jedoch weiterhin keinesfalls mehr als fünf Jahre betragen. In der Praxis haben sich die Promotionszeiten aber immer weiter verlängert und betragen heute zum Teil deutlich mehr als sechs Jahre. Dies ist kein guter Zustand. Daher sieht das neue Recht eine Begrenzung der befristeten Beschäftigung bis zur Promotion auf maximal sechs Jahre vor. Wer jetzt schon an einer Promotion arbeitet, aber innerhalb der sechs Jahre nicht fertig wird, kann in der Übergangsphase vom alten auf das neue Recht nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) bis zum Abschluss der laufenden Promotion weiter beschäftigt werden. Der dritte Mangel des alten Rechts bestand in der strikten Fünijahresgrenze für die Postdoc-Phase. Dies war der Hauptkritikpunkt der Hochschulen und Forschungseinrichtungen an dem bisherigen Recht. Viele - auch vom BMBF geförderte - Projekte laufen sechs, sieben oder acht Jahre. Gefordert wurde daher, die Befristungsgrenze dementsprechend auf sechs bis acht Jahre zu verlängern. Darüber hinaus war die Fünijahresgrenze des alten HRG auch noch aus einem anderen Grund enger als die Fünfjahresgrenze nach der Sonderregelung 2 y des BAT: Nach BAT gelten die fünf Jahre je Sachgrund auch bei demselben Arbeitgeber. Nach dem bisherigen HRG galt die Fünijahresgrenze unabhängig davon wie viele Sachgründe bei dem Arbeitgeber bestehen. Ziel des Gesetzgebers war es, Arbeitnehmer vor einer unzumutbaren Ausdehnung der befristeten Beschäftigung zu schützen. Das neue Recht sieht eine Verlängerung der Höchstfrist für die Postdoc-Phase von fünf auf sechs Jahre vor. Darüber
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hinaus verlängert sich diese Frist, soweit die Promotionszeit weniger als sechs Jahre betragen hat. Bei einer Promotionszeit von drei Jahren steht somit für die Postdoc-Phase eine Befristungsmöglichkeit von neun Jahren zur Verfügung. Mit dem Zeitrahmen für die Promotions- und Postdoc-Phase von insgesamt zwölf Jahren werden die bisherigen Forderungen nach einer Verlängerung der Fünfjahresfrist für die Postdoc-Phase erfüllt. Es liegt nun an den Hochschulund Forschungseinrichtungen, dafür zu sorgen, dass die Promotionszeiten drei bis maximal vier Jahre nicht übersteigen, damit ein Zeitrahmen von acht bis neun Jahren für die Postdoc-Phase zur Verfügung steht. Die Erfahrungen mit den Graduiertenkollegs an den Hochschulen sowie entsprechende Bemühungen der außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben gezeigt, dass es geht. Eine Übergangsregelung für Promovierende, die länger als sechs Jahre für den Abschluss der Promotion gebraucht haben, ist nicht erforderlich, da sich die Sechsjahresfrist für die Postdoc-Phase auch in diesen Fällen nicht verkürzt. Der vierte Mangel des bisherigen Rechts bestand in dem Zwang zu einem Wechsel des Arbeitgebers nach jeweils fünf Jahren. Nach bisherigem Recht begann die Fünfjahresfrist bei jedem Wechsel der Hochschule oder Forschungseinrichtung neu. Dies widersprach der Intention des Gesetzgebers, Mitarbeiter vor eine unzumutbaren Ausdehnung von befristeten Verträgen zu schützen. In den Geisteswissenschaften war dies vielfach ein tatsächlicher Wechsel. In den Naturwissenschaften erfolgte dieser Wechsel dagegen häufig nur auf dem Papier, da hier im Rahmen von Arbeitsgruppen und mit erheblicher Apparateausstattung geforscht wird; die Professoren waren sich hier gegenseitig behilflich.
2. Das neue Recht: Hochschulrahmengesetz und Teilzeit- und Befristungsgesetz Das neue Recht hat mit der Rahmenfrist des HRG von zwölf Jahren eine für die Qualifizierungsphase großzügige Regelung. Diese zwingt nicht zum Wechsel der Hochschule oder Forschungseinrichtung. Unbestritten ist, dass zwölf Jahre nach dem Studienabschluss die Qualifikationsphase vorbei ist. Danach beginnt die Phase der Berufstätigkeit. Konsequenterweise richtet sich die Zulässigkeit einer befristeten Beschäftigung in dieser Phase nach dem allgemeinen Arbeitsrecht, d. h. dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Zu diesem seit dem 1.1.2001 geltenden Gesetz wird gegenwärtig verschiedentlich die Auffassung vertreten, es werde von den Hochschulen so lange nicht angewandt werden, bis durch arbeitsgerichtliche Rechtsprechung seine Reichweite und Anwendbarkeit eindeutig geklärt sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz zwar ein neues Gesetz ist, aber im Kern die Kodifizierung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes enthält, so dass im Grunde kein Anlass für Zweifel über die Reichweite
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des neuen Arbeitsrechtes bestehen sollte. Die Frage der tatsächlichen Nutzung dieser weitgehenden Befristungsmöglichkeit ist ganz entscheidend und m.E. eine für jeden Kanzler und seine Personalabteilung eine herausfordernde, aber professionell beherrschbare Aufgabe. Hier kann die Personalfürsorge, von der im öffentlichen Dienst so oft die Rede ist, ganz konkret auch für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Tragen kommen. Das TzBfG lässt bei einem Wechsel des Arbeitgebers jeweils eine sachgrundlose Befristung von bis zu zwei Jahren und mit oder ohne Arbeitgeberwechsel befristete Beschäftigungen jeweils mit Sachgrund zu. Die Frage, inwieweit von diesen auch im neuen Recht weitgehenden Befristungsmöglichkeiten nach Abschluss der Qualifizierungsphase Gebrauch gemacht werden soll, ist die eigentliche Kardinalfrage.
5. Die „ Kardinalfrage
"
Die Befürworter einer grundsätzlichen Nutzung der befristeten Beschäftigung auch nach der Qualifizierungsphase sehen hierin Vorteile für die Forschung, die ohnehin zunehmend Projektforschung sei. Doch wie sehen diese Projektkarrieren heute nach der Qualifizierungsphase konkret aus? Nach einer ersten Postdoc-Beschäftigung von in der Regel fünf Jahren gilt: Je länger die Projektkarriere dauert, desto kürzer werden die einzelnen Zeitverträge. Gleichzeitig treten mehr oder weniger lange Phasen von Arbeitslosigkeit dazwischen. Der Zwang, ständig Anschlussbeschäftigungen suchen zu müssen, behindert eine konzentrierte Forschungstätigkeit. Selbst bei Ende-40-jährigen mit Habilitation und 15 bis 20 Jahren Berufserfahrung erfolgt die Bezahlung oft immer noch nach dem Tarif für Berufseinsteiger. Die hohe Abhängigkeit der älteren befristet Beschäftigten fördert Konformität und lässt Querdenkern kaum eine Chance. Dieser ungute Zustand muss sich ändern. Denn bis etwa Mitte 30 ist ein Berufswechsel in Tätigkeiten außerhalb der öffentlich finanzierten Forschung auch für Geisteswissenschaftler sowie für Naturwissenschaftler aus Bereichen der Grundlagenforschung grundsätzlich möglich. Schon wenige Jahre danach verringern sich diese Chancen jedoch drastisch. Nach der Qualifizierungsphase darf deshalb von den Möglichkeiten des Teilzeit- und Beschäftigungsgesetzes nur verantwortlich Gebrauch gemacht werden. Nach dem Ende der ersten Postdoc-Phase, d. h. wenn der Nachwuchswissenschaftler etwa 35 Jahren alt ist, muss der jeweilige Arbeitgeber vor dem Abschluss eines weiteren Zeitvertrages prüfen, ob dem Arbeitnehmer eine spätere Dauerbeschäftigungsperspektive geboten werden kann. Nach einem weiteren Zeitvertrag, d. h. mit 38 oder 40 Jahren, ist erfahrungsgemäß der Zeitpunkt überschritten, wo der Wechsel in eine Berufstätigkeit außerhalb der öffentlich
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finanzierten Forschung grundsätzlich möglich ist. Eine weitere befristete Beschäftigung ist bei einem 35-jährigen nicht mehr allein eine Frage des Nutzens fur die Forschung, sondern gleichermaßen eine Frage der Personalverantwortung. Deshalb muss bei den jungen Nachwuchswissenschaftlern, die sich noch innerhalb der Zwölfjahresfrist befinden, spätestens am Ende dieser Frist die Entscheidung zwischen weiterer beruflicher Tätigkeit in der Wissenschaft oder einem Wechsel in andere Bereiche des Beschäftigungssystems getroffen werden. Eine weitere befristete Beschäftigung in der Wissenschaft kommt insbesondere dann in Betracht, wenn dem Mitarbeiter nach einem weiteren Fristvertrag eine dann freiwerdende Dauerstelle geboten werden kann oder wenn es sich um einen auch von der Privatwirtschaft umworbenen Nachwuchswissenschaftler handelt. Umgekehrt bedeutet dies: Je weniger marktgängig eine Disziplin ist, desto früher muss die Entscheidung zwischen dauerhafter Beschäftigungsperspektive in der Wissenschaft oder Wechsel in die Privatwirtschaft fallen. Eine wie auch immer geartete Übergangsregelung würde diesen jungen Nachwuchswissenschaftlern einen Verbleib im Wissenschaftssystem auch ohne realistische Perspektive ermöglichen mit den oben dargelegten gravierenden Problemen der heutigen Projektkarrieren. Während somit bei den jungen Nachwuchswissenschaftlern eine eher zurückhaltende Anwendung der Befristungsmöglichkeiten des allgemeinen Arbeitsrechtes sinnvoll erscheint, gilt dies nicht für jetzt vorhandene ältere Postdoktoranden, die die Qualifizierungsphase schon weit überschritten haben. Zu dieser Personengruppe zählen sowohl die Privatdozenten, die bislang keinen Ruf auf eine Professur erhalten haben, wie auch alle anderen älteren Postdoktoranden, die versuchen, sich mit Drittmittelprojekten beruflich über Wasser zu halten. Sie haben den Zeitpunkt einer möglichen beruflichen Umorientierung überschritten und befinden sich insofern in einer äußerst schwierigen Situation. Von der nach dem alten wie nach dem neuen Recht bestehenden Möglichkeiten, befristete Arbeitsverträge abzuschließen, machen die Arbeitgeber nur zurückhaltend Gebrauch, da die arbeitsgerichtlichen Risiken mit zunehmendem Alter des Arbeitnehmers und zunehmender Dauer der bisherigen befristeten Beschäftigung steigen. Die Lage dieser Postdocs ist zwar einerseits die Kehrseite der Freiheit der Berufswahl, aber andererseits auch von Staat und Hochschulen mit zu verantworten. Die ohne genügend Rücksicht auf künftig zu berufenden Professoren hinaus erfolgende Habilitierung von Nachwuchswissenschaftlern, die wegen des Hausberufungsverbots nicht stattfindende Personalplanung sowie die erforderliche Bestenauswahl bei der Besetzung der Professuren, die systematisch zur Arbeitslosigkeit bzw. zu nicht der hohen Qualifikation entsprechenden Tätigkeit vieler nicht berufenen Habilitierten führt, haben auch Staat und Hochschulen mitzuverantworten.
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Mit der Neugestaltung der Personalstruktur und des Qualifikationsweges zur Professur werden diese Probleme für zukünftige Nachwuchswissenschaftlergenerationen weitgehend beseitigt. Dies nützt jedoch den heutigen Habilitierten und den in den nächsten zehn Jahren noch aus dem alten System kommenden wenig. Sofern diese älteren Postdoktoranden Drittmittel einschließlich der eigenen Personalkosten einwerben, sollte ihnen deshalb die Möglichkeit einer Beschäftigung gegeben werden. Dies kann im Rahmen des allgemeinen Arbeitsrechts geschehen durch eine sachgrundlose Befristung von bis zu zwei Jahren nach jedem Arbeitgeberwechsel, eine befristete Beschäftigung mit Sachgrund oder durch eine unbefristete Beschäftigung. Als Sachgrund für eine befristete Beschäftigung kommt insbesondere eine zeitlich begrenzte Forschungsaufgabe im Rahmen eines Drittmittelprojektes in Betracht. Dieser Sachgrund liegt wegen der geringeren arbeitsrechtlichen Risiken vor allem nach einem Arbeitgeberwechsel nahe. Bei demselben Arbeitgeber kommt für die notwendige Zeit zur Suche nach einem neuen Arbeitgeber auch eine Beschäftigung mit dem von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Sachgrund „Vermeidung von Übergangsarbeitslosigkeit" in Betracht. In diesem Fall endet das Arbeitsverhältnis unabhängig von einer Projektlaufzeit nach § 15 TzBfG mit der Zweckerreichung. Darüber hinaus kann auch ohne Vorliegen von Drittmitteln - eine befristete Beschäftigung immer auch in einem Vertretungsfall (Lehrstuhlvertretung, Elternzeit) gerechtfertigt werden. Die Hochschulen bieten eine dauerhafte Beschäftigungsmöglichkeit in der Regel nur im Rahmen der Professur und weniger anderer Personalkategorien. Sowohl die Wissenschaftsminister der Länder wie auch die Hochschulleitungen wollen im Grundsatz keinen dauerhaft beschäftigten Mittelbau. Dies ist jedoch keine Frage des Arbeitsrechtes, sondern eine in jeder Hinsicht politische Entscheidung. Demgegenüber wird an den Forschungseinrichtungen ein großer Teil der Mitarbeiter unbefristet beschäftigt. Für eine unbefristete Beschäftigung von drittmittelfinanziertem Personal außerhalb des Stellenplans ist eine haushaltsrechtliche Ermächtigung erforderlich. Im Einzelplan des BMBF sind für etwa 6.700 Personen im Bereich der vom BMBF institutionell geforderten Forschungseinrichtungen entsprechende Ermächtigungen ausgewiesen. Abschließend noch ein Wort zur Gruppe der wissenschaftlichen Assistenten, deren Beschäftigungsverhältnis nach der Umsetzung des neuen HRG im Landesrecht ausläuft, und die deshalb künftig nicht mehr zu Oberassistenten berufen werden können. Für sie besteht jedoch die Möglichkeit einer weiteren befristeten Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Nach Ausschöpfung des Befristungsrahmens des HRG besteht eine Möglichkeit darin, Haushaltsmittel aus freiwerdenden C2-Stellen für eine befristete Anschlussbeschäftigung mit dem Sachgrund „Vergütung aus Haushaltsmitteln, die haushaltsrechtlich
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für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind" (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG) zu nutzen. Ferner kann ein befristeter Arbeitsvertrag unter dem Gesichtspunkt der sozialen Überbrückungsmaßnahme (§14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG) für die notwendige Zeit zur Bewerbung auf ausgeschriebene Professuren und Durchführung von Berufungsverfahren bis zu einer Dauer von 3 Jahren abgeschlossen werden. An den Hochschulen kommt außerdem eine übergangsweise Beschäftigung in einem Beamtenverhältnis auf Zeit in Betracht, wenn hierfür die landesrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass sowohl das alte Zeitvertragsrecht als auch der Qualifikationsweg zur Professur eine erhebliche Zahl gravierender Mängel auf wiesen. Diese Mängel sollen und - soweit man das heute prognostizieren kann - werden durch das neue Zeitvertragsrecht und durch den neuen Qualifikationsweg zur Professur weitgehend beseitigt. Die Lösung von in der Übergangsphase auftretenden Problemen ist entweder mit dem neuen Zeitvertragsrecht bereits systemimmanent (keine Anrechnung von Promotionszeiten von mehr als sechs Jahren auf die sechsjährige Postdoc-Phase) oder über das Teilzeit· und Befristungsgesetz möglich (Promotionszeiten von mehr als sechs Jahren, Wegfall des Oberassistentenamtes, Wegfall der Fristverlängerung bei jedem Arbeitgeberwechsel). Ein Bedarf für eine darüber hinausgehende Übergangsregelung im Hochschulrahmengesetz besteht nach dem Ergebnis der nochmaligen Durchleuchtung des neuen Zeitvertragsrechtes und vor dem Hintergrund aller bisher bekannten Fallkonstellationen nicht.
V I . Schluss Eines kann das neue Zeitvertragsrecht nicht leisten: Die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen bei einem generellen oder sektoralen Arbeitskräfteüberangebot. Aber richtig ist auch, dass die Personalverwaltungen an den Hochschulen und die Personal verantwortlichen in den Ministerien jetzt mit mutigem Augenmaß alles tun müssen, um die Lage von Wissenschaftlern, die - hochqualifiziert - kaum noch eine Beschäftigung außerhalb der Universität finden können, nicht zu verschlechtern. Für ein professionelles Personalmanagement sollte dies keine unlösbare Aufgabe sein. Notfalls sollte der Landesgesetzgeber die sich bereits bei den Großforschung bewährten Projektstellen schaffen. Von daher sind die Länder als Mitgesellschafter in der Verantwortung. Meine Damen und Herren, viel wäre noch zu sagen, aber ich will sie auch zeitlich nicht weiter strapazieren. Ich freue mich auf die Diskussion, in der wir Nichterwähntes ansprechen, Angesprochenes vertiefen und Konträres aussprechen können. Vielen Dank.
Flächendeckende und systematische Evaluation von Lehre und Studium - Erfahrungen in Niedersachsen
Von Hermann Reuke Im Juni 1994 legten eine niedersächsische Arbeitsgruppe des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur und der Landeshochschulkonferenz „Empfehlungen zur Förderung der Lehre, zu Studienstrukturreform und Studienzeitverkürzung" 1 vor, die u.a. die Einrichtung einer hochschulübergreifenden niedersächsischen Evaluationsagentur vorsah. Einen Monat später nahmen die Rektoren und Präsidenten der niedersächsischen Universitäten und Fachhochschulen, die in der Landeshochschulkonferenz zusammengeschlossen sind, ein vom Präsidialamt der Universität Hannover erarbeitetes Konzept über Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise einer derartigen Agentur zustimmend zur Kenntnis. Das Land Niedersachsen erklärte sich bereit, die für die Errichtung eines vergleichsweise kleinen Büros notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Wenige Monate später lud die Universität Hannover, deren Präsident Professor Dr. Hinrich Seidel zum wissenschaftlichen Leiter der Agentur bestellt wurde, zu einer internationalen Tagung „Evaluation der Lehre - europäische Erfahrungen, deutsche Perspektiven" 2 ein. Diese Tagung legte die Basis für die weitere Ausgestaltung eines Konzepts zur flächendeckenden und systematischen Lehrevaluation in Niedersachsen. Schließlich beschloss die niedersächsische Landeshochschulkonferenz im März 1995 die Errichtung einer Zentralen Evaluationsagentur, die schon zum Wintersemester 1995/96 ihre Arbeit aufnahm und im Dezember die ersten Fächer in Workshops auf die Evaluation vorbereitete. Das Land Niedersachsen legte damit die Verantwortung sowohl für die hochschulinterne als auch für die hochschulübergreifende Evaluation durch die Zentrale Evaluationsagentur der niedersächsischen Hochschulen (ZEvA) in die Hände der Universitäten und Fachhochschulen. Das Ministerium für Wissen-
1
Vgl. Arbeitsgruppe Landeshochschulkonferenz für Wissenschaft und Kultur ( 1994). 2 Vgl. Universität Hannover (1994).
und Nieder sächsisches Ministerium
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schaft und Kultur (MWK) nimmt seither über eine Lenkungsgruppe an der Arbeit der Agentur teil. Beide Seiten, Staat und Hochschulen, einigten sich darauf, dass Evaluation vorrangig auf Qualitätssicherung und -Verbesserung in Lehre und Studium zielt. Daneben müsse sie jedoch auch als Instrument der Rechenschaftslegung angesehen werden. Die Evaluation von Studiengängen an den niedersächsischen Universitäten und Fachhochschulen erfolgt flächendeckend, systematisch und periodisch, d.h. alle Studiengänge bzw. -fâcher werden in einem bestimmten Turnus evaluiert werden, etwa im Abstand von je fünf bis sechs Jahren. Dem flächendeckenden Aspekt - und darin liegt bereits eine Besonderheit des in Niedersachsen vereinbarten Verfahrens - wird dadurch Rechnung getragen, dass der Evaluationsbericht zum einen die Situation eines Fachs landesweit und zum anderen an jedem Hochschulstandort analysiert und beurteilt. Es bestand jedoch auch Einigkeit, dass die Evaluation sich nicht ausschließlich auf Lehre und Studium beschränken sollte. Zu berücksichtigen waren ebenfalls Aspekte der Forschung, die je nach Hochschultyp unterschiedlich stark auf die Lehre Einfluss nehmen. Soweit quantitative Betrachtungen (z. B. in Form von Kennzahlen) einbezogen werden, sollten die Vorgehensweisen eines Ausstattungsvergleichs, wie er in Kooperation mit der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) entwickelt wurde, herangezogen werden. 3 Die weitere Entwicklung hat jedoch gezeigt, dass der Ausstattungsvergleich für eine Berücksichtigung nicht in Frage kam. Vorgenommen wird eine Evaluation in zwei Stufen und ein sich daran schließendes Follow-up: zunächst die interne Evaluation, welche die Fachbereiche im Rahmen einer Selbstevaluation durchführen. Auf der zweiten Stufe, der externen Evaluation, erfolgen Peer reviews , die im Ergebnis Empfehlungen zur Qualitätssicherung an die evaluierten Fachbereiche enthalten und schließlich werden die Fachbereiche gebeten, in einem Maßnahmenprogramm, das sich auf die Empfehlungen der Gutachtenden bezieht, ihre Entwicklungsperspektiven, also die Beseitigung der Defizite und die Profilierung der Stärken, darzulegen. Die Koordinierung der Evaluation von Lehre und Studium hat die Zentrale Evaluationsagentur übernommen. Die Agentur hat nicht die Aufgabe, selber zu evaluieren, sondern vielmehr Evaluationen zu organisieren und koordinieren sowie die Hochschulen zu unterstützen. Die ZEvA führt die an der Evaluation Beteiligten zusammen; sie versteht sich auch als Kompetenz-, Informationsund Beratungszentrum. Die Agentur gibt den Hochschulen einen Fragenkatalog 3
Vgl. Leszczensky u.a. (1995).
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vor, der von ihnen an die konkreten Verhältnisse angepasst wird. Sie übernimmt im Benehmen mit den Fächern die Auswahl der Gutachter. Anschließend wird sie die Gutachtenden auf die Vorhaben vorbereiten und während der Verfahren administrativ unterstützen. Zudem organisiert sie Workshops für Professoren und Professorinnen und andere Beteiligte zur Zielfindung der Vorhaben am Beginn einer Evaluationsrunde. Der Agentur wurde eine Lenkungsgruppe beigeordnet. Sie steuert den Evaluationsprozess. Dazu verabschiedet sie eine auf jeweils zwei Jahre angelegte Arbeitsplanung und benennt insbesondere die zu evaluierenden Studiengänge bzw. Studienfächer. Neben drei Hochschulvertretern und einem neutralen Experten gehört ein Vertreter des Wissenschaftsministeriums dieser Lenkungsgruppe an. Gegenstand der Selbstevaluation sind vor allem folgende Bereiche: Aufbau und Organisation des Fachs, Ausbildungs- und Bildungsziele, Studienprogramm, Personal und Ausstattung, Studierende und Studienverlauf, Studium und Lehre in der Praxis, Studium und Lehre im Meinungsspiegel, Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, Frauenforderung, Arbeitsmarktchancen und Berufseinstieg von Absolventen. Zu einer ganzen Reihe von Themen werden auch quantitative Daten erbeten. Es handelt sich dabei um Studierenden- und Personalzahlen, zu einem geringen Teil auch um Ausstattungsdaten. Eigene Erhebungen, etwa auf der Ebene der Fachbereiche, sind jedoch die Ausnahme. Ganz überwiegend werden Angaben erbeten, die die Hochschulverwaltungen ohnehin für statistische Zwecke bereithalten, wenn auch nicht immer auf dem Aggregationsniveau, das in den Verfahren benötigt wird. Die Ergebnisse der Selbstevaluation sind die Grundlage für die hochschulübergreifende externe Evaluation. Dazu werden von der Agentur Expertenkommissionen {Peer groups) im Benehmen mit den betroffenen Fächern berufen. Es versteht sich von selbst, dass die Peers nicht aus den beteiligten Fachbereichen und damit nicht aus Niedersachsen stammen können. Die Gruppe enthält etwa fünf Mitglieder und besteht im Idealfall aus einigen Peers aus dem
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Fach selbst, einem ausländischen Mitglied mit Evaluationserfahrung, einer fachfremden Person aus dem Hochschulbereich mit Leitungserfahrung und einem Mitglied, das die berufsqualifizierenden Aspekte des Studiums besonders gut beurteilen kann. Es ist notwendig, dass die Gruppe in den Fächern insgesamt auf Akzeptanz stößt. Das niedersächsische Verfahren ist dem niederländischen entlehnt, daher ist ein Blick auf deren Erfahrungen hilfreich. In einer kritischen Bestandsaufnahme des niederländischen Inspektorrats fur Erziehung, einer vom Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft (MECS) gebildeten Einrichtung, die das MECS auf der Ebene der Meta-Evaluation berät und von diesem offiziell unabhängig ist, wird die Bedeutung des Evaluationsberichts, den die Expertenkommission verfasst, herausgehoben. Danach ist nur ein sehr sorgfältiger und präziser Bericht geeignet, den Aspekten der Qualitätssicherung und Rechenschaftslegung zu genügen. Beachtliche Unzulänglichkeiten offenbaren sich dort, wo die Evaluationsberichte den (selbst formulierten oder gesetzten) Ausbildungs- und Bildungszielen des Studiums in der betreffenden Disziplin zu wenig Beachtung schenkten. Vielfach scheuten sich die Verfasser der Berichte, den wissenschaftlichen Charakter und die berufsqualifizierende Ausrichtung des betreffenden Studiengangs auch tatsächlich zu beurteilen. Sie äußerten sich vielmehr nur zu der Frage, ob es aus dem evaluierten Fach überhaupt Aussagen zu den Zielen gebe. Gerade in Fächern, in denen das Berufsbild der Absolventen relativ unklar ist, wie etwa in den Literatur- und Sprachwissenschaften, ist die Gefahr, dass sich auch die Experten in der Beurteilung der Berufsqualifizierung eher zurückhalten, groß. In den ingenieurwissenschaftlichen und medizinischen Studiengängen wurde diese Erfahrung - verständlicherweise - nicht in diesem Ausmaß gemacht. Aber auch das Urteil der Peers über Inhalt und Umfang des Studienangebots blieb in den Niederlanden manchmal undeutlich. Bisweilen geschah das sogar ausdrücklich, obwohl die Peer groups gebeten waren, sich zur Qualität der Studienangebote auch unter diesem Aspekt zu äußern. Nur einige Gutachtergruppen wandten sich systematisch der Frage zu, ob das angebotene Studienprogramm den Zielen und Vorgaben gerecht wurde. Vielleicht, so heißt es bei den beteiligten Fächern, liegt das in der personellen Besetzung der Peer groups selbst, die - mit vielen emeritierten Professoren besetzt - zwar Experten auf ihrem jeweiligen wissenschaftlichen Gebiet, nicht aber in Studiengangsplanung, Hochschuldidaktik etc. waren. 4 Diese Erfahrungen unterstreichen auch, wie wichtig die sorgfaltigen Vorbereitungen der Vor-Ort-Begutachtungen sind.
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Vgl. Kalkwijk
(\995).
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Besondere Aufmerksamkeit verdient die Frage, wie öffentlich evaluiert wird oder genauer, an wen richten sich welche Berichte und Veröffentlichungen. In der Bundesrepublik stellt die Veröffentlichung (oder NichtVeröffentlichung) einen besonders heiklen Punkt dar. Die Hochschulrektorenkonferenz spricht in ihrer Entschließung zur Evaluation von 1995 davon, dass der Abschlußbericht der Gutachtergruppe „mit dem Fachbereichsrat und der Hochschulleitung besprochen wird" 5 . Der Wissenschaftsrat ist in seinen Empfehlungen zur „Stärkung der Lehre in den Hochschulen durch Evaluation"6 nicht so zurückhaltend, sondern spricht sich dafür aus, dass die „Evaluationsergebnisse sowie die Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung (...) in angemessener Form einer möglichst breiten hochschulinternen wie -externen Öffentlichkeit zugänglich" gemacht werden sollen. Mit dieser Empfehlung liegt der Wissenschaftsrat auf der bereits zuvor in Niedersachsen vereinbarten Linie. Die Berichte zur Selbstevaluation, die von den fachbereichsinternen Arbeitsgruppen erstellt werden, sind außerhalb der Fachbereiche zunächst nur der Agentur und den Peers zugänglich. Ob der Fachbereich den Bericht ganz oder in Auszügen weiteren Lesern anbieten will, ist in sein Belieben gestellt. Das heißt zugleich, dass diese Darstellungen nicht (automatisch) an das Land oder zuständige Ministerium gerichtet sind; der Fachbereich hat gewissermaßen das Copyright für diesen Report. In der zweiten Stufe, der externen Begutachtung also, schließen die Besuche der Peer groups mit einem mündlichen vorläufigen Bericht ab. Hier findet der erste Austausch zwischen Gutachtern und dem jeweiligen Fachbereich statt. Nach ihrem Besuch erstellt die Peer group den Entwurf eines Berichts mit Empfehlungen. Den Hochschulen wird Gelegenheit gegeben, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen. Nach der Fertigstellung erhalten die Hochschulleitungen und die Fachbereiche diesen Bericht. Die Agentur übernimmt anschließend in enger Abstimmung mit den Gutachtern die Veröffentlichung von zusammenfassenden (aggregierten und verdichteten) Abschlußberichten. Diese Publikationen sollen sowohl die Landesregierung als auch das Parlament und ebenso die allgemeine Öffentlichkeit (z.B. Studienberechtigte, Eltern, benachbarte Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen, Arbeitsmarkt, Medien) über das Ergebnis der Evaluation unterrichten. Der Abschlußbericht wird zum einen eine Gesamteinschätzung des Faches auf der Ebene des Landes Niedersachsen und zum anderen Aussagen zu den einzelnen Standorten enthalten. Durch diese Art der Veröffentlichung soll vermieden werden, dass einzelne Lehreinheiten aufgrund zutage getretener Schwachstellen quasi öffentlich an „den Pranger gestellt" werden, andererseits
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Hochschulrektorenkonferenz (1995), S. 11. Wissenschaftsrat (1996), S. 30f.
