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German Pages 52 [56] Year 2005
Felix Heinzer Wörtliche Bilder
W G DE
Wolfgang Stammler Gastprofessur für Germanische Philologie — Vorträge —
herausgegeben vom Mediävistischen Institut der Universität Freiburg Schweiz Heft 13
Walter de Gruyter · Berlin · New York
Felix Heinzer
Wörtliche Bilder Zur Funktion der Literal-Illustration im Stuttgarter Psalter (um 830)
Walter de Gruyter · Berlin · New York
Veröffentlicht mit Unterstützung des Hochschulrates Freiburg Schweiz
© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN 3-11-018051-0 Bibliografische Information Der Deutschen
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© Copyright 2005 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Umschlaggestaltung: Christopher Schneider, Berlin Satz: Martin Rohde, Mediävistisches Institut Universität Freiburg Schweiz Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen
Inhalt Paul Gerhard Schmidt - Begrüßung
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Felix Heinzer - Wörtliche Bilder. Zur Funktion der LiteralIllustration im Stuttgarter Psalter (um 830)
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Abbildungen
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Curriculum vitae Felix Heinzer
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Veröffentlichungen von Felix Heinzer 1980-2004
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Begrüßung Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber H e r r Heinzer! Z w ö l f m a l hat sich in der Vergangenheit der neue Inhaber der Wolfgang Stammler-Gastprofessur mit einem öffentlichen Vortrag vorgestellt. Es gibt f ü r diese festlich gestaltete Präsentation einen festen Hörerkreis, der die Mitglieder des Mediävistischen Instituts und darüber hinaus des Lehrkörpers der Universität, Studentinnen und Studenten, sowie Gäste aus der Stadt und der Region umschließt. Einzelne H ö r e r kommen regelmäßig aus größerer Entfernung nach Freiburg, besonders diejenigen, die bei Wolfgang Stammler studierten oder ihm persönlich nahestanden. A n dieser Stelle möchte ich sehr herzlich Frau Professor Elisabeth R o t h begrüßen. Anwesend sind auch ehemalige StammlerGastprofessoren, die Professoren Alois Wolf, Walter Salmen, MarcRene Jung, Walter H a u g und Burghart Wachinger. Seien Sie alle hier herzlich willkommen. Leopold von Ranke hat einmal einen erfolgreichen und sympathischen Kollegen mit den Worten charakterisiert: „ E s ist zuweilen, als gebe es Naturen, die zu der Arbeit, die sie unternehmen, so recht eigentlich geschaffen und vorbereitet sind. " Vergegenwärtigt man sich die breitgefächerten Studien und Tätigkeiten von Felix Heinzer bis zum heutigen Tag, wird man Ranke gern beipflichten. Nachdem Sie, lieber H e r r Heinzer, im Juli 1979 an der Theologischen Fakultät dieser Universität zum D o k t o r promoviert wurden - unter der Ägide des späteren Wiener Kardinals Christoph von Schönborn - haben Sie an wechselnden Orten Ihrer Mitwelt vor A u g e n geführt, daß Sie für die jeweils von Ihnen übernommenen Arbeiten „so recht eigentlich geschaffen und vorbereitet sind." Als derzeitiger Leiter der Handschriftenabteilung der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart und als Basler Universitätsdozent hat H e r r Heinzer eine atemberaubende Fülle von Handschriften- und InkunabelKatalogen vorgelegt, dazu Studien auf den Gebieten der Kodikologie, Bibliotheks-, Ordens- und Kirchengeschichte, Liturgiewissenschaft, Musik-, Kunst- und Regionalgeschichte. Wolfgang Stammler hätte eine solche Forscherpersönlichkeit, die kaum einen Aspekt mittelalterlicher
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Kultur unberücksichtigt läßt, mit Freude als Studenten, Mitarbeiter, Kollegen oder Nachfolger begrüßt. V o n sorgfältigster Detailforschung ausgehend, etwa v o n der Identifizierung eines handschriftlichen Eintrags in einen Frühdruck, ist es Herrn Heinzer immer wieder gelungen, das geistige Profil eines spätmittelalterlichen Schreibers oder Autors schärfer zu umreißen, sein kulturelles Ambiente zu bestimmen, Zusammenhänge zu stiften und zu generellen Aussagen zu gelangen. Unsere Kenntnis der geistigen Kultur südwestdeutscher Klöster ist durch seine behutsamen Entdeckungen entscheidend gefördert worden. Ich nenne als Beispiele die Studien zu Weingarten, Lichtenthai, St. Peter auf dem Schwarzwald, Lorch und vor allem zu Hirsau, dem zahlreiche Abhandlungen gelten, die unter dem Titel „Monastische R e f o r m und mittelalterliche Buchkultur im deutschen Südwesten" zusammengefaßt sind. H i e r ist, besonders was die Hirsauer Liturgie betrifft, Neuland erschlossen worden, weil H e r r Heinzer die verlorenen Hirsauer Textzeugen überzeugend rekonstruieren kann. N e b e n seinen Verpflichtungen in Administration, wissenschaftlicher Erschließungsarbeit und akademischer Lehre, die ausreichten, einen Arbeitstag von zwölf bis vierzehn Stunden zu füllen, hat H e r r Heinzer zahlreiche ehrenamtliche Aufgaben übernommen, in der Kulturstiftung Baden-Württemberg, in der Deutschen Forschungsgemeinschaft und anderen Organisationen. Hier hat er oft im Hintergrund wirkend mediävistische Projekte angeregt und gefördert. Sein Mitwirken an kulturpolitischen Entscheidungen, die er vorbereitet und in der Öffentlichkeit vertreten hat, läßt sich ζ. B. am Ankauf der Handschriften der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek durch das Land Baden-Württemberg aufzeigen: von der Besichtigung der bereits nach Zürich verbrachten Handschriften an über die Phasen des Kaufes bis zur Ausstellung der Manuskripte im Jahr 1993 in Stuttgart, zu der er einen Katalog herausgab, der unter das Goethewort von den „Unberechenbaren Zinsen" gestellt wurde. Gegenwärtig erfolgt die Katalogisierung der lateinischen Handschriften der Donaueschinger Bibliothek unter seiner Leitung in Stuttgart. Wenn H e r r Heinzer jetzt zu uns über „Wörtliche Bilder. Z u r F u n k tion der Literal-Illustration im Stuttgarter Psalter" spricht, wird er als Theologe, Kunsthistoriker und Paläograph eine karolingische H a n d schrift von einzigartigem Rang vor uns lebendig werden lassen. Wir freuen uns auf Ihren Vortrag.
Paul Gerhard Schmidt
Wörtliche Bilder Zur Funktion der Literal-Illustration im Stuttgarter Psalter (um 830) E s gehört zu den Besonderheiten mittelalterlicher T e x t - und B i l d ü b e r lieferung, daß im hohen und späten Mittelalter B i l d f o l g e n z u m L e b e n J e s u k a u m mehr im Zusammenhang mit den Texten auftreten, aus denen sie sich inhaltlich herleiten, also in H a n d s c h r i f t e n der Evangelientexte, sondern in den Andachtsbüchern, und z w a r zunächst v o r allem in Psalterhandschriften.' E i n prominentes Beispiel f ü r diesen Sachverhalt ist etwa der heute in Stuttgart aufbewahrte Landgrafenpsalter aus der Zeit u m 1 2 1 0 , eines der H a u p t w e r k e der frühgotischen Buchmalerei D e u t s c h l a n d s / D e r im A u f t r a g des L a n d g r a f e n H e r m a n n I. v o n Thüringen geschaffene Prachtpsalter enthält einen Z y k l u s v o n sechs (ursprünglich w o h l sieben oder gar acht) in den Psalter inserierten Miniaturen v o n der T a u f e Christi im J o r d a n über K r e u z i g u n g , Höllenabstieg (Descensus), H i m m e l f a h r t und Pfingsten bis zur Darstellung des Jüngsten Gerichts - eine F o l g e erlesener, in ihrer ikonischen K r a f t deutlich byzantinische Einflüsse verratender Andachtsbilder, die den Psalter begleiten und schmücken ( A b b . 1). W i r haben es also mit dem fast paradoxen B e f u n d zu tun, daß in der Buchmalerei spätestens seit dem 1 2 . Jahrhundert die C h r i s t u s - I k o n o graphie als eine dezidiert neutestamentliche Bildthematik ihren w i c h tigsten T r ä g e r in einem alttestamentlichen B u c h findet. U m es mit einer pointierten F o r m u l i e r u n g v o n T h o m a s Lentes zu sagen: „ D a s B u c h der
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Frank O. Büttner, Die Illumination mittelalterlicher Andachtsbücher, in: Mittelalterliche Andachtsbücher: Psalterien, Stundenbücher, Gebetbücher. Zeugnisse europäischer Frömmigkeit. Eine Ausstellung der Badischen und der Württembergischen Landesbibliothek zum 91. Deutschen Katholikentag in Karlsruhe 1992. Katalog, hg. von Hans-Peter Geh und Gerhard Römer, Karlsruhe 1992, S. 1 1 - 5 4 , hi e r S. n f . Der Landgrafenpsalter. Vollständige Faksimileausgabe im Originalformat der Handschrift H B II 24 der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart. Kommentarband, hg. von Felix Heinzer (Codices Selecti 93), Graz / Bielefeld 1992.
— 10 — Psalmen w i r d [ . . . ] mit H i l f e der Ikonographie z u m veritablen E v a n g e lium erhoben." 3 D a s hat einen doppelten G r u n d . D e r Psalter hat als T e x t keinen narrativen Charakter, sondern thematisiert Grundbefindlichkeiten menschlicher Existenz. D a s macht Illustration im eigentlichen Sinne v o n vornherein schwierig und provoziert andere - interpretativ vermittelte F o r m e n der Bebilderung. Bestimmend f ü r diesen indirekten B i l d - T e x t B e z u g w i r d jene christologische ,relecture', die f ü r die Psalmenhermeneutik der Patristik und des Mittelalters absolut prägend ist. In besonders prägnanter Weise manifestiert sie sich in den regestenartigen „ T i t u li p s a l m o r u m " , die in mehreren, teilweise auf das 3. und 4. Jahrhundert z u r ü c k z u f ü h r e n d e n Serien in zahlreichen lateinischen Psalterhandschriften überliefert sind und die einzelnen Psalmen gewissermaßen christlich ,orientieren'. 4 Breit entfaltet w i r d diese Interpretation in den zahlreichen K o m m e n t a r e n der Väterzeit, w o h l am wirkmächtigsten übrigens bis hin z u Martin Luthers erster Psalmenvorlesung v o n 1513— 1 5 1 5 5 - in den ,Enarrationes in Psalmos' Augustins. 6 Dieser liest die Psalmen im Sinne dessen, w a s E r i c h Feldmann als „Signifikationslehre" bezeichnet hat, 7 grundsätzlich als prophetisches Zeichensystem, das über ein wörtliches Verständnis des alttestamentlichen Texts hinaus auf Christus weist, und z w a r auf den „ganzen C h r i s t u s " , w i e A u g u s t i n zu betonen nicht müde wird. Exemplarisch d a f ü r etwa die A u s l e g u n g v o n Ps 42, 1: „Jener eine, allerorten gegenwärtige M e n s c h , dessen H a u p t droben ist, dessen Glieder hienieden sind: seine Stimme, die jubelt oder klagt, die sich schon freut in der H o f f n u n g auf das K o m m e n d e oder noch seufzt in der gegenwärtigen Wirklichkeit, diese Stimme müssen 3
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Thomas Lentes, Text des Kanons und Heiliger Text. Der Psalter im Mittelalter, in: Der Psalter in Judentum und Christentum, hg. von Erich Zenger, Freiburg i.Br. etc. 1998, S. 323-354, hier 332. Vgl. Pierre Salmon, Les „Tituli psalmorum" des manuscripts latins (Etudes Liturgiques 3), Paris 1959. Friedrich Held, Augustinus' Enarrationes in Psalmos als exegetische Vorlage für Luthers erste Psalmenvorlesung, in: Theologische Studien und Kritiken 102 (1930), S. 1-30. Vgl. auch (kritischer!) Martin Luther, Operationes in Psalmos 1 5 1 9 - 1 5 2 1 , histor.-krit. Einleitung von Gerhard Hammer (Archiv zur Weimarer Ausgabe der Werke Martin Luthers 1), Köln / Wien 1991, S. 24-36 und 398f. Vgl. jetzt zusammenfassend Erich Feldmann, Psalmenauslegung der Alten Kirche: Augustinus, in: Der Psalter in Judentum und Christentum (wie Anm. 3), S. 297-322. Ebd., S. 316.
