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German Pages 379 [380] Year 1996
Series Maior
LEXICOGRAPHICA Series Maior Supplementary Volumes to the International Annual for Lexicography Supplements ä la Revue Internationale de Lexicographie Supplementbände zum Internationalen Jahrbuch für Lexikographie
Edited by Sture Allen, Pierre Corbin, Reinhard R. K. Hartmann, Franz Josef Hausmann, Hans-Peder Kromann f, Oskar Reichmann, Ladislav Zgusta 70
Published in cooperation with the Dictionary Society of North America (DSNA) and the European Association for Lexicography (EURALEX)
Wörterbücher in der Diskussion II Vorträge aus dem Heidelberger Lexikographischen Kolloquium Herausgegeben von Herbert Ernst Wiegand
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1996
Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme [Lexicographica / Series maior] Lexicographica : supplementary volumes to the International annual for lexicography / publ. in cooperation with the Dictionary Society of North America (DSNA) and the European Association for Lexicography (EURALEX). Series maior - Tubingen : Niemeyer. Früher Schriftenreihe Reihe Series maior zu: Lexicographica NE: International annual for lexicography / Supplementary volumes 70. Wörterbücher in der Diskussion II.- 1996 Wörterbücher in der Diskussion II : Vorträge aus dem Heidelberger Lexikographischen Kolloquium / hrsg. von Herbert Ernst Wiegand.- Tübingen : Niemeyer, 1996 (Lexicographica: Series maior; 70) NE: Wiegand, Herbert Ernst [Hrsg.]; Heidelberger Lexikographisches Kolloquium ISBN 3-484-30970-9
ISSN 0175-9264
© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co.KG, Tübingen 1996 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband: Hugo Nädele, Nehren
Inhalt
HERBERT ERNST WIEGAND: Z u r E i n f ü h r u n g
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HERBERT ERNST WIEGAND: D a s K o n z e p t d e r semiintegrierten M i k r o s t r u k t u r e n . Ein
Beitrag zur Theorie zweisprachiger Printwörterbücher INGRID LEMBERG: Die Belegexzerption zu historischen Wörterbüchern am Beispiel des FRÜHNEUHOCHDEUTSCHEN WÖRTERBUCHES u n d des DEUTSCHEN RECHTSWÖRTERBUCHES
WOLF-ANDREAS LIEBERT: Hypertextdesign in der kognitiven Lexikographie. Das Hypermedia-Metaphernlexikon „Lascaux" STEFAN J. SCHIERHOLZ: Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern OSKAR REICHMANN: Neueste Autorenlexikographie: Prcblemerörterung am Beispiel des Wörterbuches zur Göttinger FRAUENLOB-Ausgabe ANGELIKA STORRER: Metalexikographische Methoden in der Computerlexikographie FRITZ HERMANNS: Emotion im Wörterbuch. Zur Lexikographie von affektiver Lexik WOLFGANG MÜLLER: Antonymien, Gegenwortfeld-Wörterbücher und das Gegenwort-Wörterbuch. Begründung und Konzeption
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103 140 204 239 256 279
MATTHIAS KAMMERER/ANDREA LEHR: Potentielle V e r w e i s e u n d die Wahrscheinlich-
keit ihrer Konstituierung Namenregister Sachregister
311 355 359
Herbert Ernst Wiegand Zur Einführung
Das Heidelberger Lexikographische Kolloquium ist eine Institution, die seit dem Sommersemester 1983 besteht. Über die Entwicklung der von mir geleiteten Veranstaltung bis 1987 habe ich relativ ausfuhrlich im Vorwort des Bandes „Wörterbücher in der Diskussion (I). Vorträge aus dem Heidelberger Lexikographischen Kolloquium." Tübingen 1989 (Lexicographica. Series Maior 27) berichtet. Seit 1988 hat das Kolloquium nicht jedes Semester, sondern meistens nur einmal im Jahr - also jedes zweite Semester - stattgefunden. In der Zwischenzeit wurden seit 1983 in dem Kolloquium insgesamt über 100 Vorträge gehalten und diskutiert. Der weitaus größte Teil wurde in irgendeiner Form selbständig oder als Teil von monographischen Arbeiten publiziert (vgl. dazu auch mein Vorwort von 1989). Die Mehrzahl der im Wintersemester 1994/95 gehaltenen elf Vorträge werden in diesem Band veröffentlicht. Ich danke hiermit den Autorinnen und Autoren sehr für ihre Mitarbeit im Kolloquium sowie dafür, daß ich die Beiträge in dieser Form herausgeben kann. Ganz besonders möchte ich an dieser Stelle auch meinem neuen wissenschaftlichen Mitarbeiter, MATTHIAS KAMMERER, danken, der nicht nur die Druckvorlage hergestellt, sondern auch die beiden Register erarbeitet hat. Weiterhin gilt mein Dank dem Verlag für die Möglichkeit, daß im Beitrag von WOLF-ANDREAS LIEBERT farbige Abbildungen gedruckt werden konnten, und schließlich danke ich den Kollegen, welche die Reihe „Lexicographica. Series Maior" herausgeben. Die Reihenfolge, in der die Beiträge gedruckt wurden, entspricht der Vortragsfolge. Nachfolgend stelle ich sie kurz vor und gebe einige Hinweise zur Einordnung in die derzeitige metalexikographische Forschungslandschaft. Aus Gründen, die jeder leicht verstehen wird, beginne ich allerdings nicht mit dem ersten, meinem eigenen, sondern mit dem zweiten Beitrag meiner Heidelberger Kollegin und Lexikographin, INGRID LEMBERG, der den Titel trägt: „Die Belegexzerption zu historischen Wörterbüchern am Beispiel des FRÜHNEUHOCHDEUTSCHEN WÖRTERBUCHES und des DEUTSCHEN RECHTSWÖRTERBUCHES" (S. 8 3 - 1 0 2 ) . In der neueren W ö r -
terbuchforschung gibt es eine ganze Reihe weiterführender Arbeiten, in denen Fragen der Belegexzerption behandelt werden; man vgl. u.a. HAß 1991 u. 1995; REICHMANN 1984 u. 19881. Obwohl sich in diesen und einigen anderen Arbeiten auch Hinweise zu methodologischen Aspekten des Exzerpierens finden, konnte I. LEMBERG doch nicht auf eine Arbeit zurückgreifen, die in erster Linie ein exzerptionsmethodisches Anliegen verfolgt. Daß eine solche Arbeit bisher nicht vorliegt, hat lexikographiehistorische Gründe und ist für die historische Lexikographie des Deutschen überaus charakteristisch. Hier wurde nämlich die lexikographische Handlung des Exzerpierens von Belegen durchweg in ihrer Rolle für den lexikographischen Prozeß historischer Wörterbücher falsch eingeschätzt, und zwar lediglich als unqualifizierte Vorarbeit williger (meistens studentischer) Helfer, die nach (in der Regel völlig unzureichenden) Richtlinien die sog. Verzettelung mechanisch vorzunehmen haben. Diese Fehleinschätzung sog. Gelehrter hat bei zahlreichen großen Wörterbuchunternehmungen (z.B. beim Mittelhochdeutschen Wörterbuch in Hamburg) zu mehr oder weniger sinnlosen Zettelhalden gefuhrt. - Vor dem Hintergrund grandioser Fehleinschätzungen germanischer und deutscher Philologen hinsichtlich 1
Die in dieser Einführung erwähnte Literatur findet sich jeweils in den Literaturverzeichnissen der hier vorgestellten Beiträge.
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Herbert Ernst Wiegand
der Belegexzerption hat der Beitrag I. LEMBERGS ein dreifaches Anliegen: Die Autorin will (und kann) erstens zeigen, daß die Belegexzerption gerade nicht als Hilfs- und Vorarbeit gelten kann; sie gibt zweitens einen praxisnahen Einblick in Teilbereiche der Problematik der Belegexzerption bei historischen Wörterbüchern, und sie macht drittens bedenkenswerte Vorschläge, wie Lexikographen zu einer qualitativ hochstehenden Belegexzerption kommen können. - Im ersten Teil des Beitrages wird der Frage nachgegangen, was eine gute Belegexzerption leisten kann und leisten sollte. Die Verf. geht dabei so vor, daß sie - getrennt für das DRW und das FWB - zunächst zeigt, welche textuellen Artikelpositionen die Wörterbuchartikel maximal aufweisen können, und dann ausfuhrt, welche lexikographischen Überlegungen erforderlich sind, um die Artikelpositionen zu bearbeiten. Daraus ergibt sich dann, wie und was exzerpiert und mit welchen Exzerptkommentaren versehen werden muß, damit eine konzeptionsadäquate und optimale Artikelbearbeitung direkt und im Idealfall ausschließlich auf der Basis des Belegmaterials möglich wird. Nachdem dargelegt ist, wie eine Belegexzerption aussehen sollte, wird die gewonnene Vorstellung von einer wichtigen Phase des lexikographischen Prozesses bei historischen Großwörterbüchern mit der Exzerptionsrealität des DRW und des FWB verglichen. Es zeigt sich u.a., daß besonders die Exzerption für das DRW, welche bis in das letzte Jahrzehnt des 19. Jhs. zurückreicht, schwere Mängel aufweist, weil die von Studenten und interessierten Laien angefertigten Exzerpte keiner Qualitätskontrolle unterworfen wurden und zum Zeitpunkt der Exzerption die Vorstellung davon, welche Eigenschaften Exzerpte aufweisen müssen, um bei der Artikelausarbeitung wirklich als möglichst selbständige Materialbasis gelten zu können, nicht deutlich genug ausgeprägt waren. - Günstiger liegen dagegen die Verhältnisse beim FWB. Hier wurde zunächst „buchstabenspezifisch" exzerpiert; die Exzerpte zu Ausdrücken mit initialem b und ρ wurden im gleichen Zeitraum exzerpiert, in dem die Wörterbuchartikel zu den Lemmazeichen mit initialem α geschrieben wurden. Die bei der Abfassung der Wörterbuchartikel entdeckten Belegmängel führten daher frühzeitig zu ergänzenden Exzerptionsanweisungen und ermöglichten überdies eine effektive Kontrolle des bereits vorliegenden Belegmaterials. Im zweiten Teil ihres Beitrages wendet sich I. LEMBERG der Frage zu, wie man exzerpiert. Die Vorgehensweise ist nun exemplarisch. Anhand von Beispielen wird dargelegt, welche Fragen an das Belegmaterial gestellt werden, wenn Wörterbuchartikel formuliert werden. Die diskutierten Beispiele sind jeweils so gewählt, daß es sich um Belegexzerpte handelt, die aus unterschiedlichen Gründen unzureichend sind. Aus der Beschreibung der Mängel der Exzerpte (relativ zu den an sie gestellten Fragen) wird dann darauf geschlossen, welche Eigenschaften die Exzerpte aufweisen und wie die Exzerptionsregeln lauten müssen, denen man beim Exzerpieren folgen muß. Mit der Arbeit von I. LEMBERG verfügen wir nun über einen fruchtbringenden Ausschnitt aus einer Exzerptionslehre für historische Wörterbücher, die fortgeschrieben werden kann. Der dritte Beitrag stammt von WOLF-ANDREAS LIEBERT und trägt den Titel „Hypertextdesign in der kognitiven Lexikographie. Das Hypermedia-Metaphernlexikon ,Lascaux' " (S. 103139). Die Arbeit entstand im Zusammenhang des Projektes „Theoriesprachliches Lexikon der Metaphernmodelle als Sprachreflexionsmittel im Forschungsprozeß", das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Postdoktorandenprogramms gefördert wurde. In der kognitiven Psychologie und in der neueren Wissenschaftssprachenforschung hat man in jüngster Zeit unter verschiedenen Fragestellungen über die Rolle von Metaphern im Forschungsprozeß und insbesondere bei der Theoriebildung nachgedacht. Es konnte dabei z.B. auch gezeigt werden, daß Metaphernbildungen kreative Prozesse in Gang setzen können; W.-A. LIEBERT ist daher bei seinen Untersuchungen von der forschungsleitenden Frage ausgegangen,
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ob die innovative Kraft metaphorischen Denkens im Forschungsprozeß bewußt und gezielt eingesetzt werden kann. Im Zuge der Beantwortung dieser Frage entstand auch das Hypermedia-Metaphernlexikon „Lascaux", und zwar in Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Virologen aus dem „Forschungsschwerpunkt angewandte Tumorvirologie" am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, die untersucht, wie die Vermehrung des Aidserregers H I V gestoppt werden kann. LLEBERT beschreibt zur Vermittlung des nötigen Hintergrundwissens zunächst kurz das Forschungsdesign seines Projektes sowie den Aufbau eines Corpus und dessen schrittweise Analyse, die zur Rekonstruktion eines Systems von aufeinander bezogener Metaphernbereiche mit den zentralen Herkunftsbereichen Transport, Produktion und Kommunikation/Text führte, welches - sprachlich und konzeptuell ergänzt - multimedial, und zwar mit Graphiken, Schemata, Bildern und Wortfelddarstellungen in Lascaux dargestellt ist. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde das Hypermedia-Metaphernlexikon dann von den Virologen benutzt, und es wurde studiert, welche Rolle Lascaux bei der Metaphernreflexion und -neubildung spielt. - In einem Vergleich mit Printwörterbüchern wird sodann gezeigt, worin die Überlegenheit der Hypermedien im Vergleich mit dem klassischen Buchmedium besteht. E s folgt eine gründliche Beschreibung von Lascaux von der Benutzerschnittstelle über die Inhalte bis hin zu möglichen Benutzungen sowie abschließend ein Bericht über die Benutzung von Lascaux durch die Virologen selbst und ihrer späteren Selbsteinschätzung dieser Benutzung. Der Beitrag W.-A. LIEBERTS zeigt einerseits die Grenzen und andererseits die vielfältigen neuen Möglichkeiten, die sich ergeben, wenn Hypermediasysteme in der Lexikographie eingesetzt werden. Der vierte Beitrag dieses Bandes stammt aus der Feder von STEFAN J. SCHIERHOLZ und trägt den Titel „Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen W ö r terbüchern" (S. 1 4 0 - 2 0 3 ) . Gegenstand der Untersuchung sind das DUDEN-UNIVERSALWÖRTERBUCH von 1989, dessen CD-ROM-Version von 1994 und WAHRIGS DEUTSCHES WÖRTERBUCH von 1986. SCHIERHOLZ hat seine Analysen durch Textcorpusabfragen und Befragungen von DaF-Studenten unterstützt. Der Beitrag ist im guten Sinne wörterbuchkritisch orientiert, bleibt jedoch nicht bei der Wörterbuchkritik stehen, sondern weist den W e g zu einer angemesseneren Praxis. Als Benutzer werden vor allem DaF-Studenten ins Auge gefaßt. Stellen sie Suchfragen zur Grammatik von deutschen Substantiven, treten folgende Fälle ganz sicher zu häufig auf: der Interpretationsspielraum zur Erschließung von grammatischen Informationen anhand von lexikographischen Daten zur Grammatik ist zu groß; es fehlen Daten, anhand derer Informationen erschließbar sind, oder die Daten sind unvollständig. Häufig sind sie auch einfach inkorrekt. - Im ersten Teil des Beitrages geht es um die morphosyntaktischen Angaben. Eine - a u f der Basis mehrerer Referenzgrammatiken des Deutschen zusammengestellte - Liste von morphologischen Eigenschaften wird mit den Vorwörtern, Benutzungshinweisen und Kurzgrammatiken der Wörterbücher verglichen, und es ergibt sich eine relativ große Übereinstimmung. Dies ändert sich, wenn man die Wörterbuchartikel untersucht: ein relativ hoher Prozentsatz (nämlich 3 0 % ! ) der Angaben ist entweder defektiv oder mehrdeutig und läßt z.T. sogar widersprüchliche Schlüsse zu. Die Analyse in diesem Bereich wird nur anhand einer relativ kleinen Stichprobe von 8 9 Lemmata durchgeführt (jedes erste Substantivlemma auf jeder 20ten Seite des D D U W , das auch Lemma im D W ist), und der Verf. betont ausdrücklich, daß aus diesem Grund keine generalisierenden Schlußfolgerungen über die Qualität der untersuchten Wörterbücher im Bereich der fraglichen Angaben möglich sind. E s ist allerdings zu beachten, daß der Autor nicht systematisch nach Mängeln im Bereich der morphosyntaktischen Angaben gesucht hat (wie das schlechte Wörterbuchrezensenten machen), sondern daß eine Zufallsstichprobe gezogen wurde; 3 0 % nicht korrekter Angaben sind dann m.E. dennoch ein alarmie-
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rend hoher Prozentsatz. - Im zweiten Teil des Beitrages geht es um diejenigen Angaben, anhand derer ein Benutzer Informationen zu den von Substantiven regierten Präpositionen erschließen kann. Definitorisch festgelegt und untersucht werden Präpositionalattributkonstruktionen (wie z.B. der Ärger über den Nachbarn). Nach einer Sichtung der deutschsprachigen Forschungsliteratur zu deutschen Wörterbüchern, aus der hervorgeht, daß Untersuchungen zur Grammatik in Wörterbüchern und grammatische Angaben in Wörterbüchern unterrepräsentiert sind und daß - mit wenigen Ausnahmen - die regierten Präpositionen nicht berücksichtigt werden, kommt SCHIERHOLZ ZU dem durchaus ärgerlichen Ergebnis, daß man zwar (spätestens aufgrund der empirischen Untersuchungen in WIEGAND 1985) weiß, daß Benutzer besonders in Situationen der Textproduktion genaue Angaben zu den vom Substantiv regierten Präpositionen benötigen, daß daraus aber in der Forschung und in der Praxis keinerlei Konsequenzen gezogen wurden. Im dritten Teil seiner Untersuchung legt der Verf. die bisher gründlichsten und umfangreichsten Analysen von deutschen Präpositionalattributkonstruktionen vor, die im Zusammenhang mit Wörterbuchanalysen vorgenommen wurden. Diese Analysen werden anhand von Beispielangaben durchgeführt. Zunächst vergleicht SCHIERHOLZ mehrere Grammatiken des Deutschen, wobei sich zeigt, daß diese mit den auftretenden Idiosynkrasien im Bereich der Präpositionalattributkonstruktionen nicht fertig werden. Vieles ist weniger regelhaft als in den Grammatiken behauptet wird, und die große Zahl der idiosynkratischen Eigenschaften der beteiligten Konstituenten ist überraschend. Hier sind daher die Lexikographen des Deutschen gefordert. Die akribischen Detailanalysen von 129 Beispielangaben zu 39 Lemmata zeigen jedoch, daß die Lexikographen deutlich überfordert sind. Es wird so ziemlich alles falsch gemacht, was falsch zu machen ist. Der dritte Teil des Beitrages von SCHIERHOLZ sei jedem Lexikographen (und auch so manchem Grammatiker) des Deutschen als „Pflichtlektüre" herzlich empfohlen. Im übrigen zeigt sich in diesem Beitrag, wie nützlich maschinelle Corpusrecherchen sind, und es ist sehr die Frage, ob man in Zukunft insbesondere allgemeine einsprachige Wörterbücher, deren Lexikographen nicht in der Lage sind, bei bestimmten Angabetypen ihre Aussagen durch Corpusrecherchen abzusichern, noch als wissenschaftliche Wörterbücher gelten lassen kann. Der fünfte Beitrag des Bandes wurde von OSKAR REICHMANN verfaßt; er trägt den Titel: „Neueste Autorenlexikographie: Problemerörterung am Beispiel des Wörterbuches zur Göttinger FRAUENLOB-Ausgabe". REICHMANNS Beitrag ist als Rezensionsaufsatz und als ein Entwurf einer Konzeption fur Autoren-Bedeutungswörterbücher zu lesen. Der Verf. geht dabei insgesamt so vor, daß die einfuhrenden Darlegungen, die vorgetragene Kritik und die weiterfuhrenden Darstellungen so formuliert werden, daß sie jeweils als Bausteine für eine Konzeption des Autoren-Bedeutungswörterbuches genutzt werden können. Im ersten Teil seines Beitrages geht der Verf. auf die spärlichen Rahmentexte des FRAUENLOB-Wörterbuches ein sowie auf den sog. (recht dürftigen) Trierer Artikel. Dabei kommt die „rein philologische Zweckbestimmung" des Wörterbuches zur Sprache, die angeblich angemessene und besondere Gewichtung des Einzelbelegs, die dem Wörterbuch unangemessene Absicht zu einer gleichwertigen semantischen und syntaktischen Analyse, weiterhin die wenig reichhaltige (um nicht zu sagen armselige) Mikrostruktur, die - und man muß das im Unterschied zu REICHMANN wirklich beim Namen nennen - absurde Einteilung eines Wortschatzes in Voll-, Klein- und Massenwörter, die oberflächlichen Aussagen über die Artikelgliederung sowie eine Reihe z.T. widersprüchlicher beschreibungspraktischer, lexikographischer Entscheidungen. Dadurch, daß REICHMANN die Erkenntnisse des FRAUENLOB-Lexikographen - zunächst nur sachlich kommentiert - Revue passieren läßt, ergibt sich etwas, das ich „Bilder einer KARL-STACKMANN-Ausstellung" nennen möchte. Nach deren Besuch ist man überwältigt und fragt sich, wie es möglich ist, daß der
Zur Einßhrung
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Ausgestellte lange Jahre (und zwar viel zu lang) sog. akademischer Leiter des DEUTSCHEN war. Anschließend geht der Verf. auf Probleme und Versäumnisse ein. Behandelt werden u.a.: das schwierige Verhältnis von Autorentypik und Einzeltextstellenspezifik, die Rolle der lexikographischen Ordnung in den Artikeln eines Autoren-Bedeutungswörterbuches, das systematische Ausblenden (oder: die Unkenntnis) der Ergebnisse der Wörterbuchforschung in den beiden letzten Jahrzehnten sowie der relativ zum Wörterbuchtyp unangemessene Verzicht auf die lexikographische Beschreibung der semantischen Wortschatzstrukturen. Auf die Behandlung der Rahmentexte folgt die Vorstellung eines Beispielartikels (zum Lemmazeichen liebe) und darauf eine kritische Diskussion. Es zeigt sich u.a., daß die Gewichtung der Einzeltextstelle zu hoch ist; die Folge ist eine durchaus peinliche Überschreitung von Textsortengrenzen: das FRAUENLOB-Wörterbuch ist ein Zwitter, es weist Kommentar- und Wörterbucheigenschaften auf, und man kann nur hoffen, daß solche lexiko-philologischen Zwittergebilde keine Nachahmer finden; wenigstens die DFG sollte sie nicht finanzieren. Weiterhin wird deutlich, daß der semantische Kommentar unzureichend ist, daß systematische Lücken auftreten (z.B. bei den Präfixverben) und daß das FRAUENLOB-Wörterbuch insgesamt einige bemerkenswerte Schieflagen aufweist, und zwar relativ zur Editionsphilologie und zu den Formwörterbüchern. - Den Abschluß von RElCHMANNs Beitrag bildet ein „Gegenartikel" zu liebe, der sich grob an der Artikelstruktur des FWB orientiert. Durch einen Vergleich der beiden Artikel zum schönen Lemmazeichen liebe kann man erkennen, was der Unterschied ist zwischen einem rein philologischen Wörterbuchartikel, dessen Verf. alle Ergebnisse der Wörterbuchforschung arrogant übergeht, und einem philologisch-linguistischen Wörterbuchartikel, dessen Verf. bei seiner Wörterbucharbeit bemüht ist, die fur ihn brauchbaren metalexikographischen Ergebnisse zu berücksichtigen. Wörterbücher, wie das zur Göttinger FRAUENLOB-AUSgabe, schaden dem Ansehen der Deutschen Philologie. ANGELIKA STORRER hat den sechsten Beitrag zu diesem Band geschrieben und ihm den Titel „Metalexikographische Methoden in der Computerlexikographie" (S. 239-255) gegeben. Im ersten Teil ihres Beitrages skizziert die Autorin die Beziehungen der Computerlexikographie und der computerunterstützten Lexikographie zur lexikographischen Praxis und zur Wörterbuchforschung und zeigt unterschiedliche aber auch gemeinsame Interessen der computerunterstützten und der Computerlexikographie auf. STORRERS Arbeit kann gelesen werden als fundiertes Plädoyer für die Relevanz metalexikographischer Forschungsergebnisse, insbesondere solcher aus dem Forschungsgebiet der Systematischen Wörterbuchforschung, für die computerlexikographische Praxis. Konkretisiert wird dies am Beispiel des Wörterbuchparsings. Bei dieser speziellen Art des Parsings geht es bekanntlich darum, daß ein Computerprogrammsystem (der Wörterbuchparser) einen Wörterbuchtext, welcher in einer Satzbanddatei gespeichert ist, zunächst in Wörterbuchartikel zerlegt und diesen dann - auf der Basis einer Artikelstrukturgrammatik - eine Strukturbeschreibung zuordnet; das Ergebnis des Parsingprozesses sind Wörterbuchdatenbanken mit lexikographischen Textsegmenten, auf die gezielt zugegriffen werden kann und die die Datengrundlage für Wörterbücher auf elektronischen Datenträgern bilden, die in verschiedenen Bereichen und Umgebungen eingesetzt werden können. Während in der jüngsten Vergangenheit bei der Entwicklung von Wörterbuchparsem meistens Fragen im Vordergrund standen, bei denen es um die Systemfunktionalität, um effiziente Parsingstrategien und um geeignete Grammatikformalismen geht, entwickelt STORRER eine Methode für die Erarbeitung von Grammatiken für das Parsen von Wörterbüchern, welche META-Methode heißt (Λ/eihode zur /irtikelstrukturanalyse für das Wörterbuchparsing). ΜΕΤΑ besteht aus einer Menge von Handlungsanweisungen. Diese können zu vier Untergruppen geordnet werden, in denen die Anweisungen für vier methodische Schritte zusammengefaßt sind, die nacheinanWÖRTERBUCHES
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Herbert Ernst Wiegand
der ausgefiihrt werden. Im ersten Schritt werden Wörterbuchartikel analysiert, und zwar unter Anwendung der Methode der nicht-exhaustiven fiinktional-positionalen Segmentation, die eine der sechs Varianten der von mir entwickelten Analysemethoden für Wörterbuchartikel ist. Die korrekte Methodenanwendung fuhrt zu einem Gerüst einer Mikrostrukturgrammatik. Im zweiten Schritt wird durch Anwendung der exhaustiven Variante der Methode der fünktionalpositionalen Segmentation das Gerüst der Mikrostruktur- zu dem einer Artikelstrukturgrammatik erweitert. Im dritten Schritt erfolgt eine ergänzende Analyse der Satzbanddateien, und die Artikelstrukturgrammatik wird in eine parserspezifische Grammatik überführt. Schließlich wird im vierten Schritt das Satzband geparst, wobei in entsprechenden Testläufen die parserspezifische Grammatik optimiert und gegebenenfalls fehlerhafte Wörterbuchartikel modifiziert werden und die Testläufe so lange wiederholt werden, bis die Grammatik jedem Wörterbuchartikel eine korrekte Strukturbeschreibung zuordnet. ΜΕΤΑ ermöglicht eine effiziente Arbeitsteilung zwischen Wörterbuchforschern und Systementwicklern; erstere erledigen bei der Erarbeitung eines Parsers die ersten beiden, letztere die beiden letzten Schritte. Im Schlußteil ihres Beitrages geht A. STORRER noch auf einige Unterschiede ein, die zu berücksichtigen sind, wenn man mit metalexikographischen oder mit computerlexikographischen Zielsetzungen metalexikographische Methoden zur Anwendung bringt. Die Unterschiede entstehen durch die Notwendigkeit der effizienten Verarbeitung, so daß beispielsweise die Anzahl der Ersetzungsregeln und die Menge der terminalen und nichtterminalen Kategorien möglichst klein gehalten werden muß. Die Unterschiede sind weiterhin dadurch bedingt, daß funktionale lexikographische Textsegmente maschinell nur anhand von Mikrostrukturanzeigern identifiziert werden können und nicht - wie bei der Analyse durch einen Wörterbuchforscher - zusätzlich anhand des Verständnisses der Inhalte und der Funktionen der lexikographischen Angaben. Es müssen daher bei der Anwendung metalexikographischer Methoden und Kategorien Abstriche hinsichtlich der Granularität der Analyse gemacht werden. Wie solche Granularitätsverminderungen auch im Rahmen metalexikographischer Anwendungen systematisch vorgenommen werden können, ist - das sei hier ergänzt - in meinen neueren Arbeiten vorgeführt, und zwar für Anwendungszusammenhänge, in denen es darum geht, die von mir entwickelte Theorie lexikographischer Texte einzusetzen, um Instruktionsbücher für große allgemeine ein- und zweisprachige Wörterbücher zu verfassen, die computerunterstützt hergestellt werden sollen. Im folgenden wird der siebte Beitrag dieses Bandes kurz vorgestellt. Er wurde von FRITZ HERMANNS verfaßt; sein Titel lautet: „Emotion im Wörterbuch. Zur Lexikographie von affektiver Lexik." (S. 256-278). Die affektive Lexik wurde bisher in der Lexikologie nur wenig beachtet; das Thema „Emotion im Wörterbuch" ist für die Wörterbuchforschung weitgehend Neuland. Allerdings ist in der Sprachwissenschaft schon immer bekannt, daß auch Emotionen auf verschiedene Weise lexikalisiert sein können. HERMANNS erinnert zunächst an den Unterschied, der darin besteht, daß man Einstellungen und Gefühle einerseits zum Ausdruck bringen und andererseits bezeichnen kann. Im Anschluß an diese (seit ALFRED SCHÜTZ bekannte) Unterscheidung führt er die von affektausdrückenden und affektbenennenden Lexemen ein. Letztgenannte Ausdrücke werden in der metalexikographischen Literatur auch unter der Bezeichnung Gefühlswörter geführt; erstgenannte nennt HERMANNS affektive Wörter. Es ist klar - und z.T. zeigt sich das auch in der lexikographischen Bearbeitung affektiver Lexik - daß es zwischen den Ausdrücken beider Klassen semantische Beziehungen gibt. Denn bei der Beschreibung der jeweiligen Funktion affektiver Wörter muß man angeben können, welche Emotionen mit ihnen zum Ausdruck gebracht werden können, was ohne die Bezeichnung mittels Gefühlswörtern kaum möglich ist. - Es gibt verschiedene Arten von affektiven Wörtern. HERMANNS behandelt in seinem Bei-
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trag die affektiven Interjektionen, die affektiven Kommentaradverbien und die affektiven Adjektive. Aus jeder der drei Klassen werden drei Wörter anhand von folgenden fünf deutschen W ö r t e r b ü c h e r n u n t e r s u c h t : WÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE, WAHRIGS DEUTSCHES WÖRTERBUCH, DUDEN UNIVERSALWÖRTERBUCH, PAULS DEUTSCHES WÖRTERBUCH u n d LANGENSCHEIDTS GROBWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE.
Bei den affektiven Interjektionen ah, ätsch, / (igitt, igittigitt) wird in allen berücksichtigten Wörterbüchern deutlich, daß es sich um Ausdrücke handelt, mit denen Gefühle zum Ausdruck gebracht werden können. Nicht klar ist allerdings, welche Gefühle das jeweils sind. In den Paraphrasenschemata „drückt X aus", „Ausdruck von X" und „verwendet, um X auszudrücken" erscheinen daher für „X" relativ viele gefühlsbenennende Ausdrücke. Bei der lexikographischen Bearbeitung der affektiven Kommentaradverbien leider, echt und endlich zeigen sich große Bearbeitungsunterschiede. Das Paraphrasenschema „verwendet, um X auszudrücken" bewährt sich hier besonders. Nicht ausreichend ist die „Paraphrasierung" mittels Synonymen, die öfters nur vermeintlich bedeutungsgleich sind. Zu den affektiven Adjektiven gibt es bisher in der Lexikologie des Deutschen allenfalls aphoristische Bemerkungen. Während es zu den Interjektionen und Kommentaradverbien wenigstens (allerdings nicht exhaustive) Listen gibt, aus denen man entnehmen kann, welche Ausdrücke zur jeweiligen Klasse gehören, ist selbst dies bei den affektiven Adjektiven nicht der Fall. Auch eingeführte Bezeichnungen für Untergruppen gibt es nicht. HERMANNS erwägt u.a., ob man von Begeisterungs-, Bewunderungs- und Verachtungsadjektiven sprechen könne. Affektive Adjektive sind z.B.: dufte, irre, klasse, super, beschissen, ekelhaft, saudumm, süß und goldig. Der Autor untersucht arm, niedlich und schade. Insgesamt zeigt sich, daß die Lexikographen mit der Affektivität bei den Adjektiven kaum angemessen umgehen können. Es treten sehr unterschiedliche Paraphrasenschemata auf, und so manches Gefühl, das man mit den affektiven Adjektiven zum Ausdruck bringen kann, wird nicht oder nicht korrekt benannt. - Im letzten Teil seines Beitrages gibt HERMANNS einen sehr anregenden Ausblick auf andere lexikalisierte affektive Ausdruckmittel wie affektive Substantive (z.B. Schrieb, Köter), affektive Verben (z.B. labern, herumquatschen), affektive Phraseologismen (z.B. Nicht zu fassen!) und affektive Mittel in der Grammatik (z.B. das Präfix be- oder die Präfixoide Super-, Sau-). Schließlich nennt der Verf. abschließend wichtige Desiderata, darunter eine Onomasiologie der affektiven Ausdrucksmittel des Deutschen. Der achte Beitrag dieses Bandes heißt: „Antonymien, Gegenwortfeld-Wörterbücher und das Gegenwort-Wörterbuch. Begründung und Konzeption" (S. 279-310). Er stammt von WOLFGANG MÜLLER, der ein neuartiges Antonymenwörterbuch des Deutschen in Arbeit hat. Der Verf. unterscheidet zwischen Gegenwörtern und Gegenfeldwörtern; erstere sind binär verankert und usuell antonymisch (z.B. oben/unten, lachen/weinen), letztere sind nicht binär verankert und nur okkasionell antonymisch, was heißt, daß man zur Bezeichnung des Kontrastes Wahlmöglichkeiten hat (z.B. lachen/Tränen vergießen, heulen, flennen). Für das Deutsche sind seit 1977 drei Antonymenwörterbücher erschienen. Es handelt sich bei allen um Gegenwortfeld-Wörterbücher. Diese sind kumulativ, da die Lexeme semantisch nicht unterschieden werden. Das von W. MÜLLER konzipierte Antonymenwörterbuch ist gänzlich anders angelegt. Es berücksichtigt nur die binär verankerten Antonyme, also die Gegenwörter, weist Kompetenzbeispielangaben und z.T. auch Bedeutungs- und Fachgebietsangaben auf. Alle Antonymenpaare sind an alphabetischer Stelle unter beiden Antonymen aufgeführt, so daß ein Register sich erübrigt. Was die äußere Selektion betrifft, wird die möglichst vollständige Aufnahme aller Arten von Gegenwörtern aller Sprachebenen und -bereiche der deutschen Sprache der Gegenwart angestrebt. Neben der Standard- werden auch die Umgangssprache sowie Fachlexik und
XIV
Herbert Emst Wiegand
der Sexualwortschatz berücksichtigt. Weiterhin werden auch antonymische Wortbildungspaare (wie z.B. an...lab...·, ver.../ant..., haltig...Ifrei...) aufgenommen. MOLLER hat die Beschreibung seines Wörterbuches mit zahlreichen Beispielen versehen, und er gibt außerdem einen vielseitigen Einblick in die verschiedenen Möglichkeiten, die Antonyme des Deutschen zu klassifizieren. Den neunten und letzten Beitrag mit dem Titel „Potentielle Verweise und die Wahrscheinlichkeit ihrer Konstituierung" haben MATTHIAS KAMMERER und ANDREA LEHR verfaßt (S. 311-354). Sie schließen an meine im Druck befindliche Arbeit „Über die Mediostrukturen bei gedruckten Wörterbüchern" an, in der ich die potentiellen Verweise nicht berücksichtigt habe. Grob gesprochen, sind potentielle Verweise solche Verweise, die von einem Wörterbuchbenutzer selbständig anhand potentiell verweiskonstituierender Angaben konstituiert werden, deren Zustandekommen aber vom Lexikographen nicht intendiert ist. Potentiell verweiskonstituierende Angaben unterscheiden sich von den verweisvermittelnden Angaben, deren genuiner Zweck darin besteht, daß der Benutzer aus ihnen Verweise erschließt, so daß solche Verweise als Ergebnisse von Schlußprozessen mithin vom Lexikographen intendiert sind. Nachdem eine Übersicht zu den theoretischen Grundlagen gegeben und eine Verweisklassifikation dargeboten ist, schränken die Verf. ihre weiteren Ausführungen auf die artikelvernetzenden BPA-Verweise ein, d.h.: es werden nur solche verweisinitiierenden Angaben berücksichtigt, die Bedeutungsparaphrasenangaben (BPA) sind oder Angaben, welche in der textuellen Position stehen, in der gemäß dem Metatext des betreffenden Wörterbuches Bedeutungsparaphrasenangaben stehen müßten. Nach einer theoretisch anspruchsvollen und weiterfuhrenden Diskussion, in deren Verlauf auch eine ganze Reihe von neuen nützlichen Begriffsbildungen mit den zugehörigen Termini etabliert werden, werden zunächst drei Printwörterbücher, das DUDEN UNIVERSAL WÖRTERBUCH, das DUDEN FREMDWÖRTERBUCH und das GROBE FREMDWÖRTERBUCH aus der DudenRedaktion daraufhin untersucht, ob und in welcher Form es in diesen Wörterbüchern explizite, implizite und potentielle Verweisangaben bzw. Verweiskennzeichnungen gibt. Die empirischen Befunde werden dann zu einer ersten Phänomenologie der häufig konstituierten potentiellen Verweise zusammengefaßt. Es schließt sich eine entsprechende Untersuchung der elektronischen Versionen des DUDEN UNIVERSALwöRTERBUCHes und des DUDEN FREMDWÖRTERBUCHS an. Das Ergebnis ist, daß sich potentielle und nichtpotentielle Verweisangaben bzw. Verweiskennzeichnungen hinsichtlich des Handlings nicht unterscheiden: Liegen keine Implementierungsfehler vor, genügt ein Doppelklick mit der rechten Maustaste, um zu dem entsprechenden Wörterbuchartikel zu gelangen. Durch den von A. LEHR und M. KAMMERER gewählten Ansatz ergibt sich die einigermaßen heikle Frage, ob jede Komponente einer Bedeutungsparaphrasenangabe, die keine explizite oder implizite Verweisangabe bzw. Verweiskennzeichnung darstellt, als potentielle Verweisangabe bzw. Verweiskennzeichnung aufgefaßt werden muß; wäre dies der Fall, würde das zu einer (nicht vertretbaren) Inflation an potentiellen Verweisen fuhren. Um dieser „Inflation" zu entgehen, wird zwischen einerseits häufig und andererseits selten bzw. nie konstituierten potentiellen Verweisen unterschieden. Um eine nachvollziehbare Unterscheidung derartiger Verweise zu ermöglichen, wird ein Identifizierungsverfahren entwickelt; diese metalexikographische Methode (die an Beispielen vorgeführt wird) erlaubt es, potentielle Verweise hinsichtlich der Häufigkeit ihrer Konstituierung durch die Benutzer zu klassifizieren. A. LEHR und M. KAMMERER schließen ihren Beitrag mit einer bemerkenswerten Liste von Desiderata für die Mediostruktur bei der Bearbeitung zukünftiger Wörterbücher ab.
Zur Einfiihrung
XV
Als letzten möchte ich den ersten Beitrag dieses Bandes kurz vorstellen, den ich selbst verfaßt habe und der den Titel trägt: „Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen. Ein Beitrag zur Theorie zweisprachiger Printwörterbücher" (S. 1-82). Der Beitrag wurde geschrieben, um zu verhindern, daß die Theoriebildung zur zweisprachigen Lexikographie ins praxisferne Abseits gerät. Diese Gefahr besteht insofern, als man in der einschlägigen Literatur immer wieder lesen kann, daß nach dem Aktiv-Passiv-Prinzip pro Sprachenpaar mindestens vier zweisprachige Wörterbücher zu erstellen sind. Entsprechend geht es in meinem Beitrag darum zu zeigen, daß das Aktiv-Passiv-Prinzip keineswegs ein Prinzip ist, dessen Berücksichtigung mit Notwendigkeit zu einer sog. grundlegenden Wörterbuchtypologie von vier zweisprachigen Wörterbüchern pro Sprachenpaar fuhren muß. Vielmehr wird entwickelt, daß das Aktiv-Passiv-Prinzip Verwendung finden kann, um im Rahmen einer Theorie zweisprachiger lexikographischer Texte und bei ausdrücklicher Berücksichtigung des Benützerbezugs die Verteilung der lexikographischen Textdaten besonders innerhalb der wichtigsten Teiltexte mit Leitelementträger, nämlich innerhalb der Wörterbuchartikel, sowie darüber hinaus die gesamte Datenverteilung auf die sortenverschiedenen Teiltexte eines zweisprachigen Wörterbuches gezielt zu regulieren und damit die Wörterbuchfunktion(en) systematisch zu konzipieren. In dem Beitrag wird damit exemplarisch dargestellt, daß nicht vier - oder gar acht (wie auch schon gefordert wurde) - Wörterbücher pro Sprachenpaar erforderlich sind, sondern daß ein allgemeines zweisprachiges Wörterbuch, das polyfunktional und extern polyakzessiv ist und dessen Wörterbuchartikel semiintegrierte Mikrostrukturen aufweisen und damit mindestens intern biakzessiv sind, im Prinzip pro Sprachenpaar ausreicht. Das in dem Beitrag entwickelte Instrumentarium ist jedoch so flexibel, daß im Prinzip jede Art eines allgemeinen zweisprachigen Wörterbuches fur ein Sprachenpaar, in welchem die Wörterbuchfunktionen pro Angabetyp systematisch entwickelt werden, mit seiner Hilfe systematisch konzipiert werden kann. Damit der Beitrag möglichst aus sich heraus verständlich ist, war ich gezwungen, in einem längeren Kapitel theoretische und methodische Voraussetzungen aus einer Theorie lexikographischer Texte zu rekapitulieren. Auf diese Weise entstand sozusagen ein langer Marsch durch die Strukturen von Wörterbuchartikeln. Wer die Theorie lexikographischer Texte kennt, kann daher mit der Lektüre im vierten Abschnitt beginnen, in welchem damit begonnen wird, das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen zu entwickeln. Dabei wird auch die Methode der Funktionenmatrix eingeführt; ihre Anwendung erlaubt begründete Festlegungen der Wörterbuchfunktion pro Angabetyp. Werden umfangreiche Wörterbuchartikel in großen allgemeinen zweisprachigen Wörterbüchern so verfaßt, daß sie gemischt-semiintegrierte Mikrostrukturen aufweisen und zusätzlich architektonisch ausgebaut sind, sind sie gegenüber allen anderen mir bekannten Wörterbuchartikeln in zweisprachigen Wörterbüchern entschieden benutzerfreundlicher, was sich empirisch durch Benutzungstests nachweisen läßt. Durch die Mikroarchitektur wird die Gestaltwahrnehmung unterstützt, so daß eine erheblich raschere und sicherere Orientierung im Text gewährleistet ist. Durch die Kombination von Strukturkomponenten von Artikeln mit integrierten Mikrostrukturen und von Strukturkomponenten von Artikeln mit nichtintegrierten Mikrostrukturen weisen Artikel mit semiintegrierten Mikrostrukturen besondere Eigenschaften auf, deren Beieinander dazu fuhrt, daß für den Benutzer erhebliche Zugriffsvorteile gegeben sind, so daß die inneren Zugriffszeiten im Durchschnitt erheblich sinken, was wiederum durch Zugriffszeitentests empirisch nachgewiesen werden kann. Der vorliegende Sammelband verdeutlicht, daß die neueste Wörterbuchforschung in Deutschland der 90er Jahre neue Wege geht. Für sie gehört der im dreibändigen Handbuch „Wörterbücher" (HSK 5.1-5.3) dokumentierte Forschungsstand zur Geschichte.
Herbert Ernst Wiegand Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen Ein Beitrag zur Theorie zweisprachiger Printwörterbücher
1 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 3
Worum es geht Rekapitulationen Integrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern Partiell-integrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern Integrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen zweisprachigen Wörterbüchern Gemischt-integrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen zweisprachigen Wörterbüchern Nichtintegrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern Zugriffseigenschaften von einsprachigen Artikeln mit integrierten und nichtintegrierten Mikrostrukturen: ein Vergleich
4 5 6
6.1 6.2 6.3 7 8 8.1 8.2
Semiintegrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern: ein Entwurf Ober das Aktiv-Passiv-Prinzip Gemischt-semiintegrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen zweisprachigen Wörterbüchern, die extern polyakzessiv sind Bemerkungen zu zweisprachigen Wörterbüchern mit Register Zur Bestimmung der aktiven und passiven Funktion von Angaben Zugriffseigenschaften von Artikeln mit gemischt-semiintegrierten Mikrostrukturen Ausblick Literatur Wörterbücher Sonstige Literatur
Heutzutage haben die Wissenschaftler mehr Phantasie als die Verfasser von Kriminalromanen (WERNER HEISENBERG)
1 Worum es geht Seit meinem Aufenthalt in Shanghai beim GROBEN DEUTSCH-CHINESISCHEN WÖRTERBUCH (GDCW) im Herbst 1986 (vgl. WLEGAND 1988a und weiterhin PAN ZAIPING/WIEGAND 1987 und 1995) befasse ich mich - eher beiläufig - mit zweisprachiger Lexikographie; in der Zwischenzeit hatte ich jedoch Gelegenheit, u.a. durch die Mitarbeit bei der Vorbereitung des DEUTSCH-UNGARISCHEN HANDWÖRTERBUCHES ( D U H W B ) in Budapest (vgl. WIEGAND 1992b[94] und 1993[94]a), durch die Erarbeitung der Konzeption für das DEUTSCH-TÜRKMENISCHE WÖRTERBUCH (DTW) zusammen mit AGAEV (vgl. WIEGAND 1995 und AGAEV/WIEGAND 1995), durch Vorbereitungsarbeiten fur ein DEUTSCH-USBEKISCHES WÖRTERBUCH ( D U S W ; vgl. WIEGAND 1995d) sowie durch Diskussionen in Helsinki bei den Vorarbeiten für ein neues großes DEUTSCH-FINNISCHES WÖRTERBUCH (vgl. WIEGAND 1995c) genauere Einblicke in die Arbeit an zweisprachigen Wörterbüchern zu gewinnen. Diese praxisnahen Erfahrungen und die allmählich zunehmende Kenntnis der einschlägigen lexikographietheoretischen Literatur zur bilingualen Lexikographie haben mich schließlich zu der Überzeugung gebracht, daß bei der neueren Theoriebildung zu bilingualen Printwörterbüchern z.T. ein - sagen wir „bedenklicher" Weg eingeschlagen wurde. Zwar kann kein Zweifel darüber bestehen, daß besonders in den letzten beiden Jahrzehnten große Fortschritte erzielt wurden bei der Erfor-
2
Herbert Emst Wiegand
schung der Geschichte, der Strukturen, der Funktionen, der Typen sowie der Benutzung zweisprachiger Wörterbücher.1 Die neuere Theoriebildung zur zweisprachigen Lexikographie droht jedoch an Praxisrelevanz dadurch zu verlieren, daß des öfteren festgestellt wurde (vgl. u.a. KROMANN/RIIBER/ROSBACH 1984a, bes. 185ff), daß nach dem sog. Aktiv-Passiv-Prinzip pro Sprachenpaar A-Z mindestens vier zweisprachige Wörterbücher erforderlich sind: -
ein aktives Wörterbuch (A - Z) für Benutzer mit Α als Muttersprache ein aktives Wörterbuch (Ζ - A) für Benutzer mit Ζ als Muttersprache ein passives Wörterbuch (Ζ - A) für Benutzer mit Α als Muttersprache ein passives Wörterbuch (A - Z) für Benutzer mit Ζ als Muttersprache.
Eine Differenzierung des Aktiv-Passiv-Prinzips (z.B. bei HAUSMANN 1977) habe - so BAUNEBJERG (1988, 187) - sogar die Konsequenz, daß pro Sprachenpaar acht Wörterbücher erstellt werden müßten! In diesem Beitrag geht es darum zu zeigen, daß das Aktiv-Passiv-Prinzip nicht notwendigerweise ein Prinzip ist, das zu einer sog. grundlegenden Wörterbuchtypologie für zweisprachige Wörterbücher fuhren muß, sondern daß es Verwendung finden kann, um im Rahmen einer Theorie zweisprachiger lexikographischer Texte und bei ausdrücklicher Berücksichtigung des Benutzerbezugs die Verteilung der lexikographischen Textdaten besonders innerhalb der wichtigsten Teiltexte mit Leitelementträger, nämlich innerhalb der Wörterbuchartikel, sowie darüber hinaus die gesamte Datenverteilung auf die sortenverschiedenen Teiltexte des Textträgers (oder: Textsortenträgers) „zweisprachiges Wörterbuch" (vgl. WIEGAND 1994) gezielt zu regulieren und damit die Wörterbuchfimktion(en) systematisch zu konzipieren. Es wird damit exemplarisch dargestellt, daß nicht vier (oder gar noch mehr) Wörterbücher pro Sprachenpaar erforderlich sind, sondern daß ein allgemeines zweisprachiges Wörterbuch, das polyfunktional und extern polyakzessiv ist und dessen Artikel u.a. semiintegrierte (bzw. gemischt-semiintegrierte) Mikrostrukturen aufweisen und damit mindestens intern biakzessiv sind, im Prinzip pro Sprachenpaar ausreicht.
2 Rekapitulationen Das Konzept der semi- bzw. das der gemischt-semiintegrierten Mikrostrukturen wird nur verständlich, wenn man gegenwärtig hat, welche Eigenschaften Wörterbuchartikel mit folgenden Arten von Mikrostrukturen sowie diese Mikrostrukturarten selbst aufweisen: 1
Arbeiten, die für die Theoriebildung wichtig sind, sind u.a.:
AL
1983, 1983a 1991;
AL-KASIMI
1977;
ALVAREZQUERRA 1 9 8 1 ; ATKINS 1 9 8 5 ; BALDINGER 1 9 7 1 ; BANTA? 1 9 8 2 ; BAUNEBJERGHANSEN 1 9 8 8 , 1 9 9 0 ; BERGENHOLTZ BERKOV
1990;
1990,
1992,
BIELFELD
1994;
BERGENHOLTZ/MOGENSEN
1956; BoGUtAWSKi 1979;
WÖLLER/ZIMMERMANN 1 9 8 6 ; DUDA/MOLLER
CHOUL
1987;
1995; COP
BERGENHOLTZ/PEDERSEN
1991;
1974; DUDA/MOLLER/MOLLER
DUDA
1986;
1994;
DUDA/FRENZEL/
1 9 8 1 ; DUVAL 1 9 8 6 ,
1991;
EHEGÖTZ 1986; EISMANN 1 9 8 9 ; ETTINGER 1 9 8 7 ; FREIER 1 9 9 5 ; GOLD 1978; HAUSMANN 1977, 1 9 8 5 , 1 9 8 8 ,
1994;
HAUSMANN/WERNER
1991;
HAVAS
1956/57;
HERBST
1985;
HILD-THOMAS
1990;
HIETSCH
1958.
1 9 8 0 ; IANNUCI 1 9 5 7 , 1 9 5 9 , 1967, 1 9 7 4 ; JORGENSEN 1982; KARL 1 9 8 2 , KÖNIG/STARK 1 9 8 7 ; KROMANN
1983, 1986, 1987, 1989, 1989a, 1990, 1992, 1994; KROMANN/RIIBER/ROSBACH 1984, 1984a, 1991, 1991a; 1991; MARELLO 1989; M£TRICH 1993; MIKKELSEN 1992; MUGDAN 1992, 1992a; NIELSEN 1994;
LÖTZSCH
PAN ZAIPING/WIEGAND ROSSENBECK
1978,1994;
1987,
1 9 9 5 ; PETKOV
SCERBA
1982;
1985; PILEGAARD
SCHAEDER
1995;
1994; PONTEN
SCHEMANN
1991;
SMOLIK
1 9 7 6 ; RETTIG
1985;
1969;
1986;
SCHNORR
SCHOLZE-STUBENRECHT 1 9 9 5 ; SNELL-HORNBY 1984; STEINER 1 9 7 5 , 1977, 1984; TARP 1 9 9 5 ; TOMASZCZYK
1983; VIRTANEN 1993; WERNER 1981, 1986, 1990[91], 1991; WIEGAND 1988, 1992b[94], 1993a[94], 1994, 1994[95]; 1995a, 1995b; WILLIAMS 1960; WOLSKI 1991; ZGUSTA 1984, 1987; ZÖFGEN 1994.
Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen -
3
integrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern partiell-integrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern integrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen zweisprachigen Wörterbüchern gemischt-integrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen zweisprachigen Wörteibüchern nichtintegrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern.
Da ich nicht voraussetzen möchte, daß Sie die Eigenschaften der genannten Strukturen und zugehöriger Wörterbuchartikel gegenwärtig haben und im Interesse einer fruchtbaren Diskussion auch gerne möchte, daß ich hic et nunc verstanden werde, sind einige Rekapitulationen erforderlich. 2 2.1
Integrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern
Wörterbuchartikel (kurz: Artikel) in gedruckten Sprachwörterbüchern, welche mehr oder weniger kondensiert und standardisiert sind, weisen stets u.a. zwei Arten von reinen (oder: echten) Textkonstituentenstrukturen auf 3 : die Artikelkonstituentenstruktur (kurz: Artikelstruktur) und die Mikrostruktur. Letztere ist eine Teilstruktur der ersteren, und beides sind hierarchische Ordnungsstrukturen, so daß bestimmte Strukturausschnitte für den kundigen Benutzer als innere Zugriffs- oder Schnellzugriffsstrukturen fungieren können. Die Artikelkonstituentenstruktur ist eine um die nichttypographischen Mikrostrukturanzeiger (aller Art) erweiterte Mikrostruktur, und sie ist eine Teilstruktur der „vollständigen" Artikelstruktur (zu dieser vgl. WlEGAND 1989c, 452f). Konkrete Textkonstituentenstrukturen sind erhältlich durch die Anwendung der Methode der funktional-positionalen Segmentation in einer ihrer Varianten (vgl. WlEGAND 1990[91], 20 ff, und 1994) Bei den konkreten hierarchischen Mikrostrukturen sind die Textkonstituenten (nichtelementare und elementare) Angaben; bei abstrakten hierarchischen Mikrostrukturen sind die Konstituenten Klassen von Angaben mit gleichem, allgemeinem genuinen Zweck. Textkonstituentenstrukturen von Wörterbuchartikeln betreffen erstens die artikelinternen Teil-Ganzes-Beziehungen, in denen die funktionalen Textsegmente (bei Mikrostrukturen nur Angaben) zueinander stehen, sowie zweitens die (linearen) Vorgänger-Nachfol-
ger-Beziehungen. Die Darstellung von Textkonstituentenstrukturen erfolgt durch Baumgraphen (und damit in einem strikten Sinne formal). Aus nicht-kommentierten Strukturbäumen zu konkreten hierarchischen Mikrostrukturen, in welchen die Knoten entweder mit erwähnten Angaben oder Individuennamen für Angaben etikettiert sind, erfährt man daher nur etwas über diese beiden Arten von Beziehungen. Meistens werden hierarchische Mikrostrukturen mittels kommentierter Baumgraphen (Graphen, die besonders durch etikettierte Umrandungszeichen ergänzt sind) so dargestellt, daß eine konkrete und eine abstrakte Mikrostruktur, die zueinander k-isomorph sind, abgebildet werden, wobei von der konkreten Struktur aus Gründen der Übersichtlichkeit nur die terminalen Konstituenten erscheinen, weil die nichtterminalen erschließbar sind. Aus solchen Strukturbäumen erfährt man zusätzlich, zu welchen Klassen die Angaben gehören, und aus der Kommentierung der Strukturbäume, insonderheit durch etikettierte Umrandungszeichen (und seltener auch durch weitere Zeichen), erfahrt man die Namen der Teilstrukturen von Mikrostrukturen, weiterhin gegebenenfalls die Positionenzugehörigkeit der Angaben und wel-
2
3
Die nachfolgenden Ausführungen in den Abschnitten 2.1-2.5 gehen dennoch nur grob auf die notwendigen Kenntnisvoraussetzungen ein. Für eine vertiefte Betrachtung von textuellen Strukturen verweise ich auf WIEGAND 1989b-1995c (vgl. das Literaturverzeichnis). Satzkonstituentenstrukturen im Sinne der IC-Analyse sind nur ein (vergleichsweise einfacher) Spezialfall von Textkonstituentenstrukturen.
4
Herbert Emst Wiegand
che Angaben zu welcher Trägermenge gehören sowie gegebenenfalls die Mächtigkeit der jeweiligen Trägermenge (vgl. z.B. Abb. 4). Im folgenden betrachten wir den Artikel wai (vgl. Abb. 1). wai Moon, das; -es, -e 1. kleine, in großer, dicht stehender Menge, vorzugsweise an schattigen, feuchten Stellen wachsende immergrüne, steh durch Sporen vermehrende Pflanze·, weiches, grünes M.; Moose und Flechten; sich im Wald ins M., auf das M. setzen — 2. /o. PI./ u m g . Geld (1): da muß doch eine Masse M. herausspringen Abb. 1:
wai zum Lemmazeichen Moos aus dem HWDG
Der HWDG-Artikel wai weist eine einfache konkrete hierarchische Mikrostruktur auf. Das allgemeine Mikrostrukturbild (kurz: Strukturbild) für Artikel dieser Art - wenn das Lemmazeichen als zweifach polysem interpretiert ist - findet sich in Abb. 2.
MIKROSTRUKTUR Abb. 2: Allgemeines Strukturbild für einfache integrierte Mikrostrukturen von einsprachigen Wörterbuchartikeln zu zweifach polysemen Lemmazeichen; Abkürzungen: WA = Wörteibuchartikel; FK = Formkommentar; SK = semantischer Kommentar; SSK = semantischer Subkommentar
Das allgemeine Strukturbild in Abb. 2 zeigt u.a.: wai gehört zu denjenigen Wörterbuchartikeln (wai e WA), für die u.a. gilt: Ihr Text besteht aus zwei unmittelbaren Textkonstituenten; diese sind nichtelementare (d.h. restfrei in weitere Angaben funktional-positional segmentierbare) Angaben, die Kommentare (K) heißen. Die erste Textkonstituente ist der Formkommentar (FK), und die zweite, die unmittelbar auf die erste folgt, ist der semantische Kommentar (SK). Zum Formkommentar gehört als Teilstruktur der Mikrostruktur die linke Kernstruktur, zum semantischen Kommentar gehört als Teilstruktur der Mikrostruktur die rechte Kernstruktur. Der semantische Kommentar in Abb. 2 weist als unmittelbare Textkonstituenten zwei semantische Subkommentare (SSK) auf. Diese Angaben sind einfach mittelbare Textkonstituenten des gesamten Artikeltextes (WA).
Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen
5
D i e Teilstruktur der Mikrostruktur, die ein semantischer Subkommentar aufweist, heißt Integra t. Nach dieser Teilstruktur haben die integrierten Mikrostrukturen (aller Sorten) ihren Namen. Ein Artikel zu einem als n-fach polysem interpretierten Lemmazeichen (mit η k 2) weist stets η Integrate auf. Vollständige Integrate bestehen aus einem Integratkem, einem Vorder- und einem Hinterintegrat, was hier nicht weiter berücksichtigt wird (vgl. Abb. 36). Ein allgemeines Strukturbild - wie das in Abb. 2 (das man gegebenenfalls durch das Klassensymbol für die Klasse der Polysemieangaben, PA, ergänzen kann; vgl. z.B. WIEGAND 1990[91]) - paßt zu Tausenden von Wörterbuchartikeln in allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern oder in einsprachigen Lernerwörterbüchern, z.B. zu wa2 aus CHULD 1987, zu wa3 aus DUDEN-2GW, ZU wa4 aus 2 D U W und zu wa 5 aus LGWDAF 1994 (vgl. Abb. 3). wa2
choir J'kwaijj nc 1 a group or band of singers: He used to stng in the church chotr·, (attnb) the (/loir secretary; (in cmpds) il choirboy (— a young bov who sings tn a choir). 2 the part of a church where the singers stand: The chotr ti the oldest part ofthat church.
W&i
S p u r l w a i l t · . die: I. (KJZ-T.) Abstand zwischen linkem u. rechtem Rad eines Fahrzeugs: Spur (5). 2. (Eisenb.) Abstand zwischen den inneren Kanten der Schienen (1).
Abb. 3:
wai
wa5
durchlatreilfen 1) (aus einer Liste von 40 Klassen) Bedeutungsparaphrasenangabe (BPA) Synonymangabe(n) (SynA", n s 1) Hyponymangabe(n) (HypA", η ä 1) Antonymangabe(n) (AntA", η 2 1)
Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen ...
17
- Kollokationsangabe(n) (KolA", η 2 1; η e {1, 2, 3, 4}) - Kompetenzbeispielangabe(n) (KBeiA", η £ 1; η e {1, 2})
Es sei weiterhin für das präzedentive Integrat festgelegt, daß die terminalen Angaben nach folgender Ordnung zu machen sind (mit „ sind die Formangaben erstens die verdichteten Genusangaben (v.GA), welche als Teilangaben von linkserweiterten Wortäquivalentangaben auftreten (z.B. rAnteil e [v.GA]WÄA; eGebühr e [v.GA]WÄA); zweitens finden sich als Formangaben im KFS verweisvermittelnde Deklinationsmusterangaben (DekMAtATAd), die als Ziffern realisiert sind (z.B. „1,00" oder „1,23"). Aus diesen Ziffern kann der kundige Benutzer einen Verweis auf eine Verweisaußenadresse (und zwar eine in einem Außentext, also eine Außentextadresse =
22
Herbert Ernst Wiegand
AT Ad) erschließen, welche ein Element der Trägermenge der äußeren numerischen Zugriffsstruktur der Wörterbuchgrammatik ist und unter der er ein Deklinationsmuster findet. Schließlich findet sich im zweiten Subkommentar zur Form und Semantik noch die Pluraletantumangabe (PltA) „pl." - In wa22 und wa23 sind die Formangaben jeweils die an die Wortäquivalentangaben linksadressierten Genusangaben. wa20
wa21
JirandAsif [~ot, ~ a , ~ o k ] (s.) 1. (követelis) rAnteil [1,00], «Gebühr [1,23]; 2. (tizttislillftminy) sOehalt [1,11], Bezüge [1,04 (pl.) I ; havi ~ Monatsgehalt, sMonatliche [1,29]; termiszetbenl ~ok Naturalbezüge, N a t u r a l i e n [1,37]
'bell [bei] 1. j Glocke f , Klingel /, Schelle / (clear as a glockenrein; that rings a - Sbtrtr das kommt mir bekannt »or, to answer the - (auf das Klingeln hin) öffnen; to ring / toll the - Muten, klingeln) | Μια (Trompete u. 1.) Schalltrichter m I Taucheiglocke / 1 Arth Glocke / Kelch m I Bot Kelch m (the - of a flower) | übertr Preis η, Belohnung/ (to bear / carry away / off the - den Sieg davontragen) Ο as sound a* a - (Perjon) kerngesund, (Sache) absolut in Ordnung; wtth book and candle mit allem Drum und Dran, in aller Form; 2. Μ mit einer Glocke versehen (to - a camel) | klingeln (nach) (to s.o.) Ο - the cat ibertr der Katze die Schelle umhingen, etwas Risksntes unternehmen
wa22
wa23
e s f e r a / 1. Kugel / , S p h i r e / ; . Celeste Himmelskugcl / ; ~ soler Sonnenball m; - terrestre Erdball m ; Globus m ; en forma de - kugelf ö r m i g ; 2. Zifferblatt η ((/Ar); Skalenscheibe / ; ~ (um/nojo (od. fosforescente) Leuchtzifferblatt n; 3. Ptych. u. fig. Bereich m, Sphäre / ; ~ de acciöη, ~ de actividad(es) Lebens-, Wirkungs-, Tätigkeics-bereich m; Pol. ~ de influenae EinfluBsphäre f ,~ intima Intimsphäre / ; las -Λ de la sociedad die Gesellschaftsschichten fjpl.; ~1 \ adj. c -» esferico.
Call£stbj|e -a / 1. Kraftanstrengung / , Bemühung / ; 2. Sorge /
Abb.
17:
Vier Wörterbuchartikel, die gemischt-integrierte Mikrostmkturen aufweisen; wa20 aus HALÄSZ 1992a, wa2i aus NEUBERT/GRÖGER 1991, wa22 aus MÜLLER/HAENSCH 1993 und wa23 aus BUCHHOLZ et al. 1992
Auch in Artikeln mit gemischt-subintegrierten Mikrostrukturen können Formangaben in den Subkommentaren zur Form und Semantik zweiter Stufe stehen. Dies ist z.B. in wa2i der Fall; auch hier sind die Angaben zur Form deutscher Ausdrücke die an die Wortäquivalentangaben linksadressierten Genusangaben (z.B. Glocke/ e WÄA[GA]). In wa2i liegt übrigens darauf sei nur ergänzend aufmerksam gemacht - ein Fall vor, in dem die Subkommentare zur Form und Semantik zweiter Stufe nicht durch Polysemieangaben voneinander getrennt sind, sondern durch einen nichttypographischen Strukturanzeiger, nämlich durch einen senkrechten Strich „|" (vgl. auch NEUBERT/GRÖGER 1991, 6). In Darstellungen der konkreten hierarchischen Mikrostruktur tauchen daher die senkrechten Striche als terminale Textkonstituenten nicht auf, da sie nur Elemente der Trägermenge der Artikelkonstituentenstruktur sind. In den meisten Fällen finden sich jedoch in den zweisprachigen Artikeln zur Trennung der Subkommentare zur Form und Semantik n-ter Stufe (mit η ^ 1) Polysemie- bzw. Polymorphieangaben. Nachfolgend wird das allgemeine Strukturbild für Artikel mit einfachen gemischt-integrierten Mikrostrukturen am Beispiel von solchen zu zweifach polysemen Lemmazeichen wiedergegeben (vgl. Abb. 18).
Das Konzept der semiintegrierten
Mikrostrukturen
23
Abb. 18: Allgemeines Strukturbild für einfache gemischt-integrierte Mikrostrukturen von zweisprachigen Wörterbuchartikeln zu zweifach polysemen Lemmazeichen; Abkürzungen: KFS = Kommentar zur Form und Semantik; SKFS = Subkommentar zur Form und Semantik; G = GEMISCHT N a c h diesen Überlegungen können wir gemischt-integrierte Mikrostrukturen in informeller Weise w i e folgt definieren: Definition 5: Eine einfache hierarchische integrierte Mikrostruktur eines zweisprachigen Wörterbuchartikels heißt gemischt-integriert genau dann, wenn nach dem Mikrostrukturenprogramm des zugehörigen Wörterbuchs vorgesehen ist, daß Formangaben zu zielsprachlichen Ausdrücken in dem Kommentar stehen, der unmittelbar auf den Formkommentar folgt. Gemischt-integrierte Mikrostrukturen treten auch in zweisprachigen Fachwörterbüchern auf, z . B . in KUCERA 1 9 8 0 u n d in KUCERA/CLAS/BAUDOT 1 9 9 1 .
2.5
Nichtintegrierte Mikrostrukturen bei a l l g e m e i n e n einsprachigen Wörterbüchern
U m die Eigenschaften v o n semiintegrierten Mikrostrukturen genauer verstehen zu können, muß man neben den bisher behandelten Arten v o n integrierten auch n o c h die nichtintegrierten Mikrostrukturen kennen. Bei den deutschen allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern kommen sie nur in den verschiedenen Auflagen des DEUTSCHEN WÖRTERBUCHES v o n WAHRIG vor (vgl. WLEGAND 1989d, 4 8 8 f f ) . Auch in der neuesten Auflage dieses Wörterbuches (WAHRIGD W 1 9 9 4 ) sind die Artikel wieder nichtintegriert gearbeitet. In Abb. 19 finden sich zwei Beispiele. Nichtintegrierte Mikrostrukturen können informell w i e folgt definiert werden: Definition 6: Einfache Mikrostrukturen von einsprachigen Wörterbuchartikeln heißen nichtintegriert genau dann, wenn erstens alle artikelinternen Bedeutungsangaben, die nach links an die Lemmazeichengestaltangabe adressiert sind, im ersten semantischen Subkommentar des semantischen Kommentars stehen (der Subkommentar zur lexikalischen Bedeutung heißt) und wenn zweitens alle Kotextangaben (wie Beispiel-, Kollokations- und alle Arten von Phrasemangaben) sowie alle an diese adressierten Angaben nach einem im Metatext des Wörterbuchs erklärten System auf diejenigen semantischen Subkommentare des
24
Herbert Emst
Wiegand
gleichen semantischen K o m m e n t a r s ohne f o r m a l e Skopusmarkierung f ü r den Skopus der Bedeutungsangab e n verteilt sind, die nacheinander auf den ersten unmittelbar folgen u n d die semantische Subkommentare zum Kotext heißen.
wa 2 4
wa 2 5
Ein-satz (m. lu) 1 das Einsetzen; das Eingesetztsein: das. was eingesetzt wird, Anteil, den man Jür Gewinn od. Verlust wagt. Pfand (fir Flaschen, geliehene Gegenstände): Beginn eines Instrumentes od. einer Stimme (im Zusammenspiel): Kampf an der Front: Dienst (bes. im Rettungswesen): auswechselbarer Teil eines Gerätes (C\as-y, auswechselbarer, eingesetzter Teil an Kleidungsstücken (Blusen-, Spitzen-) 2 den - des eigenen Lebens nicht scheuen; - einer Stimm«; der Trompeten 3 zehn Pfennig - bezahlen; der Dirigent gibt den - ; den - steheniaasen den eingesetzten Anteil weiterhin im Spiel lassen: den - verdoppeln, verdreifachen; den - verpassen (beim Zusammensingen, -spielen) 4 freiwilliger, harter, ununterbrochener - 5 in den - gehen; im - stehen; Dose, Kessel, Topf, Schublade mit - ; mit dem - herauskommen (bei der Lotterie) gerade so viel gewinnen, wie der eigene Anteil betragen hat: mit, unter - der letzten Kräfte; jmdn. unter - des eigenen Lebens retten unter Lebensgefahr: - von Infanterie, Tanks usw.
Kranz (m. lu) 1 kreisförmiges Gewinde aus Blüten od. Laub. z.B. ah Grabschmuck. Siegerpreis. Kopfschmuck (Blumen-, Efeu-, Lorbeer-, Sieger-); flg.) kränz-, kreis-, ringförmiger Gegenstand (Strahlen-); Kranzkuchen (Muß-) 2 ein - Feigen; ein - junger Mldchen fig.) 3 einem Mädchen einen - aufsetzen, aufs Haar setzen; einen - binden, winden; den Hinterbliebenen einen schicken (als Zeichen des Beileids); wenn du das tust, kannst du dir gleich einen - schicken lassen! (fig.; umg.) dann setzt du dein Leben aufs Spiel (und andere werden dir einen Trauerkranz schicken); dem Sieger den - überreichen 4 einen - auf dem Kopf tragen; er kommt in die Kränze (schweiz.; Hg.; umg.) er ist unter den Siegern: das kommt nicht in die Kränze (schweiz.; flg.; umg.) das hat keine Aussicht auf Erfolg. auf Verwirklichung: ein - von VergiQmeinnicht; das Haar flechten und zum - aufstecken (fig.); Wirtshaus •Zum grünen -(e)" [ 1). Nur bei längeren Artikeln - wie in wa24 und wa25 - sind im WAHRIG-DW 1994 die semantischen Subkommentare durchgezählt. Es ist klar, daß die arabischen Ziffern keine Polysemieangaben sind. Außer „1" haben die Ziffern keine eindeutige identifizierende Funktion. Beispielsweise identifiziert „4" nicht in allen Artikeln den semantischen Subkommentar zum Kotext mit Partikeln (vgl. wa 24 mit wa2s), was eine schlechte lexikographische Praxis darstellt, weil die Gliederungsfunktion der Ziffern nicht eindeutig (i.S.v. für alle Artikel in der gleichen Weise) festgelegt ist. Sie können daher auch nicht als Kotextklassenangaben gelten. Da bei den meisten Artikeln die Ziffern ohnehin fehlen, können sie in Darstellungen fur nichtintegrierte Mikrostrukturen nicht berücksichtigt werden. Sie werden vielmehr als nichttypographische Strukturanzeiger aufgefaßt, die einen Suchbereich anzeigen. Das allgemeine Strukturbild für einfache nichtintegrierte Mikrostrukturen findet sich in Abb. 20.
BASISSTRUKTUR
LINKEKERNSTRUKTUR RECHTE / KERN^ STRUKTUR
LINKE TEILKERNSTRUKTUR
ERSTE RECHTE TEILKERNSTRUKTUR
ZWEITE RECHTE TEILKERNSTRUKTUR
LETZTE RECHTE TEILKERNSTRUKTUR
EINFACHE NICHTINTEGRIERTE MIKROSTRUKTUR Abb. 20: Allgemeines Strukturbild für einfache nichtintegrierte Mikrostrukturen mit η rechten Teilkernstrukturen (n ä 1) Damit die unterschiedliche Positionierung gleichartiger Angaben in Artikeln mit nichtintegrierten Mikrostrukturen im Vergleich mit Artikeln, die integrierte Mikrostrukturen aufweisen, auch im Detail etwas deutlicher zur Geltung kommt, wird in Abb. 21 zunächst der Artikel zum Lemmazeichen Kranz aus dem DUDEN-2GW zum Vergleich wiedergegeben und dann die Mikrostruktur von wa25 etwas genauer betrachtet.
26
Herbert Ernst Wiegand wa 26 Κι-φηζ. der; -es, Kränze [mhd., spätahd kränz, wahrsch. rflckgeb. aus ahd. kren zen - umwinden, verw. mit Τ Kringel|: I. in der Form eines Rings geflochtene od. f f hunderte Blumen. Zweige o.a.: ein K. au· Blumen [für ein Grab]; professionell« Gestecke und Kränze mit Schleif« (Eppendorfer, SL Pauli 71); einen K. bin· den, flechten, winden, aufs Grab lege«, am Ehrenmal niederlegen; die Braut tni| K. (Brautkranz) und Schleier: dem Sieger den K. (Siegerkranz) umhängen. 2.·) (schweiz.) (Ehrenjpreis: erster, zweiter od dritter Platz: sich kurz nach den Kränzen auf der Rangliste piazieren; in di« Kränze kommen (erfolgreich sein; ausgezeichnet werden): b) (landsch.) kurz für 1 Kranzkuchen; c) kurz för t Haarkranz: sie hatte die ZApfe zum K. aufgesteckt 3. a) einem King ähnliche Form, in der erw. erscheint: ein K. von Feigen; ein K. von
Haaren wuchs rings um seinen kahlen Schädel; b) Anzahl von Personen od. Sachen, die um eine Art Mittelpunkt gruppiert sind: Ein K. von Pulvertfirmen umgab jede größere Stadt (Musil, Mann 1232); Bundeskanzler ... und Ministerpräsident ... präsentierten sich ... mit einem K. von Ministem aufgeräumt und einig vor der Presse (NZZ 30. 4. 83, 3); die Stadt ist von einem K. Seen umgeben. 4. (Jägerspr.) Fährte des Rotwildes auf trockenem Boden, auf dem nur ein dünner Abdruck der ditßeren Kante des Hufs sichtbar ist. 5. (Kegeln) Wurf, bei dem alle acht um den König (2 c) stehenden Kegel fallen: einen K. werfen; Kegelbrüder klagen, daß ihnen kein K. oder „alle Neune" mehr gelingt (Express 12. S. 84, 34); Kifnzlablzellclwn, das (Schweiz.):
Abb. 21: wa26 zum Lemmazeichen Kranz aus DUDEN- GW
Wir betrachten zunächst kurz den Formkommentar von \ v a 2 5 , der nicht fur alle „WAHRIGWörterbücher" charakteristisch ist (im WAHRLG-dtv und im BW lautet er „m.; -es, -e"). Die Strukturdarstellung findet sich in Abb. 22. WA
LINKE KERNSTRUKTUR
Kranz
[lABj]
Abb. 22: Kommentierter Strukturgraph zur (abstrakten und zur konkreten) hierarchischen linken Kernstruktur, die zum Formkommentar von wa2s gehören; Abkürzungen: tDekMA = Deklinationsmusterangabe (als verweisvermittelnde Angabe)
Formkommentare liefern keine Kriterien, die für die Unterscheidung von Arten von Mikrostrukturen relevant sind: auch wenn man den verweisvermittelnden Formkommentar von wa25 durch den nicht verweisvermittelnden von wa26 ersetzt, bleibt wa25 ein Artikel, zu dem nichtintegrierte Mikrostrukturen gehören. Im folgenden betrachten wir den Subkommentar zur lexikalischen Bedeutung (SKLB), dessen zugehörige Teilstrukturen der Mikrostrukturen, nämlich die linken Teilkernstrukturen, in Abb. 23 dargestellt sind. Im SKLB sind drei Sememe des Lemmazeichens Kranz in je einer
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Herbert Ernst Wiegand
pragmatisch-semantischen Angabe (PragsemA), die eine unmittelbare Textkonstituente des SKLB ist, lexikographisch bearbeitet. Über die verdichteten Kompositumangaben (z.B.: Blumen- e v.KompA) bzw. über die verdichteten Kompositaangaben findet man im Vorspann des WAHRIG-DW 1994 kein Wort. Die der Abb. 23 zugrundeliegende Analyse geht davon aus, daß mit den Kompositaangaben nicht in erster Linie Wortbildungseinheiten und -regeln vermittelt werden sollen (wie z.B. im LGWDAF 1994), sondern daß es im SKLB in erster Linie der Zweck von Kompositaangaben ist, mit denen die erste Konstituente von Linkserweiterungen zum Lemmazeichen und damit Hyponyme zu letzterem erwähnt werden, daß mit ihnen ausgewählte Bezugsobjekte fur den Gebrauch des Lemmazeichens in usuellen Texten (i.S.v. WIEGAND 1989, 552ff.) genannt werden, so daß der Benutzer die jeweilige Einzelbedeutung (das Semem) spezifischer erfassen kann. Daher wird von verdichteten Kompositumangaben, die zugleich Angaben eines Bezugsobjektes (Bezugsobjektangaben = BezOA) sind (v.KompA| BezOA) gesprochen.9 Dies erlaubt sie als Teilangaben der PragsemA aufzufassen, da sie in erster Linie der Beschreibung der Sememe dienen. Auf den Subkommentar zur lexikalischen Bedeutung folgen in wa25 drei semantische Subkommentare zum Kotext (SSKKo); eine Strukturdarstellung zum zweiten SSKKo findet sich in Abb. 24. Nach den „Hinweisefn] zur Benutzung" (lOff.) folgen auf die „Definition" [sie!] (hier: auf den SKLB) „Redewendungen" (vgl. WAHRIG-DW 1994, 14). Danach wären z.B. den Hinterbliebenen einen Kranz schicken und dem Sieger den Kranz überreichen Redewendungen des Neuhochdeutschen. Benutzt man zur Überprüfung der eigenen phrasematischen Kompetenz Sprich- und phraseologische Wörterbücher und schlägt unter Kranz nach (z.B. im WANDER-II 1987, MÜLLER 1994, DUDEN-11, SCHEMANN 1993 u n d RÖHRICH-III 1994), w i r d die Intuition
bestätigt: es handelt sich nicht um Redewendungen (Phraseme, Phraseologismen), vielmehr um (nach dem FREGE-Prinzip) konstruierbare freie Konstruktionen als Beispiele, die aus den entsprechenden Kompetenzbeispielangaben in wa25 erschlossen werden können. Entsprechendes gilt für Tausende andere Fälle in WAHRIG 1994. In der Angabe kommentierter Verbkotexte (A.kt.Ko.V) findet sich dagegen eine Redewendung (die in SCHEMANN 1993, 444f., als „selten" und „salopp" markiert ist). Die Ausdrücke einen Kranz binden und einen Kranz winden muß man dagegen (je nach Kollokationsbegriflf) eher als Kollokationen einstufen. Freie Beispiele, Phraseme und Kollokationen sind Kotexte mit dem Lemmazeichen (bzw. bei vollidiomatisierten Phrasemen solche mit der Lemmazeichenform). Daher wird hier von Kotextangaben (KoA) gesprochen. Es handelt sich bei dieser Angabeklasse um eine Oberklasse, zu der als Unterklassen u.a. die Klasse der Kompetenzbeispielangaben, die der Phrasem- und die der Kollokationsangaben gehören (vgl. WIEGAND 1994).10 Wenn nötig, kann man daher in der Darstellung zur jeweiligen Unterklasse übergehen und die Knoten im Strukturgraphen zur abstrakten hierarchischen Teilstruktur entsprechend etikettieren (die ersten drei terminalen Etiketten können dann z.B. durch die folgenden Klassensymbole ersetzt werden: v.KBei2A, v.Kol2A.V, v.KBei2A).
9
Mit den v.KompA|BezOA wird hinsichtlich des semantischen Bezugs des Lemmazeichens etwa das gleiche erreicht wie mit Bezugsobjektbeispielen im FWB, die als Erweiterungen zu Bedeutungsparaphrasenangaben konzipiert sind; vgl. z.B.: abdecken [...] 1. >etw. (ζ. B. ein Dach) abdecken, herunternehmen (FWB, 38); vgl. dazu WIEGAND 1991, 582ff. 10 In WIEGAND 1989d, 488, hatte ich die Kotextangaben durchgängig als Phrasemangaben eingestuft, und zwar mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß ich absichtlich eine Benennung wähle, die sich bewußt an die Einschätzung der Lexikographen, es handle sich um „Redewendungen", hält, die ich aber gleichzeitig als falsch eingestuft habe.
Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen
29 SK
(zweite) A.H. RECHTE TEILKERNSTRUKTUR
einem Mädchen einen ~ einen ~ aufbinden, setzen, aufs winden Haar setzen
den Hinterbliebenen einen ~ schikken (als Zeichen des Beileids)
wenn du das tust, kannst du dir gleich einen ~ schicken lassen!
dann setzt dem Sieger du [...] den~ Totenkranz überreichen schicken
Abb. 24: Kommentierter Strukturgraph zur (abstrakten und zur konkreten) zweiten hierarchischen rechten Teilkernstruktur, die zum zweiten semantischen Subkommentar zum Kotext mit Veib von wa25 gehören; Abkürzungen: SSKKo.V = semantischer Subkommentar zum Kotext mit Verben; v.KoA.V = verdichtete Veibkotextangabe; v.Ko2A.V = verdichtete Verbkotextangabe, aus der zwei Verbkontexte erschließbar sind; A.kt.Ko.V = Angabe kommentierter Veibkotexte; PragsemA-Ko = pragmatischsemantische Angabe zum Kotext; PragA.St = pragmatische Angabe zur Stilschicht; KoPA = Kotextparaphrasenangabe
Auch bei den nichtintegrierten Mikrostrukturen gibt es verschiedene Arten (vgl. z.B. die Artikel zu den Lemmazeichen abstehen, binden und ausziehen im WAHRIG-DW 1994 und dazu WIEGAND 1994). Deren Behandlung ist hier nicht erforderlich, da ihre genauere Kenntnis nicht zu den Kenntnisvoraussetzungen für das Verständnis von semiintegrierten Mikrostrukturen zählt. Wie die integrierten so könenn auch die nichtintegrierten Mikrostrukturen extern erweitert sein; wa24 weist eine einfache nichtintegrierte Mikrostruktur auf, wa2s dagegen ist rechtserweitert, und zwar um einen thematisch homogenen Postkommentar zur Etymologie (PostKEty). Im Artikel zu Kranz aus dem DUDEN-2GW, wa26, ist die Etymologie dagegen im mittleren Zwischenkommentar (mZwK) angegeben, so daß wa% intern erweitert ist und eine integrierte Mikrostruktur mit binnenerweiterter Basisstruktur aufweist (vgl. WlEGAND 1989d, 493f ). Meines Wissens kommen in der deutschen Lexikographie Artikel, die eine nichtintegrierte Mikrostruktur mit binnenerweiterter Basisstruktur aufweisen, nicht vor. Aus wa2j wird ein solcher Artikel, wenn man den PostK:Ety umlagert, so daß er zum thematisch homogenen mittleren Zwischenkommentar zur Etymologie (mZwK:Ety) wird und also zwischen dem FK und dem SKLB piaziert ist.
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Herbert Ernst Wiegand
3 Zugriffseigenschaften von einsprachigen Artikeln mit integrierten und nichtintegrierten Mikrostrukturen: ein Vergleich Um die Vorteile von Wörterbuchartikeln mit semiintegrierten Mikrostrukturen möglichst detailliert einschätzen zu können, ist es nützlich, wenn zunächst eine vergleichende Betrachtung gemäß der Abschnittsüberschrift erfolgt. Zugriffseigenschaften von Wörterbuchartikeln sind solche Eigenschaften, welche die Wahl und die Ausführung von internen Zugriffshandlungen (i.S.v. WlEGAND 1995/96, 3.3.4.2.5.) des kundigen Benutzers (also des Benutzers, der den Metatext kennt und sich danach richtet) wesentlich determinieren. Dies wird besonders relevant bei längeren Wörterbuchartikeln zu als polysem interpretierten Lemmazeichen. Bei integriert gearbeiteten, nichterweiterten Artikeln zu polysemen Lemmazeichen besteht die wichtigste Zugriffseigenschaft darin, daß sie eine innere Schnellzugriffsstruktur aufweisen, deren Trägermenge mindestens aus dem Lemma und den Polysemieangaben besteht. An dieser linearen Struktur orientiert sich der Benutzer-in-actu gemäß seiner Suchfrage, wenn diese nicht eine ist, die bereits durch eine Angabe im Formkommentar ihre Beantwortung findet. Die artikelinterne Orientierung erfolgt - lexikologisch gesagt - sememspezifisch und metalexikographisch ausgedrückt - integratorientiert. Bei der Suche nach einer Bedeutungsangabe muß („normales" Benutzerverhalten vorausgesetzt) von den Polysemieangaben 1. über 2. usw. bis zu deijenigen fortgeschritten werden, hinter der (und damit in ihrem Suchbereich) sich eine Angabe findet, aus der die gesuchte Bedeutung erschlossen werden kann. Bei langen Artikeln mit integrierten Mikrostrukturen werden daher die inneren Zugriffszeiten stets dann relativ lang, wenn die gesuchte Angabe erst im letzten Drittel des Artikeltextes liegt. Dies ist bei Artikeln mit nichtintegrierten Mikrostrukturen im Prinzip ganz anders: sie sind intern biakzessiv. Der kundige Benutzer muß hier interne Zugriffshandlungen nicht nur sememspezifisch durchführen. Er hat vielmehr zwei Möglichkeiten des inneren Zugriffs. Er kann nach der erfolgreichen Ausführung einer externen Zugriffshandlung entweder zunächst den Subkommentar zur lexikalischen Bedeutung oder zuerst denjenigen semantischen Subkommentar zum Kotext konsultieren, der nach der jeweiligen Wörterbuchbenutzungssituation infrage kommt. Dies sei nachfolgend an einem einfachen Beispiel erläutert. Gegeben sei folgende Herübersetzungssituation (HerÜS) mit zwei eingebetteten Wörterbuchbenutzungssiuationen (WbBS): HerÜS, E., eine Studentin, die Deutsch lernt, mit Schwedisch als Muttersprache, übersetzt einen deutschen Text ins Schwedische, so daß also eine Herübersetzungssituation vorliegt. Bei dem Satz (1) Endlich war ihr Jeep - nach mühevollem Umpacken - wieder klar zur Weiterreise. hat sie Übersetzungsschwierigkeiten mit demAusdruck klar zur Weiterreise, da sie sich nicht sicher ist, ob fertig zur Weiterreise das gleiche bedeutet. WbBS,: E. schlägt im DUDEN-2GW mit einer Suchfrage nach einer passenden Bedeutung von klar nach und findet nach erfolgreicher Ausführung einer externen Zugriffshandlung folgenden Artikel wa27:
Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen wa 2 7
Klar (Adj.) [mhd. klar < lat. clarus = laut s c h a l l e n d : hell, l e u c h t e n d ; klar, deutlich: berühmt]: l . a ) durchsichtig, nicht trübe: -es Wasser; ein -er G e b i r g s b a c h : d a n n sah ich mit einmal -e See vor mir (Erne, Fahrgäste 112); etw. ist k. wie Kristall; eine -e (nicht gebundene) Ochsens c h w a n z s u p p e ; -e (nicht gemischte) Farben ; sie schaute ihn mit -en (nicht müden, nicht trübem Augen a n ; b) nicht durch Nebel. Wolken o. ä. getrübt: -e Sicht hab e n ; ein -er S t e r n e n h i m m e l : d i e Luft, d i e Nacht, d e r Himmel ist k.; d a s Wetter scheint k. zu w e r d e n , zu bleiben; d e r M o n d scheint k.; Ü die übrigen vier jed o c h hielten es f ü r möglich, d a ß die Sterb e n d e in -en M o m e n t e n (Momenten, in denen sie bei vollem Bewußtsein war) a u c h richtige Antworten gegeben hätte ( M o star. Unschuldig 62); M a n c h m a l ist sie wirr... u n d d a n n wieder k. (bei vollem Bewußtsein): Ich sterbe jetzt, sagt sie (Frisch, M o n t a u k 111); c) deutlich, genau erkennbar, unterscheidbar: -e Umrisse; zwei verwandelte Strafstöße ... nach -en Foulspielen (Freie Presse 14. 2. 90, 6); d a s ist ... glatter, -er Mord ( K e m e l m a n [Übers.], Dienstag 127): einen -en Vors p r u n g h a b e n : mit einem -en Ergebnis (mit großem Punkte-, Torvorsprung) gew i n n e n : Wäre ich nicht ... an einem Ort mit -en M e h r h e i t e n für meine dements p r e c h e n d e Partei ( K r o n a u e r , Bogenschütze 363); die Silhouette hebt sich k. vom Hintergrund a b ; j m d n . k. besiegen: sie war ihren G e g n e r i n n e n k. überlegen; Anträge, die eine Einschränkung der S u c h t m i t t e l w e r b u n g . . . verlangten, unterlagen k. ( N Z Z 5.9. 86,27). 2. nicht heiser, rauh, belegt, sondern wohlklingend u. deutlich vernehmbar: eine -e Stimme; ein -er T o n ; die E n d u n g e n k. [und deutlich] aussprechen. 3. sachlich-nüchtern, überlegt: von Einsicht u. Vernunft zeugend u. zu scharfem Urteilsvermögen befähigt: ein
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-er Verstand; einen -en Blick f ü r etw. hab e n ; keinen -en G e d a n k e n fassen könn e n ; nach AlkoholgenuQ nicht mehr k. [im Kopf] sein; ich war wirklich ganz k. bei dem Prozeß, ganz ruhig (Danella, Hotel 179); heute k a n n ich einfach nicht m e h r k. d e n k e n . 4. fest umrissen, eindeutig, für jedermann übersichtlich u. verständlich: eine -e Antwort, Auskunft, F r a g e ; N a c h d e m Essen w ü r d e er es ( = das M a n u s k r i p t ) hervorziehen müssen, d a n n waren -e Worte wohl nicht zu umgehen (Loest, Pistole 254); eine -e Entscheidung t r e f f e n ; seiner Arbeit fehlt die -e Linie; Der VfL hatte w ä h r e n d der ersten 45 Minuten das -ere Konzept (Kicker6, 1982, 34); er schreibt einen -en Stil; sich ein -es Bild von etw. m a c h e n ; -e Vorstellungen v o n etw. h a b e n ; ein -es (bestimmtes. festes) Ziel vor Augen hab e n : für -e (geordnete, sauber abgegrenzte) Verhältnisse sorgen; [ist] alles k.? (wurdealles verstanden''): Ich möchte, d a ß sämtliche C o u r a g e rausgequetscht wird, nicht m e h r der geringste Widerstand, ist das k.? (Bukowski [Übers.], Fuck 59): ihm ist noch nicht k. (er hat noch nicht begriffen, verstanden), worauf es a n k o m m t : das ist [doch ganz] k. (ugs.; das versteht sich von selbst); [na] k.! (sicher. selbstverständlich!): Klar (selbstverständlich) kenne ich sie (Danella, Hotel 213); etw. k. u n d deutlich (unmißverständlich) s a g e n : *sich über etw. k./im -en sein (genau wissen, welche Folgen sich Iaus einer Entscheidung, aus einer Tätigkeit] ergeben werden). 5. in vorschriftsmäßigem Zustand u. bereit, fertig (zum Einsatz): alle Boote sind k.: das Flugzeug ist k. z u m Start; das Schiff ist k. zum Ausl a u f e n : [Schiff] k. z u m Gefecht (Marine; [das Schijf ist/ gefechtsbereit, -klar). 6. (landsch.) fein, stark zerkleinert, nicht grob: -er Zucker, S a n d ;
Abb. 25; Wörterbuchartikel zum Lemmazeichen klar aus DUDEN-2GW Der Artikel ist relativ lang und weist eine einfach subintegrierte Mikrostruktur mit binnenerweiterter Basisstruktur auf. Bei der Ausführung der internen Zugriffshandlung orientiert sich E. an der geschlängelten inneren Zugriffsstruktur (l.a), b), c), 2., 3., 4., 5., 6.). In den ersten sechs semantischen Subkommentaren erster und zweiter Stufe (die den jeweiligen Suchbereich zu den sechs Zugriffselementen l.a), b), c), 2., 3., 4. bilden) liest sie flüchtig die Bedeutungsangaben und zwar so, daß sie jedesmal, wenn sie merkt, daß die erläuterte Bedeutung zum Satz (1) nicht paßt, im suchenden Lesen zum nächsten Zugriffselement weitergeht. Auf diese Weise etabliert E. einen Suchpfad (das ist: einen kognitiven Weg) mit sechs Zugriffspunkten durch wa27, auf dem es bei sechs Zugriffselementen sechs erfolglose Zugriffsversuche gibt. Erst beim siebten Zugriffselement, nämlich im Suchbereich von 5., im fünften SSK also, findet sie die gesuchte Antwort, und zwar nach einer inneren Zugriffszeit von 63 Sekunden.11
11 Dies ist keine willkürliche Zahl; vielmehr habe ich hier die durchschnittliche innere Zugriffszeit von 15 Probanden eingesetzt, die bei einem Zugriffszeitentest (im Rahmen des Heidelberger Projektes „Empirische
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Im folgenden wird angenommen, daß E. nicht im DUDEN- GW nachschlägt, sondern mit der gleichen Suchfrage im WAHRIG-DW 1994. WbBS2: E. schlägt im WAHRIG-DW 1994 nach und findet w a » . wa 28
klar (Adj.) 1 durchsichtig, ungetrübt, rein (Augen, Fenster, Flüssigkeit, Luft); deutlich, verständlich, unmißverständlieh (Satz, Wort, Aussage, Stimme); nüchtern denkend, scharfsinnig (Kopf, Geist); (Mar.) bereit, fertig (Geschütz, Schiff); (alleinstehend) sicher, gewiß. natürlich, selbstverständlich; - ! ; ich helfe dir!; na - ! ; ein Klarer (norddt.) klarer Branntwein, klarer Schnaps 2 ich möchte eine - c Antwort haben; der Kranke hatte heute ein paar - e Augenblicke Augenblicke, in denen er bei Be* wußtsein war u. vernünftig denken konnte: sich ein - e s Bild von etwas machen ; einen ~en Blick haben einen offenen B.; (fig.) nüchtern denken, sich nicht täuschen lassen; - Deck! (Mar.); - e r Fall! (umg.) selbstverständlich, ganz richtig. ohne Zweifel!: - e Farben F.. die frei ton Grau sind: - e r Himmel wolkenloser H.: - e n Kopf behalten sein nüchternes, vernünftiges Denkvermögen behalten: eine - c Schrift leicht lesbare S.: ~e Sicht haben; einen -en Stil schreiben; - e Verhältnisse leicht durchschaubare, geordnete K.-eine - e Vorstellung von etwas
haben; - e r Zucker fein gemahlener Z. 3 - denken (können) richtig, folgerichtig, vernünftig denken (können): durch diese Brille kann ich nicht - sehen; (aber) - klarsehen: sein: das ist doch - ! selbstverständlich: es ist (ganz) daO ...; das ist mir (noch nicht ganz) - das habe ich 'noch nicht ganz) verstanden: er ist nicht ganz - , nicht ganz bei Bewttßtsein. etwas betrunken .das Foto ist nicht ganz - nicht ganz scharf-die Flüssigkeil wird wieder4 ich habe es ihm - und deutlich gesagt; jmdm. etwas kurz und - mitteilen; etwas - und offen sagen 5 der Kranke ist bei -cm BewuQtsein; mit einer Sache ins - e kommen eineS. verstehendste richtig erledigen können: sich Ober etwas im -en sein etwas eingesehen haben, etwas genau wissen:er ist nicht ganz - im Kopf er kann nicht vernünftig denken: mit - e r Stimme sprechen; etwas mit -en Worten sagen; sich über etwas - sein etwas eingesehen haben, etwas genau wissen: man muß sich darüber - sein, daO ...; - zum zum Einsatz, zum Gefecht, zum Start (< mhd. klar < lat. clarus .laut, hell, leuchtend, klar, deutlich, berühmt"]
Abb. 26: Wörterbuchartikel zum Lemmazeichen klar aus WAHRIG-DW 1994 Der WAHRIG-Artikel weist eine rechtserweiterte nichtintegrierte Mikrostruktur auf. Als kundige Benutzerin des WAHRIG-DW 1994 hat E. zwei Möglichkeiten, wenn sie in wa 2g auf ihre Suchfrage eine Antwort finden will. 1. Möglichkeit E. konsultiert den Subkommentar zur lexikalischen Bedeutung. Bereits in der sechsten Wörterbuchzeile kann sie ihre Benutzungshandlung erfolgreich abschließen, und zwar mit dem Auffinden des Eintrages e 2 : bereit, fertig (Geschütz, Schiff), anhand dessen sie durch Inferenzprozesse zu einem Verständnis gelangt. Die innere Zugriffszeit beträgt 7 Sekunden. 12 2. Möglichkeit Da im Satz (1) klar im nahen Kotext mit zur steht, konsultiert E. nach der Auffindung des Lemmas sofort den semantischen Subkommentar zum Kotext mit Partikeln (SSKKo.P), und zwar geht sie vom Lemma direkt zum Zugriffselement 5 und von dort mit Hilfe der nachgeordneten alphabetischen inneren Zugriffsstruktur, deren Trägermenge die (fett gesetzten) „Partikeln" (vgl. WAHRIG-DW 1994, 14) bei, ins, mit, über und zum bilden zum 2-Suchbereich, wo sie den Eintrag e 3 : ~ zum Einsatz, zum Gefecht, zum Start findet. Obwohl e 3 ganz hinten in wa 28 steht, beträgt die innere Zugriffszeit 8 Sekunden!
