Wohnungseigentumsgesetz: Kommentar [6. neu bearbeitete Auflage] 9783504386603

Stellt das Wohnungseigentumsrecht umfassend dar. Die Fülle der Gerichtsentscheidungen ist pointiert und systematisch auf

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German Pages 1696 [1737] Year 2019

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Wohnungseigentumsgesetz: Kommentar [6. neu bearbeitete Auflage]
 9783504386603

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Jennißen · WEG · Wohnungseigentumsgesetz · Kommentar

Kommentar herausgegeben von

Rechtsanwalt

Dr. Georg Jennißen Köln bearbeitet von

RiAG Dr. Dr. Andrik Abramenko, Idstein Notar Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz, Regen Notar Dr. Jörn Heinemann, Neumarkt i.d.OPf. VorsRiLG Dr. Johannes Hogenschurz, Köln RA Dr. Georg Jennißen, Köln Notar Thomas Krause, Staßfurt RiOLG Dr. Hendrik Schultzky, Fürth VorsRiLG Dr. Martin Suilmann, Berlin Notar Prof. Dr. Maximilian Zimmer, Wernigerode 6. neu bearbeitete Auflage

2019

Zitierempfehlung: Bearbeiter in Jennißen (Hrsg.), WEG, 6. Aufl., § … Rz. …

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ­http:// dnb.d-nb.de abrufbar. Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-45079-3 ©2019 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche­ rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs­ beständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany

Vorwort zur 6. Auflage Juristische Fachinformationen in Buchform haben sich einer doppelten Konkurrenz zu erwehren. Sie müssen sich gegenüber vergleichbaren Printausgaben anderer Verlage und dann noch gegen einschlägige Online-Angebote behaupten. Dass dieser Konkurrenzkampf mit dem vorliegenden Kommentar (der natürlich ebenfalls als Datenbankausgabe verfügbar ist) durchaus erfolgreich wahrgenommen wird, wird durch die jetzt vorliegende 6. Auflage deutlich. Seit dem ersten Erscheinen im Jahr 2008 sind gerade elf Jahre vergangen, so dass die relativ enge Taktung der jeweiligen Neuauflage für Aktualität steht. Das über die Jahre fast unveränderte Autorenteam bürgt hierbei für Kontinuität. Dass ein Kommentar die zahlreichen obergerichtlichen Entscheidungen einzupflegen hat, die seit seiner Vorauflage ergangen sind, ist dabei eine Selbstverständlichkeit. Die umfangreiche Aktivität der Gerichte zeigt aber auch, dass es sich bei diesem eher kleinen Gesetz um eine vergleichsweise komplizierte Rechtsmaterie handelt. Betreffend die in die Neuauflage eingearbeitete Rechtsprechung seien nur beispielhaft erwähnt die Entscheidungen des BGH zur Fälligkeit von Sonderumlagen oder zur Abrechnungspflicht bei Verwalterwechsel, die Aufgabe der BGH-Rechtsprechung zur Gemeinschaftsbezogenheit von Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüchen oder die Entscheidungen zur Herstellung von Barrierefreiheit, zu Ansprüchen auf Begründung und Aufhebung von Sondernutzungsrechten oder zur Nutzung von Wohnungseigentum für die Unterbringung von Flüchtlingen. Wohnungseigentumsrecht an der Schnittstelle zwischen Schuldrecht und Sachenrecht ist für den Laien oft kaum noch durchschaubar. Aber auch dem Juristen stellen sich bei der Fallbearbeitung immer wieder schwierige Fragen nach dem Sinn des einen oder anderen Judikates; Autoren und Herausgeber versuchen deshalb, gerichtliche Entscheidungen, wo nötig, auch kritisch zu beleuchten und im wissenschaftlichen Sinne neue Wege einzuschlagen. Der Kommentar ist mit aktuell knapp 1700 Seiten wiederum ein wenig gewachsen, ohne dass es das Ziel der Autoren gewesen wäre, die auch seitenmäßig führende Bearbeitung der Materie zu liefern. Indes sollte der Umfang mit der Gründlichkeit und Tiefe der Darstellung korrespondieren und damit eine möglichst lückenlose Kommentierung der einzelnen Vorschriften ergeben. Das Autorenteam dankt für jeden Hinweis, der eine weitere Qualitätsverbesserung ermöglicht. Köln, im Frühjahr 2019

Georg Jennißen

V

Vorwort zur 1. Auflage Wer einen Kommentar zu einem Rechtsgebiet herausgibt, das bereits mehrfach kommentiert wurde, riskiert den Vorhalt, „dass schon alles gesagt ist – nur nicht von jedem“. Mit diesem Einwand ist hier schon deshalb nicht zu rechnen, weil das Werk anlässlich der WEG-Novelle erstellt wurde und deshalb, zumindest soweit die neuen Vorschriften betroffen sind, auf keine vergleichbaren Ausführungen zurückgegriffen werden konnte. Es mag nicht die erste Kommentierung sein, die auf aktuellem Rechtsstand am Markt verfügbar ist – zum Zeitpunkt des Erscheinens ist es vermutlich aber die umfangreichste. Welchen Stellenwert dieser Kommentar über sein Volumen hinaus erlangen wird, haben Herausgeber und Autoren nicht zu beurteilen. Indes haben wir die einzelnen Vorschriften mit dem erforderlichen Tiefgang bearbeitet, um gerade auch dort, wo neue Argumentationslinien nach der Reform besonders wichtig sind, dem Leser praktikable Lösungen anbieten zu können. Wir hoffen deshalb, dass die Ausführungen gleichermaßen für Verwalter, Rechtsanwälte, Richter und für die rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung Bedeutung haben werden. Zum Redaktionsschluss – Herbst 2007 – gab es naturgemäß noch keine Rechtsprechung und noch wenig praktische Erfahrungen mit den novellierten Vorschriften. Soweit das Gesetz unverändert blieb, wurden Rechtsprechung und Literatur umfangreich ausgewertet. Wenn „alte“ Rechtsprechungslinien auf neue Normen anwendbar oder zumindest argumentativ relevant blieben, haben wir Wert darauf gelegt, dies herauszuarbeiten. Schließlich, in den Bereichen der Terra incognita des neuen Wohnungseigentumsrechts, haben Herausgeber und Autorenteam versucht, sich möglichst deutlich zu positionieren, um auch die weitere Rechtsentwicklung (mit) voranzutreiben. Köln, im Oktober 2007

VI

Georg Jennißen

Inhaltsübersicht Seite

Vorworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XI

Allgemeine Literaturübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII

Wohnungseigentumsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

I. Teil Wohnungseigentum § 1 Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

1. Abschnitt Begründung des Wohnungseigentums § 2 Arten der Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

§ 3 Vertragliche Einräumung von Sondereigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

§ 4 Formvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

§ 5 Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

§ 6 Unselbständigkeit des Sondereigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114

§ 7 Grundbuchvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

126

§ 8 Teilung durch den Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

144

§ 9 Schließung der Wohnungsgrundbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

159

2. Abschnitt Gemeinschaft der Wohnungseigentümer § 10 Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

166

§ 11 Unauflöslichkeit der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

270

§ 12 Veräußerungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

288

§ 13 Rechte des Wohnungseigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

310

§ 14 Pflichten des Wohnungseigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

354

§ 15 Gebrauchsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

396

§ 16 Nutzungen, Lasten und Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

444

§ 17 Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

530

§ 18 Entziehung des Wohnungseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

540

§ 19 Wirkung des Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

578

VII

Inhaltsübersicht

3. Abschnitt Verwaltung Seite

§ 20 Gliederung der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

610

§ 21 Verwaltung durch die Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

614

§ 22 Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

738

§ 23 Wohnungseigentümerversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

842

§ 24 Einberufung, Vorsitz, Niederschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

908

§ 25 Mehrheitsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

978

§ 26 Bestellung und Abberufung des Verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1027

§ 27 Aufgaben und Befugnisse des Verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1104

§ 28 Wirtschaftsplan, Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1221

§ 29 Verwaltungsbeirat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1334

4. Abschnitt Wohnungserbbaurecht § 30 Wohnungserbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1367

II. Teil Dauerwohnrecht § 31 Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1375

§ 32 Voraussetzungen der Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1383

§ 33 Inhalt des Dauerwohnrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1387

§ 34 Ansprüche des Eigentümers und der Dauerwohnberechtigten . . . . . . . . . . . . .

1396

§ 35 Veräußerungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1398

§ 36 Heimfallanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1401

§ 37 Vermietung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1405

§ 38 Eintritt in das Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1408

§ 39 Zwangsversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1410

§ 40 Haftung des Entgelts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1415

§ 41 Besondere Vorschriften für langfristige Dauerwohnrechte . . . . . . . . . . . . . . .

1417

§ 42 Belastung eines Erbbaurechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1420

VIII

Inhaltsübersicht

III. Teil Verfahrensvorschriften Seite

§ 43 Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1423

§ 44 Bezeichnung der Wohnungseigentümer in der Klageschrift . . . . . . . . . . . . . .

1445

§ 45 Zustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1455

§ 46 Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1474

§ 47 Prozessverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1553

§ 48 Beiladung, Wirkung des Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1561

§ 49 Kostenentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1577

§ 50 Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1594

§§ 51–58 weggefallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1603

IV. Teil Ergänzende Bestimmungen §§ 59, 60 weggefallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1605

§ 61 Veräußerung ohne Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1605

§ 62 Übergangsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1610

§ 63 Überleitung bestehender Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1618

§ 64 Inkrafttreten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1622

Gerichtskostengesetz (Auszug) § 49a GKG Wohnungseigentumssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1623

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1643

IX

Abkürzungsverzeichnis (Für hier nicht aufgeführte Abkürzungen wird verwiesen auf Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 9. Aufl. 2018) AO

Abgabenordnung

BAnz. BauGB BayObLGZ BB BDSG BeckOK BeurkG BewG BGB BGBl. BGH BlGBW BNotO BWNotZ

Bundesanzeiger Baugesetzbuch Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Der Betriebs-Berater Bundesdatenschutzgesetz Beck Online-Kommentar Beurkundungsgesetz Bewertungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht Bundesnotarordnung Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg

DNotZ DV DWE

Deutsche Notar-Zeitschrift Durchführungsverordnung Zeitschrift „Der Wohnungseigentümer“

EigZulG EStDV EStG EStR

Eigenheimzulagengesetz Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuerrichtlinien

FGPrax

Praxis der freiwilligen Gerichtsbarkeit

GBO GmbHG GrEStG GVBl.

Grundbuchordnung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Grunderwerbsteuergesetz Gesetz- und Verordnungsblatt

HeizkV h.M.

Heizkosten-Verordnung herrschende Meinung

InsO

Insolvenzordnung

JR Justiz JZ

Juristische Rundschau Die Justiz Juristen-Zeitschrift

KG Komm.

Kammergericht (Oberlandesgericht für Berlin) Kommentar

XI

Abkürzungsverzeichnis

MaBV MDR MHRG MietRB MittBayNot MittRhNotK MünchKomm

Makler- und Bauträgerverordnung Monatsschrift für Deutsches Recht Gesetz zur Regelung der Miethöhe Der Mietrechts-Berater Mitteilungen des Bayer. Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer Münchener Kommentar zum BGB

NJW NJW-RR NotBZ NZM

Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Neue Zeitschrift für Mietrecht

OLGZ

Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen

PiG PuR

Partner im Gespräch (Schriftenreihe) Zeitschrift „Praxis und Recht“

RG Rpfleger

Reichsgericht Der Deutsche Rechtspfleger

UStG

Umsatzsteuergesetz

VerwG VGH VOB

Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Verdingungsordnung für Bauleistungen

WE WEM WiStG WKSchG WuH WuM

Zeitschrift „Wohnungseigentum“ Zeitschrift „Wohnungseigentümer-Magazin“ Wirtschaftsgesetz Wohnraumkündigungsschutzgesetz Zeitschrift „Wohnung und Haus“ Wohnungswirtschaft und Mietrecht

ZMR ZPO ZRP ZVG ZWE

Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung Zeitschrift für Wohnungseigentum

XII

Allgemeine Literaturübersicht Abramenko, Handbuch WEG, 2. Aufl., Bonn 2014 Bärmann, Kommentar zum WEG, 14. Aufl., München 2018 Bärmann/Pick, Wohnungseigentumsgesetz, 19. Aufl., München 2010 Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums mit Mustern und Formulare n, 7. Aufl., München 2017 Belz, Handbuch des Wohnungseigentums, 3. Aufl., Stuttgart 1996 Becker/Ott/Suilmann, Wohnungseigentum, Grundlagen – Systematik – Praxis, 3. Aufl., Köln 2015 Bub, Das Finanz- und Rechnungswesen der Wohnungseigentümergemeinschaft, 3. Aufl., München 2002 Deckert/Briesemeister/Gottschlag, Die Eigentumswohnung, Loseblattsammlung, Freiburg Drasdo, Die Eigentümerversammlung nach WEG, 5. Aufl., München 2014 Drasdo, Der Verwaltungsbeirat nach dem WEG, Köln 2011 Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 4. Aufl., Bonn 2017 Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, 2. Aufl., München 2018 Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 4. Aufl., Münster 2018 Jennißen, Die Verwalterabrechung nach dem WEG, 7. Aufl., München 2013 Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter, 2. Aufl., München 2010 Köhler, Das neue WEG, Köln 2007 Köhler (Hrsg.), Anwalts-Handbuch Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., Köln 2012 Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, Kommentar, 19. Aufl., Köln 2016 Lützenkirchen (Hrsg.), Anwalts-Handbuch Mietrecht, 6. Aufl., Köln 2018 Merle, Bestellung und Abberufung des Verwalters nach § 26 des Wohnungseigentumsgesetzes, Berlin 1977 Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 6. Aufl., München 2015 Niedenführ/Vandenhouten, Handbuch und Kommentar zum WEG, 12. Aufl., Bonn 2018 Riecke/Schmid, WEG – Kommentar, 5. Aufl., Köln 2019 Röll, Teilungserklärung und Entstehung des Wohnungseigentums, Köln 1975 Röll, Handbuch für Wohnungseigentümer und Verwalter, 10. Aufl., Köln 2018 Sauren, Wohnungseigentumsgesetz, Textausgabe mit Erläuterungen, 6. Aufl., München 2014 Sauren, WEG-Verwalter, 4. Aufl., München 2009 Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., Berlin 2016 Staudinger, BGB, Band 1 und 2 zum WEG, 2005 Timme, Wohnungseigentumsgesetz, Kommentar, 2. Aufl., München 2014 Weitnauer, Wohnungseigentumsgesetz, Kommentar, 9. Aufl., München 2004 Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl., Köln 2018 XIII

Wohnungseigentumsgesetz BGBl. I 1951, 175, 209, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 5.12.2014 (BGBl. I S. 1962).

I. Teil Wohnungseigentum § 1 Begriffsbestimmungen (1) Nach Maßgabe dieses Gesetzes kann an Wohnungen das Wohnungseigentum, an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes das Teileigentum begründet werden. (2) Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. (3) Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. (4) Wohnungseigentum und Teileigentum können nicht in der Weise begründet werden, daß das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird. (5) Gemeinschaftliches Eigentum im Sinne dieses Gesetzes sind das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen. (6) Für das Teileigentum gelten die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend.

1. Abschnitt Begründung des Wohnungseigentums § 2 Arten der Begründung Wohnungseigentum wird durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum (§ 3) oder durch Teilung (§ 8) begründet. § 3 Vertragliche Einräumung von Sondereigentum (1) Das Miteigentum (§ 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) an einem Grundstück kann durch Vertrag der Miteigentümer in der Weise beschränkt werden, daß jedem der Miteigentümer abweichend von § 93 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude eingeräumt wird. (2) Sondereigentum soll nur eingeräumt werden, wenn die Wohnungen oder sonstigen Räume in sich abgeschlossen sind. Garagenstellplätze gelten als abgeschlossene Räume, wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind. (3) (weggefallen) § 4 Formvorschriften (1) Zur Einräumung und zur Aufhebung des Sondereigentums ist die Einigung der Beteiligten über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich.

1

Wohnungseigentumsgesetz BGBl. I 1951, 175, 209, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 5.12.2014 (BGBl. I S. 1962).

I. Teil Wohnungseigentum § 1 Begriffsbestimmungen (1) Nach Maßgabe dieses Gesetzes kann an Wohnungen das Wohnungseigentum, an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes das Teileigentum begründet werden. (2) Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. (3) Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. (4) Wohnungseigentum und Teileigentum können nicht in der Weise begründet werden, daß das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird. (5) Gemeinschaftliches Eigentum im Sinne dieses Gesetzes sind das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen. (6) Für das Teileigentum gelten die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend.

1. Abschnitt Begründung des Wohnungseigentums § 2 Arten der Begründung Wohnungseigentum wird durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum (§ 3) oder durch Teilung (§ 8) begründet. § 3 Vertragliche Einräumung von Sondereigentum (1) Das Miteigentum (§ 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) an einem Grundstück kann durch Vertrag der Miteigentümer in der Weise beschränkt werden, daß jedem der Miteigentümer abweichend von § 93 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude eingeräumt wird. (2) Sondereigentum soll nur eingeräumt werden, wenn die Wohnungen oder sonstigen Räume in sich abgeschlossen sind. Garagenstellplätze gelten als abgeschlossene Räume, wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind. (3) (weggefallen) § 4 Formvorschriften (1) Zur Einräumung und zur Aufhebung des Sondereigentums ist die Einigung der Beteiligten über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich.

1

Wohnungseigentumsgesetz

(2) Die Einigung bedarf der für die Auflassung vorgeschriebenen Form. Sondereigentum kann nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung eingeräumt oder aufgehoben werden. (3) Für einen Vertrag, durch den sich ein Teil verpflichtet, Sondereigentum einzuräumen, zu erwerben oder aufzuheben, gilt § 311b Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. § 5 Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums (1) Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß § 3 Abs. 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne daß dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. (2) Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, sind nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. (3) Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, daß Bestandteile des Gebäudes, die Gegenstand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören. (4) Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander können nach den Vorschriften des 2. und 3. Abschnitts zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden. Ist das Wohnungseigentum mit der Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder der Reallast eines Dritten belastet, so ist dessen nach anderen Rechtsvorschriften notwendige Zustimmung zu der Vereinbarung nur erforderlich, wenn ein Sondernutzungsrecht begründet oder ein mit dem Wohnungseigentum verbundenes Sondernutzungsrecht aufgehoben, geändert oder übertragen wird. Bei der Begründung eines Sondernutzungsrechts ist die Zustimmung des Dritten nicht erforderlich, wenn durch die Vereinbarung gleichzeitig das zu seinen Gunsten belastete Wohnungseigentum mit einem Sondernutzungsrecht verbunden wird. § 6 Unselbständigkeit des Sondereigentums (1) Das Sondereigentum kann ohne den Miteigentumsanteil, zu dem es gehört, nicht veräußert oder belastet werden. (2) Rechte an dem Miteigentumsanteil erstrecken sich auf das zu ihm gehörende Sondereigentum. § 7 Grundbuchvorschriften (1) Im Falle des § 3 Abs. 1 wird für jeden Miteigentumsanteil von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt (Wohnungsgrundbuch, Teileigentumsgrundbuch) angelegt. Auf diesem ist das zu dem Miteigentumsanteil gehörende Sondereigentum und als Beschränkung des Miteigentums die Einräumung der zu den anderen Miteigentumsanteilen gehörenden Sondereigentumsrechte einzutragen. Das Grundbuchblatt des Grundstücks wird von Amts wegen geschlossen. (2) (aufgehoben) (3) Zur näheren Bezeichnung des Gegenstands und des Inhalts des Sondereigentums kann auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.

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Wohnungseigentumsgesetz

(4) Der Eintragungsbewilligung sind als Anlagen beizufügen: 1. eine von der Baubehörde mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehene Bauzeichnung, aus der die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich ist (Aufteilungsplan); alle zu demselben Wohnungseigentum gehörenden Einzelräume sind mit der jeweils gleichen Nummer zu kennzeichnen; 2. eine Bescheinigung der Baubehörde, daß die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 vorliegen. Wenn in der Eintragungsbewilligung für die einzelnen Sondereigentumsrechte Nummern angegeben werden, sollen sie mit denen des Aufteilungsplans übereinstimmen. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und in welchen Fällen der Aufteilungsplan (Satz 1 Nr. 1) und die Abgeschlossenheit (Satz 1 Nr. 2) von einem öffentlich bestellten oder anerkannten Sachverständigen für das Bauwesen statt von der Baubehörde ausgefertigt und bescheinigt werden. Werden diese Aufgaben von dem Sachverständigen wahrgenommen, so gelten die Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes vom 19. März 1974 (BAnz. Nr. 58 vom 23. März 1974) entsprechend. In diesem Fall bedürfen die Anlagen nicht der Form des § 29 der Grundbuchordnung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesbauverwaltungen übertragen. (5) Für Teileigentumsgrundbücher gelten die Vorschriften über Wohnungsgrundbücher entsprechend. § 8 Teilung durch den Eigentümer (1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise teilen, daß mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude verbunden ist. (2) Im Falle des Absatzes 1 gelten die Vorschriften des § 3 Abs. 2 und der §§ 5, 6, § 7 Abs. 1, 3 bis 5 entsprechend. Die Teilung wird mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam. § 9 Schließung der Wohnungsgrundbücher (1) Die Wohnungsgrundbücher werden geschlossen: 1. von Amts wegen, wenn die Sondereigentumsrechte gemäß § 4 aufgehoben werden; 2. auf Antrag sämtlicher Wohnungseigentümer, wenn alle Sondereigentumsrechte durch völlige Zerstörung des Gebäudes gegenstandslos geworden sind und der Nachweis hierfür durch eine Bescheinigung der Baubehörde erbracht ist; 3. auf Antrag des Eigentümers, wenn sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person vereinigen. (2) Ist ein Wohnungseigentum selbständig mit dem Recht eines Dritten belastet, so werden die allgemeinen Vorschriften, nach denen zur Aufhebung des Sondereigentums die Zustimmung des Dritten erforderlich ist, durch Absatz 1 nicht berührt. (3) Werden die Wohnungsgrundbücher geschlossen, so wird für das Grundstück ein Grundbuchblatt nach den allgemeinen Vorschriften angelegt; die Sondereigentumsrechte erlöschen, soweit sie nicht bereits aufgehoben sind, mit der Anlegung des Grundbuchblatts.

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2. Abschnitt Gemeinschaft der Wohnungseigentümer § 10 Allgemeine Grundsätze (1) Inhaber der Rechte und Pflichten nach den Vorschriften dieses Gesetzes, insbesondere des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums, sind die Wohnungseigentümer, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. (2) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. (3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, sowie die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. (4) Beschlüsse der Wohnungseigentümer gemäß § 23 und gerichtliche Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch. Dies gilt auch für die gemäß § 23 Abs. 1 aufgrund einer Vereinbarung gefassten Beschlüsse, die vom Gesetz abweichen oder eine Vereinbarung ändern. (5) Rechtshandlungen in Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschlossen werden kann, wirken, wenn sie auf Grund eines mit solcher Mehrheit gefaßten Beschlusses vorgenommen werden, auch für und gegen die Wohnungseigentümer, die gegen den Beschluß gestimmt oder an der Beschlußfassung nicht mitgewirkt haben. (6) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen. Sie ist Inhaberin der als Gemeinschaft gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Rechte und Pflichten. Sie übt die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus und nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahr, ebenso sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können oder zu erfüllen sind. Die Gemeinschaft muss die Bezeichnung „Wohnungseigentümergemeinschaft“ gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks führen. Sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden. (7) Das Verwaltungsvermögen gehört der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Es besteht aus den im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Sachen und Rechten sowie den entstandenen Verbindlichkeiten. Zu dem Verwaltungsvermögen gehören insbesondere die Ansprüche und Befugnisse aus Rechtsverhältnissen mit Dritten und mit Wohnungseigentümern sowie die eingenommenen Gelder. Vereinigen sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person, geht das Verwaltungsvermögen auf den Eigentümer des Grundstücks über. (8) Jeder Wohnungseigentümer haftet einem Gläubiger nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils (§ 16 Abs. 1 Satz 2) für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden oder während 4

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dieses Zeitraums fällig geworden sind; für die Haftung nach Veräußerung des Wohnungseigentums ist § 160 des Handelsgesetzbuches entsprechend anzuwenden. Er kann gegenüber einem Gläubiger neben den in seiner Person begründeten auch die der Gemeinschaft zustehenden Einwendungen und Einreden geltend machen, nicht aber seine Einwendungen und Einreden gegenüber der Gemeinschaft. Für die Einrede der Anfechtbarkeit und Aufrechenbarkeit ist § 770 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend anzuwenden. Die Haftung eines Wohnungseigentümers gegenüber der Gemeinschaft wegen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung bestimmt sich nach Satz 1. § 11 Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (1) Kein Wohnungseigentümer kann die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Dies gilt auch für eine Aufhebung aus wichtigem Grund. Eine abweichende Vereinbarung ist nur für den Fall zulässig, daß das Gebäude ganz oder teilweise zerstört wird und eine Verpflichtung zum Wiederaufbau nicht besteht. (2) Das Recht eines Pfändungsgläubigers (§ 751 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) sowie das im Insolvenzverfahren bestehende Recht (§ 84 Abs. 2 der Insolvenzordnung), die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, ist ausgeschlossen. (3) Ein Insolvenzverfahren über das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft findet nicht statt. § 12 Veräußerungsbeschränkung (1) Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, daß ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. (2) Die Zustimmung darf nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Durch Vereinbarung gemäß Absatz 1 kann dem Wohnungseigentümer darüber hinaus für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung eingeräumt werden. (3) Ist eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 getroffen, so ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Veräußerung verpflichtet, unwirksam, solange nicht die erforderliche Zustimmung erteilt ist. Einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung steht eine Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Insolvenzverwalter gleich. (4) Die Wohnungseigentümer können durch Stimmenmehrheit beschließen, dass eine Veräußerungsbeschränkung gemäß Absatz 1 aufgehoben wird. Diese Befugnis kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Ist ein Beschluss gemäß Satz 1 gefasst, kann die Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch gelöscht werden. Der Bewilligung gemäß § 19 der Grundbuchordnung bedarf es nicht, wenn der Beschluss gemäß Satz 1 nachgewiesen wird. Für diesen Nachweis ist § 26 Abs. 3 entsprechend anzuwenden. § 13 Rechte des Wohnungseigentümers (1) Jeder Wohnungseigentümer kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, insbesondere diese bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen, und andere von Einwirkungen ausschließen. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe der §§ 14, 15 berechtigt. An den sonstigen Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums gebührt jedem Wohnungseigentümer ein Anteil nach Maßgabe des § 16. 5

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§ 14 Pflichten des Wohnungseigentümers Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet: 1. die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, daß dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst; 2. für die Einhaltung der in Nummer 1 bezeichneten Pflichten durch Personen zu sorgen, die seinem Hausstand oder Geschäftsbetrieb angehören oder denen er sonst die Benutzung der im Sonder- oder Miteigentum stehenden Grundstücks- oder Gebäudeteile überläßt; 3. Einwirkungen auf die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, soweit sie auf einem nach Nummer 1, 2 zulässigen Gebrauch beruhen; 4. das Betreten und die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist; der hierdurch entstehende Schaden ist zu ersetzen. § 15 Gebrauchsregelung (1) Die Wohnungseigentümer können den Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums durch Vereinbarung regeln. (2) Soweit nicht eine Vereinbarung nach Absatz 1 entgegensteht, können die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit einen der Beschaffenheit der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsmäßigen Gebrauch beschließen. (3) Jeder Wohnungseigentümer kann einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. § 16 Nutzungen, Lasten und Kosten (1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. (3) Die Wohnungseigentümer können abweichend von Absatz 2 durch Stimmenmehrheit beschließen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums im Sinne des § 556 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, und die Kosten der Verwaltung nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder nach einem anderen Maßstab verteilt werden, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. (4) Die Wohnungseigentümer können im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 oder zu baulichen Veränderungen oder Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 und 2 durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Absatz 2 regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs 6

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durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Der Beschluss zur Regelung der Kostenverteilung nach Satz 1 bedarf einer Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des § 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. (5) Die Befugnisse im Sinne der Absätze 3 und 4 können durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. (6) Ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach § 22 Abs. 1 nicht zugestimmt hat, ist nicht berechtigt, einen Anteil an Nutzungen, die auf einer solchen Maßnahme beruhen, zu beanspruchen; er ist nicht verpflichtet, Kosten, die durch eine solche Maßnahme verursacht sind, zu tragen. Satz 1 ist bei einer Kostenverteilung gemäß Absatz 4 nicht anzuwenden. (7) Zu den Kosten der Verwaltung im Sinne des Absatzes 2 gehören insbesondere Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 18 und der Ersatz des Schadens im Falle des § 14 Nr. 4. (8) Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 43 gehören nur dann zu den Kosten der Verwaltung im Sinne des Absatzes 2, wenn es sich um Mehrkosten gegenüber der gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwalts aufgrund einer Vereinbarung über die Vergütung (§ 27 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 6) handelt. § 17 Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft Im Falle der Aufhebung der Gemeinschaft bestimmt sich der Anteil der Miteigentümer nach dem Verhältnis des Wertes ihrer Wohnungseigentumsrechte zur Zeit der Aufhebung der Gemeinschaft. Hat sich der Wert eines Miteigentumsanteils durch Maßnahmen verändert, deren Kosten der Wohnungseigentümer nicht getragen hat, so bleibt eine solche Veränderung bei der Berechnung des Wertes dieses Anteils außer Betracht. § 18 Entziehung des Wohnungseigentums (1) Hat ein Wohnungseigentümer sich einer so schweren Verletzung der ihm gegenüber anderen Wohnungseigentümern obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht, daß diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann, so können die anderen Wohnungseigentümer von ihm die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen. Die Ausübung des Entziehungsrechts steht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu, soweit es sich nicht um eine Gemeinschaft handelt, die nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht. (2) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 liegen insbesondere vor, wenn 1. der Wohnungseigentümer trotz Abmahnung wiederholt gröblich gegen die ihm nach § 14 obliegenden Pflichten verstößt; 2. der Wohnungseigentümer sich mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen zur Lasten- und Kostentragung (§ 16 Abs. 2) in Höhe eines Betrags, der drei vom Hundert des Einheitswerts seines Wohnungseigentums übersteigt, länger als drei Monate in Verzug befindet; in diesem Fall steht § 30 der Abgabenordnung einer Mitteilung des Einheitswerts an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder, soweit die Gemeinschaft nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht, an den anderen Wohnungseigentümer nicht entgegen. (3) Über das Verlangen nach Absatz 1 beschließen die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit. Der Beschluß bedarf einer Mehrheit von mehr als der Hälfte der stimmberechtigten Wohnungseigentümer. Die Vorschriften des § 25 Abs. 3, 4 sind in diesem Fall nicht anzuwenden. (4) Der in Absatz 1 bestimmte Anspruch kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

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§ 19 Wirkung des Urteils (1) Das Urteil, durch das ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt wird, berechtigt jeden Miteigentümer zur Zwangsvollstreckung entsprechend den Vorschriften des Ersten Abschnitts des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. Die Ausübung dieses Rechts steht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu, soweit es sich nicht um eine Gemeinschaft handelt, die nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht. (2) Der Wohnungseigentümer kann im Falle des § 18 Abs. 2 Nr. 2 bis zur Erteilung des Zuschlags die in Absatz 1 bezeichnete Wirkung des Urteils dadurch abwenden, daß er die Verpflichtungen, wegen deren Nichterfüllung er verurteilt ist, einschließlich der Verpflichtung zum Ersatz der durch den Rechtsstreit und das Versteigerungsverfahren entstandenen Kosten sowie die fälligen weiteren Verpflichtungen zur Lasten- und Kostentragung erfüllt. (3) Ein gerichtlicher oder vor einer Gütestelle geschlossener Vergleich, durch den sich der Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verpflichtet, steht dem in Absatz 1 bezeichneten Urteil gleich.

3. Abschnitt Verwaltung § 20 Gliederung der Verwaltung (1) Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt den Wohnungseigentümern nach Maßgabe der §§ 21 bis 25 und dem Verwalter nach Maßgabe der §§ 26 bis 28, im Falle der Bestellung eines Verwaltungsbeirats auch diesem nach Maßgabe des § 29. (2) Die Bestellung eines Verwalters kann nicht ausgeschlossen werden. § 21 Verwaltung durch die Wohnungseigentümer (1) Soweit nicht in diesem Gesetz oder durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer etwas anderes bestimmt ist, steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind. (3) Soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt ist, können die Wohnungseigentümer eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen. (4) Jeder Wohnungseigentümer kann eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. (5) Zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung gehört insbesondere: 1. die Aufstellung einer Hausordnung; 2. die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums; 3. die Feuerversicherung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Neuwert sowie die angemessene Versicherung der Wohnungseigentümer gegen Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht; 4. die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung; 8

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5. die Aufstellung eines Wirtschaftsplans (§ 28); 6. die Duldung aller Maßnahmen, die zur Herstellung einer Fernsprechteilnehmereinrichtung, einer Rundfunkempfangsanlage oder eines Energieversorgungsanschlusses zugunsten eines Wohnungseigentümers erforderlich sind. (6) Der Wohnungseigentümer, zu dessen Gunsten eine Maßnahme der in Absatz 5 Nr. 6 bezeichneten Art getroffen wird, ist zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. (7) Die Wohnungseigentümer können die Regelung der Art und Weise von Zahlungen, der Fälligkeit und der Folgen des Verzugs sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand mit Stimmenmehrheit beschließen. (8) Treffen die Wohnungseigentümer eine nach dem Gesetz erforderliche Maßnahme nicht, so kann an ihrer Stelle das Gericht in einem Rechtsstreit gemäß § 43 nach billigem Ermessen entscheiden, soweit sich die Maßnahme nicht aus dem Gesetz, einer Vereinbarung oder einem Beschluss der Wohnungseigentümer ergibt. § 22 Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau (1) Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in der in Satz 1 bezeichneten Weise beeinträchtigt werden. (2) Maßnahmen gemäß Absatz 1 Satz 1, die der Modernisierung entsprechend § 555b Nummer 1 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dienen, die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen, können abweichend von Absatz 1 durch eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des § 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden. Die Befugnis im Sinne des Satzes 1 kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. (3) Für Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 verbleibt es bei den Vorschriften des § 21 Abs. 3 und 4. (4) Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht gemäß § 21 Abs. 3 beschlossen oder gemäß § 21 Abs. 4 verlangt werden. § 23 Wohnungseigentümerversammlung (1) Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluß entscheiden können, werden durch Beschlußfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet. (2) Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist erforderlich, daß der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist. (3) Auch ohne Versammlung ist ein Beschluß gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluß schriftlich erklären. (4) Ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, ist nichtig. Im Übrigen ist ein Beschluss gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist. 9

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§ 24 Einberufung, Vorsitz, Niederschrift (1) Die Versammlung der Wohnungseigentümer wird von dem Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen. (2) Die Versammlung der Wohnungseigentümer muß von dem Verwalter in den durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer bestimmten Fällen, im übrigen dann einberufen werden, wenn dies schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird. (3) Fehlt ein Verwalter oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung der Wohnungseigentümer einzuberufen, so kann die Versammlung auch, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter einberufen werden. (4) Die Einberufung erfolgt in Textform. Die Frist der Einberufung soll, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt, mindestens zwei Wochen betragen. (5) Den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung führt, sofern diese nichts anderes beschließt, der Verwalter. (6) Über die in der Versammlung gefaßten Beschlüsse ist eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter zu unterschreiben. Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, die Niederschriften einzusehen. (7) Es ist eine Beschluss-Sammlung zu führen. Die Beschluss-Sammlung enthält nur den Wortlaut 1. der in der Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Versammlung, 2. der schriftlichen Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Verkündung und 3. der Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 mit Angabe ihres Datums, des Gerichts und der Parteien, soweit diese Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen nach dem 1. Juli 2007 ergangen sind. Die Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen sind fortlaufend einzutragen und zu nummerieren. Sind sie angefochten oder aufgehoben worden, so ist dies anzumerken. Im Falle einer Aufhebung kann von einer Anmerkung abgesehen und die Eintragung gelöscht werden. Eine Eintragung kann auch gelöscht werden, wenn sie aus einem anderen Grund für die Wohnungseigentümer keine Bedeutung mehr hat. Die Eintragungen, Vermerke und Löschungen gemäß den Sätzen 3 bis 6 sind unverzüglich zu erledigen und mit Datum zu versehen. Einem Wohnungseigentümer oder einem Dritten, den ein Wohnungseigentümer ermächtigt hat, ist auf sein Verlangen Einsicht in die Beschluss-Sammlung zu geben. (8) Die Beschluss-Sammlung ist von dem Verwalter zu führen. Fehlt ein Verwalter, so ist der Vorsitzende der Wohnungseigentümerversammlung verpflichtet, die Beschluss-Sammlung zu führen, sofern die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit keinen anderen für diese Aufgabe bestellt haben. § 25 Mehrheitsbeschluß (1) Für die Beschlußfassung in Angelegenheiten, über die die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschließen, gelten die Vorschriften der Absätze 2 bis 5. (2) Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme. Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben. (3) Die Versammlung ist nur beschlußfähig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, berechnet nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile, vertreten. 10

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(4) Ist eine Versammlung nicht gemäß Absatz 3 beschlußfähig, so beruft der Verwalter eine neue Versammlung mit dem gleichen Gegenstand ein. Diese Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlußfähig; hierauf ist bei der Einberufung hinzuweisen. (5) Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlußfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Wohnungseigentümer gegen ihn betrifft oder wenn er nach § 18 rechtskräftig verurteilt ist. § 26 Bestellung und Abberufung des Verwalters (1) Über die Bestellung und Abberufung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit. Die Bestellung darf auf höchstens fünf Jahre vorgenommen werden, im Falle der ersten Bestellung nach der Begründung von Wohnungseigentum aber auf höchstens drei Jahre. Die Abberufung des Verwalters kann auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt werden. Ein wichtiger Grund liegt regelmäßig vor, wenn der Verwalter die Beschluss-Sammlung nicht ordnungsmäßig führt. Andere Beschränkungen der Bestellung oder Abberufung des Verwalters sind nicht zulässig. (2) Die wiederholte Bestellung ist zulässig; sie bedarf eines erneuten Beschlusses der Wohnungseigentümer, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit gefaßt werden kann. (3) Soweit die Verwaltereigenschaft durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden muß, genügt die Vorlage einer Niederschrift über den Bestellungsbeschluß, bei der die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind. § 27 Aufgaben und Befugnisse des Verwalters (1) Der Verwalter ist gegenüber den Wohnungseigentümern und gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, 1. Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen und für die Durchführung der Hausordnung zu sorgen; 2. die für die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen; 3. in dringenden Fällen sonstige zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderliche Maßnahmen zu treffen; 4. Lasten- und Kostenbeiträge, Tilgungsbeträge und Hypothekenzinsen anzufordern, in Empfang zu nehmen und abzuführen, soweit es sich um gemeinschaftliche Angelegenheiten der Wohnungseigentümer handelt; 5. alle Zahlungen und Leistungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die mit der laufenden Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zusammenhängen; 6. eingenommene Gelder zu verwalten; 7. die Wohnungseigentümer unverzüglich darüber zu unterrichten, dass ein Rechtsstreit gemäß § 43 anhängig ist; 8. die Erklärungen abzugeben, die zur Vornahme der in § 21 Abs. 5 Nr. 6 bezeichneten Maßnahmen erforderlich sind. (2) Der Verwalter ist berechtigt, im Namen aller Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie 1. Willenserklärungen und Zustellungen entgegenzunehmen, soweit sie an alle Wohnungseigentümer in dieser Eigenschaft gerichtet sind;

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2. Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind, insbesondere einen gegen die Wohnungseigentümer gerichteten Rechtsstreit gemäß § 43 Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 5 im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren zu führen; 3. Ansprüche gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen, sofern er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss mit Stimmenmehrheit der Wohnungseigentümer ermächtigt ist; 4. mit einem Rechtsanwalt wegen eines Rechtsstreits gemäß § 43 Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 5 zu vereinbaren, dass sich die Gebühren nach einem höheren als dem gesetzlichen Streitwert, höchstens nach einem gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes bestimmten Streitwert bemessen. (3) Der Verwalter ist berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie 1. Willenserklärungen und Zustellungen entgegenzunehmen; 2. Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind, insbesondere einen gegen die Gemeinschaft gerichteten Rechtsstreit gemäß § 43 Nr. 2 oder Nr. 5 im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren zu führen; 3. die laufenden Maßnahmen der erforderlichen ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung gemäß Absatz 1 Nr. 2 zu treffen; 4. die Maßnahmen gemäß Absatz 1 Nr. 3 bis 5 und 8 zu treffen; 5. im Rahmen der Verwaltung der eingenommenen Gelder gemäß Absatz 1 Nr. 6 Konten zu führen; 6. mit einem Rechtsanwalt wegen eines Rechtsstreits gemäß § 43 Nr. 2 oder Nr. 5 eine Vergütung gemäß Absatz 2 Nr. 4 zu vereinbaren; 7. sonstige Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, soweit er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit ermächtigt ist. Fehlt ein Verwalter oder ist er zur Vertretung nicht berechtigt, so vertreten alle Wohnungseigentümer die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können durch Beschluss mit Stimmenmehrheit einen oder mehrere Wohnungseigentümer zur Vertretung ermächtigen. (4) Die dem Verwalter nach den Absätzen 1 bis 3 zustehenden Aufgaben und Befugnisse können durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. (5) Der Verwalter ist verpflichtet, eingenommene Gelder von seinem Vermögen gesondert zu halten. Die Verfügung über solche Gelder kann durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit von der Zustimmung eines Wohnungseigentümers oder eines Dritten abhängig gemacht werden. (6) Der Verwalter kann von den Wohnungseigentümern die Ausstellung einer Vollmachtsund Ermächtigungsurkunde verlangen, aus der der Umfang seiner Vertretungsmacht ersichtlich ist. § 28 Wirtschaftsplan, Rechnungslegung (1) Der Verwalter hat jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen. Der Wirtschaftsplan enthält: 1. die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums; 2. die anteilmäßige Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Lasten- und Kostentragung; 12

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3. die Beitragsleistung der Wohnungseigentümer zu der in § 21 Abs. 5 Nr. 4 vorgesehenen Instandhaltungsrückstellung. (2) Die Wohnungseigentümer sind verpflichtet, nach Abruf durch den Verwalter dem beschlossenen Wirtschaftsplan entsprechende Vorschüsse zu leisten. (3) Der Verwalter hat nach Ablauf des Kalenderjahrs eine Abrechnung aufzustellen. (4) Die Wohnungseigentümer können durch Mehrheitsbeschluß jederzeit von dem Verwalter Rechnungslegung verlangen. (5) Über den Wirtschaftsplan, die Abrechnung und die Rechnungslegung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit. § 29 Verwaltungsbeirat (1) Die Wohnungseigentümer können durch Stimmenmehrheit die Bestellung eines Verwaltungsbeirats beschließen. Der Verwaltungsbeirat besteht aus einem Wohnungseigentümer als Vorsitzenden und zwei weiteren Wohnungseigentümern als Beisitzern. (2) Der Verwaltungsbeirat unterstützt den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben. (3) Der Wirtschaftsplan, die Abrechnung über den Wirtschaftsplan, Rechnungslegungen und Kostenanschläge sollen, bevor über sie die Wohnungseigentümerversammlung beschließt, vom Verwaltungsbeirat geprüft und mit dessen Stellungnahme versehen werden. (4) Der Verwaltungsbeirat wird von dem Vorsitzenden nach Bedarf einberufen.

4. Abschnitt Wohnungserbbaurecht § 30 (1) Steht ein Erbbaurecht mehreren gemeinschaftlich nach Bruchteilen zu, so können die Anteile in der Weise beschränkt werden, daß jedem der Mitberechtigten das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf Grund des Erbbaurechts errichteten oder zu errichtenden Gebäude eingeräumt wird (Wohnungserbbaurecht, Teilerbbaurecht). (2) Ein Erbbauberechtigter kann das Erbbaurecht in entsprechender Anwendung des § 8 teilen. (3) Für jeden Anteil wird von Amts wegen ein besonderes Erbbaugrundbuchblatt angelegt (Wohnungserbbaugrundbuch, Teilerbbaugrundbuch). Im übrigen gelten für das Wohnungserbbaurecht (Teilerbbaurecht) die Vorschriften über das Wohnungseigentum (Teileigentum) entsprechend.

II. Teil Dauerwohnrecht § 31 Begriffsbestimmungen (1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, unter Ausschluß des Eigentümers eine bestimmte Wohnung in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude zu bewohnen oder in anderer Weise zu nutzen (Dauerwohnrecht). Das Dauerwohnrecht kann auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks erstreckt werden, sofern die Wohnung wirtschaftlich die Hauptsache bleibt.

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(2) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, unter Ausschluß des Eigentümers nicht zu Wohnzwecken dienende bestimmte Räume in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude zu nutzen (Dauernutzungsrecht). (3) Für das Dauernutzungsrecht gelten die Vorschriften über das Dauerwohnrecht entsprechend. § 32 Voraussetzungen der Eintragung (1) Das Dauerwohnrecht soll nur bestellt werden, wenn die Wohnung in sich abgeschlossen ist. (2) Zur näheren Bezeichnung des Gegenstands und des Inhalts des Dauerwohnrechts kann auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. Der Eintragungsbewilligung sind als Anlagen beizufügen: 1. eine von der Baubehörde mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehene Bauzeichnung, aus der die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der dem Dauerwohnrecht unterliegenden Gebäude- und Grundstücksteile ersichtlich ist (Aufteilungsplan); alle zu demselben Dauerwohnrecht gehörenden Einzelräume sind mit der jeweils gleichen Nummer zu kennzeichnen; 2. eine Bescheinigung der Baubehörde, daß die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen. Wenn in der Eintragungsbewilligung für die einzelnen Dauerwohnrechte Nummern angegeben werden, sollen sie mit denen des Aufteilungsplans übereinstimmen. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und in welchen Fällen der Aufteilungsplan (Satz 2 Nr. 1) und die Abgeschlossenheit (Satz 2 Nr. 2) von einem öffentlich bestellten oder anerkannten Sachverständigen für das Bauwesen statt von der Baubehörde ausgefertigt und bescheinigt werden. Werden diese Aufgaben von dem Sachverständigen wahrgenommen, so gelten die Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes vom 19. März 1974 (BAnz. Nr. 58 vom 23. März 1974) entsprechend. In diesem Fall bedürfen die Anlagen nicht der Form des § 29 der Grundbuchordnung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesbauverwaltungen übertragen. (3) Das Grundbuchamt soll die Eintragung des Dauerwohnrechts ablehnen, wenn über die in § 33 Abs. 4 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Angelegenheiten, über die Voraussetzungen des Heimfallanspruchs (§ 36 Abs. 1) und über die Entschädigung beim Heimfall (§ 36 Abs. 4) keine Vereinbarungen getroffen sind. § 33 Inhalt des Dauerwohnrechts (1) Das Dauerwohnrecht ist veräußerlich und vererblich. Es kann nicht unter einer Bedingung bestellt werden. (2) Auf das Dauerwohnrecht sind, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, die Vorschriften des § 14 entsprechend anzuwenden. (3) Der Berechtigte kann die zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes und Grundstücks mitbenutzen, soweit nichts anderes vereinbart ist. (4) Als Inhalt des Dauerwohnrechts können Vereinbarungen getroffen werden über: 1. Art und Umfang der Nutzungen; 2. Instandhaltung und Instandsetzung der dem Dauerwohnrecht unterliegenden Gebäudeteile; 14

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3. die Pflicht des Berechtigten zur Tragung öffentlicher oder privatrechtlicher Lasten des Grundstücks; 4. die Versicherung des Gebäudes und seinen Wiederaufbau im Falle der Zerstörung; 5. das Recht des Eigentümers, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Sicherheitsleistung zu verlangen. § 34 Ansprüche des Eigentümers und der Dauerwohnberechtigten (1) Auf die Ersatzansprüche des Eigentümers wegen Veränderungen oder Verschlechterungen sowie auf die Ansprüche der Dauerwohnberechtigten auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung sind die §§ 1049, 1057 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. (2) Wird das Dauerwohnrecht beeinträchtigt, so sind auf die Ansprüche des Berechtigten die für die Ansprüche aus dem Eigentum geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. § 35 Veräußerungsbeschränkung Als Inhalt des Dauerwohnrechts kann vereinbart werden, daß der Berechtigte zur Veräußerung des Dauerwohnrechts der Zustimmung des Eigentümers oder eines Dritten bedarf. Die Vorschriften des § 12 gelten in diesem Fall entsprechend. § 36 Heimfallanspruch (1) Als Inhalt des Dauerwohnrechts kann vereinbart werden, daß der Berechtigte verpflichtet ist, das Dauerwohnrecht beim Eintritt bestimmter Voraussetzungen auf den Grundstückseigentümer oder einen von diesem zu bezeichnenden Dritten zu übertragen (Heimfallanspruch). Der Heimfallanspruch kann nicht von dem Eigentum an dem Grundstück getrennt werden. (2) Bezieht sich das Dauerwohnrecht auf Räume, die dem Mieterschutz unterliegen, so kann der Eigentümer von dem Heimfallanspruch nur Gebrauch machen, wenn ein Grund vorliegt, aus dem ein Vermieter die Aufhebung des Mietverhältnisses verlangen oder kündigen kann. (3) Der Heimfallanspruch verjährt in sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Eigentümer von dem Eintritt der Voraussetzungen Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in zwei Jahren von dem Eintritt der Voraussetzungen an. (4) Als Inhalt des Dauerwohnrechts kann vereinbart werden, daß der Eigentümer dem Berechtigten eine Entschädigung zu gewähren hat, wenn er von dem Heimfallanspruch Gebrauch macht. Als Inhalt des Dauerwohnrechts können Vereinbarungen über die Berechnung oder Höhe der Entschädigung oder die Art ihrer Zahlung getroffen werden. § 37 Vermietung (1) Hat der Dauerwohnberechtigte die dem Dauerwohnrecht unterliegenden Gebäudeoder Grundstücksteile vermietet oder verpachtet, so erlischt das Miet- oder Pachtverhältnis, wenn das Dauerwohnrecht erlischt. (2) Macht der Eigentümer von seinem Heimfallanspruch Gebrauch, so tritt er oder derjenige, auf den das Dauerwohnrecht zu übertragen ist, in das Miet- oder Pachtverhältnis ein; die Vorschriften der §§ 566 bis 566e des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend. (3) Absatz 2 gilt entsprechend, wenn das Dauerwohnrecht veräußert wird. Wird das Dauerwohnrecht im Wege der Zwangsvollstreckung veräußert, so steht dem Erwerber ein Kündi15

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gungsrecht in entsprechender Anwendung des § 57a des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zu. § 38 Eintritt in das Rechtsverhältnis (1) Wird das Dauerwohnrecht veräußert, so tritt der Erwerber an Stelle des Veräußerers in die sich während der Dauer seiner Berechtigung aus dem Rechtsverhältnis zu dem Eigentümer ergebenden Verpflichtungen ein. (2) Wird das Grundstück veräußert, so tritt der Erwerber an Stelle des Veräußerers in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Rechtsverhältnis zu dem Dauerwohnberechtigten ergebenden Rechte ein. Das gleiche gilt für den Erwerb auf Grund Zuschlages in der Zwangsversteigerung, wenn das Dauerwohnrecht durch den Zuschlag nicht erlischt. § 39 Zwangsversteigerung (1) Als Inhalt des Dauerwohnrechts kann vereinbart werden, daß das Dauerwohnrecht im Falle der Zwangsversteigerung des Grundstücks abweichend von § 44 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung auch dann bestehen bleiben soll, wenn der Gläubiger einer dem Dauerwohnrecht im Range vorgehenden oder gleichstehenden Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast die Zwangsversteigerung in das Grundstück betreibt. (2) Eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung derjenigen, denen eine dem Dauerwohnrecht im Range vorgehende oder gleichstehende Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast zusteht. (3) Eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 ist nur wirksam für den Fall, daß der Dauerwohnberechtigte im Zeitpunkt der Feststellung der Versteigerungsbedingungen seine fälligen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Eigentümer erfüllt hat; in Ergänzung einer Vereinbarung nach Absatz 1 kann vereinbart werden, daß das Fortbestehen des Dauerwohnrechts vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen abhängig ist. § 40 Haftung des Entgelts (1) Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden und Reallasten, die dem Dauerwohnrecht im Range vorgehen oder gleichstehen, sowie öffentliche Lasten, die in wiederkehrenden Leistungen bestehen, erstrecken sich auf den Anspruch auf das Entgelt für das Dauerwohnrecht in gleicher Weise wie auf eine Mietforderung, soweit nicht in Absatz 2 etwas Abweichendes bestimmt ist. Im übrigen sind die für Mietforderungen geltenden Vorschriften nicht entsprechend anzuwenden. (2) Als Inhalt des Dauerwohnrechts kann vereinbart werden, daß Verfügungen über den Anspruch auf das Entgelt, wenn es in wiederkehrenden Leistungen ausbedungen ist, gegenüber dem Gläubiger einer dem Dauerwohnrecht im Range vorgehenden oder gleichstehenden Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast wirksam sind. Für eine solche Vereinbarung gilt § 39 Abs. 2 entsprechend. § 41 Besondere Vorschriften für langfristige Dauerwohnrechte (1) Für Dauerwohnrechte, die zeitlich unbegrenzt oder für einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren eingeräumt sind, gelten die besonderen Vorschriften der Absätze 2 und 3. (2) Der Eigentümer ist, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist, dem Dauerwohnberechtigten gegenüber verpflichtet, eine dem Dauerwohnrecht im Range vorgehende oder gleichstehende Hypothek löschen zu lassen für den Fall, daß sie sich mit dem Eigentum in einer Per16

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son vereinigt, und die Eintragung einer entsprechenden Löschungsvormerkung in das Grundbuch zu bewilligen. (3) Der Eigentümer ist verpflichtet, dem Dauerwohnberechtigten eine angemessene Entschädigung zu gewähren, wenn er von dem Heimfallanspruch Gebrauch macht. § 42 Belastung eines Erbbaurechts (1) Die Vorschriften der §§ 31 bis 41 gelten für die Belastung eines Erbbaurechts mit einem Dauerwohnrecht entsprechend. (2) Beim Heimfall des Erbbaurechts bleibt das Dauerwohnrecht bestehen.

III. Teil Verfahrensvorschriften § 43 Zuständigkeit Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für 1. Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander; 2. Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern; 3. Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums; 4. Streitigkeiten über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer; 5. Klagen Dritter, die sich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder gegen Wohnungseigentümer richten und sich auf das gemeinschaftliche Eigentum, seine Verwaltung oder das Sondereigentum beziehen; 6. Mahnverfahren, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Antragstellerin ist. Insoweit ist § 689 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden. § 44 Bezeichnung der Wohnungseigentümer in der Klageschrift (1) Wird die Klage durch oder gegen alle Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Gegners erhoben, so genügt für ihre nähere Bezeichnung in der Klageschrift die bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks; wenn die Wohnungseigentümer Beklagte sind, sind in der Klageschrift außerdem der Verwalter und der gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 bestellte Ersatzzustellungsvertreter zu bezeichnen. Die namentliche Bezeichnung der Wohnungseigentümer hat spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu erfolgen. (2) Sind an dem Rechtsstreit nicht alle Wohnungseigentümer als Partei beteiligt, so sind die übrigen Wohnungseigentümer entsprechend Absatz 1 von dem Kläger zu bezeichnen. Der namentlichen Bezeichnung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf es nicht, wenn das Gericht von ihrer Beiladung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 absieht. § 45 Zustellung (1) Der Verwalter ist Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer, wenn diese Beklagte oder gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 beizuladen sind, es sei denn, dass er als Gegner der Wohnungseigentümer an dem Verfahren beteiligt ist oder aufgrund des Streitgegenstandes die Gefahr besteht, der Verwalter werde die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichten. 17

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(2) Die Wohnungseigentümer haben für den Fall, dass der Verwalter als Zustellungsvertreter ausgeschlossen ist, durch Beschluss mit Stimmenmehrheit einen Ersatzzustellungsvertreter sowie dessen Vertreter zu bestellen, auch wenn ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist. Der Ersatzzustellungsvertreter tritt in die dem Verwalter als Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer zustehenden Aufgaben und Befugnisse ein, sofern das Gericht die Zustellung an ihn anordnet; Absatz 1 gilt entsprechend. (3) Haben die Wohnungseigentümer entgegen Absatz 2 Satz 1 keinen Ersatzzustellungsvertreter bestellt oder ist die Zustellung nach den Absätzen 1 und 2 aus sonstigen Gründen nicht ausführbar, kann das Gericht einen Ersatzzustellungsvertreter bestellen. § 46 Anfechtungsklage (1) Die Klage eines oder mehrerer Wohnungseigentümer auf Erklärung der Ungültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümer ist gegen die übrigen Wohnungseigentümer und die Klage des Verwalters ist gegen die Wohnungseigentümer zu richten. Sie muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben und innerhalb zweier Monate nach der Beschlussfassung begründet werden. Die §§ 233 bis 238 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. (2) Hat der Kläger erkennbar eine Tatsache übersehen, aus der sich ergibt, dass der Beschluss nichtig ist, so hat das Gericht darauf hinzuweisen. § 47 Prozessverbindung Mehrere Prozesse, in denen Klagen auf Erklärung oder Feststellung der Ungültigkeit desselben Beschlusses der Wohnungseigentümer erhoben werden, sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Die Verbindung bewirkt, dass die Kläger der vorher selbständigen Prozesse als Streitgenossen anzusehen sind. § 48 Beiladung, Wirkung des Urteils (1) Richtet sich die Klage eines Wohnungseigentümers, der in einem Rechtsstreit gemäß § 43 Nr. 1 oder Nr. 3 einen ihm allein zustehenden Anspruch geltend macht, nur gegen einen oder einzelne Wohnungseigentümer oder nur gegen den Verwalter, so sind die übrigen Wohnungseigentümer beizuladen, es sei denn, dass ihre rechtlichen Interessen erkennbar nicht betroffen sind. Soweit in einem Rechtsstreit gemäß § 43 Nr. 3 oder Nr. 4 der Verwalter nicht Partei ist, ist er ebenfalls beizuladen. (2) Die Beiladung erfolgt durch Zustellung der Klageschrift, der die Verfügungen des Vorsitzenden beizufügen sind. Die Beigeladenen können der einen oder anderen Partei zu deren Unterstützung beitreten. Veräußert ein beigeladener Wohnungseigentümer während des Prozesses sein Wohnungseigentum, ist § 265 Abs. 2 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. (3) Über die in § 325 der Zivilprozessordnung angeordneten Wirkungen hinaus wirkt das rechtskräftige Urteil auch für und gegen alle beigeladenen Wohnungseigentümer und ihre Rechtsnachfolger sowie den beigeladenen Verwalter. (4) Wird durch das Urteil eine Anfechtungsklage als unbegründet abgewiesen, so kann auch nicht mehr geltend gemacht werden, der Beschluss sei nichtig. § 49 Kostenentscheidung (1) Wird gemäß § 21 Abs. 8 nach billigem Ermessen entschieden, so können auch die Prozesskosten nach billigem Ermessen verteilt werden. 18

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(2) Dem Verwalter können Prozesskosten auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft, auch wenn er nicht Partei des Rechtsstreits ist. § 50 Kostenerstattung Den Wohnungseigentümern sind als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war. §§ 51 bis 58 (weggefallen)

IV. Teil Ergänzende Bestimmungen §§ 59 u. 60 (weggefallen) § 61 Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch vor dem 15. Januar 1994 erfolgt ist und es sich um die erstmalige Veräußerung dieses Wohnungseigentums nach seiner Begründung handelt, es sei denn, daß eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegensteht. Das Fehlen der Zustimmung steht in diesen Fällen dem Eintritt der Rechtsfolgen des § 878 Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht entgegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen der §§ 30 und 35 des Wohnungseigentumsgesetzes. § 62 Übergangsvorschrift (1) Für die am 1. Juli 2007 bei Gericht anhängigen Verfahren in Wohnungseigentums- oder in Zwangsversteigerungssachen oder für die bei einem Notar beantragten freiwilligen Versteigerungen sind die durch die Artikel 1 und 2 des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 370) geänderten Vorschriften des III. Teils dieses Gesetzes sowie die des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden. (2) In Wohnungseigentumssachen nach § 43 Nr. 1 bis 4 finden die Bestimmungen über die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 543 Abs. 1 Nr. 2, § 544 der Zivilprozessordnung) keine Anwendung, soweit die anzufechtende Entscheidung vor dem 31. Dezember 2015 verkündet worden ist. § 63 Überleitung bestehender Rechtsverhältnisse (1) Werden Rechtsverhältnisse, mit denen ein Rechtserfolg bezweckt wird, der den durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen entspricht, in solche Rechtsformen umgewandelt, so ist als Geschäftswert für die Berechnung der hierdurch veranlaßten Gebühren der Gerichte und Notare im Falle des Wohnungseigentums ein Fünfundzwanzigstel des Einheitswerts des 19

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Grundstücks, im Falle des Dauerwohnrechts ein Fünfundzwanzigstel des Wertes des Rechts anzunehmen. (2) (gegenstandslos) (3) Durch Landesgesetz können Vorschriften zur Überleitung bestehender, auf Landesrecht beruhender Rechtsverhältnisse in die durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen getroffen werden. § 64 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

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I. Teil Wohnungseigentum

§1 Begriffsbestimmungen (1) Nach Maßgabe dieses Gesetzes kann an Wohnungen das Wohnungseigentum, an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes das Teileigentum begründet werden. (2) Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. (3) Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. (4) Wohnungseigentum und Teileigentum können nicht in der Weise begründet werden, dass das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird. (5) Gemeinschaftliches Eigentum im Sinne dieses Gesetzes sind das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen. (6) Für das Teileigentum gelten die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wohnungs- und Teileigentum . . . . . . . . a) Wohnungs- und Teileigentum als Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Miteigentum, Sondereigentum und Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur des Wohnungseigentums . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Folgen für die Praxis . . . . . . . . . . . . . 3. Das gesellschaftsrechtliche Element beim Wohnungs- und Teileigentum . . . 4. Untrennbarkeit von Sondereigentum, Miteigentumsanteil und Verwaltungsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wohnungseigentum (Abs. 2) . . . . . . . . .

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2. Teileigentum (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gemischtes Wohnungs- und Teileigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zweckbestimmungswidriger Gebrauch 5. Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum und umgekehrt . . . . . . 6. Gemeinschaftliches Eigentum . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gemeinschaftlicher Gebrauch . . . . . aa) Das Grundstück . . . . . . . . . . . . . bb) Überbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Veräußerung von realen Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Verwaltungsvermögen, sonstiges Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Schrifttum: Armbrüster, Änderungsvorbehalte und -vollmachten zugunsten des aufteilenden Bauträgers, ZMR 2005, 244; Basty, Erwerb von Wohnungseigentum durch die Gemeinschaft, ZWE 2009, 253; H. Blank, Tierhaltung in Eigentums- und Mietwohnungen, NJW 2007, 729; Böhringer, Der WEG-Personenverband als Teilnehmer am Grundstücksverkehr, NotBZ 2008, 179; Bub, Das Verwaltungsvermögen, ZWE 2007, 15; Bub, Rechtsfähigkeit und Vermögenszuordnung, ZWE 2006, 253; Derleder, Gemeinschaftsnutzung in Mietshäusern und Wohnungseigentumsanlagen, NJW 2007, 812; Drabek, Der „werdende“ Eigentümer in der Verwaltungspraxis, ZWE 2015, 198; Friecke/Wolter, Zum öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz in Wohnungseigentümergemeinschaften, ZfBR 2013, 218; Drasdo, Wohnungseigentum bei Hotelanlagen, ZfIR 2014, 613; Einhorn, Sondereigentum und/oder Gemeinschaftseigentum?, WE 2004, 58; Froese, Das Wohnungseigentum als verfassungsrechtliches Eigentum, ZWE 2015, 250; Grziwotz, Schrottimmobilien – Ausstieg oder mehrheitliche Umwandlung in Wohnungseigentum, ZfIR 2017, 82; Gröhn/Hellmann-Stieg, Der Wohnungseigentümer als Nachbar im Sinne des öffentlichen

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§ 1 Rz. 1 | Begriffsbestimmungen Baurechts, BauR 2010, 400; Heinemann, Wohnungseigentum unter der Erde, zu Wasser und in der Luft, ZMR 2017, 547; Hinz, Zweckbestimmungen mit Vereinbarungscharakter – (Noch immer) eine böse Falle für den Erwerber von Sondereigentum, ZWE 2018, 156: Hügel, Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft und ihre Folgen für die notarielle Praxis, DNotZ 2005, 753; Hogenschurz, Zum Anspruch auf plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums, ZWE 2016, 75; Hügel, Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft und deren Auswirkungen auf die Gestaltung von Gemeinschaftsordnung im Bauträgervertrag, BTR 2005, 229; Hügel, Zuordnung eines Sondernutzungsrechts zum Miteigentumsanteil an einer Eigentumswohnung, NZM 2004, 766; Hügel, Die Umwandlung von Teileigentum zu Wohnungseigentum und umgekehrt, ZWE 2008, 120;Klühs, Dingliche und grundbuchverfahrensrechtliche Auswirkungen der Nichterrichtung von Wohnungs- bzw. Teileigentum, NZM 2010, 730; Köster/Sankol, Die Insolvenzfähigkeit der Eigentümergemeinschaft, ZfIR 2006, 741; Rapp, Abnahme und Gewährleistung des Gemeinschaftseigentums, MittBayNot 2012, 169; Riecke, Die Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum im Wohnungseigentumsrecht, BTR 2003, 11; F. Schmidt, Roma locuta – Gedanken über die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem Beschluss des BGH v. 2.6.2005, NotBZ 2005, 309; F. Schmidt, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche beim Wohnungseigentum: wer gegen wen?, WE 2009, 78; W. Schneider, Die sachenrechtliche Zuordnung von Rauchwarnmeldern in Eigentumswohnungsanlagen, ZMR 2010, 822; F. Schmidt, Erläuterungen zum Begriff des Sondereigentums, ZWE 2007, 206; W. Schneider, Das neue WEG-Handlungsbedarf für Erbbaurechtsausgeber, ZfIR 2007, 168; W. Schneider, Das vernachlässigte Wohnungserbbaurecht, ZMR 2006, 660; D. Schultz, Zur Anbringung von Rauchwarnmeldern im Wohnungseigentum, ZW 2009, 383; Wenzel, Die Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Durchsetzung von Mängelrechten beim Ersterwerber, NJW 2007, 1905.

I. Allgemeines 1 Die Überschrift des I. Teils („Wohnungseigentum“) ist insoweit missverständlich, als dieser

Teil nicht nur das Wohnungseigentum, sondern auch das Teileigentum, das Wohnungserbbaurecht und das Teilerbbaurecht umfasst. Die Vorschrift des § 1 bietet neben der (überflüssigen) Anordnung der Zulässigkeit in Abs. 1 eine Reihe von Begriffsbestimmungen, die für das Wohnungs- und Teileigentum von zentraler Bedeutung sind. Dabei handelt es sich um die Begriffe „Wohnungseigentum“, „Teileigentum“, Sondereigentum“ und „gemeinschaftliches Eigentum“, zu deren Definition teilweise jedoch weitere Vorschriften herangezogen werden müssen. Der Begriff des „Dauerwohnrechts“ ist dagegen in § 31 eigenständig geregelt.

1. Wohnungs- und Teileigentum 2 Wohnungseigentum einerseits und Teileigentum andererseits unterscheiden sich nur in der

Zwecksetzung (näher unter Rz. 22), sodass die nachfolgenden Ausführungen über Wohnungseigentum auch für das Teileigentum gelten, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes gesagt ist. Wohnungseigentum einerseits und Teileigentum andererseits unterscheiden sich lediglich in der vom teilenden Eigentümer in der Teilungserklärung bzw. dieser angeschlossenen Gemeinschaftsordnung oder von den Miteigentümern durch Vereinbarung getroffenen Zweckbestimmung und meist in der baulichen Ausgestaltung der betroffenen Räume.1 Bei einer gemischten oder alternativen Nutzung für Wohnzwecke und andere Zwecke hat das Grundbuchamt unter Berücksichtigung der überwiegenden Nutzung zu entscheiden, ob Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbücher angelegt werden.2 Zur zweckwidrigen Nutzung vgl. Rz. 24; zur Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum und umgekehrt vgl. Rz. 25. 1 Vgl. dazu Schäuble in Soergel, § 1 WEG Rz. 22; KG v. 3.12.2007 – 24 U 71/07, MietRB 2008, 109; vgl. MittBayNot 2008, 209; nach Auffassung von Armbrüster in Bärmann WEG kann auch ein „Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch“ angelegt werden. 2 KG v. 3.12.2007 – 24 U 71/07, MietRB 2008, 109; vgl. MittBayNot 2008, 209.

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I. Allgemeines | Rz. 6 § 1

a) Wohnungs- und Teileigentum als Eigentum Das Wohnungs- und Teileigentum ist dem Eigentum3 an einem Grundstück grundsätzlich 3 gleichgestellt; es ist damit echtes Eigentum i.S.d. § 903 BGB.4 Es besteht aus dem Sondereigentum und dem Miteigentum an einem Grundstück. Das Sondereigentum ist als Alleineigentum ausgestaltet, das aus der gemeinschaftlichen Berechtigung der Miteigentümer des Grundstücks gelöst ist. Zu dessen Abgrenzung tritt der Aufteilungsplan an die Stelle der Vermessung und katastermäßigen Erfassung,5 gleichsam ein „Ersatzgrundstück“;6 Dieselbe sachenrechtliche Abgrenzungsfunktion wie das Liegenschaftskataster erfüllt bei der Aufteilung in Wohnungseigentum der Aufteilungsplan, der an die Stelle der Vermessung und katastermäßigen Erfassung tritt; der tatsächliche Besitzstand bei der Auslegung der Eintragung außer Betracht zu bleiben, weil er als Umstand außerhalb des Grundbuchs nicht für jedermann erkennbar ist.7 Wohnungs- und Teileigentum ist dabei zunächst echtes – wenn auch durch die erforderliche Rücksichtnahme der Wohnungseigentümer aufeinander eingegrenztes – Eigentum i.S.d. BGB8 und nicht etwa, wie das Erbbaurecht (vgl. § 1 Abs. 1 ErbbauG), ein grundstücksgleiches Recht9 an einem Grundstück. Auch handelt es sich nicht um ein bloßes Recht an einem Grundstück, wie etwa das Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) oder das Dauerwohnrecht (§ 31 Abs. 1). An der Einordnung als Eigentum hat auch die Stärkung des gesellschaftsrechtlichen Elements durch die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft durch den BGH in der Entscheidung vom 2.6.200510 und nunmehr die Anerkennung durch den Gesetzgeber mit der WEG-Novelle nichts geändert11 (im Einzelnen § 10 Rz. 76 ff.). Wohnungseigentum umfasst nicht nur das Alleineigentum des Wohnungseigentümers an be- 4 stimmten Räumen, also an bestimmten dinglich-gegenständlich abgegrenzten Gebäudeteilen,12 sondern (zwingend) auch einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück und den Gebäudeteilen, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen (nachf. Rz. 26). Es treffen beim Wohnungseigentum also das Alleineigentum des einzelnen Wohnungseigen- 5 tümers an den ihm gehörigen Räumen und sein Bruchteilseigentum an dem im Miteigentum aller Wohnungseigentümer stehenden Grundstück und den Gebäudeteilen zusammen. Das gemeinschaftliche Eigentum ist dabei eine besonders ausgestaltete Form des Bruchteils- 6 eigentums (§§ 1008 ff. BGB).13 Ebenso wie der Miteigentümer für das Bruchteilseigentum nicht isoliert auf sein Eigentum verzichten kann14 (vgl. § 928 BGB), kann auch der Woh-

3 Zur Eigenschaft als Eigentum i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG vgl. Froese, ZWE 2015, 250. 4 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, ZfIR 2014, 66. 5 BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, MDR 2008, 1266 = MietRB 2008, 333 = NJW 2008, 2982; Brückner, ZNotP 2017, 364. 6 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, ZfIR 2014, 66. 7 BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, NJW 2016, 473. 8 BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 395 = MDR 1992, 484; Rapp in Staudinger, BGB, § 1 WEG Rz. 15 (dort auch zu abweichenden Auffassungen). 9 Abweichend etwa Grziwotz in Erman, BGB, § 1 WEG Rz. 3. 10 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = MDR 2005, 1156. 11 Wie hier Heinemann in NK/BGB, § 1 WEG Rz. 1. 12 BGH v. 25.10.2013 – V ZR230/12, ZfIR 2014, 66. 13 BGH v. 23.6.1989 – V ZR 40/88, MDR 1989, 1088 = NJW 1989, 2354 (2355); BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647 (1648), zu abweichenden Theorien, etwa Bärmann, NJW 1989, 1057; Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 5 ff., Schäuble in Soergel, § 1 WEG Rz. 10; einen gesellschaftsrechtlichen Ansatz wählt Junker, Die Gesellschaft nach dem WEG, 1993; zu den verschiedenen Auffassungen ausführlich Rapp in Staudinger, BGB, Einl. zum WEG, Rz. 5 ff.; zuletzt BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = NJW 2007, 2547. 14 BGH v. 10.5.2007 – V ZB 6/07, MDR 2007, 1125 = NJW 2007, 2254.

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§ 1 Rz. 6 | Begriffsbestimmungen nungseigentümer nicht auf das Wohnungseigentum verzichten,15 zumal § 11 WEG die Möglichkeit der Aufhebung der Gemeinschaft noch weiter einschränkt als bei der Bruchteilsgemeinschaft (vgl. § 11 WEG). Eine Dereliktion würde schließlich auch eine einseitige und unzulässige Verfügung über das Gesamthandvermögen darstellen.16 b) Miteigentum, Sondereigentum und Gemeinschaft 7 Während in der Vergangenheit Wohnungseigentum in der Regel in erster Linie, wenn auch

nicht ausschließlich, als eine besonders ausgestaltete Form des Miteigentums (Bruchteilseigentum) aufgefasst wurde,17 muss nunmehr davon ausgegangen werden, dass das Rechtsinstitut des Wohnungseigentums dreigliedrig aufzufassen ist, nämlich bestehend aus der unauflöslichen Verbindung von Bruchteilsmiteigentum am Gemeinschaftseigentum (nachf. Rz. 26), dem Sondereigentum an Räumen (nachf. Rz. 19) und der Teilhabe an der Gemeinschaft (gesellschaftsrechtliches Element)18 (nachf. Rz. 17). Diese Bestandteile sind dabei akzessorisch und untrennbar miteinander verbunden.19

2. Rechtsnatur des Wohnungseigentums a) Grundsatz 8 Trotz der Bezeichnung „Wohnungseigentum“ oder „Teileigentum“ in § 1 Abs. 2 und 3 als

erstes Glied der Verbindung von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum, steht bei juristischer Betrachtung der Miteigentumsanteil im Vordergrund. Das Wohnungseigentum zeichnet sich durch die Möglichkeit aus, das Miteigentum mehrerer Personen am Grundstück in der Weise zu beschränken, dass jedem Miteigentümer abweichend von § 93 BGB das Sondereigentum an bestimmten Räumen eines auf dem Grundstück errichteten (oder zu errichtenden) Gebäudes20 eingeräumt wird (§ 3 Abs. 1). Folgerichtig bezeichnet § 6 Abs. 1 das Sondereigentum als zu dem Miteigentum gehörend. Werden die Sondereigentumsrechte aufgehoben, verbleibt es beim Miteigentum i.S.d. §§ 1008 ff. BGB (vgl. § 4 Rz. 23). Die Verbindung von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum bedeutet mithin die Stärkung des Miteigentums am (eigenen) Sondereigentum und die Schwächung des Miteigentums an dem Sondereigentum der anderen Miteigentümer.21 9 Wohnungs- und Teileigentum ist danach zunächst als modifiziertes Miteigentum aufzufas-

sen. Modifiziert deshalb, weil bei Wohnungseigentum die Vorschriften des WEG Anwendung finden und nach § 10 Abs. 2 Satz 1 WEG erst bei Fehlen einer Regelung im WEG die Vorschriften über die Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) greifen. b) Folgen für die Praxis 10 Aus der oben genannten Bewertung des Wohnungs- und Teileigentums als echtes Eigentum

ergibt sich Folgendes: 15 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = DnotZ 2007, 845; vgl. auch Zimmer, NotBZ 2009, 397; ein solches Bedürfnis besteht mitunter bei sogen. „Schrottimmobilien“, vgl. etwa Rapp in Becksches Notarhandbuch, A III 1. 16 Im Einzelnen Zimmer, NotBZ 2009, 398. 17 Etwa Augustin in RGRK/BGB, § 1 WEG Rz. 8; . 18 So bereits Bärmann, NJW 1989, 1057; Röll in MünchKomm/BGB, Vor § 1 WEG Rz. 21. 19 Bärmann/Pick, Einl. WEG Rz. 8; Schäuble in Soergel § 1 WEG Rz. 11. 20 Zum gesetzlich nicht geregelten Begriffs des Gebäudes vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG v. 19.4.2016 – 2 Wx 12/16. 21 Augustin in RGRK/BGB, § 1 WEG Rz. 9.

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I. Allgemeines | Rz. 12c § 1

Der Wohnungseigentümer hat im Hinblick auf sein Sondereigentum Alleinbesitz, ihm stehen 11 Besitzschutzansprüche (vgl. Rz. 27c) und, im Hinblick auf seine Eigentümerstellung, auch die Ansprüche aus §§ 985, 1004 BGB zu. Hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums bestehen die Ansprüche aus § 1011 BGB. Für Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche gegenüber Nichtwohnungseigentümer auf Aktiv- und Passivseite kann sowohl die Zuständigkeit des einzelnen Wohnungseigentümers bestehen, nicht selten aber auch die Eigentümergemeinschaft als solche in Betracht kommen. Auch im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander können Ansprüche, etwa aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, bestehen.22 Der Wohnungseigentümer hat die öffentlich-rechtlichen Befugnisse des Eigentümers, er ist 11a also (ohne Ermächtigung der weiteren Wohnungseigentümer) befugt, gegen nachbarrechtliche Bauvorhaben vorzugehen.23 Der Wohnungseigentümer kann baurechtliche Nachbarrechte aus eigenem Recht jedoch nur geltend machen, wenn eine konkrete Beeinträchtigung ihres Sondereigentums im Raum steht.24 Rechte, die im gemeinschaftlichen Eigentum für das gesamte Grundstück wurzeln, können demgegenüber nur von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und nicht von den einzelnen Wohnungseigentümern geltend gemacht werden.25 Wohnungseigentum ist veräußerlich.26 Mit der Veräußerung gehen die Anteile am Gemein- 12 schaftsvermögen auf den Erwerber über, ohne dass dies einer gesonderten Erklärung bedarf oder abweichende Vereinbarungen zwischen Veräußerer und Erwerber möglich wären. Der schuldrechtliche Veräußerungs- und Erwerbsvertrag muss notariell beurkundet werden (§ 311b BGB). Der dingliche Vollzug bedarf der Auflassung nach § 925 BGB und der Eintragung im Grundbuch nach § 873 BGB. Besonderheiten sind dort zu beachten, wo die Veräußerung auf noch zu errichtendes Woh- 12a nungseigentum gerichtet ist. Neben dem eigentlichen Kaufvertrag unterliegt auch die Baubeschreibung dem Beurkundungserfordernis des § 311b BGB.27 Insoweit wird nicht selten von der Erleichterung des § 13a BeurkG Gebrauch gemacht, dh der Kaufvertrag verweist auf eine bereits anderweitig beurkundete Urkunde, die die Baubeschreibung zum Inhalt hat. In diesem Fall können die Beteiligten auf ein erneutes Verlesen und Beifügen der Baubeschreibung verzichten. Bei noch zu errichtendem Wohnungseigentum bedarf neben der Baubeschreibung auch die 12b Gemeinschaftsordnung der notariellen Beurkundung, soweit sie noch nicht im Grundbuch vollzogen ist und weitere im Kaufvertrag selbst nicht genannte Pflichten enthält und die über die gesetzlichen Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander hinausgeht28 oder von dem gesetzlichen Inhalt abweicht. Soll Wohnungseigentum zu einem Zeitpunkt veräußert werden, in dem noch keine Teilungs- 12c erklärung in notarieller Form vorliegt und die auch nicht mit der Veräußerung beurkundet werden soll, ist darauf zu achten, dass der Gegenstand der Veräußerung hinreichend bestimmt

22 BGH v. 25.10.2013 – V ZR230/12, ZfIR 2014, 66 (jedenfalls in entsprechender Anwendung); zur Anspruchskonkurrenz von Individualansprüchen einzelner und gemeinschaftsbezogener Ansprüche der Gemeinschaft vgl. BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17, MDR 2019, 284. 23 OVG Hamburg v. 29.4.2004 – 2 Bf 132/00, NVwZ-RR 2005, 707; im Einzelnen Gröhn/Hellmann-Sieg, BauR 2010, 400. 24 BVerwG, v. 20.8.1992 – 4 B 92.92, juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 8.7.2013 – 2 CS 13.807, NVwZ 2013, 1622; BVerwG v. 30.5.2013 – BVerwG 2 C 68.11; BayVGH v. 1.3.2018 –1 CS 17.2539. 25 BayVGH, v. 27.7.2017 – 1 CS 17.918, ZWE 2018, 47. 26 Zur unentgeltlichen Überlassung von Wohnungseigentum an einen Minderjährigen vgl. etwa BGH v. 9.7.1980 – V ZB 16/79, BGHZ 78, 28 = MDR 1981, 37 = NJW 1981, 109. 27 BGH v. 23.9.1977 – V ZR 90/75, MDR 1978, 214 f. = NJW 1978, 102. 28 Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 79.

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§ 1 Rz. 12c | Begriffsbestimmungen ist.29 Es bedarf jedenfalls der Vorlage von Plänen, die eine Abgrenzung des (zukünftigen) Sondereigentums und auch des gemeinschaftlichen Eigentums erlauben, auch muss die Lage des Gebäudes auf dem Grundstück ersichtlich sein; schließlich muss der Miteigentumsanteil feststehen, um dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz zu entsprechen.30 13 Bei der Veräußerung und Belastung von Wohnungs- und Teileigentum in einem förmlich fest-

gelegten Sanierungsgebiet bedarf es der sanierungsrechtlichen Genehmigung nach § 144 BauGB, auch wenn das Wohnungseigentum in diesem Zusammenhang nicht gesondert erwähnt ist.31 Der Erwerb von Wohnungseigentum stellt ferner einen Eigentumserwerb an einem „Grundstück“ i.S.v. § 1 Abs. 1 und § 2 GrEStG dar. Dass der Erwerb des Wohnungseigentums auch zugleich die Mitgliedschaft an einer Personenvereinigung vermittelt (Rz. 17), ändert daran nichts. Der Nießbrauch an Wohnungseigentum ist der Nießbrauch an einer Sache und nicht etwa, wie der Nießbrauch an einer Gesellschaftsbeteiligung, ein Nießbrauch an einem Recht.32 Besonderheiten gelten beim Erwerb von Wohnungseigentum durch einen Minderjährigen. Auch bei einer Schenkung an einen Minderjährigen bedarf es der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nach §§ 107, 108 BGB. Zwar sind die gesetzlichen Verpflichtungen, etwa zur Tragung der Grundsteuer nicht rechtlich nachteilig, allerdings übernimmt der Minderjährige mit dem Erwerb des Wohnungseigentums auch die Verpflichtungen im Rahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft, was im Hinblick auf die damit einhergehenden Pflichten bereits als rechtlich nachteilig anzusehen ist.33 14 Wohnungseigentum ist in gleicher Weise wie ein Grundstück belastbar, etwa mit Grund-

pfandrechten (vgl. § 1114 BGB) und Vormerkungen (aber nicht hinsichtlich des Anspruchs auf Einräumung von Gemeinschaftseigentum an einer einzelnen Wohnung);34 bei Dienstbarkeiten gilt Folgendes: Wohnungs- und Teileigentum kann herrschendes Grundstück (§ 1018 BGB),35 aber auch dienendes Grundstück einer Grunddienstbarkeit sein.36 Als dienendes Grundstück kommt ein einzelnes Wohnungseigentum aber nur dann in Betracht, wenn die Belastung sich auf die rechtlichen und tatsächlichen Befugnisse beschränkt, die dem jeweiligen Sondereigentümer allein zustehen.37 War das Grundstück vor Aufteilung in Wohnungs- oder Teileigentum bereits mit Dienstbarkeiten oder Grundpfandrechten belastet, werden diese mit Aufteilung zu Gesamtrechten;38 im Grundbuch sind diese mit einem Mithaftvermerk (§ 48 GBO) einzutragen.39 Aber auch nach Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum kann das Grundstück mit Gesamtrechten belastet werden, dies ist insbesondere von Bedeutung für Dienstbarkeiten, die zu ihrer Wirksamkeit der Gesamtbelastung des Grundstücks bedürfen.

29 Zum Vorkaufsrecht des Mieters bei Verkauf des Grundstücks vor der bereits beabsichtigten Bildung des Wohnungseigentums vgl. BGH v. 22.11.2013 – V ZR 96/12, MietRB 2014, 67 f. = MDR 2014, 206 f. 30 Vgl. OLG München v. 30.8.2018 – 34 Wx 66/18, ZWE 2018, 442; Brückner, ZNotP 2018, 364. 31 LG Berlin v. 9.6.1995 – 85 T 136/95, Rpfleger 1996, 342; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 3890; das gesetzliche Vorkaufsrecht der Gemeinde nach § 24 BauGB gilt zwar auch für den Verkauf von Miteigentumsanteilen, dagegen aufgrund ausdrücklicher Anordnung in § 24 Abs. 2 BauGB nicht für den „Kauf von Rechten nach dem WEG“. 32 BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647. 33 BGH v. 30.9.2010 – V ZB 206/10, MDR 2011, 25 = MietRB 2011, 16 = NJW 2010, 3643. 34 BayObLG v. 7.2.2002 – 2Z BR 166/01, MittBayNot 2002, 189. 35 OLG Düsseldorf v. 22.09.2010 – I – 3 Wx 46/10, ZfIR 2010, 773. 36 BGH v. 19.5.1989 – V ZR 182/87, MDR 1989, 896 = NJW 1989, 2391 (auch zugunsten einer anderen Wohnung derselben Anlage); OLG Hamm v. 7.10.1980 – 15 W 187/80, MDR 1981, 142 = Rpfleger 1980, 469; zum Schicksal der Grunddienstbarkeit bei Aufhebung des Wohnungseigentums OLG München v. 20.2.2017 – 34 Wx 433/16, FGPrax 2017, 114; dazu Herrler, DNotZ 2017, 726. 37 OLG Hamm v. 10.1.2006 – 15 W 437/04. 38 BGH v. 24.1.1992 – V ZR 274/90, MDR 1992, 482 f. = NJW 1992, 1390. 39 BayObLG v. 27.4.1995 – 2Z BR 31/95, Rpfleger 1995, 455.

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I. Allgemeines | Rz. 16 § 1

Die Gesamtbelastung muss dabei nach § 4 Abs. 2 WGV in der Weise eingetragen werden, dass sie als Gesamtbelastung erkennbar ist.40 Zur Begründung der Dienstbarkeit ist die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich.41 Für die rechtsgeschäftliche Löschung der Dienstbarkeit bedarf es ebenfalls der Zustimmung aller Wohnungs- und Teileigentümer, der einzelne Wohnungseigentümer verliert insoweit seine alleinige Verfügungsbefugnis.42 Das Erlöschen einer Dienstbarkeit, die zu ihrer Wirksamkeit die Bestellung an allen Wohn- und Teileigentumsrechten bedarf, etwa bei Belastung aller Wohnungseigentumseinheiten mit einem Wegerecht zugunsten eines Dritten, im Rahmen der Zwangsvollstreckung führt aber zugleich zum Erlöschen des Rechts an allen Wohnungseigentumseinheiten. Das Wohnungseigentum kann Gegenstand der Immobiliarvollstreckung (Zwangsversteige- 15 rung, Zwangsverwaltung und Zwangshypothek) sein. An die Stelle des Grundstücks (vgl. § 1113 BGB) tritt bei Wohnungs- und Teileigentum der dem Wohnungs- oder Teileigentum unterliegende Raum und seine Bestandteile (vgl. § 5). Hinzu kommt als Grundstück im Sinne des § 1113 BGB die anteilige Mitberechtigung am Grundstück. Für die im Rahmen der Zwangsvollstreckung bedeutsame Frage der Zubehöreigenschaft (§ 1120 ff. BGB) können neben den Erzeugnissen des Gemeinschaftseigentums die § 1120 ff. BGB für die dem Wohnungseigentum unterliegenden Räume entsprechend gelten. Für die zum Haftungsverband des Grundpfandrechts zählenden Ansprüche gehören auch auf das Wohnungseigentum entfallende Abrechnungsguthaben des einzelnen Wohnungseigentümers nach dem Vorliegen eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümer. Ebenfalls zum Zubehör des Sondereigentums zählen die nach zahlreichen Landesbauordnungen anzubringenden Rauchwarnmelder, soweit diese jedoch in den Gemeinschaftseigentum unterliegenden Flächen angebracht sind, handelt es sich um Zubehör des Gemeinschaftseigentums.43 Gemeinschaftseigentum liegt aber auch dort vor, wo Rauchmelder auf Beschluss der Wohnungseigentümer im Bereich des Sondereigentums angebracht sind.44 Eine Vollstreckung in das Verwaltungsvermögen wegen Forderungen gegen den einzelnen 15a Wohnungseigentümer ist nicht zulässig.45 Zur Frage der Pfändung des Verwaltungsvermögens wegen Forderungen gegen den Wohnungseigentümer oder die Gemeinschaft, vgl. § 10 Rz. 189 ff., § 11 Rz. 16 ff. Zur Unzulässigkeit der Aufhebungsklage und der Pfändung des Aufhebungsanspruchs, § 11 Rz. 3 ff.

3. Das gesellschaftsrechtliche Element beim Wohnungs- und Teileigentum Mit § 10 Abs. 6 Satz 1 und 2 WEG und der darin enthaltenen ausdrücklichen Anerkennung 16 der Eigentümergemeinschaft als teilrechtsfähige Vereinigung ist nunmehr auch gesetzlich anerkannt, dass das Wohnungseigentum „mehr“ ist, als eine besondere Form des Bruchteilseigentums, auf das die Vorschriften des WEG und ergänzend die über die Gemeinschaft (§ 10 Abs. 2 Satz 1 WEG i.V.m. §§ 741 ff. i.V.m. §§ 1008 ff. BGB) anwendbar sind. Auf die sich daraus im Einzelnen ergebenden Konsequenzen wird näher in § 10 eingegangen.

40 Vgl. Elzer, ZWE 2011, 19. 41 Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 151. 42 BayObLG v. 30.6.1983 – BReg.2 Z 47/83, MDR 1983, 935 = Rpfleger 1983, 434; Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 150. 43 Im Einzelnen Schultz, ZWE 2009, 383; Schneider, ZMR 2010, 822. 44 BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835 = MietRB 2013, 241 = NJW 2013, 3092 = ZfIR 2013, 514 mit Anm. Greupner. 45 Schultzky in NK/BGB, § 10 WEG Rz. 49.

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§ 1 Rz. 17 | Begriffsbestimmungen 17 Jeder Wohnungseigentümer ist zugleich Mitglied der Eigentümergemeinschaft und damit

auch Mitglied eines personenrechtlichen Verbands („Verband eigener Art“).46 Daneben besteht aber auch die Teilnahme an der Bruchteilsgemeinschaft, die ihre Daseinsberechtigung durch die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit nicht etwa verloren hat. Folglich bleiben die bisherigen Grundsätze des Wohnungseigentums, soweit nicht Teilrechtsfähigkeit vorliegt, weiterhin anwendbar. Der Gesetzgeber bringt diese Differenzierung zwischen Bruchteilsgemeinschaft und teilrechtsfähiger Gemeinschaft dadurch zum Ausdruck, dass die teilrechtsfähige Wohnungsgemeinschaft als „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ bezeichnet wird, während dort, wo die Teilrechtsfähigkeit nicht vorliegt, sondern die oder der Wohnungseigentümer nach den Grundsätzen der (modifizierten) Gemeinschaft aufgefasst werden, die Bezeichnung „Wohnungseigentümer“ verwendet wird. Ungeachtet der seit der Entscheidung des BGH47 und der WEG-Novelle in der Literatur geführten Diskussion um die gesellschaftsrechtlichen Elemente der Wohnungseigentümergemeinschaft ist Wohnungseigentum aus Sicht des Wohnungseigentümers zunächst und in erster Linie Eigentum. Die damit verbundenen Mitgliedschaftsrechte sind aus Sicht des Wohnungseigentümers in der Regel von untergeordneter Bedeutung. Allerdings ergibt sich aus der Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auch, dass diese grundbuchfähig ist, sie kann also selbst Grundbesitz innerhalb,48 etwa eine Hausmeisterwohnung, und außerhalb der eigenen Gemeinschaft, etwa zusätzliche Stellplätze, erwerben,49 soweit dies zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich ist (Rz. 32). Ebenso können für die Gemeinschaft Rechte an Grundstücken eingetragen werden, wie etwa ein Verfügungsverbot50 oder eine Zwangssicherungshypothek.51 Auch die Kreditaufnahme, soweit im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung, kann durch die Gemeinschaft der Eigentümer vorgenommen werden.52 Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird bei Rechtsgeschäften durch den Verwalter vertreten (§ 27 Abs 3 S. 1 Nr. 7). Für Grundbuchzwecke genügt auch hier die Vorlage des Ermächtigungsbeschlusses i.S.d. § 26 Abs 3.53 Für eine sichere Gestaltung wird allerdings die rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung durch alle Wohnungseigentümer vorgeschlagen.54 17a Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist zudem nicht etwa Schuldner grundstücks-

bezogener Kosten und Gebühren nach den Kommunalabgabengesetzen der Länder. Sehen einschlägige Vorschriften eine gesamtschuldnerische Haftung der Miteigentümer vor, schulden die Miteigentümer (nicht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) als Gesamtschuldner (z.B. § 6 KAG NW i.V.m. § 44). Eine nur quotale Haftung des einzelnen Wohnungseigentümers nach § 10 Abs. 8 scheidet aus.55

46 So Heinemann in NK/BGB, § 1 WEG Rz. 1. So ist etwa die von der Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossene Gebäudeversicherung eine „Fremdversicherung“ i.S.d. §§ 74 ff. VVG, soweit sie sich auf das Sondereigentum erstreckt, vgl. OLG Hamm v. 3.1.2008 – 15 W 420/06, MietRB 2008, 174 = ZMR 2008, 401. 47 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = MDR 2005, 1156. 48 OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, MietRB 2008, 171 = ZMR 2008, 210. 49 OLG Hamm v. 4.5.2010 – 15 W 382/09, MietRB 2010, 202 = ZWE 2010, 270; Abramenko, ZWE 2010, 193. 50 Vgl. etwa KG v. 11.10.2013 – 1 W 195/13, 1 W 196/13, NotBZ 2013, 470 – Löschung hat durch alle Wohnungseigentümer zu erfolgen, und zwar auch dann wenn der Verwalter durch Mehrheitsbeschluss bevollmächtigt wurde. 51 OLG München v. 25.4.2013 – 34 Wx 146/13, MDR 2013, 812 = MietRB 2013, 209 = ZWE 2013, 425 – der Vollstreckungstitel muss auf die Wohnungseigentümergemeinschaft lauten, nicht etwa „die Wohnungseigentümer“. 52 Vgl. Pick in Bärmann, Einl. WEG Rz. 35; Elzer, NZM 2009, 57; Derleder, ZWE 2010, 10. 53 OLG Hamm v. 4.5.2010 – 15 W 382/09, MietRB 2010, 202 = ZWE 2010, 270. 54 Heinemann in NK/BGB, § 1 WEG Rz. 11. 55 VG Gelsenkirchen v. 16.9.2009 – 13 K 711/08, ZMR 2010, 410.

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II. Begriffe | Rz. 20 § 1

4. Untrennbarkeit von Sondereigentum, Miteigentumsanteil und Verwaltungsvermögen Die Verbindung von Sondereigentum und Miteigentumsanteil sowie die Beteiligung am Ver- 18 waltungsvermögen bilden ein untrennbares Ganzes und können nicht in ihre Bestandteile aufgelöst werden.56 Die rechtsgeschäftliche Begründung eines isolierten Miteigentumsanteils, der nicht mit einem Sonder- oder Teileigentum verbunden ist, ist damit unzulässig.57 Allerdings kann sich ein isolierter Miteigentumsanteil ausnahmsweise bei sogen Begründungsmängeln im Rahmen der Begründung des Wohnungseigentums (dazu § 2 Rz. 15) ergeben.

II. Begriffe 1. Wohnungseigentum (Abs. 2) Wohnungseigentum ist nach § 1 Abs. 2 WEG das Sondereigentum an einer Wohnung i.V.m. 19 dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Von dem Teileigentum unterscheidet es sich dadurch, dass Teileigentum an „nicht zu Wohnzwecken“ dienenden Räumen begründet werden kann (nachf. Rz. 22). Maßgebend für die Unterscheidung ist nicht etwa die tatsächliche Nutzung, sondern die bauliche Ausgestaltung der Räume und die vorgenommene Zweckbestimmung in der Teilungserklärung. Die Einordnung als Wohnungs- oder Teileigentum hat dabei dinglichen Charakter und bedeutet damit zugleich die Festlegung des gesetzlichen Inhalts des Eigentums.58 Nach anderer Ansicht handelt es sich dabei um eine Regelung der Wohnungseigentümer untereinander mit Vereinbarungscharakter (§§ 5 Abs. 4 Satz 1, 10 Abs. 3).59 Eine gesetzliche Begriffsbestimmung für das Merkmal „Wohnung“ enthält weder das WEG 20 noch das BGB. Gewöhnlich wird die Wohnung als die Summe der Räume, welche die Führung eines Haushalts ermöglichen, aufgefasst.60 Daher kann etwa an einer Toilette allein kein Wohnungseigentum begründet werden,61 auch wenn sie zu Wohnzwecken dienen mag. Zu dem sogen. Kellermodell s. Rz. 24. Für die Annahme einer Wohnung ist es daher erforderlich, dass eine Haushaltsführung möglich ist, wozu Wasserversorgung, Kochgelegenheit und Toilette vorhanden sein müssen.62 Unproblematisch ist auch die Begründung von Wohnungseigentum an Doppelhaushälften oder sogar freistehenden Häusern als Ganzen.63 Im Übrigen wird auf die Kommentierung zu § 5 verwiesen. Zur Abgeschlossenheit s. § 3 Rz. 21 ff. Nicht zu fordern ist, dass die Räume zwingend nebeneinander und angrenzend sein müssen, zur „Wohnung“ können damit auch Räume gehören, die außerhalb der räumlich als Wohnung betrachteten Räume liegen.64 Der Begriff des „Wohnens“ ist weit zu verstehen.65 Mit dieser 56 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = NJW 2007, 2547. 57 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, BGHZ 109, 179 = MDR 1990, 325; OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 43/10, MietRB 2010, 331 = ZWE 2010, 459. 58 Rapp in Staudiner, BGB, § 1 WEG Rz. 1. 59 Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 27; Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG, zum Streitstand Rz. 26; OLG Hamm v. 13.2.2006 – 15 W 163/05, MietRB 2006, 321 f. = NZM 2007, 294 f. 60 Hügel in Würzburger Notarhandbuch, S. 991; Wicke in Palandt, BGB, § 1 WEG Rz. 2. 61 OLG Düsseldorf v. 4.2.1976 – 3 W 315/75, NJW 1976, 1458; Bärmann/Pick, § 1 WEG Rz. 2 m.w.N. 62 OLG Hamm v. 11.6.1986 – 15 W 452/85, MDR 1986, 939 = Rpfleger 1986, 374; OLG Nürnberg v. 14.5.2012 – 10 W 1797/11, MDR 2012, 900 = MietRB 2012, 301 = NZM 2012, 867. 63 BGH v. 3.4.1968 – V ZB 14/67, BGHZ 50, 56 – die konstruktiven Teile können jedoch kein Sondereigentum sein. 64 OLG Nürnberg v. 14.5.2012 – 10 W 1797/11, MDR 2012, 900 = MietRB 2012, 301 = NZM 2012, 867. 65 BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, ZfIR 2018, 17.

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§ 1 Rz. 20 | Begriffsbestimmungen Begründung hat der BGH etwa täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste im Grundsatz als zulässig angesehen66 Auf die steuerrechtliche Einordnung der Einkünfte des Vermieters oder eine unternehmerischen Tätigkeit des Eigentümers kommt es nicht an. 21 Der Begriff „Wohnung“ setzt den Begriff eines Gebäudes voraus. Der Begriff des Gebäudes ist

im Wohnungseigentumsgesetz nicht definiert. Grundsätzlich wird darunter ein nach allen Seiten abgeschlossenes Bauwerk verstanden, das einer Nutzung zugängliche Räume enthält.67 Zum Zeitpunkt der Begründung von Wohnungseigentum muss das Gebäude (§ 3) noch nicht fertig gestellt sein, es muss noch nicht einmal mit dem Bau begonnen sein. Wohnungseigentum kann auch aufgrund des genehmigten und mit der Abgeschlossenheitsbescheinigung versehenen Bauplans begründet werden.

2. Teileigentum (Abs. 3) 22 Teileigentum ist das Sondereigentum an den Räumen, die nicht zu Wohnzwecken dienen,

i.V.m. dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem das Sondereigentum gehört (Abs. 3). Mit dieser negativen Inhaltsbestimmung ist bei Teileigentum jede nicht wohnungsmäßige Nutzung denkbar; damit darf sie grundsätzlich nur zu Zwecken genutzt werden, die nicht dem Wohnen zuzuordnen sind.68 Teileigentum wird in der Regel dort gebildet, wo das Gebäude allein gewerblichen Zwecken dienen soll, etwa Bürogebäuden oder aber eine gemischte Nutzung vorgesehen ist, wie etwa bei Ladengeschäften im Erdgeschoss und Wohnraumnutzung in den darüber liegenden Geschossen. Anders als bei Wohnungseigentum ist das Vorhandensein einer Toilette oder Waschgelegenheit hier nicht erforderlich.69 Daher kann Teileigentum etwa auch an einem Hotelzimmer begründet werden, selbst wenn zur Nutzung weitere Einrichtungen eines Hotels, etwa der Frühstücksraum, erforderlich sind.70

3. Gemischtes Wohnungs- und Teileigentum 23 Neben der häufiger vorkommenden gemischten Nutzung einer Wohnungseigentumsanlage

für Wohn- und andere Nutzungszwecke ist auch die gemischte Nutzung einer Sondereigentumseinheit71 möglich und auch im Grundbuch einzutragen, wenn eine Nutzung sowohl zu Wohnzwecken als auch zu anderen Zwecken in der Teilungserklärung bestimmt ist;72 eine derartige Zweckbestimmung sollte allerdings möglichst konkret sein. Damit ist bei einer alternativen Nutzung der Räume zu Wohn- oder anderen Zwecken auch möglich die Nutzung gänzlich offen zu lassen. Für die Grundbucheintragung (Wohnungs- oder Teileigentum) hat das Grundbuchamt im Sinne des überwiegenden Nutzungszwecks zu entscheiden; auf die Bezeichnung in der Teilungserklärung kommt es dabei nicht an.73 Bei der Veräußerung kann

66 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09 NJW 2010, 3093. 67 Etwa Morvillus in Meikel, GBO, Einl. B Rz. 137 m. w. Nachw.; dazu können auch sogen. „schwimmende Häuser“ zählen, soweit eine feste Verankerung mit dem Grund und Boden vorliegt; vgl. Schleswig-Hollsteinisches OLG v. 19.4.2016 – 2 Wx 12/16, FGPrax 2016, 155. 68 BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, ZfIR 2018, 17. 69 Wicke in Palandt, BGB, § 1 WEG Rz. 3; OLG Naumburg NotBZ 2005, 231. 70 Ebenso LG München II v. 21.2.2008 – 6 T 6592/07; abw. LG Halle v. 2.3.2004 – 2 T 78/03, NotBZ 2004, 242; wie hier etwa Häublein, NotBZ 2004, 243, Böttcher, Rpfleger 2005, 649. 71 Vgl. BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, ZfIR 2018, 17; Rapp in Staudinger, BGB, § 1 WEG Rz. 11; Schäuble in Soergel § 1 Rz. 20. 72 Vgl. BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, ZfIR 2018, 17. 73 BGH v. 5.3.2010 – V ZR 62/09, MDR 2010, 737 = MietRB 2010, 170 = NZM 2010, 407.

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II. Begriffe | Rz. 24 § 1

allerdings die Veräußerung eines zu Wohnzwecken dienenden Raumes, für den eine andere Nutzungsart in der Teilungserklärung bestimmt ist, ein Rechtsmangel sein.74

4. Zweckbestimmungswidriger Gebrauch Nach § 15 WEG können die Wohnungseigentümer den Gebrauch des Sondereigentums re- 24 geln. Es handelt sich dann um eine Nutzungsbeschränkung (z.B. „Hobbyraum“) mit Vereinbarungscharakter, die eine abweichende Nutzung nur zulässt, wenn diese abweichende Nutzung bei „typisierender Betrachtung“ nicht mehr stört, als die vorgesehene Nutzung.75 So darf etwa ein in der Teilungserklärung als Teileigentum und „Hobbyraum“ ausgewiesener Raum nicht zu Wohnzwecken (soweit nicht nur vorübergehend) genutzt werden, weil die Wohnnutzung eine intensive Nutzung bedeuten würde.76 Zulässig sind dabei Zweckvereinbarungen, die entweder bestimmte Nutzungen ausschließen (sog. negative Zweckvereinbarung) oder solche, die eine bestimmte Nutzung ausdrücklich vereinbart (sog. positive Zweckvereinbarung). Im Falle einer negativen Zweckvereinbarung besteht die Notwendigkeit, den Kreis der ausgeschlossenen Nutzungen hinreichend konkret zu bezeichnen, denn anderenfalls muss erst im Wege der Auslegung – letztverbindlich durch ein Gericht – entschieden werden, in welcher Weise das Sondereigentum genutzt werden darf.77 Möglich ist damit insbesondere auch die Vereinbarung einer negativen Nutzungsbeschränkung für bestimmte Gewerbe in der Weise, dass bestimmte Gewerbe, etwa einer „Spielhalle“ unzulässig sind.78 Liegt eine positive Zweckvereinbarung, etwa die Bestimmung zur Nutzung als Ferienwohnung oder für betreutes Wohnen,79 nicht vor, stellt sich die Frage, ob die in der Teilungserklärung vorgenommene Bestimmung als Wohnungseigentum bereits dann zu einer zweckwidrigen Verwendung führt, wenn das Wohnungseigentum für gewerbliche Zwecke genutzt und umgekehrt Teileigentum für Wohnzwecke genutzt wird; zu beachten ist aber etwa das der BGH die gewerbliche Vermietung von Wohnungseigentum an ständig wechselnde Feriengäste bei fehlender negativer wie positiver Konkretisierung für zulässig hält, weil die Wohnung auch hier zu Wohnzwecken dient.80 Eine zweckwidrige Nutzung einer Wohnung für gewerbliche Zwecke oder umgekehrt kann zu Unterlassungsansprüchen der anderen Wohnungseigentümer führen. Allerdings ist zu beachten, dass hierfür eine Beeinträchtigung erforderlich ist. Bei Teileigentum ist der Ge-

74 BGH v. 28.2.1997 – V ZR 27/96, MDR 1997, 538 f. = NJW 1997, 1778. 75 Zur Nutzung von Teileigentum als Freikirche LG Berlin v. 22.5.2018 – 55 T 15/18, Grundeigentum 2018, 775. 76 BGH v. 16.6.2011 – V ZA 1/11, ZfIR 2011, 757; die Überlassung von Wohnungseigentum an Asylbewerber stellt i.d.R. keine zweckwidrige Nutzung dar, es sei denn es liegt im Einzelfall eine übermäßige Inanspruchnahme vor; auch fehlt es der Eigentümergemeinschaft an der Beschlusskompetenz zu einer Untersagung; vgl. AG Laufen v. 4.2.2016 – 2 C 565/15 WEG, Grundeigentum 2016, 401. 77 Vgl. etwa Pick in Bärmann, § 15 Rz. 37, der unter Vertragsgestaltungsgesichtspunkten tendenziell zu einer positiven Zweckvereinbarung rät; dem ist aber nicht zuzustimmen, weil die positive Nutzung zukünftigen, nicht vorhersehbaren, Nutzungen entgegenstehen kann. Problematisch (aber zulässig) ist etwa die Vereinbarung der Untersagung derartiger Gewerbe, die geeignet seien, dass Ansehen der übrigen Wohnungseigentümer zu beeinträchtigen, so OLG Hamm v. 25.9.1989 – 15 W 314/88, RPfleger 1990, 17. 78 OLG Hamm v. 25.9.1989 – 15 W 314/88, RPfleger 1990, 17. 79 Zu den Grenzen vgl. BGH v. 13.10.2006 – V ZR 289/05, MDR 2007, 326 = MietRB 2007, 68 (Betreutes Wohnen). 80 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, NJW 2010, 3093; nicht überzeugend BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, ZfIR 2018, 17 wonach bei einer Asylbwerberunterkunft Wohnzwecke nicht vorlägen, weil die Unterkunft den Charakter eines „Heimes“ habe; dort auch zu „Wohngruppen“ und Alters- und Pflegeheimen.

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§ 1 Rz. 24 | Begriffsbestimmungen brauch als Wohnung grundsätzlich unzulässig.81 Etwas anderes kann gelten, wenn die Zweckbestimmung des Teileigentums einen Gebrauch zulässt, der nicht weniger störend ist, als der Gebrauch zu Wohnzwecken.82 Nutzungsrechte sind der Auslegung zugänglich. Eine anderweitige Nutzung ist jedenfalls dann erlaubt, wenn diese das Gemeinschaftsverhältnis nicht mehr als die vereinbarte Nutzung beeinträchtigt. Auch der im Wohnungseigentum ausgeübte Betrieb eines Gewerbes führt nicht zwangsläufig zu einer solchen Beeinträchtigung.83 Maßgeblich ist allein, ob die Ausübung eine wesentlich höhere Beeinträchtigung zur Folge hat als in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen.84

5. Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum und umgekehrt 25 Die Umwandlung des Wohnungseigentums in Teileigentum und umgekehrt ist eine Ge-

brauchsregelung i.S.d. § 15 WEG und erfordert die Vereinbarung durch alle Eigentümer85 (§§ 5 Abs 4, 10 Abs 3), sowie der Zustimmung derjenigen zu deren Gunsten Wohnungseigentum dinglich belastet ist (zur Vollmacht in der Teilungserklärung vgl. § 2 Rz. 11a).86 Die bloße Änderung der tatsächlichen Nutzung, eine dahingehende Beschlussfassung oder auch bauliche Veränderungen führen nicht zu einer Umwandlung.87 Ob die Eintragung der Zweckänderung im Grundbuch zur Wirksamkeit erforderlich ist oder ob die Eintragung nur zur Herbeiführung der Wirkungen des § 10 Abs. 3 erforderlich ist,88 ist streitig (vgl. § 10 Rz. 61) aber wohl zu bejahen.89 Möglich ist auch eine vorweggenommene Zustimmung aller Wohnungseigentümer zur Umwandlung,90 die stillschweigend erfolgen kann, etwa durch (ausdrückliche) Zustimmung zu Umbaumaßnahmen, wie dem Umbau des im Teileigentum stehenden Speichers zu Wohnzwecken.91 Die Einhaltung der Form des § 4 ist nicht erforderlich. Der Zustimmung dinglich gesicherter Gläubiger am gesamten Grundstück bedarf es dagegen nicht.92 Es bedarf auch keines geänderten Aufteilungsplanes oder einer neuen Abgeschlossenheits-

81 BayObLG v. 7.7.2004 – 2Z BR 89/04, ZMR 2004, 925; OLG Zweibrücken v. 14.12.2005 – 3 W 196/ 05, MDR 2006, 744 (Nutzung eines als Keller bezeichneten Teileigentums als Wohnung); BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, ZfIR 2018, 17 (Asylbewerberheim). 82 BayObLG v. 10.11.2004 – 2Z BR 169/04, FGPrax 2005, 11 = NZM 2005, 263. 83 OLG Düsseldorf v. 14.11.2007 – I-3 Wx 40/07, WuM 2008, 114. 84 OLG Düsseldorf v. 14.11.2007 – I-3 Wx 40/07, BeckRS 2007, 19186 = NJW-Spezial 2008, 35. 85 Vgl. etwa BGH v. 4.12.2014 – V ZB 7/13, ZfIR 2015, 492 m. Anm. Ott = DNotZ 2015, 483 = NotBZ 2015, 308 = MDR 2015, 640 = MietRB 2015, 173; OLG Frankfurt v. 31.7.2014 – 20 W 111/14, ZWE 2015, 320; BGH v. 26.9.2003 – V ZR 217/02, MDR 2004, 84 = DNotZ 2004, 145; Armbrüster, ZMR 2005, 244; OLG Celle v. 30.5.2000 – 4 W 53/00, ZWE 2001, 33; KG v. 17.2.2015 – 1 W 370/14, NotBZ 2015, 386; zur Frage, ob ein neuer Aufteilungsplan erforderlich ist, vgl. OLG Bremen v. 27.11.2001 – 3 W 52/01, ZWE 2002, 184 = NZM 2002, 610 (verneinend). 86 Demharter, GBO, Anh. zu § 3 Rz. 91; dies gilt auch für Vormerkungsberechtigte oder des Berechtigten bei einem Verfügungsverbot nach § 938 ZPO, vgl. KG v. 17.2.2015 – 1 W 370/14, NotBZ 2015, 386; zu den Grenzen dem Verwalter erteilter Vollmachten OLG Frankfurt, v. 3.11.2014 – 20 W 241/ 14, NZM 2015, 457. 87 KG v. 1.3.2004 – 24 W 158/02, MietRB 2004, 236 = FGPrax 2004, 216. 88 Vgl. etwa BGH v. 11.5.2012 – V ZR 189/11, ZWE 2012, 361 (mit dem Hinweis darauf, dass auch eine langjährige unbeanstandete Nutzung einen Anspruch auf Mitwirkung bei der Änderung nicht begründet); OLG Frankfurt v. 31.7.2014 – 20 W 111/14, ZWE 2015, 320. 89 BGH v. 4.12.2014 – V ZB 7713 = ZfIR 2015, 492; zur Frage ob die Umwandlung in einem Gebiet mit Erhaltungssatzung der Genehmigung unterliegt, vgl. § 2 Rz. 14a. 90 OLG München v. 11.11.2016 – 34 Wx 264/16, NZM 2017, 45. 91 Vgl. aber KG v. 1.3.2004 – 24 W 158/02, MietRB 2004, 236 = FGPrax 2004, 216. 92 Soergel Demharter, GBO Anh. zu § 3 Rz. 95.

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II. Begriffe | Rz. 27 § 1

bescheinigung,93 auch wenn die Anforderungen an Teileigentum und Wohnungseigentum sich unterscheiden mögen, mithin Teileigentum auch dort gebildet werden kann, wo Wohnungseigentum nicht gebildet werden könnte (etwa fehlende Küche, vgl. Rz. 20), beschränkt sich die Zwecksetzung der Abgeschlossenheit in der Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum; diese Abgrenzung ist bei der Umwandlung aber problemlos auch ohne Abgeschlossenheitsbescheinigung möglich.

6. Gemeinschaftliches Eigentum a) Grundsatz Nach § 1 Abs. 5 ist gemeinschaftliches Eigentum das Grundstück sowie alle Teile, Anlagen 26 und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen. Eine gesetzliche Definition des Begriffs „Sondereigentum“ fehlt. Der Begriff lässt sich jedoch aus der Gegenüberstellung zum gemeinschaftlichen Eigentum erklären.94 Gegenstand des Sondereigentums sind die durch Vertrag oder Teilungserklärung bestimmten Räume sowie die dazu gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum unzulässig beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird (§ 5 Abs. 1). Damit kann gemeinschaftliches Eigentum als all das aufgefasst werden, was nicht Sondereigentum ist. Dabei besteht eine Vermutung für das Gemeinschaftseigentum.95 Lässt sich also nicht sicher feststellen, ob eine bestimmte Einrichtung oder „Sache“ im Sondereigentum des einzelnen Wohnungseigentümers oder im Gemeinschaftseigentum steht, gilt nach Abs 5 die Vermutung für das Vorliegen von Gemeinschaftseigentum. Zu beachten ist auch § 5 Abs. 2, wonach bestimmte Teile, Anlagen und Einrichtungen des 26a Gebäudes nicht im Sondereigentum stehen können und damit zwingend gemeinschaftliches Eigentum sind. In der Regel handelt es sich dabei um solche Teile, die für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes von besonderer Wichtigkeit sind. b) Gemeinschaftlicher Gebrauch Gemeinschaftliches Eigentum sind zunächst alle Teile, Anlagen und Einrichtungen des Ge- 27 bäudes, die zwingend dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen. Teile eines Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, können nicht Gegenstand des Sondereigentums sein.96 Dies sind etwa Bestandteile des Gebäudes, die für die Sicherheit und Standfestigkeit des Gebäudes erforderlich sind, Treppenaufgänge in Mehrfamilienhäusern, Zufahrtswege usw., aber auch Wohnungseingangstüren97 (vgl. im Einzelnen § 5 Rz. 22 ff.).

93 Str., wie hier etwa Heinemann in NK/BGB, § 1 WEG Rz. 3; a.A. etwa Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 38; Hügel, RNotZ 2005, 149; KG v. 23.4.2013 – 1 W 343/12 = MDR 2013, 837 = MietRB 2013, 210 = ZWE 2013, 322; Rapp, RNotZ 2013, 383; Demharter, GBO Anh. zu § 3 Rn. 91 mit Verweis auf BayOblG Rpfleger 1998, 194; vermittelnd Schäuble in Soergel, § 1 WEG Rz. 30 (erneute Abgeschlossenheitsbescheinigung nur bei Änderung in Wohnungseigentum). 94 Hügel in Bamberger/Roth, § 1 WEG Rz. 7; Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 7 ff. 95 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, BGHZ 109, 179 = MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447. 96 AG Schwäbisch Hall v. 18.7.2008 – 5 GR 33/06, zum Gemeinschaftseigentum an einer freistehenden Garage; vgl auch § 5 Rz. 51, 73, 82 mit weiteren Beispielen Rz. 61 ff. 97 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 212/12, ZfIR 2014, 14 = MDR 2014, 18 = NotBZ 2014, 105 = MietRB 2014, 9.

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§ 1 Rz. 27a | Begriffsbestimmungen 27a Auch wenn Gemeinschaftseigentum in den Räumen des Sondereigentums an- bzw. unter-

gebracht ist, handelt es sich dabei um Gemeinschaftseigentum.98 Räume, die der gemeinschaftlichen Versorgung bzw. dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Bewohner dienen und damit wesentlicher Bestandteil des Gebäudes sind, sind deshalb nicht zwingend gemeinschaftliches Eigentum. Die Sondereigentumsfähigkeit kommt dann in Betracht, wenn die Räumlichkeit nicht ausschließlich demselben Zweck wie die gemeinschaftliche Anlage dient.99 Ob die Räumlichkeit auch anderen Zwecken zu dienen bestimmt ist, richtet sich in erster Linie nach den Nutzungsangaben im Aufteilungsplan.100 Eine sekundäre zweckfremde Nutzung ist damit nicht ausgeschlossen. Maßgebend ist allein, ob die Räumlichkeit nach ihrer Art, Lage und Beschaffenheit, insbesondere auch ihrer Größe, objektiv geeignet ist, noch andere, zumindest annähernd gleichwertige Nutzungszwecke zu erfüllen; untergeordnete oder lediglich periphere Nutzungsmöglichkeiten müssen indes außer Betracht bleiben.101 27b Zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören weiterhin die Sondernutzungsrechte i.S.d. §§ 15

Abs. 1, 10 Abs. 3. Teilweise wird neben Sonder- und Teileigentum einerseits und Gemeinschaftseigentum andererseits (abgesehen vom Verbandsvermögen der Gemeinschaft) noch eine weitere Form des Eigentums in Gestalt eines sogen. Mitsondereigentums für zulässig gehalten.102 Danach soll bestimmtes Sondereigentum mehreren (jedoch nicht allen) Wohnungseigentümern nebeneinander aber als Einzelberechtigung zustehen. Abgesehen von den begrifflich abgeschlossenen Möglichkeiten der besonderen Eigentumsformen des WEG als Ausnahme vom Eigentumsbegriff des BGB,103 fehlt es auch an der praktischen Notwendigkeit einer derartigen Eigentumsform. Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung in ausreichendem Maße Nutzungsbefugnisse für einzelne Wohnungseigentümer begründen.104 27c Eine besondere Form des Eigentums wird aber ganz überwiegend für das sogen. Nachbar-

eigentum anerkannt. Das Nachbareigentum ist zwar im Gesetz ebenfalls nicht vorgesehen, wird aber dann anerkannt, wenn an sondereigentumsfähigen Gegenständen Miteigentum mehrerer Personen besteht. Dies soll etwa bei nicht tragenden (damit nicht zwingend Gemeinschaftseigentum) Trennwänden zwischen zwei Wohnungseigentumseinheiten vorliegen.105 Die Anerkennung eines derartigen Miteigentums käme vor allem dem praktischen Bedürfnis der Wohnungseigentümer entgegen, denn nur so kann etwa eine Trennwand der Gemeinschaft entzogen und der gemeinsamen Nutzung der betroffenen Miteigentümer zugewiesen werden. Der BGH106 lehnt eine solche Form des Eigentums jedoch mit der Begründung ab, dass hierfür jede gesetzliche Grundlage fehle. Auf derartige (im gemeinschaftlichen Eigentum aller Wohnungseigentümer) stehenden Einrichtungen (vor allem Trennwände) finden die §§ 921, 922 Satz 3 BGB entsprechende Anwendung. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob zwischen Miteigentümern von Wohnungs- oder Teileigentum nachbarrechtliche

98 99 100 101 102 103

104 105 106

AG Ahrensburg v. 25.9.2008 – 37 C 11/08, ZMR 2009, 78. BayObLG v. 30.10.2003 – 2Z BR 184/03, DNotZ 2004, 386 f. OLG Schleswig, Beschl. v. 30.10.2002 – 2 W 39/02, ZMR 2004, 68 f. OLG Schleswig v. 6.3.2006 – 2 W 13/06, MittBayNot 2006, 504 (spezifischer Charakter eines Kellerraumes mit zentraler Heizungsanlage geht nicht dadurch verloren, dass er auch sekundär als Abstell- oder Lagerraum genutzt wird). Erstmals Hurst, DNotZ 1986, 131 ff. Vgl. BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, ZfIR 2016, 276 = MDR 2016, 147 = NotBZ 2016, 139 = MietRB 2016, 41 mit Hinweis auf die Möglichkeit eine „lotrecht“ geteilten Sondereigentums und damit gespaltenes Eigentum, wie es im Nachbarrecht, vgl. BGH v. 27.3.2015 – V ZR 216/13, NJW 2015, 2489 = MDR 2015, 700, bekannt ist. Armbrüster in Bärmann, § 3 WEG Rz. 29. Vgl. ausführlich Armbrüster in Bärmann, § 3 WEG Rz. 30. BGH v. 21.10.2011 – V ZR 75/11, MietRB 2012, 13 = MDR 2012, 17 = NJW-RR 2012, 85 (Hebevorrichtung eines Duplexparkers).

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II. Begriffe | Rz. 30 § 1

Ansprüche, etwa nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB bestehen können. Dies hat der BGH bejaht und zwar auch im Verhältnis zwischen den Mietern.107 aa) Das Grundstück Das Grundstück steht (zwingend) im Eigentum der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. 28 Zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören damit auch die Früchte des Grundstücks, also etwa das Obst der Gartenbäume (§ 953 BGB). Ein Wohnungseigentümer kann nicht vom Miteigentum an dem Grundstück ausgeschlossen 28a sein. Grundstück in diesem Sinne ist das Grundstück i.S.d. GBO (§ 3 Abs. 1 GBO), mithin auch die unbebaute Fläche des Grundstücks. Soll auf mehreren Grundstücken (Flurstücken), die im Grundbuch nicht unter einer laufenden Nummer eingetragen sind, eine Wohnungseigentumsanlage errichtet werden, so müssen diese Grundstücke gem. § 890 Abs. 1 BGB vereinigt werden108 oder ein Grundstück dem anderen als Bestandteil zugeschrieben werden (§ 890 Abs. 2 BGB).109 Die Vereinigung setzt nicht zwingend voraus, dass die zu vereinigenden Grundstücke aneinander angrenzen müssen, sie müssen jedoch demselben Eigentümer gehören (§ 5 GBO). Die Verbindung von Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken ist aufgrund ausdrücklicher Anordnung in § 1 Abs. 4 BGB ausgeschlossen.110 Eine katastermäßige Verschmelzung der Grundstücke ist in keinem Falle erforderlich. Die Buchung im gleichen Grundbuchblatt genügt jedoch nicht. bb) Überbau Besondere Probleme stellen sich dann, wenn Wohnungseigentum Gegenstand eines Überbaus 29 ist. Handelt es sich um einen entschuldigten (§ 912 BGB) oder rechtmäßigen Überbau, gilt der Überbau als wesentlicher Bestandteil des Stammgrundstücks (§§ 93 f. BGB). Dem steht auch Abs. 4 nicht entgegen.111 Kein Wohnungseigentum kann hingegen bei unrechtmäßigem Überbau auf dem überbauten Grundstück entstehen,112 sodass eine Realteilung des Gebäudes auf der Grundstückslinie erfolgt. Bei Zweifeln hat das Grundbuchamt nicht etwa einen Nachweis zu verlangen, dass entweder ein Überbau nicht vorliegt oder aber der überbaute Teil wesentlicher Bestandteil des aufzuteilenden Grundstücks ist.113 Nach §§ 93 f. BGB ist der Eigentümer des Grundstücks auch der des darauf errichteten Ge- 30 bäudes. Dies gilt im Hinblick auf Abs. 4 auch für den Überbau bei Wohnungseigentum.114 Der Überbau gilt vielmehr als wesentlicher Bestandteil des Stammgrundstücks, so dass recht-

107 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, MDR 2014, 23 ff. = NJW 2014, 458 mit Anm. Ott = ZfIR 2014, 70; dies gilt aber nicht bei Beeinträchtigungen durch oder von Gemeinschaftseigentum. 108 OLG Saarbrücken v. 29.6.1988 – 5 W 143/88, Rpfleger 1988, 479. 109 Commichau in MünchKomm/BGB, § 1 WEG Rz. 18. 110 Zur Problematik bei Wohnungseigentumsanlagen, die vor Schaffung des § 1 Abs. 4 auf mehreren Grundstücken errichtet wurden, vgl. etwa Rapp in Staudinger, BGB, § 1 WEG Rz. 28. 111 Etwa Heinemann in NK/BGB, § 1 WEG Rz. 6. 112 OLG Hamm v. 28.11.1983 – 15 W 172/83, OLGZ 1984, 54; Wicke in Palandt, BGB, § 1 WEG Rz. 7; zu Besonderheiten bei einem „nachträglichen“ Überbau, vgl. KG v. 19.8.2015 – 1 W 765/15, FGPrax 2016, 3; etwa anderes gilt aber für sogen. „überhängenden Überbau“, wie etwa Balkone, Erker usw., die auf das Nachbargrundstück hinausragen; hier soll auch bei unrechtmäßigen Überbau das Eigentum am Stammgrundstück entstehen, KG v. 23.7.2015 – 1 W 759/15, MDR 2015, 999 = NotBZ 2016, 43 = MietRB 2015, 332. 113 So aber OLG Karlsruhe v. 23.10.2012 – 14 Wx 7/11, ZWE 2014, 23 = BWNotZ 2013, 117 mit abl. Anm. Sandweg; vgl. auch Zimmer, NJW 2014, 337. 114 Wicke, DNotZ 2006, 252.

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§ 1 Rz. 30 | Begriffsbestimmungen lich Wohnungseigentum nur an einem Grundstück begründet wird. Ob das Stammgrundstück von Größe und Wert bedeutend ist, ist dabei nicht maßgebend.115 cc) Veräußerung von realen Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums 31 Eine Verfügung über reale Teile des gemeinschaftlichen Grundstücks kann nur von allen

Wohnungseigentümern insgesamt durch Auflassung vorgenommen werden (§ 10 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 747 Satz 2 BGB). Ein Mehrheitsbeschluss kann die Wohnungseigentümer nicht zu einer Mitwirkung verpflichten, weil es sich nicht um eine Maßnahme der Verwaltung handelt, sondern um ein sachenrechtliches Grundgeschäft.116 Die Eintragung einer Auflassungsvormerkung hat dabei auf allen Wohnungsgrundbüchern gleichzeitig zu erfolgen.117 Sofern auf der abzutrennenden Fläche Sondereigentum besteht, muss dieses zunächst aufgehoben werden.118 Zum Erfordernis der Zustimmung dinglich Berechtigter, vgl. § 5 Rz. 40 ff.; wollen die Wohnungseigentümer in dieser Weise eine Teilfläche veräußern, bedarf es allerdings nicht der Aufhebung und Neubegründung aller Sondereigentumsrechte, sondern nur der Aufhebung derjenigen Sondereigentumsrechte, die auf der zu veräußernden Teilfläche ruhen. Dabei entstehende isolierte Miteigentumsanteile müssen mit einem oder mehreren Miteigentumsanteilen am Restgrundstück verbunden werden.119 Die Veräußerung einer Teilfläche des Grundstücks kann dabei nur durch alle Wohnungseigentümer erfolgen, diese können den Verwalter bevollmächtigen, die Veräußerung vorzunehmen, allerdings nicht durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung, sondern mittels rechtsgeschäftlicher Bevollmächtigung durch die einzelnen Wohnungseigentümer.120

7. Verwaltungsvermögen, sonstiges Vermögen 32 Nicht zum gemeinschaftlichen Eigentum zählt hingegen aufgrund der ausdrücklichen Anord-

nung in § 10 Abs. 7 das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft, also die Gesamtheit der im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums erworbenen Vermögensgegenstände einschließlich der Verbindlichkeiten und Forderungen,121 da ansonsten diese Vorschrift überflüssig wäre. Entsprechendes gilt für sonstiges gemeinschaftliches Vermögen, wie etwa Gartengerätschaften. Das Verwaltungsvermögen „gehört“ nach dieser Vorschrift der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Seine Verwendung sowie Fragen der Sonderrechtsnachfolge, Pfändung usw. sind in § 10 Abs. 7 geregelt (vgl. im Einzelnen § 10 Rz. 159 ff.). Frühere Auffassungen, die dieses Vermögen den §§ 741 ff. BGB oder den Regelungen über gemeinschaftliches Eigentum nach § 1 Abs. 5 WEG unterwerfen wollten,122 sind damit überholt. Das Verwaltungsvermögen ist der Wohnungseigentümergemeinschaft als Rechtssubjekt zugewiesen. Unabhängig vom Erwerb des Sondereigentums hat der einzelne Wohnungseigentümer an dem Verwaltungsvermögen keinen selbständigen Anteil. Der Wohnungseigentümer kann etwaige Rechte und Auseinandersetzungsansprüche an dem Verwaltungsvermögen nicht selbstständig übertragen. Der „Anteil“ des Wohnungseigentümers am Verwaltungsvermögen kann damit auch nicht im Wege der Zwangsvollstreckung gepfändet werden. Zur Pfändung des Verwal115 OLG Stuttgart v. 5.7.2011 – 8 W 229/11, MietRB 2011, 347 = ZWE 2011, 410. 116 BGH v. 12.4.2013 – V ZR 103/12, MDR 2013, 765 = MietRB 2013, 208 = NJW 2013, 1962; Reymann, ZWE 2013, 315. 117 Rapp in Staudinger, BGB, § 1 WEG Rz. 38; dort auch zu abweichenden Auffassungen bei Verfügungen über Straßengrund. 118 LG Düsseldorf MitRhNotK 1980, 77. 119 KG v. 25.10.2011 – 1 W 479/11, ZfIR 2011, 839. 120 OLG München v. 22.1.2010 – 34 Wx 125/09, MietRB 2010, 142 = NJW 2010, 1467. 121 Zur Umlage vgl. BGH v. 15.12.2017 – V ZR 257/16, NJW 2018, 2044 „Verwalterabruf“. 122 Vgl. etwa Commichau in MünchKomm/BGB, § 1 WEG Rz. 35 m.w.N.

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II. Begriffe | Rz. 32 § 1

tungsvermögens bedarf es eines Titels gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft. Zum Verwaltungsvermögen kann insbesondere auch Grundeigentum oder Miteigentum gehören, etwa eine private Anliegerstraße oder ein anderer dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienendes Grundstück.123 Der Erwerb durch die Gemeinschaft ist zunächst mit Zustimmung aller Wohnungs- und Teileigentümer zulässig. Als Verwaltungsmaßnahme ist sie nur dann unzulässig, wenn es sich offenkundig nicht um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung handelt. Damit ist die Gemeinschaft auch grundbuchfähig. Zum Nachweis des ordnungsgemäßen Beschlusses ggü. dem Grundbuchamt durch den, die Gemeinschaft vertretenden Verwalter, bedarf es der Vorlage einer den Anforderungen des § 29 GBO genügenden Beschlusses. Denkbar ist hier zunächst eine Protokollierung durch den Notar (§ 37 BeurkG), aber auch eine Tatsachenbescheinigung des Notars in entsprechender Anwendung des § 130 AktG124 oder die Ermächtigung nach § 26 Abs. 4 genügt, denn der Nachweis der Beschlussfassung wird in beiden Fällen gleichermaßen sicher und in öffentlich beglaubigter Form nachgewiesen. Weitergehende Nachweise zum Vorliegen einer ordnungsgemäßen Verwaltungsmaßnahme darf das Grundbuchamt nicht verlangen, weil das Nichtvorliegen nur ausnahmsweise in Betracht kommt und damit die Verfügungsbefugnis i.d.R. vorliegt. Dies hat auch das Grundbuchamt als Erfahrungssatz zu berücksichtigen. Auch die Kreditaufnahme durch die Eigentümergemeinschaft kommt in Betracht.125

123 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NZM 2016, 387 = MDR 2016, 577 = MietRB 2016, 163; OLG München v. 11.5.2016 – 34 Wx 73/15. 124 Abramenko, ZWE 2010, 193. 125 BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, BGHZ 195, 22 = ZNotP 2012, 468 = NotBZ 2013, 20.

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1. Abschnitt Begründung des Wohnungseigentums

§2 Arten der Begründung Wohnungseigentum wird durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum (§ 3) oder durch Teilung (§ 8) begründet. I. Begründungsmöglichkeiten . . . . . . . . . 1. Zeitpunkt der Begründung von Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begründung des Wohnungseigentums durch vertragliche Einräumung nach § 3 3. Begründung des Wohnungseigentums durch Teilung nach § 8 . . . . . . . . . . . . . . 4. Kombination beider Arten der Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum und umgekehrt II. Dingliche Belastung . . . . . . . . . . . . . . .

1 4a 5 8 11 11a 12

III. Vorkaufsrechte und Genehmigungserfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1. Nach BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2. Nach § 577 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3. Genehmigungserfordernisse . . . . . . . . . 14a a) Nach dem BauGB . . . . . . . . . . . . . . . 14a b) Familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen . . . . . . 14c IV. Begründungsmängel . . . . . . . . . . . . . . . 15 1. Willensmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2. Von der Erklärung abweichende Bauausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Schrifttum: Abramenko, Nochmals zu Aufteilungsplan und abweichender Bauausführung, ZMR 1998, 741; Armbrüster, Abweichungen der Bauausführung von Bauträgervertrag und Aufteilungsplan, ZWE 2005, 182; Armbrüster, Änderungsvorbehalte und – vollmachten zugunsten des aufteilenden Bauträgers, ZMR 2005, 244; Becker/Schneider, Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft und Zustimmung Drittberechtigter, ZfIR 2011, 545; Belz, Die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, FS Merle, 2000, 51; Dötsch, (analoge) Anwendung des § 12 WEG in der werdenden Eigentümergemeinschaft?, ZWE 2011, 385; Dreyer, Mängel bei der Begründung von Wohnungseigentum, DNotZ 2007, 594; Hogenschurz, Zum Anspruch auf plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums, ZWE 2016, 75; Köller, Der Genehmigungsvorbehalt für die Begründung von Wohn- und Teileigentum, ZfBR 2009, 130; Streblow, Änderungen von Teilungserklärungen nach Eintragung der Aufteilung in das Grundbuch, MittRhNotK 1987, 141; Vogel, Probleme bei der Änderung von der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung beim Erwerb vom Bauträger, ZMR 2008, 270.

I. Begründungsmöglichkeiten 1 Die Vorschrift benennt zwei Möglichkeiten der Begründung von Wohnungseigentum, zum

einen durch vertragliche Einräumung nach § 3, zum anderen durch Teilung nach § 8. Die Begründungsurkunde hat dabei in der Regel neben den in § 2 genannten dinglichen Begründungsakten (die „Teilungserklärung“) auch einen schuldrechtlichen Vereinbarungsteil (die „Gemeinschaftsordnung“). 2 Die Vorschrift enthält einen numerus clausus der Begründungsmöglichkeiten. Die Begrün-

dung von Wohnungseigentum kann danach entweder durch Vertrag der Mitglieder einer bestehenden Eigentümergemeinschaft oder aber durch einseitige Erklärung des Eigentümers erfolgen. Ausgeschlossen ist damit insbesondere eine Begründung von Sondereigentum in der Form des Wohnungseigentums durch eine Verfügung von Todes wegen.1 Der Erblasser hat jedoch die Möglichkeit, durch Teilungsanordnung nach § 2048 BGB, Vermächtnis oder Auf-

1 Wicke in Palandt, BGB, § 2 WEG Rz. 1.

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I. Begründungsmöglichkeiten | Rz. 4a § 2

lage nach § 2192 BGB die Erben zur Bestellung von Wohnungseigentum zu verpflichten,2 dies hat jedoch lediglich schuldrechtliche Wirkung3 und macht eine vertragliche Einräumung nach § 3 nicht überflüssig. Ausgeschlossen ist ferner die Begründung von Wohnungseigentum durch richterliche Anordnung, etwa nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG. Die Begründung von Wohnungseigentum sowohl nach § 3 als auch nach § 8 setzt nach dem 3 gesetzlichen Wortlaut nicht voraus, dass das betreffende Gebäude bereits errichtet ist. Ist das Gebäude noch nicht errichtet, ist der Miteigentumsanteil an dem Grundstück mit den Anwartschaften für das künftige Gemeinschafts- und Sondereigentum verbunden.4 Auch eine Vermietung der Wohnungseinheiten, an denen Sondereigentum entstehen soll, steht einer Begründung des Sondereigentums nicht entgegen. Eine Begrenzung der Anzahl der Wohnungseinheiten einer Anlage besteht nicht.5 Bei Vollzug der Teilung im Grundbuch wird das Grundstücksgrundbuch geschlossen und an 4 seine Stelle treten Wohnungseigentumsgrundbücher.

1. Zeitpunkt der Begründung von Wohnungseigentum Maßgeblich für das Entstehen von Wohnungseigentum ist unabhängig von der Art und Weise 4a der Begründung der Zeitpunkt der Eintragung der dinglichen Rechtsänderung in das Grundbuch. Ob das Gebäude zu diesem Zeitpunkt bereits errichtet ist, ist insoweit ohne Bedeutung.6 Ist das Gebäude noch nicht errichtet, fehlt es zwar an einem Gegenstand des Sondereigentums, der Inhaber dieses „substanzlosen“ Sondereigentums ist aber Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft und hat damit etwa das volle Stimmrecht.7 Zweifelhat erscheint, ob es sich bei der bereits im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümergemeinschaft bis zur Errichtung des Gebäudes um Miteigentumsanteile der einzelnen Miteigentümer, verbunden mit einer Anwartschaft auf das Sondereigentum handelt.8 Die Annahme einer Anwartschaft ist deshalb zutreffend, weil das Wohnungseigentum bereits vor Errichtung des Gebäudes übertragen und belastet werden kann.9 Ebenso wie bei der Anwartschaft richtet sich die Veräußerung und Belastung nach den Vorschriften über das Vollrecht. Allerdings unterscheidet sich das hier angenommene Anwartschaftsrecht von anderen Anwartschaftsrechten dadurch, dass das Mitglied der Miteigentümergemeinschaft nicht zwingend einen Anspruch auf Errichtung des Gebäudes haben muss, zumindest ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus dem WEG.10 Ein Anspruch auf Errichtung des Gebäudes kann sich vor allem aus dem Bauträgervertrag (§ 650 u BGB) ergeben.

2 Schäuble in Soergel, BGB, § 2 WEG Rz. 3; Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 1. 3 Weitnauer in Weitnauer, § 2 WEG Rz. 2; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 2 WEG Rz. 3. 4 Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 2 m.w.N.; bei der Berechnung der stimmberechtigten Wohnungsanteile sind noch nicht errichtete Wohnungen jedoch zu berücksichtigen, OLG Hamm v. 10.11.2005 – 15 W 256/2005. 5 Weitnauer in Weitnauer, § 2 WEG Rz. 4. 6 BGH v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 1111; LG München I v. 15.03.2017 – 1 S 10106/16, ZWE 2017, 325. 7 OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, ZMR 2006, 60. 8 BGH v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 1111; zweifelnd Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 38. 9 Wicke in Palandt, BGB, § 2 WEG Rz. 10; Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 2; OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 043/10, MietRB 2010, 331 = ZWE 2010, 459. 10 Röll, NJW 1978, 1507; OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, ZMR 2006, 60.

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§ 2 Rz. 5 | Arten der Begründung

2. Begründung des Wohnungseigentums durch vertragliche Einräumung nach § 3 5 Die Begründung von Wohnungseigentum durch vertragliche Einräumung nach § 3 erfolgt in

der Weise, dass sich mehrere Miteigentümer gegenseitig vertraglich Sondereigentum einräumen, wobei für diesen dinglichen Vertrag die Formvorschrift des § 4 Abs. 2 WEG i.V.m. § 925 BGB gilt. Vorausgesetzt wird damit, dass das Grundstück im Miteigentum mehrerer Personen steht, d.h. bereits formgerecht Miteigentum an dem Grundstück gebildet wurde.11 Liegt Gesamthandseigentum vor, muss dieses zunächst in Bruchteilseigentum umgewandelt werden, und zwar durch Auflassung und Eintragung12 (vgl. § 3 Rz. 6). Das Miteigentum kann jedoch gleichzeitig mit dem Sondereigentum begründet werden, also mit der Einräumung des Sondereigentums zeitlich verbunden werden.13 Eine praktische Bedeutung erlangt die vertragliche Einräumung nach § 3 bei den sog. „Bauherrenmodellen“.14 Bei der vertraglichen Einräumung nach § 3 entsteht eine vollgültige Wohnungseigentümergemeinschaft mit Begründung des Wohnungseigentums durch Grundbucheintragung.15 Eine sog. werdende (faktische) Wohnungseigentümergemeinschaft kommt nach bisher überwiegender Ansicht bei der Begründung von Wohnungseigentum nach § 3 nicht in Betracht;16 zur Problematik der „werdenden Gemeinschaft“ bei Teilung nach § 3 vgl. § 3 Rz. 4. 6 Praktische Relevanz erlangt die vertragliche Einräumung von Wohnungseigentum auch für

den Fall, dass eine Erbengemeinschaft durch Teilung in Natur nach den §§ 2042 Abs. 2, 752 BGB aufgehoben werden soll. So bietet die vertragliche Begründung nach § 3 (nach vorheriger Schaffung von Bruchteilseigentum) den Miterben eine Möglichkeit zur Auseinandersetzung hinsichtlich des Grundvermögens durch Begründung von Wohnungseigentum,17 jedoch nur, sofern dies freiwillig erfolgt.18 Eine Begründung von Wohnungseigentum durch gerichtliches Teilungsurteil im Rahmen der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft ist hingegen unzulässig.19 Nach zum Teil vertretener Ansicht soll dies ausnahmsweise dann möglich sein, wenn nach dem Grundsatz von Treu und Glauben eine Naturalteilung nach dem WEG erforderlich ist.20 Zum Verzicht des Wohnungseigentümers auf das Wohnungseigentum nach § 928 BGB vgl. § 1 Rz. 6. 7 Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung von Sondereigentum durch vertragliche

Einräumung wird auf die Ausführungen zu § 3 verwiesen.

11 12 13 14 15 16 17

18 19 20

Augustin in BGB/RGRK, § 2 WEG Rz. 1. Schäuble in Soergel, BGB, § 3 WEG Rz. 12. Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 1; Schäuble in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 3. Ausführlich dazu: Weitnauer in Weitnauer, Anh. zu § 3 WEG. Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 2 m.w.N.; a.A. etwa Augustin in BGB/RGRK, § 8 WEG Rz. 37. A.A. Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 10; wie hier BayObLG v. 20.4.2000 – 2Z BR 22/00, NJW-RR 2000, 1540 = NZM 2000, 665. Augustin in BGB/RGRK, § 2 WEG Rz. 2. Zur Auseinandersetzung durch Begründung von Wohnungseigentum gemäß einer Teilungsanordnung des Erblassers, wenn unter den Erben Streit über die Ausgestaltung der Gemeinschaftsordnung besteht: BGH v. 17.4.2002 – IV ZR 226/00, MDR 2002, 1012 f. = NJW 2002, 2712. Weitnauer in Weitnauer, § 2 WEG Rz. 1. Wicke in Palandt, BGB, § 2 WEG Rz. 1; Weitnauer in Weitnauer, § 2 WEG Rz. 1; OLG München v. 20.10.1952 – 5 W 1415/52, NJW 1952, 1297. Stürner in Soergel (12. Aufl.), BGB, § 2 WEG Rz. 5.

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I. Begründungsmöglichkeiten | Rz. 9 § 2

3. Begründung des Wohnungseigentums durch Teilung nach § 8 Die Begründung von Wohnungseigentum durch Teilung nach § 8 setzt das Bestehen von Al- 8 leineigentum an dem Grundstück voraus. Die Begründung des Wohnungseigentums erfolgt durch einseitige Teilungserklärung des Eigentümers gegenüber dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO und hat sich in der Praxis zum Regelfall entwickelt. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann im Falle der Teilung nach § 8 jedoch solange nicht zur Entstehung gelangen, wie der teilende Eigentümer alleiniger Eigentümer aller Wohnungseinheiten bleibt, woran auch der Umstand, dass für die Erwerber bereits eine Auflassungsvormerkung eingetragen und eine Besitzübergabe an diese erfolgt ist, nichts ändert.21 Allerdings kommt es in diesen Fällen zur Entstehung einer sog. werdenden (faktischen) Wohnungseigentümergemeinschaft. Dabei besteht ein Bedürfnis für eine vorverlagerte Anwendung der Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes auf das sog. Anlauf- oder Gründungsstadium einer Wohnungseigentümergemeinschaft jedenfalls im Innenverhältnis, d.h. im Verhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und den Erwerbern.22 Vor Entstehen einer Wohnungseigentümergemeinschaft bilden die Erwerber, für die eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen und denen der Besitz an der erworbenen Wohnung übergeben worden ist, damit eine solche „werdende Gemeinschaft“23 (dazu § 8 Rz. 22). Besondere Bedeutung hat die Frage, ob § 10 auch für die werdende Eigentümergemeinschaft 8a Anwendung findet (dazu auch § 10 Rz. 166 ff.). Dies ist mit dem BGH24 zu bejahen. Die werdende Eigentümergemeinschaft entsteht, wenn wenigstens ein auf den Erwerb von Wohnungseigentum gerichteter Vertrag geschlossen ist25 und zusätzlich der Erwerb durch Eintragung einer (nach z.T. vertretener Ansicht auch nur beantragter) Eigentumsverschaffungsvormerkung gesichert ist und zudem der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen ist26 oder zumindest Mitbesitz des Grundstücks besteht. Verhalten sich die Beteiligten bereits vor Entstehen der vorgenannten Anwartschaft entsprechend der Gemeinschaftsordnung kann zudem eine vereinbarte Gemeinschaft vorliegen,27 auf die die Grundsätze der werdenden Gemeinschaft entsprechende Anwendung findet. Die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft kann damit nicht nur die Rechte der Wohnungseigentümergemeinschaft ausüben, ebenso kann die werdende Eigentümergemeinschaft auch für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft nach § 10 Abs. 8 haften.28 Zur Frage der Befugnis zur Zustimmung nach § 12 WEG vgl. dort § 12 Rz. 2.29 Die Begründung von Wohnungseigentum durch eine Erbengemeinschaft im Wege der Tei- 9 lung nach § 8 kann nur dann erfolgen, wenn die Wohnungs- und Teileigentumsrechte, die durch die Aufteilung entstehen, im Eigentum der Erbengemeinschaft verbleiben. Soll hingegen jeder Miterbe ein oder mehrere Wohnungseigentumsrechte zu Allein- oder Miteigentum erhalten, also eine Teilung zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft erfolgen, setzt 21 Rapp in Staudinger, BGB, § 2 WEG Rz. 2. 22 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 f. = MietRB 2008, 270 f. = NJW 2008, 2639; nicht jedoch etwa im Zwangsversteigerungsverfahren, vgl. BGH v. 23.9.2009 – V ZB 19/09, MietRB 2009, 357 = MDR 2009, 1415. 23 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MietRB 2008, 270 = MDR 2008, 1088 f. = NJW 2008, 2639 = MittBayNot 2009, 132 = Rpfleger 2008, 564. 24 BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MietRB 2004, 107 = MDR 2004, 439 = NJW 2004, 1798; BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MietRB 2008, 270 = MDR 2008, 1088 f. = NJW 2008, 2639. 25 Zu diesem Zeitpunkt kommt bereits die Anwendung des § 577 BGB in Betracht, BGH v. 22.11.2013 – V ZR 96/12, MietRB 2014, 67 = MDR 2014, 206 f. = NZM 2014, 133. 26 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MietRB 2008, 270 = MDR 2008, 1088 f. = NJW 2008, 2639. 27 Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 16. 28 Wenzel, NZM 2008, 625. 29 Dazu neuerdings auch Dötsch, ZWE 2011, 385.

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§ 2 Rz. 9 | Arten der Begründung dies neben der Aufteilung in Wohnungseigentum nach § 8 in jedem Fall eine vertragliche Einräumung nach § 3 durch eine Einigung in Form der Auflassung voraus30 (zur Kombination beider Begründungsmöglichkeiten auch nachfolgend Rz. 11). 10 Soll die Teilung nach § 8 durch eine Personengesellschaft erfolgen, hat dies zur Vorausset-

zung, dass die entstehenden Wohnungs- und Teileigentumsrechte der Gesellschaft nach der Aufteilung zum Alleineigentum zustehen.31 Über den Bereich freiwilliger Auseinandersetzung hinaus, kann die Aufhebung einer Miteigentümergemeinschaft dann ausnahmsweise durch Bildung von Wohnungseigentum anstelle der in § 753 BGB vorgesehenen Teilungsversteigerung verlangt werden, wenn sonst einem Miteigentümer eine besondere Härte entstünde.32

4. Kombination beider Arten der Begründung 11 Zulässig ist die Verbindung der Begründungsmöglichkeiten nach § 3 und § 8. Wird zunächst

Wohnungseigentum durch vertragliche Einräumung nach § 3 gebildet und dabei vereinbart, dass ein Miteigentumsanteil mit mehreren Sondereigentumsrechten (z.B. an mehreren in sich abgeschlossenen Wohnungen) verbunden sein soll, so kann dessen Eigentümer diese dann durch einseitige Teilungserklärung nach § 8 in selbständige Wohnungseigentumsrechte teilen und damit neue Wohnungseigentumsrechte schaffen.33

5. Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum und umgekehrt 11a Die Umwandlung des Gemeinschafteigentums in Sondereigentum ist mit den Formerforder-

nissen des § 4 verbunden, da es sich letztlich um die Einräumung von Sondereigentum handelt und das sachenrechtliche Grundverhältnis betroffen ist. Damit bedarf es der Einigung aller Wohnungs- und Teileigentümer in der Form der Auflassung und Grundbucheintragung (§ 1 Rz. 25).34 Ein Verzicht auf die Mitwirkung aller Eigentümer und auch Sonderrechtsnachfolger im Rahmen der Teilungsvereinbarung (vgl. § 3 Rz. 18) ist möglich, auch wenn die damit einhergehende Änderung sachenrechtlicher Art ist. Die dogmatischen Bedenken35 lassen sich durch Annahme einer (widerruflichen) Änderungsvollmacht, die auch vom jeweiligen Erwerber durch Eintritt in die Eigentümergemeinschaft übernommen wird, ausräumen. 11b Eine Umwandlung bzw. Rückführung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum bedarf

ebenfalls der Form nach § 436 (vgl. § 4 Rz. 24). Anders verhält es sich etwa bei einer Umwandlung in ein Sondernutzungsrecht37 oder der Vereinigung zweier einem Eigentümer zustehender Wohnungseigentumseinheiten.38 Unter Umständen besteht die Mitwirkungspflicht aller

30 Commichau in MünchKomm/BGB, § 2 WEG Rz. 9. 31 Commichau in MünchKomm/BGB, § 2 WEG Rz. 10. 32 OLG Frankfurt v. 30.11.2006 – 16 U 34/06, DStR 2007, 868; Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 5 m.w.N. 33 Schäuble in Soergel, BGB, § 3 WEG Rz. 4. 34 Etwa KG v. 17.22015 – 1 W 370/14 = NotBZ 2015, 386. 35 Etwa Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 47. 36 BGH v. 5.10.1998 – II ZR 182/97, BGHZ 139, 352 = MDR 1998, 1471 f.; a.A. BayObLG v. 16.12.1997 – 2Z BR 10/97, DNotZ 1999, 665. 37 BayObLG v. 28.3.2001 – 2Z BR 138/00, BayObLGZ 2001, 73. 38 OLG Hamm v. 10.6.1999 – 15 W 11/99, ZfIR 2000, 52; abw. BayObLG v. 17.7.1996 – 2Z BR 58/96, MittBayNot 1997, 366 bei erforderlichem Mauerdurchbruch.

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III. Vorkaufsrechte und Genehmigungserfordernisse | Rz. 13 § 2

Wohnungseigentümer, wenn mit der Änderung eine Anpassung der rechtlichen Beschreibung im Aufteilungsplan an die tatsächlichen Verhältnisse bezweckt wird.39

II. Dingliche Belastung Die Bildung von Wohnungseigentum wird nicht dadurch behindert, dass das Grundstück 12 dinglich belastet ist bzw. eine gleichartige Belastung aller Miteigentumsanteile vorliegt. Aus dem zunächst einheitlichen Grundpfandrecht entsteht ein wirtschaftlich gleichwertiges Gesamtpfandrecht an den Wohnungseigentumsrechten40 (vgl. im Einzelnen § 3 Rz. 12 f.). Dies gilt auch vor dem Hintergrund des Rangklassenprivilegs nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG der Eigentümergemeinschaft (vgl. § 3 Rz. 12 f.). Bestand bis zur WEG-Novelle weitgehend Einigkeit darüber, dass zur Begründung von Wohnungseigentum eine Gläubigerzustimmung nach §§ 877, 876 BGB nicht erforderlich war und daher auch vom Grundbuchamt keine Zustimmung des Gläubigers verlangt werden durfte,41 wurde diese Auffassung im Hinblick auf den neu gefassten § 10 Abs. 1 ZVG in Frage gestellt. Durch die Rangklassenprivilegierung der Eigentümergemeinschaft nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG wird die Gläubigerzustimmung nunmehr teilweise verlangt.42 Der Gläubiger befinde sich durch die Aufteilung in einer vollstreckungsrechtlich nachteiligen Position, er müsse nämlich im Rahmen der Zwangsversteigerung auch damit rechnen, dass sich sein zu erwartender Versteigerungserlös verringere, weil zu berücksichtigende Forderungen bestehen, die zwischen den Miteigentümern der Wohnungseigentumsgemeinschaft begründet seien. Damit sind seine Rechte unmittelbar durch die Begründung von Wohnungseigentum beeinträchtigt. Diese Auffassung überzeugt nicht. Mit der Rechtsprechung der Obergerichte43 ist davon auszugehen, dass sich die Stellung des eingetragenen Grundpfandrechtsgläubigers durch die Aufteilung in Wohnungseigentum nur tatsächlich und nicht rechtlich verändert. Eine solche rechtliche Änderung wäre aber für die Notwendigkeit der Gläubigerzustimmung erforderlich. Das als Haftungsgrundlage für den Gläubiger zur Verfügung stehende Eigentum erfährt durch die Aufteilung in Wohnungseigentum keine Schmälerung, vielmehr ist die Summe der Teile mit dem Volleigentum identisch. Allein die auf dem Gesetz beruhende Rangklassenänderung, aber nicht die Aufteilung selbst, kann zu einer Beeinträchtigung des eingetragenen Gläubigers führen.44

III. Vorkaufsrechte und Genehmigungserfordernisse 1. Nach BauGB Wie sich aus § 24 Abs. 2 BauGB ergibt, besteht weder bei der Begründung noch bei der Ver- 13 äußerung von Wohnungseigentum ein gemeindliches Vorkaufsrecht.

39 OLG München v. 3.4.2007 – 32 Wx 33/07, MietRB 2007, 175 f. = DNotZ 2007, 946 (Vorflur); KG v. 18.7.2001 – 24 W 7365/00, NZM 2001, 1127; Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 92; zur Mitwirkung der Wohnungseigentümer BGH v. 5.10.1998 – II ZR 182/97, MDR 1998, 1471 f. = NJW 1998, 3711. Zum Erfordernis eines Aufteilungsplans vgl. auch BayObLG v. 9.12.1997 – 2Z BR 157/97, BayObLGZ 1997, 347. 40 Grziwotz in Erman, BGB, § 2 WEG Rz. 5; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 4 WEG Rz. 6. 41 Vgl. nur BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250. 42 Etwa Kessler, ZNotP 2010, 335; OLG Frankfurt v. 10.4.2011 – 20 W 69/11, MietRB 2011, 349 = ZfIR 2011, 573. 43 OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, NJW 2011, 3588; OLG Oldenburg v. 5.1.2011 – 12 W 296/10, ZfIR 2011, 254; ebenso Schneider, ZNotP 2010, 299; Schneider, ZNotP 2010, 387; Heinemann, ZfIR 2011, 255. 44 OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, NJW 2011, 3588.

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§ 2 Rz. 14 | Arten der Begründung

2. Nach § 577 BGB 14 Bei vermieteten Wohnräumen, an denen nach der Gebrauchsüberlassung an den Mieter Woh-

nungseigentum begründet worden ist oder begründet werden soll, steht dem Mieter im Verkaufsfall ein gesetzliches Vorkaufsrecht aus § 577 BGB zu. Ferner bestehen Kündigungsbeschränkungen nach § 577a BGB gegenüber dem Mieter.45

3. Genehmigungserfordernisse a) Nach dem BauGB 14a Die Aufteilung in Wohnungseigentum unterfällt zunächst nicht § 19 BauGB und den nach

Landesrecht erforderlichen Teilungsgenehmigungen. Allerdings bedarf in Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktion die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum der Genehmigung der Bauaufsichtsbehörde, wenn dies durch Satzung angeordnet ist (§ 22 Abs. 1 und 5 BauGB). Zweck des Genehmigungsverfahrens ist die Vermeidung unerwünschter Zweitwohnungen.46 Die Genehmigung darf daher auch nur dann versagt werden, wenn durch die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum tatsächlich die Zweckbestimmung des Gebiets für den Fremdenverkehr beeinträchtigt wird. Zu beachten ist für diese Gebiete jedoch die grundbuchrechtliche Sperrwirkung; das Grundbuchamt darf die Aufteilung erst im Grundbuch vollziehen, wenn ihr eine Genehmigung oder ein Negativzeugnis vorgelegt wird;47 das Vorliegen einer das Genehmigungserfordernis begründenden Satzung hat das Grundbuchamt jedoch von Amts wegen zu prüfen. 14b Die Gemeinden dürfen weiter durch Erhaltungssatzung die Begründung von Wohnungs- und

Teileigentum von einer Genehmigung abhängig machen (§ 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2), soweit dies durch Rechtsverordnung zugelassen wurde.48 Ob die Genehmigung auch für Fälle späterer Änderungen nach bereits vollzogener Teilung erforderlich ist, ist nicht ganz eindeutig. Nicht erfasst werden Änderungen der Teilungserklärung, die kein neues Sondereigentum schaffen, sondern entweder bestehendes ändern, etwa in der Zusammensetzung des Wohnungseigentums durch Neuzuordnung von Räumen im Sondereigentum oder durch Verkleinerung oder Vergrößerung von Miteigentumsanteilen.49 Ob als Änderung die Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum und umgekehrt dem Genehmigungsvorbehalt unterliegt, wird unterschiedlich beurteilt. Dies ist im Hinblick auf den Schutzzweck der Erhaltungssatzung zu bejahen. Ob das Grundbuchamt stets berechtigt ist, eine Genehmigung oder ein Negativattest zu verlangen ohne selbst der Frage nachgehen zu müssen, ob auch das betreffende Grundstück im Geltungsbereich einer entsprechenden Erhaltungssatzung liegt, ist streitig. Die Frage ist zu verneinen, vielmehr hat das Grundbuchamt zunächst zu prüfen, ob für das betreffende Grundstück eine Erhaltungssatzung besteht, wie es auch sonst das Bestehen bestimmter Rechtsnormen festzustellen hat. Dazu gehört auch das Bestehen einer Erhaltungssatzung als Bestandteil der Rechtsordnung. Der Nachweis des50 Bestehens von allgemein bekannt gemachten Vorschriften kann vom teilenden Eigentümer nicht verlangt werden.

45 46 47 48 49

Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 6. BVerwG v. 27.9.1995 – 4c 12/94, MittBayNot 1996, 237. Grziwotz, DNotZ 2004, 674. Derzeit Hamburg, vgl. Köller, ZfBR 2009, 130; Bayern, Berlin. Demharter, GBO, Anhang zu § 3 Rz. 87; OLG München v. 26.8.2015 – 34 Wx 188/15, FGPrax 2015, 255. 50 Wie hier KG v. 8.12.2015 – 1 W 680/15, Grundeigentum 2016, 124; a.A. etwa Demharter, GBO Anh. zu § 3 Rz. 49.

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IV. Begründungsmängel | Rz. 16a § 2

§ 878 BGB ist entsprechend anwendbar; nach Eingang des Vollzugsantrags bei dem Grundbuchamt eingetretene Verfügungsbeschränkungen sind deshalb unbeachtlich.51 b) Familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen Die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum nach § 3 stellt stets eine Inhaltsänderung 14c des Eigentums dar und bedarf daher bei der Beteiligung Minderjähriger oder der Vertretung durch einen Betreuer der familien- oder betreuungsgerichtlichen Genehmigung.52

IV. Begründungsmängel Die Begründung von Wohnungseigentum kann unter Mängeln leiden. Diese können zunächst 15 in einer fehlerhaften Willensbildung liegen oder aber in einer fehlerhaften, von der rechtsgeschäftlichen Erklärung abweichenden Bauausführung.

1. Willensmängel Die Begründung von Wohnungseigentum, sei es durch einander korrespondierende Willens- 16 erklärungen im Rahmen der vertraglichen Einräumung nach § 3 oder durch einseitige, gegenüber dem Grundbuchamt abzugebende empfangsbedürftige Willenserklärung des Alleineigentümers nach § 8, unterliegt den Bestimmungen über Willenserklärungen nach den §§ 104 ff. BGB, insbesondere den Regelungen über Willensmängel. Liegen Mängel unmittelbar bei der Begründung des Wohnungseigentums nach § 3 oder § 8 vor, haben diese die Nichtigkeit der vertraglichen Vereinbarung bzw. der Teilungserklärung zur Folge.53 Dazu zählen etwa die Zuordnung von nicht sondereigentumsfähigen Räumen an einen Miteigentumsanteil54 (§ 5 Rz. 9 ff., 28), die Unbestimmtheit eines Miteigentumsanteils (§ 7 Rz. 18) oder auch die vom Aufteilungsplan abweichende Bauausführung.55 Dies gilt insbesondere für die Fälle der mangelnden Geschäftsfähigkeit, der Nichteinhaltung 16a der erforderlichen Form (z.B. nach §§ 4 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 925 BGB)56 und im Fall der Anfechtung der abgegebenen Willenserklärungen, die insoweit eine Erklärung gegenüber allen Wohnungseigentümern erfordert.57 Eine Heilung der Mängel, die unmittelbar beim Begründungsakt auftreten, tritt jedoch insgesamt dann ein, wenn ein Erwerber gutgläubig Wohnungseigentum erwirbt, denn dieses kann nicht nur an einer Wohnung entstehen. Diese Folge ergibt sich aus Gründen des Verkehrsschutzes; insoweit kann auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die für die sogen. fehlerhafte Gesellschaft entwickelt worden sind.58 Auch vor Erwerb einer Wohnung durch einen gutgläubigen Erwerber kann auf die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft dort zurückgegriffen werden, wo Verwaltungsvermögen und

51 BGH v. 12.10.2016 – V ZB 198/15, ZfIR 2017, 113 (für Teilung nach § 8 WEG); dazu SchmidtRäntsch, ZNotP 2017, 354. 52 Str., wie hier Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 6; Stöber in Schöner, Rz. 2580; a.A. Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 33; etwas anderes soll bei der Teilung nach § 8 gelten; KG v. 6.1.2015 – 1 W 369/14, MDR 2015, 269 = MietRB 2015, 112 = NotBZ 2015, 148. 53 Heinemann in NK/BGB, § 2 WEG Rz. 7. 54 Zur Zuordnung von Räumen, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 f. = MietRB 2005, 8 f. = ZMR 2005, 59. 55 Vgl. Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 59 ff. 56 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, BGHZ 109, 179 = MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447. 57 OLG Hamburg v. 4.3.2003 – 2 Wx 75/00, ZMR 2003, 525. 58 Vgl. Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 56.

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§ 2 Rz. 16a | Arten der Begründung damit Verbandsvermögen (§ 10 Abs. 7) gebildet worden ist. Eine Auflösung dieser faktischen Wohnungseigentümergemeinschaft kann daher grds. nur „ex nunc“ erfolgen.

2. Von der Erklärung abweichende Bauausführung 17 Nicht selten liegen Mängel bei der Begründung von Wohnungseigentum dann vor, wenn die

tatsächliche Bauausführung von den Vereinbarungen oder Erklärungen in dem Aufteilungsplan abweicht. Die möglichen Abweichungen können vielgestaltig sein, sodass stets im Einzelfall zu prüfen ist, wie schwerwiegend die Abweichung ist und welche rechtlichen Folgen die Abweichung nach sich zieht. Liegt eine Abweichung nur innerhalb des Sondereigentums vor, etwa durch vom Plan abweichende Raumaufteilung, entsteht das Sondereigentum entsprechend dem Aufteilungsplan.59 18 Die Errichtung weiterer Räume, die im Plan nicht vorgesehen sind, führt ohne weiteres zur

Begründung von gemeinschaftlichem Eigentum der Wohnungseigentümer.60 Problematisch ist das Unterbleiben der Errichtung von Räumen. Hier entsteht, soweit es sich nach dem Plan um Sondereigentum handeln soll, sogen. isoliertes Miteigentum, das nicht etwa den weiteren Miteigentümern nach § 738 BGB anwachsen könnte, da es an einer gesamthänderischen Bindung fehlt.61 Dieses unerwünschte Miteigentum ist durch Änderung des Gründungsakts in der Weise zu beseitigen, dass das Sondereigentum an diesem Miteigentumsanteil aufgehoben, der Anteil in gemeinschaftliches Eigentum umgewandelt und der Miteigentumsanteil einem bestehenden Wohnungseigentum zugewiesen wird, wobei dingliche Rechte an dem isolierten Miteigentumsanteil erlöschen.62 Zu dieser Änderung des Gründungsakts bedarf es allerdings der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer und der dinglich Berechtigten an allen Wohnungseigentumsrechten.63 19 Erfolgt die vom Plan abweichende Bauausführung, lässt sich die Abgrenzung von gemein-

schaftlichem und Sondereigentum aber noch erkennen, entsteht das Sondereigentum entsprechend der tatsächlichen Bauausführung. Es sollte allerdings das Grundbuch berichtigt werden, worauf der einzelne Wohnungseigentümer gegenüber den anderen Miteigentümern einen Anspruch auf Mitwirkung hat. 20 Lässt der Vergleich von Plan und tatsächlicher Bauausführung nicht sicher die Abgrenzung

des gemeinschaftlichen Eigentums vom Sondereigentum oder von verschiedenen Sondereigentumseinheiten erkennen, entsteht zunächst gemeinschaftliches Eigentum. Aus § 242 BGB und dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer können diese verpflichtet sein, ihre dinglichen Vereinbarungen der veränderten Lage anzupassen und eine angemessene Lösung zu finden. Danach können sie verpflichtet sein, den Teilungsvertrag und den Aufteilungsplan so abzuändern, dass er der tatsächlichen Bebauung entspricht.64 Die Eigentümer haben hier auf Begründung eines der Bauausführung entsprechenden Sondereigentums durch Änderung des Gründungsakts hinzuwirken. Hierauf hat der einzelne Miteigentümer einen Anspruch, der sich aus seinem Anwartschaftsrecht auf Begründung von Sondereigentum ergibt; der Anspruch ist nicht an den Nachbarn, sondern an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu stellen. Bis zur Änderung der Teilungserklärung liegen insoweit „isolierte Miteigen-

59 Wicke in Palandt, BGB, § 2 WEG Rz. 5. 60 OLG München v. 5.10.2006 – 32 Wx 121/06, ZMR 2007, 69. 61 OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 043/10, ZWE 2010, 459; BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447; str. vgl. Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 63 m.w.N. 62 OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 043/10, ZWE 2010, 459. 63 OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 043/10, ZWE 2010, 459. 64 OLG München v. 27.6.2005 – 34 Wx 038/05, OLGR München 2005, 607.

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Vertragliche Einräumung von Sondereigentum | § 3

tumsanteile“ vor.65 Wurde in Abweichung vom Plan, die Abgrenzung zweier Sondereigentumseinheiten vorgenommen, entsteht jedoch Sondereigentum nach Maßgabe des Planes (sogen. „Luftschranken“).66 Der Anspruch auf Anpassung der Teilungserklärung ggü. den weiteren Miteigentümern, kann sich aus § 242 BGB ergeben (ggf. Zug- um Zug gegen eine Ausgleichszahlung).67

§3 Vertragliche Einräumung von Sondereigentum (1) Das Miteigentum (§ 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuches) an einem Grundstück kann durch Vertrag der Miteigentümer in der Weise beschränkt werden, dass jedem der Miteigentümer abweichend von § 93 des Bürgerlichen Gesetzbuches das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude eingeräumt wird. (2) Sondereigentum soll nur eingeräumt werden, wenn die Wohnungen oder sonstigen Räume in sich abgeschlossen sind. Garagenstellplätze gelten als abgeschlossene Räume, wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind. (3) weggefallen I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abweichung von § 93 BGB . . . . . . . . . . 2. Praktische Bedeutung der Teilung nach §3 ............................... II. Teilungsvereinbarung (Abs. 1) . . . . . . . 1. Miteigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufteilung durch Gesellschaften oder Gesamthandsgemeinschaften . . b) Quoten und Anteile . . . . . . . . . . . . . . c) Miteigentumsanteil ohne dazugehöriges Sondereigentum . . . . . . . . . . . . 2. Zustimmung Dritter zur Aufteilung . . . a) Grundpfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . b) Dienstbarkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorkaufsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 3 4 5 6 7 10 11 12 14 15

3. Form der Erklärung nach § 3 WEG . . . 16 4. Änderung bestehender Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung . 17 5. Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum und umgekehrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 6. Fehlerhafte Teilungsvereinbarung – fehlerhafte Bauausführung . . . . . . . . . . 20b III. Abgeschlossenheit (Abs. 2) . . . . . . . . . 21 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3. Garagen, Stellplätze, Terrassen und Ähnliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 IV. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Schrifttum: Basty, Vollmachten zur Änderung der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung, NotBZ 1999, 233; Böttcher, Entwicklungen beim Erbbaurecht und Wohnungseigentum seit 2007, Rpfleger 2009, 550; Böttcher, Entwicklungen beim Erbbaurecht und Wohnungseigentum 2015, ZNotP 206, 42; Gottwald/Schiffner, Die Befreiungsvorschrift des § 7 GrEStG unter besonderer Berücksichtigung der Begründung und Aufhebung von Wohnungseigentum, MittBayNot 2006, 125, Heinemann, Nachbareigentum im Wohnungseigentumsrecht, ZMR 2016, 680; Herrmann, Zum Vollzug der Veräußerung oder des Zuerwerbs von in Wohnungs- oder Teileigentum aufgeteilten Teilflächen, DNotZ 1991, 607; Hügel, Das un65 Vgl. BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = NJW 2004, 1798; OLG Zweibrücken v. 8.3.2006 – 3 W 246/05, MietRB 2006, 172 = NZM 2006, 586; abw. OLG Dresden v. 5.6.2008 – 3 W 231/08, ZMR 2008, 812. 66 Vgl. BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, MDR 2008, 1266 = MietRB 2008, 333 = NJW 2008, 2982. 67 Vgl. BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = NJW 2004, 1798.

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Vertragliche Einräumung von Sondereigentum | § 3

tumsanteile“ vor.65 Wurde in Abweichung vom Plan, die Abgrenzung zweier Sondereigentumseinheiten vorgenommen, entsteht jedoch Sondereigentum nach Maßgabe des Planes (sogen. „Luftschranken“).66 Der Anspruch auf Anpassung der Teilungserklärung ggü. den weiteren Miteigentümern, kann sich aus § 242 BGB ergeben (ggf. Zug- um Zug gegen eine Ausgleichszahlung).67

§3 Vertragliche Einräumung von Sondereigentum (1) Das Miteigentum (§ 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuches) an einem Grundstück kann durch Vertrag der Miteigentümer in der Weise beschränkt werden, dass jedem der Miteigentümer abweichend von § 93 des Bürgerlichen Gesetzbuches das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude eingeräumt wird. (2) Sondereigentum soll nur eingeräumt werden, wenn die Wohnungen oder sonstigen Räume in sich abgeschlossen sind. Garagenstellplätze gelten als abgeschlossene Räume, wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind. (3) weggefallen I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abweichung von § 93 BGB . . . . . . . . . . 2. Praktische Bedeutung der Teilung nach §3 ............................... II. Teilungsvereinbarung (Abs. 1) . . . . . . . 1. Miteigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufteilung durch Gesellschaften oder Gesamthandsgemeinschaften . . b) Quoten und Anteile . . . . . . . . . . . . . . c) Miteigentumsanteil ohne dazugehöriges Sondereigentum . . . . . . . . . . . . 2. Zustimmung Dritter zur Aufteilung . . . a) Grundpfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . b) Dienstbarkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorkaufsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 3 4 5 6 7 10 11 12 14 15

3. Form der Erklärung nach § 3 WEG . . . 16 4. Änderung bestehender Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung . 17 5. Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum und umgekehrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 6. Fehlerhafte Teilungsvereinbarung – fehlerhafte Bauausführung . . . . . . . . . . 20b III. Abgeschlossenheit (Abs. 2) . . . . . . . . . 21 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3. Garagen, Stellplätze, Terrassen und Ähnliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 IV. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Schrifttum: Basty, Vollmachten zur Änderung der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung, NotBZ 1999, 233; Böttcher, Entwicklungen beim Erbbaurecht und Wohnungseigentum seit 2007, Rpfleger 2009, 550; Böttcher, Entwicklungen beim Erbbaurecht und Wohnungseigentum 2015, ZNotP 206, 42; Gottwald/Schiffner, Die Befreiungsvorschrift des § 7 GrEStG unter besonderer Berücksichtigung der Begründung und Aufhebung von Wohnungseigentum, MittBayNot 2006, 125, Heinemann, Nachbareigentum im Wohnungseigentumsrecht, ZMR 2016, 680; Herrmann, Zum Vollzug der Veräußerung oder des Zuerwerbs von in Wohnungs- oder Teileigentum aufgeteilten Teilflächen, DNotZ 1991, 607; Hügel, Das un65 Vgl. BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = NJW 2004, 1798; OLG Zweibrücken v. 8.3.2006 – 3 W 246/05, MietRB 2006, 172 = NZM 2006, 586; abw. OLG Dresden v. 5.6.2008 – 3 W 231/08, ZMR 2008, 812. 66 Vgl. BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, MDR 2008, 1266 = MietRB 2008, 333 = NJW 2008, 2982. 67 Vgl. BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = NJW 2004, 1798.

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§ 3 Rz. 1 | Vertragliche Einräumung von Sondereigentum vollendete oder substanzlose Sondereigentum, ZMR 2004, 549; A. Schäfer, Von der Abstellkammer zum Fahrstuhl, Rpfleger 2001, 67; F. Schmidt, Balkone als Sondereigentum, MittBay 2001, 442; J. Schmidt, Die sukzessive Begründung von Wohnungseigentum bei Mehrhausanlagen, ZWE 2005, 58; von Proff, Kein Vermieterwechsel bei Aufteilung vermieteter Immobilien in Wohnungs- oder Teileigentum nach § 3 WEG, ZNotP 2009, 345; Oppermann, Grundstücksübergreifende Tiefgaragen bei Mehrhausanlagen – Zugleich zur Frage der Abgeschlossenheit von Stellplätzen in „offenen“ Tiefgaragen, DNotZ 2015, 662; Ott, die Sondereigentumsfähigkeit von Terrassen, BWNotZ 2015, 130; Schüller, Änderungen von Gemeinschaftsordnungen und Teilungserklärungen, RNotZ 2011, 203, Thoma, Rechtsprobleme bei der Aufteilung von Grundbesitz in Wohnungseigentum, RNotZ 2008, 121; Zimmer, Das Legalitätsprinzip im Grundbuchverfahren, NJW 2014, 336.

I. Allgemeines 1 Die Vorschrift gehört neben § 8 zu den zentralen Vorschriften über die Begründung von

Wohnungseigentum. Während § 8 die Begründung durch den (Allein-)Eigentümer regelt, enthält § 3 die Voraussetzungen für die Begründung durch (mehrere) Bruchteilsmiteigentümer. Der Vertrag über die Begründung des Wohnungseigentums nach § 3 entfaltet dabei denselben verbindlichen Charakter wie die Teilung nach § 8.1

1. Abweichung von § 93 BGB 2 Die Vorschrift regelt für das Wohnungseigentum die Ausnahme vom Grundsatz des § 93

BGB. Nach § 93 BGB können Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass die eine oder andere zerstört oder in seinem Wesen verändert werden, nicht Gegenstand besonderer Rechte sein. Demgegenüber gestattet § 3 Abs. 1, abweichend von § 93 BGB, dass Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eingeräumt werden kann. Der Grundsatz des § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach das Gebäude wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist und daher als Ganzes nicht Gegenstand anderer als am Grundstück bestehender Rechte sein kann, wird jedoch durch § 3 WEG nicht beseitigt. Durch die Aufteilung werden die Miteigentumsanteile an dem Grundstück mit dem Sondereigentum an den abgeschlossenen Sondereigentumseinheiten verbunden. Wohnungseigentum ist aber echtes Eigentum i.S.d. § 903 BGB,2 es kann mithin veräußert, belastet werden und ist vererblich.

2. Praktische Bedeutung der Teilung nach § 3 3 Die praktische Bedeutung der vertraglichen Aufteilung nach § 3 ist im Verhältnis zur Auftei-

lung nach § 8 eher gering. Die Aufteilung nach § 3 bietet sich etwa dann an, wenn bereits mit Gebäuden bebaute Grundstücke aufgeteilt werden sollen. Im Gegensatz zu § 8, wo der Eigentümer eine einseitige Erklärung zur Aufteilung vornimmt, setzt § 3 eine Vereinbarung der Miteigentümer voraus. Dies hat insbesondere höhere Notarkosten nach KV 21200 zur Folge3 (vgl. Rz. 25).

1 OLG Celle v. 21.4.2008 – 4 W 216/07, MietRB 2009, 105 = ZMR 2009, 214. 2 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 = MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237); BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, BGHZ 177, 338 = MDR 2008, 1266 f. = MietRB 2008, 333. 3 Im Einzelnen etwa Schäuble in Soergel § 3 WEG Rz. 35; Kersten in Zimmer/Kersten/Krause, Rz. 585 ff.

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II. Teilungsvereinbarung (Abs. 1) | Rz. 4b § 3

II. Teilungsvereinbarung (Abs. 1) Die Teilungsvereinbarung hat dafür zu sorgen, dass Klarheit darüber besteht, wie Gemein- 4 schafts- und Sondereigentum voneinander abgegrenzt sind. Weiter besteht die Aufgabe der Teilungsvereinbarung darin, die Höhe und Anzahl der Miteigentumsrechte zu bestimmen. Sobald die Aufteilung durch mehrere (genauer die Gesamtheit aller) Miteigentümer i.S.d. 4a §§ 1008 ff. BGB vorliegt, handelt es sich um eine Teilungsvereinbarung i.S.d. § 3. Steht das aufzuteilende Grundstück im Eigentum einer Personengesellschaft, einer GbR oder einer Gesamthandsgemeinschaft, fehlt es am Miteigentum i.S.d. § 3, die Aufteilung hat hier nach § 8 zu erfolgen.4 Möglich ist jedoch die in derselben Urkunde vorgenommene Auseinandersetzung der Gesellschaft oder Gemeinschaft und Umwandlung (durch Auflassung nach § 925 BGB) in Bruchteilseigentum (Rz. 6).5 Ob die Aufteilung entsprechend den bisherigen Miteigentumsanteilen erfolgt oder aber von den bis dahin bestehenden Miteigentumsanteilen abweicht, ist dabei unerheblich6 (vgl. Rz. 7 ff.). Die Teilungsvereinbarung nach § 3 ändert durch die Einräumung von Wohnungseigentum das dingliche Recht des Miteigentümers und ist daher ein dinglicher und nicht etwa ein schuldrechtlicher7 Vertrag, insbesondere auch kein Gesellschaftsvertrag, der im Übrigen von der regelmäßig gleichzeitig vereinbarten Gemeinschaftsordnung, die schuldrechtlichen Charakter besitzt, zu unterscheiden ist, insbesondere kann insoweit § 10 Abs. 2 keine Anwendung finden. Gegenstand des Teilungsvertrages ist eine Einigung nach §§ 873 Abs. 1, 925 BGB, die sich als Inhaltsänderung des Bruchteilseigentums erklären lässt. Der Teilungsvertrag bedarf der Mitwirkung und Zustimmung aller Miteigentümer; insbesondere sind die Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft (z.B. § 745 BGB) nicht entsprechend anwendbar. Damit ist auch die Aufteilung durch eine Mehrheit der Miteigentümer ausgeschlossen.8 Eine Verfügung i.S.d. § 23 ZVG liegt in der Aufteilung jedoch nicht, so dass die Aufteilung auch nach Beschlagnahme9 des Grundstücks möglich bleibt.10 Der sich aus der Vereinbarung zur Teilung ergebende Anspruch auf Einräumung von Sondereigentum kann durch Vormerkung (§ 883 BGB) gesichert werden, sobald das zu errichtende Gebäude und die zu übertragenden Räume bestimmt oder bestimmbar sind.11 Auch führt die Aufteilung nach § 3 nicht zu einem Wechsel des Vermieters nach § 566 BGB.12 4b Im Zeitraum zwischen vertraglicher Begründung13 des Wohnungseigentums und der Eintragung des Erwerbers des Wohnungseigentums in das Grundbuch kann eine sogen. „werdende Wohnungseigentümergemeinschaft“ bestehen (vgl. im Einzelnen § 8 Rz. 22). Der BGH14 nimmt an, bereits im Gründungsstadium der Wohnungseigentümergemeinschaft seien die zukünftigen Wohnungseigentümer verpflichtet die Kosten und Lasten des künftigen gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen. Als werdender Wohnungseigentümer ist jedoch nur anzuse-

4 Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 4. 5 Vgl. Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 4, Schäuble in Soergel, § 3 WEG Rz. 3; die eine „Zwischeneintragung“ der Bruchteilseigentümer in das Grundbuch für überflüssig halten. Die Auflassung wäre jedoch in jedem Fall im Grundbuch in der Veränderungsspalte zu dokumentieren, wenn auf eine Zwischeneintragung verzichtet wird. 6 Commichau in MünchKomm/BGB, § 3 WEG Rz. 4. 7 BGH v. 10.2.1983 – V ZB 18/82, MDR 1983, 568 = NJW 1983, 1672. 8 LG Aachen v. 22.12.2009 – 12 O 101/09, ZMR 2011, 819. 9 Dazu Zimmer in NK/BGB, § 1121 BGB Rz. 2. 10 Heinemann in NK/BGB, § 13 WEG Rz. 1; Stöber, § 23 ZVG Rz. 2. 11 BayObLG v. 13.2.1992 – 2Z BR 3/92, DNotZ 1992, 426. 12 Im Einzelnen von Proff, ZNotP 2009, 345. 13 Ausnahmsweise auch dann, wenn eine Verpflichtung zur Begründung nach § 8 WEG vereinbart ist; BGH – 22.11.2013 – V ZR 96/12, MDR 2014, 206 f. = MietRB 2014, 67 f. 14 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 = MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270; BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 = MDR 2012, 958 = NotBZ 2012, 449 = MietRB 2012, 236.

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§ 3 Rz. 4b | Vertragliche Einräumung von Sondereigentum hen, wer (neben einem durch Vormerkung gesicherten Eigentumserwerbsanspruch) den Besitz an der erworbenen Wohnung durch Übergabe erlangt hat.15 Die Mitglieder der werdenden Eigentümergemeinschaft haben damit die gleichen Rechte und Pflichten, als wären sie bereits als Wohnungseigentümer eingetragen. Der BGH hat ein Bedürfnis für die Vorverlagerung der Rechte und Pflichten dieser „werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“ allerdings damit begründet, dass bei der Teilung nach § 8 WEG, bei der es naturgemäß zunächst noch keine Eigentümergemeinschaft geben kann und bis zur Eintragung des Wohnungsgrundbuchs in das Grundbuch mitunter Jahre vergehen können. Diese Überlegungen mögen auf das nach § 8 begründete Wohnungseigentum zutreffen, für das nach § 3 begründete Wohnungseigentum fehlt es aber bereits an einer Regelungslücke. Anders als bei der Begründung nach § 8 WEG ist hier bereits vor der Teilungsvereinbarung eine Gemeinschaft vorhanden, auf die die §§ 741, 1008 ff., BGB und ggf. vertragliche Vereinbarungen Anwendung finden. Es besteht daher kein Grund, etwa für die Lastenverteilung bereits vor Eintragung die Teilungsvereinbarung heranzuziehen. Im Übrigen haben es anders als bei der Teilung nach § 8 WEG und anschließender Veräußerung die teilenden Eigentümer in der Hand die Wirkungen der Teilung schuldrechtlich auf einen früheren Zeitpunkt zu vereinbaren, es handelt sich dann um eine Miteigentümervereinbarung. Die Grundsätze der werdenden Eigentümergemeinschaft sind also auf die nach § 3 gebildete Wohnungseigentümergemeinschaft nicht anwendbar.16

1. Miteigentum 5 Unter Miteigentum i.S.d. § 3 ist allein das Bruchteilseigentum am Grundstück (§§ 1008 ff.

BGB) zu verstehen. a) Aufteilung durch Gesellschaften oder Gesamthandsgemeinschaften 6 Kein Miteigentum in diesem Sinne ist zunächst das Alleineigentum, auch nicht das einer Per-

sonengesellschaft, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts am Grundstück17 oder das Alleineigentum einer Erbengemeinschaft. Sofern eine Gesamthandsgemeinschaft oder eine Personengesellschaft eine Aufteilung vornehmen will, bestehen zwei Möglichkeiten. Zunächst kann die Aufteilung nach § 8 vorgenommen werden (vgl. § 8 Rz. 4). Im Unterschied zur Begründung nach § 3 stehen dann alle neu gebildeten Wohnungseigentumsrechte den Beteiligten in dem gleichen Verhältnis zu, in dem sie bisher Eigentümer des Grundstücks waren. Möglich ist aber auch die Umwandlung in Bruchteilseigentum und Aufteilung nach § 3 durch die Bruchteilsmiteigentümer.18 Die Bildung des Miteigentums muss aber im Zeitpunkt der Vereinbarung nach § 3 noch nicht im Grundbuch vollzogen sein, es genügt die Auflassung in der Teilungserklärung. Spätestens im Zeitpunkt der Anlegung der Wohnungsgrundbücher muss das Bruchteilseigentum jedoch vorhanden sein.19 Wurde etwa die Bildung von Wohnungseigentum durch testamentarische Teilungsanordnung (§ 2042 BGB) bestimmt, hat die Erbengemeinschaft zunächst Miteigentum und im Anschluss daran das Wohnungseigentum zu bilden.20 Möglich ist auch eine Teilung durch die Erbengemeinschaft nach § 8 (mit späterer Auseinandersetzung).

15 BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, ZNotP 2016, 17 Rz. 12 ff. 16 Str., wie hier etwa BayObLG v. 23.1.1992 – AR 2 Z 110/91, NJW-RR 1992, 597; Schäuble in Soergel, § 1 WEG Rz. 16; a.A. etwa Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 20. 17 Commichau in MünchKomm/BGB, § 3 WEG Rz. 6. 18 BGH v. 17.4.2002 – IV ZR 226/00, MDR 2002, 1012 = NJW 2002, 2712. 19 Hügel in Würzburger Notarhandbuch, S. 1003. 20 BGH v. 17.4.2002 – IV ZR 226/00, MDR 2002, 1012 = NJW 2002, 2712.

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II. Teilungsvereinbarung (Abs. 1) | Rz. 10 § 3

b) Quoten und Anteile § 3 geht zunächst davon aus, dass das Wohnungseigentum den bereits bestehenden (oder ge- 7 bildeten) Miteigentumsanteilen zugeordnet wird. Soll jedoch das Wohnungseigentum veränderten Miteigentumsanteilen zugeordnet werden, etwa die Zahl der Miteigentumsanteile verändert werden, z.B. Bildung von zwei Sondereigentumseinheiten (mit zwei Miteigentumsanteilen) bei vorherigem Miteigentum von je 1/4, sind zunächst die Miteigentumsanteile auf die Zahl der geplanten Sondereigentumseinheiten zurückzuführen. Dies setzt eine Vereinbarung der Miteigentümer voraus, ein Vollzug im (zu schließenden) Grundbuch ist jedoch nicht erforderlich.21 In den anzulegenden Wohnungsgrundbüchern werden die zusammengefassten Miteigentumsanteile eingetragen. Sofern die Miteigentumsanteile sich gegenüber den zuvor bestehenden Quoten ändern sol- 8 len, bedarf es einer vorherigen Auflassung, die aber nicht vor der Anlegung der Wohnungsgrundbücher vollzogen werden muss (vgl. Rz. 6), die Bruchteilsmiteigentümer können die Quoten mithin beliebig bestimmen.22 Für das Verhältnis des Miteigentumsanteils untereinander oder das Verhältnis der Größe der 9 Nutzfläche des Sondereigentums zum damit verbundenen Miteigentum gibt es keine zwingenden gesetzlichen Vorgaben, sodass auch hier grundsätzlich beliebige Vereinbarungen der Miteigentümer zulässig sind. Allerdings erscheint es ratsam, im Hinblick auf die anderen Aufteilungsschlüssel, etwa die Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2, das Stimmenverhältnis in der Eigentümerversammlung (sofern es sich abweichend vom Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile richtet) und die Erlösquote bei Aufhebung der Gemeinschaft (§§ 752, 753 BGB), die Größe des Miteigentumsanteils an dem Verhältnis der Nutzfläche des Wohnungseigentums zur Gesamtnutzfläche aller Wohnungs- und Teileigentumseinheiten auszurichten. Bei grob unbilliger Aufteilung kann dem Wohnungseigentümer ausnahmsweise ein Anspruch aus § 242 BGB auf Anpassung der Miteigentumsanteile zustehen, wenn das Festhalten an den gewählten Anteilen grob unbillig wäre.23 Dagegen scheidet eine Anwendung von § 10 Abs. 2 Satz 3 aus, weil diese Vorschrift allein für schuldrechtliche Vereinbarungen gilt, hier aber eine dingliche Vereinbarung der Zuweisung der Anteile und des Sondereigentums zugrunde liegt (§ 10 Rz. 37 ff.).24 c) Miteigentumsanteil ohne dazugehöriges Sondereigentum Die vertragliche Vereinbarung eines isolierten Miteigentumsanteils am Grundstück ohne da- 10 zugehöriges Sondereigentum ist nicht möglich, ebenso wenig ein isoliertes Sondereigentum ohne Miteigentumsanteil.25 Ein solcher isolierter Miteigentumsanteil kann aber ausnahmsweise kraft Gesetzes entstehen. Dies ist etwa dann möglich, wenn die Begründung von Sondereigentum an den gewählten Gebäudeteilen aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist,26 oder aber das Sondereigentum wegen Widerspruchs zwischen wörtlicher Beschreibung und Aufteilungsplan nicht ermittelt werden kann.27 In einem solchen Fall findet keine Anwachsung nach § 738 BGB statt, die Miteigentümer sind vielmehr verpflichtet, die Teilungserklärung in

21 BGH v. 10.2.1983 – V ZB 18/82, MDR 1983, 568 = NJW 1983, 1672. 22 BGH v. 18.6.1976 – V ZR 156/75, MR 1977, 41 f. = NJW 1976, 1976; ausf. DNotI-Report 2002, 81. 23 BGH v. 27.6.1985 – VII ZB 21/84, BGHZ 95, 137 = MDR 1986, 138; Heinemann in NK/BGB, § 3 WEG Rz. 4 m.w.N., der zu Recht davon ausgeht, dass zunächst eine Änderung des Verteilungsschlüssels vorzunehmen wäre. 24 Heinemann in NK/BGB, § 3 WEG Rz. 4. 25 OLG München v. 3.4.2007 – 32 Wx 33/07, MietRB 2007, 175 = ZfIR 2008, 115; OLG Karlsruhe v. 16.12.2013 – 14 Wx 47/13. 26 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447. 27 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2851.

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§ 3 Rz. 10 | Vertragliche Einräumung von Sondereigentum der Weise zu ändern, dass die isolierten Miteigentumsanteile beseitigt werden (dazu auch § 10 Rz. 37 ff.; § 11 Rz. 9).28 Die Beseitigung des Miteigentumsanteils hat in der Weise zu erfolgen, dass er – im Zweifel zu gleichen Anteilen – durch Vereinigung oder Zuschreibung (§ 890 BGB) auf die anderen Miteigentumsanteile übertragen wird. Kann Sondereigentum infolge der „Vertauschung“ des Aufteilungsplans nicht entstehen, so hat jeder Miteigentümer einen Anspruch gegenüber den weiteren Miteigentümern auf Mitwirkung bei der Begründung von Sondereigentum an seiner Wohnung.29

2. Zustimmung Dritter zur Aufteilung 11 Die Zustimmung dinglicher Berechtigter am aufzuteilenden Grundstück ist für die Bildung

von Wohnungseigentum grundsätzlich nicht erforderlich, sofern die dinglichen Rechte am gesamten Grundstück lasten.30 Die Belastungen sind mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher in alle Wohnungsgrundbücher zu übertragen.31 Etwas anderes gilt dann, wenn die Belastung nur auf einem Miteigentumsanteil lastet (vgl. etwa § 1114 BGB). a) Grundpfandrechte 12 Grundpfandrechte (§§ 1113 ff. BGB), die vor Vollzug der Teilung auf dem Grundstück (ins-

gesamt) lasten, setzen sich nach Vollzug der Teilung im Grundbuch (Anlegung der Wohnungsgrundbücher) als Gesamtrechte (vgl. § 1132 BGB)32 an allen entstehenden Sondereigentumseinheiten fort. Die Zustimmung des Grundpfandgläubigers ist ebenso wenig erforderlich, wie die Vorlage des Grundschuldbriefes (vgl. § 41 Abs. 2 GBO). Dies gilt auch im Hinblick auf das Rangklassenprivileg des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG (im Einzelnen § 2 Rz. 12). 13 Ist das Grundstück vor Vollzug der Aufteilung nicht vollständig mit einem Grundpfandrecht

belastet, sondern nur ein ideeller Miteigentumsanteil (§ 1114 BGB), während der andere Miteigentumsanteil nicht oder nicht in gleicher Weise belastet ist,33 bedarf es jedoch der Zustimmung des Gläubigers, da sich der Belastungsgegenstand ändert.34 Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Einschränkung der Möglichkeit des Gläubigers, die Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG zu betreiben35 oder zumindest den Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft (§ 751 Satz 2 BGB) geltend zu machen, auch dann wenn der Miteigentumsanteil sich bei Aufteilung nicht ändert. b) Dienstbarkeiten 14 Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für Dienstbarkeiten (§ 1 Rz. 14 ff.), die auf dem

Grundstück vor Vollzug der Teilungserklärung begründet sind.36 Ist jedoch ein dingliches Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) für eine bestimmte Wohnung eingeräumt und wird diese Wohnung durch Teilungserklärung zu Sondereigentum, so setzt sich das Wohnungsrecht nur an

28 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2851, im Zweifel ist der isolierte Miteigentumsanteil durch Vereinigung oder Zuschreibung auf die anderen Anteile zu übertragen. 29 OLG München v. 14.7.2008 – 34 Wx 37/08, ZMR 2008, 905. 30 Nunmehr einhellige Meinung, vgl. nur Commichau in MünchKomm/BGB, § 3 WEG Rz. 7. 31 Rapp in Staudinger, BGB, § 3 WEG Rz. 23. 32 Zu den Folgen der Entstehung als Gesamtrecht vgl. Zimmer in NK/BGB, § 1132 BGB Rz. 9 ff. 33 Vgl. etwa Zimmer in NK/BGB, § 1114 BGB Rz. 3 f. 34 Weitnauer in Weitnauer, § 3 WEG Rz. 75, Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 4 WEG Rz. 6. 35 Vgl. dazu Zimmer in NK/BGB, § 1114 BGB Rz. 10 ff. 36 Zum Schicksal von Dienstbarkeiten bei Aufhebung des Wohnungseigentums vgl. OLG München v. 20.2.2017 – 34 Wx 433/16, FGPrax 2017, 114; zu der Eintragng von Baulasten DNotI-Report 2018, 11.

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II. Teilungsvereinbarung (Abs. 1) | Rz. 18 § 3

diesem Sondereigentum fort, mit der Folge, dass eine Übertragung in die weiteren, nicht vom Wohnungsrecht umfassten Wohnungsgrundbücher nicht erfolgt (vgl. § 46 Abs. 2 GBO).37 c) Vorkaufsrechte Ein am gesamten Grundstück vor Anlegung der Wohnungsgrundbücher bestehendes ding- 15 liches Vorkaufsrecht setzt sich ebenfalls an den begründeten Wohnungs- und Teileigentumsrechten fort.38

3. Form der Erklärung nach § 3 WEG Die rechtsgeschäftliche Form der Teilungserklärung bestimmt sich nach § 4 Abs. 3 WEG (vgl. 16 im Einzelnen § 4 Rz. 28 ff.). Da es sich im Gegensatz zur Aufteilung nach § 8 WEG bei der Verpflichtung zur Einräumung von Sondereigentum um eine vertragliche Vereinbarung zwischen mehreren Grundstückseigentümern handelt, ist die Form des § 311b Abs. 1 BGB zu beachten. Sollen die entstehenden Sondereigentumseinheiten in das Alleineigentum einzelner Miteigentümer überführt werden, ist auch die Form des § 925 BGB zu beachten, da sich damit auch die Eigentumsverhältnisse am Grundstück ändern.39 Für die Gemeinschaftsordnung selbst ist eine besondere Form nicht vorgesehen. Sie wird jedoch in der Regel in der gleichen Urkunde wie die Aufteilung erklärt und wird im Grundbuch (durch Bezugnahme) eingetragen, damit sie Wirkung auch gegen den Rechtsnachfolger der aufteilenden Miteigentümer entfaltet.40 Eine Verbindung von Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung ist aber nicht zwingend.41 Im Übrigen hat das Grundbuchamt bei der Prüfung der Teilungserklärung keine Befugnis zu einer Kontrolle der Beachtung der §§ 305c ff. BGB. Eine AGB-Kontrolle würde gegen den Bewilligungsgrundsatz verstoßen und kann auch nicht mit dem sogen. Legalitätsprinzip gerechtfertigt werden.42

4. Änderung bestehender Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung Nicht selten besteht das Bedürfnis, die vereinbarte Teilungserklärung zu ändern. Dieser Ände- 17 rungsbedarf kann sich zunächst daraus ergeben, dass die Teilungserklärung von vornherein nicht vollziehbar ist, oder aber, dass sich im Laufe der Zeit die Notwendigkeit der Änderung aufgrund geänderter äußerer Umstände ergibt. Musterbeispiel ist hier die „Umwidmung“ des Kinderspielplatzes in zusätzliche Stellplätze aufgrund geänderter Sozial- und Altersstruktur der Bewohner. Auch der nachträgliche An-, Aus- und Umbau erfordert mitunter die Änderung der Teilungserklärung, etwa der Ausbau eines Spitzbodens, der im Gemeinschaftseigentum steht, durch einen Wohnungseigentümer. Bereits bei Begründung des Wohnungseigentums vereinbarte Änderungsvorbehalte, die es 18 dem Bauträger (vgl. § 8 Rz. 23 f.) oder bei § 3 WEG einem Vertragsschließenden ermöglichen, 37 OLG Hamm v. 8.5.2000 – 15 W 103/00, DNotZ 2001, 216 mit Anm. v. Oefele. 38 Zur Ausübung des Vorkaufsrechtes bei Verkauf einer Eigentumswohnung in diesen Fällen, vgl. Rapp in Staudinger, BGB, § 3 WEG Rz. 26 m.w.N.; zum Vorkaufsrecht nach § 577 BGB bei beabsichtigter Aufteilung durch den Erwerber vgl BGH v. 22.11.2013 – V ZR 96/12, MDR 2014, 206 = MietRB 2014, 67 = WuM 2014, 98. 39 Commichau in MünchKomm/BGB, § 3 WEG Rz. 17. 40 Vgl. KG v. 17.1.2001 – 24 W 2065/00, ZWE 2001, 275 = WuM 2001, 352. 41 BGH v. 17.4.2002 – IV ZR 226/00, MDR 2002, 1012 = NJW 2002, 2712. 42 Sehr str., vgl. Zimmer, NJW 2014, 337 ff.

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§ 3 Rz. 18 | Vertragliche Einräumung von Sondereigentum Änderungen der Teilungserklärung (und der Gemeinschaftsordnung) vorzunehmen, sind zulässig43 und sinnvoll, derartige Vollmachten müssen aber zumindest im Anwendungsbereich der MaBV und bei Verbraucherverträgen44 begrenzt und möglichst konkret sein. Um eine AGB-Widrigkeit der Klausel zu vermeiden, sollte keine Beeinträchtigung des Sondereigentums, der Sondernutzungsrechte und des Miteigentums des Erwerbers gestattet sein. Auch sollte die Vollmacht befristet sein. Sind derartige Vollmachten zu weit gefasst, kommt im Einzelfall ein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB in Betracht, wonach Veränderungen der zugesagten Leistung nur zulässig sind, wenn sie dem anderen Vertragsteil unter Berücksichtigung der Interessen des aufteilenden Eigentümers zumutbar sind.45 Davon zu unterscheiden ist jedoch eine sogen. „verdinglichte Ermächtigung“ des teilenden Eigentümers etwa in der Gemeinschaftsordnung, in der der Bauträger es sich vorbehält, selbst für vorhandene Wohnungseigentümer nachträglich das dingliche Grundverhältnis zu ändern. Eine derartige Vereinbarung ist keine Vereinbarung i.S.d. § 10 Abs. 2 WEG und daher unzulässig.46 18a Die Eigentümer können die Teilungsvereinbarung durch Vertrag ändern. Soweit es um die

Umwandlung von gemeinschaftlichem Eigentum in Sondereigentum oder um die Umwidmung von Wohn- und Teileigentum in Gemeinschaftseigentum geht, ist nicht allein das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander (vgl. § 4 Abs. 4, § 10 Abs. 2 S. 2) betroffen, sondern das Grundverhältnis der Mitglieder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und die sachenrechtliche Zuordnung der Flächen, Gebäudeteile und Räume.47 Es bedarf daher nicht nur der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer, sondern zudem der Eintragung der Änderung in das Grundbuch und der Zustimmung dinglich Berechtigter (§§ 876, 877 BGB).48 Allerdings ist die Zustimmung dinglich Berechtigter dort nicht erforderlich, wo der Gläubiger in seiner dinglichen Rechtstellung nicht betroffen ist.49 Eine Änderung der Teilungsvereinbarung durch Beschluss der Wohnungseigentümer ist nicht möglich und daher nichtig, weil eine solche Beschlusskompetenz nicht, auch nicht durch Öffnungsklausel, vereinbart werden kann.50

5. Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum und umgekehrt 19 Die nachträgliche Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum bedarf der

Form des § 925 BGB und der Eintragung in das Grundbuch (vgl. § 4 Rz. 5). Zur Umwandlung von Teil- in Sondereigentum und umgekehrt (vgl. § 1 Rz. 25). 20 Die nachträgliche Aufspaltung eines Miteigentumsanteils in zwei oder mehrere Anteile bedarf

der einseitigen Erklärung des Wohnungseigentümers und ggf. der Zustimmung im Grundbuch eingetragener dinglicher Berechtigter (§§ 876, 877 BGB). Allerdings bedarf die Unterteilung nicht der Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer; dies gilt – vorbehaltlich einer

43 BGH v. 8.11.1985 – V ZR 113/84, NJW 1986, 845; OLG München v. 5.7.2013 – 34 Wx 155/13, MDR 2013, 1025 = MietRB 2013, 270 (Ermächtigung zum Speicherausbau) = ZWE 2013, 355, der Vorbehalt des Vorliegens einer Baugenehmigung ist keine Einschränkung der Ermächtigung. 44 Vgl. BGH v. 23.6.2005 – VII ZR 200/04, MR 2005, 1284 f. = DNotZ 2006, 174; ausführlich Basty, Bauträgervertrag, Rz. 200 ff. 45 OLG München, Beschl. v. 17.2.2009 – 34 Wx 09/08, RNotZ 2009, 329. 46 BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 = NJW 2003, 2165. 47 Vgl. BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 f. = NJW 2007, 2165 ff. 48 BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 f. = NJW 2007, 2165 ff. zu etwa erforderlichen Zustimmungen dinglich Berechtigter, vgl. § 2 Rz. 12. 49 OLG Jena v. 27.7.2011 – 9 W 264/11, NotBZ 2011, 405. 50 Vgl. etwa Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 50; Armbrüster in Bärmann § 2 Rz. 84.

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II. Teilungsvereinbarung (Abs. 1) | Rz. 20d § 3

Vereinbarung gemäß § 12 WEG – auch für die nachfolgende Veräußerung der neu geschaffenen Einheiten.51 Etwas anders gilt, wenn zugleich die Zweckbestimmung geändert wird.52 Mitunter kann es erforderlich sein, Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum umzuwan- 20a deln. Dies ist etwa dann nötig, wenn ein nach der Teilungserklärung vorgesehenes (zu errichtendes) Gebäude endgültig nicht mehr errichtet wird. Eine Umwandlung in einen isolierten Miteigentumsanteil ist hier jedoch ausgeschlossen.53 Vielmehr bedarf es hier der Bestandteilszuschreibung.

6. Fehlerhafte Teilungsvereinbarung – fehlerhafte Bauausführung Wie jeder Vertrag kann die Teilungsvereinbarung unter Mängeln leiden. Derartige Mängel 20b können die Teilungsvereinbarung insgesamt umfassen, oder aber nur einzelne oder mehrere Sondereigentumseinheiten. Bei Widersprüchen zwischen Teilungsvereinbarung und Plänen ist jedoch die Teilungsvereinbarung und nicht die Angabe auf den Plänen maßgeblich.54 Ist der Teilungsvertrag insgesamt fehlerhaft, können die Vorschriften über die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften (§§ 105 ff. BGB) nicht uneingeschränkt angewandt werden; es bedarf vielmehr einer für die Besonderheiten des Wohnungseigentumsrechts angemessenen Beseitigung der Gründungsmängel (vgl. § 2 Rz. 15). Mängel des Teilungsvertrages, die sich nur auf einzelne Sondereigentumseinheiten beschränken, lassen die Wirksamkeit der Aufteilung insgesamt jedoch unberührt.55 Dies trifft insbesondere auch für den Fall der fehlerhaften Unterteilung zu, bei dem nur einzelne Sondereigentumseinheiten nicht wirksam entstanden sind. Hier haben die Wohnungseigentümer ein Interesse daran, dass die Folgen der fehlerhaften Begründung nicht auch auf die weiteren Wohnungseigentumseinheiten übergreifen. Liegt ein Gründungsmangel vor, kann dieser Fehler auch ohne die Beseitigung durch erneute 20c Vereinbarung mittels gutgläubigen Erwerb durch den Rechtsnachfolger des Gründungsmitglieds entfallen.56 In diesem Zusammenhang kann der Erwerber auch durch gutgläubigen Erwerbs (§ 892 BGB) Räume erwerben, die fehlerhaft dem von ihm erworbenen Miteigentumsanteilen zugeordnet sind.57 Weicht die tatsächliche Bauausführung vom Aufteilungsplan ab, ist für die Abgrenzung des 20d Sondereigentums nicht die tatsächliche Bauausführung, sondern der Aufteilungsplan maßgeblich. Dieser soll sicherstellen, dass dem Bestimmtheitsgrundsatz des Sachen- und Grundbuchrechts Rechnung getragen wird, indem er die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe des Sondereigentums und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich macht. Die tatsächliche Bauausführung und der Besitzstand haben bei der Auslegung der Eintragung außer Betracht zu bleiben. Dies gilt auch für geringfügige Abweichungen.58 Bei derartigen Abweichungen der Bauausführung haben die Wohnungseigentümer – abgesehen von geringfügigen Abweichungen – Anspruch auf Herstellung des der Teilungser-

51 BGH v. 27.4.2012 – V ZR 211/11, NJW 2012, 2434 = MDR 2012, 959 = MietRB 2012, 197. 52 BGH v. 4.12.2013 – V ZB 7/13, ZfIR 2015, 492 = NotBZ 2015, 308 = MDR 2015, 640 = MietRB 2015, 173. 53 OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 43/10, MietRB 2010, 331 = NZM 2010, 749. 54 BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, ZNotP 2016, 17. 55 BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107; Elzer in Riecke/Schmid, § 2 WEG Rz. 37. 56 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, BGHZ 109, 179 = MDR 1990, 325; Elzer in Riecke/Schmid, § 1 WEG Rz. 37. 57 OLG Saarbrücken v. 9.6.2011 – 4 U 153/10, ZWE 2011, 411. 58 BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/16, NJW 2016, 473 (der Erwerber oder Eigentümer hat dann Anspruch auf Herstellung eines plangerechten Sondereigentums); Brückner, ZNotP 2017, 364.

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§ 3 Rz. 20d | Vertragliche Einräumung von Sondereigentum klärung entsprechenden Zustands.59 Dieser Anspruch richtet sich an die Eigentümergemeinschaft.

III. Abgeschlossenheit (Abs. 2) 1. Allgemeines 21 Die Einräumung von Sondereigentum setzt die Abgeschlossenheit der mit dem Sondereigen-

tum zu verbindenden Raumeinheiten voraus. Das Grundbuchamt hat hinsichtlich vorgelegter Abgeschlossenheitsbescheinigungen eine eigene Prüfungskompetenz.60 Ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, dass eine Abgeschlossenheit tatsächlich nicht vorliegt, darf das Grundbuchamt den Antrag auf Anlegung von Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern ablehnen. Allerdings berechtigen bloße Zweifel nicht zur Zurückweisung des Antrags oder zum Erlass einer Zwischenverfügung. 22 Mit dem Begriff „in sich abgeschlossen“ (Abgeschlossenheit) sollen Streitigkeiten vermieden

werden, wie sie unter der Geltung des früheren Stockwerkseigentums als Folge unklarer rechtlicher Verhältnisse entstanden waren. Das Erfordernis der Abgeschlossenheit ist dabei keine begriffliche Voraussetzung für die Entstehung von Wohnungs- und Teileigentum, sondern eine aus praktischen Erwägungen geschaffene Sollvorschrift. Durch sie soll gewährleistet werden, dass jeder Sondereigentumsbereich von demjenigen der anderen Wohnungseigentümer und vom Gemeinschaftseigentum eindeutig abgegrenzt ist.61 Eine nähere Erläuterung findet die Abgeschlossenheit in der zu § 7 Abs. 4 Nr. 2 ergangenen Verwaltungsvorschrift v. 19.3.1974.62 Nach Ziff. 5 der vorgenannten Verwaltungsvorschrift liegt die Abgeschlossenheit dann vor, wenn eine Raumeinheit baulich vollkommen von anderen Wohnungen abgeschlossen ist und einen eigenen, abschließbaren Zugang vom Freien, über ein Treppenhaus oder über einen Vorraum besitzt.63 Es handelt sich jedoch hierbei zunächst nur um eine Auslegungshilfe. Die Abgeschlossenheit bei Wohnungseigentum entspricht gleichsam der katastermäßigen Grenze bei Grundstücken. Zur Streitfrage, ob es zur Entstehung von Sondereigentum notwendig ist, dass dieses gegen das Gemeinschaftseigentum oder anderes Sondereigentum räumlich abgeschlossen ist, wird einerseits vertreten, dass Sondereigentum nicht an durch sog. bloße Luftschranken begrenzten Teilräumen entstehen kann.64 Nach überwiegender Meinung reicht es zur Entstehung von Sondereigentum jedoch aus, dass dieses gegen sonstiges Sondereigentum und gegen das Gemeinschaftseigentum eindeutig abgrenzbar ist.65 Danach kann Sondereigentum auch an unterschiedlichen Teilen eines Raumes bestehen66 (vgl. § 1 Rz. 27a). Das Erfordernis der Abgeschlossenheit bedeutet nach § 3 Abs. 2 Satz 1 ebenso wenig eine notwen-

59 BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, ZNotP 2016, 17. 60 OLG Düsseldorf v. 15.9.1997 – 3 Wx 313/97, FGPrax 1998, 12 = ZMR 1997, 662. 61 BayObLG v. 20.6.1990 – BReg.2 Z 37/90, BayObLGZ 1990, 168 = MDR 1990, 1017 = WuM 1990, 400; BGH v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, BGHZ 110, 36 = MDR 1990, 325 = DNotZ 1990, 259. 62 BAnz Nr. 58 v. 23.3.1974. 63 Vgl. Commichau in MünchKomm/BGB, § 3 WEG Rz. 65; freier Zugang als Voraussetzung der Abgeschlossenheit vgl. LG Bamberg v. 6.4.2006 – 3 T 137/05, MittBayNot 2006, 418, im vorliegenden Fall war der Zugang nur über das Nachbargrundstück möglich; zur Sicherung des Erfordernisses der Abgeschlossenheit durch eine Grunddienstbarkeit vgl. Armbrüster in Bärmann, § 3 WEG Rz. 66 mit Beispielen. 64 Lutter, AcP 1964, 122 (148). 65 OLG Zweibrücken v. 8.3.2006 – 3 W 246/05, FGPrax 2006, 103 f.; Armbrüster, ZWE 2005, 182 (188, 190). 66 BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, MDR 2008, 1266 = MietRB 2008, 333 = NJW 2008, 2982, 2983 (sog. Luftschranken).

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III. Abgeschlossenheit (Abs. 2) | Rz. 24 § 3

dige Voraussetzung für das Entstehen von Sondereigentum wie die zum Vollzug der Teilung im Grundbuch notwendige Bescheinigung der Abgeschlossenheit des Sondereigentums durch die Baubehörde.67 Die von Anfang an fehlende Abgeschlossenheit oder aber der spätere Wegfall der Abgeschlossenheit hindern weder das Entstehen des Wohnungseigentums, noch fällt das Wohnungseigentum nachträglich weg.68 Bei sogen. gefangenen Räumen, bei denen ein Zugang zum Sondereigentum nicht möglich ist, kann in entsprechender Anwendung des § 917 BGB ein Notwegerecht bestehen.69

2. Räume Die Abgeschlossenheit der Wohnung bzw. des Teileigentums erfordert mithin einen eigenen 23 verschließbaren Zugang vom Gemeinschaftseigentum oder aber vom Nachbargrundstück.70 Die Abgeschlossenheit zum Nachbargrundstück kann jedoch nicht gefordert werden.71 Eine Abgeschlossenheit liegt aber auch dann vor, wenn ein Durchgangsrecht für Dritte besteht, etwa die Befugnis, die Dachluke zum Spitzboden zu nutzen, um Wartungsarbeiten durchzuführen. Auch die Benutzung der Wohnung als Fluchtweg steht der Abgeschlossenheit nicht entgegen.72 Allerdings kann ein Stellplatz oder ein Verbindungsflur nicht Gegenstand von Sondereigentum sein, wenn es sich um den einzigen Zugang zu den zentralen Versorgungseinrichtungen des Gebäudes handelt.73 Errichtet ein Wohnungseigentümer Räumlichkeiten, die zu Wohnzwecken genutzt werden können, so führt dies ohne anderweitige Vereinbarung nicht dazu, dass er an diesen Räumen Sondereigentum erwirbt.74

3. Garagen, Stellplätze, Terrassen und Ähnliches In sich abgeschlossene Garagen können ohne weiteres als Teileigentum ausgestaltet werden. 24 Abs. 2 Satz 2 erlaubt es aber auch, dort Teileigentum zu begründen, wo Garagenstellplätze die Anforderungen an die Abgeschlossenheit nicht erfüllen.75 Voraussetzung für die Fiktion als abgeschlossen ist jedoch, dass die Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind. Ausreichend für eine derartige Markierung kann auch ein Farbanstrich sein,76 da auch hier eine „dauerhafte Markierung“ dem Wortsinne nach vorliegt. Ein „einfacher Farbanstrich“ soll demgegenüber keine ausreichende Markierung darstellen.77 Auch ein Schild oder ein Schriftzug auf dem Boden sind nicht geeignet, eine dauerhafte Markierung herbeizuführen. Ausreichend sind jedoch Markierungssteine, Markierungsnägel, fest in den Boden eingelassene Begrenzungsschwellen und ähnliche Vorrichtungen.

67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77

BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, MDR 2008, 1266 = MietRB 2008, 333 = NJW 2008, 2982. Vgl. nur Wicke in Palandt, BGB, § 3 WEG Rz. 7; Schäuble in Soergel § 3 WEG Rz. 28. OLG München v. 2.6.2008 – 32 Wx 044/08, MietRB 2009, 108. LG Bielefeld v. 8.5.2000 – 25 T 237/00, Rpfleger 2000, 387; Commichau in MünchKomm/BGB, § 3 WEG Rz. 65; Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 96. Heinemann in NK/BGB, § 3 WEG Rz. 6. Heinemann in NK/BGB, § 3 WEG Rz. 6. BGH v. 5.7.1991 – V ZR 222/90, MDR 1992, 50 = NJW 1990, 2109. OLG Celle v. 28.5.2008 – 4 W 33/08, ZWE 2009, 128, im vorliegenden Fall ging es gleichfalls darum, dass es nicht darauf ankomme, vom wem die Anbauten finanziert wurden. Allgemein zu Fragen des Stellplatzes bei Begründung von Wohnungseigentum: Heitmann, ZNotP 1998, 415. Str., wie hier Grziwotz in Erman, BGB, § 3 WEG Rz. 6; Heinemann in NK/BGB, § 3 WEG Rz. 8; Schäuble in Soergel § 3 WEG Rz. 34; a.A. etwa Armbrüster in Bärmann, § 3 WEG Rz. 88 ff. Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 74.

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§ 3 Rz. 24a | Vertragliche Einräumung von Sondereigentum 24a Unzulässig ist die Begründung von Sondereigentum an Stellplätzen außerhalb von „Räumen“

etwa auf Grundstücksfreiflächen, weil es sich hierbei zwingend um Gemeinschaftseigentum handelt.78 Entsprechendes gilt für ebenerdige Terrassen,79 Carports oder seitenoffene Stellplätze.80 Das bedeutet aber nicht zwangsläufig den Ausschluss der Sonderrechtsfähigkeit nicht überdachter Gebäudeflächen. § 3 Abs. 2 Satz 2 setzt nicht voraus, dass die markierten Stellplätze (oder Dachterrassen u.Ä.) auch innerhalb umschlossener Räume liegen müssen, damit sie sondereigentumsfähig sind. So ist etwa die Sondereigentumsfähigkeit markierter Stellplätze auf einem Dach zu bejahen,81 ebenso der Wohnung vorgelagerter Balkone.82 Dachterrassen und umschlossene Innenhöfe83 können damit auch insofern sondereigentumsfähig sein, wenn sie nur über die (abgeschlossene) Wohnung zu erreichen sind und damit aus diesem Grunde ihrerseits die Abgeschlossenheit mit dieser Wohnung teilen.84 An einer Doppelstockgarage („Duplexparker“) kann Sondereigentum begründet werden, jedoch nur an der Doppelstockgarage im Ganzen,85 sodass die Eigentümer insoweit eine Regelung nach § 1010 BGB treffen können. Ob darüber hinaus auch der einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstockgarage sondereigentumsfähig ist, ist umstritten.86 Die Sondereigentumsfähigkeit wird teilweise mit dem Hinweis verneint, es fehle an einer klaren Trennung von Raum und Decke, sodass der einzelne Stellplatz kein sondereigentumsfähiger Raum sei.87 Eine räumliche „Umgrenztheit“ und mithin auch ein sondereigentumsfähiger Raum ist hier jedoch zu verneinen, da eine Abgrenzung wegen fehlender „Umgrenztheit“ nach oben nicht möglich ist, was zur Verneinung der Sondereigentumsfähigkeit führt.88 Wollte man die Sondereigentumsfähigkeit bejahen, müsste man das Vorhandensein von zwei Sondereigentumseinheiten an demselben Raum bejahen, bewegen sich mehrere „Duplexparker“ doch durch die mechanische Vorrichtung in demselben „Raum“. Die Hebevorrichtung selbst – soweit sie mehreren „Duplexparkern“ dient – ist jedoch zwingend Gemeinschaftseigentum, weil sie dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dient.89 Die Hebevorrichtung kann nur dann sondereigentumsfähig sein, wenn sie allein einer „Duplexparker-Einheit“ dient.

78 OLG Jena v. 20.12.2004 – 9 W 654/03, Rpfleger 2005, 309; Böttcher, Rpfleger 2005, 649. 79 KG v. 6.1.2015 – 1 W 369/14, MDR 2015, 269 = NotBZ 2015, 148 = MietRB 2015, 112; dazu Ott, BWNotZ 2015, 130. 80 Heinemann in NK/BGB, § 3 WEG Rz. 8; für Balkone vgl. LG Wuppertal v. 28.10.2008 – 6 T 223/08, RnotZ 2008, 48 mit Anm. Hügel; zur nachträglichen Errichtung von Balkonen, vgl. Elzer in Riecke/ Schmid, § 3 WEG Rz. 82. 81 OLG Frankfurt v. 26.4.1977 – 20 W 307/77; a.A. etwa Wicke in Palandt, BGB, § 3 WEG Rz. 8; Rapp in Staudinger, BGB, § 3 WEG Rz. 20; OLG Hamm v. 26.1.1998 – 15 W 502/97, ZMR 1998, 456; wie hier etwa Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 3 WEG Rz. 8; KG v. 18.12.1995 – 24 W 7497/94, ZMR 1996, 216. 82 OLG München v. 23.9.2011, ZWE 2012, 37 = DNotZ 2012, 4 mit Anm. Hügel; Dötsch, ZfIR 2011, 882; KG v. 8.11.2016 – 1 W 493/16; FGPrax 17, 7 (auch, wenn nur über Sondereigentum zugänglich). 83 OLG Hamm v. 5.1.2016 – 1 W 398/15, ZMR 2016, 300 mit Anm. Schneider. 84 LG Schwerin v. 24.7.2008 – 5 T 165/05, ZMR, 2009, 35. 85 OLG Düsseldorf v. 22.3.1999 – 3 Wx 14/99, ZMR 1999, 500. 86 Vgl. Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 65; Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 71 jeweils m.w.N. 87 LG Dresden v. 24.6.2010 – 2 715/08, ZNR 2010, 979. 88 A.A. etwa Hügel, NotBZ 2000, 349; Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 71; offen gelassen in BGH v. 21.10.2011 – V ZR 75/11, MietRB 2012, 13 = MDR 2012, 17; vgl. auch OLG München v. 21.11.2011 – 34 Wx 357/11, MietRB 2012, 16 = NotBZ 2012, 55 zur Unzulässigkeit der Übertragung des Sondernutzungsrechts an einem Doppelparker an einen Bruchteilseigentümer. 89 BGH v. 21.10.2011 – V ZR 75/11, MietRB 2012, 13 = MDR 2012, 17.

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Formvorschriften | § 4

IV. Kosten Für die notarielle Beurkundung gilt die Vorschrift des Nr. 21100 KV (2,0-Gebühr mindestens 25 120 Euro) aus dem Wert des bebauten Grundstücks und, sofern das Grundstück noch nicht bebaut ist des Wertes des Grundstückes unter Hinzurechnung der Kosten des zu errichtenden Gebäudes (§ 42 Abs. 1 GNotKG). Das Grundbuchamt erhebt ebenfalls aus demselben Wert eine 1,0-Gebühr nach KV 14110.

§4 Formvorschriften (1) Zur Einräumung und zur Aufhebung des Sondereigentums ist die Einigung der Beteiligten über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich. (2) Die Einigung bedarf der für die Auflassung vorgeschriebenen Form. Sondereigentum kann nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung eingeräumt oder aufgehoben werden. (3) Für einen Vertrag, durch den sich ein Teil verpflichtet, Sondereigentum einzuräumen, zu erwerben oder aufzuheben, gilt § 311b Abs. 1 des BGB entsprechend. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . III. Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum (Abs. 1 und 2) . . . . . . 1. Einräumung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Form (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendung des § 925a BGB . . . cc) Bedingungs- und Befristungsfeindlichkeit (Abs. 2) . . . . . . . . . dd) Bindung an die Einigung . . . . . . b) Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufhebung aller Sondereigentumsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Teilweise Aufhebung von Sondereigentumsrechten – Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 8 9 10 11 13 14 17 18 22 23

3. IV. 1. 2. V. 1. 2. 3. 4. 5. 6. VI.

c) Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum und umgekehrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26a Schuldrechtlicher Vertrag . . . . . . . . . . 27 Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Vormerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Genehmigungs- und Zustimmungserfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Behördliche Genehmigung nach § 2 GVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Familiengerichtliche Genehmigung . . . 34 § 22 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 § 172 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Zustimmung dinglicher Berechtigter . . 43 Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

24

Schrifttum: DNotI, Realteilung eines in Wohnungs-/Teileigentum aufgeteilten Grundstücks, DNotI-Report 2016, 133; Elzer, Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum, MietRB 2007, 78; Häublein, Gestaltungsprobleme im Zusammenhang mit der abschnittsweisen Errichtung von Wohnungseigentumsanlagen; DNotZ 2000, 442; Hügel, Der nachträgliche Ausbau von Dachgeschossen – Gestaltungsmöglichkeiten in der Gemeinschaftsordnung, RNotZ 2005, 149; Kreuzer, Änderung der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung, ZWE 2002, 285; Rapp, Verdinglichte Ermächtigungen in der Teilungserklärung – zugleich Besprechung des Beschlusses des BayObLG v. 24.7.1997 – 2Z BR 49/97, MittBayNot, 1998, 77; Röll, Die Errichtung einer Eigentumswohnanlage in mehreren Bauabschnitten, MittBayNot 1993, 5; Röll, Die Aufhebung von Wohnungseigentum an Doppelhäusern – Bemerkungen zum Beschluss des OLG

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Formvorschriften | § 4

IV. Kosten Für die notarielle Beurkundung gilt die Vorschrift des Nr. 21100 KV (2,0-Gebühr mindestens 25 120 Euro) aus dem Wert des bebauten Grundstücks und, sofern das Grundstück noch nicht bebaut ist des Wertes des Grundstückes unter Hinzurechnung der Kosten des zu errichtenden Gebäudes (§ 42 Abs. 1 GNotKG). Das Grundbuchamt erhebt ebenfalls aus demselben Wert eine 1,0-Gebühr nach KV 14110.

§4 Formvorschriften (1) Zur Einräumung und zur Aufhebung des Sondereigentums ist die Einigung der Beteiligten über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich. (2) Die Einigung bedarf der für die Auflassung vorgeschriebenen Form. Sondereigentum kann nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung eingeräumt oder aufgehoben werden. (3) Für einen Vertrag, durch den sich ein Teil verpflichtet, Sondereigentum einzuräumen, zu erwerben oder aufzuheben, gilt § 311b Abs. 1 des BGB entsprechend. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . III. Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum (Abs. 1 und 2) . . . . . . 1. Einräumung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Form (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendung des § 925a BGB . . . cc) Bedingungs- und Befristungsfeindlichkeit (Abs. 2) . . . . . . . . . dd) Bindung an die Einigung . . . . . . b) Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufhebung aller Sondereigentumsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Teilweise Aufhebung von Sondereigentumsrechten – Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. IV. 1. 2. V. 1. 2. 3. 4. 5. 6. VI.

c) Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum und umgekehrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26a Schuldrechtlicher Vertrag . . . . . . . . . . 27 Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Vormerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Genehmigungs- und Zustimmungserfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Behördliche Genehmigung nach § 2 GVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Familiengerichtliche Genehmigung . . . 34 § 22 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 § 172 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Zustimmung dinglicher Berechtigter . . 43 Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

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Schrifttum: DNotI, Realteilung eines in Wohnungs-/Teileigentum aufgeteilten Grundstücks, DNotI-Report 2016, 133; Elzer, Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum, MietRB 2007, 78; Häublein, Gestaltungsprobleme im Zusammenhang mit der abschnittsweisen Errichtung von Wohnungseigentumsanlagen; DNotZ 2000, 442; Hügel, Der nachträgliche Ausbau von Dachgeschossen – Gestaltungsmöglichkeiten in der Gemeinschaftsordnung, RNotZ 2005, 149; Kreuzer, Änderung der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung, ZWE 2002, 285; Rapp, Verdinglichte Ermächtigungen in der Teilungserklärung – zugleich Besprechung des Beschlusses des BayObLG v. 24.7.1997 – 2Z BR 49/97, MittBayNot, 1998, 77; Röll, Die Errichtung einer Eigentumswohnanlage in mehreren Bauabschnitten, MittBayNot 1993, 5; Röll, Die Aufhebung von Wohnungseigentum an Doppelhäusern – Bemerkungen zum Beschluss des OLG

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§ 4 Rz. 1 | Formvorschriften Frankfurt v. 1.10.1999 – 20 W 211/97, DNotZ 2000, 749; Schüller, Änderungen von Gemeinschaftsordnungen und Teilungserklärungen, RNotZ 2011, 203.

I. Allgemeines 1 Die Vorschrift des § 4 regelt zum einen in Abs. 1 und 2 die Formvoraussetzungen für den

dinglichen Vertrag über die Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum, zum anderen in Abs. 3 die formellen Voraussetzungen für den schuldrechtlichen Verpflichtungsvertrag auf Einräumung, Erwerb oder Aufhebung von Sondereigentum. Die Vorschrift gilt darüber hinaus auch für spätere Änderungen bei bereits begründeten Wohnungs- und Teileigentum. Darüber hinaus kann die Vorschrift auch dort Anwendung finden, wo (räumliche) Änderungen nur einzelne Räume betreffen. Allerdings findet die Vorschrift dort keine Anwendung, wo es nicht um Einräumung und Aufhebung des Sondereigentums geht, sondern um die Inhaltsänderung beim bestehenden Sondereigentum etwa nach § 5 Abs. 4, § 10 Abs. 2 oder § 11 Abs. 1 S. 2 (zur Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum vgl. Rz. 5 f.).

II. Anwendungsbereich 2 Wird Sondereigentum begründet, ist dabei zunächst zwischen dem Erwerb des Miteigentums-

anteils bzw. der Begründung des Miteigentums nach §§ 1008, 925, 873 BGB und der eigentlichen Einräumung des Sondereigentums zu differenzieren. Nur für Letztere greift die Vorschrift des § 4 ein, d.h. das Bestehen des Miteigentums am Grundstück wird bereits vorausgesetzt. Miteigentum und Sondereigentum können dabei auch gleichzeitig begründet werden, allerdings unter der Voraussetzung, dass jeder Miteigentümer auch Sondereigentum erhält.1 3 Die Vorschrift gilt nur für die vertragliche Begründung von Sondereigentum (§ 3), nicht

aber für die Begründung durch Teilung nach § 8. Ebenfalls nicht unter die Regelung des § 4 fallen auch spätere Änderungen von Vereinbarungen i.S.d. §§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 2 über den Inhalt des Sondereigentums. 4 Für die Veräußerung bereits begründeten Wohnungseigentums sind die allgemeinen Vor-

schriften über die Veräußerung von Miteigentum (insb. § 311b Abs. 1 BGB) direkt heranzuziehen.2 Soll eine Teilfläche des in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks abgetrennt und veräußert werden, so müssen alle Wohnungseigentümer mitwirken.3 5 Die Vorschrift betrifft sowohl die erstmalige als auch die nachträgliche Einräumung und

Aufhebung von Sondereigentum.4 Vom Anwendungsbereich mitumfasst sind damit auch alle nachträglichen Umwandlungen von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum und umgekehrt, da es sich hierbei nur um eine Kombination aus (teilweiser) Aufhebung und (teilweiser) Einräumung von Sonder- bzw. Gemeinschaftseigentum handelt5 und die sachenrechtliche Zuordnung der Flächen, Gebäudeteile und Räume betroffen ist. 6 Wird demnach Sondereigentum nachträglich ohne Änderung der Miteigentumsanteile in

der Weise eingeräumt, dass eine Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum er-

1 Wendt in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 4. 2 Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 1; Wicke in Palandt, BGB, § 4 WEG Rz. 4; Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 10. 3 KG v. 25.10.2011 – 1 W 479/11, ZfIR 2011, 839. 4 Armbrüster in Bärmann, § 4 WEG Rz. 6; Wicke in Palandt, BGB, § 4 WEG Rz. 1. 5 Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 1; Armbrüster in Bärmann, § 4 WEG Rz. 8.

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III. Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum (Abs. 1 und 2) | Rz. 9 § 4

folgt, bedarf es der Einigung aller Wohnungs- und Teileigentümer in der Form der Auflassung und der Eintragung ins Grundbuch, da eine derartige Umwandlung nicht den Regelbereich des § 10 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 WEG betrifft, sondern das sachenrechtliche Grundverhältnis.6 Dies gilt auch dann, wenn einem Wohnungseigentümer bereits ein Sondernutzungsrecht an den Gemeinschaftsräumen zustand.7 Vereinbarungen, durch die ein Wohnungseigentümer ermächtigt wird, Gemeinschafts- in Sondereigentum umzuwandeln und umgekehrt, oder nach denen die vorweggenommene Zustimmung zu einer solchen Umwandlung erteilt wird, unterfallen nicht § 10 Abs. 3 und können damit nicht mit einer die Sonderrechtsnachfolger bindenden Wirkung als Inhalt des Sondereigentums vereinbart und daher auch nicht im Grundbuch eingetragen werden.8 Das Gleiche gilt, wenn die Vereinbarung nur eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Eigentumsumwandlung beinhaltet.9 Die Vorschrift des § 4 erlangt damit in praktischer Hinsicht vor allem Geltung für die Fälle, in 7 denen z.B. ein im gemeinschaftlichen Eigentum stehender Raum in Sondereigentum umgewandelt und einem bereits vorhandenen Wohnungseigentum zugeschlagen werden soll, aber auch umgekehrt für die Fälle, in denen z.B. ein Teil des mit einem Miteigentumsanteil verbundenen Sondereigentums aufgehoben und in Gemeinschaftseigentum umgewandelt (dazu unter Rz. 24 f.) oder abgetrennt und einem anderen Wohnungseigentum zugeschlagen werden soll (dazu unter Rz. 9).10

III. Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum (Abs. 1 und 2) Die Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum erfolgt nach Abs. 1 wie bei § 873 Abs. 1 8 BGB durch die dingliche Einigung der Beteiligten über die Rechtsänderung und die Eintragung ins Grundbuch.

1. Einräumung Streitig ist, wie die dingliche Einräumung von Sondereigentum (wenn schon Miteigentum 9 nach BGB besteht) zu behandeln ist. Die überwiegende Auffassung nimmt hier lediglich eine Inhaltsänderung des (Mit-)Eigentums, aber keinen Eigentumsübergang an,11 wohingegen andere hierin eine dingliche Neuzuordnung von Eigentum erblicken.12 Ähnlich verhält es sich in den Fällen der Zuordnung von Räumen bestehenden Sondereigentums eines Wohnungseigentümers zu Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers (sog. Neuzuteilung), hier fehlt ebenfalls eine gesetzliche Regelung. Es handelt sich dabei nicht um die Übertragung von Sondereigentum i.S.d. § 873 BGB, da Verfügungsobjekt hier die jeweiligen wohnungseigentumsrechtlich gebundenen Miteigentumsteile sind.13 Bei der Neuzuteilung von Sondereigen-

6 7 8 9 10 11 12 13

OLG Saarbrücken v. 28.9.2004 – 5 W 173/04 m.w.N. OLG Saarbrücken v. 28.9.2004 – 5 W 173/04 m.w.N. BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 = NJW 2003, 2165 m.w.N. BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 = NJW 2003, 2165 = DNotZ 2003, 536. Str. wie hier etwa Armbrüster in Bärmann, § 4 WEG Rz. 11; a.A. etwa Wendt in Soergel, § 4 WEG Rz. 13, der die §§ 873, 925 BGB für anwendbar hält. Augustin in RGRK-BGB, § 4 WEG Rz. 2; Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 2; Briesemeister in Weitnauer, § 4 WEG Rz. 2; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 4 WEG Rz. 2. Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 3. Wie hier Armbrüster in Bärmann, § 4 WEG Rz. 11.

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§ 4 Rz. 9 | Formvorschriften tum handelt es sich damit ebenfalls um eine Inhaltsänderung der beteiligten Miteigentumsanteile, die der Form des § 4 Abs. 1 und 2 bedarf.14 Um Einräumung von Sondereigentum i.S.d. § 4 Abs. 1 handelt es sich auch bei der Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum.15 a) Einigung 10 Durch die dingliche Einigung über die Einräumung von Sondereigentum wird bestimmt,

welche Bestandteile des Gebäudes vom Miteigentum in Sondereigentum überführt werden, wobei die grundbuchmäßige Beschreibung anhand der Abgeschlossenheitsbescheinigung vorzunehmen ist.16 Für den Fall, dass die Beschreibung der in Sondereigentum zu überführenden Räumlichkeiten in den beurkundeten Erklärungen über die Einräumung des Sondereigentums mit dem in Bezug genommenen Aufteilungsplan nicht übereinstimmt, kann aufgrund des Vorliegens von widersprüchlichen Erklärungen ein Sondereigentum nicht entstehen. Etwas anderes gilt nur, wenn sich im Wege der Auslegung ermitteln lässt, welche der beiden Möglichkeiten tatsächlich gewollt sind.17 aa) Form (Abs. 2) 11 Nach § 4 Abs. 2 bedarf die zur Rechtsänderung erforderliche Einigung der Beteiligten der

Form der Auflassung nach § 925 BGB, wonach die entsprechenden Erklärungen bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt werden müssen. Zuständige Stelle in diesem Sinne ist zunächst jeder Notar (§ 925 Abs. 1 Satz 2 BGB), darüber hinaus können die Erklärungen auch in einem gerichtlichen Vergleich (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder in einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan (§§ 248, 254 Abs. 1 Satz 2 InsO) abgegeben werden (§ 925 Abs. 1 Satz 3 BGB). 12 Eine Stellvertretung nach §§ 164 ff. BGB ist zulässig. Im Falle der Abgabe der entsprechenden

Erklärung durch einen Nichtberechtigten ist eine Nachgenehmigung nach § 185 BGB möglich.18 Bei Vorliegen einer formunwirksamen Einräumung von Sondereigentum besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer Umdeutung in ein Sondernutzungsrecht, wenn dieses mit einem Miteigentumsanteil verbunden ist.19 Der Form des § 4 Abs. 2 i.V.m. §§ 873, 925, 311b BGB bedarf es auch, wenn etwa ein Wohnungseigentümer, dem zwei Wohnungen gehören, Räume des einen Sondereigentums dem anderen zuordnet.20 Wohnungseigentümer sind unter den formellen Voraussetzungen nicht gehindert, untereinander den Gegenstand ihres Sondereigentums ohne gleichzeitige Änderung der Miteigentumsanteile zu verändern.21

14 OLG Köln v. 31.7.2006 – 16 Wx 98/06, FGPrax 2007, 19 = ZMR 2007, 137; für eine analoge Anwendung Armbrüster in Bärmann, § 4 WEG Rz. 11. 15 BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = NJW-RR 2005, 10. 16 Zur Bestimmung und Änderung des Gegenstandes des Sondereigentums ausführlich Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 6 und 7. 17 Weitnauer in Weitnauer, § 4 WEG Rz. 1. 18 Herrler in Palandt, BGB, § 925 BGB Rz. 5. 19 KG v. 16.9.1999 – 24 W 8886/97, GE 1999, 1361. 20 OLG München v. 30.7.2008 – 34 Wx 49/08, ZWE 2009, 25; OLG Köln v. 31.7.2006 – 16 Wx 98/06, FGPrax 2007, 19. 21 BGH v. 6.6.1986 – V ZR 264/84, MDR 1987, 41 = NJW 1986, 2759.

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III. Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum (Abs. 1 und 2) | Rz. 19 § 4

bb) Anwendung des § 925a BGB Eine Anwendbarkeit des § 925a BGB scheidet aus, mit der Folge, dass es einer Vorlage oder 13 gleichzeitiger Errichtung der Urkunde über den zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertrag bei Abgabe der Erklärungen über die Einräumung von Sondereigentum nicht bedarf.22 cc) Bedingungs- und Befristungsfeindlichkeit (Abs. 2) § 4 Abs. 2 Satz 2 bestimmt, dass Sondereigentum nicht unter einer Bedingung oder Zeitbe- 14 stimmung eingeräumt oder aufgehoben werden kann. Eine Unwirksamkeit nach Abs. 2 tritt dabei sowohl dann ein, wenn die Bedingung oder Zeit- 15 bestimmung für alle Sondereigentumsrechte gelten soll, als auch für die Fälle, dass sie sich nur auf ein einzelnes oder einzelne Sondereigentumsrechte bezieht. Ausgeschlossen wird durch die Regelung in Abs. 2 Satz 2 damit auch die Möglichkeit eines zeitlich begrenzten Erwerbs von Wohnungseigentum i.S.d. „Time-sharing“.23 Als unzulässige Bedingung i.S.d. Abs. 2 gilt u.a. auch die Vereinbarung über die Errichtung 16 eines Gebäudes zu einem bestimmten Zeitpunkt.24 Zulässig ist es hingegen, die Auflassung von einer Rechtsbedingung, wie etwa der Erteilung behördlicher bzw. gerichtlicher Genehmigungen, abhängig zu machen.25 dd) Bindung an die Einigung Eine Bindung an die Einigung erfolgt in den in § 873 Abs. 2 BGB genannten Fallgruppen, 17 und zwar in direkter Anwendung dieser Norm, sofern man in der Einräumung von Sondereigentum eine Neuzuordnung von Eigentum erblickt, ansonsten über die in § 877 BGB enthaltene Verweisung. b) Eintragung Nach Abs. 1 erfordert die Einräumung von Sondereigentum neben der Einigung der Beteilig- 18 ten auch die Eintragung ins Grundbuch. Im Regelfall wird die Einigung dabei der Eintragung zeitlich vorausgehen, sie kann ihr aber auch nachfolgen.26 Für die Eintragung im Grundbuch ist nach hier vertretener Auffassung entsprechend dem 19 formellen Konsensprinzip die Bewilligung aller Miteigentümer (§ 19 GBO) in der Form des § 29 GBO erforderlich; § 20 GBO erlangt keine Geltung.27 Dies begründet sich daraus, dass es sich bei der Einräumung von Sondereigentum gerade nicht um eine echte Auflassung handelt. Ansonsten wäre die Bedingungs- und Befristungsfeindlichkeit, wie sie in Abs. 2 Satz 2 festgehalten ist, überflüssig. Aus den gleichen Gründen ebenfalls nicht anwendbar ist die Regelung des § 22 Abs. 2 GBO über das Zustimmungserfordernis des Eigentümers im Falle der Grundbuchberichtigung.

22 Wie hier etwa Wicke in Palandt, BGB, § 4 WEG Rz. 2; Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 4; Briesemeister in Weitnauer, § 4 WEG Rz. 7; a.A. etwa Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 3; Armbrüster in Bärmann, § 4 WEG Rz. 27. 23 Briesemeister in Weitnauer, § 4 WEG Rz. 6. 24 Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 7. 25 Wendt in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 15. 26 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 4 WEG Rz. 4. 27 Wie hier etwa Briesemeister in Weitnauer, § 4 WEG Rz. 5; Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 4; a.A. etwa Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 3; Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 4; a.A. Wendt in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 8.

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§ 4 Rz. 20 | Formvorschriften 20 Im Falle der Ersteinräumung von Wohnungseigentum entsteht dieses erst, wenn sämtliche ge-

bildete Wohnungseinheiten im Grundbuch eingetragen sind, mithin alle Wohnungsgrundbücher vollständig angelegt sind.28 Das Grundbuchamt hat bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Eintragung keine Inhaltskontrolle, insbesondere nicht im Hinblick auf § 305c ff. BGB vorzunehmen.29 21 Ein gutgläubiger Erwerb am einzelnen eingetragenen, wenn auch nicht entstandenen Woh-

nungseigentum ist möglich,30 da der Gute Glaube nur an dem einzelnen Wohnungs-Grundbuch-Blatt bestehen muss.

2. Aufhebung 22 Die Aufhebung von Sondereigentum erfordert ebenso wie dessen Einräumung eine Einigung

in der Form des § 925 BGB (Auflassung) und die Eintragung im Grundbuch. Für die Aufhebung erlangen die obigen Ausführungen zur Einräumung von Sondereigentum mithin entsprechende Geltung. Die Aufhebung des Sondereigentums erlangt ihre Wirksamkeit mit der Eintragung im Grundbuch.31 Eine Aufhebung von Sondereigentum durch einseitigen Verzicht entsprechend § 928 BGB gegenüber dem Grundbuchamt ist jedoch ausgeschlossen.32 a) Aufhebung aller Sondereigentumsrechte 23 Im Fall der Aufhebung aller vorhandenen Sondereigentumsrechte kommt es zur Entstehung

einer Miteigentümergemeinschaft nach §§ 741 ff., 1008 BGB. Beispiel: Werden sämtliche Wohnungseigentumsrechte aufgehoben, wandelt sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zurück in die gewöhnliche Bruchteilsgemeinschaft der Miteigentümer des Grundstücks, was eine Schließung der Wohnungsgrundbücher von Amts wegen gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 nach sich zieht.33 b) Teilweise Aufhebung von Sondereigentumsrechten – Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum 24 Bei der teilweisen Aufhebung von Sondereigentum handelt es sich um die Umwandlung

von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum.34 Zum einen kann ein einzelnes Sondereigentum insgesamt aufgehoben werden. Beispiel: Kommt es zur Aufhebung des Sondereigentums an einer Wohnungseinheit, was einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer bedarf, hat dies das Ausscheiden des Sondereigentümers aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und die Entstehung gemeinschaftlichen Eigentums der übrigen Wohnungseigentümer an dem bisherigen Gegenstand des Sondereigentums zur Folge.35 In diesem Fall, sowie auch bei der Unterteilung von Sondereigentum mit 28 Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 3; Wicke in Palandt, BGB, § 4 WEG Rz. 1. 29 Vgl. im Einzelnen Zimmer in Lemke, Immobilienrecht, § 19 GBO Rz. 6. 30 Armbrüster in Bärmann, § 3 WEG Rz. 48. Zum Schicksal einer im Wohnungsgrundbuch eingetragenen Dienstbarkeit vgl. OLG Hamm. v. 22.3.2016 – 15 W 357/15, MietRB 2016, 229. 31 Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 4 WEG Rz. 11. 32 Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 5; OLG Düsseldorf v. 20.9.2000 – 3 Wx 328/00, ZWE 2001, 36 = NJW-RR 2001, 233; BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = NZM 2007, 600 = ZfIR 2008, 17. 33 Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 19. 34 Wicke in Palandt, BGB, § 4 WEG Rz. 2. 35 Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 23.

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III. Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum (Abs. 1 und 2) | Rz. 26a § 4

der Folge der Entstehung neuen Gemeinschaftseigentums, bedarf es zur Wirksamkeit der Unterteilung der Auflassung des neuen Gemeinschaftseigentums unter Mitwirkung aller im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer und der Eintragung in das Grundbuch; eine entgegen diesen Grundsätzen eingetragene Unterteilung ist inhaltlich unzulässig und damit nichtig.36 Zudem entsteht nach überwiegender Ansicht ein isolierter Miteigentumsanteil, den die Miteigentümer durch Vereinigung oder Zuschreibung zu beseitigen haben;37 nach a.A. fällt den übrigen Wohnungseigentümern der bisherige Miteigentumsanteil des ausgeschiedenen Wohnungseigentümers anteilmäßig an.38 Vorzugswürdig ist die erstgenannte Lösung, da für eine „Anwachsung“ jede gesetzliche Grundlage fehlt. Zum anderen ist es möglich, das Sondereigentum auch nur an einzelnen Gegenständen bzw. 25 Teilen des Sondereigentums, z.B. an einzelnen Räumen (Keller) oder Einrichtungen, aufzuheben und in gemeinschaftliches Eigentum der Wohnungseigentümer umzuwandeln, was eine Vereinbarung i.S.d. § 5 Abs. 3 darstellt.39 Hierfür ist ebenfalls eine Einigung aller Raumeigentümer und die Eintragung in allen Wohnungsgrundbüchern erforderlich.40 Soll eine abzuschreibende Teilfläche veräußert werden, bedarf es nicht der Aufhebung aller Sondereigentumsrechte, sondern nur derjenigen, die von der Veräußerung „betroffen“ sind.41 c) Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum und umgekehrt Die Umwandlung eines Teileigentums in ein Wohnungseigentum oder umgekehrt bedarf 26 hingegen nicht der Form des § 4 Abs. 1, Abs. 2 WEG i.V.m. § 925 Abs. 1 BGB, da hier weder die Miteigentumsanteile noch die Grenzen von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum verändert werden, sondern lediglich die Zweckbestimmung.42 Sie stellt eine Inhaltsänderung des jeweiligen Sondereigentums der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer i.S.v. §§ 873, 877 BGB dar und bedarf daher der Mitwirkung aller Wohnungs- und Teileigentümer und der Eintragung in das Grundbuch.43 Die Mitwirkung von Sonderrechtsnachfolgern ist nur dann entbehrlich, wenn sie in der in das Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung ausgeschlossen ist44 (vgl. § 3 Rz. 25).

3. Verzicht Die Eintragung eines Verzichts auf das Wohnungs- oder Teileigentum ist unzulässig.45 Der 26a verzichtswillige Eigentümer ist ausreichend geschützt, da der Ausschluss des Rechts, die Aufhebung der Eigentümergemeinschaft zu verlangen, nicht ihre Unauflöslichkeit zur Folge hat, 36 OLG München v. 3.4.2007 – 32 Wx 33/07, MietRB 2007, 175 = ZfIR 2008, 115 mit Anm. Böttcher. 37 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, BGHZ 109, 179 = MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447; Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 7 m.w.N. 38 Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 23; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 4 WEG Rz. 13. 39 Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 7; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 4 WEG Rz. 12. 40 Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 24. 41 KG v. 25.10.2011 – 1 W 479/11, ZfIR 2011, 839. 42 Schneider in Riecke/Schmid, § 4 Rz. 34. 43 BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MittBayNot 2005, 140 = NJW-RR 2005, 10; BayObLG v. 8.5.1974 – BReg.2 Z 17/74, BayObLGZ 1974, 217 (219) = MDR 1974, 847 f.; Elzer, MietRB 2007, 78 (80). 44 BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = NJW-RR 2005, 10. 45 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = ZfIR 2008, 17 (insb. zu den Besonderheiten bei einer „Schrottimmobilie“); vgl. auch § 1 Rz. 6 m.w.N.; Zimmer, NotBZ 2009, 398.

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§ 4 Rz. 26a | Formvorschriften da diese durch die Aufhebung des Sondereigentums nach § 4, durch Aufhebungsvereinbarung sämtlicher Wohnungseigentümer und durch das einseitige Aufhebungsverlangen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 aufgelöst werden kann.46

IV. Schuldrechtlicher Vertrag 27 Den Rechtsgrund für die Einräumung oder Aufhebung des Sondereigentums bildet der schuld-

rechtliche Vertrag i.S.d. § 3 Abs. 1, durch den sich der eine Teil verpflichtet, Sondereigentum einzuräumen, zu erwerben oder aufzuheben. Dieser Vertrag ist zu unterscheiden von den Verträgen über die Verpflichtung zur Einräumung von Miteigentum und zur Veräußerung von bereits begründetem Wohnungseigentum (s. bereits oben Rz. 2 und 4).

1. Form 28 § 4 Abs. 3 bestimmt, dass für diesen gem. § 3 Abs. 1 zwischen den Beteiligten geschlossenen

schuldrechtlichen Vertrag die Vorschrift des § 311b Abs. 1 BGB entsprechend gilt, mit der Folge, dass der Vertrag der notariellen Beurkundung bedarf. Ein ohne Beachtung der erforderlichen Form geschlossener Vertrag wird wirksam (Heilung der Nichteinhaltung der erforderlichen Form), wenn die Auflassung und die Eintragung in das Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbuch (§ 7) erfolgen. Der Umfang der mitzubeurkundenden Erklärungen der Beteiligten bestimmt sich nach den für § 311b Abs. 1 BGB festgehaltenen Grundsätzen.47 29 Ebenfalls beurkundungspflichtig ist ein entsprechender Vorvertrag, wobei ein formnichtiger

Vorvertrag entsprechend § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB durch formgültigen Abschluss des Hauptvertrages geheilt werden kann.48 30 Im Falle der Formnichtigkeit einer Verpflichtung zur Übertragung eines Miteigentumsanteils

bei gleichzeitiger Einräumung von Sondereigentum kann diese u.U. in eine formlos gültige Verpflichtung zur Einräumung eines Dauerwohnrechts umgedeutet werden.49 31 Die Berufung auf einen Formmangel ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH immer

dann erfolglos, wenn dies mit Treu und Glauben nicht mehr zu vereinbarende, untragbare Ergebnisse zur Folge hätte.50

2. Vormerkung 32 Der schuldrechtliche Anspruch auf Einräumung von Sondereigentum ist im Grundbuch des

im einfachen Miteigentum oder noch im Alleineigentum eines zukünftigen Miteigentümers stehenden Grundstücks durch Vormerkung sicherbar, allerdings nur, soweit ein Aufteilungsplan (§ 7 Abs. 4 Nr. 1) vorliegt, durch den das beanspruchte Recht hinreichend genau be-

46 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = NJW 2007, 2547 = ZfIR 2008, 17. 47 Vgl. etwa Grüneberg in Palandt, BGB, § 311b Rz. 25 ff.; Zimmer, VertragsRKomm, § 311b BGB Rz. 11 ff. 48 Heinemann in NK/BGB, § 4 WEG Rz. 9 m.w.N. 49 BGH v. 28.11.1962 – V ZR 127/61, MDR 1963, 292 f. = NJW 1963, 339; Wendt in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 24. 50 Augustin in BGB/RGRK, § 4 WEG Rz. 13; BGH v. 27.10.1967 – V ZR 153/64, BGHZ 48, 396 = MDR 1968, 136 f. = NJW 1968, 39.

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V. Genehmigungs- und Zustimmungserfordernisse | Rz. 35 § 4

schrieben wird.51 Der Anspruch auf Aufhebung des Sondereigentums ist durch Vormerkung in allen Wohnungsgrundbüchern sicherbar.52 Ausführlich zur Sondereigentumsvormerkung Rapp in Staudinger § 4 WEG Rz. 13 ff.

V. Genehmigungs- und Zustimmungserfordernisse 1. Behördliche Genehmigung nach § 2 GVO Die vertragliche Begründung von Wohnungseigentum in den neuen Bundesländern erfordert 33 nach wohl überwiegender Ansicht eine Genehmigung nach § 2 Grundstücksverkehrsordnung, da die dingliche Rechtsänderung auch eine Veränderung des Restitutionsanspruches mit sich bringe.53 Zukünftig wird diese jedoch nur ausnahmsweise erforderlich sein, nämlich wenn im Zeitpunkt der Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Rechtserwerbs oder im Zeitpunkt der Eintragung des Rechtserwerbs ein Anmeldevermerk gemäß § 30b Abs. 1 VermG im Grundbuch eingetragen ist (§ 30 VermG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 6 GVO).54

2. Familiengerichtliche Genehmigung Sowohl die Begründung von Wohnungseigentum durch vertragliche Einräumung nach § 3 als 34 auch die einseitige Aufteilung eines Grundstückes in Wohnungs- oder Teileigentum durch den Alleineigentümer nach § 8 bedürfen als Verfügung über ein Grundstück gem. §§ 1821 Abs. 1 Nr. 1, 1643 Abs. 1 BGB bei Mitwirkung eines Minderjährigen der Genehmigung des Familiengerichts.55

3. § 22 BauGB § 22 BauGB enthält zum Zwecke der Erhaltung der Siedlungsstruktur von Gemeinden, die 35 durch den Fremdenverkehr bestimmt sind (Fremdenverkehrsgebiete), eine Ermächtigung für die betreffenden Gemeinden, in einem Bebauungsplan oder durch Satzung zu regeln, dass die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum der Genehmigung bedarf. Besteht eine Genehmigungspflicht, darf eine Eintragung von Wohnungseigentum nur und erst dann erfolgen, wenn zusammen mit der entsprechenden Urkunde der Genehmigungsbescheid vorgelegt wird, wobei die Vorlage der Abgeschlossenheitsbescheinigung eine Genehmigung nach § 22 BauGB nicht ersetzen kann.56 Ist eine Genehmigung erforderlich, wird diese jedoch nicht erteilt, besteht für die Miteigentümer lediglich die Möglichkeit, eine verbindliche Nutzungsregelung mit einer Miteigentümervereinbarung nach § 1010 BGB herbeizuführen.57

51 Wendt in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 21. 52 Wendt in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 20 f; Wicke in Palandt, BGB, § 4 WEG Rz. 4. 53 Hügel in Bamberg/Roth, BGB, § 4 WEG Rz. 9 m.w.N.; Krauß in Beck'sches Notarhandbuch, A IX Rz. 109. 54 BGBl. 2016 I, S. 2602. 55 Bärmann/Pick, § 4 WEG Rz. 15; Hügel in Bamberg/Roth, BGB, § 4 WEG Rz. 7; Heinemann in NK/ BGB, § 2 WEG Rz. 4; für die Teilung nach § 8 a.A. KG v. 6.1.2015 – 1 W 369/14, MDR 2015, 269 = NotBZ 2015, 148 = MietRB 2015, 112. 56 Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 20. 57 Commichau in MünchKomm/BGB, § 4 WEG Rz. 18.

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§ 4 Rz. 36 | Formvorschriften

4. § 172 BauGB 36 Eine Genehmigung nach § 172 BauGB kann dann für die Aufteilung eines Grundstücks in

Wohnungs- oder Teileigentum erforderlich sein, wenn die jeweilige Landesregierung durch Rechtsverordnung eine Genehmigungspflicht für ein solches Gebiet (soziales Erhaltungsgebiet) eingeführt hat, für das die Gemeinde eine Erhaltungssatzung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB (Milieuschutz) erlässt (vgl. § 2 Rz. 14b).58

5. Grunderwerbsteuer 37 Steuerrechtlich ist bei der Begründung von Sondereigentum eine Unterscheidung danach vor-

zunehmen, wie das Sondereigentum begründet wird. 38 Die Begründung des Sondereigentums durch Teilung gem. § 8, für die § 4 nicht gilt, ist er-

werbsteuerfrei. Hier fehlt es bereits an einem Eigentumswechsel und damit an einem Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 GrEStG. Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes ist nicht erforderlich. 39 Erfolgt die Begründung von Sondereigentum durch vertragliche Einräumung gem. § 3 in der

Form des § 4, so handelt es sich in jedem Fall um einen gegenüber der Grunderwerbsteuerstelle anzeigepflichtigen Vorgang.59 Bei der Bildung von Sondereigentum durch Vertrag gem. § 3 erfolgt eine Befreiung von der grundsätzlich bestehenden Steuerpflicht gem. § 7 Abs. 1 GrEStG, wenn der Erwerb dem bisherigen Miteigentumsanteil entspricht, so dass die Steuer in diesem Fall nicht erhoben wird.60 40 Wird Sondereigentum nachträglich ohne Änderung der Miteigentumsanteile in der Form

eingeräumt, dass eine Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum erfolgt, gilt § 6 GrEStG, d.h., der Vorgang ist grunderwerbsteuerfrei, es sei denn, dass ein Miteigentümer gegen Entgelt zusätzliches Miteigentum erwirbt, das mit Sondereigentum verbunden wird.61 41 Ob im Falle der vertraglichen Einräumung nach §§ 3, 4 zum Grundbuchvollzug eine grund-

erwerbsteuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes erforderlich ist, wird unterschiedlich beurteilt.62 42 Die Aufhebung von Sondereigentum ist grundsätzlich erwerbsteuerfrei. Dies lässt sich zum

einen damit begründen, dass man in der Aufhebung schon keinen Eigentumswechsel sieht, andernfalls kommt es entsprechend der obigen Ausführungen zu einer Anwendung der Befreiungsvorschrift des §§ 7 Abs. 1, 5 Abs. 2 GrEStG,63 sofern keine Zahlung eines Wertausgleiches erfolgt.

58 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 4 WEG Rz. 8 m.w.N. 59 Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 23. 60 Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 138; Spiegelberger in Staudinger, BGB, Anh. zum WEG Rz. 204. 61 Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 23. 62 Dafür etwa Commichau in MünchKomm/BGB, § 4 WEG Rz. 21; Rapp in Staudinger, § 4 WEG Rz. 23; dagegen etwa Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 47; im Grundsatz auch: LG Marburg v. 9.6.1995 – 3 T 98/95, DNotI-Rep 1996, 207. 63 Spiegelberger in Staudinger, BGB, Anh. zum WEG Rz. 204.

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Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums | § 5

6. Zustimmung dinglicher Berechtigter Die Begründung von Sondereigentum bedarf grundsätzlich dann nicht der Zustimmung ding- 43 licher Berechtigter in der Form des § 29 GBO, wenn das Grundstück als Ganzes oder alle Miteigentumsanteile mit einem Gesamtrecht belastet sind (dazu bereits § 2 Rz. 12; § 3 Rz. 11 ff.),64 dies gilt auch im Hinblick auf das Rangklassenprivileg nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG. Beispiel: Eine am ganzen Grundstück bestehende Grundschuld wandelt sich bei einer vertraglichen Begründung von Wohnungs- und Teileigentum in eine Gesamtgrundschuld an allen Anteilen um (§§ 1192 Abs. 1, 1132, 1114 BGB).65 Dem Gläubiger bleibt damit die Haftungsgrundlage erhalten. Etwas anderes gilt damit, sofern die Belastungen nicht das Grundstück im Ganzen erfassen.66 44 Beispiel: Sollte vor der Aufteilung ein Grundpfandrecht ausnahmsweise nur an einem Miteigentumsanteil bestehen, bedarf es der Zustimmung des Gläubigers dieses Miteigentumsanteils nach §§ 876, 877 BGB.67 Zu bestehenden Dienstbarkeiten an einem Miteigentumsanteil, z.B. Wohnungsrecht, Vorkaufs- 45 rechte vgl. bereits § 3 Rz. 14 f. Zur Zustimmung dinglicher Berechtigter bei Aufhebung von Wohnungseigentum s. auch 46 OLG Frankfurt v. 1.10.1999 – 20 W 211/97, DNotZ 2000, 778 und Röll, DNotZ 2000, 749–752 (Entscheidungsbesprechung).

VI. Kosten Der für den Erwerb, die Aufhebung oder Löschung von Sondereigentum zugrunde zu legende 47 Geschäftswert bestimmt sich nach § 42 Abs. 1 GNotKG und entspricht dem Wert des bebauten Grundstücks, bei noch zu errichtendem Gebäude ist der Wert des Gebäudes hinzuzurechnen. Für die Beurkundung des schuldrechtlichen Verpflichtungsvertrages ist eine Gebühr nach Nr. 21100 KV GNotKG (2,0) bei Teilung nach § 3 WEG, für die Teilungserklärung nach § 8 WEG die Gebühr nach Nr. 21200 (1,0) zu erheben. Für die Eintragung der vertraglichen Einräumung und Aufhebung durch das Grundbuchamt 48 fallen Kosten an, die sich nach § 42 Abs. 1 GNotKG richten und eine 1,0 Gebühr nach Nr. 14112 KV GNotKG bei Begründung nach § 8 WEG, zusätzlich die Gebühr nach Nr. 14110 KV GNotKG, wenn sich dadurch die Eigentumsverhältnisse ändern.

§5 Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums (1) Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß § 3 Abs. 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das

64 BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250 = NJW 1968, 499; Commichau in MünchKomm/ BGB, § 3 WEG Rz. 8 und § 4 WEG Rz. 23; im Übrigen die Hinweise bei § 3 Rz. 11 ff. 65 Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 29 m.w.N. 66 Commichau in MünchKomm-BGB, § 4 WEG Rz. 23. 67 Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 30 m.w.N.

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Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums | § 5

6. Zustimmung dinglicher Berechtigter Die Begründung von Sondereigentum bedarf grundsätzlich dann nicht der Zustimmung ding- 43 licher Berechtigter in der Form des § 29 GBO, wenn das Grundstück als Ganzes oder alle Miteigentumsanteile mit einem Gesamtrecht belastet sind (dazu bereits § 2 Rz. 12; § 3 Rz. 11 ff.),64 dies gilt auch im Hinblick auf das Rangklassenprivileg nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG. Beispiel: Eine am ganzen Grundstück bestehende Grundschuld wandelt sich bei einer vertraglichen Begründung von Wohnungs- und Teileigentum in eine Gesamtgrundschuld an allen Anteilen um (§§ 1192 Abs. 1, 1132, 1114 BGB).65 Dem Gläubiger bleibt damit die Haftungsgrundlage erhalten. Etwas anderes gilt damit, sofern die Belastungen nicht das Grundstück im Ganzen erfassen.66 44 Beispiel: Sollte vor der Aufteilung ein Grundpfandrecht ausnahmsweise nur an einem Miteigentumsanteil bestehen, bedarf es der Zustimmung des Gläubigers dieses Miteigentumsanteils nach §§ 876, 877 BGB.67 Zu bestehenden Dienstbarkeiten an einem Miteigentumsanteil, z.B. Wohnungsrecht, Vorkaufs- 45 rechte vgl. bereits § 3 Rz. 14 f. Zur Zustimmung dinglicher Berechtigter bei Aufhebung von Wohnungseigentum s. auch 46 OLG Frankfurt v. 1.10.1999 – 20 W 211/97, DNotZ 2000, 778 und Röll, DNotZ 2000, 749–752 (Entscheidungsbesprechung).

VI. Kosten Der für den Erwerb, die Aufhebung oder Löschung von Sondereigentum zugrunde zu legende 47 Geschäftswert bestimmt sich nach § 42 Abs. 1 GNotKG und entspricht dem Wert des bebauten Grundstücks, bei noch zu errichtendem Gebäude ist der Wert des Gebäudes hinzuzurechnen. Für die Beurkundung des schuldrechtlichen Verpflichtungsvertrages ist eine Gebühr nach Nr. 21100 KV GNotKG (2,0) bei Teilung nach § 3 WEG, für die Teilungserklärung nach § 8 WEG die Gebühr nach Nr. 21200 (1,0) zu erheben. Für die Eintragung der vertraglichen Einräumung und Aufhebung durch das Grundbuchamt 48 fallen Kosten an, die sich nach § 42 Abs. 1 GNotKG richten und eine 1,0 Gebühr nach Nr. 14112 KV GNotKG bei Begründung nach § 8 WEG, zusätzlich die Gebühr nach Nr. 14110 KV GNotKG, wenn sich dadurch die Eigentumsverhältnisse ändern.

§5 Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums (1) Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß § 3 Abs. 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das

64 BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250 = NJW 1968, 499; Commichau in MünchKomm/ BGB, § 3 WEG Rz. 8 und § 4 WEG Rz. 23; im Übrigen die Hinweise bei § 3 Rz. 11 ff. 65 Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 29 m.w.N. 66 Commichau in MünchKomm-BGB, § 4 WEG Rz. 23. 67 Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG Rz. 30 m.w.N.

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§ 5 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums nach § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. (2) Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, sind nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. (3) Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, dass Bestandteile des Gebäudes, die Gegenstand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören. (4) Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander können nach den Vorschriften des 2. und 3. Abschnittes zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden. Ist das Wohnungseigentum mit der Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder der Reallast eines Dritten belastet, so ist dessen nach anderen Rechtsvorschriften notwendige Zustimmung zu der Vereinbarung nur erforderlich, wenn ein Sondernutzungsrecht begründet oder ein mit dem Wohnungseigentum verbundenes Sondernutzungsrecht aufgehoben, geändert oder übertragen wird. Bei der Begründung eines Sondernutzungsrechts ist die Zustimmung des Dritten nicht erforderlich, wenn durch die Vereinbarung gleichzeitig das zu seinen Gunsten belastete Wohnungseigentum mit einem Sondernutzungsrecht verbunden wird. I. 1. 2. II. 1. 2. 3. III. 1. 2. 3.

Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwingender Charakter . . . . . . . . . . . . . . Gegenstand des Sondereigentums (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Räume (Abs. 1, 1. Alt.) . . . . . . . . . . . . . . Gebäudebestandteile der Räume (Abs. 1, 2. Alt.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung des Sondereigentums . . . . . Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums (Abs. 3 und § 1 Abs. 5) . . . Das Grundstück (§ 1 Abs. 5) . . . . . . . . . Konstruktive und sicherheitsrelevante Teile (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Äußere Gestaltung des Gebäudes (Abs. 1, letzter Halbs.) . . . . . . . . . . . . . .

1 1 6 9 9 14 17 22 22 24

4. Gemeinschaftseigentum kraft gemeinschaftlichen Gebrauchs (Abs. 2) . . . . . . 5. Gemeinschaftseigentum kraft Vereinbarung (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Inhalt des Sondereigentums (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gemeinschaftsordnung als Inhalt des Sondereigentums (Satz 1) . . . . . . . . . . . 2. Zustimmung dinglich Berechtigter zu Vereinbarungen (Satz 2 u. 3) . . . . . . . . . 3. Mit-Sondereigentum, abgesondertes Miteigentum und Nachbareigentum . . 4. Sondernutzungsrechte . . . . . . . . . . . . . . V. Übersicht zur Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum . . .

27 33 35 35 40 48 52 61

26

Schrifttum: Bielefeld, Verbrauchszähler im Wohnungseigentum: Sonder- oder Gemeinschaftseigentum?, NZM 1998, 249; Brambring, Die Zustimmung von Drittberechtigten zur Änderung der Gemeinschaftsordnung nach der Novelle zum WEG, DNotZ 1979, 155; Conitz, Ist die Heizungszentrale einer Wohnungseigentümergemeinschaft bei Mitversorgung fremder Wohngebäude sondereigentumsfähig?, Rpfleger 1973, 390; Deckert, Fenster-Eigentum nach wie vor häufig im Streit, WE 1992, 90; Drasdo, Das Sondernutzungsrecht, NJW-Spezial 2011, 225; Drasdo, Ausgewählte Probleme zum Sondernutzungsrecht unter WEG, NJW-Spezial 2014, 353; Drasdo, Die Begründung von Kostentragungspflichten bei der Einräumung von Sondernutzungsrechten, RNotZ 2018, 94; Eichhorn, Sondereigentum und/oder Gemeinschaftseigentum, WE 2004, 58; Elzer, Aktuelle Entwicklungen zu Grundlagen und Umfang eines Sondernutzungsrechts, MietRB 2012, 373 = NotBZ 2013, 289; Elzer, Überlegungen zum Entwurf einer Gemeinschaftsordnung für eine Mehrhausanlage vor dem Spiegel aktueller BGH-Rechtsprechung, notar 2016, 201; Elzer, Verdinglichung eines „schuldrechtlichen“ Sondernutzungsrechts am Beispiel von KfzStellplätzen, NZM 2016, 529; Elzer, Aktuelle Rechtsprechung zu Sondernutzungsrechten, NotBZ 2019, 1; Falkner, Sondernutzungsrechte – Übertragung und gestreckte Begründung, ZNotP 2017, 251; Falkner, Ausgewählte Probleme bei der vertraglichen Gestaltung und dem Vollzug von Sondernutzungsrechten

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Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums | § 5 im Wohnungseigentumsrecht, in: Weber (Hrsg.), Aktuelle Herausforderungen im Immobilienrecht, 2017, 83; Francastel, Die Begründung von Sondernutzungsrechten in der notariellen Praxis, RNotZ 2015, 385 Gaier, Unterteilung von Wohnungseigentum, FS für Wenzel, 2005, S. 145; Gleichmann, Sondereigentumsfähigkeit von Doppelstockgaragen, Rpfleger 1988, 10; Grziwotz, Die Heizungsanlage – Wärmelieferungsvertrag statt Gemeinschaftseigentum, MietRB 2010, 152; Grziwotz, Die Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum, NotBZ 2013, 161; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2003; Häublein, Die Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum durch den BGH und deren Folgen für die notarielle Gestaltungspraxis, notar 2016, 179; Häublein, Wem gehört die Fußbodenheizung, ZMR 2016, 935; Hansen/Brandt, Die Folgen einer missglückten Sondereigentumszuweisung in der Teilungserklärung, WuM 2016, 647; Heinemann, Nachbareigentum im Wohnungseigentumsrecht, ZMR 2016, 680; Heinemann, Das Dach – sondereigentumsfähig?, ZMR 2017, 716; Hogenschurz, Neues zur Begründung von Sondereigentumsrechten im Wohnungseigentumsrecht, ZfIR 2012, 174; Hogenschurz, Sondernutzungsrecht als Sonderbaurecht?, ZMR 2013, 250; Hügel, Sicherheit durch § 12 WEG bei der abschnittsweisen Errichtung von Mehrhausanlagen, DNotZ 2003, 517; Hügel, Die Mehrhausanlage nach der Reform des WEG, NZM 2010, 8; Hügel, Über die Grenzen des Sondereigentums, DNotZ 2013, 487; Hügel, Sondernutzungsrechte am Sondereigentum, DNotZ 2014, 403; Hügel, Bauliche Veränderungen des Wohnungseigentums – terra incognita für den Notar?, NotBZ 2018, 20; Hügel, Der gesetzliche Eigentumsübergang an Gebäudebestandteilen, ZMR 2018, 113; Hügel/Elzer, Vereinbarungen zum Sondereigentum?, DNotZ 2012, 4; Hurst, „Mit-Sondereigentum“ und „-abgesondertes Miteigentum“, noch ungelöste Probleme des Wohnungseigentumsgesetzes, DNotZ 1968, 131; Hurst, Das Eigentum an der Heizungsanlage, DNotZ 1984, 66; Kahlen, Balkone in Wohnungseigentumsanlagen, ZMR 1989, 168; Kruse, Wärmelieferungsverträge (Contracting) in der notariellen Praxis, RNotZ 2011, 65; Lutz, Das gemeinschaftliche Sondernutzungsrecht in der notariellen Praxis, NotBZ 2014, 209; Meffert, Entbehrlichkeit der Zustimmung dinglich Berechtigter zu Vereinbarungen der Wohnungseigentümer gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 und 3 WEG n.F., ZMR 2007, 517; Merle, Die Sondereigentumsfähigkeit von Garagenstellplätzen auf dem nicht überdachten Oberdeck eines Gebäudes, Rpfleger 1977, 196; Müller, Welches Sondereigentum ist „betroffen“ im Sinne von KV Nr. 14160 Ziffer 5?, MittBayNot 2015, 18; Ott, Die Abgrenzung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum, MietRB 2004, 126; Ott, Die Sondereigentumsfähigkeit von Terrassen, BWNotZ 2015, 130; Ott, Sondernutzungsrechte in der notariellen Praxis, NZM 2017, 1; Rapp, Verdinglichte Ermächtigungen in der Teilungserklärung, MittBayNot 1998, 77; Rastätter, Aktuelle Probleme bei der Beurkundung von Teilungserklärungen, BWNotZ 1988, 134; Reinold, Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten bei der Veräußerung von nicht sondereigentumsfähigen Stellplätzen, MittBayNot 2001, 540; Riecke, Die Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum im Wohnungseigentumsrecht, BTR 2003, 11; Roll, Vereinbarungen über Änderung der Gemeinschaftsordnung durch Mehrheitsbeschluss, DNotZ 1982, 731; Röll, Teilungserklärung und Entstehung des Wohnungseigentums, 1975; Röll, Rechtsfragen bei der Errichtung von Eigentumswohnungen in mehreren Bauabschnitten, DNotZ 1977, 69; Röll, Sondereigentum an Heizungsräumen und deren Zugangsflächen, DNotZ 1986, 706; Röll, Zum Sondereigentum an Eingangsfluren, DNotZ 1987, 238; Röll, Das Eingangsflurproblem und der gutgläubige Erwerb von Wohnungseigentum, MittBayNot 1988, 22; Röll, Zur Frage der Begründung von Sondereigentum an Tiefgaragenstellplätzen, DNotZ 1988, 323; Röll, Garagenstellplätze und Gebäudeeigenschaft, DNotZ 1992, 221; Röll, Sondereigentum an zentralen Versorgungsanlagen und ihren Zugangsräumen, Rpfleger 1992, 94; Röll, Das Eingangsflurproblem bei der Unterteilung von Eigentumswohnungen, DNotZ 1998, 345; Röll, Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrechts, ZWE 2000, 343; Röll, Ermächtigung zur Begründung von Sondereigentum in der Gemeinschaftsordnung, ZWE 2000, 446; Sauren, Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums, FS für Bärmann/Weitnauer 1985, S. 37; Sauren, Mit-Sondereigentum – eine Bilanz, DNotZ 1988, 667; Sauren, Die Sondereigentumsfähigkeit nicht überdachter Garagenstellplätze eines Gebäudes, Rpfleger 1999, 14; Sauren, Sind Beschlüsse, die Vereinbarungen abändern, ohne Zustimmung der dinglich Berechtigten unwirksam (§ 5 Abs. 4 WEG)?, ZMR 2008, 514; Schäfer, Von der Abstellkammer zum Fahrstuhl, Rpfleger 2001, 67; Schlüter, Gehören Thermostatventile zum Sondereigentum?, ZMR 2011, 935; Schmid, Wärmecontracting in der Wohnungseigentümergemeinschaft, CuR 2004, 45; Schmid, Die Heizung und ihre Peripherie, ZMR 2008, 862; Schmid, Heizkörper als Sondereigentum, MDR 2011, 1081; Schmid, Heizkörper als Sondereigentum, MietRB 2011, 362; Schmid, Pflanzen auf Sondernutzungsflächen der Wohnungseigentümer, ZAP 2011, Fach 7, 1137; Schmidt, Sondereigentum an Stellplätzen auf dem Garagenoberdeck, DNotZ 1984, 704; Schmidt, Wohnungseigentum bei Mehrhausanlagen, BWNotZ 1989, 49; Schmidt F., Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums, FS für Bärmann/Weitnauer, 1985, u. MittBayNot 1985, 237; Schmidt F., Balkone als Sondereigentum, MittBayNot 2001, 442; Schmidt, Sichere Gestaltung einer Mehrhausanlage, ZWE 2002, 118; Schmidt, Rohrsanierungen auf Druck der Gebäudeversicherung – Ein-

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§ 5 Rz. 1 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums griffe in das Sondereigentum, ZMR 2005, 669; Schmitz, Aktuelles zum WEG: Die Sondereigentumsfähigkeit von Heizungsanlagen, MittBayNot 2012, 180; Schneider, Sondernutzungsrechte im Grundbuch, Rpfleger 1998, 9; Schneider, Die sachenrechtliche Zuordnung von Rauchwarnmeldern in Eigentumswohnanlagen, ZMR 2010, 822; Schropp, Gemeinschafts- oder Sondereigentum am Heizwerk sowie an Heizungssträngen und -anlagen, Rpfleger 1974, 91; Schüller, Änderungen von Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen, RNotZ 2011, 203; Schultz, Der Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungseigentumsanlagen, ZWE 2011, 21; Spielbauer, Sondernutzungsrechte – Begriff, Begründung, Übertragbarkeit und guter Glaube, ZWE 2017, 19; Suilmann, Blockheizkraftwerk und Gestaltung der Teilungserklärung, ZWE 2014, 302; Suilmann, Blockheizkraftwerk und Gestaltung der Teilungserklärung, in: Grziwotz (Hrsg.), Notarielle Vertragsgestaltung im Immobilienrecht, 2014, 139; Tank, Sondernutzungsrechte, MietRB 2016, 275; Wanderer, Zur eigentumsrechtlichen Einordnung von Heizkostenverteilern, ZMR 2015, 438; Weitnauer, Begründung von Wohnungseigentum und isolierter Miteigentumsanteil, MittBayNot 1991, 143; Weitnauer, Zur Entstehung des WEG, ZWE 2001, 126.