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soll aber sehr wohl gewährleistet sein, dass der Gesamteindruck einer hochschulübergreifenden Evaluation dokumentiert werden kann. Zudem stellen sich auch Gutachter und Agentur auf diese Weise der öffentlichen Kritik. Die Studierenden sind in mehrfacher Hinsicht in den Evaluationsprozess eingebunden. Sie wirken in den Arbeitsgruppen auf Fachbereichsebene mit und stellen dort bis zur Hälfte der Mitglieder. Die Arbeitsgruppen bearbeiten den Fragenkatalog und erstellen den Entwurf des Selbstevaluationsberichts. Der Fragenkatalog selbst enthält eine Reihe von Fragen, die durch Studierende (Studienanfänger und fortgeschrittene Studierende bis hin zu Absolventen) beantwortet werden. Darüber hinaus gehören sie zu den Gesprächspartnern der Gutachterkommissionen während der Begehungen. Zugleich erhalten sie die Möglichkeit, an der Arbeit der Expertenkommission teilzunehmen, um so verfolgen zu können, inwieweit studentische Belange aus der Selbstevaluation in den Evaluationsbericht integriert werden. Etwa drei Monate nach Abschluss der externen Evaluation reicht der Fachbereich ein Maßnahmenprogramm ein, aus dem hervorgehen soll, wie man aufgrund des Gutachtens und insbesondere der Empfehlungen weiter zu verfahren gedenkt, und welche Schritte zur Umsetzung dieser Empfehlungen geplant sind. Der Zwischenbericht des Fachbereiches fällt zwei Jahre später an und enthält die Darstellung der Umsetzungen bis zu diesem Zeitpunkt. Er dokumentiert also, wie mit dem Gutachten und den Empfehlungen praktisch umgegangen wurde. Die Hochschulen (Fachbereiche) haben bereits bei der Vorlage dieses Zwischenberichts Gelegenheit, neu eingeleitete Studienstrukturreformen zu dokumentieren und auch zu publizieren. Zugleich können sie zu diesem Zeitpunkt verdeutlichen, worüber sie mit der Hochschulleitung oder dem Land bei der Neugestaltung des Curriculums und eventuell einer Verbesserung der Ausstattung verhandeln möchten. Sofern der Bericht Anlass dazu geben sollte, etwa wegen mangelhafter Realisierung des Maßnahmenprogramms oder strittiger Entwicklungs- und Ressourcenfragen, ist eine erneute Peer review durch eine kleinere, möglichst aus der ursprünglichen Kommission stammende Expertengruppe im betreffenden Fachbereich denkbar. Evaluation schließt also keinesfalls allein damit ab, dass ihre Resultate berichtet werden. Die besondere Bedeutung des geschilderten Verfahrens liegt darin, dass nach Beendigung der internen und externen Evaluation Folgeschritte zu leisten sind (Follow-up). Das bedeutet, dass Evaluationsergebnisse in den Verfahrens des ersten Zyklus keine unmittelbaren Auswirkungen auf staatliche Finanzierungsentscheidungen hatten; vielmehr wurde den Hochschulen Gelegenheit gegeben, erkannte Mängel abzustellen, soweit sie auf deren Ursachen Einfluss nehmen konnten. Das Maßnahmenprogramm ist die erste Reaktion des Fachbereiches auf im Verlaufe des Evaluationsverfahrens erkannte, der Änderung bedürfender Ge-
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gebenheiten. Es ist zentraler Ausgangspunkt für konkrete Konsequenzen aus dem bis dahin abgelaufenen Prozess und führt detailliert realisierbare Planungen unter Einbeziehung von vorgesehener Methodik, zeitlichem Verlauf und personellen sowie institutionellen Zuständigkeiten an. Die praktische Umsetzung des Maßnahmenprogramms ist nicht beliebig aufschiebbar. In Anbetracht der Tatsache, dass der Zwischenbericht über eingeleitete und erfolgte Maßnahmen Aufschluss geben soll, ist mit den Veränderungen möglichst bald zu beginnen. Kurz- bis mittelfristig zu realisierende Maßnahmen können dabei Umgestaltungen einzelner Lehrveranstaltungen auf der Handlungsebene der Lehrenden sowie Umstrukturierungen des Curriculums, der Studienorganisation und Modifikationen von Studien- und Prüfungsordnung auf Fachbereichsebene sein. Als mittelfristig umsetzbar einzustufen sind Reformen der Studienoder Prüfungsordnung durch den Fachbereich und fachbereichsübergreifende Strukturreformen seitens der Hochschulleitung. Ausstattungsbelange werden je nach Bedeutung unterschiedliche Zeiträume in Anspruch nehmen. Sie können hochschulinterne Umverteilungen betreffen und sich in diesem Falle zwischen Hochschulleitung und Fachbereich(en) abspielen, während andererseits Verhandlungen mit dem Land nur auf der Ebene der Hochschulleitung stattfinden. Ausgangspunkt für die Evaluation von Lehre und Studium an deutschen Hochschulen war die Debatte um die Qualität der Ausbildung, die seit den ausgehenden Achtzigerjahren geführt wird. Zweifel am Wert der Ausbildung der Hochschulen mehrten sich, und wegen der drastischen wirtschaftlichen und technologischen Umstrukturierungen stellte sich zudem die Frage, ob die knappen Mittel in die „richtigen" Fächer investiert wurden. Gleichzeitig erhoben Hochschulen die Forderung nach mehr Autonomie, um ζ. B. in Globalhaushalten die staatlich zugewiesenen Mittel selbständig zu verwalten und mehr Handlungsspielräume zur Flexibilisierung zu gewinnen. Diese Forderung erhöhte den Druck auf die Hochschulen, Rechenschaft über die Qualität der Ausbildungsleistungen abzulegen. Der gängige Weg seit den Achtzigerjahren in den westeuropäischen Nachbarstaaten, die Leistungen und die Qualität der Hochschulen zu evaluieren, ist das Verfahren der internen Selbstevaluation und der externen Begutachtung. In der Bundesrepublik erfolgte der Einstieg in die Evaluation von Lehre und Studium erst zu Beginn der Neunzigeijahre, also vergleichsweise spät. An die Evaluation von Lehre und Studium werden innerhalb und außerhalb der Hochschulen unterschiedliche Erwartungen geknüpft. Kennzeichnend für die Konstituierungsphase der Evaluation war die Einigung der Akteure darauf, dass die Verbesserung der Qualität von Lehre und Studium beabsichtigt ist. Von daher lag eine Verbindung von Evaluation mit positiven oder negativen Sanktionen nicht vor. Das wird sicher nicht so bleiben. Die zweite Evaluation eines Fachs steht sehr viel stärker unter dem Aspekt der Rechenschaftslegung
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und Qualitätssicherung, natürlich auch mit Blick auf deren Entwicklung seit der ersten Analyse und Bewertung. Neben den generellen Zielen Transparenz über Organisation und Leistung der Fächer sowie der Förderung von Qualitätsentwicklung und -Sicherung werden in den Evaluationsverfahren besondere Schwerpunkte gesetzt auf: die Optimierung des Zusammenspiels von Studienorganisation und Curricula, die Verbesserung der internen Kommunikation durch diskursives Verfahren und schließlich leistungsbezogene Daten über Studien- und Prüfungsverläufe zur Verbesserung der Selbststeuerung in den Fächern. Die ZEvA hat diese Ziele weiter operationalisiert und ausdifferenziert, sie umfassen die folgenden Aspekte. Transparenz in den Studien- und Lehrbetrieb bringen, namentlich innerhalb des Fachbereiches selbst als auch darüber hinaus in der Öffentlichkeit. Im Verlauf der Selbstevaluation soll der Dialog zwischen Lehrenden und Studierenden (wieder)hergestellt werden, um insbesondere zu klären, inwieweit es ein gemeinsames Grundverständnis von Lehrenden und Studierenden über das Studium und dessen Ziele gibt. Der sich infolge Diskussion und Reflexion entwickelnde Prozess der Selbsterkenntnis kann somit zu einem veränderten Selbstverständnis des Studienganges bzw. -faches führen. In der mitunter recht emotional geführten öffentlichen Debatte über Hochschulen, Studienstruktur und Studierende trägt die aggregierte, allgemeinverständliche Publikation gründlich ermittelter Evaluationsergebnisse wesentlich zur Versachlichung bei. Schaffung einer soliden Informationsbasis zunächst für die Gutachtergruppe als auch für Planungen und Entscheidungen der Fachbereiche. Der die Selbstevaluation abschließende Selbstreport geht den Peers über die ZEvA zu. Er soll präzise über Lehre und Studium in einem Fach am jeweiligen Hochschulstandort Auskunft erteilen und ihnen so bereits vor ihrem Besuch einen Eindruck vermitteln. Evaluationsergebnisse sollen zweckmäßiges und pragmatisches Handeln ermöglichen. Die mitunter notwendigen Umstrukturierungen müssen erkannt werden und innerhalb der Hochschule wie auch nach außen objektiv begründbar sein. Zudem erfordern vorausschauende Gestaltung und zukunftsträchtige Reformen fundierte Untersuchungen, um Fehlplanungen zu vermeiden. Sicherung und Verbesserung der Qualität der Lehre. Dazu gehört die Überprüfung des Lehrangebotes in Hinblick auf wissenschaftliche und praktische Relevanz. Der angebotene Lernstoff ist inhaltlich sowohl bezüglich seiner Aktualität, gemessen am gegenwärtigen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse, als
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auch seiner Bedeutung für Zwischen- und Abschlussprüfungen zu betrachten. Er muss ferner die Chancen der Absolventen auf dem Arbeitsmarkt und ihre Vorbereitung und Qualifikation für die spätere Tätigkeit einbeziehen. Die Etablierung kontinuierlicher, standardisierter Mechanismen der Eigenkontrolle an Hochschulen trägt zu Erhalt und Ausbau einer sinnvollen methodischen Vielfalt bei der Gestaltung der Lehre und dem Erfolg didaktischer Reformen bei. Optimierung der Studien- und Prüfungsorganisation. Das Erkennen und die Analyse der Ursachen für zeitliche Verzögerungen im Studienverlauf, z.B. hervorgerufen durch Überschneidungen einzelner Lehrveranstaltungen, mangelnde Organisation bei der Verteilung von Praktikums- und Kursplätzen oder häufigen Ausfall von Lehrveranstaltungen, ist Voraussetzung für den Abbau zu langer Studienzeiten. Es gilt, die Studierbarkeit des Faches in angemessener Zeit sicherzustellen, was nicht heißt, dass jede(r) Studierende das Studium innerhalb der Regelstudienzeit absolvieren muss. Die Hochschule muss allerdings hierfür die Bedingungen schaffen. Daneben ist das Problem des Studienabbruchs zu untersuchen. Die Quote der Abbrecher lässt sich senken, soweit Studienabbruch nicht in der Person und den individuellen Lebensumständen der/des Studierenden begründet liegt. Das heißt, dass die Hochschule eruieren muss, welche Ursachen bei ihr liegen und wie diese am besten zu beseitigen sind. Vervollständigung der Profilbildung des Fachbereiches und der Hochschule auf nationaler wie auch internationaler Ebene und damit Stärkung der Hochschule im Wettbewerb. Studieninteressenten als einer künftig zu umwerbenden Zielgruppe wird die Möglichkeit eröffnet, sich rechtzeitig vor Aufnahme eines Studiums über das angestrebte Fach bzw. den Studiengang sowie das Standortangebot zu informieren. Eine Hochschule muss daran interessiert sein, für eine möglichst große Zahl motivierter Studierwilliger attraktiv zu sein und auch deswegen nachweisen, welchen Stellenwert sie Lehre und Studium beimisst und wie sie sicherstellt, dass die Qualität erhalten bleibt. Darüber hinaus trägt die Profilierung des Lehrangebots im Kontext internationaler Hochschulausbildung zur Festigung des Renommees bei. Schließlich kann so das international anerkannte Image einer Hochschule in Bezug auf Studium und Lehre zu Rückkoppelungen auch auf dem Forschungssektor führen (ζ. B. erleichterte EinWerbung von Drittmitteln). National wie international steigen außerdem die Berufschancen der Absolventen, wenn sie von einer Hochschule kommen, deren Reputation durch den Einsatz geeigneter Qualitätssicherungsmaßnahmen eine hohe Anerkennung in Hinblick auf Lehre und Studium genießt. Zudem wird die Herausbildung konzentrierter „Fachkulturen" gefordert. Unabdingbare Basis hierfür ist ein klarer Umriss des jeweiligen Fachbereiches einer Hochschule mit eindeutigen Zieldefinitionen, einem sinnvollen strukturellen Grundkonzept und anerkannten Maßnahmen zur Qualitätssicherung.
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Dokumentation der Effizienz des Einsatzes von Ressourcen. Der Staat erwartet von den Hochschulen den Nachweis einer Selbstregulation im Sinne eines effizienten und effektiven Mitteleinsatzes durch Selbstkontrolle und nachvollziehbare Qualitätssicherungsmaßnahmen. Die andauernde Finanzknappheit der öffentlichen Haushalte zwingt zunehmend zur Legitimierung verwendeter Ressourcen. Insofern stellt Evaluation auch ein Instrument der Rechenschaftslegung gegenüber Staat und Gesellschaft über die Verwendung der zugewiesenen Mittel und die Wahrnehmung der hochschuleigenen Aufgaben dar. Daneben führt sie aber auch innerhalb der Hochschule selbst ggf. zum Erkennen ungeeigneter Mitteleinsätze (kostenintensive Bereiche mit niedrigem Output) und damit zu Korrekturbemühungen. Über diese operationalisierbaren Ziele hinaus waren in Evaluationsverfahren Effekte zu erwarten, die im Kontext der Entwicklung der Wissenschaften und Profilbildung der Hochschulen stehen. Die Reform der Curricula der letzten Jahre, die unter der Überlast der Hochschulen stagnierte, erhält im Zusammenhang mit Evaluation neue Impulse. Evaluation bietet Anlass für die Diskussion der Curricula in Grund- und Hauptstudium, um deren inhaltliche Kohärenz und Studierbarkeit bei wachsender Komplexität zu optimieren. Die Diskussion der Curricula unterstützt die Profilbildung der Fachbereiche, die vor dem Hintergrund der veränderten Wissensproduktion und transdisziplinärer Wissenschaftsentwicklungen Teil einer längerfristigen Fachentwicklungsplanung sein kann. Evaluation bietet Raum für die Formulierung mittelfristiger Perspektiven und Ziele in der Personal- und Fachentwicklung. Sie stärkt Selbstverantwortung und Steuerungskompetenz der Handlungsträger (Lehrende, Fächer, Fachbereiche und Hochschulleitung) und verbessert Voraussetzungen für eine eigenständige Profilbildung. Die hochschulinterne Mittelvergabe wird mittelfristig mit Evaluation verbunden sein. Durch Evaluation - als ein Element des Bemessungssystems - sollen Voraussetzungen für leistungsorientierte Mittelverteilung geschaffen werden. Langfristig ist die Evaluation der Lehre nicht zu trennen von der Forschungsevaluation, um der Doppelfunktion der Hochschule als Ausbildungs- und Forschungsstätte gerecht zu werden. Schon jetzt wird deutlich, dass in der Lehrevaluation die Beschreibung des Forschungsprofils ein wichtiger Faktor ist. Aufgrund der Arbeit im nunmehr abgeschlossenen ersten Zyklus lassen sich weitere Erfahrungen ausmachen, die das seinerzeit entwickelte Konzept bestätigen und zugleich Hinweise für die Fortführung geben. Die Steuerung durch eine Lenkungsgruppe, in der die Hochschulvertreter dominieren, das Wissenschaftsministerium jedoch aktiv beteiligt ist, hat sich sehr bewährt. Die Hochschulen - vertreten durch Hochschulleitungsmitglieder - bringen ihre Interessen in den Evaluationsprozess ein und werden über die Verfahren im Einzelnen informiert. Die Mitwirkung des zuständigen Ministe-
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riums in der Lenkungsgruppe ist aus heutiger Sicht unerlässlich. Ohne ein dauerhaftes Gespräch über Voraussetzungen, Ziele und Ergebnisse der Evaluation, aber vor allem ohne eine vertrauensvolle und unmittelbare Gesprächsbasis mit dem Wissenschaftsministerium, wie sie in der Lenkungsgruppe vorhanden ist, wäre der gesamte Prozess nicht aufrechtzuerhalten. Die vor Beginn der internen Evaluation von der ZEvA angebotenen Workshops für die Fachbereiche haben sich als unerlässlich erwiesen. Struktur und Inhalte der Evaluation können sorgfältig diskutiert werden. Ihre besondere Bedeutung erlangen die Workshops durch die dort getroffenen Vereinbarungen über den Ablauf der gesamten Evaluation und die Struktur der Gutachtergruppe, die dokumentiert und allen beteiligten Fachbereichen zur Verfügung gestellt werden. Unbefriedigend ist die gelegentlich noch zu schwache Beteiligung Studierender an diesen Veranstaltungen. Die Qualität der internen Evaluation wird an den für die Gutachter bestimmten Berichten der Fachbereiche deutlich. Ist die Selbstevaluation das Werk nur weniger Fachbereichsmitglieder, so lässt das i.d.R. auf schwache Akzeptanz interner Bemühungen um Qualitätssicherung in Lehre und Studium schließen. Die Berichte selbst zeigen häufig eine offene und selbstkritische Analyse, allerdings gibt es auch glatte Außendarstellungen, die Verantwortungen für Schwächen, so sie denn in den Berichten aufgenommen werden, eher außerhalb der Fachbereiche suchen. Nur selten zeigen sich völlig neue Probleme in der Studienorganisation, eher werden individuell bekannte, aber bisher nicht diskutierte Probleme durch die Aufnahme in einen Bericht diskussionsfähig gemacht. Die interne Evaluation ist oft auch Anstoß für eine strukturierte Kommunikation über Lehre und Studium zwischen den Statusgruppen innerhalb eines Fachbereichs. Die Tatsache, dass dem internen Verfahren die externe Evaluation folgt, sichert der Selbstevaluation überwiegend die nötige Aufmerksamkeit innerhalb des Fachbereichs. In der externen Evaluation ist die anfängliche Skepsis wegen einer zu straffen Organisation der Vor-Ort-Begutachtung sowohl bei Gutachtern als auch Fachbereichen verflogen. Ähnlich wie bei den vorbereitenden Veranstaltungen für die Fachbereiche sind auch die einführenden ganztägigen Sitzungen mit den Gutachtern notwendig. Insbesondere die Verständigung über den Umfang und die Themenstellungen der externen Evaluation müssen intensiv diskutiert und konsentiert werden. Eine durchaus kritische Frage ist die Abgrenzung zwischen Forschungs- und Lehrevaluation. In den Verfahren der ZEvA hat sich seit Beginn der Evaluationen insofern einiges geändert, als der Forschungsaspekt deutlicher geworden ist. Hierbei geht es jedoch nicht um eine eigene Evaluierung einzelner Forschungsvorhaben der Professoren und Professorinnen sowie des weiteren wissenschaftlichen Personals. Es kommt vielmehr darauf an, das wissenschaftliche
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Profil und die Forschungsschwerpunkte auf der Ebene wissenschaftlicher Einrichtungen (Institute, Seminare etc.) darzustellen und im Kontext zu Lehre und Studium zu beschreiben. Die bisherigen Evaluationen haben gezeigt, dass die Peer groups den jeweiligen Fachbereichen Empfehlungen vor allem zu folgenden Bereichen geben: Studieneingangsvoraussetzungen, Struktur und Inhalt des Curriculums, Umsetzung des Curriculums (Studien- und Prüfungsorganisation), Beratung und Betreuung der Studierenden und auch Gesamtstruktur der Lehreinheit bzw. der an der Lehre beteiligten wissenschaftlichen Einrichtungen. Der letztgenannte Punkt ist ausgesprochen sensibel, da hier Interessen der Hochschulleitungen, Fakultäten und Landesregierung berührt sind. Zunehmend befassen sich die externen Evaluationen jedoch auch mit den wissenschaftlichen Profilen und Entwicklungsperspektiven einzelner Standorte, der Realisation der Internationalisierung von Studienprogrammen, der tatsächlichen Umsetzung interdisziplinären Studiums und des Praxisbezugs. Schwerer tun sich Gutachtergruppen nach wie vor mit wertenden Aussagen zu Ausbildungs- und Bildungszielen und kennzahlenorientierten Indikatoren.
Literatur
Arbeitsgruppe Landeshochschulkonferenz und Nieder sächsisches Ministerium für Wi senschaft und Kultur (1994): Empfehlungen zur Förderung der Lehre, zu Studienreform und Studienzeitverkürzung. Bericht der Arbeitsgruppe Landeshochschulkonferenz und Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Hannover. Hochschulrektorenkonferenz (1995): Zur Evaluation im Hochschulbereich unter besonderer Berücksichtigung der Lehre. Entschließung des 176. Plenums vom 3. Juli 1995, Bonn. Kalkwijk, J. (1995): Inspectorate of Education: One Cycle of Quality Assessment of University Education in Retrorespect, (Manuskript) o.O. Leszczensky , M. u.a. (1995): Ausstattungsvergleich an der Universität Hannover, Fachbereiche, Lehreinheiten, Studiengänge; Verfahrensbeschreibung und vorläufige Ergebnisse. Schriftenreihe Hochschulplanung Bd. 14 der HIS GmbH, Hannover. Universität Hannover (Redaktion: Hermann Reuke) (1994): Evaluation der Lehre, europäische Erfahrungen, deutsche Perspektiven. Hannover. Wissenschaftsrat (1996): Empfehlungen zur Stärkung der Lehre in den Hochschulen durch Evaluation, Berlin.
Hochschulfinanzierung: Einige Anmerkungen zu Globalhaushalten und leistungsorientierten Finanzierungsschlüsseln
Von Rolf-Dieter Postlep
I. Öffentliche Universitäten in wettbewerblichem Rahmen Für die folgenden Überlegungen wird davon ausgegangen, dass das deutsche Universitätssystem nach wie vor ein System öffentlicher Universitäten bleiben wird, sich gleichwohl konzeptionell in einem wettbewerblichen Rahmen zwischen den universitären Institutionen bewegen wird. Voraussetzungen fur einen solchen wettbewerblichen Rahmen auf der Ebene der Hochschulen sind drei Dinge. Zum einen die Notwendigkeit einer weitgehenden Übertragung der Fachaufsicht auf die Universitäten, denn nur dann können sie auf der »Angebotsseite" eigenständig als Wettbewerber agieren, d.h. ihre Leistungen selbst gestalten; die Wahrnehmung dieser Fachaufsicht hat freilich im Rahmen der globalen Leistungsvorgaben und Rahmensetzungen zu geschehen, die das Land im Rahmen eines Hochschulpaktes oder im Zuge von individuellen Zielvereinbarungen mit den Universitäten trifft. Darin dokumentiert sich in besonderem Maße der öffentliche Bildungsauftrag bzw. - ökonomisch gesprochen - kommt es auf diese Weise zur „Internalisierung externer Effekte" des einzeluniversitären Handelns. Zum Bild des interuniversitären Wettbewerbs gehören auch zweitens spürbare universitäre Handlungsspielräume auf der „Inputseite", insbesondere mit Blick auf den Personaleinsatz. Hier ist allerdings ein Abgleich zu finden zwischen universitären Freiräumen einerseits und letztlicher Landeshaftung für das universitäre Handeln andererseits. Voraussetzung für den Wettbewerb ist schließlich drittens eine globale Budgetierung, um nicht über den finanziellen Lenkungszügel seitens des Landes indirekt Einfluss auf die inhaltlichen Entscheidungen der Universitäten zu nehmen und so die fachliche Aufgaben- und Ausgabenautonomie auszuhöhlen.
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Insofern sollte generell das Non-Affektationsprinzip bei der Landesfinanzierung der Universitäten greifen und eine staatliche Rahmenlenkung sollte in erster Linie über den Hochschulpakt und die individuellen Zielvereinbarungen erfolgen. Ein rationales System der öffentlichen Finanzierung öffentlicher Universitäten besteht in diesem Szenario zweckmäßigerweise aus drei Elementen: Einem Hochschulpakt als Rahmenvereinbarung für alle Universitäten, einer Festlegung eines Mittelverteilungssystems, das im Rahmen einer Globalbudgetierung die Verteilung der Finanzmittel auf die einzelnen Universitäten regelt, und individuellen Zielvereinbarungen als Leistungszusagen jeder einzelnen betroffenen Universität. Diese Grundstruktur eines Systems der öffentlichen Finanzierung und Steuerung der Universitäten ist im Prinzip in allen Bundesländern intendiert. Meine Ausführungen beziehen sich im folgenden beispielhaft auf die aktuelle Situation und Diskussion in Hessen.
II. Hochschulpakt als Rahmenvereinbarung für alle Universitäten Ein Hochschulpakt muss zum einen Aussagen über einen mittelfristigen Rahmen der universitären Finanzausstattung enthalten; zum anderen muss er in allgemeiner Form das Leistungsprofil der Hochschulen wiedergeben, so wie es aus der Sicht einer letztlich vor dem Wähler zu verantwortenden Landesbildungs- und Landesforschungspolitik erwünscht ist. Eine Mittelfristigkeit der Finanzzusagen des Landes ist deshalb wichtig, weil zum einen die Bildungsangebote der Universitäten ebenfalls mittelfristig angelegt sind (ein einmal eingeführter Studiengang hat meistens eine Regelstudienzeit zwischen acht bis zehn Semestern, also vier bis fünf Jahren). Zum anderen bedarf der Aufbau eines Forschungsschwerpunkts an einer Universität ebenfalls einer mittleren Frist. Von der Sache her wäre es sicher angebrachter, eine Planungsgarantie im Bereich der Finanzausstattung eher für fünf als für zehn Jahre auszusprechen. Dem steht freilich entgegen, dass einerseits auf eine längere Sicht die Planbarkeit der Finanzen immer schwieriger wird (insbesondere aufgrund schwankender steuerlicher Entwicklungen); zum anderen dürfte es unter Demokratiegesichtspunkten und mit Blick auf die kürzeren Wahlzyklen durchaus bedenklich sein, sozusagen budgetäre Ausnahmebereiche zu schaffen, die im politischen Bereich neue Aufgaben in der Zukunft diskriminieren. Aus der Sicht der Landespolitik ist den mittelfristigen Leistungsversprechen der Universitäten ein besonderes Augenmerk zu widmen. Dies deshalb, weil zum einen die Fachaufsicht des Landes als lenkendes Instrument der Landespolitik in einem interuniversitären Wettbewerbssystem weitgehend weggefallen ist und weil zum anderen auch die budgetäre Lenkung über Teilbudgets (im Personalbereich über Personalbudgets, aber auch über Stellenpläne) und
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Zweckbindungen im Rahmen einer Globalbudgetierung ebenfalls im Prinzip entfällt. In diesem Bereich der mittelfristigen Leistungsversprechen ist der richtige Ansatzpunkt zu sehen, um die landespolitischen Vorstellungen von der Entwicklung der Universitätslandschaft in den einzelnen Bundesländern zu verankern. Hier sind eine Reihe von Fragen politisch zu beantworten, die sich in diesem Zusammenhang stellen, und letztlich drückt sich hierin der staatliche Bildungs- und Forschungsauftrag in einem Wettbewerbsszenario aus. Will man sich beispielsweise stärker von einer Volluniversität verabschieden und mehr auf Kernkompetenzen in einzelnen Universitäten setzen? Welche Folgen hat dies für immer mehr als notwendig erkannte interdisziplinäre Problemlösungen? Wie soll unter Beachtung regionalpolitischer Ziele das Raummuster der Universitäten aussehen und welche Maßnahmen will man entsprechend zur Gestaltung der Universitätslandschaft ergreifen? Will man eher Universitäten mit Forschungsausrichtung oder solche mit Lehrorientierung? Wie stellt man sich entsprechend zum Postulat von „Einheit von Forschung und Lehre? Diese und andere Fragen sind hier durch eine Rahmensetzung des Landes zu klären, wobei die Landespolitik gut beraten ist, freiwillig erfolgende Koordinationen des Leistungsprofiis und entsprechende Absprachen zwischen den Universitäten zu beachten. Aktuell diskutierte Probleme mit Blick auf Hochschulpakte zwischen Land und Hochschulen sind die folgenden: In Hessen wie auch in anderen Bundesländern werden im Rahmen des Hochschulpaktes keine getrennten Budgets für Hochschultypen, insbesondere die Fachhochschulen und die Universitäten, vorgesehen, sondern es wird der Entwicklungspfad eines Einheitsbudgets fixiert, das dann in vielen Fällen nach einer Formel auf die Hochschulen verteilt wird. Im Rahmen des auf dieses Einheitsbudget angewendeten Mittelverteilungssystems wird entsprechend auch die Verteilung der Mittel auf die Fachhochschulen und die Universitäten geregelt, ohne dass im einzelnen ersichtlich ist, aufgrund welcher Parameter im Mittelverteilungssystem sich ex post eine bestimmte Verteilung auf die Summe der Fachhochschulen und die Summe der Universitäten ergibt. Faktisch sind aber die Ergebnisse Ausdruck von Gewichtungen bei verschiedenen Parametern im Mittelverteilungssystem. Ein solches Vorgehen entspricht nicht dem Grundsatz politischer Wahrheit und Klarheit. Von außen betrachtet ist es vermeintlich auf eine Systemlogik zurückzuführen, wenn sich budgetäre Verschiebungen zwischen den Hochschultypen ergeben. In Wirklichkeit ist es Ausdruck der politischen Setzungen im Mittelverteilungssystem, die mögliche Umverteilungen determinieren. Aus meiner Sicht wäre es richtiger, von vorne herein politische Gewichtungen in der Festlegung des Entwicklungspfades jeweils des Fachhochschulbudgets und des Universitätsbudgets offen zu legen. In fast allen Hochschulpakten werden Aussagen zu der Entwicklung der nominalen Finanzausstattung der Hochschulen getroffen. Dies ist insofern mit
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besonderen Risiken verbunden, als bei inflationärer Entwicklung die realen Handlungsmöglichkeiten entsprechend gekürzt werden. Von daher müssten besondere Vereinbarungen im Sinne preisbereinigter Zusagen getroffen werden, um wirklich Planungssicherheit zu schaffen, also einem zentralen Anliegen von Hochschulpakten zu genügen. In den Hochschulpakten wird richtigerweise getrennt in Aussagen zur laufenden Finanzierung der Hochschulen und zur einmaligen Anschubfinanzierung über Innovationsbudgets. Dem Charakter solcher Innovationsbudgets entspricht durchaus, dass hier jährlich Schwankungen möglich sind, etwa wenn das Budget gespeist aus dem Verkauf von Landesvermögen wird. Häufig werden auch gesonderte Aussagen zur Entwicklung des Bau- und Ausstattungsinvestitionsvolumens getroffen. Hierbei treten für den Fall Probleme auf, dass solche Ausstattungszusagen orientiert werden an der nationalen oder sogar regionalen demografischen Entwicklung. Dies gilt zumindest dann, wenn sich diese Aussagen - wie durch die Landesfinanzministerkonferenz kürzlich geschehen - im Prinzip auf alle Universitäten beziehen. Eine Orientierung an der nationalen demografischen Entwicklung ist deshalb problematisch, weil in allen landespolitischen Zielvorstellungen die weitere Internationalisierung der Hochschulen als vorrangiges Ziel genannt wird. Folgt man dieser Überlegung im Bereich des Bildungssektors, dann ist im Prinzip der Weltmarkt der Studierenden relevante Orientierungsgröße und von daher sind auf dieser Argumentationsbasis bauinvestive Restriktionen nicht nachvollziehbar. Hinzu kommt, dass Investitionen natürlich auch mit Blick auf die Forschung zu verstehen sind. Gerade hier dürfte im Zuge einer Wissensgesellschaft in einer globalisierten Welt eine prinzipielle Begrenzung des Mitteleinsatzes, die sich auf die nationale demografische Entwicklung der Studierendenzahl ausrichtet, kaum sinnvoll sein.
I I I . Mittelverteilungssysteme (leistungsorientierte Mittelverteilung) Ein rationales Mittelverteilungssystem sollte sich den universitären Aufgaben entsprechend und anreizkompatibel ausgerichtet im Kern auf vier Teilelemente beziehen: ein Grundbudget, das die Fähigkeit zur Aufgabenübernahme in Lehre und Forschung sicherstellt, ein Erfolgsbudget, das eine Honorierung der Aufgabenerfüllung realisiert, ein Innovationsbudget, das Möglichkeiten einer Anschubfinanzierung für neue Projekte sicherstellt, und die Finanzierung von Sondertatbeständen, also solchen universitären Aufgabenerfüllungen, die teilweise oder größtenteils im Auftrage des Landes erfolgen (rechtlich Auftragsangelegenheiten oder in ökonomischem Duktus: Aufgaben mit externen Effekten).
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/. Grundbudget Wenn man überhaupt eine Unterscheidung zwischen input- und outputorientierter Finanzierung treffen will, dann sollte das sogenannte Grundbudget in jedem Fall im Kern inputorientiert sein, und es sollte sich auf eine Größenordnung von drei Viertel bis vier Fünftel des Gesamtbudgets beziehen. Letzteres deshalb, weil die Hochschulen mit ihren Personalausgaben Anteile von 80 bis 85 % oder noch mehr erreichen. Nicht zuletzt angesichts des bestehenden Dienst- und Arbeitsrechtes sind hier für die Hochschulen mittelfristig Inflexibilitäten gegeben, denen auf der Finanzierungsseite Rechnung zu tragen ist. Für eine in diesem Sinne ausstattungsorientierte Finanzierung des Grundbudgets spricht, dass Studiengänge, wenn sie einmal eingeführt sind, zumindest auf dem Niveau einer qualitativen Mindestausstattung mittelfristig finanziert werden müssen. Ökonomisch gesprochen haben wir es hier mit einem Fixkostenblock zu tun, woraus sich im Übrigen Kostendepressionen bei steigender Studierendenzahl ergeben, das heißt die Durchschnittskosten pro Studierenden sinken. Dem muss in der Finanzmittelverteilung Rechnung getragen werden. Ähnliches gilt für Forschungsschwerpunkte, wenn mit dem Land einmal eine Einigung über die Einführung solcher Forschungsschwerpunkte erreicht wurde. Auch sie ergeben nur auf der Grundlage einer Mindestausstattung im Sinne von Chance zu Spitzenforschung einen Sinn. Schließlich ist mit Blick auf eine formelgebundene Mittelverteilung grundsätzlich einzuwenden, dass sie zumindest zum Zeitpunkt ihrer Einführung nie den besonderen Ausgangssituationen der beteiligten Hochschulen entsprechend kann. Allein schon von daher bedarf es für längere Zeit einer fixen Grundfinanzierung, wenn die Ausgangssituation der beteiligten Hochschulen sehr unterschiedlich ist. Gleichzeitig darf das Grundbudget nicht kurzfristigen Schwankungen unterliegen, wie sie etwa bei einer Finanzierung unter Orientierung an Studierendenzahlen vorliegen würden. Wenn schon eine Finanzierung im Grundbudget unter Orientierung an den Studierenden erfolgen soll, dann allenfalls an den Studienplätzen, die bereitgestellt werden, also einer mittelfristig stabilen Komponente. In jedem Fall scheint es aber angezeigt, Forschung und Lehre indikativ im Grundbudget gesondert abzubilden, da die Ausgaben für Lehre und Forschung nicht proportional verlaufen (müssen). Und bei der Forschung ist dann natürlich im Grundbudget an die Finanzierung von Forschungseinheiten, nicht an die Finanzierung des Forschungserfolges zu denken. Ein Abweichen von diesen Regeln wirft das Problem auf, dass einerseits eine mittelfristige Finanzzusage nicht gegeben ist (Studierendenzahlen schwanken), dass andererseits die Forschungsfinanzierung nicht hinreichend repräsentiert ist und dass schließlich ein breites Fächerangebot tendenziell zugunsten eines schmalen Fächerangebots mit hoher Auslastung diskriminiert wird (Fixkostenblock). Im Ergebnis werden Entwicklungen hin zur Ausbildung von
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Kernbereichen mit großen Studierendenzahlen und hoher Auslastung gefördert, und in der Tendenz stellt diese Finanzierungsform eine Begünstigung der Massenuniversitäten dar.