Wörterbuchbenutzungsforschung"), dem das hiesige Beispiel nachgestaltet ist, erreicht wurde; die Probanden waren ausländische Deutschlernende des Instituts für Deutsch als Fremdsprachenphilologie. 12 Für diese Zeitangabe und die noch folgende gilt das in Anm. 11 Gesagte mutatis mutandis.
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Dieses Beispiel dürfte verdeutlicht haben, welche empirischen Gegebenheiten die Grundlage bilden für die Feststellung, daß - bezogen auf längere und lange Wörterbuchartikel - solche mit nichtintegrierter Mikrostruktur im Prinzip zugriffsfreundlicher sind als solche mit integrierter Mikrostruktur. Es ist klar, daß der Unterschied bei den inneren Zugriffszeiten dann kleiner wird, wenn die gesuchten Angaben in dem Artikel mit integrierten Mikrostrukturen in einem der vorderen semantischen Subkommentaren stehen. Aber selbst dann sind die Zugriffszeiten bei Artikeln mit integrierten Mikrostrukturen nicht günstiger als die bei Artikeln mit nichtintegrierter Mikrostruktur. Empirische Untersuchungen zeigen, daß in bestimmten Fällen die Erfassung der gesuchten Bedeutung bei Artikeln mit nichtintegrierten Mikrostrukturen Schwierigkeiten bereitet, und zwar insbesondere, wenn die Benutzer keine Muttersprachler sind. Hierzu ein weiteres Beispiel: HerÜS2 E. hat in einer Herübersetzungssituation Schwierigkeiten mit dem Satz (2) Niemandem war eigentlich vorher klar, daß die unerwartet klare Heimniederlage klare Verhältnisse am Tabellenende schaffen würde, und zwar kann sie den Ausdruck unerwartet klare Heimniederlage nicht übersetzen, weil sie die Verwendung von klar in diesem Ausdruck nicht kennt. WbBS3 E. schlägt mit der Suchfrage nach einer passenden Bedeutung von klar im WAHRIG-DW 1994 nach und findet dort wa28· Da das Adjektiv klar in (2) auf ein Substantiv bezogen ist, geht sie vom Lemma klar sofort zum Zugriffselement 2 und daraufhin in den semantischen Subkommentar zum Kotext mit Substantiven (SSKKo.S). Dieser ist relativ lang, da 14 Kotextangaben (die z.T kommentiert sind) auftreten von „ich möchte eine ~e Antwort haben" bis zu „~er Zucker". Anhand keiner der Kotextangaben gelingt E. eine geeignete Semantisierung von klar. Nach der Etablierung eines Suchpfades von 14 Zugriffspunkten (mit entsprechenden erfolglosen Zugriffsversuchen) muß E. daraufhin zurück zum Lemma und den Subkommentar zur lexikalischen Bedeutung von vorne im suchenden Lesen durchgehen. In der dritten Artikelzeile stößt sie auf deutlich, eine Synonymangabe. „Das könnte passen."13 E. wird aber dadurch irritiert, daß in der Bezugsobjektangabe (BezOA4) kein Bezugsobjekt genannt wird, von dem aus (z.B. über ein Hyperonym) eine Inferenz zu Heimniederlage möglich wäre. Hätte E. als erste Suchstrategie die erste Möglichkeit gewählt, wäre sie zuerst auf deutlich gestoßen und hätte wahrscheinich daraufhin versucht, im semantischen Subkommentar zum Kotext mit Substantiven eine Kotextangaben zu finden, die ihre Semantisierungshypothese bestätigt.
Das zweite Beispiel zeigt, daß es Fälle geben kann, in denen der Benutzer bei der Datensuche von einem SSKKo in den SKLB und umgekehrt wechseln muß. Die Wechsel verlängern die innere Zugriffszeit und werden meistens aus zwei Gründen notwendig. Der erste Grund liegt vor, wenn ein Wörterbuchartikel lexikologisch nicht hinreichend sorgfältig gearbeitet ist. Im vorliegenden Fall wurden Kotexte aus einer ganzen Kotextklasse nicht berücksichtigt, nämlich die, welche in wa27 im Suchbereich c) stehen. Der zweite Grund tritt auf, wenn ein Benutzer die zweite Möglichkeit gewählt hat und in einem SSKKo gerade den Kotext (oder einen sehr ähnlichen) unkommentiert findet, mit dem er Semantisierungsschwierigkeiten hat. Hierzu ein letztes Beispiel.
13 denkt sich E. (Diese Anmerkung nur wegen der JENNINGER-Geschichte! Natürlich weiß ich alles über E.. denn der auktoriale (metalexikographische) Erzähler bin hier ich.)
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HerÜS3 Ε. hat in einer Herübersetzungssituation Semanüsierung&schwiengkeiten mit dem Satz (3) Obwohl er alle Akten gesichtet und ζ. T. sogar genauer studiert hat, hatte er immer noch keine klare Sicht auf den Fall. WbBS4 Mit einer Suchfirage nach der Bedeutung des Ausdruckes eine klare Sicht haben schlägt E . im W A H R I G - D W 1994 nach, findet wa^ und sucht sofort über das Zugriffselement 2 im SSKKo.S, wo sie den unkommentierten Eintrag „~e Sicht haben" findet, dessen Bedeutung sie ermitteln will. E. muß jetzt „zurück" in den SKLB gehen und vor dem Hintergrund von (3) prüfen, aus welcher Bedeutungsangabe sich die passende Bedeutung erschließen läßt (aus ungetrübt?, aus verständlich?, aus unmißverständlichT).
Das Beispiel zeigt, daß hier ein textstruktureller Fehler vorliegt, weil für die Beziehung zwischen Kotextangaben in einem semantischen Subkommentar zum Kotext und Bedeutungsangabe im Subkommentar zu lexikalischen Bedeutung keine Skopussicherung auf der Ebene der Wörterbuchform vorgesehen ist. Dieser Fehler ist, wie ich unter 4 genauer zeigen werde, keine Eigenschaft von nichtintegrierten Mikrostrukturen schlechthin, sondern ein systematischer Bearbeitungsfehler von Artikeln mit nichtintegrierten Mikrostrukturen im WAHRIG-DW 1994, der zu einem Defekt bei den inneren Zugriffseigenschaften fuhrt. Bei Artikeln mit einfachen integrierten und erweiterten integrierten Mikrostrukturen ist eine solche Skopussicherung, die formal angibt, welche Beispielangaben im Skopus welcher Bedeutungsangaben liegen, durch die Integration bereits gegeben, denn eine Integration von Angaben schafft stets einen direkten Skopus für diese.. Wird die Integration partiell aufgegeben, wie beispielsweise bei den annexierten Mikrostrukturen durch kommentarinterne Rechtsauslagerung, wird eine formale Skopussicherung (d.i. eine auf der Ebene der Wörterbuchform) durch die Angaben der semantischen Zugehörigkeit erforderlich, so daß ein indirekter Skopus gegeben ist. Entsprechende Angaben fehlen im WAHRIG-DW 1994. Der Vergleich läßt sich also wie folgt zusammenfassen: Artikel mit nichtintegrierten Mikrostrukturen sind intern polyakzessiv und erlauben eine sememspezifische und eine kotextspezifische Suchstrategie. Artikel mit integrierten Mikrostrukturen sind dagegen intern monoakzessiv und schreiben eine sememspezifische Suchstrategie vor. Artikel mit nichtintegrierten Mikrostrukturen sind daher in diesem Sinne prinzipiell zugriffsfreundlicher. WAHRIGArtikel als eine nicht ausreichend ausgereifte Realisierung von Artikeln mit nichtintegrierten Mikrostrukturen führen wegen nicht ausreichender Skopussicherung zu ZugrifFsunsicherheiten und sind daher bei den Zugriffseigenschaften auf der Ebene der Wörterbuchform prinzipiell defekt. Letzteres ist bei Artikel mit integrierten Mikrostrukturen nicht der Fall. Im Prinzip werden bei Artikeln mit nichtintegrierten Mikrostrukturen kürzere innere Zugriffszeiten erreicht. Die Zugriffsfreundlichkeit von Artikeln mit integrierten und nichtintegrierten Mikrostrukturen wird größer, wenn sie architektonisch erweitert (oder: ausgebaut) werden, und zwar so, daß sie eine glatte innere Schnellzugriffsstruktur erhalten, die zur Textblockbildung bei den Kommentaren und Subkommentaren führt, so daß die rasche Gestaltwahrnehmung gefördert wird.
4 Semiintegrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern: ein Entwurf Bei dem „langen Marsch durch die ..." Strukturen sind wir nun soweit, daß wir semiintegrierte Mikrostrukturen, und zwar zunächst solche bei allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern erör-
Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen
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tern können. Meines Wissens gibt es keine deutschen einsprachigen Wörterbücher mit Artikeln, welche semiintegrierte Mikrostrukturen aufweisen. Dies kann als ein Zeichen dafür gewertet werden, daß die Lexikographen des Deutschen nicht gründlich genug über das Verhältnis von Wörterbuchform und Benutzerbezug nachgedacht haben. Semiintegrierte Mikrostrukturen stellen - um es zunächst allgemein zu sagen - eine Zusammenfuhrung von integrierten und nichtintegrierten Mikrostrukturen dar, und zwar mit dem Zweck, Wörterbuchartikel - die keine Kurzartikel (wie z.B. wa«) sind - systematisch konzipieren zu können, welche die strukturbedingten Vorteile von Artikeln mit nichtintegrierten Mikrostrukturen mit denen von Artikeln mit integrierten Mikrostrukturen verbinden und die strukturbedingten Nachteile beider Artikelarten möglichst weitgehend vermeiden. Die strukturbedingten Vorteile sind in erster Linie Zugriffsvorteile, die (empirisch testbare) Auffindbarkeit der lexikographischen Textdaten steigt, und die inneren Zugriffszeiten werden durchschnittlich erheblich kürzer. Einsprachige Wörterbücher, deren Artikel semiintegriert gearbeitet sind, könnten m.E. wesentlich dazu beitragen, daß insbesondere das Image größerer allgemeiner einsprachiger Wörterbücher, was ihre Benutzbarkeit angeht, besser wird. Im folgenden wird zunächst ein (von mir verfaßter) einsprachiger Artikel vorgestellt, der eine (einfach) architektonisch erweiterte, einfache semiintegrierte Mikrostruktur aufweist. In Abb. 27 ist die Mikroarchitektur von wa 29 in informeller Weise veranschaulicht. Die architektonische Erweiterung der Mikrostruktur besteht darin, daß der Formkommentar (FK) und jeder der zehn Subkommentare des semantischen Kommentars, also sowohl die im integriert gearbeiteten Teil des Artikels (also die sechs SSK) als auch die im nichtintegriert gearbeiteten Teil des Artikels (also die vier KoKA), genau einen Textblock (TB) bilden, so daß die flächendeckende, gegliederte Gestalt von wa» aus genau elf Textblöcken besteht. Textblöcke sind integrative flächige Suprasegmente (vgl. WIEGAND 1989b, 374ff, und 1994 sowie GALLMANN 1985 und GÜNTHER 1988). Sie weisen (im graphetischen und semiotischen Sinne) Textblockanfangssignale auf. In wa29 sind dies bei den zehn Subkommentaren die Einzüge. Ebenso haben Textblöcke dann Textblockendsignale, wenn die letzte Textblockzeile vor dem Zeilenende abbricht (vgl. auch wau und waie). Textblöcke und damit die zugehörigen Artikeltextkonstituenten sind auf diese Weise (fur die Wahrnehmung) zweimal ab- und damit ausgegrenzt (vgl. GALLMANN 1985, 29). In wa29 wird die Ausgrenzung zusätzlich durch den größeren Durchschuß zwischen der letzten Textblockzeile und der ersten des folgenden Textblockes betont. Der Artikeltext ist damit durch typographische Mikroarchitekturanzeiger (kurz. Architekturanzeiger) für die Wahrnehmung deutlich gegliedert, und man kann daher, um dem gestalthaft-gegliederten Textbild theoretisch gerecht zu werden, eine transitive oberhalb/unterAa/Z>-Relation auf einer Trägermenge definieren, deren Elemente der FK und die zehn Subkommentare des semantischen Kommentars bilden. Es gilt dann nicht mehr nur z.B.: „der FK geht dem 1. SSK voraus", sondern zusätzlich: „der FK ist oberhalb des 1. SSK (und somit letzterer unterhalb des ersteren)". Dadurch ist die Mikrostruktur architektonisch erweitert (oder: ausgebaut) zu einer bestimmten Art der Mikroarchitektur, und zwar durch eine Lagerelation, welche die relative Lage von Textsegmenten im zweidimensionalen Raum festlegt. Solche topologischen Relationen, von denen es eine ganze Reihe anderer Arten gibt (vgl. WIEGAND 1994), nenne ich textarchitektonische (kurz: architektonische) Relationen. Ihre Berücksichtigung in der Theorie lexikographischer Texte dient dazu, die zweidimensionale, durch Suprasegmente gegliederte Flächengestalt von längeren Artikeltexten, die sich wesentlich auf die Zugriffseigenschaften auswirkt, zu modellieren.
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Herbert Ernst Wiegand MIKROARCHITEKTUR erste ^glatte Schnellzugriffsstruktur
Kranz, der; -es; Krän ze 1. in der Form eines Rings geflochtene od. gebundene Blumen, Zweige o.a. | In der Gärtnerei konnte man Kränze aller Art, z.B. Blumen-, Efeu-, Lorbeer- und Adventskränze bestellen. 2. etw., das in einer kreisförmigen Form erscheint | ein ~ von Haaren wuchs rings um seinen kahlen Schädel. 3. Anzahl von etw. od. jmdm., die um eine Art Mittelpunkt gruppiert sind | Der Kanzler präsentierte sich mit einem ~ von Ministern vor der Presse. 4. (Schweiz.) einer der ersten drei Plätze bei einem Wettbewerb | Sie setzten sich nach den Kränzen auf die Ehrentribüne. 5. (Jägerspr.) Abdruck der äußeren Kante der Hufe von Rotwild auf trockenem Boden | Er konnte die Fährten deutlich erkennen, war sich aber nicht sicher, ob es sich um Kränze handelt. 6. (Kegeln) Wurf, bei dem alle acht um den König stehenden Kegel fallen | Ein Kranz war ihm heute abend nicht gelungen Sub. ein ~ Feigen | ein bunter ~ tanzender Kinder | ein ~ junger Mädchen (geh. Gruppe, Kreis) | ein schmackhaftes Stück ~ (kurz fur TKranzkuchen) V. einem Mädchen einen ~ aufsetzen | einen ~ backen (Kranzkuchen) | einen ~ binden \ einen ~ flechten | einen ~ heraushängen (bes. als Zeichen, daß Wein ausgeschenkt wird) | einen ~ niederlegen (am Grab [Ehrenmal] als Zeichen der Trauer) | den Hinterbliebenen einen ~ schicken (als Zeichen der Anteilnahme) | dem Sieger einen ~ überreichen [aushändigen] | einen ~ werfen | einen ~ winden Adj. bunter [grüner, verwelkter] ~ PrSp. einen ~ auf das Grab legen | einen ~ auf dem Kopf tragen | Kerzen auf einen ~ stecken (bes. einen Advents-) | in die Kränze kommen (Schweiz.; umg. unter den Siegern sein) | das kommt nicht in die Kränze (Schweiz.; umg. hat keine Aussicht auf Erfolg [auf Verwirklichung]) | den Sarg mit Kränzen (~) schmücken | ein ~ mit Schleifen [Kerzen] | einen ~ von Blüten um den Teller des Ehrengastes legen | ein ~ von Rosen I ein ~ von Seen umringt die Stadt I die Blumen zu einem ~ winden | das Haar flechten und zum ~ aufstecken Abb. 27: Entwurf eines einsprachigen Wörterbuchartikels (wa29) mit (einfach) architektonisch erweiterter (oder: ausgebauter) einfacher semiintegrierter Mikrostruktur; Quellenwörterbücher: DUDEN- 2 GW; WAHRIG-DW 1994; BW; W D G ; GRIMM-1 1; HDA-V; Abkürzungen: KoKA = Kotextklassenangabe; t = oberhalb/unterhalb-Relation; TB = Textblock; Legende: 21 = integriert gearbeiteter Teil des semantischen Kommentars; 35 = nichtintegriert gearbeiteter Teil des semantischen Kommentars Jeder Textblock beginnt mit einem (fett gesetzten) inneren Zugriffselement. Auf der Menge aller Zugriffselemente dieser Art ist eine Präzedenz- sowie eine oberhalb/unterhalb-Rehüon definiert, so daß eine glatte innere Schnellzugriffsstruktur gegeben ist (die über das Lemma, das auch Element der äußeren Zugriffsstruktur ist, mit letzterer „verzahnt" ist). Zu jedem (fett gesetzten) inneren Zugriffselement gehört genau ein artikelinterner Suchbereich. Dieser ist in
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Herbert Ernst Wiegand
wa» mit dem Textblock identisch, was die Ausführung von internen ZugrifFshandlungen erheblich erleichtert. Der ersten glatten inneren Schnellzugriffsstruktur sind in den semantischen Subkommentaren zum Kotext geschlängelte innere Schnellzugriffsstrukturen nachgeordnet: die Anordnung der Kotextangaben erfolgt jeweils so, daß nach den fett gesetzten Ausdrücken, welche die jeweilige Kotextklasse bestimmen (z.B. Substantive, Verben usw.), alphabetisch geordnet wird. Nachdem wir nun einen ersten Überblick über die Architektur und die inneren SchnellzugrifFsstrukturen von wa» haben, verschaffen wir uns einen weiterreichenden Überblick dadurch, daß wir ein allgemeines Strukturbild angeben, das zu wa» paßt und zugleich einige spezifische Eigenschaften von semiintegrierten Mikrostrukturen erkennen läßt (vgl. Abb. 28).14 Das allgemeine Strukturbild in Abb. 28 zeigt u.a. dies: Artikel mit semiintegrierten Mikrostrukturen haben einen semantischen Kommentar (SK), dessen erster Teil integriert gearbeitet ist und der - bei polysemen Lemmazeichen - aus η semantischen Subkommentaren (SSK, mit η > 2) besteht, die unmittelbare Textkonstituenten des SK sind und als Teilstruktur der Mikrostruktur (wie die SSK in Artikeln mit integrierten Mikrostrukturen) ein Integrat aufweisen. Auf den ersten, integriert gearbeiteten Teil des semantischen Kommentars folgen insgesamt als zweiter nichtintegriert gearbeiteter Teil und je einzeln ebenfalls als unmittelbare Textkonstituenten des semantischen Kommentars, m semantische Subkommentare zum Kotext, wobei m maximal so groß sein kann wie die Anzahl der angesetzten Kotextklassen. Bei einer (nicht zu empfehlenden) Übernahme der Kotextklassenbildung aus WAHRIG-DW 1994 wäre die maximale Zahl der SSKKo sieben. Ist ein Artikel mit einer einfachen semiintegrierten Mikrostruktur - wie wa29 - architektonisch erweitert (was natürlich nicht notwendigerweise der Fall ist), dann ist auf mindestens zwei Textkonstituenten mindestens eine architektonische Relation definiert. In wa» ist - wie bereits erläutert - eine o/w-Relation auf einer Trägermenge definiert, zu welcher der FK und die zehn Subkommentare des SK gehören. Vergleicht man das allgemeine Strukturbild in Abb. 28 mit dem für einfache nichtintegrierte Mikrostrukturen in Abb. 20, dann erkennt man, daß dem Subkommentar zur lexikalischen Bedeutung (SKLB) der nichtintegriert gearbeitete Teil (bestehend aus sechs aufeinander folgenden SSK) in Abb. 28 z.T. positional „entspricht"; hinzu kommt eine funktionale Ähnlichkeit, sowohl im SKLB als auch in den sechs SSK wird die lexikalische Bedeutung des Lemmazeichens Semem für Semem lexikographisch erläutert. Auf den Strukturebenen, die über die all14 Es ist möglich, daß man sowohl den integrierten als auch den nichtintegrierten Teil eines Wörterbuchartikels bei der funktional-positionalen Segmentation als ein Teilganzes auffallt (vgl. PAN ZAIPING/WIEGAND 1995). Dies hängt davon ab, wie die Segmentationsrichtlinien im Einzelnen lauten. In diesem Falle würde zwischen der Hierarchieebene der Subkommentare und der des semantischen Kommentars eine weitere Hierarchieebene eingezogen. Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn Strukturanzeiger auftreten (was in wa29 nicht der Fall ist), die dies fordern; beispielsweise wäre dies der Fall, wenn in wa29 unmittelbar vor der ersten Polysemieangabe, also vor „1.", eine L und unmittelbar von der ersten Kotextklassenangabe für Kotexte mit Substantiv (KoKA.Sub), also vor „Sub.", eine IL stehen würde. Die eventuell entstehende Frage, warum die semiintegrierten Mikrostrukturen nicht als eine dritte Unterart der partiell-integrierten Mikrostrukturen gelten, kann wie folgt eindeutig beantwortet werden: Die Artikel mit partiell-integrierten Mikrostrukturen lassen sich so verstehen, als seien sie aus Artikeln mit integrierten Mikrostrukturen durch Links- oder durch Rechtsauslagerung entstanden. Bei der Auslagerung sind nur auf die Wörterbuchform bezogene Skopusfestsetzungen im Metatext bzw. das Einschieben skopussichemder Angaben (wie z.B. einer A.semZ) erforderlich. Die semiintegrierten Mikrostrukturen lassen sich im gleichen Erklärungsrahmen (also relativ zu einem vollständigen Modell der Verdichtung lexikographischer Texte) nicht allein durch die Auslagerung erklären; vielmehr erfolgt darüber hinaus eine nicht-formale Sortierung der Kotextangaben, und diese hat nichts mit Auslagerungsprozessen zu tun (vgl. WIEGAND 1994).
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gemeinen Strukturbilder greifbar sind, ist also der Unterschied zwischen nicht- und semiintegrierten Mikrostrukturen relativ gering. Auch entsteht der Eindruck, semiintegriert bedeute etwa soviel wie: der erste Teil des SK ist integriert, der zweite nichtintegriert gearbeitet (also ist der ganze SK „zur Hälfte" integriert, eben semiintegriert gearbeitet). Damit ist jedoch nur ein Aspekt des zugrundeliegenden Benennungsmotivs für semiintegrierte Mikrostrukturen genannt. Ein weiterer Aspekt wird nun erläutert. Alle Kotextangaben in wa29, bei denen dies semantisch möglich ist, sind - im Unterschied zu den Artikeln im WAHRIG-DW 1994 - auf der Ebene der Wörterbuchform (und damit nachvollziehbar für jeden kundigen Benutzer, der die Bedeutung nicht kennt) explizit in den indirekten textuellen Skopus gerade einer vorangehenden Bedeutungsangabe gestellt. Die Sicherung des indirekten Skopus geschieht - anders wie im Falle der Artikel mit annexierten Mikrostrukturen - wie folgt: Bei verdichteten Kotextangaben (v.KoA), in denen das Lemmazeichen durch die Tilde „~" ersetzt ist, wird die Tilde durch die Erwähnung einer der vorausgehenden Polysemieangaben spezifiziert (z.B.: ~ oder ~). Solche Tildenspezifizierungen sind skopussichernde Bedeutungsidentißzierungskennzeichnungen (BIK). Eine spezifizierte Tilde legt eindeutig fest, im Skopus welcher der vorangehenden Bedeutungsangaben die zugehörige Kotextangabe steht; dadurch wird die textuelle Voraussetzung geschaffen, daß der Benutzerin-actu in der Lage ist, den mit der Kotextangabe z.T. erwähnten und durch die Ersetzung der Tilde durch das Lemmazeichen z.T. zu erschließenden Kotext - falls erforderlich - unter Zuhilfenahme deijenigen Bedeutungsangabe zu semantisieren, die durch die BIK identifiziert ist. Eine Angabe wie z.B. „ein ~ Feigen" gehört daher zur Klasse der verdichteten Kotextangaben, die um eine Bedeutungsidentißzierungskennzeichnung binnenerweitert sind (ein ~ Feigen e v.Ko(BIK)A). Ist die Kotextangabe nicht verdichtet, so daß die Tilde fehlt, was immer dann der Fall ist, wenn mit ihr ein Kotext erwähnt wird, in welchem eine Form aus dem morphologischen Lemmazeichenparadigma gebraucht ist, die mit der in der Lemmazeichengestaltangabe erwähnten nicht übereinstimmt (z.B. Kränze), dann wird dieser Form eine spezifizierte Tilde in runden Klammern unmittelbar nachgestellt, z.B.: „den Sarg mit Kränzen (~) schmücken" im SSKKo.Präp. Es handelt sich hierbei um eine Kotextangabe, die um eine Bedeutungsidentifizierungskennzeichnung binnenerweitert ist (Ko(BIK)A). Kotextangaben, die Teilangaben einer Angabe kommentierter Kotexte (A.kt.K) sind, so daß es eine an sie linksadressierte Kotextparaphrasenangabe gibt (vgl. Abb. 24), können, müssen aber keine Binnenerweiterung durch eine BIK aufweisen. Die BIK fehlt stets, wenn ein erwähnter Kotext keiner vorausgehenden Bedeutungsangabe einwandfrei zugeordnet werden kann; in diesem Fall ist wenigstens eine Kotextparaphrasenangabe (KoPA) oder eine andere Bedeutungsangabe obligatorisch (vgl. z.B. im SSKKo.Sub: „ein ~ junger Mädchen (geh. Gruppe, Kreist'). Durch die soeben anhand von Anwendungsfällen erläuterte lexikographische Methode der formalen Skopusfestlegung ist der (oben erwähnte) prinzipielle Defekt, der in sämtlichen längeren WAHRIG-Artikeln seit der 1. Aufl. des WAHRIG-DW auftritt, behoben. Die Kotexte, bei denen dies möglich ist (und das ist die überwiegende Mehrzahl), sind systematisch auf die zugehörigen vorausgehenden SSK und damit auf die zugehörigen skopuseröffnenden Bedeutungsangaben bezogen. Durch die formale mediostrukturelle Vernetzung semantisch zusammengehöriger aber positional nicht (wie bei Artikeln mit integrierten Mikrostrukturen) zusammengeordneter Angaben wird ein Teil dessen auf anderem Wege erreicht, was mit der Anwendung der Methode der Integration erreicht wird: was semantisch zusammengehört, wird auf der Ebene der Wörterbuchform angezeigt, damit die, die diese Zusammengehörigkeit nicht kennen, sie anhand wörterbuchformaler Elemente erkennen können.
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In Abb. 2 9 ist ein Teil der Mikrostruktur, w e l c h e \va29 aufweist, dargestellt. D e r Artikel wa29 als Beispiel fur einsprachige Wörterbuchartikel, die eine (einfach) architektonisch erweiterte, einfache semiintegrierte Mikrostruktur aufweisen, hat unter der Perspektive des systematisch konzipierten Benutzerbezugs u.a. folgende Eigenschaften: (i) Er ist (wie Artikel mit nichtintegrierten Mikrostrukturen) relativ zu allen Suchfragen, die sich nicht nur auf die Form eines Lemmazeichens beziehen und daher ihre Beantwortung im Formkommentar finden, intern biakzessiv. Das bedeutet: für jede nicht formativbezogene Suchfrage gibt es zwei innere Zugriffsmöglichkeiten; eine ist sememspezifisch: der Suchpfad führt vom Lemma in den integriert gearbeiteten vorderen Artikelteil. Die andere Zugriffsmöglichkeit ist zusätzlich kotextspezifisch und orientiert sich an einem syntaktisch bestimmten Kotextpartner des Lemmazeichens im Nahkotext. Der Suchpfad führt vom Lemma direkt zu einer Kotextklassenangabe und von dort in einen semantischen Subkommentar zum Kotext. (ii) Obwohl die semantischen Subkommentare zum Kotext nach syntagmatischen Gesichtspunkten unterschieden sind (was in erster Linie zugriffstechnische Gründe hat), ist die lexikographische Bearbeitung - nachdem die Kotexteinteilung vorliegt - in erster Linie semantisch orientiert: die Kotextangaben sind entweder explizit (durch spezifizierte Tilden) in den indirekten Skopus einer vorangehenden Bedeutungsangabe gestellt oder in den SSKKo selbst semantisch-pragmatisch erläutert. (iii) Alle semantischen Subkommentare (für nennlexikalische Lemmazeichen) sind nach einem konstanten Programm gearbeitet: auf eine pragmatisch-semantische Angabe, die aus einer pragmatischen Angabe und einer unmittelbar folgenden Bedeutungsparaphrasenangabe besteht, folgt gerade eine Kompetenzbeispielangabe mit Satzbeispiel. Dadurch bleibt - selbst bei einer großen Anzahl von Sememen - der integriert gearbeitete Teil des Artikels relativ kurz und - unterstützt durch die mikroarchitektonischen Eigenschaften relativ übersichtlich. (iv) Der Artikel ist intern zugriffsfreundlich und zugriffsfreundlicher als ein Artikel mit dem gleichen Datenangebot, der integriert gearbeitet ist. Die Anzahl der Zugriffselemente in der Trägermenge der ersten glatten inneren Schnellzugriffsstruktur ist relativ groß. Dadurch sind die zusätzlich architektonisch ausgegrenzten Suchbereiche relativ klein, was zu durchschnittlich kurzen inneren Zugriffszeiten führt. Im nichtintegrierten zweiten Artikelteil findet sich pro SSKKo eine nachgeordnete geschlängelte, subkommentarinterne Schnellzugriffsstruktur, welche alphabetisch organisiert ist. (v) Es läßt sich mittels Benutzertests nachweisen, daß einsprachige Artikel mit Mikrostrukturen wie wa29 signifikant besser benutzbar sind als Artikel mit dem gleichen Datenangebot, die integrierte oder nichtintegrierte Mikrostrukturen aufweisen. Dies gilt besonders für Benutzer, deren Muttersprache nicht die ist, die den Wörterbuchgegenstandsbereich des Wörterbuches bildet. D i e Frage, für w e l c h e Typen v o n einsprachigen Wörterbüchern Artikel mit semiintegrierten Mikrostrukturen besonders geeignet sind, läßt sich klar w i e folgt beantworten: für allgemeine einsprachige Wörterbücher (besonders für solche, die den nichtmuttersprachlichen Benutzer nicht nur als Käufer ernst nehmen) und für einsprachige Lernerwörterbücher (vgl. WIEGAND 1994). Bei letzteren konkurrieren sie mit Artikeln, die zweifach architektonisch erweitert sind und eine integrierte Mikrostuktur mit rechter Marginalstruktur aufweisen (vgl. WLEGAND 1995). A u c h Wörterbuchartikel, die eine (einfach) architektonisch erweiterte (oder: ausgebaute) einfache semiintegrierte Mikrostruktur aufweisen, können zusätzlich erweiterte Mikrostrukturen aufweisen (vgl. hierzu ausführlich WIEGAND 1994). Beispielsweise können die Phraseme und gegebenenfalls Sprichwörter in einen Postkommentar, der unterhalb und nach dem letzten semantischn Kotextkommentar steht, bearbeitet werden. Ist dies der Fall, kann die Etymologie im mittleren Zwischenkommentar angegeben werden. E s besteht weiterhin die Möglichkeit, auch bei Artikeln mit (einfach) architektonisch ausgebauten, einfachen (oder: erweiterten) semiintegrierten Mikrostrukturen rechte Marginalstrukturen vorzusehen (vgl. z.B. COBUILD 1987). D i e rechten Marginalkommentare bzw. Marginalsubkommentare sind dann der Ort, in dem u.a. z.B. Synonymangaben, Antonymangaben, H y ponymangaben und bei Verblemmazeichen Aktantenklassenangaben (in der lexikographischen
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Werkstattsprache: Strukturformeln) rechts neben den semantischen Subkommentaren zu stehen kommen (vgl. WIEGAND 1995). Wahrscheinlich sind Mikrostrukturen dieser Art die am besten geeigneten für ein einsprachiges Lernerwörterbuch. Artikel mit solchen Mikrostrukturen sind systematisch konzipierte „Mehrfensterartikel". Jedes Fenster bildet einen abgegrenzten Suchbereich und enthält die Textdaten, anhand derer sich Antworten erschließen lassen auf Fragen, die zu bestimmten fensterspezifischen Klassen gehören. Damit sollten wesentliche Eigenschaften von (Artikeln mit) semiintegrierten Mikrostrukturen im Bereich der einsprachigen Lexikographie klar geworden sein. Bei der zweisprachigen Lexikographie gestalten sich die Überlegungen ungleich komplexer, weswegen wir auch anschließend zuerst einen - wenn auch stark eingeschränkten - Blick auf das sog. Aktiv-PassivPrinzip werfen müssen.
5 Über das Aktiv-Passiv-Prinzip Die m.E. hinsichtlich ihrer sprachlichen Prägung eher unglücklichen, aber inzwischen in der einschlägigen Literatur pragmatisch eingespielten (wenn auch nicht überall gleichbedeutend verwendeten) Termini aktives und passives Wörterbuch kommen m W. zuerst bei SMOLIK 1969 vor, stammen also aus der lexikographischen Praxis. Zunächst werden sie im relativ engen Umkreis der Arbeiten an einem deutsch-russischen Wörterbuch verwendet (vgl. u.a. DUDA 1986; DUDA/FRENZEL/WOLLER/ZIMMERMANN 1986). Zur Verbreitung der Termini hat insbesondere die Arbeit „Überlegungen zu Grundfragen der zweisprachigen Lexikographie" (KROMANN/RIIBER/ROSBACH 1984a) beigetragen (vgl. auch WERNER 1990[91], 270) sowie mehrere Arbeiten KROMANNs. KROMANN/RJIBER/ROSBACH (1994a, 185f.) berufen sich u.a. auf SCERBA. Daß dies nicht angemessen ist, hat MUGDAN 1992 überzeugend gezeigt (vgl. auch MIKKELSEN 1992 und TARP 1995). Im folgenden geht es allerdings nicht um die Rezeption SCERBAS. Vielmehr geht es darum, den inzwischen rund zehn Jahre alten Konsens begründet infrage zu stellen, den BAUNEBJERG 1988 (in ihrem Bericht über ein Kopenhagener Werkstattgespräch im Mai 1986) wie folgt beschreibt. „Über die grundlegende Typologie des zweisprachigen Wörterbuchs bestand unter den Teilnehmern ein allgemeiner Konsensus: Pro Sprachenpaar sind vier zweisprachige Wörterbücher zu erstellen, d. h. pro Sprache ein Wörterbuch für das Übersetzen in die Muttersprache - das sogenannte passive Wörterbuch - und ein Wörterbuch für das Übersetzen in die Fremdsprache - das sogenannte aktive Wörterbuch. Andere Terminologien sind Hinübersetzungswörterbuch bzw. Heriibersetzungswörterbuch (HAUSMANN), dictionnaire de theme bzw. dictionnaire de version ( A L ) , encoding bzw. decoding dictionary ( M A N L E Y ) . " [BAUNEBJERG 1988, 186f.]
Was mich an diesem Konsens - neben der unbegründeten Einschränkung auf das Übersetzen vor allem stört, ist die utopische Forderung, daß pro Sprachenpaar vier zweisprachige Wörterbücher zu erstellen sind\ Mit solchen Forderungen manövriert sich die Wörterbuchforschung ins praxisferne Abseits. Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, daß man vier grundlegende Typen von Wörterbüchern (die wahrscheinlich nirgends in reiner Form konkrete Buchgestalt angenommen haben) theoretisch unterscheidet. Im Gegenteil, ohne vorgängige und grundlegende theoretische Unterscheidungen kann man in die Vielzahl der tatsächlich vorkommenden Erscheinungsformen von zweisprachigen Wörterbüchern keine Übersicht bringen und daher auch keine begründeten, je zweckspezifischen Ordnungen etablieren. Als theoretische Unterscheidung hat sich die in vier grundlegende Wörterbuchtypen pro Sprachenpaar durchaus als außerordentlich nützlich erwiesen, wenn sie auch noch ziemlich grob ist (vgl. u.a. WERNER
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1990[91], 270ff., und TARP 1995). Es geht mir also nicht darum, die „grandlegende Wörterbuchtypologie" für zweisprachige Wörterbücher im Nachhinein grundsätzlich infrage zu stellen und schon gar nicht darum, die durch diese Unterscheidung initiierten und vielfältigen Forschungsfortschritte zu schmälern. Ich greife vielmehr dankbar auf die geleistete Arbeit zurück (vgl. WlEGAND 1995a) und versuche - neu angeregt durch WERNER 1990[91], MUGDAN 1992 und TARP 1995 sowie anknüpfend an WlEGAND (1988a, 527, und 1995a) - die Weichen für die weitere Theoriebildung zwar nicht in eine grundsätzlich andere Richtung, aber doch so neu zu stellen, daß die Praxisrelevanz der metalexikographischen Theorie dadurch erhalten bleibt, daß sie feinere und genauere Unterscheidungen macht, und damit eine größere theoretische Flexibilität und als Folge davon ein höherer Grad an Anpassungsfähigkeit an theorieexterne und damit an sog. praktische Gegebenheiten möglich ist, so daß praxisferne Forderungen von Metalexikographen an Lexikographen - wie die nach Erarbeitung von mindestens vier zweisprachigen Wörterbüchern pro Sprachenpaar - in Zukunft unterbleiben. Im vorliegenden Zusammenhang muß ich mich allerdings auf diejenigen Aspekte beschränken, deren Kenntnis erforderlich ist, um wenigstens die wichtigsten Grundzüge des Konzeptes der gemischt-semiintegrierten Mikrostrukturen im Rahmen eines extern polyakzessiven Wörterbuches erfassen zu können. Gegeben sei ein beliebiges Sprachenpaar A-Z, wobei die Variable Α (für die Sprachenbezeichnungen wie englisch, russisch usw. eingesetzt werden dürfen) gewählt wurde, weil es sich um die lexikographische Ausgangssprache (oder: Wörterbuchausgangssprache) handelt; entsprechend wurde Ζ als Variable gewählt (für die Sprachenbezeichnungen eingesetzt werden dürfen, die nicht für Α eingesetzt wurden), weil es sich um die lexikographische Zielsprache (oder: Wörterbuchzielsprache) handelt. Die übliche angloservilen Abkürzungen „Li" und „L2" halte ich in deutschen Wissenschaftstexten für überflüssig. Im folgenden geht es nur um zweisprachige Wörterbücher, deren Hauptzugriffsstruktur (die mit der Makrostruktur zusammenfallen kann, aber nicht zusammenfallen muß) initialalphabetisch geordnet und monolemmatisch ist.15 Dann ist die lexikographische Ausgangssprache Α derjenige Wörterbuchgegenstandsbereich, aus welchem die Lemmazeichen stammen. Gegeben sei nun ein einteiliges zweisprachiges Wörterbuch, also ein A/Z-Wörterbuch, und es sei gefragt: Was ist der genuine Zweck eines A/Z-Wörterbuches? Dann kann (i.S.v. WlEGAND 1995, D 3-3 und 3-4) folgendes geantwortet werden. Wörterbücher sind Gebrauchsgegenstände und daher besteht ihr genuiner Zweck (oder: ihre genuine Funktion) gerade darin, daß sie anhand bestimmter Eigenschaften gebraucht werden können, um diejenigen Ziele zu erreichen, um deren Erreichung willen sie hergestellt wurden. Entsprechend gilt nun auf der höchsten Ebene der Generalisierung mit bezug auf zweisprachige Wörterbücher folgende Charakterisierung: Der genuine Zweck eines A/Z-Wörterbuches besteht darin, daß es benutzt wird, um anhand lexikographischer Daten in den Teiltexten mit äußerer A-Zugriffsstruktur (vor allem anhand von Daten in Wörterverzeichnissen) Informationen zu Eigenschaften von sprachlichen Ausdrücken sowohl der A- als auch der Z-Sprache zu erschließen, soweit diese zum Wörterbuchgegenstand gehören. Es gilt ausdrücklich zu beachten, daß ein A/Z-Wörterbuch immer extern monoakzessiv ist; Α ist die lemmaliefernde Sprache
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Ich nenne das monolemmatisch, was HAUSMANN/WERNER ( 1 9 7 1 , 2740f.) monoskopal nennen (weil monoskopal wegen des von mir verwendeten Terminus Skopus leicht zu Verwechslungen führen kann). Ein A/Z-Wörterbuch ist monolemmatisch, wenn alle Lemmata nur aus einer Sprache, nämlich der A-Sprache stammen. Sind sie dagegen aus beiden lexikographischen Partnersprachen selektiert, dann liegt ein bilemmatisches A u. Z/Z u. A-Wörterbuch vor. Wörterbücher dieser Art finden sich z.B. bei den Reisewörterbüchern.
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und die lexikographischen Textdaten zur Z-Sprache sind zugriffsrestringiert, da auf sie nur über die Α-Lemmata extern zugegriffen werden kann. Es gilt demnach: In einem extern monoakzessiven A/Z-Wörterbuch ist Α die Zugriffssprache fur Z, aber nicht umgekehrt. Betrachten wir nun einen Sprecher der Sprache Α (kurz: einen Α-Sprecher). Dann ist zunächst folgendes klar: Ein Α-Sprecher ist nicht notwendigerweise ein Sprecher, dessen Muttersprache (MS) die Wörterbuchausgangssprache Α ist; vielmehr kann seine Muttersprache auch eine Sprache X sein. Um als Α-Sprecher zu gelten, muß jemand Α nur mehr oder weniger gut beherrschen. Ein Α-Sprecher ist ein potentieller A/Z-Wörterbuchbenutzer, wenn er Α auch schreiben und lesen kann. Es gibt zwei dichotomische Klassen von A/Z-Wörterbuchbenutzern bei den Α-Sprechern, wenn das Klassifikationskriterium „Kompetenz hinsichtlich der A-Sprache" lautet, nämlich: (i) die Klasse der potentiellen A/Z-Wörterbuchbenutzer, deren Muttersprache Α ist, sowie (ii) die Klasse der potentiellen A/Z-Wörterbuchbenutzer, deren Muttersprache nicht Α ist. Für die Klassenmitglieder der letztgenannten Klasse (ii) ist sowohl Α als auch Ζ eine Fremdsprache (FS), für die der erstgenannten Klasse (i) ist nur Ζ eine Fremdsprache. Der Standardfall bei den Α-Sprechern ist sicher der, daß Mitglieder der (i)-Klasse zum A/Z-Wörterbuch greifen, daß also z.B. ein Finne eher zum finnisch-deutschen Wörterbuch greift als ein Türkmene. Soweit ich sehe, hat den selteneren Fall bisher explizit nur TARP 1995 berücksichtigt. Natürlich gilt eine entsprechende Klassifikation bei den Z-Sprechern, so daß folgende Klassen unterschieden werden können: (iii) die Klasse der A/Z-Wörterbuchbenutzer, deren Muttersprache Ζ ist, sowie (iv) die Klasse der A/Z-Wörterbuchbenutzer, deren Muttersprache nicht Ζ ist. Analog gilt hier: daß Mitglieder der (iii)-Klasse zum A/Z-Wörterbuch greifen, ist der Standardfall. Im folgenden berücksichtige ich nur die beiden Fälle, daß eine der beiden lexikographischen Partnersprachen die Muttersprache des A/Z-Wörterbuchbenutzers ist und folglich die jeweils andere eine Fremdsprache, wobei ich nicht zwischen erster, zweiter, ... FS unterscheide, weil dies im vorliegenden Zusammenhang nicht nötig ist. Weiterhin berücksichtige ich nicht, daß ein A/Z-Wörterbuch sowohl für A- als auch für Z-Sprecher eine „Lernfünktion" (vgl. HAUSMANN/ WERNER 1991, 2741f.) haben kann, die TARP (1995) „direkte Funktion" nennt. Vielmehr berücksichtige ich nur die Wörterbuchkonsultation (i.S.v. WIEGAND 1995[96], 3.3.9.1.3.) d.h. die punktuelle Wörterbuchbenutzung im Zusammenhang mit der Rezeption, der Produktion und dem Übesetzen von Texten, wobei letzteres als eine Tätigkeit aufgefaßt wird, die - grob gesprochen - aus Rezeption und Produktion besteht: Nach dem Benutzungszusammenhang, d.h. vereinfacht gesagt: nach dem Zusammenhang, in dem eine Konsultationshandlung mit textbezogenen Handlungen des Benutzers eines zweisprachigen Wörterbuches steht, lassen sich wenigstens vier Arten der Wörterbuchkonsultation und fünf Arten von Benutzungsanlässen für zweisprachige Wörterbücher unterscheiden (vgl. WIEGAND 1995 [96]).16 (i) Wörterbuchbenutzung im Zusammenhang mit der Lektüre eines fremdsprachigen Textes: eine Konsultationshandlung steht mit Lesehandlungen bei der Rezeption fremdsprachiger schriftlicher Texte in Beziehungen, die nicht oder nur teilweise erfolgreich ausgeführt wurden, so daß Textverstehensprobleme auftreten (Erster Benutzungsanlaß: gestörte, freie Rezeption von FS-Texten oder gestörtes Herverstehen).'7 (ii) Wörterbuchbenutzung im Zusammenhang mit dem Übersetzen eines fremdsprachigen Textes in einen muttersprachlichen Text: eine Konsultationshandlung steht entweder mit nicht oder nur teilweise erfolgreichen
16 Die Rezeption und Produktion mündlicher, fremdsprachiger Texte berücksichtige ich hier ausdrücklich nicht. 17 Zur Unterscheidung v o n Benutzungsanlaß
und Benutzungsgrund
vgl. man WIEGAND 1995(96], 3.3.2.
Das Konzept der semiintegrierten
Mikrostrukturen
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Lesehandlungen in Beziehungen, die zum Verstehen des zu übersetzenden, fremdsprachigen Textes ausgeführt wurden (Zweiter Benutzungsanlaß: gestörte, übersetzungsbezogene Rezeption von FS-Texten), oder eine Konsultationshandlung steht mit Textherstellungshandlungen in Beziehungen, die ausgeführt werden sollen, um den muttersprachlichen Text als Übersetzung des fremdsprachigen Textes zu formulieren (,Dritter Benutzungsanlaß: gestörte Produktion von MS-Texten, die aus der Herübersetzung von FS-Texten resultieren). (iii) Wörteibuchbenutzung im Zusammenhang mit der Formulierung eines FS-Textes ohne MS-Textvorlage: eine Konsultationshandlung steht mit Textherstellungshandlungen in Beziehungen, die ausgeführt werden sollen, um einen fremdsprachigen Text abzufassen (Vierter Benutzungsanlaß: gestörte, freie Produktion von FS-Texten). (iv) Wörterbuchbenutzung im Zusammenhang mit dem Übersetzen eines muttersprachlichen Textes in einen fremdsprachigen Text: eine Konsultationshandlung steht entweder mit nicht oder nur teilweise erfolgreichen Lesehandlungen in Beziehungen, die zum Verstehen des zu übersetzenden, muttersprachlichen Textes ausgeführt wurden (Benutzungsanlaß für einsprachige (!), besonders einsprachige Fachwörterbücher: gestörte, übersetzungsbezogene Rezeption von MS-Texten), oder eine Konsultationshandlung steht mit Textherstellungshandlungen in Beziehungen, die ausgeführt werden sollen, um den fremdsprachigen Text als Übersetzung des muttersprachlichen Textes zu formulieren (Fünfter Benutzungsanlaß: gestörte Produktion von FS-Texten, die aus der Hinübersetzung von MS-Texten resultieren).
Den vier grundlegenden Arten der Benutzung bilingualer Wörterbücher (i-iv) lassen sich folgende vier spezifische Wörterbuchfunktionen (als Subfunktionen der genuinen Wörterbuchfunktion für zweisprachige Wörterbücher) zuordnen: -
zu zu zu zu
(i) gehört die Rezeptionsfunktion (ii) gehört die Herübersetzungsfunktion (iii) gehört die Produktionsfunktion (iv) gehört die Hinübersetzungsfunktion.
Die beiden erstgenannten sind passive, die beiden letztgenannten sind aktive Funktionen eines zweisprachigen Wörterbuches. Spezifische Wörterbuchfunktionen (oder, spezifische genuine Zwecke), wie die vier hier genannten, sind Spezifizierungen der genuinen Funktion hinsichtlich einer der Arten des Benutzungszusammenhangs. Einem bestimmten Wörterbuch kommt eine bestimmte spezifische Funktion vollständig zu, wenn es so beschaffen ist, daß es die Klasse aller Typen von Wörterbuchbenutzungssituationen berücksichtigt, die im Rahmen des fünktionsspezifischen Benutzungszusammenhangs auftreten können. Beispielsweise kommt einem Wörterbuch die Herübersetzungsfunktion vollständig zu, wenn es alle Typen von Wörterbuchbenutzungssituationen systematisch berücksichtigt, die bei der Herübersetzung insofern relevant sind, als zugehörige konkrete Benutzungssituationen auftreten können. Daraus folgt, daß einem bestimmten Wörterbuch eine bestimmte spezifische Funktion auch nicht vollständig zukommen kann, so daß Wörterbuchfunktionen hier als Gegebenheiten aufgefaßt sind, die aus Teilfunktionen bestehen, wobei die Teilfunktionenträger bestimmte Textsegmente sind, z.B. elementare Angaben. Das Kriterium für die Vollständigkeit einer spezifischen Wörterbuchfunktion liefert eine Typologie von Wörterbuchbenutzungssituationen (vgl. WIEGAND 1988C und 1994). Weiterhin kann ein Wörterbuch eine oder mehrere spezifische Wörterbuchfunktionen aufweisen und entsprechend mono-, bi-, ..., polyfunktional sein. Beispielsweise kann ein zweisprachiges Wörterbuch rezeptionsfunktional und herübersetzungsfunktional (und damit ein passives Wörterbuch) sein. Bezieht man diese Aussage z.B. nur auf das Wörterverzeichnis, dann heißt dies, daß jede elementare Angabe, welche nach dem Mikrostrukturenprogramm vorgesehen ist, entweder rezeptions- oder herübersetzungsfunktional oder beides ist. Daß einige elementare Angaben, die zu den drei Klassen gehören, u.U. auch zusätzlich produktions-
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Herbert Ernst Wiegand
funktional sind (was meistens der Fall ist), ändert das Funktionsprofil eines zweisprachigen Wörterbuches im Prinzip nicht. Ob ein Wörterbuch bestimmte Funktionen oder Teilfunktionen aufweist, hängt von den Eigenschaften seiner Teiltexte ab. Die Funktionen eines beliebigen vorliegenden Wörterbuches können nicht nur „irgendwie eingeschätzt", sondern genau angegeben und getestet werden (vgl. WIEGAND 1994).
Weiterhin muß schließlich die Direktionalität von bilingualen Wörterbüchern Berücksichtigung finden. Der Terminus Direktionalität wird in der metasprachlichen Literatur unterschiedlich verwendet und ist aus diesem Grunde schwerverständlich. HAUSMANN/WERNER (1991, 2742) verstehen darunter die Ausrichtung auf Adressatengruppen, die nach Muttersprachen definiert sind, so daß es mono- und bidirektionale Wörterbücher geben kann. Die Termini, die mit -direktional gebildet sind, halte ich (aufgrund ihrer sprachlichen Bildung) für nicht besonders gut geeignet. Ich verwende sie daher nicht, sondern spreche von Sprachenspezifik und bilde die Termini mit -spezifisch. - Da oben einschränkend festgelegt wurde, daß eine der beiden Wörterbuchsprachen Α, Ζ stets die Muttersprache (MS) des hier berücksichtigten A/ZWörterbuchbenutzers ist, brauchen wir hier nur die folgenden drei einfachen Fälle zu unterscheiden: - (a) A/Z-Wörteibuch für Benutzer mit Α als MS - (b) A/Z-Wörteibuch für Benutzer mit Ζ als MS - (c) A/Z-Wörteibuch für Benutzer mit Α und für solche mit Ζ als MS.
Zweisprachige Wörterbücher, die nach (a) konzipiert sind, heißen ausgangssprachenspezifisch, solche, die nach (b) konzipiert sind, zielsprachenspezifisch und schließlich solche, die nach (c) gearbeitet sind muttersprachenunspezifisch (oder: muttersprachenneutral). Muttersprachenunspezifische A/Z-Wörterbücher müssen die vier Wörterbuchfunktionen (i-iv) daher sowohl für A- als auch für Z-Sprecher berücksichtigen. Ist beispielsweise ein dt.-russ. Wörterbuch für Deutsche konzipiert, ist es mithin ausgangssprachenspezifisch, ist es dagegen für Russen konzipiert, ist es zielsprachenspezifisch, und schließlich ist es muttersprachenunspezifisch, wenn es sowohl Deutsche als auch Russen als Adressatengruppen hat. Wie die lexikographischen Textdaten in einem zweisprachigen Wörterbuch auf die Artikeltexte zu verteilen sind, welches nur eine oder einige der genannten Wörterbuchfunktionen aufweist, ist inzwischen durch die Ergebnisse der in der Anm. 1 genannten Arbeiten relativ gut bekannt, und nur wenige Punkte sind hier kontrovers (vgl. u.a. MUGDAN 1992, 34ff ). Genauere Untersuchungen darüber, ob ein zweisprachiges Wörterbuch systematisch die vier genannten Wörterbuchfunktionen berücksichtigen kann, so daß es bei jedem Benutzungsanlaß, der zu einem der fünf genannten Typen von Benutzungsanlässen gehört, mit begründeter Aussicht auf einen Benutzungserfolg benutzt werden kann, liegen m.W. bisher nicht vor. Darum wird es wenn auch themenbedingt eingeschränkt - im folgenden Abschnitt gehen. Es geht mithin um die Frage: Wie muß ein allgemeines zweisprachiges Wörterbuch zugrifFsstrukturell und mikrostrukturell organisiert sein, das muttersprachenunspezifisch ist und die Rezeptions-, Herübersetzungs-, Produktions- und Hinübersetzungsfünktion aufweist?
Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen
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6 Gemischt-semiintegrierte Mikrostrukturen bei allgemeinen zweisprachigen Wörterbüchern, die extern polyakzessiv sind Zunächst sei klargestellt, daß im folgenden unter einem zweisprachigen Wörterbuch immer ein einteiliges A/Z-Wörterbuch und niemals ein zweiteiliges A/Z-Wörterbuch verstanden wird, in dem beide lexikographische Partnersprachen sowohl als lexikographische Ausgangs- als auch als lexikographische Zielsprache auftreten. Ein A/Z-Wörterbuch ist (i.S.v. WIEGAND 1989b, 394) - wie bereits erwähnt - stets extern monoakzessiv, dies bedeutet u.a.: zu jeder lexikographischen Textdateneinheit in einem Teiltext mit äußerer Zugriffsstruktur gibt es gerade einen Suchpfad. Extern monoakzessiv bedeutet also nicht, daß es in einem Wörterbuch nur eine äußere Zugriffsstruktur gibt. Ein Wörterbuch kann also auch n-fach extern monoakzessiv (mit η > 1) sein. DUDEN-GW Z.B. ist einfach extern monoakzessiv, so daß die Makrostruktur mit der einzigen äußeren Zugriffsstruktur zusammenfallt. BRENNER 1951 ist dreifach extern monoakzessiv. es gibt drei äußere, registerexterne Zugriffsstrukturen als Teilstrukturen der Makrostruktur, wobei eine als Hauptzugriffsstruktur ausgezeichnet ist (vgl. WFFIGAND 1989b, 394f).
6.1 Bemerkungen zu zweisprachigen Wörterbüchern mit Registern Zweisprachige Wörterbücher mit Register sind relativ selten erarbeitet worden; m.E. ist das ein indirekter Ausdruck dafür, daß in der Praxis der zweisprachigen Lexikographie zu wenig über die Benutzbarkeit der Endprodukte des lexikographischen Prozesses nachgedacht worden ist. Alphabetische Wörterbücher, die wenigstens ein Register (von welcher Registerart auch immer) aufweisen, sind extern polyakzessiv. zu einer Textdateneinheit in einem Teiltext mit registerexterner äußerer Zugriffsstruktur gibt es unter unterschiedlichen Zugriffsaspekten mindestens zwei Suchpfade, wobei obligatorisch wenigstens einer bei einem Registereingang beginnt.18 Will man von einem monoakzessiven A/Z-Wörterbuch zu einem polyakzessiven A/Z-Wörterbuch mit Register übergehen,19 dann kann das Register entweder als ein Z'-Register angelegt werden, so daß die Wörterbuchzielsprache Ζ auch als Registereingangssprache Z' fungiert, oder das Register kann - wie z.B. im DTW - als ein Z'/A'-Register angelegt werden (vgl. dazu WIEGAND 1994[95], 1. und 2. Exkurs); im letzteren Fall fungiert Ζ ebenfalls als Registereingangs- und Α als Registerangabesprache A\ Durch ein Z'-Register oder durch ein Z'/A'-Register wird die Zugriffsbeschränkung, welche für die Z-Sprache in A/Z-Wörterbüchern gegeben ist, aufgehoben. In einem A/Z-Wörterbuch mit Z'- oder mit Z'/A'-Register ist Α die primäre und Ζ die sekundäre Zugriffssprache. Da zweisprachige Wörterbücher in erster Linie dazu da sind, fremdsprachige Texte zu verstehen und zu übersetzen (vgl. HAUSMANN 1985, 377), sind in einem polyakzessiven A/Z-Wörterbuch die Benutzer hinsichtlich des äußeren Zugriffes privilegiert, deren Muttersprache Ζ ist; denn sie können über die äußere A-Zugriffsstruktur direkt zugreifen, wenn Störungen auftreten bei
18 Ich mache expresses verbis darauf aufmerksam, daß die Redeweise „daß es einen Suchpfad gibt" hypostasierend (aber im vorliegenden Zusammenhang unschädlich) ist. Vielmehr läßt sich eine Klasse von - durch die Wörterbuchform festgelegten - Möglichkeiten angeben, aus denen ein jeweiliger Benutzer-in-actu eine wählt und damit einen Suchpfad etabliert. Bei monoakzessiven Wörterbüchern gibt es eine solche Klasse, bei polyakzessiven mehrere. 19 KIRKNESS (1989, 767) beginnt seinen Handbuchaitikel so: „Spezialuntersuchungen zu Wörterbuchregistern liegen m.W. nicht vor." M.W. hat sich die Lage inzwischen nicht geändert. Eine historisch-systematische Untersuchung zu Wörteibuchregistern ist ein dringendes Desiderat der Wörterbuchforschung.
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Herbert Ernst Wiegand der freien Rezeption von FS-Texten der übersetzungsbezogenen Rezeption von FS-Texten bei der Produktion von MS-Texten, die aus der Herübersetzung von FS-Texten resultieren und der freien Produktion von FS-Texten.
Nur im Rahmen der Hinübersetzung müssen sie, falls die Produktion von FS-Texten gestört ist, über das Z'-Register (oder gegebenenfalls über das Z'/A'-Register) zugreifen. Entsprechend gilt, daß bei einem polyakzessiven A/Z-Wörterbuch die Benutzer, deren Muttersprache Α ist, unter zugrifFstechnischen Aspekten benachteiligt sind. Sie können nur über die äußere A-Zugriffsstruktur direkt zugreifen, wenn die Produktion von FS-Texten gestört ist, die aus der Hinübersetzung von MS-Texten resultieren. In den anderen Fällen müssen sie über das Z'-Register (oder das Z'/A'-Register) zugreifen. Z'-Register sind - verglichen mit Z'/A'-Register - platzsparend und können z.B. wie folgt organisiert sein: Das A/Z-Wörterbuch mit Z'-Register benötigt (als die wahrscheinlich beste unter verschiedenen anderen Möglichkeiten) eine Seiten- und eine Zeilenzählung sowie einen Zweispaltendruck. Ist das Wörterbuch zweispaltig, steht die Zeilenzählung senkrecht zwischen den beiden Spalten, so daß jede Wörterbuchseite einen Ausschnitt aus einer äußeren numerischen Zugriffsstruktur fiir den externen Zugriff über das Z'-Register aufweist. Nehmen wird als einfaches Beispiel den HALASZ-Kurzartikel wan (Abb. 13). Er findet sich auf der Seite 5 des Wörterbuches. Führen wir statt des vorhandenen senkrechten Mittelstriches zwischen den beiden Spalten eine (auf jeder Wörterbuchseite gleiche) Zeilenzählung ein, stehen (bei 51 Wörterbuchzeilen) untereinander die petit gesetzten Ziffern 1, 2, 3, ..., 51. Das Lemma zu dem Zweizeilenartikel wan steht dann auf der Zeile 11 in der linken (/) Spalte. In einem Z'-Register zu H A L Ä S Z 1990, das zum Typ des alphabetischen Äquivalent-Registers gehört, stehen alle ungarischen Äquivalente, die mit Äquivalentangaben innerhalb der Artikel erwähnt sind, als Registereingänge. In wa )7 werden drei ungarische Äquivalente zu Abflug erwähnt, so daß demnach wan drei Registereingänge (RegE) liefert. Als Registerangaben (RegA) stehen jeweils die Seitenzahl 5 und danach - durch ein Komma getrennt - die Zeilenzahl für die Zeile, in der das jeweilige Äquivalent erwähnt ist (hier 11 oder 12), gefolgt von der Spaltenidentifikation / (fur Λnke Spalte), so daß sich die Registerangaben 5, 11/ und 5, 12/ ergeben, die (i.S.v. W I E G A N D 1994a) verdichtete Verweisangaben (v.VerwA) sind, die nur aus einer Verweisadressenangabe (VerwAdA) bestehen, mit der die zweigeteilten numerischen Verweisaußenadressen „5, 11/" bzw. „5, 12/" erwähnt werden,20 so daß der kundige Benutzer Registerverweise erschließen kann, deren korrekte Befolgung ihn zuerst zur Wörterbuchseite 5 fuhrt und sodann in die Zeile 11 (bzw. 12) und von dort zu der jeweiligen ungarischen Äquivalentangabe im Artikel zum Lemmazeichen Abflug, die hinsichtlich der Form mit dem Registereingang übereinstimmt. Der Kurzartikel wan liefert mithin folgende drei Registereinträge (RegET): - elrepüles 5, 11/ - felszälläs 5, 11/ - induläs 5, 12/.
Die Textkonstituentenstruktur dieser Registereinträge weist folgende Form auf (vgl. Abb. 30):
20 Zweigeteilte Verweisaußenadressen dürfen nicht mit Doppeladressen verwechselt werden, die aus einer Verweisaußen- und einer Verweisbinnenadresse bestehen (vgl. WIEGAND 1994a, 3.8.).
Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen ...
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RegET
RegE
RegA|VerwAdA
SeitA TZ ZeiA SpA
elrepüles felszälläs induläs
5 5 5
, 1 1 , 1 1 , 12
/ / /
Abb. 30: Strukturgraph zu den drei konkreten (zueinander isomorphen) Textkonstituentenstrukturen von drei Registereinträgen (einer bestimmten Sorte) eines reinen Zugriffsregisters sowie zu der zu diesen drei konkreten Strukturen k-isomorphen abstrakten Textkonstituentenstrukturen; Abkürzungen: RegET = Registereintrag; RegE = Registereingang; RegA|VerwAdA = Registerangabe, die zugleich eine Verweisadressenangabe ist; SeitA = Seitenangabe; TZ = Trennzeichen; ZeiA = Zeilenangabe; SpA = Spaltenangabe
In einem alphabetischen Äquivalent-Register als Teil eines polyakzessiven Wörterbuches sind die Registerangaben stets verweisvermittelnde Angaben; aus ihnen erfahrt der Benutzer nur das Leitelement zur Ausführung einer externen Verweisbefolgungshandlung (i.S.v. WiEGAND 1995[96], 3.3.4.3.) und außer der Information, daß ein Registereingang als Äquivalent im Wörterbuch erwähnt wird, nichts über andere Eigenschaften dieses Äquivalents. Alphabetische Äuqivalent-Register (der hier charakterisierten Art) sind daher reine ZugrifFsinstrumente für den Zugriff auf die Daten des Wörterverzeichnisses und damit reine Zugriffsregister. Anders einzuschätzen sind die Z'/A'-Register in einem polyakzessiven A/Z-Wörterbuch. Handelt es sich um ein (erweitertes) alphabetisches Äquivalent-Register, dann haben die Registereinträge, die wan liefert, z.B. die folgende Form: - elrepülis Abflug 1. - felszälläs Abflug 2. - induläs Abflug 2.
Die Textkonstituentenstruktur zu diesen Registereinträgen finden sich in Abb. 31, wobei unterstellt ist, daß der Punkt unmittelbar hinter den Ziffern als Teil der Polysemieangabe gilt und nicht als nichttypographischer Strukturanzeiger, so daß er nicht (analog zu dem Komma in Abb. 30) als eigenständige Textkonstituente geführt wird. Man erkennt sofort: Z'/A'-Register gehören nicht zu den reinen Zugriffsregistern. Der kundige Benutzer benutzt sie nicht nur als ZugrifFshilfe, vielmehr erfährt der Benutzer eines solchen erweiterten Registers anhand der Registerangabe etwas Inhaltliches über den im Registereingang erwähnten Ausdruck (also ohne eine externe Verweisbefolgungshandlung anhand eines Registerverweises ausführen zu müssen). Er erfahrt z.B., daß Abflug ein Wortäquivalent zu elrepüles ist und in Benutzungssituationen, welche zu bestimmten Typen gehören, kann diese Information schon als Antwort auf eine Suchfrage ausreichen. Z'/A'-Register müssen nicht reine Äquivalenten-Register sein. Auch z.B. Antonyme und Synonyme können - wenn das A/Z-Wörterbuch ein entsprechendes Mikrostrukturenprogramm hat - in Teilangaben von Registerangaben erwähnt werden (vgl. WlEGAND 1994[95], 2. Exkurs).
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RegE
RegA|VerwAdA
AerwLZ A.erwPA
elrepülis felszälläs induläs
Abflug Abflug Abflug
1. 2. 2.
Abb. 31: Strukturgraph zu den drei konkreten (zueinander isomorphen) Textkonstituentenstrukturen von drei Registereinträgen (einer bestimmten Sorte) eines erweiterten Registers sowie zu der zu diesen drei konkreten Strukturen k-isomorphen abstrakten Textkonstituentenstruktur; Abkürzungen: A.erwLZ = Angabe des erwähnten Lemmazeichens; A.erwPA = Angabe der erwähnten Polysemieangabe
6.2
Zur Bestimmung der aktiven und passiven Funktionen von Angaben
In der nun folgenden Darstellung gehen wir bei den weiteren Überlegungen zu zweisprachigen Wörterbuchartikeln mit gemischt-semiintegrierten Mikrostrukturen davon aus, daß ein allgemeines zweisprachiges polyakzessives A/Z-Wörterbuch ein zweisprachiges Z'/A'-Register aufweist, das ein Äquivalenten-Register ist.21 Im folgenden werden keine bereits in gedruckten zweisprachigen Wörterbüchern vorliegenden Wörterbuchartikel, die gemischt-semiintegrierte (bzw. meistens in irgendeiner Hinsicht defekte) gemischt-semiintegrierte Mikrostrukturen aufweisen, durchgehend analysiert. Vielmehr wird auf der Ebene abstrakter Strukturen, aber anhand von Beispielen auszugsweise vorgeführt, wie man Wörterbuchartikel, die solche Strukturen aufweisen, auf der Basis der von mir entwickelten Theorie lexikographischer Texte erstens systematisch konzipieren und zweitens überprüfen kann, welche der genannten vier Funktionen pro artikelinterner Angabe abgedeckt ist und welche nicht. Die folgende Darstellung bezieht sich auf A/Z-Wörterbücher mit Z'/A'-Register, in denen Α (und entsprechend A') das Deutsche (genauer: das gegenwärtige Standarddeutsch) ist. „Z" kann dagegen durch jede andere Sprache belegt werden. Der Einfachheit halber beginnen wir mit der Betrachtung von deutschsprachigen Formkommentaren (fk). Die Ausführungen gelten mutatis mutandis für alle Sprachen, die mittels einer Alphabetschrift verschriftet sind und von links nach rechts geschrieben werden. Gegeben sei fki: Be-stand ι 1 (u.) das Weiterbestehen von etw. (z.B. einer Institu- 2 tion); Fortdauer con-tin-ued ex-ist-ence [.!.] Der ~ der Firma ist nicht sicher | The continued 4 existence of the company is not sure 5 2 vorhandene Menge von etw. (z.B. von Waren); Vorrat 6 stock [.?.] Die Brüder haben 7 große Bestände guter ZigaiTen | The brothers have big stocks 8 of good cigars. Der Bestand dieses Ladens war noch für drei 9 Wochen ausreichend | 10 [·«] π Sub. ~ einer Bibliothek | holdings of a library, den ~ 12 einer Ehe gefährden | [.f.] 13
V. jmdm. seinen ganzen ~ abkaufen to empty someone's shop | seine Bestände (~) auffüllen to replenish one's stock I den ~ aufnehmen [feststellen] to take stock | den ~ nicht mehr ergänzen to -withdraw from stock | ~ haben [von ~ sein] to be permanent [to be enduring] | keinen ~ haben [nicht von ~ sein] not last (long) | Bestände (~) räumen to clear shop | über den ~ verkaufen B ö r s e to oversell | Bestände (~) verschleudern to slaughter stocks |.5.] Adj. zum reisernen Bestand eines Spielplans gehören to be one of the stock plays \ 'eiserner Bestand m i l . emergency [iron] ration \ gesamter (greifbarer) ~ total stock on hand \ rechtlichen ~ haben to be valid in law \ unverkäufliehe Bestände (~) dead stocks [.?.] Präp. ~ an Aufträgen orders on hand | ~ an eigenen Aktien U S treasury stock | ~ an Bargeld cash in hand | Bestände (~) an Wein stock of wine | ~ an Fertigwaren stock of finish goods \ ~ an lebendem Vieh livestock | ~ mm Jahresende closing stock [.!.] [.!.]
14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32
Abb. 35: Ausschnitt aus einem Entwurf eines dt.-engl. Wörterbuchartikels (wa30) mit (einfach) architektonisch erweiterter, einfacher gemischt-semiintegrierter Mikrostruktur; Quellenwörterbücher: CASSELL'S 1969, CEGD 1983; CHuLD 1987, COBUILD 1987, COLLINS 1980, LASDE 1993; LWENGL/DT 1963; NEUBERT/GRÖGER 1991; SCHÖFFLER/WEIS 1983 2 6
26 Die Ausschnittbildung im Entwurf zu wa^ wurde so vorgenommen, daß folgende (alphabetisch aufgeführte) Äquivalente zu Bestand im integriert gearbeiteten Teil nicht berücksichtigt wurden: amount, balance, cash assets, consistence, continuance, duration, firmness, holdings, inventory, lease, permanence, portfolio, remainder, reserve, rest, stability, stand, store, strength, supply. Der vollständige Entwurf ist mehr als 15mal so lang wie der Ausschnitt in Abb. 35. Die Auslassungszeichen in wa30 bedeuten: [.!.] und [.?.] = Auslassung weiterer kommentierter Äquivalente; [ 3.] = Auslassung von zwei weiteren SKFS [,4.], [,5.], [.?.] und [.?.] = Auslassung weiterer Kotexte an alphabetischer Stelle [.?.] = Auslassimg weiterer Subkommentare im nichtintegriert gearbeiteten Teil von wa3o.
Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen
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Relativ zu diesem Standardfall kann es Erweiterungen und Reduzierungen geben. In \ v a 3 0 liegt eine Linkserweiterung des SKFS (und damit des Integrates als der zugehörigen Teilstruktur der Mikrostruktur) vor. Die Erweiterung, welche unmittelbar auf die Polysemieangabe „1" folgt, ist die an die Lemmazeichengestaltangabe linksadressierte verdichtete Singularetantumangabe (v.SgtA) „u." (kurz fur: uncountable), die besonders für den engl. Benutzer gedacht ist; sie beschränkt den Skopus von „Be-stän-de" (Tv fki) und eröffnet einen Skopus, in welchem nur die deutschen SKFS-internen Angaben (also die v.BPA(BezB), die SynA und die v.KBeiA.S, vgl. Abb. 36) stehen. Aus diesem Grunde findet sich in der spitzen Klammer eine weitere v.SgtA „o.Pl", die besonders für den deutschen Benutzer bestimmt ist; sie ist an die vorausgehende Äquivalentangabe linksadressiert, und in ihrem Skopus steht die d-ü.KBeiA.S. Auf diese Weise sind klare Skopusregelungen gegeben. - Eine andere Möglichkeit, die semantisch bedingte morphologische Beschränkung lexikographisch kondensiert zu beschreiben, ist wie bereits in WlEGAND (1994[95], 266f.) dargelegt - die folgende: Statt „u." gibt man an: „g/e: u" (kurz für: german/english: uncountable) und legt fest, daß der Skopus dieser Angabe der gesamte SKFS ist; dann kann „o.Pl." entfallen. Die lexikographische Beschreibungssprache für morphologische Beschränkungen des Lemmazeichens ist dann nur das Englische und nicht, wie in wa30, das Englische und das Deutsche.27 Wichtig ist vor allem, daß in einem allgemeinen A/Z-Wörterbuch ausgangssprachliche Bedeutungsparaphrasenangaben gegeben werden. Diese dienen dazu, dem Benutzer mit Ζ als Muttersprache die Erfassung des geeigneten Semems des deutschen Lemmazeichens auch anhand der Ausgangssprache und zugleich im sprachreflexiven, kontrastiven Zusammenspiel mit der Angabe kommentierter Äquivalente zu ermöglichen, was noch wichtiger wird, wenn mehrere zielsprachige Äquivalente augegeben sind. Der Benutzer mit Ζ als Muttersprache lernt dadurch „in der Α-Sprache zu denken." (vgl. KERNERMAN im Vorwort zu PASSWORD 1993). In ein A/Z-Wörterbuch, das ausgangssprachliche Bedeutungsparaphrasenangaben zum Lemmazeichen aufweist, ist damit das weitgehend integriert, was LIONEL KERNERMANN mit einem m.E. unglücklichen Terminus „semi-bilingual dictionary" nennt (vgl. als Beispiel PASSWORD 1993 als English-English-Finnish Dictionary; vgl. dazu WLEGAND 1995c). Die Bedeutungsparaphrasenangaben wirken weiterhin der für die angemessene Semantisierung des Lemmazeichens häufig fatalen Kurzschlußinferenz entgegen, von dem (oder: einem) zielsprachlichen Äquivalent direkt und reflektionslos auf die Bedeutung des ausgangssprachlichen Lemmazeichens zu schließen. Die BPA ist in vorliegendem Fall um ein Bezugsobjektbeispiel (BezB) rechtserweitert (das keine selbständige Angabe ist), so daß die BPA(BezB) als elementare Angabe gilt. Mit der Angabe „das Weiterbestehen von etw. (z.B. einer Institution)" wird mit „etw." der usuelle Bezugsbereich für das Lemmazeichen bereits grob durch „etw." spezifiziert (und zwar im Unterschied zu z.B. jmd.). Dann wird zusätzlich in den runden Klammern durch den Ausdruck „z.B. einer Institution" eine Beispielklasse auf die und/oder auf deren Elemente mit dem Lemmazeichen in usuellen Texten (i.S.v. WlEGAND 1989e) Bezug genommen werden kann, genannt (vgl. WlEGAND 1991, 582ff). Bedeutungsparaphrasenangaben mit Bezugsob-
27 Die Frage nach der lexikographischen Beschreibungssprache für Angaben, mit denen keine sprachlichen Ausdrücke, die zum Wörteibuchgegenstandsbereich (hier: das Englische und das Deutsche) gehören, erwähnt werden, muß jeweils sprachenpaarbezogen gelöst werden, weil beispielsweise bei wohlerforschten europäischen Sprachen auf Europäismen im Bereich der grammatischen Terminologie zurückgegriffen werden kann oder weil z.B. für eine Weltsprache wie das Englische andere Kenntnisvoraussetzungen Berücksichtigung finden können als wenn eine lexikographische Partnersprache eine der kleineren Sprachen ist.
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jektbeispiel sind für A/Z-Wörterbücher besonders gut geeignet, da sie bei der Äquivalentwahl des Benutzers hilfreich sein können. Als zweite Teilangabe der BA (vgl. Abb. 36) folgt auf die BPA(BezB) eine Synonymangabe (Fortdauer e SynA). Unmittelbar vor diese könnte man auch eine Synonymidentifizierungsangabe (SynIA), z.B. „SY" (kurz für englisch: synonym) setzen; außerdem kann man für alle Synonymangaben (zu substantivischen Lemmazeichen) vorsehen, daß sie um eine Genusangabe erweitert werden, was bei den notorischen Schwierigkeiten mit der Genuszuweisung im Deutschen wahrscheinlich zweckmäßig ist. Dabei ist die Genusangabe in Form einer vorausgestellten Artikelangabe (ArtA) bei stabilem Genus (und bei instabilem in Form von der/die, der/das, die/das) in einem A/Z-Wörterbuch am zweckmäßigsten. Die hierarchischen gemischten Vorderintegrate, die zur pragmatisch-semantischen Angabe gehören, hätten dann z.B. folgende Form (vgl. Abb. 37). [FAJSKFS PragsemA'
A-pragNM
[,ABJ
das Weiterbestehen von etw. (z.B. einer Institution)
SY
die
Fortdauer
Abb. 37: Strukturgraph zu (den konkreten und abstrakten) hierarchischen gemischten Vorderintegraten, die zur modifizierten pragsemA' gehören; Abkürzungen: A-Syn = Angabe zur Synonymie; ArtAHG|WAr = Artikelangabe, anhand derer das Genus und die Wortart (WAr) erschließbar ist; SynIA = Synonymidentifizierungsangabe
Weiterhin kann statt einer SynA nach der BPA eine kommentierte Angabe eines lexikalsemantischen Netzausschnittes (kt.A.lexN) vorgesehen werden, so daß neben Synonymen z.B. auch Antonyme Berücksichtigung finden. Allerdings muß unbedingt darauf geachtet werden, daß der Mikrostrukturenprogrammteil eines zweisprachigen Wörterbuches, der für den integrierten Teil des Kommentars zur Form und Semantik gelten soll, nicht zu reichhaltig wird, weil sonst die SKFS zu lang werden und die mit gemischt-semiintegrierten Mikrostrukturen gegebenen Vorteile für den inneren Zugriff beeinträchtigt werden. Im folgenden wollen wir fragen, wie sich die Funktionszuweisung für den ersten Subkommentar zur Form und Semantik gestaltet, wobei das Vorhandensein eines Z'/A'-Äquivalenten-
Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen
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registers nun sogleich berücksichtigt wird. Die Betrachtung der Funktionszuweisung geschieht anhand des zweiten Ausschnittes aus einer Funktionenmatrix in Abb. 38. Wie im Falle von fki gehen wir dabei positionsweise vor. Es ist klar, daß die MORPHOLOGIEPOSITION für Deutsche insgesamt funktionslos ist, so daß in den entsprechenden Matrixfeldern ein Minuszeichen steht. Für Benutzer mit Englisch als Muttersprache ist „u." sowohl rezeptions- als auch herübersetzungsfunktional wie folgendes Beispiel zeigt: HerÜSi J., ein amerikanischer Student, übersetzt einen deutschen Text in seine Muttersprache. Bei dem Satz (7) Die Bestände im Wald des Nachbarn hatten letzten Winter sehr gelitten ergeben sich Schwierigkeiten, da J. Bestände in der vorliegenden Bedeutung nicht kennt. Wenn J. in dieser Situation in einem dt.-engl. Wörterbuch nachschlägt und wa30 konsultiert, ist „u." im ersten SKFS keineswegs funktionslos, denn - da in (7) eine Pluralform auftritt, ist mit „u." sofort klar, daß J. zu „2" weitergehen kann. Entsprechendes gilt natürlich, wenn er den Text nur verstehen und nicht übersetzen will.
Es ist weiterhin wohl unstrittig, daß morphologische Daten bei der Textproduktion (sowohl der freien als auch der übersetzungsbezogenen) benötigt werden, so daß also der erste Spaltenvektor bei allen Funktionen bezogen auf die Z-Sprecher nur Pluszeichen aufweist. Als nächstes wenden wir uns der PRAGMATISCH-SEMANTISCHEN POSITION zu und erinnern daran, daß nun ein Z'/A'-Register in die Überlegungen einzubeziehen ist, in dem Registereinträge wie reget2 und wie der folgende reget3: continued existence Bestand 1
zu finden sind. Zunächst betrachten wir den deutschen Benutzer. Bei der Rezeption und bei der Herübersetzung eines englischen Texts gelangt dieser über das Register zu den Lemmata. Weiß er beispielsweise nicht, wie ein lexikalisiertes deutsches Äquivalent zu continued existence lautet, dann kann es sein, daß er bereits aus reget3 eine fur seine Zwecke hinreichende Antwort erschließen kann. Ist dies nicht der Fall, muß er aus reget3 einen Verweis erschließen, daraufhin eine externe Verweisbefolgungshandlung ausführen, die ihn zu 1 in wa3o fuhrt. Anhand der pragmatisch-semantischen Angabe erfährt er dann mehr über die Äquivalentbeziehung, in der Bestand und continued existence zueinander stehen. Insbesondere in Herübersetzungssituationen, in denen ein deutscher Benutzer in einem dt.-engl. Wörterbuch mit engl.-dt. Äquivalentenregister nachschlägt, sind - insonderheit bei hochgradig polysemen deutschen Lemmazeichen die deutschen BP Α nützlich; sie erhöhen nachweisbar die Sicherheit bei der Äquivalentwahl Die pragmatisch-semantische Angabe ist daher für Deutsche rezeptions- und herübersetzungsfunktional. - Auch wenn ein Deutscher in einer Hinübersetzungssituation in einem dt.-engl. Wörterbuch nachschlägt, erfüllt die pragmatisch-semantische Angabe eine wichtige Funktion. Sie ist nämlich bei Lemmazeichen (wie z.B. Bestand), zu denen es zahlreiche Äquivalente gibt, die wirkungsvollste Äquivalentunterscheidungsangabe (ÄUntA), insbesondere dann, wenn sie angesichts der infrage kommenden Äquivalente - also kontrastiv - konzipiert wurde. Nachgeordnet sind dann die feineren semantischen Unterschiede (z.B. continued existence vs. continuance) Diese müssen durch andere Typen von Äquivalentunterscheidungsangaben im Zusammenspiel mit Kotextangaben im nichtintegrierten Teil des Kommentars zur Form und Semantik zur Darstellung gelangen (was in wa3o ausgelassen ist). - Auch wenn ein Deutscher einen englischen Text produzieren will, ist die pragmatisch-semantische Angabe dann nützlich, wenn Äquivalentlücken vorliegen. Auch bei guter Kenntnis einer Fremdsprache werden nämlich FS-Texte z.T. dadurch hergestellt, daß der Textproduzent - besonders bei komplexen Sachverhalten - über eine muttersprachliche Versprachlichung kognitiv verfügt und - von die-
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sem potentiellen MS-Text ausgehend - versucht, einen FS-Text zu produzieren. Dabei können Äquivalentlücken entdeckt werden, so daß ein Benutzungsanlaß vorliegt, in dem man zu einem muttersprachlichen Wort ein zielsprachliches Äquivalent benötigt. Schlägt ein Deutscher dann im dt.-engl. Wörterbuch nach, wird die äquivalentunterscheidende Funktion der BPA wichtig. Im folgenden betrachten wir den Benutzer mit Englisch als Muttersprache. Sowohl, wenn in Situationen der Textrezeption als auch dann, wenn bei der Herübersetzung mit Suchfragen nach englischen Äquivalenten nachgeschlagen wird, erfüllt die PRAGMATISCH-SEMANTISCHE POSITION eine Funktion. Sie stellt eine wichtige Kontrolle dar, wenn der Benutzer-inactu vom englischen Äquivalent auf die Bedeutung des deutschen Lemmazeichens schließt; insbesondere hat sie eine monosemierende Wirkung. Auch bei der Produktion eines deutschen Textes, z.B. wenn in einer zerdehnten Produktionssituation Zweifel an der semantischen Angemessenheit der ersten Textversion auftreten und nach dem Wörterbuch gegriffen wird, um diese zu beseitigen, kommt der pragmatisch-semantischen Angabe eine wichtige Rolle zu, da sie bei der genauen Erfassung der Bedeutung des Lemmazeichens hilfreich ist. Schließlich ist bei der Hinübersetzung vom deutschen in einen englischen Text für einen Benutzer mit Englisch als Muttersprache die pragmatisch-semantische Angabe nicht nur zur Erfassung der Bedeutung des Lemmazeichens wichtig, sondern im Falle von als polysem interpretierten Lemmazeichen auch als Äquivalentunterscheidungsangabe. Insgesamt gilt damit die PRAGMATISCH-SEMANTISCHE POSITION, bezogen auf alle vier Wörterbuchfunktionen, als funktional, und zwar für beide Adressatengruppen. Gegen die vorgenommene Funktionenzuweisungen (die auf der Basis von empirischen Untersuchungen vorgenommen wurden) können eine Reihe von Einwänden vorgetragen werden. Nur auf einen will ich hier eingehen; er lautet: Für Benutzer mit Englisch als Muttersprache erfüllt die pragmatisch-semantische Angabe die ihr zugewiesenen Funktionen deshalb nicht (oder: nur schlecht), weil insbesondere die deutschen Bedeutungsparaphrasenangaben nicht ausreichend verstanden werden. Dies kann natürlich im einzelnen Fall durchaus so sein. Im zweisprachigen Wörterbuch kann diese wörterbuchtextbedingte Rezeptionsstörung jedoch einfacher und zielführender durch weiteres Nachschlagen behoben werden als im einsprachigen Wörterbuch, auf welches der Benutzer zurückgreifen muß, wenn die Bedeutungsparaphrasenangabe fehlt; wenn der Benutzer die Bedeutung eines Ausdruckes nicht erfassen kann, soll er, so der Rat vieler Fremdsprachenlehrer, im einsprachigen Wörterbuch nachschlagen. Hier kann dann allerdings eine gleichartige Rezeptionsschwierigkeit auftreten und ist dann - wegen des Fehlens der Muttersprache als Wörterbuchgegenstand - schwerer zu beheben. Daher ist es m.E. der bessere Weg, insbesondere ausgangssprachliche Bedeutungsparaphrasenangaben (die in üblichen sog. Übersetzungswörterbüchern nicht auftreten) ins zweisprachige Wörterbuch aufzunehmen. Im folgenden betrachten wir die ÄQUIVALENTENPOSITIONEN von wa30 (vgl. Abb. 35). Diese sind - wie die Klammern „[.!.]" und „[.?.]" andeuten (vgl. Anm. 26) - um mehrere Äquivalentenangaben (ÄA) gekürzt (um die Darstellung hier nicht unnötig zu verlängern). Welche Äquivalente mindestens zu berücksichtigen wären, zeigt ein Blick auf die Artikel wa 3 |wa33 in Abb. 39. Zunächst berücksichtigen wir den deutschen Benutzer und argumentieren exemplarisch anhand des zweiten (nicht vollständig ausgeführten) Subkommentars zur Form und Semantik (Z. 6-10). Ein Deutscher, der in einer Rezeptions- oder Herübersetzungssituation den Ausdruck stock nicht versteht, muß zunächst im engl./dt.-Äquivalenten-Register nachschlagen; dort findet er den Registereintrag reget2, vermutet, daß Bestand das passende Äquivalent ist und kann dann - z.B. um sicher zu gehen - unter Be stand nachschlagen. Es ist mithin keine
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Frage, daß die Wortäquivalentangabe stock für Deutsche rezeptions- und herübersetzungsfunktional ist. Das gilt auch für Silbentrennungsangaben als Teilangaben von Wortäquivalentangaben, denn es kann z.B. sein, daß ein deutscher Englischlehrer schriftliche englischsprachige Texte seiner deutschen Schüler korrigieren muß und im Falle von Korrekturzweifeln Silbentrennungsangaben benötigt. Natürlich kann er diese auch im einsprachigen Wörterbuch finden (z.B. in LASDE 1 9 9 3 ) oder auch im zweisprachigen A/Z-Wörterbuch (z.B. in LW ENGL/DT 1963). Dies ist aber kein Grund, warum STrA als Teilangaben von erweiterten WÄA nicht auch in einem polyakzessiven A/Z-Wörterbuch mit Z'/A'-Register stehen können und dort funktional sind.28 Daß zielsprachige Äquivalentangaben für Muttersprachler der Ausgangssprache produktions- und hinübersetzungsfunktional sind, kann als unstrittig gelten. wa31
B e s t a n d , m. (-(e)s, =e) existence, duration, continuance; stability, permanency, firmness, certitudeamount, value (of goods in hand)·, stock, supply; strength (of a unit) (Mil.); (C.L.) caab in hand, balance, remainder; (dial.) lease of a farm; Kaum-, barer cash-balance, cash in hand; von - sein, haben, be durable, lasting or constant, endure, last; - eines Waides, stand of trees, standing growth of a wood; der eiserne the necessary constituents; stock contents, basic requirements, the minimum necessary; iron rations (Mil.)] in - geben, let on lesse; der - des Gutes ist. the estate comprises; Ausstände und Bestände, debts and assets (dial.) in - geben, farm out, let by lease, rent (to), -(e); aufnabme, stock-taking, inventoiy; timbersurvey. - b i l d e n d , adj. gregarious, social, - b u c h , η. inventory, - g e l d , «1. clear account, balance in cash; (dial.) rent of a farm, - l o s , adj. inconsistent, unstable, shskv; transitory, of no duration, - l o s i ß keit, / . instability, - « d i c h t e , / . densirv of crop, - s g t t t e , / . quality of crop, - t e l l , m. constituent, ingredient, component; fremder -teil, foreign body, foreign matter, impurity.
wa32
Bestand m duration, continuance, permanence; (Beharren) firmness, consistence; (Zustand) stability; durability; (Stärke e-r Einheit) s t r e n g t h ; (Reserve) reserve, holding; (Existenz) existence; {eiserner -) mil iron r a t i o n ; (Vorrat) stock; supply; store; (freiIbarer) stock on hand; (Saldo) balance; (Warenbestand in der Bilanz) inventory; (Font·) stand; stock of trees; (Rauen·) cash-balance; (Beit·) rest, remainder; · haben to continue, t o last;
wa 3 3
B e ' s t a n d m (Fortdauer) continuance, d u r a t i o n : (Dauerhaftigkeit) stability, durability, permanence: v o n ~ s e i n , ~ h a b e n be lasting (od. enduring): v o n k u r z e m ~ s e i n not to last long, be short-lived; e - r S a c h e ~ v e r l e i h e n make s. th. last(ing). 3 . earn. ( a n e - r S a c h e ο I's. tli.) a) ( Vorrat) (ο. physical) stockfs pi), supply, supplies pi.storels pi), bes. Am. inventory, b) (Geldmittel etc) balance, holdings pi. reserve, c) (KassenS. ~ an Bargeld) cash in hand, e-r Bank: cash (od. liquid) assets pi. d) ( I n v e n t a r ) inventory: ~ a u f n e h m e n take stock (a. fig.). Am. take i n v e n t o r y : ~ a n W a r e n slock on hand. in tier Bilanz: inventory: ~ a n A u f t r ä g e n orders on hand: ~ a n E f f e k t e n holdings />/:-. a n K a p i t a l (capital) assets pl·. - a n F a h r z e u g e n fleet, rolling stock: ~ a n V i e h etc. l e b e n d e r ~ live stock. des Konzen Landes, e-r Genend: (cattle, suine. etc) population: ~ a n R o t w i l d the number o f deer: t o t e r ~ dead stock: - · e i s e r n . 4 . t//»/z2> stand ( o f timber). S. tigr. (standing) crop. 6. mil. (lst-~) (el'loctive) strength. 7. (.only jnr. a) (Status) (legel) status, b) (Gültigkeit) (legal) valid-
ity; (k-n) rechtlichen ~ haben Illegally valid (invalid), (not to) be valid in law.
Abb. 3 9 : Drei zweisprachige Wörterbuchartikel zum Lemmazeichen Bestand; wa3) aus CASSELL'S 1969, wa32 aus SCHÖFFLER/WEIS 1983 und wa33 aus LW DT/ENGL 1989
Wir wenden uns nun dem englischsprachigen Benutzer zu; dann besteht zunächst Konsens darüber, daß die englischen Äquivalentangaben in Rezeptions- und Herübersetzungssituationen funktional sind. Will jedoch jemand mit Englisch als Muttersprache einen deutschen Text frei produzieren oder einen englischen Text ins Deutsche übersetzen, sind die Äquivalentangaben nicht funktional, sondern nur die Registereingänge, welche die entsprechenden Äquivalente erwähnen. Von diesen ausgehend kann der Benutzer dann z.B., wenn er stock nicht übersetzen kann, anhand der Registerangaben und unter Berücksichtigung des Kotextes von stock im Ausgangstext Semantisierungshypothesen machen und, um diese zu bestätigen, dann s.v. Be-
lts Die Verteilung von Angaben auf ein- und zweisprachige Wörterbücher hat sich in der Praxis mehr oder weniger klar eingespielt. Die eingespielten Verteilungstraditionen müssen m.E. dringend überprüft werden.