I. Überblick 1. Regelungsinhalt 1 Die Vorschrift regelt Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums unter verschiedenen As-

pekten. Während sich die ersten beiden Absätze, insoweit im Zusammenhang mit § 1 Abs. 5, mit der Abgrenzung zwischen Gemeinschafts- und Sondereigentum befassen und hierbei auf die baulichen und technischen Voraussetzungen abstellen, enthalten die Abs. 3 und 4 die Möglichkeit, Gemeinschafts- und Sondereigentum sowie den Inhalt des Sondereigentums durch Vereinbarung zu bestimmen. 2 Abs. 1 definiert das Sondereigentum in Anknüpfung an die Raumeigenschaft gem. § 3 Abs. 1

und i.V.m. dem Bestandteilsbegriff (§ 93 BGB), wobei im Hinblick auf die Gemeinschaftsbezogenheit des Wohnungs- und Teileigentums der Begriff des Sondereigentums durch das Gemeinschaftseigentum, das Sondereigentum der anderen Eigentümer und die Gesamtgestaltung des Gebäudes zusätzlich begrenzt wird. 3 Abs. 2 führt zu einer weiteren Beschränkung der Möglichkeit von Sondereigentum, indem in

Ergänzung zu § 1 Abs. 5 das zwingende Gemeinschaftseigentum festgelegt wird. Dies erfolgt einerseits durch Bezugnahme auf bautechnische und baupolizeiliche Kriterien sowie andererseits im Hinblick auf die Notwendigkeit des gemeinschaftlichen Gebrauchs. Aus der ersten Komponente kann gefolgert werden, dass diesbezüglich wohl keine auf Dauer festgelegten, unabänderlichen Notwendigkeiten bestehen. Vielmehr erweist sich die Vorschrift im Hinblick auf technische Neuerungen und Änderungen der Sicherheitsstandards offen für einen insoweit „dynamischen“ Begriff des Gemeinschaftseigentums. 4 Abs. 3 stellt klar, dass nicht nur Sondereigentum begründet werden kann, sondern dass dies

auch im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum durch Vereinbarung möglich ist. Zugleich zeigt diese Bestimmung, dass es nicht nur, wie dies häufig wiederholt wird, eine Vermutung für das Gemeinschaftseigentum gibt,1 sondern auch in begrenztem Umfang eine Vermutung

1 S. nur BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 = MDR 1996, 139 = DNotZ 1996, 289 = NJW 1995, 2851; OLG Düsseldorf v. 20.12.1985 – 3 Wx 345/85, Rpfleger 1986, 131; OLG Düsseldorf v. 5.4.2000 – 3 Wx 334/99, NZM 2000, 765; BayObLG v. 28.9.1981 – BReg.2 Z 68/81, MDR 1982, 148 = DNotZ 1982, 244; OLG Hamburg v. 14.3.2003 – 2 Wx 2/00, ZMR 2003, 527; OLG München v. 22.2.2006 – 34 Wx 133/05, MDR 2006, 1400 = MietRB 2006, 166 = NZM 2006, 635; Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 1; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 5 WEG Rz. 7; Bärmann/Pick, § 5 WEG Rz. 4; Augustin in BGB/RGRK, § 5 WEG Rz. 3 und 6; einschränkend bereits Grziwotz in Erman, BGB, § 5 WEG Rz. 2.

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I. Überblick | Rz. 7 § 5

für Sondereigentum besteht, die nur durch die ausdrückliche Vereinbarung von Gemeinschaftseigentum wiederum umgekehrt werden kann. Abs. 4 lässt es – ähnlich wie beim Erbbaurecht (vgl. § 2 ErbbauRG) – zu, dass durch Verein- 5 barung der Inhalt des Sondereigentums festgelegt wird. Auf diese Weise können die Wohnungs- und Teileigentümer mit dinglicher Wirkung ihr körperschaftliches Verhältnis im Sachenrecht festlegen. Anders als beim Erbbaurecht ist nicht das Rechtsverhältnis zwischen (Grund-)Eigentümer und Erbbauberechtigtem (= Gebäudeeigentümer), also eine zweiseitige Vertragsbeziehung betroffen, sondern das Verhältnis der Sondereigentümer, die gleichzeitig Miteigentümer am Gemeinschaftseigentum sind, untereinander, also ein mehrseitiges Rechtsverhältnis. Ferner hat der Gesetzgeber im Rahmen der WEG-Novelle zu Vereinbarungen das Zustimmungserfordernis Dritter, denen am Wohnungs- bzw. Teileigentum Rechte zustehen, geregelt.

2. Zwingender Charakter § 5 ist eine sachenrechtliche Norm und unterliegt deshalb dem sachenrechtlichen numerus 6 clausus und Typenzwang. Die Vorschrift ist zwingend, unabdingbar und kann auch aus Billigkeitserwägungen nicht relativiert werden.2 Allerdings enthält Abs. 3 von diesem strengen sachenrechtlichen Grundsatz eine Ausnahme zugunsten des Gemeinschaftseigentums.3 Zudem lässt Abs. 4 die Festlegung des Inhalts des Sondereigentums durch Vereinbarung zu. Es kann deshalb nicht pauschal gesagt werden, dass die Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum unabdingbar ist.4 Die in Abs. 2 enthaltene Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum ist zudem mit gewissen Unschärfen verbunden. Was für die Sicherheit eines Gebäudes erforderlich ist, unterliegt nämlich, wie die zahlreichen Novellierungen der Bauordnungen gezeigt haben, einem Anschauungswandel, so dass die diesbezüglichen Grenzen nicht „versteinert“ sind. Bedeutung hat die vorstehende Streitfrage (Rz. 6) bei (freistehenden) Einfamilienhäusern, bei 7 Reihenhäusern einschließlich Doppelhäusern und bei Mehrhausanlagen. Bei ihnen sind nach herrschender Meinung alle tragenden Teile des Gebäudes wie Fundamente, statisch wesentliche Mauern, Balken- und Trägerkonstruktion, Dach, Schornstein, Bodenplatten und Isolierung der Balkone zwingend Gemeinschaftseigentum.5 Jedenfalls bei freistehenden Häusern, bei denen die jeweiligen Gebäude ausschließlich der Nutzung eines Eigentümers dienen, ist die herrschende Meinung jedoch wenig überzeugend. Die Teile des jeweiligen Gebäudes sind 2 BGH v. 3.4.1968 – V ZB 14/67, BGHZ 50, 56 = NJW 1968, 1230 und OLG Schleswig v. 6.3.2006 – 2 W 13/06, MittBayNot 2008, 45; Böttcher, ZNotP 2013, 128 (131); Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 1; Commichau in MünchKomm/BGB, § 5 WEG Rz. 1; Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 3; Sauren, § 5 WEG Rz. 1. 3 Nicht umgekehrt (vgl. BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = MietRB 2013, 147 = DNotZ 2013, 522 = MittBayNot 2013, 304 = NJW 2013, 1154 = NZM 2013, 272 = Rpfleger 2013, 318 = WuM 2013, 244 = ZfIR 2013, 377 = ZMR 2013, 454). 4 Augustin in BGB/RGRK, § 5 WEG Rz. 1. 5 So BGH v. 3.4.1968 – V ZB 14/67, BGHZ 50, 56 = NJW 1968, 1230; BGH v. 25.1.2001 – VII ZR 193/ 99, BauR 2001, 798 = MittBayNot 2001, 479 = NJW-RR 2001, 800 = NZBau 2001, 265 = NZM 2001, 435; OLG Karlsruhe v. 28.12.1977 – 3 W 15/77, OLGZ 1978, 175; OLG Schleswig v. 15.8.1967 – 2 W 87/67, NJW 1967, 2080; BayObLG v. 21.7.1980 – BReg.2 Z 33/80, DNotZ 1982, 250; BayObLG v. 30.3.2000 – 2Z BR 2/00, ZfIR 2000, 376; BayObLG v. 30.3.1993 – 2Z BR 11/93, NJW-RR 1993, 1039; OLG Düsseldorf v. 5.11.2003 – 3 Wx 235/240/03, DNotZ 2004, 630 = WuM 2004, 111 = ZMR 2004, 280; OLG Düsseldorf v. 2.7.2004 – I-3 Wx 318/03, ZfIR 2004, 778; OLG München v. 26.4.2012 – 34 Wx 558/11, BeckRS 2012, 14120 = RNotZ 2012, 445; vgl. auch Rastätter, BWNotZ 1988, 134 (136); Schäuble in Soergel, BGB, § 5 WEG Rz. 5; Ruge/Röll in Schreiber, Hdb. Immobilienrecht, 3. Aufl. 2011, Kap. 9 Rz. 117.

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§ 5 Rz. 7 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums für Bestand und Sicherheit des anderen Gebäudes nicht erforderlich; sie dienen auch nicht dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer. Insofern steht der Gesetzeswortlaut, jedenfalls bei einer teleologischen Einschränkung, der Sondereigentumsbildung an den einzelnen Gebäuden nicht entgegen.6 Folgt man dieser, der h.M. widersprechenden Auffassung, wirken die Vereinbarung von Sondernutzungsrechten an den gesamten Häusern und die Regelungen über das Stimmrecht, die (scheinbar) getrennten Versammlungen sowie die Gebrauchs- und Kostentragung gekünstelt.7 Das Gemeinschaftseigentum besteht nach dieser Auffassung noch am Grundstück, gemeinsamen Zufahrtsflächen und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen, wie z.B. einem Spielplatz. 8 Für die Abgrenzung von Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum ist die Grundbuchein-

tragung in Verbindung mit den in den Grundakten befindlichen, in Bezug genommenen Unterlagen maßgeblich.8 Eine abweichende Rechtsauffassung der Beteiligten oder des Urkundsnotars ist nicht von Bedeutung.9 Ist im Aufteilungsplan ein Sondereigentum ausgewiesen, obwohl es sich kraft Gesetzes um zwingendes Gemeinschaftseigentum handelt, so entsteht Gemeinschaftseigentum; das Grundbuch ist insoweit unrichtig, so dass ihm auch diesbezüglich kein guter Glaube zukommt.10

II. Gegenstand des Sondereigentums (Abs. 1) 1. Räume (Abs. 1, 1. Alt.) 9 Das Gesetz nennt als Gegenstand des Sondereigentums als erstes „die gemäß § 3 Abs. 1 be-

stimmten Räume“. Die Verweisung betrifft sämtliche Räume, aus denen eine Wohnungs- oder Teileigentumseinheit gebildet wird. Die zahlreichen Versuche, den Raum eigentumsrechtlich zu definieren, sind in der Sache zutreffend, aber überflüssig. Dies gilt für die Ansicht, dass es sich um den Luftraum innerhalb einer Ummauerung handle,11 aber auch für die Abgrenzung des Raums durch seine Dreidimensionalität, wobei alle Wände von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität gekennzeichnet sein müssen und die Zugänge abschließbar.12 Bei dieser Begriffsbestimmung vermischen sich der Raum und die Frage der Abgeschlossenheit. Auch der Hinweis auf den allgemeinen Sprachgebrauch der „eigenen vier Wände“ ist wenig hilf-

6 Ebenso Bärmann/Pick, § 5 WEG Rz. 15; Pick in Bärmann/Pick/Merle, 9. Aufl. 2003, § 5 WEG Rz. 42 (a.A. nunmehr Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 32 und bereits Grziwotz in Erman, BGB, § 5 WEG Rz. 8. Ebenso früher OLG Köln v. 17.7.1961 – 8 W 188/60, NJW 1962, 156 und OLG Frankfurt v. 9.1.1963 – W 256/62, NJW 1963, 814. 7 S. dazu Hügel, NZM 2010, 8 ff.; Elzer, notar 2016, 201 (202 ff.) und DNotI-Report 2013, 169 ff. Vgl. BGH v. 23.6.2010 – VIII ZR 227/09, MietRB 2010, 288 = NJW 2010, 3228 = NZM 2010, 781 = ZMR 2010, 933 und LG Köln v. 26.11.2009 – 29 S 63/09, MietRB 2010, 270 = IMR 2010, 60. 8 Zu Widersprüchen s. nur OLG Hamm v. 3.11.2011 – 15 Wx 582/10, NJW-RR 2012, 592 = ZMR 2012, 288; OLG Frankfurt v. 1.11.2012 – 20 W 12/08, MietRB 2013, 48 = NZM 2013, 153 = RNotZ 2013, 108 = ZMR 2013, 296 und OLG München v. 27.6.2012 – 34 Wx 71/12, MietRB 2012, 266 = BeckRS 2012, 17369 = ZfIR 2012, 719 LS. 9 BayObLG v. 23.5.1991 – BReg.2 Z 55/91, MDR 1991, 898 = NJW-RR 1991, 1356. 10 OLG Düsseldorf v. 20.12.1985 – 3 Wx 345/85, Rpfleger 1986, 131 und OLG München v. 26.9.2005 – 34 Wx 74/05, NJW-RR 2006, 87 = NZM 2006, 704; teilw. abw. OLG Karlsruhe v. 5.5.2000 – 11 Wx 71/99, NZM 2002, 220 (insoweit Nichtigkeit der Aufteilung). Zur Möglichkeit einer Umdeutung in ein Sondernutzungsrecht und eine Kostentragungsregelung s. nur OLG Hamm v. 30.5.1996 – 15 W 412/95, ZMR 1996, 503. 11 So Röll, DNotZ 1977, 69 (70). Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 4.2.1994 – 3 Wx 382/93, DNotZ 1995, 82; Augustin in BGB/RGRK, § 5 WEG Rz. 11 („lichter Raum“) und Then in Spielbauer/Then, § 5 WEG Rz. 2 („lichter Raum“). 12 So Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 5.

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II. Gegenstand des Sondereigentums (Abs. 1) | Rz. 13 § 5

reich, da der Raum in Form eines Kegels durch zwei Wände, beim Zylinder durch drei Wände und beim Quader durch sechs Seiten abgeschlossen wird. Wie im Baurecht genügt es, den Raum als Teil eines Gebäudes zu kennzeichnen. Es handelt sich um einen allgemein gebräuchlichen Begriff, der nicht näher definiert werden muss.13 Entscheidend ist, dass die Raumeigenschaft nicht mit der Frage der Abgeschlossenheit iden- 10 tisch ist. Einzelne Räume in der Wohnung, die über keine abschließbare Tür verfügen, sind in ihrer Gesamtheit sondereigentumsfähig. Auch der in den Begriff hineininterpretierte Bestandteil, dass die Begrenzungen der Räume „eine gewisse Dauerhaftigkeit und Stabilität aufweisen müssen“,14 vermischt wiederum die Frage der Abgeschlossenheit und der Raumeigenschaft. Es ist deshalb unerheblich, ob es sich bei den Wänden, die Räume abschließen, um Schiebewände handelt. Dies zeigt sich bereits darin, dass sogar die Abgeschlossenheit nicht deshalb zu verneinen wäre, weil mittels einer Schiebewand der Raum nach einer Seite bestimmte Zeiträume geöffnet, aber danach auch wieder mittels eines Schlosses abgesperrt werden könnte.15 Das Verhältnis von Raumeigenschaft und Abgeschlossenheit hat Bedeutung für eine vom Auf- 11 teilungsplan abweichende Bauausführung sowie für die Sondereigentumsfähigkeit von Balkonräumen und Dachterrassen.16 Wenn § 3 Abs. 2 Satz 2 die Abgeschlossenheit und – unsystematisch – auch die Raumeigenschaft von Garagenstellplätzen fingiert, darf daraus allerdings nicht geschlossen werden, dass generell für den Begriff des Raumes auf eine Abgeschlossenheit verzichtet werden kann. § 3 Abs. 2 Satz 2 stellt nach der hier vertretenen Auffassung eine Fiktion dar, die eine Sondereigentumsfähigkeit der Garagenstellplätze durch die Fiktion der Raumeigenschaft herstellt.17 Räume sind auch Nebenräume. Diese können in dem Bauwerk liegen, in dem sich auch die 12 abgeschlossene Wohnungs- oder Teileigentumseinheit befindet, wie z.B. Kellerräume, Hobbyräume, Abstellräume, Raum mit WC18 etc. Sie können aber auch außerhalb des vorbezeichneten Gebäudes liegen, wie z.B. eine (Einzel-)Garage, ein Geräteraum, ein Gewächshaus, ein Gartenhaus, eine Blockhütte für eine Sauna, ein Gebäude für ein Schwimmbad, eine Lagerhalle etc. Sie können sich bei einer Mehrhausanlage auch in einem anderen Gebäude als die Wohnungs- und Teileigentumseinheit befinden (z.B. Keller im weiteren Haus, Garage im Garagengebäude). In der Praxis empfiehlt sich folgende Prüfungsreihenfolge:19 13 – Sondereigentum an Räumen ist nach h.M. nur möglich, wenn die Wohnungs- und Teileigentümer nicht zwingend auf die Benutzung des Raumes angewiesen sind, andernfalls liegt Gemeinschaftseigentum vor.

13 S. nur Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, BayBO, Stand: Juli 2018, Art. 2 Rz. 158. Zum Gebäudebegriff s. nur OLG Schleswig v. 19.4.2016 – 2 Wx 12/16, FGPrax 2016, 155 = ZMR 2016, 898 = ZWE 2016, 371. 14 So Dickersbach in 1. Aufl., § 5 WEG Rz. 7 unter unzutreffendem Hinweis auf BGH v. 14.2.1991 – V ZB 12/90, NJW 1991, 1611 (1612) = DNotZ 1991, 474, wo es bei der Vorlagefrage an den GmSOGB allein um die Frage der Abgeschlossenheit im Wohnungseigentumsrecht und im Baurecht ging. 15 Ähnlich Armbrüster, ZWE 2005, 182 (190) im Anschluss an Merle, WE 1992, 11 (12); vgl. auch Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 11, 13 und 15. 16 Vgl. Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 16. S. dazu auch BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, MDR 2016, 147 = NJW 2016, 473 = DNotZ 2016, 278 = GE 2016, 198 = NotBZ 2016, 139 = NZM 2016, 132 = ZfIR 2016, 276 = ZMR 2016, 215 = ZNotP 2015, 421. 17 Nach a.A. setzt § 3 Abs. 2 Satz 2 keine Raumeigenschaft voraus. Wäre dies richtig, müssten Garagenstellplätze auf dem Grundstück ebenfalls sondereigentumsfähig sein. 18 OLG Nürnberg v. 14.5.2012 – 10 W 1797/11, MietRB 2012, 301 = MDR 2012, 900 = NJW-RR 2012, 1414 = NZM 2012, 867 = NotBZ 2012, 397 = ZWE 2012, 317. 19 Nach Becker/Ott/Suilmann, WEG, 3. Aufl. 2015, Rz. 12 ff.

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§ 5 Rz. 13 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums – Sind die Bewohner nicht zwingend auf die gemeinschaftliche Benützung des Raumes angewiesen, setzt Sondereigentum eine diesbezügliche Erklärung in der Aufteilung (§§ 3, 8) voraus, da andernfalls Gemeinschaftseigentum vorliegt.

2. Gebäudebestandteile der Räume (Abs. 1, 2. Alt.) 14 Als weitere Durchbrechung der in §§ 93 und 94 BGB ausgesprochenen Grundsätze können

auch Gebäudeteile der Räume Sondereigentum sein. Diese Einstufung erfolgt – anders als bei Abs. 3 – nicht durch Erklärung der Eigentümer, sondern durch eigentumsrechtliche Zuordnung kraft Gesetzes. Dies spielt allerdings nur eine Rolle, sofern es sich um wesentliche Bestandteile handelt. Einfache (unwesentliche) Bestandteile können ohnehin Gegenstand besonderer Rechte sein. Insofern ist die Gesetzesformulierung ungenau, wenn lediglich von den zu den Räumen gehörenden Bestandteilen gesprochen wird, die durch den Relativsatz weiterhin eingeschränkt werden. Sie knüpft allerdings teilweise an den Gebäudebestandteilsbegriff nach § 94 Abs. 2 BGB an. Nach diesem Sondertatbestand kommt es nicht darauf an, ob die Bestandteile zur Herstellung einer Baulichkeit notwendig sind; ausreichend ist, dass die Bestandteile durch ihre Verbindung gerade mit dem Gebäude diesem eine besondere Eigenart, ein bestimmtes Gepräge geben. Auch Zubehör (§ 97 BGB) scheidet aus, da bei ihm bereits die Bestandteilseigenschaft fehlt. Nicht sondereigentumsfähig sind auch Scheinbestandteile (§ 95 BGB). Bei einfachen Bestandteilen, Scheinbestandteilen und dem Zubehör besteht normales, das heißt vom Wohnungs- und Teileigentum und dessen Unterteilung in Gemeinschafts- und Sondereigentum unabhängiges Eigentum, das in den normalen („gewöhnliches Eigentum“) Eigentumsformen des Gesamthandseigentums, des Miteigentums und des Alleineigentums bestehen kann.20

15 Voraussetzungen für die Bejahung der Sondereigentumsfähigkeit von Gebäudeteilen der Räu-

me sind somit: – Es muss sich nach allgemeinen Kriterien um einen wesentlichen Bestandteil eines Raumes handeln, der seinerseits Sondereigentum einer bestimmten Wohnungs- und Teileigentumseinheit ist. Zusätzlich muss ein besonderer Zusammenhang („gehörender“) des Bestandteils zu dem Raum vorliegen. Hierzu ist ein räumlicher, nicht nur ein funktionaler Zusammenhang21 erforderlich. Fehlt es nach der hier vertretenen Auffassung an einem konkreten räumlichen Zusammenhang, so liegt ein Bestandteil des Raumes nicht vor. Würde man hierauf verzichten und einen rein funktionalen Zusammenhang genügen lassen, wäre abweichend von sonstigen sachenrechtlichen Kriterien eine Sondereigentumsfähigkeit zu bejahen, die zu einem eigenständigen Bestandteilsbegriff führen würde. Bedeutung hat diese Abgrenzung für diejenigen Bestandteile, die sich außerhalb der Wohnungs- und Teileigentumseinheit befinden, der betreffenden Einheit jedoch dienen. Als Beispiele hierfür werden die Abwasserhebeanlage, die Klingelanlage und der eingemauerte Briefkasten genannt.22 Der enge räumliche Zusammenhang kann freilich auch durch eine Leitung zu den Räumen des Wohnungs- und Teileigentums vermittelt werden. Ähnlich dürfte dies auch sein, wenn zwar nicht durch eine körperliche Leitung, aber auf andere Weise, z.B. durch Funksignale, der enge räumliche Zusammenhang hergestellt wird.

20 OLG Düsseldorf v. 1.7.1994 – 3 Wx 334/94, NJW-RR 1995, 206; Wicke in Palandt, BGB, § 5 WEG Rz. 1 und Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 7. 21 Abw. Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 22 („funktionaler, dienender Zusammenhang“) und Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 22. Vgl. Häublein, notar 2016, 179 (185). S. dazu auch Häublein, notar 2016, 179 (185). 22 Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 22 und Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 22.

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II. Gegenstand des Sondereigentums (Abs. 1) | Rz. 17 § 5

– Nicht Sondereigentum können Raumbestandteile sein, wenn es sich um zwingendes Gemeinschaftseigentum nach Abs. 2 handelt. Geht man davon aus, dass auch im Rahmen des Abs. 1 die Eigentümer kein Bestimmungsrecht haben, so handelt es sich sowohl bei Abs. 1 als auch bei Abs. 2 um zwingende Vorschriften, bei denen keine Vorrang vor der anderen beanspruchen kann;23 beide Normen schließen sich begrifflich voraussetzungsgemäß aus. Insofern handelt es sich um eine weitere Prüfungsvoraussetzung, dass es sich bei den Gebäudebestandteilen nicht um Gemeinschaftseigentum handelt. – Weitere Voraussetzung ist, dass die Veränderung, Beseitigung oder Einfügung das Gemeinschaftseigentum oder das Sondereigentum eines anderen Wohnungs- oder Teileigentümers nicht über das in § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestalt des Gebäudes verändert. Einfügen ist dabei die Einpassung des Bestandteils. Die Vereinigung erfolgt in der Weise, dass mit den eingefügten Bestandteilen und dem Raum eine Einheit entsteht. Umgekehrt betrifft die Beseitigung die Aufhebung der Einfügung. Diese Vorgänge dürfen sowohl das Gemeinschaftseigentum als auch anderes Sondereigentum nur im gewöhnlichen Umfang beeinträchtigen. Zusätzlich darf die äußere Gestaltung des Gebäudes nicht verändert werden, wobei auch hier nicht jede minimale Änderung ausreicht, sondern auch insoweit eine wertende Betrachtung maßgeblich ist. Entscheidend ist in sämtlichen Fällen wie auch sonst im Rahmen der §§ 93 ff. BGB die Verkehrsauffassung. Nicht maßgebend ist, ob durch die Einführung eine feste Verbindung geschaffen wird. Gleichgültig ist ferner, ob eine Einfügung erforderlich ist oder nicht. 16 In der Praxis empfiehlt sich folgende Prüfungsreihenfolge:24 – Handelt es sich um Bestandteile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, dann liegt Gemeinschaftseigentum vor. – Handelt es sich um Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungs- und Teileigentümer dienen, so liegt Gemeinschaftseigentum vor. – Handelt es sich um einen Bestandteil des Gebäudes, bei dessen Veränderung auch die äußere Gestalt des Gebäudes verändert würde, liegt Gemeinschaftseigentum vor. – Wird durch die Veränderung, Beseitigung oder Einfügung des Gebäudebestandteils das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das in § 14 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt, liegt wiederum Gemeinschaftseigentum vor. – Ist der Bestandteil im Rahmen der Aufteilung (§§ 3, 8) ausdrücklich zum gemeinschaftlichen Eigentum erklärt worden, tritt auf diese Weise Gemeinschaftseigentum ein. Falls sämtliche Prüfungen dazu führen, dass kein Gemeinschaftseigentum vorliegt, besteht Sondereigentum an den Gebäudebestandteilen, die zu einem Raum gehören, der im Sondereigentum steht.

3. Entstehung des Sondereigentums Die Einräumung von Sondereigentum erfordert die Bewilligung bzw. Einigung darüber sowie 17 ferner die Eintragung in das Grundbuch (§ 4 Abs. 1). Mit dem grundbuchamtlichen Vollzug ist der rechtliche Begründungsvorgang abgeschlossen. Damit sind nicht zwingend sämtliche Komponenten des Wohnungs- und Teileigentums bereits vorhanden. Die Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht bei der Aufteilung nach § 8 erst, wenn neben dem aufteilenden Eigentümer der erste Wohnungseigentümer in das Grundbuch eingetragen ist, und bei der Aufteilung nach § 3 bereits mit Eintragung der Aufteilung (s. § 10 Rz. 166 ff.). Dieser Zeit23 A.A. Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 25. 24 Nach Becker/Ott/Suilmann, WEG, 3. Aufl. 2015, Rz. 16 ff.

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§ 5 Rz. 17 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums punkt wird, um die Anwendbarkeit der WEG-Vorschriften zu erreichen, vorverlagert auf den Zeitpunkt der gesicherten Erwerbsposition durch Eintragung einer Eigentumsverschaffungsvormerkung am gebildeten oder noch zu bildenden Wohnungseigentum sowie der Besitzübergabe an der bereits bewohnbaren Wohnungs- oder Teileigentumseinheit (s. § 10 Rz. 166 ff.). 18 Sachenrechtlich entsteht Gemeinschafts- und Sondereigentum unabhängig davon, ob eine Ei-

gentümergemeinschaft besteht. Sachenrechtlich ist nämlich erforderlich, dass sich das Alleineigentum des aufteilenden Eigentümers oder das schlichte Miteigentum mehrerer Eigentümer in die beiden Komponenten des Gemeinschafts- und Sondereigentums „aufteilt“. Durch den bestätigten Aufteilungsplan und die Eintragung im Grundbuch liegen beide Komponenten eigentlich fest. Miteigentum, das mit dem Sondereigentum an einer Wohnung verbunden ist, bliebe, würde man allein abstrakt auf die Pläne abstellen, mangels eines Gegenstandes, nämlich des Gebäudes, lediglich eine theoretische Konstruktion. Deshalb wird teilweise davon ausgegangen, dass bis zur Errichtung eines Gebäudes lediglich Miteigentum am Grundstück und eventuell weiteren Komponenten des werdenden Gebäudes (z.B. Fundament etc.) besteht.25 Vertritt man die Ansicht, dass Sondereigentum das Bestehen eines Gebäudes voraussetzt, entsteht Sondereigentum erst mit Errichtung des Gebäudes und sämtlicher Wohnungs- und Teileigentumseinheiten. Nach dieser so genannten Fertigstellungstheorie26 entsteht Sondereigentum erst mit Bezugsfertigkeit der letzten gemäß dem bestätigten Aufteilungsplan zu errichtenden Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit einschließlich sämtlicher dazugehöriger Räume. Dies hat zur Konsequenz, dass bei einem steckengebliebenen Bauvorhaben oder bei Entfallen einzelner zum Wohnungs- und Teileigentum gehörender Räume (z.B. Speicherräume, Garagen) Sondereigentum bis zur Änderung der Aufteilung im Grundbuch nicht entstanden ist. Dies gilt auch für diejenigen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten, die bereits komplett fertiggestellt sind. Bis zum Entstehen von Wohnungs- und Teileigentum existiert lediglich eine Miteigentümergemeinschaft am Grundstück und dem „Gebäudetorso“, die jederzeit auseinandergesetzt werden könnte. Dies führt insbesondere beim Kauf vom Bauträger zu unerfreulichen Ergebnissen, wenn Erwerber von Erdgeschosswohnungen nach Baufortschritt bereits den Großteil ihrer Wohnungseigentumseinheiten bezahlt haben, aber nach der Fertigstellungstheorie nicht Sondereigentümer sind. Allerdings beruht die „Gefahrengemeinschaft der Käufer der Eigentumswohnungen“ die „zugunsten der Bauträger und ihrer Gläubiger“27 entsteht, nicht in erster Linie auf der Fertigstellungstheorie, sondern auf der „Baufortschrittszahlung“ beim Bauträgerkauf und des damit verbundenen „Käuferfinanzierungsmodells“.28 Gleichwohl ist die Fertigstellungstheorie abzulehnen, da sie auch mit dem Wortlaut von § 5 nicht übereinstimmt. Dieser stellt hinsichtlich des Sondereigentums allein auf „die gem. § 3 Abs. 1 bestimmten Räume“ ab, nicht auf die Gesamtheit sämtlicher sondereigentumsfähiger Räume. 19 Somit sprechen Wortlaut und Schutzzweck für die h.M., die von einer sukzessiven Entste-

hung des Sondereigentums ausgeht. Sondereigentum entsteht danach bereits, wenn die Räume der einzelnen Wohnungs- und Teileigentumseinheit im Rohbau einschließlich der zum Gemeinschaftseigentum abgrenzenden Wände anhand des bestätigten Aufteilungsplans einwandfrei identifizierbar erstellt sind.29 Dabei entsteht das Sondereigentum einer bestimmten 25 Ausführlich Röll, DNotZ 1977, 69 ff. 26 Diester in Staudinger, BGB, 10./11. Aufl., § 3 WEG Rz. 14a, b; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 20.12.1985 – 3 Wx 345/85, NJW-RR 1986, 300 = MittRhNotK 1986, 123 = Rpfleger 1986, 131, wonach der Rohbau insgesamt fertiggestellt sein muss. 27 So Röll, DNotZ 1977, 69 (70) und ihm folgend Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 47. 28 Vgl. nur Grziwotz, ZfIR 2013, 2. 29 Ebenso BGH v. 6.6.1986 – V ZR 264/84, MDR 1987, 41 = NJW 1986, 2759 = DNotZ 1987, 208 = MittBayNot 1986, 251 = MittRhNotK 1987, 79; BGH v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, BGHZ 110, 36 = MDR 1990, 325 = NJW 1990, 1111 = DNotZ 1990, 259 = MittBayNot 1990, 106 = IBR 1990, 186; BGH v. 20.5.2011 – V ZR 99/10, MDR 2011, 972 = MietRB 2011, 250 = NJW 2011, 3237 = NZM

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II. Gegenstand des Sondereigentums (Abs. 1) | Rz. 21 § 5

Wohnungs- und Teileigentumseinheit bereits mit deren eigentumsrechtlich erforderlicher (nicht kompletter) Fertigstellung, also unabhängig vom Entstehen weiteren Sondereigentums. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht eine Anwartschaft.30 Diese Anwartschaft dient ebenso wie die Konstruktion der „werdenden Eigentümergemeinschaft“ dazu, die Risiken der Bruchteilseigentümergemeinschaft, die während dieser Phase nicht mehr passt, zu begrenzen. Die sachenrechtliche Anwartschaft hinsichtlich des Miteigentumsanteils am künftigen Gemeinschaftseigentum des Gebäudes und des alleinigen Eigentums an seinem Sondereigentum entsprechend dem bestätigten Aufteilungsplan führt dazu, dass bis zum endgültigen Scheitern der Errichtung des Gebäudes – die Auseinandersetzung der Gemeinschaft gem. § 11 ausgeschlossen ist, – jeder Miteigentümer selbst die Herstellung entsprechend den Aufteilungsplänen durchführen kann und dies die anderen Miteigentümer nicht ablehnen können sowie ferner – bereits diejenigen weiteren Regeln des WEG gelten, die nicht zwingend das Bestehen des gesamten Sondereigentums voraussetzen. Besondere Bedeutung hat die Streitfrage über die Entstehung des Sondereigentums bei so ge- 20 nannten Mehrhausanlagen, insbesondere wenn ein Bauträger mehrere Gebäude in zeitlichem Abstand errichtet.31 Werden sämtliche Wohnungen entsprechend der Planung aufgeteilt und nur die Gebäude abschnittsweise errichtet, so ergibt sich gegenüber den oben dargestellten Ansichten keine Besonderheit. Nach h.M. entsteht Sondereigentum jeweils hinsichtlich der bereits hergestellten Wohnungs- und Teileigentumseinheit. Gleiches gilt, wenn zunächst nur die Aufteilungspläne für ein Gebäude vorliegen, dieses im Grundbuch so eingetragen und gebaut wird. Erst bei einer späteren weiteren Unterteilung durch Abspaltung von Miteigentumsanteilen und einer Verbindung mit Sondereigentum an Einheiten im zweiten Gebäude kann dann wiederum sukzessiv Sondereigentum an den entsprechenden Einheiten des zeitlich später errichteten Gebäudes entstehen. Wird zunächst die Aufteilung für das erste Gebäude im Grundbuch eingetragen, aber ein so genannter überproportionaler Miteigentumsanteil gebildet, setzt die weitere Aufteilung eine Einigung der bisherigen Wohnungs- und Teileigentümer voraus,32 da eine verdinglichte Vollmacht zu Gunsten des Eigentümers des überproportionalen Miteigentumsanteils nicht zulässig ist.33 Wird ein Gebäude oder werden bei mehreren Gebäuden eines oder einzelne nicht gebaut, so 21 bleibt bereits entstandenes Sondereigentum bestehen. Die weiteren Miteigentumsanteile sind

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2011, 779 = ZfIR 2011, 623 = ZMR 2011, 809; LG München I v. 15.3.2017 – 1 S 10106/16 WEG, ZWE 2017, 325; Röll, MittBayNot 1991, 240; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 3 WEG Rz. 14; Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 48; Klühs, NZM 2010, 730 f. BGH v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, BGHZ 110, 36 = MDR 1990, 325 = NJW 1990, 1111 = DNotZ 1990, 259 = MittBayNot 1990, 106 = IBR 1990, 186; Wenzel, DNotZ 1993, 297 (299) und Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 49. Gaier in FS für Wenzel, 2005, S. 145 (152 ff.). Vgl. BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 = DNotZ 2003, 538 = NJW 2003, 2165 = NZM 2003, 480 = ZfIR 2003, 518 = ZMR 2003, 748 und BayObLG v. 24.7.1997 – 2Z BR 49/97, BayObLGZ 1997, 233 = DNotZ 1998, 379 = Rpfleger 1998, 19 = MittBayNot 1998, 99 = MittRhNotK 1997, 360 = WuM 1997, 512; BayObLG v. 5.1.2000 – 2Z BR 163/99, BayObLGZ 2000, 1 = DNotZ 2000, 466 = FGPrax 2000, 60 = MittBayNot 2000, 228 = MittRhNotK 2000, 166 = NZM 2000, 668 = WuM 2001, 87 = ZfIR 2000, 718 = ZMR 2000, 316 = ZWE 2000, 182; BayObLG v. 12.10.2001 – 2Z BR 110/01, BayObLGZ 2001, 279 = DNotZ 2002, 149 = NJW-RR 2002, 443 = NZM 2002, 70 = Rpfleger 2002, 140 = RNotZ 2002, 107 = ZfIR 2002, 141 = ZMR 2002, 283 = ZWE 2002, 124. So noch Rapp, MittBayNot 1998, 77 (79); vgl. auch Hügel, DNotZ 2003, 517 ff., der die Zustimmung zur Veräußerung nach § 12 von der Erteilung einer entsprechenden Vollmacht abhängig machen möchte, was jedoch im Hinblick auf den zwingenden Charakter von § 12 Bedenken begegnet (ebenso Armbrüster, ZMR 2005, 249). Vgl. auch § 12 Rz. 28.

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§ 5 Rz. 21 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums rechtlich mit einer Anwartschaft auf Entstehung von Sondereigentum „verbunden“, auch wenn Sondereigentum mangels Errichtung der entsprechenden Räume noch nicht entstanden ist. Sämtliche Wohnungs- und Teileigentümer sind in dieser Lage verpflichtet, sofern die Fertigstellung des Gebäudes bzw. der Bau der weiteren Gebäude endgültig aufgegeben wird, die Aufteilung entsprechend anzupassen. Die Mittragung von Lasten und Kosten ist den Eigentümern der noch nicht mit Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteile nur insoweit zuzumuten, als noch die Anwartschaft auf die zu errichtenden Sondereigentumseinheiten besteht. Ist dies nicht mehr der Fall, entfällt ab diesem Zeitpunkt ihre diesbezügliche Mitbeteiligung. Haben sie diesbezügliche Kosten und Lasten bereits getragen (z.B. Erschließungs- und Anliegerkosten), steht ihnen ein etwaiger diesbezüglicher Erstattungsanspruch gegenüber dem Gläubiger zu. Erfolgt keine Erstattung, ist wohl darauf abzustellen, wer wirtschaftlich einen Vorteil durch die Zahlung der entsprechenden Kosten hat.34

III. Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums (Abs. 3 und § 1 Abs. 5) 1. Das Grundstück (§ 1 Abs. 5) 22 Zwingendes Gemeinschaftseigentum ist das Grundstück, auch wenn dieses nur zu einem klei-

nen Teil von dem in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilten Gebäude überbaut ist. Aber auch der überbaute Teil bildet kein Sondereigentum.35 Zum Grundstück gehören auch Bäume und Pflanzen, ebenerdige Terrassen, Stellplätze, auch wenn diese mit Carports überbaut sind, Gartenanteile, Kinderspielplätze etc.36 Bleiben die bebauten Grundstücksflächen im Gemeinschaftseigentum, so gilt dies erst recht für künftig zu bebauende Grundstücksflächen.37 23 Das Gemeinschaftseigentum schließt es nicht aus, an Grundstücksflächen Sondernutzungs-

rechte für einzelne Wohnungs- und Teileigentümer zu bestellen. Dies gilt auch dann, wenn es sich um Flächen handelt, die von sämtlichen Eigentümern gemeinsam genutzt werden müssen, wie z.B. als Rettungswege. In diesem Fall sind die jeweiligen Sondernutzungsrechte, auch wenn dies nicht ausdrücklich erwähnt ist, entsprechend eingeschränkt, da nur ein nicht notwendig gemeinschaftlicher Gebrauch zur Sondernutzung für einzelne Wohnungs- und Teileigentümer zur Verfügung stehen kann.

2. Konstruktive und sicherheitsrelevante Teile (Abs. 2) 24 Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sind zwingend

Gemeinschaftseigentum. Es handelt sich dabei zunächst um die konstruktiven Teile des Gebäudes, an denen kein Sondereigentum begründet werden kann. Dazu gehören die Fundamente, tragende Innen- und Außenmauern, die Geschoßdecken,38 die Isolierschichten und das Dach samt Schornstein.39 Es handelt sich um die konstitutiven Teile des Gebäudes.40 Diejenigen Teile des Gebäudes, an denen sämtliche Mitglieder der Gemeinschaft naturgegeben 34 Vgl. BGH v. 2.7.1993 – V ZR 157/92, MDR 1993, 1203 = DNotZ 1994, 52 = NJW 1993, 2796 allg. zum sog. Erschließungsvorteil. 35 Vgl. OLG Hamm v. 27.3.1998 – 15 W 332/97, NZM 1999, 179 = NJW-RR 1999, 234 = ZMR 1998, 590. 36 LG Landau v. 15.4.2011 – 3 S 4/11, NZM 2011, 554 = NJW-RR 2011, 1029. 37 Vgl. auch LG Landau v. 23.3.2011 – 3 S 4/11, BeckRS 2011, 10680. 38 S. nur AG Wilhelmshaven v. 8.4.2014 – 6 C 331/12, IMR 2015, 73 = ZWE 2014, 449. 39 S. nur AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg v. 11.12.2009 – 72 II 73/07, BeckRS 2010, 02044. 40 So BGH v. 3.4.1968 – V ZB 14/67, NJW 1968, 1230 f. Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 1.7.1994 – 3 Wx 334/94, NJW-RR 1995, 206, wonach es sich um wesentliche Grundstücksbestandteile handeln muss. S. ferner LG München I v. 8.11.2010 – 1 S 10608/10, ZfIR 2011, 114.

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III. Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums (Abs. 3 und § 1 Abs. 5) | Rz. 27 § 5

ein schutzwürdiges hohes Interesse haben, sollen nach dem Willen des Gesetzgebers auch rechtlich der Gemeinschaft der Miteigentümer zustehen. Dies gilt nach h.M. auch für mehrere Gebäude auf einem Grundstück (sog. Mehrhausanlagen), die in Wohnungseigentum aufgeteilt sind (vgl. Rz. 7). Zum zwingenden Sondereigentum gehören diejenigen Teile des Gebäudes, die zu dessen Si- 25 cherheit erforderlich sind, wie z.B. eine Rettungstreppe, auch wenn es sich bei ihr nicht um ein konstruktiv zwingendes Gebäudeteil handelt, dessen Fehlen zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung des Gebäudes führen würde. Hinsichtlich der für die Sicherheit des Gebäudes erforderlichen Einrichtungen kommt es nicht darauf an, ob diese auch öffentlich-rechtlich zwingend vorgeschrieben sind. Ausreichend ist, wenn eine Sicherheitseinrichtung nicht nur einem Eigentümer, sondern allen oder zumindest mehreren Eigentümern dient. Dies ist beispielsweise auch bei einem Blitzableiter der Fall, den die Eigentümer auf eigenen Wunsch installieren lassen. Gleiches gilt für ein Feuerlöschgerät, Rettungsleitern, Schneefanggitter und Alarmanlagen.

3. Äußere Gestaltung des Gebäudes (Abs. 1, letzter Halbs.) Bestandteile des Gebäudes, bei deren Veränderung, Beseitigung oder Einfügung die äußere 26 Gestaltung des Gebäudes verändert wird, sind zwingendes Gemeinschaftseigentum. Hierzu gehören auch Teile, die keine konstruktiven Bestandteile des Gebäudes sind. Entscheidend ist vielmehr, dass der äußere Eindruck, d.h. das Gesamtbild der Anlage, für einen außenstehenden Betrachter und somit auch der wirtschaftliche Wert verändert werden. Der Immobilienverkehr wird nämlich hierauf reagieren. Zur äußeren Gestaltung gehören deshalb vor allem die Außenfassade einschließlich Zieranbringungen (z.B. Holzverkleidungen, Verblendungen, Schnitzereien, Malereien),41 Außenputz und Außenanstrich, die Fenster samt Fensterstock und Rollläden, die Außentüren des Gebäudes (Hauseingangstüre samt Schließanlage, Balkonund Terrassentüren, Türen von Nebengebäuden),42 Erker, Wintergärten und Balkone hinsichtlich der Außenwände und -brüstungen sowie sonstige die äußere Gestaltung des Gebäudes betreffende Anbringungen (z.B. Markisen, Außenleuchten, an den Außenwänden angebrachte Pflanzgitter, Schilder, Leuchtschriften etc.). Da das Gesetz nur auf die Veränderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes abstellt, ist es für die Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum auch unerheblich, ob die entsprechenden Teile verschönernd oder verunstaltend wirken. Eine Ausnahme von der Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum gilt allerdings, soweit der betreffende Gebäudebestandteil im Eigentum eines Dritten steht. Dies ist dann möglich, wenn es sich um keinen wesentlichen Bestandteil handelt. Beispiel ist die von einem benachbarten Eigentümer auf Grund einer Dienstbarkeit an der Außenfassade angebrachte Werbung.

4. Gemeinschaftseigentum kraft gemeinschaftlichen Gebrauchs (Abs. 2) Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentü- 27 mer dienen, können nicht Gegenstand des Sondereigentums sein, sind also zwingend Gemeinschaftseigentum. Dies soll selbst dann gelten, wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. Diese gesetzliche Regelung zeigt, dass ein Raum, in dem sich eine Gemeinschaftseinrichtung befindet, seinerseits nicht zwingend Gemeinschaftseigentum sein muss. Eine Zuordnung von Räumen, in denen sich dem gemeinschaftlichen 41 BVerfG v. 28.7.2014 – 1 BvR 1925/13, NJW 2014, 3147 = NZM 2014, 834 = ZMR 2014, 960. 42 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 212/12, MDR 2014, 18 = MietRB 2014, 9 f. = NJW 2014, 379 = ZfIR 2014, 15; BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 f. = NJW-RR 2014, 527 = ZWE 2014, 125.

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§ 5 Rz. 27 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums Gebrauch dienende Anlagen befinden, zum Sondereigentum ist somit nicht von vornherein ausgeschlossen.43 Nach überwiegender Ansicht dient eine Anlage oder Einrichtung dann dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungs- und Teileigentümer, wenn sie nach ihrer Zweckbestimmung darauf gerichtet ist, der Gesamtheit der Wohnungs- und Teileigentümer einen ungestörten Gebrauch ihrer Wohnungen und der Gemeinschaftsräume zu ermöglichen und zu erhalten.44 Kommt es auf die Zweckbestimmung der Anlage oder Einrichtung an, enthält die Abgrenzung insofern ein Element der Vereinbarung. Ferner ist zu beachten, dass es für die Bejahung von zwingendem Gemeinschaftseigentum nicht ausreicht, dass eine Anlage oder Einrichtung die Wohnungs- oder Teileigentümer nur nutzen. Entscheidend ist vielmehr, dass sich diese im Rahmen des Bedarfs hält, der sich aus dem Interesse der Wohnungs- und Teileigentümer an einem zweckgerechten Gebrauch der Wohnungs- und Teileigentumseinheiten oder des Gemeinschaftseigentums ergibt.45 Der gemeinschaftliche Gebrauch muss dabei nicht zugunsten der Gesamtheit46 der Wohnungs- und Teileigentümer vorliegen; ausreichend ist, wenn mindestens zwei Wohnungs- oder Teileigentümer auf die Nutzung der Anlage oder Einrichtung angewiesen sind und deshalb die Bildung von Sondereigentum ihren Interessen oder bei einer Anlage mit zwei Einheiten den Interessen auch nur eines Eigentümers zuwider laufen würde. 28 Zu Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigen-

tümer dienen, gehören auch Räume.47 Neben Räumen sollen auch Flächen und Flure, die als Zugang zu den Gemeinschaftsräumen bestimmt sind oder die zur Bewirtschaftung und Versorgung der Wohnungen und des Gemeinschaftseigentums dienen, weil sich in ihrem Bereich die zentralen Zähl-, Schalt-, Sicherungs- oder Beschickungseinrichtungen der gemeinschaftlichen Wasser-, Wärme- und Energieversorgungsanlagen des Gebäudes befinden, zwingend Gemeinschaftseigentum sein.48 Gleiches soll für einen Durchgang zu einem Hinterhaus gelten.49 43 Vgl. OLG Bremen v. 28.4.2016 – 3 W 28/15, MietRB 2016, 262 = MDR 2016, 1258 = ZWE 2016, 324; s. dazu DNotI-Report 2017, 81 (82); OLG München v. 9.2.2017 – 34 Wx 333/16, NJW-RR 2017, 659 = NZM 2017, 567 = ZWE 2017, 175. Zu den Folgen einer unwirksamen Zuweisung zum Sondereigentum s. Hansen/Brandt, WuM 2016, 647 ff. 44 BGH v. 10.10.1980 – V ZR 47/79, MDR 1981, 216 = NJW 1981, 455 (456) = DNotZ 1981, 565. 45 BGH v. 10.10.1980 – V ZR 47/79, MDR 1981, 216 = NJW 1981, 455 (456) = DNotZ 1981, 565. 46 Missverständlich BGH v. 5.7.1991 – V ZR 222/90, MDR 1992, 50 = DNotZ 1992, 224 (225) = NJW 1991, 2909. 47 BGH v. 2.2.1979 – V ZR 14/77, BGHZ 73, 302 (311) = MDR 1979, 656 = NJW 1979, 2391 und BGH v. 5.7.1991 – V ZR 222/90, MDR 1992, 50 = DNotZ 1992, 224 (225) = NJW 1991, 2909; BayObLG v. 25.3.1992 – 2Z BR 1/92, MDR 1992, 772 = MittBayNot 1992, 331 = DNotZ 1992, 490. Zu den eigentumsrechtlichen Folgen eines Funktionswechsels s. Hügel, ZMR 2018, 113 ff. 48 BGH v. 5.7.1991 – V ZR 222/90, MDR 1992, 50 = DNotZ 1992, 224 (225) = NJW 1991, 2909; BayObLG v. 30.10.2003 – 2Z BR 184/03, DNotZ 2004, 386 = MittBayNot 2004, 192 = RNotZ 2004, 34; BayObLG v. 7.8.1980 – BReg.2 Z 46/79, DNotZ 1981, 123; BayObLG v. 1.10.1980 – BReg.2 Z 43/ 79, MDR 1981, 145; BayObLG v. 6.2.1986 – BReg.2 Z 12/85, MDR 1986, 590 = DNotZ 1986, 494 = MittBayNot 1986, 78; OLG Oldenburg v. 6.2.1989 – 5 W 9/89, RPfleger 1989, 365; BayObLG v. 16.3.1995 – 2Z BR 12/95, NJW-RR 1996, 12 = DNotZ 1995, 631 = MittBayNot 1995, 204; OLG Hamm v. 11.6.1986 – 15 W 452/85, MDR 1986, 939 = DNotZ 1987, 225 = NJW-RR 1986, 1275 = MittRhNotK 1987, 50; OLG Hamm v. 27.2.2001 – 15 W 17/01, NJW-RR 2002, 12 = NZM 2002, 253 = RNotZ 2001, 281; OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, NotBZ 2006, 27 = NZM 2006, 142 = ZMR 2006, 60; OLG Naumburg v. 27.10.1998 – 11 U 148/98, ZMR 2000, 251; OLG Düsseldorf v. 12.3.1995 – 3 Wx 72/99, NZM 1999, 772 = WuM 1999, 425 = ZMR 1999, 499; OLG Dresden v. 29.3.2017 – 17 W 233/17, MietRB 2017, 292 = FGPrax 2017, 151 = NJW-RR 2017, 1225 = NotBZ 2017, 227 = NZM 2017, 701 = ZWE 2017, 306; teilw. abw. OLG Bremen v. 12.12.2014 – 2 U 54/14, IMR 2015, 118 = ZWE 2015, 170; OLG Bremen v. 28.4.2016 – 3 W 28/15, MietRB 2016, 262 = MDR 2016, 1258 = ZWE 2016, 324; LG Duisburg v. 7.6.2013 – 2 O 334/12, NJW-RR 2014, 267 ff. = NZM 2014, 169 ff. und DNotI-Report 2017, 81 ff. 49 OLG Frankfurt v. 4.4.2011 – 20 W 75/08, MietRB 2011, 350 = ZWE 2011, 414.

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III. Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums (Abs. 3 und § 1 Abs. 5) | Rz. 30 § 5

Eine Ausnahme gilt allerdings für Spitzböden. Bei diesen hat es die Rechtsprechung ausrei- 29 chen lassen, dass sie nur über die darunterliegende Wohnung erreichbar sind, obwohl sie im Gemeinschaftseigentum stehen, wenn eine Benutzung lediglich durch diesen Sondereigentümer denkbar ist.50 Eine weitere Ausnahme wird von der Rechtsprechung dann gemacht, wenn die Anlagen und 30 Einrichtungen neben der Versorgung der Wohnungs- und Teileigentümer auch von außenstehenden Dritten genutzt werden. Beispiel ist die Heizungsanlage. Dient sie allein der Versorgung der Wohnungs- und Teileigentümer ist sie nach h.M. zwingendes Gemeinschaftseigentum.51 Nur das Gemeinschaftseigentum kann nach dieser Auffassung das Mitbenutzungsrecht gewährleisten; ferner soll die Annahme von Gemeinschaftseigentum einer Monopolisierung und Atomisierung der Nutzungsmöglichkeiten vorbeugen.52 Eine Ausnahme soll nach überwiegender Ansicht nur gelten, wenn die Heizungsanlage auch dazu bestimmt ist, über die Einheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft hinaus weitere Gebäude mit Heizwärme zu versorgen.53 Die Gegenansicht nimmt auch hier Gemeinschaftseigentum an und deutet Abs. 2 als Schutzvorschrift zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft, die auf Gewinnerzielung gerichteten Eigeninteressen einzelner Wohnungseigentümer entgegenstehen würde.54 Schwierigkeiten bereitet schließlich die Fallgestaltung, in der die Heizungsanlage nicht sämtliche Wohnungs- und Teileigentumseinheiten, sondern nur einzelne versorgt. Die strengste Auffassung geht davon aus, dass eine Heizungsanlage auch dann Gemeinschaftseigentum ist, wenn sie nur eine Einheit versorgt.55 Nach einer weiteren Ansicht muss die Anlage zumindest zwei Einheiten versorgen, damit die Annahme von Gemeinschaftseigentum gerechtfertigt ist.56 Eine andere Ansicht geht davon aus, dass zwingend Gemeinschaftseigentum anzunehmen ist, wenn die Mehrheit der Einheiten durch die Anlage versorgt wird.57 Allerdings soll davon wiederum bei Mehrhausanlagen im Rahmen einer „Gesamtbetrachtung“ eine Ausnahme gelten.58 Eine davon abweichende Ansicht geht schließlich von der Sondereigentumsfähigkeit von Heizungsanlagen aus, wenn diese nur einem oder mehreren, nicht aber allen Woh-

50 BayObLG v. 8.5.1991 – BReg.2 Z 33/91, BayObLGZ 1991, 165 = NJW-RR 1992, 81; BayObLG v. 27.4.1995 – 2Z BR 125/94, NJW-RR 1995, 908 = DNotZ 1996, 27 = MittBayNot 1995, 206; BayObLG v. 14.2.2001 – 2Z BR 3/01, BayObLGZ 2001, 25 = NJW-RR 2001, 801 = NZM 2001, 384 = MittBayNot 2001, 480 = ZfIR 2001, 564 = ZMR 2001, 562; OLG München v. 22.2.2006 – 34 Wx 133/05, MDR 2006, 1400 = MietRB 2006, 166 = NJW-RR 2006, 1022 = NZM 2006, 635 = ZMR 2006, 388; AG Bremen v. 18.2.2011 – 29 C 62/10, BeckRS 2011, 08938. Vgl. auch OLG München v. 5.10.2006 – 32 Wx 121/06, ZMR 2007, 69 und BGH v. 11.6.2010 – V ZR 174/09, BGHZ 186, 34 = MDR 2010, 1043 = MietRB 2010, 267 = NJW 2010, 3296 = NZM 2010, 624 = ZfIR 2010, 684. 51 BGH v. 2.2.1979 – V ZR 14/77, BGHZ 73, 302 (309) = MDR 1979, 656 = NJW 1979, 2391; KG v. 18.9.2002 – 24 W 89/01, NJOZ 2003, 72 = WuM 2002, 678 = ZMR 2003, 375; OLG Zweibrücken v. 21.9.1983 – 2 U 31/83, ZMR 1984, 33; OLG Schleswig v. 6.3.2006 – 2 W 13/06, MittBayNot 2008, 45 = ZMR 2006, 886 (887); Commichau in MünchKomm/BGB, § 5 WEG Rz. 27; Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 36; Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 37; Bärmann/Pick § 5 WEG Rz. 22; Augustin in BGB/RGRK, § 5 WEG Rz. 30. Vgl. auch Schmid, ZMR 2008, 862 f. u. Suilmann in Grziwotz (Hrsg.), Notarielle Vertragsgestaltung im Immobilienrecht, 2014, S. 139 (147 ff.). 52 So ausdrücklich Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 39 und ihm folgend Armbrüster in Bärmann, BGB, § 5 WEG Rz. 39 a.E. 53 BGH v. 8.11.1974 – V ZR 120/73, NJW 1975, 688 und dem folgend Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 37; ebenso Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 5 WEG Rz. 15. 54 So Commichau in MünchKomm/BGB, § 5 WEG Rz. 27 und Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 42. 55 So noch BayObLG v. 20.8.1998 – 2Z BR 44/98, NZM 1999, 28 = ZMR 1999, 50. 56 So Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 40; Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 12 und Schmidt, ZMR 2000, 669 (670); vgl. OLG Hamburg v. 14.3.2003 – 2 Wx 2/00, ZMR 2003, 527 (528). 57 So Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 45. 58 Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 46; vgl. Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 40.

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§ 5 Rz. 30 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums nungseigentümern dient.59 Ähnliche Probleme ergeben sich bei einer Antennen- oder sonstigen Rundfunk- und Fernsehprogrammempfangsanlage. 31 Hinsichtlich der Versorgungsanlagen und -einrichtungen bestehen gegen die herrschende

Ansicht, die danach differenziert, ob lediglich Wohnungs- und Teileigentümer oder auch außenstehende Dritte versorgt werden, erhebliche dogmatische Bedenken. Die dingliche Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum hängt danach vom Kreis der Bezugsberechtigten, der sich stets ändern kann, ab. Dies gilt selbst dann, wenn man nicht auf die Bezugsberechtigung, sondern auf die diesbezügliche Zweckbestimmung abstellt. Auch dann würde die dingliche Zuordnung von der Zweckbestimmung abhängen und ein Wechsel vom Sonder- zum Gemeinschaftseigentum ohne die üblicherweise sachenrechtlichen Erfordernisse, nämlich Einigung und Eintragung, vonstatten gehen. Aber auch die Gegenansicht, die Gemeinschaftseigentum annimmt, dennoch bei Mehrhausanlagen wiederum eine sachenrechtlich nicht begründbare und vom eigenen Ausgangspunkt auch inkonsequente Unterausnahme machen will, kann nicht überzeugen. Insofern ist Weitnauer60 zuzustimmen, der die sachenrechtliche Zuordnung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum nicht davon abhängig macht, ob außenstehende Dritte mitversorgt werden oder ausnahmsweise eine Mehrhausanlage mit getrennten Heizanlagen vorliegt. Es kann keinen Unterschied machen, ob sich die Heizungsanlage auf dem WEG-Grundstück in einem separaten Gebäude befindet oder auf Grund eines dinglichen Rechts errichtet und benutzt wird oder ob sich die Anlage zufällig im gemeinschaftlichen Gebäude befindet. Unstreitig kann aufgrund eines dinglichen Rechts zugunsten eines Dritten an der Anlage dessen Eigentum an ihr begründet werden, so dass entsprechend § 1 Abs. 5 auch kein gemeinschaftliches Eigentum entstehen kann. Handelt es sich bei dem Dritten um den Bauträger, so ist kaum einsichtig, wieso ein Unterschied bestehen soll, wenn er sämtliche Einheiten der Anlage veräußert hat und auf Grund des dinglichen Rechts hinsichtlich der Versorgungseinrichtung weiterhin nutzungsberechtigter Eigentümer ist oder wenn er als Teileigentümer die Einrichtung nutzt und in beiden Fällen die (übrigen) Wohnungs- und Teileigentümer mitversorgt. Es ist deshalb nicht nötig, dass die Heizungsanlage Scheinbestandteil wird.61 Auch die mitunter gemachten, mehr wirtschaftlichen als eigentumsrechtlichen Erwägungen („Schutzbedürfnis“, „Atomisierung“, „Monopolisierung“) haben keinen Einfluss auf die eigentumsrechtliche Lage, sondern müssen bei der Gestaltung der vereinbarten Gemeinschaftsordnung oder bei Sondernutzungsrechten Berücksichtigung finden. § 5 betrifft nur die eigentumsrechtliche Zuordnung, nicht wirtschaftliche Erwägungen. 32 Es bestehen zusätzliche Bedenken hinsichtlich der Abgrenzung von Sonder- und Gemein-

schaftseigentum im Hinblick auf das Dienen für den gemeinschaftlichen Gebrauch gegenüber der herrschenden Meinung. Die Unterausnahme der Spitzböden (vgl. oben Rz. 29) zeigt, dass schlüssige Abgrenzungskriterien bisher nicht gefunden wurden.62 Allerdings ergibt sich aus Abs. 2 nicht die nahezu zum Dogma erhobene Notwendigkeit, dass gemeinschaftliche Räume nur über Gemeinschaftseigentum zugänglich sein müssen. Hinsichtlich des bestimmungsgemäßen Gebrauchs reicht es aus, dass eine Grunddienstbarkeit die Zugangsmöglich-

59 BayObLG v. 24.2.2000 – 2Z BR 155/99, NJW-RR 2000, 1032 = MittBayNot 2000, 558 = ZMR 2000, 622 = ZWE 2000, 213; LG Frankfurt/M. v. 1.3.1989 – 2/9 T 1212/88, NJW-RR 1989, 1166 und Commichau in MünchKomm/BGB, § 5 WEG Rz. 27 f. 60 Weitnauer, MittBayNot 1991, 144 und ihm folgend Briesemeister in Weitnauer, § 5 WEG Rz. 24. Vgl. auch BayObLG v. 24.2.2000 – 2Z BR 155/99, MittBayNot 2000, 558 = NJW-RR 2000, 1032 = NZM 2000, 516 = ZMR 2000, 622 = ZfIR 2000, 798 = ZWE 2000, 213; Then in Spielbauer/Then, § 5 WEG Rz. 4. 61 So aber noch Dickersbach, 1. Aufl., § 5 WEG Rz. 29, wobei beim Scheinbestandteil entgegen seiner Ansicht kein Sondereigentum, sondern eigenständiges Eigentum bestünde. 62 Krit. diesbezüglich auch Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 13.

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III. Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums (Abs. 3 und § 1 Abs. 5) | Rz. 33 § 5

keit für die übrigen Wohnungs- und Teileigentümer sichert.63 Dies zeigt sich am Beispiel des gemeinsamen Heizungskellers. Endet der Eingang an der Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück, so bestehen keine Bedenken dagegen, dass der Zugang mittels einer Grunddienstbarkeit sichergestellt wird. Anders soll dies sein, wenn sich davor noch ein zwei Quadratmeter großer Abstellraum einer angrenzenden Garage auf dem Wohnungseigentumsgrundstück befindet. Dieser muss nach der h.M. im Gemeinschaftseigentum stehen, ohne dass ersichtlich wird, welchen Grund dies hat, wenn die Zugangsmöglichkeit in anderer Weise sichergestellt ist und dadurch der bestimmungsgemäße Gebrauch der Wohnungs- und Teileigentümer gewährleistet ist. Soll § 5 Abs. 2 für die Bildung von Sondereigentum eine absolute Grenze enthalten, die nicht durch Billigkeitserwägungen relativiert werden darf,64 so kann auch die wiederum von der h.M. gemachte Unterausnahme hinsichtlich des zwingenden Gemeinschaftseigentums von Räumen und Anlagen des gemeinschaftlichen Gebrauchs nicht aufrecht erhalten werden, wonach Sondereigentum gegeben sein kann, wenn der Raum auch noch anderen Zwecken dient. Maßgeblich soll danach sein, ob der Raum nach seiner Art, Lage und Beschaffenheit, insbesondere auch nach seiner Größe, objektiv geeignet ist, neben der Unterbringung der dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienenden Anlage (z.B. Beheizungsanlage) noch andere, zumindest annähernd gleichwertige Nutzungszwecke zu erfüllen.65 Sollte diese Ansicht zutreffen, so bestünde Sondereigentum an einem Raum, wenn dieser neben der Heizung zu 51 % als Lagerraum benützt würde, in diesem Fall würde wohl eine Grunddienstbarkeit als Sicherung der Unterbringung und des Zugangs für die gemeinschaftliche Einrichtung ausreichen. Auch hier liegt wieder keine eindeutige eigentumsmäßige Abgrenzung vor. Stellt man auf die bestimmungsgemäße Nutzung ab, so kommt es allein darauf an, ob diese insgesamt sichergestellt ist. Ist dies der Fall, so bestehen gegen die Begründung von Sondereigentum und die Einräumung von Sondernutzungsrechten entgegen der h.M. auch bei Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, keine Bedenken, wenn dieser Gebrauch dinglich sichergestellt ist.

5. Gemeinschaftseigentum kraft Vereinbarung (Abs. 3) Das Gesetz gestattet es den Wohnungseigentümern, Bestandteile des Gebäudes, die Gegen- 33 stand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum zu erklären. Es handelt sich um eine Ausnahme zu Abs. 1, wonach die zu sondereigentumsfähigen Räumen gehörenden Bestandteile mit diesen Sondereigentum werden.66 Dies schließt es allerdings nicht aus, Abs. 3 in einem weiteren Umfang zu verstehen und auch die Räume insgesamt in den Anwendungsbereich einzubeziehen, so dass an sondereigentumsfähigen Räumen Gemeinschaftseigentum begründet werden kann.67 Abs. 1 geht davon aus, dass an Räumen in abgeschlossenen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten Sondereigentum besteht. Abs. 3 zeigt, dass hiervon eine Ausnahme gemacht werden kann. Geht man davon aus, dass Räume in der 63 Ähnlich LG Mönchengladbach v. 21.11.2001 – 5 T 158/01, Rpfleger 2002, 201 = ZMR 2002, 703; LG Duisburg v. 7.6.2013 – 2 O 334/12, NJW-RR 2014, 267; vgl. auch OLG Saarbrücken v. 15.4.1998 – 5 W 145/97-50, MittRhNotK 1998, 361. Zulässig ist auch die Erreichbarkeit von Gemeinschaftseigentum von jeder Sondereigentumseinheit (LG Landau v. 25.6.1985 – 4 T 52/85, Rpfleger 1985, 437; LG Köln v. 25.5.1993 – 11 T 105/93, MittRhNotK 1993, 224. 64 So OLG Schleswig v. 6.3.2006 – 2 W 13/06, MittBayNot 2008, 45 = NJOZ 2006, 2586 = ZMR 2006, 886. 65 So aber OLG Schleswig v. 6.3.2006 – 2 W 13/06, MittBayNot 2008, 45 = NJOZ 2006, 2586 = ZMR 2006, 886. 66 Ebenso Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 45. 67 Ebenso Augustin in BGB/RGRK, § 5 WEG Rz. 33; Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 14; a.A. Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 45; Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 136; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 5 WEG Rz. 39 und Dickersbach, 1. Aufl., § 5 WEG Rz. 62.

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§ 5 Rz. 33 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums Wohnungs- und Teileigentumseinheit Gemeinschaftseigentum sein können, wie das oben erwähnte Beispiel der Spitzböden zeigt (vgl. Rz. 29), so kann nicht davon gesprochen werden, dass Abs. 3 nur für Bestandteile des Sondereigentums Bedeutung hat. 34 Die Möglichkeit, Bestandteile des Sondereigentums durch Vereinbarung zum Gemeinschafts-

eigentum zu erklären, bedeutet allerdings nicht, dass hierfür eine Vereinbarung iSv Abs. 4 Satz 1 ausreichend wäre. Diesbezügliche Vereinbarungen betreffen nur den Inhalt des Sondereigentums, nicht die dingliche Zuordnung, also den Gegenstand des Sondereigentums. Erforderlich ist deshalb die Beachtung der Form des § 4, nämlich die in Abs. 3 als „Vereinbarung“ bezeichnete Einigung in Auflassungsform und die Eintragung. In der Praxis ist die Erklärung, dass sondereigentumsfähige Bestandteile der Räume Gemeinschaftseigentum sein sollen, äußerst selten. Praktisch relevant wird dies ausnahmsweise vor allem bei Nebenräumen des Sondereigentums, wie beim Hobbyraum, und ihrer Überführung in Gemeinschaftseigentum.

IV. Inhalt des Sondereigentums (Abs. 4) 1. Gemeinschaftsordnung als Inhalt des Sondereigentums (Satz 1) 35 Sondereigentum ist echtes Eigentum, dessen Inhalt allerdings – ebenso wie beim Erbbaurecht

– mit dinglicher Wirkung ausgestaltet werden kann. Das Sondereigentum beschränkt sich somit nicht auf die in Abschnitt 1 genannten Räume und die dazugehörigen Bestandteile, sondern schließt weitere Regeln der Gemeinschaft mit ein, die durch ihre Verdinglichung auch gegenüber Dritten, insbesondere Sonderrechtsnachfolgern der Wohnungs- und Teileigentümer, wirken.68 Unter Abweichung vom Belastungssystem des § 1010 BGB werden Gemeinschaftsregeln verdinglicht und damit zum Inhalt des Sondereigentums.69 Allerdings beschränkt sich die Möglichkeit der vereinbarungsmäßigen Ausgestaltung des Sondereigentums auf Regelungen zu Vorschriften, die zum 2. Abschnitt gehören, der sich mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer befasst (§ 10 ff.), und zum 3. Abschnitt, der die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betrifft (§ 20 ff.). Andere Vereinbarungen können nicht zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden.70 Allerdings sind damit nahezu alle Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes umfasst, bis auf diejenigen, die die Begründung des Wohnungseigentums, das Wohnungserbbaurecht, das Dauerwohnrecht und die Verfahrensvorschriften regeln. Vereinbarungen i.S.v. Abs. 4 Satz 1 können deshalb nicht die sachenrechtliche Zuordnung zum Sonder- und Gemeinschaftseigentum verändern. Deshalb ist eine Ermächtigung für den aufteilenden Bauträger, Gemeinschaftseigentum umzuwandeln, als Inhalt des Sondereigentums nicht möglich.71

36 Die Gemeinschaftsregeln haben prinzipiell schuldrechtlichen Charakter. Hierbei verbleibt es,

wenn sie nicht zum Inhalt des Sondereigentums gemacht, also in das Grundbuch eingetragen werden.72 Aber auch wenn der Vereinbarung eine dingliche Wirkung erst mit Eintragung im 68 S. nur Ertl, DNotZ 1988, 4 ff.; Röll, Rpfleger 1980, 90 f. 69 BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 = MDR 1979, 299 = MittBayNot 1978, 206 = NJW 1979, 548 und Lüke in Weitnauer, § 5 WEG Rz. 34. 70 Zutr. Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 56. 71 BayObLG v. 24.7.1997 – 2Z BR 49/97, BayObLGZ 1997, 233 = DNotZ 1998, 379 = Rpfleger 1998, 19 = MittBayNot 1998, 99 = WuM 1997, 512; v. 5.1.2000 – 2Z BR 163/99, BayObLGZ 2000, 1 = DNotZ 2000, 466 = NJW-RR 2000, 824 = NZM 2000, 668 = WuM 2001, 87 = ZfIR 2000, 718 = ZMR 2000, 316 = ZWE 2000, 182; OLG München v. 3.4.2007 – 32 Wx 33/07, MietRB 2007, 175 = DNotZ 2007, 946 = ZfIR 2008, 115; anders früher Rapp, MittBayNot 1998, 77 ff. 72 KG v. 17.1.2001 – 24 W 2065/00, NZM 2002, 252 = WuM 2001, 352 = ZMR 2001, 656 = ZWE 2001, 275. Vgl. Elzer, NZM 2016, 529 ff. Zur Prüfungsbefugnis und zum Prüfungsmaßstab des Grundbuch-

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IV. Inhalt des Sondereigentums (Abs. 4) | Rz. 38 § 5

Grundbuch zukommt, gelten für sie bereits vorher bestimmte sachenrechtliche Bestimmungen: So ist für die Rechtsübertragung § 873 Abs. 1 BGB zu beachten.73 Eine Bindung unter den Wohnungs- und Teileigentümern kann auf Grund der Anwendung der §§ 873 Abs. 2, 875 BGB bereits vor Grundbucheintragung vorliegen.74 Da die Vereinbarungen Inhalt des Sondereigentums werden, ist § 925 BGB anwendbar. Bei Grundbuchunrichtigkeit ist nach § 894 BGB vorzugehen. Bedenken bestehen hinsichtlich der Anwendung der §§ 891, 892 BGB; sie sollen wegen der überwiegenden Registerfunktion des Grundbuchs hinsichtlich der Verdinglichung von Vereinbarungen ausscheiden.75 Eine isolierte Belastung der verdinglichten Gemeinschaftsrechte ist nicht möglich.76 Bei der Verdinglichung der Vereinbarungen handelt es sich um keine Belastung des jeweiligen Wohnungs- und Teileigentums, sondern um eine Gestaltung des Inhalts des Eigentums. Entsprechenden Vereinbarungen kommt deshalb kein Rang zu. Zu einer Vereinbarung ist die Zustimmung sämtlicher Wohnungs- und Teileigentümer er- 37 forderlich (§ 10 Abs. 2 Satz 2).77 Da es sich um die Inhaltsbestimmung hinsichtlich des Sondereigentums handelt, gilt § 4 Abs. 1, der die Änderungen zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum betrifft, nicht. Der Vereinbarung sämtlicher Eigentümer stehen die vom aufteilenden Eigentümer getroffenen Bestimmungen, die ebenso zum dinglichen Inhalt des Sondereigentums werden, gleich.78 Bei Beteiligung Minderjähriger bzw. unter Betreuung stehender Personen ist die Genehmigung des Familien- bzw. Betreuungsgerichts erforderlich (§§ 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB), wenn eine verdinglichte Vereinbarung geändert wird. Die „Verdinglichung“ betrifft Vereinbarungen unterschiedlichen Inhalts hinsichtlich der im 38 Gesetz genannten Bereiche.79 Sie wird regelmäßig als „Gemeinschaftsordnung“ bezeichnet und enthält somit die körperschaftliche Verfassung des verdinglichten Mitgliedschaftsrechtes.80 Anders als bei einer Miteigentümervereinbarung wird das Mitgliedschaftsrecht gleichsam verdinglicht und nicht lediglich als Belastung des Eigentums geregelt. Häufige Inhalte sind die Verwaltung des gemeinschaftlichen Vermögens, die Bestimmung und die Kompetenzen des Verwalters, die Festlegung einer Nutzungsart, Gebrauchsregelungen einschließlich Sondernutzungsrechte, die Erbringung von (zulässigen) Dienstleistungen81 und Stimmrechtsregelungen.

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amtes s. KG v. 20.9.2016 – 1 W 93/16, NotBZ 2017, 338 = ZWE 2017, 403 und KG v. 16.1.2018 – 1 W 204/17, MDR 2018, 400 = FGPrax 2018, 3 = RNotZ 2018, 174 = ZfIR 2018, 237. So wohl auch BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 = MDR 1979, 299 = NJW 1979, 548; a.A. Ertl, DNotZ 1979, 267 (277 f.). Vgl. Tasche, DNotZ 1973, 453 (454 f.). So Ertl, DNotZ 1979, 268 ff. BayObLG v. 24.10.1974 – 2 Z 51/74, BayObLGZ 1974, 396 = NJW 1975, 59 und OLG Karlsruhe v. 28.4.1975 – 11 W 7/75, Rpfleger 1975, 356. S. nur LG Wuppertal v. 19.12.1985 – 6 T 858/85, NJW-RR 1986, 1074. Zur Abgrenzung von einem allstimmigen Beschluss s. LG München I v. 23.1.2014 – 36 S 5934/13, MietRB 2014, 241 = ZWE 2015, 128. Vgl. nur BayObLG v. 20.3.2002 – 2 Z BR 84/01, NZM 2002, 609 = ZMR 2002, 607 = ZfIR 2002, 554 = ZWE 2002, 357. Nicht jedoch Vorkaufsrechte (vgl. OLG Celle v. 7.4.1955 – 4 Wx 1/55, NJW 1955, 953). Zur Streitfrage, ob die Benutzung eines Nachbargrundstücks Inhalt der Vereinbarung sein kann, s. BayObLG v. 10.5.1990 – BReg.2 Z 33/90, NJW-RR 1990, 1043; OLG Hamm v. 5.12.1996 – 15 W 390/96, DNotZ 1997, 972 = NJW-RR 1997, 522 = MittRhNotK 1997, 140 = ZfIR 1997, 303 = ZMR 1997, 150 und LG Kassel v. 3.9.2002 – 3 T 359, 365/02, MittBayNot 2003, 222 = RNotZ 2003, 253. Offen, aber wohl zu verneinen, ist die Frage der Zulässigkeit von Vereinbarungen zu Gunsten Dritter (BGH v. 3.7.2008 – V ZR 20/07, NZM 2008, 732). Ähnlich Bärmann/Pick, § 5 WEG Rz. 125. Vgl. KG v. 17.12.2001 – 24 W 55/01, NZM 2002, 123 = ZfIR 2002, 559 = ZMR 2002, 300 = ZWE 2002, 273; OLG München v. 11.11.2016 – 34 Wx 264/16, MittBayNot 2017, 238 = NJW-RR 2017, 7

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§ 5 Rz. 39 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums 39 Das Gesetz ermöglicht es den Wohnungs- und Teileigentümern, den dinglichen Inhalt des

Sondereigentums durch Vereinbarungen zu bestimmen. Allerdings ist dies nicht notwendig.82 Die Eigentümer können sich auf die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum beschränken, ohne Vereinbarungen hinsichtlich der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und zur Verwaltung zu treffen. In diesem Fall gelten die gesetzlichen Bestimmungen des Wohnungseigentumsrechts.83

2. Zustimmung dinglich Berechtigter zu Vereinbarungen (Satz 2 u. 3) 40 Zur Wirksamkeit einer Vereinbarung, die im Grundbuch eingetragen werden soll, ist sachen-

rechtlich grundsätzlich die Zustimmung der an den betroffenen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten dinglich Berechtigten erforderlich (§§ 876, 877 BGB).84 Eine Ausnahme besteht bereits nach allgemeinen grundbuchrechtlichen Grundsätzen dann, wenn jede rechtliche Beeinträchtigung des am einzelnen Wohnungs- und Teileigentum eingetragenen dinglich Berechtigten ausgeschlossen ist.85 Die Möglichkeit einer Beeinträchtigung, die zur Bejahung des Zustimmungserfordernisses ausreicht, ist allerdings danach nicht nur bei Grundpfandrechten und Reallasten, sondern auch bei Dienstbarkeiten und Nießbrauchsrechten, Dauerwohn- und Dauernutzungsrechten, Vormerkungsberechtigten, aber auch bei Vorkaufsberechtigten denkbar.86 Ist die Vereinbarung, die Inhalt des Sondereigentums werden soll, auf eine Einschränkung des Mitgebrauchs des Gemeinschaftseigentums gerichtet, ist nach diesen allgemeinen Regeln eine rechtliche Beeinträchtigung selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn das mit dem Recht des Dritten belastete Wohnungs- und Teileigentum seinerseits begünstigt wird und sich die Vereinbarung somit im Ergebnis sogar wertsteigernd auswirkt (z.B. Zuteilung von KfzStellplätzen an alle Wohnungs- und Teileigentumseinheiten). Diese Rechtslage galt für sämtliche Vereinbarungen bis zur WEG-Novelle 2007. Keine Zustimmung war danach lediglich zu einer Vereinbarung erforderlich, die auf Grund einer „Öffnungsklausel“ getroffen wurden, wonach über Angelegenheiten, die eigentlich durch Vereinbarung entschieden werden müssen, mehrheitlich ein Beschluss gefasst werden kann (vgl. § 10 Rz. 27 ff. u. § 23 Rz. 9). Öffnungsklauseln bedürfen nicht der Zustimmung Drittberechtigter, da es sich nur um eine Ver-

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= NZM 2017, 45 = ZMR 2017, 177 = ZWE 2017, 127. Zu Instandhaltungs- und Instandsetzungssowie Kostentragungspflichten s. BGH v. 28.10.2016 – V ZR 91/16, MDR 2017, 567 = NJW 2017, 1167 = NZM 2017, 602 = WuM 2017, 168 = ZfIR 2017, 242 = ZMR 2017, 256 = ZWE 2017, 180; BGH v. 4.5.2018 – V ZR 163/17, MDR 2018, 986 = NJW-RR 2018, 1419 = NotBZ 2018, 459 = NZM 2018, 953 = WuM 2018, 529 = ZMR 2018, 833 = ZWE 2018, 359 und AG Berlin-Spandau v. 7.11.2017 – 70 C 55/17, ZMR 2018, 638. Vgl. LG Koblenz v. 31.3.1998 – 2 T 107/98, NZM 1998, 676 = MittBayNot 1998, 348 = MittRhNotK 1998, 134. Vgl. BGH v. 22.4.1999 – V ZB 28/98, BGHZ 141, 224 = MDR 1999, 924 = BauR 1999, 1032 = NJW 1999, 2108 = NZM 1999, 562 = ZfIR 1999, 528 = ZMR 1999, 647 = ZWE 2000, 23; BGH v. 17.4.2002 – IV ZR 226/00, DNotZ 2003, 56 = MDR 2002, 1012 = NJW 2002, 2712 = NZM 2002, 663 = ZfIR 2002, 826 = ZMR 2002, 762 = ZWE 2002, 461. BGH v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, BGHZ 91, 343 = MDR 1984, 830 = DNotZ 1984, 695 = MittBayNot 1984, 129 = NJW 1984, 2409; BayObLG v. 9.4.2002 – 2Z BR 30/02, BayObLGZ 2002, 107 = MittBayNot 2002, 397 = NJW-RR 2002, 1526 = NZM 2002, 488 = RNotZ 2003, 46 = ZfIR 2002, 465 = ZMR 2002, 773; a.A. Ertl, DNotZ 1979, 267 (283). BGH v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, BGHZ 91, 343 = MDR 1984, 830 = DNotZ 1984, 695 = MittBayNot 1984, 129 = NJW 1984, 2409. Vgl. nur BayObLG v. 15.10.1998 – 2Z BR 42/98, BayObLGZ 1998, 255 = DNotZ 1999, 667 = NZM 1999, 126 = ZfIR 1999, 40 = ZMR 1999, 115; BayObLG v. 9.4.2002 – 2Z BR 30/02, BayObLGZ 2002, 107 = MittBayNot 2002, 397 = NJW-RR 2002, 1526 = NZM 2002, 488 = RNotZ 2003, 46 = ZfIR 2002, 465 = ZMR 2002, 773.

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IV. Inhalt des Sondereigentums (Abs. 4) | Rz. 43 § 5

fahrensregelung handelt.87 Das Erfordernis der Zustimmung Drittberechtigter wurde deshalb auf die auf Grund der Öffnungsklausel gefassten Beschlüsse bezogen, ist nunmehr aber umstritten.88 Aufgrund der Regelung in § 5 Abs. 4 sind auch bei Öffnungsklauseln hinsichtlich der Grundpfandgläubiger und Reallasten nur noch Sondernutzungsrechte Gegenstand eines Zustimmungserfordernisses, im Übrigen sind lediglich dinglich Berechtigte, die nicht Grundpfandgläubiger oder Reallastberechtigte sind, betroffen. Abs. 4 Satz 2 und 3 differenzieren seit der WEG-Novelle 2007 hinsichtlich der Zustimmungs- 41 bedürftigkeit zu einer Vereinbarung nach Abs. 4 Satz 1. Die Unterscheidung erfolgt nach der Art der eingetragenen Rechte: – Die Zustimmung von Hypotheken-, Grund- und Rentenschuldgläubigern sowie Reallastberechtigten ist grundsätzlich nicht erforderlich.89 Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn Sondernutzungsrechte begründet, aufgehoben, geändert oder übertragen werden.90 Von dieser Ausnahme besteht eine Unterausnahme, wenn bei einer Verfügung über Sondernutzungsrechte gleichzeitig zugunsten des mit dem Drittrecht belasteten Wohnungs- oder Teileigentums ein Sondernutzungsrecht begründet wird. – Hinsichtlich der übrigen Drittberechtigten, also insbesondere Dienstbarkeits-, Nießbrauchs-, Dauerwohn-, Dauernutzungs-, Vorkaufs- und Vormerkungsberechtigten, bleibt es beim Zustimmungserfordernis, wenn eine rechtliche Beeinträchtigung nicht von vornherein ausscheidet. Insofern gelten die allgemeinen sachenrechtlichen Vorschriften (vgl. Rz. 40). Die gesetzliche Regelung enthält eine Ausnahme von den §§ 876, 877 BGB, deren unbe- 42 schränkte Anwendung nach Meinung des Reformgesetzgebers zu einer Überdehnung des Schutzes der dinglich Berechtigten führen würde.91 Der Zustimmung der Gläubiger von Verwertungsrechten am betroffenen Wohnungs- und 43 Teileigentum bedarf es nach der gesetzlichen Regelung nur noch bei der „punktuellen“ Verfügung über Sondernutzungsrechte. Vereinbarungen, die keine Sondernutzungsrechte betreffen, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit und zur Eintragung im Grundbuch nicht der Zustimmung der Berechtigten von Grundpfandrechten und Reallasten. Diese gesetzliche Anordnung ist unabhängig davon, ob tatsächlich eine rechtliche Beeinträchtigung gegeben sein kann. So bedarf die Nutzungsänderung (z.B. Luxuswohnung in Sozialwohnung, allgemeine Wohnnutzung in eingeschränkte Nutzung, z.B. als Studentenappartements), obwohl sowohl eine rechtliche als auch wirtschaftliche Beeinträchtigung vorliegt, keiner Zustimmung der Drittberechtigten.92 Das diesbezügliche Zustimmungserfordernis kann auch, um die Beleihbarkeit eines Objektes herzustellen, nicht durch Vereinbarung eingeführt werden.93 Eine Zustimmung der Verwertungsgläubiger ist nur bei der Verfügung über Sondernutzungsrechte erforderlich. Werden diese begründet, geändert oder aufgehoben, so ist damit jeweils auch eine Beeinträchtigung des Sondereigentums der belasteten Wohnungs- oder Teileigentumseinheit möglich. 87 Ebenso Wenzel, ZWE 2004, 130 (131) und Hügel, ZWE 2002, 503 (505); a.A. Becker, ZWE 2002, 341 (345). 88 Vgl. nur Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 19 und Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 18e. Zur Nichteintragungsfähigkeit von derartigen Beschlüssen s. OLG München v. 13.11.2009 – 34 Wx 100/ 09, MDR 2010, 102 = MietRB 2010, 14. 89 Vgl. auch KG v. 29.11.2010 – 1 W 325/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 79 = BeckRS 2010, 30439. 90 Zur (verneinten) Analogiefähigkeit dieser Vorschrift OLG Düsseldorf v. 17.12.2009 – 3 Wx 225/09, RNotZ 2010, 198 (200). 91 Vgl. BT-Drucks. 16/887, 14 f.; ähnlich bereits Armbrüster, DNotZ 2003, 493 (507) und Stiller, ZWE 2005, 3 (4). 92 Teilw. vom Gesetzgeber verkannt; vgl. BT-Drucks. 16/887, 15, wonach es sich um praktisch bedeutungslose Fälle handeln soll. 93 Ähnlich Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 22.

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§ 5 Rz. 43 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums Gleiches gilt, wenn die Vereinbarung dazu führt, dass das Sondernutzungsrecht ohne das bisher berechtigte Wohnungs- und Teileigentum, das mit Rechten Dritter belastet ist, übertragen wird.94 Eine Unterausnahme gilt nur, wenn gleichzeitig zugunsten des mit Drittrechten belasteten Wohnungs- und Teileigentums ein Sondernutzungsrecht begründet wird. In diesem Fall wird die fehlende rechtliche Beeinträchtigung vom Gesetzgeber fingiert.95 Allerdings stellt der Gesetzgeber nicht darauf ab, dass ein gleichartiges Sondernutzungsrecht übertragen werden muss, mit der Konsequenz, dass die rechtliche Beeinträchtigung nur dann ausscheiden würde, wenn beispielsweise zugunsten sämtlicher Wohnungs- und Teileigentumseinheiten Sondernutzungsrechte an Pkw-Stellplätzen oder Kellerräumen nachträglich zugeordnet würden. Da nicht auf eine Gleichartigkeit abgestellt wird,96 kommt es nur auf die gleichzeitige Begründung von Sondernutzungsrechten an. Deshalb können werthaltige und wertlose Sondernutzungsrechte zugewiesen werden („Sondernutzungsrecht an der Klingel“), um das Zustimmungserfordernis auszuschließen.97 Eine diesbezügliche Einschränkung des ausdrücklichen Wortlauts ist kaum möglich. Auch eine teleologische Reduktion der Vorschrift ist unzulässig.98 Es bleiben somit nur Schadensersatzansprüche der betroffenen Drittberechtigten, wenn eine Änderung in Beeinträchtigungsabsicht erfolgt. In den Fällen einer „Benachteiligungsänderung zur Verhinderung einer Versteigerung“ werden derartige Schadensersatzansprüche allerdings kaum realisierbar sein. Denkbar wäre es, eine Dienstbarkeit für den Grundpfandrechtsgläubiger oder Reallastberechtigten einzuräumen, die nur mit dessen Zustimmung geändert werden könnte. Allerdings würde diese Lösung komplizierter sein als die frühere der Zustimmungsbedürftigkeit nach den §§ 876, 877 BGB. 44 Für die übrigen Drittberechtigten ist im Gesetz keine Ausnahme enthalten. Insofern besteht

für sie das Zustimmungserfordernis (§§ 876, 877 BGB), sofern die Möglichkeit der rechtlichen Beeinträchtigung durch eine Vereinbarung gegeben ist. Dies dürfte in den meisten Fällen der Fall sein, so dass ihre Zustimmung weiterhin erforderlich ist. Dienstbarkeiten, Nießbrauchsrechte, Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte sowie Vorkaufsrechte sind jedenfalls dann rechtlich beeinträchtigt, wenn sie sich auch auf das Sondereigentum beziehen, was überwiegend gegeben ist. Die Wertung des Gesetzgebers, dass diese Rechte ohnehin nicht zahlreich wären und eine Rechtsbeeinträchtigung regelmäßig ausscheide,99 ist unzutreffend. Gleichwohl kann die gesetzgeberische Fehlentscheidung nicht durch eine analoge Anwendung von Abs. 4 Satz 3 und 4 korrigiert werden. Dies würde dazu führen, dass eine ebenfalls auf unzutreffenden Prämissen beruhende gesetzgeberische Fiktion im Wege der Analogie nochmals erweitert würde. Diese Situation gilt entsprechend auch für Vormerkungen.100 Auch diese werden sich überwiegend entweder auf die Verschaffung von Sondereigentum richten oder auf Rechte, die auch Sondereigentum betreffen. Lediglich wenn Vormerkungen auf Bestellung oder Löschung von Grundpfandrechten und Reallasten gerichtet sind, kann Abs. 4 Satz 2 und 3 angewandt werden, da der schuldrechtliche Anspruch auf Bestellung eines dinglichen Rechts nicht weitergehend geschützt sein kann als das dingliche Recht selbst. 94 Ebenso Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 22. 95 OLG Saarbrücken v. 10.5.2010 – 5 W 94/10-37, 5 W 95/10-38, 5 W 96/10-39, MietRB 2011, 216 = NJW-RR 2011, 519. 96 Krit. Demharter, NZM 2006, 489 (490); Hügel/Elzer, § 5 Rz. 51; und Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 22. 97 OLG München v. 1.2.2013 – 34 Wx 453/12, MietRB 2013, 148 = FGPrax 2013, 109 = NotBZ 2013, 274 (Sondernutzungsrecht an Tankraum und an Teil des Heizraums). Bei der Aufhebung und Neubegründung besteht dagegen die Zustimmungsbedürftigkeit; vgl. OLG München v. 19.5.2009 – 34 Wx 36/09, MietRB 2009, 233 = Rpfleger 2009, 562 = MittBayNot 2009, 372 = RNotZ 2009, 541 = ZMR 2009, 870; OLG Köln v. 7.2.2018 – I – 2 Wx 5/18, 10-29/18, MietRB 2018, 368. 98 Ebenso Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 148; teilw. abw. Abramenko, Das neue WEG, 2007, § 1 Rz. 14. 99 BT-Drucks. 16/887, 16. 100 Ebenso Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 24; vgl. auch BT-Drucks. 16/887, 16.

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IV. Inhalt des Sondereigentums (Abs. 4) | Rz. 46 § 5

In sämtlichen Fällen, in denen nicht bereits Abs. 4 Satz 2 und 3 die Fiktion der fehlenden 45 Beeinträchtigung enthalten, ist zu prüfen, ob durch eine Vereinbarung i.S.v. Satz 1 eine rechtliche Beeinträchtigung eintritt. Eine Beeinträchtigung liegt nur vor, wenn die Rechtsstellung des Drittberechtigten durch die Vereinbarung rechtlich, dh. nicht nur wirtschaftlich, unmittelbar oder mittelbar nachteilig berührt werden kann.101 Eine rechtliche Betroffenheit scheidet aus, wenn lediglich wirtschaftliche Nachteile vorliegen. Allerdings fällt die Abgrenzung schwer. Bei den hierfür angeführten Beispielen der Änderung des Kostenverteilungsschlüssels und der Gestattung der Errichtung einer Garage oder eines Carports auf einem Stellplatzsondernutzungsrecht ist bereits höchst fraglich, ob wirklich keine rechtliche Beeinträchtigung vorliegt. Die Veränderung des Kostenverteilungsschlüssels betrifft beispielsweise den Nießbrauchsberechtigten rechtlich nachteilig.102 Die Errichtung einer Garage oder eines Carports auf einem bisher nur als Stellplatz genutzten Teil des gemeinschaftlichen Grundstücks beeinträchtigt beispielsweise einen Dienstbarkeitsberechtigten, dem am betroffenen Grundstücksteil ein „Mistwegerecht“ zusteht, aber nach der Wertung des Gesetzgebers wohl auch einen Grundpfandrechtsgläubiger an einer nicht begünstigten Wohnungs- und Teileigentumseinheit. Eine lediglich wirtschaftliche Beeinträchtigung wird deshalb in den seltensten Fällen bei einer Vereinbarung, die das Sondereigentum ausgestaltet, vorliegen. Beispiel ist ein Geh- und Fahrtrecht oder ein Leitungsrecht, das durch eine Nutzungsänderung von Appartements (z.B. Studentenwohnheim in Betreutes Wohnen) nicht betroffen wird. Auch Verwaltungsregeln wirken sich auf das Recht von Dienstbarkeitsberechtigten, deren Rechte am Grundstück lasten, regelmäßig nicht aus.103 Anders ist dies, wenn Dienstbarkeiten ein Sondereigentum betreffen (z.B. Wohnungsrecht) und beispielsweise durch eine Änderung der Nutzungsbefugnis das Wohnungsrecht nicht mehr ausgeübt werden könnte. Zusätzlich muss geprüft werden, ob durch die rechtliche Betroffenheit ein Nachteil eintritt. 46 Wird der Drittberechtigte durch eine Änderung rechtlich begünstigt, besteht das Zustimmungserfordernis nicht. Allerdings darf auch hier die rechtliche Begünstigung nicht mit der wirtschaftlichen verwechselt werden. Deshalb war nach früherer Rechtslage bei der Zuordnung von Sondernutzungsrechten trotz eines möglichen wirtschaftlichen Vorteils die Zustimmung von Grundpfandrechtsgläubigern als Drittberechtigten erforderlich. Ein rechtlicher Nachteil scheidet beispielsweise aus, wenn in einem vom Ausübungsbereich einer Dienstbarkeit nicht betroffenen Grundstücksteil Sondernutzungsrechte beliebiger Art begründet werden. Gleiches gilt aber auch, wenn im Ausübungsbereich der Dienstbarkeit Sondernutzungsrechte ganz oder teilweise aufgehoben werden. Beispiel ist die vereinbarungsgemäße Untersagung der Errichtung von Garagen und Carports auf Kfz-Stellplätzen. Auch Nutzungsregelungen führen meist bei Dienstbarkeiten, die am Gesamtgrundstück lasten, jedenfalls zu keiner nachteiligen Beeinträchtigung. Anders ist dies bei Nießbrauchsrechten, die Teile des Gesamtgrundstücks oder ein bestimmtes Wohnungs- oder Teileigentum betreffen. Bei ihnen wirken sich geänderte Nutzungsregelungen und eine Veränderung der Lastenverteilungsregelung stets nachteilig auf den Berechtigten aus. Dies gilt auch dann, wenn die Änderung sogar wirtschaftlich positiv für das mit dem Nießbrauch belastete Wohnungs- oder Teileigentum ist. Beispiel ist die Erhöhung des verbrauchsabhängigen Anteils an den Heizkosten, die zunächst

101 S. nur BGH v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, BGHZ 145, 133 (136) = MDR 2001, 80 = DNotZ 2001, 381 = NJW 2000, 3643 = NZM 2000, 1187 = WuM 2000, 682 = ZfIR 2000, 884 = ZMR 2001, 119 = ZWE 2001, 63; BGH v. 20.1.2006 – V ZR 214/04, MDR 2006, 1163 = MietRB 2006, 239 = NJW-RR 2006, 888 (889) = DNotZ 2006, 520 = Rpfleger 2006, 316; BayObLG v. 5.9.1991 – BReg.2 Z 95/91, BayObLGZ 1991, 313 (317) = NJW-RR 1992, 208 (209) = MittRhNotK 1991, 287; BayObLG v. 19.10.1995 – 2Z BR 99/95, DNotZ 1996, 297 (301) = MittBayNot 1996, 27 und OLG Jena v. 27.7.2011 – 9 W 264/11, BeckRS 2011, 25066; vgl. ausführlich Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 ff. 102 Ebenso Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 (449). 103 Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 (449) und ihm folgend Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 25; vgl. BT-Drucks. 16/887, 16.

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§ 5 Rz. 46 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums eine wesentliche Einsparung der Heizkosten für die nießbrauchsbelastete Einheit bewirkt.104 Hinsichtlich des Vormerkungsberechtigten ist danach zu entscheiden, ob eine Zustimmung als späterer Eigentümer oder Inhaber eines dinglichen Rechts erforderlich wäre.105 Umstritten ist, inwieweit der Inhaber eines dinglichen Vorkaufsrechts durch eine Vereinbarung nachteilig betroffen sein kann. Hierzu wird die Ansicht vertreten, dass er regelmäßig nicht nachteilig beeinträchtigt ist, da sich sein Vorkaufsrecht auf das Wohnungs- oder Teileigentum in dem Zustand bezieht, in dem es sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages, der den Vorkaufsfall auslöst, befindet.106 Diese Ansicht wäre zutreffend, wenn man auch für die Vormerkungswirkung des § 1098 Abs. 2 BGB auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses über den vorkaufsrechtsauslösenden Drittkauf abstellen würde.107 Demgegenüber kommt es nach h.M.108 hinsichtlich der Eintragung des Eigentums auf den Zeitpunkt des Entstehens des Vorkaufsrechtes, also auf die dingliche Einigung und Eintragung in das Grundbuch (§ 873 BGB) an. Die Vormerkungswirkung des dinglichen Vorkaufsrechts ist nach dieser Ansicht zeitraumbezogen mit derjenigen nach § 883 Abs. 2 Satz 1 BGB identisch. Lediglich bei beeinträchtigenden Belastungen soll der Vertragsschluss über den vorkaufsrechtsauslösenden Drittkauf maßgeblich sein. Da die Vereinbarung Inhalt des Sondereigentums wird, betrifft sie den Vormerkungsberechtigten, wenn man der h.M. folgt, nicht nachteilig. § 1098 Abs. 2 BGB zeigt nach der h.M. gerade, dass das vormerkungsberechtigte Eigentum mit dem Inhalt erworben werden muss, in dem es sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Drittkaufs befindet.109 Dieser Zeitpunkt betrifft jedoch lediglich den tatsächlichen Zustand und die Belastungen im Grundbuch, nicht jedoch den Inhalt des Eigentums selbst.110 47 Mit einem Unschädlichkeitszeugnis nach Art. 120 Abs. 1 EGBGB, das landesrechtlich zuge-

lassen ist,111 kann eine Vereinbarung, die Inhalt des Sondereigentums wird, ohne Zustimmung des betroffenen Drittberechtigten im Grundbuch eingetragen werden. Zuständig für die Erteilung des Unschädlichkeitszeugnisses ist jeweils die landesrechtlich bestimmte Behörde. Ob die Unschädlichkeit mit Wirkung gegen die zustimmungsbedürftigen Drittberechtigten festgestellt werden kann, hängt von der jeweiligen landesrechtlichen Vorschrift ab. Dass für Wohnungs- und Teileigentum die Zustimmung dinglicher Berechtigter zu einer Vereinbarung i.S.d. Abs. 4 Satz 1 nicht erforderlich ist, bestimmt sich ebenfalls nach Landesrecht, wobei auch ohne ausdrückliche Nennung die Rechtsprechung dies teilweise analog zu den entsprechenden Vorschriften zugelassen hat.112 Ausdrücklich erwähnt wird die Anwendbarkeit des

104 Ebenso wohl Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 (449) und Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 25. 105 Unklar BT-Drucks. 16/887, 16; wie hier Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 (449). 106 So BT-Drucks. 16/887, 16 und ebenso bereits Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 (449). 107 So Reetz in NK/BGB, § 1098 Rz. 27. 108 BGH v. 26.1.1973 – V ZR 2/71, BGHZ 60, 275 (294) = NJW 1973, 1278; Westermann in MünchKomm/BGB, § 1098 WEG Rz. 7 f.; Stürner in Soergel, BGB, § 1098 WEG Rz. 4 und Herrler in Palandt, BGB, § 1098 WEG Rz. 5 und Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 1426. 109 So aber BT-Drucks. 16/887, 16 und bereits Böttcher/Hintzen, ZfIR 2003, 445 (449). 110 Ebenso Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 25. 111 Vgl. nur §§ 22 ff. AGBGB BW; Art. 72 ff. BayAGBGB; §§ 20 ff. Bbg AGBGB; §§ 1 ff. BremUZEUGNG; § 35 ff. Hmb AGBGB; §§ 27 ff. HVGG; §§ 1 ff. NdsUZeugnG; §§ 1 ff. NRW UnSchädG; §§ 1 ff. UZLG RP; §§ 1 ff. Saarl G Nr. 842 über Unschädlichkeitszeugnisse; §§ 46 ff. SächsJG; §§ 1 ff. GrdstVUZeugnG LSA; §§ 14 ff. AGBGB SH und §§ 1 ff. ThürGUZ. S. dazu nur Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 739. 112 S. nur BayObLG v. 14.1.1988 – BReg.2 Z 160/87, BayObLGZ 1988, 1 = NJW-RR 1988, 592 = MittBayNot 1988, 75; BayObLG v. 8.7.1993 – 2Z BR 45/93, MittBayNot 1993, 368 (370); BayObLG v. 3.7.2003 – 2Z BR 107/03, BayObLGZ 2003, 161 = DNotZ 2003, 936 = NJW-RR 2003, 1523 = NZM 2003, 853 = ZfIR 2003, 781 = ZMR 2004, 683; OLG Hamburg v. 26.3.2002 – 2 Wx 78–102/00, MittBayNot 2002, 399 = NZM 2003, 999; LG München I v. 27.2.2006 – 13 T 201 41/05, NJOZ 2006, 2003; unzulässig nach OLG Köln v. 28.5.1993 – 2 Wx 11/93, ZMR 1993, 428.

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IV. Inhalt des Sondereigentums (Abs. 4) | Rz. 50 § 5

Unschädlichkeitszeugnisses auf Vereinbarungen zum Inhalt des Sondereigentums in § 23a AGBGB BW, Art. 72 Abs. 2 Nr. 2 BayAGBGB, § 23 BbgAGBGB, § 4 BremUZeugnG, § 27 Abs. 1 Nr. 2 HessVGG, § 4 NRWUnSchädG und § 49 SächsJG.

3. Mit-Sondereigentum, abgesondertes Miteigentum und Nachbareigentum Das Wohnungseigentumsgesetz kennt als wohnungseigentumsrechtliche Eigentumsformen 48 nur das Gemeinschafts- und das Sondereigentum. Eine weitere besondere Eigentumsform ist darin nicht enthalten. Dies schließt freilich nicht aus, dass an Einzelräumen Teileigentum begründet wird und hieran Miteigentum oder Gesamthandseigentum besteht. Unzulässig ist dagegen nach h.M. das so genannte Mit-Sondereigentum. Es betrifft eine sa- 49 chenrechtliche Untergemeinschaft an den im Sondereigentum stehenden Räumen oder zu den Räumen gehörenden Bestandteilen des Gebäudes. Betroffen sind vor allem Eingangsflure zwischen zwei Einheiten, die nicht Mit-Sondereigentum der Eigentümer dieser Einheiten sein können.113 Eine Ausnahme von der Unzulässigkeit von Mit-Sondereigentum soll beim Nachbareigentum 50 gelten. In diesem Fall lässt es die h.M. zu, dass Sondereigentum nicht nur mit einem Miteigentumsanteil verbunden ist. An nicht tragenden Zwischenwänden zwischen zwei Wohnungsoder Teileigentumseinheiten soll Miteigentum der jeweils angrenzenden Wohnungs- und Teileigentumseinheiten in Form des Mit-Sondereigentums bestehen.114 Allerdings ist die überwiegende Ansicht nicht konsequent, wenn sie auch zu praktisch vernünftigen Ergebnissen führt. Nach a.A. ist bei nichttragenden Zwischenwänden zwischen zwei Einheiten „normales“ Miteigentum der Nachbarn anzunehmen, da es sich um unwesentliche Bestandteile oder Scheinbestandteile handelt.115

113 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 (168) = MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2851 = DNotZ 1996, 289; BayObLG v. 10.11.1987 – BReg.2 Z 75/86, BayObLGZ 1987, 390 (396) = DNotZ 1988, 316 = MittBayNot 1988, 35 = Rpfleger 1988, 102; BayObLG v. 24.2.2000 – 2Z BR 155/99, MittBayNot 2000, 588 = NJW-RR 2000, 1032 = NZM 2000, 516 = ZfIR 2000, 798 (800) = ZMR 2000, 622 = ZWE 2000, 213; OLG Schleswig v. 29.9.2006 – 2 W 108/06, MietRB 2007, 149 = DNotZ 2007, 620 = RNotZ 2007, 279 = WuM 2007, 285 = ZMR 2007, 726; vgl. auch Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 31 und Röll, DNotZ 1998, 345 (347). Ausführlich Hurst, DNotZ 1968, 131 ff. 114 S. nur BGH v. 10.10.1980 – V ZR 47/79, BGHZ 78, 225 = MDR 1981, 216 = DNotZ 1981, 565 = MittBayNot 1981, 78 = NJW 1981, 455; BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497 = DNotZ 2002, 127 = NJW 2001, 1212 = NotBZ 2001, 105 = NZM 2001, 196 = ZfIR 2001, 209 = ZMR 2001, 289 = ZWE 2001, 314; BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, BGHZ 177, 338 = MDR 2008, 1266 = NJW 2008, 2982 = DNotZ 2009, 50 = NZM 2008, 688 = Rpfleger 2008, 631 = ZfIR 2008, 734 = ZMR 2008, 897; BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, NJW 2016, 473 (474) = DNotZ 2016, 278 = NotBZ 2016, 139 = NZM 2016, 132 = ZfIR 2016, 276 = ZMR 2016, 215 = ZWE 2016, 79; OLG München v. 13.9.2005 – 32 Wx 71/05, MDR 2006, 258 = ZMR 2006, 300 = NZM 2006, 344 = NJW-RR 2006, 297; OLG Zweibrücken v. 7.11.1996 – 3 W 152/86, NJW-RR 1987, 332; BayObLG v. 10.11.1987 – BReg.2 Z 75/86, BayObLGZ 1987, 390 (396) = DNotZ 1988, 316 = MittBayNot 1988, 35 = Rpfleger 1988, 102; OLG Düsseldorf v. 5.5.1975 – 3 W 33/75, Rpfleger 1975, 308; OLG Schleswig v. 29.9.2006 – 2 W 108/06, MietRB 2007, 149 = WuM 2007, 285 = RNotZ 2007, 279 = ZMR 2007, 726; vgl. auch Sauren, DNotZ 1988, 667 (673) und Schäuble in Soergel, BGB, § 5 WEG Rz. 5 („Nachbareigentum“ in Form von vertikal geteiltem Sondereigentum). Offen nunmehr BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, BGHZ 208, 29 = DNotZ 2016, 278 = MDR 2016, 147 = MittBayNot 2016, 505 = NotBZ 2016, 139 = NZM 2016, 75 = ZfIR 2016, 276 = ZMR 2016, 215 = ZWE 2016, 79; s. dazu Heinemann, ZMR 2016, 680 ff. 115 So Heinemann in NK/BGB, § 5 WEG Rz. 27.

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§ 5 Rz. 51 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums 51 Von den vorstehend genannten Fällen zu unterscheiden ist das abgesonderte Miteigentum,

bei dem es sich um eine gemeinschaftliche Berechtigung am Gemeinschaftseigentum handelt.116 Es geht somit um eine Mitberechtigung einzelner Wohnungs- und Teileigentümer am Gemeinschaftseigentum. Betroffen sind z.B. Fahrstuhlanlagen zu bestimmten Wohneinheiten, wenn diese nur bestimmten Einheiten zugeordnet sind. Durch die Zulassung von abgesondertem Miteigentum würden jedoch relative Miteigentumsquoten entstehen, die dem Konzept der §§ 1, 3 und 6 widersprechen; deshalb ist „abgesondertes Mitgemeinschaftseigentum“ nach überwiegender Ansicht insoweit nicht zulässig.117 Probleme können sich ferner bei einer Auseinandersetzung und hinsichtlich der Verwaltung dieses abgesonderten Miteigentums ergeben. Praktisch auftretende Probleme hinsichtlich der Verwaltung, Lastentragung und der Stimmrechte, können durch entsprechende Regelungen der Gemeinschaftsordnung gelöst werden, so dass sie auf diese Weise auch verdinglichter Inhalt des Sondereigentums werden. Eine Ausnahme von der Unzulässigkeit abgesonderten Miteigentums kann bei Mehrhausanlagen anerkannt werden, da sich die vorstehend genannten Probleme dort nicht oder jedenfalls nicht in größerem Umfang als bei den diesbezüglichen Regelungen der Gemeinschaftsordnung ergeben (vgl. Rz. 7).

4. Sondernutzungsrechte 52 Der Begriff „Sondernutzungsrecht“ ist in Abs. 4 erstmals im Gesetz enthalten, wird allerdings

nicht legal definiert.118 Es handelt sich um kein Sondereigentum; in der Praxis wird allerdings häufig von (wirtschaftlichem) Eigentum ausgegangen.119 Dogmatisch liegt eine Sondernutzungsbefugnis am Gemeinschaftseigentum vor. Nach § 13 Abs. 3 steht jedem Wohnungs- und Teileigentümer der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums zu, desgleichen die sonstigen Nutzungen. Der sondernutzungsberechtigte Wohnungs- oder Teileigentümer erhält die Befugnis, einen Teil des gemeinschaftlichen Eigentums unter Ausschluss der anderen Wohnungsund Teileigentümer zu nutzen.120 Das Sondernutzungsrecht enthält somit eine negative und eine positive Komponente, nämlich den Ausschluss der übrigen Eigentümer vom gemeinschaftlichen Gebrauch und die Zuweisung eines exklusiven Nutzungsrechtes an einen oder

116 Vgl. dazu Hurst, DNotZ 1968, 131. 117 BGH v. 3.4.1968 – V ZB 14/67, BGHZ 50, 56 = NJW 1968, 1230; BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 = MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2851 = DNotZ 1996, 289; BayObLG v. 21.7.1980 – BReg.2 Z 33/80, DNotZ 1982, 250 = MittBayNot 1980, 209; OLG Düsseldorf v. 5.5.1975 – 3 W 33/ 75, Rpfleger 1975, 308; OLG Köln v. 2.6.1982 – 2 Wx 3/82, DNotZ 1983, 106 = NJW 1983, 248; OLG Hamm v. 11.6.1986 – 15 W 452/85, MDR 1986, 939 = NJW-RR 1986, 1275 = DNotZ 1987, 228 = OLGZ 1986, 415. 118 BT-Drucks. 16/887, 16; OLG München v. 22.12.2017 – 34 Wx 139/17, MietRB 2018, 143 = NJOZ 2018, 1407 = ZWE 2018, 164. Vgl. auch Drasdo, NJW-Spezial 2011, 225; Falkner in Weber (Hrsg.) Aktuelle Herausforderungen im Immobilienrecht, 2017, 85 (86); Ott, NZM 2017, 1 (2); Tank, MietRB 2016, 275 f.; Spielbauer, ZWE 2017, 19; Elzer, NotBZ 2019, 1 (3). 119 So auch Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 3. Aufl. 2011, Teil 6 Rz. 40 a.E. und Becker/Ott/Suilmann, WEG, 3. Aufl. 2015, Rz. 281. Zur Umdeutung der unwirksamen Sondereigentumseinräumung in ein Sondernutzungsrecht KG v. 16.9.1998 – 24 W 8886/97, GE 1999, 1361 = NZM 1999, 258 = ZfIR 1999, 127. Zur hilfsweisen Begründung von Sondernutzungsrechten DNotI-Report 2018, 163 ff. 120 BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 (147) = MDR 1979, 299 = NJW 1979, 548; BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73 = NJW 2012, 676 = NZM 2012, 157; BayObLG v. 5.3.1987 – BReg.2 Z 50/86, NJW-RR 1987, 846; KG v. 4.7.2006 – 24 W 201/05, ZMR 2007, 385 (386); Drasdo, NJW-Spezial 2014, 353; Francastel, RNotZ 2015, 385 f. Zur Abgrenzung zur Gebrauchsregelung s. Elzer, MietRB 2012, 373 = NotBZ 2013, 289 f.

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IV. Inhalt des Sondereigentums (Abs. 4) | Rz. 52 § 5

mehrere Wohnungs- und Teileigentümer.121 Anders als die Regelung des ordnungsgemäßen Gebrauchs durch sämtliche Eigentümer, für den eine Regelung durch Mehrheitsbeschluss ausreichend ist (§ 15 Abs. 2), bedarf die Zuweisung eines Sondernutzungsrechtes der Vereinbarung unter Zustimmung aller Wohnungs- und Teileigentümer.122 Dies gilt auch für die nachträgliche Eintragung eines bisher nicht gebuchten (schuldrechtlichen) Sondernutzungsrechts.123 Der Vereinbarung steht die einseitige Begründung durch den teilenden Eigentümer (§ 8 Abs. 2) gleich.124 Die Einräumung durch Mehrheitsbeschluss ist nichtig, sofern nicht eine diesbezügliche Öffnungsklausel besteht.125 Sachenrechtlich setzt die Begründung von Sondernutzungsrechten voraus, dass diese klar und eindeutig bezeichnet werden, insbesondere Sondernutzungsflächen mit Hilfe von Plänen und Skizzen, die maßstabsgetreu sein sollten, klar gekennzeichnet werden, wenn das Sondernutzungsrecht im Grundbuch eingetragen wird.126 121 Bei wirtschaftlich selbstständigen Untergemeinschaften und Entzug der Nutzungsbefugnis für eine Gruppe von Eigentümern ist nur die Zustimmung der anderen Eigentümer erforderlich (OLG München v. 4.6.2014 – 34 Wx 346/13, MietRB 2014, 239 = NJOZ 2014, 1332 = ZMR 2016, 303). 122 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 = DNotZ 2000, 854 = NJW 2000, 3500 = NZBau 2001, 19 = NZM 2000, 1184 = ZfIR 2000, 877 = ZMR 2000, 771 = ZWE 2000, 518; BGH v. 8.4.2016 – V ZR 191/15, MDR 2016, 1324 = NJW 2017, 64 = NZM 2016, 861 = ZfIR 2017, 12 = ZMR 2016, 888 = ZWE 2016, 453; BGH v. 13.1.2017 – V ZR 96/16, MDR 2017, 511 = NZM 2017, 447 = WuM 2017, 227 = ZfIR 2017, 403 = ZMR 2017, 319 = ZWE 2017, 224; BayObLG v. 19.8.1999 – 2Z BR 62/99, NZM 2000, 350 = ZWE 2000, 261; OLG München v. 11.5.2012 – 34 Wx 137/12, MietRB 2012, 267 = IMR 2012, 390 = NJW-RR 2013, 135 = NZM 2013, 384; OLG München v. 18.4.2013 – 34 Wx 363/12, MietRB 2013, 242 = NotBZ 2013, 318 = NJOZ 2013, 1484 = Rpfleger 2013, 514 = ZMR 2013, 845; OLG Zweibrücken v. 1.7.2013 – 3 W 22/13, RNotZ 2014, 42; Drasdo, NJW-Spezial 2011, 225 und Tank, MietRB 2016, 275 (276). Zur späteren Änderung s. BayObLG v. 28.3.2001 – 2Z BR 138/00, BayObLGZ 2001, 73 = DNotZ 2002, 142 = NJW-RR 2001, 1164 = NZM 2001, 529 = ZMR 2001, 638 = ZWE 2001, 430 = ZfIR 2001, 480. Zur kostenrechtlichen Behandlung s. OLG München v. 23.4.2015 – 34 Wx 122/15, NJW-RR 2015, 1162 = FGPrax 2015, 184 = NZM 2015, 942 = Rpfleger 2015, 601 = ZfIR 2015, 617; OLG Hamburg v. 13.3.2018 – 13 W 76/17, notar 2019, 22 u. Müller, MittBayNot 2015, 18 ff. 123 OLG München v. 27.5.2014 – 34 Wx 149/14, MittBayNot 2014, 530 = NJOZ 2014, 1330 = RNotZ 2014, 485 = ZMR 2015, 469. 124 BGH v. 21.10.2016 – V ZR 78/16, MDR 2017, 388 = DNotZ 2017, 852 = MittBayNot 2017, 234 = NotBZ 2017, 303 = ZfIR 2017, 335 = NZM 2017, 607 = ZWE 2017, 169; OLG Düsseldorf v. 2.5.2001 – 3 Wx 101, 123/01, DNotZ 2002, 157 = MittBayNot 2001, 396 = NJW-RR 2002, 1379 = NZM 2002, 73 = ZMR 2001, 838 = ZWE 2001, 443 = ZfIR 2002, 146. Zur Aufhebung durch ein Vermächtnis s. BayObLG v. 9.2.2005 – 2Z BR 223/04, BayObLGZ 2004, 387 = MietRB 2005, 204 = DNotZ 2005, 695 = NJW-RR 2005, 886 = NZM 2005, 344 = Rpfleger 2005, 420 = ZMR 2005, 464. Vgl. auch LG Itzehoe v. 11.3.2016 – 11 S 3/15, MietRB 2016, 292. 125 LG Karlsruhe v. 27.9.2011 – 11 S 41/10, ZWE 2012, 102; LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 117/13, IMR 2014, 522. LG Lüneburg v. 10.2.2016 – 9 S 64/15, MietRB 2017, 14; LG Aurich v. 8.12.2017 – 4 S 159/17, MietRB 2018, 339; AG Hamburg-St. Georg v. 28.4.2017 – 980b C 69/16 WEG, ZMR 2017, 679 = ZWE 2018, 140. 126 BGH v. 19.4.2002 – V ZR 90/01, BGHZ 150, 334 = MDR 2002, 1001 = DNotZ 2002, 937 = NJW 2002, 2247 = NZM 2002, 606 = ZfIR 2002, 550 = ZMR 2002, 763 = ZWE 2002, 518; BGH v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 173 = DNotZ 2012, 684 = NJW-RR 2012, 711 = NotBZ 2012, 297 = NZM 2012, 464 = Rpfleger 2012, 431 = ZMR 2012, 651; BayObLG v. 16.12.1993 – 2Z BR 112/93, DNotZ 1994, 244; OLG Hamm v. 9.9.1999 – 15 W 157/99, DNotZ 2000, 211 = NZM 2000, 662 = ZMR 2000, 123 = ZWE 2000, 80; KG v. 28.5.1999 – 24 W 9020/97, ZMR 2000, 331; OLG Frankfurt v. 5.9.2006 – 20 W 83/04, DNotZ 2007, 470; BayObLG v. 24.1.2005 – 2Z BR 225/04, NotBZ 2005, 263 = NJOZ 2005, 3203; OLG München v. 27.4.2011 – 34 Wx 149/10, MietRB 2011, 321 = ZWE 2011, 264; OLG München v. 28.9.2015 – 34 Wx 84/14, MittBayNot 2016, 229 = ZWE 2016, 19; Jennißen/Bartholome, NJW 2014, 2160 (2161); Elzer, NotBZ 2018, vgl. auch OLG Saarbrücken v. 20.4.2004 – 5 W 208/03-50, MittBayNot 2005, 43 = ZMR 2005, 981 und zur (verneinten) Löschung OLG München v. 8.2.2013 – 34 Wx 305/12, MietRB 2013, 331 = NotBZ 2013, 326. Dies betrifft nicht die Nutzungsvereinbarungen unter mehreren gemeinsam Nutzungsberech-

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§ 5 Rz. 52 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums Dabei muss nicht auf den Aufteilungsplan Bezug genommen werden; weicht der „Sondernutzungsrechtsplan“ vom bestätigten Aufteilungsplan ab, führt dies nicht zur Unzulässigkeit der Vereinbarung hinsichtlich der Sondernutzungsrechte.127 Eine bestimmte Nutzungsart muss dagegen nicht angegeben werden.128 Bei einem Widerspruch zwischen der textlichen Beschreibung und dem Lageplan entsteht das Sondernutzungsrecht nicht.129 Möglich ist auch die Begründung eines Sondernutzungsrechts durch nicht im Grundbuch eingetragene Vereinbarung der Wohnungseigentümer.130 Ein derartiges schuldrechtliches Sondernutzungsrecht hat allerdings keine Wirkung gegen die Sondernachfolger der von der Nutzung ausgeschlossenen Wohnungseigentümer.131 Zu ihren Lasten gilt das Sondernutzungsrecht auch dann nicht, wenn sie beim Erwerb des Wohnungs- oder Teileigentums pauschal „in alle Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer“ eintreten.132 53 Das Sondernutzungsrecht ist Inhalt des Sondereigentums. Es besteht auch dann, wenn es nicht

ausdrücklich im Grundbuch eingetragen ist.133 Es genügt die Bezugnahme auf die in den

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tigten OLG Düsseldorf v. 28.6.2010 – I-3 Wx 54/10, MietRB 2010, 301 = NJOZ 2011, 339 = RNotZ 2010, 573. OLG München v. 4.2.2016 – 34 Wx 396/15, IMR 2016, 215 = ZfIR 2016, 289 = ZMR 2016, 305. BayObLG v. 12.11.1998 – 2Z BR 95/98, DNotZ 1999, 672 = MittBayNot 1999, 180 = NZM 1999, 426 und OLG München v. 13.6.2013 – 34 Wx 158/13, MietRB 2013, 271. OLG Frankfurt v. 2.3.1998 – 20 W 54/98, NJW-RR 1998, 1707 = NZM 1998, 409 = MittBayNot 1998, 443 = ZfIR 1998, 235 = ZMR 1998, 365; OLG Frankfurt v. 23.1.2006 – 20 W 195/03, juris; OLG Hamm v. 13.3.2000 – 15 W 454/99, NJW-RR 2001, 84 = NZM 2000, 659 = Rpfleger 2000, 385 = ZfIR 2001, 61 = ZMR 2000, 316 = ZWE 2000, 316 und BayObLG v. 25.2.2005 – 2Z BR 184/04, NotBZ 2005, 158. Vgl. aber BayObLG v. 30.5.2003 – 2Z BR 50/03, ZMR 2004, 48. BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = DNotZ 2000, 854 = NJW 2000, 3500 = NZM 2000, 1184; vgl. auch BayObLG v. 2.6.2004 – 2Z BR 10/04, DNotZ 2004, 931 = ZfIR 2004, 814 = ZMR 2005, 382 und BayObLG v. 13.6.2002 – 2Z BR 1/02, NJW-RR 2003, 9 = NZM 2002, 747 = ZfIR 2002, 645 = ZMR 2002, 849 = ZWE 2002, 583. Durch Beschluss kann auch kein faktisches „Sondernutzungsrecht“ begründet werden (OLG München v. 9.5.2007 – 32 Wx 31, 34/07, ZMR 2008, 560). Auch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ergibt sich kein Sondernutzungsrecht (OLG Düsseldorf v. 25.7.2003 – 3 Wx 133/03, NJW-RR 2003, 1378 = NZM 2003, 787 = WuM 2003, 585 = ZMR 2003, 955). Durch eine langfristige Vermietung entsteht kein Sondernutzungsrecht (LG Hamburg v. 28.10.2015 – 318 S 9/15, BeckRS 2016, 02143 = IMR 2016, 154 = ZWE 2016, 219). Die Zustimmung der Wohnungseigentümer zu einer bestimmten Nutzung kann jedoch zur Verwirkung der Herausgabe- und Räumungsansprüche führen (LG Hamburg v. 9.7.2014 – 318 S 120/13, IMR 2014, 523 = ZMR 2014, 1012 = ZWE 2015, 30). Zum Nutzungsrecht am Sondernutzungsrecht s. OLG München v. 10.3.2014 – 34 Wx 512/13, MietRB 2014, 208 = NJOZ 2014, 1057 = NotBZ 2014, 309 = Rpfleger 2014, 494 = RNotZ 2014, 483. Vgl. Spielbauer, ZWE 2017, 19 (20). OLG Köln v. 2.4.2001 – 16 Wx 7/01, DNotZ 2002, 223 = MDR 2001, 1404 = NZM 2001, 1135 = ZfIR 2001, 1012 = ZMR 2002, 73; OLG Düsseldorf v. 9.6.2017 – 3 Wx 46/17, WuM 2017, 732 = ZWE 2017, 404; OLG München v. 22.12.2017 – 34 Wx 139/17, MietRB 2018, 143 = NJOZ 2018, 1407 = ZWE 2018, 164 und LG München I v. 4.3.2013 – 1 S 8972/12, MietRB 2013, 211 = ZMR 2013, 562. Allerdings handelt es sich bei dem im Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrecht ebenfalls nicht um ein dingliches Recht, sondern um ein Nutzungsrecht, das dem begünstigten Eigentümer einen Anspruch auf Gewährung der ausschließenden Gebrauchs- und Nutzungsbefugnis gibt, die gemäß § 10 Abs. 3 gegen Sondernachfolger wirkt und dadurch „verdinglicht“ ist. OLG Zweibrücken v. 21.1.2005 – 3 W 198/04, MietRB 2005, 150 (157) = NZM 2005, 343 = FGPrax 2005, 149; OLG Köln v. 2.4.2001 – 16 Wx 7/01, MDR 2001, 1404 = DNotZ 2002, 223 = NZM 2001, 1135 = RNotZ 2001, 519 = ZfIR 2001, 1012 = ZMR 2002, 73. OLG München v. 12.9.2006 – 32 Wx 133/06, DNotZ 2007, 47 = NZM 2006, 867 = Rpfleger 2007, 70; OLG Frankfurt v. 16.4.2007 – 20 W 290/05, MietRB 2007, 267 = NotBZ 2007, 330 = NZM 2008, 214; KG v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, MietRB 2007, 148 (235) = RNotZ 2007, 151 = ZMR 2007, 384; OLG München v. 13.6.2013 – 34 Wx 158/13, MietRB 2013, 271.

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IV. Inhalt des Sondereigentums (Abs. 4) | Rz. 54 § 5

Grundakten befindliche Bewilligungsurkunde.134 Allerdings ist eine ausdrückliche Eintragung nicht unzulässig; sie wird sich in vielen Fällen empfehlen. Die Begründung von Sondernutzungsrechten kann entsprechend den beiden Komponenten 54 (vgl. Rz. 52) gleichzeitig oder sukzessive erfolgen.135 Werden der Ausschluss der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer und die Zuweisung gleichzeitig vorgenommen, wird das Sondernutzungsrecht unmittelbar mit einer oder mehreren Wohnungs- und Teileigentumseinheiten verbunden. Dies kann auch unter einer aufschiebenden Bedingung erfolgen.136 Bis zum Eintritt der Bedingung besteht die gemeinschaftliche Gebrauchsregelung gemäß § 13 Abs. 2. Dies ist nicht der Fall, wenn zunächst zeitlich vorab der Ausschluss sämtlicher Eigentümer vom Mitgebrauch erfolgt (negative Komponente) und dem aufteilenden Eigentümer oder einem Wohnungs- und Teileigentümer das Recht eingeräumt wird, ausschließliche oder gemeinschaftliche Sondernutzungsrechte bestimmten Wohnungs- und Teileigentumseinheiten zuzuordnen.137 Der Zuweisungsvorbehalt muss dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen; dies wird nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass er große Teile des Gemeinschaftseigentums erfasst.138 Umstritten ist, ob die Zuweisungsbefugnis daran gebunden ist, dass der Ermächtigte auch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist.139 Eine zeitlich unbegrenzte Ermächtigung endet jedenfalls mit der Veräußerung der letzten Wohnungs- bzw. 134 Vgl. OLG München v. 9.10.2015 – 34 Wx 184/15, IMR 2016, 25 = ZWE 2016, 51 = MietRB 2016, 12 und OLG Nürnberg v. 6.2.2018 – 15 W 1753/17, MDR 2018, 518 = MietRB 2018, 239 = FGPrax 2018, 112 = MittBayNot 2018, 449 = NJW-RR 2018, 780 = NZM 2018, 571 = Rpfleger 2018, 975 = ZWE 2018, 169. 135 Vgl. OLG Hamm v. 21.10.2008 – I-15 Wx 140/08, MietRB 2009, 138 = DNotZ 2009, 383 = RNotZ 2009, 391; OLG Frankfurt/M v. 10.3.2016 – 20 W 70/15, MittBayNot 2017, 252 = ZWE 2017, 87 und OLG Hamm v. 16.6.2017 – 15 W 474/16, MDR 2017, 1294 = MietRB 2017, 325 = NotBZ 2018, 150 = DNotZ 2018, 225 = MittBayNot 2018, 340. Ausführlich Elzer, NZM 2016, 529 ff.; Falkner in Weber (Hrsg.), Aktuelle Herausforderungen im Immobilienrecht, 2017, 85 (103) und DNotI-Report 2016, 117 ff. Zur Vollmachtslösung kurz Ott, NZM 2017, 1 (3). 136 OLG Zweibrücken v. 1.2.2008 – 3 W 3/08, MietRB 2008, 241 = DNotZ 2008, 531 = NJW-RR 2008, 1395 = Rpfleger 2008, 358 = RNotZ 2008, 348 = ZMR 2008, 667; OLG Stuttgart v. 11.5.2012 – 8 W 144/11, MittBayNot 2013, 306 = ZMR 2012, 715; LG Koblenz v. 10.2.2003 – 2 T 590/02, NJOZ 2003, 1015 = Rpfleger 2003, 416 und LG Stuttgart v. 10.4.2013 – 10 S 19/12, ZMR 2013, 661 = BeckRS 2013, 15025. Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 5.4.2000 – 3 Wx 334/99, NZM 2000, 765 = WuM 2000, 372 = ZMR 2000, 551 = ZWE 2000, 421 und OLG Saarbrücken v. 6.3.2018 – 5 W 17/ 18, FGPrax 2018, 162 = ZfIR 2018, 412 = ZWE 2018, 206. 137 Vgl. BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = NJW 2012, 676 = DNotZ 2012, 528 = MietRB 2012, 73 = NZM 2012, 157 = Rpfleger 2012, 247 = ZfIR 2012, 182; OLG München v. 27.4.2011 – 34 Wx 149/10, MietRB 2011, 321 = BeckRS 2011, 16190; OLG Hamm v. 12.6.2012 – 15 Wx 99/11, MietRB 2012, 299 = FGPrax 2012, 244 = RNotZ 2012, 500 und Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 2913. Zu einer diesbezüglichen Vollmacht s. OLG München v. 7.11.2012 – 34 Wx 208/12, NJW-RR 2013, 84 u. 389 = NotBZ 2013, 69 = NZM 2013, 91 = RNotZ 2013, 122 und OLG München v. 20.2.2013 – 34 Wx 439/12, FGPrax 2013, 111 = MittBayNot 2013, 382 = NotBZ 2013, 270. Vgl. OLG München v. 22.12.2017 – 34 Wx 139/17, NJOZ 2018, 1407 = Rpfleger 2018, 372 = ZWE 2018, 164. 138 BGH v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 173 = DNotZ 2012, 684 = IMR 2012, 240 = NJW-RR 2012, 711 = NZM 2012, 464 = NotBZ 2012, 297 = Rpfleger 2012, 431 = ZMR 2012, 651; BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73 = DNotZ 2012, 528 = MittBayNot 2012, 380 = NJW 2012, 676 = NZM 2012, 157 = Rpfleger 2012, 247; OLG Nürnberg v. 6.2.2018 – 15 W 1753/17, MDR 2018, 518 = MietRB 2018, 239 = FGPrax 2018, 112 = MittBayNot 2018, 449 = NJW-RR 2018, 780 = NZM 2018, 571 = Rpfleger 2018, 975 = ZWE 2018, 169. Vgl. Hogenschurz, ZfIR 2012, 174 (175). Nicht ausreichend ist eine Vereinbarung in der GO, dass sondernutzungsberechtigt der Käufer einer Fläche ist (OLG Schleswig v. 26.9.2016 – 2 Wx 56/16, MietRB 2017, 104 = RNotZ 2017, 34 = ZWE 2017, 213). 139 So Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 4. Aufl. 2018, § 6 Rz. 50; a.A. LG München II v. 11.3.2004 – 6 T 4956/03, MittBayNot 2004, 366.

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§ 5 Rz. 54 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums Teileigentumseinheit.140 Die Zuweisungsbefugnis bis zum „Verkauf“ der letzten Einheit endet bereits beim Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages, nicht erst mit Eigentumsumschreibung.141 Auch wenn einzelne Wohnungs- und Teileigentümer begünstigt werden, bedarf die Zuweisung des Rechts nicht der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer oder dinglich Berechtigter, da sie auf Grund des Ausschlusses (negative Komponente) schon vorher nicht zur Nutzung berechtigt waren.142 55 Eine Nummerierung der Sondernutzungsrechte ist nicht erforderlich; insbesondere müssen

sie nicht die gleiche Nummer wie das Wohnungs- und Teileigentum erhalten, dem sie zugeordnet sind.143 Bei fehlerhafter Zuordnung hat der begünstigte Eigentümer einen Anspruch darauf, dass eine nachträgliche Eintragung der Sondernutzungsrechte in der erforderlichen Form erfolgt.144 56 Der Umfang des Sondernutzungsrechtes bestimmt sich nach dem zulässigen Gebrauch für

die Wohnungseigentümer, der nur einem bestimmten oder mehreren gemeinsam unter Ausschluss der übrigen zugeordnet wird.145 Deshalb kann das Sondernutzungsrecht nie weiter gehen als der gemeinschaftliche Mitgebrauch nach § 13 Abs. 2. So darf beispielsweise der Sondernutzungsberechtigte einen Abstellraum nicht zu Wohnzwecken nutzen oder eine an das Haus angebaute Garage als Küche. Eine weitere Beschränkung ergibt sich aus § 14 Nr. 1, wonach auch ein Sondernutzungsrecht nur in der Weise ausgeübt werden darf, dass dadurch keinem anderen Wohnungs- oder Teileigentümer sowie einem anderen Sondernutzungsberechtigten ein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.146 Hieraus können sich auch Einschränkungen hinsichtlich der alleinigen 140 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73 = DNotZ 2012, 528 = MittBayNot 2012, 380 = NJW 2012, 676 = NZM 2012, 157 = Rpfleger 2012, 247; OLG Zweibrücken v. 1.7.2013 – 3 W 22/13, MittBayNot 2014, 48 = NotBZ 2013, 485 = NZM 2014, 475 = RNotZ 2014, 42 = ZMR 2014, 139 = ZWE 2013, 420; OLG Hamm v. 16.6.2017 – 15 W 474/16, MDR 2017, 1294 = MietRB 2017, 325 = NotBZ 2018, 150 = DNotZ 2018, 225 = ZWE 2017, 445. Zur Vereinbarung einer Zuweisungsbefugnis Elzer, NotBZ 2013, 289 (290) = MietRB 2012, 373 (374). Zur Vertretung des zuweisenden Eigentümers s. KG v. 14.10.2014 – 1 W 358/14, NJW-RR 2015, 202 = ZfIR 2014, 880 = MietRB 2015, 239. 141 OLG München v. 10.4.2013 – 34 Wx 31/13, MietRB 2013, 243 = MittBayNot 2013, 378 = NJW-RR 2013, 1484 = NZBau 2013, 708 = NotBZ 2013, 324. 142 OLG Frankfurt v. 2.3.1998 – 20 W 54/98, NJW-RR 1998, 1707 = NZM 1998, 409 = MittBayNot 1998, 443 = ZfIR 1998, 235 = ZMR 1998, 365 und OLG Saarbrücken v. 10.5.2010 – 5 W 94, 95, 96/ 10, NZM 2011, 811 = IMR 2011, 512; vgl. BayObLG v. 12.11.1998 – 2Z BR 95/98, DNotZ 1999, 672 = MittBayNot 1999, 180 = NZM 1999, 426 und BayObLG v. 27.10.2004 – 2Z BR 150/04, BayObLGZ 2004, 306 = DNotZ 2005, 390 = NJW 2005, 444 = NZM 2005, 105 = ZfIR 2005, 325 = ZMR 2005, 300. Anders ohne einen derartigen Ausschluss ab Entstehung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft BGH v. 21.10.2016 – V ZR 78/16, MDR 2017, 388 = MietRB 2017, 103 = NotBZ 2017, 303 = DNotZ 2017, 852 = MittBayNot 2017, 234 = NJW-RR 2017, 712 = NZM 2017, 607 = Rpfleger 2017, 263 = WuM 2017, 163 = ZfIR 2017, 355 = ZWE 2017, 169; OLG Saarbrücken v. 6.3.2018 – 5 W 17/18, MietRB 2019, 13 (14). 143 Ebenso Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 4. Aufl. 2018, § 6 Rz. 51; a.A. wohl OLG Düsseldorf v. 12.12.2003 – 3 Wx 323/03, WuM 2004, 110 = ZMR 2004, 611. 144 OLG Hamm v. 13.3.2000 – 15 W 454/90, NJW-RR 2001, 84 = NZM 2000, 659 = ZfIR 2001, 61 = ZMR 2000, 691 = ZWE 2000, 316. 145 OLG Frankfurt v. 2.7.2003 – 20 W 154/03, NJOZ 2004, 315; BayObLG v. 8.9.2004 – 2Z BR 136/04, NJOZ 2004, 4347; OLG Frankfurt v. 23.11.2005 – 20 W 432/03; BayObLG v. 20.10.2004 – 2Z BR 53/04, ZMR 2005, 889; OLG Hamburg v. 4.3.2003 – 2 Wx 102/99, ZMR 2003, 524 und KG v. 20.10.1999 – 24 W 9855/98, GE 2000, 131 = NZM 2000, 511 = WuM 2000, 84 = ZMR 2000, 192 = ZWE 2000, 189 = ZfIR 2000, 139. Vgl. auch OLG Hamm v. 6.5.1998 – 15 W 82/98, NZM 1998, 921 = ZMR 1998, 716. 146 Zur Videoüberwachung eines Sondernutzungsrechts s. AG Hamburg-Blankenese v. 9.1.2013 – 539 C 7/12, IMR 2014, 297.

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IV. Inhalt des Sondereigentums (Abs. 4) | Rz. 56 § 5

Nutzungsbefugnis ergeben, wenn beispielsweise eine im Rahmen eines Sondernutzungsrechtes als Nutz- und Ziergarten zugeordnete Grundstücksfläche als Rettungsweg benötigt wird.147 Gleiches gilt, wenn sich unter der betroffenen Fläche (z.B. Pkw-Abstellplatz) Ver- und Entsorgungsleitungen befinden und diese erneuert oder repariert werden müssen.148 Umgekehrt bedeutet dies, dass die Bestellung eines Sondernutzungsrechts nicht ausscheidet, wenn die betreffende Fläche bzw. der betroffene Gebäudeteil auch von anderen Eigentümern, z.B. als Zugang, benutzt werden muss; vielmehr ist das Sondernutzungsrecht insoweit eingeschränkt.149 Die Nutzungsbefugnis besteht ferner nur in dem eingeräumten Rahmen. Ohne ausdrückliche diesbezügliche Gestattung ist eine Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht zulässig, sofern sich diese nicht im Rahmen der ohnehin erlaubten Sondernutzung hält. Beispiele sind bauliche Veränderungen,150 wie z.B. die Errichtung eines Carports auf einem Kfz-Stellplatz,151 die Umwandlung eines Autostellplatzes in eine Terrasse,152 die Nutzung einer Gartenfläche als Skulpturgarten,153 die Errichtung einer Terrassenüberdachung,154 das Aufstellen einer Holzwand in einer parkartigen Anlage155 und die Umgestaltung einer Hangfläche in einen Steingarten.156 Diese sind nur erlaubt, wenn sie ausdrücklich gestattet sind. Die Sondernutzung zur Nutzung als Ziergarten beinhaltet kein Recht zur Einzäunung, wohl aber zur Bepflanzung, wobei, sofern keine Betretungsnotwendigkeit besteht, durch eine entsprechende Bepflanzung ein „lebendiger“ Zaun entstehen kann.157 Das Verbot der Umgestaltung betrifft auch spätere Veränderungen, soweit durch diese die einheitliche Gestaltung des Gebäudes ein147 OLG Frankfurt v. 2.7.2003 – 20 W 154/03, NJOZ 2004, 315 und OLG Stuttgart v. 20.2.2001 – 8 W 555/00, WuM 2001, 293 = ZMR 2001, 730. Vgl. BayObLG v. 29.1.2004 – 2Z BR 153/03, ZMR 2004, 446 zum Verschließen eines Treppenhauses. 148 Teilw. abw. BayObLG v. 9.4.2002 – 2Z BR 30/02, BayObLGZ 2002, 107 = NJW-RR 2002, 1526 = NZM 2002, 488 = WuM 2002, 440 = ZfIR 2002, 465 = ZMR 2002, 773. 149 OLG Zweibrücken v. 17.1.2011 – 3 W 196/10, MietRB 2011, 183 = IMR 2011, 337 = ZWE 2011, 179. 150 OLG München v. 26.4.2012 – 34 Wx 558/11, RNotZ 2012, 445 = ZfIR 2012, 566 LS. Zu baulichen Veränderungen als Inhalt eines Sondernutzungsrechts s. OLG München v. 12.4.2013 – 34 Wx 124/ 13, NZM 2014, 476 = MDR 2013, 1156 = NotBZ 2013, 320 = MietRB 2013, 272 und Hogenschurz, ZMR 2013, 250 ff. Zur „Einhausung“ eines Treppenaufgangs, durch die die Abgeschlossenheit verloren geht, OLG München v. 31.3.2014 – 34 Wx 3/14, MietRB 2014, 175 = NotBZ 2014, 308. 151 LG Nürnberg-Fürth v. 28.3.2018 – 14 S 6168/17 WEG, IMR 2018, 467. 152 BGH v. 22.6.2012 – V ZR 73/11, MietRB 2012, 356 = BeckRS 2012, 15865 = IMR 2012, 418 = ZMR 2012, 883. 153 LG Hamburg v. 12.12.2012 – 318 S 31/12, MietRB 2013, 245 = BeckRS 2013, 07041 = IMR 2013, 295 = ZMR 2013, 301. Zur Verglasung s. OLG Köln v. 27.8.1996 – 16 Wx 205/96, MDR 1996, 1235; zur Vergrößerung BayObLG v. 30.1.1997 – 2 Z BR 110/96, NJW-RR 1997, 971 = WuM 1997, 340 = ZfIR 1997, 350 und OLG Celle v. 17.4.1996 – 4 W 66/96, BeckRS 2014, 05980. Zur Aufstellung eines „überdimensionierten“ Trampolins in der Sommerzeit s. AG München v. 8.11.2017 – 485 C 12677/ 17, MietRB 2018, 50; weitergehend Hügel, NotBZ 2018, 30 (31). 154 BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, MDR 2014, 453 = MietRB 2014, 104 ff. = NZM 2014, 245 = ZfIR 2014, 382. 155 OLG Hamburg v. 4.4.2002 – 2 Wx 91/98, ZMR 2002, 621; vgl. auch OLG Köln v. 21.2.1997 – 16 Wx 8/97, MDR 1997, 1020; OLG Köln v. 18.1.2002 – 16 Wx 247/01, NZM 2002, 458; BayObLG v. 30.6.1989 – BReg.2 Z 47/89, DNotZ 1990, 381 und BayObLG v. 1.8.2000 – 2Z BR 41/00, BWNotZ 2002, 154 = NZM 2000, 1235 = ZMR 2000, 779 = ZfIR 2000, 970. S. aber auch BayObLG v. 19.3.1998 – 2Z BR 131/97, NZM 1998, 443 = ZMR 1998, 503. Anders bei einem Gitterzaun statt einer Hecke BGH v. 22.6.2012 – V ZR 73/11, MietRB 2012, 356 = ZWE 2012, 377 = ZMR 2012, 883. 156 BayObLG v. 6.10.2000 – 2Z BR 53/00, NZM 2001, 200 = ZMR 2001, 122 = ZWE 2001, 109; vgl. auch OLG Karlsruhe v. 22.3.2017 – 6 U 172/14, ZMR 2017, 660 = ZfIR 2017, 466 (LS) und LG Itzehoe v. 10.3.2009 – 11 S 30/08, NJW-RR 2010, 89 = NZM 2011, 886 = ZMR 2009, 479. 157 Zur entsprechenden Geltung des Nachbarrechts zwischen den Sondernutzungsberechtigten s. nur AG München v. 5.5.2014 – 485 C 2913/12, MietRB 2014, 300.

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§ 5 Rz. 56 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums schließlich der Außenanlagen beeinträchtigt würde. Beispiele sind das Abholzen eines auf einer Nutzungsfläche befindlichen Baumes158 und der Abriss eines Carports, wenn sämtliche sondernutzungsberechtigten Stellplatznutzer einen Carport errichtet haben. Sondernutzungen können durch Vereinbarung nach h.M. auch die Nutzung von Sondereigentum regeln; Bedeutung hat dies für im Bruchteilseigentum stehende Mehrfachparker.159 Die Sondernutzungsbefugnis kann mit der Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung, zur Instandsetzung und Instandhaltung der dem Sondernutzungsrecht unterliegenden Teile des Gemeinschaftseigentums und der Kostentragung verbunden werden.160 Fehlt eine diesbezügliche Regelung, können sich die entsprechenden Pflichten durch eine Auslegung der Gemeinschaftsordnung ergeben.161 Allerdings ist dies nicht zwingend, da es im Rahmen des Wohnungseigentumsrechts keinen Grundsatz gibt, dass jemand, der ein bestimmtes Gemeinschaftseigentum nicht nutzt oder nicht nutzen darf, auch von der Kostentragungspflicht ausgeschlossen sein muss. Dies zeigen die Beispiele des Treppenhauses und des Aufzugs bei Erdgeschosswohnungen und des autolosen Wohnungseigentümers hinsichtlich der gemeinschaftlich genutzten Parkplätze.162 Ergibt die Auslegung keine Kostentragungspflicht des Sondernutzungsberechtigten, so verbleibt es beim Grundsatz des § 16 Abs. 2.163 Eine diesbezügliche Beschlussfassung ist mangels Beschlusskompetenz nicht zulässig.164 57 Aus dem Wesen des Sondernutzungsrechts als interne Vereinbarung der Wohnungs- und Teil-

eigentümer über ein grundsätzlich gemeinschaftsbezogenes Nutzungsrecht ergibt sich, dass Berechtigter eines Sondernutzungsrechtes nur ein Wohnungs- und Teileigentümer sein kann, kein außenstehender Dritter.165 Gleichzeitig folgt daraus, dass Sondernutzungsrechte auch für mehrere Wohnungs- und Teileigentümer gemeinsam bestellt werden können.166 Dies erfolgt häufig für einzelne Gebäude und die dazugehörigen Außenflächen bei Mehrhausanlagen, hinsichtlich gemeinschaftlicher Eingangsflure und für Kfz-Stellplätze, Lagerräume sowie Saunen. Wird diesbezüglich kein Berechtigungsverhältnis geregelt, so kommt es auf die Art des Sondernutzungsrechtes hinsichtlich des Verhältnisses mehrerer Sondernutzungsberechtigter an. In einem Gebäude in einer Mehrhausanlage dürften die Miteigentumsanteile der in diesem Haus befindlichen Sondereigentumseinheiten maßgeblich sein. Anders ist dies, wenn Stellplätze oder Lagerräume gemeinschaftlich genutzt werden dürfen. In diesem Fall wird man eher davon ausgehen können, dass es auf die Zahl der Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten ankommt und auf jede ein gleicher Nutzanteil entfällt. Nach h. M. kann ein Sondernutzungs-

158 BayObLG v. 27.7.2000 – 2Z BR 112/99, NZM 2001, 672 = ZMR 2000, 846 = ZWE 2001, 22. Anders LG Hamburg v. 10.9.2010 – 318 S 24/09, NZM 2011, 590 zur üblichen gärtnerischen Pflege. Vgl. Schmid, ZAP Fach 7, 2011, 1137. 159 BGH v. 20.2.2014 – V ZB 116/13, MDR 2014, 520 = NJW 2014, 1879 = DNotZ 2014, 448 = MietRB 2014, 172 = MittBayNot 2014, 442 = NotBZ 2014, 217 = NZG 2014, 576 = NZM 2014, 395 = Rpfleger 2014, 362 = ZfIR 2014, 441 = ZMR 2015, 232 = ZWE 2014, 211; s. dazu Hügel/Elzer, DNotZ 2014, 403 ff. 160 BayObLG v. 18.12.2003 – 2Z BR 203/03, ZMR 2004, 357; BGH v. 28.10.2016 – V ZR 91/16, MDR 2017, 567 =NZM 2017, 602 = WuM 2017, 168 = ZfIR 2017, 242 = ZMR 2017, 256 = ZWE 2017, 180. Vgl. auch BayObLG v. 27.4.2001 – 2Z BR 70/00, NZM 2001, 1138 = ZMR 2001, 829 = ZWE 2001, 424. 161 S. einerseits BayObLG v. 22.3.2001 – 2Z BR 20/01, NZM 2002, 259 = ZMR 2001, 819 = ZWE 2001, 612 und andererseits OLG Düsseldorf v. 6.4.1994 – 3 Wx 534/93, NJW-RR 1994, 1167 = WE 1994, 374. 162 Vgl. BGH v. 28.6.1984 – VII ZB 15/83, BGHZ 92, 18 = MDR 1984, 928 = NJW 1984, 2576; s. dazu Drasdo, RNotZ 2018, 94 (95). 163 KG v. 7.2.2005 – 24 W 81/03, MietRB 2005, 267 = ZMR 2005, 569. 164 BayObLG v. 4.3.2004 – 2Z BR 244/03, MietRB 2004, 238 = NZM 2004, 659 = WuM 2004, 425 = ZMR 2004, 605. 165 OLG Zweibrücken v. 5.6.1986 – 3 W 96/86, NJW-RR 1986, 1338. 166 Vgl. OLG Düsseldorf v. 18.6.2012 – 9 U 228/11, IMR 2012, 380 und Lutz, NotBZ 2014, 209 (210).

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IV. Inhalt des Sondereigentums (Abs. 4) | Rz. 59 § 5

recht auch dem Bruchteil eines Wohnungs- oder Teileigentums zugeordnet werden; auch die entsprechende Regelungsmöglichkeit beim Miteigentum spricht dafür.167 Umstritten ist, ob an denjenigen Teilen des zwingenden Gemeinschaftseigentums gem. Abs. 2, 58 2. Alt., an denen kein Sondereigentum begründet werden kann, ein Sondernutzungsrecht zulässig ist. Bedeutung hat dies insbesondere im Hinblick auf moderne Formen der Beheizung von Wohnanlagen. Hierzu steht die herrschende Meinung auf dem Standpunkt, dass an der gemeinsamen Heizanlage kein Sondernutzungsrecht begründet werden kann. Sie macht allerdings Ausnahmen, wenn mittels der gemeinsamen Heizungsanlage nicht nur die Wohnungsund Teileigentümer des betroffenen Grundstücks, sondern auch externe Dritte versorgt werden (vgl. Rz. 30). Dies ist allerdings inkonsequent. Der Umstand, dass zusätzlich Dritte versorgt werden, ändert nichts daran, dass das gemeinschaftliche Eigentum insoweit dem gemeinschaftlichen Gebrauch dient. Die Mitversorgung Dritter hebt nicht die Notwendigkeit auf, dass die Wohnungs- und Teileigentümer des betroffenen Objektes auf die Heizung angewiesen sind. Nach der hier (vgl. Rz. 31) vertretenen Ansicht schließt die Notwendigkeit des gemeinsamen Gebrauchs ein Sondernutzungsrecht jedoch nicht aus, da dieses, selbst wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart ist, nur in dem Umfang besteht, als der sondernutzungsberechtigte Wohnungs- oder Teileigentümer die Versorgung sämtlicher Wohnungs- und Teileigentumseinheiten im Rahmen der in der betreffenden Gemeinde üblichen Versorgungsbedingungen, insbesondere auch zu dem diesbezüglichen Preis, durchführt. Der gemeinschaftliche Gebrauch der Heizungsanlage, der für die Wohnungs- und Teileigentümer notwendig ist und deshalb diese grundsätzlich zum zwingenden Gemeinschaftseigentum macht, besteht nämlich in der Nutzung dieser Anlage durch den Bezug von Wärme, nicht jedoch in der Möglichkeit, selbst „die Kohlen einzulegen“. Demzufolge kann die Wohnungseigentümergemeinschaft mit einem sondernutzungsberechtigten Wohnungs- und Teileigentümer einen Liefervertrag abschließen, ebenso wie dies mit einem außenstehenden Dritten möglich ist. Aus der Einschränkung des Kreises der Berechtigten ergibt sich, dass auch eine Übertragung 59 von Sondernutzungsrechten nur innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft möglich ist.168 Besteht für das Sondereigentum eine Veräußerungsbeschränkung nach § 12, gilt diese nicht automatisch auch bei der bloßen Veräußerung eines Sondernutzungsrechtes. Allerdings kann die Einräumung des Sondernutzungsrechtes auch dahingehend beschränkt werden, dass seine Übertragung nur mit Zustimmung entsprechend § 12 möglich ist. Da das im Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrecht verdinglicht ist, ist zur Übertragung eine Einigung bzw. eine einseitige Bewilligung, wenn Eigentümer beider betroffenen Einheiten dieselbe Per-

167 Ebenso BGH v. 10.5.2012 – V ZB 279/11, MDR 2012, 1024 = MietRB 2012, 238 = DNotZ 2012, 769 = FGPrax 2012, 188 = MittBayNot 2013, 133 = NJW-RR 2012, 1157 = NZM 2012, 837 = notar 2012, 290 = Rpfleger 2012, 512 = WuM 2012, 462 = ZfIR 2012, 752 = ZMR 2012, 795; BGH v. 20.2.2014 – V ZB 116/13, MDR 2014, 520 = NJW 2014, 1879 = DNotZ 2014, 448 = MietRB 2014, 172 = MittBayNot 2014, 442 = NotBZ 2014, 217 = NZG 2014, 576 = NZM 2014, 395 = Rpfleger 2014, 362 = ZfIR 2014, 441 = ZMR 2015, 232 = ZWE 2014, 211; OLG Nürnberg v. 3.8.2011 – 10 W 302/11, MDR 2011, 1227 = MietRB 2011, 382 = DNotZ 2012, 144 = MittBayNot 2012, 42; a.A. KG v. 30.12.2003 – 1 W 64/03, 1 W 65/03, MietRB 2004, 235 und OLG München v. 21.11.2011 – 34 Wx 357/11, MietRB 2012, 16 = NotBZ 2012, 55. S. dazu Falkner in Weber (Hrsg.), Aktuelle Herausforderungen im Immobilienrecht, 2017, 85 (89). 168 S. nur BGH v. 3.7.2008 – V ZR 20/07, NZM 2008, 732; OLG München v. 11.5.2012 – 34 Wx 137/ 12, NJW-RR 2013, 135 = MietRB 2012, 267; OLG München v. 18.4.2013 – 34 Wx 363/12, NotBZ 2013, 318 = NJOZ 2013, 1484 = Rpfleger 2013, 514 = ZMR 2013, 845 = ZWE 2013, 357 = MietRB 2013, 242; OLG München v. 4.7.2014 – 34 Wx 153/14, MittBayNot 2015, 36 (37) = ZWE 2014, 401 = NotBZ 2014, 472; Drasdo, NJW-Spezial 2014, 353; Falkner, ZNotP 2017, 251 (252). Zur Notwendigkeit der Voreintragung bei der Übertragung s. OLG München v. 13.10.2016 – 34 Wx 185/15, MietRB 2016, 355 = Rpfleger 2017, 144 = ZfIR 2016, 806 = ZMR 2016, 896 = ZWE 2017, 32.

Grziwotz | 101

§ 5 Rz. 59 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums son ist, und die Eintragung im Grundbuch erforderlich.169 Grundbuchrechtlich ist für die Einigung die Beurkundung oder die öffentliche Beglaubigung vorgeschrieben (§ 29 GBO). Die Übertragung kann durch eine Vormerkung auf Erwerb des Nutzungsrechtes gesichert werden.170 Ein Sondernutzungsrecht kann auch geteilt und nur teilweise übertragen werden.171 Ein gutgläubiger Erwerb ist möglich.172 Da es sich nur um eine Gebrauchsregelung handelt, kann das Sondernutzungsrecht nicht belastet werden, insbesondere nicht mit dinglichen Rechten. Umstritten ist, ob eine Belastung des Wohnungs- und Teileigentums, mit dem das Sondernutzungsrecht verbunden ist, mit einer Dienstbarkeit möglich ist, wenn der Ausübungsbereich der Dienstbarkeit ausschließlich das Sondernutzungsrecht betrifft. Dies wird von der h.M. verneint.173 Mit einer Dienstbarkeit kann nämlich nur Eigentum, nicht jedoch eine verdinglichte Gebrauchsbefugnis belastet werden. Hiervon zu unterscheiden ist die Berechtigung eines Dienstbarkeitsberechtigten, dessen Recht das Wohnungs- oder Teileigentum betrifft (z.B. Wohnungsrecht, Mitbenutzungsrecht, Nießbrauchsrecht), im Rahmen der eingeräumten Nutzungsbefugnis auch die entsprechende Gebrauchsregelung (z.B. Kfz-Stellplatz) mitzunutzen.174 Besteht an einer Fläche eine Dienstbarkeit, hindert dies nicht die Einräumung eines Sondernutzungsrechts;175 allerdings kann die Dienstbarkeit der Nutzung durch den Sondernutzungsberechtigten entgegenstehen. 60 Die Löschung eines eingetragenen Sondernutzungsrechts bedarf grundbuchrechtlich lediglich

der Bewilligung des betreffenden Wohnungs- und Teileigentümers gemäß § 29 GBO.176 Ggf. müssen die an dem betreffenden Wohnungs- und Teileigentum dinglich Berechtigten der Aufhebung zustimmen. Dies gilt auch bei einer Aufhebung und anschließenden Neubegrün-

169 BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 = MDR 1979, 299 = MittBayNot 1978, 206 = NJW 1979, 548. Zur bloßen obligatorischen Nutzungseinräumung s. OLG Schleswig v. 12.9.2001 – 4 U 110/00, ZWE 2002, 427. 170 BayObLG v. 22.1.1979 – 2 Z 77/77, DNotZ 1979, 307. Umstr., aber wohl zu bejahen ist, ob für die Verjährung des Anspruchs auf Bestellung eines Sondernutzungsrechts statt der Regelverjährung nach § 195 BGB die verlängerte Verjährungsfrist für dingliche Rechte an einem Grundstück (§ 196 BGB) entsprechend gilt. 171 BayObLG v. 6.3.1986 – BReg.2 Z 76/85, DNotZ 1988, 30; OLG Köln v. 28.5.1993 – 2 Wx 11/93, ZMR 1993, 428; DNotI-Report 2014, 66. 172 OLG Hamm v. 21.10.2008 – I-15 Wx 140/08, MietRB 2009, 138; LG München I v. 14.2.2011 – 1 S 15864/10, MietRB 2011, 217 = IMR 2011, 201 = ZWE 2011, 232 und Böttcher, ZNotP 2013, 162 (163); vgl. OLG Zweibrücken v. 5.11.2012 – 3 W 127/12, MietRB 2013, 47 = FGPrax 2013, 25 = NJW-RR 2013, 85 = MittBayNot 2014, 56 = RNotZ 2013, 301; Spielbauer, ZWE 2017, 19 (21). 173 Str., s. BayObLG v. 30.4.1997 – 2Z BR 5/97, DNotZ 1998, 125 = MittBayNot 1997, 292 = NJW-RR 1997, 1236 = WuM 1997, 386 = ZfIR 1997, 546; BayObLG v. 11.9.1997 – 2Z BR 120/97, BayObLGZ 1997, 282 = DNotZ 1998, 384 = MittBayNot 1998, 34 (35); OLG Schleswig v. 3.8.2011 – 2 W 2/11, MietRB 2012, 112 = NotBZ 2011, 408 = FGPrax 2011, 283 = DNotZ 2012, 359. 174 Nicht allerdings mit dem ausschließlichen Inhalt der Nutzung des Ausübungsbereichs des Sondernutzungsrechts (OLG Zweibrücken v. 22.12.1998 – 3 W 232/98, MittBayNot 1999, 378 = MittRhNotK 1999, 240 = NJW-RR 1999, 1389 = NZM 1999, 771 = ZfIR 1999, 524). 175 OLG München v. 12.4.2013 – 34 Wx 124/13, MDR 2013, 1156 = MietRB 2013, 272 = NJW-RR 2013, 1483 = NotBZ 2013, 320. Zur umgekehrten Zuordnung der Ausübungsbefugnis einer Dienstbarkeit an einem fremden Grundstück als Sondernutzungsrecht s. DNotI-Report 2016, 64 f. 176 BGH v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, BGHZ 145, 133 = MDR 2001, 80 = DNotZ 2001, 381 = NJW 2000, 3644 = NZM 2000, 1187 = ZfIR 2000, 884 = ZMR 2001, 119 = ZWE 2001, 63; BayObLG v. 30.3.2000 – 2Z BR 18/00, BayObLGZ 2000, 96 = MDR 2000, 757 = MittBayNot 2000, 318 = ZfIR 2000, 401; vgl. auch Röll, ZWE 2000, 343 ff. Eine Verwirkung tritt nicht ein (OLG Hamburg v. 12.2.2003 – 2 Wx 41/01, ZMR 2003, 522). Zur Amtslöschung s. OLG München v. 8.2.2013 – 34 Wx 305/12, MietRB 2013, 331 = NotBZ 2013, 326.

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V. Übersicht zur Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum | Rz. 62 § 5

dung.177 Materiell-rechtlich bedarf die Aufhebung der Vereinbarung sämtlicher Wohnungseigentümer und der Eintragung im Grundbuch.178 Sie bedarf – anders als die Bewilligung der Löschung (§ 29 GBO) – keiner Form. Ein Aufhebungsbeschluss ist nicht ausreichend.179 Die Aufhebung darf nicht davon abhängig gemacht werden, ob das dann unbeschränkte Gemeinschaftseigentum allen Wohnungseigentümern zugänglich ist.180 Von der Löschung ist der teilweise Entzug eines Sondernutzungsrechts zu unterscheiden. Es 60a handelt sich um den Fall, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten (z.B. Stellplatznachweis, Kinderspielplatz, Besucherparkplätze) einen Teil des Sondernutzungsbereichs benötigt. Ist der betroffene Eigentümer nach Treu und Glauben bzw. nach Maßgabe von § 10 Abs. 2 Satz 3 zur Zustimmung verpflichtet, steht ihm ein Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Ausgleichs zu.181 Allerdings kommt es hinsichtlich der Höhe des Geldausgleichs auf den Zweck der Nutzung (z.B. Gartenfläche) und nicht die allgemeine baurechtliche Qualität des Grundstücks an.182

V. Übersicht zur Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum Die nachfolgende Übersicht folgt der h.M. zur Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschafts- 61 eigentum. Sofern man mit der neueren Literatur (vgl. Rz. 48 ff.) die Unterscheidungen von Nachbarwänden, Mit-Sondereigentum und abgesondertem Gemeinschaftseigentum, der Sondereigentumsfähigkeit von Mehrhausanlagen, der Behandlung der Spitzböden und der Sondereigentumsfähigkeit von Versorgungseinrichtungen für wenig schlüssig hält, ergeben sich Abweichungen, die bei besonders wichtigen Beispielen kurz erwähnt werden. – Eine Abwasserhebeanlage, die mehreren Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten dient, 62 ist Gemeinschaftseigentum. Ein Mit-Sondereigentum der nutzenden Eigentümer wird hieran nicht anerkannt.183 Sondereigentum ist sie, wenn sie nur der Abwasserentsorgung einer einzelnen Einheit dient und zusätzlich zu dieser gehört bzw. deren Bestandteil i.S.d. Abs. 1184 ist.

177 OLG München v. 4.2.2014 – 34 Wx 434/13, MietRB 2014, 145 = IMR 2014, 220 = MittBayNot 2014, 244 = NotBZ 2014, 232 = RNotZ 2014, 232 = ZWE 2014, 164; OLG Köln v. 7.2.2018 – 2 Wx 5/18, 2 Wx 10-29/18, FGPrax 2018, 62 = Rpfleger 2018, 446 = ZfIR 2018, 622 = ZWE 2018, 317. 178 BGH v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, BGHZ 145, 133 = MDR 2001, 80 = DNotZ 2001, 381 = NJW 2000, 3644 = NZM 2000, 1187 = ZfIR 2000, 884 = ZMR 2001, 119 = ZWE 2001, 63; Ott, NZM 2017, 1 (6); Tank, 2016, 275 (279); a.A. BayObLG v. 30.3.2000 – 2Z BR 18/00, BayObLGZ 2000, 96 = MDR 2000, 757 = MittBayNot 2000, 318 = ZfIR 2000, 401 und Streblow, MittRhNotK 1987, 141 (157). 179 AG Wiesbaden v. 6.9.2013 – 92 C 2186/13, MietRB 2014, 109. 180 OLG Düsseldorf v. 22.3.2013 – I-3 Wx 8/13, MDR 2013, 771 = MietRB 2013, 177 = NJW-RR 2013, 1239 = NZM 2014, 136 = RNotZ 2013, 356 = WuM 2013, 314. 181 BGH v. 23.3.2018 – V ZR 65/17, MDR 2018, 857 = MietRB 2018, 237 = MittBayNot 2019, 41 = NJW-RR 2018, 776 = NZM 2018, 568 = NotBZ 2018, 371 = WuM 2018, 442 = ZfIR 2018, 521 = ZMR 2018, 681; KG v. 25.1.1999 – 24 W 1354/98, ZMR 1999, 356 = ZWE 2000, 138; BayObLG v. 5.12.2001 – 2Z BR 126/01, NZM 2002, 259 = ZMR 2002, 368 = ZWE 2002, 270. 182 BGH v. 25.1.1999 – 24 W 1394/98, WuM 1999, 714 = ZMR 1999, 356 = ZWE 2000, 138; KG v. 21.5.2001 – 24 W 6221/00, MDR 2001, 1109 = WuM 2001, 352 = NZM 2001, 1138 = ZMR 2001, 847 = ZfIR 2001, 482. 183 OLG Schleswig v. 29.9.2006 – 2 W 108/06, MietRB 2007, 149 = DNotZ 2007, 620 = FGPrax 2007, 169 = RNotZ 2007, 279 = ZMR 2007, 726; OLG Hamm v. 23.12.2004 – 15 W 107/04, MietRB 2006, 42 = ZMR 2005, 806; OLG Düsseldorf v. 30.10.2000 – 3 Wx 276/00, NZM 2001, 752 = ZMR 2001, 216 = ZWE 2001, 223 und LG Itzehoe v. 20.9.2011 – 11 S 66/10, MietRB 2012, 301. 184 BayObLG v. 15.1.2003 – 2Z BR 101/02, NJW-RR 2003, 587 = NZM 2003, 239 = WuM 2003, 292 = ZMR 2003, 433 (434); weitergehend Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 50, wonach ein funktio-

Grziwotz | 103

§ 5 Rz. 63 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums 63 – Eine Abwasserleitung zweier benachbarter Eigentumswohnungen als gemeinsame Lei-

tung, die zur Hauptleitung führt, steht im Nachbareigentum der benachbarten Wohnungsund Teileigentümer.185 Auf wessen Wandseite die gemeinsam benutzte Rohrleitung verlegt ist, soll unerheblich sein.186 Leitungen, die sich lediglich im Bereich einer Wohnungs-/Teileigentumseinheit befinden und diese versorgen, sind nicht von vornherein Sondereigentum dieser Einheit. Zu dem im Gemeinschaftseigentum stehenden Versorgungsnetz gehören die Leitungen nämlich nicht nur bis zu ihrem Eintritt in den räumlichen Bereich des Sondereigentums, sondern jedenfalls bis zu der ersten für die Handhabung durch den Wohnungs- und Teileigentümer vorgesehenen Absperrmöglichkeit (Abs. 1).187 Nicht durch Ventile, Eckverbindungen und ähnliche Zwischenstücke unterteilte Leitungen sind danach ohnehin eine einheitliche Sache, an der nur einheitliches Eigentum bestehen kann. Maßgebend ist jedoch, dass Wasser- und Heizungsleitungen erst von dem Punkt an ihre Zugehörigkeit zu dem Gesamtnetz verlieren, an dem sie sich durch eine im räumlichen Bereich des Sondereigentums befindlichen Absperrvorrichtung hiervon trennen lassen.188 (Haupt-)Versorgungsleitungen sind Gemeinschaftseigentum, auch wenn sie sich in einer Wohnung befinden (Abs. 2).189 Rückstausicherungen (Ventile) von Waschmaschinen gehören zum Gemeinschaftseigentum, sofern sie sich im gemeinsamen Waschmaschinenkeller befinden.190 Steckdosen und Lichtschalter sind innerhalb der Wohnung Sondereigentum. Diese Unterscheidung gilt entsprechend auch für andere Leitungen (wie z.B. Wasser-, Strom-, Lüftungs-, Heizungsleitungen) sowie für Kabel (z.B. Telefonkabel).191 64 – Eine Alarmanlage, die mehreren Einheiten dient, ist Gemeinschaftseigentum. Eine Aus-

nahme gilt, wenn sie nur eine Wohnungs- oder Teileigentumseinheit sichert und Bestandteil i.S.d. Abs. 1 ist, also insbesondere auch die äußere Gestalt des Gebäudes nicht berührt wird.192

185 186 187

188

189 190 191 192

naler Zusammenhang für die Bejahung von Sondereigentum genügen soll, auch wenn sich die Anlage im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums befindet. OLG Zweibrücken v. 7.11.1986 – 3 W 152/86, NJW-RR 1987, 332. OLG Zweibrücken v. 7.11.1986 – 3 W 152/86, NJW-RR 1987, 332. Zu einem Lüftungsrohr s. OLG Hamburg v. 14.3.2003 – 2 Wx 2/00, ZMR 2003, 527. BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = MietRB 2013, 147 = DNotZ 2013, 522 = MittBayNot 2013, 304 = NJW 2013, 1154 = NZM 2013, 272 = Rpfleger 2013, 318 = WuM 2013, 244 = ZfIR 2013, 377 = ZMR 2013, 454; vgl. auch BayObLG v. 12.11.1992 – 2Z BR 96/92, WuM 1993, 79; BayObLG v. 31.10.2001 – 2Z BR 68/01, NJOZ 2002, 568; AG Hannover v. 23.4.2007 – 72 II 89/07, ZMR 2008, 670; AG Bremen-Blumenthal v. 20.12.2017 – 44 C 2004/17, ZMR 2018, 370; a.A. noch Dickersbach in 1. Aufl., § 5 WEG Rz. 33. Teilw. einschränkend Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 98 (nur soweit Verlegung ohne Eingriff in Gemeinschaftseigentum möglich ist). Zur Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum s. OLG Düsseldorf v. 25.5.1998 – 3 Wx 29/98, NJW-RR 1999, 94 = NZM 1998, 864 = WuM 1998, 737 = ZMR 1998, 652. BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = MietRB 2013, 147 = DNotZ 2013, 522 = MittBayNot 2013, 304 = NJW 2013, 1154 = NZM 2013, 272 = Rpfleger 2013, 318 = WuM 2013, 244 = ZfIR 2013, 377 = ZMR 2013, 454 in Abweichung zu BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 318 f. = DNotZ 2012, 58 = NJW 2011, 2958 = NZM 2011, 750 = WuM 2011, 648 = ZfIR 2011, 833 = ZMR 2011, 971. S. dazu Hügel/Elzer, DNotZ 2013, 487 ff. BayObLG v. 12.11.1992 – 2Z BR 96/92, WuM 1993, 79 und OLG Hamburg v. 14.3.2003 – 2 Wx 2/ 00, BeckRS 2003, 09084 = ZMR 2003, 927; noch enger LG München I v. 8.11.2010 – 1 S 10608/10, ZfIR 2011, 114. OLG Köln v. 19.12.1997 – 16 Wx 293/97, WuM 1998, 308; a.A. AG Hannover v. 20.4.2004 – 7 T II 548/03, ZMR 2004, 786. AG Nagold v. 22.10.2018 – 3 C 225/18, IMR 2019, 32. Wohl weitergehend Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 52, der wiederum einen funktionalen Zusammenhang ausreichen lässt.

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V. Übersicht zur Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum | Rz. 68 § 5

– Beim Anstrich ist wie beim Putz zwischen Außen- und Innenanstrich zu unterscheiden. 65 Der Außenanstrich betrifft die äußere Gestaltung und ist deshalb Gemeinschaftseigentum (Abs. 1). Dagegen ist der Innenanstrich als Bestandteil von Räumen des Sondereigentums auch selbst Sondereigentum (Abs. 1). – Für Antennenanlagen gelten nach h.M. dieselben Grundsätze wie zu Heizungsanlagen, die 66 allerdings auch hier wenig konsequent sind. Im Sondereigentum kann eine Anlage deshalb nur stehen, wenn sie nur einer Einheit dient und ferner Bestandteil i.S.v. Abs. 1 ist, was regelmäßig wegen der Beeinträchtigung der äußeren Gestalt des Gebäudes nicht der Fall sein wird. Sondereigentum soll sie ferner dann sein können, wenn sie auch der „Versorgung“ benachbarter Häuser dient; auch hier müssen aber die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen, so dass auch insoweit wegen der Beeinträchtigung der äußeren Gestalt kaum Sondereigentum anzunehmen sein wird.193 Eine mehrere Einheiten des Gebäudes versorgende Antennenanlage, an die nicht auch Nachbargrundstücke angeschlossen sind, steht nach h.M. im Gemeinschaftseigentum. Gleiches gilt für andere Anlagen des Rundfunkund Fernsehempfangs. – Aufzugsanlagen sind nach h.M. grundsätzlich Gemeinschaftseigentum, und zwar auch 67 dann, wenn jedes Haus über eine eigene Aufzugsanlage verfügt. Eine Abweichung soll dann gelten, wenn der Aufzug nur einer einzigen Wohnungs- oder Teileigentumseinheit dient. In diesem Fall können der Raum (Aufzugskabine) sowie die ihm zugeordneten Bestandteile sondereigentumsfähig sein.194 Nach der hier vertretenen Ansicht (vgl. Rz. 7) ist Sondereigentum bei Mehrhausanlagen jeweils getrennt möglich. – Umstritten ist die Zuordnung von Balkonen. Teilweise195 wird die Sondereigentumsfähig- 68 keit von Balkonen generell verneint. Die h.M. geht davon aus, dass Teile der Balkone sondereigentumsfähig sind.196 Allerdings setzt das Vorliegen von Sondereigentum voraus, dass es gemäß Abs. 1 begründet wird.197 Selbst wenn Gemeinschaftseigentum vorliegt, soll kein 193 Weitergehend Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 53; enger BGH v. 8.11.1974 – V ZR 120/73, NJW 1975, 688. 194 Zur Auslegung einer diesbezüglichen Vereinbarung vgl. Dt. SchiedsG WEG Berlin, Beschl. v. 16.7.2003 – Sch/S/VIII, ZWE 2004, 186. 195 Vgl. Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 7 f. Vgl. auch BGH v. 25.1.2001 – VII ZR 193/99, NJW-RR 2001, 800 = NZM 2001, 435 = BauR 2001, 798. Nach LG Wuppertal v. 28.10.2008 – 6 T 223, 225-241/08, RNotZ 2009, 48 besteht bei fehlender Zuordnung Gemeinschaftseigentum. Zur Umdeutung in eine Kostentragungsregelung s. LG Düsseldorf v. 18.5.2001 – 19 T 81/01, NZM 2002, 126. Zur Auslegung einer Kostentragungsregel s. BGH v. 16.11.2012 – V ZR 9/12, MDR 2013, 22 = MietRB 2013, 13 = MittBayNot 2013, 128 = NJW 2013, 681 = NZM 2013, 88 = WuM 2013, 57 = ZMR 2013, 290 = ZWE 2013, 29 und AG Kiel v. 7.7.2011 – 108 C 341/10, IMR 2011, 509. Zur Begründung von Wohnungseigentum bei überhängenden Balkonen und Erkern s. KG v. 23.7.2015 – 1 W 759/15, MDR 2015, 999 = MittBayNot 2016, 31 = NotBZ 2016, 43 = NJOZ 2015, 1833 = Rpfleger 2016, 23 = ZMR 2015, 882 = ZWE 2015, 361 196 KG v. 8.11.2016 – 1 W 493/16, MDR 2017, 203 = DNotZ 2017, 119 = FGPrax 2017, 3 = MittBayNot 2017, 572 (LS) = NJW 2017, 1546 = NotBZ 2017, 36 (LS) = NZM 2017, 371 = RNotZ 2017, 95 = Rpfleger 2017, 133 = WuM 2017, 54 = ZfBR 2017, 136 = ZfIR 2017, 113 = ZWE 2017, 84 (LS); AG Berlin-Spandau v. 7.11.2017 – 70 C 55/17, ZMR 2018, 638. Für zwingendes Sondereigentum OLG München v. 23.9.2011 – 34 Wx 247/11, MietRB 2011, 382 = DNotZ 2012, 364 = FGPrax 2011, 281 = MittBayNot 2012, 215 = RNotZ 2012, 41 = ZfIR 2011, 881 = ZMR 2012, 118. 197 AA Sondereigentum kraft Zuordnung zur betreffenden Wohnungs- und Teileigentumseinheit, vgl. OLG München v. 23.9.2011 – 34 Wx 247/11, MietRB 2011, 382 = DNotZ 2012, 364 = FGPrax 2011, 281 = MittBayNot 2012, 215 = RNotZ 2012, 41 = ZfIR 2011, 881 = ZMR 2012, 118 und Schmidt, MittBayNot 2001, 442 (446). Dagegen spricht, dass eine diesbezügliche Vermutung nur für Bestandteile besteht, die nicht Räume sind (so Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 55). Allerdings kann hiergegen wiederum eingewandt werden, dass einzelne Teile des Balkons durchaus Bestandteile der

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§ 5 Rz. 68 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums Mitgebrauch der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer bestehen,198 da ein faktisches oder stillschweigendes Sondernutzungsrecht desjenigen Eigentümers anzunehmen wäre, der die alleinige Zugangsmöglichkeit zu dem Balkon über sein Sondereigentum hat.199 Die konstruktiven Teile des Balkons, zu denen die Bodenplatte, die Isolierschicht, die Balkonbrüstung und die Decke gehören, stehen im Gemeinschaftseigentum.200 Dies gilt auch für Balkontüren und die Türschwellen.201 Dagegen können der Innenputz und der Balkonbelag, sofern es sich nicht um die Isolierschicht handelt, Sondereigentum sein.202 Die Balkontrennwand wird teilweise für gemeinschaftliches Eigentum gehalten;203 allerdings ist unklar, welcher Unterschied zur Nachbarwand besteht. 69 – Der Bodenbelag (Fliesen, Linoleum, Parkett, Teppich) in einem im Sondereigentum ste-

henden Raum gehört ebenfalls als Bestandteil zum Sondereigentum.204 Eine Isolierung gegen Schall, Feuchtigkeit und Wärmeverlust gehört dagegen zum Gemeinschaftseigentum (Abs. 2).205 Zum Estrich s. dort.

70 – Ein Carport (auch Remise), also eine Holz-, Stahl-, Aluminium- oder Kunststoffkonstruk-

tion mit einem Dach, die meist nach allen Seiten offen ist, bei der aber auch die Seiten bis

198 199

200

201 202 203 204 205

angrenzenden Wohnungs- und Teileigentumseinheit sind und die Frage des Vorliegens eines Raumes streitig ist. S. nur Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 58. BayObLG v. 17.9.2003 – 2Z BR 179/03, MietRB 2004, 79 = NJW-RR 2004, 1240 = NZM 2004, 384 = ZMR 2004, 132. Vgl. Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2003, S. 27. Anders für eine Dachfläche BayObLG v. 23.11.1999 – 2Z BR 142/99, NZM 2000, 504 = ZWE 2000, 78. BayObLG v. 27.7.1989 – BReg.2 Z 68/89, NJW-RR 1989, 1293; OLG Düsseldorf v. 12.1.1998 – 3 Wx 546/97, NJW-RR 1998, 515 = NZM 1998, 269 = ZMR 1998, 304; OLG Hamm v. 16.9.1988 – 26 U 57/88, ZMR 1989, 98; BayObLG v. 1.10.1998 – 2Z BR 144/98, NZM 1999, 27 = ZMR 1999, 59 = MittBayNot 1999, 288 = ZfIR 1999, 197; OLG Düsseldorf v. 21.12.1998 – 3 Wx 418/98, NZM 1999, 507 = ZMR 1999, 350; OLG Hamburg v. 19.9.2000 – 2 Wx 35/96, ZMR 2001, 133; OLG Düsseldorf v. 25.7.2003 – 23 U 78/02, BauR 2004, 514; OLG München v. 30.1.2007 – 34 Wx 116/06, DNotZ 2007, 690 = NZM 2007, 369; OLG München v. 23.9.2011 – 34 Wx 247/11, MietRB 2011, 382 = BeckRS 2011, 24266; LG Itzehoe v. 22.6.2018 – 11 S 31/17, IMR 2019, 25. Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 9.8.1991 – 22 U 20/91, ZMR 1991, 486, das dies auch auf den Anstrich dieser Teile, insbesondere auch der Innenseiten der Balkonbrüstung, annimmt. S. ferner LG Düsseldorf v. 18.5.2001 – 19 T 81/01, NZM 2002, 126 und BayObLG v. 4.9.2003 – 2Z BR 114/03, NJW-RR 2004, 375 = NZM 2004, 106 zu einer Umdeutung bzw. Auslegung. Ausführlich Bielefeld, DWE 1982, 72 ff. Zur Gestaltung der Verglasung s. OLG Düsseldorf v. 20.9.1999 – 3 Wx 230/99, ZWE 2001, 79. OLG Karlsruhe v. 29.5.2009 – 4 U 160/08, IMR 2012, 163; BGH v. 22.12.2011 – VII ZR 120/09, IMR 2012, 162. Vgl. BayObLG v. 20.3.1991 – 2 Z 8/91, BayObLG v. 20.3.1991 – BReg.2 Z 8/91, NJW-RR 1991, 976 und BayObLG v. 5.5.1993 – 2Z BR 29/93, WuM 1993, 488. BGH v. 1.6.2012 – V ZR 195/11, MDR 2012, 898 = NJW 2012, 2725 = BauR 2012, 1641 = NZM 2012, 611 = WM 2013, 660 = ZfIR 2012, 641 = MietRB 2012, 233; BayObLG v. 15.2.1984 – BReg.2 Z 111/83, WuM 1985, 31 und Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 61. BayObLG v. 16.12.1993 – 2Z BR 113/93, NJW-RR 1994, 598 = ZMR 1994, 167; OLG Düsseldorf v. 27.2.2002 – 3 Wx 348/01, NJW-RR 2002, 805 = NZM 2002, 443 = WuM 2002, 276 = ZMR 2002, 613 (614) = ZWE 2002, 420. OLG Köln v. 21.9.2001 – 16 Wx 153/01, NZM 2002, 125 = ZMR 2002, 377 und OLG Düsseldorf v. 7.6.1999 – 3 Wx 131/99, NZM 1999, 1860 = ZfIR 1995, 854; OLG Hamm v. 13.8.1996 – 15 W 115/ 96, NJWE-MietR 1997, 114 = ZMR 1997, 193; OLG Köln v. 21.9.2001 – 16 Wx 153/01, NZM 2002, 125 = ZMR 2002, 377; BayObLG v. 16.12.1993 – 2Z BR 113/93, NJW-RR 1994, 598 = ZMR 1994, 167; BayObLG v. 30.4.1982 – BReg.2 Z 67/81, MDR 1982, 757 = Rpfleger 1982, 278; LG Karslruhe v. 16.12.2014 – 11 S 14/14, ZWE 2015, 421.

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V. Übersicht zur Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum | Rz. 73a § 5

auf die Einfahrt geschlossen sein können,206 ist weder Raum noch Gebäude und kann deshalb nicht als solcher sondereigentumsfähig sein. In der Praxis werden meist Sondernutzungsrechte, welche die Fläche und den Aufbau betreffen, begründet. – Das Dach ist gemäß Abs. 2 gemeinschaftliches Eigentum, und zwar unabhängig von der 71 Dachform.207 Auch ein Flachdach ist deshalb Gemeinschaftseigentum. Zum Dach gehören die konstruktiven Teile, aber auch die Dachabdeckung, wie z.B. Ziegel, Platten, Blech etc., jedenfalls soweit sie Schutz- bzw. Isolierungsfunktion hat.208 – Bei Dachterrassen ist umstritten, ob diese sondereigentumsfähig sind. Dies lässt sich nur 72 bejahen, wenn man auf eine feste allseitige Abgrenzung für einen Raum verzichtet.209 Allerdings ist es dann wenig konsequent, beim Carport die Raumeigenschaft in einem Gebäude zu verneinen.210 Jedenfalls gehören der Abdichtungsanschluss zwischen Dachterrasse und Gebäude sowie die Isolierschicht zum Gemeinschaftseigentum;211 Gleiches gilt für ein Eisenrohr der Brüstung.212 Anders ist dies hinsichtlich des Terrassenbelags.213 – Dielen, Eingangsräume, Korridore, Flure sind nach h.M., auch wenn sie nur zwei Woh- 73 nungs- oder Teileigentumseinheiten dienen (Vorflur), Gemeinschaftseigentum.214 Gleiches gilt nach h.M. für Flure, die die einzige Verbindung zu zentralen Versorgungseinrichtungen darstellen (vgl. Rz. 32).215 – Bei Doppelstock-/Duplex- und Mehrfachgaragen ist es umstritten, ob jeder einzelne Stell- 73a platz einzeln oder nur die Garage insgesamt sondereigentumsfähig ist. Die h.M.216 geht davon aus, dass nur die „Garage“ insgesamt Teileigentum sein kann, nicht jedoch der einzelne Stellplatz in Ermangelung der erforderlichen Raumeigenschaft. Nach h.M. ist die Raumei206 Vgl. Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 66. 207 BGH v. 25.1.2001 – VII ZR 193/99, BauR 2001, 798 = MittBayNot 2001, 479 = NJW-RR 2001, 800 = NZBau 2001, 265 = NZM 2001, 435; BayObLG v. 30.3.2000 – 2Z BR 2/00, NJW-RR 2000, 1179 = NZM 2000, 674 = WuM 2001, 89 = ZfIR 2000, 376 = ZMR 2000, 471 = ZWE 2000, 308; Heinemann, ZMR 2017, 716 ff. Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 11.4.2003 – 3 Wx 254/07, ZMR 2009, 53. 208 OLG Frankfurt v. 9.7.1986 – 20 W 357/85, OLGZ 1987, 23. 209 So OLG Frankfurt v. 9.1.1975 – 20 W 561/74, Rpfleger 1975, 178 und wohl auch LG Köln v. 10.10.2001 – 29 T 321/00, ZMR 2003, 66; Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 68 und Commichau in MünchKomm/BGB, § 5 WEG Rz. 26. 210 Gegen die Raumeigenschaft von Dachterrassen OLG Köln v. 21.4.1982 – 2 Wx 13/82, MDR 1982, 757 = OLGZ 1982, 413; Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 7 und Briesemeister in Weitnauer, § 5 WEG Rz. 10. 211 BayObLG v. 27.7.1989 – BReg.2 Z 68/89, NJW-RR 1989, 1293; BayObLG v. 20.3.1991 – BReg.2 Z 8/91, NJW-RR 1991, 976; BayObLG v. 17.12.1993 – 2Z BR 105/93, WuM 1994, 152; BayObLG v. 27.4.2000 – 2Z BR 7/00, NJW-RR 2001, 305 = NZM 2000, 867 = ZWE 2001, 31. Zu „Abgrenzungspflanztrögen“ s. BayObLG v. 4.6.1998 – 2Z BR 170/97, NZM 1998, 818. 212 LG Stuttgart v. 8.5.2003 – 10 T 495/02, NJOZ 2004, 61. 213 OLG Celle v. 10.10.2006 – 4 W 136/06, ZMR 2007, 55. 214 BayObLG v. 1.10.1980 – BReg.2 Z 43/79, MDR 1981, 145 und OLG Hamm v. 11.6.1986 – 15 W 452/85, MDR 1986, 939 = NJW-RR 1986, 1275 = DNotZ 1987, 228. 215 BGH v. 5.7.1991 – V ZR 222/90, MDR 1992, 50 = NJW 1991, 2909 und BayObLG v. 6.2.1986 – BReg.2 Z 12/85, MDR 1986, 590 = MittBayNot 1986, 78 = DNotZ 1986, 494; BayObLG v. 30.10.2003 – 2Z BR 184/03, DNotZ 2004, 386 = MittBayNot 2004, 192 = RNotZ 2004, 34. Vgl. auch OLG Frankfurt/M. v. 4.4.2011 – 20 W 75/08, MietRB 2011, 350 = ZWE 2011, 414 für einen Durchgang zu einem Gebäude. S. dazu auch Röll, DNotZ 1986, 706 ff. 216 So BayObLG v. 9.2.1995 – 2Z BR 4/95, BayObLGZ 1995, 53 = MDR 1995, 568 = DNotZ 1995, 622 = NJW-RR 1995, 783; OLG Düsseldorf v. 22.3.1999 – 3 Wx 14/99, NZM 1999, 571 = MittBayNot 2000, 110 = WuM 1999, 426 = ZMR 1999, 500; OLG Jena v. 20.12.2004 – 9 W 654/03, NotBZ 2005, 219 = Rpfleger 2005, 309. Offen gelassen von BGH v. 21.10.2011 – V ZR 75/11, MDR 2012, 17 = MietRB 2012, 13 = BeckRS 2011, 27182 = BWNotZ 2011, 212.

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§ 5 Rz. 73a | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums genschaft hinsichtlich der gesamten Doppelstock- bzw. Mehrfachgarage zu bejahen217 bzw. wird gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 fingiert.218 Lässt man Sondereigentum an der Doppel- bzw. Mehrfachgarage zu, besteht an der Hebebühne und den weiteren konstruktiven Teilen der Doppel- bzw. Mehrfachgarage ebenfalls Sondereigentum und nicht, wovon die früher überwiegende Auffassung ausging, Gemeinschaftseigentum gemäß Abs. 2 als Gebäudebestandteil.219 Strittig ist, ob bei Sondereigentum an der ganzen „Garage“, die im Bruchteilseigentum mehrerer Wohnungs- bzw. Miteigentümer steht, Sondernutzungsrechte an den Einzelstellplätzen begründet werden können.220 Diese nunmehr vom BGH221 bejahte Lösung hat den Vorteil, dass sie „versteigerungsfest“ ist. Demgegenüber kann bei einer im Grundbuch der Doppelstockgarage eingetragenen Miteigentümervereinbarung mit einer Nutzungsregelung, die auch einen Sonderrechtsnachfolger hinsichtlich des Miteigentumsanteils bindet (§ 1010 BGB), die Aufhebung der Gemeinschaft durch Teilungsversteigerung aus wichtigem Grund nicht ausgeschlossen werden (§ 749 Abs. 2 BGB). 74 – Einbaumöbel und Einbauküchen sind nur dann sondereigentumsfähig, wenn sie wesentli-

che Bestandteile des Gebäudes und damit des entsprechenden Wohnungs- oder Teileigentums sind; handelt es sich nur um Zubehör, liegt gewöhnliches Eigentum vor. 75 – Der Estrich ist, da er regelmäßig der Trittschall- und sonstigen Geräuschdämmung sowie

als Isolierung dient, Gemeinschaftseigentum.222

76 – Farbe s. Anstrich. 77 – Fenster stehen wie Außenmauern grundsätzlich im Gemeinschaftseigentum.223 Inwieweit

einzelne Teile dem Sondereigentum zugeordnet werden können oder eine einheitliche Be217 Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 70. 218 M. Müller in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 4. Aufl. 2018, § 1 Rz. 54 und Rapp in Staudinger, BGB, § 3 WEG Rz. 8. 219 So BGH v. 21.10.2011 – V ZR 75/11, MDR 2012, 17 = MietRB 2012, 13 = NJW-RR 2012, 85 = NZM 2012, 422 = BWNotZ 2011, 212 = ZMR 2012, 377; für Gemeinschaftseigentum noch OLG Celle v. 19.8.2005 – 4 W 162/05, NJW-RR 2005, 1682 = NZM 2005, 871; OLG Düsseldorf v. 22.3.1999 – 3 Wx 14/99, MittBayNot 2000, 110 = NZM 1999, 571 = WuM 1999, 426 = ZMR 1999, 500; BayObLG v. 29.11.1974 – 2 Z 54/74, NJW 1975, 740; LG Dresden v. 24.6.2010 – 2 T 715/08, IMR 2011, 370 und Commichau in MünchKomm/BGB, § 5 WEG Rz. 19; für Sondereigentum Häublein, MittBayNot 2000, 112; anders Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 70 (Gemeinschaftseigentum, Sondereigentum oder gewöhnliches Alleineigentum). Zum Gemeinschaftseigentum der Hydraulikanlage, wenn sie für den Betrieb mehrerer Garageneinheiten erforderlich ist s. LG München I v. 5.11.2012 – 1 S 1504/12, MietRB 2013, 84 = RNotZ 2013, 177 = ZMR 2013, 308. 220 Bejahend bereits OLG Jena v. 24.11.1999 – 6 W 715/99, MittBayNot 2000, 443 = MittRhNotK 2000, 71 = ZWE 2000, 232 und BayObLG v. 21.7.1994 – 2Z BR 56/94, NJW-RR 1994, 1427 = DNotZ 1995, 70; a.A. Schöner, Rpfleger 1997, 416 ff.; s. auch Hügel, NotBZ 2000, 349 ff. 221 BGH v. 20.2.2014 – V ZB 116/13, MDR 2014, 520 = NJW 2014, 1879 = DNotZ 2014, 448 = MietRB 2014, 172 = MittBayNot 2014, 442 = NotBZ 2014, 217 = NZG 2014, 576 = NZM 2014, 395 = Rpfleger 2014, 362 = ZfIR 2014, 441 = ZMR 2015, 232 = ZWE 2014, 211, vgl. auch BGH v. 10.5.2012 – V ZB 279/11, MDR 2012, 1024 = MietRB 2012, 238 = DNotZ 2012, 769 = FGPrax 2012, 188 = MittBayNot 2013, 133 = NJW-RR 2012, 1157 = NZM 2012, 837 = Rpfleger 2012, 512 = WuM 2012, 462 = ZfIR 2012, 752 = ZMR 2012, 795; s. dazu Hügel/Elzer, DNotZ 2014, 403 ff. 222 BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 = BeckRS 2014, 02110; OLG Düsseldorf v. 4.7.2001 – 3 Wx 120/01, NJW-RR 2001, 1594 = NZM 2001, 958 = ZWE 2001, 616 = ZMR 2002, 69 und OLG München v. 12.3.1985 – 9 U 4773/84, Rpfleger 1985, 437; LG Düsseldorf v. 29.3.2017 – 25 S 55/16, ZWE 2017, 370; teilw. abw. Happ, WE 2001, 47 ff. Abw. zur Dämmfolie OLG Hamm v. 25.1.2018 – 10 U 111/16, MietRB 2018, 205 = NZM 2018, 914 = ZWE 2018, 265. 223 BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 = NJW-RR 2014, 527 = NZM 2014, 396 = WuM 2014, 159 = ZWE 2014, 125; OLG Karlsruhe v. 5.5.2000 – 11 Wx 71/99, NZM 2002, 220; OLG Hamm v. 22.8.1991 – 15 W 166/91, MDR 1992, 258 = NJW-RR 1992, 148; OLG Düsseldorf v.

108 | Grziwotz

V. Übersicht zur Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum | Rz. 81 § 5

trachtung erfolgen muss, ist umstritten. Jedenfalls bei echten Doppelfenstern (Zweifachfenster) mit zwei Rahmen, die sich öffnen lassen, kann der Innenflügel zum Sondereigentum erklärt werden; automatisches Sondereigentum besteht hieran nicht.224 Bei Einfachfenstern, insb. Isolier- bzw. Verbundglasfenstern und thermoverglasten Fenstern, sind die Fenster insgesamt Gemeinschaftseigentum.225 Ob beim Fensterrahmen hinsichtlich „innen“ und „außen“ in Sonder- und Gemeinschaftseigentum getrennt werden kann, ist fraglich; die wohl h.M. lehnt dies zu Recht ab.226 Außenfensterbänke-, -simse, -bretter stehen im Gemeinschaftseigentum, da sie die äußere Gestaltung des Gebäudes betreffen; anders ist dies bei Innenfensterbänken-, -simsen, -brettern. Fenstergitter, die außen vor dem Fenster als Ein- oder Ausbruchsschutz angebracht werden, sind ebenfalls Gemeinschaftseigentum. – Flure s. Dielen.

78

– Das Fundament eines Gebäudes ist Gemeinschaftseigentum (Abs. 2).

79

– Fußboden s. Bodenbelag.

80

– An Garagen kann Sondereigentum begründet werden. Sie können aber auch im Gemein- 81 schaftseigentum verbleiben. Stellplätze in einer Sammelgarage können entweder wegen der Bejahung der Raumeigenschaft oder wegen der Fiktion des § 3 Abs. 2 Satz 2 Sondereigentum sein.227 Die Nutzung einer Sammelgarage kann durch eine im Grundbuch eingetragene Miteigentümervereinbarung (§ 1010 BGB), durch Dienstbarkeiten, wenn die Garage eine Teileigentumseinheit bildet, und entsprechend der Regelung von Doppelparkern wohl auch durch eine Gebrauchsregelung mit Sondernutzungsrechten geregelt werden. Die Zufahrtswege und das Tor einer Sammelgarage, in der sich Teileigentumseinheiten befinden, sind nach h.M. auch bei einem eigenen Gebäude Gemeinschaftseigentum.228

224 225

226 227 228

12.1.1998 – 3 Wx 546/97, NJW-RR 1998, 515 = ZMR 1998, 304 und LG Bamberg v. 17.3.2015 – 11 S 18/14, BeckRS 2015, 10603 = ZWE 2015, 367 = MietRB 2016, 79; AG Rosenheim v. 21.6.2017 – 8 C 35/16, WEG, NJOZ 2018, 861 = ZMR 2017, 847; AG Rheinbach v. 28.7.2017 – 5 C 158/16, ZMR 2017, 936. Zur Instandhaltung s. BayObLG v. 4.9.2003 – 2Z BR 145/03, ZfIR 2004, 23; LG Dortmund v. 1.4.2014 – 1 S 178/13, ZWE 2015, 40; LG Bamberg v. 17.3.2015 – 11 S 18/14, BeckRS 2015, 10603 = ZWE 2015, 367 = MietRB 2016, 79; LG Koblenz v. 3.7.2014 – 2 S 36/14, IMR 2014, 476; AG Berlin Charlottenburg v. 1.8.2014 – 232 C 315/13, GE 2014, 1599 und AG Berlin-Wedding v. 25.8.2011 – 9 C 221/11, BeckRS 2011, 24014. BayObLG v. 21.12.1999 – 2Z BR 115/99, ZWE 2000, 177 (178) = ZfIR 2000, 132 und OLG Hamm v. 22.8.1991 – 15 W 166/91, NJW-RR 1992, 148 = MDR 1992, 258; Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 76. BayObLG v. 3.8.2000 – 2Z BR 184/99, NZM 2001, 1081 = WuM 2000, 560; BayObLG v. 14.8.2003 – 2Z BR 112/03, MietRB 2004, 12 f. = ZMR 2003, 951 = ZWE 2004, 171 und OLG Karlsruhe v. 7.7.2010 – 11 Wx 115/08, MietRB 2011, 123 = ZWE 2011, 38. Zur Regelung der Kostentragungspflicht s. BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 172 = NJW 2012, 1722 = NZM 2012, 419 = WuM 2012, 395 = ZMR 2012, 641 und BGH V. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 = BeckRS 2014, 02110. S. nur OLG Düsseldorf v. 12.1.1998 – 3 Wx 546/97, NJW-RR 1998, 515 = NZM 1998, 269 = ZMR 1998, 304; LG Lübeck v. 1.7.1985 – 7 T 365/85, NJW 1986, 2514; AG Hannover v. 25.11.2003 – 71 II 302/03, ZMR 2004, 383. BayObLG v. 4.4.2001 – 2Z BR 141/00, NZM 2001, 893 = ZMR 2001, 820 = ZWE 2001, 372. BayObLG v. 30.3.1993 – 2Z BR 11/93, NJW-RR 1993, 1039; OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 75/07, ZMR 2008, 232 = NZM 2008, 493 und OLG Frankfurt v. 19.12.1994 – 20 W 313/93, ZMR 1995, 166. Vgl. auch OLG Hamm v. 20.5.1976 – 15 W 255/72, NJW 1976, 1752.

Grziwotz | 109

§ 5 Rz. 82 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums 82 – Zwingendes Gemeinschaftseigentum sind Geschoss- und Zwischendecken einschließlich

der Isolierschichten gegen Trittschall und Feuchtigkeit, auch wenn sich diese zwischen zwei Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten befinden.229 83 – Das Grundstück und einzelne Grundstücksflächen sind zwingendes Gemeinschaftseigen-

tum (§ 1 Abs. 5).230 Dies gilt auch für ebenerdige Terrassen.231

84 – Der Grundstücks- bzw. Hausanschluss, der die Verbindung der öffentlichen Anschluss-

stelle zu den einzelnen Versorgungsleitungen darstellt, steht im gemeinschaftlichen Eigentum. Eine Ausnahme gilt nach der hier vertretenen Ansicht (vgl. Rz. 7) bei Mehrhausanlagen, wenn jedes Haus über einen eigenen Grundstücks- bzw. Hausanschluss verfügt; die h.M. nimmt auch hier zwingendes Gemeinschaftseigentum an. 85 – Die Heizungsanlage, die mehrere Einheiten versorgt, ist nach h.M. Gemeinschaftseigen-

tum; zu Sondereigentum kann sie danach nur erklärt werden, wenn sie auch fremde Eigentümer versorgt.232 Sondereigentum ist ferner an einer Anlage möglich, die nur einer Einheit dient (z.B. Etagenheizung für eine Einheit; s. Rz. 30). Auch wenn die Heizungsanlage im Gemeinschaftseigentum steht, bedeutet dies nach der Rechtsprechung des BGH nicht, dass nicht einzelne Teile Sondereigentum sein können. So können danach die Heizkörper in einer Einheit samt den Zuleitungen ab der Absperreinrichtung wohl zu Sondereigentum erklärt werden.233 Gleiches soll für das Rohrsystem der Fußbodenheizung gelten.234 Auch die Heizungs- und Thermostatventile an den Heizkörpern, die zur Erfassung des Verbrauchs dienen, sind Gemeinschaftseigentum, da ihr Einbau vorgeschrieben ist (§ 7 Abs. 2 HeizungsanlagenVO; § 12 Abs. 2 EnEV) und sie für die Funktionstüchtigkeit der Anlage erforderlich sind;235 nach der Klarstellung des BGH236 können sie durch die Teilungserklärung oder durch nachträgliche Vereinbarung nicht dem Sondereigentum zugeordnet wer-

229 OLG Hamm v. 13.8.1996 – 15 W 115/96, NJWE-MietR 1997, 114 = ZMR 1997, 193 und OLG Köln v. 18.5.2001 – 16 Wx 68/01, ZMR 2002, 77; vgl. auch zur Geschossdecke einer Tiefgarage OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 75/07, NZM 2008, 493 = ZMR 2008, 232. Zum Durchbruch einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Trennwand s. BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497 = DNotZ 2002, 127 = NJW 2001, 1212 = NotBZ 2001, 105 = NZM 2001, 196 = ZfIR 2001, 209 = ZMR 2001, 289 = ZWE 2001, 314. 230 Vgl. BayObLG v. 30.4.1987 – BReg.2 Z 30/87, ZMR 1987, 310 und Augustin in BGB/RGRK, § 5 WEG Rz. 22. 231 OLG Köln v. 21.4.1982 – 2 Wx 13/82, MDR 1982, 757; LG Frankfurt/M. v. 4.3.1992 – 2/9 T 142/92, ZMR 1993, 184; AG Hannover v. 14.3.2006 – 71 II 55/06, ZMR 2007, 152. 232 Zum Blockheizkraftwerk Suilmann, ZWE 2016, 302 ff. u. Suilmann in Grziwotz, Notarielle Vertragsgestaltung im Immobilienrecht, 2014, 139. Zur Frage, ob sich die Heizungsanlage in einem im Sondereigentum stehenden Raum befinden kann, nunmehr OLG Bremen v. 28.4.2016 – 3 W 28/15, MietRB 2016, 262 = MDR 2016, 1258 = ZWE 2016, 324. Zu den Besonderheiten der Fußbodenheizung s. Häublein, ZMR 2016, 935 ff. 233 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 313 = DNotZ 2012, 58 MittBayNot 2012, 212 = NZM 2011, 750 = ZfIR 2011, 893. Vgl. auch LG Frankfurt v. 1.3.1989 – 2/9 T 1212/88, MDR 1990, 57; AG Würzburg v. 20.1.2015 – 30 C 444/14, ZMR 2015, 647; Schmid, MietRB 2011, 362 ff.; Hügel/Elzer, DNotZ 2012, 4 ff. und Schmitz, MittBayNot 2012, 180 (181 f.). 234 AG Mettmann v. 30.6.2005 – 7 II a 20/05 WE, ZMR 2006, 240. S. dazu Häublein, ZMR 2016, 935 ff. 235 So OLG Hamm v. 6.3.2001 – 15 W 320/00, NJW-RR 2002, 156 = NZM 2001, 1130 = ZMR 2001, 839 = ZWE 2001, 393; OLG Stuttgart v. 13.11.2007 – 8 W 404/07, ZMR 2008, 243 = NJOZ 2008, 1075 und Riecke, BTR 2003, 11 (13); a.A. Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 118. Vgl. Schlüter, ZMR 2011, 935 ff. Zur Einbaupflicht von Wärmezählern s. Pfeifer, MietRB 2013, 157 ff. 236 BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = MietRB 2013, 147 = DNotZ 2013, 522 = MittBayNot 2013, 304 = NJW 2013, 1154 = NZM 2013, 272 = Rpfleger 2013, 318 = WuM 2013, 244 = ZfIR 2013, 377 = ZMR 2013, 454.

110 | Grziwotz

V. Übersicht zur Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum | Rz. 88 § 5

den.237 Auch ein Kamin soll grundsätzlich selbst dann im Gemeinschaftseigentum stehen, wenn er nur von einer Einheit genutzt wird;238 dies ist allerdings nur dann richtig, wenn der Kamin von weiteren Einheiten genutzt werden kann. Gegen die Ansicht, die die dingliche Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum hinsichtlich der gesamten Heizungsanlage von wechselnden Benutzungsrechten abhängig macht, bestehen Bedenken. Sie ist in sich nicht schlüssig. Ist die Heizung Gemeinschaftseigentum, müsste dies für die gesamte Anlage gelten. Bei Heizungsrohren kann insoweit auf die Heizungsanlagen-Verordnung und die Energieeinsparverordnung verwiesen werden, wonach „Rohrleitungszubehör“ ebenso zur Heizungsanlage selbst gehört wie andere im funktionalen Zusammenhang stehende Bauteile. Daher erstrecken sich die Betreiberpflichten auch auf die Heizungsrohre. Diesen Verpflichtungen kann die Eigentümergemeinschaft, sofern sie diese selbst übernimmt, aber nur nachkommen, wenn die Rohre im Gemeinschaftseigentum stehen. Zudem ist schwer nachvollziehbar, aus welchem Grund sowohl die Heizungsanlage selbst als auch die Heizkörper und die Thermostatventile nach der Ansicht des BGH, nicht aber die dazwischengeschalteten Heizungsrohre, im Gemeinschaftseigentum stehen sollen. Hierdurch würde die Heizungsanlage als einheitliche Versorgungsanlage unnatürlicherweise aufgespalten. Dies hätte überdies die Konsequenz, dass ein Wohnungseigentümer zwar nicht den Heizkörper, aber die Heizungsrohre entfernen dürfte und auf diese Weise unter Umständen eine Beeinträchtigung des Heizungskreislaufs sowie der Thermostatventile herbeiführen könnte. Steht die Heizungsanlage im Gemeinschaftseigentum, was sie nach der hier vertretenen Auffassung nicht muss, ist es inkonsequent, einzelne Bestandteile zum Sondereigentum zu erklären.239 – Ein Innenhof ist, auch wenn er von Mauern umgeben ist, nicht Sondereigentum.240 Auch 86 hier tritt wieder ein Widerspruch auf, wenn man an einer Dachterrasse Sondereigentum zulässt. Sondereigentum ist der Innenhof unstreitig, wenn er allseits von Mauern umfasst und überdacht ist; in diesem Fall liegt ein sondereigentumsfähiger Raum vor. – Isolierung s. Bodenbelag.

87

– Bei Jalousien ist zu unterscheiden, ob es sich um Außen- oder Innenjalousien handelt. Au- 88 ßenjalousien stehen im Gemeinschaftseigentum, da sie die äußere Gestaltung des Gebäudes betreffen.241 Dies gilt nicht für Innenjalousien, selbst wenn sie am Fenster innen angebracht und nach außen sichtbar sind. Bei ihnen gilt nichts anderes als bei Vorhängen. Sie sind regelmäßig nicht einmal Bestandteil und stehen deshalb außerhalb der Zuordnung

237 Missverständlich BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 319 = DNotZ 2012, 58 = MittBayNot 2012, 2121 = NZM 2011, 750 = ZfIR 2011, 893. S. auch Hügel/Elzer, DNotZ 2012, 4 ff.; Grziwotz, MietRB 2010, 152 ff. und Schmid, MDR 2011, 1081 f. vor der Klarstellung des BGH. 238 BayObLG v. 20.8.1998 – 2Z BR 44/98, NZM 1999, 28 = ZMR 1999, 50 und ihm folgend Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 94; abw. AG Hamburg-St. Georg v. 28.4.2017 – 980b C 69/16 WEG, ZMR 2017, 679 = ZWE 2018, 140. 239 So auch Dickersbach, 1. Aufl., § 5 WEG Rz. 33 und Jennißen, ZMR 2011, 974 f.; vgl. auch Schmid, MDR 2011, 1081 ff. sowie nunmehr BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = MietRB 2013, 147 = DNotZ 2013, 522 = MittBayNot 2013, 304 = NJW 2013, 1154 = NZM 2013, 272 = Rpfleger 2013, 318 = WuM 2013, 244 = ZfIR 2013, 377 = ZMR 2013, 454. 240 Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 91 und Schneider in Riecke/Schmid, § 5 WEG Rz. 54; a.A. OLG Hamm v. 5.1.2016 – 1 W 398/15, RNotZ 2016, 166 = ZMR 2016, 300 = ZWE 2016, 167, zu einem Innenhof, der nur durch eine Einheit betreten werden kann. 241 KG v. 19.6.1985 – 24 W 4020/84, ZMR 1985, 344 (345); AG Würzburg v. 22.1.2015 – 30 C 1212/14, ZMR 2015, 420.

Grziwotz | 111

§ 5 Rz. 88 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums von Sonder- und Gemeinschaftseigentum, nämlich in gewöhnlichem Allein- bzw. Miteigentum. Jalousienkästen stehen, wenn sie außen angebracht sind, im Gemeinschaftseigentum (Abs. 2).242 Dies gilt dann auch für die Gurtführung, wobei nach Ansicht des BGH243 wohl an ihr Sondereigentum begründet werden könnte. 89 – Kfz-Stellplätze im Freien können nicht Sondereigentum sein;244 Sondernutzungsrechte

sind hingegen möglich und üblich. Für Stellplätze auf dem Dach eines Gebäudes (z.B. Garagenhaus) bejaht die h.M.245 die Sondereigentumsfähigkeit. 90 – Leitungen s. Abwasserleitung. 91 – Loggia s. Balkon. 92 – Eine Markise, die die Außenfront des Gebäudes kennzeichnet, gehört als fassadengestal-

tendes Element zum Gemeinschaftseigentum (Abs. 1), und zwar unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt und von wem sie angebracht wurde, sowie ferner, ob sie im Zusammenhang mit einem Sondereigentum (Balkon, Dachterrassenwohnung) steht.246 93 – Mülltonnen sind Gemeinschaftseigentum (Abs. 2), wenn sie sämtlichen Einheiten dienen.

Die Mülltonne, die lediglich eine Einheit nutzt (z.B. zusätzliche Papiertonne für Büroeinheit), ist deren gewöhnliches Alleineigentum. Für Sondereigentum fehlt die Bestandteilseigenschaft. Ein im Gebäude eingebauter Müllschlucker ist nach h.M. Gemeinschaftseigentum (Abs. 2), auch wenn er nur ein Gebäude „entsorgt“. 93a – Pflanzen stehen, auch wenn sie im Bereich von Sondernutzungsflächen in das Erdreich

eingepflanzt sind, im Gemeinschaftseigentum.247

93b – Beim Putz gilt Gleiches wie bei Außen- und Innenwänden. S. Wände. 94 – Rauchwarnmelder sind für die Sicherheit des Gebäudes erforderlich, deshalb handelt es

sich nach h.M. um Gemeinschaftseigentum.248

242 OLG Saarbrücken v. 4.10.1996 – 5 W 286/95-50, FGPrax 1997, 56 = ZMR 1997, 31; AG Würzburg v. 12.4.2016 – 30 C 820/15, IMR 2017, 110. 243 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 319 = DNotZ 2012, 58 = ZfIR 2011, 893. Zur Kritik s. Rz. 85; abw. OLG Frankfurt/M. v. 12.6.2003 – 20 W 558/00, BeckRS 2003, 09674, wonach der Rolladengurt und die –scheibe Sondereigentum sind; AG Würzburg v. 12.4.2016 – 30 C 820/15, IMR 2017, 110. 244 S. nur BayObLG v. 30.4.1987 – BReg.2 Z 30/87, ZMR 1987, 310. 245 OLG Hamm v. 26.10.1998 – 15 W 502/97, NJW-RR 1998, 516 = NZM 1998, 267 = DNotZ 1999, 216 = MittBayNot 1998, 186 = MittRhNotK 1998, 241 und Merle, Rpfleger 1977, 196 (197); a.A. KG v. 18.12.1995 – 24 W 7497/94, NJW-RR 1996, 587 = NJWE-MietR 1996, 132 = ZMR 1996, 216. 246 OLG Frankfurt v. 17.8.2006 – 20 W 205/05, NJW-RR 2007, 807 = DNotZ 2007, 469 = NZM 2007, 523. 247 LG Landau v. 15.4.2011 – 3 S 4/11, NZM 2011, 554 = NJW-RR 2011, 1029; LG Landau v. 23.3.2011 – 3 S 4/11, BeckRS 2011, 10680; AG München v. 8.2.2017 – 482 C 13922/16 WEG, GE 2017, 1564 = ZWE 2017, 463; AG Mettmann v. 14.2.2017 – 26 C 3/16, BeckRS 2017, 149049; vgl. auch BGH v. 7.12.2018 – V ZR 273/17, BeckRS 2018, 36247. 248 BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835 = MietRB 2013, 241 = NZM 2013, 512 = Rpfleger 2013, 498 = WuM 2013, 427 = ZfBR 2013, 554 = ZfIR 2013, 511 = ZMR 2013, 642; OLG Frankfurt v. 17.7.2008 – 20 W 325/06, BeckRS 2009, 29947 = ZMR 2009, 864; AG Ahrensburg v. 25.9.2008 – 37 C 11/08, ZMR 2009, 78; AG Rendsburg v. 30.10.2008 – 18 C 545/08, ZMR 2009, 239; AG Kiel v. 15.9.2010 – 118 C 175/10, ZWE 2011, 380; AG Kiel v. 15.9.2010 – 118 C 175/10, ZWE 2011, 380; AG Heidelberg v. 22.10.2014 – 45 C 52/14, ZMR 2016, 155; AG Heidelberg v. 6.2.2015 – 45 C 105/ 14, BeckRS 2016, 04069; a.A. AG Hamburg-Wandsbek v. 21.6.2010 – 740 C 31/10, ZWE 2011, 143; differenzierend Schultz, ZWE 2011, 21 (22) und Schneider, ZMR 2010, 822 ff., die von Zubehör

112 | Grziwotz

V. Übersicht zur Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum | Rz. 103 § 5

– Räume können nach Abs. 1 Sondereigentum sein. Dies gilt auch für Nebenräume (z.B. 95 Keller, Speicher, Abstellkammer, Geräteraum, Garage), die nicht in der abgeschlossenen Einheit liegen.249 Umgekehrt soll der Umstand, dass ein Raum nur über eine Wohnungs-/ Teileigentumseinheit zugänglich ist, dem Bestehen von Gemeinschaftseigentum nach h.M. nicht entgegenstehen (vgl. Rz. 29, 101 zu Spitzböden). Inwieweit Räume, in denen sich Gemeinschaftseinrichtungen befinden (z.B. Heizung, Messgeräte) und die Zugänge zwingendes Gemeinschaftseigentum sind, ist umstritten (vgl. Rz. 28 ff., 32). – Rohre s. Abwasserleitung.

96

– Restaurant in Hotelanlage s. Sauna

96a

– Rollläden s. Jalousien.

97

– Grundsätzlich handelt es sich bei Sanitärgegenständen, nämlich WC, Waschbecken, Bidet, 98 Duschwanne, Badewanne etc., häufig um Zubehör, so dass gewöhnliches Eigentum vorliegt. Sind diese Gegenstände wesentliche Bestandteile, gehören sie zum Sondereigentum der jeweiligen Wohnungs- oder Teileigentumseinheit. – Satellitenanlage s. Antennenanlage.

99

– Sauna und Schwimmbad sowie die Räume des Restauranst können bei Abgeschlossenheit 100 zum Sondereigentum erklärt werden.250 Ob dies auch gilt, wenn sie wegen der Funktion des Gebäudes (z.B. Wellnesshotel) erforderlich sind, ist bisher offen.251 – Spitzboden vgl. Rz. 29, 95.

101

– Bei der Sprechanlage ist zwischen den Sprechstellen in der jeweiligen Wohnungs-/Teil- 102 eigentumseinheit, die ab der Möglichkeit der „Abklemmung“252 im Sondereigentum stehen (Abs. 1), und der Hausanlage, die im Gemeinschaftseigentum steht, zu unterscheiden.253 – Ebenerdige Terrassen sind nicht sondereigentumsfähig, sondern können nur Gemein- 103 schaftseigentum sein.254 Dies gilt unabhängig davon, ob sie sich am oder auf dem Gebäude befinden.255

249 250 251 252 253 254

255

und damit einer Sondereigentumsfähigkeit ausgehen, jedenfalls wenn ein befristetes Nutzungsverhältnis besteht und kein Einbau bereits bei der Gebäudeerrichtung erfolgte (so Schneider, ZMR 2010, 822 ff.); offen LG Hamburg v. 5.10.2011 – 318 S 245/10, BeckRS 2011, 25689 = ZMR 2012, 129. Vgl. Grziwotz, MietRB 2013, 127 (131). BGH v. 10.10.1980 – V ZR 47/79, BGHZ 78, 225 = MDR 1981, 216 = NJW 1981, 455. Bejahend OLG München v. 9.2.2017 – 34 Wx 333/16, OLG München v. 9.2.2017 – 34 Wx 333/16, NJW-RR 2017, 659 = NZM 2017, 567 = ZWE 2017, 175. Vgl. BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497 = DNotZ 2002, 127 = NJW 2001, 1212 = NotBZ 2001, 105 = NZM 2001, 196 = ZfIR 2001, 209 = ZMR 2001, 289 = ZWE 2001, 314. OLG Köln v. 26.8.2002 – 16 Wx 126/02, NZM 2002, 865 = ZMR 2003, 378. OLG Köln v. 21.4.1982 – 2 Wx 13/82, MDR 1982, 757; KG v. 6.1.2015 – 1 W 369/14, MDR 2015, 269 = NotBZ 2015, 148; LG Frankfurt v. 4.3.1992 – 2/9 T 142/92, ZMR 1993, 184; LG Landau v. 15.4.2011 – 3 S 4/11, NZM 2011, 554; AG Hannover v. 14.3.2006 – 71 II 55/06, ZMR 2007, 152; AG Landau v. 15.12.2010 – 1 C 41/10, BeckRS 2011, 10661; abw. Commichau in MünchKomm/ BGB, § 5 WEG Rz. 23 (Gleichbehandlung mit Balkonen). S. auch Ott, BWNotZ 2015, 130 ff. Abw. Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 117.

Grziwotz | 113

§ 5 Rz. 104 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums 104 – Das Treppenhaus samt Zubehör (Stufen, Geländer, Behindertenlift) ist nach h.M. Gemein-

schaftseigentum, sofern es mehr als einer Einheit dient, und zwar auch bei Mehrhausanlagen.256 Sondereigentum ist es nur, wenn es sich in einer Einheit befindet.257 105 – Türen im Innenbereich einer Wohnungs-/Teileigentumseinheit sind Sondereigentum

(Abs. 1). Dagegen gehören Wohnungsabschlusstüren einschließlich Terrassentüren zum Gemeinschaftseigentum.258 Gleiches gilt für Keller- und Nebeneingangstüren.259 Türöffner und die an der Haustüre angebrachte Sprecheinrichtung sind Gemeinschaftseigentum.260 Dagegen sind die Sprechstellen der Sprechanlage in der jeweiligen Einheit ab der Abklemmmöglichkeit Sondereigentum.261 106 – Bei Wänden ist zwischen Außen- und Innenwänden sowie bei Letzteren wiederum zwi-

schen tragenden und nicht tragenden Wänden zu unterscheiden. Außenwände sind gemeinschaftliches Eigentum, da sie die äußere Gestaltung des Gebäudes betreffen. Gleiches gilt für tragende Innenwände, da sie Bestand und Sicherheit des Gebäudes betreffen. Nur wenn man der Minderansicht folgt (vgl. Rz. 7), kann sich bei Mehrhausanlagen hiervon eine Abweichung ergeben. Nicht tragende Innenwände sind, sofern sie sich nur im Bereich eines Sonder- oder Teileigentums befinden, Sondereigentum. Sofern sie Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten trennen, handelt es sich um Nachbareigentum. 107 – Zähler sowie sonstige Messeinrichtungen sind Sondereigentum, wenn sie sich in einer

Einheit befinden und nur dieser dienen (Abs. 1). Ob dies auch bei einer lediglich funktionalen Zuordnung für im Keller befindliche Geräte gilt, ist fraglich. Sind derartige Einrichtungen für mehrere Einheiten oder für alle notwendig, stehen sie im Gemeinschaftseigentum (Abs. 2), auch wenn sie sich in einer Einheit befinden.262

§6 Unselbständigkeit des Sondereigentums (1) Das Sondereigentum kann ohne den Miteigentumsanteil, zu dem es gehört, nicht veräußert oder belastet werden.

256 BayObLG v. 15.12.1981 – BReg.2 Z 89/81, DNotZ 1982, 246; v. 6.2.1986 – BReg.2 Z 12/85, MDR 1986, 590 = DNotZ 1986, 706 = ZMR 1986, 209. 257 Vgl. auch OLG Hamm v. 22.6.1992 – 15 W 252/91, NJW-RR 1992, 1296. Weitergehend Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 123, wonach es nur auf die Erschließungsfunktion, nicht auf die Einbeziehung in die Einheit ankommt. 258 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 212/12, MDR 2014, 18 = MietRB 2014, 9 = IMR 2014, 23 = NJW 2014, 379 = NZM 2014, 40 = ZfIR 2014, 15 = ZWE 2014, 81; BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 = NJW-RR 2014, 527 = NZM 2014, 125 = WuM 2014, 159 = ZWE 2014, 125; OLG Düsseldorf v. 10.9.1999 – 22 U 35/00, NZM 2000, 193; OLG Düsseldorf v. 4.1.2002 – 3 Wx 293/01, NZM 2002, 571 = ZMR 2002, 445 = ZWE 2002, 279; OLG Stuttgart v. 20.1.2005 – 2 U 133/04, BauR 2005, 1490; AG Bremen v. 31.3.2017 – 29 C 10/17, WuM 2017, 491 = ZWE 2017, 364. 259 BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 = BeckRS 2014, 02110. 260 AG Bobingen v. 4.7.1996 – 11 GR 35/96 WEG, NJW-RR 1996, 1297. 261 OLG Köln v. 26.8.2002 – 16 Wx 126/02, NZM 2002, 865 = ZMR 2003, 378. 262 OLG Hamburg v. 30.12.2003 – 2 Wx 73/01, MietRB 2004, 290 = WuM 2004, 360 = ZMR 2004, 291. Ohne Differenzierung für Sondereigentum, wenn innerhalb der Wohnung, Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 101. Vgl. nunmehr auch BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = MietRB 2013, 147 = DNotZ 2013, 522 = MittBayNot 2013, 304 = NJW 2013, 1154 = NZM 2013, 272 = Rpfleger 2013, 318 = WuM 2013, 244 = ZfIR 2013, 377 = ZMR 2013, 454.

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§ 5 Rz. 104 | Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums 104 – Das Treppenhaus samt Zubehör (Stufen, Geländer, Behindertenlift) ist nach h.M. Gemein-

schaftseigentum, sofern es mehr als einer Einheit dient, und zwar auch bei Mehrhausanlagen.256 Sondereigentum ist es nur, wenn es sich in einer Einheit befindet.257 105 – Türen im Innenbereich einer Wohnungs-/Teileigentumseinheit sind Sondereigentum

(Abs. 1). Dagegen gehören Wohnungsabschlusstüren einschließlich Terrassentüren zum Gemeinschaftseigentum.258 Gleiches gilt für Keller- und Nebeneingangstüren.259 Türöffner und die an der Haustüre angebrachte Sprecheinrichtung sind Gemeinschaftseigentum.260 Dagegen sind die Sprechstellen der Sprechanlage in der jeweiligen Einheit ab der Abklemmmöglichkeit Sondereigentum.261 106 – Bei Wänden ist zwischen Außen- und Innenwänden sowie bei Letzteren wiederum zwi-

schen tragenden und nicht tragenden Wänden zu unterscheiden. Außenwände sind gemeinschaftliches Eigentum, da sie die äußere Gestaltung des Gebäudes betreffen. Gleiches gilt für tragende Innenwände, da sie Bestand und Sicherheit des Gebäudes betreffen. Nur wenn man der Minderansicht folgt (vgl. Rz. 7), kann sich bei Mehrhausanlagen hiervon eine Abweichung ergeben. Nicht tragende Innenwände sind, sofern sie sich nur im Bereich eines Sonder- oder Teileigentums befinden, Sondereigentum. Sofern sie Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten trennen, handelt es sich um Nachbareigentum. 107 – Zähler sowie sonstige Messeinrichtungen sind Sondereigentum, wenn sie sich in einer

Einheit befinden und nur dieser dienen (Abs. 1). Ob dies auch bei einer lediglich funktionalen Zuordnung für im Keller befindliche Geräte gilt, ist fraglich. Sind derartige Einrichtungen für mehrere Einheiten oder für alle notwendig, stehen sie im Gemeinschaftseigentum (Abs. 2), auch wenn sie sich in einer Einheit befinden.262

§6 Unselbständigkeit des Sondereigentums (1) Das Sondereigentum kann ohne den Miteigentumsanteil, zu dem es gehört, nicht veräußert oder belastet werden.

256 BayObLG v. 15.12.1981 – BReg.2 Z 89/81, DNotZ 1982, 246; v. 6.2.1986 – BReg.2 Z 12/85, MDR 1986, 590 = DNotZ 1986, 706 = ZMR 1986, 209. 257 Vgl. auch OLG Hamm v. 22.6.1992 – 15 W 252/91, NJW-RR 1992, 1296. Weitergehend Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 123, wonach es nur auf die Erschließungsfunktion, nicht auf die Einbeziehung in die Einheit ankommt. 258 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 212/12, MDR 2014, 18 = MietRB 2014, 9 = IMR 2014, 23 = NJW 2014, 379 = NZM 2014, 40 = ZfIR 2014, 15 = ZWE 2014, 81; BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 = NJW-RR 2014, 527 = NZM 2014, 125 = WuM 2014, 159 = ZWE 2014, 125; OLG Düsseldorf v. 10.9.1999 – 22 U 35/00, NZM 2000, 193; OLG Düsseldorf v. 4.1.2002 – 3 Wx 293/01, NZM 2002, 571 = ZMR 2002, 445 = ZWE 2002, 279; OLG Stuttgart v. 20.1.2005 – 2 U 133/04, BauR 2005, 1490; AG Bremen v. 31.3.2017 – 29 C 10/17, WuM 2017, 491 = ZWE 2017, 364. 259 BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79 = BeckRS 2014, 02110. 260 AG Bobingen v. 4.7.1996 – 11 GR 35/96 WEG, NJW-RR 1996, 1297. 261 OLG Köln v. 26.8.2002 – 16 Wx 126/02, NZM 2002, 865 = ZMR 2003, 378. 262 OLG Hamburg v. 30.12.2003 – 2 Wx 73/01, MietRB 2004, 290 = WuM 2004, 360 = ZMR 2004, 291. Ohne Differenzierung für Sondereigentum, wenn innerhalb der Wohnung, Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG Rz. 101. Vgl. nunmehr auch BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 = MietRB 2013, 147 = DNotZ 2013, 522 = MittBayNot 2013, 304 = NJW 2013, 1154 = NZM 2013, 272 = Rpfleger 2013, 318 = WuM 2013, 244 = ZfIR 2013, 377 = ZMR 2013, 454.

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I. Allgemeines | Rz. 2 § 6

(2) Rechte an dem Miteigentumsanteil erstrecken sich auf das zu ihm gehörende Sondereigentum. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Untrennbarkeit von Sondereigentum und Miteigentumsanteil (Abs. 1) . . . . . . a) Veräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verbindung von Wohnungseigentumsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bestandteilszuschreibung . . . . . . d) Verbindung mit Grundstücken . . . . . e) Reale Teilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtseinheit Miteigentumsanteil/ Sondereigentum (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . III. Weitere praktische Hinweise . . . . . . . .

1 3 3 4 9 11 12 14 17 18 20 21

1. Änderung der Miteigentumsanteilsgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Übertragung von Sondereigentum innerhalb der Eigentümergemeinschaft . . 22 3. Isolierte Miteigentumsanteile . . . . . . . . 23 4. Kein isoliertes Sondereigentum . . . . . . . 25 5. Kein Mitsondereigentum . . . . . . . . . . . . 26 6. Kein isoliertes Sondernutzungsrecht . . 26a 7. Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . 27 8. Kein Verzicht auf Wohnungseigentum . 28 9. Kein Aufgebotsverfahren gem. § 927 BGB hinsichtlich einzelner Räume einer Wohnungseigentumsanlage . . . . . 28a 10. Kein Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken . . . . . . . . . . 28b

Schrifttum: Böttcher, Veränderungen beim Wohnungseigentum, BWNotZ 1996, 80; Briesemeister, Das Stimmrecht bei unterteiltem Wohnungseigentum in FS Seuß, 2007, S. 39; Häublein, Gestaltungsprobleme im Zusammenhang mit der abschnittweisen Errichtung von Wohnungseigentumsanlagen, DNotZ 2000, 442; Hügel, Der nachträgliche Ausbau von Dachgeschossen – Gestaltungsmöglichkeiten in der Gemeinschaftsordnung, RNotZ 2005, 149; Lingk, Die Regelung der Lasten- und Kostentragung im Wohnungseigentumsrecht, RNotZ 2001, 421; Röll, Veräußerung und Zuerwerb von Teilflächen bei Eigentumswohnanlagen, Rpfleger 1990, 277; Schmidt, Balkone als Sondereigentum, MittBayNot 201, 73; Tasche, Kellertausch unter Wohnungseigentümern und verwandte Probleme, DNotZ 1972, 710; Weikart, Bestandsänderungen von Sondereigentumsgrundstücken, NotBZ 1997, 89; Wiedemeyer, Stimmrecht nach Unterteilung von Wohnungseigentum, NZM 2000, 638.

I. Allgemeines Miteigentumsanteil und Sondereigentum bilden eine rechtliche Einheit. Diese Untrennbar- 1 keit wird durch § 6 dokumentiert und bildet einen der Hauptgrundsätze des WEG.1 Gemäß § 6 Abs. 1 kann das Sondereigentum ohne den Miteigentumsanteil, zu dem es gehört, nicht veräußert oder belastet werden. Dies hat zur Konsequenz, dass Verfügungen über das Sondereigentum nur durch gleichzeitiges Verfügen über den mit ihm verbundenen Miteigentumsanteil möglich sind. Darüber hinaus erstrecken sich gem. § 6 Abs. 2 die Rechte an dem Miteigentumsanteil auf das zu ihm gehörende Sondereigentum. Wird der Miteigentumsanteil belastet, wird von dieser Rechtsänderung stets auch das Sondereigentum erfasst. Eine von § 6 abweichende Verfügung, also z.B. Übertragung von nur Sondereigentum oder 2 von nur Miteigentumsanteil, ist unwirksam.2 Anders verhält es sich dagegen bei nicht wesentlichen Bestandteilen und Scheinbestandteilen. Da es sich hierbei nicht um Sondereigentum handelt, kann über diese uneingeschränkt verfügt werden.3

1 Vgl. OLG München v. 4.7.2016 - 34 Wx 119/16, NZM 2017, 79. 2 BayObLG v. 24.4.1986 – BReg.2 Z 27/85, BayObLGZ 1986, 86. 3 Heinemann in NK/BGB, § 6 WEG Rz. 1.

Krause | 115

§ 6 Rz. 3 | Unselbständigkeit des Sondereigentums

II. Regelungsgehalt 1. Untrennbarkeit von Sondereigentum und Miteigentumsanteil (Abs. 1) 3 Sondereigentum kann ohne den Miteigentumsanteil, zu dem es gehört, weder veräußert noch

belastet werden. Das Sondereigentum kann also insbesondere nicht von seinem Miteigentumsanteil getrennt werden und rechtlich selbständig sein. a) Veräußerung 4 Das Wohnungseigentum ist echtes Eigentum i.S.d. BGB. Es kann daher ebenso wie Grund-

stücksmiteigentumsanteile rechtsgeschäftlich veräußert werden. Von der Veräußerung des Wohnungseigentums werden neben dem Sondereigentum auch etwaige Sondernutzungsrechte und der Anteil am Verwaltungsvermögen erfasst. Für das Verpflichtungsgeschäft gilt § 311b Abs. 1 BGB. Es bedarf also der notariellen Beurkundung. Dinglich erfolgt die Übertragung des Wohnungseigentums durch Erklärung der Auflassung vor einem Notar (§ 925 BGB) und Eintragung in das Grundbuch. 5 Auch über ein mangels Grundbuchvollzug noch nicht entstandenes Wohnungseigentum kann

bereits ein Veräußerungsvertrag geschlossen werden. Der Vertragsgegenstand ist in diesem Fall hinreichend bestimmt zu bezeichnen (vgl. § 28 GBO). Dies kann auch durch Verweisung nach Maßgabe des § 13a BeurkG auf die notariell beurkundete Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung erfolgen. Auf eine lediglich der Unterschrift nach beglaubigte Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung kann nicht gem. § 13a BeurkG verwiesen werden.4 Diese ist ggf. als Bestandteil des Veräußerungsvertrages mit zu beurkunden. 6 Zu unterscheiden von der Veräußerung des Wohnungseigentums ist die Veräußerung von

Grundstücksteilflächen. Diese ist nur durch alle Wohnungseigentümer möglich. Die Verfügung einzelner Miteigentümer reicht nicht aus.5 Die Veräußerung einer Grundstücksteilfläche setzt Auflassung, Aufhebung des Wohnungseigentums an der vermessenen und katasteramtlich fortgeschriebenen Teilfläche, Schließung der Wohnungsgrundbücher hinsichtlich der Teilfläche sowie gegebenenfalls Zustimmung und Freigabe durch dingliche Berechtigte voraus. Eine Vormerkung kann nur gleichzeitig in allen Wohnungsgrundbüchern eingetragen werden.6 7 Unberührt von § 6 Abs. 1 bleibt die Möglichkeit, ideelle Anteile an einem Miteigentums-

anteil, der mit einem Sondereigentumsrecht verbunden ist, zu erwerben oder zu veräußern. Wohnungseigentum kann in jeder Rechtsgemeinschaft begründet werden, also z.B. auch in Bruchteilsgemeinschaft.7 Voraussetzung ist hierfür lediglich, dass der mit dem Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteil durch den Anteilserwerb nicht geändert wird. Das Sondereigentum kann stets nur mit einem Miteigentumsanteil verbunden sein.8 Der Erwerber eines ideellen Anteils an einem Wohnungseigentum wird ideeller Miteigentümer an dem mit dem Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteil. 8 Steht ein eintragungsfähiges Recht mehreren gemeinschaftlich zu, so soll die Grundbuchein-

tragung gem. § 47 GBO in der Weise erfolgen, dass entweder die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen angegeben werden oder das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältnis bezeichnet wird. Da die Verfügungsbefugnis des einzelnen Beteiligten bei den unterschiedli-

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BGH v. 6.4.1979 – V ZR 72/74, MDR 1979, 830 = NJW 1979, 1496. OLG Zweibrücken v. 8.11.1985 – 3 W 210/85, Rpfleger 1986, 93. BayObLG v. 7.2.2002 – 2Z BR 166/01, MittBayNot 2002, 189; a.A. Hoffmann, MittBayNot 2002, 155. Grziwotz in Erman, BGB, § 6 WEG Rz. 3. BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 8a § 6

chen Gemeinschaftsarten verschieden sind, dient die Sollvorschrift des § 47 GBO der Verwirklichung des Bestimmtheitsgrundsatzes.9 Als Gemeinschaftsverhältnis für die Erwerber von Wohnungseigentum kommen insbesondere in Frage: (1) Miteigentum(Mitberechtigung) nach Bruchteilen. Die Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff., 1008 ff. BGB) ist bei allen Rechten einschließlich Eigentum möglich. Erforderlich ist stets die genaue Angabe der Bruchteile (z.B. zu je 1/2 Anteil, je zu 1/3 Anteil, etc.). (2) Gesamthandsgemeinschaft. Der Kreis der Gesamthandsgemeinschaften ist im Gesetz abschließend geregelt. Als solche kommen insbesondere in Betracht: BGB-Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB), OHG (§§ 105 ff. HGB) und KG (§§ 161 ff. HGB), nicht rechtsfähiger Verein (§ 54 BGB), Erbengemeinschaft (§§ 2032 ff. BGB), eheliche Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB), fortgesetzte Gütergemeinschaft (§§ 1483 ff. BGB). Umstritten ist, ob bei Erwerb von Grundstückseigentum durch eine bereits bestehende 8a GbR der Nachweis ihres Bestehens, ihres aktuellen Gesellschafterbestandes sowie die Identität mit der bereits bestehenden GbR in einer den Anforderungen des § 29 Abs. 1 GBO genügenden Form nachzuweisen ist. Eine Ansicht verneint die Nachweiseignung einer Erklärung der Gesellschafter über die rechtlichen Verhältnisse der GbR. Existenz und Identität der Gesellschaft sowie die Vertretungsberechtigung der handelnden Personen seien in der Form des § 29 GBO nachzuweisen. Dieser Nachweis könne durch eine in dem notariellen Kaufvertrag enthaltene Erklärung der für die GbR Handelnden nicht geführt werden, da dieser lediglich die Abgabe der Erklärung, nicht aber deren inhaltliche Richtigkeit beweise.10 Eine zweite Auffassung geht ebenfalls von der Anwendbarkeit der Regelung des § 29 GBO aus. Sie meint aber in Anlehnung an die Grundsätze zur Vollmachtsbestätigung, dass eine anlässlich der Beurkundung des Kaufvertrags erteilte Bestätigung der Existenz, des Gesellschafterbestands und der Vertretungsverhältnisse der GbR durch die für sie Handelnden regelmäßig ausreichend sei, um die Eintragungsvoraussetzungen in der gebotenen Form nachzuweisen.11 Demgegenüber hält Reymann12 einen in der Form des § 29 GBO zu führenden Nachweis der rechtlichen Verhältnisse der GbR nicht für erforderlich.13 Zwar müssten die für die Gesellschaft handelnden Personen bei der Auflassung Erklärungen zur Existenz, Identität und Vertretung der GbR abgeben. Ein Nachweis, dass diese Angaben richtig sind, könne das Grundbuchamt aber grundsätzlich nicht verlangen. Das sei eine Folge der Regelung des § 47 Abs. 2 GBO, auf Grund derer das Recht der GbR grundbuchrechtlich durch die Gesellschafter „mediatisiert“ werde, weshalb 9 BGH v. 11.9.1997 – V ZB 11/97, MDR 1997, 1110 = NJW 1997, 3235; OLG Hamm Rpfleger 1973, 250. 10 OLG München v. 20.7.2010 – 34 Wx 63/10, ZIP 2010, 1496, 1497; OLG Nürnberg v. 8.4.2010 – 10 W 277/10, MDR 2010, 1419 = ZIP 2010, 1344, 1345; OLG Hamm v. 2.11.2010 – I-15 W 440/10, ZIP 2010, 2245, 2247; OLG Rostock v. 14.9.2010 – 3 W 100/10, NotBZ 2011, 64, 66; OLG Köln v. 13.12.2010 – 2 Wx 137/10, FGPrax 2011, 13, 16; KG v. 25.11.2010 – 1 W 417/10, Rpfleger 2011, 200 f.; OLG Bamberg v. 9.2.2011 – 3 W 176/10; OLG Karlsruhe v. 8.4.2011 – 11 Wx 127/10; Bestelmeyer, Rpfleger 2010, 169 (182); Heinze, ZNotP 2010, 409 (414) (großzügiger RNotZ 2010, 289 [303]); Lautner, DNotZ 2009, 650 (658); Lautner, MittBayNot 2010, 286 (289); Lautner, MittBayNot 2011, 32 f.; Demharter, EWiR 2010, 489 f.; Schneider, ZfIR 2010, 728 f.; wohl auch Hügel/Knobloch, DB 2010, 2433 (2436). 11 OLG Saarbrücken v. 26.2.2010 – 5 W 371/09, DNotZ 2010, 301 (303); OLG Oldenburg v. 19.7.2010 – 12 W 133/10, ZIP 2010, 1846 f.; OLG Brandenburg v. 7.10.2010 – 5 Wx 77/10, NJW-RR 2011, 166 (168); OLG Dresden v. 21.10.2010 – 17 W 1065/10, NotBZ 2010, 463 f.; Reetz in Hügel, § 47 Rz. 112; Albers, ZfIR 2010, 705 (708); Böttcher, ZfIR 2009, 613 (618); Böttcher, NJW 2010, 1647 (1655); Böttcher, ZNotP 2010, 173 (176 f.); Böttcher, AnwBl. 2011, 1 (5); Böttcher, NJW 2011, 822 (830); Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, Rz. 286 (strenger aber notar 2009, 429 [437] und notar 2010, 360 [363]); Miras, DStR 2010, 604 (608); Werner, MDR 2010, 721 (723); Zimmer, ZfIR 2010, 332 f.; wohl auch Böhringer, NotBZ 2009, 86 (88 f.); Weimer, NotBZ 2010, 195 f. 12 Reymann, ZNotP 2011, 84 (101 ff.). 13 Im Ergebnis ebenso Ruhwinkel, DNotZ 2010, 304 f.; Ruhwinkel, MittBayNot 2009, 177 (180); Ruhwinkel, MittBayNot 2009, 421 (424).

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§ 6 Rz. 8a | Unselbständigkeit des Sondereigentums es eines auf die GbR bezogenen Nachweises nicht bedürfe. Anders sei es nur dann, wenn hinreichende Anhaltspunkte für das Unrichtigwerden des Grundbuchs vorlägen. Dieser Auffassung hat sich auch der BGH angeschlossen.14 Er hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es bei Erwerb von Grundstückseigentum durch eine bereits bestehende GbR für die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch ausreicht, wenn die GbR und ihre Gesellschafter in der notariellen Auflassungsverhandlung benannt sind und die für die GbR Handelnden erklären, dass sie deren alleinige Gesellschafter sind; weiterer Nachweise der Existenz, der Identität und der Vertretungsverhältnisse dieser GbR bedürfe es gegenüber dem Grundbuchamt nicht. b) Belastung 9 Wohnungseigentum ist wie ein Miteigentumsanteil am Grundstück belastbar. In Betracht

kommt insbesondere die Bestellung von Grundpfandrechten (§§ 1113 ff. BGB), dinglichen Vorkaufsrechten (§§ 1094 ff. BGB), Reallasten (§§ 1105 ff. BGB), Nießbrauchrechten (§§ 1030 ff. BGB), Dienstbarkeiten (§§ 1018 ff., §§ 1090 ff. BGB) und Dauerwohnrechten (§§ 31 ff.). Mit einem Unterwohnungseigentum kann ein Wohnungseigentum nicht belastet werden.15 Ebenso nicht möglich ist die Bestellung eines Erbbaurechtes, wohl aber die Aufteilung eines Erbbaurechtes in Wohnungs- und/oder Teilerbbaurechte (vgl. § 30). 10 Eine Dienstbarkeit kann zu Lasten eines einzelnen Wohnungseigentums nur bestellt werden,

wenn sie sich auf das Sondereigentum beschränkt und nicht Rechte betrifft, die der Gemeinschaft in ihrer Gesamtheit zustehen.16 Ist das gemeinschaftliche Eigentum betroffen, z.B. das Gesamtgrundstück, kann die Dienstbarkeit nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer bestellt werden.17 Dies gilt auch, wenn das Recht nur auf einen realen Grundstücksteil oder auf ein Sondernutzungsrecht beschränkt ist.18 c) Verbindung von Wohnungseigentumsrechten 11 Zwei oder mehrere Wohnungseigentumsrechte können rechtlich miteinander verbunden wer-

den, indem sie entweder vereinigt werden (§ 890 Abs. 1 BGB) oder ein Wohnungseigentumsrecht einem anderen als Bestandteil zugeschrieben wird (§ 890 Abs. 2 BGB).19 Formell-rechtlich ist beides nur zulässig, wenn keine Verwirrung20 zu besorgen ist (§§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 GBO). Dies wäre der Fall, wenn mit Eintragung der Vereinigung bzw. Bestandteilszuschreibung der Grundbuchstand derart unübersichtlich und schwer verständlich würde, dass der gesamte grundbuchrechtliche Rechtszustand nicht mehr mit der für den Grundbuchverkehr notwendigen Klarheit und Bestimmtheit erkennbar wäre und die Gefahr von Streitigkeiten

14 BGH v. 28.4.2011 – V ZB 194/10, MDR 2011, 781 = MietRB 2011, 221 = DB 2011, 1323 = DNotIReport 2011, 92 = DStR 2011, 1041 = EWiR 2011, 347 = GWR 2011, 257 = NJW 2011, 1958 = NJWSpezial 2011, 366 = NotBZ 2011, 219 = NWB 2011, 2112 = StBW 2011, 621 = WM 2011, 1145 = ZIP 2011, 1003. 15 OLG Köln v. 20.2.1984 – 2 Wx 29/83, MDR 1984, 583 = Rpfleger 1984, 268. 16 BGH v. 19.5.1989 – V ZR 182/87, BGHZ 107, 289 = MDR 1989, 896; OLG Hamm v. 8.5.2000 – 15 W 103/00, NZM 2000, 831. 17 Vgl. OLG Hamm v. 10.1.2006 – 15 W 437/04, DNotZ 2006, 623. 18 BayObLG v. 24.10.1974 – BReg.2 Z 51/74, NJW 1975, 59; OLG Zweibrücken v. 22.12.1998 – 3 W 232/98, FGPrax 1999, 44. 19 BayObLG v. 24.11.1998 – 2Z BR 152/98, DNotZ 1999, 674; v. 23.3.2000 – 2Z BR 167/99, MittBayNot 2000, 319; OLG Hamm v. 10.6.1999 – 15 W 11/99, MittRhNotK 1999, 344; OLG Hamburg v. 18.3.2004 – 2 Wx 2/03, MietRB 2004, 289 = MittBayNot 2004, 361; KG v. 27.6.1989 – 1 W 2309/89, MDR 1989, 1101 = NJW-RR 1989, 1360. 20 Siehe hierzu Stöber, MittBayNot 2001, 281 sowie OLG Düsseldorf v. 19.1.2000 – 3 Wx 438/99, MittBayNot 2001, 74; LG München I v. 19.8.2003 – 13 T 15066/03, MittBayNot 2004, 131.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 12 § 6

und Verwicklungen, vor allem im Falle einer Zwangsversteigerung, bestünde.21 Streitig war, ob die Besorgnis einer Verwirrung begründet ist, wenn die Wohnungseigentumsrechte mit verschiedenen Grundpfandrechten belastet sind. In seinem Beschluss vom 26.9.2013 hat der BGH noch entschieden, dass dies nicht der Fall sei.22 Der Gesetzgeber ist mit der Änderung des § 5 GBO mittlerweile jedoch einen anderen Weg gegangen. Gem. §§ 5 Abs. 1 Satz 2, 6 Abs. 2 GBO soll eine Vereinigung bzw. Bestandteilszuschreibung unterbleiben, wenn die Grundstücke bzw. Wohnungseigentumsrechte im Zeitpunkt der Vereinigung bzw. Bestandteilszuschreibung mit unterschiedlichen Grundpfandrechten oder Reallasten oder mit denselben Grundpfandrechten oder Reallasten in unterschiedlicher Rangfolge belastet sind. Nicht erforderlich ist, dass die Räumlichkeiten neben- oder übereinander liegen; § 5 Abs. 2 Satz 1 GBO ist insoweit nicht entsprechend anwendbar.23 Sowohl die Vereinigung wie auch die Bestandteilszuschreibung bedürfen eines notariell beglaubigten Antrages des Grundstückseigentümers (§ 29 GBO). Die Zustimmung der übrigen Miteigentümer, des Verwalters oder eines Dritten ist, sofern 11a nicht gem. § 12 vereinbart,24 grundsätzlich nicht erforderlich.25 Da durch die Vereinigung keine Beeinträchtigung der dinglich Berechtigten verbunden sein kann, müssen diese nicht zustimmen.26 Erfordert die Vereinigung eine bauliche Veränderung, insbesondere einen Mauerdurchbruch, so ist zu differenzieren: Ein nichttragendes Gebäudeteil kann ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer beseitigt werden.27 Eine tragende Wand darf als Eingriff in das Gemeinschaftseigentum grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer beseitigt oder verändert werden, §§ 14 Nr. 1, 22 Abs. 1.28 Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn eine Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer ausgeschlossen ist, weil es etwa an einem Eingriff in die Standsicherheit fehlt. aa) Vereinigung Die nach der Vereinigung entstandenen Räumlichkeiten müssen nicht den Voraussetzungen 12 des § 3 Abs. 2 Satz 1 genügen, also nicht abgeschlossen sein.29 Sofern die Teilungserklärung keine anderweitige Regelung enthält, ist eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer nicht erforderlich.30 Dies gilt auch, wenn in der Wohnungseigentümerversammlung eine

21 Vgl. KG v. 27.6.1989 – 1 W 2309/89, MDR 1989, 1101 = Rpfleger 1989, 500; OLG Hamm Rpfleger 1968, 121; OLG Düsseldorf DNotZ 1971, 479; BayObLG v. 18.11.1993 – 2Z BR 108/93, DNotZ 1994, 242. 22 BGH v. 26.9.2013 – V ZB 152/12, MDR 2014, 82 f. = MietRB 2014, 44 f. = NJW 2014, 1002 = NotBZ 2014, 97. 23 Heinemann in NK/BGB, § 6 WEG Rz. 17; a.A. BayObLG v. 5.12.2002 – 2Z BR 73/02, DNotZ 2003, 352. 24 Häublein/Ott in Köhler, 3. Aufl., Teil 17 Rz. 19; a.A. Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz 262. 25 BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497 = ZMR 2001, 289; OLG Hamburg v. 19.1.2004 – 2 Wx 78/01, MietRB 2004, 292 = ZMR 2004, 366 f.; OLG München v. 30.7.2008 – 34 Wx 49/08, ZWE 2009, 25; OLG München v. 2.2.2015 – 34 Wx 408/14, ZfIR 2015, 304. 26 Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 261 m.w.N.; OLG München v. 2.2.2015 – 34 Wx 408/14, ZfIR 2015, 304. 27 BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497 = ZMR 2001, 289. 28 BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 (396) = MDR 1992, 484 = ZMR 1992, 167; BayObLG v. 14.1.1999 – 2Z BR 125/98, FGPrax 1999, 53 = ZMR 1999, 273. 29 BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, MDR 2001, 497 = NJW 2001, 1212; BayObLG BayObLGZ 1971, 102; v. 24.11.1998 – 2Z BR 152/98, ZMR 1999, 266; v. 23.2.2000 – 2Z BR 167/99, ZMR 2000, 468; KG v. 27.6.1989 – 1 W 2309/89, MDR 1989, 1101 = NJW-RR 1989, 1360; v. 19.2.1993 – 24 W 3563/ 92, NJW-RR 1993, 909; OLG Hamburg v. 19.1.2004 – 2 Wx 78/01, MietRB 2004, 292 = ZMR 2004, 366. 30 Commichau in MünchKomm/BGB, § 6 WEG Rz. 5; Rapp in Staudinger, BGB, § 6 WEG Rz. 13.

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§ 6 Rz. 12 | Unselbständigkeit des Sondereigentums Stimme entfällt.31 Voraussetzung der Vereinigung sind allerdings gleiche Eigentumsverhältnisse.32 13 Die vereinigten Wohnungseigentumsrechte verlieren ihre Selbständigkeit und werden nicht-

wesentliche Bestandteile des einheitlichen Wohnungseigentumsrechts.33 Die bisherigen Belastungen der einzelnen Wohnungseigentumsrechte bleiben jedoch an den entsprechenden Teilwohnungseigentumsrechten bestehen. Sie greifen nicht auf die anderen Wohnungseigentumsteile über.34 In einem solchen Fall ist der Gläubiger des Rechts, das auf dem früheren selbständigen Wohnungseigentum gelastet hat, nicht gehindert, einem Zwangsversteigerungsverfahren beizutreten, das das vereinigte neue Wohnungseigentum betrifft. Nach der Vereinigung aufgenommene Belastungen erfassen das ganze – neue – Wohnungseigentum. bb) Bestandteilszuschreibung 14 Die Bestandteilszuschreibung führt dazu, dass das zugeschriebene Wohnungseigentum unter

Verlust seiner rechtlichen Selbständigkeit nichtwesentlicher Bestandteil des einheitlichen Wohnungseigentums wird. Auf dem Hauptwohnungseigentum lastende Grundpfandrechte erstrecken sich gem. §§ 1192 Abs. 1, 1131 BGB auf das zugeschriebene Wohnungseigentum, gehen aber den bereits auf dem zugeschriebenen Wohnungseigentum eingetragenen Belastungen im Rang nach. Die Pfanderstreckung tritt kraft Gesetzes ein, ohne dass es einer rechtsgeschäftlichen Nachverpfändung bedarf, und erfasst auch die dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung nach § 800 ZPO. 15 Der Antrag auf Bestandteilszuschreibung löst beim Notar eine 0,5 Gebühr nach KV 21201

Nr. 4 GNotKG aus einem Teilwert (20–25 %) des zugeschriebenen Wohnungseigentums aus. Die Bestandteilszuschreibung ist daher wesentlich kostengünstiger als eine Vereinigung und Nachverpfändung etwaiger Grundpfandrechte. Für die Vereinigung würde eine 0,5 Gebühr nach KV 21201 Nr. 4 GNotKG aus einem Teilwert der zusammengerechneten Werte der Wohnungseigentumsrechte und für die Nachverpfändung vollstreckbarer Grundschulden eine 1,0 Gebühr nach KV 21200 GNotKG aus dem Grundschuldwert bzw. dem geringeren Wert des Wohnungseigentums anfallen. 16 Grundpfandrechte, die auf dem zugeschriebenen Wohnungseigentum lasten, erfassen nicht

das Hauptwohnungseigentum.35 Ebenso bleiben die anderen Rechte, wie etwa Reallasten, Vorkaufsrechte, Dienstbarkeiten, in ihrem bisherigen Umfang bestehen. Neue Belastungen erstrecken sich auf das einheitliche Wohnungseigentum. d) Verbindung mit Grundstücken 17 Ein ganzes Grundstück kann mit einem Wohnungseigentumsrecht vereinigt oder diesem als

Bestandteil zugeschrieben werden.36 Gleiches gilt für die Verbindung eines Grundstücks mit dem Wohnungseigentumsgrundstück.37 Nicht möglich ist dagegen die Vereinigung oder Be-

OLG Stuttgart v. 6.6.1977 – 8 W 357/76, OLGZ 77, 431. OLG Zweibrücken v. 8.2.1990 – 3 W 163/89, NJW-RR 1990, 782. Vgl. OLG Saarbrücken OLGZ 1972, 137; BGH Rpfleger 1978, 52. Vgl. BGH v. 24.11.2005 – V ZB 23/05, MDR 2006, 622 = MittBayNot 2006, 227; OLG Saarbrücken OLGZ 1972, 137; s.a. BayObLG v. 5.12.2002 – 2Z BR 73/02, DNotZ 2003, 352; OLG Hamm v. 21.1.2003 – 15 W 461/02, DNotZ 2003, 355. 35 Vgl. BayObLG v. 19.8.1994 – 2Z BR 75/94, Rpfleger 1995, 151. 36 OLG Hamm v. 12.10.1995 – 15 W 260/95, NJW-RR 1996, 1100; BayObLG v. 23.7.1993 – 2Z BR 69/ 93, NJW-RR 1994, 403; a.A. OLG Zweibrücken v. 8.2.1990 – 3 W 163/89, DNotZ 1991, 605. 37 OLG Oldenburg v. 27.10.1976 – 5 Wx 44/76, Rpfleger 1977, 22.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 19 § 6

standteilszuschreibung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück mit bzw. zu einem Wohnungseigentumsrecht.38 e) Reale Teilung Ein Grundstück kann in der Weise geteilt werden, dass ein Teil im Grundbuch abgeschrieben 18 und als selbständiges Grundstück eingetragen wird. Anerkannt ist, dass eine entsprechende Realteilung auch bei Wohnungseigentumsrechten möglich ist, sofern in sich geschlossene Raumeinheiten entstehen. Die Realteilung ist entsprechend § 8 wie eine Aufteilung durch den Alleineigentümer zu behandeln.39 Es bedarf dementsprechend neben des Antrags des Eigentümers in öffentlich beglaubigter Form (§ 29 GBO) eines Aufteilungsplans und einer Abgeschlossenheitsbescheinigung.40 Die Pflicht zur Vorlage eines aktualisierten Unterteilungsplanes und einer Abgeschlossenheitsbescheinigung für die neu zu bildenden Einheiten folgt aus einer analogen Anwendung des § 8 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 4.41 Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn von vornherein bereits in sich abgeschlossene Räume durch Unterteilung getrennt werden. Sonst kann von der Vorlage der Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht abgesehen werden, auch wenn das Grundbuchamt durch die Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht gebunden ist und die Voraussetzungen der Abgeschlossenheit (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1) selbst überprüfen kann.42 Sofern die Teilungserklärung keine anderweitige Regelung enthält, ist eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zur Teilung nicht erforderlich.43 Gleiches gilt für die Weiterveräußerung solcher Teile.44 Dinglich Berechtigte müssen ebenfalls nicht zustimmen.45 Erfordert die Unterteilung eine bauliche Veränderung, die sich auf das Gemeinschaftseigen- 18a tum (§ 22 Abs. 1) oder das Sondereigentum anderer Miteigentümer auswirkt, ist deren Zustimmung nach den allgemeinen Grundsätzen erforderlich, wenn ein über das in § 14 Nr. 1 bezeichnete Maß hinausgehender Nachteil vorliegt.46 Ob etwa erforderliche bauliche Veränderungen mit Zustimmung der betroffenen Wohnungseigentümer vorgenommen wurden, hat das Grundbuchamt nicht zu prüfen.47 Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ist nicht erforderlich, u.U. aber eine Genehmigung gem. §§ 22, 172 BauGB. Die Teilung führt nicht zu einer Vermehrung des Stimmrechts, weder bei einem Kopf-48 oder 19 Objektstimmrecht49 noch bei der Geltung des Wertprinzips.50 Belastungen setzen sich nach 38 Heinemann in NK/BGB, § 6 WEG Rz. 20. 39 Commichau in MünchKomm/BGB, § 6 WEG Rz. 6; Rapp in Staudinger, BGB, § 6 WEG Rz. 3. 40 BayObLG v. 24.2.1994 – 2Z BR 122/93, NJW-RR 1994, 716; OLG Zweibrücken v. 23.2.2001 – 3 W 39/01, ZWE 2001, 395. 41 Vgl. Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 93. 42 OLG München v. 27.5.2011 – 34 Wx 161/10, MietRB 2011, 321 = ZfIR 2011, 584; BayObLG v. 20.10.1988 – BReg.2 Z 94/88, Rpfleger 1989, 99. 43 BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250. 44 BGH v. 24.11.1978 – V ZB 2/78, MDR 1979, 389 f. = NJW 1979, 870; BayObLG v. 5.12.1985 – BReg.2 Z 67/85, NJW-RR 1986, 244. 45 Grziwotz in Erman, BGB, § 6 WEG Rz. 2. 46 OLG München v. 10.4.2006 – 34 Wx 21/06, ZMR 2006, 643. 47 BayObLG v. 15.1.1998 – 2Z BR 30/97, DNotZ 1999, 210. 48 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = NJW 2004, 3413; v. 24.11.1978 – V ZB 2/78, MDR 1979, 389 f. = NJW 1979, 870; OLG Stuttgart v. 23.2.2004 – 8 W 475/03, ZMR 2005, 478; Wedemeyer, NZM 2000, 638; a.A. KG v. 15.9.1999 – 25 W 9353/97, NZM 2000, 671; OLG Düsseldorf v. 3.2.2004 – 3 Wx 364/03, ZMR 2004, 696. 49 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = NJW 2004, 3413; OLG Hamm v. 12.3.2002 – 15 W 358/01, ZMR 2002, 859; KG v. 18.11.1998 – 24 W 4180/97, NZM 1999, 850; OLG Düsseldorf v. 24.1.1990 – 3 Wx 571/89, MDR 1990, 633; Wedemeyer, NZM 2000, 638; a.A. Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, Rz. 44. 50 Elzer in Riecke/Schmid, § 8 WEG, Rz. 71; Wedemeyer, NZM 2000, 638.

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§ 6 Rz. 19 | Unselbständigkeit des Sondereigentums der Unterteilung an den neuen Einheiten als Gesamtrecht fort.51 Ein der unterteilten Wohnung zustehendes Sondernutzungsrecht steht den beiden Wohnungen gemeinschaftlich entsprechend §§ 741 ff. BGB zu, es sei denn, das Sondernutzungsrecht wurde einer der Wohnungen ausschließlich zugewiesen.52 19a Soll nach der Teilungserklärung die Unterteilung von Wohnungseigentum in entsprechender

Anwendung von § 12 der Zustimmung des Verwalters unterworfen werden, muss dies wegen des Ausnahmecharakters deutlich zum Ausdruck kommen. Verlangt die Teilungserklärung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Zulässigkeit von Eingriffen in Geschoßdecken und Wänden die schriftliche Zustimmung des Verwalters unter Erbringung der hierzu erforderlichen technischen und statischen Angaben, bezieht sich dieses Zustimmungserfordernis regelmäßig nicht auch auf die im gleichen Abschnitt geregelte Zulässigkeit der Unterteilung an sich.53

2. Rechtseinheit Miteigentumsanteil/Sondereigentum (Abs. 2) 20 Rechte am Miteigentumsanteil erstrecken sich gem. § 6 Abs. 2 auf das zu ihm gehörende Son-

dereigentum. Dies bedeutet, dass eine Belastung des Miteigentumsanteils stets eine Belastung des Sondereigentums nach sich zieht. Wird ein Nießbrauch (§ 1030 Abs. 1 BGB) bestellt, lastet dieser als Sachnießbrauch gemäß § 6 Abs. 2 am Miteigentumsanteil und zugleich an dem mit ihm verbundenen Sondereigentum.54

III. Weitere praktische Hinweise 1. Änderung der Miteigentumsanteilsgröße 21 Die Größe der Miteigentumsanteile kann durch Vereinbarung der beteiligten Miteigentümer

ohne Änderung des Sondereigentums verändert werden (Quotenänderung).55 Eine Beteiligung der Miteigentümer, deren Anteile keine Änderung erfahren, ist nicht erforderlich.56 Die Übertragung erfolgt durch Auflassung (§ 925 BGB) und Eintragung in das Grundbuch. Die Grundbucheintragung der Quotenänderung darf nur bei Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung erfolgen, § 22 GrEStG. Das Verpflichtungsgeschäft ist gem. § 311b Abs. 1 BGB notariell zu beurkunden. Es bedarf der Zustimmung der dinglich Berechtigten am verlierenden Miteigentumsanteil.57 Die am erwerbenden Miteigentumsanteil lastenden Grundpfandrechte und Reallasten müssen auf den hinzuerworbenen Anteil erstreckt werden,58 wobei in der Zustimmung zur Quotenänderung regelmäßig auch die Pfanderstreckungserklärung erblickt werden kann.59 Ein Sondernutzungsrecht verbleibt – sofern kein anderweitiger rechtsgeschäftlicher Wille geäußert wurde – beim verlierenden Miteigentumsanteil. 51 Heinemann in NK/BGB, § 6 WEG Rz. 16. 52 Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 250. 53 OLG München v. 23.7.2013 – 34 Wx 210/13, MDR 2014, 84 = MietRB 2013, 299 = FGPrax 2013, 255 = ZfIR 2013, 747 = ZMR 2013, 2. 54 OLG München v. 20.10.2016 – 34 Wx 228/16, NZM 2017, 639. 55 BGH v. 18.6.1976 – V ZR 156/75, MDR 1977, 41 f. = NJW 1976, 1976; BayObLG v. 16.4.1993 – 2Z BR 34/93, NJW-RR 1993, 1043; OLG Hamm v. 28.5.1998 – 15 W 411/97, MittBayNot 1999, 290. 56 Grziwotz in Erman, BGB, § 6 WEG Rz. 4. 57 BayObLG v. 16.4.1993 – 2Z BR 34/93, NJW-RR 1993, 1043; OLG Hamm v. 28.5.1998 – 15 W 411/ 97, MittBayNot 1999, 290. 58 BayObLG v. 16.4.1993 – 2Z BR 34/93, NJW-RR 1993, 1043; OLG Hamm v. 28.5.1998 – 15 W 411/ 97, MittBayNot 1999, 290; a.A. Streuer, Rpfleger 1992, 181. 59 Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, § 6 WEG Rz. 9.

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III. Weitere praktische Hinweise | Rz. 24 § 6

2. Übertragung von Sondereigentum innerhalb der Eigentümergemeinschaft Kein Fall des § 6 Abs. 1 ist es, wenn ein Wohnungseigentümer unter Beibehaltung seines Mit- 22 eigentumsanteils Gegenstände des Sondereigentums an einen anderen Wohnungseigentümer überträgt oder zwei Wohnungseigentümer unter Beibehaltung ihres jeweiligen Miteigentumsanteils das Sondereigentum vollständig tauschen.60 Zur dinglichen Rechtsänderung sind Auflassung (§ 925 BGB) und Grundbucheintragung erforderlich. Für das Verpflichtungsgeschäft gilt § 311b Abs. 1 BGB. Die am aufnehmenden Miteigentumsanteil lastenden Rechte erstrecken sich kraft Gesetzes auf das hinzugekommne Sondereigentum (§ 6 Abs. 2). Einer Nachverpfändung bedarf es daher nicht.61 Ein Wohnungseigentümer, dem zwei Wohnungen gehören, kann ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer Räume des einen Sondereigentums dem anderen Sondereigentum zuordnen.62 Das Erfordernis der Abgeschlossenheit und der etwaige Nachweis ggü dem Grundbuchamt sind keine Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Ab- bzw. der Zuschreibung.63 Das Grundbuchamt kann nicht verlangen, dass die neu zugeordneten Räume so umbenannt werden, dass nicht Räume mit gleicher Nummer zu unterschiedlichen Einheiten gehören.64 Die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung ist erforderlich. Bestehen an der Einheit, von der Sondereigentum übertragen werden soll, Sondernutzungsrechte, so gehen diese nur über, wenn eine entsprechende Einigung der beteiligten Wohnungseigentümer erklärt wurde (vgl. § 13 Rz. 24).65

3. Isolierte Miteigentumsanteile Das WEG sieht isolierte Miteigentumsanteile nicht vor.66 Solche können jedoch entstehen, 23 falls das mit einem Miteigentumsanteil verbundene Sondereigentum nicht entsteht oder untergeht.67 Die Existenz der isolierten Miteigentumsanteile rechtfertigt sich dadurch, dass ansonsten die Teilungserklärung unwirksam wäre. Ein isolierter Miteigentumsanteil wächst den übrigen Miteigentümern nicht entsprechend 24 § 738 Abs. 1 BGB zu, da sie nicht gesamthänderisch verbunden sind. Vielmehr sind alle Miteigentümer in einem solchen Fall aufgrund des Gemeinschaftsverhältnisses verpflichtet, an einer Änderung der Teilungserklärung dergestalt mitzuwirken, dass die Miteigentumsanteile mit den für sie zur Verbindung vorgesehenen Sondereigentumseinheiten verbunden oder auf die übrigen Miteigentumsanteile verteilt werden.68

60 OLG München v. 6.6.2017 - 34 Wx 440/16, ZfIR 2017, 587; BayObLG v. 2.2.1984 – BReg.2 Z 125/83, DNotZ 1984, 381; Armbrüster in Bärmann, § 6 WEG Rz. 7. 61 LG Düsseldorf v. 9.1.1986 – 25 T 461 u. 462/85, MittRhNotK 1986, 78. 62 OLG München v. 17.7.2013 – 34 Wx 10/13, MietRB 2013, 329. 63 OLG München v. 30.7.2008 – 34 Wx 049/08, MDR 2008, 1386 = MietRB 2009, 13 = RNotZ 2009, 46. 64 Grziwotz, DNotZ 2009, 405; a.A. OLG München v. 13.8.2010 – 34 Wx 105/10, MDR 2011, 218 = MietRB 2011, 19 = ZWE 2010, 421. 65 Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rn 275. 66 Vgl. Röll, WE 1991, 340; Ertl, WE 1992, 219. 67 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447; v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 = MDR 1996, 139. 68 Vgl. BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 = MDR 1996, 139; OLG Hamm v. 14.8.1990 – 15 W 87/89, NJW-RR 1991, 335; OLG München v. 14.7.2008 – 34 Wx 37/08, NZM 2008, 810; OLG München v. 6.7.2010 – 34 Wx 43/10, MietRB 2010, 331 = NJW-RR 2010, 1525 = NZM 2010, 749–750.

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§ 6 Rz. 24a | Unselbständigkeit des Sondereigentums 24a Ein einzelnes Teileigentum kann dadurch aufgehoben werden, dass das Sondereigentum in

gemeinschaftliches Eigentum umgewandelt und der Miteigentumsanteil einem bestehenden Wohnungseigentum zugeschlagen wird. Dingliche Rechte an dem aufgehobenen Teileigentum erlöschen.69 § 5 Abs. 4 spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, weil es nicht um Sondernutzungsrechte, sondern um Sondereigentum geht. Weil die Aufhebung von Teileigentum zu einer Inhaltsänderung der übrigen Wohnungseigentumsrechte führt, ist dazu die Einigung aller Wohnungseigentümer in der Form der Auflassung (§ 4 Abs. 1 und 2) und die Eintragung in das Grundbuch aufgrund Bewilligung aller Wohnungseigentümer erforderlich. Ein Wohnungseigentümer kann den übrigen Wohnungseigentümern nicht einen Teil seines Sondereigentums als Gemeinschaftseigentum „aufdrängen“.70 Ferner bedarf es der Zustimmung der dinglich Berechtigten an allen Wohnungseigentumsrechten und deren grundbuchrechtlicher Bewilligung.71

4. Kein isoliertes Sondereigentum 25 Isoliertes Sondereigentum kann infolge der Unselbständigkeit des Sondereigentums bei der

Begründung von Wohnungseigentum nicht entstehen.72 Räume, die keinem Miteigentumsanteil zugeordnet werden, verbleiben Gemeinschaftseigentum (§ 1 Abs. 5).73

5. Kein Mitsondereigentum 26 Auch Mitsondereigentumsrecht existiert nicht. Verschiedene Miteigentumsanteile können

nicht mit demselben Sondereigentum verbunden werden74 (vgl. aber § 5 Rz. 49 ff.).