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wir in allen Psalmen als die allerbekannteste und vertrauteste vernehmen, so als wäre es unsere eigene." Dieser enormen christologischen Aufladung verdankt der Psalter seine absolute Sonderstellung innerhalb der Überlieferungsgeschichte der lateinischen Bibel. Nicht nur, dass der Wechselgesang der Psalmen zum zentralen Bestandteil des kirchlichen Offiziums wird und die Psalmen in überragendem Maße auch als Quelle für die Texte der liturgischen Gesänge von Messe und Stundengebet dienen, 9 der Psalter entwickelt sich schon seit karolingischer Zeit auch zum privaten Gebetund Andachtsbuch par excellence und damit zum „rituellen Leittext schlechthin". 10 So emanzipiert er sich in gewisser Weise vom Ensemble der übrigen biblischen Bücher und setzt zu einer bemerkenswerten Solokarriere an, wie sie - in freilich weit geringerem Maße - höchstens noch für die Apokalypse zu beobachten ist. Dies ist vor allem für seine Ausstattung als illuminierte Handschrift überaus folgenreich und führt, wie F. O. Büttner in seinem wichtigen Essai zur Psalter- und Stundenbuch-Illumination formuliert hat, zu einer „Vielfalt von Ausgestaltungen durch Buchmalerei [...], wie sie keinem anderen der biblischen Bücher oder deren Kollektiven je zuteil wurde - eine Vielfalt, die für einen einzigen Text sogar einmalig sein dürfte.""
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H o m o ille ubique diffusus, cuius caput sursum est, membra deorsum; eius vocem in omnibus psalmis vel psallentem vel gementem, vel laetantem in spe, vel suspirantem in re, notissimam iam et familiarissimam habere debemus tamquam nostram. Aurelius Augustinus, Enarrationes in Psalmos 42,1, 6 - 1 0 , ed. Eligius Dekkers und Johannes Fraipont (Corpus Christianorum, Series Latina 38), Turnhout 1956, S. 474. So sind beispielsweise rund zwei Drittel aller Meßintroiten und fast alle Offertorien dem Psalter entnommen (vgl. David Hiley, Western Plainchant. A Handbook, Oxford 1995, S. 109 und 122)! Zur fundamentalen Rolle der Psalmodie für die Herausbildung der Propriumsgesänge der Messe siehe auch: James McKinnon, The Advent-Project. The Later SeventeenthCentury Creation of the Roman Mass Proper, Berkley etc. 2000, S. 35-59. Lentes, Psalter im Mittelalter (wie Anm. 3), S. 326. Vgl. auch die materialreichen Studie von Wolfgang Haubrichs, Arcana Regum. Der althochdeutsche hundertachtunddreißigste Psalm und die Synode zu Tribur, in: Architectura Poetica. Fs. für Johannes Rathofer zum 65. Geb., hrsg. von Ulrich Ernst u. Bernhard Sowinski, Köln u. Wien 1990, S. 67-106, bes. S. 67-74. Büttner, Illumination (wie Anm. 1), S. 12.
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Der Sprung von den Miniaturen des Landgrafenpsalters zum Stuttgarter Bilderpsalter führt in eine völlig andere Welt. Dabei geht es weniger um die formalen, stilistischen oder maltechnischen Unterschiede, die angesichts der um fast vier Jahrhunderte auseinander liegenden Entstehungszeiten ja als selbstverständlich gelten dürfen, sondern vielmehr um die grundlegende Differenz hinsichtlich Intention und Funktion der Bilder und in besonderer Weise um das jeweils ganz andere Verhältnis zum Text. Eine Miniatur wie die zu Psalm 77, Vers 66 (Abb. 2) zeigt dies in ihrem direkten, fast kruden Realismus in ausgesprochen typischer Weise. Dieses Bild ist eine wörtliche, jeglicher sprituellen Deutung bare Umsetzung des Psalmtexts: Et percussit inimicos suos in posterior-a, opprobrium sempiternum dedit Ulis - in der plastischen deutschen Übertragung Luthers: „Und schlug seine Feinde im Hindern / und henget inen eine ewige Schande an." Mehr als die Hälfte des umfangreichen Miniaturenbestands des Psalters besteht aus reinen Wortillustrationen dieser Art, Darstellungen also, die einzelne Psalmverse oder sogar einzelne Worte in ihrem unmittelbar literalen Sinn aufnehmen.' 2 Damit steht die Stuttgarter Handschrift in einer bemerkenswerten Sonderstellung, die sie einzig mit dem etwa gleichzeitigen Utrechter Psalter'3 teilt, der in mancherlei Hinsicht als ihr Pendant zu bezeichnen ist. Auf die Parallelen zwischen den Bilderzyklen der beiden Handschriften, die wie zwei imposante Pfeiler das Portal zur Tradition der abendländischen Psalter-Illustration markieren, ist immer wieder hingewiesen worden - zuerst und grundlegend 1957 von Carl Nordenfalk.' 4 Florentine Mütherich hat diese komplexen Zusammenhänge im Kommentarband der 1965 publizierten Faksimileausgabe der Stuttgarter Handschrift noch einmal wesentlich vertieft: „Die lange Reihe dieser Parallelen, so unzusammenhängend sie auch ist und so blaß oft der Reflex des Urbildes erscheint, läßt doch an einer gemeinsamen Wurzel keinen Zweifel" - so das Fazit ihrer detaillierten
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Florentine Mütherich, Die Stellung der Bilder in der frühmittelalterlichen Psalterillustration, in: Der Stuttgarter Bilderpsalter. II: Untersuchungen, Stuttgart 1968, S. 1 5 1 - 2 2 2 , hier 1 5 1 . Mütherichs umfassender Darstellung verdanken die nachstehenden Erörterungen Entscheidendes. Vgl. zu diesem zuletzt: The Utrecht Psalter in Medieval Art. Picturing the Psalms of David, ed. by Koert van der Horst, William Noel and Wilhelmina C . M. Wüstefeld, Utrecht 1996. Andre Grabar und Carl Nordenfalk, Das frühe Mittelalter vom vierten bis zum elften Jahhrundert, Genf 1957, S. 145.
— ι3 — Analyse.' 5 Bemerkenswert ist dabei, daß die Übereinstimmungen sich auf den Bereich der reinen Wortillustrationen konzentrieren, während bereits bei historischen und erst recht bei den allegorisierenden Darstellungen erhebliche Unterschiede und Abweichungen zu beobachten sind.' 6 Die Vorliebe für Literal-Illustrationen scheint also typisch zu sein für eine besondere altertümliche, in den beiden Handschriften jeweils in unterschiedlicher Weise weiterentwickelte und angereicherte Traditionsstufe,' 7 und sie ist, wie der Vergleich mit den byzantinischen Bilderpsaltern des 9. Jahrhunderts zeigt, offenbar eine Eigenart, die sich im Westen stärker bewahrt hat als im Osten.' 8 Als Träger und Vermittler dieser älteren Tradition für die Stuttgarter Handschrift vermutet Mütherich einen altlateinischen Bilderpsalter, dessen Heimat in Oberitalien, vielleicht in Ravenna, zu suchen wäre.' 9 Die Diskussion der kunsthistorischen Argumente, auf denen dieses Szenario fußt, liegt außerhalb meiner Kompetenz und ist auch nicht mein Thema. Soweit ich sehe, ist dagegen auch kein grundsätzlicher Widerspruch angemeldet worden. Carl Nordenfalk formuliert allerdings in seiner Rezension der Faksimileausgabe bei grundsätzlicher Zustimmung das dringende Postulat, „die schöpferische Arbeit der karolingischen Künstler sehr viel höher einzuschätzen". Es sei zu fragen, „ob nicht letzten Endes die Miniaturen des Stuttgarter Psalters in weit höherem Grade, als wir bisher dachten, karolingische Erfindungen sind." 20 Trifft dies zu, so wäre die Handschrift nicht nur als Zeugnis für die Rezeptions- und Vermittlungsfähigkeit der Karolingerzeit von Interesse, sondern viel mehr noch als Dokument dieser Epoche selbst mit ihren eigenen Interessen und Zielsetzungen und ihrer eigenen Kreativität und Produktivität. Damit würde sich auch der Raum öffnen für grundsätzliche Fragen, die in den letzten Jahrzehnten kaum gestellt worden sind. Uberschaut man die Präsenz des Stuttgarter Psalters in der einschlägigen Forschung der letzten Jahrzehnte, so ist nämlich festzustellen, daß zwar kaum eine Handschrift der Karolingerzeit so oft als Bilderlieferant herangezogen,
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Mütherich, Stellung der Bilder (wie Anm. 12), S. 1 6 1 . Ebd., S. 162. Vgl. Mütherich, ebd., S. 162, und - mit weiterer Vertiefung - dies., Die verschiedenen Bedeutungsschichten in der frühmittelalterlichen Psalterillustration, in: Frühmittelalterliche Studien 6 (1972), S. 232-244, bes. 241 f. Mütherich, Stellung der Bilder (wie Anm. 12), S. 162. Ebd., S. 200-202. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 32 (1969), S. 1 5 8 - 1 7 0 , hier 165 und 167.
— 14 — ja geradezu steinbruchartig ausgebeutet w o r d e n ist und w i r d w i e diese, daß aber der Psalter nach Erscheinen der Faksimileausgabe k a u m jemals wieder einer umfassenden R e f l e x i o n unterzogen w o r d e n ist." D a s spricht sicherlich f ü r die hohe Qualität des K o m m e n t a r s v o n 1968; in der Tat hat die eminente K o m p e t e n z der daran beteiligten Spezialisten Bernhard Bischoff f ü r die Paläographie, Florentine Mütherich f ü r die kunsthistorischen Fragen, Bonifatius Fischer f ü r die A n a l y s e der Texte - eine Erschließung der H a n d s c h r i f t geleistet, die nicht nur f ü r die damalige Zeit Maßstäbe gesetzt hat. Eine Frage, scheint mir, ist allerdings im K o m m e n t a r unbeantwortet geblieben oder, genauer noch, gar nicht gestellt w o r d e n : die F r a g e nach den Ursachen f ü r die so ausgeprägte Vorliebe f ü r die Wortillustration und in V e r b i n d u n g damit nach der F u n k t i o n dieses Illustrationstyps und der H a n d s c h r i f t als g a n z e r . " Diesem Problemkreis gilt im F o l g e n den mein A u g e n m e r k .
D o c h zunächst ein paar knappe H i n w e i s e zur K o d i k o l o g i e und zur Geschichte der Handschrift: D e r Bilderpsalter, C o d . bibl. 2° 23 der Württembergischen L a n d e s bibliothek, textlich ein so genanntes ,Psalterium G a l l i c a n u m ' , also ein Vertreter der zweiten, u m 386/87 entstandenen Psalterübertragung des H i e r o n y m u s , gehört seit dem späten 18. Jahrhundert z u m Bestand der Stuttgarter Handschriftensammlung. E r umfaßt heute 168 v o n ursprünglich 1 7 0 Blättern im F o r m a t v o n ca. 26,5 χ 17,5 cm. D i e T e x t schrift, eine qualitätvolle karolingische Minuskel, verteilt sich auf z w e i Hände. N e b s t ornamentalen Initialen z u den einzelnen Psalmen (ver-
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An breiter angelegten Arbeiten seit der Faksimileausgabe sind nebst dem Anm. 17 zitierten Aufsatz von Florentine Mütherich, soweit ich sehe, nur die Dissertation von Bertrand Davezac von 1972 (The Stuttgart Psalter: Its PreCarolingian Sources and its Place in Craolingian Art, N e w York 1972) und der wichtige Beitrag von Heinz Meyer, Metaphern des Psaltertextes in den Illustrationen des Stuttgarter Bilderpsalters, in: Text und Bild. Aspekte des Zusammenwirkens zweier Künste in Mittelalter und früher Neuzeit, hg. von Christel Meier und Uwe Ruberg, Wiesbaden 1980, S. 175-204, zu nennen. Der Beitrag von Heinz Meyer (s. Anm. 21) bietet wertvolle Einsichten zu den komplexen Text-Bild-Problemen, die mit der (wörtlichen) Illustration von Metaphern verbunden sind, die Frage nach der Funktion dieser Bilder berührt aber auch er nur am Rande.