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stand nachschlagen. Es ist also nicht so, daß ein A/Z-Wörterbuch mit Z'/A'-Register in Produktions- und Hinübersetzungssituationen fur Z-Sprecher nicht systematisch benutzbar ist. Kehren wir zum Benutzer mit Deutsch als Muttersprache zurück und betrachten die Teilangaben der Angabe kommentierter Äquivalente, die an die Äquivalentangaben linksadressiert sind. Dann kann zunächst festgestellt werden, in einer der gängigen Rezeptionssituationen benötigt ein Deutscher weder Angaben zur Aussprache noch solche zur Morphologie. Gehört es aber zum Konzept des Wörterbuches, daß auch Typen von Wörterbuchbenutzungssituationen abgedeckt werden, deren zugehörige Benutzungssituationen spezieller sind und darum seltener auftreten, dann kann zumindest den Angaben der regelmäßigen Aussprache auch Rezeptionsfunktionalität zugesprochen werden. Ein Beispiel wäre, wenn ein deutscher Lehrer auf Tonband vorliegende englische Texte seiner deutschen Schüler beurteilen muß. Im folgenden sei unterstellt, daß das Wörterbuchkonzept des Wörterbuches, als Teil dessen wa3o zu denken ist, vorsieht, daß solche und ähnliche Typen von Benutzungssituationen abgedeckt werden sollen, dann ist (wie in Abb. 38 geschehen) der Angabe der regelmäßigen Aussprache Rezeptionsfunktionalität zuzusprechen.29 - Herübersetzungssituationen, in denen Deutsche Ausspracheangaben zum Englischen benötigen, sind wohl kaum gegeben; entsprechendes gilt für die v.SgtA. In Hinübersetzungssituationen wird die an die Äquivalentangabe adressierte Angabe der regelmäßigen Aussprache dann funktional, wenn der übersetzte englische Text von einem Deutschen vorgetragen werden soll. Auch die v.SgtA kann dann relevant sein. Entsprechendes gilt fur Produktionssituationen, so daß demnach die beiden Teilvektoren das Pluszeichen aufweisen. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, daß für einen Benutzer mit Englisch als Muttersprache die auf die Äquivalentangaben folgenden Teilangaben der Angabe kommentierter Äquivalente funktionslos sind. Bevor wir abschließend noch die BEISPIELPOSITION kurz betrachten, sei exemplarisch anhand der Angaben der regelmäßigen Aussprache auf ein Problem aufmerksam gemacht, das in zweisprachigen A/Z-Wörterbüchern mit Z'/A'-Register bei an die Äquivalentangaben adressierten Angaben zur Form der Äquivalente auftritt. Betrachtet man regeti, dann wird klar, daß die Angabe der regelmäßigen Aussprache von stock (die aus der Angabe der britischen, gefolgt von der Angabe der amerikanischen Aussprache besteht) in dem Wörterbuch, in dem wa30 und reget2 stehen, mehrmals auftritt, und zwar ist ihre Vorkommenshäufigkeit gleich mit der Zahl der im Registereintrag auftretenden Angaben des erwähnten Lemmazeichens (A.erwLZ). Dies ist - angesichts der Notwendigkeit, Druckraum zu sparen - wohl kaum vertretbar. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Problem zu beseitigen bzw. zu lösen: (i) Da die Angabe der regelmäßigen Aussprache nur in Situationen relevant werden kann, die zu drei der acht Situationstypen gehören, wird sie weggelassen (wie z.B. wahrscheinlich im neuen dt.-fin. Wörterbuch; vgl. WIEGAND 1995C).
(ii) Die Angabe der regelmäßigen Aussprache steht im Registereintrag direkt nach dem Registereingang; dies ist dann besonders günstig, wenn kein Z'/A'-Register, sondern ein (erweitertes) Z'-Register vorgesehen ist. (iii) Die Angabe der regelmäßigen Aussprache wird nur bei dem Äquivalent angegeben, das im Registereintrag als erstes erwähnt wird; die A.rAus von stock stände also s.v. Abkunfl (vgl. reget2), was dort durch irgendein Symbol vermerkt werden könnte.
Im folgenden betrachten wir noch kurz die BEISPIELPOSITION. In Wörterbuchartikeln mit gemisch-semiintegrierten Mikrostrukturen stehen in den Subkommentaren zur Form und Se-
29 Es kommt mir sehr darauf an, daß hinreichend deutlich wird, daß die jeweilige Art der Funktionalität von Angaben nur relativ zu Typen von Wörterbuchbenutzungssituationen bestimmt werden kann; d.h.: das „Argumentationsschema" ist wie folgt: Wenn ein Wörterbuch wb, einen Typ von Benutzungssituationen WbBSj abdecken will, dann ist eine Angabe vom Typ A* funktional oder nicht.
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mantik Kompetenzbeispielangaben, mit denen Sätze erwähnt werden, die freie Konstruktionen mit dem Lemmazeichen darstellen; auf sie folgt die übersetzte Kompetenzbeispielangabe. In allen semantisch-pragmatisch bestimmten Wörterbuchbenutzungssituationen ist die Funktion der d-ü.KBeiA.S im Prinzip gleich. Sie reguliert die Erfassung entweder der Bedeutung des Lemmazeichens (durch den Benutzer mit Englisch als Muttersprache) oder die Erfassung der Bedeutung des Äquivalents (durch den Benutzer mit Deutsch als Muttersprache). Dies geschieht anhand von im Detail sehr verschiedenartigen Inferenzprozessen des Benutzers, die (abhängig von seiner Wissensbasis) unterschiedlich ablaufen. Die vorangehenden Ausführungen anhand der beiden Teilmatrizen in Abb. 33 und 38 dürften exemplarisch folgendes verdeutlicht haben: Die Unterscheidung in zwei aktive und zwei passive Wörterbuchfunktionen bezogen auf zwei nach ihren Muttersprachen unterschiedenen Adressatengruppen bleibt für die bilinguale Lexikographie wichtig. Sie dient aber weniger dazu, grundlegende Wörterbuchtypen grob zu unterscheiden, sondern dazu, den jeweiligen Benutzerbezug von Angaben in zweisprachigen Wörterbüchern systemtatisch zu konzipieren (bzw. bei bereits vorhandenen Wörterbüchern) zu überprüfen. Dies kann anhand einer Funktionenmatrix geschehen. Dabei muß klar sein, daß die Plus- und Minuszeichen in den einzelnen Matrixfeldern keine Meßergebnisse symbolisieren, sondern Ergebnisse von begründbaren Interpretationen sind, bei den Angaben nicht isoliert, sondern als Teile eines statischen Informationssystems relativ zu Typen von Wörterbuchbenutzungssituationen betrachtet werden. Werden bestimmte Typen von Benutzungssituationen - weil das Wörterbuchkonzept es so vorsieht - nicht berücksichtigt, ändern sich die Interpretationsergebnisse. Wendet man die hier vorgeschlagene Methode der Funktionenermittlung auf bereits bestehende Wörterbücher an, dann wird man feststellen, daß fast ausschließlich „Mischtypen" zwischen den sog. aktiven und passiven Wörterbüchern realisiert sind. Das bedeutet: die Aufgabe für die Wörterbuchforschung besteht darin, eine Typologie zweisprachiger Wörterbücher zu erarbeiten, die dem Phänomenbereich möglichst adäquat ist. 6.3
Zugriffseigenschaften von zweisprachigen Artikeln mit gemischt-semiintegrierten Mikrostrukturen
Bestimmte Teile der Mikrostrukturen, die zu wa3o (vgl. Abb. 35) gehören, wurden bereits behandelt: die linken Kernstrukturen, welche zum Formkommentar gehören, wurden in Abb. 32 dargestellt, und als Strukturbeispiel aus dem integriert gearbeiteten Teil des Kommentars zur Form und Semantik wurden in Abb. 36 die linkserweiterten Integrate abgebildet, die zum ersten, um eine Formangabe linkserweiterten Subkommentar zur Form und Semantik gehören. Als Beispiel für einen semantischen Subkommentar zum Kotext aus dem nichtintegriert gearbeiteten Teil des Kommentars zur Form und Semantik werden nun in Abb. 40 die Teilstrukturen der Mikrostruktur dargestellt, die zum semantischen Subkommentar zu Kotexten mit Adjektiv (SSKKo.Adj) gehören. Wie Abb. 40 zeigt, folgen auf „Adj:", auf die Kotextklassenangabe für Kotexte mit Adjektiv (KoKA.Adj) also, die - analog zu wa» - zur Trägermenge einer glatten inneren Schnellzugriffsstruktur gehört, fünf Angaben deutscher und zugehöriger übersetzter Kotexte (A.du.Ko). Letztere können aus unterschiedlichen Teilangaben bestehen. Die mit den fünf deutschen Angaben erwähnten Kotexte sind nach den Adjektiven, die halbfett-kursiv gesetzt sind, alphabetisch geordnet, so daß (wie in wa 2 j) eine nachgeordnete, geschlängelte Schnellzugriffsstruktur gegeben ist. Zu diesen Kotexten gehören auch die Phraseme mit einem Adjektiv und mit Bestand, im vorliegenden Fall also eiserner Bestand. Phraseme werden durch das Zusammenordnungszeichen „ r v kenntlich gemacht; eine Tilde tritt in deutschen Kotextangaben,
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aus denen ein Phrasem erschließbar ist (d.KoA.Phras), nicht auf und entsprechend auch keine Tildenspezifizierung, die als Bedeutungsidentifizierungskennzeichnung fungiert. Die erwähnten Phraseme ebenso wie die erwähnten Phrasemkotexte (wie z.B. zum eisernen Bestand eines Spielplans gehören) werden also nicht in den indirekten textuellen Skopus einer Bedeutungsangabe gestellt, und zwar auch dann nicht, wenn es sich (wie bei eiserner Bestand) um ein teilidiomatisiertes Phrasem handelt. - In dem Wörterbuchartikel zum Lemmazeichen eisern findet man im semantischen Subkommentar zu Kotexten mit Substantiv (SSKKo.Sub) an der alphabetischen Stelle die Angabe ,,~er Tßestand" Durch diese Methode der artikelinternen Phrasemeinordnung im nichtintegriert gearbeiteten Teil von zweisprachigen Artikeln mit gemischtsemiintegrierten Mikrostrukturen (verbunden mit der mediostrukturell vernetzten Mehrfachauffiihrung der Phraseme) ist für den kundigen Benutzer die rasche Auffindbarkeit von Phrasemen gewährleistet. Dies sei an einem einfachen Beispiel demonstriert. Her US5 J. ist dabei, einen deutschen Text in seine Muttersprache, das amerikanische Englisch, zu übersetzen. Bei dem Satz (8) Die eisernen Bestände anzubrechen, war noch immer verboten treten Verstehens- und damit Übersetzungsprobleme auf. WbBS8 Mit der Frage nach der Bedeutung von Bestand, schlägt er in dem dt.-engl. Wörterbuch nach, in dem wa30 steht. Nach der Lektüre des zweiten SSK vermutet J., daß die in diesem SSK erläuterte Bedeutung infrage kommt, denn er kann mit der durch die Lektüre des zweiten SSK gewonnenen Semantisierungshypothese (8) einen „ungefähren" Sinn zuordnen, den Satz jedoch noch nicht korrekt übersetzen. Als kundiger Benutzer weiß J., daß er nun seine Wörteibuchbenutzung so fortsetzen muß, daß er hinter dem Zugriffselement „Adj." im semantischen Subkommentar zum Kotext mit Adjektiven als dem nun allein infrage kommenden Suchbereich suchen muß. Die Angabe „ m i l . emergency [iron] ration" ermöglicht ihm dann die Übersetzung von (8). Hätte J. eisernen in (8) nicht gekannt, und hätte er s.v. eisern nachgeschlagen, hätte er die Angabe „~er tßestand" gefunden, aus dieser einen Verweis erschließen können und wäre dann - nach erfolgreicher Ausführung einer externen Verweisbefolgungs- und einer internen Zugriffshandlung - über „Adj." ebenfalls zu der gesuchten Angabe gelangt.
Wie ich bereits in WIEGAND (1988, 573f.) ausfuhrlich dargelegt habe (vgl. auch HAUSMANN 1988, 140), muß bei der Herübersetzung von irgendeiner Α-Sprache in die muttersprachliche Z-Sprache der Benutzer mit der muttersprachlichen Kompetenz in der Z-Sprache (in WbBSg also J ) , da er zu einer die Wortformgrenzen überschreitenden semantischen Analyse meistens nicht in der Lage ist, immer zuerst unter dem ausgangssprachlichen Wort (bzw. der Wortform oder dem Formativ) nachschlagen, dessen Bedeutung er nicht kennt, und erst dann kann er im Artikeltext entdecken, daß das fragliche Wort (hier: Bestand, oder in der Beispielvariante: eisern) Teil eines Phrasems und damit meistens eines idiomatischen Kotextes ist. Dadurch, daß alle Phraseme, in denen das Lemmazeichen bzw. das Formativ des Lemmazeichens auftritt, wie andere Kotexte im nichtintegrierten Teil des KFS ein- und angeordnet sind, hört für den kundigen Benutzer die „elende Sucherei" (d.h. ein nicht gezieltes Suchen ohne Zugriffshilfe) nach Phrasemen auf, und Entsprechendes gilt im übrigen für alle semantisch konstituierten Mehrworteinheiten, deren Identifikation innerhalb eines Textes dem (lernenden) Nichtmuttersprachler ebenfalls nicht zugemutet werden kann. Insgesamt ist ein zweisprachiger Artikel mit gemischt-semiintegrierten Mikrostrukturen so aufgebaut, daß aus den Beispielangaben in den semantischen Subkommentaren freie (nach dem FREGE-Prinzip konstruierte) Sätze mit dem Lemmazeichen erschließbar sind, deren Überset-
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Herbert Emst Wiegand
zung vorhersagbar ist. Im nichtintegrierten Teil finden sich dagegen alle Kotexte, die in irgendeiner Hinsicht idiomatisch geprägt sind und/oder deren Übersetzung nicht vorhersagbar ist. Auch diese Trennung bringt Zugriffsvorteile mit sich. Denn in allen Herübersetzungs- und Rezeptionssituationen, in denen leichte semantische Suchfragen entstehen, kann der Benutzer schneller zum Erfolg kommen; als leichte semantische Suchfragen gelten dabei (aus der extrakommunikativen Perspektive von einer Metaebene aus betrachtet) solche Fragen nach der Bedeutung, die anhand eines dem Benutzer unbekannten Ausdruckes gestellt werden, der innerhalb einer Konstruktion steht, die frei von Idiomatizität ist. Auf leichte semantische Suchfragen findet sich im Prinzip eine Antwort im integriert gearbeiteten Teil des Kommentars zur Form und Semantik. Dadurch, daß die idiomatisierten Kotexte im nichtintegriert gearbeiteten Teil stehen, ist die vom Benutzer bei leichten semantischen Suchfragen zu berücksichtigende Textdatenmenge geringer, so daß die inneren Zugriffszeiten kürzer sind. Im folgenden betrachten wir eine Hinübersetzungssituation. HinÜS, G , eine ausgebildete Übersetzerin mit Deutsch als Muttersprache, stößt bei ihrer Übersetzungsarbeit auf folgenden Text: (9) Kein Stück Brechts hatte es je geschafft, zum eisernen Bestand dieses konservativen Theaters zu gehören G. kennt zwar iron ration; eine Übersetzung mit diesem Ausdruck kommt ihr aber nicht angemessen vor, denn als erfahrene Übersetzerin weiß sie, daß der militärische Bereich im Englischen nicht in der gleichen Weise als Bildspenderbereich dient wie im Deutschen. Als erfahrene Wörterbuchbenutzerin weiß sie auch, daß man in einer Problemsituation wie der gerade skizzierten nach einem Äquivalent des gesamten Ausdruckes suchen muß. Ist sie eine kundige Benutzerin des Wörterbuches, in dem wa3o steht, dann schlägt sie unter Bestand nach und greift nach der Auffindung des Lemmas sofort auf Adj. zu. Der gesamte vor dem SSKo.Adj stehende Teil von wa30 braucht sie nicht zu interessieren, weil hier nichts stehen kann, was sie sucht.
Dieses Beispiel zeigt ebenfalls deutlich, welche Zugriffsvorteile Wörterbuchartikel bieten, die gemischt-semiintegrierte Mikrostrukturen aufweisen. - Zu den anhand der beiden letzten Beispiele gezeigten Zugriffsvorteile kommen alle die, welche bereits unter 4 anhand von wa29 diskutiert wurden (vgl. dort (i) bis (v)), denn diese gelten auch für zweisprachige Wörterbuchartikel. Die wichtigsten Eigenschaften von langen zweisprachigen Wörterbuchartikeln, die - wie wa3o - eine (einfach) architektonisch ausgebaute, einfache gemischt-semiintegrierte Mikrostruktur aufweisen, seien nachfolgend zusammenfassend genannt. Der Kommentar zur Form und Semantik (KFS) ist zweigeteilt. Auf der Basis einer semasiologischen Analyse des Lemmazeichens (bei der möglichst kontrastive Aspekte zu berücksichtigen sind) ist der erste Teil integriert gearbeitet und besteht aus η semantischen Subkommentaren (mit η > 2). Pro SSK gibt es wenigstens eine ausgangssprachliche Bedeutungsparaphrasenangabe (BPA) zum Lemmazeichen, m zielsprachliche Äquivalentangaben (m > 1) sowie eine deutsche und zugehörige übersetzte Kompetenzbeispielangabe, aus der ein Satz erschließbar ist (d-ü.KBeiA.S). Der Satz muß eine freie Konstruktion und seine Übersetzung (auf der Basis der regulären Lexik- und Grammatikkenntnisse) vorhersagbar sein. Derjenige Teil des Mikrostrukturenprogramms, der fur die SSK zuständig ist, kann geringfügig reichhaltiger sein als gerade vorausgesetzt (vgl. wa3o). Der zweite Teil des Kommentars zur Form und Semantik ist nichtintegriert gearbeitet. Ohne Rücksicht auf die Bedeutung werden alle lexikographisch zu bearbeitende Kotexte mit dem Lemmazeichen (bes. Kollokationen, Phraseme aller Art und sonstige besondere und unter kontrastiven Aspekten schwierige Kotexte) zunächst nach einem formbezogenen System von
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Kotextklassen (oder: Beispielklassen; vgl. PAN ZAIPING/WIEGAND 1995) geordnet. Im Sinne von HAUSMANN (1988, 142) wird also nach dem „kategorialen Prinzip" verfahren. Die maximale Zahl der semantischen Subkommentare zum Kotext richtet sich nach der Anzahl der jeweils gewählten Kotextklassen.30 Innerhalb der semantischen Subkommentare zum Kotext wird nach dem relevanten Kotextpartner alphabetisch geordnet. Im SSKKo.Präp kann eine zweite alphabetische Ordnung eingeführt werden: geordnet wird nach dem ersten nennlexikalischen Ausdruck, der auf die Präposition folgt, so daß ein formales Kriterium gilt. (Z.B. ~ an abgeschlossenen Bausparverträgen B a u s p a r k , business portfolio | ~ an Arbeitskräften manpower resources | ~ an Aufträgen orders on hand \ ~ an Bargeld cash in hand \ ~ an Devisen foreign-exchange reserve \ ~ an Diskonten U S discount holdings; bills discounted \ ~ an Effekten B i l a n z securities in hand | ~ an eigenen Aktien US treasury stock; treasury shares \ ~ an eigenen Wertpapieren treasury securities | ~ an Fabrikaten parts inventory | usw.) Alle Kotextangaben (außer: KoA.Phras und A.PhrasKo) sind durch die Anwendung der Methode der formalen Skopusfestlegung in den indirekten textuellen Skopus einer Bedeutungsangabe im integriert gearbeiteten Teil gestellt. Die Artikel sind intern biakzessiv, weisen eine glatte innere Schnellzugriffsstruktur sowie pro SSKKo mindestens eine nachgeordnete geschlängelte Schnellzugriffsstruktur auf. Der Formkommentar sowie alle semantischen Subkommentare bilden jeder genau einen Textblock und einen Suchbereich. Zweisprachige Artikel der charakterisierten Art sind - was ihre artikelinterne Ordnung und ihre Zugriffseigenschaften betrifft - allen mir bisher bekannt gewordenen langen zweisprachigen Wörterbuchartikeln überlegen. Dies gilt unabhängig davon, ob solche Artikel in einem extern monoakzessiven A/Z Wörterbuch oder in extern polyakzessiven A/Z-Wörterbuch mit Z'Register oder mit Z'/A'-Register steht. Lediglich das Datenangebot im Mikrostrukturenprogramm kann jeweils leicht verschieden sein.
7
Ausblick
In diesem Beitrag habe ich mich ausdrücklich gegen die praxisferne Forderung gewandt, daß für jedes Sprachenpaar vier zweisprachige Wörterbücher erforderlich sind und natürlich die extremste Gegenposition bezogen, die in der Auffassung besteht, daß für jedes Sprachenpaar ein allgemeines zweisprachiges Wörterbuch, das extern polyakzessiv und polyfunktional ist, im Prinzip ausreicht. Ein solches Wörterbuch müßte natürlich, was die Größenklasse angeht, ein Großwörterbuch sein. Daß ein solches Wörterbuch, das komfortabel benutzbar ist, systematisch konstruiert werden kann und machbar ist, ist für mich keine Frage. Ebenso genau weiß ich jedoch, daß man sich mit dem Gedanken, daß es für ein Sprachenpaar nur ein Wörterbuch geben soll, in den kommerziellen Werkstätten der zweisprachigen Lexikographie nicht anfreunden wird. Ich bitte daher zu beachten: Nirgends wurde hier gefordert, daß Lexikographen entsprechend verfahren sollen, sondern es ging vielmehr darum, ausschnittsweise auf der lexi30 Die Fesüegung dieser Kotextklassen ist unter Umständen unter Berücksichtigung kontrastiver Aspekte vorzunehmen. Neun Kotextklassen (wie in den VAN-DALE-Wörterbüchern, vgl. dazu HAUSMANN 1988, 14 Iff.) sind m.E. zu viel. Eine zu große Differenzierung belastet den Benutzer, da u.a. das wörteibuchspezifische metalexikographische Wissen, das zur erfolgreichen und optimalen Benutzung benötigt wird, zu umfangreich ist. Man lese z.B. einmal die Anordnungsvorschriften im CEGD 1983. Hier werden keine Zugriffshilfen, sondern „Zugriffsbelastungen" gegeben. M.E. reichen z.B. im Sprachenpaar Deutsch-Englisch 5 Klassen aus: Kotexte mit Sub., mit V., mit Adj./Adv., mit Präp. und eine Restklasse.
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Herbert Emst Wiegand
kographietheoretischen Ebene zu zeigen, daß die Forderung nach vier (oder gar acht) zweisprachigen Wörterbüchern keineswegs notwendigerweise aus lexikographietheoretischen Überlegungen abgeleitet werden muß. Vielmehr lassen sich aus einer wirklich voll entwickelten Theorie zweisprachiger Wörterbücher, je nach bewußter Gestaltung des Benutzerbezugs, jeweils verschiedene Wörterbuchkonzepte für allgemeine zweisprachige Wörterbücher ableiten. Mit den hier bereitgestellten theoretischen Kategorien und methodischen Möglichkeiten kann z.B. auch ein Konzept entwickelt werden, das für jedes Sprachenpaar zwei allgemeine zweisprachige Wörterbücher, die polyfunktional sind, vorsieht, z.B.: (i) ein dt.-engl. Wörterbuch für Benutzer mit Deutsch und für solche mit Englisch als Muttersprache (ii) ein engl.-dt. Wörterbuch für Benutzer mit Englisch und für solche mit Deutsch als Muttersprache.
Das Wörterbuch (i) kann die aktiven Funktionen fur Benutzer mit Deutsch und die passiven Funktionen fur Benutzer mit Englisch als Muttersprache vollständig aufweisen. Und Entsprechendes gilt für das Wörterbuch (ii): es kann die aktiven Funktionen für Benutzer mit Englisch und die passiven Funktionen für Benutzer mit Deutsch als Muttersprache vollständig aufweisen. Mit dem Konzept der gemischt semiintegrierten Mikrostrukturen können beide Wörterbücher benutzungsfreundlich gestaltet werden (vgl. WIEGAND 1994, 1995a und 1995b). Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen kann außerdem modifiziert werden, wenn in zweisprachigen Wörterbüchern eine Lernkomponente vorgesehen ist. Die allgemeine zweisprachige Lexikographie mit Deutsch ist (insgesamt gesehen) in keinem besonders guten Zustand. Dies betrifft besonders die Wörterbuchform, und zwar vor allem die Präsentation und Verteilung der Textdaten und die „Gesamtanlage". Obwohl ich allgemeine zweisprachige Wörterbücher mit Deutsch und über 70 Partnersprachen durchgesehen habe, ist mir nirgends eine durchgehend benutzergerechte Anlage eines zweisprachigen Wörterbuches begegnet. Dafür aber oft ein in erschreckender Weise falsches Deutsch, Tausende von Wörtern und Redewendungen, die veraltet sind (bzw. die in den besten einsprachigen Wörterbüchern des gegenwärtigen Deutschen nicht gebucht sind; vgl. WlEGAND 1995e) und fast nirgends eine ausgewogene lexikographische Abdeckung, was den deutschen Wortschatz seit 1960 angeht. Hier ist die Wörterbuchforschung gefordert. Sie hat die Aufgabe, den Finger auf die lexikographischen Wunden zu legen. Die dringend erforderliche Wörterbuchkritik im Bereich der zweisprachigen Lexikographie sollte sich aber stets mit realisierbaren Vorschlägen für die Verbesserung der zweisprachigen Wörterbücher verbinden, die nicht lediglich ad-hoc-Vorschläge, sondern wörterbuchtheoretisch fundiert sind.
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Das Konzept der semiintegrierten Mikrostrukturen
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Herbert Ernst Wiegand
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59).
Herbert Ernst Wiegand, Germanistisches Seminar, Hauptstr. 207-209, 69] 17 Heidelberg
Ingrid Lemberg Die Belegexzerption zu historischen Wörterbüchern am Beispiel des FRÜHNEUHOCHDEUTSCHEN WÖRTERBUCHES u n d d e s D E U T S C H E N RECHTSWÖRTERBUCHES
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Die Belegexzerption in Theorie und Praxis Was kann und was sollte eine gute Belegexzerption leisten? 3 Wie exzerpiert man? 3.2.1 Formatsensitive Belegtextausschnitte 3.2.2 Das Ansetzen eines Belegtextschnittes
3.2.3 Auslassungen innerhalb eines Belegzitates 3.2.4 Belegtextverständnisförderade Konunentierungen 4 Schluß 5 Literatur
1 Die Belegexzerption in Theorie und Praxis 1.1 Der Autor eines historischen Wörterbuches ist für seine Erkenntnisgewinnung auf ein Corpus angewiesen, das ihm all diejenigen Sprachdaten und Sachinformationen liefert, die er zum Abfassen der Wörterbuchartikel benötigt. Die für eine Lexikographie der Gegenwartssprache gegebene Möglichkeit der Informantenbefragung bzw. der Introspektion entfällt ganz. Die Qualität der Wörterbuchartikel wird dabei im Wesentlichen bestimmt a) durch die Zusammensetzung des Corpus, b) durch die Dichte und Qualität der Exzerption dieses Corpus sowie c) durch die Kompetenz des Lexikographen. Das Kernstück lexikographischer Arbeit ist es, aufgrund der Belege zu einem Wort eine oder mehrere Bedeutungen anzusetzen und diese gegeneinander abzugrenzen, indem man Bedeutungserläuterungen formuliert. Dies geschieht in mehreren Arbeitsgängen, in denen die Belege gelesen, auf die in ihnen enthaltenen sprachlichen und gegebenenfalls sachlichen Informationen hin geprüft, analysiert und interpretiert werden.1 Dabei ist die Qualität der Belege eine wesentliche Voraussetzung für ihre lexikographische Weiterbearbeitung und damit auch für die Qualität der Wörterbuchartikel. Die Qualität der Belegexzerpte und die Frage nach der Leistungsfähigkeit eines guten Belegarchives sowie die Frage nach Methoden und Verfahren einer guten Belegexzerption sind Gegenstand dieser Untersuchung.2
1
2
Eine Beschreibung dieser lexikographischen Praxis gibt REICHMANN 1990a, 247ff.: in einem Orientiemngsgang liest der Lexikograph das gesamte Belegmaterial zu einem Wort ein oder mehrere Male durch, um sich einen Überblick über die Gebrauchsweise eines Wortes und damit Uber die Strukturiening der Gesamtbedeutung zu verschaffen (S. 247). In einem zweiten Arbeitsschritt, dem Sortierungsgang, sortiert der Lexikograph die Belege; das Ergebnis ist eine vorläufige Gliederung des Materials (S. 248). In einem dritten Arbeitsschritt, dem Begründungsgang, werden die zuvor getroffenen Zuordnungen „nach den strukturellen und pragmatischen Regelsystemen, die sich aus den Belegen für ein Wort erschließen lassen", überprüft und gegebenenfalls korrigiert (S. 253f.). Damit behandle ich eine qualitative Fragestellung der lexikographischen Datenerhebung, deren Gesamtproblematik REICHMANN 1990b, 1603 wie folgt zusammenfaßt: „Die Datenerhebung steht vor dem quantitativen Problem, wie umfänglich ein Corpus und wie hoch die Anzahl der daraus gewonnenen Belege sein muß, damit die gesetzten Vollständigkeitsforderungen erfüllt werden, und vor dem qualitativen Problem, wie ein Corpus zusammengesetzt sein und wie es exzerpiert werden muß".
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Ingrid Lemberg
1.2 Trotz der zentralen Stellung und Funktion der Belegexzerption findet sich in der umfangreichen Forschungsliteratur zur lexikographischen Datenerhebung keine exzerptionsmethodische Untersuchung. Dies läßt sich am ehesten von der lexikographischen Praxis her begründen: erst beim Schreiben von Wörterbuchartikeln kann man die Qualität der Belege beurteilen und damit kann man auch erst zu diesem Zeitpunkt des lexikographischen Prozesses Verbesserungsvorschläge machen, zu einem Zeitpunkt also, der bei Langzeitprojekten unter Umständen erst Jahrzehnte später eintritt. Darüber hinaus spiegelt sich wohl in dieser Vernachlässigung von exzerptionsmethodischen Fragestellungen in der Forschungsliteratur die lange vorherrschende Meinung der Praktiker, die Exzerption der Belege zähle zu denjenigen Forarbeiten, die man willigen Helfern überlassen könne.3 1.3 Im ersten Teil dieser Untersuchung werde ich darstellen, was eine gute Belegexzerption leisten kann und was sie auch leisten sollte, um dem Lexikographen beim Abfassen der Wörterbuchartikel bestmögliche Analyse- und Interpretationsvoraussetzungen zu liefern. Im zweiten Teil versuche ich anhand von einigen Beleganalysen herauszuarbeiten, wie ein Text exzerpiert werden muß, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Die Belegbeispiele stammen alle aus meiner eigenen lexikographischen Praxis am FRÜHNEUHOCHDEUTSCHEN WÖRTERBUCH und a m DEUTSCHEN RECHTSWÖRTERBUCH.
2 Was kann und was sollte eine gute Belegexzerption leisten? Ausgehend von der Konzeption und dem Beschreibungsanliegen der beiden Wörterbücher soll in diesem Kapitel eine Übersicht über deren jeweilige Informationspositionen gegeben werden, um auf dieser Grundlage eine systematische Zusammenstellung der einzelnen lexikographischen Handlungen einmal auf der Ebene der Wörterbuchartikelbearbeitung und zum anderen auf der Ebene der Corpusbearbeitung, also der Exzerption, zu geben. Anhand dieser Gegenüberstellung sollen die Leistungsmöglichkeiten einer Belegexzerption erläutert und diskutiert werden. 2.1 Das FROHNEUHOCHDEUTSCHE WÖRTERBUCH (FWB) ist ein semasiologisches Sprachstadienwörterbuch zum Wortschatz des Frühneuhochdeutschen. Jeder Wörterbuchartikel besteht aus einem Artikelkopf, einem Erläuterungsteil und einem Belegteil (bei polysemen Wörtern aus entsprechend mehreren Erläuterungs- und Belegteilen). Für den Artikelkopf sind folgende Informationspositionen4 vorgesehen: auf das Lemma folgen Angaben zur Wortart und zur Flexionsmorphologie, sowie gegebenenfalls die Angabe von Wortvarianten, Hinweise zur Etymologie und Symptomwertangaben (soweit diese sich auf das Wort als Ganzes beziehen); bei hochgradig polysemen Wörtern findet man noch Hinweise auf die Gliederungslogik. Der Erläuterungsteil setzt sich zusammen aus der Angabe der Bedeutung, die durch sachgeschichtliche Erläuterungen sowie entsprechende Literaturhinweise ergänzt werden kann, aus Angaben zur Phrasematik, zu Symptomwerten und zur Onomasiologie sowie aus einem Syntagmenteil und 3
4
Die Entstehung des Belegarchives des DEUTSCHEN RECHTSWÖRTERBUCHES scheint prototypisch. Schon allein die Bezeichnung der Exzerptionstätigkeit als „Verzetteln" (so z.B. VON KÜNABERG in seinem Vorwort zum ersten Band des DRW, vgl. unten Anm. 22) weist auf die Einschätzung der Exzerption als einer eher mit verfahrenstechnischen Problemen belasteten Arbeitseinheit denn als wissenschaftliche Leistung hin; so auch HAB-ZUMKEHR 1 9 9 5 , 3 7 6 zur Exzerption des DWB.. Zu weitaus detaillierteren Segmentierungsmöglichkeiten der Wörterbuchartikel des F W B vgl. WIEGAND 1991.
Die Belegexzerption zu historischen Wörterbüchern
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aus Angaben zur Wortbildung. Im Belegteil sollen möglichst viele Belegzitate die Nuancierungen eines Wortgebrauchs dokumentieren. Im Anschluß an den Zitatenteil folgen Belegstellenangaben sowie Literaturhinweise. Zu jeder einzelnen dieser vorgesehenen Informationspositionen5 ist ein lexikographischer Kommentar möglich. Die praktische Wörterbucharbeit des Herausgebers und Bearbeiters der ersten beiden Bände des FWB, OSKAR REICHMANN, wurde und wird von ihm fortlaufend von lexikographietheoretischen Arbeiten zu Einzelfragen der historischen Lexikographie begleitet.6 2.2 Im folgenden Schaubild finden wir in der linken Spalte die Auflistung der Informationspositionen des FWB in der Reihenfolge, wie sie auch im Wörterbuchartikel stehen.7 Das Schaubild soll, von links nach rechts gelesen, einen Überblick darüber vermitteln, welche lexikographischen Handlungen auf der Ebene der Artikelbearbeitung und welche lexikographischen Handlungen auf der Exzerptionsebene die inhaltliche Füllung dieser Informationspositionen ermöglichen. Aufgrund dieses Ordnungsschemas mit der linken Spalte als Bezugsgröße ergeben die Auflistungen in der mittleren und rechten Spalte jeweils fur sich allein von oben nach unten gelesen lediglich eine Zusammenstellung einzelner lexikographischer Handlungen, die in der Praxis des Artikelschreibens und der Exzerption aber nicht notwendigerweise in dieser Abfolge ausgeführt werden. Konzeptioa/ArtikelpositioH
Bearbeitung des Wörterbuchartikel*
Exzerption
Entscheidung darüber, ob ein Beleg exzerpiert wird oder nicht Identifizierung einer bestimmten Angabe des Lemmas Konstruktion des Lemmaansatzes Buchstabenkette als zu exzerpierenund die damit einhergehende Entscheidung über die Einheit des Wor- des Wort tes Angabe von Wortvarianten Identifizierung einer bestimmten Verifizierung einer Variante; Entscheidung über ihre Behandlung im Buchstabenkette als zu exzerpierendes Wort Artikel Hinweise zur Etymologie Identifizierung des Etymons eines Vorschläge zu einer etymologischen Wortes Zuordnung Bestimmung der Wortart des BelegAngaben zur Wortart Beschreibung der Wortart für alle Belege wortes Flexionsmorphologische Anga- Bestimmung und Beschreibung des Bestimmung der flektierten Form Flexionsmusters ben des Belegwortes Bedeutungserläuterung Ansetzen einer Systembedeutung Bestimmung der Belegbedeutung (parole-Status) (langue) auf der Basis der Belege mit ihren jeweiligen belegstellenspezifischen Bedeutungen; Formulierung der Bedeutungserläuterung Kulturgeschichtliche Informatio- Beschallung von Sachwissen; ErErkenntnis, daß Sachwissen für das nen und Literaturhinweise gänzung der Bedeutungserläuterung Verständnis des Beleges nötig ist
5 6 7
Nicht bei jedem Wörteibuchartikel ist es möglich, alle Informationspositionen zu füllen. Man vgl. Minimalartikel wie z.B. palmenstaude oder bärhafte. Eine Zusammenstellung dieser Publikationen findet sich im FWB, Bd. 1, S. VIII f.; diese Publikationsliste wird in Bd. 2, S. VII f. weitergeführt. Eine Abweichung von dieser Reihenfolge ist unter Umständen möglich.
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Ingrid Lemberg Konzeption/Artifcelposition
Angabe von Phrasemen Symptomwertangaben
Onomasiologische Angaben
Syntagmenangaben Angaben von Wortbildungen Angaben von Belegen und Belegstellen
Bearbeitung des WQrterixtchartikeb Lexikographische Beschreibung der Phraseme Auswertung und Beschreibimg der Symptomwertangaben für alle Belege Entscheidung über den Ansatz von bedeutungsverwandten Wörtern; Herstellung der onomasiologischen Vernetzung Entscheidung über den Ansatz von Syntagmen und ihre Formulierung Entscheidung über die Lexikalisierung von Wortbildungen Auswahl der Belege und wörterbuchgerechte Verarbeitung
Exzerption Beurteilung der Phraseologisierung lexikalischer Einheiten im Belegtext Datierung und Lokalisierung des Belegwortes Bestimmung von bedeutungsverwandten Wörtern im Belegtext
Bestimmung syntagmati scher Grundformen Beurteilung des Lexikalisierungsgrades eines Belegwortes Formal exakte Angaben von Belegen; Festlegung des Belegtextausschnittes; Ergänzungen zum Belegtextausschnitt
Hinweise auf die Häufigkeit von Ausweitung des Belegmatenals Wörtern und Worteigenschaften Lexikographischer Kommentar Entscheidung über die Notwendigzu Eigenschaften des Wortes keit eines lexikographischen Kommentars Abb. 1: Die Informationspositionen im FWB und die entsprechenden lexikographischen Handlungen beim Schreiben eines Wörterbuchartikels und beim Exzerpieren 2.3 Das DEUTSCHE RECHTSWÖRTERBUCH (DRW) ist ein alphabetisch geordnetes, gesamtsystembezogenes und einzelsprachenübergreifendes, diachronisches, fachliches Sprachwörterbuch mit Elementen eines fachlichen Sachwörterbuches.8 Sein Beschreibungsgegenstand ist der Wortschatz der älteren westgermanischen Rechtssprache von den Anfängen ihrer Überlieferung im 6. Jh. bis zum Beginn des 19. Jhs. Der Artikelkopf enthält neben dem Lemma und der Bestimmung der Wortart Hinweise zur Etymologie, Angaben von Varianten (gegebenenfalls mit ihrer entsprechenden sprachgeographischen oder diachronischen Zuordnung), Wortbildungshinweise, Sachhinweise sowie Verweise auf Artikel mit ähnlichem Gliederungsspektrum. Die Artikelgliederung trägt dem sprachlichen und sachlichen Informationsanliegen der DRW-Benutzer insofern Rechnung, als sie nicht immer nach rein semantischen Kriterien erfolgt.9 Entsprechend bestehen die Erläuterungsteile bei semantischem Gliederungsprinzip aus Bedeutungsangaben (bei Bedarf ergänzt durch enzyklopädische Informationen), bei sachlichem Gliederungsprinzip aus enzyklopädischen Angaben. Verweise zur Onomasiologie und zur sachlichen Vernetzung stehen entweder im Artikelkopf oder in einem Gliederungspunkt. Syntagmatische Angaben sind nur bei besonderen Wendun-
8 9
Zu diesen Klassfizierungen vgl. REICHMANN 1984, 469; die Konzeption des D R W wird erläutert bei SPEER 1989; 1991. Ein rein sachliches Gliederungsprinzip liegt dem Artikel Meineid zugrunde; als Beispiel für eine sprachlich-sachliche Mischgliederung sei auf den Artikel Morgengabe verwiesen.
Die Belegexzerption zu historischen Wörterbüchern ...
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gen, Kollokationen oder phrasematischen Verbindungen vorgesehen. In einem umfangreichen Belegblock kommt den rahmenkennzeichnenden Belegen 10 eine besondere Funktion zu. 2.4 Für das folgende Schaubild gelten die in Abschnitt 2.2. genannten Regeln: Konzeption/Artikelposition
Bearbeitung des W8rterbitchartiketa
Exzerption Entscheidung darüber, ob ein Wort bzw. ein Beleg exzerpiert wird oder nicht Identifizierung einer bestimmten Buchstabenkette als zu exzerpierendes Wort
Angabe des Lemmas
Entscheidung über den Lemmaansatz und die damit einhergehende Entscheidung über die Einheit des Wortes
Wortvarianten
Verifizierung einer Variante; EntIdentifizierung einer bestimmten scheidung über ihre Behandlung im Buchstabenkette als zu exzerpierenArtikel des Wort Identifizierung des Etymons eines Vorschläge zu einer etymologischen Wortes Zuordnung
Hinweise zur Etymologie Angaben zur Wortart Wortbildungsmorphologische Angaben Bedeutungserläuterung
Sach- und rechtsgeschichtliche Informationen und Literaturhinweise Onomasiologische Angaben
Enzyklopädische Vernetzung Syntagmatische Angaben Angaben von Belegen und Belegstellen
Angabe von Verweisbelegen Abb. 2:
Bestimmung der Wortart Bestimmung der wortbildungsmorphologischen Zugehörigkeit Ansetzen einer Systembedeutung (langue) auf der Basis der Belege mit ihren jeweiligen belegstellenspezifischen Bedeutungen; Formulierung der Bedeutungserläuterung Beschaffung von Sachwissen; Ergänzung der Bedeutungserläuterung
Bestimmung der Wortart Vorschläge zur wortbildungsmorphologischen Zugehörigkeit Bestimmung der Belegbedeutung (parole-Status)
Entscheidung über den Ansatz von bedeutungsverwandten Wörtern; Herstellung der onomasiologischen Vernetzung Ermittlung ähnlicher Rechtsinstitute, Strafmaße, Rechtssysteme usw. Entscheidung über den Ansatz dieser Angaben und ihre Formulierung Auswahl der Belege und wörterbuchgerechte Verarbeitung
Bestimmung von bedeutungsverwandten Wörtern im Belegtext
Erkenntnis, daß Sachwissen für das Verständnis des Beleges nötig ist
Bestimmung kollokativer oder phrasematischer Einheiten aus dem Text Formal exakte Angaben von Belegen; Festlegung des Belegtextausschnittes; Ergänzungen zum Belegtextausschnitt; Datierung und Lokalisierung eines Beleges
Suchen und Auswählen der Verweisbelege
Die Informationspositionen im DRW und die ihnen entsprechenden lexikographischen Handlungen beim Schreiben eines Wörterbuchartikels und beim Exzerpieren
10 Siehe unten Abschnitt 3.2.2. die Ausführungen zu Beispiel 6.
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Ingrid Lemberg
2.5 Die beiden Abbildungen zeigen, daß es sowohl beim FWB als auch beim DRW zu nahezu jeder Informationsposition des Wörterbuchartikels bzw. zu jeder einer Informationsposition entsprechenden lexikographischen Handlungseinheit beim Abfassen eines Wörterbuchartikels auch eine entsprechende Handlungseinheit in der Bearbeitungsphase der Exzerption gibt. Eine Handlungseinheit im Rahmen der Exzerption entfällt beim FWB zu den Informationspositionen Hinweise auf die Häufigkeit von Wörtern und Worteigenschaften sowie Lexikographischer Kommentar zu Eigenschaften des Wortes, beim DRW zu den Artikelpositionen Enzyklopädische Vernetzung und Angabe von Verweisbelegen, und damit zu Fragestellungen, die entweder eine Auswertung des gesamten Belegmaterials zu einem Wort erfordern oder in die Makrostruktur des Wörterbuches gehen. 2.5.1 Mit dieser Darstellung dürfte hinreichend verdeutlicht sein, daß die Exzerption zu historischen Wörterbüchern keineswegs zu den Hilfsarbeiten etwa in Form von Verzettelungsaktionen11 zu zählen ist, die jeder leisten kann, der eine gewisse Lesekompetenz für historische Texte besitzt. Exzerption ist vielmehr eine wissenschaftliche Tätigkeit, die neben einer ausgeprägten Verstehenskompetenz für historische Texte ein umfangreiches philologisches und linguistisches Wissen erfordert sowie die Fähigkeit, dieses Wissen in der Praxis anzuwenden. Man muß aktiv über die historische Grammatik verfügen, man muß die Editionsprinzipien historischer Texte kennen, man muß mit den Methoden zur Datierung und Lokalisierung von Texten vertraut sein, man muß etymologische Recherchen anstellen können, man muß Texttraditionen kennen, um die Texte eines Autors in der kommunikativen Situation seiner Zeit zu verstehen, man muß mit den Methoden zur Bedeutungserschließung in historischen Texten umgehen können, man muß gutes sach- und kulturgeschichtliches Hintergrundwissen haben bzw. muß wissen, wie und wo man sich dieses rasch verschaffen kann, usw. 2.5.2 Die beiden Abbildungen zeigen auch, daß Exzerption wörterbuchspezifisch verlaufen sollte.12 Wörterbuchspezifisch heißt in diesem Fall: die Quellen sollten so exzerpiert werden, daß eine optimale Auffüllung der einzelnen Informationspositionen des Wörterbuchartikels erfolgen kann.13 Dies geschieht einmal durch die Wahl des Belegtextausschnittes14 und zum anderen durch explizite Angaben, die der Exzerpierende auf dem Exzerptzettel macht. Diese zusätzlichen Angaben sollten wiederum möglichst genau auf den Bedarf zugeschnitten sein: eine systematische Herauslösung und Formulierung von Syntagmen, wie dies bei der Exzerption für das FWB vorgesehen ist,15 hat dann wenig Sinn, wenn, wie beim DRW, im Rahmen von syntagmatischen Angaben nur die Angaben von „besonderen Wendungen"16 und phrasematischen Verbindungen explizit erfolgen. 2.5.3 Die in beiden Abbildungen immer wiederkehrende Formulierung „Bestimmung von [...] aus dem Text" bzw. „aufgrund besserer Textkenntnisse" zeigt bereits, in welcher Weise der Exzerpierende bei seiner Tätigkeit gegenüber dem Lexikographen, der basierend auf einem Belegarchiv Wörterbuchartikel schreibt, einen Wissensvorsprung hat: während der Lexikograph für seine Analysen und Interpretationen auf die Belege angewiesen ist und somit für die 11 12 13 14 15 16
Vgl. dazu oben Anm. 3. Vgl. dazu unten Abschnitt 3.2.2., Beispiel 3. Wobei nicht jeder Textbeleg alle Informationspositionen auffüllen kann. Dazu vgl. unten Abschnitt 3.2.2. Vgl. dazu die Abbildung 4 in Abschnitt 2.8. Man vgl. als Beispiel den Artikel 2mahlen 2.
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Bearbeitung eines Wortes punktuell, nämlich in Form der ihm vorliegenden Belegzitate, in viele verschiedene Texte einsteigt, arbeitet sich der Exzerpierende für viele verschiedene Wörter durch einen Text hindurch, liest ihn in vielen Fällen vollständig - und kann sich so eine viel detailliertere Verstehenskompetenz und ein viel detaillierteres philologisches und auch enzyklopädisches Wissen aneignen, als dies dem Lexikographen zum Zeitpunkt der Artikelbearbeitung möglich ist. Die Nachteile dieses Exzerptionsverfahrens sind offenkundig: der Exzerpierende wird im Laufe seiner Arbeit zu einem so guten Kenner seines Textes, daß sich zwangsläufig eine gewisse Betriebsblindheit einstellt. Diese äußert sich z.B. darin, daß man beim Exzerpieren oft nicht mehr entscheiden kann, ob der gewählte Belegtextausschnitt die Bedeutung eines Wortes tatsächlich hinreichend dokumentiert, oder ob, und wenn ja, inwieweit die Kenntnis des Gesamttextes darüber hinwegtäuscht, daß eine andere Person, die über diese Gesamttextkenntnis nicht verfugt, mit dem gewählten Textausschnitt Verstehensprobleme hat. 2.6 Die Formulierung der Überschrift dieses Kapitels als Frage deutet bereits an, daß es sich bei den Abbildungen 1 und 2 um idealisierte Darstellungen dessen handelt, was Exzerption maximal leisten kann. Dieses Ideal ist nun in Bezug zu setzen mit dem pragmatischen Rahmen, innerhalb dessen die Exzerption zu einem Wörterbuch erfolgt. Als Berechnungsgrößen dieses pragmatischen Rahmens seien Wörterbuchumfang, Zeitplan sowie die zur Verfugung stehenden Personal- und Sachmittel genannt. Die lexikographische Praxis am DRW und am FWB soll als Beispiel fur zwei völlig unterschiedliche Exzerptionsverfahren dienen. 2.7 Im Jahr 1900 veröffentlichte die 1896 von der philosophisch-historischen Klasse der Königlichen Preußischen Akademie der Wissenschaften gewählte und mit der „Herstellung eines wissenschaftlichen Wörterbuches der deutschen Rechtssprache" 17 beauftragte Kommission in der Zeitschrift für deutsche Rechtsgeschichte18 einen „Aufruf zur Mitarbeit an einem Wörterbuche der deutschen Rechtssprache" 19 . Aufgerufen waren „alle, die etwa in der Lage sind, dem grossen nationalen Werke ab und zu eine freie Stunde zu widmen [...] entweder eine bestimmte Aufgabe zu übernehmen oder doch wenigstens, wenn ihnen anlässlich ihrer Arbeiten [...] wichtige oder seltene Rechtsausdrücke und Wortverbindungen vor Augen kommen, die betreffende Quellenstelle fur das Rechtswörterbuch auszuziehen" Der Aufruf verfehlte seine Wirkung nicht, die Exzerptionsarbeiten nahmen einen „gedeihlichen und gesteigerten Fortgang", wie das Komissionsmitglied HEINRICH BRUNNER im nächsten Jahrgang der Z R G mitteilte. 21 1932 zieht EBERHARD FREIHERR VON KÜNABERG in seinem V o r w o r t zum ersten Band des
DRW das Fazit dieser ersten Exzerptionsphase: bis zu diesem Zeitpunkt waren von rund 250
17 ZRG2 Germ. 18, 1897, S. 211. 18 Vgl. Literaturverzeichnis. 19 ZRG2 Germ. 21, 1900, S. 365. Bis zu diesem Zeitpunkt waren von 70 - ebenfalls freiwilligen - Helfern rund ISO gedruckte Rechtsquellen exzerpiert worden. Der weitaus größere Teil der Exzerptionsleistung stand noch aus: das Quellenverzeichnis des DRW umfaßt heute ca. 7 800 Titel und damit eine erheblich höhere Anzahl von Buchbindereinheiten. 20 Ebd. S. 365 f. 21 ZRG2 Germ. 22, 1901, S. 460.
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Abb. 3:
Ingrid Lemberg
Exzerptzettel aus dem Archiv des DRW
Exzerpierenden22 über eine Million Belegzettel in das Archiv der Arbeitsstelle in Heidelberg gelangt. Die eingegangenen Belege wurden von den ständigen Mitarbeitern lemmatisiert und in alphabetischer Reihenfolge abgelegt. Ab diesem Zeitpunkt verlagerte man den Schwerpunkt der Arbeiten auf das Abfassen der Wörterbuchartikel. Die Exzerption, die in zunehmendem Maße durch die wissenschaftlichen Mitarbeiter des DRW erfolgte, wurde bis in die siebziger Jahre fortgesetzt;23 von da an verzichtete man auf eine weitere Vergrößerung des Belegarchives zugunsten einer Beschleunigung der Artikelarbeiten und einer kontinuierlichen Publikation der Wörterbuchlieferungen im Rahmen eines zu diesem Zeitpunkt erstellten Publikationsplanes.24 Das Belegarchiv des DRW enthält heute rund 2,5 Millionen Exzerptzettel. Die Qualität dieser Exzerpte ist unterschiedlich. Uneinheitliche Quellenabkürzungen haben eine langwierige Suche nach der richtigen Quelle zur Folge, das Auffinden des Belegzitates wird durch Variationen der Zitierweisen, z.B. einmal nach Seite, dann wieder nach Artikel, erschwert, die DatieLaut v. KÜNABERG waren es zum größten Teil „Studenten und Studentinnen [...] Außerdem haben sich an dem Verzetteln auch Altere, Doktoren, Professoren, Archivbeamte, Lehrer und geschichts- und sprachkundige Laien aller Stände beteiligt" (DRW I, Vorwort S. XIII). 23 Eine systematische Aufarbeitimg der Geschichte des DRW und damit auch der Entstehung seines Belegarchives gibt es noch nicht. Auch sind im Archiv des DRW keine geordneten Aufzeichnungen über Exzerptionspläne, Zusammenstellung des Corpus o.ä. erhalten. Die einzige zuverlässige Quelle zur Erschließung dieser Frage ist die Zeitschriß für Rechtsgeschichte, soweit nicht etwa im Archiv der jetzigen BerlinBrandenburgischen Akademie der Wissenschaften noch Unterlagen vorhanden sein sollten. Dies konnte von mir in dem zeitlichen Rahmen dieser Untersuchung nicht überprüft werden. 2 4 Ausführungen dazu bei DICKEL/SPEER 1 9 7 9 . 22
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rung muß überprüft oder überhaupt erst vorgenommen werden, die Belegzitate sind häufig unzureichend, in einem großen Teil der Fälle fehlen sie ganz, so daß der Leiter des D R W , H E I N O SPEER, das Belegarchiv als ein mit Belegzitaten angereichertes Fundstellenverzeichnis qualifiziert. 25 Ein besonders signifikantes Beispiel eines Belegexzerptes sei zur Veranschaulichung in Abb. 3 wiedergegeben. Für die lexikographische Praxis am DRW hat dies zur Folge, daß die Lexikographen und Lexikographinnen der Arbeitsstelle zur Schaffung einer Belegbasis für ihre Artikelarbeit eine zweite Exzerption anhand des bestehenden Belegarchives vornehmen müssen. Die einzelnen Arbeitsschritte sehen - stichwortartig formuliert - wie folgt aus: wenn möglich, Versuch einer ersten Grobgliederung eines Artikels aufgrund der vorhandenen Belegzitate; gegebenenfalls Auswahl einiger Belege aus der Gruppe deijenigen Exzerptzettel, die Zitate enthalten, zur Erfassung als Belegzitate im Wörterbuchartikel; dann systematische Überprüfung jedes Exzerptzettels anhand der entsprechenden Quelle; dabei Entscheidung über die Erfassung des jeweiligen Beleges als Wörterbuchzitat sowie gleichzeitig dazu zunehmende Ausarbeitung der Artikelgliederung und detailliertere Ausformulierung der entsprechenden Erläuterungsteile. Dieses Verfahren hat auch einige Vorteile: die endgültige Exzerption der Belege und das Schreiben eines Wörterbuchartikels werden von einem einzigen Lexikographen durchgeführt. Dieser Lexikograph verschafft sich im Verlauf der Belegbearbeitung einen zunehmend detaillierten Überblick über seine Belege und seinen entsprechenden Wörterbuchartikel: mit jedem Beleg, den er exzerpiert, erweitert sich sein Wissen sowohl in sprachlicher als auch in sachlicher Hinsicht. Fragen an das Belegmaterial, die sich erst aus der Zusammenschau der Belege ergeben, können im fortlaufenden Bearbeiten immer exakter gestellt und für die verbleibenden Belege auch sofort beantwortet werden. Dabei entgeht der Lexikograph weitgehend der oben in Abschnitt 2.5.3. genannten Betriebsblindheit des Exzerpierenden. Der Nachteil dieses Verfahrens besteht in einem erheblichen Zeitaufwand: die Gliederung der Wörterbuchartikel erfolgt mehr oder weniger erst im Verlauf der Belegbearbeitung und erfordert entsprechend häufig auch Korrekturen. Im ungünstigsten Fall muß der Lexikograph jeden Archivzettel anhand der Quelle überprüfen, was in der Praxis bedeutet, daß er jeden einzelnen Quellenband von seinem Standort in der Arbeitsstelle an seinen Schreibtisch holen und ihn nach Gebrauch auch wieder an seinen Standort zurückstellen muß. Bücher, die nicht an ihrem Standort stehen, müssen z.T. über Fernleihe bestellt werden. Die bei der Belegbearbeitung erforderlichen, sehr zeitaufwendigen Datierungen wurden vor der Einführung der Texterfassung in der Datenbank 26 nicht einmal bei der Beaifceitung einer Quelle im Rahmen einer Exzerption gemacht, sondern wurden pro Beleg im Rahmen des Artikelschreibens immer wieder neu vorgenommen, da eine zentrale Sammelstelle für einmal festgelegte Datierungen fehlte. Handschriftliche Eintragungen im Quellenkatalog oder das Sammeln entsprechender Informationen auf Notizzetteln waren nur unzureichende Lösungen. Durch die Umstellung der Artikelbearbeitung in einer Datenbank wurde die zeitliche Belastung, die aus dieser unzureichenden Quellenerschließung resultierte, erheblich eingeschränkt: eine einmal festgelegte Datierung steht sofort nach der Eingabe in die Datenbank allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Arbeitsstelle zur Verfügung.
2.8 Einen völlig anderen Weg hat das 1976 begründete FWB genommen: der Herausgeber und bisher alleinige Bearbeiter des W Ö R T E R B U C H E S , O S K A R R E I C H M A N N , hat sich aus organi-
25
Vgl. SPEER 1995.
26 Die Gestaltung einer Datenbank fiir das DRW und die Umgestaltung des lexikographischen Prozesses im Zuschnitt auf diese Datenbank erläutert HEINO SPEER in SPEER 1995.
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satorischen Gründen für eine buchstabenweise Exzerption entschieden. Rund 75% der Quellen wurden von ihm für den Buchstaben α eigenhändig exzerpiert, die restlichen 25% übernahmen dann studentische Hilfskräfte. Die Belegexzerption zu den Buchstaben b/p wurde zu dem Zeitpunkt aufgenommen, zu dem R E I C H M A N N mit dem Schreiben der Wörterbuchartikel zu a begann, so daß die Erfahrungen, die der Lexikograph mit dem Belegmaterial machte, sofort in Arbeitsanweisungen an die exzerpierenden Hilfskräfte umgesetzt werden konnte. So entstand 1989 die erste Fassung einer Exzerptionsanleitung,27 die der Einarbeitung der wissenschaftlichen Hilfskräfte am FWB dient. Die Exzerption für das FWB erfährt seit 1990 eine Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und wird 1996 abgeschlossen werden. Das Belegcorpus wird dann einen Umfang von rund 1,2 Millionen Exzerptzetteln haben. Exzerption am FWB heißt: Anlegen der Belegzettel anhand der Glossare der jeweiligen Texteditionen28; Lesen des Belegtextes und dabei Festlegung des Belegumfanges; Kopieren, Ausschneiden und Aufkleben der entsprechenden Textpassagen auf einen Exzerptzettel, semantische Interpretation des Belegwortes aufgrund der Textlektüre und Formulierung einer Bedeutungsangabe auf dem Exzerptzettel; Überprüfung der Belegumgebung auf bedeutungsverwandte Wörter sowie auf Gegensatzwörter; Herauslösung von Syntagmen, in denen das Belegwort begegnet; Festlegung von Zeit und Raum des Beleges, wobei letzteres für viele Quellen bereits bei der Zusammenstellung und Beschreibung des Corpus geleistet wurde und aus dem Quellenverzeichnis des FWB ersichtlich ist.29 Ein fertig bearbeiteter Exzerptzettel hat demnach folgendes Aussehen (vgl. Abb. 4). Die erste Zeile auf dem Exzerptzettel ist für den Lemmaeintrag (in unserem Beispiel: abtragen) vorgesehen. Die Lemmatisierung wird nach der Abgabe der Exzerpte durch den Bearbeiter des Wörterbuches oder durch seine wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen vorgenommen und dient zugleich einer Qualitätskontrolle der Exzerpte. Die Zahlenreihe links unterhalb der Lemmazeile 184, 149, 20 steht für die Quellenidentifikation sowie die Seiten- und Zeilenangabe des Belegwortes.30 Im Anschluß daran stehen diejenigen Angaben, die die exzerpierende Hilfskraft aus dem Glossar der bearbeiteten Quellen abgeschrieben hat. Der Belegtext wird aus der Quelle kopiert, aus der Kopie ausgeschnitten und auf den Exzerptzettel geklebt. Die Exzerpierenden sollen soviel Belegtext wählen, wie sie glauben, daß es für das Verständnis des zu beschreibenden Wortes nötig ist. Diese Regel wird durch eine pragmatische Anweisung ergänzt: in Zweifelsfällen sollte man mit der Größe des Textausschnittes nicht geizen. Zusätzlich wird ein Textausschnitt markiert (in unserem Beispiel mit
27 Die Exzerptionsanleitung wurde von mir im Rahmen meiner Mitarbeit am FWB geschrieben. Sie ist das praktische Produkt erster exzerptionsmethodischer Überlegungen und Analysen, die seit dieser Zeit von mir in meiner Dissertation mit dem Arbeitstitel „Die Exzerption zu historischen Wörterbüchern. Verfahren und Methoden der lexikographischen Datenerhebung am Beispiel des FRÜHNEUHOCHDEUTSCHEN WÖRTERBUCHS und des DEUTSCHEN RECHTSWÖRTERBUCH6S" fortgesetzt werden. Ein Abschluß der Arbeit ist 1996
geplant. 28 Zur besonderen Eignung der sog. „Ausgabenglossare" für lexikographische Zwecke vgl. die Lexikographische Einleitung, S. 43. 29 Nur bei denjenigen Quellen, bei denen der Vermerk „Einzelraum" bzw. „Einzeljahr" steht, wird dies bei der Exzerption geleistet. 30 Bei der Quelle 184 handelt es sich um Band 8 der Chronik Augsburg; genaue bibliographische Angaben dazu finden sich im Quellenverzeichnis des FWB Bd. 1, S. 173. Die Quellen des FWB wurden mit Quellennummern versehen und unter diesen Nummernsiglen auch exzerpiert. Aus verfahrenstechnischen Gründen sind die Quellennummern nicht identisch mit der Durchzählung der Quellen im Literaturverzeichnis.
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Wörterbüchern
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Jim bomßag abj. 12. marcti i)at ain e. rat ben φαηηδ SIbam, getoefnen fpittatmaijler, umb feine mi^anblungen unb geübten biebftän«, boiiauS ijodjem fürbitunb grofjen gnaben, umb 3000 fl in golb gejhflfft^u^ bajj er alleä, mag er bem Spital unb ben armen Ieuten abgetragen unb abgenomen'Ijat, miber erlegen unb bejalen fotfjjunb
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Exzerptzettel des FWB
eckigen Klammern), von dem der Exzerpierende glaubt, daß er fur ein Belegzitat im Wörterbuchartikel geeignet ist. Dieser Arbeitsschritt dient auch einer Kontrolle des gewählten Belegtextausschnittes und erspart dem Lexikographen bei der ersten Durchsicht des Belegmaterials bei der Artikelarbeit möglicherweise die Lektüre von sehr vielen Textzeilen. Im linken unteren Teil des Exzerptzettels sind Eintragungsspalten für die Informationspositionen Bedeutungsverwandte Wörter (Iso ), Syntagma (Synt.) und Bedeutungsangabe (Bed ). Die Eintragungsspalten in der rechten unteren Hälfte dienen der räumlichen und zeitlichen Zuordnung des Belegtextes. Dieses Exzerptionsverfahren hat sich bislang in der lexikographischen Praxis bewährt. Der Griff zur Quelle während des Artikelschreibens, weil das Exzerpt Unzulänglichkeiten, insbesondere in Bezug auf den Belegtextausschnitt aufwies, wurde im Lauf der lexikograpischen Praxis immer seltener. Einer zweiten Bewährungsprobe mußte sich das Exzerptionsverfahren unterziehen, als die weiteren Bandbearbeiter des Wörterbuches ihre Artikelarbeit mit dem in der Heidelberger Arbeitsstelle exzerpierten Belegmaterial begannen. Die Qualität der Exzerpte wurde bislang durchwegs als gut eingestuft.
3 Wie exzerpiert man? 3.1 Die Belegexzerption besteht, wie oben in Abbildung 1 und 2 sowie in Abschnitt 2.5.1. beschrieben, aus einer Reihe von lexikographischen Handlungen, die unterschiedliches Wissen aus verschiedenen Bereichen voraussetzen: man benötigt gute Textkenntnisse, verbunden mit
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einer gut ausgebildeten Verstehenskompetenz, man muß über die historische Grammatik aktiv verfügen, man muß die Editionsprinzipien historischer Texte kennen und mit den Methoden zur Datierung und Lokalisierung von Texten vertraut sein usw. Das entscheidende an diesen lexikographischen Handlungen ist, daß es sich bei ihren Wissensvoraussetzungen weitgehend um systematisches Wissen handelt, ein Wissen, das lehr- und lernbar ist, und fur das man auch über entsprechende Nachschlagewerke verfugt. Doch wo schlägt man nach, wie lernt oder lehrt man, wieviel Textausschnitt nötig ist, um die Bedeutung eines Wortes zu ermitteln, welche Ergänzungen, Kommentare, Bedeutungsangaben des Exzerpierenden optimale Erkenntnisvoraussetzungen beim Schreiben eines Wörterbuchartikels bieten? 3.1.1 Die Gründungskomission des DRW hat die Frage Wie ist zu excerpiererf! in ihrer Instruction für die Excerptoren wie folgt beantwortet: Die als Citat ausgehobenen Worte müssen die Construction des Satzes erkennen lassen und alles enthalten, was auf die Bedeutung des Stichwortes Licht werfen kann. Aenderungen am Text dürfen nicht vorgenommen werden. Emendationen sind als solche zu kennzeichnen, sei es am Rande (unten links), sei es im Text durch < > (Ergänzungen von Buchstaben) und [] (Auslassungen von Buchstaben). Beziehungen zu nicht Excerpirtem sind am Rande zu erklären, durch Ergänzung von Subjecten, Objecten, Nomina u. dgl. Die Varianten finden ihren Platz in der Rubrik rechts am Rande, nöthigenfalls unter dem Text. Im Uebrigen braucht das Citat nicht im ganzen Umfange abgeschrieben zu werden. Jedes übersprungene Wort wird durch zwei Punkte markirt; sind mehr als sechs Wörter ausgelassen, so genügt dafür ein Querstrich mit darüber stehender Zahl der ausgelassenen, also 12. Verse sind zu numeriren. Ebenso die Zeilen in gedruckten Prosatexten, falls dieselben, wie z.B. die Osterreichischen Weisthümer, mit numerirten Zeilen gedruckt sind.31
3.1.2 Die Überlegungen, die in dieser 1896/97 entstandenen Exzerptionsanleitung zum Ausdruck kommen, sind differenziert und methodisch durchdacht. Und doch stehen die Exzerptzettel des Belegarchives immer wieder in krassem Widerspruch zu diesen Anforderungen: die Syntaxkonstruktion ist nicht zu erkennen, die Zitate sind, wenn überhaupt vorhanden, so knapp bemessen, daß sie z.B. typische Aussagen eines Rechtstextes wie Lebenssachverhaltsdarstellungen, Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen, wie sie für eine qualifizierte Bedeutungsbeschreibung eines Rechtswortes im DRW unerläßlich sind, nicht enthalten. Auf weitere Mängel habe ich oben, Abschnitt 2.7 bereits hingewiesen, ein Blick auf die Abbildung 3 tut ein übriges. Daraus kann man schließen, daß die Exzerpierenden diese Anweisung entweder nicht zur Kenntnis genommen haben oder daß die Umsetzung dieser Anweisung nur in seltenen Fällen gut gelingt. 3 .2 Die folgenden Beispiele dienen zum einen der Dokumentation von Exzerptionsfehlem, und sie dienen damit zugleich auch der Dokumentation der Vermeidbarkeit von Exzerptionsfehlern. Ich habe diese Beispiele nach folgenden Kriterien geordnet: (1) (2) (3) (4)
Formatsensitive32Belegtextausschnitte Ansetzen eines Belegtextschnittes Auslassungen innerhalb des Belegtextzitates Belegtextverständnisfördernde Kommentierungen.
31 ZRG2 Germ. 18 (1897), 214. 32 Terminus nach WIEGAND 1994, 247: „Beim formatsensitiven Schneiden werden alle formbezogenen Bedingungen der Textinstanz berücksichtigt. Textausschnitte und Belegtexte, die durch einen formatsensitiven äußeren Belegtextschnitt entstehen, heißen formatgetreu" [Kursive von H.E.W.].
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3 .2.1 Formatsensitive Belegtextausschnitte Absätze, Einrückungen, Zeichensetzung, Orthographie bzw. Graphie, Fußnoten, Marginalien, Verszeilen, die Unterteilung von Gesetzestexten in Paragraphen usw. gehören zu den äußerlich-formalen Strukturen eines Textes, sind mit anderen Worten Formateigenschaften eines Textes. Diese Formateigenschaften können bisweilen für das Verständnis des Textes Voraussetzung sein bzw. verständnisfördernd wirken. Daher sollte man bei der Anfertigung eines Belegexzerptes Formateigenschaften wie Orthographie, Interpunktion usw. aus dem Belegtext mit übernehmen, und sollte den Belegtextausschnitt „formatsensitiv"33 wählen, d.h. so, daß seine Eingebundenheit in die Textstniktur deutlich wird. Beispiel la:
LUTHER, WA 30, 2, 346,12: die sterbenden berichten34
Auf dem originalen Exzerptzettel sieht man anhand der aufgeklebten Kopie, daß der Beleg zu berichten vermutlich nicht aus einem Fließtext herausgeschnitten ist, da ein Folgewort oder ein Satzzeichen fehlen. Aus diesem Belegzitat geht noch nicht einmal hervor, ob die sterbenden im Nominativ stehen und damit als Satzsubjekt zu verstehen sind, oder ob sie im Akkusativ stehen und Satzobjekt sind. Eine Monosemierung des Wortes berichten ist nicht möglich. Wählt man bei diesem Beleg hingegen einen formatsensitiven Schnitt, so wird man unmittelbar auf die richtige Spur gebracht: Beispiel lb:
LUTHER, W A 30, 2, 3 4 6 , 1 2 :
bic oittleit tfyren iinber fdjulen Ironien Befudfjen Slrmen tmb Ijofpttal berforgs £>ie ftertenbcn Berieten Schon aus der typographischen Anordnung erkennt man, daß es in diesem Beleg offensichtlich um eine Aufzählung priesterlicher Aufgaben geht. Eine Bedeutungsangabe zu diesem Beleg würde etwa lauten: >jm., und zwar in diesem Fall: einem Sterbenden, priesterlich-seelsorgerliche Behandlung angedeihen lassen, ihm Sakramente Spendern. Beispiel 2a:
LUTHER, Hl. Schriffi. Jes. Sir. 38, 15 (1545): Betten hilffi mehr denn ertzneien / Vnd der Priester thut mehr denn der Artzt
Diesen Satz liest man als Aussagesatz und schließt daraus, daß Luther das Können eines Priesters wesentlich höher eingeschätzt hat, als das eines Arztes. Diese Prädikation könnte möglicherweise in der Bedeutungserläuterung ihren Niederschlag finden, wenn man nämlich zur Bedeutungsangabe des Wortes Arzt eine Sachergänzung macht, in der man auf das Ansehen der Arzte in frühneuhochdeutscher Zeit eingeht. Oder man verzichtet auf eine Sacherläuterung, bringt diesen Beleg aber als Belegzitat im Wörterbuchartikel und wirft damit für den Benutzer ein schiefes Licht auf das Ansehen des Arztes bei LUTHER.
33 Vgl. Fußnote 32. 34 Die Beispiele 1, 2, 4, 7, und 8 stammen aus dem Belegmaterial des FWB, die Beispiele 5, 6 und 9 aus dem Archiv des DRW. Ich habe die Zitierweise desjenigen Wörterbuches übernommen, aus dem der Beleg stammt. Sofern sich die Quellen nicht schon aufgrund der sprechenden Abkürzungen identifizieren lassen, können sie über die Quellenverzeichnisse des jeweiligen Wörterbuches erschlossen werden.
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Tatsächlich ist dieser Belegsatz eine Marginalie Luthers zu einer Bibelstelle. Und in dieser Funktion sollte dieser Beleg für den Lexikographen für eine korrekte Verarbeitung im Wörterbuch auch erkennbar sein. Der Anspruch eines formatsensitiven Belegtextschnittes wurde in diesem Fall wie folgt umgesetzt: Beispiel 2b:
LUTHER. Hl. Schriffi. Jes. Sir. 38,15 (1545): Wer fur seinem Schepjfer sündigt /Der mus dem Artzt in die hende kamen. Dazu die Randerläuterung von LUTHER: Betten hilfft mehr denn ertzneien / Vnd der Priester thut mehr denn der Artzt.
3 .2.2 Das Ansetzen eines Belegtextschnittes Mit Belegtextschnitt sind alle Verfahren der Herauslösung eines Textsegmentes aus seinem Kontext, also eine Dekontextualisierung im Hinblick auf dessen Funktion als Belegexzerpt gemeint. Dazu gehören die Festlegung des Beleganfangs, des Belegschlusses sowie möglicherweise beleginterne Kürzungen. Die Wahl eines Belegtextausschnittes wird bestimmt durch a) die Konzeption und das Beschreibungsanliegen des jeweiligen Wörterbuches und b) durch die Textkenntnis des exzerpierenden Lexikographen. a) Bei einem Wörterbuch, das eine onomasiologische Informationsposition vorsieht, wählt man andere Belegtextausschnitte, als man dies zu einem Wörterbuch ohne explizites onomasiologisches Beschreibungsanliegen tut. Bei der Exzerption zu einem Wörterbuch, das als Einbänder einen bestimmten Wortschatz bzw. Wortschatzausschnitt beschreibt, wählt man andere Belegtextausschnitte als bei der Exzerption zu einem zwanzigbändigen Wörterbuch mit demselben Beschreibungsgegenstand, da man einem weitaus differenzierteren Beschreibungsmodus gerecht werden muß. Bei der Exzerption für das FWB als einem allgemeinsprachlichen historischen Wörterbuch wird man aus demselben Kontext in vielen Fällen einen anderen Belegtextausschnitt wählen, als man dies bei der Exzerption für das DRW als einem fachsprachlichen historischen Wörterbuch mit enzyklopädischen Angabeelementen35 tun würde. Das folgende Beispiel 3 soll dies veranschaulichen. Der erste Belegtextausschnitt genügt für eine Verifizierung der Bedeutungshypothese meineid im Sinne von >wissentliches und vorsätzliches Falschschwören, MeineidArzt< läßt sich aus diesem Belegtextausschnitt weder verifizieren noch falsifizieren. Aber bei der Bearbeitung vertraut man zunächst auf die gute Textkenntnis des Herausgebers sowie auf seine philologischen Qualifikationen, so daß dieser Beleg bei einem zahlreich belegten Wort möglicherweise fur die Bedeutung >Arzt< akzeptiert und auch im Wörterbuch als Belegzitat oder als Belegstellenangabe angeführt werden könnte. Erweitert man diesen Beleg nach rechts, ergibt sich jedoch ein völlig anderer Kontext: Beispiel 4b:
NIEWÖHNER, Teichner 423, 165 (Hs. moobd., 1360/70): ein artz man | der dw andern füret an \ daz si pawnt und grabent ser, | daz er spricht: gut und er \ hat der perch.
Dieser Belegtextausschnitt zeigt, daß die Bedeutungsangabe >Arzt< des Glossars auf gar keinen Fall richtig sein kann, sondern daß mit artz man ein Bergmann in einer Führungsposition gemeint sein muß. Damit wird auch der Lemmaansatz arzatman hinfällig, das Wort ist vielmehr als erzman zu identifizieren und zu lemmatisieren. In diesem Beispiel kann man sehr gut nachvollziehen, wie es zu der falschen Exzerption kam: das Bewußtsein des Exzerpierenden war durch die Angaben arzatman an.m. jlrzf bereits enggefuhrt, der Text wurde nur noch bis zum Ende der syntaktischen Einheit gelesen, so exzerpiert und abgelegt. Das nächste Beispiel ist ein Belegbeispiel aus dem DRW. Auch hier wurde der rechte Belegtextschnitt zu früh angesetzt.38 Es geht um das Wort metegyrd-Meßgerte in einem altenglischen Text: Beispiel 5a:
nach 980 Liebermann,AgsG. 478: ne beo ceenig metegyrd lengre ponne oder, ac be pees scrißes gemete ealle gescyfie [kein Maßstab länger sei, denn ein anderer, sondern nach des Beichtigers Maß (seien) alle bestimmt]
37 Die Beispiele verdeutlichen aber auch das Desiderat einer systematischen Ausaibeitung von Kriterien Air das Ansetzen von Belegtextschnitten im Rahmen einer Exzerptionsmethodologie. In diesem Sinne auch WIEGAND 1994, 244: „Gute Intuitionen, die in einer hinreichend guten Textkenntnis wurzeln, bilden zwar die notwendige Bedingung zum Herauslösen von lexikographisch brauchbaren Textstücken; Intuitionen [...] bedürfen mindestens der Kontrolle durch systematisches Wissen [Kursive bei H.E.W.], das selbst auf der Basis möglichst guter Intuitionen gewonnen wurde". 38 Vermutlich aus demselben Giund wie im Fall von Beispiel 4.
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In der ersten Fassung des Artikelmanuskriptes wurde die Bedeutung von metegyrd in diesem Beleg als >Maßstab im Sinne von geistig-religiös-ethischer Richtlinie für Handeln< angesetzt. Erweitert man diesen Beleg nach rechts, so ergibt sich folgendes Bild: Beispiel 5b:
nach 980 Liebermann,AgsG. 478: ne beo certig metegyrd lengre ponne oder, ac be pas scriftes gemete ealle gescyße; 7 cele gemet on his scriftscire 7 ceghwyle gewihte beo be his dihte gescyft swiöe rihte [kein Maßstab länger sei, denn ein anderer, sondern nach des Beichtigers Maß (seien) alle bestimmt; und jedes Maß in seinem Beichtsprengel und jedes Gewicht sei nach seiner Bestimmung recht genau geregelt]
Bei metegyrd handelt es sich also um einen konkreten Gegenstand, nämlich ein Meßinstrument, das auch als Normalmaß verwendet wird. Ahnliche Beispiele ließen sich auch mit zu knapp gesetzten linken Belegtextschnitten vorfuhren, würden aber für unsere Fragestellung keine neue Erkenntnis bringen. Nicht immer muß die lexikographische Erkenntnis durch einen Belegtextschnitt in die falsche Richtung gelenkt werden. Häufig kommt es auch „nur" zu einer Qualitätsminderung eines Wörterbuchartikels, wenn durch einen zu knappen Schnitt Informationen verloren gehen, die besondere Gebrauchsbedingungen eines Wortes zeigen. Die Qualitätsminderung kann die Formulierung der Bedeutungserläuterung treffen, sie kann aber auch darin bestehen, daß der Lexikograph bei der Auswahl der Belege, die er als Belegzitate im Wörterbuchartikel bringen will, nicht auf einen sog. „rahmenkennzeichnenden Beleg" zurückgreifen kann. Dies sind Belege, die zusätzlich zu deijenigen Textinformation, die zur semantischen Zuordnung eines Belegwortes erforderlich ist, eine ansatzweise narrative Vermittlung eines bestimmten Handlungsrahmens geben,39 also z.B. die Vermittlung eines geschichtlichen Ereignisses, einer theologischen Diskussion oder einer medizinischen Behandlung. Die rahmenkennzeichnenden Belege spielen für die Gestaltung eines Wörterbuchartikels des DRW eine herausragende Rolle: sie vermitteln Sachwissen, eben Rahmeninformationen, die die Formulierung der Bedeutungserläuterung wenigstens teilweise zu ausführlich werden ließe.40 Dazu das folgende Beispiel zu dem Belegwort Mut. Beispiel 6:
1275/87 Schwsp.(L.)LR. Art. 326: ist daz ein man vf ein roz sitzet [...] vnde ein ander man [...] zivhet sin swert vz vnd wil in slahen vnd triffet daz roz, daz sprichet karlesch reht, er svle im bvozzen, alse ob er in troffen habe, daz ist da von gesetzet, daz er in ze slahenne mvot hette, do er daz roz traf
In diesem sehr ausführlichen Belegzitat, in dem das Wort mvot-Mut in der Bedeutung >Absicht, Vorsatz bei einer Straftat< gebraucht wird, sind objektive Tatumstände (ein Mann sitzt auf einem Pferd, ein anderer Mann zieht ein Schwert, er trifft das Pferd) und subjektive Tatumstände (er will ihn schlagen) einer Straftat genannt, die diese erst charakterisieren und die man ebensowenig aus dem Zitat weglassen sollte, wie die Passage daz sprichet karlesch reht, nennt
39 Der Begriff „rahmenkennzeichnender Beleg" stammt aus einer Belegtypologie von REICHMANN (1988, 436-439); diese Belegtypologie bezieht sich zwar auf die Beispielbelege im Wörterbuch, der Ansatz zu ihrer Einteilung läßt sich aber auf die Textbelege aus dem Corpus übertragen, da diese einen ähnlichen heuristischen Wert für die Erkenntnis des Lexikographen haben, wie die Beispielbelege für den Wörterbuchbenutzer. 40 Der Leiter der Arbeitsstelle, HEINO SPEER, hat in einem Aufsatz die Aussagekraft der rahmenkennzeichnenden Belege am Beispiel des Artikels magdeburgisch analysiert; vgl. SPEER 1991.
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diese doch dem rechtskundigen Benutzer das Rechtssystem, auf das diese Norm bezogen wird.41 3.2.3 Auslassungen innerhalb eines Belegzitates Auslassungen42 bzw. innere Belegtextschnitte43 bei einem Belegzitat sind ein unverzichtbares und auch häufig gebrauchtes Mittel der lexikographischen Textverdichtung, um Textteile innerhalb des gewählten Belegtextausschnittes, die nicht für das semantische Verständnis des mit dem Belegzitat zu dokumentierenden Belegwortes erforderlich sind, zu entfernen. Das Ansetzen von inneren Belegtextschnitten ist, wie das Ansetzen von äußeren Belegtextschnitten, für die lexikographische Erkenntnis von weitreichenden Folgen, da dies durch die Herstellung von falschen Bezügen zu einem falschen Belegtextverständnis und in der Folge zu einer falschen Bedeutungsangabe führen kann.44 Das folgende Beispiel ist besonders signifikant. Der folgende Beleg zu auserwendig wurde von dem Exzerpierenden auf dem Belegzettel mit dem Bedeutungsvorschlag >Geschlechtsteil?< versehen. Beispiel 7a:
DRESCHER, Hartlieb. Caes. 227, 27 (moobd., 1456/67): Die an der auserwendigen kunst geprechen haben, die sullen [...] ir unkewsch verpinden und absneyden
Der Exzerpierende ist punktuell an dieser Stelle in den Text eingestiegen und hat also viel zu wenig Kontext gelesen, um wissen zu können, daß mit der auserwendigen kunst in diesem Belegtext die Fähigkeit gemeint ist, Bibelstellen auswendig herzusagen. Statt dessen hat er offensichtlich die unkewsch als Synonym zu der auserwendigen kunst verstanden und kam so zu seiner Bedeutungshyopthese. Das Zitat lautet in seinem vollen Umfang: Beispiel 7b:
DRESCHER, Hartlieb. Caes. 227, 27 (moobd., 1456/67): Die an der auserwendigen kunst geprechen haben, die süllen, als vormals gesprochen ist, ir unkewsch verpinden und absneyden und sich kewschleich hallten, und süllen ir luczer in iren hennden tragen, das sind ir guotte werck, die sy im nächsten vortragen sullen
Wäre der Exzerpierende der Referenz der Textpassage als vormals gesprochen ist nachgegangen, hätte er zwar einen 23 Druckzeilen umfassenden Absatz lesen müssen, der ihm aber die Information gebracht hätte, daß einem Priester in seinem Amt zwei Pflichten und Tugenden zukommen, nämlich die der Keuschheit sowie die Aneignung einer umfassenden Bibelkenntnis, und daß die Unkeuschheit häufig der Hinderungsgrund dafür ist, sich diese umfassende Bibelkenntnis anzueignen, um sie den anderen Menschen weiterzugeben. Eine synonyme Bezugsetzung auserwendige kunst - unkewsch ist damit nicht mehr möglich. 3.2.4 Belegtextverständnisfördernde Kommentierungen Es gibt vielfältige Möglichkeiten, einen gewählten Belegtextausschnitt mit zusätzlichen Kommentaren zu versehen. Als Beispiele seien hier die Ergänzung von Proformen zur Herstellung
41 Das Attribut karlisch bezieht sich auf die Gesetzgebung Karls des Großen; es wird in rechtlichen Beziehungen häufig verwendet, um bestimmte Nonnen zu kennzeichnen, und vor allem, um durch das damit behauptete Alter der Norm deren Geltung zu befestigen; DRW Bd. VII, S. 440, s.v. Karl. 42 Im FWB beschreibungssprachlich gekennzeichnet durch: [...], also eckige Klammern und drei Punkte, im DRW nur durch:..., also nur durch drei Punkte. 43
So WIEGAND 1994, 251.
44 Ein Fehler, der in der lexikographischen Praxis keinen Seltenheitswert hat. WIEGAND (1994, 251) fordert sogar die Erarbeitung einer Typologie von Schnittfehlern.
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von Referenzbeziehungen über den Belegtextausschnitt hinaus sowie die Ergänzung von elliptischen Auslassungen genannt. a) Ergänzung von Proformen45: Ein Belegtextschnitt sollte entweder so gewählt werden, daß im Belegtext keine sprachlichen Zeichen stehen, deren Funktion darin besteht, Referenzbeziehungen in Texten herzustellen - dazu gehören z.B. alle Arten von Proformen oder Pronominaladverbien wie er, dieser, daher, deshalb usw. - , was sich in der Regel nicht oder nur sehr schwer vermeiden läßt, oder aber der Exzerpierende sollte diese Referenzen aufgrund seiner Textkenntnis im Belegtextausschnitt so ergänzen, daß man ohne Kontextkenntnisse alle Bezüge versteht. Das folgende Beispiel zeigt die Qualitätsverbesserung eines Belegexzerptes, die durch die Ergänzung eines Pronomens entsteht: Beispiel 8a:
KURRELMEYER, Dt. Bibel 2, 307, 1 (Straßb. 1466): do er wart ausgelegt, die tochter pharaons nam in
Die Bedeutung von auslegen ist aus diesem Belegtextausschnitt nicht sicher erkennbar. Das Personalpronomen er könnte sich z.B. auf einen kostbaren Teppich beziehen. Ein bibelfester Lexikograph wird aufgrund dieses Beleges bereits in der Lage sein, eine Bedeutungshypothese zu formulieren, die aber noch verifiziert werden muß. Die Verifizierung geschieht durch die Einsetzung der Bezugsgröße, auf die sich das Personalpronomen bezieht46: Beispiel 8b:
KURRELMEYER, Dt. Bibel 2, 307, 1 (Straßb. 1466): do er [moyses] wart ausgelegt, die tochter pharaons nam in
Der bibelfeste Lexikograph kennt 2. Mose 2, 1-10 und kann die Bedeutung von auslegen im Sinne von aussetzen, verlassen (eines Kindes)< formulieren. b) Ergänzung elliptischer Auslassungen: Durch relativ einfache Ergänzungen kann das Verständnis des Lexikographen beim Lesen des Belegzitates erheblich gefördert werden. Dazu das folgende Beispiel zu dem Wort mitteilen. Beispiel 9a:
1325 Indersdorf I 58: daz wir mit guotem willen mit tailen wellen dem gotzhaus ze Vndistorf, diu chint, diu Volrich Nasolt hat
Diesen Beleg habe ich bei der ersten Grobgliederung des Artikels mitteilen zunächst zu einem Gliederungspunkt >jm. etw. zuteilen< zugeordnet, mit der Vorstellung, daß Kinder der Obhut und Fürsorge der Kirche unterstellt werden. Eine Überprüfung der Quelle ergab, daß die Passage diu chint im Belegzitat eine gerade für die Rechtssprache weit verbreitete elliptische Verkürzung für die Anzahl der Kind war, so daß die Bedeutung von mitteilen nicht dem Gliederungspunkt >jm. etw. zuteilen< entsprach, sondern dem Gliederungspunkt >eine offizielle Mitteilung machen Text Robot Carrier Kein Check In -> Digital repräPiktogramm -•Piktosentierte Umgramm welt -» Graphik Vehikel Postpaket -> Piktogramm
Tab. 7:
4.3
Check In Postleitzahl -> Piktogramm
119 Hilfsperson Orientierungsmittel Laserscanner -» Digitalcode -> Graphik Text Sonarwellen togramm
Pik- Digitalcode -> Text
Wegenetz automatische Briefverteilanlage -> Foto Programmierte Robotwege -> Foto
Hypermediale Umsetzung des Matrixmodells Transport
Das Storyboard von Lascaux
Der nächste Schritt war der Entwurf eines Storyboards. Ein Storyboard ist ein Ausdruck aus der Filmwelt, speziell der Welt des Zeichentrickfilms. Das Storyboard enthält Skizzen von allen Bildern, so wie sie schließlich auch abgedreht werden sollen. Im Bereich der interaktiven Systeme ist die Erstellung eines Storyboards ein sehr hilfreiches Vorgehen. Der Begriff des Storyboards hat sich für Hypermediaanwendungen im Bereich des sog. „computerbased Trainings (CBT)" bereits fest etabliert (vgl. LIEBERT, K.-H. 1993). Das Storyboard zeigt alle (komplexen) Knoten und Links, die zusammen das Interaktionspotential des Systems definieren. In der Abb. 1 „Storyboard" wurden zur besseren Übersicht nur die Interaktionsmöglichkeiten zwischen den einzelnen Files (Dateien) abgebildet. Fokussiert wurde der Weg, der gleich bei der folgenden „Führung" durch Lascaux eingeschlagen werden wird.
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Wolf-Andreas Liebert
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Bild: Zelle mit Fragestellungen
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Differenzierter Zielbereich
Fragest.: Transport virale Proteine
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zoom
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Metaphern Transport
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Abb. 1: Stoiyboardfiirdas Hypermedia-Metaphernlexikon „Lascaux"
: :
Bildschirm/Seite Navigationsmöglichkeit
llypertextdesign
Abb. 2:
in der kognitiven
Lascaux
Lexikographie
121
122
Abb. 3:
Wolf-Andreas Liebert
Zelle mit Fragestellungen
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Hypertextdesign in der kognitiven Lexikographie ...
Abb. 4:
123
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Abb. 5:
Wolf-Andreas
Metaphernhöhle
Liebert
Hypertextdesign in der kognitiven Lexikographie ...
Abb. 6:
Interaktionsboard Transport, verdeckt
125
126
Wolf-Andreas Liebert
Abb. 7:
Interaktionsboard Transport, offen
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128
Abb. 9:
Wolf-Andreas Liebert
Projiziertes Höhlenbild
Hypertextdesign
in der kognitiven Lexikographie
Abb. 10: Erste Metaphernreflexion
...
129
Wolf-Andreas Liebert
130
Abb. 11: Zweite Metaphernreflexion
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Hypertextdesign in der kognitiven Lexikographie
4.4
131
Eine „Führung" durch Lascaux
Zusammen mit dem Storyboard soll nun das Hypermedia-Metaphernlexikon „Lascaux" vorgestellt werden, indem wir aus der Perspektive eines Forschers einen „Gang durch die Höhle" unternehmen und exemplarisch eine vollständige Anwendung durchführen. Nach dem Starten des Systems schauen wir auf das erste Bild, eine Wand der Höhle Lascaux mit dem Hotword „Fragestellungen" (Abb. 2). Auf dieses Hotword klicken wir mit der Maus und gehen nun „näher" 1 an die Wand der Höhle, und ein schematisches Bild einer Zelle, die von HIV infiziert wird, erscheint (Abb. 3). Auf diesem Bild finden wir unter der Überschrift „Fragestellungen" zwei Schaltflächen: „einblenden" und „ausblenden". Klickt man mit der Maus einmal auf „einblenden", tauchen Wörter auf, die die Phasen der Infektion der menschlichen Zelle mit HIV bezeichnen. 16 Hält man die Maustaste auf „einblenden" gedrückt, tauchen blaß-braune interaktive Rechtecke auf, mit denen die Metapher der „Mosaiksteine" angedeutet wird und die die Fragestellungen der einzelnen Forscheruntergruppen abdecken (Abb. 3). Entsprechendes gilt für Schaltfläche „ausblenden" 17 . Nun können einzelne Fragestellungen der HIV-Forschung ausgewählt werden. Dies geschieht, indem man auf eines der interaktiven Rechtecke klickt. 18 Klicken wir nun auf ein interaktives Rechteck, das Rechteck unter der Überschrift „Transport". Wiederum gehen wir „näher*' an die Höhlenwand 19 (Abb. 4). Dies stellt die spätere „Arbeitsfläche" dar, auf die die Bilder und Wörter der einzelnen Metaphernbereiche projiziert werden. Hier werden wir das „Mosaik zusammensetzen". Dieser „Arbeitsbereich" (Abb. 4) bietet eine Reihe von Möglichkeiten. Zunächst soll uns aber nur die Schaltfläche „Metaphern" am rechten, unteren Bildschirmrand interessieren. Wird diese Schaltfläche gedrückt, geht man in die „Metaphernhöhle", eine eigene Höhle mit einem Pferdemotiv. Nehmen wir nun an, wir wollten einen Herkunftsbereich auswählen, die dort verzeichneten Metaphern anschauen und einige davon auf den Zielbereich projizieren. Dazu klicken wir einmal auf die Schaltfläche „Metaphern" und gelangen dadurch in die „Metaphernhöhle" (Abb. 5). Wir sehen verschiedene Hotwords, die jeweils einen bestimmten Herkunftsbereich des Metaphernsystems der Forschergruppe bezeichnen. Über die Wahl eines dieser Hotwords können wir nun spezifische Metaphern der gewünschten Herkunftsbereiche für die Gestaltung des Zielbereichs der Arbeitsfläche auswählen. 20 Nehmen wir an, wir entschieden uns für den Herkunftsbereich „Transport". Wir klicken also einmal auf das Hotword „Transport" in der „Metaphernhöhle" (Abb. 5). Nun gehen wir wieder „näher" an die Höhlenwand und sehen die Darstellung des Herkunftsbereichs „Transport" (Abb. 6). Im Sinne der Mosaikmetapher sollen hier sieben Mosaiksteine zu einem Transportmodell zusammengesetzt werden. Die Mosaik-
15 Mittels eines Zoomeffekts. 16 In einem onomasiologischen Wörterbuch wären dies die Oberschriften der zweiten Gliederungsebene. 17 Die detaillierte Dokumentation ist als „Lascaux - a hypermedia lexicon of metaphor models for scientific imagination. User's guide. Papiere zum TLMSF-Projekt; 7. Institut für deutsche Sprache, Mannheim, 1994" erschienen. 18 Im Moment ist lediglich die Zielbereichsstruktur „Transport viraler Proteine" modelliert. 19 D.h. der entsprechende Ausschnitt des Bildschemas der HIV-Infektion der menschlichen Zelle, der unter der Überschrift „Transport" steht, wird an dieser Stelle mit einem Zoomeffekt vergrößert 20 Die einzelnen Herkunftsbereiche wurden mit den folgenden Informationstypen modelliert:Wortfelder, Fotografien, schematische Zeichnungen, Interaktionsboards, Animationen. Dabei gibt es sowohl Heikunftsbereiche, die nur mit einem Informationstyp, als auch Herkunftsbereiche, die mit verschiedenen Informationstypen modelliert wurden. So enthalt etwa der Herkunftsbereich „Märchen" nur Wortfelder, während der Herkunftsbereich „Fabrik/Automatische Fertigung" Wortfelder, eine gescannte Fotografie und eine schematische Abbildung enthält. Alle Informationstypen eines Herkunftsbereichs können per Mausklick ausgewählt, in den Zielbereich (Abb. 4) projiziert und dort editiert werden (Abb. 9).