6. Kein isoliertes Sondernutzungsrecht 26a Eine – isolierte – Übertragung von Sondernutzungsrechten auf außenstehende Dritte, d.h. los-

gelöst vom Sondereigentum, dem sie zugeordnet sind, verstößt gegen den wohnungseigentumsrechtlichen Grundsatz der zwingenden Verbindung des Sondereigentums mit einem Miteigentumsanteil.75 26b In der Teilungserklärung (§ 8) kann dem alleinteilenden Eigentümer die Befugnis eingeräumt

werden, nachträglich Sondernutzungsrechte an bestimmten Räumen zugunsten einzelner Sondereigentumseinheiten zuzuordnen.76 Für den Umfang der Befugnis sind die für Grundbucherklärungen geltenden Grundsätze anzuwenden, es ist auf den Wortlaut und Sinn der Teilungserklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegen-

69 70 71 72 73 74 75 76

Demharter, GBO, Anh. zu § 3 Rz. 94. Demharter, NZM 2000, 1196. Demharter, GBO, Anh. zu § 3 Rz. 94; siehe auch Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 233. BGH v. 21.10.2016 - V ZR 78/16, NotBZ 2017, 303; BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, NotBZ 2016, 139 mit Anm. Krause = NJW 2016, 473 = MDR 2016, 147 = MietRB 2016, 41; OLG Düsseldorf v. 17.6.2016 - I-3 Wx 282/15, BauR 2017, 329; Niedenführ, LMK 2016, 376927. BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = NJW 2004, 1798. BayObLG v. 13.8.1998 – 2Z BR 75/98, MittBayNot 2000, 230. BGH v. 21.10.2016 - V ZR 78/16, NotBZ 2017, 303; BGH v. 3.7.2008 – V ZR 20/07, NZM 2008, 732; siehe auch LG Schwerin v. 24.7.2008 – 5 T 165/05, NotBZ 2009, 35. S. etwa OLG Hamm v. 21.10.2008 – I-15 Wx 140/08, MietRB 2009, 138 = FGPrax 2009, 57/58.

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III. Weitere praktische Hinweise | Rz. 28a § 6

de Bedeutung ergibt. Die Auslegung muss im Übrigen zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führen.77

7. Zwangsvollstreckung Die Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum findet wie bei einem gewöhnlichen 27 Grundstücksmiteigentumsanteil statt (vgl. § 864 Abs. 2 ZPO).78 Sie erfolgt gem. § 866 Abs. 1 ZPO durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung, durch Zwangsversteigerung und durch Zwangsverwaltung. Gläubiger einer Zwangshypothek kann auch die teilrechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sein,79 zu deren Bezeichnung die in § 10 Abs. 6 S. 4 geforderten Angaben genügen. Soweit den Wohnungseigentümern daneben überhaupt noch eigene Ansprüche zustehen können, müssen diese namentlich als Gläubiger ins Grundbuch eingetragen werden.80 Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung richten sich nach dem ZVG. Hausgeldansprüche werden dort nach Maßgabe der §§ 10 Abs. 1 Nr. 2, 156 ZVG privilegiert. Die Untrennbarkeit von Miteigentumsanteil und Sondereigentum hat zur Folge, dass nicht isoliert der Miteigentumsanteil oder das Sondereigentum gepfändet werden können.81 Auch der „Anteil“ am Verwaltungsvermögen ist nicht selbstständig pfändbar,82 er zählt vielmehr zum Verwaltungsvermögen und kann daher nur durch Zwangsvollstreckung aus einem Titel gegen die Gemeinschaft erfasst werden.

8. Kein Verzicht auf Wohnungseigentum Ein einzelner Eigentümer kann sein Wohnungs- oder Teileigentum nicht durch Verzicht auf- 28 geben.83 Möglich ist aber ein Verzicht aller Wohnungseigentümer auf das ganze Grundstück.

9. Kein Aufgebotsverfahren gem. § 927 BGB hinsichtlich einzelner Räume einer Wohnungseigentumsanlage Nach § 927 Abs. 1 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks, wenn das Grundstück seit 28a 30 Jahren im Eigenbesitz eines anderen ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Recht ausgeschlossen werden. Ob Wohnungseigentum als der zwingend mit einem Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteil einem Aufgebotsverfahren zugänglich ist, ist noch

77 OLG München v. 27.4.2011 – 34 Wx 149/10, MietRB 2011, 321 = ZWE 2011, 264; vgl. auch BayObLG v. 24.6.1993 – 2Z BR 56/93, BayObLGZ 1993, 259. 78 Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 204; Stürner in Soergel, BGB, § 1 WEG Rz. 3; a.A. Rapp in Staudinger, BGB, § 1 WEG Rz 64; Stöber in Zöller, § 864 ZPO Rz. 2: Zwangsvollstreckung wie in Grundstück. 79 Vgl. BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 f. (237) = NJW 2005, 2061 = DNotZ 2005, 776 = ZMR 2005, 547 = NZM 2005, 543 = Rpfleger 2005, 521 mit Anm. Dümig = NotBZ 2005, 327 = FGPrax 2005, 143 = WM 2005, 1423 = ZfIR 2005, 506 mit Anm. Lüke = ZIP 2005, 1233 = EWiR 2005, 715 (Pohlmann) = ZNotP 2005, 381; BT-Drucks. 16/887 S. 56. 80 Vgl. BT-Drucks. 16/887, 36. 81 Schneider in Riecke/Schmid, § 6 WEG Rz. 43. 82 KG v. 15.2.1988 – 24 W 3007/87, NJW-RR 1988, 844; v. 29.3.1995 – 24 W 4812/94, NJW-RR 1995, 975; a.A. BayObLG v. 23.2.1995 – 2Z BR 113/94, BayObLGZ 1995, 103 = DNotZ 1995, 627 = NJWRR 1995, 852; v. 25.7.1984 – BReg.2 Z 108/83, BayObLGZ 1984, 198 = MDR 1984, 1028 = DNotZ 1985, 416 = Rpfleger 1984, 428. 83 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = NJW 2007, 2547; a.A. Kanzleiter, NJW 1996, 905.

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§ 6 Rz. 28a | Unselbständigkeit des Sondereigentums nicht abschließend geklärt.84 Keinesfalls möglich ist dies an Teilen des Sondereigentums allein, etwa eines Kellerraums. Ein solcher Raum stellt für sich genommen weder einen realen Grundstücksteil noch einen Miteigentumsanteil dar. Er kann, sofern er nach der maßgeblichen Teilungserklärung nicht zum Gemeinschaftseigentum gehören soll (§ 5 Abs. 3), unter Beachtung des Bestimmtheitsgebots dem Sondereigentum einer bestimmten Wohnung zugeordnet werden (§ 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1). § 6 schreibt die untrennbare Verknüpfung von Miteigentumsanteil und Sondereigentum gesetzlich fest. Verfügungen über Teile des Sondereigentums ohne gleichzeitiges Verfügen über den damit verbundenen Miteigentumsanteil sind zwar in bestimmten Fällen nicht ausgeschlossen (vgl. Rz. 22). Jedoch würde die Anwendung von § 927 BGB zunächst die Herrenlosigkeit bewirken und erst in zweiter Linie ein Aneignungsrecht (§ 927 Abs. 2 BGB) des Besitzers schaffen, der zudem nicht zwingend Wohnungseigentümer sein müsste. Dies verträgt sich nicht mit dem Wesen der Eigentümergemeinschaft und widerspricht auch dem Verbot isolierten Sondereigentums.85

10. Kein Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken 28b Wohnungseigentum und Teileigentum können nach § 1 Abs. 4 nicht in der Weise begründet

werden, dass das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird. Soll das Wohnungs- und Teileigentum an mehreren bislang rechtlich selbständigen Grundstücken, begründet werden, bedarf es der vorherigen Zusammenführung zu einem Grundstück im Rechtssinne; dies geschieht entweder durch Vereinigung gemäß § 890 Abs. 1 BGB oder Bestandteilszuschreibung gemäß § 890 Abs. 2 BGB.86 Ein Grundstück im Rechtssinne ist ein im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter einer selbständigen laufenden Nummer gebuchter, räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche.87

§7 Grundbuchvorschriften (1) Im Falle des § 3 Abs. 1 wird für jeden Miteigentumsanteil von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt (Wohnungsgrundbuch, Teileigentumsgrundbuch) angelegt. Auf diesem ist das zu dem Miteigentumsanteil gehörende Sondereigentum und als Beschränkung des Miteigentums die Einräumung der zu den anderen Miteigentumsanteilen gehörenden Sondereigentumsrechte einzutragen. Das Grundbuchblatt des Grundstücks wird von Amts wegen geschlossen. (2) (aufgehoben) (3) Zur näheren Bezeichnung des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums kann auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. (4) Der Eintragungsbewilligung sind als Anlagen beizufügen: 1. eine von der Baubehörde mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehene Bauzeichnung, aus der die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich ist (Auf84 Bejahend Grün in Bamberger/Roth, BGB, § 927 BGB Rz. 3; Bärmann/Pick, § 3 WEG Rz. 30; zweifelnd Pfeifer in Staudinger, BGB, § 927 Rz. 4 m.w.N. 85 OLG München v. 29.7.2010 – 34 Wx 022/10, MietRB 2010, 330 = FGPrax 2010, 263; v. 29.7.2010 – 34 Wx 033/10, Rpfleger 2011, 29. 86 Schneider in Riecke/Schmid, § 1 WEG Rz. 186. 87 Schneider in Riecke/Schmid, § 1 WEG Rz. 185.

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§ 6 Rz. 28a | Unselbständigkeit des Sondereigentums nicht abschließend geklärt.84 Keinesfalls möglich ist dies an Teilen des Sondereigentums allein, etwa eines Kellerraums. Ein solcher Raum stellt für sich genommen weder einen realen Grundstücksteil noch einen Miteigentumsanteil dar. Er kann, sofern er nach der maßgeblichen Teilungserklärung nicht zum Gemeinschaftseigentum gehören soll (§ 5 Abs. 3), unter Beachtung des Bestimmtheitsgebots dem Sondereigentum einer bestimmten Wohnung zugeordnet werden (§ 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1). § 6 schreibt die untrennbare Verknüpfung von Miteigentumsanteil und Sondereigentum gesetzlich fest. Verfügungen über Teile des Sondereigentums ohne gleichzeitiges Verfügen über den damit verbundenen Miteigentumsanteil sind zwar in bestimmten Fällen nicht ausgeschlossen (vgl. Rz. 22). Jedoch würde die Anwendung von § 927 BGB zunächst die Herrenlosigkeit bewirken und erst in zweiter Linie ein Aneignungsrecht (§ 927 Abs. 2 BGB) des Besitzers schaffen, der zudem nicht zwingend Wohnungseigentümer sein müsste. Dies verträgt sich nicht mit dem Wesen der Eigentümergemeinschaft und widerspricht auch dem Verbot isolierten Sondereigentums.85

10. Kein Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken 28b Wohnungseigentum und Teileigentum können nach § 1 Abs. 4 nicht in der Weise begründet

werden, dass das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird. Soll das Wohnungs- und Teileigentum an mehreren bislang rechtlich selbständigen Grundstücken, begründet werden, bedarf es der vorherigen Zusammenführung zu einem Grundstück im Rechtssinne; dies geschieht entweder durch Vereinigung gemäß § 890 Abs. 1 BGB oder Bestandteilszuschreibung gemäß § 890 Abs. 2 BGB.86 Ein Grundstück im Rechtssinne ist ein im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter einer selbständigen laufenden Nummer gebuchter, räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche.87

§7 Grundbuchvorschriften (1) Im Falle des § 3 Abs. 1 wird für jeden Miteigentumsanteil von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt (Wohnungsgrundbuch, Teileigentumsgrundbuch) angelegt. Auf diesem ist das zu dem Miteigentumsanteil gehörende Sondereigentum und als Beschränkung des Miteigentums die Einräumung der zu den anderen Miteigentumsanteilen gehörenden Sondereigentumsrechte einzutragen. Das Grundbuchblatt des Grundstücks wird von Amts wegen geschlossen. (2) (aufgehoben) (3) Zur näheren Bezeichnung des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums kann auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. (4) Der Eintragungsbewilligung sind als Anlagen beizufügen: 1. eine von der Baubehörde mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehene Bauzeichnung, aus der die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich ist (Auf84 Bejahend Grün in Bamberger/Roth, BGB, § 927 BGB Rz. 3; Bärmann/Pick, § 3 WEG Rz. 30; zweifelnd Pfeifer in Staudinger, BGB, § 927 Rz. 4 m.w.N. 85 OLG München v. 29.7.2010 – 34 Wx 022/10, MietRB 2010, 330 = FGPrax 2010, 263; v. 29.7.2010 – 34 Wx 033/10, Rpfleger 2011, 29. 86 Schneider in Riecke/Schmid, § 1 WEG Rz. 186. 87 Schneider in Riecke/Schmid, § 1 WEG Rz. 185.

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Grundbuchvorschriften | Rz. 28b § 7 teilungsplan); alle zu demselben Wohnungseigentum gehörenden Einzelräume sind mit der jeweils gleichen Nummer zu kennzeichnen; 2. eine Bescheinigung der Baubehörde, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 vorliegen.

Wenn in der Eintragungsbewilligung für die einzelnen Sondereigentumsrechte Nummern angegeben werden, sollen sie mit denen des Aufteilungsplans übereinstimmen. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und in welchen Fällen der Aufteilungsplan (Satz 1 Nr. 1) und die Abgeschlossenheit (Satz 1 Nr. 2) von einem öffentlich bestellten oder anerkannten Sachverständigen für das Bauwesen statt von der Baubehörde ausgefertigt und bescheinigt werden. Werden diese Aufgaben von dem Sachverständigen wahrgenommen, so gelten die Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen gem. § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 WEG v. 19.3.1974 (BAnz. Nr. 58 v. 23.3.1974) entsprechend. In diesem Fall bedürfen die Anlagen nicht der Form des § 29 der Grundbuchordnung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesbauverwaltungen übertragen. (5) Für Teileigentumsgrundbücher gelten die Vorschriften über Wohnungsgrundbücher entsprechend. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anlegung eines besonderen Grundbuchblattes (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . a) Besonderes Grundbuchblatt . . . . . . . b) Schließung des Grundstücksgrundbuchblattes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gemeinschaftliches Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbuch . . . . . . . . . . . . 3. Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Eintragungsbewilligung beizufügende Anlagen (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . a) Eintragungsvoraussetzungen . . . . . . b) Aufteilungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 4 4 4 11 12 14 15 15 17

5. III. 1. 2.

c) Abgeschlossenheitsbescheinigung . . d) Ausfertigung des Aufteilungsplanes und Bescheinigung der Abgeschlossenheit durch einen Sachverständigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Widerspruch zwischen Teilungserklärung und Aufteilungsplan . . . . f) Prüfungsumfang des Grundbuchamts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entsprechende Anwendung (Abs. 5) . . Weitere praktische Hinweise . . . . . . . . Grundbucheinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . Kein Zentralgrundbuch . . . . . . . . . . . . .

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21 27 28 29 30 30 33

Schrifttum: Abramenko, Nochmals zu Aufteilungsplan und abweichender Bauausführung, ZMR 1998, 741; Amann, Amtslöschung on Dientbarkeiten am Gemeinschaftseigentum?, MittBayNot 1995, 267; Becker, Die Rechtsnatur der Abgeschlossenheitsbescheinigung nach dem WEG und das Prüfungsrecht des Grundbuchamtes, NJW 1991, 2742; Bertram, Die Prüfungspflicht des Grundbuchgerichts, Rpfleger 1990, 486; Bielefeld, Abgeschlossenheitsbescheinigung, DWE 1991, 55; Bielefeld, Wider eine Abschaffung der Abgeschlossenheitsbescheinigung bzw. einen Verzicht auf staatliche Mitwirkung beim Aufteilungsplan, NZM 2004, 521; Böhringer, Inhaltlich unzulässige Grundbucheintragungen und Umdeutung von Grundbucherklärungen, MittBayNot 1990, 12; Böhringer, Veränderungen des Wohnungseigentums in Rechtsprechung und Grundbuchpraxis, NotBZ 1999, 154; Böttcher, Die Prüfungspflicht des Grundbuchgerichts, Rpfleger 1990, 486; Bub, Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung, WE 1991, 124; Demharter, Rechtsprechungsübersicht zum Grundbuchrecht, FGPrax 2002, 139; Demharter, Das Zentralgrundbuch – mehr Licht als Schatten?, Rpfleger 2007, 121; Diester, Die Aufgaben der Grundbuchämter nach dem WEG, Rpfleger 1965, 209; Eickmann, Formalverfahren oder Rechtsverwirklichung? Ein Beitrag zu den Fragen um Prüfungsrecht und Prüfungspflicht des Grundbuchamtes, Rpfleger 1973, 341; Ertl, AGB-Kontrolle von Gemeinschaftsordnungen der Wohnungseigentümer durch das Grundbuchamt?, DNotZ 1981, 149; Ertl, Eintragung von Sondernutzungsrechten im Sinne des § 15 WEG, Rpfleger 1979, 81; Ertl, Isoliertes Miteigentum?, WE 1992, 219; Feldhahn, Der Begriff der Abgeschlossenheit nach dem WEG und das Urteil des BayVerwGH v. 8.5.1989, BayVerwBl. 1991, 233; Ganter, Aktuelle Rechtsprechung zum Notarhaftungsrecht, DNotZ 2009, 173; Grziwotz, Pro Raum eine Nummer? – Anforderungen

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§ 7 Rz. 1 | Grundbuchvorschriften an den Aufteilungsplan, DNotZ 2009, 405; Lotter, Zum Inhalt des Aufteilungsplanes nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WEG, MittBayNot 1993, 144; Meyer-Stolte, Zur Frage der rechtlichen Selbständigkeit in einer Hand vereinigter Wohnungseigentumsrechte und zur Besorgnis der Verwirrung des Grundbuchs, Rpfleger 1989, 502; von Oefele, Das Zentral-Grundbuch: welche Vorteile hätte eine Einführung im Rahmen der WEG-Reform?, WE 2002, 196; von Oefele/Schneider, Zur Einführung des Zentralgrundbuches durch die WE-Reform, DNotZ 2004, 740; von Oefele/Schneider, Noch einmal: Das Zentralgrundbuch – bei Licht betrachtet, ZMR 2007, 753; Pause, Umwandlung von Altbauten: Bruchteilseigentum statt Wohnungseigentum?, NJW 1990, 807; Pause, Begründung von Wohnungseigentum an Altbauten ohne Abgeschlossenheitsbescheinigung?, NJW 1990, 3178; Peter, Verbindung von Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung mit der Teilungserklärung – zur Auslegung von „als Anlage beifügen“ in § 7 IV WEG, BWNotZ 1991, 87; Pfleilschifter/Wüstenberg, Wohnungseigentum ohne Abgeschlossenheitsbescheinigung?, WuM 2004, 635; Röll, Teilungsplanwidrige Errichtung von Eigentumswohnanlagen, MittBayNot 1991, 240; Röll, Sondereigentum an Räumen mit zentralen Versorgungsanlagen und ihren Zugangsräumen, Rpfleger 1992, 94; Röll, Rechenfehler bei der Aufteilung zu Wohnungseigentum, MittBayNot 1996, 175; Röll, Widerspruch zwischen Aufteilungsplan und Teilungserklärung, ZWE 2000, 67; Schmenger, Begründung, Änderung, Übertragung und Erlöschen von dinglichen und schuldrechtlichen Sondernutzungsrechten, BWNotZ 2003, 73; Schmidt, Teilungserklärung als AGB?, MittBayNot 1979, 139; Schmidt, Zur Frage, ob auch bei Altbauten die Erteilung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung mit der Begründung verweigert werden darf, Trennwände und Trenndecken entsprächen nicht den derzeitigen bauordnungsrechtlichen Anforderungen, ZfBR 1990, 109; Schmidt, Zur Funktion der Abgeschlossenheitserklärung gem. § 7 Abs. 3 Wohnungseigentumsgesetz, MittBayNot 1990, 306; Schmidt, Teilungsplanwidrige Errichtung von Eigentumswohnanlagen, MittBayNot 1991, 240; Schmidt, Widerspruch zwischen Aufteilungsplan und Teilungserklärung, ZWE 2000, 67; Schmitz, Rückblick auf ein Jahr neues WEG, ZNotP 2008, 482; Schneider, Sondernutzungsrechte im Grundbuch, Rpfleger 1998, 9, 53; Schneider, Überlegungen zur Einführung eines „Zentralgrundbuchs“, Rpfleger 2003, 70; Schneider, Beschlussbuch statt Grundbuch, ZMR 2005, 15; Seidl, Zur Abgeschlossenheitsbescheinigung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, BWNotZ 1990, 95; Stiller, Der Referentenentwurf zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze, ZWE 2005, 3; Streblow, Änderungen von Teilungserklärungen nach Eintragung der Aufteilung in das Grundbuch, MittRhNotK 1987, 141; Trautmann, Die Abgeschlossenheit von Wohnungen in Neubauten nach §§ 3 II 1, 7 IV Nr. 2 WEG seit der Privatisierung bauaufsichtlicher Verwaltungsaufgaben, FS Merle 2000, 313; Trautmann, Zur Reform der Abgeschlossenheitsbescheinigung, ZWE 2004, 318; Trendel, Die Abgeschlossenheitsbescheinigung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, BauR 1984, 215; Ulmer, AGBG und einseitig gesetzte Gemeinschaftsordnungen von Wohnungseigentümern, FS Weitnauer 1980, 205.

I. Allgemeines 1 Das Grundbuch ist ein öffentliches Buch über die Rechtsverhältnisse an Grundstücken. Seine

Hauptaufgabe besteht darin, dem Immobiliarverkehr eine zuverlässige Grundlage zu bieten. Es ist im Wesentlichen dazu bestimmt, klar und übersichtlich über den dinglichen Rechtszustand an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten Auskunft zu geben.1 Das Grundstücks- und Grundbuchrecht unterteilt sich in materielles und formelles Recht. Das materielle Grundstücksrecht findet sich im Sachenrecht des BGB (§§ 873–1203) sowie in Nebengesetzen (z.B. WEG, ErbbauVO). Es regelt den Inhalt, die Entstehung, die Änderung und die Aufhebung der Rechte an Grundstücken. Demgegenüber enthält das formelle Grundbuchrecht die Vorschriften über die Einrichtung der Grundbücher, die Voraussetzungen der Eintragung und das Eintragungsverfahren. Das formelle Grundbuchrecht ist insb. in der Grundbuchordnung (GBO) sowie der Verordnung zur Durchführung der Grundbuchordnung (Grundbuchverfügung – GBV) v. 24.1.19952 normiert.

1 Vgl. OLG Hamm v. 27.6.1986 – 15 W 10/86, DNotZ 1986, 626. 2 BGBl. I, 114.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 5 § 7

Materielles Grundstücksrecht und formelles Grundbuchrecht sind eng aufeinander abge- 2 stimmt und ergänzen sich gegenseitig. Das Sachenrecht des BGB setzt voraus, dass Grundstücke zu buchen und die an den einzelnen Grundstücken bestehenden privaten Rechte durch das Grundbuch nachzuweisen sind (Grundbuchsystem). In der Regel ist der Erwerb, die Veränderung oder Aufhebung von Eigentum und sonstigen Rechten an Grundstücken nach materiellem Recht ohne Eintragung in das Grundbuch nicht möglich (vgl. §§ 873, 875, 877, 925 BGB, § 867 I ZPO, § 4). Darüber hinaus ist der Inhalt des Grundbuchs für die Beweisvermutung der eingetragenen Rechte (§ 891 BGB) und zur Sicherung des redlichen Rechtsverkehrs als Grundlage des gutgläubigen Erwerbs (§§ 892, 893 BGB) von Bedeutung. Das Wohnungs- bzw. Teileigentum nach WEG ist echtes Eigentum und kein grundstücksglei- 3 ches Recht. Für die Buchung der Rechtsverhältnisse an ihm werden gem. § 7 Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbuchblätter angelegt. § 7 ist eine Vorschrift des formellen Grundbuchrechts. Durch das Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26.3.20073 neu eingefügt wurden die Sätze 3 bis 6 des § 7 Abs. 4 (vgl. Rz. 21 ff.). Die Besonderheiten der Führung der Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher finden sich in der Verordnung über die Anlegung und Führung der Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher (Wohnungsgrundbuchverfügung – WGV) vom 24.1.1995,4 die ihrerseits die GBV ergänzt.

II. Regelungsgehalt 1. Anlegung eines besonderen Grundbuchblattes (Abs. 1) a) Besonderes Grundbuchblatt In Abweichung zu § 3 Abs. 1 GBO, nach dem grundsätzlich nur ganze Grundstücke ein eige- 4 nes Grundbuchblatt erhalten, normiert § 7 Abs. 1 Satz 1, dass auch im Falle des § 3 Abs. 1 für jeden Miteigentumsanteil von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt angelegt wird.5 Auf dem Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbuch ist gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 das zu dem Miteigentumsanteil gehörende Sondereigentum und als Beschränkung des Miteigentums die Einräumung der zu den anderen Miteigentumsanteilen gehörenden Sondereigentumsrechte einzutragen. Jedes Grundbuch gliedert sich in Aufschrift, Bestandsblatt und drei Abteilungen, insgesamt also fünf Teile. § 7 gilt für den Teilungsvertrag (§ 3), ist aber auch – bis auf § 7 Abs. 2 – auf die Teilungserklärung anwendbar, § 8 Abs. 2. Ferner ist § 7 für später einzutragende Veränderungen anzuwenden. In der Aufschrift werden das Amtsgericht, der Grundbuchbezirk sowie die Nummer des Ban- 5 des und des Blattes vermerkt (§ 4 GBV). Je nachdem, ob sich das Sondereigentum auf eine Wohnung oder auf nicht zu Wohnzwecken dienende Räume bezieht, setzt das Grundbuchamt in der Aufschrift des Grundbuchblattes unter die Blattnummer in Klammern das Wort „Wohnungsgrundbuch“ oder „Teileigentumsgrundbuch“ (§ 2 Satz 1 WGV).6 Ist mit dem Miteigentumsanteil Sondereigentum sowohl an einer Wohnung als auch an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen verbunden und überwiegt nicht einer dieser Zwecke offensichtlich, so wird das Grundbuchblatt als „Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch“ bezeichnet (§ 2 Satz 2 WGV).

3 4 5 6

BGBl. I, 370. BGBl. I, 134. OLG München v. 4.7.2016 – 34 Wx 119/16, ZfIR 2016, 546. Vgl. LG Koblenz v. 31.3.1998 – 2 T 107/98, NZM 1998, 676.

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§ 7 Rz. 6 | Grundbuchvorschriften 6 Im Bestandsverzeichnis sind gem. § 3 Abs. 1 WGV das Grundstück, der Miteigentumsanteil

nach Bruchteilen (§ 47 GBO) sowie das mit dem Miteigentumsanteil verbundene Sondereigentum an bestimmten Räumen und die Beschränkung des Miteigentums durch die Einräumung der zu den anderen Miteigentumsanteilen gehörenden Sondereigentumsrechte einzutragen; dabei sind die Grundbuchblätter der übrigen Miteigentumsanteile anzugeben. Wegen des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums kann gem. § 7 Abs. 3 auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden (vgl. Rz. 14); vereinbarte Veräußerungsbeschränkungen (§ 12) sind gem. § 3 Abs. 2 Halbsatz 2 WGV jedoch ausdrücklich einzutragen. Bei Einräumung von Sondernutzungsrechten genügt ebenfalls die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung im Bestandsverzeichnis.7 Zweckmäßigerweise sollten diese, insb. wenn sie nicht von ganz unbedeutendem Wert sind, im Bestandsverzeichnis unter schlagwortartiger Umschreibung ihres Inhalts (z.B. Pkw-Stellplatzbenutzungsrecht, Gartenbenutzungsrecht) mitvermerkt werden.8 7 In der Abteilung I des Grundbuchs sind der Eigentümer und die Grundlage des Erwerbs ein-

getragen (§ 9 GBV), z.B. Auflassung, Erbschein, öffentliches Testament, Erbvertrag, Erbteilsübertragungsvertrag, Zuschlagsbeschluss, Bewilligung der Berichtigung des Grundbuchs, Ersuchen der zuständigen Behörde usw. Steht das Eigentum mehreren gemeinschaftlich zu, ist auch das Gemeinschaftsverhältnis (§ 47 GBO) angegeben (z.B. Miteigentum zu je 1/2 Anteil, in Erbengemeinschaft, in Gütergemeinschaft). 7a Nach der Anerkennung der Rechts-, Partei- und Grunderwerbsfähigkeit der BGB-Gesellschaft

hatte der BGH in seinem Beschluss vom 4.12.20089 auch die Grundbuchfähigkeit der BGBGesellschaft bejaht. Sie wurde als „großes Unglück“10 und „praktisch untauglich“11 kommentiert.12 Der Ruf nach dem Gesetzgeber wurde immer lauter. Mit dem am 18.8.2009 in Kraft getretenen Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie der Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG) vom 11.8.200913 hat der Gesetzgeber das Problem gelöst, in dem er im Wesentlichen zu einem Rechtszustand wie vor der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft zurückgekehrt ist. Gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO sind auch die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft in das Grundbuch einzutragen, wenn für die BGB-Gesellschaft ein Recht eingetragen werden soll. Die zusätzliche Eintragung der Gesellschafter erfüllt eine Doppelfunktion. Einerseits gewährleistet sie eine Identifizierung der berechtigten Gesellschafter, andererseits ist die Eintragung der Gesellschafter Grundbuchinhalt mit materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Konsequenzen. Zum Erwerb von Grundstückseigentum durch eine bereits bestehende GbR s. § 6 Rz. 8a. 7b Der Einzelkaufmann wird mit seinem bürgerlichen Namen, nicht mit seiner Firma eingetra-

gen.14 Ist der Eintragung in Abteilung I zu entnehmen, dass der Verkäufer das Eigentum innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 EStG durch Rechtsgeschäft erworben hat, sollte der Frage einer etwa anfallenden Steuer nachgegangen werden. 8 In Abteilung II des Grundbuches werden bestimmte Belastungen und Beschränkungen ein-

getragen (§ 10 GBV). Dabei handelt es sich insb. um alle Lasten und Beschränkungen des Ei7 Vgl. KG v. 5.6.1996 – 24 W 2592/95, NJW-RR 1997, 205; OLG Frankfurt v. 12.6.1996 – 20 W 149/ 96, NJW-RR 1996, 1168. 8 Vgl. OLG Hamm v. 27.9.1984 – 15 W 34/83, OLGZ 85, 19; OLG Frankfurt v. 12.6.1996 – 20 W 149/ 96, NJW-RR 1996, 1168; Ertl, Rpfleger 1979, 81; Röll, MittBayNot 1979, 218. 9 BGH v. 4.12.2008 – V ZB 74/08, MDR 2009, 274 = DNotZ 2009, 115. 10 Volmer, ZfIR 2009, 97. 11 Kessler, NZM 2009, 190. 12 Krit. etwa auch Hertel, DNotZ 2009, 121. 13 BGBl. I, 2713. 14 BayObLG v. 23.12.1980 – BReg.2 Z 67/80, Rpfleger 1981, 192.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 11 § 7

gentums mit Ausnahme der Grundpfandrechte (z.B. Grunddienstbarkeiten, Nießbrauchrechte, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, Vorkaufsrechte, Reallasten), die Beschränkungen des Verfügungsrechts des Eigentümers, z.B. Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsvermerk (§§ 19 Abs. 1, 146 Abs. 1 ZVG), Insolvenzvermerk (§§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 23 Abs. 3, 32 InsO),15 Nacherbenvermerk (§ 51 GBO), Testamentsvollstreckervermerk (§ 52 GBO), Umlegungsvermerk (§ 54 Abs. 1 BauGB), Sanierungsvermerk (§ 143 Abs. 4 BauGB), die das Eigentum betreffenden Vormerkungen und Widersprüche (§ 12 Abs. 1a, 2 GBV), Vormerkungen und Widersprüche, die ein in Abteilung II eingetragenes oder einzutragendes Recht betreffen (§ 12 Abs. 1b, c GBV), Pfändungsvermerke, soweit das eingetragene Recht gepfändet ist, Vermerke über Veränderungen der vorstehend genannten Eintragungen, wie z.B. Abtretungen, Verpfändungen und die Löschungsvermerke betreffend die in Abteilung II eingetragenen Rechte. Rechte, die ihrer Natur nach nicht an dem Wohnungseigentum als solchem bestehen können (wie z.B. Wegerechte) sind in der Weise einzutragen, dass die Belastung des ganzen Grundstücks erkennbar ist. Die Belastung ist in sämtlichen für die Miteigentumsanteile an dem belasteten Grundstück angelegten Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern einzutragen, wobei jeweils auf die übrigen Eintragungen zu verweisen ist (§ 4 Abs. 1 WGV). In Abteilung III des Grundbuches werden eingetragen die Grundpfandrechte (Hypotheken, 9 Grundschulden, Rentenschulden), die sich auf die Grundpfandrechte beziehenden Vormerkungen und Widersprüche, die Veränderungen der Grundpfandrechte, wie z.B. Teilungen, Abtretungen und die Löschungen und Teillöschungen von Grundpfandrechten sowie die Freigaben aus der Mithaft von Gesamtgrundpfandrechten. Bei der Bildung von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefen ist kenntlich zu machen, dass der belastete Gegenstand ein Wohnungseigentum (Teileigentum) ist (§ 5 WGV). Die Löschung aller in Abteilung II und III eingetragenen Rechte und Verfügungsbeschrän- 10 kungen erfolgt in der Regel durch Eintragung eines Löschungsvermerks und „Rötung“ (Rotunterstreichung der gelöschten Eintragung), §§ 46 Abs. 1 GBO, 17 Abs. 2 GBV. Die „Rötung“ allein führt nicht zur Löschung des Rechts. Sie ist lediglich ein buchungstechnisches Hilfsmittel, um das Grundbuch übersichtlich zu machen. Es ist daher stets sorgfältig zu überprüfen, ob ein Löschungsvermerk vorhanden ist. Bei Teillöschungen eines Grundpfandrechts erfolgt keine „Rötung“. Es wird nur der gelöschte Betrag in Spalte 3 (Betrag) von dem bisherigen abgeschrieben. Wird ein Grundpfandrecht in vollem Umfang abgetreten, wird der bisherige Gläubiger gerötet und dies in der Veränderungsspalte unter Angabe des neuen Gläubigers eingetragen. Bei Teilabtretungen erfolgt dagegen keine „Rötung“. Es werden lediglich der neue Gläubiger und der abgetretene Betrag in der Veränderungsspalte unter der lfd. Nr. des Hauptrechts vermerkt. Der gutgläubig lastenfreie Erwerb eines Miteigentumsanteils oder einer Wohnungs- bzw. Teil- 10a eigentumseinheit erstreckt sich auch auf nicht eingetragene, jedoch eintragungsbedürftige Dienstbarkeiten am Grundstück. Nicht gebuchte Dienstbarkeiten, welche an einzelnen Miteigentumsanteilen nicht fortbestehen können, erlöschen dann insgesamt und damit auch im Verhältnis zu den anderen Miteigentümern bzw. Wohnungs- oder Teileigentümern.16 b) Schließung des Grundstücksgrundbuchblattes Das für das Grundstück ursprünglich angelegte Grundbuchblatt wird gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 11 mit Anlegung der Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbücher von Amts wegen geschlossen.

15 Bei Insolvenz eines GbR-Gesellschafters erfolgt keine Eintragung eines Insolvenzvermerks im Grundbuch der grundbesitzenden GbR; vgl. OLG Dresden v. 17.9.2002 – 3 W 1149/02, NotBZ 2003, 159. 16 BGH v. 23.7.2015 – V ZB 1/14, NJW-RR 2015, 1497 = MDR 2015, 1228 = NotBZ 2016, 133 = MietRB 2015, 364.

Krause | 131

§ 7 Rz. 11 | Grundbuchvorschriften Trotz der Schließung des Grundbuchblattes besteht das Grundstück im Rechtssinne fort.17 Es kann auch Gegenstand rechtsgeschäftlicher Verfügungen sein, z.B. bei der Bestellung von Dienstbarkeiten.18 Verfügungsbeschränkungen und Grundstücksrechte, die das Grundstück als Ganzes belasten, sind in allen neu angelegten Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbüchern einzutragen. Die Schließung des Grundbuchblattes gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 unterbleibt, wenn auf dem Grundbuchblatt von der Aufteilung nicht betroffene Grundstücke eingetragen sind (§ 6 Satz 2 WGV).

2. Gemeinschaftliches Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbuch 12 Nach § 7 Abs. 2 aF konnte bei der Begründung von Wohnungseigentum von der Anlegung

besonderer Grundbuchblätter für jeden Miteigentumsanteil abgesehen werden, wenn hiervon Verwirrung nicht zu besorgen war. Das Grundbuchblatt war in einem solchen Fall als gemeinschaftliches Wohnungsgrundbuch (Teileigentumsgrundbuch) zu bezeichnen. In der Aufschrift unter die Blattnummer wurden in Klammern die Worte „Gemeinschaftliches Wohnungsgrundbuch“, „Gemeinschaftliches Teileigentumsgrundbuch“ oder „Gemeinschaftliches Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch“ gesetzt. Diese Möglichkeit bestand jedoch nur bei der Aufteilung nach § 3. § 8 verwies nicht auf § 7 Abs. 2 aF. 13 Durch das Gesetz zur Einführung eines Datenbankgrundbuchs (DaBaGG) vom 1.10.201319

wurde § 7 Abs. 2 aufgehoben. Die Vorschrift bot aus Sicht der grundbuchamtlichen Praxis kaum Vorteile und war nahezu ohne praktische Bedeutung. Im Hinblick auf die Einführung des Datenbankgrundbuches lässt sich zudem ein gemeinschaftliches Wohnungsgrundbuchblatt nicht strukturiert darstellen. Der Gesetzgeber hat sich daher entschlossen, die Möglichkeit, ein gemeinschaftliches Wohnungsgrundbuchblatt zu führen, auszuschließen.20 Bestehende gemeinschaftliche Wohnungsgrundbücher sind gem. § 10 Abs. 4 WGV mit der nächsten vorzunehmenden Eintragung, spätestens aber bei der Anlegung des Datenbankgrundbuchs zu schließen. Für jeden Miteigentumsanteil ist sodann gem. § 7 Abs. 1 ein besonderes Blatt anzulegen.

3. Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (Abs. 3) 14 Um die Überfüllung und Übersichtlichkeit des Grundbuchs zu vermeiden, lässt § 7 Abs. 3 zur

näheren Bezeichnung des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums eine Bezugnahme auf die in den Grundakten befindliche Eintragungsbewilligung zu. Der Inhalt der Eintragungsbewilligung gilt damit ebenfalls als im Grundbuch eingetragen21 und nimmt dementsprechend am öffentlichen Glauben des Grundbuches teil.22 Dasselbe gilt für den Auftei-

17 OLG Hamm v. 8.5.2000 – 15 W 103/00, DNotZ 2001, 216; Grziwotz in Erman, BGB, § 7 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 22; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 14. 18 OLG Oldenburg v. 27.10.1976 – 5 Wx 44/76, Rpfleger 1977, 22. 19 BGBl. I, S. 3719. 20 Vgl. BT-Drucks. 17/12635, S. 35. 21 OLG München v. 17.7.2013 – 34 Wx 10/13, MietRB 2013, 329; v. 15.7.2013 – 34 Wx 193/13. 22 BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = ZfIR 2004, 1006; OLG München v. 6.6.2017 - 34 Wx 440/16, ZfIR 2017, 587; vgl. auch OLG München v. 9.2.2017 - 34 Wx 333/16, ZfIR 2017, 332; OLG München v. 13.10.2016 - 34 Wx 185/15; ZfIR 2016, 806; OLG München v. 22.12.2017 - 34 Wx 139/17, MietRB 2018, 143; OLG München v. 27.3.2017 - 34 Wx 114/14, BauR 2017, 1584.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 14d § 7

lungsplan, sofern auf diesen in der Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird.23 Eine in Ansehung der Bewilligung zu weit gefasste Umschreibung dessen im Grundbuch, was nach der Zweckbestimmung als zulässiger Inhalt des Teileigentums gewollt war, kann durch Klarstellungsvermerk des Grundbuchamts richtiggestellt werden.24 Ist ein Sondereigentum im Bestandsverzeichnis des angelegten (Teileigentums-)Grundbuchs als „gewerblich genutzte Räume“ bezeichnet, ergibt sich aber aus der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung, dass es sich bei dem Sondereigentum um eine „Wohnung“ handelt, ist die Eintragung als inhaltlich unzulässig zu löschen.25 Eine Änderung im Bestand der zum Sondereigentum gehörenden Räume muss auf dem 14a Grundbuchblatt selbst vermerkt werden. Eine Eintragung nur durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung ist auch nach § 7 Abs. 3 nicht zulässig.26 Bei Änderung der Teilungserklärung genügt für die Grundbucheintragung jedoch regelmäßig eine schlagwortartige Bezeichnung der Änderung.27 Die ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer erfolgte Unterteilung eines Wohnungseigentums ist unzulässig, wenn Räume, die nach der Teilungserklärung nicht zu Wohnzwecken dienen, nach der Unterteilungserklärung ein neues Wohnungseigentum bilden.28 Auch dann, wenn die tatsächliche bauliche Ausführung in wesentlichem Umfang vom Auftei- 14b lungsplan abweicht, erfolgt die Abgrenzung von Sondereigentum untereinander und ggü. dem gemeinschaftlichen Eigentum nach dem durch die Bezugnahme nach § 7 Abs. 3 WEG zum Grundbuchinhalt gewordenen Aufteilungsplan, denn Ausgangspunkt für die Begründung von Sondereigentum sind nicht die tatsächlich bestehenden Raumverhältnisse, sondern der Grundbuchinhalt.29 Vereinbarte Veräußerungsbeschränkungen i.S.v. § 12 sind wegen § 3 Abs. 2 WGV ausdrück- 14c lich einzutragen. Für die Eintragung eines Sondernutzungsrechts genügt die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung.30 Praktische Gründe sprechen dafür, sie durch einen aussagekräftigen Eintragungsvermerk im Bestandsverzeichnis anzudeuten. Ein Anspruch der im Grundbuch eingetragenen oder einzutragenden Berechtigten auf einen solchen Eintrag gibt es jedoch nicht.31 Werden Sondernutzungsrechte begründet und sollen diese im Grundbuch eingetragen wer- 14d den, so müssen diese in allen Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern eingetragen werden; zu deren genauerer Bezeichnung kann nach Abs. 3 auf die Eintragungsbewilligung verwiesen werden.32 Die Wirkungen der Bezugnahme erfordern nach dem Bestimmtheitsgrundsatz und dem Gebot klarer Grundbucheintragungen, dass das Sondernutzungsrecht

23 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, MDR 1996, 139 = ZMR 1995, 521; OLG Frankfurt v. 3.4.1997 – 20 W 90/97, ZMR 1997, 367; Commichau in MünchKomm/BGB, § 7 WEG Rz. 26; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 21. 24 OLG München v. 26.8.2014 – 34 Wx 247/14, NJW 2014, 3584. 25 OLG München v. 22.12.2016 - 34 Wx 306/16, BauR 2017, 928. 26 BGH v. 19.10.2007 – V ZR 211/06, MDR 2008, 71 = MietRB 2008, 42 = NJW 2007, 3777. 27 OLG München v. 9.10.2015 – 34 Wx 184/15, ZWE 2016, 51 = MietRB 2016, 12. 28 BGH v. 4.12.2014 – V ZB 7/13, ZWE 2015, 208 mit Anm. Müller = NotBZ 2015, 308 = MDR 2015, 640 = MietRB 2015, 173. 29 OLG Zweibrücken v. 8.3.2006 – 3 W 246/05, MietRB 2006, 172 = NZM 2006, 586; OLG Frankfurt v. 4.4.2011 – 20 W 75/08, MietRB 2011, 350 = ZWE 2011, 414. 30 OLG München v. 12.9.2006 – 32 Wx 133/06, DNotZ 2007, 47. 31 OLG München v. 12.9.2006 – 32 Wx 133/06, DNotZ 2007, 47. 32 OLG Frankfurt v. 16.4.2007 – 20 W 290/05, MietRB 2007, 267 = NZM 2008, 214; BayObLG v. 25.9.1996 – 2Z BR 55/96, NJW-RR 1997, 206; OLG München v. 12.9.2006 – 32 Wx 133/06, FGPrax 2006, 245; KG v. 5.6.1996 – 24 W 2592/95, FGPrax 1996, 178; v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, MietRB 2007, 148 (235) = ZMR 2007, 384.

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§ 7 Rz. 14d | Grundbuchvorschriften ausreichend bestimmt ist; es muss mithin in einer dem Bestimmtheitsgrundsatz genügenden Weise genau bezeichnet werden.33 Im Grundbuch genügt der Vermerk „Sondernutzungsrechte sind vereinbart“. Zur Sicherheit des Rechtsverkehrs empfiehlt sich jedoch, die wesentlichen Sondernutzungsrechte im Eintragungsvermerk selbst kenntlich zu machen.34 Eine nachträgliche Änderung, Übertragung oder Aufhebung eines Sondernutzungsrechts ist dann nur noch im Grundbuchblatt des betroffenen Wohnungseigentums einzutragen, an dessen Inhalt sich etwas verändert.35 14e Sollen Sondernutzungsrechte im Fall der Vorratsteilung aufschiebend bedingt durch eine spä-

tere Zuordnungserklärung des Verwalters begründet werden, müssen die Grundstücksflächen, von deren Mitgebrauch die späteren Wohnungseigentümer durch das Sondernutzungsrecht ausgeschlossen werden, in der zu den Grundakten gelangten Teilungserklärung oder den dieser beigelegten Plänen hinreichend bestimmt bezeichnet sein.36 Wird dem teilenden Eigentümer in der Gemeinschaftsordnung die spätere Zuordnung näher bestimmter Sondernutzungsrechte zu Sondereigentumseinheiten vorbehalten, schließt dies eine rechtsgeschäftliche Vertretung des Eigentümers bei Bewilligung der Eintragung der Zuweisung nicht aus.37 Ein mangels Antrages und Bewilligung bei dem Verkauf einer Eigentumswohnung durch den teilenden Eigentümer nicht zugeordnetes Sondernutzungsrecht kann nach dem Verkauf der letzten Einheit nicht im Wege der Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO wegen Unrichtigkeit nachträglich im Grundbuch eingetragen werden.38

4. Der Eintragungsbewilligung beizufügende Anlagen (Abs. 4) a) Eintragungsvoraussetzungen 15 Die Voraussetzungen für die Anlegung der Wohnungsgrundbücher richten sich zunächst nach

den allgemeinen Grundbuchverfahrensvorschriften. Es bedarf somit eines Antrages nach § 13 GBO und einer Eintragungsbewilligung i.S.d. § 19 GBO. Antragsberechtigt ist jeder einzelne Miteigentümer.39 Die Eintragungsbewilligung ist dagegen von allen Eigentümern abzugeben.40 Im Falle der vertraglichen Aufteilung nach § 4 bedarf es darüber hinaus der materiell-rechtlichen Einigung der Miteigentümer (§ 20 GBO).41 Während der Eintragungsantrag formlos gestellt werden kann, bedürfen Eintragungsbewilligung und Einigung der Form des § 29 GBO. Im Übrigen müssen die teilenden Eigentümer voreingetragen sein (§ 39 GBO). 16 Der Eintragungsbewilligung sind gem. § 7 Abs. 4 Satz 1 als Anlagen der Aufteilungsplan so-

wie die Abgeschlossenheitsbescheinigung beizufügen. Unter Beifügen der Anlagen in diesem Sinne ist nicht eine Mitbeurkundung i.S.d. §§ 9 Abs. 1 Satz 3, 44 BeurkG gemeint.42 Der Be33 OLG München v. 12.4.2013 – 34 Wx 124/13, MDR 2013, 1156 = MietRB 2013, 272 = NJW-RR 2013, 1483 = NotBZ 2013, 320 = NZBau 2013, 710 = ZWE 2013, 321. 34 Vgl. OLG München v. 13.6.2013 – 34 Wx 158/13, MietRB 2013, 271 = ZfIR 2013, 607 = ZWE 2013, 404. 35 OLG Frankfurt v. 16.4.2007 – 20 W 290/05, MietRB 2007, 267 = NZM 2008, 214. 36 OLG München v. 28.9.2015 – 34 Wx 84/14, ZWE 2016, 19. 37 KG v. 14.10.2014 – 1 W 358/14, ZWE 2015, 27 = MietRB 2015, 239. 38 OLG Frankfurt a.M. v. 25.6.2015 – 20 W 54/15, BeckRS 2016, 02606 = MietRB 2016, 46. 39 Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 3. 40 KG v. 4.5.2017 - 1 W 173/17, NotBZ 2018, 59. 41 Armbrüster in Bärmann, § 4 WEG Rz. 17; Grziwotz in Erman, BGB, § 4 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 3; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 6; Rapp in Staudinger, BGB, § 4 WEG Rz. 4; Stürner in Soergel, BGB, § 4 WEG Rz. 2; a.A. OLG Zweibrücken v. 12.11.1981 – 3 W 96/81, OLGZ 1982, 263. 42 OLG Frankfurt am Main v. 23.10.2017 - 20 W 302/16, JurionRS 2017, 29497; a.A. Rapp in Staudinger, BGB, § 74 WEG Rz. 15.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 17 § 7

griff der Anlage im Sinne von § 7 Abs. 4 bedeutet lediglich, dass dem Eintragungsantrag zusammengehörende Urkunden – Eintragungsbewilligung, Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung – beizufügen sind, das heißt, Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung müssen zur Eintragung vorgelegt und die Zusammengehörigkeit mit der Eintragungsbewilligungdeutlich werden.43 Eine irgendwie geartete körperliche Verbindung mit der Teilungserklärung ist somit nicht erforderlich. Es genügt, wenn sie als „andere Voraussetzung der Eintragung“ im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO mit dem Antrag auf Eintragung vorgelegt werden.44 Der Aufteilungsplan (Bauzeichnung, aus der die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich ist) steht somit als eigenständiges Element neben der Eintragungsbewilligung des Eigentümers und ist nicht ihr Bestandteil.45 Andere Voraussetzungen im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO sind – soweit nicht offenkundig – durch öffentliche Urkunden, nicht deren beglaubigte Abschrift, nachzuweisen. Der Nachweis nach § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO ist allerdings dann nicht erforderlich, wenn Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung bereits mit der Teilungserklärung zugleich beurkundet werden (§§ 9 Abs. 1 Satz 3, 44 BeurkG). Erklärungen in einem Schriftstück, auf das in der Niederschrift verwiesen und das dieser beigefügt wird, gelten als in der Niederschrift selbst enthalten (§ 9 Abs. 1 Satz 2 BeurkG). Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Beteiligten unter Verwendung von Karten, Zeichnungen oder Abbildungen Erklärungen abgeben (§ 9 Abs. 1 Satz 3 BeurkG). Besteht eine Urkunde aus mehreren Blättern, so sollen diese mit Schnur und Prägesiegel verbunden werden (§ 44 Satz 1 BeurkG), was ebenfalls für Schriftstücke sowie Karten, Zeichnungen oder Abbildungen gilt, die nach § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 BeurkG der Niederschrift beigefügt worden sind. In diesem Fall bedarf es nicht des Nachweises von Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung durch öffentliche Urkunden, weil der Nachweis nicht „andere Voraussetzungen der Eintragung“ betrifft (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GBO), sondern die Schriftstücke durch Einbeziehung im Wege der Mitbeurkundung Teil der Urkunde geworden sind und der Nachweis deshalb nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO geführt ist. b) Aufteilungsplan Ein Aufteilungsplan ist nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 eine von der 17 Baubehörde mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehene Bauzeichnung, aus der die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich ist; alle zu demselben Wohnungseigentum gehörenden Einzelräume sind im Aufteilungsplan mit der jeweils gleichen Nummer zu kennzeichnen. Die Nummern müssen nicht fortlaufend sein, sondern können sich z.B. auch durch Beifügung eines Buchstabens unterscheiden.46 Es kann ausreichen, dass die zu einer Einheit gehörenden Räume farbig umrandet und mit einer Nummer versehen sind.47 Erforderlich ist ein Planmaßstab von mindestens 1:1 000. Das Erfordernis des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 2. Halbs., wonach alle zu demselben Wohnungseigentum gehörenden Einzelräume mit der jeweils gleichen Nummer zu kennzeichnen sind, gilt nur für die Erstaufteilung.48

43 OLG Düsseldorf v. 28.6.2010 – I-3 Wx 54/10, FGPrax 2011, 8 = MietRB 2010, 301 = ZMR 2010, 975; OLG Zweibrücken v. 9.9.1983 – 3 W 84/83, MittBayNot 1983, 242; BayObLG v. 12.12.2002 – 2Z BR 112/02, DNotZ 2003, 275 m. Anm. Schmidt; Armbrüster in Bärmann, § 7 WEG Rz. 93; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 7; Hügel, NotBZ 2003, 149; Peter, BWNotZ 1991, 87; Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 83; Demharter, GBO, Anh. § 3 GBO Rz. 43. 44 Demharter, GBO, Anh. § 3 GBO Rz. 43. 45 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 7. 46 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 8; siehe auch Grziwotz, DNotZ 2009, 405. 47 BayObLG v. 28.9.1981 – BReg. 2 Z 68/81, DNotZ 1982, 244. 48 OLG Düsseldorf v. 30.11.2015 – I-3 Wx 272/15, BeckRS 2016, 02564.

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§ 7 Rz. 17a | Grundbuchvorschriften 17a Ein zu einer Wohnung gehörender Balkon soll zum Gemeinschaftseigentum gehören, wenn

er in der Teilungserklärung nicht ausdrücklich mit dem Sondereigentum an der Wohnung verbunden wird und er im Aufteilungsplan nicht mit derselben Nummer bezeichnet ist wie die Wohnung.49 Das OLG München50 geht hingegen mit einer im Vordringen begriffenen Meinung51 davon aus, dass ein Balkon (nicht hingegen dessen Bauteile) als Raum zu der ihm zuordnungsfähigen abgeschlossenen Wohnung der Alleinnutzung dieses Wohnungseigentümers diene und kraft der gesetzlichen Verbundenheit des § 94 BGB auch ohne entsprechende Nummerierung zum Sondereigentum der Wohnung gehöre. 18 Der Aufteilungsplan sichert den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz.52 Durch seine

Beifügung wird sichergestellt, dass das Sondereigentum vom gemeinschaftlichen Eigentum klar abgegrenzt wird. Daher muss aus dem Aufteilungsplan die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich sein. Sondereigentum kann nur in den Grenzen entstehen, die sich aus dem zur Eintragung in das Grundbuch gelangten Aufteilungsplan ergeben.53 Der Aufteilungsplan hat regelmäßig Grundrisse der einzelnen Stockwerke einschließlich Keller und Dachgeschoss sowie Schnitte und Ansichten des Gebäudes zu enthalten.54 Nicht erforderlich ist eine Detaildarstellung der inneren Ausgestaltung der Räume.55 Ein Gesamtplan des Grundstücks ist regelmäßig nur dann erforderlich, wenn sich der Standort des Gebäudes nicht anderweitig hinreichend bestimmt angeben lässt, z.B. mehrere Gebäude auf einem Grundstück aufgeteilt werden.56 Ist die Begrenzung des Sondereigentums nach dem Aufteilungsplan und der Bauausführung eindeutig, kann Sondereigentum an einem Raum auch dann entstehen, wenn es an einer tatsächlichen Abgrenzung des Raums gegen fremdes Sondereigentum fehlt.57 18a Aufgabe des Aufteilungsplans ist es nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG, die Aufteilung des Gebäudes

sowie die Lage und Größe des Sondereigentums und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich zu machen,58 und nicht, die Rechte der Wohnungs- und Teileigentümer über die Bestimmung der Grenzen des jeweiligen Eigentums hinaus zu erweitern oder zu beschränken.59 Werden Genehmigungspläne als Grundlage der Darstellung der Aufteilung des Gebäudes benutzt, kommt Eintragungen des planenden Architekten in diese Pläne daher grundsätzlich nicht die Bedeutung einer Nutzungsbeschränkung zu.60 Soll der 49 LG Wuppertal v. 28.10.2008 – 6 T 223, 225 bis 241/08, RNotZ 2009, 48 mit Anm. Hügel. 50 OLG München v. 23.9.2011 – 34 Wx 247/11, MietRB 2011, 382 = JurionRS 2011, 25890. 51 Schmidt, MittBayNot 2001, 442; Krahl in Hügel, GBO, Wohnungseigentum Rz. 26; Schneider in Riecke/Schmid, § 5 WEG Rz. 37; § 7 WEG Rz. 94. 52 Commichau in MünchKomm/BGB, § 7 WEG Rz. 32; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 5; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 8; Rapp in Staudinger, BGB, § 7 WEG Rz. 16. 53 BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, NotBZ 2016, 139 mit Anm. Krause = NJW 2016, 473 = MDR 2016, 147 = MietRB 2016, 41. 54 BayObLG v. 19.6.1997 – 2Z BR 71/97, DNotZ 1998, 377. 55 BayObLG v. 31.7.1980 – BReg.2 Z 54/79, DNotZ 1980, 747. 56 Commichau in MünchKomm/BGB, § 7 WEG Rz. 33; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 8; Rapp in Staudinger, BGB, § 7 WEG Rz. 16. 57 BGH v. 18.7.2008 – V ZR 97/07, MDR 2008, 1266 = MietRB 2008, 333 = NJW 2008, 2982. 58 BayObLG v. 30.11.1999 – 2Z BR 143/99, ZfIR 2000, 554, 555; OLG Düsseldorf v. 17.6.2016 - I-3 Wx 282/15, BauR 2017, 329. 59 Vgl. Suilmann in Bärmann, § 15 WEG Rz. 9; BGH v. 9.12.2016 – V ZR 84/16, DNotZ 2017, 938. 60 St.Rspr., vgl. OLG Schleswig v. 7.10.1998 – 2 W 165/98, MDR 1999, 150 = NZM 1999, 79 f.; BayObLG v. 30.11.1999 – 2Z BR 143/99, ZfIR 2000, 554, 555; OLG Düsseldorf v. 5.6.2000 – 3 Wx 118/00, NJW-RR 2000, 1400 f.; OLG Hamburg v. 12.2.2003 – 2 Wx 141/01, ZMR 2003, 446; OLG Zweibrücken v. 11.8.2005 – 3 W 21/05, NJW-RR 2005, 1540; OLG Hamm v. 13.2.2006 – 15 W 163/05, MietRB 2006, 321 = NZM 2007, 294, 295; BGH v. 15.1.2010 – V ZR 40/09, MDR 2010, 434 = MietRB 2010, 115 = DNotZ 2010, 782 = JZ 2010, 224 = NJW-RR 2010, 667 = NotBZ 2010, 147 = NZBau 2010, 708

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II. Regelungsgehalt | Rz. 18c § 7

Aufteilungsplan ausnahmsweise auch die Nutzung verbindlich regeln, muss dies eindeutig aus der Bezugnahme in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung hervorgehen.61 Der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf erstmalige plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums kann nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen sein, wenn die tatsächliche Bauausführung nur unwesentlich von dem Aufteilungsplan abweicht.62 Werden nach Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft z.B. Keller- oder Garagen- 18b räume getauscht, verneint die inzwischen ganz herrschende Meinung63 die Notwendigkeit, einen Aufteilungsplan mit neuer Nummerierung vorzulegen. Dafür spricht zunächst das formale Argument, dass § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WEG nur die (Erst-)Begründung von Wohnungseigentum betrifft. Dies folgt aus § 7 Abs. 1 Satz 1 WEG, der die (erstmalige) vertragliche Einräumung von Sondereigentum regelt. Aber auch der Sache nach bedarf es keines geänderten Aufteilungsplans. Bei späteren Veränderungen tritt das Erfordernis des § 7 Abs. 4 WEG hinter den Grundsatz zurück, dass es möglich sein muss, aus dem Grundbuch alle Veränderungen des Gegenstands und des Umfangs des Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums nachzuvollziehen.64 Dies erfordert keinen geänderten Aufteilungsplan, wenn Keller- oder Garagenräume ausgetauscht werden.65 Denn bei derartigen Übertragungen verändern sich die Grenzen nicht. Die neue Zuteilung lässt die Abgrenzung des jeweiligen Sondereigentums vom anderen Sondereigentum sowie vom Gemeinschaftseigentum unberührt.66 Die dingliche Zuordnung ergibt sich aus der Beschreibung in der geänderten Teilungserklärung.67 Der ursprüngliche Aufteilungsplan mag damit zwar an Aussagekraft verlieren, weil er durch Nachträge Veränderungen erfahren hat; andererseits ist der Bestimmtheitsgrundsatz nicht berührt, weil die neue Zuordnung sich aus der Änderungsurkunde in Verbindung mit den dortigen Anlagen zu ergeben hat, die ihrerseits dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitserfordernis genügen müssen. Die Behandlung von Sondernutzungsrechten ist nicht die Aufgabe des Aufteilungsplanes. 18c Zur Bezeichnung einer bestimmten zur Sondernutzung zugewiesenen Fläche kann auf einen Lageplan Bezug genommen werden, der nicht der Aufteilungsplan ist.68 Gleichwohl kann aber auch auf den Aufteilungsplan Bezug genommen werden. Sondernutzungsrechte sind eintragungsfähig, ohne dass hierdurch ein dingliches Recht entsteht. Der Eintragung ins Grundbuch

61 62 63

64 65 66 67 68

= NZM 2010, 407 = ZfIR 2010, 199 = ZMR 2010, 461; OLG Frankfurt v. 1.11.2012 – 20 W 12/08, MietRB 2013, 48 = MK 2013, 38 = NZM 2013, 153 = ZfIR 2013, 77 = ZMR 2013, 296 = ZWE 2013, 211. BGH v. 16.11.2012 – V ZR 246/11, MietRB 2013, 118 = GuT 2012, 488 = InfoM 2013, 81 = IWR 2013, 65 = NJW-Spezial 2013, 98 = NZM 2013, 153 = WuM 2013, 58 = ZMR 2013, 452 = ZWE 2013, 20 = ZWE 2013, 168. BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, NotBZ 2016, 139 mit Anm. Krause = NJW 2016, 473 = MDR 2016, 147 = MietRB 2016, 41. OLG München v. 13.8.2010 – 34 Wx 105/10, MDR 2011, 218 = IWR 2010, 66 = MietRB 2011, 19 = MittBayNot 2011, 229 = NJW-RR 2010, 1598 = NotBZ 2010, 469 = NZM 2011, 157 = ZfIR 2010, 742; Rapp in Staudinger, BGB, § 7 WEG Rz. 21; Rapp in Beck'sches Notarhandbuch, 5. Aufl., A III Rz. 99; Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 91; Kral in Timme, § 7 WEG Rz. 58; Kral in Hügel, GBO, Wohnungseigentum Rz. 61; von Oefele in Bauer/von Oefele, GBO, V Rz. 348; Grziwotz, DNotZ 2009, 405/407; siehe schon OLG Celle v. 29.3.1974 – 4 Wx 2/74, DNotZ 1975, 42/44. Rapp in Staudinger, BGB, § 7 WEG Rz. 21. OLG München v. 13.8.2010 – 34 Wx 105/10, MDR 2011, 218 = IWR 2010, 66 = MietRB 2011, 19 = MittBayNot 2011, 229 = NJW-RR 2010, 1598 = NotBZ 2010, 469 = NZM 2011, 157 = ZfIR 2010, 742; vgl. auch OLG Zweibrücken v. 23.2.2001 – 3 W 39/01, MittBayNot 2001, 318. Vgl. auch Westermeier, MittBayNot 2004, 265. Vgl. Grziwotz, DNotZ 2009, 405, 408. OLG München v. 4.2.2016 – 34 Wx 396/15, BeckRS 2016, 06137.

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§ 7 Rz. 18c | Grundbuchvorschriften bedürfen sie nur um die Erstreckungswirkung des § 10 Abs. 2 WEG zu erzielen.69 Allerdings sind die räumlichen Ausübungsbereiche von Sondernutzungsrechten im Aufteilungsplan oder in einem gesonderten Sondernutzungsplan nach dem Bestimmtheitsgrundsatz darzustellen, wie sie für Grunddienstbarkeiten verlangt werden.70 Dieser Grundsatz verlangt klare und eindeutige Eintragungen und damit als Eintragungsgrundlage ebenso eindeutige Erklärungen hinsichtlich des betreffenden Grundstücks, des Berechtigten und des Umfangs sowie des Inhalts des einzutragenden Rechts.71 Mangels Bestimmtheit entsteht kein Sondernutzungsrecht.72 Dem steht die Begründung gemeinschaftlicher Sondernutzungsrechte zugunsten von zwei oder mehreren Sondereigentümern nicht entgegen, sofern die mit dem Sondernutzungsrecht belegten Gemeinschaftsflächen von diesen gemeinsam genutzt werden sollen.73 In diesen Fällen bezieht sich das Erfordernis der Bestimmtheit des Umfangs und des Inhalts des einzutragenden Rechts nur auf die erforderliche Abgrenzung zum übrigen Gemeinschaftseigentum und zum Sonder- bzw. Teileigentum der übrigen Gemeinschafter, nicht aber auf etwaige schuldrechtliche Nutzungsvereinbarungen unter den Sondernutzungsberechtigten für die Handhabung des Sondernutzungsrechts.74 Auch wenn der Lageplan für die zugewiesene Fläche vom Aufteilungsplan abweicht, bedingt dies im Bereich gemeinschaftlichen Eigentums nicht die Unzulässigkeit der Vereinbarung, z.B. in Gemeinschaftseigentum stehender Keller mit Raum in nachträglich ausgekragtem Gebäude.75 18d Wird die Anlegung des Wohnungsgrundbuchs unter Verwendung eines nur formell nicht

ordnungsgemäßen Aufteilungsplans vorgenommen (fehlende Original-Unterschrift der Baubehörde auf Bauzeichnung), hindert dies die wirksame Begründung von Wohnungseigentum nicht, wenn der Aufteilungsplan im Übrigen den gesetzlichen Anforderungen genügt.76 Denn der Zweck des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ist allein in dem Gebot sachenrechtlicher Bestimmtheit begründet (Rz. 18a). 18e Der Aufteilungsplan, der eine Rasenfläche mit Spielgeräten ausweist, stellt keine bindende,

das Spielen von Hunden ausschließende Nutzungsbeschränkung dar, von der nur durch eine Vereinbarung aller Miteigentümer abgewichen werden könnte. Es handelt sich um einen Plan i.S.d. § 7 Abs. IV Satz 1 Nr. 1, der lediglich den Zweck hat, die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich zu machen. Seiner sachenrechtlichen Abgrenzungsfunktion entsprechend regelt der Aufteilungsplan grundsätzlich nur die räumliche Abgrenzung und nicht die Nutzung der Räumlichkeiten. Soweit eine Nutzung angesprochen ist, handelt es sich in aller Regel um einen bloßen Nutzungsvorschlag, mit dem keine bindende Nutzungsbeschränkung verbunden ist.77 18f Die Bestimmung der Flurstücksgrenzen hat keine Auswirkungen auf das den Mitgliedern der

Eigentümergemeinschaft eingeräumte Sondereigentum, dieses bleibt vielmehr von einer Grenzwiederherstellung unberührt. Wenn eine Grenzbestimmung dazu führt, dass das Gebäude, in dem sich die Eigentumswohnung befindet, in Teilen auf einem benachbarten Grund-

69 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = ZMR 2000, 771. 70 Rapp in Staudinger, BGB, § 7 WEG Rz. 19. 71 BayObLG v. 13.12.1988 – 2Z 120/88, RPfleger 1989, 194; Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 178. 72 BayObLG v. 16.12.1993 – 2Z BR 112/93, DNotZ 1994, 244. 73 Commichau in MünchKomm/BGB, § 10 WEG Rz. 36; Kreuzer in Staudinger, BGB, § 15 WEG Rz. 13; Lüke in Weitnauer, § 15 WEG Rz. 27. 74 OLG Düsseldorf v. 28.6.2010 – I-3 Wx 54/10, FGPrax 2011, 8 = MietRB 2010, 301 = ZMR 2010, 975. 75 OLG München v. 4.2.2016 – 34 Wx 396/15, BeckRS 2016, 06137. 76 OLG München v. 4.10.2013 – 34 Wx 174/13, MietRB 2013, 354 = ZWE 2013, 450. 77 BGH v. 8.5.2015 – V ZR 163/14, NJW-RR 2015, 1037 = MDR 2015, 757 = MietRB 2015, 236.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 20 § 7

stück steht, ändert dies nichts am Umfang und Inhalt des eingeräumten Sondereigentums. Ein solcher Überbau ist nach den Regelungen der §§ 912 ff. BGB zu beurteilen und begründet Ansprüche der Grundstückseigentümer untereinander, im Falle einer Wohnungseigentümergemeinschaft also der Summe der Mitglieder, da es um das gemeinschaftliche Eigentum am Grundstück geht.78 c) Abgeschlossenheitsbescheinigung Als weitere Anlage ist der Eintragungsbewilligung gem. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 die Bescheini- 19 gung der Baubehörde, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 vorliegen, beizufügen. Zweck des Abgeschlossenheitserfordernisses ist es, eine eindeutige räumliche Abgrenzung der Sondereigentumsbereiche untereinander sowie zum gemeinschaftlichen Eigentum zu gewährleisten und dadurch Streitigkeiten zu vermeiden. Eine Pflicht des Notars, ohne Vorliegen besonderer Umstände, die inhaltliche Richtigkeit einer ihm vorgelegten Abgeschlossenheitsbescheinigung zu überprüfen, besteht nicht.79 Verfahrensrechtlicher Zweck der Abgeschlossenheitsbescheinigung ist es, dem Grundbuchamt die Prüfung bautechnischer Fragen zu erleichtern.80 Da sich die Abgeschlossenheit aufgrund der sonstigen in der Grundbuchordnung vorgesehenen Beweismittel (vgl. § 29 GBO) kaum feststellen lässt, sieht § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 neben dem beizufügenden Aufteilungsplan die Vorlage einer Abgeschlossenheitsbescheinigung der Baubehörde vor.81 Diese Bescheinigung stellt von Rechts wegen lediglich eine Arbeitserleichterung für das Grundbuchamt dar, die diesem „im Regelfall eine weitere Nachprüfung ersparen“ wird.82 Bei der Abgeschlossenheitsbescheinigung handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt,83 20 sondern um schlicht hoheitliches Handeln.84 Ihre Erteilung beruht auf der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen vom 19.3.1974.85 Die Verwaltungsvorschrift besitzt keine Rechtsnormqualität,86 sondern dient nur zur verwaltungstechnischen Umsetzung der Gesetzesbestimmung. Sie kann den gesetzlich vorgegebenen Abgeschlossenheitsbegriff nicht abändern, sondern muss sich ihrerseits an ihm messen und sich nach ihm auslegen lassen.87 Die Zuständigkeit der Behörde richtet sich nach Landesrecht.88 Die Baubehörde darf die Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht von der Einhaltung bauordnungs- oder bauplanungsrechtlicher Vorschriften abhängig machen.89 Gegen

78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89

VG Leipzig v. 7.1.2015 – 4 K 635/13, ZWE 2016, 102. LG Mainz v. 8.8.2000 – 4 O 106/99, MittRhNotK 2000, 394. Vgl. nur Grziwotz in Erman, BGB, § 7 WEG Rz. 7 m.w.N. BVerwG v. 8.12.1995 – 8 C 37/93, BVerwGE 100, 83 = NJW 1997, 71 = WuM 1996, 574; BayOblG v. 20.6.1990 – BReg.2 Z 37/90, BayObLGZ 1990, 168 = NJW-RR 1990, 1356 = DNotZ 1991, 477; BayVGH v. 20.11.1997 – 2 B 94.3258, ZMR 1998, 469 = WuM 1998, 423 = NZM 1999, 260. Begründung des Entwurfs des WEG zu § 7 Abs. 4, BR-Drucks. 75/1951 Anl. 2 S. 14. So aber Becker, NJW 1991, 2742. BVerwG v. 11.12.1987 – 8 C 55/85, DNotZ 1988, 702; VG Berlin v. 26.2.1997 – 19 A 766.95, NZM 1998, 732. BAnz. Nr. 58 v. 23.3.1974. Schmidt, DNotZ 1990, 251, 252; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 2822; Rapp in Staudinger, BGB, § 59 WEG Rz. 3; offen gelassen von GmS-OGB v. 30.6.1992 – GmS-OGB 1/91, BGHZ 119, 42 = MDR 1993, 344 = BVerwGE 90, 382 = NJW 1992, 3290 = ZMR 1993, 25 = DNotZ 1993, 48. GmS-OGB v. 30.6.1992 – GmS-OGB 1/91, BGHZ 119, 42 = MDR 1993, 344 = BVerwGE 90, 382 = NJW 1992, 3290 = ZMR 1993, 25 = DNotZ 1993, 48. Zur Rechtmäßigkeit einer Gebührenerhebung für die Erteilung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung je Sondereigentumsanteil s. VG Düsseldorf v. 13.9.2012 – 4 K 6318/11, NJW-Spezial 2012, 739. GmS-OGB v. 30.6.1992 – GmS-OGB 1/91, BGHZ 119, 42 = BVerwGE 90, 382 = MDR 1993, 344 = NJW 1992, 3290 = ZMR 1993, 25 = DNotZ 1993, 48; BGH v. 10.12.1992 – V ZB 12/90, NJW 1993, 592; BayOblG v. 20.6.1990 – BReg.2 Z 37/90, BayObLGZ 1990, 168 = NJW-RR 1990, 1356 = DNotZ

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§ 7 Rz. 20 | Grundbuchvorschriften die Nichterteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung ist die allgemeine Leistungsklage statthaft.90 Auch nach Erledigung der Leistungsklage kann die Rechtswidrigkeit der Nichterteilung/Rücknahme der Bescheinigung festgestellt werden (§ 43 Abs. 1 VwGO), wenn ein berechtigtes Feststellungsinteresse besteht, beispielsweise zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Staat.91 Die Abgeschlossenheitsbescheinigung kann von der ausstellenden Baubehörde ohne Bindung an die §§ 48 ff. VwVfG aufgehoben werden, wenn der zugrundeliegende Aufteilungsplan durch bauliche Veränderungen des Gebäudes unrichtig geworden ist und den Umfang des Sondereigentums sowie des Gemeinschaftseigentums und der zulässigen Nutzung nicht mehr zutreffend darstellt.92 Andererseits darf die Bescheinigung auch nicht beliebig wieder beseitigt werden. Ist die Erklärung richtig, so ist kein rechtlich beachtlicher Grund erkennbar, der es rechtfertigen könnte, die Erklärung, an die sich Rechtswirkungen knüpfen, wieder zu beseitigen. Ein Bedürfnis zur Beseitigung einer solchen Erklärung ist nur dann anzuerkennen, wenn und soweit sie inhaltlich falsch ist.93 In der Bescheinigung müssen Grundstücke, die aus dem Aufteilungsplan ersichtlich nicht zur Bebauung vorgesehen sind, nicht benannt werden.94 20a Das Wohnungseigentumsgesetz sieht als einzige Form des Nachweises für die Abgeschlossen-

heit die Bescheinigung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 vor. Andere Formen des Nachweises über das Vorliegen einer Abgeschlossenheit, z.B. Ermittlungen oder Beweiserhebungen durch das Grundbuchamt, sind diesem versagt.95 20b Bei der Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum ist erneut die Abgeschlossen-

heit des Sondereigentums nachzuweisen, da sich die Anforderungen der Abgeschlossenheit von Teileigentum und Wohnungseigentum unterscheiden. Die zur Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum erforderliche Bewilligung muss in einem erkennbaren Zusammenhang zu der neuen Abgeschlossenheitsbescheinigung stehen. Ein solcher Zusammenhang besteht nicht bei nachträglicher Vorlage einer Abgeschlossenheitsbescheinigung, wenn in der Bewilligung auf eine andere Bescheinigung Bezug genommen wird, die von der Grundbucheintragung abweichende Abgrenzungen des Sondereigentums von dem Gemeinschaftseigentum ausweist.96 d) Ausfertigung des Aufteilungsplanes und Bescheinigung der Abgeschlossenheit durch einen Sachverständigen 21 Im Rahmen der WEG-Reform neu eingefügt wurde eine Öffnungsklausel für die Landesregie-

rungen, wonach diese durch Rechtsverordnung bestimmen können, dass und in welchen Fällen der Aufteilungsplan (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1) und die Abgeschlossenheit (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2) von einem öffentlich bestellten oder anerkannten Sachverständigen für das Bauwesen statt von der Baubehörde ausgefertigt und bescheinigt werden (§ 7 Abs. 4 Satz 3). Diese Auf-

90 91 92 93 94 95 96

1991, 477; v. 23.11.1989 – BReg.2 Z 108/89, BayObLGZ 1989, 447, 451 = NJW-RR 1990, 212 = DNotZ 1990, 260. BVerwG v. 8.12.1995 – 8 C 37/93, BVerwGE 100, 83 = NJW 1997, 71 = WuM 1996, 574. BVerwG v. 8.12.1995 – 8 C 37/93, BVerwGE 100, 83 = NJW 1997, 71 = WuM 1996, 574. BVerwG v. 8.12.1995 – 8 C 37/93, BVerwGE 100, 83 = NJW 1997, 71 = WuM 1996, 574; Grziwotz in Erman, BGB, § 7 WEG Rz. 7. BayObLG v. 20.6.1990 – BReg.2 Z 37/90, MDR 1990, 1017 = BayObLGZ 1990, 168 = NJW-RR 1990, 1356 = DNotZ 1991, 477. LG Duisburg v. 22.6.2007 – 7 T 125/07, ZMR 2007, 888. OLG Frankfurt v. 7.4.2011 – 20 W 156/11, JurionRS 2011, 25569. KG v. 2.7.2015 – 1 W 558/14, ZfIR 2015, 622 = GE 2015, 1467 = ZMR 2015, 881 = NotBZ 2016, 39 = RNotZ 2015, 504 = MietRB 2015, 366.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 27 § 7

gabenübertragung kann generell oder nur für bestimmte Fälle geschehen, etwa bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen oder bei genehmigungsfreien Bauvorhaben.97 § 7 Abs. 4 Satz 3 stellt auf einen „öffentlich bestellten oder anerkannten Sachverständigen“ 22 ab, und zwar insb. wegen dessen Unabhängigkeit ggü. dem teilenden Eigentümer. Diese Unabhängigkeit ist nach Auffassung des Gesetzgebers erforderlich, damit die Genauigkeit der Angaben im Aufteilungsplan hinreichend sicher geprüft werden kann. Sie wäre nicht gewahrt, wenn der Bauvorlageberechtigte den Aufteilungsplan ausfertigen oder wenn er die Abgeschlossenheit bescheinigen könnte. Es wäre zu befürchten, dass es bei den Arbeiten vermehrt zu Ungenauigkeiten bei der Kennzeichnung der Eigentumsverhältnisse käme und dass damit auch die Zahl der Streitigkeiten der Wohnungseigentümer und letztlich die Belastung der Gerichte zunähme.98 Der Gesetzeswortlaut unterscheidet nicht zwischen öffentlich bestellten oder anerkannten Sachverständigen. Die öffentliche Bestellung eines Sachverständigen richtet sich nach § 36 GewO, die öffentliche Anerkennung nach den landesrechtlichen Bauvorschriften. Der neue § 7 Abs. 4 Satz 4 regelt, dass bei einer Wahrnehmung der bisherigen Aufgaben der 23 Baubehörde durch einen Sachverständigen die Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen vom 19.3.1974 entsprechend gelten. Dies hat auch zur Folge, dass der Sachverständige eine Abgeschlossenheitsbescheinigung über ein genehmigungsfreies Bauvorhaben erst erteilen darf, wenn die Unterlagen bei der Baubehörde eingegangen sind und mit dem Bauvorhaben nach Ablauf der Wartefrist begonnen werden darf. Vorher lässt sich nicht feststellen, ob die Voraussetzungen der Genehmigungsfreiheit gegeben sind.99 Auf Veranlassung des Rechtsausschusses stellt § 7 Abs. 4 Satz 5 klar, dass die vom Sachverstän- 24 digen erstellten Anlagen nicht der Form des § 29 GBO bedürfen.100 Ihre Form richtet sich allein nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Abgeschlossenheitsbescheinigungen vom 19.3.1974, d.h. Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung müssen lediglich vom Sachverständigen unterschrieben und mit seinem Stempel versehen und einheitlich bezeichnet sein. Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 6 können die Landesregierungen die Ermächtigung durch Rechtsver- 25 ordnung auf die Landesbauverwaltungen übertragen. Hiervon hat bisher nur Berlin Gebrauch gemacht und die für das Bauwesen zuständige Senatsverwaltung als die für den Erlass von Rechtsverordnungen gem. § 7 Abs. 4 zuständige Stelle bestimmt.101 Ob und in welchem Umfang die Landesregierungen von der Öffnungsklausel Gebrauch ma- 26 chen, bleibt abzuwarten. Bisher ist dies jedenfalls noch nicht geschehen. Gleiches gilt für die Frage, ob sie tatsächlich zu einer Verwaltungsvereinfachung führt.102 e) Widerspruch zwischen Teilungserklärung und Aufteilungsplan Teilungserklärung und Aufteilungsplan sind untereinander gleichrangig. Stimmen die text- 27 liche Beschreibung des Sondereigentums in der Teilungserklärung und die Angaben im Aufteilungsplan nicht überein und lässt sich der Widerspruch nicht durch Auslegung (§ 133 BGB) ausräumen, ist Sondereigentum nicht entstanden (vgl. § 8 Rz. 19). 97 98 99 100 101

BT-Drucks. 16/887, 17. BT-Drucks. 16/887, 17. BT-Drucks. 16/887, 17; kritisch hierzu Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 15. BT-Drucks. 16/3843, 20. Verordnung zur Bestimmung der für den Erlass von Rechtsverordnungen nach § 7 Abs. 4 WEG zuständigen Stelle v. 11.12.2007, GVBl. S. 682. 102 Kritisch zur Neuregelung Köhler, Das neue WEG, Rz. 43; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 16.

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§ 7 Rz. 28 | Grundbuchvorschriften f) Prüfungsumfang des Grundbuchamts 28 Dem Grundbuchamt obliegt weder im Interesse der Beteiligten, noch in demjenigen des

Rechtsverkehrs eine allgemeine Rechtsfürsorge für die materielle Richtigkeit der im Grundbuch ausgewiesenen Rechtsverhältnisse; es hat sich grundsätzlich auf die Prüfung zu beschränken, ob die Eintragungsvoraussetzungen in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen sind. Nur dann, wenn zu seiner Überzeugung Tatsachen feststehen, aus denen sich ergibt, dass das Grundbuch durch die beantragte und bewilligte Eintragung unrichtig würde, hat es den Eintragungsantrag zurückzuweisen.103 Das Grundbuchamt hat daher nicht die baurechtliche Zulässigkeit des Gebäudes zu prüfen,104 sondern ob die Eintragungsvoraussetzungen erfüllt sind und ob Inhaltsmängel vorliegen.105 Zu den vom Grundbuchamt zu prüfenden Voraussetzungen gehört etwa neben einer Kontrolle nach §§ 134, 138, 242 BGB106 auch das Vorliegen eines den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Aufteilungsplanes. Die Prüfungspflicht des Grundbuchamtes erstreckt sich insb. darauf, ob der Aufteilungsplan den Anforderungen des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 entspricht. Übertriebene Anforderungen an die Genauigkeit darf das Grundbuchamt aber nicht stellen.107 Eine Pflicht zur Prüfung der Abgeschlossenheitsbescheinigung besteht in der Regel nicht. Das Grundbuchamt ist jedoch bei Zweifeln an der Richtigkeit der Abgeschlossenheitsbescheinigung berechtigt, diese im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens selbständig zu überprüfen.108 28a Die beantragte Eintragung ist nur zu vollziehen, wenn Aufteilungsplan und Abgeschlossen-

heitsbescheinigung keine offensichtliche Unrichtigkeit oder Widersprüchlichkeit enthalten. Das Grundbuchamt hat keine Ermittlungen darüber anzustellen, ob die technischen Voraussetzungen für die Richtigkeit vorliegen, sondern offenbare Irrtümer und Abweichungen zu beanstanden.109 Das Abgeschlossenheitserfordernis des § 3 Abs. 2 hat dabei den Sinn, die Eigentums- und Benutzungsverhältnisse innerhalb des in Wohnungseigentum aufgeteilten Gebäudes klar zu stellen und langwierige und kostenintensive Streitigkeiten vorzubeugen, die sich aus einer Unklarheit dieser Beziehungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht innerhalb eines Gebäudes ergeben können.110 28b Das Grundbuchamt hat bei der Begründung von Wohnungseigentum zu prüfen, ob der Be-

willigende Verfügungsbeschränkungen unterliegt. Einer Verfügungsbeschränkung unterliegen die Eigentümer von Grundstücken im Bereich einer Erhaltungssatzung im Sinne von § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB, die mit Gebäuden bebaut sind, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, wenn eine landesrechtliche Rechtsverordnung bestimmt, dass die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht ohne Genehmigung erfolgen darf. Die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum ist genehmigungspflichtig, wenn das Grundbuchamt im Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Rechtsverordnung nach § 172 Abs. 1 S. 4 BauGB auf einen bereits zuvor gestellten Antrag auf grundbuchrechtlichen Vollzug einer Teilungserklärung die Wohnungsgrundbücher noch nicht angelegt hat. § 878 BGB findet

103 OLG Düsseldorf v. 30.11.2015 – I-3 Wx 272/15, BeckRS 2016, 02564. 104 Vgl. BGH v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 1111. 105 Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 18; zum Verfahren des Grundbuchamtes bei unheilbar fehlenden rechtlichen Voraussetzungen der beantragten Eintragung s. OLG München v. 20.9.2011 – 34 Wx 373/11, JurionRS 2011, 26139. 106 Vgl. Grziwotz in Erman, BGB, § 7 WEG Rz. 6; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 18. 107 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 7 WEG Rz. 12. 108 Vgl. BGH v. 14.2.1991 – V ZB 12/90, NJW 1991, 1611; OLG Nürnberg v. 14.5.2012 – 10 W 1797/ 11, MDR 2012, 900 = MietRB 2012, 301; Armbrüster in Bärmann, § 7 WEG Rz. 75; Schneider in Riecke/Schmid, § 7 WEG Rz. 124. 109 Vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 2856; OLG Zweibrücken v. 23.2.2001 – 3 W 39/01, FGPrax 2001; OLG Frankfurt v. 7.4.2011 – 20 W 156/11, JurionRS 2011, 25569. 110 Vgl. dazu OLG Zweibrücken v. 23.2.2001 – 3 W 39/01, FGPrax 2001.

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III. Weitere praktische Hinweise | Rz. 30 § 7

in einem solchen Fall keine entsprechende Anwendung, weil es an einer insoweit erforderlichen Regelungslücke im Gesetz fehlt.111 Die Teilung nach § 8 erfordert keine gerichtliche Genehmigung nach § 1821 Abs. 1 Nr. 1 28c BGB.112

5. Entsprechende Anwendung (Abs. 5) § 7 Abs. 5 stellt klar, dass für Teileigentumsgrundbücher die Vorschriften über Wohnungs- 29 grundbücher entsprechend gelten. Für Wohnungs- und Teilerbbaugrundbücher gelten die Vorschriften der §§ 2 bis 7 WGV entsprechend (§ 8 WGV).

III. Weitere praktische Hinweise 1. Grundbucheinsicht Die Richtigkeitsvermutung (§ 891 BGB) und der öffentliche Glaube (§ 892 BGB) des Grund- 30 buches setzen die Kenntnis des Grundbuchinhalts voraus. Dieser muss dem Betroffenen jederzeit zugänglich sein (formelles Publizitätsprinzip). Gleichwohl ist das Grundbuch kein öffentliches Register wie etwa das Handels-, Genossenschafts-, Vereins- oder Güterrechtsregister, die jedermann zur Einsicht offen stehen. Die Einsicht in das Grundbuch und die Grundakten ist gem. § 12 Abs. 1 GBO vielmehr nur demjenigen gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Der Begriff des berechtigten Interesses umfasst auch wirtschaftliche Interessen und ist damit weiter zu verstehen als der des rechtlichen Interesses. Nicht erforderlich ist, dass sich das Interesse auf ein bereits vorhandenes Recht stützt. Es genügt jedes verständliche durch die Sachlage gerechtfertigte Interesse.113 So hat ein Gläubiger des Eigentümers ein Einsichtsrecht in das Grundbuch bei Vorliegen eines vollstreckbaren Titels.114 Die finanzierende Bank ist im Rahmen der Verhandlungen über eine Kreditgewährung zur Grundbucheinsicht berechtigt. Ein Kaufinteressent des Wohnungseigentums ist während konkreter Vertragsverhandlungen einsichtsberechtigt, vorher jedoch nicht. Die engere Familie (Ehegatten, Eltern, Kinder, Lebenspartner) kann unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlage der Familie (§ 1365 BGB) ein Einsichtsrecht haben. Auch ein öffentliches Interesse kann zur Einsicht berechtigen, wenn der Antragsteller (z.B. Journalist) zu seiner Wahrnehmung befugt ist.115 Die Einsicht ist zu verweigern, wenn sie zu unbefugten Zwecken oder lediglich aus Neugierde begehrt wird. In die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher kann jeder Wohnungs- und Teileigentümer Einsicht nehmen, auch hinsichtlich der anderen Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher.116 Ebenso steht dem Verwalter ein unbeschränktes Einsichtsrecht in die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher zu.117 111 KG v. 8.12.2015 – 1 W 518/15, ZWE 2016, 82 = MietRB 2016, 137. 112 KG v. 6.1.2015 – 1 W 369/14, FGPrax 2015, 107 = MDR 2015, 269 = NotBZ 2015, 148 = MietRB 2015, 112. 113 S. BayObLG v. 25.3.1998 – 2Z BR 171/97, NJW-RR 1998, 1241; v. 3.12.1998 – 2Z BR 174/98, DNotZ 1999, 739. 114 Vgl. OLG Zweibrücken v. 18.10.1988 – 3 W 115/88, NJW 1989, 531. 115 OLG Düsseldorf v. 12.6.1991 – 3 Wx 195/91, NJW-RR 1992, 695; s. aber auch KG v. 12.6.2001 – 1 W 132/01, NJW 2002, 223. 116 OLG Düsseldorf v. 15.10.1986 – 3 Wx 340/86, MDR 1987, 417 = NJW 1987, 1651; Grziwotz in Erman, BGB, § 7 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 2; einschränkend Rapp in Staudinger, BGB, § 7 WEG Rz. 2; s. auch OLG München v. 9.10.2015 – 34 Wx 184/15, ZWE 2016, 51 = MietRB 2016, 12; Spieker, notar 2015, 190. 117 Heinemann in NK/BGB, § 7 WEG Rz. 2.

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§ 7 Rz. 31 | Grundbuchvorschriften 31 Notare und Rechtsanwälte, die im nachgewiesenen Auftrag eines Notars das Grundbuch ein-

sehen wollen, sind von der Darlegung eines berechtigten Interesses befreit (§ 43 Abs. 2 GBV). Rechtsanwälten steht im Übrigen ein Einsichtsrecht nur zu, wenn sie ein berechtigtes Interesse ihrer Mandanten darlegen können. Den Notar trifft bei Grundstücksgeschäften nicht nur die Pflicht, das Grundbuch einzusehen (§ 21 BeurkG), er muss auch die rechtliche Bedeutung der festgestellten Eintragungen erkennen und die Gestaltung des Vertrages darauf ausrichten. Er darf das Grundbuch auch durch sachkundige Mitarbeiter einsehen lassen. Soweit dem Notar oder seinem Mitarbeiter dabei ein Fehler unterläuft, etwa ein Recht übersehen wird, können sich daraus Schadensersatzansprüche ergeben. Der Notar haftet für ein Verschulden seiner Mitarbeiter. Ob eine Verpflichtung zur Einsicht in die Grundakten bzw. die Markentabelle des elektronisch geführten Grundbuches besteht, hängt von der Art der vorzunehmenden Beurkundung ab. Eine Einsicht in die Grundakten bzw. die Markentabelle des elektronisch geführten Grundbuches ist jedoch immer sinnvoll, um zu erfahren, ob unerledigte Anträge vorliegen. 31a Mit Urteil vom 4.12.2008 hat der BGH118 entschieden, dass ein Notar beim Verkauf einer Ei-

gentumswohnung ohne besondere Umstände, etwa weil Zweifel am Umfang des Sondereigentums bestehen, nicht in die Grundakten Einsicht zu nehmen braucht, selbst wenn in dem von ihm einzusehenden Wohnungsgrundbuch auf die in den Grundakten befindliche Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird. Es bedarf nach Ansicht des BGH in einem solchen Fall auch keines Hinweises auf die unterbliebene Einsichtnahme oder darauf, dass sich nur mit ihr der Umfang des Sondereigentums ermitteln lasse. 32 Wer das Recht zur Grundbucheinsicht hat, kann auch Grundbuchauszüge und Abschriften

von Urkunden in den Grundakten (gegen Kostenerstattung) verlangen (§ 12 Abs. 2 GBO).

2. Kein Zentralgrundbuch 33 Die Einführung eines Zentralgrundbuches119 anlässlich der WEG-Reform hat der Gesetz-

geber aus wirtschaftlichen und rechtspolitischen Gründen abgelehnt.120

§8 Teilung durch den Eigentümer (1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann durch Erklärung ggü. dem Grundbuchamt das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise teilen, dass mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude verbunden ist. (2) Im Falle des Absatzes 1 gelten die Vorschriften des § 3 Abs. 2 und der §§ 5, 6, § 7 Abs. 1, 3 bis 5 entsprechend. Die Teilung wird mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam.

118 BGH v. 4.12.2008 – III ZR 51/08, MDR 2009, 235 = MietRB 2009, 74 = NJW 2009, 516. 119 Vgl. hierzu Armbrüster, DNotZ 2003, 493; Armbrüster, ZWE 2003, 355; Kreuzer, ZWE 2003, 145; v. Oefele, WE 2002, 196; v. Oefele/Schneider, DNotZ 2004, 740; Schneider, Rpfleger 2003, 70; Schneider, ZMR 2005, 15; Demharter, Rpfleger 2007, 121. 120 BT-Drucks. 16/887, 13.

144 | Krause

§ 7 Rz. 31 | Grundbuchvorschriften 31 Notare und Rechtsanwälte, die im nachgewiesenen Auftrag eines Notars das Grundbuch ein-

sehen wollen, sind von der Darlegung eines berechtigten Interesses befreit (§ 43 Abs. 2 GBV). Rechtsanwälten steht im Übrigen ein Einsichtsrecht nur zu, wenn sie ein berechtigtes Interesse ihrer Mandanten darlegen können. Den Notar trifft bei Grundstücksgeschäften nicht nur die Pflicht, das Grundbuch einzusehen (§ 21 BeurkG), er muss auch die rechtliche Bedeutung der festgestellten Eintragungen erkennen und die Gestaltung des Vertrages darauf ausrichten. Er darf das Grundbuch auch durch sachkundige Mitarbeiter einsehen lassen. Soweit dem Notar oder seinem Mitarbeiter dabei ein Fehler unterläuft, etwa ein Recht übersehen wird, können sich daraus Schadensersatzansprüche ergeben. Der Notar haftet für ein Verschulden seiner Mitarbeiter. Ob eine Verpflichtung zur Einsicht in die Grundakten bzw. die Markentabelle des elektronisch geführten Grundbuches besteht, hängt von der Art der vorzunehmenden Beurkundung ab. Eine Einsicht in die Grundakten bzw. die Markentabelle des elektronisch geführten Grundbuches ist jedoch immer sinnvoll, um zu erfahren, ob unerledigte Anträge vorliegen. 31a Mit Urteil vom 4.12.2008 hat der BGH118 entschieden, dass ein Notar beim Verkauf einer Ei-

gentumswohnung ohne besondere Umstände, etwa weil Zweifel am Umfang des Sondereigentums bestehen, nicht in die Grundakten Einsicht zu nehmen braucht, selbst wenn in dem von ihm einzusehenden Wohnungsgrundbuch auf die in den Grundakten befindliche Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird. Es bedarf nach Ansicht des BGH in einem solchen Fall auch keines Hinweises auf die unterbliebene Einsichtnahme oder darauf, dass sich nur mit ihr der Umfang des Sondereigentums ermitteln lasse. 32 Wer das Recht zur Grundbucheinsicht hat, kann auch Grundbuchauszüge und Abschriften

von Urkunden in den Grundakten (gegen Kostenerstattung) verlangen (§ 12 Abs. 2 GBO).

2. Kein Zentralgrundbuch 33 Die Einführung eines Zentralgrundbuches119 anlässlich der WEG-Reform hat der Gesetz-

geber aus wirtschaftlichen und rechtspolitischen Gründen abgelehnt.120

§8 Teilung durch den Eigentümer (1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann durch Erklärung ggü. dem Grundbuchamt das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise teilen, dass mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude verbunden ist. (2) Im Falle des Absatzes 1 gelten die Vorschriften des § 3 Abs. 2 und der §§ 5, 6, § 7 Abs. 1, 3 bis 5 entsprechend. Die Teilung wird mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam.

118 BGH v. 4.12.2008 – III ZR 51/08, MDR 2009, 235 = MietRB 2009, 74 = NJW 2009, 516. 119 Vgl. hierzu Armbrüster, DNotZ 2003, 493; Armbrüster, ZWE 2003, 355; Kreuzer, ZWE 2003, 145; v. Oefele, WE 2002, 196; v. Oefele/Schneider, DNotZ 2004, 740; Schneider, Rpfleger 2003, 70; Schneider, ZMR 2005, 15; Demharter, Rpfleger 2007, 121. 120 BT-Drucks. 16/887, 13.

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Teilung durch den Eigentümer | Rz. 33 § 8 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Teilungserklärung (Abs. 1) . . . . . . . . . . . a) Teilung durch den Eigentümer . . . . . b) Einseitige Willenserklärung ggü. dem Grundbuchamt . . . . . . . . . . . . . c) Eintragungsbewilligung . . . . . . . . . . . d) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Auslegung der Teilungserklärung . . . f) Gemeinschaftsordnung . . . . . . . . . . .

1 3 3 3 6 7 12 16 17

2. 3. III. 1. 2. 3.

g) Zustimmung von Globalgrundpfandgläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entsprechende Anwendung (Abs. 2 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirksamwerden der Teilung (Abs. 2 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere praktische Hinweise . . . . . . . . Änderung der Teilungserklärung . . . . . Unterteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18c 19 20 23 23 25 26

Schrifttum: Armbrüster, Änderungsvorbehalte und –vollmachten zugunsten des aufteilenden Bauträgers, ZMR 2005, 244; Becker, Die Einpersonen-Eigentümergemeinschaft, FS Seuß 2007, 19; Bielefeld, Unterteilung und Veräußerung von Wohnungseigentum, FS Merle 2000, 75; Blum, Anmerkungen zum „Kellermodell“, MittRhNotK 1992, 109; Bub, Gestaltung der Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung, WE 1993, 185 und 212; Ertl, Alte und neue Probleme der Gemeinschaftsregelungen des WEG, DNotZ 1979, 267; Frenz, Rechtliche Probleme der Wohnungsprivatisierung, PiG 1995, S. 99; Galster, Vorstellung und Kommentierung der Teilungserklärung, WE 1995, 290; Gersterkamp, Einzelne Formen der Mieterprivatisierung, WE 1998, 56; Gersterkamp, Das Zwischenerwerbsmodell, WE 1998, 168; Gottschalg, Stimmrechtsfragen in der Wohnungseigentümerversammlung, NZM 2005, 88; Grebe, Die rechtsgeschäftlichen Änderungsvorbehalte im Wohnungseigentumsrecht, DNotZ 1987, 5; Gütter, Die Folgen der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen, WuM 1992, 455; Häublein, Gestaltungsprobleme im Zusammenhang mit der abschnittsweisen Errichtung von Wohnungseigentumsanlagen, DNotZ 2000, 442; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2003; Häublein, Die Mehrhausanlage in der Verwalterpraxis, NZM 2003, 785; Hügel, Begründung von Wohnungseigentum mittels eines vorläufigen Aufteilungsplans, NotBZ 2003, 147; Kern, Erfahrungen mit mieternahen Modellen, WE 1998, 133; Kessler, Grundpfandrechte und Reallasten als Aufteilungshindernisse, NJW 2010, 2317; Kluge, Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, Grundeigentum 1991, 268; Lechner, Inhalt und Schranken des Eigentumsrechts der Sondereigentümer und Sondernutzungsberechtigten, NZM 2005, 604; Merle, Das Wohnungseigentum im System des bürgerlichen Rechts, 1979; Merle, Die Mehrhausanlage – Bauträgervertrag und Gemeinschaftsordnung, ZWE 2005, 164; Meyer-Stolte, Zu den Auswirkungen auf das Zwangsversteigerungsverfahren, wenn der Schuldner während des Verfahrens das beschlagnahmte Grundstück in Wohnungs- oder Teileigentum aufteilt, Rpfleger 1989, 118; Müller, Der Übergang von der Bauherrengemeinschaft zur Wohnungseigentümergemeinschaft, FS Seuß 2007, 211; Müller, Eintragungsfähigkeit von Öffnungsklausel-Beschlüssen, ZMR 2011, 103; Pauly, Betreutes Wohnen – notwendige Problembewältigung einer neuen Wohnform, ZMR 2008, 864; Pause, „Kellereigentum“ – eine Antwort auf die Rechtsprechung des BVerwG zur Abgeschlossenheitsbescheinigung, NJW 1992, 671; v. Proff, Kein Vermieterwechsel bei Aufteilung vermieteter Immobilien in Wohnungs- oder Teileigentum nach § 3 WEG, ZNotP 2009, 345; Rastätter, Aktuelle Probleme bei der Beurkundung von Teilungserklärungen, BWNotZ 1988, 134; Röll, Die Bezugnahme auf Baubeschreibungen, Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen in Grundstückskaufverträgen, NJW 1976, 167; Röll, Rechtsfragen bei der Errichtung von Eigentumswohnanlagen in mehreren Bauabschnitten, DNotZ 1977, 69; Röll, Die Teilungserklärung und das BeurkÄndG, MittBayNot 1980, 1; Röll, Errichtung einer Wohnanlage in mehreren Bauabschnitten, WE 1993, 16; Röll, Das Eingangsflurproblem bei der Unterteilung von Eigentumswohnungen, DNotZ 1998, 345; Sandweg, Die Teilungserklärung als Mittel zur Rechtsfortbildung, BWNotZ 1996, 73; Schmidt, Teilungserklärung als AGB?, BauR 1979, 187; Schmidt, Das neue Vorkaufsrecht bei der Umwandlung in Eigentumswohnungen, DWW 1994, 65; Schmidt, Die sukzessive Begründung von Wohnungseigentum bei Mehrhausanlagen, ZWE 2005, 58; Schmidt, (Un)zeitgemäße Betrachtungen. § 8 WEG im Wandel der Zeiten, FS Bub 2007, 221; Schneider, Zustimmungen Drittberechtigter bei der Begründung von Wohnungseigentum, ZNotP 2010, 299; Schneider, Noch einmal: Keine Zustimmungen Drittberechtigter zur einseitigen Begründung von Wohnungseigentum, ZNotP 2010, 387; Sonnenschein, Mieterschutz bei Bildung von Wohnungseigentum und Reform des Mietrechts, ZWE 2000, 285; Teitge, Rechtsfragen zur umgewandelten Eigentumswohnung, ZMR 1987, 281; Thoma, Rechtsprobleme bei der Aufteilung von Grundbesitz in Wohnungseigentum, RNotZ 2008, 121; Wellkamp, Musterverträge zum Wohnungseigentum, BuW 1998, 346; Werhahn, Bedarf die Begründung des wohnungseigentums nach § 8 WEG der Bewilligung dinglich Berechtigter?, JZ 1953, 498; Wilsch, weitere Unterteilung und Grundbuchgebühr, JurBüro 2008, 455; Zimmermann, Zum Mieterschutz bei Umwandlungen, WuM 1995, 81.

Krause | 145

§ 8 Rz. 1 | Teilung durch den Eigentümer

I. Allgemeines 1 Gemäß § 8 Abs. 1 kann der Eigentümer eines Grundstücks durch Erklärung ggü. dem Grund-

buchamt das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise teilen, dass mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude verbunden ist. § 8 lässt damit die Aufteilung des Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentum durch den Alleineigentümer zu, ohne dass eine Miteigentümergemeinschaft entsteht (sog. Vorratsteilung).1 Die Vorratsteilung nach § 8 ähnelt der Parzellierung eines Grundstücks und stellt dementsprechend auch keinen systematischen Bruch im Sachenrecht dar.2 Sie ermöglicht in Abweichung zu § 1114 BGB die Verbindung verschiedener Miteigentumsanteile eines Eigentümers mit einzelnen Raumeinheiten eines Grundstücks.3 Die Teilung nach § 8 ist keine inhaltliche Änderung des Alleineigentums, sondern eine Teilung des Vollrechts. Auf diese finden die §§ 873 ff. BGB und § 23 ZVG keine Anwendung.4 Das einem bestimmten Miteigentumsanteil zugeordnete Sondereigentum an einem bestimmten Raum entsteht allerdings erst mit der Fertigstellung des Raumes.5 Solange der zu Sondereigentum bestimmte Raum aber noch nicht gebaut ist und damit noch nicht vorhanden ist, befindet sich das Sondereigentum in einem Zustand, der dem einer Anwartschaft ähnelt.6 Der Sondereigentümer hat dann eine gesicherte Rechtsposition.7 2 In der Praxis hat sich die Vorratsteilung nach § 8 durchgesetzt. Ihre wirtschaftliche Bedeutung

liegt vor allem im Bauträgerbereich.8 Im Wege der Teilung nach § 8 kann der Bauträger zunächst das Objekt aufteilen und sodann das künftige Wohnungseigentum veräußern, ohne dass die einzelnen Erwerber zuvor Miteigentum am Grundstück erwerben müssten.

II. Regelungsgehalt 1. Teilungserklärung (Abs. 1) a) Teilung durch den Eigentümer 3 Aufteilender Eigentümer i.S.d. § 8 kann eine natürliche oder eine juristische Person sein. Vo-

raussetzung ist, dass der aufteilende Eigentümer im Zeitpunkt der Anlegung der Wohnungsgrundbücher als Eigentümer des betroffenen Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist.9 Ist der Eigentümer in der Verfügung über das Grundstück beschränkt, ist die Teilungserklärung 1 OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, NZM 2006, 142; zum gutgläubigen Erwerb eines Sondernutzungsrechts nach Vorratsteilung s. OLG Hamm v. 21.10.2008 – I-15 Wx 140/08, MietRB 2009, 138 = DNotZ 2009, 383. 2 Rapp in Staudinger, BGB, § 8 WEG Rz. 3. 3 Vgl. Commichau in MünchKomm/BGB, § 8 WEG Rz. 2; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 1. 4 Vgl. BayObLG v. 15.3.1957 – 2Z 226–231/56, NJW 1957, 1840; OLG Stuttgart v. 19.3.1954 – 7 W 38/ 54, NJW 1954, 682; OLG Frankfurt v. 22.7.1959 – 6 W 417/58, NJW 1959, 1977; Weitnauer, DNotZ 1960, 115; Elzer in Riecke/Schmid, § 8 WEG Rz. 24; Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 1. 5 OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, NZM 2006, 142; LG Köln v. 30.6.2011 – 29 S 263/10, MietRB 2011, 323. 6 OLG Hamburg v. 25.2.2002 – 2 Wx 94/01, WuM 2002, 561; LG Köln v. 30.6.2011 – 29 S 263/10, MietRB 2011, 323. 7 OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, NZM 2006, 142; LG Köln v. 30.6.2011 – 29 S 263/10, MietRB 2011, 323. 8 Vgl. Mäule, ZNotP 1998, 481; Grziwotz in Erman, BGB, § 8 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 2; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 1. 9 OLG Düsseldorf DNotZ 1976, 168.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 7 § 8

durch den zu diesem Zeitpunkt Verfügungsberechtigten, z.B. Insolvenzverwalter oder Testamentsvollstrecker, abzugeben.10 § 878 BGB ist auf die Teilungserklärung nach § 8 entsprechend anzuwenden.11 Die Teilung nach § 8 erfordert keine gerichtliche Genehmigung nach § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB.12 Aufteilender Eigentümer kann auch eine Personenmehrheit sein (Bruchteilsgemeinschaft 4 oder Gesamthandsgemeinschaft). Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 8 ist in diesen Fällen, dass bei der Aufteilung keine Übertragung einzelner Wohnungseigentumseinheiten auf einzelne Berechtigte erfolgen soll. Ansonsten liegt ein Fall des § 3 Abs. 1 vor. Erfolgt die Teilung nach § 8 setzt sich die Gemeinschaft an allen gebildeten Wohnungseigentumseinheiten fort. Eine Kombination der Teilungsformen nach § 3 und § 8 ist möglich.13

5

b) Einseitige Willenserklärung ggü. dem Grundbuchamt Die Teilungserklärung ist materiell-rechtlich die einseitige ggü. dem Grundbuchamt abzuge- 6 bende Willenserklärung, dass das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise geteilt wird, dass mit jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung bzw. in Teileigentumsfällen an nicht zu Wohnzwecken dienenden genau bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück bereits errichteten oder – im Regelfall – noch zu errichtenden Gebäude verbunden ist. Als einseitige Willenserklärung unterliegt die Teilungserklärung den entsprechenden allgemeinen Regeln des BGB (§§ 104 ff. BGB), insb. den §§ 111, 180 BGB.14 Für die Praxis besonders wichtig ist die Beachtung der Vorschrift des § 180 BGB. Die von einem Nichtberechtigten (z.B. von einem vollmachtlosen Vertreter) abgegebene Teilungserklärung ist danach nichtig und nicht genehmigungsfähig. Kein Fall des § 180 BGB liegt dagegen vor, wenn die Teilung in Abwesenheit des Eigentümers durch einen mündlich Bevollmächtigten (vgl. § 167 Abs. 2 BGB) erklärt wird und anschließend eine Vollmachtsbestätigung des Eigentümers in der Form des § 29 GBO (vgl. Rz. 12 ff.) vorgelegt wird. § 878 BGB ist auf die Teilungserklärung des Grundstückseigentümers nach § 8 Abs. 1 entspre- 6a chend anwendbar. Nach Eingang des Vollzugsantrags bei dem Grundbuchamt eingetretene Verfügungsbeschränkungen sind deshalb unbeachtlich. Dies gilt mangels abweichender Regelung auch für die sich aus dem Genehmigungserfordernis auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB ergebende Verfügungsbeschränkung des teilenden Grundstückseigentümers.15 c) Eintragungsbewilligung Im Grundbuchverfahrensrecht gilt gem. § 19 GBO das formelle Konsensprinzip, d.h. zur Ein- 7 tragung einer Rechtsänderung (Begründung, Inhaltsänderung oder Belastung), Löschung oder Grundbuchberichtigung genügt grundsätzlich als Nachweis die einseitige Bewilligung

10 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 2. 11 LG Leipzig v. 13.1.2000 – 14 T 2901/99, MittBayNot 2000, 324; a.A. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 113. 12 KG v. 6.1.2015 – 1 W 369/14, FGPrax 2015, 107 = MDR 2015, 269 = MietRB 2015, 112 = NotBZ 2015, 148. 13 Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG Rz. 12; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 2; Augustin in RGRK/BGB, § 8 WEG Rz. 4. 14 Elzer in Riecke/Schmid, § 8 WEG Rz. 21; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 3; Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 3; Stürner in Soergel, BGB, § 8 WEG Rz. 12; Rapp in Staudinger, BGB, § 8 WEG Rz. 4; Weitnauer, § 8 WEG Rz. 4; Armbrüster in Bärmann, § 8 WEG Rz. 19. 15 BGH v. 12.10.2016 - V ZB 198/15, NotBZ 2017, 36.

Krause | 147

§ 8 Rz. 7 | Teilung durch den Eigentümer des von der Eintragung Betroffenen. Gemäß § 19 GBO hat derjenige die Eintragungsbewilligung abzugeben, der von dem Recht betroffen wird. Betroffen in diesem Sinne ist, wessen Rechtsstellung durch die bewilligte Eintragung rechtlich unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt wird oder werden kann (verlierender Teil).16 Im Falle der Teilungserklärung nach § 8 ist dies der Eigentümer bzw. der Verfügungsbefugte (vgl. Rz. 3). 8 Als Eintragungsgrundlage muss die Bewilligung einen klaren und bestimmten Inhalt haben.

Ihr muss unzweideutig zu entnehmen sein, dass eine bestimmte Eintragung in das Grundbuch gewollt ist, an welchem Grundstück diese eingetragen werden soll, wer die Bewilligung abgibt und welchen Inhalt diese haben soll. Es müssen also insb. auch die zu bildenden Miteigentumsanteile angegeben werden.17 Nach der Ordnungsvorschrift des § 28 Satz 1 GBO ist das Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt zu bezeichnen. Unzureichend ist etwa nur die Angabe der Straße und Hausnummer. 9 Handelt sich bei dem in Wohnungseigentum aufzuteilenden Grundstück um eine noch zu

vermessende Grundstücksteilfläche, steht der Wirksamkeit der Teilungserklärung nach § 8 nicht entgegen, dass die Teilfläche noch nicht katastermäßig bezeichnet ist,18 wie dies § 28 GBO vorschreibt. Für den Grundbuchvollzug bedarf es dann jedoch einer Ergänzungsurkunde in der Form des § 29 GBO (vgl. Rz. 12 ff.), in der das Grundstück entsprechend dem Veränderungsnachweis unter Angabe des neuen Flurstücks bezeichnet wird, sog. Identitätserklärung.19 Zur Abgabe dieser Identitätserklärung kann der Eigentümer gegebenenfalls auch einen Mitarbeiter des Notars bzw. den Urkundsnotar bevollmächtigen. Ist der Urkundsnotar bevollmächtigt, genügt insoweit eine notarielle Eigenurkunde (Unterschrift mit Dienstsiegel). 10 Die Teilungserklärung kann auch bereits vor Vorliegen der bestätigten Aufteilungspläne mit

der Abgeschlossenheitsbescheinigung abgegeben werden. Ausreichend ist in diesem Fall die Aufteilung unter Zugrundelegung eines vorläufigen Planes und eine spätere Verdeutlichung der Zusammengehörigkeit von Eintragungsbewilligung und bestätigtem Aufteilungsplan. Das Grundbuchamt hat die Übereinstimmung zu prüfen. Allein die Abgabe einer Identitätserklärung durch den Notar genügt bei einem Widerspruch nicht.20 11 Unwirksam sind bedingte, befristete oder sonst an Vorbehalte gebundene Bewilligungen, so-

fern der Eintritt der Bedingung oder Anfangstermin nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen wird.21 d) Form 12 § 8 erklärt § 4 nicht für entsprechend anwendbar. Die Teilung nach § 8 kann somit materiell-

rechtlich formfrei erklärt werden. Formell-rechtlich bedarf sie jedoch der Form des § 29 GBO. Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO soll eine Eintragung in das Grundbuch nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zur Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wer16 BGH v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, MDR 1984, 830 = DNotZ 1984, 695; BayObLG v. 7.5.1981 – BReg. 2 Z 1/81, MittBayNot 1981, 122. 17 Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 3. 18 Zur Bezeichnung einer Teilfläche durch einen nicht maßstabsgerechten Lageplan s. BGH v. 19.4.2002 – V ZR 90/01, MDR 2002, 1001 = DNotZ 2002, 937; s. auch v. Campe, NotBZ 2003, 41; v. 30.1.2004 – V ZR 92/03, MDR 2004, 680 = MietRB 2004, 178 = NotBZ 2004, 189. 19 Vgl. OLG Saarbrücken v. 8.7.1971 – 5 W 59/71, NJW 1972, 691; OLG Düsseldorf v. 29.10.1974 – VI ZR 168/73, NJW 1975, 168. 20 BayObLG v. 12.12.2002 – 2Z BR 112/02, ZfIR 2003, 382; s. auch Hügel, NotBZ 2003, 147. 21 OLG Frankfurt v. 10.4.1980 – 20 W 152/80, Rpfleger 1980, 291; OLG Frankfurt, Rpfleger 1975, 177; OLG Frankfurt v. 29.8.1995 – 20 W 351/95, Rpfleger 1996, 151.

148 | Krause

II. Regelungsgehalt | Rz. 14 § 8

den. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen nach § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden. § 29 Abs. 1 GBO schränkt somit im Grundbuchantragsverfahren die Beweismittel auf einen speziellen Urkundenbeweis ein (Grundsatz der Beweismittelbeschränkung). Alle sonstigen Beweismittel sind ausgeschlossen, soweit nicht durch Gesetz oder Rechtsprechung hiervon Ausnahmen zugelassen sind.22 Öffentliche Urkunden sind solche, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen 13 ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (§ 415 Abs. 1 ZPO). Auch notarielle Eigenurkunden sind öffentliche Urkunden i.S.d. § 29 GBO, wenn es um die durch Vollmacht der Beteiligten gedeckte Ergänzung, Berichtigung oder Anpassung verfahrensrechtlicher Erklärungen geht und eine Beurkundung vorangegangen ist und die Urkunde vom Notar unterschrieben und mit Dienstsiegel versehen ist. Die Voraussetzungen des § 29 GBO erfüllt auch ein Prozessvergleich, der seinem Inhalt und der Form nach den Vorschriften nach §§ 159 ff. ZPO entspricht. Eine Notarbestätigung ist mangels Beweiskraft nach §§ 415, 418 ZPO als Nachweis für einen Bedingungseintritt nicht ausreichend. Eine nachträgliche Grundstücksbezeichnung durch notarielle Klarstellungserklärung (Unterschrift und Dienstsiegel) ist jedoch formgerecht.23 Ebenso ist die Beurkundung einer vom Notar amtlich wahrgenommenen Tatsache gem. § 20 Abs. 1 Satz 2 BNotO öffentliche Urkunde.24 Zum Nachweis der Auflassung eignen sich nur öffentliche Urkunden, die den zwingenden Formerfordernissen des Beurkundungsgesetzes genügen.25 Unter öffentlich beglaubigten Urkunden sind schriftlich abgefasste Erklärungen zu verste- 13a hen, bei denen die Unterschrift oder das Handzeichen des Erklärenden von einem Notar beglaubigt ist (§ 129 BGB). Die Form der öffentlichen Beglaubigung richtet sich nach §§ 39, 40 BeurkG. Auch eine nach der Unterschriftsbeglaubigung erfolgte Textänderung erfüllt die Form der öffentlichen Beglaubigung. Jedoch unterliegt es der freien Beweiswürdigung des Grundbuchamtes, ob die Textergänzung mit dem Willen des Unterzeichnenden vorgenommen wurde.26 Eine öffentlich beglaubigte Urkunde ist keine öffentliche Urkunde nach § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO.27 Gem. § 438 Abs. 2 ZPO wird der Nachweis der Echtheit einer ausländischen öffentlichen 13b Urkunde durch die Legalisation erbracht. Jedoch bestehen auf Grund zwei- oder mehrseitiger Staatsverträge Befreiungs- bzw. Vereinfachungstatbestände (z.B. Haager Übereinkommen v. 5.10.1961: Echtheitsbeweis durch „Apostille“). Die Legalisation ist verzichtbar, wenn anderweitig ein eindeutiger Nachweis geführt werden kann. Steht die Echtheit einer Beglaubigung anderweitig fest und bestehen keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Errichtung, kann ein weiterer förmlicher Echtheitsnachweis nicht verlangt werden.28 Die Urkunden können dem Grundbuchamt in Urschrift, in Ausfertigung oder in beglaubigter 14 Abschrift – auch die beglaubigte Abschrift einer beglaubigten Abschrift – vorgelegt werden. Bei einer Vollmachtsurkunde genügt die Vorlage einer beglaubigten Abschrift allein nicht, wenn der Besitz der Vollmachtsurkunde nach materiellem Recht (z.B. § 172 BGB) zum Nachweis erforderlich ist. Die beglaubigte Abschrift kann in diesem Fall durch eine notarielle Bescheinigung des Inhalts, dass dem Notar die Vollmachtsurkunde im Original oder in AusfertiOLG Frankfurt v. 17.8.1987 – 20 W 262/87, NJW-RR 1988, 225. BayObLG v. 6.8.1987 – BReg. 2 Z 124/86, Rpfleger 1988, 60. BayObLG v. 30.9.1999 – 2Z BR 146/99, NJW-RR 2000, 161. BayObLG v. 24.1.2001 – 2Z BR 129/00, MDR 2001, 559 = NJW-RR 2001, 734. OLG Frankfurt v. 8.3.2006 – 20 W 21/05, DNotI-Report 2006, 114. BGH v. 14.7.1983 – V ZB 7/83, DNotZ 1985, 367; zur Blankettbeglaubigung nach § 40 Abs. 5 BeurkG und § 29 GBO s. Hornig, DNotZ 1971, 69. 28 OLG Zweibrücken v. 22.1.1999 – 3 W 246/98, Rpfleger 1999, 326. 22 23 24 25 26 27

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§ 8 Rz. 14 | Teilung durch den Eigentümer gung zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Bevollmächtigten vorgelegt wurde, ergänzt werden.29 § 29 GBO ist eine Ordnungsvorschrift.30 Seine Verletzung macht die Grundbucheintragung daher nicht unwirksam, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung vorliegen. 15 Soll auf die Teilungserklärung in späteren Veräußerungsverträgen verwiesen werden, bietet

sich im Hinblick auf § 13a Abs. 1 BeurkG die Beurkundungsform an. Auf eine lediglich der Unterschrift nach beglaubigte Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung kann nicht gem. § 13a BeurkG verwiesen werden.31 Diese wäre gegebenenfalls als Bestandteil des jeweiligen Veräußerungsvertrages mit zu beurkunden. e) Auslegung der Teilungserklärung 16 Für die Auslegung einer Teilungserklärung sind die für Grundbucheintragungen anzuwen-

denden Grundsätze maßgebend.32 Grundbucherklärungen sind als Willenserklärungen grundsätzlich gem. §§ 133, 157 BGB der Auslegung fähig.33 Der Auslegung durch das Grundbuchamt sind jedoch durch den Bestimmtheitsgrundsatz, den Grundsatz der Beweismittelbeschränkung, den Beibringungsgrundsatz und den Öffentlichkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt. Für die Auslegung gilt der Grundsatz, dass auf den Wortlaut und Sinn der Grundbucherklärung abzustellen ist, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt.34 Die Auslegung muss im Hinblick auf die Anforderungen des Grundbuchverfahrens an Klarheit und Bestimmtheit des objektiven Inhalts einer Grundbucherklärung zu einem dieser Bestimmtheit entsprechenden eindeutigen Ergebnis führen.35 Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind.36 f) Gemeinschaftsordnung 17 Das WEG enthält in den §§ 10 ff. Bestimmungen zur Gemeinschaftsordnung. Die Teilungs-

erklärung bedarf daher an sich selbst keiner eigenen Regelungen. Gleichwohl wird in der Praxis in der Regel die Gemeinschaftsordnung in der Teilungserklärung niedergelegt. Da der teilende Eigentümer den Inhalt der Gemeinschaftsordnung einseitig vorgibt, enthält diese genau genommen keine Vereinbarungen bzw. Beschlüsse i.S.d. § 10 Abs. 3 und 4. Soweit dem das zwingende Recht nicht entgegensteht, kann der Eigentümer gleichwohl im Rahmen der Teilungserklärung nach Maßgabe der §§ 8 Abs. 2 S. 1, 5 Abs. 4 und 10 Abs. 2 Satz 2 von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Regelungen treffen.37 Im Einzelfall ist zu ermitteln, ob die jeweilige Regelung Vereinbarungs- oder Beschlusscharakter hat. Hiervon hängt ab, ob

29 30 31 32 33 34 35 36 37

BayObLG v. 27.12.2001 – 2Z BR 185/01, DNotI-Report 2002, 38. BGH DNotZ 1963, 313. BGH v. 6.4.1979 – V ZR 72/74, MDR 1979, 830 = NJW 1979, 1496. Armbrüster in Bärmann, § 8 WEG Rz. 24. Vgl. BGH v. 16.3.1984 – V ZR 206/82, MDR 1984, 746 = NJW 1984, 1959; BayObLG v. 5.3.1987 – BReg.2 Z 18/87, MittBayNot 1987, 140; v. 9.10.1991 – BReg.2 Z 131/91, BReg.2 Z 132/91, DNotZ 1992, 306; OLG Köln v. 15.7.1981 – 2 Wx 23/81, Rpfleger 1981, 440. Vgl. BGH WM 1969, 661; DNotZ 1973, 20; DNotZ 1973, 367; BayObLG v. 24.6.1977 – BReg.2 Z 64/ 76, DNotZ 1978, 238; v. 5.3.1987 – BReg.2 Z 18/87, NJW-RR 1987, 792; v. 17.2.1994 – 2Z BR 138/ 98, DNotZ 1995, 56; OLG Celle v. 21.4.2008 – 4 W 216/07, MietRB 2009, 105 = NJOZ 2009, 812. Vgl. BayObLG v. 19.7.1979 – BReg.2 Z 16/79, MDR 1980, 54 = DNotZ 1980, 100; v. 1.6.1979 – BReg.2 Z 79/78, DNotZ 1980, 230; v. 5.8.1990 – BReg.2 Z 69/80, DNotZ 1982, 254. LG Nürnberg-Fürth v. 26.3.2015 – 14 S 8115/14, ZMR 2015, 803. BayObLG v. 23.9.1988 – BReg.2 Z 97/87, DNotZ 1989, 428; LG Köln v. 13.12.2012 – 29 S 47/12, MietRB 2013, 213 = ZWE 2013, 263.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 18c § 8

die Regelung durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer oder im Beschlusswege geändert werden kann.38 Die vom Eigentümer einseitig vorgegebene Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung 18 unterliegen regelmäßig keiner Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB.39 Das Grundbuchamt hat diese jedoch an Hand der §§ 134, 138 und 242 BGB auf ihre Übereinstimmung mit den zwingenden gesetzlichen Vorschriften zu überprüfen.40 Im Übrigen wird der Erwerber einer Eigentumswohnung von einem Bauträger durch die Inhaltskontrolle des Erwerbsvertrages geschützt.41 Die Regelung einer Teilungserklärung, die für den Mehraufwand des Verwalters im Fall der Säumnis eines Wohnungseigentümers die doppelte, bei gerichtlichen Maßnahmen die dreifache jährliche Verwaltergebühr bestimmt, ist nichtig.42 Unter Beachtung der Grundsätze für die Auslegung einer Grundbucheintragung ist eine er- 18a gänzende Auslegung der Gemeinschaftsordnung nicht ausgeschlossen. Die Auslegung von Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung unterliegt den allgemeinen Grundsätzen für Eintragungsbewilligungen und Grundbucheintragungen. Es ist nur auf den Wortlaut und Sinn des Eingetragenen abzustellen, und zwar so, wie es sich für den unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung der Gemeinschaftsordnung ergibt. Damit kommt es bei der Auslegung nicht auf den Willen des Erklärenden an, sondern auf das, was jeder gegenwärtige und zukünftige Betrachter als objektiven Sinn der Erklärung ansehen muss. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind.43 Eine Auslegung kann im Einzelfall zu einem Anspruch auf Abänderung des in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Kostenverteilungsschlüssels führen.44 Es ist grundsätzlich Sache des jeweiligen Sondereigentümers, etwaige das Sondereigentum be- 18b treffende bauordnungsrechtliche Vorgaben, wie etwa den in einer Wohnung erforderlichen Einbau einer Toilette und einer Badewanne bzw. Dusche, auf eigene Kosten zu erfüllen.45 g) Zustimmung von Globalgrundpfandgläubigern Bis zum Inkrafttreten des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG (in der Fassung durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. a 18c des Gesetzes vom 26.3.2007)46 war es herrschende Meinung, dass die Zustimmung von Glo-

38 Vgl. BayObLG v. 23.5.1997 – 2Z BR 44/97, MittBayNot 1997, 369; OLG Düsseldorf v. 5.6.2000 – 3 Wx 118/00, ZWE 2000, 537. 39 OLG Frankfurt v. 2.3.1998 – 20 W 54/98, NJW-RR 1998, 1707; BayObLG v. 11.4.1991 – BReg.2 Z 28/91, NJW-RR 1992, 83; OLG Hamburg v. 14.2.1996 – 2 Wx 16/94, FGPrax 1996, 132; offen gelassen durch BGH v. 11.11.1996 – V ZB 1/86, NJW 1987, 650; s.a. Elzer in Riecke/Schmid, § 8 WEG Rz. 62; Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 5; Armbrüster in Bärmann, § 7 WEG Rz. 125; Augustin in RGRK/BGB, § 8 WEG Rz. 23, 29; a.A. Stürner in Soergel, BGB, § 8 WEG Rz. 3; differenzierend Grziwotz in Erman, BGB, § 8 WEG Rz. 3. 40 Vgl. OLG Frankfurt v. 2.3.1998 – 20 W 54/98, NJW-RR 1998, 1707; BayObLG v. 11.4.1991 – BReg.2 Z 28/91, NJW-RR 1992, 83; v. 14.6.1995 – 2Z BR 53/95, NJW-RR 1996, 1037; OLG Hamm v. 21.12.2016 - 15 W 590/15, MittBayNot 2018, 22. 41 Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 5; Grziwotz in Erman, BGB, § 8 WEG Rz. 3; Ertl, PiG 7, S. 120; Schippel/Brambring, DNotZ 1977, 177; Röll, DNotZ 1978, 721. 42 OLG Hamm v. 6.12.2007 – 15 W 224/07, MietRB 2009, 15. 43 LG Dresden v. 24.6.2010 – 2 T 715/08, ZMR 2010, 979; OLG Frankfurt v. 1.11.2012 – 20 W 12/08, MietRB 2013, 48 = MK 2013, 38 = NZM 2013, 153 = ZfIR 2013, 77 = ZMR 2013, 296 = ZWE 2013, 211. 44 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = ZMR 2004, 834. 45 BGH v. 9.12.2016 - V ZR 84/16, ZNotP 2017, 59. 46 BGBl. I, 370.

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§ 8 Rz. 18c | Teilung durch den Eigentümer balgrundpfandgläubigern bei der Aufteilung in Wohnungseigentum gemäß § 8 WEG nicht erforderlich ist.47 Denn die Aufteilung in Wohnungseigentum lässt das Haftungsobjekt als Ganzes unverändert. Die Summe aller Wohnungseigentumsrechte ist mit dem ungeteilten Grundstückseigentum identisch. 18d Nach der mit der WEG-Novelle einhergehenden Neufassung von § 10 Abs. 1 ZVG mit der

Rangklassenprivilegierung der Wohnungseigentümer in Nr. 2 stellt sich die Frage, ob die Aufteilung in Wohnungseigentum im Hinblick auf § 876, § 877 BGB (direkt oder entsprechend angewandt) der Zustimmung von Grundpfandgläubigern bedarf. Dies wird insb. von Kesseler48 bejaht. Der Gläubiger befinde sich durch die Aufteilung in einer vollstreckungsrechtlich nachteiligen Situation. Er müsse sich nämlich nunmehr im Rahmen der Zwangsverwertung nicht nur die etwa vor ihm stehenden dinglichen Rechte, die ohnehin auf dem Grundstück lastenden öffentlichen Lasten und die Kosten des Verfahrens vorgehen lassen, sondern auch die Forderungen, die sich aus den zwischen den Miteigentümern bestehenden Beziehungen ergeben; diese mögliche Beeinträchtigung sei direkte Folge der Aufteilung in Wohnungseigentum. 18e Demgegenüber hält die überwiegende Rspr.49 auch nach der Novellierung daran fest, dass die

Zustimmung Dritter i.S.v. § 877 i.V.m. § 876 Satz 1 BGB bei Teilung des Grundstücks durch den Eigentümer nicht notwendig ist.50 Das Eigentumsrecht erfahre durch die Aufteilung zu Gesamtrechten keine Änderung; eine Schmälerung der Haftungsgrundlage trete nicht ein. Die Begründung von Wohnungseigentum gemäß § 8 sei sachenrechtlich nicht der zutreffende Anknüpfungspunkt für ein eventuelles Zustimmungserfordernis Drittberechtigter. 18f Der letztgenannten Ansicht ist zu folgen. Allein die Aufteilung beinhaltet keine Inhaltsände-

rung des Eigentums gemäß § 877 i.V.m. § 876 BGB. Die dingliche Rechtsstellung muss in rechtlicher, nicht bloß in tatsächlicher Hinsicht beeinträchtigt sein.51 Nach der Konzeption des WEG handelt es sich bei der Vorratsteilung um eine Teilung des Vollrechts; die Summe der Teile sind mit dem Volleigentum identisch. Auf der Teilung beruht deshalb keine Rechtsbeeinträchtigung der Grundpfandrechtsgläubiger.52 Erst die auf dem Gesetz beruhende Rangklassenordnung führt im Falle der Zwangsversteigerung bei Wohngeldrückständen zu einer Beeinträchtigung der Grundpfandrechtsgläubiger, wobei die Begründung von Wohnungseigentum hierfür zwar eine notwendige, keinesfalls aber zugleich eine hinreichende Bedin-

47 BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250; Briesemeister in Weitnauer, WEG, § 3 Rz. 74; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 2849; s. zu allem auch Kesseler, NJOZ 2010, 1466. 48 Kesseler, NJOZ 2010, 1466; Kesseler, ZNotP 2010, 335; Kesseler in Timme, § 3 WEG Rz. 30; auch Böttcher, NotBZ 2010, 239; OLG Frankfurt v. 11.4.2011 – 20 W 69/11, MietRB 2011, 349 = DNotI-Report 2011, 146 = ZfIR 2011, 573 = ZWE 2011, 405. 49 OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, DNotI-Report 2011, 108 = FGPrax 2011, 174 = ZMR 2011, 818 = ZWE 2011, 266; KG v. 30.11.2010 – 1 W 455/10, IWR 2011, 66 = MietRB 2011, 47 = MittBayNot 2011, 301 = Rpfleger 2011, 202 = ZfIR 2011, 70 = ZWE 2011, 81; v. 30.11.2010 – 1 W 468/10, JurionRS 2010, 31068; OLG Oldenburg v. 5.1.2011 – 12 W 296/10, ZfIR 2011, 254 = ZWE 2011, 224 = Rpfleger 2011, 318 = ZMR 2011, 492; ferner Schneider, ZNotP 2010, 299; Heinemann, ZfIR 2011, 255; Elzer/Riecke in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 8 WEG Rz. 3. 50 Dies hat auch in seinem Beschluss der BGH v. 9.2.2012 – V ZB 95/11, MietRB 2012, 107 = DNotIReport 2012, 58 = DNotZ 2012, 531 = FGPrax 2012, 94 = MDR 2012, 396 = MittBayNot 2012, 286 = NJW 2012, 1226 = NWB 2012, 1137 = NZM 2012, 351 = WM 2012, 644 = ZfIR 2012, 245 = NotBZ 2012, 168 (Hügel) = ZMR 2012, 563 = ZNotP 2012, 139 = ZWE 2012, 219, bestätigt. 51 OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, DNotI-Report 2011, 108 = FGPrax 2011, 174 = ZMR 2011, 818 = ZWE 2011, 266; OLG Oldenburg v. 5.1.2011 – 12 W 296/10, ZfIR 2011, 254 = ZWE 2011, 224 = Rpfleger 2011, 318 = ZMR 2011, 492; ebenso schon BGH v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, BGHZ 91, 343 = MDR 1984, 830; Briesemeister in Weitnauer, § 3 WEG Rz. 74. 52 OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, DNotI-Report 2011, 108 = FGPrax 2011, 174 = ZMR 2011, 818 = ZWE 2011, 266.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 19 § 8

gung darstellt.53 Bestätigt wird diese Sichtweise aus der Regelung in § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG für den gesetzlichen Vorrang öffentlicher Grundstückslasten. Die der Entstehung einer öffentlichen Grundstückslast zugrunde liegende Rechtshandlung begründet nur den mittelbaren Anlass für die Rangverschlechterung der Grundpfandrechtsgläubiger. Die eintretende Benachteiligung in Form der Rangänderung ist Folge einer gesetzlichen Wertentscheidung für die Einordnung bestimmter Ansprüche. Diese setzen zwar (z.B.) das Wohnungseigentum voraus und sind bei ungeteiltem Eigentum nicht denkbar, bedürfen jedoch zusätzlicher Tatbestände, um überhaupt erst zu entstehen.54 Die Aufteilung eines beschlagnahmten Grundstücks in Wohnungseigentumseinheiten ver- 18g stößt gegen das Veräußerungsverbot aus § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG, §§ 135, 136 BGB. Die Reichweite des Veräußerungsverbots bestimmt sich nach seinem Zweck, den Gläubiger nach der Beschlagnahme vor ihm nachteiligen Maßnahmen des Schuldners zu schützen. Die Schaffung von Wohnungseigentumseinheiten verhindert, die unveränderte Fortsetzung des Versteigerungsverfahrens und kann zu erheblichen Verzögerungen führen. Davor soll der Gläubiger durch die zu seinen Gunsten erfolgte Beschlagnahme geschützt werden. Die Aufteilung eines beschlagnahmten Grundstücks – zu einem Zeitpunkt, als der Versteigerungsvermerk bereits eingetragen war – ist jedoch kein aus dem Grundbuch ersichtliches Recht nach § 28 Abs. 1 ZVG und im formalisierten Zwangsversteigerungsverfahren folglich unbeachtlich.55

2. Entsprechende Anwendung (Abs. 2 Satz 1) § 3 Abs. 2 (Abgeschlossenheit), § 5 (Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums), § 6 (Un- 19 selbständigkeit des Sondereigentums) und § 7 Abs. 1, 3 bis 5 (Grundbuchvorschriften) gelten gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 für die Aufteilung nach § 8 Abs. 1 entsprechend. Auf die entsprechenden Kommentierungen zu den §§ 3 Abs. 2, 5, 6, 7 Abs. 1, 3 bis 5 wird an dieser Stelle verwiesen. Erforderlich ist auch im Fall der Teilung durch den Eigentümer nach § 8 Abs. 1 insbesondere, dass ein Gebäude besteht bzw. errichtet wird und die Wohnungen oder die nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume in sich abgeschlossen sind. Etwa erforderliche Zustimmungen und Genehmigungen müssen erteilt werden. Einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts bedarf es mangels Eigentumswechsels nicht. Der Teilungserklärung sind als Anlagen der Aufteilungsplan sowie die Abgeschlossenheitsbescheinigung beizufügen. Der Inhalt der Teilungserklärung und der Aufteilungsplan müssen übereinstimmen.56 Stimmen die textliche Beschreibung des Sondereigentums in der Teilungserklärung und die Angaben im Aufteilungsplan nicht überein und lässt sich der Widerspruch nicht durch Auslegung (§ 133 BGB) ausräumen, ist grundsätzlich keine der in sich widersprechenden Erklärungsinhalte vorrangig und Sondereigentum jedenfalls nicht entstanden.57 Im Zweifel entsteht Gemeinschaftseigentum.58 Ein gutgläubiger Erwerb dieses gemeinschaftlichen Eigentums zu Sondereigentum scheidet aus.59 Der betroffene Sondereigentümer hat jedoch

53 OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, DNotI-Report 2011, 108 = FGPrax 2011, 174 = ZMR 2011, 818 = ZWE 2011, 266; vgl. auch Heinemann, ZfIR 2011, 255. 54 OLG München v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, DNotI-Report 2011, 108 = FGPrax 2011, 174 = ZMR 2011, 818 = ZWE 2011, 266. 55 BGH v. 29.3.2012 – V ZB 103/11, MietRB 2012, 201 = ZfIR 2012, 441 = ZMR 2012, 638 = ZNotP 2012, 368. 56 OLG Köln v. 17.8.1992 – 2 Wx 35/92, NJW-RR 1993, 204; Armbrüster in Bärmann, § 8 WEG Rz. 23. 57 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, MDR 1996, 139 = MieWoE, § 3 WEG Nr. 11; OLG München v. 24.9.2010 – 34 Wx 115/10, MietRB 2011, 80 = MittBayNot 2011, 228 = NotBZ 2011, 60; OLG München v. 27.6.2012 – 34 Wx 71/12, MietRB 2012, 266 = ZfIR 2012, 719 = ZWE 2012, 487. 58 BayObLG v. 31.8.2000 – 2Z BR 21/00, MieWoE, § 4 WEG Nr. 3. 59 OLG Zweibrücken v. 11.2.2011 – 3 W 8/11, ZWE 2011, 335.

Krause | 153

§ 8 Rz. 19 | Teilung durch den Eigentümer einen aus § 242 BGB folgenden Anspruch60 auf Änderung der dinglichen Rechtslage.61 Der Alleineigentümer ist in der Bemessung der Größe der Miteigentumsanteile grundsätzlich frei.62 19a Wird eine Teilungserklärung vollzogen, die dem Aufteilungsplan widerspricht, entsteht eine

inhaltlich unzulässige Eintragung (§ 53 Abs. 1 Satz 2 GBO). Dasselbe gilt, wenn zwingendes Gemeinschaftseigentum einem Miteigentumsanteil als Sondereigentum zugewiesen wird. Das Grundbuchamt hat die unzulässige Eintragung von Amts wegen zu löschen.63 19b In der näheren Bezeichnung eines Sondereigentums in der Teilungserklärung liegt in der Re-

gel, jedenfalls sofern die Gemeinschaftsordnung für das Sondereigentum keine hiervon abweichende Benutzungsregelungen enthält, eine die Nutzung des Sondereigentums einschränkende Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter gem. §§ 5 Abs. 4, 15 Abs. 1, 10 Abs. 2. Für Gemeinschaftseigentum, das lediglich einem Sondernutzungsrecht unterliegt, gilt hinsichtlich der Auswirkung einer Zweckbestimmung nichts anderes als für Sondereigentum.64 Die Zweckbestimmung des Sondereigentums als Wohnung durch die Teilungserklärung wird durch die Bezeichnung der einzelnen Räume in dem Aufteilungsplan nicht auf die so umrissene konkrete Nutzungsart beschränkt. Ein Wohnungseigentümer ist deshalb berechtigt, im Rahmen der Wohnnutzung die Art der Nutzung der einzelnenen Räume zu verändern, so dass auch die Verlegung der Küchennutzung eines Raumes in einen anderen Raum grundsätzlich zulässig ist.65

3. Wirksamwerden der Teilung (Abs. 2 Satz 2) 20 Die Teilung nach § 8 Abs. 1 wird gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 mit Anlegung der Wohnungsgrund-

bücher wirksam. Die Anlegung der Wohnungsgrundbücher und Schließung des Grundstücksgrundbuches richtet sich nach § 8 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 1. § 8 Abs. 2 Satz 1 verweist nicht auf § 7 Abs. 2. Die Anlegung eines gemeinschaftlichen Wohnungsgrundbuches ist damit ausgeschlossen. Ein Verstoß hiergegen ist unschädlich, da es sich insoweit nur um eine Ordnungsvorschrift handelt.66 21 Die Eigentumsverhältnisse (Allein-, Bruchteils-, Gesamthandseigentum) setzen sich mit der

Eintragung der Teilung im Grundbuch an jeder einzelnen Wohnungseigentumseinheit fort, so dass über jede getrennt verfügt werden kann.67 Verfügungen über eine einzelne Wohnungseigentumseinheit können erst nach Anlegung der Wohnungsgrundbücher unter gleichzeitiger Voreintragung des teilenden Eigentümers in das Grundbuch eingetragen werden. Der Anspruch auf Verschaffung des Wohnungseigentums ist jedoch auch bereits vor Anlegung der Wohnungsgrundbücher durch Eintragung einer Vormerkung in das Grundstücksgrundbuch sicherbar.68 Dies setzt voraus, dass der Miteigentumsanteil ziffernmäßig oder auf andere Wei-

60 BayObLG v. 30.4.1998 – 2Z BR 11/98, BayObLGZ 1998, 111; OLG Köln v. 13.4.1999 – 15 U 148/98, ZMR 1999, 785. 61 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 = MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2581. 62 Vgl. BayObLG v. 12.8.1999 – 2Z BR 80/89, ZWE 2000, 171; OLG Düsseldorf v. 8.1.2001 – 3 Wx 402/00, ZWE 2001, 388. 63 OLG München v. 27.6.2012 – 34 Wx 71/12, MietRB 2012, 266 = ZfIR 2012, 719 = ZWE 2012, 487. 64 OLG Frankfurt v. 10.4.2008 – 20 W 119/06. 65 OLG Frankfurt v. 10.4.2008 – 20 W 119/06. 66 Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 7; Grziwotz in Erman, BGB, § 8 WEG Rz. 1. 67 Vgl. Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 7; Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, § 8 WEG Rz. 11. 68 Vgl. Heinemann in NK/BGB, § 8 WEG Rz. 7; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 6.

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III. Weitere praktische Hinweise | Rz. 23 § 8

se69 und das Sondereigentum sowie ein etwaiges Sondernutzungsrecht durch Bezugnahme auf einen Bau-/Aufteilungsplan70 oder wörtliche Beschreibung71 bestimmt bezeichnet werden. Einer Abgeschlossenheitsbescheinigung bedarf es nicht.72 Zur Entstehung gelangt eine nach § 8 begründete Wohnungseigentümergemeinschaft erst, 22 wenn die Wohnungsgrundbücher angelegt und mindestens zwei Wohnungseigentümer, nämlich neben dem teilenden Eigentümer noch ein Erwerber, eingetragen sind.73 Vor diesem Zeitpunkt kann eine sog. faktische bzw. werdende Wohnungseigentümergemeinschaft bestehen.74 Dies setzt neben einem wirksamen Erwerbsvertrag regelmäßig die Eintragung einer Vormerkung und das Vorhandensein der Gemeinschaft durch Inbesitznahme voraus. Werdende Wohnungseigentümer können ihre Rechte in Verfahren nach §§ 43 ff. WEG geltend machen.75 Sie sind verpflichtet, entsprechend § 16 Abs. 2 die Kosten und Lasten des künftigen gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen. Diese Verpflichtung entfällt nicht dadurch, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtssinne entsteht.76 Ein durch eine Eigentumsvormerkung gesicherter Erwerber und Nutzer von Wohnungseigentum kann durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer, der ihm die Beseitigung baulicher Veränderung auferlegt, nur gebunden werden, wenn er vor Entstehung der Eigentümergemeinschaft Mitglied einer werdenden Gemeinschaft geworden ist.77 Ein durch eine Vormerkung geschütztes Mitglied einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft steht einem eingetragenen Eigentümer zwangsvollstreckungsrechtlich nicht gleich. Mit der Anerkennung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft geht keine Verschiebung oder Vorwegnahme der sachenrechtlichen Zuordnung einher, an die die Zwangsvollstreckung in formalisierter Weise anknüpft.78 Mit Eintragung des ersten Erwerbers im Grundbuch endet die faktische Wohnungseigentümergemeinschaft.79

III. Weitere praktische Hinweise 1. Änderung der Teilungserklärung Bis zur Entstehung der Eigentümergemeinschaft ist der teilende Eigentümer befugt, durch 23 einseitige Erklärung gem. § 8 die Teilungserklärung zu ändern.80 Vor Anlegung der Woh69 OLG Düsseldorf v. 21.12.1994 – 9 U 208/94, MDR 1995, 465 = NJW-RR 1995, 718; LG Ravensburg v. 20.11.1987 – 1 T 269/87, BWNotZ 1988, 38. 70 BayObLG v. 13.2.1992 – 2Z BR 3/92, NJW-RR 1992, 663. 71 BayObLGZ 1977, 155. 72 LG Köln v. 3.9.1990 – 11 T 166/90, MittRhNotK 1990, 252. 73 BayObLG v. 19.5.2004 – 2Z BR 272/03, MietRB 2004, 325 = ZMR 2004, 767; OLG Nürnberg v. 24.4.2013 – 12 U 932/12, MDR 2013, 699 = MietRB 2013, 176 = MK 2013, 91 = ZMR 2013, 650 = ZWE 2013, 323; LG Hamburg v. 20.5.2015 – 318 S 76/14, BeckRS 2015, 11207; AG München v. 9.6.2017 - 481 C 3768/17 WEG, ZWE 2018, 43. 74 Vgl. etwa BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = NJW 2008, 2639; BayObLG v. 11.4.1990 – BReg.2 Z 7/90, NJW 1990, 3216; OLG Zweibrücken, WE 1999, 117; Rapp in Staudinger, BGB, § 8 WEG Rz. 25; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 8 WEG Rz. 8; LG Hamburg v. 28.1.2015 – 318 S 118/14, ZWE 2016, 38 = MietRB 2016, 143. 75 Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 26. 76 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = NJW 2008, 2639. 77 BayObLG v. 19.5.2004 – 2Z BR 272/03, MietRB 2004, 325 = ZMR 2004, 767. 78 BGH v. 23.9.2009 – V ZB 19/09, MDR 2009, 1415 = MietRB 2009, 357 ZInsO 2009, 2055. 79 BayObLG v. 11.4.1990 – BReg.2 Z 7/90, NJW 1990, 3216. 80 BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = ZMR 2005, 59; OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – 3 Wx 450/00, ZMR 2001, 650; BGH v. 21.10.2016 - V ZR 78/16, NotBZ 2017, 303: Der teilende Eigentümer kann die in der Teilungserklärung zum Inhalt des Sondereigentums bestimmten Sondernutzungsrechte durch eine weitere einseitige Verfügung und deren Eintragung in

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§ 8 Rz. 23 | Teilung durch den Eigentümer nungsgrundbücher ist ihm dies in der Regel nach seinem eigenen Belieben möglich, es sei denn es besteht schuldrechtlich eine vertragliche oder eine sachenrechtliche (§ 873 Abs. 2 BGB) Bindung. Nach Anlegung der Wohnungsgrundbücher bedarf der Eigentümer hierzu regelmäßig der Zustimmung dinglicher Berechtigter gem. §§ 876, 877 BGB, es sei denn Dritte sind von der Änderung nicht betroffen (§ 877 BGB) oder gelten als nicht betroffen (§ 5 Abs. 4 Satz 2). Soll die sachenrechtliche Grundlage der Wohnungseigentümergemeinschaft geändert werden, indem die nach § 8 Abs. 1 erklärte und gemäß § 8 Abs. 2, §§ 3, 7 vollzogene Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum unter Umwidmung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum abgeändert wird, ist hierfür ab Entstehen der (werdenden) Eigentümergemeinschaft nach § 4 Abs. 1 und 2 eine Vereinbarung in der Form der Auflassung nach §§ 873, 925 BGB unter Zustimmung der durch Vormerkung gesicherten werdenden Eigentümer erforderlich.81 24 Beim Verkauf noch zu begründenden Wohnungseigentums behält sich der Verkäufer in der

Praxis häufig das Recht vor, die Teilungserklärung einschließlich Gemeinschaftsordnung zu ändern. Der Käufer erteilt dem Verkäufer zu diesem Zweck regelmäßig eine entsprechende Änderungsvollmacht.82 Solche Änderungsvorbehalte sind grundsätzlich zulässig, müssen sich jedoch an §§ 307 ff. BGB messen lassen.83 Das Grundbuchamt prüft die Vollmacht allerdings nur daraufhin, ob sie offensichtlich unwirksam ist.84 Verdinglichte Ermächtigungen in der Teilungserklärung sind nicht zulässig.85 Ein wichtiger Grund für den Widerruf einer dem Bauträger erteilten Vollmacht kann in einem der Beschränkung im Innenverhältnis widersprechenden Gebrauch der Vollmacht liegen. Hierbei ist nicht allein entscheidend, dass die aus dem Text der Vollmacht ersichtlichen internen Schranken überschritten sind. Anlass für einen Widerruf kann vielmehr auch dann bestehen, wenn zwar die Vollmacht die beabsichtigten Änderungen noch ermöglicht, diesen aber die der Bevollmächtigung zugrunde liegenden vertraglichen Abreden entgegenstehen. Hiervon hat sich das Grundbuchamt bzw. das Beschwerdegericht im Rahmen freier Beweiswürdigung zu überzeugen.86 24a Eine Änderung im Bestand der zum Sondereigentum gehörenden Räume muss auf dem

Grundbuchblatt selbst vermerkt werden. Eine Eintragung nur durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung ist auch nach § 7 Abs. 3 nicht zulässig.87 Bei Änderung der Teilungserklärung genügt für die Grundbucheintragung jedoch regelmäßig eine schlagwortartige Bezeichnung der Änderung.88

81 82

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das Grundbuch ändern, solange er noch Eigentümer aller Sondereigentumsrechte und noch keine Auflassungsvormerkung für einen Erwerber eingetragen ist; danach bedarf er der Zustimmung der Berechtigten der eingetragenen Vormerkungen. Eine solche Änderung scheidet erst aus, wenn die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden ist. OLG München v. 21.10.2016 - 34 Wx 277/16, NotBZ 2017, 114. Vgl. BayObLG v. 24.6.1993 – 2Z BR 56/93, NJW-RR 1993, 1362; OLG München v. 27.4.2009 – 34 Wx 22/09, MittBayNot 2009, 296; Basty, NotBZ 1999, 233; zur fehlenden Bewilligungsbefugnis des nach § 8 teilenden Eigentümers im Hinblick auf die Zuordnung eines Sondernutzungsrechts, nachdem der teilende Eigentümer sämtliche Miteigentumsanteile an Dritte veräußert hat, s. OLG Zweibrücken v. 1.7.2013 – 3 W 22/13, NotBZ 2013, 485-486 = ZAP EN-Nr. 0/2013 = ZMR 2013, 2 = ZWE 2013, 410 = MittBayNot 2014, 48 mit Anm. Kreuzer. BGH v. 23.6.2005 – VII ZR 200/04, MDR 2005, 1284 = ZMR 2005, 799. BayObLG v. 6.2.2003 – 2Z BR 111/02, ZMR 2003, 518. Vgl. BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 = NJW 2003, 2165; BayObLG v. 12.10.2001 – 2Z BR 110/01, DNotZ 2002, 149; v. 24.7.1997 – 2Z BR 49/97, MittBayNot 1998, 99; Rapp, MittBayNot 1998, 7; Häublein, DNotZ 2000, 442. OLG München v. 29.7.2014 – 34 Wx 138/14, ZWE 2015, 171. BGH v. 19.10.2007 – V ZR 211/06, MDR 2008, 71 = MietRB 2008, 42 = NJW 2007, 3777. OLG München v. 9.10.2015 – 34 Wx 184/15, ZWE 2016, 51 = MietRB 2016, 12.

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III. Weitere praktische Hinweise | Rz. 24f § 8

Errichtet ein Wohnungseigentümer Räumlichkeiten, die zu Wohnzwecken genutzt werden 24b können, führt dies ohne anderweitige Vereinbarung nicht dazu, dass er an diesen Räumen Sondereigentum erwirbt, selbst wenn die Räumlichkeiten von ihm vollständig finanziert worden sind.89 Nach §§ 242, 313 BGB i.V.m. dem Gemeinschaftsverhältnis kann es einen Anspruch auf Än- 24c derung der Teilungserklärung, z.B. der Höhe der Miteigentumsanteile, geben, falls wegen außergewöhnlicher Umstände ein Festhalten an der geltenden Regelung grob unbillig wäre und gegen Treu und Glauben verstieße.90 Bei der Prüfung ist der Vertrauensgrundsatz zu berücksichtigen.91 Ein Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung kann nicht auf § 10 Abs. 2 Satz 3 gestützt werden.92 Für den Anspruch auf Änderung einer Vereinbarung, insb. der Gemeinschaftsordnung, 24d nach § 10 Abs. 2 Satz 3 ist die Kostenmehrbelastung des Wohnungseigentümers maßgebend, der eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels verlangt. An einer durch ergänzende Auslegung der Gemeinschaftsordnung zu schließenden Regelungslücke zur Anpassung des Kostenverteilungsschlüssels an veränderte Verhältnisse fehlt es in der Regel, weil der gesetzliche Anspruch jedes Wohnungseigentümers auf Änderung des vereinbarten Kostenschlüssels nach § 10 Abs. 2 Satz 3 eine angemessene und interessengerechte Regelung für diese Fälle bereitstellt.93 Zur nachträglichen Eintragung eines bisher nicht gebuchten (schuldrechtlichen) Sondernut- 24e zungsrechts ist grundsätzlich die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer notwendig, wenn die Teilungserklärung vorsieht, dass der Inhaber des Rechts dieses – formfrei – auf einen anderen Miteigentümer übertragen kann.94 Wird ein Mehrheitsbeschluss gefasst, wonach bestimmte gemeinschaftsbezogene Individual- 24f ansprüche der Wohnungseigentümer (für die eine geborene Ausübungsbefugnis des Verbands nicht besteht) im Wege der Klage durchgesetzt werden sollen, wird im Zweifel eine gekorene Ausübungsbefugnis des Verbands begründet. Die Verwirkung eines Unterlassungsanspruchs wegen der zweckwidrigen Nutzung einer Teileigentumseinheit schützt deren Eigentümer davor, dass er das bislang geduldete Verhalten ändern oder aufgeben muss, vermittelt ihm jedoch nicht allgemein die Rechtsposition, die er innehätte, wenn die Nutzung von der Teilungserklärung gedeckt wäre. Eine Teileigentumseinheit, die nach der Teilungserklärung als Ladenraum dient, darf jedenfalls dann nicht als Gaststätte mit nächtlichen Öffnungszeiten genutzt werden, wenn das maßgebliche Landesrecht die nächtliche Öffnung von Verkaufsstellen untersagt. Für die schuldrechtliche Änderung einer in der Teilungserklärung enthaltenen Zweckbestimmung ist erforderlich, dass jeder Sondereigentümer Kenntnis sowohl von dem Inhalt der Teilungserklärung als auch von der Rechtswidrigkeit der derzeitigen Nutzung hat und allseitig der rechtsgeschäftliche Wille besteht, für die Zukunft eine verbindliche Änderung vorzunehmen; eine schlichte Duldung reicht keinesfalls aus.95

OLG Celle v. 28.5.2005 – 4 W 33/08, IWR 2009, 73. OLG Düsseldorf v. 9.3.2004 – 3 Wx 334/03, ZMR 2004, 613. BayObLG v. 31.7.2003 – 2Z BR 24/03, ZMR 2003, 949. Elzer/Riecke in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 8 WEG Rz. 5. BGH v. 11.6.2010 – V ZR 174/09, BGHZ 186, 34 = MDR 2010, 1043 = MietRB 2010, 267 = NJW 2010, 3296 = ZfIR 2010, 684 = ZMR 2010, 778; zur Zulässigkeit einer auf Zustimmung zur Änderung gerichteten Leistungsklage s. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 74 = NJW 2010, 2129 = JZ 2010, 283 = NZM 2010, 205 = ZfIR 2010, 360. 94 OLG München v. 18.4.2013 – 34 Wx 363/12, MietRB 2013, 242 = NotBZ 2013, 318 = Rpfleger 2013, 514 = ZfIR 2013, 566 = ZMR 2013, 845 = ZWE 2013, 357. 95 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, DNotZ 2015, 824 = MDR 2015, 1057 = MietRB 2015, 300.

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§ 8 Rz. 24g | Teilung durch den Eigentümer 24g Wird ein in Wohnungs- bzw. Teileigentum aufgeteiltes (mit einem Wohnzwecken dienenden

Gebäude bebautes) Grundstück, das im Gebiet einer kommunalen Erhaltungssatzung liegt, vom Eigentümer sämtlicher Einheiten vollständig geändert aufgeteilt, darf das Grundbuchamt die Aufteilung nur eintragen, wenn die gemeindliche Genehmigung (oder ein entsprechendes Negativattest) vorgelegt wird.96 24h Der Erwerber einer Eigentumswohnung, der mit dem teilenden Eigentümer eine von dem

Teilungsplan abweichende bauliche Ausgestaltung vereinbart, ist hinsichtlich der sich daraus ergebenden Veränderungen des Gemeinschaftseigentums nicht Störer und daher gegenüber anderen Wohnungseigentümern nicht zur Beseitigung des planwidrigen Zustands verpflichtet. Grundsätzlich kann jeder Wohnungseigentümer von den übrigen Wohnungseigentümern verlangen, dass das Gemeinschaftseigentum plangerecht hergestellt wird. Der Anspruch wird durch den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) begrenzt und entfällt deshalb, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist.97

2. Unterteilung 25 Sofern das Wohnungseigentum teilungsfähig ist, kann ein Wohnungseigentümer dieses in

analoger Anwendung des § 8 durch einseitige Erklärung ggü. dem Grundbuchamt unterteilen (vgl. § 6 Rz. 18 f.). Die ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer erfolgte Unterteilung eines Wohnungseigentums ist unzulässig, wenn Räume, die nach der Teilungserklärung nicht zu Wohnzwecken dienen, nach der Unterteilungserklärung ein neues Wohnungseigentum bilden. Grundbucheintragungen, die eine solche Unterteilung vollziehen, sind inhaltlich unzulässig und können nicht Grundlage für einen gutgläubigen Erwerb sein.98

3. Kosten 26 Für die Teilung ist die notarielle Beglaubigung der Eintragungsbewilligung des Eigentümers

ausreichend (§§ 19, 29 Abs. 1 S. 1 GBO; vgl. Rz. 12 ff.). Die Notarkosten unterscheiden sich je nachdem, ob der Notar lediglich die Unterschrift des Eigentümers unter einem anderweitig erstellten Entwurf beglaubigt oder ob die vom Notar entworfene Teilungserklärung beglaubigt bzw. beurkundet wird. Im ersten Fall entsteht lediglich eine 0,2 Gebühr, mindestens 20 Euro, höchtens 70 Euro gem. KV 25100 GNotKG. Im zweiten Fall fällt eine 1,0 Gebühr gem. KV 21200, 24101 GNotKG KostO an. Geschäftswert ist gem. § 42 Abs. 1 Satz 1 GNotKG der Wert des bebauten Grundstücks. Ist das Grundstück noch nicht bebaut, ist gem. § 42 Abs. 1 Satz 2 GNotKG dem Grundstückswert der Wert des zu errichtenden Bauwerks hinzuzurechnen. Das Grundbuchamt erhebt aus demselben Wert für die Anlegung der Wohnungsgrundbücher eine 1,0 Gebühr nach KV 14112 GNotKG. 26a Für die im Zusammenhang mit der Begründung von Wohnungs- und Teileigentum vorzuneh-

mende Bewertung ist der Zustand des Bewertungsobjekts (Grund und Boden sowie zu errichtendes Bauwerk) maßgeblich, wie er sich nach dem Gegenstand der zum grundbuchlichen Vollzug beantragten Aufteilung darstellt.99 96 OLG München v. 26.8.2015 – 34 Wx 188/15, NJW-RR 2016, 137; vgl. aber auch KG v. 8.12.2015 – 1 W 680/15, GE 2016, 124. 97 BGH v. 14.11.2014 – V ZR 118/13, NJW 2015, 2027 = MDR 2015, 452 = MietRB 2015, 110. 98 BGH v. 4.12.2014 – V ZB 7/13, NJW-RR 2015, 645 = NotBZ 2015, 308 = MDR 2015, 640 = MietRB 2015, 173. 99 OLG München v. 26.6.2015 – 34 Wx 182/15, BeckRS 2015, 12789 = RPfleger 2015, 731 = ZNotP 2015, 357 = RNotZ 2015, 601.

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Schließung der Wohnungsgrundbücher | § 9

Die Aufhebung einer Veräußerungsbeschränkung bewirkt eine Änderung des Inhalts des 26b Sondereigentums, deren Eintragung im Grundbuch den Gebührentatbestand des KV 14160 Nr. 5 GNotKG verwirklicht. Zu erheben ist die Festgebühr für jedes betroffene Sondereigentum; betroffen im Sinne der Kostenvorschrift ist jedes Sondereigentum, bei dem das Grundbuchamt auf entsprechenden Antrag die Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung einträgt.100 Der Gebührentatbestand nach KV 14160 Nr. 5 GNotKG setzt voraus, dass mehrere Änderungen gleichzeitig beantragt werden. Bei Antragstellung zu unterschiedlichen Zeitpunkten findet die Bestimmung keine Anwendung. Auf identische Eintragungsvoraussetzungen oder die Möglichkeit des gleichzeitigen Antragsvollzugs kommt es nicht an.101

§9 Schließung der Wohnungsgrundbücher (1) Die Wohnungsgrundbücher werden geschlossen: 1. von Amts wegen, wenn die Sondereigentumsrechte gemäß § 4 aufgehoben werden; 2. auf Antrag sämtlicher Wohnungseigentümer, wenn alle Sondereigentumsrechte durch völlige Zerstörung des Gebäudes gegenstandslos geworden sind und der Nachweis hierfür durch eine Bescheinigung der Baubehörde erbracht ist; 3. auf Antrag des Eigentümers, wenn sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person vereinigen.

(2) Ist ein Wohnungseigentum selbständig mit dem Rechte eines Dritten belastet, so werden die allgemeinen Vorschriften, nach denen zur Aufhebung des Sondereigentums die Zustimmung des Dritten erforderlich ist, durch Absatz 1 nicht berührt. (3) Werden die Wohnungsgrundbücher geschlossen, so wird für das Grundstück ein Grundbuchblatt nach den allgemeinen Vorschriften angelegt; die Sondereigentumsrechte erlöschen, soweit sie nicht bereits aufgehoben sind, mit der Anlegung des Grundbuchblatts. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schließung der Wohnungsgrundbücher (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragliche Aufhebung . . . . . . . . . . b) Gegenstandslosigkeit der Sondereigentumsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vereinigung sämtlicher Wohnungseigentumsrechte in einer Person . . . .

1 3 3 4 7 10

2. Zustimmung Dritter (Abs. 2) . . . . . . . . 14 3. Anlegung eines neuen Grundbuchblattes (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 III. Weitere praktische Hinweise . . . . . . . . 16 1. Abschließende Verfahrensvorschrift . . . 16 2. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3. Keine Parteifähigkeit des erloschenen Verbandes der Wohnungseigentümer . 17a

Schrifttum: Bonifacio, Das Ende der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Vereinigung, NZM 2009, 561; Dreyer, Mängel bei Begründung von Wohnungseigentum, DNotZ 2007, 594 Klühs, Dingliche und grundbuchverfahrensrechtliche Auswirkungen der Nichterrichtung von Wohnungs- bzw. Teileigentum, NZM 2010, 370; Kreuzer, Aufhebung von Wohnungseigentum, NZM 2001, 123; Meyer-Stolte, Übertragung von Grundpfandrechten bei Schließung der Wohnungsgrundbücher, Rpfleger 1991, 150; Röll, Die Aufhebung von Wohnungseigentum an Doppelhäusern, DNotZ 2000, 749.

100 OLG München v. 17.7.2015 – 34 Wx 137/15, NJW-RR 2016, 332. 101 OLG München v. 11.8.2014 – 34 Wx 319/14 Kost, NJOZ 2014, 1750.

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Schließung der Wohnungsgrundbücher | § 9

Die Aufhebung einer Veräußerungsbeschränkung bewirkt eine Änderung des Inhalts des 26b Sondereigentums, deren Eintragung im Grundbuch den Gebührentatbestand des KV 14160 Nr. 5 GNotKG verwirklicht. Zu erheben ist die Festgebühr für jedes betroffene Sondereigentum; betroffen im Sinne der Kostenvorschrift ist jedes Sondereigentum, bei dem das Grundbuchamt auf entsprechenden Antrag die Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung einträgt.100 Der Gebührentatbestand nach KV 14160 Nr. 5 GNotKG setzt voraus, dass mehrere Änderungen gleichzeitig beantragt werden. Bei Antragstellung zu unterschiedlichen Zeitpunkten findet die Bestimmung keine Anwendung. Auf identische Eintragungsvoraussetzungen oder die Möglichkeit des gleichzeitigen Antragsvollzugs kommt es nicht an.101

§9 Schließung der Wohnungsgrundbücher (1) Die Wohnungsgrundbücher werden geschlossen: 1. von Amts wegen, wenn die Sondereigentumsrechte gemäß § 4 aufgehoben werden; 2. auf Antrag sämtlicher Wohnungseigentümer, wenn alle Sondereigentumsrechte durch völlige Zerstörung des Gebäudes gegenstandslos geworden sind und der Nachweis hierfür durch eine Bescheinigung der Baubehörde erbracht ist; 3. auf Antrag des Eigentümers, wenn sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person vereinigen.

(2) Ist ein Wohnungseigentum selbständig mit dem Rechte eines Dritten belastet, so werden die allgemeinen Vorschriften, nach denen zur Aufhebung des Sondereigentums die Zustimmung des Dritten erforderlich ist, durch Absatz 1 nicht berührt. (3) Werden die Wohnungsgrundbücher geschlossen, so wird für das Grundstück ein Grundbuchblatt nach den allgemeinen Vorschriften angelegt; die Sondereigentumsrechte erlöschen, soweit sie nicht bereits aufgehoben sind, mit der Anlegung des Grundbuchblatts. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schließung der Wohnungsgrundbücher (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragliche Aufhebung . . . . . . . . . . b) Gegenstandslosigkeit der Sondereigentumsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vereinigung sämtlicher Wohnungseigentumsrechte in einer Person . . . .

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2. Zustimmung Dritter (Abs. 2) . . . . . . . . 14 3. Anlegung eines neuen Grundbuchblattes (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 III. Weitere praktische Hinweise . . . . . . . . 16 1. Abschließende Verfahrensvorschrift . . . 16 2. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3. Keine Parteifähigkeit des erloschenen Verbandes der Wohnungseigentümer . 17a

Schrifttum: Bonifacio, Das Ende der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Vereinigung, NZM 2009, 561; Dreyer, Mängel bei Begründung von Wohnungseigentum, DNotZ 2007, 594 Klühs, Dingliche und grundbuchverfahrensrechtliche Auswirkungen der Nichterrichtung von Wohnungs- bzw. Teileigentum, NZM 2010, 370; Kreuzer, Aufhebung von Wohnungseigentum, NZM 2001, 123; Meyer-Stolte, Übertragung von Grundpfandrechten bei Schließung der Wohnungsgrundbücher, Rpfleger 1991, 150; Röll, Die Aufhebung von Wohnungseigentum an Doppelhäusern, DNotZ 2000, 749.

100 OLG München v. 17.7.2015 – 34 Wx 137/15, NJW-RR 2016, 332. 101 OLG München v. 11.8.2014 – 34 Wx 319/14 Kost, NJOZ 2014, 1750.

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§ 9 Rz. 1 | Schließung der Wohnungsgrundbücher

I. Allgemeines 1 Wohnungseigentümergemeinschaften sind unauflöslich. Dementsprechend normiert § 11

Abs. 1 Satz 1, dass kein Wohnungseigentümer die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen kann. Gleichwohl gibt es Fälle, in denen die Wohnungseigentümergemeinschaft tatsächlich aufgelöst wird (Einigung der Wohnungseigentümer in der Form des § 4, Antrag der Wohnungseigentümer bei Zerstörung des Gebäudes, Antrag des Alleineigentümers). Für diese Fälle regelt § 9 die grundbuchverfahrensrechtlichen Voraussetzungen zur Schließung der Wohnungsgrundbücher. 2 Die Vorschrift enthält nur verfahrensrechtliche Regelungen.1 Sie normiert dagegen nicht die

materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Aufhebung des Wohnungs- und Teileigentums.2 Liegen die materiellen Voraussetzungen für die Aufhebung des Wohnungs- und Teileigentums nicht vor und erfolgt die Schließung der Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher deshalb zu Unrecht, wird das Grundbuch unrichtig.3 Der gutgläubige Erwerber ist nach § 892 BGB geschützt.4

II. Regelungsgehalt 1. Schließung der Wohnungsgrundbücher (Abs. 1) 3 § 9 Abs. 1 enthält drei Gründe für die Schließung der Wohnungsgrundbücher: vertragliche

Aufhebung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1), Gegenstandslosigkeit der Sondereigentumsrechte (§ 9 Abs. 1 Nr. 2) und Vereinigung sämtlicher Wohnungseigentumsrechte in einer Person (§ 9 Abs. 1 Nr. 3). a) Vertragliche Aufhebung 4 Die Wohnungseigentümer können die Sondereigentumsrechte vertraglich aufheben. Dies

setzt entsprechend § 4 Einigung und Eintragung im Grundbuch voraus.5 Die Einigung nach § 873 BGB bildet die materiell-rechtliche Grundlage für die Grundbucheintragung. Sie ist ein auf eine dingliche Rechtsänderung gerichteter abstrakter Vertrag. Die Einigung ist grundsätzlich formfrei möglich und kann auch konkludent erfolgen. Ausnahmen bestehen hinsichtlich der Auflassung (§ 925 Abs. 1 BGB) und der Einräumung und Aufhebung von Wohnungseigentum nach § 4 Abs. 2. Eine bedingte oder befristete Einigung ist zulässig, soweit nichts anderes gesetzlich vorgeschrieben ist. Dies ist bei der Auflassung (§ 925 Abs. 2 BGB), der Einräumung und Aufhebung von Wohnungseigentum (§ 4 Abs. 2) und dessen Übertragung (§§ 747, 925 BGB) sowie der Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten (§§ 1 Abs. 4, 11 Abs. 1 ErbbauRG) der Fall. Die Einigung über die Aufhebung von Wohnungseigentum ist im Grundbucheintragungsverfahren gem. § 20 GBO nachzuweisen.6 § 20 GBO ist eine bloße Ordnungsvorschrift. Ein Verstoß gegen sie hat daher keine materiell-rechtliche Bedeutung.

1 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 1; Armbrüster in Bärmann, § 9 WEG Rz. 1. 2 A.A. Commichau in MünchKomm/BGB, § 9 WEG Rz. 1, nach dem die Vorschrift des § 9 WEG die formellen und materiellen Voraussetzungen für die Aufhebung von Wohnungseigentümergemeinschaften bestimmt. 3 Stürner in Soergel, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 1. 4 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 1. 5 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 9 WEG Rz. 2. 6 Kössinger in Bauer/von Oefele, GBO, § 20 Rz. 66.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 7 § 9

Die Bindung an die materiell-rechtliche Einigung der Vertragsbeteiligten tritt nach § 873 4a Abs. 2 BGB in folgenden Fällen ein: notarielle Beurkundung der Einigung der Vertragsbeteiligten (§ 873 Abs. 2 Alt. 1. BGB – nicht ausreichend ist eine notarielle Unterschriftsbeglaubigung, Beurkundung der Bewilligung gem. § 19 GBO oder des schuldrechtlichen Vertrages), Erklärung der Einigung vor dem Grundbuchamt (§ 873 Abs. 2 Alt. 2. BGB – das Grundbuchamt hat seit dem 1.1.1970 keine Beurkundungszuständigkeit mehr. Diese Alternative ist damit bedeutungslos), Einreichung der Einigungserklärung beim Grundbuchamt (§ 873 Abs. 2 Alt. 3. BGB– auch privatschriftliche Erklärungen werden damit bindend), Aushändigung einer den Vorschriften der GBO (§§ 19, 28, 29 GBO) entsprechenden Eintragungsbewilligung durch den Berechtigten an den anderen Teil (§ 873 Abs. 2 Alt. 4. BGB – hierzu ist die Übergabe der Urkunde an den Erwerber bzw. dessen Vertreter erforderlich und zwar entweder eine Urkundenausfertigung – nur diese ersetzt die Urschrift im Rechtsverkehr –, § 47 BeurkG, oder die Urschrift mit dem Unterschriftsbeglaubigungsvermerk, §§ 40, 45 BeurkG). Die notariell beurkundete Auflassung (§ 925 BGB) bzw. Aufhebung von Wohnungseigentum (§ 4 Abs. 2) ist stets nach § 873 Abs. 2 BGB bindend. Ein einseitiger Verzicht oder eine Dereliktion sind nicht zulässig.7 Mit der Eintragung der 4b Aufhebung der Sondereigentumsrechte in allen Wohnungsgrundbüchern erlöschen diese.8 Es entsteht Miteigentum nach Bruchteilen i.S.d. § 1008 BGB.9 Die Anlegung eines neuen Grundbuchblattes ist hierfür nicht konstitutiv (§ 9 Abs. 3 Halbs. 2). Die Schließung der Wohnungsgrundbücher erfolgt in diesen Fällen gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 von 5 Amts wegen.10 Für die Eintragung der Aufhebung der Sondereigentumsrechte ist jedoch nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GBO ein Antrag erforderlich. Zusammen mit dem Antrag ist dem Grundbuchamt der Aufhebungsvertrag vorzulegen.11 § 9 Abs. 1 Nr. 1 erfasst nicht die Aufhebung durch Rücknahme einer Teilungserklärung i.S.d. 6 § 8. Diese richtet sich vielmehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 3.12 Eine Grunddienstbarkeit kann weder zu Gunsten bloß ideeller Miteigentumsanteile an einem 6a Grundstück bestellt werden noch zu Lasten ideeller Anteile bestehen bleiben13. Das OLG Hamm hat deshalb angenommen, dass eine für ein Wohnungseigentum bestellte Grunddienstbarkeit erlischt, wenn mit der vertraglichen Aufhebung der Sondereigentumsrechte nebst Eintragung im Grundbuch gemäß §§ 4, 9 Abs. 1 Nr. 1 die Wohnungseigentümergemeinschaft endet und die bisherigen Wohnungs- und Teileigentümer zu Bruchteilseigentümern am Grundstück und dem auf ihm befindlichen Gebäude (§ 93 BGB) werden.14 b) Gegenstandslosigkeit der Sondereigentumsrechte Die völlige Zerstörung des Gebäudes führt zur Gegenstandslosigkeit des Sondereigentums. 7 Gleichwohl erlischt das Wohnungseigentum in diesen Fällen nicht automatisch. Es bleibt viel7 BGH v. 7.6.1991 – V ZR 175/90, BGHZ 115, 1 = MDR 1991, 964; BayObLG v. 14.2.1991 – BReg.2 Z 16/91, MDR 1991, 633 = NJW 1991, 1962; OLG Celle v. 27.6.2003 – 4 W 79/03, MDR 2004, 29; OLG Düsseldorf v. 20.9.2000 – 3 Wx 328/00, NJW-RR 2001, 233; a.A. OLG Düsseldorf v. 6.2.2007 – 3 Wx 5/07, NZM 2007, 219; OLG Düsseldorf v. 5.1.2007 – 3 Wx 247/06, NZM 2007, 221 (Vorlagebeschlüsse an den BGH). 8 Rapp in Staudinger, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 9 WEG Rz. 2. 9 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 1. 10 OLG München v. 20.02.2017 - 34 Wx 433/16, ZWE 2017, 236. 11 S. zur Aufhebung von Wohnungseigentum mit Musterformulierungen Kreuzer, NZM 2001, 123. 12 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Armbrüster in Bärmann, § 9 WEG Rz. 25. 13 BGH v. 23.7.2015 - V ZB 1/14, NJW-RR 2015,1497. 14 OLG Hamm v. 22.3.2016 – I-15 W 357/15, ZWE 2016, 325; siehe auch OLG München v. 20.02.2017 – 34 Wx 433/16, ZWE 2017, 236.

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§ 9 Rz. 7 | Schließung der Wohnungsgrundbücher mehr als Anwartschaftsrecht der Eigentümergemeinschaft (§§ 10 ff.) bestehen.15 § 9 Abs. 1 Nr. 2 enthält jedoch eine verfahrensrechtliche Erleichterung zur Schließung der Wohnungsgrundbücher. Die Wohnungsgrundbücher sind nach dieser Vorschrift auf Antrag sämtlicher Wohnungseigentümer zu schließen, wenn alle Sondereigentumsrechte durch völlige Zerstörung des Gebäudes gegenstandslos geworden sind und der Nachweis hierfür durch eine Bescheinigung der Baubehörde erbracht ist. 8 Voraussetzung für die Schließung der Wohnungsgrundbücher ist zunächst ein Antrag sämtli-

cher Wohnungseigentümer in der Form des § 29 GBO; es handelt sich hierbei genau genommen um eine Bewilligung sämtlicher Wohnungseigentümer i.S.d. § 19 GBO.16 Weiterhin ist dem Grundbuchamt die völlige Zerstörung des Gebäudes durch eine entsprechende Bescheinigung der Baubehörde nachzuweisen. Der Bescheinigung der Baubehörde kommt allerdings keine materiell-rechtliche Wirkung zu. Dies bedeutet, dass es einer solchen Bescheinigung nicht bedarf, sofern die Zerstörung des Gebäudes für das Grundbuchamt offenkundig ist (§ 29 Abs. 1 Satz 2).17 Weder Baubehörde noch Grundbuchamt dürfen nachprüfen, ob eine Wiederaufbauverpflichtung besteht.18 9 Nicht anwendbar ist § 9 Abs. 1 Nr. 2, falls das Gebäude nicht errichtet worden ist. Eine Schlie-

ßung der Wohnungsgrundbücher kann in diesen Fällen nur über § 9 Abs. 1 Nr. 1 nach Aufhebung der Sondereigentumsrechte gem. § 4 oder über § 9 Abs. 1 Nr. 3 erfolgen.19 Gleiches gilt, sofern das Gebäude in Abweichung zum Aufteilungsplan errichtet worden ist.20 Auch wenn das Grundbuch unrichtig ist, besteht im letztgenannten Fall nach wie vor ein Anspruch auf Anpassung der Bauausführung an den Aufteilungsplan.21 c) Vereinigung sämtlicher Wohnungseigentumsrechte in einer Person 10 Vereinigen sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person, kann der Eigentümer

gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 die Schließung der Wohnungsgrundbücher beantragen. Unerheblich ist dabei, aus welchem Grund die Vereinigung eingetreten ist.22 Der Antrag (d.h. Bewilligung)23 bedarf ebenso wie im Fall des § 9 Abs. 1 Nr. 2 der Form des § 29 GBO. 11 Die Vereinigung sämtlicher Wohnungseigentumsrechte in einer Person liegt auch dann vor,

wenn es sich um eine Personenmehrheit handelt. Dies gilt sowohl für Gesamthandsgemeinschaften wie auch für Bruchteilsgemeinschaften. Voraussetzung ist lediglich, dass die Beteiligten an allen Wohnungen im gleichen Anteilsverhältnis beteiligt sind.24 12 Anwendbar ist § 9 Abs. 1 Nr. 3 auch in den Fällen einer Teilung nach § 8.25

15 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Stürner in Soergel, BGB, § 9 WEG Rz. 3; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 3; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 9 WEG Rz. 3. 16 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Armbrüster in Bärmann, § 9 WEG Rz. 32. 17 Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 3; Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 2; a.A. Armbrüster in Bärmann, § 9 WEG Rz. 5. 18 Then in Spielbauer/Then, § 9 Rz 3. 19 Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, § 9 WEG Rz. 4; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 4; Armbrüster in Bärmann, § 9 WEG Rz. 17; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 9 WEG Rz. 3. 20 Armbrüster in Bärmann, § 9 WEG Rz. 18. 21 KG v. 18.7.2001 – 24 W 7365/00, ZMR 2001, 849; Schneider in Riecke/Schmid, § 9 WEG Rz. 10. 22 Armbrüster in Bärmann, § 9 WEG Rz. 19. 23 Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 2. 24 OLG Köln v. 21.3.1997 – 16 Wx 297/96, NJW-RR 1997, 1443. 25 OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – 3Wx 450/00, ZMR 2001, 650; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 6; Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 2; Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, § 9 WEG Rz. 5.

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II. Regelungsgehalt | Rz. 14b § 9

Mit der Schließung der Wohnungsgrundbücher und Anlegung des neuen Grundbuchblattes 13 entsteht am Grundstück Allein- bzw. Mit- oder Gesamthandseigentum.

2. Zustimmung Dritter (Abs. 2) Ist ein Wohnungseigentum selbständig mit dem Recht eines Dritten belastet, so werden gem. 14 § 9 Abs. 2 die allgemeinen Vorschriften, nach denen zur Aufhebung des Sondereigentums die Zustimmung des Dritten erforderlich ist, durch § 9 Abs. 1 nicht berührt. Gemeint sind damit die §§ 876, 877 BGB. Die Zustimmung der dinglich Berechtigten an dem einzelnen Wohnungseigentumsrecht bedarf der Form des § 29 GBO.26 Materiell-rechtlich ist die Zustimmung Wirksamkeitsvoraussetzung für die Aufhebung des Sondereigentums. Mit der Schließung des Wohnungsgrundbuches ändert sich der Haftungsgegenstand bzw. das Recht entfällt, falls es, wie z.B. ein Wohnungsrecht,27 nicht an dem Miteigentumsanteil selbständig bestehen kann. Was Sondereigentum war, fällt jetzt gem. §§ 93, 94 BGB in das gemeinschaftliche Eigentum; die Besonderheiten der Gemeinschaft entfallen. Etwas anderes gilt, sofern alle Wohnungseigentumsrechte mit einem Gesamtrecht oder das Grundstück als Ganzes belastet sind. In einem solchen Fall bedarf es der Zustimmung des Inhabers des dinglichen Rechts nicht, da sein Recht durch die Aufhebung nicht betroffen wird.28 Die Gesamtbelastungen bestehen inhaltsgleich am ungeteilten Grundstück fort. Sie sind bei Anlegung des Grundstücksgrundbuchblattes auf dieses zu übertragen. Eine Umwandlung von Wohnungserbbaurechten in anteilsgleiche Wohnungseigentumsrech- 14a te scheidet auf direktem Weg aus, da Wohnungseigentum nach § 1 Abs. 4 Miteigentumsanteile am Grundstück voraussetzt, das Wohnungserbbaurecht hingegen die Mitberechtigung an einem einheitlichen und unteilbaren Erbbaurecht darstellt. Es muss deshalb der Weg der Aufhebung des Erbbaurechts (mit Erlöschen der Wohnungserbbaurechte und Schließung der Erbbaugrundbücher nach § 9 Abs. 1 Nr. 3) in Verbindung mit der Beschränkung des Miteigentums dergestalt, dass Sondereigentum eingeräumt wird (§§ 2, 3 Abs. 1 bzw. § 8), begangen werden. Sind einzelne Wohnungserbbaurechte belastet, bedarf es hierzu der Zustimmung der an den Wohnungserbbaurechten dinglich Berechtigten (§ 19 GBO).29 Nicht möglich sein dürfte es das Grundstück, das mit einem in Wohnungserbbaurechte aufgeteilten Erbbaurecht belastet ist und im Eigentum der Wohnungserbbauberechtigten steht, dem Erbbaurecht nach § 890 BGB als Bestandteil zuzuschreiben.30 Die Eintragung der Einräumung eines Gebrauchsrechts an einer Dachfläche der Wohnanlage 14b für Zwecke der Errichtung/Unterhaltung einer Photovoltaikanlage bedarf keiner Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger.31

26 Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 5. 27 Vgl. näher Commichau in MünchKomm/BGB, § 9 WEG Rz. 13 f. 28 OLG Frankfurt v. 16.1.1990 – 20 W 501/89, ZMR 1990, 229; Volmer, ZfIR 2000, 287; Röll, DNotZ 2000, 751; Rapp in Staudinger, BGB, § 9 WEG Rz. 14; Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, § 9 WEG Rz. 11; Commichau in MünchKomm/BGB, § 9 WEG Rz. 15. 29 OLG München v. 27.7.2010 – 34 Wx 070/10, MietRB 2010, 330 = Rpfleger 2011, 77. 30 Rapp, MittBayNot 1999, 376; offen gelassen in BayObLGZ 1999, 63; OLG München v. 27.7.2010 – 34 Wx 070/10, MietRB 2010, 330 = Rpfleger 2011, 77. 31 OLG Saarbrücken v. 10.5.2010 – 5 W 94/10-37, 5 W 95/10-38, 5 W 96/10-39, MietRB 2011, 216 = IWR 2011, 65 = NJW-RR 2011, 519 = WuM 2011, 56 = ZWE 2011, 82.

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§ 9 Rz. 15 | Schließung der Wohnungsgrundbücher

3. Anlegung eines neuen Grundbuchblattes (Abs. 3) 15 Mit Schließung der Wohnungsgrundbücher wird nach § 9 Abs. 3 Halbs. 1 für das Grundstück

ein Grundbuchblatt nach den allgemeinen Vorschriften angelegt.32 Die Durchführung richtet sich nach § 34 GBV. Im Bestandsverzeichnis des Grundstücksgrundbuches ist zu vermerken, dass dieses nach Schließung der Wohnungsgrundbücher neu angelegt worden ist.33 Spätestens mit der Anlegung des neuen Grundbuchblattes erlöschen die Sondereigentumsrechte nach § 9 Abs. 3. 15a Werden die Wohnungsgrundbücher auf Antrag des alleinigen Eigentümers sämtlicher Woh-

nungseigentumsrechte unter Anlegung eines neuen Grundbuchblattes geschlossen, kommt eine Berichtigung des Vermerks zum Erwerbsgrund in den Wohnungsgrundbüchern – Abt. I Spalte 4 des Grundbuches – nicht mehr in Betracht, weil diese ihre bisherige materiell-rechtliche Bedeutung als Grundbuch verloren haben.34

III. Weitere praktische Hinweise 1. Abschließende Verfahrensvorschrift 16 § 9 behandelt die grundbuchverfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Schließung der

Wohnungsgrundbücher abschließend.35

2. Kosten 17 Katasterfortführungsgebühren fallen bei der Schließung der Wohnungsgrundbücher nicht

an.36 Für die Beurkundung der vertraglichen Aufhebung des Wohnungseigentums erhebt der Notar eine 2,0 Gebühr nach KV 21100 GNotKG. Der Antrag auf Aufhebung nach Vereinigung aller Wohnungseigentumsrechte in einer Person löst beim Notar eine 0,5 Gebühr nach KV 21201 Nr. 4 GNotKG aus. Als Geschäftswert ist gem. § 42 Abs. 1 Satz 1 GNotKG der Verkehrswert des Grundstücks samt Bauwerk im Zeitpunkt der Aufhebung anzunehmen. Ist das Grundstück noch nicht bebaut, ist gem. § 42 Abs. 1 Satz 2 GNotKG dem Grundstückswert der Wert des zu errichtenden Bauwerks hinzuzurechnen. Das Grundbuchamt erhebt gem. KV 14160 Nr. 4 GNotKG für die Schließung der Wohnungsgrundbücher eine Festgebühr von 50 Euro, die für jedes betroffene Sondereigentum gesondert erhoben wird.

3. Keine Parteifähigkeit des erloschenen Verbandes der Wohnungseigentümer 17a Mit Schließung der Wohnungsgrundbücher ist die Wohnungseigentümergemeinschaft been-

det; sämtliche Regelungen der vormaligen Wohnungseigentümergemeinschaft entfallen ersatzlos. Es existiert damit kein teilrechtsfähiger Verband mehr, der nach § 10 Abs. 6 S. 5 als Partei einen Prozess führen könnte. Auch unter praktischen Gesichtspunkten kann eine Parteifähigkeit der aufgelösten Wohnungseigentümergemeinschaft nicht begründet werden. So ist zwar für juristische Personen anerkannt, dass diese auch nach ihrer Auflösung noch einen 32 33 34 35 36

Vgl. OLG München v. 26.8.2015 – 34 Wx 188/15, NJW-RR 2016, 137. Commichau in MünchKomm/BGB, § 9 WEG Rz. 16; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 11. KG v. 15.11.2011 – 1 W 464/10, NJOZ 2012, 842. Grziwotz in Erman, BGB, § 9 WEG Rz. 1; Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 1. Heinemann in NK/BGB, § 9 WEG Rz. 7.

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III. Weitere praktische Hinweise | Rz. 17a § 9

Aktivprozess führen können mit der Behauptung, ihnen stehe noch ein Anspruch zu; insoweit gelten sie als parteifähig.37 Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist indes keine juristische Person, sondern ein Personenverband sui generis. Auch besteht ein praktischer Anwendungsbereich und damit ein Bedürfnis für eine Parteifähigkeit der aufgelösten Wohnungseigentümergemeinschaft, anders als bei der aufgelösten juristischen Person, nicht. Anders als die aufgelöste juristische Person hat die aufgelöste Wohnungseigentümergemeinschaft stets einen Rechtsnachfolger. Denn das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft geht nach Auflösung der Gemeinschaft auf den Eigentümer des Grundstücks (§ 10 Abs. 7 S. 4) über. Die Behauptung einer aufgelösten Wohnungseigentümergemeinschaft, ihr stünden noch Ansprüche zu, kann insofern von vornherein nicht zutreffen und damit auch ihre Parteifähigkeit nicht begründen. Gibt es mit dem Erwerber des Grundstücks einen Rechtsnachfolger, der an die Stelle des Verbands der Wohnungseigentümer tritt und als neuer Vermögensinhaber einen Prozess führen kann, ist kein Raum für eine fortdauernde Parteifähigkeit der aufgelösten Wohnungseigentümergemeinschaft. Forderungen, die vor ihrer Auflösung der Gemeinschaft zustanden, können (und müssen) vielmehr nach Auflösung der Gemeinschaft von dem Eigentümer des Grundstücks als ihrem Rechtsnachfolger geltend gemacht werden.38

37 BGH v. 24.10.1985 – VII ZR 337/84, MDR 1986, 311 f. = NJW-RR 1986, 394. 38 AG Bremerhaven v. 4.6.2010 – 55 C 1463/09, WuM 2011, 124 = ZMR 2010, 882 = ZWE 2011, 54.

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2. Abschnitt Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

§ 10 Allgemeine Grundsätze (1) Inhaber der Rechte und Pflichten nach den Vorschriften dieses Gesetzes, insbesondere des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums, sind die Wohnungseigentümer, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. (2) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. (3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, sowie die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. (4) Beschlüsse der Wohnungseigentümer gemäß § 23 und gerichtliche Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch. Dies gilt auch für die gemäß § 23 Abs. 1 aufgrund einer Vereinbarung gefassten Beschlüsse, die vom Gesetz abweichen oder eine Vereinbarung ändern. (5) Rechtshandlungen in Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschlossen werden kann, wirken, wenn sie aufgrund eines mit solcher Mehrheit gefassten Beschlusses vorgenommen werden, auch für und gegen die Wohnungseigentümer, die gegen den Beschluss gestimmt oder an der Beschlussfassung nicht mitgewirkt haben. (6) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen. Sie ist Inhaberin der als Gemeinschaft gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Rechte und Pflichten. Sie übt die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus und nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahr, ebenso sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können oder zu erfüllen sind. Die Gemeinschaft muss die Bezeichnung „Wohnungseigentümergemeinschaft“ gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks führen. Sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden. (7) Das Verwaltungsvermögen gehört der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Es besteht aus den im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Sachen und Rechten sowie den entstandenen Verbindlichkeiten. Zu dem Verwaltungsvermögen gehören insb. die Ansprüche und Befugnisse aus Rechtsverhältnissen mit Dritten und mit Wohnungseigentümern sowie die eingenommenen Gelder. Vereinigen sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person, geht das Verwaltungsvermögen auf den Eigentümer des Grundstücks über. 166 | Abramenko

Allgemeine Grundsätze | § 10

(8) Jeder Wohnungseigentümer haftet einem Gläubiger nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils (§ 16 Abs. 1 Satz 2) für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden oder während dieses Zeitraums fällig geworden sind; für die Haftung nach Veräußerung des Wohnungseigentums ist § 160 des Handelsgesetzbuches entsprechend anzuwenden. Er kann gegenüber einem Gläubiger neben den in seiner Person begründeten auch die der Gemeinschaft zustehenden Einwendungen und Einreden geltend machen, nicht aber seine Einwendungen und Einreden gegenüber der Gemeinschaft. Für die Einrede der Anfechtbarkeit und Aufrechenbarkeit ist § 770 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend anzuwenden. Die Haftung eines Wohnungseigentümers gegenüber der Gemeinschaft wegen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung bestimmt sich nach Satz 1. I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aufbau des Regelungssystems . . . . . . . III. Inhaber der Rechte und Pflichten, Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gemeinschaftsordnung und Vereinbarungen als Verfassung der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinbarungen ohne „Verfassungscharakter“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aufteilungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zulässige Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz der Vertragsfreiheit . . . . . b) Inhaltliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . . c) Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Objektiv-normative Auslegung . . . . . b) Keine „authentische Interpretation“ durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Umdeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vertrag mit Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Pseudovereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . 7. Öffnungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlusskompetenz . . . . . . . . . . . . . c) Sachlicher Grund . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtliche Qualifizierung . . . . . . . . . e) Verhältnis zu gesetzlichen Öffnungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Grenzen der Beschlusskompetenz . . aa) Keine Beschlüsse zulasten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Belastungsverbot . . . . . . . . . . . . . cc) Eingriff in das sachenrechtliche Grundverhältnis oder den Kernbereich des Sondereigentums . .

1 2 7 8 8 8 9 10 11 12 12 15 17 18 18 19 20 21 22 27 27 28 29 32 33 34 34 35 36

V. Anspruch auf Änderung einer Vereinbarung, Abs. 2 Satz 3 . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 a) Abänderungsanspruch aus § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 b) Regelungsinhalt des Anspruchs aus § 10 Abs. 2 S. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 c) Keine Änderung des sachenrechtlichen Grundverhältnisses . . . . . . . . 39 d) Keine Vergemeinschaftung . . . . . . . . 39a 2. Verhältnis zu anderen Korrekturmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 a) Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 b) Anwendbarkeit dispositiven Gesetzesrechtes . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 c) Verhältnis zu § 16 Abs. 3, Abs. 4 . . . 42 3. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 a) Absenkung der Anforderungen gegenüber dem Anspruch aus § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 b) Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . 46 c) Sonstige Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 d) Einzelne Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . 48 e) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 aa) Unmöglichkeit des bestimmungsgemäßen Gebrauchs von Sondereigentum . . . . . . . . . 50 bb) Kostenverteilungsschlüssel . . . . 50a cc) Nutzungsregelungen . . . . . . . . . 53 dd) Sondernutzungsrechte . . . . . . . . 53a 4. Das Verfahren zur Abänderung von Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 a) Keine Beschlussfassung . . . . . . . . . . . 54 b) Klage auf Abgabe einer Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 aa) Passivlegitimation . . . . . . . . . . . 55 bb) Vorbefassung bei Änderung von Verteilungsschlüsseln nach § 16 Abs. 3 WEG . . . . . . . . . . . . 57 cc) Darlegungs- und Beweislast . . . 59 dd) Kein Rückwirkungsverbot . . . . . 60

Abramenko | 167

§ 10 | Allgemeine Grundsätze VI. Bindungswirkung gegenüber Rechtsnachfolgern, Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . 61 VII. Abgrenzung zwischen Vereinbarungsnotwendigkeit und Beschlusskompetenz – Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . 69 VIII. Wirkung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 1. Bindungswirkung gegenüber Rechtsnachfolger, Abs. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 2. Mehrheitsprinzip, Abs. 5 . . . . . . . . . . . . 73 IX. Die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, Abs. 6 S. 1, 2 . . . . . . . . . 76 1. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . 76 2. Die Haftung des teilrechtsfähigen Verbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76a 3. Entstehung und Ende des teilrechtsfähigen Verbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Echte Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 c) Ende des teilrechtsfähigen Verbandes 79 4. Grenzen der Rechtsfähigkeit . . . . . . . . . 80 a) Teilrechtsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Keine „Gesellschaft der Wohnungseigentümer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 5. Der Verband als Träger eigener Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 a) Eigene Rechte und Pflichten . . . . . . . 83 b) Gesetzlich geregelte eigene Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . 84 aa) Namensrecht (§ 10 Abs. 6 S. 4) . 84 bb) Möglichkeit, vor Gericht zu klagen und verklagt zu werden (§ 10 Abs. 6 S. 5) . . . . . . . . . . . . . 85 cc) Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Inhaberin des Verwaltungsvermögens (§ 10 Abs. 7) . . . . . . . . . . . . . . . . 86 c) Vorgehen bei der Durchsetzung eigener Rechte und Pflichten . . . . . . 87 d) Keine Verpflichtung zur Durchführung von Beschlüssen . . . . . . . . . . . . 87a 6. Gesetzlich nicht geregelte eigene Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 a) Ansprüche wegen der Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums . . 88 b) Beiträge nach § 28 Abs. 2 . . . . . . . . . 89 c) Beschäftigung von Arbeitnehmern . 90 d) Erwerb von Immobiliareigentum . . . 91 aa) Grundbuchfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft . 91

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X.

1.

2.

3.

bb) Beschlusskompetenz zum Erwerb vom Immobiliareigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 cc) Erwerb von Immobiliareigentum als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung . . . . . . . . . 93 dd) Willensbildung durch Beschluss 96 ee) Finanzierung des Erwerbs . . . . . 97 ff) Weitere Folgen des Erwerbs einer Einheit in der „eigenen“ Liegenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 98 gg) Umwandlung in Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . . . . . 100 e) Gewährleistungsansprüche gegenüber eigenen Vertragspartnern . . . . 101 f) Herausgabe der Verwaltungsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 g) Kontoführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 h) Mitgliedschaften in Vereinen und Gemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 i) Unternehmerpflichten . . . . . . . . . . . . 105 j) Verbraucherrechte . . . . . . . . . . . . . . . 107 k) Versicherung von Gemeinschaftsund Sondereigentum . . . . . . . . . . . . . 107a Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Ausübungsbefugte, § 10 Abs. 6 S. 3 WEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Abgrenzung von den eigenen Rechten gemäß § 10 Abs. 6 S. 1, 2 . . . . . . . . . . . . 108 a) Materiell-rechtliche Zuordnung der betroffenen Rechte . . . . . . . . . . . . . . . 108 b) Verfahrensrechtliche Folgen . . . . . . . 109 Geborene Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1 . . . . . . . . . . . . . 110 a) Gesetzliche Übertragung auf den teilrechtsfähigen Verband . . . . . . . . . 110 b) Konkurrenz von Schadensersatzund Beseitigungsansprüchen . . . . . . 110a c) Anfechtung von Vergemeinschaftungsbeschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . .110b d) Rückübertragung auf einzelne Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . 111 e) § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 1 WEG als Anspruchsgrundlage . . . . . . . . . . . . . 112 „Gekorene“ Ausübungsbefugnis . . . . . . 113 a) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 b) Erfasste Rechte und Pflichten . . . . . . 114 c) Ausübungsbefugnis bei Beseitigungsansprüchen gegen Dritte . . . . . 114a d) Keine Vergemeinschaftung von Individualansprüchen . . . . . . . . . . . .114b e) Akt der Vergemeinschaftung . . . . . . 115 f) Anspruch auf Vergemeinschaftung? 116 g) Verfahrensrechtliche Folgen . . . . . . . 117

Allgemeine Grundsätze | § 10

4.

5. 6.

7.

h) Drittwirkung der Vergemeinschaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Folgen der Übertragung der Ausübungsbefugnis auf den Verband . . . . . 119 a) Diskussionsstand . . . . . . . . . . . . . . . . 119 b) Entscheidung des BGH . . . . . . . . . . . 120 c) Neue Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Wissenszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Die Rechte und Pflichten im Einzelnen 123 a) Anfechtungsklagen . . . . . . . . . . . . . . 123 b) Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 aa) Klagen gegen Dritte . . . . . . . . . . 124 bb) Klagen gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . 125 c) Verfügungen über das Gemeinschafteigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 d) Vermietung von Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 e) Instandhaltung und Bewirtschaftung des Gemeinschaftseigentums . . . . . . 128 f) Anspruch auf Erstellung der Jahresabrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 g) Streit um Rechte am gemeinschaftlichen Grundstück . . . . . . . . . . . . . . . 131 aa) Klage des teilrechtsfähigen Verbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 bb) Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . 132 h) Nachbarstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . 133 i) Schadensersatzansprüche . . . . . . . . . 134 aa) Gesetzliche Ausübungsbefugnis des Verbandes . . . . . . . . . . . . . . . 134 bb) Beschlussfassung über das „Ob“ der Anspruchsverfolgung und die Ermächtigung des Verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 cc) Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter . . . . . . . . . . . . . . . 136 dd) Rechtsverfolgungskosten . . . . . . 136a j) Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 k) Verkehrssicherungspflichten . . . . . . . 138 l) Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Ansprüche gegen den Veräußerer von Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 b) Mängelansprüche am Sondereigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 c) Werk- oder Kaufvertrag . . . . . . . . . . 143 d) Werkvertragliche Mängelansprüche am Gemeinschaftseigentum gegen den Bauträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 aa) Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft bei kleinem Schadensersatz und Minderung . . . . 144

8. 9.

10.

XI. 1. 2.

3.

4.

bb) Individuelle Ausübungsbefugnis des Erwerbers bei Rücktritt oder großem Schadensersatzanspruch cc) Abnahme und Verjährung der Gewährleistungsansprüche für das Gemeinschaftseigentum . . . dd) Prozessuale Probleme . . . . . . . . e) Kaufvertragliche Mängelansprüche am Gemeinschaftseigentum gegen den Bauträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Möglichkeit der gemeinschaftlichen Geltendmachung bei kaufvertraglichen Errichtungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Folgen der Vergemeinschaftung cc) Ausschluss der Vergemeinschaftung bei Gewährleistungsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauhandwerkersicherungshypothek . . . Abwicklung von Altverfahren . . . . . . . . a) Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . . . b) Vollstreckungsrechtliche Besonderheiten/Alttitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Verwaltungsvermögen, Abs. 7 . . . . a) Aktiv- und Passivvermögen . . . . . . . b) Darlehensaufnahme . . . . . . . . . . . . . aa) Beschlusskompetenz . . . . . . . . . bb) Darlehensaufnahme als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Direkte und mittelbare Haftung der Wohnungseigentümer . . . . . dd) Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ungenehmigte Darlehensaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beginn der vollendeten Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . Bedeutung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . a) Erforderlichkeit der Vorwirkung des Wohnungseigentumsgesetzes . . . . . . b) Wirkungen im Innenverhältnis . . . . c) Wirkungen im Außenverhältnis . . . Voraussetzungen der Zugehörigkeit zur werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesicherte Erwerbsposition . . . . . . . b) Erwerb vom teilenden Eigentümer . c) Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keine Übertragung der Mitgliedschaft in der werdenden Eigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 10 | Allgemeine Grundsätze 5. Ende der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . XII. Untergemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verselbständigung des Finanzwesens durch die Gemeinschaftsordnung . . . . . a) Zulässigkeit der Bildung von Untergemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Rechtsfähigkeit von Untergemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Auswirkungen auf das Finanz- und Rechnungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verselbständigung der Willensbildung . XIII. Haftung der Wohnungseigentümer, Abs. 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unbeschränkte Haftung neben dem Verband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschränkung auf das Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine gesamtschuldnerische Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

174 175 175 176

2.

176

3. 4.

177 178 179 180 180 180 181 183

5.

d) Unbeschränkte Nachschusspflicht außerhalb der Haftung nach § 10 Abs. 8 WEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Altfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Eigentümerstellung . . . . . . . . . . . . . . Einwendungen des Wohnungseigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten der kommunalen Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelfall: Öffentlich-rechtliche Anknüpfung an die Eigentümerstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bestimmung des Schuldners durch Landesrecht . . . . . . . . . . . bb) Quotale Haftung . . . . . . . . . . . . cc) Gesamtschuldnerische Haftung b) Ausgleich von Zahlungen für Miteigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Teilrechtsfähiger Verband als Schuldner von Abgaben und Gebühren . . . Versorgungsleistungen . . . . . . . . . . . . . .

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197 197 200 201 202 203 204

Schrifttum: Abramenko, Die Entfernung des zahlungsunfähigen oder unzumutbaren Miteigentümers aus der Gemeinschaft, ZMR 2006, 338; Abramenko, Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Eigentümerin in derselben Wohnanlage, ZWE 2010, 193; Abramenko, Die Eigentümergemeinschaft als Darlehnsnehmerin, ZMR 2011, 173; Armbrüster, Rechtsfähigkeit und Haftungsverfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft, ZWE 2005, 369; Armbrüster/Kräher, Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums durch die Gemeinschaft – Verband als weiteres Verwaltungsorgan? ZWE 2014,1; Becker, Beschlusskompetenz kraft Vereinbarung – sog. Öffnungsklauseln, ZWE 2002, 341; Becker, Das neue WEG – Vermögensverwaltung durch die Eigentümergemeinschaft, MietRB 2007, 180; Becker, Wahrnehmung öffentlicher Abgabenpflichten, ZWE 2014, 14; Basty, Erwerb von Wohnungseigentum durch die Gemeinschaft, ZWE 2009, 253; Becker, Eigentümerbeschluss zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels – Vereinbarung des Objektstimmrechts, ZWE 2015, 400; Becker/Kümmel, Die Grenzen der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer, ZWE 2001, 128; Binkowski, Reichweite und Grenzen der Privatautonomie im Wohnungseigentumsrecht, 2011; Blankenstein, Öffnungsklauseln in der Gemeinschaftsordnung, ZWE 2016, 197; Böttcher, Der werdende Wohnungseigentümer, RpflStud 2017, 119; Bonifacio, Der Entwurf einer wohnungseigentumsrechtlichen Anfechtungsklage nach der ZPO – Königs- oder Irrweg?, ZMR 2005, 327; Bonifacio, Das Ende der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Vereinbarung, NZM 2009, 561; Briesemeister, Korrigenda zur WEG-Reform 2007, NZM 2007, 345; Briesemeister, Das Haftungssystem der Wohnungseigentümergemeinschaft nach der WEG-Reform, NZM 2007, 225; Briesemeister, Lösungsmöglichkeiten bei unrentablen Teileigentumseinheiten, jurisPR-MietR 18/2018 Anm. 4; Bub, Rechtsfähigkeit und Vermögenszuordnung, ZWE 2006, 253; Briesemeister, Öffnungsklausel und Belastungsverbot, ZWE 2015, 116; Bruns, Das Belastungsverbot im Wohnungseigentumsrecht, jurisPRMietR 13/2017 Anm. 2; Bub, Die geplante Novellierung des WEG, NZM 2006, 841; Bub, Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft, ZWE 2010, 246; Buck, Die Mehrheitsentscheidung mit Vereinbarungsinhalt, WE 1998, 90; Deckert, Entscheidungsvarianten im Wohnungseigentumsrecht, ZMR 2002, 21; Deckert, Ende der „Haftungsverbandsrechtsprechung“ im Abrechnungswesen der Wohnungseigentümergemeinschaft, NZM 2004, 523; Demharter, Zur Wirksamkeit des unangefochtenen Mehrheitsbeschlusses mit Vereinbarungsinhalt, WuM 2000, 291; Demharter, Gesetzentwurf zur Änderung des WEG und anderer Gesetze, NZM 2006, 489; Demharter, Grundbuchfähigkeit der rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft, NZM 2005, 601; Demharter, Die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft – Wer ist verfahrens- und materiell-rechtlich Beteiligter?, NZM 2006, 81; Demharter, Der Beschluss des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, ZWE 2005, 357; Dietrich, Kreditwürdigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, ZMR 2016, 429; Dietrich, Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nach Umsetzung der Wohnimmobilienricht-

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Allgemeine Grundsätze | § 10 linie, ZWE 2017, 3; Dötsch, Die Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft in der Jahresabrechnung, MietRB 2014, 27; Dötsch, Ermächtigung der Gemeinschaft zur Ausübung von Individualrechten der Wohnungseigentümer, ZWE 2016, 149; Dötsch, Und nochmal: Keine Bindung eines Nachzüglers an frühere Abnahme, ZWE 2016, 315; Dötsch, Abnahme des Gemeinschaftseigentums, NZM 2017, 832; Dötsch, Trotz Vergemeinschaftung Ansprüche aus Sondereigentum? MietRB 2017, 77; Dötsch/Greiner, Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht, ZWE 2014, 343; Drabek, Der „werdende“ Eigentümer in der Verwalterpraxis, ZWE 2015, 198; Drabek, Ohne Besitzübertragung kein werdender Wohnungseigentümer, ZWE 2016, 163; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 36. Erg. Lfg.; Elzer, Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, MietRB 2005, 248; Elzer, Kreditaufnahme durch den Verband Wohnungseigentümergemeinschaft, NZM 2009, 57; Elzer, Vereinbarte Umlageschlüssel im Wohnungseigentumsrecht – Ein Überblick, MietRB 2014, 92; Elzer, Verwalter und Wissenszurechnung – erste Überlegungen, MietRB 2014, 312; Elzer, Die Wahrnehmung von Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, ZWE 2014, 195; Elzer, Kreditbeschluss und Ordnungsmäßigkeit, ZWE 2014, 19; Elzer, Wohnungseigentum und öffentliches Recht, MietRB 2015, 187; Elzer, Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums durch den Verwalter, ZWE 2017, 113; Elzer, Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Gesellschafterin - ein Kurzüberblick, MietRB 2018, 346; Falkner, Sondernutzungsrechte- Übertragung und gestreckte Begründung, ZNotP 2017, 251; Fischer, Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, NZI 2005, 586; Fritsch, Beteiligung des Bauträgers an den Kosten des gegen ihn gerichteten Baumängelprozesses, ZMR 2014, 253; Gaier, Der Beginn der regelmäßigen Verjährung von gemeinschaftlichen Ansprüchen der Wohnungseigentümer nach neuem Recht, NZM 2003, 90; Graßhof, Eigentumsgarantie versus Mehrheitsprinzip – die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Regelung zur Einführung des Mehrheitsprinzips, ZWE 2003, 33; Grziwotz, Wohnungseigentum und Nachbarrecht, MietRB 2014, 122; Greiner, Die Änderung der Gemeinschaftsordnung mit prozessualen Tricks, ZMR 2014, 430; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2003; Häublein, Zum Begriff der Angelegenheit i.S.d. § 23 Abs. 1 WEG, ZWE 2001, 2; Häublein, Wohnungseigentum, quo vadis?, ZMR 2006, 1; Häublein, Mehrhausanlagen und Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft, ZWE 2010, 149; Häublein, Darlehensaufnahme durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung, ZWE 2015, 61; Häublein, Grenzen der Vergemeinschaftung individueller Ansprüche, jurisPR-MietR 5/2018 Anm. 1; Häublein, Die Rolle der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im so genannten Innenverhältnis, jurisPR-MietR 24/2018 Anm. 2; Heinemann, Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verbraucher – Auswirkungen auf Verträge des „Betreuten Wohnens“, MietRB 2015, 223; Hinz, Reform des Wohnungseigentumsrechts – Eine Stellungnahme aus amtsgerichtlicher Sicht, ZMR 2005, 271 (272); Hogenschurz, Fehler bei gestreckter Begründung von Sondernutzungsrechten, jurisPR-MietR 6/2018 Anm. 5; Hügel, Der „Eintritt“ in schuldrechtliche Vereinbarungen, Festschrift (FS) Wenzel, 2005, 219; Hügel, Die Gestaltung von Öffnungsklauseln, ZWE 2001, 578; Hügel, Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft und ihre Folgen für die notarielle Praxis, DNotZ 2005, 753; Hügel, Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, ZWE 2010, 122; Jacoby, Verantwortlichkeit der Gemeinschaft für Verwalter und Wohnungseigentümer sowie Regress, ZWE 2014, 8; Jacoby, Verbraucherschutz – Widerrufsrecht bei Verwalterverträgen, ZWE 2016, 68; Jennißen, Die Auswirkungen der Rechtsfähigkeit auf die innergemeinschaftlichen Beziehungen der Wohnungseigentümer, NZM 2006, 203; Kahlen, Instandhaltungsrückstellung: Teilrechtsfähigkeit führt nicht zur Grunderwerbssteuerpflicht in Erwerbsfällen, ZMR 2007, 179; Klimesch, Wohnungseigentum und öffentliches Recht, ZMR 2016, 269; Kreuzer, Abgrenzung von Vereinbarung und Beschluss, ZWE 2000, 325; Krebs, Wohnungseigentümerverband: Ermächtigungsbeschluss zur Vergemeinschaftung von Individualansprüchen, jurisPR-MietR 13/ 2017 Anm. 6; Kreuzer, Vereinbarung und Beschluss-Abgrenzungen, WE 1997, 362; Köhler, KFZ-Anmeldung für eine Wohnungseigentümergemeinschaft, ZWE 2016, 123; Lehmann-Richter, Zum Schadensersatz wegen Beschädigung des Gemeinschafts- und Sondereigentums unter besonderer Berücksichtigung der Ansprüche des Rechtsnachfolgers, ZWE 2006, 413; Lehmann-Richter, Umfang und Ausgestaltung der Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – § 10 Abs. 6 WEG, ZWE 2012, 463; Lehmann-Richter, Grundstückserwerb durch Wohnungseigentümergemeinschaft, ZWE 2016, 250; Lieder, Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft und Ausübung von Mängelrechten, DNotZ 2018, 177; Lüke, Die Beschlusskompetenz und ihre Grenzen – eine Bestandsaufnahme, ZWE 2002, 49; Maroldt, Die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – ein Paradigmenwechsel im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2005, 361; Merle, Die Vereinbarung als mehrseitiger Vertrag, ZWE 2005, 412; Merle, Mehrheitsbeschlüsse mit Vereinbarungsinhalt, ZWE 2000, 502; Mosheimer, Untergemeinschaften – gelöste und ungelöste Fragen, ZMR 2014, 602 u. 687; Müller, Übers „Zittern um die Pseudovereinbarung“, NZM 2000, 854; Müller, Gewillkürte Prozessstandschaft eines Wohnungseigentü-

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§ 10 Rz. 1 | Allgemeine Grundsätze mers für den Verband, ZMR 2015, 665; Müller, Beschlusskompetenz für Vollausstattung mit Rauchwarnmeldern, WuM 2017, 585; Neumann, Die „Teilrechtsfähigkeit“ der Wohnungseigentümergemeinschaft, WuM 2006, 489; Ott, Erwerb vom Bauträger: Vergemeinschaftung auch von auf Rückabwicklung gerichteten Rechten, ZWE 2014, 253; Ott, Beschlüsse in der Mehrhausanlage, ZWE 2016, 193; Ott, Ausübung von Mängelrechten aus Bauträgerverträgen durch die Gemeinschaft, ZWE 2017, 106; Pauly, Zur Problematik unklarer Baubeschreibungen in Bauträgerverträgen, ZMR 2016, 513; Pauly, Rechtsverfolgung wegen Mängeln am Gemeinschafseigentum, MDR 2018, 376; Popescu, Zur Vergemeinschaftung der gemeinschaftsbezogenen Abnahme, ZWE 2014, 109; Rapp, Die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft und der werdende Wohnungseigentümer, MietRB 2014, 377; Riesenberger, Baumängel am Gemeinschaftseigentum der Eigentumswohnung, ZMR 2018, 125; Röll, Pseudovereinbarungen: Die Zukunft eines Gestaltungsinstruments, ZWE 2000, 13; Riecke, Der Bestimmtheitsgrundsatz im Wohnungseigentum, ZMR 2018, 173; Roghun, Verband der Wohnungseigentümer als Verbraucher, ZWE 2015, 315; Sauren, Wege für Wohnungseigentümer zur Änderung der Gemeinschaftsordnung, NJW 1986, 2034; Sauren, Auswirkungen der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft für die Praxis, ZWE 2006, 258; Scheuer, Die Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung, ZWE 2015, 446; Scheuer, Ersetzung einer Vereinbarung durch gerichtliche Entscheidung nach § 21 Abs. 8 WEG, jurisPR-MietR 13/2017Anm. 1; Schmack/Kümmel, Der einstimmige Beschluss als Regelungsinstrument im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2000, 433; Schmid, Wahrnehmung und Erfüllung von Pflichten der Wohnungseigentümer durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 10 Abs. 6 S. 3 WEG, NZM 2010, 683; Schmidt, Zittern um einen Beschluss, NZM 2000, 902; Schmidt, Die Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Verwalter bei der Geltemdmachung von Ansprüchen, IMR 2014, 183; Schmidt, Ausübung von Rechten – Bekämpfung von Missbräuchen, ZWE 2015, 203; Schraufstetter, Besonderheiten bei Fördermaßnahmen und Kreditvergabe an Wohnungseigentümergemeinschaften, ZWE 2015, 113; Schultzky, Anforderungen an Beschlüsse aufgrund vereinbarter Öffnungsklauseln, MietRB 2015, 60; Schuschke, Die Regelungsinstrumente der Wohnungseigentümergemeinschaft, NZM 2001, 497; Skauradszun, Die Vergemeinschaftung von Individualansprüchen – Reichweite, Missbrauch und Rechtsschutz, ZMR 2015, 515; Suilmann, Ausübungsbefugnis der Eigentümergemeinschaft für gemeinschaftsbezogene und sonstige Rechte und Pflichten nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG, ZWE 2013, 302; Suilmann, Blockheizkraftwerk und Gestaltung der Teilungserklärung, ZWE 2014, 302; Suilmann, Anlage des Verwaltungsvermögens – was ist spekulativ was ist zulässig, ZWE 2015, 246; Tank, Die Mehrhausanlagen im Wohnungseigentumsrecht, MietRB 2015, 344; Trinkl, Ungerechte Verteilung von Lasten und Kosten in der Wohnungseigentümergemeinschaft, ZMR 2014, 100; Vonkilch, Kreditaufnahme durch die Eigentümergemeinschaft als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung von Wohnungseigentumsanlagen, ZWE 2015, 352; Weise, Verwendung der Begriffe Wohnungseigentum, Teileigentum, Laden usw. in der Teilungserklärung, IMR 2014, 46; Wenzel, Der vereinbarungsersetzende, vereinbarungswidrige und vereinbarungsändernde Mehrheitsbeschluss, ZWE 2000, 2; Wenzel, Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümerversammlung und ihre Folgen, ZWE 2001, 226; Wenzel, Die Wohnungseigentümergemeinschaft – ein janusköpfiges Gebilde aus Rechtssubjekt und Miteigentümergemeinschaft?, NZM 2006, 321; Wenzel, Der Bereich der Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft, ZWE 2006, 462; Zieglmeier, Auswirkungen der Teilrechtsfähigkeit auf das kommunale Abgabenrecht, MietRB 2006, 337.

I. Überblick 1 § 10 regelt die Rechtsnatur der Gemeinschaft sowie das Verhältnis der einzelnen Wohnungs-

eigentümer untereinander. Es handelt sich um die Grundnorm des mehrstufigen Regelungssystems, die das WEG für die Rechtsmaterien der Wohnungseigentümer enthält. Aufgrund der anerkannten Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft besteht ferner das Bedürfnis, die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer einerseits und der Gemeinschaft andererseits abzugrenzen. Dem kommen die seit der WEG-Novelle neu eingefügten Abs. 1, 6 und 7 nach. Schließlich enthält die Vorschrift die „Haftungsverfassung“ gegenüber Dritten, Abs. 8.

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II. Aufbau des Regelungssystems | Rz. 4 § 10

II. Aufbau des Regelungssystems Das WEG enthält ein mehrstufiges und wenig systematisches „Geflecht“ von Normen, die das 2 Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer bestimmen. An erster Stelle stehen die zwingenden Vorschriften des WEG und des BGB (Gesetzesstatut); von diesen kann weder durch Vereinbarung noch durch Beschluss abgewichen werden. Auch Öffnungsklauseln können insoweit nicht vereinbart werden (vgl. hierzu Rz. 6 u. Rz. 27 ff.). Folge eines Verstoßes ist die Nichtigkeit der Vereinbarung oder des Beschlusses. An zweiter Stelle folgen die zwischen sämtlichen Wohnungseigentümern bestehenden Verträge (Vertragsstatut). Es handelt sich um Vereinbarungen, durch die von dispositiven Gesetzesvorschriften abgewichen werden kann. Sie können „verdinglicht“, d.h. als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragen werden und wirken dann auch gegenüber Rechtsnachfolgern (Abs. 2 Satz 2, Abs. 3; § 5 Abs. 4 Satz 1).1 Es gilt insoweit grundsätzlich das Konsensprinzip, d.h. Änderungen können nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer erfolgen (bisweilen unglücklich als „Allstimmigkeit“ bezeichnet, was irreführend ist, da eben, anders als beim Beschluss, nicht abgestimmt wird). Ein Beschluss zur Abänderung der Gemeinschaftsordnung ist nichtig,2 sofern diese keine Öffnungsklausel enthält. Dies gilt bereits für Beschlüsse, die eine solche Änderung vorbereiten wollen.3 Auf der dritten Stufe folgen systematisch die dispositiven Normen des WEG (Auffangstatut), 3 die dann greifen, wenn keine vorrangige Vereinbarung i.S.v. Abs. 2 Satz 2 vorliegt. Die in der Rangfolge sodann folgenden Beschlüsse wirken zunächst nur gesetzes- und vereinbarungsausfüllend (§ 23 Abs. 1, Beschlussstatut). Dies gilt z.B. hinsichtlich des ordnungsgemäßen Gebrauchs (§ 15 Abs. 2), der Veräußerungsbeschränkung (§ 12 Abs. 4), der Betriebskosten (§ 16 Abs. 3), der Kostenverteilung bei Instandhaltung und Instandsetzung (§ 16 Abs. 4) und der Verwaltung (§§ 21 Abs. 3, Abs. 7, 22 Abs. 1 Satz 1, 26 Abs. 1, Abs. 2, 28 Abs. 5). Das Mehrheitsprinzip, das im Bereich des Beschlussstatuts gilt, bedarf der Legitimation durch gesetzliche oder vertragliche Kompetenzzuweisung.4 Beschlüsse können ggf. auch dispositive Gesetzesbestimmungen und Vereinbarungen ändern (§§ 10 Abs. 4 Satz 2, 23 Abs. 4). Insoweit stehen sie außerhalb der vorstehenden Rangordnung. Den Beschlüssen werden richterliche Anordnungen gleichgestellt (§§ 21 Abs. 8, 43), nicht jedoch gerichtliche Vergleiche.5 Vom Standpunkt der Inhaltskontrolle sind Vereinbarungen und Beschlüsse zunächst am 4 WEG als dem spezielleren und dann am allgemeinen Recht zu messen. Vereinbarungen und Beschlüsse dürfen nicht gegen zwingende Normen und inhaltliche Grundregeln (Konstitutionsprinzipien) des WEG verstoßen. Vom dispositiven WEG-Recht abweichende Vereinbarungen und Beschlüsse sind zulässig, sie müssen sich jedoch im Rahmen der allgemeinen Gültigkeitsgrenzen halten. Von den Vorschriften des BGB stehen die über die Gemeinschaft im Vordergrund, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 741 ff. BGB. Diese zeichnen ebenfalls allgemeine Gültigkeitsgrenzen auf. Demgegenüber sind die dispositiven Regeln des Schuldrechts nur maßgebend, soweit die Wohnungseigentümer keine anders lautende Vereinbarung oder einen anderen Beschluss fassen. So war die vor der WEG-Novelle geäußerte Auffassung nicht systemgerecht, wonach beispielsweise ein Beschluss über einen Verzugszins für säumiges Wohngeld i.H.v. mehr als 5 % über Basiszinssatz nichtig sei, weil die Vorschrift des § 288 Abs. 1 BGB verletzt wurde.6 Da aber § 10 Abs. 2 Satz 1 nicht auf das allgemeine Schuldrecht verweist, kann § 288 Abs. 1 BGB keine Ausschlussnorm sein. Die Beschlusskompetenz der Wohnungs1 2 3 4 5 6

Merle, ZWE 2005, 415. AG Nürnberg v. 14.2.2014 – 16 C 4425/13, ZMR 2014, 682 (683). AG Schwelm v. 11.8.2017 – 29 C 37/16, ZMR 2017, 937. Lüke, ZWE 2002, 49; Deckert, ZMR 2002, 21. OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZWE 2001, 563 (567). BayObLG v. 20.11.2002 – 2Z BR 144/01, ZMR 2003, 365 m.V. a. BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500 = ZMR 2000, 771.

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§ 10 Rz. 4 | Allgemeine Grundsätze eigentümer richtet sich nach § 23 Abs. 1. Danach können die Wohnungseigentümer über alle Angelegenheiten beschließen, die ihnen nach dem WEG oder einer Vereinbarung zur Beschlussfassung übertragen wurden. Auf das allgemeine Schuldrecht wird hierbei nicht verwiesen. Vor der WEG-Novelle wäre richtigerweise die Höhe des Verzugszinses nur an § 21 Abs. 3 WEG zu messen gewesen. Damit war ein Beschluss, der einen zu hohen Verzugszins vorsah, nur anfechtbar und nicht nichtig.7 Das Beispiel des Verzugszinses hat der Gesetzgeber durch den erst 2007 ins Gesetz eingefügten § 21 Abs. 7 gelöst und eine Beschlusskompetenz ausdrücklich eröffnet. Damit sind zwar die systematischen Probleme nicht beseitigt, ihre praktische Relevanz ist aber deutlich reduziert worden. 5 Die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB über die Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedin-

gungen finden auch nach h.M. keine Anwendung auf die Gemeinschaftsordnung.8 Insoweit fehlt es bereits an einer Vertragsbedingung, da die Gemeinschaftsordnung infolge des Eigentumsübergangs an der Wohnung kraft Gesetzes gilt. Mangels vergleichbarer Interessenlage kommt auch eine analoge Anwendung nicht in Betracht. Es erfolgt jedoch eine allgemeine Inhaltskontrolle anhand der Grundsätze von Treu und Glauben über § 242 BGB9 sowie der Nichtigkeitstatbestände der §§ 134, 138 BGB. 6 Beschlüsse können bei vorhandenen Öffnungsklauseln und im Rahmen der gesetzlichen Zuläs-

sigkeit auch Vereinbarungen ändern. Verstößt ein Beschluss jedoch gegen eine Rechtsvorschrift, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, folgt hieraus gem. § 23 Abs. 4 Satz 1 die Nichtigkeit. Eine Eintragung der Beschlüsse und der Gerichtsentscheidungen im Grundbuch erfolgt nicht. Insofern besteht kein Vertrauen auf Richtigkeit und Geltung der im Grundbuch eingetragenen Vereinbarungen. Die Beschluss- und Entscheidungssammlung des Verwalters (§ 24 Abs. 7) garantiert weder die Vollständigkeit noch die Richtigkeit der in ihr enthaltenen Beschlüsse bzw. Entscheidungen. Eine zuverlässige Informationsquelle über die „Verfassung“ der konkreten Wohnungseigentümergemeinschaft existiert folglich nicht.10

III. Inhaber der Rechte und Pflichten, Abs. 1 7 Der 2007 eingefügte Abs. 1 stellt den Grundsatz auf, dass Inhaber der Rechte und Pflichten

die Wohnungseigentümer sind. Allerdings macht der Gesetzgeber den Vorbehalt, dass etwas anderes ausdrücklich im Gesetz geregelt sein kann. Eine solche andere Regelung findet sich in Abs. 6, wonach die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen kann. Die Vorschrift verdeutlicht somit, dass der rechtsfähige Verband im Rahmen der gesamten Verwaltung tätig wird. Dies wird dann noch mehr hervorgehoben, indem der Gesetzgeber in § 10 Abs. 6 Satz 3 festschreibt, dass die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer ausübt und die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahrnimmt. Durch Abs. 6 als speziellere Regelung wird somit die allgemeine Regelung des Abs. 1 weitgehend abgeschwächt. Der in Abs. 1 formulierte Grundsatz wird daher eher zur Ausnahme. Er ist redaktionell verunglückt, da er besser dem Abs. 6 zugeordnet worden wäre. Als Abs. 1 wird der Zusammenhang nicht deutlich. 7 So richtigerweise die ältere Rechtsprechung, BayObLG v. 16.5.1986 – BReg.2 Z 68/85, ZMR 1986, 297. 8 BGH v. 24.2.1994 – V ZB 43/93, MDR 1994, 580 = NJW 1994, 2950; BGH v. 11.11.1986 – V ZB 1/ 86, MDR 1987, 485 = NJW 1987, 650; BayObLG v. 11.4.1991 – BReg.2 Z 28/91, NJW-RR 1992, 83; OLG Frankfurt v. 2.3.1998 – 20 W 54/98, WuM 1998, 303; LG Magdeburg v. 22.7.1996 – 3 T 117/96, Rpfleger 1997, 108 = NJW-RR 1997, 969. 9 BayObLG v. 23.9.1988 – 2Z 97/87, DNotZ 1989, 428; Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 14; Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5 Rz. 24; Götz in Abramenko, Handbuch WEG, § 1 Rz. 34. 10 Kritisch auch Becker, ZWE 2002, 341 (346).

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IV. Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, Abs. 2 | Rz. 9 § 10

IV. Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, Abs. 2 1. Grundstatut a) Gemeinschaftsordnung und Vereinbarungen als Verfassung der Gemeinschaft Die Vereinbarungen der Wohnungseigentümer bilden das rechtliche Grundstatut der Ge- 8 meinschaft. Zu den Vereinbarungen zählen auch der Aufteilungsvertrag nach § 3 Abs. 1 und die Teilungserklärung nach § 8. Im Gegensatz hierzu stehen Beschlüsse, die Ordnungsfragen regeln, aber auch dispositive Gesetzesvorschriften. Während Beschlüsse mehrheitlich getroffen werden können, setzen Vereinbarungen stets übereinstimmende Willenserklärungen aller Wohnungseigentümer voraus. Eine Vereinbarung kann grundsätzlich auch schlüssig getroffen oder geändert werden. Dies setzt aber die Kenntnis der geltenden Regelung und den Willen zu einer abweichenden Regelung voraus, eine schlichte Duldung eines rechtswidrigen Zustandes oder einer rechtswidrigen Nutzung genügt nicht.11 Langjährige Übung wird daher in der Regel nicht genügen, da ihr dieses Bewusstsein fehlt.12Entsprechendes gilt für Änderungen oder die Aufhebung von Vereinbarungen, sofern das gleiche Instrumentarium verwendet wird. Vereinbarungen können aber ausnahmsweise dann im Beschlusswege geändert werden, wenn Öffnungsklauseln bestehen oder ein solches Vorgehen gesetzlich vorgesehen ist. b) Vereinbarungen ohne „Verfassungscharakter“ Da nicht alle „Vereinbarungen“ der Wohnungseigentümer das Grundverhältnis der Gemein- 9 schaft betreffen, wird zwischen Vereinbarungen im formellen und im materiellen Sinne unterschieden.13 Allstimmige Beschlüsse unter Mitwirkung sämtlicher Eigentümer können Vereinbarungen im materiellen Sinne sein.14 Hierzu können auch gerichtliche Vergleiche zählen15 und Regelungen bei einem zwanglosen Zusammentreffen aller Wohnungseigentümer.16 Hingegen stellt die Festsetzung von Vorschüssen keine Vereinbarung im materiellen Sinne dar, so dass die Wohnungseigentümer hiervon abweichende Wirtschaftspläne beschließen können.17 Maßgeblich für die Abgrenzung ist nach h.M. nicht die Bezeichnung der Regelung, sondern deren materieller Inhalt.18 Dieser muss ggf. durch Auslegung ermittelt werden.19 Die Feststel-

11 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, ZMR 2015, 947 (949 Rz. 23 f.) = MDR 2015, 1057 = MietRB 2015, 300; AG Dortmund v. 10.12.2015 – 514 C 108/14, ZMR 2016, 233 (235). 12 AG Hamburg v. 24.11.2016 – 35a C 106/16, ZMR 2017, 192 (193); AG München v. 22.12.2016 – 484 C 8649/16, ZMR 2017, 269 (271). 13 BayObLG v. 4.7.1974 – BReg.2 Z 16/74, BayObLGZ 74, 275; Müller in FS Bärmann/Weitnauer, 1990, S. 506; vgl. zum Gesellschaftsrecht BGH v. 29.9.1955 – II ZR 225/54, BGHZ 18, 205. 14 BayObLG v. 13.6.2002 – 2Z BR 1/02, NJW-RR 2003, 9; OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – 3 Wx 392/00, ZWE 2001, 384. 15 OLG Köln v. 12.2.2003 – 16 Wx 204/02, NZM 2003, 400; zu weitgehend allerdings AG Wiesbaden v. 1.8.2014 – 92 C 3637/13, ZMR 2015, 494 f., wonach bereits der Vergleich über einen Beschluss im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG eine Vereinbarung sein soll. Immerhin ist bereits der Gegenstand des Vergleichs keine Vereinbarung und könnte durch Beschluss wieder abgeändert werden. 16 BayObLG v. 14.11.2002 – 2Z BR 107/02, NZM 2003, 199; AG Wiesbaden v. 1.8.2014 – 92 C 3637/13, ZMR 2015, 494. 17 LG Braunschweig v. 12.3.2013 – 6 S 251/12, ZMR 2015, 472. 18 OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – 3 Wx 392/00, NZM 2001, 530; OLG Hamm v. 10.9.1996 – 15 W 236/ 96, WE 1997, 32; OLG Zweibrücken v. 10.2.1997 – 3 W 200/96, WE 1997, 234; OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZWE 2001, 564; Abramenko in Abramenko, Handbuch WEG, § 5 Rz. 22; Hügel in FS Wenzel, 2005, 219 (222); Hügel, ZWE 2001, 578 (581); Kreuzer, WE 1997, 362; Kreuzer, ZWE 2000, 325 (327). 19 OLG Zweibrücken v. 10.2.1007 – 3 W 200/96, WE 1997, 234; OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZWE 2001, 563; Lüke in Weitnauer, § 10 WEG Rz. 28; Sauren, § 10 WEG Rz. 19.

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§ 10 Rz. 9 | Allgemeine Grundsätze lung des Inhalts einer Vereinbarung obliegt dem Tatrichter.20 Nach anderer Auffassung wird teilweise nicht auf den materiellen Inhalt der Regelung, sondern auf die gewählte Form der Entscheidungsfindung abgestellt.21 Für Bub bedarf dies nur dann einer Korrektur, wenn sich aus der Niederschrift ein Wille der Wohnungseigentümer ableiten lasse, keinen Beschluss zu fassen, sondern eine Vereinbarung schließen zu wollen.22 Dem ist nicht zu folgen. Da eine Vereinbarung formfrei gefasst werden kann, ist ihr mündlicher Abschluss möglich. Eine mündliche Vereinbarung kann aber auch dann zustande kommen, wenn alle Wohnungseigentümer nicht die Begrifflichkeit „vereinbaren“, sondern „beschließen“ verwenden. Es kann somit nicht entscheidend sein, welchen Begriff die Wohnungseigentümer verwenden. Ebenfalls ist unerheblich, ob diese Vereinbarung im Rahmen einer Eigentümerversammlung getroffen und der Text ausgehandelt oder ihm nur zugestimmt wird. Umgekehrt spricht die Protokollierung einer Vereinbarung durch die einzelnen Wohnungseigentümer ohne Eigentümerversammlung für eine Vereinbarung.23 Auch wenn also alle Erklärungen vorliegen, kann die Vereinbarung nicht in einen Beschluss umgedeutet werden.24 Sie wirkt somit vor der Eintragung in das Grundbuch nicht gegen Sonderrechtsnachfolger. c) Abgrenzung 10 Im Ergebnis wird es letztlich auf den materiellen Inhalt ankommen, d.h., die Wohnungseigen-

tümer müssen eine Regelung treffen wollen, die rechtsgestaltende Wirkung hat und auf Dauer angelegt ist. Sie muss sich darauf beziehen, die Grundordnung der Gemeinschaft zu ergänzen oder von ihr abweichen zu wollen. Sie betrifft die Innenbeziehung und schafft eine Ordnung ähnlich einer Satzung.25 Vereinbarungen regeln die schuldrechtlichen Beziehungen und nicht die sachenrechtliche Zuordnung.26 Deshalb wirken auch Vereinbarungen, durch die ein Wohnungseigentümer zur Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum ermächtigt wird, nicht gemäß § 10 Abs. 3 WEG gegen den Sonderrechtsnachfolger.27 Zu den formfrei möglichen, schuldrechtlichen Regelungen gehören auch Nutzungsregelungen. Die Gemeinschaftsordnung kann auch die Vorabgestattung enthalten, dass ein Wohnungseigentümer die Nutzung bestimmter Räume ändert.28 Auch sonstige Entscheidungskompetenzen der Eigentümerversammlung können auf einzelne Miteigentümer übertragen werden.29 Entscheidet die Eigentümerversammlung in derartigen Angelegenheiten gleichwohl durch Mehrheitsbeschluss, ist dieser mangels Beschlusskompetenz nichtig.30 Wesentliches Abgrenzungsmerkmal ist die Frage, ob eine abstrakt-allgemeine unbestimmte Anzahl von Einzelfällen oder nur ein kon-

20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

BayObLG v. 20.2.1997 – 2Z BR 136/96, ZMR 1997, 427. Bub in Staudinger, BGB, § 23 WEG Rz. 163a; Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 27 f. Bub in Staudinger, BGB, § 23 WEG Rz. 163a. AG Aachen v. 2.5.2008 – 12 II 223/06, ZMR 2015, 396 (397). AG Aachen v. 2.5.2008 – 12 II 223/06, ZMR 205, 396 (bestätigt durch OLG Köln v. 15.5.2009 – 16 Wx 12/9). BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9. BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9; Lehmann-Richter in Riecke/ Schmid § 10 WEG Rz. 103; KG v. 17.2.2015 – 1 W 370 – 379/14, ZMR 2015, 323. KG v. 17.2.2015 – 1 W 370 - 379/14, ZMR 2015, 323 (324); OLG München v. 15.5.2017 – 34 Wx 207/16, ZMR 2017, 820. OLG München v. 5.7.2013 – 34 Wx 155/13, MDR 2013, 1025 = MietRB 2013, 270 = ZMR 2014, 136; OLG München v. 11.11.2016 – 34 Wx 264/16, ZMR 2017, 177 f. LG München I v. 25.11.2013 – 1 S 1911/13, ZMR 2014, 399; LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 133/ 14, ZMR 2014, 661 jeweils zur Befugnis, über Instandhaltungsmaßnahmen zu befinden. LG München I v. 25.11.2013 – 1 S 1911/13, ZMR 2014, 399 (im konkreten Fall allerdings wegen Unbestimmtheit der Gemeinschaftsordnung verneint); LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 133/14, ZMR 2014, 661, 662); a.A. offenbar LG Itzehoe v. 3.12.2013 – 11 S 86/12, ZMR 2014, 906, wo in einem solchen Beschluss nur ein Verstoß gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung gesehen wird.

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IV. Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, Abs. 2 | Rz. 13 § 10

kret-individueller Einzelfall oder Fallgruppe geregelt werden soll.31 Nur in ersterem Fall handelt es sich um eine Vereinbarung, weil sie grundlegende Regelungen enthält. Beschlüsse sollen hingegen grundsätzlich nur die bestehenden Vereinbarungen ausführen. Die praktischen Auswirkungen dieser verschiedenen Rechtsauffassungen dürften aber eher gering sein, da im Zweifel davon auszugehen ist, dass die Wohnungseigentümer eine Vereinbarung schließen wollen, wenn der materielle Gehalt dies erfordert. Wirken nicht alle Wohnungseigentümer mit, kann eine Vereinbarung nicht zustande kommen. d) Aufteilungsplan Dem Aufteilungsplan kommt grundsätzlich keine Bedeutung einer Vereinbarung zu. Insb. 11 die dort vorgesehenen Nutzungsmöglichkeiten stellen keine Vereinbarung einer Zweckbestimmung dar.32 Allerdings können sie Auslegungshilfen der Teilungserklärung sein.

2. Zulässige Regelungen a) Grundsatz der Vertragsfreiheit Die wohnungseigentumsrechtlichen Vereinbarungen unterliegen grundsätzlich der Vertrags- 12 freiheit. Die Gemeinschaftsordnung bzw. Vereinbarungen der Wohnungseigentümer können somit auch einschneidend von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Regelungen enthalten, etwa die Verpflichtung, dass einzelne Wohnungseigentümer Teile des Gemeinschaftseigentums instandhalten müssen. Auch für konstruktive Teile einer Dachterrasse, also für Bestandteile des Gemeinschaftseigentums, deren Sanierung grundsätzlich Aufgabe aller Wohnungseigentümer ist, kann die Gemeinschaftsordnung nach § 10 Abs. 2 S. 2 WEG abweichende Regelungen vorsehen.33 Dies soll bei einer Formulierung, wonach jeder Eigentümer „Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z. B. Balkon, Loggia) (…) auf seine Kosten instandzuhalten und instandzusetzen (hat),“ der Fall sein.34 Wenn die Gemeinschaftsordnung eine Beschränkung der Instandhaltungskosten auf den 13 nichtkonstruktiven Teil der Terrasse nicht erkennen lässt, muss der Kläger somit die Gesamtkosten der Instandsetzung tragen. Allerdings sind solche Vereinbarungen eng auszulegen;35 in der Regel bildet ihr Wortlaut die Grenze ihrer Auslegung. Die Instandhaltungslast für konstruktive Teile des Gemeinschaftseigentums muss eindeutig bestimmt sein.36 Erlegt eine Vereinbarung einem Wohnungseigentümer die Instandhaltung und Instandsetzung bestimmter Teile des Gemeinschaftseigentums auf, ist er nicht auch verpflichtet, erstmalig einen ordnungsmäßigen Zustand herzustellen.37 Ist er zur Instandhaltung verpflichtet, muss er nicht auch Maßnahmen der Instandsetzung ergreifen.38 Muss er nach der Gemeinschaftsordnung die Kosten für den Austausch von Fensterglas tragen, erfasst dies nicht die Rahmen.39 31 So Kreuzer, ZWE 2000, 325 (327). 32 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 40/09, NotBZ 2010, 147 = MDR 2010, 434 = MietRB 2010, 115 = ZWE 2010, 178 = ZMR 2010, 461. 33 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 163/17; WuM 2018, 529 = MDR 2018, 986. 34 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 163/17; WuM 2018, 529 = MDR 2018, 986. 35 AG München v. 3.3.2016 – 484 C 30422/14, ZMR 2017, 273 (274). 36 AG Hamburg-Barmbek v. 23.2.2018 – 880 C 16/17, ZMR 2018, 880 (881). 37 LG Köln v. 22.12.2016 – 29 S 145/16, ZMR 2017, 262; LG München I v. 6.7.2017 – 36 S 17680/16, ZMR 2017, 923; AG Rosenheim v. 21.6.2017 – 8 C 34/16, ZMR 2017, 847. 38 BGH v. 9.12.2016 – V ZR 124/16, ZMR 2017, 412 (413 f.). 39 AG Rheinbach v. 28.7.2017 – 5 C 158/17, ZMR 2017, 936 (937).

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§ 10 Rz. 14 | Allgemeine Grundsätze 14 Räumt die Gemeinschaftsordnung dem Verwalter das Recht zu, abweichende Regelungen fest-

zusetzen, stellt dies in der Regel eine versteckte Beschlusskompetenz dar, da die Eigentümerversammlung erst recht darf, was der Verwalter darf.40 Gewährt die Gemeinschaftsordnung eigenständige Ansprüche, können diese unmittelbar, ohne vorherige Anrufung der Eigentümerversammlung zwecks Beschlussfassung geltend gemacht werden.41 b) Inhaltliche Grenzen 15 Die Vertragsfreiheit der Wohnungseigentümer wird zunächst begrenzt durch die allgemeinen

Schranken der §§ 134, 138 und 242 BGB.42 So soll die umfassende Ermächtigung eines Ehegatten oder Lebenspartners alle Rechte aus dem Wohnungseigentum für den anderen wahrzunehmen, mit Grundprinzipien des Wohnungseigentumsrechtes nicht vereinbar sein.43 Nichtigkeit ist auch dann anzunehmen, wenn die Vereinbarung in den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte eingreift.44 16 So können Delegiertenversammlungen nicht wirksam vereinbart werden, weil sie die Rechte

des einzelnen Wohnungseigentümers unverhältnismäßig einschränken.45 Auch ist es eine Verletzung des Kernbereichs, wenn die Verwalterwahl in der Gemeinschaftsordnung von einer qualifizierten Mehrheit abhängig gemacht wird. Hierdurch werden die Rechte der Wohnungseigentümer entgegen § 26 Abs. 1 S. 5 unzulässig eingeschränkt.46 Das Grundbuchamt darf die Eintragung aber nur dann ablehnen, wenn die Unwirksamkeit der Regelung zweifelsfrei feststeht.47 c) Bestimmtheit 17 Ferner muss eine von den dispositiven Regelungen des Gesetzes abweichende Vereinbarung

klar und eindeutig sein.48 Ist die Vereinbarung widersprüchlich und lässt sich der Widerspruch nicht durch Auslegung auflösen, ist sie unwirksam. Es gilt dann das dispositive Gesetzesrecht.49 So heben z.B. widersprüchliche Kostenverteilungsschlüssel in der Gemeinschaftsordnung die gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 2 WEG nicht auf.50 Wird etwa in der Gemeinschaftsordnung die einfache Stimmenmehrheit nur in Angelegenheiten ohne erhebliche Bedeutung zugelassen, ist diese Regelung unwirksam, weil die Abgrenzungskriterien vollkommen unbestimmt bleiben.51 Unwirksam sind auch unbestimmte oder sich widersprechende Regelungen sowie solche, die einer ordnungsgemäßen Verwaltung von vornherein entgegenstehen, diese unmöglich machen. Solchermaßen fehlerhafte und insb. unvollständige

40 AG Pinneberg v. 21.2.2017 – 60 C 61/16, ZMR 2017, 346. 41 AG München v. 24.5.2018 – 483 C 2817/16, ZMR 2018, 805. 42 BGH v. 24.2.1994 – V ZB 43/93, MDR 1994, 580 = ZMR 1994, 271; OLG Hamm v. 21.12.2016-I – 15 W 590/15, ZMR 2017, 419. 43 OLG Hamm v. 21.12.2016-I – 15 W 590/15, ZMR 2017, 419 (421). 44 BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, ZMR 2018, 234 (237). 45 LG München I v. 9.12.2010 – 36 S 1362/10, MietRB 2011, 257 = ZMR 2011, 415. 46 OLG München v. 5.4.2011 – 32 Wx 1/11, ZMR 2011, 738. 47 OLG Hamm v. 21.12.2016-I – 15 W 590/15, ZMR 2017, 419. 48 BGH v. 9.12.2016 – V ZR 124/16, ZMR 2017, 412 (413); LG München I v. 7.2.2017 – 1 S 8801/16, ZMR 2017, 330 (331); LG München I v. 6.7.2017 – 36 S 17680/16, ZMR 2017, 923; AG Hamburg v. 24.11.2016 – 35a C 106/16, ZMR 2017, 192; AG München v. 28.6.2017 – 481 C 24911/16, ZMR 2018, 461. 49 LG Nürnberg-Fürth v. 6.5.2015 – 14 S 4480/14, ZMR 2015, 805; AG München v. 28.6.2017 – 481 C 24911/16, ZMR 2018, 461. 50 BayObLG v. 31.7.2003 – 2Z BR 125/03, MietRB 2004, 16 = NJW-RR 2004, 228. 51 KG v. 4.3.1998 – 24 W 6949/97, MDR 1998, 1218 = NZM 1998, 520 = WuM 1998, 436.

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IV. Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, Abs. 2 | Rz. 19 § 10

Vereinbarungen können durch eine weitere Vereinbarung ergänzt werden. Die Klarstellung kann i.d.R. nicht durch Beschluss erfolgen (s.u. Rz. 19).

3. Auslegung a) Objektiv-normative Auslegung Aus der Feststellung, dass Vereinbarungen schuldrechtliche Verträge sind, folgt ihre Aus- 18 legungsfähigkeit. Dabei ist zunächst auf den Wortlaut und Sinn der Regelung abzustellen. Die objektive Auslegung hat den „aus sich selbst heraus“ festzustellenden Sinn zu erforschen. Ein hypothetischer Parteiwille ist zu berücksichtigen, wenn er aus der Vereinbarung und den dort in Bezug genommenen Unterlagen ablesbar ist.52 Der objektive Inhalt ist aus der Sicht eines unbefangenen Betrachters zu ermitteln.53 Dabei muss dem Bestimmtheitserfordernis Rechnung getragen werden.54 Die Regeln der ergänzenden Auslegung sind nicht nur auf vertragliche Vereinbarungen, sondern auch auf einseitige Willenserklärungen im Zusammenhang mit der Teilung (Teilungserklärung nach § 8 WEG) anzuwenden.55 Die Auslegung ist eng am Wortlaut vorzunehmen. Ist beispielsweise von der Pflicht zur Übernahme der Instandsetzungskosten durch die einzelnen Wohnungseigentümer die Rede, erfasst diese Regelung nicht die Instandhaltungskosten.56 Alle Vereinbarungen müssen so eindeutig gefasst werden, dass ihr Regelungsgehalt für den Sondernachfolger unzweifelhaft erkennbar ist. Dabei sind Vereinbarungen in den Kaufverträgen unerheblich.57 Gleichermaßen spielen die Vorstellungen der handelnden Personen, auch des Notars, über Sinn und Zweck der Regelung keine Rolle.58 Umstände außerhalb der Urkunde können nur herangezogen werden, wenn sie auch für objektive Dritte ohne weiteres erkennbar sind.59 Bei widersprechenden Erklärungen ist grundsätzlich keine vorrangig und es gelten dann die gesetzlichen Vorschriften.60 b) Keine „authentische Interpretation“ durch Beschluss Auch wenn ein praktisches Bedürfnis dafür gesehen werden könnte, unklare Vereinbarungen 19 durch Beschluss ergänzen zu wollen, so ist dennoch eine solche Vorgehensweise der Beschlusskompetenz entzogen.61 Eine widersprüchliche Erklärung ist nichtig und kann nicht durch Beschluss wirksam werden. Sofern eine Auslegung in Betracht kommt, kann ein hierauf gerichteter Beschluss nur deklaratorische Wirkung haben, der jederzeit überprüft wer-

52 BGH v. 1.6.1994 – V ZR 278/92, MDR 1994, 1112; BGH v. 14.3.1997 – V ZR 6/96, MDR 1997, 724; BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, NotBZ 2005, 32 = MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = ZWE 2005, 72 (76). 53 BGH v. 16.11.2012 – V ZR 9/12, MDR 2013, 22 = MietRB 2013, 13 = ZMR 2013, 290. 54 LG München I v. 25.11.2013 – 1 S 1911/13, ZMR 2014, 399 (399 f.). 55 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, NotBZ 2005, 32 = MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = ZWE 2005, 72 (77) m. Anm. Hügel. 56 BGH v. 25.9.2009 – V ZR 33/09, DWE 2009, 131. 57 BayObLG v. 30.5.1995 – 2Z BR 105/94, WuM 1995, 552. 58 BayObLG v. 30.5.1995 – 2Z BR 105/94, WuM 1995, 552; Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5 Rz. 68; LG München I v. 7.2.2017 – 1 S 8801/16, ZMR 2017, 330 (331); Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 42. 59 BGH v. 16.11.2012 – V ZR 9/12, MDR 2013, 22 = MietRB 2013, 13 = ZMR 2013, 290. 60 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2851; AG Nürnberg v. 6.6.2014 – 39 C 9810/13, ZMR 2016, 236, 238. 61 BGH v. 25.9.2009 – V ZR 33/09, NJW-RR 2010, 227; LG München I v. 13.2.2012 – 1 S 8790/11, ZMR 2014, 154; LG Nürnberg-Fürth v. 6.5.2015 – 14 S 4480/14, ZMR 2015, 805, 806 f.; a.A. AG Hildesheim v. 17.9.2013 – 44 C 15/13, ZMR 2014, 154.

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§ 10 Rz. 19 | Allgemeine Grundsätze den kann. Er kann sich nur auf die tatsächlichen Voraussetzungen beziehen.62 Dem Beschlussinhalt, die unklare Regelung der Gemeinschaftsordnung zukünftig in einer bestimmten Richtung anwenden zu wollen, hat hingegen im Zweifel ändernden Charakter und ist damit nichtig. Selbst die bloße Wiederholung von Inhalten der Gemeinschaftsordnung durch Beschluss wurde früher teilweise als unwirksam angesehen.63 Nach Auffassung des BGH handelt es sich allerdings nur um eine (unschädliche) deklaratorische Wiederholung.64

4. Umdeutung 20 Es ist eine Frage der Einzelfallwertung, ob eine nicht zustande gekommene Vereinbarung in

einen Beschluss umgedeutet werden kann. Da auf den materiellen Inhalt abzustellen ist, ist eine gescheiterte Vereinbarung, an der nicht alle Wohnungseigentümer mitgewirkt haben, im Zweifel ein rechtliches Nichts.65 Während nach § 23 Abs. 4 ein Beschluss so lange wirksam ist, als er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt wurde, existiert für Vereinbarungen eine entsprechende Vorschrift im WEG nicht. Hinsichtlich einer Vereinbarung kann keine Anfechtungsklage gem. § 46 WEG erhoben werden. In Betracht kommt nur eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit oder eines bestimmen Inhalts nach § 253 ZPO. Die im Zusammenhang mit dem Zustandekommen der Vereinbarung abgegebene Willenserklärung des einzelnen Wohnungseigentümers unterliegt aber der Anfechtung nach den Vorschriften des allgemeinen Teils des BGB.66 Die Umdeutung einer unwirksamen Vereinbarung in einen Beschluss wird sich nur dann begründen lassen, wenn die Wohnungseigentümer mit der gescheiterten Vereinbarung auf jeden Fall ein rechtliches Minus beschließen wollten. Dazu ist der wirkliche Wille zu erforschen, der sich aus dem objektiven Sinn der Erklärung aus der Sicht eines unbefangenen Betrachters ergibt.67 Nichtige Instandhaltungsregeln können beispielsweise in eine Kostenverteilungsregelung umgedeutet werden. Erforderlich ist dazu eine salvatorische Klausel,68 sowie ein vertraglicher Hinweis, dass die die Vereinbarung treffenden Personen ein solches Minus zumindest gewollt haben.

5. Vertrag mit Dritten 21 Eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer kann nicht in einem Vertrag mit einem Drit-

ten liegen. Der Vertrag mit einem Dritten hat Außenwirkung, während die wohnungseigentumsrechtliche Vereinbarung nur im Innenverhältnis wirkt. Bei einem Vertrag mit einem Dritten haben die Wohnungseigentümer nicht das Erklärungsbewusstsein, hierdurch gleichzeitig das Innenverhältnis regeln zu wollen, selbst wenn der Vertrag Fragen des Innenverhältnisses tangieren sollte. Auch kann der Vertrag mit einem Dritten nicht in das Grundbuch eingetragen werden. Dies gilt auch für den Verwaltervertrag.69 Ebenso wenig wie der Inhalt des 62 Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 132; wohl auch LG Nürnberg-Fürth v. 6.5.2015 – 14 S 4480/ 14, ZMR 2015, 805 (806). 63 BayObLG v. 1.12.2004-2Z BR 166/04, ZMR 2005, 891 f.; für Anfechtbarkeit bei bloßer Wiederholung der gesetzlichen Regelung LG Hamburg v. 23.12.2015 – 318 T 61/15, ZMR 2016, 307; ohne Problembewusstsein AG Bremen v. 18.6.2014 – 28 C 0095/13, ZMR 2015, 62. 64 BGH v. 28.10.2016-V ZR 91/16; WuM 2017, 168=ZMR 2017, 256 (258). 65 So auch Schuschke, NZM 2001, 497 (499). 66 So auch Elzer in Riecke/Schmid, Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl. 2010, § 10 WEG Rz. 94; Schuschke, NZM 2001, 497 (499). 67 OLG Düsseldorf v. 12.1.1998 – 3 Wx 546/97, NZM 1998, 269. 68 OLG Karlsruhe v. 7.7.2010 – 11 Wx 115/08, MietRB 2011, 123 = NZM 2011, 204. 69 LG Lüneburg v. 19.3.2009 – 9 S 67/08, ZMR 2009, 554; Schmidt in Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter, Rz. 214; einschränkend Lehmann-Richter in Riecke/Schmid § 10 WEG Rz. 89 u. 106 f.

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IV. Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, Abs. 2 | Rz. 24 § 10

Geschäftsführervertrags Auswirkungen auf die Satzung einer GmbH haben kann, kann der Verwaltervertrag eine wohnungseigentumsrechtliche Vereinbarung abändern, selbst wenn er von allen Wohnungseigentümern unterschrieben wurde. Selbst Regelungen in der Gemeinschaftsordnung, die neben den Beziehungen im Innenverhältnis auch solche zu Dritten regeln sollen, sind unwirksam. Dies wurde jüngst höchstrichterlich zu Klauseln in der Gemeinschaftsordnung entschieden, die die Wirkung der Abnahme des Gemeinschaftseigentums aufgrund eines Beschlusses der Eigentümerversammlung auf Nachzügler erstrecken sollte. Denn Gegenstand von Vereinbarungen nach § 10 Abs. 2 WEG können nur Regelungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander sein. Hierunter fällt die Abnahme des Gemeinschaftseigentums nicht.70 Dies erfasste dann auch einen Beschluss über die Beauftragung des Ingenieurbüros mit der Abnahme, da der Eigentümerversammlung dann trotz (scheinbarer) Regelung in der Gemeinschaftsordnung hierfür die Beschlusskompetenz hierfür fehlt.71

6. Pseudovereinbarungen Die Abgrenzung zwischen Beschlüssen und Vereinbarungen hat auch Bedeutung für die sog. 22 Pseudovereinbarungen (Zitterbeschlüsse). Begrifflich ist zu unterscheiden zwischen vereinbarungsersetzenden Beschlüssen, wenn eine Angelegenheit sowohl durch Beschluss als auch durch Vereinbarung geregelt werden kann (z.B. Gebrauchsregelungen gem. § 15), vereinbarungsändernden Beschlüssen, die statt einer Vereinbarung ergehen oder eine solche abändern sollen (z.B. Kostenverteilungsbeschluss für die Zukunft, abweichend von § 16 Abs. 2), sowie vereinbarungswidrigen Beschlüssen, durch die keine Vereinbarung ersetzt, sondern nur im Einzelfall verletzt wird (z.B. Kostenverteilungsbeschluss im Einzelfall abweichend von Gemeinschaftsordnung und ohne Ermächtigung nach § 16 Abs. 3).72 Vereinbarungs- oder gesetzesändernde Mehrheitsbeschlüsse sind nichtig und enthalten keine „Überlagerungswirkung“.73 Demgegenüber können vereinbarungsersetzende und vereinbarungswidrige Beschlüsse trotz ihrer Rechtswidrigkeit mangels Anfechtung bestandskräftig werden. Für diese gilt der Begriff des „Zitterbeschlusses“ weiter. Bestandskräftig gewordene Zitterbeschlüsse können nach den Grundsätzen des Zweitbeschlusses durch Mehrheitsbeschluss wieder aufgehoben werden,74 sofern nicht durch den Erstbeschluss bereits schützenswerte individuelle Rechtspositionen entstanden sind, die nicht ohne weiteres wieder entzogen werden können. Hieraus ergibt sich als praktische Konsequenz eine dreistufige Prüfung75: 23 – Zuordnung der beabsichtigten Regelung zur Ermittlung des rechtlichen Rahmens; – Feststellung der Handlungsform (Beschluss oder Vereinbarung); – ist eine Beschlussfassung denkbar, muss eine Zuordnung zu den drei Alternativen erfolgen. Bis zum Jahr 2000 entsprach es der h.M., dass Beschlüsse der Wohnungseigentümerversamm- 24 lung, die Vereinbarungen abändern, ergänzen oder ersetzen, nicht nichtig, sondern lediglich nach § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG a.F. anfechtbar sein sollten.76 Diese Auffassung hat der BGH77 BGH v. 25.2.2016 – VII ZR 49/15; ZMR 2016, 660 = MDR 2016, 515. BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15, MDR 2016, 762 = MietRB 2016, 233 = ZMR 2016, 711. Wenzel, ZWE 2000, 2 (5); Buck, WE 1998, 90. Wenzel, ZWE 2000, 2 (8). OLG Stuttgart v. 9.2.2001 – 8 W 54/98, ZWE 2001, 454. Vgl. Lüke, ZWE 2002, 49 (53). BGH v. 16.9.1994 – V ZB 2/93, MDR 1995, 792 = NJW 1994, 3230; BayObLG v. 24.8.2000 – 2Z BR 169/99, NJW 2000, 3503; Schmack/Kümmel, ZWE 2000, 433; Röll, ZWE 2000, 13; Demharter, WuM 2000, 291; Müller, NZM 2000, 854; Schmidt, NZM 2000, 902. 77 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 = NJW 2000, 3500.

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§ 10 Rz. 24 | Allgemeine Grundsätze auf entsprechende Literaturveröffentlichungen von Buck und – ihm folgend – Wenzel78 aufgegeben. Mangels entsprechender Beschlusskompetenz kann die Wohnungseigentümergemeinschaft daher grundsätzlich nicht mehr durch vereinbarungsändernde Beschlüsse in das Grundverhältnis der Eigentümergemeinschaft eingreifen. Vereinbarungs- oder gesetzesändernde Mehrheitsbeschlüsse sind nichtig und entfalten keine „Überlagerungswirkung“.79 Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen ist oder das Gesetz selbst für eine Gesetzesabweichung die Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft bestimmt. Solche gesetzesändernden Beschlüsse lässt das Gesetz seit der Novelle selbst zu. So kann gem. § 16 Abs. 3 durch einfachen Mehrheitsbeschluss der Kostenverteilungsschlüssel für Betriebs- und Verwaltungskosten gegenüber dem in § 16 Abs. 2 verankerten Grundsatz abgeändert werden. Mit qualifiziertem Mehrheitsbeschluss kann gemäß § 16 Abs. 4 WEG der Verteilungsschlüssel für Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten je Einzelfall verändert werden. Ebenso können bauliche Veränderungen beschlossen werden (§ 22 Abs. 1 WEG). Insoweit lässt sich von einer „gesetzlichen Öffnungsklausel“ sprechen. Da die Beschlusskompetenz eröffnet wird, können fehlerhafte Beschlüsse nur zur Anfechtbarkeit und nicht zur Nichtigkeit führen.80 Dies gilt auch, wenn die qualifizierte Mehrheit gem. §§ 16 Abs. 4 oder 22 Abs. 2 tatsächlich nicht erreicht, der Beschluss aber als zustande gekommen verkündet wurde.81 Auch in diesen Fällen handelt es sich um Zitterbeschlüsse. 25 In diesem Zusammenhang enthält § 16 Abs. 3 noch eine Besonderheit. Während verein-

barungs- oder gesetzeswidrige Beschlüsse deshalb nicht nichtig waren, weil sie nur einen sich erledigenden Einzelfall regelten, können die Kostenverteilungsschlüssel nunmehr auch dauerhaft per Beschluss geändert werden. Es handelt sich damit um einen gesetzlichen Fall des gesetzesändernden Beschlusses. Beschlüsse, welche aber nicht in das Grundverhältnis eingreifen, sondern vielmehr – wenn auch in vereinbarungswidriger Weise – Einzelfallregelungen treffen, sind auch weiterhin nicht nichtig, sondern nur anfechtbar. Unterbleibt eine Anfechtung, erwachsen solche Zitterbeschlüsse auch künftig in Bestandskraft. Ist ein solcher vereinbarungswidriger Beschluss bestandskräftig geworden, genügt ein einfacher Mehrheitsbeschluss als Zweitbeschluss, einen solchen formal bestandskräftigen Erstbeschluss wieder aufzuheben.82 26 Wurden von einem Wohnungseigentümer im Hinblick auf einen nach nunmehr h.M. nichtigen

Beschluss, welcher nach damaliger Rechtsprechung lediglich anfechtbar war, Aufwendungen getätigt, steht dem betreffenden Sondereigentümer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft ein Aufwendungsersatzanspruch zu, selbst wenn die betreffenden Wirtschaftsjahre bereits abgerechnet sind. Hat die Wohnungseigentümergemeinschaft z.B. die Kosten für eine Fenstersanierungsmaßnahme durch Beschluss einem Wohnungseigentümer auferlegt, entspricht es den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Mehrheit später – in Kenntnis der aktuellen BGH-Rechtsprechung bzw. der jetzigen Gesetzeslage – beschließt, die von dem Wohnungseigentümer außerhalb seines Sondereigentums aufgewendeten Sanierungskosten aus der Rücklage zu erstatten.83 Dabei dürfen die Wohnungseigentümer auch auf Verjährungseinwendungen verzichten.

78 79 80 81 82

Wenzel, ZWE 2000, 2. Wenzel, ZWE 2000, 2 (8). So auch Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 40. LG Berlin v. 23.9.2014 – 55 S 89/13, ZMR 2015, 327, 328. OLG Stuttgart v. 9.2.2001 – 8 W 54/98, ZWE 2001, 454; vgl. auch OLG Karlsruhe v. 31.5.2000 – 11 Wx 96/00, NZM 2000, 869; KG v. 30.3.1998 – 24 W 9038/97, WuM 1998, 433. 83 AG Neuss v. 9.11.2001 – 27c II 205/01, NZM 2002, 31; bestätigt durch OLG Düsseldorf v. 26.5.2008 – I – 3 Wx 271/07, ZMR 2008, 732 = WuM 2008, 368.

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IV. Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, Abs. 2 | Rz. 29 § 10

7. Öffnungsklauseln a) Regelungsgehalt Die Regeln der Gemeinschaftsordnung können grundsätzlich nur durch Vereinbarung aller 27 Wohnungseigentümer abgeändert werden. Neben den gesetzlichen Möglichkeiten (z.B. §§ 12 Abs. 4, 16 Abs. 3 und 4) ist ein Verzicht auf die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer dann entbehrlich, wenn die Gemeinschaftsordnung selbst eine sog. Öffnungsklausel enthält. Danach wird die Abänderung meist durch einen qualifizierten Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer zugelassen. Dies ist aber nicht zwingend notwendig. Im Rahmen der Privatautonomie kann auch vereinbart werden, dass eine einfache Mehrheit genügt. Öffnungsklauseln müssen wie alle anderen Vereinbarungen auch hinreichend bestimmt sein.84 Unklare oder widersprüchliche Klauseln sind nichtig. Allerdings kann eine Öffnungsklausel weit gefasst sein und die Änderung sämtlicher Regelungen in der Gemeinschaftsordnung erlauben.85 b) Beschlusskompetenz Die Regelung in der Gemeinschaftsordnung, dass mit einem bestimmten Mehrheitsquorum 28 die Gemeinschaftsordnung selbst abgeändert werden kann, bewirkt, dass zu Unrecht vom Versammlungsleiter verkündete Beschlüsse, die in Wirklichkeit die notwendige Mehrheit nicht erreichen, nicht nichtig sind. Wegen bestehender Beschlusskompetenz sind sie nur anfechtbar.86 Wird hingegen der Regelungsbereich der Öffnungsklausel im Beschluss verlassen, ist der Beschluss mangels Beschlusskompetenz nichtig.87 Was noch dem Regelungsbereich einer Öffnungsklausel unterliegt, kann im Einzelnen zweifelhaft sein. Soll so die Möglichkeit, die Gemeinschaftsordnung durch Dreiviertelmehrheit abzuändern, die Genehmigung eines Speicherausbaus nicht umfassen.88 c) Sachlicher Grund Die Rechtsprechung schränkt die Gestaltungsfreiheit der Wohnungseigentümer zur Abände- 29 rung der Gemeinschaftsordnung mittels Öffnungsklauseln teilweise ein. So wird behauptet, dass von der Öffnungsklausel nur dann Gebrauch gemacht werden dürfe, wenn ein sachlicher Grund zur Änderung vorliegt und einzelne Wohnungseigentümer gegenüber dem früheren Rechtszustand nicht unbillig benachteiligt werden.89 Die Literatur hat sich der Rechtsprechung überwiegend angeschlossen.90 Die h.M. schränkt hierdurch jedoch die Privatautonomie der Wohnungseigentümer unzulässig ein. Zwar ist zutreffend, dass alle Beschlüsse und somit auch solche, die auf eine Öffnungsklausel zurückzuführen sind, durch Anfechtung einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden können. Auch ist richtig, dass Beschlüsse dann 84 AG Hannover v. 25.3.2008 – 483 C 10450/07, ZMR 2008, 842. 85 LG Berlin v. 23.9.2014 – 55 S 89/13, ZMR 2015, 327 (328). 86 LG München I v. 3.12.2007 – 1 T 14033/06, ZMR 2008, 915; LG Berlin v. 23.9.2014 – 55 S 89/13, ZMR 2015, 327 (328). 87 Siehe hierzu auch Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 46. 88 AG München v. 29.8.2012 – 482 C 6671/11, ZMR 2018, 964 (965). 89 BGH v. 27.6.1985 – VII ZB 21/84, MDR 1986, 138 = NJW 1985, 2832; OLG Stuttgart v. 12.12.1985 – 8 W 344/84, NJW-RR 1986, 815; KG v. 28.7.1999 – 94 W 1542/99, NZM 2000, 348; KG v. 21.5.2003 – 24 W 253/02, NZM 2003, 642; LG Lübeck v. 8.12.1990 – 7 T 678/88, NJW-RR 1990, 912. 90 Siehe u.a. Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 18d; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 46; Lüke in Weitnauer, § 10 WEG Rz. 51; Becker/Kümmel/Ott, Wohnungseigentum, § 3 Rz. 162; a.A. Elzer, ZMR 2007, 237, 240; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, S. 212; kritisch auch Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5 Rz. 62.

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§ 10 Rz. 29 | Allgemeine Grundsätze rechtswidrig sind, wenn sie einzelne Wohnungseigentümer unbillig benachteiligen. Daher wird teilweise der Gebrauch der Öffnungsklausel nur dann zugelassen, wenn außergewöhnliche Umstände hierzu förmlich zwingen.91 Nur dann sei ein sachlicher Grund zur Abänderung der Gemeinschaftsordnung gegeben. Damit wird aber die Möglichkeit, von Öffnungsklauseln Gebrauch machen zu können, entgegen dem in der Öffnungsklausel verwendeten Wortlaut erheblich eingeschränkt.92 Die Öffnungsklausel wird um ein nicht geschriebenes Tatbestandsmerkmal erweitert und es wird damit unzulässig in die Privatautonomie eingegriffen.93 Auf keinen Fall ist das Vorliegen eines sachlichen Grundes aber kompetenzbegründend, d.h., dass der Grund nur im Rahmen der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen in Betracht kommt, sein Fehlen aber nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses führen kann.94 30 Das Gesetz selbst spricht seit der Novellierung auch gegen eine so stark eingrenzende Aus-

legung von Öffnungsklauseln.95 In den neuen §§ 12 Abs. 4, 16 Abs. 3 und Abs. 4 werden unter erleichterten Bedingungen Änderungen der Gemeinschaftsordnung zugelassen. Nach § 12 Abs. 4 können die Wohnungseigentümer eine bestehende Veräußerungsbeschränkung aufheben. Das Gesetz eröffnet damit die Möglichkeit, von der Gemeinschaftsordnung abzuweichen. § 16 Abs. 3 lässt Änderungen des Betriebskostenschlüssels zu. § 16 Abs. 4 betrifft die Kostenverteilung für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen sowie für die Durchführung von Modernisierung. Beides kann gem. § 16 Abs. 5 nicht durch Vereinbarung eingeschränkt werden. Der Gesetzgeber wollte mit diesen Erleichterungen die Privatautonomie der Wohnungseigentümer stärken, indem deren Rechte künftig durch einseitige Festlegungen in der Gemeinschaftsordnung weniger als bisher eingeschränkt werden können.96 Hätte der Gesetzgeber die Anwendbarkeit von Öffnungsklauseln einschränken wollen, hätte er – zumal ihm die diesbezügliche Rechtsprechung bekannt war – eine entsprechende Einschränkung gesetzlich normiert. Indem er dies unterließ und andererseits „gesetzliche Öffnungsklauseln“ in den Gesetzestext aufnahm, machte er deutlich, dass für einschränkende Auslegungen kein Raum ist. Im Übrigen würde die Regelung des § 16 Abs. 5 WEG leerlaufen, wenn die Änderung des Verteilungsschlüssels auf der Grundlage einer Öffnungsklausel stets einen besonderen sachlichen Grund erfordern würde, den § 16 Abs. 3 und 4 nicht fordern. Dann wäre die Abänderung aufgrund einer Öffnungsklausel eingeschränkt, was § 16 Abs. 5 gerade nicht zulässt. Für den Anwendungsbereich von § 16 Abs. 3 und 4 ist der BGH97 dieser Auffassung gefolgt. 31 Weiter formuliert § 10 Abs. 2 Satz 3 den Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Abände-

rung einer Vereinbarung, wenn die bisherige Regelung aus schwerwiegenden Gründen unbillig ist (s.u. Rz. 37 ff.). Es macht einen qualitativen Unterschied aus, ob ein Wohnungseigentümer die Abänderung einer Vereinbarung verlangen kann oder die Wohnungseigentümer mit qualifizierter Mehrheit eine solche für notwendig erachten. Würden in beiden Konstellationen die gleichen Kriterien zugrunde gelegt, wird der Mehrheitswille der Wohnungseigentü91 LG Köln v. 15.10.2009 – 29 S 102/09, IMR 2010, 1053. 92 So auch Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5, Rz. 62; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, S. 212; Sauren, NJW 1986, 2034. 93 Im Ergebnis ebenso BGH v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 249 = ZWE 2011, 328. 94 LG Berlin v. 19.4.2013 – 55 S 170/12 WEG, MietRB 2013, 357 = ZWE 2013, 333; LG Berlin v. 23.9.2014 – 55 S 89/13, ZMR 2015, 327 (329); LG München I v. 20.9.2010 – 36 S 1274/10, ZWE 2011, 102; Becker/Kümmel/Ott, Wohnungseigentum, § 3 Rz. 163; a.A. Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 19, aber im Gegensatz zur Vorauflage fordernd, dass sich im Wege der Auslegung eine Begrenzung der Beschlusskompetenz ergibt. 95 So auch OLG Hamm v. 10.9.2007 – 15 W 358/06, MietRB 2008, 46 f. = ZMR 2008, 156. 96 Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze, BT-Drucks. 16/887, 16. 97 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 249 = ZWE 2011, 327.