2. Erfolgsbudget Im sogenannten Erfolgsbudget erfolgt eine Honorierung der Aufgabenerfüllung anhand von quantitativen statistisch im Vergleich erhebbaren Indikatoren, im Regelfall den eingeworbenen Forschungsdrittmitteln, der Zahl der Absolventen und der Zahl der Doktoranden. Beim Indikator Forschungsdrittmittel ergeben sich vor allem zwei Probleme: Zum einen muss klar definiert werden, was Forschungsdrittmittel sind. Ein pragmatisches Kriterium, wie es zum Beispiel mit der Umsatzsteuerpflicht gegeben ist, wirft hier durchaus Probleme auf, sind doch die Relationen von umsatzsteuerpflichtigen zu umsatzsteuerbefreiten Forschungsdrittmitteln bei den einzelnen Universitäten (etwa mit Blick auf die Situation technischer Universitäten) sehr unterschiedlich. Zum anderen stellt sich die Frage, ob man im Rahmen der Prämierung von Forschungsdrittmitteln Privilegierungen, beispielsweise nach der Herkunft, vornehmen will. Hier wird oft diskutiert, die Forschungsdrittmittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft besonders auszuzeichnen, und dies insbesondere im Vergleich zu den Industrieforschungsdrittmitteln. Einer solchen Argumentation kann entgegengesetzt werden, dass die Wettbewerbssituation beim Einwerben von Industrieforschungsdrittmitteln keineswegs geringer ist als die Wettbewerbssituation beim Einwerben von DFG-Mitteln. Überdies gehört der Wissenstransfer in die private Wirtschaft zu den herausragenden Zielen fast jeder Landespolitik. Grundsätzlich liegt aber in der Gewichtung der Forschungsdrittmittel ein anreizpolitisches Instrument des Landes, das je nach den angestrebten Zielen anders eingesetzt werden kann. Die Zahl der Absolventen als Erfolgsindikator für die Ausbildung ist im Prinzip naheliegend. Probleme treten dann auf, wenn der Indikator modifiziert wird in Richtung auf Absolventen im Regelstudium, denn dann sind diejenigen Universitäten besonders diskriminiert, die einen hohen Anteil an Teilzeitstudierenden haben. Überhaupt würde eine solche Modifikation den sich wandelnden Biografien der Studierenden keine hinreichende Rechnung tragen. Betrachtet man schließlich allein die Zahl der Doktoranden als relevanten Indikator für die Nachwuchsförderung der Hochschulen, so stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Qualitätssicherung. Die Wettbewerbssituation der Hochschulen und das damit einhergehende Interesse der einzelnen Hochschule, in der Qualität der Nachwuchsförderung als gut zu gelten, dürfte hier zur Qualitätssicherung nicht ausreichen. Es sind hinreichend Beispiele bekannt, dass in-
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tensiver Wettbewerb auch zu einer allgemeinen Absenkung der Qualitätsstandards fuhren kann. Insgesamt darf man sich nicht der Vorstellung ausliefern, Forschungserfolg lasse sich in seiner gesamten Breite durch quantitative Indikatoren erfassen. Immer muss an den Universitäten quasi eine verdeckte Forschungsförderung möglich bleiben für solche Forschungsaktivitäten, die vor dem „Forschungsmainstream" zu ihrer Zeit als ungewöhnlich gelten, die aber in der Retrospektive durchaus ihren Platz in der Fortentwicklung von Wissen gefunden haben.
3. Innovationsbudget Innovative Projekte können sich in der Ex-Post-Messung definitionsgemäß noch nicht in einer positiven Veränderung von Indikatorwerten niedergeschlagen haben. Sie bedürfen entsprechend einer Anschubfinanzierung. Bei knappen Mitteln stellt sich die Frage nach einer Priorisierung unter den Innovationsprojekten. Angesichts relativ kurzfristiger Entscheidungsnotwendigkeiten (jährlicher Budgetkreislauf) können hier längerfristig angelegte Begutachtungsverfahren nur begrenzt zum Zuge kommen. Folglich wird bei der Genehmigung beantragter Projekte die Wissenschaftsadministration eine wichtige Rolle spielen. In jedem Fall muss dann aber im politischen Raum eine Kontrolle dergestalt ausgeübt werden, dass geprüft wird, inwieweit der Mittelzufluss im Rahmen innovativer Projekte mit der Landesentwicklungsplanung der Hochschullandschaft und mit den individuellen Zielvereinbarungen der einzelnen Universitäten in Einklang steht.
4. Sondertatbestände In der Finanzierung von Sondertatbeständen drückt sich eine Anerkennung seitens des Landes dahingehend aus, dass die von den Universitäten erbrachten Leistungen einen zusätzlichen Nutzen für das Land mit sich bringen. Solche Externalitäten unterliegen in ihrer Bedeutung immer einer politischen Bewertung. Von daher existieren hier im interuniversitären Vergleich durchaus Ermessensspielräume der Wissenschaftsverwaltung, und deshalb muss in diesem Bereich im politischen Raum auf eine ausgewogene Behandlung aller Hochschulen geachtet werden.
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IV. Finanzausgleichsregelungen Zumindest für eine längere Phase nach Einführungen der leistungsorientierten Mittelverteilung (aber zur Stabilisierung einer gegebenen Hochschullandschaft wohl auf niedrigerem Niveau auch langfristig) empfiehlt sich die Etablierung eines interuniversitären Finanzausgleichssystems, weil die Ausgangssituation der beteiligten Hochschulen unterschiedlich ist. Ein Übergangsfinanzausgleich kann zum einen so erfolgen, dass der leistungsorientierte Finanzierungsanteil an der Gesamtfinanzierung zunächst gering ist und dann jährlich erhöht wird. Dies hat den Vorteil, dass die anfänglichen „Verlierer" des neuen Finanzierungssystems nur geringe Verluste hinzunehmen haben und die Solidarität im gesamten universitären Finanzierungsverbund nicht besonders strapaziert wird. Ein anderer Weg besteht in der Begrenzung der Verluste z.B. in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des Vorjahresbudgets. Hier können die zunächst nachgewiesenen Verluste wesentlich höher ausfallen, womit im Zuge des Ausgleichs eine deutlich höhere Solidarität unter den Hochschulen eingefordert werden muss. Beschreitet man diesen zweiten Weg, dann darf die Ausgangssituation der beteiligten Hochschulen nicht zu unterschiedlich sein. Andernfalls kommt es zu einer spürbaren Diskriminierung der Verlierer, wodurch sich ihre Chancen zur Verbesserung der Situation tendenziell verschlechtern.
Die Globalhaushalte der niedersächsischen Fachhochschulen
Von Dietlinde Valentien
I. Einleitung Wenn man die seit 1981 in Landesbetriebe umgewandelten Hochschulkliniken wegen ihrer Sonderrolle außer Betracht lässt, gibt es seit 1995 Globalhaushalte für Hochschulen in Niedersachsen. An dem in diesem Jahr begonnenen Modellvorhaben zur Erprobung der globalen Steuerung von Hochschulhaushalten war neben zwei Universitäten auch eine Fachhochschule beteiligt, nämlich die Fachhochschule Osnabrück. Inzwischen haben alle staatlichen niedersächsischen Hochschulen mit Ausnahme der beim Innenminister ressortierenden Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege Landesbetriebe einen Globalhaushalt, der nach den Regeln des kaufmännischem Rechnungswesen bewirtschaftet wird. Da Herr Prof. Postlep bereits die vom Staat zu erfüllenden Rahmenbedingungen für eine andere Art der Finanzsteuerung der Hochschulen genannt hat, brauche ich diese nicht noch einmal zu benennen. Nur soviel: diese Rahmenbedingungen wie Kontraktsteuerung über Hochschulvereinbarungen sind bzw. werden in Niedersachsen erfüllt. Auch haben die niedersächsischen Hochschulen dazu die erforderlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Aufgaben-, Durchführungs- und Finanzverantwortung sind in den Hochschulen zusammengeführt. Leider ist dies für den Bereich der Liegenschaften nicht gegeben, weil Niedersachsen ein landesweites zentrales Flächenmanagement eingerichtet hat, in das auch die Hochschulen eingebunden sind. Die Flexibilität des Globalhaushaltes stellt die Hochschulen vor neue Herausforderungen. Das Ziel der Optimierung des Mitteleinsatzes ist nur zu erreichen, wenn Personal- und Sachausstattung der einzelnen Fächer und Einrichtungen nicht mehr unter dem Aspekt der Besitzstandswahrung sondern nach einem von allen akzeptierten und transparenten Verfahren aufgabenadäquat verteilt werden. Es wurden Entscheidungsprozesse in den Hochschulen erforderlich, die deutlich machten, dass Hochschulgremien, die ja weitgehend nach dem Konsensprinzip entscheiden, überfordert waren. Dies hat dazu geführt,
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Dietlinde Valentien
dass die Leitungs- und Entscheidungsstrukturen der Hochschulen bei der Novellierung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes neu geregelt werden. Das Inkrafttreten der Neufassung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes ist für Oktober 2002 zu erwarten. Das Niedersächsische Reformvorhaben Globalhaushalt ist auch im bundesweiten Kontext zu sehen. Ich erwähne hier nur exemplarisch die Untersuchungen des Forschungsinstitutes für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer in den Bereichen Personal und Haushaltsvollzug, die im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Kanzlerarbeitskreis Verwaltungsvereinfachung durchgeführt worden sind. In der vierten Novelle des Hochschulrahmengesetzes wurde als § 5 eine Regelung zur staatlichen Finanzierung nach erbrachten Leistungen eingefügt aber auch in § 6 die Verpflichtung zur Evaluation von Forschung und Lehre, der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Gleichstellung der Geschlechter. Quantitative output-orientierte Bemessungssysteme müssen um Verfahren zur Qualitätssicherung ergänzt werden. In Niedersachsen sind aufgaben- und leistungsbezogene Mittelbemessung und Evaluationsverfahren voneinander unabhängige Systeme aber dennoch zwei Seiten einer Medaille. Das Thema meines Vortrages habe ich so verstanden, dass es nicht in erster Linie darum gehen soll, wie die Globalhaushalte der niedersächsischen Fachhochschulen im Einzelnen haushaltsrechtlich ausgestaltet sind, und in welcher Weise sie zu einer Erweiterung der institutionellen Autonomie der Hochschulen beigetragen haben, sondern darum, wie die damit verbundene Finanzierung über Aufgaben und Leistungen angegangen wurde. Ich habe daher den Schwerpunkt meiner Ausführungen auf die Darstellung der entwickelten Mittelbemessungssysteme gelegt. Da es sich um Systeme in Anwendung handelt, habe ich die einzelnen Berechnungsschritte anhand der Daten für das Haushaltsjahr 2002 veranschaulicht.
II. Das niedersächsische Mittelbemessungsmodell Das Haushaltsvolumen für alle Fachhochschulen für das Haushaltsjahr 2002 beläuft sich auf insgesamt 406 Mio. D M ohne Nutzungsentgelte, welche die Fachhochschulen für die Nutzung der landeseigenen Liegenschaften an den Landeshaushalt abführen müssen. Die Mittel für die zu zahlenden Nutzungsentgelte für die Liegenschaften sind in der nachfolgenden Tabelle 1 gesondert dargestellt, um dem Missverständnis vorzubeugen, dass es im Vergleich zum Haushalt 2000 zu einer wesentlichen Erhöhung der Finanzmittel der Fachhochschulen gekommen wäre.
Die Globalhaushalte der niedersächsischen Fachhochschulen
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Vor dem Jahr 2001 haben die Hochschulen die Landesliegenschaften unentgeltlich genutzt.
Tabelle 1 An den Landeshaushalt abzuführende Entgelte niedersächsischer Fachhochschulen für die Nutzung ihrer Liegenschaften
Fachhochschule
Studierende WS 2001/2002
Personalstellen
Anzahl
Zuführungen (ohne Nutzungsentgelte)
Nutzungsentgelte
Mio. DM
Oldenburg/ Ostfriesland/ Wilhelmshaven
8.169
674
105,0
9,8
Osnabrück
6.574
465
72,3
7,0
Hannover
5.526
441
70,3
7,1
Braunschweig/ Wolfenbüttel
5.840
354
57,8
3,6
Hilden/ Holzminden/ Göttingen
5.657
372
56,9
6,0
Ν ordostn i edersach sen
4.053
270
43,7
4,7
35.819
2.576
406,0
38,1
Insgesamt
Die Umstellung aller niedersächsischen Fachhochschulen in Landesbetriebe mit Globalhaushalt im Jahr 1999 war mit dem auch von den Fachhochschulen unterstützten Ziel verbunden, beginnend mit dem Jahr 2000 in Schritten von 5 %, 2001: 15 %, 2002: 35 %, 2003: 65 %, 2004: 100 % die formelgebundene Mittelbemessung einzuführen. Diese Entscheidung wurde nicht im luftleeren Raum sondern auf der Grundlage eines mit den Fachhochschulen unter Beteiligung der HIS GmbH erarbeiteten Bemessungssystems getroffen, dessen Leitlinien ich Ihnen im Folgenden vorstellen möchte: das Verfahren sollte prinzipiell der Verteilung der den Fachhochschulen insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel dienen, die Dotierung sollte über Leistungs- und Belastungsgrößen erfolgen,
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-
die Vergütung (Preise) sollte auf der Basis der realen Kosten der Fächer festgesetzt werden,
-
die unterschiedliche Kostenstruktur der Fächer sollte in Preisclustern zusammengefasst werden.
/. Bei der Mittelbemessung berücksichtigte
Einflussfaktoren
Bei der Entwicklung der Formel mussten jedoch von dem Prinzip, alle Mittel in die Formel einzubeziehen, Abstriche gemacht werden. Wegen der unterschiedlichen Gebäudestruktur konnten die flächenbezogenen Kosten, wie Bauunterhaltung, Bewirtschaftungskosten und Nutzungsentgelte, nicht in das Bemessungsverfahren einbezogen werden. Auch die Mittel für die Versorgungslasten der Beamten, für die wegen bestehender Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Finanzministerium kaum Dispositionsspielraum der Hochschulen besteht, blieben außen vor. Außerdem wurde eine Ausgabenkategorie „Sonderfaktoren" gebildet, die ζ. B. berücksichtigt, dass eine Fachhochschule ein Studienkolleg für alle ausländischen Fachhochschulbewerber unterhält oder eine andere die Fachschulausbildung im Bereich Seefahrt übernommen hat. Auch diese Ausgaben wurden nicht in die formelgebundene Mittelbemessung einbezogen, sondern werden herkömmlich berechnet und außerhalb der Formel berücksichtigt. Unter dem Aspekt des erhöhten Aufwandes bei mehreren Standorten einer Hochschule wurde ein Standortstrukturzuschlag in Höhe von 123 T D M je Nebenstandort vereinbart. Zum Ausgleich der unterschiedlichen Betriebsgrößen erhielt jede Fachhochschule einen Sockelbetrag von 1,81 Mio. DM, der die Fixkosten für Verwaltung etc. abdecken sollte. Man sieht, dass trotz des Grundverständnisses, dass es sich um ein einfaches Bemessungssystem handeln soll, immer wieder unter dem Aspekt der Einzelfallgerechtigkeit zusätzliche Elemente eingeführt wurden. Sondertatbestände sind sicherlich dann zu berücksichtigen, wenn sie finanziell bedeutsam sind. Ob dieses Kriterium bei dem Standortstrukturzuschlag erfüllt ist, daran könnte man Zweifel haben. Als Leistungs- und Belastungsgrößen wurden folgende Parameter festgelegt: -
Aufhahmekapazität vor Schwund im Planungsjahr (t), Studierende in der Regelstudienzeit (Ist-Zahlen aus dem vorvergangenen Jahr), Absolventen als Durchschnitt dreier Jahre (Durchschnitt der Ist-Zahlen der Jahre t-3, t-4 und t-5).
Da einerseits der zeitliche Vorlauf für das Haushaltsaufstellungsverfahren beachtet werden muss, und es andererseits unerlässlich ist, vom Landesamt für
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Statistik erhobene und überprüfte Daten zu verwenden, können für die Leistungsparameter Studierende und Absolventen nicht die für das Planungsjahr geltenden Zahlen sondern nur die jeweils aktuellsten statistischen Daten verwendet werden. Das führt leider dazu, dass bei Studierenden und Absolventen Leistungen der Vergangenheit in die Formelberechnung eingehen. Die Alternative, aktuellere aber ungeprüfte oder auch Prognosezahlen der Hochschulen zu verwenden und bei einem späteren Korrekturbedarf die Budgetbemessung ebenfalls zu korrigieren und das Ergebnis in dem darauffolgenden Haushaltsjahr umzusetzen, wurde wegen des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes verworfen.
2. Die Vergütung der Leistungen Ich habe vorhin ausgeführt, dass die Vergütungen der Leistungen der niedersächsischen Fachhochschulen auf Realkostenbasis festgelegt werden sollten. Woher haben wir diese Kosteninformationen genommen? Das Ministerium hat die HIS GmbH bereits 1993 beauftragt, ein Berichtssystem zu entwickeln, das auf Fächerebene Kosteninformationen bereitstellt. Dieses Berichtssystem ist in einem mehrstufigen Verfahren erprobt und schließlich für alle Hochschulen (bis auf die Medizin) eingeführt worden. Die nötigen Informationen lagen daher im Rahmen des Ausstattungsvergleiches niedersächsischer Universitäten und Fachhochschulen vor, der im Jahr 1998 veröffentlicht wurde. Dieser stellt die Ist-Kostensituation der Fächer auf Lehreinheitenebene im Jahr 1996 dar. Neben der Definition der Studierenden eines Faches über die Verrechnung der Lehrverflechtungsim- und -exporte ist hier methodische Vorarbeit zur Verrechnung von Kosten zentraler Einrichtungen und der Verwaltung auf die Fächer geleistet worden. Die Verwendung dieser Kosten für die Preisbildung der formelgebundenen Mittelbemessung der Fachhochschulen setzte allerdings eine Sonderauswertung voraus in dem Sinne, dass die außerhalb der Formel zu finanzierenden Bestandteile bei der Ermittlung der Kosten pro Lehreinheit herauszurechnen waren. Das Ergebnis stelle ich Ihnen in der nachfolgenden Tabelle 2 vor. Die Lehreinheiten, hier als Fachbereiche zusammengefasst, sind bereits nach vier Clustern (Hoch 1, Hoch 2, Mittel, Tief) sortiert. Die Einteilung der Cluster wurde über die jährlichen Ist-Kosten der Aufnahmekapazität pro Lehreinheit vorgenommen. Clustergrenzen wurden bei besonderen Kostensprüngen zwischen den einzelnen Fächerblöcken angeordnet. Für die in einem Cluster enthaltenen Fächer wurde als Durchschnitt der Clusterpreis pro Kapazität errechnet. Da der Clusterpreis als Bezugsgröße für die abgeleiteten Preise für Absolventen und Studierende diente, erhielt er die Bezeichnung Clusterbasispreis, den ich anschließend auch nur noch verwende.
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Dietlinde Valentien
Tabelle 2 Clustereinteilung nach Kosten je Studiengang Fachbereich
Cluster
Bioverfahrenstechnik Agrarwissenschaften Produktions- und Verfahrenstechnik Clusterbasispreis Hl Physik-, Mess- und Feinwerktechnik Kunst und Design Maschinenbau Transport- und Verkehrswesen Naturwissenschaft!. Technik Elektrotechnik Landschaftsarchitektur Bauingenieurwesen (Wasserwirtschaft u. Umwelttechnik) Feinwerktechnik Clusterbasispreis H2 Vermessungswesen Werkstofftechnik Bauingenieurwesen Versorgungstechnik Seefahrt Architektur Informations- und Kommunikationswesen Clusterbasispreis M Wirtschaft Forstwirtschaft Wirtschaftsingenieurwesen Sozialpädagogik / Sozialwesen Gesundheitswesen Clusterbasispreis Τ
Hl Hl
Gesamtkosten 1.000 DM 2.287,2 11.381.1
Landesmittel je Kapazität Anzahl 1.000 DM 38 60,2 207 55,0
Hl
4.179,9
80
52,2
17.848,2
325
54,9
H2
2.847,4
57
50,0
H2 H2
16.487,3 36.228,0
339 755
48,6 48,0
H2
1.898,7
40
47,5
H2
7.646,6
163
46,9
H2 H2
39.685,5 5.963,0
877 132
45,3 45,2
H2
5.445,0
122
44,6
H2 M M M M M M
4.476,4 120.677,7 3.260,6 5.439,5 19.511,6 7.043,1 4.171,7 14.382,6
103 2.588 83 143 529 197 119 414
43,5 46,6 39,3 38,0 36,9 35,8 35,1 34,7
M
4.792,3
139
34,5
Τ Τ Τ
58.601,5 34.185,2 4.503,8 3.811,7
1.624 1.058 141 125
36,1 32,3 31,9 30,5
Τ
19.973,5
757
26,4
Τ
638,1 63.112,3
25 2.106
25,5 30,0
Kapazität
Die Globalhaushalte der niedersächsischen Fachhochschulen
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Seit 1999, das ist das Jahr des Probelaufes der Formel, allerdings noch ohne Haushaltsrelevanz, ist diese Einteilung Grundlage der sogenannten Preise oder Vergütungen. Nun kann man die jährlichen Gesamtkosten eines Faches auf unterschiedliche Bezugsgrößen beziehen. Niedersachsen hat sich, wie bereits dargestellt, neben dem Parameter Kapazität noch auf die Parameter Studierende und Absolventen verständigt. Die Gewichtung der einzelnen Parameter wurde wie folgt festgelegt: 60 % für Aufnahmekapazität, 20 % für Studierende in der Regelstudienzeit, 20 % für Absolventen. Die Kosten für Studierende und Absolventen wurden nicht auf der Grundlage der Daten des Ausstattungsvergleiches festgesetzt sondern aus den Clusterbasispreisen für die Kapazität abgeleitet. Ansonsten wären die Studierenden nicht ausgelasteter Fächer und Absolventen von Fächern mit hohen Abbruchquoten mit ihren hohen Kosten in die Preisbildung eingegangen. Das hätte die Begünstigung von Misserfolg bedeutet. Stattdessen wurden bei der Preisbildung Setzungen vorgenommen: für den Parameter Studierende in der Regelstudienzeit wurde eine Auslastung von 90 % und bei den Absolventen eine Erfolgsquote von 80 % zugrunde gelegt, so dass sich für die Absolventen insgesamt ein Erfolgsfaktor von 72 % bezogen auf die Aufnahmekapazität ergibt. Die vorgestellten Auslastungs- und Erfolgsquoten sind damit sowohl eine Kalkulationsgrundlage als auch eine Zielvorgabe des Staates. Sie haben mit der gegebenen Situation des einzelnen Faches einer Hochschule nicht unbedingt etwas zu tun. Die Prozentsätze sind aber soweit abgesichert, als im Landesdurchschnitt bei den Fachhochschulen sowohl eine Auslastung der Fächer von 90 % vorliegt, als auch die Erfolgsquote für die Absolventen in dieser Höhe gegeben ist. In die Kosten für die Aufnahmekapazität wurden nur die Kosten für die grundständigen Studiengänge mit überwiegend acht Semestern einbezogen. Da Studierende mit einer Regelstudienzeit von vier Jahren viermal in die jährlichen Kosten eingehen, ist der Clusterbasispreis durch vier zu dividieren. Aus dem jeweiligen Clusterbasispreis ergibt sich anschließend für die einzelnen Parameter folgende Berechnung der Vergütung: Vergütung je Einheit Kapazität = Clusterbasispreis * 0,6 Vergütung je Absolvent
= Clusterbasispreis * (1/0,72) * 0,2
Vergütung je Studierenden
= Clusterbasispreis * Vi * (1/0,9) * 0,2
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Tabelle 3 Berechnung der Vergütungen für Kapazität, Absolventen und Studierende (in DM) Cluster
Clusterbasispreis
Kapazität
Absolventen
Studierende
Hoch 1
59.156
35.493
16.432
3.286
Hoch 2
49.428
29.657
13.730
2.746
Mittel
38.454
23.072
10.682
2.136
Tief
31.570
18.942
8.769
1.754
Die Berechnung der Vergütungen ergibt die nachfolgenden in Tabelle 3 aufgeführten „Preise" in DM. Diese gegenüber dem Ausgangsjahr um 6,5 % gesteigerten Vergütungen liegen der jährlichen Formelbemessung zugrunde. In Kürze wird ein neuer Ausstattungsvergleich mit Bezugsjahr 2000 vorliegen. Damit sind die Voraussetzungen zur Überprüfung der Angemessenheit der Vergütungen gegeben.
3. Die Ermittlung der Hochschulbudgets Zur Veranschaulichung ist die Berechnung der Ansprüche aus der Formel für Kapazität, Studierende und Absolventen beispielhaft für eine einzelne Fachhochschule, die FH Nordostniedersachsen in Tabelle 4 dargestellt. Jeder Studiengang ist einem Cluster zugeordnet und trägt sein Clustermerkmal ( H l , H2, M, T). Zur Berechnung der Ansprüche aus der Formel werden pro Hochschule und Studiengang die Ist-Zahlen der einzelnen Parameter mit der entsprechenden Vergütung multipliziert. Die Summen dieser Produkte für Kapazität, Absolventen und Studierende (KAS) stellen das sogenannte Betriebsergebnis einer Fachhochschule bzw. den Anspruch aus der Formel dar. Dieses Betriebsergebnis gemäß der Formel geht dann in die Gesamtrechnung 2002 für alle Fachhochschulen ein, die in Tabelle 5 dargestellt ist. Es sind die von mir angesprochenen Komponenten erkennbar. Auch die außerhalb der Formel zu berücksichtigenden Budgetbestandteile sind aufgeführt. Die Zuteilungen für Kapazität, Absolventen und Studierende entsprechen jeweils einem hundertprozentigem Anspruch aus der Formel. Die Quersumme der Summenspalte ergibt unter Einrechnung des Betrages für die proportionale
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Restzuteilung den insgesamt zur Verfügung stehenden Betrag an Haushaltsmitteln 2002 in Höhe von 444,1 Mio. DM. Die proportionale Restzuteilung hat die Funktion eines Korrekturfaktors, der das insgesamt für die Formel zur Verfügung stehende Haushaltsvolumen (sogenanntes Verteilbudget) mit dem sich aus der Formel ergebenden Mittelansprüchen zur Deckung bringt. Die Verteilung der Summe der proportionalen Restzuteilung auf die einzelnen Fachhochschulen erfolgt in Relation zu ihren Anteilen am Gesamtanspruch aus der Formel. Bei sich erhöhenden Eingabedaten, wie die Anzahl Studierender und Absolventen und auch bei Erhöhung von Kapazitäten ergeben sich automatisch finanzielle Mehrbedarfe, die ein Risiko für den Finanzminister darstellen, das dieser nicht tragen will. Das Preismodell wird durch diesen Korrekturfaktor zu einem modifizierten Verteilmodell. Tabelle 6 enthält einen weiteren Teil der Gesamtbudgetrechnung 2002. Es ist berücksichtigt, dass nur 35 % der nach Abzug der Sonderzuteilungen verbleibenden Mittel in die Formel einbezogen werden, daher ist der 65 % Anteil des Verteilbudgets (Sp. 3) gesondert dargestellt und wird als Budgetbestandteil außerhalb der Formel behandelt. Der 35 % Anspruch aus der Formel KAS (Spalte 5) ergibt in der Summe einen um 2,19 Mio. D M höheren Betrag als die Summe, welche die Fachhochschulen in den Wettbewerb der Formel im Haushaltsjahr 2002 einbringen (Summe Spalte 4) und die für eine Verteilung zur Verfügung steht. Die erforderlichen Kürzungen der jeweiligen Formelansprüche erfolgen proportional, d. h. entsprechend ihrem Anteil am Gesamtanspruch, der als Prozentangabe in Spalte 6 aufgeführt ist. Der an das vorhandene Verteilbudget (Summe Spalte 4) angepasste Formelanspruch (Spalte 7) ist das eigentliche Formelergebnis KAS für das Haushaltsjahr 2002.
4. Bemessungsverfahren
bei der Frauenförderung
Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, als Addition der nicht in die Formel einbezogenen Beträge und des angepassten Formelanspruches das neue Budget 2002 zu berechnen. Bei diesem Rechenschritt wird jedoch auch noch das Ergebnis des Zuweisungseffektes Frauenforderung einbezogen. Hierzu muss ich noch einige Erläuterungen geben, da dieser Regelkreis ein eigenständiges Bemessungssystem darstellt.
Budget-
1997-
?~ relev.
Bu
WS 1999
Bu
Absolventen Cl.
d
Studierende0 Zuteilung
Dietlinde Valentien
Fortsetzung auf S. 93
f" Kapaz. Abs. Stud. Sum~ StudlCngang 99/00 TDM TDM TDM ™ relev. relev. TDM Grundständige Studiengänge Architektur 8| 70 70 481 481 286 1 2861 M I 1.615 I 513 I 611 I 2.739" Automatisierungstechnik (M) 8^ 62_ 62_ 30_ 30 144 144 Hl 2.201 493 473 3.167 Bauingenieurwesen 8 75_ 75_ 58_ 58 279 279 M 1.730 620 596 2.946 Bauingenieurwesen 8 64 59_ 0_ 0_ 0 0 H2 1.750 0 0 1.750 Angew. Inform, im Bauwe40 40 0 0 0 0 H2 1.186 0 0 1.186 g sen Betriebswirtschaftslehre 8~ 139 139 ÏÔ9~ 109" 444 444" Τ ~ 2.633 956 779 4.368 Ingenieurinformatik 8 36 25_ 0_ 0_ 0 0 H2 741 0 0 741 Sozialwesen 8 150 150 100 100 531 531 Τ 2.841 877 931 4.650 Umwelttechnik (auslaufend) 0_ 0_ 23_ 23_ 9j_ 91 H2 0 316 250 566 Wasserwirtschaft (ausi.) 8 64_ 0_ 51_ 51 180 180 H2 0 700 494 1.195 Wirtschaftsinformati k 8 55_ 55_ 38_ 38 220 220 Τ 1.042 333 386 1.761 Wirtschaftspsychologie 8_ 75_ 75_ 0_ 54_ 34 270 Τ 1.421 474 474 2.368 Wirtschaftsrecht 8 [ 99 99 | 341 591 378] 378 Τ 1.875 517 663 j 3.056
..
Vorherb
Rst.
a
Kapazität
Berechnung der Ansprüche einer Fachhochschule am Beispiel der FH Nordostniedersachsen
Tabelle 4
92
3
WS 1999
?~
Bu
Absolventen Cl.
d
Studierende0
8 S\ 22 22 H2 Weiterbildungsstudiengänge Π ^Ί 56 1 m Ι
^Π
167"
^Π
Stud. TDM
Ώ
4l"
23 " 86_
268
381
0 92 39
7 7 1355
60
161
" ™ TDM ^Ί
TDM
Sum
Zuteilung
15 15_ 1_ 1_ 26_ 26 Τ 53 2 2_ 24_ 24_ 7_ 7_ 24^ 24 Τ 57_ 8_ 21_ 25_ 25_ 11_ 17_ 25_ 25 M 72_ 23_ 27 122 20 0_ 0^ 0_ 0_ 0 M 0 0 20 20^ 0_ 0_ 5 5 M 87 0 5 20 20_ 9__ 9 44 44 Τ 95 20 ^ ^ ^ 1 129 K02g 53? 6]g 20 π?
Π
\5_
get
Kapaz. Abs. " 99/00 TDM relev. relev. Ergänzungs- und Aufbaustudiengänge Ί Ί Π 6 | H2 I
1997- Bu?~ relev.
15
Budget-
Kapazität
Anmerkungen: a Regelstudienzeit; t>Wert vor Schwund, Soll 2002 (WS 'Λ +SS 2002);c Studierende in der Regelstudienzeit; d Preiscluster;e Masterstudiengänge.