— ij — einzelt mit Tiermotiven durchsetzt, zweimal auch mit menschlichen Figuren) enthält die Handschrift, wie schon angedeutet, 316 streifenförmig in den Psaltertext eingefügte Illustrationen, d.h. in der Regel zwei bis drei Bilder zu jedem Psalm. Diese Miniaturenfolge mit über 450 Einzelszenen von außerordentlich reicher und differenzierter Farbigkeit, 2 ' stellt im übrigen den umfangreichsten Bildzyklus dar, der sich überhaupt aus karolingischer Zeit erhalten hat. 1959 hatte Wilhelm Köhler, der große Spezialist für karolingische Buchmalerei, die Vermutung geäußert, die Handschrift sei um etwa 830 in der Ile-de-France, näherhin in der Abtei Saint-Germain-des-Pres, entstanden, und die Untersuchungen des Kommentarbands von 1968 haben diese Hypothese sowohl von paläographischer als auch von kunsthistorischer Seite her untermauert.24 Damit rückt der Psalter in das Umfeld einer der herausragendsten und einflußreichsten Figuren dieser Zeit, denn Saint-Germain war von Ludwig dem Frommen in den späten zwanziger Jahren zusammen mit Saint-Medard in Soissons und weiteren Klöstern seinem Erzkanzler Hilduin, der seit 814 auch dem Königskloster Saint-Denis vorstand, unterstellt worden. 2 ' Mit Hilduin „one of the most powerful ecclesiastical magnates in Francia" 2 - befinden wir uns im Zentrum karolingischer Kirchen- und Reichspolitik, was für die Frage nach Entstehungsszenarium, Auftraggeber und Funktion des Psalters nicht unerheblich erscheint. Hilduin fiel 830 allerdings bei Ludwig aufgrund seiner Parteinahme für Lothar I. in Ungnade und wurde nach Corvey verbannt. Nach der Rückkehr aus dem Exil geriet er in Konflikt mit Ludwigs Nachfolger Karl dem Kahlen und Schloß sich erneut Lothar an. Als dessen Erzkanzler ist er im Jahre 842 sogar
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Mütherich, Stellung der Bilder (wie Anm. 12), S. 155. Vgl. Bischoff, Die Handschrift. Paläographische Untersuchung, in: Der Stuttgarter Bilderpsalter (wie Anm. 12), S. 15-30, bes. 20-25, und Mütherich, Stellung der Bilder (wie Anm. 12), S. 38-45. Zur Biographie Hilduins vgl. Michael Lapidge, The Lost ,Passio Metrica S. Dionysii' by Hilduin of Saint-Denis, in: Mittellateinisches Jahrbuch 22 (1987), S. 56-79, bes. 56-64; außerdem die Artikel .Hilduin' in: Lexikon des Mittelalters 5 (1991), Sp. 20 (Jacques Prelog), und in: Dictionnaire d'Histoire et de Geographie Ecclesiastiques 24 (1993), Sp. 5 1 5 - 5 2 2 (Jacques Pycke - offenbar ohne Kenntnisnahme der Forschungen von Haubrichs und Lapidge). Lapidge, The Lost ,Passio' (wie Anm. 25), S. 58. Ahnlich auch Wolfgang Haubrichs, Die Kultur der Abtei Prüm zur Karolingerzeit. Studien zur Heimat des althochdeutschen Georgsliedes, Bonn 1979, S. 50.
— 16 — als designierter Erzbischof von Köln belegt, und auch wenn er die entsprechende Weihe offenbar nie erhalten hat, scheint er in dem 843 durch den Vertrag von Verdun geschaffenen Reich Lothars jedenfalls erneut eine Position von herausragendem Rang und Einfluß erreicht zu haben. Möglicherweise hat er sich nach der Abdankung seines neuen Patrons im Jahre 855 mit diesem in die Eifelabtei Prüm zurückgezogen.27 Diese Zweitkarriere Hilduins in Lotharingien ist hier nicht zuletzt deshalb von Interesse, weil sich damit schon für das 9. Jahrhundert mögliche Transferszenarien in Richtung Osten eröffnen könnten/ Für eine relativ frühe Wanderung der Handschrift über den Rhein spricht im übrigen die Beobachtung Bischoffs, wonach die Hand des 10. Jahrhunderts, von der die Randglossen zu den Psalmen 1 - 1 6 stammen, nach Süddeutschland zu lokalisieren ist. 2 ' Der weitere Weg des Psalters ist allerdings sehr unklar. Helmut Boese hat nachweisen können, daß die Handschrift 1787 vermutlich aus der Bibliothek der württembergischen Seitenlinie in Neuenstadt am Kocher nach Stuttgart gekommen ist;30 für die Zeit davor bleiben vorerst nur Spekulationen. 3 '
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Lapidge, The Lost ,Passio' (wie Anm. 25), S. 64 mit weiterer Literatur Über Prüms Sonderstellung als „Königsabtei" der Karolinger vgl. auch Haubrichs, Die Kultur der Abtei Prüm (wie Anm. 26), S. 3 1 - 3 4 ; zur Frage von Hilduins Zuflucht in Prüm ebd. S. 50 und 64 mit dem Hinweis auf das Epitaph, das Wandalbert von Prüm auf Hilduin verfaßt hat; vgl. dazu auch Heinz Erich Stiene, ,Wandalbert von Prüm O S B ' , in: Verfasserlexikon *io (J999)> Sp. 704-710, h i e r 7°5Ließe sich gar Prüm selbst als zeitweiliger Aufenthaltsort des Psalters nachweisen, so spräche vieles für Hilduin selbst als Auftraggeber und Erstbesitzer der Handschrift, doch ist die Bibliothek des Eifelklosters weitgehend verloren und nur vage zu rekonstruieren; vgl. dazu die Hinweise bei Haubrichs, Die Kultur der Abtei Prüm (wie Anm. 26), S. 89-96. Bischoff, Handschrift (wie Anm. 24), S. 19; vgl. auch Margaret Gibson, Carolingian Glossed Psalters, in: The Early Medieval Bible, ed. by Richard Gameson, Cambridge 1994, S. 78-100, hier 89. - Zur Glosse selbst s. Bonifatius Fischer, Die Texte, in: Der Stuttgarter Bilderpsalter (wie Anm. 12), S. 223-288, bes. S. 226-256, und vor allem Helmut Boese, Zum Stuttgarter Bilderpsalter, in: Codices Manuscripti 6 (1980), S. 1 - 8 , hier 1 - 4 , sowie ders., Die alte „Glösa Psalmorum" ex Traditione Seniorum. Untersuchungen, Materialien, Texte, Freiburg i. Br. 1982 (zu unserer Handschrift s. vor allem S. 87ff.) und ders., Anonymi Glösa Psalmorum ex Traditione Seniorum 1-2, Freiburg i. Br. 1992-1994. Boese, Bilderpsalter (wie Anm. 29), hier S. 6f. Boese, ebd., S. 7, hat als „reine Hypothese", wie er selbst betont, das im aus-
— ι/ — Der ins 15. Jahrhundert zu datierende Einband, der Makulatur aus einer nach Bischoff „wohl westdeutschen oder ostfranzösischen" BoethiusHandschrift ,De arithmetica' des frühen 1 1 . Jahrhunderts enthält, hilft da nicht viel weiter.' 2 Eine durch Ausbrechen einer Kettenöse bedingte Fehlstelle am hinteren Deckel läßt immerhin den Schluß zu, dass der Psalter in spätmittelalterlicher Zeit den Status eines Uber catenatus hatte und sich damals also nicht in privatem, sondern in institutionellem aber vermutlich nicht klösterlichem - Besitz befunden haben dürfte.
Kommen wir zu den Bildern. Zunächst wenigstens ein kurzer Blick in den Utrechter Psalter, und zwar auf die einleitende Miniatur zu Psalm 1, das einzige Vollbild der Handschrift (Abb. 3): Es zeigt links oben den Beatus vir des ersten Verses vor einem kleinen Tempelchen sitzend, in die Betrachtung des durch das Buch repräsentierten Gesetzes Gottes versenkt (Vers 2: in lege domini voluntas eius). Unaufhörlich - die ac node, wie es in Vers 2 weiter heißt - obliegt der Fromme diesem Geschäft, was durch die Darstellung der Gestirne (links die personifizierte Sonne, rechts Mond und Sterne) verdeutlicht werden soll. Gegenüber dem Frommen, auf dem Thron der Bosheit und Verworfenheit und umringt von den Frevlern, sein Gegenpart, der Böse, dessen Situation Vers 1 als Negativfolie für den Beatus beschreibt (Betaus vir qui non abiit in consilio impiorum [...] et in cathedra pestilentiae non sedit). In der unteren Bildhälfte findet sich links der am Wasser wachsende, fruchtbringende Baum, der in Vers 3 als Bild für den Gerechten steht (erit tamquam lignum quod plantatum est secus decursus aquarum quod fructum suum dabit in tempore suo), und am Fuß des Baumes erneut das Gegenbild: eine Personifikation des Windes, der die Bösen wie Staub von der Erde wegbläst (Vers 4: Non sie impii [...], sed tamquam pulvis quem proiicit ventus a facie terrae). Die Interaktion von Text und Illustration wird am Beispiel dieser Seite in geradezu exemplarischer Weise deutlich." Der Stuttgarter Psalter ist hier karger und weniger beredt (Abb. 4):"
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gehenden 14. Jahrhundert württembergisch gewordene Montbcliard als Zwischenstation auf dem Weg von Frankreich nach Deutschland vorgeschlagen. Bischoff, Handschrift (wie Anm. 24), S. 15. Koert van der Horst, The Utrecht Psalter: Picturing the Psalms of David, in: The Utrecht Psalter (wie Anm. 13), S. 22-84, hier 5(if. Vgl. dazu und zum folgenden Jakob Eschweiler f , Bonifatius Fischer,
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Psalm ι wird eröffnet durch eine Darstellung, die eigentlich als Initialminiatur zu bezeichen ist (übrigens die einzige in der gesamten Handschrift): David als Typus Christi, des beatus vir schlechthin, dargestellt als Kriegsheld mit Lanze und Crux hastata, bildet den Schaft der Initiale B. Darunter eine Gesprächsszene, die wohl die Unterweisung im Gesetz darstellen soll (als Illustration also zu Vers 2 Sed in lege domini voluntas eins, et in lege eins meditabitur), und links davon Christus am Kreuz als dem wahren lignum vitae, als Baum des Lebens, auf den hin auch die patristischen Ausleger Vers 3 gemeinhin deuten.35 Während die Utrechter Handschrift an dieser Stelle ganz der literalen Illustration verhaftet bleibt, verbindet der Stuttgarter Psalter die Wortillustration also mit Elementen allegorisierender, sprich: christologischer Deutung. Die Interpretation der Stelle mit dem am Wasser gepflanzten Baum ist dafür ausgesprochen symptomatisch.36 Auch Psalm 2 zeigt diese Mischsituation. Allerdings kommt hier gegenüber dem ersten Beispiel eine neue Komponente hinzu: Die christologische Überformung der Wortillustration ist bereits im Neuen Testament vorgegeben. Die beiden ersten Verse des Psalms, auf die sich die erste Miniatur bezieht, werden nämlich im vierten Kapitel der Apostelgeschichte (Act 4, 26f.) in der Predigt von Petrus und Johannes wörtlich zitiert und auf das Komplott zwischen Herodes und Pilatus gegen Christus bezogen.37 Auch der Titulus gibt diese Interpretation vor (de conventu infidelium in Christi passione). Für die zweite Miniatur (zu den Versen 6-8) ist eine Deutung des Bezugstexts auf Christus ebenfalls bereits neutestamentlich vorgebildet (erneut in der Apostelgeschichte und wiederum in einer Predigtsituation - diesmal sogar mit ausdrücklicher Quellenangabe).3' Dazu kommt hier ein weiteres Moment, das den christologischen ,Druck' noch zusätzlich verstärkt, nämlich die liturgi-
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Hermann Josef Frede, Florentine Mütherich, Der Inhalt der Bilder, in: Der Stuttgarter Bilderpsalter (wie Anm. 12), S. 5 5-150, hier jgff. Übrigens auch der Titulus der Reihe V Salmons: Primus psalmus ostendit quod ipse sit lignum vitae (Salmon, Tituli Psalmorum [wie Anm. 4], S. 138). Vgl. dazu auch Mütherich, Bedeutungsschichten (wie Anm. 17), S. 244. Quare fremuerunt gentes et populi meditati sunt inania. Adstiterunt reges terrae et principes convenerunt in unum adversus dominum et adversus Christum eius - convenerunt enim vere in civitate ista adversus sanctum puerum tuum Iesum quem unxisti Herodes et Pontius Pilatus cum gentibus et populis Israhel [...] (Act 4, 26f.). Act 13,33: Quoniam hanc [sc. repromissionem] Deus adimplevit filiis nostris resuscitans Iesum sicut et in psalmo secundo scriptum est: Filius meus es tu, ego hodie genui te; ebenso auch in Hbr 1,5 und 5,5.