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IV. Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, Abs. 2 | Rz. 33 § 10

mer missachtet. Beim Mehrheitsbeschluss ist daher kein besonderer sachlicher Grund zu verlangen. Andernfalls träte an die Stelle des Ermessens der Wohnungseigentümer ohne Not das richterliche Ermessen. d) Rechtliche Qualifizierung Der Streit, ob eine Mehrheitsentscheidung aufgrund einer Öffnungsklausel eine Verein- 32 barung98 oder einen Beschluss99 darstellt, ist vom Gesetzgeber weitgehend entschärft worden. In § 10 Abs. 4 Satz 2 hat der Gesetzgeber nunmehr vorgesehen, dass Beschlüsse, die von einer Vereinbarung abweichen, nicht in das Grundbuch eingetragen werden müssen, um den Rechtsnachfolger zu binden.100 Damit bleibt die rechtliche Qualifizierung, ob es sich um Vereinbarungen oder Beschlüsse handelt, ohne Bedeutung. Die Auffassung von Hügel,101 dass Mehrheitsentscheidungen aufgrund einer Öffnungsklausel weiterhin der Eintragung in das Grundbuch bedürften, überzeugt nicht.102 Er begründet dies damit, dass der Gesetzgeber in § 10 Abs. 4 Satz 2 nur auf eine Eintragungspflicht von aufgrund einer Vereinbarung gefassten Beschlüssen verzichtet, während es sich aber nach seiner Rechtsauffassung bei solchen Beschlüssen gerade um Vereinbarungen handeln würde. Diese Auffassung ist mit dem gesetzgeberischen Willen nicht in Einklang zu bringen. Der Gesetzgeber will zwar die dogmatische Frage nicht klären, ob Mehrheitsbeschlüsse aufgrund einer Öffnungsklausel als Beschlüsse oder Vereinbarungen zu werten sind. Er will aber klarstellen, dass diese auf keinen Fall eingetragen werden müssen. Damit wird erreicht, dass die Grundbuchämter entlastet werden und die Übersichtlichkeit der Grundbücher nicht leidet.103 Mehrheitsbeschlüsse aufgrund einer Öffnungsklausel ergehen im „Kleid“ eines Beschlusses und müssen unabhängig von ihrem materiellen Inhalt nicht in das Grundbuch eingetragen werden.104 e) Verhältnis zu gesetzlichen Öffnungsklauseln Durch die Gesetzesreform haben Öffnungsklauseln letztlich an Bedeutung verloren. Teilweise 33 bestimmt das Gesetz seitdem selbst eine entsprechende Beschlusskompetenz, ohne dass diese eingeschränkt werden kann. So kann die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer, den Kostenverteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 3 und 4 abändern zu können, nicht durch Vereinbarung beschränkt oder ausgeschlossen werden, § 16 Abs. 5. Ebenso kann das Recht, über Modernisierungsmaßnahmen mit qualifizierter Mehrheit beschließen zu dürfen, nicht durch Vereinbarung tangiert werden, § 22 Abs. 2 Satz 2. Die Aufgaben des Verwalters nach § 27 Abs. 1–3 können ebenfalls nicht durch Vereinbarung eingeschränkt werden. In diesen Bereichen können Öffnungsklauseln nur noch zum Zwecke der Erweiterung der ohnehin gesetzlich vorgesehenen Beschlusskompetenz vereinbart werden. Eine solche Erweiterung ist z.B. schon dann gegeben, wenn die Öffnungsklausel entgegen der gesetzlichen Regelung keine Dreiviertel-, sondern nur eine Zweidrittelmehrheit vorsieht. Ebenso ist eine Erweiterung gegeben, wenn die Abänderung eines Kostenverteilungsschlüssels bei Instandsetzungsmaßnahmen aufgrund einer Öffnungsklausel nicht nur für den Einzelfall, sondern generell abgefasst werden kann. Auch die Aufgaben des Verwalters können erweitert werden, was allerdings seiner Zustimmung bedarf. 98 So Hügel, ZWE 2001, 578; Hügel, ZWE 2002, 503. 99 So Becker, ZWE 2002, 341; Schuschke, NZM 2001, 497 (498). 100 S. auch OLG München v. 13.11.2009 – 34 Wx 100/09, NotBZ 2010, 106 = MDR 2010, 102 = MietRB 2009, 14 = ZMR 2010, 393. 101 Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5, Rz. 64. 102 So auch Armbrüster, ZWE 2013, 242. 103 BT-Drucks. 16/887, 12 und 20. 104 So auch Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 5; Demharter, NZM 2006, 589; Commichau, ZWE 2010, 126.

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§ 10 Rz. 34 | Allgemeine Grundsätze f) Grenzen der Beschlusskompetenz aa) Keine Beschlüsse zulasten Dritter 34 Die Beschlusskompetenz aufgrund einer Öffnungsklausel endet naturgemäß dort, wo Dritte

betroffen sind. Auch auf der Basis von Öffnungsklauseln können die Wohnungseigentümer keine neuen Haftungstatbestände beschließen, z.B. die Haftung für spätere Erwerber begründen. Sollen diese für die Zahlungsrückstände eines früheren Wohnungseigentümers haften, ist ein entsprechender haftungsbegründender Beschluss als Rechtsgeschäft zu Lasten Dritter nichtig. bb) Belastungsverbot 35 Weniger klar ist die weitere Einschränkung des BGH aufgrund eines „immanenten Belas-

tungsverbots“.105 Klar ist noch der Ausgangspunkt, wonach auch eine Öffnungsklausel nur zu solchen Beschlussfassungen berechtigt, die bestimmte fundamentale inhaltliche Schranken zum Schutz der Minderheit beachtet. Derartige Schranken ergeben sich aus zwingenden gesetzlichen Bestimmungen wie §§ 134, 138, 242 BGB, aber auch aus den unentziehbaren Mitgliedschaftsrechten, selbst wenn auf sie verzichtet werden kann. Zu den in diesem Sinne mehrheitsfesten Rechten soll auch ein dem Verbandsrecht angeblich immanentes Belastungsverbot (vgl. § 53 Abs. 3 GmbHG, §§ 179 Abs. 3 u. 180 Abs. 1 AktG) gehören, das den Wohnungseigentümer vor der Aufbürdung neuer Pflichten schützt, die sich weder aus dem Gesetz noch aus der Gemeinschaftsordnung ergeben. Daher ist ein Beschluss, der die Instandhaltung gemeinschaftlichen Eigentums einzelnen Wohnungseigentümern überträgt, ohne Zustimmung des betroffenen Wohnungseigentümers unwirksam, auch wenn zu ihren Gunsten Sondernutzungsrechte an den betroffenen Flächen bestehen. Aus dem Text der ersten Entscheidung hierzu blieb allerdings unklar, welche Belastungen gemeint sind, zumal der Begriff dogmatisch kaum konturiert ist. Jede – aufgrund einer Öffnungsklausel unstreitig zulässige – Änderung des Kostenverteilungsschlüssels führt bei mindestens einem Wohnungseigentümer zu einer wirtschaftlichen Belastung. Es war nur zu vermuten, dass dasselbe gemeint war wie in der Rechtsprechung des V. Zivilsenates zur gesetzlichen Öffnungsklausel des § 16 Abs. 4 WEG106: Nichtigkeit soll nur bei gänzlich neuen Belastungen eintreten, für die es in Gemeinschaftsordnung und Gesetz keine Grundlage gibt.107 Auch dogmatisch erscheint die Entscheidung nicht zwingend. Denn sie verkennt, dass der betroffenen Regelung bereits eine Vereinbarung zugrunde liegt, mit der die Wohnungseigentümer auf besagte Individualrechte verzichtet haben. Hierin kann man ohne weiteres eine Zustimmung zur Beschlussfassung über verzichtbare Rechte sehen. cc) Eingriff in das sachenrechtliche Grundverhältnis oder den Kernbereich des Sondereigentums

36 Auch eine Öffnungsklausel gestattet nur Beschlüsse, die Vereinbarungen ersetzen. Nicht zuläs-

sig sind daher Beschlüsse, die in das sachenrechtliche Grundverhältnis eingreifen. Hierzu gehört nach zutreffender Auffassung auch die Begründung oder Aufhebung von Sondernutzungsrechten.108 Darüber hinaus darf nicht in den Kernbereich des Sondereigentums ein105 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, MDR 2015, 79 = NotBZ 2015, 231 = MietRB 2015, 46; ZWE 2015, 131 = ZMR 2015, 239. 106 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, MDR 2015, 79 = NotBZ 2015, 231 = MietRB 2015, 46 = ZMR 2015, 239 = ZWE 2015, 131. 107 So jetzt ausdrücklich BGH v. 13.5.2016 – V ZR 152/15, WuM 2016, 577 = ZMR 2016, 713; dem folgend etwa AG Leverkusen v. 8.11.2016 – 23 C 40/16, ZMR 2017, 105. 108 OLG Köln v. 10.12.1997 – 16 Wx 250/97; ZMR 1998, 373; LG Berlin v. 23.9.2014 – 55 S 89/13, ZMR 2015, 327, 329.

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V. Anspruch auf Änderung einer Vereinbarung, Abs. 2 Satz 3 | Rz. 37 § 10

gegriffen werden.109 Beschränkungen der Vermietung auf Mietverhältnisse, die länger als 14 Tage dauern, stellen aber keinen derartigen Eingriff dar.110

V. Anspruch auf Änderung einer Vereinbarung, Abs. 2 Satz 3 1. Rechtsentwicklung a) Abänderungsanspruch aus § 242 BGB In Ausnahmefällen haben die Wohnungseigentümer einen Anspruch, von den übrigen Woh- 37 nungseigentümern die Zustimmung zur Änderung einer Vereinbarung, insb. der Gemeinschaftsordnung, fordern zu können, § 10 Abs. 2 Satz 3 (siehe auch oben § 16 Rz. 88 ff.). Bis zur Gesetzesnovelle wurde auch von der h.M. ein solcher Anspruch ohne entsprechende gesetzliche Regelung grundsätzlich bejaht, aber aus § 242 BGB abgeleitet. Als Voraussetzung wurde allerdings definiert, dass außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an einer Vereinbarung als grob unbillig und damit gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen ließen. Eine bloße Kostenungerechtigkeit wurde als nicht ausreichend angesehen.111 Im Ergebnis war somit eine Abänderung einer Vereinbarung, insb. im Hinblick auf die Abänderung von Verteilungsschlüsseln gem. Gemeinschaftsordnung, nur unter ganz engen Voraussetzungen möglich. Teilweise wurden Flächenabweichungen zwischen den Angaben in der Teilungserklärung und den tatsächlichen Gegebenheiten von mehr als 50 % nicht als ausreichend angesehen, einen Anpassungsanspruch zu bejahen.112 Der BGH113 hat die Größe der Flächenabweichung letztendlich offengelassen, die für einen Abänderungsanspruch erforderlich sei. Entscheidend seien die Gesamtumstände des Einzelfalls und nicht allein das Maß der Kostenmehrbelastung. Ein Anpassungsanspruch sei abzulehnen, wenn die Auswirkungen einer nicht sachgerechten Kostenverteilung bereits beim Erwerb des Wohnungseigentums absehbar waren.114 So wurde der Anpassungsanspruch auch dann abgelehnt, wenn sich der teilende Eigentümer vorbehalten hatte, bestimmte Wohnungen noch auszubauen und er es unterlässt, eine Kostenbefreiung bis zum Ausbau der Wohnungen in die Gemeinschaftsordnung aufzunehmen. Dann müsse er sich weiterhin an den Kosten beteiligen, auch wenn nicht ausgebaut wurde.115 Demgegenüber sei ein Anpassungsanspruch nach Auffassung der Rechtsprechung denkbar, wenn die Flächenabweichungen durch eine nachträgliche bauliche Veränderung bedingt sind.116 Aber auch au-

109 LG Berlin v. 23.9.2014 – 55 S 89/13, ZMR 2015, 327; in der Sache auch LG Köln v. 15.4.2014 – 29 S 121/14, MietRB 2015, 176 = ZMR 2014, 789 (791). 110 LG Berlin v. 23.9.2014 – 55 S 89/13, ZMR 2015, 327 (328). 111 OLG Naumburg v. 10.1.2000 – 11 Wx 2/99, WuM 2001, 38. 112 BayObLG v. 10.11.1994 – 2Z BR 100/94, NJW-RR 1995, 529 eine Mehrbelastung von 22 % nicht als ausreichend ansehend; OLG Köln v. 2.4.2001 – 16 Wx 27/01, DWE 2001, 100 einen Änderungsanspruch wegen einer Mehrbelastung von 30 % verneinend; OLG Frankfurt v. 13.4.2000 – 20 W 485/98, NZM 2001, 140 bei 31 % Flächenabweichung verneinend; BayObLG v. 1.2.2001 – 2Z BR 136/00, NZM 2001, 290 eine Mehrbelastung von 50 % nicht als ausreichend ansehend; OLG Frankfurt v. 13.4.2000 – 20 W 485/98, NZM 2001, 140 einen Anspruch auf Abänderung bei 59%iger Mehrbelastung verneinend; BayObLG v. 19.2.1987 – BReg.2Z 114/86 grobe Unbilligkeit bei einer Flächenabweichung von 171 % bejahend; BayObLG v. 2.2.1995 – 2Z BR 131/94, WuM 1997, 61 den Abänderungsanspruch bei einer Abweichung von 87,5 % annehmend. 113 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, NotBZ 2005, 32 = MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = ZMR 2004, 834. 114 So auch OLG Hamm v. 9.9.2002 – 15 W 235/00, MietRB 2003, 109 = ZMR 2003, 286; OLG Köln v. 23.11.2001 – 16 Wx 202/01, ZMR 2002, 780. 115 OLG Düsseldorf v. 20.3.1998 – 3 Wx 7/98, NZM 1998, 867; KG v. 1.9.2003 – 24 W 285/02, ZMR 2004, 620. 116 OLG Düsseldorf v. 8.1.2001 – 3 Wx 402/00, ZMR 2001, 378.

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§ 10 Rz. 37 | Allgemeine Grundsätze ßerhalb der Kostenverteilungsproblematik wurden Anpassungsansprüche meist ablehnend beschieden. So sollte auch bei wirtschaftlichem Ungleichgewicht der Stimmrechte und der Gefahr der Majorisierung kein Anspruch auf Änderung der in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Stimmrechte bestehen.117 b) Regelungsinhalt des Anspruchs aus § 10 Abs. 2 S. 3 38 Der Gesetzgeber hat diese Rechtsprechung i.S.d. Rechtssicherheit im Kern kodifiziert, aber

gleichzeitig die Eingriffsschwelle herabgesetzt sowie die Anpassungstatbestände erweitert. Erfasst werden sollen auch Fälle, in denen sich die Gemeinschaftsordnung von Anfang an als verfehlt erweist, also nicht erst später eine Änderung eintritt.118 Grundsätzlich können sämtliche Vereinbarungen nach § 10 Abs. 2 Satz 3 geändert werden.119 Da diese Vorschrift eine Abänderung der gesetzlichen bzw. vereinbarten Regelung vorsieht, was eine Dauerregelung voraussetzt, besteht kein Anspruch auf ein einmaliges Abweichen von einem bestehenden Kostenverteilungsschlüssel.120 Der bloße Anspruch auf Abänderung einer Vereinbarung kann der Gemeinschaft etwa im Rahmen einer Zahlungsklage nicht entgegengehalten werden.121 Der von der unbilligen Regelung benachteiligte Wohnungseigentümer muss also die Abänderung durchsetzen, um ihr nicht mehr zu unterliegen. c) Keine Änderung des sachenrechtlichen Grundverhältnisses 39 Ebenso wie die Rechtslage vor der WEG-Novelle gibt auch die geltende Regelung keinen An-

spruch auf Änderung der Eigentumsverhältnisse, insb. der Miteigentumsanteile. Auch Veränderungen, die in den Risikobereich eines Wohnungseigentümers fallen, sind unerheblich. Die Annahme eines solchen Abänderungsanspruchs hinsichtlich der sachenrechtlichen Grundlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft verbietet sich bereits aufgrund des eindeutigen Wortlauts und der systematischen Stellung der Vorschrift.122 d) Keine Vergemeinschaftung 39a Der Anspruch auf Abänderung von Vereinbarungen kann nicht zur Ausübung auf den teil-

rechtsfähigen Verband übertragen werden.123 Denn er betrifft nicht die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums, sondern die inhaltliche Ausgestaltung des Gemeinschaftsverhältnisses. Zudem gehört § 10 Abs. 2 S. 3 WEG zum Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte, da der Änderungsanspruch gerade die Beseitigung unbilliger Härten im Verhältnis zu seinen Miteigentümern und somit den individuellen Schutz des Einzelnen bezweckt. Nach diesem Schutzzweck ist es aber geboten, dass der einzelne Wohnungseigentümer selbst darüber entscheiden kann, ob und mit welchem Inhalt er den Anspruch auf Abänderung einer für ihn unbilligen Regelung geltend macht. Daran ändert sich auch dadurch nichts, wenn der Abänderungsanspruch von allen übrigen Wohnungseigentümern gegen den Kläger geltend gemacht wird.

KG v. 10.1.1994 – 24 W 4817/93, NJW-RR 1994, 525. LG München I v. 13.6.2013 – 36 S 10305/12, ZMR 2014, 54 (55 f.). BT-Drucks. 16/887, 19. Zutreffend LG Köln v. 28.5.2009 – 9 S 135/08, ZWE 2010, 222. LG Nürnberg-Fürth v. 6.5.2015 – 14 S 4480/14, ZMR 2015, 805 (807); LG Frankfurt/M. v. 23.7.2015 – 2 – 13 S 172/14, ZMR 2015, 958 (959). 122 BGH v. 12.4.2013 – V ZR 103/12, MDR 2013, 765 = NotBZ 2013, 346 = MietRB 2013, 208 = ZWE 2013, 330 = MR 2013, 730; Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 128; Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, Teil 5. A. Rz. 33. 123 BGH v. 13.10.2017 – V ZR 305/16; ZMR 2018, 242 = MDR 2018, 1254; LG Nürnberg-Fürth v. 28.9.2016 – 14 S 2471/16, ZMR 2017, 91. 117 118 119 120 121

188 | Abramenko

V. Anspruch auf Änderung einer Vereinbarung, Abs. 2 Satz 3 | Rz. 42 § 10

Denn es bleibt ihnen unbenommen, gemeinsam zu klagen oder sich auf einen Musterprozess zu einigen. Eine Beschluss, der Ansprüche aus § 10 Abs. 2 S. 3 WEG gleichwohl vergemeinschaftet, ist nichtig.124

2. Verhältnis zu anderen Korrekturmöglichkeiten a) Auslegung Einer Änderung nach § 10 Abs. 2 S. 3 geht die Auslegung der bereits bestehenden Verein- 40 barung vor.125 Kommt man bereits auf diesem Wege zu einer „Entschärfung“ unzulänglicher Regelungen, bedarf es einer Vereinbarungsänderung nach § 10 Abs. 2 S. 3 nicht. b) Anwendbarkeit dispositiven Gesetzesrechtes Auch bei Widersprüchen innerhalb der Gemeinschaftsordnung kann eine dort getroffene Re- 41 gelung u.U. ohne weiteres hinfällig sein. Steht die betreffende Vereinbarung im Widerspruch zu anderen Vereinbarungen, ohne dass ein Rangverhältnis ermittelt werden kann, treten die einschlägigen Rechtsnormen an die Stelle der widersprüchlichen Vereinbarungen.126 Auch in diesem Fall bedarf es des Rückgriffs auf § 10 Abs. 2 S. 3 nicht. c) Verhältnis zu § 16 Abs. 3, Abs. 4 Hinsichtlich der Kostenverteilung innerhalb der Eigentümergemeinschaft ist zu berücksichti- 42 gen, dass § 16 Abs. 3 und Abs. 4 für den Hauptanwendungsfall der Kostenverteilungsschlüssel eine einfachere Abänderungsmöglichkeit durch Mehrheitsbeschluss bietet. Dennoch ist § 10 Abs. 2 Satz 3 nicht überflüssig. § 16 Abs. 3 und Abs. 4 stärken das Gemeinschaftsinteresse, während § 10 Abs. 2 Satz 3 das Individualinteresse schützt. Kommt es in der Praxis zu einer negativen Beschlussfassung nach § 16 Abs. 3 oder Abs. 4 und lehnt die Wohnungseigentümerversammlung den Antrag auf Abänderung des Verteilungsschlüssels ab, besteht neben der Möglichkeit des § 10 Abs. 2 Satz 3 auch die der Anfechtung des Negativbeschlusses. Neben dem Anfechtungsantrag muss nicht mehr gleichzeitig ein Verpflichtungsantrag gestellt werden, um das Rechtsschutzinteresse zu begründen.127 Voraussetzung ist aber, dass die Anfechtung des abgelehnten Beschlusses schon hinreichend das Begehren verkörpert, gewissermaßen einen Umkehrschluss zulässt. Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, die Vorgehensweisen in den §§ 16 Abs. 3 und 10 Abs. 2 Satz 3 alternativ auszugestalten.128 Diesen gesetzgeberischen Willen übersieht die Auffassung, welche § 16 Abs. 3 als lex specialis gegenüber § 10 Abs. 2 Satz 3 ansieht,129 ebenso, wie die Auffassung, die wegen der bestehenden Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 3 für eine Klage auf Abänderung der Verteilungsschlüssel der Betriebs- und Verwaltungskosten nach § 10 Abs. 2 S. 3 keinen Raum zulässt.130

124 BGH v. 13.10.2017 – V ZR 305/16; ZMR 2018, 242 = MDR 2018, 1254. 125 Amtl. Begründung in BT-Drucks. 16/887, 19; BGH v. 13.5.2016 – V ZR 152/15, ZMR 2016, 713 (715). 126 AG Hamburg – St. Georg v. 25.7.2013 – 980b C 98/12, ZMR 2014, 61 (62); vgl. o. Rz. 17. 127 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 = ZMR 2010, 542; siehe hierzu auch Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 64. 128 BT-Drucks. 16/887, 19. 129 So Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 132; Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, Teil 5. Rz. 34; Elzer in Riecke/Schmid 3. Aufl. 2010, § 10 WEG Rz. 189. 130 So aber BGH v. 17.12.2010 – V ZR 131/10, MietRB 2011, 214 = ZMR 2011, 485 = ZWE 2011, 170.

Abramenko | 189

§ 10 Rz. 43 | Allgemeine Grundsätze 43 Hinsichtlich der Kostenverteilungsschlüssel besteht zwischen § 16 Abs. 3 und 4 einerseits und

§ 10 Abs. 2 Satz 3 andererseits ein Stufenverhältnis.131 Wenn sich die Wohnungseigentümer mit der jeweils erforderlichen Mehrheit für eine Abänderung des Verteilungsschlüssels entschließen, sind keine besonderen Anforderungen zu stellen. Will aber ein Wohnungseigentümer die Veränderung ggf. auch gegen den Willen der übrigen Wohnungseigentümer erzwingen, sind die schwerwiegenden Gründe vorzutragen, die die Änderung aus Billigkeitsgründen erforderlich machen sollen. Wäre bei Veränderungswünschen der Verteilungsschlüssel von Betriebs- und Verwaltungskosten nur der Weg über § 16 Abs. 3 gangbar, träte ein Wertungswiderspruch auf, weil der Begriff der ordnungsmäßigen Verwaltung keinen Hinweis auf schwerwiegende Gründe des Einzelfalls und auf Unbilligkeitskriterien enthält.132 Auch für den Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3 wird § 10 Abs. 2 S. 3 nicht ausgehöhlt. § 16 Abs. 3 und 4 ist gegenüber § 10 Abs. 2 Satz 3 nicht lex specialis (s. auch § 16 Rz. 88b).133 44 Beispielsweise können die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit die Betriebskosten ei-

nes Aufzugs (s. hierzu auch unten § 16 Rz. 94 ff.) nach der Etagenhöhe und damit unter Berücksichtigung der Gebrauchsmöglichkeit verteilen.134 Ein Anspruch hierauf besteht aber nicht, selbst wenn der Wohnungseigentümer nachweislich den Aufzug nicht nutzt. Der Abänderungsanspruch scheitert in diesem Fall daran, dass weder eine Änderung am Objekt noch eine Veränderung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist. Auch ist kein Irrtum bei der Abfassung der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung feststellbar. Diese Kriterien sind zwar nicht ausschließlich maßgebend.135 Der Wortlaut stellt nur auf die schwerwiegenden Gründe ab, die zwar in der Regel, aber nicht zwingend durch nachträgliche Veränderungen am Bauwerk oder durch eine irrtümliche Abfassung der Teilungserklärung bedingt sein werden. Dies sind keine abschließenden Kriterien. Die Nichtnutzung des Aufzugs ist aber kein so schwerwiegender Grund, die Abänderung des Verteilungsschlüssels verlangen zu können, insb. wenn dies ausschließlich am fehlenden Nutzungswillen oder der Etagenhöhe der Wohnung liegt. Ist hingegen die Nutzungsmöglichkeit faktisch nicht gegeben, weil beispielsweise kein Zugang zum Aufzug für den betreffenden Wohnungseigentümer besteht, lässt sich der Änderungsanspruch, auch ohne dass zwischenzeitlich eine bauliche Veränderung stattgefunden hat, begründen. Die Nutzungsmöglichkeit muss dauerhaft ausgeschlossen sein. Ein Abänderungsanspruch lässt sich nicht durch eine vorübergehende Unbilligkeit (s. auch o. Rz. 38) rechtfertigen. Die Verlässlichkeit des gewählten Kostenverteilungsschlüssels und die Vorhersehbarkeit der Belastungen würden entgegenstehen.136

3. Voraussetzungen a) Absenkung der Anforderungen gegenüber dem Anspruch aus § 242 BGB 45 Die seit 1.7.2007 geltende Fassung senkt gegenüber der früheren Rechtsprechung die Anfor-

derungen, indem der Begriff der „außergewöhnlichen Umstände“ durch den Begriff der

131 A.A. Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 161, der auch für das Tatbestandsmerkmal der ordnungsmäßigen Verwaltung in § 16 Abs. 4 schwerwiegende Anpassungsgründe zur Beseitigung einer Unbilligkeit fordert. 132 So auch die amtliche Begründung in BT-Drucks. 16/887, 20. 133 So auch LG Hamburg v. 17.3.2010 – 318 S 84/09, ZMR 2010, 635; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 118; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 64, der umgekehrt hervorhebt, dass § 10 Abs. 2 S. 3 lex specialis zu § 21 Abs. 4 ist; a.A. Lehmann-Richter in Riecke/Schmid § 10 WEG Rz. 214; Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 161; differenzierend Dötsch in Timme, § 10 WEG Rz. 274. 134 LG Nürnberg-Fürth v. 25.3.2009 – 14 S 7627/08, ZMR 2009, 638 = NZM 2009, 363. 135 Siehe auch die amtl. Begründung in BT-Drucks. 16/887, 19. 136 BGH v. 17.12.2010 – V ZR 131/10, MietRB 2011, 214 = ZWE 2011, 170 = ZMR 2011, 485.

190 | Abramenko

V. Anspruch auf Änderung einer Vereinbarung, Abs. 2 Satz 3 | Rz. 48 § 10

„schwerwiegenden Gründe“ ersetzt wird. Zudem muss die bisherige Regelung nicht mehr grob unbillig, sondern nur noch unbillig sein, um den Abänderungsanspruch zu eröffnen. Damit steht zwar fest, dass die Eingriffsschwelle gesenkt werden soll.137 Es ist aber nach wie vor von einem strengen Maßstab für die Abänderung auszugehen, da jeder Wohnungseigentümer darauf vertrauen kann, dass einmal Vereinbartes auch Bestand hat. Die bloße Unzweckmäßigkeit einer Regelung begründet also keinen Abänderungsanspruch.138 Unklar bleibt aber, wo aufgrund der weiterhin verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe die „schwerwiegenden Gründe“ und die „Unbilligkeit“ anzusiedeln sind (s. hierzu auch unten Rz. 48 ff.). b) Ungleichbehandlung Generell ist bei den „schwerwiegenden Gründen“ eher auf die objektiv vorliegenden Umstän- 46 de und bei der „Unbilligkeit“ auf die spezifischen Interessen der Wohnungseigentümer abzustellen.139 Die Kürzung von Nutzungsmöglichkeiten gemeinschaftlicher Anlagen und Einrichtungen oder Beschränkungen geringen Umfangs werden kaum „schwerwiegende Gründe“ darstellen können. Auch ist nicht zu verkennen, dass eine bloße Kostenungerechtigkeit nicht schon schlechthin ausreicht.140 Ist ein einzelner Wohnungseigentümer in der Gemeinschaftsordnung privilegiert worden, wird dies i.d.R. ebenfalls keinen Anpassungsanspruch begründen. Dies wird kaum einen der anderen Wohnungseigentümer schwerwiegend belasten. Zudem ist zu prüfen, ob die Kostenbefreiung eines Wohnungseigentümers sachlich gerechtfertigt war. Die erstmalige Belastung eines Wohnungseigentümers mag zwar durch einen Beschluss nach § 16 Abs. 3 nicht möglich sein,141 ist aber als Abänderungsanspruch nach § 10 Abs. 2 S. 3 nicht gänzlich ausgeschlossen. c) Sonstige Fälle Es ist mit Recht darauf hinzuweisen142, dass der Anpassungsanspruch nicht voraussetzt, dass 47 eine Ungleichbehandlung vorliegt. Auch ein Nachteil, der alle Wohnungseigentümer betrifft, kann demnach den Anpassungsanspruch begründen, wie z.B. Veränderungen von Umweltbedingungen, wenn hierdurch eine von der Gemeinschaftsordnung vorgesehene Nutzungsmöglichkeit sinnlos wird. Zu denken ist z.B. daran, dass durch Veränderungen bauordnungsrechtlicher Umstände einzelne Räumlichkeiten nicht mehr derart nutzbar sind, wie von der Gemeinschaftsordnung vorgesehen.143 Werden z.B. mehrere Wohnungen zum Zwecke eines „Wohnheims“ geteilt, weil das Objekt zuvor als solches für einen benachbarten Konzern genutzt wurde, kann der Sinn dieser Vereinbarung entfallen, wenn das benachbarte Unternehmen geschlossen wird. Auch ist es denkbar, dass durch den gesellschaftlichen Wandel in der Gemeinschaftsordnung vorgegebene Nutzungsmöglichkeiten irrelevant werden. d) Einzelne Kriterien Der Begriff der „Unbilligkeit“ setzt eine allseitige Interessenabwägung voraus. So sind auch 48 die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer, wie Abs. 2 Satz 3 besonders hervorhebt, bei

LG München I v. 13.6.2013 – 36 S 10305/12, ZMR 2014, 54 (55). LG München I v. 13.6.2013 – 36 S 10305/12, ZMR 2014, 54 (55). Amtl. Begründung BT-Drucks. 16/887, 19. S. hierzu AG Hamburg – Wandsbek v. 8.10.2009 – 740 C 26/09, ZMR 2010, 236, wonach zweifelhaft ist, ob überhaupt ein Personenzahlschlüssel ggü. Miteigentumsanteilen gerechter ist. 141 So BGH v. 1.6.2012 – V ZR 225/11, MDR 2012, 899 = MietRB 2012, 234 f. = ZMR 2012, 709. 142 Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 50. 143 Vgl. BGH v. 26.2.2016 – V ZR 250/14, ZMR 2016, 553 = ZWE 2016, 329 = MDR 2016, 819 = MietRB 2016, 226.

137 138 139 140

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§ 10 Rz. 48 | Allgemeine Grundsätze der Wertung zu berücksichtigen.144 Dies kann dazu führen, dass zwar in der Person des die Änderungen wünschenden Wohnungseigentümers schwerwiegende Gründe für das Verlangen liegen, die Änderung aber gleichzeitig zu einer erheblichen Belastung der Interessen der anderen Wohnungseigentümer führen würde. 49 Auch dürfen die schwerwiegenden Gründe für einen Abänderungsanspruch nicht lediglich

eine Momentaufnahme darstellen. Schwerwiegend kann ein Grund nur dann sein, wenn er auf Dauer zu einer gewissen Unzumutbarkeit führt. So kann kein Wohnungseigentümer die Einführung eines Personenzahlschlüssels fordern, nur weil der Lebenspartner ausgezogen ist. Auch darf die Unbilligkeit der Wohnungseigentümer nicht selbst herbeigeführt haben. e) Einzelfälle aa) Unmöglichkeit des bestimmungsgemäßen Gebrauchs von Sondereigentum 50 Schwerwiegende Gründe gemäß § 10 Abs. 2 S. 3 WEG können auch dann vorliegen, wenn die

Räumlichkeiten zu der in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Nutzung dauerhaft nicht vermietbar sind.145 Hierfür trägt der Miteigentümer, der eine abweichende Nutzung begehrt, die Darlegungs- und Beweislast. Liegt dieser Fall vor, können gleichwohl konkrete Interessen auf Seiten der anderen Eigentümer gegen eine entsprechende Anpassung sprechen. Hierbei sind sowohl der für die Liegenschaft möglicherweise stärker prägende Eindruck der Erdgeschosseinheit, aber auch die Nachteile eines dauerhaften Leerstandes für die gesamte Liegenschaft zu berücksichtigen. bb) Kostenverteilungsschlüssel 50a Hinsichtlich der Kostenverteilungsschlüssel rechtfertigt eine 25%ige Mehrbelastung einen

Anspruch auf sachgerechte Kostenverteilung.146 Diesen Schwellenwert muss der Anspruchssteller erreichen, wenn er durch Abänderung des Verteilungsschlüssels entlastet werden will.147 Klagen mehrere Wohnungseigentümer ist ihre Mehrbelastung nicht zu addieren. Andernfalls würde eine Gruppe von Wohnungseigentümern (z.B. 25, die alle 1 % zu hoch belastet sind) gegen die Mehrheit der Wohnungseigentümer stets eine Abänderung durchsetzen können. Dieser Schwellenwert ist aber nur ein Indiz für eine unbillige Mehrbelastung. Es sind stets alle Umstände abzuwägen. So kann trotz Erreichens des Schwellenwertes eine unterschiedliche Gebrauchsregelung (Differenzierung zwischen Teil- und Wohnungseigentum) eine scheinbare Ungleichbehandlung rechtfertigen.148 51 Die Mehrbelastung muss auch nicht alle Kosten insgesamt betreffen. Es kann genügen, wenn

der Anspruchssteller nur bei einer Kostenposition unverhältnismäßig stark belastet wird. Dabei ist aber zu prüfen, ob sich dieser Nachteil bei einer anderen Kostenposition in einen Vor-

144 LG München I v. 13.6.2013 – 36 S 10305/12, ZMR 2014, 54 (55); AG Elmshorn v. 3.12.2013 – 48 C 8/13, ZMR 2014, 323 (324); AG Nürnberg v. 14.2.2014 – 16 C 4425/13, ZMR 2014, 682 (683). 145 BGH v. 23.3.2018 – V ZR 307/16; WuM 2018, 387 = ZfIR 2018, 451. 146 Allg. Meinung: BGH v. 11.6.2010 – V ZR 174/09, MDR 2010, 1043 = MietRB 2010, 267 = NZM 2010, 624; OLG Köln v. 16.11.2007 – 16 Wx 154/07, ZWE 2008, 395; KG v. 14.6.2004 – 24 W 32/ 04, ZMR 2004, 705 = NZM 2004, 549; LG Nürnberg-Fürth v. 26.8.2009 – 14 S 3582/09, IMR 2010, 292; Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 47; Briesemeister, WEG-Reform, S. 16; Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 158; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 56; offen lassend: Sauren, § 10 WEG Rz. 76; Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 21. 147 BGH v. 11.6.2010 – V ZR 174/09, MDR 2010, 1043 = MietRB 2010, 267 = NJW 2010, 3296 = ZMR 2010, 778 = ZWE 2010, 330. 148 BGH v. 17.12.2010 – V ZR 131/10, MietRB 2011, 214 = ZWE 2011, 170 = ZMR 2011, 485.

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V. Anspruch auf Änderung einer Vereinbarung, Abs. 2 Satz 3 | Rz. 54 § 10

teil verkehrt. Selten lässt sich bei nur einer unbilligen Position das Kriterium des schwerwiegenden Grundes annehmen. Die Vereinbarung qualifizierter Mehrheiten mag die Verwaltung einer Liegenschaft erschwe- 52 ren. Dies alleine rechtfertigt aber noch keinen Anspruch auf Abänderung einer diesbezüglichen Bestimmung in der Teilungserklärung.149 cc) Nutzungsregelungen Nutzungsregelungen können grundsätzlich nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG abgeändert werden. 53 Neben der Unbilligkeit einer solchen Nutzungsbestimmung für den einzelnen Miteigentümer ist aber stets auch zu prüfen, ob sie die anderen Wohnungseigentümer schützen will. So besteht kein Anspruch auf Abänderung, wenn mit der Nutzungsbestimmung von Gewerberäumen als Arztpraxis gerade die ökonomische Grundlage einer in der Liegenschaft befindlichen Apotheke gesichert werden soll.150 Auch in der Gemeinschaftsordnung festgelegte Öffnungszeiten von Ladenlokalen sind grundsätzlich der Änderung nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG zugänglich.151 dd) Sondernutzungsrechte Im Extremfall kann sogar die Zustimmung zur Aufhebung eines Sondernutzungsrechtes ver- 53a langt werden, wenn etwa zwingende Vorgaben des Bauordnungsrechtes dies gebieten.152 Allerdings kann die Aufhebung eines Sondernutzungsrechtes nur ultima ratio sein, wenn die Sondernutzungsfläche dringend benötigt wird. Dies kann nur anzunehmen sein, wenn andere Möglichkeiten zur Errichtung der Stellplätze nicht bestehen oder fehlgeschlagen sind. So darf eine Klage gegen eine behördliche Stellplatzauflage nicht ohne Grund fallen gelassen werden. Zudem muss die Errichtung von Stellplätzen an anderer Stelle ausgeschlossen sein. Selbst wenn derartige Umstände vorliegen, ist der betroffene Sondernutzungsberechtigte nicht im Vorgriff auf eine Änderung der Gemeinschaftsordnung nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG verpflichtet, seine Sondernutzungsfläche vorab zur Verfügung zu stellen.153 Die Änderung der Gemeinschaftsordnung tritt erst mit Durchsetzung des Änderungsanspruches ein. So wie derjenige, der einen solchen Anspruch hat, diesen nicht einredeweise gegen Forderungen der Gemeinschaft geltend machen kann,154 kann er umgekehrt nicht vor erfolgreicher Geltendmachung dieses Anspruchs auf Einhaltung der erst noch zu ändernden Gemeinschaftsordnung in Anspruch genommen werden.

4. Das Verfahren zur Abänderung von Vereinbarungen a) Keine Beschlussfassung Abs. 2 Satz 3 eröffnet nach h.M. keine Beschlusskompetenz. Wenn für die begehrte Maßnah- 54 me eine Vereinbarung notwendig ist, kann diese nicht durch einen Mehrheitsbeschluss ersetzt werden. Dies folgt auch nicht aus dem Wort „verlangen“. Bei Anerkennung einer solchen Beschlusskompetenz würde beispielsweise eine Abänderung der Teilungserklärung durch Zitter-

149 LG München I v. 13.6.2013 – 36 S 10305/12, ZMR 2014, 54 (56). 150 AG Elmshorn v. 3.12.2013 – 48 C 8/13, ZMR 2014, 323 (324 f.). 151 AG Nürnberg v. 14.2.2014 – 16 C 4425/13, ZMR 2014, 682 (683 f.), im konkreten Fall aber verneint. 152 BGH v. 23.3.2018 – V ZR 65/17; ZMR 2018, 681 = WuM 2018, 442. 153 BGH v. 23.3.2018 – V ZR 65/17; ZMR 2018, 681 = WuM 2018, 442. 154 BGH v. 23.3.2018 – V ZR 307/16; WuM 2018, 387 = ZfIR 2018, 451.

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§ 10 Rz. 54 | Allgemeine Grundsätze beschluss möglich werden,155 was aber als vereinbarungswidriger Beschluss nichtig ist (s.o. Rz. 22). Es ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber im Wesentlichen die bisherige Rechtslage nicht ändern, sondern lediglich die strengen Maßstäbe abschwächen wollte. Gerade hieraus lässt sich nicht auf eine Beschlusskompetenz schließen. Durch eine gerichtliche Entscheidung soll die neue Regelung anstelle der bisherigen Vereinbarung treten, was auch der Rechtssicherheit dient. Die Zustimmung der Grundpfandgläubiger ist hierzu allerdings nicht erforderlich.156 b) Klage auf Abgabe einer Willenserklärung aa) Passivlegitimation 55 Nach früherer Rechtslage war hingegen ein solcher Abänderungsanspruch nach § 43 Abs. 1

Nr. 1 WEG a.F. immer gegen sämtliche übrigen Wohnungseigentümer zu richten. Dies ist nach der WEG-Novelle nicht mehr zwingend der Fall, wie § 48 Abs. 1 verdeutlicht. Zudem ist jetzt die Frage des richtigen Klagegegners auch deshalb von großer Bedeutung, weil über die Kosten des Rechtsstreits nicht mehr gem. § 47 WEG a.F. nach billigem Ermessen, sondern nach Obsiegen gem. § 91 ZPO entschieden wird. Scheitert ein Wohnungseigentümer mit seinem Verlangen, eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung gegenüber allen Wohnungseigentümern durchzusetzen, ist daher für die Frage des richtigen Klagegegners im Einzelnen festzustellen, wer die Zustimmung erklärt hat und wer nicht. Wegen der Kostenfolge des § 91 ZPO hat der klagende Wohnungseigentümer die Kosten des Rechtsstreits gegenüber denjenigen Wohnungseigentümern zu tragen, die ihre Zustimmung bereits erklärt haben. Für eine Klage gegen diese Wohnungseigentümer fehlt das Rechtsschutzinteresse.157 Begnügt sich der klagende Wohnungseigentümer mit der Feststellung, dass zumindest einer der übrigen Wohnungseigentümer die Zustimmung verweigern wird und deshalb eine neue Vereinbarung nicht zustande kommt, läuft er Gefahr, dass die übrigen Wohnungseigentümer den Anspruch im Verfahren sofort anerkennen und damit zu Lasten des Klägers die Kostenfolge des § 93 ZPO auslösen. 56 Die Klage auf Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels setzt für die Betriebs- und Verwal-

tungskosten eine Vorbefassung der Eigentümerversammlung voraus. Diese Vorbefassung ist Zulässigkeitsvoraussetzung der Gestaltungsklage.158 Dies gilt jedoch nicht, wenn die dauerhafte Abänderung des Verteilungsschlüssels für Instandhaltungs- oder Instandsetzungskosten begehrt wird. Hierzu fehlt die Beschlusskompetenz, so dass die Vorbefassung entbehrlich ist. Andererseits kann die Klage auf Abänderung des Verteilungsschlüssels unbegründet sein, wenn dem Abänderungsanspruch schon durch Auslegung der Gemeinschaftsordnung abgeholfen werden kann.159 bb) Vorbefassung bei Änderung von Verteilungsschlüsseln nach § 16 Abs. 3 WEG 57 Grundsätzlich setzt eine Klage auf Zustimmung zur Änderung einer Vereinbarung nicht vo-

raus, dass der klagende Wohnungseigentümer zuvor die Wohnungseigentümerversammlung mit seinem Anliegen befasst hat.160 Denn diese hätte ohnehin keine Beschlusskompetenz zur Änderung der Vereinbarung (s.o. Rz. 22). Anderes kann nur bei der Änderung von Kostenver-

155 156 157 158

A.A. Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 58. BayObLG v. 19.2.1987 – BReg.2 Z 114/86, NJW-RR 1987, 714. Ebenso Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 163. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 = ZMR 2010, 542; OLG Hamm v. 10.9.2007 – 15 W 358/06, MietRB 2008, 46 f. = ZMR 2008, 156. 159 LG Nürnberg-Fürth v. 26.8.2009 – 14 S 3582/09, ZMR 2010, 399. 160 AG Elmshorn v. 3.12.2013 – 48 C 8/13, ZMR 2014, 323 (324).

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VI. Bindungswirkung gegenüber Rechtsnachfolgern, Abs. 3 | Rz. 61 § 10

teilungsschlüsseln gelten, da insoweit eine Beschlusskompetenz in § 16 Abs. 3 WEG gesetzlich geregelt ist. Das Rechtsschutzinteresse für die Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels setzt voraus, dass der Wohnungseigentümer zunächst versucht, eine Entscheidung der Eigentümerversammlung herbeizuführen.161 Den Wohnungseigentümern darf nicht der ihnen zustehende Ermessensspielraum genommen werden.162 Lehnen die Wohnungseigentümer eine Beschlussfassung ab oder ist ein Mehrheitsbeschluss aufgrund der gegebenen Stimmverhältnisse nicht zu erwarten, ist die unmittelbare Klage auf Abänderung des Verteilungsschlüssels möglich. Sonst gilt, soweit eine Beschlusskompetenz besteht, das Vorbefassungsgebot, was im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3 relevant wird.163 Die Vorbefassungspflicht besteht für die Änderung der Kostenverteilungsschlüssel nach § 16 Abs. 4 nicht, da insoweit keine Beschlusskompetenz gegeben ist.164 Lehnen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit eine Abänderung des Verteilungs- 58 schlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG ab, kommt eine Anfechtung des Negativbeschlusses verbunden mit einem Antrag nach § 10 Abs. 2 S. 3 in Betracht. Das Gericht hat in diesem Fall nur zu prüfen, ob ein Ermessensfehlgebrauch vorliegt, was dann zu bejahen ist, wenn die Beibehaltung des geltenden Verteilungsschlüssels unbillig ist und schwerwiegende Gründe eine Abänderung erfordern. Hierzu ist ein bestimmter Antrag zu stellen. Es genügt nicht, die Abänderung in das Ermessen des Gerichts zu stellen.165 cc) Darlegungs- und Beweislast Der Wohnungseigentümer, der die Abänderung einer Vereinbarung begehrt, hat alle Voraus- 59 setzungen hierfür nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG darzulegen und zu beweisen. Dies betrifft insbesondere die Tatsachen, aus denen schwerwiegende Gründe hervorgehen, die eine Änderung geboten erscheinen lassen, ebenso die Umstände, aufgrund derer die bisherige Regelung für ihn unbillig ist.166 Hat er dieser Darlegungs- und Beweislast Genüge getan, ist es an den Beklagten, Umstände darzutun, die ein Festhalten an der angegriffenen Norm gleichwohl interessengerecht erscheinen lassen. dd) Kein Rückwirkungsverbot Anders als bei den neuen Beschlusskompetenzen kann die Abänderungsmöglichkeit nach 60 § 10 Abs. 2 S. 3 auch in Altverfahren Anwendung finden. Die Rechtsprechung wendet § 10 Abs. 2 Satz 3 auch rückwirkend an, so dass die Abänderungskriterien schon in Verfahren berücksichtigt wurden, die vor dem 1.7.2007 anhängig waren.167

VI. Bindungswirkung gegenüber Rechtsnachfolgern, Abs. 3 Vereinbarungen bedürfen hinsichtlich der dinglichen Einigung keiner Form; sie können auch 61 stillschweigend getroffen werden.168 Weder für die Vereinbarung noch für den Beschluss ist

161 162 163 164 165 166 167 168

OLG Hamm v. 10.9.2007 – 15 W 358/06, MietRB 2008, 46 f. = ZMR 2008, 156. Ebenso Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 26. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = ZMR 2010, 542. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = ZMR 2010, 542. Ebenso Spielbauer in Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 9. AG Nürnberg v. 14.2.2014 – 16 C 4425/13, ZMR 2014, 682 (683 f.) OLG München v. 24.4.2008 – 32 Wx 165/07, MietRB 2008, 238 = WuM 2009, 545. BGH v. 21.10.1983 – V ZR 121/82, MDR 1984, 303 = NJW 1984, 612 = DNotZ 1984, 238; OLG Frankfurt v. 1.12.2006 – 20 W 291/06, ZWE 2006, 392; BayObLG v. 13.1.1994 – 2Z BR 130/93, WuM 1994, 222.

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§ 10 Rz. 61 | Allgemeine Grundsätze die Eintragung im Grundbuch Wirksamkeitsvoraussetzung. Sie ist bei Vereinbarungen nur für ihre Wirkung gegenüber einem Rechtsnachfolger (§ 10 Abs. 3) bedeutsam. Demgegenüber bedürfen Beschlüsse und richterliche Entscheidungen gem. § 43 zu ihrer Wirksamkeit gegenüber Rechtsnachfolgern nicht der Eintragung (§ 10 Abs. 4). Beschlüsse sind nicht eintragungsfähig. Ggf. sind an Beschlüssen nur die „Betroffenen“ zu beteiligen (s. § 22 Abs. 1), an Vereinbarungen sämtliche Eigentümer. Bloße Absprachen zwischen teilendem Eigentümer und Erwerbern wirken nur zwischen diesen und binden weder Sonderrechtsnachfolger noch den teilrechtsfähigen Verband.169 62 Eine quasidingliche Wirkung für Vereinbarungen tritt nur bei Grundbucheintragung ein.

Diese bewirkt keine Inhaltsänderung. Die Eintragung erweitert den Kreis der gebundenen Personen. Gerichtliche Vergleiche werden dabei nicht als Entscheidung i.S.v. Abs. 4 angesehen.170 Die quasidingliche Wirkung ergibt sich nicht bereits aus § 746 BGB. §§ 10, 15 gehen als speziellere Regeln vor.171 Ist die Eintragung erfolgt, so entfällt die Bindungswirkung selbst dann nicht, wenn die Vereinbarung nicht in das Bestandsverzeichnis des neu angelegten Grundbuchs übernommen wurde.172 63 Eine nicht eingetragene Vereinbarung muss ein Sondernachfolger nicht gegen sich gelten las-

sen.173 Sie entfällt insgesamt, wenn auch nur bei einer Wohneinheit Sondernachfolge eingetreten ist.174 So erlischt z.B. ein durch Vereinbarung begründetes, aber nicht im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht (sog. schuldrechtliches Sondernutzungsrecht), wenn ein neuer Wohnungseigentümer in die Gemeinschaft eintritt. Bis dahin müssen die Wohnungseigentümer den exklusiven Gebrauch durch den Sondernutzungsberechtigten allerdings dulden.175 Die aus dem Grundbuch nicht ersichtliche Vereinbarung der bisherigen Wohnungseigentümer bindet ihn nicht automatisch. Allerdings kann der Sondernachfolger in die Vereinbarung eintreten oder sein ausdrückliches Einverständnis erklären.176 Dies kann ausdrücklich oder auch schlüssig erfolgen.177 Der Notar muss den Erwerber auf die Folgen des Eintritts in die Rechte und Pflichten der Gemeinschaft hinweisen.178 64 Bis zur Entscheidung des BGH vom 20.9.2000179 bestand Klarheit, dass vereinbarungsän-

dernde Beschlüsse mangels Grundbucheintragung keine Wirkung gegen den Sondernachfolger haben. Grundsätzlich kommt auch ein Vertrauensschutz für vor dem 20.9.2000 gefasste vereinbarungsändernde Beschlüsse nicht in Betracht. So kann einem Anspruch eines Sondernachfolgers auf Besitzeinräumung selbst dann nicht mit dem Einwand aus Treu und Glauben begegnet werden, wenn die bisherige Nutzungsform jahrelang praktiziert wurde. Gehen die Wohnungseigentümer irrtümlich davon aus, dass durch eine Stellplatzzuordnung des teilenden Eigentümers, trotz fehlender Grundbucheintragung, Sondernutzungsrechte begründet wurden, ist die Berufung eines Rechtsnachfolgers auf die fehlende Bindungswirkung und das Verlangen auf Einräumung des Mitgebrauchs an den gemeinschaftlichen Stellplätzen nicht 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179

AG Oldenburg v. 7.6.2018 – 10 C 25/17, ZMR 2018, 884 (886). OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZWE 2001, 564. BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864 = MietRB 2003, 9 = ZMR 2003, 748. OLG Hamm v. 29.3.1993 – 15 W 391/92, NJW-RR 1993, 1295. KG v. 19.10.1998 – 24 W 6730/97, NZM 1999, 568; LG Hamburg v. 18.3.2015 – 318 S 104/14, ZMR 2015, 484 (486); teilweise abweichende Auffassung OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZWE 2001, 563. BayObLG v. 6.2.2003 – 2Z BR 13/02, NZM 2003, 321; OLG Köln v. 2.4.2001 – 16 Wx 7/01, MDR 2001, 1404 = NZM 2001, 1135. AG München v. 12.7.2017 – 481 C 22391/16, ZMR 2018, 86 (87). LG Hamburg v. 18.3.2015 – 318 S 104/14, ZMR 215, 484, 486; Kreuzer, MittBayNot 1997, 136; OLG Düsseldorf v. 21.5.1997 – 3 Wx 566/96, WuM 1997, 517. LG Hamburg v. 18.3.2015 – 318 S 104/14, ZMR 2015, 484, 486. Zum Umfang der Bindung Häublein, DNotZ 2005, 741; Hügel, DNotZ 2005, 442. BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 = NJW 2000, 3500 = ZMR 2000, 771.

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VII. Vereinbarungsnotwendigkeit und Beschlusskompetenz | Rz. 69 § 10

rechtsmissbräuchlich. Ausnahmsweise kann sich in Anwendung des § 242 BGB etwas anderes ergeben, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls das Interesse der Wohnungseigentümer an der Wahrung ihres berechtigten Vertrauens auf den Fortbestand der bisherigen Nutzungsverhältnisse die durch § 10 Abs. 2 geschützten Interessen des Sondernachfolgers deutlich überwiegen. Dies ist einer Einzelfallwertung zu überlassen, die aber nur unzumutbare Härten erfassen darf. Die Entscheidung des BGH zur Nichtigkeit von vereinbarungsändernden Beschlüssen hat 65 Rückwirkung. Vertrauensschutz verdienen nur die Wohnungseigentümer, deren Vertrauen in die Fortgeltung der bis dahin geltenden Rechtslage schutzwürdig ist. Dabei sind die Interessen aller Beteiligten abzuwägen. Steht der Bestandsschutz im Vordergrund, kommt ausnahmsweise eine Wirksamkeit der Pseudovereinbarung für die Vergangenheit in Betracht, nicht jedoch für die Zukunft.180 Sind Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche bereits verjährt oder verwirkt, leben diese in 66 der Person des Sondernachfolgers nicht wieder auf. Mangels besonderer gesetzlicher Bestimmungen kann ein Rechtsnachfolger nicht weitergehende Rechte erwerben, als seinem Rechtsvorgänger zuletzt zustanden.181 Allerdings verjähren und verwirken Ansprüche auf Beseitigung der Folgen eines vereinbarungsändernden Beschlusses nicht,182 so dass diese Einreden nur bei sonstigen Rechtsverletzungen in Betracht kommen. Ob eine formlose Vereinbarung auch ohne Eintragung zugunsten eines Sondernachfolgers 67 gilt, ist fraglich.183 Sie wirkt sich faktisch als „Vertrag zugunsten Dritter, wen es angeht“ aus. Zutreffend dürfte es sein, auf die aktuelle Willensübereinstimmung bei einer Sondernachfolge abzustellen.184 Die Bindungswirkung lässt sich ohne Eintragung der Vereinbarung ins Grundbuch auch nicht 68 durch die Eintragung eines generellen Verzichts auf die Eintragungspflicht herstellen. Eine Vereinbarung, durch die jegliche schuldrechtliche Vereinbarung auch ohne Eintragung im Grundbuch gegenüber einem Sondernachfolger wirksam sein soll, ist nichtig.185

VII. Abgrenzung zwischen Vereinbarungsnotwendigkeit und Beschlusskompetenz – Einzelfälle Antennenanlage. Zuordnung zu Sonder- oder Gemeinschaftseigentum ist eine Frage des Ein- 69 zelfalls. Gemäß § 5 Abs. 3 kann ihre Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum vereinbart werden. Eine Regelung, wo und wie eine Amateurfunkantenne angebracht werden kann, kann durch Beschluss herbeigeführt werden.186 Hinsichtlich einer Parabolantenne ist die Beschlussfreiheit der übrigen Wohnungseigentümer durch die Informationsfreiheit des die Maßnahme

180 Wenzel, ZWE 2001, 226 (229). 181 OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZWE 2001, 563 (568); vgl. BayObLG v. 19.7.1990 – BReg.2 Z 61/90, NJW-RR 1991, 1041; OLG Köln v. 6.2.1998 – 16 Wx 333/87, NZM 1998, 872; OLG Stuttgart v. 18.8.1998 – 8 W 188/98, ZMR 1998, 802 (804). 182 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 = NJW 2000, 3500 = ZMR 2000, 771. 183 OLG Zweibrücken v. 21.1.2005 – 3 W 198/04, MietRB 2005, 150 (157) = NZM 2005, 343; bejahend aber OLG Hamm v. 23.5.1998 – 15 W 4/98, NZM 1998, 873; OLG Düsseldorf v. 14.2.2002 – 3 Wx 392/00, ZWE 2001, 383; BayObLG v. 6.2.2003 – 2Z BR 16/02, NZM 2003, 321. 184 OLG Hamm v. 9.9.1999 – 15 W 157/99, ZWE 2000, 80. 185 OLG Hamm v. 19.9.2007 – 15 W 444/06, NotBZ 2008, 346 = MDR 2008, 680 = MietRB 2008, 79 f. = ZMR 2008, 159. 186 OLG Frankfurt v. 2.12.2004 – 20 W 186/03, MietRB 2005, 205 = NJW-RR 2005, 1034; BayObLG v. 8.4.2004 – 2Z BR 51/04, MietRB 2004, 264 = ZWE 2005, 93.

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§ 10 Rz. 69 | Allgemeine Grundsätze begehrenden Wohnungseigentümers eingeschränkt.187 Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung das Anbringen von Parabolantennen generell verbieten, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse besteht.188 Bauliche Veränderungen. Hierüber kann nach § 22 Abs. 1 im Einzelfall beschlossen werden, wobei die Zustimmung der beeinträchtigten Wohnungseigentümer erforderlich ist, sofern es sich nicht um eine Modernisierungsmaßnahme oder eine modernisierende Instandsetzung handelt. Abweichend von § 22 Abs. 1 kann jede bauliche Veränderung durch Vereinbarung von der Zustimmung aller Wohnungseigentümer abhängig gemacht werden.189 Beirat. Die Übertragung von zusätzlichen Kompetenzen auf den Beirat ist durch Vereinbarung möglich. Ein Beschluss, durch den generell auch Nicht-Eigentümer zum Beirat gewählt werden können und generell von der im Gesetz vorgesehenen Anzahl der Beiratsmitglieder abgewichen werden soll, ist nichtig. Hingegen ist eine Einzelfallregelung nur anfechtbar.190 Nichtig ist auch der Beschluss über die Aufhebung der Vereinbarung der Gemeinschaftsordnung, wonach kein Beirat bestellt werden soll (vereinbarungsändernder Beschluss).191 Werden nur zwei Beiratsmitglieder anstelle der im Gesetz vorgesehenen drei gewählt, ist der Beschluss nicht nichtig, sondern rechtswidrig,192 da es sich um einen Einzelfallbeschluss handelt. Berufliche (gewerbliche) Nutzung. Nutzungseinschränkungen sind durch Vereinbarung regelbar. Eine bloße Ausübungsordnung (z.B. Hausordnung) kann hingegen beschlossen werden. Ein bestehendes gewerbliches Nutzungsrecht kann nicht durch Beschluss eingeschränkt werden (fehlende Beschlusskompetenz).193 Beseitigungsansprüche. Sie können nicht zu Lasten einzelner Wohnungseigentümer bestandskräftig beschlossen werden. Die Beschlusskompetenz besteht hinsichtlich des Einzelnen nur zur Überbürdung der gemeinschaftlichen Kostentragungslast194 und nicht zum Rückbau baulicher Veränderungen. Einen Beschluss der Wohnungseigentümer, diesen Anspruch gerichtlich durchzusetzen, kann und muss der betroffene Wohnungseigentümer nicht anfechten. Delegiertenversammlung. Das Teilnahme- und Stimmrecht eines Wohnungseigentümers kann nicht durch Beschluss oder Vereinbarung eingeschränkt werden.195 Dienstleistungsvertrag. Ein Betreuungsvertrag bei betreutem Wohnen mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren kann weder beschlossen noch vereinbart werden.196 Gartengestaltung/-nutzung. Durch Vereinbarung kann die turnusmäßige Nutzung von Freiflächen geregelt werden, wenn kein unzulässiger Eingriff in das Kernrecht eines Sondereigentümers erfolgt.

187 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, MDR 2004, 563 = MietRB 2004, 173 = NZM 2004, 227; OLG Karlsruhe v. 17.4.2000 – 11 Wx 42/00, NZM 2001, 758; BayObLG v. 30.11.2000 – 2Z BR 92/00, ZWE 2001, 102; BayObLG v. 7.3.2002 – 2Z BR 151/01, ZWE 2002, 265; BayObLG v. 28.2.2002 – 2Z BR 171/01, ZWE 2002, 358; OLG Düsseldorf v. 23.12.2000 – 3 Wx 265/00, ZMR 2001, 648; OLG Zweibrücken v. 31.1.2002 – 3 W 299/01, NZM 2002, 269 = NJW-RR 2007, 300. 188 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, MDR 2004, 563 = MietRB 2004, 173 = NZM 2004, 227. 189 BayObLG v. 9.10.1997 – 2Z BR 84/97, WuM 1997, 699. 190 A.A. Lüke, ZWE 2002, 49 (57), der einen entsprechenden Einzelfallbeschluss als unzulässige Umgehung der Gesetzesvorgabe ansieht. 191 AG München v. 30.7.2009 – 483 C 393/09, ZMR 2010, 811. 192 BGH v. 5.2.2010 – V ZR 126/09, MDR 2010, 619 = MietRB 2010, 138 = ZWE 2010, 215 = NZM 2010, 235. 193 OLG Düsseldorf v. 16.7.2003 – 3 Wx 149/03, ZMR 2003, 861. 194 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = NJW 2010, 2801. 195 LG München I v. 9.12.2010 – 36 S 1362/10, MietRB 2011, 257 = ZWE 2011, 139. 196 BGH v. 13.10.2006 – V ZR 289/05, NotBZ 2007, 55 = MDR 2007, 326 = MietRB 2007, 68 = ZMR 2007, 284.

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VII. Vereinbarungsnotwendigkeit und Beschlusskompetenz | Rz. 69 § 10

Gebrauchsregelungen. Für Gebrauchsregelungen sieht § 15 Abs. 1 und 2 Vereinbarungen und Mehrheitsbeschlüsse als Handlungsformen vor. Regelungen, die über einen „ordnungsgemäßen“ Gebrauch hinausgehen, bedürfen einer Vereinbarung. Jedoch ist die Abgrenzung zwischen ordnungsgemäßem und darüber hinausgehendem Gebrauch im Einzelfall schwierig. Da keine abstrakte Abgrenzung möglich ist, sind nicht angefochtene Beschlüsse auch nicht nichtig. Sie überschreiten nur die Grenze des rechtlichen „Dürfens“, nicht dagegen die des rechtlichen „Könnens“.197 Dies gilt allerdings nicht, wenn gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen wird oder die guten Sitten bzw. der wenig konkretisierte „dingliche“ Kernbereich des Wohnungseigentums verletzt wird.198 Gewährleistungsrechte. Hinsichtlich des Sondereigentums kann das Recht des einzelnen Eigentümers nicht durch Beschluss oder Vereinbarung eingeschränkt werden. Die Erfüllungsansprüche hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums liegen bei den einzelnen Wohnungseigentümern, die durch Ermächtigungsbeschluss diese Rechte auf die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft übertragen können,199 s. auch Rz. 21. Grunddienstbarkeit. Besteht eine Benutzungsdienstbarkeit zugunsten des WEG-Grundstücks an einem Nachbargrundstück (z.B. Zufahrt, Garage), so setzt eine Benutzungsregelung im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander eine Vereinbarung voraus. Diese ist in das Bestandsverzeichnis der Wohnungsgrundbücher einzutragen.200 Die Auffassung ist allerdings zweifelhaft, da nicht einzusehen ist, warum eine solche Gebrauchsregelung nicht auch durch Beschluss möglich sein sollte. Hausordnung. Grundsätzlich ist die Hausordnung im Rahmen von § 15 Abs. 1 durch Beschluss regelbar, soweit sie sich auf Bestimmungen des ordnungsgemäßen Gebrauchs beschränkt. Geht sie darüber hinaus, ist eine Vereinbarung erforderlich. Durch Beschluss können geregelt werden: Benutzungsregelung für Abstellplatz bei zu geringer Anzahl;201 Aufstellen von Getränkeautomaten;202 Flurnutzung;203 Gartenarbeit (zweifelhaft);204 Haustüröffnung;205 schließende Kellerfenster;206 spielende Kinder;207 Lärmschutzmaßnahme;208 Ruhezeiten;209 Wäschetrocknen;210 Waschküchenbenutzung;211 als geklärt kann angesehen werden, dass Winterstreu-

197 Vgl. auch BayObLG v. 25.10.2001 – 2Z BR 81/01, MDR 2002, 212 = NJW-RR 2002, 226; Wenzel, ZWE 2000, 2 (5); Wenzel, ZWE 2001, 226 (230); Buck, WE 1998, 367; Becker/Kümmel, ZWE 2001, 128 (135). 198 Vgl. BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = NZM 2004, 227; Wenzel, ZWE 2000, 2 (5). 199 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NotBZ 2007, 204 = MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = DWE 2007, 50. 200 OLG Köln v. 1.2.1993 – 2 Wx 2/93, NJW-RR 1993, 982. 201 BayObLG v. 21.1.1988 – BReg.2Z 133/87, WE 1988, 143; BayObLG v. 17.11.1989 – 1b Z 27/88, WE 1991, 77; KG v. 2.7.1990 – 24 W 1434/90, WE 1990, 208. 202 BayObLG v. 30.5.1990 – BReg.2 Z 36/90, NJW-RR 1990, 1104. 203 OLG Düsseldorf v. 1.10.2003 – 3 Wx 393/02, NZM 2004, 107. 204 OLG Düsseldorf v. 1.10.2003 – 3 Wx 393/02, NZM 2004, 107; die Auffassung überzeugt jedoch nicht, da nicht zu erkennen ist, warum die Verpflichtung zur Übernahme des Winterdienstes unzulässig, die Verpflichtung zur Übernahme von umfangreicheren Gartenarbeiten jedoch zulässig sein soll. 205 KG v. 17.7.1985 – 24 W 1956/85, ZMR 1985, 345. 206 OLG Karlsruhe v. 21.4.1976 – 3 W 8/76, MDR 1976, 758; BayObLG v. 11.2.1982 – BReg.2 Z 44/81, MDR 1982, 501 = Rpfleger 1982, 218. 207 BayObLG v. 15.3.1982 – 2 Z 2/81, DWE 1982, 98, sofern keine unzumutbare Beschränkung. 208 OLG Düsseldorf v. 1.10.2003 – 3 Wx 393/02, NZM 2004, 107. 209 OLG Braunschweig v. 24.7.1986 – 3 W 55/86, NJW-RR 1987, 845. 210 OLG Düsseldorf v. 1.10.2003 – 3 Wx 393/02, NZM 2004, 107. 211 KG v. 7.1.1985 – 24 W 4631/84, ZMR 1985, 131; OLG Frankfurt v. 4.12.2000 – 20 W 414/99, NZM 2001, 1136.

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§ 10 Rz. 69 | Allgemeine Grundsätze pflicht der Wohnungseigentümer eine Vereinbarung voraussetzt;212 bei bestehender Unzumutbarkeit (z.B. Senioren, Behinderte etc.) muss der Winterstreudienst auf jeden Fall delegierbar sein.213 Ist die Hausordnung in der Teilungserklärung enthalten, kann sie dennoch durch Beschluss abgeändert werden. Haustierhaltung. Ein völliges Verbot ist nur durch Vereinbarung zulässig.214 Ist ein generelles Verbot durch Vereinbarung ausgesprochen worden, kann es nicht durch einfachen Mehrheitsbeschluss aufgehoben werden.215 Nach h.M. soll allerdings ein generelles Verbot der Hundehaltung durch Beschluss möglich sein.216 Ein Tierhalterverbot muss zu seiner Wirksamkeit stets eine konkretisierte Regelung enthalten, die auch Ausnahmen (z.B. Blindenhund, Tier für verhaltensgestörte Kinder oder Menschen mit Behinderung) enthalten muss. Das Verbot von Tieren, die nicht als Haustiere angesehen werden, ist durch Beschluss nicht zu beanstanden.217 Allerdings kann das freie Herumlaufenlassen von Hunden und Katzen in der Anlage durch Beschluss verboten werden.218 Hauswart-/Hausmeisterwohnung. Durch Vereinbarung kann eine entsprechende Zweckbestimmung vorgenommen werden. Sodann ist die Nutzung nur zum Wohnen und ebenfalls nur für den Hausmeister möglich.219 Heizkörper. Es kann beschlossen werden, dass im Interesse gleichmäßiger Messung des Wärmeverbrauchs Heizkörper nicht entfernt werden dürfen.220 Hierzu dürfte sich auch durch die Entscheidung des BGH zum Sondereigentum221 an Heizkörpern nichts geändert haben. Hinweisschilder. Ein Namensschild gehört zum Kernbereich des Sondereigentums, wozu auch ein Werbeschild gehört. Der Ausspruch eines Verbots durch Beschluss ist nichtig. Allerdings können Einzelheiten der Anbringung von Hinweisschildern beschlossen werden.222 Kellerverteilung. Zuweisung der einzelnen Keller an die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung; eine Gebrauchsregelung i.S.v. § 15 Abs. 2 ist durch Beschluss möglich.223

212 Für Vereinbarung: BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 f. = NZM 2012, 421 = ZWE 2012, 268; OLG Hamm v. 31.8.1981 – 15 W 38/81, MDR 1982, 150 = NJW 1982, 1108; OLG Düsseldorf v. 1.10.2003 – 3 Wx 393/02, NZM 2004, 107; für Beschluss: OLG Stuttgart v. 19.5.1987 – 8 W 89/87, WEZ 1988, 41 = MDR 1987, 847. 213 Vgl. auch zum Schadensersatzanspruch BGH v. 27.11.1984 – VI ZR 49/83, MDR 1985, 311 = NJW 1985, 484; OLG Hamm v. 28.11.1986 – 9 U 263/81, NJW 1988, 496. 214 OLG Karlsruhe v. 25.2.1988 – 11 W 142/87, ZMR 1988, 184; OLG Düsseldorf v. 5.5.1997 – 3 Wx 459/96, ZMR 1998, 45. 215 LG Wuppertal v. 5.7.1977 – 6 T 7/77, MDR 1978, 318 = Rpfleger 1978, 23. 216 BayObLG v. 24.8.2000 – 2Z BR 58/00, NZM 2001, 105; v. 25.10.2001 – 2Z BR 81/01, MDR 2002, 212 f. = NJW-RR 2002, 226; OLG Düsseldorf v. 10.12.2004 – 3 Wx 311/04, NZM 2005, 345; a.A. einschränkend KG v. 8.4.1998 – 24 W 1012/97, MDR 1998, 1345 = NJW-RR 1998, 1385; OLG Saarbrücken v. 2.10.2006 – 5 W 154/06 – 51, MietRB 2007, 236 = NJW 2007, 779. 217 OLG Frankfurt v. 19.7.1990 – 20 W 149/90, NJW-RR 1990, 1430 für das Halten von Ratten und Schlangen; OLG Karlsruhe v. 29.12.2003 – 14 Wx 51/03, MietRB 2004, 236 = NJW-RR 2004, 951. 218 BayObLG v. 2.6.2004 – 2Z BR 99/04, NJW-RR 1994, 658; BayObLG v. 2.6.2004 – 2Z BR 99/04, NZM 2004, 792; KG v. 22.7.2002 – 24 W 65/02, MDR 2003, 150 = NZM 2002, 868; LG Frankfurt v. 14.7.2015 – 2 – 9 S 11/15, ZWE 2015, 413 = ZMR 2016, 56. 219 OLG Schleswig v. 3.9.2004 – 2 W 90/03, MietRB 2005, 261 (292) = NZM 2005, 669; vgl. zur „Verwalterwohnung“ BayObLG v. 29.3.2000 – 2Z BR 3/00, NJW-RR 2000, 1252. 220 BayObLG v. 20.3.1985 – 2Z 141/85, DWE 1985, 61. 221 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 318 f. = NJW 2011, 2958 = ZMR 2011, 971. 222 OLG Oldenburg v. 21.7.1977 – 5 Wx 9/77, ZMR 1978, 245. 223 Vgl. auch KG v. 13.11.1989 – 24 W 4201/89, NJW-RR 1990, 155; KG v. 22.5.1991 – 24 W 401/91, NJW-RR 1991, 1117.

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VII. Vereinbarungsnotwendigkeit und Beschlusskompetenz | Rz. 69 § 10

Laubfegen. Ein Beschluss, der das Fegen von Laub nach einem festgelegten Plan regelt, ist nichtig.224 Leistungspflichten. Nach § 16 Abs. 2 ist der Wohnungseigentümer zur anteiligen Kostentragung verpflichtet. Weitergehende Leistungspflichten kennt das Gesetz nicht, so dass auch per Mehrheitsbeschluss keine Beseitigungsansprüche begründet werden können.225 Müllschlucker. Die Stilllegung wird wenig überzeugend als nichtiger Gebrauchsentzug gewertet.226 Richtiger ist die Annahme einer baulichen Veränderung, die auch beschlossen werden könnte, oder eine Maßnahme der Instandsetzung, wenn die Instandsetzung des Müllschluckers wirtschaftlich unvernünftig ist oder seine Stilllegung behördlich angeordnet wurde. Musizieren. Beschränkung durch Beschluss ist zulässig, um störungsfreies Zusammenleben zu gewährleisten.227 Parkfläche. Verbot des Abstellens eines Wohnmobils auf Parkfläche für Pkw greift in den Kernbereich des Sondereigentums/Sondernutzungsrechts ein und kann weder beschlossen noch vereinbart werden.228 Die Verwendung einer Grünfläche als Parkplatz kann nur vereinbart werden.229 Rauchwarnmelder. Die Wohnungseigentümer können den Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen jedenfalls dann beschließen, wenn das Landesrecht eine entsprechende Verpflichtung enthält,230 nicht aber die einzelnen Wohnungseigentümer durch Beschluss zum Einbau verpflichten.231 Dass einige Miteigentümer bereits eigene Rauchwarnmelder eingebaut haben, steht einer Beschlussfassung der Eigentümerversammlung nicht entgegen.232 Die Beschlusskompetenz umfasst auch Beschlüsse über die Wartung der Rauchwarnmelder.233 Sanktionen, Strafen. Zur Ahndung gemeinschaftswidrigen Verhaltens können Sanktionen vereinbart werden. Nach § 21 Abs. 7 können allerdings Verzugsfolgen wegen Nichtzahlung von Wohngeldbeträgen beschlossen werden.

224 OLG Düsseldorf v. 23.6.2008 – I-3 Wx 77/08, MietRB 2009, 44 = MDR 2009, 197. 225 BGH v. 8.7.2010 – V ZB 153/09, MDR 2010, 1286 = MietRB 2010, 327 = ZWE 2010, 360. 226 OLG Frankfurt v. 30.8.2004 – 20 W 440/01, NZM 2004, 910; kritisch Abramenko in Riecke/Schmid, § 15 WEG Rz. 146. 227 OLG Hamm v. 7.11.1985 – 15 W 181/85, MDR 1986, 501 = NJW-RR 1986, 500; BayObLG v. 28.3.1985 – BReg. 2 Z 8/85, MDR 1985, 676 = NJW 1985, 2138; s. jetzt zu „Gebrauchsregelungen“ BGH v. 26.10.2018 – V ZR 143/17 unter Verweis auf die Entscheidung zum Rauchen auf Balkonen (BGH v. 16.1.2015 – V ZR 110/14, ZMR 2015, 679 = ZWE 2015, 331). 228 A.A. BayObLG v. 9.8.1984 – 2Z 77/83, DWE 1985, 56. 229 BayObLG v. 2.6.1981 – BReg. 2Z 46/80, DWE 1982, 66; BayObLG v. 14.1.2002 – 2Z BR 107/22, ZWE 2003, 185. 230 BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835 = MietRB 2013, 241 = ZWE 2013, 358; LG Karlsruhe v. 30.6.2015 – 11 S 109/14, ZMR 2016, 59 (60); LG Hamburg v. 26.3.2017 – 318 S 36/16, ZMR 2017, 501; AG Wuppertal v. 30.9.2015 – 91b C 58/15, ZMR 2016, 64; AG Heidelberg v. 22.10.2014 – 45 C 52/14, ZMR 2016, 155; AG Düsseldorf v. 11.1.2016 – 290a C 192/15, ZMR 2016, 575; AG Haldensleben v. 10.12.2015 – 18 C 8/15, ZMR 2016, 577; grundsätzlich auch AG Karlsruhe v. 15.8.2014 – 4 C 217/14, ZMR 2015, 160 (für Baden-Württemberg aber verneinend). 231 AG Bonn v. 30.1.2015 – 27 C 144/14, ZMR 2015, 407; AG Heidelberg v. 22.10.2014 – 45 C 52/14, ZMR 2016, 155, 156; AG Bottrop v. 18.9.2015 – 20 C 25/15, ZMR 2016, 63. 232 AG Singen v. 25.11.2014 – 7 C 20/14, ZMR 2015, 416; AG Hannover v. 12.12.2014 – 484 C 7688/ 14, ZMR 2015, 585; AG Rosenheim v. 24.5.2017 – 10 C 1296/16, ZMR 2017, 773; a. A. AG Augsburg v. 17.2.2016 – 31 C 1980/15, ZMR 2018, 79 (81). 233 LG Hamburg v. 26.3.2017 – 318 S 36/16, ZMR 2017, 501; AG Wuppertal v. 5.9.2016 – 95b C 47/16, ZMR 2016, 1006.

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§ 10 Rz. 69 | Allgemeine Grundsätze Sondernutzungsrecht. Die Einräumung von Sondernutzungsrechten kann nur durch Vereinbarung erfolgen.234 Ebenso zulässig sind Zuweisungsvorbehalte per Vereinbarung,235 die aber dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen müssen.236 Dies erfordert bei der Bezugnahme auf Lagepläne deren Maßstäblichkeit.237 Eine umfassende Berechtigung alleine steht der Bestimmtheit aber nicht entgegen, wenn die betroffenen Flächen genau bezeichnet sind.238 Durch Beschluss können Sondernutzungsrechte weder ausdrücklich,239 noch in versteckter Form durch die Gestattung eines exklusiven Gebrauchs begründet werden,240 auch nicht aufgrund einer Öffnungsklausel (vgl. Rz. 36). Dies gilt auch dann, wenn alle Wohnungseigentümer gleichwertige Flächen zur alleinigen Nutzung erhalten.241 Spielplatz. Spielgeräte können auf der Grünfläche des Gemeinschaftseigentums, soweit bauordnungsrechtlich zulässig, im Rahmen von § 15 Abs. 2 beschlossen werden. Stimmrecht. Die Entziehung des Stimmrechts wegen Zahlungsverzugs kann nicht wirksam beschlossen werden.242 Tätige Mithilfe. Der Beschluss, der einen Wohnungseigentümer zur tätigen Mithilfe und insb. zum Austausch eines Heizkörpers auf eigene Kosten verpflichtet, ist nichtig243 (s. auch oben Leistungspflichten und Hausordnung); der Wohnungseigentümer ist, wie § 16 Abs. 2 WEG verdeutlicht, zur anteiligen Kostentragung aber nicht zur Erbringung von Arbeitsleistungen verpflichtet.244 Umzugspauschale. Bis zur WEG-Novelle konnte eine Umzugspauschale als eine Art Vertragsstrafe nur vereinbart werden.245 § 21 Abs. 7 lässt nun einen Mehrheitsbeschluss zu.246 Allerdings kann die Angemessenheit richterlich kontrolliert werden. Veräußerung von Grundstücksteilen. Die Willensbildung, ob Grundstückteile an einen Nachbarn veräußert werden sollen, ist keinem Mehrheitsbeschluss zugänglich. Auch eine wohnungseigentumsrechtliche Vereinbarung ist nicht genügend.247

234 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, NJW 2000, 3500 = MDR 2000, 1367. 235 OLG Stuttgart v. 11.5.2012 – 8 W 164/11, ZWE 2012, 488. 236 OLG München v. 4.2.2016 – 34 Wx 396/15, ZMR 2016, 305 (306); LG München I v. 25.6.2015 – 36 S 8340/14, ZMR 2016, 139 (140). 237 LG Itzehoe v. 21.2.2017 – 11 S 6/16, ZMR 2018, 68. 238 LG München I v. 25.6.2015 – 36 S 8340/14, ZMR 2016, 139 (140). 239 LG Hamburg v. 4.3.2016 – 318 S 109/15, ZMR 2016, 484. 240 LG Lüneburg v. 16.3.2016 – 9 S 64/15, ZMR 2016, 647 zur Genehmigung einer Außenbewirtschaftung auf einer Gemeinschaftsfläche; LG Dortmund v. 5.12.2017 – 1 S 28/17, ZMR 2018, 350 (352) zur Aufteilung des Dachbodens; AG Wedding v. 21.11.2016 – 18 C 207/16, ZMR 2017, 604 zur alleinigen Terrassennutzung. 241 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 191/15, ZMR 2016, 888. 242 BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 f. = ZWE 2011, 122 = ZMR 2011, 397. 243 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = ZMR 2010, 777 = ZWE 2010, 359; BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 = MietRB 2012, 171 = ZMR 2012, 646 = ZWE 2012, 268; KG v. 9.6.2009 – 24 W 357/08, MietRB 2010, 204. 244 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = NJW 2010, 2801 = ZMR 2010, 777; BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 f. = NZM 2012, 421 = ZWE 2012, 268. 245 Siehe hierzu Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz. 238. 246 BGH v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = ZMR 2011, 141, sofern der Gleichheitsgrundsatz eingehalten wird; LG Berlin v. 12.6.2009 – 85 S 45/08 WEG, ZMR 2011, 225; AG Hannover v. 25.11.2009 – 483 C 9799/09, ZMR 2010, 483. 247 BGH v. 12.4.2013 – V ZR 103/12, NotBZ 2013, 346 = MDR 2013, 765 = MietRB 2013, 208 = NZM 2013, 514 = ZMR 2013, 730.

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VIII. Wirkung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer | Rz. 70 § 10

Vermietung. Eine Vereinbarung, die eine Vermietungspflicht bei einem gewerblichen Objekt vorsieht, ist zulässig.248 Ebenso ist es zulässig, die Befugnis zur Vermietung von der Zustimmung des Verwalters durch Vereinbarung abhängig zu machen, sofern hierfür ein sachlicher Grund besteht.249 Allerdings sind diskriminierende Vereinbarungen unwirksam, z.B. einschränkende Vermietbarkeit an Ausländer, Alleinstehende mit Kindern, Homosexuelle etc. Dies folgt aus § 138 BGB, Art. 3 Abs. 3, 6 GG und § 19 AGG. Versammlungsorganisation. Die Einberufung einer Eventualversammlung am gleichen Abend bei bestehender Beschlussunfähigkeit der ersten Versammlung ist als Vereinbarung zulässig,250 als Beschluss nichtig.251 Versicherungspflicht. Es kann vereinbart werden, dass die Wohnungseigentümer verpflichtet sind, auch ihr Sondereigentum zu versichern, um insb. Erleichterungen im Rahmen des § 22 Abs. 4 zu schaffen.252 Vollmachtserteilung. Der Kreis der Personen, die für eine Eigentümerversammlung bevollmächtigt werden können, kann durch Vereinbarung eingeschränkt werden (vgl. § 25 Rz. 57 ff.). Vorkaufsrecht. Zu Gunsten der Wohnungseigentümer kann ein Vorkaufsrecht vereinbart werden. Das kann allerdings nicht zum Inhalt des Sondereigentums i.S.v. § 10 Abs. 3 und § 5 Abs. 4 gemacht werden.253 Die Belastung mit einem Vorkaufsrecht muss aber den Anwendungsfall eindeutig regeln. Waschmaschine/Wäschetrocknen. Ein Mehrheitsbeschluss, der den Betrieb einer Waschmaschine und das Trocknen in der Wohnung untersagt, ist nichtig.254 Wohngeldrückstände. Haftung für Rückstände des Voreigentümers kann vereinbart werden, ausgenommen Erwerb in der Zwangsversteigerung (vgl. § 16 Rz. 184 ff.).

VIII. Wirkung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer Neben den Vereinbarungen regelt § 10 in seinen Abs. 4 und 5 auch die Wirkung von Be- 70 schlüssen der Wohnungseigentümer. Diese wirken ohne weiteres auch gegen Sonderrechtsnachfolger. Aus diesem Grunde gelten auch nicht die üblichen Auslegungsmaßstäbe für Willenserklärungen. Denn späteren Sonderrechtsnachfolgern kann nicht zugemutet werden, einen möglicherweise mit dem Wortlaut unvereinbaren tatsächlichen Willen der Eigentümerversammlung zu ermitteln. Vielmehr gilt der Grundsatz der „objektiv-normativen“ Auslegung, wonach das Gericht einen Beschluss ähnlich wie eine Rechtsnorm oder das Grundbuch so auszulegen hat, wie ihn ein objektiver Dritter verstehen würde.255

248 BayObLG v. 10.3.1994 – 2Z BR 143/93, WuM 1994, 570. 249 BayObLG v. 14.9.1987 – 2Z 38/87, WE 1988, 73. 250 BayObLG v. 18.2.1998 – 2Z BR 134/97, WE 1991, 49; BayObLG v. 18.2.1998 – 2Z BR 134/97, NZM 1998, 334. 251 LG Mönchengladbach v. 28.11.2002 – 2 T 102/00, ZMR 2003, 245. 252 Vgl. hierzu Bärmann/Pick, § 21 WEG Rz. 48. 253 Lüke in Weitnauer, § 10 WEG Rz. 38; a.A. Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 92. 254 OLG Frankfurt v. 4.12.2000 – 20 W 414/99, NZM 2001, 1136. 255 S. etwa BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, ZMR 2015, 239; LG München I v. 10.6.2010 – 36 S 3150/10, ZMR 2010, 877 (879).; LG Hamburg v. 14.9.2011 – 318 S 138/10, ZMR 2012, 34 (35); LG Hamburg v. 28.3.2012 – 318 S 17/11, ZMR 2012, 654 (655); AG Oldenburg v. 7.6.2018 – 10 C 25/ 17, ZMR 2018, 884 (886).

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§ 10 Rz. 71 | Allgemeine Grundsätze

1. Bindungswirkung gegenüber Rechtsnachfolger, Abs. 4 71 Bis zur WEG-Novelle wurde im Interesse der Rechtssicherheit teilweise gefordert, dass auch

gesetzes- oder vereinbarungsändernde Beschlüsse, die aufgrund einer Öffnungsklausel getroffen werden, der Eintragung in das Grundbuch bedürfen, um gegen Rechtsnachfolger zu wirken. Sie wurden als Mehrheitsvereinbarungen bezeichnet (s.o. Rz. 32).256 Abs. 4 Satz 2 hat seit der Novelle den Erwerberschutz weiter eingeschränkt. Dabei blieb es zunächst bei dem Grundsatz, dass Beschlüsse gem. § 23 zu ihrer Wirksamkeit gegenüber einem Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers keiner Eintragung im Grundbuch bedürfen. Satz 2 stellt aber ergänzend klar, dass dies auch für Beschlüsse gilt, welche aufgrund einer Öffnungsklausel getroffen wurden. Der Erwerber kann bereits allein aus der Existenz einer Öffnungsklausel den Umfang möglicher Beschlüsse ersehen und sich entsprechend informieren. Unterlässt er dies, bringt er damit zum Ausdruck, dass er auf eine entsprechende Information keinen Wert legt. Zudem dient die Beschluss-Sammlung des Verwalters dem Informationsinteresse (vgl. § 24 Rz. 162 ff.). Dementsprechend bestimmt § 24 Abs. 6 Satz 3, dass jeder Wohnungseigentümer berechtigt ist, die Niederschriften einzusehen. Auch ein Erwerber kann sich daher von dem Veräußerer, dem ein entsprechendes Einsichtsrecht zusteht, den Inhalt vor Abschluss des Kaufvertrages mitteilen lassen. Durch diese Regelung sollte weiter auch eine Überlastung der Grundbuchämter und damit deren Funktionsunfähigkeit vermieden werden. Zudem führen weitere Eintragungen zu einer größeren Unübersichtlichkeit des Grundbuches und bedingen damit eine Verringerung des Informationsgehalts.257 Da Beschlüsse nicht eingetragen werden müssen, sind sie grundsätzlich auch dann nicht eintragungsfähig, wenn sie auf Grund einer Öffnungsklausel vereinbarungsändernd sind.258 72 Ebenso wie Beschlüsse bedürfen auch gerichtliche Entscheidungen in einem Rechtsstreit gem.

§ 43 zu ihrer Wirksamkeit gegenüber einem Sondernachfolger nicht der Eintragung in das Grundbuch, wohl aber gerichtliche Vergleiche.259 Dies führt im Einzelfall zu kaum nachvollziehbaren Ergebnissen. So können die Wohnungseigentümer eine unklare Regelung der Gemeinschaftsordnung nur dann durch gerichtlichen Vergleich mit Wirkung für die Sondernachfolger bereinigen, wenn der Inhalt des Vergleichs anschließend zum Grundbuch gereicht wird. Eine solche Eintragung ist hingegen nicht erforderlich, wenn eine Feststellungsklage erhoben wird und die beklagten Wohnungseigentümer, die die Klage ebenfalls wünschten (sog. Stellvertreter-Klage), diese anerkennen.

2. Mehrheitsprinzip, Abs. 5 73 Gegenüber § 745 BGB stellt Abs. 5 klar, dass der Mehrheitswille kraft Gesetzes die Minderheit

mit vertritt. Das Gesetz geht von einer Gesamtwirkung aus. Bestand und Kontinuität gültiger Beschlüsse und ihrer Vollzugshandlungen sollen auch gegenüber Rechtsnachfolgern der Wohnungseigentümer im Umfang der Beschlusskompetenz gesichert werden. Das Mehrheitsprinzip soll im Wohnungseigentumsrecht eine effektive Organisation sicherstellen. Im Vorder-

256 So Hügel, DNotZ 2001, 176, 191; Schneider, ZfIR 2002, 108; Ott, ZWE 2001, 469; a.A. BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 = NJW 2000, 3500 = ZMR 2000, 771. 257 BT-Drucks. 16/887, 19. 258 BT-Drucks. 16/887, 19; BGH v. 16.9.1994 – V ZB 2/93, BGHZ 127, 99 = MDR 1995, 792; BayObLG v. 4.11.1993 – 2Z BR 89/93, NJW 1995, 202; Bassenge in Palandt, BGB, § 10 WEG Rz. 22; a.A. Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5 Rz. 64, wonach § 10 Abs. 4 Satz 2 WEG Regelungen mit Vereinbarungsinhalt nicht erfasse. 259 Dötsch in Timme, § 10 WEG Rz. 337; Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 194; Spielbauer in Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 34; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 72; einschränkend OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZMR 2001, 734.

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IX. Die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, Abs. 6 S. 1, 2 | Rz. 76 § 10

grund soll nicht die demokratische Willensbildung innerhalb der Eigentümergemeinschaft stehen.260 Da, wo die Beschlüsse die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie betreffen, sind der Mehrheitsmacht Grenzen gesetzt.261 Ebenso ist es zulässig, ein Einstimmigkeitsprinzip zu vereinbaren und damit Mehrheitsbeschlüsse auszuschließen.262 Abs. 5 ordnet die Geltung der Stimmenmehrheit an. Das bedeutet, dass stets zu prüfen ist, ob 74 die abgegebenen „Ja-Stimmen“ die abgegebenen „Nein-Stimmen“ nach Köpfen überwiegen.263 Enthaltungen werden nicht mitgezählt. Anstelle des Kopfprinzips können die Wohnungseigentümer auch das Wertprinzip,264 also z.B. ein Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen (vgl. hierzu auch § 25 Rz. 11), oder das Objektprinzip (nach der Anzahl der Wohnungen) wählen. Während das WEG früher grundsätzlich von dem einfachen Mehrheitsbeschluss ausging, führt es in einzelnen Vorschriften durch die WEG-Novelle erhöhte Anforderungen für einen Beschluss ein. Für positive Beschlüsse nach §§ 16 Abs. 4 Satz 2, 22 Abs. 2 Satz 1 bedarf es einer sog. doppelten Mehrheit. Um sicherzustellen, dass entsprechende Beschlüsse tatsächlich der überwiegenden Mehrheit entsprechen, bedarf es zunächst einer qualifizierten Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer. Maßgeblich ist insoweit das Kopfprinzip, was durch den Verweis auf die gesetzliche Regelung des § 25 Abs. 2 klargestellt wird. Im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm ist diese Regelung auch nicht abdingbar.265 Daneben bedarf es aber auch der Zustimmung von mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. Hierdurch wird ausgeschlossen, dass der Wohnungseigentümer, dem eine Vielzahl von Wohnungen innerhalb der Gemeinschaft zusteht, überstimmt wird. Weitere qualifizierte Mehrheiten verlangen §§ 18 Abs. 3 und 22 Abs. 1 WEG. Bei baulichen 75 Veränderungen kommt das besondere Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung hinzu. Alle beeinträchtigten Wohnungseigentümer müssen zustimmen, was im Zweifel zu einer Allzustimmungspflicht führt.

IX. Die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, Abs. 6 S. 1, 2 1. Historische Entwicklung Bis zur Entscheidung des BGH v. 2.6.2005266 wurde angenommen, dass die Wohnungseigen- 76 tümergemeinschaft nicht personifiziert, demnach keine von den Wohnungseigentümern verschiedene Rechtsperson und damit nicht rechtsfähig sei. Träger von Rechten und Pflichten sollten die Wohnungseigentümer, nicht die Gemeinschaft sein. Wurden Verträge für die „Gemeinschaft“ abgeschlossen, erfolgte dies mit Wirkung für und gegen sämtliche Wohnungseigentümer, welche Vertragspartei wurden. Jeder Wohnungseigentümer haftete dann persönlich und gesamtschuldnerisch für die vertraglichen Verpflichtungen. Der BGH hat mit der Entscheidung vom 2.6.2005267 die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft ausgesprochen und damit die Fähigkeit betont, Rechte zu erwerben und Pflichten einzugehen. Die Woh-

260 261 262 263 264

So Graßhof, ZWE 2003, 37. Hügel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 5 Rz. 19. OLG Hamm v. 19.8.2008 – I-15 Wx 89/08, MietRB 2009, 106 = NZM 2009, 163 = ZMR 2009, 219. BGH v. 8.12.1988 – V ZB 3/88, BGHZ 106, 179 (183) = MDR 1989, 435. OLG Zweibrücken v. 10.7.1989 – 3 W 72/89, Rpfleger 1989, 453; BayObLG v. 18.9.1979 – BReg.2 Z 73/78, MDR 1980, 142; OLG Hamm ZMR 1976, 310. 265 So wohl auch Elzer in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 8 Rz. 76. 266 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, NotBZ 2005, 327 = MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547 = NZM 2005, 543 = NJW 2005, 2061. 267 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, NotBZ 2005, 327 = MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547 = NZM 2005, 543 = NJW 2005, 2061.

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§ 10 Rz. 76 | Allgemeine Grundsätze nungseigentümergemeinschaft stellt einen Verband sui generis dar.268 Der BGH ordnete der Wohnungseigentümergemeinschaft eigene Rechte und Pflichten zu. Darüber hinaus stellte der BGH fest, dass der Verwalter das Organ des rechtsfähigen Verbands ist und die Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht im Außenverhältnis haften. Allerdings könne sich eine Haftung der Wohnungseigentümer ausnahmsweise dann ergeben, wenn sie es unterließen, den Verband mit ausreichenden Finanzmitteln auszustatten. Wenn sie also ihre Treuepflicht verletzten, würden sie sich gegenüber dem rechtsfähigen Verband nach den §§ 280, 281, 826 BGB schadensersatzpflichtig machen. Ein Gläubiger des Verbands könne diese Ansprüche pfänden. Daneben kommt natürlich eine Haftung des Verbandes für den Verwalter aus §§ 31, 89 BGB in Betracht. Dem hat sich der Gesetzgeber mit Ausnahme des Haftungsregimes angeschlossen und die Rechtsfähigkeit in Abs. 6 normiert. Im Gegensatz zu „den Wohnungseigentümern“ spricht der Gesetzgeber von „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ und meint damit die teilrechtsfähige Einheit. Die WEG-Novelle bezweckte mit dieser und anderen Vorschriften zur Eigentümergemeinschaft (z.B. §§ 11 Abs. 3, 18 Abs. 1 Satz 2, 19 Abs. 1) dreierlei. Zum einen wurde durch Einführung des Abs. 6 die Diskussion über die Teilrechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft endgültig beendet. Weiter wurde das Verhältnis von Wohnungseigentümern, Miteigentümergemeinschaft und Verband normiert. Zuletzt wurde das Außenverhältnis des Verbandes zu Dritten und das Haftungssystem einschließlich (Nicht-)Insolvenzfähigkeit der Eigentümergemeinschaft gesetzlich geregelt.269 Während der Gesetzgeber die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft in Abs. 6 übernommen und die Grundsätze geregelt hat, definiert er in Abs. 7 das Verwaltungsvermögen und ordnet es dem Verband zu. Die von der Teilrechtsfähigkeit des BGH abweichenden Haftungsregeln finden sich in Abs. 8. Während die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft vom Gesetzgeber manifestiert wurde, hat er die Haftungsregeln vollkommen i.S. einer teilschuldnerischen Haftung verändert.

2. Die Haftung des teilrechtsfähigen Verbandes 76a Für den Verband handelt der Verwalter. Im Gegensatz zum früheren Recht kommt eine Haf-

tungszuweisung nach § 31 BGB in Betracht, da der Verwalter aufgrund seiner umfassenden Vollmacht, für den Verband zu handeln, wohl als Organ i.S.d. Vorschrift anzusehen ist.270 Im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander wird eine Haftung für den Verwalter allerdings verneint, da er nicht in den Angelegenheiten einzelner Miteigentümer, sondern allenfalls für alle gemeinsam tätig wird.271 In jedem Fall kann er aber Verrichtungsgehilfe des Verbandes sein. Daher kann dieser auch aus § 831 BGB haften, wobei er aber häufig eine Exkulpation nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB gelingen wird. Zudem kommt jedenfalls gegenüber Dritten auch eine Zurechnung von Verwalterverschulden gemäß § 278 BGB in Betracht, wenn dieser in Erfüllung von Verbandsverbindlichkeiten tätig wird, etwa bei Zahlungen in Verzug

268 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, NotBZ 2005, 327 = MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547 = NZM 2005, 543 = NJW 2005, 2061; Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 202. 269 BT-Drucks. 16/887, 56 f. 270 BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11,ZMR 2012, 974 (975 f.); BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17; WuM 2018, 524 = GE 2018, 938; LG Berlin v. 2.2.2018 – 85 S 88/16, ZMR 2018, 426 (427); AG Reutlingen v. 24.11.2016 – 9 C 1425/15, ZMR 2017, 275; Hügel/Elzer § 11 Rz. 7; jetzt auch Vandenhouten in Niedenführ/ § 27 WEG Rz. 128. 271 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17; WuM 2018, 524 = GE 2018, 938; LG München I v. 14.12.2009 – 1 S 9716/09, ZMR 2011, 62; LG Berlin v. 2.4.2013 – 85 S 179/12, ZMR 2013, 653; LG Berlin v. 2.2.2018 – 85 S 88/16, ZMR 2018, 426 (427); AG Pinneberg v. 29.10.2007 – 68 II 52/07 WEG, ZMR 2008, 86 (88); AG Cham v. 11.2.2015 – 1 C 828/14, ZMR 2016, 805(806); offen gelassen von BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11,ZMR 2012, 974 (975 f.).

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IX. Die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, Abs. 6 S. 1, 2 | Rz. 79 § 10

gerät.272 Allerdings muss der Schadensersatzanspruch vom Schutzzweck der Norm erfasst sein. So ist der Verwalter zwar aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG verpflichtet, Rückstände vorrangig geltend zu machen.273 Es kann aber nicht ausgerechnet der säumige Schuldner wegen eines Verstoßes gegen diese Pflicht Schadensersatzanspruch in Form der Freistellung von diesen Verbindlichkeiten verlangen.274

3. Entstehung und Ende des teilrechtsfähigen Verbandes a) Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft Der teilrechtsfähige Verband entsteht ohne weiteren Gründungsakt mit Invollzugsetzung der 77 werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft; bereits diese ist rechtsfähig.275 Denn ab diesem Zeitpunkt besteht der vom BGH gesehene Bedarf, dem Umgang des Rechtsverkehrs mit einer Mehrzahl von Eigentümern zu erleichtern und insbesondere vom Wechsel der Eigentümerstellung unabhängig zu gestalten. Umgekehrt resultiert aus diesem Zweck der Teilrechtsfähigkeit, dass alleine die Begründung von Wohnungseigentum noch nicht zur Invollzugsetzung der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft führt. Denn vor dem Übergang mindestens einer Einheit auf einen weiteren Eigentümer bedarf es keiner Erleichterungen im Innen- oder Außenverhältnis. Der teilende Eigentümer ist vor Entstehung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft alleiniger Vertragspartner Dritter und alleiniger Inhaber aller Rechte im Innen- und Außenverhältnis. Danach kann nur noch die (werdende) Wohnungseigentümergemeinschaft Rechtsstreite führen und Vermögen besitzen (s. zur werdenden Eigentümergemeinschaft auch u. Rz. 166 ff.). Die Abs. 6 bis 8 gelten entsprechend, d.h., die Eigentümergemeinschaft entsteht im Vorfeld mit sämtlichen Pflichten und Rechten, soweit sie gem. § 10 Abs. 6 und 7 möglich sind. b) Echte Wohnungseigentümergemeinschaft Mit Eigentumsumschreibung auf den ersten Erwerber entsteht dann die „echte“ Wohnungs- 78 eigentümergemeinschaft. Die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, auf die die §§ 10 bis 29, 43 ff. entsprechend anzuwenden sind, geht in dieser auf. Soweit angenommen wird, die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft bliebe (daneben) bestehen,276 entspricht dies der unglücklichen Rechtsprechung des BGH. Denn danach wird derjenige, der nach Eintragung des ersten Wohnungseigentümers neben dem teilenden Eigentümer Besitz erwirbt und mit einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen wird, nach wie vor Mitglied der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft, aber eben mangels Eigentums nicht Mitglied der „echten“ Wohnungseigentümergemeinschaft. Ergebnis dieser offenkundig undurchdachten Rechtsprechung ist das Fortbestehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft neben der echten mit unterschiedlichem Mitgliederbestand. c) Ende des teilrechtsfähigen Verbandes Wie das Entstehen ist auch das Fortbestehen des Verbandes an die Fortdauer der Wohnungs- 79 eigentümergemeinschaft geknüpft, was in § 10 Abs. 7 S. 4 WEG seinen Ausdruck gefunden 272 Z. B. bei fehlerhafter Inanspruchnahme einzelner Wohnungseigentümer auf Wohngeldzahlungen AG Wiesbaden v. 20.9.2013 – 92 C 2125/13, ZMR 2014, 72 f. 273 BGH v. 8.12.2017 – V ZR 82/17 ZMR 2018, 340 = WuM 2018, 340. 274 LG Köln v. 5.9.2013 – 29 S 40/13, ZMR 2014, 84 (85 f.). 275 So auch Reymann, ZWE 2009, 233; Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 4 Rz. 35. 276 OLG Köln v. 30.11.2005 – 16 Wx 193/05, NZM 2006, 301; LG Ellwangen v. 10.1.1996 – 5 T 54/95, NJW-RR 1996, 973; a.A. noch OLG Köln v. 28.1.1999 – 16 Wx 3/99, NZM 1999, 765.

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§ 10 Rz. 79 | Allgemeine Grundsätze hat. Danach geht das Verwaltungsvermögen mit der Vereinigung aller Wohnungseigentumsrechte in einer Person kraft Gesetzes auf diesen Erwerber aller Einheiten über. Mit dem Übergang des gesamten Vermögens geht der teilrechtsfähige Verband als Träger von Rechten und Pflichten zu diesem Zeitpunkt unter. Der rechtlichen Aufhebung des Wohnungseigentums und der Schließung der Wohnungsgrundbücher bedarf es nicht. Anders als bei sonstigen juristische Personen geht aus dieser Anordnung in § 10 Abs. 7 S. 4 WEG hervor, dass die erloschene Wohnungseigentümergemeinschaft noch nicht einmal partiell etwa für nachträglich bekannt gewordenes Vermögen fortbesteht, weil sie im Gegensatz zu jenen eben kraft gesetzlicher Regelung im Erwerber aller Einheiten stets einen Rechtsnachfolger hat.277 Daher können keine keine isolierten Vermögenswerte fortbestehen, so dass es eines partiellen Fortlebens für fortbestehende Ansprüche oder Pflichten also nicht bedarf. Umgekehrt geht aus dieser Regelung der Rechtsnachfolge auch hervor, dass der teilrechtsfähige Verband nicht latent fortbesteht, um etwa bei Veräußerung einer Wohnung auf einen anderen Wohnungseigentümer wiederaufzuleben. Es entsteht dann ein neuer teilrechtsfähiger Verband, der zwar gemäß § 10 Abs. 6 S. 4 WEG mit dem früheren namensgleich ist, ohne dass Rechtsnachfolge oder gar -identität besteht. Vielmehr ist der Erwerber der letzten Einheit in Verbindung mit dem neuen Wohnungseigentümer verpflichtet, diese neue Wohnungseigentümergemeinschaft adäquat finanziell auszustatten.

4. Grenzen der Rechtsfähigkeit a) Teilrechtsfähigkeit 80 Der BGH und ihm folgend der Gesetzgeber haben der Wohnungseigentümergemeinschaft die

volle Rechtsfähigkeit versagt. Dies umfasst nicht nur Einschränkungen, die sich aus der Rechtsnatur der Wohnungseigentümergemeinschaft ergeben, etwa hinsichtlich der selbstverständlich nicht vorhandenen Ehe- oder Testierfähigkeit. Darüber hinaus ist die Gemeinschaft auch nicht umfassend Träger der Rechte und Pflichten, auch wenn sie einer juristischen Person nicht grundsätzlich abgehen. Nach § 10 Abs. 6 S. 1 kann sie nur im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen.“ Hierbei ist allerdings unklar, ob es sich um eine Beschränkung der Rechtsfähigkeit in dem Sinne handeln soll, dass der Wohnungseigentümergemeinschaft jenseits der „gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums überhaupt keine Rechtsfähigkeit zukommen soll. Ein solches Verständnis, das auf eine Übernahme der angelsächsischen ultra-vires-Doktrin darstellte, wurde bislang allgemein abgelehnt. Im Zusammenhang mit dem Erwerb von Immobiliareigentum hat der BGH allerdings ausgeführt, dass jenseits dieser Schranke die Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung endet.278 Damit deutet sich an, dass er dort wohl auch eine Grenze der Rechtsfähigkeit sieht. Dies ist in der Praxis allerdings von eher untergeordneter Bedeutung, da die gesamte Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums jedenfalls die in §§ 20 ff. genannten Gegenstände, also die gesamte Geschäftsführung in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum umfasst. Zudem ist der Begriff der Verwaltung im Sinne der §§ 21 ff. auch nach dieser Entscheidung des BGH zum Immobiliarerwerb „weit zu verstehen.“279 Im Ergebnis wird die

277 AG Bremerhaven v. 2.6.2010, ZMR 2010, 882. 278 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NotBZ 2016, 345 = MDR 2016, 577 = MietRB 2016, 163 = MietRB 2016, 164 = ZMR 2016, 476 (478) Rz. 27; OLG München v. 11.5.2016 – 34 Wx 73/15, ZMR 2016, 792 (793). 279 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NotBZ 2016, 345 = MDR 2016, 577 = MietRB 2016, 163 = MietRB 2016, 164 = ZMR 2016, 476 (478) Rz. 26; vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 60; Armbrüster, ZWE 2006, 473; Wenzel, ZWE 2006, 6; ders., NZM 2006, 322; ders., ZWE 2006, 462 sowie 464 f.; s. zuletzt

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IX. Die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, Abs. 6 S. 1, 2 | Rz. 83 § 10

Rechtsfähigkeit des teilrechtsfähigen Verbandes also auch dann regelmäßig gegeben sein, wenn man sie auf die gesamte Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums“ beschränkt. b) Keine „Gesellschaft der Wohnungseigentümer“ Die Teilrechtsfähigkeit bleibt darüber hinaus wie nach dem früheren Rechtszustand insoweit 81 beschränkt, als Wohnungseigentum nicht nur eine (dingliche) Beteiligung an einem Grundstück darstellt, das einem Verband gehört. Das Gemeinschaftseigentum selbst steht nicht im Vermögen der rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft. Durch die Trennung von Verbandsvermögen und Gemeinschaftseigentum (sog. Trennungstheorie)280 entstehen zwei Rechtskreise, die zwar Zuordnungsprobleme verursachen können, dogmatisch aber überzeugender als die sog. Einheitstheorie281 sind. Die das Gemeinschaftseigentum verkörpernde Bruchteilsgemeinschaft ist im Gegensatz zum Verband nicht rechtsfähig. Die sich aus dieser Vermögenstrennung ergebenden Abgrenzungsschwierigkeiten282 können 82 in der Praxis aber vernachlässigt werden, da Abs. 6 dem Verband die gesamte Verwaltung und alle gemeinschaftsbezogenen Rechte und Pflichten überträgt. Die Ausübungsbefugnis, d.h. die Befugnis zur Wahrnehmung von Rechten und Pflichten, steht nicht mehr den Wohnungseigentümern in ihrer Gesamtheit zu, sondern ausschließlich der Gemeinschaft. Der Verwalter handelt insoweit nicht länger als Vertreter der Eigentümer, sondern als Organ des Verbands (s. auch § 20 Rz. 5 ff.). Geschäfte über das sachenrechtliche Grundverhältnis, etwa über die Veräußerung oder den Zuerwerb von Gemeinschaftseigentum bedürfen aber nach wie vor der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer, wobei die Form des § 311b BGB zu wahren ist.283 Von Bedeutung bleibt ferner, dass die Trennung von teilrechtsfähigem Verband und Wohnungseigentümern entsprechend dem Zweck dieser Konstruktion in einigen Bereichen unvollständig bleibt. Sie stehen sich nicht wie beliebige Rechtsgenossen gegenüber. So kann der Verband als Gläubiger von Vorschüssen gemäß § 28 Abs. 2 WEG den Wohnungseigentümern Informationen über Forderungen und Verbindlichkeiten geben. Bestimmungen des Datenschutzes stehen dem nicht entgegen, da die Miteigentümer keine anonymen Dritten sind.284 Ebenso ist die unveränderte Weiterleitung von Fernsehsendungen keine öffentliche Wiedergabe im Sinne des § 15 Abs. 3 UrhG.285

5. Der Verband als Träger eigener Rechte und Pflichten a) Eigene Rechte und Pflichten Wenn § 10 Abs. 6 S. 1 WEG betont, dass der Verband „selbst“ Rechte erwerben und Pflichten 83 eingehen kann, so erscheint dies nur auf den ersten Blick als überflüssige Verdoppelung. Dass die (Teil)rechtsfähigkeit die Möglichkeit des Erwerbs von Rechten und Pflichten umfasst, ist selbstverständlich. Vielmehr stellt der Gesetzgeber mit dieser Formulierung klar, dass der teilrechtsfähige Verband nicht nur Träger eigener Rechte und Pflichten ist, sondern darüber hi-

280 281 282 283 284 285

BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NotBZ 2016, 345 = MDR 2016, 577 = MietRB 2016, 163 = MietRB 2016, 164 = ZMR 2016, 476 (478) Rz. 26. Die Trennungstheorie ebenso vertretend Dötsch in Timme, § 10 WEG Rz. 369 ff.; Hügel, DNotZ 2005, 753; Abramenko, ZMR 2006, 409. S. hierzu Armbrüster, ZWE 2006, 470; Wenzel, NZM 2006, 321; Reymann, ZWE 2009, 232. Vgl. hierzu Hügel, DNotZ 2005, 753 (757); Jennißen, NZM 2006, 203 (204). BGH v. 12.4.2013 – V ZR 103/12, MDR 2013, 765 = NotBZ 2013, 346 = MietRB 2013, 208 = ZWE 2013, 330 = ZMR 2013, 730; BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NotBZ 2016, 345 = MDR 2016, 577 = MietRB 2016, 163 = MietRB 2016, 164 = ZMR 2016, 476 (477) Rz. 17. OLG München ZMR 2007, 720; Niedenführ, ZWE 2011, 67; Drasdo ZMR 2013, 82. BGH v. 17.9.2015 – I ZR 228/14, MDR 2016, 103 = ZMR 2016, 469.

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§ 10 Rz. 83 | Allgemeine Grundsätze naus auch fremde Rechte (der Wohnungseigentümer) wahrnimmt.286 Die eigenen Rechte sind abgesehen von den weiter gehenden Vorschriften zum Verwaltungsvermögen in § 10 Abs. 7 nur zum Teil in § 10 Abs. 6 S. 4, 5 gesetzlich geregelt. Teilweise haben sich die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer mit der Anerkennung der rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft sogar verdoppelt. So bestehen nunmehr nicht nur Treue- und Rücksichtnahmepflichten gegenüber den Miteigentümern, sondern auch gegenüber dem Verband.287 b) Gesetzlich geregelte eigene Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümergemeinschaft aa) Namensrecht (§ 10 Abs. 6 S. 4) 84 Aus der Teilrechtsfähigkeit folgt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft unter einem be-

stimmten Namen im Rechtsverkehr auftreten kann bzw. muss. Denn Gläubiger des Verbandes müssen die Wohnungseigentümergemeinschaft ebenso als Trägerin von Pflichten namhaft machen können wie umgekehrt diese in der Lage sein muss, sich als Inhaberin von Rechten zu bezeichnen.288 Die eigentliche Bedeutung des § 10 Abs. 6 S. 4 liegt in der Beschränkung der möglichen Namen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann nach dieser Vorschrift nur durch die „bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks“289 bezeichnet werden. Andere Namen oder Phantasiebezeichnungen sind deshalb ausgeschlossen.290 Die „bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks“ kann sowohl durch die postalische Adresse als auch durch die Bezeichnung entsprechend dem Grundbuch erfolgen. Die früher erforderliche Angabe „bestehend aus den Eigentümern …“ ist nach neuem Recht nicht nur überflüssig, sondern falsch, da der Verband von einem Eigentümerwechsel unberührt bleibt.291 Auch eine Klage aller Wohnungseigentümer unter ausdrücklicher Herausnahme des Beklagten ist als Klage einer Vielzahl einzelner Wohnungseigentümer, aber nicht des Verbandes anzusehen und daher unzulässig, wenn die Ausübung des prozessual geltend gemachten Rechtes bereits dem teilrechtsfähigen Verband übertragen wurde.292 Da der Verband grundbuchfähig ist (hierzu s. Rz. 91 ff.), genügen diese Angaben auch für seine Eintragung als Inhaber von Rechten an Grundstücken. Denn die auf die Wohnungseigentümergemeinschaft zumindest analog anzuwendende Vorschrift des § 15 Abs. 1b GBV verlangt für juristische Personen nur die Angabe ihres Namens und ihres Sitzes.293 Beides geht aus den nach § 10 Abs. 6 S. 4 möglichen Bezeichnungen hervor.

286 Vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 60 und zu Beiträgen nach § 28 Abs. 2 WEG BT-Drucks. 16/3843, S. 46 sowie Wenzel, NZM 2006, 323. 287 LG Stuttgart v. 11.5.2016 – 10 S 2/16, ZMR 2016, 733 (734). 288 BT-Drucks. 16/887, S. 62. 289 BT-Drucks. 16/887, S. 62. 290 Hierzu Wilsch, RNotZ 2006, 539. 291 Zur Strenge, mit der die Gemeinschaft und Wohnungseigentümer in der untergerichtlichen Rspr. getrennt werden, s. AG Dresden v. 11.12.2007 – 152 C 6477/07, NZM 2008, 135 f. = ZMR 2008, 248 f.; anders – und insoweit sicher richtig – AG Konstanz v. 13.3.2008 – 12 C 17/07, MietRB 2008, 273 ZMR 2008, 495, 496 und OLG Karlsruhe v. 30.6.2008 – 14 Wx 24/07, MietRB 2008, 364 = NZM 2008, 651; umgekehrt bei Aktivprozessen des Verbandes OLG Düsseldorf v. 23.11.2007 – I – 3 Wx 58/07, NZM 2008, 251 f. 292 OLG Brandenburg v. 10.9.2015 – 12 U 64/14, MietRB 2016, 138 = ZMR 2016, 87 = IMR 2016, 129; a. A. bei Nennung aller Wohnungseigentümer LG Hamburg v. 30.5.2018 – 318 S 70/16, ZMR 2018, 793, was insbesondere im Hinblick auf die Formulierung „Wohnungseigentümergemeinschaft, bestehend aus den Wohnungseigentümern gemäß Anlage“ und die begehrte Zahlung „an die Kläger als Gesamtgläubiger“ mehr als zweifelhaft erscheint. 293 Hierzu Meikel/Ebeling, § 15 GBV Rz 23 ff.

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IX. Die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, Abs. 6 S. 1, 2 | Rz. 85 § 10

bb) Möglichkeit, vor Gericht zu klagen und verklagt zu werden (§ 10 Abs. 6 S. 5) § 10 Abs. 6 S. 5 ordnet an, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft vor Gericht klagen 85 und verklagt werden kann und umschreibt damit ihre Parteifähigkeit.294 Die Parteifähigkeit ist nichts anderes als das verfahrensrechtliche Gegenstück zur materiell-rechtlichen Möglichkeit, Inhaber von Rechten und Pflichten zu sein, und folgt daher zwingend aus der Teilrechtsfähigkeit.295 Dies gilt, da der Verband ebenso gegenüber Wohnungseigentümern wie auch gegenüber Dritten berechtigt und verpflichtet sein kann, sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis. Die Angabe sämtlicher Wohnungseigentümer ist nicht erforderlich und sogar falsch, wenn der Anspruch der Gemeinschaft zusteht (s. vorige Rz.). Gleichwohl ist ein Wohnungseigentümer analog § 25 Abs. 5 WEG auch dann vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn über ein Verfahren gegen den teilrechtsfähigen Verband zu befinden ist und er auf Klägerseite steht. Dass § 25 Abs. 5 WEG auch nach Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft keine Regelung für einen Streit zwischen dieser und einem Wohnungseigentümer enthält, stellt eine planwidrige Regelungslücke dar. Diese ist durch eine analoge Anwendung von § 25 Abs. 5 WEG zu schließen, da die Vorschrift verhindern will, dass der Prozessgegner auf das Ob und Wie einer gegen ihn gerichteten Prozessführung Einfluss nehmen kann. Diese Gefahr besteht auch in Streitigkeiten mit der Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Stimmrechtsausschluss gilt auch in Aktivprozessen einzelner Wohnungseigentümer, da der Wortlaut des § 25 Abs. 5 WEG, der von einem Rechtsstreit „gegen ihn“ redet, keine Beschränkung auf Passivverfahren bezweckt.296 In Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse der Wohnungseigentümer ist die Eigentümergemeinschaft allerdings weder aktiv- noch passivlegitimiert, sofern sie nicht selbst Eigentümerin von Sondereigentum in der eigenen Liegenschaft ist. Bereits vor der WEG-Novelle vertrat der BGH die Auffassung, dass das Beschlussanfechtungsverfahren auch nach Anerkennung des teilrechtsfähigen Verbandes zwischen den Wohnungseigentümern zu betreiben ist. Passivlegitimiert waren daher stets die übrigen Wohnungseigentümer. Hieran hat der Gesetzgeber trotz gegenteiliger Anregungen in der Literatur297 festgehalten und die Passivlegitimation der Wohnungseigentümer in § 46 Abs. 1 Satz 1 manifestiert. Die Parteifähigkeit ist nicht auf Zivilrechtsstreitigkeiten beschränkt; sie besteht auch in Verwaltungsstreitverfahren. So kann die Wohnungseigentümergemeinschaft ein Normenkontrollverfahren anstrengen.298 Es existiert aber keine gesetzliche Berechtigung des Verwalters, Aktivprozesse für den teilrechtsfähigen Verband zu führen. Aktivprozesse darf er daher nur dann für den Verband führen, wenn er dazu gemäß § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 durch Beschluss oder Vereinbarung bevollmächtigt wurde. Wie jede andere Partei kann der Wohnungseigentümergemeinschaft unter den Voraussetzungen der §§ 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe gewährt werden. Dies gilt auch für die Durchsetzung von Beitragsforderungen, wobei aber neben liquiden Mitteln auch durchsetzbare Ansprüche gegen einzelne Wohnungseigentümer als Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu berücksichtigen sind.299 Die Gewährung von Prozesskostenhilfe scheitert nicht schon am öffentlichen Interesse im Sinne des § 116 ZPO.300 Denn es liegt auch im Interesse der Rechtsordnung, dass die wirtschaftliche Existenz einer Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Beitreibung fälliger Forderungen gesichert wird.301 Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümer kann prozes-

294 295 296 297 298

Zöller/Vollkommer Vor § 50 Rz. 14. Armbrüster, ZWE 2006, 55; Wenzel, ZWE 2006, 9 f. BGH v. 6.12.2013 – V ZR 85/13, MDR 2014, 399 = MietRB 2014, 108 = ZWE 2014, 176. Armbrüster, ZWE 2006, 474; vgl. auch Bonifacio, ZMR 2005, 331. OVG Berlin – Brandenburg v. 7.8.2009 – OVG 10 A 6.07, ZMR 2010, 491; OVG Lüneburg v. 26.7.2017 – 1 KN 171/16, ZMR 2018, 94. 299 LG Berlin v. 28.8.2006 – 55 T 26/05, ZMR 2007, 145; LG Hamburg v. 6.1.2010 – 318 T 76/09, ZMR 2010, 397. 300 So aber LG Hamburg v. 6.1.2010 – 18 T 76/09, ZMR 2010, 397. 301 BGH v. 17.6.2010 – V ZB 26/10, MietRB 2010, 232 = ZMR 2010, 780.

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§ 10 Rz. 85 | Allgemeine Grundsätze sual gegenüber der früheren Rechtslage zu einer Erleichterung der Anspruchsdurchsetzung führen. Denn die Wohnungseigentümer sind nunmehr in Rechtsstreitigkeiten des Verbandes taugliche Zeugen, da keine auch nur teilweise Identität mit dieser Prozesspartei besteht.302 Umgekehrt scheiden frühere Möglichkeiten infolge der Teilrechtsfähigkeit aus. Insbesondere kann der Verwalter nicht mehr aus Gründen einer effektiven Rechtsdurchsetzung in gewillkürter Prozessstandschaft für die Wohnungseigentümergemeinschaft auftreten, weil sie nunmehr kraft Gesetzes eine hinreichende Struktur und Vertretungsregelung erhalten hat.303 Tut er es dennoch, wirkt sein prozessuales Handeln nicht für die Gemeinschaft und unterbricht insbesondere nicht die Verjährung.304 Soweit der BGH unmittelbar nach „Entdeckung“ der Teilrechtsfähigkeit für einzelne Wohnungseigentümer noch anderes angenommen hat,305 erscheint dies zweifelhaft. Denn den Wohnungseigentümern kann schwerlich ein rechtlich stärkeres Interesse an einer ordnungsgemäßen Verwaltung zugebilligt werden als dem Verwalter. Die Parteifähigkeit des Verbands endet spätestens mit der Auflösung der Wohnungseigentümergemeinschaft,306 aber auch ohne eine solche schon gemäß § 10 Abs. 7 S. 4 mit der Vereinigung aller Einheiten in einer Hand (s.o. Rz. 79). cc) Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Inhaberin des Verwaltungsvermögens (§ 10 Abs. 7) 86 Die wohl wichtigste gesetzliche Regelung zur Folge der Teilrechtsfähigkeit findet sich in § 10

Abs. 7 S. 1 und betrifft das Verwaltungsvermögen. Als Konsequenz aus der gesetzlich anerkannten Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft wird es nun dieser, nicht mehr den Wohnungseigentümern zugeordnet.307 Die neue Zuordnung von Rechten und Pflichten, die nach früher einhelliger Meinung den Wohnungseigentümern selbst zukamen, ist auch verfassungsrechtlich vor dem Hintergrund des Eigentumsschutzes unbedenklich.308 Die Inhaberstellung beinhaltet die Kompetenz, über gemeinschaftliche Gelder zu beschließen.309 Die früher ausführlich diskutierte Frage, ob und wie sich ein Eigentümerwechsel auf die Zuordnung des Verwaltungsvermögens auswirkt, ist damit gegenstandslos geworden, da es unabhängig von der personalen Zusammensetzung der Eigentümer ausschließlich dem Verband zusteht.310 Umgekehrt ist bei Verpflichtungen alleine der Verband passivlegitimiert, nicht die Wohnungseigentümer oder gar der Verwalter.311 Der Umfang des Verwaltungsvermögens hat sich im Grundsatz gegenüber dem Rechtszustand vor der Novelle grundsätzlich nicht geändert. Soweit § 10 Abs. 7 S. 2 WEG von „gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Sachen und Rechten“ redet, ist diese Formulierung in ihrer extremen Komprimierung unglücklich, da es gesetzlich begründete Sachen nicht gibt.312 Gemeint sind gesetzlich begründete und rechtsgeschäftlich erworbene Rechte sowie rechtsgeschäftlich erworbene Sachen. Als wichtigstes Beispiel hierfür nennt § 10 Abs. 7 S. 3 WEG die „eingenommenen Gelder“, also insbesondere Vorschüsse nach § 28 Abs. 2, Nachzahlungen aus der Jahresabrech302 AG Lichtenberg v. 8.11.2007 – 12 C 240/07, ZMR 2008, 576, 577. 303 BGH v. 28.1.2011 – V ZR 145/10, ZMR 2011, 487; LG Duisburg v. 22.8.2013 – 8 O 22/13, ZMR 2014, 737; AG Hannover v. 17.4.2012 – 484 C 10745/11, ZMR 2012, 911. 304 LG Duisburg v. 22.8.2013 – 8 O 22/13, ZMR 2014, 737. 305 BGH v. 24.6.2005 – V ZR 350/03, MDR 2006, 85 = MietRB 2006, 44; ZMR 2005, 884 f.; ebenso noch LG Frankfurt v. 8.6.2011 – 2 – 13 S 33/10, ZMR 2012, 120. 306 AG Bremerhaven v. 2.6.2010 – 55 C 1463/09, ZWE 2011, 54. 307 Eingehend hierzu BT-Drucks. 16/887, S. 62 f.; vgl. Bub, NZM 2006, 843; Wenzel, ZWE 2006, 6 f.; Wenzel, ZWE 2006, 465. 308 Vgl. im Einzelnen Abramenko, § 6 Rz. 7. 309 LG Lüneburg v. 8.10.2013 – 5 S 47/13, ZMR 2014, 144. 310 BT-Drucks. 16/887, S. 63. 311 AG Hamburg-Blankenese v. 21.10.2015 – 539 C 17/15, ZMR 2016, 151 (152). 312 Zu Recht kritisch hierzu Bub, NZM 2006, 848.

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IX. Die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, Abs. 6 S. 1, 2 | Rz. 87 § 10

nung gemäß § 28 Abs. 3 und Sonderumlagen. Umgekehrt ist der teilrechtsfähige Verband Schuldner eventueller Rückzahlungen aus der Jahresabrechnung.313 Das Verwaltungsvermögen umfasst des weiteren auch die sachlichen Mittel (z.B. Rasenmäher, Gartengeräte etc.) zur Bewirtschaftung des Anwesens. Neu ist aufgrund der Teilrechtsfähigkeit des Verbandes ferner die Möglichkeit des Erwerbs von Wohnungen oder Teileigentumseinheiten in der eigenen Liegenschaft (vgl. Rz. 91 ff.). Zu den Rechten, die der teilrechtsfähigen Verband selbst und ohne Vergemeinschaftung geltend machen kann, gehören auch Schadensersatzansprüche etwa wegen der Beschädigung des Verwaltungsvermögens.314 Da es sich hierbei um die eigenen Rechte und Pflichten des Verbandes handelt, macht er hierauf bezogene Ansprüche in eigenem Namen, nicht als Verfahrensstandschafter der Eigentümer geltend. Werden Verpflichtungen ihm gegenüber, etwa auf Zahlung der Vorschüsse gemäß § 28 Abs. 2 WEG, nicht erfüllt, kommen nur Schadensersatzansprüche des Verbandes, nicht auch der Wohnungseigentümer in Betracht.315 Zur Klarstellung ordnet § 10 Abs. 7 S. 2 WEG auch die „entstandenen Verbindlichkeiten“ dem Verwaltungsvermögen zu, was sich von selbst versteht, wenn der Verband die entsprechenden Verbindlichkeiten nach § 10 Abs. 6 S. 1 WEG eingeht.316 Besonderheiten können bei öffentlich-rechtlichen Versorgern bestehen. Wenn nach der kommunalen Satzung die Eigentümerstellung für eine Gebühren- oder Abgabenpflicht maßgeblich sein soll, sollen die Wohnungseigentümer weiterhin selbst Berechtigte und Verpflichtete sein.317 Ob eine Satzung eine solche persönliche Schuld der Wohnungseigentümer, nicht des Verbandes begründen soll, ist durch Auslegung zu ermitteln.318 Entsprechendes gilt auch in steuerrechtlicher Hinsicht, etwa bei Sonderabschreibungen, die an das Eigentum anknüpfen.319 Dies kann auch die Wohnungseigentümergemeinschaft treffen, wenn sie Eigentümerin einer Einheit in der Liegenschaft ist. c) Vorgehen bei der Durchsetzung eigener Rechte und Pflichten Dass die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst Inhaberin von Rechten und Pflichten ist, 87 sagt noch nichts über das Vorgehen hierbei aus. Wie jede juristische Person muss sie hierfür auf dem vorgesehenen Weg ihren Willen bilden. Zur vorgerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung bedarf es daher regelmäßig eines Beschlusses der Eigentümerversammlung, die kraft Gesetzes für diese Entscheidungen zuständig ist. Dieser Beschluss hat nichts mit der Vergemeinschaftung von Ansprüchen zu tun, die nach § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 2 WEG nur bei Ansprüchen erforderlich ist, die nicht schon kraft Gesetzes dem teilrechtsfähigen Verband zustehen. Da der Verwalter nicht kraft Gesetzes ermächtigt ist, Aktivprozesse für den teilrechtsfähigen Verband zu führen, muss er hierzu gemäß § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG hierzu ermächtigt werden. Allerdings kann diese Ermächtigung des Verwalters auch in der Gemeinschaftsordnung erfolgen, im Verwaltervertrag nur dann, wenn dieser seinerseits durch Beschluss der Eigentümerversammlung angenommen wurde. Ob der teilrechtsfähige Verband eigene Ansprüche geltend macht, ist eine Frage ordnungsmäßiger Verwaltung und kann im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG überprüft werden. Es kann ordnungsmäßiger Verwaltung

313 OLG Hamm v. 15.2.2011 – I – 15 Wx 222/10, ZMR 2011, 656. 314 KG v. 28.1.2010 – 24 W 43/09, MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 141 = ZMR 2010, 467, 468; LG Hamburg v. 25.2.2015 – 318 S 110/14, ZMR 2015, 334. 315 BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, ZMR 2017, 570. 316 Vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 63; Wenzel, ZWE 2006, 465. 317 BGH v. 18.6.2009 – VII ZR 196/08, NotBZ 2009, 365 = MDR 2009, 1034 = MietRB 2009, 260 = ZMR 2009, 854; KG v. 24.4.2009 – 24 W 55/08, ZMR 2009, 786; a.A. KG v. 24.1.2008 – 19 U 8/07, ZMR 2009, 783; VG Düsseldorf v. 3.9.2009 – 12 K 881/08, ZMR 2010, 327 f. 318 Für eine Schuldnerstellung des teilrechtsfähigen Verbandes in Berlin kommt durch Auslegung der landesgesetzlichen Vorschriften BGH v. 22.3.2012, ZMR 2012, 648. 319 BFH v. 25.6.2009 – IX R 56/08, ZMR 2010, 294.

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§ 10 Rz. 87 | Allgemeine Grundsätze entsprechen, auf die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen zu verzichten, wenn diese etwa zweifelhaft oder schwer vollstreckbar sind.320 d) Keine Verpflichtung zur Durchführung von Beschlüssen 87a Entgegen einer früher vom BGH geäußerten Einschätzung321 ist der Verband nicht zur

Durchführung von Beschlüssen der Eigentümerversammlung verpflichtet. Diese Pflicht trifft nach den derzeitigen gesetzlichen Regelungen alleine den Verwalter aus § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG.322 Eine Verpflichtung zur Durchführung könnte der Verband nämlich nur dadurch erreichen, dass er den Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG in Anspruch nimmt. Dadurch käme es zu einer Vermehrung von Rechtsstreitigkeiten ohne erkennbaren Nutzen. Der Verband soll aber seiner gesetzlichen Konzeption nach im Außenverhältnis die Abwicklung von Vertragsverhältnissen erleichtern. Mit seiner Anerkennung sollte indessen im Innenverhältnis keine Verlagerung von Pflichten einhergehen. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt danach den Wohnungseigentümern, dem Verwalter und dem Beirat. Folglich haftet auch alleine der Verwalter für die unterlassene oder mangelhafte Durchführung von Beschlüssen.323 Ähnlich steht es bei Pflichtverletzungen Dritter, die vom Verband beauftragt werden. Auch hierfür muss nicht der Verband einstehen. Vielmehr kann sich der Geschädigte aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Wohnungseigentümer unmittelbar gegen den Schädiger richten.324 Entgegen bisweilen geäußerter Auffassung325 hat auch jeder Wohnungseigentümer einen Individualanspruch auf Durchführung eines Beschlusses gegen den Verwalter.

6. Gesetzlich nicht geregelte eigene Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümergemeinschaft a) Ansprüche wegen der Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums 88 Lange umstritten war die Frage, wer einen Ausgleich dafür schuldet, wenn ein Wohnungsei-

gentümer aus eigenen Mitteln Kosten für die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums aufwendet. Der BGH entschied sich für eine differenzierende Lösung in dieser Frage der Passivlegitimation. Ein Bereicherungsanspruch kann nach Rechtsprechung des BGH nur gegen die Gemeinschaft selbst gerichtet werden, sofern ein Beschluss gefasst, aber nicht ausgeführt wurde oder hätte gefasst werden müssen.326 Anderenfalls, also insbesondere bei einer unzureichenden Beschlussfassung, sind die Wohnungseigentümer Schuldner sowohl eines Bereicherungsanspruchs327 wie auch eines Schadensersatzanspruchs.328 Sind etwa aufgrund der Verselbständigung von Untergemeinschaften nur einige Wohnungseigentümer stimmberechtigt, können auch nur sie wegen unzureichender Beschlussfassungen schadensersatzpflichtig

320 321 322 323 324 325 326 327 328

LG Itzehoe v. 5.8.2014 – 11 C 45/13, ZMR 2015, 56 (57). BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11, ZMR 2012, 974 = ZWE 2012, 431 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17; WuM 2018, 524 = GE 2018, 938. BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17; WuM 2018, 524 = GE 2018, 938; überholt daher AG Ratingen v. 4.4.2018 – 8 C 298/17, ZMR 2018, 714. BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17; WuM 2018, 524 = GE 2018, 938. Z. B. LG Hamburg v. 2.3.2016 – 318 S 22/15, ZMR 2016, 393 f.; LG Frankfurt/M. v. 15.2.2017 – 2 – 13 S 128/16, ZMR 2017, 500. BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, MietRB 2016, 74 = ZMR 2016, 210. BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, MietRB 2016, 74 = ZMR 2016, 210, 212 f. BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, MDR 2015, 16 = MietRB 2015, 17 = MietRB 2015, 18 = ZMR 2015, 241 = ZWE 2015, 88; AG Bremen v. 8.8.2014 – 29 C 20/14, ZMR 2015, 63 f.

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IX. Die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, Abs. 6 S. 1, 2 | Rz. 91 § 10

sein.329 Allerdings sind unzureichende Beschlussfassungen ohne Anfechtung bindend und können nicht durch Bereicherungsansprüche umgangen werden.330 Auch Ansprüche aus § 14 Nr. 4 WEG wegen der Beschädigung von Sondereigentum zum Zwecke der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums sind gegen den teilrechtsfähigen Verband zu richten.331 Umgekehrt ist auch der Anspruch auf Nutzung des Sondereigentums gemäß § 14 Nr. 4 WEG gemeinschaftsbezogen, kann also kraft Gesetzes und ohne Übertragung der Ausübungsbefugnis durch Beschluss vom teilrechtsfähigen Verband geltend gemacht werden.332 b) Beiträge nach § 28 Abs. 2 Der Wortlaut von § 28 Abs. 2 blieb zwar in der WEG-Novelle von 2007 unverändert. Gleich- 89 wohl hat die dort kodifizierte Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft erheblichen Einfluss auf deren Handhabung. So ist nach Anerkennung seiner Teilrechtsfähigkeit endgültig der Verband an die Stelle der Wohnungseigentümer als Gläubiger von Vorschüssen, Nachzahlungen und Sonderumlagen getreten.333 Zwar ist die Gemeinschaft selbst an der Beschlussfassung über die Jahres- und Einzelabrechnungen nicht beteiligt, der entsprechende Beschluss ist aber als Akt zugunsten eines Dritten entsprechend § 328 BGB zu qualifizieren, da die Wohnungseigentümer durch die Beschlussfassung die finanzielle Versorgung der Gemeinschaft sicherstellen wollen. Das Geldvermögen ist Verbandsvermögen (s.o. Rz. 86). Alle Wohngeldforderungen stehen daher ebenfalls dem Verband zu (s. zur Beitreibung rückständiger Wohngeldbeträge § 28 Rz. 81 und 92). Ist der Verband nicht in der Lage, die hiermit verbundenen Prozesskosten zu tragen, kann er Prozesskostenhilfe beantragen334 (s.a. o. Rz. 85). c) Beschäftigung von Arbeitnehmern Der rechtsfähige Verband kann auch Arbeitgeber, namentlich des Hausmeisters, sein.335 So- 90 weit Arbeitnehmerrechte von der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer abhängt, kommt es daher nur auf die Arbeitnehmer der Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht auf diejenigen des Verwalters an. Von der Verpflichtung zur Zahlung einer Insolvenzgeldumlage ist die Wohnungseigentümergemeinschaft befreit.336 d) Erwerb von Immobiliareigentum aa) Grundbuchfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft In seiner Entscheidung vom 2.6.2005 erwähnte der BGH beiläufig, dass die Wohnungseigen- 91 tümergemeinschaft auch Gläubigerin einer Zwangshypothek sein könne.337 Hierdurch hat der BGH aber zugleich auch die Grundbuchfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft

329 330 331 332 333 334 335 336 337

LG Düsseldorf v. 29.3.2017 – 25 S 55/16, ZMR 2017, 575. BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, MietRB 2016, 74 = ZMR 2016, 210 (212 f.). BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, MietRB 2016, 74 = ZMR 2016, 210 (213 f.). LG Frankfurt v. 26.4.2016 – 2 – 09 S 26/14; MietRB 2016, 1678. BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, NotBZ 2005, 327 = MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = NZM 2005, 543 = ZMR 2005, 547 (555 f.); BGH v. 1.6.2012 – V ZR 171/11, MDR 2012, 1023 = MietRB 2012, 233; ZMR 2012, 976 (977). BGH v. 17.6.2010 – V ZB 26/10, MietRB 2010, 232 = ZMR 2010, 780. S. hierzu BGH v. 27.1.2011 – V ZB 255/10, MietRB 2011, 148 = NZM 2011, 367. BSG v. 23.10.2014 – B 11 AL 6/14 R, ZWE 2015, 230; Hess. LSG v. 5.12.2013 – L 1 KR 180/12, NJW-Spezial 2014, 162 = ZWE 2014, 144. S. hierzu auch OLG München v. 13.1.2010 – 34 Wx 117/09, MDR 2010, 436 = MietRB 2010, 143.

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§ 10 Rz. 91 | Allgemeine Grundsätze anerkannt,338 was nicht nur für das eigene Grundstück gilt.339 Dies bringt für die Praxis erhebliche Vorteile mit sich, müssen doch nicht mehr die Vor- und Nachnamen, Geburtsdaten und Berufe sämtlicher Wohnungseigentümer beigebracht werden. Ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft grundbuchfähig, kann sie auch Grundstückseigentum erwerben.340 Indem der Gesetzgeber die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft im Gesetz verankert hat, wurde die Auffassung des BGH bestätigt, so dass an der Grundbuchfähigkeit keine Zweifel mehr bestehen. bb) Beschlusskompetenz zum Erwerb vom Immobiliareigentum 92 Die Beschlusskompetenz zum Erwerb eines Grundstücks wird allgemein bejaht.341 Sie folgt

aus §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 und 3 WEG.342 Dabei ist der Begriff der Verwaltung im Sinne von § 21 WEG weit zu verstehen. Er umfasst nach § 10 Abs. 7 S. 2 WEG auch den Erwerb von Sachen, wobei das Gesetz zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen nicht differenziert.343 Der Eigentümergemeinschaft fehlt die Kompetenz zum Erwerb eines Grundstücks nur dann, wenn es sich offenkundig nicht um eine Verwaltungsmaßnahme handelt (vgl. o. Rz. 80). Ein solcher Beschluss berührt auch nicht die sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft, da nicht die Wohnungseigentümer, sondern der teilrechtsfähige Verband Eigentum erwerben soll. Somit wird kein Gemeinschaftseigentum, sondern (Sonder)eigentum des teilrechtsfähigen Verbandes begründet.344 cc) Erwerb von Immobiliareigentum als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung 93 Die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Erwerb eines Grundstücks ordnungsmäßiger

Verwaltung entspricht, ist umstritten. Sie ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn das betroffene Grundstück bereits vor dem Erwerb auf Dauer der Bewirtschaftung des Gemeinschaftseigentums diente. Dies wurde vom BGH in einem Fall angenommen, in dem auf dem gemeinschaftlichen Grundstück für 31 Wohnungen nur 6 Parkplätze vorhanden waren und für weitere 25 Stellplätze zur Abwendung der Stellplatzabgabe eine öffentlich-rechtliche Baulast am nunmehr erworbenen Nachbargrundstück begründet wurde.345 Darüber hinaus sah der BGH zwar keinen Bedarf, nähere Kriterien dafür aufzuzeigen, wann ein solcher Erwerb ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Den Ausführungen zum weiten Verwaltungsbegriff ist 338 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, NotBZ 2005, 327 = MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = NZM 2005, 543; ebenso OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, NotBZ 2008, 198 = MietRB 2008, 171 = ZMR 2008, 310; OLG Hamm v. 20.10.2009 – I – 15 Wx 81/09, ZWE 2009, 452; v. 4.5.2010 – 15 W 382/09, ZMR 2010, 785; Demharter, NZM 2005, 601 f. = ZWE 2005, 357; Becker, MietRB 2007, 180. 339 OLG Hamm v. 4.5.2010 – 15 W 382/09, MietRB 2010, 202 = ZMR 2010, 785. 340 OLG München v. 11.5.2016 – 34 Wx 73/15, ZMR 2016, 792; LG Bremen v. 13.2.2015 – 4 S 343/13, ZMR 2015, 475; Wenzel, ZWE 2006, 2 (6); Jennißen, NZM 2006, 203 (205). 341 S. Lehmann-Richter in Riecke/Schmid § 10 WEG Rz. 21; Abramenko, ZWE 2010, 193; Wenzel, ZWE 2006, 2 (7); Hügel, DNotZ 2007, 326 (339); OLG Frankfurt v. 28.4.2014 – 20 W 32/14; MietRB 2015, 210; LG Deggendorf v. 19.5.2008 – 1 T 59/08, NotBZ 2008, 280 = NotBZ 2008, 350 = ZMR 2008, 909; OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, NotBZ 2008, 198 = MietRB 2008, 171 = NJW 2008, 1537. 342 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NotBZ 2016, 345 = MDR 2016, 577 = MietRB 2016, 163 = MietRB 2016, 164 = ZMR 2016, 476. 343 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NotBZ 2016, 345 = MDR 2016, 577 = MietRB 2016, 163 = MietRB 2016, 164 = ZMR 2016, 476. 344 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NotBZ 2016, 345 = MDR 2016, 577 = MietRB 2016, 163 = MietRB 2016, 164 = ZMR 2016, 476, 345 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NotBZ 2016, 345 = MDR 2016, 577 = MietRB 2016, 163 = MietRB 2016, 164 = ZMR 2016, 476.

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IX. Die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, Abs. 6 S. 1, 2 | Rz. 96 § 10

aber wohl zu entnehmen, dass hier kein kleinlicher Maßstab anzulegen ist. Dies würde auch der großzügigen Handhabung bei der Finanzierung gemeinschaftlicher Kosten durch Darlehen entsprechen.346 Auch hier räumt der BGH der Eigentümerversammlung ein wesentlich weiteres Verwaltungsermessen ein als die bis dahin ganz überwiegende Auffassung. Der Erwerb eines externen Grundstücks kann demnach von Grundsätzen der ordnungs- 94 mäßigen Verwaltung umfasst sein, wenn es um eine sinnvolle oder gar dringend gebotene Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des gemeinschaftlichen Grundstücks geht. Dies kann bei der Schaffung eines Zugangs zum gemeinschaftlichen Grundstück oder hinreichenden Parkraums der Fall sein, ebenso bei einer Arrondierung.347 Ebenso kann es ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, das Nachbargrundstück zu erwerben, um die Versorgung mit Heizwärme zu sichern.348 Zur Eigentümergemeinschaft muss ein räumlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen. Hingegen ist der Erwerb einer externen Wohnung oder Liegenschaft als Kapitalanlage für die Rücklagenmittel nicht von einer ordnungsgemäßen Verwaltung gedeckt, da hierdurch die Liquidität gebunden wird und im Falle größerer Instandsetzungen nicht zur Verfügung steht. Dennoch ist der Beschluss nicht nichtig, so dass das Grundbuchamt den Eigentumserwerb einzutragen hat.349 Selbstverständlich muss schließlich der Preis in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen des Erwerbs stehen. Unter Umständen kann auch der Erwerb von Wohnungseigentum in der eigenen Wohnungs- 95 eigentumsanlage ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Es kann sich z.B. anbieten, eine Hausmeisterwohnung anzuschaffen,350 einen für einen Sondereigentümer nicht nutzbaren Raum zu übernehmen oder auf diese Art einen zahlungsunfähigen Miteigentümer aus der Anlage zu entfernen.351 Ob der dauerhafte Erwerb einer Wohnung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, obliegt der Einzelfallbewertung. Die Auffassung, wonach dies immer nur die ultima ratio sein darf, wird vor der großzügigen Handhabung der Darlehensaufnahme durch den teilrechtsfähigen Verband kaum mehr aufrechtzuerhalten sein. Denn auch der Erwerb von Sondereigentum in der eigenen Liegenschaft, kann erhebliche Vorteile für die Gemeinschaft bieten. Jedenfalls ist die Auffassung des OLG Hamm abzulehnen,352 wonach der eigene Wohnungserwerb selbst zur Lösung von Problemen, die zahlungsunfähige Wohnungseigentümer der Gemeinschaft verursachen, nicht ordnungsgemäß sein soll. Die Praxis zeigt, dass die Gemeinschaft gelegentlich bessere Verwertungsmöglichkeiten hat als ein Dritter (z.B. durch Vereinbarung einer Nutzungsänderung) oder das Hinausdrängen des zahlungsunfähigen Wohnungseigentümers durch Abkauf das probateste und schnellste Mittel sein kann. dd) Willensbildung durch Beschluss Der Erwerb von Sondereigentum in der eigenen Anlage setzt einen Mehrheitsbeschluss vo- 96 raus.353 Ob er ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ist allerdings nicht von den Grund346 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NotBZ 2016, 135 = MDR 2015, 1355 = MietRB 2015, 362 = ZMR 2016, 49 = ZWE 2015, 453. 347 LG Deggendorf v. 19.5.2008 – 1 T 59/08, NotBZ 2008, 280 = NotBZ 2008, 350 = ZMR 2008, 909. 348 OLG Hamm v. 4.5.2010 – 15 W 382/09, MietRB 2010, 202 = ZWE 2010, 270, für den Erwerb eines benachbarten Grundstücks, auf dem das Heizwerk steht, das die Eigentümergemeinschaft mit Energie versorgt. 349 LG Deggendorf v. 19.5.2008 – 1 T 59/08, NotBZ 2008, 280 = NotBZ 2008, 350 = ZMR 2008, 909. 350 So auch Becker, MietRB 2007, 180 f.; Wenzel, ZWE 2006, 462. 351 So der Vorschlag von Abramenko, ZMR 2006, 338 (340). 352 OLG Hamm v. 12.8.2010 – 15 Wx 63/10, IMR 2010, 479 = ZMR 2011, 403. 353 Aufgabe der in Jennißen, NZM 2006, 203 geäußerten Auffassung, dass eine Vereinbarung auch beim Erwerb von Sondereigentum im eigenen Objekt notwendig sei; ebenfalls Mehrheitsbeschluss ausreichen lassend: OLG Frankfurt v. 28.4.2014 – 20 W 32/14; MietRB 2015, 210; Abramenko, ZMR 2006, 338; Wenzel, ZWE 2006, 462; Kümmel, ZMR 2007, 894.

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§ 10 Rz. 96 | Allgemeine Grundsätze buchämtern, sondern alleine im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG zu prüfen.354 Ohne Anfechtung erwächst er daher vorbehaltlich anderer Nichtigkeitsgründe stets in Bestandskraft. Der Beschluss zum Erwerb eines Grundstücks durch den teilrechtsfähigen Verband bedarf nicht der notariellen Beurkundung. Denn die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer bildet lediglich den internen Willen zum Eingehen eines Kaufvertrages, stellt aber selbst noch kein Angebot zu seinem Abschluss gemäß § 311b Abs. 1 BGB dar. Der BGH hat auch sicherlich Recht, dass die Vollmacht des Verwalters zum Vertragsschluss nach § 167 Abs. 2 BGB nicht der Form bedarf, die für das Rechtsgeschäft bestimmt ist. Allerdings ist sie nach § 29 GBO erforderlich, wobei allerdings die Erleichterung des § 26 Abs. 3 WEG analog anzuwenden ist.355 Auch bei dem Erwerbsvorgang kann der Verwalter als Organ der Eigentümergemeinschaft allein handeln. Die formgebundene Mitwirkung aller Wohnungseigentümer ist nicht erforderlich. Auch die Erstehung von Wohnungseigentum im Wege der Zwangsversteigerung ist möglich. Die Vertretung der Eigentümergemeinschaft bei der Abgabe von Geboten oder der Auflassungserklärung erfolgt durch den Verwalter, der wiederum das entsprechende Beschlussprotokoll über seine Bietvollmacht in beglaubigter Form des § 26 Abs. 3 i.V.m. § 24 Abs. 6 WEG vorzulegen hat. ee) Finanzierung des Erwerbs 97 Der Erwerb wird regelmäßig nicht aus vorhandenen Mitteln bestritten werden können, zumal

die Instandhaltungsrücklage hierfür nicht herangezogen werden kann, da es sich nicht um eine Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung handelt. Deshalb wird üblicherweise eine Sonderumlage zu beschließen sein. Dabei ist eine nach Wohnungen differenzierte Beteiligung der Miteigentümer am Kaufpreis nicht zu beanstanden, wenn ihnen aus dem Erwerb ein unterschiedlicher Nutzen erwächst. Denn die Kosten für den Erwerb eines Grundstücks stellen einen besonderen Verwaltungsaufwand dar, der gemäß § 21 Abs. 7 WEG abweichend vom gesetzlichen Verteilungsmaßstab des § 16 Abs. 2 WEG umgelegt werden kann. Eine differenzierende Umlage etwa von 85% der Kosten auf die vom Kauf begünstigten Miteigentümer und von 15% auf alle Miteigentümer überschreitet das nach § 21 Abs. 7 WEG gegebene Ermessen der Wohnungseigentümer in einem vom BGH entschiedenen Fall nicht, wenn die stärker belasteten Miteigentümer infolge des Kaufs über sichere Parkplätze verfügen und die Wohnungseigentümer zumindest im Hinblick auf die Stellplatzabgabe vom Kauf profitierten.356 ff) Weitere Folgen des Erwerbs einer Einheit in der „eigenen“ Liegenschaft 98 Konsequenz eines solchen Eigentumserwerbs innerhalb der eigenen Gemeinschaft ist es, dass

die Eigentümergemeinschaft als Verband selbst Mitglied der Gemeinschaft ist. Das Sondereigentum an der Wohnung wächst in diesem Fall der Haftungsmasse des Verbands zu. Auf dieses Sondereigentum können auch die Gläubiger der Gemeinschaft im Wege der Zwangsvollstreckung zugreifen. Allerdings führt der Erwerb eigenen Sondereigentums durch die Eigentümergemeinschaft auch zu Folgeproblemen. Mit diesem Sondereigentum ist ein Stimmrecht verbunden, das jetzt der rechtsfähige Verband, vertreten durch den Verwalter, selbst ausüben kann. Da aber der Verwalter zur Neutralität verpflichtet ist und die Willensbildung des Verbands wiederum durch die Wohnungseigentümer erfolgt, kann ein Mehrheitsbeschluss der „übrigen“ Wohnungseigentümer nur dahingehend verstanden werden, dass diese gleichzeitig auch mehrheitlich den Verwalter anweisen, für den Verband mit der Mehrheit zu stim354 OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, NotBZ 2008, 198 = MietRB 2008, 171 = ZMR 2008, 310. 355 OLG Hamm v. 20.10.2009 – I – 15 Wx 81/09, ZMR 2010, 216 (217). 356 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NotBZ 2016, 345 = MDR 2016, 577 = MietRB 2016, 163 = MietRB 2016, 164 = ZMR 2016, 476.

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IX. Die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, Abs. 6 S. 1, 2 | Rz. 102 § 10

men. Das Stimmrecht des rechtsfähigen Verbands ist somit mehrheitsgebunden. Ohne praktische Konsequenzen bleiben die Auffassungen, dass das mit dem Sondereigentum des Verbands verbundene Stimmrecht ruhe (s. § 25 Rz. 23),357 oder dass das Stimmrecht nicht mehr besteht, solange die Wohnungen im Eigentum des Verbandes stehen. Grundsätzlich ist der rechtsfähige Verband dann auch für die selbsterworbene Einheit zah- 99 lungsverpflichtet. Können Mieteinnahmen für diese Einheit erzielt werden, sind sie den Kosten gegenüberzustellen. Verfügt der rechtsfähige Verband hinsichtlich der Wohnung über keine weiteren Einnahmen, sind die Kosten für dieses Sondereigentum auf alle übrigen Eigentümer umzulegen.358 Damit erhöht sich die Belastung eines jeden Wohnungseigentümers anteilig. Die Kosten für die Sondereigentumseinheit müssen dann auch als Kostenanteil der übrigen Wohnungseigentümer in der Jahresabrechnung erscheinen. gg) Umwandlung in Gemeinschaftseigentum Diese Schwierigkeiten lassen sich zwar durch Änderung der Teilungserklärung umgehen, in- 100 dem das durch den Verband erworbene Sondereigentum dem Gemeinschaftseigentum zugeführt und die Miteigentumsanteile entsprechend abgeändert werden. Dies ist allerdings oftmals nicht praktikabel, da dies der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer und der notariellen Beurkundung bedarf (s.o. § 2 Rz. 11a). Zudem geht damit die Flexibilität im Umgang mit dem Sondereigentum des teilrechtsfähigen Verbandes verloren. Denn über dieses kann die Eigentümerversammlung wieder durch Mehrheitsbeschluss befinden. Sie kann also schnell und ohne sachenrechtlichen Änderungen ein günstiges Kaufangebot annehmen oder auf Liquiditätsprobleme durch Verkauf der eigenen Einheit reagieren. Nach einer Umwandlung in Gemeinschaftseigentum bedürfte es dagegen wiederum der Mitwirkung alle Wohnungseigentümer. e) Gewährleistungsansprüche gegenüber eigenen Vertragspartnern Bei der Bewirtschaftung des Gemeinschaftseigentums wird die Wohnungseigentümergemein- 101 schaft im eigenen Namen gegenüber Dritten tätig und schließt, vertreten durch den Verwalter, Verträge mit Lieferanten, Versorgungsträgern, Handwerkern ab. Dies erfolgt unabhängig davon, ob die Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, was nur im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG zu prüfen ist. Der Rechtsverkehr kann diese Frage nicht beurteilen und ist deshalb schutzwürdig.359 Aus Verträgen, die der Verband abschloss, liegen die Gewährleistungsansprüche selbstverständlich umfassend bei ihm.360 Anderes kann dann gelten, wenn die fehlerhafte Leistung zu weiteren Schäden am Gemeinschaftseigentum über die Mängel am Vertragsgegenstand hinaus geführt hat. Diese Ersatzansprüche wegen der Beschädigung des Gemeinschaftseigentums stehen den Wohnungseigentümern zu, werden aber kraft Gesetzes (§ 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1 WEG) vom teilrechtsfähigen Verband im Namen der Wohnungseigentümer geltend gemacht. f) Herausgabe der Verwaltungsunterlagen Die Frage, auf welchem Wege Ansprüche auf Herausgabe der Verwaltungsunterlagen geltend 102 zu machen sind, war lange unklar. Teilweise wurde vertreten, es handele es sich um ein ge357 OLG Hamm v. 20.10.2009 – I – 15 Wx 81/09, MietRB 2010, 144 = ZWE 2009, 452; Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 223; Basty, ZWE 2009, 253; Abramenko, ZWE 2010, 193; Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 9 Rz. 7; Dötsch in Timme, § 10 WEG Rz. 436. 358 So auch OLG Hamm v. 20.10.2009 – I – 15 Wx 81/09, MietRB 2010, 144 = ZWE 2009, 452. 359 Schneider, ZMR 2006, 813 (815); so auch Wenzel, ZWE 2006, 462 (469). 360 AG Köln v. 1.8.2017 – 215 C 183/16, ZMR 2017, 1016.

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§ 10 Rz. 102 | Allgemeine Grundsätze meinschaftsbezogenes Recht, das der Verband – nach dieser Auffassung im Namen der Wohnungseigentümer – ausübt.361 Dies dürfte außer Acht lassen, dass viele Materialien vom Verwalter für den Verband gekauft wurden und somit zum Verwaltungsvermögen gehören, so dass auch eigene Ansprüche des teilrechtsfähigen Verbandes aus § 985 BGB in Betracht kommen. Die Bedeutung des Streites ist aber durch eine diesbezügliche Entscheidung des BGH entschärft.362 Denn danach wird zwischen dem Verwalter und dem Wohnungseigentümer, dem er Unterlagen überlässt, regelmäßig ein Leihvertrag geschlossen. Dies hat zur Folge, dass der Verwalter unabhängig von einer Ermächtigung in eigenem Namen und aus eigenem Recht auf Herausgabe der Verwaltungsunterlagen klagen kann. g) Kontoführung 103 Da bis zur Entscheidung des BGH vom 2.6.2005 die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemein-

schaft nicht anerkannt war, führte die Eröffnung eines Kontos für die Wohnungseigentümer zu praktischen Schwierigkeiten. Es mussten nämlich sämtliche Wohnungseigentümer bei der Kontoeröffnung mitwirken, da sie selbst Kontoinhaber wurden.363 Bis zuletzt ungelöst blieb die Kontoinhaberschaft beim Eigentümerwechsel, da letztlich nicht befriedigend geklärt werden konnte, wie der frühere Kontoinhaber aus dem Girovertrag mit dem Kreditinstitut ausschied und der neue eintrat. Aus diesem Grund wurden in der Vergangenheit von den Verwaltern regelmäßig offene Treuhandkonten für die Eigentümergemeinschaft angelegt. Hierbei wurde der Verwalter selbst Kontoinhaber und Verfügungsberechtigter. Durch den Zusatz „Treuhand“ wurde lediglich klargestellt, dass es sich letztlich nicht um eigenes Vermögen des Verwalters handelte. Die Treuhandkonten sind, auch wenn es sich um ein eigenes Konto des Verwalters handelt, nicht hinreichend pfändungssicher. Zwar konnte natürlich der Nachweis gelingen, dass das Konto allein zur Aufnahme von Fremdgeldern dient und der Verwalter über dieses Konto ausschließlich im Rahmen der Treuhandabrede, d.h. verwaltungsbezogen, verfügt.364 Dies bot aber keinen ausreichenden Schutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern des Verwalters.365 Denn der Verwalter ist bei dieser Form der Kontenführung eben rechtlich Kontoinhaber, so dass dem Verband nach allgemeinen Grundsätzen nur die Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO oder, wenn über das Verwalters gar ein Insolvenzverfahren eröffnet ist, nur ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO möglich ist.366 Dies setzt jedoch Kenntnis der Pfändungsmaßnahme voraus, die seitens des in Vermögensverfall geratenen Verwalters nicht mehr gewährleistet ist. Auch das Kreditinstitut ist nicht kraft Gesetzes zur Mitteilung über Vollstreckungsmaßnahmen verpflichtet. All diese Probleme haben sich mit der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft erledigt.367 Denn nunmehr ist und bleibt der teilrechtsfähige Verband unabhängig von Wechseln im Eigentümerbestand Inhaber der gemeinschaftlichen Konten. Eine Vollstreckung von Gläubigern des Verwalters scheidet nunmehr aus. Nach neuem Recht entspricht angesichts der skizzierten Risiken offener Treuhandkonten und der problemlosen Kontenführung im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft nur noch die Anlage der Gelder auf einem Fremdkonto auf deren Namen

361 So Voraufl. § 10 Rz. 77; ähnlich schon vor der Novelle OLG München v. 21.2.2006 – 32 Wx 14/06, NZM 2006, 349. 362 BGH v. 15.7.2011 – V ZR 21/11, MDR 2011, 1031 = MietRB 2011, 315; ZWE 2011, 361. 363 BayObLG v. 21.3.2002 – 2Z BR 170/01, NZM 2002, 460; Schwörer, NZM 2002, 421; a.A. Bub, ZWE 2002, 103. 364 BGH WPM 1993, 1524; WPM 1996, 662. 365 Plastisch demonstriert das der Sachverhalt in OLG Jena v. 1.2.2006 – 4 U 851/05, ZMR 2007, 486 f.; ebenso OLG Rostock v. 20.5.2009 – 3 W 181/08, MietRB 2009, 325 = ZMR 2010, 223 f.; LG Berlin v. 8.12.2009 – 85 T 124/08, ZMR 2010, 471. 366 OLG Hamm v. 11.2.1999 – 27 U 283/98, ZIP 1999, 765 f. 367 Jennißen, WEG-Verwalter, Rz. 226.

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IX. Die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, Abs. 6 S. 1, 2 | Rz. 106 § 10

ordnungsmäßiger Verwaltung.368 Der Verwalter ist lediglich kontoführungsberechtigt.369 Ob der einzelne Wohnungseigentümer die Anlage eines Fremdkontos vom Verwalter nur nach entsprechender legitimierender Beschlussfassung der Wohnungseigentümer gerichtlich einfordern kann,370 dürfte von untergeordneter praktischer Bedeutung sen. Denn die Ablehnung einer solchen Beschlusses widerspricht jedenfalls ordnungsmäßiger Verwaltung und kann im Verfahren nach § 43 Nr. 4 durch das Gericht ersetzt werden. Der einzelne Wohnungseigentümer kann jedenfalls die Zahlung von Vorschüssen nach § 28 Abs. 2 WEG auf ein offenes Treuhandkonto verweigern, da der Verwalter hiermit seiner Verpflichtung aus § 27 Abs. 5 S. 1 WEG nicht nachkommt.371 h) Mitgliedschaften in Vereinen und Gemeinschaften Die Rechtsfähigkeit führt auch dazu, dass die Eigentümergemeinschaft Mitglied eines Interes- 104 senverbands, etwa dem Haus- und Grundeigentümerverein sein kann, soweit es die Satzung dieses Verbands zulässt.372 Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann auch Mitglied in Gemeinschaften nach §§ 741 ff. BGB sein, etwa beim Betrieb gemeinschaftlicher Einrichtungen. i) Unternehmerpflichten Unternehmerpflichten treffen den teilrechtsfähigen Verband, abgesehen vom Ausnahmefall ei- 105 ner ausschließlich aus Unternehmern bestehenden Gemeinschaft (s. gleich u. Rz. 107), nur in steuerrechtlicher Hinsicht. Für das Innenverhältnis zwischen Verband und einzelnem Wohnungseigentümer nimmt die Finanzverwaltung eine Unternehmereigenschaft an,373 obschon der Verband keine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausübt.374 Die Eigentümergemeinschaft kann auch Unternehmerin im umsatzsteuerlichen Sinne sein.375 Voraussetzung ist, dass im Objekt Teileigentum vorhanden ist, das an einen Unternehmer vermietet wurde. Wenn dann der vermietende Teileigentümer zur Umsatzsteuer optiert hat, kann die Eigentümergemeinschaft Leistungen an einen Unternehmer erbringen und ihrerseits ebenfalls zur Umsatzsteuer optieren. Nach R 87 Abs. 3 Satz 3 UStR 2005 betreibt die Eigentümergemeinschaft eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen in Bezug auf ihre Mitglieder. Gewinnerzielungsabsicht ist dabei nicht erforderlich. Die vereinnahmten Wohngelder stellen das Entgelt für steuerbare Leistungen der Eigentümergemeinschaft an ihre Mitglieder dar. Die Eigentümergemeinschaft erzielt somit „steuerbare“ Umsätze. Streitig ist, ob alle Leistungen der Eigentümergemeinschaft an ihre Mitglieder steuerbar sind. 106 Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, dass dies nur für Sonderleistungen zuträfe, also für Kosten des Sondereigentums, die von der Eigentümergemeinschaft beglichen wurden, R 87 Abs. 2 Satz 1 UStR 2005. Das Bundesministerium der Finanzen ist hingegen der Auffassung, dass das gesamte Wohngeld das Entgelt für steuerbare Leistungen darstellt, auch wenn es sich 368 OLG Hamburg v. 26.9.2006 – 2 Wx 78/05, ZMR 2007, 60; LG Berlin v. 8.12.2009 – 85 T 124/08, ZMR 2010, 471; AG Strausberg v. 11.3.2009 – 27 C 12/08, ZMR 2009, 565; LG Frankfurt/O. v. 14.7.2014 – 16 S 46/14, ZMR 2014, 1007 (auch zu einer möglichen Ausnahme bei Zinsnachteilen); Hügel, ZMR 2008, 6. 369 Zum Charakter des offenen Fremdkontos vgl. Hadding in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, S. 614. 370 So LG Berlin v. 8.12.2009 – 85 T 124/08 WEG, ZMR 2010, 470. 371 LG Saarbrücken v. 4.5.2018-8 S 44/17, IMR 2018, 296. 372 AG Neuss v. 26.6.2013 – 92 C 58/13, ZMR 2014, 67 (69); AG Hannover v. 31.3.2008 – 484 C 10329/07, ZMR 2008, 743; a.A. AG Hannover v. 29.9.2006 – 70 II 619/06, ZMR 2006, 315. 373 R 87 Abs. 3 S. 3 UStR 2005. 374 BFH v. 28.11.2002 – V R 18/01, BStBl. II 2003, 443. 375 Vgl. hierzu Jennißen in Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter, Rz. 663 ff.; Jennißen, Verwalterabrechnung nach dem WEG, Rz. 671 ff.

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§ 10 Rz. 106 | Allgemeine Grundsätze um Leistungen in das Gemeinschaftseigentum handelt.376 Der Gesetzgeber hat diese Meinungsverschiedenheit obsolet gemacht, indem er in § 16 Abs. 3 ausdrücklich die Kosten des Gemeinschaftseigentums den Kosten des Sondereigentums gleichstellt. WEG-rechtlich ist die Differenzierung zwischen diesen beiden Kostengruppen aufgegeben worden, so dass dies entsprechende Konsequenzen auch für die umsatzsteuerliche Behandlung haben muss (s. auch § 28 Rz. 98 ff.). Richtigerweise sind daher alle Kosten der Eigentümergemeinschaft als Ergebnis steuerbarer Leistungen an ihre Mitglieder anzusehen.377 j) Verbraucherrechte 107 Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist grundsätzlich als Verbraucherin zu behandeln.378

Die Rechtsfähigkeit schließt, wie schon der Vergleich mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zeigt, die Verbrauchereigenschaft nicht aus. Dies muss erst recht für die Wohnungseigentümergemeinschaft gelten, die nicht durch freiwilligen Zusammenschluss, sondern als zwingende Folge der Einbindung der einzelnen Wohnungseigentümer in den Verband entsteht. Die Teilrechtsfähigkeit soll zudem nur den Umgang mit Wohnungseigentümergemeinschaften erleichtern, aber nicht den Schutz der einzelnen Wohnungseigentümer durch verbraucherschützende Regelungen einschränken. Hierfür sprechen auch haftungsrechtliche Erwägungen, da der einzelne Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 8 WEG quotal für Verbindlichkeiten des Verbandes haftet. Deshalb ist es aber auch für die Frage der Verbrauchereigenschaft geboten, auf die mithaftenden Eigentümer abzustellen. Dabei kommt es entgegen bisweilen vertretener Auffassung nicht auf den Zweck des Geschäftes an. Die Verbrauchereigenschaft ist auch nicht deswegen in Zweifel zu ziehen, weil der teilrechtsfähige Verband u.U. erhebliche Vermögenswerte verwaltet.379 Denn die Verwaltung eigenen Vermögens ist grundsätzlich keine gewerbliche Betätigung. Daher sind verbraucherschützende Regelungen zugunsten einer Wohnungseigentümergemeinschaft etwa bei Energielieferverträgen zur eigenen Bedarfsdeckung anwendbar. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sie sich nicht ausschließlich aus Unternehmern zusammensetzt.380 Unklar ist jetzt noch die Folge eines Wechsels in der Zusammensetzung der Gemeinschaft: Unproblematisch dürfte die Beurteilung nur für die Zukunft sein. Wird der einzige Verbraucher nach durch einen Unternehmer ersetzt, verliert die Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Stellung als Verbraucherin. Umgekehrt erlangt sie diesen günstigeren Status für die Zukunft zurück, wenn ein Verbraucher in eine zuvor gänzlich aus Unternehmern bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft eintritt. Fraglich ist allerdings, ob bereits geschlossene Verträge durch einen solchen Wechsel in der internen Zusammensetzung der Gemeinschaft beeinflusst werden. Dies ist wohl schon aus Gründen der Rechtssicherheit abzulehnen. k) Versicherung von Gemeinschafts- und Sondereigentum 107a Eine Sonderstellung innerhalb der Rechte und Pflichten des Verbandes nimmt die Gebäude-

versicherung ein. Denn diese betrifft sowohl eigene Rechte und Pflichten des teilrechtsfähigen 376 BMF BStBl. I 1987, 228. 377 S. hierzu auch Jennißen in Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter, Rz. 663 ff. 378 BGH v. 25.3.2015 – VIII ZB 243/13, ZMR 2015, 563 = MietRB 2015, 173; AG Düsseldorf v. 11.9.2007 – 290 II 71/07 WEG, MietRB 2008, 113 = ZMR 2008, 668; LG Nürnberg-Fürth v. 23.6.2008 – 14 T 1462/08, NotBZ 2008, 476 = ZMR 2008, 831; LG Karlsruhe v. 14.4.2015 – 8 O 144/14, ZMR 2015, 817; a.A. LG Rostock v. 16.2.2007 – 4 O 322/06, NZM 2007, 370. 379 BGH v. 25.3.2015 – VIII ZB 243/13, ZMR 2015, 563 = MietRB 2015, 173; LG Nürnberg-Fürth v. 23.6.2008 – 14 T 1462/08, NotBZ 2008, 476 = ZMR 2008, 831; Voraufl. § 10 Rz. 61c. 380 BGH v. 25.3.2015 – VIII ZB 243/13, ZMR 2015, 563 = MietRB 2015, 173; a. A. Voraufl. § 10 Rz. 61c; offen gelassen von OLG München v. 25.9.2008 – 32 Wx 118/08, NotBZ 2008, 473 = MietRB 2009, 12 = NJW 2008, 3574 = ZMR 2009, 137 = NZM 2008, 894.

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X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 108 § 10

Verbandes als auch solche der einzelnen Eigentümer. Für die Versicherung des Gemeinschaftseigentums wird nur die Gemeinschaft gemäß § 10 Abs. 6 S. 1 WEG Vertragspartner des Versicherers,381 nicht der einzelne Wohnungseigentümer.382 Denn der Abschluss einer Versicherung des Gemeinschaftseigentums ist Gegenstand der „Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums“ gemäß § 10 Abs. 6 S. 1 WEG. Der teilrechtsfähige Verband ist allerdings nur insoweit auch Versicherter, als sein Eigentum Gegenstand des Versicherungsvertrages ist. Das umfasst das Verwaltungsvermögen, etwa Gartengeräte, Aufsitzrasenmäher etc., sofern es mitversichert sind, ferner Sondereigentum, wenn der Verband selbst dessen Eigentümer ist. Ansonsten ist das Gemeinschaftseigentum bekanntlich nicht der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern den Wohnungseigentümern zugeordnet. Das Auseinanderfallen der Inhaberschaft vertraglicher Rechte und der Eigentümerstellung der versicherten Gebäudeteile wird versicherungsrechtlich dadurch überwunden, dass eine Versicherung für fremde Rechnung gemäß §§ 43 ff. VVG angenommen wird.383 Nach dieser Konstruktion schließt der teilrechtsfähige Verband den Versicherungsvertrag zwar in eigenem Namen, aber für die Wohnungseigentümer als Versicherte. Ebenso wird auch die Versicherung des Sondereigentums gemeistert, weshalb der Unterschied zum Gemeinschaftseigentum versicherungsrechtlich kaum erkennbar ist. Die Zahlung der Versicherung kann auch Schadensersatzansprüche gegen Gemeinschaft oder einzelne Wohnungseigentümer tilgen, sofern der geschädigte Miteigentümer die Tilgungsbestimmung etwa anhand eines Regulierungsschreibens nachvollziehen kann.384

X. Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Ausübungsbefugte, § 10 Abs. 6 S. 3 WEG 1. Abgrenzung von den eigenen Rechten gemäß § 10 Abs. 6 S. 1, 2 a) Materiell-rechtliche Zuordnung der betroffenen Rechte Die in § 10 Abs. 6 S. 1, 2 WEG geregelten Rechte kommen dem Verband selbst zu. Geltend- 108 machung und Erfüllung erfolgen also ausschließlich in seinem eigenem Namen; er ist selbst aktiv- und passivlegitimiert. Anderes gilt grundsätzlich für Rechte, die aus dem Gemeinschaftseigentum unmittelbar resultieren, etwa um Abwehr-, Beseitigungs- oder Schadensersatzansprüche bei dessen unbefugter Beeinträchtigung. Denn das Gemeinschaftseigentum gehört gerade nicht dem Verband, sondern den Eigentümern. Ohne besondere Regelung läge es also nahe, diese Rechte den Wohnungseigentümern als Bruchteilsgemeinschaft zuzuweisen. Gleiches gilt für Störungen, die vom Gemeinschaftseigentum ausgehen. Dies hätte aber zur Folge, dass diesbezügliche Auseinandersetzungen in der Praxis häufig kaum durchführbar wären. Ein Außenstehender müsste vom Gemeinschaftseigentum ausgehende Störungen gegen eine Vielzahl einzelner Wohnungseigentümer abwehren. Umgekehrt müssten die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich klagen, wollte man nicht eine actio pro socio anerkennen. Diese misslichen Folgen wollte der Gesetzgeber durch eine Erweiterung der Befugnisse ausräumen, die er dem teilrechtsfähigen Verband in § 10 Abs. 6 S. 3 WEG einräumte.385 Danach wird der Verband zur Wahrnehmung gemeinschaftsbezogener Rechte und zur Erfüllung solcher Pflichten ermächtigt, also in Aktiv- und Passivprozessen zum Prozessstandschafter der Mit381 BGH v. 16.9.2016 – V ZR 29/16, ZMR 2016, 974 (975); Prölss/Martin/Klimke, VVG, 28. Aufl. 2010, § 43 VVG Rz. 12; Greiner, Rz. 1667; Armbrüster, ZWE 2009, 109; Armbrüster, ZWE 2012, 201; Greiner, NZM 2013, 481, 485. 382 AG Pinneberg v.12.6.2018 – 60 C 40/17, ZMR 2018, 807 (808). 383 BGH v. 16.9.2016 – V ZR 29/16, ZMR 2016, 974 (975); Prölss/Martin/Klimke, VVG, § 43 VVG Rz. 12; Greiner, Rz. 1667; Armbrüster, ZWE 2009, 109; Armbrüster, ZWE 2012, 201; Dötsch, ZMR 2014, 169. 384 AG Pinneberg v. 12.6.2018 – 60 C 40/17, ZMR 2018, 807 (808 f.). 385 So auch Dötsch in Timme, § 10 WEG Rz. 468.

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§ 10 Rz. 108 | Allgemeine Grundsätze eigentümergemeinschaft. Gemeinschaftsbezogene Pflichten liegen nicht vor, wenn die Verpflichtung nur einzelne Wohnungseigentümer trifft.386 Allerdings soll es nach Auffassung des BGH nicht erforderlich sein, dass die Pflicht alle Wohnungseigentümer gleichermaßen trifft. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Veränderung der materiellen Rechtslage, sondern nur um die Befugnis zur Ausübung dieser Rechte: „Mit der Formulierung, dass die Rechte und Pflichten von der Gemeinschaft ‚ausgeübt‘ und ‚wahrgenommen‘ werden, ordnet der Entwurf ihre Geltendmachung und Erfüllung der Gemeinschaft zu. Folglich ist in materiell-rechtlicher Hinsicht zwischen eigenen Ansprüchen des Verbandes, die er in eigenem Namen geltend machen kann, und denjenigen der Wohnungseigentümer, die er nur für diese geltend macht“ zu unterscheiden387 Materiell-rechtlich verbleiben letztere Rechte der Wohnungseigentümer. b) Verfahrensrechtliche Folgen 109 Aus der Befugnis des Verbandes, materiell-rechtlich fremde Rechte geltend machen zu kön-

nen, folgt prozessual, dass er nicht nur klagen, sondern auch über die Ansprüche verfügen und Vergleiche schließen kann.388 Die Willensbildung hierüber erfolgt durch einfachen Mehrheitsbeschluss. Der Verwalter oder Prozessbevollmächtigte kann einen solchen Vergleich aber nur mit langer Widerrufsfrist abschließen. Denn erst nach Eintritt der Bestandskraft steht fest, dass die diesbezügliche Willensbildung des Verbandes endgültig wirksam bleibt. Kaum diskutiert wird die Frage, wie sich eine Ungültigerklärung im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG auf einen nicht widerrufenen Vergleich auswirkt. Hier wird man wohl keinen Unterschied zur wirksamen Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB sehen können: Da die Willenserklärung des teilrechtsfähigen Verbandes mit Rückwirkung entfällt, muss der Prozess fortgesetzt werden. Eine weitere Folge daraus, dass der teilrechtsfähige Verband fremde Rechte in eigenem Namen geltend macht, besteht darin, dass die Prozessstandschaft, wie stets, offengelegt oder ersichtlich sein muss. Geschieht dies nicht, führt die u.a. dazu, dass eine Klage des teilrechtsfähigen Verbandes die Verjährung nicht unterbricht.389

2. Geborene Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1 a) Gesetzliche Übertragung auf den teilrechtsfähigen Verband 110 Die Befugnis des teilrechtsfähigen Verbandes, Rechte der Wohnungseigentümer wahrzuneh-

men, ist wiederum unterteilt in solche Rechte und Pflichten, die er kraft Gesetzes und solche, die er nur aufgrund einer Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer wahrnehmen kann.390 Die ihm kraft Gesetzes zur Ausübung übertragenen Rechte werden auch als „geborene“ gemeinschaftsbezogene Angelegenheiten, weil sie dem teilrechtsfähigen Verband eben ohne weitere Willensbildung der Wohnungseigentümer zustehen.391 Geborene gemeinschafts386 BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835 = MietRB 2013, 241 = NZM 2013, 512 = ZMR 2013, 642 für die Verpflichtung Rauchwarnmelder einzubauen; ebenso LG Karlsruhe v. 30.6.2015 – 11 S 109/14, ZMR 2016, 60; a.A. für Baden-Württemberg AG Karlsruhe v. 15.8.2014 – 4 C 217/14, ZMR 2015, 160. 387 BT-Drucks. 16/887, S. 61. 388 LG München I v. 31.3.2011 – 36 S 1580/11, ZMR 2011, 835, 837. 389 BGH v. 19.8.2010 – VII ZR 113/09, MDR 2010, 1247 = MietRB 2010, 297 = MietRB 2010, 298 = ZMR 2011, 54 (56); OLG Dresden v. 31.3.2010 – 1 U 1446/09, MietRB 2010, 203 = ZMR 2011, 312 (315). 390 Zu dieser Differenzierung s. BGH v. 17.12.2010 – V ZR 125/10, NotBZ 2011, 216 = MDR 2011, 350 = ZWE 2011, 123, zurückgehend auf Wenzel, ZWE 2006, 467. 391 Wenzel, ZWE 2006, 467 f.; Hügel/Elzer, § 3 Rz 175; zum Herausgabeanspruch aus § 667 BGB gegen den Verwalter siehe OLG Hamburg v. 20.8.2007 – 2 Wx 117/06, ZMR 2008, 148 (151); zu Ansprüchen aus §§ 683 Abs. 1, 670 BGB OLG Hamm v. 8.10.2007 – 15 W 385/06, MDR 2008, 558 =

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X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 110a § 10

bezogene Rechte und Pflichten können also nur durch und gegen den Verband geltend gemacht werden.392 Er tritt kraft gesetzlicher Ermächtigung als Prozessstandschafter auf,393 wobei er durch den Verwalter vertreten wird. Klagen einzelner Wohnungseigentümer wegen geborener gemeinschaftsbezogener Rechte ohne ausdrückliche Ermächtigung sind unzulässig.394 Die Stellung des Verbandes als Prozessstandschafter sollte allerdings im Rubrum zum Ausdruck gebracht werden, da es in der Vollstreckung wieder auf die materielle Rechtslage ankommt. In der Sache sind von der geborenen Ausübungsbefugnis des teilrechtsfähigen Verbandes diejenigen Rechte und Pflichten betroffen, über die Wohnungseigentümer schon vor der Novelle nur gemeinschaftlich befinden konnten.395 Diese Gemeinschafsbezogenheit bzw. Ausübungsbefugnis beruht vorrangig auf Gründen des Schuldnerschutzes:396 Der Schuldner soll nicht von einer Vielzahl von Wohnungseigentümern auf dieselbe Leistung in Anspruch genommen werden können. Daher erfasst die geborene Ausübungsbefugnis des teilrechtsfähigen Verbandes vorrangig die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen der Beschädigung von Gemeinschaftseigentum.397 Diese Zuordnung der Ausübungs- und Erfüllungsberechtigung zum Verband ist entgegen missverständlicher Stellungnahmen im Schrifttum nicht fakultativ, sondern zwingend, wie die Materialien ausdrücklich klarstellen.398 Durch die Alleinzuständigkeit des teilrechtsfähigen Verbandes wird der einzelne Wohnungseigentümer, wenn er etwa Schadensersatz für die Beschädigung gemeinschaftlichen Eigentums geltend machen will, nicht rechtlos gestellt. Über die Frage, ob dieser Schadensersatz geltend gemacht wird, muss im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung befunden werden. Sofern nur das Vorgehen gegen den Schädiger ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, kann er einen ablehnenden Beschluss anfechten und den gebotenen Beschluss gerichtlich ersetzen lassen.399 b) Konkurrenz von Schadensersatz- und Beseitigungsansprüchen Diese Rechtsprechung zur geborenen Ausübungsbefugnis bei Wiederherstellungsansprüchen 110a hat der BGH jüngst deutlich modifiziert, soweit diese mit Beseitigungsansprüchen konkurrieren. Danach muss bei wertender Betrachtung die Prozessführungsbefugnis des einzelnen Wohnungseigentümers den Beseitigungsanspruch insgesamt, einschließlich des Wiederher-

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MietRB 2008, 111 = MietRB 2008, 112 = ZMR 2008, 228 (229 f.) und OLG München v. 15.1.2008 – 32 Wx 129/07, MietRB 2008, 143 = ZMR 2008, 321 = NJW-RR 2008, 534 (535). So im Ergebnis auch OLG München v. 26.10.2010 – 32 Wx 26/10, MietRB 2011, 150 = ZWE 2011, 37. So richtig OLG Dresden v. 31.3.2010 – 1 U 1446/09, MietRB 2010, 203 = ZMR 2011, 312 (313); LG Nürnberg v. 29.7.2009 – 14 S 1895/09, ZMR 2009, 950 (951 f.); DAV (Schmidt), NZM 2006, 769; Wenzel, ZWE 2006, 466. AG Tostedt v. 19.9.2011 – 5 C 407/10, ZMR 2012, 149; a.A. für Fehlen der Aktivlegitimation OLG München v. 3.7.2012 – 13 U 2506/11, ZMR 2013, 53 (54). BT-Drucks. 16/887, S. 61. Die ebenfalls genannte Zuweisung der Ausübungsbefugnis aus Gründen der Gemeinschaft (Suilmann, ZWE 2013, 302 [303]) spielt in der Praxis jedenfalls bislang eine untergeordnete Bedeutung. BGH v. 7.2.2014-V ZR 25/13; ZMR 2014, 554 = ZWE 2014, 178; KG v. 28.1.2010 – 24 W 43/09, MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 141 = ZMR 2010, 467 (468); LG Dortmund v. 10.3.2011 – 11 S 148/10, ZMR 2011, 658 (der nichtamtliche Leitsatz ist unzutreffend); LG Hamburg v. 25.2.2015 – 318 S 110/14, ZMR 2015, 334 (335). BT-Drucks. 16/887, S. 61. Ungenau insoweit Frohne, ZMR 2006, 589, der davon redet, dass der Verband „per Beschluss Ansprüche aus gemeinschaftsbezogenen Rechten an sich ziehen kann“. Kritisch hierzu Müller, InfoM 2006, 63 u. DAV (Schmidt), NZM 2006, 769. Würde man die Prozessstandschaft aber von einem Beschluss der Wohnungseigentümer abhängig machen, ginge der vom Gesetzgeber erstrebte Vereinfachungseffekt verloren. Weiter gehend OLG München v. 26.10.2010 – 32 Wx 26/10, MietRB 2011, 150 = ZMR 2011, 316 (317).

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§ 10 Rz. 110a | Allgemeine Grundsätze stellungsanspruchs umfassen.400 Deshalb sieht er für Schadensersatzansprüche, die mit Beseitigungsansprüchen konkurrieren, nur eine gekorene Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft aus § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 2 BGB. Hierfür führt der BGH zunächst ins Feld, dass anderenfalls, also bei Annahme einer geborenen Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft, die an sich erwünschte Rechtsverfolgung des einzelnen Wohnungseigentümers erheblich beeinträchtigt wäre. Zudem wird der Verband nicht von vorneherein mit dem Kostenrisiko des Vorgehens gegen bauliche Veränderungen belastet, wenn nicht alle Miteigentümer gleichermaßen belasten. Schließlich werde so auch der Gefahr vorgebeugt, dass sich der auf Beseitigung klagende Wohnungseigentümer mit einer „halben“ Beseitigung zufrieden geben muss und im Übrigen einen Mehrheitsbeschluss herbeiführen bzw. gerichtlich ersetzen lassen müsste. Das Wahlrecht zwischen Naturalrestitution und Geldersatz aus § 249 Abs. 1 BGB spricht nicht hiergegen, da es in der Regel ohnehin nur ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen wird, mit einer finanziellen Entschädigung den vorherigen Zustand wiederherzustellen. Im Ergebnis wird die gesetzliche Ausübungs- und Prozessführungsbefugnis des einzelnen Wohnungseigentümers entgegen der Annahme des V. Zivilsenats allerdings nicht die Ausnahme bleiben, sondern eher zur Regel werden. Denn Ansprüche auf Beseitigung von Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums (namentlich von baulichen Veränderungen) konkurrieren üblicherweise mit Schadensersatzansprüchen, da sie sachlich zumindest teilweise dasselbe Ziel verfolgen. c) Anfechtung von Vergemeinschaftungsbeschlüssen 110b Überdies konkretisiert der BGH die bereits früher angesprochene Rechtsschutzmöglichkeit

des einzelnen Wohnungseigentümers durch Anfechtung rechtsmissbräuchlicher Vergemeinschaftungen.401 Demnach führt die Zielsetzung der Vergemeinschaftung zur Anfechtbarkeit, wenn sie in Wirklichkeit auf die Verhinderung der Durchsetzung von Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüchen des einzelnen Wohnungseigentümers zielt. Dies wird in der Praxis allerdings, wie der BGH zu Recht annimmt, die Ausnahme bleiben. Denn zum Einen können diese subjektiven, mit der Vergemeinschaftung verfolgten Ziele nur anhand objektiver Anhaltspunkte nachgewiesen werden. Vor allem aber wird eine rechtsmissbräuchliche Zielsetzung regelmäßig nicht schon innerhalb der Anfechtungfrist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG erkennbar, geschweige denn nachweisbar sein. Sofern ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist entgegen der bislang vorherrschenden Auffassung überdies der Grundsatz außer Kraft gesetzt, dass auch rechtswidrige Eigentümerbeschlüsse gültig und daher zu vollziehen sind und selbst ihre Suspendierung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ausscheidet.402 Vielmehr ist nach Anfechtung einer Vergemeinschaftung die Klage eines einzelnen Wohnungseigentümers auf Beseitigung bis zur Entscheidung im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG analog § 148 ZPO auszusetzen.403 d) Rückübertragung auf einzelne Wohnungseigentümer 111 Im Grundsatz ist die gesetzliche Zuweisung der Ausübungsbefugnis in § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1

nicht zwingend. Daher ist es nicht ausgeschlossen, Ansprüche, die dem Verband zugeordnet sind, im Wege gewillkürter Prozessstandschaft zur Geltendmachung auf einzelne Wohnungseigentümer rückzuübertragen, was aber einen entsprechenden Ermächtigungsbeschluss der

400 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17, NJW 2019, 1216 = MDR 2019, 284. 401 BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14, ZMR 2015, 248, 250. 402 S. hierzu LG München I v. 8.8.2008 – 1 T 13169/08, ZMR 2009, 73; LG Frankfurt/M. v. 17.3.2010 – 2-13 S 32/09, ZMR 2010, 787 f.; LG Köln v. 23.3.2011 – 29 S 24/11, ZMR 2011, 827; LG Hamburg v. 30.7.2014 – 318 O 156/14, ZMR 2015, 43. 403 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17, NJW 2019, 1216 = MDR 2019, 284.

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X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 113 § 10

Wohnungseigentümerversammlung voraussetzt.404 Während diese Konstruktion in der Zeit nach „Entdeckung“ der Teilrechtsfähigkeit half, den Rechtsverlust auf Seite der Wohnungseigentümer zu verhindern, dürfte sie heute aber kaum mehr erforderlich sein.405 Denn es dürfte am eigenen Interesse es Wohnungseigentümers an der Prozessstandschaft fehlen. Selbst dem Verwalter wird ein solches Interesse an einer effektiven Durchsetzung eigener Rechte der Gemeinschaft in gewillkürter Prozessstandschaft nicht mehr zugestanden, weil sie nunmehr kraft Gesetzes eine hinreichende Struktur und Vertretungsregelung erhalten hat.406 Diese Wertung dürfte auch bei „geborenen“ gemeinschaftsbezogenen Angelegenheiten zu berücksichtigen sein. e) § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 1 WEG als Anspruchsgrundlage Weit über den Wortlaut hinaus wird § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 1 WEG auch als Anspruchsgrundlage 112 angesehen. Der BGH sieht diese Vorschrift als Anspruchsgrundlage für den Ausgleich von Zahlungen an, die der nach § 10 Abs. 8 WEG von einem Gläubiger des Verbandes in Anspruch genommene Wohnungseigentümer leisten musste.407 Die instanzgerichtliche Rechtsprechung leitet aus § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 1 WEG in dem Sonderfall, dass mehrere Wohnungseigentümergemeinschaften Betreiber einer gemeinsamen Anlage sind, sogar einen Anspruch gegen den Verwalter auf Einberufung einer Versammlung der Betreiber ab.408

3. „Gekorene“ Ausübungsbefugnis a) Rechtsnatur Der Gesetzgeber weist dem teilrechtsfähigen Verband aber nicht nur bestimmte Rechte zur 113 exklusiven Ausübung zu. Darüber hinaus schafft er in § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 2 die rein fakultative Möglichkeit der Durchsetzung von Ansprüchen durch den teilrechtsfähigen Verband, die von Haus aus den einzelnen Wohnungseigentümern zustehen.409 Anders als in § 10 Abs. 6 S. 3 Halb. 1 sind dies also Rechte, deren Geltendmachung oder Erfüllung dem Verband ursprünglich nicht zusteht, von ihm aber kraft Mehrheitsbeschlusses wahrgenommen werden. Daher werden diese Rechte und Pflichten auch als „gekorene“ gemeinschaftsbezogene Angelegenheiten bezeichnet,410 da es eben eines Willensentschlusses bedarf, um die Ausübungsbefugnis des teilrechtsfähigen Verbandes zu „küren“. Ob es sich hierbei um eine Prozessstandschaft kraft Gesetzes handelt,411 die aber nur nach entsprechender Beschlussfassung ausgeübt werden kann,412 ist nur von theoretischem Interesse. Jedenfalls ist ist der teilrechtsfähige Verband ohne einen solchen Beschluss zur Durchsetzung von Individualansprüchen nicht befugt, auch wenn sie gemeinschaftsbezogen sind.413 Auch für Zweiergemeinschaften bestehen keine 404 BGH v. 19.7.2013 – V ZR 109/12, MietRB 2014, 144 = ZWE 2014, 25. 405 So für verwaltungsgerichtliche Anfechtungsklagen auch BayVerwGH v. 24.7.2024 – 15 CS 14.949, ZMR 2015, 499. 406 BGH v. 28.1.2011 – V ZR 145/10, MDR 2011, 534 = MietRB 2011, 116 = ZMR 2011, 487; AG Hannover v. 17.4.2012 – 484 C 10745/11, ZMR 2012, 911; wie hier auch Elzer, ZMR 2015, 500 (501). 407 BGH v. 14.2.2014 – V ZR 100/13, MDR 2014, 397 = MietRB 2014, 103 = ZMR 2014, 557; vgl. u. Rz. 189 ff. 408 AG Neuss v. 26.6.2013 – 92 C 58/13, ZMR 2014, 67 (68 f.) zu einer gemeinschaftlichen Heizungsanlage. 409 Hierzu BGH v. 14.11.2014 – V ZR 118/13, ZMR 2015, 320 f. 410 Wenzel, ZWE 2006, 467 f.; Hügel/Elzer, § 3 Rz 175. 411 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NotBZ 2007, 204 = MDR 2007, 1006 = NZM 2007, 403; Wenzel, ZWE 2006, 462; Becker, MietRB 2007, 182. 412 OLG München v. 3.8.2009 – 21 U 2666/09, ZMR 2010, 222. 413 OLG Dresden v. 31.3.2010 – 1 U 1446/09, MietRB 2010, 203 = ZMR 2011, 312 (313).

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§ 10 Rz. 113 | Allgemeine Grundsätze Besonderheiten. Gleichfalls kann ein Wohnungseigentümer keine Rechte des Verbands ohne Beschluss der Eigentümerversammlung geltend machen.414 b) Erfasste Rechte und Pflichten 114 Welches diese „gekorenen“ gemeinschaftsbezogenen Rechte und Pflichten sein sollen, definie-

ren die Gesetzesmaterialien etwas sybillinisch dahingehend, es handele sich um die Rechte, die „bisher von der Gesamtheit der Wohnungseigentümer aufgrund eines entsprechenden Mehrheitsbeschlusses geltend gemacht werden können, ihr aber nicht ausschließlich zustehen.“415 Klar ist, dass es sich auch hier im Wesentlichen um Rechte aus dem Gemeinschaftseigentum handelt, die den Wohnungseigentümern zustehen und daher nicht als eigene Rechte vom Verband geltend gemacht werden können. Zur Abgrenzung zu § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1 hilft der Rückgriff auf den Aspekt des Schuldnerschutzes, der für die Zuweisung zu den „geborenen“ gemeinschaftsbezogenen Rechten und Pflichten maßgeblich ist. Zu den Rechten, die aus diesem Grunde nicht zwingend gemeinschaftlich ausgeübt werden müssen gehören insbesondere Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung von Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums.416 Denn der Schuldner erfüllt eine diesbezügliche Verpflichtung schon dadurch, dass er einmal beseitigt bzw. unterlässt. Eine mehrfache Inanspruchnahme wie bei Schadensersatzansprüchen kommt von vorneherein nicht in Betracht. Diese Ansprüche wurden früher als reine Individualansprüche angesehen, so dass man Beschlussfassungen hierüber, etwa die Ermächtigung des Verwalters zur Durchsetzung eines Rückbauanspruchs sogar für anfechtbar hielt, weil die Geltendmachung individueller Rechte durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche.417 Da der bloße Verstoß gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung nur zur Anfechtbarkeit führt, erwuchs die Vergemeinschaftung aber schon nach früherem Recht in Bestandskraft. Hieran knüpfte der Gesetzgeber an, nach dessen ausdrücklichem Willen418 auch die Ausübung dieser Individualansprüche auf den Verband übertragen werden kann. Damit ist auch die frühere Rechtsprechung zur Anfechtbarkeit dieser Beschlüsse obsolet. Immerhin nehmen die Wohnungseigentümer mit der Übertragung der Rechtsverfolgung oder -verteidigung auf den Verband nur eine vom Gesetz ausdrücklich eröffnete Möglichkeit wahr, so dass ein entsprechender Beschluss jedenfalls nicht im Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen kann.419 c) Ausübungsbefugnis bei Beseitigungsansprüchen gegen Dritte 114a Der teilrechtsfähige Verband ist bei Beseitigungsansprüchen wegen der Beschädigung des ge-

meinschaftlichen Eigentums durch Dritte, nicht kraft Gesetzes befugt, Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche geltend zu machen. Kraft Gesetzes kann diese Ansprüche daher nach § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 2 WEG jeder einzelne Wohnungseigentümer geltend machen.420 Die 414 LG Hamburg v. 3.2.2010 – 318 S 84/08, ZMR 2010, 552. 415 BT-Drucks. 16/887, S. 61. 416 BGH v. 22.1.2016 – V ZR 116/15, ZMR 2016, 382; BGH v. 13.10.2017 – V ZR 45/17; WuM 2018, 56 = ZMR 2018, 244; LG Hamburg v. 25.2.2015 – 318 S 110/14, ZMR 2015, 334, 335; unrichtig insoweit OLG München v. 26.10.2010 – 32 Wx 26/10, MietRB 2011, 150 = ZMR 2011, 316. 417 BayObLG v. 30.5.1996 – 2Z BR 9/96, ZMR 1996, 565; BayObLG v. 18.3.1997 – 2Z BR 116/96, ZMR 1997, 374 (375). 418 BT-Drucks. 16/887, S. 61; vgl. Wenzel, ZWE 2006, 467 f. 419 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 = MietRB 2010, 114 = ZMR 2010, 378 (379); OLG München v. 3.8.2009 – 21 U 2666/09, ZMR 2010, 222; LG Hamburg v. 4.3.2009 – 318 S 93/ 08, ZMR 2009, 548 (549); weiter gehend OLG München v. 4.12.2007 – 32 Wx 151/07, ZMR 2008, 564 (565), wonach der Verband wohl sogar ohne Beschlussfassung zur Abwehr von Beeinträchtigungen befugt sein soll. 420 BGH v. 13.10.2017 – V ZR 45/17, WuM 2018, 56 = ZMR 2018, 244.

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X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 115 § 10

Ausübung dieser Rechte kann dem teilrechtsfähigen Verband aber durch Mehrheitsbeschluss übertragen werden. Diese gesetzliche Regelung der Ausübungsbefugnis gilt auch dann, wenn die Störung von einem Dritten außerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeht. Hiergegen spricht nicht, dass es unter den Wohnungseigentümern zu Meinungsverschiedenheiten über die Art des Vorgehens gegen den Dritten kommen kann. Denn dies ist auch bei Störern innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft möglich. Zudem können die Wohnungseigentümer in diesem Fall die Ausübung der Ansprüche auf den Verband übertragen und dieses Vorgehen im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG überprüfen lassen. Ebenso wenig spricht die Gefahr einer mehrfachen Inanspruchnahme gegen die Ausübungsbefugnis des einzelnen Wohnungseigentümers. Denn diese kann der Dritte dadurch vermeiden, dass er den anderen Wohnungseigentümern den Streit verkündet.421 Eine beim teilrechtsfähigen Verband konzentrierte Ausübungsbefugnis ist auch nicht aus gemeinschaftsbezogenen Gründen erforderlich, selbst wenn um den Inhalt und Bestand von Grunddienstbarkeiten zulasten des gemeinschaftlichen Grundstücks gestritten wird. Denn diese bleiben dadurch, dass jeder Wohnungseigentümer die Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche alleine geltend machen kann, unberührt.422 d) Keine Vergemeinschaftung von Individualansprüchen Für einen Individualanspruch kann eine Ausübungsbefugnis des teilrechtsfähigen Verbandes 114b nicht begründet werden, da sich § 10 Abs. 6 S. 3 WEG nur auf die Rechte und Pflichten aus der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums bezieht, nicht aber auf die Sonderrechte einzelner Wohnungseigentümer.423 Denn ansonsten würde die Vergemeinschaftung dazu führen, dass der Wohnungseigentümer einen ihm alleine zustehenden Anspruch nicht mehr geltend machen kann.424 Von einem Ausschluss der Vergemeinschaftung aus diesem Grunde ist insbesondere dann auszugehen, wenn die Ansprüche nicht das Gemeinschaftseigentum betreffen und ihre Ausübung im Ermessen des Einzelnen steht.425 Solche individuellen Mitgliedschaftsrechte sind etwa bei einem Änderungsanspruch aus § 10 Abs. 2 S. 3 WEG betroffen.426 Gleiches gilt für kaufvertragliche Ansprüche einzelner Wohnungseigentümer, die nicht das Gemeinschaftseigentum betreffen.427 Auch der Eingriff in individuell zugeordnete Instandsetzungslasten kann nicht über § 10 Abs. 6 S. 3 WEG erfolgen.428 Wird die Vergemeinschaftung trotzdem beschlossen, ist der Beschluss nichtig.429 e) Akt der Vergemeinschaftung Die Vergemeinschaftung erfolgt durch Beschluss. Die bloße Befassung der Eigentümerver- 115 sammlung mit einem Anspruch, dessen Durchsetzung auf die Gemeinschaft übertragen werden könnte, genügt nicht.430 Die Ausübung eines Rechtes auf den teilrechtsfähigen Verband muss Gegenstand einer Beschlussfassung sein. Dieser kann allerdings bereits in dem Beschluss stecken, dass der Verwalter der Vergemeinschaftung zugängliche Rechte für den Ver-

421 422 423 424 425 426 427 428 429 430

BGH v. 13.10.2017 – V ZR 45/17; WuM 2018, 56 = ZMR 2018, 244. BGH v. 13.10.2017 – V ZR 45/17; WuM 2018, 56 = ZMR 2018, 244. BGH v. 13.10.2017 – V ZR 305/16; ZMR 2018, 242 = MDR 2018, 1254. BGH v. 13.10.2017 – V ZR 305/16; ZMR 2018, 242 = MDR 2018, 1254. BGH v. 13.10.2017 – V ZR 305/16; ZMR 2018, 242 = MDR 2018, 1254. BGH v. 13.10.2017 – V ZR 305/16; ZMR 2018, 242 = MDR 2018, 1254; LG Nürnberg-Fürth v. 28.9.2016 – 14 S 2471/16, ZMR 2017, 91; vgl. o. Rz. 39a. AG Dortmund v. 26.8.2014 – 512C 13/14, ZMR 2015, 412. LG Itzehoe v. 19.1.2016 – 11 S 29/15, ZMR 2016, 568 (569). Wohl auch AG Dortmund v. 26.8.2014 – 512C 13/14, ZMR 2015, 412. LG Itzehoe v. 15.4.2014 – 11 S 37/13, ZMR 2015, 51 (52).

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§ 10 Rz. 115 | Allgemeine Grundsätze band geltend machen soll.431 Auch wenn grundsätzlich zwei Beschlüsse, nämlich über die Vergemeinschaftung und über das weitere Vorgehen des Verbandes bzw. des Verwalters in seinem Namen erforderlich sind, können diese zusammenfallen.432 Dass die begrifflich unscharfe Übertragung von Rechten (anstelle der Befugnis zur Ausübung dieser Rechte) nicht als Vergemeinschaftung anzusehen sein soll,433 erscheint aber zweifelhaft. Derartige Begriffsschärfe wird man den Wohnungseigentümern als Laien kaum abverlangen können. Der Beschluss, die Ausübung bestimmter Rechte auf den Verband zu übertragen, unterliegt den allgemeinen Regeln. Er kann also bei bewusstem Eingriff in Mitwirkungsrechte ausnahmsweise nichtig und bei formellen Fehlern anfechtbar sein. Dies kann etwa dann anzunehmen sein, wenn die Vergemeinschaftung generell ohne Prüfung des Prozessrisikos für bestimmte Fälle der Unterlassung vorab beschlossen wird.434 Die Vergemeinschaftung ist ferner anfechtbar, wenn sie in Wirklichkeit nur die Durchsetzung von Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüchen eines einzelnen Wohnungseigentümers verhindern will.435 Der Anspruch muss aber nicht mit Sicherheit bestehen und durchsetzbar sein; die Vergemeinschaftung entspricht schon dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn sein Nichtbestehen nicht auf der Hand liegt.436 Der Beschluss muss ferner hinreichend bestimmt sein.437 Er muss erkennen lassen, welche Ansprüche der Wohnungseigentümer vergemeinschaftet werden sollen.438 Erfüllt er diese Anforderungen nicht, muss er allerdings angefochten werden, anderenfalls erwächst er in Bestandskraft. f) Anspruch auf Vergemeinschaftung? 116 Entspricht die Vergemeinschaftung von Individualansprüchen grundsätzlich ordnungsmäßi-

ger Verwaltung, so stellt sich die Frage, ob hierauf auch ein Anspruch bestehen kann. Dies wurde bislang durchweg verneint. Denn der einzelne Wohnungseigentümer kann stets selbst klagen, wenn die Eigentümerversammlung die Ausübung der Rechte durch den teilrechtsfähigen Verband ablehnt.439 Die Mehrheit hatte somit nach ganz h. M. ein nicht überprüfbares Ermessen, ob sie die Durchsetzung von Individualansprüchen auf Unterlassung oder auf Beseitigung von Störungen des Gemeinschaftseigentums zur gemeinschaftlichen Sache macht.440 Mit der Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses von geborener und gekorener Aus431 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, MDR 2015, 1057 = ZMR 2015, 947 Rz. 5; vgl. Rz. 117; LG Berlin v. 22.6.2018 – 85 S 23/17, ZMR 2018, 843; zweifelhaft daher AG Ratingen v. 30.12.2014 – 8 C 296/ 14, ZMR 2015, 645, wonach der Beschluss über die Beauftragung eins Anwalts wegen Beseitigungsansprüchen nicht als Vergemeinschaftung anzusehen sein soll; a. A. zu Recht LG Aurich v. 24.7.2017 – 4 S 49/17, ZMR 2017, 991; LG Berlin v. 27.10.2017 – 55 S 218/16, ZMR 2018, 348; AG Jever v. 10.2.2017 – 5 C 53/16, ZMR 2017, 683. 432 LG Berlin v. 27.10.2017 – 55 S 218/16, ZMR 2018, 348 (349). 433 So AG Ratingen v. 2.3.2016 – 8 C 294/15, ZMR 2016, 408. 434 LG Hamburg v. 15.4.2015 – 318 S 125/14, MietRB 2015, 370 = MietRB 2015, 371 = ZMR 2015, 572. 435 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17, MDR 2019, 284 = NJW 2019, 1216. 436 AG Pinneberg v. 11.10.2016 – 60 C 39/16, ZMR 2017, 345; AG Berlin-Schöneberg v. 5.4.2015 – 771 C 87/14, ZMR 2017, 431. 437 AG Hamburg-Blankenese v. 21.10.2015 – 539 C 17/15, ZMR 2016, 151 (152); AG Dortmund v. 26.8.2014 – 512C 13/14, ZMR 2015, 412. 438 AG Achim v. 3.5.2018 – 10 C 347/17, ZMR 2018, 700 (701). 439 OLG Frankfurt v. 3.11.2003-20 W 506/01, ZMR 2004, 290; ähnlich LG München I v. 24.3.2016-36 S 12134/15, ZMR 2016, 802, 803; LG Itzehoe v. 24.1.2012 – 11 S 16/11, ZMR 2012, 390; AG Saarbrücken v. 28.4.2011 – 121 C 263/09, ZMR 2012, 489; AG Tostedt v. 5.7.2018 – 5 C 117/17, ZMR 2018, 966; AG Berlin Mitte v. 19.3.2018 – 26 C 55/17, ZMR 2018, 702 (703). 440 LG Itzehoe v. 15.4.2014 – 11 S 37/13, ZMR 2015, 51, 52; LG München I v. 24.3.2016 – 36 S 12134/ 15, ZMR 2016, 802 (803); AG Solingen v. 6.11.2013 – 15a C 30/13, ZMR 2014, 580; AG Karlsruhe v. 15.8.2014 – 4 C 217/14, ZMR 2015, 160 (161); AG Celle v. 18.12.2015 – 160 C 1251/15, ZMR 2016, 734 f.; AG Pinneberg v. 16.1.2018 – 60 C 16/17, ZMR 2018, 381, 382.

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X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 118 § 10

übungsbefugnis des Verbandes bei Schadensersatzansprüchen stellt sich auch diese Frage neu. Der BGH führt im Zusammenhang mit dem Wahlrecht zwischen Naturalrestitution und Geldersatz gemäß § 249 Abs. 1 BGB zu Recht aus, dass nur die Wiederherstellung des vorherigen Zustands ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.441 Wenn aber materiell-rechtlich eine Pflicht zur Wiederherstellung des ordnungsmäßigen Zustands besteht, kann man der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht die Wahl lassen, ob sie diese überhaupt geltend macht. Andernfalls könnten sich die weniger in Mitleidenschaft gezogenen Miteigentümer bei unterschiedlicher Betroffenheit durch die Beeinträchtigung etwa in Untergemeinschaften aus Prozess- und Vollstreckungsrisiken ausklinken. Dies dürfte mit der gemeinschaftlichen Sorge für das Gemeinschaftseigentum nicht vereinbar sein. g) Verfahrensrechtliche Folgen Da der teilrechtsfähige Verband anders als bei den „geborenen“ gemeinschaftsbezogenen An- 117 gelegenheiten nicht kraft Gesetzes zur Ausübung der Rechte und Pflichten nach § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 2 WEG befugt ist, genügt bei strenger Handhabung die bloße Beauftragung des Verwalters zur Rechtsverfolgung hier nicht. Rechtlich sind zur Geltendmachung von Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen mindestens zwei Beschlüsse, nämlich die Übertragung der Ausübungsbefugnis auf den Verband und die Beschlussfassung über das weitere Vorgehen des Verbandes (außergerichtliche Schritte, Mandatierung eines Anwalts, Klageerhebung) erforderlich. Der BGH hat die Anforderungen an die Beschlussfassung aber erheblich gesenkt. Seiner Auffassung zufolge steckt in der Aufforderung an den Verwalter, Unterlassungsansprüche geltend zu machen, auch die Übertragung der Ausübung auf den Verband. Künftig wird wohl stets im zweiten Schritt auch der erste, die Übertragung, zu sehen sein.442 Die Rechtsprechung, wonach das Setzen von Fristen und die Androhung der Ersatzvornahme nicht genügt,443 dürfte daher überholt sein. Die Anfechtung des Vergemeinschaftungsbeschlusses ändert an seiner vorläufigen Wirksamkeit gemäß § 23 Abs. 4 S. 2 WEG grundsätzlich nichts, so dass die Klage auf Unterlassung oder Beseitigung nur in Ausnahmefällen bis zur Entscheidung im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG auszusetzen ist.444 h) Drittwirkung der Vergemeinschaftung Die Wirkung von Beschlüssen gegen Dritte ist nirgends so unmittelbar greifbar wie bei der 118 Vergemeinschaftung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen der Wohnungseigentümer. Denn erst mit einem solchen Beschluss wird der teilrechtsfähige Verband überhaupt prozessführungsbefugt. Kann der Prozessgegner die Existenz eines solchen Beschlusses mit Erfolg bestreiten, führt dies also ohne weiteres zum Prozessverlust des teilrechtsfähigen Verbandes. Allerdings kann sich der Dritte nicht auf die bloße Fehlerhaftigkeit eines Beschlusses der Eigentümerversammlung berufen, da diese nur im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG zur Ungültigerklärung führt. Liegen hingegen Nichtigkeitsgründe vor, ist dies noch in der Klage des teilrechtsfähigen Verbandes auf Unterlassung oder Beseitigung zu berücksichtigen, da ein nichtiger Beschluss für niemanden Rechtswirkungen entfaltet. Da die jüngere Rechtsprechung den Kreis der Nichtigkeitsgründe erheblich erweitert hat, könnte sich also auch der Dritte etwa darauf berufen, dass die Vergemeinschaftung wegen bewusster Nichtladung eines Eigen-

441 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17, MDR 2019, 284 = NJW 2019, 1216. 442 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, MDR 2015, 1057 = MietRB 2015, 300 = MietRB 2015, 301 = ZMR 2015, 947 = ZWE 2015, 402. 443 OLG München v. 3.7.2012 – 13 U 2506/11, ZMR 2013, 53. 444 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17, MDR 2019, 284 = NJW 2019, 1216; AG München v. 22.12.2016 – 484 C 8649/16, ZMR 2017, 269 (270); AG Tempelhof-Kreuzberg v. 19.3.2018 – 72 C 69/17, ZMR 2018, 716.

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§ 10 Rz. 118 | Allgemeine Grundsätze tümers zur Eigentümerversammlung unwirksam ist.445 Gleiches gilt, wenn er zu Unrecht von der Eigentümerversammlung ausgeschlossen wurde.446 Noch einfacher ist es, die bloße Existenz des Beschlusses mit Nichtwissen zu bestreiten. Dies ist mangels eigener Wahrnehmung des Dritten gemäß § 138 Abs. 4 ZPO zulässig und bei der Vergemeinschaftung auch immer erheblich. Kann die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft den Beschluss über die Vergemeinschaftung dann nicht nachweisen oder trägt sie ungenügend vor, unterliegt ihre Klage schon deshalb mangels Prozessführungsbefugnis der Abweisung als unzulässig. Da die Zulässigkeit der Klage von Amts wegen zu prüfen ist, muss selbst das Rechtsmittelgericht entsprechendem Vortrag nachgehen.447

4. Folgen der Übertragung der Ausübungsbefugnis auf den Verband a) Diskussionsstand 119 Früher war streitig, welche Folgen die Übertragung gekorener gemeinschaftsbezogene Rechte

nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbs. 1 WEG auf den teilrechtsfähigen Verband nach sich zieht. Nach einer Position sollte jeder Wohnungseigentümer solche Ansprüche neben dem Verband geltend machen können.448 Nach der Gegenposition kommt dem Verband bei der Durchsetzung „gekorener“ Gemeinschaftsangelegenheiten hingegen eine Alleinzuständigkeit zu.449 Eine vermittelnde Position hielt die Durchsetzung des Individualanspruchs durch den einzelnen Wohnungseigentümer nur dann für ausgeschlossen, wenn dem teilrechtsfähigen Verband die Beseitigungs- bzw. Unterlassungsansprüche vor einer Klageerhebung zur Ausübung übertragen wurden; ist seine diesbezügliche Klage dagegen schon vor der Beschlussfassung anhängig, soll er klagebefugt bleiben.450 b) Entscheidung des BGH 120 Der BGH hat sich der zweiten Position angeschlossen.451 Demnach kommt ein Nebeneinan-

der der Anspruchsdurchsetzung durch Verband und Wohnungseigentümer nicht in Betracht. Dem stehe die Begründung zu § 10 WEG zu gekorenen gemeinschaftsbezogenen Ansprüchen452 nicht entgegen. Soweit der Gesetzgeber dort ausführt, dass „die nach geltendem Recht zulässige Konkurrenz der Verfolgung von Individual- und gemeinschaftlichen Ansprüchen“ unberührt bleibe, widerspreche das der Rechtsprechung des BGH, der eine solche Konkurrenz gerade nicht anerkannt habe. Dies werde bestätigt durch verfahrensrechtliche Überlegungen, da es bei einer parallelen Prozessführungsbefugnis von Wohnungseigentümern und Verband zu divergierenden Urteilen kommen kann. Überdies ist die auf Mehrheitsbeschluss beruhende Übertragung der Anspruchsdurchsetzung nur sinnvoll, wenn ihr Vor445 Dazu, dass ein Beschluss dann nichtig ist s. etwa OLG Celle v. 19.6.2001 – 4 W 152/01, ZWE 2002, 132 (133); OLG Zweibrücken v. 21.11.2002 – 3 W 179/02, ZMR 2004, 60 (62); BayObLG v. 8.12.2004 – 2Z BR 199/04, MietRB 2005, 154 = ZMR 2005, 801 f.; OLG Köln v. 17.12.2004 – 16 Wx 91/04, ZMR 2005, 809 (810). 446 LG Dortmund v. 26.10.2015 – 1 S 218/15. 447 Abwegig daher OLG Hamburg v. 19.12.2014 – 13 U 110/12, ZMR 2015, 324. 448 OLG München v. 16.11.2007 – 32 Wx 111/07, MietRB 2008, 43 = NZM 2008, 87 (89); OLG Hamburg v. 24.10.2008 – 2 Wx 115/08, MietRB 2009, 328 = ZMR 2009, 306 (307). 449 OLG Frankfurt/M. v. 18.8.2008 – 20 W 426/05, ZMR 2009, 133 (134 f.) = MietRB 2009, 43; LG Köln v. 14.3.2013 – 29 S 181/12, ZWE 2014, 94 (95); LG München I v. 3.6.2016 – 40 O 11108/14, ZMR 2017, 263. 450 OLG Hamm v. 5.11.2009 – I – 15 Wx 15/09, ZMR 2010, 389. 451 BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14, MDR 2015, 267 = MietRB 2015, 78 = ZMR 2015, 248 = ZWE 2015, 122; ebenso schon AG Bad Homburg v. 29.1.2014 – 2 C 1749/13, ZMR 2014, 575. 452 BT-Drucks. 16/997, S. 52.

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X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 122 § 10

rang zukommt. Der Verschleppung der Anspruchsdurchsetzung könne durch Anfechtung der Übertragung oder durch den Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung begegnet werden. c) Neue Probleme Diese Entscheidung schafft zwar Klarheit in einer wichtigen Frage, aber für jede Klage auf 121 Unterlassung oder Beseitigung von Störungen auch neue Risiken. Denn die Übertragung der Ausübungsbefugnis kann dem Kläger bis zur letzten mündlichen Verhandlung einen sicheren Prozesserfolg nehmen. Die vom BGH angeführte Überprüfung der Übertragung im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG schafft nur in Ausnahmefällen eine Rechtsschutzmöglichkeit, weil der Beschluss trotz Anfechtung vorläufig wirksam ist und die Rechtsmissbräuchlichkeit regelmäßig nicht innerhalb der Anfechtungsfrist zu Tage tritt (s. o. Rz. 110b). Sofern der BGH die nach der Gegenposition bestehende Möglichkeit unterschiedlicher Prozessergebnisse für seine Auffassung anführt, ist dies ein Scheinargument. Denn diese drohen auch dann, wenn ohne Beteiligung des teilrechtsfähigen Verbandes einzelne Wohnungseigentümer auf Unterlassung klagen, was im Übrigen bereits im materiellen Recht angelegt ist. Denn es ist durchaus möglich, dass ein Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Unterlassung oder Beseitigung hat, der andere nicht, weil er beispielsweise nicht beeinträchtigt ist oder einer baulichen Veränderung zugestimmt hat. Gleichwohl bleibt nach einer Übertragung der Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nunmehr nur die Erledigungserklärung oder die Umstellung der Klage. Die Erledigungserklärung ist dann wenig sinnvoll, wenn über den Erfolg der Klage vor der Vergemeinschaftung keine Klarheit bestand, weil noch Beweis hätte erhoben werden müssen. In diesem Fall erfolgt bekanntlich bei einer summarischen Prüfung nur eine Kostenaufhebung. Jedenfalls bei Unterlassungs- oder Beseitigungsklagen gegen Miteigentümer sollte der Kläger nach einer Übertragung der Rechtsdurchsetzung auf den teilrechtsfähigen Verband nicht vorschnell für erledigt erklären. Der Kläger sollte seine Klage dann, wenn es um Vorgänge innerhalb der Gemeinschaft geht (etwa die Beseitigung einer baulichen Veränderung) auf einen Schadensersatzanspruch umstellen. Bekanntlich besteht ja zwischen den Wohnungseigentümern ein Schuldverhältnis, das etwa durch eine unzulässige bauliche Veränderung verletzt wird. Ersatzfähige Schäden gemäß § 280 Abs. 1 BGB können auch in Rechtsverfolgungskosten liegen. Dann kann der Kläger seine Klage auch auf Erstattung seines materiellrechtlichen Schadens gemäß § 280 Abs. 1 BGB umstellen.453 Hierbei handelt es sich nicht um gemeinschaftsbezogene Ansprüche, die nur der teilrechtsfähige Verband nach § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 1 BGB geltend machen kann. Denn die Rechtsverfolgungskosten sind dem Kläger persönlich entstanden. Sofern er den Schaden noch nicht abschließend beziffern kann, kommt sogar eine Feststellungsklage in Betracht.454

5. Wissenszurechnung Da der Verwalter Organ des Verbandes ist und in dieser Eigenschaft die Rechte der Woh- 122 nungseigentümer wahrnimmt, stellt sich die Frage, inwieweit sein Wissen den Wohnungseigentümern zugerechnet werden kann. Dem Verband kann sein Wissen in der Regel zugerechnet werden.455 Soweit dem Verwalter die Durchsetzung gemeinschaftlicher Ansprüche nach § 10 Abs. 6 S. 3 WEG obliegt, schalten ihn die Wohnungseigentümer zur Erledigung bestimmter Angelegenheiten ein, so dass sie sich entsprechend § 166 Abs. 1 BGB auch sein

453 BGH v. 18.3.2013 – III ZR 156/12, MDR 2013, 814 ff. 454 OLG Naumburg v. 28.9.2010 – 1 W 49/10, JurBüro 2011, 150 f. 455 Zu einer Ausnahme bei kriminellem Verhalten s. BGH v. 23.1.2014 – III ZR 436/12, MDR 2014, 330 = MietRB 2014, 174 = ZMR 2014, 562.

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§ 10 Rz. 122 | Allgemeine Grundsätze Wissen zurechnen lassen müssen.456 Hierbei macht es keinen Unterschied, ob die Wahrnehmung der Aufgabe durch den Verwalter auf einer gesetzlichen Zuweisung oder auf einer Einzelübertragung durch die Wohnungseigentümer beruht. Für die Durchsetzung von Individualansprüchen der Wohnungseigentümer enthält das Gesetz aber keine Aufgabenzuweisung an den Verwalter. Folglich kann sein Wissen dem einzelnen Wohnungseigentümer nicht zugerechnet werden.457 Anderes gilt nur, wenn die Durchsetzung von Individualansprüchen dem teilrechtsfähigen Verband übertragen wurde. Denn dann können die Wohnungseigentümer ihre Ansprüche nicht mehr individuell durchsetzen, sondern sind darauf beschränkt, den Verwalter zu überwachen, was eine Zurechnung seines Wissens rechtfertigt. Auch dann kann vorher erlangtes Wissen des Verwalters den Wohnungseigentümern aber nicht mit Rückwirkung zugerechnet werden. Zur Zeit der Kenntniserlangung war die Durchsetzung des Anspruchs nämlich noch keine Gemeinschaftsaufgabe.458

6. Die Rechte und Pflichten im Einzelnen a) Anfechtungsklagen 123 Die Anfechtungsklage nach § 43 Nr. 4 WEG richtet sich gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 WEG gegen

die übrigen Wohnungseigentümer. Sie ist also weder eine geborene gemeinschaftsbezogene Angelegenheit noch kann sie – auch nicht für die „übrigen Wohnungseigentümer“ – durch Beschluss zu einer gemeinschaftsbezogenen Angelegenheit gemacht werden.459 Jeder Wohnungseigentümer kann somit selbst Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen. Allerdings darf der Kostenvorschuss für einen Rechtsanwalt, der die übrigen Wohnungseigentümer vertritt, dem Verbandsvermögen entnommen werden, er muss aber bereits in der nächsten Jahresabrechnung ausschließlich auf die beklagten Wohnungseigentümer umgelegt werden.460 b) Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aa) Klagen gegen Dritte 124 Inhaber von Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen bleiben die Wohnungseigentümer.

Nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbs. 2 kann die Wohnungseigentümergemeinschaft aber auch Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche bei rechtswidrigem Gebrauch oder baulichen Veränderungen an sich ziehen,461 was vor der Novellierung noch höchst streitig war.462 Der Verband besitzt dann die Ausübungsbefugnis. Nach einer solchen Vergemeinschaftung bleibt die Ausübungsbefugnis des einzelnen Wohnungseigentümers aus § 1004 BGB nicht bestehen (s.o. Rz. 119 ff.). Voraussetzung ist, dass die Störung das Gemeinschaftseigentum objektiv beeinträchtigt.463 Der teilrechtsfähige Verband ist demnach auch für eine zivilrechtliche Klage ge456 AG Lüneburg v. 1.2.2017 – 53 C 48/15, ZMR 2017, 340. 457 BGH v. 4.7.2014 – V ZR 183/13, MDR 2014, 1134 = MietRB 2014, 297; ZWE 2014, 398 (399 f.) Rz. 17. 458 BGH v. 4.7.2014 – V ZR 183/13, MDR 2014, 1134 = MietRB 2014, 297; ZWE 2014, 398 (399 f.) Rz. 20. 459 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 26/14, MDR 2015, 146 = MietRB 2015, 16 = ZMR 2015, 244 (244 f.). 460 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 26/14, MDR 2015, 146 = MietRB 2015, 16 = ZMR 2015, 244 (246 ff.). 461 BT-Drucks. 16/887, 61; BGH v. 30.3.2006 – V ZB 17/06, MDR 2006, 1274 = MietRB 2006, 192; BGH v. 22.1.2016 – V ZR 116/15, ZMR 2016, 382; Becker, MietRB 2007, 180 (183). 462 Eine Eigentümerangelegenheit annehmend, OLG München v. 27.7.2005 – 34 Wx 069/05, MDR 2006, 18 = ZMR 2005, 733 = MietRB 2006, 9; Becker/Kümme/Ott, MietRB 2006, 252 (255); verneinend und einen Anspruch der Gemeinschaft annehmend, OLG München v. 17.11.2005 – 32 Wx 077/05, MietRB 2006, 102 = ZWE 2006, 135. 463 Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 255.

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X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 126 § 10

gen einen Nachbarn auf Beseitigung eines Überbaus oder Unterlassung einer Beeinträchtigung erst nach Vergemeinschaftung gemäß § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 2 zuständig,464 Soweit das Sondereigentum beeinträchtigt ist, bleibt die Klagebefugnis beim einzelnen Wohnungseigentümer. Meist wird jedoch beides zusammenfallen. bb) Klagen gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft Schwieriger ist die Frage der Prozessführungsbefugnis in Passivverfahren zu beurteilen. Die 125 Parallelität von Aktiv- und Passivverfahren legt nahe, dass ohne eine Vergemeinschaftung auch insoweit zunächst die Wohnungseigentümer prozessführungsbefugt sind. Der BGH hat nun aber entschieden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Passivseite prozessführungsbefugt ist, wenn es um die Entfernung eines Holzflechtzaunes auf dem Nachbargrundstück geht, den ein (unbekannter) Wohnungseigentümer errichtet hat.465 Die Errichtung, Änderung oder Entfernung einer Einfriedung sei stets eine gemeinsame Angelegenheit aller Wohnungseigentümer, die der teilrechtsfähige Verband nach § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1 WEG kraft Gesetzes wahrnimmt.466 Dabei sei unerheblich, dass nicht bekannt ist, welcher Wohnungseigentümer den Zaun errichtet hat, da die Miteigentümer jedenfalls Zustandsstörer sind und der störende Zustand durch ihren Willen er aufrechterhalten wird. Diese Entscheidung ist schon im Leitsatz („Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist für gemeinschaftsbezogene Pflichten der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG kraft Gesetzes passiv prozessführungsbefugt.“) von geringen Aussagewert, da dieser lediglich den Gesetzesinhalt paraphrasiert. Unklar bleibt aber gerade, welche Pflichten der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbs. 1 WEG gemeinschaftsbezogen sind und wieso die Errichtung, Änderung oder Entfernung einer Einfriedung dazugehören soll. Überdies muss der Leser rätseln, welche Bedeutung den Ausführungen zukommt, wonach Störungen Dritter durch Beschlüsse der Wohnungseigentümer diesen zuzurechnen sind.467 Dies legt die Schlussfolgerung nahe, dass der Verband bei einem Beschluss über die Errichtung des Holzflechtzaunes nicht prozessführungsbefugt wäre. Zu demselben Ergebnis führen auch die Ausführungen zur Aufrechterhaltung der Störung durch den maßgeblichen Willen des Zustandsstörers.468 Denn diesen Willen kann der Verband doch nur durch Beschluss (oder seine Unterlassung) bilden. Wenn die Störung durch Beschluss indessen den einzelnen Wohnungseigentümern zuzurechnen ist, wären doch sie die auf Beklagtenseite Prozessführungsbefugten. c) Verfügungen über das Gemeinschafteigentum Das Recht zur Verfügung über das Gemeinschaftseigentum können die Wohnungseigentü- 126 mer nicht durch Beschluss auf den Verband übertragen.469 Das Gemeinschaftseigentum ist echtes Eigentum der Wohnungseigentümer, dessen Verfügungsmacht nur durch Vereinbarung einer anderen Person zugeordnet werden kann. Anders verhält es sich mit schuldrechtlichen

464 So OLG München v. 26.10.2010 – 32 Wx 26/10, MietRB 2011, 150 = ZWE 2011, 37. 465 BGH v. 11.12.2016 – V ZR 180/14, MDR 2016, 642 = MietRB 2016, 136 = ZMR 2016, 379. 466 BGH v. 11.12.2016 – V ZR 180/14, MDR 2016, 642 = MietRB 2016, 136 = ZMR 2016, 379 (380) Rz. 15. 467 BGH v. 11.12.2016 – V ZR 180/14, MDR 2016, 642 = MietRB 2016, 136 = ZMR 2016, 379 (380) Rz. 10. 468 BGH v. 11.12.2016 – V ZR 180/14, MDR 2016, 642 = MietRB 2016, 136 = ZMR 2016, 379 (380) Rz. 14 ff.; a.A. LG Hamburg v. 16.12.2015 – 318 S 33/15, ZMR 2016, 238 (240). 469 BGH v. 12.4.2013 – V ZR 103/12, ZWE 2013, 330 = ZMR 2013, 730 = MietRB 2013, 208; OLG München v. 22.1.2010 – 34 Wx 125/09, MietRB 2010, 142 = NJW 2010, 1467.

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§ 10 Rz. 126 | Allgemeine Grundsätze Beziehungen etwa im Außenverhältnis zweier Eigentümergemeinschaften, für die stets der Verband zuständig ist.470 d) Vermietung von Gemeinschaftseigentum 127 Gemeinschaftseigentum fällt in das Vermögen der Wohnungseigentümer. Rechte zu Gunsten

der Wohnungseigentümergemeinschaft bestehen hingegen zunächst nicht. Beabsichtigen die Wohnungseigentümer von ihnen nicht genutzte Gemeinschaftsräume oder -flächen, wie z.B. Pkw-Stellplätze oder Ladenlokale, zu vermieten, handelt es sich um eine den Wohnungseigentümern zugeordnete Beschlusskompetenz. Die Eigentümergemeinschaft darf dieses für sie fremde Gemeinschaftseigentum nur dann vermieten, wenn sie hierzu bevollmächtigt wird. Wird auf einer Eigentümerversammlung die Vermietung beschlossen, kann hierin – ausdrücklich oder konkludent – die Bevollmächtigung der Eigentümergemeinschaft gesehen werden, die Vermietung für die Bruchteilsgemeinschaft, und zwar im Außenverhältnis im eigenen Namen, durchzuführen.471 Die Mieteinnahmen sind dem Verbandsvermögen zuzuleiten.472 Auch die Einziehung von Miete für das gemeinschaftliche Eigentum ist Sache des teilrechtsfähigen Verbandes.473 e) Instandhaltung und Bewirtschaftung des Gemeinschaftseigentums 128 Ähnlich wie bei der Vermietung sind die Wohnungseigentümer als Bruchteilseigentümer

grundsätzlich für die Instandhaltung und Bewirtschaftung des Gemeinschaftseigentums zuständig. Beschließen die Wohnungseigentümer entsprechende Maßnahmen, obliegt die Durchführung derselben aber entgegen früherer Rechtsprechung des BGH nicht der Eigentümergemeinschaft, sondern dem Verwalter.474 Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist für eine entsprechende Klage nicht passivlegitimiert.475 Der Verband ist auch nicht verpflichtet, erstmalig den ordnungsgemäßen Zustand herzustellen.476 Er hat aber die aus den Beschlüssen resultierenden Aufträge sodann im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft und auf ihre Rechnung zu erteilen. Nur die Gemeinschaft selbst nimmt am Rechtsverkehr teil. Bedenken könnten insoweit bestehen, wenn der Beschluss der Wohnungseigentümer, an dem der Verband nicht beteiligt ist, bestimmte Verträge im Außenverhältnis durch den Verband mit eigener Haftung begründen zu lassen, als Akt zu Lasten eines Dritten anzusehen wäre. Bis zur WEG-Novelle wurde dieses Problem teilweise über die dem Verband zuzurechnende Aufgabe der Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens gelöst. Fehlte es – regelmäßig – an einer ausdrücklichen Vereinbarung, musste in der Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer eine konkludente Abrede gesehen werden, dass der Auftrag im Namen der Gemeinschaft angenommen wird.477 Seit 2007 bestimmt Abs. 6 Satz 3 selbst, dass die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer durch die Gemeinschaft ausgeübt werden. Des Konstrukts einer vertraglichen Abrede bedarf es aufgrund des gesetzlich normierten Aufgabenkatalogs der Gemeinschaft nicht mehr. 470 BGH v. 19.7.2013 – V ZR 109/12, MietRB 2014, 144 = DWE 2013, 161 für die Verbandszuständigkeit beim Anschlusszwang an gemeinsame Versorgungseinrichtungen. 471 Ebenso Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 85; Zweifel äußernd Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 43. 472 Jennißen, NZM 2006, 203 (204); Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 180; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 70. 473 AG Tostedt v. 19.9.2011 – 5 C 407/10, ZMR 2012, 149. 474 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17; WuM 2018, 524 = GE 2018, 938; ähnlich schon AG Hannover v. 20.1.2015 – 484 C 7544/14, ZMR 2015, 630 (631). 475 AG Hannover v. 20.1.2015 – 484 C 7544/14, ZMR 2015, 630 (631). 476 AG Nürnberg v. 26.8.2014 – 29 C 8462/13, ZMR 2015, 634 (635). 477 Jennißen, NZM 2006, 203 (204).

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X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 132 § 10

Beschließen die Wohnungseigentümer notwendige Instandsetzungsmaßnahmen nicht, kommt 129 eine Haftung des Verbandes gegenüber einem Sondereigentümer nicht in Betracht. Der BGH478 stellt in diesem Zusammenhang darauf ab, ob der den Anspruch geltend machende Wohnungseigentümer zuvor durch Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage seine Rechte ausgeübt und so auf eine entsprechende Beschlussfassung hingewirkt hat. Tut er dies nicht, scheide ein Ersatzanspruch aus. Anderenfalls kann der Ersatz des entstehenden Schadens nicht vom teilrechtsfähigen Verband, sondern von den Miteigentümern verlangt werden, die nicht an der gebotenen Beschlussfassung mitwirkten.479 Der Verband wirkt an der Beschlussfassung nicht mit, so dass er auch für die Rechtzeitigkeit des Beschlusses und seines Inhalts nicht verantwortlich sein kann. Ohne Beschluss kann der Verband Instandsetzungsmaßnahmen nur als Notmaßnahmen i.S.v. § 27 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3 beauftragen, da anderenfalls der Verwalter keine Vertretungsmacht für den Verband besitzt. Grundlegende Sanierungen müssen erst beschlossen werden, bevor der Verband handeln kann. Somit kann erst nach einem entsprechenden Beschluss, die Handlungspflicht des Verbandes entstehen. Setzt er den Beschluss nicht zeitgemäß um, ist erst dann an eine Schadensersatzpflicht zu denken, die aber an den Verwalter weiterzugeben ist, weil er im Zweifel die notwendige Maßnahme nicht zeitnah veranlasst hat. Der Verband selbst kann den Verwalter nicht zum Handeln anhalten, weil dies einer Selbstkontrolle des Verwalters gleichkommt.480 f) Anspruch auf Erstellung der Jahresabrechnung Der Anspruch auf Erstellung der Jahresabrechnung ist weder eine geborener noch ein gekore- 130 ner gemeinschaftsbezogener Anspruch.481 Er steht jedem einzelnen Wohnungseigentümer als mitgliedschaftliches Recht zu und kann nicht vergemeinschaftet werden.482 g) Streit um Rechte am gemeinschaftlichen Grundstück aa) Klage des teilrechtsfähigen Verbandes Für den Streit um Rechte am gemeinschaftlichen Grundstück gilt Ähnliches wie bei Klagen 131 wegen Schadensersatzes bzw. auf Unterlassung oder Beseitigung. Gehen die Wohnungseigentümer davon aus, dass eine unzulässige Nutzung etwa einer Dienstbarkeit zu Schäden am Gebäude geführt hat, muss den Ersatz hierfür der teilrechtsfähige Verband als gesetzlicher Prozessstandschafter gemäß § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1 WEG geltend machen. Wird hingegen die Unterlassung einer bestimmten Ausübung oder die Beseitigung einer zur rechtmäßigen Ausübung nicht erforderlichen Einrichtung begehrt, ist dies einen Individualanspruch, den jeder Wohnungseigentümer ohne Ermächtigung geltend machen kann. Die Geltendmachung kann aber gemäß § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 2 WEG auf den teilrechtsfähigen Verband übertragen werden. bb) Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft Schwieriger ist die Rechtslage dann zu beurteilen, wenn sich ein Außenstehender gegen die 132 Wohnungseigentümer richtet. Für die Klage auf Einräumung eines Notwegerechtes geht der 478 BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11, MDR 2012, 1276 f. = NZM 2012, 685 = ZMR 2012, 974. 479 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, MDR 2015, 16 = MietRB 2015, 17 = MietRB 2015, 18 = ZMR 2015, 241 = ZWE 2015, 88; ähnlich LG Saarbrücken v. 7.9.2012 – 5 S 23/11, MietRB 2013, 17 = ZWE 2013, 39; AG Oberhausen v. 14.5.2013 – 34 C 9/13, ZWE 2013, 464. 480 So im Ergebnis auch AG Hamburg-Altona v. 7.9.2012 – 303a C 27/11, ZWE 2013, 182 m. Anm. Schmid. 481 So richtig AG Heidelberg v. 24.6.2011 – 45 C 3/11, ZMR 2012, 51, 53. 482 LG München I v. 5.6.2014 – 36 S 6718/13, ZMR 2014, 918.

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§ 10 Rz. 132 | Allgemeine Grundsätze BGH ohne weitere Begründung von der Passivlegitimation der Wohnungseigentümergemeinschaft aus.483 Dies ist keineswegs selbstverständlich, da das Grundstück immerhin den Wohnungseigentümern, nicht dem teilrechtsfähigen Verband gehört. Deshalb wurde auch vertreten, dass für die Geltendmachung von Übergangs- und Überfahrtrechte die Wohnungseigentümer passivlegitimiert sind.484 Da der BGH sein Ergebnis nicht begründet, bleibt offen, ob er die Passivlegitimation der Wohnungseigentümergemeinschaft für Nachbarrechte am gemeinschaftlichen Grundstück als gesetzlichen Regelfall ansieht. Dafür spricht, dass er in einer weiteren, fast zeitgleichen Entscheidung die Wohnungseigentümer auch für Ansprüche auf Beseitigung bestimmter Störungen, die vom gemeinschaftlichen Eigentum ausgehen, als passivlegitimiert und prozessführungsbefugt ansah.485 Hieraus folgt, dass dann auf Passivseite, anders als in Aktivprozessen der Gemeinschaft, sowohl Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche, als auch alle anderen, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen, geborene gemeinschaftsbezogene Pflichten darstellen. Damit sind sie kraft Gesetzes gemäß § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1 WEG gegen den teilrechtsfähigen Verband geltend zu machen. Nicht passivlegitimiert ist der teilrechtsfähige Verband allerdings bei Angelegenheiten der internen Willensbildung, auch wenn es um die Ausführung von Beschlüssen geht.486 Dies gilt auch für Schadensersatzansprüche wegen ungenügender Beschlussfassungen, die gegen die Wohnungseigentümer gerichtet sind, die untätig geblieben sind oder nicht für die erforderliche Maßnahme gestimmt haben.487 Ist die Passivlegitimation streitig, kann der Kläger durch die Streitverkündung gegenüber der nicht verklagten Partei in dieser Frage Bindungswirkung für den Zweitprozess bewirken.488 h) Nachbarstreitigkeiten 133 Nachbarstreitigkeiten sind Unterfälle von Schadensersatz- bzw. Beseitigungs- und Unterlas-

sungsansprüchen. Fordern die Wohnungseigentümer vom Nachbarn Schadensersatz wegen der Beschädigung des Gemeinschaftseigentums, ist hierfür der teilrechtsfähige Verband kraft Gesetzes ausübungs- und prozessführungsbefugt, für Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche erst nach entsprechender Beschlussfassung. Für Passivverfahren gelten ebenfalls die oben dargelegten Grundsätze (Rz. 132). i) Schadensersatzansprüche aa) Gesetzliche Ausübungsbefugnis des Verbandes 134 Eine geborene Ausübungsbefugnis für den Verband liegt hinsichtlich der Geltendmachung

von Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung des gemeinschaftlichen Eigentums vor. Zwar steht das gemeinschaftliche Eigentum den Wohnungseigentümern zu. Da aber der Verband die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer ausübt und ihre gemeinschaftlichen Ansprüche wahrnimmt, sind auch diese Rechte durch die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft zu verfolgen.489 Die Ausübungsbefugnis steht dem Verband von Gesetzes wegen zu. Es bedarf hierzu keiner Übertragung durch einen entsprechenden Mehrheitsbe483 BGH v. 22.1.2016 – V ZR 116/15, ZMR 2016, 382. 484 S. etwa LG Mannheim v. 14.4.2011 – 9 O 327/10; ZMR 2011, 902; LG Saarbrücken, v. 4.7.2014 – 5 S 107/13, MietRB 2014, 240; IMR 2014, 338. 485 BGH v. 11.12.2016 – V ZR 180/14, MDR 2016, 642 = MietRB 2016, 136 = ZMR 2016, 379. 486 LG München I v. 9.12.2013 – 1 T25152/13, ZMR 2014, 396. 487 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, MDR 2015, 16 = MietRB 2015, 17 = MietRB 2015, 18 = ZMR 2015, 241 (243 f.); LG München I v. 7.11.2013 – 36 S 16560/12, ZMR 2014, 398. 488 OLG Koblenz v. 25.6.2014 – 5 U 1518/13, ZMR 2015, 326 f. 489 KG v. 28.1.2010 – 24 W 43/09, MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 141 = ZMR 2010, 467; OLG Stuttgart v. 5.8.2010 – 7 U 82/10, MietRB 2011, 49 = ZWE 2010, 425; ebenso Abramenko, Das neue

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X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 136a § 10

schluss der Wohnungseigentümer.490 Dies betrifft jeden Schädiger. Der Verband kann etwaige Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung des Gemeinschaftseigentums gegen Wohnungseigentümer, ausgeschiedene Wohnungseigentümer491 und gegen Dritte geltend machen. Sofern sie sich gegen den Mieter eines Sondereigentümers wendet, gilt die mietrechtliche sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB weder unmittelbar noch analog.492 Eine Ausnahme gilt, wenn die Schadensersatzansprüche mit Beseitigungsansprüchen konkurrieren.493 bb) Beschlussfassung über das „Ob“ der Anspruchsverfolgung und die Ermächtigung des Verwalters Ein Beschluss ist allerdings zu der Frage erforderlich, ob der Verband die Ansprüche aktiv ver- 135 folgen soll. Dies ist die Konsequenz aus § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7, wonach sonstige Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, somit auch aktive Prozesse, der Ermächtigung des Verwalters durch Beschluss oder Vereinbarung bedürfen. Ohne eine solche Ermächtigung kann der Verband, vertreten durch den Verwalter, also nicht handeln und kostenauslösende Maßnahmen ergreifen. Dies gilt für die rechtswirksame Verteidigung in einem Passivprozess nicht, wie aus § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 folgt. Es ist die Pflicht des Verwalters, gegen den Verband gerichtete Ansprüche abzuwenden, und zwar mit allen in Betracht kommenden Gegenrechten einschließlich der Aufrechnung. Andernfalls wäre die Verteidigungsmöglichkeit für den Verband eingeschränkt. cc) Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter Bei Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter ist zu differenzieren. Sie sind von der Ei- 136 gentümergemeinschaft in eigenem Namen geltend zu machen, wenn die Schäden im Verwaltungsvermögen aufgetreten sind (etwa bei unberechtigten Auszahlungen). Denn dann handelt es sich um ein eigenes Recht des teilrechtsfähigen Verbandes. Hingegen hat der teilrechtsfähige Verband Schäden im Gemeinschaftseigentum gemäß § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1 als gesetzlicher Verfahrensstandschafter der Wohnungseigentümer geltend zu machen, wenn das Gemeinschafteigentum (etwa durch unterlassene Begehungen) betroffen ist. Dies gilt auch dann, wenn der Vermögensverlust in die Jahresabrechnung eingestellt wurde und von den Wohnungseigentümern durch Beitragszahlungen kompensiert wurde.494 Schäden, die etwa infolge unzureichender Sorge für das Gemeinschaftseigentum im Sondereigentum und somit beim einzelnen Wohnungseigentümer entstehen, muss dieser direkt gegen den Verwalter richten. Eine Vergemeinschaftung wäre mangels Beschlusskompetenz für das Sondereigentum nichtig. dd) Rechtsverfolgungskosten Noch keine eindeutige Linie zeichnet sich bei der Geltendmachung von Schadensersatzan- 136a sprüchen gegen den Verwalter etwa wegen ungenügender Beschlussvorlagen ab. Kraft Gesetzes kann die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband nur den Ersatz solcher Schäden geltend machen, die in ihrem eigenen Vermögen entstehen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft könnte wegen der Verfahrenskosten kraft Gesetzes jedenfalls dann Anspruchsinha-

490 491 492 493 494

WEG, § 6 Rz. 21; a.A. Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 180; Lehmann-Richter, ZWE 2006, 413 f. A.A. Briesemeister, WEG-Reform, S. 9. LG Dortmund v. 10.3.2011 – 11 S 148/10, ZMR 2011, 658. BGH v. 29.6.2011 – VIII ZR 349/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 320 = ZWE 2011, 357 = ZMR 2011, 968; a.A. noch OLG Stuttgart v. 5.8.2010 – 7 U 82/10, MietRB 2011, 49 = ZMR 2011, 152. BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17, MDR 2019, 284 = NJW 2019, 1216; vgl. o. Rz. 110a. KG v. 28.1.2010 – 24 W 43/09, MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 141 = ZMR 2010, 467.

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§ 10 Rz. 136a | Allgemeine Grundsätze berin sein, wenn die Kosten eines Verfahrens nach § 43 Nr. 4 WEG nach Rechtsprechung des BGH aus dem Verbandsvermögen vorfinanziert werden, die Umlage auf die verklagten Wohnungseigentümer in der nächsten Jahresabrechnung495 etwa mangels Zahlungsfähigkeit einiger Miteigentümer aber nicht mehr möglich ist. Diesen Schaden des Verbandes könnte die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst, ohne Vergemeinschaftung geltend machen.496 Fraglich erscheint, ob auch die Vergemeinschaftung von Schadensersatzansprüchen der einzelnen Wohnungseigentümer wegen ihrer Verfahrenskosten möglich ist. Dies wird in der Instanzrechtsprechung verschiedentlich bejaht,497 erscheint nach der Rechtsprechung des BGH aber zweifelhaft. Zwar räumte er den Wohnungseigentümern zunächst sogar ein Zugriffsermessen auf solche Pflichten zu, die weder alle Wohnungseigentümer noch das Gemeinschaftseigentum betreffen. So billigte er die Vergemeinschaftung im Zusammenhang mit Rauchwarnmeldern, obwohl er ihre Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum ausdrücklich offen ließ und gleichgerichtete Pflichten aller Wohnungseigentümer verneinte.498 Jüngst lehnte er dagegen die Vergemeinschaftung von Ansprüchen aus § 10 Abs. 2 S. 3 WEG gerade deswegen ab, weil sie das Gemeinschaftseigentum nicht berührten und zudem individuelle Mitgliedschaftsrechte der Wohnungseigentümer beträfen.499 Nach letztgenannter Entscheidung käme eine Vergemeinschaftung der Schadensersatzansprüche wegen Verfahrenskosten nicht Betracht, da diese eben nicht das Gemeinschaftseigentum und darüber hinaus individuelle Ansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer betreffen. Das Interesse der Beklagten, eine Vielzahl von Verfahren zu vermeiden, dürfte keine entscheidende Rolle spielen,500 da diese auch bei Ansprüchen aus § 10 Abs. 2 S. 3 WEG drohen. Zudem schafft hier die Beiladung wegen der Rechtskrafterstreckung nach § 48 Abs. 3 WEG Rechtsfrieden. Eine restriktivere Handhabung der Vergemeinschaftung erschiene gerade bei solchen Ansprüchen auch nachvollziehbar.501 Denn die Geltendmachung solcher noch nicht einmal aus dem Gemeinschaftseigentum resultierender Individualansprüche dürfte gerade im Hinblick auf den Rechtsverlust bei mangelhafter Prozessführung, die wiederum Schadensersatzansprüche gegen den Verband auslösen kann, bei dem einzelnen Wohnungseigentümer besser aufgehoben. j) Steuerrecht 137 Im Zusammenhang mit der Vermietung von Gemeinschaftseigentum kann der teilrechtsfähi-

ge Verband selbst umsatzsteuerpflichtig werden. Für finanzgerichtliche Verfahren, die das Objekt und die steuerrechtliche Zuordnung von Baukosten betreffen, ist der Verband dagegen nicht klagebefugt.502 k) Verkehrssicherungspflichten 138 Gehen vom Gemeinschaftseigentum, welches im Bruchteilseigentum der Wohnungseigen-

tümer steht, Gefahren aus, war ebenfalls fraglich, wer für die Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten verantwortlich und damit ggf. schadensersatzpflichtig war. Wurde darauf abgestellt, wem die Gemeinschaftsanlagen gehören, war die Verkehrssicherungspflicht den

495 Hierzu s. BGH v. 17.10.2014 – V ZR 26/14; ZMR 2015, 244. 496 Ähnlich LG Dortmund v. 18.5.2018 – 17 S 116/17, ZMR 2018, 784; weitergehend LG Berlin v. 22.6.2018 – 85 S 23/17, ZMR 2018, 843. 497 LG Berlin v. 22.6.2018 – 85 S 23/17, ZMR 2018, 843; LG Dortmund v. 18.5.2018 – 17 S 116/17, ZMR 2018, 784. 498 BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, ZMR 2013, 642. 499 BGHv. 13.10.2017 – V ZR 305/16; ZMR 2018, 242. 500 Hierauf stellt LG Dortmund v. 18.5.2018 – 17 S 116/17, ZMR 2018, 784 (786) ab. 501 Vgl. Abramenko, ZMR 2013, 446 f. 502 BFH v. 25.6.2009 – IX R 56/08, NJW-Spezial 2010, 65.

240 | Abramenko

X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 140 § 10

Wohnungseigentümern zuzuordnen. Dennoch war das OLG München503 der Auffassung, dass Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten gegen die Gemeinschaft zu richten seien, da diese für die Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten zuständig sei.504 Da Abs. 6 Satz 3 nunmehr bestimmt, dass die gemeinschaftsbezogenen Pflichten von der Eigentümergemeinschaft wahrgenommen werden, folgt hieraus, dass die Eigentümergemeinschaft selbst für die Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten verantwortlich ist.505 Dies entspricht der h.M.506 Im Ergebnis bleibt es ohne Einfluss, ob dies eine originäre Pflicht des Verbands ist oder ob der Verband auf Grund einer geborenen Wahrnehmungsbefugnis zur Erfüllung dieser Pflicht handelt.507 Die Wohnungseigentümergemeinschaft muss aber nur dort tätig werden, wo eine Gefahrenquelle ersichtlich ist.508 Verletzt die Eigentümergemeinschaft diese Verpflichtung, können die Schadensersatzansprü- 139 che gegen den Verband gerichtet werden, wobei der einzelne Wohnungseigentümer ebenfalls quotal haftet.509 Dies ist auch deshalb konsequent, weil der rechtsfähige Verband die Verträge im Außenverhältnis abschließt und daher Vertragspartner einer etwa delegierten Räum- und Streupflicht oder einer Wartung des Daches ist. Bei einer Schlechtleistung des beauftragten Unternehmers stehen die vertraglichen Schadensersatzansprüche auch der Eigentümergemeinschaft als Verband zu.510 Neben der Haftung der Eigentümergemeinschaft kommt aber u.U. eine Haftung des Verwalters selbst in Betracht, da dieser mit der Wahrnehmung der Pflichten von der Gemeinschaft beauftragt wird.511 l) Verwaltungsrecht Im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Nachbarklage ist bei einer Rechtsverletzung hinsicht- 140 lich des Grundstücks und des sonstigen Gemeinschaftseigentums nach richtiger Auffassung wie im Zivilrecht jeder einzelne Wohnungseigentümer, nicht die Gemeinschaft klagebefugt.512 Auch Klagen gegen einen Bebauungsplan kann der Verband der Wohnungseigentümer erheben.513 Die Eigentümergemeinschaft ist auch antragsbefugt in einem Normenkontrollverfahren.514 Sie kann sich gegen Bebauungspläne wenden. Ebenso kann sie eigene Bauanträge stellen, wenn das Gemeinschaftseigentum genehmigungspflichtig verändert werden soll. Das Gemeinschaftseigentum wird zwar von den Wohnungseigentümern gehalten. Die Ausübung der damit verbundenen Rechte wird aber auch insoweit vom Verband wahrgenommen. Gleiches gilt umgekehrt für die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Pflichten im Gemeinschafts503 OLG München v. 24.10.2005 – 34 Wx 82/05, NZM 2006, 110 m. Anm. Demharter, ZWE 2006, 44. 504 Ebenso Fritsch, ZWE 2005, 384 (386). 505 AG Hamburg-Wandsbek v. 4.9.2012 – 716b C 53/12, ZWE 2013, 128; Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 271; differenzierend Wenzel, ZWE 2009, 57. 506 LG Karlsruhe v. 30.6.2015 – 11 S 109/14, ZMR 2016, 59 f.;AG München v. 31.3.2014 – 424 C 29442/13, MietRB 2014, 302 = ZMR 2014, 834; AG Reutlingen v. 24.11.2016 – 9 C 1425/15, ZMR 2017, 275; Wenzel, ZWE 2009, 57; Schmid, ZWE 2009, 295; Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 271; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 87; Dötsch in Timme, § 10 WEG Rz. 471. 507 So die auf Wenzel, ZWE 2009, 57 zurückzuführende Differenzierung. 508 AG Reutlingen v. 24.11.2016 – 9 C 1425/15, ZMR 2017, 275. 509 OLG München v. 24.10.2005 – 34 Wx 82/05, NZM 2006, 110. 510 Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 53. 511 Vgl. auch BGH v. 23.3.1993 – VI ZR 176/92, MDR 1994, 45 = NJW 1993, 1782 (für das sturmbedingte Herabfallen von Dachteilen). 512 VGH Baden-Württembergv. 13.7.2017 – 5 S 2602/15, ZMR 2018, 387; a. A. BayVerwGH v. 24.11.2016 – 1 CS 16.2011, ZMR 2017, 857. 513 VGH Baden-Württemberg v. 13.7.2017 – 5 S 2602/15, ZMR 2018, 387; a. A. VG Ansbach v. 24.4.2013 – AN 9 K 11.02457, ZWE 2013, 471. 514 OVG Berlin-Brandenburg v. 7.8.2009 – 10 A 6/07, ZMR 2010, 491.

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§ 10 Rz. 140 | Allgemeine Grundsätze eigentum. Hier ist die Wohnungseigentümergemeinschaft der richtige Adressat von Verwaltungsakten.515

7. Ansprüche gegen den Veräußerer von Wohnungseigentum a) Bedeutung 141 Von besonderer Relevanz ist die korrekte Behandlung der Ausübungsbefugnis des teilrechts-

fähigen Verbandes im Hinblick auf Gewährleistungsansprüche gegen den Bauträger. Dies ergibt sich schon aus der wirtschaftlichen Bedeutung, die Mängel des Gemeinschaftseigentums für Bauträger und Erwerber haben können, aber auch aus der Komplexität der juristischen Materie. Zunächst bedarf es einer korrekten sachenrechtlichen Zuordnung, die für die Möglichkeit der Vergemeinschaftung von entscheidender Bedeutung ist. Macht etwa die Gemeinschaft Ansprüche wegen Mängeln am Sondereigentum geltend, fehlt ihr stets die Ausübungsbefugnis, so dass ein Prozessverlust und darüber hinaus die Verjährung der Ansprüche droht. Darüber hinaus sind u.U. bei derselben Baulichkeit verschiedene Vertragstypen anzuwenden, so dass für die Erwerber unterschiedliche Gewährleistungsregelungen gelten. b) Mängelansprüche am Sondereigentum 142 Wegen Mängeln am Sondereigentum ist, unabhängig, ob der Erwerb ein Werk- oder ein Kauf-

vertrag zugrunde liegt, stets nur der jeweils betroffene Eigentümer ausübungsbefugt.516 Hier fehlt die Gemeinschaftsbezogenheit, weshalb die Gemeinschaft keine Rechte an sich ziehen kann. Ein diesbezüglicher Beschluss wäre nichtig, was auch das Prozessgericht zu berücksichtigen hätte. Der Eigentümer kann allerdings die Eigentümergemeinschaft in gewillkürter Prozessstandschaft bevollmächtigen, die Ansprüche geltend zu machen, wenn die Mängel in einem engen rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Gemeinschaftseigentum stehen.517 c) Werk- oder Kaufvertrag 143 Für die Vergemeinschaftung von Ansprüchen wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums

kann es entscheidend darauf ankommen, ob der Erwerbsvertrag als Werk- oder als Kaufvertrag anzusehen ist. Im Werkvertragsrecht treffen den Veräußerer nämlich die Pflicht zur mangelfreien Herstellung des Gemeinschaftseigentums bzw. bei Mängeln die diesbezüglichen Gewährleistungsansprüche, die im Kaufrecht abbedungen werden können. Grundsätzlich richten sich die Ansprüche der Erwerber bei Mängeln neu errichteter Häuser oder Wohnungen nach Werkvertragsrecht.518 Dies kann auch dann noch der Fall sein, wenn die Erwerbsverträge erst zwei Jahre nach Errichtung der Baulichkeiten geschlossen wurden.519 Anderes kann gelten, wenn zwischen Errichtung und Verkauf ein längerer Zeitraum liegt. Jedenfalls Eigentumswohnungen, die der Bauträger zunächst vermietet und erst drei Jahre nach ihrer Errichtung veräußert, sind nicht mehr als neu zu qualifizieren, so dass vom Verkauf einer ge-

515 VG Würzburg v. 25.11.2015-W 6 K 14.324, ZMR 2016, 241 (244 f.) zu Rohrinnensanierungen (§§ 6 Abs. 3; 17 Abs. 1, 2 TrinkwVO). 516 LG Waldshut-Tiengen v. 8.9.2017 – 2 O 129/16, ZMR 2018, 78; a. A., aber abwegig, KG v. 21.11.2016 – 20 U 109/14, ZMR 2017, 495. 517 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NotBZ 2007, 204 = MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952. 518 S. etwa BGH v. 9.1.2003 – VII ZR 408/01, MDR 2003, 386 = BauR 2003, 535. 519 S. zuletzt BGH v. 25.2.2016 – VII ZR 49/15, MDR 2016, 515.

242 | Abramenko

X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 144 § 10

brauchten Wohnung auszugehen ist. Dann ist den Verträgen im Regelfall keine Errichtungsverpflichtung mehr zu entnehmen.520 d) Werkvertragliche Mängelansprüche am Gemeinschaftseigentum gegen den Bauträger aa) Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft bei kleinem Schadensersatz und Minderung Hinsichtlich der Gewährleistungsrechte gegen den das Objekt errichtenden Bauträger obliegt 144 es der Eigentümergemeinschaft, die Rechte auf kleinen Schadensersatz oder auf Minderung geltend zu machen. Den Wohnungseigentümern fehlt insoweit von vornherein die Kompetenz, diese Rechte persönlich durchzusetzen, es sei denn, der Mangel wirkt sich ausschließlich auf das Sondereigentum des einzelnen Wohnungseigentümers aus.521 Der Erwerber kann die Ansprüche auf Zahlung an die Gemeinschaft mangels Gegenseitigkeit auch nicht gegen die an ihn gerichteten Vergütungsansprüche des Bauträgers aufrechnen.522 Die Zuordnung des kleinen Schadensersatzanspruchs und der Minderung hinsichtlich Mängel am Gemeinschaftseigentum zur rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft ist erforderlich, um den Veräußerer bzw. Ersteller des Gebäudes vor einer doppelten Inanspruchnahme zu schützen. Der Anspruch auf Mängelbeseitigung selbst, also auf Nacherfüllung, liegt weiterhin bei dem einzelnen Wohnungseigentümer,523 ebenso die Ansprüche auf Rücktritt vom Vertrag und auf großen Schadensersatz.524 Er kann aber nach einem Beschluss, der die Ausübung dieser Rechte auf den teilrechtsfähigen Verband überträgt, nicht mehr unter Fristsetzung zur Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum auffordern, wenn die Ausübung der Gewährleistungsrechte den Interessen der Gemeinschaft widerspricht.525 Entspricht sie ihrem Interesse, wirkt eine vor diesem Zeitpunkt von einem einzelnen Wohnungseigentümer gesetzte Frist auch zugunsten des teilrechtsfähigen Verbandes fort.526 Aufgrund der Unteilbarkeit der Leistung sind die Wohnungseigentümer/Erwerber Mitgläubiger i.S.d. § 432 Abs. 1 BGB und nicht Gesamtgläubiger nach § 428 BGB.527 Auch die Rechte auf Selbstvornahme und auf Zahlung eines Kostenvorschusses liegen bei jedem Erwerber.528 Haben die einzelnen Wohnungseigentümer solchermaßen einen Teil des Kaufpreises zurückbehalten, der die Kosten der Mangelbeseitigung deutlich übersteigt, kann der teilrechtsfähige Verband nicht zusätzlich einen Kostenvorschuss verlangen.529 Es genügt, wenn die Mängelbeseitigungsansprüche noch einem Eigentümer unverjährt zustehen.530 Allerdings muss der klagende Wohnungseigentümer Zahlung des Vorschusses an die Eigentümergemeinschaft beantragen, wenn es sich um Mängel im Gemeinschaftseigentum handelt, damit die Einheitlichkeit der Mängelbeseitigungsmaßnahme gewährleistet wird.531 Macht die Eigentümergemeinschaft von ihrem Gestaltungsrecht Gebrauch und erklärt, Minderung oder kleinen Schadensersatz geltend machen zu

520 BGH v. 25.2.2016 – VII ZR 156/13, MDR 2016, 706 = ZMR 2016, 474. 521 Vgl. hierzu BGH v. 15.2.1990 – VII ZR 269/88, MDR 1990, 617 = NJW 1990, 1662. 522 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 50/06, NotBZ 2007, 208 = MDR 2007, 830 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1957. 523 OLG Stuttgart v. 31.3.2015 – 10 U 46/14, ZMR 2015, 733; vgl. hierzu auch umfassend Suilmann in Bärmann, Anh. § 10 WEG Rz. 19 ff. 524 Allg. Meinung, s. u.a. OLG Köln v. 23.10.2013 – 11 U 109/13, MietRB 2014, 45 = ZWE 2014, 26. 525 BGH v. 6.3.2014 – VII ZR 266/13, MDR 2014, 519 = MietRB 2014, 141 = ZMR 2014, 564. 526 OLG Hamm v. 15.3.2011 – I – 19 W 38/10, ZWE 2011, 225. 527 Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 185; Gaier, NZM 2003, 90 (92). 528 BGH v. 21.7.2005 – VII ZR 304/03, MDR 2005, 1343 = NZM 2005, 792. 529 LG Bonn v. 20.5.2014 – 7 O 351/13, MietRB 2015, 213 = ZMR 2014, 902. 530 OLG München v. 3.7.2012 – 13 U 2506/11, ZMR 2013, 53. 531 OLG Düsseldorf v. 6.1.2010 – I – 21 U 104/09, ZWE 2010, 336.

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§ 10 Rz. 144 | Allgemeine Grundsätze wollen, erlöschen die Erfüllungsansprüche. Der Beschluss bindet auch den überstimmten Erwerber.532 Aus dieser Bindung folgt auch, dass ein außergerichtlicher Vergleich des Verbands mit dem Bauträger für und gegen den einzelnen Wohnungseigentümer wirkt.533 bb) Individuelle Ausübungsbefugnis des Erwerbers bei Rücktritt oder großem Schadensersatzanspruch 145 Der Erwerber kann sich auch durch Rücktritt oder Geltendmachung des großen Schadens-

ersatzanspruchs (§§ 634, 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 Satz 3 BGB) vom Vertrag lösen,534 nicht jedoch, wenn sich die Mängel nur bei anderen Sondereigentümern auswirken. Dann kann die Geltendmachung des großen Schadensersatzanspruchs rechtsmissbräuchlich sein.535 Das Recht auf Mangelbeseitigung kann der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Beschluss der Wohnungseigentümer übertragen werden.536 Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann auch die Rechte der Eigentümer auf Zahlung eines Vorschusses zur Mängelbeseitigung gegen den Bauträger nur geltend machen, wenn sie die Ausübung dieser Rechte durch Beschluss an sich gezogen hat.537 Dann genügt es allerdings, dass der Anspruch nur einem Wohnungseigentümer zusteht.538 Dies ist auch für Ansprüche wegen Mängeln des Sondereigentums möglich, was dann aber die Zustimmung des einzelnen Wohnungseigentümers voraussetzt.539 Der Beschluss zur Vergemeinschaftung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum muss erkennen lassen, welche Mängelrechte erfasst sind.540 Er muss die Vollmacht für den Verwalter umfassen, die Ansprüche für den Verband ggf. auch gerichtlich durchzusetzen. Dies kann in einem Beschluss zusammengefasst werden. Für zwei separate Beschlüsse besteht keine Notwendigkeit.541 Zieht der Verband diese durch Mehrheitsbeschluss an sich, kann der einzelne Wohnungseigentümer nur noch insoweit tätig werden, als seine Handlungen hiermit nicht kollidieren. Verhandlungen des Verbandes mit dem Bauträger hemmen auch die Verjährung der Ansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers.542 Bei einer Mehrhausanlage liegt die Beschlusskompetenz grundsätzlich bei allen Wohnungseigentümern, da die Übertragung der Gewährleistungsansprüche auf den Verband insgesamt in Betracht kommt. Die einzelnen Untergemeinschaften sind nicht rechtsfähig.543

532 Suilmann in Bärmann, Anh. § 10 WEG Rz. 42. 533 OLG Köln v. 23.10.2013 – 11 U 109/13, MietRB 2014, 45 = ZWE 2014, 26. 534 BGH v. 23.2.2006 – VII ZR 84/05, NotBZ 2006, 166 = MietRB 2006, 241 = NJW 2006, 2254; LG München I v. 7.4.2016 – 36 S 17586/15, ZMR 2016, 991 (993). 535 OLG Stuttgart v. 3.8.2010 – 10 U 26/10, MietRB 2010, 364 = ZMR 2011, 150. 536 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NotBZ 2007, 204 = MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = BauR 2007, 1221; s.a. Wenzel, ZWE 2006, 462 (468). 537 LG Karlsruhe v. 20.7.2018 – 6 O 320/17; IMR 2018, 397. 538 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 80/09, MDR 2010, 433 = MietRB 2010, 113 = NJW 2010, 933 = ZWE 2010, 133. 539 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NotBZ 2007, 204 = MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = BauR 2007, 1221 = NJW 2007, 1952. 540 OLG Dresden v. 31.3.2010 – 1 U 1446/09, MietRB 2010, 203; LG Köln v. 13.12.2012 – 29 S 47/12, MietRB 2013, 213 = ZWE 2013, 263. 541 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, MDR 2015, 1057 = MietRB 2015, 300 = ZMR 2015, 947 = ZWE 2015, 402; a.A. OLG München v. 3.7.2012 – 13 U 2506/11, ZWE 2012, 380, ohne dass eine Begründung für diesen Formalismus gegeben würde. 542 BGH v. 19.8.2010 – VII ZR 113/09, MDR 2010, 1247 = MietRB 2010, 297 = MietRB 2010, 298 = ZWE 2010, 404 = NZM 2010, 745. 543 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 80/09, MDR 2010, 433 = MietRB 2010, 113 = NJW 2010, 933 = ZWE 2010, 133; LG Köln v. 13.12.2012 – 29 S 47/12, MietRB 2013, 213 = ZWE 2013, 263; vgl. u. Rz. 175 ff.

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X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 146 § 10

cc) Abnahme und Verjährung der Gewährleistungsansprüche für das Gemeinschaftseigentum Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche beginnt mit der Abnahme des Gemeinschafts- 146 eigentums zu laufen. Damit gewinnt sie für den Bauträger gerade dann, wenn sich der Verkauf über längere Zeit hinzieht, zentrale Bedeutung. Denn der teilrechtsfähige Verband kann noch Gewährleistungsansprüche des letzten Erwerbers, die nicht verjährt sind, an sich ziehen. Die daraus resultierende Verzögerung des Verjährungsbeginns und die damit einhergehende zeitlich unbegrenzte Gewährleistung versuchte die Kautelarpraxis dadurch zu vermeiden, dass sie alle Erwerber an eine Abnahme zu binden suchte, auch wenn sie noch vor Übergabe ihrer Wohnung stattfand. Diese Praxis kann nach der Rechtsprechung des BGH jedenfalls in Formularverträgen keinen Bestand mehr haben. Zunächst erklärte der BGH die Klausel für unwirksam, nach der ein vom Bauträger bestimmter Erstverwalter das Gemeinschaftseigentum abnimmt.544 Die obergerichtliche Rechtsprechung ging teilweise noch darüber hinaus und hielt auch die Abnahme durch einen vom Bauträger bestimmten Sachverständigen wegen Verstoßes gegen § 307 BGB für unwirksam.545 Damit kommt nur noch eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer oder eine von ihnen bestimmte Person in Betracht. Auch an eine solche Abnahme können Nachzügler aber nicht gebunden werden. Denn damit wird der Lauf der Verjährung auf eine Zeit vor Erwerb oder Übergabe an die Erwerber vorverlagert und somit die Verjährungsfrist mittelbar verkürzt, was nach § 309 Nr. 8 b) ff) BGB unwirksam ist.546 Der Bauträger kann in diesem Fall noch nicht einmal geltend machen, dass dann noch gar keine Abnahme durch die Erwerber erfolgte und somit nur Nacherfüllungsansprüche, aber keine Gewährleistungsansprüche bestehen. Denn als Verwender des Klauselwerks darf er sich nicht auf die Unwirksamkeit der von ihm gestellten AGB berufen.547 In der Folge verneinte der BGH sogar bei ausdrücklicher Regelung in der Teilungserklärung die Möglichkeit einer Abnahme durch Mehrheitsbeschluss, da den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz hierfür fehle.548 Erst recht sind Klauseln in Erwerbsverträgen nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wonach der Verwalter das Gemeinschaftseigentum abnehmen kann.549 Im Ergebnis wird eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums nach Werkvertragsrecht überhaupt erst nach Veräußerung aller Einheiten möglich. Ein Ausweg für den Bauträger liegt möglicherweise in der Rechtsprechung des V. Zivilsenats. Danach kann der teilrechtsfähige Verband jedenfalls dann keine Gewährleistungsansprüche der einzelnen Erwerber an sich ziehen, wenn sich der Erwerb nach Kaufrecht richtet und eine gebrauchte Wohnung unter Gewährleistungsausschluss veräußert wird.550 Da dies schon bei Wohnungen möglich ist, die nicht innerhalb der ersten drei Jahre nach Errichtung veräußert werden (s. Rz. 143), kann der der Bauträger die verbliebenen Wohnungen solchermaßen unter Ausschluss jeder Gewährleistung verkaufen. Dann müssen die Erwerber, die nach Werkvertragsrecht erworben haben, die mit ihnen durchgeführte Abnahme gegen sich gelten lassen. Für die später unter Gewährleistungsausschluss verkauften Gebrauchtwohnungen existieren aber eben keine Gewährleistungsansprüche des Käufers mehr, die der teilrechtsfähige Verband

544 BGH v. 12.9.2013 – VII ZR 308/12, NotBZ 2013, 467 = MDR 2013, 1336 = NotBZ 2014, 107 = MietRB 2013, 328 = ZMR 2014, 48; ebenso schon OLG Frankfurt am Main v. 30.9.2013 – 1 U 18/ 12, MietRB 2014, 80. 545 OLG Frankfurt am Main v. 30.9.2013 – 1 U 18/12, MietRB 2014, 80; a. A. OLG Koblenz v. 8.4.2013 – 2 U 1123/12, NotBZ 2014, 302 = ZMR 2013, 912. 546 BGH v. 25.2.2016 – VII ZR 49/15, MDR 2016, 515 Rz. 37. 547 BGH v. 25.2.2016 – VII ZR 49/15, MDR 2016, 515 Rz. 41 ff. 548 BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15, MDR 2016, 762 = MietRB 2016, 233 = ZMR 2016, 711; LG München I v. 7.4.2016 – 36 S 17586/15, ZMR 2016, 991. 549 BGH v. 30.6.2016 – VII ZR 188/13, ZMR 2016, 790. 550 BGH v. 24.7.2015 – V ZR 167/14, MDR 2015, 1055 = NotBZ 2016, 30 = MietRB 2015, 297 = ZMR 2015, 951.