132
Wolf-Andreas Liebert
steine liegen verdeckt vor uns. Wir können sie auf folgende Weise „herumdrehen" und auswählen. - Klickt man ein Mosaikstein mit der rechten Maustaste an, dreht sich das Steinchen so, daß man seine Vorderseite sieht. - Klickt man die Vorderseite des Mosaiksteins mit der rechten Maustaste an, so dreht sich das Steinchen wieder so, daß man seine Rückseite sieht. - Klickt man die Vorderseite mit der linken Maustaste an, so bewegt sich das Mosaiksteinchen nach unten in den leeren Rahmen. - Klickt man das ausgewählte Mosaiksteinchen mit der rechten Maustaste an, so bewegt es sich wieder an seinen Platz und dreht sich um.21
Wir können nun sowohl ein konsistentes Transportmodell innerhalb einer Vehikelvorstellung formen, z.B. ein LKW-Modell, als auch chimärische, real nicht existierende Transportmodelle konstruieren, z.B. ein LKW mit einem Sonarsystem, der sich auf einem Netzwerk von Wasserstraßen bewegt und der von einem Flughafentower über Sonar Start- und Landeinstruktionen erhält.22 Angenommen, wir hätten uns für das chimärische Transportmodell entschieden, wie es in Abb. 8 dargestellt ist: Als Transportvehikel wird ein LKW gewählt. Der Zielort richtet sich nach der Postleitzahl des Transportguts. Der LKW orientiert sich dabei mit Sonarwellen und einer Seekarte in einem Wegesystem automatischer Sortierstraßen. Er wird von einem Flaggenmatrosen geleitet. Mit dem Assoziationsfeld wollen wir das aquatische Milieu deutlich machen. Dieses frei kombinierte Transportmodell wollen wir nun zu unserer Fragestellung, unserem Arbeitsbereich, mitnehmen. Dazu müssen wir nun lediglich den OKSchalter drücken, der sich in der rechten, unteren Ecke befindet. Wir gehen nun wieder in die vorige Höhle, unseren Arbeitsbereich, zurück, und unser zusammengestelltes Mosaik wird darauf projiziert.23 Lascaux stellt uns hier nun zwei Arbeitsmodi zur Verfugung, um dieses Mosaik zu arrangieren, den Editiermodus und den Aktionsmodus. Im Editiermodus sind die Schaltflächen am rechten, unteren Bildschirmrand inaktiv. Man kann nun die Bilder, Wortfelder etc. manipulierern und Text editieren.24 Im Aktionsmodus sind die arrangierten Bilder und Wortfelder fixiert. Die Schaltflächen am rechten, unteren Bildschirmrand sind dagegen aktiv, und man kann sie folgendermaßen benutzen: - Wird die Schaltfläche „Speichern" gedrückt, wird die Arbeitsfläche gespeichert. - Wird die Schaltfläche „Löschen" gedrückt, so werden alle Objekte, die in einer Aibeitssitzung aufgenommen und verändert wurden, für diese Arbeitssitzung gelöscht. Sollen sie endgültig gelöscht werden, muß zusätzlich „Speichern" gedrückt werden. - „Fragestell." ist die Abkürzung von „Fragestellungen". Wird diese Schaltfläche gedrückt, tritt man wieder von der „Wand zurück" und sieht wieder das eben gezeigte Schema der Infektion der menschlichen Zelle mit HIV mit den Fragestellungen der Forscher. - Wird die Schaltfläche „Metaphern" gedrückt, geht man wieder in die „Metaphernhöhle". - „Letzte" ist eine Abkürzung von „Letzte Sicht". Wird diese Schalterfläche gedrückt, bewegt man sich zur jeweils vorhergehenden Sicht.
21 Die ganze Linie kann eingeblendet werden, indem mit der rechten Maustaste die Modellkomponententitel („Transportmittel" etc.) angeklickt werden. Sie schließen sich wieder, wenn die rechte Maustaste einige Sekunden gedrückt gehalten wird. 22 Dieses Vorgehen stellt eine Kombination synektischer (GORDON 1961) und morphologischer Verfahren (ZWICKY 1 9 7 1 ) d a r .
23 Dies geschieht mit einem Übeiblendeffekt („dissolve link"). 24 Die Funktionen des Editiermodus werden in Tab. 8 „Funktionen des Editiermodus in Lascaux" im Anhang ausgeführt.
133
Hypertextdesign in der kognitiven Lexikographie
Zwischen Aktionsmodus und Editiermodus wird mit der Funktionstaste F3 umgeschaltet. Man erkennt den Editiermodus an einem kleinen, weißen Rechteck in der rechten, unteren Bildschirmecke. Wir können nun das Metaphernszenario dort so arrangieren, wie wir es für angemessen halten (Abb. 9). Wir können dieses „Teilmosaik" speichern, wieder in die Metaphernhöhle gehen, andere Transportmodelle im Herkunftsbereich „Transport" kombinieren oder ganz andere Herkunftsbereiche auswählen und uns von dort weitere „Mosaiksteinchen" mitbringen, um uns nach und nach ein Bild von den Vorgängen in der Zelle zu machen, das , ,Mosaik zusammenzusetzen".
5 Ergebnisse der Metaphernreflexion der Virologen Lascaux wurde schließlich einer Gruppe von sechs Virologen im Rahmen eines Wochenendworkshops präsentiert. Diese Virologen dachten dabei über ihre Metaphern nach und bildeten in lebhaften Diskussionen neue Metaphern. Es wurden - zwei 1 Vi stündige Sitzungen mit Lascaux (RK 1 und RK 2) - und eine 1 Ά stündige Sitzung ohne Lascaux (RK 3)
auf Video aufgenommen. Der Interaktionsprozeß an sich kann so beschrieben werden: Das Hypermedialexikon Lascaux diente den Virologen als eine Art Starthilfe. Zunächst traten sie in Interaktion mit Lascaux, lösten sich dann aber immer wieder davon und prüften innerhalb relativ schneller Interaktionen die Anwendbarkeit der in den Herkunftsbereichen kodifizierten Modellkomponenten und Wortfelder. Schließlich wählten sie spezifische Informationen aus und projizierten die Wortfelder, Bilder oder Bildschemata auf die Arbeitsfläche (Zielbereich) und fixierten so das Ergebnis Ihres Denkens. Abb. 10 ,3rste Metaphernreflexion" zeigt das letzte Bild der ersten Arbeitssitzung der Forschergruppe, in der der Weg der äußeren HIV-Proteine vor allem mit der Zugmetapher gestaltet wurde. Abb. 11 „Zweite Metaphernreflexion" zeigt das letzte Bild der zweiten Arbeitssitzung, in der der Weg der inneren HIV-Proteine mit den Metaphernmodellen der Automatischen Fertigungsstraße und des Bausteins und des Puzzles gestaltet wurde. Weitere Ergebnisse sind die folgenden: 1) Die Herkunftsbereiche waren unterschiedlich stark strukturiert. Je strukturierter ein Herkunftsbereich war, desto länger blieben die Forscher bei diesem Herkunftsbereich. 2) Herkunftsbereiche, in denen Wortfelder dominierten, wurden nicht so positiv bewertet wie Herkunftsbereiche, in denen Bilder oder Bildschemata dominierten. 3) Die Interaktionsmöglichkeiten derzeitiger Hypermediasysteme sind fiir diese Anwendungnoch nicht genügend entwickelt. So kam es etwa vor, daß ein Forscher auf den Bildschirm zeigte und sagte: „Könnte ich nicht hier noch schnell ein paar Linien haben?" Aber in den gängigen Hypermediasystemen gibt es keine Funktion, die etwa das direkte Zeichnen gestattet.
Bei einer Nacherhebung,25 die ein halbes Jahr nach der Metaphernreflexion durchgeführt wurde, ergab sich folgendes Bild: Vor allem die Metaphorik im Alltagsleben und in der mündlichen Fachkommunikation ist bewußt geworden, sowohl in der Wahrnehmung anderer Sprecher als auch in der Selbstwahrnehmung. Interessante Diskrepanzen gab es bei der Wahrnehmung von Metaphern in Fachtexten. Beim Lesen von Fachtexten waren die Antworten über die drei Kategorien gleich verteilt, während beim Schreiben von Fachtexten eindeutig die „unsicher"-Antworten dominieren. Dies 25 Die Nachbefragung bestand aus einer Bewertung und einem Leitfadeninterview (vgl.
LIEBERT
1995d).
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Wolf-Andreas Liebert
liegt zum einen daran, daß sich einige Teilnehmerinnen über den Status von Fachtexten im Unklaren waren (sind z.B. Stipendienanträge Fachtexte?), zum anderen trat ein seltsames Phänomen zutage: S 8, dem in Fachtexten Metaphern auffallen, der aber bei der Frage nach Metaphern beim Schreiben von Fachtexten „unsicher" ankreuzt, wird nach seiner Motivation befragt. Er räumt daraufhin Metaphern in Fachtexten eine mittelfristige Leitfunktion in der fachwissenschaftlichen Diskussion ein, gibt sich selbst allerdings nicht das Recht, eigene Metaphern gleichen Typs in die Diskussion einzubringen. Dies begründet er mit der negativen Einschätzung seines eigenen Potentials der Metaphernschöpfung. Dies ist um so frappierender, da S8 nicht nur ein renommierter Fachwissenschaftler ist, der selbst viel veröffentlicht, sondern auch ein „imaginativ-spielerischer Typ", der ungewöhnliche und viele Metaphern in die Workshopsitzungen eingebracht hat. Eine Erklärung dafür könnte darin liegen, daß die deutsche, naturwissenschaftliche Forschung nicht nur fast ausschließlich in englischer Sprache publiziert, sondern auch in der anglo-amerikanischen Metaphernwelt lebt, die sie in seiner Prägekraft zwar akzeptiert, sie aber selbst mitzuprägen sich nicht zutraut. Die mit Lascaux reflektierten Metaphernmodelle werden von vielen Teilnehmerinnen weitergedacht, einer kommt dadurch auch zu einer Neukonzeptualisierung. In der Vermittlung haben alle Teilnehmerinnen Metaphern bewußt eingesetzt.
6 Schlußfolgerungen Im Verlauf der Bewertungen haben sich „Denkstile" bezüglich des Denkens in Metaphern profiliert. Während über die Relevanz von Metaphern für die Vermittlung von Wissenschaft Konsens herrscht, besteht dagegen über die Relevanz der Metaphernreflexion für die eigene Forschung kein Konsens. Hier scheint es so zu sein, daß diejenigen, die Metaphern als relevant für das eigene Nachdenken einschätzen, auch davon profitieren, d.h. sie spielen mit Metaphern, kommen auf neue Ideen etc., während diejenigen, die Metaphern als belanglos oder nur bedingt brauchbar für den eigenen Forschungsprozeß betrachten, von einer Metaphemreflexion auch weniger profitieren. Hypermedia als Werkzeuge zur Metaphernreflexion müssen in vielerlei Hinsicht neu durchdacht werden, obwohl sich gezeigt hat, daß die Teilnehmerinnen davon offensichtlich mehr aufgenommen und verarbeitet haben als ihnen bewußt ist (vgl. LIEBERT 1995d). Im Moment mag ein Hypermedialexikon als die erwähnte Starthilfe für das Nachdenken über die eigenen Metaphern dienen und als Werkzeug zur Fixierung der Ergebnisse dieses Denkens. Für den laufenden kreativen Metaphernprozeß genügen die Interaktionsmöglichkeiten gegenwärtig erhältlicher Systeme allerdings nicht. Sie sind nicht flexibel genug, denn „normales" kreatives Denken setzt eben auch den schnellen Wechsel von Medien (Stift, Radierer etc.) voraus. Sie sind aber auch nicht schnell genug für die „normale" Geschwindigkeit menschlichen Denkens in Metaphern. Auch die „Interaktivität" muß über ein bloßes Wählen aus einer Reihe von Optionen hinausgehen und einen einfachen Zugriff auf die Objekte des Hypermediasystems erlauben. Ein Lexikon für den kreativen und reflexiven Einsatz von Sprache zu gestalten, ist eine spezielle und sehr komplexe Anwendung. Auch wenn gegenwärtige Autorensysteme bei dieser Art Einsatz an ihre Grenzen stoßen, schält sich doch zunehmend heraus, wie die Lexikographie in der Zukunft mit Hypertext und Hypermedia völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten finden kann. Ihr Motto könnte lauten „delectare et prodesse" (der antike Begriff für Infotainment sozusagen), denn die neuen „Wörterbücher", die sie hervorbringen kann, könnten für die Benutzer in bisher nicht gekanntem Ausmaß attraktiv und hilfreich sein. Für die dabei entstehenden Texte bzw. Hypertexte wie Lascaux werden die medial gebundenen Ausdrücke „Wörterbuch" oder „Lexikon" dabei zur Metapher (LLEBERT 1992: 186), da sie nicht
Hypertextdesign in der kognitiven
Lexikographie
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mehr in die klassische Buchform „rückübersetzbar" sind. Hypertext und Hypermedia erweisen sich somit als eigenes Medium (MURRAY 1994), das in seiner v o n anderen Medien unterschie-
denen, eigenen Gesetzlichkeit erfaßt und gestaltet werden muß.
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8 Dank Ich möchte mich bei dem Büro Huber und Wanner (Bremen) herzlich für Ihre professionelle Designberatung bei der Gestaltung des Storyboards und des Interaktionsboards bedanken. Darüber hinaus hat das Büro Huber und Wanner viele der Piktogramme und Schemata, insbesondere die Schemata der menschlichen Zelle, gezeichnet. Dem Designbüro Oliver Wachsmann danke ich fur das Einscannen der Bilder und Schemata. Das TLMSF-Projekt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Postdoktorandenprogramms gefördert (Li 560 1-1/1-2). HEIKE RETTIG danke ich für Ihre luzide Kritik.
9 Anhang Handler für das Hotword „Transport" in der Metaphernhöhle (vgl. Abb. 5) to handle buttonUp get position of field "transport" —holt Position aus Textfeld —als Zoonpunkt in IT,Voraussetzung: —Textfeld wurde auch entsprechend benannt —hier: transport fxzoom to page id 0 of book "mixb.tbk" at it —geht zun Buch "Transport" und zoomt es von —der Stelle aus, wo vorher das Textfeld war end buttonUp „Umdrehen" des Autosymbols im Interaktionsboard „Transport" (vgl. Abb. 6-8) to handle RigbtButtonUp hide self show picture "autol" end RightButtonUp
138
Wolf-Andreas Liebert
Einblenden und Ausblenden von Objekten im Interaktionsboard „Transport" (vgl. Abb. 6-8) to handle rightButtonDown hide rectangle "rautol" of background Id 0 show picture "autol" hide rectangle "rlkwl" of background Id 0 show picture "lkwl" hide rectangle "rzugl" of background id 0 show picture "zugl" hide rectangle "rschiffl"of background id 0 show picture "schiff1" hide rectangle "rflugl" of background id 0 show picture "flugl" hide rectangle "rshuttlel" of background id 0 show picture "shuttlel" hide rectangle "rpostl" of background id 0 show picture "postl" hide rectangle "rcarrierl" of background id 0 show picture "carrierl" end rightButtonDown to handle ButtonStillDown hide picture "autol" show rectangle "rautol" of background id 0 hide picture "lkwl" show rectangle "rlkwl" of background id 0 hide picture "zugl" show rectangle "rzugl" of background id 0 hide picture "schiff1" show rectangle "rschiffl" of background id 0 hide picture "flugl" show rectangle "rflugl" of background id 0 hide picture "shuttlel" show rectangle "rshuttlel" of background id 0 hide picture "postl" show rectangle "rpostl" of background id 0 hide picture "carrierl" show rectangle "rcarrierl" of background id 0 end ButtonStillDown
Projizieren eines ausgewählten Transportmodells auf die Fragestellung mit dem OK-Schalter des Interaktionsboards „Transport" (vgl. Abb. 7-8 und 9) to handle buttonUp select all from 12, 7272 to 11268, 8472 —wählt die zusammengestellte Metaphernleiste —aus; Position ist durch Rechtecke im —Hintergrund markiert send copy —kopiert die Gruppe fxdissolve fast to page "eins" of book "fragtrpo. tbk" —geht zum Buch Fragestellung Transport set syslockscreen to true —friert Bildschirmanzeige ein send paste —fügt die Metaphernleiste ein
Hypertextdesign in der kognitiven
139
Lexikographie
clear selection —hebt die Auswahl auf, —damit auf die einzelnen Objekte wieder —zugegriffen werden kann set syslockscreen to false —Bildschirm auftauen end buttonUp TooiBook-Objekt- Informationstyp typ Bild Bild
Bitmap
Piktogramm
Graphikobjekt Gruppe)
Schema
Textfeld
Assoziationsfeld, Wortfeld
Text in Textfeld
Text
Tab. 8:
Funktion Position und Größe verändern Löschen Position verändern Löschen Position und Größe verändern Löschen Position und Größe verändern Löschen Wortfeldeditor
Ausführung mit der linken Maustaste anfassen und verschieben anklicken und Entfernen-Taste drücken mit der linken Maustaste anfassen und verschieben anklicken und Entfernen-Taste drücken mit der linken Maustaste anfassen und verschieben anklicken und Entfernen-Taste drücken mit der linken Maustaste anfassen und verschieben anklicken und Entfernen-Taste drücken mit der linken Maustaste das Wortfeld doppelklicken, Cursor verändert sich zu einer vertikalen, blinkenden Linie
bei eingeschaltetem Wortfeldeditor: Text markieren linke Maustaste drücken und über den zu markierenden Text ziehen oder Großschreibungstaste drücken und Cursor über den zu markierenden Text bewegen Text löschen Zu löschenden Text markieren und EntfernenTaste drücken neuen Text eingeben Cursor an die gewünschte Stelle bewegen und mit der Tastatur Text eingeben
Funktionen des Editiermodus in Lascaux
Wolf-Andreas Liebert, Universität Trier, FB II: Germanistische Linguistik, 54286 Trier
Stefan J. Schierholz Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
1 2 2.1 2.2 2.3 3 4 4.1
Die Zielsetzung Der Untersuchungsgegenstand Die grammatischen Merkmale in Grammatiken Die grammatischen Angaben in Wörterbüchern Weitere Merkmale und Angaben Die lexikographische Fachliteratur Das Präpositionalattribut Die PPA-Konstruktion in den Grammatiken
4.1.1 DUDEN-Grammatik 1984 4.1.2
HELBIG/BUSCHA 1 9 8 8
4.1.3
EISENBERG 1 9 8 9
4.2
Zur genaueren Bestimmung der PPAKonstruktion Die PPA-Konstruktion in den Wörterbüchern Möglichkeiten der Wörterbuchoptimierung Literatur
4.3 5 6
1 Die Zielsetzung Die grammatischen Informationen in einsprachigen Wörterbüchern des Deutschen, insbesondere in den Bedeutungswörterbüchern, werden im allgemeinen als unzureichend angesehen. Im Sinne der von W L E G A N D vorgenommenen Unterscheidung von „lexikographischen Angaben" und „lexikographischen Informationen"1 wird im Titel der Terminus Information verwendet, weil es darum gehen wird, was ein potentieller Wörterbuchbenutzer aus den Angaben schließt bzw. schließen könnte. Im folgenden soll ein Überblick darüber gegeben werden, welche grammatischen Informationen in Bedeutungswörterbüchern explizit oder implizit vorhanden sind, ob die Informationen den standardsprachlichen grammatischen Gebrauch des Deutschen in korrekter Weise enthalten und inwieweit die Informationen dem Wörterbuchbenutzer bei möglichen Fragestellungen weiterhelfen können. Als Wörterbuchbenutzer, die Fragen zur Grammatik haben, kommen insbesondere Fremdsprachler in Betracht, weil sie sowohl bei sprachrezeptiven als auch bei sprachproduktiven Aufgaben wiederholt Informationen über die Satzsyntax benötigen,2 während Native Speaker eher bei Orthographie- oder Bedeutungsfragen ein Wörterbuch benutzen.3 Zu den Wörterbuchbenutzern gehören aber auch Sprachwissenschaftler, die die grammatischen Informationen in Bedeutungswörterbüchern aus der metalexikographischen Perspektive kritisch beurteilen. Die Untersuchung wird sich auf substantivische Lemmata konzentrieren, weil damit der empirische Teil der Untersuchung in einem überschaubaren Rahmen gehalten werden kann und weil die lexikographische Fachliteratur in bezug auf grammatische Informationen zu Substantiven in auffalliger Weise zurückhaltend ist.
1
Vgl. WlEGAND 1989a:427.
2 3
Vgl. u.a. HARTMANN 1982:82f., WIEGAND 1985:60ff. Vgl. ZÖFOEN 1 9 8 5 : 1 3 I f f .
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen
Wörterbüchern
141
2 Der Untersuchungsgegenstand Von den zur Verfugung stehenden einsprachigen deutschen Wörterbüchern sollen im weiteren drei Bedeutungswörterbücher einer eingehenden Analyse unterzogen werden, nämlich DEUTSCHES UNIVERSAL WÖRTERBUCH A - Z ( = D D U W ) , 4 DEUTSCHES-UNIVERSAL WÖRTERBUCH A - Z , C D - R O M - V e r s i o n (= D D U W - C D ) 5 u n d DEUTSCHES WÖRTERBUCH (= D W ) 6 Dabei ist z u
beachten, daß sich DDUW und DDUW-CD inhaltlich nur geringfügig unterscheiden, daß jedoch beide auf unterschiedlichen Medien vorliegen, das DDUW in gedruckter Form und das DDUW-CD auf CD-ROM. In der CD-ROM-Version finden sich weder auf der CD noch in der beigefugten gedruckten Dokumentation des Bibliographischen Instituts Hinweise über inhaltliche Modifikationen oder Optimierungen der Universalwörterbuchausgabe von 1989. Es werden aber im folgenden beide Versionen benutzt werden, weil es beim DDUW-CD wenige zusätzliche Möglichkeiten des systematischen Abfragens gibt, die im gedruckten Wörterbuch nur mit sehr viel Zeitaufwand betrieben werden können. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß DDUW-CD nicht in Form einer Datenbank vorliegt, d.h. es gibt auf der CD keine hierarchischen Strukturierungen der Wörterbuchartikel, so daß die von vielen Wissenschaftlern gewünschten systematischen lexikographischen oder linguistischen Analysen nicht möglich sind. Um den Gegenstandsbereich, grammatische Informationen zu Substantiven, in bezug auf Umfang und Struktur genauer bestimmen zu können, sollen zuerst verschiedene Grammatiken des Deutschen daraufhin untersucht werden, welche Informationen zu Substantiven sie enthalten. Geht man davon aus, daß in den Grammatiken die Regeln bzw. das Regelhafte einer Sprache verzeichnet ist, während die Wörterbücher die Idiosynkrasien der einzelnen Lexeme und die Ausnahmen beinhalten,7 so ist für beide Informationsquellen zu prüfen, inwieweit sie diese Arbeitsteilung erfüllen. Dabei wird das Informationsangebot zwangsläufig einige Überlappungen enthalten, aber es darf keine (oder allenfalls unwesentliche) Auslassungen geben, weil grammatische Angaben vergessen worden sind oder weil sich weder die Grammatik- noch die Wörterbuchverfasser zuständig für die Bearbeitung fühlen. Es wird auch zu berücksichtigen sein, ob die Informationen nur für Fachleute oder auch für den Laien verständlich angeboten werden. Darüber hinaus werden bisherige metalexikographische Überlegungen und Analysen daraufhin zu überprüfen sein, inwieweit sie die bestehenden Angaben in Wörterbüchern und in Grammatiken adäquat beurteilen. Der Untersuchungsschwerpunkt wird in der Analyse von Präpositionalphrasen liegen, die in komplexen Nominalphrasen in unmittelbarem Anschluß an Substantive stehen können.
2.1 Die grammatischen Merkmale in Grammatiken Welche grammatischen Informationen es überhaupt zu Substantiven gibt, sollte in systematischer Weise in einer Grammatik einer Sprache verzeichnet sein. Sowohl präskriptive als auch deskriptive Grammatiken informieren über den Aufbau einer Sprache, aber während in deskriptiven Grammatiken mehr syntaktische Möglichkeiten aufgeführt sind, enthalten präskriptive Grammatiken bzw. normative Grammatiken nur die als korrekt aufgefaßten Konstruktionen einer Sprache.8 Da die oben genannten Bedeutungswörterbücher als Ergänzung zu präskriptiven 4 5 6 7 8
DUDEN 1989. DUDEN 1994. WAHRIG 1986. Vgl. MUGDAN 1983:186; vgl. WIEGAND 1985:96f. Vgl. BERGENHOLTZ 1984a:13.
142
Stefan J. Schierholz
Grammatiken betrachtet werden können und auch von Ratsuchenden in Ergänzung zu diesen benutzt werden, sollen einige präskriptive Grammatiken für die Ermittlung der potentiell möglichen grammatischen Merkmale untersucht werden. Eine präskriptive Grammatik, wie z.B. die DUDEN-Grammatik,9 will nicht nur dem „sprachlich interessierte(n) Laien, der sich über den Aufbau unserer Sprache unterrichten will oder Rat sucht bei grammatischen Zweifelsfällen [...]" helfen, sondern will „auch ein praktisches Handbuch für den Unterricht der deutschen Sprache als Fremdsprache sein".10 Die Deutsche Grammatik von HELBIG/BUSCHA11 soll dem Muttersprachler helfen, „etwas bewußtzumachen oder zu systematisieren, was er ohnehin [...] richtig bildet und verwendet" und soll dem Fremdsprachler explizitere Regeln zur Bildung richtiger deutscher Sätze angeben, so daß dadurch die Kompetenz, die der Muttersprachler schon hat, erst aufgebaut wird. Schwerpunktmäßig zielt die Grammatik auf den Fremdsprachenunterricht, enthält möglichst viele natürlich-sprachliche Beispiele und versteht sich selbst als eine Resultatsgrammatik, nicht als Problemgrammatik, die vor allem „auf Gebrauchsregeln in der Oberflächenstruktur abzielt".12 Die Grammatik von E I S E N B E R G 1 3 will „den Kernbereich der deutschen Grammatik in seinen Hauptlinien und unter Berücksichtigung neuerer Forschungsergebnisse darstellen" und dem Leser ermöglichen, „grammatische Analysen nicht nur nachzuvollziehen, sondern auch selbst durchzufuhren und zu bewerten".14 In der Tabelle 1 werden die grammatischen Merkmale zu Substantiven, die in den drei genannten Grammatiken zu finden sind, aufgeführt. Da es bei der beabsichtigten Analyse von Präpositionalphrasen (= PP) auch um die Stellung und Funktion der in der PP verwendeten Präposition geht, sind auch die grammatischen Merkmale zu Präpositionen angefügt, die in den Grammatiken behandelt werden. Die Daten für die Substantive lassen sich in drei Gruppen differenzieren: Die morphosyntaktischen Merkmale (Flexion/Deklination, Genus, Numerus), die semantischen Merkmale (KO, IN, EI, Substantiwalenz) und die syntaktisch-semantischen Merkmale (Determination/ Quantifikation, Genitivattribut, enge Apposition, Präpositionalattribut (= PPA)/Attributive adverbiale Bestimmung (= AAB), Substantiwalenz). Für die Präpositionen existieren syntaktische Merkmale (regierter Kasus), morphologische Merkmale (Verschmelzungen) sowie syntaktisch-semantische Merkmale (AAB/Adverbiale Bestimmung (= AdvB) bzw. PPA/Präpositionalobjekt (= PPO)). Vergleicht man die drei Grammatiken, so zeigt sich, daß das Informationsangebot relativ homogen ist. Eine inhaltliche Analyse und eine qualitative Beurteilung der in den Grammatiken enthaltenen Darstellungen zu den Merkmalen wird weiter unten erfolgen. 2.2
Die grammatischen Angaben in Wörterbüchern
Nach BERGENHOLTZ finden sich in Bedeutungswörterbüchern Informationen zur Grammatik in der Wörterbuchgrammatik des Vorwortes bzw der Einleitung, in den Benutzungshinweisen, in enzyklopädischen Übersichtsartikeln, bei Lemmata, die sich auf grammatische Termini beziehen sowie explizit und/oder implizit bei jedem einzelnen Lemma und in jedem einzelnen Wör9
DUDEN 1984.
10 Vgl. DUDEN 1984, Vorwort zur vierten Auflage, o.S. Π
HELBIG/BUSCHA 1 9 8 8 .
12 Vgl. HELBIG/BUSCHA 1988:17. 13
EISENBERG 1 9 8 9 .
14
V g l . EISENBERG 1 9 8 9 : 9 .
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern Merkmal SUBSTANTIV Flexion/Deklination Genus Determination/Quantifikation Bedeutungsgruppen (KO, IN, EI) Numerus Genitivattribut PPA/AAB Substantiwalenz Enge Apposition PRÄPOSITION regierter Kasus Verschmelzungen AdvB beim Substantiv (= AAB) P P A / P P O beim Substantiv Tab. 1:
DUDEN
EISENBG.
H/B
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
143
X
Grammatische Merkmale in Grammatiken Erläuterungen
zu Tab.
1: DUDEN = DUDEN 1 9 8 4 , EISENBG. = EISENBERG 1 9 8 9 , H / B = HELBIG/
BUSCHA 1988, KO = Kontinuativum/Stoffhame, IN = Individuativum/Appelativum, EI = Eigenname, PPA = Präpositionalattribut, PPO = Präpositionalobjekt, AdvB = Adverbiale Bestimmung, AAB = Attributive adverbiale Bestimmung, χ = Merkmal ist vorhanden
terbuchartikel.15 Im DDUW und im DW findet man grammatische Informationen in den Hinweisen fiir die Wörterbuchbenutzung (DDUW), in den Erläuterungen zu Anlage und Artikelaufbau (DDUW) bzw. in den Hinweisen zur Benutzung (DW), in der kurzen Grammatik der deutschen Sprache (DDUW) bzw. dem Lexikon der deutschen Sprachlehre (DW), in den Tabellen zur Deklination (DW) sowie in den Wörterbuchartikeln zu den einzelnen Lemmata. Allerdings muß man zwischen den grammatischen Angaben, die laut Benutzungsanleitung im Wörterbuch enthalten sein sollen, und den Angaben, die man tatsächlich in den Wörterbuchartikeln findet, unterscheiden. Außerdem differiert der Umfang an grammatischen Angaben zu Substantiven nicht nur zwischen den beiden Bedeutungswörterbüchern, sondern auch innerhalb eines Wörterbuchs ganz erheblich. Im DW wird in den „Hinweisen zur Benutzung" unter der Überschrift „Grammatische Angaben" vermerkt, daß zu jedem Stichwort die Wortart genannt wird und daß dies bei Substantiven durch die Angabe des grammatischen Geschlechts erfolgt.16 Die Deklination der Substantive wird anhand von fettgedruckten Zahlen angegeben, die auf die Tabellen der Deklination verweisen, welche sich im Vorspann17 befinden. Wenn ein Lemma nicht nach einem der Musterbeispiele dekliniert wird, so sind immer der Genitiv Singular und der Nominativ Plural in abgekürzter Form angegeben. Bei Komposita muß die Deklination unter dem Lemmazeichen des Grundworts nachgeschlagen werden. Singulariatantum sind „durch die Abkürzung 'unz.'" gekennzeichnet, Pluraliatantum sind durch eine Angabe in spitzen Klammern, „", erkennbar. Darüber hinaus wird der Gebrauch von Substantiven in Redewendungen, in Beispielsätzen sowie durch Angaben zum Stil demonstriert. Durch unterschiedliche Schrifttypen sowie die Verwendung der spitzen Klammer für die Einfügung erklärender Zusätze werden die einzelnen Angaben für den Benutzer deutlich erkennbar präsentiert.18 15
V g l . BERGENHOLTZ 1 9 8 3 : 7 2 ; v g l . BERGENHOLTZ 1 9 8 4 a : 6 ; v g l . BERGENHOLTZ/MUGDAN 1 9 8 6 : 5 7 .
16
V g l . WAHRIG 1 9 8 6 : 1 0 .
17
WAHRIG 1986:15FF.
18
V g l . WAHRIG 1 9 8 6 : 1 l f .
144
Stefan J. Schierholz
Im DDUW wird in den Hinweisen fur die Wörterbuchbenutzung erklärt, daß die grammatischen Angaben in Winkelklammern aufgeführt sind, daß aber für Substantive „die Angaben des Genus (Geschlechts) mit der, die, das und die Endungen des Genitivs Singular und des Nominativs Plural nicht in Winkelklammern" stehen. 19 Für den Artikelaufbau wird das folgende Grundschema angegeben: „Stichwort mit Angaben zur Silbentrennung und Betonung - Angabe der Aussprache - grammatische Angaben - etymologische Angaben - stilistische Bewertung, zeitliche und räumliche Zuordnung, Zuordnung zu Bereichen, Fach- und Sondersprachen - Bedeutungsangabe - Phraseologie (Beispiele, idiomatische Ausdrücke)."20
Unter den Erläuterungen zu den grammatischen Angaben heißt es: „Mit Ausnahme der nur verwiesenen Stichwörter hat jedes Stichwort bestimmte grammatische Angaben. Das Wörterbuch gibt u.a. die Wortart an, führt Deklinatione- und Konjugationsformen auf [...]. Die Regeln, nach denen sich der Aufbau sprachlicher Einheiten vollzieht, werden an Hand der Beispiele dargestellt; auf komplizierte Beschreibungen der Kombinatorik ist zugunsten der Verständlichkeit und auch aus Raumgründen verzichtet worden."21
Wenn es darum geht, bestimmte Phrasen im Zusammenhang mit dem Lemma zu zeigen, so findet man im DDUW in den Beispielen, die zum Lemma angegeben sind, „wie sich der Aufbau der Satzglieder und Sätze vollzieht. Die Beispiele sind grob nach dem eigentlichen und übertragenen Gebrauch gegliedert, und zwar stehen die Beispiele für die eigentliche (konkrete) Bedeutung immer vor den Beispielen mit übertragener (bildhafter, metaphorischer) Bedeutung, die durch Ü (= Übertragung) angekündigt werden. Die beiden Wortarten Substantiv und Adjektiv sind darüber hinaus nach syntaktischen Gesichtspunkten gegliedert. Idiomatische Ausdrücke (feste Verbindungen und Wendungen; Phraseologismen) werden bei der Bedeutung aufgeführt, zu der sie gehören, und stehen dort immer am Ende aller Beispiele. Nur wenn sie sich keiner Bedeutimg zuordnen lassen, erscheinen sie unter einer eigenen Gliederungszahl."22
Durch die Formulierung, „hat jedes Stichwort bestimmte grammatische Angaben", und den Verzicht „auf komplizierte Beschreibungen der Kombinatorik" hat sich die DUDEN-Redaktion natürlich gegen jedwede Kritik bezüglich der Vollständigkeit notwendiger grammatischer Angaben abgesichert und sich geradezu eine unlimitierte Rechtfertigung fur die Nichterwähnung irgendwelcher grammatischer Besonderheiten einzelner Lemmata verschafft. An welchen Stellen das aktuell wird, wird weiter unten darzustellen sein. Wenn man die Angaben, die in den Bedeutungswörterbüchern in der Einleitung aufgeführt werden bzw. in den Wörterbuchgrammatiken enthalten sind, und die Merkmale, die in den Grammatiken enthalten sind (vgl. Tab. 1), nebeneinanderstellt, so erhält man die Tabelle 2. Beim DDUW sind die Daten der Tabelle danach differenziert, ob eine Beschreibung bzw. Explikation der grammatischen Angaben in den Hinweisen zur Wörterbuchbenutzung bzw. in Anlage und Artikelaufbau oder in der im Wörterbuch enthaltenen Kurzgrammatik erfolgt. Für das DW wird unterschieden, ob die Erklärungen in den Hinweisen zur Benutzung bzw. den Tabellen zur Deklination oder im Lexikon der deutschen Sprachlehre des DW enthalten sind. Somit ergeben sich für beide Wörterbücher zusammen außerhalb der einzelnen Wörterbuchartikel insgesamt vier verschiedene Stellen, an denen man Informationen über grammatische Angaben erhalten kann. Aus der Tabelle 2 ist zu erkennen, daß man in den Wörterbüchern zum
19 Vgl. DUDEN 1989:o.S. 20
DUDEN 1 9 8 9 : 7 .
21
DUDEN 1 9 8 9 : 7 f .
22 DUDEN 1989:11.
145
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
Merkmal/Aagabe SUBSTANTIV Flexion/Deklination Genus Determination/Quantifikation Bedeutungsgruppen (KO, IN, EI) Numerus Genitivattribut PPA/AAB Substantiwalenz Enge Apposition PRÄPOSITION regierter Kasus Verschmelzungen AdvB zum Substantiv (= AAB) PPA/PPO zum Substantiv Tab. 2:
DUDEN
Eiseng.
B/B
DDUW
X X
X
X X
H/A KG H/A KG KG KG H/A KG
X X X
X X X X
X
X
X X
X
X X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
KG KG KG KG
DW
Η Η Η Η
L L L L L L L L L L
X
Grammatische Merkmale in Grammatiken und grammatische Angaben in Bedeutungswörterbüchern Erläuterungen zu Tab. 2: DUDEN = DUDEN 1984, E i s e n b . = EISENBERG 1989, H / B = HELBIG/BUSCHA 1988, D D U W = DUDEN 1989, D W = WAHRIG 1986, K O = K o n t i n u a t i v u m / S t o f l n a m e , I N = I n d i v i -
duativum/Appelativum, EI = Eigenname, PPA = Präpositionalattribut, PPO = Präpositionalobjekt, AdvB = Adverbiale Bestimmung, AAB = Attributive adverbiale Bestimmung, H/A = in Hinweisen zur Wörterbuchbenutzung bzw. in Anlage und Artikelauibau, KG - in Kurzgrammatik, Η = in Hinweisen zur Benutzung, L = im Lexikon der deutschen Sprachlehre, χ = Merkmal vorhanden
Genus an allen vier Stellen Informationen erhalten kann, während über die enge Apposition nur etwas in den Kurzgrammatiken der beiden Wörterbücher enthalten ist. Ein Vergleich der Informationsbreite in den Grammatiken und in den Wörterbüchern ergibt, daß die Wörterbücher keine Angaben enthalten, die in den Grammatiken nicht behandelt werden. Mit Ausnahme der Angaben zu Attributen, die im DDUW weitgehend fehlen, ist eine relativ große Ähnlichkeit im Informationsangebot der Grammatiken und Wörterbücher festzustellen. Auch bei dieser Tabelle ist zu berücksichtigen, daß es sich nur um eine tabellarische Übersicht handelt, die darüber informiert, was vorhanden ist und was nicht, aber daß nichts über die Qualität der Merkmale bzw. Angaben ausgesagt wird. Für die Wörterbücher bleibt vor allem zu prüfen, ob das, was laut Vorwort in den Wörterbüchern enthalten sein soll, tatsächlich in den Wörterbuchartikeln zu finden ist. Zu diesem Zweck ist auf jeder 20ten Seite im DDUW das erste substantivische Lemma, das zugleich Eingangslemma ist und das auch im DW als Substantiv lemmatisiert ist, fur die Zusammenstellung einer Stichprobe gezogen worden. Bei der Auswertung der grammatischen Angaben zu diesen Lemmata gelten die folgenden Bedingungen: Wenn ein Lemma polysem ist oder als Homonym gekennzeichnet ist, werden vorrangig die grammatischen Angaben zur ersten Bedeutung, die im DDUW enthalten ist, ausgewertet, und es werden im DW die äquivalente Bedeutung sowie alle dazugehörigen grammatischen Angaben ausgewertet. Abkürzungen, die in dem jeweiligen Wörterbuch verwendet werden, werden nicht zusätzlich erläutert. Nicht in die Auswertung einbezogen werden Kompositumsangaben (vor allem in DW), Ausspracheangaben, auch wenn sie in den (spitzen) Klammern, die die grammatischen Angaben enthalten sollen, stehen, Hinweise zur Schreibweise, z.B. Trennung von ,,-ck", auch wenn die Angabe in spitzen Klammern steht. Für die Auswertung der grammatischen Angaben sind insgesamt 89 Lemmata in die Stichprobe aufgenommen worden. Die Größe der Stichprobe ist fiir eine quantitative Auswertung
146
Stefan J. Schierholz
natürlich nicht ausreichend, so daß es sich bei der Analyse nur um eine exemplarische Überprüfung der im DDUW und DW angekündigten grammatischen Angaben handelt. Zu vielen Lemmata der Zufallsstichprobe werden die Angaben in der Weise gemacht, wie es in den Wörterbüchern in den Hinweisen zur Benutzung formuliert ist. Fehlende oder falsche Hinweise auf Deklinationstabellen, unterschiedliche Numerusangaben bzw. die unzureichende Corpus- und Frequenzbasiertheit gehören zu den bekannten Fehlern oder Unzulänglichkeiten der grammatischen Angaben in Bedeutungswörterbüchern. Angaben zu Präpositionalphrasen werden nur bei dem Lemma Einblick in Form mehrerer Kompetenzbeispielangaben gemacht (z.B. ,jmdm. Einblick in die Akten gewähren" (DDUW), „einen Einblick in etwas bekommen" (DW)). In der Tabelle 3 sind nur noch die Lemmata enthalten, bei denen irgendeine grammatische Angabe als falsch, fehlerhaft oder unverständlich aufgefallen ist. Bei diesen Lemmata sind die Angaben zum Genus fast immer richtig, und es sind kaum Unterschiede zwischen DDUW und DW auszumachen (Ausnahme: Kuskus). Bei den Deklinationsangaben treten im DDUW zu einigen Lemmata Lücken auf (Altenheim, Anlernberuf, Einwegflasche, Lieschgras, Wetzstahl). Es handelt sich dabei um Komposita, bei denen man die Genitiv-Singular- und Nominativ-Plural-Angabe immer unter dem jeweiligen Grundwort des Kompositums zu suchen hat (in der Tabelle mit „$" markiert). Allerdings findet sich im DDUW an keiner Stelle ein Hinweis auf eine Regelung, daß man unter dem Grundwort nachzuschlagen hat, wenn man sich über die Deklinationsangaben informieren will. Im DW wird in den Hinweisen zur Benutzung darauf aufmerksam gemacht, daß man bei allen Komposita entsprechende Deklinationsangaben unter dem Grundwort findet. Allerdings ist der Begriff „Kompositum" recht weit gefaßt, weil man das zusätzliche Nachschlagen auch bei einigen präfigierten Deverbativa (AufguD, Ausfall, Ausverkauf, Einblick, Überdruck) tätigen muß, während bei anderen (Durchhieb) die Verweiszahl zum Deklinationsparadigma angegeben ist. Wer dennoch bei Hieb nachschlägt, findet dort eine andere Deklinationsnummer als bei Durchhieb. Allerdings ist das bei Hieb angegebene Flexionsparadigma falsch; denn die Nummer „" gilt nur für Substantive mit Neutrum (Beispiel in den Hinweisen zur Benutzung ist „das Brot"). Wenn das Nachschlagen unter dem Grundwort jedoch einen Sinn machen soll, so sollte dieses Verfahren eigentlich nur angewendet werden, wenn das Kompositum eine Spezifikation des Grundworts darstellt (z.B. Miliartuberkulose, Einwegflasche). Für Fremdsprachler kann es hingegen problematisch werden, wenn eine unmittelbare semantische Beziehung nicht sofort hergestellt werden kann (z.B. bei Nachtisch) und man sich fragt, ob tatsächlich das gleiche Deklinationsparadigma wie zu Tisch gilt. Auf die Problematik der Flexionsendung „-es" im Genitiv Singular ist bereits an anderer Stelle hingewiesen worden.23 Hier gibt es im DDUW und im DW zahlreiche Lemmata, zu denen die Genitivangabe wahlweise mit ,,-s" und „-es" angeboten wird. Die Abfragen im Textcorpus24 ergeben, daß die Pluralform „des Ausverkaufes" gar nicht belegt ist und „des Verkaufes" nur einmal gegenüber 109mal „des Verkaufs". Zu „des Bezirk(e)s" und „des Überd r u c k e s " bzw. „des Druck(e)s" kommt die Genitiv-Singular-Form mit ,,-s" eindeutig häufiger vor. Bei „des Anlernberufes" bzw. „des Beruf(e)s", „des Ausfall(e)s" bzw. „des Fall(e)s, „des Dom(e)s" und „des Einblick(e)s" bzw. „des Blick(e)s" ist der ,,-s"-Genitiv zwar häufiger, aber 23 Vgl. MUGDAN 1985:193f. 24 FAZ 1994. Das Corpus hat einen Umfang von ca. 500 MB und enthält den gesamten Jahrgang 1993. Im weiteren beziehen sich alle Abfragen von Daten aus einem Textcorpus auf FAZ 1994, soweit keine gesonderten Hinweise erfolgen.
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern Lemma
Gerau DDUW DW Altenheim das n. Anlernberuf der m. AufguB der m. Ausfall der m. der Ausverkauf m. Bedachung die f. Benzin n. das Bezirk der m. Dom der m. Durchhieb der m. Einblick der m. f. Einwegflasche die Gallert n. das Implantat n. das Kintopp der/das m./n. Kuskus der m./n. Lieschgras n. das Machination f. die Miliartuberkulose die f. Nachtisch der m. Peroxyd/Peroxid das n. Prätor der m. der Schuft m. f. Scordatura die Überdruck der m. Unband der m. Vorschau f. die Wetzstahl der m. Tab. 3:
Deklination DDUW DW $11 $ $ $1 Aufgusses, Aufgüsse $1 u. -[e]s, Ausfälle $1 u. -[e]s, ...käufe $lu. -, -en 20 -s, (Arten:) -e 11 -[e]s, -e 1 1 -[e]s, -e -[e]s, -e 1 -[ejs, -e $1 $19 $ 11 -[e]s, (Arten:) -e 11 -[e]s, -e -s, -s/ ...töppe 6/15/ -töppe
147 Numerus DDUW DW
1. o. PI. 1. unz. unz.
unz.
-
$ -en -
-[eis -s, -e -s, ...oren -[e]s, -e -
-[e]s, ...drücke -[ejs, " steht als
148
Stefan J. Schierholz
Beispiel das Flexionsparadigma zu Frau, in dem eine falsche Akkusativ-Singular-Form, „der Frau", aufgeführt ist.25 Beim Lemma Kintopp bleibt unklar, ob die Angabe „Kintöppe" sich nur auf den Nominativ Plural bezieht, oder ob man auch die Genitiv-Plural- und Akkusativ-Plural-Form ableiten kann und ob die Dativ-Plural-Form dann „den Kintöppen" lauten müßte. Zum Lemma Unband sind im DDUW zwei Pluralformvarianten („Unbande"/„Unbände") angegeben, während im DW das Lemma als Singularetantum markiert ist. Im Textcorpus sind keine Formen aus dem Flexionsparadigma des Lemmas Unband enthalten. Das Lemma Bedachung wird in der Bedeutung „das Bedachen" im DW als Singularetantum betrachtet, während im DDUW auch der Plural möglich ist. Im Textcorpus sind keine Belege dazu gefunden worden. Für die Lemmata Scordatura und Miliartuberkulose werden im DDUW keine Pluralformen angegeben, während im DW die Pluralbildung möglich ist, wenn auch bei Miliartuberkulose mit einem Hinweis auf das Lemma Tuberkulose. Im Corpus existieren keine Formen aus dem Flexionsparadigma zu Scordatura und Miliartuberkulose, und zu Tuberkulose finden sich nur Belege im Singular, aber nicht im Plural. Zum Lemma Machination wird im DDUW für die Bedeutungsvariante Winkelzüge, Machenschaften, Ränke nur die Pluralform angegeben, während im DW keine Numerusrestriktionen vorliegen. Im Textcorpus finden sich dazu keine Belege. Diese kurze Analyse beschränkt sich im wesentlichen auf morphosyntaktische Angaben. Offen bleibt, ob die Palette grammatischer Angaben in ihrer vollen Variationsbreite anhand der kleinen Stichprobe überhaupt erfaßt wird. Auch zeigt sich, daß die Zufallsstichprobe hinsichtlich bestimmter Angaben - z.B. Präpositionalphrasen - nicht sonderlich ergiebig ist, aber dennoch sind zu ca. 30% der untersuchten Lemmata Fehler oder Unklarheiten entdeckt worden. Hier sollten weitere systematische Recherchen durchgeführt werden, um die Wörterbuchangaben verbessern zu können. Dies kann aber nur mit Hilfe mehrerer umfangreicher Textcorpora geschehen. Daß ein einziges Corpus dabei nicht ausreicht, haben die obigen Abfragen immer dann gezeigt, wenn zu Lexemen, die bestimmten Fachwortschätzen angehören, Belegbeispiele fehlen. Auch MUGDAN stellt fest, daß viele Formen, die nach dem System des Deutschen gebildet werden können, gar nicht verwendet werden bzw. in Textcorpora nicht belegt sind. Für die Fälle, in denen z.B. der Plural zu einem Wort nur selten oder nur in Fachsprachen auftritt („Honige", „Tees", „Milche", „Milchen"), würde man sich in den Wörterbuchartikeln zumindestens eine Markierung (z.B. ungewöhnlich) wünschen.26 Darüber hinaus gibt es aber noch ein inhaltliches Problem. Wenn man das in verschiedenen Grammatiken enthaltene Inventar der grammatischen Merkmale untersucht und wenn man die Bedeutungswörterbücher hinsichtlich der in ihren Benutzungshinweisen oder Wörterbuchgrammatiken angekündigten grammatischen Angaben und hinsichtlich der lexikographischen Bearbeitung der grammatischen Angaben untersucht, ist damit noch nicht erwiesen, daß tatsächlich alle grammatischen Merkmale oder Angaben, die in der deutschen Sprache im Skopus von Substantiven vorkommen bzw. relevant sind, aufgeführt bzw. bearbeitet worden sind; denn es ist ja denkbar, daß Wörterbuchbenutzer bestimmte Formulierungsschwierigkeiten in der Sprachproduktion haben, die sich weder mit Hilfe gängiger Grammatiken oder Wörterbücher, sondern nur mit aufwendigen Recherchen in der Fachliteratur, z.B. in Spezialwörterbüchern, lösen lassen.
25
WAHRIG 1986:16.
26 Vgl. MUGDAN 1983:207ff.
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
2.3
149
Weitere Merkmale und Angaben
Die Liste der grammatischen Merkmale in Grammatiken und Angaben in Wörterbüchern kann in einigen Punkten erweitert werden und muß in bestimmten Bereichen präziser formuliert werden. In B E R G E N H O L T Z 1984 wird auf besondere syntaktische Merkmale bei bestimmten Substantiven aufmerksam gemacht, „die einen Kasus regieren können, wie Tod (den Feinden) und Kampf (dem Hunger/'21. Weder in den drei untersuchten Grammatiken finden sich Hinweise zu diesem syntaktischen Phänomen, noch enthalten die Wörterbuchartikel des DDUW oder DW dazu Beispielangaben unter den Lemmata Tod oder Kampf. Auch treten diese Phrasen im benutzten Textcorpus nicht auf; es wird sich sowieso um sehr niederfrequente Konstruktionen des Deutschen handeln.28 Andererseits kann angenommen werden, daß Fremdsprachler gerade mit solchen Formulierungen nicht nur in sprachproduktiven, sondern auch in sprachrezeptiven Prozessen erhebliche Schwierigkeiten haben werden. Im DDUW kann die Komplexität der grammatischen Angaben und vor allem ihre komplizierte und z.T. unsystematische formale Repräsentation weder durch das genaue Studium der Hinweise zum Artikelaufbau noch durch die oben durchgeführte Stichprobenanalyse vollständig erfaßt werden. In den Jahren 1989 und 1990 sind am IWBS29 der Firma IBM in Heidelberg Teile des DDUW mit Hilfe einer Satzbandanalyse „digitalisiert", d.h. in eine Datenbank überfuhrt worden. Im Abschlußbericht werden zahlreiche Probleme zur Analyse des Satzbandes aufgezählt, die auch die grammatischen Angaben betreffen, weil innerhalb der morphosyntaktischen Angaben zu gleichen inhaltlichen Angaben sehr unterschiedliche formale Repräsentationen existieren.30 Diese werden bei einer maschinellen und systematisch durchgeführten Analyse des ganzen Wörterbuchs natürlich allesamt entdeckt, weil sie vom Computer als unterschiedliche Angaben interpretiert werden. Dazu die folgenden Beispiele: Aal, der; -[e]s, -e ... a, A [a: ], das: - (ugs. : -s), - (ugs. : -s)... Lehns|mann, der < PI. ...männer u. ...leute, seltener: ...mannen > ... Dek|ar, das; -s, -e < aber: 3 - >, (Schweiz.:) Dek|are, die; -, -n ... Ge|rät|schaft, die; -en < meist PI. > ... Azo|ren < nur mit Art.; PI. > ... Ehrjwür|den < o. Art. >; -[s]... DrfB, der; Dresses, Dresse; (österr. auch:) die; Dressen < PI. selten > .... 3 1 RQck|gang, der: Verminderung, ....
Zu Aal ist das Genus, die Genitiv-Singular-Form und die Nominativ-Plural-Form angegeben. Zu a, Α existieren die gleichen Angaben, aber zusätzlich die umgangssprachliche Variante der Genitiv-Singular- und Nominativ-Plural-Form mit ,,-s". In eckigen Klammern wird zu a, Α die Aussprache angegeben, während unter Aal die Variante der Genitiv-Singular-Form (,,-[e]s") in den eckigen Klammern enthalten ist. Zu Lehnsmann existieren drei Pluralvarianten, die allerdings in Winkelklammern notiert werden; eine Genitiv-Singular-Form wird nicht aufgeführt. Zu Dekar und Gerätschaft werden zusätzliche Pluralformvarianten in Winkelklammern aufgelistet, wobei die Angabe zu Dekar „< aber: 3 - >" nicht nur für Fremdsprachler schwer 27 BERGENHOLTZ 1984a:28.
28 Auch im LIMAS-Corpus sind diese Phrasen nicht belegt. 29 Institutftlr Wissensbasierte Systeme, heute Wissenschaftliches 30
V g l . BLÄSER/WERMKE 1990:42FF.
31 Vgl. BLÄSER/WERMKE 1990:43f.
Zentrum.
150
Stefan J. Schierholz
zu entschlüsseln ist. Man sagt offenbar: „1 Dekar", „2 Dekare", aber „3 Dekar" und „4 Dekare", „5 Dekare" usw., denn der Plural von „Dekar" ist im allgemeinen „Dekare". Der Hinweis im DDUW, „(schweiz.:)", bezieht sich wahrscheinlich auf das nachfolgende Lemma Dekare und nicht auf die Verwendung „3 Dekar". Somit sagt man in der Schweiz „1 Dekare", „2 Dekaren", „4 Dekaren" usw., aber über Besonderheiten bei der Anzahl drei („3 Dekar" oder „3 Dekare" oder „3 Dekaren") erfährt man nichts. Bei Azoren und Ehrwurden stehen in der Winkelklammer auch Angaben zur Artikelverwendung. Die Genitiv-Singular-Angabe bei Ehrwürden ist in eckige Klammern gesetzt, so daß man als kundiger Wörterbuchbenutzer des DDUW schließen kann, daß der Genitiv mit und ohne „-s" gebildet werden kann. Die Beispielangaben im DDUW-CD, „ [. . .] Euer -s Hut; < Gen. bei Nachstellung: > der Hut Eurer E.; in Briefanschriften: E. Schwester Notburga [...]" tragen allerdings nur wenig zur Explikation der grammatischen Angaben bei. Allerdings findet sich an dieser Stelle eine Verbesserung der CD-Version gegenüber dem gedruckten DDUW, wo es heißt: „ [...] < Gen. bei Voranstellung: > -s, Euer Hut; < Gen. bei Nachstellung: > der Hut Eurer E.; in Briefanschriften: E. Schwester Notburga [. . .]". Wahrscheinlich handelt es sich bei der Angabe ,,-s, Euer Hut" um einen Druckfehler, aber aufgrund der undurchsichtig strukturierten Beispielgruppenangabe vermag man das auch als Native Speaker nicht mit 100%iger Sicherheit zu behaupten. Zu Dreß existieren verschiedene Genitiv-Singular- und Nominativ-Plural-Formen, die in Abhängigkeit von der Genuszuweisung vorkommen. Dabei erlaubt die österreichische Variante („die Dreß") zwar einen Plural, dieser ist allerdings selten. Dagegen ist zum Lemma Rückgang nur das Genus angegeben, Angaben zur Genitiv-Singular- oder Nominativ-Plural-Form fehlen. Die Abgrenzung der grammatischen Angaben von dem Lemmazeichen geschieht in der Regel durch ein Komma (Aal, Gerätschaft, Rückgang), aber das Komma zwischen „a" und „A" in dem Lemmazeichen „a, A" kann nicht als Trennzeichen fungieren, weil dann das „A" bereits eine grammatische Angabe zum „a" sein würde. Zu Azoren und Ehrwürden findet man gar kein Komma hinter dem Lemmazeichen, so daß die automatische Erkennung zwar auf der Basis eines unterschiedlichen Druckbildes (halbfett vs. normal), aber nicht mit Hilfe unterschiedlicher graphischer Zeichen erfolgen kann. Auch bleibt unklar, welche und wie viele Angaben jeweils nach dem halbfettgedruckten Lemmazeichen folgen, weil Umfang und Inhalt der tatsächlich in den Wörterbuchartikeln enthaltenen grammatischen Angaben entgegen den Ankündigungen in den Hinweisen zum Artikelaufbau sehr unterschiedlich und uneinheitlich ausfallen (vgl. Dreß vs. Rückgang). Eine automatische und nur auf formalen Unterschieden beruhende Analyse liefert also noch ein wesentlich difFerenzierteres Bild der in den Wörterbuchartikeln vorkommenden Angaben, wenn man diese inhaltlich in allen Einzelheiten interpretiert. Dies ist allerdings auch nötig, um die Angaben richtig verstehen zu können. Der dritte Bereich betrifft grammatische Angaben zu Präpositionalphrasen bzw. Präpositionalattributen. Diese Angaben werden in den Grammatiken als grammatisches Merkmal zu Substantiven behandelt, fehlen aber als explizite Angaben in den Wörterbuchartikeln. Für die weiteren Analysen werden zunächst einige terminologische Festlegungen erfolgen, die dazu beitragen sollen, die syntaktischen und semantischen Zusammenhänge zum Präpositionalattribut besser darstellen zu können. Als Präpositionalattribute werden im folgenden diejenigen Präpositionalphrasen aufgefaßt werden, die im Anschluß an eine Nominalphrase (= NP) stehen und die von dem Substantiv in
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
151
dieser NP regiert werden. Die Konstituenten des Präpositionalattributs sind die Präposition und die angeschlossene NP.32 (1) DIE WUT auf den Lehrer (2) DIE UEBE zu den Eltern.
Die voranstehenden NPs sind „die Wut" bzw. „die Liebe", die Präpositionalattribute sind „auf den Lehrer" bzw. „zu den Eltern". Die einzelnen Konstituenten und Phrasen werden im weiteren folgendermaßen benannt werden: 1. Präpositionalattributskonstruktion (= PPA-Konstruktion) heißt die gesamte aus fünf Lexemen bestehende Phrase; die Determinantien sind nicht notwendige Bestandteile der Phrase. 2. Vorgänger-NPppA heißt die Nominalphrase, die in einer PPA-Konstruktion vor der Präposition steht. 3. Vorgänger-SubstantivppA heißt das Substantiv, das in der Vorgänger-NPPPA steht. 4. Nachfolger-NPppA heißt die Nominalphrase, die in einer PPA-Konstruktion nach der Präposition steht. 5. Präposition heißt das Lexem, das beide Nominalphrasen miteinander veibindet. 6. Präpositionalattribut (= PPA) heißt die Phrase, die nach der Vorgänger-NPPPA steht, die aus der Präposition plus der Nachfolger-NPPPA besteht und die von dem Vorgänger-SubstantivPPA regiert wird.
Für die PPA-Konstruktion wird durch diese Festlegung von einer idealisierten und stark vereinfachten PPA-Konstruktion ausgegangen, die in dieser Weise in natürlich-sprachlichen Texten vorkommen kann, die aber auch in komplexerer Form erscheint. Die Beziehungen zwischen Vorgänger-NPppA, Präposition und Nachfolger-NPpPA sind an bestimmte syntaktische und semantische Merkmale gebunden, die im weiteren Verlauf im Detail darzustellen sein werden. Da es bei der näheren Bestimmung der PPA-Konstruktion darauf ankommt, ähnliche syntaktische Konstruktionen, insbesondere Adverbiale Bestimmungen, abzugrenzen, sollen auch zu diesen terminologische Festlegungen erfolgen. 7. Eine Konstruktion mit einer attributiven adverbialen Bestimmung (= AAB-Konstruktion) sind die folgenden aus fünf Lexemen bestehenden Phrasen (3) und (4); die Determinantien sind nicht obligatorische Bestandteile der Phrasen; Tests zur Abgrenzung von der PPA-Konstruktion werden weiter unten benannt. (3) Der Überfall IN DER STADT (4) Die Predigt AN DEM ABEND. 8. 9. 10. 11. 12.
Vorgänger-NP/uB heißt die Nominalphrase, die in einer AAB-Konstruktion vor der Präposition steht. Vorgänger-SubstantivAAB heißt das Substantiv, das in der Vorgänger-NPAAB steht. Nachfolger-NPAAB heißt die Nominalphrase, die nach der Präposition steht. Präposition heißt das Lexem, das beide Nominalphrasen miteinander verbindet. Attributive adverbiale Bestimmung (= AAB) heißt die Phrase, die nach der Vorgänger-NPAAB steht, die aus der Piäposition plus der Nachfolger-NPAAB besteht und die n i c h t von dem Vorgänger-SubstantivAAB regiert wird.
Durch diese terminologische Festlegung soll zunächst eine gewisse Unabhängigkeit von anderen theoretischen Ansätzen erreicht werden. Außerdem kann dadurch die Behandlung und Darstellung der PPA-Konstruktion in der lexikographischen Fachliteratur, in den Grammatiken des Deutschen und in den Wörterbuchartikeln der Bedeutungswörterbücher besser und in verständlicherer Form vorgenommen werden.
32 Die Termini Phrase, Nominalphrase, Konstruktion und Präposition werden hier nicht zusätzlich erläutert.
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152
3 Die lexikographische Fachliteratur Die folgende Zusammenstellung der lexikographischen Fachliteratur über grammatische Informationen in Wörterbüchern erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ist auf den kurzen Zeitraum von 1977-1990 begrenzt. Die einzelnen Arbeiten enthalten Makro- oder Mikrostrukturanalysen verschiedener Bedeutungswörterbücher sowie metalexikographische Überlegungen zur Grammatik in Wörterbüchern. Es werden diejenigen Teile der Fachliteratur rezipiert, die sich unmittelbar auf grammatische Informationen zu Substantiven, insbesondere auf Angaben zu PPAs beziehen oder die wichtige Hinweise zu verwandten grammatischen Informationen enthalten. In BREDEMEIER/JANSEN/PETÖFI 1 9 7 7 werden prinzipielle Überlegungen über notwendige Wörterbuchinformationen angestellt. Für den Bereich der Syntax soll zu Substantiven angegeben werden: „die genaue syntaktische Klasse bzw. Subklasse, die Deklinationsklasse, das Genus, die Pluralbildung, die Art der Ableitung und Zusammensetzung (sowie die Möglichkeiten weiterer Ableitungen und Zusammensetzungen), bestimmte präpositionale Ergänzungen (z.B. ,Recht auf, .Verrat an' etc.), Restriktionen in bezug auf die Kombinationsmöglichkeiten mit anderen Wortarten f...]" 33 WIEGAND/KUCERA 1 9 8 1 untersuchen im BROCKHAUS-WAHRIG 34 einige grammatische Angaben (z.B. Pluraletantum, Numerus) zu Substantiven. Angaben zum PPA kann man im BROCKHAUS- WAHRIG im Bereich des semantisch relevanten Kontextes finden, also im semantischen Kommentar zu einem substantivischen Lemma.35 In BERGENHOLTZ/MUGDAN 1 9 8 2 geht es vornehmlich um die Notwendigkeit der Corpusbasiertheit bei der Wörterbucherstellung. Hinsichtlich der grammatischen Informationen wird im Kapitel „Syntax" darauf verwiesen, daß in den meisten Wörterbüchern nur wenige syntaktische Regularitäten berücksichtigt sind. Es wird explizit darauf aufmerksam gemacht, daß in den Wörterbüchern „zur Syntax von Substantiven kaum je etwas gesagt [. . .]" wird und dort, „wo explizite syntaktische Informationen nicht gegeben werden, kann der Benutzer aus der Bedeutungsangabe oder aus der Anordnung der Beispiele und Belege Rückschlüsse ziehen".36 In HARTMANN 1 9 8 2 werden die Benutzungsbedürfnisse von Deutschlehrenden und Deutschlernenden in Südwestengland untersucht. Danach benutzen 61,6% der Befragten bei der Suche nach grammatischen Informationen oft oder regelmäßig ein Wörterbuch. Nur bei Fragen zur lexematischen Bedeutung wird das Wörterbuch häufiger (82,2%) benutzt. Diese empirischen Daten sollten berücksichtigt werden, auch wenn sie nur für Fremdsprachler Gültigkeit besitzen. In WIEGAND/KUCERA 1 9 8 2 werden vor allem die grammatischen Angaben zu Adjektiven untersucht, die im BROCKHAUS-WAHRIG37 enthalten sind. Die Angaben unterscheiden sich nur unwesentlich von denen in anderen Wörterbüchern, und „der Aufbau der Wörterbuchartikel richtet sich primär weder nach grammatischen Eigenschaften der Lemmata noch nach grammatischen Kategorien einer bestimmten Grammatik". Wie die Grammatik einer Sprache funktioniert, läßt sich vor allem anhand der Bedeutungserläuterung und der lexikographischen Bei-
33
BREDEMEIER/JANSEN/PETÖFI
34
WAHRIG 1 9 8 0 - 1 9 8 4 .
1977:75.
35 Vgl. W I E G A N D / K U C E R A 1981:162ff. 36 Vgl. BERGENHOLTZ/MUGDAN 1982:32f. 37
WAHRIG 1 9 8 0 - 1 9 8 4 .
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
153
spiele herausfinden. 38 Zu Substantiven werden im BROCKHAUS-WAHRIG nur flexionsmorphologische Angaben gemacht, während zu Verben und Adjektiven auch Satzbaupläne existieren. 39 In BERGENHOLTZ 1983 wird aufgelistet, an welchen Stellen man in Wörterbüchern Informationen zur Grammatik finden kann. Für grammatische Zweifelsfragen kann die Basis, auf der zu entscheiden ist, was und auf welche Weise ins Wörterbuch übernommen wird, z.B. die „Introspektion bzw. Informantenbefragung", „Übernahme von Ergebnissen vorhandener linguistischer Literatur", „Auswertung von Textcorpora" sein.40 In MUGDAN 1983 werden in erster Linie Probleme zu den morphosyntaktischen Angaben in verschiedenen Wörterbüchern aufgelistet. In den Empfehlungen zur Konzipierung eines Wörterbuchs wird auf die Notwendigkeit einer Kurzgrammatik hingewiesen, in der die gleiche theoretische grammatische Auffassung vertreten wird wie in den Wörterbuchartikeln und in der die vollständigen Flexionsparadigmen zu den jeweiligen Normalfällen enthalten sind. Alle Ausnahmen und Idiosynkrasien sind hingegen in den einzelnen Wörterbuchartikeln zu notieren. Zur Form dieser Angaben werden mehrere Vorschläge gemacht, die eine benutzerfreundliche und zugleich sprachlich korrekte Repräsentation ermöglichen. In BERGENHOLTZ 1984a wird bei der Überprüfung von syntaktischen Informationen zu Substantiven festgestellt, daß „in den Bedeutungswörterbüchern so gut wie nie explizite syntaktische Angaben bei Substantiven" gemacht werden. Dies gilt insbesondere für die konkreten Informationen in den Wörterbuchartikeln selbst und weniger für die in den Vorworten bekundeten Absichten der Wörterbuchhersteller. 41 In einer Beispielanalyse zum Lemma Jammer im DW wird dies demonstriert, aber auch nachgewiesen, daß Spezialwörterbücher 42 diese Aufgabe nicht viel besser lösen. Dies gilt vor allem im Zusammenhang mit den an Jammer anschließbaren Präpositionen. Die 'Fügungspotenzen in der Gruppe des Substantivs' sind vielfach weniger durch die Nennung syntaktischer Kategorien als durch die Angabe von Kollokationen mit bestimmten Wörtern oder Wortfeldern angemessen zu beschreiben. 43 Allerdings sollte man im Zusammenhang mit der PPA-Konstruktion durchaus von Substantiwalenz sprechen und die Binnenstruktur von PPA-Konstruktionen systematisch analysieren, um für Wörterbücher bessere Repräsentationen zu erreichen. In BERGENHOLTZ/MUGDAN 1984 wird die Konzeption eines neu zu erstellenden Wörterbuchs theoretisch sowie anhand von Beispielartikeln vorgestellt. Danach werden grammatische Angaben in morphologische (z.B. Genitiv-Singular-, Dativ-Singular-, Nominativ-Plural-Form) und in syntaktische Angaben unterteilt. Letztere sollen Informationen über die 'Mitspieler' der einzelnen Lexeme enthalten und werden explizit aufgeführt (z.B. NPGCT, PräpP). Die Mitspieler können auch in bezug auf ihre Semantik gekennzeichnet werden, z.B. als „Datum", „Personenname", „Person", „Lebewesen", „Gegenstand", „Ort", „Richtung". 44 So weit es sich nicht um Regularitäten handelt, sind diese Angaben bei den einzelnen Lemmata zu notieren. Zu diesen Angaben gehören auch die relativen Häufigkeitsangaben aus den benutzten Textcorpora, an denen die Gebräuchlichkeit bestimmter Formulierungen abgelesen werden kann. Präpositionen mit enklitischem Artikel werden als eigene Wortart neben normalen Präpositionen eingeführt. 45
38 Vgl. 39 Vgl. 40 41 42 43
WIEGAND/KUCERA 1982:287f. WLEGAND/KUCERA 1982:289ff; V g l . BERGENHOLTZ 1983.82FF.
308ff.
Vgl. BERGENHOLTZ 1984a:28. SOMMERFELDT/SCHREIBER 1977.
Vgl. BERGENHOLTZ 1984a:29.
44
Vgl. BERGENHOLTZ/MUGDAN 1984:60FF.
45
V g l . BERGENHOLTZ/MUGDAN 1984:59.
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Stefan J. Schierholz
Die PPΑ-Konstruktion wird als Kollokation bezeichnet, welche definitorisch von Idiomen und Redensarten abgegrenzt wird. In den Wörterbuchartikeln zu Substantiven sind demnach Präpositionen zu Adverbialgliedern und Attributen anzugeben sowie die Beziehungen zwischen den Attributen und den sie regierenden Substantiven. Bei Präpositionen soll in Kollokationen angegeben werden, mit welchen NPs sie vorkommen. Da alle Kollokationen corpusbasiert sein müssen, lassen sich die Kollokationen zu einem Lemma nach ihrer Häufigkeit sortieren, und nur die besonders häufigen Kollokationen sollen (auch unter Berücksichtigung ihrer Verteilung in verschiedenen Corpora) ins Wörterbuch aufgenommen werden.46 Eine inhaltliche Analyse und Differenzierung der einzelnen Kollokationen oder eine Kommentierung der syntaktischen Strukturen innerhalb der PPA- oder AAB-Konstruktionen wird nicht vorgesehen. In einer vergleichenden Analyse verschiedener Wörterbücher werden in BERGENHOLTZ 1985 u.a. die syntaktischen Angaben zu ausgewählten Präpositionen sowie die je nach Wörterbuch unterschiedlichen Auffassungen über die Transitivität von Verben geprüft. Substantive werden lediglich in den Planungen zur Erstellung eines Lernerwörterbuchs erwähnt, wobei es um Hinweise zu grammatischen Angaben für Substantive (Kasusrektion, Wortstellung, Kollokationsangaben) geht.47 Im Zusammenhang mit den Kollokationseingaben wird der interessante Hinweis gegeben, in bestimmten Fällen auch Warnungen vor falschen grammatischen Konstruktionen in das Wörterbuch aufzunehmen, wie das im LDOCE48 der Fall ist. Derartige Warnungen könnten auch bei Beispielangaben mit PPA-Konstruktionen sehr nützlich sein. In CARSTENSEN 1985 wird im Zusammenhang mit einer in das Wörterbuch zu integrierenden Wörterbuchgrammatik das Präpositionalgefuge behandelt. Notwendige Feindifferenzierungen werden aber nur im Zusammenhang mit Verben gemacht.49 In KROMANN 1985 werden die syntaktischen Informationen in den verschiedenen Wörterbüchern von WAHRIG50 und in DUDEN 1984 aus der Sicht fremdsprachlicher Benutzer untersucht. Neben einer vergleichenden Analyse von Satzbauplänen zu Verben wird auch auf die unzureichende Behandlung von „Präpositionen, die sich kollokationell mit Substantiven verknüpfen, [. . .] (Stundenlohn von, nicht zu oder an 50 DM (sie!); [. . .]" kritisiert.51 In MUGDAN 1985 werden erneut die Pläne für ein grammatisches Wörterbuch vorgestellt. Im Zusammenhang mit der Auswertung von Textcorpora werden zu Substantiven die morphosyntaktischen Angaben zum Genitiv (-s oder -es) und deren Häufigkeitsverteilung sowie die Präsentation im Wörterbuch kritisch diskutiert.52 Weitere grammatische Informationen zu Substantiven werden nicht angeführt; allerdings lassen sich viele Abgrenzungsproblematiken, die im Zusammenhang mit Präpositionalobjekten und Adverbialen Bestimmungen diskutiert werden,53 auch auf PPAs übertragen. In SCHAEDER 1985 wird die Behandlung von Präpositionen in verschiedenen Wörterbüchern vorgestellt sowie eine Detailanalyse zur Präposition „nach" durchgeführt. Neben den morphologischen, syntaktischen und semantischen Merkmalen zu Präpositionen werden innerhalb der Satzgliedfunktionen auch die Merkmale von Adverbialen und Attributen aufgelistet. In Wörterbüchern gehört es zu den Aufgaben des Lexikographen, „mögliche Positionen der Prä-
46
V g l . BERGENHOLTZ/MUGDAN 1984:70FF.
47
V g l . BERGENHOLTZ 1 9 8 5 : 2 5 4 .
48
1978:xxviii. Vgl. CARSTENSEN 1985:180f.
49
LONGMAN
50
WAHRIG 1 9 6 8 , WAHRIG 1 9 7 7 , WAHRIG 1 9 8 0 .
51
Vgl. KROMANN 1985:355f.
52
V g l . MUGDAN 1 9 8 5 : 1 9 2 f f .
53
V g l . MUGDAN 1 9 8 5 : 2 1 5 f f .
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
155
positionalphrase im Satz sowie die Regularitäten der Abfolge mehrerer Präpositionalphrasen systematisch darzustellen"54. Das präpositionale Attribut wird als eine wesentliche syntaktische Konstruktion im Zusammenhang mit dem jeweiligen Lemma mehrfach genannt, wenn auch eine strikte Trennung zwischen PPA-Konstruktionen und Adverbialer Bestimmung nicht immer vollzogen wird, weil SCHAEDER (nach ERK 55 ) davon ausgeht, daß der adverbiale und attributive Gebrauch einer Präpositionalphrase oft nicht differenziert werden könne. Auch SCHAEDER konstatiert, daß in den Bedeutungswörterbüchern des Deutschen „Belege attributiven Gebrauchs" fehlen.56 In SCHUHMACHER 1 9 8 5 werden im Zusammenhang mit der MoNTAGUE-Grammatik semantische Regularitäten als notwendiger Bestandteil der grammatischen Beschreibung angesehen, und es wird ein Schema zum Aufbau einer solchen Grammatik entworfen.57 Auch hier werden nur Verben untersucht, aber die vorgenommene Strukturierung der Wörterbuchartikel läßt sich in vielen Punkten auf substantivische Lemmata übertragen. In WLEGAND 1985 werden verschiedene Typen von Wörterbuchbenutzungssituationen aufgezeigt sowie Wörterbuchbenutzungsprotokolle angelegt und ausgewertet. Die Wörterbuchbenutzungssituationen, die die Grammatik betreffen, werden in solche unterteilt, die die Morphologie betreffen, und solche, die die Syntax betreffen. Fragen der Genus- oder Numeruszuordnung werden der Morphologie subsumiert.58 Bei der Auswertung der Wörterbuchbenutzungsprotokolle werden einzelne Suchfragen zur Grammatik genauer analysiert. Die Suche nach der richtigen Präposition fur ein Präpositionalobjekt bei verweisen zeigt eine „lexikalsemantisch bestimmte Gebrauchsunsicherheit hinsichtlich eines Verbs verweisen auf\ bei dem die Bindung der Präposition idiosynkratisch ist und nicht grammatisch regelhaft; bei dem gesuchten Anschluß an das Verb flattern geht es nicht um eine grammatische Frage, sondern um eine „von der Kotextinterpretation determinierte[n] Frage zur Semantik der Präpositionen". Diese Resultate lassen sich auf PPA-Konstruktionen, z.B. auf die idiosynkratische Bindung von zu an Liebe, übertragen.59 Die statistische Auswertung von 35 Wörterbuchbenutzungsprotokollen zeigt, daß von ungefähr 3 0 0 0 Benutzungsfragen ca. 5 5 % die Grammatik betreffen. Etwa 2 8 0 Fragen werden im Zusammenhang mit regierten Präpositionen gestellt, worunter auch die Selektion der richtigen Präposition fur PPA-Konstruktionen fällt. Im Durchschnitt geben die Wörterbücher nur in 55% aller Fälle eine Antwort, die dem Benutzer weiterhilft.60 Anhand von Benutzerfragen, die u.a. die Wahl der richtigen Präposition in PPA-Konstruktionen betreffen, werden verschiedene Wörterbücher ausgewertet. Dabei zeigt sich, daß in den meisten Fällen, in denen mit Hilfe des Wörterbuchs eine Antwort konstituiert werden kann,61 die Antwort anhand eines lexikographischen Beispiels gefunden wird.62 Für die grammatischen Informationen in Wörterbüchern zieht WLEGAND folgende Schlüsse: Ein einsprachiges Wörterbuch, das fur Fremdsprachler geeignet ist, muß eine Wörterbuchgrammatik enthalten, in die alles, was grammatisch-regelhaft ist, hineingehört, während grammatische Besonderheiten (Idiosynkrasien) in den einzelnen Wörter54
SCHAEDER 1985:278FF.
55
Vgl. ERK 1982:385.
56
V g l . SCHAEDER 1985:294FF.
57
V g l . SCHUHMACHER 1 9 8 5 : 1 6 2 .
58
V g l . WlEGAND 1 9 8 5 : 4 8 , A b b . 6 ; v g l . WIEGAND 1 9 8 5 : 5 7 , A b b . 7 .
59 Vgl. WlEGAND 1985:71fr. 60 Vgl. WlEGAND 1985:72ff. 61 Damit ist nicht automatisch verbunden, daß die Antwort auch vollständig und umfassend ist; vgl. WIEGAND 1985:94f. 62 Vgl. WIEGAND 1985:91f., Tab. 1.
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buchartikeln aufgeführt werden müssen. „Die Angaben zur Syntax müssen anhand von grammatischen Beispielen, die explizit (z.B. mit Kategoriensymbolen) kommentiert sind, gegeben werden." Dabei sind „die syntaktischen Besonderheiten [...], z.B. die idiosynkratischen Bindungen von Präpositionen an Substantive, [...]" zu berücksichtigen.63 Da die Bindung der Präposition an das Vorgänger-Substantiv eine idiosynkratische ist, die nicht durch eine Regel erfaßbar ist, ist die gebundene Präposition als „wörterbuchwürdig" anzusehen; denn der Fremdsprachler muß die Einheit Substantiv + regierte Präposition als Ganzes lernen.64 ZÖFGEN 1985 beginnt seinen Beitrag mit der schon „stereotypen Klage" über „die unzureichende Repräsentation der Syntax" in allgemeinen Wörterbüchern sowie mit dem Hinweis auf die Fortschritte in der Valenzforschung, die „auf die Konzeption der Gesamtwörterbücher ausstrahlen werden" 65 Gerade „der Bereich der Valenz weist nämlich gesamthaft idiosynkratische Merkmale auf und unterliegt somit der Notwendigkeit einer lexikographischen Darstellung"66. Allerdings betrachtet auch ZÖFGEN nur die Verbsyntax und gibt keine Hinweise, ob ähnliche Beurteilungen, insbesondere zum Verhalten fremdsprachlicher Wörterbuchbenutzer, auch für Nachschlagesituationen zu substantivischen Lemmata gelten. In BERGENHOLTZ/MUGDAN 1986 w i r d das DUDEN-UNIVERSALWÖRTERBUCH ( =
DUD-
UNI) 67 u.a. auf seine grammatischen Angaben hin mit anderen Wörterbüchern verglichen. Besonders kritisiert werden die unzureichenden Definitionen von grammatischen Begriffen, die Uneinheitlichkeit in der Verwendung zwischen den Termini in den Wörterbuchgrammatiken und in den Wörterbuchartikeln, die undeutliche Trennung zwischen Regelfall und Ausnahme, die benutzerunfreundliche Darbietung sowie die mangelhafte empirische Absicherung der oft unzuverlässigen und subjektiven Einleitungen grammatischer Erscheinungen. Die sich anschließenden empirischen Einzelstudien zum DUDUNI beschränken sich auf Verben und Präpositio68
nen. In SCHUHMACHER 1986 werden u.a. Valenzwörterbücher deutscher Substantive sowie deutsche Wörterbücher mit Valenzeinträgen untersucht. Vor allem Fremdsprachler haben im Bereich der Sprachproduktion ein hohes Informationsbedürfnis über die Satzbildungsmöglichkeiten des Deutschen und bemängeln die unzureichenden Informationen in herkömmlichen Wörterbüchern. 69 Soweit Fremdsprachler nicht auf Spezialwörterbücher70 zurückgreifen, finden sie in einsprachigen Wörterbüchern des Deutschen syntaktische Informationen zu Verben und Adjektiven;71 zu Substantiven wird in Zusammenhang mit Bedeutungswörterbüchern nichts ausgesagt. In MUGDAN 1989 werden die Aufgaben einer Wörterbuchgrammatik umrissen. Die Erläuterungen, die sich nicht nur auf einsprachige Wörterbücher des Deutschen beziehen, umfassen u.a. Analysen zur Wortart, zur Flexion, zur Wortbildung und innerhalb des Syntaxkapitels Angaben zu Satzbauplänen im Zusammenhang mit Verben. 72 Zu Substantiven wird u.a. gefordert, 63
Vgl. WIEGAND 1985:96f.
64
V g l . WIEGAND 1 9 8 5 : 9 0 .
65
V g l . ZÖFGEN 1 9 8 5 : 1 3 0 .
66
ZÖFGEN 1 9 8 5 : 1 3 9 .
67
DUDEN 1 9 8 3 .
68
V g l . BERGENHOLTZ/MUGDAN 1986:56FF.
69
Vgl. SCHUHMACHER 1986:328.
70 Für Substantive wird hier das Valenzwörterbuch von SOMMERFELDT/SCHREIBER 1977 untersucht; vgl. SCHUHMACHER 1986:361FF.
71
Vgl. SCHUHMACHER 1986:37 Iff.
72 Vgl. MUGDAN 1989:735ff.
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
157
daß auch Attribute, „Phrasen innerhalb einer Phrase als Attribute", in den Wörterbüchern ihre Behandlung erfahren müßten. 73 Auch wenn die Orientierung der Wörterbuchgrammatiken normalerweise auf griechischen und römischen Grammatiken beruht, müssen dennoch in einer Wörterbuchgrammatik die Erkenntnisse moderner Grammatiken einfließen, insbesondere zur besseren Strukturierung von syntaktischen Zusammenhängen innerhalb von Phrasen. Allerdings sind linguistische Fachtermini so weit wie möglich durch alltagssprachliche Ausdrücke zu ersetzen. 74 Die Wörterbuchgrammatik muß im Zusammenhang mit den Wörterbuchartikeln stehen, d.h. auf die Angaben beim Lemma ausgerichtet sein und muß inhaltlich und theoretisch mit den Angaben in den Wörterbuchartikeln abgestimmt sein. Die Wörterbuchgrammatik muß einen terminologischen Index und unter dem Lemma einen Verweis auf das Grammatikkapitel enthalten. Durch die Analyse der Mikrostrukturen von allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern (WIEGAND 1989a und 1989b) erhält man über verschiedene Wörterbücher und Wörterbuchartikel explizite Strukturkenntnisse, die als Teiltheorie nicht nur wesentlicher Bestandteil einer umfassenden lexikographischen Theorie sind, sondern auch fur die Neuplanung und Computerisierung von Wörterbüchern hilfreich und notwendig sind.75 Vor allem kann eine benutzerfreundlichere Formulierung und Gestaltung der einzelnen Wörterbuchartikel durch den Lexikographen auf der Basis fundierter theoretischer Kenntnisse leichter erreicht werden. 76 Die hierarchische Mikrostruktur, die eine Teilstruktur der vollständigen Mikrostruktur von standardisierten Wörterbuchartikeln ist, ist eine Ordnungsstruktur, in der die Reihenfolge der Angaben in den Wörterbuchartikeln festgelegt ist. Diese Struktur kann (zumindestens für die einfache hierarchische Mikrostruktur) in eine linke hierarchische Kernstruktur, die der Formkommentar enthält, und eine rechte hierarchische Kernstruktur, die der Semantische Kommentar enthält, geteilt werden. 77 Zur Ermittlung und Klassifizierung der Elemente von Wörterbuchartikeln wird die „Methode der funktional-positionalen Segmentation" angewendet. Die dabei erfaßten Elemente sind eine Menge funktionaler lexikographischer Textsegmente, die in der Regel an eine Lemmazeichengestaltangabe und ein Lemma adressiert sind. Funktionale Textsegmente bestehen aus einer Form (z.B. der graphischen Gestalt) plus mindestens einem genuinen Zweck (z.B. potentielle Benutzer über den Gebrauch eines Substantivs zu informieren). 78 Die wichtigsten Klassen funktionaler Textsegmente sind Strukturanzeiger und Angaben. Für die grammatischen Informationen zu Substantiven sind die linguistischen Angaben, die zugleich sprachliche und standardisierte Angaben sind, relevant. 79 Alle Angaben, deren genuiner Zweck darin besteht, dem Benutzer Informationen zur Form des Lemmazeichens in sprachlicher Realisation zu ermöglichen, gehören zum Formkommentar (z.B. die Angabeklassen Deklinations-
emgabe, Genusangabe, Pluralbildungsangabe, Pluraletantumangabe, Wortartenangabe). Zum Semantischen Kommentar gehören neben allen nichttypographischen Strukturanzeigern die Bedeutungsangabe, „alle Angaben zur Form und/oder zu ihrer grammatikbedingten Veränderung [...]" und alle Angaben, die im Geltungsbereich einer der Bedeutungsangaben stehen und nicht zum Formkommentar gehören (z.B. die Angabeklassen Beispielangabe, BeispielTs
MUGDAN 1 9 8 9 : 7 3 9 .
74
V g l . MUGDAN 1 9 8 9 : 7 4 3 .
75 Die hier gegebene Zusammenfassung bleibt rudimentär und berücksichtigt in erster Linie Aspekte, die im Zusammenhang mit grammatischen Informationen von Bedeutung sind. 76 Vgl. WIEGAND 1989b:497f. 77 Vgl. WIEGAND 1989a:434 und 1989b:464ff.
Vgl. WIEGAND 1989a:425f. und 1989b:464f. 79 Vgl. WIEGAND 1989b:468. Abb. 39.3 enthält ein umfassendes Verzeichnis dieser Angaben. Eine Ergänzung um weitere potentielle Angaben findet sich in WIEGAND 1990:114fif. 78
158
Stefan J. Schierholz 80
gruppenangabe, Kompetenzbeispielangabe, Belegbeispielangabe) Wegen der hochgradigen Komplexität der Mikrostrukturen ist eine Standardisierung der Wörterbuchartikel wünschenswert, in der die lexikographische Beschreibungssprache und der Grad der Textverdichtung auf der Basis der Ansprüche potentieller Benutzer zu bestimmen ist. Dazu gehört u.a., daß die Anzahl und die Position der Angaben relativ zu Typen von Lemmazeichen festgelegt ist und daß die Typographie der Strukturanzeiger und Angaben strukturell und funktional vereinheitlicht wird.81 Die Analyseresultate WIEGANDS werden an vielen Beispielen aus verschiedenen Wörterbüchern demonstriert; dabei werden auch die grammatischen Angaben zu Substantiven vorgestellt, so daß eine Übertragung, insbesondere auch in terminologischer Hinsicht, für die weiteren Untersuchungen möglich ist. Allerdings bleibt die Mikrostrukturerfassung deskriptiv, weil auf der Basis bestehender Strukturen von Wörterbuchartikeln allgemeine (abstrakte) Mikrostrukturen ermittelt werden. Dadurch rücken aber Strukturen und Angaben, die in a l l e n Wörterbüchern defektiv oder mangelhaft bearbeitet sind oder die gar nicht in den Wörterbüchern vorkommen, außerhalb der Betrachtung. So taucht z.B. in der Übersicht zu linguistischen Angaben die „Verbvalenzangabe" auf, eine Substantiwalenzangabe aber nicht.82 Für eine umfassende lexikographische Theorie ist jedoch zu fordern, daß nicht nur die Angaben, die in den Wörterbüchern enthalten sind, theoretisch und strukturell erfaßt sind, sondern die Angaben, die in Wörterbüchern notwendig sind. Zwar hängt die Bestimmung der Notwendigkeit gerade in bezug auf grammatische Angaben von dem jeweiligen grammatiktheoretischen Standpunkt ab, aber man kann durch die linguistische Analyse vorhandener Wörterbuchangaben und die Überprüfung, inwieweit die existierenden Angaben die Informationsbedürfhisse der Wörterbuchbenutzer befriedigen können, von metalexikographischer Seite ermitteln, an welchen Stellen die praktische Lexikographie defizitär ist. Wie die Beispielanalysen in der Fachliteratur zeigen, sind in den Wörterbüchern des Deutschen grammatische Angaben in der Regel unterrepräsentiert. Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, daß in besonderer Weise die grammatischen Angaben zu Substantiven in den Wörterbüchern zu wenig Berücksichtigung finden. Parallel dazu verläuft die Themenverteilung innerhalb der lexikographischen Fachliteratur. Untersuchungen zur Grammatik sind im allgemeinen unterrepräsentiert. Innerhalb der lexikographischen Arbeiten zur Grammatik in Wörterbüchern fällt auf, daß grammatische Angaben zu Verben relativ häufig, zu Substantiven aber nur selten Gegenstand der Untersuchungen sind. Es ist jedoch wenig plausibel, daß sich die theoretische Lexikographie so wenig mit den grammatischen Angaben zu substantivischen Lemmata auseinandersetzt, weil die Angaben in den Wörterbüchern so rar gesät sind. Es müßte ja gerade umgekehrt sein, weil die theoretische Lexikographie mit einem massiven Forderungskatalog zur Verbesserung der Wörterbücher an die praktische Lexikographie herantreten könnte. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund möglich, daß Wörterbuchbenutzer, insbesondere Fremdsprachler, häufig die Wörterbücher konsultieren, weil sie sehr häufig grammatische Angaben suchen. Erstaunlicherweise wird dies in verschiedenen Untersuchungen festgestellt, ohne daß sichtbare Konsequenzen in der nachfolgenden theoretischen lexikographischen Literatur oder wesentliche Veränderungen in der Wörterbuchpraxis erfolgen. Differenziert man die einzelnen grammatischen Angaben zu Substantiven, so sind morphosyntaktische Angaben in den Wörterbüchern am besten vertreten, und es existieren auch mehr fachlexikographische Arbeiten zu diesem Teilbereich. Dagegen sind Angaben zum PPA in den Wörterbüchern extrem un80 Vgl. WIEGAND 1989a:434f. und 1989b:471f. 81 82
Vgl. WIEGAND 1989a:424f. Vgl. WIEGAND 1989b:468.
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
159
terrepräsentiert, und es existiert nur wenig Fachliteratur. Hier wiederholt sich also das, was zu den grammatischen Angaben im allgemeinen festgestellt worden ist. Die Notwendigkeit von grammatischen Informationen zum PPA, insbesondere zu den Präpositionen, wird wiederholt von metalexikographischer Seite und von Wörterbuchbenutzern angemahnt. Dies geschieht vor dem Hintergrund, daß es sich bei der Anbindung von PPAs an die Vorgänger-SubstantivepPA um idiosynkratische Phänomene handelt, die in den Wörterbüchern verzeichnet sein müssen. Die Situation in der praktischen Lexikographie sieht aber folgendermaßen aus: Wenn eine grammatische Angabe zum PPA in einer Beispielangabe aufgeführt wird, müssen die Informationen zur PPA-Konstruktionen aus den einzelnen Beispielen erschlossen werden. Damit das Erschließen nicht zum Raten wird, müßten die Beispielangaben kommentiert werden, d.h. syntaktische und semantische Erläuterungen zur Struktur der Phrasen müßten angefugt werden. Diese Forderung wird in verschiedenen Arbeiten der Fachliteratur erhoben. Zur Umsetzung wird es notwendig sein, derartige Kommentierungen benutzerfreundlich und wenig fachterminologisch zu gestalten und die einzelnen Angaben in die vorhandene Erfassung der Mikrostrukturen von Wörterbüchern so einzupassen, daß die Wörterbuchartikel auch für Laien in verständlicher Weise präsentiert werden können. Eine derartige Praxis wird natürlich um so notwendiger, je komplexer und undurchschaubarer die PPA-Konstruktionen sind, so daß es zumindestens darum gehen muß, deren Binnenstruktur genauer zu untersuchen.