Angew. Inform, im Bauwesen Applied computing^ 3 Gesundheitswiss. (WB) Multimedia 2_ Projektmanagement 3 Qualitätssich. im Bauwesen 3 Sozialmanagement 4 FH Nordostnieders. insgesamt
Tropenwasserwirtsch. c
Strommanagement
Abfallwirtschaft und Stoff-
a
Rst.
Vorher15 Cf Studiengang
Forts. Tabelle 4 Die Globalhaushalte der niedersächsischen Fachhochschulen
93
7
94
Dietlinde Valentien
Tabelle 5 Daten für die Budgetberechnung und Zwischenergebnisse (Mio. DM)
a
5,7 7,3 6,8 4,8 9,8 7,8 42,4
2,9 4,2 3,1 2,7 3,3 3,6 19,8
8,3 10,2 7,9 6,2 14,6 10,0 57,2
Prop. Restzuteilung
0,0 1,6 0,0 0,2 1,2 0,0 3,0
Sockel
Versorgungslasten
0,5 0,6 0,2 1,2 1,7 0,8 5,0
Bewirtungskosten
0,4 0,2 0,3 0,3 0,5 0,1 1,7
Sonderfaktoren
8,1 10,3 8,6 5,9 14,1 12,3 59,4
Kaltmieten
9,0 10,0 9,3 5,9 12,5 12,8 59,6
Bauunterhaltung
Absolv.
28,1 31,0 28,0 20,2 45,6 34,9 187,8
Standortstruktur
Studierende
FH a BS H HI NN. OL. OS Insg.
Kapazität
Zuteilungen für
1,8 1,8 1,8 1,8 5,4 1,8 14,5
-0,9 -1,0 -0,9 -0,7 -1,5 -1,2 -6,3
Zu den Abkürzungen vgl. Tabelle 1.
Tabelle 6
Mio. DM FH
Summe Sonderzut.
Ausgangsbudget
Gesamtbudgetrechnung niedersächsischer Fachhochschulen im Jahr 2002
Mio. DM
Um Sonderzut. red. Budget 65% Mio. DM
35% Mio. DM
35 % der Zuteilungen für KAS FE* Mio. DM
%
Angep. FE» Mio. DM
1 T3 3
•§ *-
Λ c 4J c3d
ε§ 00 « ΙΛ
£
TDM
α> ο Mio. DM
(1) 61,4
(2) 19,7
(3) 27,1
(4) 14,6
(5) 15,9
(6) 14,8
(7) 15,5
(8) 105
(9) 62,5
H
77,4
HI NN. OL OS
62,8 48,4
25,8 20,2 17,2 36,6 24,1
33,6 27,7
18,0 16,1
16,7 15,0 10,4
17,6 15,7
20,3 50,8 35,8
18,1 14,9 10,9 27,4
-226 149 -150 94
143,6
195,3
76,7 63,8 48,3 112,3 80,5 444,1
BS
Insg a
114,8 79,3 444,1
19,3 105,2
11,2 25,3 23,5 21,0 19,5 107,4 100,0
FE: Formelergebnis. b Zuweisung für Frauenförderung.
c
11,0 24,8 20,60 105,2
27 0
Summe der Spalten (2)+(3)+(7)+(8).
Die Globalhaushalte der niedersächsischen Fachhochschulen
95
Das Bemessungsverfahren zum Zwecke der Frauenförderung wird anhand von ebenfalls drei Parametern durchgeführt. Diese Parameter sind der Frauenanteil unter den Studierenden, der Frauenanteil an den Absolventen als Durchschnitt von drei Jahren sowie an der Frauenanteil an den Neuberufungen auf Professuren als Durchschnitt von drei Jahren. Dieses zusätzliche Bemessungsverfahren wird seit dem Jahr 2000 durchgeführt und bei der jährlichen Budgetbemessung mit seinem hundertprozentigen Ergebnis berücksichtigt. Erfolg bzw. Misserfolg liegt dann vor, wenn der Frauenanteil der einzelnen Hochschule bei den jeweiligen Parametern über bzw. unter dem Landesdurchschnitt liegt. Die Abweichungen bei den einzelnen Parametern werden in der Weise errechnet, dass für sechs Fachgruppen, (Architektur, Bauingenieurwesen, Ingenieurwissenschaften, Kunst, Recht und Wirtschaftswissenschaften, sowie Sozialwissenschaften) Landesdurchschnitte je Parameter gebildet werden. Die Abweichung vom Landesdurchschnitt wird in absoluten Zahlen über einen SollIst-Vergleich festgestellt. Die Ergebnisse der Zielerreichung (Abbau von Unterrepräsentanz) werden jeweils entsprechend des landesdurchschnittlichen Frauenanteiles gewichtet, und zwar: über 50 % Frauenanteil ergibt Gewichtungsfaktor 0, über 30 % Frauenanteil ergibt Gewichtungsfaktor 1, über 10 % Frauenanteil ergibt Gewichtungsfaktor 2, unter 10 % Frauenanteil ergibt Gewichtungsfaktor 3. Dadurch wird erreicht, dass Leistungen besonders dort finanziell belohnt werden, wo die Erfüllung des Gleichstellungsauftrages noch besonderer Anstrengungen bedarf. Die jeweils gewichtete Abweichung vom Landesdurchschnitt wird dann mit einem Preis, der mit 250 D M pro Studentin, 500 D M pro Absolventin und 25 000 D M pro neu berufener Professorin angesetzt ist, multipliziert. Durch den Bezug auf den Landesdurchschnitt ist auch bei sich verändernden absoluten Zahlen gewährleistet, dass sich der Regelkreis selbst finanziert, in dem sich Negativbeträge und Positivbeträge der einzelnen Fachhochschulen ausgleichen. Sollte es bei der Berechnung des FrauenfÖrdereffektes, wie das Ergebnis in Kurzform genannt wird, zu Abführungsbeträgen kommen, die 1 % des Budgets der betroffenen Fachhochschulen überschreiten, wird der überschießende Betrag gekappt. Diese Haftungsgrenze wurde aber noch nie erreicht.
5. Wirkungen
des niedersächsischen Mittelbemessungsmodells
Interessanter als die Darstellung der Einzelelemente der Formel sind sicherlich ihre Wirkungen. Dazu ist folgendes festzustellen:
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Dietlinde Valentien
1.
die Frauenförderung wird ernst genommen,
2.
das Kostenbewusstsein wurde gesteigert,
3.
die Datenlage ist valider geworden,
4.
die in den Fachhochschulen vorhandenen Kapazitätsreserven wurden aktiviert. Die Aufnahmekapazitäten wurden erweitert,
5.
auch die anderen Leistungsdaten haben sich verbessert.
Der Anreiz zur Erweiterung der Aufnahmekapazitäten war so ausgeprägt, dass einige Fachhochschulen sich veranlasst sahen, das Ministerium um die Festlegung einer Obergrenze für den Einsatz von Lehrbeauftragten zu bitten. Dies ist in der Form geschehen, dass maximal eine Größenordnung von 10 % der stellengebundenen Aufnahmekapazität über Lehraufträge im Rahmen der Formel akzeptiert und finanziert wird. Von dieser Beschränkung sind Weiterbildungsstudiengänge ausgenommen, die wegen der Verpflichtung der Hochschulen, hierfür Gebühren zu erheben, im Rahmen der Formel nur zu 50 % finanziert werden. Ein Bemessungsmodell mit dem Anspruch, möglichst viele Bestandteile eines Hochschulbudgets in eine wettbewerblich orientierte Struktur zu bringen und rechenbar zu machen, führt unweigerlich auch zu Umverteilungseffekten, die erst einmal bewältigt werden müssen. So auch bei den niedersächsischen Fachhochschulen. Es gibt die sogenannten Gewinner- und die Verliererhochschulen in unterschiedlicher Betroffenheit. Da 70 % bis 80 % der Hochschulbudgets durch Personalmittel belegt sind, die nur mittel- und langfristig freigemacht werden können, sind Umschichtungen einer bestimmten Größenordnung für die abgebenden Hochschulen nur schwer zu verkraften. Damit mobilisiert sich Widerstand. Die Gründung und die Aufrechterhaltung von Hochschulen und die Genehmigung von Studienangeboten sind vom Land auch unter regionalpolitischen Gesichtspunkten getroffen worden. Die Anwendung von automatisierten Finanzierungsverfahren hält diesen Entscheidungen im Nachhinein einen ökonomischen Spiegel vor. Einige der sogenannten Verliererhochschulen führen an, dass sie beim Studienbewerberrückgang wegen ihrer randständigen Lage zuerst betroffen seien. Sowohl Kostenstrukturen als auch Leistungsergebnisse hätten auch standortbedingte Ursachen. Daher sei letztlich das Land dafür verantwortlich, dass nicht alle gleiche Wettbewerbschancen hätten.
I I I . Ausblick Der Minister hat entschieden, dass die Umsetzung der Formel im Jahr 2003 bei 35 % verbleibt und dass für die Folgejahre eine Nachjustierung der Formel
Die Globalhaushalte der niedersächsischen Fachhochschulen
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in der Weise stattfindet, dass Sondertatbestände wie Standortnachteile auch berücksichtigt und rechenbar gemacht werden. Damit soll für die Fachhochschulen, die von den weiteren Umsetzungsschritten besonders stark negativ betroffen wären, dauerhaft wirkende Entlastungen in der Umschichtungshöhe erreicht werden. Die formelgebundene Mittelbemessung ist aber auch aus anderen Gründen fortzuschreiben. Ich hatte vorhin schon ausgeführt, dass die Überprüfung der Kosten der Studiengänge der Fachhochschulen auf der Basis eines neuen Ausstattungsvergleiches ansteht. Es ist zu erwarten, dass die Kostensituation der Fächer sich verändert hat, weil die Fachhochschulen im Wettbewerb untereinander ihre Ressourcen zur Steigerung ihrer durch die Formel belohnten Outputgrößen besser einsetzen. Wegen der sich immer weiter differenzierenden Studiengangsstruktur wird auch zu überlegen sein, ob statt des Parameters Aufnahmekapazität nicht besser der Parameter Studienplatz für die Formel Anwendung finden sollte. Es gibt also noch viel zu tun. Als letztes möchte ich auf die Frage eingehen, warum kann man nicht Bemessungssysteme anderer Länder übernehmen? Es wird in diesem Zusammenhang auf den HIS- Projektbericht vom Juli 1994 verwiesen „Formelgebundene Finanzzuweisung des Staates an die Hochschulen, Erfahrungen aus dem europäischen Ausland". Es wurden die Bemessungssysteme der Niederlande, von Dänemark, Schweden und England untersucht. HIS kommt zu der zusammenfassenden Feststellung, „dass die vorgefundenen formelgebundenen Verfahren der Mittelzuweisung gewachsene Modelle sind, die vor dem Hintergrund der jeweiligen hochschulpolitischen Zielsetzung zu verstehen sind. Alle vier Länder unterwerfen sich im Bereich der Lehrmittel weitgehend dem Formelautomatismus. Allerdings wird durch bestimmte Vorkehrungen (Anpassungsfaktoren, unterdurchschnittliche Lehrpreise, variable Restkomponenten) dafür Sorge getragen, dass politisch besetzte Budgetansätze nicht überschritten werden." Daraus darf gefolgert werden, dass Bemessungssysteme unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen mit den jeweils Betroffenen Hochschulen entwickelt werden müssen und dass Finanzminister die Budgetansätze nach wie vor gedeckelt halten werden. Auch über eine formelgebundene Mittelbemessung erhalten die Hochschulen insgesamt nicht mehr Geld, aber sie sind eher in der Lage nachzuweisen, wie viel Geld zusätzliche Aufgaben kosten. Die in dem HIS-Bericht dargestellten Bemessungssysteme anderer Länder haben darüber hinaus deutlich gemacht, dass Studienleistungen für eine formelgebundene Bemessung geeignet sind, während sich Forschungsleistungen weitgehend einem automatisierten Zuweisungsprozess entziehen. In den von
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Dietlinde Valentien
HIS untersuchten Ländern mit Ausnahme von England wird daher der Mittelbedarf der Forschung entweder diskretionär oder hinsichtlich der Grundausstattung der Forschung als Zuschlag auf die Lehrmittel bemessen. Dass nach Hochschultypen differenzierte, eigene Systeme zu entwickeln sind, haben wir beherzigt, aber auch die Erkenntnis, auf der Ebene Staat Hochschulen möglichst wenige, einfach zu erhebende Daten zu verwenden. Ich hoffe, dass wir das Bemessungsmodell einfach halten können, wenn wir es weiter entwickeln.
Haushaltsfinanzierung und Studienkonten in Rheinland-Pfalz
Von Carsten Kühl Die hochschulpolitische Debatte in Deutschland steht - noch vor inhaltlichen Fragen wie der Internationalisierung von Studienabschlüssen - unter der alles beherrschenden Auflage des Sparens, oder anders ausgedrückt: der angeblichen oder tatsächlichen Unterfinanzierung unserer Hochschulen. In dieser Situation erscheint es vielen als unerlässlich, die finanzielle Ausstattung der Hochschulen dadurch zu verbessern, dass Studierende Gebühren zahlen. In diese Debatte hat die rheinland-pfälzische Landesregierung ein Modell eingebracht, das grundsätzlich weiterhin an der Gebührenfreiheit des Studiums bis zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss festhält. Tatsächlich aber versteht sich dieses Modell nicht nur als eines zur Abwehr von Studiengebühren. Vielmehr können damit eine Reihe weiterer Reformziele des deutschen Hochschulsystems erfolgreich angegangen werden.
I. Studienkonten versus Studiengebühren Das deutsche Hochschulsystem weist erheblichen Reform- und Modernisierungsbedarf auf. Wesentliche Probleme lassen sich wie folgt kurz benennen: unzureichende unzureichende unzureichende unzureichende unzureichende unzureichende
Ausbildungsrate, hochschulinterne Anreizstrukturen, Anreize für Studierende, ihr Studium zügig abzuschließen, Förderung besonders begabter Studierender, wissenschaftliche Weiterbildung, Ressourcenausstattung der Hochschulen.
Die Debatte zur Lösung aller dieser Probleme kreist verstärkt um die Frage der Einführung von Studiengebühren. Erklärtes Ziel der Befürworter ist, bereits mit Studienbeginn die Studierenden an den Kosten ihrer Ausbildung zu beteiligen, mindestens aber Studiengebühren für Langzeitstudierende zu erheben. Dies wird als „Königsweg" propagiert. Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen werden mit dem StudienkontenModell einen anderen Weg gehen. Es ist in den Gesamtkontext der Hochschule
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Carsten Kühl
eingebunden und schafft eine Vielzahl von Anreizen zu effizientem Handeln für Hochschulen, Studierende und Staat. Durch das Studienkonten-Modell, das zum Sommersemester 2004 eingeführt werden soll, wird jeder Studienanfängerin und jedem Studienanfänger ein gebührenfreies Erststudium ermöglicht. Darüber hinaus kann das Studienkonto auch für die gebührenfreie Nutzung von Weiterbildungsangeboten und postgradualen Studien zur Verfügung stehen. Das Studienkonten-Modell soll in zwei Stufen eingeführt werden: In der ersten Stufe soll das Studienkonten-Modell als Generalkonto im Umfang von rund 200 Semesterwochenstunden mit der Regelabbuchung kombiniert werden. In einer zweiten Stufe, die sich drei Jahre nach Einführung der ersten Stufe anschließen soll, wird die Regelabbuchung durch die leistungsbezogene Abbuchung ersetzt. Dies ermöglicht den Hochschulen einen einfachen und mit niedrigem Verwaltungsaufwand verbundenen Einstieg in das Studienkonten-Modell. Es gibt zudem den Hochschulen genügend Zeit, die Studienangebote an den Hochschulen in Modulform zu strukturieren und auf das europäische Leistungskreditpunktesystem ECTS umzustellen. Um die mehrdimensionale Wirkung des Studienkonten-Modells zu verdeutlichen und zu belegen, ist eine genauere Darstellung des Modells hilfreich.
II. Grundsätze des Studienkonten-Modells 1. Prinzip Jeder Studierende im Geltungsbereich des Studienkonten-Modells erhält ein Studienkonto, das mit einer bestimmten Anzahl von Semesterwochenstunden ausgestattet ist. Das Studienkonto kann sowohl für ein Erststudium als auch für anschließende Weiterbildungsmaßnahmen und postgraduale Studien genutzt werden. Dies gilt auch für ausländische Studierende. Das Studienkonto steht bis zum 50. Lebensjahr zur Verfügung. Nach Verbrauch des Studienkontos erheben die Hochschulen für ihre Leistungen Gebühren.
2. Ausstattung des Studienkontos Das Studienkonto soll als Generalkonto eingerichtet werden, das in der Regel mit 200 Semesterwochenstunden ausgestattet wird. Das Generalkonto ist großzügig bemessen, um den Anforderungen der verschiedenen Studiengänge Rechnung zu tragen. Zugleich schafft die einheitliche Ausstattung des Generalkontos einen Anreiz für die Studierenden, bei der Studienwahl ihr Augenmerk
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auch auf den Umfang des Lehrangebotes zu richten, der im Studium zu absolvieren ist. In der hochschulpolitischen Diskussion ist die hohe Stundenbelastung einzelner Studiengänge ein immer wiederkehrendes Gesprächsthema. Mit dem Generalkonto wird dieser Fragestellung ein neuer Stellenwert eingeräumt.
3. Buchungsmodalitäten des Studienkontos Das Studienkonto ist in einer ersten Stufe mit einer Regelabbuchung pro Semester zu fuhren. In einer zweiten Stufe wird die Regelabbuchung durch die leistungsbezogene Abbuchung ersetzt. Die Höhe der Regelabbuchung orientiert sich an der Ausstattung des Studienkontos mit Semesterwochenstunden und der Regelstudienzeit eines Studiengangs. Die Regelabbuchung ist dabei so festzulegen, dass jedem Studierenden ein gebührenfreies Erststudium bis zur doppelten Regelstudienzeit ermöglicht wird. Die Regelstudienzeit kann je nach Studiengang acht, neun oder auch zehn Semester betragen. Die Höhe der Regelabbuchung ergibt sich aus der Division der Semesterwochenstunden des Studienkontos durch die doppelte Regelstudienzeit. Bei einem Generalkonto von 200 Semesterwochenstunden beträgt die Regelabbuchung 12,5 Semesterwochenstunden bei einer Regelstudienzeit von acht Semestern, 11 Semesterwochenstunden bei einer Regelstudienzeit von neun Semestern und 10 Semesterwochenstunden bei einer Regelstudienzeit von zehn Semestern. Mit einem gebührenfreien Erststudium im Rahmen der doppelten Regelstudienzeit soll auf der einen Seite garantiert werden, dass gesellschaftlich gewünschte oder individuell notwendige Lebensentwürfe junger Menschen wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Kombination von Studium und Beruf nicht eingeschränkt werden. Auf der anderen Seite zahlt sich die relativ geringe Regelabbuchung auch für Studierende aus, die zügig ihr Studium beenden. Ihnen steht durch das Studienkonto ein Bonus für die gebührenfreie Nutzung von Weiterbildungsangeboten und postgradualen Studien zur Verfugung.
4. Nutzung des Studienkontos für die Weiterbildung
und postgraduale Studien
Angesichts der großzügigen Ausstattung des Studienkontos mit Semesterwochenstunden, ist davon auszugehen, dass bei einer großen Zahl der Studierenden nach Abschluss des Erststudiums ein Rest von Semesterwochenstunden auf dem Studienkonto verbleibt. Dieser kann für Weiterbildungsangebote und postgraduale Studien der Hochschulen genutzt werden. Gebührenpflichtige Weiterbildung ist damit ohne Eigenmittel finanzierbar.
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Carsten Kühl
Dieser besondere Bonus steht nach Abschluss eines Fachhochschulstudiengangs und eines Bachelor- und Masterstudiengangs generell zur Verfugung. Für andere Universitätsstudiengänge gilt die Einschränkung, dass das Erststudium in der Regelstudienzeit zuzüglich eines Semesters absolviert wurde. Damit wird den vielfachen Empfehlungen des Wissenschaftsrates Rechnung getragen, Maßnahmen zu ergreifen, um den Anteil der Fachhochschulstudierenden zu erhöhen. Zu den praxisnahen und anwendungsbezogenen Studienangeboten der Fachhochschulen gehören auch duale Studiengänge. Auch diesen Absolventinnen und Absolventen verbleibt ihr Studienkonto generell für eine zukünftige Weiterqualifizierung. Gleichzeitig wird der Einführung der neuen Hochschulabschlüsse Nachdruck verliehen, da das Restguthaben auch nach Abschluss von Bachelor- und Masterstudium unabhängig von der Studiendauer genutzt werden kann. Hervorzuheben ist, dass Probleme durch Kombinationen von Bachelorstudiengängen mit ggf. gebührenpflichtigen Masterstudiengängen damit nicht mehr auftreten. Bereits heute werden viele Weiterbildungs- und postgraduale Angebote als Fernstudiengänge zur Verfügung gestellt. Das Studienkonto kann auch dafür ohne Einschränkung angewendet werden.
5. Studiengebühren Studierenden wird ein gebührenfreies Erststudium bis zur doppelten Regelstudienzeit ermöglicht. Studierende, die ihre Semesterwochenstunden aufgebraucht haben, ohne einen Studienabschluss zu erzielen und ihr Erststudium beenden möchten, müssen Studiengebühren entrichten. Die Höhe der Studiengebühr soll bei 300 € pro Semester liegen. Die Studiengebühren werden für jedes folgende Semester mit der Rückmeldung im Voraus erhoben.
6. Studiengang- und Studienortwechsel Bei einem Studiengangwechsel bis zum Ende des zweiten Semesters erhält der Studierende ein neues unbelastetes Studienkonto. Die Regelabbuchung erfolgt entsprechend dem neuen Studiengang. Bei einem Studiengangwechsel im dritten oder einem späteren Semester sowie bei jedem Weiteren bleibt die bisherige Berechnung des Studienkontos uneingeschränkt bestehen. Die Regelabbuchung erfolgt entsprechend dem neuen Studiengang.
Haushaltsfinanzierung und Studienkonten in Rheinland-Pfalz
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7. Hochschulwechsel und Hochschultypwechel An nicht rheinland-pfälzischen Hochschulen absolvierte Semester werden mit der pauschalen Regelabbuchung auf das Studienkonto angerechnet. Rheinland-pfälzische Hochschulen sind verpflichtet, mit der Exmatrikulationsbescheinigung einen Nachweis über die Höhe des Studienkontos auszustellen. Liegt bei Einschreibung der entsprechende Wert nicht vor, ist er aus den zurückliegenden Studienzeiten zu ermitteln. Bei einem Wechsel von einer Fachhochschule zu einer Universität oder im umgekehrten Fall erhält der Studierende kein neues Studienkonto. Das Studienkonto wird fortgeführt. Die Regelabbuchung erfolgt entsprechend dem neuen Studiengang.
8. Doppelstudium, Seniorenstudium und Promotionen Für ein paralleles Doppelstudium wird keine zusätzliche Ausstattung für das Studienkonto zur Verfügung gestellt. Es erfolgt eine doppelte Regelabbuchung. Nach Verbrauch des Studienkontos wird die doppelte Studiengebühr erhoben. Das Erststudium fällt ab dem 50. Lebensjahr nicht mehr unter die Regelungen des Studienkonten-Modells, sondern ist von Beginn an gebührenpflichtig. Promotionen und Promotionsstudiengänge, die ein Erststudium voraussetzen, sind in jedem Fall gebührenfrei. Sie unterliegen nicht den Regelungen des Studienkonten-Modells.
9. Bonus-System Die Hochschulen können auf Antrag von Studierenden nach sozialen Kriterien oder nach Leistungskriterien zusätzliche Studienguthaben als Bonus gewähren. Für die Gewährung von Bonus-Guthaben verfugen die Hochschulen über bestimmte Kontingente an Semesterwochenstunden. Die jeweiligen Kontingente werden durch das fachlich zuständige Ministerium festgelegt. Die Vergabe der Bonus-Guthaben kann zum einen während des Erststudiums erfolgen. Im Rahmen des Bonus-Systems können zusätzliche Studienguthaben insbesondere Studierenden gewährt werden, denen aufgrund besonderer Begabung über den Rahmen der gesetzlich garantierten Gebührenfreiheit hinausgehende gebührenfreie Studien ermöglicht werden sollen. In solchen Fällen kann das gewährte Bonus-Guthaben beispielsweise dazu dienen, ein paralleles Doppelstudium gebührenfrei zu beenden. Ein Bonus-Guthaben kann ebenfalls Studierenden zur Verfugung gestellt werden, deren Studium aufgrund
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der Pflege und Erziehung von Kindern, von Krankheit, von Behinderung oder besonderer sozialer Lagen beeinträchtigt ist, die sich als gewählte Vertreterinnen oder Vertreter in den Gremien der Hochschule oder der Studierendenschaft engagieren oder die in der Hochschule das Amt der Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten wahrnehmen. Die Vergabe der Bonus-Guthaben kann zum anderen auch nach Abschluss des Erststudiums erfolgen. Die Hochschule kann dem Studierenden sein Restguthaben des Studienkontos für postgraduale Studien zur Verfügung stellen, auch wenn der Abschluss des Erststudiums nicht in der Regelstudienzeit plus einem Semester erfolgt ist. Hier ist auch hervorzuheben, dass behinderte Studierende nach Studienabschluss generell einen Anspruch auf ihr Restguthaben besitzen.
I I I . Finanzierung des Studienkonten-Modells Um die o.g. gewünschten Anreizwirkungen zu erzielen, ist es erforderlich, das Studienkonten-Modell mit einem belastungs- und leistungsorientierten Hochschulfinanzierungssystem zu verbinden. Die wichtigste Bemessungsgröße ist die Semesterwochenstunde. Die Gesamtfinanzierung setzt sich aus drei Bereichen zusammen: die Vergütung der eingelösten Semesterwochenstunden der Studierenden in der Regelstudienzeit (Grundvergütung), die Vergütung der nach dem Erststudium für gebührenpflichtige Weiterbildungsmaßnahmen und postgraduale Studien eingelösten Semesterwochenstunden (Weiterbildungsvergütung) sowie die zu erhebenden Studiengebühren nach vollständigem Verbrauch der Semesterwochenstunden des Studienkontos. Die von den Studierenden im Rahmen ihres Studienkontos bei den Hochschulen in Anspruch genommenen Leistungen sollen, sofern sich die Studierenden in der Regelstudienzeit befinden, den Hochschulen vergütet werden. Pro Semesterwochenstunde werden den Hochschulen ca. 12,5 € gutgeschrieben. Die auf dem Studienkonto bei den Studierenden nach dem Studienabschluss verbleibenden Semesterwochenstunden können für anschließende gebührenpflichtige Weiterbildungsmaßnahmen und postgraduale Studien verwendet werden. Die den Hochschulen dadurch entgangenen Einnahmen werden diesen mit einem Betrag von 50 € pro Semesterwochenstunden vergütet. Das Land Rheinland-Pfalz wird die Finanzierung des Studienkonten-Modells in die bereits bestehenden Hochschulfinanzierungssysteme integrieren. Hierbei werden beispielsweise die beiden Komponenten Grundausstattung und Zusatzausstattung Lehre im Mittelbemessungsmodell zusammengeführt. Als
Haushaltsfinanzierung und Studienkonten in Rheinland-Pfalz
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Übergangsregelung werden den Hochschulen die Einnahmen aus diesen Komponenten als Besitzstand garantiert. Schließlich werden die Hochschulen von Studierenden, die ihre Semesterwochenstunden, ohne einen Studienabschluss zu erzielen, vollständig aufgebraucht haben und ihr Erststudium beenden möchten, Studiengebühren erheben. Die Höhe der Studiengebühren pro Semester soll bei 300 € liegen. Diese Einnahmen sowie die Einnahmen durch den zu erwartenden Ausbau des Weiterbildungsangebotes sollen den Hochschulen verbleiben und die Einnahmesituation der Hochschulen verbessern. Das Studienkonten-Modell wird in Verbindung mit den aufgeführten Finanzierungsmodalitäten erhebliche Steuerungswirkungen erzielen. Durch die Staffelung der unterschiedlichen Beträge entsteht ein Anreiz auf Seiten der Studierenden ein Studium möglichst zügig abzuschließen, um das Studienkonto auch für ihre anschließende Weiterbildung einsetzen zu können. Auf Seiten der Hochschulen ist es von Vorteil, das Erststudium nachfrageorientiert und effizient zu organisieren, die Zahl der Bachelor- und Master-Studiengänge deutlich zu erhöhen und am Weiterbildungsmarkt noch stärker als bisher mit attraktiven Angeboten präsent zu sein.
IV. Zusammenfassung Die wesentlichen Wirkungsmechanismen des Studienkontenmodells lassen sich wie folgt zusammenfassen: Jedem Studierenden wird ein gebührenfreies Erststudium ermöglicht. Es entstehen erhebliche Anreize in den Hochschulen, Studienangebote für Studierende attraktiver zu gestalten und das Weiterbildungsangebot auszubauen. Es wird bei den Studierenden das Bewusstsein erhöht, dass das staatliche Bildungsangebot ein kostbares Gut ist; die Attraktivität von Fachhochschul- sowie Bachelor- und Masterstudiengängen wird verstärkt. Die Einnahmesituation der Hochschulen wird sich verbessern.
Das System der Hochschulfinanzierung in der Schweiz ein weiterführender Ansatz für Deutschland
Von Andrea Schencker-Wicki
I. Allgemeines Die Schweiz hat in den letzten Jahren einen weitgehenden Paradigmenwechsel in der Hochschulpolitik erlebt und ist vom „Modell der staatlichen Kontrolle" zum „Modell der staatlichen Aufsicht" übergegangen. Wesentlich verantwortlich für diesen Wechsel waren die neuen Trends aus dem Bereich des New Public Management sowie wohlfahrts- und institutionenökonomische Theorien und last but not least eine hartnäckige und zähe Rezession, welche die Parlamente von Bund und Kantonen zu einem rigorosen Sparkurs nötigte. Dieser Sparkurs wird trotz günstiger Konjunkturaussichten weitergeführt, da die meisten Kantonsparlamente zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Standorte die Steuern senken möchten. Im Gegensatz zum Modell der staatlichen Steuerung erhalten die Universitäten im Modell der staatlichen Aufsicht einen höheren Autonomiestatus, sowohl in rechtlicher (eigene Rechtspersönlichkeit) als auch in finanzieller Hinsicht (Globalbudgets und Leistungsauftrag). Zusätzlich wurden die starren Personalstatute aufgehoben sowie die operationeile Führung von den Bildungsministerien an die Hochschulleitung delegiert. Parallel dazu wurde das gesamte System der Hochschulfinanzierung umgestaltet. Dabei hat sich eine neue Art der Kooperation zwischen Bundesstaat und Gliedstaaten sowie zwischen den einzelnen Gliedstaaten herausgebildet (horizontaler Finanzausgleich im universitären Hochschulbereich). Aufgrund der knapper werdenden Ressourcen sowie der Kleinräumigkeit des Landes sind sich die Bildungsträger auf Ebene Bund und Kantonen bewusst geworden, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Universitätssystems nur durch neue Kooperations- und Finanzierungsformen im Sinne einer neuen Public-Public-Partnership aufrechterhalten werden können. Vor diesem Hintergrund sollen im vorliegenden Artikel die neuen Finanzierungsmechanismen und -instrumente im Universitätsbereich sowie die Zielset-
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zungen, die damit verbunden sind, erläutert werden. In einem ersten Teil wird die schweizerische Universitätslandschaft kurz vorgestellt, während in einem zweiten Teil die unterschiedlichen Finanzierungsinstrumente sowie deren Auswirkungen diskutiert werden.
II. Die Universitäten in der Schweiz Die Schweiz verfugt über drei unterschiedliche Hochschultypen: die kantonalen Universitäten 1, die Eidgenössischen Technischen Hochschulen sowie die Fachhochschulen. Die Fachhochschulen befinden sich zurzeit im Aufbau und gehören nicht zum Typus der wissenschaftlichen Hochschulen.2 Da deren Finanzierung anderen Kriterien folgt als die der Universitäten, wird auf den Bereich der Fachhochschulen an dieser Stelle nicht näher eingegangen. An den universitären Hochschulen waren im Wintersemester 2000/2001 insgesamt rund 96 Tsd. Studierende immatrikuliert (vgl. Abbildung l). 3 Die universitäre Bildungspolitik ist in der Schweiz wie in allen föderalistischen Staaten eine schwierige Angelegenheit, weil stets mehrere Partner mit häufig divergierenden Interessen an der Politikgestaltung beteiligt sind. In der Schweiz tragen die Kantone die Hauptverantwortung für die Universitäten und finanzieren diese auch zu einem großen Teil selbst. Die Universitätsgesetzgebung untersteht damit kantonalem Recht; der Bund hat nur eine subsidiäre Allokationsfunktion. Dies gilt jedoch nicht für die Eidgenössischen Technischen Hochschulen in Zürich und Lausanne: die beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen, welche ebenfalls den Status einer wissenschaftlichen Hochschule haben, werden vom Bund getragen und finanziert. Die Steuerung des gesamten Systems erfolgt über ein gemeinsames Organ von Bundesstaat und Gliedstaaten, die Schweizerische Universitätskonferenz (SUK). Die SUK besitzt in einzelnen, eng definierten Bereichen Entscheidkompetenzen.4 Diese Kompetenzen wurden ihr von Seiten der Kantone über ein Konkordat, und von Seiten des Bundes über ein Bundesgesetz5 abgetreten. Die 1 Es sind dies die Universitäten von Basel, Zürich, Bern, Fribourg, Neuenburg, Lausanne, Genf, St. Gallen und diejenige des Tessins. 2 Sie haben das Recht, Diplome und akademische Grade zu verleihen (Promotionsund Habilitationsrecht). 3 Bundesamt för Statistik, Studierende an den schweizerischen Hochschulen, Bern, versch. Jgge. 4 Absprachen auf nationaler Ebene, Zulassungsbeschränkungen, Studienreformen, Anerkennung von Studiengängen und Institutionen. 5 UniversitätsfÖrderungsgesetz aus dem Jahre 1999.