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§ 10 Rz. 146 | Allgemeine Grundsätze nach Rechtsprechung nach § 10 Abs. 6 S. 3 WEG geltend machen könnte. Die drohende Verjährung von Mängelansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft kann nach den allgemeinen Grundsätzen, insbesondere durch Erhebung einer Klage oder durch Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens verhindert werden. Dabei wird die Verjährung auch dann gehemmt, wenn ein Beweissicherungsverfahren durch einen Wohnungseigentümer in Prozessstandschaft eingeleitet wurde. dd) Prozessuale Probleme 147 Die Wohnungseigentümergemeinschaft wird im Prozess üblicherweise von dem Verwalter

vertreten, wofür es aber einer Ermächtigung nach § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG bedarf, da das Gesetz keine gesetzliche Vertretungsbefugnis des Verwalters für Aktivprozesse des teilrechtsfähigen Verbandes normiert. Er kann bei diesen Streitigkeiten entgegen bisweilen vertretener Auffassung aber nicht durch eine Verwalterin vertreten werden, die mit der beklagten Bauträgerin identisch ist.551 Auch wenn man darin keinen unzulässigen In-Sich-Prozess sehen will, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft als Klägerin und die Bauträgerin bzw. Verwalterin als Beklagte nicht identisch sind,552 stellt sich die Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft überhaupt gemäß § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO „nach Vorschrift der Gesetze vertreten“ ist, wenn ihre Vertreterin, die für sie handelt, mit der Beklagten identisch ist. Allenfalls könnte man hier mit der Bestandskraft des Beschlusses argumentieren, mit dem die Verwalterin auf diesem Wege zur Prozessführung bevollmächtigt wurde. Da hierfür zweifelsfrei eine Beschlusskompetenz besteht, widerspricht der Beschluss nur ordnungsmäßiger Verwaltung. Dies muss aber im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG geltend gemacht werden. e) Kaufvertragliche Mängelansprüche am Gemeinschaftseigentum gegen den Bauträger aa) Möglichkeit der gemeinschaftlichen Geltendmachung bei kaufvertraglichen Errichtungsansprüchen 148 Der teilrechtsfähige Verband kann nicht nur werkvertragliche Erfüllungs- oder Nacherfül-

lungsansprüche, sondern auch kaufvertragliche Nacherfüllungsansprüche an sich ziehen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist dann aus §§ 21 Abs. 1, 5 Nr. 2, 10 Abs. 6 S. 3 WEG befugt, kaufvertragliche Nacherfüllungsansprüche der Erwerber aus §§ 437 Nr. 1, 439 BGB geltend zu machen.553 Dies dürfte allerdings die Ausnahme sein, da die kaufvertraglichen Ansprüche ebenso wie die werkvertraglichen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche auf Beseitigung der Mängel am Gemeinschaftseigentum gerichtet sein müssen. Dies wird nur bei einer atypischen Vertragsgestaltung der Fall sein. Denn die Veräußerung einer Eigentumswohnung ist nur dann als Verkauf anzusehen, wenn sie nicht mehr als neu anzusehen ist; ansonsten unterfällt sie Werkvertragsrecht. Bei gebrauchten Wohnungen wird aber üblicherweise ein Gewährleistungsausschluss vereinbart. bb) Folgen der Vergemeinschaftung 149 Sind ausnahmsweise kaufvertragliche Nacherfüllungsansprüche gegeben, herrscht selbst in-

nerhalb des BGH Unklarheit darüber, ob der Käufer kraft Gesetzes einen „vollen“ Anspruch auf Beseitigung aller Mängel am Gemeinschaftseigentum554 oder nur einen quotalen Aus-

551 552 553 554

So aber OLG Stuttgart v. 31.3.2015 – 10 U 46/14; MietRB 2015, 208. So OLG Stuttgart v. 31.3.2015 – 10 U 46/14; MietRB 2015, 208. BGH v. 25.2.2016 – VII ZR 156/13, MDR 2016, 706 = ZMR 2016, 474. Dies erwägt BGH v. 25.2.2016 – VII ZR 156/13, MDR 2016, 706 = ZMR 2016, 474.

246 | Abramenko

X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 151 § 10

gleichsanspruch in Höhe seines Miteigentumsanteils hat.555 Nimmt man letzteres an, führt die Vergemeinschaftung dazu, dass auch der teilrechtsfähige Verband nur die Quote des Erwerbers geltend machen kann. Für Verkäufer außerordentlich gefährlich ist natürlich der Umstand, dass der VII. Zivilsenat anders als der V. Zivilsenat einen „vollen“ Anspruch auf Beseitigung aller Mängel am Gemeinschaftseigentum für möglich hält. Besteht ein solcher Anspruch, muss der Verkäufer einer einzelnen Wohnung damit rechnen, für das gesamte Gemeinschaftseigentum in Anspruch genommen zu werden. Zur Vermeidung dieses untragbaren Ergebnisses muss die notarielle Praxis unbedingt darauf achten, einen umfassenden Gewährleistungsausschluss in jeden Kaufvertrag aufzunehmen. Auch ansonsten ist diese Rechtsprechung für Erwerber keineswegs nur rechtlich vorteilhaft. Selbst dann, wenn nur noch der letzte Erwerber Gewährleistungsansprüche geltend machen kann, droht eine „feindliche Übernahme“ durch den teilrechtsfähigen Verband. Der Erwerber ist also nicht in der Lage, eine Abfindung zu seinen eigenen Gunsten herauszuhandeln. Vielmehr kann die Eigentümerversammlung auch gegen seinen Willen eine Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen gegen den Verkäufer beschließen. cc) Ausschluss der Vergemeinschaftung bei Gewährleistungsausschluss Wird beim Kauf einer gebrauchten Wohnung, wie üblich, ein Gewährleistungsausschluss ver- 150 einbart, unterfällt der Anspruch des Käufers auf Minderung oder kleinen Schadensersatz wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums anders als beim Erwerb neuen Wohnungseigentum vom teilenden Eigentümer nicht der zwingenden („geborenen“) Zuständigkeit des teilrechtsfähigen Verbandes nach § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1 WEG.556 Denn beim Kauf einer gebrauchten Wohnung unter Gewährleistungsausschluss ist schon keine mangelfreie Herstellung des Gemeinschaftseigentum geschuldet. Zudem verteilt sich beim Kaufrecht der Minderwert des Gemeinschaftseigentums nach zutreffender Auffassung auf die Wohnungseigentümer nach ihrem Anteil am Gemeinschaftseigentum.557 In der Folge kann die Summe der einzelnen Schäden nicht höher sein als der am gemeinschaftlichen Eigentum insgesamt entstandene Minderwert. Deshalb droht ebenso wenig eine mehrfache Inanspruchnahme wie bei einem Rücktritt oder dem großen Schadensersatzanspruch nach Werkvertragsrecht.

8. Bauhandwerkersicherungshypothek Auch wenn die Eigentümergemeinschaft die Verträge mit Werkunternehmern schließt, kön- 151 nen die Handwerker gem. § 648 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen, dass ihnen eine Sicherungshypothek – in anteiliger Höhe der jeden Wohnungseigentümer persönlich gem. § 10 Abs. 8 Satz 1 treffenden Haftung – an sämtlichen Wohnungseigentumseinheiten eingeräumt wird. Zwar fallen in diesem Fall Eigentümer des belastenden Wohnungsgrundbuchs und Besteller der Leistung auseinander. Die fehlende rechtliche Identität überwindet aber der BGH558 durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Danach muss sich ein Eigentümer, auch wenn er selbst nicht Besteller der Leistung ist, wie ein solcher behandeln lassen, wenn „die Wirklichkeit des Lebens und die Macht der Tatsachen“ es gebieten. Der BGH hat in dem zitierten Fall für eine Personenhandelsgesellschaft darauf abgestellt, ob der Eigentümer den Besteller (nämlich die Gesellschaft) wirtschaftlich und rechtlich ganz überwiegend beherrscht und ob der

555 Hierfür BGH v. 24.7.2015 – V ZR 167/14, MDR 2015, 1055 = NotBZ 2016, 30 = MietRB 2015, 297; ZMR 2015, 951. 556 BGH v. 24.7.2015 – V ZR 145/14; ZMR 2015, 951. 557 BGH v. 24.7.2015 – V ZR 167/14, MDR 2015, 1055 = NotBZ 2016, 30 = MietRB 2015, 297; ZMR 2015, 952, 955 Rz. 20. 558 BGH v. 22.10.1987 – VII ZR 12/87, BGHZ 102, 95 = MDR 1988, 220 = NJW 1988, 255.

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§ 10 Rz. 151 | Allgemeine Grundsätze Eigentümer die Nutzungs- und Ausnutzungsmöglichkeit des Grundstücks innehat und von dieser Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch macht. Im Wohnungseigentumsrecht hat zwar der einzelne Wohnungseigentümer nicht eine solche beherrschende Stellung. Den Wohnungseigentümern insgesamt kommt diese Stellung aber zu. Auch ist zu berücksichtigen, dass das Gemeinschaftseigentum den Wohnungseigentümern und nicht dem Verband gehört. Daher kommen die Leistungen eines Werkunternehmers ausschließlich den Wohnungseigentümern zugute. Da die Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 8 WEG quotal im Außenverhältnis haften, hat der Gesetzgeber keine Bedenken, dass ein Werkunternehmer auch in dieser jeweiligen Höhe eine Bauhandwerkersicherungshypothek zu Lasten des einzelnen Wohnungseigentümers eintragen lassen kann.559

9. Abwicklung von Altverfahren a) Erkenntnisverfahren 152 In „Altverfahren“, die bereits vor der Entscheidung des BGH vom 2.6.2005 zu laufen begon-

nen haben, muss der Antrag auf die Eigentümergemeinschaft umgestellt werden, was nicht von Amts wegen durch eine Berichtigung des Rubrums erfolgen kann.560 Insb. kann der Prozess entgegen der Auffassung des OLG Celle561 nicht einfach gegen die bisherigen Kläger oder Beklagten fortgeführt werden. Ein Vertrauensschutz kann insoweit hinsichtlich bereits laufender Verfahren nicht angenommen werden.562 Eine Rubrumsberichtigung kommt nicht in Betracht.563 Ein Parteiwechsel ist unumgänglich.564 153 Außerhalb von Wohngeldangelegenheiten kommt eine Tätigkeit des Verbands in Betracht,

wenn ihm per Mehrheitsbeschluss die Ausübungsbefugnis übertragen wurde. In diesen Fällen kann das Rubrum nicht einfach berichtigt werden. Es kommt ein gewillkürter Parteiwechsel in Betracht, der in der Regel sachdienlich ist, so dass der Prozessgegner nicht zustimmen muss.565 b) Vollstreckungsrechtliche Besonderheiten/Alttitel 154 Grundsätzlich kann aus einem Vollstreckungstitel nur zugunsten des Gläubigers die Zwangs-

vollstreckung betrieben werden, der in diesem oder der den Titel ergänzenden Klausel als solcher genannt ist. Andersherum kann die Zwangsvollstreckung auch nur gegen den im Titel bzw. in der Klausel genannten Schuldner betrieben werden, § 750 Abs. 1 ZPO. Bis zur Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ergingen Titel für und gegen sämtliche zum Zeitpunkt der Titulierung vorhandenen Wohnungseigentümer, wenn eine Eigentümergemeinschaft auf Kläger- oder Beklagtenseite beteiligt war. Diese waren sodann auch Vollstreckungsgläubiger bzw. Vollstreckungsschuldner. Schieden einzelne Wohnungseigentümer zwischen Titulierung und Zwangsvollstreckung aus, änderte dies nichts an ihrer Eigenschaft als Vollstreckungsgläubiger oder -schuldner. 559 BT-Drucks. 16/887, 66; vgl. hierzu auch Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 222 f. 560 OLG Celle v. 25.4.2006 – 3 U 265/05, MietRB 2006, 192 = MietRB 2006, 194 = NZM 2006, 633; Abramenko, ZMR 2005, 749 (751); a.A. OLG München v. 13.7.2005 – 34 Wx 61/04, NZM 2005, 673; OLG Düsseldorf v. 29.11.2005 – 23 U 211/04, NZM 2006, 182. 561 OLG Celle v. 25.4.2006 – 3 U 265/05, MietRB 2006, 192 = MietRB 2006, 194 = NZM 2006, 633. 562 A.A. OLG Celle v. 25.4.2006 – 3 U 265/05, MietRB 2006, 192 = MietRB 2006, 194 = NZM 2006, 633. 563 OLG Brandenburg v. 29.3.2007 – 5 U 118/06, ZMR 2007, 876; OLG Celle v. 25.4.2006 – 3 U 265/ 05, NZM 2006, 633 = ZMR 2006, 540. 564 BGH v. 10.3.2011 – VII ZR 54/10, MietRB 2011, 180 f. = NZM 2011, 362 = ZWE 2011, 215. 565 Becker, MietRB 2007, 180 (183) m.w.N.

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X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 158 § 10

Die nach altem Recht ergangenen Titel behalten auch nach der Entscheidung des BGH vom 155 2.6.2005 bzw. der jetzigen Gesetzeslage ihre Gültigkeit. Aus ihnen können die dort genannten Gläubiger auch weiterhin die Zwangsvollstreckung gegen die genannten Schuldner betreiben. Der Gläubiger, der beispielsweise ein Urteil gegen sämtliche Wohnungseigentümer erstritten hat, kann aus diesem Titel auch weiter in das Privatvermögen der einzelnen Eigentümer vollstrecken, selbst wenn für die titulierte Schuld nach heutiger Auffassung die Eigentümergemeinschaft haften würde.566 Insb. kommt eine Umschreibung solcher Titel auf die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft nach § 727 ZPO (analog) nicht in Betracht.567 Auch eine Berichtigung gem. § 319 ZPO568 oder sonstige Klarstellung ohne Bezeichnung einer Rechtsgrundlage569 scheidet aus. Die Eigentümergemeinschaft ist nämlich weder die Rechtsnachfolgerin der Wohnungseigentümer, noch handelt es sich um das identische, wenn auch falsch bezeichnete Rechtssubjekt. Letzteres wäre für eine Berichtigung gem. § 319 ZPO aber zwingend notwendig. Da die Summe der Wohnungseigentümer durch die Rechtsfähigkeitsfeststellung der Eigentümergemeinschaft nicht untergegangen ist, ist aus einem Titel nicht ohne weiteres erkennbar, ob die teilrechtsfähige Gemeinschaft betroffen ist. Vielmehr steht die Eigentümergemeinschaft als eigene Rechtspersönlichkeit selbständig neben den Wohnungseigentümern. Deshalb darf aufgrund eines zugunsten der Wohnungseigentümer ergangenen Titels auch keine Zwangshypothek für die Eigentümergemeinschaft eingetragen werden.570 Die in den bisherigen Titeln aufgeführten Eigentümer sind auch weiterhin im Grundbuch einzutragen.571 Eine Vollstreckung aus einem „Alt“-Titel gegen sämtliche Wohnungseigentümer ist ebenfalls weiterhin möglich.572 Eine Vollstreckungsgegenklage der einzelnen Wohnungseigentümer hätte aufgrund der Teil- 156 rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft ebenfalls keinen Erfolg. Eine solche kann nämlich nie auf eine spätere Änderung der Rechtsprechung gestützt werden, nach der der geltend gemachte Anspruch nun nicht mehr tituliert worden wäre.573 Gleiches gilt bei Titeln auf künftige wiederkehrende Leistungen.574 Hinsichtlich neuer Eigentümer, welche nach Rechtskraft des Titels, in welchem die einzelnen 157 Wohnungseigentümer als Schuldner ausgewiesen sind, in die Eigentümergemeinschaft eintreten, kann eine titelerstreckende Klausel gem. § 727 ZPO erwirkt werden. Dies setzt aber voraus, dass sie die titulierte Schuld übernommen haben oder diese auf sonstige Weise übergegangen ist, z.B. im Wege der Erbfolge. Andernfalls fehlt es an der für die Titelerstreckung notwendigen Rechtsnachfolge.575 Ist ein Titel zugunsten der teilrechtsfähigen Eigentümergemeinschaft ergangen, berührt der 158 Eintritt neuer Eigentümer die Vollstreckbarkeit nicht, da ein solcher Eintritt auf die rechtliche Identität der Eigentümergemeinschaft keinen Einfluss hat. 566 BGH v. 12.12.2006 – I ZB 83/06, ZMR 2007, 286 = NZM 2007, 164 m. Anm. Drasdo; Abramenko, ZMR 2005, 749 (752). 567 BGH v. 12.12.2006 – I ZB 83/06, ZMR 2007, 286 = NZM 2007, 164; anders Böhringer, Rpfleger 2006, 53 (55). 568 BGH v. 12.12.2006 – I ZB 83/06, NZM 2007, 164 = ZMR 2007, 286; Abramenko, ZMR 2006, 409 (411); vgl. auch Elzer, ZMR 2005, 730 f. 569 OLG München v. 17.11.2005 – 32 Wx 77/05, NZM 2006, 106; vgl. auch LG Wuppertal v. 4.9.2006 – 6 T 516/06, NZM 2006, 872. 570 AG Neuss v. 24.11.2005 – Grundbuch von Üdesheim Blatt 5614, NZM 2006, 227; a.A. LG Hamburg v. 26.7.2005 – 321 T 16/05, Rpfleger 2006, 10. 571 AG Neuss v. 24.11.2005 – Grundbuch von Üdesheim Blatt 5614, NZM 2006, 227. 572 BGH v. 12.12.2006 – I ZB 83/06, NZM 2007, 164. 573 OLG Köln v. 7.8.1985 – 6 U 65/85, WM 1985, 1539. 574 OLG Koblenz v. 4.1.2007 – 11 WF 1200/06, NJW 2007, 1146; zur Ausnahme BGH v. 15.3.2006 – XII ZR 30/04, MDR 2006, 1235 = NJW 2006, 1654. 575 OLG Frankfurt v. 18.8.2005 – 20 W 210/03, NZM 2006, 117 (119).

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§ 10 Rz. 159 | Allgemeine Grundsätze

10. Das Verwaltungsvermögen, Abs. 7 a) Aktiv- und Passivvermögen 159 Das Verwaltungsvermögen steht der Eigentümergemeinschaft zu (vgl. schon o. Rz. 86 ff.). Ver-

einigen sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person, geht das Verwaltungsvermögen auf den Eigentümer des Grundstücks über, Abs. 7 Satz 4. Dabei kann die „Person“, auf die sich sämtliche Einheiten vereinigen, auch eine BGB-Gesellschaft sein.576 Nach einer Wiederveräußerung einer Einheit fällt es nicht an die erneut entstandene Gemeinschaft (s.o. Rz. 79). Die Zuordnung des Verwaltungsvermögens betrifft auch bereits vorhandenes Vermögen. Es handelt sich um die im Rahmen der Verwaltung aufgrund Gesetzes oder Rechtsgeschäfts erlangten Vermögenswerte (z.B. Wohngeld- und Rücklagenkonto, Mietforderung bei Vermietung von Gemeinschaftseigentum, bewegliche Sachen wie Rasenmäher, Gartengeräte, Putzmittel, Leuchten, Bargeld, Gartenfrüchte, Verwaltungsunterlagen). Die Zuordnung des Verwaltungsvermögens ist auf die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft entsprechend anwendbar. 160 Auch wenn die Instandhaltungsrücklage zum Verwaltungsvermögen der rechtsfähigen Eigen-

tümergemeinschaft zählt, gehört ihr ideeller Anteil im Falle der Veräußerung von Sondereigentum zur Berechnungsgrundlage für die Grunderwerbsteuerpflicht.577 Allerdings kann in der notariellen Kaufvertragsurkunde hervorgehoben werden, dass der ideelle Anteil an der Instandhaltungsrücklage in den Kaufpreis bereits eingerechnet wurde, sodass er nicht nochmals zu versteuern ist.578 Der Miteigentumsanteil des einzelnen Wohnungseigentümers umfasst nicht einen Anteil am Verbandsvermögen. b) Darlehensaufnahme aa) Beschlusskompetenz 161 Der Mehrheitsbeschluss über eine Darlehensaufnahme durch den teilrechtsfähigen Verband

überschreitet nicht die Beschlusskompetenzen der Eigentümerversammlung.579 Die Befugnis der Wohnungseigentümer hierzu wird im WEG vorausgesetzt.580 Nichtig ist nur eine Beschlussfassung, die eine gesamtschuldnerische Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer vorsieht.581 bb) Darlehensaufnahme als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung 162 Stark umstritten war die Frage, unter welchen Umständen die Darlehensaufnahme ordnungs-

mäßiger Verwaltung entspricht. Dies wurde bislang unter Verweis darauf, dass das Gesetz die Aufbringung der erforderlichen Finanzmittel im jeweiligen Wirtschaftsjahr als Regelfall ansieht, durchgängig sehr restriktiv beantwortet. Teilweise wurde die Darlehensaufnahme durch den teilrechtsfähigen Verband nur zur Überbrückung eines kurzfristigen Liquiditätsengpasses und nur in Höhe der Hausgeldzahlungen für drei Monate als zulässig angesehen.582 Auch die

576 Bub, ZWE 2007, 15. 577 A.A. Kahlen, Wohnungseigentumsrecht und Steuern, Teil 5 Rz. 12; Herrlein in Riecke/Schmid, WEG, Steuerrecht, Rz. 237. 578 Wälzholz in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch, Teil 18 Rz. 100. 579 BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, NotBZ 2013, 20 = ZMR 2013, 127. 580 S. schon BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, NotBZ 2013, 20 = ZMR 2013, 127. 581 BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, NotBZ 2013, 20 = ZMR 2013, 127. 582 So OLG Hamm v. 14.5.2012 – 15 Wx 251/11, ZMR 2012, 800; BayObLG v. 17.8.2005 – 2Z BR 229/ 04, NJW-RR 2006, 20; Spielbauer in Spielbauer/Then, § 21 WEG Rz. 26; Schultzky, MietRB 2013, 367; noch restriktiver Bub, ZWE 2010, 246,

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X. Die Gemeinschaft als Ausübungsbefugte | Rz. 163 § 10

weiter gehende Auffassung sah die Darlehensaufnahme jedenfalls nur als ultima ratio zur Sanierung überforderter Verwaltungsvermögen an.583 Die ganz überwiegende Auffassung ging davon aus, dass die Finanzverfassung der Eigentümergemeinschaft in erster Linie aus der Finanzierung durch Wohngeldzahlung und somit aus Eigenkapital besteht.584 Hierüber geht der BGH nun weit hinaus.585 Demnach kann auch die Aufnahme eines höheren und langfristigen Darlehens ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Dem Gesetz lasse sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass den Wohnungseigentümern die Aufnahme eines Darlehens nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen möglich sein soll. Die Aufnahme eines Darlehens kann vielmehr ein sinnvolles oder gar zwingendes Element der Finanzierung von Wohnungseigentümergemeinschaften sein. Sie ist ein eigenständiges Finanzierungselement der Wohnungseigentümergemeinschaft. Den finanzkräftigen Miteigentümern muss auch nicht die Option eröffnet werden, die Finanzierung ihres Beitrags selbst zu übernehmen.586 Zwar können die Wohnungseigentümer Eigenleistungen vorsehen und ein entsprechend reduziertes Darlehen aufnehmen. Ist dies der Fall, so muss die Frage, ob die Aufnahme eines Darlehens durch den teilrechtsfähigen Verband ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, für jeden Einzelfall geprüft werden. Hierbei spielt der Zweck des Darlehens eine besondere Rolle. Mit zunehmender Dringlichkeit der durch Darlehen zu finanzierenden Maßnahme treten die Nachteile dieser Finanzierungsart zurück. In die Abwägung einzubeziehen ist ferner, ob die erforderlichen Mittel durch einen Rückgriff auf die Instandhaltungsrücklage oder durch eine Sonderumlage aufgebracht werden können. Gegen eine erst durch Ansparen zu ermöglichende Finanzierung aus Eigenmitteln kann aber sprechen, dass bei einer Verschiebung der Maßnahme staatliche Fördermittel verloren gehen. Bedeutung kann ferner dem Umstand zukommen, dass die Finanzierung der Maßnahme durch eine Sonderumlage einzelne Wohnungseigentümer überfordert. Schließlich kommt es selbstverständlich auf die Konditionen des Darlehens (Höhe der Zinsen, Zusatzkosten, Laufzeit), aber auch darauf an, ob der teilrechtsfähige Verband voraussichtlich in der Lage sein wird, den Kredit zu bedienen. Dabei wird eine Laufzeit von mehr als zehn Jahren nur selten ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wobei die Rückzahlung so angelegt sein muss, dass das Darlehen am Ende der Laufzeit zurückgezahlt ist. Allerdings müssen die Wohnungseigentümer ausreichend über die Risiken der Darlehensaufnahme, insbesondere über eine mögliche Nachschusspflicht belehrt werden (s. folgende Rz.). Diese Aufklärung über die Risiken ist nach Auffassung des BGH im Protokoll der Eigentümerversammlung zu dokumentieren. cc) Direkte und mittelbare Haftung der Wohnungseigentümer Aus der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft folgt zwingend, dass nur 163 sie selbst Zins und Tilgung schuldet. Eine unmittelbare Haftung der Wohnungseigentümer sieht das Gesetz jenseits der quotalen Haftung aus § 10 Abs. 8 WEG nicht vor. Soll für den Bankkredit jeder Wohnungseigentümer abweichend von Abs. 8 gesamtschuldnerisch haften, ist hierfür eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer erforderlich. Ein diesbezüglicher Mehrheitsbeschluss über die persönliche Haftung wäre nichtig.587 Im Gegensatz zu der nach § 10 Abs. 8 WEG beschränkten Außenhaftung droht dem Wohnungseigentümer aber im Innenverhältnis eine unbegrenzte Nachschusspflicht, da die Wohnungseigentümer dem Verband ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stellen müssen. Anders als bei der Vorabfinan583 Ähnlich auch 4. Aufl. Rz. 93. 584 S. zuletzt LG Bielefeld v. 15.6.2011 – 23 T 442/10, MietRB 2011, 387 = ZWE 2011, 422; LG Düsseldorf v. 12.6.2013 – 25 S 152/12, ZMR 2013, 824. 585 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NotBZ 2016, 135 = MDR 2015, 1355 = MietRB 2015, 362 = ZMR 2016, 49 = ZWE 2015, 453; ähnlich, aber nicht ganz so weit gehend schon Elzer, NZM 2009, 57; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, Rz. 724. 586 So schon AG Ettlingen v. 23.4.2010 – 4 C 17/09, ZMR 2010, 808. 587 BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, NotBZ 2013, 20 = ZMR 2013, 127.

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§ 10 Rz. 163 | Allgemeine Grundsätze zierung etwa durch Sonderumlage, wo Ausfälle zumeist überschaubar sind, lässt sich das Ausfallrisiko bei einem langfristigen Darlehen nur schwer absehen. Deshalb bedarf es zuallererst einer Aufklärung über die besonderen Haftungsrisiken einer Darlehensaufnahme, was im Protokoll der Eigentümerversammlung dokumentiert werden muss. Es genügt also nicht, die Wohnungseigentümer vorab, etwa durch entsprechende Hinweise in der Einladung zur Eigentümerversammlung zu belehren. Fehlt es hieran, ist der Beschluss über die Darlehensaufnahme anfechtbar. Umgekehrt ergibt sich hieraus, dass die Kreditvergabe für das Kreditinstitut nicht mit außergewöhnlichen Risiken verbunden ist. Zwar haften die Wohnungseigentümer ohne besondere Vereinbarung für Zins und Tilgung unmittelbar nur teilschuldnerisch, was gerade in größeren Gemeinschaften zu einer äußerst aufwendigen Beitreibung führen würde. Der Gläubiger kann aber aus einem Titel gegen den Verband u.a. die einzelnen Wohngeldforderungen pfänden, so die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Objekts stören und den Druck auf die Wohnungseigentümer erhöhen. Als Folge der fehlenden Insolvenzfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 11 Abs. 3 WEG steht ihm zudem unabhängig von der Zusammensetzung der Bruchteilseigentümergemeinschaft ein „unsterblicher“ Schuldner zur Verfügung. dd) Folgen 164 Die neue Rechtsprechung des BGH trägt dem Umstand Rechnung, dass sich nicht alle In-

standsetzungsmaßnahmen so vorplanen lassen, dass immer genügend Geld in der Instandhaltungsrücklage vorhanden ist. Es kann durchaus ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn sich die Wohnungseigentümer dazu entscheiden, beispielsweise eine Fassadensanierung durch Kreditaufnahme finanzieren zu lassen, damit ein Mangel möglichst kurzfristig abgestellt werden kann, um so zu deutlichen Energieeinsparungen und zur Vermeidung von Mietminderungen wegen Feuchtigkeitsbildungen beizutragen.588 Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise kann es ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, die Sanierungsmaßnahme vorzuziehen und nicht abzuwarten, bis die Rücklage entsprechend angespart wurde. Auch schafft der Staat besondere Anreize zur energetischen Gebäudesanierung durch Förderprogramme in Form von zinsgünstigen Darlehen, die für Eigentümergemeinschaften nicht nutzbar wären, wenn eine Kreditaufnahme generell nicht in Betracht käme oder die anteilige Haftung nur die bonitätsschwachen Miteigentümer übernehmen würden, weil die bonitätsstarken die gemeinsame Finanzierung abwählen.589 Ebenfalls kann für die Kreditaufnahme eine pünktliche, zuverlässige und vollständige Mittelaufbringung sprechen, die im Einzelfall das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen zurücktreten lässt.590 ee) Ungenehmigte Darlehensaufnahmen 165 Nimmt der Verwalter Kredit auf oder überzieht das laufende Bankkonto der Eigentümer-

gemeinschaft ohne Genehmigung der Wohnungseigentümer, ist Schuldner dennoch die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft, wenn diese Mittel in die Bewirtschaftung des Objekts geflossen sind, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Wohnungseigentümer entsprachen und objektiv vorteilhaft waren.591 Genehmigen die Wohnungseigentümer die Kreditaufnahme nicht, kann der Verwalter nach § 179 BGB im Außenverhältnis haften.592 Die Geneh-

588 Vgl. zur Kreditaufnahme auch Schmidt, ZMR 2007, 90. 589 So auch Elzer, NZM 2009, 57. 590 LG Düsseldorf v. 12.6.2013 – 25 S 152/12, ZMR 2013, 823; Jennißen, ZWE 2014, 199; Elzer, NZM 2009, 57. 591 BGH v. 18.2.2011 – V ZR 197/10, MietRB 2011, 147 = NJW-RR 2011, 1093. 592 Schmidt, ZMR 2007, 90 (92); Elzer in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 11 Rz. 89.

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XI. Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft | Rz. 168 § 10

migung kann nicht im Beschluss über die Jahresabrechnung gesehen werden,593 allerdings in der Verwalterentlastung.594 Wird die Genehmigung verweigert, kann dennoch § 683 BGB einschlägig sein. Das Überschreiten eines genehmigten Kostenrahmens für eine Instandsetzungsmaßnahme erfordert besondere Umstände, um dem mutmaßlichen Interesse der Wohnungseigentümer zu entsprechen. Auch reicht bloßes Schweigen auf eine entsprechende Information des Verwalters über die Kreditaufnahme als Genehmigung nicht aus.595

XI. Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft 1. Beginn der vollendeten Wohnungseigentümergemeinschaft Die vollendete Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht bei einer Teilung nach § 8 erst mit 166 Eintragung des ersten Wohnungseigentümers neben dem aufteilenden Eigentümer im Grundbuch,596 bei der Teilung nach § 3 mit Eintragung der Aufteilung. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann auch lediglich aus zwei Wohnungseigentümern bestehen.597 Dagegen ist eine BGB-Gesellschaft, die Eigentümerin sämtlicher Wohneinheiten ist, keine Gemeinschaft.598 Existiert aber vor Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft eine schlichte Bruchteilsgemeinschaft (§§ 1008 ff. BGB), so können auch für sie im Rahmen des § 744 Abs. 1 BGB die Vorschriften aus dem WEG entsprechend angewandt werden.599 Gleiches gilt bei der Vereinigung aller Einheiten in der Hand eines Eigentümers. Eine Ein-Personen-Gemeinschaft – anders beispielsweise bei der GmbH – gibt es nicht.600

2. Bedeutung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft a) Erforderlichkeit der Vorwirkung des Wohnungseigentumsgesetzes Anders als beim Teilungsvertrag nach § 3 kann sich die Vollendung der Wohnungseigentü- 167 mergemeinschaft bei einer Teilung nach § 8 hinauszögern, wenn das Grundbuchamt langsam arbeitet oder sich der Objektaufteiler mit den Erwerbern über kaufvertragliche Pflichten streitet. Dann kann es über längere Zeit nicht zur Eigentumsumschreibung im Grundbuch kommen. Die Praxis hat es daher als notwendig angesehen, die WEG-Vorschriften auch schon in der Entstehungsphase der Wohnungseigentümergemeinschaft und somit vor ihrer Vollendung anzuwenden. b) Wirkungen im Innenverhältnis Dem Mitglied der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft kommen alle Rechte eines 168 Wohnungseigentümers zu. Es ist also an Stelle des noch im Grundbuch eingetragenen teilenden Eigentümers zu Eigentümerversammlungen zu laden, hat dort Rede- und Stimmrecht und kann Beschlüsse anfechten. Ebenso steht es mit den übrigen Rechten eines Wohnungs593 594 595 596 597 598 599 600

So aber LG Köln v. 17.10.2002 – 29 O 207/01, MietRB 2004, 81. Vgl. hierzu auch Jennißen in Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter, Rz. 492. S. hierzu BGH v. 18.2.2011 – V ZR 197/10, MietRB 2011, 147 = NJW-RR 2011, 1093. S. hierzu OLG Nürnberg v. 24.4.2013 – 12 U 932/12, MDR 2013, 699 = MietRB 2013, 176 = ZMR 2013, 650. OLG Oldenburg v. 22.10.1996 – 5 W 153/96, NJW-RR 1997, 775. OLG Köln v. 21.3.1997 – 16 Wx 297/96, NJW-RR 1997, 1443. BayObLG v. 20.3.2002 – 2Z BR 109/01, NJW-RR 2002, 1022; weitergehend AG Greifswald v. 23.2.2000 – II 300/99 WEG, NZM 2001, 344. Kreuzer, ZMR 2006, 15 (17); Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 99 ff.; Abramenko, Das neue WEG, § 6 Rz. 8; a.A. Becker in FS Seuß, 2007, 19 ff.

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§ 10 Rz. 168 | Allgemeine Grundsätze eigentümers. Das Mitglied der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft kann etwa baulichen Veränderungen zustimmen oder die Beseitigung störender Änderungen verlangen, denen es nicht zugestimmt hat. Umgekehrt treffen das Mitglied der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft auch die Pflichten eines Wohnungseigentümers. Wer Mitglied der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft ist, hat etwa die Pflicht, Wohngeld und Sonderumlagen zu zahlen,601 aber auch nach § 14 Nr. 2 WEG dafür zu sorgen, dass seine Mieter die Pflichten aus § 14 Nr. 1 einhalten. In der Folge verliert der teilende Alleineigentümer seine Befugnis zur einseitigen Änderung der Teilungserklärung mit Eintragung einer Auflassungsvormerkung für den ersten Erwerber eines Wohnungseigentums.602 c) Wirkungen im Außenverhältnis 169 Die bisher ganz h.M. geht zumindest implizit davon aus, dass die Grundsätze der werdenden

Wohnungseigentümergemeinschaft auch im Außenverhältnis Anwendung finden. Damit kann auch der Dritte, der nach herkömmlicher Vorstellung an den (werdenden) Verband geleistet hat, diesen und nicht den teilenden Eigentümer wegen der Gegenleistung in Anspruch nehmen. Unglücklicherweise hat der BGH die vorverlagerte Anwendung der Rechtsprechung zur werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft jüngst im Zusammenhang mit einer Wohngeldklage ausdrücklich nur für das Innenverhältnis bestätigt.603 Dies schafft für Außenstehende, die in dieser Phase Leistungen an „die Wohnungseigentümergemeinschaft“ erbringen, u.U. über Jahre unnötige Rechtsunsicherheit. Denn die Gründungsphase kennt keine zeitliche Schranke. Bliebe die Rechtsfigur der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft auf das Innenverhältnis beschränkt, müsste sich also der Dritte für Leistungen, die nach Invollzugsetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom Verband zu bezahlen wären, an den teilenden Eigentümer wenden. Dies wäre um so unverständlicher, als der (werdende) Verband im Innenverhältnis doch schon Wohngelder und Beiträge zur Instandhaltungsrücklage einzieht, die gerade zur Deckung der Ausgaben für die Bewirtschaftung des Gemeinschaftseigentums dienen.604 Es bleibt zu hoffen, dass der BGH bald Gelegenheit erhält, diese selbst geschaffenen Unklarheiten auszuräumen.

3. Voraussetzungen der Zugehörigkeit zur werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft a) Gesicherte Erwerbsposition 170 Die Mitgliedschaft in der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft erfordert eine gesi-

cherte Erwerbsposition, aufgrund derer dem Erwerber der volle Rechtserwerb in aller Regel nicht mehr streitig gemacht werden kann. Dies setzt bei einer Aufteilung nach § 8605 neben einem gültigen Erwerbsvertrag606 die Eintragung einer Eigentumsverschaffungsvormerkung am gebildeten Wohnungseigentum oder auf noch zu bildendes Wohnungseigentum am Grund-

601 S. zuletzt BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, MietRB 2016, 74 = MDR 2016, 264 = ZMR 2016, 299. 602 BayObLG v. 24.6.1993 – 2Z BR 56/93, WE 1994, 249. 603 BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, MietRB 2016, 74 = MDR 2016, 264 = ZMR 2016, 299, wonach „jedenfalls im Innenverhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und den Ersterwerbern eine vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes geboten (ist).“ 604 Deswegen zu Recht für eine Rechtsfähigkeit auch im Außenverhältnis OLG München v. 11.5.2016 – 34 Wx 73/15, ZMR 2016, 792 (794). 605 BayObLG v. 23.1.1992 – AR 2 Z 110/91, NJW-RR 1992, 597; v. 20.3.2002 – 2Z BR 109/01, NJW-RR 2002, 1022; KG v. 17.12001 – 24 W 2065/00, ZWE 2001, 275. 606 OLG München v. 9.1.2006 – 34 Wx 89/05, NZM 2006, 347.

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XI. Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft | Rz. 171 § 10

stück.607 Demnach müssen die Wohnungsgrundbücher noch nicht angelegt sein.608 Die Eintragung der Vormerkung im Grundbuch des ungeteilten Grundstücks genügt. Die Wirksamkeit des Kaufvertrags ist demnach für die Mitgliedschaft in der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft unabdingbar, da die Auflassungsvormerkung akzessorisch und somit nur bei wirksamer schuldrechtlicher Verpflichtung des teilenden Eigentümers wirksam ist. Gleichwohl kann die Wirksamkeit des Kaufvertrages nach zutreffender Auffassung vom Gericht in einem WEG-Verfahren (z.B. Zahlungsklage des Verbands) nur eingeschränkt geprüft werden, um widersprechende Ergebnisse zu einem Klageverfahren zwischen den Kaufvertragsparteien zu vermeiden.609 Die Zahlungsverpflichtungen eines Erwerbers gegenüber der Eigentümergemeinschaft enden dann, wenn der Wohnungseigentümer den Rücktritt vom Vertrag erklärt610 und dieser Rücktritt nicht offenkundig unwirksam ist. Allerdings kann die Leistungsverweigerung gegenüber der Eigentümergemeinschaft unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens treuwidrig sein,611 wenn der Erwerber trotz Rücktritts vom Kaufvertrag die Wohnung nicht an den Veräußerer herausgibt und weiterhin Leistungen der Eigentümergemeinschaft, z.B. durch Bezug von Wasser und Heizenergie, bezieht.612 b) Erwerb vom teilenden Eigentümer Es besteht jedoch weiterhin Einigkeit, dass die Rechtsfigur der werdenden Wohnungseigentü- 171 mergemeinschaft auf den sog. Zweiterwerb (also auf den „werdenden Wohnungseigentümer“) vor Eigentumsumschreibung keine Anwendung findet.613 Wenn die Vollrechtsgemeinschaft entstanden ist, kann ein Zweiterwerber erst Mitglied der Eigentümergemeinschaft werden, wenn er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird, es sei denn, auch er hatte vor Entstehung der Vollrechtsgemeinschaft eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch erhalten. Die nach der Entstehung der Vollrechtsgemeinschaft eingetragene Auflassungsvormerkung bleibt für den Zweiterwerber wohnungseigentumsrechtlich unbedeutend.614 Es ist jedoch stets zu prüfen, ob der Zweiterwerber, der nicht als werdender Wohnungseigentümer mit der Konsequenz der analogen Anwendung der Vorschriften des WEG anzusehen ist, schuldrechtlich bevollmächtigt wurde, bereits die Rechte des noch eingetragenen Wohnungseigentümers geltend zu machen. So kann der im Grundbuch abgesicherte Erwerber schon vor

607 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, NotBZ 2008, 392 = MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = NJW 2008, 2639 = ZMR 2008, 805 = NZM 2008, 649; OLG Frankfurt v. 25.4.1997 – 20 W 433/96, DWE 1998, 43; OLG Hamm v. 27.1.2000 – 15 W 318/99, WuM 2000, 319; OLG Jena v. 12.6.2001 – 6 W 177/01, WuM 2001, 504; KG v. 23.9.2002 – 24 W 230/01, NJW-RR 2003, 589; a.A. OLG Saarbrücken v. 27.2.1998 – 5 W 252/97 – 85, WE 1998, 314; kritisch OLG Köln v. 15.8.2012 – I – 2 Wx 212/12, ZMR 2012, 982. 608 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, NotBZ 2008, 392 = MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = NJW 2008, 2639 = ZMR 2008, 805 = NZM 2008, 649. 609 LG Nürnberg-Fürth v. 11.8.2010 – 14 S 1985/10 WEG, ZMR 2011, 244; a.A. OLG Dresden v. 17.12.2009 – 3 W 876/09, ZWE 2010, 188; Elzer, MietRB 2011, 154. 610 So auch Riecke in Riecke/Schmid, § 25 WEG Rz. 6; einschränkend LG Nürnberg-Fürth v. 11.8.2010 – 14 S 1985/10, MietRB 2011, 153 = NZM 2011, 283, wonach bestrittene Tatsachenbehauptungen im Klageverfahren zwischen den Kaufvertragsparteien im WEG-Verfahren nicht zu berücksichtigen sind. 611 OLG Dresden v. 17.12.2009 – 3 W 876/09, ZMR 2010, 462 = ZWE 2010, 188. 612 Ebenso Hügel, ZWE 2010, 122. 613 LG Stuttgart v. 30.10.2014 – 2 S 19/14; IMR 2015, 159; Offenlassend: BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/ 07, NotBZ 2008, 392 = MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = NJW 2008, 2639 = ZMR 2008, 805 = NZM 2008, 649. 614 Vgl. zum Zweiterwerb BGH v. 18.5.1989 – V ZB 14/88, MDR 1989, 981 = NJW 1989, 2697; BayObLG v. 19.9.2001 – 2Z BR 89/01, ZWE 2001, 590; v. 17.11.2004 – 2Z BR 127/04, ZWE 2005, 227; a.A. noch BayObLG WE 1986, 98.

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§ 10 Rz. 171 | Allgemeine Grundsätze Umschreibung ermächtigt werden, das Stimmrecht des noch eingetragenen Eigentümers und seines Verkäufers auszuüben und auch die gerichtliche Beschlussanfechtung für diesen in Verfahrensstandschaft zu betreiben.615 Auch Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche soll der Zweiterwerber bereits geltend machen können.616 Es empfiehlt sich aber in jedem Fall, diese Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der kaufvertraglichen Regelung betreffend den Lasten-/Nutzenübergang ausdrücklich im Übertragungsvertrag zu reglementieren. Auf diese Weise können Missverständnisse von vornherein vermieden werden. c) Besitz 172 Die Zugehörigkeit zur werdenden Eigentümergemeinschaft setzt ferner den Erwerb des Besit-

zes an der Wohnung voraus, wobei die Abnahme genügt und kein Bezug erforderlich ist.617 Es genügt, wenn er erst nach dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft übergeht.618 Eine Einschränkung besteht allerdings insoweit, als die Wohnung bereits bewohnbar sein muss.619 Im Ergebnis genügt es also, wenn der Erwerber die Wohnung selbst bezieht oder Dritten, etwa Mietern, zur Nutzung überlässt. Allerdings darf der Erwerber den Besitz an der betroffenen Wohnungen nicht ohne Mitwirkung des teilenden Eigentümers erworben haben. Rechtsprechung und Schrifttum setzen schon bislang zumindest stillschweigend, etwa unter Bezugnahme auf die Übergabe nach § 446 BGB,620 voraus, dass er nicht durch verbotene Eigenmacht erworben worden sein darf. Nach Auffassung des BGH muss der Erwerb des Besitzes darüber hinaus auf eine Übergabe durch den teilenden Eigentümer zurückgehen.621 Denn der teilende Eigentümer darf nicht ohne sein Zutun oder gar gegen seinen Willen aus der Eigentümergemeinschaft gedrängt werden. In Zweifelsfällen ist die Grundbucheintragung maßgeblich. Dies hat allerdings für den teilenden Eigentümer die missliche Folge, dass er gerade dann noch auf Zahlung von Wohngeld in Anspruch genommen werden kann, wenn er den Besitz ohne sein Zutun verloren hat.622 Denn dann ist er weiterhin als Mitglied der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft anzusehen, so dass noch kein Wechsel in der Zahlungspflicht eingetreten ist.

4. Keine Übertragung der Mitgliedschaft in der werdenden Eigentümergemeinschaft 173 Die Mitgliedschaft in der werdenden Eigentümergemeinschaft kann nicht durch Abtretung

des Auflassungsanspruchs gegen den teilenden Eigentümer übertragen werden.623 Denn die vorgelagerte Anwendung des WEG beschränkt sich auf Mitglieder der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft, die unmittelbar vom teilenden Eigentümer erwerben. Dieser Ein-

615 KG v. 20.7.1994 – 24 W 3942/94, WE 1995, 119 = ZMR 2004, 460; Lehmann-Richter in Riecke/ Schmid § 10 WEG Rz. 137. 616 BayObLG v. 17.7.1997 – 2Z BR 25/97, WE 1998, 149. 617 BayObLG v. 17.7.2003 – 2Z BR 45/03, NJW-RR 2003, 1663. 618 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, NotBZ 2012, 449 = MDR 2012, 958 = MietRB 2012, 236 f. = NZM 2012, 643 = ZMR 2012, 711. 619 BayObLG v. 20.2.2003 – 2Z BR 1/03, NJW-RR 2003, 876. 620 S. etwa Dötsch in Timme § 10 Rz. 53; Suilmann in Bärmann § 10 Rz. 17. 621 BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, MietRB 2016, 74 = WuM 2016, 264 = MDR 2016, 264 = ZMR 2016, 299. 622 So der Fall in BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, MietRB 2016, 74 = WuM 2016 = MDR 2016, 264 = ZMR 2016, 299. 623 BGH v. 24.7.2015 – V ZR 275/14, MDR 2015, 1171 = NotBZ 2016, 31 = MietRB 2015, 296 = ZMR 2015, 878.

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XI. Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft | Rz. 174 § 10

schränkung liegt wiederum die Überlegung zugrunde, dass sich der Eigentumserwerb vom teilenden Eigentümer grundsätzlich vom Zweiterwerb unterscheidet. Denn der Erwerb vom teilenden Eigentümer berührt die Rechte aller Erwerber, während für den Zweiterwerber nur der Zeitpunkt des Mitgliederwechsels innerhalb einer bereits bestehenden Eigentümergemeinschaft in Frage steht. Die Abtretung des vorgemerkten Auflassungsanspruchs ist daher nicht anders als ein Zweiterwerb von einem bereits eingetragenen Wohnungseigentümer zu behandeln. Dies folgt im Übrigen auch daraus, dass die Abtretung der Eigentumsverschaffungsansprüche auf einer geringeren Rechtsstellung beruht als der Eigentumserwerb vom bereits eingetragenen Wohnungseigentümer. Das Mitglied der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft, das statt des Eigentums nur den Anspruch auf Auflassung übertragen kann, vermag aber keine stärkere Rechtsstellung zu vermitteln als der vollberechtigte Eigentümer.

5. Ende der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft Bislang nahm man an, dass die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft endet, wenn die 174 endgültige Gemeinschaft ins Leben tritt, also dann, wenn neben dem teilenden Eigentümer ein weiterer Wohnungseigentümers in das Grundbuch eingetragen wird. Allerdings sollte dies die Rechtsstellung der bereits zur werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft gehörenden Erwerber nicht berühren, da sie ihre Rechte nicht ohne ihr Zutun verlieren sollen. Ihre Rechte und Pflichten bleiben also bestehen, auch wenn sie noch nicht Eigentümer sind. Diese einhellige Auffassung hat der BGH nunmehr aufgegeben. Demnach sollen Besitzübergang und Eintragung einer Auflassungsvormerkung beim Ersterwerb auch nach Entstehen der Vollrechtsgemeinschaft dazu führen, dass ein Erwerber Mitglied der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft wird.624 Dies hatte der BGH bereits 2008 angedeutet625 und Zweifel geäußert, ob nicht auch für einen gewissen Zeitraum nach Entstehung der Vollrechtsgemeinschaft die Mitgliedschaft für einen Ersterwerber mit Besitzübergang und Eintragung einer Vormerkung genügen soll. Mit der Entscheidung vom 11.5.2012 hat der BGH die Zweifel zur Gewissheit gemacht. Es sei gerechtfertigt, auch demjenigen Ersterwerber die Mitwirkungsrechte zuzugestehen, dessen Erwerbsposition erst nach Entstehen der Vollrechtsgemeinschaft gesichert ist, weil es Zufall sei, ob er die Vormerkung oder den Besitz noch vor der Eintragung des ersten Erwerbers im Grundbuch erlangt.626 Ob und wie lange diese Grundsätze anzuwenden sind, wenn der Ersterwerber die gesicherte Erwerbsposition erst Jahre nach Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft erlangt, hat der BGH unbeantwortet gelassen. Dies führt zu der paradoxen und im Verbandsrecht einmaligen Situation, dass die „werdende“ Gemeinschaft neben der Vollrechtsgemeinschaft nicht nur fortbesteht, sondern weitere Mitglieder gewinnen kann. Denn der Erwerber, der nach Entstehen der Vollrechtsgemeinschaft Besitz erwirbt und mit einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch gesichert wird, ist ja mangels Umschreibung im Grundbuch noch kein Wohnungseigentümer und somit kein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft. Er kann somit nur der „werdenden“ Wohnungseigentümergemeinschaft angehören, die mithin um ein Mitglied erweitert fortbesteht.

624 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, NotBZ 2012, 449 = MDR 2012, 958 = MietRB 2012, 236 f. = NZM 2012, 643 = ZMR 2012, 711. 625 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, NotBZ 2008, 392 = MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = ZMR 2008, 805 unter Bezug auf Coester, NJW 1990, 3184. 626 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, NotBZ 2012, 449 = MDR 2012, 958 = MietRB 2012, 236 f. = NZM 2012, 643 = ZMR 2012, 711.

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§ 10 Rz. 175 | Allgemeine Grundsätze

XII. Untergemeinschaften 1. Grundsatz 175 Ohne ausdrückliche Regelung in der Gemeinschaftsordnung ist es rechtlich gleichgültig, ob

die Teilungserklärung nur ein oder mehrere Gebäude erfasst. Die einzelnen Häuser einer Mehrhausanlage genießen in diesem Falle keinerlei Selbständigkeit noch bilden die Eigentümer dort gar rechtsfähige Unter- oder Teilgemeinschaften.627 Eine solche Verselbständigung kann durch Mehrheitsbeschluss nicht herbeigeführt werden; er wäre nichtig, soweit keine Öffnungsklausel existiert.628 Sämtliche Wohnungseigentümer sind an sämtlichen Kosten auch der anderen Häuser zu beteiligen, alle Wohnungseigentümer können über jede Angelegenheit mitstimmen, auch wenn sie ausschließlich ein anderes Haus betrifft. Die bloße Existenz abtrennbarer Eigentümergruppen z.B. in Mehrhausanlagen genügt nicht, um getrennte Beschlussfassungen vorzunehmen.629 Getrennter Wirtschaftspläne für Untergemeinschaften bedarf es nur dann, wenn die Gemeinschaftsordnung dies ausdrücklich vorsieht. Gleiches gilt für getrennte Instandhaltungsrücklagen. Die Regelung, dass bestimmte Eigentümer die jeweils auf ihre Einheit entfallenden Kosten alleine tragen, genügt hierfür nicht.630 Haben die Wohnungseigentümergemeinschaft ohne entsprechende Regelung in der Gemeinschaftsordnung getrennte Instandhaltungsrücklagen für die einzelnen Häuser gebildet, entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, diese wieder zusammenzuführen, da durch einen solchen Beschluss der gesetzmäßige Zustand wiederhergestellt wird.631 Lediglich die Zustimmung zu baulichen Veränderungen kann bei ausschließlich ein Haus betreffenden Maßnahmen insoweit erleichtert sein, als es dann an einer Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer nach § 14 Nr. 1 WEG fehlen kann.

2. Verselbständigung des Finanzwesens durch die Gemeinschaftsordnung a) Zulässigkeit der Bildung von Untergemeinschaften 176 Die Gemeinschaftsordnung kann aber bestimmte Eigentümergruppen organisatorisch ver-

selbständigen. Dies kann auf einzelne Aspekte der gemeinschaftlichen Verwaltung beschränkt werden. So kann die Gemeinschaftsordnung vorsehen, dass die Entscheidungen über Maßnahmen, die nur dieses Haus betreffen, nur den dortigen Eigentümern zukommen. Ebenso können nur die Eigentümer einer Untergemeinschaft mit den Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung belastet werden.632 Ein Beschluss, der eine Kostenlastregelung zuungunsten einer Untergemeinschaft nicht beachtet, ist anfechtbar.633 Zum Zweck der separaten Finanzierung durch Untergemeinschaften können auch eigene Instandhaltungsrücklagen für diese ver-

627 Allg. Meinung: OLG Koblenz v. 18.10.2010 – 5 U 934/10, IMR 2011, 25 = ZMR 2011, 225; OLG Düsseldorf v. 6.1.2010 – I – 21 U 104/09, ZWE 2010, 336; LG Düsseldorf v. 22.10.2009 – 19 S 40/ 09, MietRB 2010, 205 = IMR 2010, 196; Jennißen, NZM 2006, 203; Wenzel, NZM 2006, 321 (324); Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 26 u. 204; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 81; Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 37; Sauren, § 10 WEG Rz. 7; Hügel in Hügel/ Scheel, Rechtshandbuch, Teil 4 Rz. 10; Häublein, ZWE 2010, 156. 628 AG Ahrensburg v. 2.4.2014 – 37 C 23/13, ZMR 2014, 925. 629 AG Regensburg v. 9.12.2009, ZMR 2010, 649 (auch zur Kostenlast nach § 49 Abs. 2 WEG bei getrennten Beschlussfassungen ohne Rechtsgrundlage in der Gemeinschaftsordnung); AG Bonn v. 17.8.2012, ZMR 2012, 995, 997. 630 LG Itzehoe v. 15.7.2014 – 11 S 82/13, MietRB 2015, 148; IMR 2015, 114. 631 LG Düsseldorf v. 16.4.2014 – 25 S 141/13, ZMR 2014, 818. 632 AG Köln v. 10.10.2007 – 202 II 122/07, ZMR 2009, 234 f. 633 AG Köln v. 10.10.2007 – 202 II 122/07, ZMR 2009, 234 f.

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XII. Untergemeinschaften | Rz. 177 § 10

einbart werden.634 Die Gemeinschaftsordnung kann auch eigene Beiräte für die Untergemeinschaften vorsehen.635 b) Keine Rechtsfähigkeit von Untergemeinschaften Nur die Gesamtgemeinschaft kann Träger von Rechten und Pflichten sein. Untergemeinschaf- 177 ten sind auch bei weitestgehender Verselbständigung nicht (teil)rechtsfähig.636 Deshalb kann ein Verwalter für eine Untergemeinschaft nicht bestellt werden;637 ein diesbezüglicher Beschluss wäre nichtig. Die Untergemeinschaft kann nicht klagen; sie ist zu behandeln wie eine nichtexistente Partei.638 Ebenso wenig kann sie verklagt werden; eine gleichwohl gegen eine Untergemeinschaft erhobene Klage ist unzulässig.639 Aus denselben Gründen kann ein Gläubiger, auch wenn er nur für ein Haus tätig wurde, nur die Gesamtgemeinschaft etwa auf Zahlung von Werklohn o.Ä. verklagen. Hieraus folgt, dass ein Vertrag etwa mit Handwerkern im Außenverhältnis stets im Namen der Gesamtgemeinschaft zu erteilen ist, selbst wenn die Gemeinschaftsordnung vorsieht, dass nur die Wohnungseigentümer eines einzelnen Hauses einer Mehrhausanlage über Instandsetzungsmaßnahmen zu befinden haben.640 Damit haften auch alle Wohnungseigentümer grundsätzlich hierfür teilschuldnerisch. Wenn die teilschuldnerische Haftung nur auf die Wohnungseigentümer des betreffenden Hauses der Mehrhausanlage beschränkt werden soll, muss dies mit dem Auftragnehmer ausdrücklich vereinbart werden. Hieraus folgt, dass Regelungen zur Verselbständigung von Untergemeinschaften grundsätzlich restriktiv auszulegen sind. Bestimmt die Gemeinschaftsordnung etwa die Kostentragung nur der Eigentümer, die von einer Maßnahme betroffen sind, berechtigt dies nicht zur Bildung eigener Instandhaltungsrücklagen für jedes Haus. Denn die Regelung ist auch als Modifikation des Kostenverteilungsschlüssels verständlich. Für einen weiter gehenden Eingriff in die gesetzlichen Anordnungen zur Finanzierung von Ausgaben bietet sie keine Handhabe. Aus diesen Gründen erscheint es fraglich, ob die in der Praxis häufigen Klauseln in Gemeinschaftsordnungen, wonach nur die von einer Maßnahme betroffenen Wohnungseigentümer hierüber abstimmmen dürfen, überhaupt einen Anwendungsbereich haben. Denn die Miteigentümer außerhalb der Untergemeinschaft haften jedenfalls nach § 10 Abs. 8 nach ihrem Miteigentumsanteil für die Kosten der Maßnahme mit und sind daher auch von ihr „betroffen“. Jedenfalls führt alleine der Umstand, dass öffentlich-rechtlich nicht alle Einheiten zur Kostentragung herangezogen werden, nicht zur exklusiven Belastung dieser Untergemeinschaft. Zusätzlich muss auch die Nutzungsmöglichkeit auf diese Untergemeinschaft beschränkt sein.641

634 BGH v. 17.4.2015 – V ZR 12/14, MDR 2015, 758 = MietRB 2015, 237 = ZMR 2015, 726 (728); AG Aachen v. 24.3.2010 – 118 C 1/10, ZMR 2011, 752 (753). 635 AG Pinneberg v. 30.1.2018 – 60 C 21/17, ZMR 2018, 463 (464). 636 OLG Naumburg v. 21.4.2008 – 4 W 18/08, ZMR 2009, 389; OLG Koblenz v. 18.10.2010 – 5 U 934/ 10, ZMR 2011, 225; LG Gera v. 17.6.2014 – 5 S 271/13, ZMR 2014, 1008; LG Hamburg v. 17.2.2016 – 318 S 74/15, ZMR 2016, 393; LG Frankfurt v. 17.5.2018 – 2 – 13 S 168/15, ZMR 2018, 791;AG Bremen v. 22.6.2012 – 29 C 5/12, ZMR 2012, 905, 906; AG München v. 11.4.2014 – 481 C 31813/ 13, ZMR 2014, 833 (834). 637 LG Nürnberg-Fürth v. 23.9.2009 – 14 S 1754/09, ZMR 2010, 315; AG Heilbronn v. 30.9.2009 – GR 245/06, ZMR 2010, 484. 638 LG Frankfurt v. 14.3.2012 – 2 – 13 T 90/12, ZMR 2014, 142 auch dazu, dass sie mangels Parteifähigkeit nicht als Kostenschuldnerin in Betracht kommt. 639 LG Gera v. 17.6.2014 – 5 S 271/13, ZMR 2014, 1008. 640 LG Hamburg v. 17.5.2017 – 318 S 85/16, ZMR 2017, 666 (667). 641 LG München I v. 2.6.2014 – 1 S 3223/12, MDR 2014, 1193 = MietRB 2014, 363 = ZMR 2016, 228 (229); ähnlich LG Hamburg v. 17.2.2016 – 318 S 74/15, ZMR 2016, 392 f.

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§ 10 Rz. 178 | Allgemeine Grundsätze c) Auswirkungen auf das Finanz- und Rechnungswesen 178 Die Bildung getrennter Instandhaltungsrücklagen für die Häuser einer Mehrhausanlage

kann durch die Gemeinschaftsordnung angeordnet werden.642 Auch eine weitgehende Verselbständigung beseitigt aber nicht die Pflicht zur Bildung einer Instandhaltungsrücklage für die weiterhin gemeinschaftlich instandzuhaltenden Teile des Gemeinschaftseigentums.643 Nur bei Vorliegen einer Öffnungsklausel kann dies auch durch Beschluss bestimmt werden.644 Ob dann Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen für die Untergemeinschaften möglich oder gar erforderlich sind, wird unterschiedlich beantwortet.645 Der eigene Wirtschaftsplan ändert jedenfalls nichts daran, dass Untergemeinschaften nicht (teil)rechtsfähig sind.646 Selbst wenn die Gemeinschaft einen solchen vorsieht, handelt es sich also rechtlich weiterhin um Gelder der gesamten Gemeinschaft.647Gleiches gilt für Sonderumlagen.648 Für die Beitreibung dieser Gelder ist somit die Gesamtgemeinschaft aktivlegitimiert.649In keinem Fall kann die Untergemeinschaft über Kosten der Gesamtgemeinschaft entscheiden; deren Zuweisung in der Jahresabrechnung ist also immer Aufgabe der Gesamteigentümerversammlung.650 Ohne Grundlage in der Gemeinschaftsordnung kann keine Trennung der Instandhaltungsrücklagen, geschweige denn eine Aufteilung der Kosten nur auf die Eigentümer in dem betroffenen Haus erfolgen. Ein entsprechender Beschluss wäre wegen Abweichung von dem vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel bzw. von § 16 Abs. 2 WEG anfechtbar.651 Die Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 4 WEG ändert hieran nichts. Denn ein solcher Beschluss liefe auf eine dauerhafte Änderung der Teilungserklärung hinaus und wäre daher nichtig.652 Wollte man nicht die Eigentümer des betroffenen Hauses mit den Kosten ihres und anteilig der anderen Häuser belasten, bliebe nur die Möglichkeit, auch bei den anderen Häusern eine entsprechende alleinige Kostenbelastung der jeweiligen Wohnungseigentümer anzuordnen. Damit würde aber das Prinzip der Gesamtverantwortung aller Wohnungseigentümer für das Gemeinschaftseigentum unterlaufen.653 Selbst wenn aber getrennte Instandhaltungsrücklagen und sogar eine exklusive Kostenbelastung nach den einzelnen Häusern vereinbart ist, bleiben die Mittel Gemeinschaftseigentum, da Untergemeinschaften nicht rechtsfähig sind.654 Ein Gläubiger kann also unabhängig von der internen Zuordnung auf jede Instandhaltungsrücklage zugreifen. Die Rücklage der Untergemeinschaft stellt also rechtlich nur eine interne (doppelte) Zweckbindung dar. Sie darf von den Wohnungseigentümern nur zum Zwecke der Instandhaltung

642 BGH v. 17.4.2015 – V ZR 12/14, MDR 2015, 758 = MietRB 2015, 237 = ZMR 2015, 726 (728); AG Aachen v. 24.3.2010 – 118 C 1/10, ZWE 2010, 285. 643 AG Hamburg-Barmbek v. 23.2.2018 – 880 C 16/17, ZMR 2018, 880 (881). 644 BGH v. 17.4.2015 – V ZR 12/14, MDR 2015, 758 = IMR 2015, 288 = MietRB 2015, 237 = NJW-RR 2015, 847; AG Ahrensburg v. 2.4.2014 – 37 C 23/13, ZMR 2014, 925. 645 Verneinend AG Bremen v. 22.6.2012 – 29 C 5/12, ZMR 2012, 905 (907); Voraufl. Rz. 61g; bejahend BGH v. 20.7.2012 – V ZR 231/11, MietRB 2012, 324 = ZWE 2012, 494 mit kritischer Anm. Rüscher; LG München I v. 2.6.2014 – 1 S 3223/12, MDR 2014, 1193 = MietRB 2014, 363 = ZMR 2016, 228 (230); AG Saarbrücken v. 3.3.2011 – 121 C 413/09, ZMR 2013, 153, 154. 646 OLG Naumburg, ZMR 2009, 389; OLG Koblenz, ZMR 2011, 225; AG Bremen v. 22.6.2012 – 29 C 5/12, ZMR 2012, 905, 906. 647 BGH v. 17.4.2015 – V ZR 12/14, MDR 2015, 758 = MietRB 2015, 237 = ZMR 2015, 726, 728. 648 LG Hamburg v. 17.5.2017 – 318 S 85/16, ZMR 2017, 666 (667). 649 LG Hamburg v. 17.5.2017 – 318 S 85/16, ZMR 2017, 666. 650 LG München I v. 2.6.2014 – 1 S 3223/12, MDR 2014, 1193 = MietRB 2014, 363 = ZMR 2016, 228, 229; LG Hamburg v. 17.2.2016 – 318 S 74/15, ZMR 2016, 391. 651 AG Ahrensburg v. 2.4.2014 – 37 C 23/13, ZMR 2014, 925. 652 LG Düsseldorf v. 16.4.2014 – 25 S 141/13, ZMR 2014, 818 (819). 653 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = ZMR 2010, 777 = ZWE 2011, 35. 654 LG München I v. 2.6.2014 – 1 S 3223/12, MDR 2014, 1193 = MietRB 2014, 363 = ZMR 2016, 228 (230).

260 | Abramenko

XII. Untergemeinschaften | Rz. 179 § 10

und zwar nur für das Haus verwendet werden, dessen Eigentümer die Mittel aufgebracht haben.

3. Verselbständigung der Willensbildung Ähnlich wie beim Finanzwesen und häufig im Zusammenhang mit Kostentragungsregelungen 179 kann auch die Willensbildung innerhalb der Untergemeinschaften den betroffenen Wohnungseigentümern vorbehalten werden.655 Ebenso wie im Zusammenhang mit der Kostentragung (s.o. Rz. 24) ist dies nur bei Vorliegen einer Öffnungsklausel auch durch Beschluss möglich. Ob derartige Regelungen eine Beschlusskompetenz im eigentlichen Sinne verleihen,656 erscheint allerdings fraglich. Denn dann träte die Untereigentümerversammlung als eigenes Organ neben die Gesamteigentümerversammlung. Es wäre dann auch kaum zu begründen, wieso Eigentümer aus anderen Häusern an diesen Unterversammlungen teilnehmen oder gar deren Beschlüsse anfechten können, was aber allgemein angenommen wird (s. gleich u.). Näher dürfte es liegen, nur von einem Stimmverbot der Wohnungseigentümer außerhalb der Untergemeinschaft auszugehen.657 Dies harmoniert auch mit der h.M., dass die Anfechtungsklage gegen Beschlüsse solcher Untergemeinschaften in jedem Fall gegen alle übrigen Wohnungseigentümer, nicht nur gegen die Eigentümer der betroffenen Untergemeinschaft gerichtet werden muss.658 Dies ist schon im Hinblick auf die mögliche Kostenbelastung nach § 10 Abs. 8 WEG aufgrund der von den Untergemeinschaften beschlossenen Maßnahmen geboten.659 Die Frage, ob die Gesamt- oder eine Untergemeinschaft für eine Maßnahme zuständig ist, darf nicht dem Verwalter überlassen werden.660 Eine Anfechtungsklage gegen den Beschluss einer Untergemeinschaft muss gegen alle Eigentümer gerichtet werden; eine Klage nur gegen die Eigentümer der Untergemeinschaft ist unzulässig.661 Sind allerdings aufgrund der Verselbständigung von Untergemeinschaften nur einige Wohnungseigentümer stimmberechtigt, können wegen ungenügenden Beschlussfassungen auch nur sie schadensersatzpflichtig sein.662 Zieht die Gesamteigentümerversammlung einen Gegenstand an sich, der einer Untergemeinschaft zugewiesen ist, so ist dieser Beschluss der gesamten Eigentümerversammlung anfechtbar.663 Umgekehrt darf über die Inanspruchnahme der Instandhaltungsrücklage der Gesamtgemeinschaft nur die Versammlung aller Eigentümer befinden.664 Beschlüsse einer 655 BGH v. 20.7.2012 – V ZR 231/11, MietRB 2012, 324 = ZMR 2012, 979, 980; BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, ZMR 2018, 234; OLG München v. 6.6.2014 – 34 Wx 346/13, ZMR 2016, 303 (304); LG Hamburg v. 17.5.2017 – 318 S 85/16, ZMR 2017, 666 (667); AG Bremen v. 22.6.2012 – 29 C 5/12, ZMR 2012, 905 (906); insoweit richtig auch LG München I v. 20.12.2010 – 1 S 8436/10, MietRB 2011, 218 = ZMR 2011, 413 (414 f.). 656 So OLG München v. 6.6.2014 – 34 Wx 346/13, MietRB 2014, 239 = ZMR 2016, 303 (304); AG Karlsruhe-Durlach v. 30.12.2009 – 4 C 21/09, ZMR 2010, 565. 657 AG Bremen v. 22.6.2012 – 29 C 5/12, ZMR 2012, 905 (907); wohl auch Voraufl. Rz. 61g. 658 BGH v. 11.11.2011 – V ZR 45/11, MDR 2012, 81 = MietRB 2012, 44 = ZMR 2012, 285; AG Bremen v. 22.6.2012 – 29 C 5/12, ZMR 2012, 905 (907); AG Saarbrücken v. 9.8.2012 – 36 C 354/11, ZMR 2013, 79; AG Hechingen v. 24.11.2015 – 6 C 79/15, ZMR 2016, 154; LG Hamburg v. 17.2.2016 – 318 S 74/15, ZMR 2016, 391 (392); überholt daher LG München I v. 20.12.2010 – 1 S 8436/10, MietRB 2011, 218 = ZMR 2011, 413. 659 LG Frankfurt v. 17.5.2018 – 2 – 13 S 168/15, ZMR 2018, 791 (792). 660 AG Pinneberg v. 30.1.2018 – 60 C 21/17, ZMR 2018, 463 (464). 661 AG Hechingen v. 24.11.2015 – 6 C 79/15, ZMR 2016, 154 f. 662 LG Düsseldorf v. 29.3.2017 – 25 S 55/16, ZMR 2017, 575. 663 AG Aachen v. 24.3.2010 – 118 C 1/10, ZMR 2011, 752 – näher läge es, auf die Stimmen der Mitglieder der Untergemeinschaft abzustellen; gänzlich anders, für eine fortbestehende Kompetenz der Gesamtversammlung, die Geltendmachung von Baumängeln zu vergemeinschaften, AG Achim v. 3.5.2018 – 10 C 347/17, ZMR 2018, 700 (701). 664 AG Solingen v. 8.12.2017 – 15a C 32/17, ZMR 2018, 383.

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§ 10 Rz. 179 | Allgemeine Grundsätze Untergemeinschaft hierüber sind nichtig.665 Die Möglichkeit der Wohnungseigentümer einer Untergemeinschaft, über bestimmte, nur sie betreffende Fragen alleine zu entscheiden, wird nicht durch die Mithaftung der anderen Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 8 WEG ausgeschlossen. Denn diese Haftung ist unabdingbar und würde Verselbständigungen einzelner Eigentümergruppen stets ausschließen.666 Allerdings ist eine solche Befugnis, über eigene Angelegenheiten alleine zu befinden, stets mit einer alleinigen Kostentragung im Innenverhältnis verbunden, was die Ansammlung getrennter Instandhaltungsrücklagen erfordert.667

XIII. Haftung der Wohnungseigentümer, Abs. 8 1. Grundsatz a) Unbeschränkte Haftung neben dem Verband 180 Die teilschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer betrifft Verbindlichkeiten der Ge-

meinschaft.668 Die quotale Haftung bestimmt sich nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile. Die Haftung besteht unmittelbar gegenüber dem einzelnen Gläubiger, also nicht nur subsidiär. Der Gläubiger kann eine Klage sowohl gegen die Eigentümergemeinschaft als auch gegen einzelne Wohnungseigentümer, bei diesen allerdings beschränkt auf ihre Beteiligungsquote, richten. Hierdurch soll u.a. auch die Eintragung von Bauhandwerkersicherungshypotheken ermöglicht werden.669 Da die einzelnen Einheiten aber im Eigentum der Wohnungseigentümer stehen, bedarf es zu diesem Zwecke eines Vollstreckungstitels gegen diese. Ein Titel gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft genügt hierfür nicht. Die einzelnen Wohnungseigentümer haften nicht als Gesamtschuldner, sodass sie im Falle einer Inanspruchnahme i.H. ihrer Beteiligungsquote keinen Ausgleich bei den übrigen Wohnungseigentümern suchen können. Mit dem Verband haften sie aber als Gesamtschuldner. Die Haftung des Wohnungseigentümers geht sogar über die Gesamtschuldnerhaftung nach § 425 BGB hinaus. Sofern bestimmte Tatsachen wie der Verzug nur gegen den Gesamtschuldner wirken, in dessen Person sie eintreten, geht § 10 Abs. 8 WEG als Spezialregelung hierüber hinaus. Die Haftung für Verbindlichkeiten des Verbandes tritt nämlich nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift auch dann ein, wenn sich der einzelne Wohnungseigentümer nicht in Verzug befindet. In der Praxis genügt also die Inverzugsetzung des Verbandes. Die Regelung des § 10 Abs. 8 WEG kann, da sie nicht das Innenverhältnis der Wohnungeigentümer im Sinne des § 10 Abs. 3, sondern das Außenverhältnis betrifft, auch in der Gemeinschaftsordnung nicht abbedungen werden.670 b) Beschränkung auf das Außenverhältnis 181 Der Anspruch aus § 10 Abs. 8 WEG gegen die Wohnungseigentümer steht nur Dritten zu.

Ein Wohnungseigentümer, der für seine Gemeinschaft Kosten verauslagt hat, kann die Miteigentümer nicht aus § 10 Abs. 8 WEG in Anspruch nehmen. Denn damit würde die vorrangige Beschlussfassung der Eigentümer umgangen.671 Er muss auch bei Maßnahmen der

665 666 667 668 669 670 671

AG Pinneberg v. 30.1.2018 – 60 C 21/17, ZMR 2018, 463 f. BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, ZMR 2018, 234 (236). BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, ZMR 2018, 234 (236). Grundlegend Armbrüster, ZWE 2005, 369; Briesemeister, NZM 2007, 225; Deckert, NZM 2004, 523. BT-Drucks. 16/887, 66. BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, ZMR 2018, 234 (236). LG Frankfurt v. 2.6.2015 – 2 – 13 S 2/15; IMR 2015, 290 = ZMR 2015, 782; Riecke/Schmid/Lehmann-Richter, WEG, 4. Aufl. 2015 § 10 Rz. 370; ähnlich für Bereicherungsansprüche BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, MietRB 2016, 74 = ZMR 2016, 210 (213).

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XIII. Haftung der Wohnungseigentümer, Abs. 8 | Rz. 184 § 10

Notgeschäftsführung oder der Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den teilrechtsfähigen Verband vorgehen. Anderes kann nur gelten, wenn er der Eigentümergemeinschaft gegenübertritt wie ein Dritter, etwa als Rechtsanwalt, der den teilrechtsfähigen Verband vertreten hat. So, wie in diesen Fällen keine Streitigkeit nach § 43 Nr. 2 WEG vorliegt, kann auch die Be- 182 schränkung aus § 10 Abs. 8 WEG auf Drittforderungen mangels gemeinschaftsbezogener Forderung nicht durchgreifen. Eine weitere Ausnahme ist bei ausgeschiedenen Wohnungseigentümern geboten. Denn dieser kann weder auf eine Beschlussfassung hinwirken noch eine solche gerichtlich ersetzen lassen. Ihm müsste der Rückgriff über § 10 Abs. 8 WEG daher offenstehen. c) Keine gesamtschuldnerische Haftung Der einzelne Wohnungseigentümer haftet akzessorisch nur quotal entsprechend seinen Mit- 183 eigentumsanteilen für die Verbindlichkeiten der Eigentümergemeinschaft. Damit kommt es grundsätzlich im Innen- und im Außenverhältnis zu einem Gleichlauf der Haftung (vgl. § 16 Abs. 2). Der Wohnungseigentümer haftet auch dann nur quotal, wenn die Eigentümergemeinschaft nicht mit hinreichenden Finanzmitteln ausgestattet wurde oder kein beschlossener Wirtschaftsplan existiert. Entgegen der vom BGH im Beschluss vom 2.6.2005 geäußerten Auffassung sah der Gesetzgeber auch auf Sekundärebene keine gesamtschuldnerische Haftung vor. Dies folgt aus Abs. 8 Satz 4, wonach die Haftung eines Wohnungseigentümers wegen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung ebenfalls auf die Quote beschränkt ist. Durch die neuen Regeln in § 16 Abs. 3 und 4 oder Kostentragungsregeln in der Gemeinschaftsordnung kann allerdings der Gleichlauf von Innen- und Außenhaftung abgeändert werden. So können beispielsweise die Wohnungseigentümer mit qualifizierter Mehrheit beschließen, dass die Instandsetzungsmaßnahme in einem Haus einer Mehrhausanlage nur von den Wohnungseigentümern des betreffenden Hauses zu tragen ist. Ähnliche Regelungen finden sich häufig in den Gemeinschaftsordnungen. Dann entsteht eine Diskrepanz zwischen der Haftung im Außenverhältnis und der Zahlungsverpflichtung im Innenverhältnis. Obwohl die Wohnungseigentümer im Innenverhältnis von einer Leistungspflicht befreit sein können, haften sie aber im Außenverhältnis nach § 10 Abs. 8 WEG nur im Verhältnis ihres Miteigentumsanteils. d) Unbeschränkte Nachschusspflicht außerhalb der Haftung nach § 10 Abs. 8 WEG Allerdings ist der Gläubiger nicht auf die quotale Inanspruchnahme der einzelnen Wohnungs- 184 eigentümer beschränkt. Da er die umfassende Vollstreckung in alle Vermögenswerte des Verbandes betreiben, insbesondere all dessen Konten pfänden und sich jeweils das Tagesguthaben überweisen lassen kann, wird die Gemeinschaft vom Zahlungsverkehr abgeschnitten. Folglich kann sie ihren Bedarf etwa an Wasser, Strom, Brennstoffen, Müllentsorgung etc. nicht mehr finanzieren und wird zumindest mittelfristig unbewohnbar. In dieser Situation müssen sich die Wohnungseigentümer des lästigen Gläubigers entledigen, was nur durch seine Befriedigung mittels Sonderumlage zu bewerkstelligen ist.672 Da diese aber nur von den zahlungskräftigen Miteigentümern aufgebracht werden kann, droht auf diesem Wege eine unbegrenzte Zahlungspflicht unabhängig von den Miteigentumsanteilen nach § 10 Abs. 8 WEG.673

672 Abramenko, ZMR 2005, 586; Bub, NZM 2006, 845 f. 673 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NotBZ 2016, 135 = MDR 2015, 1355 = MietRB 2015, 362 = ZMR 2016, 49, 50 Rz. 15 f.

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§ 10 Rz. 185 | Allgemeine Grundsätze e) Altfälle 185 Für sog. Altfälle kommt eine Haftung der Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht in Be-

tracht. Die gesamtschuldnerische Haftung hat der BGH verneint674 und die teilschuldnerische Haftung gem. § 10 Abs. 8 ist nicht rückwirkend anzuwenden.675 Allerdings kann im Vertrag mit einem Dritten die gesamtschuldnerische Haftung vereinbart werden. Dazu bedarf es einer klaren und eindeutigen Haftungsregelung.676 f) Eigentümerstellung 186 Die Haftung aus § 10 Abs. 8 WEG trifft, sofern das Grundbuch nicht unrichtig ist, die dort

eingetragenen Wohnungseigentümer. Der Rücktritt vom Kaufvertrag ändert hieran nichts, da er keine Rückwirkung hat.677 Anderes gilt für die Anfechtung des Kaufvertrages, da sie die Willenserklärung ex tunc beseitigt.678 Ausnahmsweise kann auch im Falle des Eigentümerwechsels zwischen Veräußerer und Erwerber ein Gesamtschuldnerverhältnis entstehen. Beide können für den gleichen quotalen Anteil der Gemeinschaftsverbindlichkeiten (Außenverhältnis) haften, wenn die Verbindlichkeit während der Zugehörigkeit des Veräußerers zur Gemeinschaft entstanden und nach dem Eigentumswechsel fällig geworden ist, Abs. 8 Satz 1. Im Ergebnis kann der Gläubiger in diesen Fällen auf zwei Schuldner zurückgreifen.679 Die Nachhaftung des alten Eigentümers ist allerdings auf fünf Jahre nach Eigentumsumschreibung begrenzt, was aus dem Verweis auf § 160 HGB folgt. In der Regel wird aber die kürzere Verjährungsfrist des § 195 BGB (drei Jahre) greifen. Der Verweis auf § 160 HGB bewirkt in erster Linie, dass eine fünfjährige Nachhaftung für Dauerschuldverhältnisse begründet wird. So kann der ausscheidende Wohnungseigentümer beispielsweise noch für Hausmeistervergütungen haften, die erst nach seinem Ausscheiden fällig werden, wenn der Hausmeistervertrag schon während seiner Zugehörigkeit zur Eigentümergemeinschaft abgeschlossen wurde. Eine volle fünfjährige Haftung für das Verwalterhonorar käme hingegen nur dann in Betracht, wenn der Verwalter noch vor der Eigentumsumschreibung für fünf Jahre bestellt wird. Die spätere Wiederwahl des Verwalters hat dann auf den ausgeschiedenen Wohnungseigentümer keinen Einfluss mehr. 187 Die Frist für die Enthaftung beginnt mit der Grundbucheintragung zu laufen. Die Enthaftung

tritt nicht ein, wenn der Gläubiger ein rechtskräftiges Urteil, einen Schiedsspruch oder einen vollstreckbaren Titel gegen den betreffenden Wohnungseigentümer erlangt. Darüber hinaus ist die Verjährungshemmung der §§ 203 ff. BGB zu beachten.

2. Einwendungen des Wohnungseigentümers 188 Nach Abs. 8 Satz 2 kann sich der einzelne Wohnungseigentümer im Außenverhältnis gegen-

über Dritten nicht auf die ihm zustehenden Einwendungen gegenüber der Eigentümergemeinschaft berufen. Im Verhältnis gegenüber einem Gläubiger ist daher unerheblich, ob der Wohnungseigentümer seine Beitragspflicht erfüllt, sprich, regelmäßig sein Wohngeld und seine Anteile an etwaigen Sonderumlagen geleistet hat.680 Eigene oder Einwendungen der Ge674 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, NotBZ 2005, 327 = MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547 = NZM 2005, 543 = NJW 2005, 2061. 675 OLG Karlsruhe v. 30.10.2008 – 9 U 5/08, NZM 2009, 247. 676 BGH v. 20.1.2010 – VIII ZR 329/08, NotBZ 2010, 139 = MDR 2010, 620 = MietRB 2010, 112 = NZM 2010, 284 = NJW 2010, 932. 677 LG Flensburg v. 2.2.2018 – 2 O 123/15, ZMR 2018, 428 (429). 678 LG Flensburg v. 2.2.2018 – 2 O 123/15, ZMR 2018, 428 (429). 679 BT-Drucks. 16/3843, 38. 680 BT-Drucks. 16/887, 66.

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XIII. Haftung der Wohnungseigentümer, Abs. 8 | Rz. 193 § 10

meinschaft gegen die geltend gemachte Forderung kann der Wohnungseigentümer ausweislich des ausdrücklichen Wortlauts des Abs. 8 Satz 2 hingegen sehr wohl geltend machen. Er kann sich daher auf das Erlöschen der Forderung durch Erfüllung, Erfüllungssurrogate oder die fehlende Durchsetzbarkeit der Forderung, z.B. wegen Verjährung oder Mangelhaftigkeit, berufen. Kann die Gemeinschaft aufrechnen, anfechten oder andere Gestaltungsrechte geltend machen, kann dies auch der einzelne Wohnungseigentümer. Ebenso ist es zulässig, ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben, wenn der Wohnungseigentümer aus einem eigenen Rechtsverhältnis zum Gläubiger Gegenansprüche besitzt. Gleichermaßen kann er dann aufrechnen.

3. Innenausgleich Durch die unmittelbare Haftung des Wohnungseigentümers i.H. seiner Beteiligungsquote im 189 Außenverhältnis ist die Frage der Forderungspfändung nicht vollkommen obsolet geworden. Bei einem Titel gegen die Eigentümergemeinschaft kann der Gläubiger weiterhin Wohngeldforderungen der Gemeinschaft gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer pfänden. Sind in einer Eigentümergemeinschaft mehrere Wohnungseigentümer zahlungsunfähig, kann eine solche Forderungspfändung dazu führen, dass die Eigentümergemeinschaft überhaupt nicht mehr mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet wird. Die zahlungsfähigen Wohnungseigentümer sehen sich dann einer faktischen Doppelinanspruchnahme ausgesetzt. Sie zahlen im Rahmen der Forderungspfändung das laufende Wohngeld an den Gläubiger und werden dann diese Beträge im Innenverhältnis nochmals entrichten müssen, wenn sie die ordnungsmäßige Bewirtschaftung des Objektes aufrechterhalten wollen. Die gleiche Problematik kann entstehen, wenn ein Wohnungseigentümer sein laufendes Wohn- 190 geld entrichtet hat und dann quotal im Rahmen der Außenhaftung in Anspruch genommen wird. Auch der Gesetzgeber sieht diese Gefahr der Doppelzahlung und schlägt vor, dass der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer den an die Gemeinschaft gezahlten Betrag von den anderen Wohnungseigentümern zurückverlangen könne.681 Allerdings ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Rechtsgrund- 191 lage dies geschehen soll. Die zusätzliche Belastung des Wohnungseigentümers kann jedenfalls nicht über einen Gesamtschuldnerinnenausgleich (§ 426 BGB) gelöst werden, da eine solche Gesamtschuldnerschaft gerade nicht besteht. Jeder Wohnungseigentümer haftet nur für seinen Anteil quotal. Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag scheitert daran, dass der einzelne Wohnungseigentümer mit der Leistung an den Gläubiger eine eigene Verbindlichkeit erfüllt, nämlich seine anteilige Haftung. Richtigerweise ist daher der Anspruch nicht gegen die übrigen Wohnungseigentümer, son- 192 dern gegen den rechtsfähigen Verband zu richten.682 Dieser hat das Wohngeld empfangen und ist andererseits durch die Zahlung des Wohnungseigentümers an den Gläubiger von einer Schuld befreit worden. Bei einer Inanspruchnahme nach § 10 Abs. 8 WEG wird für den Ausgleich gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft § 110 HGB analog herangezogen.683 Ebenso kann der Wohnungseigentümer in Höhe der quotalen Inanspruchnahme gegenüber dem Verband den Gesamtschuldnerinnenausgleich nach § 426 BGB suchen. Eine Aufrechnung dieses Betrags mit seiner laufenden Wohngeldverpflichtung kann der Woh- 193 nungseigentümer allerdings i.d.R. nicht vornehmen. Im Wohnungseigentumsrecht ist aner-

681 BT-Drucks. 16/3843, 47. 682 OLG Hamm v. 8.10.2007 – 15 W 385/06, MDR 2008, 558 = MietRB 2008, 111 f. = ZMR 2008, 228; AG Charlottenburg v. 15.6.2011 – 72 C 141/10, ZWE 2011, 468; Abramenko, Das neue WEG, § 6 Rz. 26. 683 KG v. 24.11.2009 – 24 W 18/08, MietRB 2010, 77 = ZMR 2010, 391.

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§ 10 Rz. 193 | Allgemeine Grundsätze kannt, dass die Wohnungseigentümer mit ihrer Wohngeldverpflichtung nicht aufrechnen können, damit die Zahlungsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft aufrechterhalten bleibt. Nur für anerkannte oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen sowie allenfalls wegen Ansprüchen aus Notgeschäftsführung wird die Aufrechnung zugelassen.684 Der Anspruch aus Notgeschäftsführung kommt in Betracht, wenn der Wohnungseigentümer vom Gemeinschaftseigentum einen unmittelbar drohenden Schaden abwendet.685 Gleichgestellt sind auch aufrechenbare Erstattungsansprüche wegen Bezahlung von gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten gegenüber Versorgungsträgern, wenn die Einstellung der Belieferung mit Gas, Wasser oder Elektrizität droht.686 Über die eindeutigen und im Außenverhältnis der Eigentümergemeinschaft unstreitigen Ausnahmen hinaus muss die Aufrechnung ausgeschlossen bleiben, um sicherzustellen, dass der Wohnungseigentümer nicht voreilig an den Gläubiger zahlt und sich im Nachhinein herausstellt, dass der Anspruch nicht oder nicht in dieser Höhe bestand. Wird die Forderung des Dritten, die der Wohnungseigentümer ausgleicht, von der Eigentümergemeinschaft bestritten, muss er den Verband verklagen. Erhält er sodann einen Zahlungstitel gegen den Verband, ist die Forderung rechtskräftig festgestellt, so dass der Wohnungseigentümer nunmehr mit seinen laufenden Wohngeldverpflichtungen aufrechnen kann. Er kann aber trotz eines bestehenden Titels nicht bei der Wohnungseigentümergemeinschaft Sachen pfänden, wie z.B. den Rasenmäher oder die Kehrmaschine. Dies würde bewirken, dass das Objekt nicht mehr ordnungsgemäß gepflegt und bewirtschaftet werden kann. Analog § 811 ZPO muss hinsichtlich dieser Sachen von einem Pfändungsverbot ausgegangen werden. 194 Allerdings kann der Wohnungseigentümer aus einem Titel gegen den Verband auch die Wohn-

geldansprüche des Verbands gegen seine Miteigentümer pfänden. Dadurch kommt es nicht zu einem Gesamtschuldnerausgleich zwischen den Wohnungseigentümern, da die anderen Wohnungseigentümer mit schuldbefreiender Wirkung das Wohngeld nicht an den Verband, sondern an den pfändenden Miteigentümer zahlen. Dies ist die Zahlung eines anderen Betrags im Rahmen der Pfändung und kein Innenausgleich. 195 Ist der Betrag anerkannt oder durch Titel festgestellt worden, kann der Wohnungseigentümer

gegenüber dem Verband sofort aufrechnen und muss nicht erst die Jahresabrechnung abwarten.687 Der Verweis auf die Jahresabrechnung verfängt deshalb nicht, weil der aufzurechnende Betrag gerade nicht von der Eigentümergemeinschaft gezahlt wurde. Die Gemeinschaft hat den vom Gläubiger geltend gemachten quotalen Anteil nicht geleistet. Die Jahresabrechnung kann aber nur über gezahlte Beträge abrechnen. Andernfalls würde ein Systembruch stattfinden und in der Jahresabrechnung auch Verbindlichkeiten umgelegt werden (vgl. hierzu § 28 Rz. 90). Noch offene Verbindlichkeiten kommen aber nicht in der Kostenverteilung zum Ansatz. 196 Bei der Zwangsvollstreckung gegen die Eigentümergemeinschaft ist auch die Abgabe der Ei-

desstattlichen Versicherung denkbar, die stellvertretend durch den Verwalter abzugeben ist.688

684 OLG Stuttgart v. 24.1.1989 – 8 W 248/88, NJW-RR 1989, 841; KG v. 15.9.1995 – 24 W 5988/94, NJW-RR 1996, 465; KG v. 29.5.2002 – 24 W 185/01, MDR 2002, 1186 = WuM 2002, 391 = ZWE 2002, 363 = NZM 2003, 686. 685 OLG Hamburg v. 16.11.2006 – 2 Wx 35/05, ZMR 2007, 129; AG Hamburg v. 19.10.2011 – 102d C 91/10, ZMR 2012, 303; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 16. 686 KG v. 29.3.1995 – 24 W 4812/94, NJW-RR 1995, 975; KG v. 29.5.2002 – 24 W 185/01, MDR 2002, 1186 = NZM 2003, 686. 687 So aber Abramenko, Das neue WEG, § 6 Rz. 26 unter Verweis auf OLG Hamm v. 8.5.1998 – 15 W 83/98, NZM 1999, 180 sowie KG v. 6.2.1989 – 24 W 6754/88, MDR 1989, 742 = WE 1989, 138. 688 LG Aurich v. 26.7.2010 – 4 T 237/10, ZWE 2011, 41; bestätigt durch BGH v. 22.9.2011 – I ZB 61/ 10, MietRB 2012, 75 = MDR 2012, 370 f. = WuM 2012, 271.

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XIII. Haftung der Wohnungseigentümer, Abs. 8 | Rz. 199 § 10

4. Besonderheiten der kommunalen Haftung a) Regelfall: Öffentlich-rechtliche Anknüpfung an die Eigentümerstellung aa) Bestimmung des Schuldners durch Landesrecht Bei öffentlich-rechtlichen Beiträgen stellt sich die Frage, wer deren Schuldner ist. Wie bereits 197 der Begriff der Teilrechtsfähigkeit verdeutlicht, wird der Eigentümergemeinschaft keine umfassende Rechtsfähigkeit zuerkannt, sondern nur insoweit, als sie am Rechtsverkehr teilnimmt. Eine Teilnahme am Rechtsverkehr ist aber nicht nur dann gegeben, wenn die Eigentümergemeinschaft selbst an Dritte herantritt und im eigenen Namen Verträge abschließt. Vielmehr tritt die Eigentümergemeinschaft auch dann im Außenverhältnis auf, wenn sie durch gesetzliche Regelungen oder durch sonstiges – auch hoheitliches – Handeln in Anspruch genommen wird.689 Die Stellung als Abgabenschuldner hängt daher davon ab, welche Voraussetzungen das jewei- 198 lige Abgabenrecht vorsieht. Für die Erhebung kommunaler Beiträge und Abgaben ist der Landesgesetzgeber zuständig, so dass es zu unterschiedlichen Ausgestaltungen des Haftungssystems kommen kann. Regelmäßig wird die Abgabenpflicht für Beiträge und Gebühren aber an die Eigentümerstellung geknüpft. Z.T. wird dies ausdrücklich in den Landesgesetzen bestimmt (z.B. Art. 5 Abs. 6 Satz 1 BayKAG), teilweise aber auch erst in der aufgrund einer Ermächtigung erlassenen Satzung (vgl. §§ 2 Abs. 1, 8 Abs. 9 KAG NRW). In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob die Eigentümergemeinschaft als (Grundstücks-)Eigen- 199 tümer anzusehen ist. Dies hat der BGH in seiner Entscheidung vom 2.6.2005 ausdrücklich abgelehnt, indem er ausführt, dass die Eigentümergemeinschaft durch die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit nicht insgesamt zu einem Gebilde wird, an dem die Wohnungseigentümer nur noch in Form verdinglichter Miteigentumsanteile partizipieren.690 Er stellt zudem unmissverständlich klar, dass das Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum als echtes Eigentum ausschließlich in den Händen der Miteigentümer verbleiben und damit nicht Bestandteil des Vermögens der Eigentümergemeinschaft wird.691 Zum gemeinschaftlichen Eigentum zählt jedoch gerade das Grundstück, auf dem die im Sondereigentum stehenden Räume errichtet worden sind (vgl. § 5 Rz. 22). Anders als bei einer (Außen-)GbR,692 die auch Grundstückseigentümerin sein kann, scheidet die Eigentümergemeinschaft mangels Rechtsinhaberschaft als Abgabenschuldner aus.693 Im Bereich des kommunalen Abgabenrechts bleiben daher auch nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit die einzelnen Wohnungseigentümer Abgabenschuldner.694 Dies gilt nur dann nicht, wenn die Eigentümergemeinschaft selbst Sondereigentum erworben hat (Rz. 91 ff.). In diesen Fällen haftet sie als Eigentümerin auch als Abgabenschuldner.

689 Zieglmeier, MietRB 2006, 337. 690 So aber Junker, Die Gesellschaft nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 1993, S. 73 ff.; a.A. Derleder, PiG 63, 29, 33. 691 Vgl. auch KG v. 29.9.2006 – 7 U 251/05, MietRB 2007, 94 = ZMR 2006, 67. 692 S. zur Rechtsfähigkeit der GbR, BGH v. 25.9.2006 – II ZR 218/05, NotBZ 2007, 21 = MDR 2007, 284 = BB 2006, 2516; neuerdings wird teilweise auch die Grundbuchfähigkeit anerkannt, BGH v. 4.12.2008 – V ZB 74/08, NotBZ 2009, 98 = MDR 2009, 274 = NJW 2009, 594; OLG Stuttgart v. 9.1.2007 – 8 W 223/06, NotBZ 2007, 105 = NZM 2007, 262; a.A. BayObLG v. 31.10.2002 – 2Z BR 70/02, MDR 2003, 163 = NJW 2003, 70; BayObLG v. 4.9.2003 – 2Z BR 162/03, NJW-RR 2004, 810; v. 8.9.2004 – 2Z BR 139/04, NotBZ 2004, 433 = NJW-RR 2005, 43; OLG Celle v. 13.3.2006 – 4 W 47/06, NotBZ 2006, 433 = NJW 2006, 2194. 693 Zieglmeier, MietRB 2006, 337; i.E. ebenso Dabringhausen, GH 2006, 206 f. 694 So auch VG Düsseldorf v. 3.9.2009 – 12 K 881/08, ZMR 2010, 327.

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§ 10 Rz. 200 | Allgemeine Grundsätze bb) Quotale Haftung 200 Hinsichtlich der Haftung der Wohnungseigentümer für Kommunalabgaben wurden in eini-

gen Bundesländern besondere Regelungen geschaffen, nämlich dass „die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil beitragspflichtig“ sind (so u.a. §§ 7 Abs. 8 Satz 2 TKAG, 6 Abs. 8 Satz 3 NKAG).695 Hierdurch wird zunächst noch einmal bestätigt, dass Abgabenschuldner die einzelnen Wohnungseigentümer sind und nicht die Eigentümergemeinschaft selbst. Zum anderen wird die Haftung ähnlich § 10 Abs. 8 Satz 1 auf die Quote des Wohnungseigentümers an den Miteigentumsanteilen beschränkt. Steht der Miteigentumsanteil mehreren Personen zu, haften diese für die jeweilige Abgabenschuld als Gesamtschuldner.696 cc) Gesamtschuldnerische Haftung

201 Knüpfen die Landesgesetze die Stellung als Abgabenschuldner an die Eigentümerstellung und

bestimmen keine lediglich quotale Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer (entsprechende Regelungen fehlen u.a. im HKAG und KAG NW), haften sie im Außenverhältnis als Gesamtschuldner, und zwar jeder auf den vollen Betrag. Dies gilt erst recht, wenn das Landesgesetz697 oder die kommunale Satzung698 eine gesamtschuldnerische Haftung vorsieht. Die Kommune kann nach ihrer Wahl den vollen Betrag von jedem Wohnungseigentümer verlangen.699 Andererseits wird die gesamtschuldnerische Haftung nicht schon durch den öffentlich-rechtlichen Anschluss- und Benutzungszwang begründet.700 Allerdings müssen Bescheide eindeutig adressiert sein. Ist dieser an die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet, haftet auch nur diese ohne dass die einzelnen Mitglieder in Anspruch genommen werden können.701 b) Ausgleich von Zahlungen für Miteigentümer 202 Wird ein Wohnungseigentümer für kommunale Abgaben der anderen Miteigentümer in An-

spruch genommen, so kann er keinen Ausgleich vom Verband analog § 110 HGB verlangen, da er ja gerade keine Verbindlichkeit des Verbandes erfüllt. Der BGH zieht hier als Anspruchsgrundlage für den Ausgleich seiner Zahlungen abzüglich seines Miteigentumsanteils § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1 WEG heran.702 Denn die Abgabenschuld begründet im Innenverhältnis eine gemeinschaftsbezogene Pflicht im Sinne von § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1 WEG, die von der Gemeinschaft wahrzunehmen ist. Daran ändert sich nicht deswegen etwas, weil nur ein Wohnungseigentümer durch einen Bescheid in Anspruch genommen wird. Beitragspflichtig sind nämlich alle Eigentümer des Grundstücks als Gesamtschuldner. Deshalb hat der teilrechtsfähige Verband den Ausgleich im Innenverhältnis vorzunehmen, ohne dass ihm insoweit ein Er695 Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 36. Erg. Lfg. Stand März 2007, § 8 Rz. 64. 696 OVG Hamburg v. 24.10.2003 – I Bf 265/03, DVBI. 2004, 1049. 697 BGH v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, MDR 2010, 1083 = MietRB 2010, 327 = ZWE 2010, 364 = NZM 2010, 672 für NW – KAG v. 18.6.2009 – VII ZR 196/08, NotBZ 2009, 365 = MDR 2009, 1034 = MietRB 2009, 260 = ZWE 2009, 373 = NJW 2009, 2521; OVG Sachsen – Anhalt v. 5.3.2009 – 4 M 448/08, ZWE 2009, 277; VG Gera v. 23.3.2010 – 2 E 121/10 Ge, ZWE 2010, 294. 698 OVG Münster v. 19.8.2013 – 9 E 398/13, ZWE 2013, 470; VG Gelsenkirchen v. 16.9.2009 – 13 K 711/08, ZMR 2010, 410. 699 VGH Mannheim v. 4.10.2005 – 2 S 995/05, ZMR 2006, 818; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 36. Erg. Lfg. Stand März 2007, § 8 Rz. 66. 700 KG v. 12.2.2008 – 27 U 36/07, NotBZ 2008, 345 = MDR 2008, 967 = MietRB 2008, 141 = ZMR 2008, 557; a.A. KG v. 8.2.2007 – 22 U 79/06, ZMR 2008, 556. 701 OVG Lüneburg v. 1.7.2010 – 9 ME 15/10, ZWE 2010, 426. 702 BGH v. 14.2.2014 – V ZR 100/13, MDR 2014, 397 = MietRB 2014, 103 = ZMR 2014, 557; BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, MietRB 2016, 74 = ZMR 2016, 210, 213.

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XIII. Haftung der Wohnungseigentümer, Abs. 8 | Rz. 204 § 10

messen zustände. Denn § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG hat die Erfüllung gemeinschaftsbezogener Pflichten der Gemeinschaft zugeordnet. Nur dies ermöglicht auch eine praktikable Abwicklung. Ansonsten müsste der durch Bescheid in Anspruch genommene Wohnungseigentümer alle anderen Wohnungseigentümer einzeln zur Zahlung auffordern und bei Zahlungsausfällen auch noch die nach § 426 Abs. 1 S. 2 BGB anfallenden Erhöhungsbeträge nachfordern. Hingegen verfügt die Wohnungseigentümergemeinschaft über ein hinreichendes Finanz- und Rechnungswesen, um derartige Zahlungen transparent abzuwickeln. c) Teilrechtsfähiger Verband als Schuldner von Abgaben und Gebühren Fehlt es an landesrechtlichen Vorgaben hinsichtlich des Abgabenschuldners und ist dieser erst 203 in der aufgrund der Landesgesetze ergehenden Satzung zu bestimmen, kann auch die Eigentümergemeinschaft als Abgabenschuldner in der betreffenden Satzung vorgesehen werden.703 Die steuerliche oder abgabenrechtliche Inanspruchnahme (teil-)rechtsfähiger Verbände ist vollkommen üblich, so dass kein Grund ersichtlich ist, weshalb dies für die Eigentümergemeinschaft generell nicht in Betracht kommen sollte. Ebenso ist der Bescheid an den Verband zu richten, wenn die Satzung eine einheitliche Gebührenfestsetzung für das Gesamtgrundstück vorsieht.704

5. Versorgungsleistungen Schuldner für die Bezahlung der Lieferungen von Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme 204 ist der Vertragspartner des Versorgungsunternehmens. Hierbei handelt es sich um privatrechtlich vereinbarte Entgelte und nicht um öffentliche Abgaben. Hat also die Eigentümergemeinschaft diesen Vertrag abgeschlossen, wovon i.d.R. auszugehen ist,705 schuldet sie auch das vertraglich vereinbarte Entgelt. Fraglich ist aber die Person des Schuldners, wenn durch die Entnahme von Leistungen aus dem Verteilernetz eines Versorgungsunternehmens konkludent ein Vertragsschluss zustande kommt (z.B. §§ 2 Abs. 1 Satz 2 AVBWasserV, 2 Abs. 2 AVBEltV). Stellt ein Versorgungsunternehmen Leistungen zur Entnahme aus einem Versorgungsnetz zur Verfügung, stellt dies regelmäßig ein Vertragsangebot in Form einer Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages dar.706 Der BGH hatte zunächst angenommen, dass der Vertrag mit dem Grundstückseigentümer zustande komme.707 Dies waren somit die Wohnungseigentümer. Seine Auffassung hat der BGH jedoch aufgegeben.708 Nun vertritt er die Auffassung, dass der Vertrag mit dem Verband geschlossen wurde, was auch für Altfälle gelte, die vor der Rechtsfähigkeitsentscheidung des BGH vom 2.6.2005709 zustande kamen. Insoweit soll kein Vertrauensschutz gelten, da eine Änderung der Rechtsprechung nicht zu unbilligen und unzumutbaren Härten führen würde. Daraus folgt aber gleichzeitig, dass die Wohnungseigentümer grundsätzlich gegenüber den Versorgern nicht gesamtschuldnerisch haften.710 Etwas anderes kann gelten, wenn der Vertrag einschließlich seiner AGB ausdrück-

703 704 705 706 707 708

Ebenso Zieglmeier, MietRB 2006, 337 (339). OVG Bautzen v. 29.10.2012 – 5 B 329/12, ZWE 2013, 145 für das SächsStrG. BGH v. 19.7.2013 – V ZR 109/12, ZWE 2014, 25 = MietRB 2014, 144. BGH v. 17.3.2004 – VIII ZR 95/03, MietRB 2004, 323 = NZM 2004, 425. BGH v. 30.4.2003 – VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131. BGH v. 7.3.2007 – VIII ZR 125/06, NotBZ 2007, 176 = MDR 2007, 899 = MietRB 2007, 143 = NZM 2007, 363; v. 19.7.2013 – V ZR 109/12, MietRB 2014, 144 = ZWE 2014, 25. 709 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, NotBZ 2005, 327 = MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547. 710 A.A. KG v. 29.9.2006 – 7 U 251/05, MietRB 2007, 94 = ZMR 2006, 67, das noch eine gesamtschuldnerische Haftung annahm.

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§ 10 Rz. 204 | Allgemeine Grundsätze lich eine gesamtschuldnerische Haftung vorsieht.711 Dazu muss die haftungsbegründende Regelung aber eindeutig und klar sein.712 Wird aus einer solchen gesamtschuldnerischen Haftung ein Wohnungseigentümer in Anspruch genommen, kann er vom Verband Freistellung verlangen.713

§ 11 Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (1) Kein Wohnungseigentümer kann die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Dies gilt auch für eine Aufhebung aus wichtigem Grund. Eine abweichende Vereinbarung ist nur für den Fall zulässig, dass das Gebäude ganz oder teilweise zerstört wird und eine Verpflichtung zum Wiederaufbau nicht besteht. (2) Das Recht eines Pfändungsgläubigers (§ 751 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) sowie das im Insolvenzverfahren bestehende Recht (§ 84 Abs. 2 der Insolvenzordnung), die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, ist ausgeschlossen. (3) Ein Insolvenzverfahren über das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft findet nicht statt. I. Bedeutung der Vorschrift . . . . . . . . . . . 1 II. Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (§ 11 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1. Wohnungseigentümer als Normadressat 2 a) Erfasste Anspruchsteller . . . . . . . . . . 2 b) Erfasste Anspruchsgegner . . . . . . . . . 3 2. Gegenstand der Unauflöslichkeit . . . . . . 4 a) Weder teilrechtsfähiger Verband noch Bruchteilseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 b) Ziel des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3. Von § 11 Abs. 1 Satz 1 unmittelbar erfasste Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . 6 a) Verlangen der Aufhebung . . . . . . . . . 6 aa) Anlehnung an das Recht der Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) . 6 bb) Einseitiges Verlangen . . . . . . . . . 7 cc) Kein Ausschluss der einvernehmlichen Aufhebung . . . . . . . 8 b) Ausdehnung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes . . . . . . . . . . . . . . . 9 aa) Besonderheit der Vorschrift . . . 9 bb) Ausgleich der Unaufhebbarkeit durch das Entziehungsverfahren 10 4. Vom Rechtsgedanken erfasste und nicht erfasste Beendigungstatbestände . . . . . . 11

a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bedingung und Befristung . . . . . . . . d) Schuldrechtliche Regelung von Beendigungstatbeständen . . . . . . . . . e) Einseitige Aufhebung durch Eigentumsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beseitigung eines isolierten Miteigentumsanteils . . . . . . . . . . . . . . . . g) Vereinigung aller Einheiten in einer Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Abweichende Vereinbarungen . . . . . . . . a) Ausschluss abweichender Vereinbarungen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 . . b) Abänderung nach § 242 BGB und § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG . . . . . . . . . . aa) Ansprüche aus § 242 BGB . . . . . bb) Ansprüche aus § 10 Abs. 2 S. 3 . III. Vereinbarungen bei (teilweiser) Zerstörung des Gebäudes . . . . . . . . . . . 1. Dispositive Gesetzeslage . . . . . . . . . . . . . a) Fortbestehen von Sonder- und Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . . b) Wiederaufbaupflicht nach § 22 Abs. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 12 13 14 15 16 17 18 18 19 19 20 21 21 21 22

711 KG v. 8.2.2007 – 22 U 79/06, ZMR 2008, 556. 712 BGH v. 20.1.2010 – VIII ZR 329/08, NotBZ 2010, 139 = MDR 2010, 620 = MietRB 2010, 112 = NZM 2010, 284. 713 KG v. 24.11.2009 – 24 W 18/08, MietRB 2010, 77 = ZMR 2010, 391.

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§ 10 Rz. 204 | Allgemeine Grundsätze lich eine gesamtschuldnerische Haftung vorsieht.711 Dazu muss die haftungsbegründende Regelung aber eindeutig und klar sein.712 Wird aus einer solchen gesamtschuldnerischen Haftung ein Wohnungseigentümer in Anspruch genommen, kann er vom Verband Freistellung verlangen.713

§ 11 Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (1) Kein Wohnungseigentümer kann die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Dies gilt auch für eine Aufhebung aus wichtigem Grund. Eine abweichende Vereinbarung ist nur für den Fall zulässig, dass das Gebäude ganz oder teilweise zerstört wird und eine Verpflichtung zum Wiederaufbau nicht besteht. (2) Das Recht eines Pfändungsgläubigers (§ 751 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) sowie das im Insolvenzverfahren bestehende Recht (§ 84 Abs. 2 der Insolvenzordnung), die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, ist ausgeschlossen. (3) Ein Insolvenzverfahren über das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft findet nicht statt. I. Bedeutung der Vorschrift . . . . . . . . . . . 1 II. Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (§ 11 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1. Wohnungseigentümer als Normadressat 2 a) Erfasste Anspruchsteller . . . . . . . . . . 2 b) Erfasste Anspruchsgegner . . . . . . . . . 3 2. Gegenstand der Unauflöslichkeit . . . . . . 4 a) Weder teilrechtsfähiger Verband noch Bruchteilseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 b) Ziel des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3. Von § 11 Abs. 1 Satz 1 unmittelbar erfasste Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . 6 a) Verlangen der Aufhebung . . . . . . . . . 6 aa) Anlehnung an das Recht der Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) . 6 bb) Einseitiges Verlangen . . . . . . . . . 7 cc) Kein Ausschluss der einvernehmlichen Aufhebung . . . . . . . 8 b) Ausdehnung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes . . . . . . . . . . . . . . . 9 aa) Besonderheit der Vorschrift . . . 9 bb) Ausgleich der Unaufhebbarkeit durch das Entziehungsverfahren 10 4. Vom Rechtsgedanken erfasste und nicht erfasste Beendigungstatbestände . . . . . . 11

a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bedingung und Befristung . . . . . . . . d) Schuldrechtliche Regelung von Beendigungstatbeständen . . . . . . . . . e) Einseitige Aufhebung durch Eigentumsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beseitigung eines isolierten Miteigentumsanteils . . . . . . . . . . . . . . . . g) Vereinigung aller Einheiten in einer Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Abweichende Vereinbarungen . . . . . . . . a) Ausschluss abweichender Vereinbarungen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 . . b) Abänderung nach § 242 BGB und § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG . . . . . . . . . . aa) Ansprüche aus § 242 BGB . . . . . bb) Ansprüche aus § 10 Abs. 2 S. 3 . III. Vereinbarungen bei (teilweiser) Zerstörung des Gebäudes . . . . . . . . . . . 1. Dispositive Gesetzeslage . . . . . . . . . . . . . a) Fortbestehen von Sonder- und Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . . b) Wiederaufbaupflicht nach § 22 Abs. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 12 13 14 15 16 17 18 18 19 19 20 21 21 21 22

711 KG v. 8.2.2007 – 22 U 79/06, ZMR 2008, 556. 712 BGH v. 20.1.2010 – VIII ZR 329/08, NotBZ 2010, 139 = MDR 2010, 620 = MietRB 2010, 112 = NZM 2010, 284. 713 KG v. 24.11.2009 – 24 W 18/08, MietRB 2010, 77 = ZMR 2010, 391.

270 | Abramenko

I. Bedeutung der Vorschrift | Rz. 1 § 11 2. Voraussetzungen einer Vereinbarung . . a) Regelungsmöglichkeiten bei (teilweiser) Zerstörung der Baulichkeiten . . b) Zwingende Voraussetzungen einer Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) (Teilweise) Zerstörung des Gebäudes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Verpflichtung zum Wiederaufbau . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine Aufhebung durch Beschluss . . d) Aufhebungsanspruch ohne Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abdingbarkeit von § 11 Abs. 1 Satz 3 letzter Halbs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Analoge Anwendung bei „steckengebliebenem Bau“? . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Vorschläge im Schrifttum . . . . . . b) Möglichkeit des Weiterbaus . . . . . . . c) Unmöglichkeit des Weiterbaus . . . . . IV. Keine Aufhebung durch Pfändungspfandgläubiger und Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nicht erfasste Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gemeinschaft nach einvernehmlicher Aufhebung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . .

23 23 24 24 25 26

V. 1. 2.

27 28 29 29 30 31

32 32 33 33

3.

b) Vereinigung aller Wohnungseigentumsrechte in einer Hand . . . . . . . . . c) Isolierter Miteigentumsanteil und steckengebliebenes Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Unauflösbarkeit des teilrechtsfähigen Verbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . § 11 Abs. 3 in der Systematik des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unabdingbarkeit des teilrechtsfähigen Verbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der teilrechtsfähige Verband als zwingende Folge des Wohnungseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der teilrechtsfähige Verband als notwendiges Bindeglied für den Rechtsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Insolvenzunfähigkeit des Verbandes . . . a) Sinn der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unzulässigkeit eines Insolvenzantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unbegrenzte Zulässigkeit von Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Über das Verwaltungsvermögen hinausgehende Vermögenswerte

34 35 36 36 37

37 38 39 39 40 40 41 42

Schrifttum: Armbrüster, Versicherungsschutz für Wohnungseigentümer und Verwalter, ZMR 2003, 1; Armbrüster, Rechtsfähigkeit und Haftungsverfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft, ZWE 2005, 369; Becker, Die Unauflöslichkeit der Gemeinschaft, WE 1998, 128; Bork, Die Insolvenz der Wohnungseigentümergemeinschaft, ZinsO 2005, 1067; Briesemeister, Die Dereliktion von Wohnungseigentum, ZWE 2007, 218; Demharter, Der Beschluss des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, ZWE 2005, 357; Häublein, Die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft: Auswirkungen auf die persönliche Haftung der Eigentümer und die Insolvenzfähigkeit, ZIP 2005, 1720; Kreuzer, Aufhebung von Wohnungseigentum, NZM 2001, 123; Maroldt, Die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – ein Paradigmenwechsel im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2005, 361.

I. Bedeutung der Vorschrift Der Gesetzgeber hat Wohnungseigentum als „echtes Eigentum“ konzipieren wollen und hier- 1 für in § 5 die neue sachenrechtliche Kategorie des Sondereigentums mehrerer Wohnungseigentümer an den Räumen eines Grundstücks entwickelt. In § 13 Abs. 1 hat er zu diesem Zweck die Befugnisse des Sondereigentümers nach dem Vorbild des § 903 BGB weitgehend dem Alleineigentum nachgebildet. Das neue Sondereigentum benötigte nun noch eine Bestandsgarantie, die gewährleistete, dass es nicht wie das einfache Bruchteilseigentum schon durch das Verlangen eines einzelnen Miteigentümers auseinandergesetzt bzw. im Wege der Teilungsversteigerung verwertet werden konnte. Diese Bestandsgarantie will § 11 Abs. 1, 2 gewährleisten. Im Laufe der Rechtsentwicklung zeigte sich, dass der Umgang Dritter gerade mit großen Wohnungseigentümergemeinschaften, insbesondere die unvermeidlichen Eigentümerwechsel, zu erheblichen praktischen Problemen führten, die mit der Anerkennung der

Abramenko | 271

§ 11 Rz. 1 | Unauflöslichkeit der Gemeinschaft Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft gelöst werden sollten.1 In der Folge kam dem teilrechtsfähigen Verband die Funktion eines unentbehrlichen Bindegliedes zwischen Rechtsverkehr und Wohnungseigentümergemeinschaft zu, die im Falle der Insolvenz bedroht gewesen wäre. Deswegen schloss der Gesetzgeber in dem 2007 neu eingefügten Abs. 3 der Vorschrift ein Insolvenzvermögen über das Verwaltungsvermögen aus, um sicherzustellen, dass der teilrechtsfähige Verband auch auf diesem Wege nicht aufgelöst werden kann.

II. Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (§ 11 Abs. 1) 1. Wohnungseigentümer als Normadressat a) Erfasste Anspruchsteller 2 Die Norm regelt ausdrücklich nur den Fall, dass kein Wohnungseigentümer die Aufhebung

der Gemeinschaft verlangen kann. Dass nur die Wohnungseigentümer als mögliche Anspruchsteller genannt werden, ist wohl der Anlehnung an die Normen des Gemeinschaftsrechts geschuldet. Das Aufhebungsverlangen Dritter findet lediglich in § 11 Abs. 2 für die Spezialfälle der Pfändung und der Insolvenz eine Regelung, also dort, wo dieses Recht aus der Rechtsstellung des Wohnungseigentümers abgeleitet werden könnte. Es kann aber nach dem Sinn der Vorschrift kein Zweifel bestehen, dass auch außerhalb dieser Sonderfälle Dritte nicht die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen können. Was selbst Wohnungseigentümern nicht zugestanden werden kann, kann noch viel weniger Außenstehenden zukommen. Wird ihnen durch Vereinbarung mit den Wohnungseigentümern ein entsprechendes Recht eingeräumt, ist dieser Vertrag jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 1 unwirksam. Dies gilt erst recht, wenn die Gemeinschaftsordnung einem Dritten eine entsprechende Möglichkeit vorbehält. b) Erfasste Anspruchsgegner 3 Mit der Eingrenzung derjenigen, die den Anspruch nicht stellen können, ist auch der Kreis

der möglichen Anspruchsgegner definiert. Die Terminologie, dass kein Wohnungseigentümer die Aufhebung verlangen kann, zeigt, dass § 11 Abs. 1 Satz 1 erst dann anwendbar ist, wenn neben dem teilenden Eigentümer bereits mindestens ein weiterer Wohnungseigentümer existiert. Die bloße Aufteilung nach § 8 und die Begründung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum genügt also noch nicht, selbst wenn die ungeteilte Liegenschaft einer Bruchteilsgemeinschaft gehört und nun sämtliche Einheiten im Eigentum einer Personenmehrheit stehen. Die Eigentümer dieser Bruchteilsgemeinschaft können nach wie vor die Teilungsversteigerung wegen jeder einzelnen Einheit beantragen. Die Unauflöslichkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 1 tritt erst mit der Eintragung des ersten weiteren Wohnungseigentümers neben der teilenden Eigentümergemeinschaft ein. Nach allgemeinen Grundsätzen wird dieser Zeitpunkt vorverlagert, wenn für einen Erwerber aufgrund des wirksamen Erwerbsvertrages eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen wird und er Besitz an der erworbenen Wohnung erlangt. Denn nach den mittlerweile höchstrichterlich anerkannten Grundsätzen der „werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“ wird die Gemeinschaft der Ersterwerber in allen Belangen schon wie die Wohnungseigentümergemeinschaft behandelt.2 Für die Unauflöslichkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 1 kann nichts anderes gelten. Hingegen entsteht nach der

1 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547 (551 ff.). 2 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = ZMR 2008, 805; BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, MDR 2012, 958 = MietRB 2012, 236 f. = ZMR 2012, 711.

272 | Abramenko

II. Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (§ 11 Abs. 1) | Rz. 5 § 11

Teilung gemäß § 3 mit der Eintragung in das Grundbuch die Wohnungseigentümergemeinschaft sofort, ohne das Übergangsstadium der „werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“. Folglich greift auch die Unauflöslichkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 1 dann ab diesem Zeitpunkt ein.

2. Gegenstand der Unauflöslichkeit a) Weder teilrechtsfähiger Verband noch Bruchteilseigentümergemeinschaft Das Gesetz redet davon, dass kein Wohnungseigentümer „die Aufhebung der Gemeinschaft“ 4 verlangen kann. Der Begriff der „Gemeinschaft“, den auch § 11 Abs. 1 Satz 1 verwendet, ist schon im Gesetzesgebrauch außerhalb von § 11 mehrdeutig. Er bezeichnet zunächst den teilrechtsfähigen Verband (s. insb. § 10 Abs. 6), aber auch den Personenverband der Bruchteilseigentümer persönlich (s. § 43 Nr. 1). Beide sind in § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht gemeint. Auf den teilrechtsfähigen Verband kann § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht abstellen, da seine Auflösung die sachenrechtliche Konstruktion, insbesondere die Fortexistenz von Sondereigentum, unberührt ließe. Immerhin ist das deutsche Wohnungseigentumsrecht mit hunderttausenden von Gemeinschaften über ein halbes Jahrhundert ohne ihn ausgekommen. Zudem findet der teilrechtsfähige Verband in § 11 Abs. 3 eine Spezialregelung, die überflüssig wäre, wenn seine Unauflöslichkeit schon aus § 11 Abs. 1 Satz 1 folgte (s.u. Rz. 36 ff.). Aber auch die Bruchteilseigentümergemeinschaft der Wohnungseigentümer kann in § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht gemeint sein. Es fiele schon schwer, zu erfassen, was mit ihrer „Aufhebung“ gemeint sein soll. Tatsächlich besteht die Bruchteilseigentümergemeinschaft aber auch nach den anerkannten Fällen der Aufhebung einer Wohnungseigentümergemeinschaft nach 11 Abs. 1 Satz 3 zunächst fort. Zudem ist ihre Aufhebung nach den Regeln der Gemeinschaft, also §§ 749 ff. BGB, von dem Ausschluss des § 11 Abs. 1 Satz 1 dann gerade nicht mehr erfasst (s.u. Rz. 21 ff. u. 33). b) Ziel des Gesetzes Mit „Gemeinschaft“ muss in § 11 Abs. 1 Satz 1 also eine dritte Komponente des Wohnungs- 5 eigentums neben teilrechtsfähigem Verband und der Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer gemeint sein, die sich nicht aus dem Begriff, sondern nur aus dem Sinn der Norm ergibt. § 11 Abs. 1 Satz 1 will nicht erst die Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft im Wege der Teilungsversteigerung ausschließen, sondern setzt noch früher, beim Wesen des Wohnungseigentums an: Die Vorschrift will bereits verhindern, dass durch Rückführung des Wohnungs- in Bruchteilseigentum die rechtliche Existenz des Sondereigentums verloren geht. Der Begriff der Aufhebung der Gemeinschaft hat in § 11 Abs. 1 Satz 1 also eine rein sachenrechtliche Bedeutung: Kein Wohnungseigentümer kann die Aufhebung des Sonder- und Gemeinschaftseigentums (zum Zwecke der Aufhebung der dann wieder auflebenden Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer) verlangen. Dass der Gesetzgeber, zumal er den teilrechtsfähigen Verband naturgemäß noch nicht kannte, mit der insoweit unpassenden Begrifflichkeit des Gemeinschaftsrechtes arbeitete, darf den Blick auf den eigentlichen Sinn der Vorschrift nicht verstellen. Dieses Verständnis wird auch durch die ganz h. M. zur Behandlung des so genannten „isolierten Miteigentumsanteils“ bestätigt. Denn in diesem Zusammenhang wird § 11 Abs. 1 Satz 1 auf den Miteigentümer, dem zwar ein Miteigentumsanteil, aber kein Sondereigentum zusteht, gerade nicht angewandt.3 Vielmehr wird ihm umgekehrt aus § 242 BGB sogar ein Anspruch auf Korrektur der für ihn misslichen Lage durch Übertragung seines iso-

3 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447 f.; BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/ 01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = ZMR 2004, 206; BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = ZMR 2005, 59 (62); ähnlich schon Voraufl. § 11 WEG Rz. 9.

Abramenko | 273

§ 11 Rz. 5 | Unauflöslichkeit der Gemeinschaft lierten Miteigentumsanteils auf die anderen Wohnungseigentümer zugebilligt.4 Dies läuft auf eine zwangsweise Teilaufhebung der Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer hinaus, was zeigt, dass diese Gemeinschaft vom Normbefehl des § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht gemeint sein kann, sondern nur die rein sachenrechtliche Fortexistenz von Sonder- und Gemeinschaftseigentum. Da § 11 keine besonderen Regelungen wie § 18 Abs. 1 Satz 2 aufstellt, gilt das Gebot der Unauflöslichkeit auch für Kleinstgemeinschaften.5

3. Von § 11 Abs. 1 Satz 1 unmittelbar erfasste Sachverhalte a) Verlangen der Aufhebung aa) Anlehnung an das Recht der Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) 6 Die Vorschrift erfasst ihrem Wortlaut nach nur das einseitige Verlangen eines oder mehrerer

Wohnungseigentümer auf Beendigung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Vorschrift orientiert sich insoweit an den Vorschriften zur Gemeinschaft. Dies ist der Konzeption der Wohnungseigentümergemeinschaft als modifizierte Bruchteilsgemeinschaft geschuldet. Der einzelne Wohnungseigentümer kann also nicht den Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft aus § 749 Abs. 1 BGB geltend machen. Aufgrund der Orientierung am Gemeinschaftsrecht erwähnt § 11 Abs. 1 nicht auch die für Bruchteilseigentümer eines Grundstücks eigentlich näher liegende Möglichkeit der Teilungsversteigerung gemäß §§ 180 ff. ZVG. Auch diese ist nach dem Regelungszweck von § 11 Abs. 1 Satz 1 ausgeschlossen. bb) Einseitiges Verlangen 7 § 11 Abs. 1 Satz 1 will nur verhindern, dass ein Wohnungseigentümer die Aufhebung der Ge-

meinschaft „verlangt“, also einen einseitigen Anspruch gegen den Willen der Wohnungseigentümer geltend macht. Dabei ist gleichgültig, auf welche rechtliche Grundlage das Aufhebungsverlangen gestützt wird. Ausgeschlossen ist demnach nicht nur die Aufhebung nach dem Recht der Gemeinschaft (§ 749 Abs. 1 BGB) oder im Wege der Teilungsversteigerung (§§ 180 ff. ZVG). Durch § 11 Abs. 1 Satz 1 sind auch andere Möglichkeiten des bürgerlichen Rechtes, die auf eine zwangsweise Auflösung der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschlossen. So kann auch ein getäuschter Wohnungseigentümer nicht im Wege der Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB seine Willenserklärung zum Vertrag nach § 3 mit dem Ziel anfechten, die bereits entstandene Wohnungseigentümergemeinschaft – sogar mit Rückwirkung – zu beseitigen.6 Ebenso wenig kann in solchen Fällen Schadensersatz mit dem Ziel einer Naturalrestitution verlangt werden, die auf eine Wiederherstellung des früheren Bruchteilseigentums hinausläuft. Schließlich laufen auch Rechte Dritter (zu ihnen s.o. Rz. 2) leer, wenn etwa trotz eines gegen das Veräußerungsverbot aus § 23 Abs. 1 S. 1 ZVG i.V.m. §§ 135, 136 BGB Wohnungseigentum begründet7 und dieses in das Grundbuch eingetragen wurde. Nach Entstehen einer (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft schließt schon § 11 Abs. 1 Satz 1 eine Rückabwicklung auch in derartigen Fällen aus, unabhängig davon, ob der oder die Erwerber gutgläubig waren oder nicht.

4 BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447 f.; BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/ 01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = ZMR 2004, 206; BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = ZMR 2005, 59 (62); vgl. u. Rz. 16. 5 Skauradszun in BeckOK, § 11 WEG Rz. 5. 6 So richtig Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 2. 7 Hierzu s. BGH v. 29.3.2013 – V ZB 103/11, MietRB 2012, 201 = ZMR 2013, 638.

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II. Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (§ 11 Abs. 1) | Rz. 9 § 11

cc) Kein Ausschluss der einvernehmlichen Aufhebung Nicht ausgeschlossen ist demnach die Möglichkeit einer einvernehmlichen Beendigung der 8 Gemeinschaft.8 Die Wohnungseigentümer können also einvernehmlich zu einer einfachen Bruchteilsgemeinschaft zurückkehren oder das Grundstück real teilen, wenn etwa ein baurechtliches Hindernis hierfür entfallen ist. Dies erfordert aber stets die Einigung und Auflassung in der Form der § 311b Abs. 1 Satz 1, § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB,9 da mit der Aufhebung der Gemeinschaft die Aufhebung des Sondereigentums verbunden ist.10 Der Aufhebung müssen ferner die an einzelnen Wohnungen dinglich Berechtigten zustimmen.11 Hingegen bedarf es der Zustimmung der am ganzen Grundstück Berechtigten nicht, da ihr Recht durch die Aufhebung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum nicht beeinträchtigt wird.12 Denkbar ist auch eine einvernehmliche Teilaufhebung der Gemeinschaft, etwa durch Abtrennung eines Teils des gemeinschaftlichen Grundstücks und Überführung in andere Eigentumsverhältnisse. In der Praxis wird dies bei der Veräußerung eines Teils des gemeinschaftlichen Grundstücks relevant, wobei die Teilaufhebung der Gemeinschaft dann in der Regel gar nicht mehr thematisiert wird.13 Auch eine solche Teilaufhebung erfordert aber die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer bei der Einigung und Auflassung des betroffenen Grundstücksteils. Bei Streitigkeiten über einen Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft entscheidet das Amtsgericht, Abteilung für Wohnungseigentumssachen, da es sich um ein Verfahren nach § 43 Nr. 1 handelt.14 Nach der Aufhebung liegt entweder wieder eine Bruchteilsgemeinschaft oder bei Realteilungen ein reines Nachbarschaftsverhältnis vor, so dass sich Streitigkeiten aus der Auflösung wieder nach dem allgemeinen Instanzenzug der Zivilgerichtsbarkeit richten.15 b) Ausdehnung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes aa) Besonderheit der Vorschrift Die Vorschrift geht weit über den Ausschluss der vereinbarten Unauflöslichkeit einer Eigentü- 9 mergemeinschaft hinaus. Zwar können gemäß § 751 S. 1, § 749 Abs. 2 S. 1 BGB auch die Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft das Recht ausschließen, die Aufhebung einer Gemeinschaft zu verlangen. Trotz eines solchen Ausschlusses kann die Aufhebung der Gemeinschaft aber nach § 749 Abs. 2 S. 1 letzter Hs. BGB „gleichwohl verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.“ Dies bedeutet nicht nur, dass sich bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kein Teilhaber mehr auf einen Ausschluss der Aufhebung berufen kann, auch wenn dieser keine Regelung für diesen Fall vorsieht. Vielmehr kann die Aufhebung von vorneherein nicht für den Fall ausgeschlossen werden, dass ein wichtiger Grund vorliegt. § 11 Abs. 1 Satz 1 verkehrt diese Regelung aus dem Gemeinschaftsrecht in ihr Gegenteil und schließt die Aufhebung selbst für den Fall aus, dass ein wichtiger Grund vorliegt. 8 BayObLG v. 10.12.1979 – BReg.2 Z 23/78, Rpfleger 1980, 110; Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 2; Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 2. 9 So zutreffend Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 4; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 9; a.A. für „die generelle Aufhebbarkeit“ Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 15 (im Gegensatz zur „Umsetzung in einer generellen Situation“). 10 Hierzu s. OLG Frankfurt v. 16.1.1990 – 20 W 501/89, NJW-RR 1990, 1042 f. 11 OLG Frankfurt v. 16.1.1990 – 20 W 501/89, NJW-RR 1990, 1042 f.; Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 8. 12 Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 8. 13 BGH v. 12.4.2013 – V ZR 103/12, MDR 2013, 765 = MietRB 2013, 208 = IMR 2013, 294 = ZMR 2013, 730. 14 Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 7; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 10; Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 19. 15 Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 7; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 11; Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 19.

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§ 11 Rz. 10 | Unauflöslichkeit der Gemeinschaft bb) Ausgleich der Unaufhebbarkeit durch das Entziehungsverfahren 10 Wenn also die Existenz von Gemeinschafts- und Sondereigentum unumkehrbar ist, können

sich die Wohnungseigentümer auch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht durch Beendigung dieser sachenrechtlichen Konstruktion auseinandersetzen. Denkbar ist nur das Ausscheiden aus dem Verband. Dies kann ein jeder Wohnungseigentümer durch Veräußerung seines Sondereigentums, verbunden mit seinem Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum bewerkstelligen,16 nicht jedoch durch Eigentumsaufgabe (vgl. u. Rz. 15). Diese Lösung ist natürlich rechtlich nicht befriedigend, wenn der wichtige Grund in Störungen des Gemeinschaftsfriedens durch einen anderen Wohnungseigentümer liegt. Deshalb wählt das Gesetz für diesen Fall die Möglichkeit des Ausschlusses eines Wohnungseigentümers, wenn er seine Pflichten gegenüber anderen Wohnungseigentümern so schwerwiegend verletzt hat, dass ihnen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht zugemutet werden kann.17 Diese „Entziehung des Wohnungseigentums“ genannte Teilbeendigung der Gemeinschaft durch zwangsweise Veräußerung des Sondereigentums ist in §§ 18, 19 geregelt.

4. Vom Rechtsgedanken erfasste und nicht erfasste Beendigungstatbestände a) Grundsatz 11 § 11 Abs. 1 Satz 1 erfasst dem Wortlaut nach nur das einseitige Verlangen eines oder mehrere

Wohnungseigentümer, Sonder- und Gemeinschaftseigentum aufzuheben. Es herrscht aber Einigkeit darüber, dass das Gesetz weiter reichen und das Wohnungseigentum als echtes Eigentum vor jeglicher zwangsweisen Aufhebung des Sondereigentums gegen den Willen auch nur eines Miteigentümers schützen wollte.18 Deshalb sind auch andere Möglichkeiten, die hierauf hinauslaufen, wegen eines Gesetzesverstoßes gegen § 134 BGB in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 1 WEG (in zumindest entsprechender Anwendung) unwirksam.19 b) Beschluss 12 Kein Streit herrscht darüber, dass die Wohnungseigentümer über die Aufhebung der Gemein-

schaft im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht mit Mehrheitsbeschluss befinden können.20 Dies stellt zwar kein einseitiges Verlangen eines Wohnungseigentümers dar. Der Eigentümerversammlung fehlt aber für einen solchen Eingriff in den sachenrechtlichen Bestand der Gemeinschaft die Beschlusskompetenz. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn die Gemeinschaftsordnung eine Öffnungsklausel enthält. Denn diese erfasst nicht die Änderung des sachenrechtlichen Grundverhältnisses der Wohnungseigentümer.21 Der Beschluss muss nicht direkt auf die (Teil)Auflösung der Gemeinschaft gerichtet sein; auch die Entscheidung Teile der Baulichkeiten ohne Wiederaufbau abzureissen, kann § 11 Abs. 1 WEG unterfallen.22

16 Briesemeister, ZWE 2007, 218 (225). 17 Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 3; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 1. 18 Briesemeister, ZWE 2007, 218 (225); Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 1; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 1. 19 BayObLG v. 10.12.1979 – BReg.2 Z 23/78, Rpfleger 1980, 110; Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 1. 20 S. zuletzt AG Nürnberg v. 3.8.2016 – 25 C 5438/16, ZMR 2017, 202. 21 OLG Stuttgart v. 12.12.1985 – 8 W 344/84, NJW-RR 1986, 815; OLG Köln v. 10.12.1997 – 16 Wx 250/97, ZMR 1998, 373. 22 AG Hamburg v. 24.11.2016 – 35a C 106/16, ZMR 2017, 192.

276 | Abramenko

II. Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (§ 11 Abs. 1) | Rz. 16 § 11

c) Bedingung und Befristung Es folgt wohl schon aus § 11 Abs. 1 Satz 1, dass der Fortbestand der Gemeinschaft in Sinne 13 dieser Vorschrift nicht unter eine auflösende Bedingung oder Befristung gestellt werden kann, auch wenn es sich dabei nicht um ein einseitiges Verlangen eines Wohnungseigentümers handelt. Letztlich folgt der Ausschluss einer solchen Aufhebung der Gemeinschaft aber zumindest aus § 4 Abs. 2 S. 2, wonach Sondereigentum nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung eingeräumt werden kann.23 d) Schuldrechtliche Regelung von Beendigungstatbeständen Verbreitet wird vertreten, dass sich die Wohnungseigentümer schuldrechtlich verpflichten 14 können, bei Eintritt einer bestimmten Bedingung der Aufhebung der Gemeinschaft gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 zuzustimmen.24 Das erscheint nach dem Sinn der Vorschrift zweifelhaft. Denn auch hierdurch wird einem einzelnen Wohnungseigentümer die Möglichkeit gegeben, gegen den Willen der anderen die Aufhebung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum zu verlangen. Anders als bei der einvernehmlichen Aufhebung, die bereits die Umwandlung selbst regelt, besteht bei der Normierung von Beendigungstatbeständen nämlich nur ein Anspruch hierauf. e) Einseitige Aufhebung durch Eigentumsaufgabe Teilweise wird auch die Eigentumsaufgabe als Teilaufhebung der Gemeinschaft angesehen.25 15 Dies erscheint nach hier vertretener Auffassung zweifelhaft. Dass ein Sondereigentum nicht subjektlos gedacht werden kann, wird von den Vertretern dieser Auffassung mehr behauptet als begründet.26 Wieso für Wohnungseigentum als „echtem Eigentum“ anderes gelten soll als für sonstige Grundstücke, erscheint nicht nachvollziehbar. Zutreffend ist allerdings die Erwägung, dass die Miteigentümer durch die Eigentumsaufgabe zwangsläufig einen höheren Beitrag an den Gemeinschaftslasten übernehmen müssten, wofür es keine Rechtfertigung gäbe.27 Im Ergebnis scheidet die Aufgabe von Wohnungseigentum damit aus, so dass es auf ihre rechtliche Einschätzung als Teilaufhebung nicht ankommt. f) Beseitigung eines isolierten Miteigentumsanteils Die ungenügende Beachtung von § 5 Abs. 2 kann bekanntlich dazu führen, dass Bestandteile 16 des Bauwerks in der Teilungserklärung dem Sondereigentum zugeordnet werden, die nach dieser Vorschrift zwingend dem Gemeinschaftseigentum zugehören. Prominente Fälle aus der jüngeren Rechtsprechung sind Heizkörper,28 Versorgungsleitungen29 und Wohnungsab-

23 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 4 Rz. 6; Voraufl. § 11 WEG Rz. 6d. 24 So ohne Begründung BayObLG v. 10.12.1979 – 2 Z 23/78, Rpfleger 1980, 110 f.; dem folgend Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 23; Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 5; Niedenführ/ Kümmel/Vandenhouten, § 4 Rz. 6; a.A. Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 1 2; u. Voraufl. § 11 WEG Rz. 11. 25 Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 21. 26 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = ZMR 2007, 795 f.; Elzer/ Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 21. 27 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, MDR 2007, 1122 = MietRB 2007, 264 = ZMR 2007, 795 f.; Elzer/ Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 21. 28 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 318 f. = ZMR 2011, 971 = ZWE 2011, 394. 29 BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, IMR 2013, 190 = MietRB 2013, 147 = ZMR 2013, 454.

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§ 11 Rz. 16 | Unauflöslichkeit der Gemeinschaft schlusstüren.30 Es kann jedoch auch dazu kommen, dass die Begründung von Sondereigentum für eine Einheit insgesamt fehlschlägt, weil sie wie etwa eine Blockheizanlage der Versorgung der gesamten Liegenschaft gemäß § 5 Abs. 2 dient. Dann hat derjenige, dem diese Einheit zugeordnet wurde, nur einen Miteigentumsanteil ohne Sondereigentum erworben (einen so genannten „isolierten Miteigentumsanteil“).31 In der Folge ist er zwar verpflichtet, sich nach § 16 Abs. 2 entsprechend seinem Miteigentumsanteil an den Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu beteiligen, hat aber mangels Sondereigentums keinen Nutzen hiervon.32 Nach ganz h.M. kann er aus § 242 BGB die Bereinigung dieser Situation verlangen,33 was etwa in der Form geschehen kann, dass die übrigen Wohnungseigentümer die substanzlosen Miteigentumsanteile übernehmen.34 Obwohl hierdurch eine Teilaufhebung der Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer gegen deren Willen durchgesetzt werden kann, verstößt diese Praxis nicht gegen § 11 Abs. 1 Satz 1. Denn die Unauflöslichkeit der Gemeinschaft bezieht sich, wie oben dargelegt, nur auf die Fortexistenz von Sonder- und Gemeinschaftseigentum, nicht auf die Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer. Da der Bruchteilseigentümer mit dem isolierten Miteigentumsanteil in dieser Konstellation gerade kein Sondereigentum erworben hat, wird in das Gefüge von Sonder- und Gemeinschaftseigentum gerade nicht eingegriffen. Das Aufhebungsverlangen betrifft alleine die Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer. g) Vereinigung aller Einheiten in einer Hand 17 § 11 Abs. 1 Satz 1 verhindert schließlich auch nicht die Aufhebung der Gemeinschaft, wenn

eine natürliche oder juristische Person alle Einheiten in ihrer Hand vereinigt. Dann fehlt es schon an einem „Verlangen“ anderen Wohnungseigentümern gegenüber. Die Folgen dieser Konstellation sind in §§ 9 Abs. 1 Nr. 3, 10 Abs. 7 Satz 4 geregelt: Das Wohnungseigentum bleibt auch bei Konfusion bestehen, der Eigentümer kann aber die Schließung der Wohnungsgrundbücher beantragen.

5. Abweichende Vereinbarungen a) Ausschluss abweichender Vereinbarungen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 18 § 11 Abs. 1 Satz 3 normiert den einzigen Ausnahmefall, in dem die Aufhebung der Gemein-

schaft verlangt werden kann. Dies ergibt sich aus der Formulierung des Gesetzes („ist nur für den Fall zulässig“), der im Umkehrschluss zu entnehmen ist, dass selbst Vereinbarungen über die Aufhebung der Gemeinschaft im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 sonst nicht geschlossen werden können. Selbst diesbezügliche Regelungen in der Teilungserklärung oder nachträgliche Vereinbarungen sind also kraft Gesetzes unwirksam.35 Dies gilt erst recht für Beschlüsse. Erfasst sind über den Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 3 hinaus auch sämtliche anderen Gestaltungen von Teilungserklärung oder Vereinbarungen, die eine Aufhebung von Sonder- oder Gemeinschaftseigentum gegen den Willen mindestens eines Miteigentümers ermöglichen.

BGH v. 25.10.2013 – V ZR 212/12, MDR 2014, 18 = MietRB 2014, 9 = NJW 2014, 379. BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447 (448). Plastisch der Fall in BayObLG v. 7.11.2001 – 2Z BR 10/01, Rpfleger 2002, 199. BGH v. 3.11.1989 – V ZR 143/87, MDR 1990, 325 = NJW 1990, 447 f.; BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = ZMR 2004, 206 (208); BayObLG v. 7.11.2001 – 2Z BR 10/01, Rpfleger 2002, 199. 34 BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = ZMR 2004, 206; BGH v. 1.10.2004 – V ZR 210/03, MDR 2005, 83 = MietRB 2005, 8 = ZMR 2005, 59 (62). 35 Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 2. 30 31 32 33

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III. Vereinbarungen bei (teilweiser) Zerstörung des Gebäudes | Rz. 21 § 11

b) Abänderung nach § 242 BGB und § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG aa) Ansprüche aus § 242 BGB Die Unauflöslichkeit der Gemeinschaft gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 steht wie das gesamte 19 Schuldrecht unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben. Demnach kann ein Wohnungseigentümer aus § 242 BGB auch die Auflösung der Gemeinschaft verlangen, wenn ein Festhalten hieran, so die ständige Formel der Rechtsprechung für Ansprüche auf Abänderung von Vereinbarungen, aufgrund außerordentlicher Umstände grob unbillig wäre. Dies wird nur in seltenen Ausnahmefällen anzunehmen sein. Insbesondere ist die ungenügende wirtschaftliche Verwertbarkeit eines Teil- oder Wohnungseigentums in aller Regel kein Grund, der ein Auflösungsverlangen aus Treu und Glauben rechtfertigt. Denn das Verwendungsrisiko für sein Teil- oder Wohnungseigentum trägt jeder Miteigentümer selbst.36 Relevante Fälle eines Anspruchs auf eine Aufhebung entgegen § 11 Abs. 1 Satz 1 dürfte vorrangig die Zerstörung des Gebäudes sein, die nicht durch eine zulässige Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 geregelt sind. Denn nach der Gesetzeslage bliebe es auch dann bei der Unaufhebbarkeit der Gemeinschaft. Ein Festhalten hieran kann etwa dann gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sich ein Miteigentümer nicht an den Kosten des Wiederaufbaus beteiligen, aber für diesen Fall gleichwohl sein Sondereigentum ungeschmälert wieder in Anspruch nehmen will. Ähnliches kann bei wirtschaftlicher Unverwertbarkeit des Grundstückes nach der Zerstörung der Gebäude gelten.37 bb) Ansprüche aus § 10 Abs. 2 S. 3 Teilweise wird darüber hinaus angenommen, jeder Wohnungseigentümer könne auch nach 20 § 10 Abs. 2 Satz 3 eine Abweichung von der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 verlangen.38 Dies wäre für den betroffenen Wohnungseigentümer eine erhebliche Erleichterung gegenüber einem Anspruch aus § 242 BGB. Denn § 10 Abs. 2 Satz 3 erfordert nur schwerwiegende statt außerordentlicher Gründe wie § 242 BGB und gewährt schon bei einfacher Unbilligkeit der bestehenden Regelung einen Abänderungsanspruch, nicht erst bei grober Unbilligkeit wie § 242 BGB. Dieser Weg zur Aufhebung der Gemeinschaft wird aber nach der Rechtsprechung des BGH zu § 10 Abs. 2 Satz 3 nicht mehr gangbar sein. Denn der BGH hält § 10 Abs. 2 Satz 3 in Übereinstimmung mit dem vom Gesetzgeber geäußerten Willen nur bei Vereinbarungen der Wohnungseigentümer für anwendbar, nicht aber bei Eingriffen in das sachenrechtliche Grundverhältnis39 Gerade dieses wäre aber bei der Aufhebung von Gemeinschafts- und Sondereigentum betroffen. Es bleibt also nur der anspruchsvollere Weg über § 242 BGB.

III. Vereinbarungen bei (teilweiser) Zerstörung des Gebäudes 1. Dispositive Gesetzeslage a) Fortbestehen von Sonder- und Gemeinschaftseigentum Enthält die Teilungserklärung keine abweichende Regelung und treffen die Wohnungseigentü- 21 mer auch nachträglich keine abweichende Vereinbarung, so bleibt die Rechtslage auch nach

36 Briesemeister, ZWE 2007, 218 (225); Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 3. 37 Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 11; vgl. u Rz. 21. 38 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 10 Rz. 3. 39 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 189/11, ZMR 2012, 793 ff.

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§ 11 Rz. 21 | Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (teilweiser) Zerstörung des Gebäudes unverändert.40 Die Gemeinschaft im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1, mithin das Gemeinschafts- und Sondereigentum, bestehen rechtlich fort. Insoweit bestehen keine Unterschiede zu dem noch „zu errichtenden Gebäude“ gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1. Wird das Gebäude abweichend von der im Grundbuch gewahrten rechtlichen Teilung wiedererrichtet, bleiben die Abgrenzungen von Sonder- und Gemeinschaftseigentum maßgeblich. Sofern nach einer solchen rein tatsächlichen Zerstörung des Gebäudes das Entstehen isolierter Miteigentumsanteile angenommen wird,41 ist dies zumindest ungenau. Anders als in diesen Fällen bleibt die rechtliche Entstehung von Sondereigentum alleine durch seine tatsächliche Zerstörung unberührt. Es kommt also gerade nicht mangels Sondereigentumsfähigkeit zu einem isolierten Miteigentumsanteil. Vielmehr ist die Situation derjenigen nach der Aufteilung eines noch zu errichtenden Gebäudes vergleichbar: Die rechtliche Situation eilt der tatsächlichen gewissermaßen voraus. Man kann allenfalls darüber diskutieren, ob mangels tatsächlicher Baulichkeiten nur eine Art Anwartschaftsrecht auf das noch zu errichtende Sondereigentum besteht.42 Dieses erstarkt aber jedenfalls mit der tatsächlichen Errichtung der Baulichkeiten ohne Weiteres zum Vollrecht. b) Wiederaufbaupflicht nach § 22 Abs. 4 22 Von der sachenrechtlichen Lage strikt zu trennen ist die Frage nach der Wiederaufbaupflicht

bzw. ihrem Wegfall nach § 22 Abs. 4. Diese Vorschrift regelt alleine die Möglichkeit der Mehrheit, den Wiederaufbau auch gegen den Willen einer Minderheit zu beschließen. Selbst wenn dies infolge zu weitgehender Zerstörung nicht mehr in Frage kommt, bleibt doch die sachenrechtliche Lage unberührt. Wird das Gebäude also, da ein Mehrheitsbeschluss infolge mehr als hälftiger Zerstörung gemäß § 22 Abs. 4 ausgeschlossen ist, nur auf Kosten einiger oder im Extremfall eines Wohnungseigentümers wiederaufgebaut, verbleibt es bei der im Grundbuch gewahrten sachenrechtlichen Aufteilung. Auch derjenige Wohnungseigentümer, der sich an den Kosten nicht beteiligt hat, erhält somit wieder das Sondereigentum in dem von der Teilungserklärung vorgesehenen Umfang. Gerade diese Konstellation dürfte einer der Hauptanwendungsfälle für einen Anspruch aus § 242 BGB auf Abweichung von § 11 Abs. 1 Satz 1 sein (vgl. o. Rz. 19).

2. Voraussetzungen einer Vereinbarung a) Regelungsmöglichkeiten bei (teilweiser) Zerstörung der Baulichkeiten 23 Dieses Auseinanderfallen von sachenrechtlicher und tatsächlicher Lage kann bereits auf der

Ebene der Gemeinschaftsordnung (natürlich auch durch nachträgliche Vereinbarung) zumindest teilweise aufgefangen werden. Insbesondere kann die Vorgabe des § 22 Abs. 4, wonach eine Zerstörung zu mehr als der Hälfte einen Anspruch auf Wiederaufbau ausschließt, modifiziert werden. In der Gemeinschaftsordnung oder durch Vereinbarung kann also durchaus geregelt werden, dass auch ein mehr als hälftig gemäß § 22 Abs. 4 zerstörter Bau unter Beteiligung aller Wohnungseigentümer wiederaufzubauen ist. Eine solche Lösung stößt aber spätestens bei mangelnder Leistungsfähigkeit einiger Wohnungseigentümer an ihre Grenzen. Zudem kann es wirtschaftlich durchaus sinnvoll sein, die Baulichkeiten nach ihrer Zerstörung nicht im ursprünglichen Zustand wieder zu errichten.43 Alleine ein solcher Wiederaufbau 40 Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 9 u. 25; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 3. 41 Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 9. 42 So zutreffend BayObLG v. 7.11.2001 – 2Z BR 10/01, Rpfleger 2002, 199; Elzer/Schneider in Riecke/ Schmid, § 11 WEG Rz. 12. 43 Zur versicherungsrechtlichen Seite s. aber Armbrüster, ZMR 2003, 1 (2).

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III. Vereinbarungen bei (teilweiser) Zerstörung des Gebäudes | Rz. 25 § 11

wäre aber rechtlich möglich, sofern sich die Wohnungseigentümer nicht einigen können. Deshalb kann es angeraten erscheinen, die Folgen einer (teilweisen) Zerstörung der Baulichkeiten bereits vorab abweichend von § 11 Abs. 1 Satz 1 zu regeln. Denkbar ist es etwa, die Gemeinschaft bei gänzlicher Zerstörung der Baulichkeiten in jedem Falle aufzulösen. Ebenso kann es sinnvoll sein, den Fortbestand der sachenrechtlichen Lage von einer anteiligen Beteiligung an den Wiederaufbaukosten abhängig zu machen und ansonsten die Teilaufhebung der Gemeinschaft zu vereinbaren (vgl. u. Rz. 24). Diese Möglichkeit eröffnet § 11 Abs. 1 Satz 3. b) Zwingende Voraussetzungen einer Vereinbarung aa) (Teilweise) Zerstörung des Gebäudes Eine Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 kann nur für den Fall getroffen werden, dass das 24 Gebäude „ganz oder teilweise zerstört wird“. Dies setzt die physische Vernichtung eines Teils der Substanz voraus. Eine rein wirtschaftliche Entwertung etwa durch Änderungen in der Verkehrsinfrastruktur kann nicht als Voraussetzung einer Aufhebung der Gemeinschaft vereinbart werden. Der Gesetzgeber bestimmt aber keinen Mindestgrad der Zerstörung als Voraussetzung einer Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 Satz 3. Grenzen ergeben sich daher nur aus dem Begriff der Zerstörung, der eine stärkere Beeinträchtigung der physischen Substanz eines Gebäudes voraussetzt als eine bloße Beschädigung. Halten Gemeinschaftsordnung bzw. nachträgliche Vereinbarungen diese Grenze ein, kann auch ein sehr geringer Grad der Zerstörung als Voraussetzung einer von § 11 Abs. 1 Satz 1 abweichenden Vereinbarung herangezogen werden. Insbesondere ist eine Zerstörung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 nicht schon deswegen zu verneinen, weil einige Einheiten noch bewohnbar sind.44 Ebenso wenig, wie die Miteigentümer in den unzerstörten Wohnungen ihres Sondereigentums beraubt werden dürfen,45 ist es zulässig, die Miteigentümer, deren Sondereigentum zerstört ist, weiterhin ohne Nutzen an den Lasten des Gemeinschaftseigentums zu beteiligen. Vielmehr kann diese Konstellation durch eine Teilaufhebung bereinigt werden. Hier kann nichts anderes gelten als beim isolierten Miteigentumsanteil oder dem endgültig steckengebliebenen Bau. Nur dies entspricht auch dem Wortlaut des Gesetzes, das eine teilweise Zerstörung ausdrücklich genügen lässt. bb) Keine Verpflichtung zum Wiederaufbau Die Regelungsmöglichkeit des § 11 Abs. 1 Satz 3 ist nur eröffnet, wenn „eine Verpflichtung 25 zum Wiederaufbau nicht besteht.“ Sofern sich die Kommentarliteratur hierzu äußert, geht sie davon aus, dass sie dann gegeben ist, wenn eine Versicherung den Schaden abdeckt.46 Dies dürfte im Grundsatz richtig sein, da die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums nach § 21 Abs. 4 von jedem Wohnungseigentümer verlangt werden kann. Allerdings befinden die Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 mehrheitlich über ein entsprechendes Verlangen. Wird ein entsprechender Antrag abgelehnt, muss ein Individualanspruch im Wege der Beschlussanfechtung und -ersetzung durchgesetzt werden. Ansonsten kann er durch die Bestandskraft eines Beschlusses, der hinter einer ordnungsgemäßen Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums zurückbleibt, ausgehebelt werden. Ein solcher Beschluss, der nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ist nur anfechtbar, aber nicht nichtig.

44 So Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 7; für Mehrhausanlagen auch Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 11, der aber einräumt, dass diese Lösung nicht befriedigt. 45 Richtiger Einwand von Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 7. 46 So Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 10 u. 26; differenzierend Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 7.

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§ 11 Rz. 26 | Unauflöslichkeit der Gemeinschaft c) Keine Aufhebung durch Beschluss 26 Eine Regelung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 kann nicht durch Beschluss getroffen werden. Sofern

die Gemeinschaftsordnung keine Öffnungsklausel enthält, ergibt sich dies schon daraus, dass § 11 Abs. 1 Satz 3 eine Vereinbarung verlangt. Es besteht also keine Beschlusskompetenz. Aber auch eine Öffnungsklausel erlaubt keine von § 11 Abs. 1 Satz 1 abweichende Regelung.47 Ein solcher Beschluss würde nämlich in das sachenrechtliche Grundverhältnis eingreifen, was Beschlüssen auch beim Vorliegen einer Öffnungsklausel nicht möglich ist.48 d) Aufhebungsanspruch ohne Vereinbarung 27 Bisweilen wird auch ohne entsprechende Vereinbarung ein Anspruch auf Aufhebung der Ge-

meinschaft nach der Zerstörung der Baulichkeiten bejaht, was mit einer analogen Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 3 begründet wird.49 Dies erscheint in mehrfacher Hinsicht zweifelhaft. Zum einen ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Satz 3 in direkter (und somit auch in analoger) Anwendung kein Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft, sondern nur die Möglichkeit zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung in Abweichung von § 11 Abs. 1 Satz 1. Die Analogie ginge somit über die herangezogene Norm hinaus und würde sie letztlich sogar gegenstandslos machen. Denn wenn aus § 11 Abs. 1 Satz 3 ohnehin in analoger Anwendung ein Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft besteht, bedarf es der direkten Anwendung der Vorschrift mit der dort eingeräumten bloßen Möglichkeit einer diesbezüglichen Vereinbarung nicht mehr. Ein Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft kann sich aber wohl ähnlich wie beim isolierten Miteigentumsanteil aus § 242 BGB ergeben. Dies setzt allerdings voraus, dass einem oder mehreren Miteigentümern die Aufrechterhaltung der sachenrechtlichen Situation nach der Zerstörung der Baulichkeiten grob unbillig ist.50

3. Abdingbarkeit von § 11 Abs. 1 Satz 3 letzter Halbs. 28 Eine Regelung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 steht im Ermessen des teilenden Eigentümers bzw. der

Wohnungseigentümer. Daher können sie auch eine weniger weitgehende Bestimmung treffen, die die Aufhebung erschwert, etwa die teilweise Zerstörung näher definieren, insbesondere von einem gewissen Grad der physischen Substanzvernichtung abhängig machen.51 Fraglich ist, ob man durch die Gemeinschaftsordnung oder eine nachträgliche Vereinbarung auch in der anderen Richtung von § 11 Abs. 1 Satz 3 abweichen kann, die abweichende Vereinbarung also erleichtern kann. In Betracht kommt insbesondere eine Regelung dazu, dass die Wiederaufbaupflicht auch bei ausreichender Versicherungsdeckung nicht besteht. Im Hinblick auf § 22 Abs. 4 dürften hier keine Bedenken bestehen, da die Vorschrift abdingbar ist.52 Allerdings regelt § 11 Abs. 1 Satz 3 die Ausnahmen von der ihrerseits unabdingbaren Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 abschließend. Würde man die Verpflichtung zum Wiederaufbau gegenüber § 22

47 Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 9 (selbst für einstimmige Beschlüsse); a.A. Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 5 f.; Suilmann in Bärmann, § 11 WEG Rz. 19. 48 OLG Stuttgart v. 12.12.1985 – 8 W 344/84, NJW-RR 1986, 815; OLG Köln v. 10.12.1997 – 16 Wx 250/97, ZMR 1998, 373. 49 Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 24; Suilmann in Bärmann, § 11 WEG Rz. 25; a.A. schon Voraufl. § 11 WEG Rz. 10. 50 BayObLG v. 7.11.2001 – 2Z BR 10/01, Rpfleger 2002, 199; Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 13; erwogen als Alternative zur Analogie zu § 11 Abs. 1 Satz 3 auch von Elzer/Schneider in Riecke/ Schmid, § 11 WEG Rz. 24; ähnlich Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 3, wo aber zu Unrecht auf § 10 Abs. 2 Satz 3 abgestellt wird, s.o. Rz. 20. 51 Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 9. 52 S. § 22 Rz. 80.

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III. Vereinbarungen bei (teilweiser) Zerstörung des Gebäudes | Rz. 31 § 11

Abs. 4 vorab stärker einschränken, erleichterte dies somit die Aufhebung der Gemeinschaft gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1. Eine entsprechende Regelung wäre daher unwirksam.53

4. Analoge Anwendung bei „steckengebliebenem Bau“? a) Die Vorschläge im Schrifttum Teilweise wird eine analoge Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 3 auch für den Fall vorgeschla- 29 gen, dass die Liegenschaft nicht in dem geplanten Umfang errichtet wird, etwa nicht alle Häuser einer Mehrhausanlage gebaut werden (so genannter „steckengebliebener Bau“). Der teilende Eigentümer bzw. die Bruchteilseigentümer sollen diese Möglichkeit bereits bei der Teilung nach §§ 3, 8 berücksichtigen und die Möglichkeit einer Aufhebung der Gemeinschaft analog §§ 11 Abs. 1 Satz 3 vereinbaren können.54 Einige Stimmen gehen noch darüber hinaus und halten § 11 Abs. 1 Satz 3 sogar dann für entsprechend anwendbar, wenn die Teilungserklärung eine solche Regelung nicht enthält.55 Für eine solche Analogie dürfte allerdings die Grundlage fehlen, da es an der Vergleichbarkeit des steckengebliebenen Baus mit der Zerstörung, aber auch an einer Regelungslücke fehlt. b) Möglichkeit des Weiterbaus Ist der Weiterbau rechtlich und tatsächlich möglich, so fehlt es bereits an einer § 11 Abs. 1 30 Satz 3 vergleichbaren Situation. Denn die Nichterrichtung steht der physischen Zerstörung nicht gleich, da es an einer vergleichbaren Zerstörung von Vermögenswerten fehlt. In aller Regel finanzieren die angehenden Wohnungseigentümer ihre Wohnungen nicht vollständig vor, sondern leisten Raten nach Baufortschritt. Der Vermögensverlust etwa durch die Insolvenz des Bauträgers erreicht dann unter keinen Umständen den in § 11 Abs. 1 Satz 3 vorausgesetzten Umfang. Zudem fehlt es auch an einer Regelungslücke, da diese Situation von dem allgemein anerkannten Anspruch auf erstmalige Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustandes erfasst wird. Danach hat jeder einzelne Wohnungseigentümer einen Anspruch gegen die Gemeinschaft, dass das Gemeinschaftseigentum in dem Umfang hergestellt wird, den die Teilungserklärung vorsieht.56 Dem einzelnen Wohnungseigentümer diesen Anspruch durch eine zwangsweise Aufhebung der Gemeinschaft durch eine Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 oder gar durch eine analoge Anwendung jener Vorschrift zu entziehen, besteht kein Anlass. Sofern die erstmalige Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustandes die Miteigentümer überfordern würde, wird schon jetzt eine Beschränkung dieses Anspruchs aus § 242 BGB angenommen.57 c) Unmöglichkeit des Weiterbaus Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Fälle, in denen die Fertigstellung gemäß Teilungserklä- 31 rung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist. Dann hat Sonder- und Gemeinschaftseigentum an den nicht errichteten Räumen im Gegensatz zur Zerstörung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 nie bestanden. Auch eine Anwartschaft konnte nicht entstehen, da die Er-

53 Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 9; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 5. 54 Suilmann in Bärmann, § 11 WEG Rz. 24. 55 Suilmann in Bärmann, § 11 WEG Rz. 25; wohl auch Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 8; ablehnend Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 12. 56 Ähnlich Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 22; im Ergebnis ebenso Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 10. 57 Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 16.

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§ 11 Rz. 31 | Unauflöslichkeit der Gemeinschaft richtung des Gebäudes in der ursprünglichen Aufteilung unmöglich ist. Es besteht somit die sachenrechtliche Grundlage, die § 11 Abs. 1 Satz 3 voraussetzt, gerade nicht. Vielmehr sind die Eigentümer, deren Sondereigentum nicht errichtet werden kann, nur reine Bruchteilseigentümer. Diese Konstellation entspricht also derjenigen, die der Rechtsprechung zum isolierten Miteigentumsanteil zugrunde liegt. Wie dort kann die für die betroffenen Miteigentümer missliche Situation, nur über einen Miteigentumsanteil ohne Sondereigentum zu verfügen, ohne weiteres wie beim isolierten Miteigentumsanteil durch einen Anspruch auf Abänderung gegen die anderen Miteigentümer bereinigt werden. Denn die Fortexistenz der reinen Bruchteilseigentümergemeinschaft will § 11 Abs. 1 Satz 1 gerade nicht festschreiben.

IV. Keine Aufhebung durch Pfändungspfandgläubiger und Insolvenzverwalter 1. Regelungsgehalt 32 § 11 Abs. 2 bestimmt, dass auch der Pfändungspfandgläubiger und der Insolvenzverwalter

nicht die Aufhebung der Gemeinschaft nach § 751 BGB bzw. § 84 Abs. 2 InsO verlangen können. Diese Vorschrift ist rein deklaratorischer Natur oder – unfreundlicher gesagt – überflüssig. Denn schon die Wohnungseigentümer als eigentliche Rechtsinhaber können ja nach § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. In der Folge kann auch der pfändende Gläubiger bzw. der Insolvenzverwalter als Treuhänder aller Gläubiger ein entsprechendes Recht nicht im Wege der Pfändung erwerben bzw. als Verwalter der Insolvenzmasse geltend machen.58

2. Nicht erfasste Fälle a) Gemeinschaft nach einvernehmlicher Aufhebung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum 33 § 11 Abs. 2 erfasst nicht die ehemalige Wohnungseigentümergemeinschaft nach der Auflö-

sung aufgrund einer Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 oder nach einer einvernehmlichen Aufhebung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum. Denn nach der stets zulässigen einvernehmlichen Aufhebung der Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht wieder eine einfache Bruchteilseigentümergemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB. Deren Fortexistenz will § 11 Abs. 1 Satz 1 nicht schützen, so dass auch Pfändungspfandgläubiger und Insolvenzverwalter auf die Ansprüche eines Schuldners gegen seine Miteigentümer Zugriff nehmen können.59 Dies betrifft auch den Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft. Insbesondere können Pfändungspfandgläubiger und Insolvenzverwalter die Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff. ZVG betreiben. Der Schutz des § 11 Abs. 2 endet, sobald sich die Wohnungseigentümer einvernehmlich in der Form der §§ 311b Abs. 1 Satz 1, 925 Abs. 1 Satz 1 BGB über die Aufhebung der Gemeinschaft geeinigt haben. Denn ab diesem Zeitpunkt stehen dem Wohnungseigentümer die Ansprüche zu, die aus der Aufhebung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum resultieren. Folglich kann sie auch der Pfändungspfandgläubiger pfänden bzw. der Insolvenzverwalter geltend machen. Selbstverständlich stehen Pfändungspfandgläubiger und Insolvenzverwalter auch dann keine weitergehenden Ansprüche zu als dem Schuldner. So können sie die Zuweisung einer konkreten Einheit, etwa eines Reihenhauses, nur dann beanspruchen, 58 Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 27. 59 BGH v. 23.2.1984 – IX ZR 26/83, MDR 1984, 486 = NJW 1984, 1968; Kreuzer in Staudinger, § 11 WEG Rz. 9; Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 24 u. 28; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 13; Skauradszun in BeckOK § 11 WEG Rz. 20.

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V. Die Unauflösbarkeit des teilrechtsfähigen Verbandes | Rz. 37 § 11

wenn die Wohnungseigentümer eine Realteilung vereinbart haben. Anderenfalls können sie nur aus dem Bruchteilseigentum des Schuldners die Teilungsversteigerung betreiben. b) Vereinigung aller Wohnungseigentumsrechte in einer Hand § 11 Abs. 2 entfaltet auch dann keine Sperrwirkung, wenn alle Einheiten einer Liegenschaft in 34 einer Hand vereinigt sind. Zwar besteht dann sachenrechtlich bis zum Antrag auf Schließung der Wohnungsgrundbücher gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 noch Wohnungseigentum fort. Da der letzte Eigentümer aber nach Belieben mit allen Einheiten verfahren kann, steht diese Möglichkeit auch dem Insolvenzverwalter zu. Er kann nach § 80 Abs. 1 InsO über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen verfügen, also auch das Wohnungseigentum ganz oder teilweise aufheben, indem er etwa Teile des früheren Gemeinschaftseigentums veräußert. c) Isolierter Miteigentumsanteil und steckengebliebenes Wohnungseigentum Keine Anwendungsfälle des § 11 Abs. 1 Satz 1 sind, wie oben dargelegt, die Bereinigung iso- 35 lierter Miteigentumsanteile und das steckengebliebene Wohnungseigentum. Folglich werden diese Ansprüche auch nicht von der Sperre des § 11 Abs. 2 erfasst. Der Insolvenzverwalter kann also von den anderen Wohnungseigentümern die Änderung der Miteigentumsanteile bei fehlgeschlagener Begründung von Sondereigentum oder der Unmöglichkeit seiner Errichtung verlangen, ebenso die erstmalige Herstellung des geplanten Zustandes beim steckengebliebenen Bau.

V. Die Unauflösbarkeit des teilrechtsfähigen Verbandes 1. § 11 Abs. 3 in der Systematik des Gesetzes § 11 Abs. 3 wurde nach langer, kontroverser Diskussion über die Insolvenzfähigkeit des teil- 36 rechtsfähigen Verbandes60 durch die WEG-Novelle in das Gesetz eingefügt und ist ein Ergebnis der 2005 vom BGH bejahten und 2007 vom Gesetzgeber kodifizierten Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Vorschrift betrifft anders als § 11 Abs. 1, 2 nicht die Unauflöslichkeit der Gemeinschaft in ihrer sachenrechtlichen Konstruktion aus Sonderund Gemeinschaftseigentum, sondern das verbandsrechtliche Element. Die Regelung, die bezeichnenderweise noch nicht einmal den teilrechtsfähigen Verband, sondern nur das Verwaltungsvermögen anspricht, betrifft nur einen kleinen Teilaspekt seiner Unabdingbarkeit, nämlich seine Insolvenz(un)fähigkeit. Im Übrigen müssen die Vorstellungen des Gesetzgebers zur Unauflöslichkeit bzw. Unabdingbarkeit des teilrechtsfähigen Verbandes aus verschiedenen Einzelregelungen, insbesondere §§ 10 Abs. 6–8 und § 27 Abs. 1, 3 erschlossen werden.

2. Unabdingbarkeit des teilrechtsfähigen Verbandes a) Der teilrechtsfähige Verband als zwingende Folge des Wohnungseigentums Der teilrechtsfähige Verband ist eine gesetzliche Folge des Entstehens einer (werdenden) 37 Wohnungseigentümergemeinschaft. Er tritt als eigenständiges Rechtssubjekt neben die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, wie insbesondere das Haftungsregime des § 10 Abs. 8 60 Vgl. z.B. für die Insolvenzfähigkeit Bork, ZinsO 2005, 1067, 1071 ff.); Demharter, ZWE 2005, 357 (359); dagegen Armbrüster, ZWE 2005, 369 (383); Abramenko, ZMR 2005, 585 (589 f.); wohl auch Maroldt, ZWE 2005, 361 (365); für die Möglichkeit eines Insolvenzverfahrens ohne Auflösung des Verbandes Häublein, ZIP 2005, 1720 (1727).

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§ 11 Rz. 37 | Unauflöslichkeit der Gemeinschaft zeigt. Das Gesetz trifft mit Ausnahme der rudimentären Bestimmung in § 10 Abs. 7 Satz 4 keine Regelung zur Beendigung des teilrechtsfähigen Verbandes. Schon daraus ist zu ersehen, dass der Gesetzgeber von einem zwingenden Nebeneinander von teilrechtsfähigem Verband und Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausging: Lediglich der Wegfall einer aus mehreren Personen bestehenden Eigentümergemeinschaft durch Vereinigung aller Wohnungseigentumsrechte in einer Hand sollte zum Übergang des Verwaltungsvermögens auf den Eigentümer des Grundstücks, mithin zum Untergang des teilrechtsfähigen Verbandes führen. b) Der teilrechtsfähige Verband als notwendiges Bindeglied für den Rechtsverkehr 38 Der Gesetzgeber lässt überdies in den Regelungen der § 10 Abs. 6, 7 erkennen, dass er den

teilrechtsfähigen Verband als notwendiges Bindeglied zwischen den Wohnungseigentümern und dem Rechtsverkehr ansieht. So ordnet er ihm die Rolle als Träger des Verwaltungsvermögens zu und sieht ihn auch als verpflichtet an, die gemeinschaftsbezogenen Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer wahrzunehmen. Darüber hinaus verleiht er dem Verwalter in § 27 Abs. 1 Nr. 4–6, Abs. 3 Nr. 4, 5 (nur) für den teilrechtsfähigen Verband Vollmacht, Zahlungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die gemeinschaftlichen Gelder zu verwalten etc. Aus diesen ausschließlichen Zuweisungen wird ersichtlich, dass der Gesetzgeber den teilrechtsfähigen Verband als unabdingbares Bindeglied zwischen den Wohnungseigentümern und dem Rechtsverkehr angesehen hat. Es wäre schon unklar, wie ohne den teilrechtsfähigen Verband etwa der Zahlungsverkehr abgewickelt und gemeinschaftsbezogene Rechte und Pflichten ausgeübt werden könnten. Hieraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber den teilrechtsfähigen Verband auch ohne ausdrückliche Anordnung als unauflöslich angesehen hat. Weder durch die Gemeinschaftsordnung noch durch eine nachträgliche Vereinbarung kann also das Bestehen des teilrechtsfähigen Verbandes ausgeschlossen werden. § 10 Abs. 2 ändert hieran nichts, da eine derartige Regelung gerade nicht nur das „Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander“, sondern vielmehr nach außen betreffen würde. Ebenso wenig können die Wohnungseigentümer den bereits entstandenen teilrechtsfähigen Verband auflösen, sofern nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 7 Satz 4 erfüllt sind. Erst recht kann kein Dritter, beispielsweise der Gläubiger eines Wohnungseigentümers oder der Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Wohnungseigentümers die Auflösung des teilrechtsfähigen Verbandes etwa zwecks Auskehr eines Anteils am Verwaltungsvermögens verlangen. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche Regelung im Gesetz schon daraus, dass dem Gläubiger eines Wohnungseigentümers oder dem treuhänderischem Verwalter seines Vermögens durch Pfändung oder Verwaltungsbefugnisse keine weitergehenden Rechte zukommen können als jenem selbst.

3. Insolvenzunfähigkeit des Verbandes a) Sinn der Vorschrift 39 § 11 Abs. 3 soll die Existenz des teilrechtsfähigen Verbandes auch in Fällen seiner Insolvenz

gewährleisten. Nach allgemeinen Grundsätzen geht die Rechtsfähigkeit fast ausnahmslos auch mit der Insolvenz eines Rechtssubjekts einher, so dass nach der Entscheidung über die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft verbreitet auch ihre Insolvenzfähigkeit gefordert wurde. Da das Insolvenzverfahren aber bei Gesellschaften und juristischen Personen regelmäßig ihre Beendigung zur Folge hat (vgl. § 60 Abs. 1 Nr. 4, 5 GmbHG, § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB), hätte die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht mehr als Bindeglied zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und dem Rechtsverkehr zur Verfügung gestanden. Es hätten sich zudem kaum lösbare Folgeprobleme etwa zur (rechtsgeschäftlichen?) Neugründung gestellt. Vor diesem Hintergrund entschloss sich der Gesetzgeber der Unabdingbar286 | Abramenko

V. Die Unauflösbarkeit des teilrechtsfähigen Verbandes | Rz. 42 § 11

keit der Wohnungseigentümergemeinschaft Vorrang vor dem Grundsatz der Insolvenzfähigkeit jedes rechtsfähigen Rechtssubjekts zu geben. Deshalb schloss er in § 11 Abs. 3 die Durchführung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft aus. b) Rechtsfolgen aa) Unzulässigkeit eines Insolvenzantrags Die Regelung in § 11 Abs. 3 stellt ein Zulässigkeitshindernis dar. Der Antrag auf Eröffnung 40 des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist daher ohne weitere Sachprüfung als unzulässig zurückzuweisen. Die Vorschrift kann weitere Folgen haben, wenn es auf direkte Insolvenzfähigkeit ankommt. So ist der teilrechtsfähige Verband mangels Insolvenzfähigkeit analog § 358 Abs. 1 Satz 2 SGB III von der Zahlung einer Insolvenzgeldumlage für geringfügig Beschäftigte befreit.61 bb) Unbegrenzte Zulässigkeit von Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen Die in § 11 Abs. 3 geregelte Insolvenzunfähigkeit des teilrechtsfähigen Verbandes bewahrt ihn 41 nicht vor sonstigen Vollstreckungsmaßnahmen. Vielmehr ergibt sich aus § 11 Abs. 3 im Umkehrschluss, dass Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen auch bei ungenügendem Vermögen unbegrenzt möglich sind. Hier gilt das Prioritätsprinzip. Wer zuerst pfändet, wird aus dem gepfändeten Gegenstand bzw. der gepfändeten Forderung befriedigt. Nach dem ausdrücklichen Bekunden des Gesetzgebers in den Materialien zur Novelle62 muss der Verwalter aufgrund seiner Befugnisse aus § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 auch die eidesstattliche Versicherung für den teilrechtsfähigen Verband abgeben. Im Ergebnis steht den Gläubigern durch Pfändung aller Konten ein ausgesprochen scharfes Druckmittel gegenüber den Wohnungseigentümern zur Verfügung: Sie können auf diese Weise den gesamten Zahlungsverkehr der Wohnungseigentümergemeinschaft lahmlegen und diese somit mangels Zahlungsmöglichkeit von dem Bezug jeglicher Leistung zur Bewirtschaftung der Liegenschaft ausschließen. Dies wird regelmäßig schon nach kurzer Zeit zur Unbewohnbarkeit der Liegenschaft führen. Die Wohnungseigentümer werden somit auf diese Weise zur Erhebung einer Sonderumlage zwecks Befriedigung des lästigen Gläubigers gezwungen.63 Eine solche Vorgehensweise dürfte anders als ein Insolvenzverfahren üblicherweise zur vollständigen Befriedigung der Gläubiger führen und im Übrigen gerade in großen Liegenschaften auch weit effektiver sein als das Vorgehen gegen die einzelnen Wohnungseigentümer aufgrund ihrer Haftung aus § 10 Abs. 8. Zugleich wird klar, dass es sich bei der Insolvenzunfähigkeit des teilrechtsfähigen Verbandes nicht um dessen Privilegierung, sondern alleine um seine Erhaltung gerade im Interesse der Gläubiger handelt. cc) Über das Verwaltungsvermögen hinausgehende Vermögenswerte Im Schrifttum wurde die Insolvenzunfähigkeit des teilrechtsfähigen Verbandes bisweilen für 42 die Fälle in Zweifel gezogen, dass er über das Verwaltungsvermögen hinaus Vermögenswerte erwirbt.64 Als Beispiele wurde etwa der Erwerb von Einheiten in der eigenen Liegenschaft genannt, der aufgrund der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft nach mittlerweile ganz h.M. zulässig ist. Diese Auffassung hat möglicherweise den Wortlaut des 61 BSG v. 23.10.2014 – B 11 AL 6/14 R, ZWE 2015, 230; LSG Hessen v. 5.12.2013 – L 1 KR 180/12, ZWE 2014, 144. 62 BT-Drucks. 16/3843, 53. 63 Ähnlich Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 11 WEG Rz. 14. 64 Elzer/Schneider in Riecke/Schmid, § 11 WEG Rz. 33.

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§ 11 Rz. 42 | Unauflöslichkeit der Gemeinschaft Gesetzes für sich, der ein Insolvenzverfahren nur „über das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft“ ausschließt. Denn es erscheint durchaus zweifelhaft, ob etwa der angesprochene Immobilienerwerb des teilrechtsfähigen Verbandes in das Verwaltungsvermögen fällt.65 Dennoch dürfte die Durchführung eines Insolvenzverfahrens auch in diesen Fällen ausscheiden. Es ist schon kaum vorstellbar, wie ein Insolvenzverfahren, das ja grundsätzlich das gesamte Vermögen des Schuldners verwertet, nur über derartige über das Verwaltungsvermögen hinausgehende Gegenstände durchgeführt werden kann. Ein solches Teil-Insolvenzverfahren ist dem deutschen Recht fremd. Vor allem aber hat das Insolvenzverfahren auch den Sinn, zahlungsunfähige Gesellschaften und juristische Personen zu liquidieren und somit vom Markt zu nehmen. Dies soll bei Wohnungseigentümergemeinschaften gerade vermieden werden. Eine Privilegierung des teilrechtsfähigen Verbandes geht hiermit nicht einher.66 Denn ein wie auch immer geartetes Teilinsolvenzverfahren würde regelmäßig nur zur quotalen Befriedigung der Gläubiger führen, während die Pfändung aller Konten zu ihrer vollständigen Befriedigung zwingen wird (s.o. Rz. 41). Vor diesem Hintergrund muss § 11 Abs. 3 so verstanden werden, dass ein Insolvenzverfahren über jegliches „Vermögen der Gemeinschaft“ nicht stattfindet.

§ 12 Veräußerungsbeschränkung (1) Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. (2) Die Zustimmung darf nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Durch Vereinbarung gemäß Absatz 1 kann dem Wohnungseigentümer darüber hinaus für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung eingeräumt werden. (3) Ist eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 getroffen, so ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Veräußerung verpflichtet, unwirksam, solange nicht die erforderliche Zustimmung erteilt ist. Einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung steht eine Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Insolvenzverwalter gleich. (4) Die Wohnungseigentümer können durch Stimmenmehrheit beschließen, dass eine Veräußerungsbeschränkung gemäß Absatz 1 aufgehoben wird. Diese Befugnis kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Ist ein Beschluss gemäß Satz 1 gefasst, kann die Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch gelöscht werden. Der Bewilligung gemäß § 19 der Grundbuchordnung bedarf es nicht, wenn der Beschluss gemäß Satz 1 nachgewiesen wird. Für diesen Nachweis ist § 26 Abs. 3 entsprechend anzuwenden. I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vereinbarung der Veräußerungsbeschränkung (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinbarung und Grundbucheintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 2

2. Fälle der Veräußerung und Zustimmungsanspruch (Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kreis der Zustimmungsberechtigten . . . III. Zustimmungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . .

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65 S. Abramenko, ZWE 2010, 193 (197). 66 So Elzer in Riecke/Schmid, 3. Aufl. 2010, § 11 WEG Rz. 33; anders jetzt Elzer/Schneider in Riecke/ Schmid, § 11 WEG Rz. 33.

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§ 11 Rz. 42 | Unauflöslichkeit der Gemeinschaft Gesetzes für sich, der ein Insolvenzverfahren nur „über das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft“ ausschließt. Denn es erscheint durchaus zweifelhaft, ob etwa der angesprochene Immobilienerwerb des teilrechtsfähigen Verbandes in das Verwaltungsvermögen fällt.65 Dennoch dürfte die Durchführung eines Insolvenzverfahrens auch in diesen Fällen ausscheiden. Es ist schon kaum vorstellbar, wie ein Insolvenzverfahren, das ja grundsätzlich das gesamte Vermögen des Schuldners verwertet, nur über derartige über das Verwaltungsvermögen hinausgehende Gegenstände durchgeführt werden kann. Ein solches Teil-Insolvenzverfahren ist dem deutschen Recht fremd. Vor allem aber hat das Insolvenzverfahren auch den Sinn, zahlungsunfähige Gesellschaften und juristische Personen zu liquidieren und somit vom Markt zu nehmen. Dies soll bei Wohnungseigentümergemeinschaften gerade vermieden werden. Eine Privilegierung des teilrechtsfähigen Verbandes geht hiermit nicht einher.66 Denn ein wie auch immer geartetes Teilinsolvenzverfahren würde regelmäßig nur zur quotalen Befriedigung der Gläubiger führen, während die Pfändung aller Konten zu ihrer vollständigen Befriedigung zwingen wird (s.o. Rz. 41). Vor diesem Hintergrund muss § 11 Abs. 3 so verstanden werden, dass ein Insolvenzverfahren über jegliches „Vermögen der Gemeinschaft“ nicht stattfindet.

§ 12 Veräußerungsbeschränkung (1) Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. (2) Die Zustimmung darf nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Durch Vereinbarung gemäß Absatz 1 kann dem Wohnungseigentümer darüber hinaus für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung eingeräumt werden. (3) Ist eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 getroffen, so ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Veräußerung verpflichtet, unwirksam, solange nicht die erforderliche Zustimmung erteilt ist. Einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung steht eine Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Insolvenzverwalter gleich. (4) Die Wohnungseigentümer können durch Stimmenmehrheit beschließen, dass eine Veräußerungsbeschränkung gemäß Absatz 1 aufgehoben wird. Diese Befugnis kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Ist ein Beschluss gemäß Satz 1 gefasst, kann die Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch gelöscht werden. Der Bewilligung gemäß § 19 der Grundbuchordnung bedarf es nicht, wenn der Beschluss gemäß Satz 1 nachgewiesen wird. Für diesen Nachweis ist § 26 Abs. 3 entsprechend anzuwenden. I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vereinbarung der Veräußerungsbeschränkung (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinbarung und Grundbucheintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Fälle der Veräußerung und Zustimmungsanspruch (Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kreis der Zustimmungsberechtigten . . . III. Zustimmungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . .

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65 S. Abramenko, ZWE 2010, 193 (197). 66 So Elzer in Riecke/Schmid, 3. Aufl. 2010, § 11 WEG Rz. 33; anders jetzt Elzer/Schneider in Riecke/ Schmid, § 11 WEG Rz. 33.

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I. Überblick | Rz. 1 § 12 1. 2. 3. 4. IV.

Abänderungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . Wichtiger Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zustimmungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . Beweislast und Klage . . . . . . . . . . . . . . . Schwebezustand und Zustimmungserteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Zustimmung und Form . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Aufhebung des Zustimmungserfordernisses (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Schrifttum: Armbrüster, Grundfälle zum Wohnungseigentumsrecht, JuS 2002, 665; Baer, Veräußerungsbeschränkung nach § 12 WEG und Verwalterzustimmung, ZfIR 2017, 656; Böhringer, Kosten in Wohnungseigentumssachen, BWNotZ 2016, 75; Böhringer, Notarielle Unterschriftsbeglaubigung bei WEGBeschlüssen, DNotZ 2016, 831; Böttcher, Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung des § 12 WEG, ZNotP 2007, 373; Briesemeister, Verwalterbestellung und Abschaffung der Veräußerungszustimmung, ZWE 2015, 355; Bub, Beschränkung der Verwalterbestellung durch Übertragung der Zustimmungsberechtigung im Falle der Veräußerung gem. § 12 WEG, NZM 2001, 502; Deckert, Die Vereinbarung der Verwalterzustimmung zur Wohnungsveräußerung, WE 1998, 82; Drasdo, Wohnungseigentum in der Krise, NZM 1999, 681; Drasdo, Die Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung nach § 12 WEG, RNotZ 2007, 264; Elsing, Verwalterzustimmung – Transparenz in der Gemeinschaftsordnung, ZNotP 2008, 235; Fabis, Die Neuregelung des WEG – Inhalt und Auswirkungen auf die notarielle Praxis, RNotZ 2007, 369; Först, Verwaltervergütung für besondere Leistungen, ZWE 2016, 313; Froese, Veräußerungsbeschränkungen im Wohnungseigentumsrecht – verfassungsrechtlich gebotener Schutzmechanismus oder unzulässige Beschränkung der Eigentumsrechte?, ZWE 2015, 390; Füllbeck, Kosten der Verwalterzustimmung, ZMR 2012, 1; Gottschalg, Haftungsrisiken des WEG-Verwalters bei der Entscheidung über die Zustimmung zur Veräußerung, FS für Deckert, 2002, S. 161; Grziwotz, Verwalterzustimmung und Schrottimmobilien, NZM 2009, 812; Grziwotz, Wohnungseigentümergemeinschaft mbH – Haftungsbeschränkung durch zwischengeschaltete GmbH, MietRB 2011, 396; Häublein, Schutz der Gemeinschaft vor zahlungsunfähigen Miteigentümern, ZWE 2004, 48; Heggen, Die Unterschriften unter der Niederschrift übe eine WEG-Versammlung, NotBZ 2009, 401; Heggen, Das Kreuz mit dem Verwalternachweis, RNotZ 2010, 455; Herrler, Verwalterzustimmung zum Kaufvertrag, wenn der Verwalter gleichzeitig Vermittler des Kaufvertrages ist, ZNotP 2007, 448; Herrler, Nochmals: Verwalterzustimmung zum Kaufvertrag, wenn der Verwalter gleichzeitig Vermittler des Kaufvertrags ist, ZNotP 2008, 279; Hogenschurz, Veräußerungszustimmung durch den Verwaltungsbeirat, ZMR 2014, 774; Hogenschurz, Die Veräußerungsbeschränkung gem. § 12 WEG, MietRB 2016, 146; 176 u. 209; Hügel, Sicherheit durch § 12 WEG bei der abschnittsweisen Errichtung von Mehrhausanlagen, DNotZ 2003, 517; Hügel, Das neue Wohnungseigentumsrecht, DNotZ 2007, 326; Hügel, Aktuelles zur Veräußerungsbeschränkung nach § 12 WEG, MittBayNot 2016, 109; Kahlen, Schadensersatz wegen versagter Veräußerungszustimmung, ZMR 1986, 76; Kreuzer, Die Veräußerungsbeschränkung nach § 12 Abs. 1 WEG, DNotZ 2012, 11; Liessem, Zur Verwalterzustimmung bei Veräußerung von Wohnungseigentum, NJW 1988, 1306; Müller, Veräußerungsbeschränkungen nach § 12 WEG und ihre praktische Durchführung, WE 1998, 458; Nies, Zustimmung des WEG-Verwalters gem. § 12 WEG bei Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Mieter einer in Wohnungseigentum umgewandelten Wohnung, NZM 1998, 179; Rapp, Erbbaurecht: Kein Widerruf der Veräußerungszustimmung des Grundstückseigentümers, DNotZ 2018, 413; Schmidt, § 12 WEG im Strudel der Meinungen, ZWE 2010, 394; Schneider/Karsten, Wer trägt die Kosten der Verwalterzustimmung nach § 12 WEG?, RNotZ 2011, 238; Schüller, Änderungen von Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen, RNotZ 2011, 203; Sohn, Befreiung des Verwalters vom Verbot des Selbstkontrahierens?, NJW 1985, 3060; Streuer, Verfügungsbeschränkungen und Eigentumsvormerkung in der Zwangsversteigerung des Grundstücks, Rpfleger 2000, 357; Weber, Widerruf der Veräußerungszustimmung im Wohnungseigentums- und Erbbaurechtsgesetz, ZWE 2017, 341; Wiebke, Wer trägt die Kosten bei einer erforderlichen Zustimmung zum Eigentumsübergang nach § 12 WEG?, IMR 2014, 272; Wilsch, Die Aufhebung von Veräußerungsbeschränkungen nach § 12 IV WEG, NotBZ 2007, 305; Wochner, Übersendung der Zustimmung des Wohnungsverwalters unter Treuhandauflage, ZNotP 1998, 489.

I. Überblick Nach § 137 Satz 1 BGB kann eine Verfügungsbeschränkung nicht mit dinglicher Wirkung ver- 1 einbart werden. Zweck dieser Norm ist, wie sich aus § 137 Satz 2 BGB ergibt, nicht der Schutz Grziwotz | 289

§ 12 Rz. 1 | Veräußerungsbeschränkung der persönlichen Freiheit,1 sondern die Sicherung des numerus clausus der Sachenrechte und der Zwangsvollstreckung.2 § 12 WEG enthält hiervon nach richtiger Ansicht eine Ausnahme, in dem die Veräußerungsbeschränkung mit dinglicher Wirkung, das heißt als Inhalt des Sondereigentums, vereinbart werden kann.3 Damit soll der Wohnungseigentümergemeinschaft die Möglichkeit gegeben werden, das Eindringen persönlich oder wirtschaftlich unzuverlässiger Mitglieder im Wege der Vereinbarung zu verhindern.4 Die Verfügungsbeschränkung betrifft – entsprechend diesem Zweck – nur die Veräußerung, also nicht die Belastung und auch nicht die Nutzungsüberlassung (z.B. Vermietung, Leihe, Wohnungsrechtsbestellung, Nießbrauch). Sie besteht nicht kraft Gesetzes, sondern bedarf der Vereinbarung. Wird eine diesbezügliche Vereinbarung nicht getroffen, sind die Wohnungs- und Teileigentumseinheiten frei veräußerlich. Dies gilt auch, soweit bei einer eingeschränkten Veräußerungsbeschränkung bestimmte Fallgestaltungen (z.B. Veräußerung an Ehegatten) nicht erfasst werden. Der Ausnahmecharakter der Vorschrift wird noch dadurch unterstrichen, dass es sich bei den Gründen, die eine Versagung rechtfertigen können, um wichtige handeln muss. Zudem kann in bestimmten Fällen ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung durch Vereinbarung begründet werden. Schließlich kann die freie Veräußerlichkeit durch Mehrheitsbeschluss wieder hergestellt werden. Diese Befugnis ist sogar vereinbarungsfest, kann also nicht ausgeschlossen werden.

II. Vereinbarung der Veräußerungsbeschränkung (Abs. 1) 1. Vereinbarung und Grundbucheintragung 2 Die nach § 12 mögliche Verfügungsbeschränkung tritt nicht kraft Gesetzes ein, sondern be-

darf der Vereinbarung.5 Diese kann bei der Aufteilung nach § 3 erfolgen, aber auch später durch eine nachträgliche Vereinbarung. Ihr steht die einseitige Bestimmung des aufteilenden Eigentums nach § 8 gleich.6 Auch die Wiederbegründung einer durch Beschluss aufgehobenen Veräußerungsbeschränkung bedarf der Vereinbarung aller Eigentümer; ein diesbezüglicher Beschluss analog § 12 Abs. 4 Satz 1 WEG ist nicht ausreichend.7 Sie gilt auch für die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft.8 Sie kann auch für einzelne Einheiten verein1 Ebenso Kohler, DNotZ 1989, 339 (346 ff.). 2 Ebenso BayObLG v. 16.11.1977 – BReg.2 Z 62/77, MDR 1978, 316 = DNotZ 1978, 159 (162); BGH v. 5.12.1996 – V ZB 27/96, BGHZ 182 (186) = MDR 1997, 338. 3 Vgl. OLG Düsseldorf v. 11.5.2011 – I-3 Wx 70/11, DNotZ 2011, 625 einerseits u. BGH v. 21.2.1991 – V ZB 13/90, MDR 1991, 631 = NJW 1991, 1613 = DNotZ 1991, 888; OLG Celle v. 19.1.2005 – 4 W 14/05, MietRB 2005, 122 = RNotZ 2005, 542; OLG Hamm v. 12.5.2010 – 15 W 139/10, RNotZ 2010, 578; OLG Saarbrücken v. 7.11.2011 – 5 W 214/11, DNotZ 2012, 367 = IMR 2012, 166 = NZM 2012, 390 und OLG München v. 31.5.2017 – 34 Wx 386/16, ZWE 2017, 313 = MDR 2017, 937; andererseits. S. dazu auch Schmidt, ZWE 2010, 394 ff. Für eine Beschränkung des Rechtsinhalts des Wohnungsbzw. Teileigentums („Fungibilitätseinschränkung“) dagegen Kössinger in Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl. 2018, § 19 Rz. 203 u. Suilmann in Bärmann, § 12 WEG Rz. 33; vgl. BGH v. 11.10.2012 – V ZB 2/12, BGHZ 195, 120 = MDR 2013, 22, der die Streitfrage nur referiert, aber nicht entscheidet. Allg. zur Veräußerungsbeschränkung s. Froese, ZWE 2015, 390 ff. 4 Zu diesem Zweck s. auch BayObLG v. 16.11.1972 – BReg.2 Z 68/72, BayObLGZ 1972, 348 = MDR 1973, 138 = NJW 1973, 152; BayObLG v. 9.3.1977 – BReg.2 Z 79/76, BayObLGZ 1974, 40; OLG Zweibrücken v. 18.2.1994 – 3 W 200/93, NJW-RR 1994, 1103; krit. Liessem, NJW 1988, 1306 (1307). 5 Vgl. Elsing, ZNotP 2008, 235; Hügel, MittBayNot 2016, 109 und Bärmann/Pick, § 12 WEG Rz. 5. 6 OLG Nürnberg v. 31.8.2015 – 15 W 788/15, MDR 2015, 1287 = MietRB 2016, 45. 7 OLG München v. 4.4.2016 – 34 Wx 62/14, IMR 2014, 251 = DNotI-Report 2013, 105 = MietRB 2014, 207. 8 Str., a.A. OLG Hamm v. 7.4.1994 – 15 W 26/94, MDR 1994, 1008; Dötsch, ZWE 2011, 385 (387) und Suilmann in Bärmann, § 12 WEG Rz. 10; wie hier KG v. 3.5.2018 – 1 W 370/17, MietRB 2018, 303 =

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II. Vereinbarung der Veräußerungsbeschränkung (Abs. 1) | Rz. 4 § 12

bart werden.9 Die Zustimmung der Grundpfandrechts- und Realgläubiger ist hierzu nicht erforderlich, und zwar unabhängig davon, ob sie als Belastung nur an einem Wohnungs- bzw. Teileigentum eingetragen sind oder an allen (§ 5 Abs. 4 Satz 2).10 Hinsichtlich der übrigen Rechte ist eine Zustimmung nicht erforderlich, wenn sie am Grundstück selbst eingetragen sind; sind sie nur an einzelnen Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten eingetragen, kommt es darauf an, ob eine rechtliche Betroffenheit ausscheidet. Dies ist bei Dienstbarkeiten, dem Nießbrauch, Dauerwohn- und Dauernutzungsrechten der Fall, da sie durch eine Veräußerungsbeschränkung nicht betroffen werden. Anders könnte es nur beim dinglichen Vorkaufsrecht sein. Allerdings ist der Vorkaufsberechtigte erst nach dem Eintritt des Vorkaufsrechts rechtlich betroffen und nicht vorher. Erst dann hat er das Recht, einen Kauf zu den vereinbarten Bedingungen neu zustande zu bringen. Die Veräußerungsbeschränkung wird Inhalt des Sondereigentums. Sie ist in das Grundbuch 3 einzutragen. Eine Bezugnahme auf die Bewilligung ist grundsätzlich unzulässig; vereinbarte Veräußerungsbeschränkungen sind ausdrücklich in das Grundbuch im Bestandsverzeichnis, da es sich um einen Inhalt des Eigentums handelt, einzutragen (§ 3 Abs. 2, 2. Hs. WGV).11 Die Direkteintragung soll die Verfügungsbeschränkung wegen ihrer Bedeutung für den Rechtsverkehr besonders auffällig machen, hat also eine Warnfunktion.12 Der Eintragungszwang erstreckt sich aber nicht auf sämtliche Einzelheiten der Veräußerungsbeschränkung. Es ist ausreichend, wenn die Veräußerungsbeschränkung und die Grundzüge der Ausnahmen angegeben werden sowie im Übrigen eine Bezugnahme auf die Bewilligung erfolgt.13 Umstritten ist, ob es sich nur um eine formelle Ordnungsvorschrift handelt14 oder um eine Wirksamkeitsvoraussetzung.15 Folgt man im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm, der zur Vermeidung eines Leerlaufs eine Eintragung erfordert der letztgenannten Ansicht, so muss auch bei umfangreichen Bestimmungen der wesentliche Inhalt unmittelbar eingetragen werden. Der Hinweis auf das Bestehen von Ausnahmen genügt nicht; diese müssen vielmehr hinsichtlich ihres Umfangs zumindest schlagwortartig angegeben werden. Fehlt die Eintragung oder ist sie unvollständig, so besteht nach der hier vertretenen Ansicht 4 keine Veräußerungsbeschränkung bzw. beim Fehlen der Ausnahmen existieren diese nicht. In diesem Fall kann jedoch eine Grundbuchberichtigung erfolgen. Zudem kann das Veräußerungsverbot in eine schuldrechtliche Verpflichtung, d.h. nicht dinglich wirkende Beschränkung i.S.v. § 137 Satz 2 BGB umgedeutet werden.16 Allerdings hat diese keine Wirkung gegenüber einem Rechtsnachfolger. Nach der abweichenden Ansicht, die lediglich von einer formellen Ordnungsvorschrift ausgeht, wird der gute Glaube des Grundbuchs erheblich entwertet und der Schutz des Rechtsverkehrs nahezu in sein Gegenteil verkehrt. Danach besteht nämlich auch bei fehlender und sogar unrichtiger Eintragung (z.B. hinsichtlich der Ausnahmen) bei Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung materiell-rechtlich eine wirksame Ver-

9 10 11 12 13 14 15 16

MittBayNot 2018, 556; AG Gladbeck v. 22.2.2017 – 51 C 35/16, ZWE 2018, 123; Schmidt, WE 1994, 235 (240); Wenzel, ZWE 2008, 69 (70); Sauren, ZWE 2008, 375 (377). S. auch Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 12 WEG Rz. 3. Vgl. Hogenschurz, MietRB 2016, 146 (147). Vgl. Hügel, MittBayNot 2016, 109 u. Hügel/Elzer, § 12 Rz. 5. Vgl. nur Böttcher in Meikel, GBO, 10. Aufl. 2009, § 3 WGV Rz. 11, § 56 GBV Rz. 9. LG Kempten v. 3.6.1966 – T 24/66, Rpfleger 1988, 58; OLG Saarbrücken v. 13.7.1967 – 5 W 37/68, Rpfleger 1968, 57; vgl. auch BayObLG v. 18.7.1979 – BReg.3 Z 119/78, BayObLGZ 1979, 227 (230) = DNotZ 1980, 50 (52). Vgl. zu Formulierungsvorschlägen Weitnauer/Diester, Rpfleger 1968, 205 ff. So LG München II v. 19.10.1992 – 6 T 3403/92, MittBayNot 1994, 137. So Commichau in MünchKomm/BGB, § 12 WEG Rz. 10; Kreuzer in Staudinger, BGB, § 12 WEG Rz. 10; Grziwotz in Erman, BGB, § 12 WEG Rz. 6. Ebenso Wenzel, ZWE 2008, 69; Weber in Soergel, BGB, § 12 WEG Rz. 10 und Wicke in Palandt, BGB, § 12 WEG Rz. 5.

Grziwotz | 291

§ 12 Rz. 4 | Veräußerungsbeschränkung äußerungsbeschränkung (§ 874 BGB). Auch der Hinweis, dass durch die beschlussmäßige Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung ohnehin kein Verlass mehr auf die Grundbucheintragung besteht,17 ist nicht tragfähig. Das Entfallen der Veräußerungsbeschränkung führt nämlich zur Wiederherstellung der freien Veräußerbarkeit; dagegen hätten falsche Eintragungen hinsichtlich der Einschränkung der Veräußerbarkeit zur Folge, dass die entsprechenden Rechtsvorgänge nicht wirksam wären und auch eine die Beschränkungen nicht beachtende und deshalb fehlerhafte Grundbucheintragung keine Heilung bewirken würde. Deshalb ist der Ansicht zu folgen, die jedenfalls hinsichtlich der Wirksamkeit der Veräußerungsbeschränkungen die Vereinbarung und ihre Eintragung im Grundbuch fordert und eine Bezugnahme nur hinsichtlich der Einzelheiten genügen lässt.

2. Fälle der Veräußerung und Zustimmungsanspruch (Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2) 5 Die Veräußerungsbeschränkungen müssen dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrund-

satz entsprechen. Dies schließt allerdings nicht aus, den konkreten Umfang gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln. Maßgeblich ist eine objektive Auslegung, die auf den Wortlaut und Sinn abstellt, wie sich dieser aus dem Eintragungsvermerk und der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Nicht maßgeblich ist das subjektiv vom aufteilenden Eigentümer Gewollte. Im Zweifel ist die Verfügungsbeschränkung als Ausnahme restriktiv zugunsten der freien Veräußerbarkeit auszulegen.18 6 Veräußerung ist die rechtsgeschäftliche Übertragung des Wohnungs- oder Teileigentums

und nicht – wie bei § 266 ZPO – jede Einzelrechtsnachfolge unter Lebenden.19 Auf die Entgeltlichkeit kommt es dagegen nicht an. Deshalb fallen z.B. Schenkungen20 und eine Vermächtniserfüllung21 unter den Begriff der Veräußerung. Außerdem muss nicht das ganze Wohnungs- und Teileigentum übertragen werden. Ausreichend ist auch die teilweise Veräußerung.22 Nicht unter den Begriff der Veräußerung fallen die Gesamtrechtsnachfolge im Wege der Erbfolge, die partielle Rechtsnachfolge bei einem Vorgang nach dem UmwG, sofern nicht eine gezielte Umgehung des Zustimmungserfordernisses vorliegt, sowie die Übertragung durch Gesetz oder Hoheitsakt (z.B. Enteignung, Flurbereinigung).

7 Obwohl es sich bei ihnen um keine rechtsgeschäftlichen Vorgänge handelt, stehen eine Ver-

äußerung im Wege der Zwangsvollstreckung (z.B. Versteigerung) oder durch den Insolvenzverwalter gleich (Abs. 3 Satz 2). Auch für sie gilt somit bei entsprechender Vereinbarung das

17 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 2902. 18 OLG Karlsruhe v. 25.6.2012 – 14 Wx 30/11, DNotZ 2013, 122 = FamRZ 2013, 580 = FGPrax 2012, 246 = MDR 2012, 1350 = NotBZ 2012, 432 = ZWE 2012, 490; OLG Nürnberg v. 31.8.2015 – 15 W 788/15, FamRZ 2016, 936 (937) = MietRB 2016, 45 = NJW-RR 2016, 205 = NZM 2016, 136; BayObLG v. 12.4.1983 – BReg.2 Z 107/82, Rpfleger 1983, 350; OLG Schleswig v. 28.5.1982 – 2 W 22/ 82, DWE 1983, 26; LG Mannheim v. 9.2.1977 – 4 T 24/77, BB 1977, 319. 19 S. nur Hogenschurz, MittBayNot 2016, 376 (377 f.). 20 KG v. 24.5.2012 – 1 W 121/12, MDR 2012, 1401 = MietRB 2012, 300 = NJW-RR 2013, 136 = NZM 2013, 239 = ZWE 2012, 426. 21 BayObLG v. 29.1.1982 – BReg.2 Z 50/81 BayObLGZ 1982, 46 (51); Hügel, ZWE 2006, 174 (181); Tersteegen, ZErb 2013, 284 (291); a.A. LG Nürnberg-Fürth v. 7.1.1976 – 14 T 9907/75, MittBayNot 1976, 27 (LS). 22 Nicht jedoch die Unterteilung von Sondereigentum; dafür nur analoge Anwendung durch Vereinbarung möglich (OLG München v. 23.7.2013 – 34 Wx 210/13, FGPrax 2013, 255 = MDR 2014, 84 = MietRB 2013, 299 = RNotZ 2013, 549 = ZWE 2013, 409); s. auch Müller, ZWE 2012, 22 (23).

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II. Vereinbarung der Veräußerungsbeschränkung (Abs. 1) | Rz. 9 § 12

Zustimmungserfordernis.23 Während beim Vorkaufsrecht das Gegenteil gilt, da dieses als obligatorisches Recht die Zwangsvollstreckung und den Zwangsverkauf nicht beeinträchtigen soll (§ 471 BGB), ist die Erstreckung des Zustimmungserfordernisses beim Wohnungs- und Teileigentum konsequent, da es sich um eine dinglich wirkende Beschränkung handelt und der Schutzzweck auch in diesen Fällen die Anwendbarkeit nahe legt. Die Veräußerungsbeschränkung kann freilich diese Fälle vom Zustimmungserfordernis ausnehmen und somit diese auf die Fälle der rechtsgeschäftlichen Veräußerung im engeren Sinne beschränken. Die Empfehlung, dies stets wegen der „Kreditfähigkeit“ des einzelnen Wohnungs- und Teileigentümers so zu vereinbaren, also Abs. 3 Satz 2 auszuschließen,24 vernachlässigt die Interessen der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer. Sie kann zudem die Beleihbarkeit der Einheiten wegen des Risikos des Eindringens unzuverlässiger oder durch ihr Verhalten störender Eigentümer sogar erheblich beeinträchtigen. Das Zustimmungserfordernis betrifft zunächst die Verfügung, d.h. die Eigentumsübertragung 8 und nicht das entsprechende Verpflichtungsgeschäft. Deshalb genügt die Bewilligung und Eintragung einer Auflassungsvormerkung noch nicht.25 Das Gesetz (Abs. 3 Satz 1) erstreckt die Rechtswirkungen des Zustimmungserfordernisses auch auf das schuldrechtliche Geschäft.26 Spätere Änderungen des schuldrechtlichen Geschäfts, die weder den wohnungseigentumsrechtlichen Vertragsgegenstand noch die Person des Erwerbers betreffen, lösen kein erneutes Zustimmungserfordernis aus.27 Das Zustimmungserfordernis umfasst, falls es ohne nähere Einschränkung vereinbart ist, auch 9 die Veräußerung von Wohnungs- und Teileigentumseinheiten innerhalb der Gemeinschaft, d.h. an eine Person, die bereits Mitglied der Eigentümergemeinschaft ist,28 die Übertragung eines ideellen Anteils an einem Wohnungs- oder Teileigentum auf einen Dritten,29 die Veräußerung des Wohnungs- oder Teileigentums von einer GmbH & Co. KG auf ihren alleinigen Kommanditisten,30 die Veräußerung von einer Erbengemeinschaft auf einen Miterben,31 einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf einen Gesellschafter,32 einer Gesellschaft bürgerlichen Recht an die Gesellschafter zum Miteigentum,33 der Rückerwerb Kraft eines in das Belieben

23 Vgl. auch Helwick, JurBüro 2008, 287 (289). Zum Erwerb unmittelbar nach dem Zuschlag s. AG Schwerin v. 27.6.2014 – 11 C 141/13, ZMR 2015, 593. 24 So Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 6. Aufl. 2015, 4. Teil Rz. 2; Sohn, PiG 12, 74. 25 BayObLG v. 3.7.1964 – BReg.2 Z 90/64, NJW 1964, 1962. 26 Hügel, MittBayNot 2016, 109 (110). 27 Vgl. Leitzen, BWNotZ 2012, 86 (93 f.). 28 BayObLG v. 9.3.1977 – BReg.2 Z 79/76, MDR 1977, 670 f. = DB 1977, 2182; KG v. 20.6.1978 – 1 W 31/78, DNotZ 1979, 31; BayObLG v. 29.1.1982 – BReg.2 Z 50/81, MDR 1982, 496 = Rpfleger 1982, 177; BayObLG v. 31.10.2001 – 2Z BR 37/01, NJW-RR 2002, 659; KG v. 1.3.2011 – 1 W 57/11, MietRB 2011, 149 = MDR 2011, 718 = NZM 2012, 317; OLG Karlsruhe v. 25.6.2012 – 14 Wx 30/11, DNotZ 2013, 122 = FamRZ 2013, 580 = FGPrax 2012, 246 = MDR 2012, 1350 = NotBZ 2012, 432 = ZWE 2012, 490; OLG Nürnberg v. 31.8.2015 – 15 W 788/15, FamRZ 2016, 936 (937) = MietRB 2016, 45 = NJW-RR 2016, 205 = NZM 2016, 136. 29 Vgl. BGH v. 18.6.1976 – V ZR 156/75, MDR 1977, 41 = NJW 1976, 1976; OLG Celle v. 2.7.1974 – 4 Wx 10/74, Rpfleger 1974, 438; KG v. 20.6.1978 – 1 W 31/78, Rpfleger 1978, 382; KG v. 1.3.2011 – 1 W 57/11, MDR 2011, 718 = MietRB 2011, 149 = NZM 2012, 317; a.A. nur Hügel, MittBayNot 2016, 109 (111) u. Schmedes, Rpfleger 1974, 421. S. auch DNotI-Report 2009, 181 u. 2015, 165. 30 OLG Hamm v. 28.8.2006 – 15 W 15/06, RNotZ 2007, 34; Franck, HambGE 2007, 52. 31 OLG Nürnberg v. 31.8.2015 – 15 W 788/15, FamRZ 2016, 936 = MietRB 2016, 45 = NJW-RR 2016, 205 = NZM 2016, 136; LG Dortmund v. 29.9.2008 – 9 T 267/08, MittBayNot 2009, 43. 32 KG v. 26.5.2014 – 1 W 55/14, DNotZ 2016, 700 = NJW-RR 2015, 203 = NZG 2015, 477 = NZM 2016, 56 = Rpfleger 2014, 495 = ZfIR 2014, 612 (LS) = ZWE 2014, 311; KG v. 14.6.2016 – 1 W 166/16, FGPrax 2016, 147 = NZG 2016, 940 = ZfIR 2016, 511. 33 KG v. 14.6.2016 – 1 W 166/16, MietRB 2016, 326 = NJW-RR 2016, 1166.

Grziwotz | 293

§ 12 Rz. 9 | Veräußerungsbeschränkung des Berechtigten gestalteten Rückübertragungsanspruches34 und die Veräußerung realer Teile (z.B. Raum, Garage, Keller) einer Einheit.35 In diesen Fällen ist zwar nach dem Gesetzeszweck die Zustimmung eigentlich nicht erforderlich; dies hat aber nur Bedeutung für den Anspruch auf Zustimmung, nicht auf das vereinbarte Erfordernis als solches. Andernfalls, d.h. bei einer teleologischen Einschränkung, müsste auch in anderen Fällen (z.B. Erwerb durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft) die Zustimmung als entbehrlich entfallen. Zutreffend hat die Rechtsprechung36 deshalb auch die Erstveräußerung durch den aufteilenden Alleineigentümer als zustimmungspflichtig eingeordnet.37 10 Neben Verkauf, Schenkung,38 Ehegatten- bzw. Lebenspartnerzuwendung, Einbringung in eine

Gesellschaft und Tausch (auch zwischen Wohnungseigentümern) sind auch die Übertragung eines Wohnungs- oder Teileigentums in Erfüllung eines Vermächtnisses39 oder auf Grund einer Teilungsanordnung in einer Verfügung von Todes wegen40 sowie im Zusammenhang mit einer Scheidung oder Lebenspartnerschaftsaufhebung zustimmungsbedürftig. 11 Nicht anwendbar ist das Zustimmungsgebot bei einer erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge

und beim En-bloc-Verkauf sämtlicher Einheiten einer Anlage an einen Erwerber,41 anders aber, wenn bei einer Mehrhausanlage und getrennter Abrechnung sämtliche Einheiten eines Gebäudes veräußert werden. Zustimmungsfreiheit soll auch für die gleichzeitige Veräußerung sämtlicher Einheiten an unterschiedliche Erwerber gelten.42 Die Veräußerung eines Gesamthandsanteils, wie z.B. eines Anteils an einer BGB-Gesellschaft oder einer OHG und eines Erbteils, fällt nicht unter das Zustimmungserfordernis, und zwar auch dann, wenn das gesamthänderisch gebundene Vermögen ausschließlich aus einem Wohnungs- oder Teileigentum besteht.43 Zustimmungsfrei ist auch die interne Quotenänderung an einem Wohnungs- und Teileigentum44 (z.B. Übertragung eines Miteigentumsanteils von einem Miteigentümer an einen anderen Miteigentümer dieser Einheit).45 Gleiches gilt wegen des fehlenden Schutzzwecks auch bei der Personenidentität von Veräußerer und Erwerber (z.B. Erbengemeinschaft veräußert an personenidentische OHG oder an die Miterben in Bruchteilen);46 anders ist dies aber wohl bereits dann, wenn unterschiedliche Haftungsverhältnisse bestehen (z.B. Erben34 OLG Hamm v. 19.10.2011 – 15 W 348/11, NZM 2012, 389 = RNotZ 2012, 118 = ZWE 2012, 97, teilw. abw. noch OLG Hamm v. 6.7.2010 – 15 Wx 355/09, NJW-RR 2011, 232 = NZM 2011, 157 = RNotZ 2010, 580. 35 Vgl. BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250; Röll, Rpfleger 1976, 284. 36 BGH v. 21.2.1991 – V ZB 13/90, MDR 1991, 631 = NJW 1991, 1613; BayObLG v. 9.10.1986 – BReg.2 Z 121/85, NJW-RR 1987, 270; krit. Röll, WE 1991, 240; Schmidt, WE 1991, 280. 37 Zur Heilung s. § 61 WEG. 38 KG v. 24.5.2012 – 1 W 121/12, MDR 2012, 1401 = MietRB 2012, 300 = NJW-RR 2013, 136 = NZM 2013, 239 = ZWE 2012, 426 (bei „Veräußerung“, anders bei „Verkauf“ als zustimmungspflichtigem Rechtsgeschäft), teilw. abw. noch KG v. 17.8.2010 – 1 W 97/10, MDR 2011, 93 = MietRB 2010, 329 = NJW-RR 2010, 1523. 39 Vgl. AG Berlin-Schöneberg v. 11.1.2010 – 77 C 116/09, BeckRS 2011, 16317. 40 BayObLG v. 29.1.1982 – BReg.2 Z 50/81, MDR 1982, 496 = Rpfleger 1982, 177; Hügel, ZWE 2006, 174 (181); a.A., aber unzutreffend LG Nürnberg v. 7.1.1976 – 14 T 9907/75, MittBayNot 1976, 27. 41 OLG Saarbrücken v. 7.11.2011 – 5 W 214/11, DNotZ 2012, 367 = IMR 2012, 166 = NZM 2012, 390; OLG Hamm v. 6.3.2012 – I-15 W 96/11, MDR 2012, 902 = MietRB 2012, 239; Suilmann in Bärmann, § 12 WEG Rz. 19. 42 So OLG Saarbrücken v. 7.11.2011 – 5 W 214/11, BeckRS 2012, 02595. 43 OLG Hamm v. 13.9.1979 – 15 W 209/79, MDR 1980, 56 = DNotZ 1980, 53; OLG München v. 12.4.2007 – 32 Wx 64/07, DNotZ 2007, 950; OLG Celle v. 29.3.2011 – 4 W 23/11, MietRB 2011, 254 = ZfIR 2011, 341. 44 BGH v. 18.6.1976 – V ZR 156/75, MDR 1977, 41 = NJW 1976, 1976. 45 Anders bei Übertragung an einen Dritten, s. Rz. 9. 46 OLG Karlsruhe v. 25.6.2012 – 14 Wx 30/111, MDR 2012, 1350 = MietRB 2013, 49 = NJW-RR 2013, 338 = NZM 2013, 196 = NotBZ 2012, 432 = WuM 2012, 637.

294 | Grziwotz

II. Vereinbarung der Veräußerungsbeschränkung (Abs. 1) | Rz. 14 § 12

gemeinschaft veräußert an personenidentische KG). Erfolgt die Verfügung zur Erfüllung gesetzlicher Ansprüche (z.B. §§ 812, 440, 323, 326 Abs. 5, 437 Nr. 2 BGB), liegt keine zustimmungsbedürftige Veräußerung vor; anders ist dies aber wiederum bei einer einvernehmlichen (auch vergleichsweisen) Vertragsaufhebung und Rückauflassung47 sowie bei einer Auflassung bei Bestehen eines vertraglichen Rückübertragungsanspruchs.48 Bei der Veräußerung einer Einheit der eigenen Anlage an die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft ist die Zustimmung überflüssig.49 Umstritten ist, ob das Zustimmungserfordernis auch auf die isolierte Veräußerung eines Son- 12 dernutzungsrechts an einen anderen Wohnungs- und Teileigentümer erstreckt werden kann. Dies ist zu verneinen, da es sich beim Sondernutzungsrecht um eine Gebrauchsregelung handelt und nicht, wie vom Gesetzeswortlaut vorausgesetzt, um ein Wohnungseigentum.50 Ob zudem der Gesetzeszweck entgegensteht, ist dagegen fraglich, da bei einem umfassenden Sondernutzungsrecht mit einer entsprechenden Kostentragungsregelung auf die Miteigentümer finanzielle Belastungen zukommen können, wenn der Erwerber nicht zahlungsfähig ist. Anders als bei § 265 ZPO51 fällt auch der bloße Besitzübergang nicht unter den Begriff der 13 Veräußerung. Eine Ausweitung des Zustimmungserfordernisses auf bloße Nutzungsbeschränkungen, z.B. die Vermietung und Verpachtung, ist mit dinglicher Wirkung nicht möglich. Ein diesbezüglicher Zustimmungsvorbehalt kann nur schuldrechtlich vereinbart werden (§ 137 Satz 2 BGB). Bei einem Verstoß tritt demzufolge auch nicht die Wirkung von Abs. 3 Satz 1 ein. Dies gilt auch dann, wenn die Vereinbarung versehentlich als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen wird.52 Zustimmungsfreiheit kann durch die Regelung in der Vereinbarung erreicht werden. Dies 14 erfolgt dadurch, dass die Veräußerungsbeschränkung auf bestimmte Fälle beschränkt wird oder umgekehrt bestimmte Fälle von ihr ausgenommen werden. Hinsichtlich des Personenkreises, an den veräußert wird, können ebenfalls Ausnahmen vom Zustimmungserfordernis vorgesehen werden. Auch wenn das AGG nur die Vermietung (§ 19 Abs. 3 AGG) von Wohnraum betrifft, ist bei den personenbezogenen Zustimmungserfordernissen bzw. Ausnahmen hiervon besonders darauf zu achten, dass keine Diskriminierung hinsichtlich der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der sexuellen Identität, einer Behinderung, des Alters und der Religion erfolgt, sofern kein Rechtfertigungsgrund hierfür vorliegt (z.B. Frauenhaus, Alters- bzw. Seniorenheim, kirchliche Einrichtung). Rassistisch motivierte oder an die Ethnik anknüpfende Zustimmungsgebote dürften nie sachlich gerechtfertigt sein. Insbesondere beim Wohnungseigentum dürfte eine Ausrichtung der Zustimmungserfordernisse an dem Recht der sozialen Wohnraumförderung (§ 6 Nr. 3 und Nr. 4 WoFG)53 unbedenklich sein. Dem entsprechen pauschale Zustimmungserfordernisse für kinderreiche Familien und Ausländer nicht.54 Anders kann dies sein, wenn differenziert zur Vermeidung einer Ghettobildung und 47 BayObLG v. 22.12.1976 – BReg.2 Z 20/76, BayObLGZ 1976, 328; anders bei Anfechtung und Rücktritt OLG Hamm v. 6.7.2010 – 15 Wx 355/09, NJW-RR 2011, 232. 48 OLG Hamm v. 19.10.2011 – I-15 W 348/11, MietRB 2012, 46 = NZM 2012, 389 = RNotZ 2012, 118 = ZWE 2012, 97. 49 OLG Hamm v. 20.10.2009 – 4-15 Wx 81/09, DNotZ 2010, 130 (134). 50 A.A. Merle, DWE 1986, 34 (39); wie hier Hellmann, MittRhNotK 1985, 1 (4); Streblow, MittRhNotK 1987, 141 (156). 51 BGH v. 13.3.1981 – V ZR 115/80, NJW 1981, 1517 f. 52 Ganz h.M., ebenso LG Köln v. 19.7.1983 – 11 T 402/82, MittRhNotK 1983, 221; Suilmann in Bärmann, § 12 WEG Rz. 20 und Schultzky in NK/BGB, § 12 WEG Rz. 23; missverständlich BGH v. 15.6.1962 – V ZB 2/62, BGHZ 37, 203 = NJW 1962, 1613. Vgl. auch LG Koblenz v. 4.8.2016 – 2 S 124/15, NZM 2016, 800: Vereinbarung nach § 10 Abs. 2 WEG möglich. 53 Vgl. auch § 19 Abs. 3 AGG sowie hierzu Gaier/Wendtland, AGG, 2006, Rz. 125 ff. u. Thüsing in MünchKomm/BGB, § 19 AGG Rz. 78 ff. 54 Vgl. OLG Zweibrücken v. 17.8.1993 – 3 W 141/93, MittBayNot 1994, 44.

Grziwotz | 295

§ 12 Rz. 14 | Veräußerungsbeschränkung der Entmischung von Wohngebieten z.B. bestimmte Prozentzahlen vorgesehen werden. Das Diskriminierungsverbot darf auch nicht durch anderweitige Gestaltungen, wie z.B. das Gebot, nur an bestimmte Personen zu veräußern, umgangen werden.55 Bei personenbezogenen Ausnahmen vom Zustimmungserfordernis werden häufig Veräußerungen unter Angehörigen oder an Miteigentümer sowie mitunter auch zwischen personengleichen Gesellschaften geregelt. Die Befreiung für „Ehepartner“ und „eingetragene Lebenspartner“ gilt auch für eine Auflassung nach der Scheidung bzw. Lebenspartnerschaftsaufhebung, wenn die wirksame schuldrechtliche Verpflichtung hierzu vorher begründet wurde,56 nicht dagegen bei einer Vereinbarung nach der Scheidung bzw. Lebenspartnerschaftsaufhebung57 und nicht bei einer Auseinandersetzung einer Gesellschaft in eine Bruchteilsgemeinschaft.58 Die für Ehegatten geltende Befreiung, die vor dem 1.8.2001 vereinbart wurde, dürfte so auszulegen sein, dass zumindest ein Anspruch des eingetragenen Lebenspartners auf Zustimmung besteht. Die Befreiung für „Verwandte“ umfasst nicht die Veräußerung an eine Familiengesellschaft, an der neben dem Veräußerer nur noch „privilegierte“ Personen beteiligt sind, da eine spätere Anteilsveräußerung zustimmungsfrei ist.59 Dagegen erlaubt die Ausnahme der Veräußerung an Abkömmlinge auch eine zustimmungsfreie Übertragung der Erben an einen Abkömmling des Erblassers.60 Umgekehrt kann sich die Zustimmung auf einen Verkauf beschränken.61 15 Vorgangsbezogene Freistellungen betreffen häufig die Erstveräußerung durch den aufteilen-

den Eigentümer. Dies gilt dann auch, wenn die Veräußerung erst nach Jahren erfolgt,62 nicht aber, wenn zwischenzeitlich ein Rückerwerb vorgenommen wurde, und auch nicht die Veräußerung durch eine Person, in deren Hand sich nach der Erstveräußerung sämtliche Wohnungs-/Teileigentumseinheiten vereinigt haben.63 Weitere Fälle sind die Veräußerung im Wege der Zwangsversteigerung durch einen Grundpfandrechtsgläubiger oder durch einen Grundpfandrechtsgläubiger, der das Objekt im Wege der Versteigerung selbst erworben hat. In Einzelfällen wird auch die Veräußerung durch den Insolvenzverwalter von der Zustimmung freigestellt. Gleiches gilt für gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungsvorgänge. 16 In den vorgenannten Fällen der Zustimmungsfreistellung ist – anders als bei Bestehen eines

Zustimmungsanspruchs (Abs. 2 Satz 2) – keine Zustimmung erforderlich. Die Frage, ob eine Zustimmung erteilt werden muss, stellt sich somit nicht. Der Zustimmungsberechtigte darf deshalb vom Erwerber auch keine besonderen Nachweise (z.B. bezüglich Bonität) fordern. Anders ist dies hinsichtlich der Tatsachen, die die Zustimmungsfreiheit begründen (z.B. Nachweis der Eheschließung, Gesellschafterbestand bei personenidentischer Gesellschaft). Anders als beim Grundbuchamt bedürfen diese nicht der Form des § 29 GBO, so dass beispielsweise eine einfache Ablichtung der Heiratsurkunde ausreichen kann. Für die Grundbucheintragung der Veräußerung ist dagegen der Nachweis in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO erforderlich, also beispielsweise das Bestehen einer Ehe durch eine Heiratsurkunde.64

55 BayObLG v. 29.6.1988 – BReg.2 Z 164/87, NJW-RR 1988, 1425. 56 OLG Schleswig v. 14.6.1993 – 2 W 66/93, NJW-RR 1993, 1103; KG v. 28.5.1996 – 1 W 7520/95, NJW-RR 1997, 78. 57 KG v. 1.3.2011 – 1 W 57/11, MDR 2011, 718 ff. = NZM 2012, 317 = ZWE 2011, 220. 58 KG v. 14.6.2016 – 1 W 166/16, FGPrax 2016, 147 = NZG 2016, 940 = ZfIR 2016, 511. 59 OLG München v. 12.4.2007 – 32 Wx 64/07, NZM 2007, 520; KG v. 18.10.2011 – W 566-571/11, MietRB 2012, 146. 60 KG v. 28.2.2012 – 1 W 43/12, DNotZ 2012, 621 = FGPrax 2012, 96 = NJW-RR 2012, 1159 = NotBZ 2012, 223 = RNotZ 2012, 387 = Rpfleger 2012, 436 = WuM 2012, 288 = ZMR 2012, 653. 61 KG v. 17.8.2010 – 1 W 97/10, MDR 2011, 93 = MietRB 2010, 329 = NJW-RR 2010, 1523. 62 OLG Frankfurt v. 12.12.1988 – 20 W 402/88, MDR 1989, 358 = NJW-RR 1989, 207. 63 KG v. 3.5.2018 – 1 W 370/17, MietRB 2018, 303 = MittBayNot 2018, 556. 64 KG v. 20.5.2014 – 1 W 234/14, DNotZ 2014, 698 = FGPrax 2014, 194 = MDR 2014, 1075 = MittBayNot 2015, 312 = ZWE 2015, 125.

296 | Grziwotz

II. Vereinbarung der Veräußerungsbeschränkung (Abs. 1) | Rz. 19 § 12

3. Kreis der Zustimmungsberechtigten Der Kreis der zustimmungsberechtigten Personen ist nicht beschränkt. Das Gesetz nennt aus- 17 drücklich den anderen Wohnungseigentümer, stellt diesem aber jeden beliebigen Dritten gleich. In der Praxis wird die Zustimmung des anderen Wohnungseigentümers meist nur bei einer Gemeinschaft mit zwei oder drei Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten gewählt.65 Regelmäßig ist zustimmungsberechtigte Person der Verwalter der Anlage.66 Mitunter ist auch der Verwaltungsbeirat allein oder neben dem Verwalter zustimmungsberechtigt.67 Aber auch eine sonstige Person, die weder Miteigentum noch eine sonstige Rechtsbeziehung zur Anlage aufweist, kann zustimmungsberechtigte Person sein. Praktische Bedeutung hat das Zustimmungserfordernis eines „außenstehenden“ Dritten nur, wenn das Zustimmungserfordernis eine zweckentsprechende Nutzung der Einheiten durch sämtliche Wohnungs- und Teileigentümer gewährleisten soll und hieran ein Interesse eines Dritten (z.B. öffentliche Hand, Verband) zur Sicherung eines Zwecks (z.B. Verhinderung der Zweitwohnungsbildung, Anlage des betreuten Wohnens)68 besteht, der meist nicht nur die einzelne Anlage betrifft. Ist die Zustimmung eines oder mehrerer Miteigentümer erforderlich, kann danach unter- 18 schieden werden, ob es sich um den Nachbarn des veräußernden Wohnungseigentümers handelt. Beim Zustimmungserfordernis „Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer“ ist die Eigentümerversammlung zustimmungsberechtigt, die mit der in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Mehrheit zu entscheiden hat.69 Außerdem kann bei einer Veräußerung durch Erwerber die Zustimmung des ursprünglich aufteilenden Eigentümers erforderlich sein, während umgekehrt für ihn eine freie Veräußerbarkeit besteht. Ist der Verwalter zustimmungsberechtigte Person, handelt er regelmäßig nur als mittelbarer 19 (verdeckter) Stellvertreter der Wohnungseigentümer.70 Er ist dann nicht außenstehender Dritter, sondern Organ der Eigentümergemeinschaft, für die er handelt. Dies hat Konsequenzen für das Eintrittsrecht der Wohnungseigentümer. Diese, einschließlich der werdenden Wohnungseigentümer,71 können in diesem Fall selbst entscheiden und den Verwalter bindend zur Erteilung oder zur Verweigerung der Zustimmung anweisen.72 Der Verwalter kann in diesem Fall umgekehrt in Zweifelsfällen die Weisung der Wohnungseigentümer einholen.73 Nur in Ausnahmefällen ist es aber auch möglich, dass der Verwalter nicht als mittelbarer Stellvertreter, sondern aus eigenem Recht als Dritter zustimmungsbefugt ist.74 Dies wird insbesondere ausnahmsweise dann der Fall sein, wenn der Verwalter bereits zustimmungsberechtigte Person war und erst später Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde. 65 Zum Versterben eines namentlich benannten zustimmungsberechtigten Wohnungseigentümers OLG Saarbrücken v. 10.7.2018 – 5 W 49/18, FGPrax 2018, 205. 66 Vgl. Heggen, NotBZ 2009, 401. 67 Vgl. OLG Hamm v. 13.3.2013 – I-15 W 311/12, FGPrax 2013, 196 = NotBZ 2013, 310 = Rpfleger 2013, 512; vgl. Hogenschurz, ZMR 2014, 774 ff. 68 S. z.B. BGH v. 21.12.2012 – V ZR 221/11, MDR 2013, 458 = NJW 2013, 1963 = NZM 2013, 324 = Rpfleger 2013, 257 = ZfIR 2013, 292 = NotBZ 2013, 178. 69 OLG Hamm v. 16.7.2015 – 15 W 294/15, MDR 2015, 1123 = Rpfleger 2016, 94 = NZM 2015, 827 = WuM 2015, 691 = ZMR 2016, 54 = ZWE 2015, 362. 70 BGH v. 26.9.1990 – IV ZR 226/89, BGHZ 112, 240 = MDR 1991, 132 = NJW 1991, 168. Vgl. Bub, NZM 2001, 502. 71 KG v. 3.5.2018 – 1 W 370/17, MietRB 2018, 303 = MittBayNot 2018, 556. 72 BayObLG v. 31.1.1980 – BReg.2 Z 24/79, DNotZ 1980, 751; OLG Zweibrücken v. 16.12.1986 – 3 W 174/86, MDR 1987, 326 = NJW-RR 1987, 269; OLG Saarbrücken v. 14.11.1988 – 5 W 251/88, MittRhNotK 1989, 58; LG Frankfurt v. 14.11.1995 – 2/14 O 101/95, NJW-RR 1996, 1080. 73 Vgl. BGH v. 21.12.1995 – V ZB 4/94, BGHZ 131, 346 = MDR 1996, 787 = NJW 1996, 1216; KG v. 26.11.1993 – 24 W 4675/93, ZMR 1994, 124; OLG Düsseldorf v. 10.5.2005 – 3 Wx 321/04, NZM 2005, 787; Bub, NZM 2001, 502. 74 BayObLG v. 31.1.1980 – 2 Z 24/79, BayObLGZ 1980, 29.

Grziwotz | 297

§ 12 Rz. 20 | Veräußerungsbeschränkung 20 Dritter kann jede beliebige Person sein. Eine Verbindung zur Wohnungseigentümergemein-

schaft wird in der Praxis zwar vorliegen, ist aber nicht erforderlich. Nicht Dritter kann auf Grund des Zwecks von § 1136 BGB ein Grundpfandgläubiger sein, so dass von dessen Zustimmung die Veräußerung nicht abhängig gemacht werden darf.75 21 Ist der Verwalter selbst als Erwerber am Veräußerungsvorgang beteiligt, kann er die Zustim-

mung gegenüber dem anderen Vertragsteil erteilen. § 181 BGB ist insoweit nicht anwendbar.76 22 Eine Bevollmächtigung Dritter durch die zustimmungsberechtigte Person ist zulässig.77 Al-

lerdings ist eine beliebige Bevollmächtigung Dritter, die dann mit eigener Entscheidungskompetenz für die in der Vereinbarung als zustimmungsbefugt ermächtigte Person handeln, wohl nicht möglich. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach die ermächtigte Person, wenn auch im Interesse der Eigentümergemeinschaft, selbstständig handelt, ist eine Bevollmächtigung solcher Personen möglich, die zum Unternehmen, Geschäfts- oder Familienkreis der zustimmungsberechtigten Person gehören. Die in der Praxis mitunter übliche Bevollmächtigung von Notariatsmitarbeitern durch den Verwalter ist nach dieser Ansicht nicht möglich.78 Andererseits spricht nichts dagegen, wenn der Verwalter seine Sekretärin bevollmächtigt, die Unterschrift beim Notar für ihn zu leisten. 23 Sieht die Teilungserklärung ein Zustimmungserfordernis bei der Veräußerung vor, ist aber

keine zustimmungsberechtigte Person vorhanden (z.B. keine Wahl eines Verwalters, Versterben des zustimmungsberechtigten Dritten), müssen sämtliche Wohnungs- und Teileigentümer der Veräußerung zustimmen, sofern sie nicht eine zustimmungsberechtigte Person einsetzen (z.B. Wahl eines Verwalters).79

III. Zustimmungsgebot 1. Abänderungsmöglichkeit 24 Die Bestimmung, wonach die Zustimmung zur Veräußerung nur aus einem wichtigen Grund

versagt werden darf, soll die grundsätzliche Veräußerlichkeit des Wohnungs- und Teileigentums wiederherstellen. Sie ist deshalb teilweise zwingend, so dass die Verweigerung der Zustimmung nur aus wichtigen, nicht aus anderen Gründen zulässig ist.80 Der zwingende Charakter der Vorschrift schließt das „Gebot“ aus, nur an bestimmte Personen oder einen bestimmten Personenkreis zu veräußern. Gleiches gilt grundsätzlich für ein Veräußerungsverbot bezüglich bestimmter Personen. Unzulässig ist die Vereinbarung von Versagungsgründen, die die Schwelle eines wichtigen Grundes nicht erreichen.81 Dies schließt allerdings nicht aus, 75 Ebenso Lüke in Weitnauer, § 12 WEG Rz. 14; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 2898; Schneider in Riecke/Schmid, § 12 WEG Rz. 86; a.A. früher noch Ganten in Erman, BGB, 9. Aufl. 1993, § 12 WEG Rz. 5; Suilmann in Bärmann, § 12 WEG Rz. 28; offen BayObLG v. 29.1.1987 – 27 141/86, MittBayNot 1987, 96. 76 KG v. 3.2.2004 – 1 W 244/03, MDR 2004, 740 = MietRB 2004, 176 = NZM 2004, 588; Herrler, ZNotP 2008, 879. 77 Str., hier OLG Köln v. 28.8.2000 – 2 Wx 45/00, MittRhNotK 2000, 393; Commichau in MünchKomm/BGB, § 12 WEG Rz. 13. Ausführlich DNotI-Report 2018, 41 ff. 78 Vgl. auch Schneider in Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl. 2018, AT E Rz. 286 und Schmidt, PiG 54, 1998, 195 (209). 79 Ebenso Commichau in MünchKomm/BGB, § 12 WEG Rz. 20; a.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, § 12 WEG Rz. 33a: Zustimmungspflicht entfällt vorübergehend. Zur diesbezüglichen Hinweispflicht des Notars s. OLG Schleswig v. 14.12.2017 – 11 U 43/17, MDR 2018, 896 = MietRB 2018, 110. 80 OLG München v. 20.9.2006 – 32 Wx 139/06, MDR 2007, 266. 81 OLG München v. 20.9.2006 – 32 Wx 139/06, MDR 2007, 266.

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III. Zustimmungsgebot | Rz. 26 § 12

schuldrechtliche Versagungsgründe hinsichtlich einer Veräußerung zu vereinbaren, die unterhalb dieser „Messlatte“ verbleiben. Häufig erfolgt dies, wenn Eltern die von ihnen selbst genutzte Immobilie in Wohnungseigentum aufteilen und eine Wohnung an das eigene Kind überlassen. Hier können neben dem in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Zustimmungserfordernis zusätzlich weitere Gründe vereinbart werden, in denen eine Veräußerung unzulässig ist (z.B. Einleitung von Zwangsversteigerungsmaßnahmen, Scheidung, Tod, Belastung,82 Vermietung etc.). In diesen Fällen kann der Berechtigte bei einem Verstoß gegen die vereinbarten Beschränkungen den anderen Wohnungseigentümer auf Unterlassung verklagen und, sofern dies als Sanktion vorgesehen ist, auch die Rückübertragung der überlassenen Einheit auf sich verlangen. Als dinglich wirkendes Verfügungsverbot ist dies allerdings nicht zulässig. Dispositiv ist Abs. 2 Satz 1 jedoch insofern, als der Kreis wichtiger Gründe beschränkt werden 25 kann. Dies kann dadurch erfolgen, dass einzelne wichtige Gründe ausdrücklich als Versagungsgrund ausscheiden oder die Schwelle der Wichtigkeit nicht herabgesenkt, sondern erhöht wird, z.B. auf die Schwelle derjenigen Gründe, die auch die Entziehung eines Wohnungseigentums (§ 18) rechtfertigen würden. Zulässig ist es auch, einen wichtigen Grund im Hinblick auf die Nutzung der Anlage zu konkretisieren, soweit dabei keine Herabsetzung der erforderlichen Schwelle unter das Erfordernis der Wichtigkeit erfolgt. Bei sämtlichen Vereinbarungen, die in diesem Rahmen zulässig sind, ist weiterhin darauf zu achten, dass dadurch keine rechtswidrige Differenzierung eintritt. Dies kann auch mittelbar der Fall sein, wenn im Rahmen der Konkretisierung eine bestimmte Personengruppe faktisch vom Erwerb ausgeschlossen wird.

2. Wichtiger Grund Ein „wichtiger Grund“, der die Zustimmungsverweigerung rechtfertigt, kann entsprechend 26 dem Gesetzeszweck nur zur Sicherung des persönlichen und wirtschaftlichen Einvernehmens der Wohnungseigentümer83 dienen. Bloße Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte sind dagegen nicht ausreichend.84 Es muss sich um Gründe handeln, die in der Person des Erwerbers liegen.85 Es darf sich nicht um solche handeln, die in der Person des Veräußerers begründet sind.86 Gründe in der Person können auch solche sein, die Mitbewohner des Erwerbers betreffen. Beispiele sind ein „unflätiger Lebensgefährte“87 und die geplante Nutzungsüberlassung an einen früheren Wohnungseigentümer, dessen Eigentum gemäß § 18 entzogen wurde.88 Die Gründe müssen konkret befürchten lassen, der Erwerber würde die Rechte der übrigen Eigentümer nicht beachten.89 Er muss aber nicht die strengen Voraussetzungen erfüllen, die bei ei82 Vgl. rechtspolitisch Drasdo, NZM 1990, 681. 83 KG v. 20.6.1978 – 1 W 31/78, OLGZ 1978, 296 = MDR 1978, 935 f.; s. auch OLG Schleswig v. 14.12.2017 – 11 U 43/17, MDR 2018, 896 = MietRB 2018, 110; AG Düsseldorf v. 18.7.2017 – 292a C 12/17, BeckRS 2017, 139639 und Grziwotz, MietRB 2016, 22 (26). 84 BayObLG v. 16.11.1972 – BReg.2 Z 68/72, BayObLGZ 1972, 348; BayObLG v. 31.1.1980 – BReg.2 Z 24/79, DNotZ 1980, 751. 85 BayObLG v. 14.3.1990 – BReg.1b Z 7/89, NJW-RR 1990, 657; BayObLG v. 4.1.1995 – 2 Z BR 114/94, WE 1995, 375 (376); OLG Zweibrücken v. 18.2.1994 – 3 W 200/93, Rpfleger 1994, 459 = NJW-RR 1994, 1103; LG Düsseldorf v. 20.7.2016 – 25 S 179/15, ZWE 2017, 131 (132). Vgl. auch AG Philippsburg v. 19.1.2018 – 1 C 167/17, ZMR 2018, 545 bei baulicher Veränderung. 86 OLG Köln v. 30.8.2004 – 16 Wx 143/04, NZM 2004, 879. 87 BayObLG v. 31.10.2001 – 2Z BR 37/01, NJW-RR 2002, 659; LG Köln v. 19.3.2009 – 29 S 45/08, ZMR 2009, 552. 88 BayObLG v. 4.6.1998 – 2Z BR 19/98, NZM 1998, 868. 89 BayObLG v. 4.6.1998 – 2Z BR 19/98, NJW-RR 1999, 452 (453); BayObLG v. 31.10.2001 – 2Z BR 37/ 01, NJW-RR 2002, 659; BayObLG v. 6.3.2003 – 2Z BR 90/02, NJW-RR 2003, 950.

Grziwotz | 299

§ 12 Rz. 26 | Veräußerungsbeschränkung ner Entziehung des Wohnungseigentums (§ 18) vorliegen müssen.90 Auf ein Verschulden kommt es nicht an.91 27 Es muss sich jedoch um Umstände von einigem Gewicht handeln, nicht nur um Unzuträg-

lichkeiten und persönliche Spannungen.92 Entscheidend sind die konkreten Bedürfnisse der Gemeinschaft im Einzelfall, die wiederum dem Rechtsgedanken des § 12 zugeordnet werden müssen. Der „wichtige Grund“ kann dabei nicht durch eine Vereinbarung geschaffen werden. Möglich ist es (vgl. Rz. 24), ihn zu konkretisieren und nach den Umständen, insbesondere dem Nutzungszweck der Wohnanlage, abzugrenzen. Es muss sich um einen Umstand handeln, der einen Verstoß gegen die Zweckbestimmung der Anlage darstellt.93 Hierzu kann beispielsweise in einer Seniorenwohnanlage auch ein begründetes Ruhebedürfnis gehören, gegen das eine bestimmte gewerbliche oder freiberufliche Nutzung verstößt.94 Häufiger Fall ist die fehlende Sicherheit hinsichtlich der Erfüllung der Lastenbeitrags- und Finanzierungsverpflichtungen, so dass die anderen Eigentümer für einen diesbezüglichen Ausfall aufkommen müssen.95 Hierbei können auch konkret absehbare künftige Belastungen (z.B. Sanierungsaufwand) eine Rolle spielen.96 Ein Versagungsgrund ist auch die Weigerung des künftigen Eigentümers, die Hausordnung zu befolgen.97 Wichtige Gründe sind ferner eine nachgewiesene anstößige Nutzung98 und ein Verstoß gegen ein wirksames Tierhaltungsverbot. Eine nachgewiesene Streitsucht kann ebenfalls eine Verweigerung der Zustimmung zur Veräußerung rechtfertigen.99 Die Veräußerung an einen Nicht-EU-Ausländer ohne Wohnsitz in der EU allein stellt noch keinen Grund für eine Zustimmungsversagung dar, auch wenn eine Vollstreckung im Ausland schwierig ist.100 Mangels fehlender Objektivierbarkeit stellen ein mangelndes „standesgemäßes Einordnen“ in die Gemeinschaft101 und die Versagung der Zustimmung bei einem nicht genehmen Erwerber102 keinen wichtigen Grund i.S.d. Abs. 2 Satz 1 dar. Eine Verweigerung, die mit einer diskriminierenden Begründung versehen wird, ist ebenfalls unwirksam.103 Die bloße Antipathie gegen einen Erwerber reicht für die Versagung der Zustimmung ebenfalls nicht aus.104 Auch Fehler im schuldrechtlichen Kaufvertrag geben keinen Grund für

90 BayObLG v. 31.10.2001 – 2Z BR 37/01, NJW-RR 2002, 659. 91 OLG Frankfurt v. 27.7.2005 – 20 W 493/04, NZM 2006, 380. 92 OLG Zweibrücken v. 8.11.2005 – 3 W 142/05, MietRB 2006, 133 = DNotZ 2006, 259 = NZM 2006, 144; AG Paderborn v. 15.5.2015 – 52 C 17/14, ZMR 2015, 976; LG München I v. 5.6.2018 – 36 S 19440/17, ZMR 2018, 863; AG München v. 28.9.2017 – 482 C 13178/16, ZMR 2018, 276. 93 OLG Hamm v. 7.4.1989 – 15 W 513/88, NJW-RR 1989, 974; OLG Düsseldorf v. 2.10.1996 – 3 Wx 240/96, NJW-RR 1997, 268. 94 Str.; vgl. OLG Karlsruhe v. 15.1.1976 – 11 W 93/75, OLGZ 1976, 145 zu einer Arztpraxis. 95 OLG Frankfurt v. 25.10.1982 – 20 W 209/82, DWE 1983, 61; BayObLG v. 29.12.1983 – 2 Z 18/83, DWE 1984, 60; OLG Köln v. 15.3.1996 – 19 U 139/95, NJW-RR 1996, 1296; OLG Düsseldorf v. 25.4.1997 – 3 Wx 576/96, ZfIR 1997, 415; LG Köln v. 29.2.2000 – 29 T 239/99, ZMR 2000, 704; vgl. aber auch LG Frankfurt v. 14.10.1987 – 2/9 T 651/87, NJW-RR 1988, 598; BayObLG v. 29.6.1988 – BReg.2 Z 164/87, NJW-RR 1988, 1425. 96 LG Köln v. 8.9.2014 – 29 T 96/14, IMR 2014, 524 = NJW-RR 2015, 76 = NZM 2015, 57 = ZWE 2015, 406. 97 OLG Düsseldorf v. 5.5.1997 – 3 Wx 459/96, ZMR 1998, 45. 98 Vgl. KG v. 20.6.1978 – 1 W 31/78, OLGZ 1978, 296 (301). 99 OLG Frankfurt v. 27.7.2005 – 20 W 493/04, NZM 2006, 380. 100 A.A. für russischen Staatsbürger AG Berlin-Wedding v. 27.8.2012 – 21 b C 75/12, BeckRS 2012, 25067 = IMR 2013, 194 = GE 2012, 1645 bei Monatseinkommen von knapp 2 600 Euro und einem monatlichen Wohngeld von 100 Euro. 101 BayObLG v. 5.7.1982 – 2 Z 63/81, DWE 1983, 26. 102 OLG Köln v. 9.7.2001 – 16 Wx 134/01, ZfIR 2002, 144. 103 OLG Zweibrücken v. 17.8.1993 – 3 W 141/93, MittBayNot 1994, 44; vgl. auch Suilmann in Bärmann, § 12 WEG Rz. 40; Hogenschurz in BeckOK/WEG, § 12 Rz. 14. 104 OLG Zweibrücken v. 8.11.2005 – 3 W 142/05, MietRB 2006, 133 = DNotZ 2006, 295.

300 | Grziwotz

III. Zustimmungsgebot | Rz. 28 § 12

eine Zustimmungsverweigerung.105 Anders als die zweckwidrige Nutzung kann die Beendigung einer langjährigen geduldeten Nutzung nicht zum Anlass für eine Zustimmungsverweigerung genommen werden.106 Die Weigerung eines Erwerbers, dem Verwalter oder Miteigentümer eine umfassende Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung zu erteilen, bildet auch dann keinen wichtigen Grund für eine Verweigerung der Zustimmung, wenn es sich um eine Mehrhausanlage mit noch offener „Restunterteilung“ handelt.107 Gleiches gilt für die Verpflichtung, hinsichtlich des Hausgeldes eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft abzugeben. Betrifft diese nur Neueigentümer, ist sie diskriminierend.108 Zudem besteht erst nach dem Eigentumserwerb die diesbezügliche Verpflichtung. Im Zusammenhang mit den „Schrottimmobilien“ gewinnt die Frage, ob eine Übertragung der Wohnungs-/Teileigentumseinheit auf eine UG, Ltd., GmbH oder GmbH & Co. KG genehmigt werden muss, zunehmende Bedeutung. Allein der Umstand, dass die Übertragung auf eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung erfolgt, reicht für eine Zustimmungsverweigerung nicht aus.109 Anders kann dies sein, wenn das Gesellschaftsvermögen allein aus den ertragslosen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten besteht.110

3. Zustimmungsanspruch Durch Vereinbarung kann für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung 28 (Abs. 2 Satz 2) begründet werden. Anders als bei einer Modifizierung des Zustimmungserfordernisses bleibt in diesen Fällen die Zustimmung weiterhin erforderlich. Sie wird somit durch die Vereinbarung nicht entbehrlich. Sie darf allerdings bei Vorliegen der in der Vereinbarung geregelten Voraussetzungen nicht verweigert werden. Praktisch relevant wird der Zustimmungsanspruch vor allem dann, wenn hinsichtlich der Umstände, bei deren Vorliegen die Zustimmung erteilt werden soll, noch eine Prüfung erforderlich ist. Beispiel ist die Erfüllung bestimmter sozialer Voraussetzungen, wenn die Immobilie zur Erfüllung der Wohnbedürfnisse von Bevölkerungsgruppen mit Raumversorgungsproblemen dient. Allerdings darf auch durch die Einräumung eines Anspruchs auf Zustimmung keine Situation eintreten, die diskriminierend ist. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn die sexuelle Orientierung zu einer unterschiedlichen Behandlung hinsichtlich eines Zustimmungsanspruchs führen würde. Ist in einem Wohnhaus im Fall einer Zuwendung eines Wohnungs- oder Teileigentums von einem Ehegatten an den anderen ein Zustimmungsanspruch vorgesehen, so lässt sich schwerlich ein Grund dafür finden, dass zu einer Überlassung von einem eingetragenen Lebenspartner an den anderen nicht ebenso eine Zustimmung erteilt werden muss. Die Begründung eines Zustimmungsanspruchs ist im Rahmen der Zweckbestimmung der Anlage dann sinnvoll, wenn nachprüfbare Gründe bestehen, die die Risiken nahezu umfallen lassen, zu deren Vermeidung das Zustimmungserfordernis besteht.

105 KG v. 19.9.2001 – 24 W 147/01, NZM 2002, 29; vgl. auch OLG Frankfurt/M. v. 19.11.1993 – 20 W 376/92, ZMR 1994, 124. 106 BayObLG v. 14.3.1990 – BReg.1b Z 7/89, NJW-RR 1990, 657; vgl. auch LG Saarbrücken v. 10.10.1997 – 5 T 334/97, NZM 1998, 675. 107 Wie hier Armbrüster, ZMR 2005, 244 (249); a.A. wohl Hügel, DNotZ 2003, 517 (522); offen Rapp in Becksches Notar-Handbuch, 6. Aufl. 2015, A III Rz. 39 und Häublein, DNotZ 2000, 442. 108 Vgl. zur Erbbauzinserhöhung beim Wohnungserbbaurecht OLG Hamm v. 24.7.2013 – 15 W 199/ 12, ZWE 2013, 404. 109 BayObLG v. 29.6.1988 – BReg.2 Z 164/87, NJW-RR 1988, 1425. 110 Grziwotz, NZM 2009, 812.

Grziwotz | 301

§ 12 Rz. 29 | Veräußerungsbeschränkung

4. Beweislast und Klage 29 Beweispflichtig für die Versagungsgründe und das Erreichen des Grades der Wichtigkeit ist

der Zustimmungsberechtigte.111 Er muss konkrete Anhaltspunkte hinsichtlich eines eventuellen künftigen Fehlverhaltens des Erwerbers liefern, von denen der Schluss auf die Nichterfüllung der Pflichten als Wohnungs- oder Teileigentümer gezogen werden kann. Dass dies schwierig ist, macht die Regelung gleichwohl nicht obsolet. In der Vereinbarung können die wichtigen Gründe durch Beispiele konkretisiert werden. Allerdings dürfte eine kasuistische Aufzählung im Regelfall nicht möglich sein, wohl aber eine beispielhafte. Auch insofern muss wiederum darauf geachtet werden, dass diskriminierende Angaben vermieden werden. 30 Die Informationen über die Person des Erwerbers, die die Möglichkeit der Prüfung des Vor-

liegens eines wichtigen Grundes geben, muss der Veräußerer dem Zustimmungsberechtigten liefern. Er muss den Erwerber gegebenenfalls zu einer Selbstauskunft veranlassen.112 Umstritten, aber wohl zu verneinen ist die Frage, ob eine Bescheinigung eines Unternehmens, das kreditrelevante Informationen liefert (z.B. Schufa), im Normalfall erforderlich ist.113 Adressat des Auskunftsverlangens ist allein der Veräußerer; der Zustimmungsberechtigte hat dagegen keinen Anspruch gegenüber dem Erwerber. Er kann von diesem auch keine Kaufvertragsabschrift verlangen. § 51 BeurkG gibt ihm keinen diesbezüglichen Anspruch, da er nicht Beteiligter und auch nicht Rechtsnachfolger eines Beteiligten ist. Er hat auch gegenüber dem Veräußerer kein Recht auf Übersendung einer Abschrift.114 Ausreichend ist für ihn, dass er so viele Informationen über die Person des Erwerbers erhält, dass ihm eine Prüfung von dessen Zuverlässigkeit im Hinblick auf die wohnungseigentumsrechtlichen Pflichten und in Bezug auf die konkrete Wohnanlage möglich ist. Im Hinblick auf den Zweck des Zustimmungsverfahrens, nämlich den Schutz der Eigentümergemeinschaft, trifft den Zustimmungsberechtigten keine Pflicht, ungefragt auf noch nicht finanzierte Baumaßnahmen, Hausgeldrückstände anderer Wohnungseigentümer oder geplante Sonderumlagen hinzuweisen.115 31 Bei einer Verweigerung der Zustimmung durch den Zustimmungsberechtigten kann Klage

auf Erteilung der Zustimmung erhoben werden. Aktiv legitimiert ist nur der Veräußerer, nicht der Erwerber. Aber auch der die Zwangsversteigerung eines Wohnungs- bzw. Teileigentums betreibende Gläubiger ist befugt, den Anspruch des Wohnungs- bzw. Teileigentümers auf Zustimmung zur Veräußerung selbstständig auszuüben.116 Der Streit- bzw. Gegenstandswert beträgt bei einem Kauf in der Regel 20 % des vereinbarten Kaufpreises;117 bei anderen Veräußerungen als bei einem Kauf bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem Verkehrswert. Die Klage richtet sich, sofern ein Wohnungseigentümer oder der Verwalter zustimmungsberechtigt sind, nach § 43 Nr. 1. Dies gilt auch dann, wenn die Klage von dem Vollstreckungsgläubi111 AG Düsseldorf v. 18.7.2017 – 292a C 12/17, BeckRS 2017, 139639. 112 KG v. 11.10.1989 – 24 W 4478/89, ZMR 1990, 68; OLG Köln v. 15.3.1996 – 19 U 139/95, NJW-RR 1996, 1296. Vgl. auch DNotI-Report 2009, 105 ff. Zur Vorlage einer Bilanz bei Veräußerung an eine Gesellschaft AG Bergheim v. 2.8.2013 – 29a 98/12, IMR 2014, 76. 113 A.A. wohl Drasdo, NJW-Spezial 2001, 1 und Schmidt, DWE 1998, 5 (8); vgl. auch zur Auskunftspflicht des Verwalters gegenüber den vorhandenen Wohnungseigentümern OLG Köln v. 16.1.1984 – 16 Wx 76/83, OLGZ 1984, 162. 114 A.A. Liessem, NJW 1988, 1306 (1308). 115 OLG Köln v. 4.11.1998 – 16 Wx 154/98, ZfIR 1999, 689. 116 BGH v. 21.11.2013 – V ZR 269/12, MietRB 2014, 286 = WuM 2014, 161 f. = ZWE 2014, 140 = MDR 2014, 801. 117 BGH v. 18.1.2018 – V ZR 71/17, MDR 2018, 558 = MietRB 2018, 174; BGH v. 19.7.2018 – V ZR 229/17, MDR 2018, 1178 = MietRB 2018, 300; BGH v. 28.9.2018 – V ZR 229/17, BeckRS 2018, 26067 = jurionRS 2018, 36776; OLG Celle v. 18.8.2010 – 4 W 145/10, MietRB 2011, 17 = ZfIR 2010, 817 (10–20 %). Vgl. auch OLG Köln v. 9.7.2013 – 19 W 14/13, BeckRS 2013, 16611; a.A. BayObLG v. 10.6.1981 – 2 Z 32/81, BayObLGZ 1981, 202; KG v. 6.3.1981 – 1 W 5398/80, Rpfleger 1981, 325; OLG Köln v. 9.7.2013 – 19 W 14/13, BeckRS 2013, 16611.

302 | Grziwotz

III. Zustimmungsgebot | Rz. 33 § 12

ger eines von einer Zwangsversteigerung betroffenen Wohnungseigentümer erhoben wird.118 Ist der Verwalter zustimmungsberechtigte Person, ist er auch dann der richtige Anspruchsgegner, wenn die Zustimmung durch einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer ersetzt werden kann, weil dies die Gemeinschaftsordnung vorsieht.119 Anders ist dies, wenn die Wohnungseigentümer die Entscheidung an sich gezogen und beschlossen haben, die Zustimmung zu verweigern, und zwar auch dann, wenn die Wohnungseigentümer ihre Entscheidung in der Form einer Anweisung an den Verwalter getroffen haben. In diesen Fällen sind die Wohnungseigentümer passivlegitimiert.120 Ist der Verwalter Gegner, so sind die Wohnungseigentümer beizuladen (§ 48 WEG).121 Ist ein Dritter zustimmungsberechtigt, ist gegen diesen Klage zu erheben, wobei sich hier die Zuständigkeit aus den allgemeinen Vorschriften ergibt. Gleiches gilt, wenn bei einem durch Vereinbarung geschaffenen Anspruch auf Zustimmung über das Vorliegen der diesbezüglichen Voraussetzungen gestritten wird. Voraussetzung der Klage ist die schuldhafte unberechtigte Zustimmungsverweigerung oder 32 -verzögerung. Beide Fälle können zudem zur Schadenersatzpflicht des Zustimmungsberechtigten führen. Von einer Verzögerung kann man ausgehen, wenn innerhalb von ca. 14 Tagen nach Vorliegen der erbetenen Informationen der Zustimmungsberechtigte seine Unterschrift nicht in der Form des § 29 GBO, also regelmäßig bei einem Notar, leistet bzw. anerkennt.122 Gleiches gilt, wenn der Verwalter nicht dafür sorgt, dass der Verwalternachweis in der grundbuchmäßigen Form (§ 26 Abs. 3) vorliegt, deshalb seine Zustimmung vom Grundbuchamt nicht verwendet werden kann und durch eine Zwischenverfügung des Grundbuchamtes eine zeitliche Verzögerung eintritt. Ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) an der Zustimmungserklärung kann nicht geltend gemacht werden; dies schließt der Zweck der Zustimmung als Gestaltungserklärung aus.123 Eine Treuhandauflage, wonach von der Zustimmungserklärung nur Gebrauch gemacht werden darf, wenn z.B. Hausgeldrückstände beglichen oder die Kosten der Zustimmungserklärung vom Erwerber bezahlt werden, ist ebenso unzulässig.124 Nimmt der Erwerber den Veräußerer auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung in Anspruch, muss er darlegen und beweisen, dass der Zustimmungsberechtigte die Zustimmung zur Veräußerung hätte erteilen müssen. Bei Geltendmachung eines Verzögerungsschadens muss bewiesen werden, dass der zustimmungsberechtigten Person die erforderlichen Informationen vorlagen und sie dennoch nicht die Zustimmung in der erforderlichen Form erklärt, unberechtigte Zurückbehaltungsrechte geltend gemacht oder Treuhandauflagen gestellt hat.125 Die Klage des veräußernden Wohnungseigentümers bezieht sich auf Erteilung der Zustim- 33 mung. Der Erwerber hat keine Klagemöglichkeit, sondern kann lediglich vom Veräußerer die

118 BGH v. 21.11.2013 – V ZR 269/12, MietRB 2014, 286 = WuM 2014, 161 f. = ZWE 2014, 140. 119 OLG Zweibrücken v. 18.2.1994 – 3 W 200/93, NJW-RR 1994, 1103; OLG Köln v. 6.8.2009 – 16 Wx 133, 134/08, ZMR 2010, 54. 120 BGH v. 13.5.2011 – V ZR 166/10, MDR 2011, 911 = MietRB 2011, 253 = ZMR 2011, 813; OLG Köln v. 11.11.2009 – 16 Wx 133, 134/08, NZM 2010, 357; Abramenko, MietRB 2012, 215 f. 121 OLG Zweibrücken v. 18.2.1994 – 3 W 200/93, NJW-RR 1994, 1103; BayObLG v. 25.6.1997 – 2Z BR 50/97, NJW-RR 1997, 1307. 122 BayObLG v. 29.12.1983 – 2 Z 18/83, DWE 1984, 60; OLG Karlsruhe v. 9.2.1983 – 4 W 97/82, OLGZ 1985, 133; OLG Düsseldorf v. 13.8.2003 – I-3 Wx 176/03, RNotZ 2004, 91; LG Frankfurt/M. v. 15.6.1988 – 219 T 207/88, NJW-RR 1989, 15; LG Essen v. 1.7.1993 – 16 O 187/93, ZMR 1994, 1729. 123 OLG Schleswig v. 28.5.1982 – 2 W 22/82, DWE 1983, 26; BayObLG v. 14.3.1990 – BReg.1b Z 7/89, NJW-RR 1990, 657. 124 Str., vgl. BNotK, DNotI-Report 1997, 202 (212) und Sauren, § 12 WEG Rz. 24; a.A. Wochner, ZNotP 1998, 489. 125 OLG Köln v. 15.3.1996 – 19 U 139/95, NJW-RR 1996, 1296; vgl. Abramenko, MietRB 2012, 215 (219).

Grziwotz | 303

§ 12 Rz. 33 | Veräußerungsbeschränkung Erteilung der Zustimmung verlangen und gegebenenfalls Leistungsstörungsrechte geltend machen. Der Antrag des Veräußerers richtet sich nicht auf Erteilung der Zustimmung durch das Gericht, sondern auf Verurteilung zur Erteilung. Dies gilt auch, wenn in der Vereinbarung ein Anspruch bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen geregelt ist. Die Vollstreckung erfolgt gemäß § 894 ZPO.126 Rechtsanwaltskosten, die bei der Verfolgung des Anspruchs anfallen, sind erstattungsfähig.127

IV. Schwebezustand und Zustimmungserteilung 1. Zustimmung und Form 34 Die Zustimmung kann nur zu einer bestimmten Veräußerung erteilt werden. Es darf nicht

pauschal jeder Veräußerung im Vorhinein zugestimmt werden, da andernfalls das Zustimmungserfordernis faktisch aufgehoben würde, ohne dass das hierfür vorgesehene Verfahren eingehalten wird. In der Praxis wird die Zustimmung meist nach der Veräußerung erteilt. Es ist aber auch eine Zustimmung vor der Veräußerung möglich. Es handelt sich um ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft,128 wobei die Abgabe sowohl gegenüber dem Veräußerer als auch gegenüber dem Erwerber möglich ist (§ 182 Abs. 1 BGB). Die Zustimmung ist bedingungsfeindlich. Die Wirksamkeit tritt ein mit dem Zugang. Eine vor Abschluss des Veräußerungsvertrags erteilte Zustimmung ist frei widerruflich (§ 183 BGB). Im Hinblick auf die rechtsgestaltende Wirkung der Zustimmung ist der Widerruf nur bis zum Abschluss des Vertrags möglich, danach nicht mehr.129 Nach Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags kann der Widerruf die Veräußerung nach der hier vertretenen Ansicht deshalb nicht mehr unwirksam machen. Nach a.A.130 ist die Zustimmungserklärung bis zum vollendeten Rechtserwerb durch Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch widerruflich, wobei offen bleibt, ob der Widerruf lediglich den dinglichen Rechtserwerb oder auch das schuldrechtliche Rechtsgeschäft betrifft. Unklar ist ferner, ob nach dieser Auffassung insoweit § 878 BGB Anwendung findet.131 Maßgeblicher Zeitpunkt hinsichtlich des Vorliegens der Zustimmungsbefugnis ist

126 BayObLG v. 12.1.1977 – BReg.2 Z 32/76, MDR 1977, 670; Abramenko, MietRB 2012, 215. 127 LG Essen v. 1.7.1993 – 16 O 187/93, ZMR 1994, 172. Zum Streitwert der Klage auf Verwalterzustimmung, der regelmäßig dem Kaufpreis entspricht, s. OLG München v. 7.5.2014 – 32 W 681/14, NZM 2014, 589 = ZWE 2015, 101 = MietRB 2014, 266; OLG Hamm v. 14.4.2015 – 15 Wx 112/15, MDR 2015, 938 = NZM 2015, 828 = ZWE 2015, 284 = MietRB 2015, 333; LG Itzehoe v. 5.10.2015 – 11 T 33/15, ZMR 2016, 331; LG Frankfurt/M. v. 4.4.2016 – 2 09 T 592/15, IMR 2016, 2888. 128 Zur Anwendbarkeit der §§ 182 ff. BGB: BayObLG v. 12.4.1983 – BReg.2 Z 107/82, DNotZ 1984, 559. 129 Str., wie hier OLG Düsseldorf v. 11.5.2011 – I-3 Wx 70/11, DNotZ 2011, 625; AG Viechtach v. 16.1.2017 – 12 C 36/16, ZMR 2017, 350; Weber, ZWE 2017, 341 (345); ebenso zu § 5 ErbbauRG BGH v. 29.6.2017 – V ZB 144/16, MDR 2017, 1237 = ZfIR 2017, 782; Rapp, DNotZ 2018, 413 (421); ähnlich OLG München v. 27.6.2011 – 34 Wx 135/11, MittBayNot 2011, 486 = NZM 2012, 388 = ZWE 2012, 93; F. Schmidt, MittBayNot 1999, 366; Suilmann in Bärmann, § 12 WEG Rz. 33; vgl. auch BGH v. 11.10.2012 – V ZB 2/12, BGHZ 195, 120 = DNotZ 2013, 362 = MDR 2013, 22 = NotBZ 2013, 25 = NJW 2013, 290 = Rpfleger 2013, 136 = ZfIR 2013, 25 = ZMR 2013, 125 = ZWE 2013, 21 = NotBZ 2013, 25 = MDR 2013, 22; BGH v. 27.9.1962 – III ZR 83/61, MDR 1963, 32 = NJW 1963, 36 f. und KG v. 28.2.2012 – 1 W 41/12, MDR 2012, 575 = MietRB 2012, 174 = NJW-RR 2012, 1158. Zur Erklärung gegenüber dem mit zum Vollzug eines Kaufvertrages beauftragten Notar. 130 OLG München v. 31.5.2017 – 34 Wx 386/16, ZWE 2017, 313 = MDR 2017, 937 = MietRB 2017, 227; OLG Hamburg v. 15.3.2011 – 13 W 15/11, ZMR 2011, 815; Schneider in Riecke/Schmid, § 12 WEG Rz. 98; vgl. auch AG Zossen v. 31.7.2014 – 75 C 8/13, ZWE 2015, 37 (Widerruflichkeit bis zum Eingang der Umschreibungsunterlagen beim Grundbuchamt). 131 S. nur Schneider in Riecke/Schmid, § 12 WEG Rz. 98.

304 | Grziwotz

IV. Schwebezustand und Zustimmungserteilung | Rz. 36 § 12

nach h.M. der Zeitpunkt der Abgabe der Zustimmung, das heißt das Wirksamwerden der Zustimmung (§ 182 Abs. 1 BGB).132 Teile der Rechtsprechung133 haben demgegenüber auf den Zeitpunkt der Antragstellung beim Grundbuchamt (§ 878 BGB) hinsichtlich der Eintragung des Eigentumswechsels abgestellt. Die vom „alten“ Verwalter oder Eigentümer erteilte Zustimmung wurde danach obsolet, wenn zwischenzeitlich ein neuer Verwalter gewählt wurde oder ein Eigentumswechsel vor Eingang des Umschreibungsantrags stattfand. Gleiches sollte gelten, wenn die Bestellung des Verwalters für ungültig erklärt wird.134 Besondere Bedeutung hat diese Streitfrage vor allem für den Verwalterwechsel zwischen Zustimmungserteilung und grundbuchamtlichem Vollzug der Eigentumsumschreibung. Nach nunmehriger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Beendigung des Verwalteramtes nach wirksamer Zustimmung aber noch vor Wirksamkeit der Veräußerung durch Eigentumsumschreibung unschädlich.135 Einer nochmaligen Zustimmung des neuen Verwalters bedarf es danach nicht. Das Grundbuchamt hat grundsätzlich nicht zu prüfen, ob der zustimmende Verwalter auch noch in dem Zeitpunkt zum Verwalter bestellt ist, in dem der Eigentumsumschreibungsantrag eingereicht wird. Materiell-rechtlich bedarf die Zustimmung keiner Form (§ 182 BGB). Dem Grundbuchamt ist sie jedoch in der Form des § 29 GBO nachzuweisen.136 Das Grundbuchamt prüft das Vorliegen der Zustimmung von Amts wegen.137

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2. Rechtsfolgen Bis zur Erteilung der Zustimmung sind der schuldrechtliche und der dingliche Vertrag schwe- 36 bend unwirksam (Abs. 3 Satz 1). Diese Wirkung gilt gegenüber jedermann.138 Somit kann auch der Kaufpreis nicht fällig werden. Eine Hinterlegung des Kaufpreises auf Anderkonto oder eine Verzinsung, für die die Fälligkeit nicht Voraussetzung ist, können dagegen verein-

132 S. nur BGH v. 11.10.2012 – V ZB 2/12, MDR 2013, 22 = MietRB 2013, 16 = DNotZ 2013, 362 = FGPrax 2013, 6 = MittBayNot 2013, 930 = NJW 2013, 362 = NZM 2013, 34 = NotBZ 2013, 25 = Rpfleger 2013, 136 = ZfIR 2013, 25 = ZMR 2013, 125 = ZWE 2013, 21; Schmidt, ZWE 2010, 394 (396) und Hügel, NotBZ 2013, 1 ff.; ebenso bereits OLG München v. 27.6.2011 – 34 Wx 135/11, MittBayNot 2011, 486; OLG Düsseldorf v. 11.5.2011 – 3 Wx 70/11, NZM 2011, 754; KG v. 28.2.2012 – 1 W 41/12, MDR 2012, 575 = MietRB 2012, 174 = NJW-RR 2012, 1158; OLG Nürnberg v. 25.10.2012 – 15 W 1894/12, ZWE 2013, 86. 133 OLG Celle v. 19.1.2005 – 4 W 14/05, MietRB 2005, 122 = NZM 2005, 260; OLG Hamburg v. 15.3.2011 – 13 W 15/11, MittBayNot 2011, 487 = ZfIR 2011, 528; OLG Hamm v. 12.5.2010 – 15 W 139/10, NJW-RR 2010, 1524; OLG Frankfurt/M v. 13.12.2011 – 20 W 321/11, MietRB 2012, 111 = RNotZ 2012, 330; OLG Frankfurt v. 19.12.2011, 20 W 406/11, MDR 2012, 634 = MietRB 2012, 240; krit. Kreuzer, DNotZ 2012, 11 ff. 134 KG v. 31.3.2009 – 1 W 209/05, MDR 2009, 860 = MietRB 2009, 235. 135 BGH v. 11.10.2012 – V ZB 2/12, MDR 2013, 22 = MietRB 2013, 16 = DNotZ 2013, 362 = FGPrax 2013, 6 = MittBayNot 2013, 930 = NJW 2013, 362 = NZM 2013, 34 = NotBZ 2013, 25 = Rpfleger 2013, 136 = ZfIR 2013, 25 = ZMR 2013, 125 = ZWE 2013, 21; Dies gilt dann auch für den Zeitpunkt der Unwiderrufbarkeit, s. Böttcher, Rpfleger 2007, 526 (531). 136 OLG Hamm v. 22.11.1966 – 15 W 178/66, OLGZ 1967, 109; BayObLG v. 11.7.1975 – BReg.2 Z 45/ 75, DNotZ 1976, 162. 137 BayObLG v. 29.12.1961 – 2 Z 214/61, BayObLGZ 1961, 392 = DNotZ 1962, 312; BayObLG v. 12.4.1983 – BReg.2 Z 107/82, DNotZ 1984, 559; BayObLG v. 10.6.1981 – 2 Z 32/81, BayObLGZ 1981, 202; a.A. LG Frankenthal v. 27.1.1984 – 1 T 20/84, Rpfleger 1984, 183. 138 BGH v. 8.7.1960 – V ZB 8/59, BGHZ 33, 76 = NJW 1960, 2093; BayObLG v. 10.6.1981 – 2 Z 32/81, BayObLGZ 1981, 202 (204); BayObLG v. 29.1.1982 – BReg.2 Z 50/81, MDR 1982, 496 = BayObLGZ 1982, 46 (49); OLG Hamm v. 8.7.1991 – 22 U 259/90, DNotZ 1992, 232; OLG Köln v. 15.3.1996 – 19 U 139/95, NJW-RR 1996, 1296; zur Auswirkung auf ein bestehendes Vorkaufsrecht vgl. LG Frankfurt v. 14.11.1995 – 2/14 O 101/95, NJW-RR 1996, 1080.