4 Das Präpositionalattribut Im folgenden soll die PPA-Konstruktion auf ihre syntaktischen und semantischen Merkmale hin genauer untersucht werden. Es wird zunächst zu prüfen sein, was in den Grammatiken unter einem PPA verstanden wird, ob die Beschreibungen, Erklärungen und Abgrenzungen fur die PPA-Konstruktion ausreichend sind und ob die Grammatiken Hilfestellungen in potentiellen Fragesituationen bieten. Anschließend wird zu beurteilen sein, wie gut die PPA-Konstruktionen in den Wörterbüchern repräsentiert sind und ob die für die Sprachproduktion oder -rezeption notwendigen grammatischen Angaben in den Wörterbüchern so repräsentiert sind, daß Fremdsprachler auf ihre Fragen eine zufriedenstellende und richtige Antwort erhalten. Dies ist insbesondere wichtig, weil Fremdsprachler in Nachschlagesituationen erhebliche Probleme beim Finden der richtigen Präposition in PPOs sowie in PPAs und AABs haben.83 4.1
Die PPA-Konstruktion in den Grammatiken
Vergleicht man die Behandlung der PPA-Konstruktion in verschiedenen Grammatiken des Deutschen, so sind erhebliche Unterschiede in der Ausführlichkeit der Bearbeitung und der theoretischen Fundierung festzustellen. Stellvertretend für andere sollen die oben bereits benutzten Grammatiken, DUDEN 1984, EISENBERG 1989 und HELBIG/BUSCHA 1988, untersucht werden. 4.1.1
DUDEN-Grammatik 1984
Das PPA wird in der DUDEN-Grammatik als Attribut bezeichnet, und es wird für die Beschreibung und Abgrenzung eine formal-grammatische und eine inhaltliche Ebene unterschieden. Auf der formalen Ebene heißt das PPA attributives Präpositionalgeßige, welches inhaltlich u.a. als Subjekt, Akkusativobjekt, Dativobjekt oder Präpositionalobjekt stehen kann. Abzugrenzen
83 Vgl. WlEGAND 1985:59ff.
160
Stefan J. Schierholz
vom PPA ist die Adverbiale Bestimmung nach Substantiven, die auf der formalen Ebene als attributive adverbiale Bestimmung bezeichnet wird und die sich inhaltlich in attributive Bestimmungen des Raumes, der Zeit, der Art und Weise sowie des Grundes differenzieren läßt.84 Allerdings sind die Kriterien zur Bestimmung und Erkennung des PPAs nur undeutlich formuliert, und es gibt keine differenzierte Analyse zur Binnenstruktur der PPA-Konstruktion. So werden die Abhängigkeits- und Rektionsbeziehungen zwischen Vorgänger-NPpPA, Präposition und Nachfolger-NPppA in der PPA-Konstruktion und in Absetzung zur AAB-Konstruktion nicht erläutert. Hinzu kommen widersprüchliche Formulierungen, die nicht nur Laien, sondern auch Fachleuten Kopfzerbrechen bereiten dürften: Attribute werden sowohl als „syntaktische Stellen zweiten Grades", weil sie genauere Bestimmungen innerhalb der einzelnen Satzglieder ermöglichen85 als auch als attributive Glieder, die „selbständigen Satzgliedern in ganzen Sätzen" entsprechen,86 bezeichnet. Attribute sind „syntaktisch auch nicht notwendig", aber „wenn sie in konkreten Sätzen doch nicht immer weggelassen werden können", so kann das daran liegen, daß die Attribuierung notwendig ist, „weil eine Formulierung ohne sie grammatisch unkorrekt wäre".87
Unklar bleibt dabei, ob Attribute „Stellen zweiten Grades" sind oder „selbständige Satzglieder" und ob Attribute „weggelassen werden können" oder „notwendig" sind. Darüber hinaus werden die tatsächlich existierenden standardsprachlichen Verwendungsmöglichkeiten des PPAs und der AAB nicht klar dargelegt, weil die Voraussetzungen, unter denen eine PPA-Konstruktion im Deutschen gebraucht werden kann, sowie die Kombinationsmöglichkeiten in Verbindung mit AAB-Konstruktionen nicht demonstriert werden. Die Beispiele, die zu den grammatischen Beschreibungen angeführt werden, illustrieren zwar, worum es geht, sind aber zum Teil defektiv bzw. machen das besondere dieser Konstruktionen und die Abgrenzung von sprachlich inkorrekten Verwendungen nicht deutlich, so daß der Nutzen insbesondere für Fremdsprachler eher gering ist. So werden für die PPAKonstruktion u.a. die folgenden Beispiele aufgelistet: (1) Die MUSEEN IN München sind sehr interessant. (2) Ihre LIEBE ZU ihrer Mutter (3) Seine WAHL ZUM Vorsitzenden (4) Sein DANK AN die Behörden (5) Die VERTEILUNG der Medikamente AN die Notleidenden.88
Die Beispiele (1) bis (5) zeigen, wie das PPA die Information charakterisiert, die im Kern des Satzgliedes gegeben ist, zu dem das Attribut steht. In den Fällen, wo es sich beim Kern des Satzgliedes um ein Verbalsubstantiv handelt, läßt sich eine inhaltliche Entsprechung paraphrasieren. Zur AAB-Konstruktion werden - unterschieden nach Bestimmungen des Raumes, der Zeit, der Art und Weise und des Grundes - u.a. die nachfolgenden Beispiele aufgelistet.89 Dabei werden auch verschiedene Testmöglichkeiten zur Differenzierung der einzelnen inhaltlichen Unterscheidungen der AABs bei der inhaltlichen Interpretation adverbial gebrauchter Satzglieder angegeben. 84 Vgl. DUDEN 1984:597f. 85 Vgl. DUDEN 1984:59 lf. 86
V g l . DUDEN 1 9 8 4 : 5 9 7 .
87
V g l . DUDEN 1 9 8 4 : 5 9 2 .
88
V g l . DUDEN 1 9 8 4 : 5 9 3 u n d 5 9 7 .
89
Vgl. DUDEN 1984:586FF.
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern (6) (7) (8) (9) (10)
161
Die Leute A UF DEM LANDE leben ruhiger. Der Weg ZUM FLUSS ist beschwerlich. Die Zeit BIS ZUM ESSEN verstrich im Fluge. Sie war ZUM WEINEN glücklich. Eine Reise NUR ZUR ERHOLUNG wird dir guttun.
Vergleicht man die Beispiele (1) bis (10), so läßt sich feststellen, daß in (1) kein attributives Präpositionalgefuge bzw. PPA vorliegt, sondern eine AAB des Ortes (Frage: wo?) und daß sich (1) formal-grammatisch und strukturell-inhaltlich nicht von (6) unterscheidet. Bei (9) liegt eine vollständig andere syntaktische Konstruktion vor, weil die AAB nicht im Anschluß an ein Substantiv steht. Die Beispiele (3) und (7) unterscheiden sich formal nicht; jedoch ist (7) dadurch gekennzeichnet, daß die AAB mit „wohin?" erfragt werden kann und (3) dadurch gekennzeichnet, daß es sich bei dem Vorgänger-SubstantivPpA um ein Deverbativum handelt. Somit können diese beiden Merkmale als Unterscheidungskriterium verwendet werden. Schwierig wird es jedoch, wenn man (10) (AAB des Grundes, hier des Zwecks, Frage: wozu? in welcher Absicht?) hinzuzieht. Zuerst ist zu klären, ob die AAB in (10) von der AAB in (7) wegen der Partikel „nur" zu unterscheiden ist. Hat man das verneint, ist zu überlegen, ob ein Weglassen der Partikel „nur" eine Bestimmungsveränderung der AAB in (10) bewirkt. Hat man das auch zurückgewiesen, und hat man erkannt, daß (7) und (10) durch das zu verwendende Fragepronomen differenzierbar sind, ist zu klären, worin sich (10) und (3) unterscheiden, denn auch in (10) läßt sich das Vorgänger-SubstantivpPA von einem Verb ableiten. Dabei bleibt letztlich unklar, ob attributive Präpositionalgefuge nur nach Deverbativa stehen können bzw. wie man eigentlich ein PPA in einer PPA-Konstruktion erfragt. Bei (8) stellt sich zuerst die Frage, ob für die AAB der zeitlichen Erstreckung die doppelte Präposition („bis zum") grundsätzlich erforderlich ist. In den Erläuterungen zu AABs als Satzglieder90 werden fiir AABs der zeitlichen Erstreckung auch Formulierungsmöglichkeiten mit anderen Präpositionen sowie ohne Präposition angeboten.91 Ein Transfer dieser Formulierungen auf die AAB würde in vielen Fällen zu ungrammatischen Satzbildungen fuhren: (11) (12)
*Ihre Tätigkeit EINEN GANZEN TAG war Schreiben. *Der Aufenthalt ZEHN JAHRE war schrecklich.
Die unvollständige Erklärung fuhrt also einen interessierten Grammatikbenutzer, der die Querverweise in der DUDEN-Grammatik fiir seine Belange verwendet, unter Umständen in die Irre bzw. verleitet zur Bildung nicht wohlgeformter Sätze. Bei (2), (4) und (5) stellt sich die Frage, ob die Wahl der Präposition in Abhängigkeit von der Vorgänger-NPppA bzw. dem Vorgänger-SubstantivPPA zu sehen ist oder ob es eine Abhängigkeit von der Nachfolger-NPPpA gibt. Die folgenden alternativen Präpositionen in PPAKonstmktionen mit den entsprechenden Vorgänger-NPsPPA demonstrieren dies: (2a) (4a)
90
Ihre LIEBE MIT ihrer Mutter *Sein DANK FÜR die Behörden
Vgl. DUDEN 1984:586ff.
91 Folgende Beispiele finden sich dort (DUDEN 1984:587): Sie schreibt einen ganzen Tag. Er war zehn Jahre im Gefängnis. Sie blieb nur flr kurze Zeit. Seit dem Essen sind vier Stunden vergangen. Bis zum Essen kannst du noch lesen.
162 (5a) (5b)
Stefan J. Schierholz Die VERTEILUNG A UF die Notleidenden Die VERTEILUNG UNTER die Notleidenden.
Während (2a) syntaktisch korrekt ist, jedoch eine andere Semantik als (2) beinhaltet, ist (4a) grammatisch nicht wohlgeformt, weil die Nachfolger-NPpPA nach „für" inhaltlich eine Leistung oder ähnliches bezeichnen muß, auf die sich Dank bezieht. (5a) und (5b) sind grammatisch wohlgeformt und bedeuten im Prinzip das gleiche. Während in der PPA-Konstruktion mit Hilfe der Präpositionenbedeutung offensichtlich keine Binnenstrukturanalyse angestellt werden kann, aber eine Abhängigkeit der Präposition von dem Vorgänger-SubstantivPPA existiert, weil ein Kennzeichen der Präposition in PPAKonstruktionen ihre abstrakte, nicht wörtliche Bedeutung ist, sollte bei den AABs, in denen die Präposition ihre lexematische Bedeutung behält, leichter erkannt werden können, wann eine Präposition ausgetauscht werden kann, ohne den Sinn der Aussage zu verändern. Jedoch zeigt sich auch hier, daß die Verwendung einer AAB von dem Vorgänger-Substantiv^ abhängig ist bzw. daß die in den Beispielen (6) bis (10) enthaltenen Vorgänger-SubstantiveAAB nicht jeden Typ von AAB an sich binden können. (6a) (6b) (7a) (7b)
*Die Leute NACH MANNHEIM leben ruhiger. *Die Leute BIS SONNTAG leben ruhiger. *Der Weg. AM SONNTAG ist beschwerlich. *Der Weg. BIS DONNERSTA G ist beschwerlich.92
Daraus kann man folgern, daß es sich sowohl bei der PPA- als auch bei der AAB-Konstruktion um eine idiosynkratische Eigenart der jeweiligen Vorgänger-Substantive handelt, weil diese bestimmte grammatische Konstruktionen zulassen oder verhindern. Mit dieser Feststellung ließe sich nun die knappe Darstellung in der DUDEN-Grammatik begründen, wenngleich nirgendwo in der Grammatik ein Hinweis auf Idiosynkratisches zu finden ist. Für den Grammatikbenutzer ergibt sich daraus die Folgerung, daß er Informationen über die PPA-Konstruktion eher in mono- oder bilingualen Wörterbüchern als in Grammatiken finden müßte. 4.1.2 Helbig/Buscha 1988 HELBIG/BUSCHA behandeln gleichwertig neben den reinen Kasus den präpositionalen Kasus und zählen zu dessen syntaktischen Funktionen auch den „fakultativen Aktant bei Substantiven", womit das PPA gemeint ist und die „freie Angabe", also die AAB.93 Ein Substantiv, das den präpositionalen Kasus als Attribut hat, fordert immer nur eine bestimmte Präposition, welche keine erkennbare Bedeutung trägt, nicht das nachfolgende Substantiv semantisch spezifiziert und selbst nichts über die Art der Beziehung zwischen Vorgänger-NPppA und Nachfolger-NPpPA aussagt.94 Die jeweils geforderte Präposition steht häufig in einem formalen Zusammenhang mit dem zugrundeliegenden Verb oder Adjektiv, wobei sich verschiedene Gruppierungen je nach regiertem Kasus differenzieren lassen.95 Die inhaltliche 92 Bei Tempuswechsel (Futur) geht folgendes: Der Weg AM SONNTAG wird beschwerlich. ''Der Weg BIS DONNERSTAG wird beschwerlich v/erden. 93
HELBIG/BUSCHA 1 9 8 8 : 2 9 5 .
94
V g l . HELBIG/BUSCHA 1 9 8 8 : 2 9 6 .
95
Dazu werden folgende Unterscheidungen gemacht (vgl. HELBIG/BUSCHA 1 9 8 8 : 2 9 6 F T . ) : 1. Das Substantiv regiert die gleiche Präposition wie das entsprechende Verb und Adjektiv. 2. Das Substantiv regiert die gleiche Präposition wie das entsprechende Verb, ein Adjektiv existiert nicht. 3. Das entsprechende Verb regiert den Akkusaüv, ein Adjektiv existiert nicht. 4. Das entsprechende Verb regiert den Dativ, ein Adjektiv existiert nicht.
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
163
Beziehung zwischen der Vorgänger-NPPPA und der Nachfolger-NPPPA ist eine Objektsbeziehung bzw. eine Subjektsbeziehung, wenn dem Bezugswort ein transitives Verb zugrunde liegt.96 Ein PPA ist daran zu erkennen, daß an seiner Stelle ein Pronominaladverb stehen kann, während an Stelle einer AAB auch ein einfaches Adverb benutzt werden kann.97 (13) (14)
Die ANGST VOR der Prüfung der Garten HINTER DEM HAUS
-> ->
die ANGST DAVOR der Garten DAHINTER der Garten HINTEN (DORT).
In einer AAB-Konstruktion behält die Präposition ihre Bedeutung, so daß die Beziehung zwischen der Vorgänger-NPAAB und der Nachfolger-NPAAB anhand der lexikalischen Bedeutung der Präposition ablesbar ist. Die AAB wird nicht von dem Vorgänger-Substantiv^ regiert:98 (15) (16)
Das Haus IN DER LETZTEN REIHE das Haus befindet sich in der letzten Reihe, Die Ankunft (des Gastes) AM ABEND
Der Äreer IN ERFURT Der Ärger AM SONNTAG ->
WORÜBER? WO? WANN?
Auch hier hat die Semantik der Nachfolger-NPPPA einen Einfluß auf den Test. (52)
Die ERINNERUNG AN meine Freundin
»WORAN? AN WEN?
Wie oben funktioniert die Unterscheidung mit dem Interrogativpronomen nur, wenn in der Nachfolger-NPppA ein Substantiv steht, das ein Nicht-Lebewesen bezeichnet. Ein weiteres Problem, vielleicht eine Ausnahme, stellt die folgende Abgrenzung von PPA und AAB dar: (53)
Der BUCK A UF das Meer
WORAUF? WOHIN?
Hier können beide Interrogativpronomina benutzt werden, so daß bei der Kombination der Lemmata Blick und Meer dieser Test nicht weiterhilft. 5. In PPA-Konstruktionen können vor die Präposition keine Spezifikatoren (z.B. geradewegs, genau) eingefügt werden,112 weil die Präposition unmittelbar an das Vorgänger-SubstantivPPA gebunden ist. Bei einer AAB lassen sich solche Spezifikatoren, die im semantischen Skopus der jeweiligen AAB liegen, voranstellen.113 (54) Die BESCHWERDE ÜBER den Mieter (54a) -> *Die BESCHWERDE GERADEWEGS ÜBER den Mieter (55) Der ÄRGER ÜBER den Dreck (55a) •Der ÄRGER GERADEWEGS ÜBER den Dreck (56) Die Veranstaltung IM ZENTRUM (56a) -» Die Veranstaltung GENAU IM ZENTRUM.
111 Wegen der großen Zahl an Belegen (fast 2000) ist nur ein Teil der Belege ausgewertet worden. 112 Vgl. RAUH 1992:20f. 113 Vgl. RAUH 1992:15ff.
170
Stefan J. Schierholz
Durch dieses Kriterium werden die obigen PPA-Konstruktionen erkannt; allerdings lassen sich Spezifikatoren auch vor AABs nicht immer einfügen. (57) Der Äreer IN ERFURT (57a) "Der Ärger GENAU IN ERFURT (58) Die Reise NACH HEIDELBERG (58a) *Die Reise GENA U/GERADEWEGS NACH HEIDELBERG. Je exakter die Ortsangabe innerhalb der AAB formuliert ist, desto weniger lassen sich Spezifikatoren einsetzen. Auch bei Verwendung der Präposition „bei" kann man vor die AAB keinen Spezifikator setzen. (59) *Die Ankunft GENA U BEIM NACHBARN (59a) *Die Ankunft GENA U BEIM ZENTRUM. Darüber hinaus ist bei der Präposition „bei" die Abgrenzung von PPA und AAB unscharf. Die PPA-Konstruktion ist meist dadurch gekennzeichnet, daß in der Nachfolger-NP PPA Verbalabstrakta oder Personenbezeichnungen stehen. (60) Die KOOPERATION BEI dem Vorhaben (61) Die ENTSCHULDIGUNG BEI dem Nachbarn. Betrachtet man zu diesen Vorgänger-Substantiven PP A erweiterte PPs, 114 indem man an die PPA-Konstruktion eine AAB des Ortes anfügt, die mit der Präposition „bei" beginnt, so bezieht sich die AAB nicht auf das Vorgänger-Substantivpp A wie in (62), sondern auf die Nachfolger-NPppA oder auf die gesamte PPA-Konstruktion. (62) (63) (64)
Die WAHL ZUM Vorsitzenden IN ERFURT Die KOOPERATION BEI dem Vorhaben BEIDER BRÜCKE Die ENTSCHULDIGUNG BEI dem Nachbarn BEI DER BRÜCKE.
Die Ursache liegt jedoch nicht in der syntaktischen Konstruktion der gesamten Phrase oder in semantischen Merkmalen der Nachfolger-NPp PA , sondern eher an den Bindungsfähigkeiten des Vorgänger-Substantivsp PA . Fast alle Vorgänger-Substantivei>PA, die ein PPA mit „bei" regieren, können auch ein Lokaladverbial direkt an sich binden, welches allerdings nicht mit „bei" eingeleitet werden darf. (65) Die Beschäftigung IN ERFURT (65a) *Die Beschäftigung BEI ERFURT (66) Die Entschuldigung A UF DER STRASSE (66a) *Die Entschuldigung BEI DER STRASSE. Daraus folgt, daß AABs zur Bezeichnung eines lokalen Punktes subdifferenziert werden müssen, indem nach unterschiedlichen Formulierungstypen gesucht wird, welche auf der Basis der einsetzbaren Präpositionen gebildet werden. Darüber hinaus sind die Kombinationsmöglichkeiten von PPA und AAB eingeschränkt. Für die Vorgänger-Substantivei>PA, die ein PPA mit „bei" binden, ist der direkte Anschluß einer AAB, die mit „bei" beginnt, ausgeschlossen." 5 Fragt man entsprechende Phrasen im Textcorpus ab, so findet man eine Reihe weiterer PPA-Konstruktionen, die die Trennung zwischen der abstrakten Verwendung von „bei" in der PPAKonstruktion und der konkreten Verwendung in der AAB schwierig macht. 114 Vgl. ZHU/BEST 1991:218f.
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern (67) (68) (69) (70) (71) (72)
171
Der Kiosk BEI DEM CHEMIEUNTERNEHMEN Der EINFLUSS BEI dem Chemieunternehmen Die LEISTUNG BEI Dynamo Dresden Eine ANFRAGE BEI der Postreklame im August 1992 Die ANHÖRUNG BEI Gericht Die MELDUNG BEI der Polizei.
Während „bei dem Chemieunternehmen" in (67) eindeutig ein Lokaladverbial ist, handelt es sich in (68) um ein PPA. In (69) geht es darum, daß eine Leistung bei dem Verein „Dynamo" erbracht wird und nicht in der Stadt „Dresden". Während man „Dresden" weglassen kann, ohne daß die Phrase ungrammatisch wird, ist dies mit „Dynamo" nicht möglich, wenn die Stadt Dresden als Ortsangabe gemeint ist. (70) und (71) sehen wie Ortsbestimmungen aus. Jedoch geht für (70) aus dem Kontext der Phrase hervor, daß die „Deutsche Postreklame" ein Unternehmen ist, so daß in (70) syntaktisch und semantisch die gleiche Struktur wie in (68) vorliegt. In (71) läßt sich anstelle von „bei Gericht" auch „vor Gericht" einfügen, ohne daß der Sinn der Aussage wesentlich geändert wird. Während man zu „bei Gericht" sowohl „wo?" als auch „bei wem?" fragen kann (wenn man nach den Richtern, die die Anhörung durchführen, fragt), läßt sich bei „vor Gericht" nur mit „wo?" fragen. Bei (72) scheinen zwei Lesarten von „Polizei" möglich zu sein. Erfolgt die Meldung bei dem Polizeigebäude, so müßte man mit „Wo?" fragen; erfolgt die Meldung bei dem/den Polizisten, ist mit „bei wem?" zu fragen. Nach ausgiebiger Analyse des Inhalts bleibt hier nur die letzte Möglichkeit, weil man sich eben nur bei Personen melden kann, aber nicht bei Gebäuden. An diesen wenigen Beispielen soll gezeigt werden, daß nicht jede PPA-Konstruktion als Demonstrationsbeispiel taugt. Zugleich scheint es für die PPA-Konstruktion bessere und schlechtere Vertreter zu geben, und die Abgrenzungen zu verwandten syntaktischen Konstruktionen sind oft unscharf. Ausschlaggebend ist dabei die gesamte PPA-Konstruktion und sind nicht einzelne Konstituenten und deren Rektionseigenschaften innerhalb der Konstruktion. 6. Wenn es sich bei dem Vorgänger-Substantiv PPA um ein Deverbativum oder Deadjektivum handelt, kann die PPA-Konstruktion mit Hilfe des zugrundeliegenden Verbs bzw. Adjektivs paraphrasiert werden. Dabei kann die Präposition übernommen werden. (73) (74)
Die VERABREDUNG MIT einem Callgirl = Jemand hat sich mit einem Callgirl verabredet. Der ÄRGER ÜBER den Vermieter = Jemand ärgert sich über den Vermieter.
Eine Übernahme der Präposition vom zugrundeliegenden Verb oder Adjektiv erfolgt aber nicht immer (Forderung cm). Die Präposition im PPA kann gegenüber dem PPO eine andere sein, oder das zugrundeliegende Verb bzw. Adjektiv regiert ein Genitiv-, Dativ- oder Akkusativobjekt. 116 (75) (76)
Bianca achtet den Kerl. Er ist seinen Prinzipien treu.
-> -»
Biancas ACHTUNG VOR dem Kerl Die TREUE ZU seinen Prinzipien.
115 Ob ähnliche Zusammenhänge auch auf andere Präpositionen zutreffen, muß noch untersucht werden. 116 V g l . BARNETT e t al. 1 9 8 9 : 5 3 ; vgl. EISENBERG 1 9 8 9 : 2 7 2 f .
172
Stefan J. Schierholz
Ebenso können auch nicht abgeleitete Substantive ein PPA binden (Appetit, Attentat, Chance), oder die Substantive können nur in einer bestimmten Bedeutungsvariante, die für das zugrundeliegende Verb/Adjektiv gar nicht existiert, ein PPA binden (Anschlag auf). Darüber hinaus existieren Vorgänger-SubstantiveppA, bei denen prinzipiell ein Zusammenhang zum Verb/Adjektiv besteht, bei denen aber die Nachfolger-NPPPA inhaltlich so variiert werden kann, daß eine Paraphrasierung mit dem dazugehörigen Verb/Adjektiv nicht mehr möglich ist. (77) Der VERDACHT A UF den Dieb (77a) —> Jemand verdächtigt den Dieb. (78) Der VERDACHT AUF Gelbsucht (78a) -> *Jemand verdächtigt (die) Gelbsucht.
Eine Regel zu den verschiedenen Ableitungsmöglichkeiten scheint nicht zu existieren. Bei der AAB kann keine entsprechende Paraphrase gebildet werden, weil die Präposition hier zur Nachfolger-NPAAB gehört. (79) Der Ärger IN DER SCHULE (79a) Φ Jemand ärgert sich/jemanden in der Schule.
Jedoch gilt das nicht für alle AABs: (80) Der Ärger AM SONNTAG (80a) = Jemand ärgert sich am Sonntag. (81) Die Verabredung IM OKTOBER (81a) = Jemand verabredet sich im Oktober.
Der Paraphrasentest funktioniert nur zur Abgrenzung einer lokalen AAB gegenüber einem PPA, aber nicht bei temporalen AABs. Somit ist der Test nur bei den Präpositionen anwendbar, die ausschließlich in AABs mit Ortsbestimmungen verwendet werden, oder man muß eindeutige Kriterien zur Abgrenzung von temporalen und lokalen AABs besitzen. 7. Bei einer PPA-Konstruktion ist die Präposition an das Vorgänger-SubstantivPPA gebunden und wird von diesem syntaktisch gefordert. Die Präposition gehört somit zum VorgängerSubstantivPPA, obwohl sie zugleich Bestandteil des PPAs ist, in dem sie den Kasus der Nachfolger-NPPPA regiert. Auch in einer AAB leitet die Präposition die Phrase ein. Hier gehört die Präposition ausschließlich zur PP, und durch die Wahl der Präposition wird die Art der AAB festgelegt. Die Präposition ist im Prinzip nicht von der Forderung des Vorgänger-SubstantivsAAB abhängig. Für Lerner des Deutschen bedeutet dies, daß zu den Vorgänger-SubstantivenPPA die potentiell gebundenen Präpositionen mitgelernt werden müssen: (82) (83) (84) (85) (86) (87)
Mein DANK AN Er hat APPETIT A UF Eberhards WUT AUF Seine WARNUNGAN Seine EIGNUNG FÜR Die ABSTAMMUNG VON.
Dagegen sind AABs als Ganzes zu lernen und als Phrasen an andere Konstituenten bzw. Phrasen anfügbar:
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern (88) (89) (90) (91)
Die Lope Sein Aufenthalt Der Weg, Der Favorit
Wo? Wo? Wohin? Wann?
173
ANDER UNI IN GÖTTINGEN NACH HAMBURG IN DIESEM JAHR.
Zwar lassen sich auf diese Weise die unterschiedlichen Funktionen der Präpositionen demonstrieren, aber die Rektionseigenschaften der Vorgänger-Substantive werden nicht genügend berücksichtigt. Beim Anschluß einer AAB bestimmt das V o r g ä n g e r - S u b s t a n t i v A A B , welcher Typ von AAB angeschlossen werden darf. (88a) (89a) (89b) (91a) (91a)
*Die Lage *Sein Aufenthalt *Sein Aufenthalt *Der Favorit Der Favorit
NACH HAMBURG NACH GÜTTINGEN AUS GÜTTINGEN NACH BUXTEHUDE AUS BUXTEHUDE.
Somit müssen auch hier die Kombinationsmöglichkeiten der Vorgänger-SubstantiveAAB mit bestimmten AABs entweder gelernt oder aus der Semantik der beteiligten Konstituenten oder Phrasen erschlossen werden. 8. Wenn es jeweils von der Konstituente vor der Präposition abhängt, ob ein PPA oder eine AAB angeschlossen werden kann, so läßt sich festhalten, daß Substantive syntaktische Leerstellen eröffnen, die fakultativer Art sind. Welche Präposition jeweils von einem Substantiv gefordert wird, läßt sich nicht über Generalisierungen festlegen. Die Präpositionen regieren in den AABs bzw. PPAs unterschiedliche Kasus, und in einigen Fällen ist auch der Numerus der Nachfolger-NP festgelegt (z.B. nach „zwischen" oder „unter"). Während das mehrfache Anfügen von AABs bei vielen Substantiven einen relativ großen Spielraum zuläßt (z.B. die Fahrt am Donnerstag von Erfurt über Göttingen nach Heidelberg), ist die Verwendung von PPAs restriktiver. Zwar können nach einigen Substantiven mehrere PPAs mit verschiedenen Präpositionen hintereinander stehen, aber nach anderen Substantiven schließen verschiedene Präpositionen sich gegenseitig aus. Wenn zwei PPAs nach einem Vorgänger-SubstantivPpA vorkommen, werden durch die Präpositionen jeweils andere Bedeutungen repräsentiert; allerdings sind die Kombinationsmöglichkeiten der PPAs recht komplexer Art. (92) (93) (94) (95) (96) (97)
Das ABKOMMEN MIT der Konkurrenz Das ABKOMMEN ÜBER die Zusammenarbeit Das ABKOMMEN ZWISCHEN den Partnern Das ABKOMMEN MIT der Konkurrenz ÜBER die Zusammenarbeit Das ABKOMMEN ZWISCHEN den Partnern ÜBER die Zusammenarbeit *Das A BKOMMEN MIT der Konkurrenz ZWISCHEN den Partnern.
„Abkommen" kann die Präpositionen „mit", „über" oder „zwischen" binden. PPAs mit „mit" oder „zwischen" können mit „über" in einem Satz unmittelbar hintereinander vorkommen ((95) und (96)), während „mit" und „zwischen" sich gegenseitig ausschließen (97). Für Fremdsprachler sind zum Lexem „Abkommen" zwei sich ausschließende syntaktische Lesarten zu trennen, wobei in der ersten Lesart die PPAs mit „mit" und „über" eingeleitet werden können, in der zweiten Lesart die PPAs mit „zwischen" und „über". Eine entsprechende Darstellung muß in Wörterbüchern unter dem Lemma Abkommen enthalten sein. 9. Eine PPΑ-Konstruktion kann nicht nur mit einer AAB-Konstruktion verwechselt werden, sondern auch mit anderen syntaktischen Konstruktionen. Ein PPA mit der Präposition „mit" regiert den Dativ und steht in systematischem Zusammenhang zu einem Genitivattribut und zu
174
Stefan J. Schierholz 111
einem Relativsatz mit dem Verb haben. Im PPA ist die Präposition „mit" gebunden. Sie kommt aber auch als ungebundene Präposition vor und kann durch Exklusion erkannt werden, da die folgenden Tests nur bei der ungebundenen Präposition angewendet werden können. (98)
Die ÄHNLICHKEIT MIT dem Weltstar
(99) (99a) (99b) (99c)
Die REDE MIT Julius Testl: *Die Rede, die Julius hat Tes\2 : *Julius der Rede Test3: *Die Rede ohne Julius
(100) Der Mann MIT DEM AUTO (100a) Testl: Der Mann, der das Auto hat (100b)Test2: Das Auto des Mannes (100c) Test3: Der Mann ohne das Auto.
Auf diese Weise sind (98) und (99) von (100) unterscheidbar, so daß die Lexeme „Ähnlichkeit" und „Rede" als Vorgänger-SubstantiveppA fungieren können, „Mann" aber nicht. Allerdings scheinen die Tests nicht grundsätzlich zu gelten, und es hängt auch von dem Substantiv ab, das in der Nachfolger-NPPPA steht, ob es sich um ein PPA oder ein Dativobjekt handelt. (101) Das SPIEL MIT dem Freund (101a) -» *Das Spiel, das der Freund hat (101b) -> *Der Freund des Spiels (101c) -» ?Das Spiel ohne den Freund. (102) Das Spiel mit dem Würfel (102a) ->· 'Das Spiel, das den Würfel hat (102b) -> Der Würfel des Spiels (102c) -> Das Spiel ohne den Würfel.
10. Koordinationen mit anderen PPAs sind nur möglich, wenn die Konstituenten von der gleichen syntaktischen Kategorie sind, wie z.B. bei Aufzählungen gleicher PPAs, die auch untereinander ausgetauscht werden können. Das Ergebnis einer Koordination gehört auch zu dieser Kategorie. Bei AABs können mehrere unterschiedliche Konstituenten koordiniert werden, die in unterschiedlicher Reihenfolge stehen, auch wenn dabei Bedeutungsveränderungen eintreten. (103) Die Züge AUS ERFURT haben Verspätung. (104) Die Züge A US HEIDELBERG haben Verspätung. (105) Die Züge AUS ERFURT und AUS HEIDELBERG haben Verspätung. (105a) Die Züge AUS HEIDELBERG und AUS ERFURT haben Verspätung. (106) Der Ärger AM SONNTAG IN HAMBURG (106a) Der Ärger IN HAMBURG AM SONNTAG (107) Die Beschwerde ÜBER den Mieter (108) Die Beschwerde BEI dem Nachbarn (109) Die Beschwerde ÜBER den Mieter und ÜBER den Nachbarn (109a) *Die Beschwerde ÜBER den Mieter und BEI dem Nachbarn
Mit dieser Übersicht sind eine Reihe von wichtigen Kriterien zur Binnenstruktur von PPAKonstruktionen dargestellt worden. Welche Strukturtypen es letztlich für das Deutsche gibt, ist
117 Vgl. BARNETT et al. 1989:52.
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
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in der Grammatikforschung umstritten,118 aber es ist anzunehmen, daß durch die Analyse weiterer Beispiele und anderer Präpositionen die Variationsmöglichkeiten noch umfangreicher werden. Festzustehen scheint, daß kein Test für alle PPA-Konstruktionen Anwendung findet, so daß zur Erkennung eines PPAs in vielen Fällen mehrere Testverfahren kombiniert angewendet werden müssen. Dennoch existiert so etwas, wie die typische PPA-Konstruktion, und in den meisten Fällen kann man als Native Speaker auch bei oberflächlichen Grammatikkenntnissen sehr schnell entscheiden, wann ein PPA und wann eine AAB vorliegt. Das macht jedoch die sprachlich korrekte Verwendung für Fremdsprachler und Lerner nicht einfacher, weil gerade dieser Personenkreis klare Abgrenzungskriterien erwartet. Außerdem demonstrieren die Tests, daß eine Unterscheidung beider Konstruktionen notwendig ist, weil für die PPA-Konstruktion nur bestimmte Präpositionen zugelassen sind, weil bei PPAs keine Spezifikatoren eingefügt werden können, weil viele PPAs durch Pronominaladverbien, AABs aber durch einfache Adverbien ersetzt werden können, weil innerhalb komplexer PPA-Konstruktionen die Kombinationsmöglichkeiten restriktiver sind, weil bei einigen Präpositionen PPA- und AAB-Konstruktionen einen unterschiedlichen Kasus verlangen, weil manche Konstruktionen, die der PPA-Konstruktion ähneln, nur Umformungen ähnlicher syntaktischer Konstruktionen sind und weil eine Paraphrasierung der lokalen AAB-Konstruktion aus semantischen Gründen nicht möglich ist. Aus der Analyse geht auch hervor, daß der Anteil der Lexik höher ist als der Anteil der Grammatik, so daß der Hauptteil der Informationen zum PPA in den Wörterbüchern verzeichnet werden muß. 4.3
Die PPA-Konstruktion in den Wörterbüchern
Folgt man in bezug auf die Angaben WlEGANDs terminologischer Unterscheidung in explizite und implizite Angaben,119 so liegen zum PPA bzw. zu den vom Vorgänger-SubstantivPPA regierten Präpositionen sowohl in den Wörterbuchartikeln des DDUW als auch des DW keine expliziten grammatischen Angaben vor. Die impliziten Angaben finden sich in Beispielangaben bzw. Beispielgruppenangaben, zu denen aber keine Kommentierungen oder grammatische Strukturangaben existieren, mit deren Hilfe man die korrekte syntaktische und semantische Verwendung einer Präposition bzw. eines PPAs interpretieren könnte. Für diesen Bereich läßt sich der genuine Zweck der Beispielangaben, der vom Verfasser des Wörterbuchartikels intendiert war, nur in Einzelfällen rekonstruieren. In welcher Weise die Angaben aber einen genuinen Zweck erfüllen oder verfehlen, der ihnen von potentiellen Wörterbuchbenutzern zugeordnet wird oder werden könnte, soll im weiteren kritisch beäugt werden. Dazu sollen aus DDUW und DW ausschließlich Beispielangaben zu Lemmata, die als Vorgänger-SubstantiveppA oben im Text in irgendeinem Beispielsatz bereits erwähnt worden sind, untersucht werden. Es werden diejenigen grammatischen Informationen, die ein potentieller Wörterbuchbenutzer den Beispielangaben entnehmen kann, ausgewertet. Eine Auflistung dieser Lemmata ist in der Tabelle 4 enthalten. Dort sind die Präpositionen, die in PPA-Konstruktionen von einem Vorgänger-SubstantivPPA regiert werden können, danach differenziert, ob sie in einem Wörterbuchartikel zu einem Lemmazeichen, dessen Lemma als Vorgänger-SubstantivPPA füngieren kann, vorkommen oder nicht. Zum Lemma Abkommen, das als VorgängerSubstantivPPA die Präpositionen „mit", „über" und „zwischen" regieren kann, findet man im DDUW also Beispielangaben mit den Präpositionen „mit" und „über", aber nicht mit „zwi-
118 Vgl. ZHU/BEST 1991:215FF. 119 Vgl. WIEGAND 1989a:431.
176
Stefan J. Schierholz
sehen", während keine der drei von „Abkommen" regierbaren Präpositionen in den Beispielangaben des DW aufgeführt ist (vgl. Tab. 4). Die Beispielangaben, die aus den Wörterbüchern exzerpiert werden sollen, sind diejenigen, die eine Präposition enthalten. Die Beispielangaben in den Wörterbüchern, die zutreffende oder als fehlerfrei anzusehende PPA-Konstruktionen enthalten, weil sie gar nicht oder nicht unmittelbar mit anderen grammatischen Konstruktionen verwechselt werden können, weil sie die syntaktischen und semantischen Bedingungen der jeweiligen Attribute adäquat wedergeben oder weil eine Übertragung des lexikographischen Beispiels auf andere sprachliche Formulierungen ohne umfangreiche zusätzliche Grammatikstudien des Deutschen möglich erscheint, werden nicht im einzelnen dargestellt. Alle Beispielangaben, die falsch sind, den Benutzer in die Irre fuhren, unmittelbar Verwechselungsmöglichkeiten mit ähnlichen Formulierungen enthalten oder nur nach vielem Nachdenken oder umfangreichen zusätzlichen Recherchen im DW bzw. DDUW oder in anderen Wörterbüchern oder Grammatiken die richtige Antwort hergeben, werden gesondert diskutiert. Alle Analysen werden, soweit notwendig, nach DDUW und DW getrennt durchgeführt. Lemma Abkommen Abstammung Achtung Ähnlichkeit Anfrage Angst Anhörung Anschlag Appetit Ärger Attentat Auswahl Beschwerde Blick Dank Diskussion
Präp im DDUW mit, Ober —
vor
Präp nicht im DDITW zwischen von bei, gegen
zwischen, mit bei, an um, vor —
auf auf mit, über auf an, von gegen, über auf, für, in für über, um
Eignung EinfluB Entschuldigung Erinnerung Frage Freude Gier Hoffnung Konkurrenz Kooperation Leistung Liebe Meldung
als, fur, zu auf bei, für an an, zu an, über nach auf mit zwischen bei, in, von für, zu über
Risiko Suche
nach
PripimDW — —
Präp nicht im DW mit, über, zwischen von
bei, gegen, vor mit, zwischen an um, vor
bei bei
bei auf auf
mit, über auf aus, unter, zwischen aus, von auf, für, in für an bei, unter, zwischen —
bei
für auf für an an
nach auf auf, nach auf in auf bei, unter, zwischen — — bei, in, mit in zu, zwischen mit, zwischen an, bei, zu an, bei, über, zu bei nach
an, unter, zwischen gegen, über an bei, über, um, unter, zwischen als, zu bei bei nach, zu an, auf, über in bei, mit, unter, zwischen bei, in, mit, zwischen bei, von für, mit
bei
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern Lemma Treue Verabredung Verdacht Verteilung Verzicht Wahl Warnung Wut Tab. 4:
Prip im DDUW —
mit auf —
auf zu vor auf
Prip nicht im DDUW zu
Prip in DW Prip nicht im DW — —
gegen an
177
auf —
zu mit gegen an
auf zu an
— —
an, vor auf
Wörterbuchangaben zu Präpositionen: Erläuterungen zu Tab. 4: Präp = Präpositionen, die in PPAKonstniktionen mit dem Lemma als Vorgänger-SubstantivppA vorkommen können
1. Die quantitative Auswertung der Tabelle 4 ergibt, daß zu 39 verschiedenen VorgängerSubstantivenppA insgesamt 85 verschiedene PPA-Anschlüsse möglich sind. Davon enthalten die Beispielangaben im DDUW 52 und im DW 36 Präpositionen, die in PPA-Konstruktionen stehen können. Mit diesen Daten ist nur das Vorkommen der Präpositionen angegeben, und es ist nichts darüber ausgesagt, ob die Wörterbuchartikel tatsächlich Beispielangaben mit PPAKonstruktionen enthalten. 2. Zu den Lemmata, die in ihrem Wörterbuchartikel gar keine Angaben zur PPA-Konstruktion haben, gehören im DDUW fünf (Abstammung, Anhörung, Risiko, Treue und Verteilung), im DW 14 Lemmata (Abkommen, Abstammung, Anhörung, Ärger, Beschwerde, Diskussion, Konkurrenz, Kooperation, Risiko, Treue, Verabredung, Verteilung, Warnung, Wut). Für die Lemmata, die in beiden Wörterbüchern keine PPA-Angaben enthalten, sind aus dem Textcorpus die Auftretenshäufigkeiten ermittelt worden (Anzahl der Wortformen in Klammern): Abstammung (138), Anhörung (286), Risiko (1014), Treue (247), Verteilung (435). Die Frequenzwerte für das Auftreten als Vorgänger-SubstantivppA sind zu „Abstammung" fünf und zu „Anhörung" vier. Die übrigen Daten sind wegen der hohen Frequenzwerte nicht im einzelnen überprüft worden, da das Erkennen einer PPA-Konstruktion nur mit Hilfe der visuellen Inspektion und individuellen grammatischen Analyse jedes einzelnen Corpusbelegs geschehen kann. Unterzieht man die Corpusbelege zum Lemma Abstammung einer Detailanalyse, so läßt sich ganz gut rechtfertigen, warum in beiden Wörterbüchern die möglichen PPAs zu „Abstammung" nicht aufgeführt sind. Das Deverbativum „Abstammung" ist von „abstammen" abgeleitet, welches mit PPO im Dativ („abstammen von jemandem") stehen kann. Im Textcorpus tritt die PPA-Konstruktion mit „von" in den fünf Phrasen auf: Seine Abstammung von
Sony, die Abstammung von zweibeinigen Dinosauriern, die Abstammung der indianischen Völker von jenen Ureinwohnern, ihre Abstammung von Japhet, die Abstammung von der gemeinsamen Mutter. Auch für Präpositionalphrasen mit Artikel (anJaußvon die/der Abstammung, fünfmal), ohne Artikel (durch/in/nach Abstammung, dreimal) sowie für NPs (seine jüdische Abstammung hat ... (zehnmal)) ist der Frequenzwert relativ niedrig. Am häufigsten (115mal) steht „Abstammung" in einem Genitivattribut (ein Arzt deutscher Abstammung). Diese Verwendung des Lexems „Abstammung" findet man im DDUW in einer Beispielangabe („er ist adliger Abstammung"), während im DW die Ableitung eines Genitivattributs steht („er ist von edler Abstammung"), was Fremdsprachler möglicherweise zu Verwechselungen mit Präpositionalphrasen veranlassen kann. Die Corpusaiialysen zeigen also, daß die PPA-Konstruktion mit dem Vorgänger-SubstantivppA „Abstammung" nur eine untergeordnete Rolle
178
Stefan J. Schierholz
spielt und daß man bei Berücksichtigung des Häufigkeitskriteriums auf eine Beispielangabe mit PPA-Konstruktion verzichten kann. 3. Die Nachfolger-NP wird im DDUW häufig durch „jmdn ", ,jmdm." oder „etw." repräsentiert. Es ist jedoch nirgendwo im Wörterbuch festgehalten, wofiir diese Platzhalter eigentlich stehen, so daß der Benutzer die usuelle Interpretation wählen wird, in der ,jmdn." und ,jmdm." an Stelle von Personenbezeichnungen und „etw." an Stelle von Sachbezeichnungen oder an Stelle von allem, was keine Person bezeichnet, steht. Abkommen: ein A. [mit jmdm, über etw.] treffen, schließen Attentat: ein A. [aufjmdn.] begehen, verüben ein ~ auf jmdn. verüben einem Attentat zum Opfer fallen ein A. [auf jmdn.] vorhaben ein ~ aufjmdn. vorhaben
(DDUW) (DDUW) (DW) (DDUW) (DDUW) (DW).
Zu „Abkommen" lassen sich jedoch genügend Beispiele bilden, in denen in der NachfolgerNPppa auch andere Inhalte stehen. (110) Ein ABKOMMEN MIT Bedien schließen (111) Ein ABKOMMEN ÜBER Berlin schließen.
In beiden Fällen ist kaum zu entscheiden, ob es sich bei der Nachfolger-NPPPA um ein ,jmd." oder ein „etw." handelt. Versucht man, den semantischen Skopus von Jmdn." als Nachfolger-NPpPA zu „Attentat auf' zu erfassen, muß intensive Interpretationsarbeit geleistet werden. Im DDUW lautet die Bedeutungsangabe zum Lemma Attentat politisch od. ideologisch motivierter [Mordjanschlag auf eine im öffentlichen Leben stehende Persönlichkeitim DW stehen in der Bedeutungserkläning nur die Quasisynonyme ,Mordanschlag, Gewalttat'. Als Kompetenzbeispielangaben sind im DDUW bzw. DW ausschließlich die obigen Phrasen notiert. Man kann demzufolge ein Attentat nur auf Personen bzw. Lebewesen verüben und somit die nachstehende syntaktisch und semantisch wohlgeformte Phrase bilden: (112) Das ATTENTAT A UF den Präsidenten.
Fraglich ist jedoch, inwieweit die folgenden Phrasen die Bedingungen der Wohlgeformtheit verletzen. (112a) Das ATTENTAT A UF das (Verfassungsgericht (112b) 'Das ATTENTAT A UF den Kater.
Ein „Gericht" kann nach den Bedeutungsangaben im DDUW eine „öffentliche Institution, die vom Staat mit der Rechtsprechung betraut ist, Verstöße gegen Gesetze bestraft und Streitigkeiten schlichtet", ein „Richterkollegium" oder ein „Gerichtsgebäude" sein. Auf ein „Richterkollegium" bzw. „Kollegium", nach DDUW eine „Gruppe von Personen mit gleichem Amt od Beruf', kann ein Attentat verübt werden, da es sich um Personen handelt; jedoch ist es notwendig, bei „(Verfassungsgericht" in (112a) diese Interpretation mit einzubeziehen, um den Selektionsbeschränkungen gerecht zu werden, die sich aus den Beispielangaben zu „Attentat" ergeben. Für das zweite Beispiel (112b) kann man sich besondere Kon- und Kotexte vorstellen (z.B. wenn man zu einem Kater ein sehr persönliches Verhältnis hat), in denen man es als ein Attentat empfindet, wenn jemand mit Absicht einen Mordanschlag auf einen Kater ausfuhrt. Aller-
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
179
dings bedarf es einer außergewöhnlichen Interpretation, um die obige PPA-Konstruktion semantisch akzeptabel zu machen. Die Textcorpusanalysen zeigen ähnliche Resultate. Insgesamt sind 96 Belege für „Attentat auf' gefunden worden, von denen sich 79 auf Personen, 10 auf Gebäude (z.B. Cafehaus, Supermarkt, Hotel, Botschaft), vier auf Maschinen {Flugzeug, Schnellzug), zwei auf Abstrakta (Pressefreiheit, Freiheit) beziehen. In einem Beleg enthält die Nachfolger-NPPPA eine Tierbezeichnung, wobei es sich um einen Buchtitel handelt („Attentat auf Heilbutt"). Die Corpusanalysen scheinen die semantische Varianz der Nachfolger-NPPPA erheblich auszuweiten, aber dennoch liegt zur PPA-Konstruktion mit „Attentat" als Vorgänger-SubstantivppA eine überschaubare Semantik vor. Bei den „Gebäuden" und „Maschinen" dürften die „Attentate" weniger den Bauwerken als den darin lebenden Menschen oder den jeweiligen Institutionen gelten. Auch die Abstrakta, die in der Nachfolger-NPpPA stehen, beziehen sich indirekt auf Menschen; denn es geht um die Freiheit, die die Menschen haben bzw. haben wollen. Berücksichtigt man aber, daß Wörterbuchbenutzer den semantischen Skopus von ,jmd." normalerweise auf Personen beziehen, so zeigt sich, wieviel Interpretationsenergie man aufbringen muß, um das gesamte Spektrum von ,jmd." strukturieren zu können. 4. Die Verwendung der Platzhalter ,jmd." und „etw." suggeriert in vielen Beispielangaben, daß die jeweilige Platzhalteralternative in der Nachfolger-NPPPA ausgeschlossen ist, wenn nur ein Platzhalter in der Beispielangabe auftaucht. Dies wird zudem durch eine recht unsystematische typographische Auszeichnung und einen hohen Verdichtungsgrad mancher Angaben unterstützt. Abkommen: Beschwerde: Suche: Verzicht: Achtung: Angst:
ein A. [mit jmdm., über etw.] treffen, schließen B. [gegen jmdn./über etw.] fuhren sich auf die S. [nach jmdm., etw.] machen seinen V. auf etw. erklären a u s - v o r jmdm. ~ vor jmdm. od. etwas haben ~umjmdn. haben
(DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW) (DW) (DW).
In der verdichteten Kompetenzbeispielangabe zum Lemma Abkommen sieht es so aus, als ob nach der Präposition „mit" nur Bezeichnungen für Personen und nach der Präposition „über" nur Bezeichnungen für Dinge/Gegenstände/Nicht-Personen in der Nachfolger-NPPPA stehen können. Für die Präposition „mit" trifft das zu, da man nicht sagen kann: (113) *Ein ABKOMMEN MIT einer Sache (z.B. einer Lieferung) treffen.
Zu dem Vorgänger-SubstantivPPA „Abkommen" plus der Präposition „mit" existiert also eine Restriktion bezüglich der Semantik der Nachfolger-NPPPA, die sich mit ,jmdn." umschreiben läßt, die aber auch Staaten, wie z.B. „Belgien" (vgl. oben, ein Abkommen mit Belgien) umfaßt. Eine Parallelität in bezug auf Einschränkungen besteht für die Präposition „über" jedoch nicht, weil man auch „ein Abkommen über Personen" schließen kann. Eine ähnliche Interpretation läßt sich für die Beispielangabe zum Lemma Beschwerde anstellen, obwohl die Verwendung des Schrägstrichs, mit dem die PPAs mit den Präpositionen „gegen" bzw. „über" getrennt werden, in der Beispielangabe eine andere Art der Verdichtung implizieren könnte als in der Angabe zu Abkommen. Dies ist allerdings nur mit Mühe zu erkennen, weil beide Präpositionen, „gegen" und „über", sowohl Personenbezeichnungen als auch Gegenstandsbezeichnungen in der Nachfolger-NPPPA regieren können. Im Text corpus finden sich unter anderem PPA-Konstruktionen wie „Beschwerde gegen die Behörden", „Be-
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Stefan J. Schierholz
schwerde gegen die Entscheidung", Beschwerde gegen das Urteil", „Beschwerde gegen die belgische Regierung" oder „Beschwerde über Mißhandlungen", „Beschwerde über laute Musik". Auch „eine Beschwerde über eine Person" ist syntaktisch und semantisch wohlgeformt, wenn auch im Textcorpus nicht belegt. Betrachtet man die Kompetenzbeispielangabe zu Suche isoliert, so dürften keine Unklarheiten entstehen, weil man die Angabe so interpretieren wird, daß man „sich nach jmdm. auf die Suche machen kann" und daß man auch „sich nach etw. auf die Suche machen kann". Durch die eckigen Klammern, deren Funktion im DDUW laut den Hinweisen für die Wörterbuchbenutzung nur in der Kennzeichnung der Ausspracheangaben und der Herkunftsangaben der Wörter besteht, und deren Funktion auch in anderen Benutzungssituationen Ungereimtheiten produziert,120 soll hier wahrscheinlich angezeigt werden, daß die PPAs, „nach jmdn." und „nach etw.", fakultativ sind, es also auch heißen kann: (114) Er macht sich auf die Suche.
Diese Interpretation wird durch eine weitere im DDUW enthaltene Beispielangabe zum Lemma Suche, „auf die Suche gehen", unterstützt. Vergleicht man jedoch die graphischen Präsentationen der Angaben zu Suche und die Kompetenzbeispielangaben zu Abkommen und Beschwerde, so wird deutlich, daß in der Angabe zum Lemma Suche eine weitere Form der Textverdichtung gewählt worden ist, um den Gebrauch der PPA-Konstruktion zu demonstrieren. Dies wird viele Wörterbuchbenutzer dazu veranlassen, nach irgendeinem genuinen Zweck der unterschiedlichen Angabeformen, nach syntaktischen oder semantischen Unterschieden in den Gebrauchsbedingungen für die Präpositionalphrasen zu suchen. In der Angabe zum Lemma Verzicht sieht es so aus, als ob man nur auf Sachen/Dinge/Gegenstände verzichten kann; allerdings findet man im Textcorpus Belege wie „Verzicht auf brachiale Schocktherapien", „Verzicht auf Wirtschaftsressort", „Verzicht auf Staatsminister", „Verzicht auf Serbenstaat", „Verzicht auf Teilnahme", „Verzicht auf Alleingang", „Verzicht auf Nähe" oder „Verzicht auf jede Drohung". Somit ist der tatsächliche semantische Skopus der Nachfolger-NPppA zum Vorgänger-SubstantivPPA „Verzicht" breiter als im DDUW angegeben. Im DW sind die Beispielangaben oft weniger verdichtet, aber im Zusammenhang mit der Semantik der Nachfolger-NPppA treten ähnliche Fehler auf wie im DDUW. Die Kompetenzbeispielangabe zum Lemma Achtung ist die einzige, die „Achtung" als Vorgänger-SubstantivPPA vor der Präposition „vor" enthält. Die ausschließliche Verwendung des Platzhalters „jmdm." ist an dieser Stelle nicht ausreichend, weil der semantische Skopus der Nachfolger-NPPPA erheblich weiter gefaßt werden muß. Im Textcorpus sind von 43 Vorkommen nur 13 auf Personen bezogen, während die übrigen sich auf andere (z.B. „Achtung vor dem Islam", „Achtung vor dem Leben" (5mal), „Achtung vor den Verdiensten", „Achtung vor dem eigenen Körper", „Achtung vor Deutschland", „Achtung vor den Verkehrsregeln") beziehen. Die Beispielangaben zum Lemma Angst bieten für „Angst vor" sowohl ,jmdm." als auch „etwas" an, während bei „Angst um" nur ,jmdn." in der Nachfolger-NPPPA enthalten ist. Es ist jedoch falsch, daraus irgendwelche semantischen Restriktionen schließen zu können. Im Textcorpus enthalten von 45 Vorkommen der Phrase „Angst um" nur acht eine NachfolgerM W , die sich auf Personen bezieht, während die übrigen sich auf „Angst um den Arbeitsplatz" (13mal) und andere (z.B. „Angst um Flora und Fauna", „Angst um ihre Position", „Angst um eigene Zukunft", „Angst um Errungenschaften") beziehen. 120 Vgl. SCHIERHOLZ 1991:191f.
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
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Schon die Analyse eines einzigen Textcorpus zeigt also, daß der semantische Skopus für die Nachfolger-NPppA in den meisten Beispielangaben sehr viel umfassender ist bzw. daß man mit den Interpretationen der Platzhalter in den Beispielangaben sehr vorsichtig umgehen muß. 5. Außer den Platzhaltern „etw." und ,jmd " kommen in den Beispielangaben auch andere Substantive mit allgemeiner Bedeutung vor. Jedoch wird die Vielfalt der für die NachfolgerNPppa potentiell möglichen Bezeichnungen erheblich eingeschränkt, wenn durch die Wahl eines Personalpronomens, die Selektion des jeweiligen Substantivs oder die Benutzung eines der Platzhalter ,jmd ", „etw ", „..." nur ein Teil der potentiell möglichen Bedeutungen erfaßt wird. Wut: Anfrage:
seine W. an jmdm., an einer Sache auslassen eine telefonische, schriftliche A. an jmdn. richten Ihre A. bei unserer Firma wegen der Reparatur Liebe: seine L. zu ihr war groß seine L. zu ihr erlosch [keine] L. fur jmdn. empfinden ~ für jmdn. empfinden, fühlen die Liebe zur Kunst aus Liebe zur Sache Ähnlichkeiter, sie, es hat (einige) ~ mit... EinfluB: -auf etwas od. jmdn. haben
(DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW) (DDUW) (DDUW) (DW) (DW).
In der Beispielangabe zum Lemma Wut steht nach der Präposition „an" anstelle von „etw." „einer Sache" als Platzhalter. Einerseits ist der Grund dafür nicht ersichtlich, so daß es zu unnötigen oder falschen Spekulationen darüber kommen kann, warum in dieser Angabe ein anderer Platzhalter vom Lexikographen ausgewählt worden ist, andererseits wird für beide Beispiele in der verdichteten Angabe der Kasus, den „an" fordert, deutlich gemacht. Allerdings sei darauf hingewiesen, daß die PP in der Beispielangabe gar kein PPA zum Lemma Wut enthält (vgl. unten). Die erste Kompetenzbeispielangabe zum Lemma Anfrage beinhaltet, jmdn." als Platzhalter nach der Präposition „an", die zweite Kompetenzbeispielangabe „Firma" nach der Präposition „bei". Wenn man den genuinen Zweck der jeweiligen Nachfolger-NPsppA darin sieht, daß sie in irgendeiner Weise Hinweise auf Selektionsrestriktionen für die Nachfolger-NPPPA geben sollen, so ist dies genau falsch, weil man auch sagen kann: (115) Eine ANFRAGE AN eine Firma richten (116) Eine ANFRAGE BEI unserem Personalchef. Für weitere Verwirrung sorgt in der zweiten Beispielangabe das zusätzliche mit „wegen" eingeleitete Attribut, das auch weglaßbar ist. Im Wörterbuchartikel des DDUW wäre es besser in eckige Klammern zu setzen, weil nur so - vorausgesetzt, die Funktion der eckigen Klammern wird erklärt - die Fakultativität der Phrase vom Benutzer eindeutig erkannt werden kann. Das Vorgänger-SubstantivppA „Liebe" kann die Präpositionen „für" und „zu" regieren, wobei eine Kombination der beiden von diesen Präpositionen regierten PPAs in einer Phrase ausgeschlossen ist. Die Nachfolger-NPsppA können Bezeichnungen enthalten, die sich sowohl auf Personen als auch auf Dinge beziehen, „Liebe für kleine Autos", „Liebe für das Mutterland", „Liebe für den Autor" (Corpusbelege), „Liebe zur Sache", „Liebe zu dem Callgirl". Die Beispielangaben in den Wörterbüchern schränken den semantischen Skopus der Nachfolger-NPppA jedoch in eigenartiger Weise ein, wenn bei „die Liebe für" nur Nachfolger-NPsPpA angegeben sind, die Personen bezeichnen, und wenn „die Liebe zu" in bezug auf Personen nur auf die Liebe männlicher Wesen („seine") zu weiblichen („ihr") beschränkt zu sein scheint.
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Diese Interpretation mag etwas spitzfindig klingen, kann aber einen fremdsprachlichen Benutzer bei längerem Nachdenken über den Sinn und die Aufgaben lexikographischer Beispiele durchaus ins Grübeln bringen. Im DW ist die Auswahl an Platzhaltern noch etwas größer als im DDUW. Die Beispielangabe zu dem Lemma Ähnlichkeit enthält in der Subjektposition „er, sie, es" und in der Nachfolger-NPppA „..." Einen ersichtlichen Grund für die Alternativformulierungen gibt es aber nicht. In den Beispielangaben zu Einfluß kann das „od." so interpretiert werden, daß man entweder sagen kann „Einfluß auf etwas haben" oder sagen kann „Einfluß auf jmdn. haben". Wenn man das „od." aber nicht als ein ausschließendes Oder interpretiert, kann es zu der folgenden Falschformulierung kommen. (117) *Er hat EINFLUSS A UF das Geschehen oder den Kanzler.
Offensichtlich ist den Lexikographen beider Wörterbuchverlage bei der Auswahl bzw. Formulierung der Beispielangaben zu viel Freiraum gelassen worden, und in vielen Fällen hat sich niemand Gedanken über die Mißverständnisse gemacht, die in den einzelnen Beispielangaben verborgen sind. Schon in der Wörterbucheinleitung könnte man durch passende Hinweise zur Benutzung mehr Klarheit für das Verstehen der Beispielangaben schaffen, wenn auch die unsystematische Verwendung der verschiedenen Platzhalter damit bestehen bleiben würde. 6. Wenn in den Wörterbuchartikeln des DDUW „etw." bzw. des DW „etwas" als Platzhalter fungieren, so ist der Kasus der jeweiligen Nachfolger-NP nicht erkennbar. Für konkrete Akte der Sprachproduktion ist es jedoch notwendig, die korrekte Rektion der jeweiligen Nachfolger-NP zu wissen, sobald die dort enthaltenen Substantive mit Artikel stehen. Freude:
Entschuldigung: Gier: Meldung:
seine helle F. an etw. haben etw. aus F. an der Sache tun die F. an der Natur sie möchte vor F. an die Decke springen jmdn. für/wegen etw. um E. bitten eine heftige, wahre ~ auf, nach etwas empfinden, haben freiwillige ~en bitte an...
(DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW) (DW).
In der ersten Beispielangabe ist bei „Freude an etw." der Kasus für das PPA nicht erkennbar. Will man sich anhand der weiteren Kompetenzbeispielangaben zu Freude orientieren, so hat man in den Phrasen „aus Freude an der Sache" bzw. „die Freude an der Natur" den Dativ und bei „vor Freude an die Decke" den Akkusativ zur Auswahl. Da eine Nachfolger-NPppA zu „Freude an" jedoch nur im Dativ stehen kann und eine Nachfolger-NPaab im Akkusativ stehen muß, hat die erste notierte Beispielangabe „seine helle Freude an etw. haben" zumindestens einen genuinen Zweck, nämlich die Kasusrektion anzugeben, nicht erfüllt. Falls der genuine Zweck der Angabe auch darin bestehen sollte, PPA- und AAB-Konstruktionen zu unterscheiden, wird dieser Zweck ebenfalls nicht erreicht. Durch eine erkennbare Kasusmarkierung wäre dies allerdings leicht zu erfüllen. In der Beispielangabe zum Lemma Entschuldigung steht „etw." ein einziges Mal, aber fur zwei verschiedene Kasus; bei „Entschuldigung für" muß die Nachfolger-NPp PA im Akkusativ, bei „Entschuldigung wegen" das Attribut im Genitiv formuliert sein. Hier ist eine korrekte Sprachverwendung schon nicht mehr gewährleistet, wenn in der Nachfolger-NPppA der Artikel entfällt und das Genus des Substantivs in der Nachfolger-NPpPA Maskulinum oder Neutrum ist, also im Flexionsparadigma der Genitiv mit ,,-(e)s" zu bilden ist.
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
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Ahnlich verhält es sich in der Angabe zum Lemma Gier; nur daß in der verdichteten Kompetenzbeispielangabe die erste Präposition („auf') den Akkusativ und die zweite Präposition („nach") den Dativ regiert. Diese Rektionseigenschaften sind aus den Beispielangaben im DW nicht entnehmbar. Ebenso unklar sind die drei Punkte („...") in der Beispielangabe zu Meldung. Da die Präposition „an" sowohl den Dativ als auch den Akkusativ regieren kann, wird dem Benutzer durch diese Beispielangabe nur in bezug auf die richtige Präpositionenwahl nach „Meldung", nicht aber in der Kasusentscheidung für die Nachfolger-NPpp A weitergeholfen. In Befragungen ist von mehreren ausländischen Studierenden bestätigt worden, daß insbesondere die Wahl des richtigen Kasus für Fremdsprachler ein erhebliches Problem darstellt, bei dem die Beispielangaben wegen der Benutzung der Platzhalter oft nicht weiterhelfen. 7. Zu einigen Lemmata werden in der Beispielgruppenangabe neben PPA-Konstruktionen auch AAB-Konstruktionen und AdvBen aufgeführt. Die syntaktischen Unterschiede der jeweiligen Kompetenzbeispielangaben können nur mit erheblichem grammatischen Analyseaufwand erkannt werden und führen in vielen Fällen zu Fehlern bei sprachproduktiven Handlungen. Freude:
etw. aus F. an der Sache tun sie möchte vor F. an die Decke springen ich könnte vor ~ an die Decke springen Hoffnung: ohne H . auf Besserung, Rettung mit wenig H. in die Zukunft blicken Ärger: der tägliche Ä. im Beruf, mit den Kunden Erinnerung: er hat keine, nur eine schwache E. an seine Kindheit der Anblick weckt traurige -en [in mir] Blick: den richtigen Blick für etwas haben er hat einen guten, hat keinen ~ für schöne photographische Motive einen [kurzen] B. in das Zimmer werfen einen ~ in ein Buch tun ein Zimmer mit ~ aufs Meer ~ ins Grüne, in die Weite Leistung: seine ~en in der Schule Meldung: eine ~ aus New York die letzten ~en von den olympischen Wettkämpfen
(DDUW) (DDUW) (DW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW) (DDUW) (DW) (DW) (DW) (DW) (DW) (DW).
In der ersten Kompetenzbeispielangabe ist „Freude an der Sache" eine PPA-Konstruktion; die Beispiele „vor Freude an die Decke springen" (DDUW und DW) enthalten mit der PP „an die Decke" eine AdvB der Zielangabe (= LG) 121 zum Verb „springen". Durch die unterschiedliche Kasusmarkierung kann die AdvB von der Nachfolger-NPp PA unterschieden werden. Die erste Kompetenzbeispielangabe zum Lemma Hoffnung enthält eine PPA-Konstruktion, während die zweite Angabe, „mit wenig Hoffnung in die Zukunft blicken", eine AdvB (Richtungsangabe, lokaler Zielpunkt) zum Verb „blicken" beinhaltet. Allerdings existiert zu „Hoffnung" auch eine AAB des lokalen Punktes („die Hoffnung in der Provinz"), die durch den Dativ der Nachfolger-NP P P A erkennbar ist, und eine PPA-Konstruktion („die Hoffnung in die EG"), die durch den Akkusativ markiert ist. In der Beispielangabe zu Ärger steht zuerst eine AAB des lokalen Punktes („im Beruf'), die mit „wo?" erfragbar ist, und dann ein PPA („mit den Kunden"). Zum Lemma Erinnerung gibt es eine Kompetenzbeispielangabe mit einer PPA-Konstruktion, „Erinnerung an seine 121 LG steht für local goal; vgl. SCHIERHOLZ 1992b:53; vgl. ZOEPPRITZ 1984:224.
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Kindheit", und eine Angabe mit einer AAB-Konstruktion, „Erinnerungen in mir". Während in der verdichteten Kompetenzbeispielangabe zu Ärger die beiden Konstruktionen nicht durch den Kasus unterscheidbar sind, kann man bei Erinnerung anhand des Kasus die NachfolgerN P P P A und die Nachfolger-NPAAB differenzieren, sofern der jeweilige Benutzer in der Lage ist, die Kasusmarkierung als Unterscheidungskriterium einzusetzen. Zum Lemma Blick liegen in beiden untersuchten Wörterbüchern Beispielangaben mit PPAKonstruktionen, „den richtigen Blick für etwas haben" (DDUW), „er hat einen guten, hat keinen Blick für schöne photographische Motive" (DW) und mit AAB-Konstruktionen mit LG vor,122 „Blick in das Zimmer" (DDUW), ,31ick in ein Buch" (DW), „Blick a u fs Meer" (DW), „Blick ins Grüne, in die Weite" (DW). Mit Hilfe von Kasusmarkierungen können AAB und PPA nicht unterschieden werden; beim DDUW-Beispiel, „Blick für etw. haben", kann man den Kasus nur erkennen, wenn man darüber informiert ist, daß „für" immer den Akkusativ regiert. Die Beispielangabe im DW zum Lemma Leistung enthält eine AAB-Konstruktion mit Ortsangabe. Allerdings sollte in der Beispielgruppenangabe auch eine Angabe mit PPA-Konstruktion enthalten sein. Dabei ist ein PPA mit „in" („seine Leistungen in dem Fußballspiel") kaum von einer AAB zu unterscheiden (vgl. die oben genannten Testmöglichkeiten), während eine Phrase mit der Präposition „in" plus enklitischem Artikel („seine Leistungen im Sport") eindeutig eine PPA-Konstruktion repräsentiert. Die beiden Beispielangaben zum Lemma Meldung sind AAB-Konstruktionen mit Angabe der Herkunftsortes. Der Anschluß einer PPA-Konstruktion mit den Präpositionen „aus" oder „von" ist nicht möglich. Eine Kennzeichnung der unterschiedlichen grammatischen Konstruktionen findet sich in keinem der Wörterbücher, weil es keine Kommentierungen zu den lexikographischen Beispielangaben gibt. 8. Die in den Beispielangaben auftretende Präposition ist manchmal Bestandteil eines PPOs, manchmal eines PPAs. Für viele Wörterbuchbenutzer ist dieser Unterschied ohne eine Kommentierung der Beispielangaben nur schwer erkennbar. Das liegt allerdings z.T. auch an einer ungeschickten Auswahl der Beispielangaben, die in den Wörterbuchartikeln aufgeführt sind. Ärger:
Wut:
Verdacht:
Blick:
Frage:
122 Vgl.
Ä. über etw. empfinden seinen Ä. an jmdm. od. etw. auslassen seinen ~ an jmdm. auslassen W. aufjmdn. haben seine W. an jmdm., an einer Sache auslassen ein V. verdichtet/bestätigt sich, steigt in jmdm. auf, richtet sich gegen/fällt auf jmdn. einen ~ auf jmd. anderen abwälzen bei dem Patienten besteht V. auf Meningitis jmdn. wegen -s auf Steuerhinterziehung verhaften seine -e auf jmdn., etw. richten den ~ auf jmdn. oder etwas richten er wendete keinen B. von ihr seinen Blick für etwas schärfen den richtigen Blick für etwas haben sie lenkte alle ~e auf sich -n zur Person und zur Sache jmdm./an jmdn. eine F. stellen an jmdn. eine F. richten
SCHIERHOLZ
1992a:40f.; vgl. ZOEPPRITZ 1984:224.
(DDUW) (DDUW) (DW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW) (DDUW) (DDUW) (DDUW)
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern eine ~ an jmdn. richten sich mit einer F. an jmdn. wenden Anfrage: eine ~ an jmdn. richten Hoffnung: ohne H. auf Besserung, Rettung ~ auf Genesung seine H. auf jmdn., etw. setzen er knüpfte seine ~ an den Erfolg seines Konzerts
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(DW) (DDUW) (DW) (DDUW) (DW) (DDUW) (DW).
Die erste Beispielangabe, „Ärger über etw. empfinden", enthält eine PPA-Konstruktion, während in den folgenden Angaben (DDUW und DW) die Präposition „an" Bestandteil eines PPOs ist, das vom Verb „auslassen" regiert wird. Wenn Fremdsprachler das nicht erkennen, kann es sein, daß sie „Ärger" als ein Vorgänger-SubstantivpPA auffassen, das sowohl „über" als auch „an" regieren kann. Dadurch würde es zu fehlerhaften Satzkonstruktionen mit „Ärger an" kommen. (118) Der ÄRGER ÜBER die Streiterei (118a) *Der ÄRGER AN dem Sohn (118b) *Der ÄRGER AN der Streiterei.
Zu ähnlich falschen Schlußfolgerungen kann ein Wörterbuchbenutzer anhand der Beispielangaben zum Lemma Wut gelangen. Die erste Kompetenzbeispielangabe enthält ein PPA („Wut a u f ) , während die zweite Angabe ein PPO enthält, das sich auf das Verb „auslassen" bezieht. Dadurch kann man die folgende, allerdings falsche Formulierung ableiten: (119) *Die WUT AN dem Bruder.
Zum Lemma Verdacht sind im DDUW insgesamt 26 Beispielangaben aufgelistet. Aus der ersten oben notierten Kompetenzbeispielangabe kann das Beispiel, „ein Verdacht fällt auf jmdn", isoliert werden. Dies wird möglicherweise als eine PPO-Konstruktion interpretiert, weil die Präposition „auf' direkt hinter dem Verb „fallen" steht. Bei einem Vergleich mit den Beispielangaben zu den Lemmata Ärger und Wut gerät diese Interpretation jedoch ins Wanken. Dort stehen die Präpositionen, die Bestandteil des PPOs sind, direkt hinter dem Substantiv, an dessen Lemmazeichen die Wörterbuchartikelangaben adressiert sind. Wenn man daraus den Schluß zieht, daß auch bei PPΑ-Konstruktionen die vom Vorgänger-SubstantivPPA regierte Präposition nicht unmittelbar hinter dem Vorgänger-SubstantivPpA piaziert sein muß, wird die Entscheidung in bezug auf die Beispielangabe zum Lemma Verdacht wieder schwieriger. Immerhin kann die Präposition „auf' von dem Vorgänger-SubstantivppA „Verdacht" regiert werden, wie die Kompetenzbeispielangaben, „bei dem Patienten besteht Verdacht auf Meningitis" und „jmdn. wegen Verdachts auf Steuerhinterziehung verhaften", belegen. Andererseits wird die Präposition „auf auch von dem Verb „fallen" sowie dem Verb „bestehen" regiert. Diese doppelte Bindung der Präposition „auf findet sich auch in der Beispielangabe des DW, in der „Verdacht auf und „abwälzen auf vorkommen. Bei solchen Ambiguitäten könnte man sich natürlich daran orientieren, an welches Lemmazeichen die Kompetenzbeispieiangaben adressiert sind. Das hilft aber nicht weiter, weil zu einigen Lemmata, die als Vorgänger-SubstantiveppA fungieren können, auch Beispielangaben, die als Kompetenzbeispielangaben für PPOKonstruktionsmöglichkeiten angesehen werden müssen, in den Wörterbuchartikeln enthalten sind. In ähnlicher Weise lassen sich die Kompetenzbeispielangaben zum Lemma Blick interpretieren. Die Beispielangaben „seine Blicke auf jmdn., etw. richten" (DDUW), „den Blick auf jmdn. oder etwas richten" (DW) und „sie lenkte alle Blicke auf sich" (DW) enthalten PPOKonstruktionen zu den jeweiligen Verben. Allerdings können die syntaktischen Strukturen die-
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Stefan J. Schierholz
ser Beispielangaben sehr leicht mit einer PPA-Konstruktion verwechselt werden, weil „Blick" auch als Vorgänger-SubstantivppA die Präposition „ a u f regieren kann und weil die Präposition „auf' in den beiden Angaben direkt hinter dem Substantiv positioniert ist. Die Angabe, „er wendete keinen Blick von ihr", ist unter syntaktischen Gesichtspunkten eigentlich eine Kompetenzbeispielangabe zum Lemma wenden. Schlägt man unter wenden im DDUW nach, so findet man dort die Beispielangabe „keinen Blick von jmdm. wenden". Sollte nun in der Beispielangabe zu wenden der genuine Zweck lediglich darin bestehen, daß man „wenden" zusammen mit „Blick" benutzen kann? Durch eine Kommentierung der Beispielangaben ließen sich die Interpretationen des genuinen Zwecks einer Angabe besser lenken und Fehlinterpretationen vermeiden. Darüber hinaus würde der Wörterbuchbenutzer die Beispielangaben schneller und besser verstehen. Die beiden Angaben, „seinen Blick fur etwas schärfen" und „den richtigen Blick fur etwas haben", enthalten keine PPO-Konstruktion und können als Sprachbeleg fur die Verwendung des Vorgänger-Substantivs P p A plus Präposition, „Blick für", angesehen werden. Von den aufgeführten Kompetenzbeispielangaben zu den Lemmata Frage und Anfrage enthält nur die Angabe, „Fragen zur Person und zur Sache" (DDUW), eine PPA-Konstruktion, während in den übrigen Angaben PPO-Konstruktionen stehen. Dabei zeigt sich, daß die Position der Präposition in den Beispielangaben keine Hilfe für eine korrekte grammatische Interpretation bietet, weil die Präposition „an" sowohl vor als auch unmittelbar nach den Lexemen „Frage" bzw. „Anfrage" steht. Allerdings fuhrt dies nicht zu Fehlern bei der Selektion der richtigen Präposition in PPA-Konstruktionen mit den Lexemen „Frage" oder „Anfrage", weil die Präposition „an" auch von den Vorgänger-Substantiven PPA „Frage" und „Anfrage" regiert wird. (120) Die FRAGE AN den Bundestrainer (121) Die ANFRAGE AN das Parlament.
Die Nichterwähnung der PPA-Anschlüsse kann bei komplexeren sprachlichen Formulierungen problematisch werden, in denen eine PPA-Konstruktion, die „Frage" als Vorgänger-SubstantivppA plus der Präposition „an" enthält, mit einer PPO-Konstruktion verknüpft wird, die die Verben „wenden", „stellen" oder „richten" plus der Präposition „an" enthält. (120a) Er wendet sich mit einer FRAGE AN den Bundestrainer an den Spielführer. (120b) Er stellt eine FRAGE AN den Bundestrainer an den Spielführer. (120c) Er richtet eine FRAGE AN den Bundestrainer an den Spielführer.
Es kann an dieser Stelle nicht geklärt werden, ob derartig komplexe Beispielangaben in einem einsprachigen Bedeutungswörterbuch des Deutschen notwendigerweise enthalten sein müssen. Allerdings muß an irgendeiner Stelle - wenn nicht im Wörterbuch, dann in einer zum Wörterbuch gehörenden Grammatik oder in einer allgemeinen Grammatik des Deutschen, die sich als Informationspartner des Wörterbuchs versteht - vermerkt sein, daß diese Formulierungen im Deutschen syntaktisch wohlgeformt und semantisch korrekt sind. Alle in einem DaF-Seminar befragten fremdsprachlichen Studierenden haben die Formulierung, „er stellt eine Frage an den Bundestrainer an den Spielführer", als nicht-wohlgeformt zurückgewiesen, nachdem eine ausführliche Interpretation der Beispielangabe, „eine Frage an jmdn. richten" (DW), erfolgt war. Die Zuordnung der Präposition „an", als PPA-Präposition zu „Frage" oder als PPO-Präposition zu „stellen", bereitete dabei die größten Schwierigkeiten, so daß einige Studierende sowohl den Satz, „ich habe eine Frage an den Bundestrainer", als auch den Beispielsatz, „ich stelle das Fahrrad an die Wand", für falsch hielten. Da gerade letzterer durch eine einfache syntaktische Struktur und die Verwendung von Grundwortschatzvokabular gekennzeichnet ist, stimmt es schon bedenklich, wenn durch eine Beispielangabe im Wörterbuch einige fremd-
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sprachliche Wörterbuchbenutzer, die sonst über ein gutes sprachliches Niveau verfugen, bereits erworbene Sprachkompetenzen in Frage stellen. Die ersten beiden Beispielangaben 2x1m Lemma Hoffnung enthalten jeweils eine PPAKonstruktion, während das dritte Beispiel, „seine Hoffnung auf jmdn., etw. setzen", ein PPO zum Verb „setzen" beinhaltet. Dennoch ist die Position der Präposition in den drei Angaben gleich, nämlich unmittelbar nach dem Lexem „Hoffnung". Zwar kann es bei sprachlichen Neuformulierungen nicht zu Fehlern in der Wahl der Präposition kommen, aber auch hier ist die Kombinationsmöglichkeit beider Präpositionalphrasen aus der Beispielgruppenangabe nicht entnehmbar. (122) In der HOFFNUNG A UF Frieden auf Willy Brandt setzen.
Die vierte Beispielangabe zu Hoffnung enthält ein PPO zum Verb „knüpfen". Da hier die Präposition „an" unmittelbar hinter „Hoffnung" steht, wäre eine Kommentierung der Angabe unbedingt notwendig, weil „Hoffnung" als Vorgänger-SubstantivppA nicht die Präposition „an" regieren kann und die Bildung der folgenden Phrase ausgeschlossen ist: (123) *Die HOFFNUNG AN den Erfolg.
9. Unabhängig davon, ob die Beispielangaben unterschiedliche grammatische Konstruktionen enthalten, sind die Präpositionen auch in den Beispielangaben, die PPA-Konstruktionen beinhalten, manchmal vor dem Vorgänger-SubstantivPPA, manchmal hinter dem Vorgänger-SubstantivppA, manchmal am Ende der gesamten Beispielangabe positioniert, so daß die Abhängigkeit vom Vorgänger-SubstantivppA nur schwer nachvollzogen werden kann. Achtung:
vor jmdm., etw. A. haben aus A. vor seinen Eltern Ähnlichkeit: mit jmdm. Ä. haben es besteht eine Ä. zwischen beiden Dank: jmdm. [fur etwas] D. sagen Diskussion: sich mit jmdm. auf keine -en einlassen Anschlag: einen ~ verüben, vorhaben auf
(DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW).
In den Beispielangaben zu den Lemmata Achtung und Ähnlichkeit steht das PPA jeweils einmal vor dem Vorgänger-SubstantivppA und einmal dahinter. In der Beispielangabe zum Lemma Dank kann es durch die Positionierung des PPAs vor das Vorgänger-SubstantivPPA zu Schwierigkeiten bei der Zuordnung des „für etwas" kommen. In der Beispielangabe zum Lemma Diskussion steht „Diskussionen" als PPO zum Verb „einlassen", und das PPA mit der Präposition „mit" steht vor diesem PPO. Die Angabe ist eigentlich eine Kompetenzbeispielangabe für „sich einlassen auf', und die Relation zwischen dem Vorgänger-Substantiv PPA und der Nachfolger-NPppA ist untergeordnet bzw. kaum erkennbar. In der Angabe zum Lemma Anschlag steht die Präposition unmittelbar nach dem Verb, so daß daraus möglicherweise fehlerhafte Formulierungen mit „vorhaben" abgeleitet werden können. (124) * Sollten wir heute abend etwas vorhaben auf dich?
Ein großer Teil der fremdsprachlichen Studierenden, denen dieser Satz zur Beurteilung vorgelegt wurde, sah diese Formulierung als grammatisch wohlgeformt an. Wenn es auch - vielleicht aus stilistischen Gründen - für Lexikographen interessant erscheint, die Beispielangaben abwechslungsreich zu gestalten bzw. verschiedenartige Textbelege zu sammeln, und wenn auch dadurch die variable Positionierung des PPAs im Satz demonstriert werden kann, so ist dies doch in keiner Weise einer guten Demonstration gebundener Präpositionen bzw. der anschauli-
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chen Darstellung der gesamten PPA-Konstruktion förderlich, solange nicht eine Kommentierung der Beispielangaben vorgenommen wird. 10. Der Numerus der Nachfolger-NP muß nach einigen Präpositionen (z.B. „zwischen") immer der Plural sein. Man kann dies schon im Grammatikunterricht des Deutschen gelernt haben, es als Fremdsprachler normalerweise von den Übersetzungsäquivalenten seiner Muttersprache ableiten oder diese Information durch ein intensives Studium des Wörterbuchartikels zum Lemma zwischen erlangen, wenngleich die Angabe in beiden Wörterbüchern nur implizit vorhanden ist und derartige Nachschlagetätigkeiten eine sehr zeitaufwendige Zusatzarbeit sind, die in der Regel über das ursprüngliche Wörterbuchbenutzungsbedürfhis hinausgehen dürften. Analysiert man jedoch zum Zwecke des Vergleichs weitere Beispielangaben in den Wörterbuchartikeln, so treten neue Fragen auf, weil auch Nachfolger-NPsppA im Plural in Beispielangaben vorkommen, wenn die regierende Präposition nicht obligatorisch einen Plural verlangt. Ähnlichkeit: Kooperation: Achtung: Auswahl: Liebe:
es besteht eine Ä. zwischen beiden die ~ zwischen beiden ist auffallend eine K. auf dem Gebiet der Wirtschaft, zwischen Ost und West aus A. vor seinen Eltern eine ~ aus Schillers Werken die ~ zu den Eltern, zu den Kindern ~ zur Musik, zur Kunst, zur Natur ~ zur Wahrheit ~ zwischen Mann und Frau, Eltern und Kindern
(DDUW) (DW) (DDUW) (DDUW) (DW) (DW) (DW) (DW) (DW).
Die Beispielangaben zu den Lemmata Ähnlichkeit und Kooperation enthalten jeweils PPAKonstruktionen mit der Präposition „zwischen". Es fehlt aber ein Hinweis darauf, daß die Nachfolger-NPppA im Plural stehen muß oder zwei koordinierte NPs im Singular (oder Plural) enthalten muß, damit Falschbildungen folgender Art ausgeschlossen werden können: (125) *Eine KOOPERATION ZWISCHEN Europa.
Wenn jedoch ein Wörterbuchbenutzer annimmt, daß die Nachfolger-NPsPPA, die in den Beispielangaben im Plural stehen, den genuinen Zweck haben, die Pluralform als obligatorischen Numerus anzuzeigen, so wird er aufgrund der Beispielangaben zu den Lemmata Achtung, Auswahl und Liebe auch nach „Achtung vor", „Auswahl aus", „Liebe zu" und „Liebe zwischen" die Nachfolger-NPppA im Plural verwenden. Bei „Liebe zu" muß dies nicht unbedingt so sein, weil im DW auch Nachfolger-NPspPA im Singular in der Beispielgruppenangabe enthalten sind. Zu „Achtung vor" gibt es jedoch im DDUW nur diese eine Beispielangabe, obwohl ebenso eine Nachfolger-NPpPA im Singular möglich ist. Zu „Auswahl aus" existiert im DW auch nur die eine notierte Beispielangabe, allerdings muß hier das Substantiv in der Nachfolger-NPppA im Plural stehen oder ein Kollektivum sein. Die dazu gefundenen Textbelege sind u.a. „Auswahl aus seinen Beständen" (FAZ) und „Auswahl aus einer Gruppe idiomatischer Wendungen", „Auswahl aus der Bibliographie" (LIMAS-Corpus). Eine weitere Besonderheit der Beispielangaben mit „zwischen" besteht darin, daß in der Nachfolger-NPppA immer zwei Personen angegeben sind. Daraus läßt sich nun die Frage ableiten, ob dies eine konstitutive Bedingung ist, die von der Präposition „zwischen" ausgeht, und ob man bei mehr als zwei Personen statt dessen die Präposition „unter" zu benutzen hat. Diese Überlegungen, die von mehreren italienischen Deutschstudentinnen initiiert worden sind, würden dann zu folgenden Satzbildungen fuhren können:
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
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(126) Die ÄHNLICHKEIT UNTER den Dreien (127) *Eine KOOPERATION UNTER Europa, Australien und Afrika (128) Die LIEBE UNTER den Eltern, Kindern und Großeltern.
Für alle genannten Beispielangaben gilt, daß sie kommentiert werden müssen, so daß die Obligatorik einer Pluralform oder die Variationsmöglichkeiten in der Nachfolger-NPppA für den Benutzer erkennbar sind. Um die Anzahl der denkbaren Mißverständnisse jedoch zu verringern, würde auch schon eine sorgfältigere Auswahl der Beispielangaben, die in die Wörterbuchartikel aufgenommen werden, weiterhelfen. 11. Eine für den Benutzer erkennbare und nachvollziehbare Trennung von Redewendungen und Beispielsätzen existiert in den Beispielangaben nicht, so daß eine sprachlich korrekte Übertragung der syntaktischen Konstruktionen auf Neuformulierungen selten gewährleistet ist. Im DW heißt es zwar, daß „diejenigen Wörter, die mit dem Stichwort eine Redewendung bilden, alphabetisch angeordnet und nochmals fett hervorgehoben"123 sind, aber wenn man unter einer Redewendung ein festes Syntagma oder einen Phraseologismus versteht, dessen Gesamtbedeutung nicht aus der Bedeutung der Einzelelemente erschlossen werden kann, so wird diese Markierung im DW sehr unsystematisch verwendet.124 Ähnlich uneinheitlich ist das Markierungsverfahren im DDUW, in dem die Beispielangaben, die Beispiele mit übertragener Bedeutung enthalten, durch ein Ü (= Übertragung) angekündigt werden sollen.125 Beschwerde: B. [gegen jmdn./iiber etw.] fuhren Anschlag: einen A. auf das Staatsoberhaupt, auf jmds. Leben planen, verüben Ü einen A. aufjmdn. vorhaben einen ~ verüben, vorhaben auf Blick: jmdm. den ~ scharfen fur seinen B. für etw. schärfen Verzicht: unter Verzicht auf Achtung: es an ~ gegen jmdn. fehlen lassen in hoher ~ bei jmdm. stehen
(DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW) (DW) (DDUW) (DW) (DW) (DW)
Nach den genannten Kriterien zur Erkennung von Phraseologismen ist die notierte Beispielangabe zum Lemma Beschwerde ein Phraseologismus. Allerdings fehlt im DDUW eine entsprechende Kennzeichnung. Ebenso handelt es sich im DDUW bei den Kompetenzbeispielangaben zum Lemma Anschlag um Redewendungen. Nur die zweite Angabe, „einen Anschlag auf jmdn. vorhaben", ist im DDUW als solche markiert. Im DW jedoch fehlt zu beiden Syntagmen eine Kennzeichnung. Umgekehrt verhält es sich zum Lemma Blick: „den Blick schärfen für" ist im DW (durch den Fettdruck von „schärfen") als Phraseologismus gekennzeichnet, während im DDUW die Markierung fehlt. Die Beispielangabe zu Verzicht hat im DW keine Markierung für eine Redewendung, obwohl sich diese durch das vor das Vorgänger-SubstantivPPA plazierte „unter" ergibt. Für einen fremdsprachlichen Benutzer kann sich somit die Frage ergeben, ob die Verwendung von „Verzicht auf auch ohne „unter" sprachlich korrekt sein kann. (129) Der Verzicht auf den Ferrari fällt mir leicht.
123 WAHRIG 1 9 8 6 : 1 3 .
124 Vgl. WIEGAND 1989b:488. 125 V g l . DUDEN 1989:11.
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Ähnlich problematisch ist eine Interpretation der Beispielangaben zu Achtung. Hier wird zwar durch die typographische Markierung (Fettdruck der Präpositionen „an" und „in") auf eine Redewendung hingewiesen, aber vor allem im Vergleich mit der Form der Beispielangabe zum Lemma Verzicht erhält der Benutzer keine Klarheit über den möglichen Gebrauch. In einer Befragung ausländischer Studierender vertraten diese Meinung, daß man statt „unter Verzicht a u f wahrscheinlich auch „Verzicht auf' gebrauchen kann. Allerdings wurde diese Möglichkeit mehr aufgrund der vorhandenen Sprachkompetenz des Deutschen als aufgrund der Beispielangabe akzeptiert. Die Analyse der Beispielangaben zum Lemma Achtung ergab, daß die fettgedruckten Präpositionen, die in den Beispielangaben vor Achtung stehen, als vom Verb regiert angesehen werden, während die Präpositionen, die unmittelbar hinter „Achtung" stehen, als vom Substantiv regiert angesehen werden. Der Fettdruck der Präpositionen „an" und „in" gab - auch nach mehrmaligem Vorlesen und Erläutern der relevanten Passagen in den Hinweisen zur Benutzung 126 - den fremdsprachlichen Studierenden eine Menge Rätsel auf. Insbesondere war unklar, an welcher Stelle die jeweilige Redewendung zu Ende ist bzw. wie viele Konstituenten in der Kompetenzbeispielangabe zur Redewendung gehören. Aus diesen Benutzungsunsicherheiten heraus wurden dann auch die folgenden Phrasen von den meisten Studierenden als grammatisch wohlgeformt angesehen. (130) *Die ACHTUNG GEGEN den Uhrer (131) "Die ACHTUNG BEI dem Lehrer.
Beide Phrasen („Achtung gegen" und „Achtung bei") sind im Textcorpus nicht belegt, so daß die Gebrauchsunsicherheit fur das zweite Beispiel nicht endgültig zu klären ist. 12. Etwaige Möglichkeiten, mehrere PPAs zu koordinieren, werden in den Wörterbüchern nicht dargestellt. Für besonders komplexe PPs sollte die allgemeine syntaktische Struktur der Phrasen in Grammatiken behandelt werden, aber welche Kombinationsmöglichkeiten für mehrere PPAs nach einem Vorganger-Substantiv PPA gegeben sind, hängt von dem jeweiligen Vorgänger-SubstantivppA und seinen idiosynkratischen Merkmalen ab. In den Wörterbuchartikeln müssen die grammatischen Angaben also darüber Auskunft geben, welche Präpositionen bzw. PPAs zusammen mit welchen anderen Präpositionen bzw. PPAs von dem jeweiligen Lemma in seiner grammatischen Funktion als Vorgänger-SubstantivPpA regiert werden können. Dies geschieht aber nicht. Abkommen: Beschwerde: Diskussion: Eignung: Leistung:
ein A. [mit jmdm., über etw.] treffen, schließen Β [gegen jmdn./über etw.] führen es gab, entbrannte eine leidenschaftliche, erregte D. über, um den Paragraphen 218 die E. für, zu, als etw. L. in Geld, in Naturalien ~ in Geld, in Naturalien
(DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW).
Die unterschiedliche Interpunktion in den Beispielangaben ergibt keinen Aufschluß darüber, welche Kombinationsmöglichkeiten der jeweiligen PPAs vorliegen, so daß die rein formale Ableitung, die aus einem Vergleich der einzelnen Beispielangaben resultiert, die folgenden Formulierungen ergibt. (132) Em ABKOMMEN MIT jmdm. über etw. treffen (133) Eine BESCHWERDE GEGEN jmdn. über etw. führen (134) *Eine leidenschaftliche, erregte DISKUSSION ÜBER, UM den Paragraphen 218 1 2 6 WAHRIG 1 9 8 6 : 1 3 .
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
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(135) *Eine EIGNUNG FÜR, ZU, ALS den!dem Job/Nachtwächter (136) "Eine LEISTUNG IN Geld, IN Naturalien.
Die ungrammatischen Beispiele sind deshalb nicht wohlgeformt, weil nur jeweils eine Präposition an das Vorgänger-Substantiv P p A anschließbar ist, also entweder „Diskussion über" oder „Diskussion um" und entweder „Eignung für" oder „Eignung zu" oder „Eignung als". Ebenso ist nur eine „Leistung in Geld" oder eine „Leistung in Naturalien" möglich, aber nicht beide zusammen in einer Phrase. Auf die unsystematische Verwendung der Interpunktion (Slash oder Komma) ist bereits oben hingewiesen worden. Einem nachdenkenden und akribischen Wörterbuchbenutzer kann dies zum Verhängnis werden, wenn er die Zeichenverwendung zum Anlaß nimmt, unterschiedliche genuine Zwecke in den Beispielangaben zu suchen. Dabei ließen sich die aufgezeigten Fehlermöglichkeiten in der Sprachproduktion sehr leicht vermeiden, wenn man z.B. den Slash für sich ausschließende PPA-Kombinationen und das Komma flir koordinierbare Konstruktionen verwenden und dies in den Hinweisen zum Artikelaufbau vermerken würde. 13. Solange die Kompetenzbeispielangaben, in denen die Präposition „von" vorkommt, nicht kommentiert werden, kann es leicht zu Verwechselungen zwischen einem PPA und einem Genitivattribut im Anschluß an ein regierendes Substantiv kommen. 127 Verteilung: die V. von Lebensmitteln die V. von Land und Wasser auf der Erdkugel Leistung: der Motor hat eine Leistung von 100 PS EinfluB: unter dem E. von Drogen Frage: eine ~ von allgemeiner Bedeutung
(DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW).
Die erste Beispielangabe zum Lemma Verteilung kann zwar durch „die Verteilung der Lebensmittel" ersetzt werden, aber diese Phrase ist nicht bedeutungsäquivalent mit der Wörterbuchangabe. In der Formulierung, „die Verteilung von Lebensmitteln", ist gemeint, daß nur ein Teil der vorhandenen Lebensmittel verteilt wird, während in der Formulierung, „die Verteilung der Lebensmittel", gemeint ist, daß der gesamte Bestand an vorhandenen Lebensrnitteln verteilt wird. Die Substitution der Beispielangabe, „die Verteilung von Land und Wasser auf der Erdkugel", durch „die Verteilung des Landes und Wassers auf der Erdkugel" dürfte recht ungewöhnlich sein. Im Textcorpus sind beide Phrasen nicht belegt, sondern nur „die Verteilung von Land und Meer". Dagegen ist es in der Beispielangabe zum Lemma Leistung grundsätzlich nicht möglich, die Nachfolger-NPppA als Genitivattribut zu formulieren. (137) *Der Motor hat eine Leistung der 100 PS.