Das System der Hochschulfinanzierung in der Schweiz
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beidseitige Delegation von Kompetenzen an die Schweizerische Universitätskonferenz entspricht der bereits erwähnten neuen Public-Public-Partnership.
Abbildung 1 : Zahl der Studierenden in der Schweiz
Die Errichtung eines gemeinsamen Steuerungsorgans hat sich insgesamt als positiv erwiesen, indem im Jahr 2001 erstmals auf gesamtschweizerischer Ebene verbindliche Entscheide gefällt werden konnten. Durch eine Vereinheitlichung der institutionellen Rahmenbedingungen und einer damit einhergehenden Vereinfachung sollen in Zukunft fur alle Beteiligten die Transaktionskosten gesenkt werden.
I I I . Finanzierungsinstrumente 6 7. Allgemeines Die Instrumente zur Finanzierung der Universitäten von Bund und Kantonen lassen sich in vier Kategorien gliedern: Trägerfinanzierung: Die Kantone finanzieren als Träger im Durchschnitt rund 43,6 % (im Jahr 2000) der ausgewiesenen Budgets. In einzelnen Kantonen 6
Bundesamt für Statistik: Hochschulfinanzen, Bern, für die Jahre 1995-2000. Die Zahlen des Bundesamtes für Statistik entsprechen nicht denjenigen des zuständigen Bundesamtes für Bildung und Wissenschaft, da unterschiedliche Abgrenzungen vorgenommen werden.
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wurden mit den Universitäten Leistungsvereinbarungen abgeschlossen. Die Budgets werden praktisch überall in Form eines Globalbudgets verteilt. Vertikaler Finanzausgleich: Der Bund entschädigt die Universitätskantone für die Betriebsaufwendungen der Universitäten (Grundbeiträge). Diese Beiträge werden nach einem festen Schlüssel leistungsorientiert vergeben7 und erreichten im Jahr 2000 durchschnittlich rund 14 % des jährlichen Budgets. Der Bund richtet ferner Investitionsbeiträge im Bereich Bauten, Informatik und wissenschaftliche Apparate aus und unterstützt die Universitäten mittels gezielter Programme. Über die Instrumente der Forschungsförderung sowie über Projekte des Nationalfonds oder im Rahmen der EU-Programme fließen den Universitäten weitere Gelder zu. Insgesamt beteiligt sich der Bund mit 29 % an den Ausgaben der kantonalen Universitäten. Horizontaler Finanzausgleich: Im Rahmen eines horizontalen Finanzausgleichs erhalten die Universitätskantone Gelder für die Ausbildung deqenigen Studierenden, die nicht aus den Universitätskantonen stammen. Die Vereinbarungskantone (Nicht-Standortkantone) bezahlen eine feste Summe pro Studierenden an die entsprechenden Universitätskantone (Trägerkantone). Der politische Preis für die erhöhte Zahlungsbereitschaft der Nicht-Universitätskantone ist deren Mitwirkung im strategischen Steuerungsorgan, der bereits erwähnten Schweizerischen Universitätskonferenz. Eigene Mittel: Neben den staatlichen Mitteln verfügen die Universitäten auch über eigene Einnahmequellen. Dies sind im wesentlichen Studiengebühren und private Drittmittel, die über Forschungs- oder Dienstleistungsaufträge erwirtschaftet werden.
2. Trägerfinanzierung Die Trägerfinanzierung ist für die Universitäten sowie die beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen die wichtigste Finanzierungsquelle (siehe Abbildung 2). Bei den kantonalen Universitäten übernimmt der Trägerkanton zwischen 22 % (Universität Freiburg) bis zu 63% (Universität Luzern) des gesamten Budgets. Bei den Eidgenössischen Hochschulen, welche vom Bund getragen und finanziert werden, beträgt die Finanzierung durch den Träger durchschnittlich 81 %.8
7
Universitätsförderungsgesetz vom Oktober 1999. Die Università della Svizzera Italiana wurde an dieser Stelle nicht in die Betrachtung einbezogen, da sie sich im Aufbau befindet. 8
Das System der Hochschulfinanzierung in der Schweiz
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Aufgrund der hartnäckigen Rezession, welche der Schweiz bis weit in die Neunzigerjahre zu schaffen machte, wurde immer deutlicher, dass einzelne Kantone nicht mehr in der Lage sind, die Mittel den ständig steigenden Studierendenzahlen anzupassen. Aus diesem Grund wurde der horizontale Finanzausgleich geschaffen. Parallel dazu wurden die Kantone auch beim Bund vorstellig und haben sich im Parlament für eine signifikante Erhöhung der Grundbeiträge und damit eine Verstärkung des vertikalen Finanzausgleichs eingesetzt.9
Jahr
Kantonale Deckung
•
Kantonale Deckung in %
Abbildung 2: Die Trägerfinanzierung schweizer Hochschulen (Mio. Schweizer Franken)
3. Vertikaler
Finanzausgleich
a) Grundbeiträge Bei den Grundbeiträgen, die von den Universitäten frei verwendet werden können, handelt es sich um klassische Finanzhilfen, die bis Ende des Jahres 1999 den Regeln einer input-orientierten Subventionierung folgten. Mit dem Universitätsförderungsgesetz aus dem Jahre 1999 wurden die Berechnungsgrundlagen völlig neu gestaltet (leistungsorientierte Finanzierung). Die leistungsorientierte Finanzierungsart nimmt Abstand vom reinen Aufwanddenken 9
Motion Plattner, welche verlangt, dass die Grundbeiträge erheblich erhöht werden.
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Andrea Schencker-Wicki
und geht von Zielsetzungen aus, welche der Bund im Universitätsbereich als wichtig erachtet. Aus diesen Zielsetzungen werden Indikatoren abgeleitet, die sowohl die Forschung als auch die Lehre sowie die angebotenen Dienstleistungen berücksichtigen. Ausbildungsleistung: Die Ausgaben für die Ausbildung werden weitgehend durch das Bildungsangebot bestimmt, durch die Infrastruktur- und Personalkosten, die unter anderem von der Anzahl der auszubildenden Studierenden abhängig sind. Diese Aufwendungen lassen sich seitens des Bundes durch volumenbezogene, d.h. vorwiegend nach Anzahl der Studierenden berechnete Normbeiträge relativ einfach abgelten.10 Aus diesem Grund werden in der Schweiz 70 % der zur Verfügung stehenden Mittel im Rahmen der Grundbeiträge nach der Zahl der Studierenden verteilt. Die Zahl der Studierenden wird allerdings nicht aufgrund der Immatrikulationsbögen bestimmt, sondern basiert auf Normstudienzeiten. Beiträge werden nur für Studierende bezahlt, welche innerhalb der Normstudienzeiten studieren. Analog der Interkantonalen Universitätsvereinbarung vom 20. Februar 1997 (IUV), die im nächsten Kapitel besprochen wird, betragen die Normstudienzeiten für die Medizin 16 Semester, für alle anderen akademischen Disziplinen 12 Semester. Ebenfalls analog zur IUV werden die Beiträge nach Fakultätsgruppen diversifiziert. Als Grundlage für die Bemessung der Forschungsleistungen dienen diejenigen Mittel, welche die Universitäten vom Schweizerischen Nationalfonds, aus EU-Krediten oder von privater Seite erhalten. Diese Mittel werden alle im Wettbewerb vergeben und erlauben eine gute Einschätzung bezüglich Forschungsleistung und -aktivität einer bestimmten Universität. Als weitere Bemessungsgröße wird die Anzahl ausländischer Studierender in die Berechnungen aufgenommen, da für diese Gruppe Studierender der bereits erwähnte horizontale Finanzausgleich nicht zum Tragen kommt und damit die Kosten für die ausländischen Studierenden zum größten Teil von den Universitäten getragen werden müssen (Studiengebühren sind nicht kostendeckend). Aus politischen Gründen und um allzu große Schwankungen bei einem Modellwechsel zu vermeiden, mussten zusätzlich zwei systemfremde Elemente eingeführt werden: ein Betrag für die Erhaltung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der kleineren und mittleren Universitäten sowie relativ lange Übergangsbestimmungen (Übergangsphase von drei Jahren).
10
Damit wird die Größe der Universität indirekt allokationswirksam.
Das System der Hochschulfinanzierung in der Schweiz
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b) Investitionsbeiträge Im Vergleich zu den Grundbeiträgen wurden im UniversitätsfÖrderungsgesetz aus dem Jahre 1999 die Beitragsregeln für die Investitionsbeiträge, die bereits bis anhin im Wettbewerb vergeben wurden, nicht wesentlich geändert. Die Investitionsbeiträge kommen den einzelnen Universitäten für größere Investitionsprojekte im Bereich Bauten, Informatik und wissenschaftliche Apparate zu Gute. Der Bund bezahlt an die beitragsberechtigten Aufwendungen einen Anteil von 30-55 %, je nach Finanzkraft der Kantone. Die Investitionsbeiträge sind im Gegensatz zu den Grundbeiträgen ein Instrument, mit welchem der Bund auf die Universitäten direkt Einfluss nehmen kann (Steuerung), da sie gemäss Universitätsförderungsgesetz nur an Vorhaben gewährt werden dürfen, welche wirtschaftlich sind und die Erfordernisse der Arbeitsteilung und Zusammenarbeit unter den Hochschulen erfüllen.
c) Projektgebundene Beiträge Die dritte Kategorie der Förderinstrumente des Bundes im universitären Hochschulbereich sind die sogenannten projektgebunden Beiträge, die ebenfalls im Wettbewerb vergeben werden und der Umsetzung spezieller Bundesprogramme dienen. Diese Programme umfassen insbesondere die Nachwuchsförderung, die Förderung der Chancengleichheit, die Einführung von neuen Lerntechnologien sowie die Initialisierung von Restrukturierungsprozessen. Obwohl bekannt ist, dass einzelne Universitäten unter strukturellen Schwächen leiden, hat es sich in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, dass einschneidende Veränderungen mit entsprechenden organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Konsequenzen nur unter großem politischen Druck oder aufgrund spezifischer Anreizsysteme zustande kommen. Eines der größten bisher in der Schweiz durchgeführten Restrukturierungsprojekte ist das Projekt „Science, Vie, et Société". Dies ist ein Projekt der Universitäten Lausanne und Genf sowie der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL) und sieht vor, die Grundausbildung in den Naturwissenschaften vollumfänglich an die EPFL und die Universität Genf zu transferieren. Dazu werden die Abteilungen Chemie, Mathematik und Physik von der Universität Lausanne an die Eidgenössische Technische Hochschule verschoben und die Pharmazieausbildung an die Universität Genf verlagert. Da die Universitäten mit einem Abbau zu ihren Lasten nicht einverstanden gewesen wären, entsteht im Genferseeraum ein neues Kompetenzzentrum für Fragen der Genomik (Erbforschung), an welchem alle drei wissenschaftlichen Hochschulen beteiligt sind. Die Kosten dieser Transaktionen, die zu einem großen Teil vom Bund gedeckt werden, belaufen sich auf über 100 Millionen Franken. Der gesamte Transfer soll im Jahr 2003 abgeschlossen sein.
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Die Grundbeiträge und die Investitionsbeiträge haben sich in den letzten Jahren leicht rückläufig entwickelt, sollen aber in den kommenden Jahren aufgestockt werden (siehe die Abbildungen 3a und 3b).
4. Horizontaler Finanzausgleich a) Rechtliches und Organisation Basierend auf einem Konkordat zwischen den Kantonen sowie dem Fürstentum Liechtenstein wurden die rechtlichen Grundlagen für einen horizontalen Finanzausgleich (Interkantonale Universitätsvereinbarung 1997) geschaffen. Die Vereinbarung regelt den gleichberechtigten interkantonalen Zugang zu den Universitäten und die Abgeltung der Kantone an die Universitätskantone. Die Regelung des gleichberechtigten Zugangs war für die Vereinbarungskantone von größter Bedeutung, um die Gleichstellung aller Studienwilligen zu gewährleisten. Sie wollten damit sicherstellen, dass im Falle von Zulassungsbeschränkungen alle Studienanwärter die gleiche Rechtsstellung genießen. Zahlungspflichtig ist derjenige Vereinbarungskanton, in dem die Studierenden zum Zeitpunkt der Erlangung der Universitätszulassung gesetzlichen Wohnsitz hatten. Dies bedeutet, dass für Studierende", welche zur Zeit ihrer Matur im Kanton X gesetzlichen Wohnsitz hatten und die im Kanton Y studieren möchten, Kanton X beitragspflichtig wird. Die Beiträge, welche für die Studierenden zu bezahlen sind, werden nach Fakultätsgruppen differenziert. Dabei wird wie folgt unterschieden: Fakultätsgruppe I: Studierende der Geistes- und Sozialwissenschaften; Fakultätsgruppe II: Studierende der Exakten-, Natur- und technischen Wissenschaften, der Pharmazie, der Ingenieurwissenschaften und der vorklinischen Ausbildung (erstes und zweites Studienjahr) der Human-, Zahn- und Veterinärmedizin; Fakultätsgruppe III: Studierende der klinischen Ausbildung der Human-, Zahn- und Veterinärmedizin ab drittem Studienjahr. Die Pauschalbeiträge pro Studierenden wurden seit 1997 allmählich angehoben. Tabelle 1 zeigt ihre jeweiligen Werte nach den verschiedenen Fakultätsgruppen (FG) für die Jahre 1999-2002.
11 Als Studierende gelten Personen, die an einer Universität eines Vereinbarungskantons immatrikuliert sind.
Das System der Hochschulfinanzierung in der Schweiz
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Jahr 'Grundbeitrtge
Β
Grundbeitrage in %
Abbildung 3a12: Grundbeiträge (Mio. Schweizer Franken)
Jfthr
I
Investitionsbeitrige -Hfr—Inveatitionsbeitrigc in %
Abbildung 3b: Investitionsbeiträge (Mio. Schweizer Franken)
12
Bundesamtför Statistik: Hochschulfinanzen, Bern, für die Jahre 1995-2000.
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Tabelle 1 Pauschalbeiträge je Studierenden (in Schweizer Franken) 1999
2000
2001
2002
FGI
9.500
9.500
9.500
9.500
FG II
17.700
19.467
21.333
23.000
FG III
22.700
30.467
38.233
46.000
Ab dem Jahre 2002 bleiben die Beträge konstant. Die Gewichtung der Beiträge wurde aufgrund einer Mischrechnung erhoben, welche die Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung nur am Rande berücksichtigt. Sobald die Kostenrechnung an allen Universitäten eingeführt ist und bessere Zahlen bezüglich der Leistungserstellung im Universitätsbereich verfügbar sind, werden die Berechnungsgrundlagen angepasst werden müssen. In der Schweiz scheint - im Gegensatz zu anderen Ländern - die Fakultätsgruppe III, welche die klinische Medizin umfasst, als zu hoch gewichtet und damit als zu teuer. Diejenigen Kantone, welche für ihre auswärts Studierenden in den klinischen Fächern 46 Tsd. Franken pro Jahr bezahlen müssen, legen großen Wert darauf, dass die Zahlen baldmöglichst überprüft und, wenn notwendig, angepasst werden. Da die finanzschwachen Kantone nicht ohne weiteres bereit waren, die IUVBeiträge in der genannten Größenordnung zu bezahlen, wurde ihnen ein Abzug für sogenannte Wanderungsverluste eingeräumt. 13 Aus diesem Grund wurden die Beiträge für die Kantone Uri, Wallis und Jura um zehn Prozent, für die Kantone Glarus, Graubünden und Tessin um fünf Prozent reduziert. Da die Kantone nicht daran interessiert sind, ihren Studierenden eine Ausbildung ad libitum zu bezahlen, wurde die Zahlungspflicht zeitlich begrenzt und es wurden sogenannte Normstudienzeiten eingeführt. Für die Fakultätsgruppen I und II gelten zwölf Semester als Norm und gleichzeitig oberstes Limit, bei der Fakultätsgruppe III sind es 16 Semester. Die Universitäten haben auf diese Regelung postwendend reagiert und die Gebührenordnung für Langzeitstudierende entsprechend erhöht. Parallel dazu haben die Universitäten auch organisatorische Maßnahmen getroffen - eine straffere Organisation der Ver-
13
Die Begründung lautete: Das Studium wird von einem strukturschwachen Kanton finanziert, in den die gut ausgebildeten Leute nicht mehr zurückkehren. Damit entgehen diesem Kanton zukünftige Steuererträge.
Das System der Hochschulfinanzierung in der Schweiz
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anstaltungen und Prüfungsverfahren - um einen möglichst frühen Studienabschluss zu ermöglichen und Langzeitstudierende zu vermeiden. Mit dem Vollzug der Interkantonalen Universitätsvereinbarung wurde eine Kommission betraut, welche aus kantonalen Finanzdirektoren und Erziehungsdirektoren (Ministerialebene) besteht. Die Geschäftsstelle wird vom Sekretariat der Erziehungsdirektorenkonferenz geführt und die Kosten des Vollzugs werden aus dem Zinsertrag finanziert.
b) Entwicklung der Ausgaben und Einnahmen der Vereinbarungskantone Die Einnahmen und Ausgaben können Tabelle 2 entnommen werden. Mit der neuen IUV wurden die Pauschalbeiträge pro Semester, die sich 1998 noch auf 9.029 Franken beliefen, deutlich erhöht. Dies führte insgesamt zu einer Erhöhung des Finanzvolumens um rund 39 %. Konkret bedeutet dies, dass im Jahr 2001 rund 100 Millionen Franken mehr ins Universitätssystem gelangten als dies noch vor drei Jahren der Fall war (siehe Abbildung 4). Der direkte Lastenausgleich zwischen den Kantonen hat sich für die Universitäten im wahrsten Sinne des Wortes bezahlt gemacht und ermöglicht ihnen auf Ressourcen zuzugreifen, welche ihnen im Normalfall verwehrt sind. Aufgrund dieser relativ hohen Gebühren ist die Università della Svizzera Italiana der Lage, rund 17,5 % ihres Budgets über diesen Posten zu finanzieren.
Jahr DCV^UV ab 2000 — Φ — (KV/IUV ab 2000) in %
Abbildung 4: Horizontaler Finanzausgleich (Mio. Schweizer Franken)
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Tabelle 2 Einnahmen und Ausgaben der Kantone aufgrund der Interkantonalen Universitätsvereinbarung im Jahr 2001 (Mio. Schweizer Franken)14 Kantone/FL ZH BE FR BS SG VD NE GE LU TI UR SZ OW NW GL ZG SO BL SH AR AI GR AG TG VS JU FL Insgesamt
14
Einnahmen 99,34 56,70 47,24 35,62 22,70 37,63 11,54 30,11 0,88 3,50
Ausgaben
-
345,26
Schweizerische Universitätskonferenz,
Insgesamt 15,00 22,97 11,18 3,91 28,16 18,67 9,31 6,38 25,64 27,96 2,22 9,85 2,56 2,93 2,47 8,82 20,99 6,66 5,28 3,98 1,22 14,67 43,70 12,92 28,10 6,86 2,85 345,26
84,34 33,73 36,06 31,71 -5,46 18,96 2,23 23,73 -24,76 -24,46 -2,22 -9,85 -2,56 -2,93 -2,47 -8,82 -20,99 -6,66 -5,28 -3,98 -1,22 -14,67 -43,70 -12,92 -28,10 -6,86 -2,85 0,00
persönliche Mitteilung, Bern, 2002.
Das System der Hochschulfinanzierung in der Schweiz
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5. Private Drittmittel Im Gegensatz zu Deutschland ist das Thema Studiengebühren in der Schweiz kein Thema, welches die Universitätslandschaft emotional beschäftigt. Moderate Studiengebühren werden an allen Universitäten erhoben. Diese liegen im Durchschnitt zwischen 500 und 600 Franken pro Semester (durchschnittlicher Finanzierungsgrad der Universitäten über Studiengebühren 4,6 %). Nur die noch sehr junge Universität des Kantons Tessin macht eine Ausnahme und verlangt von ihren Studierenden 2000 Franken pro Semester. Andere Einnahmequellen der Universitäten sind diejenigen Drittmittel, welche über Aufträge im Bereich der angewandten Forschung oder über Dienstleistungen erwirtschaftet werden. Weil die staatlichen Mittel immer knapper werden, wurden die Universitäten in den letzten Jahren ermutigt, zusätzliche Einnahmen aus privaten Drittmitteln zu generieren. Als Spitzenreiter bei der Einwerbung von Drittmitteln figuriert die Universität St. Gallen, die rund 33 % ihres Budgets aus Drittmitteln bestreitet. A m Ende der Skala mit rund 5 % befinden sich die Eidgenössische Technische Hochschulen Zürich sowie die Università della Svizzera Italiana, die allerdings erst im Aufbau begriffen ist. Die durchschnittliche Finanzierung aus privaten Drittmitteln beträgt in der Schweiz rund 11,8%.
IV. Chancen und Risiken der neuen Finanzierungsinstrumente /. Trägerfinanzierung Wie bereits erwähnt, wurden oder werden die meisten Schweizer Universitäten mit einer Leistungsvereinbarung und einem Globalbudget ausgestattet. Die Erfahrungen, die mit den Leistungsvereinbarungen oder Leistungsaufträgen gemacht wurden, sind durchzogen. Während die Budgets nach wie vor von den Parlamenten genehmigt werden müssen, sind die Inhalte der Leistungsvereinbarungen nicht immer Gegenstand einer parlamentarischen Diskussion oder eines parlamentarischen Genehmigungsverfahrens, sondern werden häufig vom Parlament lediglich zur Kenntnis genommen. In einigen Fällen wird der Text allerdings in den vorberatenden Kommissionen diskutiert. Die Zufriedenheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier hält sich aufgrund dieses Verfahrens in Grenzen. Ob sich die Steuerung über die Leistungsaufträge verbessert hat, kann zurzeit noch nicht eruiert werden, da keine ausreichenden Daten zur Verfugung stehen, teilweise fehlen Leistungsindikatoren vollständig. Sanktionen gegen-
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über den Universitäten, welche die Zielsetzungen nicht erreichten, sind der Autorin nicht bekannt. Die höhere Autonomie im Universitätsbereich hat nicht nur unbestreitbare Vorteile, sondern auch gewisse Nachteile, was einige Universitäten im Zusammenhang mit der Budgetierung schmerzlich feststellen mussten. Da die Ministerien nicht mehr direkt für die Universitäten zuständig sind, muss das politische Lobbying von den Universitäten selbst an die Hand genommen werden. Dieses Lobbying ist für die effektive Höhe des Globalhaushaltes entscheidend und damit für das Gedeihen der Universität von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
2. Vertikaler
Finanzausgleich
Das Verfahren zur Allokation der Grundbeiträge (leistungsorientierte Finanzierung aufgrund von Zielsetzungen und davon abgeleiteten Indikatoren) ist ein sehr effizientes Verfahren, welches wenig administrativen Aufwand verursacht. Ob die Zielsetzungen, welche mit dieser Finanzierung ins Auge gefasst wurden, erreicht werden, kann frühestens nach einer Legislaturperiode, besser noch im Verlaufe der nächsten Legislaturperiode 2004-2007 eruiert werden (Übergangsbestimmungen und Kohäsionsfonds wirken verzerrend). In diesem Zusammenhang müssten auch die gewählten Indikatoren, deren Gewichtung sowie die Datenqualität kritisch überprüft werden. Zusätzlich sollten Effekte, die aufgrund der hohen Volumenabhängigkeit (Anzahl der Studierenden) des Systems entstehen, eruiert werden. Aufgrund der Anzahl Interventionen im Bundesamt für Bildung und Wissenschaft scheint es, dass die Universitäten dem neuen Finanzierungsmodus eine viel größere Beachtung schenken, als dies vorher der Fall war. Die Ergebnisse der input-orientierten Abgeltung wurden mehr oder weniger mit stoischer Gelassenheit zur Kenntnis genommen, während bei der leistungsorientierten Finanzierung jede kleine Abweichung von der Plangröße kommentiert und der Unmut darüber im Bundesministerium laut kundgetan wird. Bei den Programmen, die vom Bund finanziert werden, sind vor allem die neuen Instrumente, welche die Restrukturierungsbemühungen der Universitäten unterstützen von großem Interesse. Soweit bekannt, existieren im europäischen Raum keine vergleichbaren Instrumente. Da im Zusammenhang mit strukturpolitischen Überlegungen die Projekte nicht über ein wissenschaftliches Peer-Verfahren vergeben werden können, mussten dazu geeignete Selektionsverfahren sowie Standards und Normen entwickelt werden.
Das System der Hochschulfinanzierung in der Schweiz
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3. Horizontaler Finanzausgleich Eines der größten Probleme, welche der horizontale Finanzausgleich mit sich bringt, ist der Nicht-Einbezug der beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen. Die Kantone wollten dem Bund keine zusätzlichen Gelder abliefern und verzichteten von sich aus darauf, die beiden Bundesuniversitäten in den Finanzausgleich einzubeziehen. Dies fuhrt nun allerdings realiter immer wieder zu Problemen, indem die Nicht-Universitätskantone ihren Studierenden raten, in ihrer Studienwahl die beiden ΕΤΗ zu bevorzugen. Da die Studierendenzahlen in den naturwissenschaftlichen Fächern seit Jahren rückläufig sind, wird durch dieses Verhalten die Aushöhlung der naturwissenschaftlichen Fakultäten an den kantonalen Universitäten gefördert. Ein weiterer Effekt, welcher durch die zusätzlichen Geldströme im Universitätsbereich bewirkt wurde, ist der Drang der Nicht-Universitätskantone, eine eigene Universität zu gründen mit dem Argument, dadurch erstens einen Standortvorteil zu generieren und zweitens in den Genuss von IUV-Geldern zu kommen. Diese Idee, welche in der Schweiz zu einer weiteren Verzettelung der Kräfte führen würde, wird jedoch von den Hochschulstrategen - bei allem Verständnis - mit einem gewissen Stirnrunzeln verfolgt, da die Schweiz bereits heute eine der höchsten Universitätsdichten je Einwohner aufweist.
4. Eigene Mittel Die Universitäten werden über das Universitätsförderungsgesetz aus dem Jahre 1999 ausdrücklich dazu ermutigt, Einkommen aus der Privatwirtschaft zu generieren. Dadurch sollten einerseits dem Bildungsbereich zusätzliche Gelder zugute kommen und andererseits die öffentlichen Haushalte entlastet werden. Bereits heute weiß man jedoch, dass diese Aufforderung zur vermehrten Drittmittelfinanzierung dazu geführt hat, dass sich einzelne Universitätsinstitute in sehr hohem Masse im Dienstleistungsbereich (Consulting) betätigen, was zwar kurzfristig Geld einbringt, mittelfristig jedoch Ressourcen bindet, die in der Forschung fehlen. Aus diesem Grund muss auch an dieser Stelle das Anreizsystem sorgfältig überprüft und immer wieder kritisch hinterfragt werden.
VI. Zusammenfassung Die Universitäten in der Schweiz finanzieren sich aus verschiedenen Quellen. An erster Stelle steht die Finanzierung durch den Hochschulträger (41 %), an zweiter Stelle stehen diejenigen Gelder, welche der Bund an die Universitäten vergibt (29 % inkl. Forschungsförderung). Der horizontale Finanzausgleich
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steht an dritter Stelle und beträgt heute rund 14 % (mit steigender Tendenz aufgrund der Erhöhung der Beiträge und der immer noch steigenden Anzahl Studierender), während die Finanzierung aus privaten Drittmitteln noch durchschnittlich 11,8%, diejenige aus Studiengebühren 4,6% ausmacht. Damit ist der horizontale Finanzausgleich, der in den letzten Jahren maßgeblich dazu beigetragen hat, das gesamte Universitätssystem zu stabilisieren und die Träger zu entlasten, für die Universitäten zu einer wichtigen zusätzlichen und unverzichtbaren Einnahmequelle geworden.
Literatur Bundesamt für Statistik: Hochschulfinanzen, Bern und Neuenburg, lfd. Jgge. Bundesamt für Statistik: Neuenburg, lfd. Jgge.