— ι? — sehe Verwendung dieses Textes (Dominus dixit ad me: Filius meus es tu, ego hodie genui te) an prominenter Stelle: in der ersten Weihnachtsmesse, und dies gleich zweimal (als Introitus und Alleluiavers), 59 dazu noch unmittelbar vor der Messe als Antiphon in der Matutin. 4 ° G a n z weihnächtlich illustriert denn auch beispielsweise der um 850 in Konstantinopel entstandene Kludov-Psalter die Stelle. 4 ' Der Maler des Stuttgarter Psalters bleibt hingegen rein literal - ein gutes Beispiel für die oben schon kurz angesprochenen Differenzen zwischen den byzantinischen und den westlichen Psalterien mit ihrer deutlich stärker ausgeprägten Vorliebe für die Wörtlichkeit. In der Stuttgarter Handschrift machen die ausschließlich literalen Illustrationen, wie schon erwähnt, über die Hälfte der Darstellungen aus. Exemplarisch für diesen Bildtypus ist etwa die Miniatur zu Psalm 40,4 (Abb. 5). Der Vers, der Gottes heilendes Eingreifen in die Situation des von Krankheit geschlagenen Menschen zum Ausdruck bringt (universum Stratum eius versasti in infirmitate eius), wird hier „ganz v o m Zusammenhang isoliert und sklavisch wörtlich dargestellt", wie der Kommentar zur Faksimileausgabe treffend formuliert. 42 Gottes Hand kippt das ganze Bett um, aus dem der nackte Kranke herausfällt - eine fast schon irritierend direkte Umsetzung des Texts ins Bild. Ähnlich unmittelbar, ja beinahe naiv wirkt auch die bekannte Illustration zu Psalm 42,4-5, die für sich allein genommen wie ein bukolisches, wenngleich von einer gewissen Melancholie getrübtes Ständchen wirkt, sich vom Text her aber als Doppelbild erweist, das durchaus unterschiedliche, ja gegensätzliche Befindlichkeiten thematisiert: Links der junge David als Hirte auf seinen Stab gestützt, der mit einem stäbchenartigen Plektron auf seiner Chitarra das Gotteslob spielt (Vers 4: Confitebor tibi in cithara Deus, Deus meus) - rechts die durch die Beischrift Anima gekennzeichnete Personifikation der traurigen und verwirrten Seele, die in Vers 5 angesprochenen wird: Quare tristis es
39 Antiphonale missarum sextuplex, d'apres le graduel de Monza et les antiphonaires de Rheinau, du Montblandin, de Compiegne, de Corbie et de Senlis, ed. par Rene-Jean Hesbert, Bruxelles 1935, Nr. 9a (der Introitus mit Quare fremuerunt gentes als Psalmvers!) 40 Corpus Antiphonalium officii, ed. a Renato-Joanne Hesbert, t. 3, Roma 1968, Nr. 2406. 41 Vgl. Kathleen Corrigan, Early Medieval Psalter Illustration in Byzantium and the West, in: The Utrecht Psalter (wie Anm. 13), S. 85-103, hier 101 mit fig. 21. 42 Eschweiler u.a., Inhalt der Bilder (wie Anm. 34), S. 89.
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anima mea et quare conturbas me? In solchen Darstellungen erreicht die Handschrift eine faszinierende Eindringlichkeit, zumal in der ausgeprägten Konzentration auf die Einzelfigur, die diese Bilder von den meist vielfigurigen und kleinteiligeren Szenen des Utrechter Pendants deutlich unterscheidet und in ihrer Wirkung auf den Betrachter unmittelbarer und pointierter erscheinen läßt. In fast spielerische Sphären führen Illustrationen wie die zum Schöpfungspsalm 103, dessen Initiale mit einem kleinen Drachenkopf, der einen Fisch verschlingt, bereits die Tonart angibt - das Lob Gottes aus der Betrachtung der geschaffenen Natur: Das erste Bild zeigt den Schöpfer bei seiner Arbeit, und zwar im johanneischen Sinn und wie meist in mittelalterlichen Bildwerken als „Logos-Creator", 4 3 der den Himmel erschafft, indem er ihn wie ein Fell auseinander breitet (V. 2: extendens caelum sicut pellem - der Text dieses Halbverses fehlt übrigens und ist durch eine deutlich spätere Hand nachgetragen worden) ein ausgesprochen kühnes Bild, zumal in der fast ,schnapp-schussartig' wirkenden Rückenansicht. Auf der gegenüberliegenden Seite die Hausund Wildtiere, die vom Wasser trinken, das zwischen den Bergen hervorquillt (Verse 1 0 - 1 1 : Qui emittes fontes in convallibus, inter medium montium pertransibunt aquae. Potabunt omnes bestiae agri, expectabunt onagri in siti sua), und die Vögel des Himmels, die von den Steinen herab singen (Vers 12: Super ea volucres caeli habitabunt, de medio petrarum dabunt vocem). Die dritte Miniatur ( 1 1 7 " ) gilt dem Meer, in dem sich Fische und ein Schiff tummeln, mit dessen Ruder ein drachenartiger Meergott spielt (Verse 25-26: Hoc mare magnum [...] illic reptilia, quorum non est numerus [...] illic naves pertransibunt. [...] Draco iste quem formasti ad inludendum et). Ausnehmend reich an Beispielen, die das Prinzip der Wörtlichkeit in besonders konziser Weise demonstrieren, ist der lange Gesetzespsalm 118. Die geradezu buchstäbliche Umsetzung von Vers 126 (Dissipaverunt legem tuam - Abb. 6) belegt dies exemplarisch. Ähnlich prägnant ist auch das von zwei Männern ausgeworfene Zugnetz zu Psalm 140,10 (Cadent in retiaculo eius peccatores).
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Belege bei Johannes Zahlten, Creatio mundi. Darstellungen der sechs Schöpfungstage und naturwissenschaftliches Weltbild im Mittelalter, Stuttgart 1979, S. 104-106.
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Die hier vorgestellten Beispiele können das reiche Spektrum der über 150 literalen Illustrationen nur andeuten. Heinz Meyer hat zu Recht darauf hingewiesen, daß „der Bildtypus der sogenannten Wortillustration als bloßes Etikett nicht genügt, sondern einer weiteren Differenzierung bedarf" - etwa der „zwischen der naiven Wörtlichnahme und der hermeneutisch begründeten Weiterdeutung von Metaphern", bei der die Illustration die Metaphorik des Textes weiter treibt, indem sie beispielweise auch Dinge darstellt, die der Psaltertext nicht enthält, die aber traditionellerweise als metaphorisches Signum zum darzustellenden Sachverhalt gehören (etwa die Waage zum Thema des Gerichts oder der Gerechtigkeit).44 Die von Meyer geforderte Aufbrechung des möglicherweise allzu plakativ als Wortillustration bezeichneten Sachverhalts kann hier nicht weiter verfolgt werden. Dringender erscheint mir die Frage nach den Hintergründen für die Dominanz dieses Bildtyps, für den ich hier nicht zuletzt im Hinblick auf die Frage nach dem funktionalen Gesamtzusammenhang der Handschrift - auch im Bewußtsein der von Meyer subtil herausgearbeiteten Binnendifferenzierungen weiterhin den Pauschalbegriff der Wortillustration verwende, um eine bestimmte Direktheit der Illustration zusammenfassend zu bezeichnen und von allegorisierenden, speziell typologischen Formen der Umsetzungen abzusetzen. Eine Diskussion dieser grundsätzlichen Frage hat jüngst auch Eckart Conrad Lutz im Zusammenhang mit seinen Überlegungen zu lese- und erkenntnistheoretischen Implikationen im Zusammenhang mit Gottfried von Straßburg angemahnt: „Man hat über der Herausarbeitung der ikonographischen Traditionen dieses Illustrationsverfahrens lange versäumt, nach seiner Funktion zu fragen." 45 Überlegungen, wie sie Mary Carruthers in ihrer wichtigen Untersuchung zur Gedächtniskultur im Blick auf den Utrechter Psalter vorgelegt hat - sie sieht die jeweils einem Psalm zugeordnete Bildgruppe nach dem Muster der bekannten Strategien antiker und mittelalterlicher Ars memorandi als eine Art bildliches „abstract", das dem Gedächtnis die Schlüsselstellen des Texts einzuprägen hilft („a set of cueing images for
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Meyer, Metaphern (wie Anm. 21), S. 200. und i8of. Eckart Conrad Lutz, lesen - unmiiezec wesen. Überlegungen zu lese- und erkenntnistheoretischen Implikationen von Gottfrieds Schreiben, in: Der „Tristan" Gottfrieds von Straßburg. Symposion Santiago de Compostela 5. bis 8. April 2000, hg. von Christoph Huber und Victor Millet, Tübingen 2002, S. 2 9 5 - 3 1 5 , hier 306.
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its principal words") 46 - weisen zwar in die richtige Richtung, greifen aber wohl doch zu kurz, zumindest dann, wenn damit der Gebrauchszusammenhang schulmäßigen Memorierens intendiert sein sollte. Gegen einen solchen spricht allein schon der aufwendige Charakter der Bebilderung der Utrechter wie der Stuttgarter Handschrift, die einer ganz anderen kulturellen Sphäre, nämlich dem Bereich höchsten Repräsentationsanspruchs, zuzurechnen sind.47 Für den Stuttgarter Codex hat man sich, wie Carl Nordenfalk in seiner Rezension der Faksimileausgabe formuliert hat, als Auftraggeber wohl „ein Mitglied der höchsten karolingischen Gesellschaft" vorzustellen,48 und zu diesem Milieu eröffnen sich über Hilduin (s. oben) in der Tat ganz direkte Verbindungen. Eine mnemotechnische Dienstfunktion der Miniaturen im Sinne einer rein schulpraktischen Nutzung ist diesem Kontext nicht adäquat, und sie würde vor allem den Bildern selbst nicht gerecht. Diese wollen in ihrem Eigenwert und in ihrer (relativen!) Autonomie wahrgenommen werden. Mary Carruthers deutet dies im Grunde selbst schon an, wenn sie sagt: „Both the picturae and the litterae together make up the litteratura, the ,text', as presented in this book [.. .]." 49 Ich würde noch einen Schritt weitergehen und sagen, die Bilder sind selbst Text, sie bilden ein eigenständiges Bedeutungs- und Referenzsystem sie stellen, wie Eckart Conrad Lutz formuliert hat, gewissermaßen das „visualisierte Protokoll" eines Lesens mit anderen Mitteln dar.s° N u n sind die Miniaturen zwar ohne den zugehörigen Text in der Regel nicht oder nur rudimentär zu verstehen; das heißt: diese Querverbindung ist fundamental und untrennbar. Dennoch möchte ich sie einen Moment lang ausblenden und die Bildfolge gleichsam in der Längsachse lesen: als in sich stehenden, fortlaufenden Diskurs, der den Psaltertext als paralleler Text, oder noch präziser als seine ,Ubersetzung', begleitet - bis hin zu der abschließenden Vollminiatur von Davids Kampf gegen Goliath zum apokryphen Psalm 1 5 1 , als Psalmus proprie scriptus David, nach mittelalterlichem Verständnis sozusagen eine beglaubigende Autorenschlußschrift („la signature davidique du
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Mary J. Carruthers, The book of memory. A study of memory in medieval culture, Cambridge 1990, S. 227. Vgl. van der Horst, The Utrecht Psalter (wie Anm. 33), S. 8 i f f . Nordenfalk, Rezension (wie Anm. 20), S. 170. Carruthers, The book of memory (wie Anm. 46), S. 227. Lutz, lesen - unmiiezec wesen (wie Anm. 45), S. 306.