In der Beispielangabe zum Lemma Einfluß handelt es sich bei der Phrase „Einfluß von Drogen" um die Transformation eines genitivus subiectivus, d.h. die Tätigkeit des „Einflußnehmens" geht von der Konstituente aus, die im Genitiv bzw. in der von-Phrase formuliert ist. Deswegen kann das Determinans vor „Einfluß" auch nicht durch ein Possessivpronomen ersetzt werden - auch die Kompetenzbeispielangabe, „er stand unter ihrem Einfluß", findet sich in der Beispielgruppenangabe, die an das Lemmazeichen „Einfluß" adressiert ist - , weil die Position des genitivus subiectivus semantisch nur einmal besetzt werden kann und syntaktisch durch die von-Phrase belegt ist. Dagegen ist es in den Fällen, in denen „Einfluß" als
127 Vgl. SCHANEN 1992:95f.
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Vorgänger-SubstantivppA die Präpositionen „auf oder „bei" regiert, so, daß in der PPA-Konstruktion die in der Nachfolger-NPppA stehende Konstituente deijenige Teil ist, der beeinflußt wird. Diese Unterschiede können für eine korrekte sprachliche Formulierung sowohl in syntaktischer als auch semantischer Hinsicht Probleme bereiten, weil die Kriterien bzw. Ursachen für die Unterschiede aus der Beispielgruppenangabe ohne eine ausgiebige Interpretation, die einiges grammatisches Hintergrundwissen erfordert, und ohne eine Kommentierung der Angaben nicht erkennbar sind. Von den Beispielangaben zum Lemma Frage ist die oben notierte die einzige, die „Frage von" enthält. Durch den Fettdruck der Präposition wird im DW auf das Vorhandensein einer Redewendung hingewiesen. Somit läßt sich eine Transformation der von-Phrase in ein Genitivattribut auch nicht ohne weiteres vornehmen: (138) Eine Frage der Bedeutung (138a)7Eine Frage der allgemeinen Bedeutung (139) Die Frage der Bedeutung (139a) Die Frage der allgemeinen Bedeutung.
„Eine Frage von allgemeiner Bedeutung" ist eine PPA-Konstruktion, in der die Nachfolgerdurch ein Adjektiv erweitert ist. Daß es sich bei der von-Phrase um ein Attribut handelt, läßt sich durch eine inhaltliche Analyse bzw. durch eine Paraphrasierung in die Formulierung, „eine Frage, die eine allgemeine Bedeutung hat", bestätigen. Diese PPA-Konstruktion kann nicht in eine Phrase mit Genitivattribut überfuhrt werden, weil sich dann der Sinn der Aussage verändert. „Die Frage der (allgemeinen) Bedeutung" ist zwar syntaktisch korrekt, läßt sich aber mit Präposition nur formulieren, wenn man „die Frage zu der (allgemeinen) Bedeutung" schreibt. Auch für dieses Beispiel gilt das Desiderat nach einer Kommentierung der Beispielangaben, weil nur auf diese Weise die syntaktischen Zusammenhänge, Verwandtschaften oder Ähnlichkeiten zwischen den einzelnen Formulierungen explizit gemacht werden können. Allerdings muß für diese Beispielangabe angemerkt werden, daß weder die Kompetenzbeispielangabe aus dem DW noch irgendwelche Varianten der PPA-Konstruktion im Textcorpus belegt sind. NPPPA
14. In den Beispielangaben stehen die substantivischen Konstituenten der PPA-Konstruktionen manchmal ohne Artikel, manchmal mit enklitischem Artikel und manchmal mit Artikel. Verdacht: bei dem Patienten besteht V. auf Meningitis jmdn. wegen -s auf Steuerhinterziehung verhaften Hoffnung: ohne H. auf Besserung, Rettung ~ auf Genesung Liebe: die Liebe zur Kunst aus Liebe zur Sache Frage: -n zur Person und zur Sache Freude: seine helle F. an etw. haben etw. aus F. an der Sache tun Leistung: seine ~en in der Schule
(DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW).
In den Beispielangaben zum Lemma Verdacht fehlt sowohl in der Vorgänger-NPpPA als auch in der Nachfolger-NPPPA der Artikel. Das Vorgänger-SubstantivppA kann im standardsprachlichen Gebrauch jedoch sowohl mit einem bestimmten als auch mit einem unbestimmten Artikel vorkommen, so daß in der Beispielangabe der genuine Zweck nicht darin bestehen kann zu zeigen, das Lexem „Verdacht" sei grundsätzlich ohne Artikel zu verwenden. Statt dessen ist der artikellose Gebrauch potentiell möglich, wenn auch vom jeweiligen Kontext abhängig. Die
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artikellose Verwendung der Nachfolger-NPppA ist nicht von den Rektionseigenschaften der jeweiligen Vorgänger-NPppA oder der gebundenen Präposition abhängig, sondern von dem in der Nachfolger-NPppA stehenden Substantiv. Für die erste Beispielangabe gilt, daß „Meningitis" als Bezeichnung für eine Krankheit artikellos verwendet werden kann. Diese Möglichkeit trifft auch auf das Lexem „Steuerhinterziehung" zu, fur das im Textcorpus verschiedene Varianten (mit/ohne Artikel) belegt sind, z.B. „wegen Steuerhinterziehung", „Verdacht der Steuerhinterziehung", „er beklagt Steuerhinterziehung", „Handel mit Zyankali und Steuerhinterziehung", „auch die Steuerhinterziehung soll". Auch die Beispielangaben zum Lemma Hoffnung können nicht als Hinweis auf eine obligatorische Artikellosigkeit des Vorgänger-SubstantivsppA bzw. der Nachfolger-NPpPA verstanden werden, weil beide Konstituenten auch mit bestimmtem oder unbestimmtem Artikel vorkommen können. Für die Nachfolger-NPppA muß jedoch auf gewisse Einschränkungen hingewiesen werden. Akronyme wie „Aids", fremdsprachliche Lexeme wie „Glasnost", Feiertagsbezeichnungen wie „Weihnachten" und „Pfingsten" oder Eigennamen wie „Greenpeace" können in der Funktion als Nachfolger-NP PPA nicht mit Artikel stehen. Allerdings ist dieses idiosynkratische Merkmal unter den grammatischen Angaben zu den genannten Lemmata zu notieren und gilt auch in PPA-Konstruktionen mit anderen Vorgänger-NPsppA. Die PPA-Konstruktionen in den Beispielangaben zu den Lemmata Liebe und Frage enthalten jeweils eine Präposition mit enklitischem Artikel. Die Verwendung dieser Form in einer Beispielangabe enthält einen sinnvollen genuinen Zweck, weil nur wenige Präpositionen - und auch nur im Zusammenhang mit bestimmten Genera - eine Verschmelzung mit dem Artikel bilden können. Von daher ist auch die Aufnahme einer zusätzlichen Wortart, „Präposition mit enklitischem Artikel", für Wörterbuchgrammatiken und Wörterbuchartikel zu befürworten. 128 Allerdings bleibt in den Beispielangaben des DDUW dieser genuine Zweck der Angaben verborgen; denn alle Angaben können durch andere Konstruktionen, z.B. mit Präposition plus Artikel, substituiert werden. Es hängt jedoch von jedem einzelnen Substantiv ab, das in der Nachfolger-NP PPA steht, ob der Artikel weggelassen werden kann. Die Einteilung der Substantive nach bestimmten Typen, z.B. Eigennamen, Kontinuativa bzw. nach „KO-, KI-, AB-Substantiven"129, hilft dabei kaum weiter, weil sich jedes Substantiv in einer PPA-Konstruktion bezüglich seines Determinationsverhaltens individuell verhält, wie die folgende Übersicht zu einigen Kontinuativa („Gold", „Butter", „Erdöl"), Eigennamen („Deutschland", „Lufthansa", „Greenpeace") und Individuativa („Sache", „Bronzestatue") zeigt. (140) Die UEBE ZU / ZUM / ZU DEM Gold (140a) Die UEBE *ZU / ZUR / ZU DER Butter (140c) Die LIEBE?ZU / ZUM / ZU DEM Erdöl (141) Die UEBE ZU / ZUM / ZU DEM Deutschland (141a) Die UEBE *ZU / ZUR / ZU DER Lufthansa (141a) Die LIEBE ZU! *ZUM / *ZU DEM(DER) Greenpeace (142) Die UEBE *ZU / ZUR / ZU DER Sache (142a) Die UEBE *ZU / ZUR / ZU DER Bronzestatue.
Versucht man, die gleichen Nachfolger-NPsppA im Anschluß an das Vorgänger-SubstantivPPA „Frage" plus der Präposition „zu" zu positionieren, ändern sich die syntaktischen und semantischen Wohlgeformtheitsbedingungen in einigen PPA-Konstruktionen.
128 V g l . BERGENHOLTZ/MUGDAN 1 9 8 4 : 5 9 .
129 Vgl. SCHIERHOLZ 1992a:9ff.
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(143) Die FRAGE *ZU / ZUM / ZU DEM Gold (143a) Die FRAGE *ZU / ZUR / ZU DER Butter (143b) Die FRAGE *ZU / ZUM / ZU DEM Erdöl (144) Die FRAGE ZU / ZUM I ZU DEM Deutschland (144a) Die FRAGE *ZU / ZUR / ZU DER Lufthansa (144b) Die FRAGE ZU / *ZUM/*ZU DEMfDER) Greenpeace (145) Die FRAGE *ZU/ZUR/ZU DER Sache (145a) Die FRAGE *ZU / ZUR / ZU DER Bronzestatue.
Daraus ist zu folgern, daß die Wohlgeformtheit von PPΑ-Konstruktionen in bezug auf die Artikelverwendung von allen beteiligten Konstituenten abhängig ist, so daß nur eine Analyse und theoretische Fundierung der gesamten Binnenstruktur der PPA-Konstruktion die einzelnen Konstruktionsmöglichkeiten erklären kann und wichtige Hinweise für die Erstellung sprachlich korrekter lexikographischer Beispielangaben liefern kann. Da die richtige Benutzung des Artikels von so vielen Faktoren abhängt, ist die Verwendung eines Platzhalters (erste Beispielangabe zum Lemma Freude) wenig hilfreich. Die Artikelverwendung gibt auch keinerlei Hinweis auf eine AAB- oder PPA-Konstruktion; denn in den Beispielangaben, in denen Artikellosigkeit und enklitischer Artikel prinzipiell nicht verwendbar sind (zweite Beispielangabe zum Lemma Freude bzw. Beispielangabe zu Leistung), handelt es sich um verschiedene syntaktische Konstruktionen, nämlich ein PPA in „etw. aus Freude an der Sache tun" und ein AAB in „seine Leistungen in der Schule". 15. Für eine einwandfreie standardsprachliche Verwendung von PP Α-Konstruktionen ist es von Bedeutung, in welchem Numerus das Vorgänger-Substantiv PPA stehen kann oder muß. In den Beispielangaben des DDUW und DW wird dieses grammatische Phänomen nicht berücksichtigt, so daß sich aus den Beispielangaben verschiedene Typisierungen zur Numerusangabe bilden lassen. Die Beispielgruppenangabe zu einem Lemma kann mehrere Beispielangaben mit PPAKonstruktionen enthalten, in denen das Vorgänger-SubstantivppA sowohl im Singular als auch im Plural vorkommt. Erinnerung: -en [an jmdn., etw.] werden wach er hat keine, nur eine schwache E. an seine Kindheit er wollte jede E. an den Krieg auslöschen Meldung: freiwillige ~en bitte an... es ist eine ~ bei der Dienststelle, der Polizei eingegangen
(DDUW) (DDUW) (DDUW) (DW) (DW).
Eine besondere Differenzierung ist hier unnötig, weil beide Numerusverwendungsmöglichkeiten gegeben sind. Allerdings wird dabei vorausgesetzt, daß kein Wörterbuchbenutzer auf die Interpretationsidee kommt, in den jeweils ersten notierten Kompetenzbeispielangaben zu Erinnerung und Meldung bestehe der genuine Zweck darin, eine Notwendigkeit der Pluralform für „Erinnerung" und „Meldung" in dem angegebenen syntaktischen Zusammenhang zu demonstrieren. Bei Singulariatantum (z.B. „Achtung", „Gier", „Wut") wird durch die Numerusangabe im Wörterbuchartikel, der an das jeweilige Lemmazeichen adressiert ist, bereits die Pluralverwendung ausgeschlossen. Das gleiche trifft auf polyseme Lemmata zu, bei denen unter einer Bedeutungsangabe die Pluralform ausgeschlossen wird, so daß auch in den Beispielangaben, die eine PPA-Konstruktion enthalten, das Vorgänger-Substantiv PPA ausschließlich im Singular stehen kann (z.B. „etw. aus Freude an der Sache tun", „ohne Hoffnung auf Besserung, Rettung"). Bei verschiedenen Vorgänger-Substantiven PPA , die einen Plural bilden können (z.B. „Suche",
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„Eignung"), kann die Pluralform jedoch - wenn man nach den Wörterbuchangaben geht - in PPA-Konstruktionen verwendet werden, obwohl der Gebrauch des Plurals ungewöhnlich erscheint und befremdlich klingt. (146) 7Die SUCHEN NACH den Vermißten (147) 7Die EIGNUNGEN FÜR das Präsidentenamt.
Im Textcorpus und auch im LIMAS-Corpus sind Pluralformen für die Lexeme „Suche" und „Eignung" nicht belegt. In einigen Beispielgruppenangaben ist ausschließlich die Pluralform der Vorgänger-SubstantiveppA enthalten, aber die Verwendung des Singulars ist auch möglich. Frage: -n zur Person und zur Sache Diskussion: sich mit jmdm. auf keine -en einlassen
(DDUW) (DDUW).
(148) Eine FRAGE ZUR Person und zur Sache (149) Sich MT jmdm. auf keine DISKUSSION einlassen.
Ahnlich wie bei den obigen Beispielen zu „Erinnerung" und „Meldung" bleibt hier ungeklärt, ob potentielle Wörterbuchbenutzer aus diesen Angaben schließen, daß eine Singularverwendung ebenfalls korrekt wäre. Der Unterschied besteht allerdings darin, daß zu den Lemmata Frage und Diskussion die beiden exzerpierten Beispielangaben die einzigen sind, die PPAKonstruktionen mit der Präposition „zu" bzw. „mit" enthalten. Bei einigen Vorgänger-SubstantivenppA kann sowohl der Singular als auch der Plural in den PPA-Konstruktionen benutzt werden, aber bei der Verwendung des Plurals kommt es zu einer Bedeutungsveränderung. Wahl: die -en zum neuen Landtag die W. zum Vertrauensmann ablehnen, annehmen seine ~ zum Präsidenten, Kanzler
(DDUW) (DDUW) (DW).
In der ersten Beispielangabe kann das Vorgänger-SubstantivPpA „Wahl" im Plural oder im Singular stehen, ohne daß eine ungrammatische Phrase entsteht. In den anderen Beispielangaben kann das Vorgänger-SubstantivPPA nicht im Plural verwendet werden. Dies ist im DDUW gekennzeichnet, weil die Beispielangabe unter einer Bedeutungsangabe des Lemmas Wahl steht, zu der der Plural ausgeschlossen ist. Im DW hingegen liegt keine Numerusbeschränkung vor. Über den Bedeutungsunterschied der Angaben erfährt der Wörterbuchbenutzer jedoch nichts. Die erste Angabe besagt, daß der neue Landtag gewählt wird, während die beiden anderen Angaben beinhalten, daß eine Person, nämlich diejenige, die die Wahl ablehnt, annimmt, bzw. diejenige Person, die mit seine bezeichnet wird, zum Vertrauensmann bzw. Präsidenten, Kanzler gewählt wird. Aus diesem Grunde ist die Pluralform für „Wahl" ausgeschlossen, wenn die Beispielangaben so formuliert werden. Allerdings läßt sich „Wahl" in der zweiten Angabe des DDUW auch in den Plural setzen, wenn die Verben weggelassen werden. (150) Die WAHLEN ZUM Vertrauensmann.
Hier findet jedoch ein Bedeutungswandel statt, weil „Wahlen" die Bedeutung erhält, die in der ersten Beispielangabe des DDUW gemeint ist, d.h. die Wahl wird abgehalten, und es wird nicht mehr jemand zu etwas gewählt. Um diese Bedeutungsunterschiede aufzuzeigen, müßten die Beispielangaben mit einer Kommentierung zur Semantik versehen werden. Für Lerner dürfte dabei eine formale semantische Analyse und Strukturbeschreibung nicht besonders weiterhelfen, sondern wäre die Erläuterung in Form einer kurzen Textpassage mit der Hinzuziehung weiterer Beispielangaben notwendig.
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Insgesamt sind 15 Kritikpunkte, die sich mittel- oder unmittelbar auf die Präsentation von PPA-Konstruktionen in Wörterbüchern beziehen, aufgelistet und ausgiebig anhand verschiedener Beispielangaben aus dem DDUW und DW diskutiert worden. Diese 15 Kritikpunkte enthalten 129 Beispielangaben und sind aus Wörterbuchartikeln zu nur 39 Lemmata ermittelt worden, die zu Beginn der Untersuchungen an irgendeiner Stelle als Vorgänger-Substantiv in einem Beispielsatz aufgetreten sind. Natürlich haben die Einzelinterpretationen wegen der geringen Anzahl der Lemmata keinen quantitativen oder statistischen Aussagewert, aufgrund dessen man die Resultate für die beiden Wörterbücher hochrechnen könnte, um eine abgesicherte Aussage über die Qualität der grammatischen Angaben im DDUW oder im DW machen zu können. Bezogen auf die untersuchten Angaben zur PPA-Konstruktion läßt sich lediglich feststellen, daß das DDUW zu diesem Bereich insgesamt mehr Informationen enthält als das DW und daß der Verdichtungsgrad der Beispielangaben im DDUW um ein vielfaches höher ist, so daß Wörterbuchbenutzer erheblich mehr Interpretationsarbeit bei der Ermittlung der gewünschten Information aus den Angaben aufwenden müssen. Grundsätzlich muß es jedoch nachdenklich stimmen, daß man auf der Grundlage so weniger Lemmata zu beiden Wörterbüchern so viel schreiben und so vieles kritisieren kann, ohne daß gezielt nach Lemmata gesucht worden ist, die aus irgendeinem Anlaß (z.B. Hinweise aus der Fachliteratur) lexikographische Lücken in der Bearbeitung vermuten ließen. Allerdings muß auch darauf hingewiesen werden, daß die Analyse der Beispielangaben nach einer Fehlertypensortierung erfolgt ist, denn es sind zu jedem Lemma nicht alle Beispielangaben des gesamten Wörterbuchartikels vergleichend analysiert worden, weil das in der Darstellung und Explikation zu unübersichtlich geworden wäre. Dieses Verfahren birgt die Gefahr, daß Beispielangaben, die isoliert betrachtet fehlerhaft oder mißverständlich sind, im Zusammenhang mit allen anderen Angaben, die an das gleiche Lemmazeichen adressiert sind, besser verstanden bzw. häufiger richtig interpretiert werden. Soweit es möglich war, ist dies während der Einzelinterpretationen berücksichtigt oder im Text vermerkt worden, so daß nicht davon ausgegangen werden kann, daß die Analysemethode zu unnötig vielen oder überflüssigen Kritikpunkten gefuhrt hat. Zu den Befragungen ausländischer Studierender ist anzumerken, daß deren Antworten nur exemplarischen Charakter haben, in keiner Weise repräsentativ für die Wörterbuchqualität aus der Sicht von Fremdsprachlern sind oder die usuellen Wörterbuchbenutzungssituationen ausländischer Studierender widerspiegeln. Die Befragungen können somit allenfalls als Ausgangspunkt für die Hypothesenbildung in zukünftigen empirischen Wörterbuchbenutzungsforschungsarbeiten dienen. Bei einer Wörterbuchbenutzung, die im Zusammenhang mit einer Frage zur PPA-Konstruktion steht, liegt das Hauptproblem für einen potentiellen Wörterbuchbenutzer darin, daß er nicht weiß, zu welchem Zweck eine Beispielangabe in einem Wörterbuchartikel aufgeführt ist. Der genuine Zweck der Angaben ist häufig nicht zu erkennen, so daß es zu einer von der Sprachkompetenz des Wörterbuchbenutzers geleiteten Interpretation der Beispielangaben kommt, wobei der genuine Zweck der Angaben miß- oder falsch verstanden werden kann. Dazu trägt oft die ungeschickte Auswahl der Beispielangaben bei, durch die viele wichtige Informationen zur PPA-Konstruktion (Kasusangabe des PPAs, semantischer Skopus, Numerus, Artikellosigkeit, Wortstellung von Vorgänger-SubstantivpPA und Nachfolger-NPPpA) verlorengehen. Besondere Mängel enthalten die Angaben, in denen die grammatischen Funktionen der einzelnen Konstituenten nicht erkennbar sind, eine Erkennung aber aus Verständnisgründen fur den Zusammenhang zwischen Vorgänger-SubstantivPpA, Präposition und Nachfolger-NPpPA
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notwendig ist. Bei Verwechselungen zwischen PPA- und AAB-Konstruktionen ist das schon bedenklich, aber immerhin sind die Beispielangaben an das gleiche Lemmazeichen adressiert. Wenn aber Verwechselungen zwischen PPA-Konstruktionen und PPOs oder AdvBen in den Beispielangaben auftreten, dann sind die PPOs und AdvBen zwar von der Mikrostruktur des jeweiligen Wörterbuchartikels her an das substantivische Lemmazeichen adressiert, inhaltlich gehören sie aber nicht dorthin, sondern in den Wörterbuchartikel, der an das in der Beispielangabe vorkommende Verb adressiert ist, welches das PPO bzw. die AdvB regiert. Eine Konsequenz aus der falschen Interpretation mißverständlich formulierter Angaben kann darin bestehen, daß Wörterbuchbenutzer, insbesondere Fremdsprachler, in nicht-lexikographischen sprachproduktiven Handlungen Fehler machen, die genau in der Mißverständlichkeit oder Fehlerhaftigkeit der Angaben begründet liegen. Bei wiederholtem Vorkommen muß dann damit gerechnet werden, daß einsprachige Bedeutungswörterbücher von Fremdsprachlern nur ungern benutzt werden.
5 Möglichkeiten der Wörterbuchoptimierung Anhand einer Vielzahl von Beispielen ist demonstriert worden, daß weder Grammatiken noch Wörterbücher ausreichende Möglichkeiten für den interessierten Wörterbuchbenutzer bieten, sich über die PPA-Konstruktion bzw. verwandte syntaktische Konstruktionen zu informieren. Zugleich ist durch die Einzelanalysen die Differenziertheit der Binnenstruktur der PPA-Konstruktion aufgezeigt worden. Bei einer Erweiterung der grammatischen Analysen durch Einbeziehung weiterer Fachliteratur zu Präpositionen bzw. zu Attributen und vor allem bei einer kritischen Analyse einer größeren Menge von Wörterbuchartikeln dürfte sich das Spektrum der Binnenstruktur noch verbreitern. Im Vergleich dazu wird in vielen lexikographischen Arbeiten die Komplexität der Binnenstruktur von PPA-Konstruktionen unterschätzt bzw. zu wenig beachtet. Trotzdem fehlt es nicht an Forderungen zur Optimierung von Wörterbüchern, die in bezug auf die grammatischen Angaben auch berechtigt, allerdings häufig zu allgemein formuliert sind. So hilft die Differenzierung der Grammatik- und Kompetenzbeispielangaben in absolut obligatorische Angabeklassen und in relativ obligatorische Angabeklassen130 zwar bei der Analyse der Mikrostrukturen von Wörterbuchartikeln, gibt aber kaum Hinweise, wie die inhaltliche Ausgestaltung der Angaben aussehen könnte, wie z.B. bestimmte grammatische Strukturtypen des Deutschen durch Kompetenzbeispielangaben adäquat repräsentiert werden können. „Die Informationen zur Satzsyntax müssen so gestaltet sein, daß die Erzeugung von akzeptablen Sätzen in nicht-lexikographischen Kommunikationssituationen mit Hilfe eines über die Mikrostruktur zu erfassenden, problemlos zu .dekodierenden' Inventars von Einträgen gelingt."131 Diese Forderung ZöFGENs ist zwar auf die Verbsyntax bezogen, aber sinngemäß auf die Beispielangaben, deren genuiner Zweck die Binnenstrukturdarstellung von PPA-Konstruktionen ist, zu übertragen. Ähnlich formuliert es SCHAEDER in seinen allgemeinen Richtlinien über die in den Wörterbüchern zu verwendende Metasprache in bezug auf Präpositionen. Danach muß „[...] nach Zusammenstellung der in der linguistischen Forschung erbrachten Ergebnisse, einer Auswahl, die sich an dem gesetzten Ziel der Beschreibung, am Grad des wissenschaftlichen Konsenses sowie am Maß der empirischen Fundierung zu orientieren hat, eine sprachliche Präsentation erfolgen, die auf der ei130 Vgl. WIEGAND 1989a:455. 131 ZöFGEN 1 9 8 5 : 1 4 4 .
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nen Seite auf die Kompetenz des Wörteibuchbenutzers bauen, ihn aber im Hinblick auf seine Fähigkeit zur Sprachreflexion nicht überfordern darf."132
Diese Hinweise bleiben jedoch allesamt zu allgemein, weil in bezug auf eine verständliche und umfassende Darstellung von PPA-Konstruktionen wesentlich mehr in den Wörterbüchern verändert werden muß. Etwas konkreter wird es, wenn Verbesserungsvorschläge für die Strukturierung der Angaben selbst gemacht werden, um dadurch komplizierte, syntaktische Konstruktionen besser verständlich machen zu können. Dazu gehört z.B. die Markierung der Lemmata nicht nur nach Wortarten, sondern auch nach semantischen Klassen (z.B. für Substantive nach Eigennamen, Titel, Maßangaben), um bei Homonymen bessere Disambiguierungsmöglichkeiten zu haben.133 Allerdings muß sich der Effekt einer solchen Klassifizierung in bezug auf die PPA-Konstruktion erst noch bewähren (vgl. Kap. 4.3). Zu den konkreten Vorschlägen gehört auch die Ergänzung der Kompetenzbeispielangaben durch Kommentierungen, bei WIEGAND „Glossate", so daß „glossierte Angaben" entstehen.134 Für den Bereich der morphosyntaktischen Angaben sind in der lexikographischen Fachliteratur bereits eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen gemacht worden (vgl. Kap. 2.2 und Kap. 3). Betrachtet man die Verbesserungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten fur zukünftige Wörterbuchgestaltungen im Bereich der PPA-Konstruktionen, so müssen zuerst die Beispielangaben besser ausgesucht werden, damit nicht schon durch eine nicht ausreichende Reflexion bei der Selektion der richtigen Beispielangabe fehlerhafte oder falsch adressierte Beispielangaben in die Wörterbuchartikel aufgenommen werden. Deswegen müssen verschiedene Textcorpora ausgewertet werden, und neben dem Häufigkeitskriterium müssen vor allem die Verwechselungsmöglichkeiten mit verwandten syntaktischen Konstruktionen sowie die richtige Adressierung an das Lemmazeichen berücksichtigt werden. Durch Kommentierungen der Beispielangaben, aus denen deren genuiner Zweck hervorgeht, muß die grammatische Struktur der jeweiligen Beispielangabe verdeutlicht werden, wenn die Angabe zu diesem Zweck in das Wörterbuch aufgenommen wird. Die Kommentierung sollte mit einfachen Symbolen oder Strukturangaben die syntaktische Struktur der Phrasen aufzeigen. Dabei dürfen Varianten in der Syntax, z.B. in der Wortstellung, nicht vergessen werden. Eine semantische Analyse muß dort erfolgen, wo es zur Disambiguierung oder Verdeutlichung syntaktischer Zusammenhänge notwendig erscheint. Die Beispielgruppenangabe zu einem Lemmazeichen muß besser strukturiert werden, so daß für den Benutzer ein erkennbares Ordnungsprinzip vorliegt. Dieses Prinzip muß sowohl im Vorwort angekündigt und erläutert werden als auch in den Wörterbuchartikeln selbst entsprechend realisiert werden. In vielen Fällen muß die typographische Auszeichnung und die Interpunktion in den Angaben verbessert werden. Eine Interpunktion, wie sie gegenwärtig in den Wörterbuchartikeln existiert, ist im Prinzip bedeutungsleer, da keine systematische Verwendung erkennbar ist. Alle im Wörterbuch verwendeten Hilfszeichen müssen mit ihren sämtlichen Verwendungszwecken in einen engeren Zusammenhang zu der inhaltlichen Differenzierung bzw. Beschreibung der Angaben stehen und müssen in den Erläuterungen zur Wörterbuchbenutzung umfassend erklärt werden, so daß nicht nur Fachleute mit dem entsprechenden grammatischen Hintergrundwissen die Erläuterungen verstehen, sondern auch Wörterbuchlaien und Lerner. Will man alle diese Forderungen umsetzen, sollte berücksichtigt werden, daß dieser Forderungskatalog ein Resultat der Analysen zu einem vergleichsweise kleinen Gebiet syntaktischer 132 SCHAEDER 1985:300.
133 Vgl. BERGENHOLTZ 1984b:54ff.
134 Vgl. WIEGAND 1989a:447 und 1989b:469.
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
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Erscheinungen in der Sprache bzw. in den Wörterbüchern darstellt. Eine derartige Wörterbuchoptimierung kann sich ja nicht nur auf die grammatischen Angaben zu Substantiven beschränken, sondern muß auch die Angaben zu anderen Wortarten einbeziehen. Dazu gehören innerhalb der natürlich-sprachlichen, standardisierten und linguistischen Angaben, die sich auf die Grammatik beziehen, u.a. die Verbvalenz-, Konjugations-, Rektionsangaben, die Graduierungs-, Graduierungsbeschränkungs-, Satzmuster- oder Sprichwortangaben.135 Für PPs dürfte deren Binnenstruktur nach Verben und Adjektiven in einer ähnlich komplexen Weise vorliegen wie zu Substantiven. Wenn man sich jedoch eine Wörterbuchoptimierung so ausgiebig und sorgfältig vornimmt, hätte man mindestens das komplette Wissen aller existierenden Spezialwörterbücher, für den Bereich der Syntax aller Valenzwörterbücher, neu zu ordnen und im Zusammenhang mit semantischen Analysen zu strukturieren, um damit die Wörterbuchangaben so zu gestalten, daß Wörterbuchbenutzer ohne große Probleme den oder die genuinen Zwecke den einzelnen Angaben entnehmen können. Ein auf diese Weise verbessertes Wörterbuch darf aber kein Spezialwörterbuch werden, sondern muß ein allgemeines einsprachiges Wörterbuch bleiben, welches sowohl die bereits erwähnten als auch noch weitere linguistische Angaben enthält und darüber hinaus auch noch sondersprachliche oder enzyklopädische Angaben.136 Ein allgemeines einsprachiges Wörterbuch, das all dies enthält, würde in einer Weise anwachsen, daß die Herausgabe eines einbändigen Wörterbuchs, das in Gewicht und Umfang die normalen Transportierkapazitäten eines einzelnen Wörterbuchbenutzers nicht überfordert, unmöglich erscheint. Beginnt man ein solches im Bereich der Grammatik- und Beispielangaben verbessertes Wörterbuch an anderen Stellen zu kürzen (begrenzte Lemmaauswahl, weniger Polysemieangaben, gekürzte Beispielangaben), wäre man sehr schnell wieder bei den Wörterbüchern angelangt, die jetzt schon existieren und von der Fachlexikographie so vehement kritisiert werden. Einen Ausweg kann die Realisierung zukünftiger Wörterbücher auf CD-ROM bieten, weil es dort ganz neue Möglichkeiten der Wörterbuchstrukturierung und der Präsentation der Angaben gibt. Diese Wörterbücher könnten mit einer sehr großen Explikationstiefe und hierarchischen Strukturierungen versehen werden und gleichzeitig und in gleicher Weise für Fremdsprachler, Lerner, Wörterbuchlaien und lexikographische Fachleute geeignet sein, wenn diese Wörterbücher als eine Art Hypertext, als ein Mehrebenenwörterbuch gestaltet werden. Die Ausgangsebene (oder Basisebene) eines solchen Wörterbuchs sollte Wörterbuchartikel enthalten, die ganz ähnlich wie die in aktuellen gedruckten Wörterbüchern vorhandenen Wörterbuchartikel aussehen, die allerdings insgesamt weniger unterschiedliche Angaben enthalten Die Angaben, die am häufigsten von Wörterbuchbenutzern verlangt werden, also Bedeutungsangaben und flexionsmorphologische Angaben, müssen auf dieser Ebene vorhanden sein. Um den Gebrauch des jeweiligen Lemmas darzustellen, reichen wenige Kompetenz- und Belegbeispielangaben aus. Beispielangaben, die spezielle Verwendungsweisen des Lemmas in komplexen syntaktischen Konstruktionen demonstrieren sollen, können auf einer zweiten Ebene der Darstellung eingeordnet sein. Durch Windowtechnik und eine entsprechende Datenbankstruktur können die Verweise vom Lemma über unterschiedliche Bedeutungsangaben zu den komplexen Beispielangaben fuhren. Für interessierte Benutzer können auf der dritten Ebene die Beispielangaben mit syntaktischen Beschreibungen versehen sein. Diese Deskription sollte, soweit realisierbar, außerhalb einer bestimmten Grammatiktheorie formuliert sein. Es läßt sich aber auch denken, daß mit Hilfe einer entsprechenden Kennzeichnung die unterschiedlichen Formalisierungen bewußt in Abhängigkeit von bestimmten grammatischen Theorien aufgezeigt 135 Vgl. WlEGAND 1989a:433. 136 V g l . WIEGAND 1 9 8 9 a : 4 3 3 ; v g l . WlEGAND 1 9 9 0 : 1 1 4 f f .
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werden. Die vierte Ebene kann umfassende grammatische Erläuterungen beinhalten, ähnlich wie es MUGDAN für gedruckte Wörterbücher vorgeschlagen hat, nämlich „zusätzlich grammatische Beihefte in der jeweiligen Muttersprache" zu produzieren, um ein tieferes Verständnis des Deutschen zu ermöglichen.137 Am Fuße dieser Ebenenstrukturierung sollten die Angabe von Fachliteratur oder Erwähnung von in der Forschung noch ungelösten syntaktischen oder semantischen Problemen stehen, die es dem Benutzer ermöglichen, weitergehende Forschungen auf einem für ihn interessanten Gebiet zu tätigen. Alle Angaben sollten jedoch didaktischmethodisch so aufgebaut sein, daß die Komplexität von der Basisebene ausgehend pro Ebene ansteigt, damit auch unerfahrene Wörterbuchbenutzer diese Wörterbücher individuell nach Benutzungsinteresse konsultieren können. Einfache Darstellungen zur PPA-Konstruktion sollten erst auf der zweiten Ebene eines solchen CD-ROM-Wörterbuchs aufgeführt werden. Zu jedem Lemma müssen sämtliche Lesarten, in denen das Lemma als Vorgänger-SubstantivPPA füngieren kann, ermittelt werden, damit die Kombinationsmöglichkeiten mehrerer PPAs bzw. sich ausschließende PPAs erkannt werden können. Zu jeder Lesart müssen alle Präpositionen, die als regierte Präpositionen in PPAs stehen können, aufgelistet sein. Diese Präpositionen können als grammatische Angaben - wie im DW in spitze Klammern gesetzt - nach den Lesarten aufgeführt werden. Die Überschneidungen von unterschiedlichen semantischen Lesarten, die durch verschiedene Bedeutungsangaben zu erkennen sind, und syntaktischen Lesarten, die durch unterschiedliche grammatische Verwendungsweisen bedingt sind, müssen so modular wie möglich ausgearbeitet und in den Wörterbuchartikeln dargestellt werden. Dadurch wächst zwar der Umfang der Wörterbuchartikel, aber interessierte Wörterbuchbenutzer haben die Möglichkeit, sich in Zweifelsfragen umfassend über die Konstruktionsmöglichkeiten des Deutschen zu informieren. Formalisierungen und Selektionsrestriktionen, die in bezug auf die Bezeichnungen gelten, die in der Nachfolger-NPp PA stehen können, sollten auf der folgenden Wörterbuchebene aufgeführt sein. Dazu müssen auch zu dem Lexem, das in der Nachfolger-NPppA stehen kann, Angaben gemacht werden. Diese müssen in dem Wörterbuchartikel aufgeführt werden, der an das Lemmazeichen dieses Lexems adressiert ist. Eine Verbindung zwischen dem Lexem in der Nachfolger-NP PPA und dem Lemmazeichen läßt sich in der Datenbankstrukturierung eines maschinenlesbaren Wörterbuchs organisieren. Für besonders komplexe PPA-Konstruktionen, in denen das Zusammenspiel zwischen Vorgänger-NPppA, Präposition und Nachfolger-NP PPA nur im Zusammenhang mit dem jeweiligen Kontext erkennbar ist, muß dieser Kontext erläutert sein. Zur Abgrenzung der PPAKonstruktionen von AAB-Konstruktionen sollten auf der vierten Ebene Kriterien bzw. die verwendbaren Tests mit ausführlichen Erklärungen enthalten sein. Hier können auch Zweifelsfragen, unscharfe Grenzen zwischen den beiden Konstruktionen und syntaktische Problemerörterungen unter Hinzuziehung fachwissenschaftlicher Literatur eingefügt werden. In der vorliegenden Untersuchung ist das Spektrum der grammatischen Angaben zu Substantiven dargestellt worden. Das Hauptinteresse bestand darin, die Komplexität von PPAKonstruktionen im Deutschen aufzuzeigen und die Vernachlässigung, die die PPA-Konstruktion in den Wörterbüchern erfährt, zu demonstrieren. Die Verbesserungsnotwendigkeiten für die Wörterbuchangaben sind aufgrund der Wörterbuchanalysen an vielen Stellen verdeutlicht worden. Die Verbesserungsmöglichkeiten für zukünftige Wörterbücher konnten in bezug auf elektronische Wörterbücher und eine Hypertextorganisation nur grob skizziert werden. Immerhin ließe sich damit mehr Grammatik in die Wörterbücher aufnehmen und ließen sich neue CD-ROM-Wörterbücher mit Hilfe differenzierter Implementierungstechniken und Menügestaltungen so konzipieren, daß komplizierte grammatische Erscheinungen in abgestufter Weise be137 Vgl. MUGDAN 1989:744.
Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
201
nutzerfreundlich präsentiert werden können. Wenn das zur Zeit für deutsche Wörterbücher noch als Zukunftsmusik betrachtet werden muß, so bleibt nur zu hoffen, daß diese „Zukunft" bald erreicht wird, denn der Zustand der Beispielangaben ist in bezug auf die Darstellung von PPA-Konstruktionen in den untersuchten Wörterbüchern alarmierend.
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202
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Grammatische Informationen zu Substantiven in einsprachigen deutschen Wörterbüchern
203
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WIEGAND/KUCERA
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WIEGAND,
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ANTON(N:
BROCKHAUS-WAHRIG:
Deutsches
Wörterbuch auf dem Prüfstand der praktischen Lexikologie I. Teil. In: Kopenhagener Beiträge zur Germanistischen Linguistik 18. 1981, S. 94-217. WIEGAND/KUCERA 1 9 8 2 = WIEGAND, HERBERT E./KUCERA, ANTONIN: BROCKHAUS-WAHRIG: D e u t s c h e s W ö r -
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Oskar Reichmann Neueste Autorenlexikographie: Problemerörterung am Beispiel des Wörterbuches zur Göttinger FRAUENLOB-Ausgabe
1 2
3 3.1 3.2 3.3
Vorbemerkungen Zum Vorwort und zur Einleitung des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES sowie zum Trierer Artikel Zu den Artikeln des Wörterbuches Beschreibung Problemdiskussion I: Autortypik und Einzelbelegstellenspezifik Problemdiskussion II: die Bedeutungsbeschreibung
3.4 3.5 3.6 4 5
Problemdiskussion III: Das Verhältnis formaler und semantischer Gliederungsgesichtspunkte Problemdiskussion IV: Form und Bedeutung in den einzeltextstellenbezogenen Erläuterungen Schieflagen des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES und Folgerungen fur die Autorenlexikographie Ein Gegenartikel: liebe Literatur
1 Vorbemerkungen 1.1 Wörterbücher zu geschichtlichen Autoren bzw. zu deren erhaltenen Texten1 existieren seit Beginn der deutschen Philologie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auf eine Zusammenstellung der erschienenen Werke kann ich hier verzichten, da ich den Inhalt meines Handbuchartikels über Historische Lexikographie2 nicht wiederholen möchte. Es sei lediglich gesagt, daß die Autorenlexikographie z.B. im Vergleich zur Sprachstadienlexikographie immer ein Randdasein gefuhrt hat; äußeres Kennzeichen dafür sind die mehrfach begegnenden Wörterbuchfragmente3 (z.B. zu LUTHER oder zu GOTTSCHED), aber auch Fakten der Art, daß - von kleineren Einbändern abgesehen - kein einziges fertiggestelltes Wörterbuch zum Gesamtwortschatz eines der großen Autoren des Deutschen existiert. In einem gewissen Kontrast zur Lage der Praxis steht allerdings das in den letzten beiden Jahrzehnten insbesondere von der GOETHELexikographie getragene, aber auch von Einzelpersonen formulierte theoretische Interesse an der Autorenlexikographie.4 1.2 In diese Situation fällt im Jahre 1990 die Publikation des Wörterbuches zur Göttinger FRAUENLOB-Ausgabe v o n KARL STACKMANN (unter Mitarbeit v o n JENS HAUSTEIN5). M a n
darf ohne Übertreibung behaupten, daß sie eine besonders aufmerksame und begeisterte Rezeption erfuhr. Dies lag sicher zum Teil an dem Interesse, das man dem Dichter sehr verbreitet entgegenbringt, auch wenn dessen Bewertung als „groß", „vielleicht sogar genial"6 nicht
1
2
Mit dieser Formulierung soll angedeutet sein, daß Autorenwörterbücher und einzel- oder textgruppenbezogene Wörterbücher fur das Mittelalter und auch noch für die beginnende Neuzeit nicht immer voneinander zu trennen sind; vgl. zu diesem Problemkomplex grundlegend: Lexicographica, Bd. 10, 1994. Vgl. dort insbesondere Kap. 4 . 1 1 . , S. 4 8 2 . Ferner sei verwiesen auf GÄRTNER/KÜHN 1 9 8 4 ; WIEGAND 1 9 8 4 ; WARNKE 1 9 9 3 .
3 4
Belege bei REICHMANN 1 9 8 4 , S. 4 8 2 und 4 8 8 - 4 9 2 . Vgl. dazu jeweils mit weiterer Literatur: WIEGAND
1984,
S.
5 9 0 - 6 0 8 ; MATTAUSCH 1 9 9 1 ; REICHMANN
1 9 9 1 ; WARNKE 1 9 9 3 . 5 6
Zur Verteilung der Arbeit vgl. man das Vorwort, S. VII, sowie So K. STACKMANN im Vorwort ( S . V) des Wörterbuches.
STACKMANN 1 9 9 1 , S. 7 ; 10.
Neueste Autorenlexikographie:
Problemerörterung..
205
überall geteilt werden dürfte.7 Es lag sicher aber auch an dem Faktum, daß STACKMANN nach meinem Urteil wohl der derzeitig beste Kenner FRAUENLOBS (HEINRICHS VON MEIßEN) ist. Er hatte den Nachlaß von HEINZ THOMAS bereits 1958 erhalten; er hat seit 1972 mindestens ein Dutzend von Artikeln über FRAUENLOB geschrieben8 und schließlich zusammen mit KARL BERTAU im Jahre 1981 die maßgebliche Ausgabe der Texte FRAUENLOBS vorgelegt und diese Texte in einem umfänglichen Band erläutert. Es entspricht dieser Rolle STACKMANNS in der FRAUENLOB-Forschung, daß das Wörterbuch von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurde und in einer drucktechnisch hervorragenden Form publiziert werden konnte. 1.3 Ich erwähnte dies alles, weil die biographische und forschungspraktische Konstellation, in der das FRAUENLOB-WÖRTERBUCH erarbeitet wurde, als ideal angesehen werden muß. Natürlich weckt dies Erwartungen. Sie werden, um mein Urteil schon anzudeuten, partiell in hohem Maße, zum größeren Teil aber kaum bis überhaupt nicht erfüllt. Ich versuche dies im folgenden nachzuweisen, indem ich nach Nennung einiger Fakten zunächst (vgl. Abschn. 2) das Vorwort und die Einleitung des Wörterbuches, zusätzlich einen darauf bezüglichen Vortrag (1991; ff. auch Trierer Artikel genannt), danach (Abschn. 3) den Aufbau und Inhalt seiner Artikel analysiere. Eingeblendet in die Analysen werden einige grundsätzliche Überlegungen zur Textsorte Autorenwörterbuch. Um mich nicht dem Vorwurf metalexikographischer Unverbindlichkeit auszusetzen, stelle ich zum Schluß meines Beitrages (Abschn. 4) einen eigenen Artikelentwurf zur vergleichenden Diskussion, und zwar zu dem Wort liebe. 1.4 Die zur Orientierung notwendigen oder auch nur interessanten Fakten lauten wie folgt: Das FRAUENLOB-WÖRTERBUCH umfaßt 5 0 5 zweispaltig gedruckte, vor allem zwischen den Artikeln, aber auch zwischen einigen Artikelpositionen9 mit großzügigem Durchschuß eingerichtete Seiten; die Lemmazeile ist nicht gefüllt. Umgerechnet auf den Seitenspiegel z.B. des FROHNEUHOCHDEUTSCHEN WÖRTERBUCHES, d e s DEUTSCHEN RECHTSWÖRTERBUCHES, des SCHWEIZERISCHEN IDIOTIKONS, der Neubearbeitung des DEUTSCHEN WÖRTERBUCHES von JACOB GRIMM und WILHELM GRIMM würden sich (in gleicher Reihenfolge) statt rund 500 rund
400, 340, 300, 210 Seiten ergeben. Der Preis des Bandes beträgt DM 218,-. 10 Die Wörterbuchbasis bilden im wesentlichen die Texte der Göttinger FRAUENLOB-Ausgabe. Diese umfaßt laut STACKMANN ( 1 9 9 1 , S. 6 ) 4 4 . 1 1 1 „Belege" (im Prosasatzspiegel also rund 9 0 Normalseiten); „Belege" sind dabei Belegstellenangaben oder in anderer Terminologie: Vorkommen von Schreibeinheiten.
2
Zum Vorwort und zur Einleitung des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES sowie zum Trierer Artikel
„Vorwort" und „Einleitung" des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES umfassen zusammen 18 Seiten; der Trierer Artikel ist 14 Seiten lang. STACKMANN formuliert in ihnen folgende lexikographische Grundlagenentscheidungen: 2.1
(a) Das Wörterbuch hat „eine rein philologische Zweckbestimmung" (Vorwort, S. V). Daraus ergibt sich für seinen Autor, daß seine Aufgabe sich „komplementär" zu deijenigen verhalte, vor die sich der künftige 7
Vgl. hierzu die in einigen Formulierungen kritischen Äußerungen z.B. von Η. DE BOOR 1962, S. 334-335 oderM. WEHRLI 1984, S. 450-454. 8 Verzeichnet im Wörteibuch, S. XXIX-XXX; vgl. zusätzlich: K. STACKMANN 1980. 9 Vgl. die Abbildung des Artikels liebe (Abschn. 3.1.1). 10 Die Titelei des Bandes enthält keine Angabe, ob der Preis gestützt ist.
206
Oskar Reichmann
Lexikograph des Mittelhochdeutschen gestellt sehe. Während letzterer „auf die Darstellung durchschnittlicher Verwendungsweisen der Wörter in der ganzen Epoche und ihrer Veränderungen festgelegt" sei, komme es für den Bearbeiter eines Autorenwörterbuches auf „die Besonderheiten, die Nuancierungen des Wortgebrauches an der einzelnen Stelle" an (ebd.). Daß die Grenzziehung zwischen .Durchschnitt' und Besonderheit' ein Problem bildet, betont STACKMANN ausdrücklich. (b) Der philologischen Zweckbestimmung des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES entspricht nach STACKMANNS impliziten assoziativen Bezugsetzungen die methodische Entscheidung, alle beschreibungspraktischen Regelungen nur anzuwenden, „soweit das mit den Besonderheiten des Einzelfalles zu vereinbaren" sei. Die Anzahl der „Sonderfälle", „die eine Behandlung nach ihren eigenen Bedingungen verlangen", sei so hoch, daß , jeder Versuch der ausnahmslosen Durchsetzung lexikographischer Regeln" scheitern müsse; „die angemessene Darstellung des Einzelfalles [habe] Vorrang vor der schematischen Einheitlichkeit der Artikel" (Ein!., S. IX; X). (c) Ziel des Wörterbuches ist „die semantische und syntaktische Analyse" (Einl., S. IX) der FRAUENLOB-Texte bzw. deren Erschließung „unter semantischen und grammatischen, insbesondere syntaktischen Gesichtspunkten" (1991, S. 4). Innerhalb dieser Zielsetzung haben die „Vollwörter" (1991, S. 5, „Normalwörter" genannt) laut Einleitung aus Gründen der Einhaltung des Zeitplanes „den unbedingten Vorrang". Voll Wörter sind „alle Nomina, ferner die Veiben, soweit sie nicht unter den Begriff .Massenwörter' fallen." Diese letzteren sind „die Wörter, die in den Texten mit hoher Frequenz vorkommen" (im Trierer Artikel heißen sie auch „Funktionswörter"). Eine dritte Gruppe von Wörtern wird als „Kleinwörter" gefaßt; das sind alle die, „die nicht Nomina oder Verben sind" (Einl., S. X). Überschneidungen zwischen Klein- und Massenwörtern sowie vor allem die Abgrenzung letzterer von den Vollwörtern sind STACKMANN als Probleme bewußt. (d) Die Informationspositionen der Wörterbuchartikel, die in der Einleitung behandelt werden, sind das Lemma, die grammatischen Angaben, die Belegstellenangaben sowie zwei als „Paraphrasen" und „Erläuterungen" bezeichnete Angabetypen. Sie sollen im folgenden aufgegriffen und in Anlehnung an STACKMANNS Formulierungen kurz erläutert werden: Der Lemmaansatz erfolgt nach LEXERS HANDWÖRTERBUCH. Die grammatischen Angaben bestehen fur das Substantiv in der Nennung von Genus und Flexionsart, für das Verb in der Zuordnung zur Gruppe der starken oder schwachen Verben, der Präteritopräsentia oder zu anderweitig unregelmäßigen Einheiten. Angaben der Kriterien, nach denen ein Artikel gegliedert wird, finden sich „bei allen Gliederungsmarken, außerdem auch an der Spitze des Artikels. [...]. Sie bedienen sich aller zweckdienlichen Mittel: der Benennung von Synonymen, Antonymen, verwandten Wörtern und der Umschreibung des Wortinhalts" (S. XVIII). Die Belegtextangaben sollen die „Verwendungsweise der Wörter" dokumentieren (S. XIX); die Nennung von Belegstellen strebt ohne Angabe von Gründen Vollständigkeit an; bei den Massenwörtern unter diesem Aspekt auftretende Probleme werden genannt und durch Selektionsverfahren gelöst. Paraphrasen „sollen die Bedeutungsangaben [...] durch eine Umschreibung der Funktion im konkreten Einzelfall ergänzen" (S. XX); sie schwanken im Grade ihrer Verbindlichkeit zwischen „gemeint" und „gemeint vielleicht". Über die sog. Erläuterungen wird, abgesehen davon, daß sie Literaturhinweise sein können, nichts definitorisch Verwertbares gesagt. (e) Zum Problem der Artikelgliederung teilt STACKMANN mit, daß „semantische Gesichtspunkte grundsätzlich den Vorrang vor formalen gehabt [hätten]. Jedoch mußten Ausnahmen in größerer Zahl zugelassen werden. Denn es gibt Wörter mit inhaltlich so wenig charakterisieibarer Verwendungsweise, daß der Versuch einer Gliederung unter dem Primat semantischer Kriterien zu keinem befriedigendem Ergebnis führt. Bei solchen Wörtern ist eine Gliederung gewählt worden, die bei den formalen Merkmalen einsetzt" (S. XVII). Im übrigen wird der „unauflösliche Konflikt" zwischen semantischem und syntaktischem Gliederungsprinzip mittels Querverweisen entschärft. Bei den Massenwörtern wurde „generell auf eine Feingliederung verzichtet" (ebd.). (f) Die gemeinte Feingliederung ist offensichtlich dann erreicht, wenn „vier Gliederungsebenen unterschieden werden". Dies geschieht rein äußerlich nach römischen Ziffern, Großbuchstaben, arabischen Ziffern, Kleinbuchstaben. Zur Verwendung dieser Marken (oder Strukturanzeiger) wird mitgeteilt, daß sie sich danach richte, was „das jeweilige Material verlangt." Die Marken „dienen also nur dazu, die wesentlichen, dem Material inhärenten Merkmalsoppositionen darzustellen" (S. XVI). Praktisch erfolgt das in der Weise, daß hinter jeder Gliederungsmarke der ihr zugrundeliegende Gliederungsgesichtspunkt angegeben wird. Dieser muß nach dem unter (e) Gesagten in der überwiegenden Zahl der Fälle semantischer, in einer geringeren Fallzahl formaler Provenienz sein.
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Problemerörterung..
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(g) Zahlreiche Detailregelungen der Einleitung, die z.B. Textverdeibnisse der Wörteibuchbasis, Auslassungen der Leithandschrift, konjekturale Zusätze des Herausgebers, Probleme der Lemmaprojektion auf LEXERS Mittelhochdeutsch betreffen, werden in vorliegendem Artikel nur als vorhanden erwähnt, nicht aber referiert und folglich auch nicht besprochen.
2.2 Auf kleinere Inkonsequenzen des Vorwortes und der Einleitung gehe ich hier nicht ein. Gemeint sind Fakten der Art, daß z.B. in Verbindung mit der Behandlung der Artikelgliederung terminologische Anleihen beim Strukturalismus vorgenommen werden, indem etwa von materialinhärenten Merkmalsoppositionen (s.o. Punkt (f)) gesprochen wird, die philologische Zielsetzung des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES aber bis in die meisten Details den interpretati-
ven Status gerade der interessantesten Informationsteile dokumentiert. Wichtiger sind die Grundsatzentscheidungen hinsichtlich der Textsorte ,Autorenwörterbuch'. Die folgenden von ihnen sind mir absolut einsichtig: - die Festlegung der Wörteibuchbasis auf die edierten Texte (immer wieder zu hörende Forderungen, man habe von den Handschriften auszugehen, führen zielsicher dazu, daß ein Wörterbuch nicht geschrieben wird), - der Ansatz der Gestalt des Lemmazeichens, - die knappe Behandlung der sog. grammatischen Angaben, - vor allem die Aussage, daß die semantische Beschreibung der Lemmazeichen nur durch ein ganzes Bündel ineinandergreifender Beschreibungspositionen, also von Bedeutungsangaben, Paraphrasen und Erläuterungen (was immer das ist), adäquat erfolgen kann, - die besondere Deutlichkeit, mit der der interpretative Status der sog. Paraphrasen vermittelt wird, - das Nebeneinander von interpretativ gewonnener Information und Faktendokumentation" (z.B. in den Belegstellenangaben), - alle oben unter Punkt g angedeuteten Detailregelungen.
2.3 Eine Reihe weiterer Entscheidungen ist zu diskutieren; ich halte mich dabei an die vorhin unter a bis f genannte Reihenfolge, erlaube mir aber Zusätze und Zusammenfassungen, wo dies als nötig oder sinnvoll erscheint. 2.3.1 Am weitesten geht die Entscheidung, speziell die FRAUENLOB-Texte zum Gegenstand eines Autorenwörterbuches zu machen. Sie entspricht einem lebenslangen wissenschaftlichen Anliegen STACKMANNS und entzieht sich insofern der Begründbarkeit; die meisten bleibenden Leistungen der germanistischen Sprach- und Literaturwissenschaft beruhen auf individuell-persönlichen Interessen; ich möchte diesen Motor der Forschung unter gar keinen Umständen irgendeiner Form der Wissenschaftsplanung opfern. Dennoch sei auf ein Desiderat der germanistischen Lexikographie aufmerksam gemacht, das nach meinem Urteil relativ objektiv (natürlich nicht: objektiv) zu begründen ist. Es lautet wie folgt: Bei dem Notstand, in dem sich die Autorenlexikographie des Deutschen befindet, sollten die erarbeiteten Autorenwörterbücher Texte betreffen, die zwei Bedingungungen erfüllen: - Sie sollten einigermaßen unbestritten in den Kanon deijenigen Texte gehören, mit denen sich der diesbezüglich interessierte Teil der Sprecher des Deutschen aus ästhetisch-literarischen, aus ideengeschichtlichen oder aus andern Gründen in besonderer Weise identifiziert und/oder rational auseinandersetzt.12 (Diesen Prozeß zu steuern, ist eine der vornehmsten Aufgaben der Philologie).
11 So auch ROELCKE 1994, S. 14: Für die „Autoreninterpretationslexikographie [ist] eine starke dokumentative Komponente zu fordern". 12 Genaueres dazu bei O. REICHMANN 1990, S. 1540f. J. MATTAUSCH (1990, S. 1549) formuliert hierzu: „Das Autoren-Bedeutungswörterbuch widmet sich der Sprache eines bestimmten (wesentlichen, repräsentativen) Autors." ROELCKE (1994, S. 12f.) spricht von der Reduktion der Beschreibung auf dasjenige, was als individualsprachlich bedeutsam angesehen wird (Kursivierungen jeweils von mir).
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- Sie sollten zweitens einen Typ von Sprache haben, der auf der Skala zwischen Normalprosa und Sprachexperiment in der Nähe des ersteren Pols liegt, wenn jedenfalls das entstehende Wörterbuch die Modellfunktion für das zukünftige große Wörterbuch des Mittelhochdeutschen gewinnen will, die STACKMANN vor allem im Trierer Artikel (1991, S. 4 und 5) in Anspruch nimmt: Er bezeichnet sein Unternehmen dort als „Vorstudie" und stellt sich selber unter die Pflicht, seinen Artikeln „Modellcharakter" zu geben.
Die FRAUENLOB-Texte werden von anerkannten Literaturwissenschaftlern mit Ausdrücken wie den folgenden gekennzeichnet: manieriert-schwülstiger Stil; dunkler Schwulst; manieristische Metaphern; exzentrischer Manierismus; erregte, wuchernde Manier; pseudoreligiöse Formulierung; gewaltig großartige Stücke; gewagteste erotische Sensation; kultivierte Orgie der Sprache; Akrobatik der Wörter; inflatorischer Au/wand der Worte; nominalistische, bis zu einem gewissen Grade autonom gewordene dichterische Sprache.13
Man kann natürlich darüber streiten, inwieweit Texte solcher Art trotzdem oder auch gerade wegen ihrer besonderen Sprache und ihres besonderen Gehaltes als Basis für ein Autorenwörterbuch in Betracht kommen. Das Problem der kulturpädagogischen und lexikographiesystematischen Relevanz des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES bleibt für mich dennoch erhalten. 2.3.2 Die philologische Zweckbestimmung des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES verbindet sich bei STACKMANN mit einer idealtypischen Unterscheidung der Aufgaben von Autoren- und Sprachstadienlexikographie: Hier Beschreibung der besonderen und dort (komplementär dazu) Beschreibung der durchschnittlichen Verwendung von Wörtern. Die Unterscheidung ist so fundamental, daß sich die Frage stellt, ob nicht dadurch die Grenze zwischen Autorenlexikographie einerseits und der Textsorte lexikographischer Kommentar andererseits zugunsten der letzteren aufgehoben wird, daß sich also das Autorenwörterbuch unter der Hand hinsichtlich der eigentlich relevanten Information, die es bietet, dem Kommentar angleicht und dadurch entweder sich selbst oder den Kommentar überflüssig macht. Mehrfache Hinweise im Trierer Artikel (1991, S. 11; 15) zeigen, daß STACKMANN diese Möglichkeit selbst gesehen hat; die apologetische Behandlung kommentierender Teile als Einsprengsel von Subjektivismen (ebd., S. 11) lassen auf ein schlechtes Textsortengewissen schließen. Auch die Kennzeichnung der Verbindung von Kommentar und Wörterbuch mit Ausdrücken wie Grauzone und Kompromiß (ebd., S. 15) weisen in diese Richtung. Vorerst sei nur gesagt, daß die Notwendigkeit der Erfassung des Besonderen unter Formulierungen wie Identität der Autorensprache, individualsprachlicher Aspekt (UMBACH 1979, S.5; 9), spezifisches Produkt eines Autors (WLEGAND 1984, S. 590) usw. überall in der metalexikographischen Literatur betont wird, daß sich STACKMANN insofern also auf der üblichen Linie der Argumentation befindet. Dennoch ergeben sich zwei Probleme: 2.3.2.1 Das erste betrifft den Bestand, gegenüber dem etwas als Besonderes erscheint. Beziehen sich also Ausdrücke wie „Besonderheiten, Nuancierungen des Wortgebrauchs" (Vorwort, S. 5) und die anderen oben genannten Formulierungen auf das Besondere eines Autors gegenüber der langue der jeweiligen Zeit? Oder beziehen sie sich auf die einzelne Textstelle innerhalb des Autorwerks? In ersterem Falle wäre das Besondere gleichsam das für den Autor Typische, also selbst eine Systemgröße, mithin nur als Ergebnis linguistischer und philologischer Operationen existent; im zweiten Falle wäre es das im Extremfall nur einmalig Auftretende, gleich-
13
Zusammengestellt aus H. DE BOOR und M. WEHRLI [vgl. Anm. 8], Man erkennt an solchen Zusammenstellungen die Beschreibungsabläufe: Kontamination vorhandener Ausdrücke zu neuen. Es juckt einen förmlich in den Fingern zu experimentieren; wie wäre es mit dunkler Schwulst, schwülstiges Dunkel, dunkelschwülstige Metapher, sensationell erotischer Schwulst, Metaphernorgie usw.?
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sam das absolut Individuelle und daher vernünftigerweise nicht bestreitbar Vorgegebene. Der Statusunterschied ist offensichtlich. 2.3.2.2 Das zweite Problem betrifft die Frage, ob man das Besondere unabhängig davon, ob man es als Autortypisches oder als Einzeltextstellenspezifisches auffaßt, als einzigen Gegenstand des Autorenwörterbuches sieht und dementsprechend jeweils aus sich selbst heraus zu beschreiben versucht oder ob man zur Erzielung größerer Darstellungsdeutlichkeit das eine immer in seinem Bezug zum anderen beschreibt, das Autortypische also prinzipiell als linguistisch-philologisches Ergebnis der Interpretation14 von Einzeltextstellen darstellt, das Einzeltextstellenspezifische ebenso prinzipiell auf die Folie eines Allgemeineren projiziert.
2.3 .2.3 Eine stichprobenhafte Prüfung der auf das Autorenwörterbuch bezogenen metalexikographischen Literatur und eine sehr genaue Lektüre der Begleittexte zum FRAUENLOBWÖRTERBUCH haben mir den Eindruck vermittelt, daß man sich beider Probleme erst in allerletzter Zeit voll bewußt geworden ist. Im Hinblick auf das erstgenannte Problem ist üblicherweise von der Sprache des Autors (so H. UMBACH 1979, S. 5; J. MATTAUSCH 1990, S. 590), von Nachschlagewerken zu Texten als Produkten eines Autors die Rede (so Η. E. WIEGAND 1984, S. 590). Das sind Formulierungen, in denen Sprache nicht monosemiert ist bzw. die hier diskutierte Frage ausgeklammert wird. STACKMANN selbst spricht sowohl im Hinblick auf den durchschnittlichen (languehaften) wie auf den frauenlobtypischen Wortgebrauch mehrfach von Verwendungsweise (z.B. im Vorwort, S. V; Einl. S. XVII; XIX), geht des weiteren aber, vor allem in seinem Trierer Artikel, umfänglich auf den Einzelfall ein, ohne allerdings das hier gestellte Problem zu berühren. Lediglich bei MATTAUSCH (1991, S. 718; 723) klingt das Problem an, insofern er nämlich „allgemeine, mehr oder weniger abstrakte Bedeutungsstrukturen" von „konkreten Textbedeutungen" unterscheidet. Endgültige Klarheit bringt der Artikel TH. ROELCKEs (1994, S. 5): Individualsprache wird als System aufgefaßt; Autoren-Bedeutungslexikographie hat zu unterscheiden zwischen der Interpretation der einzelnen Textstellen und der „Systematisierung dieser Interpretationen, indem die einzelnen Textstellenbedeutungen des betreffenden Wortes zu einer oder mehreren Einzelbedeutungen zusammengefaßt und diese Einzelbedeutungen wiederum geordnet werden" .15 Es fällt nach dem Gesagten schwer, aus STACKMANNS Texten eine Antwort auf die Frage nach dem Status seiner „Besonderheiten" und damit nach dem zentralen Gegenstand seines Wörterbuches zu geben. Aus ihrem Gesamttenor würde ich dennoch schließen, daß sowohl die Autortypik wie die Textstellenspezifik gemeint ist. Ich halte dies im übrigen fur das einzig Vertretbare und befinde mich damit in Übereinstimmung mit MATTAUSCH, der dem GOETHEWÖRTERBUCH sogar drei Aufgaben zuschreibt, nämlich 2.3.2.4
- erstens Texterläuteningen, - zweitens ein Bild des GoETHEschen Idiolekts und - drittens ein Bild der Zeitsprache,
und dieses Programm analog für andere Autorenwörterbücher fordert. Die genaue Verteilung von Autortypik und Textstellenspezifik sowie die Art der Einbettung von beidem in eine langue-Folie bleiben damit noch unbestimmt16; sie sind nur aus den Artikeln ablesbar.
14
ROELCKE (1994, S. 5-12, insbesondere S. 8) spricht dementsprechend von Autoreninterpretationswörterbüchern, ohne sie mit den Autoren-Bedeutungswörterbüchern vollständig deckungsgleich sein zu lassen. 15 Differenziert zum Problem jetzt auch WIEGAND ( 1 9 9 4 ) . 16 Vgl. dazu wieder ROELCKE, a.a.O.
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2.3.3 STACKMANNs Skepsis gegenüber lexikographischen Beschreibungsregeln (vgl. oben 2.1, Punkt (b)) entspricht der üblichen Argumentation, nach der das sog. Systematische systematisch, in unserem Falle also nach fixen Artikelmustern, Einmaliges dagegen irgendwie, aber immer wieder anders zu beschreiben ist. Ihr liegt eine Auffassung der Wörterbuchbasis als objektartiger Gegebenheit zugrunde, die in der Beschreibung objektiv-abbildlich zu fassen sei; der Linguist wird als Photograph, Kopist, Reproduzent, als Entdecker17 eines Vorhandenen konzipiert. STACKMANN setzt allen Ernstes voraus, daß ein Wörterbuch „auf Objektivität" festgelegt sei und argumentiert mit Gedanken wie einer „absolut gleichmäßigefn] und objektive[n] Lösung" selbst der Bedeutungserläuterung als der lexikographischen „Kernaufgabe" (1991, S. 15). Obwohl solche Auffassungen stützende Redeweisen auch in der metalexikographischen Literatur verbreitet sind, glaube ich nicht, daß man mit ihnen dasjenige trifft, was der Lexikograph tatsächlich tut. Vor allem bleibt der Teil seiner Tätigkeit, den man als kulturpädagogischen Entwurf und damit als Schaffung von Realität (natürlich auf der Basis von „Fakten") kennzeichnen könnte, unbeleuchtet. Ich gehe hier auf die Problematik, ob eine realistische Beschreibungstheorie unbedingt nach dem Abbildmodell arbeiten muß, nicht näher ein. Ich gehe vor allem natürlich nicht auf die wissenschaftstheoretische Problematik ein, die mit der Dichotomie von Realismus versus Konstruktivismus verbunden ist; ich möchte aber betonen - und das ist bewußt konstruktivistisch gemeint - , daß der Wörterbuchbenutzer nur anhand der Einheit von (erwartbarer) Artikelstruktur und Artikelinhalt diejenigen Orientierungen erhält, die ihn zur Konstruktion von Sinn in die Lage versetzen. Unter diesem Gesichtspunkt bin ich gegenüber jeder regel-, d.h. auch ordnungsskeptischen Haltung selber außerordentlich skeptisch. Sie birgt die Gefahr der Desorientierung des Nachschlagenden. Im übrigen ist natürlich eine Diskussion des Verhältnisses von „Einheitlichkeit der Artikel" und „Darstellung des Einzelfalles" ausgeschlossen, wenn die Einheitlichkeit mittels des Attributs schematisch von vorneherein abgewertet, die Einzelfalldarstellung dagegen als angemessen attribuiert wird (so Einl., S. 10). Insofern der Ausschluß des sog. Einzelfalles aus fixen Beschreibungsmustern automatisch seine Aufwertung gegenüber dem typischen Fall bedeutet, ist die Regelskepsis STACKMANNS auch als Antwort auf die unter 2 .3 .2 diskutierte Frage nach dem Begriff der Besonderheit und damit zum mindesten nach einem Teil des Wörterbuchgegenstandes zu interpretieren: Das FRAUENLOB-WÖRTERBUCH gerät tatsächlich in die Nähe des philologischen Kommentars. 2.3.4 Die Bestimmung des Verhältnisses von Syntax und Semantik (vgl. oben 2.1, Punkte (c) und (e)) leidet nach meinem Urteil darunter, daß eine der relevantesten Vorfragen jedes lexikographischen Unternehmens zu undeutlich gestellt bzw. die mögliche Antwort nicht hinreichend beherzigt wurde. Ich meine die Frage: Was wird der Benutzer (in diesem Falle) des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES wohl wissen wollen? Man würde auf sie antworten können und wahrscheinlich antworten: Er will über das Wörterbuch die FRAUENLOB-Texte besser verstehen. Vermutlich würde STACKMANN dieser Antwort zustimmen, denn er erklärt gleich auf der ersten Seite des Vorwortes, daß er „das Wörterbuch rigoros in den Dienst einer einzigen Aufgabe gestellt habe: Es soll die Texte so verständlich machen, wie mir das möglich ist" (S. V), und wiederholt diese Zielbestimmung in ähnlicher Terminologie auch in der Einleitung (S. IX). So weit gibt es also zwischen Autor und Kritiker keine wirkliche Differenz. Es stellt sich aber die Frage, was verstehen, verständlich machen oder das in der Einleitung gebrauchte dem Verständnis erschließen bedeutet. Ein Blick in den DUDEN (S. 2778/9) läßt folgende Mono17 Diese Zusammenstellung ist durch einen nicht publizierten Artikel von V. AGEL (1994) mitbestimmt; vgl. a u c h : U . GOEBEL/I. LEMBERG/O. REICHMANN 1 9 9 5 , S. 4 2 .
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semierung von verstehen (und analog dazu der beiden genannten Wortbildungen) als die im vorliegenden Zusammenhang vernünftigste erscheinen: „den Sinn von etw. erfassen; etw. begreifen". Objekt von verstehen ist also Sinn, und zwar sowohl unter grammatischem wie unter logischem Aspekt. Ein nach meiner Kompetenz möglicher Objekttyp wie grammatische Konstruktion findet sich im DUDEN nicht, und zwar auch nicht in Verbindung mit der Erläuterung der anderen Bedeutungen von verstehen. Wenn er sich in einem anderen Wörterbuch, wie ich erwarte, finden ließe, läge eine metonymische Verwendung des Objektausdrucks vor. Die DUDEN-Definition ist aber vor allem deshalb überzeugend, weil sie die Rezeptionsrealität trifft: Man liest historische Texte, auch diejenigen FRAUENLOBS, nicht ihrer Grammatik oder Syntax halber, sondern weil ihr Inhalt, im Fall FRAUENLOB etwa die Minnekonzeption, interessiert. Die immerhin denkbare Gegenbehauptung, der Berufssyntaktiker wende sich historischen Texten grammatischer und syntaktischer Interessen halber zu, ist leicht widerlegbar: Erstens gibt es den historischen Berufsgrammatiker im gerade gekennzeichneten Sinne eines die Texte aus grammatischen Gründen Lesenden höchstens in einigen curiosen Exemplaren; zweitens versteht er die Texte nicht deshalb, weil er ihre Grammatik und Syntax durchschaut, sondern er durchschaut diese, weil er die Texte versteht. In Wirklichkeit mag es ein bißchen komplizierter sein. 2.3.4.1 Diese Argumentation läuft geradewegs und ohne Einschränkung darauf hinaus, dem Autorenwörterbuch die Aufgabe der Darstellung der Wortinhalte der Texte eines (Euvres zuzuschreiben. Wenn man dem folgt, ist auch die Konsequenz für die Gliederungsgesichtspunkte klar: Sie haben durchgehend semantischer Provenienz zu sein, sollten also nicht - wie im FRAUENLOB-WÖRTERBUCH - mit syntaktischen Kriterien gemischt werden.18 Damit wird selbstverständlich nicht behauptet, daß die Syntax nicht auch im Autorenwörterbuch einen möglicherweise sogar hohen Stellenwert haben kann. Es geht lediglich um die grundsätzlichen Orientierungen, und unter diesem Aspekt ist die Semantik der Syntax vorgeordnet. Dies stimmt im übrigen mit dem Faktum überein, daß der Begriff Autorenwörterbuch in der metalexikographischen Literatur zwar mannigfach differenziert wird, unter der Hand aber am ehesten im Autoren-Bedeutungswörterbuch seine prototypische Realisierung gesehen wird.19 Ein Autoren-Syntaxwörterbuch habe ich jedenfalls nirgendwo als Typ gefunden, obwohl er rein logisch auf der Hand läge. Dies alles ist ein Spiegel der kulturellen Praxis Lexikographie. 2.3.4.2 Das Verhältnis von Syntax und Semantik bleibt auch von STACKMANNS Entscheidung, den FRAUENLOB-Wortschatz in Voll-, Klein- und Massenwörter zu gliedern, nicht unberührt, und zwar insofern nicht, als letztere beiden Wortkategorien gegenüber der ersteren nur mit reduzierter Detailliertheit behandelt werden sollen (S. X). Da die Vollwörter (Substantive, Verben, Adjektive) meist zu den sog. lexikalischen, die Massen- und Kleinwörter oft zu den sog. grammatischen Wörtern gehören, bedeutet „reduzierte Detailliertheit" vom Programm her eine mindere Berücksichtigung deijenigen Wörter, die die Syntax entscheidend aufbauen. Die gleich zu Beginn des Vorwortes angekündigte „semantische und syntaktische Analyse" (S. V) wird unter der Hand ein wenig zurückgenommen, der grundsätzliche „Vorrang" der semantischen vor formalen Gliederungsgesichtspunkten (S. XVII) bestätigt. Die Analyse der Wörterbuchartikel wird zu zeigen haben, wie die genaue Gewichtung von Syntax und Semantik in der Praxis aussieht.
18 Dies tut auch das WMU, vgl. dort, S. 9. 19 Bezeichnenderweise enthält das Handbuch Wörterbücher neben der Konkordanz und dem Index nur einen Artikel über das Autoren-Bedeutungswörterbuch (J. MATTAUSCH 1990).
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2.3.5 Abgesehen von dem Syntax-Semantik-Problem ist die genannte Wortschatzeinteilung zunächst einmal eine bisher unerhörte Begebenheit im GoETHEschen Sinne. Ich kritisiere an ihr erstens die Motivation der Termini: Masse klingt nach ,Massenheer zu Fuß', vor allem im Gegensatz zu den pralle Fülle suggerierenden Vollwörtern; klein sind sicher Ausdrucksgebilde wie al, aber was ist mit abe, als, an(e) usw. im Gegensatz zu alt oder arm, was ist mit dem kleinen ar für den großen Adler? Zum andern stehen die Ausdrücke natürlich in inhaltlichem Gegensatz zueinander: Ein Vollwort kann ein Massenwort sein, ein Kleinwort ein Vollwort, ein Massenwort ein Kleinwort usw. Dies alles ist STACKMANN natürlich bewußt, wie auch die terminologischen Alternativen im Trierer Artikel (Funktionswörter, Normalwörter) belegen. Vermutlich sind ihm die Überlappungsverhältnisse sogar recht, weil sie ihm erlauben, mit einem der zentralen Probleme jeder Autorenlexikographie letztlich auf eine ganz einfache Weise fertig zu werden, nämlich mit Hilfe von Textkompetenz und kulturpädagogischer Wirkungsabsicht. So verfährt übrigens jeder Lexikograph an sehr viel mehr Stellen, als man ahnt, nur sagt es niemand, weil die vorhin bereits angesprochene Abbildtheorie in Verbindung mit der Objektivitätsideologie mehr Wissenschaftlichkeit suggeriert. Ich meine ernsthaft, daß Gliederungen von Wortschätzen nach Voll-, Klein- und Masse- oder ähnlichen Kriterien überflüssig sind, da sie nur den Zweck haben, wissenschaftliche Systematik zu suggerieren, wo wissenschaftlich begründete Entscheidungen gefragt sind. 2.3.5.1 Mit dem angesprochenen Problem meine ich die Vollständigkeit von Wörterbüchern. Das Vollständigkeitspathos ist nach einem Dictum von ULRICH WYSS ,jene philologische Kardinaltugend, die am nächsten an den Wahnsinn grenzt; es markiert die Situation, in der der Erkennende von seinem Gegenstand nicht nur überwältigt wird, sondern überwältigt werden will" (1979, S. 176). Dementsprechend wissenschaftlich muß die Gegenstandsgliederung klingen (nicht aber sein), die sich ihm zu entziehen erlaubt. 2.3.5.2 Vollständigkeit stellt sich als Problem in mindestens zwei Stufen, nämlich erstens als die Frage, ob man äußere Vollständigkeit anstreben solle, und zweitens in dem Sinne, mit welchen Informationen diese dann ausgeführt wird (Η. E. WIEGAND 1984, S. 459). STACKMANN hat sich für erstere entschieden; jedes Wort seines Corpus erscheint also als Lemma. Eine gewisse Zurücknahme dieser Entscheidung ist lediglich für die Komposita, unter ihnen insbesondere für die Verbalkomposita, festzustellen. Dabei ist zuzugestehen, daß die Frage, ob im Einzelfall ein Syntagma oder aber eine Lexikoneinheit vorliegt, oft nur „subjektiv", „einigermaßen willkürlich" (Einl , S. XII) zu entscheiden ist. Dennoch klingt der Satz, daß die Lemmatisierung in solchen Zweifelsfällen „nur zurückhaltend" erfolgt sei (ebd.), nach Rechtfertigung für eine Einschränkung des Vollständigkeitsprinzips an einem semantisch sensiblen und überdies recht umfänglichen Punkt. Wieder wird die Prüfung des Wörterbuches zu ergeben haben, ob STACKMANN hier konsequent verfahren ist. 2.3.5.3 Gefüllt wird die äußere Vollständigkeit von 10 Ausnahmen (z.B. für der/die/das) abgesehen (vgl. Einl., S. XVIII) durch Vollständigkeit der Belegstellenangaben, der Angaben zur Wortart, der Bedeutungserläuterungen der Vollwörter sowie in sehr vielen Fällen durch syntagmatische Angaben. Daß die Bedeutungserläuterung, wie s.v. brüst, auch einmal fehlen kann, ist wohl ein Versehen.
2.3.6 Alle besprochenen Begleittexte weisen eine erstaunliche Kürze auf. Auch wenn dies eine Tugend sein mag und Wörterbucheinleitungen wirklich nicht unbedingt den Umfang von Monographien annehmen müssen, so meine ich doch, daß STACKMANN allzu viele Fragen, die in den letzten Jahrzehnten in der Wörterbuchforschung diskutiert wurden, nicht wahrgenommen
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oder bewußt ignoriert hat. Ich denke dabei nicht nur an das bisher Besprochene, sondern zusätzlich mindestens an die folgenden, für die lexikographische Praxis und die Wörterbuchbenutzung gleichermaßen relevanten Punkte. -
Warum wird in den Begleittexten nirgendwo eine onomasiologische Komponente erwähnt? Warum fehlt jede Äußerung über die Gegensatzwörter? Wo und wie werden nicht lexikalisierte Wortbildungen behandelt? Warum wird überhaupt nicht auf die Möglichkeiten eingegangen, die eine Nennung von Beispielsyntagmen für die Bedeutungserläuterung haben würde? Muß das Kernstück jedes Autorenwörterbuches, die Bedeutungserläuterung, wirklich nur in 5 Zeilen abgehandelt werden? Warum wird nichts über den Feinheitsgrad gesagt, mit dem die Bedeutung eines Wortes differenziert wird? Wäre es nicht erhellend gewesen, auch über die Belegtexte etwas mehr als 5,5 Zeilen zu erfahren? Warum läßt STACKMANN die metalexikographische Literatur der letzten beiden Jahrzehnte systematisch unberücksichtigt?
2.3 .7 Hier soll nur an einem einzigen Beispiel angedeutet werden, inwiefern ein Eingehen auf die genannten Fragen die Wörterbuchanlage hätte verbessern können. Das Beispiel betrifft die vorhin als erste gestellte Frage nach der onomasiologischen Komponente semasiologischer Wörterbücher. Ich halte eine solche Komponente bei einer Wörterbuchbasis von rund 90 Normalseiten und bei dem für die Göttinger Arbeitsgruppe vorauszusetzenden Stand der Textkenntnis für praktisch ohne größeren Zeitaufwand realisierbar. Ich halte sie außerdem fur ein Autorenwörterbuch fur absolut unumgänglich, und zwar aus folgender Argumentation heraus. Diejenigen Wörter, die ein denkbarer Interessierter in einem FRAUENLOB-WÖRTERBUCH nachschlägt, enthalten Konzepte ohne Bezugsmöglichkeiten auf exophorisch nachweisbare Gegenstände einer realen Welt; Liebe ist unter diesem Aspekt prototypisch, nicht dagegen z.B. Baum, wenigstens nicht als der Gegenstand, der bei zahlreichem Auftreten einen Wald bildet. Die gemeinten Konzepte konstituieren sich ausschließlich durch die Art und Weise, wie man in spätmhd. Zeit in bestimmten Sozialsituationen über religiöse, kulturelle, moralische, erotische, soziale usw. Anliegen spricht. Man tut dies gleichsam wie Eingeweihte, wie Mitglieder einer Gemeinde von Kennern, Liebhabern, Gourmets, in Kenntnis bestimmter Traditionen ähnlichen Sprechens, nach allen Regeln rhetorischen Verhüllens, im Sinne spielerisch-experimentellen Umgangs mit Sprache, dem Rezipienten gegenüber mit der Absicht, die eigenen sprachspielerischen Fähigkeiten zu beweisen und die Verstehensfahigkeit des anderen herauszuforderen. Auf jeden Fall betrifft dieses Sprechen isolierte Gegenstände weniger, als das schon bei normaler Sprache der Fall ist; es vollzieht sich im Gegenteil in dauernd wechselnden, aber dennoch irgendwie vorhandenen Zusammenhängen, da das Spiel sonst nicht möglich wäre. Diese Zusammenhänge sind einerseits semasiologisch, zu einem ebenso relevanten Teil aber nur onomasiologisch zu erfassen. Mit dem Verzicht auf diese Komponente würde STACKMANN auf die lexikographische Beschreibung konzeptueller Vernetzungen mittels mehrerer Zeichen als eines der Kennzeichen des FRAUENLOB-Wortschatzes und damit auf ein autorenlexikographisches Grundanliegen verzichten. Man wagt dies, nur aufgrund des Fehlens entsprechender Ausführungen in der Einleitung, noch nicht zu glauben.
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3 Zu den Artikeln des Wörterbuches 3.1
Beschreibung
3.1.1 U m einen Eindruck v o m tatsächlichen Aussehen der Wörterbuchartikel z u geben, stelle ich einen der inhaltlich zentraleren, auf 4 5 Belegen basierenden Artikel z u einem sog. Vollwort, und zwar zu liebe, vor. Zu seinem Stellenwert unter Umfangsgesichtspunkten f u g e ich hinzu, daß er etwa eine halbe Spalte umfaßt; die meisten Artikel sind kürzer, ein v o n mir nicht ausgezählter, aber mit einer Anzahl v o n Beispielen vertretener Teil ist länger; ein Umfang v o n 1 Seite bildet aber schon die Ausnahme. LIEBE stF. Α Freude: swer da behelt menlich den ort, im solt ein keiser sinen gruz helflich zu liebe spannen V.85,19. In unklarem Zusammenhang: swer werben wil wol als er kan, dem gibe ich f liebe unde rat (F: lieber vngerat) t XIII,3,4. Β Liebe. 1. In der religiösen Vorstellungswelt: der schönen liebe ein muter ich (Maria) 1,8,25. got hat dich (Minne) mit siner liebe in mich geperlt IV,20,4. swer in got sin liebe leit IV,21,2. 2. Liebe zwischen den Geschlechtem; a Allein stehend: du zarter liebe ein agetstein 111,8,3. sus h u p l i c h ganzer liebe vrevel 111,13,1. III, 28,10. liep der tougenlicher liebe 111,31,1. V, 53,19. VI,10,6. VI,10,7. VI,11,14. VI,11,16. VII,36,11. VII,37,17. durch tougen liebe VII, 38,3. VIII,2,21. VIII,15,4. VIII,15,16. XIII, 19,3. XIII,19,6. XIII,45,8. mit ganzer liebe XIII,46,4. mit rechter liebe XIII,47,6. heimliche liebe XIII,49,3. des liebe muz ouch verscheiden sin, dem freude [] swindet ane not XIII,51,1. XIII,54,1. rechter liebe tag XIII, 54,2. rechte liebe XIII,54,5. XIII,57,2. XIII, 58,8. XIV,1,9. ungerechte liebe XIV,15,6. b In Verbindung mi'/leit, leide: VII,18,14. VII,18,15. er selber bringet die Sicherheit an liebe, an leiden XI,3,6. XIV,17,4. c In Verbindung roif lust: 1,17,11. IV,3,2. IV,8,10. IV,10,6. IV,13,3. IV, 13,12. VII,*5,3. XIV,15,1. Lesarten: F 111,31,1. nZ VIII, 15,10.
Abb. 1:
Der Artikel liebe des Wörterbuches zur FRAUENLOB-Ausgabe (Abbildverhältnis: 1:1)
3 . 1 . 2 D e r Artikel hat folgende relevantere Angabetypen und diese füllenden Informationen: (a) das Lemmazeichen liebe, (b) die morphologische Angabe, daß liebe ein starkes Femininum ist, (c) die Bedeutungserläuterung, bestehend aus einer obersten Gliederungsebene unter Α in der Angabe des beschreibungssprachlichen Synonyms Freude, unter Β des Synonyms Liebe. Mhd. liebe heißt also, so wird uns mitgeteilt, zunächst so viel wie nhd. Α Freude und Β Liebe. Unter Α wird weiter gesagt, daß das
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Lemmazeichen in 1 Beleg in unklarem Zusammenhang gebraucht sei; unter Β erfolgt eine Untergliederung in arabisch 1, wo liebe mit dem Ausdruck in der religiösen Vorstellungswelt gekennzeichnet wird, und in arabisch 2, wo es um Liebe zwischen den Geschlechtern geht, Distributionsangaben, realisiert unter A 2 a als allein stehend, unter A 2 b als In Verbindung mit leit, leide und unter A 2 c als In Verbindung mit lust; vermutlich sind die Distributionsangaben jedoch, da sie in der Einleitung nicht explizite erwähnt werden, als Teile der Bedeutungserläuterung gemeint in dem Sinne: liebe kann etwas mit leit und mit lust zu tun haben; diese Interpretation würde aber auf allein stehend nicht zutreffen, Belegzitate, vollständige Belegstellenangaben, und zwar aufgeführt auf der jeweils untersten Gliederungsebene; liebe als Α Liebe, genauer A 1 Liebe zwischen den Geschlechtern begegnet z.B. allein stehend an den Belegstellen III, 8, 3; III, 13, 1 usw. Hinweise auf Lesarten; z.B. steht statt des auf Handschrift C beruhenden, infolge von Textverdeibnis aber unsicheren liebe unde rat der Ausgabe in Hs. F lieber ungerat.
3.1.3 Diese Informationsverteilung ist zunächst einmal typisch, findet sich also in vergleichbarer Weise in vielen Artikeln. In vielen anderen gibt es aber weitere Informationspositionen. Ich zähle sie, anschließend an obige Reihe, kurz auf: (h) Angaben zur Syntagmatik; für das Verb liden lauten diese; Α Ohne Objekt, Β Mit Objekt-, für lieben: 1. Transitiv, 2. Reflexiv (wozu auch ein ausdrücklich als substantiviert aufgeführter Beleg ohne sich erscheint), 3. Intransitiv, für lieht(e): 1. Adjektiv, α Attributiv, b Halbprädikativ, 2. Adverb, (i) Angaben zur Wortbildung; für das Adverb abe lauten diese unter der Gliederungsmarke 2: Ein unfestes Verbalkompositum bildend, danach werden brechen, lazen, nemen, schätzen, setzen, strichen, sich teilen, treten, wischen als die 9 unfesten aft-Verben identifiziert; bei an(e) sind dies 21; bei durch und uz ist es keines, bei üf scheint es nach der Aussage In Verbindung mit Verben Verbalkomposita zu geben, sie werden aber nicht genannt, (j) Hinweise auf die Artikelgliederung; so heißt es z.B. s.v. mite unter B: „Die folgende Gliederung unterscheidet drei Hauptverwendungsweisen. Eine eindeutige Zuordnung der Belege ist häufig unmöglich, namentlich da, wo abstrakte Sachverhalte dargestellt sind. Die ausdrücklich genannten Zweifelsfälle geben nur Beispiele für Art und Umfang der Unsicherheit", (k) Übersetzungshilfen innerhalb der Belegzitate; das Wort trucht in einem Zitat zum Adjektiv lebendic wird etwa mit der Übersetzungsgleichung Leibesfrucht versehen, (1) Angabe des textlichen Bezugswortes von Pronomina oder Pronominaladverbien; im Beleg sit got wolte ez dar leinen (s.v. leinen) wird ez auf mulier, dar auf meit bezogen, (m) Angaben zur textlinguistischen Rolle eines Wortes; so wird z.B. zu phaffe Β gesagt, daß das Wort einen thematischen Schwerpunkt bildet, alle einschlägigen Belege werden zitiert, (n) sog. Paraphrasen und Erläuterungen; sie erscheinen in außerordentlich variabler Form und Ausführlichkeit und mit sehr unterschiedlichem Inhalt. Beispiele bilden s.v. hegen: „Wenn [ein genannter Beleg] zu 1 a, dann sich hegen im Sinne eines Mediopassivs (vgl. Behaghel II, § 632): Garten, der Pflege genießt an dem Platz, wo die Minne Ausschau hält. Wenn zu 1 b, dann wohl gemeint: Garten, der sich bewahrt in Erwartung der Minne"; s.v. Up: „Leben; Körper, Leib, Gestalt. Die alte Bedeutung ,Leben' tritt selbst da zurück, wo neben Up der Kontrastbegriff tot erscheint, ist anderseits aber an manchen Stellen zumindest als Konnotation erhalten. Außerdem neigt das Wort dazu, Umschreibungen für persönliche Konkreta zu bilden, ohne daß dieser Gebrauch streng gegen den eigentlichen abzugrenzen wäre"; s.v. leisten: Wenn man leisten als substantivierten Infinitiv zu nehmen hat, kann das Subjekt dazu aus alrunen ergänzt werden; gemeint dann: ,wegen des Duftens der Alraune'. Dies würde entweder von senile der alrunen variieren oder an er warte siner lune anzuknüpfen sein. Denkbar wäre sonst allenfalls, daß leisten als ein zu warte siner lune hinzutretender Infinitiv (Mhd. Gr. § 318) aufzufassen ist. In diesem Fall wäre entweder ein Objekt zu leisten zu ergänzen, das mit dem Verbum zusammen einen ähnlichen Inhalt ergibt, wie er in behuren (V. 29) ausgedrückt ist. Oder aber leisten ist als Rechtswort im Sinne von ,Einleger halten', ,sich in Schuldhaft begeben' (vgl. Komm., S. 630) aufzufassen. Dann könnte auf die Übernahme der menschlichen Schuld durch den Gottessohn angespielt sein".
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Oskar Reichmann
3.1.4 Man könnte die vorgetragene Liste von Informationspositionen und die diese behandelnden Angabetypen differenzieren, und man könnte sie ergänzen. Wenn ich beides hier nicht tue, sondern die Analyse abbreche, dann hat dies zwei Gründe. Erstens kommt es STACKMANN selbst gar nicht darauf an, einen möglichst umfassenden Katalog von Angabetypen zusammenzustellen, der z.B. in der Wörterbuchforschung zu diskutieren wäre oder in der lexikographischen Praxis in eine Arbeitsanleitung umgesetzt werden könnte. Die Begleittexte zum FRAUENLOB-WÖRTERBUCH lassen jedenfalls ein Interesse in dieser Richtung nicht erkennen. Auch das Faktum, daß die Anzahl der Angabetypen im Wörterbuch wesentlich höher ist, als nach der Einleitung zu erwarten wäre, daß weiterhin die Angaberealisierungen des Wörterbuches sehr oft nicht typenrein, sondern in mannigfachen Mischungen begegnen, sind Ausdruck des metalexikographischen Desinteresses oder aber der Skepsis gegenüber den Möglichkeiten der Metalexikographie. (Daß davon die lexikographische Praxis nicht unberührt bleibt, wird im Verlauf dieses Artikels deutlich werden). Zweitens würde eine differenziertere Herausarbeitung von Angabetypen nichts Relevantes im Hinblick auf mein Diskussionsanliegen mehr bringen. 3 . 1 . 5 Die Übersicht über die Angabetypen der Artikel des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES ließ bestimmte Gewichtungen erkennen. Einen besonderen Stellenwert haben fiir STACKMANN offensichtlich die sog. Paraphrasen und Erläuterungen; ich wende mich ihnen deshalb noch etwas ausfuhrlicher zu. Sie können folgendes enthalten:
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Angaben zur Beleggeschichte eines Wortes (z.B. s.v. druo), die Behandlung eines Wortes im Laufe der Geschichte der Philologie des Mittelhochdeutschen (ebd.), die Gründe und Gegengründe flir eine Konjektur in der Textausgabe (s.v. druc), die Nennung oder (bei Unklarheit) die Diskussion grammatischer Kategorien, wie Genus, Numerus, Kasus, Flexionsart eines Wortes (s.v. elemente), die Diskussion grammatischer Lesungsmöglichkeiten einer Wortvenvendung (s.v. leisten), den Nachweis von Gelegenheitsbildungen (s.v. durchgrüenen, durchgrunthaßic), die Aufdeckung offensichtlicher und versteckter texüinguistischer Bezugsmöglichkeiten einer Wortverwendung (s.v. leisten), Hinweise auf den rhetorischen Status bestimmter Wortverwendungen (s.v. durchgraben), kulturhistorische Erläuterungen zu einem mit dem Lemmazeichen angesprochenen Bezugsgegenstand (s.v. dunst), Aussagen zu semantischen Interpretationsmöglichkeiten einer Wortverwendung und Durchführung von Interpretationen (s.v. druo, elemente, leisten), Hinweise auf die Schwierigkeit genauer semantischer Aussagen zu bestimmten Wortverwendungen, meist in Formulierungen wie „Bedeutungsnuancen, die sich nicht reinlich voneinander trennen lassen"; damit regelhaft verbunden: die Rechtfertigung von so etwas wie nur einer Grob- statt einer Feingliederung (s.v. eben, ere, guot, mite, sin, süeze, vrouwe), Aussagen zu bedeutungsgeschichtlichen Konnotationen (s.v. Up), Hinweise auf bestimmte, flir die Interpretation der FRAUENLOB-Texte relevante Bedeutungskomponenten, z.B. die soziale (s.v. edet), eine Kombination von alledem sowie eine Kombination von alledem mit allen anderen Angabetypen.