Studierende an den schweizerischen Hochschulen, Bern und
Perspektiven der Hochschulreformen in Deutschland
Von Klaus Landfried Reformen der Hochschulen: für die einen eine Worthülse ohne viel Substanz; ein Urteil, das gerne von jenen verwendet wird, die wenig Zeit haben für ihre schnellen oft demagogischen Kommentare in Zeitungen, die dann gerne vom Bundesverband der Bedenkenträger und der Freunde des Bewährten zitiert werden. Für andere sind die Reformen die Bezeichnung für organisatorische Maßnahmen, deren heilende Wirkungen - wogegen bitte - in Legislaturen allenfalls zu ahnen, aber schwer empirisch zu fassen sind und wie bei allen Arzneien nicht nur oft bitter schmecken, sondern auch erhebliche von den Reformern mindestens in ihrem Ausmaß schwer kalkulierbare Nebenwirkungen erzeugen, die nicht selten den Reformzweck konterkarieren. Dass dabei auch scheinbare Heimtücke oder doch milde ironische Sabotage da und dort ebenso eine Rolle spielen - zieht die Reformeritis doch manchen fleißig forschenden Hochschulmenschen von der Wissenschaft ab, weniger diese aus den Labors als jene aus den heimischen Bibliotheken - wie der Selbstbestätigungsdrang der stets eifrigen Meister der Paragraphenkunst, ist auch nicht zu leugnen. Für wieder andere - ich zähle mich zu letzteren, wiewohl ich mich beeile, ein Körnchen Wahrheit auch bei den eben skizzierten Positionen zu erkennen - für wieder andere also sind die Hochschulreformen - wie schon alle vorher - der Versuch, die Hochschulen, d. h. die mit der Erfindung, mit der Bewahrung, mit der Weitergabe von Wissen - und gelegentlich auch Können - befassten Organisationen auf die Herausforderungen der Zukunft - soweit absehbar - angemessen vorzubereiten. Diese Herausforderungen kommen heute alle aus einer Richtung, der des internationalen Wettbewerbs, des Wettbewerbs auf dem Gebiet der Wirtschaft, der kulturellen Werte um die dort vorhandenen oder zu schaffenden Ressourcen. Und die Felder sind interdependent. Um es etwas zuzuspitzen, frage ich nochmals: Reformen, warum denn? Und bitte: Wohin denn? Haben sich denn die kollegialen Gelehrtenrepubliken, mit ihrer zweckfreien Distanz zur Gesellschaft, mit ihrer Selbstergänzung, was die Professorenschaft angeht, mit deren dienstrechtlichen Unantastbarkeit, mit ihrer Stellung als durchbürokratisierter staatlicher Vollzugs-Anstalt in Sachen Wissenschaft etwa nicht seit Hegels Zeiten „bewährt"? Ich lasse die Frage „open to debate", selbst
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Klaus Landfried
für die Zeit bis zum Beginn der großen Expansion ab den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Ein Blick in die Universitätsgeschichten hilft, meine Zweifel, wenn schon nicht zu teilen, so doch verständlich zu machen. Ja, in den letzten 20 Jahren ist etwas geschehen, in den letzten zehn sogar noch mehr. Die Erkenntnis, dass man ein Drittel oder mehr einer Altersgruppe nicht auf die gleiche Art und undifferenziert bilden und ausbilden kann wie einst die 2 %, und eine erste Ahnung vom Ende der deutschen „pädagogischen Provinz" durch internationalen Wettbewerb hat die Westdeutsche Rektorenkonferenz, ab 1990 Hochschulrektorenkonferenz vom Veranstalter regelmäßiger Jammerrunden und Warner vor vielem seit der Präsidentschaft von George Turner umgekrempelt. Statt, wie mein Vorgänger Hans Uwe Erichsen es einmal ausdrückte, eines alten Herrn, der auf dem Bahnsteig dem davonfahrenden Zug mit dem Stock hinterher drohte, steuert ein politischer Akteur in Sachen Reform vorn auf der Lokomotive. Die Hochschulrektorenkonferenz als Vereinigung von 258 Hochschulen in Deutschland - sie ist nicht ein Club von Rektoren - gibt in ihren Konzepten, Stellungnahmen und Empfehlungen differenzierte Antworten auf die Reformfragen. Und ich verhehle Ihnen nicht, dass die eine oder andere Stimme aus dem Chor der Bedenkenträger und derer, die das „Bewährte" verehren, auch bei uns mitsingt, d. h. auch die Papiere beeinflusst. Daher verantworte ich manche Pointierung, die Sie hören, ganz persönlich. Also: Reformen warum und wohin? In den globalen Wettbewerb der Kulturen und Wirtschaftssysteme werden wir hineingezogen, ob wir es wollen oder nicht, ob wir es merken oder nicht. Die gesellschaftlichen Hauptprobleme Deutschlands: zu geringe Erwerbstätigkeit, zu teure Systeme staatlich organisierter sozialer Absicherung, zu hohe Staatsverschuldung, riesige Pensionslasten, eine unaufhaltsam alternde Bevölkerung. Die Mitarbeit an nachhaltigen Lösungen für diese Probleme in Forschung, Ausbildung, Weiterbildung und Persönlichkeitsbildung ist auch eine Aufgabe der Hochschulen, allerdings nicht ihre einzige. Aber sie ist für die steuerzahlende „Öffentlichkeit" die stärkste Legitimation für die Unterhaltung einer „Branche", die im Unterschied zu früher tatsächlich auch ein bedeutender Faktor für den Wirtschaftsstandort ist. Oder einfach: Die Arbeitsplätze der Zukunft kommen zu einem großen Teil aus Innovationen der Wissenschaft. Angesichts des sich abzeichnenden Aussterbepfades der Deutschen - bei z. Zt. 1,3 Kindern pro Elternpaar - eine doppelt prekäre Herausforderung. Da ist die Frage nicht weit, ob denn die Wissenschaft in Deutschland, insbesondere die Hochschulen auf den Wettbewerb gut genug vorbereitet sind. Meine Antwort ist kurz und deutlich: Ja, gut, aber nicht mehr gut genug. Weit besser zwar als ihre Fähigkeit, ihre Leistungen in der Öffentlichkeit, insbesondere in den USA zu dokumentieren, d. h. zu „verkaufen",
Perspektiven der Hochschulreformen in Deutschland
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auch viel besser als manche Manager sie lautstark schlechtreden, Leute, die Hochschulen lange nicht von innen gesehen haben und deren unternehmerische Leistungen im Übrigen aus Aktionärssicht einiges zu wünschen übrig lassen. Leute, die ständig private Eliteschulen gründen wollen, immer wieder neu, natürlich noch mit dicken Subventionen aus Steuergeldern. Nein, die müssen wir Hochschulen nicht so ernst nehmen. Aber Hans Zehetmair, bayerischer Staatsminister fur Wissenschaft, Forschung und Kunst hat es vor fünf Jahren auf die entscheidende übrigens Lichtenberg'sche Formel gebracht: „Wer sich dem Wandel verschließt, verliert, wer nicht danach strebt, besser zu werden, hört auf gut zu sein". Das ist das Motiv für all die Reformen. Gut ist, dass die Absolventen unserer Hochschulen in der Regel fachlich gut ausgebildet sind, im Vergleich zu anderen Ländern ein besser trainiertes Denkund Urteilsvermögen besitzen, dass viele, vor allem in den experimentellen Fächern, die Methoden systematischer Forschung kennen gelernt haben. Nicht gut genug ist, dass diese Absolventinnen und Absolventen - aus mehreren Gründen - meist zu alt in berufliche Tätigkeit gelangen, dass sie nicht übermäßig mobil sind, dass Selbständigkeit zu spät trainiert und nicht positiv genug bewertet wird, in der Forschung wie in der Wirtschaft. Nicht gut genug ist die Identifizierung und Förderung von Spitzenbegabungen, nicht gut genug sind die Betreuungsrelationen zwischen Lernenden und Lehrenden, die zeitraubenden Entscheidungsstrukturen in den Hochschulen, der Zustand von Gebäuden, Labors und Bibliotheken, und, und, und. Und das System steht auf dem Kopf. Mit dem Wissenschaftsrat meine ich: ca. ein Drittel der Studenten an Universitäten und zwei Drittel an Fachhochschulen und Berufsakademien wäre richtig und besser als manches verlogene Herumdoktern. Aber diese Position bezeichnet heute allenfalls eine konstruktive Utopie. Viele Hochschulen - noch nicht alle - haben die mit notwendigem Besserwerden verbundene Herausforderung zur Innovation angenommen: Ihre Reformprojekte betreffen u.a. fachliche Schwerpunktbildung und kooperative Vernetzung mit Partnern im In- und Ausland, auch über Datennetze, und auch mit den nächsten Nachbarn und über die Hochschulartengrenze hinweg, die Qualitätssicherung durch regelmäßige Evaluation von Forschung und Lehre, Kosten- und Leistungsrechnung mit flexiblen Budgets, die z.T. an Leistung orientierte Mittelverteilung und die Einführung neuer Lehr- und Lernformen, aber auch im Rahmen des Bologna-Prozesses die Einführung modularisierter, gestufter Studiengänge mit international vergleichbaren Abschlüssen, die ja aus der altdeutschen Universitätstradition kommen - was einige Geistesgrößen allzu leicht vergessen. Diese deutschen Hochschulen haben die oberflächliche Behauptung widerlegt, sie würden die Zeiten ohne strukturellen Wandel zu überstehen versuchen. Nur mit ständigen Reformen sichern sie ihre internationale Wettbewerbsfähig-
126
Klaus Landfried
keit. Dass hierzu allerdings auch gehört, die im Vergleich zu unseren internationalen Wettbewerbern drastische Unterfinanzierung der Hochschulen zu beenden, will ich hier nicht verschweigen. Wer - zu Recht - z.B. in den Wirtschaftswissenschaften die Qualität von Oxford oder Princeton erreichen will, z.B. über Betreuungsrelationen von 1:10 zwischen Student und Professur, muss wissen, dass dies mehr Geld kostet. An vielen deutschen Hochschulen liegen wir noch bei 1:60, 1:100 und weit darüber. Warum? Weil die deutschen Länder, fast alle jedenfalls, es so wollen. Töricht? Ja! Die Schweizer investieren in ihre Hochschulen - in Bund und Kantonen - jedenfalls mehr als den doppelten Anteil am Bruttoinlandsprodukt als wir Deutschen. We should remember the simple question by the late Sir Winston Churchill: „ I f you think generating knowledge is too expensive, why don't you try ignorance?" In einer solchen Situation ausgerechnet durch Bundesgesetz den Hochschulen (bzw. den Ländern) jeglichen Zugang zu Einnahmen aus Kostenbeiträgen der Studierenden oder ehemals Studierenden zu verwehren, ist für mich ideologisch verblendete ignorance und nicht Reform. Dies gilt im Übrigen auch für die für das berechtigte Ziel stärkeren studentischen Engagements ungeeignete Wiederbelebung der einst von ReikuMi Rust den Universitäten verordneten studentischen Zwangskörperschaften. Was wir benötigen, ist mehr Wettbewerb und mehr Kooperation, was beides vor allem mehr Transparenz voraussetzt. Hochschulen in öffentlicher Hand müssen als Institutionen handeln können wie Unternehmen am Markt, auch wenn ihr Auftrag lautet: Neues Wissen schaffen und weitergeben. Wobei Grundlagenforschung, stets in Erwartung des Unerwarteten betrieben, das unverzichtbare Fundament bildet, aus dem die Anwendungen wachsen. Und jetzt komme ich noch einmal auf das „nicht gut genug" zurück: Dinge, die Sie en detail schon mehrfach gehört haben. Daher halte ich mich knapp. Bis jetzt werden die Hochschulen in Deutschland in aller Regel immer noch wenig „artgerecht" gehalten, d.h. verwaltet wie Vollzugsanstalten oder andere ,Ämter", über Kaskaden von bürokratischen Vorschriften gesteuert, darunter das altertümliche, von allen Anreizen zu Spitzenleistungen oder wirtschaftlichem Erfolg freie kameralistische oder soll ich sagen: „karnevalistische" Haushaltsrecht. Vom öffentlichen Dienstrecht und dem Bundesangestelltentarif, die beide ebenfalls mit Leistungsanreizen noch ziemlich geizen, will ich erst gar nicht anfangen zu reden. Über die auf dem Wege befindliche Teilreform beim Professorenbesoldungsrecht diskutiere ich gerne mit Ihnen. Natürlich bestehen in Italien, Frankreich oder Spanien ähnliche Probleme. Aber kann uns das von den Behauptungen des Bundesverbandes der Besitzstandswahrer und Bedenkenträger überzeugen, es gelte, am gewährten" festzuhalten? Es führt kein Weg daran vorbei: der Staat muss den Hochschulen spürbar mehr Eigenverantwortung übertragen, von der Steuerung im Voraus durch Vor-
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Schriften und veranschlagte ,Alimentatiönchen" zur globalen Steuerung nach Ergebnissen übergehen, Leistungsvereinbarungen abschließen und Erfolg wie Misserfolg über mittlere Frist entsprechend honorieren. Kaufmännische Buchführung und Bilanzierung, Kosten- und Leistungsrechnung müssen ebenso Einzug halten wie neue materielle wie immaterielle, d.h. auf die Arbeitsbedingungen bezogene Leistungsanreize im Beschäftigungsrecht. Wenn es geht, auch das Ende der fatalen Unkündbarkeit. Warum sollten Professorinnen nicht Verträge wie leitende Angestellte haben, wie in der Schweiz, wie in den USA, wie bald in Österreich? Und was das Geld angeht, müssen die Länder entweder mehr investieren, den Hochschulen die Möglichkeiten geben, selbst zusätzliche Einnahmen zu erzielen, z.B. durch eine bessere Nutzung ihrer Liegenschaften, oder - leider - im Interesse der Qualität wirksamere Zulassungs- bzw. Leistungskontrollen ermöglichen. Zur Eigenverantwortung gehören interne Entscheidungsstrukturen mit klaren, persönlich zurechenbaren Verantwortlichkeiten, die auch zügige Entscheide ermöglichen. Die wichtige Mitwirkung und Mitberatung der Funktionsgruppen lässt sich im Rahmen der Aushandlung von hochschulinternen Leistungsverträgen besser organisieren als über die im Ganzen eher anonymen Gremien, die Kontrolle und Entscheidungsbefugnisse vermischen. Hochschulräte, möglichst wie in Basel oder Zürich oder Reutlingen aus fünf bis sieben externen Persönlichkeiten mit Erfahrung in der Wissenschaft und mit der Leitung großer Organisationen vertraut, sind nützlich für eine nicht betriebsblinde Langfriststrategie. Von der Hochschule selbst vorgeschlagen, von der Regierung mit Zustimmung des Parlaments für bis zu zwei Amtsperioden berufen mit Berichtspflicht gegenüber Parlament wie Hochschule, können sie - wie in Basel oder in Zürich - auch die Aufgabe übernehmen, Berufungsvorschläge der Hochschule und Gehaltsveränderungen zu prüfen und zu entscheiden. Damit würde übrigens einem in Vergessenheit geratenen Anliegen des Herrn Wilhelm von Humboldt Rechnung getragen, der den Hochschulen soviel Autonomie wie irgend möglich geben wollte, nicht freilich bei der Berufung der Professoren. Die stärkere Einbeziehung externer, nicht von der Fakultät, sondern z.B. von der DFG nominierter Experten in die Berufungskommissionen würde sicher die Weisheit der Verfahren nicht mindern. Natürlich gibt es für diesen Zweck auch noch andere Wege, die nach Rom führen. Was die Hochschulorganisation insgesamt angeht, so müssen die zwei einander nur scheinbar widersprechenden Konzepte der „Republik der selbstbestimmten Akademiker" gegenüber dem „Dienstleistungs-Unternehmen in der Wissenschaft" so miteinander verknüpft werden, dass man sie als zwei Seiten der gleichen Medaille betrachtet: Akademischer Individualismus, der sich nicht um das Funktionieren der Gesamtinstitution - das gilt auch für Fachbereich und Fakultät - und nicht um die Bedürfnisse der Gesellschaft außerhalb seines eigenen Wirkens kümmert, wird an seiner Blindheit scheitern. Und die stromli-
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nienförmige „Wissensfabrik", die nur noch von externen Interessen bestimmt wird, die sich nicht kümmert um die jeweils individuelle Disposition für schöpferisches Forschen, Lehren und Lernen ist ebenfalls aufgrund ihrer Blindheit zum Scheitern verurteilt. Mehr Eigenverantwortung für die Hochschulen ist nur mit einem professionellen Management der Hochschule durch auch im Management von Großorganisationen trainierte Wissenschaftler umsetzbar, sowohl auf der Ebene der Hochschulleitung als auch auf der Ebene von Fakultäten und Departments. Ich sagte „durch Wissenschaftler", weil nur diese wissen, wie Wissenschaft funktioniert. Noch so kluge Versicherungsmanager wissen dies in der Regel nicht. Neue Rechtsformen für die stärker eigenverantwortlichen Hochschulen wären im Prinzip durchaus sinnvoll - Stiftung und Wissenschafts-AG wären vorstellbar. Aber solange das „Besserstellungsverbot" des öffentlichen Dienstes und seine Steuergeld vernichtende Ineffizienz erhalten bleiben, nutzt die beste „Vollrechtsfähigkeit" - das ist der österreichische Begriff - rein gar nichts. Wo aber, so haben mich schon Abgeordnete aus manchen Parlamenten gefragt, bleibt unser heiliges, hochverehrtes Budgetrecht? Das Recht, alljährlich gemäß den neuesten Prioritäten eine Stelle von hier nach dort, ein Bau- oder Sanierungsprojekt von dort nach hier zu veranschlagen? Und wie steht es mit der leistungsbezogenen Mittelverteilung? Zur ersten Frage will ich nur festhalten, dass dort, wo Globalbudgets, mehrjährige zumal, ebenso Praxis sind wie Leistungsverträge, die Parlamentarier, die Interesse mit Sachverstand verbinden, bei der Aushandlung der Verträge viel mehr Einfluss nehmen können als bei den fortgeschriebenen Kameralhaushalten. Zur zweiten will ich nur sagen, dass Augenmaß bei der Anwendung die Qualität des Verfahrens ausmacht. Allerdings auch, dass jedes transparente, an plausiblen Kriterien orientierte Verfahren besser ist als das „historisch gewachsene Unrecht" - wie es Jürgen Zöllner, der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister einmal nannte. Wichtig ist freilich, dass durch ein gewisses „Vorab" eine Grundausstattung gesichert wird, die es den wenigen, aber manchmal für den wissenschaftlichen Fortschritt wichtigen Querköpfen erlaubt, auch außerhalb, ja gegen den „mainstream" zu arbeiten. Zum andern aber sind Drittmitteleinwerbung (in Rheinland-Pfalz mit 30 %), abgenommene Prüfungen (bestandene wie nicht bestandene), Promotionen wie Studienanfängerzahlen, alle über drei Jahre gemittelt, um zufällige Ausschläge zu „glätten", erprobte, sinnvolle und aussagekräftige Kriterien für Leistung in der Hochschule. Dass damit die Qualität im einzelnen erfasst würde, hat niemand behauptet. Hinzutreten müssen in Deutschland meines Erachtens unbedingt noch drei für Internationalität signifikante Kriterien, nämlich die Zahl der Alexander von Humboldt-Stipendiaten, der Professorinnen und Mitarbeiter mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit, und die der Studierenden ohne deutschen Schulabschluss, um spürbare Anreize für eine
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stärkere Internationalisierung zu setzen, die bisher noch zu wünschen übrig lässt. Vieles davon ist auf dem Wege, mehr oder weniger. Manches läuft auch mit den schon erwähnten unerfreulichen Nebenwirkungen. Wenn die übertragene Eigenverantwortung dazu fuhrt, dass aus der Hochschule eine Berichtsbürokratie wird, wenn aus den Herren rechtlich einwandfreier Genehmigungsbescheide die Aufseher über monumentale Evaluationsorgien werden, dann haben wir das Augenmaß verloren. Die Sucht zu steuern, scheinbar Wohltätiges durch Rechtsnormen vorzuschreiben, ist nicht nur Ausfluss von Unsicherheit angesichts der Radikalisierung des Individualismus, nicht nur deutsche oder französische Kulturtradition, sondern auch schlichte Folge eines (zu) hohen Personalbestandes. Diesen behutsam, aber zielorientiert und entschlossen zu verringern, ohne dass in den Ministerien Bedrohungsszenarios empfunden werden, ist, wie die Schweizer in den kantonalen Erziehungsdepartementen von Basel und Zürich gezeigt haben, möglich und eine der wichtigsten Langfristreformen der Zukunft, weil die neue Rolle der Ministerien dort auch neue Kreativität für die Partnerschaft mit den Hochschulen freisetzen wird. Alle diese strukturellen Entwicklungsschritte garantieren, so wichtig sie sind, das „Besserwerden" nicht allein, weil es dann doch vor allem auf das Engagement der beteiligten Menschen ankommt. Und wie gewinnen wir die? Ich habe in Goethes „Wilhelm Meister" (Lehrjahre VIII.4) nachgesehen: „Wenn wir die Menschen nur nehmen, wie sie sind, so machen wir sie schlechter. Wenn wir sie behandeln, als wären sie, was sie sein sollten, so bringen wir sie dahin, wohin sie zu bringen sind."
Podiumsdiskussion zum Thema Gelungene Modernisierung, verdeckter Widerstand, zukünftiger Handlungsbedarf: Wie weit ist der Wandel der deutschen Hochschulen gediehen? Teilnehmerinnen und Teilnehmer: Klaus Landfried, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz Theresia Bauer, MDL, Hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Grüne im Landtag Baden-Württemberg Thomas Α. H. Schock, Sprecher der Universitätskanzler Moderation: Gisela Färber, Deutsche Hochschule für VerwaltungsWissenschaften Speyer
Thomas Α. H. Schock Wir haben uns ja im Lauf der eineinhalb Tage^ vom Eckwertepapier beliebig weit entfernt. Ich denke, dazu muss man im Detail nichts mehr sagen. Was über der Podiumsdiskussion als Titel steht, heißt „gelungene Modernisierung" verdeckter Widerstand und zukünftiger Handlungsbedarf und ich glaube in diesen drei Themenbereichen sollten wir uns auch bewegen. Ich möchte noch einmal betonen, dass ich aus der Sicht der Universitäts- und nicht aller Hochschulverwaltungen spreche, aber die Probleme sind durchaus vergleichbar. Ich möchte auch sagen, dass wir sehr gut kooperieren, nicht zuletzt auch bei dem Thema einer gemeinsamen Forschungsstelle für Wissenschaftsmanagement, dessen Gründung wir auch ein Stück weitergebracht haben. Zu den gelungenen Modernisierungen wäre zu sagen - und hier schließe ich mich gern dem Wort von Herrn Landfried an - „gut, aber nicht gut genug". Wir haben eine Studienstrukturreform auf den Weg gebracht, es gibt eine sehr große Zahl von neuen, zum Teil modularisierten Studiengängen, die auch international sind. Es gibt eine wachsende Zahl von englischsprachigen Studiengängen. Aus der Sicht der Verwaltungen kann ich nur sagen, der Betreuungsaufwand liegt in der Regel wesentlich über dem, was wir den deutschsprachigen Studierenden angedeihen lassen. Das ist ein Thema, über das man sich sicher Gedanken machen muss.
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Podiumsdiskussion
Wir haben eine Dienstrechtsreform auf den Weg gebracht mit dem Element der Leistungsbezogenheit und - das möchte ich hier auch noch einmal sagen mit einer klaren Begrenzung; die „6 + 6"-Regelung wird auch und insbesondere von den Verwaltungen begrüßt. Bei einem Gespräch vor zwei Wochen habe ich den Eindruck gewonnen, dass der akademische Mittelbau nicht lückenlos hinter diesem Konzept steht. Da gibt es durchaus auch noch etwas andere Vorstellungen. Wir müssen auch - und das möchte ich hier bekräftigen die Übergangsprobleme, die sich zeigen, lösen. Und wir arbeiten daran, diese Probleme einmal wirklich flächendeckend aufzulisten. Das sind sehr unterschiedliche Fälle, aber nach meinem Eindruck nur eine sehr kleine Zahl von wirklich durch die Reform verursachten Problemen. Ein weitaus größeres Problem ist das vorhin so zitierte Chaos, das jetzt durch die Reform offengelegt worden ist. Aber die persönlichen Probleme derjenigen, die darauf vertraut haben, dass die Entwicklung so nicht kommt, wie sie jetzt kommt, die müssen wir ernst nehmen und lösen. Ein weiterer Bereich ist die Haushaltsflexibilisierung, die Lösung vom Besitzstand, dem - ich zitiere wieder - „historisch gewachsenen Unrecht", auch das ist ein wichtiger Schritt. Die Fortschritte in den Ländern sind durchaus unterschiedlich. Es gibt Länder, in denen das Stichwort Globalhaushalt bei den Betroffenen noch zu erheblichen Widerständen fuhrt. Es gibt, und das muss man auch betonen, natürlich auch das Problem, dass die für die Finanzen zuständigen Stellen, d.h. die Finanzministerien, aber auch die Landtage, mit diesem Thema durchaus unterschiedlich umgehen. Sie sehen die Globalisierung nämlich gerne auch als Anlass für eine Reduzierung, deswegen muss man mit diesem Instrument durchaus vorsichtig umgehen. In Bayern ist es so, dass wir uns auf die Formel „weitest gehende Flexibilisierung, aber keinen Globalhaushalt" geeinigt haben, weil das Vertrauen zwischen Landtag, Wissenschaftsministerium und Finanzministerium noch nicht so groß ist, dass man sich darauf verlassen könnte, dass der Globalhaushalt nicht zu deutlichen Reduzierungen verwendet wird. Die gegenwärtige Finanzsituation und ihre Perspektive lässt diese Gefahr nur um so größer erscheinen. Auch die Flexibilisierung bringt durchaus Vorteile, gegenseitige Deckungsfähigkeit, Verzicht auf die Anwendung des Jährlichkeitsprinzips, Öffnung des Stellenhaushalts im Bereich der Angestellten und Arbeiter. Das sind Themen, die im Augenblick bei uns bewegt werden. Man muss aber auch deutlich machen, dass man sich auf solche Vereinbarungen verlassen können muss. Sicher ein guter Weg ist - was auch in Angriff genommen aber noch nicht vollendet worden ist - die Erstellung von Kosten- und Leistungsrechnungen. Ich stelle bei der Diskussion um die Mittelverteilung landesweit, aber auch universitätsintern immer mehr fest, dass man ohne valide Daten darüber, welchen Finanzbedarf die einzelnen Einrichtungen wirklich haben, nur schwer Mittelverteilungssysteme entwickeln kann, die den Anforderungen des Universitätsbetriebs gerecht werden.
Podiumsdiskussion
Ein ganz wichtiger Bereich ist die Organisation. Es sind kollegiale Hochschulleitungen mit einer ganz erheblich erweiterten Kompetenz im Bereich des Haushalts eingeführt worden. Das ist - würde ich sagen - ein Vorstandsmodell, wie man es auch in der Industrie findet. Zu dem Thema eine Anmerkung: das wird sicher dann gleich Anlass zu Diskussionen geben, der vorhin beschriebene Wissenschaftsmanager mit Erfahrung in großen Organisationen, aber aus der Wissenschaft kommend, das ist eine Person, die sicherlich idealtypisch ist, aber ich sehe solche Personen, die in der Lage wären, das Führungskräftepotential der Universitäten zu stellen, noch nicht. D.h. da müsste gezielt Ausbildung geleistet werden. Hochschulräte, Herr Landfried, da bin ich gleich wieder bei Ihnen - das, was Sie beschrieben haben, ist exakt das bayerische Modell! Die Hochschulräte kommen von außen, sie haben Universitätsbezug, sie werden für zwei Amtsperioden gewählt und ich kann aus einer Sitzung, in der wir eine Selbstevaluierung der Tätigkeit unseres Hochschulrates gemeinsam vorgenommen haben, sagen, dass dieses Modell nach unserem Eindruck hervorragend funktioniert. Die Universität und der Hochschulrat arbeiten gemeinsam daran, besser zu werden und die Erfahrungen derjenigen, die das in der Industrie auch tun, sind uns dabei ebenso wertvoll wie die externer Wissenschaftler. Dann gibt es natürlich auch noch Experimentierklauseln, die die Möglichkeiten der Neuerungen noch erweitern. Da ist mein Eindruck, es ist nicht so wichtig, ob jetzt der Hochschulrat und der Senat fusioniert werden und ob die Hochschulleitung dem als Vorstand gegenübersteht oder wie es sonst gehandhabt wird. Ich habe bewusst das TU-Modell zitiert. Wichtig ist, und auch das haben Sie vorhin gesagt, Herr Landfried, die Person oder die Personen, die in diesem Zusammenhang tätig werden. Soviel zum ersten Punkt. Der zweite Punkt, verdeckter Widerstand, wäre zu gliedern in drei Bereiche: Die Universität selbst, da denke ich, ist es zum Teil ein Generationenproblem. Die Generation derjenigen, die an den Besitzstand gewöhnt sind, die kann sich von dieser Gewohnheit natürlich nicht so leicht lösen. Bei Berufungsverhandlungen stelle ich fest, dass die jüngere Generation dem, was wir uns jetzt unter Universität vorstellen, sehr offen und sehr konstruktiv gegenüber steht. Ich will aber auch nicht versäumen anzumerken, dass ich auch die Passivität der Studierenden als ein Problem ansehe. Ich glaube auch nicht, dass die Einführung der verfassten Studentenschaft als Zwangsinstrument irgend etwas daran ändern wird, dass Studenten sich aktiver an der Universität beteiligen. Da hat sich vielleicht ein gewisser kultureller Wandel ergeben, über den man sicher einmal intensiv wird diskutieren müssen, aber ob der heutige Vormittag dazu Gelegenheit geben wird, das weiß ich nicht. Von außen sehe ich zwei Bereiche, in denen es Widerstände gibt, das eine, wen wundert es, sind die Ministerien, die natürlich durch eine Reform dieser Art einen großen Teil ihrer Kompetenzen zu verlieren haben. Da spürt man,
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Podiumsdiskussion
dass Loslassen schwerfällt. Aber das ist ja eine Erkenntnis, welche die Psychologie auch durchaus schon gewonnen hat. Es kann jedenfalls, denke ich, nicht so sein, dass man prinzipiell die Übertragbarkeit von Haushaltsresten zulässt, und anschließend, wenn die Universitäten davon Gebrauch gemacht haben, um beispielsweise für Baumaßnahmen anzusparen, für Investitionen oder für die Abwicklung von Berufungsverhandlungen, schließlich den Universitäten zum Vorwurf macht, dass sie zu hohe Haushaltsreste gebildet haben. Und dann, wie es jetzt in Bayern geschehen ist, im nächsten Haushalt pauschale Kürzungen mit dieser Begründung vornimmt. Das ruiniert auch den letzten Rest des Vertrauens in eine gemeinsame Reformbemühung. Es kann genauso wenig sein, dass man die Ausschöpfung der nicht genutzten Stellengehälter für die Universitäten öffnet und anschließend festlegt, dass davon aber zwei Mio. Euro für studentische Hilfskräfte eingesetzt werden müssen. Das wäre ja als Zielvorgabe prinzipiell in Ordnung, aber es darf über den Rest erst verfügt werden, wenn die zwei Mio. auch tatsächlich Cent für Cent ausgegeben worden sind. Das widerspricht, würde ich sagen, allen Unternehmensführungserkenntnissen. Auch im dritten Feld, der Politik, so stelle ich in Gesprächen mit Abgeordneten z.B. bei Anhörungen im Landtag fest, schmerzt das Loslassen ungemein. Wenn, und ich will das nur als ganz abschreckendes Beispiel nennen, bei der Frage, ob man den Reisekostenetat von Fachhochschulen nicht möglicherweise deckungsfähig mit den allgemeinen Sachausgaben machen könnte, dann von den Abgeordneten die Überlegung angestellt wird, dass man dann ja nicht mehr kontrollieren könnte, ob ein Fachhochschullehrer etwa Auslandsreisen unternimmt, dann frag ich mich schon, ob die etwas von Internationalisierung begriffen haben. Soviel zu den inneren Widerständen. Als zukünftigen Handlungsbedarf sehe ich eigentlich als erstes, und das hat mir die ganze Tagung deutlich gemacht, dass man die Reform mit Geduld angehen muss. Man kann nicht die Vorstellung haben, ich entscheide heute etwas und dann läuft alles genauso, wie es in diesem Konzept vorgesehen ist. Man muss Zeit geben, um solche Dinge umzusetzen. Man darf nicht in Hektik verfallen. Das zweite, das ist aus meinen Ausführungen denke ich, schon deutlich geworden, der Staat muss sich wirklich zurückziehen. Er darf nicht, durch die Vordertür eine Freiheit einräumen und sie durch die Hintertür wieder einsammeln. Das setzt gegenseitiges Vertrauen voraus. Ich komme aus der Finanzverwaltung. Ich weiß, dass dort an vielen Stellen gegenüber den Universitäten Misstrauen besteht. Ich weiß auch, dass dieses Misstrauen in vielen Punkten auf Grund vergangener Erfahrungen berechtigt ist. Aber, man muss sehen, wenn man neue Strukturen und Führungsmodelle einführt, muss man denjenigen, die dieses dann umsetzen sollen, auch den Vertrauensvorschuss geben, daraus etwas ordentliches zu machen.
Podiumsdiskussion
Als dritten Punkt, muss man sich auch bewusst sein, wer Markt einfuhrt, muss auch unkontrollierte Entwicklungen zulassen. Ich kann nicht sagen, ich mache Markt, ich mache Wettbewerb, aber alle Ergebnisse, die mir unlieb sind, beseitige ich durch irgendwelche Garantien. Es muss natürlich einen definierten Rahmen für den Wettbewerb geben, das ist in der Wirtschaft auch der Fall. Aber ich muss auch sehen, wenn eine Organisation, eine Einrichtung unwirtschaftlich ist, dann muss ich möglicherweise auch die bittere Konsequenz ziehen, diese zu schließen. Wenn diese Möglichkeit auch theoretisch nicht besteht, dann bleibt vom Markt nicht viel übrig. Dazu gehört, und das sag ich hier ganz bewusst und prononciert, aus meiner Sicht auch die Zulassung von Studiengebühren. Ich kann jetzt nicht in der Tiefe all die Argumente erläutern, die zum Teil unser künftiger Rektor, Karl Dieter Grüske, bereits ausgebreitet hat. Nämlich, dass das Modell, so wie es jetzt ausgestaltet ist, eigentlich dazu führt, dass diejenigen, die nicht studieren, denen, die studieren, das Studium finanzieren. Auch darüber könnte man mehr als einen Vormittag diskutieren. Ich gebe aber nur zu erwägen, sich einmal an die Situation zum Ende der Sechziger-, Anfang der Siebzigerjahre zu erinnern, als ich selbst noch Student war. Ich hab mal in meinem Studienbuch nachgeschaut, was da über Gebühren, die ich für den Besuch von Lehrveranstaltungen zu entrichten hatte, drin stand. Wenn man das inflationsbereinigt hochrechnet, ist man weit über dem, worüber heute diskutiert wird. Ich sage an dieser Stelle auch ganz deutlich, ich halte die Abschaffung der Hörgelder für einen der fundamentalen Fehler, der dazu geführt hat, dass das Interesse der Ordinarien an Anfängervorlesungen dramatisch zurückgegangen ist. Das ist eine Entwicklung, die ich nicht gut finde. Das Beispiel von der Università della Suizzera Italiana, das gestern zitiert worden ist, hat, denke ich, auch gezeigt, dass die Trias gute Professoren, gutes Studium, guter Preis, etwas ist, worüber man durchaus ernsthaft nachdenken muss. Dazu gehört, und das sag ich auch ganz deutlich noch einmal, die Weiterentwicklung, der Ausbau einer wirklich funktionsfähigen Kosten- und Leistungsrechnung. Dazu haben die Kanzler der deutschen Universitäten in den Greifswalder Beschlüssen die Strukturen festgelegt, die zwischenzeitlich auch in der Kultusministerkonferenz angekommen sind und dort positiv aufgenommen wurden. Die Voraussetzungen sind gelegt. Es muss für die Universitäten noch die entsprechende Infrastruktur geschaffen werden, aber wir arbeiten daran. Wir arbeiten auch daran, die Berichtssysteme möglichst automatisiert einzuführen, um zu verhindern, dass in vorauseilendem Gehorsam jede Woche drei Berichte an das Ministerium geliefert werden, die möglicherweise nicht einmal gegenseitig abgestimmt sind. Schließlich als letzter Punkt zur Freiheit und zur Bewährung im Wettbewerb gehört insbesondere die Verfügung der Hochschulen über die Ressourcen. Das ist im Augenblick im Bereich der Liegenschaften ein ganz wichtiges Thema. Wir sehen mit großer Sorge die Einfuhrung von Landesliegenschaftsgesell-
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Podiumsdiskussion
Schäften, die die Universitäten als manchmal sogar lästige Mieter betrachten, die nicht bereit sind, im Rahmen von Berufungsverfahren notwendige bauliche Anpassungen kurzfristig durchzuführen. Das gefährdet unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit um Wissenschaftler. Gerade im Bereich der Naturwissenschaften ist es ganz wichtig, dass erfolgreiche Wissenschaftler mit ihrer Arbeitsgruppe sehr schnell wieder arbeitsfähig gemacht werden können, und das setzt in aller Regel auch bauliche Veränderungen voraus. Ich möchte aber, und das ist nun der wirklich letzte Punkt, dass eine funktionsfähige, dienstleistungsorientierte Verwaltung für eine Universität eine ganz wichtige Einrichtung ist, und vor diesem Hintergrund sind alle Aktivitäten, die Kernfunktionen der Verwaltung nach außen verlagern, dezentralisieren, eigentlich kontraproduktiv. Wir hatten vor vielen Jahren eine Untersuchung einer Unternehmensberatung, die jetzt in einem anderen Kontinent unter anderen Bedingungen etwas ins Gerede gekommen ist. Eine der Feststellungen war, dass es für die Funktionsfähigkeit des Universitätsklinikums von entscheidender Bedeutung ist, dass die Kassengeschäfte unmittelbar vor Ort erledigt werden. Was jetzt passiert ist, ist, dass die Kassengeschäfte in Bayern erst auf die Bezirksfinanzdirektionen konzentriert worden sind und jetzt in einer Landeskasse zusammengefasst worden sind, die sich etwa 150 km entfernt von uns befindet und mit Leuten besetzt ist, die vom Universitätsgeschäft keinerlei Ahnung haben. Das führt dazu, dass beispielsweise der Vorstandsvorsitzende einer großen mittelständigen Unternehmung, welcher der Universität ein Drittmittelprojekt zugewendet hat, nach zwei Wochen eine Mahnung erhält, wann er denn endlich zu zahlen gedenkt, weil dieser Betrag zum Soll gestellt worden ist, denn die Regel lautet: nach 14 Tagen wird gemahnt. Das kann nicht die Universität von morgen sein. Vielen Dank!