— 23 — psautier") 5 ', der die Miniatur ihrerseits als eine A r t Bild-Kolophon gegenübersteht! Ich denke also an das Interpretationsmuster einer ,doppelten Lesbarkeit' von Text und Illustration, wie wir sie, um ein Beispiel aus späterer Zeit und aus einem ganz anderen Bereich, nämlich dem der höfischen Lehrdichtung, heranzuziehen, etwa auch im H e l schen Gast' Thomasins von Zerclaere beobachten können.' 2 Dieser Perspektivenwechsel - der im übrigen auch Heinz Meyers Formulierung zugrundeliegt, die Bilder des Psalters seien mehr als bloße Abbildung, sondern bezögen sich „auf die Metaphorik des Textes wie ein Kommentar" 5 3 - eröffnet einen neuen Ansatz für das Verständnis der Handschrift. Der Stuttgarter Psalter kann aus dieser Sicht pointiert formuliert - als ,Psalterium duplex' aufgefasst werden, freilich in ganz anderem Sinne als die übrigen Doppelpsalterien dieser Zeit, die zwei unterschiedliche Texte miteinander konfrontieren (Griechisch und Lateinisch oder aber unterschiedliche lateinische Versionen), 54 sondern eben im Sinne einer Parallelität von Wortdiskurs und Bilddiskurs freilich nicht in der für reine (Wort-)Texte typischen Zweispaltigkeit, sondern in der Verwobenheit von Textpassagen und inserierten Bildstreifen. In eine ähnliche Richtung scheint im übrigen auch der Verfasser des auf dem Vorderdeckel angebrachten Titelschilds aus dem 15. Jahrhundert zu denken, denn er charakterisiert den Inhalt der Handschrift als Psalterium David cum exposicione reali depicta," sieht also
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Vgl. dazu Pierre-Maurice Bogaert, L'ancienne numerotation africaine des psaumes et la signature davidique du Psautier (Ps 151); in: Revue Benedictine 97(1987), S. 153-162, bes. 159-162. Vgl. die Überlegungen von Claudia Kühn für das Fabelkorpus im .Welschen Gast'. Sprachliche und visuelle Bilder wären dann je eigene „Strategien des Memorierens" (Swer nit enmerchet, daz er siht, er enbezzert sich davon niht. Die illustrierten Fabeln und Tierbilder im ,Welschen Gast' des Thomasin von Zerclaere, in: Beweglichkeit der Bilder. Text und Imagination in den illustrierten Handschriften des „Welschen Gastes" von Thomasin von Zerclaere, hg. von Horst Wenzel und Christina Lechtermann, Köln usw. 2002, S. 200-215, hier 202). Meyer, Metaphern (wie Anm. 21), S. 181. Vgl. dazu Fischer, Texte (wie Anm. 29), S. 258-261, wo im übrigen auch der Nachweis geführt wird, daß der Prolog zum Stuttgarter Psalter (s. zu diesem jetzt Johannes Machielsen, Clavis patristica pseudepigraphorum medii aevi II A, Turnhout 1994, Nr. 2680) ursprünglich zu einem Doppelpsalter geschrieben wurde, in dem die Version des sog. Gallicanum dem Psalterium iuxta hebreos gegenübergestellt war. Vgl. auch Bischoff, Handschrift (wie Anm. 24), S. 15.
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die Bildfolge ebenfalls als einen Paralleltext zum Psalter selbst: als expositio depicta, als einen gemalten Kommentar also.
Im ursprünglichen historischen Kontext unserer Handschrift - und das ist die karolingische renovatio des ausgehenden achten und des frühen neunten Jahrhunderts, der sich im übrigen auch Hilduin mit seinem reformerischen Engagement für Saint-Denis und Saint-Germain dezidiert einfügt'6 - ließe sich eine Art Gegenprobe zu dieser These versuchen. Dazu müssen wir allerdings etwas weiter ausgreifen. Zu den zentralen Aspekten karolingischer Schrift- und Buchkultur gehört, wie oft genug betont worden ist, die Sorge um Qualität und Korrektheit normativer Texte. Das gilt etwa für die monastische Regel, die kirchliche und zivile Rechtssprechung und natürlich auch für die Bibel und vor allem für die liturgischen Texte und Gesänge. Geradezu exemplarisch läßt sich dies beobachten anhand des Sakramentars als zentralem Textbuch der Meßfeier. Die Bemühungen um ein die römische Tradition authentisch repräsentierendes Mustersakramentar sind in der Forschung immer wieder diskutiert worden.'7 Das ist hier nicht im Detail nachzuzeichnen, und auch wenn das Bild im einzelnen durchaus komplexer und differenzierter sein dürfte als das vor allem von Jean Deshusses entwickelte und weithin akzeptierte Szenario,'8 so bleibt das Entscheidende von solchen Nuancierungen letztlich unberührt: Ziel und Zweck dieses im Einzelnen sehr komplexen Prozesses ist die Etablierung eines nichtigen' und daher als verbindlich anzusehenden Texts.
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Vgl. Pycke, Hilduin (wie Anm. 25), Sp. 516f. Vgl. den Uberblick bei Eric Palazzo, Histoire des livres liturgiques. Le Moyen Age: Des origines au X I I I siecle, Paris 1993, S. 47-83, sowie Marcel Metzger, Les Sacramentaires (Typologie des sources du moyen äge occidental 70), Turnhout 1994. Die ,Nahaufnahme' einzelner Textzeugen führt in verschiedener Hinsicht zu Relativierungen, die die Geschlossenheit dieses Bild aufbrechen und teilweise auch in Frage stellen. Vgl. z.B. Joseph Decreaux, Le Sacramentaire de Marmoutier (Autun i9bis) dans l'histoire des Sacramentaires carolingiens du IX" siecle, Bd. 1 - 2 , Cittä del Vaticano 1985, und Felix Heinzer „ E x authentico scriptus" - Zur liturgiehistorischen Stellung des Sakramentars, in: Die karolingische Sakramentarhandschrift Cod. Donaueschingen 191 der W L B Stuttgart, hg. von Herrad Spilling (Patrimonia 85), Berlin 1996, S. 63-83 zu Don. 1 9 1 .
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So gesehen ist die Geschichte des Sakramentars im fränkischen Reich in der Tat ein Modellfall für jene Vorstellungen, die Arnold Angenendt in einer Untersuchung über den „richtigen Kult als ein Motiv der karolingischen Reform" umrissen hat:" „Im Frühmittelalter ist es [...] die rituelle Genauigkeit, die zum kultischen Ideal aufsteigt: Jedes Wort und jeder Gestus müssen stimmen"60 - daher die programmatische Forderung nach entsprechender Qualität der Bücher: nach libelli bene correcti, wie die Formulierung in einem Capitulare von Karls Sohn Ludwig dem Frommen lautet, die Angenendt für den Titel seiner Studie aufgegriffen hat.61 Dürfen wir auch ein Buch wie den Stuttgarter Psalter, obwohl es nach unseren herkömmlichen Differenzierungen typologisch nicht dem Bereich der amtlichen Liturgie, sondern der privaten Frömmigkeit zuzurechnen ist, dennoch als Produkt dieser Reform sehen und an ihren Maßstäben messen? Ein erster Blick auf das formale Erscheinungsbild seines Texts spricht jedenfalls nicht gegen eine solche Einordnung ganz im Gegenteil! Die graphische Präsentation des Texts entspricht durchaus der für das Reformmilieu charakteristischen Tendenz, die der englische Kodikologe Malcolm B. Parkes so treffend als Entwicklung einer ,Grammatik der Lesbarkeit' („grammar of legibility") bezeichnet hat.62 Gemeint ist die Organisation von Schrift und Layout im Sinne einer möglichst lesbaren visuellen Präsentation der Texte, die das geschriebene Wort mehr und mehr als eigenständige sprachliche Manifestation sieht, welche die Rechte des Auges mindestens genauso berücksichtigt wie die des Ohrs. 6 ' Das entscheidende Moment, das dann auch dem stillen Lesen zum Durchbruch verhilft, ist der Schritt von der scriptura continua zur Worttrennung - wohl eine der einschneidendsten Veränderungen in der Geschichte von Buch, Schrift und Lesen über-
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Arnold Angenendt, Libelli bene correcti. Der „richtige Kult" als ein Motiv der karolingischen Reform. In: Das Buch als magisches und als Repräsentationsobjekt, hg. von Peter Ganz, Wiesbaden 1992 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 5), S. 1 1 7 - 1 3 5 . Ebd., S. 123. Ebd., S. 126 mit Anm. 57 (dort auch der exakte Nachweis der Quelle). Malcolm B. Parkes, Pause and Effect. An Introduction to the History of Punctuation in the West, Aldershot 1992, S. 20. Ebd., S. 34: „ B y the ninth century readers and scribes had come to perceive the written medium as an autonomous manifestation of language, which was apprehended as much by the eye as by the ear."
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haupt.64 Die in einer klaren karolingischen Minuskel geschriebene Stuttgarter Handschrift zeigt dies geradezu exemplarisch: Die Worttrennung ist schon weitgehend realisiert, und nur vereinzelt findet sich auch noch das in karolingischer Zeit weit verbreitete Prinzip der „hierarchischen Wortblöcke". 6 ' Diesem Befund entspricht auch die überaus sorgfältige Interpunktion. Die gliedernde Einrichtung des Texts per cola et commata (also jeweils Zeilenbruch am Versende und am Ende des Halbverses) ist typisch für Psalterhandschriften. Die Stuttgarter Handschrift markiert aber darüber hinaus die Text-Zäsuren noch durch eine zusätzliche Interpunktion am Blattrand und teilweise auch noch einmal im Text selbst, wie schon Bernhard Bischoff im Kommentarband betont hat. Auch hier also das Bestreben um ein akribisches, die exakte Gestalt der Textgliederung sicherndes Zeichensystem. Der graphischen entspricht die philologische Qualität: „Bilder- und Luxushandschriften sind oft im Text sehr nachlässig, aber das trifft auf den Stuttgarter Bilderpsalter nicht zu. Er ist vielmehr eine der besten Gallicanum-Handschriften des 9. Jahrhunderts" - so Bonifatius Fischer am Ende seiner textkritischen Analyse der Handschrift. Der Stuttgarter Psalter, der eng mit dem Text der sog. Alkuin-Bibel verwandt ist67 und im übrigen sogar die sogenannten hexaplarischen Zeichen zur Kennzeichnung der Differenzen zwischen hebräischem und SeptuagintaText aufweist,68 darf mit gutem Recht als liber bene correctus angesehen werden. Wörtliche Richtigkeit als Anforderung also nicht nur an das amtliche Liturgiebuch, sondern auch an die für persönliche Betrachtung (im ursprünglichen Wortsinn!) bestimmte Psalterhandschrift? Gerade im
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Vgl. in diesem Zusammenhang die wichtigen, die Ergebnisse moderner lese-physiologischer Untersuchungen aufnehmenden Arbeiten von Paul Henry Saenger, bes. Silent Reading: Its Impacts on Late Medieval Script and Society, in: Viator 13 (1982), S. 367-414, und Space Between Words. The Origin of Silent Reading, Stanford (CA) 1997. - Zur Tragweite dieses Prozesses Saenger, Space, S. 21: „So dramatic was this change that it is unsurpassed by any other alteration in the act of reading between the patristic age and sixteenth century." Saenger, Space (wie Anm. 64), S. 36-43. Bischoff, Handschrift (wie Anm. 24), S. 19. Fischer, Texte (wie Anm. 29), S. 275 und 279. Näheres dazu ebd., S. 2$8f. und v.a. 265-275. Die hexaplarischen Zeichen erwähnt auch ausdrücklich der Prolog (s. zu diesem Anm. 52).