Die Paraphrasen und Erläuterungen sind insofern nichts anderes als besonders ausfuhrliche mitteilende, diskutierende, kommentierende, problematisierende Angaben zu beliebigen Eigenschaften des Wortes oder der einzelnen Wortverwendung. 3.2
Problemdiskussion I: Autortypik und Einzelbelegstellenspezifik
3.2.1 Die Unterscheidung von Wort und Wortverwendung, so wie sie gerade vorgenommen wurde und im vorangehenden mehrfach anklang, ist deshalb wichtig, weil sie ein Eingehen auf
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Problemerörterung
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das in der Einleitung nicht gelöste Problem des Verhältnisses von Autortypik und Einzelbelegstellenspezifik erlaubt. Eine diesbezügliche Prüfung der Artikel ergab folgendes: 3.2.1.1 Autorbezogene Bemerkungen in dem Sinne, daß irgendein Wort, z.B. boese, „allgemein wertend, aber auch speziell von ethischen oder sozialen Sachverhalten gebraucht" und am besten „von dem jeweiligen Gegenbegriff' her erschlossen wird, finden sich verstreut über das gesamte Wörterbuch (z.B. s.v. dine, lip, sin), insgesamt aber doch wesentlich seltener und außerdem deutlich weniger umfangreich und differenziert als die Erläuterungen und Paraphrasen, die auf einzelne Textstellen bezogen sind; man vgl. etwa die Beispiele s.v. boum, brechen, briuwen, brauchen, druc, druo, leisten. Ich konstatiere also aus der von S T A C K M A N N gehandhabten Praxis heraus, daß sein eigentliches Anliegen weniger die Erschließung der Texte allgemein, also weniger ein Bild der Sprachgebrauchswme und typischer fiktionaler Konzepte des Dichters (z.B. von liebe oder minne) ist als die Erschließung einzelner Textstellen 3.2.1.2 Dies letztere ist nach meinem Urteil fur eine große Anzahl von Fällen in bewundernswerter Weise gelungen. Die Art, wie etwa das Wort leisten an der Textstelle I, 10, 26 grammatisch interpretiert wird und wie textliche Bezüge bzw. Bezugsmöglichkeiten hergestellt werden, die sich jeweils auf das Verständnis des gesamten Textes, eines Marienieichs, auswirken, ist für mich ein intellektuelles Vergnügen und eine Demonstration der Leistungsmöglichkeit der Philologie. 3.2.2 Nun gibt es, ohne daß ich diese Aussage zurücknehmen möchte, dennoch einige Bedenken und Fragen. Zunächst sei noch einmal daran erinnert, daß S T A C K M A N N (zusammen mit B E R T A U ) ja 1981 auch einen Kommentarband Apparate, Erläuterungen zu den FRAUENLOB-Texten publiziert hat. Daraus folgt automatisch die Frage nach dem Verhältnis dieser Erläuterungen zu denjenigen des Wörterbuches. Drei Antworten sind denkbar: (a) weitgehende Deckung von Kommentar und Wörterbuch, (b) jeweilige Spezifik entsprechend dem Kommentarzweck 1981 und dem lexikographischen Zweck 1990, (c) eine Mischung von inhaltlicher Deckung und inhaltlich bzw. zweckaspektuell Neuem.
Die Prüfung ergab, daß alle drei Möglichkeiten realisiert wurden: Eine weitgehende Deckung von Kommentar und Wörterbuch findet sich z.B. s.v. druc (für V, 114, 14) und spunic (für V, 25, 14).20 Unter kliuter (V, 24, 4), leisten (I, 10, 26), lunic (V, 25, 18), wirken (V, 25, 17) bietet der Kommentar mehr als das Wörterbuch; speziell dann, wenn die Verständnisschwierigkeiten weniger vom Einzelwort als von der ganzen Textpassage verursacht sind, ist der Kommentar dem Wörterbuch überlegen. Bei boese (IV, 15, 1), druo (VI, 9, 3) und mislich (V, 26, 8) dagegen enthält das Wörterbuch mehr und teilweise andere Information als der Kommentar. Speziell sei auch in diesem Zusammenhang noch einmal auf boese (IV, 15, 1) hingewiesen, das der Kommentar übergeht, wozu das Wörterbuch aber eine für die Autorenlexikographie idealtypische Mitteilung macht: Das Adjektiv boese „erschließt sich am besten von dem jeweiligen GegenbegrifF her", das ist autortypisch argumentiert; dann folgt der ebenfalls autorbezogene Hinweis, daß der GegenbegrifF bei F R A U E N L O B oft in der engeren Belegumgebung oder im Beleg selber erscheint; die Einzelbelege mit den Antonymen biderbe, edel, from, wirdiglichl wirdekeit, dreimal guot bringen den Beweis. 20 Dies führt dann zu folgendem Typ der Aussage: Kommentar, S. 744: „[...] BMZ II, 2, 553b, 44f., zu spünne, spüne,,Mutterbrust', .Muttermilch' gestellt und zweifelnd mit,lockbar', .folgsam' glossiert". Wörterbuch: „BMZ II, 2, 553b stellt das Wort zu spüne,,Mutterbrust', .Muttermilch', und glossiert zweifelnd mit .lockbar', .folgsam'".
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3.2.3 Das Vorgetragene bedeutet nach meinem Verständnis, daß zwischen philologischen Textsorten wie dem Kommentar und dem autorbezogenen Wörterbuch strenger unterschieden werden sollte, wobei es mir gar nicht primär (aber nebenbei doch auch) um die Vermeidung von Wiederholungen geht. Der Kommentar ist an die Einzeltextstelle adressiert, er kann von da aus Bezüge herstellen, hat aber dem Text linear zu folgen, um dem Nachschlagenden eine rasche Auffindbarkeit einzeltextstellenbezüglicher Information zu gewährleisten; weitet sich die Herstellung von Bezügen so aus, daß zu einer Textstelle x, etwa weil diese die interessanteste Einzelaussage zu einer Bezugsgegebenheit enthält, unter der Hand oder auch kontrolliert eine lexikologische, begriffsgeschichtliche o.ä. Abhandlung über diese Gegebenheit entsteht, dann ist der Rahmen der Textsorte Kommentar vom Inhalt und von der Auffindbarkeit der gebotenen Information her gesprengt.21 Das Autorenwörterbuch ist an die Texte eines Autors adressiert; es hat also herauszuarbeiten, inwieweit sich der Wortgebrauch eines Autors gegenüber demjenigen anderer Autoren oder demjenigen der Zeit als spezifisch erweist; dabei besteht durchaus Raum für die Interpretation der Einzeltextstelle; weitet sich diese allerdings zu einer Erörterung aus, so ist die Textsorte Wörterbuch gesprengt, und zwar wiederum vom Inhalt wie von der Auffindbarkeit des Gesuchten her. Man braucht nun einmal, wenn man einzeltextstellenspezifische Information schon im Wörterbuch sucht, für die Auffindung einer Belegstellenangabe wie XIII, 45, 8 in einem halbspaltigen Artikel einige Minuten. 3.2.4 Dies wiederum heißt: STACKMANN hätte die an einzelne Textstellen adressierten Informationen seines Wörterbuches - wie im Falle des Adjektivs boese - prinzipiell auf das Autortypische als Orientierungszentrum beziehen sollen; und er hätte die vorhandenen autorbezüglichen Teile verstärken sollen. Umgekehrt ausgedrückt: Dem Wörterbuch fehlt die einheitliche inhaltliche Ausrichtung. Dieser Aussage könnte entgegengehalten werden, Einheitlichkeit habe STACKMANN ja nun gerade nicht gewollt. Man könnte aber auch argumentieren: Mit dem Polemisieren gegen Regelhaftigkeit, „schematische Einheitlichkeit" (Einl., S. X) usw. werden die Möglichkeiten einer kontrollierten Kombination kommentar- und wörterbuchähnlicher Komponenten der Textsorte Autorenwörterbuch verschüttet. Wahrscheinlich überflüssigerweise fuge ich hinzu, daß ich mit dieser Argumentation selbstverständlich nicht für Schematik plädiere; selbst Einheitlichkeit ist kein Wert an sich, wohl aber eine Einheitlichkeit, die der Hebung der lexikographischen Qualität dient. 3.2.5 Die besondere Gewichtung der Einzeltextstellenspezifik findet ein Pendant in zwei weiteren Kennzeichen des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES, nämlich - der auffallenden Kürze und manchmal feststellbaren Undifferenziertheit der Erläuterung der autorspezifischen Bedeutungen, - einem quantitativen und qualitativen Gewicht der sog. formalen Gliederungsgesichtspunkte (im Gegensatz zu den semantischen), das aus der Einleitung heraus nicht zu erwarten wäre oder gar im Gegensatz zu den dortigen Relationen steht.
Innerhalb der einzeltextstellenspezifischen Erläuterungen herrscht dagegen ein ausgewogenes Verhältnis von Form- und Bedeutungsparaphrasierung. 3.3
Problemdiskussion II: die Bedeutungsbeschreibung
3.3 .1 Die Erläuterung der autorspezifischen Bedeutungen erfolgt nahezu regelmäßig mittels einzelner Synonyme oder mittels Synonymenreihungen (wobei partielle Synonyme jeweils mit 21 Zur Unterscheidung von Kommentar und Wörteituch vgl. auch ROELCKE 1994, S. 5 f.; WOLSKI 1994, S. 78.
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eingeschlossen sind). Ich habe unter diesem Aspekt diejenigen Wörter geprüft, die man gerne als Leitwörter des Mittelhochdeutschen bezeichnet, von denen deshalb am ehesten eine ausfuhrliche inhaltliche Erläuterung angenommen werden könnte. Statt dieser findet man: Ablaß für abeläz, Adel für adel, böse, übel und geizig für arc Α und Β, Mühe, Not für arebeit, arm, ärmlich für arm, gut für guot, Betrübnis, Schmerz für leit, Jungfrau für maget, Freundlichkeit, Güte und Freigebigkeit für milte, Tod für tot, Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und Treue für triuwe.
Natürlich gibt es Gegenbeispiele; z.B. - steht χαΑετ Adel (für adel) noch: „ ,Edle Abstammung' und .Vollkommenheit' liegen eng beieinander", - ammet ist „Dienst, den jmd. zu leisten hat, Aufgabe", - art ist zunächst Art, dann heißt es: „Das Wort bezeichnet Eigenschaften von Dingen und Lebewesen, die ihm im Rahmen der Schöpfungsordnung zukommen; durch Abstammung vermittelte Eigenschaften [...]; Art und Weise des Verhaltens [...]", - minne wird als „geistliche Liebe" erklärt (unter A), ferner als „Geschlechterliebe" (unter D) und „Gutes Einvernehmen, freundschaftliche Gesinnung" (unter E), - sin ist die „unbestimmte Bezeichnung von Geistigem", dann folgen einige Bezugsetzungen.
3 .3 .2 Diese Zusammenstellung sollte nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Regelfall der Bedeutungserläuterung die synonymische ist. Von dieser weiß man nun mindestens viererlei: (1) Bei Nennung eines einzelnen Synonyms wird nicht einmal dessen Polysemie aufgelöst. Ausdrücke wie Adel (s.o.), Alt (s.v. alt), Seele (s.v. sile), sehen (s.v. sehen) und sehr viele andere sind insofern isoliert nur auf mehrere Bezugsgrößen oder -Vorgänge beziehbar. Auch wenn man - wie ich - der Auffassung ist, daß jeder Wörterbuchartikel als ganzer zu lesen ist und sich die Mehrdeutigkeiten dadurch in aller Regel auflösen, bleibt die Verstehensmöglichkeit einer Informationsposition aus sich selbst heraus doch zumindest ein gewisses Anliegen. (2) Die Synonymenangabe (= Bedeutungsangabe mittels eines beschreibungssprachlichen Synonyms) erläutert streng genommen gar nichts, sondern gibt nur an, wie man heutzutage dasjenige bezeichnen kann, was man mhd. mit dem Lemmazeichen bezeichnete.22 (3) Deshalb ist gerade in textbezogenen Wörterbüchern nur die phrastische Erläuterung als fachstilistisch geeignetes Mittel anzusehen, die Typik eines Autors zu beschreiben. In differenzierten Fällen kann sogar nur der lexikologische Diskurs den Aufgaben des Wörterbuches gerecht werden. 23 (4) Ein vierter Punkt in dieser Reihe hat besonderes Gewicht, weil sich aus ihm noch stärker als aus (1) bis (3) grundsätzliche Orientierungen ergeben: In dem Augenblick, in dem ich statt einer phrastischen Erläuterung ein Synonym angebe, ziehe ich mich oft auf eine sehr hohe (um nicht zu sagen: auf die im Argumentationszusammenhang höchst mögliche) Abstraktionsebene der sog. Bedeutungserläuterung zurück. Das ist eine Ebene, der gegenüber die mannigfachen Veränderungen eines Wortinhalts, die zwischen Mittelalter und Neuzeit und pro Zeitstufe zusätzlich im sozialen Raum stattgefunden haben, also all die kleinen unmerkbaren bis offensichtlichen Verschiebungen in den semantischen Nuancen und Weitungen des Wortgebrauchs, gleichsam irrelevant werden können. Die Synonymenangabe verschleiert von ihrer semantischen Leistungsmöglichkeit her also unstreitig eine der zentralen Aufgaben der autoibezogenen Lexikographie,
22 Dazu ausführlicher Η. E. WIEGAND 1983, S. 227-228.
23 Das Problem der theoretischen Grundlegung der Bedeutungserläuterungen im Autorenwörterbuch soll hier nur genannt, nicht behandelt werden; vgl dazu mit kühnen Gedanken, freilich in Bezug auf die Texte PAUL CELANS, W . WOLSKI ( 1 9 9 4 , S. 8 4 - 8 8 ) .
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Oskar Reichmann nämlich die Geschichtlichkeit eines Autors herauszukehren. Man kann nicht einerseits beanspruchen, einem historisch Interessierten zu erläutern, was liebe an einer bestimmten Textstelle oder genereller bei einem Autor des späten Mittelhochdeutschen nun genau bedeutet, und andererseits (jedenfalls auf einer obersten Gliederungsebene) sagen, liebe sei Liebe und guot heiße gut (ohne weiteren Zusatz). Aussagen dieses Typs sind letztlich immer richtig, vor allem dann, wenn man die partiell synonymische Lesung „liebe ist so etwas wie Liebe und guot heißt so etwas wie gut' wählt. Synonyme suggerieren - und genau dafür gibt es sie - Ähnlichkeit oder gar Gleichheit vorhandener Konzepte. Die Synonymenangabe als wesentliches oder hauptsächliches Mittel der Bedeutungserläuterung ist insofern das Todesurteil für jede auf .Geschichtlichkeit' zielende Lexikographie. Der Erläuterungstyp, der demgegenüber gefragt ist, kann auch unter diesem Aspekt nur die Paraphrase sein; nur sie zwingt zur Ausformulierung des durch Interpretation Gewonnenen, zu seiner Begründung, damit zur kommunikativen Regreßpflicht im Prozeß der Aufbereitung von Tradition.
3.3 .3 Exkurs: D a ß die vorgetragene Argumentation keineswegs der privaten Lexikographieauffassung des Autors dieses Artikels entspringt, sondern ein inhaltliches Anliegen bereits der philologisch orientierten Lexikographie des 19. Jahrhunderts (der Aufklärungslexikographie ohnehin) darstellt, soll auch an Hand der Gegenüberstellung der Bedeutungserläuterungen in BENECKES IWEIN-WÖRTERBUCH (2. Aufl. 1874) und deijenigen STACKMANNS im FRAUENLOBWÖRTERBUCH demonstriert werden. Ich wähle zur Veranschaulichung das Lemma ere\ „diu ere [...]. Dieses [...] wort bedarf einer genauen entwicklung um deutlich verstanden zu werden. 1) ere drückt einen relativen begriff aus, und ist diejenige eigenschaft einer person oder sache, vermöge welcher sie über dem niedrigen steht. So sagt Kalogreant, als er ein zweites paradies findet, nicht in beziehung auf sich, sondern auf das was um ihn ist, ich vant da gröi ere alles über allen ausdrack herrlich. In beziehung auf personen wird daher ere, höhere geltung, mit anderen wünschenswerten dingen zusammen genannt: so in den folgenden ständigen redensarten [...]. 2) Vorzüglich geben macht und reichthum eine höhere geltung in der weit, geben ere. Iwein hatte den könig erschlagen, und dann besezzen sin ere und sin lant war könig und herr des landes geworden [...]. 3) der gegensatz von schände und lasier [...]. 4) Da dem ritter muth und tapferkeit mehr als alles galt, so bezieht sich vorzugsweise ere darauf [...]. Daher heisst geradezu der sieg über einen gegner ere, der vertust des sieges schände, laster [. ..]. 5) ere im höchsten sinne hat der, dem sein won heilig ist [...]. 6) ere äussere zeichen der anerkennung des werthes der einer person beigelegt wird [...]". BENECKE:
STACKMANN: „Ehre. Das Wort bezeichnet an den meisten Stellen .Ansehen' in recht allgemeiner Weise. Daher wird eine Anordnung nach formalen Gesichtspunkten gewählt, die es erlaubt, die Differenzierung durch den jeweiligen Kontext ohne allzu großen Aufwand darzustellen". [Es folgen ausschließlich formale Angaben wie „II Genitiv. Α Singular. Das regierende Substantiv 1. geht vorauf'; die versprochene Differenzierung (von was?) wird nicht vorgenommen]. D e r Typ meines Anliegens findet sich auch - freilich in einem ganz anderen Zusammenhang, nämlich des Verhältnisses v o n JACOB GRIMM ZU JOHANN ANDREAS SCHMELLER, - bei HINDERLING 1988, S. 48: „Was an präziser Bedeutungsangabe zu der Zeit möglich war, zeigt gerade das ScHMELLERsche Wörterbuch. B e i ihm lesen wir unter Birsch: Jagd durch Umhersuchen, Schleichen etc. Einzelner im Gegensatz der Jagd auf dem Anstand, durch Treiber, durch Gerichte, Fallen etc., oder jener Art, da der Jäger stehen bleibt und durch einen Hund sich das Wild heran jagen läßt". HINDERLING spricht hier mit Recht v o n ,,präzise[r] Bedeutungsangabe". 3 . 3 . 4 Es kommt hinzu, daß im FRAUENLOB-WÖRTERBUCH auch viele phrastische Erläuterung e n zu kurz und sehr allgemein gehalten sind. W a s besagt schon eine Erläuterung w i e geistliche Liebe s.v. minne Α oder Personifiziertes Gegenüber der Welt unter B, w e n n für persöne z w e i und für werlt auf der obersten Gliederungsebene 6 Bedeutungspositionen angegeben sind?
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Bei Fragen dieser Art ist mir selbstverständlich bewußt, daß eine gewisse Spezifizierung des Gemeinten aus dem Rest des Artikels, insbesondere aus dem Verhältnis der Bedeutungspositionen und natürlich aus den Belegen, möglich ist. Ferner weiß ich, daß Ausdrücke wie Welt in obigem Personifizierten Gegenüber der Welt im nhd. Sinne zu verstehen sind; aber das löst ja die Mehrdeutigkeit nicht auf, außerdem ist perspektivisches Formulieren nicht nur nicht auszuschließen, sondern sogar wahrscheinlich und sinnvoll. 3.3.5 Speziell die stereotypen Zusatzangaben, die vielen der hoch generischen Synonymnennungen (des behandelten Typs) folgen, haben nach meinem Urteil nicht den erstrebenswerten Grad an Präzision; ich denke insbesondere an Formulierungen wie: s.v. alt
A 2: A3: A 4 und D 3: A 4 a:
s.v. liebe s.v. liep
Al: A 1: A 2:
Auf reht bezogen Auf Sangspruchdichter oder Sangspruchdichtung bezogen Auf Heilsgeschichtliches bezogen Auf das Verhältnis des in die Zeitlichkeit eingegangenen Gottessohnes zum ewigen Gott, insbesondere zu Gottvater [bezogen] In der religiösen Vorstellungswelt Ohne Beziehung auf die Liebe zwischen den Geschlechtern Auf die Liebe zwischen den Geschlechtern bezogen.
3.3.5.1 Formulierungen dieser Art sind ohne Zweifel - und zwar in hohem Maße - erläuterungsrelevant; sie sind aber nicht als Bestimmungen des Wortinhaltes auffaßbar: Man kann ein Wort wie liebe nicht erläutern und schon gar nicht definieren (das ist aber auch nicht notwendig), indem man erklärt, es betreffe etwas in der religiösen Vorstellungswelt. Die kritische Gegenfrage etwa des Interpreten lautet spontan: „Was genau?" Auch die Belege, die zu der Erläuterungsphrase aufgeführt werden, bieten nur eine eingeschränkte Erklärungshilfe. Ähnlich verhält es sich mit den anderen Beispielen; wenn s.v. alt D 3 der Bezug auf Heilsgeschichtliches sowohl den alten Adam, wie die 24 Alten der Offenbarung des Johannes (Kap. 4, 4), wie das Syntagma der alten naht einschließt, dann hat das mit Bedeutungserläuterung nur am Rande zu tun. Was hier fehlt, ist eine zusätzliche, und zwar genuin semantische Angabe. 3.3.5.2 Ich versuche, das Zusammenspiel von STACKMANNS Angabetyp bezogen auf [...] mit den von mir postulierten zusätzlichen semantischen Erläuterungen am Beispiel alt zu veranschaulichen: s.v. alt
A 2: A 3: A 4 und D 3:
Α 4 a: A 4 b:
Auf reht bezogen, dann: .althergebracht, altüberliefert, altbewährt'. Auf Sangspruchdichter oder Sangspruchdichtung bezogen·, dann: ,erfahren, kundig, versiert'. Auf Heilsgeschichtliches bezogen; zu A 4 vgl. das folgende A 4 a; zu D 3 ist keine Synonymenangabe möglich, da sich die Belege zwar auf Heilsgeschichtliches beziehen, nicht aber eine zusammenfaßbare Bedeutung haben. Auf das Verhältnis des in die Zeitlichkeit eingegangenen Gottessohnes [...] [bezogen]·, dann: ,ewig, immerwährend' (aber auch anderes). Auf Verhältnisse aus der Zeit vor dem Erscheinen Christi [bezogen]·, dann: .alttestamentlich, durch das Erscheinen Christi überwunden'.
In dieser Zusammenstellung entstammen die kursiv gesetzten Teile und die Gliederungsmarken dem FRAUENLOB-WÖRTERBUCH; die recte stehenden Partien, darunter die durch einfache Häkchen gekennzeichneten Bedeutungsangaben, sind meine Hinzufiigungen. Es geht mir bei diesen nicht so sehr um ihre inhaltliche Qualität oder Haltbarkeit als um folgende die Artikel eines Autorenwörterbuches betreffende textlinguistische und heuristische Aussagen. (1) Textsegmente des Typs auf χ bezogen können nur in Kombination mit einer folgenden genuin semantischen Angabe als Bedeutungserläuterung angesehen werden. - Angesichts der Tatsache, daß die Beispiele
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Oskar Reichmann
obiger Zusammenstellung meist Synonyme zum Lemmazeichen sind, könnte hier der Einwand erhoben werden, die vorgeschlagene textlinguistische Sequenz stehe im Widerspruch zu dem unter 3.3.1 Gesagten. Ein solcher Einwand geht dennoch ins Leere: Synonyme sind nämlich erstens nicht notwendiges Segment der Sequenz, zweitens standen sie dort als isolierte Einheiten zur Debatte, und zwar am Kopf des Erläuterungsteils des Artikels und oft ohne monosemierende Zusätze. (2) Die genannte Sequenz hat bei systematischem Vollzug die heuristische Funktion, Bedeutungsunterschiede erkennen zu helfen: Die Findung eines Synonyms pro Textstelle zeigt z.B. für alt D 3, daß dieses Adjektiv in der val des alten (Adams) in I, 8, 23 mit .sündig', .seiner Art nach dem Bösen verhaftet' (entsprechend alt 18 im FWB; vgl. auch Duden 1,114 s.v. Adam) wiedergegeben werden kann, während es in der alten naht (I, 11, 29) ,unerlöst' und in vier und zweinzic ist der wisen alden (I, 19, 10) .weise, erfahren' bedeutet. Für den Fall übrigens, daß bei diesem Verfahren mehrfach ein einziges Synonym auftaucht, ist dies auf Polysemie zu prüfen.
3 .3 .6 Wo die Einzelbedeutungen nur mit reduzierter Deutlichkeit erläutert werden, müssen die strukturellen Bezüge zwischen den einzelnen Konzepten entsprechend undeutlich bleiben, wenn sie nicht - wie das diesbezügliche Schweigen der Einleitung befürchten läßt - sogar gänzlich fehlen. Die Prüfung der Artikel zu einigen Lemmazeichen, die man üblicherweise einem Wortfeld zuordnet, führte zu dem Ergebnis, daß keine Bezugsetzung aufeinander erfolgte (vgl. liebe, minne\ gedanc, sin, wip, vrouwe, maget, biderbe, edel, guot usw.). Lediglich Gegenbegriffe, Kontrastbegriffe, -Wörter24 können erscheinen; so wird s.v. Up in der Erläuterung explizite auf tot, s.v. boese teilweise ex-, teilweise implizite auf edel, guot, wirdiclich, biderbe, from verwiesen. Beispiele dieser und ähnlicher Art begegnen allerdings eher zufallig. Dies belegt schon das Faktum, daß Rückbezüge (vom Gegenbeispiel biderbe abgesehen) in aller Regel nicht vorgenommen werden; ferner erfolgt - im Falle ihrer Nennung - keine Monosemierung der Antonyme. Bei deren diesbezüglicher Prüfung ergibt sich übrigens das erstaunliche Bild, daß nur wirdiclich als polysem (bisem) interpretiert wurde, daß den anderen Gegenwörtern also rein technisch gar kein Polysemieindikator angefugt werden konnte. Dazu exkurshaft ein paar weitere Worte: Das Sprechen von Gegenbegriffen, Kontrastbegriffen oder -wörtem ist nur möglich, wenn diejenige semantische Einheit dingfest gemacht wird, gegenüber der eine andere als Gegensatz erscheint. Das ist nach allen Erkenntnissen der lexikalischen Semantik immer dasjenige, was man normalsprachlich - auf den Inhalt bezogen Einzelbedeutung oder fachsprachlich ein Semem nennt und was auf den Ausdruck bezogen meistens Antonym heißt. Der Terminus Einzelbedeutung ist dabei nur sinnvoll, wenn Polysemie des in Betracht stehenden Wortes vorausgesetzt wird. Aus dem Artikel boese geht nun aber nicht hervor, ob das Lemmazeichen als monosem oder als polysem interpretiert wurde. Die Aussage „sein Inhalt erschließt sich am besten von dem jeweiligen Gegenbegriff her" setzt mehrere GegenbegrifFe und damit auch Polysemie von boese voraus. Der Artikel selber enthält aber nur Gliederungsgesichtspunkte, die hinsichtlich des Problems ,Mono-/Polysemie' nicht interpretierbar sind (vgl. dazu auch Abschn. 3.4.3 ); insofern herrscht Verwirrung. Das Wort Up dagegen wird eindeutig als polysem dargestellt, denn es bedeutet laut A 1 und Β 1 so viel wie .Leben', laut A 2 und Β 2 so viel wie ,Leib\ Folglich müßte aus der Beschreibung hervorgehen, ob der Kontrastausdruck tot sich auf .Leben' (was natürlich anzunehmen ist) oder auf ,Leib' bezieht. Eine zusätzliche Verunsicherung tritt dadurch auf, daß unter der Gliederungsmarke C von lip nochmals von Kontrasteinheiten, und zwar diesmal -Wörtern, die Rede ist. Explizite genannt werden art, bluot, ere, guot, herze, sele, in den mehr als zweigliedrigen Rei-
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Ausdrucks- und Inhaltsseite des sprachlichen Zeichens werden in diesen Termini von unterschieden.
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Problemerörterung
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hen außerdem muot, sin, ger, leben, name, forme, lit. Der Ausdruck Kontrastwort scheint hier ,partielles Synonym' zu bedeuten. 3.3.7 Zusammenfassend ist zu konstatieren: Der Nichterwähnung onomasiologischer Bezüge in der Einleitung entspricht sehr generell ihre Nichtberücksichtigung oder höchstens zufallige Behandlung in den Artikeln. Die Beschreibung der mehrfach angesprochenen Gegenbegriffe (o.ä.) fällt hinter das in der lexikalischen Semantik heute Übliche zurück. Mit dem weitgehenden Fehlen einer strukturbezogenen, Begriffsnetze herausarbeitenden Wörterbuchkomponente ist der Anspruch, die FRAUENLOB-Texte erschließen zu wollen, unzureichend erfüllt. Jedenfalls hätte die Beachtung der Beschreibungsmöglichkeiten, die Lexikologie und Lexikographie inzwischen entwickelt haben, mehr zugelassen. 3.4
Problemdiskussion III: Das Verhältnis formaler und semantischer Gliederungsgesichtspunkte
3.4.1 Formale und semantische Gliederungsgesichtspunkte sollten nach der Einleitung so verteilt sein, daß letztere „grundsätzlich den Vorrang" vor ersteren (S. XVII) haben; die Absicht reduzierter Behandlung der Klein- und Massenwörter steht damit in Übereinstimmung. Die Wendung der Einleitung allerdings, daß „die semantische und syntaktische Analyse" (S. IX) Ziel des Wörterbuches sei, stellt das höhere Gewicht der Semantik in Frage; verdächtig unter diesem Aspekt ist auch die Zulassung von „Ausnahmen in größerer Zahl" (S. XVII). Bei der Prüfung der Artikel unter dem Gesichtspunkt , Semantik vs. Formales' kommen natürlich nur diejenigen in Betracht, die mindestens zwei Gliederungspunkte aufweisen. Insofern ergibt sich noch kein Problem. 3.4.2 Erhebliche Probleme aber bereitet die Interpretation der Gliedemngsmarken. STACKMANN hat nämlich fur alle Formulierungen aus seiner Feder (im Unterschied zu denjenigen Teilen seiner Artikel, die Objektsprache zitieren) die Kursive verwendet, typographisch also semantische und syntaktische Gliederungsmarken nicht unterschieden, außerdem auf die vielfach üblichen Häkchen zur Kennzeichnung der Bedeutungsangabe verzichtet. In einer Reihe von Beispielen ergeben sich deshalb Zuordnungsschwierigkeiten. Wenn z.B. art als Bezeichnung für Eigenschaften von Dingen und Lebewesen [...] erläutert und unter 3 dann gesagt wird: Bezogen auf Nicht-Menschliches in der Schöpfung, a boum, tier [...], d Elfenbein (usw.), ist dies dann als semantische Information gemeint im Sinne von natürliche Eigenschaft, Qualität, Beschaffenheit (z.B. des Baumes)' oder als Mitteilung, daß art syntaktisch mit boum usw. verbindbar ist? 3.4.3 Die erwähnte Unsicherheit kulminiert in einer Reihe von Fällen in der Unklarheit, ob STACKMANN ein Lemmazeichen als monosem oder polysem interpretiert; nehmen wir als Beispiel wieder das Adjektiv alt. Der darauf bezügliche Artikel enthält vor dem gesamten Gliederungsfeld die zweifellos semantisch gemeinte Synonymenangabe nhd. alt. Nun ist nhd. alt aber mindestens 15fach polysem. Heißt das, daß mhd. alt alle Bedeutungen von nhd. alt hat? Oder heißt es möglicherweise, daß mhd. alt sich mit nhd. alt nur hinsichtlich von so etwas wie der Hauptbedeutung (falls es eine solche gibt) deckt? In ersterem Falle hätte STACKMANN mhd. alt als polysem, in letzterem als monosem beschrieben. Die Gliederungsgesichtspunkte auf der obersten Ebene sind formaler Provenienz: Α Attributiv, C Halbprädikativ, D Substantiviert. Auf den weiteren Gliederungsebenen folgen die bereits mehrfach angesprochenen stereotypen auf χ bezogen, die die Syntax-Semantik-Frage unbeantwortet lassen. Natürlich ist alt vernünftigerweise nicht als monosem anzusehen. Wenn es aber polysem ist, dann müßte hinter den von
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S T A C K M A N N gemachten Angaben der Bezugsmöglichkeiten eine inhaltliche Erläuterung mindestens des unter 3.3.5 diskutierten Genauigkeitsgrades liegen.
3 .4.4 Das Fazit aus dem Gesagten kann nur lauten: Die Prüfung der Verteilung von Formalem und Semantik in den Artikeln ist selbst eine Sache der Interpretation; es können also keine Zählungen vorgenommen werden. Ich beschränke mich im weiteren deshalb auf die klareren Fälle und komme zu folgenden Tendenzaussagen. (1) Eine Reihe von Artikeln ist für die oberste Gliederungsebene überhaupt nicht unter dem Gesichtspunkt interpretierbar, ob Syntax oder Formales als Kriterium in Betracht kommen. So werden unter adel Α alle diejenigen Belegstellen genannt, in denen der Bezugsgegenstand ,Adel' als „Hauptthema" fungiert; unter Β folgen alle „übrigen Vorkommen". ,Hauptthema' ist ein textlinguistisches, sicher kein syntaktisches, aber auch kein semantisches Gliederungskriterium. (2) In Einzelfällen können die Kriterien auf einer Ebene wechseln; man vgl. angeboren : 1. Angeboren, 2. Substantiviert. (3) Die Artikel der Klein- und Massenwörter werden auf einer obersten Gliederungsebene in aller Regel nach formalen Gesichtspunkten unterteilt; vgl. z.B. al [...] I Flektiert. [...]. II Unflektiert. [...]. III Erstarrte Kasusformen·, ähnliche Beispiele s.v. abe, ach, alse, ander, äne, an(e), baz. Den obersten Gliederungsmarken kann, aber muß nicht, auf der zweiten bis vierten Ebene eine Bedeutungsangabe linear nachgeordnet sein, so unter al IΑ Singular die Angabe all, jeder, ganz-, außerdem kann auf einer der Ebenen ausschließlich eine Bedeutungsangabe stehen, so unter al D 1.: Immer, 2. Freilich. Im übrigen widerlegen die Beispiele die Aussage der Einleitung, daß „bei den Massenwörtern generell auf eine Feingliederung verzichtet" wurde (S. XVII). (4) Eine geringere Anzahl von Artikeln zu Klein- und Massenwörtern gliedert sich ausschließlich semantisch, z.B. aber. 1. Wieder, wiederum, abermals, 2. Anderseits, dagegen. (5) Eine Reihe von Artikeln zu Vollwörtern wird auf der obersten Gliederungsebene nur nach formalen Kriterien beschrieben. So lautet die Gliederung zu brechen: Α Transitiv, Β Intransitiv, erst danach folgen semantische Angaben. Der umgekehrte Fall tritt allerdings häufiger auf: ammet etwa bedeutet 1. Dienst, den jemand zu leisten hat, Aufgabe, 2. Mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattete Stellung·, formale Untergliederungen können fehlen (wie bei ammet, angesihte, arebeit, ban), müssen dies aber nicht (wie bei arc). (6) Unabhängig davon, ob die Gliederung nach formalen Gesichtspunkten diejenige nach semantischen dominiert oder umgekehrt, bestimmen erstere die Mehrzahl gerade der längeren Artikel sehr deutlich. Typisch in dieser Hinsicht ist etwa die Behandlung von ere: Nach einer Synonymenangabe, nämlich Ehre, und einem zusätzlichen Kommentar, der über die „recht allgemeine" Verwendung des Wortes für .Ansehen' informiert, folgt ein rein formales Gliederungsgerüst. Es sei hier in seiner vollen Länge und Differenzierung wiedergegeben: I Nominativ 1. Allein stehend 2. In Zwillingsformeln II Genitiv Α Singular. Das regierende Substantiv 1. geht voraus, 2. folgt Β Plural25, abhängig von
25 Auf die fachsyntaktische Problematik von Ausdrücken wie Plural, abhängig von 1. einem Verbum, in denen strikt genommen die Abhängigkeit eines Numerus vom Verb behauptet wird, gehe ich hier nicht ein; ein zweites Problem wiegt schwerer: Die Feminina der o-Deklination werden flexivisch bereits im Mhd. mit den schwachen Feminina vermischt; die Interpretation von Formen wie eren hätte also der Begründung oder mindestens eines Unsicherheitshinweises bedurft. Anders ausgedrückt: Die von STACKMANN vorgenommene Formenbestimmung entspricht dem Bild der Mhd. Gr., § 183, wo von ere gesagt wird, daß es die o-Deklination relativ rein erhält; sie stützt umgekehrt die Aussage der Grammatik (für spätere Auflagen), der Zirkel ist perfekt. Völlig unbehandelt bleibt die alte Frage, ob mit möglichen Pluralformen von ere eher
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1. einem Verbum 2. einem Adjektiv 3. nicht26 4. einem substantivischen Pronomen 5. einem substantivierten Infinitiv 6. einem Substantiv. Das Substantiv a geht dem Infinitiv vorauf b folgt dem Genitiv III Dativ Plural IV Akkusativ 1. Allein stehend 2. In Zwillungsformeln 3. In Aufzählungen mit drei und mehr Gliedern V Mit Präposition 1. an 2. bi 3. durch 4. in 5. mit 6. nach 7.0/ 8. 9. vor 10.zuo VI Personifiziert 1. Ohne den Zusatz vrou 2. Vrou Ere a Nominativ b Genitiv c Akkusativ d Mit Präposition.
3.4.5 Insbesondere die Menge der ähnlich wie ere gegliederten Artikel läßt mich zu dem Schluß kommen, daß der in der Einleitung angekündigte (S. XVII) grundsätzliche Vorrang der Semantik vor allem Formalen im Wörterbuch selber in allzu vielen Fällen nicht vollzogen ist. Umgekehrt ausgedrückt: Die auf Formales bezogene Information wird in vielen Artikeln (vgl. guot als Adj., Ion, Idp, sehen, tot als Adj. und Subst., triuwe) so ausdifferenziert, daß nach meinem Urteil kein sinnvolles Beschreibungsanliegen mehr erkennbar ist. Warum muß einem an FRAUENLOB Interessierten in einem durchgestalteten Gliederungsgerüst zumindest der Form
nach mitgeteilt werden, daß das Wort ere mit den Präpositionen cm, bi, durch usw. gebraucht wird, während gleichzeitig die Bedeutungserläuterung auf einen in Wirklichkeit negativen Hinweis, nämlich auf die „recht allgemeine" Verwendung des Wortes, reduziert ist? Leider muß festgestellt werden, daß das Streben nach einem schnellen lexikographischen Erfolg, das ansonsten fur Indices typisch ist, in die Bedeutungslexikographie interferiert hat. 3.4.6 Die vorgenommene Behandlung des Gewichtes semantischer und formaler Gliederungsgesichtspunkte stand - dies sei kurz in Erinnerung gerufen - unter dem Aspekt, daß im die einzelnen Ehrbezeugungen, mit dem Singular eher das Abstraktum gemeint ist. Aussagen dieser Art wären genuin lexikographischer Natur. 26 Die Nichtübereinstimmung der Schreibgestalt einiger Wörter dieser Zusammenstellung mit dem entsprechenden Lemmaansatz im Wörterbuch ergibt sich aus der Differenz zwischen der Schreibform des Editionstextes und dem Ansatz der Wörteibuchlemmata nach LEXER.
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FRAUENLOB-WÖRTERBUCH Autortypisches gegenüber dem Einzeltextstellenspezifischen eine geringere Gewichtung habe. Die hohe Rolle formal orientierter Gliederungsgesichtspunkte muß nun also auf die Aussage des Gewichtes der einzelnen Textstelle bezogen werden. Dies könnte wie folgt geschehen: Betrachtet man einen Wörterbuchartikel als Text, dann sind Aussagen wie „ere [...] VMit Präposition. 1. an [...] V, 60, 19. [...] V, 61, 6" rein formal gesehen als Mitteilung mit dem Inhalt lesbar: ere begegnet bei FRAUENLOB mit der Präposition an, und zwar an den Textstellen V, 60, 19; V, 61, 6 (usw.). Dies wäre hinsichtlich des ersten Teils eine den Sprachgebrauch des Autors charakterisierende, hinsichtlich des zweiten Teils eine belegstellenbezogene Aussage. Insgesamt hätte sie aber den Schönheitsfehler, wohl keinen Adressaten zu finden. Sie betrifft etwas absolut Bekanntes oder als bekannt Unterstelltes. Jeder Deutschsprechende seit IDORIH kennt, auch wenn er dies nicht formulieren kann, die Möglichkeit des Vorkommens von ere im Dativ nach an, daß dies auch bei FRAUENLOB SO ist, wird von keinem denkbaren Benutzer als relevant empfunden. Die obige Wörterbuchpassage muß deshalb eher anders, nämlich mit verschobener Thema-Rhema-Verteilung,27 gelesen werden, um zumindest eine Spur von kommunikativem Sinn zu ergeben, etwa wie folgt: ere, begegnend im Dativ nach der Präposition an (bis hierher alles Thema), ist bei FRAUENLOB für die Belege a, b, c an den Stellen x, y, ζ nachzuweisen (Rhema). Bei dieser Lesung wäre die Mitteilung nur auf die Einzelbelege bezogen; sie ließe damit immerhin die Behandlung einer Frage zu wie: Ist ere semantisch dasselbe, wenn es im Dativ nach an gebraucht wird, wie z.B. im Genitiv Singular nach vorausgehendem regierendem Substantiv (obige Position II, A, 1)? Eigentlich gehören Mitteilungen dieser belegstellenbezogenen Art in einen Kommentar. Dort stehen sie aber nicht, und zwar offensichtlich deshalb nicht, weil die in obiger Frage formulierte Möglichkeit der semantischen Differenzierung von Wörtern wie ere kaum vorkommt; das Ergebnis kann deshalb nur lauten: Sie gehören in eine Grammatik. Für das Wörterbuch wären unter an die Verknüpfungsmöglichkeiten mit z.B. Substantiven zu beschreiben, nicht aber unter Substantiven (wie z.B. ere) alle Verknüpfungen mit an. Dieser Darstellungsvorschlag ist übrigens äußerst umfangsrelevant: Die Verbindung aller Substantive mit Präpositionen zu dokumentieren, kostet nun mal sehr viel mehr Raum, als die Verbindungsmöglichkeit der zahlenmäßig weniger ins Gewicht fallenden Präpositionen mit Substantiven (besser noch: mit Typen von Substantiven) zu beschreiben. 3.5
Problemdiskussion IV: Form und Bedeutung in den einzeltextstellenbezogenen Erläuterungen
Innerhalb der einzeltextstellenbezogenen Erläuterungen des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES herrscht ein ausgewogenes Verhältnis der Paraphrasierung von Form und Bedeutung. Im einzelnen gestaltet sich dies wie folgt: 3 .5 .1 Unter dem Stichwort adel steht mit Bezug auf den Beleg uf den (F: dem) adel erheizen... da für ein babes (XI, 6, 7) folgende Erklärung: „Ettmüller (379, 7) hat XI, 6, 7 so hergestellt, daß adel als stM. erscheint. In der GA ist diese Lesung beibehalten worden, da sie den geringsten Eingriff in die Überlieferung erforderte (den statt dem). Über das Genus, das im Original der Strophe stand, ist damit nichts entschieden. Der Übergang vom Neutrum zum Maskulinum vollzog sich im 15. und 16. Jh." (DWB 1, Sp. 1459, 2. Aufl.). - Unter an(e) C 1 findet sich folgende Passage: „Abgrenzung Adverb-Präposition fraglich. Das Verbum merken erscheint einmal eindeutig mit Adverb an: rtu merket an, ich forme... V, 13, 8. Danach eingerichtet: merke an: die sat, die hat spriu underdrungen, die man nicht [] geswungen hat V, 72, 27 „Gliederung von Äußerungen nach kommunikativen Gesichtspunkten" (BUBMANN 1990, S. 784).
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2. An einer dritten Stelle wird die Verbindung von merken mit der Präposition an vorausgesetzt, die im Mhd. Wb. nachgewiesen ist (BMZ II, 1, 66a, 25ff): merket an daz meiste V, *4, 5. Legt man diese Klassifikation zugrunde, dann ist auch in V, 72, 2 eine Konstruktion möglich, bei der an als Präposition mit dem Akkusativ fungiert. Umgekehrt ist aber in V, *4, 5 auch die Annahme eines transitiv gebrauchten unfesten Kompositums möglich". - Beide Stellen, vor allem erstere, enthalten Passagen, die eher in einen Kommentar gehören, dort allerdings nur sehr verkürzt begegnen. Wenn sie dennoch im Wörterbuch erscheinen, so spiegelt dies die editionsphilologisch-formbezogenen Interessen STACKMANNS,28 ohne daß man hier allerdings von einer störenden Schieflage sprechen müßte. 3 .5.2 Es begegnen ferner, und zwar in vergleichbarer Häufigkeit, Artikel, in denen die Semantik dominiert; man vgl. nur die Stichwörter angest, art 5 c, dunst b. Eine geradezu ideale Verbindung von Form- und Bedeutungskommentar findet sich s.v. behurten, biuten, brisen, briuwen, druo usw. 3.5.3 Die insgesamt ausgewogene Behandlung von Form und Bedeutung in den Wörterbuchteilen, die sich auf einzelne Textstellen beziehen, ist offensichtlich ein Niederschlag des Faktums, daß dem Wörterbuch eine Textausgabe mit Kommentar als Ergebnis einer jahrzehntelangen Beschäftigung mit dem Autor vorausging. Das Wörterbuch dagegen ist schneller und nicht mit dem Interesse gestrickt worden, das Meisterschaft verbürgt. Mit anderen Worten: Der Übergang von der Editionstätigkeit zur Lexikographie mit den ihr eigenen Anforderungen speziell an eine autorbezügliche Semantik weist teils qualitative Brüche auf und ist teils überhaupt nicht gelungen bzw. nicht gewollt, weil er nicht als notwendig erkannt wurde. 3.6
Schieflagen des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES und Folgerungen für die Autorenlexikographie
3.6.1 Die in Abschn. 2.1 (Punkt (a)) referierte „rein philologische Zweckbestimmung" des Wörterbuches läßt sich nach der Problemdiskussion wie folgt zusammenfassend charakterisieren: Das Wörterbuch ist stärker auf die Erklärung der einzelnen Textstelle als auf die Herausarbeitung des Autortypischen orientiert; dabei haben die Gliederungsgesichtspunkte eine deutlicher formbezogene als semantische Ausrichtung; bei den an die einzelne Textstelle adressierten Passagen herrscht aber Ausgewogenheit; den Bedeutungen kommt nur reduzierte Aufmerksamkeit zu, speziell die Bedeutungsvernetzung wird höchstens ansatzweise beschrieben. Ich halte die mit diesen Kennzeichen gegebene Abhängigkeit des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES von der Editionsphilologie und der sie begleitenden Kommentartätigkeit für eine seiner Schieflagen, und zwar nicht nur unter lexikographischem Aspekt, sondern auch unter dem Aspekt des Philologieverständnisses. Philologie ist nach der z.B. von GERO VON WILPERT formulierten NormalaufFassung „die Wissenschaft von Sprache und Schrifttum, die den Zusammenhang von Wort und Sinn, damit die Leistung der Dichter in der Sprache [...] erforscht". Die Herstellung des Zusammenhangs von Wort und Sinn darf sich dabei nicht hauptsächlich auf die einzelne Textstelle konzentrieren; es hat vielmehr eine Zusammenschau des Einzelnen zu einem (selbstverständlich interpretativen) Gesamtbild zu erfolgen und wenn möglich eine Hineinstellung dieses Gesamtbildes in das jeweilige Kulturgefuge. Die Konzeptionierung der Autorenlexikographie sollte m.E. nicht von der Editionsphilologie, sondern von einer Philologieauffassung her erfolgen, die das soeben Genannte stärker im Auge hat. Dabei werden die Erkenntnisse der Editionsphilologie nicht negiert; sie sind aber 28 Ähnliche Beispiele finden sich s.v. bekomen 2, bluot und passim.
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nicht unbehauen übernehmbar, sondern auf die Herausarbeitung von Autortypischem zu funktionalisieren. Den BegrifFsnetzen ist dabei besondere Aufmerksamkeit zu widmen. 3 . 6 . 2 Eine zweite Schieflage des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES ergibt sich aus der Entscheidung STACKMANNS, den sog. Vollwörtern den unbedingten Beschreibungsvorrang vor dem Rest des Wortschatzes einzuräumen (Einl., S. X). Auch wenn diese Absicht, wie die unter 3.4.4 angeführten Beispiele beweisen, keine durchgehende Berücksichtigung fand, so ist doch ein deutliches Intensitätsgefälle in der Behandlung von Vollwörtern einerseits und Klein- und Massenwörtern andererseits zu konstatieren. Dies sei an Hand der Abb. 2 über das sog. Reflexivpronomen veranschaulicht. S I C H Reflexivpron. Sich. 1. Allgemein: 1,3,13. 1,7,6. 1,7,15. 1,8,22. I, 10,12. 1,10,18. 1,11,13. 1,11,18. 1,11,20. 1,11,22. 1,12,4. 1,12,17. 1,12,26. 1,13,16. 1,13,39. 1,15,30. I,17,1. 1,17,2. 1,17,4. 1,17,24. 1,17,29. 1,18,3. I, 19,21. 1,19,22. 1,19,27. 1,19,29. 1,20,9. 11,3,5. II, 6.1. 11,6,7. 11,8,1. 11,8,5. 11,8,6. 11,9,12. 11,10,4. II,10,5. 11,12,2. 11,12,7. 11,12,8. 11,14,1. 11,14,2. II,14,3. 11,14,4. 11,16,18. 11,21,17. 11,21,20. III, 8.2. 111,8,4. 111,8,5. 111,13,1. 111,21,4. 111,21,6. III,22,1. 111,25,4. 111,28,4. 111,28,6. 111,29,6. III, 29.10. 111,32,2. IV,3,5. IV,4,7. IV,7,12. IV,8,7. IV,9,12. IV,11,5. IV,12,6. IV,12,8. V,L,12. V, 1,19. V,»3,18. V,9,7. V,9,13. V,10,10. V,»12,16. V,13,12. V,17,6. V,17,10. V,18,8. V, 18.11. V,18,17. V,18,18. V,21,6. V.21,7. V, 23,19. V.24,9. V.24,11. V,25,5. V,26,3. V,26,5. V,26,12. V,26,17. V,28,19. V,29,9. V,32,2. V, 32,4. V,32,6. V.34,12. V,34,19. V,35,5. V,36,18. V,36,19. V.38,4. V.40,11. V.42,6. V,42,10. V, 43,6. V.43,12. V,44,9. V,44,17. V,46,I6. V, 47.11. V.49,2. V.50,5. V.50,12. V,51,9. V,52,19. V,54,14. V.54,16. V,55,I. V,55,19. V,56,7. V, 56.12. V,56,19. V,57,11. V.58,3. V,60,5. V.61,5. V,63,12. V.64,3. V,»66,19. V.68,1. V,68,L. V, 68,8. V,70,17. V,72,10. V.72,14. V,74,18. V, 76,11. V,78,5. V,82,17. V,83,7. V,86,7. V,87,LL. V,88,19. V,89,3. V,89,LL. V,95,14. V,97,7. V, 97,11. V,97,I8. V.100,9. V,106,12. V,106,17. V.108 G,9. V,108 G,11. V.109 G,5. V.109 G,16. V,112,13. V,112,14. V,112,19. V,113,7. V, 114,19. V,120 G,L. V,120 G,11. V.121 G,5. VI, 1,7. VI,2,3. VI,2,4. VI,2,6. VI,3,1. VI,3,10. VI, 4,9. VI,4,13. VI,5,15. VI,11,16. VII,1,17. VII, 8,1. VII,8,11. VII,9,13. VII.L 1,1. VII,11,7. VII,»13,10. VII,17,13. VII,17,14. ABB. 2:
VII,17,15. VII,17,19. VII,18,10. VII,18,19. VII,22,11. VII,23,10. VII,24,7. VII,24,14. VII, 28.9. VII,29,5. VII,29,8. VII,»32,9. VII,»32,10. VII,»32,17. VII,»34,13. VII,35,4. VII,35,15. VII,39,7. VII,39,12. VII,39,19. VII,41 G(?),18. VII,42 G(?),18. VIII,1,16. VIII,3,8. VIII,3,18. VIII,3,21. VIII,4,17. VIII,5,21. VIII,6,7. VIII,7,14. VIII,»9,3. VIII,»10,21. VIII, 12,3. VIII,13,6. VHI,14,3. VIII,14,10. VIII, 14,15. VIII,15,3. VIII,15,5. VIII,15,17. VIII, »21,3. VIII,»21,4. VIII,»25,8. VIII,»25,21. IX, »2,3. IX,6,8. IX,»7,4. IX,8,15. IX,9,11. IX,10,7. IX,10,10. IX,11,17. IX,14,6. IX,16,4. IX,16,9. IX, 16,22. IX, 17,4. IX, 19,5. IX,»20,10. IX, »22,4. X,3,7. X,4,13. X,7,6. X,7,8. X,8,2. X,9,2. X,9,13. X,11,10. XI,1,5. XI,1,7. XI,2,10. XI, 3,10. XI,3,15. XI,5,10. XI,5,16. XI, 8,4. XI,8,10. XI,9,2. XI,9,10. XI,10,9. XI,13,6. XI,13,16. XI,14,6. XII,4,19. XII,5,16. XII,6,16. XIII,2,8. XIII,5,2. XIII,8,7. XIII,9,2. XIII,9,3. XIII,9,6. XIII,9,8. XIII,10,8. XIII,12,1. XIII, 12.6. XIII,13,7. XIII,14,1. XIII,14,3. XIII,16,3. XIII,21,1. XIII,23,4. XIII,26.8. XIII,'»41,5. XIII,44,6. XIII,45,6. XIII,49,1. XIII,49,8. XIII,51,5. XIV,5,4. XIV,14,9. XIV,15,3. XIV, 15.10. XIV,17,1. XIV,21,15. XIV,23,7. XIV, 23,10. XIV,23,14. XIV,23,15. XIV,26,14. 2. In
Verbindung mit Präpositionen; A AN mit dem Akkusativ: 1,14,16. V.72,6. V,100,19. VII,6,15. X,3,9. XII,5,7. XIV, 15,2. Mit dem Dativ: IX,
»7,5. Dativ oder Akkusativ möglich (vgl. Komm., S.94I): IX,»7,20. B IN mit dem Akkusativ: V,94,19. VII,26,II. XIII,30,5. C VÜR: V, 84.7.
DER ARTIKEL sich DES FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES
3.6.2.1 Der Artikel sich vermittelt das Bild, das man von Indices verborum her kennt. Ich komme demnach zu der Schlußfolgerung, daß das FRAUENLOB-WÖRTERBUCH nicht nur durch die Textsortenverwischung von Wörterbuch und Kommentar, sondern für eine hohe Anzahl
Neueste Autorenlexikographie:
Problemerörterung
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von Wörtern auch durch eine offene Grenze zum Index gekennzeichnet ist. Aus der Gegenüberstellung von Vollwörtern und Klein- und Massenwörtern ergeben sich also, wenn man sie konsequent vollzieht und die von STACKMANN vorgenommenen Gewichtungen übernimmt, zwei Texttypen, und zwar - für die Vollwörter das Autoren-Bedeutungswörterbuch, das hier als semasiologisches Wörterbuch verstanden wird, - fur die Klein- und Massenwörter der Index, der hier als Belegstellen-Wörterbuch aufgefaflt wird.
3 .6.2.2 Diese Schieflage zu beheben, ist nur möglich, wenn man entweder die Klein- und Massenwörter schematisch genau so ausfuhrlich wie Vollwörter behandelt (was wohl niemand will) oder wenn man das Vollständigkeitsdogma antastet. Ich meine: Unter der Voraussetzung, daß der Lexikograph des Autorenwörterbuches klipp und klar erklärt, er wolle sich auf so etwas wie den Zentralwortschatz eines Dichterwerkes konzentrieren, auf dasjenige also, was im GOETHE-WÖRTERBUCH (dort Bd. 1, S. 4*) mit dem Ausdruck Grund- und Wesenswörter angesprochen ist, und unter der weiteren Voraussetzung, daß er eine solche Entscheidung nachvollziehbar begründet, ist gegen eine Einschränkung auf jeden Fall des inneren, aber auch des äußeren Vollständigkeitsprinzips nichts einzuwenden. Bei konsequenter Durchführung erhält das Wörterbuch dadurch einen neuen und einheitlichen Wurf. STACKMANN hat die Wendung in die gemeinte Richtung offensichtlich als notwendig erkannt, sie aber zu vorsichtig und fur die einzelnen Einheiten unterschiedlich weitgehend vollzogen, ohne dafür Gründe anzugeben. Er hätte das Messer ruhig schärfer ansetzen sollen. Statt der vorgenommenen 10 Ausnahmen hätte er wesentlich höher gehen und einer Vielzahl von Artikeln dadurch eine straffere Struktur geben können, ohne dabei auf relevante Information verzichten zu müssen. Welchem Zweck dient z.B. die Aufzählung einer vollen Spalte von Belegstellen für sich oder eine ähnlich umfängliche Belegstellendokumentation für gegen, ich, ie, in, ir, kunnen, man, min, mite, müezen, mügen, niht usw., aber auch für semantisch kaum interpretierte sog. Vollwörter wie (geradezu prototypisch, s.u.) guoft 3.6.2.4 Dabei wäre die Unterscheidung von Voll-, Klein- und Massenwörtern vermutlich von selbst hinfällig geworden. Sie liegt, wie immer man diese Worttypen bestimmen mag, quer zu der viel sinnvolleren Einteilung eines Autorenwortschatzes in zentral/relevant/interessant/beschreibungswürdig einerseits und peripher/weniger relevant/uninteressant usw. andererseits. Es gibt weniger relevante Vollwörter, und es gibt höchst relevante Funktionswörter (dies letztere gerade bei einem Autor wie FRAUENLOB2^. Vermutlich ist die Tatsache, daß letztere doch nicht so ganz unberücksichtigt blieben, ein unterschwelliger Ausdruck dieser Erkenntnis. Die Öffnung der Grenze des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES zum Index erfolgt tatsächlich nämlich nicht schnittrein gemäß der Unterscheidung der genannten drei Worttypen.30 Dies liegt einerseits durchaus im Sinne der hier geführten Diskussion, wird in der Ausführung aber an denjenigen Stellen zum Ärgernis, wo zweifelsfreie Vollwörter, was immer das genau sein mag, betroffen sind. Die unter 3 .3 ausführlich dargestellte reduzierte Behandlung der Wortsemantik erscheint von dem hier diskutierten Gesichtspunkt aus als schleichender Übergriff der Textsorte Index auf das semasiologische Autorenwörterbuch. Auch dies sei wieder an einem Beispiel veranschaulicht (s. Abb. 3).
29 Ich gehe auf diesen Punkt hier nicht näher ein, da er eine gewisse Ausführlichkeit verlangt. 30 Dabei konnte das Fehlen der Möglichkeit klarer Abgrenzungen laut 2, 3, 5 nur hilfreich sein.
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G U O T Adj. Gut. Α Attributiv. 1. Vorangestellt: IV, 15,3. V, 1,19. V.10,5. V,10,9. V,27,6. V,35,15. V.40,1. V.50,10. V,57,l. V.57,2. V,57,5. V.57,7. V, 63.13. V,72,17. V,73,l. V,73,17. V,78,19. V, 83.5. so wirt gut rat der vinde V,85,2. V,93,12. V.107 G,12. VI,5,1. VI,5,14. VII, 10,6. VII, 19,7. VII,»33,8. VII,*33,12. VIII,7,16. VIII,»11,3. VIII.» 11,10. IX,14,17. IX,»22,10. X,4,14. X, 5,1. X,5,3. X,5,5. X,5,12. X,6,13. X,9,5. X,9,12. X,10,2. XI,8,6. XI,15,3. XIII,15,1. XIII,36,5. XIII,50,8. XIV,5,2. XIV.30,13. XIV,30,17. 2. Nachgestellt; a Unflektiert: I, 20,20. 11,22,10. IV,17,2. IV,18,3. V,*5,16. V, 18.6. V,8I,7. VIII,5,20. IX,8,21. XI,3,5. XIII, 36,1. Wohl hierher und nicht zu B2: min mut gut f r u t tut 1,12,13. b Flektiert: 1,16,4. V.108 G, 12. XI, 14,1. Β Prädikativ, halbprädikativ. 1. Prädikativ: 1,14,7. IV,20,5. V.52,2. V.57,1. V, 63,17. V,97,6. V,97,13. V.97,14. VI,1,5. VII, 19.14. VIII, 1,19. VIII,8,16. X.5,9. X,6,7. X,6,9. X,8,6. XI,13,15. XI,15,15. XIII.24,8. XIV, 29,10. 2. Halbprädikativ; a Auf das Subjekt bezogen: 1,14,27. man mag gewinnen gut, daz ez nicht heizet gut V,50,l. V,87,19. XIV,17,10. b Auf das Objekt bezogen: V, 73,11. C Substantiviert. 1. Singular; a Maskulinum: 11,11,1. V, 86,10. XII,4,1. b Femininum: 111,33,7. XIV, 17,3. 2. Plural: 11,22,7. V,52,3. V.52,19. Unklar, ob hierher als Gen.Pl.Mask. oder zu Al: XII, 4,14. D vür guot: IV,4,8. VIII,4,7. VHI,7,1. Lesarten: C t 1,10,15. t 1,13,7. t V,49,6.(?) F V, 52,5. J V.108 G.12. F VIII,4,10. F IX,*22,17. F XIII,1,3. F XIII.12,7. h XIII,36,7. ν XIII,40,5. F : XIV, 18,9. Abb.
3:
Der Artikel guot des
FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES
Wenn von guot als einem Zentralwort der gesamten deutschen Wortgeschichte semantisch nichts anderes gesagt wird, als daß es ,gut' bedeute, dann können auch Gliederungskriterien wie Attributiv. Vorangestellt. Nachgestellt das Urteil nicht verhindern, hier liege ein verkappter Index vor. Die Behandlung von guot kann zwar als Vorstufe zu einem Artikel eines Formwörterbuches, nicht aber eines semasiologischen Wörterbuches betrachtet werden, da nur die Morphologie und Syntax der Einheit beobachtet werden. Beides liegt in vorliegendem Falle quer zur Semantik. P. SAPPLERS als Index bezeichnetes Belegstellenwörterbuch zu HEINRICH KAUFRINGER enthält jedenfalls kaum weniger als STACKMANNS Wörterbuchartikel guot. - Im übrigen räume ich ein, daß vergleichbare Beispiele (etwa gar, gern als Verb) nicht so ausgeprägt sind wie guot. 3 .6.3 Hinsichtlich des Verhältnisses von Belegtext-Wörterbuch und Autoren-Bedeutungswörterbuch kann analog argumentiert werden. Ich will dies hier nicht im einzelnen ausführen, son-
Neueste Autorenlexikographie:
Problemerörterung..
231
d e m lediglich auf folgende Problempunkte der Belegbehandlung im FRAUENLOB-WÖRTERBUCH hinweisen: (1) Belege bilden eine der Säulen, wenn nicht die Hauptsäule des Wörterbuches. (2) Sie sind in aller Regel durch einen so engen äußeren und inneren Schnitt gekennzeichnet, daß sie in einer hohen Anzahl von Fällen isoliert nicht oder nur mit sehr viel Unsicherheiten verstehbar sind. Der enge Belegschnitt hat vermutlich den Grund, daß der Nachschlagende von vorneherein auf die Notwendigkeit der gleichzeitigen Einsicht in die Texte verwiesen wird. Möglicherweise (es wird nicht diskutiert) sieht STACKMANN die gleichzeitige interdependente Benutzung von Wörterbuch und Text als genuinen Zweck und damit als typologisches Charakteristicum des Autoren-Bedeutungswörterbuches an. Das führt zwar wieder zu Abgrenzungsproblemen gegen den Kommentar, ist aber ein vertretbarer Standpunkt (wenn auch nicht meiner). (3) Belegkommentare aller Art werden verstreut über das gesamte Wörterbuch gegeben. (4) Sieht man das Gewicht der Belege und der Belegkommentare auf dem Hintergrund der reduzierten Bedeutungsbeschreibung, so tendiert das FRAUENLOB-WÖRTERBUCH zum Belegtext-Wörterbuch, also einerseits zur Konkordanz und andererseits zum Kommentar. 3.6.4 Eine unbezweifelbare Schieflage des FRAUENLOB-WÖRTERBUCHES ergibt sich daraus, daß einzelne Artikel und Artikeltypen offensichtlich nicht vollständig fertiggestellt wurden. Ich belege dies an zwei Beispielgruppen. 3.6.4.1 D i e verbalen Präfixkomposita haben der Arbeitsstelle besondere Probleme bereitet. Dafür spricht sowohl die apologetisch klingende Aussage ihres nur „zurückhaltend" (Einl., S. XII) vorgenommenen Ansatzes als Lemmata w i e der Niederschlag des diesbezüglichen Ringens im Wörterbuch selber. Schon v o m äußeren Bild her fällt auf, daß die in den meisten Wörterbüchern des Deutschen, darunter auch in der Neubearbeitung des GRiMMschen Wörterbuches, sehr ausfuhrlichen Lemmastrecken mit ab-, an-, auf-, aus-, durch-, ein- u s w im Wörterbuch zur FRAUENLOB-Ausgabe im allgemeinen keine auch nur annähernd vergleichbare Entsprechung finden, zu abe findet sich nur abenemen, zu an(e) sind es 6 Ansätze, zu durch 31, zu in (= nhd. ein) 5, zu üf (= auf) 13, zu uz (= aus) 4. D i e s e Zahlenrelationen durch das Corpus gedeckt zu sehen, erfordert einiges Vertrauen, d.h. Kontrolle. Ein Blick in die Artikel zu den meist als Adverbien ausgewiesenen Wörtern abe, an(e) usw. ergibt folgendes Bild: - Unter abe werden 9 als „unfest" charakterisierte Verbalkomposita genannt, darunter befindet sich auch abenemen, aber nicht als Verweislemma (also nicht in Kapitälchen) und mit einer anderen Belegstellenangabe als unter dem Lemma abenemen-, Hinweise auf die Syntax der Fräfixverben erfolgen nicht. - Unter an(e) finden sich 21 Nennungen von Verbkomposita; auf die Frage, ob sie fest oder unfest seien, wird nicht eingegangen; dagegen werden die Kasusverbindungen (mit Akkusativ, Dativ usw.) genannt. Zusätzlich wird (in Kapitälchen) auf den Artikel anegesigen (und nur auf diesen) verwiesen und sein Vorkommen in Belegstellenangaben dokumentiert; s.v. anegesigen stehen dann zusätzlich die Belege, und zwar wieder (hier sinnvollerweise) mit Belegstellenangaben; letztere kann man also an 2 Stellen nachlesen. - Unter durch werden überhaupt keine Verbalkomposita genannt, auch Verweise fehlen. Die 31 ArcA-Verben erfahren unter eigenen Ansätzen eine Behandlung, und zwar ohne Angaben zur Syntax; unter diesem Aspekt fallen also die durch-Artikel hinter die diesbezügliche Behandlung der onfe>Nennungen zurück. - Unter in findet sich der Hinweis Unmittelbar auf Verben bezogen·, es erfolgt keine Angabe über ihre Festigkeit und über ihre Syntagmatik; die genannten S Einheiten erscheinen nicht als eigene Lemmata. - Die Befunde zu üf und uz entsprechen denjenigen von durch. Nach diesen Beispielen ist leider zu konstatieren, daß v o n einem Konzept hinsichtlich der B e handlung v o n Verbalkomposita auch nicht annähernd die R e d e sein kann. Vielmehr lassen sich folgende arbeitsstelleninternen Vorgänge rekonstruieren: Man ging vermutlich von einem nicht lemmatisierten Rohindex (= Schreibformenindex) aus. D a in diesem Präfixe, die in syntaktischer Distanz z u m Verb stehen, hinsichtlich ihrer Schreibgestalt nicht v o n den entsprechenden Adverbien unterscheidbar sind, mußte man mit der Bearbeitung v o n Schreibformen wie abe,
232
Oskar Reichmann
an(e) usw. beginnen. Zeigte sich dabei, daß eine Schreibeinheit Teil eines Präfixverbs war, hatte sich der jeweilige Bearbeiter irgendwie zu verhalten. Regeln, die die Einheitlichkeit der notwendigen Entscheidungen gesichert hätten, waren offensichtlich nicht vorhanden. Mitarbeiter Α entschied sich dementsprechend am Tage χ für die bloße Nennung des gerade auftauchenden Präfixverbs sowie seine Charakterisierung als unfest, und zwar unter dem dem Präfix schreibgleichen Adverblemma; Mitarbeiter Β faßte einen ähnlichen Entschluß, garnierte die Nennung aber mit einigen syntaktischen Angaben; ein zufälliges Verweislemma konnte in solchen Fällen nicht schaden. Am Tage y entschieden sich Α und Β anläßlich der Bearbeitung anderer Einheiten fiir einen eigenen Artikel pro Präfixverb oder auch sowohl für die Nennung unter dem Adverb und einen zusätzlichen Artikel (jeweils mit eigenen Belegstellen); dabei hatten sie ihre andersgerichtete Entscheidung vom Tage x, da sie offensichtlich nicht schriftlich fixiert worden war, entweder vergessen, oder sie hatten Gründe fiir die Uneinheitlichkeit des Verfahrens, schrieben diese aber wiederum nirgendwo auf. Mitarbeiter C war von vorneherein der Auffassung, man solle Präfixverben nicht unter dem schreibgleichen Adverb, sondern in einem eigenen Artikel bearbeiten; infolgedessen verzichtete er auf ihre Nennung unter dem Adverblemma. Wechselseitige Kontrollen und eine Endkontrolle scheint es nicht gegeben zu haben. Eine besondere Aufmerksamkeit scheint den durch- Verben zuteil geworden zu sein; ich vermute, daß man diese Bildungen in Göttingen in der Folge ihrer Behandlung im DEUTSCHEN WÖRTERBUCH (Neubearbeitung) nicht so einfach durchgehen, durchlaufen, durchlassen konnte wie z.B. abe und an(e). Sollte diese Vermutung die Realität treffen, so ergibt sich der schwerwiegende Verdacht, daß eine Reihe von Präfixverben infolge des oben angenommenen Ausgehens von einem Rohindex überhaupt nicht identifiziert ist, also weder unter dem Präfix noch als eigenes Lemma erscheint. In Verdachtsfällen dieser Art prüft man genauer, ob die auffallende Relation von nacheinander 9, 6, 31, 5, 13, 4 Bildungen für ab-, an(e)-, durch-, in-, üf-, üz- irgendwie mit entsprechenden Relationen für nhd. ab-, an-, durch-, ein-, auf-, aus- kompatibel ist. Auch wenn man vergleichsstörende Faktoren, wie z.B. die Sprachdistanz zwischen Mittel- und Neuhochdeutsch oder die möglicherweise gegebene Besonderheit der Sprache FRAUENLOBS, mit in die Betrachtung einbezieht, will die Relationierung nicht recht gelingen. Die Tatsache, daß alle für die ab-, an(e)-, durch-, in-, üf- und üz-Verben angeführten Belege nur 3 Fälle von Distanzstellung aufweisen, erhärtet den Verdacht. Die damit notwendig gewordene Prüfung wurde am Beispiel deijenigen 11 Belegstellen von uz31 durchgeführt, die im Wörterbuchartikel als Adverb klassifiziert sind. Dabei fanden sich 5 Ausdrücke, und zwar üzerkiesen, üzlassen, üzschepfen, üzschwimmen und üzsenden, die nach meinem Urteil als Präfixverben aufgefaßt werden müssen, aber nicht nur nicht als solche erscheinen, sondern sogar als Allein stehend gekennzeichnet werden. Im einzelnen liegen die Verhältnisse wie folgt: üzerkiesen: swer aber heldet gotes bot, des nam ist uzerkorn (IX, 21, \%),frou Ere hat sie uz erkorn (XI, 14, 15). - Beide Ausdrücke finden sich unter dem Lemma erkiesen (unter Position d „Mit Adverb i?z"). Ferner gibt es ein Verweislemma uzerkorn (mit Verweis auf erkiesen), wobei es mir hier nicht darauf ankommt, ob man die beiden Belegformen als Verb oder als partizipiales Adjektiv lemmatisiert. üzlassen: v/7 rede muz dicke lüge uz lan (VII, 19, 18). - Der Beleg findet sich unter Iäzen II, B, 2. 31 Ein besonderes Problem bildet die Zusammenfassung von uz, üze und uzen unter 1 Lemma; ich gehe darauf nicht ein.
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Problemerörterung
233
fizschepfen: Swer mit sin selbes könne sins lobes brunnen schepfet uz (VI, 7, 7). D i e Folgezeile hat als Reimwort struz, die Distanzstellung hat also Gründe. Im übrigen handelt es sich u m ein Beispiel fur einen im Frühneuhochdeutschen dutzendfach belegten Wortbildungstyp. 3 2 D e r B e l e g findet sich wieder unter s c h e p f e n c, und zwar als Kombination v o n Verb mit Akkusativ und Adverb uz. fizschwimmen: in voller maze er schenket in, [ ] der lichte uz swumme, sol er ein tiefez wazzer waten (V, 75, 11). - D e r B e l e g steht s.v. swimmen, diesmal ohne Hinweis auf eine Verb-Adverb-Verbindung. u z s e n d e n : so ist sie [die Kirche] uz gesant s e n d e n A, 1, c.
(IX, 13, 22). - D e r B e l e g findet sich unter
D i e Durchbrechung des Vollständigkeitsprinzips ist offensichtlich. D a s Prinzip ist aber bereits dann angetastet, w e n n Präfixverben, statt in einem eigenen Artikel behandelt zu werden, unter dem ihrem Präfix schreibgleichen Adverb lediglich eine Erwähnung und möglicherweise B e handlung hinsichtlich einiger ihrer Formkennzeichen finden. D i e Differenz z w i s c h e n ihrer Darstellung im FRAUENLOB-WÖRTERBUCH und einem ausgeführten Artikel soll am Beispiel v o n anesehen veranschaulicht werden. STACKMANN behandelt dieses Wort w i e folgt: an(e) [...] Α Adverb. 1. Allein stehend; in Verbindung [...] mit Akkusativ [...] sehen [+ 11 Belegstellenangaben]. N a c h d e m Beschreibungsrahmen d e s FRÜHNEUHOCHDEUTSCHEN WÖRTERBUCHES, aber mit d e m Differenzierungsgrad, den die Textlexikographie verlangt, würde folgender Artikel zustandegekommen sein: ansehen, V. um., abl. 1. >etw. (konkret Gedachtes) direkt, sinnlich wahrnehmen, vor sich sehenohne daß etw. unterschoben wirddas Unterschieben (GEORGES 2, 2964)]. 2. >jn. anschauend, betrachtend zum Vorbild nehmern. Beleg V, 17, 4: secht an den behenden [Waldemar von Brandenburg], | der triuwe ein gruntfeste
ellenthaft.
3. >etw. (Gegenständliches, Vorgängliches, eine Handlung), das metaphorisch für moralisch-geistige, künsüerische oder soziale Gegebenheiten steht oder Teil eines poetischen Bildes ist, anschauen, sinnlich prüfend, wägend betrachten, sich etw. vor Augen führenInnerstes LIGA - Leuazeicbengestaltangabe 'Treffen· > GrA - Grauatische Angabe > CA - Genusangabe "das" +—> SU - Seiantischer Koiientar > SSU - Seiantischer Subkouentar 1. Stufe •--> RAA - Polyseiieangabe (arabisch) "1 i—> PragSeiA - Pragiatisch-Seiantische Angabe I +--> BA - Bedeutungsangabe I •--> BPA - Bedeutungsparaphrasenangabe "lusauenkunft , Begegnung' i—> BeiGA - Beispielgruppenangabe +—> BeiA - Beispielangabe 'regeliiBige , seltene treffen' > BeiA - Beispielangabe 'ein Treffen der Abiturienten' +--> BeiA - Beispielangabe "ein Treffen der Au&eniinister" +-> BeiA - Beispielangabe "ein Treffen verabreden , veranstalten· •--> BeiA - Beispielangabe "an einen Treffen teilnehmen' •--> BeiA - Beispielangabe "zu einet Treffen kouen . ' +—> SSKl - Seiantischer Subkonentar 1. Stufe 4—> PAA - Polyseiieangabe (arabisch) '2 . ' +—> PragSeiA - Pragiatiscb-Seiantiscbe Angabe > PragA - Pragiatiscbe Angabe " l i l i t i r . veraltet' > BA - Bedeutungsangabe > BPA - Bedeutungsparaphrasenangabe 'Gefecht' +—> BeiGA - Beispielgruppenangabe +—> BeiA - Beispielangabe 'frische Truppen ins Treffen führen .· +—> SSK1 - Seiantischer Subkouentar 1. Stufe > PAA - Polyseiieangabe (arabisch) '3 . ' > PragSeiA - Pragiatisch-Seiantische Angabe +—> PragA - Praktische Angabe 'Sport' t—> BA - Bedeutungsangabe •--> BPA - Bedeutungsparaphrasenangabe 'Hettkaipf* +--> BeiGA - Beispielgruppenangabe +--> BeiA - Beispielangabe 'ein faires , spannendes Treffen* +—> BeiA - Beispielangabe 'das Treffen endete unentschieden" •--> BeiA - Beispielangabe "sie konnte das Treffen für sich entscheiden . ' > PKP - Postkonentar zur Phraseologie > SKP - Subkouentar zur Phraseologie +--> PragA - Pragiatische Angabe "geh +--> PhrasA - Phraseiangabe "etwas ins Treffen führen' •--> KPB - Koiientar zur Phraseibedeutung +--> PBA - Phraseibedeutungsangabe "etwas als Arguient vorbringen . ' Abb. 4:
Parsebaum zum Lemma Treffen im DUDEN-2
sehe Forschungsergebnisse und Methoden von großem Nutzen sind, wenn sie entsprechend an die computerlexikographische Praxis adaptiert werden.
4 Maschinelle Analyse von Wörterbuchtexten in der Computerlexikographie Zu vielen neueren Wörterbüchern gibt es sog. Satzbanddateien, die bei der Drucklegung des Wörterbuchs mittels einer Lichtsatzmaschine entstehen. Abb. 3 zeigt den Wörterbucheintrag zum Lemma Treffen des DUDEN-2; oben in der Form, in der er im Wörterbuch erscheint, un-
Metalexikographische
Methoden in der
Computerlexikographie
245
ten in der Form, in der er auf dem Satzband repräsentiert ist. Man sieht, daß die Repräsentation des Wörterbuchtextes in der Satzbanddatei stark vom Layout des Wörterbuchs und den idiosynkratischen Steuerkodes der Lichtsatzmaschine geprägt ist. In dieser Form kann der Wörterbuchtext weder in computerlinguistischen Extraktionsexperimenten verwendet werden noch ist er für die computerunterstützte Lexikographie - etwa für eine Neubearbeitung des Wörterbuchs - geeignet. Um die Satzbandrepräsentationen von Wörterbüchern maschinell in ein zur Wiederverwendung geeignetes Format zu überführen, wurden in der Computerlexikographie sog. Wörterbuchparser entwickelt. Ein Wörterbuchparser ist ein Programmsystem, das einen auf Satzband gespeicherten Wörterbuchtext in seine zentralen Gliederungseinheiten, die Wörterbuchartikel, zerlegt und diesen dann, relativ zu einer vorgegeben Artikelstrukturgrammatik, eine Strukturbeschreibung zuweist. Abb. 3 zeigt die Strukturbeschreibung zum Lemma Treffen, w i e sie v o n d e m W ö r t e r b u c h p a r s e r LEXPARSE (HAUSER & STORRER 1994) nach e r f o l g -
reicher maschineller Strukturanalyse des Satzbandtextes ausgegeben wird. Es wird deutlich, daß in einer solchen Repräsentation alle lexikographischen Angaben einer bestimmten Angabenklasse zugeordnet sind, so daß entsprechende Computerprogramme gezielt Struktur- und Wertebereichsanalysen durchführen können. Aus diesem Grund werden Wörterbücher, deren Artikel in dieser Weise repräsentiert sind, auch als Wörterbuchdatenbanken bezeichnet. Bislang standen bei der Diskussion des Wörterbuchparsings computerlinguistische Fragen, z.B. nach Systemfünktionalität, effizienten Parsingstrategien und geeigneten Grammatikformalismen, im Vordergrund.11 Die Frage, wie bei der Entwicklung von Grammatiken für das Wörterbuchparsing methodisch vorzugehen sei, wurde nur am Rande behandelt. Für die praktische Arbeit des Wörterbuchparsings ist aber die Analyse der Wörterbuchartikel und die Entwicklung einer solchen Grammatik eine zentrale Aufgabe, die zudem nicht den Entwicklern des Parsingsystems überlassen werden kann, sondern die Zusammenarbeit zwischen Systementwicklern und metalexikographisch geschulten (Computer)lexikographen erfordert. Um eine sinnvolle Arbeitsteilung zwischen diesen Gruppen zu ermöglichen und die Diskussion über die Analyseergebnisse zu erleichtern, wird neben einer einheitlichen Terminologie für die zu analysierenden Gegenstände eine Methode benötigt, die die zu bewältigende Aufgabe in Teilschritte zerlegt. Eine solche Methode möchte ich im folgenden zur Diskussion stellen.
5 ΜΕΤΑ: Methode zur /4rtikelstrukturanalyse fur das Wörterbuchparsing ΜΕΤΑ wurde in dem an der Universität Tübingen durchgeführten ELWIS-Projekt12 zur korpusunterstützten Entwicklung lexikalischer Wissensbasen entwickelt und erprobt. Der ursprüngliche Zweck von ΜΕΤΑ war es, die im Projekt beschäftigten Hilfskräfte bei der Entwicklung von Artikelstrukturgrammatiken für die vorhandenen Wörterbuchdaten13 anzuleiten und das methodische Vorgehen in computerlinguistischen Seminaren an Studierende vermitteln zu können. Die Methode ist jedoch generell für alle Projekte geeignet, die mit dem Parsen von Wörterbüchern befaßt sind.
11
V g l . NEFF & BOGURAEV 1 9 9 0 ; BLÄSI & KOCH 1 9 9 2 ; HAUSER 1 9 9 3 ; HAUSER & STORRER 1 9 9 4 .
12
V g l . STORRER et al. 1 9 9 4 .
13 Es handelt sich um Teile der Satzbänder des DUDEN-2 und des DUDEN-10; unser Dank geht an Dr. M. WERMKE und die Duden-Redaküon, die uns diese Daten für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt haben.
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Angelika Storrer
Das vierschrittige Vorgehen in ΜΕΤΑ orientiert sich zunächst am gedruckten Wörterbuchtext und geht erst im dritten Schritt über zu einer ergänzenden Analyse des Satzbandes. Gegenüber der direkten Analyse des Satzbandtextes hat dies folgende Vorteile: Wie aus der in Abb. 3 gezeigten Gegenüberstellung von Wörterbuchtext und Satzbandtext unschwer ersichtlich wird, ist der Aulbau der Wörterbuchartikel am Wörterbuchtext wesentlich besser erkennbar. Häufig läßt sich die Funktion von Segmenten des Satzbandtextes überhaupt nur durch den Vergleich mit dem Wörterbuchtext zuordnen. Die in Schritt 3 zu vollziehende Unterscheidung zwischen strukturrelevanten und strukturirrelevanten Segmenten des Satzbandtextes setzt bereits eine genaue Analyse der gedruckten Form des Wörterbuchtextes voraus. Die Methode ermöglicht prinzipiell eine Arbeitsteilung zwischen (Meta)lexikographen und Systementwicklern: Da die Schritte 1 und 2 auf dem gedruckten Wörterbuch basieren und noch unabhängig von einem bestimmten Wörterbuchparser sind, können sie von den Lexikographen selbst durchgeführt werden, sofern diese in der Lage sind, Teil-Ganzes und Abfolgebeziehungen zwischen lexikographischen Textsegmenten mit Hilfe kontextfreier Ersetzungsregeln zu formulieren. Auf dieser Basis können sich die Systementwickler in den Schritten 3 und 4 dann auf die Lösung spezieller Parsingprobleme konzentrieren, wobei die in Schritt 4 erfolgende Fehleranalyse wiederum Rückkopplung mit den Lexikographen erfordert. Die Analyse des gedruckten Wörterbuchtextes kann auf der Grundlage der Methode der funktional-positionalen Segmentation erfolgen, die von H.E. W L E G A N D im Rahmen seiner Theorie lexikographischer Texte zur Analyse von Wörterbuchstrukturen vorgeschlagen wurde. 14 Die für das Parsing wichtige Trennung in Angaben, typographische und nichttypographische Strukturanzeiger (s.u.), wird durch die Abfolge der methodischen Schritte reflektiert. Nach einer kurzen Einführung in die metalexikographischen Grundbegriffe, die für das Verständnis der META-Methode unabdingbar sind,15 werden in den folgenden Abschnitten die methodischen Schritte im einzelnen besprochen und die Unterschiede zwischen computerlexikographischer und metalexikographischer Analyse von Wörterbuchtexten herausgestellt. 5.1
Funktional-positionale Segmentation und Artikelstrukturgranunatiken
Nach der Methode der funktional-positionalen Segmentation werden Wörterbuchartikel so lange in funktionale Textsegmente zerlegt, bis die entstehenden Segmente unter funktionalem Gesichtspunkt nicht mehr weiter segmentierbar sind. Dabei lassen sich zwei Typen von Textsegmenten unterscheiden: Lexikographische Angaben und nicht-typographische Strukturanzeiger, mit denen Angaben und Angabegruppen voneinander abgegrenzt werden. Aus den lexikographischen Angaben lassen sich Informationen zum Wörterbuchgegenstand erschließen; diese können - in Abhängigkeit von dem mit der Angabe verfolgten Zweck - disjunkten Klassen von Angaben zugeordnet werden. Nichttypographische Strukturanzeiger und typographische Strukturanzeiger, d.h., die Schriftarten und Schrifttypen, in denen Angaben bestimmter Klassen erscheinen, fungieren als Orientierungshilfen, durch die ein rasches und gezieltes Auffinden der gesuchten Information unterstützt wird.
14 Wir orientieren uns an der Darstellung der Methode in WIEGAND 1991a, Abschnitt 4.1. 15 Die nachfolgenden Erläuterungen zu metalexikographischen Termini wie Mikrostruktur, Strukturanzeiger und lexikographische Angabe haben die Funktion, die Grundideen von ΜΕΤΑ auch fiir diejenigen verstehbar zu machen, die nicht mit der Theorie lexikographischer Texte vertraut sind. Die Erläuterungen sind deshalb oft stark vereinfachend; für die exakten Definitionen verweisen wir auf die entsprechende Spezialliteratur.
Metalexikographische Methoden in der Computerlexikographie
247
Zwischen den funktionalen Textsegmenten eines Wörterbuchartikels bestehen verschiedene strukturprägende Relationen, von denen zwei fur die in ΜΕΤΑ durchzuführenden Analysen relevant sind: Eine Teil-Ganzes-Relation, die auf der Menge der funktionalen Textsegmente definiert ist und damit die partitive Artikelstruktur festlegt. Eine Vorgänger-Nachfolger-Relation, die auf der Menge der elementaren, nicht weiter segmentierbaren funktionalen Textsegmente definiert ist und damit die präzedentive Artikelstruktur festlegt. Beide Relationen gemeinsam determinieren die konkrete hierarchische Artikelstruktur eines Wörterbuchs.16 Während die konkrete Artikelstruktur alle funktionalen Textsegmente, also auch die nichttypographischen Strukturanzeiger berücksichtigt, wird die konkrete hierarchische Mikrostruktur eines Wörterbuchartikels lediglich durch Teil-Ganzes- und VorgängerNachfolger-Beziehungen zwischen lexikographischen Angaben konstituiert. Die Methode der funktional-positionalen Segmentation trägt dieser Unterscheidung durch verschiedene Varianten Rechnung:17 - Bei der nicht-exhaustiven Variante der funktional-positionalen Segmentation werden nur lexikographische Angaben berücksichtigt, d.h., die Segmentation resultiert in der konkreten hierarchischen Mikrostruktur des segmentierten Wörterbuchartikels. - Bei der exhaustiven Variante der funktional-positionalen Segmentation werden neben den lexikographischen Angaben auch die nicht-typographischen Strukturanzeiger berücksichtigt, d.h., die Segmentation resultiert in der konkreten hierarchischen Artikelstruktur des segmentierten Wörterbuchartikels. - Die exhaustive Variante der funktional-positionalen Segmentation mit Isolierung der typographischen Strukturanzeiger berücksichtigt zusätzlich die Schriftarten und Schriftschnitte, in denen Angaben oder nichttypographische Strukturanzeiger erscheinen.
Für die Entwicklung von Grammatiken für das Wörterbuchparsing muß nun von den konkreten Mikro- und Artikelstrukturen abstrahiert und zu generelleren Strukturbeschreibungen übergegangen werden. Durch Zuordnung der lexikographischen Angaben zu Angabeklassen kann von konkreten Mikrostrukturen zu abstrakten Mikrostrukturen bzw. von konkreten Artikelstrukturen zu abstrakten Artikelstrukturen übergegangen werden. Ein weiterer Abstraktionsschritt führt von den abstrakten Mikrostrukturen verschiedener Wörterbuchartikel zur Spezifikation einer Mikrostrukturgrammatik, die idealiter alle wohlgeformten abstrakten hierarchischen Mikrostrukturen der im Wörterbuch verzeichneten Wörterbuchartikel erzeugt bzw. lizensiert. Eine solche Mikrostrukturgrammatik für ein Wörterbuch wbi kann als eine kontextfreie Grammatik MSG (wbi) (KNA, ΚΕΑ, R, WA) spezifiziert werden;18 hierbei ist: KNA: Menge der Klassen nicht-elementarer lexikographischer Angaben ΚΕΑ: Menge der Klassen elementarer lexikographischer Angaben R = Menge kontextfreier Ersetzungsregeln WA (Wörterbuchartikel) = das Staltsymbol Ε KNA.
Der Unterschied zwischen abstrakter Mikrostruktur und abstrakter Artikelstruktur besteht vereinfacht gesprochen - darin, daß erstere über Klassen von lexikalischen Angaben, letztere über Klassen von Angaben und nichttypographischen Strukturanzeigern definiert wird. Eine 16 Für eine detaillierte, formale Beschreibung von Strukturen in Artikeltexten verweisen wir auf 1989b und WIEGAND 1989C.
WIEGAND
17 Vgl. WIEGAND 1991a:22.
18 Zu den formalen Eigenschaften kontextfreier Grammatiken und ihrer maschinellen Verarbeitung vgl. PARTEE e t a l . 1 9 9 0 , K a p . 18.
248
Angelika Storrer
Verbessern
Abb. 5:
ΜΕΤΑ - Methode zur Artikelstrukturanalyse für das Wörterbuchparsing
Artikelstrukturgrammatik für das Wörterbuch wb„ die idealiter alle wohlgeformten abstrakten hierarchischen Artikelstrukturen der in wb, verzeichneten Wörterbuchartikel erzeugt bzw. lizensiert, läßt sich also spezifizieren als eine kontextfreie Grammatik ASG(wbi) (KNT, KTT, R, WA); hierbei ist KNT: Menge der Klassen nicht-elementarer lexikographischer Textsegmente KTT: Menge der Klassen terminaler lexikographischer Textsegmente R = Menge kontextfreier Ersetzungsregeln WA (Wöiteibuchartikel) = das Startsymbol e KNT.
Prinzipiell können Mikrostrukturgrammatiken und Artikelstrukturgrammatiken auch in anderer Weise formal spezifiert werden; kontextfreie Grammatiken bieten sich für unsere Zwecke jedoch deshalb an, weil der Umgang mit kontextfreien Ersetzungsregeln relativ einfach erlernbar ist und zum (computer)linguistischen Grundwissen gehört; die entstehenden Grammatikbeschreibungen sind übersichtlicher und damit besser diskutierbar als die parserspezifischen Notationen.
Metalexikographische Methoden in der Computerlexikographie
5.2
249
Analyse von Wörterbuchtexten mit Μ Ε Τ Α
Die methodischen Schritte in ΜΕΤΑ sind in Abb. 5 veranschaulicht. - Schritt 1 führt von der Analyse des gedruckten Wörterbuchtextes unter Anwendung der nicht-exhaustiven Variante der funktional-posiüonalen Segmentation zum Gerüst einer Mikrostrukturgrammatik. - In Schritt 2 wird dieses Gerüst durch Anwendung der exhaustiven Variante der funktional-positionalen Segmentation zum Gerüst einer Artikelstrukturgrammatik erweitert. - Schritt 3 geht über vom gedruckten Wörterbuchtext zur Analyse des Satzbandes und überführt die ASG in eine parserspezifische Grammatik. - In Schritt 4 wird das Satzband geparst; die entstehenden Struktuibeschreibungen sind im Hinblick auf ihre Adäquatheit zu überprüfen und die parserspezifische Grammatik oder die fehlerhaften Wörterbuchartikel sind entsprechend zu verändern. Diese Testläufe werden so lange wiederholt, bis allen Wörterbuchartikeln eine korrekte Struktuibeschreibung zugeordnet werden kann.
Als Vorarbeit sollte zunächst der Metatext zum Artikelaufbau des Wörterbuchs genau gelesen und die in ihm erläuterten Klassen lexikographischer Angaben aufgelistet werden. Da die Termini zur Bezeichnung der Angabeklassen in verschiedenen Wörterbüchern differieren, ist es sinnvoll, eine einheitliche Terminologie festzulegen und die wörterbuchspezifischen Termini in diese zu übersetzen. Die in den Arbeiten zur metalexikographischen Theorie lexikographischer Texte eingeführten Termini 19 sind hierfür besonders gut geeignet, da sie - im Gegensatz zum meist unvollständigen Metatext der Wörterbücher - Termini für alle Textsegmente bereitstellen, die für die Analyse relevant werden, also auch für komplexe Textsegmente wie Formkommentar, semantischer Kommentar und verschiedene Postkommentare. Ergebnis der Metatext-Lektüre sind eine Liste von Bezeichnungen für Klassen von Angaben, die laut Metatext in den Wörterbüchern verzeichnet sind und die bei den Analysen in Schritt 1 zugrundegelegt werden, sowie eine (meist unvollständige) Liste der Angaben zu Form und Funktion der im Wörterbuch verwendeten typographischen und nicht-typographischen Strukturanzeiger, die für Schritt 2 und 3 der META-Methode benötigt werden. Im folgenden werden die Schritte im einzelnen beschrieben und einige der dabei auftretenden Probleme diskutiert. 5.1.1
Schritt 1: Entwicklung der Mikrostrukturgrammatik
Im ersten Schritt werden konkrete hierarchische Mikrostrukturen von Wörterbuchartikeln zu verschiedenen Lemmazeichentypen untersucht. Über die Zuordnung der Angaben zu Angabeklassen und die Analyse der Teil-Ganzes- und Vorgänger-Nachfolger-Beziehungen kann ein Gerüst für eine Mkrostrukturgrammatik des Wörterbuchs erstellt werden. Schritt 1 besteht wiederum aus drei Teilschritten: Im ersten Teilschritt werden einfach strukturierte Artikel für verschiedene Lemmazeichentypen ausgewählt und in elementare, d.h. nicht weiter segmentierbare lexikographische Angaben zerlegt. Jede dieser elementaren Angaben wird einer funktional bestimmten Klasse lexikographischer Angaben zugeordnet. Ergebnis dieses Teilschrittes ist ein zunächst unvollständiges Inventar der Klassen elementarer Angaben ΚΕΑ, die terminalen Symbole der Mikrostrukturgrammatik. Im zweiten Teilschritt werden die elementaren Angaben der analysierten Wörterbuchartikel unter funktionalen Gesichtspunkten zu komplexen Angaben kombiniert Diese können wiederum als Bausteine einer höheren Komplexitätsstufe analysiert werden, bis hin zur höchsten Komplexitätsstufe, dem Wörterbuchartikel selbst, dem Startsymbol der Mikrostrukturgrammatik. Jede dieser komplexen Angaben wird nun einer Klasse funktional bestimmten Angaben zu-
19 Vgl.
WIEGAND
1989a;
WIEGAND
1989b; W I E G A N D 1991b; W I E G A N D 1994.