Gisela Färber Herzlichen Dank Herr Schock! Frau Bauer bitte.
Theresia Bauer Herzlichen Dank! Als Frau Färber mich vor zwei Tagen hier vorgestellt hat, sagte sie, ich sei die Vertreterin der Jugend und des Landtags, eine fast schon kuriose Kombination, mit der gehe ich selbst bei den Jusos als Vertreterin der Jugend durch. Aber noch ist der Landtag so etwas wie ein politischer Nachwuchstalentschuppen, insofern stimmt es durchaus. Ich habe mir einmal überlegt, 1993, wo war ich denn da? Ich habe zu der Zeit gerade in Heidelberg mein Studium abgeschlossen, Magister Politikwis-
Podiumsdiskussion
senschaft in einer Zeit, von der man sagen kann, ich habe erlebt, was es bedeutet, wenn versucht wird, einen Studentenberg zu untertunneln. Und ich bin aus der Universität mit nicht gerade großem Selbstbewusstsein, was meinen Marktwert als Magistra Artium der Politikwissenschaft angeht, herausgekommen. Ich habe einen guten Job gekriegt, ich kann zufrieden sein. Aber ich hatte damals, als ich von der Uni geschieden bin, bereits den Eindruck, dass dies eine Institution ist, die nicht so recht weiß, wie sie die aktuellen Herausforderungen in Bezug auf die Ausbildung von Studierenden bewältigen soll und die in sich sehr sagen wir einmal - festgefugt ist. Und viele Diskussionen und viele kluge Werke sind ja auch geschrieben worden, über das, was die Hochschulen auszeichnet, oder was ihre Schwierigkeit bedeutet. Und wenn man jetzt die Diskussion von heute einmal anschaut, die Veränderungen, die in den letzten Jahren passiert sind, auch die Diskussionen dieser beiden Tage, meine ich schon, dass es eine unglaubliche Bewegung und Veränderung ist, die man feststellen kann. Und ich glaube auch, dass die Bilder, die geprägt wurden, die Begriffe, um die Situation der Hochschulen zu beschreiben, dass diese Bilder mit der Realität nicht mehr übereinstimmen. Also ich habe so im Kopf z.B. die Vision von der entfesselten Hochschule. Dieses Bild von der gefesselten Hochschule oder auch die blockierte Universität, ich glaube, dass das eigentlich Beschreibungen sind, die schon weitgehend der Vergangenheit angehören. Und ich erlebe die Hochschulen als Einrichtungen, die sich in einer so weitgehenden Transformation befinden, dass sie womöglich gar nicht selber wissen, wo das alles hingehen wird und wie man die Veränderungen eigentlich bewerkstelligen kann. Ich finde das sehr ermutigend und ich glaube, dass der eingeschlagene Weg ein sehr guter ist mit allen Verrenkungen oder Verspätungen, die existieren. Ich glaube der Weg der Modernisierung der Hochschulen, der Weg, den Hochschulen mehr gestalterische Freiheit zu geben, ihnen mehr Verantwortung zu übertragen, dieser Weg ist richtig und muss weiter beschritten werden. Ich würde vielleicht das Bild gebrauchen, es ist ein Weg, die Hochschulen zu mehr unternehmerischem Handeln zu befähigen, ihnen neue Handlungsinstrumente zu geben. Es ist auch heute mehrmals angeklungen, dass die Politik eher die Rolle der Bremserin spielt, die nicht loslassen kann. Ich würde sagen, die Hochschulen würden heute nicht dort stehen, wenn es nicht genügend Kräfte in den Parlamenten gegeben hätte, die sagen, auch wir haben kein Interesse daran, die Hochschulen weiter am Gängelband hängen zu lassen. Es hilft nicht weiter in der Diskussion, wenn man die ganz einfachen Weltbilder oder auch Feind- und Freundbilder so unhinterfragt stehen lässt. Ich glaube, auch für den weiteren Gang der Entwicklung und für die weiter einzuleitenden Schritte ist es wichtig, genau hinzuschauen, wo Bündnispartner sind, wo man kooperieren kann und wo tatsächlich die Bremser sitzen.
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Zu den Stichworten die gelungene Modernisierung, kann ich mich weitgehend dem, was Herr Schock auch genannt hatte, anschließen. Ich wollte noch ein paar Ausführungen zum verdeckten Widerstand machen: Generell glaube ich, der verdeckte Widerstand lässt sich an allen Orten finden, bei den Leuten, die - wie Herr Landfried das heute morgen so schön formuliert hat - das Bewährte verehren. Das ist zum Teil ein bewusster Akt der Verehrung der vergangenen Verhältnisse. Es ist zum Teil aber auch, glaube ich, einfach ein Ausdruck von Hilflosigkeit, weil das Neue zu erfinden oder das Neue auszugestalten ein sehr viel schwierigeres und aufwändigeres Geschäft ist als das Alte weiter zu betreiben, das kennt man halt. Und der größere Teil des Problems, glaube ich, besteht darin, nicht dass die Menschen bewusst am Alten festhalten, weil es so schön, wahr und gut ist, sondern weil sie Schwierigkeiten haben, die Chancen des Neuen auszuprobieren, Kreativität haben und Interesse daran haben, Neues zu denken. Und ich erlebe das jetzt im Parlament, wo ich seit Juni letzten Jahres für Wissenschaft zuständig bin. Das Problem bei den Globalhaushalten (wir in Baden-Württemberg sind ja relativ weit vorangeschritten mit der Einführung von Globalhaushalten) besteht darin, dass man tatsächlich nicht weiß, wie die Rollenverteilung zwischen Hochschulen, Ministerialverwaltung und Parlament in den neuen Verhältnissen aussehen soll. Es ist heute kein Instrumentarium da, während man früher in den Haushalten jede Menge Details über die Hochschulen nachlesen konnte, die so aufwändig zu lesen wie unsinnig waren, weil man wirklich nichts Gescheites damit anfangen konnte. So wenig ist jetzt in den Haushalten zu lesen und es kann auch der Hinweis nicht befriedigen, ,ja dann gebt uns das Vertrauen". Als Parlament kann ich nur sagen, es fehlen uns zum jetzigen Zeitpunkt tatsächlich die nötigen Informationen, um so etwas wie politische Verantwortung in Bezug auf die Hochschulen wahrnehmen zu können. Und ich rede dem nicht das Wort, dass wir gerne wieder alle möglichen Details wissen wollen. Ich will tatsächlich nicht wissen, ob an unserer Fachhochschule in Hohenheim, an der dortigen Landwirtschaftlichen Modellanstalt den Beschäftigten jede Woche ein halber Liter Butter und ein Liter Milch zur Verfügung gestellt wird, wie es im Haushalt nach wie vor zu lesen ist. Das interessiert mich wirklich nicht. Aber die Frage ist, wie kommen wir als Parlament an die relevanten Informationen? Nicht zu viel und nicht zu wenige und so zusammengefasst, dass wir eine verantwortliche und politisch sinnvolle Diskussion darüber führen können, wo denn die Entwicklung hingeht und wo politische Schwerpunkte gesetzt werden müssen. Ich glaube, es wäre für die Zukunft wichtig, dass man sich auf diesen Weg gemeinsam begibt, und konstruktiv darüber nachdenkt im Sinne des zu entwickelnden Berichtswesens was sinnvoll und nötig ist, um gemeinsam die Debatte führen zu können, wohin sich unsere Hochschulen in Deutschland wann bewegen sollen. Und ich glaube, der Blick und die Beschränkung
Podiumsdiskussion
darauf, zu sagen, Politik, Ihr habt alle nur ein Problem, dass ihr nicht loslassen könnt, wird uns nicht weiterfuhren. Ansonsten denke ich auch, es gibt in der Politik massive Probleme damit, dass die meisten Politiker sich mit den Details nicht auskennen, und dass wir zunehmend unter Druck stehen, zu sehen, wo das Geld herkommt. Und in dieser Debatte wird der Druck auch auf die Hochschulen weitergegeben werden. Auch dafür halte ich es für wichtig, sich als Hochschulen ins Gespräch zu bringen und dem nicht mit dem Hinweis auf Hochschulautonomie einen Riegel vorzuschieben und jede weitere Diskussion abzulehnen. Ich glaube, bei dem kleiner werdenden Kuchen, der zu verteilen ist, müssen sich Wissenschaft und Hochschulen gut positionieren und das gelingt ihnen, wenn sie im Gespräch bleiben. Natürlich, eine weitere Bremse, die ich auch erlebt habe, befindet sich im Bereich der Ministerialverwaltungen. Dazu ein Anekdötchen aus den Verhandlungen um den Haushalt in Baden-Württemberg. Hier hat der Regierungspartner FDP große Schlagzeilen produziert, weil er darauf drängen wird, dass im Wissenschaftsministerium jetzt als Konsequenz aus der Verlagerung von Verantwortung nach unten, Stellen abgebaut werden sollen, die Grünen hatten einen ähnlichen Antrag in die Verhandlungen eingebracht. Die FDP hat rechtzeitig ihre Schlagzeilen zurückgenommen und Übriggeblieben ist in den Verhandlungen der Auftrag ans Wissenschaftsministerium, bis in einem halben Jahr selbst einen Katalog, der neuen Aufgaben, die ihm aus der Einführung der Globalhaushalte erwachsen, vorzulegen. Wir werden also eine ausdifferenzierte Begründung erleben, warum man dieses Ministerium auf keinen Fall um eine einzige Stelle verringern kann. Darauf kann man sich verlassen. Hier muss man einen produktiven Dialog führen, sonst kommen wir nicht voran. Es könnte durchaus sein, dass es ungewöhnliche Bündnispartner gibt, es könnte durchaus sein, dass in den Parlamenten Bündnispartner zu finden sind, um das Problem des Nichtloslassenskönnens und der Angst vor Stellenstreichungen vielleicht in der Konstellation Parlament und Hochschulen anzugehen. Ich will zum Ende kurz ein paar Stichworte zu dem zukünftigen Handlungsbedarf sagen: Das eine habe ich schon beschrieben: Wir brauchen eine Neudefinition, ein neues Rollenverständnis zwischen Hochschulen, Ministerialverwaltung und Parlament. Das zweite Stichwort möchte ich einmal so umschreiben: Zusätzlich zu der Entwicklung, die Hochschulen als unternehmerische Hochschulen zu stärken, meine ich, muss ein zweiter Schritt kommen, und zwar die Hochschulen stärker ins öffentliche Gespräch zu bringen. Hochschulen agieren im öffentlichen Auftrag, sie erfüllen einen öffentlichen Bildungsund Forschungsauftrag und von daher müssen sie sich öffentlich legitimieren. Und sie erfüllen eine zunehmend wichtigere Funktion in dieser - mit den Stichworten beschrieben Wissensgesellschaft oder globalisierten Welt und ich glaube, dass es nötig ist, in der Diskussion, um das, was unsere Probleme sind, das, was die Entwicklung der Welt angeht, was Problemlösungen angeht, müs-
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sen Hochschulen eine aktivere Rolle spielen. Das hat nicht nur den Hintergrund sich zu legitimieren, das hat auch den Hintergrund tatsächlich auch die zentrale Stellung, die sie haben, ins Bewusstsein der Menschen zu bringen. Ich glaube, es wird zu wenig wahrgenommen, wie bedeutend Hochschulen tatsächlich für unsere Zukunft sind. Ein Beispiel, wo es, glaube ich, ansatzweise gelungen ist, war die Debatte um die Stammzellenforschung. Da wo sich völlig interdisziplinär Wissenschaftler zu Wort gemeldet haben und wo man einen Eindruck bekommen konnte, was es bedeutet wie Wissenschaft das Leben in unserer Gesellschaft verändert, wie schwierig diese Entwicklungen sind, wie ambivalent, wie chancenreich und riskant sie sind. Solche Debatten müssen verstärkt aus den Hochschulen in die Gesellschaft getragen werden. Ein zweites Beispiel: Einwanderungsgesellschaft. Es ist hier viel über die Notwendigkeit einer Internationalisierung geredet worden, die stärkere Internationalität der Hochschulen. Wenn das wahr ist, meine ich, müssten sich auch die Hochschulen deutlicher zu Wort melden bei der Diskussion über die Frage, ob wir eine Einwanderungsgesellschaft sind oder nicht. Welche Bedingungen brauchen die Promovenden aus dem Ausland, welche Bedingungen brauchen Wissenschaftler, wenn sie zum Forschen und zum Lehren hierher kommen, um hier wirklich einen attraktiven Standort vorzufinden? Ich würde mir da eine auch frechere, mutigere Einmischung in gesellschaftliche Debatten wünschen. Vielen Dank!
Gisela Färber Vielen Dank, Frau Bauer! Herr Landfried.
Klaus Landfried Ich habe drei Bemerkungen, und ich antworte auf das, was gesagt worden ist; drei grundsätzliche Bemerkungen in Geschäftsführung ohne Auftrag. Für die Kultusministerkonferenz oder sozusagen für die Ländersicht. Ich will versuchen, mir diesen Hut, der mir ja nicht völlig unvertraut ist, aufzusetzen. Mache aber vorab eine Bemerkung zu Frau Bauer hinsichtlich der Debatte zum Einwanderungsgesetz. Die Hochschulenrektorenkonferenz hat hierzu insgesamt fünfmal öffentlich und mit nicht zu überbietender Deutlichkeit zusammen mit den anderen Wissenschaftsorganisationen geäußert, dass sie alle die Regeln, die sich auf die Frage ihres Zuständigkeitsbereiches, nämlich auf die Möglichkeiten für ausländische Studierende und Wissenschaftler hier zu sein, zu arbeiten, sich zu qualifizieren und mit dem Qualifizierten ihre Heimat wieder aufzubauen, eine ganz klare positive Position zu dem Einwanderungsgesetz hat. Zu
Podiumsdiskussion
den mehr problematischen Teilen, die auch uns sozusagen zuständigkeitshalber nichts angehen, sagen wir bewusst nichts. Ich habe da meine private Meinung. Aber wir können uns als Organisation natürlich nur zu den Dingen äußern, bei denen wir zuständig sind. Wir haben das mehrfach getan, und Sie finden manches davon auch in Interviews, die wir dokumentiert haben. Erste Bemerkung: Hochschulen bleiben auch als Unternehmen, wenn wir sie denn als solches begreifen, als Unternehmen in der Wissenschaft, Stätten der Kultur. Der Vorwurf der Ökonomisierung der Hochschulen, der von Freunden des Bewährten gelegentlich erhoben wird, der kommt entweder aus Ignoranz, Inkompetenz oder aus Vertuschenwollen. Der Hinweis auf das in der Vergangenheit Bewährte, ich habe das vorhin ja schon einmal gesagt, beruht häufig auf der Verschleierung der keineswegs nur schönen Vergangenheit der deutschen Universitäten - ich will nur hier in Speyer an die Affäre Gumbel in Heidelberg erinnern und an ihre Vorläufer und an die Art und Weise, wie an der Reichsuniversität Straßburg die Berufung von Georg Simmel hintertrieben worden ist, weil er erstens ein verdächtiger Soziologe und zweitens auch noch Jude war. Also die deutschen Universitäten haben schon vor dem dritten Reich in den 20er Jahren, gerade in der Zeit, in der sie so besonders berühmt geistig waren, eine Art von Verhalten an den Tag gelegt, das man in vielen Fällen nur als eine Schande bezeichnen kann. Also ich bin da ein bisschen zurückhaltend bei der Furcht vor der angeblichen Ökonomisierung. Zweite Bemerkung: Bund, Länder und Kommunen investieren derzeit sechsmal soviel in die Sozialsysteme wie in die Bildung. Dieses Verhältnis ist falsch. Das ist eine Generalaussage, und dieses zu ändern, ist schon angesichts der Bevölkerungsentwicklung, über die ich vorhin schon gesprochen habe, eine zwingende Herausforderung. Dieses ist nur durch eine öffentliche Debatte zu erreichen, wo wir gemeinsam - das Forum Bildung ist ein Instrument, ein Fokus - auftreten müssen. Die PISA-Studie hat, obwohl sie von den meisten nicht verstanden worden ist, jedenfalls bewirkt, dass Bildung für einige Zeit regelmäßig auf der ersten Seite der Zeitung steht und nicht auf der fünften. Wir wollen versuchen, das eine Weile zu halten. Ich weiß von Niklas Luhmann über die Biographie öffentlicher Themen, dass das nicht sehr lange durchzuhalten ist. Dann kommen wieder neue Themen. Deswegen war die Ehrenbergsche Anregung, eine PISA-Studie an Hochschulen zu machen, selbst wenn das fünf, sechs Jahre dauert und wenn darüber regelmäßig berichtet wird, eine gute Sache. Die Öffentlichkeit ist sensibel und reagiert positiv auf die Mitteilung, dass die meisten Arbeitsplätze der Zukunft aus der Wissenschaft kommen. Ich habe das bei vielen Diskussionen, auch mit Handwerkskammern und mit Industrieund Handelskammern gemerkt: Die Leute sind hellhörig, hören das gerne, und ich sehe auch hier, gerade in der Regionalentwicklung, eine tolle Chance für die Fachhochschulen, sich hier entsprechend zu positionieren.
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Podiumsdiskussion
Was die Länder angeht, haben wir im Bildungsbereich eine Entwicklung, von einem fast österreichischen Konsens der Ruhe im Föderalismus zu einem wettbewerblichen Föderalismus. Sie können sich denken, dass ich einen Wettbewerbsföderalismus persönlich noch toller finde als den früheren. Das zeichnet sich an vielen Stellen in der Arbeit der Kultusministerkonferenz ab. Ich kriege regelmäßig ja die entsprechenden Protokolle und muss sagen, dass in den letzten Jahren eine Verschlankung der Prozesse, eine Beschleunigung stattgefunden hat und es lohnt sich, in die vielen weiterführenden Beschlüsse hineinzuschauen. Die Entwicklung ist insgesamt positiv. Dies gilt auch z.B. für die Bewertung dieser neuen Bakkalaureus und Magister-Abschlüsse. Im öffentlichen Dienst hat die Kultusministerkonferenz ein großes Verdienst im Interesse der Fachhochschulen. Die Beschlusslage wird heute Vormittag im Plenum der Kultusministerkonferenz in Berlin wohl sein, dass Magister oder MasterAbsolventen von Fachhochschulen, die aus einem akkreditierten Studiengang kommen, die Chance für den Vorbereitungsdienst im höheren Dienst bekommen. Dieses ist ein Paradigmenwechsel sondergleichen, und ich bin auch der Innenministerkonferenz sehr dankbar, dass sie hier bereit war, diesen Sprung sozusagen über den Hades zu tun. Dritte Bemerkung: Kompetenzen der Ministerien. Es wird nur behauptet, die Kompetenzen brauchten gar nicht verloren zu gehen. Die Länder haben nach § 9 HRG eine Verantwortung für die Vergleichbarkeit der Abschlüsse. Das sollte auch so bleiben, denke ich, denn sie haben eine unmittelbare Verantwortung dafür, dass die Hochschulen das Geld, das sie vom Steuerzahler bekommen, in einer nachvollziehbaren, dokumentierten Weise ausgeben. Und dieses bedeutet, dass wir die Frage der länderübergreifenden Berichtssysteme, der Kennzahlensysteme gemeinsam verfolgen und hier dazu kommen, dass eine Partnerschaft entsteht, die nicht so stark die Kontrolleure, die sozusagen die Fahrkarten kontrollieren, in der U-Bahn sind, sondern Leute, die versuchen, gemeinsam ein Optimum bei dem Staatsunternehmen Hochschule zu erreichen. Die Verantwortung für die Finanzierung lässt gar keine andere Möglichkeit zu. Ich sage Ihnen, dass die Ministerien ein neues kreatives Potential dabei bekommen, d.h. sie können bei einer Änderung ihrer inneren Organisation, bei einer anderen Form des Umgangs mit den Hochschulen nur gewinnen, weil sie gerade diese strategischen Debatten im Dialog mit den Hochschulen stärker befördern können, weil die Betriebsblindheit der Hochschulen und die Neigung in den Fakultäten, die da und dort noch vorhanden ist, Dinge schön zu reden, und zu vertuschen, vermindert wird. Das kann man in einem partnerschaftlichen Verhältnis durchaus offener gestalten als es bisher war. Ich sehe auch in den Ministerien, um das ganz offen zu sagen, den Generationenwechsel. Ich sehe die Bereitschaft, diese neuen Wege mitzugehen und bin deshalb optimistisch, dass das auch mit knapperen Ressourcen geht. Ich habe Peter Frankenberg, der ja, wie bekannt, Vizepräsident der Hochschulrek-
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torenkonferenz war und einer der stärksten Befürworter auch einer eher radikalen Autonomie der Hochschulen ist, bei seiner Verabschiedung in Mannheim gesagt, dass ich seinen Erfolg daran messen werde, um wie viel Prozent sein Ministerium bei seinem Amtsende kleiner geworden ist. Und das hat er gerne akzeptiert. Er ist jetzt ja erst ein halbes Jahr im Amt. Wir müssen ihm schon ein bisschen Zeit geben. Aber ich gehe davon aus, dass nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch in anderen Ländern in dieser Richtung gearbeitet wird, zumal die Parlamente ja auch ein Wort mitzureden haben, Frau Bauer. Ich halte im Übrigen einen institutionalisierten Dialog zwischen der Hochschullandschaft, also sprich den Hochschulkonferenzen oder Rektorenkonferenzen wie auch immer die heißen, einige haben da noch die Schularten getrennt, andere haben sie zusammen - irgendwann wird man auch die Dialoge untereinander noch ein bisschen verstärken müssen - also Dialoge der Hochschulkonferenzen mit den Parlamentariern aus den Ausschüssen für Bildung und Wissenschaft der jeweiligen Landtage für ein ganz wichtiges Thema. Wenn das regelmäßig stattfindet, werden viele Informationsbedürfnisse, die der Landtag hat, auf diese Weise ganz informell und ganz gut befriedigt werden können, zumal man dabei essen und trinken kann. Was ich nicht sehe, um das ganz deutlich zu sagen, und um mich dabei auch politisch zu positionieren, ich sehe nicht den geringsten Bedarf für mehr Bundeskompetenzen im Hochschulbereich, nicht den geringsten. Sie wissen, dass der Bund sich sozusagen in die Länderkompetenzen „eingekauft" hat durch die Gesetzgebung, die auf 1969 gefolgt ist. Eine gewisse Entwirrung und Entzerrung wäre da nicht falsch. Allerdings sage ich, dass die Gemeinschaftsaufgaben bleiben müssen. Das widerspricht ein bisschen der Position, die gewisse Länder, die entweder ein hohes Selbstbewusstsein oder einigermaßen gefüllte Kassen haben, die meinen, sie könnten alles selber machen, wenn der Finanzausgleich stimmt. Dieser Botschaft traue ich nicht. Ich sage Ihnen - aus der Sicht eines Hochschulmenschen - die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau ist für eine absehbare Zeit unverzichtbar. Wenn wir die Rückstände, diesen Stau, den wir bei Sanierung von Unis und bei Neubauten haben, vor allem beim Ausbau von Fachhochschulen, wenn wir den in den nächsten zehn Jahren einigermaßen abbauen wollen, werden wir ohne die Gemeinschaftsaufgabe mit einer maßgeblichen, sprich hälftigen Bundesbeteiligung überhaupt nicht vorankommen. Dazu bekenne ich mich ausdrücklich. Weil die Entzerrung zu Lasten der Hochschulen gehen wird solange die Finanzseite in den Ländern unter dem Druck der Konsolidierung alles kassiert, wobei da, wir wissen ja, dass der Bund den Ländern auch Aufgaben übertragen hat, denen sie finanziell nicht gewachsen sind, der Finanzausgleich an der Stelle nicht stimmt. Deswegen sage ich, lassen Sie uns bitte die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau erhalten, im Verfahren bitte flexibilisieren und vereinfachen usw. Da kann man vieles machen. Das ist
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ja auch auf dem Diskussionswege. Aber keine Aufgabe der Gemeinschaftsaufgaben. Ich will jetzt zum Ende noch drei Dinge sagen, wo wir den Staat in Gestalt der Länder brauchen. Und dann mache ich noch eine Bemerkung zur Finanzierung. Wir brauchen ein Training für Wissenschaftsmanager als Voraussetzung für den Amtsantritt. Da sind manche Hochschulleute zu eitel, um zu sagen, ich habe das nötig. D. h. niemand sollte Dekan werden, der nicht mindestens einen Crashkurs in Management bei einer Unternehmensberatung, oder in einer einschlägigen Firma oder wo auch immer mitgemacht hat bzw. hier in Speyer. Ich bin da sehr dafür. Aber ohne ein Training geht es nicht. Ich habe selber eine Reihe von Dekanen an meiner Universität in meiner privaten Freizeit von ihren Alpträumen „Wie mache ich Dekan?" befreien können, indem ich sie vorbereitet habe, auf das, was auf sie zukommt. Und es ist auch ganz ordentlich gegangen, nur ist es eine zeitraubende und schwierige Sache. Ich habe selber, als ich zum Vizepräsidenten, ich war ja schon Studentenwerksverwaltungsratsvorsitzender, hatte also so ein bisschen Ahnung, habe eine kaufmännische Ausbildung hinter mir, ich bin also nicht völlig so ein typischer Akademiker, was mir so gelegentlich ja auch einmal vorgeworfen wird. Aber das ist schon so, ich habe dann als Vizepräsident zwei richtige Managementseminare bei einer sehr anständigen rheinland-pfalzischen Firma mit drei blauen Buchstaben gemacht in Mainz. Ich will jetzt keine Reklame für die Firma machen, die hat das damals organisiert, der Kanzler war da gleich auch dabei, weil wir uns so gut vertragen haben. Das ist übrigens auch gut, dass die Kanzler mal nicht nur aus der öffentlichen Verwaltung, sondern auch eben aus dem Wirtschaftsbereich mal etwas mitbekommen. Dieses Training für Dekane, für Präsidenten, Vizepräsidenten, Rektoren etc. ist unerlässlich. Und das muss verordnet werden, sonst machen die das nicht, weil sie sich in der Regel für geeignet halten aufgrund ihrer akademischen Biographie. Gute Forschung macht aber noch nicht verwaltungsfähig. Der Umgang mit fünf Personen oder zehn Personen, die man in einer Gruppe hat, ist völlig unterschiedlich zu dem, wenn ich mit fünfhundert, mit tausend oder fünftausend Leuten zu tun habe. Das müssen Sie richtig organisieren. Zweite Bemerkung: Berufungsverfahren müssen mehr Transparenz gewinnen. Berufungsverfahren an deutschen Universitäten und an manchen Fachhochschulen sind nicht immer transparent. Das Ingrouping, gruppendynamische Prozesse innerhalb der Familie usw., die Neigung, nach der Devise „die müssen doch zu uns passen, Herr Kollege" Professoren zu berufen, ist nicht unbeträchtlich. Deswegen habe ich vorhin den Vorschlag gemacht, dass man dieses öffnet, was nur auf dem Gesetzgebungswege geht. Auch hier ist eine Aufgabe der Länder, dass die Berufungsverfahren noch wettbewerblicher werden, denn Unternehmenspolitik, meine Damen und Herren, ist Personalpolitik. Die Qualität entscheidet sich über die Qualität des Personals. Deshalb müssen
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diese Verfahren noch wettbewerblicher orientiert sein, und sie müssen durch Fachleute, die nicht nur aus der „Familie" kommen, begleitet werden können. Und jetzt komme ich drittens zu der Passivität der Studierenden. Ich würde das anders nennen, es ist die Konsumorientierung. Die Studierenden gehen in die deutschen Hochschulen unter dem Gesichtspunkt „Was hole ich mir da ab?" Und leider ist durch den Begriff „Hörer" und den Begriff „Lehre" der Verabreichungscharakter akademischen Lernens auch noch zusätzlich gestärkt worden. Das wissenschaftliche Studium an Fachhochschule und Universität kann und darf sich nicht auf Unterricht beschränken. Der Unterricht ist eine Chance, Selbstlernen herbeizuführen. Schon bei Fichte kann man nachlesen, Bildung beruht auf Selbsttätigkeit und zielt auf Selbsttätigkeit ab, so alt ist diese Weisheit schon. Und dieses in den Hochschulen zu organisieren, ist die zentrale und die vornehmste Aufgabe, die wir überhaupt haben. Und es ist nach meiner Erfahrung möglich, solche Fragen wie „Wie organisiere ich Lernen und Studium und Prüfung?" anzugehen. Wenn Sie dann noch die Studierenden dazuholen, dann bekommen Sie ein Engagement, das sich gewaschen hat. Die Geschichte jetzt zu erzählen, dauert zu lange, aber wir haben das in Kaiserslautern experimentell gemacht. Da haben die Studierenden eine Chance zum Engagement. Das gilt übrigens nachher auch für die- Organisation von Studiengebühren, das würde ich den Studenten in die Hände geben. Darauf komme ich gleich noch. Dann haben Sie eine Beteiligung, die über das schon immer falsche Modell des Parlamentarismus in der Hochschule weit hinaus führt. Deswegen halte ich diese sechste Hochschulrechtsrahmengesetzänderungsnovelle in Sachen Verbot von Studiengebühren und auch Einführung verfasster Studentenschaften für gänzlich überflüssig und außerdem für den falschen Weg. Also wir müssen die Studierenden viel stärker in die Entscheidungsprozesse mit einbeziehen, das geht auch auf eine ganz vernünftige Weise, vor allem auf den fachlichen Ebenen und über die Studentenwerke übrigens auch, was die soziale Seite angeht. Lassen Sie mich noch ein paar Bemerkungen zur Finanzierung der Hochschulen machen. Wir werden längerfristig das Verhältnis 1 : 6 von Bildung zu Sozialem auf die Gefahr hin, dass Deutschland Konkurs geht, nicht durchhalten. Wir müssen also die Sozialsysteme deutlich verschlanken und auf mehr Eigenverantwortung stellen. Und wir müssen den Bildungsbereich sukzessive, das geht nicht von heute auf morgen, schrittweise nach oben fahren, vor allem den Grundschulbereich, den Primarbereich und zweitens den Hochschulereich. Dieses muss flankiert werden durch eine nachhaltige Verstärkung der eigenen Einnahmemöglichkeiten der Hochschulen. Ich nenne Ihnen auch gleich Hausnummern, damit Sie sehen, wie ernst mir die Sache ist. Aus dem Bereich Weiterbildung und Transfer und Verwertung von Erfindungen etc. kann ein Bruttoertrag, der Nettoertrag ist immer sehr schwer zu errechnen, ein Bruttoertrag in der Größenordnung von 250 Mio. Euro relativ kurzfristig bundesweit erzielt
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werden. Da sind erhebliche Spielräume da, es gibt einige Hochschulen, die im Weiterbildungsbereich bereits in der Größenordnung von 2 bis 3 Mio. jährlich einwerben. Das setzt allerdings voraus, dass das bayerische Gesetz, das in diesem Sinne vorbildlich ist, bundesweit eingeführt wird. Nämlich, dass die Professoren im Hauptamt Weiterbildungsveranstaltungen durchführen und dafür auch honoriert werden. Das haben wir Besoldungsmenschen vor zehn Jahren noch mit Lachen als abwegig charakterisiert. Ich kann nur sagen, der bayerische Landtag, hat hier wirklich einen Durchbruch erzielt, dieses Gesetz sollte man bundesweit bekannt machen und in allen Ländern empfehlen. Als zweites sehe ich die nachlaufenden Studiengebühren. Ich bekenne mich ausdrücklich zu nachlaufenden Studiengebühren, d.h. dass Abgänger von Hochschulen egal ob mit oder ohne Examen für die Zeit, die sie in Hochschulen verbracht haben, aus ihrem Bruttoeinkommen einen kleinen Betrag den Hochschulen bis zu einer Obergrenze, die man noch festlegen muss in privatvertraglicher Verabredung zurückzahlen. Dann ist auch das Problem der Zusatzsteuer gelöst. Das bedeutet, dass man das Geld, wenn diese Regelung denn eingeführt wird, erst nach fünf oder sechs Jahren in den Hochschulen hat. Aber lieber in fünf oder sechs Jahren mehr Geld haben als nie. Meine Idealvorstellung ist das Witten-Herdecker Modell, nämlich: die Studenten organisieren das selbst. Das ist eine Entlastung der Hochschulverwaltung, denn das Geld geht dann über den Verein der Studierenden. Also ich bin sehr für freiwillige Zusammenschlüsse von Studierenden. Aber das ist ein ganz anderer Punkt. Als freiwilliger Zusammenschluss von Studierenden kann man das sehr gut organisieren. Witten-Herdecke zeigt, dass es möglich ist, und die Bereitschaft bei Studentenschaften, ist durchaus vorhanden, sich um so was zu kümmern. Und das wird nämlich auch Engagement hervorbringen, wenn es um relevantes Geld geht, dass die dann nachher auch bestimmen, wo es hingeht, nämlich in die Lehre, in die Ausbildung. Der Betrag, der mir bundesweit vorschwebt, sind eineinhalb Milliarden Euro, da bin ich ganz bescheiden, weil man nicht zu große Beträge im Durchschnitt annehmen darf. Aber das wäre ein zusätzlicher Beitrag für die Hochschulen, der uns dringend fehlt. Ich habe noch 200 Mio. Euro zusätzlich anzubieten, nämlich durch die Nutzung der Liegenschaften einschließlich des Facility-Managements. Der Weg den das Land Nordrhein-Westfalen mit seinem zentralen Liegenschaftsmanagement gegangen ist, halte ich jedoch für den falschen Weg. Ich glaube, das gehört dahin, wo die Häuser sind, ich bin nun selber aus der Branche, privatim. Ich bin ein Mensch, der sich in seiner „reichlichen" Freizeit mit Immobilien beschäftigt. Und ich weiß, was es für einen Unterschied bedeutet, ob Sie Profis am Werke haben oder Leute, die auf Ermahnung „bei uns regnet's rein" nach sechs Wochen zur Besichtigung kommen und nach weiteren drei Monaten mitteilen, dass ein HU Bau für eine entsprechende Maßnahme geplant sei und die nach zwei Jahren auf Ermahnung mitteilen, dass die veranschlagten Mittel
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erst im übernächsten Jahr zur Reparatur reichen. Ich karikiere das natürlich im Augenblick. Also die Eigenverantwortung der Hochschulen auf diesem Gebiet ist nötig. Ich sage Ihnen aber auch dazu, die Hochschulen haben gegenwärtig keine Fachkompetenz auf diesem Gebiet. Die Hochschulverwaltungen sind damit mit ganz wenigen Ausnahmen in aller Regel überfordert. Ich rate auch nicht dazu, große Bauabteilungen aufzubauen, weil diese genauso verbürokratisiert werden wie die staatliche Bauverwaltung selber. Ich rate also dazu, einen kompetenten, auf Zeit beschäftigten „Brückenkopf 4 im Hause zu haben, den man loyal als Ansprechpartner hat, also eine kleine Baugruppe von zwei, drei Leuten, die dieses Geschäft betreiben, und im Übrigen auf einen Zeitraum von fünf Jahren über Ausschreibungen gewonnene Immobilienmanager von draußen als kompetente Berater dazuzuholen. Das ist der Weg, den ich für sinnvoll halte, der auch etwas bringt. Und die Fragen, die man dann stellen kann, entschuldigen Sie, wenn ich jetzt noch so lange rede, aber ich will wenigstens sagen, wie man das macht. Wenn ich~Grundstücke habe, wo ich in der Innenstadt sitze, muss ich mir überlegen, was kann ich mit diesen Grundstücken machen? Wie nutze ich sie? Brauche ich sie unbedingt für Lehre und Forschung oder kann ich an die Peripherie gehen, wenn die Verkehrsverhältnisse dieses zulassen. Kann ich auf den Grundstücken in der Innenstadt etwas anderes tun, zusätzliches tun? Möglicherweise kann ich z.B. durch meine hervorragenden Beziehungen zur Stadtverwaltung erreichen, dass ich eine Erhöhung der Nutzungsmöglichkeiten bekomme und auf diese Weise einen Spielraum gewinne, um in einer schönen Innenstadtlage nachträglich nachhaltige Ergebnisse zu erzielen. Verwertung von Grundstücken auf dem Markt. Die Berliner haben gezeigt, wie man Steuergelder verschleudert, als sie Grundstücke der Freien Universität vermarktet haben. Sie wissen, dass ein Grundstück, wenn es auf dem Markt ist, schon 20 % an Wert verloren hat, wenn Sie nicht vorher mit interessanten Investoren darüber geredet haben. Die Grundstücke müssen also entwickelt werden, bevor sie auf den Markt kommen usw. usw. Also das Volumen würde ich mal ganz vorsichtig auf rund 100 Mio. Euro im Jahr ganz bescheiden für die ganze Republik rechnen. Sie können nach Schätzungen, die ich aus den Fachkreisen habe, auch von einem fünffachen Betrag ausgehen. Ich bin ganz vorsichtig: 100 Mio. sollten es sicher sein, und, naja, es gibt dann schließlich auch noch neben diesem Feld das des Sponsorings. Es gibt eine Reihe von Hochschulen, die auf diesem Gebiet aktiv sind. Ich nenne jetzt nur die TU München und auch die Universität Hamburg. Beide haben auf unterschiedliche Weise Millionenbeträge durch intensives Akquirieren von Sponsoren und Mäzenen gewonnen. Das kann man auch im Baubereich machen. Also mancher Mensch, der anständiges Geld verdient hat, freut sich, wenn er nachher eine Metallplakette sieht, auf der steht „diese Räume wurden gestiftet von...". Wenn Sie das verbreiten, kommen Sie zu anständigen Beträ-
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gen im Bereich der „tangibles", also im Bereich der anfassbaren Werte. Aber Sie kriegen auch Sponsoring ftir bestimmte Studiengänge, für Stipendien etc., man muss sich nur intensiv darum kümmern. Und die Leitung der Hochschule muss der Hauptakquisiteur sein. Sie muss herumreisen und mit dem Geldbeutel herumlaufen und bei den Leuten erst dann aus dem Haus gehen, wenn der Scheck unterschrieben ist. Dass das möglich ist, zeigen eine Reihe von Beispielen. Ich sage Ihnen, in allen deutschen Ländern, einschließlich MecklenburgVorpommern, einschließlich Sachsen, Sachsen-Anhalt ist das möglich. Es sind Leute, die sich auf diese Weise auch geehrt fühlen. Ich bin gegen die Ehrendoktoren für Spender, ich bin für Ehrensenatorentitel, weil das sozusagen das Engagement zeigt. Wissenschaftstitel sollte es nur geben für Leute die was für die Wissenschaft direkt beigetragen haben. Aber Ehrensenatoren und was nicht alles für Ämter, Medaillen und Plaketten und Fahnen, da können Sie so viele schöne Sachen machen, um die Leute zu begeistern, und Sie glauben nicht, wenn Sie sie so anschauen, die neuste Sache war heute morgen in der Zeitung. Der Dietmar Hopp hat - das ist der Mensch von SAP, der im Übrigen für die Wissenschaft wirklich was tut, genauso wie Klaus Tschira, hat jetzt gerade ein Großgerät im Bereich von 1,2 Mio. € für die Kinderklinik in Heidelberg einfach gestiftet. Schauen Sie, solche Dinge, gut veröffentlicht, da kommt Geld in die Hochschulen, das man nicht unterschätzen darf. Und ich rechne mit Hunderten Millionen, d.h. wir können insgesamt in der Größenordnung von 3 Mrd. zusätzlich akquirieren, ohne dass die Finanzminister im Karree springen. Dass man mit denen auch darüber reden muss, dass man den beschämend niedrigen deutschen Anteil nach oben bringen muss, anstatt ihn im Hinblick auf die aussterbende Bevölkerung nach unten zu drehen, das ist ein anderes Thema. Gerade weil die Bevölkerungszahl sinkt, brauchen wir mehr Investitionen in diesem Bereich. Punkt. Danke!