Grziwotz | 305

§ 12 Rz. 36 | Veräußerungsbeschränkung bart werden. Bei einer Klage gegen die Verweigerung der Zustimmung dauert der Schwebezustand bis zur rechtskräftigen Entscheidung an.139 37 Der Schwebezustand besteht auch dann, wenn sich der Zustimmungsberechtigte trotz Auffor-

derung nicht äußert. Wegen des Fehlens einer entsprechenden Regelung kann nicht analog §§ 108 Abs. 2, 177 Abs. 2, 1829 BGB durch Aufforderung zur Erteilung der Genehmigung mit der Folge der Fiktion der Verweigerung bei nicht fristgemäßer Äußerung verfahren werden. Klarheit kann nur durch eine Klage geschaffen werden.140 Allerdings können die Parteien während der Dauer des Schwebezustands einvernehmlich den Vertrag auch aufheben. 38 Der Schwebezustand wird durch die Erteilung der Zustimmung beendet. Eine nachträgliche

Zustimmung wirkt zivilrechtlich zurück (§ 184 BGB).141 Auch das Versagen der Genehmigung beseitigt den Schwebezustand; mit ihr wird der Vertrag endgültig absolut unwirksam,142 und zwar auch dann, wenn ein wichtiger Grund zu Unrecht angenommen worden ist.143 Diese Folge tritt bei einer erhobenen Klage wegen Nichterteilung oder Verweigerung der Zustimmung erst mit Rechtskraft der entsprechenden Entscheidung ein.144 39 Während des Schwebezustands kann eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen werden,

da sie auf Grund Bewilligung des Veräußerers auch bei einem schwebend unwirksamen Vertrag möglich ist.145 Trägt das Grundbuchamt den Eigentumswechsel dagegen ohne die erforderliche Zustimmung ein, wird das Grundbuch unrichtig.146 Die Eintragung eines Amtswiderspruchs (§ 53 Abs. 1 GBO) ist möglich. Der frühere Eigentümer (Veräußerer) kann, da ihm ein Berichtigungsanspruch gem. § 894 BGB zusteht, die Eintragung eines Amtswiderspruchs beantragen. Dagegen haben die übrigen Wohnungs- und Teileigentümer und der Verwalter keinen Grundbuchberichtigungsanspruch.147 Auch eine diesbezügliche Beschwerde ist deshalb nicht möglich. Die übrigen Wohnungs- und Teileigentümer können den Veräußerer nur in einem Verfahren nach § 43 WEG anhalten, seinen Berichtigungsanspruch geltend zu machen. 40 Hängt die Zustimmungsberechtigung von bestimmten Eigenschaften ab, so kann das Grund-

buchamt den Nachweis in der Form des § 29 GBO fordern.148 Ist der andere Eigentümer zustimmungsberechtigt, ist seine Position aus dem Grundbuch ersichtlich.149 Ist der Verwalter

139 OLG Hamm v. 8.7.1991 – 22 U 259/90, DNotZ 1992, 232; OLG Hamm v. 14.3.1996 – 22 U 25/95, WuM 1997, 289. 140 Str., a.A. Stürner in Soergel, BGB, § 12 WEG Rz. 12. 141 Str., vgl. LG Frankfurt/M. v. 14.11.1995 – 2/14 O 101/95, NJW-RR 1996, 1080. Hinsichtlich der Frist des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG tritt keine Rückwirkung ein (BFH v. 2.10.2001 – IX R 45/99, BFHE 196, 567 = BStBl. II 2002, 10 = DB 2002, 18; BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/04, BStBl. II 2007, 294; BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/06, BStBl. II 2008, 126; FG Münster v. 22.5.2013 – 10 KK 15/12, BeckRS 2013, 95480 Rz. 44). 142 S. nur BayObLG v. 12.4.1983 – BReg.2 Z 107/82, Rpfleger 1983, 350. 143 BGH v. 20.7.2012 – V ZR 241/11, MDR 2012, 1151 = MietRB 2012, 295 = NJW 2012, 3232 = NZM 2012, 768 = WuM 2012, 527 = ZfIR 2012, 803 = ZMR 2012, 972 und Brückner, ZNotP 2013, 326 (328). 144 OLG Hamm v. 8.7.1991 – 22 U 259/90, DNotZ 1992, 232; OLG Hamm v. 14.3.1996 – 22 U 25/95, WuM 1997, 289. 145 BayObLG v. 3.7.1964 – BReg.2 Z 90/64, DNotZ 1964, 722. 146 OLG Hamm v. 8.3.2001 – 15 W 55/01, ZfIR 2001, 843 = NJW-RR 2001, 1525; OLG Frankfurt v. 20.5.2003 – 20 W 169/03, NJW-RR 2004, 524. 147 Str. vgl. OLG Hamm v. 8.3.2001 – 15 W 55/01, ZfIR 2001, 843 = NJW-RR 2001, 1525; OLG Frankfurt v. 20.5.2003 – 20 W 169/03, NJW-RR 2004, 524. 148 Zur Zurückweisung einer Eigentumsumschreibung bei fehlendem Verwalternachweis s. KG v. 28.8.2012 – 1 W 30/12, BeckRS 2012, 18878 = ZMR 2013, 129. 149 Vgl. auch Demharter, ZWE 2012, 75 (76).

306 | Grziwotz

IV. Schwebezustand und Zustimmungserteilung | Rz. 40a § 12

zustimmungsberechtigt, kann das Grundbuchamt auch den Nachweis der Verwalterbestellung fordern,150 ggf. ferner den Nachweis ihrer Fortdauer,151 allerdings nur, wenn konkrete Tatsachen (z.B. Zeitablauf, Verlängerungsklausel) gegen den Fortbestand der Bestellung sprechen,152 sonst nicht. Die Nachweispflicht gilt auch, wenn die Bestellung in einer Ein-MannVersammlung erfolgte, z.B. weil ein Eigentümer von sämtlichen anderen Eigentümern bevollmächtigt war.153 Den Verwalter trifft deshalb die Pflicht zur Prüfung, ob ein diesbezüglicher Nachweis vorliegt.154 Ist zusätzlich die Zustimmung des Verwaltungsbeirats erforderlich, muss auch deren Zustimmung entsprechend § 26 Abs. 3 nachgewiesen werden.155 Erfolgt die Zustimmung durch Beschluss der Wohnungseigentümer im schriftlichen Verfahren (§ 23 Abs. 3 WEG), müssen sämtliche Zustimmungserklärungen in öffentlich-beglaubigter Form vorgelegt werden.156 Die Kosten, die für die Beurkundung oder die Beglaubigung der Zustimmung anfallen, hat die 40a Gemeinschaft zu tragen, nicht der Erwerber.157 Seine Kostentragungspflicht aufgrund Vereinbarung im Kaufvertrag hinsichtlich der „Kosten des Vollzugs“ umfasst nicht auch die Kosten für die Beglaubigung der Zustimmung des Verwalters.158 Eine Kostentragungspflicht eines konkreten Veräußerers kann nur durch Vereinbarung, nicht durch Beschluss der Gemeinschaft begründet werden.159 Dagegen handelt es sich nach überwiegender Ansicht160 bei den Kosten der Verwalterzustimmung um einen besonderen Verwaltungsaufwand, der vom Veräußerer der entsprechenden Wohnungs-/Teileigentumseinheiten veranlasst ist und der deshalb durch generellen Mehrheitsbeschluss dem jeweiligen veräußernden Wohnungs-/Teileigentümer auf-

150 OLG Frankfurt. v. 30.9.2010 – 20 W 320/10, ZWE 2011, 337; OLG Düsseldorf v. 22.2.2010 – 3 Wx 263/09, RNotZ 2010, 258; OLG Hamm v. 21.12.2012 – I-15 W 395/12, MietRB 2013, 178 = NJOZ 2013, 965 = ZMR 2013, 648; KG v. 5.4.2018 – 1 W 78/18, ZWE 2018, 264; vgl. auch Göhmann, RNotZ 2012, 251 (267); Heggen, RNotZ 2010, 455 ff. = NotBZ 2009, 401 ff.; Böhringer, DNotZ 2016, 831 (833); Baer, ZfIR 2017, 656 ff.; Zu den Notarkosten für die Beglaubigung der Verwalterbestellung BGH v. 23.10.2008 – V ZR 89/08, MDR 2009, 318 = MittBayNot 2008, 321 und OLG Braunschweig v. 11.6.2007 – 2 W 66/07, MietRB 2007, 293 = IMR 2007, 361 und nunmehr Nr. 25101 Nr. 3 GNotKG KV (Festgebühr von 20 Euro). Zu den Kosten der zu einem Veräußerungsvertrag eingeholten Verwalterzustimmung mit Entwurfsfertigung s. § 112 GNotKG, Nr. 22110 GNotKGKV. Zu den Kosten der Verwalterbestellung s. Prüfungsabteilung der Ländernotarkasse AdöR, NotBZ 2018, 141 f. 151 BayObLG v. 16.4.1991 – BReg.2 Z 25/91, NJW-RR 1991, 978. 152 BayObLG v. 16.4.1991 – BReg.2 Z 25/91, MittBayNot 1991, 170 = NJW-RR 1991, 978; OLG Oldenburg v. 10.10.1978 – 2 Wx 32/78, DNotZ 1979, 33. Vgl. KG v. 31.3.2009 – 1 W 209/05, MDR 2009, 860 = MietRB 2009, 235 = RNotZ 2009, 479 bei Vorlage der Nichterklärung der Verwalterbestellung. S. auch OLG München v. 26.1.2018 – 34 Wx 304/17, MittBayNot 2018, 452 zur erkennbaren Anfechtbarkeit. 153 BayObLG v. 7.12.1995 – 2Z BR 72/95, BayObLGZ 1995, 407 = NJW-RR 1996, 524. Zum aufgrund eines „Ein-Mann-Beschlusses“ bestellten Scheinverwalter KG v. 3.5.2018 – 1 W 370/17, MietRB 2018, 303 = MittBayNot 2018, 556. 154 OLG Düsseldorf v. 13.8.2003 – I-3 Wx 176/03, RNotZ 2004, 91; AG Osterholz-Scharmbeck v. 30.10.2000 – 13 C 1178/99, NZM 2001, 201. 155 OLG Hamm v. 13.3.2013 – I-15 W 311/12, FGPrax 2013, 196 = NotBZ 2013, 310 = Rpfleger 2013, 512. Vgl. KG v. 27.2.2018 – 1 W 38/18, MDR 2018, 587 (588). 156 LG Karlsruhe v. 7.7.2017 – 7 S 74/16, ZWE 2017, 362. 157 KG v. 20.6.1997 – 24 W 1783/97, ZfIR 1997, 553. Vgl. Drasdo, NJW-Spezial 2015, 33 f.; Först, IMR 2014, 272 ff.; Schneider/Karsten, RNotZ 2011, 238 und Füllbeck, ZMR 2012, 1 (5). Zur Hinweispflicht des Notars auf die in der Praxis regelmäßig nicht gewollte Mitwirkung des Verwalters s. OLG Zweibrücken v. 18.3.2010 – 3 W 41/10, MietRB 2010, 269. Zur Kostenschuld gegenüber dem Notar s. LG Düsseldorf v. 28.5.2018 – 19 OH 7/17, ZWE 2018, 401. 158 OLG Hamm v. 25.7.2018 – 15 W 427/17, 15 W 428/17, RNotZ 2018, 638. 159 Str., wie hier Drasdo, NJW-Spezial 2015, 33. 160 So z.B. LG Berlin v. 23.1.2018 – 55 S 162/17, ZWE 2018, 271.

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§ 12 Rz. 40a | Veräußerungsbeschränkung erlegt werden kann (§ 21 Abs. 7). Die Zustimmung der Eigentümerversammlung durch Mehrheitsbeschluss ist dem Grundbuchamt durch Niederschrift über die Beschlussfassung nachzuweisen, bei der die Unterschriften analog § 24 Abs. 6 öffentlich zu beglaubigen sind.161 Hinsichtlich der Funktion der unterzeichnenden Personen (z.B. Verwaltungsbeiratsvorsitzender) sind hingegen Nachweise nicht zu erbringen.162 Geht der die Unterschrift des Verwalters beglaubigende Notar irrtümlich davon aus, dieser handle für eine Gesellschaft und nimmt er einen diesbezüglichen unzutreffenden Zusatz auf, kann die Zustimmung dennoch wirksam sein.163 Umstritten ist, ob der Verwalter ein Sonderentgelt für die Erteilung der Zustimmung verlangen kann. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn dies nicht vereinbart wurde.164 Sieht die Vereinbarung, die auch das Zustimmungserfordernis enthält, oder der Verwaltervertrag ein entsprechendes Entgelt vor, so darf es sich nur um eine angemessene Pauschale, nicht um einen Prozentsatz aus dem Kaufpreis handeln.165 Auch insoweit ist Kostenschuldner nicht der Erwerber.166

V. Aufhebung des Zustimmungserfordernisses (Abs. 4) 41 Die Aufhebung des Zustimmungserfordernisses ist durch Vereinbarung (§ 10 Abs. 3), aber

auf Grund der gesetzlichen Anordnung einer diesbezüglichen Beschlusskompetenz auch durch Beschluss mit Stimmenmehrheit möglich (§ 12 Abs. 4 Satz 1).167 Zulässig ist auch die Erleichterung der Veräußerungsbeschränkung, z.B. durch weitere Ausnahmen vom Zustimmungserfordernis.168 Ältere entgegenstehende Vereinbarungen, wonach die Aufhebung des Zustimmungserfordernisses durch Mehrheitsbeschluss nicht zulässig ist, sind auf Grund der gesetzlichen Regelung nicht mehr maßgeblich.169 Der Gesetzgeber hat ausdrücklich angeordnet, dass die Aufhebung und Erleichterung der Veräußerungsbeschränkung durch Beschluss nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann. Insoweit ist diese Vorschrift somit zwingend (§ 12 Abs. 4 Satz 2). Die mehrheitliche Abschaffung des Zustimmungserfordernisses bedarf keiner Begründung; sie kann auf Grund der gesetzgeberischen Anordnung ordnungsgemäßer Verwaltung praktisch kaum widersprechen.170 Wieso bei kleineren Gemeinschaften, insbesondere bei Familienanlagen oder Anlagen mit karitativer Zielsetzung, höhere Anforderungen hinsichtlich einer Aufhebung des Zustimmungserfordernisses bestehen sollen,

161 BayObLG v. 29.12.1961 – 2 Z 214/61, BayObLGZ 1961, 392 = DNotZ 1962, 312; OLG Köln v. 20.8.2012 – 2 Wx 195/12 u. 2 Wx 212/12, MietRB 2013, 81 = FGPrax 2013, 16 = NotBZ 2013, 314 = RNotZ 2012, 565; vgl. auch DNotI-Report 2012, 149 f. 162 LG Aachen v. 9.11.1984 – 3 T 391/83, MittRhNotK 1985, 13; LG Wuppertal v. 24.9.1984 – 6 T 669/ 84, MittRhNotK 1985, 11. 163 BGH v. 13.6.2013 – V ZB 94/12, BeckRS 2013, 12880 = ZWE 2013, 402. 164 S. nur Weber in Soergel, BGB, § 12 WEG Rz. 100. Vgl. Först, ZWE 2016, 313 (314). 165 KG v. 20.6.1997 – 24 W 1783/97, ZfIR 1997, 553; ausführlich Füllbeck, ZMR 2012, 1 ff. Zum ähnlichen Problem der Grundlage der Angemessenheit einer Sondervergütung bei Reparaturen s. OLG Frankfurt v. 10.11.2010 – 20 W 309/07, MietRB 2011, 352. 166 Schneider/Karsten, RNotZ 2011, 238 (241); tlw. abw. Füllbeck, ZMR 2012, 1 (3 ff.) bei einer entsprechenden Beschlussfassung, da der Erwerber die Beschluss-Sammlung einsehen könne. Dies macht ihn jedoch nicht zum Adressaten einer Zahlungspflicht. 167 S. nur Drasdo, RNotZ 2007, 264 ff.; Wilsch, NotBZ 2007, 305 ff.; Böttcher, ZNotP 2007, 373 ff.; Böhringer/Hintzen, Rpfleger 2007, 353 ff.; Schüller, RNotZ 2011, 203 (221). 168 Ebenso Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 2906. 169 Vgl. OLG Hamm v. 19.8.2008 – 15 Wx 89/08, MietRB 2009, 106 = NZM 2009, 163. 170 Ebenso noch Schultzky in NK/BGB, 2. Aufl. § 12 WEG Rz. 21; a.A. Demharter, NZM 2006, 489 (492); Suilmann in Bärmann, § 12 WEG Rz. 51 und Schultzky in NK/BGB, § 12 WEG Rz. 21. Vgl. auch Hogenschurz, MietRB 2016, 147 (150).

308 | Grziwotz

V. Aufhebung des Zustimmungserfordernisses (Abs. 4) | Rz. 44 § 12

bleibt unklar.171 Maßgeblich kann allein die Zweckbestimmung des Zustimmungserfordernisses sein; dieses trifft „große“ und „kleine“ Anlagen gleichermaßen. Bei einer Mehrhausanlage mit getrennter Abrechnung kann nicht eine Untergemeinschaft durch Beschluss den Zustimmungsvorbehalt aufheben.172 Die Grundbucheintragung erfordert bei einer Änderung der Vereinbarung die Bewilligung 42 aller Wohnungseigentümer in der Form des § 29 GBO und die Zustimmung dinglich Berechtigter, die nachteilig betroffen sein können, ausgenommen die Gläubiger von Grundpfandrechten und Reallasten (§ 5 Abs. 4). Zu einer Löschung auf Grund des Zustimmungserfordernisses ist dagegen keine Bewilligung erforderlich; ausreichend ist das Beschlussprotokoll mit öffentlicher Beglaubigung der gem. § 24 Abs. 6 erforderlichen Unterschriften (Abs. 4 Satz 3).173 Die Zustimmung der dinglich Berechtigten ist nicht erforderlich. Ein Nachweis, dass der Beschluss rechtskräftig ist, kann nicht verlangt werden. Die eingetragene Veräußerungsbeschränkung ist auf Antrag eines Wohnungseigentümers zu löschen (§ 12 Abs. 4 Satz 3). Für den Nachweis gilt § 26 Abs. 3 entsprechend. Da keine Pflicht zur Grundbuchberichtigung besteht, ist auf eine im Grundbuch eingetragene Veräußerungsbeschränkung kein Verlass mehr.174 Für die Beschlussfassung gilt hinsichtlich der Mehrheit eine in der Vereinbarung getroffene 43 Bestimmung, sonst das Kopfprinzip (§ 25 Abs. 2).175 Eine allgemeine Vereinbarung hinsichtlich der Stimmgewichtung in der Teilungserklärung gilt auch für die Beschlussfassung nach § 12 Abs. 4. § 12 Abs. 4 Satz 2 schließt nur aus, dass eine spezielle Bestimmung getroffen wird, die die Beschlussfassung über die Abschaffung des Zustimmungserfordernisses erschwert. Das Zustimmungserfordernis kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer176 und bei 44 Bestehen einer entsprechenden Öffnungsklausel auch durch Beschlussfassung wieder neu eingeführt werden. Eine Wiederbegründung durch Beschluss ist mangels Beschlusskompetenz nicht möglich.177 Wird der Beschluss über die Abschaffung nach Anfechtung aufgehoben, ist die Veräußerungsbeschränkung nach Vorliegen des rechtskräftigen Urteils auf Antrag mittels einer Urteilsausfertigung wieder im Grundbuch einzutragen. Ein zwischenzeitlicher gutgläubiger Erwerb ist nur möglich, wenn das Zustimmungserfordernis zu diesem Zeitpunkt bereits gelöscht war. Hat ein zwischenzeitlicher gutgläubiger Erwerb stattgefunden, ist umstritten, ob die Veräußerungsbeschränkung wieder eingetragen werden kann.178 Eine Grundbuchberichtigung ist nach grundbuchrechtlichen Grundsätzen nach einem gutgläubigem Erwerb nicht mehr möglich. Allerdings sind die Wohnungs- und Teileigentümer verpflichtet, der Eintragung im Wege der Vereinbarung zuzustimmen.

171 So aber Suilmann in Bärmann, § 12 WEG Rz. 51. 172 OLG Hamm v. 13.6.2012 – I-15 W 368/11, MietRB 2012, 330 = ZWE 2012, 489. 173 OLG München v. 9.8.2011 – 34 Wx 248/11, MietRB 2011, 346 = NotBZ 2012, 61 = ZfIR 2011, 732; Böhringer, DNotZ 2016, 831 (835). Bei einem Umlaufbeschluss ist zum Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt die Mitwirkung jedes Wohnungs- und Teileigentümers öffentlich zu beurkunden oder zu beglaubigen (tlw. abw. OLG Hamm v. 13.6.2012 – I-15 W 368/11, MietRB 2012, 330 = ZWE 2012, 489: Zustimmung ist zu beurkunden bzw. zu beglaubigen). Zu den anfallenden Gebühren s. Böhringer, BWNotZ 2016, 75 (82). 174 Zutr. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 2906. 175 Vgl. OLG München v. 4.4.2014 – 34 Wx 62/14, IMR 2014, 251 = DNotI-Report 2013, 105 (107) = MietRB 2014, 207; LG Frankfurt/M. v. 13.4.2015 – 16 S 133/14, ZWE 2015, 369 = MietRB 2015, 338; vgl. Briesemeister, ZWE 2015, 355 ff. 176 Then in Spielbauer/Then, § 12 WEG Rz. 15. 177 OLG München v. 4.4.2014 – 34 Wx 62/14, IMR 2014, 251 = DNotI-Report 2013, 105 = MietRB 2014, 207. 178 Bejahend Abramenko, Das neue WEG in der anwaltlichen Praxis, 2007, § 3 Rz. 8; verneinend Wilsch, NotBZ 2007, 305 (309); Böttcher, ZNotP 2007, 373 (376); Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 2906 Fn. 119a.

Grziwotz | 309

§ 12 Rz. 45 | Veräußerungsbeschränkung 45 Um einen Schutz der Eigentümergemeinschaft gegen unerwünschte Veräußerungen und ein

Eindringen unzuverlässiger Personen in die Gemeinschaft auch nach beschlussmäßiger Aufhebung des Zustimmungserfordernisses zu verhindern, werden Vorkaufsrechte und Übertragungspflichten vorgeschlagen.179 Allerdings nehmen diese dem Wohnungs- und Teileigentum – anders als § 12 – die Verkehrsfähigkeit. Sie sind zudem teuer und komplizierter zu handhaben.

§ 13 Rechte des Wohnungseigentümers (1) Jeder Wohnungseigentümer kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, insbesondere diese bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen, und andere von Einwirkungen ausschließen. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe der §§ 14, 15 berechtigt. An den sonstigen Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums gebührt jedem Wohnungseigentümer ein Anteil nach Maßgabe des § 16. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gegenstand des § 13 . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutz des Wohnungseigentums durch Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) . . . b) Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Rechte und Besitz des Wohnungseigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechte am Sondereigentum (Abs. 1) . 1. Nutzungsrechte (Abs. 1 Alt. 1) . . . . . . . a) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzliche Grenzen im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesetzliche Grenzen im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechte Dritter . . . . . . . . . . . . . . . c) Bewohnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vermietung und Verpachtung . . . . . aa) Beschränkungen des Rechts zur Vermietung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gegenstand des Mietvertrags . . cc) Kollision mietvertraglicher Regelungen mit dem WEG . . . . e) Sonstige Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschließungsrechte (Abs. 1 Alt. 2) . . a) Zivilrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . b) Öffentlich-rechtliche Ansprüche . . .

1 1 3 3

III. 1. 2. 3. 4.

5a 6 9 10 10 11

IV. 1. 2. 3.

12 18 19 20 22 23 27 29 46 48 49 54

4.

5.

Rechte am Miteigentum (Abs. 2) . . . . 56 Recht zum Mitgebrauch (Abs. 2 Satz 1) 56 Grenzen des Mitgebrauchs . . . . . . . . . . 59 Anteil an den sonstigen Nutzungen (Abs. 2 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Ansprüche bei Eingriff in das Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Sondernutzungsrechte . . . . . . . . . . . . . 66 Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) Durch Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . 73 b) Nachträgliche Zuordnung von Sondernutzungsrechten . . . . . . . . . . . . . . 78 c) Durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 d) Durch faktischen Alleingebrauch? . . 86 e) Durch Umdeutung fehlerhaft begründeten Sondereigentums? . . . . 89 f) Anspruch auf Begründung eines Sondernutzungsrechts . . . . . . . . . . . . 89a Inhalt des Sondernutzungsrechts . . . . . 90 a) Nutzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . 90 b) Pflichten des Sondernutzungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 c) Belastung und Pfändung des Sondernutzungsrechts . . . . . . . . . . . . 102 Das Sondernutzungsrecht bei Eigentümerwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

179 So Schultzky in NK/BGB, § 12 Rz. 21. Krit. Drasdo, RNotZ 2007, 264 ff.

310 | Grziwotz

§ 12 Rz. 45 | Veräußerungsbeschränkung 45 Um einen Schutz der Eigentümergemeinschaft gegen unerwünschte Veräußerungen und ein

Eindringen unzuverlässiger Personen in die Gemeinschaft auch nach beschlussmäßiger Aufhebung des Zustimmungserfordernisses zu verhindern, werden Vorkaufsrechte und Übertragungspflichten vorgeschlagen.179 Allerdings nehmen diese dem Wohnungs- und Teileigentum – anders als § 12 – die Verkehrsfähigkeit. Sie sind zudem teuer und komplizierter zu handhaben.

§ 13 Rechte des Wohnungseigentümers (1) Jeder Wohnungseigentümer kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, insbesondere diese bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen, und andere von Einwirkungen ausschließen. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe der §§ 14, 15 berechtigt. An den sonstigen Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums gebührt jedem Wohnungseigentümer ein Anteil nach Maßgabe des § 16. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gegenstand des § 13 . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutz des Wohnungseigentums durch Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) . . . b) Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Rechte und Besitz des Wohnungseigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechte am Sondereigentum (Abs. 1) . 1. Nutzungsrechte (Abs. 1 Alt. 1) . . . . . . . a) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzliche Grenzen im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesetzliche Grenzen im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechte Dritter . . . . . . . . . . . . . . . c) Bewohnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vermietung und Verpachtung . . . . . aa) Beschränkungen des Rechts zur Vermietung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gegenstand des Mietvertrags . . cc) Kollision mietvertraglicher Regelungen mit dem WEG . . . . e) Sonstige Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschließungsrechte (Abs. 1 Alt. 2) . . a) Zivilrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . b) Öffentlich-rechtliche Ansprüche . . .

1 1 3 3

III. 1. 2. 3. 4.

5a 6 9 10 10 11

IV. 1. 2. 3.

12 18 19 20 22 23 27 29 46 48 49 54

4.

5.

Rechte am Miteigentum (Abs. 2) . . . . 56 Recht zum Mitgebrauch (Abs. 2 Satz 1) 56 Grenzen des Mitgebrauchs . . . . . . . . . . 59 Anteil an den sonstigen Nutzungen (Abs. 2 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Ansprüche bei Eingriff in das Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Sondernutzungsrechte . . . . . . . . . . . . . 66 Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) Durch Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . 73 b) Nachträgliche Zuordnung von Sondernutzungsrechten . . . . . . . . . . . . . . 78 c) Durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 d) Durch faktischen Alleingebrauch? . . 86 e) Durch Umdeutung fehlerhaft begründeten Sondereigentums? . . . . 89 f) Anspruch auf Begründung eines Sondernutzungsrechts . . . . . . . . . . . . 89a Inhalt des Sondernutzungsrechts . . . . . 90 a) Nutzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . 90 b) Pflichten des Sondernutzungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 c) Belastung und Pfändung des Sondernutzungsrechts . . . . . . . . . . . . 102 Das Sondernutzungsrecht bei Eigentümerwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

179 So Schultzky in NK/BGB, § 12 Rz. 21. Krit. Drasdo, RNotZ 2007, 264 ff.

310 | Grziwotz

Rechte des Wohnungseigentümers | Rz. 45 § 13 a) Das nicht eingetragene Sondernutzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 b) Das eingetragene Sondernutzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 6. Übertragung, Abänderung und Erlöschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

7. Ansprüche gegen den angeblich Sondernutzungsberechtigten . . . . . . . . . 113 8. Ansprüche des Sondernutzungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

Schrifttum: Abramenko, Zur vertraglichen Bindung des Mieters an die Betriebskostenabrechnung des Wohnungseigentumsverwalters, ZMR 1999, 677; Armbrüster, Kollisionen zwischen Gemeinschaftsordnung und Mietvertrag, ZWE 2004, 217; Beyer, Die vermietete Eigentumswohnung – Die Ableitung der Betriebskostenabrechnung aus der Jahresabrechnung, ZMR 2013, 933; Böhringer, Begründung und spätere Veränderung von Sondernutzungsrechten, NotBZ 2003, 285; Bonifacio, Zwei Vorschläge für eine Weiterentwicklung des Wohnungseigentumsrechts, ZWE 2011, 105; Bruns, Störungsabwehr und Wohnungseigentümergemeinschaft, NJW 2011, 337; Bueb, Zu den Grenzen der Nutzungsbefugnis von Wohnungsund Teileigentümern bei Überlassung der Räume an Touristen und Asylsuchende, ZWE 2018, 350; Derleder, Die Auswirkungen der neuen Beschlusskompetenzen der Wohnungseigentümer nach der WEGReform auf das Mietverhältnis, WuM 2008, 444; Dötsch, „Vergemeinschaftung“ öffentlich-rechtlicher Abwehransprüche durch die Wohnungseigentümergemeinschaft?, ZMR 2010, 573; Dötsch, Der Unterlassungsanspruch bei rechtswidriger Nutzung des vermieteten Sondereigentums, WuM 2017, 493; Drasdo, Die Begründung von Kostentragungspflichten bei der Einräumung von Sondernutzungsrechten, RNotZ 2018, 94; Drasdo, Flüchtlingsunterbringung in Miet- oder Eigentumswohnungen, NJW-Spezial 2016, 353; Drasdo, Ausgewählte Probleme zum Sondernutzungsrecht unter WEG, NJW-Spezial 2014, 353; Drasdo, Umsetzung von WEG-Beschlüssen im Mietverhältnis nach der WEG-Reform, ZMR 2008, 421; Ehmann, Die Vermietung von Wohnungseigentum zur Unterbringung von Asylbewerbern, ZWE 2016, 342; Elzer, Aktuelle Entwicklungen zu Grundlagen und Umfang eines Sondernutzungsrechts, NotBZ 2013, 289; Falkner, Sondernutzungsrechte - Übertragung und gestreckte Begründung, ZNotP 2017, 251; Francastel, Die Begründung von Sondernutzungsrechten in der notariellen Praxis, RNotZ 2015, 385; Froese, Das Wohnungseigentum als verfassungsrechtliches Eigentum?, ZWE 2015, 250; Grziwotz, Bauträgervollmachten bei der Vorratsaufteilung, MietRB 2015, 27; Grziwotz, Wohnungseigentum und Nachbarrecht, MietRB 2014, 122; Häublein, Erforderlichkeit und Möglichkeit einer Harmonisierung von Wohnungseigentums- und Mietrecht, NZM 2014, 97; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2000; Heinemann, „Betreutes Wohnen“ in der Form des Wohnungs- und Teileigentums, MietRB 2013, 363; Hogenschurz, Sondernutzungsrechte in der Grundbuchpraxis, ZfIR 2014, 717; Hogenschurz, Das Sondernutzungsrecht nach WEG, 2008; Hogenschurz, Sondernutzungsrecht als Sonderbaurecht?, ZMR 2013, 250; Horst, Nachbarrechtliche Schnittstellen der WEG-Reform, DWE 2008, 4; Jakoby, Gebrauchsbeschränkungen bei Wohnungseigentum und Miete, ZMR 2012, 669; Klühs, Zugang der Zuweisungserklärung bei zeitlich gestreckter Begründung von Sondernutzungsrechten, ZNotP 2010, 177; Kümmel, Abwehransprüche der Wohnungseigentümer gemäß § 1004 BGB gegen Mieter und sonstige Nutzer des Sonder- und Gemeinschaftseigentums, ZWE 2008, 273; Langenberg, Die Betriebskosten der vermieteten Eigentumswohnung, NZM 2004, 361; Lüke, Vermietung von Sondereigentum unter Berücksichtigung der Aufgaben des Verwalters, ZWE 2004, 291; Lutz, Das gemeinschaftliche Sondernutzungsrecht in der notariellen Praxis, NotBZ 2014, 209; Merle, Zur Übertragung sog. Sondernutzungsrechte, Rpfleger 1978, 86; Müller, Nutzung und Gebrauch von Sonder- und Gemeinschaftseigentum bei Vermietung von Wohnungs- und Teileigentum, ZMR 2001, 506; Ott, Das Sondernutzungsrecht im Wohnungseigentum, 2000; Ott, Sondernutzungsrechte in der notariellen Praxis, NZM 2017, 1; Reichert, Das Hausrecht in Wohnungseigentumsanlagen, ZWE 2009, 289; Schmid, Sondernutzungsrecht Garten, ZWE 2015, 109; Schmid, Die Hausordnung in Miete und Wohnungseigentum, NJW 2013, 2415; Schmid, Mehrere Inhaber eines Wohnungseigentums, ZfIR 2012, 721; Schmid, Grundrechte und Gebrauchsrechte der Wohnungseigentümer, MDR 2010, 64; Schmid, Gewerbebetriebe und Berufsausübung im Wohnungs- und Teileigentum, GuT 2010, 70; Schmenger, Begründung, Änderung, Übertragung und Erlöschen von dinglichen und schuldrechtlichen Sondernutzungsrechten, BWNotZ 2003, 73; Schneider, Ermächtigung des teilenden Eigentümers zur Einräumung und Inhaltsbestimmung von Sondernutzungsrechten, ZWE 2012, 171; Schultzky, Instandhaltung und Instandsetzung durch einzelne Wohnungseigentümer, MietRB 2017, 28; Schuschke, Die Zwangsvollstreckung in Sondernutzungsrechte, NZM 1999, 830; Sommer, Berufsausübung in der Mietwohnung, MietRB 2013, 275; Schweinoch, Abwehrrechte von Wohnungseigentümern gegen Baugenehmigungen, ZWE 2014, 237; Suilmann, Hausordnung – Welche Befugnisse hat die Verwaltung?, MietRB 2014, 60; Suilmann, Versorgungssperren gegen den Mieter von Woh-

Schultzky | 311

§ 13 Rz. 1 | Rechte des Wohnungseigentümers nungseigentum, ZWE 2012, 111; Tank, Sondernutzungsrechte, MietRB 2016, 275; Wenzel, Der Störer und seine verschuldensunabhängige Haftung im Nachbarrecht, NJW 2005, 241; Wenzel, Hausverbot gegen Lebensgefährten, ZWE 2009, 165; Wüsthof, (Unter-)Vermietung an Touristen, ZMR 2014, 421.

I. Allgemeines 1. Gegenstand des § 13 1 § 13 regelt die Befugnisse des Wohnungseigentümers am Sonder- und am Miteigentum. Mit

dem Sondereigentum kann der Wohnungseigentümer grundsätzlich „nach Belieben verfahren“. Ihm stehen damit im Grundsatz die Rechte des Eigentümers an Sachen nach § 903 BGB zu. Auch bezüglich des Gemeinschaftseigentums regelt § 13 eine grundlegende Mitberechtigung am Gebrauch und an den Nutzungen und knüpft damit an die Berechtigung der Teilhaber an einem Gegenstand in der Bruchteilsgemeinschaft gem. § 743 Abs. 2 BGB an. Dies verdeutlicht, dass das Wohnungseigentum kein beschränkt dingliches Recht ist, sondern echtes Eigentum.1

2 Allerdings sind die Nutzungs- und Abwehrrechte des Wohnungseigentümers hinsichtlich des

Gemeinschafts-, aber auch hinsichtlich des Sondereigentums insb. durch die Regelungen der §§ 14, 15 stärker eingeschränkt als bei sonstigem Grundstückseigentum, für das die Regelungen der §§ 906 ff. BGB gelten. Die Notwendigkeit dafür ergibt sich schon aus dem engen Zusammenleben der Wohnungseigentümer. Der Wohnungseigentümer hat mehr Einwirkungen auf sein Eigentum zu dulden als der Grundstückseigentümer, was allerdings nicht davon befreit, dass jeder Eingriff für sich genommen gerechtfertigt sein muss.

2. Schutz des Wohnungseigentums durch Grundrechte a) Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) 3 Das Eigentum des Wohnungseigentümers unterfällt dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1

S. 1 GG.2 Die Eigentumsgarantie schützt dabei das Wohnungseigentum als einheitliches Eigentumsobjekt, das sich aus einen untrennbaren Elementen Sondereigentum, Gemeinschaftseigentum und Mitgliedschaft in der Wohnungseigentümergemeinschaft zusammensetzt.3 Der Wohnungseigentümer hat im Ausgangspunkt das unbeschränkte Recht, mit seinem Wohnungseigentum nach Belieben zu verfahren.4 Der Schutz des Wohnungseigentums durch Art. 14 GG hat nicht nur Bedeutung gegenüber dem Staat, etwa bei baurechtlichen Genehmigungen. Die objektive Wertordnung der Grundrechte wirkt auch in das Privatrecht hinein. Bei der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe und bei der Überprüfung von Ermessensentscheidungen sind die grundrechtlich geschützten Positionen der Wohnungseigentümer zu beachten. 4 Die grundrechtliche Eigentumsgarantie wird durch die §§ 13 ff. konkretisiert, wobei § 14 als

Grundnorm des innergemeinschaftlichen Nachbarrechts die durch § 13 eingeräumte weitgehende Freiheit des Wohnungseigentümers zur Verfügung und Nutzung seines Wohnungs1 BGH v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, 250; BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 = MDR 1992, 484 = NJW 1992, 978; kritisch de lege ferenda Bonifacio, ZWE 2011, 105. 2 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220; BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, MietRB 2005, 263 = ZMR 2005, 634; BVerfG v. 13.3.1995 – 1 BvR 1107/ 92, NJW 1995, 1665; Froese, ZWE 2015, 250. 3 Froese, ZWE 2015, 250 (253). 4 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 = MietRB 2010, 114 = NJW 2010, 3093.

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I. Allgemeines | Rz. 5a § 13

eigentums begrenzt. § 14 stellt dabei eine verfassungsgemäße Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar.5 Dass die Regelung der §§ 13 ff. mit Art. 14 GG vereinbar ist, befreit aber nicht von dessen Bindungen: Die Eigentumsgarantie ist wiederum bei der Auslegung der §§ 13 ff. zu berücksichtigen, insb. bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des Nachteils i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG.6 Stehen sich im Rahmen der §§ 13 ff. die Grundrechte mehrerer Eigentümer gegenüber, sind sie nach der Lehre der praktischen Konkordanz zu einem gerechten Ausgleich zu bringen.7 Dies führt dazu, dass der Anspruch der Wohnungseigentümer auf ungestörte Nutzung ihres Sondereigentums nach § 13 Abs. 1 nicht unbegrenzt ist. Denn das Eigentumsrecht des störenden Eigentümers kann sie zur Hinnahme bestimmter Störungen verpflichten. Abwehransprüche wegen Lärms nach § 1004 BGB i.V.m. § 14 Nr. 1 können deshalb nur soweit geltend gemacht werden, wie sie zur Beseitigung der Störung erforderlich sind.8 Auf der anderen Seite ist es aber nicht gerechtfertigt, wenn von einem Wohnungseigentümer die Hinnahme einer sein Sondereigentum störenden baulichen Veränderung verlangt wird.9 Ebenfalls bei Auslegung des § 14 Nr. 1 zu beachten ist das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG), auf das sich der störende Wohnungseigentümer nicht nur im Hinblick auf eigene Gebrechen, sondern wegen Art. 6 Abs. 1 GG auch im Hinblick auf seine Angehörigen berufen kann.10 Dieses kann in bestimmten Umfang auch dazu führen, dass i.S.d. § 14 Nr. 1 nachteilige bauliche Veränderungen, wie z.B. der Einbau eines Treppenlifts, einer Rollstuhlrampe oder eines Handlaufs, auch ohne Zustimmung der betroffenen Wohnungseigentümer zulässig sind (s. § 22 Rz. 36a). Das Eigentumsrecht der betroffenen Wohnungseigentümer steht allerdings auch in diesem Fall erheblichen Eingriffen in die Substanz des Gemeinschaftseigentums oder dem vollständigen Ausschluss des Mitgebrauchs, wie sie i.d.R. beim nachträglichen Einbau eines Personenaufzugs vorliegen, entgegen.11 Dass § 15 Abs. 2 einen Eingriff in die Eigentumsrechte des Wohnungseigentümers durch 5 Mehrheitsbeschluss gestattet, stellt sich ebenfalls als verfassungsmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar. § 15 Abs. 2 beschränkt die Nutzung des Eigentums in angemessener Weise, weil es der Mehrheit der Wohnungseigentümer nur die Regelung eines ordnungsmäßigen Gebrauchs erlaubt. Bei der Auslegung des § 15 Abs. 2 ist aber wiederum die Eigentumsgarantie zu beachten: Eine Gebrauchsregelung durch Beschluss wird deshalb unzulässig sein, wenn bei ihr die Eigentumsrechte des Wohnungseigentümers völlig außer Acht bleiben oder nicht ausreichend berücksichtigt werden. Nächtliche Ruhestörungen durch Besucher rechtfertigen deshalb keinen Beschluss über ein allgemeines Besuchsverbot.12 b) Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) Das Wohnungseigentum unterliegt auch dem Schutz des Art. 13 GG, der die Unverletzlichkeit 5a der Wohnung garantiert. Der räumliche Schutzbereich des Art. 13 GG erfasst die gesamte räumliche Sphäre, in der sich das Privatleben entfaltet. Dazu gehören neben den Räumen der eigentlichen Wohnung auch Keller, Speicher, Treppen, Garagen, nicht allgemein zugängliche

5 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220. 6 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220; BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, MietRB 2005, 263 = ZMR 2005, 634. 7 BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, MietRB 2005, 263 = ZMR 2005, 634. 8 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220. 9 BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, MietRB 2005, 263 = ZMR 2005, 634. 10 BGH v. 13.1.2017 – V ZR 96/16, MDR 2017, 511 = ZMR 2017, 319 Rz. 21. 11 BGH v. 13.1.2017 – V ZR 96/16, MDR 2017, 511 = ZMR 2017, 319 Rz. 25 und 32. 12 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220.

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§ 13 Rz. 5a | Rechte des Wohnungseigentümers Geschäfts- und Büroräume und ähnliche Räume sowie umzäunte oder in anderer Weise der öffentlichen Zugänglichkeit entzogene Bereiche wie Gärten oder Vorgärten.13 5b Die Unverletzlichkeit der Wohnung verbürgt die Privatheit des Wohnens, indem sie das Recht

gewährleistet, in den geschützten Räumen in Ruhe gelassen zu werden.14 Art. 13 GG enthält das an staatliche Organe gerichtete grundsätzliche Verbot, gegen den Willen des Wohnungsinhabers in die Wohnung einzudringen und darin zu verweilen. Im Bereich des Wohnungseigentumsrechts gewährt es Schutz gegen Eingriffe in die Entscheidungsfreiheit des Wohnungseigentümers über das Zutrittsrecht (s. zum Hausrecht Rz. 21).15 Art. 13 GG entfaltet seine Schutzwirkung insb. bei der Auslegung des § 14 Nr. 4 (s. § 14 Rz. 24).16 Art. 13 GG ist aber auch zu berücksichtigen, wenn Gemeinschaftseigentum nur durch das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers betreten werden kann. So kann die mittelbare Drittwirkung des Grundrechts dazu führen, dass den Wohnungseigentümern ein Betreten des Spitzbodens über eine schmale Einschubtreppe in der Wohnung eines Miteigentümers nur in Ausnahmefällen erlaubt ist.17

3. Weitere Rechte und Besitz des Wohnungseigentümers 6 Neben den in § 13 geregelten Nutzungsrechten (s. Rz. 10) ist der Wohnungseigentümer – wie

sich aus § 12 ergibt – berechtigt, sein Wohnungseigentum zu veräußern. Ihm steht auch das „mindere Recht“ zu, es zu belasten.18

7 Der Wohnungseigentümer ist hinsichtlich seines Sondereigentums19 und der ihm zugeord-

neten Sondernutzungsrechte20 Teilbesitzer (§ 865 BGB). Bei den im Sondereigentum stehenden Räumen und Gebäudebestandteilen handelt es sich im Rechtssinne um wesentliche Bestandteile (§§ 93, 94 BGB) des als einheitliche Sache anzusehenden Grundstücks, so dass Besitz an der gesamten Sache nach § 854 BGB nicht in Betracht kommt. Dem Teilbesitzer stehen aber wie dem Alleinbesitzer die Besitzschutzansprüche zu. Der Wohnungseigentümer kann daher Wiedereinräumung des ihm im Wege der verbotenen Eigenmacht (§ 858 BGB) durch andere Wohnungseigentümer und Dritte entzogenen Teilbesitzes am Sondereigentum und Sondernutzungsrecht gem. §§ 859, 861, 862 BGB verlangen, auch wenn er als Vermieter nur mittelbarer Besitzer ist (§§ 868, 869 BGB).21 8 Am Gemeinschaftseigentum ist der Wohnungseigentümer Teil-Mitbesitzer nach §§ 865, 866

BGB. Ihm steht gegenüber Dritten ein Anspruch auf Wiedereinräumung seines Mitbesitzes gem. § 861 BGB zu. Gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern ist der Besitzschutz gem. § 866 BGB hinsichtlich der Grenzen des dem Einzelnen zustehenden Gebrauchs hingegen ausgeschlossen.22 Nicht mehr um diese Grenzen geht es, wenn dem Wohnungseigentümer der Mitbesitz völlig entzogen wird, z.B. wenn ein anderer Wohnungseigentümer an einem gemeinschaftlichen Kellerraum Alleinbesitz begründet.23 13 BGH v. 16.5.2013 – VII ZB 61/12, NZBau 2013, 674. 14 BVerfG v. 26.5.1993 – 1 BvR 208/93, BVerfGE 89, 1 = MDR 1993, 728 = NJW 1993, 2035; BayObLG v. 27.6.1996 – 2Z BR 16/96, BayObLGZ 1996, 146 = MDR 1996, 1006. 15 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220. 16 OLG Zweibrücken v. 24.11. 2000 – 3 W 184/00, NJW-RR 2001, 730. 17 OLG Hamburg v. 20.9.2004 – 2 Wx 122/01, ZMR 2005, 68. 18 BGH v. 19.5.1989 – V ZR 182/87, BGHZ 107, 289 = MDR 1989, 896 = NJW 1989, 2391. 19 A. Lorenz in Erman, § 865 BGB Rz. 3. 20 BayObLG v. 5.2.1998 – 2Z BR 140/97, WuM 1998, 561; BayObLG v. 30.4.1990 – BReg.1b Z 20/89, NJW-RR 1990, 1105. 21 OLG Karlsruhe v. 22.10.2004 – 11 Wx 81/03, NZM 2005, 305. 22 LG Hamburg v. 11.8.2011 – 318 T 39/11, ZMR 2012, 132. 23 Vgl. BGH v. 6.4.1963 – V ZR 127/72, MDR 1973, 572.

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II. Rechte am Sondereigentum (Abs. 1) | Rz. 14 § 13

II. Rechte am Sondereigentum (Abs. 1) Dem Wohnungseigentümer steht nach § 13 Abs. 1 als positives Recht das Recht zu, sein Son- 9 dereigentum nach Belieben zu nutzen (Rz. 10 ff.). Ergänzt wird dies durch das negative Recht, andere von Einwirkungen auszuschließen (Rz. 48 ff.). Nicht in § 13 Abs. 1 geregelte Eigentumsrechte sind die alleinige Verwaltungsbefugnis des Wohnungseigentümers für sein Sondereigentum (dazu § 20 Rz. 2) und sein Hausrecht (Rz. 21).

1. Nutzungsrechte (Abs. 1 Alt. 1) a) Inhalt § 13 Abs. 1 benennt mit dem Bewohnen (Rz. 20) sowie dem Vermieten und Verpachten (Rz. 22) 10 nur die wichtigsten Nutzungsmöglichkeiten. Daneben umfasst das Recht am Sondereigentum aber auch andere Arten der Nutzung (Rz. 46). Ebenso kommt dem Wohnungseigentümer das Recht zu, sein Sondereigentum nicht zu nutzen.24 b) Grenzen Die Nutzungsrechte am Sondereigentum sind nach § 13 Abs. 1 durch das Gesetz und Rechte 11 Dritter beschränkt. Eine Einteilung der gesetzlichen Schranken lässt sich am zutreffendsten in solche, die aus dem Innenverhältnis der Wohnungseigentümer herrühren, und solche, die im Außenverhältnis – also gegenüber Dritten – bestehen, vornehmen. aa) Gesetzliche Grenzen im Innenverhältnis Grenzen für die Nutzung des Sondereigentums ergeben sich zunächst im Innenverhältnis aus 12 dem Verbot der Nachteilszufügung nach § 14 Nr. 1 (dazu § 14 Rz. 2 ff.), der Duldungspflicht nach § 14 Nr. 3 (dazu § 14 Rz. 20 f.) und dem Betretungsrecht nach § 14 Nr. 4 (dazu § 14 Rz. 22 ff.). Daneben können sich Schranken der Nutzung auch aus dem nach § 15 Abs. 1 für die Woh- 13 nungseigentümer disponiblen Inhalt des Sondereigentums ergeben, der durch eine Vereinbarung oder einen aufgrund einer Öffnungsklausel ergangenen Beschluss bestimmt wird. Hierunter fallen vor allem die Zweckbestimmung und sonstige Gebrauchsregelungen (dazu § 15 Rz. 15 ff.). Schließlich erlaubt § 15 Abs. 2, dass der Gebrauch des Sondereigentums in bestimmten Grenzen durch Beschluss geregelt wird; wichtigstes Beispiel ist die Hausordnung (dazu § 15 Rz. 65 ff.). Neben diesen Normen sind die Regelungen des allgemeinen privaten Nachbarrechts nach 14 §§ 904 ff. BGB im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander grundsätzlich nicht unmittelbar anwendbar. Es fehlt zum Teil schon das Bedürfnis dafür, weil die auf das intensivierte Gemeinschaftsverhältnis zugeschnittenen Rücksichtnahmepflichten nach §§ 14, 15 weitergehen als das Nachbarrecht. Dennoch können die Wertungen des Nachbarrechts zu deren Auslegung, insb. dem Begriff des Nachteils i.S.d. § 14 Nr. 1 (§ 14 Rz. 3), herangezogen werden.25 Aus § 906 BGB können sich wesentliche Anhaltspunkte für die Zulässigkeit von Immissionen, insb. von Geräuschen und Gerüchen, ergeben.26 Die immissionsschutzrechtlichen 24 BayObLG v. 27.3.1990 – BReg.1b Z 17/89, NJW-RR 1990, 854. 25 Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 27. 26 OLG Frankfurt v. 13.9.2005 – 20 W 87/03, MietRB 2006, 194 = ZWE 2006, 80 (Taubenhaltung); BayObLG v. 12.8.2004 – 2Z BR 148/04, NZM 2005, 69 (Außenlüftungsanlage); BayObLG v. 12.4.2000 – 2Z BR 151/99, WuM 2001, 141 (Küchengerüche).

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§ 13 Rz. 14 | Rechte des Wohnungseigentümers Grenz- und Richtwerte, auf die § 906 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB verweist, können zur Konkretisierung der spezifisch wohnungseigentumsrechtlichen Geringfügigkeit allerdings nicht herangezogen werden.27 Die Wertung des § 907 BGB ist bei dem Vorhalten gefährlicher Anlagen wie z.B. Taubenschlägen oder Bienenkörben zu berücksichtigen. 15 Die weiteren Regelungen des allgemeinen Nachbarrechts gelten zwar auch für das Sonder-

eigentum, entfalten ihre praktische Bedeutung aber vor allem hinsichtlich der Nutzung von Sondernutzungsrechten am Gemeinschaftseigentum (Rz. 95). 16 Auch das öffentliche Nachbarrecht gilt zwischen Wohnungseigentümern nicht unmittelbar,

sondern ist wie das private Nachbarrecht im Rahmen der Auslegung der §§ 14, 15 heranzuziehen.28 Erforderlich ist allerdings, dass die Normen dem Schutz des anspruchsstellenden Wohnungseigentümers dienen, mithin drittschützend sind.29 So können die Vorschriften der Immissionsschutzgesetze zur Ermittlung zulässiger Lärmimmissionen herangezogen werden.30 Auch haben die baurechtlichen Vorschriften über Abstandsflächen nachbarschützenden Charakter.31 Ebenso soll die mit bauordnungsrechtlichen Vorschriften unvereinbare Nutzung eines Schornsteinzugs für den Betrieb einer Abluftanlage eine unzulässige Nutzung i.S.d. § 14 Nr. 1 begründen.32 Ein Eigentümer einer denkmalgeschützten Wohneinheit kann Drittschutz beanspruchen, wenn ein zugelassenes Vorhaben zu Lasten des betroffenen Denkmals den „objektiv gebotenen denkmalschutzrechtlichen Umgebungsschutz“ nicht einhält.33 Die Regelungen über die Außenfarben nach der Landesbauordnung dienen hingegen allein dem öffentlichen Interesse und haben keine nachbarschützende Funktion.34 Ebenfalls nicht drittschützend sind Satzungen oder Verordnungen, die ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum regeln.35 Die Vorschriften dienen der angemessenen Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum, nicht jedoch dem Schutz der Nachbarn vor kurzfristigen Vermietungen (dazu § 15 Rz. 28). 17 Die gesetzlichen Schranken sind im Innenverhältnis durch Vereinbarung der Wohnungseigen-

tümer abdingbar. Bedeutung hat dies insb. in sog. Mehrhausanlagen, bei denen jedes einzelne Haus soweit möglich eine selbständige Einheit bilden soll. Die Mehrhausanlage kann dabei sowohl aus Reihenhäusern bestehen, bei denen jedes Haus eine Wohnungseigentumseinheit bildet, wie auch aus Häusern mit mehreren Einheiten. Zur Verselbständigung der einzelnen Häuser – sog. faktische Realteilung – können dazu neben der Vereinbarung einer wirtschaftlichen Trennung und dem Ausschluss gemeinsamer Verwaltung auch die §§ 14, 15 abbedungen werden.36 Ein konkludenter Ausschluss des wohnungseigentumsrechtlichen Nachbarrechts ist bereits in der Vereinbarung zu sehen, dass die einzelnen Eigentümer einer Reihenhausanlage wirtschaftlich soweit wie möglich so gestellt werden sollen, als ob sie Alleineigentümer der betreffenden Grundstücks- und Gebäudeeinheit seien.37 Sind die wohnungseigentumsrechtlichen Vorschriften wirksam ausgeschlossen, richtet sich der Schutz der Wohnungseigentümer untereinander nach den allgemeinen Bestimmungen, also §§ 906 ff. BGB,38 dem allgemeinen 27 BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13, MDR 2014, 399 = MietRB 2014, 106 f. 28 OLG Hamm v. 9.1.2009 – 15 Wx 142/08, MietRB 2009, 173 = ZfIR 2009, 337; a.A. Commichau in MünchKomm/BGB, § 13 WEG Rz. 8; Kreuzer in Staudinger, BGB, § 13 WEG Rz. 6. 29 OLG Frankfurt v. 17.5.2005 – 20 W 132/03, juris; Spielbauer/Then, § 13 WEG Rz. 3. 30 Vgl. BVerfG v. 17.11.2009 – 1 BvR 2717/08, NZM 2010, 154 zu Musik als Ruhestörung. 31 BayObLG v. 23.1.2001 – 2Z BR 116/00, ZMR 2001, 472. 32 OLG Hamm v. 9.1.2009 – 15 Wx 142/08, MietRB 2009, 173 = ZfIR 2009, 337. 33 VG Aachen v. 3.5.2010 – 3 L 37/10, juris. 34 OLG München v. 20.2.2008 – 32 Wx 2/08, MietRB 2008, 208 = ZMR 2008, 566. 35 OLG Frankfurt v. 17.5.2005 – 20 W 132/03, juris; LG München I v. 3.6.2016 – 40 O 11108/14, ZMR 2017, 263; verkannt von AG Bonn v. 30.11.2016 – 27 C 13/16, juris. 36 Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 23. 37 OLG München v. 20.2.2008 – 32 Wx 2/08, MietRB 2008, 208 = ZMR 2008, 566. 38 BayObLG v. 12.9.1996 – 2Z BR 52/96, ZMR 1997, 41; LG Itzehoe v. 19.4.2011 – 11 S 26/10, juris.

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II. Rechte am Sondereigentum (Abs. 1) | Rz. 21 § 13

Nachbarschaftsrecht und den drittschützenden Normen des öffentlichen Rechts.39 Der Verstoß gegen nicht drittschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts begründet aber auch in diesen Fällen keinen Nachteil i.S.v. § 14 Nr. 1 (dazu Rz. 16).40 Die Wohnungseigentümer können im Verhältnis untereinander auch die allgemeinen nachbarrechtlichen Normen etwa über Abstandsflächen abbedingen. Das gilt unabhängig davon, ob sie zum privaten oder öffentlichen Nachbarrecht gehören und ob ihnen drittschützender Charakter zukommt.41 bb) Gesetzliche Grenzen im Außenverhältnis Im Außenverhältnis gegenüber Dritten ergeben sich die Schranken des Sondereigentums vor 18 allem aus den Vorschriften des privaten und öffentlichen Nachbarrechts. Es gelten insoweit dieselben Grenzen wie auch bei anderem Grundeigentum.42 cc) Rechte Dritter Unter den Rechten Dritter sind die beschränkt dinglichen Rechte (Reallasten, Grundpfand- 19 rechte, Nießbrauch, Dienstbarkeiten oder Dauerwohnrechte) dieser am Wohnungseigentum zu verstehen.43 c) Bewohnen Bewohnen meint jede dauernde oder zeitweise Nutzung des Wohnungseigentums zu Wohn- 20 zwecken. Zulässig sind alle beim Bewohnen üblichen Nutzungen, die sich innerhalb der Grenzen des Sondereigentums bewegen (dazu Rz. 11 ff.). Der Wohnungseigentümer kann dabei die Wohnung allein oder gemeinsam mit Dritten nutzen.44 Ihm steht das Recht zu, in seinem Wohnungseigentum Gäste zu empfangen, auch zahlreiche und über einen längeren Zeitraum.45 Das Bewohnen umfasst das Recht, das Sondereigentum nach eigenem Belieben auszustatten und instandzuhalten (s. Rz. 46).46 Das Recht zum Bewohnen wird ergänzt durch das Hausrecht am Sondereigentum. Das Haus- 21 recht verschafft dem Wohnungseigentümer das Recht, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er Zutritt zu seinem Sondereigentum gestattet oder wem er ihn verwehrt.47 Eingriffe in das Hausrecht sind unter den Voraussetzungen des § 123 StGB als Hausfriedensbruch strafbar. Der Wohnungseigentümer kann auf dieser Grundlage für sein Sondereigentum daher ohne weiteres Dritten – auch anderen Wohnungseigentümern oder anderen Mietern – ein „Hausverbot“ erteilen; wodurch er freilich das Betretungsrecht des § 14 Nr. 4 nicht ausschließen kann. Bei Vermietung des Wohnungseigentums geht das Hausrecht auf den Mieter über.48 39 BayObLG v. 9.12.1999 – 2Z BR 101/99, ZMR 2000, 236; BayObLG v. 23.1.2001 – 2Z BR 116/00, ZMR 2001, 473; BayObLG v. 21.2.2001 – 2Z BR 104/00, ZMR 2001, 563 auch zur Bedeutung der bestandskräftigen Baugenehmigung; LG Itzehoe v. 10.3.2009 – 11 S 30/08, ZWE 2009, 260 mit Anm. Becker. 40 BayObLG v. 29.3.2000 – 2Z BR 3/00, NZM 2000, 667 = ZMR 2000, 546 f.; OLG Hamm v. 3.7.2001 – 15 W 444/00, NZM 2001, 1084 = ZMR 2001, 1007. 41 BayObLG v. 21.2.2001 – 2Z BR 104/00, ZMR 2001, 563; BayObLG v. 23.1.2001 – 2Z BR 116/00, ZMR 2001, 472; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 31. 42 Siehe dazu den Überblick bei Brückner in MünchKomm/BGB, § 903 BGB Rz. 34 ff.; Herrler in Palandt, BGB, § 903 Rz. 11 ff. 43 Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 36. 44 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220. 45 Vgl. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 = MietRB 2010, 114 = NJW 2010, 3093. 46 Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 9. 47 BGH v. 20.1.2006 – V ZR 134/05, MDR 2006, 862 = NJW 2006, 1054; Reichert, ZWE 2009, 289. 48 Reichert, ZWE 2009, 289.

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§ 13 Rz. 21 | Rechte des Wohnungseigentümers Die übrigen Wohnungseigentümer sind dagegen keine (Mit-)Inhaber des Hausrechts am Sondereigentum. Sie können kein Aufenthaltsverbot für das Sondereigentum beschließen; hinsichtlich des Wohnungseigentümers fehlt ihnen bereits die Beschlusskompetenz, weil dann ein Gebrauchsentzug und keine Gebrauchsregelung für das Sondereigentum i.S.d. § 15 vorliegt.49 Hinsichtlich Mietern und Besuchern sind ist ein Mehrheitsbeschluss wegen Sittenwidrigkeit nichtig (s. § 15 Rz. 99).50 Dies können die übrigen Wohnungseigentümer auch nicht durch einen auf ihre Beschlusskompetenz über das Hausrecht am Gemeinschaftseigentum (dazu Rz. 57) gestützten Beschluss eines Hausverbots für die im Gemeinschaftseigentum stehenden Wege und Treppenhäuser umgehen, um Dritte an dem Zugang zu der Wohnung zu hindern.51 d) Vermietung und Verpachtung 22 Die Vermietung von Wohnungseigentum ist neben dem Selbstbewohnen die bedeutsamste

Nutzungsart. Sie ist nach Abs. 1 dem Eigentümer grundsätzlich in beliebigem Umfang erlaubt. Solange er die durch die Zweckbestimmung (s. § 15 Rz. 15 ff.) und die durch §§ 14, 15 vorgegebenen Grenzen beachtet, darf er die Wohnung auch an einen gewerblichen oder freiberuflichen Mieter oder an häufig wechselnde Feriengäste (dazu § 15 Rz. 28) vermieten. aa) Beschränkungen des Rechts zur Vermietung 23 Die Wohnungseigentümer können die Vermietung als Nutzungsrecht durch Vereinbarung

völlig ausschließen, weil sie zutreffender Auffassung nach nicht zu dem Kernbereich des Wohnungseigentums gehört, der Ausschluss nicht sittenwidrig (§ 138 BGB) ist und auch keine Durchbrechung des § 137 S. 1 BGB darstellt.52 Zwar kann ein Vermietungsverbot eine erhebliche wirtschaftliche Belastung eines Wohnungseigentümers, der zur Eigennutzung nicht in der Lage ist, bedeuten. Die Wohnungseigentümer können aber ein berechtigtes Interesse daran haben, sich vor einem Eindringen Dritter in die Gemeinschaft zu schützen. Die Schutzwürdigkeit des Interesses ergibt sich bereits aus § 12. Auch kann die Vermietung den Charakter einer Wohnanlage ändern, weil die vermietenden Eigentümer häufig andere Interessen verfolgen als die selbstnutzenden.53 24 Praktisch wichtiger ist indes die erst recht zulässige Vereinbarung einer Vermietungsbe-

schränkung, z.B. hinsichtlich der Vermietung als Ferienwohnung. Nach § 19 Abs. 2, Abs. 3 AGG i.V.m. § 134 BGB sind Vermietungsbeschränkungen, die an die Rasse oder ethnische Herkunft anknüpfen, allerdings grundsätzlich nichtig.54 Möglich ist es auch, in der Teilungserklärung die Vermietung der Eigentumswohnung von der Zustimmung des Verwalters abhängig zu machen.55 Das gilt ebenso für die Vermietung von Teileigentum.56 Wird die Zustimmung des Verwalters nur zur Vermietung verlangt, gilt das Zustimmungserfordernis in 49 50 51 52

53 54 55 56

BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220. Wenzel, ZWE 2009, 165 f.; Reichert, ZWE 2009, 289 (293); Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 13. Reichert, ZWE 2009, 289. BayObLG v. 24.6.1975 – 2 Z 41/75, ZMR 1976, 313; Schmid, GuT 2010, 71 (75); Suilmann in Bärmann/Seuß, § 8 Rz. 4; vgl. auch Armbrüster, ZWE 2004, 217 (221), der eine Berufung auf das Vermietungsverbot im Einzelfall wegen Verstoßes gegen das wohnungseigentumsrechtliche Treuegebot für unwirksam hält. So auch Armbrüster in FS für Bub, 1 (9 f.). Zu weitgehend Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 44. BGH v. 15.6.1962 – V ZB 2/62, BGHZ 37, 203; OLG Frankfurt v. 28.1.2004 – 20 W 124/03, NZM 2004, 231; LG Köln v. 26.4.2018 – 29 S 239/17, ZWE 2018, 327; AG Dortmund v. 30.3.2010 – 512 C 75/09, WuM 2010, 318. BayObLG v. 25.9.2003 – 2Z BR 137/03, ZMR 2004, 133; vgl. auch VerfGH Berlin v. 6.12.2002 – 188/ 01, WuM 2003, 39.

318 | Schultzky

II. Rechte am Sondereigentum (Abs. 1) | Rz. 27 § 13

der Regel nicht für eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung.57 Die Zustimmungsbefugnis kann in der Vereinbarung dahin begrenzt werden, dass die Zustimmung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes oder bei einer zu erwartenden Beeinträchtigung versagt werden darf. Aber auch ohne eine solche Regelung soll nach h.M. die Zustimmung in entsprechender Anwendung von § 12 Abs. 2 S. 1 nur aus wichtigem Grund verweigert werden dürfen.58 Eine zu Unrecht erfolgte Verweigerung des Zustimmungserfordernisses kann Schadenersatzansprüche des vermietungswilligen Wohnungseigentümers begründen.59 Ein die Vermietung des Sondereigentums ausschließender oder beschränkender Beschluss ist 25 nichtig, weil der Gemeinschaft insoweit die Beschlusskompetenz fehlt.60 Dies gilt aber nicht bei der Vermietung von Gemeinschaftseigentum, z.B. von Garagen und Stellplätzen (s. § 15 Rz. 108).61 Eine Vermietungsbeschränkung kann auch nicht aufgrund einer sog. allgemeinen Öffnungsklausel beschlossen werden.62 Bei dem in § 13 Abs. 1 ausdrücklich genannten Recht auf Vermietung des Sondereigentums handelt es sich um ein sog. mehrheitsfestes Recht, auf das die Wohnungseigentümer zwar verzichten können, das ihnen aber nicht entzogen werden kann. Ein entsprechender Beschluss ist nach zutreffender Auffassung aber nicht schwebend unwirksam (s. § 23 Rz. 183), sondern lediglich anfechtbar.63 Ein unter Missachtung der Vermietungsbeschränkung oder des Zustimmungserfordernisses 26 geschlossener Mietvertrag ist wirksam, da die Beschränkung nur die Wohnungseigentümer untereinander bindet; § 12 Abs. 3 ist nicht entsprechend anwendbar.64 Der vereinbarungswidrig vermietende Wohnungseigentümer kann allerdings auf Beseitigung und Unterlassung der Gebrauchsüberlassung in Anspruch genommen werden (s. § 15 Rz. 120 ff.). Hat er gegen ein Zustimmungserfordernis verstoßen, kann er sich gegen den Anspruch mit dem Einwand verteidigen, dass der Verwalter oder die Wohnungseigentümer zur Zustimmung verpflichtet seien (§ 242 BGB, „dolo facit qui petit quod statim redditurus est“). Der zur Unterlassung verurteilte Wohnungseigentümer muss zumutbare Bemühungen zur Beendigung des Mietvertrags unternehmen. Steht ihm kein Kündigungsgrund zur Seite, muss er – ggf. gegen eine finanzielle Entschädigung – einen Aufhebungsvertrag oder eine Änderung auf eine erlaubte bzw. zustimmungsfähige Nutzung durch den Mieter herbeiführen.65 bb) Gegenstand des Mietvertrags Gegenstand des Mietverhältnisses ist, wenn im Mietvertrag nichts anderes geregelt ist, nicht 27 nur das Sondereigentum, sondern auch das Recht auf Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums, jedenfalls soweit es mit der Nutzung der gemieteten Räume zusammenhängt.66 Dazu gehören nicht nur die Einrichtungen, die zur Nutzung des Sondereigentums notwendig sind, wie z.B. Treppenhäuser oder die Heizungsanlage, sondern auch weitere Räume und Einrichtungen, die der Nutzung förderlich sind, wie z.B. ein Schwimmbad.67 Das Ausübungsrecht

57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67

OLG München v. 9.2.2010 – 32 Wx 114/09, MDR 2010, 688 = MietRB 2010, 141 = ZMR 2010, 469. BayObLG v. 14.9.1987 – BReg.2 Z 38/87, ZMR 1988, 106; Armbrüster, ZWE 2004, 217 (222). BayObLG v. 23.10.2003 – 2Z BR 141/03, MietRB 2004, 83 = ZfIR 2004, 378. OLG Celle v. 4.11.2004 – 4 W 176/04, NZM 2005, 184; LG Berlin v. 25.6.2013 – 85 S 143/12, ZWE 2013, 406; Bueb, ZWE 2018, 350 (351); Schmid, GuT 2010, 71 (75). OLG Frankfurt v. 22.6.2006 – 20 W 152/04, NJW-RR 2007, 889. BGH v. 12.4.2019 – V ZR 112/18, MDR 2019, 657; LG Berlin v. 23.9.2014 – 55 S 89/13, ZMR 2015, 327; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 44. Schultzky, MietRB 2015, 60 (62); a.A. BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = MDR 2015, 79 = MietRB 2015, 46. Suilmann in Bärmann/Seuß, § 8 Rz. 14; Armbrüster, ZWE 2004, 217 (222). OLG Frankfurt v. 28.1.2004 – 20 W 180/03, NZM 2004, 231; Schmid, GuT 2010, 71 (75). OLG Düsseldorf v. 15.6.2004 – 3 Wx 97/04, NJW-RR 2005, 163. Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 38.

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§ 13 Rz. 27 | Rechte des Wohnungseigentümers des Mieters für den Mitgebrauch folgt nicht aus § 13 Abs. 1, sondern mittelbar aus § 14 Nr. 2 und Nr. 1.68 Bei der Nutzung des Gemeinschaftseigentums hat der Mieter allerdings die Grenzen des Rechts zu beachten, die sich aus §§ 14, 15, der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung ergeben. 28 Der Sondereigentümer kann zudem seine Sondernutzungsrechte gemeinsam oder isoliert

vermieten. Dass die Flächen im Gemeinschaftseigentum stehen, hindert nicht die schuldrechtliche Übertragung der Nutzungsbefugnisse. cc) Kollision mietvertraglicher Regelungen mit dem WEG 29 Auf die vertragliche Ausgestaltung des Mietverhältnisses nimmt das WEG keinen Einfluss,

auch die Wohnungseigentümer können den Inhalt des durch einen Sondereigentümer abgeschlossenen Mietvertrags nicht vorgeben. Dies kann dazu führen, dass die mietvertraglichen Regelungen mit den für die Wohnungseigentümergemeinschaft maßgeblichen gesetzlichen, vertraglichen oder beschlossenen Vorgaben unvereinbar sind. In diesem Fall kann sich der vermietende Wohnungseigentümer kollidierenden Ansprüchen des Mieters aus dem Mietvertrag und der anderen Wohnungseigentümer aus § 14 Nr. 2 ausgesetzt sehen (s. § 14 Rz. 17). Auch können die übrigen Wohnungseigentümer in bestimmten Fällen (dazu s. Rz. 33) den Mieter unmittelbar auf Unterlassung nach § 1004 BGB in Anspruch nehmen, mit der Folge, dass der Mieter Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Mietvertrags vom vermietenden Wohnungseigentümer verlangen kann. Schließlich kann der vermietende Wohnungseigentümer von anderen Wohnungseigentümern auf Schadensersatz aus § 280 BGB in Verbindung mit dem Gemeinschaftsverhältnis und § 278 BGB wegen der Nutzung seines Eigentums durch den Mieter in Anspruch genommen werden (siehe § 14 Rz. 18). Eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund durch den Wohnungseigentümer wegen der Kollision mietvertraglicher Rechte mit den Regelungen des Wohnungseigentumsrechts ist unzulässig.69 Auch der Mieter ist aufgrund seiner Schadensminderungspflicht nicht verpflichtet, den Mietvertrag zu kündigen.70 30 Bei Abschluss des Mietverhältnisses sollte deshalb darauf geachtet werden, dass der Inhalt des

Mietvertrags den in der Wohnungseigentümergemeinschaft geltenden Regelungen angepasst ist. Selbst bei einer anfänglichen Kongruenz können aber Spannungslagen dadurch entstehen, dass die Wohnungseigentümer die in der Gemeinschaft geltenden Regeln später, insb. durch Mehrheitsbeschluss, verändern. Die Problematik hat sich durch die Erweiterung der Beschlusskompetenzen im Rahmen der WEG-Reform 2007 verschärft. Ein Spannungsfeld kann insb. im Hinblick auf die folgenden Punkte entstehen: 30a (1) Der Gegenstand des Mietvertrags muss sich auf das Sondereigentum des vermietenden

Wohnungseigentümers und die ihm zustehenden Rechte am Gemeinschaftseigentum (s. Rz. 27) beschränken. Hat der Wohnungseigentümer vor der Vermietung bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum vorgenommen, z.B. Bau einer Terrasse, die nicht nach § 22 zulässig waren, ist die Mietsache bei Geltendmachung der Rückbauverpflichtung mit einem Rechtsmangel behaftet.71 Die Wohnungseigentümer oder die Gemeinschaft (s. § 15 Rz. 125) können vom Mieter als sog. Zustandsstörer Duldung des Rückbaus verlangen; ihm stehen lediglich gegenüber seinem Vermieter die mietvertraglichen Mängelrechte zu. Auch gegenüber dem vermietenden Wohnungseigentümer soll der Mieter entsprechend § 554 BGB zur Duldung des Rückbaus verpflichtet sein.72 68 69 70 71 72

Vgl. Müller in Timme, § 13 WEG Rz. 41; Suilmann in Bärmann/Seuß, § 8 Rz. 35. BGH v. 29.11.1995 – XII ZR 230/94, MDR 1996, 355 = NJW 1996, 714. Riecke/Schmidt in NomosKommentar zum BGB, Anh. I zu §§ 535–580a BGB Rz. 29. AG München v. 24.10.2011 – 424 C 12307/11, MietRB 2012, 49 = ZMR 2012, 110. So AG München v. 24.10.2011 – 424 C 12307/11, MietRB 2012, 49 = ZMR 2012, 110.

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II. Rechte am Sondereigentum (Abs. 1) | Rz. 35 § 13

(2) Das mietvertragliche Gebrauchsrecht kann der vereinbarten Zweckbestimmung des Woh- 31 nungseigentums (dazu § 15 Rz. 15) widersprechen oder über diese hinausgehen, z.B. wenn eine als „Café“ bezeichnete Teileigentumseinheit als Nachtclub vermietet wird. Die Vermietung zu einer abweichenden Nutzung ist dann unproblematisch, wenn sie bei typisierender Betrachtung nicht stärker stört als die zulässige Nutzung. Insoweit gilt dasselbe wie bei einer abweichenden Nutzung durch den Eigentümer (s. § 15 Rz. 17).73 Geht die vertraglich eingeräumte Nutzung darüber hinaus, können die übrigen Wohnungs- 32 eigentümer Unterlassung der abweichenden Nutzung von dem vermietenden Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 3, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB verlangen (s. § 14 Rz. 17).74 Mit dem Anspruch kann allerdings nur ein Einwirken des Wohnungseigentümers auf seinen Mieter im rechtlich zulässigen Rahmen erreicht werden. Er kann nur darauf gerichtet sein, die konkrete Ausgestaltung der Vermietung zu ändern und die Beeinträchtigungen abzustellen.75 Den übrigen Wohnungseigentümern können auch Schadenersatzansprüche gegen den vermietenden Miteigentümer zustehen (s. § 14 Rz. 18). Daneben steht den Wohnungseigentümern nach vorherrschender Ansicht bei einer in das 33 Grundbuch eingetragenen Vereinbarung auch ein Unterlassungsanspruch gegen den Mieter selbst zu, mit dem unmittelbar Unterlassung des vertragswidrigen Verhaltens verlangt werden kann (s. § 14 Rz. 18a).76 Das wird damit begründet, dass die im Grundbuch eingetragene Zweckbestimmung nach § 5 Abs. 4 S. 1 zum Inhalt des Sondereigentums wird und daher einen Abwehranspruch mit absoluter Wirkung rechtfertigt. Diese dingliche Wirkung wird von den Kritikern in Frage gestellt: Zwar könne eine gewisse verdinglichende Wirkung der Zweckbestimmung eintreten. Diese beziehe sich nach § 10 Abs. 3 jedoch nur auf die Bindung des Rechtsnachfolgers. Die von jedermann zu beachtenden Eigentumsrechte seien nur nach ihrem gesetzlichen Inhalt geschützt, der nicht durch Vereinbarungen ausgeweitet werden könne. Die Wohnungseigentümer könnten mit schuldrechtlicher Wirkung keine Verpflichtungen zu Lasten Dritter begründen. Die Einwände überzeugen aber nicht. Zutreffend ist, dass § 10 Abs. 3 die einzige im WEG benannte „dingliche“ Wirkung einer eingetragenen Vereinbarung ist. Dass sich die Wirkung des § 5 Abs. 4, wonach Vereinbarungen zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden können, darin erschöpft, ergibt sich aus dem WEG indes nicht. (3) Auch kann der Inhalt des Mietvertrags mit einem im Rahmen des § 15 Abs. 2 beschlosse- 34 nen Gebrauch, insb. dem Inhalt einer Hausordnung, kollidieren. Dadurch, dass derartige Beschlüsse während des laufenden Mietverhältnisses mit Stimmenmehrheit gegen den Willen des vermietenden Eigentümers getroffen werden können, kann eine Anpassung des laufenden Mietvertrags notwendig werden. Ein praktisch wichtiger Fall ist etwa der Beschluss über eine Beschränkung der Hundehaltung. Die beschlossene Hausordnung bindet den Mieter nicht ohne weiteres.77 Die Einbeziehung in den Mietvertrag der zu einem bestimmten Zeitpunkt gültigen Hausord- 35 nung aufgrund einer (statischen) Verweisung auf diese und deren Beifügung ist zwar individualvertraglich und formularmäßig zulässig, hilft aber nicht bei späteren Änderungen der Hausordnung. Die Bindung des Mieters an die Hausordnung „in ihrer jeweils gültigen Fassung“ (dynamische Verweisung) im Mietvertrag verstößt hingegen gegen § 308 Nr. 4 BGB, 73 Armbrüster, ZWE 2004, 217 f. 74 BGH v. 8.5.2015 – V ZR 178/14, MDR 2015, 697 = MietRB 2015, 206; LG Hamburg v. 6.1.2016 – 318 S 40/15, ZMR 2016, 308; LG Frankfurt v. 27.9.2018 – 2-13 S 138/17, GrundE 2018, 65. 75 BGH v. 12.11.2010 – V ZR 78/10, MietRB 2011, 47 = ZMR 2011, 396. 76 OLG Karlsruhe v. 22.9.1993 – 6 U 49/93, MDR 1994, 59; OLG München v. 25.2.1992 – 25 U 3550/ 91, ZMR 1992, 307; LG Hamburg v. 6.1.2016 – 318 S 40/15, ZMR 2016, 308; Armbrüster, ZWE 2004, 217 f.; a.A. AG Hannover v. 28.8.2009 – 458 C 7007/09, ZMR 2010, 153; vgl. auch Dötsch, WuM 2017, 493 (496). 77 Armbrüster, ZWE 2004, 217 (223); a.A. Weidenkaff in Palandt, BGB, § 535 BGB Rz. 20.

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§ 13 Rz. 35 | Rechte des Wohnungseigentümers wenn sie auch für den Mieter unzumutbare Änderungen ermöglicht.78 Unzumutbar ist insb. die Möglichkeit einer nachträglichen erheblichen Begrenzung der Tierhaltung oder der Musikausübung, wenn sich im Mietvertrag oder der anfänglich geltenden Hausordnung diesbezüglich keine Beschränkungen finden. Der vermietende Wohnungseigentümer ist daher gezwungen, mögliche unzumutbare Änderungen im Vorfeld des Mietvertragsschlusses zu erkennen und in den Mietvertrag entsprechende Vorbehalte aufzunehmen.79 Diese Gesetzeslage ist unbefriedigend; Abhilfe lässt sich weder über eine Anpassung des Mietvertrags wegen Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) noch durch eine Änderungskündigung erreichen.80 36 Auch bei einem Verstoß des Mieters gegen die Hausordnung steht den übrigen Wohnungs-

eigentümern ein Unterlassungsanspruch gegen den vermietenden Wohnungseigentümer in dem eben dargestellten Rahmen aus § 15 Abs. 3, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB zu.81 Der Mieter kann nach zutreffender Auffassung hingegen nicht allein deshalb als Störer nach § 1004 BGB in Anspruch genommen werden, weil er sich beschlusswidrig verhält.82 Der Beschluss wird anders als die Vereinbarung nicht Inhalt des Sondereigentums nach § 5 Abs. 4. Die praktischen Vorteile eines „Durchgriffs“ auf den Mieter rechtfertigen keine Begründung eines absoluten Rechts. Ein Anspruch der übrigen Wohnungseigentümer nach § 1004 BGB kommt daher nur dann in Betracht, wenn ein ihr Eigentum störendes und nicht nach § 906 BGB gerechtfertigtes Verhalten des Mieters vorliegt. 37 (4) Die Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums obliegt dem vermietenden

Wohnungseigentümer nach § 14 Nr. 1. Der Mieter kann deshalb unproblematisch die Beseitigung von Mängeln am Sondereigentum vom Wohnungseigentümer verlangen. Unter den Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 BGB kommt ihm auch das Recht zur Selbstvornahme zu. 38 Die Mängelrechte stehen dem Mieter im Grundsatz auch bei Mängeln am Gemeinschafts-

eigentum zu. Der vermietende Wohnungseigentümer hat die notwendigen Instandhaltungsund Instandsetzungsmaßnahmen durch die Gemeinschaft zu fordern. Er kann sich gegenüber dem Mieter nicht darauf berufen, dass für die zur Mängelbeseitigung notwendigen Maßnahmen ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlich sei, der fehle.83 Der Wohnungseigentümer muss vielmehr grundsätzlich seinen Anspruch aus § 21 Abs. 4 gegenüber der Gemeinschaft geltend machen und ggf. auch gerichtlich durchsetzen.84 Das gilt jedoch dann nicht, wenn der Beseitigungsaufwand die sog. „Opfergrenze“85 überschreitet, denn dann entspricht die Instandsetzung regelmäßig nicht mehr ordnungsmäßiger Verwaltung.86 Eine Selbstvornahme nach § 536a Abs. 2 BGB scheitert insoweit am Mitgebrauchsrecht der anderen Wohnungseigentümer.87 Etwas anderes gilt indes bei Notmaßnahmen, die der Woh-

78 AG Schondorf v. 5.7.2012 – 6 C 1166/11, WuM 2012, 494; vgl. auch Armbrüster, ZWE 2004, 217 (225); Jacoby, ZMR 2012, 669 (675); a.A. Suilmann, MietRB 2014, 60 (62), der darauf abstellt, ob die im einzelnen beschlossene Änderung zumutbar ist. 79 Vgl. Häublein, WuM 2009, 435 (436). 80 Vgl. Häublein, NZM 2014, 97 (114). 81 LG Karlsruhe v. 12.12.2013 – 5 S 43/13, ZMR 2014, 394. 82 LG Nürnberg-Fürth v. 31.7.2009 – 19 S 2183/09, ZMR 2010, 69; AG Bremen v. 18.11.2003 – 8 C 228/03, juris; Briesemeister, ZWE 2010, 24; Suilmann, MietRB 2014, 60 (64); a.A. OLG Frankfurt v. 18.3.1993 – 2 U 124/92, NJW 1993, 981; Schmid, NJW 2013, 2415 (2419); Dötsch, WuM 2017, 493 (497 f.). 83 BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 342/03, MDR 2006, 199 = MietRB 2006, 57 = NZM 2005, 820; KG v. 25.6.1990 – 8 REMiet 2634/90, NJW-RR 1990, 1166. 84 BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 342/03, MDR 2006, 199 = MietRB 2006, 57 = NZM 2005, 820. 85 Vgl. dazu BGH v. 26.9.1990 – VIII ZR 205/89, MDR 1991, 329 = NJW-RR 1991, 204 f. 86 BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 342/03, MDR 2006, 199 = MietRB 2006, 57 = NZM 2005, 820. 87 Kritisch Müller in Timme, § 13 WEG Rz. 42.

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II. Rechte am Sondereigentum (Abs. 1) | Rz. 42 § 13

nungseigentümer nach § 21 Abs. 2 selbst vornehmen könnte; diese kann auch der Mieter durchführen und Ersatz nach § 536a Abs. 2 BGB verlangen.88 (5) Problematisch ist auch die Abrechnung der Betriebskosten. Im Mietvertrag können dem 39 Mieter die Betriebskosten nach § 2 BetrKV auferlegt werden (siehe § 28 Rz. 26 f.). Eine Bezugnahme im Mietvertrag auf Abrechnungsbeschlüsse der Wohnungseigentümer oder die Jahresabrechnung nach § 28 genügt für die Überwälzung mangels Bestimmtheit nicht.89 Die Nebenkostenabrechnung durch den Wohnungseigentümer unterliegt denselben Anforderungen wie die eines anderen Vermieters.90 Sie muss nach ständiger Rechtsprechung eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten; bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten sind regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zu Grunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug seiner Vorauszahlungen.91 Für die Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft und die Betriebskosten- 40 abrechnung des vermietenden Wohnungseigentümers gelten somit jeweils eigene Regeln.92 Die mit den unterschiedlichen Systemen verbundenen Schwierigkeiten sind allerdings ganz erheblich dadurch entschärft worden, dass der BGH die Abrechnung der Betriebskosten nach dem Abflussprinzip zugelassen hat.93 Dies ermöglicht es, die um nicht umlagefähige Positionen (u.a. Instandhaltungsrückstellung und Verwaltervergütung) bereinigte Jahresabrechnung, ergänzt um weitere Betriebskosten des Sondereigentums (z.B. Grundsteuer, Kaltwasser-, Warmwasser und Heizkosten), an den Mieter weiterzureichen.94 Offen gelassen hat der BGH allerdings bisher, ob im Jahr des Mieterwechsels nach Treu und Glauben etwas anderes gelten muss.95 Zur Betriebskostenabrechnung nach dem Abflussprinzip sollte im Mietvertrag als Abrechnungszeitraum das für die Abrechnung nach § 28 Abs. 3 maßgebliche Kalenderjahr festgelegt werden (dazu § 28 Rz. 28). Der vermietende Wohnungseigentümer sollte darauf achten, dass er die Ausschlussfrist für 41 die Nachforderung von Betriebskosten nach § 556 Abs. 3 BGB nicht versäumt. Diese Frist läuft unabhängig von einem Beschluss über die Jahresabrechnung (§ 28 Rz. 29 ff.).96 Die Erstellung der Betriebskostenabrechnung kann auch im Verwaltervertrag dem Verwalter übertragen werden.97 (6) Bei der Regelung der Nebenkosten im Mietvertrag ist auf eine Kongruenz der Abrech- 42 nungsmaßstäbe zu achten. § 556a Abs. 1 BGB ermöglicht die Vereinbarung der in der Wohnungseigentumsanlage geltenden Umlagemaßstäbe für das Mietverhältnis. Zulässig ist es insb. auch, die Abrechnung von Betriebskosten nach Miteigentumsanteilen zu vereinbaren.98 Aller88 89 90 91 92 93

94 95 96 97 98

Suilmann in Bärmann/Seuß, § 9 Rz. 9. Riecke/Schmidt in NomosKommentar zum BGB, Anh. I zu §§ 535–580a BGB Rz. 48. BGH v. 23.11.1981 – VIII ZR 298/80, MDR 1982, 483 = NJW 1982, 573. Vgl. nur BGH v. 14.2.2007 – VIII ZR 1/06, NZM 2007, 244 m.w.N. Vgl. im Einzelnen Suilmann in Bärmann/Seuß, § 10 Rz. 54 ff. BGH v. 20.2.2008 – VIII ZR 49/07, MDR 2008, 556 = MietRB 2008, 129 = ZMR 2008, 444 = NJW 2008, 1300; BGH v. 20.2.2008 – VIII ZR 27/07, MDR 2008, 737 = MietRB 2008, 199 f. = NJW 2008, 1801; vgl. dazu Langenberg, WuM 2009, 19; Milger, NZM 2008, 757; Derleder, WuM 2008, 444 (451); anders aber für Heizkosten BGH v. 1.2.2012 – VIII ZR 156/11, MDR 2012, 336 = MietRB 2012, 132 = NJW 2012, 1141. Langenberg, WuM 2009, 19 (21). Dazu Langenberg, WuM 2009, 19 (22 f.). BGH v. 14.3.2017 – VIII ZR 50/16, ZMR 2017, 630; BGH v. 25.1.2017 – VIII ZR 249/15, MDR 2017, 385 = MietRB 2017, 139 = NJW 2017, 2608. Vgl. BayObLG v. 4.4.2005 – 2Z BR 198/04, ZMR 2005, 564. BGH v. 19.11.2008 – VIII ZR 295/07, MDR 2009, 196 = MietRB 2009, 93 = NJW 2009, 283; BGH v. 26.5.2004 – VIII UR 169/03, ZMR 2004, 662; auch im Formularvertrag: AG Düsseldorf v. 14.3.1990 – 22 C 7596/89, DWW 1991, 373.

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§ 13 Rz. 42 | Rechte des Wohnungseigentümers dings kann der Mieter nach § 242 BGB eine Änderung des Abrechnungsmaßstabs verlangen, wenn die Miteigentumsanteile erheblich von der Wohnfläche abweichen und seine Belastung mit den Betriebskosten deshalb grob unbillig ist.99 Vom Mieter einer vermieteten Eigentumswohnung zu tragende Betriebskosten, die speziell für die einzelne Wohnung anfallen, wie z.B. Grundsteuer, können ohne Umlageschlüssel in der Betriebskostenabrechnung „weitergeleitet“ werden.100 43 Zu einer Abweichung der Umlageschlüssel im Mietvertrag von denen der WEG kann es auch

kommen, wenn die Wohnungseigentümer im Beschlusswege aufgrund einer Öffnungsklausel oder nach § 16 Abs. 3 oder durch eine (nach § 10 Abs. 2 S. 3 erzwungene) Vereinbarung die Verteilungsschlüssel für die Betriebskosten ändern. Wird dadurch erstmals eine verursachungsbezogene Abrechnung eingeführt, kann der Vermieter den Umlagemaßstab im Mietverhältnis durch einseitige Erklärung nach § 556a Abs. 2 BGB anpassen. Dieses Recht kann nicht vertraglich ausgeschlossen werden (§ 556a Abs. 3 BGB). Hinsichtlich der Heiz- und Warmwasserkosten gilt im Rahmen des § 6 Abs. 4 HeizKV Entsprechendes. Ein Anspruch auf Anpassung des Mietvertrags wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wird hingegen allenfalls in Ausnahmefällen begründet sein. 44 Eine Anpassung des Mietvertrags an die Verteilungsschlüssel durch eine allgemeine Verwei-

sungsklausel im Mietvertrag ist grundsätzlich nicht möglich. Mit einer solchen Klausel soll ein permanenter Gleichlauf der Umlageschlüssel erreicht werden. Sie ist nach zutreffender Ansicht als AGB unwirksam, weil sie gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstößt, denn der Mieter kann dann nicht erkennen, nach welchen Maßstäben seine Betriebskosten abgerechnet werden.101 Eine derartige Klausel kann allenfalls individualvertraglich vereinbart werden. Auch mit einer Änderungsklausel kann keine sichere Anpassung erreicht werden, da sie nur für bestimmte – nämlich für den Mieter nicht unbillige – Veränderungen der Umlageschlüssel nach § 308 Nr. 4 BGB zulässig ist (Rz. 35). 45 (7) Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist bei erheblichen Wohngeldrückständen eines

Wohnungseigentümers berechtigt, nicht nur gegenüber dem säumigen Wohnungseigentümer (dazu § 28 Rz. 251 ff.), sondern auch gegenüber dessen Mieter eine Versorgungssperre zu verhängen (dazu § 28 Rz. 253). Die Einstellung der Versorgungsleistungen mit Wärme, Strom und Wasser stellt dabei keine Besitzstörung des Mieters dar, gegen die sich dieser mit den Besitzschutzansprüchen wehren könnte. Dem Mieter stehen nur Mängelansprüche gegen seinen Vermieter zu,102 wobei bereits die Androhung der Versorgungssperre einen Rechtsmangel der Mietsache i.S.d. § 536 Abs. 3 BGB begründet.103 Unter den Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 BGB kann der Mieter zur Beseitigung des Mangels die Rückstände begleichen und Ersatz der Aufwendungen vom Vermieter verlangen. e) Sonstige Nutzungen 46 Das umfassende Nutzungsrecht erlaubt auch, das Sondereigentum beliebig zu gestalten, also

z.B. den Fußbodenbelag auszutauschen sowie nichttragende Innenwände und Zimmertüren

99 Derleder, WuM 2008, 444 (452). 100 BGH v. 17.4.2013 – VIII ZR 252/12, MietRB 2013, 198 = ZWE 2013, 265; BGH v. 13.9.2011 – VIII ZR 45/11, ZMR 2012, 173. 101 LG Hamburg v. 28.6.2008 – 307 S 34/08, ZMR 2009, 288; Derleder, WuM 2008, 444 (452); Riecke/ Schmidt in NomosKommentar zum BGB, Anh. I zu §§ 535–580a BGB Rz. 48; Langenberg, NZM 2004, 361 (365); a.A. Abramenko, ZMR 1999, 677 (679). 102 BGH v. 6.5.2009 – XII ZR 137/07, MDR 2009, 919 = MietRB 2009, 223 f. = NZM 2009, 482. 103 Suilmann, ZWE 2012, 111 (115).

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II. Rechte am Sondereigentum (Abs. 1) | Rz. 51 § 13

zu verändern oder zu beseitigen.104 Die Schranken des § 22 gelten nicht für bauliche Veränderungen im Sondereigentum. Auch eine freiberufliche oder gewerbliche Nutzung des Wohnungseigentums ist grundsätz- 47 lich zulässig. Grenzen werden sich allerdings regelmäßig aus der Zweckbestimmung des Sondereigentums zum Wohnen ergeben (dazu § 15 Rz. 15).

2. Ausschließungsrechte (Abs. 1 Alt. 2) Dem Wohnungseigentümer steht nach Abs. 1 auch das Recht zu, andere von Einwirkungen 48 auszuschließen. Die negativen Eigentumsbefugnisse sind – wie das positive Recht auf Nutzung – durch Gesetz und Rechte Dritter beschränkt. Dass Abs. 1 nicht wie § 903 BGB „von jeder Einwirkung“ spricht, soll zeigen, dass die Wohnungseigentümer wegen des intensivierten Nachbarschaftsverhältnisses gegenüber den anderen Wohnungseigentümern stärkere Beschränkungen hinnehmen müssen als die Alleineigentümer eines Grundstücks. Unter bestimmten Umständen haben sie deshalb Eingriffe in ihr Sondereigentum zu dulden, wie z.B. das Betreten der Wohnung – über den Anwendungsbereich des § 14 Nr. 4 hinaus – durch den Verwalter zum Ablesen von Verbrauchszählern.105 § 13 Abs. 1 ist selbst keine Anspruchsgrundlage für das Vorgehen gegen Dritte. Dem Wohnungseigentümer stehen vielmehr die nachfolgend im Einzelnen aufgeführten Ansprüche zu. a) Zivilrechtliche Ansprüche Bei einer gegenwärtigen Verletzung des Sondereigentums, die der Wohnungseigentümer nicht 49 z.B. nach § 14 Nr. 4 oder § 904 BGB zu dulden hat, steht ihm das Recht zur Notwehr nach § 227 BGB zu. Auch das Hausrecht (s. Rz. 21) ist notwehrfähig.106 Bei einer Entziehung des Eigentums kann der Wohnungseigentümer Herausgabe nach § 985 50 BGB an sich verlangen. Steht das Wohnungseigentum im Miteigentum Mehrerer, kann jeder Eigentümer grundsätzlich gem. §§ 1011, 432 BGB nur Herausgabe an alle Miteigentümer verlangen, es sei denn, der Miteigentümer kann oder will die Sache nicht in Mitbesitz nehmen.107 Letzteres ist regelmäßig dann gegeben, wenn eine im Miteigentum stehende Wohnung durch einen der Miteigentümer eigenmächtig im Namen aller Miteigentümer vermietet worden ist.108 Wiedereinräumung des Besitzes kann daneben auch im Wege des Besitzschutzes verlangt werden (Rz. 7). Mit dem Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB kann der Wohnungs- 51 eigentümer ungerechtfertigte Eingriffe in sein Sondereigentum abwehren. Auch ohne Eingriff in sein Eigentum steht jedem Wohnungseigentümer der Anspruch auf Einhaltung eines zulässigen Gebrauchs des übrigen Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums nach § 15 Abs. 3, § 1004 BGB zu, mit dem die Einhaltung der § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 1, Abs. 2 durchgesetzt werden kann. Beide Ansprüche stehen regelmäßig nebeneinander (s. § 15 Rz. 116). Der Anspruch wegen Eingriffs in das Sondereigentum besteht nur innerhalb der Grenzen des Sondereigentums (Rz. 11 ff.). Er ist ein Individualanspruch, der nur dem Sondereigentümer zusteht. 104 Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 9; vgl. OLG Hamm v. 13.2.2006 – 15 W 163/05, MietRB 2006, 321 = ZMR 2006, 634; OLG Düsseldorf v. 27.2.2002 – 3 Wx 348/01, ZMR 2002, 613. 105 LG Bad Kreuznach v. 8.9.1995 – 2 T 64/95, NJWE-MietR 1996, 204. 106 OLG Düsseldorf v. 29.8.1997 – 22 U 17/97, MDR 1998, 46 = NJW 1997, 3383; OLG Karlsruhe v. 28.12.1977 – 7 U 210/77, VersR 1979, 453; a.A. OLG Frankfurt v. 1.10.1993 – 10 U 181/92, NJW 1994, 946 m. abl. Anm. Löwisch/Rieble, NJW 1994, 2596. 107 Vgl. Herrler in Palandt, BGB, § 1011 BGB Rz. 3. 108 AG Wennigsen v. 24.8.2001 – 9 C 55/01, NZM 2002, 143.

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§ 13 Rz. 51 | Rechte des Wohnungseigentümers Seine Ausübung kann nicht durch Beschluss nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Hs. 2 der Gemeinschaft durch Beschluss übertragen werden, da die Betroffenheit eines gemeinschaftlichen Rechts der Wohnungseigentümer nicht Gegenstand des Anspruchs ist.109 Auch jedem Miteigentümer des Sondereigentums steht nach § 1011 BGB ein eigener Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung zu. Der Anspruch ist gegen den Handlungs- oder Zustandsstörer zu richten (dazu § 15 Rz. 126 ff.). Er unterliegt der Verjährung und der Verwirkung (dazu § 15 Rz. 133 ff., 136 ff.). Eine bestimmte Form der Störungsbeseitigung kann nicht verlangt werden. Dem Störer muss grundsätzlich selbst überlassen bleiben, welche Mittel er einsetzt, um den Eingriff in das Sondereigentum abzustellen.110 Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn dazu lediglich eine konkrete Handlung oder Unterlassung geeignet ist.111 Ein durch Lärm in der Nutzung seines Sondereigentums beeinträchtigter Wohnungseigentümer kann von dem störenden Wohnungseigentümer daher grundsätzlich nur die Einhaltung von Grenzwerten, nicht jedoch bestimmte bauliche Maßnahmen oder ein Hausverbot für lärmende Besucher verlangen.112 52 Wird das Sondereigentum beschädigt, kommen Schadenersatzansprüche aus § 823 Abs. 1

BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einer drittschützenden Norm, § 826 BGB und § 831 BGB in Betracht. Ansprüche gegen einen Miteigentümer können zudem auf § 280 BGB in Verbindung mit dem Gemeinschaftsverhältnis gestützt werden (s. § 15 Rz. 139). Die Ansprüche stehen dem geschädigten Wohnungseigentümer als Individualanspruch zu. Entsteht am Sondereigentum ein Schaden, weil eine Beschlussfassung über die Vornahme notwendiger Instandsetzungsmaßnahmen unterblieben ist, trifft die Verpflichtung zum Schadensersatz weder die Wohnungseigentümergemeinschaft noch alle Wohnungseigentümer, sondern nur diejenigen Wohnungseigentümer, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder nicht für die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.113 53 Wird die Nutzung des Sondereigentums durch einen Mangel am Gemeinschaftseigentum be-

einträchtigt, steht dem Sondereigentümer kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zu.114 Im Verhältnis der Sondereigentümer untereinander kann § 906 Abs. 2 S. 2 BGB hingegen analog herangezogen werden,115 denn bei den von fremden Sondereigentum herrührenden Beeinträchtigungen geht es aufgrund der Rechtsnatur des Sondereigentums als „echtem Eigentum“ um eine Beeinträchtigung „von außen“ wie auch sonst unter Grundstückseigentümern. Anders als gegenüber der Gemeinschaft ist der Ausgleich deshalb nicht durch einen § 904 S. 2 BGB nachgebildeten Aufopferungsanspruch und die Regeln über die gemeinschaftliche Verwaltung abschließend geregelt. b) Öffentlich-rechtliche Ansprüche 54 Wegen Verletzung seines Sondereigentums kann der Wohnungseigentümer öffentliche Nach-

barrechte gegenüber Dritten aus eigenem Recht geltend machen und wenn notwendig im 109 Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 118; Hügel/Elzer, § 10 WEG Rz. 245; offengelassen von Müller in Timme, § 13 WEG Rz. 15. 110 OLG Frankfurt v. 28.1.2004 – 20 W 124/03, NZM 2004, 331. 111 BGH v. 12.12.2003 – V ZR 98/03, MDR 2004, 503 = NJW 2004, 1035. 112 Vgl. BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220. 113 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 = MDR 2015, 16 = MietRB 2015, 17. 114 BGH v. 21.5.2010 – V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 = MDR 2010, 1252 = MietRB 2010, 232 = NJW 2010, 2347. 115 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, MDR 2014, 23 = MietRB 2014, 10 f. = WuM 2013, 760; OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 144/06, MDR 2007, 1305 = MietRB 2007, 291 f. = NZM 2008, 211; OLG Stuttgart v. 27.10.2005 – 7 U 135/05, MDR 2006, 806 = MietRB 2006, 244 = NJW 2006, 1744; Wenzel, NJW 2005, 241 (244); offen gelassen von BGH v. 21.5.2010 – V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 = MDR 2010, 1252 = MietRB 2010, 232 = NJW 2010, 2347.

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II. Rechte am Sondereigentum (Abs. 1) | Rz. 55 § 13

Verwaltungsrechtsweg durchsetzen.116 Es handelt sich hierbei um Individualansprüche, zu deren Geltendmachung es der Zustimmung der übrigen Sondereigentümer nicht bedarf.117 Erforderlich ist, dass das Vorhaben auf dem Nachbargrundstück das Sondereigentum beeinträchtigt und nicht bloß eine Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums vorliegt. Der sog. Gebietserhaltungsanspruch kann daher von jedem betroffenen Wohnungseigentümer geltend gemacht werden, ohne dass es darauf ankommt, dass er stärker betroffen ist als die übrigen Wohnungseigentümer.118 Eine Abstandsflächenverletzung kann ein Wohnungseigentümer mit der Anfechtungsklage gegen eine Baugenehmigung nur dann rügen, wenn der Abstand zu seinem Sondereigentum unterschritten wird.119 Allerdings kann das öffentlich-rechtliche Rücksichtnahmegebot wegen merklicher Einbußen an Belichtung, Belüftung und Besonnung möglicherweise einen Abwehranspruch begründen.120 Dieselben Maßstäbe gelten für die Normenkontrollklage gegen einen Bebauungsplan.121 Öffentliche-rechtliche Abwehransprüche bestehen hingegen nicht bei Störungen, die von dem 55 Gemeinschaftseigentum oder dem Sondereigentum eines Miteigentümers ausgehen.122 Gegen einen oder die übrigen Miteigentümer ist die öffentlich-rechtliche Nachbarklage ausgeschlossen, so dass ein Vorgehen im Verwaltungsrechtsweg dann nicht möglich ist. Da die Vorschriften des öffentlichen Nachbarrechts innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht unmittelbar gelten (Rz. 14, 16), fehlt dem Wohnungseigentümer im Verwaltungsrechtsweg die Klagebefugnis sowohl für eine Klage auf behördliches Einschreiten gegen andere Sondereigentümer oder die Gemeinschaft als auch für eine Anfechtungsklage z.B. gegen die einem Miteigentümer erteilte Baugenehmigung.123 Ebenso fehlt die Klagebefugnis, wenn sich der Wohnungseigentümer gegen die einem Pächter eines anderen Teileigentums erteilte Baugenehmigung wenden oder eine Nutzungsuntersagung gegen einen Mieter von Wohnungseigentum erreichen will.124 Etwas anderes soll allenfalls dann gelten, wenn eine unmittelbare Gefährdung besonders wichtiger Rechtsgüter vorliegt, die ein behördliches Nichteinschreiten als schlechthin ermessensfehlerhaft erscheinen lässt.125 Dem Wohnungseigentümer verbleibt die Möglichkeit, sich im Zivilrechtsweg im Rahmen des Anspruchs aus § 1004 BGB, §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 auf die Wertungen des öffentlichen Nachbarrechts zu berufen.126 Verweist ihn das Zivilgericht in einem solchen Fall rechtsfehlerhaft an die Verwaltungsgerichte, kann eine Rechtsschutzlücke entstehen, die gegen die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verstößt.127

116 BVerwG v. 20.8.1992 – 4 B 92/92, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 110; BayVGH v. 12.8.2012 – 2 B 12.1211, ZWE 2013, 100; BayVGH v. 2.10.2003 – 1 CS 03.1785, NZM 2004, 235; OVG Bremen v. 13.2.2015 – 1 B 355/14, ZWE 2015, 471. 117 Müller in Timme, § 13 WEG Rz. 14. 118 OVG Bremen v. 13.2.2015 – 1 B 355/14, ZWE 2015, 471; a.A. BayVGH v. 12.7.2012 – 2 B 12.1211, ZWE 2013, 100. 119 OVG Münster v. 20.11.2013 – 7 A 2341/11, ZWE 2014, 144 (auch als hälftiger Miteigentümer); BayVGH v. 6.11.2008 – 14 ZB 08.2327, juris; VG München v. 25.11.2014 – M 8 SN 14.4862, juris; VG München v. 3.5.2010 – M 8 K 09.2304, juris; a.A. BayVGH v. 21.1.2009 – 9 CS 08.1330, juris. 120 VG München v. 3.5.2010 – M 8 K 09.2304, juris. 121 VGH Kassel v. 11.6.2018 – 3 C 1892/14.N, ZWE 2018, 418. 122 BayVGH v. 17.8.2017 – 9 CE 17.1362, ZWE 2017, 425. 123 BVerwG v. 12.3.1998 – 4 C 3/97, NVwZ 1998, 954; BVerwG v. 14.10.1988 – 4 C 1/86, NVwZ 1989, 250; OVG Koblenz v. 10.7.2007 – 8 A 10279/07, NZM 2007, 776; VG Minden v. 19.8.2014 – 1 K 2257/12, ZMR 2015, 168; VG München v. 10.1.2011 – M 8 K 10.3187, juris; Schweinoch, ZWE 2014, 237 (240). 124 BayVGH v. 11.5.1989 – 2 B 87.01367, BRS 49 Nr. 186; VGH Mannheim v. 11.6.1991 – 8 S 1385/91, NJW-RR 1992, 273. 125 BVerwG v. 14.10.1988 – 4 C 1/86, NVwZ 1989, 250; OVG Münster v. 3.5.2007 – 7 A 3350/06, juris; VG Gelsenkirchen v. 3.11.2014 – 9 K 487/12, ZMR 2015, 167. 126 LG Hamburg v. 2.5.2012 – 318 S 79/11, ZMR 2012, 811. 127 BVerfG v. 7.2.2006 – 1 BvR 2304/05, NZM 2006, 510.

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§ 13 Rz. 56 | Rechte des Wohnungseigentümers

III. Rechte am Miteigentum (Abs. 2) 1. Recht zum Mitgebrauch (Abs. 2 Satz 1) 56 Das in § 13 Abs. 2 geregelte Recht zum Mitgebrauch ist der Regelung in § 743 Abs. 2 BGB

nachgebildet. Der Mitgebrauch umfasst den Mitbesitz und die Mitbenutzung. Beide werden in natura ausgeübt, so dass die Miteigentumsanteile für den Umfang des Mitgebrauchs keine Rolle spielen.128 Vielmehr ist jeder Wohnungseigentümer in gleichem Maße zur Mitbenutzung berechtigt.129 57 Das Hausrecht am Gemeinschaftseigentum steht den Hausrechtsinhabern am Sondereigen-

tum (Wohnungseigentümern oder Mietern) nur gemeinsam zu. Dennoch hat jeder Sondereigentümer und jeder Mieter einen individuellen Anspruch auf unbeschränkten Zugang zu seinem Sondereigentum für sich und seine Besucher (Rz. 21). § 1011 BGB, wonach jeder Miteigentümer die Ansprüche aus dem Eigentum in Ansehung der ganzen Sache geltend machen kann, wird von dem Grundsatz der gemeinschaftlichen Verwaltung nach § 21 Abs. 1 überlagert.130 Gegenüber Dritten kann das Hausrecht daher grundsätzlich nur durch Beschluss im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung ausgeübt werden.131 Ein einzelner Wohnungseigentümer kann Dritten kein Hausverbot erteilen, es sei denn, es liegt ein Fall der Notgeschäftsführung gem. § 21 Abs. 2 vor. Dieser wird etwa dann in Betracht kommen, wenn ein Wohnungseigentümer Randalierer bemerkt, die das Gemeinschaftseigentum zu beschädigen drohen. 58 Das Recht auf unmittelbaren Mitgebrauch kann durch die Vermietung des Gemeinschafts-

eigentums ausgeschlossen sein. Diese kann grundsätzlich im Rahmen ordnungsmäßigen Gebrauchs durch Beschluss der Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 2 erfolgen (s. § 15 Rz. 108).

2. Grenzen des Mitgebrauchs 59 Der Mitgebrauch wird nach „Maßgabe der §§ 14, 15“ gestattet. Bei seiner Ausübung ist daher

zunächst die Grenze des § 14 Nr. 1 zu beachten, wonach den übrigen Wohnungseigentümern kein unvermeidbarer Nachteil entstehen darf (s. § 14 Rz. 7 ff.). Weitere Beschränkungen des Mitgebrauchs können die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung nach § 15 Abs. 1 oder im Rahmen eines ordnungsmäßigen Gebrauchs durch Beschluss nach § 15 Abs. 2 bestimmen. Eine Gebrauchsregelung ist auch der zeitweise Ausschluss des Mitgebrauchs. Nicht mehr unter § 15 fällt hingegen die völlige Entziehung des Gebrauchsrechts, die nur durch von § 13 Abs. 2 abweichende Vereinbarung gem. § 10 Abs. 2 S. 2 möglich ist (s. § 15 Rz. 5). Wichtigster Anwendungsfall ist die Begründung eines Sondernutzungsrechts (s. Rz. 66 ff.) 60 Weitere Grenzen können sich aus nachbarschützenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften er-

geben (dazu Rz. 16).132 Ob hingegen die „naturgemäße Bestimmung“ den Mitgebrauch einschränken kann, etwa bei Mehrhausanlagen die Nutzung von Einrichtungen eines Hauses durch Wohnungseigentümer der anderen Häuser, erscheint zweifelhaft.133 Richtiger wäre es wohl zu prüfen, ob bei Fehlen einer naheliegenden ausdrücklichen Gebrauchsregelung eine solche sich nicht durch Auslegung der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung ergibt. An Balkonen und an nur über ein Sondereigentum zugänglichen Räumen, wie z.B. Spitzbö-

LG München I v. 11.5.2017 – 36 S 11050/16, ZMR 2017, 925. LG Stuttgart v. 20.8.2018 – 19 S 51/17, juris. Vgl. Wenzel, ZWE 2009, 165 f.; a.A. Reichert, ZWE 2009, 289 f. Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 14. Vgl. AG Hameln v. 29.3.2004 – 12 II 12/04, juris: Vereinbarkeit des Abstellens von Kinderwägen im Treppenhaus mit den Regelungen über Brandschutz nach der Landesbauordnung. 133 So aber OLG Frankfurt v. 17.7.1997 – 20 W 278/96, ZMR 1997, 606.

128 129 130 131 132

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III. Rechte am Miteigentum (Abs. 2) | Rz. 63 § 13

den, kann sich aus Treu und Glauben ein Ausschluss des Mitbenutzungsrechts der übrigen Wohnungseigentümer ergeben; dies führt allerdings noch nicht zur Begründung eines entsprechenden Sondernutzungsrechts (s. Rz. 87).

3. Anteil an den sonstigen Nutzungen (Abs. 2 Satz 2) Nach Abs. 2 S. 2 gebührt jedem Wohnungseigentümer ein Anteil an den sonstigen Nutzun- 61 gen. Dies meint die Sachfrüchte i.S.d. § 100 BGB, zu denen die natürlichen Erzeugnisse wie auch die Erträge (z.B. Einnahmen aus Vermietung oder Verpachtung des Gemeinschaftseigentums) als mittelbare Sachfrüchte gehören. Die Früchte sind – soweit keine abweichende Vereinbarung besteht – nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile (§ 16 Abs. 1 S. 2) zu verteilen.

4. Ansprüche bei Eingriff in das Gemeinschaftseigentum Wird das Recht auf Mitgebrauch einem Wohnungseigentümer widerrechtlich vollständig ent- 62 zogen, steht ihm ein Herausgabeanspruch gegen den störenden Dritten oder Miteigentümer nach § 985 BGB zu. Der Anspruch ist auf die Verschaffung des unmittelbaren (Mit-)Besitzes gerichtet, eine Räumung i.S. eines „Freiräumens“ durch Beseitigung von Bauwerken oder dort abgestellten Gegenständen kann nach § 985 BGB nicht verlangt werden; insoweit handelt es sich um einen Beseitigungsanspruch (Rz. 63).134 Den Anspruch kann jeder Wohnungseigentümer selbst geltend machen, er richtet sich auf Herausgabe an die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft (§§ 1011, 432 BGB).135 Der Anspruch unterliegt nicht der Verjährung (§ 902 BGB), kann aber verwirkt sein (dazu § 15 Rz. 136). Eine Verwirkung des Herausgabeanspruchs ist dann ausgeschlossen, wenn sie faktisch zur Begründung eines Sondernutzungsrechts des widerrechtlich nutzenden Wohnungseigentümers führen würde.136 Bei Störung des Gemeinschaftseigentums durch Dritte oder Miteigentümer stehen jedem 63 Wohnungseigentümer Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach §§ 1004, 1011 BGB zu.137 Eine vorherige Befassung der Wohnungseigentümer in der Versammlung ist nicht erforderlich.138 Die Wohnungseigentümer können durch Beschluss nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 die Geltendmachung dieser Individualansprüche aber an sich ziehen, so dass dann der rechtsfähige Verband aktivlegitimiert ist. Ein solcher Vergemeinschaftungsbeschluss schließt nach h.M. die Geltendmachung durch einen einzelnen Wohnungseigentümer aus.139 Solange der Beschluss nicht im Wege der Anfechtungsklage oder durch einen Zweitbeschluss aufgehoben worden ist, soll danach der einzelne Wohnungseigentümer gegen den Störer nicht mehr vorgehen können, selbst dann, wenn die Gemeinschaft untätig bleibt. Dem einzelnen Wohnungs134 BGH v. 28.1.2011 – V ZR 147/10, NJW 2011, 1069 = MDR 2011, 416; LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 55/14, MietRB 2016, 142 = ZMR 2016, 129; anders aber OLG München v. 16.11.2007 – 32 Wx 111/07, MietRB 2008, 43 = ZMR 2008, 234. 135 KG v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, MietRB 2007, 148 (235) = ZWE 2007, 237; LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 55/14, MietRB 2016, 142 = ZMR 2016, 129. 136 Vgl. auch OLG Hamm v. 19.9.2007 – 15 W 444/06, MDR 2008, 680 = MietRB 2008, 79 f. = ZMR 2008, 160; LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 117/13, MietRB 2014, 364 = ZMR 2014, 741. 137 BGH v. 17.12.2010 – V ZR 125/10, MDR 2011, 350 = NJW 2011, 1351. 138 LG Dortmund v. 10.10.2017 – 1 S 357/16, juris. 139 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, MDR 2015, 1057 = MietRB 2015, 300; BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14, BGHZ 203, 327 = MDR 2015, 267 = MietRB 2015, 78; OLG Hamm v. 5.11.2009 – 15 Wx 15/ 09, ZMR 2010, 389; LG Köln v. 14.3.2013 – 29 S 181/12, juris; a.A. OLG Hamburg v. 24.10.2008 – 2 Wx 115/08, MietRB 2009, 328 = ZMR 2009, 306; OLG München v. 16.11.2007 – 32 Wx 111/07, MietRB 2008, 43 = NZM 2008, 87.

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§ 13 Rz. 63 | Rechte des Wohnungseigentümers eigentümer verbleibt nach der Vergemeinschaftung noch die Möglichkeit, sich gegen Eingriffe in sein Sondereigentum zur Wehr zu setzen (s. Rz. 51). Um der darin liegenden Gefahr einer Umgehung der Vergemeinschaftung zu begegnen, soll es erforderlich sein, dass die Störung „unmittelbar und ausschließlich“ sein Sondereigentum betrifft.140 Die Abgrenzung ist im Einzelfall schwierig. Nicht genügend ist jedenfalls ein bloßer Einfluss auf den Verkehrswert des Eigentums oder eine sonstige „mittelbare“ oder „reflexartige“ Betroffenheit.141 Bei Geruchsund Lärmbelästigungen, die von einem Wohnungseigentum herrühren, ist damit ein individuelles Vorgehen grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, die Belästigungen treffen einen Wohnungseigentümer in besonderem Maße.142 Bei pflichtwidriger Untätigkeit kann allerdings ein Anspruch nach § 21 Abs. 4 auf Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens gegen den nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 zuständigen Verwalter bestehen.143 64 Schadenersatzansprüche wegen Beschädigung des Gemeinschaftseigentums können sich aus

§ 280 BGB in Verbindung mit dem Gemeinschaftsverhältnis und aus § 823 BGB ergeben. Als gemeinschaftsbezogene Ansprüche i.S.d. § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 sind sie zwingend vom Verband geltend zu machen.144 Steht allerdings ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB in Anspruchskonkurrenz zu dem auf Wiederherstellung gerichteten Schadenersatzanspruch, soll es sich nach Ansicht des BGH insgesamt um einen Fall der gekorenen Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 handeln (s. § 10 Rz. 134).145 Richten sich die Ansprüche gegen den Mieter eines Wohnungseigentümers, verjähren sie nicht nach § 548 BGB in sechs Monaten, da die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht Vertragspartei des Mietvertrags und als Dritte auch nicht in den Schutzbereich des Vertrags mit eingeschlossen ist.146 65 Die Geltendmachung einer Verletzung des öffentlich-rechtlichen Nachbarrechts durch Drit-

te, die das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigen, stellt eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dar, die den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zusteht.147 Unter Berufung auf § 10 Abs. 6 S. 1 ist daher herrschende Ansicht in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, dass im Verwaltungsprozess die nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähige Gemeinschaft Rechtsinhaberin und klagebefugt ist.148 Diese Rechtsprechung verkennt aber, dass das betroffene Gemeinschaftseigentum nicht der rechtsfähigen Gemeinschaft, sondern den Wohnungseigentümern selbst zusteht. Zutreffend ist es daher, eine geborene Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft auch im Verwaltungsprozess nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 anzunehmen.149 Die Klageerhebung setzt grundsätzlich einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer voraus (s. § 21 Rz. 107). Die Wohnungseigentümer können nicht nur gegen eine Baugenehmigung, sondern auch gegen den Bebauungsplan im Normenkontrollverfahren (§ 47 140 LG München I v. 3.6.2016 – 40 O 11108/14, ZMR 2017, 263; ähnlich Müller in Timme, § 10 WEG Rz. 551.1; offengelassen von BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14, BGHZ 203, 327 Rz. 19. 141 Schmid ZWE 2015, 203 (206); Müller in Timme, § 10 WEG Rz. 551.1; vgl. auch BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14, BGHZ 203, 327 Rz. 19. 142 LG München I v. 3.6.2016 – 40 O 11108/14, ZMR 2017, 263. 143 Schmidt-Räntsch, ZfIR 2016, 45 (49). 144 BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, MDR 2014, 453 = MietRB 2014, 105 = NJW 2014, 1090; BGH v. 17.12.2010 – V ZR 125/10, MDR 2011, 350 = NJW 2011, 1351; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 125. 145 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17, WuM 2019, 102. 146 BGH v. 29.6.2011 – VIII ZR 349/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 320 = NJW 2011, 2717; a.A. OLG Stuttgart v. 5.8.2010 – 7 U 82/10, MietRB 2011, 49 = ZWE 2010, 425; LG Essen v. 11.12.1997 – 10 S 433/97, NJW-RR 1998, 874. 147 BayVGH v. 12.8.2012 – 2 B 12.1211, ZWE 2013, 100. 148 BayVGH v. 12.8.2012 – 2 B 12.1211, ZWE 2013, 100; ebenso wohl OVG Berlin-Brandenburg v. 4.8.2011 – 10 S 7.11, ZWE 2011, 426; a.A. aber OVG Münster v. 24.8.2015 – 7 B 886/15, juris m. Anm. Dötsch, jurisPR-MietR 25/2015 Anm. 5: gekorene Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2. 149 Müller in Timme, § 10 WEG Rz. 516.

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IV. Sondernutzungsrechte | Rz. 68 § 13

VwGO) vorgehen.150 Ein einzelner Wohnungseigentümer kann gegen die Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums nur in den engen Grenzen einer Notgeschäftsführung (§ 21 Abs. 2 WEG) und nur im Namen der Eigentümergemeinschaft vorgehen.151 Das gilt auch für die Geltendmachung eines öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs.152 Betrifft die Störung, z.B. eine Verletzung von Abstandsflächen, unmittelbar auch sein Sondereigentum, ist der Wohnungseigentümer aber aus diesem Rechtsgrund klagebefugt (s. Rz. 54).153 Ein Vorgehen gegen Störungen anderer Wohnungseigentümer im Verwaltungsrechtsweg ist gänzlich ausgeschlossen (Rz. 55).

IV. Sondernutzungsrechte Die im WEG zwar in § 5 Abs. 4 genannten, aber nicht näher geregelten Sondernutzungsrechte 66 der Wohnungseigentümer ermöglichen die Zuweisung von nicht sondereigentumsfähigen Räumen, Grundstücks- und Gebäudeteilen an einen Wohnungseigentümer zur alleinigen Nutzung. Mit ihnen können insb. Kfz-Stellplätze und Gartenflächen einzelnen Wohnungseigentümern dauerhaft zugeordnet werden. Das Sondernutzungsrecht gehört nicht in den Anwendungsbereich des § 15, da es sich nicht 67 auf eine Regelung des Gebrauchs beschränkt, sondern auch die sonstigen Nutzungen erfasst und zudem auch nicht das Ausmaß eines Mitgebrauchs regelt, sondern die übrigen Wohnungseigentümer völlig von einem Gebrauch ausschließt. Vielmehr ist das Sondernutzungsrecht dogmatisch eine Abweichung vom Mitnutzungsrecht am Gemeinschaftseigentum nach § 13 Abs. 2 (dazu § 15 Rz. 5).154

1. Gegenstand Unter einem Sondernutzungsrecht wird allgemein das einem Wohnungseigentümer ein- 68 geräumte dauernde alleinige Recht zur Nutzung von Gemeinschaftseigentum (positive Komponente) unter Ausschluss der übrigen Miteigentümer (negative Komponente) verstanden.155 Fehlt es an der negativen Komponente, handelt es sich dagegen begrifflich nicht um ein Sondernutzungsrecht: Ein „erweitertes Nutzungsrecht“, das einem Eigentümer die gärtnerische Gestaltung der von allen Wohnungseigentümern nutzbaren Gartenfläche erlaubt, stellt lediglich eine Gebrauchsregelung i.S.d. § 15 dar, die – im Gegensatz zum Sondernutzungsrecht (dazu Rz. 83) – auch beschlossen werden kann.156 Um ein Sondernutzungsrecht handelt es sich hingegen, wenn der Ausschluss der übrigen Miteigentümer nur grundsätzlich, aber nicht in allen Belangen gilt, insb. wenn die dem Sondernutzungsrecht unterliegenden Flächen zu bestimmten Zwecken auch von den anderen Miteigentümern betreten oder benutzt werden dürfen.157 Ein Ausschluss vom Mitgebrauch liegt auch dann vor, wenn die Nutzung einzelner

150 OVG Lüneburg v. 26.7.2017 – 1 KB 171/16, ZWE 2017, 423. 151 BayVGH v. 12.8.2012 – 2 B 12.1211, ZWE 2013, 100; BayVGH v. 12.9.2005 – 1 ZB 05.42, BauR 2006, 501; OVG Münster v. 28.2.1991 – 11 B 2967/90, ZMR 1991, 276; a.A. OVG Münster v. 12.12.1991 – 7 A 172/89, ZMR 1992, 564. 152 BayVGH v. 26.3.2003 – 8 ZB 02.2918, ZMR 2004, 74. 153 VG München v. 14.11.2017 – M 1 K 16.3688, juris. 154 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 (167) = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500. 155 Vgl. nur BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 = MDR 1979, 299 = NJW 1979, 548. 156 Vgl. LG Hamburg v. 15.1.2003 – 318 T 122/02, ZMR 2003, 528. 157 OLG München v. 10.3.2014 – 34 Wx 512/13, MietRB 2014, 208 = ZWE 2014, 265; LG Wuppertal v. 24.3.1998 – 6 T 239/98, MittRhNotK 1998, 327.

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§ 13 Rz. 68 | Rechte des Wohnungseigentümers Bewohner auf eine Teilfläche z.B. am Garten beschränkt wird.158 Gleiches gilt, wenn einem Wohnungseigentümer die Nutzung oder Bebauung einer Gemeinschaftsfläche in der Weise gestattet wird, die deren faktische Alleinbenutzung begründet, z.B. Außenbewirtschaftung oder Erweiterung einer Terrassenfläche.159 Ein Sondernutzungsrecht liegt vor, wenn einem Wohnungseigentümer die Nutzung der Dachfläche zum Betrieb einer Photovoltaik-Anlage gestattet wird.160 Sondernutzungsrechte werden auch begründet, wenn den Wohnungseigentümern erlaubt wird, die an ihren Einheiten liegenden Laubengänge abzuschließen und dort Balkonmöbel aufzustellen.161 Ein Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer von der Nutzung kann auch widerruflich, bedingt oder befristet sein (s. Rz. 112); auch in diesen Fällen liegt nicht nur eine Gebrauchsregelung, sondern ein Sondernutzungsrecht vor.162 Unerheblich ist, ob den ausgeschlossenen Wohnungseigentümern ebenfalls Flächen zur alleinigen Benutzung zugewiesen werden; eine solche „Kompensation“ ändert an der rechtlichen Einordnung der Regelung nichts.163 Kein Sondernutzungsrecht, sondern eine Gebrauchsregelung stellt aber grds. eine Regelung dar, die eine turnusmäßige Nutzung von Gemeinschaftseigentum bestimmt (s. § 15 Rz. 5).164 Anders kann es allerdings dann sein, wenn die Zeitabschnitte so lang bemessen sind, dass sie faktisch einen dauerhaften, wenn auch befristeten Ausschluss darstellen.165 Eine feste zeitliche Grenze besteht dabei nicht; maßgeblich wird sein, ob faktisch noch ein Turnus vorliegt, in dem die anderen Wohnungseigentümer angemessen zum Zuge kommen können, oder ob faktisch einzelne Wohnungseigentümer vom Mitgebrauch auf Dauer ausgeschlossen werden. 69 Ein Sondernutzungsrecht kann nicht nur einem einzelnen Wohnungseigentümer eingeräumt

werden, sondern auch zugunsten einer Gruppe von Wohnungseigentümern bestehen (sog. Gruppensondernutzungsrecht), z.B. für Gartenflächen zugunsten der Eigentümer der Parterrewohnungen oder in Mehrhausanlagen für sämtliche Eigentümer eines Hauses oder für die Zufahrtsflächen in einer Tiefgarage zugunsten sämtlicher Stellplatzeigentümer.166 Möglich ist es auch, dass Sondernutzungsrecht einem Miteigentumsanteil an einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit zuzuordnen, denn auch der bloße Miteigentümer einer Einheit gehört zum Kreis der Wohnungseigentümer, wie etwa § 25 Abs. 2 S. 2 zeigt.167 Zugunsten eines Dritten, der nicht Wohnungseigentümer ist, kann ein Sondernutzungsrecht hingegen nicht bestellt werden.168 70 Sondernutzungsrechte können nur am Gemeinschaftseigentum begründet werden.169 Im Re-

gelfall beziehen sie sich auf eine bestimmte Fläche auf dem Grundstück oder am Gebäude, 158 OLG Düsseldorf v. 25.7.2003 – 3 Wx 133/03, NZM 2003, 767; a.A. OLG Hamm v. 11.11.2004 – 15 W 351/04, ZMR 2005, 400. 159 LG Lüneburg v. 16.3.2016 – 9 S 64/15, MietRB 2017, 14 = ZMR 2016, 647; AG Wedding v. 21.11.2016 – 18 C 207/16, ZMR 2017, 604. 160 OLG Saarbrücken v. 10.5.2010 – 5 W 94/10-37, WuM 2011, 56. 161 LG Karlsruhe v. 27.9.2011 – 11 S 41/10, ZWE 2012, 102. 162 Vgl. LG Frankfurt v. 21.8.2014 – 2-9 S 27/13, ZWE 2015, 217. 163 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 191/15, MietRB 2016, 323 = NJW 2017, 64 Rz. 14 f. 164 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 191/15, MietRB 2016, 323 = NJW 2017, 64 Rz. 18; Spielbauer, ZWE 2017, 19. 165 Vgl. BGH v. 8.4.2016 – V ZR 191/15, MietRB 2016, 323 = NJW 2017, 64 Rz. 20; Häublein, Sondernutzungsrechte, 2003, S. 6 f.; Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 43. 166 OLG Düsseldorf v. 28.6.2010 – 3 Wx 54/10, ZMR 2010, 975; Häublein, Sondernutzungsrechte, 2003, S. 5. 167 BGH v. 10.5.2012 – V ZB 279/11, MietRB 2012, 238 = MDR 2012, 1024 = ZMR 2012, 795; OLG Nürnberg v. 3.8.2011 – 10 W 302/11, MietRB 2011, 382; a.A. noch OLG München v. 21.11.2011 – 34 Wx 357/11, MietRB 2012, 16 = ZWE 2012, 92; KG v. 30.12.2003 – 1 W 64/03, FGPrax 2004, 57. 168 OLG München v. 21.11.2011 – 34 Wx 357/11, MietRB 2012, 16 = ZWE 2012, 92; KG v. 30.12.2003 – 1 W 64/03, FGPrax 2004, 57; OLG Hamm v. 16.1.1992 – 5 U 214/91, juris; a.A. OLG Nürnberg v. 3.8.2011 – 10 W 302/11, MietRB 2011, 382 = MDR 2011, 1227. 169 BGH v. 20.2.2014 – V ZB 116/13, MDR 2014, 520 = MietRB 2014, 172.

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IV. Sondernutzungsrechte | Rz. 72 § 13

z.B. auf eine Dachfläche.170 Zulässig ist es aber auch, das Sondernutzungsrecht an einem bestimmten, auch beweglichen Gegenstand des Gemeinschaftseigentums zu begründen, z.B. an einer Schiebepalette in einer Tiefgarage.171 Sondernutzungsrechte können auch für ganze Wohnungen, die im Gemeinschaftseigentum stehen, vereinbart werden.172 Am Sondereigentum kann hingegen zugunsten eines Bruchteilseigentümers kein Sondernutzungsrecht bestehen. Praktische Bedeutung hat dies insb. für sog. Doppel- oder Mehrfachparker, an denen nur insgesamt, nicht jedoch für die einzelnen Stellplätze Teileigentum begründet werden kann. Die Einräumung von Sondernutzungsrechten an den einzelnen Stellplätzen innerhalb des Teileigentums ist nicht möglich.173 Allerdings können die Teileigentümer die gewünschte Aufteilung der Stellplätze unter den Teileigentümern der Doppelparker durch eine Gebrauchsregelung nach § 1011 BGB oder § 15 Abs. 1 erreichen (§ 15 Rz. 64). Auch an einem Nachbargrundstück kann grundsätzlich kein Sondernutzungsrecht begründet werden.174 Möglich ist es aber, ein Sondernutzungsrecht an einer zugunsten des gemeinschaftlichen Grundstücks bestellten Grunddienstbarkeit an einem Nachbargrundstück zu vereinbaren, auf dem sich z.B. Stellplätze befinden, denn die Dienstbarkeit ist Bestandteil des Gemeinschaftseigentums nach § 96 BGB.175

2. Rechtsnatur Das Sondernutzungsrecht wird durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer begründet 71 (s. Rz. 73 ff.). Die Vereinbarung kann nach § 10 Abs. 3 ins Grundbuch eingetragen werden, wodurch erreicht wird, dass sie auch gegen den Sonderrechtsnachfolger wirkt. Unterbleibt die Eintragung, hat die Vereinbarung allein schuldrechtlichen Charakter. Sie bindet lediglich die vertragsschließenden Wohnungseigentümer und deren Gesamtrechtsnachfolger. Umstritten ist, ob die Grundbucheintragung den schuldrechtlichen Charakter ändert. Nach 72 wohl herrschender Ansicht kommt dem eingetragenen Sondernutzungsrecht ein „dinglicher Charakter“ oder eine „dingliche Wirkung“ zu.176 Für diese Ansicht lässt sich der Wortlaut des § 5 Abs. 4 S. 1 heranziehen, wonach Vereinbarungen zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden können. Zudem ist es gerade ein typisches Element der Sachenrechte, im Gegensatz zu den Schuldrechten inter omnes und nicht inter partes zu wirken. Die Gegenauffassung ist hingegen der Ansicht, die Bindung der Sonderrechtsnachfolger ändere am schuldrechtlichen Charakter nichts.177 Die Frage nach der Rechtsnatur hat allerdings nur geringe praktische Auswirkungen: Sie wird vor allem bei der isolierten Übertragung von Sondernutzungsrechten relevant (s. Rz. 109). Auch eine dingliche Wirkung des eingetragenen Sondernutzungsrechts führt aber nicht dazu, dass das Sondernutzungsrecht als selbständig belast170 Vgl. OLG München v. 31.3.2014 – 34 Wx 3/14, MietRB 2014, 175 = ZWE 2014, 257 zum Treppenaufgang. 171 OLG Stuttgart v. 11.5.2012 – 8 W 164/11, ZMR 2012, 715; LG Stuttgart v. 10.4.2013 – 10 S 19/12, ZMR 2013, 661. 172 OLG Düsseldorf v. 2.5.2001 – 3 Wx 101/01, ZWE 2001, 443; BayObLG v. 7.11.1991 – BReg.2 Z 137/91, MDR 1992, 155; Grziwotz, MietRB 2015, 27. 173 BGH v. 20.2.2014 – V ZB 116/13, MDR 2014, 520 = MietRB 2014, 172. 174 OLG Hamm v. 5.12.1996 – 15 W 390/96, ZMR 1997, 150. 175 OLG Köln v. 13.3.2006 – 16 Wx 20/06, NotBZ 2006, 436; Häublein, Sondernutzungsrechte, 2003, S. 11 f. 176 OLG Hamm v. 19.9.2007 – 15 W 444/06, MDR 2008, 680 = MietRB 2008, 79 f. = ZMR 2008, 159; Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 82; vgl. auch BGH v. 3.7.2008 – V ZR 20/07, NZM 2008, 732 zu eingetragenen Vereinbarungen im Allgemeinen; ähnlich Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 54, der animmt, dass das Sondernutzungsrecht dem Berechtigten eine „eigentumsähnliche Rechtsposition“ verschaffe. 177 Häublein, Sondernutzungsrechte, S. 32 ff.; vgl. auch VG Frankfurt v. 29.8.2002 – 1 E 4099/01, juris.

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§ 13 Rz. 72 | Rechte des Wohnungseigentümers bares dingliches Recht anzusehen ist (s. Rz. 102). Unabhängig von der Rechtsnatur des Sondernutzungsrechts ist überdies die Frage zu beantworten, ob es sich um wirtschaftliches Eigentum im steuerrechtlichen Sinn handelt; hierfür ist vielmehr seine konkrete tatsächliche Ausgestaltung maßgeblich.178

3. Begründung a) Durch Vereinbarung 73 Sondernutzungsrechte können bereits in der Teilungserklärung (§ 8) oder durch Vertrag nach

§ 3, aber auch nachträglich durch Vereinbarung, begründet werden. Die Vereinbarung eines Sondernutzungsrechts ist formfrei möglich.179 Sie kann auch konkludent getroffen werden.180 Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die Wohnungseigentümer den Ausbau eines Spitzbodens nachträglich durch allstimmigen Beschluss genehmigen (s. Rz. 83).181 Keine Vereinbarung ist jedoch die bloße dauerhafte alleinige Nutzung durch einen Wohnungseigentümer (dazu Rz. 86). Der teilende Alleineigentümer kann vor Entstehen der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft Sondernutzungsrechte mit den Erwerbern auch in den Kaufverträgen vereinbaren; sie entfalten als schuldrechtliche Vereinbarungen aber ohne Grundbucheintragung (s. Rz. 73a) keine Wirkung gegenüber den anderen Erwerbern.182 73a Damit das Sondernutzungsrecht Wirkung gegen Sonderrechtsnachfolger eines Wohnungs-

eigentümers entfaltet, bedarf es der Eintragung in das Grundbuch (§ 10 Abs. 3). Es ist als Inhaltsbestimmung des Sondereigentums (§ 5 Abs. 4) in das Bestandsverzeichnis des Grundbuchs des begünstigten Wohnungseigentumsrechts einzutragen. Dies kann durch einen ausdrücklichen Vermerk hinter der Umschreibung des Gegenstands des Sondereigentums (z.B. „verbunden mit dem Sondereigentum an ... mit Sondernutzungsrecht an dem Stellplatz Nr. ... gemäß ...“) geschehen. Bei den belasteten Wohnungseigentumsrechten kann es als Beschränkung des Miteigentumsanteils vermerkt werden. Zur näheren Bezeichnung des Gegenstands und des Inhalts nach § 7 Abs. 3 genügt es aber auch, wenn auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird.183 Die Hypotheken-, Grund- und Rentenschuldgläubiger sowie die Reallastberechtigten aller Wohn- und Teileigentumseinheiten müssen nach § 5 Abs. 4 S. 2 der Eintragung des Sondernutzungsrechts zustimmen. Ausgenommen vom Zustimmungserfordernis sind nach § 5 Abs. 4 S. 3 die dinglich Berechtigten des begünstigten Wohnungs- oder Teileigentums sowie eines anderen Wohnungs- oder Teileigentums, mit dem gleichzeitig ein anderes Sondernutzungsrecht verbunden wird, selbst wenn es nicht gleichwertig ist (vgl. § 5 Rz. 43).184 73b Die Prüfungspflicht des Grundbuchamts beschränkt sich entsprechend den allgemeinen Re-

geln auch bei der Eintragung eines Sondernutzungsrechts auf offensichtliche Gesetzesverstöße.185 Ist die Eintragung erfolgt, hat sie das Grundbuchamt gem. § 53 Abs. 1 S. 2 GBO von Amts wegen zu löschen, wenn sie inhaltlich unzulässig ist, mithin den rechtlich notwendigen Inhalt nicht aufweist. Das wird insb. bei offensichtlichen Verstößen gegen den Bestimmtheits-

BFH v. 5.7.2018 – VI R 67/15, DStR 2018, 2325. BayObLG v. 13.6.2002 – 2Z BR 1/02, NZM 2002, 747. OLG Köln v. 26.4.1996 – 16 Wx 56/96, WuM 1997, 59. OLG Düsseldorf v. 26.6.2003 – 3 Wx 121/03, WuM 2003, 584. LG Itzehoe v. 11.3.2016 – 11 S 3/15, MietRB 2016, 292 = ZMR 2016, 396. OLG München v. 13.6.2013 – 34 Wx 158/13, MietRB 2013, 271; OLG Zweibrücken v. 28.2.2007 – 3 W 22/07, ZMR 2007, 490; OLG Frankfurt v. 12.6.1996 – 20 W 149/96, NJW-RR 1996, 1168; BayObLG v. 8.11.1985 – BReg.2 Z 119/84 u.a., NJW-RR 1986, 93. 184 OLG München v. 1.2.2013 – 34 Wx 453/12, MietRB 2013, 148 = ZWE 2013, 216. 185 Armbrüster in Bärmann, § 7 WEG Rz. 125.

178 179 180 181 182 183

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IV. Sondernutzungsrechte | Rz. 75 § 13

grundsatz (Rz. 74) der Fall sein.186 Die Amtslöschung kann von jedem Wohnungseigentümer angeregt werden. Bei Ablehnung der Anregung sind die Wohnungseigentümer beschwerdeberechtigt.187 Für das ins Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrecht gilt das Bestimmtheitserfordernis 74 des Grundbuchrechts.188 Danach müssen Vertragsparteien, Inhalt und die betroffene Teilfläche genau bestimmt sein. Maßstab ist, ob ein außenstehender Dritter auf Grund der in der Eintragungsbewilligung in Bezug genommenen Angaben in der Vereinbarung oder der zeichnerischen Darstellung die Grenzen des der Sondernutzung unterliegenden Gegenstandes einwandfrei und unschwer feststellen kann.189 Zulässig ist es auch, bei der Beschreibung auf Merkmale der Natur, wie Bäume oder Zäune, Bezug zu nehmen, selbst wenn diese nicht unabänderlich sind.190 Erfolgt eine zeichnerische Darstellung, kann die Lage des Sondernutzungsrechts entweder im Aufteilungsplan oder einem gesondertem Sondernutzungsplan festgelegt werden.191 Liegen mehrere Pläne vor, muss sich der Teilungserklärung entnehmen lassen, welcher für das Sondernutzungsrecht maßgeblich sein soll.192 Die Eintragungen müssen maßstabstabsgerecht sein. Eine nur skizzenhafte und ohne klare Konturen eingezeichnete Fläche im Aufteilungsplan genügt den Bestimmtheitsanforderungen nicht.193 Bei Verwendung eines dicken Filzstiftes muss erkennbar sein, ob die Innen- oder Außenkante gemeint ist.194 Das Bestimmtheitsgebot ist hingegen gewahrt, wenn der teilende Eigentümer jedem der beiden Wohnungseigentümer in der Teilungserklärung erkennbar eine gleich große Fläche am Garten zukommen lassen will und sich deren genaue Lage durch eine Vermessung des Grundstücks feststellen lässt.195 Bestehende Unklarheiten sind durch Auslegung zu beseitigen. Diese ist auch vorzunehmen, 75 wenn in der Teilungserklärung auf eine zeichnerische Darstellung Bezug genommen wird, die den Grundakten aber nicht beigefügt ist.196 Bei der Auslegung des eingetragenen Sondernutzungsrechts ist auf den Wortlaut und Sinn der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen objektiven Betrachter ergibt; darauf, was der Bewilligende gewollt hat, kommt es nicht an (§ 10 Rz. 18). Zu berücksichtigen sind auch der übrige Inhalt der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung, Umstände außerhalb der Grundbucheintragung hingegen nur, wenn sie für jedermann offensichtlich sind.197 Eine als „jeweils unmittelbar vor der Wohnung befindlicher Vorgarten“ beschriebene Sondernutzungsfläche kann deshalb so bestimmt werden, dass die gedachte Verlängerung der Trennwände zwischen den

186 OLG München v. 8.2.2013 – 34 Wx 305/12, MietRB 2013, 331 = ZMR 2013, 761. 187 OLG München v. 8.2.2013 – 34 Wx 305/12, MietRB 2013, 331 = ZMR 2013, 761. 188 KG, Beschl. v. 9.7.2007 – 24 W 28/07, ZWE 2007, 447; Ott, NZM 2017, 1 (5); Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 71. 189 OLG Nürnberg v. 6.2.2018 – 15 W 1753/17, ZfIR 2018, 211; BayObLG v. 25.2.2005 – 2Z BR 184/ 04, juris; LG Hamburg v. 16.10.2009 – 318 T 64/07, ZMR 2010, 146. 190 OLG München v. 8.2.2013 – 34 Wx 305/12, MietRB 2013, 331 = ZMR 2013, 761; BayObLG v. 23.5.1985 – BReg.2 Z 43/85, WuM 1987, 35. 191 OLG München v. 4.2.2016 – 34 Wx 396/15, ZMR 2016, 305; OLG Frankfurt v. 5.9.2006 – 20 W 83/ 04, DNotZ 2007, 470. 192 Vgl. OLG München v. 4.2.2016 – 34 Wx 396/15, ZMR 2016, 305. 193 LG Hamburg v. 29.7.2009 – 318 S 138/08, ZMR 2010, 62: Terrassenfläche durch kästchenförmig angedeutete Terrassenplatten. 194 Vgl. LG Hamburg v. 20.6.2012 – 318 S 207/10, ZMR 2012, 989; LG Hamburg v. 11.5.2011 – 318 S 7/10, ZMR 2011, 993. 195 KG v. 19.10.1998 – 24 W 6730/96, NZM 1999, 568. 196 OLG Karlsruhe v. 22.3.2017 – 6 U 172/14, ZMR 2017, 660. 197 BGH v. 9.12.2016 – V ZR 84/16, ZMR 2017, 317 Rz. 16; OLG Karlsruhe v. 22.3.2017 – 6 U 172/14, ZMR 2017, 660; BayObLG v. 8.9.2004 – 2Z BR 136/04, juris; OLG Saarbrücken v. 20.4.2004 – 5 W 208/03, ZMR 2005, 981.

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§ 13 Rz. 75 | Rechte des Wohnungseigentümers einzelnen Wohnungen die seitlichen Grenzen des Sondernutzungsrechts bestimmt.198 Lässt sich eine Mindestfläche des Sondernutzungsrechts bestimmen, ist dieses jedenfalls für diese Fläche wirksam zustande gekommen.199 Führt die Auslegung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, ist das Sondernutzungsrecht nicht wirksam entstanden. Das gilt insbesondere bei einem nicht durch Auslegung lösbaren Widerspruch zwischen Teilungserklärung und Aufteilungsplan.200 Ergeben sich lediglich andere Größenangaben aus der Teilungserklärung als aus der zeichnerischen Darstellung, wird i.d.R. Letztere maßgeblich sein. Im Übrigen besteht kein Vorrang von Teilungserklärung oder Aufteilungsplan.201 Bei unauflösbarer Widersprüchlichkeit kann ein Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung nach § 10 Abs. 2 S. 3 bestehen, wenn der Widerspruch auf technische Fehler bei der Anfertigung des Lageplans zurückgeht; der Anspruch kann den das Sondernutzungsrecht bestreitenden Wohnungseigentümern nach § 242 BGB entgegengehalten werden.202 76 Bei einem Gruppensondernutzungsrecht (Rz. 69) bezieht sich das Bestimmtheitserfordernis

nur auf die Abgrenzung zum übrigen Gemeinschaftseigentum und zum Sondereigentum der übrigen Gemeinschafter, nicht aber auf etwaige schuldrechtliche Nutzungsvereinbarungen unter den Sondernutzungsberechtigten für die Handhabung des Sondernutzungsrechts.203 77 Wird das Sondernutzungsrecht nicht in das Grundbuch eingetragen, sollen die Anforderun-

gen an die Bestimmtheit geringer sein, weil das grundbuchrechtliche Bestimmtheitserfordernis nicht gilt. Es soll genügen, dass Inhalt und Grenzen bestimmbar sind.204 Da aber auch Grundbucheintragungen der Auslegung zugänglich sind und daher für ihre Wirksamkeit Bestimmbarkeit genügt, dürften in der Praxis die oben genannten Anforderungen auch für das schuldrechtliche Sondernutzungsrecht gelten. b) Nachträgliche Zuordnung von Sondernutzungsrechten 78 Häufig besteht ein Bedarf, Sondernutzungsrechte durch eine einseitige Erklärung des teilen-

den Alleineigentümers oder eines anderen Berechtigten erst zu einem späteren Zeitpunkt bestimmten Wohnungseigentümern zuzuweisen. So können Stellplätze nachträglich interessierten Wohnungseigentümern veräußert oder die Verteilung der Gartenflächen zu bestimmten Wohnungen geregelt werden. Die nachträgliche Zuordnung von Sondernutzungsrechten ist dabei auf unterschiedliche Weise möglich.205 (1) Der teilende Eigentümer kann sich durch die Käufer von Wohnungseigentum in den Erwerbsverträgen bevollmächtigen lassen, Sondernutzungsrechte am Gemeinschaftseigentum zu begründen oder zu ändern.206 Eine Bevollmächtigung in der Gemeinschaftsordnung ist unzulässig.207 Die in einem Bauträgervertrag erteilte Vollmacht ist zumeist eine

198 BayObLG v. 17.4.2003 – 2Z BR 7/03, ZMR 2003, 758. 199 BayObLG v. 13.6.2002 – 2Z BR 1/02, ZWE 2002, 583; LG Hamburg v. 16.10.2009 – 318 T 64/07, ZMR 2010, 146; vgl. auch OLG München v. 28.9.2015 – 34 Wx 84/14, ZWE 2016, 19. 200 OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.1.2006 – 20 W 195/03, ZWE 2006, 243; BayObLG v. 24.1.2005 – 2Z BR 225/04, NotBZ 2005, 263; BayObLG v. 5.1.2001 – 2Z BR 125/00, juris; LG Hamburg v. 16.10.2009 – 318 T 64/07, ZMR 2010, 146. 201 OLG München v. 27.3.2017 – 34 Wx 114/14, ZWE 2017, 211. 202 OLG Hamm v. 13.3.2000 – 15 W 454/00, ZMR 2000, 691. 203 OLG Düsseldorf v. 28.6.2010 – 3 Wx 54/10, ZMR 2010, 975. 204 Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 70. 205 Vgl. Grziwotz, MietRB 2015, 27 und die Übersicht bei KG v. 4. 12.2006 – 24 W 201/05, MietRB 2007, 148 (235) = ZMR 2007, 384. 206 OLG München v. 31.7.2007 – 34 Wx 59/07, DNotZ 2008, 289: Grziwotz, MietRB 2015, 27 (29); Häublein/Ott in Köhler, Teil 17 Rz. 86a mit Formulierungsbeispiel. 207 Vgl. Schüller, RNotZ 2011, 203 (208 f.); Vogel, ZMR 2008, 270 (272).

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IV. Sondernutzungsrechte | Rz. 80 § 13

Allgemeine Geschäftsbedingung mit der Folge, dass die §§ 305 ff. BGB Anwendung finden. Zudem erlischt die Vollmacht im Fall eines Zweiterwerbs; der teilende Eigentümer kann lediglich den Erwerber zur Weitergabe der Vollmacht an einen Zweiterwerber verpflichten.208 Zu diesen Einschränkungen tritt hinzu, dass die Vollmacht die Zustimmung der dinglich Berechtigten nach §§ 876, 877 BGB nicht entbehrlich macht (s. § 5 Rz. 40 ff.).209 (2) Möglich ist es auch, dass der teilende Eigentümer die Sondernutzungsrechte zugunsten 79 einer von ihm zunächst zurückgehaltenen Einheit (z.B. einer Garage) begründet und dort „parkt“, bis er sie einem anderen Wohnungseigentum überträgt.210 Bei der Veräußerung dieser Wohnungseigentumseinheit geht dann das Sondernutzungsrecht über, ohne dass es einer weiteren Regelung bedarf (Rz. 107). Die Übertragung der Sondernutzungsrechte auf einen anderen Miteigentumsanteil ist ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer möglich, allerdings bedarf es nach § 5 Abs. 4 S. 2 der Zustimmung etwaiger Grundpfandrechtsgläubiger am abgebenden Wohnungseigentum (s. Rz. 109). Mit Eigentumsübertragung der zurückgehaltenen Einheit verliert der teilende Eigentümer das Recht zur Übertragung, so dass Augenmerk auf die Auswahl der haltenden Einheit gelegt werden sollte. Vorteilhaft an dieser Lösung ist, dass der Erwerber durch Eintragung einer Vormerkung am haltenden Sondereigentum dinglich gesichert werden kann.211 (3) Die Teilungserklärung kann auch den teilenden Eigentümer ermächtigen, Sondernut- 80 zungsrechte am Gemeinschaftseigentum nachträglich zu begründen.212 Die Bestimmung in der Teilungserklärung, dass hinsichtlich genau bezeichneter Flächen „noch eine Sondernutzungsregelung getroffen wird“, reicht dazu allerdings nicht aus.213 Die Befugnis kann auch ohne Bezug auf bestimmte Grundstücksteile eingeräumt werden. Eine derartige Regelung ist nicht zu unbestimmt, weil die Befugnis dann so zu verstehen ist, dass sie sich auf alle Flächen bezieht, an denen Sondernutzungsrechte wirksam begründet werden können.214 Wird allerdings auf bestimmte Teile Bezug genommen, müssen diese auch bestimmt sein.215 Der Umfang der Flächen ist unerheblich, so dass der Bestimmtheit nicht entgegensteht, dass Sondernutzungsrechte an „nicht bebauten Grundstücksflächen, die nicht schon nach dieser Urkunde zum gemeinschaftlichen Gebrauch (z.B. als Zugang) oder zum Gebrauch einzelner Wohnungseigentümer vorgesehen sind“, möglich sein sollen.216 Mit dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz unvereinbar ist aber die Ermächtigung „Teile der Gartenflächen als Terrassen zur Sondernutzung“ zuweisen zu dürfen.217 Ebenso ist es unbestimmt, wenn sich die Ermächtigung auf Flächen bezieht, die von ihrer „wirtschaftlichen Zweckbestimmung her allen Eigentümern zustehen müssen“.218 Die aufgrund einer Ermächtigung begründeten Sondernutzungsrechte können

208 Vgl. Schüller, RNotZ 2011, 203 (210 f.), auch ausführlich zu den Möglichkeiten einer dinglichen Sicherung durch Vormerkung oder Veräußerungsbeschränkung nach § 12. 209 Ott, NZM 2017, 1 (3). 210 Griwotz, MietRB 2015, 27 (28). 211 Rapp in Beck'sches Notarhandbuch, 6. Aufl. 2015, A III Rz. 62 mit einem Formulierungsbeispiel. 212 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73; BGH v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 173 = ZMR 2012, 651; KG v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, MietRB 2007, 148 (235) = ZMR 2007, 384; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 66. 213 BayObLG v. 31.7.1996 – 2Z BR 66/97, MDR 1997, 32. 214 OLG Frankfurt v. 2.3.1998 – 20 W 54/98, NJW-RR 1998, 1707. 215 BGH v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 173 = ZMR 2012, 651; OLG München v. 28.9.2015 – 34 Wx 84/14, ZWE 2016, 19; LG Karlsruhe v. 5.12.2017 – 11 S 145/16, ZWE 2018, 208; LG München I v. 25.6.2015 – 36 S 8340/14, ZMR 2016, 139. 216 OLG Nürnberg v. 6.2.2018 – 15 W 1753/17, ZfIR 2018, 211. 217 BGH v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 173. 218 LG München I v. 25.6.2015 – 36 S 8340/14, ZMR 2016, 139.

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§ 13 Rz. 80 | Rechte des Wohnungseigentümers erst nach Zustimmung der dinglich Berechtigten in das Grundbuch eingetragen werden (§ 5 Abs. 4 S. 2 u. 3).219 Das Zustimmungserfordernis ist auch durch eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung nicht abdingbar.220 81 Der teilende Eigentümer kann dabei die übrigen Wohnungseigentümer bereits in der Tei-

lungserklärung vom Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ausschließen und sich (oder einem Dritten)221 vorbehalten, durch Erklärung Sondernutzungsrechte bestimmten Wohnungseigentümern zuzuordnen.222 Er kann auch den Verwalter zur Zuordnung bevollmächtigen.223 Das Sondernutzungsrecht ist dann zunächst mit keinem Wohnungseigentum verbunden, sondern berechtigt den teilenden Eigentümer allein zur Nutzung als „persönliches Sondernutzungsrecht“.224 Anders als bei der Ermächtigung ist die spätere Zuordnung daher nicht mit einem Rechtsverlust für die dinglich Berechtigten verbunden, so dass in diesem Fall ihre Zustimmung nicht nach § 5 Abs. 4 S. 2 erforderlich ist.225 Eine häufige Variante dieser Art der nachträglichen Zuordnung ist, dass die negative Komponente des Sondernutzungsrechts – der Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer – ebenfalls unter die aufschiebende Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) der Zuordnungserklärung gestellt wird.226 Eine derartige Regelung soll getroffen sein, wenn dem teilenden Eigentümer in der Teilungserklärung die Befugnis eingeräumt wird, bestimmte Flächen „einzelnen Wohnungen als Sondernutzungsrechte zuzuordnen“.227 Bis zur Zuordnungserklärung sind dann alle Wohnungseigentümer zur Nutzung berechtigt.228 In jedem Fall muss die im Grundbuch eingetragene negative Komponente aber sowohl dem grundbuch- wie dem sachenrechtlichen Bestimmtheitserfordernis genügen, d.h. die Sondernutzungsrechte müssen in ihrer Anzahl, in ihrer räumlichen Lage und Ausdehnung konkretisiert sein.229 81a Die Befugnis zur Zuordnung besteht grundsätzlich so lange, bis der teilende Eigentümer aus

der Wohnungseigentümergemeinschaft ausscheidet.230 Es ist allerdings auch zulässig, eine Regelung zu treffen, wonach die Ermächtigung darüber hinaus fortbesteht.231 Ist geregelt, dass die Zuweisungsbefugnis mit dem „Verkauf“ der letzten Wohnungs- oder Teileigentumseinheit endet, besteht sie nur bis zum Abschluss des letzten schuldrechtlichen Kaufvertrags und nicht

219 Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 66. 220 BayObLG v. 27.10.2004 – 2Z BR 150/04, NJW 2005, 444. 221 Kreuzer in Staudinger, BGB, § 15 WEG Rz. 39; a.A. Rapp in Beck'sches Notarhandbuch, A III Rz. 60. 222 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73 = NJW 2012, 676; OLG München v. 10.4.2013 – 34 Wx 31/13, MietRB 2013, 243 = ZWE 2013, 319; Formulierungsbeispiel bei Häublein/Ott in Köhler, Teil 17 Rz. 75. 223 Vgl. OLG Frankfurt v. 18.8.1997 – 20 W 71/96, MDR 1997, 1017 = ZMR 1997, 660. 224 KG v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, MietRB 2007, 148 (235) = ZMR 2007, 384; Ott, NZM 2017, 1 (3). 225 OLG München v. 6.6.2014 – 34 Wx 346/13, ZMR 2016, 303 = MietRB 2014, 239. 226 BGH v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 173; OLG Hamm v. 21.10.2008 – 15 Wx 140/08, ZWE 2009, 169; KG, Beschl. v. 9.7.2007 – 24 W 28/07, ZWE 2007, 447; BayObLG v. 8.11.1985 – BReg.2 Z 119/84 u.a., NJW-RR 1986, 93; Formulierungsbeispiel bei Häublein/Ott in Köhler, Teil 17 Rz. 81. 227 OLG Hamm v. 12.6.2012 – 15 Wx 99/11, MietRB 2012, 299 = FGPrax 2012, 244. 228 BayObLG v. 8.11.1985 – BReg.2 Z 119/84 u.a., NJW-RR 1986, 93. 229 BGH v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 173; OLG Hamm v. 21.10.2008 – 15 Wx 140/08, ZWE 2009, 169; Beschl. v. 1.12.1997 – 15 W 384/97, ZMR 1998, 453; KG, Beschl. v. 9.7.2007 – 24 W 28/07, ZWE 2007, 447; vgl. zur Auslegung OLG Düsseldorf v. 2.5.2001 – 3 Wx 101/01, ZMR 2001, 838. 230 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73 = NJW 2012, 676. 231 OLG Stuttgart v. 11.5.2012 – 8 W 164/11, ZMR 2012, 715; Häublein, MittBayNot 2012, 382 f.

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IV. Sondernutzungsrechte | Rz. 82 § 13

bis zum Eigentumsübergang.232 Nach Beendigung der Zuweisungsbefugnis durch den Bauträger soll nach wohl h.M. das Zuweisungsrecht auf die Wohnungseigentümer übergehen, die das Recht nur gemeinsam ausüben können (§ 10 Abs. 6 S. 3 Alt. 1).233 Für einen solchen Übergang gibt es aber weder eine gesetzliche Regelung noch ergibt er sich durch Auslegung der Zuweisungsregelung. Das Zuweisungsrecht geht vielmehr endgültig unter.234 Die Zuordnungserklärung kann auch durch einen rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter des 82 teilenden Eigentümers abgegeben werden.235 Sie muss dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügen und bedarf der Eintragung in das Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbuch des begünstigten Miteigentümers, um nach § 10 Abs. 3 gegenüber Sondernachfolgern wirksam zu werden.236 Daneben ist die Eintragung auch in die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher der nicht begünstigten Einheiten zulässig und im Interesse der Klarheit der Grundbuchverhältnisse empfehlenswert.237 In entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 3 kann bei der Eintragung auf die Zuordnungserklärung Bezug genommen werden.238 Ohne Eintragung der Zuordnung erlischt auch das Ausschließungsrecht (s. Rz. 68) mit einer Sonderrechtsnachfolge auf Seiten der übrigen Wohnungseigentümer (s. Rz. 104).239 Das Sondereigentum der übrigen Wohnungseigentümer wird durch die Zuordnungserklärung nicht mehr (zusätzlich) verändert, so dass ihre Mitwirkung sowie die der Grundpfandgläubiger in diesem Fall bei der Eintragung des Sondernutzungsrechtes im Grundbuch entbehrlich ist.240 Anders ist es aber dann, wenn der Eintragungsantrag zu einem Zeitpunkt gestellt wird, zu dem der Bauträger nicht mehr Miteigentümer ist, weil dann seine Bewilligungsbefugnis (§ 19 GBO) erlischt; in diesem Fall wird die Eintragungsbewilligung durch alle Wohnungseigentümer erforderlich.241 Eine Eintragung des Sondernutzungsrechts im Wege der Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO kommt nicht in Betracht.242

232 OLG München v. 10.4.2013 – 34 Wx 31/13, MietRB 2013, 243 = ZWE 2013, 319; vgl. OLG München v. 25.7.2013 – 1 U 2067/11, MietRB 2014, 14 = juris zur Haftung des Notars bei unterlassener Prüfung der Zuweisungsbefugnis. 233 Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 68. 234 Ebenso Häublein, MittBayNot 2012, 382 f. 235 OLG Frankfurt v. 10.3.2016 – 20 W 70/15, ZWE 2017, 87; KG v. 14.10.2014 – 1 W 358/14, MietRB 2015, 239 = ZWE 2015, 27. 236 OLG Schleswig v. 26.9.2016 – 2 Wx 56/16, MietRB 2017, 104 = ZWE 2017, 213; OLG Frankfurt v. 25.6.2015 – 20 W 54/15, MietRB 2016, 46 = ZWE 2016, 171; OLG Hamm v. 9.9.1999 – 15 W 157/ 99, ZMR 2000, 123; BayObLG v. 8.11.1984 – BReg.2 Z BR 119-122, NJW 1986 93; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 2916; a.A. LG Stuttgart v. 9.6.1989 – 1 T 2/89, BWNotZ 1990, 43 m. abl. Anm. Seidl. 237 BayObLG v. 8.11.1985 – BReg.2 Z 119/84 u.a., NJW-RR 1986, 93. 238 OLG Nürnberg v. 6.2.2018 – 15 W 1753/17, ZfIR 2018, 211. 239 OLG Schleswig v. 26.9.2016 – 2 Wx 56/16, MietRB 2017, 104 = ZWE 2017, 213. 240 OLG Hamm v. 21.10.2008 – 15 Wx 140/08, ZWE 2009, 169; OLG Frankfurt v. 18.8.1997 – 20 W 71/96, MDR 1997, 1017 = ZMR 1997, 660; BayObLG v. 8.11.1985 – BReg.2 Z 119/84 u.a., NJW-RR 1986, 93, LG München II v. 11.3.2004 – 6 T 4956/03, MittBayNot 2004, 366; vgl. auch AG München v. 15.10.2012 – 485 C 16639/12, ZMR 2013, 234 (sogar die bloße Mitteilung an die übrigen Wohnungseigentümer ist entbehrlich). 241 OLG Frankfurt v. 25.6.2015 – 20 W 54/15, MietRB 2016, 46 = ZWE 2016, 171; OLG Zweibrücken v. 1.7.2013 – 3 W 22/13, ZWE 2013, 410; OLG München v. 27.5.2014 – 34 Wx 149/14, ZMR 2015, 469; OLG München v. 18.4.2013 – 34 Wx 363/12, MietRB 2013, 242 = ZMR 2013, 845 einschränkend den Fall, dass die Teilungserklärung eine formfreie Übertragung des Sondernutzungsrechts auf andere Wohnungseigentümer gestattet; OLG München v. 11.5.2012 – 34 Wx 137/12, MietRB 2012, 267 f. = ZWE 2012, 367 m. abl. Anm. F. Schmidt: a.A. OLG Hamm v. 16.6.2017 – 15 W 474/ 16, MDR 2017, 1294 = MietRB 2017, 325 = ZWE 2017, 445. 242 OLG Frankfurt v. 25.6.2015 – 20 W 54/15, MietRB 2016, 46 = ZWE 2016, 171.

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§ 13 Rz. 83 | Rechte des Wohnungseigentümers c) Durch Beschluss 83 Ein Beschluss über die Begründung eines Sondernutzungsrechts ist nichtig (§ 15 Rz. 69), wenn

die Wohnungseigentümer nicht seine Zulässigkeit vereinbart haben (Rz. 85).243 Das gilt auch für vor der Entscheidung des BGH v. 20.9.2000 zur Nichtigkeit gesetzesändernder Beschlüsse beschlossene Sondernutzungsrechte; Vertrauensschutz zugunsten der Sondernutzungsberechtigten besteht nicht.244 Ein nichtiger Mehrheitsbeschluss über ein Sondernutzungsrecht kann auch bei langjähriger unbeanstandeter Umsetzung keinen Anspruch des vermeintlich Berechtigten aus § 242 BGB auf Zustimmung zu einer entsprechenden Vereinbarung begründen.245 Stimmen allerdings alle Wohnungseigentümer in ihrem Willen, ein Sondernutzungsrecht zu begründen, überein, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob nicht doch eine Vereinbarung vorliegt (s. § 23 Rz. 40 ff.). So kann eine unter Mitwirkung aller Wohnungseigentümer im schriftlichen Verfahren getroffene Regelung als Vereinbarung und nicht als allstimmiger Beschluss auszulegen sein.246 84 Ein nichtiger Beschluss über ein Sondernutzungsrecht liegt auch dann vor, wenn die Zuwei-

sung von Gegenständen im Gemeinschaftseigentum an einzelne Wohnungseigentümer als Gebrauchsregelung bezeichnet wird, der Sache nach aber ein Sondernutzungsrecht vorliegt, weil das Recht auf Mitgebrauch den übrigen Wohnungseigentümern vollständig entzogen wird (s. § 13 Rz. 68; § 15 Rz. 5).247 85 Aufgrund einer sog. allgemeinen Öffnungsklausel, die eine Abweichung von Vereinbarungen

durch Beschluss erlaubt, kann ein Sondernutzungsrecht nicht beschlossen werden.248 Denn das Sondernutzungsrecht greift in ein sog. mehrheitsfestes, d.h. unentziehbares, aber verzichtbares Recht der Wohnungseigentümer ein, indem er ihnen vollständig das Mitgebrauchsrecht am Gemeinschaftseigentum nach § 13 Abs. 2 entzieht.249 Der Verzicht der durch das Sondernutzungsrecht belasteten Wohnungseigentum ergibt sich aus der Vereinbarung einer allgemeinen Öffnungsklausel noch nicht.250 Anders ist es, wenn die Wohnungseigentümer eine sog. spezifizierte Öffnungsklausel vereinbart haben oder eine solche in der Teilungserklärung enthalten ist, also eine Regelung, die ausdrücklich die Begründung von Sondernutzungsrechten gestattet.251 Die aufgrund einer solchen Öffnungsklausel beschlossenen Sondernutzungsrechte bedürfen nach § 10 Abs. 4 S. 2 WEG nicht der Eintragung in das Grundbuch, sie sind nach zutreffender Auffassung sogar nicht eintragungsfähig (s. § 10 Rz. 71).252

243 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 189/11, ZMR 2012, 793; BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500; LG Frankfurt v. 21.8.2014 – 2-9 S 27/13, ZWE 2015, 217. 244 OLG Düsseldorf v. 9.7.2004 – 3 Wx 85/04, ZMR 2003, 931. 245 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 189/11, ZMR 2012, 793. 246 OLG Hamburg v. 26.11.2007 – 2 Wx 68/07, MietRB 2008, 305 = ZMR 2008, 154; BayObLG v. 28.3.2001 – 2Z BR 138/00, ZMR 2001, 480; AG Hannover v. 15.6.2004 – 71 II 218/04, ZMR 2005, 583; vgl. auch OLG Köln v. 4.7.2006 – 16 Wx 51/06, juris. 247 OLG München v. 21.2.2007 – 34 Wx 22/07, ZMR 2007, 561; OLG Hamm v. 11.11.2004 – 15 W 351/04, ZMR 2005, 400; AG Oberhausen v. 21.6.2011 – 34 C 40/40, ZMR 2013, 145; a.A. LG Köln v. 21.7.2011 – 29 S 11/11, MietRB 2012, 149 = ZWE 2012, 187 (nur anfechtbar). 248 OLG Köln v. 10.12.1997 – 16 Wx 250/97, ZMR 1998, 373; Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 140 f., § 13 WEG Rz. 61; a.A. Hügel/Elzer, § 10 WEG Rz. 149. 249 Wenzel, ZNotP 2004, 170 (172); Schultzky, MietRB 2015, 60 (61). 250 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = MDR 2015, 79 = MietRB 2015, 46. 251 Wenzel, ZNotP 2014, 170 (172); Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 61; a.A. Spielbauer/Then, § 13 WEG Rz. 34 ff. 252 A.A. Kreuzer in Staudinger, § 13 WEG Rz. 39.

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IV. Sondernutzungsrechte | Rz. 89 § 13

d) Durch faktischen Alleingebrauch? Ein Sondernutzungsrecht kann auch durch eine konkludente Vereinbarung der Wohnungs- 86 eigentümer begründet werden (Rz. 73). Dafür reicht jedoch die langjährige, von den anderen Wohnungseigentümern geduldete Alleinnutzung durch einen Wohnungseigentümer nicht aus.253 Hinzukommen muss vielmehr, dass die Wohnungseigentümer die Nutzung in dem Bewusstsein hinnehmen, sich dadurch in der Zukunft binden zu wollen.254 Ein Indiz dürfte etwa ein allstimmiger Beschluss der Wohnungseigentümer sein, die von einem Wohnungseigentümer allein genutzte Gartenfläche durch eine Hecke oder Mauer von den anderen abzugrenzen. Liegen die Voraussetzungen einer konkludenten Vereinbarung nicht vor, ergibt sich auch 87 durch einen langjährigen geduldeten Alleingebrauch kein „Gewohnheitsrecht“ des Nutzers; sein Vertrauen in den Fortbestand der Nutzung ist rechtlich nicht geschützt.255 Nicht anzuerkennen ist auch ein sog. faktisches Sondernutzungsrecht.256 Die Zugänglichkeit eines Spitzbodens oder einer Flachdachfläche allein durch eine Wohnung begründet für deren Eigentümer noch kein Recht zur alleinigen Nutzung. Das gilt insb. dann, wenn die Flächen mit Ausnahme von Kontrollen und Reparaturen normalerweise nicht betreten werden.257 Störungen bei der Nutzung seines Sondereigentums steht der Wohnungseigentümer dennoch nicht wehrlos gegenüber: Eine dauernde Nutzung der anderen Wohnungseigentümer unter Betreten seines Sondereigentums kann er als erheblichen Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 abwenden.258 Gänzlich ausgeschlossen sind Nutzungsrechte Dritter, wenn die Eigentümerversammlung einem Wohnungseigentümer den Anbau eines Balkons gestattet hat. Dem Wohnungseigentümer stehen an dem Balkon dann ausschließliche Nutzungsbefugnisse aufgrund der Natur der baulichen Veränderung und unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 16 Abs. 6 S. 1 – nicht jedoch aufgrund eines konkludent vereinbarten oder „faktischen“ Sondernutzungsrechts – zu.259 Auch aus öffentlich-rechtlichen Genehmigungen bestimmter Nutzungsarten zugunsten ein- 88 zelner Wohnungseigentümer folgt kein Anspruch auf alleinige Nutzung. Eine Gaststättenkonzession berechtigt den Inhaber daher nicht zur alleinigen Nutzung des Außenbereichs als Biergarten o.Ä.260 e) Durch Umdeutung fehlerhaft begründeten Sondereigentums? Wird Sondereigentum unwirksam begründet, z.B. weil es sich um zwingendes Gemeinschafts- 89 eigentum handelt, kann eine Umdeutung in ein Sondernutzungsrecht in Betracht kommen.261 Die Umdeutung setzt nach § 140 BGB allerdings voraus, dass die Entstehungsvoraussetzungen eines Sondernutzungsrechts vorliegen, insb. dass das Sondernutzungsrecht einem Wohnungseigentum zugeordnet ist.262 Die fehlerhafte Eintragung im Grundbuch kann dann im Wege

253 OLG Düsseldorf, Beschl v. 25.7.2003 – 3 Wx 133/03, NZM 2003, 767. 254 AG München v. 12.7.2017 – 481 C 22391/16, ZMR 2018, 86; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 60; vgl. OLG Köln v. 26.4.1996 – 16 Wx 56/96, WuM 1997, 59. 255 LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 117/13, MietRB 2014, 364 = ZMR 2014, 741. 256 LG Karlsruhe v. 27.9.2011 – 11 S 41/10, ZWE 2012, 102. 257 LG Hamburg v. 9.12.2009 – 318 S 69/09, ZMR 2010, 311. 258 Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 90. 259 BayObLG v. 17.9.2003 – 2Z BR 179/03, MietRB 2004, 79 = NZM 2004, 384. 260 OLG Frankfurt v. 1.4.1980 – 20 W 11/80, Rpfleger 1980, 391. 261 KG v. 16.9.1998 – 24 W 8886/97, ZMR 1999, 204; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 82; Schneider in Bärmann/Seuß, § 13 WEG Rz. 94. 262 KG v. 16.9.1998 – 24 W 8886/97, ZMR 1999, 204; OLG Düsseldorf v. 12.7.1995 – 3 Wx 181/95, WuM 1995, 606.

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§ 13 Rz. 89 | Rechte des Wohnungseigentümers der Grundbuchberichtigung korrigiert werden.263 Für die Berichtigung ist die Mitwirkung sämtlicher Eigentümer und dinglich Berechtigter nicht notwendig.264 f) Anspruch auf Begründung eines Sondernutzungsrechts 89a In Ausnahmefällen kann nach § 10 Abs. 2 S. 3 auch ein Anspruch auf Begründung eines Son-

dernutzungsrechts bestehen (dazu § 10 Rz. 37 ff.), wenn sich das Sondernutzungsrecht nicht bereits durch Auslegung (s. Rz. 75) oder Umdeutung (s. Rz. 89) von Vereinbarungen ergibt. Eine faktische Alleinnutzung eines Gebäudeteils durch einen Wohnungseigentümer genügt für einen Anspruch auf Begründung allerdings noch nicht. Erforderlich wird vielmehr sein, dass die alleinige Nutzung bereits in der Gemeinschaftsordnung oder einer anderen Vereinbarung angelegt ist, z.B. indem einem Wohnungseigentümer ein Ausbaurecht für den Spitzboden oberhalb seiner Wohnung eingeräumt wird, und der Mitgebrauch durch alle Wohnungseigentümer einen untragbaren Zustand bedeuten würde.265 Im Gegenzug kann bei gravierenden und unvorhersehbaren Eingriffen in die Nutzungsrechte am Gemeinschaftseigentum von dem begünstigten Wohnungseigentümer eine Ausgleichszahlung an die nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer verlangt werden.266

4. Inhalt des Sondernutzungsrechts a) Nutzungsbefugnis 90 Dem Sondernutzungsberechtigten steht das alleinige Gebrauchs- und Nutzungsrecht grund-

sätzlich in dem gleichen Umfang wie am Sondereigentum zu (§ 13 Abs. 1). Er kann das Sondereigentum – in den Grenzen des § 14 Nr. 1 – selbst gebrauchen, vermieten,267 verpachten oder in sonstiger Weise nutzen. Er hat auch das Recht zur Fruchtziehung und ihm stehen die Gebrauchsvorteile zu (§ 100 BGB).268 Der Umfang der Rechte ist häufig aufgrund der von den Wohnungseigentümern getroffenen Regelung auf bestimmte Nutzungsarten beschränkt (s. Rz. 91). Zwingend ist dies jedoch nicht.269 Hingegen setzt das Sondernutzungsrecht nach seinem Wesen stets ein vollständiges Ausschlussrecht voraus. Es kann nicht in der Weise eingeräumt werden, dass dem Berechtigten für einen bestimmten Teil des gemeinschaftlichen Eigentums eine bestimmte Nutzungsart vorbehalten wird, während andere Nutzungsarten allen anderen Wohnungseigentümern gestattet sind.270 91 Die zulässige Nutzung kann durch die Bezeichnung als „Stellplatz“, „Gartenfläche“ oder „Ter-

rasse“ näher bestimmt werden (sog. Zweckbestimmung). Sie betrifft nicht das Ausschlussrecht, sondern beschränkt den positiven Inhalt auf die Nutzung in dem vereinbarten Sinn. Ob eine Zweckbestimmung vorliegt, ist durch Auslegung der Teilungserklärung, der Gemeinschaftsordnung und des Aufteilungsplans zu ermitteln (s § 15 Rz. 15). Eine Bezeichnung der Sondernutzungsflächen in einem Lageplan (s. Rz. 74), die ersichtlich nur der räumlichen Abgrenzung dient, ist für die Nutzungsbefugnis danach unerheblich. Zulässig sind abweichende

263 264 265 266 267 268 269

Schneider in Bärmann/Seuß, § 13 WEG Rz. 94. LG Regensburg v. 1.8.1989 – 5 T 165/89, MittBayNot 1990, 43. OLG Frankfurt v. 8.3.2016 – 6 U 23/15, ZMR 2017, 657. Vgl. BGH v. 19.1.2017 – V ZR 95/16, MietRB 2017, 163. Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 78. BayObLG v. 13.2.1998 – 2Z BR 174/97, NZM 1998, 335; Schmid, ZWE 2015, 109 (111 f.). OLG München v. 12.4.2013 – 34 Wx 124/13, MDR 2013, 1156 = MietRB 2013, 272 = ZWE 2013, 321; BayObLG v. 12.11.1998 – 2Z BR 95/98, DNotZ 1999, 672. 270 OLG Jena v. 14.10.1998 – 6 W 637/98, Rpfleger 1999, 70; OLG Naumburg v. 10.12.1997 – 10 Wx 43/97, WuM 1998, 301.

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IV. Sondernutzungsrechte | Rz. 93 § 13

Nutzungsarten, wenn sie typischerweise nicht stärker stören (s. § 15 Rz. 17 f.). Zu den zulässigen Nutzungen im Einzelnen s. § 15 Rz. 36 ff. Innerhalb einer zulässigen Nutzungsart ist der zulässige Gebrauch durch eine objektiv-norma- 91a tive Auslegung zu ermitteln, wobei von dem herkömmlichen Begriff der zugelassenen Nutzungsart auszugehen ist. Wenn andere Anhaltspunkte fehlen, entscheidet das übliche Maß der Nutzung: Das Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche umfasst neben dem Recht zum Gebrauch (s. § 15 Rz. 43) das Recht zu einer üblichen gärtnerischen Gestaltung. Dazu gehören der Rückschnitt, das Entfernung von Pflanzen und deren Neuanpflanzung.271 Auch die Verwendung einer Gartenfläche als Nutzgarten durch das Anlegen von Gemüsebeeten ist grundsätzlich zulässig, wenn nicht etwa eine Nutzung als „Ziergarten“ vereinbart ist; bei weitergehenden grundlegenden Umgestaltungen kann es sich jedoch um zustimmungsbedürftige bauliche Veränderungen handeln (s. Rz. 93).272 Nicht mehr zur üblichen Nutzung gehört die Bepflanzung mit stark wachsenden Bäumen, durch die eine Verschattung von Wohnungen oder eine Beschädigung des Gemeinschafts- oder Sondereigentums zu befürchten ist.273 Ist ein Sondernutzungsrecht „gemäß § 15“ vereinbart, wird durch den Verweis auf § 15 i.d.R. nicht eine Beschränkung auf eigenen Gebrauch unter Ausschluss des Rechts auf Überlassung des Gebrauchs an Dritte z.B. durch Vermietung gemeint sein, sondern nur ein Hinweis auf die nach früher h.M. maßgebliche gesetzliche Grundlage.274 Über das Maß der Nutzung können die Wohnungseigentümer im Rahmen des § 15 Abs. 2 92 auch durch Beschluss bestimmen; sie können insb. eine auch für das Sondernutzungsrecht geltende Hausordnung aufstellen.275 Im Rahmen ordnungsmäßigen Gebrauchs kann die Bepflanzung von Gartenflächen durch Beschluss geregelt werden.276 Vorgaben für die „Freiflächengestaltung“, die faktisch das Sondernutzungsrecht entwerten, können hingegen nicht beschlossen werden, sondern sind als Änderungen des Bestands nur durch Vereinbarung möglich (vgl. Rz. 110).277 Die Zulässigkeit baulicher Veränderungen richtet sich nach dem für das Gemeinschaftseigen- 93 tum geltenden § 22, wenn – auch konkludent – nichts anderes vereinbart ist.278 Die Regelung, dass Sondernutzungsrechte „wie Sondereigentum“ behandelt werden dürfen, reicht dabei nicht aus, um das Zustimmungserfordernis des § 22 Abs. 1 abzubedingen.279 Die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu baulichen Veränderungen ist hingegen entbehrlich, wenn diese Eingang in die Beschreibung des Sondernutzungsrechts gefunden haben oder wenn sie nach dem Inhalt des jeweiligen Sondernutzungsrechts üblicherweise vorgenommen wer-

271 OLG Köln v. 7.6.1996 – 16 Wx 88/96, ZMR 1997, 47; LG Hamburg v. 10.9.2010 – 318 S 24/09, ZMR 2011, 226. 272 OLG Düsseldorf v. 6.4.1994 – 3 Wx 534/95, ZMR 1994, 376; LG München I v. 3.8.2005 – 1 T 10251/05, NZM 2006, 666; zu den Grenzen vgl. auch OLG Hamburg v. 18.2.1994 – 2 Wx 49/92, WE 1995, 377; KG v. 10.1.1994 – 24 W 3851/93, ZMR 1994, 274; OLG Düsseldorf v. 14.8.1989 – 3 Wx 261/89, NJW-RR 1989, 1167 (zulässiges Schaukelgerüst auf Gartenfläche); LG Frankfurt v. 18.12.2013 – 2-13 S 82/12, ZWE 2014, 221 (unzulässige Abgrenzung durch Steinmauer). 273 Schmid, ZWE 2015, 109 (110). 274 A.A. Häublein, Sondernutzungsrechte, S. 17. 275 OLG München v. 3.4.2007 – 34 Wx 25/07, ZMR 2007, 484; KG v. 8.9.1995 – 24 W 5943/94, ZMR 1996, 279. 276 BayObLG v. 6.2.1992 – BReg.2 Z 166/91, ZMR 1992, 202; AG Hamburg-Barnbek v. 17.9.2014 – 882 C 23/13, ZMR 2015, 415. 277 BayObLG v. 23.6.2004 – 2Z BR 20/04, ZMR 2005, 383. 278 OLG Frankfurt v. 29.9.2003 – 20 W 231/02, juris; OLG Hamburg v. 4.3.2003 – 2 Wx 102/99, ZMR 2003, 524; OLG Köln v. 18.1.2002 – 16 Wx 247/01, NZM 2002, 458; Ott, NZM 2017, 1 (4); Häublein, Sondernutzungsrechte, S. 15. 279 BayObLG v. 2.10.1989 – BReg.2 Z 90/89, WuM 1990, 91.

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§ 13 Rz. 93 | Rechte des Wohnungseigentümers den und der Wohnungseigentumsanlage kein anderes Gepräge verleihen.280 Die Einräumung eines Sondernutzungsrechts an einer Dachfläche erfasst danach ohne ausdrückliche Gestattung nicht den Ausbau als Dachterrasse.281 Ebenso ist der Ausbau eines Dachbodens zu Wohnzwecken unzulässig.282 Die Gestattung einer „ortsüblichen Nutzung“ einer Gartenfläche, kann je nach örtlichen Verhältnissen hingegen das Recht zu bestimmten baulichen Veränderungen umfassen, z.B. zur Errichtung einer Pergola als Rankgerüst oder zur Aufstellung eines Geräteschuppens.283 Eine zustimmungsbedürftige bauliche Veränderung bleibt aber die Errichtung von Zäunen und Mauern.284 Zustimmungsbedürftig nach § 22 Abs. 1 ist auch das Fällen eines großen Baumes, der die Wohnanlage prägt, selbst dann, wenn dem Sondernutzungsberechtigten die „Instandhaltung und Instandsetzung“ der Gartenfläche übertragen ist.285 § 22 Abs. 1 wird nicht durch die Vereinbarung der „freien Gestaltung“ einer Gartenfläche abbedungen.286 Zu weiteren Einzelheiten s. § 22 Rz. 98. Nicht zum üblichen Inhalt des Sondernutzungsrechts an einem Stellplatz gehört die Installation sog. Parkbügel oder sonstiger Absperreinrichtungen. 94 Die Begründung eines Dauerwohnrechts oder Dauernutzungsrechts i.S.d. § 31 an dem Son-

dernutzungsrecht scheitert daran, dass es kein Sonder- oder Teileigentum ist und diesem auch insoweit nicht gleichsteht.287 95 Für das Sondernutzungsrecht gelten (mindestens) die Schranken des Sondereigentums ent-

sprechend (dazu Rz. 14). Der Sondernutzungsberechtigte kann sein Recht daher nur in den gesetzlichen Grenzen des § 14 nutzen. Bedeutung haben auch die Regelungen des allgemeinen Nachbarrechts. Bei der Frage, ob ein Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 vorliegt, können die Regelungen zum Überhang nach § 910 BGB wertend berücksichtigt werden; in analoger Anwendung des § 910 BGB ist dem Sondernutzungsberechtigten darüber hinaus ein Selbsthilferecht bei Überwuchs zuzuerkennen.288 Für die Frage, ob ein Überbau des Sondernutzungsberechtigten hinzunehmen ist, kann § 912 BGB analog herangezogen werden.289 Entsprechend § 913 BGB kann ein Anspruch auf Zahlung einer Überbaurente bestehen.290 Aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 917, 918 BGB kann sich ein Notwegerecht ergeben, wenn einem anderen Wohnungseigentümer sonst kein Zugang zu seinem Sondereigentum oder Sondernutzungsrecht möglich ist (s.a. Rz. 96).291 Auch aus den Wertungen des Landesnachbarrechts können über § 14 Nr. 1 Einschränkungen des Sondernutzungsrechts folgen. Das gilt insb. hinsichtlich der Pflanzabstände.292 Entsprechend herangezogen werden können

280 BGH v. 22.6.2012 – V ZR 73/11, MietRB 2012, 356 = ZMR 2012, 883; BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73 = NJW 2012, 676. 281 OLG Frankfurt v. 23.1.2006 – 20 W 195/03, ZWE 2006, 243. 282 OLG Frankfurt v. 24.8.1990 – 20 W 49/90, OLGZ 1991, 185. 283 BayObLG v. 19.3.1998 – 2Z BR 131/97, ZMR 1998, 503. 284 OLG Köln v. 16.4.2008 – 16 Wx 33/08, ZMR 2008, 817; OLG Köln v. 13.2.1998 – 16 Wx 3/09, NZM 1999, 178 (Sichtschutzwand); KG v. 10.1.1994 – 24 W 3851/93, NJW-RR 1994, 526: (kniehohe Mauer als Beeteinfassung); LG Stuttgart v. 24.2.2014 – 2 S 18/13, ZWE 2014, 372 (Sichtschutzwand); vgl. aber BayObLG v. 4.2.1982 – BReg.2 Z 9/81, Rpfleger 1982, 219 (zulässiger Grenzzaun). 285 LG Lüneburg v. 30.4.2013 – 5 S 111/12, ZMR 2013, 656. 286 AG München v. 28.2.2018 – 481 C 793/17, ZMR 2018, 458. 287 OLG Hamburg v. 22.3.2004 – 2 Wx 153/01, ZMR 2004, 616. 288 KG v. 13.6.2005 – 24 W 115/04, MietRB 2005, 319 = NZM 2005, 745; a.A. OLG Düsseldorf v. 27.6.2001 – 3 Wx 79/01, ZMR 2001, 910. 289 KG v. 28.5.1999 – 24 W 9020/97, ZMR 2000, 331. 290 AG Lehrte v. 27.4.2010 – 14 C 25/10, ZMR 2010, 727. 291 OLG München v. 2.6.2008 – 32 Wx 44/08, MietRB 2009, 108. 292 BGH v. 28.9.2007 – V ZR 276/06, BGHZ 174, 20 = MDR 2008, 135 = MietRB 2007, 315 = NJW 2007, 3636; OLG München v. 11.1.2006 – 34 Wx 150/05, MietRB 2006, 167; OLG Hamm v. 21.10.2002 – 15 W 77/02, ZMR 2003, 372; BayObLG v. 11.2.1999 – 2Z BR 167/98, ZMR 1999, 348

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IV. Sondernutzungsrechte | Rz. 97 § 13

auch sonstige landesrechtlichen Regelungen über störende Bepflanzungen.293 Die Ausschlussfristen des landesrechtlichen Nachbarrechts gelten hingegen auch nicht analog.294 Daneben unterliegt das Sondernutzungsrecht immanenten Schranken, die sich aus den Rück- 96 sichtnahme- und Treuepflichten der Wohnungseigentümer untereinander ergeben und ihren Rechtsgrund im Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer finden.295 Ein Wohnungseigentümer muss deshalb das Überfahren oder das Begehen seiner Sondernutzungsfläche durch andere Wohnungseigentümer dulden, wenn diese nicht auf anderem Wege zu ihrem Sondereigentum, ihren Garagen, Stellplätzen oder sonstigen Sondernutzungsflächen gelangen können.296 Nichtig wegen eines Eingriffs in den Kernbereich des Wohnungseigentums (dazu § 15 Rz. 12) ist ein solches Sondernutzungsrecht aber nicht; durch die immanenten Schranken sind die Gebrauchsrechte der belasteten Wohnungseigentümer hinreichend gewahrt.297 Ein weiterer und umständlicherer Zugang zu diesen Flächen begründet ein Betretungsrecht noch nicht.298 Der Berechtigte kann verpflichtet sein, den übrigen Wohnungseigentümer seine Sondernutzungsfläche als Parkraum zur Verfügung zu stellen, wenn dieser öffentlich-rechtlich vorgeschrieben ist.299 Er kann dafür allerdings die Zahlung eines angemessenen Ausgleichs verlangen, der ausgehend vom Verkehrswert zu bemessen ist.300 b) Pflichten des Sondernutzungsberechtigten Da das Sondernutzungsrecht am Gemeinschaftseigentum besteht, ist der Berechtigte ohne 97 eine ausdrückliche Regelung der Wohnungseigentümer nicht verpflichtet, die Kosten und Lasten seines Sondernutzungsrechts allein zu tragen; die Kostenverteilung richtet sich vielmehr nach § 16 Abs. 2 bzw. einem vereinbarten oder gem. § 16 Abs. 3, Abs. 4 beschlossenen Kostenverteilungsschlüssel.301 Ein Beschluss nach § 16 Abs. 3, mit dem die Betriebskosten dem Sondernutzungsberechtigten auferlegt werden, kann wegen § 16 Abs. 5 auch dann nachträglich getroffen werden, wenn sich in der Teilungserklärung eine abweichende Regelung findet.

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294 295 296 297 298

299 300 301

(Einhaltung der Abstandsfläche für Thujenhecke); AG München v. 5.5.2014 – 485 C 2913/12, ZWE 2014, 362. BayObLG v. 11.2.1999 – 2Z BR 167/98, ZMR 1999, 348 (Einhaltung der Abstandsfläche für Thujenhecke); OLG Köln v. 7.6.1996 – 16 Wx 88/96, NJW-RR 1997, 14 (Setzen einer Schwarzkiefer als übliche Nutzung); KG v. 13.7.1987 – 24 W 1752/87, NJW-RR 1987, 1360 (Hängebuche als stark wachsender Baum unzulässig); BayObLG v. 5.3.1987 – BReg.2 Z 50/86, NJW-RR 1987, 846 (Anpflanzen von zwei Birken als übliche Nutzung). OLG Hamm v. 21.10.2002 – 15 W 77/02, ZMR 2003, 372. OLG Frankfurt v. 23.11.2005 – 20 W 432/03, ZWE 2006, 105; OLG Hamburg v. 19.8.2004 – 2 Wx 52/00, ZMR 2004, 933. OLG Zweibrücken v. 17.1.2011 – 3 W 196/10, MietRB 2011, 183 = ZWE 2011, 179; OLG Frankfurt v. 2.7.2003 – 20 W 154/03, GuT 2003, 235; OLG Stuttgart v. 20.2.2001 – 8 W 555/00, ZMR 2001, 730; KG v. 20.12.1989 – 24 W 3084/89, NJW-RR 1990, 333. A.A. LG München I v. 1.6.2015 – 1 S 13261/14, MietRB 2015, 369 m. abl. Anm. Becker = GrundE 2015, 1106. BayObLG v. 2.5.1996 – 2Z BR 1/96, ZMR 1996, 509; vgl. aber BayObLG v. 19.12.1989 – BReg.1b Z 42/88, WuM 1990, 167, das es als unzumutbar ansieht, wenn einem Wohnungseigentümer der Zugang zu seinem Garten nur noch durch seine Wohnung möglich ist, so dass er gezwungen ist, Gartenabfälle und -bedarf durch die Wohnung zu transportieren. OLG Hamburg v. 19.8.2004 – 2 Wx 52/00, ZMR 2004, 933; BayObLG v. 9.3.2004 – 2Z BR 259/03, NZM 2004, 713, auch zum Ausgleich durch Zahlung eines Nutzungsentgelts. BayObLG v. 5.12.2001 – 2Z BR 126/01, ZMR 2002, 368; vgl. auch KG v. 21.5.2001 – 24 W 6221/00, MDR 2001, 1109. Vgl. LG München I v. 4.2.2013 – 1 S 26400/11, ZMR 2013, 477.

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§ 13 Rz. 98 | Rechte des Wohnungseigentümers 98 Dasselbe gilt für die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung. Ohne Regelung in der

Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung bleibt die Gemeinschaft zuständig.302 Der Sondernutzungsberechtigte kann durch Vereinbarung aber zur Vornahme der erforderlichen Handlungen auf eigene Kosten oder auch nur zur Kostentragung verpflichtet werden. Letzteres gilt z.B., wenn vereinbart ist, dass der Berechtigte die „Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten“ oder die „Pflegekosten“303 der Sondernutzungsfläche zu tragen hat. Die Instandhaltung und Instandsetzung selbst obliegt dem Sondernutzungsberechtigten nicht nur bei ausdrücklicher Vereinbarung, sondern auch dann, wenn vereinbart ist, dass das Sondernutzungsrecht wie Sondereigentum zu behandeln ist.304 Bei Gartenflächen wird die Pflicht zur Pflege i.d.R. bereits durch die Zweckbestimmung des Sondernutzungsrechts als „Garten“ dem Berechtigten konkludent auferlegt.305 Wird der Sondernutzungsberechtigte mit „Pflege und Instandhaltung“ belastet, ist er regelmäßig auch zu Instandsetzungsmaßnahmen verpflichtet.306 Im Zweifel umfasst die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht des Sondernutzungsberechtigten von Räumen allerdings nur die sondereigentumsfähigen, nicht aber die für den Bestand und die Sicherheit des Gebäudes erforderlichen Gebäudebestandteile, weil sonst der Sondernutzungsberechtigte schlechter stünde als der Sondereigentümer. Mit der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht des Sondernutzungsberechtigten geht im Zweifel auch die Pflicht einher, die insoweit entstehenden Kosten zu tragen.307 Nach einer Entscheidung des OLG Düsseldorf soll der Sondernutzungsberechtigte auch bei einer vereinbarten Pflicht zur Kostentragung nicht die Kosten für das Fällen einer Pappel tragen müssen, wenn von dieser eine Gefahr für den Bestand des gemeinschaftlichen Eigentums ausgehe: Zwar handele es sich noch nicht um eine bauliche Veränderung, aber es sei nicht nur der Pflichtenkreis des Sondernutzungsberechtigten betroffen.308 99 Möglich ist es, dem Sondernutzungsberechtigten im Einzelfall die Kosten der Instandhaltung

oder Instandsetzung durch Beschluss nach § 16 Abs. 4 S. 1 aufzuerlegen (s. § 16 Rz. 62). Ein derartiger Beschluss ist grundsätzlich zulässig, weil er der gesteigerten Gebrauchsmöglichkeit des Sondernutzungsberechtigten Rechnung trägt. Unzulässig sind jedoch Beschlüsse, die auf eine dauerhafte Bindung der Gemeinschaft hinauslaufen, weil der Gleichbehandlungsgrundsatz eine entsprechende Kostenverteilung für zukünftige Maßnahmen erfordert.309 Der Beschluss muss auch auch spätestens mit dem Beschluss der Instandsetzungsmaßnahme getroffen werden, damit der Sondernutzungsberechtigte bereits bei Durchführung der Maßnahme weiß, in welchem Umfang ihn Kosten treffen (s. § 16 Rz. 74). 100 Die Zustimmung zu einer baulichen Veränderung nach § 22, die ein sondernutzungsberech-

tigter Wohnungseigentümer im Bereich seines Sondernutzungsrechts auf eigene Kosten vornehmen will, ist i.d.R. so auszulegen, dass er auch die Folgekosten dieser Maßnahme zu tragen hat.310 Eine Pflicht zur Tragung der Folgekosten kann sich auch konkludent aus der vereinbarten Gestattung baulicher Änderungen ergeben. 101 Auf den Inhaber des Sondernutzungsrechts geht regelmäßig die Verkehrssicherungspflicht

an der Sondernutzungsfläche über, weil die Pflicht an die Eröffnung des Verkehrs anknüpft

302 303 304 305 306 307 308 309 310

BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = MDR 2015, 79 = MietRB 2015, 46. Zu diesem Begriff OLG Düsseldorf v. 11.7.2001 – 3 Wx 188/01, WuM 2001, 620. BayObLG v. 18.12.2003 – 2Z BR 203/03, ZMR 2004/357. Vgl. Schmid, ZWE 2016, 109 (110). LG München I v. 4.2.2013 – 1 S 26400/11, ZMR 2013, 477; a.A. KG v. 25.2.2009 – 24 W 362/08, ZMR 2009, 625. BGH v. 28.10.2016 – V ZR 91/16, MDR 2017, 567 = MietRB 2017, 194 = NJW 2017, 1167. OLG Düsseldorf v. 17.10.2003 – 3 Wx 227/03, ZMR 2004, 608. BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, BGHZ 186, 51 = MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = NJW 2010, 2513. BayObLG v. 27.4.2001 – 2Z BR 70/00, ZMR 2001, 829.

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IV. Sondernutzungsrechte | Rz. 103 § 13

und die Stellung des Sondernutzungsberechtigten insoweit der des Sondereigentümers angenähert ist.311 Hierzu bedarf es entgegen der vorherrschenden Ansicht keiner besonderen Regelung in der Teilungserklärung, insb. nicht der Übertragung der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht.312 Auf die persönlichen und geistigen Fähigkeiten des Wohnungseigentümers kommt es dabei nicht an.313 Die Ansicht, nach der die Verkehrssicherungspflichten weiter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (dazu § 10 Rz. 138) obliegen sollen,314 ist abzulehnen, weil die Verkehrssicherungspflichten nicht an die vermögensrechtliche Zuordnung (hier zum Gemeinschaftseigentum), sondern an die tatsächliche Verfügungsgewalt anknüpfen.315 Dem Sondernutzungsberechtigten obliegt daher eine Streu- und Räumpflicht an den in seinem Sondernutzungsrecht liegenden Wegen. Der Sondernutzungsberechtigte an einer Gartenfläche hat dafür zu sorgen, dass Bäume regelmäßig kontrolliert und bei Umsturzgefahr gefällt werden.316 c) Belastung und Pfändung des Sondernutzungsrechts Das Sondernutzungsrecht selbst kann nicht mit einer Dienstbarkeit belastet werden, weil es 102 sich lediglich um eine schuldrechtliche Vereinbarung handelt und die betroffene Fläche weiter im Gemeinschaftseigentum steht.317 Es ist auch nicht möglich, dass eine Dienstbarkeit an einem Wohnungseigentum mit dem Inhalt bestellt wird, dass Ausübungsbereich das Sondernutzungsrecht am gemeinschaftlichen Eigentum ist.318 Wird ein Wohnungsrecht am Sondereigentum eingeräumt, erstreckt sich, wenn nichts anderes vereinbart ist, die alleinige Nutzungsbefugnis auch auf die diesem zugeordneten Sondernutzungsflächen, so dass in diesem Fall dasselbe Ergebnis auch ohne Grundbucheintragung erreicht werden kann. Muss hingegen die Nutzung eines Dritten an der Sondernutzungsfläche durch eine Dienstbarkeit gesichert werden, verbleibt nur die Möglichkeit entweder das Sondernutzungsrecht in Sondereigentum umzuwandeln oder eine flächengleiche Dienstbarkeit am Gemeinschaftseigentum zu bestellen, was dann freilich die Zustimmung sämtlicher Eigentümer voraussetzt.319 Die flächengleiche Dienstbarkeit geht der Nutzungsbefugnis des Sondernutzungsberechtigten am Gemeinschaftseigentum vor.320 Das Sondernutzungsrecht ist im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht isoliert pfändbar, 103 weil es kein selbständiges Vermögensrecht i.S.d. § 857 ZPO ist.321 Da es nur innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen werden kann, käme ohnehin nur eine Pfän-

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318 319 320 321

Vgl. BayObLG v. 17.5.1985 – BReg.2 Z 144/84, juris. A.A. Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 98; Hügel/Elzer, § 13 WEG Rz. 78. A.A. Schmid, ZWE 2015, 109 (111). So Gottschalg, NZM 2002, 590; differenzierend zwischen Innen- und Außenverhältnis Schneider in Bärmann/Seuß, § 13 WEG Rz. 159 f.; Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 367. Wagner in MünchKomm/BGB, § 823 BGB Rz. 462 m.w.N. Schmid, ZWE 2015, 109 (111); vgl. BGH v. 21.3.2003 – V ZR 319/02, NJW 2003, 1732 = MDR 2003, 802. OLG Schleswig v. 3.8.2011 – 2 W 2/11, MietRB 2012, 112 = ZWE 2012, 42; BayObLG v. 11.9.1997 – 2Z BR 120/97, ZMR 1998, 179; BayObLG v. 30.4.1997 – 2Z BR 5/97, WuM 1997, 386; BayObLG v. 30.11.1989 – BReg.2 Z 82/89, WuM 1990, 168; OLG Düsseldorf v. 16.4.1986 – 3 Wx 109/86, MDR 1986, 851; a.A. Ott, DNotZ 1998, 128; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 56. OLG Schleswig v. 3.8.2011 – 2 W 2/11, MietRB 2012, 112 = ZWE 2012, 42; BayObLG v. 11.9.1997 – 2Z BR 120/97, ZMR 1998, 179; OLG Düsseldorf v. 16.4.1986 – 3 Wx 109/86, MDR 1986, 851. OLG Zweibrücken v. 22.12.1998 – 3 W 232/98, NZM 1999, 771. OLG München v. 12.4.2013 – 34 Wx 124/13, MDR 2013, 1156 = MietRB 2013, 272 = ZWE 2013, 321. OLG Stuttgart v. 15.4.2002 – 8 W 492/00, NZM 2002, 884; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 55; a.A. Schuschke, NZM 1999, 830 (831); offen gelassen von BGH v. 22.4.2010 – VII ZB 15/09, MDR 2010, 1017 = MietRB 2010, 233 = ZWE 2010, 333.

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§ 13 Rz. 103 | Rechte des Wohnungseigentümers dung durch die übrigen Wohnungseigentümer in Betracht, nicht jedoch durch außerhalb der Gemeinschaft stehende Gläubiger.322 Ein Zugriff auf das Sondernutzungsrecht ist allerdings durch Vollstreckung in das Wohnungseigentum im Wege der Immobiliarvollstreckung möglich, weil das Sondernutzungsrecht dessen Bestandteil ist (§§ 864, 865 ZPO, § 1120 BGB).323 Ebenfalls möglich ist die Vollstreckung in die Früchte des Sondernutzungsrechts, wie z.B. die Einnahmen aus Vermietung.324

5. Das Sondernutzungsrecht bei Eigentümerwechsel a) Das nicht eingetragene Sondernutzungsrecht 104 Ist ein vereinbartes Sondernutzungsrecht nicht im Grundbuch eingetragen, erlischt es grund-

sätzlich, wenn auf Seiten der Verpflichteten ein neuer Wohnungseigentümer in die Gemeinschaft eintritt.325 Der Nutzungsberechtigte kann sich dann nicht nur nicht gegenüber dem neuen Wohnungseigentümer, sondern auch nicht mehr gegenüber den übrigen Eigentümern auf sein Sondernutzungsrecht berufen.326 Das Fehlen der Allseitigkeit der Vereinbarung macht diese insgesamt hinfällig. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die belasteten Wohnungseigentümer das Sondernutzungsrecht des neuen Berechtigten rechtsgeschäftlich ausdrücklich oder konkludent anerkennen; die stillschweigende Hinnahme des weiteren Alleingebrauchs genügt dazu nicht (s. auch Rz. 86).327 105 Es ist jedoch möglich, dass der Erwerber von Sondereigentum in die vertragliche Stellung des

Veräußerers durch Schuldübernahme eintritt.328 Dies setzt die positive Kenntnis des Erwerbers vom Bestehen einer Vereinbarung betreffend die Alleinnutzung und die Festlegung des rechtsgeschäftlichen Willens, in diese Vereinbarung eintreten zu wollen, voraus.329 Erforderlich ist zudem die Zustimmung der übrigen Parteien zu der Vereinbarung. Da sich die Rechtsstellung der übrigen Wohnungseigentümer nicht ändert, dürfte regelmäßig von ihrer konkludenten Zustimmung auszugehen sein. Die Verweigerung ihrer Zustimmung könnte zudem treuwidrig sein (§ 242 BGB). Darlegungs- und beweispflichtig für die Schuldübernahme ist im Rechtsstreit der Begünstigte.330 106 Bei einer Übertragung des Wohnungseigentums durch den Sondernutzungsberechtigten

nimmt die h.M. hingegen an, dass das schuldrechtliche Sondernutzungsrecht auch zugunsten des neuen Wohnungseigentümers besteht.331 Zur Begründung wird § 746 BGB entsprechend herangezogen, der regelt, dass die Verwaltungs- und Benutzungsregelungen des Bruchteils-

322 So auch Schuschke, NZM 1999, 830 f. 323 Schneider, RPfleger 1998, 53 (60); Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 55. 324 BGH v. 22.4.2010 – VII ZB 15/09, MDR 2010, 1017 = MietRB 2010, 233 = ZWE 2010, 333; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 55. 325 BGH v. 17.5.2002 – V ZR 149/01, MDR 2002, 1111 f. = NJW 2002, 2863. 326 OLG Köln v. 2.4.2001 – 16 Wx 7/01, MDR 2001, 1404 = ZMR 2002, 73 mit krit. Anm. Häublein = DNotZ 2002, 227; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 63; a.A. LG Freiburg v. 20.4.2004 – 4 T 210/03, juris. 327 LG Karlsruhe v. 5.12.2017 – 11 S 145/16, ZWE 2018, 208. 328 OLG Zweibrücken v. 21.1.2005 – 3 W 198/04, MietRB 2005, 150 (157) = NZM 2005, 343; LG München v. 4.3.2013 – 1 S 8972/13, ZMR 2013, 562. 329 OLG Zweibrücken v. 21.1.2005 – 3 W 198/04, MietRB 2005, 150 (157) = NZM 2005, 343; OLG Hamm v. 10.9.1996 – 15 W 236/96, ZMR 1996, 671. 330 LG München v. 4.3.2013 – 1 S 8972/13, ZMR 2013, 562. 331 OLG Frankfurt v. 1.2.2006 – 20 W 291/03, ZWE 2006, 489; BayObLG v. 10.1.2002 – 2Z BR 180/01, ZMR 2002, 528; OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – 3 Wx 392/00, ZMR 2001, 649; OLG Hamm v. 28.5.1998 – 15 W 4/98, ZMR 1998, 718; OLG Schleswig v. 27.12.1995 – 2 W 60/95, WuM 1996, 169.

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IV. Sondernutzungsrechte | Rz. 108 § 13

eigentums auch für und gegen die Sondernachfolger wirken. Die Gegenauffassung hält § 746 BGB auf die Wohnungseigentümergemeinschaft jedoch nicht für anwendbar.332 Dies ist allerdings nur zutreffend, soweit es um die Wirkung einer Vereinbarung gegen einen Sondernachfolger geht, denn dann ist § 10 Abs. 3 vorrangig, der diese von der Grundbucheintragung abhängig macht. Im Übrigen, d.h. zugunsten eines Sondernachfolgers, verbleibt es aber bei der Geltung des § 746 BGB. Der h.M. ist daher zuzustimmen. Auch die Vertreter der Gegenauffassung werden indes vielfach zu demselben Ergebnis kommen, weil in der Regel die Voraussetzungen für eine rechtsgeschäftliche (konkludente) Übertragung des Sondernutzungsrechts vorliegen dürften. Ist das Sondernutzungsrecht aufgrund einer Öffnungsklausel wirksam beschlossen worden 106a (s. Rz. 85), fehlt es zwar an einer Grundbucheintragung. Das beschlossene Sondernutzungsrecht bindet den Rechtsnachfolger aber gem. § 10 Abs. 4 ohne Eintragung. Es wirkt daher bei einem Eigentümerwechsel auf Seiten der Verpflichteten ohne weiteren Rechtsakt gegenüber dem neuen Wohnungseigentümer. Anders als bei dem eingetragenen Sondernutzungsrecht (Rz. 108) findet ein Schutz des gutgläubigen Erwerbers nach § 892 BGB aber nicht statt.333 Die Regeln für die Übertragung eines nicht eingetragenen Sondernutzungsrechts gelten auch 106b dann, wenn seine Eintragung im Grundbuch versehentlich unterblieben ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Eintragung trotz Vorliegens der erforderlichen Bewilligungen insgesamt fehlt oder ob bei der gestreckten Begründung lediglich die Zuordnung zu dem Wohnungseigentum nicht eingetragen wurde (s. Rz. 82). Soll die bisher fehlende Eintragung der Zuordnung nach Übertragung nachgeholt werden, bedarf es entsprechend § 19 GBO der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer und deren Grundschuldgläubiger, weil eine anderweitige Abtretung nach der erstmaligen Zuordnung nicht ausgeschlossen werden kann.334 b) Das eingetragene Sondernutzungsrecht Ist das Sondernutzungsrecht in das Grundbuch eingetragen, wirkt es nach § 10 Abs. 3 gegen 107 Sonderrechtsnachfolger der belasteten Wohnungseigentümer. Mit der Übertragung des begünstigten Miteigentumsanteils geht es auf den neuen Wohnungseigentümer über.335 Spricht man dem Sondernutzungsrecht eine dingliche Natur zu (s. Rz. 72), ergibt sich dies ohne weiteres aus § 873 BGB.336 Das Sondernutzungsrecht wird danach als Inhalt des Sondereigentums nach § 6 Abs. 2 ohne eine gesonderte Abtretung übertragen. Lehnt man den dinglichen Charakter ab, ist § 746 BGB heranzuziehen (Rz. 106). Bei der Übertragung des Wohnungseigentums kann ein nicht rechtswirksam begründetes, 108 aber eingetragenes Sondernutzungsrecht nach § 892 BGB gutgläubig erworben werden.337 Das gilt nicht nur bei Übertragung des Sondernutzungsrechts (Zweiterwerb), sondern auch bei einem Ersterwerb vom aufteilenden Eigentümer.338 Dabei kommt es nicht darauf an, ob man das eingetragene Sondernutzungsrecht als dingliches Recht ansieht oder ihm nur schuld-

332 Schneider in Bärmann/Seuß, § 13 WEG Rz. 119. 333 Zu den dadurch entstehenden Wertungswidersprüchen Schneider in Bärmann/Seuß, § 13 WEG Rz. 141. 334 OLG München v. 22.12.2017 – 34 Wx 139/17, ZWE 2018, 164. 335 LG München v. 4.3.2013 – 1 S 8972/13, ZMR 2013, 562; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 107; Hügel/Elzer, § 13 WEG Rz. 64. 336 Vgl. Schneider in Bärmann/Seuß, § 13 WEG Rz. 121. 337 OLG Hamm v. 21.10.2008 – 15 Wx 140/08, ZWE 2009, 169; LG München I v. 14.2.2011 – 1 S 15864/10, MietRB 2011, 217; LG Nürnberg-Fürth v. 29.7.2009 – 14 S 1895/09, NJW 2009, 3442 m.w.N. 338 OLG Hamm v. 21.10.2008 – 15 Wx 140/08, ZWE 2009, 169; a.A. LG München I v. 25.6.2015 – 36 S 8340/14, ZMR 2016, 139; LG Köln v. 15.5.2002 – 28 O 631/01, MDR 2002, 1186.

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§ 13 Rz. 108 | Rechte des Wohnungseigentümers rechtlichen Charakter zumisst. Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 892 BGB ist, dass es sich bei dem Sondernutzungsrecht um ein nach § 10 Abs. 3 eintragungsfähiges Recht handelt. Mit der Eintragung nimmt das Sondernutzungsrecht am guten Glauben des Grundbuchs (§ 891 BGB) teil. Der gutgläubige Erwerb wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Erwerber als Vormerkungsberechtigter der Eintragung des Sondernutzungsrechts bei dem später von ihm erworbenen Sondereigentum zugestimmt hat; dies schließt den Charakter des Eigentumsübergangs als Verkehrsgeschäft nicht aus.339 Nicht in Betracht kommt ein gutgläubiger Erwerb aber dann, wenn die Eintragung – z.B. wegen Widersprüchlichkeit oder fehlender Bestimmtheit – inhaltlich unzulässig war.340 Auch bei dem Erwerb von Wohnungseigentum durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung kann es einen gutgläubigen Erwerb nach § 892 BGB nicht geben.341

6. Übertragung, Abänderung und Erlöschen 109 Von den Fällen der Übertragung von Wohnungseigentum sind die Fälle zu unterscheiden, in

denen das Sondernutzungsrecht isoliert von einem Wohnungseigentümer auf einen anderen übertragen werden soll. Die isolierte Übertragung ist – wie § 5 Abs. 4 S. 2 zeigt – grundsätzlich möglich. Sie kann aber durch (konkludente) Vereinbarung beschränkt werden, wofür die Vereinbarung einer Veräußerungsbeschränkung für Wohnungseigentum nach § 12 allerdings nicht ausreicht.342 Für beschlossene Sondernutzungsrechte kann die Öffnungsklausel die Übertragbarkeit ausdrücklich oder konkludent ausschließen.343 Erwerber kann nur ein anderer Wohnungseigentümer, nicht jedoch ein außenstehender Dritter sein, weil die Übertragung auf ihn über den zulässigen Gegenstand eines Sondernutzungsrechts hinausgeht.344 Die Übertragung erfolgt durch Abtretung (§§ 398 ff. BGB). Für ein im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht soll nach h.M. eine (formfreie) Einigung und Eintragung gem. §§ 873, 877 BGB erforderlich sein, weil die Übertragung eine Inhaltsänderung des Wohnungseigentums begründe.345 Der Grundbuchvollzug erfolgt durch Ab- bzw. Zuschreibung im Bestandsverzeichnis der beteiligten Wohnungen.346 Für die Übertragung des Sondernutzungsrechts oder eines Teils davon ist die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer nicht erforderlich, denn die ihre Gebrauchsrechte beschränkende negative Komponente des Sondernutzungsrechts bleibt unverändert.347 Dies gilt auch dann, wenn gleichzeitig die Zweckbestimmung des übertragenen Teils des Sondernutzungsrechts eingeschränkt wird.348 Die Zustimmung dinglich Berechtigter ist bei einem nicht in das Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrecht nicht notwendig,349 im Übrigen ist nach § 5 Abs. 4 S. 2 die Zustimmung des verlierenden dinglich Berechtigten erforderlich. Der Anspruch auf Übertragung des Sondernutzungsrechts

339 OLG Stuttgart v. 4.12.1985 – 8 W 481/84, NJW-RR 1987, 318. 340 OLG Zweibrücken v. 5.11.2012 – 3 W 127/12, MietRB 2013, 47 = ZWE 2013, 85 m. Anm. F. Schmidt. 341 BayObLG v. 16.12.1993 – 2Z BR 112/93, ZMR 1994, 231. 342 Schneider in Bärmann/Seuß, § 13 WEG Rz. 130. 343 Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 108. 344 BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 = MDR 1979, 299 = NJW 1979, 548; Schneider in Bärmann/Seuß, § 13 WEG Rz. 116; Kreuzer in Staudinger, BGB, § 13 WEG Rz. 41. 345 BGH v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, BGHZ 145, 133 = MDR 2001, 80 = NJW 2000, 3643; BGH v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, BGHZ 91, 343 = MDR 1984, 830 = NJW 1984, 2409; Merle, Rpfleger 1978, 87. 346 Kreuzer in Staudinger, BGB, § 13 WEG Rz. 41; vgl. OLG München v. 13.10.2016 – 34 Wx 185/15, ZWE 2017, 32 zur unterbliebenen Zuschreibung. 347 BGH v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 = MDR 1979, 299 = NJW 1979, 548. 348 LG Darmstadt v. 8.2.2000 – 23 T 20/00, NZM 2000, 716. 349 Schneider in Bärmann/Seuß, § 13 WEG Rz. 117.

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IV. Sondernutzungsrechte | Rz. 111 § 13

kann durch Eintragung einer Vormerkung am Wohnungseigentum des nutzungsberechtigten Wohnungseigentümers gesichert werden.350 Auch beim isolierten Erwerb eines eingetragenen Sondernutzungsrechts ist gutgläubiger Erwerb möglich (dazu Rz. 108).351 Eine Abänderung eines Sondernutzungsrechts ist, auch wenn sie ausschließlich Teilaspekte 110 wie die Lage oder Größe der Fläche betrifft, nur durch Vereinbarung möglich.352 Das gilt auch in der Gründungsphase, wenn bereits eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden ist (dazu § 10 Rz. 170 ff.).353 Vor deren Entstehung ist eine einseitige Änderung durch den aufteilenden Eigentümer dann zulässig, wenn entweder noch keine Auflassungsvormerkungen für die Erwerber eingetragen sind oder die Vormerkungsberechtigten der Änderung zugestimmt haben.354 Wie bei der Übertragung soll bei einem in das Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrecht auch zur Abänderung die dingliche Einigung und Eintragung erforderlich sein.355 Die Zustimmung der dinglich Berechtigten der ausgeschlossenen Wohnungseigentümer ist erforderlich, wenn sich die Lage des Sondernutzungsrechts verändert, nicht aber, wenn lediglich die Nutzungsmöglichkeiten des Sondernutzungsrechts erweitert werden.356 Hingegen bedarf die Verschiebung oder Neugliederung der Sondernutzungsrechte, z.B. die Veränderung der Grenze zwischen zwei Gartenflächen, die den Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer von der Nutzung der Gesamtfläche unberührt lässt, nur der Mitwirkung der betroffenen Wohnungseigentümer, weil es sich der Sache nach um Teilübertragungen handelt. Gegen den Willen des Sondernutzungsberechtigten ist eine Abänderung nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 S. 3 möglich (s. § 10 Rz. 37 ff.).357 Nur eine Änderung des zulässigen Gebrauchs kann in den Grenzen des § 15 Abs. 2 auch durch Beschluss erfolgen (s. Rz. 92). Die (teilweise) Aufhebung eines Sondernutzungsrechts setzt als „actus contrarius“ zur Be- 111 gründung eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer voraus.358 Ein Anspruch auf Zustimmung zur Aufhebungsvereinbarung kann sich aus § 10 Abs. 2 S. 3 ergeben (s. § 10 Rz. 37 ff.); die ersatzlose Aufhebung ist aber ultima ratio, z.B. wenn die Sondernutzungsfläche zwingend benötigt wird, um unabwendbaren behördlichen Auflagen nachzukommen.359 Regelmäßig ist in diesem Fall die Zahlung einer Entschädigung erforderlich.360 Der teilende Eigentümer kann, solange er Alleineigentümer ist, das von ihm begründete Sondernutzungsrecht wieder aufheben; die Aufhebung ist auch durch letztwillige Verfügung möglich.361 Die Löschung der Eintragung im Grundbuch erfordert nur eine Löschungsbewilligung des begünstigten Eigen-

350 BayObLG v. 22.1.1979 – BReg.2 Z 77/77, DNotZ 1979, 307. 351 Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 109. Der gegenteiligen Ansicht von Weitnauer, DNotZ 1990, 385 (388), der bei einer Übertragung unter Miteigentümern ein Verkehrsgeschäft i.S.d. § 892 BGB verneint, steht nunmehr die Entscheidung des BGH v. 29.6.2007 – V ZR 5/07, NZM 2007, 686 entgegen. 352 OLG Hamburg v. 31.1.2003 – 2 Wx 121/00, ZMR 2003, 442; BayObLG v. 28.3.2001 – 2Z BR 138/ 00, ZMR 2001, 480; LG Frankfurt v. 13.10.2010 – 2-13 S 27/09, Info M 2010, 442 zur Vergrößerung eines Stellplatzes. 353 BGH v. 21.10.2016 – V ZR 78/16, MDR 2017, 388 = MietRB 2017, 103 = ZWE 2017, 169 Rz. 25. 354 BGH v. 21.10.2016 – V ZR 78/16, MDR 2017, 388 = MietRB 2017, 103 = ZWE 2017, 169 Rz. 25. 355 BayObLG v. 28.3.2001 – 2Z BR 138/00, ZMR 2001, 480. 356 OLG Jena v. 27.7.2011 – 9 W 264/11, ZWE 2012, 40; vgl. auch OLG Hamm v. 11.2.1997 – 15 W 490/96, RPfleger 1997, 376. 357 BGH v. 23.3.2018 – V ZR 65/17, MDR 2018, 857 = MietRB 2018, 237 = ZMR 2018, 681. 358 BGH v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, BGHZ 145, 133 = MDR 2001, 80 = NJW 2000, 3643; OLG Hamm v. 15.8.1996 – 15 W 58/96, ZMR 1997, 34. 359 BGH v. 23.3.2018 – V ZR 65/17, MDR 2018, 857 = MietRB 2018, 237 = ZMR 2018, 681. 360 BGH v. 23.3.2018 – V ZR 65/17, MDR 2018, 857 = MietRB 2018, 237 = ZMR 2018, 681. 361 BayObLG v. 9.2.2005 – 2Z BR 223/04, MietRB 2005, 204 = ZWE 2005, 324.

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§ 13 Rz. 111 | Rechte des Wohnungseigentümers tümers und der dinglich Berechtigten am begünstigten Wohnungseigentum.362 Sie erfolgt unabhängig davon, ob das nicht mehr durch das Sondernutzungsrecht eingeschränkte Gemeinschaftseigentum allen Wohnungseigentümern ohne weiteres zugänglich ist oder solche Voraussetzungen möglicherweise durch eine Vereinbarung und deren Umsetzung erst noch geschaffen werden müssen (zur Amtslöschung s. Rz. 73b).363 Der Sondernutzungsberechtigte kann somit nicht auf sein Sondernutzungsrecht verzichten, wohl aber seine Wirkung des § 10 Abs. 3 beseitigen mit der Folge, dass es bei einem Eigentümerwechsel erlischt. 112 Das Sondernutzungsrecht kann auflösend bedingt begründet werden (s. Rz. 68) und erlischt

bei Bedingungseintritt, z.B. Auszug oder Aufgabe des Haltens eines Pkw. Die Eintragung des bedingten Sondernutzungsrechts ist auch möglich, wenn sich die vereinbarte Bedingung dem Grundbuchamt nicht in der Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO nachweisen lässt.364 Die Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer oder der dinglich Berechtigten ist dann zur Aufhebung nicht erforderlich.365

7. Ansprüche gegen den angeblich Sondernutzungsberechtigten 113 Gegen den angeblich Sondernutzungsberechtigten stehen den übrigen Wohnungseigentümern

die Ansprüche bei Eingriff in das Gemeinschaftseigentum zu (s. Rz. 62 ff.): Ein Wohnungseigentümer, der zu Unrecht ein Sondernutzungsrecht für sich behauptet, kann nach §§ 985, 1011, 432 BGB auf Herausgabe und Einräumung von Mitbesitz aller Wohnungseigentümer in Anspruch genommen werden. Der Anspruch ist ein Individualanspruch und kann von jedem Wohnungseigentümer geltend gemacht werden, auch ohne dass eine Ermächtigung durch die anderen Wohnungseigentümer vorliegt.366 Die Gemeinschaft kann durch Beschluss nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Hs. 2 die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs aber an sich ziehen. Dann entfällt nach h.M. die Prozessführungsbefugnis des einzelnen Wohnungseigentümers (s. Rz. 63). 114 Überschreitet der Sondernutzungsberechtigte den Umfang des ihm eingeräumten Rechts, z.B.

durch Errichtung einer Garage auf einer Stellplatzfläche, kommt ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB hingegen nicht in Betracht.367 Jedoch besteht ein Individualanspruch der anderen Wohnungseigentümer auf Unterlassung der unzulässigen Nutzung und ggf. Beseitigung unzulässiger Einrichtungen nach § 1004 BGB.368 Auch dieser Anspruch kann nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 durch Beschluss zur Ausübung der Gemeinschaft übertragen werden (s. Rz. 63). Die Wohnungseigentümer können auch entsprechend § 912 Abs. 1 BGB die Beseitigung eines Überbaus verlangen, wenn dem Sondernutzungsberechtigten Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt (s. Rz. 15).369

362 BGH v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, BGHZ 145, 133 = MDR 2001, 80 = NJW 2000, 3643; a.A. Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 113; Rapp in Staudinger, BGB, § 5 WEG Rz. 101; aus der früheren Rechtsprechung auch OLG Düsseldorf v. 19.7.1995 – 3 Wx 201/95, ZMR 1995, 491. 363 OLG Düsseldorf v. 22.3.2013 – I-3 Wx 8/13, MietRB 2013, 177 = MDR 2013, 771. 364 OLG Zweibrücken v. 1.2.2008 – 3 W 3/08, MietRB 2008, 241 = ZMR 2008, 667. 365 OLG Zweibrücken v. 1.2.2008 – 3 W 3/08, MietRB 2008, 241 = ZMR 2008, 667. 366 KG v. 4. 12.2006 – 24 W 201/05, MietRB 2007, 148 (235) = ZMR 2007, 384. 367 BGH v. 28.1.2011 – V ZR 147/10, NJW 2011, 1069 = MDR 2011, 416; OLG Hamm v. 6.5.1998 – 15 W 82/98, ZMR 1998, 716; LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 55/14, MietRB 2016, 142 = ZMR 2016, 129. 368 LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 55/14, MietRB 2016, 142 = ZMR 2016, 129. 369 KG v. 28.5.1999 – 24 W 9020/97, ZMR 2000, 331.

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IV. Sondernutzungsrechte | Rz. 118 § 13

8. Ansprüche des Sondernutzungsberechtigten Die zivilrechtlichen Ansprüche des Sondernutzungsberechtigten bei Störung seines Rechts 115 entsprechen weitgehend denen eines Sondereigentümers (dazu Rz. 49 ff.). Er kann gegenüber den anderen Eigentümern Besitzschutzansprüche geltend machen, soweit diese vom Mitgebrauch völlig ausgeschlossen sind (s. Rz. 7).370 Daneben steht ihm ein dinglicher Herausgabeanspruch nach § 985 BGB zu, der bei einem im Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrecht nicht der Verjährung unterliegt (§ 902 Abs. 1 S. 1 BGB).371 Der Anspruch unterliegt lediglich der Verwirkung (dazu § 15 Rz. 136); aber auch diese soll nur möglich sein, wenn die Herausgabe für den Besitzer schlechthin unerträglich ist.372 Der Sondernutzungsberechtigte kann zudem – Wiederholungsgefahr vorausgesetzt – nach 116 § 1004 BGB von anderen Wohnungseigentümern und Dritten verlangen, dass diese Eingriffe in den Bereich des Sondernutzungsrechts unterlassen.373 Auf diesen Anspruch ist § 902 BGB auch bei einem im Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrecht nicht anwendbar mit der Folge, dass der Anspruch in der regelmäßigen Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB, mithin drei Jahre ab Schluss des Jahres der Kenntniserlangung, verjährt. Gegen Miteigentümer kann der Sondernutzungsberechtigte auch einen Unterlassungs- und 117 Schadenersatzanspruch nach § 280 BGB geltend machen (s. § 15 Rz. 139).374 Daneben können dem Sondernutzungsberechtigten Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung zustehen. So kann er die Herausgabe der Gebrauchsvorteile für die unberechtigte Nutzung der Fläche verlangen.375 Der verschuldensunabhängige nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 ZPO gilt auch bei Beeinträchtigungen, die von einem anderen Sondernutzungsrecht oder fremden Sondereigentum ausgehen.376 Den Überwuchs von einem benachbarten Sondernutzungsrecht kann der Wohnungseigentümer im Rahmen des Selbsthilferechts nach § 910 BGB beseitigen (s. Rz. 15). Bestreiten Miteigentümer das Sondernutzungsrecht oder seine Grenzen, kann der Berechtigte 118 auch auf Feststellung klagen.377 Die Klage soll gegen die Gemeinschaft als passiver Prozessstandschafter nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 zu richten sein.378 Die Streitigkeiten über das Bestehen und den Geltungsbereich eines Sondernutzungsrechts unter Wohnungseigentümern sind im Verfahren nach § 43 Nr. 1 zu entscheiden.379

370 BayObLG v. 30.4.1990 – BReg.1b Z 20/89, WuM 1990, 605. 371 AG Charlottenburg v. 20.6.2012 – 72 C 46/12, GE 2012, 1327; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 131. 372 Vgl. BGH v. 16.3.2007 – V ZR 190/06, MDR 2007, 945 = NJW 2007, 2183; Kohler in MünchKomm/BGB, § 902 BGB Rz. 1. 373 BayObLG v. 23.4.1987 – BReg.2 Z 134/86, NJW-RR 1987, 1040. 374 Vgl. auch LG München I v. 22.2.2017 – 1 S 13878/15, ZMR 2017, 1006: bei Gruppensondernutzungsrecht gemeinschaftliche Geltendmachung der Mitberechtigten erforderlich. 375 KG v. 25.1.1999 – 24 W 1394/98, ZMR 1999, 356; BayObLG v. 12.3.1998 – 2Z BR 174/97, NJW-RR 1998, 876. 376 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, MDR 2014, 23 = MietRB 2014, 10 f. = WuM 2013, 760; vgl. bereits BGH v. 28.9.2007 – V ZR 276/06, BGHZ 174, 20 (22) = MDR 2008, 135 = MietRB 2007, 315 = NJW 2007, 3636. 377 LG Hamburg v. 26.6.2013 – 318 S 119/12, ZMR 2013, 992. 378 LG Nürnberg-Fürth v. 29.7.2009 – 14 S 1895/09, NJW 2009, 3442; Spielbauer/Then, § 10 WEG Rz. 43; kritisch Müller in Timme, § 10 WEG Rz. 541. 379 BGH v. 8.7.2010 – V ZB 220/09, NJW 2011, 384 zur früheren Rechtslage bereits BGH v. 21.12.1989 – V ZB 22/89, BGHZ 109, 396 = MDR 1990, 529 = NJW 1990, 1112.

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§ 13 Rz. 119 | Rechte des Wohnungseigentümers 119 Öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz kann der Sondernutzungsberechtigte nicht allein gel-

tend machen. Abwehransprüche hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums stehen den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu (s. Rz. 65); daran ändert das alleinige Nutzungsrecht des Sondernutzungsberechtigten nichts.380

§ 14 Pflichten des Wohnungseigentümers Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet: 1. die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst; 2. für die Einhaltung der in Nr. 1 bezeichneten Pflichten durch Personen zu sorgen, die seinem Hausstand oder Geschäftsbetrieb angehören oder denen er sonst die Benutzung der in Sonder- oder Miteigentum stehenden Grundstücks- oder Gebäudeteile überlässt; 3. Einwirkungen auf die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, soweit sie auf einem nach Nrn. 1, 2 zulässigen Gebrauch beruhen; 4. das Betreten und die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist; der hierdurch entstehende Schaden ist zu ersetzen. I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verbot der Nachteilszufügung, § 14 Nr. 1 WEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erheblicher Nachteil . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflicht zur schonenden Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum . . a) Grenzen der Nutzung des Sondereigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grenzen der Nutzung des Gemeinschaftseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pflicht zur Instandhaltung des Sondereigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anspruch auf Instandhaltung . . . . . . 4. Sonderfall: faktische Realteilung/Mehrhausanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Einstandspflicht für berechtigte Nutzer, § 14 Nr. 2 WEG . . . . . . . . . . . .

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1. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2. Ansprüche der übrigen Wohnungseigentümer bei Störungen durch Nutzer . 17 a) Ansprüche gegen den vermietenden Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . 17a b) Ansprüche gegen den Fremdnutzer . 18a c) Exkurs: Besitzschutzansprüche des Fremdnutzers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18b 3. Exkurs: Öffentlich-rechtliche Störereigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 IV. Duldungspflicht, § 14 Nr. 3 WEG . . . 20 V. Betretungsrecht, § 14 Nr. 4 WEG . . . . 22 1. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2. Umfang des Betretungsrechts . . . . . . . . 26 3. Aufopferungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . 27 4. Sonstige nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

Schrifttum: Abramenko, Flüchtlinge und Asylbewerber in Miet- und Eigentumswohnungen, MietRB 2017, 232; Abramenko, Verteidigungsmöglichkeiten des Eigentümers und des Nutzers von Sondereigentum gegen Gebrauchsbeschränkungen, IMR 2018, 225; Armbrüster, Harmonisierung des wohnungseigentumsrechtlich und mietvertraglich zulässigen Gebrauchs, FS Blank (2006), S. 577 ff.; Armbrüster, Zur Wirkung wohnungseigentumsrechtlicher Gebrauchsbeschränkungen gegen Mieter, ZWE 2007,

380 VG München v. 14.11.2017 – M 1 K 16.3688, juris.

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§ 13 Rz. 119 | Rechte des Wohnungseigentümers 119 Öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz kann der Sondernutzungsberechtigte nicht allein gel-

tend machen. Abwehransprüche hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums stehen den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu (s. Rz. 65); daran ändert das alleinige Nutzungsrecht des Sondernutzungsberechtigten nichts.380

§ 14 Pflichten des Wohnungseigentümers Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet: 1. die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst; 2. für die Einhaltung der in Nr. 1 bezeichneten Pflichten durch Personen zu sorgen, die seinem Hausstand oder Geschäftsbetrieb angehören oder denen er sonst die Benutzung der in Sonder- oder Miteigentum stehenden Grundstücks- oder Gebäudeteile überlässt; 3. Einwirkungen auf die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, soweit sie auf einem nach Nrn. 1, 2 zulässigen Gebrauch beruhen; 4. das Betreten und die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist; der hierdurch entstehende Schaden ist zu ersetzen. I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verbot der Nachteilszufügung, § 14 Nr. 1 WEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erheblicher Nachteil . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflicht zur schonenden Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum . . a) Grenzen der Nutzung des Sondereigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grenzen der Nutzung des Gemeinschaftseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pflicht zur Instandhaltung des Sondereigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anspruch auf Instandhaltung . . . . . . 4. Sonderfall: faktische Realteilung/Mehrhausanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Einstandspflicht für berechtigte Nutzer, § 14 Nr. 2 WEG . . . . . . . . . . . .

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1. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2. Ansprüche der übrigen Wohnungseigentümer bei Störungen durch Nutzer . 17 a) Ansprüche gegen den vermietenden Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . 17a b) Ansprüche gegen den Fremdnutzer . 18a c) Exkurs: Besitzschutzansprüche des Fremdnutzers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18b 3. Exkurs: Öffentlich-rechtliche Störereigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 IV. Duldungspflicht, § 14 Nr. 3 WEG . . . 20 V. Betretungsrecht, § 14 Nr. 4 WEG . . . . 22 1. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2. Umfang des Betretungsrechts . . . . . . . . 26 3. Aufopferungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . 27 4. Sonstige nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

Schrifttum: Abramenko, Flüchtlinge und Asylbewerber in Miet- und Eigentumswohnungen, MietRB 2017, 232; Abramenko, Verteidigungsmöglichkeiten des Eigentümers und des Nutzers von Sondereigentum gegen Gebrauchsbeschränkungen, IMR 2018, 225; Armbrüster, Harmonisierung des wohnungseigentumsrechtlich und mietvertraglich zulässigen Gebrauchs, FS Blank (2006), S. 577 ff.; Armbrüster, Zur Wirkung wohnungseigentumsrechtlicher Gebrauchsbeschränkungen gegen Mieter, ZWE 2007,

380 VG München v. 14.11.2017 – M 1 K 16.3688, juris.

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I. Einleitung | Rz. 1 § 14 227 ff.; Armbrüster/Müller, Direkte Ansprüche der Wohnungseigentümer gegen Mieter, insb. bei zweckwidrigem Gebrauch, ZMR 2007, 321 ff.; Becker, Vereinbarte Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften im Verhältnis der Wohnungseigentümer, ZWE 2009, 258 ff.; Bielefeld, Der Balkon als Streitgegenstand, Wohnungseigentümer 2012, 7; Bonifacio, Gemeinschaftswidriges Nutzungsverhalten des Mieters, ZWE 2013, 196; Briesemeister, Durchgriffsansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Mieter eines Wohnungseigentümers, FS Blank (2006), S. 591 ff.; Bringewat, Kinderlärm in Wohngebieten? – Ein Plädoyer für den Nachwuchs, ZfIR 2011, 477; Brink, Videoüberwachung in Wohnungseigentums-Anlagen, ZWE 2013, 73; Brink, Videoüberwachung in Wohnungseigentums-Anlagen, ZWE 2013, 73; Brinkmann, Ausgleichs- und Schadensersatzansprüche innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft, MietRB 2011, 30; Bruns, Störungsabwehr und Wohnungseigentümergemeinschaft, NJW 2011, 337; Bueb, Rechtsprobleme bei Privatvermietung von Wohnungen an Touristen, ZWE 2016, 207; Bueb, Zu den Grenzen der Nutzungsbefugnis von Wohnungs- und Teileigentümern bei Überlassung der Räume an Touristen und Asylsuchende, ZWE 2018, 350; Deckert, „Wenn sie ausflippen“ – Störenfriede in der Wohnanlage, NZM 2011, 648 ff.; Derleder, Besichtigung der Eigentumswohnung durch den Verwalter, ZWE 2001, 149 ff.; Derleder, Gemeinschaftsnutzung in Mietshäusern und Wohnungseigentumsanlage, NJW 2007, 812; Dötsch, Kindertagespflege in Eigentumsanlagen, ZfIR 2012, 458; Dötsch, Darlegungsund Beweislast im Rahmen der „typisierenden Betrachtungsweise“ bei zweckbestimmungswidrigen Nutzungen, ZMR 2013, 18; Dötsch, Schäden im Sondereigentum infolge seiner gemeinschaftsbezogenen – Inanspruchnahme: Abzug „neu für alt“? – Zugleich zu § 14 Nr. 4 Hs. 2 WEG, NZM 2014, 489; Drabek, Obstruktives Eigentümerverhalten bei notwendigen Sanierungen am gemeinschaftlichen Eigentum, ZMR 2003, 241 ff.; Elzer, Videoüberwachung in Wohnraummiete und Wohnungseigentum, NJW 2013, 3537; Först, „Wir schaffen das“ … oder?, NZM 2016, 882; Gottschalg, Das Verhältnis von Gemeinschaftsund Sondereigentum: Aufopferung und Schadensersatz nach § 14 Nr. 4 WEG, NZM 2010, 423; Häublein, Einbeziehung der wohnungseigentumsrechtlichen Hausordnung in Wohnraummietverträge, WuM 2009, 435 ff.; Häublein, Erforderlichkeit und Möglichkeit einer Harmonisierung von Wohnungseigentumsund Mietrecht, NZM 2014, 97; Hogenschurz, Duldungspflicht und Aufopferungsanspruch gem. § 14 Nr. 4 WEG bei Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, MietRB 2004, 90 ff.; Hogenschurz, Neues zum Begriff des Nachteils in § 14 Nr. 1 WEG: Erhöhung der Kriminalitätsgefahr durch Spielhallen im Teileigentum?, ZMR 2011, 856; Horst, Gemeinschaftseigentum – Die Nutzungsmöglichkeiten und -grenzen des Mieters, MietRB 2011, 53; Jacoby, Gebrauchsbeschränkungen bei Wohnungseigentum und Miete, ZMR 2012, 669; Kümmel, Abwehransprüche der Wohnungseigentümer gem. § 1004 BGB gegen Mieter und sonstige Nutzer des Sonder- und Gemeinschaftseigentums, ZWE 2008, 273 ff.; Lehmann-Richter, Änderungen der mietvertraglichen Geschäftsgrundlage aufgrund von Wohnungseigentümerbeschlüssen, ZWE 2009, 34 ff.; Lehmann-Richter, Duldungspflichten des Mieters bei Baumaßnahmen in der Wohnungseigentumsanlage, WuM 2013, 82; Lüke, Zu den Duldungspflichten des Wohnungseigentümers im Rahmen von Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen, FS Seuß (1997), S. 207 ff.; Nüsslein, Die Divergenzen zwischen Wohnungseigentums- und Mietrecht, 2006; Nierhauve, Kinderlärm und Grenzen der Toleranz, ZMR 2018, 298; v. Rechenberg, Gestattungspflicht und Aufopferungsanspruch nach § 14 Nr. 4 WEG, ZWE 2005, 47 ff.; M. J. Schmid, Die Haftung des Wohnungseigentümers für seinen Mieter, MietRB 2011, 28; M. J. Schmid, Die Hausordnung in Miete und Wohnungseigentum, NJW 2013, 2145; J.H. Schmidt, Die Durchsetzung der WEG-Hausordnung ggü. dem Mieter und dem Eigentümer durch den WEG-Verwalter, ZMR 2009, 325 ff.; Schultzky, Die Vermietung von Gemeinschaftseigentum, MietRB 2012, 61; Schuschke, Kann die Gemeinschaft einen Wohnungseigentümer zur Kündigung eines unliebsamen Mietverhältnisses zwingen?, NZM 1998, 176 ff.

I. Einleitung § 14 WEG als Grundnorm des innergemeinschaftlichen Nachbarrechts ist die wichtigste 1 Konkretisierung der in § 13 Abs. 1 WEG angesprochenen gesetzlichen Grenzen der Rechte des Wohnungseigentümers;1 der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums kann zudem durch Vereinbarung gem. § 15 Abs. 1 WEG und durch Mehrheits-

1 Vgl. zur Geltung auch in der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft BayObLG v. 11.9.1985 – BReg.2 Z 63/85, NJW-RR 1986, 178 = ZMR 1985, 420.

Hogenschurz | 355

§ 14 Rz. 1 | Pflichten des Wohnungseigentümers beschluss gem. § 15 Abs. 2 WEG eingeschränkt werden.2 Für bauliche Veränderungen ergeben sich besondere Schranken aus § 22 WEG. § 14 WEG führt mit Rücksicht auf das besonders enge nachbarschaftliche Verhältnis innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft zu einer deutlichen Einschränkung der allgemeinen Regel des § 903 BGB, nach der das Eigentum nach Belieben genutzt werden kann. Der Begriff des „Nachteils“ in § 14 Nr. 1 WEG ist dabei – auch wegen der Verweisung in § 5 Abs. 1 WEG und in § 22 Abs. 1 S. 1 WEG – von zentraler Bedeutung für die Grenzziehung zwischen erlaubtem Verhalten einerseits und ohne besondere Zustimmung verbotenem Verhalten andererseits innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die in der Vorschrift enthaltenen Handlungspflichten, § 14 Nr. 1 und 2 WEG, und Duldungspflichten, § 14 Nr. 3 und 4 WEG, sind durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer, § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG, abänderbar (vgl. aber zu den Grenzen bei Nr. 4 Rz. 25). Durch Vereinbarung können die Pflichten eingeschränkt oder erweitert werden, was regelmäßig bei Reihenhausanlagen der Fall sein wird (vgl. Rz. 14), wenn für das Verhältnis der einzelnen Reihenhauseigentümer (Wohnungseigentümer) das allgemeine Nachbarrecht gelten soll. Die Abänderung kann auch konkludent geschehen.3 Bei einer Verletzung der Pflichten aus § 14 WEG können Ansprüche aus § 15 Abs. 3 WEG, § 280 Abs. 1 BGB im Hinblick auf das zwischen den Wohnungseigentümern bestehende gesetzliche Schuldverhältnis, sowie aus §§ 823 ff., 861, 985, 1004 BGB bestehen; dieser Unterlassungsanspruch muss für die Zwangsvollstreckung in Klageantrag und gerichtlichem Titel so genau beschrieben werden, dass das Vorliegen einer Zuwiderhandlung festgestellt werden kann, darf also nicht nur auf „Unterlassung einer zweckwidrigen gewerblichen Nutzung“ lauten.4 Bei beharrlichen Verstößen bleibt als letztes Mittel die Entziehung des Wohnungseigentums gem. § 18 WEG. § 14 WEG hat also grundsätzlich keine eigene Anspruchsqualität, sieht man vom Aufopferungsanspruch gem. Nr. 4 ab (vgl. Rz. 27). Hat der Wohnungseigentümer bei früheren Zuwiderhandlungen ggü. der Wohnungseigentümergemeinschaft ein Vertragsstrafeversprechen abgegeben, kommt auch ein Anspruch auf Vertragsstrafe in Betracht.5 § 14 WEG betrifft nicht das Verhältnis der Wohnungseigentümergemeinschaft zu den Eigentümern benachbarter Grundstücke und nicht die Abwehr von Störungen, die vom Nachbargrundstück ausgehen; diese richtet sich vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften.6

II. Verbot der Nachteilszufügung, § 14 Nr. 1 WEG 2 § 14 Nr. 1 WEG erschöpft sich nicht im Verbot der Nachteilszufügung, sondern regelt zudem

die Pflicht zur Instandhaltung des Sondereigentums und zur schonenden Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum durch die Wohnungs- und Teileigentümer (vgl. zur Verantwortlichkeit § 15 Rz. 126). Die Vorschrift besagt mit dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme für das Verhältnis der Wohnungseigentümer zunächst nichts anderes, als die goldene Regel für das Zusammenleben aller Menschen.7 Die Anwendung dieser Regel auf den Lebenssachverhalt kommt nicht ohne das Vorverständnis des Rechtsanwenders für das aus, was als sozialadäquat anzusehen ist, und ebenso wenig ohne eine auch unter Berufung auf Grund-

2 Vgl. zur Aufstellung von Parabolantennen unterhalb der Balkonbrüstung OLG Frankfurt v. 28.10.2010 – 20 W 122/07, ZWE 2011, 407; v. 17.1.2011 – 20 W 500/08, ZWE 2011, 363 zum Verbot der Hundeund Katzenhaltung; s.a. BGH v. 4.5.1995 – V ZB 5/95 BGHZ 129, 329 = MDR 1995, 895; zu den Vorgaben an Nutzungsregelungen für Gemeinschaftseinrichtungen Drasdo, NJW-Spezial 2014, 737. 3 Vgl. OLG München v. 8.9.2008 – 32 Wx 119/08, ZWE 2008, 443. 4 LG München I v. 26.1.2015 – 1 S 9962/14, ZMR 2015, 791. 5 Vgl. LG Karlsruhe v. 16.6.2010 – 11 S 182/09, ZMR 2010, 875. 6 Vgl. zur Unterschreitung des Bauwichs BGH v. 6.11.2009 – V ZR 73/09, MDR 2010, 98; s.a. Bruns, NJW 2011, 337; Hügel, ZMR 2011, 182. 7 Staudinger/Kreuzer (2018), BGB, § 14 WEG Rz. 4.

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II. Verbot der Nachteilszufügung, § 14 Nr. 1 WEG | Rz. 3 § 14

rechtspositionen8 nicht im Letzten begründbare Bewertung der widerstreitenden Interessen. Die Frage, welche Ursache die Zunahme der Zahl von Rechtsstreitigkeiten zwischen Wohnungseigentümern oder auch Mietern in den letzten Jahren haben, bei denen sich Gerichte etwa mit dem Aufstellen von Duftkerzen auf dem Balkon,9 das Aufstellen von Blumenkübeln auf der Terrasse,10 der Anbringung von „saisonüblichem“ Adventsschmuck,11 der Zulässigkeit des Parkens vor dem Haus,12 dem „richtigen“ oder „nachbarfreundlichen“ Parken von Pkw,13 dem Abstellen von Gartenabfällen auf einer Zufahrt,14 dem Ausspähen von Wohnungen („Spanner“) von Gemeinschaftsflächen aus15 dem Umfang des zulässigen Rauchens im Treppenhaus,16 auf dem Balkon17 oder im Garten,18 schließlich das richtige Lüften im Treppenhaus19 beschäftigen mussten, geht über den Rahmen dieser Darstellung hinaus. Die Beispielsfälle machen aber deutlich, dass der im Zusammenleben anzustrebende Interessenausgleich vielfach in einer Grenzziehung durch gerichtliche Streitentscheidung enden muss.

1. Erheblicher Nachteil Ein Nachteil ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung.20 Dies erfordert eine konkrete 3 und objektive Beeinträchtigung,21 durch die sich ein Wohnungseigentümer nach der Verkehrsanschauung verständlicherweise22 beeinträchtigt fühlen kann.23 Das bedeutet, dass nur ganz geringfügige Beeinträchtigungen außer Betracht bleiben.24 Die Beeinträchtigung darf nicht bloß personenbezogen sein, sondern muss einen Bezug zum Gebrauch des Wohnungseigentums haben.25

8 Vgl. innovativ AG Dortmund v. 12.12.2017 – 425 C 6305/17, ZMR 2018, 539, wo aus Art. 6 GG das Recht auf Zustellung eines Rettungswegs mit einem Kinderwagen begründet werden soll. 9 Vgl. OLG Düsseldorf v. 16.5.2003 – 3 Wx 98/03, NJW-RR 2003, 1098 = ZMR 2004, 42. 10 AG Pinneberg v. 6.6.2017 – 60 C 2/17, ZMR 2017, 687. 11 Vgl. LG Düsseldorf v. 10.10.1989 – 25 T 500/89, MDR 1990, 249 = NJW-RR 1990, 785. 12 Vgl. OLG Köln v. 13.10.2008 – 16 Wx 85/08, WuM 2009, 371. 13 LG Düsseldorf v. 28.11.2013 – 19 S 25/13, ZMR 2014, 472. 14 Vgl. LG Hamburg v. 20.10.2010 – 318 S 36/10, ZMR 2011, 232. 15 Vgl. OLG München v. 27.9.2005 – 32 Wx 65/05, MDR 2006, 144. 16 Vgl. AG Hannover v. 31.1.2000 – 70 II 414/99, NZM 2000, 520; AG Frankfurt/M. v. 2.10.2013 – 33 C 1922/13, IMR 2014, 79; zum Rauchverbot Hügel, ZWE 2010, 18. 17 Vgl. BGH v. 18.2.2015 – VIII ZR 186/14, NJW 2015, 1239; LG Frankfurt/M. v. 28.1.2014 – 2-09 S 71/13, WuM 2014, 226; AG Bonn v. 9.3.1999 – 6 C 510/98, NZM 2000, 33; AG München v. 28.4.2014 – 485 C 28018/13 WEG, ZMR 2014, 838. 18 LG Dortmund v. 8.6.2017 – 1 S 451/15, NZM 2018, 251. 19 LG Koblenz v. 22.8.2016 – 2 S 15/16, NZM 2017, 377. 20 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73; BGH v. 14.12.2012 – V ZR 224/11– Rz. 4, BGHZ 196, 45 = MDR 2013, 263; v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 8, MDR 2014, 399. 21 BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, NZM 2005, 182; BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 8, MDR 2014, 399, 106; v. 7.2.2014 – V ZR 25/13 – Rz. 11, MDR 2014, 453. 22 Vgl. zum niedrigen Ansatz der Erheblichkeitsschwelle BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, NZM 2005, 182 = ZMR 2005, 634. 23 BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 (396) = MDR 1992, 484; v. 21.12.2000 – V ZB 45/ 00, BGHZ 146, 241 (246) = MDR 2001, 497; v. 8.4.2011 – V ZR 210/10 – Rz. 5, MDR 2011, 778; v. 21.11.2011 – V ZR 265/10 – Rz. 8, NZM 2012, 239; v. 14.12.2012 – V ZR 224/11 – Rz. 4, BGHZ 196, 45 = MDR 2013, 263; v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 8, MDR 2014, 399. 24 BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 8, MDR 2014, 399; BayObLG v. 20.3.2002 – 2Z BR 109/01, BayObLGZ 2002, 82 = ZMR 2002, 610. 25 KG v. 11.9.1987 – 24 W 2634/87, NJW-RR 1988, 586.

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§ 14 Rz. 3a | Pflichten des Wohnungseigentümers 3a Die Anwendung dieser Grundsätze erfolgt allerdings nicht immer konsequent: (1) Das Vor-

liegen eines Nachteils ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen.26 Rein subjektive Empfindlichkeiten genügen also grundsätzlich nicht,27 doch gilt etwa die Angst vor Tieren nicht als subjektive Empfindlichkeit.28 (2) Theoretisch mögliche, zukünftig eventuell eintretende Nachteile reichen grundsätzlich nicht aus,29 doch können Befürchtungen einerseits bereits unmittelbar zu einer Minderung des Immobilien- oder Mietwerts führen und damit einen Nachteil bedeuten, etwa bei Mobilfunkantennen wegen des wissenschaftlichen Streits um die von elektrischen Feldern ausgehenden Gesundheitsgefahren30 oder bei von Spielhallen ausgehender Kriminalitätsgefahr,31 soweit sie aufgrund konkreter Umstände hinreichend wahrscheinlich sind.32 (3) Schließlich reichen allein begründete Befürchtungen für die Annahme eines nicht hinzunehmenden Nachteils bei einer drohenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als einem zentralen Grundrecht aus, soweit sie durch eine Videoüberwachung aufgrund konkreter Umstände nachvollziehbar und verständlich erscheinen.33 3b Beispiele für Nachteile sind neben baulichen Veränderungen (vgl. § 22 Rz. 28 ff.), immateriel-

le oder negative Einwirkungen (z.B. Videoüberwachung,34 Ausspähen,35 Anbringen politischer Plakate,36 Beleidigungen,37 Einschüchterungen,38 konkrete Belastung mit Begleitkrimi-

26 OLG Hamburg v. 27.12.2004 – 2 Wx 19/04, ZMR 2005, 305; OLG Zweibrücken v. 2.2.2004 – 3 W 251/03, NZM 2004, 428. 27 OLG Frankfurt v. 25.8.1992 – 20 W 230/91, MDR 1992, 1053 = NJW-RR 1992, 1494 für Furcht vor Gasexplosion; ebenso OLG München v. 6.9.2007 – 34 Wx 33/07, NZM 2008, 320; vgl. auch OLG Hamburg v. 2.1.2003 – 2 Wx 70/02, ZMR 2003, 441 f. zu besonderen Schadensanlagen; OLG Hamburg v. 3.1.2007 – 2 Wx 75/06, ZMR 2007, 476 zu einer Chemikalienempfindlichkeit. 28 Vgl. OLG Karlsruhe v. 20.5.2008 – 14 Wx 22/08, NZM 2008, 776 für die Angst vor großen Hunden; OLG Karlsruhe v. 29.12.2003 – 14 Wx 51/03, NZM 2004, 551 für Reptilien. 29 OLG Hamburg v. 2.1.2003 – 2 Wx 70/02, ZMR 2003, 441 f. 30 So für Mobilfunkanlagen trotz oder unabhängig von der Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 8, MDR 2014, 399; OLG Hamm v. 3.1.2002 – 15 W 287/01, MDR 2002, 754 = NJW 2002, 1730; OLG Karlsruhe v. 12.7.2006 – 1 U 20/06, MDR 2007, 206; OLG München v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MDR 2007, 711. 31 LG München I v. 4.4.2011 – 1 S 16861/09, NZM 2012, 868; LG München I v. 2.1.2012 – 1 S 21470/ 09, ZMR 2012, 482; Hogenschurz, ZMR 2011, 856; s.a. LG München I v. 2.3.2015 – 1 S 5273/13, ZMR 2015, 794. 32 BGH v. 8.4.2011 – V ZR 210/10, MDR 2011, 778; s.a. LG Karlsruhe v. 26.10.2010 – 11 S 200/09, ZWE 2011, 99. 33 BGH v. 8.4.2011 – V ZR 210/10, MDR 2011, 778; v. 21.10.2011 – V ZR 265/10 – Rz. 9, WuM 2012, 48 f. bei Vorliegen eines eskalierenden Nachbarstreits; OLG Köln v. 22.9.2016 – 15 U 33/16, NJW 2017, 835; vgl. zum Nachbarrecht BGH v. 16.3.2010 – VI ZR 176/09, MDR 2010, 682 = NJW 2010, 1533; s.a. LG Hannover v. 28.10.2010 – 1 S 30/10, ZMR 2011, 211 zur mietrechtlichen Zulässigkeit der Lagerung von Waffen in einer Wohnung; zur Haltung giftiger oder ekliger Tiere (Schlangen usw.) vgl. Rz. 6. 34 BGH v. 8.4.2011 – V ZR 210/10, MDR 2011, 778 = ZMR 2011, 734; OLG Düsseldorf v. 5.1.2007 – 3 Wx 199/06, NJW 2007, 780; OLG Köln v. 9.5.2007 – 16 Wx 13/07, ZMR 2008, 559; vgl. a. BGH v. 21.10.2011 – V ZR 265/10, WuM 2012, 48 f. 35 OLG München v. 27.9.2005 – 32 Wx 65/05, MDR 2006, 144. 36 KG v. 15.2.1988 – 24 W 4716/87, MDR 1988, 587 = NJW-RR 1988, 846 f. 37 KG v. 11.9.1987 – 24 W 2634/87, NJW-RR 1988, 586; OLG Köln v. 6.2.2006 – 16 Wx 197/05, WuM 2006, 535, OLG Saarbrücken v. 4.4.2007 – 5 W 2/07, NZM 2007, 774; LG München I v. 15.9.2014 – 1 S 1836/13 WEG, ZWE 2015, 265 für „Lügner“ und „Betrüger“; s.a. AG Erfurt v. 12.1.2011 – 5 C (WEG) 69/09, NZM 2011, 319. 38 Vgl. LG Schwerin v. 30.9.2009 – 6 T 48/09, ZMR 2014, 484 (487) für das Anlegen von Sonderakten zur Dokumentation „schädlicher Handlungen“ einzelner Wohnungseigentümer.

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II. Verbot der Nachteilszufügung, § 14 Nr. 1 WEG | Rz. 3c § 14

nalität,39 Wertminderung40 usw.), Immissionen (z.B. Strahlen von Mobilfunkanlagen,41 Geräusche,42 Verschattung und Laubeintrag,43 Tierkot,44 Wassertropfen durch Blumengießen auf dem darüber liegenden Balkon)45, aber auch öffentlich-rechtlich unzulässige Nutzungen,46 Veränderungen des optischen Erscheinungsbildes (z.B. Lichterketten am Balkon)47 und schließlich die Möglichkeit einer intensiveren Nutzung (z.B. Terrassenerweiterung,48 Balkonerweiterung,49 Mauerdurchbrüche).50 Nachteilig können schließlich grundsätzlich zulässige Nutzungen durch einen nicht zur Nutzung Berechtigten sein, wie etwa die Nutzung des bauordnungsrechtlich vorgegebenen Kinderspielplatzes durch den Betreiber eines in einem Ladenlokal vereinbarungswidrig eingerichteten Kindergartens.51 Fehlen nähere Vorgaben zur Nutzung von Wohnungs- oder Teileigentum durch Zweckbe- 3c stimmungen, führt die durch § 1 Abs. 1 WEG vorgegebene Unterscheidung der Nutzung zu Wohnzwecken bei Wohnungseigentum und nicht zu Wohnzwecken bei Teileigentum begrifflich zunächst zu einer klaren Trennung, d.h. es gibt keine Nutzungen die sowohl zu Wohnzwecken als auch nicht zu Wohnzwecken dient.52 Deshalb ist der Betrieb eines Asylantenheims in Wohneinheiten grundsätzlich unzulässig, nicht aber die Vermietung zum Zwecke der Unterbringung von Flüchtlingsfamilien in Wohneinheiten.53 Umgekehrt ist der gewerbliche Betrieb einer Kindertagesstätte grundsätzlich nur in einer Teileinheit zulässig. Dass konkrete Nutzungen dann sowohl im Teileigentum als auch im Wohnungseigentum zulässig sind, ergibt sich als Folge der typisierenden Betrachtungsweise (vgl. § 14 Rz. 4b). Zulässig sind Vereinbarungen, nach denen das Sondereigentum sowohl als Sonder- als auch als Teileigentum, also zu jedem Zweck, benutzt werden dürfen.54 Die Eignung zur Zweckbestimmung bestimmt zudem die Anforderungen an den Unterhalt des Gemeinschaftseigentums.55

39 LG München I v. 4.4.2011 – 1 S 16861/09, ZWE 2011, 275 für den Betrieb einer Spielhalle an „sensiblen Standorten“; s.a. LG München I v. 2.3.2015 – 1 S 5273/13, ZMR 2015, 794 zur Abgrenzung von der Anlage des Objekts zu denen von der Spielhalle ausgehenden Beeinträchtigungen; a.A. LG Karlsruhe v. 26.10.2010 – 11 S 200/09, ZWE 2011, 99 für eine Spielothek; dazu Hogenschurz, ZMR 2011, 856. 40 So für Mobilfunkanlagen trotz Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV OLG Hamm v. 3.1.2002 – 15 W 287/01, MDR 2002, 754; OLG Karlsruhe v. 12.7.2006 – 1 U 20/06, MDR 2007, 206; OLG München v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MDR 2007, 711. 41 OLG Hamm v. 3.1.2002 – 15 W 287/01, MDR 2002, 754; OLG Karlsruhe v. 12.7.2006 – 1 U 20/06, MDR 2007, 206; OLG München v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MDR 2007, 711. 42 OLG Düsseldorf v. 16.11.2009 – I-3 Wx 179/09, ZMR 2010, 385 für ein Klimagerät; s.a. § 22 Abs. 1a BImSchG für die Bewertung von „Kinderlärm“. 43 LG Dortmund v. 24.11.2015 – 9 S 41/14, juris Rz. 17 = ZMR 2016, 640. 44 Vgl. BGH v. 8.5.2015 – V ZR 163/14, MDR 2015, 757. 45 LG München I v. 15.9.2014 – 1 S 1836/13 WEG, ZMR 2015, 962, soweit der darunterliegende Balkon gerade erkennbar genutzt wird. 46 Für die Beatmungs-WG im Wohneigentum AG Köln v. 31.7.2012 – 202 C 1/12, MDR 2013, 327; ebenso AG Erfurt v. 27.6.2018 – 5 C (WEG) 17/14, juris, n.rkr.; für die Beatmungs-WG in einem Büro LG Bochum v. 16.7.2018 – 1 O 318/17, ZMR 2018, 850; s.a. zum Problem der damit aufgeworfenen Brandschutzfragen OVG NW v. 1.4.2016 – 2 B 83/16, juris. 47 KG v. 13.12.2004 – 24 W 298/03, ZMR 2005, 977; LG Köln v. 11.2.2008 – 29 T 205/06, ZMR 2008, 993. 48 OLG Frankfurt v. 24.7.2007 – 20 W 538/05, NZM 2008, 322. 49 LG Hamburg v. 10.8.2010 – 318 T 4/08, ZMR 2011, 410. 50 BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497; OLG Hamm v. 13.2.2006 – 15 W 163/05, NZM 2007, 294. 51 LG Hamburg v. 6.1.2016 – 318 S 40/15, ZMR 2016, 308. 52 BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16 – Rz. 17, MDR 2018, 80. 53 Zur Unzulässigkeit der Nutzung einer Wohnung als Bordell Kreuzer in Staudinger, BGB, (2018) § 14 WEG Rz. 74 m.w.N. 54 Vgl. LG Berlin v. 11.9.2018 – 55 S 130/17 WEG, Grundeigentum 2018, 1407. 55 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17 – Rz. 10, MDR 2018, 921.

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§ 14 Rz. 4 | Pflichten des Wohnungseigentümers 4 Die Frage der Erheblichkeit des Nachteils, also danach, ob der Nachteil die übrigen Woh-

nungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus belastet, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen. Dabei darf eine nach der Verkehrsanschauung zusammenhängende Maßnahme nicht in einzelne Teilmaßnahmen aufgespalten werden, um diese isoliert auf die Erheblichkeit zu untersuchen.56 Soweit mit der Erheblichkeit die Frage verbunden wird, ob sich ein verständiger Durchschnittseigentümer nach der Verkehrsanschauung in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann,57 ergeben sich Überschneidungen zur Frage nach dem Vorliegen eines Nachteils. Bei der Erheblichkeit geht es darüber hinaus entscheidend um eine Interessenabwägung im Einzelfall58 unter Berücksichtigung der rechtlichen und örtlichen Besonderheiten der betroffenen Wohnungseigentumsanlage59 und der beteiligten Wohnungseigentümer.60 Zu den rechtlichen Besonderheiten der betroffenen Wohnungseigentumsanlage zählen insb. Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung,61 die ein Abdingen des § 14 WEG ermöglichen, oder auch Zweckbestimmungen mit Vereinbarungscharakter (vgl. § 15 Rz. 9, 15): Nachteile sind hinzunehmen, wenn sie allein auf eine nach der jeweiligen Zweckbestimmung erlaubte Nutzung zurückgehen und für diese unumgänglich sind.62 Umgekehrt beantwortet sich die Frage nach der zulässigen Nutzung durch einen Vergleich der bei typisierender Betrachtung63 (vgl. § 15 Rz. 19) von vereinbarter und tatsächlicher Nutzung zu erwartenden Beeinträchtigungen. Die Interessenabwägung bedeutet nicht, dass bei wechselseitigen Verstößen eine „Aufrechnung“ in Betracht käme.64 Über die Abwägung der widerstreitenden Interessen zum Begriff der Erheblichkeit des Nachteils wird auch die Drittwirkung der Grundrechte65 berücksichtigt. Zur Bewertung der Erheblichkeit können technische Vorschriften66 und die Grenzwerte des öffentlichen Rechts herangezogen werden.67 Jedenfalls kann bei Überschrei56 BayObLG v. 29.10.1991 – BReg.2 Z 130/91, NJW-RR 1992, 272 = ZMR 1992, 32; LG München v. 20.6.2011 – 1 S 23256/10, ZWE 2011, 423; jeweils für bauliche Veränderungen. 57 BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 (396) = MDR 1992, 484; v. 21.12.2000 – V ZB 45/ 00, BGHZ 146, 241 (246) = MDR 2001, 497. 58 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 = NJW 2010, 3093; OLG Hamburg v. 27.12.2004 – 2 Wx 19/04, ZMR 2005, 305 f.; OLG Hamm v. 21.10.2002 – 15 W 77/02, ZMR 2003, 372. 59 Vgl. OLG Düsseldorf v. 9.2.2005 – I-3 Wx 314/04, NZM 2005, 426 für bestandskräftige Eigentümerbeschlüsse, die bestimmte Punkte im Innenverhältnis abschließend klären sollen. 60 Vgl. zu Rücksichtnahmepflichten aufgrund familiärer Bindung gem. § 1618a BGB BayObLG v. 3.12.1992 – 2Z BR 104/92, BayObLGZ 1992, 358 = MDR1993, 342. 61 Vgl. BGH v. 21.10.2011 – V ZR 265/10 – Rz. 8, WuM 2012, 48 f., zu einer Vereinbarung, nach der ein Wohnungseigentümer so zu behandeln ist, als sei er unbeschränkter Alleineigentümer eines selbständigen Grundstücks mit den darauf errichteten Gebäuden; AG Dortmund v. 30.3.2010 – 512 C 75/09, WuM 2010, 318 zu einem Zustimmungsvorbehalt für die gewerbliche Vermietung. 62 BayObLG v. 2.5.1985 – BReg.2 Z 44/84, WuM 1985, 233; v. 2.9.1993 – 2Z BR 63/93, NJW-RR 1994, 337; v. 4.4.2001 – 2Z BR 141/00, NZM 2001, 893; OLG München v. 9.10.2006 – 32 Wx 116/06, MDR 2007, 647. 63 Vgl. BGH v. 16.6.2011 – V ZA 1/11, ZMR 2011, 967 = ZfIR 2011, 757 mit Anm. Dötsch; zum Mietrecht BGH v. 10.4.2013 – VIII ZR 213/12, MDR 2013, 698. 64 OLG München v. 22.8.2007 – 34 Wx 88/07, ZMR 2007, 884. 65 Vgl. BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, NZM 2005, 182; v. 13.3.1995 – 1 BvR 1107/92, NJW 1995, 1665; v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73; Schmid, MDR 2010, 64; Liste bei Hügel/Elzer, § 14 WEG Rz. 17; s. zum Anspruch auf einen barrierefreien Zugang oder auf eine Parabolantenne usw. § 22 Rz. 36, 101. 66 Dazu zählen etwa DIN-Normen oder VDI-Richtlinien, vgl. BayObLG v. 2.5.1985 – BReg.2 Z 44/84, WuM 1985, 234; v. 18.11.1999 – 2Z BR 77/99, NZM 2000, 504; OLG Frankfurt v. 28.6.2004 – 20 W 95/01, NZM 2005, 68; OLG Köln v. 18.5.2001 – 16 Wx 68/01, ZMR 2002, 77; zum Inhalt vgl. www. technischebaubestimmungen.de; a.A. AG Reutlingen v. 26.10.2012 – 9 C 1190/12, ZMR 2012, 151. 67 BayObLG v. 11.2.1999 – 2Z BR 167/98, NZM 1999, 848; OLG Hamm v. 21.10.2002 – 15 W 77/02, ZMR 2003, 372. Ungeklärt ist die Bedeutung der Einfügung von § 22 Abs. 1a BImSchG für Geräuschentwicklungen durch Kindertagesstätten.

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II. Verbot der Nachteilszufügung, § 14 Nr. 1 WEG | Rz. 4a § 14

tung der maßgeblichen Grenzwerte kein unerheblicher Nachteil mehr vorliegen. Umgekehrt schließt die Einhaltung der Grenzwerte nach der neueren Rechtsprechung des BGH68 einen nicht hinzunehmenden Nachteil nicht aus; die Geringfügigkeit gem. § 906 Abs. 1 S. 2 BGB für das Verhältnis der Wohnungseigentümer nicht entsprechend herangezogen werden, denn das Gemeinschaftsverhältnis erfordert ein stärkeres Maß an Rücksichtnahme.69 Bei Sanierungen wird sich nach der obergerichtlichen Rechtsprechung70 der einzuhaltende 4a technische Standard regelmäßig nach dem Zeitpunkt des Umbaus bestimmen; von besonderer Bedeutung ist dies für den vermietenden Wohnungseigentümer, wenn dadurch zumindest kein niedriger Standard definiert wird, als ihn das Mietrecht von der Mietsache erwartet.71 Für die Entscheidung, ob der Nachteil über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht, ist eben zu berücksichtigen, dass unter den Miteigentümern im Vergleich zu den Eigentümern benachbarter Grundstücke besondere, über das allgemeine Nachbarschaftsverhältnis hinausgehende besondere Rücksichtnahmepflichten bestehen.72 Diese begründen aber nicht die Annahme, ein besonderes technisches Niveau der konkreten Liegenschaft als „Gepräge“ zu berücksichtigen.73 Die Anforderungen technischer Vorschriften begründen einen in jedem Fall einzuhaltenden Mindeststandard.74 Weil nicht die Einhaltung bestimmter technischer Vorschriften im Vordergrund steht, sondern die Besonderheiten eines jeden Einzelfalles, macht die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Einhaltung technischer Vorschriften die Vornahme eines gerichtlichen Augenscheins zur Lästigkeit der beanstandeten Beeinträchtigung im Einzelfall nicht entbehrlich.75

68 Vgl. für Trittschallschutz und zur Bedeutung des „Gepräges“ neben der DIN 4109 BGH v. 1.6.2012 – V ZR 195/11, MDR 2012, 898. 69 BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 11 f., MDR 2014, 399; danach indiziert die Einhaltung der Grenzwerte des § 906 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. der 26. BImSchV die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigung nicht, vgl. schon OLG Hamm v. 21.10.2002 – 15 W 77/02, ZMR 2003, 372; OLG Karlsruhe v. 12.7.2006 – 1 U 20/06, MDR 2007, 206; a.A. noch BayObLG v. 13.11.2003 – 2Z BR 115/03, WuM 2004, 726; v. 12.8.2004 – 2Z BR 148/04, NZM 2005, 69. 70 Vgl. für Trittschallschutz (DIN 4109) und das „Gepräge“ BGH v. 1.6.2012 – V ZR 195/11, MDR 2012, 898 bei Eingriffen ohne Substanzeingriff in das Gemeinschaftseigentum; OLG Brandenburg v. 20.5.2010 – 5 Wx 20/09, WuM 2010, 558; OLG Frankfurt v. 28.6.2004 – 20 W 95/01, NZM 2005, 68; OLG Düsseldorf v. 13.11.2007 – 3 Wx 115/07, NZM 2008, 288; OLG Hamm v. 18.8.2009 – 15 Wx 357/08, WuM 2010, 50; OLG München v. 9.1.2008 – 34 Wx 114/07, NJW 2008, 592; OLG Köln v. 20.2.2004 – 16 Wx 240/03, ZMR 2004, 462; von Behr/Pause/Vogel, NJW 2009, 1385; für Badsanierungen vgl. einerseits bei Substanzeingriff BayObLG v. 18.11.1999 – 2Z BR 77/99, NZM 2000, 504; andererseits ohne Substanzeingriff LG Berlin v. 25.9.2013 – 85 S 57/12, GE 2013, 1599; OLG München v. 10.4.2006 – 34 Wx 21/06, FGPrax 2006, 111 = ZMR 2006, 111; für Heizungsrohre vgl. OLG Frankfurt v. 27.3.2006 – 20 W 204/03, NZM 2006, 903; für den Austausch der Wärmepumpe OLG München v. 24.10.2007 – 34 Wx 23/07, NZM 2008, 249; für elektrische Rollläden vgl. OLG Zweibrücken v. 24.10.2002 – 3 W 182/02, ZWE 2003, 274. 71 Vgl. zu den Anforderungen im Mietrecht BGH v. 6.10.2004 – VIII ZR 355/03, MDR 2005, 743; v. 17.6.2009 – VIII ZR 131/08, MDR 2009, 975; v. 7.7.2010 – VIII ZR 85/09, MDR 2010, 1041. 72 BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 11 f., MDR 2014, 399; OLG Köln v. 7.6.1996 – 16 Wx 88/98, ZMR 1997, 48; OLG Stuttgart v. 20.2.2001 – 8 W 555/00, ZMR 2001, 730. 73 BGH v. 27.2.2015 – V ZR 73/14, MDR 2015, 499; a.A. noch OLG Köln v. 20.2.2004 – 16 Wx 240/03, ZMR 2004, 463; OLG München v. 9.5.2005 – 32 Wx 30/05, NZM 2005, 509; v. 25.6.2007 – 34 Wx 20/07, ZMR 2007, 809; v. 9.1.2008 – 34 Wx 114/07, NJW 2008, 592 f.; kritisch Hogenschurz, MDR 2008, 786. 74 OLG Köln v. 4.12.2002 – 16 Wx 180/02, ZMR 2003, 705; s.a. von Behr/Pause/Vogel, NJW 2009, 1385. 75 OLG Köln v. 20.2.2004 – 16 Wx 240/03, ZMR 2004, 463; OLG München v. 9.5.2005 – 32 Wx 30/05, NZM 2005, 509; vgl.a. zur tatsächlichen Feststellung BGH v. 18.2.2015 – VIII ZR 186/14, WuM 2015, 289; BGH v. 16.1.2015 – V ZR 110/14, MDR 2015, 638.