— 27 — Kontext des Psalters scheint jedenfalls das Bewußtsein um die besondere Wertigkeit des einzelnen Wortes lange und nachhaltig fortzuwirken. So findet sich noch bei Martin Luther in seinen ,Summarien über die Psalmen und Ursachen des Dolmetschend' von 1 5 3 1 im Rahmen der Erklärung seiner Übersetzungsmethode der bemerkenswerte Satz: „Widderumb haben wir zu weilen auch stracks den Worten nach gedolmetscht, ob wirs wol hetten anders und deudlicher künnen geben, Darumb, das an den selben Worten etwas gelegen ist"t9
Was heißt dies für die Bilder des Stuttgarter Psalters? Es scheint fast, als ob der mit dem Text verbundene Anspruch auch nach möglichst ,wörtlichen' Bildern drängte, eben nach literaler Übersetzung des Textes in das Bild. Koert van der Horst hat dies für den Utrechter Psalter folgendermaßen formuliert: „The visualisation of the psalm text in concret, factual terms reinforced the authority of the biblical text and continually stressed the notion that the words of the Bible were literally true." 70 Die beiden Diskursebenen treten also in eine art synergetische Wechselbeziehung: Die besondere Wertigkeit des Texts provoziert gleichsam eine bestimmte Qualität der Bilder, eben ihre Wörtlichkeit, die ihrerseits die Bedeutung und die Wahrheit der Worte unterstreicht und verstärkt. Im übrigen sind es nicht selten und sicher auch nicht zufällig Worte, die auch die Liturgie ausgewählt hat: etwa der 6. Vers des 3. Psalms Ego dormivi et soporatus sum et exsurrexi quia dominus suscepit me - der schlafende Gerechte, der sich selbst inmitten seiner Feinde sicher weiß: ein Bild, das sich in seiner poetischen Kraft der Liturgie genau so aufgedrängt hat (für die letzte Antiphon der Matutin in der Osternacht) 7 ' wie dem Maler des Psalters. Noch einmal zum eben angesprochenen Stichwort der literalen Ü bersetzung: Auch dafür gibt es im unmittelbaren Umfeld des Stuttgarter Psalters einen prominenten Vergleichspunkt, nämlich Hilduins Über-
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D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe, Bd. 38, Weimar 1 9 1 2 , S. 13 (Hervorhebung im Text von mir). - Vgl. auch Waldtraut Ingeborg Sauer-Geppert, Bibelübersetzungen III/i, in: Theologische Realenzyklopädie 6 (1980), S. 228-246, hier 242. Van der Horst, Utrecht Psalter (wie Anm. 33), S. 55. Corpus Antiphonalium Officii (wie Anm. 40), Nr. 2572.
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Setzung der Schriften des sogenannten Ps.-Dionysius, 72 die den Anfang der bemerkenswerten Karriere dieses Textcorpus im lateinischen A bendland markiert. 73 Hilduins Vorlage ist die bekannte griechische U n zial-Handschrift des Corpus Dionysiacum, die 827, also exakt in der Zeit der Entstehung unseres Psalters, als Geschenk des byzantinischen Kaiser Michael II. an den H o f Ludwigs des Frommen gelangte. In der Widmungsvorrede an Ludwig hat Hilduin selbst seine Methode charakterisiert und dabei vor allem betont, daß es bei der Übertragung weniger um Eleganz als vielmehr um Wahrheit und Verständlichkeit und um größtmögliche Genauigkeit in der Reproduktion des Originals gehe:74 Das, was er aus der fremden Sprache herausgepreßt habe, wolle er dem vorgegebenen Sprachverlauf entsprechend, so wie es aus der Presse herausquelle, zusammenweben. Das Ergebnis werde zwar nicht den D u f t angemessener sprachliche Eleganz (des Lateinischen) verströmen, wohl aber den Geschmack der Wahrheit und der Verständlichkeit bieten.75 Daher wird der vorgegebene Sprachverlauf, 76 also die Wortordnung des Griechischen, auch der Übersetzung als Struktur zugrundegelegt. Gabriel Thery hat in einer scharfsinnigen Untersuchung wahrscheinlich gemacht, daß wohl in der Tat der griechische Text Wort für Wort vorgelesen und ebenfalls Wort für Wort ins Griechische übertragen wurde. 77 So wird beispielsweise aus einer so typisch dionysiani-
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Grundlegend dazu immer noch die materialreiche Untersuchung von Gabriel Thery, Etudes Dionysiennes I: Hilduin, tradueteur de Denys, Paris 1932.
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U b e r Johannes Scotus Eriugena, die Schulen von Chartres und St. Viktor, Albertus Magnus und Thomas von A q u i n bis hin z u Meister Eckhart und N i k o l a u s v o n Kues, um nur die wichtigsten Stationen zu nennen. Vgl. zum Ganzen auch Paolo Chiesa, „ A d verbum" ο „ad sensum" ? Modelli e coscienza metodologica della traduzione tra tarda antichitä e altomedioevo, in: Medioevo e Rinascimento 1 (1987), S. 1 - 5 1 , hier 3 5f. Chiesa unterstreicht für Hilduin wie auch für die wenig später unternommene Übersetzung von Johannes Scotus Eriugenas diesen Charakter des Bewahrenden: „entrambi effettuano una traduzione .conservativa' che mira a rispettare al massimo grado il testo originale" (S. 35). Haec quae ab aliena lingua expressimus in tenoris serie sicut de praelo sunt eliquata, texemus. Q u a e licet in interpretatione non redoleant supparem sermonis odorem, sapidum tarnen referunt veritatis et intellectus sui saporem. (Hilduin an Ludwig den Frommen, M G H Epp. 5, Berlin 1899, S. 329).
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Das meint w o h l in tenoris serie. Thery, Etudes (wie A n m . 72), S. 134: „Cette traduction d'Hilduin est done, sans doute, une oeuvre de collaboration, en ce sens que plusieurs personnages y ont travaille simultanement; et jusqu'ici nous en avons, semble-t-il,
— 29 — sehen Wendung wie τφκατ'άυτούς ϋπερκοσμίψ λόγφ auf dem Weg dieses Verfahrens im Lateinischen secundum erga illos supermundialem sermonem.7% Wörtlicher, um nicht zu sagen: mechanischer, geht es in der Tat kaum! Hier sind durchaus Analogien zu den Illustrationen des Stuttgarter Psalters zu erkennen: Auch diese ,Übersetzung' funktioniert auf weite Strecken primär ad verbum und nicht ad sensum, um ein aus spätantiken Quellen, nicht zuletzt aus Äußerungen der großen patristischen Ubersetzer Hieronymus und Rufinus, entwickeltes Gegensatzpaar heranzuziehen. Das Ergebnis solcher Übertragung ist in der Tat eine Folge von „cueing images" (wir erinnern uns an die Formulierung von Mary Carruthers), die aber keineswegs nur in einer Hilfsfunktion zu sehen ist, sondern als eigenständige Manifestation des Texts, welche diesen - in anderer, aber nicht minder wirksamer Weise als das Wort - verkörpert und repräsentiert. Daß dem Bild im Vergleich zum Wort möglicherweise sogar eine stärkere Vergegenwärtigungskraft, zumindest aber eine stärkere Wirkung im Sinne der Affekt-Erregung eignet, haben im übrigen auch schon mittelalterliche Autoren betont, die sich mit dem Verhältnis von geistlichem Bild und Text befaßt haben: Pictura [...] plus videatur movere animum quam scriptum lesen wir etwa bei Wilhelmus Durandus in seinem ,Rationale divinorum officiorum' (I, III, 4).79
Das läßt sich vertiefen mit einem weiteren Seitenblick zum liturgischen Buch: Die Strenge liturgischer Formelhaftigkeit, auf der die Reformer der Karolingerzeit insistieren, ist letztlich auch eine Nachwirkung antik-römischer Ritualvorstellungen, für die in der wortgenauen Richtigkeit des liturgischen Texts, insbesondere des Gebets, die unabdingbare denombre deux: Tun, lisant et pronon^ant le grec, le second, l'entendant et le traduisant". 78 Thery, Etudes (wie Anm. 72), S. i}6{., mit Hinweisen zu einem möglichen Zögern des Ubersetzers, das sich in der „Dublette" secundum erga niedergeschlagen haben könnte. 79 Vgl. dazu J.-C. Schmitt, La culture de l'imago, in: Annales. Histoire, Sciences Sociales 51 (1996), S. 3-36, hier 21, sowie generell Kirstin Faupel-Drevs, Vom rechten Gebrauch der Bilder im liturgischen Raum: Mittelalterliche Funktionsbestimmungen bildender Kunst im „Rationale divinorum officiorum" des Durandus von Mende (Studies in the history of Christian thought 89), Leiden 2000.
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Voraussetzung für seine Gültigkeit und damit, wenn man so will, die Garantie für sein Ankommen bei Gott liegt:80 Aus der „Furcht, Gott durch Fehler in Inhalt und Form des Gottesdienstes zu beleidigen und seinen Zorn auf sich zu ziehen [...] entspringt die intensive Sorge um die Besserung und Korrektur der Texte, aber nicht nur dem Inhalte, sondern auch dem Buchstaben, den Formen nach." ' Falsche oder falsch gesprochene Wörter gelten hingegen in diesem Vorstellungshorizont als unwirksam, ja geradezu blasphemisch.82 Die magischen Konnotationen dieser Sicht sind nicht zu übersehen: ,Richtige' Worte sind auch magische Worte, Worte also, denen eine besondere, gleichsam automatisch wirkende Kraftübertragung zuerkannt wird. Läßt sich dies auf die Bilder unserer Handschrift übertragen? Miniaturen wie die eingangs vorgeführte zur Bestrafung der Feinde des Psalmisten in posteriora (vgl. Abb. 2) scheinen das in der Tat zu belegen, und in noch stärkerem Maß drängt sich für die außerordentlich suggestive Kraft der Illustration zu Psalm 90, 5-6: Scuto circumdabit te Veritas eius [...] (Abb. 7) eine magische Deutung auf: Der Rundschild umschließt Christus, der hier den Psalmenbeter repräsentiert, wie ein undurchdringlicher Zauberkreis und beschützt ihn vor den angreifenden Schlangen und Dämonen. Die volkskundlichen Belege für eine ausschließende, apotropäische Funktion der „Kreislinie als magische Grenze[...], die selbst die stärksten Mächte nicht zu überschreiten vermögen," sind zahllos, wie ein Blick in das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens zeigt.8j Bilder dieser Art sind mehr als nur Illustra80 81
82
83
Vgl. Angenendt, Libelli (wie Anm. 59), S. n 8 f . und 129 (im Anschluß an Beobachtungen von Percy Ernst Schramm und Wolfgang Haubrichs). Wolfgang Haubrichs, Die Anfänge. Versuche volkssprachlicher Schriftlichkeit im frühen Mittelalter (ca. 700-1050/60) (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum Beginn der Neuzeit, hg. von Joachim Heinzle 1), München 1988, S. 74. Vgl. auch Angenendt, Libelli (wie Anm. 59), S. 118. „ N u r wenn Gott das richtig gesprochene Wort hört, öffnet sich sein O h r " , so die Formulierung von Percy Ernst Schramm, Karl der Große. Denkart und Grundauffassung, in: Ders., Kaiser, Könige und Päpste. Gesammelte Aufsätze zur Geschichte des Mittelalters, Bd. 1, Stuttgart 1968, S. 239. Falsch gesprochene Wörter hingegen „gelten als Lüge und sind damit eine Beleidigung Gottes" (Angenendt, Libelli [wie Anm. 59], S. 129). Art. ,Kreis' in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens 5, (1987), Sp. 462-478, Zitat 468. Vgl. auch (in geographischer Konzentration auf den innerschweizerischen Alpenraum) die materialreiche Darstellung von Eduard Renner mit dem bezeichnenden Titel „Goldener Ring über U r i " (Zürich 1941).