Gisela Färber Herzlichen Dank Herr Landfried für diese Verve. Ich habe mir gerade vorgestellt, was passieren würde, wenn Sie tatsächlich noch einmal eine Universität „unter die Hände bekommen" würden, wie Sie die dann verändern würden. Sie haben eigentlich in der Tat die wesentlichen Aspekte noch einmal auf den Punkt gebracht. Ich glaube, es hat keinen Sinn, noch einmal direkt zu reflektieren. Sie bekommen alle noch einmal die Gelegenheit dazu. Bevor ich dem Auditorium die letzte Möglichkeit zur Kommentierung einräume, würde ich gerne aus meiner Sicht zwei Dinge aufgreifen, die mir aufgefallen sind. Schon so ein bisschen rückblickend auf unsere Themen, nehme ich aus den vergangenen zwei Tagen und auch aus den letzten Statements eigentlich zwei Punkte mit: das eine ist, dass wir eigentlich bessere Ausbildungen für alle
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Hochschulmanager brauchen. Das gilt nicht nur für die Verwaltungsmanager, Herr Landfried, Sie haben zu Recht auch die Dekane genannt, also die ehrenamtlichen Selbstverwalter. Das Problem geht für meine Begriffe aber weiter, indem mit Blick auf die Internationalisierung der Wissenschaft und Öffnung gegenüber der Privatwirtschaft und in anderen Sektoren Konsequenzen zu sehen sind. Für Professorinnen und Professoren zumindest vieler Fächer ist Internationalisierung heute selbstverständlich, bei anderen Fächern ist sie noch sehr unzureichend. Aber eben gerade deshalb braucht auch das Verwaltungspersonal eine Internationalisierung, um nicht „abzuschreiben", sondern ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie andere managen. Die Art, wie sich in anderen Ländern Universitäten im globalen Wettbewerb positionieren, das gehört in den Ausbildungsteil. Ich hoffe, dass wir hier in Richtung Aufbaustudium und Fortbildungskonzeption mit einem „Zentrum für Wissenschaftsmanagement" weiterkommen. Der zweite Punkt ist mir als Ökonomin fast noch wichtiger. Er setzt auf dem Wettbewerbsbild auf. Auch das wurde jetzt in den Tagen einige Male angesprochen. Es wurde immer Wettbewerb unter den verschiedensten Aspekten apostrophiert. Auch Frau Schenker-Wicki hat gestern mit dem Hochschul-Finanzausgleich in der Schweiz ein Wettbewerbsmodell gezeigt. Wichtig ist aber, dass wir über Wettbewerb im Staatsbereich reden. Und dort haben wir nur ein diffuses Bild. Es gibt dort nämlich keinen Wettbewerb qua Automatismus. Es gibt keine echten Märkte. Dann kommt es darauf an, dass man das, was der Wettbewerb leisten soll, durch institutionelle Implementierungen vorantreibt. Es ist dann Aufgabe der Politik, die institutionellen Rahmen zu verankern. Sie muss die Lösungen nicht selber entwickeln. Sie muss aber dafür sorgen, dass Lösungen implementiert werden und eine Art Kontrolle übernehmen. Denn die Dinge entwickeln sich nicht von selbst richtig. Wichtig ist, dass alle institutionellen Positionen bestreitbar gemacht werden. Wir Ökonomen kennen die „contestable markets''. Es gibt selten vollständig funktionierende Märkte, aber es reicht aus, wenn Märkte bestreitbar sind in dem Sinne, dass es keine Monopolpositionen gibt, oder selbst dann, wenn sie Monopole haben, dass sich die Leute so verhalten müssen, als gäbe es Wettbewerb. Das aber kann man dann durch institutionelle Arrangements organisieren. Wir hatten das Beispiel Sachsen-Anhalt, wo durch Expertenkommissionen z.B. Fachhochschulen oder auch Fachbereiche quasi für „tot" erklärt wurden, und gerade die entwickeln auf einmal neues Leben, weil sie in ihrer Überlebensstrategie endlich im „nervus rerum " getroffen sind. Aber es muss erst zur ernsthaften Bedrohung kommen, von sich selber aus bewegen sich viele Institutionen nicht. Wir haben die Finanzierungsschlüssel, die Studienkonten, auch die Gebühren, egal, wie man zu den Dingen steht. Sie bedeuten, dass Positionen in den Hochschulen in der Tat bestreitbar werden. Niemand kann sich mehr ewig auf die Bedarfszuteilungen verlassen. Wir haben das Beispiel der Evaluierungen gehabt, wodurch sich
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erstmals in der Lehre Fachbereiche am Portepee packen mussten und fragten: Ja, was tun wir hier eigentlich? So schlimm waren die Zustände vorher, dass ganze Fakultäten vor sich hin „schliefen". Im Hochschulbereich ist damit im Übrigen spät angefangen worden, bei den Forschungsinstituten sind die Evaluierungen zumindest in der ersten Runde bereits abgeschlossen. Die Evaluierung von Forschung in den Hochschulen ist noch nicht so systematisch betrieben worden, dass hier auch eine Art Wettbewerb entsteht. Und das, was Sie eben eingefordert haben, Frau Bauer, mehr Selbstvermarktung, mehr in die Öffentlichkeit gehen, hat für meine Begriffe etwas damit zu tun, dass irgendein Fachbereich überhaupt keine Notwendigkeit hat, sich an anderen als an Insidern zu spiegeln und zu erklären, was er denn auch im Bereich der Forschung für die Gesellschaft tut. Also insoweit fehlt es an diesem Instrument der Evaluierung von Forschung mit dem speziellen Blick, der „Feuer unter dem Stuhl" machen kann, bestreitbare Positionen einbringt. Und als letzten Punkt: Die Bestreitbarkeit von Positionen führt automatisch zu der Frage nach der Streitfähigkeit von Hochschulen, nämlich gegenüber anderen Politikfeldern auf der einen Seite. Sie, Herr Landfried, haben reklamiert, dass für soziale Sicherung das Sechsfache der Ausgaben für Bildung getätigt werden. Da stelle ich mir die Frage, warum denn der Hochschulsektor, wenn er denn so wichtig ist, so viele Jahre permanent bei der Ressourcenverteilung verloreiuhat. Welches waren denn die Faktoren, die dazu geführt haben? Und wo sind die Argumente, mit denen begründet werden kann, dass mehr Geld gebraucht wird? Die Gebührendebatte ist letztlich nicht anders als dieses Thema, denn es geht auch um die Verwendung von Einkommen, egal, ob es über den Staatssektor umgeleitet wird oder ob die Haushalte direkt zahlen. In einer schrumpfenden Gesellschaft mit fehlenden Kindern stellt sich außerdem die Frage nach Erbschaften zugunsten von Hochschulen. Also Bestreitbarkeit und Streitfähigkeit sind ein Paar. Und wir müssen uns wirklich fragen, wie wir so etwas organisieren können, um die Reformen dann tatsächlich auch einmal zu einem echten Zwischenabschluss bringen zu können. Denn man kann glaube ich, auch das haben wir aus der Verwaltungsmodernisierung gelernt, nicht dreißig Jahre modernisieren, ohne dass die Institutionen dabei abschlaffen.
Peter Wild Herr Prof. Landfried: Bei den Gemeinschaftsaufgaben, da stimme ich Ihnen zu. Herr Prof. Wendt aus Saarbrücken hat einmal gesagt, das sei ein Geniestreich des Bundes gewesen, mit dem er sich mit dem vorher den Ländern vorbehaltenen Geld eine Kompetenz gekauft hat. Zustimmung!
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Widerspruch, was Ihre Wertung in der Auswirkung betrifft: Also wir haben das 1996 in Nordrhein-Westfalen durchgerechnet. Wir stünden uns ohne Gemeinschaftsaufgaben, auch monetär gerechnet, eindeutig besser und verfahrensmäßig erst recht. Ich habe ein wunderschönes Belegbeispiel: das Programm-Buch - A 2004. Weil der Bund der Trendsetzer in diesem Geschäft ist - aber leider nicht positiv, sondern negativ, haben vier Länder ihren Hochschulausbau bis 2004 vorfinanziert und refinanzieren sich dann aus der Gemeinschaftsaufgabe zurück. Das ist das Musterbeispiel dafür, dass die Gemeinschaftsaufgabe eigentlich nicht mehr funktioniert, so wie sie im Anfang der Siebziger gedacht war. Ansonsten: zweiter Hinweis der fehlende Anteil oder der sinkende Anteil des Bundes an der Bildungsfinanzierung seit den 1970er Jahren von ursprünglich fast 10 % auf so etwa 4 % - ja Sie müssen die Alterslast hinzurechnen, die ja bisher im Bildungsfinanzbericht nicht enthalten ist. Die gesamte Alterslast, die Länder haben bekanntlich den größten Personalsektor, ist dort noch nicht enthalten. Inzwischen ist ja die statistische Grundlage dafür geschaffen. Ab diesem Jahr werden die Daten erstmals inklusive der Alterslast beim Statistischen Bundesamt gesammelt, und dann werden wir sehen, wie hoch der Anteil des Bundes in diesem Geschäft tatsächlich ist. Ansonsten zum Trendsettertum des Bundes: er beeinflusst ja die Gemeinschaftsaufgabe letztendlich nicht klar in der Planerstellung, aber dort, wo es wesentlich darauf ankommt, im Realisierungsgrad. Er bestimmt den Realisierungsgrad, und den bestimmt er prozentual nach seinen Finanzen. Und insofern ist er leider Gottes in diesem Geschäft ein negativer Trendsetter. Die Gemeinschaftsaufgabe - ist meine persönliche Überzeugung - gäbe es mit Sicherheit ohne die deutsche Einigung nicht mehr, die ist leider Gottes dazwischen gekommen und zwar weil wir heute eine disparitäre Entwicklung in den alten und den neuen Ländern haben. Wir haben das also einmal gerechnet, man kann das eindeutig nachweisen, weil der Schlüssel, über den - oder wie soll ich sagen, der Weg, über den man diese Ausgleiche dann machen müsste, Kompetenz zurück inklusive Finanzen, nur über die Umsatzsteuer laufen kann. Und da sind die in den neuen Ländern noch zu schwach. Das heißt also bezogen auf das Jahr 1996 haben wir einmal die Berechnung gemacht: Nordrhein-Westfalen würde 400 Mio. Gewinn machen aber Sachsen würde 1 Mrd. verlieren, d.h. das funktioniert noch nicht. Aber ich bin am Ende sicher, wenn die Steuerbasis sich vernünftig in den neuen Ländern entwickelt hat, was sicher noch einen langen Weg bedeutet, dann wird die Überzeugung in den Ländern wachsen, dass wir dort etwas an dieser Gemeinschaftsaufgabe ändern müssen. Volle Zustimmung zu Ihrer Idee, dass sich Hochschulen vor Ort um private Gelder bemühen sollen. Also ich gebe Ihnen zwei Beispiele, dass man wirklich Gelder mobilisieren kann, nur muss man in Kontakt zu den Menschen treten, die das Geld haben. Erstes Beispiel: Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin. Wenn Sie sich die Neue (Alte) Nationalgalerie, die gerade saniert überge-
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ben worden ist, ansehen, und ihre Spenderplaketten, habe ich dort eine völlig anonyme Frau aus New York in Erinnerung. Sie stiftet 500 T D M in ihrem Testament, weil sie einfach durch das, was sie einmal in Berlin in dieser Stiftung erlebt hat, stark beeindruckt war. Zweites Beispiel: Das Wuppertal-Institut in Wuppertal hat einen Freundeskreis. Und dieser Freundeskreis ist unglaublich aktiv und hat in Millionenhöhe Erbschaften eingeworben. Das heißt also, das Geld liegt eigentlich auf der Straße. Man muss nur in Kontakt mit denen treten und sie fur die Zwecke der Hochschule begeistern. So, kleine Fußnote für Herrn Schock und gleichzeitig Trost für alle aus dem Bildungssektor hier vertretenen: Der Übergang von der Kameralistik zu der flexibilisierten Form des Haushaltswesens oder zum Globalhaushalt sogar hat natürlich für die Kultusressorts eine leider selten wahrgenommene Wohltat beinhaltet, nämlich in der Vergangenheit im alten kameralen System blieben ja bedeutsame Restbestände an Geld unten liegen. Das war im Grunde genommen der Ansatzpunkt, dieses Ding zu ändern und diese Form der Bewirtschaftung zu ändern. Im Grunde genommen hätte beim Übergang des alten in das neue System über fünf Jahre, was weiß ich, irgendwelche Durchschnittssätze berechnet, diesen Bodensatz erst einmal abziehen müssen von dem Niveau und auf einem abgesenkten Niveau noch einmal neu beginnen müssen. Das heißt also auch, diese teilweise verlangte 3 % Flexibilitätsdividende ist im Grunde, gemessen an diesen Bodensätzen, eine bescheidene Korrektur gewesen. Das heißt also materiell betrachtet haben beim Übergang von dem einen System in das andere die Hochschulen zunächst einmal einen ordentlichen Schnitt gemacht. Danke.
Theresia Bauer Ich wollte zu dem Stichwort „Was machen wir mit den Studierenden?" etwas sagen. Ich glaube tatsächlich, die sechste Hochschulrahmengesetznovelle würde in ihrem Entwurf, um es mal unter uns zu sagen, ein bisschen lieblos geraten. Ich finde es in der Sache nicht falsch, dass man in Bezug auf BadenWürttemberg und Bayern, die seit Jahren minimale demokratische Mitspracherechte verweigern, und ja wirklich auch nichts unternehmen, was gescheites zu verbessern, ja, dass man da ein Signal aussendet, dass Studierende Mitspracherechte haben müssen. Das finde ich richtig. Allerdings glaube ich auch, dass hü oder hott mit der verfassten Studierendenschaft nicht wirklich ein Qualitätspunkt erreicht wird. Eigentlich ist es sozusagen ein Symbol, und es geht darum, ein wirkliches, positives Signal zu setzen und neue Wege zu beschreiten, wie wir die Studierenden in die Hochschulen hineinholen. Ich glaube, dass damit nicht viel gewonnen sein wird und auch nicht viel verloren. In Wirklichkeit
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geht es darum, welche Modelle es gibt und welche Ideen, dass Studierende als Teil dieser Universität und der Hochschulen aktiver, ein spürbarer Einflussfaktor werden. Und ich glaube wenn man da neue Wege beschreitet, sowohl was Mitsprachemöglichkeiten, Gestaltungsmöglichkeiten als auch womöglich sozusagen Beteiligung an einem Aufbruch, an einer Verbesserung der Lehre angeht, wenn man ein Gesamtpaket hinbekommt, dann ist auch die Debatte um eine Beteiligung der Studierenden nicht mehr so abschreckend. Ich glaube aber, es muss sein, dass da ein Gesamtpaket entwickelt wird. Mehr Mitsprache, Verbesserung der Lehre, auch Verbesserung der Studienfinanzierung. Ich glaube durchaus, dass die Studierenden bereit sind, auch ihren Beitrag zur Bildungsfinanzierung zu leisten. Und ich glaube, es wäre eine große Chance, das kreative Potential von Studierenden besser abzuschöpfen, wenn man so auf die Studierenden zugeht und sagt, lasst uns den neuen Weg beschreiten, in der Verbindung was auszuprobieren.
Klaus Landfried Ich will wirklich nur auf zwei Punkte kurz eingehen. Ein bescheidener Hinweis noch einmal sozusagen als Vertreter eines Landes: das Rheinland-pfälzische Hochschulgesetz sieht vor, dass die Kommissionen für Lehre und Studium in den Hochschulen paritätisch besetzt sein können. Das heißt, wir haben in einigen der Kommissionen sogar überwiegend Studierende, was Studium und Prüfungen angeht, und die Beteiligung ist gut, das Engagement groß, weil sie etwas bewegen können. Wenn sie außerhalb der rechtlichen Regelungen solche internen Diskussionen über Zielfindungen, Beteiligung an den Lehrevaluationen, der Organisation von Stipendien und der Organisation von nachlaufenden Studiengebühren noch mit einbebeziehen, haben Sie eigentlich schon ein solches Bündel von Engagementmöglichkeiten, mit denen man mehr anfangen kann, als mit den chaotischen und fruchtlosen Debatten in Studentenparlamenten, für die man kaum noch Kandidaten findet, und an denen sich höchstens zwischen 2 und 18 Prozent der Studentenschaft beteiligen. Zweite Bemerkung: Hochschulbau und Gemeinschaftsaufgabe - eine Antwort an Herrn Wild: Ich kann mir im Jahre 2027 sozusagen als Doppeltruheständler dann sehr wohl vorstellen, dass diese Gemeinschaftsaufgabe durch eine Entzerrung und Wahrnehmung der Verantwortung der Länder, wenn dann dort auch noch der Geist sich ein bisschen geändert hat gegenüber dem Hochschulbau, so läuft, wie Sie das geschildert haben. Ich muss für die Länder einräumen, dass es für ihre Beteiligung an den internationalen Prozessen, also ich nehme jetzt einmal den Bologna-Prozeß oder auch die Beteiligung der Länder an den internationalen EU-Konferenzen zu Bildungsfragen, noch viel aufzuholen gibt. Aber beim Hochschulbau denke ich, dass für die nächsten Jahre, und
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Podiumsdiskussion
Sie haben das Stichwort genannt, die erstarkende Steuerkraft in den neuen Ländern ist für mich eine zentrale Voraussetzung, dass dadurch dann auch solche Länder wie das Saarland und auch Bremen und Niedersachsen oder Schleswig-Holstein noch Bedenken haben würden, damit ihr Hochschulsystem nicht vollkommen hinten runterfällt, da muss man Verabredungen treffen. Das kann auch über den Länderfinanzausgleich laufen, das räume ich Ihnen in abstracto sofort ein. Aber der gegenwärtige Punkt kann nur sein, die Hochschulbauförderung zu flexibilisieren und im Verfahren zu vereinfachen. Sie haben das ja selber angesprochen, da gibt es eine ganze Reihe von Modellen. Man muss ja nicht gleich den Königsteiner Schlüssel nehmen. Danke.
Thomas Α. H. Schock Vier Bemerkungen zum Schluss: Erstens - Sponsoring kann ich wärmstens begrüßen. Ich sehe das Potential genauso. Ich würde mich aber freuen, dass dann, wenn ich beispielsweise vom Vorstandsvorsitzenden eines Unternehmens, bei dem wir das eine oder andere Medizingerät erwerben, eine Spende oder gar einen Stiftungslehrstuhl einwerbe, ich nicht den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirkliche. Da ist dringender gesetzlicher Reformbedarf gegeben. Das gilt im Übrigen auch für die EinWerbung von Drittmitteln. Zweiter Punkt - Effizienzdividende: Als Bruder im Geiste der Finanzministerien würde ich dem durchaus zustimmen. Aber wir gehen ja davon aus, dass die Hochschulen unterfinanziert sind, und ich kann nur sagen, ich habe es bisher auch immer geschafft, ohne all das, was jetzt geändert worden ist, den Haushalt so zu fahren, dass am Ende kein Bodensatz übrig war. Deswegen wäre eine Dividende, die übrigens vom Verteilen und nicht vom Einsammeln kommt, wenn man auf die lateinische Wurzel zurückgeht, nicht das, was ich mir vorstelle. Dritter Punkt - verfasste Studierendenschaft: Ich bin ein Anhänger der Partizipation, aber ich muss sagen, so wie es im Augenblick läuft, habe ich meine Probleme damit. Wir werden immer dafür kritisiert, dass die Hochschulwahlen für die Studierenden an einem Tag stattfinden und auch angeblich noch in zuwenig Wahllokalen. Wir haben uns in einer Diskussion unlängst auch darüber unterhalten. Es kam wieder die Forderung und die Frage auf, ob die Studierenden, die uns immer des mangelnden Demokratieverständnisses beschuldigen, denn an der Organisation und Durchführung der Wahl mitzuwirken bereit wären. Darauf kam als Antwort: „Gibt's denn da Knete?" Und da muss ich sagen, an dieser Stelle hab ich meine Probleme damit. Das ist die Konsumentenhaltung, die ich eigentlich nicht erwarte.
Podiumsdiskussion
Vierter und ganz grundsätzlicher Punkt: Man müsste sich wirklich einmal Gedanken darüber machen, was politische Verantwortung gegenüber den Universitäten bedeutet. Ich sehe sie eigentlich so, wie die unternehmerische Verantwortung auch, nämlich einmal im Bereich der Organisation, d.h. die Parlamente müssen dafür sorgen, dass ein ordentliches Organisationskonzept für Universitäten vorliegt, das steht im Hochschulgesetz. Und zweitens die Finanzierung. Und alles andere ist Erfolgskontrolle. Darüber muss berichtet werden, automatisiert oder wie auch immer, und diese Berichte sollten die Abgeordneten lesen, diskutieren und wenn sie den Eindruck haben, es ist etwas falsch gelaufen, dann andere Entscheidungen für die Zukunft treffen. Das setzt eben auch voraus, dass das Vertrauen da ist, dass prinzipiell die Universitäten das beste erreichen wollen. Was man vermeiden muss, ist, sich um Details zu kümmern. Und als letztes: ich würde mir wünschen, wenn Sie sich einmal gedanklich mit der Vorstellung befassen, was würde ich denn tun, wenn ich Wissenschaftsministerin mit einer großen politischen Mehrheit wäre?
Gisela Färber Ja, herzlichen Dank Herr Schock! Dank an die Teilnehmer auf dem Podium, Dank an Diskutanten, Dank an die Referentinnen und Referenten. Ich hoffe, wir haben mit dieser Tagung dem Veränderungsprozess der Hochschulen auch einen Dienst erwiesen und Anregungen vermittelt, auch in Dialoge einzutreten und weiter zu kommunizieren. Wir hoffen, dass wir demnächst in Speyer ein Zentrum für Wissenschaftsmanagement fest institutionalisieren und uns auch zu derartigen Themen wieder treffen können. Dann wird dies nicht die letzte Veranstaltung zu Themen des Hochschulmanagements gewesen sein, die ja für die normale Verwaltungswissenschaft ein bisschen am Rande liegen, sondern ich hoffe, dass wir damit einen Beginn für einen Dialog in den nächsten Jahren gelegt haben. Für heute herzlichen Dank für Ihre Teilnahme. Ich hoffe, Sie nehmen wirklich etwas aus Speyer mit und ich wünsche Ihnen eine gute Heimfahrt. Auf Wiedersehen.
Verzeichnis der Autoren und Podiumsteiinehmer Theresia Bauer, MDL, Hochschulpolitische Sprecherin der GRÜNEN im Landtag von Baden-Württemberg Wolfgang Eichler, Dr., Staatssekretär im Kultusministerium Sachsen-Anhalt. Gisela Färber, Univ.-Prof, Deutsche Hochschule Für Verwaltungswissenschaften Speyer. Thomas Grünewald, PD Dr. RD, Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen. Carsten Kühl, Dr., Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz. Klaus Landfried,
Prof. Dr., Vorsitzender der Hochschulrektorenkonferenz
Josef Mentges, Ministerium fur Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz. Rolf Dieter Postlep, Univ.-Prof. Dr., Präsident der Universität-Gesamthochschule Kassel. Hermann Reuke, Zentrale Evaluierungsagentur Hannover. Andrea Schencker-Wicki,
Univ.-Prof. Dr., Universität Zürich.
Reimund Scheuermann, Dr. MDgt., Bundesministerium für Bildung und Forschung. Thomas A.H. Schock, Universität Erlangen-Nürnberg, Sprecher der Universitätskanzler. Dietlinde Valentien, MR, Ministerium fur Wissenschaft und Kultur des Landes Niedersachsen.