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§ 14 Rz. 4b | Pflichten des Wohnungseigentümers 4b Ob die Nutzung grundsätzlich zulässig ist, muss unter Berücksichtigung der Umstände des

Einzelfalls nach einer typisierenden Betrachtungsweise (vgl. § 15 Rz. 19) beurteilt werden.76 Zulässig ist nur eine Nutzung, die die übrigen Wohnungs- oder Teileigentümer ihrer Art nach typischerweise nicht mehr beeinträchtigt als die vereinbarte Nutzung.77 Unzulässig ist also eine Nutzung, die bei typisierender Betrachtung notwendig zu unzumutbaren Nachteilen führt, wie das bei der Nutzung eines Teileigentums zu Wohnzwecken in einer ausschließlich beruflichen und gewerblichen Zwecken dienenden Gebäude der Fall ist,78 bei der Nutzung eines Teileigentums als Heim gerade nicht der Fall ist.79 Von der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Nutzung zu unterscheiden ist also die Frage, ob die konkrete Ausübung der Nutzung zu unzumutbaren Nachteilen führt; dann ist nicht die abweichende Nutzung an sich unzulässig, sondern nur die konkrete störende Ausübung. Aufgrund der typisierenden Betrachtungsweise, die sich in der Lebenserfahrung, nicht der Empirie gründet, soll die hotelähnliche Zwischenvermietung von Wohneinheiten etwa an Messebesucher oder Touristen80 nicht an sich zu einer nicht zumutbaren Beeinträchtigung führen und auch keine gewerbliche Nutzung darstellen, aber es besteht ein Anspruch auf Unterlassung des störenden Einzelgebrauchs, etwa von Türenschlagen oder Müllwegwerfen im Treppenhaus.81 Auch eine allgemeine Öffnungsklausel rechtfertigt das Verbot einer Vermietung von weniger als 14 Tagen durch Mehrheitsbeschluss nicht.82 Die Grundsätze für die Vermietung an Touristen lassen sich auf Medizintouristen übertragen.83 Ebenso soll die Tagesbetreuung von maximal zwei Kindern nicht mehr stören als eine normale Wohnnutzung.84 Bei der typisierenden Betrachtungsweise von

76 BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16 - Rz. 9, NJW 2018, 41; BayObLG v. 22.9.2004 – 2Z BR 103/04, ZMR 2005, 215; OLG Köln v. 27.12.2002 – 16 Wx 233/02, juris; LG München I v. 4.4.2011 – 1 S 16861/09, ZWE 2011, 275. 77 BayObLG v. 7.7.2004 – 2Z BR 89/04, ZMR 2004, 926; unzulässig im Wohneigentum daher insb. Arztpraxis, BayObLG v. 20.7.2000 – 2Z BR 50/00, NZM 2001, 137; Friseursalon, BayObLG v. 31.8.2000 – 2Z BR 39/00, NZM 2001, 138; Naturheilpraxis, LG München I v. 26.1.2015 – 1 S 9962/ 14, ZMR 2015, 791; psychotherapeutische Praxis, LG Frankfurt/Main v. 15.3.2018 – 2-13 S 36/17, WuM 2018, 594; zulässig dagegen Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei: BayObLG v. 28.10.1998 – 2Z BR 137/98, NZM 1999, 130; KG v. 22.10.1993 – 24 W 7471/92, MDR 1994, 58 = NJW-RR 1994, 206: Versicherungsvertretung; v. 8.6.1994 – 24 W 5760/93, NJW-RR 1995, 333: Architekturbüro; OLG Köln v. 15.2.2002 – 16 Wx 232/01, NZM 2002, 258: Patentanwaltskanzlei; s.a. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499; zulässig im Teileigentum ohne weitere Zweckbestimmung Boardinghaus, LG Frankfurt/Main v. 30.8.2017 – 2-13 S 207/14, WuM 2017, 673; zum Vergleichsmaßstab beim Teileigentum LG München I v. 12.5.2016 – 36 S 6246/15, ZMR 2016, 989. 78 BGH v. 23.3.2018 – V ZR 307/16, MDR 2018, 923. 79 BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16 – Rz. 17, MDR 2018, 80. 80 Vgl. Bueb, ZWE 2016, 207. 81 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499; v. 12.11.2010 – V ZR 78/10, ZMR 2011, 396; AG Berlin-Mitte v. 6.1.2011 – 22 C 5/10, WuM 2011, 379; a.A. noch KG v. 31.5.2007 – 24 W 276/06, ZMR 2008, 406; v. 2.7.2007 – 24 W 34/07, ZMR 2007, 803; s.a. zum Hausverbot BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73; LG Koblenz v. 21.6.2011 – 2 S 19/10, NZM 2012, 54; AG Erfurt v. 25.5.2016 – 5 C 63/14, ZMR 2016, 809; vgl. zur Mietminderung bei Touristenlärm und den Anforderungen an die Darlegung bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen BGH v. 29.2.2012 – VIII ZR 155/11, MDR 2012, 509. 82 Vgl. allgemein zu Öffnungsklauseln BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = MDR 2015, 79; a.A. noch LG Berlin v. 23.9.2014 – 55 S 89/13, ZMR 2015, 327. 83 LG München I v. 8.2.2016 – 1 S 21019/14, ZMR 2016, 490; LG München I v. 3.6.2016 – 40 O 11108/ 14, ZMR 2017, 263; LG München I v. 8.2.2017 – 1 S 5582/16 WEG, ZMR 2017, 325. 84 AG Bremen-Blumenthal v. 27.9.2013 – 44 C 2015/13, ZMR 2014, 401; AG Bonn v. 25.1.2018 – 27 C 111/17, ZWE 2018, 212; s.a. AG Konstanz v. 9.7.2015 – 4 C 241/15, ZWE 2016, 222; anders für den Betrieb eines Kindergartens in einer Teileinheit LG Hamburg v. 6.1.2016 – 318 S 40/15, ZMR 2016, 308.

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II. Verbot der Nachteilszufügung, § 14 Nr. 1 WEG | Rz. 4c § 14

Nutzungskonflikten85 entscheidet sich schließlich die Frage der wohnungseigentumsrechtlichen Zulässigkeit der Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen,86 wenn diese in der konkreten Ausgestaltung nicht der Zweckbestimmung als Wohnungs- oder Teileigentum entspricht, sei es, dass Teileigentum durch einzelne Flüchtlinge wie Wohnraum genutzt wird, sei es, dass mehrere Wohnungseigentumseinheiten als Heim, also an eine Vielzahl verschiedener Menschen mit Gemeinschaftseinrichtungen, oder als Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 AsylG genutzt werden.87 Im Einzelfall ist zunächst immer nach besonderen Vereinbarungen zur Nutzung zu fragen, denn aus diesen können sich Einschränkungen für die Benutzung ergeben.88 Ob ein Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG vorliegt, wird insb. für die Videoüberwachung89 dis- 4c kutiert im Hinblick auf die Nachteile der Überwachung. Hier geht es also nicht um die vorgelagerte Frage, wann die bei einem Substanzeingriff oder einer erheblichen Veränderung der äußeren Gestalt der Wohnungseigentumsanlage anzunehmende bauliche Veränderung ausnahmsweise ohne Zustimmung aller Wohnungseigentümer gem. § 22 Abs. 1 WEG zulässig ist (vgl. § 22 Rz. 107).90 Im Hinblick auf die Nachteile der Überwachung zu beachten sind neben den Vorgaben durch § 201a StGB sowie § 4 BDSG in der ab 25.5.2018 geltenden Fassung,91 der für die Überwachung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum und durch einzelne Wohnungseigentümer wie durch die Wohnungseigentümer in gleicher Weise Beachtung beansprucht, die verschiedenen Konstellationen, die sich aus den denkbaren Objekten der Überwachung: Gemeinschaftseigentum, Sondernutzungsrecht und Sondereigentum sowie Eigentum des Grundstücksnachbarn einerseits und andererseits den verschiedenen Trägern der Überwachung: Wohnungseigentümergemeinschaft, Verwalter und Wohnungseigentümer ergeben. Die Voraussetzungen des § 4 BDSG haben Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB, so dass deren Missachtung Abwehransprüche auslöst. Erforderlich ist jetzt insbesondere ein Betreiberhinweis, § 4 Abs. 2 BDSG, aus dem sich ergibt, welcher Bereich durch wen überwacht wird und wer Ansprechpartner bei Fragen ist. Für diese Betrachtung wird unterstellt, dass die Überwachung grenzgenau92 erfolgt. Denn erfasst die Überwachung auch nur am Rande benachbarte Bereiche oder ist dies auch nur ernsthaft aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu befürchten,93 gelten die Regeln für die benachbarten Flächen.94 Danach gilt grundsätzlich: Das Sondereigentum dürfen weder die Eigentümergemeinschaft und der Verwalter,

85 Die Nutzung durch Asylbewerber und Flüchtlinge an sich stört nicht mehr als eine sonstige Wohnnutzung; sie erlaubt insbesondere nicht den Schluss auf eine übermäßige Nutzung, etwa eine Überbelegung; vgl. Drasdo, WuM 2017, 367 (369 m.w.N.). 86 Vgl. Abramenko, MietRB 2017, 222. 87 BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16 – Rz. 17, MDR 2018, 80. 88 AG Rosenheim v. 12.7.2016 – 12 C 131/16 WEG, juris, zur Unzulässigkeit der (Unter-)Vermietung an Asylbewerber, wenn nach der Teilungserklärung die fremdenverkehrsmäßige Nutzung der Wohneinheiten gewährleistet sein muss; LG Koblenz v. 4.8.2016 – 2 S 124/15 WEG, NZM 2016, 800 für die Vereinbarung einer Vermietungszustimmung; ebenso LG Köln v. 26.4.2018 – 29 S 239/17, ZWE 2018, 327; anders für die Vereinbarung einer Nutzung als Studentenappartements LG Koblenz v. 16.11.2916 – 2 S 99/15 WEG, ZWE 2017, 133. 89 Vgl. Elzer, NJW 2013, 3537; Stöber, NJW 205, 3681; allgemein zum Datenschutz Puls/Kolbig, ZMR 2015, 266. 90 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 220/12 – Rz. 11, BGHZ 197, 274 = MDR 2013, 1091. 91 Zuvor galt § 6b BDSG. Die Neuregelung führt nicht zu einer Absenkung der bisherigen Anforderungen. 92 Ebenso unbedenklich ist es, wenn der erfasste fremde Bereich automatisch verpixelt ist; AG Wedding v. 25.6.2014 – 8a C 63/13, GE 2014, 1344. 93 Vgl. LG Berlin v. 23.7.2015 – 57 S 215/14, Grundeigentum 2015, 1100 für Grundstücksnachbarn. 94 Hier liegen die tatsächlichen Schwierigkeiten insb. der Überwachung von Sondernutzungsrechten durch den Sondernutzungsberechtigten.

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§ 14 Rz. 4c | Pflichten des Wohnungseigentümers noch die übrigen Wohnungseigentümer überwachen, sondern nur der Sondereigentümer.95 Der (allein) Sondernutzungsberechtigte96 darf den Bereich seines Sondernutzungsrechts überwachen,97 etwa seinen Tiefgaragenstellplatz.98 Der einzelne Wohnungseigentümer darf grundsätzlich nicht das Gemeinschaftseigentum überwachen99 und ebenso wenig der Verwalter aus eigenem Antrieb; etwas anderes gilt für die durch eine Kamera in der gemeinschaftlichen Klingelanlage ermöglichte Zugangskontrolle, die als Überwachung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft erscheint. Die Anbringung von Kameraattrappen, die zur Abschreckung von Dieben ausreichen kann,100 führt wohl nicht zu unzulässigen Beeinträchtigungen;101 allerdings kann ein persönlichkeitsrechtverletzender Überwachungsdruck schon dann bestehen, wenn die Kamera in der Vergangenheit zu rechtswidrigen Filmaufnahmen genutzt wurde und diese äußerlich unverändert fortbesteht102 oder wenn nicht erkennbar ist, ob die Attrappe nach äußerlich nicht wahrnehmbarer technischer Veränderung doch als Kamera genutzt wird.103 Die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung reicht aber nicht aus.104 4d Für die Videoüberwachung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft gilt: Der Ein-

gangsbereich, nicht das ganze Treppenhaus, darf mit einer Videokamera überwacht werden, wenn ein berechtigtes Überwachungsinteresses der Gemeinschaft,105 das das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und von Dritten, deren Verhalten mit überwacht wird, ausnahmsweise überwiegt,106 vorliegt und die Ausgestaltung der Überwachung in der Weise erfolgt, dass unter Berücksichtigung von § 4 BDSG inhaltlich und formell dem Schutzbedürfnis des Einzelnen ausreichend Rechnung getragen wird, also insb. geregelt ist, für welche Zwecke die Überwachung erfolgt, wem die Daten für welche Zwecke zugänglich sind und wann die Daten gelöscht werden.107 Fehlt bei einer in der Vergangenheit beschlossenen Regelung eine dieser Voraussetzungen oder entfällt sie, besteht ein Anspruch auf Stilllegung gem. § 21

95 OLG München v. 11.3.2005 – 32 Wx 002/05, MDR 2005, 620. 96 Sind Gruppen von Wohnungseigentümern zur Sondernutzung berechtigt, etwa die Bewohner eines Gebäudes einer Mehrhausanlage, entscheiden diese, wie durch Vereinbarung geregelt, sonst entsprechend den §§ 21 ff. WEG über die Überwachung 97 AG Hamburg Blankenese v. 9.1.2013 – 539 C 7/12, ZMR 2014, 59; AG Hamburg-Barmbek v. 14.10.2016 – 880 C 9/16, ZMR 2017, 266; vgl. a. BGH v. 21.10.2011 – V ZR 265/10 – Rz. 9, NZM 2012, 239. 98 AG Schöneberg v. 2.6.2017 – 771 C 82/16, Grundeigentum 2017, 844. 99 OLG München v. 11.3.2005 – 32 Wx 002/05, MDR 2005, 620; OLG Düsseldorf v. 5.1.2007 – I-3 Wx 199/06, MDR 2007, 946; für den Betrieb einer Dash-Cam im in der Tiefgarage abgestellten Auto vgl. AG Hamburg-Barmbek v. 14.10.2016 – 880 C 9/16, ZMR 2017, 266; für eine Fensterbankkamera AG Hanau v. 29.3.2012 – 32 C 310/11, Juris. 100 LG München I v. 11.11.2011 – 1 S 12752/11 WEG, ZWE 2012, 233. 101 LG Frankfurt/M. v. 11.11.2013 – 2-13 S 24/13, WuM 2014, 162; a.A. auch bei bereits erfolgten „leichten“ Diebstählen LG Berlin v. 28.10.2015 – 67 S 82/15, juris; AG Frankfurt/M. v. 14.1.2015 – 33 C 3407/14, juris; für „Dome-Kameras“ AG Dinslaken v. 5.3.2015 – 34 C 47/14, juris. 102 OLG Köln v. 22.9.2016 – 15 U 33/16, NJW 2017, 835. 103 LG Berlin v. 1.2.2018 – 67 S 305/17, WuM 2018, 656. 104 LG Hamburg v. 18.1.2018 – 304 O 69/17, ZMR 2018, 473. 105 Dazu zählt die Abwehr von Straftaten, nicht aber die Überprüfung, ob einzelne Wohnungseigentümer ihre Wohnung als Bordell nutzen. Demgegenüber darf ein Miteigentümer nicht durch eine Videokamera im Türspion den Flur vor seiner Wohnung in der Weise überwachen, dass beim Klingeln ein Monitor in der Wohnung eingesehen werden kann und erst recht keine Fernübertragung auf ein Mobiltelefon einrichten, AG Bergisch Gladbach v. 3.9.2015 – 70 C 17/15, NZM 2016, 211. 106 Zur Abwägung vertiefend Elzer, NJW 2013, 3537 (3538); Stöber, NJW 2015, 3681 (3684 f.); s.a. Brink, ZWE 2013, 73 (75). 107 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 220/12, BGHZ 197, 274 = MDR 2013, 1091 (3089); AG Pinneberg v. 30.1.2018 – 60 C 21/17, ZMR 2018, 463 (464); gegen die Zulässigkeit der Videoüberwachung der Tiefgarage zuvor noch LG München I v. 11.11.2011 – 1 S 12752/11 WEG, ZWE 2012, 233.

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II. Verbot der Nachteilszufügung, § 14 Nr. 1 WEG | Rz. 5 § 14

Abs. 4 WEG.108 – Die Grenzen der danach zulässigen Eingangskontrollen lassen sich nach der bisherigen Rechtsprechung dahin zusammenfassen, dass Bedenken dann nicht bestehen, wenn die Kamera nur durch Betätigung der Klingel eingeschaltet wird, die Bildübertragung nur in die Wohnung erfolgt, bei der geklingelt wurde, die Bildübertragung nach einer Minute automatisch abgebrochen wird, das dauerhafte Aufzeichnen von Bildern nicht möglich ist und keine konkreten Anhaltspunkte für die Absicht einer missbräuchlichen Manipulation vorliegen.109 Es ist unzulässig, dass das Bildtelefon für eine Nachlaufzeit von drei Minuten die Beobachtung des Eingangs ermöglicht und zudem die Aufzeichnung der Bilder durch Zusatzgeräte110 oder das Videobild vom Eingang in das hauseigene Kabelnetz eingespeist wird, so dass alle Wohnungseigentümer alle Besucher sehen und die Übertragung auch noch aufzeichnen können.111 – Für die Annahme eines nicht zumutbaren Nachteils im Verhältnis der Wohnungseigentümer bedarf es – nicht anders als im Verhältnis von Grundstücksnachbarn112 – konkreter Anhaltspunkte, die eine Manipulation mit dem Ziel einer Überschreitung der zulässigen Nutzung hinreichend wahrscheinlich machen. Für eine Überwachung, die teilweise oder ganz, beabsichtigt oder unbeabsichtigt das Grund- 4e stück des Nachbarn erfasst, gelten die allgemeinen Regeln für die Videoüberwachung zwischen Grundstücksnachbarn, gleich ob sie durch einen Sondereigentümer, den Verwalter oder die Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgt. Die Videoüberwachung mit einer auf ein Nachbargrundstück oder auch einen öffentlichen Zugangsweg gerichteten Kamera verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Nachbarn, wenn die Bilder zum Zwecke der Überwachung des Nachbarn verwendet werden können.113 Sie kommt nur bei einer konkreten, schwerwiegenden Rechtsverletzung, nicht schon bei Eigentumsdelikten in Betracht.114

2. Pflicht zur schonenden Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum § 14 Nr. 1 WEG verpflichtet die Miteigentümer115 zur schonenden Nutzung von Sonder- und 5 Gemeinschaftseigentum. Durch die Benutzung dürfen über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehende Nachteile (vgl. Rz. 3 ff.) nicht eintreten. Damit ist ein Mindeststandard beschrieben, der durch Vereinbarungen i.S.d. § 15 Abs. 1 WEG (vgl. § 15 Rz. 3 ff.) geändert und durch Eigentümerbeschlüsse i.S.d. § 15 Abs. 2 WEG (vgl. § 15 Rz. 65 ff.) der Konkretisierung116 zugänglich ist. Für die Beurteilung dessen, was hinzunehmen ist, ist der besondere Zustand der Wohnungseigentumsanlage im Einzelfall in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht117 maßgeblich.

BGH v. 24.5.2013 – V ZR 220/12 – Rz. 19, BGHZ 197, 274 = MDR 2013, 1091 (3089). BGH v. 8.4.2011 – V ZR 210/10, MDR 2011, 778. OLG Köln v. 9.5.2007 – 16 Wx 13/07, WuM 2007, 646. KG v. 26.0.2002 – 24 W 309/01, MDR 2002, 1364. Vgl. BGH v. 16.3.2010 – VI ZR 176/09, MDR 2010, 682. OLG Köln v. 22.9.2016 – 15 U 33/16, NJW 2017, 835. LG Paderborn v. 30.11.2017 – 3 O 182/17, NZM 2018, 766. Vgl. zur unmittelbaren Bindung von Nießbrauchsberechtigten OLG München v. 23.3.2009 – 19 U 5448/08, ZWE 2010, 36. 116 Zu den Voraussetzungen eines Hausverbots vgl. BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73; zu Lärmimmissionen vgl. OLG Düsseldorf v. 16.11.2009 – I-3 Wx 179/09, ZMR 2010, 385; s.a. Abramenko, MietRB 2010, 58. 117 BayObLG v. 28.2.2002 – 2Z BR 141/01, NZM 2002, 492 = ZMR 2002, 605 für ein Seniorenheim. 108 109 110 111 112 113 114 115

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§ 14 Rz. 6 | Pflichten des Wohnungseigentümers a) Grenzen der Nutzung des Sondereigentums 6 Die Grenzen der Nutzung des Sondereigentums sind unter Berücksichtigung aller Umstände

des Einzelfalls118 in rechtlicher119 und tatsächlicher Hinsicht zu bestimmen und lassen sich durch folgende Beispiele veranschaulichen: In Altbauten sind auf Grund mangelnder Schallisolierung zwischen den einzelnen Wohnungen oder im Treppenhaus regelmäßig größere Lärmbelästigungen hinzunehmen als in modernen Gebäuden. In jedem Wohnungseigentum dürfen Kinder leben; die von ihnen verursachten Geräusche sind grundsätzlich hinzunehmen.120 Ebenso gehört dazu das häusliche Musizieren.121 Die Grenze des Zumutbaren ist bei Einhaltung von TA Luft und TA Lärm regelmäßig nicht überschritten.122 Die Grenze des Zumutbaren ist aber dann überschritten, wenn die Geräusche einen ungewöhnlichen Umfang123 annehmen, etwa bei Hunde- oder Papageienlärm,124 bei nächtlichen Ruhestörungen,125 dem dauerhaften Betrieb einer elektrischen Laubsäge in einer Wohnung,126 dem übermäßigen Rauchen auf dem Balkon127 und bei der Ausübung von Freiluftsportarten in der Wohnung.128 Weil die Wohnungseigentümer einander grundsätzlich nur die Erhaltung des bei Errichtung des Gebäudes bestehenden technischen Standards schulden (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG), muss sich das Nutzungsverhalten auf diesen Standard einstellen: Jeder Wohnungseigentümer ist deshalb – wie auch Mieter gegenüber dem Vermieter129 - dazu verpflichtet, sein Nutzungsverhalten auf diesen Gebäudestandard einzurichten, etwa Beheizung und Lüftung so vorzunehmen, dass es nicht zu einer Schimmelpilzbildung kommt. In jedem Wohnungseigentum darf gekocht werden; unzumutbar sind aber andere untypische, besonders störende Gerüche, etwa durch chemische Experimente oder in Folge von Bastelarbeiten.130 Unzumutbar131 kann im Einzelfall die „übermäßige“ Tierhaltung132 sein oder das Anlocken von Wildtieren, insbeson-

118 Diese Bewertung macht eine sorgfältige Ermittlung des Sachverhalts, etwa zu Ort, Dauer, Umfang und Intensität erforderlich, vgl. BGH v. 18.2.2015 – VIII ZR 186/14, WuM 2015, 289; BGH v. 16.1.2015 – V ZR 110/14, MDR 2015, 638. 119 Während die materiell-rechtlich öffentlich-rechtliche unzulässige Nutzung auch im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer nicht zulässig sein kann, bedeutet die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit, insbesondere das Vorliegen einer Genehmigung, nicht, dass die Nutzung im Verhältnis der Wohnungseigentümer zulässig ist; vgl. zur Nutzungsgenehmigung VG Minden v. 19.8.2014 – 1 K 2257/ 12, ZMR 2015, 168. 120 LG München I v. 20.12.2017 – 1 S 17182/17 WEG, ZMR 2018, 862; s.a. Nierhauve, ZMR 2018, 298; zum Mietrecht vgl. BGH v. 22.8.2017 – VIII ZR 226/16, MDR 2017, 1175. 121 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 143/17, MDR 2019, 23: Die Beschränkung auf zwei bis drei Stunden an Werktagen und ein bis zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen, jeweils unter Einhaltung üblicher Ruhezeiten, kann als grober Richtwert dienen. 122 LG München I v. 3.6.2016 – 40 O 11108/14, Juris Rz. 93. 123 OLG Düsseldorf v. 19.8.2009 – I-3 Wx 233/08, NZM 2009, 748. 124 Vgl. zum Bauaufsichtsrecht OVG NW v. 8.1.2014 – 2 B 1196/13, NZM 2014, 359. 125 OLG Düsseldorf v. 16.11.2009 – I-3 Wx 179/09, ZMR 2010, 385 für ein Klimagerät. 126 Vgl. OLG Karlsruhe v. 25.3.2010 – 14 Wx 9/10, NJW 2010, 2961. 127 LG Frankfurt v. 28.1.2014 – 2-09 S 71/13, ZMR 2014, 572; zum Interessenausgleich durch Nutzungsregelungen ausführlich BGH v. 16.1.2015 – V ZR 110/14, Rz. 18, MDR 2015, 638; zum Mietrecht BGH v. 18.2.2015 – VIII ZR 186/14, NJW 2015, 1239. 128 OLG Saarbrücken v. 11.6.1996 – 5 W 82/96, ZMR 1996, 567 für Tennis. 129 BGH v. 5.12.2018 – VIII ZR 271/17, WuM 2019, 25. 130 BayObLG v. 12.4.2000 – 2Z BR 151/99, NZM 2001, 387; OLG Köln v. 12.5.1997 – 16 Wx 67/97, MDR 1998, 98 = NJW-RR 1998, 83. 131 Für die Unwirksamkeit eines generellen Hunde- und Katzenhaltungsverbots durch Eigentümerbeschluss gegenüber Mietern vgl. AG Hannover v. 28.4.2016 – 541 C 3858/15, ZMR 2017, 898. 132 KG v. 8.4.1998 – 24 W 1012/97, MDR 1998, 1345 = NZM 1998, 670; OLG Celle v. 31.3.2003 – 4 W 15/03, MDR 2003, 925 = NZM 2003, 242: bei 4 Schäferhunden; OLG Frankfurt v. 19.7.1990 – 20 W 149/90, OLGZ 1990, 414 = NJW-RR 1990, 1430 für Schlangen; OLG Köln v. 26.9.1995 – 16 Wx 134/95, MDR 1996, 465 = ZMR 1996, 98 für 100 Kleintiere; OLG Karlsruhe v. 29.12.2003 – 14 Wx

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II. Verbot der Nachteilszufügung, § 14 Nr. 1 WEG | Rz. 7 § 14

dere Vögeln, durch Fütterung.133 Beim Musizieren richtet sich die Frage der Zumutbarkeit bei Fehlen vorrangiger Gebrauchsregelungen durch Beschluss und Vereinbarung nach den Umständen des Einzelfalles, etwa dem Charakter und der Lage der Wohnungseigentumsanlage (z.B. Studentenwohnheim), der Schallschutzausstattung des Gebäudes, der Umgebungsgeräusche und der Lautstärke des Musizierens.134 Für Musikdarbietungen in als Gaststätten zu nutzenden Teileinheiten ergibt sich daraus, dass stärkere Geräuschimmissionen unzulässig sind, die sich durch Verwendung eines Lautstärkenbegrenzers und bei Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Auflagen vermeiden lassen.135 In allen Fällen ist eine Einwirkung auf die Substanz des Gemeinschaftseigentums oder des Sondereigentums anderer Wohnungseigentümer für die Annahme eines Nachteils nicht erforderlich; es genügt eine irgendwie geartete Einwirkung, die etwa wegen eines sozialen Unwerturteils zu einer Wertminderung führt.136 § 14 Nr. 1 WEG vermittelt im Verhältnis zwischen verschiedenen Teileigentümern keinen Konkurrenzschutz.137 Eine besondere Konkretisierung enthält das Rücksichtnahmegebot nach der Entziehung des 6a Wohnungseigentums wegen störenden Verhaltens (vgl. § 18 Rz. 1 ff.): Wer eine Eigentumswohnung erwirbt, ist gemäß § 14 Nr. 1 WEG verpflichtet, die Nutzung durch einen früheren Eigentümer zu beenden, dem das Wohnungseigentum gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG entzogen worden ist.138 b) Grenzen der Nutzung des Gemeinschaftseigentums Durch die Benutzung des Gemeinschaftseigentums darf der zulässige Gebrauch der anderen 7 Miteigentümer, § 15 Abs. 1 und 2 WEG, nicht erheblich erschwert oder gar ausgeschlossen werden. Unzumutbar sind „übermäßiges“ Rauchen im Treppenhaus,139 das Versprühen von Duftstoffen,140 das „übermäßige“ Grillen,141 das dauerhafte Abstellen von Müll oder Sperrmüll sowie Fahrrädern oder Kinderwagen, Rollatoren oder Rollstühlen im Treppenhaus an

133 134 135 136 137 138 139 140 141

51/03, NZM 2004, 428 für giftige Frösche und Schlangen; OLG Zweibrücken v. 24.8.1999 – 3 W 164/99, ZMR 1999, 854; LG Stuttgart v. 19.12.2011 – 2 S 21/11, WuM 2012, 216 für die Hausschweinhaltung und die Hasenzucht; vgl. auch BGH v. 14.11.2007 – VIII ZR 340/06, MDR 2008, 134 zur Kleintierhaltung in Mietwohnungen; BGH v. 20.3.2013 – VIII ZR 168/12, MDR 2013, 580; s. aber LG Hannover v. 28.10.2010 – 1 S 30/10, ZMR 2011, 211 zur mietrechtlichen Zulässigkeit der Lagerung von Waffen in einer Wohnung. AG Bottrop v. 10.1.2013 – 20 C 55/12, ZMR 2014, 488; AG Frankfurt/M. v. 2.10.2013 – 33 C 1922/ 13, IMR 2014, 80; AG München v. 23.9.2015 – 485 C 5977/15 WEG, ZMR 2016, 1002. Zum Mietrecht BGH v. 10.4.2013 – VIII ZR 213/12, MDR 2013, 698. Vgl. BayObLG v. 2.9.1993 – 2Z BR 63/93, NJW-RR 1994, 337 = ZMR 1994, 25. KG v. 15.2.1988 – 24 W 4716/87, MDR 1998, 587 = NJW-RR 1988, 846 für Spruchbänder an der Balkonbrüstung; OLG Düsseldorf v. 12.3.2003 – 3 Wx 369/02, ZMR 2004, 447. BGH v. 20.6.1985 – V ZR 47/85, MDR 1987, 42 = ZMR 1986, 367; OLG Stuttgart v. 27.9.1990 – 8 W 344/90, OLGZ 1991, 40 = ZMR 1990, 465; OLG Brandenburg v. 10.6.2009 – 3 U 169/08, ZMR 2009, 909. BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, MDR 2017, 326. AG Hannover v. 31.1.2000 – 70 II 414/99, NZM 2000, 520; vgl. auch Derleder, NJW 2007, 812. OLG Düsseldorf v. 16.5.2003 – I-3 Wx 98/03, ZMR 2004, 52. BayObLG v. 18.3.1999 – 2Z BR 6/99, OLGZ 1999, 82 = NZM 1999, 575; BayObLG v. 20.3.2002 – 2Z BR 16/02, WuM 2002, 686; v. 20.3.2002 – 2Z BR 16/02, ZMR 2002, 686: kein Grillkamin unter Schlafzimmerfenster; LG Stuttgart v. 14.8.1996 – 10 T 359/96, ZMR 1996, 625; vgl. auch OLG Frankfurt v. 10.4.2008 – 20 W 119/06, NZM 2008, 736; LG Karlsruhe v. 9.1.2012 – 11 S 61/09, ZWE 2012, 138; LG München I v. 10.1.2013 – 36 S 8058/12, ZMR 2013, 475; AG Halle/Saale v. 11.12.2012 – 10 C 1126/12, juris.

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§ 14 Rz. 7 | Pflichten des Wohnungseigentümers nicht dafür vorgesehenen Stellen,142 insb. wenn der Brandschutz nicht mehr gewährleistet ist. Teile des gemeinschaftlichen Treppenhauses dürfen nicht verschlossen werden.143 Auch die verstärkte Nutzung gemeinschaftlicher Einrichtungen und Anlagen auf Grund gewerblicher Nutzung kann den Rahmen ordnungsgemäßen Gebrauchs übersteigen, etwa die Spielplatznutzung durch entgeltlich betreute Kinder144 oder die Aufstellung eines Fitnessgerätes im Trockenraum.145 Bei Garten und Freiflächen zulässig sind das Spielen auf einer Rasenfläche, im Hof oder einer Zufahrt.146 Unzulässig sind das Aufstellen eines mobilen Schwimmbeckens von rund 10 qm Grundfläche,147 die Einrichtung eines Freiausschanks148 oder das Aufstellen von Statuen.149 Unzulässig sind auch die eigenmächtige Entfernung von Bäumen oder Blumenbeeten150 oder das Herumlaufenlassen von nicht angeleinten großen Hunden.151 Dagegen lässt sich eine generelle Pflicht, Hunde – unabhängig von ihrer Gefährlichkeit oder ihrer Neigung, an Personen hochzuspringen – sowohl im Gebäude und auch in den Außenanlagen der Wohnungseigentumsanlage an die Leine zu nehmen, nicht zwingend allein aus dem wohnungseigentumsrechtlichen Rücksichtnahmegebot ableiten,152 sondern Bedarf einer Regelung in der Hausordnung oder durch einen den Gebrauch regelnden Eigentümerbeschluss.153 Die Beförderung von Tieren, auch Hunden, im Aufzug kann in der Hausordnung grundsätzlich wirksam untersagt werden, so dass bei einem Verstoß ein Unterlassungsanspruch besteht.154 7a Zum übermäßigen, unzulässigen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums zählt auch der An-

schluss zusätzlicher Heizkörper, die durch die gemeinschaftliche Heizungsanlage nicht ausreichend versorgt werden können.155 Weil nach Auffassung des BGH156 die Heizkörper nebst den dazugehörigen Leitungen zum Anschluss an eine Zentralheizung sowie den Heizungs-

142 OLG Düsseldorf v. 22.5.1996 – 3 Wx 88/96, ZMR 1996, 446; a.A. AG Dortmund v. 12.12.2017 – 425 C 6305/17, ZMR 2018, 539 mit Blick auf Art. 6 GG unter Außerachtlassung der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Positionen der übrigen Wohnungseigentümer. 143 BayObLG v. 29.1.2004 – 2Z BR 153/03, ZMR 2004, 447 für Absperren des obersten Treppenabsatzes durch ein Gitter; KG v. 22.7.2002 – 24 W 65/02, MDR 2003, 150 für im Treppenhaus freilaufende Kampfhunde. 144 BayObLG v. 9.10.1997 – 2Z BR 90/97, ZMR 1998, 182. 145 AG Bremen v. 16.10.2013 – 28 C 46/13, ZMR 2014, 488. 146 BGH v. 10.11.2006 – V ZR 46/06, MDR 2007, 453; OLG Frankfurt v. 17.5.1991 – 20 W 362/90, OLGZ 1992, 53 = NJW-RR 1991, 1360; KG v. 29.4.1998 – 24 W 1107/98, NZM 1998, 633. 147 KG v. 19.6.2007 – 24 W 5/07, NZM 2007, 847. 148 BayObLG v. 28.3.2002 – 2Z BR 182/01, NZM 2002, 568. 149 AG Essen-Borbeck v. 30.12.1999 – 19 II 35/99, MDR 2000, 762 = NJW-RR 2000, 461; vgl. auch OLG Hamburg v. 20.4.1988 – 2 W 7/87, OLGZ 1988, 308 = MDR 1988, 867. 150 Vgl. BayObLG v. 5.6.1997 – 2Z BR 31/97, ZMR 1998, 40. 151 Vgl. OLG Karlsruhe v. 20.5.2008 – 14 Wx 22/08, NZM 2008, 776; OLG Stuttgart v. 7.10.1994 – 8 W 218/93, NJW-RR 1995, 527 = ZMR 1995, 81; s.a. OLG Hamburg v. 20.8.2007 – 3 W 72/07, ZMR 2008, 151; anders für einen jungen, ungefährlichen, verspeilten Hunde AG München v. 23.10.2014 – 113 C 19711/13, ZMR 2015, 164; zu den Voraussetzungen an Gebrauchsregelungen (hier: Verbot des Laufenlassens von nicht angeleinten Hunden) vgl. BGH v. 8.5.2015 – V ZR 163/14, MDR 2015, 757; zur fehlenden Kompetenz, die Hundehaltung durch Eigentümerbeschluss ganz zu verbieten, vgl. LG Itzehoe v. 28.5.2014 – 11 S 58/13, ZMR 2014, 911 (914 f.), und AG Würzburg v. 16.12.2014 – 30 C 1598/14, ZMR 2015, 423; zur Zulässigkeit des Leinenzwangs für Katzen LG Frankfurt/Main v. 14.7.2015 – 2-09 S 11/15, ZMR 2016, 56. 152 So aber AG München v. 19.9.2011 – 485 C 1864/11 WEG, ZMR 2012, 307. 153 Zur Zulässigkeit LG Lüneburg v. 15.5.2012 – 9 S 73/11, ZMR 2012, 728. 154 LG Karlsruhe v. 12.12.2013 – 5 S 43/13, ZMR 2014, 394. 155 OLG Schleswig v. 15.8.1992 – 2 W 30/92, NJW-RR 1993, 24; s.a. LG Dessau-Roßlau v. 22.5.2014 – 5 S 237/13, ZWE2015, 40. 156 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10 – Rz. 15, NJW 2011, 2958 = ZfIR 2011, 833 mit abl. Anm. Rüscher = ZMR 2011, 971 mit abl. Anm. Jennißen; Armbrüster, ZWE 2011, 392; M. J. Schmid, MDR 2011, 1081; s.o. § 5 Rz. 85.

368 | Hogenschurz

II. Verbot der Nachteilszufügung, § 14 Nr. 1 WEG | Rz. 8 § 14

und Thermostatventilen zum Sondereigentum gehören, kann der Austausch von Heizkörpern durch die einzelnen Wohnungseigentümer grundsätzlich ohne Unterrichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft oder des Verwalters erfolgen; umgekehrt besteht die Verpflichtung der einzelnen Wohnungseigentümer, ihr Sondereigentum an den Heizkörpern und den Heizungs- und Thermostatventilen in einem Zustand zu unterhalten, der zu dem der gemeinschaftlichen Heizungsanlage kompatibel ist; andernfalls kann er von der Heizungsversorgung ausgeschlossen werden.157 Ein über das notwendige Maß hinausgehender Nachteil i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG kann auch in 8 den Fällen der von der in der Gemeinschaftsordnung oder Teilungserklärung vorgesehenen abweichenden Nutzung des Gemeinschafts- oder Sondereigentums gegeben sein.158 Der Unterscheidung von Räumlichkeiten, die Wohnzwecken (Wohnungseigentum gem. § 1 Abs. 2 WEG) oder anderen Zwecken (Teileigentum gem. § 1 Abs. 3 WEG) dienen, in der Teilungserklärung kommt Vereinbarungscharakter zu (sog. Zweckbestimmung im weiteren Sinne).159 Wohnräume dürfen selbst bewohnt oder zu Wohnzwecken vermietet160 werden, auch an Asylbewerber.161 Zulässig ist grundsätzlich auch der regelmäßige Wechsel der Bewohner wie in einem Übernachtungsbetrieb162 oder Heim. Ob die Nutzung einer Wohnung zu gewerblichen Zwecken ausnahmsweise zulässig ist, muss unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, etwa besonderer Vereinbarungen,163 nach einer typisierenden Betrachtungsweise beurteilt werden.164 Zulässig ist nur eine Nutzung, die die übrigen Wohnungseigentümer ihrer Art 157 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095. 158 Die Nutzungsbeschreibung kann grundsätzlich auch durch die Belastung der Sondereigentumseinheit mit einer Grunddienstbarkeit erfolgen, die die Vornahme von bestimmten Nutzungen verbietet, muss dann aber dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen, vgl. OLG München v. 10.3.2011 – 34 Wx 55/11, MDR 2011, 592 zur fehlenden Bestimmtheit der Beschreibung „stilles Gewerbe mit geringfügiger Umfeldbeeinträchtigung“. Eintragungen des planenden Architekten in den Genehmigungsplänen kommt in der Regel nicht die Bedeutung einer Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter zu, auch wenn diese Pläne für den Aufteilungsplan genutzt werden, vgl. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 40/09, MDR 2010, 434; v. 16.11.2012 – V ZR 246/11, ZMR 2013, 452; OLG Karlsruhe v. 28.10.2016 – 9 U 14/15, MDR 2017, 268; zur Berichtigung fehlerhafter Eintragungen vgl. OLG München v. 22.12.2016 – 34 Wx 306/16, MDR 2017, 328. 159 KG v. 19.11.1997 – 24 W 1011/97, ZMR 1998, 309; OLG Düsseldorf v. 7.1.1998 – 3 Wx 500/97, ZMR 1998, 247; OLG Köln v. 2.2.2001 – 16 Wx 183/00, ZMR 2001, 662; OLG München v. 25.4.2007 – 32 Wx 137/06, ZMR 2008, 71; anders aber für die Bezeichnung der einzelnen Räume innerhalb einer Wohnung z.B. als Küche OLG Hamm v. 13.2.2006 – 15 W 163/05, ZMR 2006, 634. 160 BayObLG v. 20.3.2003 – 2Z BR 22/03, DNotZ 2003, 541 = ZMR 2003, 693; KG v. 28.2.2001 – 24 W 2632/00, NZM 2001, 531. 161 LG Braunschweig v. 8.12.2015 – 6 S 409/15, ZWE 2016, 258; AG Laufen v. 4.2.2016 – 2 C 565/15 WEG, ZMR 2016, 320. 162 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499; a.A. KG v. 28.2.2001 – 24 W 2632/00, NZM 2001, 531; OLG Hamm v. 18.2.1999 – 15 W 234/98, ZMR 1999, 504; zulässig Asylbewerber-/Aussiedlerunterbringung KG v. 10.7.1992 – 24 W 3030/92, OLGZ 1993, 181 = MDR 1992, 1053 = NJW 1992, 3045; zulässig betreutes Wohnen für therapierte Suchtkranke BayObLG v. 9.2.1994 – 2Z BR 7/94, MDR 1994, 582 = NJW 1994, 1662; KG v. 13.12.2004 – 24 W 51/04, WuM 2005, 207; anders bei Überbelegung OLG Stuttgart v. 13.3.1992 – 8 W 219/92, OLGZ 1993, 184 = NJW 1992, 3046; OLG Hamm v. 8.3.1993 – 15 W 244/92, OLGZ 1993, 422 = NJW-RR 1993, 786; zur Unzulässigkeit einstweiligen Rechtsschutzes gegen vermeintliche Überbelegung wegen Vorwegnahme der Hauptsache LG München I v. 12.10.2015 – 1 T 17164/15, ZMR 2016, 489; zur ordnungsbehördlichen Beschlagnahme von Wohnungen Mutschler-Siewert/Ewer, NJW 2016, 11. 163 OLG Düsseldorf v. 14.11.2007 – 3 Wx 40/07, ZMR 2008, 393, für die Regelung, das Wohnungseigentum zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit benutzt werden darf, soweit behördlich zulässig; AG Dortmund v. 30.3.2010 – 512 C 75/09, ZMR 2012, 49 für Beschränkung der Vermietung. 164 BayObLG v. 22.9.2004 – 2Z BR 103/04, ZMR 2005, 215; OLG Köln v. 27.12.2002 – 16 Wx 233/02, juris; OLG Hamburg v. 9.10.2008 – 2 Wx 76/08, juris; OLG Zweibrücken v. 8.1.2008 – 3 W 257/07, ZWE 2009, 142 gegen Prostitution.

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§ 14 Rz. 8 | Pflichten des Wohnungseigentümers nach typischerweise nicht mehr beeinträchtigt als die Wohnnutzung.165 Demgegenüber ist die Nutzung von Teileigentum – mit welcher Zweckbestimmung auch immer – nicht nur vorübergehend zu Wohnzwecken grundsätzlich unzulässig,166 ebenso die eines Trimmraums167 sowie eines Kellers oder Hobbyraums,168 selbst wenn der zweckentfremdende Nutzer seinerseits auf Abwehransprüche gegen die übrigen Wohnungseigentümer verzichtet.169 Auch ob die Nutzung von Teileigentum, die durch die sog. Zweckbestimmung im engeren Sinn ausgestaltet wird, der vereinbarten Zweckbestimmung (Laden, Gaststätte, Garage, Post170 usw.)171 entspricht oder mit unzumutbaren Nachteilen verbunden ist, muss anhand einer typisierenden Betrachtungsweise bestimmt werden.172 Die Zweckbestimmung kann positiv durch Beschreibung der zulässigen Nutzung erfolgen, aber auch negativ in der Weise erfolgen, dass nur bestimmte Nutzungen ausgeschlossen werden.173 Bei der typisierenden Betrachtung des konkreten Einzelfalls ist der beabsichtigte zweckbestimmungswidrige Gebrauch nach seiner Art und Durchführung sowie den damit verbundenen Folgen in Bezug auf die örtlichen Gegebenheiten und zeitlichen Verhältnisse (etwa Öffnungszeiten) zu betrachten. 9 Welche Nutzung des Teileigentums zulässig ist, wird durch die vereinbarte zulässige Nut-

zung, § 15 Abs. 1 WEG, beschrieben. Bei der Auslegung entsprechender Begriffe besteht keine Bindung an den Sprachgebrauch, der bei Abfassung der Vereinbarung galt, vielmehr ist ein Bedeutungswandel aus Gründen des Verkehrsschutzes bei Abwägung ggü. dem Vertrauensschutz zu berücksichtigen.174 Die Erlaubnis der „gewerblichen Nutzung“ umfasst alle Tätigkeiten außerhalb der Wohnnutzung. Grundsätzlich ist jede gesetzlich zulässige gewerbliche

165 BayObLG v. 7.7.2004 – 2Z BR 89/04, ZMR 2004, 926; unzulässig daher insb. Arztpraxis, BayObLG v. 20.7.2000 – 2Z BR 50/00, NZM 2001, 137; Friseursalon BayObLG v. 31.8.2000 – 2Z BR 39/00, NZM 2001, 138; gewerbliche Nachhilfe OLG Köln v. 23.7.2007 – 16 Wx 25/07, OLGR Köln 2008, 274; zulässig dagegen Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei BayObLG v. 28.10.1998 – 2Z BR 137/98, NZM 1999, 130; Versicherungsvertretung KG v. 22.10.1993 – 24 W 7471/92, MDR 1994, 58; Architekturbüro KG v. 8.6.2004 – 24 W 5760/93, NJW-RR 1995, 333; Patentanwaltskanzlei, OLG Köln v. 15.2.2002 – 16 Wx 232/01, NZM 2002, 258; s.a. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499. 166 OLG Hamburg v. 6.12.2002 – 2 Wx 27/89, juris; OLG Karlsruhe v. 25.1.2001 – 11 Wx 44/00, ZMR 2001, 386; OLG Stuttgart v. 19.5.1993 – 8 W 485/92, NJW-RR 1993, 1041 = ZMR 1993, 381; LG Frankfurt/Main v. 25.6.2014 – 2-13 S 18/13, WuM 2014, 621. 167 LG Hamburg v. 19.10.2016 – 318 T 33/16, WuM 2016, 756. 168 BGH v. 16.6.2011 – V ZA 1/11, ZMR 2011, 967; BayObLG v. 22.10.1992 – 2Z BR 66/92, ZMR 1993, 29; v. 7.7.2004 – 2Z BR 89/04, ZMR 2004, 925; OLG Frankfurt v. 27.7.2011 – 20 W 319/08, ZWE 2012, 35; OLG Köln v. 2.2.2001 – 16 Wx 183/00, ZMR 2001, 662; OLG München v. 6.11.2006 – 34 Wx 105/06, ZMR 2007, 302 f.; OLG Schleswig v. 17.5.2006 – 2 W 198/05, MDR 2006, 1341; OLG Zweibrücken v. 17.9.2001 – 3 W 87/0, ZMR 2002, 220; anders für Dachkammern im Einzelfall KG v. 7.2.1990 – 24 W 4887/89, NJW-RR 1991, 1359. 169 OLG Köln v. 11.9.2002 – 16 Wx 128/02, ZMR 2003, 384. 170 LG Hamburg v. 6.1.2016 – 318 S 40/15, ZMR 2016, 308. 171 Zur Frage der Auslegung als Zweckbestimmung oder nur zur räumlichen Abgrenzung im Einzelfall vgl. LG Berlin v. 14.9.2018 – 55 S 201/13 WEG, Grundeigentum 2018, 1405. 172 BayObLG v. 22.1.2004 – 2Z BR 229/03, ZMR 2004, 686; OLG Celle v. 24.9.2003 – 4 W 138/03, ZMR 2004, 689; OLG Düsseldorf v. 9.2.2000 – 3 Wx 340/99, NZM 2000, 866; OLG Düsseldorf v. 14.11.2007 – 3 Wx 40/07, ZMR 2008, 393 für „Digital-Druckerei“ in Teileigentum für „freiberuflicher Tätigkeit“; KG v. 13.2.2007 – 24 W 347/06, MDR 2007, 770: keine Begegnungsstätte in „Laden“; OLG München v. 8.12.2006 – 34 Wx 111/06, MDR 2007, 513: kein Großhandel im Laden; OLG Zweibrücken v. 17.9.2001 – 3 W 87/01, ZMR 2002, 219; LG München I v. 4.4.2011 – 1 S 16861/09, ZWE 2011, 275 für Spielhalle in Gaststätte; a.A. OLG Schleswig v. 21.1.2004 – 2W 52/03, ZMR 2004, 463 für „Warme Theke“; ebenso LG Berlin v. 20.2.2013 – 85 S 235/11 WEG, GE 2013, 823. 173 Vgl. zu den Gestaltungserwägungen DNotI, DNotI-Report 2016, 35 (36). 174 OLG Hamm v. 20.6.1986 – 15 W 177/86, OLGZ 1987, 17 = NJW-RR 1986, 1337; dagegen OLG Hamburg v. 29.7.1998 – 2 Wx 20/98, MDR 1998, 1156 = ZMR 1998, 714.

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II. Verbot der Nachteilszufügung, § 14 Nr. 1 WEG | Rz. 9 § 14

Nutzung erlaubt,175 kann aber nach der Formulierung im Einzelfall durch einen Klammerzusatz auf eine Nutzung eingeschränkt sein.176 Dazu gehört auch, dass Dritte, Lieferanten, Kunden, Besucher177 und Mieter178 Zugang zu dem jeweiligen Teileigentum haben und das Gemeinschaftseigentum zeitweilig nutzen.179 Dagegen ist die Zweckbestimmung „Laden“ enger zu verstehen, nämlich beschränkt auf eine Tätigkeit, die zumindest ihrem Schwerpunkt nach auf den Verkauf von Waren ausgerichtet ist180 und sich an durch das Landesrecht vorgegebene Öffnungszeiten hält.181 Deshalb scheiden in einem Laden andere Tätigkeiten regelmäßig aus, die mit längerem Publikumsverkehr, anderen Schwerpunkten182 oder Gefahren183 verbunden sind. Unzulässig ist in danach einem Laden, unabhängig vom Vorliegen einer Kon-

175 OLG Düsseldorf v. 19.3.2003 – 3 Wx 249/02, ZMR 2004, 448 für eine Zahnklinik; OLG Düsseldorf v. 16.7.2003 – 3 Wx 149/03, NZM 2003, 805; OLG Düsseldorf v. 6.5.2008 – 3 Wx 162/07, NJW 2008, 2194, für Seniorentreff; LG Karlsruhe v. 20.9.2010 – 11 S 200/09, ZWE 2011, 99 für eine Spielothek; zur sich aus der Prostitution ergebenden Minderung des Verkehrswerts und des Mietpreises: OLG Düsseldorf v. 12.3.2003 – 3 Wx 369/02, ZMR 2004, 447; OLG Karlsruhe v. 20.9.2001 – 14 Wx 98/ 00, ZMR 2002, 151; OLG Frankfurt v. 7.6.2004 – 20 W 59/03, NZM 2004, 950; OLG Hamburg v. 14.3.2005 – 2 Wx 19/05, ZMR 2005, 645; LG Hamburg v. 3.6.2008 – 318 T 87/07, ZMR 2008, 828; zurückhaltender BayObLG v. 8.9.2004 – 2Z BR 137/04, ZMR 2005, 67; a.A. AG Wiesbaden v. 27.5.2011 – 92 C 5055/10, ZMR 2011, 843 unter unzutreffendem Hinweis auf die „unzweifelhaft“ ebenfalls bei Nutzung als Moschee oder rechtsextremes Parteilokal eintretende Wertminderung; vgl. auch KG v. 16.2.2000 – 24 W 3925/98, NZM 2000, 879: Erotik-Fachgeschäft zulässig, Sex-Shop mit Vorführung von Sexfilmen im Einzelkabinenbetrieb nicht; vgl. auch den besonderen Sachverhalt in OLG Köln v. 25.8.2008 – 16 Wx 117/08, ZMR 2009, 387. 176 AG Tempelhof-Kreuzberg v. 19.3.2018 – 72 C 69/17, ZMR 2018, 716, für „Gewerbe (Laden)“ in Abgrenzung zu beispielhaften Aufzählungen mehrerer gewerblicher Nutzungen. 177 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73; zu Besuchern und ungebetenen Gästen des Mieters vgl. Gies in FS Blank (2006), S. 177 (181). 178 OLG Düsseldorf v. 15.6.2004 – I-3 Wx 97/04, NJW-RR 2005, 163; vgl. a. BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73. 179 KG v. 18.2.2004 – 24 W 226/02, ZMR 2005, 147. 180 BayObLG v. 2.6.1980 – BReg.2 Z 66/79, BayObLGZ 1980, 159 = ZMR 1980, 251; v. 31.7.1997 – 2Z BR 34/97, WE 1998, 194; v. 28.10.1997 – 2Z BR 88/97, ZMR 1998, 184: kein Betrieb einer chemischen Reinigung; AG Frankenthal v. 14.12.2016 – 3a C 298/15, ZfIR 2017, 367; a.A. AG Rosenheim v. 11.5.2011 – 8 C 1012/10, ZMR 2011, 914 für Pizzaservice; AG Bremen v. 29.4.2013 – 29 C 87/10, ZMR 2013, 749: Laden ist kein Ladengeschäft. 181 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, MDR 2015, 1057; BayObLG v. 13.6.2000 – 2Z BR 35/00, NZM 2000, 869 vor der fast bundesweit erfolgten Freigabe der Ladenöffnungszeiten an Werktagen; ob diese Änderung der Rechtslage eine weitergehende Nutzung zulässig macht, ist für jeden Einzelfall unter Berücksichtigung der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten abzuwägen; vgl. einerseits OLG Hamm v. 20.6.1986 – 15 W 177/86, OLGZ 1987, 17 = NJW-RR 1986, 1337; v. 23.7.2007 – 15 W 205/06, ZMR 2008, 642; OLG München v. 30.4.2008 – 32 Wx 35/08, NZM 2008, 652; AG Bremen v. 29.4.2013 – 29 C 87/10, ZMR 2013, 749; andererseits OLG Hamburg v. 29.7.1998 – 2 Wx 20/98, MDR 1998, 1156 = ZMR 1998, 714; OLG München v. 8.12.2006 – 34 Wx 111/06, MDR 2007, 513; AG Nürnberg v. 14.2.2014 – 16 C 4425/13 WEG, ZMR 2014, 682. In jedem Fall ist die Einhaltung der aktuellen Ladenöffnungszeiten geschuldet, vgl. OLG München v. 23.3.2009 – 19 U 5448/08, ZWE 2010, 36; LG München I v. 6.7.2016 – 1 S 4188/16 WEG, Juris. Eine Beschlusskompetenz zur Erweiterung der Öffnungszeiten besteht nicht, AG Nürnberg v. 14.2.2014 – 16 C 4425/13 WEG, ZMR 2014, 682. 182 BayObLG v. 6.3.1996 – 2Z BR 2/96, WuM 1996, 361 = ZMR 1996, 334 für Sonnenstudio mit Öffnungszeit bis 22 Uhr; zulässig aber im Einzelfall ein Bistro, vgl. OLG Hamburg v. 26.2.2002 – 2 Wx 10/01, ZMR 2002, 455; s.a. AG München v. 28.2.2011 – 485 C 751/10, ZMR 2011, 678: keine Gaststätte in „Tagescafé“. 183 Wegen der Begleitkriminalität LG München I v. 4.4.2011 – 1 S 16861/09, ZWE 2011, 275 für den Betrieb einer Spielhalle an „sensiblen Standorten“; a.A. LG Karlsruhe v. 26.10.2010 – 11 S 200/09, ZWE 2011, 99 für eine Spielothek; dazu Hogenschurz, ZMR 2011, 856.

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§ 14 Rz. 9 | Pflichten des Wohnungseigentümers zession,184 der Betrieb von Gaststätten.185 Der „Tiefgaragenstellplatz“ darf neben dem Abstellen von Kraftfahrzeugen zwar auch zum Abstellen eines Anhängers, nicht aber zur dauerhaften Lagerung von Gegenständen genutzt werden, die nicht im Zusammenhang mit der Fahrzeugnutzung stehen,186 und schon gar nicht zum Aufstellen von Fahrradständern.187 Selbstverständlich darf nur auf der zur Nutzung zugewiesenen Parkplatzfläche geparkt werden, vorbehaltlich abweichender Gebrauchsregelungen aber nicht auf dem benachbarten Gemeinschaftseigentum, denn „wildes Parken“ auf Gemeinschaftsflächen entspricht nicht dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen im Sinne von § 15 Abs. 3 WEG; das räumlich beschränkte Nutzungsrecht enthält notwendig das Recht zum Befahren von Nachbarflächen, um den Stellplatz zu erreichen, nicht aber weitergehende Nutzungsrechte.188 Zur Herrichtung für Elektroautos vgl. § 22 Rz. 99. 9a Das unterschiedliche Nutzungsprofil – nicht der Kinderlärm oder Gefahren durch spielende

Kinder – dürfte trotz der Wertung des § 22 Abs. 1a BImSchG,189 dass Kinderlärm sozialadäquat sei, auch dem Betrieb einer Kindertagesstätte in einer Wohnung entgegenstehen,190 soweit diese nicht ausdrücklich durch Vereinbarung gestattet ist. Ein erheblicher Nachteil kann sich zudem aus der Beeinträchtigung des Miet- und Verkaufswerts der übrigen Wohnungen ergeben.191 Selbst wenn man annehmen wollte, dass die Kinderbetreuung in Wohnungen zu deren üblicher Nutzung gehört und damit auch grundsätzlich entgeltlich oder gewerblich betrieben werden darf,192 haben die übrigen Wohnungseigentümer einen Anspruch

184 BayObLG v. 11.4.2001 – 2Z BR 119/00, ZMR 2002, 823; v. 22.9.2004 – 2Z BR 103/04, ZMR 2005, 215. 185 BayObLG v. 13.6.2000 – 2Z BR 35/00, NZM 2000, 868; BayObLG v. 11.10.1989 – BReg.2 Z 96/89, ZMR 1990, 230 keine Diskothek im „Weinkeller“; v. 22.5.1997 – 2Z BR 15/97, WuM 1997, 595 = ZMR 1998, 173 kein Musikzimmer im „Keller“; v. 16.6.2000 – 2Z BR 178/99, NZM 2000, 871 kein Swingerclub in der „Sauna“; v. 22.9.2004 – 2Z BR 103/04, ZMR 2005, 215 keine „griechischen Spezialitäten“ in „Café/Konditorei“; OLG Celle v. 24.9.2003 – 4 W 138/03, ZMR 2004, 689; OLG München v. 25.2.1992 – 25 U 3550/91, NJW-RR 1992, 1493 kein Pilslokal in der „Eisdiele“; LG Frankfurt/Main v. 27.9.2018 – 2-13 S 138/17, ZfIR 2018, 844 kein Eiscafé im Laden; LG München I v. 15.1.2018 – 1 S 1401/17 WEG, ZMR 2018, 443 kein Restaurant in „Laden mit WC“; AG Bremen v. 17.5.207 – 28 C 81/15, ZMR 2017, 673 kein „Bistro“ in Laden; AG Tempelhof-Kreuzberg v. 19.3.2018 – 72 C 69/17, ZMR 2018, 716. 186 LG Hamburg v. 12.11.2014 – 318 S 107/13, ZMR 2015, 142, zum zulässigen Unterstellen von Kinderkarren im geschlossenen Aufbau eines Anhängers. 187 LG Hamburg v. 17.6.2015 – 318 S 167/14, ZMR 2015, 787. 188 LG Dortmund v. 10.10.2017 – 1 S 357/16, Juris; für das Lagern auf Gemeinschaftsflächen LG Hamburg v. 15.6.206 – 318 S 43/16, WuM 2016, 757; a.A. für das Parken vor einer Garage LG Karlsruhe v. 26.5.2009 – 11 S 83/08, juris; LG Düsseldorf v. 28.11.2013 – 19 S 25/13, ZMR 2014, 472; AG Dortmund v. 12.12.2017 – 425 C 6305/17, ZMR 2018, 539, bis zum Erlass einer Gebrauchsregelung; i.E. für die fehlende Durchsetzbarkeit von Nutzungsregelungen AG Hamburg v. 10.3.2017 – 22a 253/ 15, ZMR 2017, 511 (513). 189 Vgl. a. landesrechtliche Regelungen, wie in § 3 Abs. 4 LImSchG NW; zuvor auf den Kinderlärm abstellend KG v. 15.4.1992 – 24 W 3386/91, NJW-RR 1992, 1102 = ZMR 1992, 351. 190 Für Unzulässigkeit KG v. 15.4.1992 – 24 W 3386/91, NJW-RR 1992, 1102 = ZMR 1992, 351; ebenso LG Köln v. 11.8.2011 – 29 S 285/10, MDR 2012, 457 für eine „Tagesmutter“; s.a. BGH v. 13.7.2012 – V ZR 204/11, MDR 2012, 1399, ebenso für das Mietrecht LG Berlin v. 24.10.2013 – 67 S 208/13, GE 2013, 1588; abweichend AG Bremen-Blumenthal v. 27.9.2013 – 44 C 2015/13, ZMR 2014, 401 für die Tagesbetreuung von zwei Kindern; ebenso AG Bonn v. 25.1.2018 – 27 C 111/17, ZWE 2018, 212; Bringewat, ZfIR 2011, 477 (480); Scheidler, NVwZ 2011, 838, 841; Dötsch, ZfIR 2012, 458; vgl. a. LG Hamburg v. 6.1.2016 – 318 S 40/15, ZMR 2016, 308 zur Unzulässigkeit der Mitbenutzung des vorhandenen Spielplatzes. 191 Vgl. für Mobilfunksendeanlagen BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 10, MDR 2014, 399. 192 Vgl. zur Nutzung von Wohnungen durch Vermietung an Touristen BGH, Urt. v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 f.; v. 12.11.2010 – V ZR 78/10, ZMR 2011, 396; im Mietrecht erfasst die Ge-

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II. Verbot der Nachteilszufügung, § 14 Nr. 1 WEG | Rz. 12 § 14

auf das Unterlassen konkreter nicht hinzunehmender Störungen,193 etwa Beeinträchtigungen durch den An- und Abfahrtsverkehr, des Gestanks von Kinderwindeln im Treppenhaus, dem Zustellen von Treppenhaus und Rettungswegen mit Dreirädern, Kinderwagen usw. sowie lauter Unterhaltung durch sich im Treppenhaus versammelnde Begleitpersonen; die übrigen Wohnungseigentümer könne mit einer Unterlassungsverfügung, die diese wohl unvermeidbaren, nicht von den Kindern selbst ausgehenden Folgebeeinträchtigungen einer Kindertagesstätte untersagt, erreichen, dass auch der Betrieb einer Kindertagesstätte faktisch unmöglich wird. Ein über das notwendige Maß hinausgehender Nachteil i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG liegt vor in den 10 Fällen der Abweichung von der einer Gebrauchsregelung außerhalb der Teilungserklärung vorgesehenen Nutzung. Dazu zählen insb. Gebrauchsregelungen durch Mehrheitsbeschluss, § 15 Abs. 2 WEG (vgl. § 15 Rz. 65 ff.). Die Grenze des § 14 Nr. 1 WEG ist auch bei der Nutzung des Gemeinschaftseigentums durch 11 die Wohnungseigentümergemeinschaft zu beachten. Sie konkretisiert damit die ordnungsmäßige Verwaltung bei der Beschlussfassung über Gebrauchsregelungen, § 15 Abs. 2 WEG (vgl. § 15 Rz. 17 ff.), und des Anspruchs auf eine angemessene Gebrauchsregelung. Bei der Vermietung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. § 15 Rz. 108), sei es von Gemeinschaftseigentum oder von fremden oder eigenem Sondereigentum,194 ist bei der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit des Vermietungsbeschlusses auf eine Anfechtungsklage hin deshalb insb. die Frage zu prüfen, ob durch die Vermietung nach § 14 Nr. 1 WEG nicht hinnehmbare Nachteile für die einzelnen Wohnungseigentümer „angelegt“ werden195 oder sogar durch eine Vermietung zum Zwecke einer vereinbarungswidrigen Nutzung eintreten.196

3. Pflicht zur Instandhaltung des Sondereigentums a) Inhalt Die Instandhaltungspflicht verpflichtet den Wohnungseigentümer vorbehaltlich abweichender 12 Vereinbarungen, sein Sondereigentum auf seine Kosten zumindest in der Weise instand zu halten, dass den übrigen Miteigentümern durch dessen äußeren Zustand kein Nachteil erwächst, der über das bei geordnetem Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Die Instandhaltungspflicht erstreckt sich nur auf das Sondereigentum, denn die Unterhaltung des Gemeinschaftseigentums ist der Verwaltung durch die Wohnungseigentümer gem. §§ 21, 22 WEG vorbehalten.197 Der Umfang der Instandhaltungspflicht des einzelnen Wohnungseigentümers ist also maßgeblich davon abhängig, was zum Sondereigentum gehört (vgl. § 5 Rz. 9 ff.). Der Sondereigentümer muss z.B. Heizungs- und Stromleitungen bei Defekten selbst reparieren lassen, soweit sie im Sondereigentum stehen. Im Winter darf er die Wasserleitungen nicht einfrieren lassen und muss deshalb eine ausreichende Beheizung sicherstellen.198 Wenn er die

193 194 195 196 197 198

nehmigung der Untervermietung die Vermietung tageweise an Touristen nicht, vgl. BGH v. 8.1.2014 – VIII ZR 210/13, MDR 2014, 268. Vgl. zur Nutzung von Wohnungen durch Vermietung an Touristen BGH v. 12.11.2010 – V ZR 78/ 10, ZMR 2011, 396. Vgl. Kreuzer, Vermietung gemeinschaftlichen Eigentums, ZWE 2004, 204; Müller in Timme, BeckOK/WEG, Stand 1.2.2019, § 13 WEG Rz. 38 ff. Vgl. Kreuzer in FS Blank, 2006, S. 651 (655 f.); Merle, DWE 2005, 55 (57); vgl. auch Drasdo in FS Blank, 2006, S. 617 (619) für die stillschweigende Genehmigung baulicher Veränderungen. LG Nürnberg-Fürth v. 6.2.2007 – 14 T 4035/05, ZMR 2007, 729 für Vermietung einer Außenfläche als Café. Vgl. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 80/09 – Rz. 9 ff., MDR 2010, 433. BayObLG v. 2.3.1989 – BReg.2 Z 87/88, WuM 1989, 341.

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§ 14 Rz. 12 | Pflichten des Wohnungseigentümers nach Auffassung des BGH199 im Sondereigentum stehenden Teile der Heizungsanlage, Heizkörper einschließlich Heizungs- und Thermostatventile sowie Verteilungsleitungen, verändert, muss er darauf achten, dass Funktionalität der Gesamtheizungsanlage nicht beeinträchtigt wird.200 Umgekehrt kann sich bei einer Erneuerung der gemeinschaftlichen Heizungsanlage (Heizkessel und Steigleitungen) die Notwendigkeit zu einer Sanierung auch des Sondereigentums zur Erhaltung der Kompatibilität ergeben, will der Sondereigentümer nicht Gefahr laufen, von der Gesamtanlage abgetrennt zu werden.201 Die Pflicht zur Instandhaltung erstreckt sich auch auf den Balkonbelag, soweit er nicht im Gemeinschaftseigentum steht; der Sondereigentümer muss den im Sondereigentum stehenden Balkonbelag sanieren, wenn er undicht geworden und die Beschädigung des Mauerwerks zu befürchten ist.202 Ebenso muss er gegen Schimmelbildung vorgehen sowie Müll und Ungeziefer entfernen, wenn eine Beeinträchtigung droht.203 Soweit Beeinträchtigungen sowohl durch den Zustand des Gemeinschaftseigentums als auch auf Veränderungen des Sondereigentums zurückgehen, ist der Sondereigentümer zur Beseitigung der Beeinträchtigungen dann verpflichtet, wenn eine Behebung beim Gemeinschaftseigentum mit einem weit größeren Aufwand verbunden wäre.204 b) Anspruch auf Instandhaltung 13 Ansprüche der übrigen Miteigentümer ergeben sich zunächst verschuldensunabhängig aus

§ 15 Abs. 3 WEG, bestehen aber nur dann, wo es zu einer Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer kommt.205 Es gibt also keine allgemeine Pflicht zur Renovierung in regelmäßigen Abständen206 oder zur regelmäßigen Kontrolle der Versorgungsleitungen207 oder Heizkörper.208 Die beeinträchtigten Wohnungseigentümer können von dem Sondereigentümer nur verlangen, dass er die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung der Schadensursache vornimmt. Verletzt ein Sondereigentümer die Pflicht zur Instandhaltung, besteht kein Recht zur eigenmächtigen Ersatzvornahme.209 Weil die Zuständigkeit für die Verwaltung des Sondereigentums allein beim jeweiligen Sondereigentümer liegt, sind etwaige Eigentümerbeschlüsse nichtig.210 Der Anspruch muss also gerichtlich geltend gemacht werden; der Anspruch ist regelmäßig auf Beseitigung des konkreten Nachteils gerichtet; wie dies geschieht, 199 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10 – Rz. 15, MDR 2011, 1095 = ZfIR 2011, 833 mit abl. Anm. Rüscher = ZMR 2011, 971 mit abl. Anm. Jennißen; v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456; s.a. § 5 Rz. 85; Armbrüster, ZWE 2011, 392; M. J. Schmid, MDR 2011, 1081. 200 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10 – Rz. 19, MDR 2011, 1095; v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456 f. 201 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10 – Rz. 21, MDR 2011, 1095; Armbrüster, ZWE 2011, 392; M. J. Schmid, MDR 2011, 1081. Damit besteht faktisch ein Zwang zur Kooperation der Sondereigentümer, auch wenn eine Entscheidungskompetenz der Eigentümergemeinschaft für das Sondereigentum fehlt. 202 OLG Düsseldorf v. 30.1.1995 – 3 Wx 310/93, WuM 1995, 496 = ZMR 1995, 494. 203 BayObLG v. 22.10.1991 – BReg.2 Z 114/91, WuM 1991, 706 = ZMR 1992, 67. 204 OLG Düsseldorf v. 30.1.1995 – 3 Wx 310/93, ZMR 1995, 494; v. 4.7.2001 – 3 W 120/01, NZM 2001, 958. 205 BayObLG v. 27.3.1990 – BReg.1b Z 17/89, NJW-RR 1990, 854; OLG Düsseldorf v. 28.10.1994 – 2 Wx 448/94, ZMR 1995, 86. 206 Dies gilt insb. für den Oberbodenbelag, der nicht allein deshalb erneut werden muss, weil er verschließen ist und deshalb eine Verschlechterung des Trittschallschutzes eintritt, vgl. BGH v. 1.6.2012 – V ZR 195/11, MDR 2012, 898; LG München I v. 6.6.2011 – 36 S 18712/10, ZMR 202, 479. 207 BayObLG v. 10.3.1994 – 2Z BR 13/94, NJW-RR 1994, 718 = WuM 1994, 496. 208 OLG Frankfurt v. 9.5.2005 – 20 W 281/03, OLGR Frankfurt 2005, 852. 209 Emmerich, ZWE 2017 161 (162). Ob bei der Beseitigung überhängender Äste § 910 BGB entsprechende Anwendung findet, ist umstritten; bejahend KG v. 13.6.2005 – 24 W 115/04, NZM 2005, 745; verneinend OLG Düsseldorf v. 27.6.2001 – 3 Wx 79/01, NZM 2001, 861. 210 OLG Düsseldorf v. 27.2.2002 – 3 Wx 348/01, NZM 2002, 443.

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II. Verbot der Nachteilszufügung, § 14 Nr. 1 WEG | Rz. 14a § 14

bleibt zunächst dem Störer überlassen. Ein erstrittener Titel kann als vertretbare Handlung nach § 887 ZPO211 durchgesetzt werden. Kommt der Sondereigentümer seiner Pflicht zur Instandhaltung schuldhaft nicht nach, können geschädigte Miteigentümer (hinsichtlich des Sondereigentums) Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB212 oder wegen einer Verletzung der Gemeinschaftspflichten aus § 280 Abs. 1 BGB213 geltend machen. Daneben kommt auch ein verschuldensunabhängiger Anspruch des Sondereigentümers und seines Mieters gegen den Wohnungs- oder Teileigentümer und gegen den Besitzer (Mieter) in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB für rechtswidrige Einwirkungen, die von ihrem Sondereigentum oder ihrem im Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrecht unterliegenden Gemeinschaftseigentum ausgehen, in Betracht214 (zu Schäden infolge Mängeln des Gemeinschaftseigentums s.a. Rz. 38). Bei beharrlichen Verstößen bleibt die Entziehung gem. § 18 WEG als letztes Mittel.215

4. Sonderfall: faktische Realteilung/Mehrhausanlage Wenn die Anwendung wohnungseigentumsrechtlicher Vorschriften durch Vereinbarung aus- 14 geschlossen ist (sog. faktische Realteilung), wie z.B. bei Reihenhäusern, richtet sich der Schutz der Nachbarn nach den allgemeinen Bestimmungen, also §§ 906 ff. BGB,216 dem allgemeinen Nachbarschaftsrecht und den drittschützenden Normen des öffentlichen Rechts;217 der Verstoß gegen nicht drittschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts begründet also keinen Nachteil i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG.218 Die Geltung der wohnungseigentumsrechtlichen Regelungen bezieht sich dann nur auf den dem Bestand der Gemeinschaft als solcher dienender Anlagenteile.219 Von den Fällen, in denen im Verhältnis der einzelnen Wohnungs- und Teileinheiten die für 14a selbständige Grundstücke geltenden Regeln Anwendung finden sollen, zu unterscheiden sind die Mehrhausanlagen, in denen im Verhältnis mehrerer Wohnungs- und Teileinheiten innerhalb eines Hauses der Wohnungseigentümergemeinschaft, oftmals als Untergemeinschaft bezeichnet, die Regeln des Wohnungseigentumsrechts, insb. § 14 WEG, Anwendung finden sollen, die einzelnen Häuser oder Untergemeinschaften aber – soweit möglich – wirtschaftlich

211 BayObLG v. 26.5.2004 – 2Z BR 63/04, ZMR 2004, 841; OLG Düsseldorf v. 28.10.1994 – 3 Wx 48/ 04, ZMR 1995, 86; OLG Köln v. 23.9.1998 – 16 Wx 122/98, NZM 1998, 958. 212 Vgl. auch OLG Zweibrücken v. 29.1.2002 – 3 W 11/02, NZM 2002, 570 zu §§ 836, 838 BGB. 213 Vgl. zur Darlegungs- und Beweislast des Instandhaltungspflichtigen für das fehlende Vertretenmüssen OLG Frankfurt v. 9.5.2005 – 20 W 281/03, OLGR Frankfurt 2005, 852; BayObLG v. 10.3.1994 – 2Z BR 13/94, NJW-RR 1994, 718 = ZMR 1994, 277. 214 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, MDR 2014, 23 = ZfIR 2014, 66 mit abl. Anm. Ott; OLG Stuttgart v. 27.10.2005 – 7 U 135/05, MDR 2006, 806 = NJW 2006, 1744; vgl. auch OLG München v. 9.10.2006 – 32 Wx 116/06, MDR 2007, 647; Dötsch, NZM 2010, 608 ff.; a.A. Becker, ZfIR 2010, 645 (647); Briesemeister, ZWE 2010, 325. 215 Hogenschurz in Timme, BeckOK/WEG, Stand 1.2.2019, § 18 WEG Rz. 8, 16. 216 BayObLG v. 12.9.1996 – 2Z BR 52/96, ZMR 1997, 41; LG Itzehoe v. 19.4.2011 – 11 S 26/10, juris; die analoge Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB ist allerdings durch § 14 Nr. 4 2. Hs. WEG ausgeschlossen, vgl. Rz. 38. 217 BayObLG v. 9.12.1999 – 2Z BR 101/99, ZMR 2000, 236; v. 23.1.2001 – 2Z BR 116/00, ZMR 2001, 473; v. 21.2.2001 – 2Z BR 104/00, BayObLGZ 2001, 41 = NZM 2001, 815 auch zur Bedeutung der bestandskräftigen Baugenehmigung; LG Itzehoe v. 10.3.2009 – 11 S 30/08, ZMR 2009, 479 mit Anm. Becker; zum BDSG bei Videoanlagen vgl. BGH v. 21.11.2011 – V ZR 265/10 – Rz. 8, WuM 2012, 48; zum Nachbarrecht BGH v. 16.3.2010 – VI ZR 176/09, MDR 2010, 682. 218 BayObLG v. 29.3.2000 – 2Z BR 3/00, NZM 2000, 667; OLG Hamm v. 3.7.2001 – 15 W 444/00, NZM 2001, 1084. 219 OLG München v. 20.2.2008 – 32 Wx 2/08, ZMR 2008, 566.

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§ 14 Rz. 14a | Pflichten des Wohnungseigentümers getrennt behandelt werden. In der Mehrhausanlage gelten grundsätzlich die Regeln des Wohnungseigentumsrechts auch dann für das Verhältnis aller Wohnungseigentümer untereinander, wenn sie Mitglieder verschiedener Untergemeinschaften sind, es sei denn, dass abweichende Vereinbarungen getroffen sind.220

III. Einstandspflicht für berechtigte Nutzer, § 14 Nr. 2 WEG 1. Inhalt 15 Durch die Vorschrift des § 14 Nr. 2 WEG werden die Pflichten des Sondereigentümers darauf

erweitert, die Einhaltung seiner Pflichten aus § 14 Nr. 1 WEG nicht nur für den Fall der Eigennutzung, sondern auch der Nutzungsüberlassung an Dritte, insb. der Vermietung, zu gewährleisten.221 Die Vorschrift begründet also eine Einstandspflicht des Sondereigentümers als mittelbarer Handlungsstörer222 wegen Verletzung eigener Rechtspflichten durch Unterlassen (Sorge- und Einwirkungspflicht), nicht eine Zurechnung fremder Pflichtverletzungen.223 Bei einem Gebrauch der Nutzer, der die anderen Miteigentümer über das nach § 14 Nr. 1 WEG zulässige Maß hinaus benachteiligt, hat der Wohnungseigentümer für die Einhaltung der Pflichten durch den Nutzer zu sorgen, etwa bei psychischen Beeinträchtigungen der übrigen Hausbewohner durch seinen Mieter.224 Diese Sorge- und Einwirkungspflicht trifft den Miteigentümer unabhängig von der Art der Nutzungsüberlassung. Nutzungsberechtigte können Angehörige seines Hausstandes225 oder Geschäftsbetriebes (Arbeitnehmer) sein, ebenso Mieter,226 dessen Untermieter, Pächter, Nießbraucher227 oder Erwerber, die bereits vor Eigentumsübergang zur Nutzung berechtigt sind.228 Weil § 14 Nr. 2 WEG eine Einwirkungspflicht auf den Nutzer begründet, um die Erfüllung der wechselseitigen Pflichten im Verhältnis der Wohnungseigentümer sicherzustellen, ist es ohne Bedeutung, ob der Sondereigentümer selbst das Recht zur Nutzungsüberlassung gewährt hat, oder sein Sondereigentum bereits mit dem bestehenden Nutzungsrecht erworben hat.229 Der Eigentümer haftet als mittelbarer Handlungsstörer auch nach der Kündigung des Mietvertrags weiter;230 er schuldet – wie der Erwerber im Falle der Abmeierung231 – die tatsächliche Entfernung des Störers.232 Nicht einzustehen hat der Miteigentümer für Nutzer, denen er die Nutzung nicht überlassen hat, die also ohne oder gegen seinen Willen in den Besitz der Räumlichkeiten gelangt sind, Hausbesetzer und durch die Ordnungsbehörde eingewiesene Bewohner; er darf deren Aufenthalt jedoch nicht dulden, sondern muss gem. § 14 Nr. 1 WEG alle zumutbaren Maßnahmen zu ihrer Entfernung treffen.233 Daneben muss der Wohnungseigentümer im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander für das Verschulden eines berechtigten Nutzers gem. § 278 BGB

220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233

Vgl. Hügel, NZM 2010, 8 (12) zu baulichen Veränderungen; Moosheimer, ZMR 2014, 602 (611). KG v. 19.4.2000 – 24 W 1808/00, MDR 2000, 1311. Vgl. BGH v. 19.5.2014 – V ZR 131/13 – Rz. 6, MDR 2014, 1019. Vgl. BayObLG v. 2.9.1993 – 2Z BR 63/93, NJW-RR 1994, 337 = ZMR 1994, 25; OLG Düsseldorf v. 21.10.2008 – 3 Wx 240/07, WE 2009, 23 = ZWE 2009, 279. OLG Saarbrücken v. 4.4.2007 – 5 W 2/07, NZM 2007, 774. Vgl. OLG Saarbrücken v. 4.4.2007 – 5 W 2/07, NZM 2007, 774; für behinderte Kinder AG Braunschweig v. 11.9.2006 – 34 II 10/04, NZM 2008, 172. LG Braunschweig v. 2.3.2012 – 6 S 360/11, ZMR 2012, 570. Vgl. BGH v. 19.5.2014 – V ZR 131/13 – Rz. 6, MDR 2014, 1019. KG v. 19.4.2000 – 24 W 1808/00, MDR 2000, 1311. Vgl. BGH v. 19.5.2014 – V ZR 131/13 – Rz. 11, MDR 2014, 1019. OLG Frankfurt v. 27.7.2011 – 20 W 319/08, ZWE 2012, 35. BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, MDR 2017, 326. A.A. BeckOGK/Falkner, Stand: 1.12.2018, § 14 WEG Rz. 45. A.A. Abramenko in Riecke/Schmid, § 14 WEG Rz. 28.

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III. Einstandspflicht für berechtigte Nutzer, § 14 Nr. 2 WEG | Rz. 16a § 14

einstehen234 und zudem für das Verhalten Dritter unter den Voraussetzungen der §§31, 89, 831 BGB.235 Die Vorschrift des § 14 Nr. 2 WEG berechtigt den vermietenden Miteigentümer im Verhältnis 16 zum Nutzer nicht, die Einhaltung der Pflichten aus § 14 Nr. 1 WEG zu verlangen.236 Ansprüche des die Nutzung gestattenden Miteigentümers gegen den Nutzer kommen nur auf der Grundlage des der Nutzung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses in Betracht,237 etwa ggü. dem Mieter aus dem Mietvertrag, dem Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis und der Familie aufgrund des Familienrechts. Dem vermietenden Wohnungseigentümer stehen gegen seinen Mieter nur bei Verstößen gegen den Mietvertrag Ansprüche zu;238 dingliche Ansprüche des Vermieters sind durch § 541 BGB ausgeschlossen.239 Der vermietende Wohnungseigentümer muss zudem seinen Pflichten aus dem Mietvertrag folgend Einschränkungen des im Mietvertrag vereinbarten Gebrauchsrechts durch Eigentümerbeschlüsse zu verhindern suchen.240 Gerät der vermietende Wohnungseigentümer durch den Mietvertrag in eine Pflichtenkollision, kann er dies dem Mieter nicht entgegenhalten.241 Dem Miteigentümer können danach gegen seinen Mieter oder Pächter aus dem Miet- oder 16a Pachtvertrag weniger Ansprüche zustehen, als er den übrigen Miteigentümern nach Vereinbarung und Eigentümerbeschluss schuldet und als sie den übrigen Wohnungseigentümern gegen den Mieter zustehen (vgl. Rz. 17 ff.).242 Ein Gleichlauf der Pflichten des Miteigentümers aus § 14 Nr. 1 und 2 WEG mit den Pflichten der Nutzer aus dem Mietvertrag ist nicht unbedingt gegeben; Kollisionen können etwa entstehen durch auf die besonderen Verhältnisse in Wohnungseigentümergemeinschaft nicht abgestimmte mietvertragliche Regelungen oder durch Änderungen der Hausordnung und Eigentümerbeschlüsse gem. § 15 Abs. 2 WEG erst nach Begründung des Mietverhältnisses. Sinnvoll ist es für den vermietenden Wohnungseigentümer zunächst, die bei Begründung des Mietverhältnisses bereits bestehenden wohnungseigentumsrechtlichen Verpflichtungen vertraglich auch dem Mieter aufzuerlegen. Der vermietende Wohnungseigentümer muss also bei Abschluss des Mietvertrags die aktuelle Hausordnung der Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht irgendein Vertragsmuster verwenden sowie bei bestehenden Nutzungsbeschränkungen mit dem Mieter auf den Einzelfall bezogene Vereinbarungen treffen, etwa ein Verbot der Anbringung von Parabolantennen vereinbaren.243 Damit kann er einer Pflichtenkollision aber nicht entgehen, wenn bestimmte Klauseln, etwa das Verbot der Haltung von Katzen und Hunden, mietrechtlich als unangemes234 235 236 237

238 239 240 241 242

243

BGH v. 5.3.2014 – VIII ZR 205/13, WuM 2014, 279. Hügel/Elzer, § 14 WEG Rz. 32. BGH v. 29.11.1995 – XII ZR 230/94, MDR 1996, 355. BGH v. 17.4.2007 – VIII ZB 93/06, MDR 2007, 1066; s.a. Lehmann-Richter, ZWE 2009, 34. Deshalb kommt es im Verhältnis von vermietendem Wohnungseigentümer und Mieter auf die wohnungseigentumsrechtliche Zulässigkeit nicht an, LG Saarbrücken v. 8.2.2008 – 10 S 33/08, ZMR 2008, 974. Vgl. BGH v. 18.1.1995 – XII ZR 30/93, NJW-RR 1995, 715; BGH v. 29.11.1995 – XII ZR 230/94, MDR 1996, 355 = NJW 1996, 714. BGH v. 17.4.2007 – VIII ZB 93/06, MDR 2007, 1066. Armbrüster in FS Blank (2006), S. 577 (587). LG Bremen v. 11.1.2013 – 4 S 28/11, ZMR 2013, 346. Machen die übrigen Mieteigentümer gegen den Mieter unmittelbar berechtigt Unterlassungsansprüche geltend, so kann damit im Verhältnis des vermietenden Miteigentümers zu seinem Mieter ein Mangel der Mietsache vorliegen, den er bei entsprechender Bindung im Innenverhältnis der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ausräumen kann. Suilmann, MietRB 2014, 60 (63); vgl. OLG Köln v. 5.11.2004 – 16 Wx 207/04, NZM 2005, 223; dazu kritisch J.-H. Schmidt/Riecke, ZMR 2005, 252 (261); zum im Einzelfall gleichwohl bestehenden Anspruch des Mieters auf Gestattung der Antenne AG Leipzig v. 14.5.2012 – 165 C 6339/11, WuM 2012, 369; zum Entfernungsanspruch bei Entfallen der Voraussetzungen AG Frankfurt/M. v. 27.7.2011 – 33 C 1957/11, Juris.

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§ 14 Rz. 16a | Pflichten des Wohnungseigentümers sene Benachteiligung erscheinen und deshalb unwirksam sind.244 Allein die zusätzliche dynamische Verweisung im Mietvertrag auf Gebrauchsregelungen der Wohnungseigentümergemeinschaft könnte den vermietenden Wohnungseigentümer darüber hinaus davor schützen, dass später mehrheitlich beschlossene Einschränkungen des ordnungsgemäßen Gebrauchs zu einem Auseinanderfallen von mietvertraglich und wohnungseigentumsrechtlich zulässigem Gebrauch führen.245 Diese vorformulierte Klausel, nach der alle, auch nach Abschluss des Mietvertrags getroffenen Nutzungsregelungen der Wohnungseigentümer auch für den Mieter gelten sollen, sind aber als Allgemeine Geschäftsbedingungen bei einer Klauselkontrolle gem. § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.246 Weil sich nach geltendem Recht die für den vermietenden Wohnungseigentümer drohende Konfliktlage zwischen Wohnungseigentümergemeinschaft und Mieter kaum auflösen lässt, wenn man nicht im Gemeinschaftsverhältnis eine Pflicht zur Rücksichtnahme bei Entscheidungen auf die Bindungen vermietender Wohnungseigentümer annehmen will,247 erscheint ein Eingreifen des Gesetzgebers als geboten.248 16b Der in Anspruch genommene Sondereigentümer kann sich in diesem Fall grundsätzlich auch

nicht auf die Unmöglichkeit der Pflichterfüllung berufen, denn die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer werden dadurch, dass der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer vertraglich gebunden ist, weder beschränkt noch erweitert.249 Der vermietende Wohnungseigentümer muss alles in seiner Macht stehende unternehmen, um dem berechtigten Unterlassungsbegehren der anderen Wohnungseigentümer Folge leisten zu können und seinen Mieter oder Nießbraucher dazu veranlassen. Dazu muss er – auch unter finanziellen Opfern – eine gütliche Einigung mit dem Nutzungsberechtigten suchen, um sie zur Aufgabe der gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern zu unterlassenden Nutzung zu veranlassen.250 Ob seine Mühen erschöpfend waren, ist erst im Rahmen der Zwangsvollstreckung zu beachten (vgl. Rz. 17a).

2. Ansprüche der übrigen Wohnungseigentümer bei Störungen durch Nutzer 17 Werden die Grenzen der zulässigen Nutzung überschritten, können die übrigen Wohnungsei-

gentümer Unterlassung der Störung gem. § 15 Abs. 3 WEG durch den störenden Wohnungseigentümer verlangen (vgl. § 15 Rz. 120 ff.), der bei Nutzungsüberlassung an Dritte, etwa die Vermietung, wegen seiner Einwirkungspflicht aus § 14 Nr. 2 WEG als mittelbaren Handlungsstörer auch für Störungen durch von ihm berechtigte Nutzer einstehen muss (vgl. Rz. 15). Ansprüche gemäß § 1004 Abs. 1 BGB bestehen gegen jeden Störer, also auch den Nutzer (Mieter). Insbesondere der vermietende Wohnungseigentümer und dessen Mieter können beide auf Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung in Anspruch genommen werden.251 Beide Ansprüche können durch Mehrheitsbeschluss gemäß § 10 Abs. 6 S. 3 2. Fall WEG vergemein244 Vgl. zum Mietrecht BGH v. 20.3.2013 – VIII ZR 168/12, MDR 2013, 580. 245 Armbrüster/Müller, ZMR 2007, 321 (325); vgl. auch den Formulierungsvorschlag bei Häublein, AnwZert MietR 13/2009, Anm. 1. 246 AG Schorndorf, Urt. v. 5.7.2012 – 6 C 1166/11, WuM 2012, 494; Armbrüster in FS Blank (2006), S. 577 (582 ff.) m.w.N. zu Einzelfragen, insb. zu § 308 Nr. 4 BGB; Blank, WuM 2013, 94 (96); s.a. Häublein, WuM 2009, 435; Lehmann-Richter, ZWE 2009, 345 (352); Jacoby, ZMR 2012, 669 (673). 247 Für eine Pflicht, mit dem Mieter eine dynamische Verweisung zu vereinbaren, dagegen LG München I v. 10.1.2013 – 36 S 8058/12, ZMR 2013, 475. 248 Vgl. auch zu den weiteren Spannungsfeldern (Nebenkostenabrechnung usw.) Häublein, NZM 2014, 97. 249 BGH v. 19.5.2014 – V ZR 131/13 – Rz. 13, MDR 2014, 1019. 250 BGH v. 7.4.2000 – V ZR 39/99, BGHZ 144, 200 (204) = MDR 2000, 1069 ff.; BGH v. 19.5.2014 – V ZR 131/13 – Rz. 13, MDR 2014, 1019. 251 LG Hamburg v. 6.1.2016 – 318 S 40/15, ZMR 2016, 308.

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III. Einstandspflicht für berechtigte Nutzer, § 14 Nr. 2 WEG | Rz. 17a § 14

schaftet werden, soweit sie nicht ausschließlich Störungen des Gemeinschaftseigentum betreffen.252 Praktisch stellt sich die Frage, gegen wen diese Ansprüche zweckmäßigerweise geltend gemacht und notfalls im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden sollen, vorgelagert aber gerade in Bezug auf Mieter die Frage nach deren Bindung an die Regelungen des Innenverhältnisses der Wohnungseigentümer, Vereinbarungen oder Mehrheitsbeschlüsse. – Daneben kommen weitere Ansprüche auf Schadensersatz, etwa wegen Mietminderung des eigenen Mieters oder wegen Sachschäden, in Betracht. a) Ansprüche gegen den vermietenden Wohnungseigentümer Wenn ein Nutzer die Verpflichtungen aus § 14 Nr. 1 WEG nicht erfüllt, können die Wohnungs- 17a eigentümer den vermietenden oder sonst den Gebrauch belassenden Wohnungseigentümer darauf in Anspruch nehmen, alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um den unzulässigen Gebrauch durch den Nutzungsberechtigten253 zu beenden.254 Dies ist Inhalt des Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch aus § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB.255 Diese Ansprüche setzen eine Wiederholungsgefahr voraus.256 Dem kann der vermietende Wohnungseigentümer nicht gem. § 275 BGB entgegenhalten, eine Einwirkung auf seinen Mieter sei ihm aufgrund der mietvertraglichen Gestaltung unmöglich.257 Ein Anspruch gegen den vermietenden Wohnungseigentümer auf eine bestimmte Vorgehensweise, etwa eine fristlose oder ordentliche Kündigung auszusprechen, besteht jedoch grundsätzlich nicht;258 es ist vielmehr dem Wohnungseigentümer überlassen, wie er die Unterlassung der unzulässigen Nutzung durch seinen Mieter herbeiführt.259 Etwas anderes gilt nur dann, wenn alle anderen denkbaren Maßnahmen ungeeignet sind260 oder die Parteien selbst nur eine Maßnahme ernsthaft in Betracht ziehen.261 Der titulierte Anspruch der übrigen Wohnungseigentümer auf Unter252 BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14, MDR 2015, 267; zu den Pflichten nach Vergemeinschaftung vgl. BGH, v. 26.10.2018 – V ZR 328/17, Juris; zur Abgrenzung der Störung von Gemeinschafts- und Sondereigentum vgl. Schmid, ZWE, 2015, 203 (205). 253 Zu Ansprüchen gegen den Mieter selbst vgl. § 15 Rz. 129. 254 BGH v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, BGHZ 129, 329 = MDR 1995, 895; v. 29.11.1995 – XII ZR 230/94, MDR 1996, 355 = NJW 1996, 714; BayObLG v. 20.12.1990 – BReg.2 Z 154/90, NJW-RR 1991, 658; v. 30.1.1991 – BReg.2 Z 167/90, MDR 1991, 547 = WuM 1991, 315; v. 20.7.2000 – 2Z BR 50/00, NZM 2001,; OLG Düsseldorf v. 21.10.2008 – 3 Wx 240/07, WE 2009, 23; OLG Hamm v. 26.9.1991 – 15 W 127/91, OLGZ 1992, 301 = MDR 1992, 47; OLG Schleswig v. 27.11.2003 – 2 W 165/03, ZMR 2004, 941; LG Hamburg v. 3.6.2008 – 318 T 87/07, ZMR 2008, 828. 255 Zur Zubilligung einer Umstellungsfrist für den vermietenden Wohnungseigentümer vgl. BayObLG v. 20.12.1990 – BReg.2 Z 154/90, WuM 1991, 208; v. 20.1.1994 – 2Z BR 93/93, WuM 1994, 292. 256 Vgl. LG München I v. 8.2.2016 – 1 S 21019/14, ZMR 2016, 490 zu den Anforderungen bei einer Vermietung zu zweckwidrigen Nutzungen. 257 BGH v. 4.5.1995 – V ZB 5/95 BGHZ 129, 329 = MDR 1995, 895; BayObLG v. 20.1.1994 – 2Z BR 93/93, ZMR 1994, 234; vgl. auch AG Offenbach v. 6.2.2014 – 325 C 24/13, ZWE 2014, 214. 258 Ein solcher Anspruch auf Kündigung kann auch mangels Beschlusskompetenz durch Eigentümerbeschluss geschaffen werden; a.A. AG Hamburg-Wandsbek v. 12.4.2010 – 740 C 43/09, ZMR 2012, 305. 259 BGH v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, BGHZ 129, 329 = MDR 1995, 895; BayObLG v. 20.12.1990 – BReg.2 Z 154/90, NJW-RR 1991, 658; v. 2.9.1993 – 2Z BR 63/93, NJW-RR 1994, 337 = ZMR 1994, 25; KG v. 16.2.2000 – 24 W 3925/98, NZM 2000, 879; OLG Köln v. 15.1.1997 – 16 Wx 275/96, WuM 1997, 141 = ZMR 1997, 253; OLG Karlsruhe v. 20.9.2000 – 14 Wx 98/00, ZMR 2002, 151. 260 BGH v. 22.10.1976 – V ZR 36/75, BGHZ 67, 252 = NJW 1977, 146; v. 12.12.2003 – V ZR 98/03, MDR 2004, 503 = NJW 2004, 1035; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 21.10.2008 – 3 Wx 240/07, WE 2009, 23, jedenfalls wenn ein Eigeninteresse des Störers zur Auswahl unter mehreren Abhilfemöglichkeiten nicht mehr schutzwürdig ist. 261 BGH v. 18.2.1959 – V ZR 11/57, BGHZ 29, 314 = MDR 1959, 478 = NJW 1959, 936.

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§ 14 Rz. 17a | Pflichten des Wohnungseigentümers lassung der unzulässigen Nutzung ist gegen den vermietenden Wohnungseigentümer nach § 890 ZPO zu vollstrecken;262 lautet die Entscheidungsformel ausnahmsweise auf die Verpflichtung zu positiven Tun, etwa den Mieter zur Unterlassung eines konkreten Tuns „anzuhalten“, soll die Vollstreckung gem. § 888 ZPO erfolgen.263 Zu den vom vermietenden Wohnungseigentümer zu erwartenden Maßnahmen gehört alles in seiner Macht stehende, damit der Nutzer einem berechtigten Unterlassungsbegehren der anderen Eigentümer Folge leistet, also die außerordentliche Kündigung264 oder die Erhebung einer nicht sehr Erfolg versprechenden Unterlassungsklage.265 Der für § 890 ZPO erforderliche Verschuldensvorwurf entfällt nur, wenn der Schuldner trotz aller zumutbaren Maßnahmen die unzulässige Nutzung nicht unterbinden konnte.266 Bei der Höhe des Ordnungsgelds soll berücksichtigt werden, dass die Wohnungseigentümer ihrerseits den Mieter unmittelbar vor dem Prozessgericht auf Unterlassung in Anspruch nehmen könnten.267 Wenn der Miteigentümer dem Nutzer im Vertrag Rechte eingeräumt hat, die seinen Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis zuwiderlaufen, muss er dem Mieter auch eine finanzielle Kompensation anbieten, um ihn zum Verzicht zu bewegen.268 – Die vorstehenden Erwägungen begründen aber auch, warum die Wohnungseigentümergemeinschaft bei ihren Entscheidungen auf die Belange der vermietenden Wohnungseigentümer in der Weise Rücksicht nehmen sollte, dass den vermietenden Wohnungseigentümern die Wahrung ihrer Pflichten gegenüber ihren Mietern möglich wird, etwa durch Beachtung der mietrechtlichen Ankündigungsfristen für Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, Überlassung der notwendigen Informationen für Modernisierungsankündigung und Mieterhöhungsverlangen.269 18 Darüber hinaus kommen Schadensersatzansprüche der übrigen Wohnungseigentümer in Be-

tracht. Wenn der Wohnungseigentümer den gegen § 14 Nr. 1 WEG verstoßenden Gebrauch gestattet, etwa weil er eine Wohnung als Gastwirtschaft vermietet, oder der in Kenntnis eines solchen Gebrauchs untätig bleibt, verletzt er seine Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis und macht sich gem. § 280 Abs. 1 BGB ggü. den übrigen Wohnungseigentümern schadensersatzpflichtig;270 er haftet z.B. auf den Mietausfallschaden, wenn der Mieter eines anderen

262 BGH v. 29.11.1995 – XII ZR 230/94, MDR 1996, 355 = NJW 1996, 714; BayObLG v. 30.1.1991 – BReg.2 Z 167/90, MDR 1991, 547; v. 9.3.1995 – 2Z BR 10/95, BayObLGZ 1995, 114 = MDR 1995, 957 = NJW-RR 1995, 497. 263 BayObLG v. 29.12.1988 – BReg.2 Z 79/88, NJW-RR 1989, 462; LG Hamburg v. 6.7.201 – 318 T 25/ 11, ZMR 2012, 188; vgl. für den umgekehrten Fall der Verurteilung des Vermieters zur Einwirkung auf die Wohnungseigentümergemeinschaft OLG Düsseldorf v. 13.3.2002 – 3 W 404/01, NZM 2002, 711. 264 OLG Hamm v. 26.9.1991 – 15 W 127/91, OLGZ 1992, 301 = MDR 1992, 47 = NJW 1992, 184; OLG Düsseldorf v. 21.10.2008 – 3 Wx 240/07, WE 2009, 23. 265 OLG Stuttgart v. 30.9.1992 – 8 W 256/92, OLGZ 1992, 65 = NJW-RR 1993, 24. 266 BayObLG v. 9.3.1995 – 2Z BR 10/95, BayObLGZ 1995, 114 = MDR 1995, 957. 267 OLG Stuttgart v. 30.9.1992 – 8 W 256/92, OLGZ 1992, 65 = NJW-RR 1993, 24; s.a. OLG Düsseldorf v. 21.10.2008 – 3 Wx 240/07, WE 2009, 23. 268 BGH v. 19.5.2014 – V ZR 131/13 – Rz. 13, MDR 2014, 1019; OLG Celle v. 24.9.2003 – 4 W 138/03, ZMR 2004, 689. Hat sich ein vermietender Wohnungseigentümer durch den Mietvertrag in eine Pflichtenkollision gebracht, kann er dies dem Mieter nicht entgegenhalten, vgl. LG Bremen v. 11.1.2013 – 4 S 28/11, ZMR 2013, 346. 269 Hogenschurz, NZM 2014, 501; Ausführlich zum Harmonisierungsbedarf zwischen Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht Häublein, NZM 2014, 97. Dass eine mangelnde Rücksichtnahme auf die Belange der vermietenden Wohnungseigentümer einen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung darstellen könnte und damit Eigentümerbeschlüsse mit dieser Begründung anfechtbar wären, ist in der Rechtsprechung – soweit ersichtlich – bisher nicht angenommen worden. 270 BayObLG v. 24.10.2002 – 2Z BR 120/01, NZM 2002, 167 = ZMR 2002, 286; OLG Hamm v. 5.9.1995 – 15 W 370/94, NJW-RR 1996, 41 = ZMR 1996, 42 auch zur Ersatzfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten gegen den störenden Nutzer.

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III. Einstandspflicht für berechtigte Nutzer, § 14 Nr. 2 WEG | Rz. 18a § 14

Wohnungseigentümers wegen der Störung kündigt.271 Darüber hinaus findet eine Zurechnung des Verschuldens der Nutzer – Angehörige oder Vertragspartner – nach § 278 BGB statt;272 deshalb haftet der Wohnungseigentümer für einen von seinem Mieter schuldhaft verursachten Wasserschaden.273 Schädigt ein Mieter die übrigen Miteigentümer, kann die zwischen den Eigentümern bestehende Treue- und Rücksichtnahmepflicht eine primäre Inanspruchnahme des Mieters vor dem vermietenden Wohnungseigentümer erfordern,274 jedenfalls wenn nicht ohnehin Rückgriffsansprüche des Mieters gegen den vermietenden Wohnungseigentümer bestehen. b) Ansprüche gegen den Fremdnutzer Aus § 14 Nr. 4 WEG (vgl. Rz. 24) anspruchsverpflichtet ist entgegen der hier bis zur 4. Auflage 18a vertretenen Auffassung nur der betroffene Wohnungseigentümer, nicht auch der Fremdnutzer (Mieter, Nießbraucher Erwerber vor Umschreibung usw.).275 Auch Ansprüche aus § 15 Nr. 3 WEG bestehen nur gegen Miteigentümer.276 Die für die Ablehnung der Ausweitung wohnungseigentumsrechtlicher Ansprüche auch gegen Dritte sprechenden Argumente, insbesondere Wortlaut und systematische Stellung der Vorschrift, gelten in gleicher Weise für den umgekehrten Argumentationsansatz, mietvertragliche Vorschriften ausweitend auszulegen und der Wohnungseigentümergemeinschaft die Ansprüche des vermietenden Wohnungseigentümers einzuräumen, insbesondere Duldungspflichten des Mieters bei Baumaßnahmen in der Wohnungseigentumsanlage gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft aus § 554 BGB abzuleiten.277 Gegen diesen Ansatz spricht auch, dass die Rechte der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Mieter an die Voraussetzungen und Schranken des Mietrechts geknüpft werden, denn wer § 554 BGB heranziehen will, muss auch die engen Voraussetzungen der Modernisierung, §§ 555a ff. BGB heranziehen und auch die kurze Verjährung des § 548 BGB.278 Dabei ist die Interessenlage der Wohnungseigentümergemeinschaft verschieden,279 kann sie doch anders als der vermietende Miteigentümer von einer Mieterhöhung nicht profitieren. Weil zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem berechtigten Fremdnutzer, insbesondere dem Mieter eines Wohnungseigentümers, keine vertraglichen Beziehungen bestehen, ist es folgerichtig, die sachenrechtlichen Regelungen heranzuziehen, für die Abwehransprüche des Fremdnutzers die Regelungen über den Besitzschutz (vgl. Rz. 18b), für die Ansprüche der übrigen Wohnungseigentümer und der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Fremdnutzer § 1004 Abs. 1 BGB.280 Die Grenze der Erheblichkeit wird bei diesem Verständnis für beide Seiten insbesondere durch § 906 BGB einheitlich 271 OLG Saarbrücken v. 4.4.2007 – 5 W 2/07, NZM 2007, 774. 272 KG v. 19.4.2000 – 24 W 1808/00, MDR 2000, 1311; KG v. 8.7.2002 – 24 W 344/01, ZMR 2002, 968; OLG Saarbrücken v. 4.4.2007 – 5 W 2/07, NJW 2008, 80. 273 LG Berlin v. 4.8.2000 – 85 T 81/00, ZMR 2001, 390; AG Frankfurt v. 23.12.1993 – 65 UR II 191/93, NJW-RR 1994, 1167. 274 BGH v. 10.11.2006 – V ZR 62/06, MDR 2007, 390. 275 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 194/14, Rz. 12, MDR 2015, 1122; so schon KG v. 26.1.2006 – 8 U 208/05, NJW-RR 2006, 658 = ZMR 2006, 379; Drabek, ZMR 2003, 241 (245); v. Rechenberg, ZWE 2005, 47 (52); M. J. Schmid, MietRB 2011, 60 (62); Bonifacio, ZMR 2012, 330 (332 f.); a.A. AG München v. 24.10.2011 – 424 C 12307/11, ZMR 2012, 110; Hannemann, NZM 2004, 531 (533); Horst, NZM 2012, 289 (293). 276 OLG München v. 10.12.2002 – 5 U 4733/02, NZM 2003, 445. 277 So aber Lehmann-Richter, WuM 2013, 82. 278 Dagegen BGH v. 29.6.2011 – VIII ZR 349/10, MDR 2011, 971. 279 Vgl. für die Verweisung in § 22 Abs. 2 WEG schon BGH v. 18.2.2011 – V ZR 82/10, MDR 2011, 475; BGH v. 14.12.2012 – V ZR 224/11, Rz. 12, MDR 2013, 263. 280 Horst, NZM 2012, 289 (293); Müller in Timme, BeckOK/WEG, Stand 1.2.2019, § 14 WEG Rz. 119; „geneigt“ auch BGH v. 10.7.2015 – V ZR 194/14, Rz. 13, MDR 2015, 1122; vgl. schon BGH v. 1.12.2006 – V ZR 112/06, Rz. 6, MDR 2007, 578.

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§ 14 Rz. 18a | Pflichten des Wohnungseigentümers beschrieben; soweit danach die Grenzen des Zulässigen überschritten sind, kommt es auf den unübersichtlichen Streit, inwieweit der Mieter an mehrheitlich beschlossene Gebrauchsregelungen, insbesondere die Hausordnung gebunden ist (vgl. § 15 Rz. 65 ff.),281 nicht an. Diesem Lösungsansatz282 liegt letztlich der Gedanke zu Grunde, dass ein Fremdnutzer, der seine Rechtsposition vom Eigentümer ableitet, keine weitergehenden Rechte als dieser haben kann, wenn Dritte dingliche Rechte geltend machen.283 Insbesondere dem vermietenden Wohnungseigentümer fehlt die Rechtsmacht, den Inhalt des Eigentums anderer Miteigentümer zu beschränken und durch schuldrechtliche Abreden mit Dritten geschützte Eigentumspositionen zu verändern. Das Gesetz, insbesondere § 14 Nr. 1 WEG, und Vereinbarungen der Wohnungseigentümer können aber unabhängig von deren „Verdinglichung“, also deren Grundbucheintragung gemäß §§ 10 Abs. 3, 5 Abs. 4 WEG, eine Duldungspflicht im Sinne von § 1004 Abs. 2 BGB für Nutzungen begründen. Ausgehend von § 10 Abs. 3 WEG, der die Wirkung von – noch dazu im Grundbuch eingetragenen – Vereinbarungen der Miteigentümer auf Sonderrechtsnachfolger beschränkt, kann es entgegen einer vielfach vertretenen Ansicht für die „Wirkung“ von Vereinbarungen der Wohnungseigentümer gegenüber Mietern oder Fremdnutzern grundsätzlich nicht darauf ankommen, ob diese in das Grundbuch eingetragen worden sind. Die Wirkungen der Grundbucheintragung beschränken sich nämlich nach dem Gesetz zunächst auf das (Innen-)Verhältnis der Miteigentümer und deren Rechtsnachfolger. Daran ändert die unzutreffende Rede von der „Verdinglichung“ durch Grundbucheintragung nichts. c) Exkurs: Besitzschutzansprüche des Fremdnutzers 18b Bis zum Vorliegen eines Duldungstitels gegen den berechtigten Fremdnutzer können diesem

Gegensprüche zum Schutz seines berechtigten Besitzes zustehen. Der berechtigter Fremdnutzer hat vertragliche Ansprüche zwar nur gegen den ihm die Nutzung gestattenden Wohnungseigentümer. Am häufigsten ist der Fall des Mieters, der Ansprüche gegen den ihm vermietenden Wohnungseigentümer aus dem Mietvertrag gelten machen kann, etwa auf Überlassung der Mietsache. Ansprüche gegen die übrigen Wohnungseigentümer oder der Wohnungseigentümergemeinschaft kann er aus dem seiner Nutzung zu Grunde liegenden Vertragsverhältnis grundsätzlich aber nicht herleiten. Der berechtigte Fremdnutzer kann aber als Besitzer der Wohnung die Besitzschutzansprüche der §§ 858 ff. BGB geltend machen (possessorischer Besitzschutz).284 Diesen gegenüber schränkt § 863 BGB die Verteidigung stark ein, denn ein Recht zum Besitz oder zur Vornahme der störenden Handlung kann nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht werden, dass die Entziehung oder die Störung des Besitzes nicht verbotene Eigenmacht sei. Dabei ist der Mietbesitz nicht auf die eigentliche Wohnung (einschließlich Balkon) beschränkt, deren Verschattung oder Beeinträchtigung durch ein Fassadengerüst abgewehrt werden kann,285 sondern umfasst auch die Mitbenutzung des Treppenhauses und sonstiger Nebenflächen. Abgewendet werden können gemäß § 854 BGB nur konkrete Besitzstörungen und erhebliche Beeinträchtigungen, also nicht solche, die unterhalb der durch § 906 BGB vorgegebenen Schwelle liegen.286 Den Besitzansprüchen kann die Dul281 Ausführlich Müller in Timme, BeckOK/WEG, Stand 1.2.2019, § 14 WEG Rz. 118, 181; Dötsch, WuM 2013, 90. 282 Zu anderen Lösungsansätzen Abramenko, IMR 2018, 225. 283 Vgl. BGH v. 1.12.2006 – V ZR 112/06, MDR 2007, 578. 284 Einzelheiten bei Lehmann-Richter, MietRB 2015, 220. 285 LG Berlin v. 27.9.2013 – 65 T 158/13, ZMR 2014, 791; s.a. LG Berlin v. 26.2.2013 – 63 S 429/12, MDR 2013, 643. 286 LG Berlin v. 26.2.2013 – 63 S 429/12, MDR 2013, 643; LG Berlin v. 20.4.2016 – 65 S 424/15, Grundeigentum 2016, 860. Der Störer muss die Einhaltung der Grenzwerte darlegen und beweisen, vgl. BGH v. 21.10.2005 – V ZR 169/04. MDR 2006, 504; zur Glaubhaftmachung vgl. OLG Brandenburg v. 8.5.2002 – 1 U 28/01, NJW-RR 2002, 1127.

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III. Einstandspflicht für berechtigte Nutzer, § 14 Nr. 2 WEG | Rz. 19a § 14

dungspflicht grundsätzlich erst nach Vorliegen eines Duldungstitels entgegen gehalten werden.287 Dieser possessorische Besitzschutz, der schon bei der Ankündigung von Beeinträchtigungen geltend gemacht werden kann,288 und seine Geltendmachung im Wege der Unterlassungsverfügung im einstweiligen Rechtsschutz können gerade bei Sanierungsmaßnahmen zu erheblichen Schwierigkeiten im Bauablauf führen.

3. Exkurs: Öffentlich-rechtliche Störereigenschaft Gesonderter Beachtung verdient die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Verantwort- 19 lichkeit bei der Abwehr von Gefahren in der Wohnungseigentumsanlage, insb. für Brandgefahren in der Tiefgarage. Die dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung mitunter zuwiderlaufende und die Aufgabenverteilung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft außer Acht lassende Rechtspraxis des Verwaltungsrechts nimmt die Effektivität der Gefahrenbeseitigung zum Ausgangspunkt ihrer Wertungen. § 14 Nr. 2 WEG entspricht es, dass die Ordnungsbehörde auch den Vermieter als Zustandsstörer in Anspruch nehmen kann, wenn der Mieter gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Werden etwa Räume baurechtswidrig genutzt, kann die Bauaufsichtsbehörde ihre Verfügung zur Wiederherstellung baurechtmäßiger Zustände nach pflichtgemäßem Ermessen sowohl an die Eigentümer als Zustandsstörer als auch unmittelbar an die Betreiber als Verhaltensstörer richten.289 Mit der im Wohnungseigentumsrecht allgemein angenommenen Aufgabenverteilung zwi- 19a schen Wohnungseigentümergemeinschaft und Verwalter kaum zu vereinbaren ist aber die Annahme der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung,290 nicht nur jeder einzelne Miteigentümer291 oder auch die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern der Verwalter allein könne aufgrund seiner Notkompetenz gem. § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG als Störer zur Abwehr jedweder vom Gemeinschaftseigentum ausgehender Gefahr von der Ordnungsbehörde in Anspruch genommen werden. Mag vor Entdeckung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft und der Schaffung des § 10 Abs. 6 WEG eine effektive Gefahrenabwehr bei der Inanspruchnahme der einzelnen Wohnungseigentümer nicht anders möglich gewesen sein, kann dieser Gedanke danach nicht mehr überzeugen: Richtiger Adressat ist die Wohnungseigentümergemeinschaft, vertreten durch den Verwalter.292 Deren Inanspruchnahme als Störer ist zulässig,293 auch soweit zugleich das Sondereigentum betroffen

287 LG Berlin v. 7.8.2012 – 63 T 118/12, WuM 2012, 554. 288 LG Berlin v. 1.3.2013 – 63 T 29/13, WuM 2013, 225. Der Verfügungsgrund entfällt nicht, wenn der Mieter ab Kenntnis der Maßnahme mehr als vier Wochen mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wartet, vgl. LG Berlin v. 4.10.2013 – 65 T 142/13, GE 2013, 1454. 289 VGH Kassel v. 26.9.1983 – 4 TH 48/83, DÖV 1984, 307 für die Nutzung von Abstellräumen zu Wohnzwecken; VGH Mannheim v. 21.9.1983 – 3 S 1628/83, BRS 40, Nr. 225; VG Darmstadt v. 12.9.2011 – 2 L 795/11 – Rz. 31 ff., juris = IMR 2011, 474. 290 VGH Mannheim v. 8.8.1973 – VI 879/72, NJW 1974, 74; OVG NW v. 3.3.1994 – 11 V 2566/93, WuM 1994, 507; v. 15.4.2009 – 10 B 304/09, NJW 2009, 3528; v. 28.1.2011 – 2 B 1495/10, ZMR 2011, 425; v. 10.10.2014 – 7 A 2010/13, juris; VG Düsseldorf v. 20.8.2010 – 25 K 3682/10, ZMR 2011, 338; differenzierend aber OVG Saarlouis v. 3.9.2014 – 2 B 318/14, ZMR 2015, 501; OVG Saarlouis v. 3.9.2014 – 2 B 319/14, ZWE 2014, 468. 291 OVG Berlin-Brandenburg v. 25.2.2013 – OVG 2 S 29.12, GE 2013, 559 = ZWE 2013, 234; ablehnend zu das Gemeinschaftseigentum betreffenden bauordnungsrechtlichen Prüfpflichten VG Bayreuth v. 7.11.2013 – B 2 K 13.700, ZMR 2014, 329. 292 Becker, ZfIR 2011, 205; Briesemeister, ZWE 2011, 25; Briesemeister, ZWE 2011, 163; Lehmann-Richter, ZWE 2011, 439. 293 OVG Saarlouis v. 3.9.2014 – 2 B 318/14, ZMR 2015, 501; OVG Saarlouis v. 3.9.2014 – 2 B 319/14, ZWE 2014, 468.

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§ 14 Rz. 19a | Pflichten des Wohnungseigentümers ist.294 Sofern für die Umsetzung der Ordnungsverfügung auch das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers betroffen ist, steht die der Rechtsmäßigkeit einer Anordnung an die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht entgegen; vor der Vollstreckung bedarf es aber einer Duldungsverfügung gegen den betroffenen Sondereigentümer.295 Wenn die Gefahrenabwehr nur das Unterlassen einer konkreten Nutzung erfordert, ist auch wohnungseigentumsrechtlich die Inanspruchnahme des Verantwortlichen oder Betreibers nicht zu beanstanden,296 denn er kann den Verstoß in eigener Entscheidungskompetenz beseitigen.

IV. Duldungspflicht, § 14 Nr. 3 WEG 20 § 14 Nr. 3 WEG regelt die Duldungspflicht als Kehrseite der zulässigen Nutzungen: Soweit

Nutzungen nach den Vorschriften des § 14 Nr. 1 und 2 WEG sowie Vereinbarungen oder Gebrauchsregelungen, § 15 Abs. 3 WEG, zulässig sind, hat jeder Wohnungseigentümer sie zu dulden. Hinzunehmen sind insb. die beim Zusammenleben unvermeidbaren Beeinträchtigungen, etwa Wohngeräusche297 oder die mit einer zulässigen gewerblichen Nutzung verbundenen Geräusche.298 Duldungspflichten ergeben sich insbesondere aus Vereinbarungen im Verhältnis der Wohnungseigentümer,299 aber auch aus der Natur der Sache, wenn Gemeinschaftseinrichtungen, etwa die gemeinschaftliche Waschmaschine, nicht von allen Wohnungseigentümern zeitgleich genutzt werden können. Zu dulden ist auch die Ausübung eines eingeräumten Ausbaurechts.300 Vorrangige besondere Vorschriften gestatten den Einbau von Versorgungsleitungen sowie Telefon- und Rundfunkanlagen, § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG (vgl. § 21 Rz. 101 ff.301 Schließlich können sich Duldungspflichten aus Grundrechtspositionen ergeben, etwa zur Duldung des Einbaus von Hilfsmitteln für Behinderte oder von Parabolantennen für ausländische Bewohner (vgl. § 22 Rz. 36). 21 Eine Duldungspflicht besteht nicht allein deshalb, weil der Eingriff in das Sondereigentum ei-

nes Wohnungseigentümers einem anderen eine mögliche, jedoch teurere Alternativmaßnahme, die nur dessen eigenes Sondereigentum beeinträchtigt, ersparen würde.302 294 BayVGH v. 29.9.2014 – 20 CS 14.1663, NZM 2015, 171; OVG NW v. 25.6.2015 – 13 B 452/15, NJW 2015, 3528 jeweils für eine Ordnungsverfügung im Zusammenhang mit Legionellen (Trinkwasserüberprüfung in den Wohnungen); zur internen Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht der einzelnen vermietenden Wohnungseigentümer vgl. LG Saarbrücken v. 18.12.2015 – 5 S 17/15, ZWE 2016, 187. 295 OVG MV v. 2.3.2016 – 3 M 440/15, ZWE 2016, 294. 296 Vgl. zur Inanspruchnahme des Verantwortlichen für den im Hinblick auf Brandschutzfragen problematischen Betrieb einer Intensiv-Pflege-Wohngemeinschaft OVG NW v. 1.4.2016 – 2 B 83/16, juris. 297 LG Frankfurt/M. v. 12.3.1992 – 2/9 T 166/92, NJW-RR 1993, 281; AG Freising v. 28.1.2010 – 6 C 1660/07, ZMR 2010, 559. Zur normalen Wohnnutzung gehören nicht High Heels auf Laminat, LG Hamburg v. 15.12.2009 – 316 S 14/09, WuM 2010, 147; Tennis in der Wohnung, OLG Saarbrücken v. 11.6.1996 – 5 W 82/96-20, ZMR 1996, 566; Kindertrampeln, BayObLG v. 16.12.1993 – 2Z BR 113/93, ZMR 1994, 167. 298 BayObLG v. 2.9.1993 – 2Z BR 63/93, NJW-RR 1994, 337 für Musikveranstaltung in Gaststätte. 299 Zur Belastung eines Wohnungseigentums mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zu Gunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft vgl. KG v. 29.9.2015 – 1 W 10-12/15, MDR 2015, 1229 = ZfIR 2015, 898 mit Anm. Böttcher. 300 BayObLG v. 13.3.1997 – 2Z BR 8/97, WuM 1997, 343 = ZMR 1997, 318; s.a. BGH v. 6.11.2009 – V ZR 73/09, MDR 2010, 98. 301 BayObLG v. 26.9.2001 – 2Z BR 79/01, NZM 2002, 160. 302 OLG Düsseldorf v. 27.3.2000 – 3 Wx 53/00, NZM 2001, 392; BayObLG v. 6.2.1991 – BReg.2 Z 171/ 90, NJW-RR 1991, 722 = WuM 1991, 306; OLG Hamburg v. 13.11.1991 – 2 Wx 64/90, OLGZ 1992, 186 = ZMR 1992, 118; OLG Frankfurt v. 27.9.2004 – 20 W 111/04, OLGReport Frankfurt 2005, 199.

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V. Betretungsrecht, § 14 Nr. 4 WEG | Rz. 22c § 14

V. Betretungsrecht, § 14 Nr. 4 WEG Gemäß § 14 Nr. 4 ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, das Betreten und die Benut- 22 zung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist. Sein dabei entstehender Schaden ist ihm zu ersetzen. Die Bedeutung der Regelung in der Praxis ergibt sich daraus, dass größere Sanierungs- oder Reparaturmaßnahmen am und im Gebäude in der Regel nur unter Inanspruchnahme des Sondereigentums durchgeführt werden können. Als Beispiel sei nur die Wartung der im Gemeinschaftseigentum stehenden Rauchmeldern303 in den einzelnen Wohnungen genannt oder das Abnehmen der Badezimmerfliesen zur Beseitigung eines Leitungswasserschadens. Durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer können Betretungsrechte vorgesehen werden, 22a die von den Voraussetzungen des § 14 Nr. 4 WEG unabhängig sind. Diese Betretungsrechte können schon durch den aufteilenden Bauträger in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen worden sein, so dass sich die Durchsicht der Gemeinschaftsordnung im Streitfalle empfiehlt. Vorgeschlagen wird etwa, ein Begehungs- und Besichtigungsrecht des Verwalters in die Gemeinschaftsordnung aufzunehmen, dass einmal jährlich nach vorheriger Anmeldung besteht und dazu in kürzeren Abständen aus wichtigem Grund.304 Anspruchsberechtigt ist gem. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG die (durch den Verwalter vertretene) 22b Wohnungseigentümergemeinschaft für die Wohnungseigentümer gemeinsam,305 die einzelne Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss zur Durchsetzung ermächtigen kann.306 Nur soweit § 14 Nr. 4 WEG entsprechend auf die Inanspruchnahme fremden Sondereigentums zur Sanierung des eigenen Sondereigentums oder auch des einem Sondernutzungsrechts unterliegenden Gemeinschaftseigentum angewendet wird oder ein Sondereigentümer ausnahmsweise kraft Vereinbarung allein für den Unterhalt des Gemeinschaftseigentums zuständig ist, steht der Anspruch dem betroffenen Sondereigentümer allein zu. Anspruchsverpflichtet gemäß § 14 Nr. 4 ist entgegen der hier bis zur 4. Auflage vertretenen 22c Auffassung nur der betroffene Wohnungseigentümer, nicht auch der Fremdnutzer (Mieter, Nießbraucher Erwerber vor Umschreibung usw.).307 Dieses Ergebnis ist nach dem Willen des historischen Gesetzgebers (BR-DrS. 751/51, S. 17), der Stellung der Vorschrift im Abschnitt „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ des Wohnungseigentumsgesetzes und auch dem Wortlaut gut begründet und gilt ebenso für Ansprüche aus § 15 Nr. 3 WEG,308 bedeutet aber nicht, dass nicht doch der Fremdnutzer im Ergebnis in Anspruch genommen werden kann, dies allerdings unter den Voraussetzungen des § 1004 Abs. 1 BGB (zu Einzelheiten Rz. 18a),309 also wenn und soweit die anderen Eigentümer in ihren absoluten Rechten aus § 903 BGB, § 13 WEG, Art. 14 GG beeinträchtigt werden, oder auch zur Umsetzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, wie dem landesrechtlich vorgegebenen Einbau und der Unterhaltung von Rauch-

303 BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835. 304 Scheffler in Elzer/Fritsch/Meier, Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl. 2014, § 1 Rz. 126. 305 OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 144/06, MDR 2007, 1305; LG Berlin v. 15.6.2010 – 85 S 74/09 WEG, ZMR 2010, 978; Kümmel/Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 14 WEG Rz. 49. 306 Vgl. zum alten Recht KG v. 10.2.1986 – 24 W 4146/85, OLGZ 1986, 174 = NJW-RR 1986, 696. 307 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 194/14, Rz. 12, MDR 2015, 1122; so schon KG v. 26.1.2006 – 8 U 208/05, NJW-RR 2006, 658; Drabek, ZMR 2003, 241 (245); v. Rechenberg, ZWE 2005, 47 (52); M. J. Schmid, MietRB 2011, 60 (62); Bonifacio, ZMR 2012, 330 (332 f.); a.A. AG München v. 24.10.2011 – 424 C 12307/11, ZMR 2012, 110; Hannemann, NZM 2004, 531 (533); Horst, NZM 2012, 289 (293). 308 OLG München v. 10.12.2002 – 5 U 4733/02, NZM 2003, 445. 309 Horst, NZM 2012, 289 (293); „geneigt“ BGH v. 10.7.2015 – V ZR 194/14, Rz. 13, MDR 2015, 1122; vgl. schon BGH v. 1.12.2006 – V ZR 112/06, Rz. 6, MDR 2007, 578.

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§ 14 Rz. 22c | Pflichten des Wohnungseigentümers warnmeldern (§ 22 Rz. 102a). Dieser Anspruch unterliegt nicht der kurzen mietrechtlichen Verjährung gemäß § 548 BGB.310 Zur Versorgungssperre vgl. § 28 Rz. 251 ff. 23 § 14 Nr. 4 WEG regelt das Betreten und die Benutzung (einschließlich der Zerstörung) der im

Sondereigentum stehenden Gebäudeteile, soweit sie zur Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums311 erforderlich sind. Die Duldungspflicht des Sondereigentümers aus § 14 Nr. 4 WEG und auch ein Schadensersatzanspruch können sich nur auf das Sondereigentum beziehen312 und solche Teile des Gemeinschaftseigentums, für die ihm etwa durch ein Sondernutzungsrecht das alleinige Nutzungsrecht und der Unterhalt auf eigene Kosten durch Vereinbarung zugewiesen sind (vgl. Rz. 29).

1. Voraussetzungen 24 Eine Duldungspflicht besteht nach dem Gesetz, soweit nicht abweichende Vereinbarungen

(vgl. Rz. 22a) vorliegen, nur unter engen Voraussetzungen. Dabei ist zwischen der Durchführung der Maßnahme und ihrer Vorbereitung zu unterscheiden. Eines „Heranziehungsbeschlusses“, also eine Entscheidung der Wohnungseigentümerversammlung über die Ausübung des Betretungsanspruchs ggü. dem einzelnen Wohnungseigentümer, bedarf es in beiden Fällen nicht, weil er vom Gesetz nicht gefordert wird. Das Betretungsrecht kann auch zur Umsetzung von Notmaßnahmen des Verwalters gemäß § 27 Abs 1 Nr. 3 WEG genutzt werden.313 Bei der Feststellung der Notwendigkeit von Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen ist im Lichte des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG nach ständiger Rechtsprechung314 ein sachlicher Grund für die Betretung nicht allein durch den Wunsch gegeben, eine (Routine-)Kontrolle durchzuführen oder regelmäßig nach dem Rechten zu sehen. Vielmehr ist erforderlich, dass ausreichende konkrete Anhaltspunkte315 vorliegen, die das Betreten des Sondereigentums zur Erforschung einer Schadensursache oder zur Vorbereitung von Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen erforderlich machen. Der Wohnungseigentümer ist verpflichtet, das Betreten seiner Wohnung zu gestatten, wenn festgestellt werden soll, ob Maßnahmen der Instandsetzung oder Instandhaltung in Betracht kommen, soweit ausreichende Anhaltspunkte für die Notwendigkeit solcher Maßnahmen im Einzelfall vorliegen.316 Wegen dieser Vorgaben des Art. 13 GG sind Erweiterungen der Pflich-

310 BGH v. 29.6.2011 – VIII ZR 349/10, MDR 2011, 971. 311 Vgl. zur analogen Anwendung im Verhältnis einzelner Wohnungseigentümer bei der Unterhaltung von Sondereigentum OLG Frankfurt v. 27.9.2004 – 20 W 111/04, OLGR Frankfurt 2005, 199; für Vermessung mit dem Ziel der Änderung des Kostenverteilungsschlüssels v. Rechenberg, ZWE 2005, 47 (50). 312 Vgl. BayObLG v. 20.11.2002 – 2Z BR 45/02, WuM 2003, 163; OLG Frankfurt v. 4.7.1989 – 20 W 411/88, OLGZ 1989, 422. 313 LG Frankfurt/Main v. 26.4.2016 – 2-9 S 26/14, WuM 2016, 384 für die Reparatur einer Gasleckage. 314 BayObLG v. 27.6.1996 – 2Z BR 16/96, MDR 1996, 1006; v. 21.1.1999 – 2Z BR 156/98, ZfIR 1999, 927; OLG Frankfurt v. 27.9.2004 – 20 W 111/04, OLGR Frankfurt 2005, 199; OLG Hamburg v. 14.3.2000 – 2 Wx 31/98, ZMR 2000, 479; OLG Zweibrücken v. 24.11.2000 – 3 W 183/00, ZMR 2001, 308 mit Anm. Schmidt. 315 Vgl. etwa für Feuchtigkeitserscheinungen BayObLG v. 29.1.1999 – 2Z BR 172/98, ZfIR 1999, 927; OLG Hamburg v. 14.3.2000 – 2 Wx 31/98, ZMR 2000, 479; zu eng wohl im Einzelfall OLG München v. 22.2.2006 – 34 Wx 133/05, MDR 2006, 1400 für ein schadhaftes Dach; s.a. OLG Karlsruhe v. 25.3.2010 – 14 Wx 9/10, NJW 2010, 2961. 316 BayObLG v. 27.6.1996 – 2Z BR 16/96, BayObLGZ 1996, 146 (148) = MDR 1996, 1006; v. 26.2.2004 – 2Z BR 2/04, ZMR 2004, 762; OLG München v. 22.2.2006 – 34 Wx 133/05, MDR 2006, 1400.

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V. Betretungsrecht, § 14 Nr. 4 WEG | Rz. 25a § 14

ten aus § 14 Nr. 4 WEG im Zweifel nicht zulässig.317 Deshalb kommt die Durchsetzung des Betretungsrechts im Wege der einstweiligen Verfügung (Leistungsverfügung) auch nur in besonderen Fällen der unaufschiebbaren Eilbedürftigkeit in Betracht,318 wenn sich der Sondereigentümer weigert, die beauftragten Handwerker in der Sondereigentumseinheit zu lassen.319 Ein umfassendes Zutrittsrecht für Handwerker darf nicht „vorsorglich“ bereits vor der Auftragsvergabe tituliert werden.320 Hat ein Sondereigentümer eigenmächtig Arbeiten am Gemeinschaftseigentum durchgeführt, ohne zuvor eine Entscheidung der Eigentümergemeinschaft zu ermöglichen, ist er verpflichtet, der Eigentümergemeinschaft zur Überprüfung der Eingriffe den Zutritt zu gestatten.321 Kommt ein Sondereigentümer seiner Duldungspflicht nicht in zumutbarer Zeit nach, so haftet er auf Schadensersatz.322 Ist eine Instandsetzungsmaßnahme und deren Durchführung bestandskräftig beschlossen, 25 muss das Betreten und die Benutzung des Sondereigentums zu deren Durchführung geduldet werden.323 Nichts anderes gilt, wenn der Sanierungsbeschluss zwar angefochten, aber noch nicht rechtskräftig für ungültig erklärt oder seine Vollziehung durch einstweilige Verfügung vom Gericht ausgesetzt worden ist.324 Ist die Durchführung einer Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme auf verschiedene Arten möglich, bedarf es einer Abwägung im Einzelfall, ob der Sondereigentümer das Betreten gestatten muss, um der Gemeinschaft größere Kosten zu ersparen.325 Die Duldungspflicht besteht aber auch bei solchen Maßnahmen, die im Wege der Eilkompetenz ohne Entscheidung der Wohnungseigentümer durch den Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG veranlasst werden.326 Die Geltendmachung des Anspruchs aus § 14 Nr. 4 WEG soll der Einleitung eines selbständi- 25a gen Beweisverfahrens vorrangig sein.327 Ein Sondereigentümer muss bei Streit über Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum auch das Betreten seines Sondereigentums durch einen gerichtlichen Sachverständigen dulden, jedenfalls wenn er als Partei an dem Verfahren beteiligt ist.328 Der einzelne Wohnungseigentümer ist zur Duldung von Bauteilöffnungen in seiner Wohnung, wozu nach dem maßgeblichen Wohnungsbegriff des Art. 13 Abs. 1 GG auch die im Gemeinschaftseigentum stehende Außentreppe, ein Fahrradkeller und 317 BayObLG v. 27.6.1996 – 2Z BR 16/96, MDR 1996, 1006; OLG Zweibrücken v. 24.11.2000 – 3 W 184/00, NZM 2001, 289 = ZMR 2001, 308 m. Anm. J.-H. Schmidt; zum Mietrecht vgl. BGH v. 4.6.2014 – VIII ZR 289/13 – Rz. 18, MDR 2014, 950. 318 VerfGH Berlin v. 23.6.2010 – 99 A/10, juris; v. 14.7.2010 – 99/10, juris – Rz. 23. 319 LG Hamburg v. 27.11.2013 – 318 S 34/13, ZMR 2014, 392. 320 AG Hamburg-Blankenese v. 27.2.2013 – 539 C 26/12, ZMR 2013, 570. 321 BayObLG v. 14.6.1995 – 2Z BR 20/95, WuM 1995, 677 für die Kontrolle einer eigenmächtigen Wasserleitungsreparatur nach Anbohren; OLG Celle v. 14.1.2004 – 4 W 221/03, ZMR 2004, 363 für die Entfernung des Bodens einer Dachterrasse mit anschließendem Aufstellen von Hydrokulturen. 322 BayObLG v. 10.5.1988 – BReg.2 Z 101/87, WuM 1988, 322 = ZMR 1988, 345 für das Gestatten des Betretens zur Durchführung dringender Instandhaltungsmaßnahmen an einem Vordach am darauffolgenden Morgen. 323 OLG Celle v. 4.12.2001 – 4 W 313/01, ZMR 2002, 293 für Fensteraustausch; LG Hamburg v. 27.11.2013 – 318 S 34/13, ZMR 2014, 392; AG Bremen-Blumenthal v. 14.3.2018 – 44 C 2010/17, ZMR 2018, 704. 324 LG Berlin v. 15.5.2010 – 85 S 74/09 WEG, ZMR 2010, 978. 325 BayObLG v. 12.10.1995 – 2Z BR 66/95, WuM 1995, 728 für das Aufstellen eines Gerüstes zur Durchführung einer Balkonsanierung; zu weitgehend AG Hannover v. 9.7.2013 – 483 C 3961/13, ZMR 2014, 63 für die Aufputzverlegung neuer TV-Kabel. 326 LG Frankfurt/Main v. 26.4.2016 – 2-09 S 16/14, WuM 2016, 384. 327 LG München I v. 8.5.2014 – 36 S 20940/12 WEG, ZMR 2014, 916; zweifelhaft. 328 Weitergehend noch OLG Hamburg v. 14.9.2001 – 2 Wx 82/01, ZMR 2002, 71; zum allgemeinen Betretungsrecht des Sachverständigen und substanzverletzenden Untersuchungen, soweit die Voraussetzungen des § 14 Nr. 4 WEG vorliegen, Dötsch, NZBau 2008, 217 (220); Jagenburg/Baldringer, ZfBR 2009, 413; Praun, BauR 2003, 1938.

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§ 14 Rz. 25a | Pflichten des Wohnungseigentümers eine Tiefgarage gehören, als am Verfahren nicht beteiligter Dritter aber nicht gem. § 144 Abs. 1 S. 3 ZPO verpflichtet, wenn ein anderer Wohnungseigentümer mit dem Bauträger über das Vorliegen von Mängeln am Gemeinschaftseigentum streitet.329 25b Über den Gesetzeswortlaut hinaus besteht das Betretungsrecht analog § 14 Nr. 4 WEG nicht

nur zur Vorbereitung von Sanierungsmaßnahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern auch zur Umsetzung einer Versorgungssperre (vgl. § 28 Rz. 251 ff.)330 und in anderen Fällen, in denen ein Sondereigentümer zur Duldung des Zutritts aufgrund des zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Treueverhältnisses verpflichtet ist, so zur Ablesung von Heizungs- und Wasserzählern331, bei Vermessung der Wohn- und Nutzflächen als Grundlage des geltenden Kostenverteilungsschlüssels oder zur Herstellung der Einrichtungen und Anlagen gem. § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG332 sowie zur Durchführung erlaubter Ausbauten.333 Darüber hinaus liegt es nahe, § 14 Nr. 4 WEG auch für solche Eingriffe in das Sondereigentum heranzuziehen, die zu anderen Zwecken als der Instandsetzung des Sondereigentums erfolgen und etwa aus dem gemeinschaftlichen Treueverhältnis oder entsprechend § 917 BGB zu dulden sind;334 damit lässt sich ein Aufopferungsanspruch des duldungspflichtigen Wohnungseigentümers in allen Fällen begründen, in denen er einen Eingriff in Sondereigentum dulden muss.335 25c Das Betretungsrecht kann gegen den Willen des betroffenen Wohnungseigentümers nur unter

den engen Voraussetzungen von Notstand, §§ 228, 904 BGB, und Selbsthilfe, §§ 229, 230 BGB, ohne weiteres eigenmächtig umgesetzt werden.336 In allen anderen Fällen bedarf es zur Durchsetzung der gerichtlichen Geltendmachung, etwa im Wege der einstweiligen Verfügung.337 Für eine Duldungsklage besteht ein Rechtsschutzbedürfnis erst dann, wenn der Verpflichtete die Verweigerung zumindest angekündigt hat.338 Wird der Wohnungseigentümer zur Gewährung des Zutritts verurteilt, bedarf es einer gesonderten Durchsuchungsanordnung, §§ 758, 758a ZPO, nicht.339 Auch wenn der der Titel auf Gewährung des Zutritts lautet, nicht nur auf dessen Duldung, und also auch positives Tun umfasst, erfolgt die Vollstreckung gem. § 890 ZPO.340 Weil bei vermietetem Wohnungseigentum ein Titel gegen den Eigentümer gem.

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BGH v. 16.5.2013 – VII ZB 61/12, MDR 2013, 864. Kümmel/Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 14 WEG Rz. 43. Soergel/Weber, § 14 WEG Rz. 74. Gottschalg, NZM 2010, 424 (426). KG v. 21.1.1998 – 24 W 5061/97, ZMR 1998, 369. Keine Duldungspflicht besteht in diesem Sinne aber gegenüber dem Bauträger, der Nachbesserungsarbeiten zugunsten einer anderen Einheit im Bereich seines Sondereigentums vornehmen will, auch keine vertragliche Nebenpflicht aus dem Erwerbsvertrag; vgl. OLG München v. 21.10.2010 – 9 U 1545/10, NJW 2011, 864. Vgl. OLG Frankfurt v. 27.9.2004 – 20 W 111/04, OLGR Frankfurt 2005, 199 für den Zutritt zur gelegentlichen Kontrolle und Wartung eines Tankraums; OLG Hamm v. 3.8.2009 – 15 Wx 288/08, NZM 2010, 481, für die Einrichtung eines Fluchtwegs über ein der Sondernutzung zugewiesenes Treppenstück; a.A. für Maßnahmen zur Umsetzung der Verbrauchserfassung M. J. Schmid, DWE 2011, 44, 47. In der Praxis wird sich der Wohnungseigentümer angesichts eines Notfalls kaum einmal gegen das Aufbrechen seiner Wohnung wehren, sondern sich eher beschweren, wenn sich der Verwalter nicht um die Gefahrenabwendung gekümmert, obwohl der zivilrechtlich nur für die Ursachenaufklärung und für die Beseitigung von Gefahrenquellen im Gemeinschaftseigentum zuständig ist. Vgl. LG Frankfurt/Main v. 26.4.2016 – 2-9 S 26/14, WuM 2016, 384 zur Feststellungsklage in der Hauptsache i.S.v. §§ 936, 926 Abs. 2 ZPO. LG Hamburg v. 27.11.2013 – 318 S 34/13, ZMR 2014, 392. Vgl. BGH v. 10.8.2006 – I ZB 126/05, MDR 2007, 238. LG Düsseldorf v. 12.3.1998 – 25 T 92/98, BeckRS 2008, 07676; vgl. a. BGH v. 25.1.2007 – I ZB 58/ 06, MDR 2007, 859.

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V. Betretungsrecht, § 14 Nr. 4 WEG | Rz. 27 § 14

§ 888 ZPO vollstreckt werden muss, erscheint es als sinnvoll, den Betretungsanspruch sogleich gegen den Mieter titulieren zu lassen (vgl. Rz. 22 a.E.).

2. Umfang des Betretungsrechts Der Anspruch richtet sich seinem Inhalt nach auf die Duldung des Betretens und der Benut- 26 zung des Sondereigentums. Er ist nicht Grundlage einer Pflicht, Schäden am gemeinschaftlichen Eigentum zu beseitigen.341 „Benutzung“ erfasst auch die zur Durchführung der erforderlichen Arbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum erforderlichen Beschädigungen bzw. Zerstörungen.342 Der Anspruch umfasst keine Handlungspflicht des Sondereigentümers, vorbereitend Arbeiten mit erheblichem Zeitaufwand auf eigene Kosten vorzunehmen.343 Der betroffene Wohnungseigentümer muss nur dulden und kann daher notwendige Arbeiten nicht unter Berufung auf subjektive Empfindlichkeiten blockieren.344 Regelmäßig muss eine Ankündigung der Betretung mit Frist von einer Woche (ab Zugang) erfolgen.345 Die Betretung darf nicht zu Unzeit verlangt werden, sollte also während üblicher Arbeitszeiten erfolgen.346 Zum Zutritt berechtigt sind neben dem Verwalter als Vertreter der regelmäßig zur Anspruchsgeltendmachung berechtigten Wohnungseigentümergemeinschaft die zur Beseitigung der Maßnahme erforderlichen Fachleute (Sachverständiger, Architekt, Handwerker usw.), nicht aber der Verwaltungsbeirat oder andere Wohnungseigentümer.347 Die Durchsetzung des Gestattungsanspruchs erfolgt nach Titulierung (allein) nach § 890 ZPO, auch wenn neben der Gestattung positive Handlungen (z.B. Türöffnung) erforderlich sind;348 stört ein Wohnungseigentümer die Durchführung der Sanierungsarbeiten, kann ihm durch einstweilige Verfügung die Duldung der Arbeiten und das Unterlassen der Störungen aufgegeben werden.349

3. Aufopferungsanspruch Soweit ein Wohnungseigentümer zur Duldung des Betretens und der Benutzung seines Son- 27 dereigentums verpflichtet ist, kann er gem. § 14 Nr. 4 2. Halbs. WEG den Ersatz des in Folge der Betretung und Benutzung am Sondereigentum350 entstandenen Schadens. Zu ersetzen 341 Vgl. KG v. 20.10.2004 – 24 W 97/03, WuM 2005, 143. 342 KG v. 10.2.1986 – 24 W 4146/85, OLGZ 1986, 174 = NJW-RR 1986, 696; OLG Düsseldorf v. 28.10.1994 – 3 Wx 448/94, WuM 1995, 218 = ZMR 1995, 84; BayObLG v. 26.2.2004 – 2Z BR 2/04, ZMR 2004, 762; zu Rauchmeldern vgl. AG Hamburg-Wandsbek v. 13.6.2008 – 716c C 89/08, ZMR 2009, 47; AG Rendsburg v. 30.10.2008 – 18 C 545/08, ZMR 2009, 239 gegen Duldungspflicht im Einzelfall. 343 BayObLG v. 12.10.1995 – 2Z BR 66/95, WuM 1995, 728 für das Versetzen von Blumentrögen. 344 OLG Celle v. 4.12.2001 – 4 W 313/01, ZMR 2002, 293 für Fensteraustausch. 345 BayObLG v. 21.1.1999 – 2Z BR 156/98, ZfIR 1999, 927; kürzer in Eilfällen vgl. BayObLG v. 10.5.1988 – BReg.2 Z 101/87, WuM 1988, 322 = ZMR 1988, 345. Gegenüber dem vermietenden Wohnungseigentümer wird bei Fehlen einer Eilbedürftigkeit neben der Frist von einer Woche noch dessen Ankündigungsfrist gegenüber dem Mieter von zwei Wochen (vgl. Eisenschmid in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, § 535 BGB Rz. 214, zu beachten sein. 346 BayObLG v. 10.5.1988 – BReg.2 Z 101/87, WuM 1988, 322 = ZMR 1988, 345. 347 Ist ausnahmsweise ein Sondereigentümer als Unterhaltspflichtiger anspruchsberechtigt, steht folgerichtig ihm und seinen Handwerkern das Betretungsrecht zu. 348 Suilmann in Bärmann, § 14 WEG Rz. 71; vgl. auch BGH v. 25.1.2007 – I ZB 58/06, MDR 2007, 863. 349 LG Berlin v. 15.5.2010 – 85 S 74/09 WEG, ZMR 2010, 978; s.a. Klimesch, ZMR 2010, 427. 350 Nicht am Gemeinschaftseigentum, vgl. KG v. 8.9.1993 – 24 W 5753/93, 24 W 2301/93, WuM 1994, 38; OLG Frankfurt v. 4.7.1989 – 20 W 411/88, OLGZ 1989, 422; LG Frankfurt v. 16.11.1987 – 2/9 T 846/87, ZMR 1989, 271.

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§ 14 Rz. 27 | Pflichten des Wohnungseigentümers ist der Schaden, der ihm dadurch entsteht, dass er das Betreten und die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile gestatten muss, soweit das zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist, insbesondere der Schaden durch die Verschlechterung des Zustands des Sondereigentums.351 Benutzung meint auch die Zerstörung: Deshalb kann der Sondereigentümer Ersatz der Kosten von Heizschleifen der Fußbodenheizung verlangen, wenn diese in seinem Sondereigentum stehen und für die Erneuerung des im Gemeinschaftseigentumsstehenden Estrichs zerstört werden müssen.352 Für die Bestimmung des Schadens gelten die allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB;353 dem damit grundsätzlich gebotenen Heranziehung des „Abzugs neu für alt“354 stehen die daraus resultierenden Bemessungsschwierigkeiten im Einzelfall nicht entgegen. Dogmatisch handelt es sich aber nicht um einen Schadensersatzanspruch, um einen zivilrechtlichen Aufopferungsanspruch, weil die aus rechtmäßigem Tun entstehenden Schäden („Sonderopfer“) zu ersetzen sind.355 27a Der Verwalter ist nicht befugt, ohne Ermächtigung durch Eigentümerbeschluss Ersatzverlan-

gen einzelner Wohnungseigentümer zu erfüllen.356 Durch Vereinbarung kann der Anspruch ausgeschlossen werden.357 Ein Eigentümerbeschluss, der die Höhe der Entschädigung der betroffenen Sondereigentümer pauschal festlegt, ist jedenfalls binnen Monatsfrist anfechtbar, um etwa einen höheren Schaden geltend zu machen,358 und mangels Beschlusskompetenz zur Vernichtung von Individualansprüchen, die sich auch nicht aus § 16 Abs. 3 oder 4 WEG ergibt,359 sogar nichtig.360 Demgegenüber kann der Ersatzpflichtige dem Anspruch entgegenhalten, der betroffene Wohnungseigentümer habe die Sanierung selbst durch unzulässige Baumaßnahmen erforderlich gemacht und habe für die Kosten daher gem. § 280 Abs. 1 BGB selbst einzustehen.361 Soweit die Schäden durch Fehlverhalten der von der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragten Handwerker verursacht worden ist, soll der betroffene Wohnungseigentümer gehalten sein, zunächst diese in Anspruch zu nehmen.362 – Im gerichtlichen Verfahren kann zur Feststellung der Höhe § 287 ZPO Anwendung finden.363 351 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, Rz. 26, MDR 2016, 318. 352 LG Düsseldorf v. 29.3.2017 – 25 S 55/16, ZMR 2017, 575 (577) 353 BGH v. 11.12.2002 – IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182; BayObLG v. 19.5.1994 – 2Z BR 135/93, BayObLGZ 1994, 140 = NJW-RR 1994, 1104; OLG Frankfurt v. 17.1.2006 – 20 W 362/04, NZM 2007, 251 = ZMR 2006, 625 zum entgangenen Gewinn. 354 LG Dortmund v. 21.10.2014 – 1 S 371/13, ZWE 2015, 182 (183); vgl. zu den Einzelheiten Dötsch, NZM 2014, 489. Dem Abzug „neu für alt“ steht der zutreffende Grundsatz nicht entgegen, dass dem beeinträchtigten Sondereigentümer keine unmittelbaren finanziellen Nachteile aus der Durchführung der Arbeiten zur Last fallen dürfen, denn es geht die Abschöpfung von Vorteilen. Gegen den „Abzug neu für alt“ aber Gottschlag, NZM 2010, 424 (427); v. Rechenberg, ZWE 2005, 47 (55). 355 KG v. 10.2.1986 – 24 W 4146/85, OLGZ 1986, 174 = NJW-RR 1986, 696; KG v. 28.7.1999 – 24 W 9125/97, NZM 2000, 284; OLG Köln v. 29.4.1996 – 16 Wx 30/96, WuM 1997, 60. 356 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, Rz. 27 m.w.N., Rz. 31; MDR 2016, 318; LG München I v. 16.9.2013 – 1 S 21191/12, ZMR 2014, 14; a.A. Elzer, IMR 2016, 116. Dementsprechend ist eine Anfechtungsklage gegen einen ablehnenden Wohnungseigentümerbeschluss zulässig, vgl. BGH v. 2.10.2015 – V ZR 5/15, MDR 2016, 13. 357 LG München I v. 16.9.2013 – 1 S 21191/12, ZMR 2014, 145. Eine solche Vereinbarung muss – im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 GG – aber ausdrücklich und unmissverständlich sein; der einzelne Wohnungseigentümer muss sich bei Unbilligkeit im Einzelfall auf seinen Anspruch gem. § 10 Abs. 2 S. 3 WEG berufen. 358 BayObLG v. 19.5.1994 – 2Z BR 135/93, BayObLGZ 1994, 140 = NJW-RR 1994, 1104. 359 Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 175. 360 BGH v. 2.10.2015 – V ZR 5/15, Rz. 12, MDR 2016, 13; OLG Düsseldorf v. 22.11.2005 – 3 Wx 140/ 05, FGPrax 2006, 104 = ZMR 2006, 459; LG München I v. 16.9.2013 – 1 S 21191/12, ZMR 2014, 145; LG Frankfurt/Main v. 16.7.2014 – 2-13 S 177/12, WuM 2014, 687. 361 OLG Celle v. 14.1.2004 – 4 W 221/03, ZMR 2004, 363. 362 LG Stuttgart v. 11.5.2016 – 10 S 2/16, ZMR 2016, 733; a.A. Abramenko, 2016, 338. 363 OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 144/06, MDR 2007, 1305.

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V. Betretungsrecht, § 14 Nr. 4 WEG | Rz. 31 § 14

Sind erhebliche Beschädigungen am Sondereigentum zu erwarten, die von der Wohnungs- 28 eigentümergemeinschaft zu ersetzen sein werden,364 darf der pflichtige Sondereigentümer die Gestattung der Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen von einer vorherigen Sicherheitsleistung abhängig machen,365 wenn nicht durch das vorhandene Verwaltungsvermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft eine ausreichende Sicherung vorhanden ist.366 Entsprechend § 14 Nr. 4 WEG kommt ein Aufopferungsanspruch auch dort in Betracht, 29 wenn ein Wohnungseigentümer durch Baumaßnahmen am Gemeinschaftseigentum, die ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, dadurch geschädigt wird, dass an einem Teil des Gemeinschaftseigentums ein Schaden entsteht, für den er sondernutzungsberechtigt ist367 oder für den er nach der Teilungserklärung besonders kostentragungspflichtig ist.368 Soweit ein Sondereigentümer freiwillige Vorbereitungsmaßnahmen369 durchführt, etwa vor- 30 bereitend und nachsorgend Möbel umräumt und demontiert, ist ihm dadurch entstehender Verdienstausfall nur dann zu ersetzen, wenn er dies nicht in seiner Freizeit machen oder Nachbarschafts- oder Freundeshilfe in Anspruch nehmen konnte.370 Soweit der Sondereigentümer die zur Instandsetzung tätigen Handwerker überwacht, gilt nichts anderes, handelt er doch in eigenem Interesse. Für die Nichtbenutzbarkeit oder eingeschränkte Benutzbarkeit in nicht unerheblicher Weise 31 ist der betroffene Sondereigentümer zu entschädigen, soweit sich die Funktionsstörung als solche auf die materielle Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Weil nur die durch die Sanierung bedingten Einschränkungen zu ersetzen sind, bleiben Zeiträume außer Betracht, die Folge des zu beseitigenden Mangels selbst oder durch die Verhinderung einer zeitnahen Sanierung durch den pflichtigen Wohnungseigentümer bedingt sind.371 – Die Nutzungsentschädigung kann bei Wohnungseigentum auch für eine Terrasse greifen,372 nicht aber für die Terrasse eines freiberuflich oder gewerblich genutzten Teileigentums.373 Bei Teileigentum ist ein Nutzungsausfall für die Dauer der Instandsetzungsmaßnahmen, nicht aber – ohne Verzug374 – für die Verzögerung der Sanierung, zu entschädigen.375 Kann ein Wohnungseigentümer wegen Sanierungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum sein Sondereigentum nicht nutzen und muss deswegen eine Ersatzwohnung anmieten, so ist die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstattung des Mietzinses für die Ersatzwohnung ab Beginn der Baumaßnahmen (Vorbereitungshandlungen) verpflichtet; dies gilt auch für den Zeitraum, wenn Sanierungsarbeiten ruhen, weil das ausführende Sanierungsunternehmen insolvent ge-

364 Vgl. AG Bremen-Blumenthal v. 14.3.2018 – 44 C 2010/17, ZMR 2018, 704, verneint für „Minderwert“. 365 BayObLG v. 26.9.2003 – 2Z BR 25/03, WuM 2004, 736; KG v. 10.2.1986 – 24 W 4146/85, OLGZ 1986, 174 = NJW-RR 1986, 696. 366 S. v. Rechenberg, ZWE 2005, 47 (52). 367 OLG Düsseldorf v. 22.11.2005 – I-3 Wx 140/05, ZMR 2006, 459; Suilmann in Bärmann, § 14 WEG Rz. 80; s.a. OLG Schleswig v. 13.7.2006 – 2 W 32/06, MDR 2007, 266. 368 OLG Schleswig v. 13.7.2006 – 2 W 32/06, MDR 2007, 266 für eine Fassadensanierung mit Schäden an den Fenstern, deren Unterhalt allein den jeweiligen Wohnungseigentümern unterlag. 369 Vgl. BayObLG v. 12.10.1995 – 2Z BR 66/95, WuM 1995, 728. 370 KG v. 28.7.1999 – 24 W 9125/97, NZM 2000, 284. 371 LG Hamburg v. 3.5.2017 – 318 S 18/16, ZMR 2017, 669; LG Hamburg v. 3.5.2017 – 318 S 84/16, ZMR 2017, 670; LG Hamburg v. 17.5.2017 – 318 S 89/16, ZMR 2017, 1001. 372 BayObLG v. 6.2.1987 – BReg.2 Z 93/86, BayObLGZ 1987, 50 = ZMR 1987, 227 unter Bezugnahme auf BGH v. 9.7.1986 – GSZ 1/86, BGHZ 98, 212 = MDR 1987, 109. 373 BayObLG v. 19.5.1994 – 2Z BR 135/93, NJW-RR 1994, 1104 für Zahnarztpraxis und Dentallabor. 374 LG Hamburg v. 17.5.2017 – 318 S 89/16, ZMR 2017, 1001. 375 OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 144/06, MDR 2007, 1305; weiter AG Hamburg v. 30.6.2010 – 102B C 20/09, ZMR 2011, 249.

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§ 14 Rz. 31 | Pflichten des Wohnungseigentümers worden ist.376 Bei älteren oder behinderten Menschen können die Kosten einer Heimunterbringung abzüglich ersparter Aufwendungen ersatzfähig sein.377 32 Zu ersetzen ist auch Mietausfall, etwa wegen Mietminderung, während der Instandhaltungs-

oder Instandsetzungsarbeiten;378 dazu gehören auch Indexmieterhöhungen und – bis zum Eintritt der Abrechnungsreife – Betriebskostenvorauszahlungen.379 Ebenso zu ersetzen sind Aufwendungen des vermietenden Wohnungseigentümer, wenn er vom Mieter auf Ersatz von Aufwendungen gem. § 555a Abs. 3 S. 1 BGB380 in Anspruch genommen wird.

33 Schuldner des Anspruchs ist die Wohnungseigentümergemeinschaft,381 wenn nicht aus-

nahmsweise der Duldungsanspruch einem anderen Sondereigentümer zusteht und dieser allein dann Schuldner des Aufopferungsanspruchs ist. Soweit es – wie regelmäßig – um Maßnahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft geht, ist der Erstattungsanspruch aus dem Verwaltungsvermögen zu erfüllen und nicht vorab um den Kostenanteil des in Anspruch genommenen Miteigentümers zu kürzen, sondern über die Jahresrechnung zu verteilen.382 Der zum Ersatz berechtigte Wohnungseigentümer wird über die Jahresabrechnung folgerichtig an den Kosten des Ersatzes beteiligt, weil die Kosten gemäß § 14 Nr. 4 WEG gemäß § 16 Abs. 7 WEG Kosten der Verwaltung sind (vgl. § 16 Rz. 155).383 Ob neben der Wohnungseigentümergemeinschaft auch die Wohnungseigentümer verpflichtet sind384 oder nicht,385 ist in der Rechtsprechung noch nicht geklärt.386 Diese Frage berührt tief das Verständnis der Binnenstruktur der WEG und das Verständnis des § 10 Abs. 6 S. 2 und 3 WEG (vgl. § 10 Rz. 125) betrifft. Viel spricht dafür, eine Haftung nur der Eigentümergemeinschaft anzunehmen, weil der Eingriff entweder auf der Grundlage des Notverwaltungsrechts oder der eines Eigentümerbeschlusses erfolgt ist, der nicht konkret die Inanspruchnahme des Sondereigentums zum Gegenstand haben muss, sondern sich auch nur auf die Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme beziehen kann, die den Eingriff erforderlich macht. Das Problem ist für die Praxis kaum drängend, weil die Bezahlung durch den Verband und die Umlage über die Jahresabrechnung der deutlich einfachere Weg für alle Beteiligten sein dürfte.387

376 AG Hamburg v. 30.6.2010 – 102B C 20/09, ZMR 2011, 249. 377 LG Hamburg v. 3.7.2011 – 307 S 145/10, ZMR 2011, 638 zu § 554 Abs. 4 BGB. 378 KG v. 8.9.1993 – 24 W 5753/93, 24 W 2301/93, WuM 1994, 38; OLG Frankfurt v. 17.1.2006 – 20 W 362/04, NZM 2007, 251; OLG Köln v. 29.4.1996 – 16 Wx 30/96, WuM 1997, 60; OLG Schleswig v. 13.7.2006 – 2 W 32/06, MDR 2007, 266. 379 LG Frankfurt/Main v. 16.7.2014 – 2-13 S 177/12, WuM 2014, 687. 380 Der Begriff der Aufwendung im Mietrecht gemäß § 55a Abs. 3 BGB (vgl. dazu BGH v. 13.5.2015 – XII ZR 65/14, Rz. 24, MDR 2015, 878) ist aber enger als der des Schadens in § 14 Nr. 4 WEG. 381 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, Rz. 27 m.w.N., MDR 2016, 318; LG Hamburg v. 3.5.2017 – 318 S 84/16, ZMR 2017, 670; a.A. AG Erfurt v. 16.12.2015 – 5 C (WEG) 61/12, juris. 382 LG Hamburg v. 6.3.2009 – 318 T 99/08, ZMR 2009, 714; LG Frankfurt/Main v. 16.7.2014 – 2-13 S 177/12, WuM 2014, 687; AG Hamburg v. 30.6.2010 – 102B C 20/09, ZMR 2011, 249; Brinkmann, MietRB 2011, 30 f.; Wenzel, ZWE 2006, 462 (468); Gottschalg, ZWE 2009, 127 f.; Gottschalg, NZM 2010, 424 (427); a.A. noch die herrschende Meinung vor Entdeckung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, vgl. OLG Frankfurt v. 17.1.2006 – 20 W 362/04, NZM 2007, 251; OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 144/06, MDR 2007, 1305; OLG Schleswig v. 13.7.2006 – 2 W 32/06, MDR 2007, 266; KG v. 8.9.1993 – 24 W 5753/93, 24 W 2301/93, WuM 1994, 38. 383 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, Rz. 27, 37, MDR 2016, 318; LG Itzehoe v. 1.6.2010 – 11 S 70/09, ZMR 2010, 792. 384 Elzer, ZMR 2006, 629 (631); Hügel/Elzer, § 14 WEG Rz. 54; ebenso Müller in Timme, BeckOK/ WEG, Stand 1.9.2018, § 14 WEG Rz. 210. 385 LG Frankfurt/Main v. 16.7.2014 – 2-13 S 177/12, WuM 2014, 687differenzierend Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 324. 386 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, Rz. 27 m.w.N., MDR 2016, 318. 387 Ebenso Müller in Timme, BeckOK/WEG, Stand 1.9.2018, § 14 WEG Rz. 210.

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V. Betretungsrecht, § 14 Nr. 4 WEG | Rz. 36 § 14

Mit dem Schadensersatzanspruch aus § 14 Nr. 4 2. Halbs. WEG darf ggü. der Kostenforderung 34 der Gemeinschaft aus der Sanierung des Gemeinschaftseigentums nicht aufgerechnet werden, wenn sie nicht anerkannt oder rechtskräftig festgestellt ist.388 Werden durch die am Gemeinschaftseigentum notwendigen Instandhaltungs- oder Instand- 35 setzungsmaßnahmen Schäden an durch bauliche Veränderungen geschaffenen Teilen des Sondereigentums hervorgerufen, so ist zu unterscheiden: Handelt es sich um rechtmäßige bauliche Veränderungen, weil eine Zustimmung wirksam vorliegt oder gem. § 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG entbehrlich war, ist der Schaden nach allgemeinen Regeln zu ersetzen.389 Handelt es sich um eigenmächtige bauliche Veränderungen, die ohne die notwendige Zustimmung der benachteiligten Miteigentümer gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG durchgeführt worden sind, sind diese Schäden nicht zu ersetzen.390 Daran ändert sich nichts, wenn ein Beseitigungsanspruch wegen Verjährung391 (vgl. § 15 Rz. 133), Verwirkung392 (vgl. § 15 Rz. 136) und dem Einwand des Rechtsmissbrauchs zwischenzeitlich nicht mehr durchsetzbar ist,393 denn auch nach der Verjährung des Anspruchs aus § 1004 BGB bleibt der vom Störer geschaffene Zustand rechtswidrig und darf vom Gestörten daher sogar auf eigene Kosten beseitigt werden.394 Der zu ersetzende Schaden muss durch die Betretung oder Benutzung adäquat kausal ver- 36 ursacht sein, was etwa bei bleibenden Substanzschäden395 oder den Kosten einer Ersatzunterkunft396 der Fall ist. Nicht zu ersetzen sind jedoch die Schäden, die in Folge der die Sanierung auslösenden Mangelerscheinungen eingetreten sind,397 etwa die Kosten des vom in Anspruch

388 OLG München v. 30.1.2007 – 32 Wx 128/06, NZM 2007, 335 für Aufrechnung gegenüber einer Sonderumlage, die der Finanzierung der zur Aufopferung führenden Maßnahme dient; allgemein auch BGH v. 1.6.2012 – V ZR 171/11, Rz. 15, MDR 2012, 1023; BGH v. 29.1.2016 – V ZR 97/15, Rz. 15, WuM 2016, 311. 389 Verursacht eine zulässige Änderung eines Sondereigentums, etwa die Belegung des Balkons mit Fliesen, bei einer Maßnahme der Wohnungseigentümergemeinschaft Mehrkosten, so kann die Gemeinschaft diese Mehrkosten, auch nicht teilweise auf den Sondereigentümer übertragen; Kümmel/Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 14 WEG Rz. 68; a.A. AG Stuttgart v. 22.3.2011 – 62 C 6646/10, ZMR 2011, 680 mit abl. Anm. Elzer. 390 OLG Hamburg v. 25.2.2002 – 2 Wx 51/98, ZMR 2002, 451; LG Köln v. 20.2.2001 – 29 T 190/00, ZMR 2001, 921 mit Anm. Schmidt, für den Fall eines eigenmächtig auf einem Balkon aufgebrachten Fliesenbelages; LG Lüneburg v. 12.2.2008 – 9 S 77/07, ZMR 2008, 486; Kümmel/Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 14 WEG Rz. 68; zur fehlenden Beschlusskompetenz für eine abstrakte Kostentragungsregelung vgl. Elzer, ZMR 2011, 683; s.a. AG Stuttgart v. 22.3.2011 – 62 C 6646/10, ZMR 2011, 680. 391 Bei einem auf dauerhafte Unterlassung gerichteten Anspruch beginnt die Verjährungsfrist mit jeder Zuwiderhandlung neu; vgl. BGH v. 8.5.2015 – V ZR 178/14, MDR 2015, 697; BGH v. 16.6.2011 – V ZA 1/11, ZMR 2011, 967 = ZfIR 2011, 757 mit Anm. Dötsch; LG Hamburg v. 24.4.2013 – 318 S 49/12, ZMR 2013, 632. 392 Die Verwirkung des Unterlassungsanspruchs wegen zweckwidriger Nutzung führt nicht dazu, dass die Nutzung einer erlaubten gleichstünde; BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, Rz. 15, MDR 2015, 1057. Beim unzulässigen Gebrauch durch Mieter, etwa bei der Vermietung zu unzulässigen Zwecken, stellt jede Neuvermietung in jüngerer Zeit eine Zäsur dar, die der Verwirkung entgegensteht, BGH v. 8.5.2015 – V ZR 178/14, Rz. 12, MDR 2015, 697. Die bloße Untätigkeit des Berechtigten führt ohnehin nicht zur Verwirkung, BGH v. 15.12.2017 – V ZR 275/16, MDR 2018, 860. 393 Vgl. OLG Saarbrücken v. 4.10.1996 – 5 W 286/95-50, FGPrax 1997, 56 = ZMR 1997, 31; Ott, ZWE 2002, 61 (66 f.); a.A. v. Rechenberg, ZWE 2005, 47 (56). 394 BGH v. 28.1.2011 – V ZR 141/10, MDR 2011, 477; BGH v. 10.6.2015 – V ZR 169/14, MDR 2015, 1057; LG Itzehoe v. 2.6.2015 – 11 S 100/12, ZMR 2015, 788. 395 BayObLG v. 6.2.1987 – BReg.2 Z 93/86, BayObLGZ 1987, 50 = ZMR 1987, 227. 396 BGH v. 11.12.2002 – IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182 = MDR 2003, 389; BayObLG v. 19.5.1994 – 2Z BR 135/93, BayObLGZ 1994, 140 = NJW-RR 1994, 1104 = ZMR 1994, 420. 397 OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 144/06, MDR 2007, 1305.

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§ 14 Rz. 36 | Pflichten des Wohnungseigentümers genommenen Wohnungseigentümers eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens.398 Ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch gem. § 14 Nr. 4 2. Hs. WEG ist grundsätzlich auch nicht gegeben, wenn der Schaden des Wohnungseigentümers keine Folge von Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum ist, sondern Folge einer Verzögerung oder Unterlassung der Mangelbeseitigung durch die Gemeinschaft.399

4. Sonstige nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche 37 § 14 Nr. 4 2. Hs. WEG ist die einzige gesetzliche Regelung eines Aufopferungsanspruchs für

das Innenverhältnis der Miteigentümer. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift darf sich aber nicht zur Haftungsverfassung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft400 (§ 21 Rz. 48) in Widerspruch setzen, sondern kommt nur in wenigen Ausnahmefällen in Betracht, etwa zur Entschädigung von Beeinträchtigungen in Ausübung eines Ausbaurechts durch einen Sondereigentümer,401 bei der Erstherstellung402 oder zum Vollzug einer Versorgungssperre.403 Für die Frage, ob innerhalb einer Gemeinschaft auch der – ebenfalls verschuldensunabhängige – allgemeine nachbarrechtliche Aufopferungsanspruch gem. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog angewendet werden kann, ist zu unterscheiden: 38 Wenn ein Wohnungseigentümer Schäden wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums er-

leidet, hat er keinen Anspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB.404 Eine analoge Anwendung von § 906 Abs. 2 S. 2 BGB kommt im Verhältnis des Sondereigentümers zur Gemeinschaft nicht in Betracht, weil es sowohl an einer Regelungslücke als auch einer Vergleichbarkeit fehlt; denn das Verhältnis von Grundstücksnachbarn zueinander ist strukturell nicht vergleichbar mit demjenigen zwischen einem Sondereigentümer und der Wohnungseigentümergemeinschaft. Grundlage des Anspruchs gem. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB ist ein billiger Ausgleich der gegenläufigen Interessen bei der Nutzung benachbarter Grundstücke auf der Grundlage eines zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtenden nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses. Daran fehlt es im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander, wenn es um die Vorteile und die Risiken des gemeinschaftlichen Eigentums geht, liegt doch die ordnungsgemäße Nutzung und Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums im Interesse aller Miteigentümer, die sich insoweit nicht mit widerstreitenden Interessen bei der Nutzung ihres Eigentums gegenüberstehen. Gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht kein verschuldensunabhängiger Ersatzanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers für Schäden am Sondereigentum, wenn diese nicht infolge von Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum entstanden und deshalb gem. § 14 Nr. 4 2. Hs. WEG ausgleichspflichtig sind. Für die Schäden wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum kommt eine Haftung in Betracht nur nach allgemeinen Grundsätzen

398 OLG Frankfurt v. 4.9.2008 – 20 W 347/05, ZMR 2009, 382. 399 OLG Frankfurt v. 4.9.2008 – 20 W 347/05, ZMR 2009, 382; vgl. zu den dann bestehenden Ansprüchen BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11, MDR 2012, 1276, durch diese Haftungsverfassung ist die Möglichkeit einer Schadensfiktion überholt ist, anders noch OLG Köln v. 30.3.1998 – 16 Wx 20/98, NZM 1999, 83. 400 Vgl. BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11, MDR 2012, 1276; BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, MDR 2015, 16; BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, MDR 2016, 318. 401 KG v. 21.1.1998 – 24 W 5061/97, WuM 1998, 430; LG Hamburg v. 6.3.2013 – 318 S 66/17, ZMR 2013, 466 (468). 402 BGH v. 14.11.2014 – V ZR 118/13, Rz. 20, MDR 2015, 452. 403 LG Frankfurt/Main v. 21.2.2006 – 20 W 56/06, NZM 2006, 869. 404 BGH v. 21.5.2010 – V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 = MDR 2010, 1252; LG Itzehoe v. 1.6.2010 – 11 S 70/09, ZMR 2010, 792; AG München v. 31.3.2014 – 424 C 29442/13, ZMR 2014, 834; Briesemeister, ZWE 2010, 325; Dötsch, NZM 2010, 607; J.-H. Schmidt, ZMR 2005, 669 (677).

394 | Hogenschurz

V. Betretungsrecht, § 14 Nr. 4 WEG | Rz. 40 § 14

gem. §§ 280 Abs. 1, 286 BGB, etwa wegen Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Instandsetzung, § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, durch Unterlassen oder Verzug (§ 21 Rz. 48). Erleidet ein Wohnungseigentümer oder sein Nutzer Beeinträchtigungen an seinem Sonder- 39 eigentum oder auch seinem Sondernutzungsrecht durch fremdes Sondereigentum oder dessen Benutzer405, besteht ein verschuldensunabhängiger Anspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB.406 Liegt im Einzelfall Verschulden vor, etwa bei einer unsachgemäßen Sanierung, besteht ein Schadensersatzanspruch auch aus § 280 Abs. 1 BGB.407 Ob auch von einem fremden Sondernutzungsrecht ausgehende Schäden einen Anspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auslösen können, ist ungeklärt,408 für den Regelfall eines zur alleinigen Nutzung eingeräumten Sondernutzungsrechts wegen der vergleichbaren Interessenlage aber zu bejahen.409 Für den Anspruch kommt es nicht darauf an, ob die Nutzung grundsätzlich zulässig ist, etwa die Benutzung der Badewanne, sondern darauf, ob die konkrete Nutzung rechtswidrig ist, etwa das Überlaufen der Badewanne mit der Folge eines Wasserschadens. Anspruchsverpflichtet ist, wer als Störer für die Schadensursache verantwortlich ist, also im Einzelfall auch der Mieter neben dem vermietenden Wohnungseigentümer. Daneben sind verschuldensabhängige Ansprüche denkbar: Kommt der Sondereigentümer seiner Pflicht zur Instandhaltung schuldhaft nicht nach, können geschädigte Miteigentümer bei Verschulden auch Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB410 oder wegen einer Verletzung der Gemeinschaftspflichten aus § 280 Abs. 1 BGB411 geltend machen. Prozessual sind der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 S. 2 40 BGB und der Anspruch wegen Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung gem. §§ 280, 286 BGB verschiedene Streitgegenstände.412 Dies gilt ebenso für das Verhältnis der verschuldensunabhängigen Ansprüche gem. § 14 Nr. 4 2. Hs. WEG und entsprechend § 906 Abs. 2 S. 2 BGB einerseits und die verschuldensabhängigen Ansprüche wegen Verletzung vertraglicher Pflichten und aus Deliktsrecht andererseits.

405 Zum Anspruch eines Mieters gegen einen anderen Mieter wegen einer nicht abwehrbaren verbotenen Eigenmacht vgl. Soergel/Weber, § 14 WEG Rz. 93. 406 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, MDR 2014, 23; so schon OLG Stuttgart v. 27.10.2005 – 7 U 135/05, MDR 2006, 806; OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 144/06, MDR 2007, 1305; Wenzel, NJW 2005, 241 (244); s.a. Dötsch, MietRB 2006, 333; zum Versicherungsschutz in diesen Fällen Klimke, ZWE 2015, 3; zum Bruchteilseigentum verneinend BGH v. 10.2.2012 – V ZR 137/11, MDR 2012, 580; daran für Sondernutzungsrechte anknüpfend und einen Anspruch entsprechend § 906 Abs. 2 S. 2 BGB verneinend Soergel/Weber, § 124 WEG Rz. 94. 407 AG Pinneberg v. 12.6.2018 – 60 C 40/17, ZMR 2018, 807. 408 Bejahend Klimke, ZWE 2015, 3 (6). Dies ist richtig nur, insoweit der Schaden durch eine im Verantwortungsbereich des Sondernutzungsberechtigten liegt. 409 Die generelle Bejahung der Analogie erscheint aber deshalb als problematisch, weil das Sondernutzungsrecht als schlagwortartige Kurzbezeichnung einer besonderen Form der Gebrauchsregelung keinen allgemein festgelegten Inhalt hat, so dass im Einzelfall, insbesondere bei Gruppensondernutzungsrechten Ausgestaltungen in den zugrunde liegenden Vereinbarungen denkbar sind, in denen die Interessenlage nicht vergleichbar ist. 410 Vgl. auch OLG Zweibrücken v. 29.1.2002 – 3 W 11/02, NZM 2002, 570 zu §§ 836, 838 BGB. 411 Vgl. zur Darlegungs- und Beweislast des Instandhaltungspflichtigen für das fehlende Vertretenmüssen OLG Frankfurt v. 9.5.2005 – 20 W 281/03, OLGR Frankfurt 2005, 852; BayObLG v. 10.3.1994 – 2Z BR 13/94, NJW-RR 1994, 718. 412 BGH v. 21.5.2010 – V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 = MDR 2010, 1252.

Hogenschurz | 395

§ 15 | Gebrauchsregelung

§ 15 Gebrauchsregelung (1) Die Wohnungseigentümer können den Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums durch Vereinbarung regeln. (2) Soweit nicht eine Vereinbarung nach Absatz 1 entgegensteht, können die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit einen der Beschaffenheit der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsmäßigen Gebrauch beschließen. (3) Jeder Wohnungseigentümer kann einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gebrauchsregelung durch Vereinbarung (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gebrauch des Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums . . . . . . . . . 2. Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Inhaltliche Grenzen vereinbarter Gebrauchsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . 4. Insbesondere: Die Zweckbestimmung . a) Vereinbarung und Auslegung . . . . . . b) Zulässigkeit abweichender Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Genehmigungspflicht für abweichende Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . d) Bezeichnung als Wohn- und Teileigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nutzung des Wohnungseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nutzung des Teileigentums . . . . cc) Änderung und Erweiterung der Zweckbestimmung im weiteren Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Konkrete Nutzungsvorgaben . . . . . . 5. Weitere Gebrauchsregelungen durch Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gebrauchsregelung durch Beschluss (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gebrauchsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 3 4 7 11 15 15

2. 3. 4. 5. 6. 7. IV.

1. 17 22 25 26 30 34 36 58 2. 65 66

Ordnungsmäßigkeit des Gebrauchs . . . Keine entgegenstehende Vereinbarung . Kein Verstoß gegen zwingendes Recht . Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abänderung einer beschlossenen Gebrauchsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansprüche des Wohnungseigentümers auf zulässigen Gebrauch (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchsetzung eines gesetzes-, vereinbarungs- und beschlusskonformen Gebrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unzulässiger Gebrauch . . . . . . . . . . . b) Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anspruchsvoraussetzungen und -ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anspruchsinhaber . . . . . . . . . . . cc) Anspruchsgegner . . . . . . . . . . . . dd) Einwand unzulässiger Rechtsausübung und Schikaneverbot . ee) Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schadenersatzansprüche . . . . . . . . . . Regelung eines interessengerechten Gebrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70 76 79 81 84 85

114

115 117 120 120 125 126 131 133 136 139 141

Schrifttum: Abramenko, Immer Ärger mit dem Duplex-Parker, ZMR 2014, 779; Armbrüster, Die guten Sitten im Wohnungseigentumsrecht, Festschrift für Bub, 2007, S. 1; Bub, Der schwebend unwirksame Beschluss im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2007, 339; Bueb, Rechtsprobleme bei Privatvermietung von Wohnungen an Touristen, ZWE 2016, 207; Bueb, Zu den Grenzen der Nutzungsbefugnis von Wohnungs- und Teileigentümern bei Überlassung der Räume an Touristen und Asylsuchende, ZWE 2018, 350; Bruns, Störungsabwehr und Wohnungseigentümergemeinschaft, NJW 2011, 337; Dötsch, Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der „typisierenden Betrachtungsweise“ bei zweckbestimmungswidrigen Nutzungen, ZMR 2013, 18; Dötsch, Kindertagesstätte in Eigentumsanlagen, ZfIR 2012, 458; Drasdo, Wohnungseigentum bei Hotelanlagen, ZfIR 2014, 613; Drasdo, Parabolantennen in Wohnungseigentü-

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I. Allgemeines | Rz. 2 § 15 mergemeinschaften, ZWE 2005, 295; Ehmann, Die Vermietung von Wohnungseigentum zur Unterbringung von Asylbewerbern, ZWE 2016, 342; Elzer, Gebrauchsbestimmungen im Wohnungseigentumsrecht, MietRB 2015, 283; Elzer, Minderheitenschutz im Wohnungseigentumsrecht, MDR 2015, 1050; Elzer, Die Hausordnung einer Wohnungseigentumsanlage, ZMR 2006, 733; Elzer, Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Vermieter von Gemeinschafts- und Sondereigentum, ZWE 2009, 12; Gottschalg, Aufstellung und Inhalt einer Hausordnung für die Wohnungseigentümergemeinschaft, DWE 2010, 2; Hügel, Privatautonomie versus Grundrechtsschutz – oder Rauchverbot im Wohnungseigentum, ZWE 2010, 18; Hügel, Die Umwandlung von Teileigentum zu Wohneigentum und umgekehrt, ZWE 2008, 120; Kahlen, „Betreutes Wohnen“ in der Eigentumswohnung, ZMR 2007, 671; Kreuzer, Vermietung gemeinschaftlichen Eigentums, ZWE 2004, 204; Merle, Entgelte für die Nutzung von Gemeinschaftseigentum und Mehrheitsbeschluss, DWE 2005, 55; Moosheimer, Die Begründung von Leistungs- und Unterlassungspflichten durch Beschluss, ZMR 2013, 590; Müller, Gesetzliche Beschlusskompetenzen – Verwaltungsund Gebrauchsregelungen, ZWE 2005, 303; Reichert, Das Hausrecht in Wohnungseigentumsanlagen, ZWE 2009, 289; Rüscher, Nutzung einer Eigentumswohnung durch häufig wechselnde „Medizintouristen“ als wohnungseigentumsrechtlich zulässige Wohnnutzung, WuM 2017, 128; M. Schmid, Rauchen im Mehrfamilienhaus, MietRB 2015, 245; M. Schmid, Gebrauchsregelungen und vermeidbarer Nachteil, ZWE 2014, 114; M. Schmid, Beseitigungsanspruch, Verjährung und ordnungsmäßige Verwaltung im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2014, 445; M. Schmid, Die Hausordnung in Miete und Wohnungseigentum, NJW 2013, 2145; M. Schmid, Gewerbe im Wohnungs- und Teileigentum, GuT 2010, 71; M. Schmid, Nutzungsbeschränkung im Aufteilungsplan? – Zur Bedeutung von Planangaben des Architekten, NZM 2010, 852; M. Schmid, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2011, 70; M. Schmid, Grundrechte und Gebrauchsrechte des Wohnungseigentümers, MDR 2010, 64; M. Schmid, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche beim Wohnungseigentum: wer gegen wen?, DWE 2009, 78; M. Schmid, Haustüre „auf“ oder „zu“?, GE 2009, 956; M. Schmid, Veränderungen der Ladenschlusszeiten und Nutzung von Teileigentum, GuT 2004, 3; Schuschke, Kfz-Stellplätze in der Wohnungseigentumsanlage, NZM 1999, 1121; Suilmann, Hausordnung – Welche Befugnisse hat die Verwaltung?, MietRB 2014, 60; Wenzel, Hausverbot gegen Lebensgefährten, ZWE 2009, 165.

I. Allgemeines § 15 bestimmt, dass der „Gebrauch“ des Gemeinschaftseigentums und des Sondereigentums 1 durch Vereinbarung (Abs. 1), durch Mehrheitsbeschluss (Abs. 2) oder durch gerichtliche Entscheidung (Abs. 3) geregelt werden kann. Der Regelung in Abs. 1 bedürfte es streng genommen nicht, weil sich die Beschränkbarkeit der Gebrauchsrechte des Gemeinschaftseigentums nach § 13 Abs. 2 Satz 1 und des Sondereigentums nach § 13 Abs. 1 durch Vereinbarungen bereits aus § 10 Abs. 2 Satz 2 ergibt. Abs. 2 ergänzt die Beschlusskompetenzen der §§ 20 ff. Die Wohnungseigentümer können nicht nur eine ordnungsmäßige Verwaltung, sondern auch einen ordnungsmäßigen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums beschließen. Zudem erstreckt Abs. 2 die Beschlusskompetenz auch auf den Gebrauch des Sondereigentums. Die Gebrauchsregelungen nach § 15 betreffen nur das Verhältnis der Wohnungseigentümer 2 untereinander. Eine Vereinbarung mit Dritten, etwa Grundstücksnachbarn, unterfällt nicht § 15. Regelungen zum Gebrauch einer im Eigentum Mehrerer stehenden Teil- oder Wohnungseigentumseinheit, die das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer einer Einheit betreffen, können nach zutreffender Auffassung hingegen auch im Rahmen des § 15 getroffen werden. Ist dies beabsichtigt, sind allerdings auch die Voraussetzungen des § 15 zu erfüllen: Vereinbarungen müssen von sämtlichen Eigentümern der Gemeinschaft geschlossen werden, das Mehrheitserfordernis des Abs. 2 bezieht sich ebenfalls auf alle Eigentümer. Dies wird insbesondere bei sog. Duplexparkern relevant (dazu Rz. 64).

Schultzky | 397

§ 15 Rz. 3 | Gebrauchsregelung

II. Gebrauchsregelung durch Vereinbarung (Abs. 1) 3 Nach Abs. 1 können die Wohnungseigentümer den Gebrauch des Sonder- und des Gemein-

schaftseigentums durch Vereinbarung regeln. Die Vereinbarung ist nicht auf die Regelung eines ordnungsmäßigen Gebrauchs beschränkt, sondern findet ihre Grenzen nur in den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften.

1. Gebrauch des Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums 4 Unter Gebrauch ist die tatsächliche Verwendung des Wohnungseigentums zu verstehen. Nicht

dazu zählt seine Verwaltung, seine Instandhaltung und -setzung sowie seine bauliche Veränderung. Im Einzelfall ist die Abgrenzung, vor allem gegenüber der Instandhaltung, schwierig, etwa wenn es um Regelungen zur Bepflanzung geht (dazu Rz. 88). Dem Begriff des Gebrauchs entspricht der der „Benutzung“, wie er in § 14 Nr. 2 und Nr. 4 verwendet wird. Über den Gebrauch hinaus geht hingegen die Nutzung (§ 100 BGB), die auch das Ziehen von Sachund Rechtsfrüchten umfasst. Regelungen über die Verteilung dieser Früchte sind deshalb keine Gebrauchsregelungen. Hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums unterfallen sie § 16 Abs. 1. Die Gebrauchsregelungen müssen sich nicht auf eine Verwendung durch den Wohnungseigentümer beziehen. 5 Keine Gebrauchsregelung ist der vollständige Ausschluss des Mitgebrauchs von Wohnungs-

eigentümern. Derartige Regelungen für das Gemeinschaftseigentum ändern § 13 Abs. 2 ab, ohne in den Anwendungsbereich des § 15 zu fallen. Ihr Beschluss ist deshalb nicht lediglich als über die ordnungsmäßige Verwaltung nach Abs. 2 hinausgehend anfechtbar, sondern als gesetzesändernder Beschluss nichtig.1 Wichtigster Fall ist die Begründung eines Sondernutzungsrechts (dazu § 13 Rz. 67). Sie sind auch dann keine Gebrauchsregelung, wenn die Gemeinschaftsflächen gleichmäßig aufgeteilt werden, z.B. indem jedem Wohnungseigentümer ein bestimmter Stellplatz zur alleinigen und dauerhaften Benutzung zugewiesen wird.2 Die Stilllegung von Gemeinschaftseigentum – z.B. von Müllschluckern, Aufzügen oder einer Sauna – und ein dauerhaftes Parkverbot für bestimmte Wohnungseigentümer sind ebenfalls keine Gebrauchsregelungen mehr.3 Auch bauliche Veränderungen im Gemeinschaftseigentum können zu einem vollständigen Ausschluss des Mitgebrauchs führen, so dass bereits aus diesem Grund eine Beschlusskompetenz fehlt. Das soll etwa bei der Errichtung eines Personenaufzugs auf einer Gemeinschaftsfläche, wodurch Stellplätze für Kinderwägen und Fahrräder entfallen, der Fall sein.4 Zweifelhaft ist es daher, die Einrichtung eines Hausmeisterbüros mit Toilette im Gemeinschaftseigentum5 oder die Errichtung eines Fahrradhäuschens6 als eine durch Beschluss zu treffende Gebrauchsregelung anzusehen. Der nicht vollständige, sondern nur zeitweise Ausschluss des Gebrauchsrechts ist hingegen zulässig, z.B. bei der Nutzung von Waschküchen oder durch Turnusregelungen für Gartenflächen (s. § 13 Rz. 68).7 Eine Gebrauchsregelung und kein Gebrauchsentzug liegt auch dann vor, wenn das Öffnen und Schlie-

1 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500. 2 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 191/15, MietRB 2016, 323 = NJW 2017, 64 Rz. 11. 3 Vgl. BayObLG v. 28.2.2002 – 2Z BR 177/01, NZM 2002, 447; OLG Saarbrücken v. 29.11.2006 – 5 W 104/06, WuM 2007, 154; OLG Köln v. 13.10.2008 – 16 Wx 85/08, ZMR 2009, 388; AG München v. 11.1.2017 – 485 C 12234/16, ZMR 2017, 601. 4 BGH v. 13.1.2017 – V ZR 96/16, MDR 2017, 511 = ZMR 2017, 319 Rz. 11. 5 So OLG Düsseldorf v. 21.8.2002 – 3 Wx 388/01, ZMR 2002, 958. 6 So OLG Hamburg v. 14.3.2001 – 2 Wx 103/98, ZMR 2001, 651. 7 BGH v. 13.1.2017 – V ZR 96/16, MDR 2017, 511 = ZMR 2017, 319 Rz. 18; BGH v. 8.4.2016 – MDR 2016, 1324 = MietRB 2016, 323 = NJW 2017, 64 Rz. 18.

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II. Gebrauchsregelung durch Vereinbarung (Abs. 1) | Rz. 10 § 15

ßen von Fenstern im Treppenhaus einem Wohnungseigentümer oder Hausmeister exklusiv übertragen wird.8 Gebrauchsregelungen müssen sich auf das Sonder- oder Gemeinschaftseigentum beziehen. 6 Eine Ausnahme davon ist dann zuzulassen, wenn für Flächen auf fremden Grundstücken Grunddienstbarkeiten bestellt sind, weil diese wegen § 96 BGB untrennbar mit dem Grundstück verbunden sind und sich das „stark intensivierte Nachbarschaftsverhältnis“ auch auf diese Flächen erstreckt. Die Ausübung von aus der Dienstbarkeit fließenden Gebrauchsrechten kann dann ebenfalls im Rahmen des § 15 geregelt werden.9

2. Vereinbarung Die Vereinbarung über den zulässigen Gebrauch unterliegt den allgemeinen Regeln für Ver- 7 einbarungen nach § 10 Abs. 2, Abs. 3. Ihr müssen sämtliche Wohnungseigentümer zustimmen. Das gilt auch, wenn sie nur das Verhältnis von Miteigentümern einer Teileigentumseinheit, insbesondere eines Duplexparkers regelt, andernfalls liegt keine Vereinbarung nach Abs. 1, sondern ggf. eine Regelung des Miteigentums nach §§ 1008, 1010 BGB vor. Eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben, so dass eine Vereinbarung auch konkludent 8 geschlossen oder abgeändert werden kann. Die Teilungserklärung kann daher im Einzelfall so auszulegen sein, dass mit den dort bestimmten räumlichen Gegebenheiten Gebrauchsvereinbarungen einhergehen. So steht die Nutzung des Hausflurs in einer Mehrhausanlage auch ohne ausdrückliche Regelung regelmäßig nur den Bewohnern des jeweiligen Hauses zu.10 Notwendig ist aber stets ein rechtsgeschäftlicher Wille der Wohnungseigentümer, weshalb die bloße Duldung eines bestimmten Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer auch über längere Zeit keine Vereinbarung begründen kann. Praktisch wichtigster Anwendungsfall der vereinbarten Gebrauchsregelung nach Abs. 1 ist die 9 sog. Zweckbestimmung, mit der die zulässigen Nutzungsarten des Sondereigentums und der Flächen des Gemeinschaftseigentums festgelegt werden. Sie kann sich auf eine Wohn- oder Teileigentumseinheit, einzelne Räume oder Flächen, aber auch auf das gesamte Objekt, wie die Festlegung der Hotelnutzung oder der Nutzung für betreutes Wohnen,11 beziehen. Die Zweckbestimmung wird regelmäßig bereits bei Gründung des Wohnungseigentums in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung festgelegt (dazu im Einzelnen Rz. 15 ff.). Ist die Vereinbarung über den Gebrauch im Grundbuch eingetragen, wirkt sie nach § 10 Abs. 3 10 auch gegen den Rechtsnachfolger. Die Eintragung in das Grundbuch bewirkt zugleich, dass die Vereinbarung an dessen guten Glauben teilnimmt und ein gutgläubiger Erwerb nach § 892 BGB möglich ist.12 Wurde eine Zweckbestimmung im Grundbuch eingetragen, kann sich der zweckbestimmungswidrig nutzende Wohnungseigentümer gegenüber einem gutgläubigen Sonderrechtsnachfolger deshalb nicht darauf berufen, dass die Vereinbarung nicht wirksam zustande gekommen sei.

A.A. LG Koblenz v. 22.8.2016 – 2 S 15/16, ZWE 2017, 135. OLG Stuttgart v. 29.3.1990 – 8 W 505/89, ZMR 1990, 306. Vgl. OLG Düsseldorf v. 24.8.1994 – 3 Wx 254/94, ZMR 1995, 88. BGH v. 13.10.2006 – V ZR 289/05, MDR 2007, 326 = MietRB 2007, 68 = NJW 2007, 213; Hügel, ZWE 2010, 18 (20). 12 Vgl. OLG Hamm v. 21.10.2008 – 15 Wx 140/08, ZWE 2009, 169; LG München I v. 14.2.2011 – 1 S 15864/10, MietRB 2011, 217; LG Nürnberg-Fürth v. 29.7.2009 – 14 S 1895/09, NJW 2009, 3442 zum gutgläubigen Erwerb eines Sondernutzungsrechts. 8 9 10 11

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§ 15 Rz. 11 | Gebrauchsregelung

3. Inhaltliche Grenzen vereinbarter Gebrauchsregelungen 11 Die Wohnungseigentümer können grundsätzlich den Gebrauch durch Vereinbarung frei re-

geln. Sie können insbesondere auch Regelungen treffen, die keinen ordnungsmäßigen Gebrauch i.S.d. Abs. 2 darstellen. So ist es ihnen erlaubt, störende Nutzungen nach § 14 Nr. 1 zuzulassen, wie die Nutzung von Wohnungseigentum zur Prostitution oder das unbeschränkte Grillen auf den Balkonen. 12 Eine Grenze der Vertragsfreiheit soll nach der sog. Kernbereichslehre allerdings ein verein-

barungsfester dinglicher Kernbereich des Wohnungseigentums bilden. Danach soll ein Gebrauch, der zum wesentlichen Inhalt der Nutzung von Wohnungseigentum gehört, auch nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen werden können.13 Werde dennoch eine solche Vereinbarung getroffen, verstoße diese gegen § 134 BGB und sei nichtig.14 Unabhängig von der Frage, ob überhaupt ein vereinbarungsfester Kernbereich anzuerkennen ist, ist es jedenfalls kaum überzeugend möglich, diesen für die Gebrauchsmöglichkeiten zu bestimmen. Weder die Tiefe eines Eingriffs noch die Häufigkeit einer Nutzung15 sind taugliche Anknüpfungspunkte für die Definition eines Kernbereichs. Zu Recht wird deshalb von der Rechtsprechung ein Eingriff in den Kernbereich selbst bei Regelungen, die eine Eigennutzung des Wohnungseigentums völlig ausschließen, z.B. durch Vereinbarung einer Nutzung der Gesamtanlage als „Hotel“ oder „Boarding-House“, oder auf einen bestimmten Personenkreis beschränken, z.B. auf betreuungsbedürftige Personen, nicht problematisiert.16 Die Kernbereichslehre ist auch nicht erforderlich. Die von ihren Vertretern angeführten Gebrauchsregelungen, wie ein Verbot des Duschens oder ein vollständiger Ausschluss der medialen Versorgung,17 greifen erheblich in die freie Persönlichkeitsentfaltung der Wohnungseigentümer ein und lassen sich deshalb über §§ 138, 242 BGB lösen (s. Rz. 58).18 13 Ein Verstoß gegen die guten Sitten führt über § 138 BGB zur Nichtigkeit der Vereinbarung.

Damit können die Regelungen erfasst werden, die willkürlich oder sachlich völlig unbegründet sind.19 Hierunter werden insbesondere die Vereinbarungen zu fassen sein, die ohne ausreichenden Anlass bestimmte Wohnungseigentümer diskriminieren. Dies betrifft etwa ein Verbot der Benutzung von Rollstühlen auf den Flächen des gemeinschaftlichen Eigentums oder spezielle Gebrauchsregelungen für Ausländer. 14 Ein Verstoß gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB macht die Vereinbarung als solche

regelmäßig nicht unwirksam, sondern verbietet den Wohnungseigentümern lediglich, sich im Einzelfall auf die Vereinbarung zu berufen. So können die Wohnungseigentümer auch bei einem generellen Hundehaltungsverbot nicht gegen die Haltung eines Blindenhundes vorgehen20 oder sich nicht auf ein generelles Verbot von Satellitenempfangsanlagen berufen,

13 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = NJW 2004, 937; BGH v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, BGHZ 129, 329 = MDR 1995, 895 = NJW 1995, 2036; LG München I v. 1.6.2015 – 1 S 13261/14, MietRB 2015, 369 = GrundE 2015, 1106. 14 BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 = MietRB 2011, 78 = NJW 2011, 679. 15 In diese Richtung BGH v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, BGHZ 129, 329 = MDR 1995, 895 = NJW 1995, 2036. 16 Vgl. nur BGH v. 13.10.2006 – V ZR 289/05, MDR 2007, 326 = MietRB 2007, 68 = NZM 2007, 90; BayObLG v. 20.2.2003 – 2Z BR 5/03, NZM 2003, 520. 17 Suilmann in Bärmann, § 15 WEG Rz. 6. 18 Ebenso Dötsch in Timme, § 15 WEG Rz. 25. 19 Vgl. BGH v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, BGHZ 129, 329 = MDR 1995, 895 = NJW 1995, 2036; OLG Saarbrücken v. 7.5.1999 – 5 W 365/98, NZM 1999, 621. 20 BGH v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, BGHZ 129, 329 = MDR 1995, 895 = NJW 1995, 2036; BayObLG v. 25.10.2001 – 2Z BR 81/01, MDR 2002, 212 = ZMR 2002, 287.

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II. Gebrauchsregelung durch Vereinbarung (Abs. 1) | Rz. 16 § 15

wenn deren Anbringung nicht störend ist und keine berechtigten Interessen der Wohnungseigentümer berührt.21

4. Insbesondere: Die Zweckbestimmung a) Vereinbarung und Auslegung Eine Regelung über die Zweckbestimmung des Wohnungseigentums ergibt sich regelmäßig 15 schon aus der Bezeichnung der Einheit in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung, z.B. durch die Bezeichnung als „Wohnung“, „Laden“ oder „Café“. Eine nähere Bezeichnung von Einheiten im Aufteilungsplan ist hingegen grundsätzlich keine verbindliche Zweckbestimmung, denn Aufgabe des Aufteilungsplans ist es nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG, die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich zu machen, und nicht, die Rechte der Wohnungs- und Teileigentümer über die Bestimmung der Grenzen des jeweiligen Eigentums hinaus zu erweitern oder zu beschränken.22 Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn auf die dortigen Inhalte in der Teilungserklärung, der Eintragungsbewilligung oder der Gemeinschaftsordnung Bezug genommen wird.23 Dafür genügt es nicht, wenn geregelt wird, dass für die Aufteilung des Grundbesitzes der in Anlage genommene Aufteilungsplan gilt.24 Beschränkt sich die Bezugnahme auf das Sondereigentum und die Sondernutzungsrechte, sind die Angaben im Aufteilungsplan zum übrigen Gemeinschaftseigentum grundsätzlich nur als unverbindliche Nutzungsvorschläge zu verstehen.25 Eintragungen des planenden Architekten in den Genehmigungsplänen kommt hingegen in der Regel selbst dann keine Bedeutung als Zweckbestimmung zu, wenn diese Pläne für den in der Teilungserklärung in Bezug genommenen Aufteilungsplan genutzt werden.26 Bei den Bezeichnungen einzelner Räume einer Wohn- oder Teileigentumseinheit im Aufteilungsplan, z.B. als Wohnzimmer oder Lager, handelt es sich regelmäßig um bloße Nutzungsvorschläge ohne Zweckbestimmung.27 Dasselbe gilt auch, wenn die Räume einer Einheit in der Teilungserklärung einzeln mit Funktionsbezeichnungen aufgeführt sind.28 Die Zweckbestimmung ist wie sonstige im Grundbuch eingetragene Vereinbarungen auszule- 16 gen (s. § 10 Rz. 18; zu den Einzelfällen s. Rz. 36 ff.). Maßgeblich ist, was Wortlaut und Sinn für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Zweckbestimmung ergeben.29 Umstände außerhalb des Grundbuchs dürfen zur Ermittlung von Inhalt und Umfang der Zweckbestimmung nur herangezogen werden, soweit sie für jedermann ohne weiteres erkennbar sind. Grenzen für die Zweckbestimmung können sich deshalb aus dem Charakter

21 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = NJW 2004, 937. 22 BGH v. 16.11.2012 – V ZR 246/11, MietRB 2013, 118 = ZMR 2013, 452; BGH v. 15.1.2010 – V ZR 40/09, MietRB 2010, 115 = MDR 2010, 434; OLG Hamburg v. 16.5.2000 – 2 Wx 14/00, ZMR 2000, 628; LG Berlin v. 20.2.2013 – 85 S 235/11, GrundE 2013, 823; weitergehend Schmid, NZM 2010, 852. 23 Vgl. OLG Schleswig v. 30.10.2002 – 2 W 39/02, ZMR 2004, 68; KG v. 17.11.1999 – 24 W 3094/99, ZMR 2000, 250. 24 OLG Düsseldorf v. 5.6.2000 – 3 Wx 118/00, NZM 2000, 1008. 25 OLG Schleswig v. 30.10.2002 – 2 W 39/02, ZMR 2004, 68; LG Hamburg v. 14.4.2010 – 318 S 183/09, ZMR 2010, 788. 26 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 40/09, MDR 2010, 434 = MietRB 2010, 115 = ZWE 2010, 178. 27 BayObLG v. 30.11.1999 – 2Z BR 143/99, ZMR 2000, 234; KG v. 17.11.1999 – 24 W 3094/99, ZMR 2000, 250; OLG Schleswig v. 7.10.1998 – 2 W 165/98, MDR 1999, 150 = NZM 1999, 79; Schmid, NZM 2010, 852 (853). 28 LG Berlin v. 14.9.2018 – 55 S 201/13, GrundE 2018, 1405. 29 Allg. M.; vgl. nur BayObLG v. 2.7.1999 – 2Z BR 56/99, NZM 1999, 866.

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§ 15 Rz. 16 | Gebrauchsregelung der Wohnanlage und der baulichen Gestaltung ergeben.30 Auch kommt dem Zeitpunkt der Eintragung für das Begriffsverständnis maßgebliche Bedeutung zu. So umfasst die in den 80er Jahren eingetragene Bezeichnung als „Café“ trotz eines möglichen zwischenzeitlichen Begriffswandels nur einen Angebotsschwerpunkt Kaffee und Kuchen sowie Öffnungszeiten bis höchstens 21.00 Uhr (s. Rz. 37).31 Die Entstehungsgeschichte ist hingegen grundsätzlich unerheblich.32 Auch sind weder Werbeprospekte noch die zwischen Bauträger und Wohnungseigentümern abgeschlossenen Kaufverträge bei der Auslegung zu berücksichtigen.33 16a Bei widersprüchlichen Bezeichnungen geht die Gemeinschaftsordnung der Teilungserklä-

rung und die Teilungserklärung dem Aufteilungsplan vor.34 Die dinglichen Regelungen in der Teilungserklärung sind gegenüber den Regelungen der Gemeinschaftsordnung nachrangig, weil generell Gebrauchsregelungen in der Gemeinschaftsordnung enthalten sind, während Funktionszuweisungen für Räume des Teileigentums in dem dinglichen Teil der Teilungserklärung eher der Abgrenzung des Sondereigentums zum Miteigentum als einer Festlegung des Verwendungszweckes dienen.35 Das gilt in noch stärkerem Maße für den Aufteilungsplan, soweit die dort aufgeführten Bezeichnungen überhaupt als Zweckbestimmungen auszulegen sind (Rz. 15): Dessen Aufgabe ist es, die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der Eigentumseinheiten festzulegen, und nicht, die Rechte der Wohnungseigentümer über die Bestimmung der räumlichen Grenzen des jeweiligen Eigentums hinaus zu erweitern oder zu beschränken.36 b) Zulässigkeit abweichender Nutzungen 17 Eine getroffene Zweckbestimmung beschreibt die zulässigen Nutzungen regelmäßig nicht ab-

schließend. Eine abweichende Nutzung des Sondereigentums ist dann zulässig, wenn durch sie kein anderer Wohnungseigentümer mehr gestört oder beeinträchtigt wird als durch eine Nutzung entsprechend der Zweckbestimmung. Dies ist allgemein anerkannt; Uneinigkeit besteht allein, wie die Erweiterung des Kreises zulässiger Nutzungen zu begründen ist. Teilweise wird dazu auf eine teleologische Reduktion der Zweckbestimmung oder auf das Fehlen eines schutzwürdigen Abwehrinteresses zurückgegriffen.37 Zutreffend ist es aber, das Ergebnis im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung herzuleiten.38 Die ergänzende Auslegung von Vereinbarungen der Wohnungseigentümer ist als eine anerkannte Auslegungsmethode zulässig, wenn sich der hypothetische Parteiwille ermitteln lässt.39 Der geht bei einer Zweckbestimmung grundsätzlich nicht dahin, dem Wohnungs- oder Teileigentümer eine bestimmte Gestaltung seines Privat- oder Berufsleben vorzugeben, sondern dahin, das Maß der hinzunehmenden Störungen und den Charakter der Wohnanlage festzulegen.

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OLG Düsseldorf v. 19.3.2003 – 3 Wx 249/02, MietRB 2003, 104 = ZMR 2004, 448. OLG Hamburg v. 29.7.1998 – 2 Wx 20/98, ZMR 1998, 714 m. Anm. Riecke, MDR 1998, 1156. BayObLG v. 20.3.2003 – 2Z BR 22/03, MietRB 2003, 104 = ZMR 2003, 693. BayObLG v. 20.3.2003 – 2Z BR 22/03, MietRB 2003, 104 = ZMR 2003, 693. OLG Schleswig v. 21.12.2007 – 2 W 202/07, MietRB 2009, 78 = ZMR 2008, 990; BayObLG v. 9.2.2005 – 2Z BR 227/04, ZWE 2005, 345; OLG Düsseldorf v. 19.3.2003 – 3 Wx 249/02, MietRB 2003, 104 = ZMR 2004, 448; OLG Frankfurt v. 14.12.1992 – 20 W 182/91, ZMR 1993, 125; OLG Stuttgart v. 19.1.1990 – 8 W 603/89, ZMR 1990, 190; LG Itzehoe v. 28.4.2009 – 11 S 27/08, ZWE 2010, 57. OLG München v. 25.4.2007 – 32 Wx 137/06, ZMR 2008, 71. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 40/09, MDR 2010, 434 = MietRB 2010, 115 = ZWE 2010, 178. Armbrüster/Müller, ZWE 2007, 227 (233); Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 200. LG München I v. 4.4.2011 – 1 S 16861/09, ZWE 2011, 275 (276) = MietRB 2011, 324; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 16. BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = NJW 2004, 3413.

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II. Gebrauchsregelung durch Vereinbarung (Abs. 1) | Rz. 21 § 15

Eine unzulässige stärkere Störung durch eine von der Zweckbestimmung abweichende Nut- 18 zung kann sich insbesondere aus ihrer Intensität in qualitativer (z.B. Lärmbelästigungen, Besucherfrequenz) oder zeitlicher (z.B. Öffnungszeiten) Hinsicht oder der Vereinbarkeit mit dem Charakter der Wohnanlage oder der Umgebung ergeben (zu den Einzelfällen s. Rz. 25 ff., 36 ff.). Ebenso ist eine abweichende Nutzung unzulässig, wenn dadurch miteinander konkurrierende Betriebe in den Teileigentumseinheiten geschaffen werden, was durch die Teilungserklärung gerade vermieden werden sollte.40 Entscheidend ist dabei eine typisierende Betrachtung im Einzelfall.41 Sowohl hinsichtlich der 19 erlaubten als auch hinsichtlich der tatsächlich ausgeübten Nutzung ist auf die mit diesen verbundenen typischen Störungen, die nach dem gewöhnlichen Gang der Dinge erwartet werden können, abzustellen. Nicht erforderlich ist, dass konkrete Störungen geltend gemacht werden. Der zweckbestimmungswidrig nutzende Eigentümer kann sich umgekehrt auch nicht darauf berufen, dass von der konkreten Ausübung seiner Nutzung keine stärkeren Störungen ausgingen.42 Ist eine Nutzung bei typisierender Betrachtung zulässig, stört aber tatsächlich stärker, kann der störende Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 3, § 1004 BGB nur auf Beseitigung der konkreten Störung in Anspruch genommen werden.43 Nur bei einer bei typisierender Betrachtung unzulässigen Abweichung ist jeder Wohnungseigentümer berechtigt, die Aufgabe der abweichenden Nutzung zu verlangen. Des Nachweises, dass im Einzelfall unzumutbare Störungen i.S.d. § 14 Nr. 1 vorliegen, bedarf es dann nicht. Die typisierende Betrachtung darf aber nicht mit einem abstrakten Vergleich der Störungs- 20 intensität verwechselt werden, wenn die nach der Zweckbestimmung zulässige der tatsächlich ausgeübten oder beabsichtigten Nutzung gegenübergestellt wird. Das typische Störungspotential ermittelt sich nicht allein nach der Nutzungsart, sondern stets auch nach der konkreten Ausprägung der Nutzung.44 So kann eine Nutzung als „Bistro“ hinsichtlich Öffnungszeiten, Essensangebot und Musikuntermalung eine unterschiedliche Intensität an Störungen erwarten lassen. Für die Behauptung, dass eine Nutzung generell nicht mehr stört als die vereinbarte zweck- 20a bestimmungsmäßige Nutzung, trägt der Eigentümer der betroffenen Einheit die Beweislast.45 Als taugliches Beweismittel wird hier regelmäßig nur ein Sachverständigengutachten in Betracht kommen.46 Mit Zeugen könnten allenfalls die möglichen Mehrbeeinträchtigungen im konkreten Fall nachgewiesen werden, worauf es wegen der typisierenden Betrachtungsweise aber nicht ankommt.47 Die Wohnungseigentümer können über die Zulässigkeit einer abweichenden Nutzung nicht 21 durch Beschluss entscheiden. Das gilt auch dann, wenn lediglich eine Zweckbestimmung im weiteren Sinne als Wohn- oder Teileigentum vorliegt (s. Rz. 25). Ein Beschluss, der einem Wohnungseigentümer eine nach der Zweckbestimmung unzulässige Nutzung gestattet, ist

40 BayObLG v. 2.7.1999 – 2Z BR 56/99, NZM 1999, 866. 41 Vgl. etwa BGH v. 23.3.2018 – V ZR 307/16, MDR 2018, 923 = MietRB 2018, 171 = ZMR 2018, 782 Rz. 8; BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, NJW 2018, 41 Rz. 9; OLG Köln v. 23.7.2007 – 16 Wx 25/ 07, MietRB 2008, 179; OLG Frankfurt v. 6.1.2006 – 20 W 202/04, juris. 42 A.A. OLG Schleswig v. 21.1.2004 – 2 W 52/03, MietRB 2004, 212 = ZMR 2004, 463 für die Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO). 43 BGH v. 12.11.2010 – V ZR 78/10, MietRB 2011, 47 = ZMR 2011, 396. 44 Vgl. LG München I v. 2.3.2015 – 1 S 5273/13, ZMR 2015, 794. 45 LG München I v. 2.1.2012 – 1 S 21470/09, ZMR 2012, 482. 46 Vgl. LG München I v. 2.3.2015 – 1 S 5273/13, ZMR 2015, 794. 47 OLG Frankfurt v. 1.11.2012 – 20 W 12/08, MietRB 2013, 48 = ZWE 2013, 211; OLG Frankfurt v. 21.7.2005 – 20 W 284/03, NZM 2006, 144; OLG Hamm v. 23.10.2003 – 15 W 372/02, ZMR 2005, 219.

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§ 15 Rz. 21 | Gebrauchsregelung nichtig.48 Ein entsprechender Beschluss kann damit auch keinen Vertrauenstatbestand zugunsten des später von einem Wohnungseigentümer auf Unterlassung in Anspruch genommenen Störers begründen. Ist in der Gemeinschaftsordnung allerdings für bestimmte Räume des Gemeinschaftseigentums eine Nutzungsart nicht vorgeschrieben, können die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung eine Nutzung der Räume nach Abs. 2 beschließen, z.B. eines Kellerraumes als Wasch- und Trockenraum.49 c) Genehmigungspflicht für abweichende Nutzungen 22 In der Gemeinschaftsordnung kann auch geregelt werden, dass eine andere als die vorgese-

hene Nutzung der Zustimmung des Verwalters (oder der Wohnungseigentümer) bedarf. Durch Mehrheitsbeschluss kann ein Zustimmungserfordernis hingegen nicht geschaffen werden; ein entsprechender Beschluss ist als sog. gesetzesändernder Beschluss nichtig.50 Die Zustimmungsbefugnis kann ausdrücklich dahin begrenzt werden, dass die Zustimmung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes oder bei einer unzumutbaren Beeinträchtigung versagt werden darf. Hält sich die Nutzung innerhalb der Zweckbestimmung, kommt eine Versagung der Zustimmung nur ausnahmsweise in Betracht, wenn ganz erhebliche und anhaltende Nachteile zu erwarten sind.51 Weicht die beabsichtigte Nutzung von der Zweckbestimmung ab, ist nach den allgemeinen Regeln maßgeblich, ob sie eine unzulässige stärker störende Nutzung als die vorhergesehene ist. Ist eine berufliche oder gewerbliche Nutzung im Wohnungseigentum unter Erlaubnisvorbehalt gestellt, darf die Zustimmung daher nicht verweigert werden, wenn sie nicht stärker stört als die ursprüngliche Zweckbestimmung „Wohnen“.52 Aber auch ohne eine Beschränkung der Zustimmungsverweigerung auf einen wichtigen Grund wird die Zustimmung nur aus einem sachlichen Grund, nämlich der stärkeren Störung, verweigert werden dürfen, denn eine andere Entscheidung des Verwalters wäre willkürlich. Dementsprechend wird das Zustimmungserfordernis in der Rechtsprechung auch als lediglich zusätzliche formale Voraussetzung einer abweichenden Nutzung angesehen.53 23 Die Wohnungseigentümer können die Zustimmung des Verwalters durch einen Mehrheits-

beschluss ersetzen. Die Zustimmungserklärung wird erst mit der Nutzungsänderung bindend, vorher kann sie der Verwalter frei widerrufen (§ 183 BGB).54 Sind die Wohnungseigentümer mit der Zustimmung nicht einverstanden, können sie den Verwalter durch Mehrheitsbeschluss anweisen, die Zustimmung zu widerrufen. Nach Beginn der Nutzung kann die Zustimmung allerdings grundsätzlich nicht mehr entzogen werden.55 Etwas anderes gilt nur dann, wenn der spätere Widerruf in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen ist.56 Die Zustimmung hindert die Wohnungseigentümer aber nicht, sich auf die Unzulässigkeit der abweichenden Nutzung zu berufen und den störenden Eigentümer auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen.57 24 Verweigert der Verwalter zu Unrecht die Zustimmung, kann er durch Klage auf Erteilung

der Zustimmung in Anspruch genommen werden. Der Klageantrag ist dabei nicht auf Erset48 LG Hamburg v. 20.10.2010 – 318 S 42/10, ZMR 2011, 161. 49 OLG Schleswig v. 30.10.2002 – 2 W 39/02, ZMR 2004, 68. 50 A.A. noch BayObLG v. 19.10.1995 – 2Z BR 110/95, ZMR 1996, 98; vgl. aber auch BayObLG v. 19.4.1978 – 2 Z 23/77, ZMR 1978, 382. 51 OLG Frankfurt v. 14.12.1992 – 20 W 182/91, ZMR 1993, 125. 52 OLG Hamburg v. 14.3.2005 – 2 Wx 19/05, ZMR 2005, 644. 53 BayObLG v. 30.1.1991 – BReg.2 Z 156/90, BayObLG v. 30.1.1991 – BReg.2 Z 156/90, ZMR 1991, 232. 54 BayObLG v. 31.8.2000 – 2Z BR 39/00, ZMR 2001, 41. 55 A.A. LG Berlin v. 18.8.2000 – 85 T 159/99, ZMR 2003, 58: bei unzumutbarer Störung auch späterer Widerruf möglich. 56 Vgl. BayObLG v. 10.7.1998 – 2Z BR 139/97, NZM 1998, 1007. 57 BayObLG v. 30.1.1991 – BReg.2 Z 156/90, ZMR 1991, 232.

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II. Gebrauchsregelung durch Vereinbarung (Abs. 1) | Rz. 28 § 15

zung der Zustimmung durch das Gericht, sondern auf Verpflichtung zur Zustimmung zu richten.58 Mit Rechtskraft des Urteils gilt die Zustimmungserklärung als abgegeben (§ 894 ZPO). Hat der Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Zustimmung, kann er diesen einem Unterlassungsbegehren wegen ungenehmigter zweckbestimmungswidriger Nutzung entgegensetzen.59 Ohne eine vorherige ausdrückliche Verweigerung der Zustimmung sollen die Wohnungseigentümer nach Auffassung des BayObLG auch nicht berechtigt sein, einen Unterlassungsanspruch gegen den zweckbestimmungswidrig nutzenden Wohnungseigentümer geltend zu machen.60 Dies verkennt jedoch, dass der Zustimmung vor allem die Funktion zukommt, dem Wohnungseigentümer Rechtssicherheit hinsichtlich der beabsichtigten Nutzung zu verschaffen. Es liegt deshalb in seinem Interesse, vor Aufnahme einer Nutzung um Zustimmung nachzusuchen. Unterlässt er dies und beginnt eine zweckbestimmungswidrige Nutzung im Stillen, ist es nicht gerechtfertigt, den übrigen Wohnungseigentümern die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen zu erschweren. d) Bezeichnung als Wohn- und Teileigentum Vorgaben für den Gebrauch ergeben sich bereits aus der Bezeichnung von Räumen als „Woh- 25 nungseigentum“ oder „Teileigentum“. Dabei handelt es sich nicht lediglich um eine sachenrechtliche Zuordnung nach § 1 Abs. 2, Abs. 3, sondern auch um die Bestimmung, welche Räume Wohnzwecken dienen und welche auf andere Weise zu nutzen sind. Insoweit wird allgemein von einer Zweckbestimmung im weiteren Sinne gesprochen. Sie wird ebenso wie die Zweckbestimmung im engeren Sinne, die konkretere Nutzungsvorgaben macht, z.B. als Laden, Café oder Praxis, über Abs. 3 geschützt. aa) Nutzung des Wohnungseigentums Mit der Bezeichnung als „Wohnung“ ist grundsätzlich die Zweckbestimmung zur Wohnnut- 26 zung (§ 1 Abs. 1) gemeint.61 Die Bezeichnung der einzelnen Räume im Aufteilungsplan mit speziellen Funktionen stellt dabei keine weitergehende eigene Zweckbestimmung dar (Rz. 15). Der Wohnungseigentümer ist deshalb berechtigt, im Rahmen der Wohnnutzung die Art der Nutzung der einzelnen Räume zu verändern, z.B. die Küche in einen anderen Raum zu verlegen.62 „Natürliche“ Nutzung des Wohneigentums ist die Wohnnutzung, die in jeder Form zulässig 27 ist. Einen Einfluss darauf, wie viele Personen der Eigentümer mit in seine Wohnung aufnimmt, haben die übrigen Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht (zur Ausnahme Rz. 28a). Eine Wohnnutzung ist auch die Nutzung durch familienähnliche Wohngruppen von Kindern und Jugendlichen mit Erziehern.63 Nicht entscheidend ist, ob die Wohnnutzung durch den Eigentümer selbst oder durch Dritte erfolgt. Zu der zulässigen Nutzung einer Wohnung gehört damit auch deren Vermietung (s. § 13 28 Rz. 22 ff.). Die Vermietung kann sich auf die gesamte Wohnung, aber auch auf einzelne Räume beziehen. Die Untervermietung einzelner Räume, die zur Wohnung gehören, etwa als Stu-

58 BayObLG v. 31.8.2000 – 2Z BR 39/00, ZMR 2001, 41. 59 BayObLG v. 23.5.1996 – 2Z BR 19/96, ZMR 1996, 507; BayObLG v. 19.10.1995 – 2Z BR 110/95, ZMR 1996, 98; OLG Köln v. 16.10.1991 – 16 Wx 105/91, WuM 1991, 615. 60 BayObLG v. 9.10.1986 – BReg.2 Z 95/86, WuM 1987, 263 f. 61 BayObLG v. 31.8.2000 – 2Z BR 39/00, ZMR 2001, 41; BayObLG v. 30.1.1991 – BReg.2 Z 156/90, ZMR 1991, 232. 62 OLG Frankfurt v. 10.4.2008 – 20 W 119/06, NZM 2008, 736; OLG Hamm v. 13.2.2006 – 15 W 163/ 05, MietRB 2006, 321 = ZMR 2006, 634. 63 KG v. 28.2.2001 – 24 W 2632/00, ZMR 2001, 658.

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§ 15 Rz. 28 | Gebrauchsregelung dentenzimmer, ist daher zulässig.64 Dabei ist der Eigentümer nicht nur zu einer langfristigen Vermietung, sondern auch zur kurzfristigen Vermietung an Feriengäste berechtigt.65 Dies gilt auch, wenn der Wohnungseigentümer auf Internetdienste wie airbnb, fewo-direkt oder wimdu zur Vermittlung von Mietern zurückgreift. In gleicher Weise zulässig ist es, wenn die Wohnung kurzfristig an sog. „Medizintouristen“ – Menschen, die sich für eine medizinische Behandlung am Ort aufhalten – vermietet wird.66 Zwar kann sich durch die kurzzeitigen Vermietungen der Charakter der Wohnanlage verändern, weil z.B. nachbarschaftliche Beziehungen nicht mehr entstehen können und durch den häufigen Bewohnerwechsel stärkere Störungen der übrigen Eigentümer zu befürchten sind. Vergleichbare Veränderungen und Nachteile können sich aber auch bei anderen Formen einer Wohnnutzung ergeben. Ihren Charakter als „wohnen“ verliert die kurzfristige Vermietung auch nicht dadurch, dass öffentlich-rechtliche Vorschriften, insbesondere eine örtliche Zweckentfremdungssatzung oder das Bauplanungsrecht, einer entsprechenden Nutzung entgegenstehen.67 Ist die kurzzeitige Vermietung unerwünscht, bedarf es vielmehr einer Einschränkung der Zweckbestimmung „Wohnen“ oder der Vereinbarung einer Vermietungsbeschränkung (s. § 13 Rz. 24). Sonst kann nur bei konkreten Nachteilen i.S.d. § 14 Nr. 1 ein die Art und Weise der Benutzung betreffender Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 3 geltend gemacht werden. Eine Grenze bei kurzfristiger Vermietung ist aber dann erreicht, wenn die Nutzung hotelähnlichen Charakter (s. Rz. 29) erhält. 28a Zulässig ist auch die Gebrauchsüberlassung an einen wechselnden Kreis von Asylbewerbern

oder Aussiedlern, wenn es sich nicht um eine gewerbliche Nutzung als Heim, wie i.d.R. bei einer Gemeinschaftsunterkunft, handelt (siehe Rz. 31) und die bei einer normalen Wohnnutzung übliche Nutzerzahl nicht überschritten wird.68 Als Richtwert für die maximal zulässige Belegungsdichte kann dabei auf die Werte in den Wohnungsaufsichtsgesetzen verschiedener Länder zurückgegriffen werden. Nach diesen wird die Grenze bei etwa 9 qm pro Person mit mindestens sechs Jahren und bei 6 qm für jüngere Kinder zu ziehen sein.69 In der Rechtsprechung wird zusätzlich auf die Belegung pro Zimmer abgestellt. So soll die Grenze bei einer Belegung von zwei Personen pro Zimmer liegen.70 Die Verweildauer ist hingegen nicht entscheidend.71 Entgegen der früheren Rechtsprechung ist die Nutzung zur Unterbringung ausländischer Arbeiter außerhalb eines Heims (s. Rz. 31) eine zulässige Wohnnutzung, weil sie 64 Vgl. KG v. 7.2.1990 – 24 W 4887/89, NJW-RR 1991, 1359 zum als „Kammer“ bestimmten Dachgeschoss. 65 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 = MietRB 2010, 114 = NJW 2010, 3093; OLG Saarbrücken v. 24.5.2012 – 8 U 183/11-52, ZWE 2013, 492 mit Anm. Drabek; LG Karlsruhe v. 6.5.2009 – 11 S 56/08, ZWE 2009, 329; AG Düsseldorf v. 28.11.2012 – 291a C 8319/12, MietRB 2013, 122 = ZMR 2013, 31; a.A. noch LG Hamburg v. 30.10.2009 – 318 S 59/09, ZMR 2010, 226. 66 LG München I v. 8.2.2016 – 1 S 21019/14, ZMR 2016, 490 = MietRB 2016, 202. 67 LG München I v. 8.2.2017 – 1 S 5582/16, ZMR 2017, 325; LG München I v. 8.2.2016 – 1 S 21019/14, juris = MietRB 2016, 202; a.A. AG Bonn v. 30.11.2016 – 27 C 13/16, juris; zu den öffentlich-rechtlichen Grenzen einer entsprechenden Nutzung Bueb, ZWE 2016, 207 (209 f.). 68 BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, MDR 2018, 18 = MietRB 2018, 10 = NJW 2018, 41 Rz. 22; vgl. BayObLG v. 28.11.1991 – BReg.2 Z 133/91, MDR 1992, 373 = NJW 1992, 917: auch wenn in der Teilungserklärung der Charakter als „gutes Wohnhaus“ festgelegt ist; LG Koblenz v. 16.11.2016 – 2 S 99/15, ZWE 2017, 133; a.A. OLG Hamm v. 26.9.1991 – 15 W 127/91, MDR 1992, 47 = NJW 1992, 184. 69 So § 7 Abs. 1 BlnWoAufG; § 8 Abs. 1 BremWAG; § 9 Abs. 1 WAG NRW; vgl. Art. 6 Abs. 1 BayWoAufG a.F.: 10 qm für mindestens 6 Jahre alte Person, sonst 6 qm; § 7 Abs. 1 HessWoAufG: 9 qm pro Person. 70 BayObLG v. 9.2.1994 – 2Z BR 7/94, WuM 1994, 393; OLG Stuttgart v. 13.8.1992 – 8 W 219/92, NJW 1992, 3046; AG Traunstein v. 18.9.2015 – 319 C 1083/15, ZMR 2015, 978; vgl. auch OLG Frankfurt v. 11.5.1994 – 20 W 216/94, ZMR 1994, 378: In einer 50 qm großen Wohnung sollen maximal zwei Einzelpersonen oder eine Familie mit fünf Personen zulässig sein. 71 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 = MietRB 2010, 114 = NJW 2010, 3093; a.A. OLG Stuttgart v. 13.8.1992 – 8 W 219/92, NJW 1992, 3046.

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II. Gebrauchsregelung durch Vereinbarung (Abs. 1) | Rz. 29 § 15

nicht störender ist als die Vermietung an Feriengäste.72 Sie ist auch nicht typischerweise mit einer stärkeren Überbelegung als eine Ferienwohnung verbunden. Unzulässig in einer „Wohnung“ sind gewerbliche Nutzungen, es sei denn, von ihnen geht bei 29 typisierender Betrachtung (Rz. 19) keine stärkere Störung als von der Wohnnutzung aus. Bereits aus diesem Grund ist die Verwendung einer Eigentumswohnung als Bordell oder zur Prostitution unzulässig, so dass es auf die für die Nutzung des Teileigentums maßgeblichen Erwägungen (dazu Rz. 33) nicht mehr ankommt.73 Unzulässig ist die Nutzung einer Wohnung als Café,74 als Friseursalon,75 als Blumenladen,76 als Ballettstudio,77 als private Schülernachhilfe78 oder als privates Pflege- oder Kinderheim.79 Auch eine über die Vermietung an Feriengäste (s. Rz. 28) hinausgehende Nutzung als Boarding-House oder eine sonstige hotelähnliche Nutzung, insbesondere mit Hotelservice wie Reinigung und Frühstück, stellt eine gewerbliche Nutzung dar, die regelmäßig stärker stört als die Wohnnutzung.80 Wegen der typischerweise auftretenden Geräuschbelästigungen durch den Anlieferverkehr ist die Nutzung als Lager für einen Gewerbebetrieb unzulässig.81 Die Nutzung als Arzt- oder Tierarztpraxis sowie als psychologische Praxis ist aufgrund des erheblichen Publikumsverkehrs ebenfalls unzulässig.82 Das gilt auch für eine Heilpraktiker- bzw. Naturheilpraxis.83 Für eine Nutzung als Büro ist nach Art der vorgesehenen Büronutzung und Umfang des zu erwartenden Publikumsverkehrs zu entscheiden.84 Ebenso ist die Nutzung als Polizeiwache zu beurteilen.85 Zulässig bleibt aber in jedem Fall eine gewerbliche oder berufliche Mitbenutzung, die nach außen nicht in Erscheinung tritt, etwa die Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes.

72 A.A. noch OLG Frankfurt v. 28.1.2004 – 20 W 180/03, NZM 2004, 231. 73 Vgl. OLG Zweibrücken v. 8.1.2008 – 3 W 257/07, ZWE 2009, 142; OLG Frankfurt v. 7.6.2004 – 20 W 59/03, NZM 2004, 950; BayObLG v. 27.5.1993 – 2Z BR 30/93, ZMR 1993, 580; BayObLG v. 6.11.1986 – BReg.2 Z 103/86, MDR 1987, 409 = ZMR 1987, 100; offen gelassen von BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14, BGHZ 203, 327 = MDR 2015, 267 = MietRB 2015, 78, der allerdings einen Verstoß gegen die Zweckbestimmung „Wohnen“ nicht in Betracht zieht. 74 OLG Zweibrücken v. 28.1.1987 – 3 W 14/87 u. 3 W 15/87, ZMR 1987, 228. 75 BayObLG v. 31.8.2000 – 2Z BR 39/00, ZMR 2001, 41. 76 BayObLG v. 22.10.1992 – 2Z BR 83/92, WuM 1992, 703. 77 BayObLG v. 27.6.1985 – BReg.2 Z 59/84, ZMR 1985, 307. 78 OLG Köln v. 23.7.2007 – 16 Wx 25/07, MietRB 2008, 179. 79 OLG Köln v. 4.7.2006 – 16 Wx 122/05, NZM 2007, 572; OLG Hamm v. 18.2.1999 – 15 W 234/98, ZMR 1999, 504; AG Köln v. 31.7.2012 – 202 C 1/12, MietRB 2012, 331 = MDR 2013, 327 (IntensivPflegestation für vier Bewohner); vgl. auch BGH v. 13.7.2012 – V ZR 204/11, MietRB 2012, 297 = MDR 2012, 1399 (entgeltliche Ganztagesbetreuung von Kleinkindern als gewerbliche Tätigkeit); anders aber AG Bremen-Blumenthal v. 27.9.2013 – 44 C 2015/13, ZMR 2014, 401 (Tagesbetreuung von maximal zwei Kindern); AG Bonn v. 25.1.2018 – 27 C 111/17, juris (Kindertagesbetreuung von zwei bis drei Kindern). 80 KG v. 2.7.2007 – 24 W 34/07, ZMR 2007, 803; OLG Saarbrücken v. 3.2.2006 – 5 W 125/05, NZM 2006, 590; a.A. OLG Saarbrücken v. 24.5.2012 – 8 U 183/11, ZWE 2012, 492 m. Anm. Drabek; AG München v. 12.12.2013 – 483 C 21495/13, ZMR 2016, 321. 81 OLG Frankfurt v. 10.11.2005 – 20 W 36/03, juris. 82 BayObLG v. 20.7.2000 – 2Z BR 50/00, ZMR 2000, 778; LG Frankfurt v. 15.3.2018 – 2-13 S 36/17, ZMR 2018, 853; im Erg. BayObLG v. 10.5.1979 – 2 Z 31/78, ZMR 1980, 125; a.A. OLG München v. 25.5.2005 – 34 Wx 24/05, ZMR 2005, 727; OLG Düsseldorf v. 7.1.1998 – 3 Wx 500/96, ZMR 1998, 247: psychologische Praxis; OLG Karlsruhe v. 15.1.1976 – 11 W 93/75, ZMR 1977, 343. 83 LG München I v. 26.1.2015 – 1 S 9962/14, ZMR 2015, 791. 84 BayObLG v. 31.8.2000 – 2Z BR 39/00, ZMR 2001, 41; vgl. OLG Köln v. 15.2.2002 – 16 Wx 232/01, ZMR 2002, 380: Patentanwaltsbüro; BayObLG v. 28.10.1998 – 2Z BR 137/98, ZMR 1999, 186: Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei; OLG Zweibrücken v. 27.5.1997 – 3 W 81/97, ZMR 1998, 482: Ingenieur-Planungsbüro; KG v. 8.6.1994 – 24 W 5760/93, NJW-RR 1995, 333: Architektenbüro oder Steuerberaterpraxis. 85 BayObLG v. 23.5.1996 – 2Z BR 19/96, ZMR 1996, 507.

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§ 15 Rz. 30 | Gebrauchsregelung bb) Nutzung des Teileigentums 30 In einer als Teileigentum bezeichneten Einheit sind grundsätzlich alle nicht zu Wohnzwecken

dienenden Nutzungen möglich, es sei denn, aus der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung ergeben sich nähere Vorgaben. Dies ist regelmäßig bei als Teileigentum bezeichneten Nebenräumen zur Wohnung, z.B. Keller, Dachboden oder Garage (sog. unselbständiges Teileigentum) der Fall. Bereits aus der räumlichen Gestaltung und Lage folgen bei ihnen engere Nutzungsvorgaben (s. Rz. 42, 47). 31 Die Wohnnutzung im Teileigentum ist bereits wegen § 1 Abs. 3 unzulässig.86 Auch bei der

Zulässigkeit eines beliebigen Gewerbes bedeutet die Wohnnutzung eine stärkere Störung, weil sich die Zahl der Mitbewohner erhöht, das Gemeinschaftseigentum stärker in Anspruch genommen wird und der „professionelle Charakter“ der Wohnanlage verloren gehen kann.87 Unzulässig ist es daher, im Teileigentum Obdachlose für längere Zeit unterzubringen, weil deren Aufenthalt Wohnzwecken dient.88 Dasselbe gilt für die Vermietung als Ferienwohnung.89 Bei einer hotelähnlichen Nutzung, z.B. einem Boardinghaus,90 wie auch einem Heim liegt hingegen eine zulässige gewerbliche Nutzung vor. Eine Nutzung als Heim wird dabei nicht durch die fehlende familiäre Verbundenheit der Bewohner begründet, sondern ist dadurch gekennzeichnet, dass die Unterkunft in einer für eine Vielzahl von Menschen bestimmten Einrichtung erfolgt, deren Bestand von den jeweiligen Bewohnern unabhängig ist, und in der eine heimtypische Organisationsstruktur an die Stelle der Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises tritt.91 Eine gewerbliche Heimnutzung ist danach eine Gemeinschaftsunterkunft i.S.d. § 53 AsylG.92 Ebenfalls eine gewerbliche Nutzung ist ein Arbeiterwohnheim, wenn es für einen auch in einer Wohnungsgemeinschaft unüblich großen Personenkreis ausgelegt ist, das ein Nutzungskonzept für gemeinschaftliche Küchen- und Sanitäranlagen sowie die Unterbringung in Mehrbettzimmern vorsieht, und bei dem zwischen den Bewohnern (typischerweise) keine persönliche Bindung besteht.93 Die Wohnnutzung ist auch dann nicht hinzunehmen, wenn sich der Eigentümer verpflichtet, Störungen aus dem übrigen Teileigentum zu dulden.94 32 Das Teileigentum kann grundsätzlich zu jedem anderen Zweck als dem Wohnen genutzt

werden.95 Die Zweckbestimmung ist nicht mit der Vereinbarung einer gewerblichen bzw. freiberuflichen Nutzung gleichzusetzen. Insbesondere bei unselbständigem Teileigentum kann es sich auch um eine zwar zur Wohnung gehörende, aber nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmte, sondern nur mit der Wohnnutzung im Zusammenhang stehende, untergeordneten Zwecken dienende Räumlichkeit handeln, etwa einen Abstellraum, einen Hobbyraum oder eine Werkstatt.96

86 BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, MDR 2018, 18 = MietRB 2018, 10 = NJW 2018, 41 Rz. 9; OLG Frankfurt v. 27.7.2011 – 20 W 319/08, MietRB 2011, 383 = ZWE 2012, 35 (Wohnnutzung eines „Verkaufladens“); a.A. LG München I v. 12.5.2016 – 36 S 6246/15, ZMR 2016, 989 (Einzelfallbetrachtung notwendig); AG Köln v. 22.8.2014 – 202 C 62/14, juris (Wohnung in „nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen“). 87 BGH v. 23.3.2018 – V ZR 307/16, MDR 2018, 923 = MietRB 2018, 171 = ZMR 2018, 782 Rz. 9. 88 BayObLG v. 10.11.2004 – 2Z BR 169/04, NZM 2005, 263. 89 A.A. AG Erfurt v. 25.6.2016 – 5 C 63/14, ZMR 2016, 809. 90 LG Frankfurt v. 30.8.2017 – 13 S 207/14, MDR 2017, 1353 = ZWE 2017, 405. 91 BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, MDR 2018, 18 = MietRB 2018, 10 = NJW 2018, 41 Rz. 19. 92 BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, MDR 2018, 18 = MietRB 2018, 10 = NJW 2018, 41 Rz. 23. 93 BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, MDR 2018, 18 = MietRB 2018, 10 = NJW 2018, 41 Rz. 24. 94 OLG Köln v. 11.9.2002 – 16 Wx 128/02, ZMR 2003, 384. 95 BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, MDR 2018, 18 = MietRB 2018, 10 = NJW 2018, 41 Rz. 11; LG Berlin v. 11.9.2018 – 55 S 130/17, GrundE 2018, 1407. 96 KG v. 22.12.2006 – 24 W 126/05, ZMR 2007, 299.

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II. Gebrauchsregelung durch Vereinbarung (Abs. 1) | Rz. 37 § 15

Eine Ausnahme gilt für die Nutzung zur Prostitution. Sie ist unzulässig, wenn die Zweck- 33 bestimmung eine derartige Nutzung nicht ausdrücklich erlaubt.97 Dazu reicht es noch nicht aus, dass die Gemeinschaftsordnung einen Vergnügungsbetrieb „auch mit starkem Kundenverkehr und Nachtbetrieb“ gestattet.98 Nicht notwendig ist der Nachweis, dass von der Nutzung zur Prostitution konkrete Störungen für die Wohnungseigentümer auszugehen; maßgeblich für die Zulässigkeit der Nutzung muss auch hier die typisierende Betrachtungsweise sein.99 Zu den unzulässigen bordellartigen Betrieben zählen auch ein Sex-Shop mit Videovorführkabinen,100 ein Sexkino101 und ein Studio für „tantrisch-erotische Massagen“, selbst wenn dort kein Geschlechtsverkehr i.e.S. ausgeübt wird.102 cc) Änderung und Erweiterung der Zweckbestimmung im weiteren Sinn Umstritten ist, ob die Zuweisung einer Einheit als Teil- oder Wohnungseigentum durch eine 34 Vereinbarung nach Abs. 1 geändert, also das Teil- in Wohnungseigentum und umgekehrt umgewandelt werden kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn die im Rahmen des Begründungsakts erfolgte Zweckbestimmung im weiteren Sinn ihrerseits als Vereinbarung i.S.d. Abs. 1 anzusehen ist, nicht jedoch, wenn die Zuweisung Teil des dinglichen Begründungsaktes ist, denn dann bedürfte es zur Änderung einer dinglichen Einigung sowie der grundbuchrechtlichen Bewilligung und Eintragung (§§ 873, 877 BGB). Zu Recht geht die h.M. davon aus, dass eine Vereinbarung genügt (dazu § 1 Rz. 25). Die Einordnung der Zweckbestimmung im weiteren Sinn als Vereinbarung ermöglicht es 35 auch, für den Gebrauch einer Einheit überhaupt keine einschränkenden Vorgaben zu machen. So kann etwa eine Teileigentumseinheit, die als „Gewerbewohnung“ bezeichnet wird, sowohl für ein Gewerbe wie auch zum Wohnen genutzt werden.103 e) Konkrete Nutzungsvorgaben Eine Teileigentumseinheit mit der Zweckbestimmung als „Büro“ kann als Arzt- oder Zahn- 36 arztpraxis genutzt werden, wenn nach dem Zuschnitt der Arzttätigkeit als Einzel- und Bestellpraxis keine größeren Beeinträchtigungen durch Publikumsverkehr zu erwarten sind, als sie auch von einem Bürobetrieb ausgehen können.104 Eine Kinderarztpraxis ist hingegen wegen der erhöhten Besucherfrequenz unzulässig.105 Auch gastronomische Betriebe aller Art sowie sonstige Nutzungen mit erhöhtem Verkehr eines wechselnden Publikums oder abendlichen Betriebszeiten stören stärker als die Büronutzung.106 Ein Café bezeichnet nach herkömmlichem Sprachgebrauch eine Gaststätte, die in erster Linie 37 Kaffee und Kuchen anbietet. Eine abweichende Nutzung als Restaurant ist grundsätzlich zu97 BayObLG v. 8.9.2004 – 2 Z BR 137/04, ZMR 2005, 23; BayObLG v. 16.6.2000 – 2Z BR 178/99, ZMR 2000, 689; BayObLG v. 22.4.1994 – 2Z BR 19/94, ZMR 1994, 423; a.A. Schmid GuT 2010, 71 (74); kritisch auch Armbrüster in FS Bub, 1 (11 f.); Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 216. 98 OLG Karlsruhe v. 20.9.2000 – 14 Wx 98/00, ZMR 2002, 151. 99 A.A. AG Nürnberg v. 4.11.2004 – 1 UR II 158/04, ZMR 2005, 661; Schmid, GuT 2010, 71 (74). 100 KG v. 16.2.2000 – 24 W 3925/98, ZMR 2000, 402. 101 LG Passau v. 11.1.1983 – 2 T 151/82, MDR 1983, 758 = NJW 1983, 1683. 102 LG Hamburg v. 3.6.2008 – 318 T 87/07, ZMR 2008, 828. 103 KG v. 3.12.2007 – 24 U 71/07, MietRB 2008, 109 = WuM 2008, 165. 104 OLG Hamm v. 23.10.2003 – 15 W 372/02, ZMR 2005, 219. 105 OLG Düsseldorf v. 20.9.1995 – 3 Wx 259/95, ZMR 1996, 39. 106 Vgl. OLG Zweibrücken v. 28.1.1987 – 3 W 14/87, 3 W 15/87, ZMR 1987, 228: Billard-Café; OLG Schleswig v. 7.10.1998 – 2 W 165/98, MDR 1999, 150 = NZM 1999, 79: Getränkemarkt; BayObLG v. 30.5.1995 – 2Z BR 105/94; WuM 1995, 552: Musikschule, öffentlicher Lesesaal, Volkshochschule; LG Bremen v. 25.3.1991 – 2 T 19/91, NJW-RR 1991, 1423: Ballettstudio.

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§ 15 Rz. 37 | Gebrauchsregelung lässig, wenn damit nicht die Schließungszeiten des Cafés überschritten werden. Für diese wird es wesentlich auf den Zeitpunkt der Zweckbestimmung ankommen (dazu Rz. 16): Entgegen dem früheren Begriffsverständnis mit Betrieb vornehmlich am Nachmittag sind heute auch abendliche Öffnungszeiten eines Cafés üblich.107 Eingeschränktere Öffnungszeiten gelten allerdings, wenn als Zweck ein „Tagescafé“ bestimmt ist.108 Eine stärkere Störung kann sich durch Geräusch- und Geruchsemissionen ergeben. Ein Bistro, in dem abends über eine Musikanlage laut Popmusik gespielt wird, ist daher unzulässig.109 Dies soll nach Auffassung des BayObLG auch für ein griechisches Spezialitätenrestaurant gelten, von dem bei typisierender Betrachtung wegen der Verwendung landesüblicher Gewürze und eines Grills eine stärkere Geruchsbelästigung ausgehe.110 Ebenso soll nach seiner Ansicht mit der Zweckbestimmung als „Kur-Café mit Weinstube im Untergeschoss“ nicht nur der Betrieb eines Pilslokals mit Musikunterhaltung, sondern auch eines Restaurants unvereinbar sein.111 38 Eine Dachterrasse darf nicht als intensiv begrünter Dachgarten, dessen Pflanzen auf einer

aufgeschütteten Erdschicht wachsen, genutzt werden.112 Zum Dachboden siehe Rz. 47. 39 Die Zweckbestimmung eines Hauses in einer Mehrhausanlage als Einfamilienhaus soll nach

Auffassung des OLG Hamm eine intensivere Nutzung als das auf Dauer angelegte Bewohnen durch eine Familie ausschließen.113 Dies dürfte in seiner Allgemeinheit nicht zutreffend sein: Stets wird durch Auslegung zu klären sein, ob mit der Bezeichnung lediglich ein räumlicher Teil der Mehrhausanlage umschrieben wird oder ob tatsächlich ein engerer Nutzungszweck als der der üblichen Wohnnutzung vereinbart werden sollte. Anhaltspunkte kann dabei insbesondere die bauliche Gestaltung liefern, etwa wenn eine Einliegerwohnung vorhanden ist oder wenn die Aufteilung in mehrere Wohnungen möglich ist und durch die Gemeinschaftsordnung nicht untersagt wird. 40 Eine Zweckbestimmung als Ferienwohnung oder die Regelung einer fremdenverkehrsmäßi-

gen Nutzung schließt eine dauerhafte Wohnnutzung nicht aus, weil diese nicht stärker stört als die Vermietung an wechselnde Feriengäste. Die Nutzung zur Unterbringung von Asylbewerbern, soweit sie nicht gewerblich erfolgt (s. Rz. 31), ist demnach ebenfalls zulässig.114 Es kann auch nicht eine nur zeitweise Nutzung verlangt werden. Es steht dem Wohnungseigentümer frei, einen Makler mit der Vermittlung von Feriengästen zu bemühen oder einen Pächter zwischen zu schalten.115 Etwas anderes gilt allerdings, wenn die Gemeinschaftsordnung vorschreibt, dass die Nutzung auf eine Verpachtung an die Betriebsgesellschaft beschränkt ist. Eine Eigennutzung ist dann ausgeschlossen.116 41 Ist als Nutzung eine freiberufliche Tätigkeit vorgesehen, sind auch gewerbliche Tätigkeiten

zulässig, die nicht mehr stören. So ist der Betrieb einer Digitaldruckerei,117 einer Versicherungsvertretung oder Wahrsagerei118 zulässig.

107 Vgl. OLG Hamburg v. 29.7.1998 – 2 Wx 20/98, MDR 1998, 1156 m. Anm. Riecke = ZMR 1998, 714; LG Dresden v. 25.2.2009 – 2 S 407/08, ZMR 2010, 56. 108 AG München v. 28.2.2011 – 485 C 751/10, ZMR 2011, 678 (Schließung zwischen 20 und 22 Uhr). 109 OLG Zweibrücken v. 3.6.1997 – 3 W 91/97, MDR 1998, 212 = ZMR 1997, 481. 110 BayObLG v. 22.9.2004 – 2Z BR 103/04, ZMR 2005, 215. 111 BayObLG v. 28.9.2000 – 2Z BR 55/00, ZMR 2001, 51. 112 OLG Köln v. 10.1.2005 – 16 Wx 217/94, NZM 2005, 508. 113 OLG Hamm v. 8.3.1993 – 15 W 244/92, NJW-RR 1993, 786 zur Überlassung an mehrere Aussiedlerfamilien. 114 A.A. AG Rosenheim v. 12.7.2016 – 12 C 131/16, juris. 115 BayObLG v. 20.11.1997 – 2Z BR 112/97, juris. 116 BayObLG v. 23.10.1991 – BReg.2 Z 91/91, juris. 117 OLG Düsseldorf v. 14.11.2007 – 3 Wx 40/07, ZMR 2008, 393. 118 KG v. 22.10.1993 – 24 W 7471/92, MDR 1994, 58 = ZMR 1994, 27.

410 | Schultzky

II. Gebrauchsregelung durch Vereinbarung (Abs. 1) | Rz. 45 § 15

Die Art der in einer Garage abgestellten Fahrzeuge wird durch die Zweckbestimmung nicht 42 vorgegeben, so dass auch Wohnmobile, Krafträder, Fahrräder oder e-Bikes dort geparkt werden können.119 Sie kann auch zum Lagern anderer Gegenstände verwendet werden. Ebenso ist die Nutzung einer Garage als private Werkstatt zulässig.120 Zum Stellplatz Rz. 55. Die Zweckbestimmung einer Gartenfläche auf dem gemeinschaftlichen Grundstück beinhal- 43 tet neben der optischen Gestaltung des Grundstücks (s. § 13 Rz. 91) auch die Nutzung für Spielmöglichkeiten der in der Anlage wohnenden Kinder.121 Dies umfasst – auch wenn die Nutzung nur als „Ziergarten“ gestattet ist – das Aufstellen eines Trampolins.122 Als Abstellfläche für Kraftfahrzeuge darf eine Gartenfläche hingegen nicht genutzt werden.123 Zur Nutzung eines Spielplatzes s. Rz. 54. Die Zweckbestimmung als Gaststätte, Restaurant oder Lokal schließt das Recht zu musika- 44 lischem Wiedergaben und Darbietungen ein.124 Innerhalb der Grenzen des § 14 Nr. 1 ist daher auch Live-Musik hinzunehmen. Eine Spielhalle stellt sich nicht Gastgewerbe dar, bei dem die wesentlichen Umsätze aus dem Angebot von Speisen und Getränken generiert werden. Sie ist vielmehr wegen der mit ihr typischerweise verbundenen Begleitkriminalität, den negativen Einflüssen auf das Sicherheitsempfinden und der Abwertung des Wohnumfelds eine unzulässige stärker störende Nutzung.125 Unzulässig ist auch die Nutzung als Diskothek, selbst wenn die Zweckbestimmung einen Betrieb mit Kegelbahn umfasst.126 Aufgrund des bei typisierender Betrachtung zulässigen Umfangs an erheblich störenden Geräuschen, auch durch Anund Abfahrten der Gäste, erscheint die Entscheidung des OLG Düsseldorf, dass ein Pizza-Taxi-Betrieb nicht in einer Gaststätte betrieben werden darf, als zu streng.127 Ein Sondernutzungsrecht mit dem Inhalt, auf den vor den Läden befindlichen Gehwegflächen 44a Verkaufseinrichtungen aufzustellen, umfasst nicht das Recht, die Gäste eines Speiserestaurants an auf den Gehwegflächen aufgestellten Tischen zu bewirten.128 Die Bezeichnung als Gewerbeeinheit oder die Zweckbestimmung zur Ausübung eines „belie- 45 bigen Gewerbes oder Berufs“ enthält keine sachliche Einschränkung der Nutzung des Teileigentums. In den Räumen sind sämtliche im Teileigentum zulässigen Nutzungen möglich (dazu Rz. 32).129 Erlaubt ist – anders als etwa in einer Gaststätte (Rz. 44) – auch der Betrieb einer Spielhalle.130 Eine Gewinnerzielungsabsicht des Betreibers ist nicht erforderlich, so dass auch der Betrieb von Schulungsräumen für Asylbewerber, eine Begegnungsstätte für Senioren,

119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129

130

A.A. wohl LG Hamburg v. 17.6.2015 – 318 S 167/14, ZMR 2015, 787. OLG Hamburg v. 29.8.2005 – 2 Wx 60/05, ZMR 2005, 975. OLG Frankfurt v. 17.5.1991 – 20 W 362/90, ZMR 1991, 353. AG München v. 8.11.2017 – 485 C 12677/17, WuM 2018, 104; a.A. LG Hamburg v. 27.1.2016 – 318 S 5/15, ZMR 2016, 562. OLG Stuttgart v. 26.5.1961 – 8 W 238/60, NJW 1961, 1359; vgl. auch BayObLG v. 12.6.1981 – 2 BReg.2 Z 59/80, MDR 1981, 937 f.: auf Terrasse. BayObLG v. 2.9.1993 – 2Z BR 63/93, ZMR 1994, 25. LG München I v. 2.1.2012 – 1 S 21470/09, ZMR 2012, 372; LG München I v. 4.4.2011 – 1 S 16861/ 09, MietRB 2011, 324 = ZMR 2012, 477; a.A. aber LG München I v. 2.3.2015 – 1 S 5273/15, ZMR 2015, 794 aufgrund des konkreten Zuschnitts der Spielhalle. BayObLG v. 11.10.1989 – BReg.2 Z 96/89, ZMR 1990, 230; vgl. auch BayObLG v. 28.2.2005 – 2Z BR 237/04, OLGR München 2005, 407. OLG Düsseldorf v. 29.5.2006 – 24 U 179/05, DWW 2007, 117. BayObLG v. 8.3.2005 – 2Z BR 239/04, juris. OLG Hamm v. 12.4.2005 – 15 W 29/05, NZM 2005, 870; OLG Düsseldorf v. 19.3.2003 – 3 Wx 249/ 02, MietRB 2003, 104 = ZMR 2004, 448; LG Itzehoe v. 28.4.2009 – 11 S 27/08, ZWE 2010, 57; AG Oberhausen v. 24.4.2011 – 34 C 122/10, ZMR 2011, 999; vgl. auch BGH v. 23.3.2018 – V ZR 307/ 16, MDR 2018, 923 = MietRB 2018, 171 = ZMR 2018, 782 Rz. 7. LG Karlsruhe v. 20.9.2010 – 11 S 200/09, ZWE 2011, 99.

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§ 15 Rz. 45 | Gebrauchsregelung eine Tagesstätte für psychisch Behinderte oder eine Versammlungsstätte eines deutsch-ausländischen Kulturvereins zulässige Nutzungen sind.131 Nicht ausgeschlossen ist auch die Nutzung als kirchliche Versammlungsstätte, in der Veranstaltungen vor allem am Wochenende und den Abenden stattfinden; anders als bei der Zweckbestimmung „Laden“ sind bei typisierender Betrachtung mit einer „Gewerbeeinheit“ keine festgelegten Ruhezeiten verbunden – man denke nur an die zweifelsfrei zulässige Nutzung als Gaststätte.132 Der Bezeichnung als Gewerbeeinheit steht die als „Geschäftsräume“ grundsätzlich gleich.133 Im Einzelfall kann aber bei dieser Zweckbestimmung – auch ohne Ausübung der Prostitution (Rz. 33) – die Nutzung als Nachtclub oder Massagesalon unzulässig sein, wenn der Charakter der Wohnanlage dem entgegensteht.134 46 Ein als Hobbyraum bezeichnetes Teileigentum erlaubt zwar eine gelegentliche Benutzung zu

Wohnzwecken, etwa als Gästezimmer, nicht aber die Nutzung als Wohnung.135 Zulässig kann eine büromäßige Nutzung sein, wenn das zugehörige Teileigentum als solches genutzt wird.136 47 Die Bezeichnung als Keller oder als Dachboden bzw. Speicher in der Teilungserklärung stellt

nicht nur eine Bezugnahme auf die örtliche Lage der Räume, sondern regelmäßig auch eine Zweckbestimmung dar.137 Zulässig ist daher nur eine Nutzung, die nicht stärker stört als die Nutzung als Lager- oder Abstellraum zu privaten Zwecken. Dies schließt eine Nutzung als Wohn- oder Büroraum aus.138 Auch eine Nutzung als gewerbliches Lager ist unzulässig, wohl aber die Nutzung als Notariatsarchiv.139 Zulässig soll die Nutzung als Trockensauna sein.140 Ebenfalls darf ein Wohnungseigentümer in seinem Kellerabteil einen Wäschetrockner aufstellen.141 Sind keine störenden Geräuschimmissionen zu erwarten, kann ein Keller auch als Musikzimmer142 oder Hobbyraum143 genutzt werden. Ist dem Keller eine spezielle Zweckbestimmung gegeben, etwa als „Fahrradkeller“, engt diese die zulässigen Nutzungen weiter ein; so kann dann auch die Nutzung als Lagerraum unzulässig sein.144

131 BayObLG v. 14.11.1991 – BReg.2 Z 140/91, ZMR 1992, 33; OLG Düsseldorf v. 6.5.2008 – 3 Wx 162/07, NJW 2008, 2194; OLG Zweibrücken v. 11.8.2005 – 3 W 21/05, NZM 2005, 868; im Ergebnis OLG Hamm v. 12.4.2005 – 15 W 29/05, NZM 2005, 870. 132 OLG Frankfurt v. 1.11.2012 – 20 W 12/08, MietRB 2013, 48 = ZMR 2013, 296 (muslimisches Gemeindezentrum); a.A. LG Freiburg v. 11.2.2005 – 2 O 451/04, WuM 2005, 353. 133 BayObLG v. 9.5.1994 – 2Z BR 23/94, ZMR 1994, 425: Chemische Reinigung ist zulässig. 134 KG v. 17.10.1988 – 24 W 1240/88, MDR 1989, 263 = NJW-RR 1989, 140; OLG Hamburg v. 21.9.1973 – 2 W 4/73, MDR 1974, 138. 135 BGH v. 16.6.2011 – V ZA 1/11, ZMR 2011, 967; OLG Frankfurt v. 27.7.2011 – 20 W 319/08, MietRB 2011, 383 = ZWE 2012, 35; OLG München v. 6.11.2006 – 34 Wx 105/06, MietRB 2007, 39 = ZMR 2007, 302; BayObLG v. 1.9.2004 – 2Z BR 101/04, MietRB 2005, 96; BayObLG v. 7.7.2004 – 2Z BR 89/04, ZMR 2004, 925; OLG Zweibrücken v. 17.9.2001 – 3 W 87/01, ZMR 2002, 219. 136 Vgl. BayObLG v. 16.8.2001 – 2Z BR 80/01, ZWE 2001, 598. 137 OLG Schleswig v. 17.5.2006 – 2 W 198/05, MDR 2006, 1341 = ZMR 2006, 891. 138 BGH v. 16.5.2014 – V ZR 131/13, MDR 2014, 1019 = MietRB 2014, 267; BGH v. 26.9.2003 – V ZR 217/02, MDR 2004, 84 = NJW 2004, 364; KG v. 17.12.2015 – 22 U 272/13, GrundE 2016, 398; OLG Schleswig v. 17.5.2006 – 2 W 198/05, MDR 2006, 1341 = ZMR 2006, 891; OLG Zweibrücken v. 14.12.2005 – 3 W 196/05, MDR 2006, 744 = ZMR 2006, 316; OLG Frankfurt v. 10.10.2005 – 20 W 258/03, juris; BayObLG v. 15.7.1999 – 2Z BR 94/99, ZWE 2000, 122; OLG Düsseldorf v. 24.3.1997 – 3 Wx 426/95, ZMR 1997, 373; BayObLG v. 18.6.1993 – 2Z BR 50/93, ZMR 1993, 530. 139 BayObLG v. 14.2.2001 – 2Z BR 90/00, juris. 140 OLG Frankfurt v. 2.11.2005 – 20 W 378/03, NZM 2006, 747. 141 AG Nürnberg v. 11.7.2005 – 1 UR II 365/03 WEG, ZMR 2005, 827. 142 BayObLG v. 31.8.2000 – 2Z BR 83/00, NZM 2000, 1237. 143 OLG Düsseldorf v. 24.3.1997 – 3 Wx 426/95, ZMR 1997, 373. 144 Vgl. OLG Karlsruhe v. 20.8.1988 – 4 W 183/96, WuM 1999, 51; LG Hamburg v. 19.10.2016 – 318 T 33/16, WuM 2016, 756 zum „Trimmraum“.

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II. Gebrauchsregelung durch Vereinbarung (Abs. 1) | Rz. 48 § 15

Unter einem Laden ist eine Verkaufsstätte zum Vertrieb von Waren an jedermann zu verste- 48 hen.145 Ein Großhandel fällt nicht mehr darunter,146 wohl aber eine Videothek,147 ein Erotikfachgeschäft oder Sex-Shop.148 Von der Zweckbestimmung „Supermarkt“ ist der Betrieb eines Getränkemarktes bereits nach dem Wortsinn gedeckt.149 Aus der Bezeichnung als Laden kann nicht abgeleitet werden, dass die Öffnungszeiten auf die zulässigen Öffnungszeiten zum Zeitpunkt der Eintragung der Teilungserklärung beschränkt sind.150 Vielmehr ist die Öffnung zu den jeweils geltenden gesetzlichen Öffnungszeiten zulässig. Diese können auch als ein Indiz zur Beurteilung herangezogen werden, ob eine abweichende Nutzung stärker stört. Dies gilt auch, wenn die Gemeinschaftsordnung einen „Laden/Büro“, ein „Ladenlokal mit Küche“ oder einen „Laden mit Bistro“ vorsieht.151 Unzulässig sind deshalb eine Spielothek,152 ein Wettbüro,153 ein Fitness- oder Sportstudio,154 ein Automaten-Sonnenstudio155 und eine Begegnungsstätte für Menschen mit abendlichen Öffnungszeiten, die der Unterhaltung und dem Konsum von Getränken dient.156 Mit der Zweckbestimmung unvereinbar soll auch die Nutzung als Gebetsraum bzw. Gemeindezentrum sein, weil hier auch an Sonn- und Feiertagen Veranstaltungen stattfänden.157 Schon wegen der Geräuschs- und Geruchsbelästigungen unzulässig sind eine chemische Reinigung,158 eine Gaststätte,159 ein Bistro,160 ein Schnellim-

145 KG v. 13.2.2007 – 24 W 347/06, juris. 146 OLG München v. 8.12.2006 – 34 Wx 111/06, MDR 2007, 513 = ZMR 2007, 718. 147 KG v. 16.2.2000 – 24 W 3925/98, ZMR 2000, 402; BayObLG v. 24.6.1993 – 2Z BR 121/92, WE 1994, 247. 148 AG Wiesbaden v. 20.7.1995 – 44a UR II 103/94, NJWE-MietR 1996, 15; Schmid, GuT 2010, 71 (73); a.A. BayObLG v. 19.8.1994 – 2Z BR 45/94, MDR 1995, 144 = NJW-RR 1995, 467 für Sex-Shop in ruhiger Wohngegend und KG v. 16.2.2000 – 24 W 3925/98, ZMR 2000, 402 für Sex-Shop mit Videokabinen. 149 OLG Schleswig v. 7.10.1998 – 2 W 165/98, MDR 1999, 150 = NZM 1999, 79. 150 OLG München v. 30.4.2008 – 32 Wx 35/07, ZMR 2009, 628; OLG Hamm v. 23.7.2007 – 15 W 205/ 06, MietRB 2007, 318 = NJW 2008, 302. 151 BayObLG v. 13.6.2000 – 2Z BR 35/00, ZMR 2000, 775. 152 BayObLG v. 9.2.2005 – 2Z BR 170/04, NZM 2005, 463; KG v. 14.3.1990 – 24 W 6087/89, ZMR 1990, 307; OLG Zweibrücken v. 6.10.1987 – 3 W 99/87, MDR 1988, 147 = ZMR 1988, 68: Unzulässig ist auch ein Spielsalon „auf besonders gehobenem Niveau“, der nur innerhalb der gesetzlichen Ladenschlusszeiten geöffnet ist. 153 AG München v. 18.4.2012 – 482 C 24227/01, ZMR 2013, 667; AG Offenbach v. 6.2.2014 – 325 C 24/13, ZWE 2014, 214. 154 OLG Schleswig v. 12.8.2002 – 2 W 21/02, MDR 2003, 149 = MietRB 2003, 10 = ZMR 2003, 709. 155 BayObLG v. 6.3.1996 – 2Z BR 2/96, ZMR 1996, 334. 156 KG v. 13.2.2007 – 24 W 347/06, MDR 2007, 770 = MietRB 2007, 147. 157 LG Wiesbaden v. 20.12.2007 – 4 T 300/07, ZMR 2008, 331. 158 BayObLG v. 31.7.1997 – 2Z BR 34/97, WE 1998, 194; vgl. OLG Hamm v. 4.10.1977 – 15 W 67/77, Rpfleger 1978, 60 zur Schnellreinigung im Blumenladen. 159 KG v. 21.6.2012 – 16 U 52/11, GE 2013, 1595 (italienisches Café); BayObLG v. 7.6.2001 – 2Z BR 60/01, ZMR 2001, 987; BayObLG v. 30.11.1999 – 2Z BR 143/99, ZMR 2000, 234; BayObLG v. 23.4.1993 – 2Z BR 31/93, WuM 1993, 558; OLG Frankfurt v. 17.6.1997 – 20 W 357/96, ZMR 1997, 667; OLG Karlsruhe v. 24.3.1993 – 4 W 117/92, WuM 1993, 290; KG v. 21.5.1986 – 24 W 1511/86, ZMR 1986, 296 (Sportvereins-Kantine); KG v. 6.3.1985 – 24 W 3538/84, MDR 1985, 675 = ZMR 1985, 207 (Salatrestaurant ohne Alkoholausschank); a.A. AG Bremen v. 29.4.2013 – 29 C 87/10, ZMR 2013, 749 (Weinlokal); offen gelassen von BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, MDR 2015, 1057 = MietRB 2015, 300: jedenfalls unzulässig, wenn die landesrechtlichen Regelungen einen abendlichen Ladenschluss vorsehen. 160 BayObLG v. 30.3.1993 – 2Z BR 21/93, ZMR 1993, 427; AG Bremen v. 17.5.2017 – 28 C 81/15, ZMR 2017, 673 (Creperie, Baguetterie und Bistro).

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§ 15 Rz. 48 | Gebrauchsregelung biss,161 eine Eis-Diele,162 ein Partyservice,163 ein Pizza-Bringdienst164, ein Vereinsheim165 und ein Verkaufskiosk.166 Ein Aufstellen von Tischen vor dem Geschäft zum Verzehr dort gekaufter Waren ist mit einer Zweckbestimmung als Laden ebenfalls nicht vereinbar,167 selbst wenn das Aufstellen von Verkaufseinrichtungen auf diesen Flächen in der Gemeinschaftsordnung erlaubt wird.168 Zulässig sind der Betrieb einer Postfiliale169 und eines sog. „Szeneladens für Junkies“ (Drogenberatungsstelle mit Tagescafé),170 ebenso die Nutzung als Kindertagesstätte171 oder als Tagesstätte für Menschen mit psychischer Behinderung.172 49 Die Nutzung eines in der Gemeinschaftsordnung als „Lagerraum“ bezeichneten, im Keller-

geschoß gelegenen Teileigentums als „Gymnastik-/Tanzstudio“ ist nicht zulässig.173

50 Die mit der Zweckbestimmung „Nebenraum“ versehenen Räume müssen im Vergleich zu

den „Haupträumen“ eine dienende, zumindest aber untergeordnete Funktion haben. Der Betrieb einer eigenen Verkaufsstelle ist in den Nebenräumen deshalb unzulässig, selbst wenn die Haupträume dem Betrieb eines Ladens dienen.174 Ein Abstellraum darf nicht als Wohnraum genutzt werden.175 Zu Keller und Dachboden s. Rz. 47, zum Hobbyraum s. Rz. 46.

51 Ein als Praxis beschriebenes Teileigentum darf nicht als Gaststätte genutzt werden.176 Ebenso

unzulässig ist die Nutzung als Laden. Bei typisierender Betrachtung nicht stärker störende Nutzungen sind hingegen die als Büroräume oder Dentallabor. 52 In einem in der Teilungserklärung als Sauna bezeichneten Teileigentum ist der Betrieb eines

„Pärchentreffs“ oder „Swinger-Clubs“ grundsätzlich nicht zulässig, weil er mit einem sozialen Unwerturteil belegt ist und typischerweise zu einer Herabsetzung des Ansehens der Wohnanlage führt.177 Allgemein ist von der Zweckbestimmung kein gewerblicher Saunabetrieb in der Art gedeckt, dass den Besuchern die Aufnahme sexueller Kontakte in den Räumen der Sauna ermöglicht oder erleichtert wird.178

53 Ein Teileigentum mit der Zweckbestimmung als Schwimmbad darf nicht in ein Fitness-Cen-

ter umgestaltet werden.179

161 OLG Frankfurt v. 6.1.2006 – 20 W 202/04, juris; OLG Zweibrücken v. 6.12.2005 – 3 W 150/05, MDR 2006, 682; BayObLG v. 29.9.1999 – 2Z BR 103/99, ZMR 2000, 53; OLG Köln v. 13.9.1999 – 16 Wx 65/99, juris. 162 OLG Schleswig v. 29.3.2000 – 2 W 7/00, MDR 2000, 759 = NZM 2000, 1237; LG Frankfurt v. 27.9.2018 – 2-13 S 138/17, GrundE 2019, 65. 163 OLG Hamburg v. 16.5.2003 – 2 Wx 44/00, MietRB 2004, 143 = ZMR 2003, 770. 164 OLG Celle v. 24.9.2003 – 4 W 138/03, ZMR 2004, 689; BayObLG v. 17.2.1998 – 2Z BR 161/97, NZM 1998, 335. 165 AG München v. 3.2.2016 – 482 C 18351/15, ZMR 2017, 106. 166 OLG Düsseldorf v. 1.12.1995 – 3 Wx 337/95, ZMR 1996, 281. 167 OLG München v. 30.4.2008 – 32 Wx 35/07, ZMR 2009, 628; LG Berlin v. 19.4.2013 – 85 S 108/12, GE 2013, 1525. 168 BayObLG v. 8.3.2005 – 2Z BR 239/04, juris. 169 OLG München v. 30.4.2008 – 32 Wx 35/07, ZMR 2009, 628. 170 KG v. 18.11.1998 – 24 W 8659/97, MDR 1999, 991 = NZM 1999, 425. 171 OLG Düsseldorf v. 9.9.2002 – 3 Wx 64/02, NZM 2003, 979; a.A. KG v. 15.4.1992 – 24 W 3386/91, ZMR 1992, 351. 172 OLG Zweibrücken v. 11.8.2005 – 3 W 21/05, ZMR 2006, 76. 173 BayObLG v. 20.1.1994 – 2Z BR 93/93, ZMR 1994, 234. 174 OLG München v. 5.7.2006 – 34 Wx 63/06, MietRB 2006, 270 = NZM 2006, 933. 175 OLG Düsseldorf v. 28.11.2003 – 3 Wx 252/03, ZMR 2004, 610. 176 BayObLG v. 22.1.2004 – 2Z BR 229/03, MietRB 2004, 207 = ZMR 2004, 685. 177 BayObLG v. 16.6.2000 – 2Z BR 178/99, ZMR 2000, 689. 178 BayObLG v. 22.4.1994 – 2Z BR 19/94, ZMR 1994, 423. 179 BayObLG v. 15.7.1988 – BReg.2 Z 145/87, ZMR 1988, 436.

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II. Gebrauchsregelung durch Vereinbarung (Abs. 1) | Rz. 58 § 15

Ein im Gemeinschaftseigentum stehender Spielplatz ist grundsätzlich für die Nutzung durch 54 die in der Anlage wohnenden Kinder bestimmt.180 Dies schließt es nicht aus, dass die Kinder der Anlage gemeinsam mit Kindern von außerhalb dort spielen. Die Nutzung durch eine größere Anzahl von Kindern, die in einem Teileigentum gegen Entgelt betreut werden, z.B. in einer Kindertagesstätte, wird von der Zweckbestimmung aber nicht gedeckt.181 Wie die Garage dient der Stellplatz in erster Linie dem Abstellen von Kraftfahrzeugen. Zuläs- 55 sig ist das mehrmonatige Parken von Fahrzeugen mit Saisonkennzeichen, z.B. von Wohnmobilen, aber auch von Pkw-Anhängern.182 Der Stellplatz darf aber nicht zur dauerhaften Lagerung eines abgemeldeten und nicht mehr fahrfähigen Kfz verwendet werden.183 Zulässig ist auch das Abstellen von Mülltonnen oder Fahrrädern; ob für diese eine Einhausung bzw. ein Ständer errichtet werden darf, richtet sich nach § 22.184 Eine Terrasse ist durch eine offene Gestaltung geprägt. Ein Sondernutzungsberechtigter ist 55a daher nicht berechtigt, den Terrassenraum mit einer Vertikalmarkise eigenmächtig zu schließen, und zwar auch dann nicht, wenn der Gesamteindruck der Wohnanlage bereits uneinheitlich ist.185 Zulässig ist hingegen das Aufstellen auch größerer Pflanzkübel.186 Die Bezeichnung als Trockenraum erlaubt nach herkömmlichen Verständnis die vorüber- 56 gehende Nutzung zum Trocknen von Wäsche auf Wäscheständern o.ä. Das dauerhafte Aufstellen von Wäschetrocknern durch Wohnungseigentümer geht über diesen Nutzungszweck hinaus und ist jedenfalls bei kleineren Räumen, in denen nur einzelne Eigentümer die Möglichkeit hätten, einen Trockner unterzubringen, unzulässig.187 Hingegen ist das Aufstellen eines Gefrierschranks auf dem einem Wohnungseigentümer zugewiesenen Stellplatz im gemeinsamen Waschraum zulässig, weil von ihm keine stärkeren Beeinträchtigungen als von einer Waschmaschine ausgehen.188 Die Zweckbestimmung von Grundstücksflächen als Weg oder Einfahrt beschränkt die Nut- 57 zung nicht auf das unbedingt notwendige Maß, nämlich auf das Erreichen bestimmter Grundstücksteile. Eine Privatstraße darf deshalb von Kindern auch zum Spielen genutzt werden.189 Ebenso ist ein kurzzeitiges Abstellen von Fahrzeugen zum Be- und Entladen zulässig, nicht jedoch das dauerhafte Parken.190

5. Weitere Gebrauchsregelungen durch Vereinbarung Wegen Sittenwidrigkeit nichtig (§ 138 BGB) kann die Untersagung eines nicht wesentlich 58 störenden Gebrauchs sein, wenn dies erheblich in die freie Entfaltung der Persönlichkeit eingreift und die Wohnungseigentümer kein berechtigtes Interesse daran haben, so dass der Ausschluss grob unbillig erscheint (s. Rz. 13). Das ist etwa der Fall, wenn das Waschen der Wä-

180 LG Hamburg v. 6.1.2016 – 318 S 40/15, ZMR 2016, 308. 181 BayObLG v. 9.10.1997 – 2Z BR 90/97, ZMR 1998, 182; LG Hamburg v. 6.1.2016 – 318 S 40/15, ZMR 2016, 308. 182 LG Hamburg v. 12.11.2014 – 318 S 107/13, ZMR 2015, 142. 183 LG Hamburg v. 4.3.2009 – 318 S 93/08, ZMR 2009, 548. 184 Vgl. OLG Hamm v. 9.5.2000 – 15 W 342/99, ZMR 2000, 634; BayObLG v. 30.4.1998 – 2Z BR 23/ 98, ZMR 1998, 649; LG Hamburg v. 17.5.2015 – 318 S 167/14, ZMR 2015, 787. 185 KG v. 3.12.1993 – 24 W 6483/93, ZMR 1994, 426 = OLGZ 1994, 399. 186 AG Pinneberg v. 6.6.2017 – 60 C 2/17, ZMR 2017, 687. 187 LG Bremen v. 21.6.2004 – 2 T 828/03, ZMR 2005, 408. 188 OLG Frankfurt v. 3.11.2008 – 20 W 259/07, MietRB 2009, 265 = ZMR 2009, 385. 189 KG v. 29.4.1998 – 24 W 1107/98, ZMR 1998, 660. 190 LG Dortmund v.10.10.2017 – 1 S 357/16, juris.