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3 i
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tion - sie sollen bewirken, was sie darstellen! Das Psalterium ist in der Tat wie kein anderes biblisches Buch auch immer wieder für magische, insbesondere apotropäische Zwecke verwendet worden. Klaus Schreiner erwähnt im Kommentarband zum eingangs erwähnten Landgrafenpsalter die für das 7. Jahrhundert belegte Sitte alemannischer Reiterkrieger, Gürtel zu tragen, deren Riemenzungen mit Schutzformeln aus den Psalmen beschriftet waren, wobei bezeichnenderweise auch ein Vers aus dem eben angesprochenen Psalm 90 Verwendung gefunden hat,84 und in diesen Zusammenhang gehört auch die interessante Vermutung Florentine Mütherichs, ein winziger, nicht einmal ganz vier Zentimeter hoher, aber mit einem anspruchsvollen Ausstattungsprogramm (Zierschriften, Schmuckseiten mit Initialen, Miniatur) ausgestatteter Psalter aus dem dritten Viertel des 9. Jahrhundert, der heute in St. Peter in Salzburg aufbewahrt wird, könnte einer hochgestellten Persönlichkeit des karolingischen Hauses gehört haben, die das kostbare Büchlein wohl „als Amulett um den Hals oder am Gürtel" zu tragen pflegte. 8 ' Einen weiteren Beleg für einen derartigen Gebrauch hat Jean Vezin beigebracht: eine um 400 entstandene Psalterhandschrift in koptischer Sprache, die als Grabbeigabe in der Nähe von Kairo entdeckt wurde.86 Um Mißverständnisse zu vermeiden: ich will hier keinesfalls behaupten, der Stuttgarter Psalter sei als ganzer in amulettartiger Funktion verwendet worden, wohl aber möchte ich die These formulieren, daß magische Konnotationen eine wichtige Komponente seines ursprünglichen Gebrauchszusammenhangs und damit auch seiner ikonographischen Programmatik waren. In einer kürzlich erschienenen Studie hat Don C. Skemer den Nachweis geführt, welch große Rolle Amulette trotz massiverer Vorbehalte christlicher Lehre und Pastoral in der mittelalterlichen Frömmigkeitspraxis gespielt haben.'7 Entscheidend scheint mir dabei vor allem der
84
Klaus Schreiner, Psalmen in Liturgie, Frömmigkeit und Alltag des Mittelalters, in: Der Landgrafenpsalter (wie Anm. 2), S. 1 4 1 - 1 8 3 , hier 177. 8 5 Florentine Mütherich, Der Psalter von St. Peter in Salzburg, in: Scire Litteras. Forschungen zum mittelalterlichen Geistesleben, hg. von Sigrid Krämer und Michael Bernhard, München 1988, S. 291-297, hier 295. - Es handelt sich um die Handschrift Ms. a I Ο der Stiftsbibliothek von St. Peter (Salzburg). 86 Jean Vezin, Les livres utilises comme amulettes et comme reliques, in: Das Buch als magisches Objekt (wie Anm. 59), S. 1 0 1 - 1 1 5 , bes. 103. 87 Don C . Skemer, Amulet Rolls and Female Devotion in the Middle Ages, in: Scriptorium 55 (2001), S. 197-227.
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Hinweis auf die apotropäische Funktion des erinnernden Behaltens heiliger Worte: „Retaining of sacred words [...] was popularly believed to have an apotropaic function." Skemer hat dies vorwiegend im Blick auf spätmittelalterliche Livres d'heures herausgearbeitet, aber seine Beobachtungen lassen sich, wie mir scheint, gerade auch auf ein Buch wie den Stuttgarter Psalter übertragen: „Books of hours [...] could be ,read' by contemplating prayers and readings that accompanied favorite miniatures, by fingering litanies of helpful saints, by gazing intently at icon-like sacred imagery in pious hope or superstitious expectation of winning divine favour. While clearly intended for prayer and meditation, Books of Hours could serve as something akin to a portable altar and also to a written amulet. In short, written amulets could be used devotionally and prayer books amuletically." 88
Biographische Texte über früh- und hochmittelalterliche Fürsten und Könige berichten verschiedentlich, daß diese ihren Psalter immer und überall hin mit sich geführt hätten - Kaiser Heinrich IV. etwa habe ein solches Buch ständig unter dem Sattel eines bischöflichen Begleiters mitreisen lassen. 8 ' Das sind stilisierte Hinweise auf das, was diese Zeit grundsätzlich als Anspruch an den Psalter herantrug: seine ,Alltagstauglichkeit'. Auch die eben angedeuteten Aspekte magischer Nutzung sind nichts anderes als spezielle Spielformen dieser Erwartung an ein Buch, in dem sich der betende Mensch in allen Lebenssituationen von Schwangerschaft und Geburt bis hin zu Krankheit und Tod, mit all seinen Befindlichkeiten und Bedürfnissen, körperlicher genauso wie seelischer Art, wiederfinden will. Es scheint freilich, als ob der Prozeß zunehmender Allegorisierung und Spiritualisierung im Verständnis des Bibel- und damit auch des Psaltertexts diesen Alltagsbezug zumindest im theologisch geprägten Milieu mehr und mehr in den Hintergrund drängt und den Psalter in gewisser Weise ,entmaterialisiert'. Diese Tendenz spiegelt sich nicht zuletzt auch in der Geschichte der Psalterillustration. Florentine Mütherich hat in ihrer zweiten Studie zum Stuttgarter Psalter vorgeschlagen, den „Weg von der wörtlichen zur stärker historischen und schließlich zur christologisch-heilsgeschichtlichen Interpretation der
88 89
Skemer, Amulett Rolls (wie Anm. 87), S. 217. Schreiner, Psalmen (wie Anm. 84), S. i j 8 f .
— 33 — Psalmen, die sich in den Bildzyklen spiegelt," als „Weg von der Spätantike in das Mittelalter" zu sehen, und sie erkennt dabei eine Parallele zwischen der Vielschichtigkeit der Bilddeutungen und dem mittelalterlichen System der verschiedenen „Schriftsinne", in dem der sensus allegoricus im Laufe der Jahrhunderte immer mehr die Hegemonie übernimmt.90 Dieses Szenario darf allerdings den Blick dafür nicht verstellen, dass es neben und gleichzeitig zu dieser weitgehenden Dominanz der Allegorese in gelehrtem Kommentar und bildlicher Ausstattung noch immer und nicht minder als im frühen Mittelalter die Praxis des Psalterra«izm gibt, der in diesem Buch ganz konkrete Antworten und Hilfen für die Bewältigung seiner Lebenssituation sucht und findet. Im Erscheinungsbild der Handschriften des 13. Jahrhunderts, mit denen wir diese Reflexionen begonnen haben, ist dieser Bezug zur conditio humana des Lesers und Beters der Psalmen allerdings in der Tat buchstäblich marginal geworden: Von der theologisch-allegoretischen Deutung komplett aus den Bildern vertrieben, begegnet er höchstens noch am Blattrand in Form der in manchen gotischen Psalterien zu findenden, bezeichnenderweise volkssprachlichen Gebetsanweisungen, welche die ,Nutzbarkeit' der Psalmen für die Realität des mittelalterlichen Lebensalltags thematisieren:' 1 etwa für Schwangerschaft und Geburt, gegen Krankheit, Diebstahl, ungerechte Richter, für das Gedeihen des Viehs und gute Ernte oder - wie in dem schönen, vermutlich im Würzburger Raum entstandenen ,Comburger Psalter' aus der Zeit um 1220/30 92 (Abb. 8) - für Schiffsreisende: Den sprich umbe friunt so sie in wazere varen, heißt es hier am Rand von Psalm 68, der mit dem Notschrei des Ertrinkenden beginnt: Salvum me fac domine - „Gott hilff mir, denn das Wasser gehet mir bis an die Seele [...]" (um noch einmal
90 91
92
Mütherich, Bedeutungsschichten (wie Anm. 17), S. 243. Helmut Engelhardt, Gebetsanweisungen in lateinischen Psalterhandschriften, in: 'Verfasserlexikon 3 (1981), Sp. 1129^, und bes. Ernst Hellgardt, Deutsche Gebetsanweisungen zum Psalter in lateinischen und deutschen Handschriften und Drucken des 1 2 . - 1 6 . Jahrhunderts. Bemerkungen zu Tradition, Uberlieferung, Funktion und Text, in: Deutsche Bibelübersetzungen des Mittelalters, hg. von Heimo Reinitzer (Vestigia Bibliae 9/10), Bern 1991, S. 400-413. Jetzt auch Lentes, Text (wie Anm. 3), S. 339f. Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. bibl. 2° 46. Vgl. dazu: Die gotischen Handschriften der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart 1 (vom späten 12. bis zum frühen 14. Jahrhundert), bearb. von Christine Sauer (Katalog der illuminierten Handschriften der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart 3,1), Wiesbaden 1996, N r . 30.
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Luthers Übersetzung heranzuziehen). Ein letzter, unscheinbar gewordener Rest wörtlichen Verständnisses des Psalmtexts! Die Miniaturen des Stuttgarter Bilderpsalters hingegen demonstrieren eindringlich, daß dieses Buch zumindest zu Beginn seiner mittelalterlichen Geschichte auch sehr direkt - und durchaus sehr körperlich! beim Wort genommen werden konnte.
Abbildungen
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Abb. ι - Landgrafenpsalter, Stuttgart, WLB, HB II 24, f. 73V fWürttembergische Landesbibliothek Stuttgart]
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Abb. 2 - Stuttgarter Bilderpsalter, Stuttgart, WLB, Cod. bibl. 2° 23, f. 94V (Ps. 77, 66) [Bildarchiv Foto Marburg]
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Abb. 3 - Utrechter Psalter, Utrecht, University Library, Ms. 32, f. iv (Ps. 1, iff.) [University Library Utrecht]
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Abb. 4 - Stuttgarter Bilderpsalter, Stuttgart, W L B , Cod. bibl. 2 0 23, f. 2r (Ps. 40, 4) [Bildarchiv Foto Marburg]
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Abb. 7 - Stuttgarter Bilderpsalter, Stuttgart, W L B , Cod. Bibl. 2° 23, f. i07r (Ps. 90, 5-6) [Bildarchiv Foto Marburg]
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Abb. 8 - Comburger Psalter, Stuttgart, W L B , Cod. bibl. i ° 46, f. 6iv (Ps. 68, 1 - 3 ) [WLB]
Curriculum vitae Felix Heinzer wurde am 9. Mai 1950 in Zürich geboren und besuchte die Grundschule in Erlenbach und das Humanistische G y m n a s i u m in Zürich (Matura 1969). Anschliessend hat er in Chur, R o m und L y o n Philosophie und Katholische Theologie studiert und 1975 in C h u r die Priesterweihe erhalten und ein Jahr später das Lizentiat erworben. 1979 wurde er auf Antrag von Christoph Schönborn O P v o n der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg/Schweiz zum Dr. theol. promoviert. N a c h seinem Ausscheiden aus dem kirchlichen Dienst 1981 hat Felix Heinzer sich der Handschriftenkunde zugewandt und sich auf diesem Gebiet dank seiner profunden fächerübergreifenden wissenschaftlichen Arbeiten rasch einen N a m e n gemacht. V o n 1 9 8 1 bis 1986 katalogisierte er im Auftrag der D F G Bestände liturgischer und theologischer Handschriften an der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, anschliessend absolvierte er die Ausbildung zum wissenschaftlichen Bibliotheksdienst in Karlsruhe und K ö l n und wurde nach dem Examen 1988 zum Leiter der Handschriftenabteilung der Württembergischen Landesbibliothek ernannt. 2002 hat ihm die Philosophische Fakultät der Universität Basel die Venia legendi f ü r das Fach Allgemeine G e schichte des Mittelalters verliehen. Heinzer war Lehrbeauftragter an den Universitäten Tübingen, Stuttgart, Basel und Poitiers sowie an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Im SS 2003 hielt er im Rahmen der Wolfgang Stammler-Gastprofessur ein Seminar mit Handschriften-Exkursion ab zum Thema „ D e r Psalter als mittelalterliches Buch - Überlieferung, Funktion und Gestalt". Felix Heinzer ist Ordentliches Mitglied der Kommission f ü r geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Mitglied der A r beitsgemeinschaft f ü r geschichtliche Landeskunde am Oberrhein, des Centre International de Codicologie in Brüssel, des Mediävistischen Arbeitskreises der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel und des Alemannischen Instituts.
Verzeichnis der Veröffentlichungen von Felix Heinzer 1980-2004 Bücher
ι 2
Gottes Sohn als Mensch. Die Struktur des Menschseins Christi bei Maximus Confessor (Paradosis 26), Fribourg 1980. Maximus Confessor. Actes du Symposium sur Maxime le Confesseur, Fribourg 2-5 Septembre 1980, ed. par Felix Heinzer et Christoph Schönborn (Paradosis 27), Fribourg 1982.
3
Wurzel Jesse und Kreuzesbaum. Zwei Miniaturen aus einem Straßburger Psalterium des 13. Jahrhunderts (Jahresgabe der Badischen Bibliotheksgesellschaft 1983), Karlsruhe 1983.