250
Angelika Storrer
geordnet. Die Art und Weise, wie sich Klassen von Angaben zu Klassen von Angaben einer höheren Komplexitätsstufe zusammensetzen lassen, wird in kontextfreien Ersetzungsregeln festgehalten. Ergebnisse dieses Teilschrittes sind also ein zunächst unvollständiges Inventar der Klassen nicht-elementarer Angaben KNA, die als nicht-terminale Kategorien in die Mikrostrukturgrammatik eingehen, und eine ebenfalls unvollständige Menge kontextfreier Ersetzungsregeln. Das Vorgehen bei der Analyse der einzelnen Wörterbuchartikel entspricht dabei der nichtexhaustiven Variante der Methode der funktional-positionalen Segmentation. Während bei dieser allerdings nicht-elementare und elementare Angaben durch eine Top-down-Analyse in einem Schritt gewonnen werden, werden in der hier vorgeschlagenen Vorgehensweise im ersten Teilschritt zunächst die elementaren Angaben, d.h. die Terminale der Strukturanalyse bestimmt. Erst im zweiten Teilschritt werden dann im Bottom-up-Verfahren die komplexen Einheiten ermittelt. Diese Abwandlung erwies sich bei der Vermittlung der Methode an Studierende der Computerlinguistik als erfolgreicher als das Top-down-Vorgehen, bei dem bereits ein Vorwissen über funktionale Einheiten von Wörterbuchartikeln vorausgesetzt wird. (Meta)lexikographisch geschulte Personen hingegen, die einen Wörterbuchartikel bereits mit geübtem Strukturblick betrachten, werden mit dem ursprünglich vorgeschlagenen Top-down-Verfahren vermutlich schneller ans Ziel gelangen. Im dritten Teilschritt werden die Inventare der terminalen und der nicht-terminalen Kategorien und die bislang ermittelten Ersetzungsregeln der im Aufbau befindlichen Mikrostrukturgrammatik durch Analyse weiterer Wörterbuchartikel vervollständigt. Ziel ist es, möglichst viele der möglichen Variations- und Ausbaumöglichkeiten für komplexe funktionale Textsegmente (z.B. Postkommentar zur Phraseologie, Beispielgruppenangabe, pragmatisch-semantische Angabe) zu entdecken und das Grundgerüst der Mikrostrukturgrammatik entsprechend auszubauen. Bei diesem Teilschritt ist es sinnvoll, Gruppen von Wörterbuchartikeln zum selben Lemmazeichentyp zusammenzustellen, wobei sich in dieser Phase meist bereits ein guter Blick für strukturell interessante Wörterbuchartikel herausgebildet hat. Ist das Grundgerüst der Mikrostrukturgrammatik hinreichend umfangreich, d.h., werden komplex strukturierte Wörterbuchartikel zu allen Lemmazeichentypen von ihr lizensiert, kann zum zweiten Schritt der META-Methode übergegangen werden. 5.2.2 Schritt 2: Entwicklung der Artikelstrukturgrammatik Ziel des zweiten Schrittee ist es, das Inventar der in den Wörterbuchartikeln verwendeten nicht-typographischen und typographischen Strukturanzeiger und deren Funktion zu ermitteln und damit das Gerüst der Mikrostrukturgrammatik zum Gerüst einer Artikelstrukturgrammatik zu erweitern. Dies geschieht, indem die im ersten Schritt gewonnenen Mikrostrukturen einfacher Wörterbuchartikel in zwei Teilschritten re-analysiert werden: Der erste Teilschritt orientiert sich an der exhaustiven Variante der Methode der fünktional-positionalen Segmentation. Die Re-Analyse konzentriert sich dabei auf die Ermittlung des Inventars der nicht-typographischen Strukturanzeiger, durch die die lexikographischen Angaben umschlossen oder voneinander abgetrennt werden. Diese sind dann an entsprechender Stelle in die Ersetzungsregeln der Mikrostrukturgrammatik zu integrieren. Nicht-typographische Strukturanzeiger gehören zur Menge der terminalen Einheiten KTT, da sie zwar Teil einer Klasse komplexer Angaben sein können, aber nicht untereinander zu komplexen Strukturanzeigern kombinierbar sind. Die Mikrostrukturgrammatik wird durch diesen Teilschritt zu einer Artikelstrukturgrammatik im oben definierten Sinne ausgebaut.
Metalexikographische
Methoden in der
Computerlexikographie
251
Der zweite Teilschritt konzentriert sich auf die typographischen Strukturanzeiger, d.h. die Schriftarten und Schriftschnitte, in denen die lexikographischen Textsegmente, also die Angaben und die nicht-typographischen Strukturanzeiger, erscheinen. Alle Textsegmente, die Träger eines spezifischen typographischen Strukturanzeigers sind, werden mit einem typographischen Index versehen. Da typographische Strukturanzeiger ihre strukturanzeigende Funktion nur mit Hilfe der lexikographischen Textsegmente ausüben können, an die sie gebunden sind,20 gehören sie nicht zu den terminalen und nicht-terminalen Kategorien der Artikelstrukturgrammatik, können aber über Indizierung der Klassen der elementaren und nicht-elementaren Textsegmente KET bzw. KTT in der Artikelstrukturgrammatik berücksichtigt werden. Indem alle in Schritt 1 analysierten Wörterbuchartikel auf diese Weise re-analysiert werden, entsteht ein stabiles Gerüst einer Artikelstrukturgrammatik, in dem sowohl typographische als auch nicht-typographische Strukturanzeiger berücksichtigt sind. 5.2.3
Schritt 3: Entwicklung der parserspezifischen Grammatik
In diesem Schritt wird vom gedruckten Wörterbuchtext zur Analyse des Satzbandtextes übergegangen. Auf dem Hintergrund dieser Analyseergebnisse und der Artikelstrukturgrammatik kann dann der Wörterbuchparser konfiguriert werden. Auch hierbei lassen sich zwei Teilschritte unterscheiden: Im ersten Teilschritt muß durch den Vergleich von Wörterbuch- und Satzbandtext die Funktion der satzbandspezifischen Steuerzeichen identifiziert werden. Die Sequenzen im Satzbandtext, die für die maschinelle Erkennung der Artikelstruktur irrelevant sind (z.B. Steuerzeichen für Seitenumbruch, Kopfzeilen etc.), müssen von den Sequenzen mit strukturanzeigender Funktion unterschieden werden. Neben den Steuercodes, die Anfang und Ende eines Wörterbuchartikels kennzeichnen, sind für das Wörterbuchparsing die sog. Fontcodes, d.h. Satzbandsequenzen, die die Umschaltung in eine bestimmte Schriftart oder einen bestimmten Schrifttyp induzieren, besonders relevant. Im zweiten Teilschritt wird die Artikelstrukturgrammatik in den Grammatikformalismus übersetzt, der vom jeweiligen Parsingsystem verarbeitet werden kann. Hierbei ist die Art und Weise zu berücksichtigen, in der die Wörterbuchartikel im Satzbandtext repräsentiert werden, d.h., unabhängig von dem eingesetzten Wörterbuchparser müssen die strukturirrelevanten Sequenzen ignoriert und die im Satzband verwendeten Steuercodes korrekt interpretiert werden können. Dies erfordert gerade im Bereich der typographischen Strukturanzeiger, die in der Artikelstrukturgrammatik deklarativ als Indizes der lexikographischen Textsegmente kodiert sind, einiges Umdenken: Fontcodes, das Pendant der typographischen Strukturanzeiger im Satzbandtext, sind nicht deklarativ, sondern prozedural zu interpretieren. Sie fungieren als Schalter, durch die in eine bestimmte Schriftart oder einen Schriftschnitt umgeschaltet wird. So bewirkt beispielsweise der Fontcode „ölü" im Satzbandtext des DUDEN-2 eine Umschaltung auf den Standard-Schriftschnitt, der Fontcode „Ö2ü" eine Umschaltung auf den kursiven Schriftschnitt. Durch welche Ereignisse eine solche Umschaltung außer Kraft gesetzt wird, ist abhängig vom jeweiligen Fontcode; dies muß bei der Konfiguration der Wörterbuchgrammatik berücksichtigt werden. 21 Weiterhin stellt sich bei der Übersetzung in die parserspezifische Grammatik auch oft heraus, daß die Tiefe, die bei der maschinellen Analyse der Artikelstruktur erreicht werden kann, begrenzt ist. Dies liegt daran, daß die maschinelle Identifikation der lexikographischen Textsegmente nur anhand der Strukturanzeiger erfolgen kann, die auf dem Satzband identifi20
Vgl. WIEGAND 1991a:26f.
21 Wie mit diesem Problem beim Wörterbuchparsing umgegangen werden kann, ist in HAUSER & STORRER 1994 an Beispielen erörtert.
252
Angelika Storrer
ziert werden können, und nicht - wie bei der intellektuellen Segmentation - durch das Verständnis des Wörterbuchgegenstands gestützt ist. Im Vergleich zur intellektuell erstellten Artikelstrukturgrammatik müssen deshalb meist Abstriche an die Analysetiefe in Kauf genommen werden. Nach der Konfiguration des Wörterbuchparsers kann ein erster Durchlauf der Satzbanddateien erfolgen und zu Schritt 4 übergegangen werden. 5.2.4 Schritt 4: Testen und Verbessern der parserspezifischen Grammatik Die letzte Phase besteht darin, die parserspezifische Grammatik kontinuierlich zu erweitern und zu verbessern. Dies geschieht durch die Analyse der Wörterbuchartikel, denen keine Strukturbeschreibung zugeschrieben werden konnte oder deren Strukturbeschreibung nicht mit (meta)lexikographischen Intuitionen übereinstimmt. Korrekturen und Testläufe werden so lange wiederholt, bis alle auf dem Satzband gespeicherten wohlgeformten Wörterbucheinträge korrekt geparst sind. Die Einschränkung „alle wohlgeformten Wörterbuchartikel" trägt der Tatsache Rechnung, daß auf den Satzbändern meist auch Wörterbuchartikel zu finden sind, in denen Strukturanzeiger fehlen oder in inkonsistenter Weise verwendet werden. In diesen Fällen muß natürlich nicht die parserspezifische Grammatik verändert, sondern das Satzband korrigiert werden. Wie lange es dauert, bis eine lOOprozentige Erkennungsrate erreicht ist, hängt von der Komplexität des Wörterbuchs und der Explizitheit der verwendeten Strukturanzeiger ab Die Dauer der letzten Phase kann jedoch erheblich verkürzt werden, wenn die parserspezifische Grammatik, die dem ersten Testlauf zugrundeliegt, schon relativ reichhaltig ist, d.h., wenn die in Schritt 1 und 2 erarbeitete Artikelstrukturgrammatik schon alle wesentlichen Strukturvarianten berücksichtigt. 5.3
Unterschiede zwischen metalexikographischer und computerlinguistischer Analyse von Artikelstrukturen
Die Artikelstrukturanalysen in ΜΕΤΑ dienen dem Zweck, möglichst rasch eine Grammatik zu erstellen, mit der ein auf Satzband repräsentiertes Wörterbuch korrekt, effizient und möglichst vollständig geparst werden kann. Dies unterscheidet sie von metalexikographischen Analysen mit theoretisch ausgerichteter Zielsetzung, beispielsweise der Typologisierung existierender und möglicher Strukturen und Strukturierungsprinzipien und deren Bewertung relativ zu Wörterbuchtypen und/oder Wörterbuchbenutzungssituationen. Wegen der unterschiedlichen Ziele, die mit der Artikelstrukturanalyse in Metalexikographie und Computerlexikographie verfolgt werden, müssen die metalexikographischen Methoden und Termini an die computerlexikographische Praxis adaptiert werden: Wie bereits erwähnt, müssen bei der maschinellen Strukturanalyse Abstriche an die Analysetiefe gemacht werden, da die lexikographischen Textsegmente nur anhand der Strukturanzeiger identifiziert werden können und nicht, wie bei der intellektuellen Analyse des gedruckten Wörterbuchtextes, anhand des Verständnisses von Inhalt und Funktion der lexikographischen Angaben. Die parserspezifische Grammatiken fur Wörterbücher mit wenigen oder inkonsistent verwendeten Strukturanzeigern können dann nur Teile der intellektuell erstellten Artikelstrukturgrammatiken wiedergeben, so daß solche Wörterbücher nur mit Mühe und großem Nachbereitungsaufwand in eine Wörterbuchdatenbank überfuhrbar sind. Die in ΜΕΤΑ erstellten Grammatiken müssen nicht nur korrekt sein, sondern auch effizient verarbeitet werden können, d.h, die Anzahl der Ersetzungsregeln und die Inventare der terminalen und nicht-terminalen Kategorien sollten möglichst klein gehalten werden. Falls die Feingliederung eines Textsegments (z.B. die Segmentation einer Deklinationsangabe in eine
Metalexikographische Methoden in der Computerlexikographie
253
Singularbildungsangabe und eine Pluralbildungsangabe) eine Reihe komplizierter Regeln erforderlich macht, kann es u.U. sinnvoll sein, auf diese zunächst zu verzichten und die Deklinationsangabe als terminale Einheit der Strukturdarstellung unanalysiert zu belassen. Auch auf indizierte Kategorien vom Typ „Bei4GA" (Beispielgruppenangabe mit 4 Beispielen) sollte verzichtet werden, da sie den Regelapparat durch gleichartige Ersetzungsregeln aufblähen, die nur in der Anzahl der Tochterknoten (in diesem Fall der Anzahl der Beispielangaben) variieren. Die in der Indizierung enthaltene Information der Anzahl der Tochterknoten läßt sich ohnehin - bei Bedarf - in einem Nachbearbeitungsschritt aus der Strukturbeschreibung berechnen. Weiterhin sollte man bei der maschinellen Strukturanalyse auf Kategorien verzichten, deren maschinelle Identifikation eine Binnenanalyse des Angabetextes erfordern würde: So läßt sich die Phrasemangabe PhrasA im DUDEN-2 relativ gut anhand der typographischen und nichttypographischen Strukturanzeiger erkennen. Für eine feinere Kategorisierung vom Typ PhrAs/2v/A (= Phrasemangabe, aus der 2 Phrasemvarianten erschließbar sind) würden wesentlich kompliziertere Regeln benötigt. Aus diesem Grund ist es zweckmäßiger, derartige Binnenanlysen in einem dem eigentlichen Parsing nachgeschalteten Schritt durchzufuhren.22 Aus Effizienzgründen ist es auch nicht erstrebenswert, die Ersetzungsregeln der Mikro- und Artikelstrukturgrammatiken in Abhängigkeit vom Typ des Lemmazeichens zu formulieren, wenngleich der Zusammenhang von Artikelstruktur und Lemmazeichentyp im methodischen Verfahren berücksichtigt wird. Vielmehr müssen die gemeinsamen Aufbauprinzipien fur verschiedene Lemmazeichentypen in möglichst generellen Regeln erfaßt werden, die dann je nach Lemmazeichentyp unterschiedlich expandiert werden. Insgesamt profitiert die META-Methode von metalexikographischen Forschungsergebnissen in methodischer und terminologischer Hinsicht: In der Theorie lexikographischer Texte sind für die meisten Gegenstände und Beziehungen, die für Wörterbuchparsing relevant sind, metalexikographisch fundierte Termini eingeführt, mit der sich die Analyseergebnisse in einheitlicher Weise darstellen und diskutieren lassen. Die Methode der funktional-positionalen Segmentation in ihren verschiedenen Varianten ermöglicht ein theoriegeleitetes Vorgehen bei der Grammatikerstellung.
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Fritz Hermanns Emotion im Wörterbuch Zur Lexikographie von affektiver Lexik
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Vorbemerkung Lexikalisierte Emotionen Affektive Interjektionen Affektive Kommentaradverbien
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Affektive Adjektive Andere lexikalisierte affektive Ausdrucksmittel Literatur
0 Vorbemerkung Affektive Lexik, wie ich sie hier nenne, ist fur Lexikologie und Metalexikographie ein meines Wissens neues Thema.1 Ich versuche, einen ersten Überblick zu geben, den ich mir jedoch mit diesem Aufsatz selber erst verschaffe. Darum muß der Aufsatz den Charakter einer Skizze haben. Vorerst ging es mir darum, zu sammeln und zu sichten, welche affektiven Wörter und Lexeme von den deutschen Wörterbüchern schon als solche wahrgenommen werden; darzustellen, welcherlei Beschreibungsformen affektiver Lexik sich in deutschen Wörterbüchern heute bereits finden; und die Art und Qualität dieser Beschreibungsformen dann zu diskutieren. Dabei zeigt es sich, daß manche neuen Wörterbücher über Affektivität bzw. Expressivität bestimmter Wörter oft vorzüglich informieren, in der Art der Darstellung der Affektivität von anderen Wörtern aber noch verbessert werden könnten.
1 Lexikalisierte Emotionen Welche deutschen Wörter dienen dazu, Emotionen auszudrücken? Dies sind nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, die „Gefühlswörter" des Deutschen, die man nämlich so genannt hat, weil sie dazu dienen, Emotionen zu bezeichnen: solche Wörter wie z.B. Liebe, Haß, Angst, Eifersucht und Trauer.2 Das Bezeichnen von Gefühlen ist vom Ausdruck von Gefühlen kategorial verschieden. Das ist gut am Organon-Modell von B Ü H L E R (1934, 28) zu erkennen. Werden sie bezeichnet, dann gehören die Gefühle, zu den „Gegenständen/Sachverhalten" B Ü H L E R S , die man durch verbale Zeichen „darstellt". Wenn man aber die Gefühle ausdrückt, dann sind sie im „Sender" angesiedelt, der sie - mit verbalen oder non-verbalen Mitteln „kundgibt" (so sagt BÜHLER selber) oder „zeigt" (so könnte man stattdessen gleichfalls sagen), aber eben dann nicht darstellt, nicht benennt und nicht bezeichnet. Den gemeinten Gegensatz 1 2
Eine Art Einführung in das Thema ist mein Aufsatz „Kognition, Emotion, Intention. Dimensionen lexikalischer Semantik" (HERMANNS 1995). S o ( m i t w e i t e r e n B e i s p i e l e n ) JÄGER/PLUM ( 1 9 8 8 , 37; 1 9 8 9 , 8 5 1 ) u n d PLUM ( 1 9 9 2 ) . W e n n m a n d e n B e g r i f f
erweitert, kann man auch die zugehörigen Verben (lieben, hassen, fiirchten usw.) sowie Adjektive (liebevoll und liebreich, haßerflillt, gehässig usw.) unter den Begriff Gefiihlswort subsumieren. Die Gesamtheit aller Gefuhlswörter einer Sprache ist deren Gefiihlswortschatz (JÄGER/PLUM 1988) bzw. Emotionswortschatz (FIEHLER 1990, 17 u.ö.). HARRAS (1982) nennt die Adjektive, die Gefühlszustände nennen, Befindlichkeitsadjektive.
Emotion im Wörterbuch
257
kann man auch dadurch deutlich machen, daß man sagt, die Wörter des Gefühlswortschatzes einer Sprache seien deskriptive (oder kognitive) und nicht expressive Wörter. Auch von quasipsychologischen Vokabeln könnte man hier sprechen, weil die Wörter des Gefiihlswortschatzes Psychisches bezeichnen; i/waw-psychologisch sind sie deshalb, weil sie in der Umgangssprache (nur um diese geht es in der linguistischen Diskussion darüber) nicht im Sinne wissenschaftlicher Psychologie verwendet werden, sondern alltagspsychologisch. Darin, daß sie Aufschluß über alltagspsychologische Betrachtungsweisen geben, liegt vor allem auch ihr linguistisches Interesse. Um das Deskriptive und das Kognitive dieser Wörter auch terminologisch zu betonen, sollen sie hier Emotionsbegriffe heißen (englisch nennt man sie gelegentlich emotion concepts)3 Solche Emotionsbegriffe sind für diesen Aufsatz nicht das Thema, denn es geht im folgenden gerade nicht um die affektbenennenden, es geht um die qffektausdrückenden Lexeme, die der Kürze halber affektive Wörter heißen sollen. Emotionsbegriffe sind jedoch auch für die Lexikologie und Lexikographie der affektiven Wörter wichtig. Erstens deshalb, weil auch Emotionsbegriffe in bestimmten Fällen dazu dienen können, Emotionen auszudrücken. Sätze wie Ich habe Angst, Ich schäme mich, Ich freue mich sind zwar der Form nach deskriptiv und unterscheiden sich insoweit nicht von Sätzen wie z.B. Er hat Angst, Sie freut sich usw., die normalerweise emotionslos und gewissermaßen diagnostisch - das Vorhandensein bestimmter Emotionen, die dann andere Personen als der Sprecher haben, lediglich feststellen (nicht, ausdrücken). Und gewiß kann man auch Sätze wie Ich habe Angst genauso emotionslos - sozusagen autodiagnostisch - sprechen wie normalerweise Sätze über Emotionen anderer Personen. In der Regel wird es aber so sein, daß die Äußerung Ich habe Angst zugleich auch expressiv (und nicht nur deskriptiv) ist. Es ist also nicht der Fall, daß einerseits der Emotionswortschatz und andererseits die affektive Lexik elementefremde Mengen wären, was jedoch nichts daran ändert, daß es sich dabei um zwei verschiedene Mengen handelt. Zweitens und vor allem aber sind die Emotionsbegriffe für die Lexikologie der affektiven Wörter wichtig, weil wir sie für die Beschreibung der Funktionen dieser Wörter brauchen. Wenn wir nämlich generell den Begriff der affektiven Wörter so bestimmen, daß wir sagen, daß in ihnen jeweils eine ganz bestimmte Emotion zum Ausdruck komme, dann ist klar, daß wir im Einzelfall angeben können müssen, welche Emotion speziell durch ein bestimmtes affektives Wort zum Ausdruck kommt, und dazu brauchen wir die Emotionsbegriffe. Nolens volens müssen wir sie aus der Umgangssprache und der Bildungssprache nehmen. Die Psychologie hat offenbar noch kein System universaler Emotionsbegriffe ausgebildet, das in dieser Disziplin schon allgemeine Geltung hätte, auf das man sich also ohne weiteres beziehen könnte. Auch ist fraglich, ob es überhaupt gelingen kann, Emotionen kulturunabhängig und sprachunabhängig zu bestimmen; jedenfalls sind Emotionsbegriffe, wie man sie in Umgangssprachen findet, sprachspezifisch.4 Die Angabe ausgedrückter Emotionen mit den Mitteln des Gefühlswortschatzes ist in Wahrheit auch kein Nachteil. Dadurch werden nämlich die semantischen Zusammenhänge deutlich zwischen einerseits speziellen Emotionsbegriffen, andererseits speziellen affektiven Wörtern einer Sprache. Auf den Unterschied von „Ausdruck" und „Bezeichnung" von Gefühlen hat wohl in der deutschen Linguistik BARTSCH (1972, 52) als erste hingewesen: In Äußerungen vom Typ Pe3 4
So KÖVECSES 1990 (schon im Titel seines Buches); man sagt auch emotion terms. Doch ist natürlich auch emotion words nicht ungebräuchlich. Zur Kultur- und Sprachgebundenheit von Emotionsbegriffen s. JAGER/PLUM (1988, 32f.; 1989, 853) und insbesondere WIERZBICKA (1992, 117ff.). Psychologische Literatur zum Thema Emotion ist bei FIEHLER (1990, 25 Iff.) und THIMM/KRUSE (1993) angegeben.
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ter kommt vermutlich / Peter kommt hoffentlich wird „nicht konstatiert, daß man vermute (hoffe), daß ..., sondern das Vermuten oder Hoffen wird hier sprachlich ausgedrückt'. KELLER (1977, 13) hat dann unterschieden zwischen dem, was man mit einem Sprechakt „sagt" und dem, was man damit „zum Ausdruck bringt", speziell auch zwischen dem „Nennen von Haltungen" und „Zum-Ausdruck-Bringen von Haltungen", d.h. von Gefühlen.5 Ebenso hat LANG (1983, 329) betont, daß eine Einstellung, ,/nit der" ein Sprecher etwas sagt und die er „zeigt" bzw. „ausdrückt", in ihrer sprachlichen Form etwas ganz anderes ist als eine Einstellung, „über die" er etwas sagt. FlEHLER (1990, 98ff.) stellt mit ähnlicher Pointe die „Erlebensthematisierung" bzw. die „Emotionsthematisierung" dem „Erlebensausdruck" bzw. dem „Emotionsausdruck" gegenüber und charakterisiert (FlEHLER 1990, 17) den Emotionswortschatz als „Menge der Wörter, die denotativ Erlebensformen und Emotionen bezeichnen" (und nicht expressiv ausdrücken, könnte man fortfahren). LANG (1983, 333ff.) wie KELLER (1977, 9ff.) haben auch gezeigt, daß man schon in der Alltagssprache zwischen „Nennen" und „Zum-AusdruckBringen" von Gefühlen unterscheidet. Sagt man nämlich etwa „Ich bedauere sehr, daß ich nicht kommen konnte", und es stimmt nicht, daß man es bedauert, dann hat man gelogen. Sagt man aber „Leider konnte ich nicht kommen", ohne daß man es bedauert, dann hat man geheuchelt. Leider ist (nach hoffentlich) ein zweites Beispiel für ein affektives Wort6 Die affektiven Wörter sind, wie schon gesagt, die Wörter, die vor allem (nicht: ausschließlich) dazu dienen, Emotionen auszudrücken. Die Gesamtheit solcher Wörter und Lexeme einer Sprache kann man deren affektiven Wortschatz oder deren affektive Lexik nennen. Statt von affektiven Wörtern und von affektiver Lexik könnte man genauso gut von emotiven oder expressiven Wörtern respektive emotiver oder expressiver Lexik sprechen. In Erinnerung an BÜHLER könnte man auch ausdrucksfimktionale Wörter, ausdrucksfunktionale Lexik sagen. Spielerisch verkürzend läßt sich - wie im Titel dieses Abschnitts - statt von affektiver Lexik auch von lexikalisierten Emotionen reden, wenn es klar ist, daß damit gemeint ist, daß der Ausdruck solcher Emotionen lexikalisiert ist. Nur die schon besetzten Termini Gefühlswortschatz und Emotionswortschatz, Emotionswort und Gefühlswort sollte man für diese Wörter und Lexeme nicht verwenden, um hier Konfusionen zu vermeiden. Doch ansonsten scheint es noch zu fnih, terminologisch etwas festzusetzen. Denn die affektive Lexik ist, wie eingangs schon gesagt, lexikologisch wie metalexikographisch Neuland für die Linguistik. In der langen Liste von Publikationen zur Thematik Kommunikation und Emotion, die FlEHLER ( 1 9 9 0 , 2 5 1 - 2 7 1 ) kompiliert hat, findet sich speziell zum Thema affektive Lexik nicht ein Titel.7 In der praktischen Lexikographie dagegen, also in den 5
Gefllhl, Affekt und Emotion verwende ich als Synonyme. Wenn man darauf abhebt, daß es sich bei den Gefühlen um „gerichtete Gefühle" handelt, also um „Gefühle-in-Bezug-auf-etwas", spricht man besser von Haltungen und Einstellungen. Dies sind die gebräuchlichen Äquivalente von englisch attitude, dem Wort, das in der deutschen Linguistik aus propositional attitude bekannt ist. Attitudes können sich jedoch auf alles Mögliche beziehen, nicht nur auf Propositionen. Den Begriff „Gerichtetheit von Emotionen" finde ich b e i PLUM ( 1 9 9 2 , 1 7 8 ) .
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Der Begriff der affektiven oder emotiven Wörter (affektiven oder emotiven Adjektive, Substantive, Verben usw.) ist gebildet in Anlehnung an die englischen Begriffe des affective und emotive meaning. Zu emotive meaning ist bei ALSTON (1967, 486£f.) Näheres zu lesen. Der Begriff affective meaning wird von LEECH (1974, 16 ff.) verwendet. STEVENSON (1974, 139) erklärt die emotive Bedeutung eines Wortes als dessen Potential, bestimmte Gefühle (Einstellungen) des Sprechers „quasi-inteijektional" auszudrücken und zugleich „quasi-imperativisch" bei den Adressaten die entsprechenden Gefühle (Einstellungen) „hervorzurufen ". Diesen weiteren, einleuchtenden Gedanken - daß die affektiven Wörter gleichfalls dazu dienen, Emotionen zu erzeugen - finde ich in der Literatur sonst nirgends. FIEHLER (1990, 17) nennt zwar drei Publikationen, die „das expressive Vokabular" betreffen, womit aber Expressivität im Sinne phonologischer Auffälligkeit gemeint ist. FIEHLER selbst behandelt affektive Lexik,
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Wörterbüchern, gibt es, wie einleitend ebenfalls schon angedeutet, eine Fülle treffender Beobachtungen zur Semantik und Funktion von affektiven Wörtern. Wie auch sonst gelegentlich, ist hier die Lexikographie der Lexikologie voraus. Darum sind beim Thema affektive Lexik Wörterbucheinträge auch lexikologisch von Interesse. Sie beweisen, daß man außerhalb des engen Rahmens der modernen Linguistik wohl schon immer wußte, daß bestimmte Wörter affektiv und expressiv sind. Sie bezeugen, daß bestimmte Wörter in der Tat vor allem ausdrucksfunktional sind. Auch sind sie als Zeugen dafür unverdächtig, weil die Wörterbuchautoren in der Regel diesbezüglich keine Theorie vertreten. Oft (nicht immer) nennen sie die Emotion, die ein bestimmtes affektives Wort zum Ausdruck bringt. Und selbstverständlich zeigen sie uns auch, mit welchen Mitteln und auf welche Weise man beschreiben kann, daß ein bestimmtes Wort eine bestimmte Emotion zum Ausdruck bringt. Auf dieses genuin lexikographische Problem soll hier im folgenden geachtet werden, wenn verglichen wird, wie deutsche Wörterbücher affektive Wörter dreier Wortarten behandeln: Interjektionen, Kommentaradverbien, Adjektive.
2 Affektive Interjektionen Eine erste Gruppe affektiver Wörter sind die affektiven oder emotiven Interjektionen, die noch einen anderen eingeführten Namen haben, denn sie heißen auch - so im PDW, der Neubearbeitung des DEUTSCHEN WÖRTERBUCHS von HERMANN PAUL - „Empfindungswörter". 8 Dieser Name hat jedoch den Nachteil, daß er auszusagen scheint, Empfindungswörter seien alle Wörter, die Empfindungen ausdrücken. Gemeint sind aber nur Interjektionen. Eine der benutzerfreundlichen Innovationen des PDW sind Listen, die in seinem „Sachregister" Wörter unterschiedlichster Kategorien nennen, die das Wörterbuch behandelt, u.a. eine Liste der „Empfindungswörter". Und dank dessen haben wir nun in der Germanistik eine erste Übersicht darüber, welche affektiven Inteijektionen es im Deutschen gibt bzw. gab (das PAULsche Wörterbuch ist ein historisches Wörterbuch der deutschen Sprache), nämlich mindestens die folgenden (PDW, 1 lOlf ): ach, ah, ah, aha, au, bah, bäh, buh, da (?), eh, ei, gitt, ha, hallo (nämlich „als Ausdruck von Freude oder Erstaunen", s.v.), he, hei, heisa, herrje, hm (als „Ausdruck von Verwunderung", s.v.), hu, huch, hui, hurra, i, jemine, juch, juppheidi, mmh, o, oha, oh-lä-Ιά, oho, pah, pfui, potz, puh, sackerlot, sapperment, ts, u f f , uh, weh. Weitere affektive Inteijektionen sind im PDW zu finden in den Listen zu „Inteijektion" (PDW, 1106) und „Jugendsprache" (PDW, 1107), nämlich: ätsch, brr („Ausdruck von Ekel oder (Kälte-) Schauder", s.v.), ho („Ausdruck spöttischer Verwunderung oder höhnischen Zweifels", s.v.), juche, juchei, jucheisa, kotz, zeter (soweit die „Inteijektionen"); ächz (als Lexem der „Jugendsprache").
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weil zum eigentlichen Thema seines Buches nicht gehörig, auch nicht, nennt aber (FIEHLER 1990, 127) eine Reihe von „verbalen ÄuBerungsformen, die ... eine starke emotionale Beteiligung signalisieren" und mithin, soweit sie lexikalisiert sind, in das Feld der affektiven Lexik feilen, so „Affektlaute" (z.B. Au!) und „Inteijektionen" (Ohhh!), „Bewertungen" (wie Herrlich!), „Manifestationen der Überraschung und des Unglaubens", „Beschimpfungen", „Koseformen", „Flüche", „Drohungen" sowie „Empörungen". Und zwar deshalb, weil sie ADELUNG SO genannt hat. Diese Auskunft gibt mir ARMIN BURKHARDT, der Bearbeiter der Wörterbuchartikel zu „Empfindungswörtern" in der Neuausgabe des PDW, der aber auch den Terminus emotive Interjektion (zur Unterscheidung von schallnachahmender Interjektion) geprägt hat (BURKHARDT 1982,155 und 1989,823).
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Wie auch in den folgenden Kapiteln dieser Studie sollen hier drei Wörter - also hier drei affektive Inteijektionen - einer näheren lexikographischen Betrachtung unterzogen werden. Dabei steht am Anfang jeder einzelnen Betrachtung eine Serie von Wörterbuchzitaten aus fünf deutschen Wörterbüchern; zitiert wird jeweils nur, was für die AfFektivität v o n Lexik relevant ist (inklusive Fehlanzeigen). Darauf folgen Kommentare zur Semantik und lexikographischen B e handlung jedes der drei Wörter. Und am Ende des Kapitels steht als Fazit eine kurze Reflexion auf das lexikographische Gesamtergebnis. Folgende Siglen dienen zur Kennzeichnung der zitierten Wörterbücher: 9 WDG WDW DUW PDW LGW
für fur für für für
WÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE ( 1 9 6 4 - 1 9 7 7 ) WAHRIG, DEUTSCHES WÖRTERBUCH ( 1 9 6 6 ) . DUDEN UNIVERSALWÖRTERBUCH ( 1 9 8 3 ) PAUL, DEUTSCHES WÖRTERBUCH (9. A u f l a g e 1 9 9 2 ) LANGENSCHEIDTS GROBWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE ( 1 9 9 3 )
D i e Zitate werden immer in der Reihenfolge des Erscheinens dieser Wörterbücher angeordnet; so erkennt man Lernprozesse der Lexikographen, aber auch lexikographische Rückschritte. Tilden werden beim Zitieren durch das Lemmawort ersetzt, u m die Lektüre der Zitate zu erleichtern. Schriftauszeichnungen sind manchmal leicht verändert, in den Lemmawörtern sind die Sonderzeichen weggelassen. Auslassungen sind sonst durch [...] markiert. ah WDG: ah umg. /Ausruf der Bewunderung, der Überraschung/ ah, wie schön!; ah, da bist du ja!; ein lautes Ah! rufen; Liesel wartete auf den Erfolg ihrer Dampfnudeln, auf Ah! und Mmm! SEGHERS 4,276 (Siebtes Kreuz); ah so! /Ausdruck des plötzlichen Verstehens als Antwort auf eine Erklärung! WDW: ah! (Ausruf des Staunens, der Verwunderung, Bewunderung od. Erleichterung); ah so! also so ist das! [-» ach] DUW: ah! [...]: a) Ausruf der Verwunderung, der [bewundernden] Überraschung, der Freude: ah, das wußte ich nicht!; ah, wie schön!; b) Ausruf zum Ausdruck des plötzlichen Verstehens: ah so [ist das]!; ah deshalb! PDW: ah [...] Empfindungswort; 1 Seufzer, Ausdruck des Bedauerns, des Schmerzes, der Verärgerung [...], in dieser Bed. heute seltener [...] 2 „eine Inteijection, welche .. nur gebraucht wird, die Empfindungen der Bewunderung und Freude im gesellschaftlichen Leben auszudrücken. Ah, das ist schön! Ah, da kommt er schonΓ (Ad.), vgl. Rattengift .. (aufathmend:) Ah! da kommt der Schulmeister mit Wein! (Grabbe, Scherz 3,1); lief ein allgemeines ah der erleichterung durch den saal (Brahm; 2DWb), insb. auch Ausdruck der freudigen Erwartung vor o. des Wohlbefindens nach dem Genuß von Speisen und Getränken: Schulmeister. (Er säuft die Bouteille mit einer rapiden Schnelligkeit aus:) Ah, das war ein Schluck, dessen sich selbst Pestalozzi nicht hätte zu schämen brauchen! (Grabbe, Scherz 1,1); Liesel wartete auf den Erfolg ihrer Dampfhudeln, auf Ah! und Mmm! (Seghers; WdG); 3 Ausdruck (plötzlichen) Verstehens oder (Wieder-)Erkennens: Teufel. [Klopstocks „Messias" aufschlagend] Wo blieb ich doch das letztemal stehen? Ah, pag. 29. (Grabbe, Scherz 1,4); Ah, l'Adultera!.. Jetzt erkenn ich's (Fontane, L'Adultera; 2,13), dazu ah ja, u. ah so: College? ah so! (Sudermann; 2DWb). LGW: ah! Interjektion-, 1 verwendet, um Erstaunen, (angenehme) Überraschung, Bewunderung auszudrücken: Ah, du bist es!; Ah, das war mir neu!; Ah, wie interessant 2 verwendet, um Wohlbehagen od. Erleichterung auszudrücken: Ah, wie herrlich kühl es im Schatten ist!; Ah, tut das gut! 3 verwendet, um auszudrücken, daB man etw. verstanden hat: Ah, jetzt weiß ich, warum es vorher nicht funktionierte! Lexikologisch sind sich die Wörterbücher darüber einig, daß ah eine Emotion zum Ausdruck bringt. Die Frage ist nur, welche: Bewunderung, Überraschung ( W D G ) ; Staunen, Verwunde-
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Vollständige bibliographische Angaben findet man im Literaturverzeichnis am Ende dieses Beitrags.
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rung, Bewunderung, Erleichterung (WDW); Verwunderung, (bewundernde) Überraschung (die Einträge des WDG sind also hier als Hendiadyoin verstanden), Freude (DUW); Bewunderung, Freude, freudige Erwartung, Wohlbefinden (PDW; hier fehlt das Moment der Überraschung), Erstaunen, (angenehme) Überraschung, Bewunderung, Wohlbehagen, Erleichterung (LGW). Im PDW ist neu der Hinweis auf die Affinität des Wortes insbesondere zum Essen und zum Trinken: ah als Ausdruck des dadurch erzeugten Wohlbefindens; zu ergänzen wäre hier vielleicht ein Hinweis auf ah als den Ausdruck sexuellen Wohlbefindens. Aus dem Wohlbefinden dieses Wörterbuches wird im LGW ein Wohlbehagen, was die ausgedrückte Emotion noch deutlicher bezeichnet; aus dem Staunen des WDW macht das LGW ein (besseres) Erstaunen. Als ein „Ausdruck plötzlichen Verstehens" (WDG) ist ah eigentlich kein Emotionswort, weil Verstehen keine Emotion ist, hat jedoch auch hier insofern eine affektive Komponente, als man von dem eigenen Verstehen, wenn es plötzlich eintritt, immer überrascht ist; man sieht dann die Welt auf einmal anders. Insgesamt beschreibt das LGW das Spektrum der in Frage kommenden Affekte wohl am besten. Lexikographisch unterscheiden sich die Wörterbuchartikel außerdem bezüglich ihrer Beispielauswahl und der Art, wie sie die Ausdruckhaftigkeit von ah beschreiben. Was die Beispiele betrifft, so geben WDG, WDW und LGW von den Autoren selbst gebildete (oder erinnerte) Kontexte. Sie sind allesamt plausibel, nur im WDW paßt das gewählte Beispiel nicht zu der gegebenen Funktionsbeschreibung. Wirkliche Belege bieten, ihrem Wörterbuchprogramm entsprechend, nur das WDG und PDW, wobei das PDW auch Beispiele und Erklärungen aus anderen Wörterbüchern anfuhrt und als solche kenntlich macht.10 Am PDW erlebt man, wie gut ausgewählte literarische Belege die Lektüre eines Wörterbuchartikels zum Vergnügen machen können. Die Expressivität des Wortes machen WDG, WDW und DUW durch „Ausruf' mit angefugter Genitivergänzung, die die ausgedrückte Emotion bezeichnet, deutlich (einmal schreibt das DUW auch explizit: „Ausruf zum Ausdruck von ..."). Das PDW sagt in der Regel „Ausdruck", ebenfalls mit Genitiv zur Kennzeichnung der ausgedrückten Emotion. Das LGW gebraucht die Formel „verwendet, um ... auszudrücken". ätsch WDG: ätsch /Ausdruck des (gutmütigen) Spotts! Kinderspr. Jetzt bekommst du nur noch Bindfädchen in den Zopf, ätsch SEGHERS 4,32 (Siebtes Kreuz) [...] WDW: ätsch (Ausdruck, mit dem man jmdn. schadenfroh verspottet); [...] [ [...] gewöhn], mit der Gebärde, als wenn man eine Rübe schabt; vielleicht hiernach lautmalend] DUW: ätsch! (Kinderspr.): Ausruf zum Ausdruck schadenfrohen Spotts (oft verbunden mit einer besonderen Geste) PDW: ät9ch (mit langem ä), Interj. [...] insb. kinderspr., spöttischer Ausruf, nachdem man jmdn. hereingelegt hat, „manchmal allein, manchmal mit der Gebärde des Rübleinschabens" (Voß; Sa ): Die Weiber warfen einen Blick aufThryallis, als ob sie sagen wollten: Ätsch! Er hat uns auch schön geheißen! (1774 Wi 19,329); Jetzt bekommst du nur noch Bindfädchen in den Zopf ätsch (Seghers; WdG) [...] LGW: kein Eintrag
Auch bei ätsch sind sich die Wörterbücher wohl darüber einig, daß es sich um eine Emotionspartikel handelt (nur das PDW macht dies nicht deutlich), aber nicht darüber einig, welche Emotion es ausdrückt. Schadenfreude ist wohl richtig, wird jedoch im WDG und PDW nicht angegeben. Spott ist keine Emotion, sondern ein Kommunikationsverhalten, und es ist zwar richtig, daß man, wenn man ätsch sagt, immer spottet, aber umgekehrt ist es nicht richtig, daß 10 Das ist eine weitere Innovation des PDW, worauf die Wörteibucheinleitung (PDW, Di) hinweist.
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man immer, wenn man spottet, das durch ätsch ausdrücken oder auch verstärken könnte, ätsch ist wohl tatsächlich Ausdruck nur des „schadenfrohen Spottes" (und zwar nicht nur, „wenn man jmdn. hereingelegt hat", wie das PDW meint; das beweisen dessen eigene Belege). i, igitt, igittigitt WDW: i! (Ausruf desAbscheus, Ekels); [...]- igitt: ohne Hintrag WDG: i /Ausruf des Ekels, AbscheusI i, ist das hier schmutzig! [...]- igitt: ohne Eintrag DUW: i! [...]: Ausruf der Ablehnimg, Zurückweisung voller Ekel, Abscheu: i, ist das glitschig, schmierig!; i, schmeckt das komisch! [...] - igitt, igittigitt! [wohl verhüll, für: ο Gott, ο Gott] (landsch.): oft als Übertreibung empfundener Ausruf der Ablehnung, Zurückweisung voller Ekel, Abscheu. PDW: i Empfindungswort [...] 1 Einleitungssignal als Ausdruck von Verwunderung o. auch (eingeschränkten) Zugeständnisses, insb. vor Anreden, Impp., Fragewörtern und Flüchen; Maaler (1561) bestimmt .y als „indignantis particula", veralt. [...] 2 Ausdruck von Ekel und Abscheu, wohl erst im späten 19. Jh. verkürzte Form des nordd. Ausrufs i git i gitt (aus / und der Inteijektion t gilt): Sie glättete unaufhörlich die Falten ihres Rockes, fand „ii!" und da einen Käfer, den Georg schleunigst zu entfernen hatte (1964 Jägersberg, Weihrauch und Pumpernickel 93). - gitt auch gitte, Empfindungswort, Ausdruck von Ekel und Abscheu, insb. in Nordd., meist mit der Inteij. Τ i verbunden, oft auch reduplizierend, vgl. i gittfi gitt), ä gitt(ä gitt), gitte gitte, gattegatt: 'du Schweinigel!' rief sie und sprang vor entsetzen steil auf, 'gittegitt, du Schweinigel!' (1905 Frenssen; DWb). LGW: i! [i:] Interjektion; gespr; verwendet, um auszudrücken, daß man sich vor j-m / etw. ekelt: I, da ist e-e Fliege in meiner Suppe! - igitt!, igittigitt! Interjektion; gespr; verwendet, um auszudrücken, daß man sich vor etw. ekelt
Hier ist Einigkeit der Wörterbücher festzustellen: /', igitt, igittigitt sind Inteijektionen, die Ekel und Abscheu zum Ausdruck bringen. Nur das LGW beschränkt sich auf den Ekel, was die Frage aufwirft, worin Ekel sich von Abscheu unterscheidet. Keines der zitierten Wörterbücher sagt, daß pfui ein affektives Synonym von i, igitt, igittigitt ist, denn nach Auskunft aller Wörterbücher drückt auch diese Inteijektion nichts anderes als Ekel oder Abscheu aus. Pfui ist (wie am Anlaut dieses Wortes zu ersehen) das ursprünglich süddeutsche Äquivalent von norddeutsch i, igitt, igittigitt. Fazit. Alle Wörterbücher machen deutlich, daß es sich bei ah, ätsch, Higittligittigitt um affektive Inteijektionen handelt, die als solche immer eine Emotion zum Ausdruck bringen. Das ist bei den affektiven Wörtern anderen Typs, wie wir noch sehen werden, anders. Welche Emotion es aber jeweils ist, darüber sind die Wörterbücher sich nicht immer einig, und man hat sogar den Eindruck der Beliebigkeit in der Entscheidung fur das eine oder andere Emotionswort, was zur relativen Unerklärtheit (Unerforschtheit) unseres Emotionswortschatzes passen würde. Alle Wörterbücher haben Standardformen zur Beschreibung dieser Art von Inteijektionen ausgebildet. WDG, WDW, DUW benutzen „Ausruf' mit Beifügung eines Genitivs zur Emotionsbezeichnung. „Ausruf' ist dann redundant, wenn die Bezeichnung Interjektion schon angibt, daß es sich um einen Ausruf handelt. „Ausdruck" ist demnach die bessere Alternative, die zudem erwünschtermaßen auf die Affektivität der Emotionspartikeln hinweist. Obstinat gebraucht das LGW statt „drückt... aus" oder „Ausdruck von ..." die lange Formel „verwendet, um ... auszudrücken".11 Damit macht es aber dankenswerterweise immer wieder deutlich, daß
11 Damit wird - vielleicht erstmals in einem deutschen Wörterbuch - eine explizit „handlungssemantische Interpretation" von Wörtern in fast wörtlich der „Satzform" gegeben, von der WIEGAND (1989, 559) bei seiner Erörterung der „lexikographischen Definition" ausgeht: „Das Lemmazeichen 'Z' wird verwendet, um Η zu tun".
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es der „Gebrauch" ist, der, wie Wittgenstein gesagt hat, die ,3edeutung" ausmacht, insbesondere bei affektiven Wörtern.
3 Affektive Kommentaradverbien Ähnlich wie die Emotionspartikeln sind auch manche oder (je nachdem, wie „Kommentaradverbien" definiert sind) alle affektiven Kommentaradverbien isoliert, in Einwortsätzen, zu verwenden.12 Hoffentlich! und Leider! sind zwei solche Sätze, die aus jeweils einem affektiven Kommentaradverb bestehen. Wie man sieht, sind solche Einwortsätze in der Regel nur nach anderen Sätzen möglich, die der Sprecher selber oder sein Zuhörer vorher schon gesagt hat: Ich muß morgen schon abreisen. Leider! - Mußt du morgen schon abreisen? Leider! Sie beziehen sich im Unterschied zu Interjektionen stets auf Sachverhalte (nie auf Gegenstände und Personen), und sie bringen daher immer eine „propositionale Einstellung" zum Ausdruck. Eben deshalb sind sie ohne den Vorgängersatz im Einwortsatz nicht zu verwenden: es muß erst der Sachverhalt bestimmt sein, ehe man eine Einstellung dazu bekunden kann. Kommentaradverbien sind, wie schon der Name sagt und insbesondere die Einwortsätze zeigen, sozusagen „Kommentare" zu Propositionen (LANG 1979, zitiert nach HELBIG/HELBIG 1990, 27). Kommentaradverbien können aber auch, anders als Inteijektionen, in Syntagmen oder ganze Sätze integriert sein: Der jetzt hoffentlich erreichte Abschluß. - Leider konnte ich nicht kommen. HELBIG/HELBIG (1990, 56ff.) ordnen die Kommentaradverbien in fünf Gruppen, nämlich die der 1) Gewißheitsindikatoren (bekanntlich, nachgewiesenermaßen, zweifelsohne), 2) Hypothesenindikatoren (höchstwahrscheinlich, schwerlich), Distanzierungindikatoren {angeblich, vermeintlich), 4) Emotiva (statt, wie eigentlich erwartbar, „Emotionsindikatoren"), 5) Bewertungsindikatoren (anständigerweise, fairerweise, ungerechterweise). Wir verdanken HELBIG/ HELBIG (1990, 59) auch die folgende Zusammenstellung deutscher Emotiva, also affektiver Kommentaradverbien: ärgerlicherweise, bedauerlicherweise/bedauernswerterweise, betrüblicherweise, beunruhigenderweise, enttäuschenderweise, erfreulicherweise, erstaunlicherweise, glücklich, glücklicherweise, gottlob/gottseidank (Gott sei dank), hoffentlich, leider, unerfreulicherweise, unglücklicherweise, wünschenswerterweise
Manche der von HELBIG/HELBIG (1990, 59f.) als „Bewertungsindikatoren" bezeichneten Kommentaradverbien könnte man stattdessen auch zusätzlich zu den „Emotiva" zählen, so vielleicht bewundernswerterweise (was doch wohl Bewunderung ausdrückt), dummerweise und blödsinnigerweise (was beides auch Ärger ausdrückt), und wohl auch noch einige andere. HELBIG/HELBIG (1990, 60) sagen selbst, „die Grenze zwischen den Emotiva und den Bewertungsindikatoren" sei „nicht so scharf zu ziehen wie die zwischen den anderen Gruppen". Ohne Zweifel ist es aber trotzdem richtig, daß sie zwischen den Bewertungs- und den Emotionsadverbien unterscheiden, denn bei den Bewertungswörtern geht es in der Tat um eine
12 Über Kommentaradverbien habe ich mich informiert bei HELBIG/HELBIG (1990), die statt „Kommentaradverbien" „Modalwörter" sagen. Dieser Terminus ist aber mißverständlich, insofern er zu dem Irrtum fuhren muß, „Modalwörter seien auch Modalverben und Modalpartikeln. „Satzadveib" - so sagt z.B. WIEGAND (1982) - hat den Nachteil, daB es auch als Terminus fur andere Wortklassen in Gebrauch ist (HELBIG/HELBIG 1990, 30). Andere Autoren sprechen von „Satzadverbialen", was ein angemessener syntaktischer Begriff ist; doch in diesem Aufsatz geht es um die Wortart. Den Terminus „Kommentaradveib" gebraucht die Neubearbeitung der DUDEN-Grammatik (DROSDOWSKI 1995, 364f.). Die Fügung „affektives Kommentaradveib" ist allerdings nicht ohne Härte.
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„rationale und qualitative Bewertung" (ibd., 58), und gerade nicht um Emotionen.13 Ebenso sind in der HELBIGschen Rubrik „Gewißheitsindikatoren" (ibd., 58) noch zwei weitere „Emotiva" zu entdecken: wirklich und tatsächlich. Beide Wörter drücken in der Tat oft aus, daß etwas - anders, als zunächst vermutet oder auch entgegen einem Anschein oder Zweifel doch der Fall ist; dann beteuern sie die Geltung eines Satzes (HELBIG/HELBIG 1 9 9 0 , 203f., 28lf ). Beide Wörter werden aber auch verwendet, um ein (sozusagen noch ungläubiges) Erstaunen auszudrücken. Reagiert ein Adressat auf eine Nachricht nämlich mit dem Ausruf Wirklich! (oder Wirklich?!) oder mit Tatsächlich! (oder auch Tatsächlich?!), dann besteht gar nicht die Möglichkeit, daß er dadurch die Wahrheit dieser Nachricht unterstreicht, weil er dazu als Adressat der Nachricht gar nicht kompetent ist. Er bringt dann tatsächlich nur sein Staunen, seine Überraschung und Verwunderung zum Ausdruck. (Mit dem Ausruf Also wirklich! scheint man insbesondere entrüstetes Erstaunen auszudrücken.) Demnach gibt es jeweils zwei verschiedene Bedeutungen (Funktionen) dieser beiden - also polysemen - Kommentaradverbien.14 Wie beschreiben deutsche Wörterbücher affektive Kommentaradverbien? Dafür wieder drei Exempel. leider WDW: leider bedauerlicherweise, unglücklicherweise; Leider Gottes [...]; leider kann ich nicht kommen; ist er immer noch krank? Ja, leider! Leider ja; Ist das Paket gekommen? Leider nicht! (umg. auch) Leider nein! [...] WDG: leider IAdv.1 bedauerlicherweise, unglücklicherweise·, er konnte leider nicht kommen; da können wir ihnen leider nicht helfen; das ist mir leider nicht bekannt; er hat sich bei dem Sturz leider verletzt; leider nicht!, leider ja!, leider nein! /bedauernde Antwort auf eine Frage/ umg. das ist leider Gottes (zu meinem Bedauern) wahr! DUW: leider : bedauerlicherweise, zu meinem, deinem usw. Bedauern: leider habe ich keine Zeit; ich habe leider keine Zeit; „Hast du Zeit?' - „Leider nicht!" / „Leider nein!"; „Ist er wieder da?" - „Leider ja!"; Leider, leider sind wir dazu nicht in der Lage PDW: leider [...] schon ahd. in der heutigen Bed. >bedauerlicherweise< [...] Mit auffallendem Gen. leider Gottes (Stieler 1691), vielleicht aus der Beteuerung (beim) Leiden Gottes [...] LGW: leider Adv; 1 verwendet, um auszudrücken, daß man etw. bedauert, etw. schade findet bedauerlicherweise glücklicherweise, zum Glück: Leider müssen wir unseren Ausflug verschieben, da unser Sohn krank ist; Ich habe leider vergessen, den Brief einzuwerfen 2 leider (ja, nein) verwendet als Antwort auf ee Frage, wenn man etw. bedauert: „Hast du diesen tollen Job bekommen?" - „Leider nein" 3 leider Gottes gespr «leider (1)
sagen richtig, daß das Wort „Bedauern" ausdrückt.15 Diese Auskunft geben auch die Wörterbücher, allerdings im Grad der Klarheit dieser Auskunft unterHELBIG/HELBIG ( 1 9 9 0 , 1 5 8 )
13 Das ist deshalb zu betonen, weil es eine Tradition gibt, wonach sprachlich formulierte Wertungen pauschal einer „affective meaning" zugeschlagen werden (s. ALSTON 1967, 486f.). Umgekehrt werden oft Emotionen als Bewertungen betrachtet und damit gewissermaßen rationalisiert, so auch von FIEHLER (1990, 46ff.: „Emotionen als bewertende Stellungnahmen"). 14 Daß tatsächlich auch Erstaunen ausdrückt, registrieren HELBIG/HELBIG (1990, 203f.) gleichfalls, ohne aber deshalb zwei verschiedene Bedeutungen (Funktionen) dafür anzusetzen. 15 Außerdem, so meinen sie, fakultativ auch „Trauer". Ob sie dabei wohl an Beileid denken? HELBIG/HELBIGS eigene Beispiele wie auch die Beispiele in den Wörterbüchern lassen nicht auf „Trauer" schließen.
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schiedlich.16 WDW, WDG, DUW und PDW gebrauchen (z.T. neben unglücklicherweise) das bedeutungsähnliche bedauerlicherweise, das als transparentes Wort auf das Bedauern hinweist, das es ebenso wie leider ausdrückt. Keines dieser Wörterbücher macht dabei den Unterschied von leider und bedauerlicherweise deutlich: Leider ist das unmarkierte, hochfrequente Allerweltswort, das sich zur Bekundung von Bedauern sozusagen aufdrängt, während wir bedauerlicherweise nur verwenden, wenn wir uns „gewählt" ausdrücken möchten, was das LGW (als einziges der Wörterbücher) anzeigt mit der Stilangabe geschr (zu bedauerlicherweise). Daher hat bedauerlicherweise etwas Hölzernes und Steifes, etwas beinahe Verlautbarungshaftes, wenn man es, wie Akademiker dies manchmal tun, statt leider in der Alltagssprache sagt; es klingt dann oft ironisch. Leider aber ist das deutsche Kommentaradverb par excellence, mit dem man ein Bedauern - unauffällig, aber deutlich - ausdrückt. Allerdings ist dieses fur die Lexikologie des Deutschen doch bemerkenswerte Faktum (wenn es sich denn um ein solches handelt) bislang wohl in keinem deutschen Wörterbuch vermerkt. Wieder finden wir im LGW die Formel „verwendet, um auszudrücken", diesmal aber mit Daß-Satz-Ergänzung: „daß man etw. bedauert, etw. schade findet". Durch die Verbform „auszudrücken" wird auch hier nachdrücklich auf die Expressivität des Wortes hingewiesen. Durch das Verb „bedauern" wird die ausgedrückte Emotion eindeutiger bezeichnet als durch das Adverb bedauerlicherweise. Der Erklärungszusatz „daß man ... etw. schade findet" ist vorzüglich, weil er ein Äquivalent von leider (in der Wortart Adjektiv) ins Spiel bringt, das genau wie leider ein Bedauern ausdrückt und das ebenfalls ein Allerweltswort ist: schade. Oft kann man statt leider (mit nur etwas anderem Kontext) schade sagen, oft sagt man auch beides, oder einer sagt z.B.: „Leider kannst du ja nicht kommen", und der andere: „Ja das find' ich selber auch sehr schade". Solche wortartübergreifenden Äquivalente anzugeben und auf diese Weise Querverbindungen, die zwischen den grammatischen Domänen der verschiedenen Wortartkategorien funktional (semantisch) existieren, aufzuzeigen, muß ein Ziel der Lexikologie und Lexikographie sein. echt WDG, WDW, DUW: ohne einschlägige Funktionsangabe PDW: echt [...] Ugs. u. jugendspr. »tatsächlich, wahrhaftige adv.: Ich glaube, ich war echt begabt zum Tanzen; Trotzdem war ich irgendwie echt high (1973 Plenzdorf, Leiden 60 u. 83). LGW: echt2 Partikel; betont, gespr; 1 verwendet, um ein Adjektiv, ein Adverb od. ein Verb zu verstärken « wirklich (3): Das hast du echt toll gemacht! 2 verwendet, um Überraschung, Begeisterung o.ä. auszudrücken: „Ich habe im Lotto gewonnen!" - „Echt?"
(1990) haben echt nicht registriert, vermutlich deshalb, weil es als „Modalwort" noch nicht standardsprachlich ist. Dies kann man auch fur das WDG, WDW und DUW vermuten, wenn auch letzteres in Bezug auf Umgangssprache sonst nicht zimperlich ist. Durch die beiden Beispielsätze aus dem Buch von PLENZDORF zeigt das PDW, daß echt als affektives Adverb mittlerweile wenn schon nicht als standard-, so doch mindestens als schon literatursprachlich betrachtet werden muß. Die beiden Sätze illustrieren außerdem die Charakterisierung „umgangs- und jugendsprachlich". Das Wort echt in „ich war echt begabt zum TanHELBIG/HELBIG
16 Das DUW hat außerdem noch die Bedeutungsparaphrase „zu meinem, deinem usw. Bedauern", was besagen muß, mit leider könne auch gemeint sein: „zwar zu meinem nicht, jedoch zu deinem Bedauern". Das ist richtig, leider kann dem Ausdruck auch sogar von Schadenfreude dienen („Leider habe ich gewonnen", sagen beispielsweise, ohne jeden Anflug von Bedauern, Kinder). Ob man solche tropischen - in diesem Fall: ironischen - Verwendungsweisen eines Wortes eigens buchen sollte, ist Ermessenssache; tut man es. dann sollten sie jedoch als tropisch ausgewiesen und erläutert werden.
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Fritz Hermanns
zen" nimmt dem Satz die Bildungssprachlichkeit, die er sonst hätte; in der Wendung „irgendwie echt high" steht echt im Kontext zweier gleichfalls jugendsprachlicher Vokabeln: wie auch sonst im PDW sind die Beispiele nicht nur authentisch, sondern auch aussagekräftig. Der Gebrauch von echt als Kommentaradverb zum Ausdruck von Erstaunen (so in der Nachfrage „Echt?") und zur Beteuerung der Wahrheit des Gesagten („Das hat er echt gemacht!") wird im PDW nicht explizit erwähnt, wohl aber durch die standardsprachlichen Synonyma tatsächlich und wahrhaftig angedeutet. Auch am Beispiel echt erweist sich die heuristische sowie expositorische Vortrefflichkeit der auf den ersten Blick pedantisch anmutenden Formel „verwendet, um ... auszudrücken", die wir hier im LGW zum wiederholten Male finden. Denn sie zwingt die Wörterbuchautoren dazu, a) sich selbst zu überlegen, welcherlei Gefühle ein Wort ausdrückt, b) den Wörterbuchbenutzern dies auch wirklich mitzuteilen, hier also Begeisterung und Überraschung (in der zweiten der Funktionsangaben, die das Wörterbuch gibt).17 Diese Mühe hat sich offenbar das PDW in diesem Falle nicht gemacht. Es bietet aber, sozusagen als Ersatz, Synonyma für echt, was wiederum das LGW in diesem Fall versäumt: tatsächlich und wahrhaftig (letzteres wohl eher norddeutsch als gesamtdeutsch); dem hinzuzufügen wäre wirklich. Denn auch wirklich und tatsächlich (norddeutsch außerdem wahrhaftig) können (s.o.) dazu dienen, Überraschung und Begeisterung auszudrücken („Ich habe im Lotto gewonnen?" - „Wirklich?"/„Tatsächlich?"), allerdings auch Skepsis, je nach Tonfall, aber diese Ambiguität besteht bei echt genauso. endlich WDW: endlich [...] 2 nach langer Erwartung, Verzögerung, nach langem Zweifel; doch einmal, schließlich, zuletzt-, jetzt begreife ich endlich, warum ...; komm doch endlich!; endlich ist es soweit; schließlich und endlich (Verstärkung von schließlich) WDG: endlich 1. /Adv.; drückt Ungeduld über langes Warten aus/ bist du endlich fertig?; endlich kommt ihr!; siehst du es endlich ein?; na endlich! [...] DUW: endlich L a) (meist emotional; bezeichnet das Ende einer als lang empfundenen Wartezeit) nach einer langen Zeit des Wartens, der Verzögerung, des Zweifels: er ist endlich doch noch gekommen; wann bist du endlich fertig?; (ugs.:) na endlich! [...] PDW: ohne relevanten Eintrag LGW: endlich Adj; 1 nur adv\ verwendet, um (nach e-er langen Wartezeit) Erleichterung auszudrücken: Gott sei dank, wir sind endlich da!; Na endlich! 1 nur adv·, verwendet, um Ungeduld auszudrücken: Kommst du jetzt endlich? [...]
Das von Helbig/Helbig (1990) ebenfalls noch nicht gebuchte Kommentaradverb wird zweifellos am besten vom LGW beschrieben: man sieht auch an dieser Serie von Wörterbucheinträgen, wie die Wörterbücher von einander lernen und im Laufe der Jahrzehnte ihre Wortbeschreibung optimieren können. Allerdings steht fast am Anfang dieser Serie im WDG (der zweite Band mit endlich ist erst nach dem WDW erschienen) schon ein Eintrag, der in aller Klarheit auf die Ausdrucksfünktionalität („drückt ... aus") des Wortes abhebt, wenn auch nur 17 Was die erste der Funktionserläuterungen, die das LGW gibt, anbetrifft, so ist „um ... zu verstärken" relativ nichtssagend, und man fragt sich, ob vielleicht ein Elativ gemeint ist (echt toll« sehr toll). Aber echt dient in echt toll, echt spitze, echt beschissen usw. ebenso wie wirklich der Emphase und bedeutet also: sensu pleno (oder sensu stricto). „Es war echt toll" heißt soviel wie: „Es war toll, das ist in diesem Fall nicht übertrieben". Dabei ist das Wort in einem solchen Satz ambig, es kann nicht nur als ein adadjektivisches Adverb (zu toll), es kann auch als ein Kommentaradverb gedeutet werden, der zitierte Satz kann also auch besagen: „Echt, es war toll". Doch diese Ambiguität ist für die Kommunikation unschädlich.
Emotion im Wörterbuch
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in einer seiner zwei Funktionen, die dann alle beide erst das LGW nennt und klar unterscheidet. Noch im WDW wird gar nicht auf die Expressivität des Wortes hingewiesen. Im DUW wird sie zumindest angedeutet, nämlich durch die Wendung als lang empfunden; irreführend ist jedoch die Formulierung, dieses Wort bezeichne „das Ende einer ... Wartezeit"; es bezeichnet dieses Ende eben nicht, es drückt vielmehr Erleichterung darüber aus Auch durch „meist emotional" wird hier die Affektivität des Wortes angezeigt. Doch dieser Hinweis wäre überflüssig, wenn das Wörterbuch angeben würde, welche Emotion das Wort zum Ausdruck bringt, was aber nicht der Fall ist.18 Im LGW wird gleich von vornherein auf die Ausdrucksfunktion des Wortes abgehoben, und zwar wieder mit der Formel „verwendet, um ... auszudrücken". Die beiden durch endlich ausgedrückten Emotionen werden hier tatsächlich angegeben: „Erleichterung", „Ungeduld". Fazit. Mehr als bei den affektiven Inteijektionen sind bei der lexikographischen Behandlung affektiver Kommentaradverbien große Unterschiede zwischen den zitierten Wörterbüchern festzustellen. Sie betreffen insbesondere die Frage, wie man die Funktion (Bedeutung) dieser Wörter angibt. Manche der zitierten Wörterbücher bieten kommentarlos Synonyme, deren fiinktional-semantische Besonderheiten sie auf diese Weise zum Verschwinden bringen. Schlägt man bei den Synonymen nach (was hier nicht vorgeführt worden ist), dann wird man, wiederum per Synonym, auf das als erstes nachgeschlagene Wort zurückverwiesen (so bei leider). Hier dreht sich die Definition in einem engen Kreis.19 Nur ein Wörterbuch (das LGW) verfährt durchgängig anders und gibt bei den affektiven Kommentaradverbien jedesmal an, a) daß sie dem Ausdruck von bestimmten Emotionen dienen, b) von welchen.
4 Affektive Adjektive Welche Adjektive dienen dazu, Emotionen auszudrücken? Bisher gibt es, anders für Interjektionen und für Kommentaradverbien, keine Liste dieser Wörter, die hier affektive Adjektive heißen sollen.20 Auch fehlt bislang eine durchgeführte Klassifikation von solchen Adjektiven,
18 Auch die Einschränkung „meist" ist überflüssig, also fehl am Platze, denn wenn endlich einmal nicht emotional verwendet werden sollte, dann gewiß nur tropisch, insbesondere ironisch; diese Möglichkeit der „uneigentlichen" Verwendung eines Wortes gibt es aber immer, und sie braucht daher im Wörterbuch, solange sie nicht usuell geworden, also lexikalisiert ist, nicht speziell vermerkt zu werden, s. auch die Anmerkung zu leider. Redundant ist auch die Wiederholung („Wartezeit" ... „Zeit des Wartens"). Gut im DUW sind die Beispiele. „Doch noch" besagt etwa: „obwohl ich es fast schon nicht mehr glaubte", das ist eine typische Reaktion beim Warten; „Wann bist du (denn) endlich fertig?" ist ein oft gehörter Phraseologismus, der die Ungeduld des Wartenden (und einen Vorwurf) ausdrückt. 19 Es liegt hier also „Zirkelsynonymik" vor, wie das MÜLLER (1984, 399, zit. nach WIEGAND 1989a, 6 2 2 ) treffend nennt. Zur lexikographischen Problematik des Gebrauchs von „Synonymen" s. WIEGAND (1989a). 20 Affektive Adjektive oder Ausdrucksadjektive nenne ich hier solche Adjektive, die vor allem auch dem Ausdruck von Gefühlen (in Bezug auf das, worauf die Adjektive jeweils referieren) dienen. Diese (oder eine ähnliche: „die insbesondere dem Ausdruck von Gefühlen dienen" wäre gleichfalls möglich) Formulierung muß ich wählen, weil die affektiven Adjektive oft nicht nur dem Ausdruck von Gefühlen dienen, sondern außerdem oft eine deskriptive Bedeutungskomponente haben. Mit vor allem (oder insbesondere) soll gesagt sein, daß es sich dabei um mehr als nur „Konnotationen" handelt. Bei den affektiven Adjektiven ist es nämlich so, daß es die Affektivität bzw. Expressivität ist, worum willen man sie überhaupt verwendet. Diese ist hier also nichts nur „Auch-noch-Mitgedachtes" und „Assoziiertes". Daß es solche „affektiven Adjektive" gibt, d.h. daß man gewisse Adjektive sinnvoll so beschreiben kann und sollte, wird im folgen-
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Fritz Hermanns
die nämlich so zahlreich sind, daß es sich lohnen würde, sie nach ihren Ausdruckswerten zu sortieren. Nur fur eine ganz spezielle Unterklasse dieser Wörter gibt es einen Terminus, der sie zusammenordnet und bezüglich des Affekts, den sie zum Ausdruck bringen, charakterisiert: Entzückungsworte. So nennt nämlich HENNE ( 1 9 8 6 , 153) eine Klasse jugendsprachlicher Lexeme, die in ihrer großen Mehrzahl Adjektive sind, jedoch z.T auch Substantive. Um zu unterscheiden, kann man von Entzückungsadjektiven und Entzückungssubstantiven reden. Folgende Entzückungsadjektive zählt das PDW (PDW, 1102) auf: astrein, cool, dufte, goldig, herb, irre, klasse, knorke, prima, sagenhaft, schick, super, tierisch, toll, urst.21
Diese Liste wäre zu ergänzen durch die Synonyme, die man zusätzlich in manchen Wörterbuchartikeln findet, so durch schnieke, schnafte, schau (im PDW s.v. dufte), spitze, spitzenmäßig (ib., s.v. Spitze), geil (s.v.). Alle diese Wörter drücken in der Tat so etwas wie Entzükken, aber auch Begeisterung, Bewunderung (so beschreiben andere Wörterbücher den Gefühlswert dieser Wörter) aus. Man kann sie also auch Begeisterungs- oder auch Bewunderungsadjektive nennen. Löst man den Begriff von der Beschränkung auf die Jugendsprache, dann sind etwa auch phantastisch, herrlich, wunderbar, großartig, schön Begeisterungsadjektive. Wie man sieht, sind sie zugleich auch immer Wertungsadjektive. Analog zum Terminus Entzückungsadjektiv wäre ein Terminus wie Abscheu- oder auch Verachtungsadjektiv zu bilden.22 Abscheuadjektive wären etwa ätzend (aus der Jugendsprache) sowie (aus der allgemeinen Umgangssprache) scheußlich und abscheulich, schäbig, widerlich, fies, mies, scheiß, beschissen, ekelhaft und eklig und gewiß noch viele andere. Um Verachtung in Bezug auf intellektuelle Fähigkeiten und auf intellektuelles Fehlverhalten auszudrücken, steht uns ein spezieller Wortschatz zur Verfugung. Er enthält die Adjektive idiotisch, dumm (auch saudumm), blöde und vertrottelt; alle diese Wörter dienen aber oft dem Ausdruck auch von Ärger. Spezialisiert auf Ausdruck von Sozialverachtung sind die Adjektive ordinär, vulgär, gewöhnlich und gemein (in jeweils einer der Bedeutungen der polysemen Wörter). Auch Verachtungsadjektive sind wohl immer eo ipso Wertungsadjektive, nur beschränkt sich eben ihre sprachliche Funktion nicht darauf, lediglich die (negative) Wertung (wie z.B. ungenügend, mangelhaft und unzureichend) auszusagen, sondern wie Bewunderungsadjektive bringen sie zugleich auch starke Emotionen (hier. Verachtung, Abscheu) wirkungsvoll zum Ausdruck. Ähnlich lassen sich noch weitere, wenn auch kleinere Klassen affektiver Adjektive finden. So sind Adjektive des Erstaunens, der Verwunderung, des Befremdens seltsam, komisch, merkwürdig, erstaunlich. Adjektive, die speziell zum Ausdruck angeregter Eßlust dienen, sind vor allem lecker sowie appetitlich. Adjektive zur Bekundung von erotischer und sexueller Angeregtheit sind z.B. sexy, geil und knackig, außerdem vielleicht auch (in verschiedenen Sprachgebräuchen unterschiedlich) attraktiv, verführerisch, erotisch, reizend und entzückend. Adjektive, die Entzücken, Rührung, Zärtlichkeit ausdrücken, insbesondere in Bezug auf kleine Kinder, sind süß, niedlich, goldig, herzig (HERMANNS 1986, 165-168). Allen diesen Adjektiven ist gemeinsam, daß, wenn sie prädikativ oder attributiv verwendet werden, man damit der Form nach Sachverhalten, Gegenständen und Personen - wie mit allen Adjektiven - Eigenschaften zuschreibt, der Funktion nach aber damit Emotionen ausdrückt.
den vorausgesetzt. In dem bereits zitierten Aufsatz (HERMANNS 1 9 9 5 ) habe ich versucht, es als plausibel zu erweisen. 21 Außerdem nennt das PDW (a.a.O.) die Entzückungssubstantive Wucht und Wolke. 22 HENNE (a.a.O.) sagt Verdammungswörter und nennt als Beispiele ätzend, uncool, ungeil.
Emotion im Wörterbuch
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„Das ist klasse!" bringt zum Ausdruck: Jch bin (darüber) begeistert", ,J)as ist aber komisch!" bringt zum Ausdruck: Jch bin (darüber) verwundert", usw.23 Drei Beispiele sollen wieder zeigen, wie man mit dergleichen Wörtern in der deutschen Lexikographie beschreibungspraktisch umgeht. arm WDG: arm [...] IAdj.1 [...] 2. bedauernswert, unglücklich: was hat der Arme, Ärmste erdulden müssen!; der arme Kerl!; Da steh ich nun, ich armer Tor! GOETHE Faust I 3 5 8 ; das arme Geschöpf.; salopp du armes Würstchen!; so ein armer Irrer! - Wer hat das arme Tier so gequält?; veralt. ein armer Sünder zum Tode Verurteilter [...] WDW: arm [...] unglücklich, beklagenswert, bedauernswert [...] das arme Ding, Geschöpf; [...] armer Kerl, Schlucker, Teufel, Tropf; du armes Kind!; arme Seele; quäl das arme Tier doch nicht so! [...] der, die Ärmste! (Ausruf des Mitleids) [.. .] DUW: arm [...] 2. unglücklich, bedauernswert, beklagenswert: das arme Kind; der arme Kerl; die armen Seelen [im Fegefeuer]; meine armen [ugs.; übermäßig strapazierten, geschundenen, schmerzenden o.a.] Beine!; du Arme[r]!; der Ärmste, was hat er [alles] erdulden müssen! [...] PDW: arm gemeingerm. Adj., etym. wohl verwandt mit Erbe und Arbeit, vgl. auch barmherzig, erbarmen. 1 >elend, beklagenswert [...] LGW: arm [...] Adj; [...] 3 in e-m Zustand, der j-s Mitleid erregt« bedauernswert Cantica (1)", dem eine Wörterbuchbenutzerin oder ein Wörterbuchbenutzer nur dann folgen muß, wenn sie oder er die Bedeutung des Antonyms Cantica wissen will. In diesem Fall wird genau genommen ein Antonymieverweis erschlossen, der zu den lexikalsemantischen Verweisen gehört. buk: Τ 'backen.
Diverbia [diwgr..., lat.] die (Plu-
ral): die gesprochenen Teile der altröm. Komödie (Dialog, Wechselgespräch); Ggs. -> Cantica (1) Abb. la: Wörterbuchartikel zu buk aus dem DUW und zu Diverbia aus dem DFW
Potentielle Verweise und die Wahrscheinlichkeit ihrer Konstituierung
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Eine verweisinitiierende Angabe ist oder enthält in der Regel eine Verweisadressenangabe oder -kennzeichnung; so beispielsweise im obigen Wörterbuchartikel zu Diverbia, wo die Verweisadressenangabe „Cantica (1)" aus der Verweishauptadressenangabe „Cantica" und der von der Verweishauptadressenangabe abhängigen Verweisunteradressenangabe „(1)" besteht - es gibt aber auch Fälle, wo eine Verweisadressenangabe fehlt. Es handelt sich dann um nichtadressierte Verweisangaben, die erschlossen werden müssen. Diesen Verweisen kann z.B. folgende Form zugrundeliegen (nach WLEGAND 1994, 26): „s.o." oder „s.u.". Sie bestehen aus einer Verweisbeziehungsangabe (beispielsweise „s ") und einer Angabe des Datensuchbereichs (hier: „o." bzw. „u"). Untersucht man die Art der Verweisung genauer, kann man drei Typen unterscheiden: adkurrente, inkurrente und artikelinterne Verweisadressenangaben und -kennzeichnungen. Ein Beispiel für eine adkurrent Verweisadressenangabe ist „T 'backen", denn hier wird zwar von dem Wörterbuchartikel zu buk zum Wörterbuchartikel zu backen verwiesen, jedoch wird die Wörterbuchbenutzerin bzw. der Wörterbuchbenutzer nicht in den Wörterbuchartikel hineingeführt, wie es bei „—> Cantica (1)" aufgrund der Verweisunteradressenangabe „(1)" der Fall ist. Bei „-> Cantica (1)" handelt es sich also um eine inkurrente Verweisadressenangabe. Artikelinterne Verweisadressenangaben und -kennzeichnungen treten beispielsweise im FRÜHNEUHOCHDEUTSCHEN WÖRTERBUCH auf, wo innerhalb eines Wörterbuchartikels aus einem semantischen Subkommentar in einen anderen semantischen Subkommentar desselben Wörterbuchartikels verwiesen wird, indem die entsprechende Polysemiezahl erwähnt wird. Besonders wichtig in diesem Aufsatz ist die Unterscheidung zwischen impliziten, expliziten und potentiellen Verweisangaben bzw. -kennzeichnungen. Genauere Erläuterungen dazu finden sich in Abschnitt 4.1. Betrachtet man die Mediostruktur, so kann man zwischen wörterbuchinterner und intertextueller Mediostruktur unterscheiden. Die intertextuelle Mediostruktur vernetzt das Wörterbuch mit anderen Wörterbüchern, mit Quellen, mit wissenschaftlicher Literatur etc. Die wörterbuchinterne Mediostruktur vernetzt nur die wörterbucheigenen Daten miteinander. Innerhalb der wörterbuchinternen Mediostruktur kann unterschieden werden, wo eine Verweisangabe bzw. -kennzeichnung steht und wohin sie adressiert ist. In unserem Fall werden nur verweisinitiierende Angaben untersucht, die funktional und/oder positional ermittelten Segmente von Wörterbuchartikeln, genauer: Bedeutungsparaphrasenangaben (BPA) oder andere Angaben in BPA-Position, sind und in andere Wörterbuchartikel verweisen. Die aus solchen Angaben zu erschließenden oder zu konstituierenden Verweise sollen wörterbuchartikelvernetzende BPAVerweise (nachfolgend verkürzt: artikelvernetzende BPA-Verweise) genannt werden. Abschließend noch einige Bemerkungen zu dem Terminus Position in dem Wort BPA-Position. Dieser Positionsbegriff hat weder mit dem Positionsbegriff in PAN ZAIPING et al. 1994 noch mit dem in KAMMERER 1994 etwas zu tun. In PAN ZAIPING et al. 1994 wird unter Position ein Ausschnitt aus der abstrakten hierarchischen Mikrostruktur verstanden. Dabei besteht die Trägermenge einer konkreten (Struktur-) Position aus den konkreten terminalen Angaben eines Wörterbuchartikels, während die Trägermenge einer abstrakten (Struktur-) Position aus den terminalen Angabeklassen besteht. Bei KAMMERER 1995 hingegen werden mit dem Terminus Position Textsegmente (also mit Mikrostrukturanzeigern) bezeichnet, die unmittelbare Konstituenten des Wörterbuchartikels sind. Hier dagegen soll unter Position deijenige textuelle Ort einer Angabe in einem Wörterbuchartikel verstanden werden, an dem diese Angabe regulär zu stehen hat und wo sie jede Benutzerin und jeder Benutzer erwarten kann. Beispielsweise gilt für das DGFW: „Die Angaben zur Bedeutung eines Stichwortes stehen hinter dem Doppelpunkt, der dem Stichwort und
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Matthias Kammerer/Andrea Lehr
den Angaben zur Aussprache, Grammatik, Etymologie usw. folgt. Hat ein Stichwort mehrere Bedeutungen, die sich voneinander unterscheiden, dann werden die einzelnen Bedeutungen durch Ziffern oder Buchstaben voneinander getrennt." (DGFW, 11). Folgt diesem Doppelpunkt keine Bedeutungsparaphrasenangabe, sondern eine Verweisangabe (oder: -kennzeichnung), wie es bei durchmüssen in Abb. 3 der Fall ist, so sprechen wir von einer Verweisangabe
(bzw. -kennzeichnung) in BPA-Position. 3 Theoretische Überlegungen zu artikelvernetzenden BPA-Verweisen 3.1
Verweise und verweisrelevante Wörterbuchentitäten
Um in sinnvoller Form über Verweise und später speziell über potentielle Verweise sprechen zu können, wollen wir damit beginnen, eine Reihe von Termini, die mit Verweisen und deren Entsprechungen auf der Wörterbuchebene befaßt sind, definitorisch festzusetzen. Einige dieser Termini und Festsetzungen stammen aus den WlEGANDschen metalexikographischen Arbeiten, andere werden hier neu eingeführt. Zunächst gilt es zu beachten, daß ein Verweis eine erschlossene oder konstituierte Information ist. Diese Information wiederum ist das Resultat einer kognitiven Tätigkeit, die sich als
eine komplexe Entität, die auf der Wörterbuchebene diskontinuierlich und damit der direkten Wahrnehmung entzogen ist, reproduzieren oder produzieren beschreiben läßt. Auf diese Weise ist festgelegt, daß Verweise kognitive Entitäten sind und nicht auf der Ebene des Wörterbuches existieren. Gemäß den Ausführungen in Kapitel 2 können wir nun weiter ausführen: (1) Ein artikelvernetzender Verweis ist ein Verweis, kraft dessen eine Wörteibuchbenutzerin oder ein Wörterbuchbenutzer funktional und/oder positional bestimmte Segmente zweier verschiedener Wörterbuchartikel desselben Wörterbuchs kognitiv zu einer komplexen Wörterbuchentität vernetzt.
Nun stellt sich die Frage, in welcher Weise welche Wörterbuchsegmente Verweise initiieren. (2a)Entweder wird ein artikelvernetzender Verweis erschlossen anhand einer verweisvermittelnden Angabe, die wiederum zumindest aus einer (nichtpotentiellen) Verweisadressenangabe besteht (= nichtpotentielle Verweisangabe) oder zumindest eine (nichtpotentielle) Verweisadressenkennzeichnung enthält (= nichtpotentielle Verweiskennzeichnung); (2b)oder ein artikelvernetzender Verweis wird konstituiert anhand einer potentiell verweiskonstituierenden Angabe, die wiederum aus einer (potentiellen) Verweisadressenangabe besteht (= potentielle Verweisangabe) oder eine (potentielle) Verweisadressenkennzeichnung enthält (= potentielle Verweiskennzeichnung).
Der Ausdruck „zumindest" deutet an, daß zu einer nichtpotentiellen Verweisadressenangabe oder -kennzeichung eine Verweisbeziehungsangabe oder -kennzeichnung (z.B. ein Verweispfeil) treten kann. Potentielle Verweisadressenangaben oder -kennzeichungen dagegen und dies ist ein erster wesentlicher Unterschied zu den nichtpotentiellen - können niemals um eine Verweisbeziehungsangabe oder -kennzeichnung ergänzt sein (vgl. Abschnitt 3 .1.1). (3) Alle verweisvermittelnden Angaben und alle potentiell verweiskonstituierenden Angaben, die zugleich als Bedeutungsparaphrasenangaben fungieren oder die an der Position stehen, an der sich üblicherweise eine Bedeutungsparaphrasenangabe befindet, können zu BPA-Verweisen führen.
Potentielle Verweise und die Wahrscheinlichkeit ihrer Konstituierung
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Die Festsetzung (3) resultiert wiederum aus den Ausführungen in Kapitel 2 und fuhrt zusammen mit der Festsetzung (1) zu den artikelvernetzenden BPA-Verweisen, die wir in unserem Beitrag genauer betrachten wollen. (4) Jede verweisvermittelnde und jede potentiell verweiskonstituierende Angabe ist an die jeweilige (^potentielle)4 Ausgangsadresse (= Verweisungsartikellemma) adressiert. Ihr (±potentiell) verweisrelevanter Teil ist außerdem an die ±potentielle Verweisadresse adressiert und fungiert somit als erste Konstituente einer zweistelligen (ipotentiellen) Verweisrelation. (5) Eine (tpotentielle) Verweisadresse ist das Lemma desjenigen Wörterbuchartikels, auf den die (±potentielle) Verweisadressenangabe oder -kennzeichnung verweist und sie fungiert als zweite Konstituente einer zweistelligen (ipotentiellen) Verweisrelation.
Generell fungiert jedes Lemma als Adresse für alle fünktional-positional bestimmten Segmente des betreffenden Wörterbuchartikels, so auch die Lemmata, die wir hier Ausgangsadresse und Verweisadresse nennen, um sie als verweisrelevante Entitäten kenntlich zu machen (zu den Spezifika beider Arten von Adressen vgl. unten die Ausführungen zu den Wörterbuchartikeln zu durchmüssen und durchdürfen). Aus (4) und (5) ergibt sich eine zweistellige Verweisrelation, bestehend aus einer tpotentiellen Verweisadressenangabe oder -kennzeichnung und einer ±potentiellen Verweisadresse. Handelt es sich bei der verweisvermittelnden oder potentiell verweiskonstituierenden Angabe um eine ±potentielle Verweisangabe, ist diese direkt an die ±potentielle Ausgangsadresse adressiert. Im Falle von ±potentiellen Verweiskennzeichnungen jedoch besteht solch eine direkte Adressierung nicht; stattdessen existiert eine indirekte Adressierung, die sich daraus ergibt, daß zum einen die verweisvermittelnde oder potentiell verweiskonstituierende Angabe als Ganzes an die Pimäradresse adressiert ist und zweitens die zfcpotentielle Verweiskennzeichnung Teil dieser Angabe ist. (6) Die (rfcpotentielle) Verweisrelation bildet den invarianten (^potentiellen) Verweiskernbereich. (7) Hinzu kommt ein teilvarianter (±potentiellerj Verweisrandbereich. Dabei handelt es sich um das (±potentielle) Verweisziel, welches von der Suchfrage der individuellen Wörteibuchbenutzerin oder des individuellen Wörteibuchbenutzers determiniert wird und das an die (±potentielle) Verweisadresse adressiert ist, zusammen mit der (±potentiellen) Ausgangsadresse.
Die mit (6) und (7) vollzogene Unterscheidung zweier verschiedener ±potentieller Verweisteilbereiche wird in Abschnitt 3.2 begründet und weiter erläutert. (8) Der (±potentielle) Verweiskernbereich und der (±potentielle) Verweisrandbereich bilden zusammen einen (ipotentiellen) Verweisbereich.
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Wir verwenden hier und im folgenden zumeist den expliziten Marker „±potentieU" (als Kürzel für „potentiell oder nichtpotentiell"), wenn wir sowohl von potentiellen als auch von nichtpotentiellen Verweisentitäten sprechen wollen. Genau betrachtet ist eine solche Markierung natürlich unnötig, da Verweise und die korrelierten Wörterbuchgegebenheiten entweder potentiell oder nichtpotentiell sind und damit das Fehlen eines Markers „potentiell" oder „nichtpotentiell" bereits impliziert, daß beide Arten von Phänomenen gemeint sind. Angesichts der Tatsache aber, daß eine genaue Unterscheidung, wann wir uns auf potentielle, wann auf nichtpotentielle Verweisentitäten und wann auf beides beziehen, von zentraler Wichtigkeit für eine konsistente Argumentation und das Verständnis des vorliegenden Beitrags ist, präferieren wir die Verwendung expliziter Marker.
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Matthias Kammerer/Andrea
=LZ
— I t m m ^ ^ m m n Ausgangsadresse
I
I
Verweisangabe oder Verweiskennzeichnung
Lehr
Ϊ3 I I
1. Wörterbuchartikel
I
Benutzung* "umleitung " (Verweisbe-Jehung)
2. Wörterbuchartikel
Σ
Verweisziel
Verweisadresse
(variant)
[···]
AL
Lesrichtung
•μΐ-
Erläuterungen:
1 •
Abb. 2:
1 llsn
teilvarinater Verweishereir.h
1
teilvarianter Verweisrandbereich
Ο
u.U. vorhandene, nicht verweisrelevante Teile der Wörterbuchartikel
1
invarianter Verweiskembereich Wörterbuchartikel
Γ
u.U. vorhandene, nicht verweisrelevante Elemente der äußeren Zugriffsstruktur
Abstraktes Schaubild zu den ±potentiellen verweisrelevanten Wörterbuchentitäten
Der (±potentielle) Verweisbereich ist die auf der Wörterbuchebene existente, diskontinuierliche Entsprechung zu der kognitiven Einheit, die von den Wörterbuchbenutzerinnen und -benutzern produziert oder reproduziert wird. Während unseres Vortrage im Heidelberger Lexikographischen Kolloquium wurden wir darauf hingewiesen, daß es für die Benutzerinnen und -benutzer gedruckter Wörterbücher einen großen Unterschied macht, ob sich der Wörterbuchartikel, der verweisinitiierend wirkt, und der Wörterbuchartikel, auf den verwiesen wird, auf derselben Druckseite befinden oder nicht. Dem ist insofern zuzustimmen, als ein Verweisbereich, der kein erneutes Blättern im Wörterbuch erfordert, sich weniger negativ auf die Benutzungsfreundlichkeit des betreffenden Wörterbuchs auswirken dürfte als ein Verweisbereich, der zu erneutem Blättern nötigt. Dennoch halten wir - eingedenk der unterschiedlichen Adressierungen in beiden Wörterbuchartikeln und den daraus resultierenden Anforderungen an die Benutzerinnen und Benutzer (vgl. Abschnitt 3 .2, insbesondere die Abb. 5 und 6) - daran fest, daß die Eigenschaft Diskontinuität auf alle Verweisbereiche zutrifft - also auch auf solche, die sich aus Wörterbuchartikeln derselben Druckseite oder aus direkt aufeinanderfolgenden Wörterbuchartikeln rekrutieren. Darüber hinaus sind wir der Auffassung, daß Verweisbereiche sich grundsätzlich der direkten Wahrnehmung entziehen, also auch dann, wenn die verweisvermittelnde oder potentiell ver-
Potentielle Verweise und die Wahrscheinlichkeit ihrer Konstituierung
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weiskonstiuierende Angabe in unmittelbarer Nähe der Verweisadresse steht (vgl. dazu Abschnitt 6.1). In der Abb. 2 werden die wichtigsten Teile der Festsetzungen (1) bis (8) noch einmal zusammenfassend veranschaulicht. In Abb. 2 sehen wir zwei in die Makrostruktur eingebettete Wörterbuchartikel (wobei offen bleibt, ob sich diese auf verschiedenen Druckseiten oder derselben Druckseite befinden oder gar direkt aufeinander folgen), die kraft einer +potentiellen Verweisangabe oder -kennzeichnung miteinander vernetzt sind. Der erste dieser Wörterbuchartikel enthält außerdem - ggf neben weiteren anderen Komponenten, wie z.B. einer Genusangabe, einer etymologischen Angabe oder einer Kompetenzbeispielangabe - die +potentielle Ausgangsadresse. Der zweite Wörterbuchartikel weist die ±potentielle Verweisadresse auf und ein +potentielles Verweisziel (wiederum neben möglichen anderen Komponenten). Entscheidend für die Entstehung eines Verweises ist die +potentielle Verweisangabe oder -kennzeichnung, die in einer ±potentiellen Verweisbeziehung mit einer ±potentiellen Verweisadresse (in unserem Fall mit dem Lemma eines anderen Wörterbuchartikels) steht. Beide zusammen bilden den ±potentiellen invarianten Verweiskernbereich - invariant deshalb, weil die Wörterbuchbenutzerinnen und -benutzer keine Möglichkeit haben, dessen Komponenten frei zu wählen. Wenn sie nämlich (von der ±potentiellen Ausgangsadresse ausgehend) auf die verweisvermittelnde oder potentiell verweiskonstituierende Angabe stoßen und beginnen, einen +potentiellen Verweis zu erschließen oder zu konstituieren, dann müssen sie zwangsläufig genau diese ±potentielle Verweisadresse mit der ±potentiellen Verweisangabe oder -kennzeichnung zu einer Einheit zusammenfugen. Ebenso ist die ±potentielle Ausgangsadresse - vom Ausgangspunkt des aktuellen ±potentiellen Verweisbereichs aus betrachtet - invariant. Mit anderen Worten: Aus einer ±potentiellen Verweisangabe oder -kennzeichnung folgt (zumindest, wenn diese elementar ist, vgl. Kapitel 4) genau eine ±potentielle Ausgangsadresse und (korrekterweise) genau eine ±potentielle Verweisadresse. Als einziger varianter Teil bleibt mithin das ±potentielle Verweisziel, das grundsätzlich von den individuellen Bedürfhissen der Wörterbuchbenutzerinnen und -benutzer determiniert ist. Um dies genauer zu erörtern, wenden wir uns der Abb. 3 zu. Der Wörterbuchartikel zu durchmüssen sei, da er diejenige verweisinitiierende Komponente enthält, die wir im weiteren genauer betrachten wollen, Verweisungsartikef genannt, der Wörterbuchartikel zu durchdürfen dagegen Verweiszielartikel6 Wir sehen im Verweisungsartikel als verweisinitiierende Komponente eine nichtpotentielle Verweisangabe, die vgl. durchdürfen lautet. Diese läßt sich funktional-positional7 weiter unterteilen in die Verweisbeziehungsangabe vgl. und die nichtpotentielle Verweisadressenangabe durchdürfen. Da der Wörterbuchartikel zu durchmüssen eine nichtpotentielle Verweisangabe enthält, fungiert das Lemma durchmüssen zwangsläufig als nichtpotentielle Ausgangsadresse. Bislang haben wir eine nichtpotentielle Verweisangabe, bestehend aus einer Verweisbeziehungsangäbe und einer nichtpotentiellenVerweisadressenangabe, sowie die zugehörige nicht5
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Jeder Wörteibuchaitikel, der mindestens eine verweisvermittelnde oder potentiell verweiskonstituierende Angabe enthält, wird von uns Verweisungsartikel genannt; somit ist der Terminus „Verweisungsartikel" von dem Terminus „Verweisartikel" i.S.v. WIEGAND 1994 auch inhaltlich deutlich unterschieden. Prinzipiell gilt zwar, daß auch der Wörterbuchartikel zu durchdürfen verweisauslösende Komponenten enthält und dem Lemma durchdürfen des momentanen Verweiszielartikels möglicherweise auch die Funktion einer oder mehrerer Verweiszieladressen zukommt, doch das soll uns hier nicht weiter interessieren. Eine Einführung in die Methode der funktional-positionalen Segmentation findet sich in WIEGAND 1990, Kapitel 4.1.
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Matthias Kammerer/Andrea Lehr
nichtpotentielle Verweisbeziehungsangabe
nichtpotentielle Ausgangsadresse
dvirch|müs|sen exspiratorisch; vgl. ...iv/ ...orisch.
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ln|spi|ra|tion, die; -, -en [lat inspiratio, eigtl. = Einhauchung]: 1. (bildungsspr.) schöpferischer Einfall, Gedanke; plötzliche Erkenntnis, erhellende Idee, die jmdn., bes. bei einer geistigen Tätigkeit, weiterfuhrt; Erleuchtung, Eingebung: künstlerische, musikalische -en; die I. eines Erfinders, eines Dichters. 2. (o. PI.) (Med.) Einatmung, das Einsaugen der Atemluft; in|spi|ra|tlv