4
Die Handschriften von St. Peter im Schwarzwald. Teil 2: Die Pergamenthandschriften, bearb. von Felix Heinzer und Gerhard Stamm (Die Handschriften der B L B Karlsruhe 10,2), Wiesbaden 1984.
5
Die Handschriften von Lichtenthai, beschr. von Felix Heinzer und Gerhard Stamm. Mit einem Anhang: Die heute noch in Lichtenthai aufbewahrten Handschriften des 12. bis 16. Jahrhunderts, beschr. von Felix Heinzer (Die Handschriften der B L B Karlsruhe 1 1 ) , Wiesbaden 1987.
6
Zur Bedeutung und Geschichte des Breviculums [Raimundus Lullus u. Thomas le Myesier] (Vorträge der Badischen Landesbibliothek 19), Karlsruhe 1988. Aus Handschriften und Inkunabeln der historischen Lehrerbibliothek des Ludwig-Wilhelm-Gymnasiums in Rastatt (Vortragsreihe der historischen Lehrerbibliothek des Ludwig-Wilhelm-Gymnasiums Rastatt 1), Rastatt 1989.
7
8
Die Reichenauer Inkunabeln der Badischen Landesbibliothek. Ein unbekanntes Kapitel Reichenauer Bibliotheksgeschichte, in: Bibliothek und Wissenschaft 22, 1988), S. 1 - 1 3 2 (auch als Sonderdruck, Wiesbaden 1989).
9
Der Landgrafenpsalter. Vollständige Faksimileausgabe im Originalformat der Handschrift H B 1 1 2 4 der W L B Stuttgart. Kommentarband, hrsg. von Felix Heinzer (Codices Selecti 93), Graz und Bielefeld 1992.
10
Mittelalterliche Andachtsbücher: Psalterien, Stundenbücher, Gebetsbücher. Zeugnisse europäischer Frömmigkeit. Eine Ausstellung der Badischen und der Württembergischen Landesbibliothek zum 91. Deutschen Katholikentag in Karlsruhe 1992, Katalog, hrsg. von Hans-Peter Geh u.
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4
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Gerhard Römer, bearb. von Felix Heinzer und Gerhard Stamm, Karlsruhe und Stuttgart 1992. 11
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„Unberechenbare Zinsen". Bewahrtes Kulturgut. Katalog zur Ausstellung der vom Land Baden-Württemberg erworbenen Handschriften der Fürstlich-Fürstenbergischen Hofbibliothek, hrsg. von Felix Heinzer, Stuttgart 1993 (2. Aufl. 1994). Das Berthold-Sakramentar. Vollständige Faksimile-Ausgabe im Originalformat von Ms M. 710 der Pierpont Morgan Library in N e w York, Kommentarband, hrsg. von Felix Heinzer und Hans Ulrich Rudolf (Codices Selecti 100), Graz 1999. Bücher, Menschen und Kulturen. Festschrift für Hans-Peter Geh zum 65. Geburtstag, hrsg. von Birgit Schneider, Felix Heinzer und Vera Trost, München 1999. 900 Jahre Kloster Lorch. Eine staufische Gründung vom Aufbruch zur Reform, hrsg. von Felix Heinzer, Robert Kretzschmar und Peter Rückert, Stuttgart 2004. Aufsätze
1 2 3
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5 6 7 8
Anmerkungen zum Willensbegriff Maximus Confessors, in: Freiburger Zeitschrift für Philosophie und Theologie 28 (1981), S. 372-392. L'explication trinitaire de l'Economie chez Maxime le Confesseur, in: Maximus Confessor (s. oben), S. 159-172. Fragmente eines unbekannten Textzeugen von Flodoards Historia Remensis Ecclesiae, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 38 (1982), S. 551-554. Die leidende Menschheit Christi als Quelle des Heils nach Maximus Confessor, in: Christusglaube und Christusverehrung. Neue Zugänge zur Christusfrömmigkeit, hrsg. von Leo Scheffczyk, Aschaffenburg 1982, S. 55-79. Neues zu Gerhard von Csanäd: Die Schlußschrift einer Homiliensammlung, in: Südostforschungen 61 (1982), S. 1-7. Zur Datierung des Karlsruher Beda (Aug. C L X V I I ) , in: Scriptorium 37 (1983), S. 239-241. Textkritisches zu den sog. „Obligationes Parisienses", in: Vivarium 21 (1983), S. 127-136. Die Altarpatrozinien der Straßburger Dominikanerinnenklöster St. Agnes und St. Nikolaus in Undis, in: Archives de l'Eglise d'Alsace 43 (1984), S. 367-370.
— 49 — 9
Die Inkunabeln der ehemaligen Klosterbibliothek von St. Peter im Schwarzwald in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, in: Bibliothek und Wissenschaft 18 (1984), S. 1-46.
10
Zu einem unbeachteten Maximus-Zitat im Periphyseon des Johannes Scotus Eriugena, in: Traditio 40 (1984), S. 300-306. Aspekte der Katalogisierung liturgischer Handschriften. Erfahrungen bei der Bearbeitung des Bestands St. Peter perg. der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, in: Codices Manuscripti 10 (1984), S. 98-105.
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„Dis liset man, so ein swester hinzuht". Sondergut in der Sterbeliturgie der elsässischen Dominikanerinnenklöster, in: Archives de l'Eglise d'Alsace 44 (1985), S. 337-342.
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Johannes Zürn, ein Herrenaiber Schreibermönch, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 133 (1985), S. 67-80. Statuten des Erfurter Marienstifts aus dem 14. Jahrhundert, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 37 (1985), S. 2 1 1 - 2 2 3 . Handschriften und Drucke des 15. und 16. Jahrhunderts aus der Benediktinerinnenabtei Frauenalb. Eine bibliotheksgeschichtliche Skizze, in: Bibliothek und Wissenschaft 20 (1986), S. 93-124. Zwei unbekannte Briefe Bernhards von Clairvaux in einer Handschrift der Zisterzienserinnenabtei Lichtenthai, in: Scriptorium 41 (1987), S. 97-105.
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16 17
Die Handschriften der Bibliothek von St. Peter im Schwarzwald - ein Zeugnis der „Klosteraufklärung" am Oberrhein, in: Historiographie am Oberrhein im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit (Oberrheinische Studien 7), Sigmaringen 1988, S. 331-346.
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Lichtenthaler Bibliotheksgeschichte als Spiegel der Klostergeschichte, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 136 (1988), S. 35-62. Das Album amicorum (1545-1569) des Claude de Senarclens, in: Stammbücher des 16. Jahrhunderts, hrsg. von Wolfgang Klose, Wiesbaden 1989, S. 95-124. U n temoin inconnu des „Bohun Manuscripts". Le Ms. 2 des Archives de l'Abbaye de Lichtenthai, in: Scriptorium 43 (1989), S. 259-266. Buchkultur und Bibliotheksgeschichte Hirsaus, in: Hirsau St. Peter und Paul 1 0 9 1 - 1 9 9 1 , Bd. 2 (s. oben), S. 259-296.
19 20 21 22
Die Kölner Membra disiecta der Stuttgarter Schachzabelhandschrift: die Fragmente Μ 1 1 2 bis Μ 1 1 5 des Wallraf-Richartz-Museums, in: WallrafRichartz-Jahrbuch 52 (1991), S. 7 - 1 5 .
23
Äußeres, Inhalt und Geschichte der Handschrift, in: Der Landgrafenpsalter (s. oben), S. 1-29. Der Hirsauer ,Liber Ordinarius', in: Revue Benedictine 102 (1992), S. 309-347.
24 25
Die Fürstenberg-Handschriften. Geschichte und Profil der Sammlung, in: Konstanzer Arbeitskreis für Mittelalterliche Geschichte, Protokoll über die Arbeitssitzung 334 (1993), S. 1 - 5 .
— 50 — 26
Zur Geschichte der Fürstlich-Fürstenbergischen Handschriftensammlung, in: „Unberechenbare Zinsen" (s. oben), S. 5 - 1 3 .
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„ U t idem libri ecclesiastici et consuetudines sint omnibus". Bücher aus Lichtenthals Gründungszeit, in: 750 Jahre Zisterzienserinnen-Abtei Lichtenthal, hrsg. von H. Siebenmorgen, Sigmaringen 1995, S. 43-47 (mit einer Reihe von Handschriftenbeschreibungen im Katalogteil).
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„Marcus decus Germaniae". Ii culto del patrono veneziano a Reichenau. Relazioni e specificitä, in: Musica e Storia 3 (1995), S. 169-187. Die neuen Standorte der ehemals Donaueschinger Handschriftensammlung, in: Scriptorium 49 (1995), S. 3 1 2 - 3 1 9 .
29 30
31
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„ E x authentico scriptus". Zur liturgiehistorischen Stellung des Sakramentars, in: Die karolingische Sakramentarhandschrift Cod. Donaueschingen 191 der W L B Stuttgart, hrsg. von Herrad Spilling (Patrimonia 85), Berlin 1996, S. 63-83. Das Meßbuch des Abts? Das Berthold-Sakramentar als liturgisches Buch, in: H . U . Rudolf, „Ein Buch von Gold und Silber". Das BertholdSakramentar aus Weingarten ( 1 2 1 5 - 1 2 1 7 ) , Ravensburg 1996, S. 1 1 1 - 1 1 7 . G. Brinkhus und F. Heinzer, Die Esslinger mittelalterlichen Papierhandschriften, in: Esslinger Studien 36 (1997), S. 41-78. Das Berthold-Sakramentar als liturgisches Buch, in: Das BertholdSakramentar (s. oben), S. 2 1 7 - 2 5 3 . Maulbronn und die Buchkultur Südwestdeutschlands im 12. und 13. Jahrhundert, in: Maulbronn 1 1 4 7 - 1 9 9 7 und die Anfänge der Zisterzienser in Südwestdeutschland, hrsg. von Peter Rückert (Oberrheinische Studien 16), Stuttgart 1999, S. 147-166 (mit Abb. 1 - 5 und Taf. 4-5).
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Reform und Reformation, Landesherr und Kloster - die Lorcher Chorbücher von 1 5 1 1 / 1 2 und Herzog Ulrich, in: „Alte Christen - Neue Christen". Der Streit um die Reformation in Württemberg, hrsg. von Peter Rückert, Stuttgart 1999, S. 16-24.
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Wolfgang Stammler Gastprofessur für Germanische Philologie an der Universität Freiburg Schweiz
Heft ι Walter Blank Naturanschauung im Mittelalter 1994. 45 S. ISBN 3-11-018077-4 Heft 2 Stefan Sonderegger Althochdeutsch als Anfang deutscher Sprachkultur 1994. 91 S. ISBN 3-11-018076-6 Heft 3 Paul Gerhard Schmidt Das Interesse an mittellateinischer Literatur 199;. 43 S. ISBN 3-11-018075-8 Heft 4 Walter Salmen König David — eine Symbolfigur in der Musik 1995. 33 S. ISBN 3-1 i-018074-x Heft 5 Alois Wolf Das Fas^inosum der mittelalterlichen Minne 1996. 66S. ISBN 3-11-018073-1 Heft 6 Michael Curschmann Vom Wandel im bildlichen Umgang mit literarischen Gegenständen. Rodenegg, Wildenstein und das Flaarsche Haus in Stein am Rhein 1997. 99 S. ISBN 3-11-018072-3
Heft 7 Alois Μ. Haas Der Kampf um den Heiligen Geist — Luther und die Schwärmer 1997. 48S. ISBN 3-11-018071-5 Heft 8 Oskar Reichmann Nationales und europäisches Modell in der Sprachgeschichtsschreibung des Deutschen 2001. 101 S. ISBN 3-11-018070-7 Heft 10 Walter Haug Die höfische Liebe im Horizont der erotischen Diskurse des Mittelalters und der Frühen Neuheit z.K. 2004. 77 S. ISBN 3-11-018049-9 Heft 11 Marc-Rene Jung Die Vermittlung historischen Wissens ^um Trojanerkrieg im Mittelalter 2001. 43 S. ISBN 3-11-018068-5 Heft 12 Burghart Wachinger Der Sängerstreit auf der Wartburg. Von der Manessischen Handschrift bis Morit% von Schwind 2004. 78 S. ISBN 3-11-017919-9 Heft 13 Felix Heinzer Wörtliche Bilder. Zur Funktion der Literal-Illustration im Stuttgarter Psalter (um 8p) 200;. 52S. ISBN 3-11-018051-0