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§ 15 Rz. 58 | Gebrauchsregelung sche oder deren Trocknen an der Luft generell untersagt wird.191 Ebenso nichtig ist ein vollständiges Verbot der Nutzung von Rundfunk und Fernsehen oder das Verbot des Badens und Duschens.192 59 Umstritten ist, ob die Wohnungseigentümer ein generelles Musizierverbot wirksam verein-

baren können.193 Der BGH hat diese Frage noch nicht entschieden.194 Nach hier vertretener Auffassung ist ein vereinbarungsfester Kernbereich, unter den das Verbot fallen könnte, nicht anzuerkennen (Rz. 12). Selbst wenn man einen solchen aber annehmen und als über § 134 BGB geschützt ansehen wollte, wäre es zweifelhaft, ob das Musizieren zu dem dinglichen Kern des Wohnungseigentums gehören würde, da es nur von Teil der Wohnungseigentümer ausgeübt wird. Ein Verbot ist auch nicht sittenwidrig. Da von dem Musizieren auch regelmäßig eine Störung anderer Wohnungseigentümer ausgeht, kann ein berechtigtes Interesse der Wohnungseigentümer an einer entsprechenden Regelung bestehen. Einen Grund, über § 138 BGB in die Privatautonomie der Wohnungseigentümer einzugreifen, gibt es deshalb nicht. 60 Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung auch das Anbringen von Parabol-

antennen ganz ausschließen oder einschränken.195 Die damit verbundene Einschränkung der Informationsfreiheit ist hinzunehmen, weil der betroffene Wohnungseigentümer der Vereinbarung zugestimmt hat oder sich bei einem Erwerb der Eigentumswohnung über die im Grundbuch eingetragene Vereinbarung informieren konnte. Er hat damit auf die Ausübung seines durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Rechts verzichtet.196 In Einzelfällen kann nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) allerdings das Festhalten an der Vereinbarung gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern unzulässig sein, etwa wenn die Parabolantenne das optische Erscheinungsbild nicht beeinträchtigt und sonstige Interessen der Wohnungseigentümer nicht berührt.197 Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zustimmung zur Errichtung einer Parabolantenne in diesem Fall s. § 22 Rz. 101 ff. Daneben besteht nach § 10 Abs. 2 Satz 3 ein – vom Anspruch auf Zustimmung zur Aufstellung im Einzelfall zu unterscheidender – Anspruch auf Abänderung eines unbilligen Verbots oder der Beschränkung. Der jedem Wohnungseigentümer zustehende Anspruch wird dann in Betracht kommen, wenn sich die Versorgung mit Programmen über die Gemeinschaftsantennenanlage, das Kabelnetz oder die sonst vorgesehenen Empfangsmöglichkeiten als völlig unzureichend erweist und andere weniger störende Möglichkeiten zur Erhaltung einer ausreichenden Programmvielfalt nicht bestehen. Auch kann eine nach § 242 BGB gebotene Ausnahme zugunsten einzelner Wohnungseigentümer dazu führen, dass die Vereinbarung insgesamt unbillig wird und deshalb abzuändern ist. 61 Ein Rauchverbot für Räume im gemeinschaftlichen Eigentum kann wirksam vereinbart wer-

den (zum Beschluss s. Rz. 105). Trotz des schwerwiegenden Eingriffs in die freie Persönlich-

191 Vgl. OLG Frankfurt v. 4.12.2000 – 20 W 414/99, NZM 2001, 1136. 192 Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 103. 193 Dafür Suilmann in Bärmann, § 15 WEG Rz. 6, § 10 Rz. 102; Commichau in MünchKomm/BGB, § 10 WEG Rz. 19; Wicke in Palandt, BGB, § 13 WEG Rz. 5; dagegen Armbrüster in FS Bub, 2007, 1 (7). 194 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 289 = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713 bezieht sich allein auf ein Musizierverbot durch Beschluss; ebenso OLG Frankfurt v. 6.8.2003 – 20 W 22/02, NZM 2004, 31; BayObLG v. 23.8.2001 – 2Z BR 96/01, MDR 2001, 1345 = NJW 2001, 3635. 195 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = NJW 2004, 937. 196 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = NJW 2004, 937. 197 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = NJW 2004, 937.

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III. Gebrauchsregelung durch Beschluss (Abs. 2) | Rz. 65 § 15

keitsentfaltung dürfte aber auch ein für das Sondereigentum vereinbartes Rauchverbot wirksam sein, weil auch geringe aus der Wohnung dringende Mengen an Qualm andere Eigentümer stören können.198 Die Vereinbarung ist daher nicht nach § 138 BGB sittenwidrig. Wie das Musizieren können die Wohnungseigentümer auch die Tierhaltung im Wege einer 62 Vereinbarung allgemein untersagen.199 Die Durchsetzung dieses Verbots ist allerdings nicht nur dann nach § 242 BGB gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern ausgeschlossen, wenn die Tierhaltung wie bei einem Blindenhund für die Persönlichkeitsentfaltung eines Wohnungseigentümers von erheblicher Bedeutung ist (dazu Rz. 107), sondern auch dann, wenn sie Interessen der anderen Wohnungseigentümer nicht berühren kann, weil von ihr keinerlei Störung oder Gefahr ausgeht, z.B. durch die Haltung von Zierfischen. Ein vereinbartes völliges Verbot der Vermietung des Sondereigentums ist nicht nach § 138 63 BGB sittenwidrig und nichtig. Erst recht zulässig sind Beschränkungen der Vermietung und die Vereinbarung von Zustimmungserfordernissen (s. § 13 Rz. 24). An den einzelnen Stellflächen von Duplex-Garagen (Doppelstock-Garagen, Doppelparker) 64 oder von Sammelverschiebeparkanlagen kann kein Sondereigentum begründet werden. Nur die Duplex-Garage oder die Sammelverschiebeanlage als Ganzes können eine Teileigentumseinheit bilden (dazu § 5 Rz. 73); an den einzelnen Stellplätzen dieser Sondereigentumseinheit können zum Zweck der Zuordnung fester Stellplätze auch keine Sondernutzungsrechte begründet werden (s. § 13 Rz. 70). Soll der Gebrauch an einem Stellplatz innerhalb der Teileigentumseinheit verbindlich einem Wohnungseigentümer zugewiesen werden, besteht die Möglichkeit einer Miteigentümervereinbarung nach § 1008 BGB, deren Eintragung in das Grundbuch nach § 1010 BGB ebenfalls den Rechtsnachfolger bindet.200 Nach der zutreffenden h.M. ist auch die Gebrauchsregelung durch eine Vereinbarung entsprechend Abs. 1 möglich, denn eine solche Regelung geht inhaltlich nicht über sonstige Beschränkungen des Sondereigentums hinaus.201 Dadurch kann einem Wohnungseigentümer ähnlich einem Sondernutzungsrecht die ausschließliche Nutzung einer bestimmten Parkbox zugewiesen werden. Die Vereinbarung nach Abs. 1 entspricht zwar inhaltlich der Gebrauchsregelung nach § 1008 BGB, hat aber den Vorteil, dass sie bereits mit der Teilungserklärung ins Grundbuch eingetragen werden kann, also solange der Bauträger noch Alleineigentümer ist. Neben der Regelung des Gebrauchs kann auch die Verteilung der Kosten und Lasten geregelt werden.202 Wird die Gebrauchsregelung nachträglich getroffen, bedarf sie allerdings der Mitwirkung sämtlicher Wohnungseigentümer und nicht nur der Miteigentümer der Duplex-Garage. Dasselbe gilt für eine nachträgliche Abänderung der Gebrauchsregelung nach Abs. 1.203

III. Gebrauchsregelung durch Beschluss (Abs. 2) Abs. 2 gestattet im Rahmen ordnungsmäßigen Gebrauchs den Beschluss von Gebrauchsrege- 65 lungen für das Sonder- und das Gemeinschaftseigentum.

198 Ausführlich Hügel, ZWE 2010, 18 (20 ff.). 199 BGH v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, BGHZ 129, 329 = MDR 1995, 895 = NJW 1995, 2036; OLG Düsseldorf v. 5.5.1997, WuM 1997, 387; Armbrüster in FS für Bub, 1 (7 f.). 200 Vgl. Hügel, NZM 2004, 766 (767). 201 BGH v. 20.2.2014 – V ZB 116/13, MDR 2014, 520 = MietRB 2014, 172 = NJW 2014, 1879; BayObLG v. 21.7.1994 – 2Z BR 56/94, WuM 1994, 632; OLG Frankfurt v. 23.12.1999 – 20 W 281/98, NZM 2001, 527; OLG Jena v. 24.11.1999 – 6 W 715/99, ZWE 2000, 232; Kreuzer in Staudinger, BGB, § 15 WEG Rz. 10; Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 93; vgl. dazu Hügel, NZM 2004, 766 (767). 202 Dazu KG v. 7.2.2005 – 24 W 81/03, MietRB 2005, 267 = ZMR 2005, 569. 203 Vgl. BGH v. 20.2.2014 – V ZB 116/13, MDR 2014, 520 = MietRB 2014, 172 = NJW 2014, 1879.

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§ 15 Rz. 66 | Gebrauchsregelung

1. Gebrauchsregelung 66 Der sachliche Anwendungsbereich des Abs. 2 unterscheidet sich nicht von dem des Abs. 1.

Die Wohnungseigentümer haben damit grundsätzlich die Wahl, ob sie die Gebrauchsregelungen (zum Begriff Rz. 4 ff.) durch Vereinbarung oder Beschluss treffen. Die beschlossenen Regelungen können auch den Gebrauch von Sondernutzungsrechten betreffen (§ 13 Rz. 66 ff., 92), nicht jedoch deren Begründung, Änderung oder Aufhebung. 67 Abs. 2 ermächtigt die Wohnungseigentümergemeinschaft nur zum Erlass von Gebrauchsrege-

lungen, nicht hingegen zur Regelung von Sanktionen, insbesondere von „Geldstrafen“, für Verstöße gegen beschlossene Regelungen. Eine derartige Annexkompetenz ergibt sich aus Abs. 2 nicht.204 Eine Sanktionierung von Gebrauchsregelungen kann auch nicht im Rahmen des § 21 Abs. 7 beschlossen werden (dazu § 21 Rz. 116). Den Wohnungseigentümern verbleibt als Reaktion auf Verstöße neben den Ansprüchen auf Beseitigung, Unterlassung und ggf. Schadenersatz (s. Rz. 115 ff.) nur die Entziehung des Wohnungseigentums, was nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 eine wiederholte gröbliche Verletzung der Gebrauchsregelungen trotz Abmahnung voraussetzt.

68 Ebenso ergibt sich aus § 15 Abs. 2 nicht die Kompetenz, einzelnen Wohnungseigentümern

Leistungspflichten – z.B. die Verpflichtung zur tätigen Mithilfe – aufzuerlegen, weil es sich bei ihnen nicht um Gebrauchsregelungen handelt. Solche Leistungspflichten könnten allenfalls als Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung im Rahmen des § 21 Abs. 3 begründet werden (s. § 21 Rz. 56 ff.). Dagegen spricht jedoch, dass auch § 21 keine allgemeine Kompetenz zur Abweichung von der gesetzlichen oder vereinbarten Kosten- und Lastenverteilung gibt, wie § 21 Abs. 7 zeigt.205

69 Fehlt es danach an einer Gebrauchsregelung, etwa weil der Gebrauch völlig entzogen wird,

weil Leistungspflichten begründet oder Sanktionen für Verstöße gegen Nutzungsbestimmungen geregelt werden sollen, liegt anders als bei der Regelung eines nicht ordnungsgemäßen Gebrauchs keine bloße Überschreitung der Grenzen der Ordnungsmäßigkeit mehr vor. Vielmehr ist der Beschluss mangels Beschlusskompetenz nichtig.206

2. Ordnungsmäßigkeit des Gebrauchs 70 Ein Mehrheitsbeschluss nach Abs. 2 ist auf die Regelung eines ordnungsmäßigen Gebrauchs

beschränkt, wobei eine trennscharfe Definition des Begriffs der Ordnungsmäßigkeit fehlt. Es wird gemeinhin auch nicht zwischen den Tatbestandsmerkmalen des „ordnungsmäßigen“ und des „der Beschaffenheit [des Sonder- und Gemeinschaftseigentums] entsprechenden“ Gebrauchs differenziert. Dieser Zustand ist der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte und der damit einhergehenden Offenheit des Tatbestands nach Abs. 2 geschuldet. Wesentliche Elemente lassen sich aber mit der Definition einer Gebrauchsregelung als ordnungsmäßig erfassen, „die unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Gegenstands und der Verkehrssicherungspflichten dem Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme und billigem Ermessen entspricht“.207

204 OLG Frankfurt v. 15.6.2005 – 20 W 63/05, MietRB 2006, 103 = NZM 2005, 910; OLG Frankfurt v. 19.9.1978 – 20 W 531/98, OLGZ 1979, 25; vgl. auch BayObLG v. 10.10.1985 – BReg.2 Z 2/85, MDR 1986, 149 = NJW-RR 1986, 179. 205 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = NJW 2010, 2801; a.A. LG Stuttgart v. 25.3.2010 – 2 S 43/09, ZMR 2010, 723 zur Kehrwoche. 206 Vgl. BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = NJW 2010, 2801. 207 Suilmann in Bärmann, § 15 WEG Rz. 55; ähnlich Kreuzer in Staudinger, BGB, § 15 WEG Rz. 19; Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 51.

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III. Gebrauchsregelung durch Beschluss (Abs. 2) | Rz. 73 § 15

Der äußere Rahmen ordnungsmäßiger Gebrauchsregelungen wird zunächst durch die gesetz- 71 lichen Regelungen vorgegeben. Verstößt eine beschlossene Gebrauchsregelung gegen diese, liegt kein ordnungsmäßiger Gebrauch vor. Ein Beschluss, der eine nach § 14 Nr. 1 störende Nutzung gestattet, widerspricht deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung und ist anfechtbar.208 Umgekehrt kann der Beschluss aber auch eine Nutzung nicht untersagen, die den Wohnungseigentümern nach § 14 Nr. 1 erlaubt ist.209 Als zulässiger und typischer Gegenstand von Beschlüssen über den Gebrauch verbleibt daher nur die Konkretisierung des nach § 14 unzulässigen oder zulässigen Gebrauchs. Ein Beschluss, der das unbegrenzte Grillen mit Holzkohle auf Balkonen gestattet, lässt eine störende Nutzung zu und ist deshalb anfechtbar; wird das Grillen allerdings nur in angemessenen Rahmen erlaubt, kann dies eine Konkretisierung der nach § 14 Nr. 1 hinzunehmenden Nachteile darstellen und damit zulässig sein (s. Rz. 96). Ist der Beschluss mit zwingenden gesetzlichen Vorschriften, insbesondere der §§ 134, 138 BGB, unvereinbar, ist er gem. § 23 Abs. 4 S. 1 nicht nur anfechtbar, sondern nichtig (s. Rz. 79). Darüber hinaus müssen sich ordnungsmäßige Gebrauchsregelungen an den im Wohnungs- 72 eigentumsrecht geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz halten.210 Dieser verbietet eine sachwidrige Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer, nicht aber eine differenzierte Regelung, wenn ein sachlicher Grund dafür vorliegt. Kann der Gebrauch nur von einzelnen Wohnungseigentümern wahrgenommen werden, weil die Gebrauchsmöglichkeiten begrenzt sind, z.B. an Stellplätzen oder Kaminzügen, sind im Beschluss Vorkehrungen zu treffen, dass die zunächst ausgeschlossenen Wohnungseigentümer später zum Zuge kommen können.211 Im Einzelfall kann eine Bevorzugung eines Wohnungseigentümers sogar aus Gründen ordnungsmäßiger Verwaltung geboten sein, z.B. bei der Zuweisung eines bestimmten Parkplatzes an einen Gehbehinderten. Dies führt indes nicht dazu, dass eine an sich gleichbehandelnde Gebrauchsregelung anfechtbar wird; vielmehr kann der betroffene Wohnungseigentümer eine Durchbrechung der Gebrauchsregel nach § 242 BGB verlangen. Innerhalb des durch die gesetzlichen Regelungen und den Gleichbehandlungsgrundsatz vor- 73 gegebenen Rahmens bestimmt sich die Ordnungsmäßigkeit im Wesentlichen nach der Verkehrsanschauung.212 Sie ist durch eine umfassende Abwägung der Interessen unmittelbar Betroffener und der Gesamtheit der Wohnungseigentümer festzustellen. Dabei sind das allgemeine Gebot der Rücksichtnahme und die schutzwürdigen Belange einzelner Eigentümer zu beachten. Hierbei dürfen die verfassungsrechtlichen Wertungen, insbesondere die Grundrechte der Regelungsbetroffenen, nicht außer Acht gelassen werden.213 Stets ist zu prüfen, ob die Regelung dem Hausfrieden und einem störungsfreien Miteinander der Wohnungseigentümer dient. Den Wohnungseigentümern dürfen keine Nachteile erwachsen, die über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehen. Dabei haben die Wohnungseigentümer einen aus ihrer Verwaltungsautonomie entspringenden Entscheidungsspielraum, was die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer Regelung angeht. Dieses Ermessen ist einer gerichtlichen Nachprüfung weitgehend entzogen; lediglich grobe Unbilligkeit rechtfertigt insoweit einen richterlichen Eingriff.214

208 BGH v. 29.6.2000 – V ZB 46/99, BGHZ 144, 386 = MDR 2000, 1182; M. Schmid, ZWE 2014, 114. 209 M. Schmid, ZWE 2014, 114 (115). 210 Dazu BGH v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 f. = NJW 2010, 3508; Schmid, ZWE 2011, 70 (71). 211 Weitergehend AG München v. 15.10.2012 – 485 C 14426/12, MietRB 2013, 152 = ZMR 2013, 141 m. krit. Anm. Schultzky. 212 BGH v. 29.6.2000 – V ZB 46/99, BGHZ 144, 386 = MDR 2000, 1182 = NJW 2000, 3211. 213 Heinemann, MietRB 2018, 115. 214 OLG Frankfurt v. 8.1.2009 – 20 W 384/07, MietRB 2009, 297 = ZMR 2009, 860; BayObLG v. 29.3.2005 – 2Z BR 164/04, WuM 2005, 475.

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§ 15 Rz. 74 | Gebrauchsregelung 74 Rücksicht zu nehmen ist auch auf die Beschaffenheit des Sonder- und Gemeinschaftseigen-

tums. Gebrauchsregelungen können daher in unterschiedlichen Gemeinschaften unterschiedlich zu beurteilen sein. Maßgeblich sind dabei die örtlichen und baulichen Verhältnisse, der Gesamtcharakter der Wohnanlage und die Ausstattung der einzelnen Einheiten. 75 Überschreitet der Mehrheitsbeschluss die Grenze des ordnungsmäßigen Gebrauchs, ist er als

sog. vereinbarungsersetzender Beschluss lediglich anfechtbar.215 Es fehlt in diesem Fall nicht die Beschlusskompetenz für eine Regelung des betreffenden Gegenstandes – was zur Nichtigkeit führen würde –, denn die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses ist aus Gründen der Rechtssicherheit nicht kompetenzbegründend.216

3. Keine entgegenstehende Vereinbarung 76 Dem Beschluss nach Abs. 2 darf keine Vereinbarung entgegenstehen. Das bedeutet, dass er eine

vereinbarte Gebrauchsregelung nicht abändern darf, wohl aber kann er eine ausfüllungsbedürftige Vereinbarung ergänzen. Unzulässig ist es insbesondere, die vereinbarte Zweckbestimmung des Wohnungseigentums abzuändern.217 Die Wohnungseigentümer können daher nicht durch Beschluss die im Wohnungseigentum zulässige Vermietung einer Wohnung an Feriengäste (s. Rz. 28) untersagen.218 Ob eine Vereinbarung abschließend ist oder Ergänzungen zulässt, ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln. Regelmäßig wird etwa ein in der Teilungserklärung enthaltenes allgemeines Rücksichtnahmegebot bei der Tierhaltung Beschränkungen nach Art und Zahl der Tiere durch Mehrheitsbeschluss nicht entgegenstehen.219 77 Das Abänderungsverbot gilt auch dann nicht, wenn eine Öffnungsklausel vereinbart ist. Dies

kann auch konkludent geschehen sein. Ein wichtiger Anwendungsfall einer solchen konkludenten Öffnungsklausel ist die in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung vereinbarte Hausordnung.220 Die herrschende Ansicht gelangt zu demselben Ergebnis, indem sie annimmt, dass die Hausordnung nur formeller Teil der Vereinbarung sei, materiell aber keinen Vereinbarungscharakter, sondern Beschlusscharakter habe.221 Durch die Gemeinschaftsordnung kann auch der Verwalter ermächtigt werden, die Hausordnung aufzustellen. Auch in diesem Fall ist die vom Verwalter aufgestellte Hausordnung in gleicher Weise verbindlich und abänderbar wie eine von den Wohnungseigentümern durch Mehrheitsbeschluss getroffene Regelung.222 78 Ein Mehrheitsbeschluss, der eine vereinbarte Gebrauchsregelung abändert, ist als verein-

barungsändernder Beschluss nichtig.223 Enthält der Beschluss hingegen keine abweichende Gebrauchsregelung, sondern erlaubt z.B. nur einmalig einen bestimmten, vereinbarungswidrigen Gebrauch, ist er allenfalls anfechtbar. Das gilt etwa für einen Beschluss über die zweck-

215 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500. 216 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500. 217 OLG Düsseldorf v. 16.7.2003 – 3 Wx 149/03, ZMR 2003, 861. 218 LG Berlin v. 25.6.2013 – 85 S 143/12, ZWE 2013, 406; AG Berlin-Mitte v. 6.1.2011 – 22 C 5/10, WuM 2011, 379. 219 OLG Düsseldorf v. 10.12.2004 – 3 Wx 311/04, ZMR 2005, 303. 220 Wie hier Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 83. 221 OLG Saarbrücken v. 7.5.1999 – 5 W 365/98, NZM 1999, 621; BayObLG v. 20.11.1997 – 2Z BR 93/ 97, NZM 1998, 239; BayObLG v. 9.6.1975 – BReg.2 Z 35/75, BayObLGZ 1975, 201. 222 BayObLG v. 23.8.2001 – 2Z BR 96/01, MDR 2001, 1345 = NJW 2001, 3635. 223 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500.

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III. Gebrauchsregelung durch Beschluss (Abs. 2) | Rz. 80 § 15

bestimmungswidrige Nutzung eines Garagenhofs für eine Feier. Dasselbe soll auch gelten, wenn ein vorübergehend abweichender Gebrauch beschlossen wird, z.B. für die zeitweise abweichende Nutzung einer derzeit nicht benötigten Hausmeisterwohnung (dazu Rz. 97).

4. Kein Verstoß gegen zwingendes Recht Einem von einer Vereinbarung abweichenden Beschluss ist ein Beschluss gleichzustellen, der 79 gegen zwingendes Gesetzesrecht verstößt. Er ist als gesetzesändernder Beschluss nichtig.224 Regeln die Wohnungseigentümer durch Beschluss nach Abs. 2 hingegen einen Gebrauch, der gegen durch Vereinbarung abänderbares – sprich: dispositives – Recht verstößt, fehlt es lediglich an der Ordnungsmäßigkeit des Gebrauchs und der Beschluss ist anfechtbar (Rz. 75). Danach liegt Nichtigkeit insbesondere bei einem Verstoß gegen §§ 134, 138 BGB vor. Praktisch relevant kann die Sittenwidrigkeit eines Beschlusses werden. Maßgeblich ist dafür, ob der Beschluss gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, weil er willkürlich oder sachlich völlig unbegründet ist.225 Das ist etwa bei einem Verbot des Abstellens eines Rollstuhls im Treppenhaus der Fall (dazu Rz. 85), nicht jedoch bei einem Verbot der Haustierhaltung (Rz. 107) oder des Musizierens (Rz. 101). Weitere Grenzen für Beschlüsse werden von der Rechtsprechung dadurch gezogen, dass eine 80 Beschlusskompetenz für in den dinglichen Kernbereich eingreifende Regelungen nicht bestehen soll (dazu § 23 Rz. 158).226 Einer Bestimmung dieses Kernbereichs bedarf es nur, um die Nichtigkeit eines entsprechenden Beschlusses zu begründen; die Anfechtbarkeit ergibt sich bereits daraus, dass der Beschluss wegen einer Beschränkung wesentlicher Nutzungsrechte des Wohnungseigentums nicht mehr ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Der BGH differenzierte hier bisher allerdings weiter: Betrifft der Eingriff in den Kernbereich ein zwar nicht entziehbares, wohl aber verzichtbares Recht („mehrheitsfestes Recht“, etwa die durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Informationsfreiheit), soll der Beschluss zunächst lediglich schwebend unwirksam sein.227 Erst wenn der betroffene Wohnungseigentümer die Zustimmung zumindest konkludent verweigere, trete Nichtigkeit ein. Dies ist abzulehnen; denn die Kategorie der schwebenden Unwirksamkeit kennt das WEG nicht (s. § 23 Rz. 183).228 Handelt es sich um ein verzichtbares Recht, ist der Beschluss nach § 23 Abs. 4 S. 2 lediglich anfechtbar. Ebenso abzulehnen ist ein zwingender Regelungsgehalt des § 13 Abs. 1 für den Gebrauch von Wohnungseigentum, der zur Nichtigkeit eines in ihn eingreifenden Beschlusses führt, wie es das OLG Saarbrücken für ein generelles Tierhaltungsverbot annimmt.229 Auch das beschlossene Verbot, lose Bodenplatten eines im Sondereigentum stehenden Balkons auszutauschen, ist nicht wegen eines Kernbereichseingriffs nichtig, sondern weil es sich um keine Gebrauchsregelung i.S.d. Abs. 2 handelt.230 Ein Eingriff in den zwingenden dinglichen Kernbereich wird erst bei Veränderung der sachenrechtlichen Grundlagen des Wohnungseigentums gegeben sein.

224 Vgl. OLG Saarbrücken v. 7.5.1999 – 5 W 365/98, NZM 1999, 621. 225 BGH v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, BGHZ 120, 329 = NJW 1995, 2036; OLG Saarbrücken v. 7.5.1999 – 5 W 365/98, NZM 1999, 621. 226 Vgl. etwa BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = MDR 2015, 79 = MietRB 2015, 46. 227 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = NJW 2004, 937; ebenso Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 37; nunmehr zweifelnd und im Ergebnis offen lassend BGH v. 12.4.2019 – V ZR 112/18, MDR 2019, 657. 228 Ebenso OLG Frankfurt v. 17.1.2011 – 20 W 500/08, MietRB 2011, 351 = juris. 229 OLG Saarbrücken v. 2.10.2006 – 5 W 154/06-51, MietRB 2007, 236 = NJW 2007, 779. 230 A.A. OLG Düsseldorf v. 27.2.2002 – 3 Wx 348/01, ZMR 2002, 613.

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§ 15 Rz. 81 | Gebrauchsregelung

5. Beschluss 81 Für das Zustandekommen des gebrauchsregelnden Beschlusses gelten die allgemeinen Regeln

der §§ 23 ff. Der beabsichtigte Beschluss muss in der Tagesordnung hinreichend konkret bezeichnet werden (dazu § 23 Rz. 104 ff.); „Änderung der Hausordnung“ genügt dazu nicht.231 Eine Zustimmung dinglich Berechtigter zu einer Gebrauchsregelung ist nicht erforderlich. Das gilt auch dann, wenn der Beschluss aufgrund einer Öffnungsklausel gefasst wurde und eine Regelung betrifft, die allein durch Vereinbarung hätte getroffen werden können. Aus der in § 10 Abs. 4 S. 2 geregelten fehlenden Eintragungsbedürftigkeit und -fähigkeit folgt, dass §§ 876 f. BGB nicht anwendbar sind; eine darüber hinausgehende materiell-rechtliche Zustimmungspflicht Drittberechtigter kennt das WEG nicht.232 82 Die beabsichtigte Gebrauchsregelung muss in dem Beschluss so bestimmt gefasst sein, dass

erkennbar ist, welches Verhalten erlaubt oder verboten sein soll. Es genügt dabei, wenn sich ein bestimmter Regelungsgehalt durch Auslegung (s. § 23 Rz. 76 ff.) ermitteln lässt. Auch die Verwendung unscharfer Begriffe kann deshalb genügen, z.B. wenn das „vorübergehende“ oder „kurzzeitige“ Abstellen von Gegenständen im Hausflur oder Musikhören in „Zimmerlautstärke“ erlaubt wird. Anders ist das Ergebnis aber dann, wenn die Interpretation des Beschlusses maßgeblich von subjektiven Wertungen abhängt. Zu unbestimmt ist daher ein Beschluss, der jedes „störende“ Geräusch oder das Musizieren in nicht „belästigender“ Art und Weise untersagt (s. Rz. 94). Lässt der Beschluss danach keine durchführbare Regelung mehr erkennen, ist er nichtig.233 83 Der Gebrauch des Sonder- und Gemeinschaftseigentums wird häufig in einer Hausordnung

geregelt, die verschiedene Benutzungsregelungen zusammenfasst. Die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer zur Aufstellung einer Hausordnung entfällt nicht dadurch, dass die Gemeinschaftsordnung eine Regelung durch den Verwalter vorsieht.234 Eine Anfechtungsklage kann sich gegen einzelne in der Hausordnung enthaltene Benutzungsregelungen oder gegen die Hausordnung insgesamt richten. Die gegen den Hausordnungsbeschluss insgesamt gerichtete Klage führt dabei nicht nur dann, wenn der Beschluss formell fehlerhaft ist, zu dessen Aufhebung im Ganzen, sondern auch, wenn nur einzelne Regelungen ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, diese aber den wesentlichen Teil der Hausordnung ausmachen, etwa weil die übrigen Regelungen im Wesentlichen die gesetzliche Regelung wiedergeben oder Selbstverständlichkeiten enthalten.235

6. Abänderung einer beschlossenen Gebrauchsregelung 84 Die Abänderung einer durch Mehrheitsbeschluss nach § 25 (oder durch gerichtliche Entschei-

dung)236 getroffenen Gebrauchsregelung kann – auch wenn der Beschluss im Einzelfall einstimmig gefasst wurde – durch Mehrheitsbeschluss erfolgen. Dabei dürfen die schutzwürdigen Belange einzelner Wohnungseigentümer, die sich aus der früheren Gebrauchsregelung ergeben, nicht verletzt werden (s. § 23 Rz. 90).237 Eine durch Vereinbarung getroffene Ge-

231 OLG Köln v. 14.10.1987 – 16 Wx 60/87, DWW 1988, 119. 232 A.A. Armbrüster, ZWE 2013, 242; Suilmann in Bärmann, § 10 Rz. 149 ff.; Müller in Timme, § 10 WEG Rz. 267 f. 233 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 289 = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713. 234 KG v. 18.11.1991 – 24 W 3791/91, ZMR 1992, 68. 235 BayObLG v. 23.10.2003 – 2Z BR 63/03, ZMR 2005, 132. 236 KG v. 28.2.1996 – 24 W 8306/94, ZMR 1996, 392. 237 BayObLG v. 20.11.1997 – 2Z BR 93/97, ZMR 1998, 356; vgl. auch BGH v. 20.12.1990 – V ZB 8/90, BGHZ 113, 197 = MDR 1991, 517.

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III. Gebrauchsregelung durch Beschluss (Abs. 2) | Rz. 88 § 15

brauchsregelung kann hingegen nur durch eine Vereinbarung abgeändert werden, selbst wenn sie einen der Beschlussfassung zugänglichen Gegenstand betrifft (s. aber Rz. 77).

7. Einzelfälle Ein generelles Verbot des Abstellens von Gegenständen im Gemeinschaftseigentum geht 85 über die ordnungsmäßige Verwaltung hinaus und ist anfechtbar, auch wenn der Mitgebrauch gemeinschaftlicher Flächen durch Beschluss eingeschränkt werden darf.238 Es sind zumindest Ausnahmen für die mit Sondernutzungsrechten belegten Flächen und für das kurzfristige Abstellen nicht wesentlich störender Gegenstände vorzusehen.239 Ein Verbot des Abstellens von Fahrrädern in Treppenhäusern wird hingegen regelmäßig ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Das gilt auch für das dauerhafte Abstellen von Kinderwagen.240 Die besonderen Bedürfnisse einzelner Wohnungseigentümer und ihrer Angehörigen, insbesondere in Folge physischer und psychischer Behinderungen, sind aber zu berücksichtigen. Ein Beschluss, das Abstellen eines Rollstuhls oder eines Gehwagens im Treppenhaus zu verbieten, kann daher sogar wegen Verstoßes gegen § 138 BGB nichtig sein.241 Auch ohne dass eine konkrete Gefahr besteht, kann aus Sicherheitsgründen das Anbringen 86 von Blumenkästen außerhalb von über dem Gehsteig oder der Tiefgarageneinfahrt gelegenen Balkonen durch Mehrheitsbeschluss untersagt werden.242 Die Wohnungseigentümer können zumutbare Regelungen zur Belüftung von Kellerräumen, 87 Treppenhaus und anderen Gemeinschaftsräumen beschließen.243 Sie können dabei auch die Ausführung der Belüftungsregelungen einem Wohnungseigentümer oder dem Hausmeister übertragen.244 Die Wohnungseigentümer können auch Regelungen über die Bepflanzung des Gemein- 88 schaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss treffen. Diese stellen aber keine Gebrauchsregelungen dar, sondern Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung, so dass sich die Beschlusskompetenz aus § 21 Abs. 5 Nr. 2 ergibt (s. § 21 Rz. 69).245 Bestehen Sondernutzungsrechte einzelner Wohnungseigentümer, ist ein Beschluss, den Garten als Ziergarten zu pflegen, nichtig, weil die vereinbarte Sondernutzung dem Berechtigten das Recht einräumt, die Fläche selbst gärtnerisch zu gestalten und zu nutzen (dazu § 13 Rz. 91).246 Ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht hingegen der Beschluss, dass Sondernutzungsflächen zur Vermeidung von Schäden an der darunterliegenden Tiefgarage oder zur Erhaltung der Aussicht nur mit Gewächsen bis zu einer bestimmten Höhe bepflanzt werden dürfen.247

238 BayObLG v. 23.10.2003 – 2Z BR 63/03, ZMR 2005, 132; vgl. auch LG Köln v. 14.3.2013 – 29 S 181/ 12, juris. 239 Vgl. OLG Hamm v. 3.7.2001 – 15 W 444/00, ZMR 2001, 1006: Kinderwagen; OLG Hamm v. 20.4.1988 – 15 W 168/88 u. 15 W 169/88, MDR 1988, 677 = ZMR 1988, 270: Schuhe. 240 Vgl. OLG Hamburg v. 28.10.1992 – 2 Wx 10/91, ZMR 1993, 126: Abstellerlaubnis widerspricht in engem Treppenhaus ordnungsmäßiger Verwaltung. 241 OLG Düsseldorf v. 12.12.1983 – 3 W 227/83, ZMR 1984, 161. 242 BayObLG v. 25.7.1991 – BReg.2 Z 69/91, WuM 1991, 512; AG Frankenthal v. 30.11.2016 – 3a C 315/16, juris. 243 BayObLG v. 23.10.1992 – 2Z BR 87/92, WuM 1992, 707; OLG Karlsruhe v. 21.4.1976 – 3 W 8/76, MDR 1976, 758: Schließen von Kellerfenstern. 244 LG Koblenz v. 22.8.2016 – 2 S 15/16, ZWE 2017, 135. 245 BayObLG v. 9.6.1975 – 2 Z 35/75, ZMR 1976, 310. 246 BayObLG v. 23.10.2003 – 2Z BR 63/03, ZMR 2005, 132. 247 BayObLG v. 14.1.1993 – 2Z BR 123/92, WuM 1993, 206; BayObLG v. 6.2.1992 – BReg.2 Z 166/91, ZMR 1992, 202.

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§ 15 Rz. 89 | Gebrauchsregelung 89 Das Betreten des Gemeinschaftseigentums kann durch Mehrheitsbeschluss geregelt werden.

Soweit dies aus Sicherheitsgründen erforderlich ist, kann Wohnungseigentümern der Zugang zu bestimmten Räumen, z.B. Heizungs- oder Ölkellern, ganz versagt werden.248 Das gilt aber nicht für den Mülltonnenraum.249 Ebenso kann das Betreten von Außenflächen eingeschränkt werden, um das Entstehen von Trampelpfaden zu verhindern (s. auch Rz. 92).250 Aus dem Gebot der Rücksichtnahme können sich Betretungsrechte für Sondernutzungsrechte ergeben (s. § 13 Rz. 96). Die Wohnungseigentümer können deshalb beschließen, dass eine im Sondernutzungsrecht eines einzelnen Wohnungseigentümers stehende Gemeinschaftsfläche im Notfall als Fluchtweg genutzt werden kann, wenn die Fläche als Fluchtweg geeignet ist und schutzwürdige Interessen des Sondernutzungsberechtigten nicht entgegenstehen.251 Ein Beschluss über ein Betretungsrecht für das Sondereigentum entspricht aufgrund der mittelbaren Drittwirkung des Art. 13 GG (dazu § 13 Rz. 5a) grundsätzlich nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Ein generelles Betretungsrecht des Verwalters zu Prüfungszwecken kann daher nicht beschlossen werden.252 90 Bei Regelungen über Bodenbeläge im Sondereigentum handelt es sich schon nicht um Ge-

brauchsregelungen, so dass ein entsprechender Beschluss nichtig ist.253 Gegen Störungen durch Bodenbeläge mit zu geringer Trittschalldämmung kann deshalb durch Beschluss nur im engen Rahmen zulässiger Regeln gegen Lärm (Rz. 94) vorgegangen werden. Den gestörten Wohnungseigentümern verbleibt meist nur der Anspruch nach §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 auf Beseitigung der konkreten Störung. 91 Die Sicherstellung des Brandschutzes entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung. Hierzu gehört

insbesondere die Regelung, die Brandschutztüren im Haus geschlossen zu halten und auch nicht kurzzeitig durch Gegenstände zu blockieren.254 Zum Offenhalten der Hauseingangstüre Rz. 98. 92 Benutzungsregelungen können auch für die Gartenfläche getroffen werden. Zum Betreten

von Rasenflächen s. Rz. 89. Durch Mehrheitsbeschluss kann das Fußballspielen sowohl verboten als auch erlaubt werden.255 Ebenso können Teile der Gartenfläche zur Nutzung als Kinderspielplatz und Liegewiese bestimmt werden.256 Die Nutzung der Gartenanlage durch Hundehalter kann in der Weise beschränkt werden, dass die Hunde angeleint sein müssen, eine Nutzung der Gartenfläche als Hundetoilette untersagt und der Hundehalter verpflichtet wird, unbeabsichtigt abgesonderten Hundekot umgehend selbst zu beseitigen.257 Auch das freie Herumlaufen von Katzen kann – auch im Wege einer Anleinpflicht (dazu Rz. 107) – eingeschränkt werden.258 Derartige Regelungen können auch getroffen werden, wenn Wohnungseigentümer bereits in der Vergangenheit Hunde oder Katzen angeschafft haben.259 Ebenso zulässig ist eine räumliche Aufteilung der Gartenfläche etwa in eine Hunde-, Spiel-, Liege- oder Grillwiese. Eine vollständige Untersagung der Nutzung der Gartenfläche durch Hunde be248 OLG Köln v. 8.11.1996 – 16 Wx 215/96, WuM 1997, 696; BayObLG v. 10.3.1972 – BReg.2 Z 78/81, BayObLGZ 1972, 94. 249 AG Aachen v. 17.7.2002 – 12 UR II 53/02, ZMR 2004, 70. 250 Vgl. OLG Stuttgart v. 7.10.1994 – 8 W 218/93, ZMR 1995, 81. 251 OLG Hamm v. 3.8.2009 – 15 Wx 288/08, ZMR 2010, 54. 252 AG Nürnberg v. 23.1.2015 – 14 C 4961/14, ZMR 2015, 635. 253 Im Erg. OLG Düsseldorf v. 27.2.2002 – 3 Wx 348/01, ZMR 2002, 613. 254 OLG Frankfurt v. 20.3.2006 – 20 W 430/04, NJW-RR 2007, 377. 255 LG Hamburg v. 6.8.2003 – 318 T 61/03, ZMR 2003, 878 zum Verbot und OLG Frankfurt v. 17.5.1991 – 20 W 362/90, ZMR 1991, 353 zur Erlaubnis. 256 BayObLG v. 12.12.1991 – BReg.2 Z 145/91, WuM 1992, 152. 257 OLG Hamburg v. 20.8.2007 – 2 Wx 72/07, MietRB 2008, 307 = ZMR 2008, 151. 258 LG Frankfurt v. 14.7.2015 – 2-9 S 11/15, ZMR 2016, 56; LG Lüneburg v. 15.5.2012 – 9 S 73/11, ZMR 2012, 728. 259 LG Frankfurt v. 14.7.2015 – 2-9 S 11/15, ZMR 2016, 56.

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III. Gebrauchsregelung durch Beschluss (Abs. 2) | Rz. 94 § 15

rücksichtigt das Interesse des tierhaltenden Miteigentümers an der Mitbenutzung dieser Gartenfläche aber nicht hinreichend und ist daher unzulässig.260 Die Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen kann durch Mehrheitsbeschluss geregelt wer- 93 den (zu Sauna und Schwimmbad s. Rz. 106a). Keine Benutzungsregelung ist es, wenn Gegenstände des Gemeinschaftseigentums, wie z.B. Gartenwasseranschlüsse, an einzelne Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Nutzung und Kostentragung übertragen werden.261 Ein Beschluss, der zu einer Nutzungsänderung von Gemeinschaftseinrichtungen führt, ist ebenfalls keine Benutzungsregelung, sondern als vereinbarungsändernder Beschluss nichtig. Ein im gemeinschaftlichen Eigentum stehender Raum, der als „Gemeinschaftsraum“ den Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Freizeitgestaltung, wie dem gemeinsamen Feiern, dient, kann deshalb nicht aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses in einen Geräteraum umgewidmet werden.262 Gestattet werden kann aber seine Nutzung gemeinsam mit Externen.263 Häufig enthalten die Hausordnungen Regelungen zur Eindämmung von Geräuschen. Üblich 94 sind die Vereinbarung von Ruhezeiten und das Verbot von Lärm. Die durch Beschluss festgelegten Ruhezeiten dürfen nicht zu einem praktischen Verbot bestimmter Nutzungen, insbesondere des Musizierens (dazu Rz. 101), führen. Noch zulässig ist eine Ruhezeit von 20 Uhr bis 8 Uhr und von 12 bis 14 Uhr,264 während eine Beschränkung des Musizierens auf die Zeit von 10 bis 12 Uhr und 15 Uhr bis 17 Uhr zu weitgehend ist.265 Unvereinbar mit dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung ist es, ohne sachlichen Grund vergleichbar störende Geräuschquellen unterschiedlich zu behandeln, z.B. Klavierspielen einerseits und Musikhören andererseits.266 Im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung liegt es, wenn die Wohnungseigentümer die Nutzung eines Teileigentums als Biergarten nur bis 23 Uhr gestatten, selbst wenn eine behördliche Genehmigung bis 24 Uhr vorliegt.267 Problematisch ist das Bestimmtheitserfordernis. Ein Beschluss, wonach „jedes unnötige und störende Geräusch“ innerhalb der festgelegten Ruhezeit zu vermeiden ist, genügt diesem ebenso wenig wie ein Beschluss, der Musizieren nur in „nicht belästigender Weise und Lautstärke“ gestattet.268 Geräusche, die die Zimmerlautstärke nicht übersteigen, bleiben auch in den Ruhezeiten zulässig.269 Ein Verbot von Lärm außerhalb der Ruhezeiten darf nur schwerwiegende, nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen nicht mehr hinnehmbare Störungen erfassen, z.B. das Spielen auf einem Schlagzeug oder das Proben einer Band.270 In einer Seniorenanlage soll auch der Betrieb von stationären Klimageräten untersagt werden können.271 Unabhängig davon, ob sie sich auf Ruhezeiten beziehen, entsprechen Regelungen nicht mehr ordnungsmäßiger Verwaltung, die eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung unzumutbar ein-

260 OLG Köln v. 28.7.2008 – 16 Wx 116/08, ZMR 2009, 310; LG Konstanz v. 15.12.2008 – 62 T 73/08, ZMR 2009, 634. 261 OLG München v. 21.2.2007 – 34 Wx 22/07, ZMR 2007, 561. 262 BayObLG v. 6.6.1986 – BReg.2 Z 53/85, ZMR 1986, 450. 263 AG Pankow-Weißensee v. 23.11.2016 – 7 C 168/16, ZMR 2017, 686. 264 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 289 = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713; a.A. BayObLG v. 28.3.1985 – BReg.2 Z 8/85, MDR 1985, 676. 265 OLG Zweibrücken v. 15.8.1990 – 3 W 48/90, MDR 1990, 1121 = ZMR 1990, 427. 266 Zu weitgehend LG Frankfurt v. 4.10.2017 – 2-13 S 131/16, MietRB 2018, 112 = ZWE 2017, 457. 267 BayObLG v. 11.4.2001 – 2Z BR 119/01, ZMR 2001, 823. 268 OLG Düsseldorf v. 19.8.2009 – 3 Wx 233/08, NJW 2009, 3377; BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 289 = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713. 269 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 289 = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713; a.A. wohl OLG Hamburg v. 7.9.1998 – 2 Wx 48/95, ZMR 1998, 798. 270 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 289 = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713. 271 BayObLG v. 20.3.2001 – 2Z BR 45/01, ZMR 2001, 818.

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§ 15 Rz. 94 | Gebrauchsregelung schränken. Nicht beschlossen werden kann deshalb ein generelles nächtliches Dusch- oder Badeverbot272 oder das Verbot des Herumlaufens von Kindern in einer Wohnung. 95 Durch Mehrheitsbeschlüsse über die optische Gestaltung des Gemeinschaftseigentums, ins-

besondere der Fassade, der Hauseingangstür und der Treppenhäuser, dürfen keine Sondernutzungsrechte an Fassadenelementen, Wänden, Türen oder sonstigem Gemeinschaftseigentum begründet werden. Unzulässig ist deshalb ein Beschluss, der den Wohnungseigentümern der jeweiligen Etage die Gestaltung des Treppenhauses überträgt.273 Auf der anderen Seite entstehen durch das Mitgebrauchsrecht am Gemeinschaftseigentum auch Mitgestaltungsrechte einzelner Wohnungseigentümer. Durch Mehrheitsbeschluss kann deshalb das Aufstellen oder Anbringen ortsüblicher Weihnachtsdekoration nicht untersagt werden.274 Vorgegeben werden können einheitliche Klingelschilder und Briefkastenbeschriftungen. Zur Werbung und Werbeanlagen s. Rz. 112. 96 Die Wohnungseigentümer können das Grillen mit Holzkohle auf Terrassen, Balkonen und

Rasenflächen generell untersagen.275 Möglich ist auch das Verbot des Grillens mit offener Flamme, das auch die Benutzung eines Gasgrills ausschließt.276 Zu weit geht hingegen eine Regelung, die nur Grillen „ohne Geruchs- und Rauchbelastung“ gestattet.277 Ein Mehrheitsbeschluss, wonach das Grillen auf dem Balkon ohne Einschränkungen gestattet ist, überschreitet wegen der Brandgefahr sowie den Rauch- und Geruchsimmissionen hingegen regelmäßig die Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung.278 Etwas anderes wird bei einer baulichen Gestaltung, die diese Störungen nicht erwarten lässt, gelten. 97 Enthält die Teilungserklärung die Bestimmung, dass Räume des Gemeinschaftseigentums als

Hausmeisterwohnung zu benutzen sind, können die Wohnungseigentümer auch eine abweichende Nutzung beschließen, wenn eine Nutzung durch einen Hausmeister nicht mehr stattfindet, die alternative Nutzung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und nur eine vorübergehende – etwa auf die Beschäftigung eines „externen“ Hausmeisters beschränkte – Nutzungsänderung geregelt wird.279 Die Nutzung darf allerdings nicht stärker stören als die Wohnnutzung; eine Nutzung als Fahrradkeller ist daher ausgeschlossen.280 Für eine dauerhafte Änderung der Zweckbestimmung fehlt die Beschlusskompetenz; ein entsprechender Beschluss ist als vereinbarungsersetzender Beschluss nichtig. 98 Die Wohnungseigentümer können die Öffnungszeiten der Hauseingangstüre durch Be-

schluss regeln. Es entspricht dabei ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die elektrische Schließanlage so eingestellt ist, dass die Haustür von außen nur mit einem Schlüssel geöffnet werden kann.281 In einem Wohnhaus mit nur einzelnen Teileigentumseinheiten ist die Regelung zulässig, dass sich die Hauseingangstür während der üblichen Geschäftszeiten von außen frei öffnen lässt.282 Unzulässig ist allerdings eine Regelung, nach der die Hauseingangstür

272 Vgl. aber BayObLG v. 21.2.1991 – BReg.2 Z 7/91, MDR 1991, 762 = NJW 1991, 1620: Ein Badeund Duschverbot zwischen 23 und 5 Uhr bedarf keiner Ausnahme. 273 OLG Düsseldorf v. 1.10.2003 – 3 Wx 393/02, ZMR 2005, 142. 274 LG Düsseldorf v. 10.10.1989 – 25 T 500/89, MDR 1990, 249. 275 OLG Zweibrücken v. 6.4.1993 – 3 W 50/93, WE 1999, 22; zweifelnd Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 91.5. 276 LG München I v. 10.1.2013 – 36 S 8085/12, ZWE 2013, 413. 277 AG München v. 21.3.2012 – 482 C 15854/11, ZMR 2013, 842. 278 LG Düsseldorf v. 9.11.1990 – 25 T 435/90, MDR 1991, 254 = ZMR 1991, 234. 279 Vgl. OLG Schleswig v. 3.9.2004 – 2 W 90/03, MietRB 2005, 261 (292) = ZMR 2005, 476. 280 OLG Düsseldorf v. 13.6.1997 – 3 Wx 491/96, ZMR 1997, 477. 281 Vgl. KG v. 17.7.1985 – 24 W 1956/85, ZMR 1985, 345. 282 OLG Frankfurt v. 8.1.2009 – 20 W 384/07, MietRB 2009, 297 = ZMR 2009, 860; a.A. aber BayObLG v. 11.2.1982 – BReg.2 Z 44/81, MDR 1982, 501; Schmid, GuT 2010, 71 (73), wenn für den Gewerbetreibenden die Nutzung des Türöffners zumutbar ist.

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III. Gebrauchsregelung durch Beschluss (Abs. 2) | Rz. 101 § 15

nächtlich verschlossen zu halten ist, wenn nicht eine ausreichende Fluchtmöglichkeit in Notsituationen – etwa durch ein Panikschloss oder einen Schlüssel in einem Notfallkasten neben der Haustür – besteht.283 Ein Beschluss über ein Hausverbot ist, solange es nicht gegen einen Wohnungseigentümer 99 gerichtet ist, eine Gebrauchsregelung und kein vollständiger Entzug des Gebrauchs.284 Das Hausverbot verhindert nicht jeden Gebrauch, sondern schränkt den Zugang oder die Nutzung von Wohnungseigentum durch Dritte ein; insoweit geht es nicht weiter als ein Vermietungsverbot. Ein für das Sondereigentum eines oder mehrerer Wohnungseigentümer beschlossenes Hausverbot ist dennoch nichtig, weil es die Wohnung als Ort sozialer Kontakte und Freiraum für eine eigenständige Lebensgestaltung entwertet und deshalb sittenwidrig ist (§ 138 BGB).285 Dasselbe gilt für ein Hausverbot für das Gemeinschaftseigentum, mit dem der Zugang bestimmter Personen zu einer Sondereigentumseinheit verhindert wird. Allerdings kann im Rahmen des § 21 Abs. 3 als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung das Hausrecht durch Mehrheitsbeschluss dahin ausgeübt werden, dass gegen Personen, an deren Betreten des Gemeinschaftseigentums kein Wohnungseigentümer ein Interesse hat, ein Hausverbot verhängt wird, etwa gegen Landstreicher und Hausierer (s. § 13 Rz. 57).286 Die Wohnungseigentümer können durch Mehrheitsbeschluss bestimmen, ob die gemein- 100 schaftliche Heizung auch in den Sommermonaten durchgehend in Betrieb zu halten oder abzustellen ist.287 Ebenso können sie eine Nachtabsenkung beschließen. Auch über die nach Auffassung des BGH288 im Sondereigentum befindlichen Heizkörper (dazu § 5 Rz. 85) können die Wohnungseigentümer Regelungen treffen, soweit diese die Funktion der gemeinschaftlichen Heizungsanlage sichern oder die Verbrauchserfassung ermöglichen sollen.289 Droht durch Nichtbeheizung eine Gefahr für das Gemeinschaftseigentum, entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer eine Pflicht zur Beheizung des Sondereigentums beschließen.290 Dies kann durch Festlegung einer bestimmten Mindesttemperatur geschehen. Die Wohnungseigentümer können über den Standort der Mülltonnen beschließen. Der Be- 100a schluss entspricht aber nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn er die nachbarschützenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften beachtet, z.B. § 43 Abs. 2 BauO HH, der einen Mindestabstand von 2 bis 5 Metern zu den Aufenthaltsräumen vorsieht.291 Ein generelles Verbot des Musizierens kann nicht beschlossen werden (zum Ausschluss durch 101 Vereinbarung Rz. 59).292 Dem völligen Verbot wird es regelmäßig gleichkommen, wenn durch

283 LG Frankfurt v. 12.5.2015 – 2-13 S 127/12, MietRB 2015, 271 = MDR 2015, 760. 284 A.A. Reichert, ZWE 2009, 289 (292); Wenzel, ZWE 2009, 165 (166); Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 91.6. 285 Zu demselben Ergebnis gelangen unter Anwendung der Kernbereichslehre Reichert, ZWE 2009, 289 (292); Wenzel, ZWE 2009, 165 (166). 286 Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 91.6. 287 BayObLG v. 26.2.1993 – 2Z BR 117/92, WuM 1993, 291. 288 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 318 f. = ZMR 2011, 971 m. Anm. Jennißen. 289 Vgl. BayObLG v. 20.3.1985 – BReg.2 Z 141/84, WuM 1986, 26 und LG Bautzen v. 16.5.2012 – 1 T 70/07, ZMR 2012, 802: Verbot des Entfernens von Heizkörpern im Interesse einer gleichmäßigen Messung des Wärmeverbrauchs; AG Spandau v. 13.12.2011 – 70 C 112/12, GrundE 2012, 625: Pflichten zur Anzeige und Genehmigung von Modifikationen. 290 OLG Hamm v. 31.3.2005 – 15 W 298/04, ZMR 2006, 148. 291 LG Hamburg v. 23.7.2014 – 318 S 78/13, MietRB 2015, 147 = ZMR 2015, 50; vgl. AG Itzehoe v. 30.1.2017 – 97 C 12/16, ZMR 2017, 339 = MietRB 2017, 262. 292 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 289 = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713.

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§ 15 Rz. 101 | Gebrauchsregelung Beschluss das Musizieren auf Zimmerlautstärke beschränkt wird.293 Ein solches Verbot führt indes nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses, sondern lediglich zu dessen Anfechtbarkeit.294 Die Festlegung zumutbarer Ruhezeiten ist hingegen möglich (Rz. 94). Diese Regelungen können, müssen aber keine Ausnahmen für Berufsmusiker und Studierende der Musik enthalten.295 Erforderlich sind solche Ausnahmen nur dann, wenn die Zweckbestimmung einer Teileigentumseinheit, etwa als Musikschule, das Musizieren als erlaubte Nutzung vorsieht, weil sonst das Musizierverbot in den Ruhezeiten zu einer unangemessenen Beeinträchtigung der Gewerbeausübung führt.296 Die Zulassung eines besonders intensiven Musizierens kann im Einzelfall vom Einbau zumutbarer Schallschutzmaßnahmen abhängig gemacht werden.297 102 Ein generelles Verbot von Parabolantennen kann zwar vereinbart (Rz. 60), grundsätzlich aber

nicht durch Mehrheitsbeschluss angeordnet werden, weil es in die durch Art. 5 GG geschützte Informationsfreiheit unbillig eingreift.298 Ein entsprechender Beschluss ist anfechtbar, es sei denn, er ändert eine die Aufstellung von Antennen gestattende Vereinbarung ab.299 Der BGH geht allerdings wegen eines Eingriffs in den Kernbereich von schwebender Unwirksamkeit des Beschlusses aus (s. Rz. 80).300 Nur ausnahmsweise, wenn die Informationsfreiheit der Wohnungseigentümer nicht erheblich beeinträchtigt wird, kann ein Verbot von Parabolantennen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Dazu genügt es nicht, Ausnahmen von dem Verbot „aus verfassungsrechtlichen Gründen“ vorzusehen, denn eine derartige Regelung ist unbestimmt und führt zur Nichtigkeit des Beschlusses (s. Rz. 82).301 Ein Verbot wird aber dann möglich sein, wenn in der Wohnungseigentumsanlage ausreichende anderweitige Empfangsmöglichkeiten auch fremdsprachiger Sender, z.B. über einen digitalen Kabelanschluss oder Internetfernsehen, bestehen.302 Eine in jeder Hinsicht gleichwertige anderweitige Empfangsmöglichkeit muss dafür nicht vorhanden sein; es genügt, wenn die mediale Grundversorgung durch eine ausreichende Zahl von Programmen in der Heimatsprache des Wohnungseigentümers gewährleistet ist.303 Die Wohnungseigentümer können Regelungen über den Standort einer zu duldenden Parabolantenne treffen.304 Ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht dabei auch ein Beschluss, dass Parabolantennen außen grundsätzlich nicht mehr angebracht werden dürfen, wenn im Beschluss konkrete Ausnahmefälle genannt sind, unter denen Näheres dazu

293 BayObLG v. 23.8.2001 – 2Z BR 96/01, MDR 2001, 1345 = NJW 2001, 3635; OLG Oldenburg v. 21.7.1977 – 5 Wx 9/77, ZMR 1978, 245. 294 BayObLG v. 23.8.2001 – 2Z BR 96/01, MDR 2001, 1345 = NJW 2001, 3635; a.A. OLG Hamm v. 10.11.1980 – 15 W 122/80, MDR 1981, 320 = NJW 1981, 465; Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 91.7. 295 OLG Frankfurt v. 6.8.2003 – 20 W 22/02, NZM 2004, 31; BayObLG v. 28.3.1985 – BReg.2 Z 8/85, MDR 1985, 676. 296 BayObLG v. 28.2.2002 – 2Z BR 141/01, NZM 2002, 492. 297 OLG Hamm v. 7.11.1985 – 15 W 181/85, MDR 1986, 501. 298 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = NJW 2004, 937; BayObLG v. 15.4.2004 – 2Z BR 71/04, ZMR 2004, 688; LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 111/13, ZMR 2014, 743; a.A. BayObLG v. 23.12.2003 – 2Z BR 185/03, NZM 2004, 261 für den Fall, dass in einer kleinen Wohnanlage mit deutschsprachigen Bewohnern eine Empfangsmöglichkeit von neun Programmen über die Gemeinschaftsantenne besteht. 299 A.A. Bub, ZWE 2007, 339 (345 f.). 300 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = NJW 2004, 937. 301 Vgl. BayObLG v. 15.4.2004 – 2Z BR 71/04, ZMR 2004, 688. 302 LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 145/14, ZWE 2016, 229; LG Frankfurt v. 21.5.2013 – 2-13 S 75/12, ZWE 2013, 459. 303 LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 111/13, ZMR 2014, 743. 304 BGH v. 13.11.2009 – V ZR 10/09, MDR 2010, 200 = MietRB 2010, 39 = NJW 2010, 438; LG Frankfurt v. 28.5.2010 – 2 S 47/08, ZMR 2010, 965.

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III. Gebrauchsregelung durch Beschluss (Abs. 2) | Rz. 104 § 15

geregelt wird, an welchen Orten und unter welchen Bedingungen ein Anbringen, Aufstellen oder Beibehalten von Parabolantennen weiterhin zulässig ist.305 Die Wohnungseigentümer können das Abstellen von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern auf 103 Parkplätzen, in Garagen und sonstigen im Gemeinschaftseigentum stehenden Flächen regeln. Dass die Parkplätze im Sondernutzungsrecht stehen oder vermietet sind, schließt zwar die Beschlusskompetenz nicht grundsätzlich aus, wohl aber Regelungen, die die Ausschließlichkeit des Nutzungsrechts des Berechtigten beeinträchtigen. Regelungen über die Vergabe von Stellplätzen können sich daher nur auf die nicht mit einem Sondernutzungsrecht belegten KfzStellplätze beziehen. Diese können grundsätzlich zeitlich befristet oder unbefristet an die Wohnungseigentümer vermietet werden (s. Rz. 108). Die Vermietung darf aber nicht dazu führen, dass bei Knappheit des Parkraums andere Wohnungseigentümer dauerhaft keine Möglichkeit haben, einen Parkplatz in der Anlage zu bekommen. Der Beschluss, dass die wenigen Stellplätze oder Garagen für mehrere Jahre oder auf unbegrenzte Dauer an einzelne Wohnungseigentümer vermietet und die übrigen Eigentümer auf eine Warteliste verwiesen werden, entspricht daher nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.306 Die Parkplatzvergabe kann in einer solchen Situation etwa durch ein jährliches Losverfahren oder ein vom Verwalter anzuwendendes Punktesystem geregelt werden.307 Soweit das Abstellen großer Fahrzeuge die Nutzung des Gemeinschaftseigentums beeinträchtigt, indem etwa Durchgänge versperrt oder benachbarte Stellplätze unbenutzbar werden, können die Wohnungseigentümer auch die Art und Zahl der Fahrzeuge, die den Stellplatz nutzen dürfen, beschränken.308 Ebenso kann das Parken auf gemeinschaftlich genutzten Stellplätzen für bestimmte Fahrzeuge, z.B. nicht zugelassene Pkw, Wohnwagen oder Pkw-Anhänger, untersagt werden.309 Nicht mehr ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht es aber, wenn das Abstellen von Wohnmobilen oder vergleichbaren Fahrzeugen auf einem im Sondernutzungsrecht stehenden Stellplatz untersagt wird, obwohl dieser eine ausreichende Größe aufweist.310 Das gilt auch für die Beschränkung, dass der durch ein Sondernutzungsrecht dem Wohnungseigentümer zugewiesene Stellplatz nur von ihm sowie Lebensgefährten und Kindern benutzt werden darf.311 Zulässig ist der Beschluss eines zeitweisen oder dauernden Parkverbots auf bestimmten Flä- 104 chen.312 Wird ein Parkverbot beschlossen, umfasst dieses nicht ein kurzzeitiges Halten zum Ein- und Aussteigen.313 Ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht der Beschluss, der das Abstellen und Parken in der Ein- und Anfahrtszone vor den Garagen nur den Eigentümern der jeweiligen Garagen sowie deren jeweiligen Mietern und Besuchern gestattet.314 Zulässig kann auch eine Regelung sein, die bestimmten Wohnungseigentümern ein ausschließliches Recht zum Parken zu bestimmten Zeiten einräumt, wenn dies sachlich gerechtfertigt ist.315 Ebenso kann die Ein- und Ausfahrt zu Stellplätzen eines sondernutzungsberechtigten Teileigentümers einer als „Laden“ ausgewiesenen Einheit durch Mehrheitsbeschluss ab 21:00 Uhr beschränkt 305 Offen gelassen von LG Lüneburg v. 13.1.2010 – 5 S 87/09, NZM 2010, 870. 306 KG v. 2.7.1990 – 24 W 1434/90, ZMR 1990, 426; LG Berlin v. 24.6.2011 – 55 S 419/10, GrundE 2011, 1631; vgl. BayObLG v. 30.10.1992 – 2Z BR 88/92, ZMR 1993, 341: auch bei Versteigerung. 307 Vgl. dazu KG v. 28.2.1996 – 24 W 8306/94, ZMR 1996, 392; KG v. 27.4.1994 – 24 W 7352/93, ZMR 1994, 379; BayObLG v. 12.12.1991 – BReg.2 Z 160/91, WuM 1992, 205. 308 OLG Hamburg v. 18.9.1991 – 2 Wx 22/90, ZMR 1992, 116: Lkw, Klein-Lkw und Wohnwagen. 309 AG Hattingen v. 23.1.2014 – 28 C 30/13, ZMR 2014, 576. 310 KG v. 20.10.1999 – 24 W 9855/98, ZMR 2000, 192. 311 A.A. Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 64; vgl. KG v. 8.9.1995 – 24 W 5943/94, ZMR 1996, 279: Beschluss ist aber nicht nichtig. 312 OLG Hamm v. 9.5.2000 – 15 W 342/99, ZMR 2000, 634; OLG Hamburg v. 20.1.1993 – 2 Wx 41/ 91, ZMR 1993, 425. 313 LG Berlin v. 11.7.2000 – 85 T 359/99, ZMR 2001, 915. 314 LG Nürnberg-Fürth v. 17.12.2008 – 14 S 4885/08, ZMR 2009, 317. 315 OLG Frankfurt v. 19.6.2007 – 20 W 403/05, ZMR 2008, 398.

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§ 15 Rz. 104 | Gebrauchsregelung werden.316 Unzulässig ist hingegen ein Parkverbot, das das Parken von Kunden eines Teileigentümers während der Geschäftszeit ausschließt,317 ebenso ein generelles Benutzungsverbot für von der Gemeinschaft nicht vermietete Parkplätze.318 105 Die Wohnungseigentümer können ein Rauchverbot auf gemeinschaftlichen Fluren und in

Treppenhäusern beschließen. Auch eine Erlaubnis entspricht aber ordnungsmäßiger Verwaltung, so dass das Rauchverbot grundsätzlich nicht als gerichtliche Gebrauchsregelung nach Abs. 3 verlangt werden kann.319 Ein Rauchverbot für das Sondereigentum greift hingegen in das Recht zur persönlichen Entfaltung der Bewohner ein und entspricht nicht mehr ordnungsmäßiger Verwaltung. Das gilt auch für ein Rauchverbot für Balkone und die Außenbereiche im Gemeinschaftseigentum; denn hier sind die Störungen der anderen Bewohner und die Gefahren des Passivrauchens deutlich geringer als innerhalb des Gebäudes. Dringt aufgrund baulicher Gegebenheiten beim Lüften bestimmter Wohnungen Abluft aus anderen Wohnungen ein, kann zur Vermeidung von Geruchsbelästigungen das Rauchen auf Balkonen oder bei geöffnetem Fenster in der Wohnung aber zeitlich beschränkt werden.320 Rauchende Wohnungseigentümer und ihre Mieter können außerdem durch Beschluss verpflichtet werden, zumutbare Vorkehrungen zu treffen, um eine Geruchsbelästigung anderer Wohnungseigentümer im Treppenhaus zu vermeiden. 106 Keine Gebrauchsregelungen sind die gelegentlich in Hausordnungen anzutreffenden Pflichten

einzelner Wohnungseigentümer zu tätiger Mithilfe (s. Rz. 68). Diese dienen vielmehr der Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums, so dass sich eine Beschlusskompetenz allenfalls aus § 21 Abs. 3 ergeben kann. Zu Reinigungspflichten für das gemeinschaftliche Eigentum und zur Überwälzung der Straßenreinigungs- und Streupflicht auf die Wohnungseigentümer s. § 21 Rz. 59 f. 106a Die Benutzung von gemeinschaftlicher Sauna und Schwimmbad kann durch eine Badeord-

nung geregelt werden. Ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen dabei grds. auch Regeln zur Badebekleidung sowie ein Verbot, die Sauna bekleidet zu benutzen. Das Tragen eines Burkinis generell zu untersagen, wird dabei aber vielfach einen unverhältnismäßigen Eingriff in die zu berücksichtigende Glaubensfreiheit (s. auch Rz. 73) muslimischer Wohnungseigentümer sein.321 Zulässig ist es auch, die Nutzung zeitlich zu beschränken.322 107 Die Wohnungseigentümer können Regeln für die Tierhaltung beschließen, um möglicherwei-

se zu erwartende Belästigungen, Gefahren und Beeinträchtigungen auszuschließen oder zu mindern. So können die Wohnungseigentümer das freie Umherlaufen von Hunden und Katzen in der Wohnanlage durch Beschluss verbieten; dem steht § 2 TierSchG nicht entgegen.323 Aber auch der gegenteilige Beschluss – der Verzicht auf einen Anleinzwang – entspricht angesichts des weiten Gestaltungsermessens der Wohnungseigentümer ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn nicht zwingendes Recht, insbesondere landesrechtliche Vorschriften über das Halten gefährlicher Hunde, oder andere besondere Umstände entgegen stehen.324 Möglich ist 316 Vgl. OLG München v. 3.4.2007 – 34 Wx 25/07, ZMR 2007, 484. 317 BayObLG v. 23.7.1999 – 2Z BR 1000/99, ZMR 1999, 776; KG v. 18.12.1995 – 24 W 7497/94, ZMR 1996, 212. 318 OLG Köln v. 13.10.2008 – 16 Wx 85/08, ZMR 2009, 388. 319 BayObLG v. 25.3.1999 – 2Z BR 105/98, ZMR 1999, 504. 320 Vgl. LG Frankfurt v. 28.1.2014 – 2-9 S 71/13, ZWE 2014, 171; AG München v. 28.4.2014 – 485 C 28018/13, ZMR 2014, 838. 321 Heinemann MietRB 2018, 115 (zu Recht abl. zu AG Köln v. 5.12.2017 – 204 C 97/17, juris). 322 OLG Düsseldorf v. 2.6.2003 – 3 Wx 94/03, MietRB 2004, 79 = ZMR 2004, 528. 323 BayObLG v. 2.6.2004 – 2Z BR 99/04, ZMR 2004, 769; LG Frankfurt v. 14.7.2015 – 2-9 S 11/15, ZWE 2015, 413. 324 BGH v. 8.5.2015 – V ZR 163/14, MDR 2015, 757 = MietRB 2015, 236; LG Itzehoe v. 28.5.2014 – 11 S 58/14, ZMR 2014, 912; a.A. AG München v. 19.9.2011 – 485 C 1864/11, ZMR 2012, 307.

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III. Gebrauchsregelung durch Beschluss (Abs. 2) | Rz. 107 § 15

auch ein Beschluss, dass der Transport von Tieren im Aufzug untersagt ist.325 Zum Leinenzwang und zu Betretungsverboten von Außenanlagen s. auch Rz. 92. Ein generelles Verbot, Haustiere zu halten, entspricht aber in keinem Fall ordnungsmäßiger Verwaltung, weil es das Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit unverhältnismäßig einschränkt, indem es sich nicht auf die Unterbindung störender Verhaltensweisen beschränkt.326 Ein dennoch gefasster Beschluss ist nicht wegen eines Eingriffs in den sog. Kernbereich des Wohnungseigentums nichtig, sondern lediglich anfechtbar (dazu Rz. 80).327 Allerdings kann die Durchsetzung eines bestandskräftig gewordenen Tierhaltungsverbots gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen, etwa wenn der Wohnungseigentümer auf einen Blindenhund angewiesen ist oder die Tierhaltung aus gesundheitlichen Gründen für ihn wichtig ist.328 Zumutbare Beschränkungen der Tierhaltung sind indessen auch durch Beschluss möglich. Die Zahl und Art der Tiere kann – auch abhängig von der Wohnungsgröße – beschränkt werden.329 Die Beschränkungen dürfen sich aber nicht auf Tiere beziehen, die außerhalb der Wohnung nicht wahrnehmbar sind und mit denen keine Gefahren oder Verschmutzungen des Gemeinschaftseigentums einhergehen, wie z.B. Zierfische oder Kaninchen. Auch können die Wohnungseigentümer das Halten gefährlicher Tiere wie Kampfhunde oder Giftschlangen ganz untersagen oder von einer Genehmigung abhängig machen.330 Die Verwendung des Begriffs „Kampfhund“ ist dabei nicht zu unbestimmt, da dessen Auslegung anhand der Landesgesetze bzw. -verordnungen331 und der allgemeinen Verkehrsanschauung möglich ist.332 Das gilt auch für den Begriff des „Kampfhundmischlings“. Unter diesem sind Kreuzungen von Kampfhundrassen untereinander oder Kreuzungen eines Kampfhundes mit einem anderen Hund zu verstehen.333 Auch eine Genehmigungspflicht für die Tierhaltung kann beschlossen werden.334 Sie darf allerdings nicht zu einer Umgehung des Verbots der Tierhaltung führen. Wenn der Beschluss die Gründe nicht regelt, aus denen die Zustimmung versagt werden darf, ist eine Zustimmungsverweigerung nur aus sachlichen, im Rahmen einer Interessenabwägung gerechtfertigten Gründen zulässig.335 Unzumutbar und deshalb anfechtbar ist ein Genehmigungsvorbehalt,

325 Vgl. LG Karlsruhe v. 12.12.2013 – 5 S 43/13, ZWE 2014, 172 zur Nichtigkeit. 326 OLG Saarbrücken v. 2.10.2006 – 5 W 154/06-51, MietRB 2007, 236 = NJW 2007, 779; KG v. 13.1.1992 – 24 W 2671/91, NJW 1992, 2577; OLG Stuttgart v. 4.3.1982 – 8 W 8/82, MDR 1982, 583 = ZMR 1983, 322. 327 BGH v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, BGHZ 129, 329 = MDR 1995, 895 = NJW 1995, 2036; OLG Düsseldorf v. 10.12.2004 – 3 Wx 311/03, ZMR 2005, 303; OLG Düsseldorf v. 15.7.2002 – 3 Wx 173/02, ZMR 2002, 775; BayObLG v. 24.8.2000 – 2Z BR 58/00, NZM 2001, 105; AG Würzburg v. 16.12.2014 – 30 C 1598/14, ZMR 2015, 423; a.A. OLG Saarbrücken v. 2.10.2006 – 5 W 154/06-51, MietRB 2007, 236 = NJW 2007, 779; Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 91.3. 328 Vgl. BayObLG v. 24.8.2000 – 2Z BR 58/00, NZM 2001, 105. 329 OLG Celle v. 31.1.2003 – 4 W 15/03, MDR 2003, 925 = ZMR 2003, 440 (Beschränkung auf einen Hund oder eine Katze pro Wohnung); KG v. 8.4.1998 – 24 W 1012/97, MDR 1998, 1345 = ZMR 1998, 658 (ein Hund oder drei Katzen); LG Lüneburg v. 15.5.2012 – 9 S 73/11, ZMR 2012, 728 (zwei Tiere je Sondereigentumseinheit); LG Stuttgart v. 19.12.2011 – 2 S 21/11, ZWE 2012, 290 (Verbot der Schweinehaltung); vgl. OLG Schleswig v. 27.11.2003 – 2 W 165/03, ZMR 2004, 940. 330 KG v. 23.6.2003 – 24 W 38/03, MDR 2004, 272 = ZMR 2004, 704; OLG Frankfurt v. 18.3.1993 – 2 U 124/92, NJW-RR 1993, 982: Kampfhunde; OLG Karlsruhe v. 29.12.2003 – 14 Wx 51/03, MietRB 2004, 236 = NZM 2004, 551: Schlangen und giftige Frösche. 331 § 1 HundeV Ba-Wü, § 1 BayHundeV, § 4 HundeG Berl., § 8 brandenbg. HundehV, § 1 HundeG Bremen; § 2 hambg. HundeG, § 2 hess. HundeVO, § 2 HundehVO M-V, § 1 nieders. GefTVO § 3 LHundG NRW, § 1 rheinl.-pf. LHundG, § 5 sächs. GefHundG, § 1 GefHuV Sachsen-Anhalt, § 6 HundeV Saarland, § 3 GefHuV Schleswig-Holstein, § 3 Abs. 2 thüring. GefTierG. 332 KG v. 23.6.2003 – 24 W 38/03, MDR 2004, 272 = ZMR 2004, 704. 333 KG v. 23.6.2003 – 24 W 38/03, MDR 2004, 272 = ZMR 2004, 704. 334 OLG Frankfurt v. 13.9.2005 – 20 W 87/03, MietRB 2006, 194 = ZWE 2006, 80; OLG Saarbrücken v. 7.5.1999 – 5 W 365/98, NZM 1999, 621. 335 OLG Saarbrücken v. 7.5.1999 – 5 W 365/98, NZM 1999, 621.

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§ 15 Rz. 107 | Gebrauchsregelung der die schriftliche Genehmigung sämtlicher Eigentümer verlangt.336 Wird ein Tierhalter wegen fehlender Genehmigung auf Unterlassung in Anspruch genommen, kann er sich damit verteidigen, dass die materiellen Voraussetzungen einer Genehmigung vorlagen und diese ihm zu Unrecht verweigert worden ist.337 108 Die Wohnungseigentümer können die Vermietung von Gemeinschaftseigentum mit Mehr-

heit nach Abs. 2 beschließen, wenn dem keine Vereinbarung entgegensteht.338 Andernfalls ist der Beschluss als vereinbarungsändernder Beschluss nichtig. Widerspricht die vom Mieter vorgesehene Nutzung der Zweckbestimmung, ist der Beschluss anfechtbar. Ein Mehrheitsbeschluss über die Vermietung von Gemeinschaftseigentum entzieht den Wohnungseigentümern nicht wie das Sondernutzungsrecht das Recht zum Mitgebrauch, sondern ersetzt die Möglichkeit des unmittelbaren Eigengebrauchs durch die des mittelbaren Fremdgebrauchs und lässt an die Stelle des unmittelbaren Gebrauchs den Anteil an der Mieteinnahme treten. Das gilt auch dann, wenn im Einzelfall die Mieteinnahme für den einzelnen Wohnungseigentümer rechnerisch gering ausfällt und wirtschaftlich unbedeutend ist339 oder wenn die Vermietung über einen langen Zeitraum erfolgt.340 Unerheblich ist es auch, wenn ein Wohnungseigentümer durch die Vermietung von Stellplätzen das Recht zur unentgeltlichen Eigennutzung verliert.341 Allerdings wird es ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, wenn bei Knappheit Stellplätze oder Kellerräume an Dritte und nicht an die Wohnungseigentümer vermietet oder langfristige Mietverträge ohne Kündigungsmöglichkeit geschlossen werden (s. Rz. 103).342 Der Mietvertrag wird mit dem rechtsfähigen Verband geschlossen, der die Rechte der Wohnungseigentümer am Miteigentum nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Hs. 1 zwingend ausübt.343 Es bietet sich an, mit dem Beschluss über die Vermietung den Verwalter zum Vertragsschluss nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 zu ermächtigen. Eine Zustimmung dinglich Berechtigter ist nicht erforderlich, denn §§ 876 f. BGB sind auf allein schuldrechtliche Rechtsgeschäfte auch nicht entsprechend anwendbar.344 Die Rechte aus dem Mietvertrag stehen dem Verband dann als eigene Rechte aus § 10 Abs. 6 S. 1 zu. Über die das Mietverhältnis betreffenden Angelegenheiten (z.B. Mieterhöhungsverlangen345 und Kündigung) können die Wohnungseigentümer ebenfalls mit Mehrheit beschließen. 109 Als Gebrauchsregelung sind Regelungen zur Videoüberwachung von im Gemeinschaftseigen-

tum stehenden Flächen durch einzelne Wohnungseigentümer grundsätzlich einem Beschluss nach Abs. 2 zugänglich. Der Einsatz einer Überwachungskamera durch die Gemeinschaft stellt sich dagegen als Maßnahme der Verwaltung dar, die den §§ 21, 22 unterliegt (s. § 22 Rz. 107). Regelmäßig wird nur ein Beschluss, der den einzelnen Wohnungseigentümern ein Anbringen von Kameras untersagt, einen ordnungsmäßigen Gebrauch regeln.346 Das Interesse eines einzelnen Wohnungseigentümers an der Überwachung des Gemeinschaftseigentums

336 OLG Karlsruhe v. 25.2.1988 – 11 W 142/87, ZMR 1988, 184. 337 Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 91.3. 338 BGH v. 29.6.2000 – V ZB 46/99, BGHZ 144, 386 = MDR 2000, 1182 = NJW 2000, 3211; a.A., aber überholt OLG Zweibrücken v. 5.6.1986 – 3 W 96/86, ZMR 1986, 368. 339 OLG Hamburg v. 10.3.2004 – 2 Wx 144/01, MietRB 2004, 326 = ZMR 2004, 615. 340 OLG Hamburg v. 1.9.2003 – 2 Wx 20/03, MietRB 2004, 109 = ZMR 2003, 957: Verpachtung einer Gartenfläche für 30 Jahre; LG Hamburg v. 28.10.2015 – 318 S 9/15, ZMR 2016, 57: Vermietung eines Kellers auf 20 Jahre; LG Berlin v. 29.5.2018 – 85 S 43/16, ZMR 2018, 847: Unbefristete Vermietung unter Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts. 341 OLG Hamburg v. 6.2.2003 – 2 Wx 74/99, MietRB 2003, 108 = ZMR 2003, 444. 342 Vgl. KG v. 2.7.1990 – 24 W 1434/90, ZMR 1990, 426. 343 Schultzky, MietRB 2012, 61 (62); Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 291; Müller in Timme, § 13 WEG Rz. 48. 344 Müller in Timme, § 13 WEG Rz. 55; differenzierend Suilmann in Bärmann, § 15 WEG Rz. 63. 345 Vgl. BayObLG v. 28.3.1979 – BReg.2 Z 7/78, ZMR 1979, 214. 346 Vgl. OLG München v. 11.3.2005 – 32 Wx 2/05, ZMR 2005, 474.

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III. Gebrauchsregelung durch Beschluss (Abs. 2) | Rz. 112 § 15

rechtfertigt einen gestattenden Beschluss grundsätzlich nicht. Ein Beschluss, der die Anbringung digitaler Türspione mit Aufzeichnungsmöglichkeit gestattet, ist daher anfechtbar347. Ordnungsmäßiger Verwaltung kann ein die Überwachung gestattender Beschluss nur entsprechen, wenn sich die Überwachung auf ein Sondernutzungsrecht des Wohnungseigentümers beschränkt, ein berechtigtes Überwachungsinteresse besteht und die Voraussetzungen des § 4 BDSG eingehalten werden (s. auch § 14 Rz. 4c).348 Der Einsatz im eigenen Sondereigentum kann als nicht störender Gebrauch nicht durch Beschluss beschränkt werden.349 Die Wohnungseigentümer können das Waschen und Trocknen im gemeinsamen Waschkeller 110 auch an Sonn- und Feiertagen zulassen, soweit die Bewohner nicht durch die Geräusche unzumutbar gestört werden.350 Ebenso zulässig ist es, die Nutzung auf die Zeit von 7 bis 22 Uhr zu beschränken.351 Die Festlegung kürzerer Nutzungszeiten, die die Benutzung durch berufstätige Wohnungseigentümer faktisch ausschließt, entspricht hingegen nicht mehr ordnungsmäßiger Verwaltung.352 Der Betrieb einer Waschmaschine und eines Wäschetrockners in der Wohnung kann in der 111 Regel nicht durch Beschluss untersagt werden.353 Nur ausnahmsweise kann ein Wohnungseigentümer auf gemeinschaftliche Wasch- und Trockenräume verwiesen werden, wenn diese für ihn zumutbar zugänglich sind und von dem Betrieb der Geräte in der Wohnung erhebliche Geräuschbelästigungen der anderen Wohnungseigentümer ausgehen. In diesem Fall entspricht auch die Festlegung von Ruhezeiten ordnungsmäßiger Verwaltung (dazu Rz. 94). Das Wäschetrocknen auf Balkonen kann nicht durch Mehrheitsbeschluss untersagt werden, wenn es einem generellen Verbot des Wäschetrocknens im Freien gleichkommt.354 Eine zeitweise Einschränkung ist bei sachlichen Gründen, etwa bei entsprechender örtlicher Umgebung an Sonn- und Feiertagen, hingegen ebenso zulässig wie das Verbot des Wäschetrocknens an einzelnen Stellen. Bei Werbemaßnahmen auf dem Gemeinschaftseigentum ist das Interesse des Teileigentü- 112 mers, in angemessener und ortsüblicher Weise zu werben, gegen die Beschränkungen der Verkehrssicherheit und des optischen Gesamteindrucks abzuwägen. Durch Mehrheitsbeschluss kann ein dauerhafter und fester Standort auf dem Gemeinschaftseigentum für Werbeanlagen aber nicht bestimmt werden, wenn dieser dazu führt, dass die Flächen nicht mehr von den übrigen Miteigentümern genutzt werden können. Es liegt dann die Einräumung eines Sondernutzungsrechts vor, die nur durch Vereinbarung möglich ist (dazu § 22 Rz. 109). Das Aufstellen anderer Werbeanlagen, z.B. beweglicher Werbeträger, kann ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, wenn dem Bedürfnis des Gewerbetreibenden, angemessen und ortsüblich zu werben, anderweitig Rechnung getragen ist.355 Bestehen bereits Sondernutzungsrechte an der Fassade, die eine ausreichende Werbung ermöglichen, kann das Aufstellen von Werbeträgern auf den Gemeinschaftsflächen aber auch ganz untersagt werden.356

347 AG Bergisch Gladbach v. 3.9.2015 – 70 C 17/15, NJW 2015, 3729. 348 Elzer, NJW 2013, 3537 (3541); vgl. BGH v. 24.5.2013 – V ZR 220/12, MDR 2013, 1091 = MietRB 2013, 268 f. = NJW 2013, 3089: Vandalismus als berechtigtes Überwachungsinteresse; BGH v. 21.10.2011 – V ZR 265/10, ZWE 2012, 83: Zulässigkeit der Videoüberwachung in einer Mehrhausanlage. 349 Vgl. BGH v. 16.3.2010 – VI ZR 176/09, MDR 2010, 682 = NJW 2010, 1533; BGH v. 24.5.2013 – V ZR 220/12, MDR 2013, 1091 = MietRB 2013, 268 f. = NJW 2013, 3089. 350 OLG Köln v. 3.12.1999 – 16 Wx 165/99, ZMR 2000, 564. 351 BayObLG v. 23.10.1992 – 2Z BR 87/92, WuM 1992, 707. 352 KG v. 7.1.1985 – 24 W 4631/84, ZMR 1985, 131. 353 OLG Frankfurt v. 4.12.2000 – 20 W 414/99, NZM 2001, 1136. 354 OLG Düsseldorf v. 1.10.2003 – 3 Wx 393/02, ZMR 2005, 142. 355 BayObLG v. 18.1.2001 – 2Z BR 64/00, NZM 2002, 257. 356 BayObLG v. 18.1.2001 – 2Z BR 64/00, NZM 2002, 257.

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§ 15 Rz. 113 | Gebrauchsregelung 113 Das Verbot von Kinderspielen (Ballspiele und Radfahren) auf durch Kfz befahrenen Wegen

und anderen Zufahrtsflächen zu Kraftfahrzeugstellplätzen im Rahmen einer Hausordnung hält sich auch dann in den Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn es in der Wohnanlage keinen eigenen Kinderspielplatz gibt.357

IV. Ansprüche des Wohnungseigentümers auf zulässigen Gebrauch (Abs. 3) 114 Abs. 3 gewährt zwei unterschiedliche Ansprüche: Er gibt jedem Wohnungseigentümer zu-

nächst einen Individualanspruch auf Einhaltung des durch Gesetz, Vereinbarung oder Beschluss vorgegebenen bzw. interessengerechten Gebrauchs. Außerdem steht jedem Wohnungseigentümer – wie bei der Bruchteilsgemeinschaft nach § 745 Abs. 2 BGB – nach Abs. 3 ein Anspruch auf angemessene Gebrauchsregelung zu, wenn eine solche fehlt.

1. Durchsetzung eines gesetzes-, vereinbarungs- und beschlusskonformen Gebrauchs 115 Abs. 3 regelt einen Anspruch jeden Wohnungseigentümers auf Einhaltung des vorgegebenen

Gebrauchs. Wird einem Wohnungseigentümer der eigene Gebrauch des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums streitig gemacht, kann er diesen Anspruch den anderen Wohnungseigentümern entgegensetzen. Für einen Abwehranspruch auf Beseitigung von Störungen und Unterlassung durch andere Eigentümer bietet Abs. 3 allerdings keine ausreichende Anspruchsgrundlage. § 1004 BGB ist daher ergänzend analog heranzuziehen.358 Es ist als Gewohnheitsrecht anerkannt, dass § 1004 BGB nicht nur einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch bezüglich des Eigentums regelt, sondern in entsprechender Anwendung einen allgemeinen quasinegatorischen Abwehranspruch zum Schutz rechtlicher Interessen gewährt.359 116 Der Anspruch nach § 15 Abs. 3 i.V.m. § 1004 BGB analog beschränkt sich auf die Fälle un-

zulässigen Gebrauchs. Er sichert als schuldrechtlicher Anspruch360 die Durchsetzung der Rechtsregeln in der Gemeinschaft. Damit erfüllt er eine andere Aufgabe als der dingliche Abwehranspruch nach § 1004 BGB (dazu § 13 Rz. 51), der der Abwehr von Eigentumsverletzungen dient, und als die Besitzschutzansprüche (dazu § 13 Rz. 7). Die Ansprüche stehen nebeneinander und können unabhängig voneinander geltend gemacht werden. a) Unzulässiger Gebrauch 117 Nach Abs. 3 ist ein Gebrauch unzulässig, der mit dem Gesetz, Vereinbarungen, Beschlüssen

oder dem Interesse der Wohnungseigentümer unvereinbar ist. Abgewehrt werden kann nur ein Gebrauch auf dem Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Nutzung eines benachbarten Grundstücks kann nicht Gegenstand eines auf Abs. 3 gestützten Unterlassungsanspruchs sein, selbst wenn dessen Eigentümer Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist.361 Gegen die Nutzung des Nachbargrundstücks kann nur bei einem Eingriff in das Gemeinschafts- oder das Sondereigentum nach § 1004 BGB vorgegangen werden (dazu § 13 Rz. 51).

357 358 359 360 361

BayObLG v. 12.9.1991 – BReg.2 Z 52/91, juris. A.A. Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 94. Vgl. Ebbing in Erman, § 1004 BGB Rz. 10. Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 114; Suilmann in Bärmann, § 15 WEG Rz. 80. OLG Hamm v. 28.2.2006 – 15 W 352/05, ZMR 2006, 707.

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IV. Ansprüche des Wohnungseigentümers auf zulässigen Gebrauch (Abs. 3) | Rz. 122 § 15

Die gesetzlichen Grenzen des Gebrauchs ergeben sich zunächst nach § 14 (dazu § 14 Rz. 2 ff.). 118 Unter Umständen sind zu dessen Auslegung die Regelungen des privaten Nachbarrechts heranzuziehen (im Einzelnen § 13 Rz. 14). Der Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften führt nicht unmittelbar zu einem gesetzeswidrigen Gebrauchs i.S.d. Abs. 3. Wenn diese nachbarschützend sind, kann ein Verstoß aber einen Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 begründen (dazu § 13 Rz. 16). Dem Verstoß gegen Vereinbarungen und Beschlüsse ist ein Verstoß gegen rechtskräftige ge- 119 richtliche Entscheidungen gleichzustellen, soweit durch diese der Gebrauch geregelt worden ist (dazu Rz. 141 ff.). Verstößt ein Wohnungseigentümer gegen ihm durch Urteil auferlegte Unterlassungspflichten, bedarf es des Anspruchs nach § 15 Abs. 3 nicht, denn die Einhaltung der dort geregelten Pflichten kann bereits durch Vollstreckung des Urteils erreicht werden. b) Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch aa) Anspruchsvoraussetzungen und -ziel Ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch kann bei jedem unzulässigen Gebrauch i.S.d. 120 Abs. 3 geltend gemacht werden. Eine darüber hinausgehende konkrete Beeinträchtigung des Anspruchstellers ist keine Anspruchsvoraussetzung.362 Der Unterlassungsanspruch ist bereits bei einem unzulässigen Gebrauch begründet.363 Relevant wird diese umstrittene Frage zwar nicht in den praktisch wichtigen Fällen des § 14 Nr. 1, weil hier die konkrete Beeinträchtigung Tatbestandsvoraussetzung ist (dazu § 14 Rz. 3), aber bei der zweckbestimmungswidrigen Nutzung (dazu Rz. 19). Auch wenn im Rahmen einer sog. faktischen Realteilung die Geltung von landesrechtlichen Abstandsvorschriften für Anpflanzungen vereinbart ist, muss bei einem Verstoß dagegen der Anspruchsteller seine konkrete Beeinträchtigung nicht geltend machen.364 Ebenso wenig ist die Erheblichkeit des Verstoßes gegen die Gebrauchsregelung eine Anspruchsvoraussetzung.365 Die nach § 1004 BGB erforderliche Beeinträchtigung liegt bereits in dem Verstoß gegen Abs. 3, so dass § 1004 BGB nur noch hinsichtlich der Rechtsfolge entsprechend heranzuziehen ist. Der Anspruch ist nur dann ausgeschlossen, wenn seine Geltendmachung rechtsmissbräuchlich ist (§ 242 BGB; s. Rz. 131).366 Der Unterlassungsanspruch setzt grundsätzlich Wiederholungsgefahr voraus. Sie wird bei 121 Vorliegen eines Verstoßes vermutet,367 kann aber durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt werden. Der Wohnungseigentümer kann auch vorbeugend Unterlassung verlangen, wenn die Verletzung der Gebrauchsregeln konkret droht, also eine ernsthafte Besorgnis besteht (Erstbegehungsgefahr).368 Der Anspruch nach § 1004 BGB ist auf Unterlassung der Störung und nicht auf das Verbot 122 oder Gebot eines bestimmten Verhaltens gerichtet. Dem Störer muss grundsätzlich selbst überlassen bleiben, welche Mittel er einsetzt, um den Anspruch zu erfüllen.369 So kann der vermietende Eigentümer nicht verpflichtet werden, seinem Mieter, der gegen die Hausord-

362 LG Karlsruhe v. 5.12.2017 – 11 S 145/16, ZWE 2018, 208; LG Hamburg v. 19.10.2016 – 318 T 33/ 16, WuM 2016, 756. 363 Bruns, NJW 2011, 337; Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 130. 364 BGH v. 4.3.2010 – V ZB 130/09, MDR 2010, 688 = MietRB 2010, 171 = NZM 2010, 365. 365 A.A. OLG Celle v. 24.2.2012 – 4 W 1/12, ZMR 2012, 569. 366 Suilmann in Bärmann, § 13 WEG Rz. 120. 367 LG Hamburg v. 4.3.2009 – 318 S 93/08, ZMR 2009, 548. 368 BGH v. 18.1.2013 – V ZR 88/12, ZWE 2013, 131; LG Hamburg v. 20.10.2010 – 318 S 42/10, ZMR 2011, 161. 369 Vgl. KG v. 19.3.2007 – 24 W 317/06, ZMR 2007, 639; OLG Frankfurt v. 28.1.2004 – 20 W 124/03, NJW-RR 2004, 662.

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§ 15 Rz. 122 | Gebrauchsregelung nung verstößt, zu kündigen.370 Auch kann nicht Beseitigung eines störenden Gehölzes verlangt werden, wenn dessen Rückschnitt genügt.371 Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn lediglich eine konkrete Handlung oder Unterlassung geeignet ist, das störende Verhalten abzustellen.372 Überlässt der Ersteher einer Eigentumswohnung dem früheren Wohnungseigentümer weiterhin den Besitz am Sondereigentum, nachdem diesem das Wohnungseigentum vorher nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG entzogen wurde, richtet sich der Anspruch darauf, dass der Ersteher dem früheren Wohnungseigentümer den Besitz entzieht.373 123 Häufig bereitet es Schwierigkeiten, das störende Verhalten bestimmt genug zu beschreiben.

Bei Immissionen ist es deshalb zulässig, von dem Störer die Unterlassung „übermäßiger Geräuschentwicklungen, insbesondere durch Geschrei, laute Musik, Springen, Trampeln, Möbelrücken usw.“ zu verlangen. Dies genügt als Klageantrag den Anforderungen des § 253 ZPO; über die Wesentlichkeit der Lärmimmissionen ist dann im Vollstreckungsverfahren zu entscheiden.374 Unbestimmt ist hingegen ein Unterlassungsantrag, der auf ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe Bezug nimmt, z.B. wenn die Unterlassung einer „zweckwidrigen gewerblichen Nutzung“ verlangt wird.375

124 Die Beseitigung der Störung kann verlangt werden, wenn sich der unzulässige Gebrauch

nicht in dem Verhalten des Störers erschöpft. Der Wohnungseigentümer kann dann auch die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes verlangen, etwa das Wiederanbringen der Absperrkette zwischen Parkplätzen.376 Die Ersatzanpflanzung widerrechtlich entfernter Pflanzen ist aber keine Wiederherstellung mehr, sondern kann nur als Naturalrestitution im Wege des Schadenersatzes verlangt werden.377 Der Wiederherstellungsanspruch wird insbesondere bei baulichen Veränderungen relevant (dazu § 22 Rz. 45 ff.). bb) Anspruchsinhaber 125 Aktivlegitimiert ist jeder Wohnungseigentümer, ohne dass es einer Ermächtigung durch Be-

schluss der Gemeinschaft bedarf.378 Steht eine Wohnungseigentumseinheit im Miteigentum Mehrerer, kann jeder von ihnen nach §§ 1011, 432 BGB den Unterlassungsanspruch geltend machen. Ein Wohnungseigentümer kann den Anspruch auch durch seinen Mieter als gewillkürten Prozessstandschafter durchsetzen lassen.379 125a Möglich ist auch, dass der Gemeinschaft durch Beschluss nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 die Aus-

übungsbefugnis übertragen wird, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Störung das Gemeinschafts- oder das Sondereigentum betrifft.380 Die Ansprüche nach § 1004 Abs. 1 BGB 370 OLG Köln v. 15.1.1997 – 16 Wx 275/96, ZMR 1997, 253. 371 KG v. 8.11.1995 – 24 W 3046/95, ZMR 1996, 149. 372 BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = NJW 2010, 220; BGH v. 12.12.2003 – V ZR 98/03, MDR 2004, 503 = NJW 2004, 1035. 373 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, MDR 2017, 326 = MietRB 2017, 43 = ZWE 2017, 84 Rz. 17. 374 OLG Düsseldorf v. 19.8.2009 – 3 Wx 233/08, NJW 2009, 3377. 375 LG München I v. 26.1.2015 – 1 S 9962/14, ZMR 2015, 791. 376 BayObLG v. 10.9.1998 – 2Z BR 86/98, NZM 1999, 29. 377 LG München v. 22.2.2017 – 1 S 13878/15, ZMR 2017, 1006. 378 BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 = MDR 1992, 484 = NJW 1992, 978; BayObLG v. 15.1.2004 – 2Z BR 225/03, ZMR 2004, 445; BayObLG v. 18.3.1997 – 2Z BR 116/96, ZMR 1997, 374; OLG Frankfurt v. 3.11.2003 – 20 W 506/01, ZMR 2004, 290; OLG Düsseldorf v. 25.4.1996 – 3 Wx 378/95, ZMR 1996, 396. 379 BayObLG v. 20.4.2000 – 2Z BR 9/00, ZMR 2001, 906. 380 BGH v. 5.12.2004 – V ZR 5/14, BGHZ 203, 327 = MDR 2015, 267 = MietRB 2015, 78; BGH v. 4.7.2014 – V ZR 183/13, MDR 2014, 1134; LG Hamburg v. 3.6.2008 – 318 T 87/07, ZMR 2008, 828; LG Itzehoe v. 9.5.2008 – 11 T 10/08, ZMR 2008, 736; Suilmann in Bärmann, § 15 WEG Rz. 84; einschränkend auf Fälle, in denen das Gemeinschaftseigentum betroffen ist, Hügel/Elzer, § 15

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IV. Ansprüche des Wohnungseigentümers auf zulässigen Gebrauch (Abs. 3) | Rz. 126 § 15

i.V.m. § 15 Abs. 3 haben den für die gekorene Ausübungsbefugnis erforderlichen Gemeinschaftsbezug bereits deshalb, weil die Ausübung durch den Verband „förderlich“ ist.381 Die Beschlussfassung liegt im Ermessen der Wohnungseigentümer; ein Anspruch auf Vergemeinschaftung nach § 21 Abs. 4 besteht nicht.382 Mit einem Beschluss über die Durchsetzung der Ansprüche im Wege einer Klage wird im Zweifel die Gemeinschaft als Verband auch zur Ausübung ermächtigt.383 Auch im Beschluss, einen Rechtsanwalt mit der Prüfung von Ansprüchen zu beauftragen, soll bereits die Ausübungsermächtigung liegen.384 Die Gemeinschaft tritt dann als Prozessstandschafterin für die einzelnen Wohnungseigentümer auf. Diese verlieren durch den Beschluss nach h.M. das Recht, den Anspruch aus eigenem Recht weiter zu verfolgen (s. § 13 Rz. 63). Der Verwalter ist grundsätzlich nicht zur Prozessführung berechtigt. Er kann nicht mehr als 125b Prozessstandschafter für die nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 aktivlegitimierte Wohnungseigentümergemeinschaft auftreten, denn infolge der Rechts- und Parteifähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ist diese nunmehr ohne weiteres selbst in der Lage, Ansprüche durchzusetzen, so dass das Bedürfnis für ein Tätigwerden des Verwalters im eigenen Namen entfallen ist.385 Dem Verwalter kann die Prozessführung aber dadurch ermöglicht werden, dass ihm die Ansprüche durch die Wohnungseigentümer abgetreten werden.386 cc) Anspruchsgegner Der Anspruch richtet sich gegen den Handlungs- oder Zustandsstörer. Handlungsstörer ist 126 derjenige, der die Beeinträchtigung durch seine Handlung selbst oder durch eine von ihm in adäquater Weise verursachte Handlung eines Dritten bewirkt.387 Zustandsstörer ist der Eigentümer und Besitzer des beeinträchtigenden Wohnungseigentums, wenn die Beeinträchtigung zumindest mittelbar auf seinen Willen zurückgeht.388 Grundsätzlich kann vom Zustandsstörer nur Duldung der Störungsbeseitigung (durch den Handlungsstörer oder die WEG) verlangt werden.389 Auch der Zustandsstörer kann aber zur Beseitigung einer ihm zurechenbaren Störung verpflichtet sein, wenn er tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, die Störung zu beseitigen und die Störung bei der gebotenen wertenden Betrachtung durch seinen maßgebenden Willen zumindest aufrechterhalten wird.390 So kann beispielsweise ein Wohnungseigentümer auf Rückschnitt seiner Hecke in Anspruch genommen werden, wenn diese von seinem Rechtsvorgänger gepflanzt worden war, aber während seiner Zeit als Eigentümer die hinzunehmende Höhe überschritten hat. Zu weit geht es allerdings, wenn man den Zu-

381 382 383 384 385 386 387 388 389 390

WEG Rz. 70; ebenfalls einschränkend auf Fälle, in denen nicht ausschließlich Rechte einzelner Wohnungseigentümer betroffen sind, Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 119. BGH v. 5.12.2004 – V ZR 5/14, BGHZ 203, 327 = MDR 2015, 267 = MietRB 2015, 78. LG Itzehoe v. 24.1.2012 – 11 S 16/11, ZMR 2012, 390. BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, MDR 2015, 1057 = MietRB 2015, 300; a.A. LG Hamburg v. 2.5.2012 – 318 S 79/11, ZWE 2013, 25. LG Berlin v. 27.10.2017 – 55 S 218/16, GrundE 2017, 1563; a.A. Greiner IMR 2018, 111. BGH v. 28.1.2011 – V ZR 145/10, BGHZ 188, 157 = MDR 2011, 534 = MietRB 2011, 116 = NJW 2011, 1361; LG Hamburg v. 11.1.2012 – 318 S 32/11, ZMR 2012, 810; AG Hannover v. 17.4.2012 – 484 C 10745/11, ZMR 2012, 911. LG Hamburg v. 11.1.2012 – 318 S 32/11, ZMR 2012, 810. BGH v. 7.4.2000 – V ZR 39/99, MDR 2000, 1069 m. Anm. Horst = NJW 2000, 2901. BGH v. 4.3.2010 – V ZB 130/09, MDR 2010, 688 = MietRB 2010, 171 = NJW-RR 2010, 807. LG München I v. 3.8.2009 – 1 T 13291/05, ZMR 2010, 151; zweifelhaft OLG Düsseldorf v. 9.4.2008 – 3 Wx 3/08, ZWE 2008, 290, der den Zustandsstörer zur Duldung einer Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustandes verpflichtet sieht. BGH v. 4.3.2010 – V ZB 130/09, MDR 2010, 688 = MietRB 2010, 171 = NJW-RR 2010, 807; OLG München v. 3.8.2009 – 32 Wx 8/09, ZMR 2010, 56; vgl. auch BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, MDR 2017, 326 = MietRB 2017, 43 = ZWE 2017, 84.

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§ 15 Rz. 126 | Gebrauchsregelung standsstörer grundsätzlich dann für zur Beseitigung verpflichtet hält, wenn neben ihm kein Handlungsstörer haftet; das Fehlen oder der Wegfall eines Anspruchsgegners ist für sich genommen noch kein Zurechnungsgrund.391 127 Der Sonderrechtsnachfolger in das störende Sondereigentum kann grundsätzlich nur Zu-

standsstörer sein.392 Auch bei Trittschallemissionen, die unmittelbar durch das Begehen durch den Sonderrechtsnachfolger verursacht werden, bleibt dieser Zustandsstörer, wenn sein Rechtsvorgänger den unzureichend dämmenden Bodenbelag verlegt hat.393 Ebenfalls nur Zustandsstörer ist der Sonderrechtsnachfolger, der die Nutzung durch einen früheren Wohnungseigentümer weiter gestattet, dem das Wohnungseigentum nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 entzogen wurde.394 Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Sonderrechtsnachfolger die Störung als früherer Nutzungsberechtigter mitverursacht hat.395 Der veräußernde Wohnungseigentümer bleibt hingegen auch nach der Eigentumsübertragung Handlungsstörer.396 Anders ist es bei der Universalsukzession. Der Rechtsnachfolger tritt hier vollständig in die Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers ein und übernimmt damit ggf. auch seine Stellung als Handlungsstörer. 128 Liegt die Ursache der Störungen im Gemeinschaftseigentum und wird die Störung nicht

durch einen bestimmten Miteigentümer verursacht, sind die übrigen Wohnungseigentümer Störer, nicht der Verband. Ungeklärt ist, ob die Beseitigungs- und Unterlassungspflichten nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 vom Verband wahrgenommen werden.397 Bei einer von einem Sondernutzungsrecht ausgehenden Störung ist dessen Inhaber Handlungs- oder Zustandsstörer.398 129 Der vermietende Wohnungseigentümer kann als mittelbarer Handlungsstörer in Anspruch

genommen werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch mit der Erlaubnis zu störendem Verhalten überlassen hat (s. § 14 Rz. 17).399 In gleicher Weise haftet er, wenn er es unterlässt, den Mieter vom beeinträchtigenden Gebrauch abzuhalten, auch wenn dieser bereits nach dem Mietvertrag unerlaubt ist.400 Der Anspruch ist darauf gerichtet, „alles Erforderliche und Zumutbare zu unternehmen“, damit der störende Zustand beendet wird.401 Dazu gehört ein gerichtliches Vorgehen gegen den Mieter auch dann, wenn die Aussicht auf eine günstige Entscheidung oder eine unter Mitwirkung des Gerichts zu erzielende Einigung nur gering erscheint.402 Gegenüber einem Mieter oder Pächter ist § 15 Abs. 3 nicht anwendbar, weil dieser nur innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft gilt. Bei einem gesetzes- oder vereinbarungswidrigen Gebrauch kann aber auch der Mieter als Störer im Rahmen des § 1004 BGB in Anspruch genommen werden (dazu § 13 Rz. 33). Nutzt er eine Wohnung selbst zweckbestimmungswidrig, ist er Handlungsstörer. Als Zustandsstörer haftet er hingegen, wenn die Störung auf das Handeln des Wohnungseigentümers zurückzuführen ist.403 Verstöße gegen die Hausordnung oder andere Gebrauchsregelungen durch Beschluss binden den Mieter hingegen nicht, so dass ein Anspruch nach § 1004 BGB gegen ihn in diesem Fall aus391 392 393 394 395 396 397 398 399 400 401 402 403

A.A. LG München I v. 14.6.2010 – 1 S 25652/09, MietRB 2010, 238 = ZMR 2010, 800. OLG Frankfurt v. 19.7.2005 – 20 W 234/03, MietRB 2006, 129. KG v. 19.3.2007 – 24 W 317/06, ZMR 2007, 639. Offen gelassen durch BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, MDR 2017, 326 = MietRB 2017, 43 = ZWE 2017, 84. OLG München v. 31.5.2007 – 34 Wx 112/06, MietRB 2007, 295 = ZMR 2007, 643. LG München I v. 3.8.2009 – 1 T 13291/05, ZMR 2010, 151. Schmid, DWE 2015, 7; kritisch Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 128.1. Bruns, NJW 2011, 337. AG München v. 22.12.2016 – 484 C 8649/14, ZMR 2017, 269. OLG Düsseldorf v. 21.10.2008 – 3 Wx 240/07, ZWE 2009, 279. AG Köln v. 22.5.2017 – 202 C 175/16, ZMR 2017, 767. OLG Stuttgart v. 30.9.1992 – 8 W 256/92, ZMR 1992, 553. BGH v. 1.12.2006 – V ZR 112/06, MDR 2007, 578 = MietRB 2007, 203 = NJW 2007, 432.

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IV. Ansprüche des Wohnungseigentümers auf zulässigen Gebrauch (Abs. 3) | Rz. 134 § 15

geschlossen ist (dazu § 13 Rz. 36). Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für den Wohnungseigentümer, der einem Dritten einen Nießbrauch eingeräumt hat,404 und den Nießbrauchsberechtigten.405 Geht die Störung am Sonder- oder Gemeinschaftseigentum von einem Miteigentümer aus, 130 fehlt für einen Unterlassungsanspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer das Rechtsschutzbedürfnis auch dann, wenn dem Wohnungseigentümer der Störer unbekannt ist. Die übrigen Wohnungseigentümer können grundsätzlich auch nicht verpflichtet werden, den Störer zu ermitteln und diesem die Beseitigung und Unterlassung aufzugeben.406 Ein solcher Anspruch kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn nur dieses Vorgehen wegen der Schwere der Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und die Wohnungseigentümergemeinschaft einen entsprechenden Beschluss trotz Antrags in der Eigentümerversammlung nicht gefasst hat (§ 21 Abs. 4). dd) Einwand unzulässiger Rechtsausübung und Schikaneverbot Im Einzelfall kann dem Unterlassungsanspruch der Einwand unzulässiger Rechtsausübung 131 (§ 242 BGB) entgegengehalten werden. Das ist etwa der Fall, wenn der selbst zweckbestimmungswidrig nutzende Eigentümer gegen eine gleichartige zweckbestimmungswidrige Nutzung eines anderen Eigentümers vorgeht, um unliebsame Konkurrenz durch diesen auszuschalten.407 Einem Anspruch steht das Schikaneverbot (§ 226 BGB) entgegen, wenn nach Lage der ge- 132 samten Umstände ein anderer Zweck als die Schadenszufügung objektiv ausgeschlossen ist. Es genügt nicht, dass jemand subjektiv aus verwerflichen Gründen von seinem Recht Gebrauch macht. Vielmehr muss feststehen, dass die Rechtsausübung dem Berechtigten objektiv keinen Vorteil bringt und lediglich zur Schädigung eines Anderen dient.408 ee) Verjährung Der Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch unterliegt der regelmäßigen Verjährung.409 Er 133 ist kein Anspruch aus eingetragenem Recht i.S.d. § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB, der von der Verjährung ausgenommen ist.410 Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Für Altfälle gilt Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB, wonach die verkürzte Frist vom 1.1.2002 an berechnet wird, wenn zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB vorlagen. Verjährungsbeginn ist der Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der 134 Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1, Abs. 5 BGB). Da die Zuwiderhandlung für die Entstehung des Unterlassungs- und Beseitigungsanspruchs maßgeblich ist, kommt es für den Verjährungsbeginn auf sie und nicht auf den Zeitpunkt der Einwirkungen an. Es ist also bei Änderung des Bodenbelags diese für den Verjährungsbeginn maßgeblich und nicht die daraus noch andauernden Trittschallemissionen.411 Dauert die ZuBGH v. 16.5.2014 – V ZR 131/13, MDR 2014, 1019 = MietRB 2014, 267. OLG München v. 23.3.2009 – 19 U 5448/08, ZWE 2010, 36. BayObLG v. 18.3.1997 – 2Z BR 116/96, ZMR 1997, 374. Vgl. BayObLG v. 7.8.1997 – 2Z BR 80/97, ZMR 1998, 176. BayObLG v. 15.9.2004 – 2Z BR 120/04, MietRB 2005, 71 = WuM 2004, 728. BGH v. 4.7.2014 – V ZR 183/13, MDR 2014, 1134 = MietRB 2014, 297; BGH v. 28.1.2011 – V ZR 174/10, NJW 2011, 1069; LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 55/14, ZMR 2016, 129 = MietRB 2016, 142. 410 OLG Hamm v. 4.12.2008 – 15 Wx 198/08, ZMR 2009, 386. 411 Hogenschurz, MDR 2003, 201 (203).

404 405 406 407 408 409

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§ 15 Rz. 134 | Gebrauchsregelung widerhandlung hingegen noch an, z.B. bei einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung durch den Wohnungseigentümer oder seinen Mieter, beginnt die Verjährungsfrist nicht zu laufen, so dass keine Verjährung eintritt.412 Entsprechendes gilt, wenn der Störer die Zuwiderhandlung in gleicher Form ständig wiederholt (z.B. unzulässiges Grillen auf dem Balkon; erneutes Abstellen von Gegenständen im Gemeinschaftseigentum), also immer wieder neue Störungen vorliegen; hier beginnt die Verjährung mit jedem Verstoß erneut zu laufen.413 Für die Kenntnis und das Kennenmüssen i.S.d. § 199 Abs. 1 BGB ist auf die Person des anspruchsstellenden Wohnungseigentümers abzustellen. Ist der Anspruch durch Beschluss nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Hs. 2 vergemeinschaftet worden, ist die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen sämtlicher Wohnungseigentümer erforderlich.414 Letzteres wird spätestens mit der Niederschrift des Beschlusses über die Ermächtigung der Gemeinschaft mit der Geltendmachung des Anspruchs vorliegen. Außerdem kann der Gemeinschaft das Wissen des Verwalters analog § 166 Abs. 1 BGB zugerechnet werden. Da die Geltendmachung des Anspruchs erst durch Ermächtigungsbeschluss Gemeinschaftsaufgabe wird, beginnt die Zurechnung der Kenntnis aber auch bei früherer Kenntnis des Verwalters erst mit dem Zeitpunkt der Beschlussfassung.415 Grob fahrlässige Unkenntnis einer Störung ist gegeben, wenn der Wohnungseigentümer sich die Kenntnis in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe beschaffen könnte und auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeiten nicht ausnutzt. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Wohnungseigentümer Regelungen der Wohnungseigentümer in der Teilungserklärung, der Gemeinschaftsordnung oder durch Beschlüsse, aus denen sich das Vorliegen einer Störung ergibt, nicht zur Kenntnis nimmt.416 135 Durch die Verjährung trifft die Wohnungseigentümer eine faktische Duldungspflicht hinsicht-

lich der störenden Nutzung (anders bei baulichen Veränderungen, dazu § 22 Rz. 57). Der störende Eigentümer erlangt aber nicht die Befugnis, den störenden Zustand weiter zu verändern.417 Das aufgrund der Verjährung eingetretene Leistungsverweigerungsrecht (§ 214 Abs. 1 BGB) wirkt auch gegenüber Sonderrechtsnachfolgern, selbst wenn dadurch faktisch ein Sondernutzungsrecht entsteht. Die bei der Verwirkung in diesem Fall gebotene Ausnahme (s. Rz. 137) lässt sich für die Verjährung nicht begründen. ff) Verwirkung 136 Der Unterlassungsanspruch ist auf Grund von Verwirkung nicht durchsetzbar, wenn seit der

Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen (Umstandsmoment). Welche Zeit bis zur Geltendmachung verstrichen sein muss, ist eine Frage des Einzelfalls; eine schematische Betrachtung verbietet sich.418 Drei Jahre sind aber in jedem Fall zu kurz.419 Sechs Jahre können ausreichen,

412 BGH v. 8.5.2015 – V ZR 178/14, MDR 2015, 697 = MietRB 2015, 206; LG Hamburg v. 24.4.2013 – 318 S 49/12, MietRB 2013, 356 = ZMR 2013, 632; a.A. LG Saarbrücken v. 24.10.2008 – 5 T 48/08, juris; vgl. BGH v. 21.5.2005 – V ZR 169/04, MDR 2006, 504. 413 LG Hamburg v. 15.6.2016 – 318 S 43/16, WuM 2016, 757. 414 BGH v. 4.7.2014 – V ZR 183/13, MDR 2014, 1134 = MietRB 2014, 297. 415 BGH v. 4.7.2014 – V ZR 183/13, MDR 2014, 1134 = MietRB 2014, 297. 416 LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 55/14, MietRB 2016, 142 = ZMR 2016, 129. 417 OLG Düsseldorf v. 26.6.2008 – 3 Wx 217/07, NZM 2009, 442. 418 BGH v. 15.12.2017 – V ZR 275/16, WuM 2018, 236 Rz. 20. 419 BayObLG v. 15.9.2004 – 2Z BR 120/04, MietRB 2005, 71 = WuM 2004, 728; LG Bremen v. 11.2.1992 – 2 T 10/92, WuM 1992, 325; vgl. OLG Hamburg v. 31.1.2003 – 2 Wx 121/00, ZMR 2003, 443: Fünf Jahre sind auch zu kurz.

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IV. Ansprüche des Wohnungseigentümers auf zulässigen Gebrauch (Abs. 3) | Rz. 138 § 15

müssen es aber nicht.420 Bei einer zehnjährigen Duldung dürfte das Zeitmoment hingegen regelmäßig erfüllt sein.421 Bei wiederholten Störungen, die zeitlich unterbrochen auftreten, kommt es für das Zeitmoment auf die letzte Störung an, weil jede Störung einen neuen Anspruch auslöst.422 Bei einer dauernden Störung begründet eine darauf bezogene Willensentscheidung des störenden Wohnungseigentümers eine Zäsur, die einen neuen Anspruch begründet und damit das Zeitmoment neu beginnen lässt.423 Das gilt für die Neuvermietung424, Ausweitung der Öffnungszeiten425 oder Erweiterung des Gewerbebetriebs426. Das Umstandsmoment ist gegeben, wenn die Wohnungseigentümer jahrzehntelang mit der praktizierten vereinbarungswidrigen Nutzung einverstanden waren und der Nutzer der Wohnungseigentumseinheit sich hierauf – etwa in Form von wirtschaftlichen Investitionen – eingerichtet hat,427 wenn bereits der Rechtsvorgänger das Wohnungs- oder Teileigentum unbeanstandet zweckbestimmungswidrig genutzt hat428 oder wenn die aus der geduldeten Nutzung folgenden Kosten in die jährlichen Abrechnungen eingestellt wurden.429 Das Umstandsmoment kann aber nicht allein durch den Zeitablauf begründet werden; nicht ausreichend ist, wenn der Wohnungseigentümer sein Recht nicht „alsbald“ geltend gemacht hat.430 Es fehlt ebenso am Umstandsmoment, wenn Verhandlungen über die Nutzung geführt wurden.431 Die Verwirkung ist Rechtsfolge tatsächlicher Umstände, die einer Eintragung in das Grund- 137 buch nicht zugänglich sind.432 Auch ohne Eintragung wirkt sie aber grundsätzlich gegenüber Sonderrechtsnachfolgern von Miteigentümern, denn diese können nicht mehr Rechte erwerben als ihre Rechtsvorgänger.433 Eine Ausnahme davon ist allerdings dann zu machen, wenn die Verwirkung der positiven Begründung eines dinglich wirkenden Sondernutzungsrechts gleich käme.434 Die Verwirkung des Unterlassungsanspruchs bezieht sich nur auf die praktizierte Nutzung, 138 berechtigt den Störer aber nicht, den so erworbenen Besitzstand durch andere vereinbarungswidrige Nutzungen weiter auszudehnen.435 Ist der Unterlassungsanspruch gegen einen gegen

420 Vgl. KG v. 10.2.1997 – 24 W 6582/96, ZMR 1997, 315; OLG Köln v. 30.9.2005 – 16 Wx 37/05, FGPrax 2006, 12 einerseits, OLG Düsseldorf v. 9.2.2000 – 3 Wx 340/99, ZMR 2000, 329 andererseits. 421 Vgl. KG v. 6.4.2009 – 24 W 163/07, MietRB 2010, 334; OLG Hamburg v. 11.1.2006 – 2 Wx 28/04, ZMR 2006, 465; OLG Düsseldorf v. 28.3.2003 – 3 Wx 50/03, FGPrax 2003, AG Hannover v. 7.10.2009 – 442 C 4595/09, ZMR 2010, 239. 422 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, MDR 2015, 1057 = MietRB 2015, 300; BGH v. 21.10.2005 – V ZR 169/04, MDR 2006, 504. 423 BGH v. 8.5.2015 – V ZR 178/14, MDR 2015, 697 = MietRB 2015, 206; LG Frankfurt v. 25.6.2014 – 2-13 S 18/13, ZMR 2014, 1001 = MietRB 2014, 361. 424 BGH v. 8.5.2015 – V ZR 178/14, MDR 2015, 697 = MietRB 2015, 206. 425 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, NJW 2016, 53 Rz. 13 ff. = MietRB 2015, 300. 426 BGH v. 15.12.2017 – V ZR 275/16, WuM 2018, 236 Rz. 18. 427 BGH v. 25.3.2010 – V ZR 159/09, ZWE 2010, 266; OLG Düsseldorf v. 28.11.2003 – 3 Wx 252/03, ZMR 2004, 610; OLG Düsseldorf v. 9.2.2000 – 3 Wx 340/99, ZMR 2000, 329. 428 BayObLG v. 31.10.2002 – 2Z BR 95/02, ZWE 2003, 181. 429 OLG Köln v. 31.7.1997 – 16 Wx 78/97, ZMR 1998, 111. 430 BGH v. 15.12.2017 – V ZR 275/16, WuM 2018, 236; a.A. OLG Hamburg v. 11.1.2006 – 2 Wx 28/ 04, ZMR 2006, 465. 431 Vgl. OLG Frankfurt v. 10.7.2009 – 20 W 243/07, MietRB 2010, 145 = ZMR 2010, 703. 432 BGH v. 25.3.2010 – V ZR 159/09, ZWE 2010, 266. 433 OLG Celle v. 20.8.2006 – 4 W 101/06, NZM 2007, 840; OLG Hamburg v. 11.1.2006 – 2 Wx 28/04, ZMR 2006, 465. 434 OLG Hamm v. 19.9.2007 – 15 W 444/06, MDR 2008, 680 = MietRB 2008, 79 f. = ZMR 2008, 159. 435 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, MDR 2015, 1057 = MietRB 2015, 300; BayObLG v. 1.9.2004 – 2Z BR 101/04, MietRB 2005, 96; BayObLG v. 2.7.1999 – 2Z BR 56/99, NZM 1999, 866; OLG Celle v. 24.9.2003 – 4 W 138/03, ZMR 2004, 689.

Schultzky | 441

§ 15 Rz. 138 | Gebrauchsregelung die Zweckbestimmung verstoßenden Betrieb einer Gaststätte verwirkt, ist deren Eigentümer nicht berechtigt, den Betrieb z.B. in zeitlicher Hinsicht auszuweiten.436 Der Störer ist auch nicht berechtigt, Baumaßnahmen vorzunehmen, die nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur Fortsetzung der zweckbestimmungswidrigen Nutzung erforderlich werden, wenn diese mit zusätzlichen Beeinträchtigungen für die Wohnungseigentümer verbunden sind.437 Der Unterlassungsanspruch geht in diesem Fall indes nur auf Rückführung auf den erworbenen Besitzstand. Auch steht die Verwirkung des Anspruchs auf Nutzungsuntersagung auf einer Gemeinschaftsfläche der Geltendmachung eines Entgelts für die Weiterbenutzung der Fläche nicht entgegen.438 c) Schadenersatzansprüche 139 Die Ausübung eines nach Gesetz, Vereinbarung oder Beschlüssen unzulässigen Gebrauchs

stellt eine Pflichtverletzung des zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Schuldverhältnisses dar und ist daher geeignet, Schadenersatzansprüche nach § 280 BGB zu begründen. Der Anspruch steht neben dem deliktischen Anspruch nach § 823 BGB wegen Eigentumsverletzung (dazu § 13 Rz. 52). Anders als bei diesem kann dem Wohnungseigentümer das Handeln seiner Mieter (§ 14 Rz. 18) und auch von Handwerkern nach § 278 BGB zugerechnet werden. Dies macht die Ansprüche praktisch relevant, weil im Deliktsrecht § 831 BGB keine gleichwertige Zurechnung ermöglicht: Beißt der nach der Hausordnung unzulässige Kampfhund eines Mieters einen anderen Wohnungseigentümer, hat der vermietende Wohnungseigentümer nach § 280 BGB für den Schaden einzustehen. Eine deliktische Haftung scheidet hingegen aus, weil der Mieter insoweit nicht Verrichtungsgehilfe ist. 140 Der Schadenersatzanspruch ist grundsätzlich ein Individualanspruch jedes einzelnen Woh-

nungseigentümers. Hat der unzulässige Gebrauch aber zu einem Schaden am Gemeinschaftseigentum geführt, steht die Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Hs. 1 der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu.439 Der Anspruch unterliegt ebenfalls der Verjährung nach § 195 BGB (Rz. 133).

2. Regelung eines interessengerechten Gebrauchs 141 Nach Abs. 3 kann jeder Wohnungseigentümer bei Fehlen entsprechender Regelungen durch

Gesetz, Vereinbarung oder Eigentümerbeschluss einen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Der Anspruch ist eine Spezialregelung zu dem allgemeinen Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung nach § 21 Abs. 4.440 142 Anders als bei der Bruchteilsgemeinschaft nach § 745 Abs. 2 BGB kann mit dem Anspruch

nach Abs. 3 keine Abänderung einer bestehenden Regelung verlangt werden. In diesem Fall ist die isolierte Klage auf eine Gebrauchsregelung von vornherein unbegründet.441 Anders ist

BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, MDR 2015, 1057 = MietRB 2015, 300. BayObLG v. 31.7.1997 – 2Z BR 34/97, WE 1998, 194. BayObLG v. 3.12.1998 – 2Z BR 84/98, ZMR 1999, 270. LG München I v. 22.2.2017 – 1 S 13878/15, ZMR 2017, 1006; vgl. BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, NJW 2014, 1090 = MDR 2014, 453 = MietRB 2014, 104; BGH v. 16.12.2010 – V ZR 125/10, NJW 2011, 1351 = MDR 2011, 350 zur deliktischen Haftung. 440 BGH v. 29.6.2000 – V ZB 46/99, BGHZ 144, 386 = MDR 2000, 1182 = NJW 2000, 3211; LG Hamburg v. 11.1.2012 – 318 S 268/10, ZMR 2012, 470. 441 AG Remscheid v. 4.5.2017 – 7 C 152/16, ZWE 2017, 365; a.A. Suilmann in Bärmann, § 15 WEG Rz. 90: Rechtsschutzbedürfnis fehlt. 436 437 438 439

442 | Schultzky

IV. Ansprüche des Wohnungseigentümers auf zulässigen Gebrauch (Abs. 3) | Rz. 145 § 15

es aber, wenn keine Abweichung, sondern die Ausfüllung einer lückenhaften, weil zu unbestimmten Gebrauchsregelung verlangt wird.442 Ist der Gebrauch in der Gemeinschaft bereits geregelt, kann eine Abänderung nur durch ein Vorgehen (auch) gegen die vorhandene Regelung erreicht werden: Wird die Abänderung einer Vereinbarung erforderlich, richtet sich der Anspruch nach § 10 Abs. 2 Satz 3. Haben die Wohnungseigentümer einen Gebrauch beschlossen, den ein Wohnungseigentümer für nicht interessengerecht hält, ist er grundsätzlich gehalten, den Beschluss anzufechten. Die Anfechtungsklage kann der Wohnungseigentümer dann mit einem Regelungsantrag nach Abs. 3 verbinden.443 Nicht erforderlich ist die Anfechtung eines Negativbeschlusses, mit dem die Wohnungseigentümer eine Gebrauchsregelung abgelehnt haben, weil er keine Regelungswirkung für die Zukunft entfaltet.444 Ist eine Anfechtung nicht möglich, insbes. weil die Anfechtungsfrist abgelaufen ist, muss zur Abänderung der beschlossenen Gebrauchsregelung nach § 21 Abs. 4 vorgegangen werden, wobei dann freilich die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 3 entsprechend gelten.445 Abs. 3 ermöglicht zusätzliche Gebrauchsregelungen in Bereichen, in denen die Wohnungs- 143 eigentümer noch keine Regelung getroffen haben. Auch bei Fehlen einer Regelung durch die Wohnungseigentümer ist aber ihre Verwaltungsautonomie zu beachten; die Wohnungseigentümer können auch bewusst einzelne Bereiche ungeregelt lassen. Eine ergänzende gerichtliche Regelung wird nur dann in Betracht kommen, wenn sie als für das Zusammenleben der Wohnungseigentümer unverzichtbar oder dringend geboten erscheint, wenn also gewichtige Gründe für sie sprechen und im Rahmen des dem Gericht eingeräumten Entscheidungsermessens nur eine Entscheidung als richtig erscheint.446 Aus dem Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer folgt zugleich, dass die gerichtliche Entscheidung nach Abs. 3 durch Beschluss oder Vereinbarung abgeändert werden kann. Mit dem Anspruch nach Abs. 3 kann das Gericht eine Gebrauchsregelung treffen, die durch 144 Beschluss oder Vereinbarung erfolgen kann. Das Gericht entscheidet nach billigem Ermessen; eines Rückgriffs auf § 21 Abs. 8 bedarf es nicht. Zumeist wird die gerichtliche Entscheidung beschlussersetzend sein, weil sie einen ordnungsmäßigen Gebrauch regelt. Das gerichtliche Urteil kann aber auch die Zustimmung von Wohnungseigentümern zu einer Vereinbarung ersetzen, wenn die Gebrauchsregelung nur durch Vereinbarung möglich ist und dem klagenden Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 2 S. 3 ein Anspruch auf Abschluss einer solchen Vereinbarung zusteht.447 In beiden Fällen handelt es sich um eine Gestaltungsklage, die durch Gestaltungsurteil nach richterlichem Ermessen zu entscheiden ist. Mit der Gestaltungsklage kann grundsätzlich keine bestimmte Gebrauchsregelung verlangt 145 werden, es sei denn, dass nur die verlangte Regelung billigem Ermessen entspricht, mithin eine Ermessensreduzierung des Gerichts vorliegt.448 Im Übrigen ist eine Gebrauchsregelung nach billigem Ermessen zu verlangen. Der Klageantrag ist dann bereits bestimmt genug, wenn das Rechtsschutzziel („Stellplatzregelung“, „Kellernutzung“) und der Rahmen, innerhalb dessen die Ermessensentscheidung des Gerichts liegen soll („Turnusprinzip“, „Zuweisung ein-

442 443 444 445

Vgl. Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 110. Suilmann in Bärmann, § 15 WEG Rz. 87. Suilmann in Bärmann, § 15 WEG Rz. 87. Vgl. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 = MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129; LG München I v. 11.5.2017 – 36 S 11050/16, ZMR 2017, 925. 446 OLG Frankfurt v. 20.3.2006 – 20 W 430/04, NJW-RR 2007, 377; BayObLG v. 25.3.1999 – 2Z BR 105/98, ZMR 1999, 494. 447 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 191/15, MDR 2016, 1324 = MietRB 2016, 323 = ZWE 2016, 453 Rz. 25 f. Suilmann in Bärmann, § 15 WEG Rz. 89; a.A. Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 98. 448 A.A. Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 103, der aber zu Unrecht davon ausgeht, dass innerhalb der Gestaltungsklage Leistungsanträge zu stellen seien.

Schultzky | 443

§ 15 Rz. 145 | Gebrauchsregelung zelner Kellerräume an die Wohnungseigentümer“), angegeben sind.449 An dem so vorgegebenen Rahmen ist das Gericht gebunden, es kann nichts qualitativ anderes zusprechen. 146 Die prozessuale Durchsetzung des Anspruchs nach Abs. 3 gleicht der des Anspruchs nach

§ 21 Abs. 4. Aktivlegitimiert ist jeder Wohnungseigentümer. Eine Übertragung der Ausübungsbefugnis auf die Gemeinschaft nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 durch Mehrheitsbeschluss kommt nicht in Betracht.450 Das WEG sieht es nicht vor, dass die Wohnungseigentümer ihr Selbstorganisationsrecht nicht in der Weise ausüben, dass sie mit Mehrheitsbeschluss die Gestaltung der Gebrauchsregelungen dem Gericht übertragen. Die Klage nach § 15 Abs. 3 ist spiegelbildlich zur Anfechtungsklage nach § 46 stets gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten, selbst wenn einzelne Wohnungseigentümer einer entsprechenden Gebrauchsregelung zugestimmt haben.451 Das gilt auch, wenn in einer Mehrhausanlage mit getrennten Teilversammlungen eine Gebrauchsregelung nur für eine einzelne Einheit verlangt wird. Auch insoweit ist maßgeblich, dass die Klage nicht auf Ersetzung der Zustimmung einzelner Wohnungseigentümer zu einer Gebrauchsregelung gerichtet ist, sondern auf eine gerichtliche Regelung des Gebrauchs. 147 Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nach § 15 Abs. 3 liegt grundsätzlich nur dann vor,

wenn die Wohnungseigentümerversammlung vorher mit dem Anliegen befasst war. Insoweit gelten die Anforderungen für eine Klage nach § 21 Abs. 8 entsprechend (s. § 21 Rz. 139 f.).

§ 16 Nutzungen, Lasten und Kosten (1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. (3) Die Wohnungseigentümer können abweichend von Absatz 2 durch Stimmenmehrheit beschließen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums i.S.d. § 556 Abs. 1 des BGB, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, und die Kosten der Verwaltung nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder nach einem anderen Maßstab verteilt werden, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. (4) Die Wohnungseigentümer können im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung i.S.d. § 21 Abs. 5 Nr. 2 oder zu baulichen Veränderungen oder Aufwendungen i.S.d. § 22 Abs. 1 und 2 durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Absatz 2 regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Der Beschluss zur Regelung der Kostenvertei449 Suilmann in Bärmann, § 15 WEG Rz. 88; Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 103; vgl. Scheuer in Köhler, Teil 14 Rz. 215 mit einem Musterantrag. 450 A.A. Wicke in Palandt, BGB, § 15 WEG Rz. 21. 451 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, NJW 2010, 2801 Rz. 13 = MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265; LG Hamburg v. 11.1.2012 – 318 S 268/10, ZMR 2012, 470.

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§ 15 Rz. 145 | Gebrauchsregelung zelner Kellerräume an die Wohnungseigentümer“), angegeben sind.449 An dem so vorgegebenen Rahmen ist das Gericht gebunden, es kann nichts qualitativ anderes zusprechen. 146 Die prozessuale Durchsetzung des Anspruchs nach Abs. 3 gleicht der des Anspruchs nach

§ 21 Abs. 4. Aktivlegitimiert ist jeder Wohnungseigentümer. Eine Übertragung der Ausübungsbefugnis auf die Gemeinschaft nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 durch Mehrheitsbeschluss kommt nicht in Betracht.450 Das WEG sieht es nicht vor, dass die Wohnungseigentümer ihr Selbstorganisationsrecht nicht in der Weise ausüben, dass sie mit Mehrheitsbeschluss die Gestaltung der Gebrauchsregelungen dem Gericht übertragen. Die Klage nach § 15 Abs. 3 ist spiegelbildlich zur Anfechtungsklage nach § 46 stets gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten, selbst wenn einzelne Wohnungseigentümer einer entsprechenden Gebrauchsregelung zugestimmt haben.451 Das gilt auch, wenn in einer Mehrhausanlage mit getrennten Teilversammlungen eine Gebrauchsregelung nur für eine einzelne Einheit verlangt wird. Auch insoweit ist maßgeblich, dass die Klage nicht auf Ersetzung der Zustimmung einzelner Wohnungseigentümer zu einer Gebrauchsregelung gerichtet ist, sondern auf eine gerichtliche Regelung des Gebrauchs. 147 Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nach § 15 Abs. 3 liegt grundsätzlich nur dann vor,

wenn die Wohnungseigentümerversammlung vorher mit dem Anliegen befasst war. Insoweit gelten die Anforderungen für eine Klage nach § 21 Abs. 8 entsprechend (s. § 21 Rz. 139 f.).

§ 16 Nutzungen, Lasten und Kosten (1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. (3) Die Wohnungseigentümer können abweichend von Absatz 2 durch Stimmenmehrheit beschließen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums i.S.d. § 556 Abs. 1 des BGB, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, und die Kosten der Verwaltung nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder nach einem anderen Maßstab verteilt werden, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. (4) Die Wohnungseigentümer können im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung i.S.d. § 21 Abs. 5 Nr. 2 oder zu baulichen Veränderungen oder Aufwendungen i.S.d. § 22 Abs. 1 und 2 durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Absatz 2 regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Der Beschluss zur Regelung der Kostenvertei449 Suilmann in Bärmann, § 15 WEG Rz. 88; Müller in Timme, § 15 WEG Rz. 103; vgl. Scheuer in Köhler, Teil 14 Rz. 215 mit einem Musterantrag. 450 A.A. Wicke in Palandt, BGB, § 15 WEG Rz. 21. 451 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, NJW 2010, 2801 Rz. 13 = MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265; LG Hamburg v. 11.1.2012 – 318 S 268/10, ZMR 2012, 470.

444 | Schultzky

Nutzungen, Lasten und Kosten | Rz. 147 § 16

lung nach Satz 1 bedarf einer Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer i.S.d. § 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. (5) Die Befugnisse im Sinne der Absätze 3 und 4 können durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. (6) Ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach § 22 Abs. 1 nicht zugestimmt hat, ist nicht berechtigt, einen Anteil an Nutzungen, die auf einer solchen Maßnahme beruhen, zu beanspruchen; er ist nicht verpflichtet, Kosten, die durch eine solche Maßnahme verursacht sind, zu tragen. Satz 1 ist bei einer Kostenverteilung gemäß Absatz 4 nicht anzuwenden. (7) Zu den Kosten der Verwaltung i.S.d. Absatzes 2 gehören insbesondere Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 18 und der Ersatz des Schadens im Falle des § 14 Nr. 4. (8) Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 43 gehören nur dann zu den Kosten der Verwaltung i.S.d. Absatzes 2, wenn es sich um Mehrkosten gegenüber der gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwalts aufgrund einer Vereinbarung über die Vergütung (§ 27 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 6) handelt. I. II. III. IV. 1. 2. V. 1. 2. 3. VI. 1.

2. 3.

Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Miteigentumsanteile . . . . . . . . . . . . . . . 3 Nutzungen (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Lasten und Kosten (Abs. 2) . . . . . . . . . 6 Pflicht zur Lasten- und Kostentragung . 6 Kosten des Gemeinschaftseigentums . . 11 Verteilungsschlüssel der Gemeinschaftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Instandhaltung/Instandsetzung . . . . . . . 22 Mehrhausanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel . . . . . . . . . . . . 29 Betriebskosten (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . 29 a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 b) Mehrheitsbeschluss/Beschlusskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 c) Sachlicher Grund . . . . . . . . . . . . . . . . 38 d) Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . 41e e) Verteilungsschlüssel im Überblick . . 44 aa) Wohnfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 bb) Anzahl der Wohnungen . . . . . . . 47 cc) Fehlende Nutzungsmöglichkeit . 48 dd) Personenzahlschlüssel . . . . . . . . 49 Verwaltungskosten (Abs. 3) . . . . . . . . . . 51 Instandhaltungs-, Instandsetzungskosten und bauliche Veränderungen (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Verteilungsschlüssel . . . . . . . . . . . . . . 63 c) Mehrheitsbeschluss/Beschlusskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 d) Einzelfallregelung . . . . . . . . . . . . . . . . 73 e) Folgen der Anwendung eines unwirksamen Verteilungsschlüssels . . . 78a

4. VII. VIII. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

7. 8. 9. 10.

f) Folgen der gerichtlichen Ungültigkeitserklärung eines Instandsetzungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . 78b Öffnungsklausel (Abs. 5) . . . . . . . . . . . . 79 Anspruch auf Änderung des Verteilungsschlüssels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Einzelne Probleme der Kostenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Allgemeinstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Aufzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Einzelbelastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Haushaltsnahe Dienstleistungen . . . . . . 100 Hausmeister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101a Heizkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Anwendungsbereich der Heizkostenverordnung (HeizkV) . . . . . . . . . . 102 b) Ausstattung zur Verbrauchserfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 c) Abrechnungsmaßstäbe . . . . . . . . . . . 109 aa) Wahlrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 bb) Einrohrheizungen . . . . . . . . . . .109d cc) Wärmeschutzverordnung von 1994 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 dd) Flächenanteil . . . . . . . . . . . . . . . 111 d) Fehlerhafte Verbrauchserfassung . . . 112 e) Kosten der Zwischenablesung . . . . . 118 f) Bildung von Abgrenzungsposten . . . 121 g) Sonstige Bestandteile der Heizkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 h) Warmwasserkosten . . . . . . . . . . . . . . 124a Kabelanschlusskosten . . . . . . . . . . . . . . . 125 Leerstand/fehlende Nutzungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Mehrhausanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Müllabfuhrkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Jennißen | 445

§ 16 Rz. 147 | Nutzungen, Lasten und Kosten 11. 12. 13. 14. 15. 16. IX. 1. 2. 3. 4. X.

XI.

Rauchwarnmelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131a Tiefgarage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .131b Wasser-/Abwasserkosten . . . . . . . . . . . . 132 Winterdienst/ Außenreinigung . . . . . . .138b Wohngeldausfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Zustimmungskosten wegen Veräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Kosten der baulichen Veränderung (Abs. 4 und 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Beschlusskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Fehlender Beschluss über die Kostenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .146b Finanzierung der Maßnahme . . . . . . . . 152 Kosten eines Rechtsstreits wegen Entziehung des Wohnungseigentums (Abs. 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Ersatz des Schadens im Falle des § 14 Nr. 4 (Abs. 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

XII. Kosten eines Rechtsstreits gem. § 43 (Abs. 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 1. Streitwertvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . 159 2. Gerichtliche Kostenentscheidung . . . . . 164 XIII. Schuldner der Lasten und Kosten . . . . 171 1. Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 2. Veräußerung der Eigentumswohnung . 173 a) Fälligkeitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 c) Aufteilungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . 181 d) Keine Schuldübernahme . . . . . . . . . . 183a 3. Ersteher in der Zwangsversteigerung . . 184 4. Vereinbarungen zur Haftung des Erwerbers/Erstehers . . . . . . . . . . . . . . . . 185 5. Beschlüsse zur Haftung des Erwerbers/ Erstehers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 6. Haftung des Zwangsverwalters . . . . . . . 192 7. Haftung des Insolvenzverwalters . . . . . . 198

Schrifttum: Armbrüster, Die Kosten des Gebrauchs des Sondereigentums, ZWE 2002, 145; Becker, Beschlusskompetenz kraft Vereinbarung – sog. Öffnungsklausel, ZWE 2002, 341; Becker, Verteilung der Folgekosten beim Dachausbau, ZWE 2001, 85; Bub, Einbau von Kaltwasserzählern, ZWE 2001, 457; Bub, Das Finanz- und Rechnungswesen der Wohnungseigentümergemeinschaft, 2. Aufl.; Buck, Die Mehrheitsentscheidung mit Vereinbarungsinhalt, WE 1998, 90; Briesemeister, Die Beschlusskompetenz zur Regelung der Kosten des Gemeinschaftseigentums, DWE 2005, 157; Demharter, Jahresabrechnung bei Eigentümerwechsel, ZWE 2002, 294; Drasdo, Die Zulässigkeit von Abgrenzungen in der Jahresabrechnung, ZWE 2002, 166; Elzer, Der kostenbewusste Wohnungseigentümer vor Gericht und im Mandat, NJW 2010, 3473; Gottschalg, Die Abgrenzung der baulichen Veränderung von der modernisierenden Instandsetzung, NZM 2001, 729; Greiner, Abfallgebühren als Kosten des Sondereigentums, ZMR 2004, 319; Häublein, Die Willensbildung in der Wohnungseigentümergemeinschaft nach der WEG-Novelle, ZMR 2007, 409; Hauger, Besondere Abrechnungspflichten bei Eigentümerwechsel, PiG 27, S. 121; Hogenschurz, Die Verteilung der Kosten von baulichen Veränderungen, MietRB 2005, 23; Hogenschurz, Nochmals: Kaltwasserzählereinbau zur Abrechnung der Wasserkosten nach der Zitterbeschluss-Rechtsprechung des BGH, NZM 2001, 1122; Hügel, Nochmals: Mehrheitsentscheidung aufgrund sog. Öffnungsklausel, ZWE 2002, 503; Jennißen, Die Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen gem. § 16 Abs. 2 WEG, ZWE 2001, 461; Jennißen, Rechnungsabgrenzungen in der Verwalterabrechnung, ZWE 2002, 19; Jennißen, Verfahrenskostenverteilung im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer, NZM 2007, 510; Jennißen, Die verbrauchsabhängige Heiz- und Wasserkostenabrechnung im Wohnungseigentum, FS für Blank, 2006; Jennißen, Probleme in der Rechtsanwendung der Heizkostenverordnung vom 23.2.1981, ZMR 1982, 228; Jennißen, Die zeitanteilige Aufteilung der Jahresabrechnung gegenüber Veräußerer und Erwerber, ZWE 2000, 494; Jennißen, Die Verwalterabrechnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl., 2013.; Jennißen, Kosten baulicher Maßnahmen – Abrechnung und Kostenverteilungsmaßstab, ZWE 2017, 117; Jennißen/Kemm, Die Auswirkungen des neuen Mess- und Eichrechts auf die Jahresabrechnung, ZWE 2017, 390; Lammel, HeizkV-Kommentar, 4. Aufl. 2015; Merle, Zur Abrechnung bei Veräußerung von Wohnungseigentum, ZWE 2004, 195; Moosheimer, Die Änderung von Kostenverteilungsschlüsseln, ZMR 2011, 597; Ott, Die Zustimmung zu baulichen Veränderungen und zur Kostentragung, ZWE 2002, 61; Peruzzo, Heizkostenabrechnung nach Verbrauch, 5. Aufl.; Rau, Zur Beitragspflicht des ausgeschiedenen Wohnungseigentümers, ZMR 2000, 337; Pfeifer, Die neue Heizkostenverordnung, 4. Aufl. 2010; Schneider, Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft auf das laufende Hausgeld in der Zwangsverwaltung, ZWE 2010, 77; Stähling, Rechtsverfolgungskosten in der Jahresabrechnung, NZM 2006, 766; Wenzel, Der vereinbarungsersetzende, vereinbarungswidrige und vereinbarungsändernde Mehrheitsbeschluss, ZWE 2000, 2; Wenzel, Öffnungsklausel und Grundbuchpublizität, ZWE 2004, 130.

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I. Überblick | Rz. 2a § 16

I. Überblick § 16 regelt die Verteilung der Nutzungen, Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigen- 1 tums zwischen den Wohnungseigentümern. Die Regelung ist dispositiv und kann durch Vereinbarung abgeändert werden,1 soweit hierdurch die Abänderungsmöglichkeiten der Abs. 3 und 4 erweitert und erleichtert werden. Bei Veränderung des Kostenverteilungsschlüssels gegenüber einer bereits bestehenden Vereinbarung wurde bis zur WEG-Novelle im Jahr 2007 angenommen, dass grundsätzlich keine Beschlusskompetenz bestünde. Dies hat der Gesetzgeber seitdem durch die neu formulierten Abs. 3 und 4 geändert, um dem Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer stärker Rechnung zu tragen.2 Damit können die Wohnungseigentümer auch flexibler auf Kostenungerechtigkeiten reagieren. Ein Anspruch auf Abänderung gewährleisten die Abs. 3 und 4 nicht. Hierfür steht § 10 Abs. 2 S. 3 als Spezialnorm zur Verfügung. Zur Lasten- und Kostendeckung leisten die Wohnungseigentümer Zahlungen, sog. Wohngeld, 2 deren Höhe und Fälligkeit sich nach Beschlüssen gem. §§ 21 Abs. 7, 28 Abs. 2 richten. Ziel ist nicht die Erwirtschaftung von Überschüssen oder Gewinnen, sondern ein ausgeglichener Etat. § 16 regelt die Kostenlast im Innenverhältnis, im Gegensatz zu § 10 Abs. 8, der die Haftung 2a der Wohnungseigentümer im Außenverhältnis bestimmt. Demgegenüber ordnet § 10 Abs. 7 das Verbandsvermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähigem Verband zu (hierzu s.o. § 10 Rz. 86 ff.). Die Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis ist nicht immer einfach zu vollziehen. Macht ein Wohnungseigentümer selbst finanzielle Ansprüche geltend, z.B. auf Aufwendungsersatz aus Notgeschäftsführung oder berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, sind diese gegen den Verband der Wohnungseigentümer zu richten und nicht direkt anteilsmäßig gegen die einzelnen Miteigentümer.3 Das Innenverhältnis ist in der Regel erst dann berührt, wenn Beträge dem Verbandsvermögen zu oder aus diesem abgeflossen sind. Die Kostenverteilung erfolgt dann spätestens über die Jahresabrechnung. Nach überwiegender Auffassung soll § 16 keine Anspruchsgrundlage enthalten.4 Diese Auffassung überzeugt nicht. Sie trägt dem Wortlaut „gebühren“ in Abs. 1 und „verpflichtet“ in Abs. 2 nicht Rechnung.5 Die Pflicht zur anteiligen Kostentragung folgt aus der Mitgliedschaft, auch wenn erst weitergehende Beschlüsse die Höhe und die Fälligkeit bestimmen. Zudem wird zwischen Entstehung des Anspruchs und seiner Fälligkeit nicht hinreichend differenziert. § 28 Abs. 2 WEG löst nur die Fälligkeit der Zahlungspflichten aus, während sie durch § 16 Abs. 2 begründet werden.

1 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = NJW 2004, 3413; BayObLG v. 22.4.1999 – 2Z BR 161/98, NZM 1999, 859; KG v. 19.9.2001 – 24 W 6354/00, ZWE 2002, 38; v. 20.3.2002 – 24 W 10233/00, ZMR 2002, 464; OLG Düsseldorf v. 16.3.2001 – 3 Wx 51/01, NZM 2001, 760; OLG Hamm v. 9.9.2002 – 15 W 235/00, MietRB 2003, 109 = ZMR 2003, 286; OLG Köln v. 16.1.2002 – 13 U 52/01, NZM 2003, 518; v. 8.12.1997 – 16 Wx 311/97, WuM 1998, 174; v. 6.3.1998 – 16 Wx 8/98, NZM 1999, 128; v. 16.11.2001 – 16 Wx 221/01, ZMR 2002, 779. 2 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des WEG-ÄndG in BT-Drucks. 16/887, 23. 3 OLG München v. 15.1.2008 – 32 Wx 129/07, MietRB 2008, 143 = DWE 2008, 33; Kümmel/Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 10 WEG Rz. 110. 4 Elzer in Riecke/Schmid, § 16 WEG Rz. 11; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 12; Kreuzer in Staudinger, BGB, § 16 WEG Rz. 6; Hügel/Elzer, § 16 WEG Rz. 7; T. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 1; Hügel/Elzer, WEG, § 16 Rz. 7. 5 So auch Becker, ZWE 2016, 361; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 22.

Jennißen | 447

§ 16 Rz. 3 | Nutzungen, Lasten und Kosten

II. Miteigentumsanteile 3 In den Abs. 1 und 2 geht das Gesetz vom Anteil des einzelnen Wohnungseigentümers aus, der

dem im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteil entspricht. Da aber keine Vorschrift existiert, wie die Miteigentumsanteile zu berechnen sind, können sie mehr oder weniger zufällig bestimmt worden sein. Meistens orientieren sich die Berechnungen am Wert der Wohnung oder ihrer Größe. Probleme entstehen immer dann, wenn sich die Wohnungsgrößen vor Bezugsfertigkeit durch Umplanungen verändern und die neuen Werte im Grundbuch nicht berücksichtigt werden. Eine Veränderung oder Korrektur der Miteigentumsanteile lässt sich nicht einfach beschließen, sondern setzt Auflassung und Eintragung zwischen den beteiligten Wohnungseigentümern voraus. Abweichungen können auch dann entstehen, wenn einer Wohnung Sondernutzungsrechte zugewiesen werden. Die Sondernutzungsrechte erhöhen den Wert der Wohnung. Die Flächen bleiben aber Gemeinschaftseigentum und werden deshalb meistens in den Miteigentumsanteil nicht hineingerechnet. 4 Der Miteigentumsanteil kann auch entstehen, wenn die Wohnung nicht errichtet wurde, sog.

isolierter Miteigentumsanteil (s.o. § 3 Rz. 10).6 Diese isolierten Miteigentumsanteile dürfen nur solange berücksichtigt werden, als die Fertigstellung der bisher nicht gebauten Wohnung noch nicht endgültig gescheitert ist. Die Miteigentumsanteile sind auch dann gem. Teilungserklärung maßgebend, wenn für einzelne Kellerräume Teileigentum gebildet wurde, während andere den Wohnungen zugeschlagen wurden und somit eine Ungleichbehandlung vorliegt.7

III. Nutzungen (Abs. 1) 5 Eine Definition des Begriffs findet sich in § 100 BGB, wonach dies zunächst die Früchte einer

Sache oder eines Rechts sind. Zu den Nutzungen zählen abweichend von der h.M.8 aber auch die Gebrauchsvorteile, denn § 100 BGB hebt als „Nutzungen“ gerade auch diese heraus. Der Unterschied zur h.M. bleibt an dieser Stelle ohne Bedeutung, da hinsichtlich der Gebrauchsvorteile Abs. 1 von § 15 Abs. 3 WEG als Spezialnorm überlagert wird.9 Dies musste vom Gesetzgeber klargestellt werden, da andernfalls das Nutzungsrecht quantitativ beschränkt werden könnte. So ist das Gebrauchsrecht nicht von der Größe des Miteigentumsanteils abhängig. Auch wenn grundsätzlich unter den Begriff der Nutzungen auch der Gebrauchsvorteil zu subsumieren ist, greift also § 16 Abs. 1 insoweit nicht, wenn es um den Anspruch auf anteilige Nutzungen geht. § 16 Abs. 1 betrifft nur die Früchteziehung, da das Gebrauchsrecht nicht durch den Miteigentumsanteil eingeschränkt wird. 5a In der Praxis konzentrieren sich die Nutzungen und somit die Früchte des gemeinschaftlichen

Eigentums im Wesentlichen auf drei Bereiche: – Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung des gemeinschaftlichen Eigentums, z.B. im Gemeinschaftseigentum stehender Kfz-Stellplätze oder einer Hausmeisterwohnung;

6 Hierzu s.a. OLG Hamm v. 18.9.2006 – 15 W 259/05, MietRB 2007, 67 = ZMR 2007, 213; BayObLG v. 7.12.1995 – 2Z BR 90/95, NJW-RR 1996, 721. 7 BayObLG v. 29.7.2004 – 2Z BR 110/04, ZMR 2004, 845. 8 Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 9; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 33; T. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 4; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 4; Sauren, § 16 WEG Rz. 3; Kreuzer in Staudinger, § 16 WEG Rz. 16. 9 So auch Sauren, § 16 WEG Rz. 3.

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IV. Lasten und Kosten (Abs. 2) | Rz. 8a § 16

– Einnahmen aus der Mitbenutzung des gemeinschaftlichen Eigentums, z.B. von Sauna, Waschmaschine oder Wäschetrockner; – Zinsen aus Bankguthaben oder anderen Erträgen aus der Anlage der Instandhaltungsrücklage.

IV. Lasten und Kosten (Abs. 2) 1. Pflicht zur Lasten- und Kostentragung Abs. 2 verpflichtet jeden Wohnungseigentümer, sich an den Lasten und Kosten des gemein- 6 schaftlichen Eigentums zu beteiligen. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn das Wohnungs- oder Teileigentum nicht oder fehlerhaft entsteht. Auch für diesen sog. isolierten Miteigentumsanteil muss der Berechtigte grundsätzlich die anteiligen Lasten und Kosten tragen.10 Soweit unter dem Begriff der Lasten auch Grundschuld- und Hypothekenzinsen verstanden werden,11 bleibt diese Auffassung meist ohne praktische Bedeutung, als nur Gesamtgrundschulden gemeint sind.12 Denkbar sind aber auch Grundschulden, die der Verband im Zusammenhang mit dem Erwerb eigenen Sondereigentums bestellt. Demgegenüber finanzieren die Wohnungseigentümer ihre Wohnungen, indem sie Grundpfandrechte nur auf ihr Sondereigentum (Wohnungsgrundbuch) eintragen lassen. Diese sind dann keine Angelegenheit der Gemeinschaft und deshalb nicht von § 16 Abs. 2 erfasst. Zu dem Begriff der Lasten zählen aber öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, die das Grund- 7 stück im Ganzen betreffen. Hier sind die Anliegerbeiträge wie Straßenreinigungsgebühren, Müllabfuhrkosten oder Nutzungsentgelte für den Abwasserkanal zu nennen. Dabei ist es ohne praktische Bedeutung, ob diese Aufwendungen als Lasten oder Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums bezeichnet werden. Neben den Lasten- hat der Gesetzgeber den Kostenbegriff gesetzt. Letztere unterscheiden sich 8 von den Lasten nur dadurch, dass nicht öffentlich-rechtliche, sondern privatrechtliche Verpflichtungen gemeint sind. Kosten entstehen mit der laufenden Bewirtschaftung des Objektes, namentlich durch Instandhaltung, Instandsetzung und die sonstige Verwaltung. Zur sonstigen Verwaltung liefert Abs. 3 eine Klarstellung, dass hierunter Betriebskosten und die Kosten der Verwaltung zu subsumieren sind. Ihnen stehen die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten des Abs. 4 gegenüber. Vom Kostenbegriff sind Auszahlungen zu unterscheiden. Kosten können auch unbezahlte 8a Rechnungen sein. Die Einstandspflicht im Innenverhältnis gem. Abs. 2 trifft den Wohnungseigentümer nicht nur für bezahlte Rechnungen. Andernfalls könnte der Wohnungseigentümer einwenden, dass er erst dann zu einer anteiligen Kostenübernahme verpflichtet sei, wenn die Eigentümergemeinschaft die Rechnung bezahlt habe. Dies würde aber zu einem Zirkelschluss führen und dem Prinzip der Vorauszahlungspflicht gem. Wirtschaftsplan nach § 28 Abs. 2 widersprechen. Deshalb hat der Kostenbegriff des § 16 Abs. 2 zur Folge, dass sich die Wohnungseigentümer an Aufwendungen beteiligen müssen, auch wenn diese noch nicht beglichen wurden. Der Wortlaut des Abs. 2 steht somit auch einem reinen Einnahmen-/Ausgabenprinzip in der Jahresabrechnung entgegen (vgl. § 28 Rz. 79).

10 OLG Hamm v. 18.9.2006 – 15 W 259/05, MietRB 2007, 67. 11 S. u.a. Gottschalg in Weitnauer, § 16 WEG Rz. 12; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 39. 12 Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 39; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 30.

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§ 16 Rz. 9 | Nutzungen, Lasten und Kosten 9 Die Beitragsleistung des Wohnungseigentümers ist in Geld zu erbringen.13 Er kann nicht

durch Mehrheitsbeschluss zu tätiger Mithilfe bei der Durchführung von Instandhaltungsoder Instandsetzungsarbeiten herangezogen werden (s. hierzu § 21 Rz. 56 f.).14 Allerdings wird teilweise ein Beschluss, der die Pflicht zur Teilnahme an Pflegearbeiten (z.B. Reinigungsund Streudienst) vorsieht, wegen praktischer Notwendigkeit nicht als rechtswidrig angesehen.15 Zur Differenzierung besteht jedoch kein Raum, da auch für diese Dienste keine Rechtsgrundlage besteht.16 10 Ziel der Kostenverteilung ist es, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Die Kostenver-

teilung führt grundsätzlich zu den Einnahmen, die zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung des Objektes und somit zur Kostendeckung erforderlich sind. Eine Ausnahme stellen nur die Zuführungsbeträge zur Rücklage dar, die der Liquiditäts- und Vermögensvorsorge dienen. Nur in dieser Form kann die Eigentümergemeinschaft „Überschüsse“ erzielen. 10a Jeder Wohnungseigentümer hat seine Beiträge zu leisten, wobei die Möglichkeit der Kredit-

aufnahme (s. hierzu § 10 Rz. 162 ff., § 21 Rz. 106 ff.) nicht vollkommen auszuschließen ist, sofern sie ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.17 Ein entsprechender Mehrheitsbeschluss ist entgegen früherer Meinung18 nicht davon abhängig, dass es sich um einen Kreditbetrag von untergeordneter Höhe handelt, der nur zur Überbrückung eines kurzfristigen Liquiditätsengpasses aufgenommen wird.19 Der notwendige Beschluss entspricht dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn eine kurzfristige Deckung des Instandsetzungsbedarfs durch Wirtschaftsplan oder Sonderumlagen die finanzielle Leistungsfähigkeit einiger Wohnungseigentümer überfordern würde. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die größere Instandsetzungsmaßnahme unvorhergesehen notwendig wird. Der hier vertretenen Auffassung, dass in der Regel dem einzelnen Wohnungseigentümer eine Abwendungsbefugnis eingeräumt werden muss, ist der BGH20 nicht gefolgt. Wer den anteiligen auf ihn entfallenden Betrag per Sonderumlage leisten kann, ist bei der Kreditaufnahme nach hiesiger Auffassung von der quotalen Haftung auszuklammern, es sei denn, hierdurch würde die Kreditaufnahme insgesamt gefährdet oder die pünktliche, zuverlässige und vollständige Mittelaufbringung wäre nicht mehr si-

13 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = ZMR 2010, 777. 14 Grundlegend BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = ZMR 2010, 777; KG v. 15.4.1977 – 1 W 1151/77, NJW 1978, 1439 = MDR 1978, 406 für die Bewässerung der gemeinschaftlichen Rasenfläche, BayObLG v. 30.6.1983 – 2 Z 76/82, DWE 1983, 123 für die Mithilfe beim Balkonanstrich; a.A. LG Landshut v. 14.3.2007 – 64 Tz 111/05, ZMR 2007, 493 für die Verpflichtung zu persönlichen Fassadenarbeiten (Anstreichen). 15 Bejahend OLG Stuttgart v. 19.5.1987 – 8 W 89/87, MDR 1987, 847 = NJW-RR 1987, 976 für Schneeräum- und Streupflicht; OLG Hamm v. 5.2.1980 – 15 W 277/79, OLGZ 1980, 261 für die anteilige Reinigung des Treppenhauses; Greiner , Wohnungseigentumsrecht, § 3 Rz. 41 f. für Winterdienst und Treppenhausreinigungspflicht; ablehnend AG München v. 28.12.1992 – UR II 600/92 WEG, WE 1993, 198. 16 BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, ZMR 2012, 646 = MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170; Bub/v.d. Osten, Wohnungseigentum von A–Z, S. 712; Abramenko, Handbuch WEG, § 5 Rz. 198; Wenzel, NZM 2004, 542; Elzer in BeckOK, § 21 Rz. 220; Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 64; Sauren, § 16 WEG Rz. 6a; a.A. Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 3 Rz. 42; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 99. 17 BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, MDR 2012, 1398 f. = ZMR 2013, 127 = NJW 2012, 3719. 18 BayObLG v. 30.6.2004 – 2Z BR 058/04, MietRB 2004, 358 = DWE 2005, 24; KG v. 21.5.1997 – 24 W 8575/96, ZMR 1997, 539 = WuM 1997, 574; OLG Hamm v. 28.11.1991 – 15 W 169/91, MDR 1992, 772 = WE 1992, 136. 19 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, ZMR 2016, 49 = NotBZ 2016, 135 = MDR 2015, 1355 = MietRB 2015, 362; BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, BGHZ 195, 22 = NotBZ 2013, 20. 20 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, ZMR 2016, 49 = NotBZ 2016, 135 = MDR 2015, 1355 = MietRB 2015, 362.

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IV. Lasten und Kosten (Abs. 2) | Rz. 13 § 16

chergestellt.21 Im Außenverhältnis wird die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft Kreditnehmer und im Innenverhältnis werden die Zins- und Tilgungsraten auf die Wohnungseigentümer verteilt, die die Sonderumlage nicht erbracht haben, sofern eine solche „Abwendungsbefugnis“ eingeräumt wurde. Der Grundsatz, dass jeder Wohnungseigentümer zur anteiligen Kostentragung verpflichtet ist, 10b ändert sich auch dann nicht, wenn der die bereits vollzogene Maßnahme auslösende Beschluss nachträglich für ungültig erklärt wird.22 Folglich ist auch hier der geltende Verteilungsschlüssel in der Jahresabrechnung für diese Kostenposition anzusetzen ist). Unbenommen bleiben aber in Ausnahmefällen denkbare Schadensersatzansprüche der erfolgreich klagenden Wohnungseigentümer gegen die Übrigen oder gegen den Verwalter.23

2. Kosten des Gemeinschaftseigentums Abs. 2 spricht gleich dreimal von den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums. 11 Dies führte dazu, dass in der Literatur zwischen Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums und Kosten des Sondereigentums differenziert wurde. Es wurde die Auffassung vertreten, dass beispielsweise der in der Wohnung stattfindende Kaltwasserverbrauch zu den Kosten des Sondereigentums zählt, die nicht von § 16 Abs. 2 erfasst werden.24 § 16 Abs. 2 erfasse nur die Kosten des Gemeinschaftseigentums. Die Notwendigkeit für diese Differenzierung ergab sich u.a. daraus, dass in vielen Wohnungen 12 schon bei Bezugsfertigkeit Wasserzähler eingebaut wurden, die die Erfassung des individuellen Wasserverbrauchs ermöglichten. Wenn dann die Gemeinschaftsordnung regelte, dass alle Kosten nach Miteigentumsanteilen zu verteilen sind, stellte sich die Frage, ob die Wohnungseigentümer nun die Abrechnung nach Wasserzählern mit Mehrheit beschließen konnten. Dem hätte § 16 Abs. 2 und eine gleichlautende Regelung in der Gemeinschaftsordnung entgegengestanden, die grundsätzlich von einer Verteilung nach Miteigentumsanteilen ausgehen. Der BGH25 hatte sich der o.g. Auffassung angeschlossen und die Wasserkosten, soweit sie in 13 den Wohnungen verursacht werden, als Kosten des Sondereigentums angesehen, die von § 16 Abs. 2 nicht erfasst werden. Dies hatte zur Folge, dass ein Mehrheitsbeschluss zum Einbau von Kaltwasserzählern und die hieran anschließende Kostenverteilung nach Ableseergebnissen schon vor der WEG-Novelle zulässig waren.26 Die Differenzierung zwischen Kosten des Sonder- und des Gemeinschaftseigentums hat somit immer noch Bedeutung, wenn die Wohnungseigentümer ihre Abrechnungspraxis weiterhin auf Beschlüsse stützen, die vor dem 1.7.2007 gefasst wurden. Seit der WEG-Novelle werden diese Kosten aber in § 16 Abs. 3 gleichgestellt, so dass diese Kostendifferenzierung für Beschlüsse ab diesem Zeitpunkt keine Konsequenzen mehr hat.

LG Düsseldorf v. 12.6.2013 – 25 S 152/12, ZMR 2013, 823; Elzer, NZM 2009, 57 ff. BGH v. 13.5.2011 – V ZR 202/10, MDR 2011, 911 = MietRB 2011, 252 f. = ZWE 2011, 319. BGH v. 13.5.2011 – V ZR 202/10, MDR 2011, 911 = MietRB 2011, 252 f. = ZWE 2011, 319. So die bis 2007 vertretene Meinung: Bub, ZWE 2001, 457; Armbrüster, ZWE 2002, 145; Hogenschurz, NZM 2001, 1122; Jennißen, ZWE 2001, 461. 25 BGH v. 25.9.2003 – V ZB 21/03, MDR 2004, 86 = MietRB 2004, 14 (19) = ZMR 2003, 937 = NJW 2003, 3476 = NZM 2003, 952. 26 Vgl. hierzu auch OLG Hamburg v. 30.12.2003 – 2 Wx 73/01, MietRB 2006, 68 (290) = ZMR 2004, 291; v. 29.9.2004 – 2 Wx 1/04, MietRB 2005, 155; AG Hannover v. 31.7.2002 – 71 II 169/01, ZWE 2002, 491 = DWE 2002, 71; a.A. AG Hannover v. 6.3.2002 – 72 II 15/02, ZWE 2002, 492 = DWE 2002, 71; ebenso OLG Hamm v. 18.10.2005 – 15 W 424/04, ZMR 2006, 706, wenn die Gemeinschaftsordnung die Wasserkostenverteilung nach Wohnfläche vorsehe. 21 22 23 24

Jennißen | 451

§ 16 Rz. 14 | Nutzungen, Lasten und Kosten 14 Zu den Kosten des Sondereigentums zählen darüber hinaus die Heizkosten, Warmwasserkos-

ten, Müllkosten,27 die Kosten eines Kabelanschlusses28 und im Einzelfall auch die Stromkosten.29 Für den Kabelanschluss beispielsweise konnten die Wohnungseigentümer somit mehrheitlich schon immer beschließen, die Kosten für jede Wohnung in gleicher Höhe zu berechnen (s. im Einzelnen zu Heizung und Warmwasser Rz. 102 ff. u. Rz. 124a, Müll Rz. 131, Wasser/Abwasser Rz. 132 ff.). Soweit dem entgegengehalten wurde, es handele sich um Kosten des Gemeinschaftseigentums, weil der Kabelbetreiber den Vertrag mit der Eigentümergemeinschaft abgeschlossen habe,30 führt das Argument in die Irre. Für die Frage der Kostenverteilung ist nicht der Vertragsabschluss im Außenverhältnis, sondern die Nutzung im Innenverhältnis maßgebend. Anderenfalls müssten auch Heiz- und Wasserkosten nach Miteigentumsanteilen verteilt werden. 15 Unzutreffend ist es, als Kosten des Sondereigentums auch die Versicherungskosten einer Tief-

garage anzusehen, selbst wenn diese eine einzige Teileigentumseinheit darstellt.31 Der versicherte Baukörper ist stets Gemeinschaftseigentum.

V. Verteilungsschlüssel der Gemeinschaftsordnung 1. Bestimmtheit 16 Da § 16 Abs. 2 dispositiv ist, kann die Gemeinschaftsordnung abweichende Regelungen ent-

halten und insbesondere individuelle Verteilungsschlüssel definieren. Die Regelung in der Gemeinschaftsordnung muss eindeutig und klar sein.32 Es ist der objektive Sinn der Erklärung maßgebend und nicht der Wille des Erklärenden oder des Notars. Der Erwerber einer Wohnung muss sich am Text der Gemeinschaftsordnung orientieren können.33 Verbleiben Zweifel am Regelungsinhalt, ist der Verteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 2 anzuwenden.34 Die Gemeinschaftsordnung kann auch die Kosten des Sondereigentums regeln.35 17 Der in der Gemeinschaftsordnung geregelte Verteilungsschlüssel kann allerdings auslegungs-

fähig sein. Das Auslegungsergebnis muss aber eindeutig und zweifelsfrei sein.36 Eine restriktive Auslegung ist geboten.37 Sollen bestimmte Kosten nur die Eigentümer tragen, die die Einrichtung auch nutzen können, haben die Erdgeschosseigentümer die Aufzugskosten dann mit zu tragen, wenn der Aufzug in den Keller fährt.38 18 Ist die Regelung in der Gemeinschaftsordnung unklar, können die Wohnungseigentümer für

den Bereich der Betriebs- und Verwaltungskosten jedoch einen Beschluss fassen, um der Re27 Vgl. hierzu auch Greiner, ZMR 2004, 319; OLG Oldenburg v. 5.4.2005 – 5 W 194/04, ZMR 2005, 814; AG Aachen v. 9.12.2004 – 12 II 301/03, MietRB 2005, 77. 28 OLG Hamm v. 4.5.2004 – 15 W 142/03, MietRB 2004, 354 = ZMR 2004, 774; AG Neuss v. 4.9.2003 – 72/27a II 308/02, NZM 2004, 71; a.A. KG v. 6.4.2005 – 24 W 13/03, NZM 2005, 425; AG Hannover v. 8.6.2005 – 71 II 106/05, ZMR 2007, 226. 29 BayObLG v. 7.7.2004 – 2Z BR 77/04, ZMR 2004, 844 für die Stromkosten einer Tiefgarage. 30 LG München I v. 1.2.2007 – 1 T 12109/06, ZMR 2007, 569. 31 A.A. BayObLG v. 7.7.2004 – 2Z BR 77/04, ZMR 2004, 844. 32 LG München I v. 5.12.2012 – 1 S 1504/12, MietRB 2013, 84 = ZMR 2013, 308; v. 7.2.2017 – 1 S 8801/16, ZMR 2017, 330. 33 OLG München v. 18.9.2006 – 34 Wx 81/06, NZM 2007, 167. 34 OLG Köln v. 16.11.2001 – 16 Wx 221/01, juris; AG Berlin-Charlottenburg v. 17.5.2013 – 73 C 156/ 12, ZWE 2014, 282. 35 AG Hamburg v. 5.12.2003 – 102c II 276/03, ZMR 2004, 542. 36 LG München I – 7.2.2017 – 1 S 8801/16, ZMR 2017, 330. 37 LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259. 38 LG München I v. 11.10.2017 – 1 S 18504/16, ZMR 2018, 70.

452 | Jennißen

V. Verteilungsschlüssel der Gemeinschaftsordnung | Rz. 21 § 16

gelung die nötige Bestimmtheit zu geben. Im Hinblick auf die gem. Abs. 3 bestehende grundsätzliche Beschlusskompetenz ist bei solchen Beschlüssen nicht mehr zwischen einer ergänzenden Vertragsauslegung und einem vertragsändernden Inhalt, der vor der WEG-Novelle nichtig sein konnte, zu differenzieren.39 Unterbleibt die Klarstellung, ist auf die gesetzliche Regelung gem. Abs. 2 zurückzugreifen.40 Eine unklare Regelung zu den Instandsetzungskosten kann jedoch nicht mit genereller Wirkung durch Beschluss konkretisiert werden, da sonst die gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 4 umgangen würde. Die Auslegung einer Teilungserklärung kann ergeben, dass abweichend von der gesetzlichen 19 Regelung des § 16 Abs. 2 WEG ein unausgebauter Dachraum bis zu seiner Umwandlung in Wohnraum nicht an den Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu beteiligen ist.41 Eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung, die Kosten nach Wohnfläche abzurechnen, bedeutet für Teileigentum, dass die Nutzfläche maßgebend ist. Sind in der Teilungserklärung Flächenangaben enthalten, sind diese für den Wohnflächenschlüssel zu berücksichtigen.42 Ist vereinbart, dass ein Wohnungseigentümer die Kosten selbst zu tragen hat, die durch einen das gewöhnliche Maß übersteigenden individuellen Verbrauch zusätzlich entstehen, sind nur die tatsächlichen Mehrkosten vorab von ihm zu tragen, die konkret ermittelt werden müssen und nicht pauschal geschätzt werden dürfen.43 Eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung, die dem Verwalter das Recht überträgt, die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels gem. § 317 BGB zu bestimmen, ist nichtig,44 weil sich sonst die Wohnungseigentümer eines wesentlichen Kern- und Selbstbestimmungsrechts begeben würden. Die Gemeinschaftsordnung kann auch eine Kostenverteilung nach Personenzahl vorsehen. 20 Unabhängig davon, dass ein solcher Verteilungsschlüssel nicht zu empfehlen ist, kann er nur angewendet werden, wenn feststeht, wie viele Personen tatsächlich am Verbrauch in der jeweiligen Einheit teilnehmen. Diese Feststellung ist nur bei kleinen Eigentümergemeinschaften möglich. Dabei kommt es nicht auf die behördlich gemeldeten Personen an.45 Die gemeldeten Personen sind selbst dann nicht maßgebend, wenn die Gemeinschaftsordnung hinsichtlich des Personenzahlschlüssels hierauf abstellt. Von den meisten Meldebehörden sind hierzu keine Auskünfte zu erlangen. Zudem müssen die gemeldeten Personen nicht auch die tatsächlich Nutzenden sein. Eine entsprechende Regelung in der Gemeinschaftsordnung, die auf die gemeldeten Personen abstellt, ist daher ebenso nichtig wie ein gleichlautender Beschluss46 (weitere Ausführungen s.u. Rz. 47 f. u. Rz. 65). Die Vereinbarung über einen Verteilungsschlüssel muss eindeutig sein. Der rechtsgeschäftli- 21 che Bindungswille darf nicht zweifelhaft sein. Eine anders lautende mehrjährige Übung genügt nicht, um eine Vereinbarung anzunehmen.47

39 Vgl. hierzu die Ausführungen von Bub in Staudinger, Bearbeitung 2005, BGB, § 16 WEG Rz. 30 m.w.N. zur Rechtslage vor der WEG-Novelle. 40 Konsequent AG Hamburg-St. Georg v. 25.7.2013 – 980b C 98/12, ZMR 2014, 61. 41 OLG Brandenburg v. 29.7.2008 – 5 Wx 47/07, MietRB 2010, 176. 42 OLG Frankfurt v. 20.9.2006 – 20 W 241/05, MietRB 2007, 96 = ZMR 2007, 291. 43 BGH v. 16.9.1994 – V ZB 2/93, MDR 1995, 792 = NJW 1994, 3230. 44 AG Hannover v. 2.12.2003 – 71 II 196/03, ZMR 2005, 154; Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz. 156; offen lassend KG v. 26.7.2004 – 24 W 31/03, MietRB 2005, 12 = ZMR 2005, 899. 45 OLG Hamm v. 30.8.1989 – 15 W 127/88, DWE 1989, 179. 46 Vgl. zur Nichtigkeit einer entsprechenden Beschlussfassung BayObLG v. 19.4.1996 – 2Z BR 15/96, WE 1997, 69; ebenso Bub in Staudinger, BGB, § 16 WEG Rz. 32; a.A. AG Recklinghausen v. 17.2.2009 – 90 C 89/08, WuM 2009, 546. 47 OLG Hamburg v. 28.11.2005 – 2 Wx 112/04, ZMR 2006, 298; OLG München v. 18.9.2006 – 34 Wx 81/06, NZM 2007, 167.

Jennißen | 453

§ 16 Rz. 22 | Nutzungen, Lasten und Kosten

2. Instandhaltung/Instandsetzung 22 Das Gesetz verwendet an mehreren Stellen die Begriffspaare „Instandhaltung und Instandset-

zung“. Daraus ist zu schließen, dass sie unterschiedliche Tatbestände erfassen (s.o. § 21 Rz. 65 f.). Der BGH48 sieht die Schwierigkeit in der Auslegung der Gemeinschaftsordnung und stellt die Begriffe gleich, wenn nur einer von beiden Begriffen verwendet wurde. Sind hingegen beide Begriffe, gegebenenfalls auch an unterschiedlichen Stellen verwendet worden, hätten diese dann auch eine jeweils andere Bedeutung. Bei Verwendung nur eines der beiden Begriffe treffe den genannten Personenkreis sowohl die Instandhaltungs- als auch die Instandsetzungspflicht bzw. die entsprechende Kostentragungslast. 23 Die von § 16 Abs. 2 abweichende Regelung in der Gemeinschaftsordnung ist stets restriktiv

auszulegen (s.o. Rz. 17). Wenn beispielsweise der Wohnungseigentümer „seine“ Fenster instand setzen soll, nicht aber für den Außenanstrich der Fenster zuständig ist, muss er die Kosten der Fenstererneuerung im Zweifel nicht tragen (s.u. Rz. 84a).49 Klauseln, die dem einzelnen Wohnungseigentümer die Kosten für Glasschäden und Fensteranstrich auferlegen, inkludieren ebenfalls nicht die Kosten einer Fenstererneuerung.50 Baut die Gemeinschaftsordnung auf dem Rechtsirrtum auf, dass zwingende Teile des Gemeinschaftseigentums zum Sondereigentum erklärt werden könnten, so kann diese Regelung in eine Kostentragungsregelung umgedeutet werden.51 Für eine solche Umdeutung muss aber der Wille der Wohnungseigentümer erkennbar sein, auf jeden Fall eine entsprechende Kostenzuordnung vornehmen zu wollen. Hieran wird es jedoch in den meisten Fällen scheitern, weil keine diesbezüglichen Hinweise zu finden sind und die älteren Gemeinschaftsordnungen auch kein entsprechendes Problembewusstsein hatten.

24 Unklar ist beispielsweise eine Regelung, wonach jeder Wohnungseigentümer die Instandset-

zungskosten im „räumlichen Bereich“ des Sondereigentums der Balkone selbst zu tragen habe. Da zweifelhaft ist, wie dieser räumliche Bereich zu definieren ist, ist diese Klausel der Gemeinschaftsordnung nichtig.52 Keinesfalls werden vom „räumlichen Bereich“ Fassadenflächen erfasst.53 Ist ein Wohnungseigentümer unterhaltspflichtig, erfasst dies nicht die Instandsetzungspflicht.54 Hingegen ist eine Klausel wirksam, wonach jeder Wohnungseigentümer die Kosten der Instandsetzung des seinem ausschließlichen Gebrauch überlassenen Balkons allein zu tragen hat,55 was dann auch für die konstruktiven Bestandteile des Balkons gilt.56 Sind in der Teilungserklärung vorgenommene Eigentumszuordnungen nichtig (z.B. Fenster werden zu Sondereigentum erklärt), kommt zwar eine Umdeutung der unwirksamen Regelung in eine Kostenverteilungsregelung in Betracht. Hierfür müssen sich aber aus der Gemeinschaftsordnung besondere Anhaltspunkte zumindest in Form einer salvatorischen Klausel ergeben.57 48 49 50 51 52

53 54 55

56 57

V. 9.12.2016 – V ZR 124/16, ZMR 2017, 412 = MDR 2017, 449. BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11, ZMR 2012, 641 = MDR 2012, 702. AG Pinneberg v. 6.9.2004 – 68 II 44/04, ZMR 2005, 157. BayObLG v. 21.12.1999 – 2Z BR 115/99, ZWE 2000, 177 (179); OLG Düsseldorf v. 12.1.1998 – 3 Wx 546/97, NZM 1998, 269; v. 21.12.1998 – 3 Wx 418/98, NZM 1999, 507; OLG Karlsruhe v. 5.5.2000 – 11 Wx 71/99, NZM 2002, 220. KG v. 22.9.2008 – 24 W 83/07, ZMR 2009, 135; siehe aber auch OLG Karlsruhe v. 7.7.2010 – 11 Wx 115/08, MietRB 2011, 123 = DWE 2011, 27. LG Hamburg v. 8.1.2017 – 318 S 88/14, ZMR 2018, 256. A.A. Ag Hamburg v. 13.10.2017 – 22a C 288/16, ZMR 2018, 265. Vgl. KG v. 15.11.2000 – 24 W 6514/99, WuM 2001, 298 für Balkone; BayObLG v. 1.10.1998 – 2Z BR 144/98, NZM 1999, 27; v. 25.5.1998 – 2Z BR 87/98, NZM 1999, 28 für Dachgärten; v. 23.5.2002 – 2Z BR 19/02, ZMR 2002, 846 für Glasvorbau; OLG Düsseldorf v. 23.11.1998 – 3 Wx 376/98, WuM 1999, 350 = NZM 1999, 277 für Fenster; v. 15.4.1996 – 3 Wx 359/95, WuM 1996, 443 für Balkontüren. BGH v. 16.11.2012 – V ZR 9/12, MDR 2013, 22 = MietRB 2013, 13 = ZMR 2013, 290 = NZM 2013, 88. OLG Karlsruhe v. 7.7.2010 – 11 Wx 115/08, MietRB 2011, 123 = DWE 2011, 27.

454 | Jennißen

V. Verteilungsschlüssel der Gemeinschaftsordnung | Rz. 27 § 16

Müssen die Wohnungseigentümer die Betriebs- und Instandhaltungskosten der Einrichtungen tragen, die ihnen zugutekommen, haben sich auch die Wohnungseigentümer an den Kosten der Instandsetzung zu beteiligen, die die Einrichtung nicht nutzen können (Freistellung nur im engeren Wortsinne).58 Im Zweifel ist die Regelung in der Gemeinschaftsordnung eng auszulegen (s.o. Rz. 16 f). Sieht 25 diese vor, dass der Sondernutzungsberechtigte verpflichtet ist, die ihm überlassenen Flächen zu unterhalten und auf eigene Kosten zu pflegen, umfasst diese Formulierung nicht die Pflicht zur Instandsetzung.59 Die Regelung in der Gemeinschaftsordnung zur Kostenübernahme durch Sondernutzungsberechtigte geht zwar als speziellere Regelung den allgemeinen Regeln zur Kostenverteilung vor,60 darf aber als Ausnahmeregelung nicht extensiv angewendet werden. Vom Begriff der Instandsetzung ist auch die vollständige Erneuerung und Ersatzbeschaffung 26 umfasst.61 Für die Frage der Kostentragung der erstmaligen mangelfreien Herstellung bedeutet diese Begriffsbestimmung jedoch nicht, dass die hieraus resultierenden finanziellen Risiken dem einzelnen Wohnungseigentümer schon dann aufzuerlegen sind, wenn die Gemeinschaftsordnung die Kosten der Instandsetzung für einzelne Gebäudeteile dem jeweiligen Wohnungseigentümer alleine anlastet.62 Dies wird dann relevant, wenn die Gewährleistungsansprüche nicht mehr durchsetzbar sind. Das Erstherstellungsrisiko tragen alle Wohnungseigentümer gemeinsam.63 An die Stelle des Bauträgers tritt die Eigentümergemeinschaft. Sofern die Gemeinschaftsordnung nichts anderes ausdrücklich regelt, ist die Kostentragungslast für Instandsetzungen nur auf laufende Maßnahmen des Verschleißes (Witterung, Abnutzung, Beschädigung etc.) beschränkt.64

3. Mehrhausanlagen Bei Mehrhausanlagen kann durch Vereinbarung geregelt werden, dass die Eigentümer des 27 einzelnen Hauses die auf sie entfallenden „ausscheidbaren Kosten“ allein zu tragen haben. Darunter können dann auch Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten fallen, sofern diese von vornherein absonderbar sind und dem jeweiligen Haus allein zugeordnet werden können.65 Die Kostenzuordnung muss eindeutig sein. Handelt es sich um Reihenhäuser, sind die Kosten der einheitlichen Fassade und des einheitlichen Dachs nicht ausscheidbar. Es genügt nicht, dass die Kosten theoretisch ausscheidbar sind oder durch bloße Kostenaufteilung oder Rechnungsstellung zugeordnet werden. Es kommt hingegen auf die tatsächliche Kostenentstehung im einzelnen Haus an. Im Zweifel setzt die Ermittlung ausscheidbarer Kosten die Installation von entsprechenden Messvorrichtungen voraus,66 sodass in erster Linie verbrauchsabhängige Kosten hierunter fallen.

58 59 60 61 62 63 64 65 66

LG München I v. 11.10.2017 – 1 S 18504/16, ZMR 2018, 70. KG v. 25.2.2009 – 24 W 362/08, ZMR 2009, 625. S. hierzu LG München I v. 12.7.2010 – 36 S 2602/10, ZMR 2011, 237. BayObLG v. 23.2.1995 – 2Z BR 129/94, NJW-RR 1996, 140; v. 12.5.2004 – 2Z BR 001/04, MietRB 2004, 351 = ZMR 2004, 765; OLG Düsseldorf v. 23.11.1998 – 3 Wx 376/98, WuM 1999, 350 = NZM 1999, 277, Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 111. BayObLG v. 18.7.1996 – 2Z BR 63/96, DWE 1998, 29; v. 20.11.2002 – 2Z BR 45/02, ZWE 2003, 187; OLG Köln v. 21.9.2001 – 16 Wx 153/01, NZM 2002, 125. LG Köln v. 22.12.2016 – 29 S 145/16, ZMR 2017, 262. So im Ergebnis auch Merle in Bärmann, § 22 WEG Rz. 403; Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 98; a.A. LG Koblenz v. 3.7.2014 – 2 S 36/14 WEG, ZWE 2015, 269. BayObLG v. 10.2.1993 – 2Z BR 116/92, DWE 1993, 161; v. 4.12.2003 – 2Z BR 214/03, ZMR 2004, 356 für Renovierungskosten. Häublein, NZM 2003, 785 (788).

Jennißen | 455

§ 16 Rz. 28 | Nutzungen, Lasten und Kosten 28 Die Kostenzuordnung bei Mehrhausanlagen begegnet durch die Teilrechtsfähigkeit Bedenken,

weil die Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufträge im Außenverhältnis im Namen der rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft erteilt werden und das einzelne Haus einer Mehrhausanlage selbst nicht rechtsfähig ist. Die Aufträge werden somit immer im Namen der Gesamtgemeinschaft erteilt. Nach dem Grundsatz, wer im Außenverhältnis haftet, muss auch im Innenverhältnis Stimmrecht haben, sollten nach teilweise vertretener Auffassung sämtliche Wohnungseigentümer der Mehrhausanlage stimmberechtigt sein.67 Dem ist der BGH nicht gefolgt.68 Dies ist jedoch eine Frage des Stimmrechts und keine Frage der Kostenverteilung und kann an dieser Stelle dahingestellt bleiben. 28a Sieht die Gemeinschaftsordnung eine Kostenaufteilung je Haus nicht vor, sind die Kosten ei-

ner Aufzugsanlage grundsätzlich auch dann auf alle Wohnungseigentümer zu verteilen, wenn einzelne Häuser über keinen Aufzug verfügen.69 Allerdings können die Wohnungseigentümer nach den Abs. 3 und 4 aufgrund der jetzt bestehenden Beschlusskompetenz Änderungen bei der Kostenaufteilung herbeiführen (zu den einzelnen Kosten s.u. Rz. 93 ff.).

VI. Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel 1. Betriebskosten (Abs. 3) a) Begriff 29 Während für die Kosten des Sondereigentums Abs. 2 schon vor 2007 einer Beschlusskom-

petenz nicht entgegenstand, eröffnet der dann eingefügte Abs. 3 eine weitergehende Änderungsmöglichkeit. Die Differenzierung zwischen Kosten des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums hat durch die Einführung des Abs. 3 an Bedeutung verloren. Der Gesetzgeber sieht allgemein für Betriebskosten i.S.v. § 556 Abs. 1 BGB eine Beschlusskompetenz vor, mit der vom Verteilungsschlüssel der Gemeinschaftsordnung oder des Abs. 2 dauerhaft abgewichen werden kann.70 Dabei ist ausdrücklich nicht zwischen Kosten des Gemeinschafts- und des Sondereigentums zu differenzieren. Der Gesetzgeber will damit Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen diesen Kostengruppen vermeiden und sieht ein praktisches Bedürfnis, die Änderungsmöglichkeit insgesamt zu eröffnen.71 30 Die Vorschrift hätte klarer gefasst werden können. Dennoch lässt der Wortlaut erkennen, dass

der Gesetzgeber grundsätzlich alle Betriebskosten der Dispositionsmaxime der Wohnungseigentümer unterwirft72 und nicht nur solche Kosten, die verbrauchs- oder verursachungsabhängig erfasst und verteilt werden können. Wäre § 16 Abs. 3 nur in letzterem Sinne einschränkend auszulegen, hätte der Gesetzgeber nicht von den Betriebskosten im Allgemeinen, sondern von vornherein nur von solchen Kosten reden dürfen, die eine Verbrauchs- oder Verursachungsabhängigkeit besitzen.73 Dann hätte der Gesetzgeber nur die „verbrauchsund verursachungsabhängigen Kosten“ thematisieren dürfen. Auch sprechen die Worte „oder

67 So Kümmel/Vandenhouten in Niedenführl/Vandenhouten, § 25 WEG Rz. 27; Jennißen, NZM 2006, 203 (205); a.A. Wenzel, NZM 2006, 321 (324). 68 BGH v. 10.11.2017 - V ZR 184/16, ZMR 2018, 234 = NZM 2018, 340. 69 BayObLG v. 24.11.2004 – 2Z BR 156/04, ZMR 2005, 639. 70 BGH v. 1.6.2012 – V ZR 225/11, ZWE 2012, 363; LG Hamburg v. 30.6.2010 – 318 S 138/09, ZWE 2011, 284; a.A. AG Hamburg v. 6.10.2008 – 102d C 1062/07, ZMR 2009, 321. 71 BT-Drucks. 16/887, 22. 72 So auch Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 5 Rz. 11; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 98; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 13. 73 So auch Briesemeister, WEG-Reform, S. 85; Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 5 Rz. 13; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 13a; a.A. Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 29.

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VI. Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel | Rz. 32 § 16

nach einem anderen Maßstab verteilt werden“ gegen die enge Auslegung. Der „andere Maßstab“ lässt erkennen, dass Verbrauch und Verursachung nur beispielgebend aufgezählt werden. Zudem zeigt die Gesamtbetrachtung von § 16 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4, dass der Gesetzgeber die Beschlusskompetenz für alle Kostengruppen eröffnen wollte. Abs. 3 erfasst die Betriebskosten und die Kosten der Verwaltung. In Abs. 4 werden die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung sowie der baulichen Veränderungen geregelt. Es wäre unverständlich, wenn verursachungsunabhängige Positionen – wie beispielsweise die Gebäudeversicherung, Straßenreinigungskosten oder die Kosten des Hausmeisters – von der Kostenverteilung durch Beschluss ausgeschlossen wären. Es werden damit alle 17 in § 2 BetrKV aufgeführten Kostengruppen erfasst (vgl. zur Abgrenzung zu Instandhaltungskosten, s.u. Rz. 55 ff.). Die Verweisungsnorm des § 556 Abs. 1 BGB definiert den Begriff der Betriebskosten selbst 30a nicht, sondern verweist auf die Betriebskostenverordnung (BetrKV). § 2 BetrKV teilt die Betriebskosten in insgesamt 17 Gruppen ein, die allesamt mietrechtlich umlagefähig sind. Die Einführung des Betriebskostenbegriffs in das WEG erfordert stärker zwischen umlage- und nicht umlagefähigen Kosten zu differenzieren. Diese Unterscheidung ist mit der WEG-Novelle zur Pflichtaufgabe des Verwalters geworden. Die Änderungsmöglichkeit betrifft jede einzelne Kostenposition und nicht nur alle Betriebs- 31 kosten insgesamt.74 Der Gesetzgeber will einen Ermessensspielraum für eine weitgehende Kostengerechtigkeit schaffen.75 Dieses Ziel ist nicht zu erreichen, wenn keine individuellen Ansätze je Kostenposition gewählt werden dürften. b) Mehrheitsbeschluss/Beschlusskompetenz Nach dem Wortlaut von Abs. 3 entsteht der Eindruck, als könnten die Wohnungseigentümer 32 nur einen von § 16 Abs. 2 abweichenden Beschluss fassen, also den Miteigentumsanteilsschlüssel ändern. Dies entspricht aber nicht dem gesetzgeberischen Willen, die Entscheidungskompetenzen erweitern zu wollen. In der amtlichen Begründung heißt es: „Demnach können die Wohnungseigentümer aufgrund ihrer Privatautonomie zwar grundsätzlich frei entscheiden, ob sie eine verursachungs- oder verbrauchsabhängige Abrechnung einführen oder ob sie davon absehen und weiterhin nach dem geltenden oder nach einem vereinbarten Maßstab abrechnen wollen“.76 Die Wohnungseigentümer können somit auch von einem Verteilungsschlüssel der Gemeinschaftsordnung durch Mehrheitsbeschluss abweichen, wie § 16 Abs. 5 verdeutlicht.77 Dies soll nach Auffassung des BGH78 aber dann nicht möglich sein, wenn ein Wohnungseigentümer in der Gemeinschaftsordnung von der Kostentragungspflicht befreit wurde. Es bestünde keine Beschlusskompetenz, einen Wohnungseigentümer erstmals mit Kosten zu belasten. In Fortführung dieser Auffassung wird auch angenommen, dass die Beschlusskompetenz ebenso fehle, wenn Wohnungseigentümer erstmals von Kosten freigestellt werden sollen.79 § 16 Abs. 3 enthalte nur eine Änderungs- und keine erstmalige Belas74 75 76 77

Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 21; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 84. BT-Drucks. 16/887, 23. BT-Drucks. 16/887, 23. BGH v. 9.7.2010 – V ZR 202/09, MDR 2010, 1243 = MietRB 2010, 300 f. = NZM 2010, 622 = ZMR 2010, 775 = WuM 2010, 524; LG München I v. 10.6.2009 – 1 S 10155/08, ZMR 2010, 66; a.A. AG Hamburg v. 6.10.2008 – 102 DC 1062/07, ZMR 2009, 320, wonach nur eine Abänderungsmöglichkeit des Verteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 2 WEG bestehe und somit nur der Miteigentumsanteilsschlüssel abgeändert werden dürfte. 78 BGH v. 1.6.2012 – V ZR 225/11, MDR 2012, 899 f. = NZM 2012, 615 = ZMR 2012, 709; v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, DWE 2015, 22 = ZMR 2015, 239 = MDR 2015, 79 = NotBZ 2015, 231 = MietRB 2015, 46; BGH v. 13.5.2016 – V ZR 152/15, ZMR 2016, 713 = MDR 2016, 1133; ebenso LG Nürnberg-Fürth v. 14.8.2012 – 14 S 4162/12, ZMR 2013, 307; AG Köln v. 22.8.2014 – 215 C 90/14, ZWE 2016, 30. 79 AG Leverkusen v. 8.11.2016 – 23 C 40/16, ZMR 2017, 105.

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§ 16 Rz. 32 | Nutzungen, Lasten und Kosten tungskompetenz (oder Freistellungskompetenz) der Kostenverteilung. Deshalb wird auch teilweise davon gesprochen, dass nur eine Beschlusskompetenz über das Wie und nicht das Ob der Kostentragung bestehe.80 32a Nach Auffassung des BGH81 ist aber zunächst zu prüfen, ob die Auslegung der Gemein-

schaftsordnung nicht ergibt, dass die Kostenbefreiung zeitlich limitiert ist. Scheidet auch diese Möglichkeit aus, bleibt nur die Möglichkeit, den Änderungsanspruch und damit die Belastung des bisher von den Kosten befreiten Wohnungseigentümers nach § 10 Abs. 2 S. 3 einzuklagen. Dieser Klage wird das Gericht aber nur stattgeben, wenn der Kläger durch die bisherige Entlastung eines Eigentümers in seiner Kostenlast um mindestens 25 % (s.u. Rz. 90) zu hoch, also unbillig, belastet wird. Dies ist wiederum nur bei kleinen Gemeinschaften (i.d.R. bis zu vier Einheiten) anzunehmen. Bei allen größeren Gemeinschaften dürfte die Mehrbelastung des Klägers nicht so hoch ins Gewicht fallen, so dass diese Möglichkeit praktisch ausscheidet. 32b Die vorstehende Auffassung des BGH ist schon im Ergebnis wenig überzeugend.82 Sie führt

dazu, dass ein Wohnungseigentümer, der gem. Gemeinschaftsordnung bisher an den Kosten nicht zu beteiligen war, weiterhin befreit bleibt, während ein Wohnungseigentümer, der bisher minimale Kosten tragen musste, zukünftig stark belastet werden dürfe. Im Einzelfall könnte also die geringere Ungerechtigkeit beseitigt werden, nicht aber die stärkere. Überzeugender ist es hingegen, die Frage der Beschlusskompetenz mit der Frage nach dem sachlichen Grund der Kostenbefreiung zu verbinden (s.a. unten Rz. 38 ff.). Dass erstmalige Belastungen von der Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 3 nicht erfasst werden, ist dem Wortlaut genauso wenig wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. § 16 Abs. 5 lässt auf das Gegenteil schließen. Zudem hat der Gesetzgeber in der Begründung der Novelle 2007 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Gemeinschaftsordnungen häufig durch den sie gestaltenden Bauträger oder den Alleineigentümer einseitige Regelungen enthalten, die durch Mehrheitsbeschlüsse abgeändert werden sollen.83 Es ist somit auch bei einzelne Wohnungseigentümer privilegierende Regelungen danach zu fragen, ob diese sachlich gerechtfertigt sind. Ist dies nicht der Fall, weil die bisher von den Kosten befreiten Wohnungseigentümer tatsächlich am Verbrauch oder der Verursachung der Kosten teilnehmen, war die bisherige Privilegierung nicht gerechtfertigt und kann durch Mehrheitsbeschluss beseitigt werden. 33 Die Beschlusskompetenz bezieht sich nicht nur auf den gesetzlichen Verteilungsschlüssel des

Abs.2. Eine Änderungsmöglichkeit besteht auch dann, wenn die Gemeinschaftsordnung beispielsweise den Wohnflächenschlüssel vorsieht, vorausgesetzt, der neue Schlüssel wird nicht willkürlich gewählt (s. Rz. 38 ff.). Umgekehrt ist es auch zulässig, den Miteigentumsanteilsschlüssel erst durch Mehrheitsbeschluss einzuführen, wenn sich der in der Gemeinschaftsordnung vorgesehene Schlüssel als unpraktikabel erwiesen hat. Machen die Wohnungseigentümer von ihrer weiten Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 3 Gebrauch, wird der Miteigentumsanteil als Verteilungsschlüssel in der Praxis immer seltener Anwendung finden. 34 Durch die Neuregelung muss nicht mehr wie früher differenziert werden zwischen einem Ein-

zelfallbeschluss, der anfechtbar war,84 und einem den Verteilungsschlüssel generell ändernden Beschluss, der als nichtig angesehen wurde. Der Verteilungsschlüssel kann durch Beschluss gegenüber der Gemeinschaftsordnung bis auf weiteres abgeändert werden. Er hindert aber die Wohnungseigentümer nicht, später über eine erneute Abänderung zu beschließen. Die Be-

80 So Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 83; im Ergebnis ebenso T. Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, § 16 Rz. 22. 81 BGH v. 13.5.2016 – V ZR 152/15, ZMR 2016, 713 = MDR 2016, 1133. 82 Jennißen, ZWE 2017, 117, 118. 83 BT-Drucks. 16/887, 21, 25. 84 BayObLG v. 20.1.2005 – 2Z BR 141/04, MietRB 2005, 181 = ZMR 2005, 387; OLG Düsseldorf v. 16.3.2001 – 3 Wx 51/01, NJW-RR 2002, 157; Wenzel, ZWE 2002, 873.

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VI. Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel | Rz. 36 § 16

schlusskompetenz ist keine einmalige Angelegenheit. Sonst hätte der Gesetzgeber dies im Wortlaut zum Ausdruck bringen müssen. Im Wiederholungsfall ist aber genau zu prüfen, ob der Wechsel willkürlich erfolgt und Interessen Einzelner bevorzugt werden. Ein besonderer sachlicher Grund für die nochmalige Änderung des bereits einmal abgeänderten Schlüssels ist aber nicht erforderlich.85 Auch greift die erneute Änderung der Verteilungsschlüssel nicht schon durch die Abänderung selbst in schutzwürdige Belange eines Wohnungseigentümers ein.86 Die stets zu beachtenden Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung werden dann verletzt, wenn die erneuten Abänderungen eine Willkürlichkeit erkennen lassen. Im Vordergrund steht aber das Ermessen der Wohnungseigentümer und nicht das Interesse des Einzelnen. Letztere Interessen werden in erster Linie durch die Vorschrift des § 10 Abs. 2 Satz 3 gewahrt. Der Zweitbeschluss kann daher auch zu einem vollkommen anderen Verteilungsschlüssel führen. Er muss sich nicht am Inhalt und den Wirkungen des Erstbeschlusses orientieren.87 Es kann den Wohnungseigentümern nicht verwehrt werden, einen weiteren gleichfalls gerechten Verteilungsschlüssel zu finden.88 Die Beschlusskompetenz für die Verteilung der Betriebskosten kann auch nicht mehr durch 34a die Gemeinschaftsordnung eingeschränkt werden. Dies stellt Abs. 5 klar. Da die Abänderungsbefugnis nicht mehr durch eine Vereinbarung eingeschränkt werden kann, sind entgegenstehende Regelungen irrelevant geworden, so dass für die Verteilung der Betriebs- und Verwaltungskosten nach dem 1.7.2007 gefasste Beschlüsse ausschließlich maßgebend sind. Dabei haben die Wohnungseigentümer einen gewissen Ermessensspielraum.89 Die Änderung der Verteilungsschlüssel muss ausdrücklich beschlossen werden,90 also von ei- 35 nem Änderungsbewusstsein getragen sein.91 Eine langjährige abweichende Übung in beschlossenen Jahresabrechnungen genügt hierzu nicht,92 erst recht nicht, wenn der Verteilungsschlüssel vor dem 1.7.2007 geändert wurde. Die damalige Nichtigkeit kann nicht durch bloße Fortsetzung seiner Anwendung über den 1.7.2007 hinaus geheilt werden. Der Beschluss über die Jahresabrechnung oder den Wirtschaftsplan führt nicht zu einer Bestätigung der darin enthaltenen abgeänderten Verteilungsschlüssel für die Zukunft. Erst recht genügt es nicht, wenn der abgeänderte Verteilungsschlüssel in der Jahresabrechnung oder dem Wirtschaftsplan „versteckt“ wird. Der Beschluss muss sich ausdrücklich auf die einzelne Kostenposition beziehen. Sammelbegriffe wie „zuordnungsfähige Kosten“ genügen nicht.93 Maßgebend sind die Stimmrechte gemäß Gemeinschaftsordnung. Das Kopfprinzip des § 25 36 Abs. 2 ist nur anzuwenden, wenn die Gemeinschaftsordnung keine Regelung zum Stimmrecht

85 So auch Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 5 Rz. 40; Häublein, ZMR 2007, 417; Bartholome in BeckOK WEG, § 16 Rz. 155. 86 Einschränkend Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 114. 87 S. hierzu BGH v. 20.12.1990 – V ZB 8/90, MDR 1991, 517 = NJW 1991, 979 = ZMR 1991, 446. 88 A.A. Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 40, der eine Abänderung für anfechtbar hält, wenn sich der zuerst beschlossene Verteilungsschlüssel innerhalb der Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung bewegte. 89 LG Düsseldorf v. 9.6.2009 – 16 S 77/08, ZMR 2010, 59; AG München v. 30.6.2011- 483 C 31786/10, ZMR 2012, 54. 90 BGH v. 9.7.2010 – V ZR 202/09, MDR 2010, 1243 LS = MietRB 2010, 300 f. = NZM 2010, 622 = ZMR 2010, 775; OLG Düsseldorf v. 26.3.2004 – I-3 Wx 344/03, ZMR 2004, 848; LG München I v. 8.8.2011 – 1 S 809/11, MietRB 2011, 353 = ZWE 2011, 449. 91 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 195/17, NJW-RR 2018, 1162. 92 BGH v. 9.7.2010 – V ZR 202/09, MDR 2010, 1243 = MietRB 2010, 300 f. = ZMR 2010, 775; LG Dessau-Roßlau v. 29.10.2009 – 5 S 89/09, ZMR 2010, 471; OLG München v. 18.9.2006 – 34 Wx 81/06, ZMR 2006, 870; OLG Hamburg v. 28.11.2005 – 2 Wx 112/04, ZMR 2006, 298; AG Dortmund v. 10.12.2015 – 514 C 108/14, ZMR 2016, 233. 93 OLG Oldenburg v. 5.4.2005 – 5 W 194/04, ZMR 2005, 814.

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§ 16 Rz. 36 | Nutzungen, Lasten und Kosten enthält.94 Indem der Gesetzgeber in Abs. 4 ausdrücklich auf § 25 Abs. 2 und somit auf das Kopfprinzip verweist und in Abs. 3 eine solche Verweisung fehlt, bleibt für Betriebskosten das Stimmrecht gem. Gemeinschaftsordnung maßgebend, so dass auch das Objektprinzip in Betracht kommen kann.95 37 Der Abänderungsbeschluss muss bestimmt gefasst werden und darf nicht widersprüchlich

sein.96 Es muss zweifelsfrei erkennbar sein, welche Kostenarten betroffen sein sollen. Eine Veränderung des Verteilungsschlüssels für „Wartungskosten“ genügt dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht.97 Der Begriff der Wartungskosten ist unklar, weil nicht erkennbar ist, worauf sich die Kosten beziehen und ob Instandsetzungskosten ebenfalls erfasst werden.98 Dem Transparenzgebot ist auch im Hinblick auf Rechtsnachfolger Rechnung zu tragen.99 Der Beschluss muss zumindest durch Auslegung erkennen lassen, ab wann der geänderte Verteilungsschlüssel gelten soll.100 c) Sachlicher Grund 38 Der neue Maßstab muss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Dies setzt einen sachli-

chen Grund für die Änderung voraus.101 Soweit der BGH102 das Erfordernis eines sachlichen Grundes verneint, führt dies zu keinen anderen Ergebnissen, da auch nach diesseitiger Auffassung weder schwerwiegende Gründe noch eine Unbilligkeit i.S.v. § 10 Abs. 2 erforderlich sind.103 Im Wesentlichen ist der sachliche Grund negativ abzugrenzen, d.h. der neue Schlüssel darf im Wesentlichen nicht willkürlich sein, worauf auch der BGH104 abstellt. Andernfalls würde die Abänderungsmöglichkeit durch Mehrheitsbeschluss unzulässig eingeschränkt. Aufgrund des Selbstorganisationsrechts der Wohnungseigentümer ist diesen ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt.105 39 Für den sachlichen Grund genügt stets eine höhere Kostengerechtigkeit,106 Anreize zur Kos-

tensenkung, die Anpassung an die vorhandenen Bedingungen bzw. die von dem Aufteilungsplan abweichende Baurealisierung oder die Korrektur eines unzweckmäßigen Verteilungsschlüssels.107 Auch die Vermeidung von Abgrenzungsproblemen rechtfertigt eine Abänderung

94 Bestätigend BGH v. 10.7.2015 – V ZR 198/14, ZWE 2015, 410; Elzer in Riecke/Schmid, § 16 WEG Rz. 77; Hügel/Elzer, § 16 WEG Rz. 88; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 8 Rz. 35; a.A. Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 113; Bartholome in BeckOK WEG, § 16 Rz. 234. 95 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 198/14, NZM 2015, 785 = MDR 2015, 1056 = NotBZ 2015, 461 = MietRB 2015, 298. 96 LG Hamburg v. 30.6.2010 – 318 S 138/09, ZWE 2011, 284; OLG München v. 22.12.2006 – 32 Wx 165/06, NZM 2007, 364. 97 LG München I v. 18.3.2010 – 36 S 4706/09, IMR 2010, 339. 98 S. LG München I v. 18.3.2010 – 36 S 4706/09, ZMR 2010, 717. 99 BGH v. 9.7.2010 – V ZR 202/09, MDR 2010, 1243 = MietRB 2010, 300 f. = ZMR 2010, 775. 100 AG Dortmund v. 10.12.2015 – 514 C 108/14, ZMR 2016, 233. 101 Sowohl für das Ob und das Wie des neuen Schlüssels einen sachlichen Grund fordernd: AG Nürnberg v. 27.10.2010 – 30 C 40157/10, ZMR 2011, 594. 102 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 249 = ZWE 2011, 327. 103 So auch Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 53. 104 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 249 = DWE 2011, 109 = NZM 2011, 589 = ZWE 2011, 327; LG Berlin v. 3.12.2013 – 55 S 127/12, ZMR 2014, 570. 105 BGH v. 16.9.2011 – V ZR 3/11, MietRB 2011, 380 = ZWE 2012, 30; v. 1.4.2011 – V ZR 162/10, MDR 2011, 781 = MietRB 2011, 211 f. = ZMR 2011, 652; LG Karlsruhe v. 5.11.2015 – 11 S 120/14, ZWE 2016, 92. 106 So auch LG Düsseldorf v. 9.6.2009 – 16 S 77/08, ZMR 2010, 60; LG Hamburg v. 30.6.2010 – 318 S 138/09, ZWE 2011, 284; a.A. AG Dortmund v. 16.2.2010 – 512 C 57/09, ZWE 2010, 284. 107 S. auch AG Hamburg-Wandsbek v. 8.10.2009 – 740 C 26/09, ZWE 2010, 286.

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VI. Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel | Rz. 41a § 16

des Verteilungsschlüssels.108 Zweifelhaft ist, ob der Wechsel auf einen anderen Schlüssel, der kein „besserer“ ist, ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.109 In der Regel wird aber der Rechtfertigungsgrund in der höheren Kostengerechtigkeit liegen, so dass bei richtiger Beleuchtung der neue Schlüssel doch der „bessere“ sein kann. Dazu genügt auch, dass der neue Schlüssel praktikabler in seiner Anwendbarkeit ist als der alte. Hohe Anforderungen sind an den sachlichen Grund nicht zu stellen. Alles was nicht gegen das Willkürverbot verstößt (negative Abgrenzung), erfüllt aber nicht gleichzeitig auch das Tatbestandsmerkmal der ordnungsgemäßen Verwaltung (positive Abgrenzung). Sachlich geboten ist es auch, den unterschiedlichen Gebrauchsmöglichkeiten Rechnung zu tragen.110 Auch kann eine vom aufteilenden Bauträger in die Gemeinschaftsordnung aufgenommene 40 willkürliche Privilegierung einzelner Wohnungseigentümer bei der Kostenlast durch Mehrheitsbeschluss beseitigt werden (s.o. Rz. 32a u. Rz. 53). Die Annahme bisheriger Willkür, ist objektiv festzustellen. Eine besondere Absicht des Aufteilers ist nicht notwendig. So kommen beispielsweise Privilegierungen in der unzutreffenden Annahme zustande, zur Wohnanlage gehörende Einfamilienhäuser würden keinen Verwaltungsaufwand verursachen und seien deshalb von den Verwaltungskosten freizustellen. Solche Privilegierungen können durch Beschluss beseitigt werden. Hat aber die Privilegierung einen sachlichen Grund, ist sie also objektiv gerechtfertigt (z.B. für eine noch nicht fertiggestellte Einheit), darf sie nicht zu Lasten des betroffenen Eigentümers aufgehoben werden.111 Die Begründung liegt aber nicht in einer fehlenden Beschlusskompetenz, sondern der objektive Tatbestand lässt die Abänderung nicht als ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend erscheinen und die Mehrheitsmacht darf nicht missbraucht werden. Ein hiergegen verstoßender Beschluss führt also nur zur Rechtswidrigkeit. Der sachliche Grund kann auch darin liegen, dass sich der bisherige Verteilungsschlüssel nicht 41 bewährt hat oder sich die tatsächlichen Verhältnisse verändert haben.112 Letzteres kann der Grund sein, muss es aber nicht.113 Durch Gemeinschaftsordnung oder bestandskräftige Beschlüsse bisher bestehende Privilegien einzelner Wohnungseigentümer können durch Mehrheitsbeschluss aufgehoben bzw. abgeändert werden, wenn der neue Verteilungsschlüssel eine größere allgemeine Kostengerechtigkeit erzeugt.114 Die Abänderungsmöglichkeit des § 16 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 5 schützt keinen Vertrauenstatbestand des Einzelnen mehr. Es besteht nur noch das allgemeine Vertrauen in ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln, das aber die Einzelinteressen mit berücksichtigen muss. Kein sachlicher Grund ist es aber, wenn sich die Mehrheit der Wohnungseigentümer zu Lasten 41a der Minderheit finanziell entlasten will. Wurden die Kabelgebühren bisher nach der Anzahl der Anschlüsse verteilt, ist es willkürlich, ohne dass sich die sachlichen Voraussetzungen verändert haben, jetzt eine Kostenverteilung über alle Wohnungseigentümer unabhängig von der

108 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 249 = DWE 2011, 109 = NZM 2011, 589 = ZWE 2011, 327. 109 Bejahend: AG Recklinghausen v. 17.2.2009 – 90 C 89/08, WuM 2009, 546, wonach es nicht zu beanstanden sei, wenn die Wohnungseigentümer bei Allgemeinstrom und Müllabfuhrkosten von Miteigentumsanteile auf Personenanzahl wechseln; der sachliche Grund dürfte hier aber ebenfalls in der größeren Kostengerechtigkeit liegen, weil einzelne Bewohner einer Großwohnung zukünftig weniger zahlen. 110 LG München I v. 10.6.2009 – 1 S 10155/08, ZMR 2010, 66. 111 Ebenso Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 107. 112 LG Düsseldorf v. 9.6.2009 – 16 S 77/08, ZMR 2010, 60; LG Rostock v. 10.7.2015 – 1 S 160/14, ZWE 2016, 183. 113 Klarstellend LG München v. 10.6.2009 – 1 S 10155/08, ZMR 2010, 66; a.A. AG Dortmund v. 16.2.2010 – 512 C 57/09, ZMR 2010, 887. 114 Ebenso Elzer in Riecke/Schmid, § 16 WEG Rz. 84; a.A. Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 107.

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§ 16 Rz. 41a | Nutzungen, Lasten und Kosten konkreten Zahl der Anschlüsse zu beschließen. Ebenso wenig ist es gerechtfertigt, die Kosten der Hausreinigung und des Winterdienstes vom bisherigen Miteigentumsanteilsschlüssel auf die Anzahl der Wohnungen abzuändern.115 In einem solchen Fall ist die Kostenverteilung nach der Anzahl der Wohnungen nicht gerechter, sondern nährt die Vermutung, dass sich die Eigentümer größerer Wohnungen zu Lasten der Eigentümer kleinerer Wohnungen entlasten wollten. 41b Dem gesetzgeberischen Willen, die Eigenverantwortlichkeit der Wohnungseigentümer nicht

weiter eingrenzen zu wollen,116 ist Rechnung zu tragen. Entgegen früher verbreiteter Auffassung,117 dass Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte nicht genügen und hypothetische Erwägungen, die Wohnungseigentümer hätten einen anderen Verteilungsschlüssel in der Gemeinschaftsordnung vereinbart, wenn sie die Probleme des gewählten Verteilungsschlüssels umfassend gewürdigt hätten, unerheblich seien, reichen seit der Novelle solche Erwägungen als sachlicher Änderungsgrund aus. Allerdings ist die Ermessensentscheidung der Wohnungseigentümer gerichtlich überprüfbar. Die gerichtliche Überprüfung des sachlichen Grundes hat sich im Wesentlichen an der Willkürkontrolle zu orientieren.118 Wird die Willkürkontrolle nur unter dem Gesichtspunkt vorgenommen, ob der neue Verteilungsschlüssel ordnungsmäßiger Verwaltung119 entspricht, bleibt auch diese Differenzierung ohne praktische Konsequenzen. Zwingend ist die Gleichstellung, dass alles was nicht willkürlich ist auch ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, nicht (s.o. Rz. 39). 41c Die Änderung des Verteilungsschlüssels nach Abs. 3 ist rechtswidrig, wenn sie nicht ordnungs-

mäßiger Verwaltung entspricht. Dies kann der Fall sein, wenn vermietende Wohnungseigentümer den veränderten Verteilungsschlüssel nicht im Rahmen der Betriebskostenabrechnung an den Mieter weitergeben können und die unterschiedlichen Verteilungsschlüssel zu unübersichtlichen mietrechtlichen Abrechnungsschwierigkeiten führen, die vor dem Änderungsbeschluss nicht bestanden. 41d Es kommen auch Verteilungsschlüssel in Betracht, die die Kosten aufspalten, beispielsweise in

einen Basisanteil nach Miteigentumsanteilen und einen weiteren Anteil nach Verbrauch oder Verursachung. d) Vertrauensschutz 41e Die Frage, ob die Veränderung des Verteilungsschlüssels nur mit Wirkung für die Zukunft

beschlossen werden kann, ist vom BGH120 einschränkend insoweit bejaht worden, als kein Vertrauen in die Beibehaltung des Verteilungsschlüssels verletzt werden dürfe. Ein solches schutzwürdiges Vertrauen bestehe danach aber noch nicht, wenn der abgeänderte Verteilungs-

115 So zu Recht AG Nürnberg v. 20.9.2013 – 16 C 5504/12 WEG, ZWE 2014, 35. 116 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des WEG-ÄndG, BT-Drucks. 16/887, 23; BGH v. 1.4.2011 – V ZR 162/10, MDR 2011, 781 = MietRB 2011, 211 f. = ZMR 2011, 652 = NJW 2011, 2202. 117 OLG Düsseldorf v. 21.10.2005 – I-3 Wx 164/05, ZMR 2006, 296; OLG Zweibrücken v. 30.4.1999 – 3 W 83/99, NZM 1999, 1060. 118 BGH v. 1.4.2011 – V ZR 162/10, MDR 2011, 781 = MietRB 2011, 211 f. = ZMR 2011, 652 = NJW 2011, 2202; v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 249 = DWE 2011, 109 = NZM 2011, 589 = ZWE 2011, 327; LG Nürnberg-Fürth v. 25.3.2009 – 14 S 7627/08, ZMR 2009, 638; LG München I v. 10.6.2009 – 1 S 10155/08, NZM 2010, 248. 119 So BGH v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 249 = DWE 2011, 109 = NZM 2011, 589 = ZWE 2011, 327. 120 BGH v. 1.4.2011 – V ZR 162/10, MDR 2011, 781 = MietRB 2011, 211 f. = ZMR 2011, 652; v. 9.7.2010 – V ZR 202/09, MDR 2010, 1243 = MietRB 2010, 300 f. = ZMR 2010, 775 = NZM 2010, 622.

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VI. Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel | Rz. 43 § 16

schlüssel erstmalig für das laufende Kalenderjahr greifen soll.121 Dann sei noch keine Rückwirkung festzustellen.122 Für bereits abgelaufene Kalenderjahre komme eine Veränderung des Verteilungsschlüssels sogar noch in Betracht, wenn für diesen Zeitraum weder eine Abrechnung noch ein wirksamer Wirtschaftsplan bestehe.123 Darüber hinaus sei eine Rückwirkung zulässig, wenn grob unbillige oder in hohem Maße unpraktikable Verteilungsschlüssel beseitigt würden. Lediglich im Bereich der Heizkosten sei eine Rückwirkung auf Grund der Regelung in § 6 Abs. 4 HeizkV ausgeschlossen.124 Letzteres entspricht zwar dem Wortlaut der Vorschrift, führt aber nach hiesiger Auffassung im Einzelfall zu kaum verständlichen Ergebnissen. Bei Einrohrheizungen bietet sich beispielsweise eine Kostenverteilung i.H.v. 70 % nach Verbrauch nicht an, wenn die Heizkörper mit elektronischen Heizkostenverteiler versehen sind. Wegen der geringen Erfassungsrate ist ein so hoher Verbrauchsanteil nicht sachgerecht. Die Heizkostenabrechnung wäre deshalb anfechtbar.125 Wollen die Wohnungseigentümer den Schlüssel nun möglichst schnell und schon für das laufende Jahr ändern, wäre dies nun ebenfalls rechtswidrig. Die Wohnungseigentümer müssten also sehenden Auges einen sachlich falschen Schlüssel noch ein weiteres Jahr beibehalten. § 6 Abs. 4 HeizkV schützt dann das Vertrauen in einen unbilligen und gar fehlerhaften Verteilungsschlüssel. Eine weite Änderungsmöglichkeit ist insoweit zu begrüßen, als dass sie das Selbstbestim- 42 mungsrecht der Wohnungseigentümer stärkt. Dabei ist Greiner126 zuzustimmen, dass bei verbrauchsabhängigen Kosten der Vertrauenstatbestand höher zu werten ist. Bei allen anderen Kosten ist das Vertrauen ohnehin eingeschränkt. Das bloße Abstellen auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung könnte auch im Einzelfall zu unbefriedigenden und zufälligen Ergebnissen führen, wenn z.B. bei bestehendem Wirtschaftsplan die Veränderung des Verteilungsschlüssels am 30.12. für das noch laufende Kalenderjahr beschlossen wird, während bei einer Beschlussfassung am 2.1. des Folgejahres eine Rückwirkung vorläge. Auch kann der Wirtschaftsplan entgegen der Auffassung des BGH127 für diese Frage nicht maßgeblich sein, ist doch anerkannt, dass ein falscher Verteilungsschlüssel im Wirtschaftsplan keine Auswirkungen auf den Verteilungsschlüssel der Jahresabrechnung hat.128 Die rückwirkende Änderungsmöglichkeit ist anzuerkennen, wenn es um die Einführung eines sachgerechten Schlüssels geht. Sachlich unzureichende oder gar fehlerhafte Verteilungsschlüssel müssen möglichst schnell, also auch rückwirkend, beseitigt werden können.129 Ist hingegen das Kalenderjahr bestandskräftig abgerechnet worden, besteht kein Anspruch mehr auf einen abändernden Zweitbeschluss, selbst wenn der Verteilungsschlüssel rückwirkend geändert wurde.130 Kein Vertrauen wird verletzt, wenn die Wohnungseigentümer schon seit Jahren einen abge- 43 änderten Verteilungsschlüssel aufgrund eines vor dem 1.7.2007 gefassten nichtigen Beschlus-

121 Einschränkend Dt. Ständ. Schiedsgericht v. 27.2.2013 – SG S/H/XLI, ZMR 2013, 843. 122 BGH v. 9.7.2010 – V ZR 202/09, MDR 2010, 1243 = MietRB 2010, 300 f. = ZMR 2010, 775 = NZM 2010, 622. 123 BGH v. 1.4.2011 – V ZR 162/11, MDR 2013, 325 = MietRB 2013, 79 = ZMR 2011, 652 = NZM 2011, 514; LG Berlin v. 13.8.2013 – 85 S 177/12 WEG, MietRB 2014, 48 f. = ZWE 2014, 269. 124 BGH v. 9.7.2010 – V ZR 202/09, MDR 2010, 1243 = MietRB 2010, 300 f. = ZMR 2010, 775 = NZM 2010, 622. 125 AG Wuppertal v. 1.6.2016 – 91b C 162/24, ZMR 2017, 205; AG Bonn v. 21.12.2012 – 27 C 136/12, ZMR 2013, 384. 126 Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 8 Rz. 39. 127 BGH v. 1.4.2011 – V ZR 162/11, ZMR 2011, 652 = NZM 2011, 514; ebenfalls auf den Wirtschaftsplan abstellend LG Hamburg v. 22.2.2013 – 318 S 32/12, MietRB 2013, 334 = ZMR 2013, 453. 128 Becker in Bärmann, § 28 WEG Rz. 38; T. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 28 WEG Rz. 18. 129 LG Berlin v. 9.9.2015 – 53 S 26/15 WEG, ZWE 2017, 33. 130 AG München v. 30.6.2011 – 483 C 31786/10, ZMR 2012, 54.

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§ 16 Rz. 43 | Nutzungen, Lasten und Kosten ses131 praktizieren und diesen durch einen Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG nunmehr – gegebenenfalls auch für die Vergangenheit – wirksam bestätigen.132 e) Verteilungsschlüssel im Überblick aa) Wohnfläche 44 Der Verbrauchs- oder Verursachungsmaßstab wird nur als eine von mehreren Möglichkeiten

aufgezählt.133 Der zu wählende Maßstab muss generell ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, so dass auch andere Maßstäbe in Betracht kommen. Der ausgewählte Verteilungsschlüssel muss einen angemessenen Maßstab darstellen und darf nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führen.134 Auch ist es möglich, die Betriebskosten nach dem Verursachungsmaßstab zu verteilen, wobei die Verursachungs- bzw. Gebrauchsmöglichkeit maßgebend sein kann. Ein solcher Beschluss entspricht aber nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn auf die tatsächliche Gebrauchsmöglichkeit und nicht auf das allgemeine Gebrauchsrecht, das grundsätzlich jedem Sondereigentümer zusteht, abgestellt wird.135 Den unterschiedlichen Gebrauchsmöglichkeiten kann im Einzelfall eine allgemeine Pflicht zur Pflege der Gemeinschaftsanlagen (z.B. Verkehrssicherungspflicht durch Winterdienst) gegenüberstehen, die bei der Ermessensausübung berücksichtigt werden muss.136 44a In der Regel neigen die Wohnungseigentümer zum Wohnflächenschlüssel, selbst wenn dieser

dem Miteigentumsanteilsschlüssel sehr nahe kommt. Dazu müssen die Wohnflächen aber feststehen.137 Der Wohnflächenschlüssel ist nicht zu beanstanden, wenn anstelle des in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Verteilungsschlüssels „Miteigentumsanteile“ der Wohnflächenschlüssel gewählt wird und dieser im Ergebnis nur geringfügig vom alten Schlüssel abweicht.138 Gerade wenn die Miteigentumsanteile nach der Wohnfläche berechnet sind und somit durch den Wechsel auf den Wohnflächenschlüssel faktisch keine anderen Ergebnisse eintreten, ist ein Wechsel ohne weiteres zulässig, da er in seiner wirtschaftlichen Konsequenz nur zu einer anderen Bezeichnung führt, die sich mietrechtlich besser umsetzen lässt. Stimmt hingegen die Wohnfläche nicht mit den Miteigentumsanteilen überein, stellt die Anpassung des Verteilungsschlüssels an die tatsächlichen Verhältnisse den rechtfertigenden Grund dar. 45 Wird der Wohnflächenschlüssel gewählt, muss auf eine konkrete Flächenliste Bezug genom-

men werden, es sei denn, die Teilungserklärung enthält schon diese Angaben. Andernfalls ist der Beschluss wegen seiner inhaltlichen Unbestimmtheit nichtig.139 Gibt es keine Wohnflächenliste und stehen demnach die Wohnflächen nicht fest, muss zunächst ihre Ermittlung beschlossen werden, wobei dieser Beschluss wiederum die Art der Ermittlung vorgeben muss, wozu auch die Bestimmung des Flächenanteils für Balkone, Loggien und Terrassen gehört.140 Dabei ist die Bezugnahme auf die mietrechtliche Wohnflächenverordnung wohnungseigen-

131 S. hierzu OLG Hamm v. 17.7.2006 – 15 W 440/05, ZMR 2007, 29. 132 LG Lüneburg v. 6.9.2011 – 9 S 30/11, ZMR 2012, 901; LG Hamburg v. 22.2.2013 – 318 S 32/12, MietRB 2013, 334 = ZMR 2013, 465; a.A. LG Köln v. 29.3.2012 – 209/11. 133 So auch Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 5 Rz. 18. 134 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des WEG-ÄndG, BT-Drucks. 16/887, 23. 135 A.A. für eine entsprechende Regelung in der Gemeinschaftsordnung OLG München v. 18.9.2006 – 34 Wx 081/06, MietRB 2007, 11 = ZMR 2006, 955. 136 S. hierzu LG München I v. 10.6.2009 – 1 S 10155/08, ZMR 2010, 66. 137 OLG Düsseldorf v. 26.3.2004 – I-3 Wx 344/03, ZMR 2004, 848. 138 A.A. OLG Oldenburg v. 3.1.2005 – 5 W 151/04, ZMR 2005, 651. 139 LG Frankfurt/Oder v. 21.11.2016 – 16 S 85/16, ZWE 2017, 274; AG Berlin-Charlottenburg v. 17.5.2013 – 73 C 156/12, ZWE 2014, 282. 140 Siehe hierzu LG Berlin v. 13.8.2013 – 85 S 177/12 WEG, MietRB 2014, 48 f. = IMR 2014, 30, wonach eine 50 %ige Berücksichtigung dieser Flächen nicht zu beanstanden ist.

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VI. Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel | Rz. 48 § 16

tumsrechtlich nicht zwingend.141 Das Ermessen der Wohnungseigentümer ist aber fehlerhaft ausgeübt, wenn die Wohnfläche der Nutzfläche gleichgesetzt wird, so dass ein solcher Beschluss erfolgreich angefochten werden könnte.142 Ist die Nutzfläche nicht einmal bestimmt, ist der Beschluss sogar nichtig.143 Enthält die Teilungserklärung Flächenangaben, sind diese heranzuziehen, bis die Wohnungseigentümer eine neue Flächenberechnung beschließen. Hierfür fehlt ihnen auch nicht die Beschlusskompetenz,144 da es sich nicht um eine unzulässige Änderung oder Auslegung der Teilungserklärung handelt, sondern um die Definition eines Verteilungsschlüssels, der im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung nicht nur erstmalig bestimmt, sondern auch abgeändert werden darf, § 16 Abs. 5. Die Umstellung auf den Wohnflächenschlüssel kann der größeren Praktikabilität und der bes- 46 seren Verwendbarkeit der Jahresabrechnung für mietrechtliche Betriebskostenrechnungen entsprechen und daher mit ordnungsmäßiger Verwaltung in Einklang zu bringen sein. Bei wesentlichen Abweichungen besteht sogar ein Anspruch des benachteiligten Wohnungseigentümers auf Anpassung, § 10 Abs. 2 Satz 3. Bei geringen Abweichungen besteht dieser Anspruch zwar nicht, ist aber ohne weiteres mehrheitsfähig, da die geringfügige Veränderung keinen Wohnungseigentümer nennenswert belastet. Die Zulässigkeit, den Verteilungsschlüssel durch Mehrheitsbeschluss zu ändern, setzt nicht voraus, dass es zu wesentlichen Abweichungen kommt. bb) Anzahl der Wohnungen Auch eine Kostenverteilung nach der Anzahl der Wohnungen kommt grundsätzlich in Be- 47 tracht. Allerdings ist zwischen den einzelnen Kosten zu differenzieren. Die Kosten müssen unabhängig von der Wohnungsgröße anfallen, was z.B. bei den Kosten der Schornsteinreinigung145 und des Kabelanschlusses der Fall ist. Für die Kosten des Allgemeinstroms ist dieser Verteilungsschlüssel ebenso ungeeignet,146 wie für die Kosten der Straßenreinigung, der Gartenpflege und der Gebäudeversicherung. Diese Kosten sind von der Größe des Objekts und der darin lebenden Personen abhängig,147 so dass die Wohnfläche oder einschränkend auch die Personenzahl in Betracht kommt. Auch für die Hausmeister- und Hausreinigungskosten ist die Anzahl der Wohnungen (Objektschlüssel) nicht sachgerecht (s.a. Rz. 41a).148 cc) Fehlende Nutzungsmöglichkeit Ein Beschluss, der einzelne Eigentümer von der Verpflichtung befreit, sich an bestimmten 48 gemeinschaftlichen Kosten zu beteiligen, wird entgegen früher anderslautender Auffassung149 im Einzelfall ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen können. Dies folgt daraus, dass die neue Regelung des Abs. 3 ausdrücklich eine Kostenverteilung nach Verbrauch oder Verursachung zulässt, sodass Eigentümer von Kosten befreit werden können, die nicht in ihrem Nutzungsbereich anfallen. Auch kann mehrheitlich beschlossen werden, dass die Kostenverteilung

141 LG Berlin v. 13.8.2013 – 85 S 177/12, ZWE 2014, 269 = MietRB 2014, 48; AG Berlin-Charlottenburg v. 17.5.2013 – 73 C 156/12, ZWE 2014, 282. 142 So AG Dortmund v. 16.2.2010 – 512 C 57/09, ZMR 2010, 887. 143 LG Nürnberg-Fürth v. 6.5.2015 – 14 S 4480/14, ZMR 2015, 805. 144 So aber LG Nürnberg-Fürth v. 6.5.2015 – 14 S 4480/14, ZMR 2015, 805. 145 So auch AG Hannover v. 4.4.2008 – 481 C 1989/08, ZMR 2009, 558. 146 A.A. AG Hannover v. 4.4.2008 – 481 C 1989/08, ZMR 2009, 558. 147 AG Hannover v. 4.4.2008 – 481 C 1989/08, ZMR 2009, 558, das allerdings argumentativ darauf abstellt, dass es sich um gebäudebezogene Kosten handelt. 148 LG Nürnberg-Fürth v. 25.3.2009 – 14 S 7627/08, NZM 2009, 363. 149 OLG Köln v. 13.9.2004 – 16 Wx 168/04, MietRB 2005, 40 = NZM 2005, 20.

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§ 16 Rz. 48 | Nutzungen, Lasten und Kosten den Leerstand einer Wohnung berücksichtigt.150 Soweit angenommen wird, die Befreiung eines Wohnungseigentümers von seinem Kostenanteil sei keine Frage der Kostenverteilung,151 wirkt diese Differenzierung gekünstelt. Es ist nur ein gradueller und kein systematischer Unterschied, ob ein Wohnungseigentümer die Reduzierung seines Kostenanteils auf einen geringen Faktor oder auf Null fordert. dd) Personenzahlschlüssel 49 In der Regel dürfte der Personenzahlschlüssel unzweckmäßig sein, da die tatsächliche Nut-

zerzahl kaum verlässlich feststellbar ist (s.o. Rz. 22). Auch lässt sich die Frage, wann eine Nutzung in diesem Sinne anzunehmen ist, nur schwer definieren. Der Streit, ob eine nur vorübergehende Nutzung ausreicht, ist vorprogrammiert.152 Zudem ist die Frage zu klären, wie leerstehende Wohnungen berücksichtigt werden. Solche Wohnungen vollständig aus der Kostenlast auszuklammern, entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.153 Ein Beschluss, wonach zukünftig nach „Personenzahl und Zeit“ abgerechnet werden soll, ist unbestimmt und nichtig.154 50 Ein Beschluss, der die Wohnungseigentümer verpflichtet, am Jahresende gegenüber dem Ver-

walter eine sogenannte Personenstandsliste auszufüllen, kann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen.155 Leben einzelne Personen nicht ganzjährig in der Wohnung, entstehen „gewichtete Personentage“, die sich in Dezimalzahlen ausdrücken lassen.156 Werden im Beschluss die Kriterien, wie die Personenzahlen zu ermitteln sind, nicht definiert, ist der Beschluss nichtig. Fehlt nur eine Regelung für eine konkrete Fallgestaltung, ist der Beschluss ergänzungsbedürftig und bis dahin rechtswidrig.

2. Verwaltungskosten (Abs. 3) 51 Die Verwaltungskosten können ebenfalls nach einem Verursachungsschlüssel verteilt werden.

Enthielt die Gemeinschaftsordnung hierzu keine Regelung, wurden diese Kosten früher entsprechend § 16 Abs. 2 auch dann nach Miteigentumsanteilen verteilt, wenn der Verwaltervertrag die Berechnung des Verwalterhonorars nach der Anzahl der Wohneinheiten vorsah. Da es sich bei den Kosten der Verwaltung um solche des Gemeinschaftseigentums handelt, bestand vor der Novelle keine Möglichkeit, von einer Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen gem. Gemeinschaftsordnung durch Mehrheitsbeschluss abzuweichen. 52 Der Verwaltervertrag stellt keine die Gemeinschaftsordnung abändernde Vereinbarung dar,

da es sich um einen Vertrag mit einem außenstehenden Dritten (dem Verwalter) handelt, selbst

150 Vor der Novelle hatte der Leerstand keine Auswirkungen, da ein verursachungsabhängiger Verteilungsschlüssel nicht mit § 16 Abs. 2 korrespondierte. Bestand dauerhaft keine Nutzungsmöglichkeit, konnte ein Anspruch auf zukünftige Abänderung des Verteilungsschlüssels in Betracht kommen, der nur im Ausnahmefall gerichtlich durchsetzbar war, s.u. Rz. 88 ff. 151 So LG Frankfurt a.M. v. 27.4.2017 – 2-13 S 168/16, ZWE 2017, 315. 152 Schon alleine deshalb den Personenzahlschlüssel als rechtswidrig ansehend: LG Rostock v. 10.7.2015 – 1 S 160/14, ZWE 2016, 183. 153 LG Dortmund v. 24.11.2015 – 9 S 41/14, juris, wonach für Leerstandszeiten fiktive Personenzahlen und auch „halbe“ Personen angesetzt werden können. 154 Rechtswidrigkeit annehmend: AG Dortmund v. 10.12.2015 – 514 C 108/14, ZMR 2016, 233. 155 AG Recklinghausen v. 17.2.2009 – 90 C 89/08, WuM 2009, 546. 156 Mietrechtlich müssen diese Berechnungsdetails nicht auf der formellen Ebene der Betriebskostenabrechnung erklärt werden, BGH v. 15.9.2010 – VIII ZR 181/09, MDR 2010, 1374 = MietRB 2011, 2 = NJW 2010, 3570.

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VI. Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel | Rz. 55 § 16

wenn dieser das Organ der Eigentümergemeinschaft ist.157 Die gleich hohe Angabe des Verwalterhonorars je Einheit im Verwaltervertrag definiert die Honorarhöhe, nicht aber den internen Verteilungsschlüssel. Die Verteilung dieser Kostenposition nach Miteigentumsanteilen bildet somit zunächst den Grundsatz. Bis zur WEG-Novelle konnten die Wohnungseigentümer hiervon nur durch Vereinbarung abweichen. Eine solche Abweichung konnte auch in der Formulierung der Gemeinschaftsordnung gesehen werden, die Kostenverteilung nach der Anzahl der Wohnungen vorzunehmen, soweit dies „möglich, zweckmäßig, sachdienlich“ ist. Hierunter ließ sich dann auch das Verwalterhonorar subsumieren, so dass eine Verteilung nach Einheiten ausnahmsweise in Betracht kam.158 Ein Beschluss, der das Verwalterhonorar gleichmäßig auf die Einheiten verteilt, entspricht 53 ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Verteilung der Verwaltungskosten auf alle Wohnungseigentümer ist auch dann von der Beschlusskompetenz des Abs. 3 erfasst, wenn einzelne Wohnungseigentümer bisher in der Gemeinschaftsordnung von den Verwaltungskosten ganz oder teilweise befreit sind,159 sofern für diese Privilegierung kein sachlicher Grund besteht (s.o. Rz. 32 f.). Im Zweifel wurde bei Abfassung der Gemeinschaftsordnung lediglich angenommen, einzelne Einheiten würden überhaupt keinen Verwaltungsaufwand verursachen, was dann die Privilegierung nicht rechtfertigt, wenn die Verhältnisse tatsächlich anders sind. Abs. 3 spricht von den Kosten der Verwaltung und nicht von den Kosten des Verwalters. Der 54 Begriff ist weit auszulegen,160 wie das Wort „insbesondere“ in Abs. 7 verdeutlicht. Demnach lassen sich unter Verwaltungskosten auch die Kosten der Eigentümerversammlung, Rechtsund Beratungskosten oder die Kosten des Geldverkehrs subsumieren.161 Auch diese Kosten können nach entsprechender Beschlussfassung auf alle Wohnungen gleichermaßen verteilt werden.162 Die Regelung des § 16 Abs. 3 lässt somit befürchten, dass sich die Eigentümer größerer Wohnungen, die meist ohnehin über ein größeres Stimmgewicht verfügen, für eine eigene Kostenentlastung bei den Verwaltungskosten zum Nachteil kleinerer Wohnungen aussprechen werden. Ein solcher Beschluss ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, es sei denn, er benachteiligt Einzelne willkürlich, d.h., der Beschluss will ausschließlich die Eigentümer größerer Wohnungen zu Lasten der Eigentümer kleiner Wohnungen entlasten, ohne eine weitere Rechtfertigung zu enthalten.

3. Instandhaltungs-, Instandsetzungskosten und bauliche Veränderungen (Abs. 4) a) Begriffsbestimmung Während sich Abs. 3 nur auf die Betriebs- und Verwaltungskosten bezieht, trifft Abs. 4 für die 55 Instandhaltung und Instandsetzung eine besondere Kostenverteilungsregel. Unter den Begriff der Instandhaltung werden grundsätzlich alle Maßnahmen subsumiert, die der Erhaltung des ursprünglichen ordnungsmäßigen Zustands des Objekts dienen.163 Die Instandhaltung dient damit der Verhinderung von Schäden an der Gebäudesubstanz. Ebenso werden darunter

157 Vgl. hierzu Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz. 393; OLG Köln v. 24.5.2002 – 16 Wx 84/02, NZM 2002, 615; LG Lüneburg v. 19.3.2009 – 9 S 67/08, ZMR 2009, 554. 158 BayObLG v. 17.4.2001 – 2Z BR 40/01, ZMR 2001, 827. 159 A.A. LG Düsseldorf v. 6.3.2013 – 25 S 99/12, MietRB 2013, 148 f. unter Bezugnahme auf BGH v. 1.6.2012 – V ZR 225/11, MDR 2012, 899 = MietRB 2012, 234 f. = NZM 2012, 615. 160 Ebenso Gottschalg in Weitnauer, § 16 WEG Rz. 14; Häublein, ZMR 2007, 409, 416. 161 LG Hamburg v. 22.2.2013 – 318 S 32/12, MietRB 2013, 334 = ZMR 2013, 453. 162 AG Hannover v. 4.4.2008 – 481 C 1989/08, ZMR 2009, 558. 163 KG v. 19.10.1998 – 24 W 4300/98, NZM 1999, 131.

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§ 16 Rz. 55 | Nutzungen, Lasten und Kosten Schönheitsreparaturen wie z.B. Anstricharbeiten,164 Kleinreparaturen sowie Wartungsarbeiten165 verstanden. Auch pflegende Maßnahmen, wie z.B. Gartenpflege,166 werden unter den Begriff der Instandhaltung geordnet. Schließlich werden wohnungseigentumsrechtlich auch Reinigungsarbeiten an gemeinschaftlichen Gebäudeteilen als Instandhaltungsmaßnahmen angesehen.167 Gegenüber der Instandhaltung wird als Instandsetzung die Wiederherstellung des ursprünglichen ordnungsmäßigen Zustands durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung verstanden.168 Die Differenzierung hat nur dann praktische Auswirkungen, wenn die Gemeinschaftsordnung beide Begriffe unterschiedlich verwendet, also teils von Instandhaltung und teils von Instandsetzung gesprochen wird. Dann nimmt der BGH an, dass differenziert werden sollte und daher die Gemeinschaftsordnung eng am Wortlaut auszulegen sei und somit im jeweiligen Kontext unterschiedliches gemeint sei. Wird hingegen nur ein Begriff verwendet, führe die Auslegung zu der Annahme, dass nicht differenziert werden sollte und beide Begriffe gleichgestellt sind.169 Bürdet die Gemeinschaftsordnung einem Wohnungseigentümer die Instandhaltung und Instandsetzung von Teilen des Gemeinschaftseigentums auf, ist dies auch als Kostentragungsregelung zu verstehen.170 56 Der mietrechtliche Betriebskostenbegriff erfasst ebenfalls Pflege- und Wartungstätigkeiten

und sieht diese nicht als Instandsetzungskosten an, sodass bei einzelnen Kosten ein Spannungsverhältnis zwischen dem mietrechtlichen Betriebskostenbegriff und dem wohnungseigentumsrechtlichen Instandhaltungsbegriff entsteht. Hierbei ist insbesondere an die Kosten des Aufzugs zu denken, bei dem der Betriebskostenbegriff auch die Kosten der Wartung und Pflege der Anlage umfasst, § 2 Nr. 7 BetrKV. Reparaturleistungen sind vom Betriebskostenbegriff nicht erfasst. Somit ist bei Wartungsverträgen über die Aufzugsanlage zwischen den laufenden Wartungs- und Pflegekosten auf der einen Seite und den Reparaturkosten auf der anderen Seite zu differenzieren.171 Über die erste Gruppe kann nach § 16 Abs. 3 und über die zweite Gruppe nach § 16 Abs. 4 entschieden werden.172 Da der Gesetzgeber ausdrücklich den Begriff der Betriebskosten verwendet hat, geht dieser im Zweifel dem Begriff der Instandhaltung vor. Sind Kosten sowohl dem mietrechtlichen Begriff der Betriebskosten als auch dem wohnungseigentumsrechtlichen Begriff der Instandhaltung zuzuordnen, ist § 16 Abs. 3 WEG einschlägig.173 Eine andere Auffassung würde der Rechtsvereinheitlichung174 und dem Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer widersprechen.175 57 Ähnlich verhält es sich daher auch bei den Kosten der Gartenpflege. Pflegekosten sind woh-

nungseigentumsrechtlich zwar grundsätzlich vom Begriff der Instandhaltung umfasst. Der Betriebskostenbegriff umfasst diese Pflegekosten aber ebenfalls, wie § 2 Nr. 10 BetrKV verdeutlicht, sodass dieser vorrangig ist.

164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175

BayObLG v. 25.9.1996 – 2Z BR 76/96, ZMR 1997, 37. OLG Zweibrücken v. 14.6.1990 – 3 W 203/90, NJW-RR 1991, 1301. LG Frankfurt/M. v. 14.4.1989 – 2/9 T 362/89, NJW-RR 1990, 24. KG v. 14.6.1993 – 24 W 5328/92, WuM 1993, 562. BayObLG v. 28.4.1993 – 2Z BR 47/93, WuM 1993, 562; OLG Düsseldorf v. 6.11.1995 – 3 Wx 324/ 95, WE 1996, 347. BGH v. 9.12.2016 – V ZR 124/16, ZMR 2017, 412 = NZM 2017, 604. BGH v. 28.10.2016 – V ZR 91/16, ZMR 2017, 256. LG Düsseldorf v. 9.6.2009 – 16 S 77/08, ZMR 2010, 59. Ebenso Häublein, ZMR 2007, 409 (416). Ebenso LG München v. 18.3.2010 – 36 S 4706/09, IMR 2010, 339. S. hierzu die Ausführungen des Gesetzgebers in BT-Drucks. 16/887, 22. BT-Drucks. 16/887, 23.

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VI. Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel | Rz. 61 § 16

In diesem Spannungsverhältnis ist Abs. 3 vorrangig.176 Durch den Verweis auf die Betriebs- 58 kosten in Abs. 3 findet Abs. 4 nur für solche Instandhaltungskosten Anwendung, die nicht in § 2 BetrKV aufgezählt sind. So zählen zu den Betriebskosten auch die Kosten der Treppenhausreinigung. § 2 Nr. 9 BetrKV ist insoweit maßgebend und nicht der wohnungseigentumsrechtliche Instandhaltungsbegriff. Im Zweifel folgt die Definition der Betriebskosten aus § 1 Abs. 1 BetrKV, wonach dies Kosten sind, die durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes, seiner Anlagen und des Grundstücks laufend entstehen. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift sind hingegen keine Betriebskosten die Aufwendungen als Folgen der Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung. Daher sind Kosten der Flachdachwartung oder der Dachrinnenreinigung der Instandhaltung des § 16 Abs. 4 WEG zuzuordnen. Diese Kosten sind keine Folge des laufenden Gebrauchs, sondern der Witterungseinwirkung. Bei den Kosten des Hausmeisters ist wiederum zu differenzieren. Sofern der Hausmeister Rei- 59 nigungs- und Pflegearbeiten ausführt, handelt es sich um Betriebskosten. Führt der Hausmeister Reparaturen aus, handelt es sich um Instandhaltungskosten i.S.v. Abs. 4. Der Verwalter hat somit bei der Buchführung zu differenzieren. Er muss sich im Zweifel vom Hausmeister Arbeitsnachweise schreiben lassen, aus denen er eine entsprechende Kostenzuordnung vornehmen kann. Die Anwendung von § 16 Abs. 3 und 4 führt für den Verwalter somit zu einem Mehraufwand. Zudem beinhaltet die Frage der richtigen Zuordnung der Kosten ein Anfechtungsrisiko. Werden Instandsetzungskosten fälschlicherweise dem Betriebskostenbegriff zugeordnet und über den Verteilungsschlüssel mit einfacher Mehrheit beschlossen, ist der Beschluss anfechtbar, sofern es sich um eine Einzelfallregelung handelt. Anderenfalls läge Nichtigkeit vor. Übt der Verwalter Tätigkeiten für die Verwaltung aus, handelt es sich zwar nicht um Betriebskosten. In diesem Fall ist aber dennoch Abs. 3 über den Begriff „Kosten der Verwaltung“ einschlägig. Die Eigentümergemeinschaft ist für alle Instandsetzungskosten zuständig, die das Gemein- 60 schaftseigentum betreffen. Wurde die Maßnahme fälschlicherweise aus Gemeinschaftsmitteln bezahlt, obwohl ausschließlich Sondereigentum betroffen war, sind diese Kosten zunächst auf alle Wohnungseigentümer zu verteilen. Der Erstattungsanspruch ist separat zu beschließen und geltend zu machen (s.u. Rz. 97a).177 . Das Sondereigentum ist jedoch nicht betroffen, wenn beispielsweise die Innenseiten der Fenster oder der Wohnungseingangstüren repariert werden (vgl. § 5 Rz. 77 u. § 5 Rz. 105). Aber auch wenn Teile des Gebäudes dem Sondereigentum oder dem Sondernutzungsrecht des einzelnen Wohnungseigentümers zugewiesen sind, betrifft dies nur den Flächeninhalt und nicht die konstruktiven Gebäudeteile.178 Diese bleiben Gemeinschaftseigentum, so dass ihre Instandsetzung ohne weitergehende Regelung in der Gemeinschaftsordnung oder Einzelfallbeschluss zu Gemeinschaftskosten führt. Weiterhin kommen Einzelfallregelungen für die Instandsetzung von Balkonen und Garagen 61 in Betracht, namentlich, wenn nicht alle Wohnungseigentümer über solche Einrichtungen verfügen.179 Wieweit die Instandsetzungsverpflichtung des einzelnen Wohnungseigentümers geht, die in der Gemeinschaftsordnung begründet wurde, ist eine Frage der Auslegung, die sich auch an Sinn und Zweck der Regelung zu orientieren hat. So sollen zu der in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Instandsetzungspflicht an Balkonen auch seine konstruktiven Bestandteile zählen.180

176 Im Ergebnis ebenso Elzer in Riecke/Schmid, § 16 WEG Rz. 63; Becker, ZWE 2012, 393, 395; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 58; a.A. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 43. 177 LG Hamburg v. 13.9.2017 – 318 S 66/16, ZWE 2018, 136. 178 S. z.B. zum Gemeinschaftseigentum eines Hofdaches: OLG Düsseldorf v. 11.4.2008 – I-3 Wx 254/ 07, ZMR 2009, 53. 179 BT-Drucks. 16/887, 23; AG Wennigsen v. 30.12.2009 – 21 C 30/08, ZMR 2010, 489. 180 BGH v. 16.11.2012 – V ZR 9/12, MDR 2013, 22 = MietRB 2013, 13 = ZMR 2013, 290.

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§ 16 Rz. 62 | Nutzungen, Lasten und Kosten 62 Abs. 4 findet auch auf Sondernutzungsrechte Anwendung. Zwar handelt es sich um Gemein-

schaftseigentum, sodass die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht grundsätzlich bei der Eigentümergemeinschaft liegt. In der Regel ergibt die Auslegung der Gemeinschaftsordnung aber, dass die Instandhaltungskosten vom Sondernutzungsberechtigten zu tragen sind,181 weil nur er die Fläche nutzen und die anderen Wohnungseigentümer von einem Betreten ausschließen kann. Zur Instandhaltung gehört dann die gesamte Pflege des Gartens einschließlich des Rückschnitts und der Neuanschaffung kleinerer Pflanzen sowie die Bewässerung. Sofern nichts Gegenteiliges ausdrücklich in der Gemeinschaftsordnung geregelt ist, obliegt die Instandsetzung des Sondernutzungsbereichs hingegen der Gemeinschaft.182 Durch die Regelung in Abs. 4 kann hierüber mit qualifizierter Mehrheit für den Einzelfall eine andere Regelung beschlossen werden, sofern dies dem Gebrauchsmaßstab (s.u. Rz. 63a ff.) entspricht. Große Bäume prägen in der Regel das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage, so dass diese nicht vom Sondernutzungsberechtigten „gesteigert gebraucht“ werden.183 Der Rückschnitt oder gar das Fällen dieser Bäume ist eine Gemeinschaftsangelegenheit,184 so dass die Kosten dieser Maßnahme nur bei eindeutiger Regelung in der Gemeinschaftsordnung vom Sondernutzungsberechtigen zu tragen sind.185 Ein Einzelfallbeschluss zu Lasten des Sondernutzungsberechtigten wäre rechtswidrig. Das Recht, eine generelle Regelung zu Lasten des Sondernutzungsberechtigten durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss zu treffen, ist stets unzulässig. b) Verteilungsschlüssel 63 § 16 im Allgemeinen und Abs. 4 im Besonderen stellen Kostenverteilungsregeln auf. Sie lassen

keine Leistungspflichten entstehen, die über die Kostentragung hinausgehen. Eine Arbeitspflicht i.S. tätiger Mithilfe lässt sich hieraus nicht ableiten.186 63a Als von Abs. 2 abweichender Maßstab sieht Abs. 4 den Gebrauchsmaßstab vor, wobei der

Wortlaut klarstellt, dass auch die Möglichkeit des Gebrauchs genügt. Während für Betriebskosten jeder Maßstab denkbar ist, der ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, sind die Möglichkeiten der anderweitigen Kostenverteilung bei Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten eingeschränkt. Der Gesetzgeber weist allerdings darauf hin, dass er die Worte „Rechnung tragen“ dahin verstanden wissen will, dass auch andere Kriterien als der Gebrauchsmaßstab berücksichtigt werden können, um den Ermessensbereich der Wohnungseigentümer nicht zu stark einzuschränken.187 Dies ruft Kritik hervor, da bei diesem Verständnis des Wortlauts sich die Frage aufdrängt, warum der Gesetzgeber dann nicht wie in Abs. 3 die Formulierung verwendet hat, dass auch andere Maßstäbe in Betracht kommen, sofern sie ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Zudem trägt vom Wortsinn her nur etwas Rechnung, was dem Vorgegebenen entspricht und nicht etwas vollkommen anderes ist. 64 Der Gebrauch und die Gebrauchsmöglichkeit setzen keine Ausschließlichkeit voraus. Fenster

oder Wohnungseingangstüren haben einen mehrfachen Zweck. Der Wohnungseigentümer 181 So auch Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 14. 182 OLG Braunschweig v. 23.12.1999 – 3 W 67/1999, DWE 2001, 55; vgl. hierzu auch ausführlich Bub in Staudinger, BGB, § 16 WEG Rz. 40. 183 S. zum Begriff der gesteigerten Gebrauchsmöglichkeit: BGH v. 18.6.2009 – V ZR 164/09, NZM 2010, 584 = ZWE 2010, 362. 184 S. auch zu baulichen Veränderungen beim Fällen eines Baumes: LG Berlin v. 2.2.2016 – 53 S 69/15 WEG, ZWE 2017, 47. 185 OLG Düsseldorf v. 17.10.2003 – I-3 Wx 227/03, ZMR 2004, 608; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 15. 186 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, DWE 2015, 22 = ZMR 2015, 239 = MDR 2015, 79 = NotBZ 2015, 231 = MietRB 2015, 46. 187 BT-Drucks. 16/887, 24; ihm folgend BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = NJW 2010, 2513 = ZMR 2010, 866 = WuM 2010, 522.

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VI. Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel | Rz. 64b § 16

nutzt sie beim Öffnen. Für die Wohnungseigentümer insgesamt sind die Fenster hingegen für die Abgeschlossenheit des Gebäudes von Bedeutung. Der Schwerpunkt der Gebrauchsmöglichkeit liegt aber bei dem einzelnen Wohnungseigentümer, der die primäre Zugriffsmöglichkeit besitzt. Dies trifft nur auf Fenster im Bereich des Sondereigentums zu. So wäre es rechtswidrig, die Kosten einer Dachsanierung nur den Dachgeschossbewohnern aufzubürden.188 Das Dach „gebrauchen“ alle Wohnungseigentümer und nicht nur einzelne oder einzelne Gruppen von Eigentümern. Auch bei einer Mehrhausanlage können die Wohnungseigentümer die Kosten der Dach- oder Fassadensanierung nicht durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss ausschließlich den Sondereigentümern des jeweiligen Hauses zuweisen.189 Dach und Fassade sind die konstruktiven Bestandteile des Hauses, auf die die Gebrauchsmöglichkeit als Verteilungsschlüssel schon systematisch nicht passt. So kommt eine Zuordnung der Kosten einer Stellplatzsanierung auf die betreffenden Teileigentümer auch nur insoweit in Betracht, als keine Betonteile instand gesetzt werden müssen, die für die Statik des übrigen Hauses von Bedeutung sind.190 Für die konstruktiven Bestandteile des Gebäudes sind die unterschiedlichen Regelungsmöglichkeiten zwischen einer Vereinbarung und einem Einzelfallbeschluss besonders hervorzuheben. Eine Vereinbarung kann umfassend sein (s.o. Rz. 18), während die Einzelfallregelung des Abs. 4 eben nur auf den Gebrauchsmaßstab abstellt, so dass konstruktive Gebäudebestandteile von vorneherein ausscheiden. Gebrauch und Gebrauchsmöglichkeit setzen einen hervorgehobenen Einflussbereich voraus. 64a Überzeugend ist das Kriterium, dass die Gebrauchsmöglichkeit mit einer gewissen Exklusivität der Nutzungsmöglichkeit einhergehen muss.191 Der BGH192 lässt allerdings schon eine gesteigerte Gebrauchsmöglichkeit genügen. Diese wird nicht dadurch erreicht, dass ein Wohnungseigentümer an dem instand zu setzenden Teil des Gebäudes „näher dran“ ist (z.B. Dachgeschosseigentümer hinsichtlich des instand zu setzenden Daches). Andererseits wird der Begriff der Gebrauchsmöglichkeit nicht schon durch die optische Prägung der Gesamtanlage eingeengt, da sonst die Kosten einer Balkonsanierung nie einzelnen Nutzern zugeordnet werden könnten.193 Die Frage der Gebrauchsmöglichkeit stellt sich auch bei Dachgeschossfenstern. Das Dach selbst kann nicht einzelnen Eigentümern für die Übernahme von Instandsetzungskosten alleine zugewiesen werden. Davon erfasst sind aber nicht die Dachflächenfenster, auch wenn diese Bestandteil der Dachfläche sind. Die Auffassung, die Kosten der Reparatur eines Dachfensters ließen sich durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss nicht dem betreffenden Wohnungseigentümer übertragen,194 überzeugt nicht. Auch die übrigen Fenster sind Bestandteile einer nicht exklusiv genutzten Fassade. Es ist daher auf den jeweils zu reparierenden Teil des Gemeinschaftseigentums abzustellen. Das Fenster dient zum Lüften des Sondereigentums und hat insoweit eine exklusive (gesteigerte) Nutzungsmöglichkeit, die eine Kostenzuordnung durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss rechtfertigt, unabhängig davon, ob sich das Fenster in der Fassade oder im Dach befindet. Die Abänderung des Verteilungsschlüssels nach Abs. 4 darf das Prinzip der Gesamtverantwor- 64b tung der Wohnungseigentümer für die Instandsetzung der Gebäude nicht einfach unterlau-

188 Bonifacio, ZMR 2011, 771 (774). 189 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = NZM 2010, 584 = ZMR 2010, 866; LG München I v. 30.7.2009 – 36 S 18003/08, ZMR 2010, 150; a.A. die Vorinstanz AG München v. 18.9.2008 – 483 C 470/08, ZMR 2009, 238. 190 LG München I v. 30.7.2009 – 36 S 18003/08, ZMR 2010, 150; Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 62. 191 LG München I v. 30.7.2009 – 36 S 18003/08, ZMR 2010, 150. 192 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = NZM 2010, 584 = ZMR 2010, 866; LG Hamburg v. 25.5.2011 – 318 S 21/11, ZWE 2011, 458. 193 A.A. LG München I v. 30.7.2009 – 36 S 18003/08, ZMR 2010, 150. 194 So aber AG Wennigsen v. 30.12.2009 – 21 C 30/08, ZMR 2010, 489.

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§ 16 Rz. 64b | Nutzungen, Lasten und Kosten fen,195 was schon anzunehmen ist, wenn die Wohnungseigentümer bei ihrer Beschlussfassung nicht in erster Linie dem Gebrauchsmaßstab folgen wollen (s.a. Rz. 66). Auch ist es unzulässig, vom Gebrauchsmaßstab zum Miteigentumsanteil zu wechseln, da Abs. 4 den Weg zum Gebrauchsmaßstab und nicht von ihm weg eröffnet.196 64c Der Gebrauchsmaßstab wirkt dreifach:

1. Der Beschluss muss einen Gegenstand erfassen, der gebraucht wird. 2. Die Instandsetzung muss Folge des Gebrauchs sein. 3. Der neue Verteilungsschlüssel muss dem Gebrauch entsprechen.197 65 Einen Maßstab der Gebrauchsmöglichkeit stellt auch die Personenzahl dar. Auch wenn dieser

Schlüssel wenig praktikabel und kaum verlässlich feststellbar ist (s.o. Rz. 22 u. Rz. 47 f.), bedeuten mehrere Wohnungsnutzer eine stärkere Gebrauchsmöglichkeit für das Gemeinschaftseigentum. Für einzelne Bereiche des Gemeinschaftseigentums wird eine konkrete Gebrauchserfassung in Betracht kommen, z.B. durch Münzzähler oder andere Formen der Zugangsoder Nutzungskontrolle. 66 Es entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, in Form einer Einzelbelastung dem Woh-

nungseigentümer die Kosten der erstmaligen Herstellung des mangelfreien Zustands aufzubürden (s.o. Rz. 24).198 Instandsetzung ist die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustands, so dass ihre Kostenverteilung auf den Einzelnen bei der erstmaligen Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands von vorneherein ausscheidet.199 Dabei ist nicht maßgebend, dass die erstmalige Herstellungspflicht von der Regelung in § 21 Abs. 5 Nr. 2 erfasst wird. In dem hier maßgebenden Kontext geht es um die Frage, ob der Gebrauchsmaßstab Anwendung finden kann. Bei generalisierender Betrachtungsweise muss ein Zusammenhang zwischen Kostentragungslast und Gebrauch bestehen können. was bei der Erstherstellung nicht denkbar ist. Dieses Gemeinschaftsrisiko muss von allen Wohnungseigentümern getragen werden, und zwar unabhängig davon, ob der Mangel zufällig nur eine einzelne Wohnung betrifft. Der Gesetzgeber wollte Regeln für eine variablere und möglicherweise auch gerechtere Kostenverteilung schaffen, nicht aber allgemeine Risiken einem Einzelnen zuordnen. Plötzlich auftretende Schäden, z.B. durch Rohrbruch oder ein undichtes Dach, können nicht durch Einzelfallbeschluss einem Wohnungseigentümer angelastet werden, auch wenn in der Folge nur seine Wohnung betroffen ist. Dies folgt aus dem Wortlaut des Abs. 4, der als Verteilungsmaßstab den Gebrauch oder die Gebrauchsmöglichkeit vorsieht. Es muss sich demnach um Kosten handeln, die aus dem Gebrauch oder der Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums resultieren. Herstellungsmängel oder Schäden am Gemeinschaftseigentum, die nur zufälligerweise im Bereich eines Sondereigentums auftreten, erfüllen diese Kriterien nicht.200 Plötzlich eintretende Ereignisse durch Unwetter (z.B. Hagel, Blitzschlag, Sturm) können ebenfalls nicht zu einer Abänderung des Verteilungsschlüssels führen. Diese Risiken können nicht einzelnen 195 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = NZM 2010, 584 = ZMR 2010, 866. 196 So auch AG Kiel v. 7.7.2011 – 108 C 341/10, IMR 2011, 509. 197 Jennißen, ZWE 2017, 117, 121. 198 KG v. 22.9.2008 – 24 W 83/07, ZMR 2009, 135; AG Aachen v. 20.3.2013 – 118 C 82/12, ZMR 2015, 398. 199 LG Köln v. 22.12.2016 – 29 S 145/16, ZWE 2017, 262 für Maßnahmen des Brandschutzes; AG Aachen v. 20.3.2013 – 118 C 82/12, ZMR 2015, 398; Jennißen, ZWE 2017, 117, 118; a.A. Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 122; T. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 59; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 96, der einen Einzelfallbeschluss für die Kosten der erstmaligen Herstellung zulässt und nur fragt, ob dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. 200 Jennißen, ZWE 2013, 458; a.A. AG Oldenburg v. 19.2.2008 – 10 C 10016/07, NZM 2008, 495 für die Belastung eines Wohnungseigentümers mit den Sanierungskosten der konstruktiven Teile eines Balkons.

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VI. Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel | Rz. 68a § 16

Wohnungseigentümern zugeordnet werden und stehen auch in keinem Zusammenhang mit dem Gebrauchsmaßstab. Anderseits müssen die zu verteilenden Instandsetzungskosten auch nicht ausschließliche Folge des Gebrauchs sein (kein strenger kausaler Zusammenhang).201 Materialermüdung und Witterungseinflüsse genügen als Grund, um die Gesamtverantwortung der Wohnungseigentümer für das Gemeinschaftseigentum im Einzelfall durchbrechen zu können.202 Es muss ein Zusammenhang im weitesten Sinne zwischen der Instandsetzungsnotwendigkeit und dem Gebrauch bestehen, der bei Fremdeinflüssen (z.B. Einbruchsschäden) oder Folgen von Naturkatastrophen nicht gegeben ist. Ein die Gemeinschaftsordnung abändernder Beschluss muss klar und eindeutig sein.203 Be- 67 schließen die Wohnungseigentümer, dass der Einzelne die Instandsetzungskosten einer Balkonsanierung so weit zu tragen hat, als die Kosten im räumlichen Bereich des Sondereigentums angefallen sind, ist der Beschluss wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nichtig.204 Hingegen dürfte ein Beschluss, der die Kosten der Balkonsanierung einem Eigentümer auferlegt, wirksam sein und die gesamte Balkonsanierung einschließlich der konstruktiven Teile des Gemeinschaftseigentums erfassen.205 Der Unterschied liegt darin, dass der „räumliche Bereich des Sondereigentums“ Zweifel entstehen lässt, ob nur die Innenseite der Balkonbrüstung und die Oberfläche des Balkonbodens gemeint sind. Unklarheiten führen nicht zur Einschränkung, sondern zur vollständigen Nichtigkeit des Beschlusses. c) Mehrheitsbeschluss/Beschlusskompetenz Die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung einschließlich der Kosten einer baulichen 68 Veränderung können zwar ebenfalls grundsätzlich abweichend von Abs. 2 durch Mehrheitsbeschluss verteilt werden. Die Besonderheit besteht darin, dass der Beschluss eine qualifizierte Mehrheit erfordert. Der Beschluss, der den Verteilungsschlüssel für die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten abändert, muss ausdrücklich gefasst werden. Eine konkludente Abänderung genügt nicht.206 Ebenso wie bei den Betriebskosten (s.o. Rz. 32) ist auch hier der BGH der Auffassung, dass 68a die gesetzliche Regelung keine Kompetenz gewähre, einen Wohnungseigentümer, der nach der Gemeinschaftsordnung bisher von der anteiligen Kostenlast befreit ist, erstmalig mit Kosten zu belasten (sog. Belastungsverbot).207 Der BGH hatte den Fall zu entscheiden, ob die Wohnungseigentümer abweichend von der Gemeinschaftsordnung beschließen konnten, dass die Sondernutzungsberechtigten (s.o. auch Rz. 62) die Kosten der Instandhaltung der Gartenfläche zukünftig alleine zu tragen haben. Dabei übersieht der BGH, dass es sich tatsächlich nicht um eine Erstbelastung handelt, da die Kosten bisher auf alle Wohnungseigentümer nach Miteigentumsanteilen verteilt wurden und die Sondernutzungsberechtigten somit schon Kosten (wenn auch nicht alleine) trugen. Es lag also ein Fall der Mehrbelastung und nicht der Erstbelastung vor. Ein solcher Beschluss unterliegt immer der Willkürlichkeitsgrenze (s.o. Rz. 38 ff.). Wenn also die Mehrheitsmacht zu Lasten eines oder weniger Wohnungseigentümer 201 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = NZM 2010, 584 = ZMR 2010, 866; a.A. Wolicki, Handbuch WEG, § 7 Rz. 239. 202 Siehe hierzu Jennißen, ZWE 2012, 458 f. 203 KG v. 22.9.2008 – 24 W 83/07, ZMR 2009, 135. 204 KG v. 22.9.2008 – 24 W 83/07, ZMR 2009, 135; a.A. OLG Karlsruhe v. 7.7.2010 – 11 Wx 115/08, MietRB 2011, 123 = ZMR 2010, 873, das den räumlichen Bereich des Sondereigentums als Zugriffsbereich des einzelnen Wohnungseigentümers verstanden wissen will. 205 So BGH v. 16.11.2012 –V ZR 9/ 12, ZMR 2013, 290 = NZM 2013, 88 für eine entsprechende Regelung in der Gemeinschaftsordnung. 206 LG München I v. 8.8.2011 – 1 S 809/11, MietRB 2011, 353 = ZWE 2011, 449. 207 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, DWE 2015, 22 = ZMR 2015, 239 = MDR 2015, 79 = NotBZ 2015, 231 = MietRB 2015, 46.

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§ 16 Rz. 68a | Nutzungen, Lasten und Kosten ausgenutzt wird, damit die Mehrheit entlastet und einzelne unverhältnismäßig belastet werden, ist der Beschluss rechtswidrig, aber nicht nichtig. 69 Die qualifizierte Mehrheit wird doppelt bemessen. Es müssen drei Viertel aller stimmberech-

tigten Wohnungseigentümer für diese Änderung stimmen und diese müssen mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile auf sich vereinen. Bei einer Mehrhausanlage sind die Wohnungseigentümer eines Hauses stimmberechtigt, wenn die Gemeinschaftsordnung vorsieht, dass über Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen des einzelnen Hauses nur die betroffenen Wohnungseigentümer abstimmen und die hieraus resultierenden Kosten auch alleine zu tragen haben. Voraussetzung ist, dass die Instandsetzungsmaßnahme ausschließlich diesem Haus zuzuordnen ist. 70 Für die Feststellung, ob drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer für die Än-

derung gestimmt haben, kommt es nicht auf die Regelung des Stimmrechts in der Gemeinschaftsordnung an. Der Verweis auf § 25 Abs. 2 verdeutlicht, dass jeder Wohnungseigentümer diesbezüglich eine Stimme hat. Es gilt also das Kopfprinzip, auf das sich Größe und Anzahl der Wohnungen nicht auswirken. Das Objektstimmrecht ist ebenso wenig maßgebend wie ein Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen. Zudem bezieht sich die Dreiviertelmehrheit auf alle vorhandenen Stimmen, so dass auch einstimmige Beschlüsse der anwesenden Eigentümer nicht ausreichend sein können. Bei der Berechnung der Dreiviertelmehrheit wirken Enthaltungen wie Nein-Stimmen. Das Kopfprinzip gilt auch, wenn mehrere Personen Eigentümer der Wohnung sind, so dass auch diese nur einen Kopf in diesem Sinne verkörpern. Diese müssen nach § 25 Abs. 2 Satz 2 das Stimmrecht einheitlich ausüben. Andernfalls ist ihre Stimmabgabe unwirksam. Haben mehrere Gemeinschaften mehrere Wohnungseigentumsrechte, ist es für die Anzahl der Stimmen entscheidend, ob jeweils die Personen der Gemeinschaften identisch sind. Bei Personenverschiedenheit hat jede Gemeinschaft eine Stimme.208 Sind die Beteiligten teilweise gemeinsam und noch zusätzlich alleine Eigentümer einer Wohnung, sind diese als verschiedene Köpfe i.S.d. § 25 Abs. 2 Satz 1 zu behandeln.209 Gehört z.B. Ehegatten eine Wohnung gemeinsam und jedem Ehegatten jeweils eine weitere Wohnung, ist von 3 Stimmrechten auszugehen.210 Bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts ist zu differenzieren. Die Gesellschafter können für jede Wohnung eine separate GbR gegründet haben, auch wenn im Übrigen Personenidentität besteht. Dies ist durch Vorlage des Gesellschaftsvertrages zu beweisen.211 In diesem Fall hat jede rechtlich selbständige GbR eine Stimme. Handelt es sich hingegen um eine einheitliche GbR, hat diese für alle ihr zugehörigen Wohnungen nur eine Stimme. 71 Die zweite Qualifizierung der Mehrheitsverhältnisse (mehr als die Hälfte der Miteigentums-

anteile) will verhindern, dass Großeigentümer überstimmt werden können. Dieses Kriterium dient dem Mehrheitenschutz, bezogen auf die Anzahl der Stimmen. 72 Wird die qualifizierte Mehrheit nicht erreicht und verkündet der Versammlungsleiter den-

noch den Beschluss als zustande gekommen, ist er lediglich anfechtbar und nicht nichtig.212 Dies folgt aus der grundsätzlich bestehenden Beschlusskompetenz, die nicht erst dann gege208 KG v. 15.6.1988 – 24 W 2084/88, WuM 1988, 324. 209 KG WuM 1988, 324; Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 69; Sauren, § 25 WEG Rz. 16. 210 Vgl. hierzu auch KG v. 15.9.1999 – 24 W 9353/97, ZWE 2000, 313; OLG Düsseldorf v. 3.2.2004 – I3 Wx 364/03, NZM 2004, 234; OLG Frankfurt v. 1.8.1996 – 20 W 555/95, ZMR 1997, 156; Sauren, § 25 WEG Rz. 16. 211 Ebenso Häublein in Staudinger, BGB, § 25 WEG Rz. 35. 212 BT-Drucks. 16/887, 25; LG München v. 20.9.2010 – 36 S 12740/10 WEG, IMR 2011, 65; im Ergebnis gleichermaßen, allerdings den Fall des Nichterreichens des Quorums der Gemeinschaftsordnung untersuchend LG München v. 13.1.2014 – 1 S 1817/13, ZMR 2014, 480 = MietRB 2014, 176; gleichermaßen LG Köln v. 15.10.2009 – 29 S 102/09, ZMR 2010, 313; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 143; Wolicki in Köhler, § 6 Rz. 219; a.A. Elzer in Riecke/Schmid, § 16 WEG Rz. 110.

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VI. Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel | Rz. 76 § 16

ben ist, wenn die doppelte qualifizierte Mehrheit erreicht ist.213 Die Beschlusskompetenz wird also nur durch die nachfolgende Einzelfallregelung, nicht aber durch das Erreichen der qualifizierten Mehrheit bestimmt (gesetzeswidriger, aber lediglich anfechtbarer Beschluss, s.u. § 23 Rz. 160). d) Einzelfallregelung Eine weitere Differenzierung gegenüber den Betriebskosten besteht darin, dass die Kostenver- 73 teilung bei Instandhaltung und Instandsetzung nur für den Einzelfall per Mehrheitsbeschluss geregelt werden kann. Soll hingegen eine generelle Änderung des Verteilungsmaßstabs gefunden werden, ist weiterhin eine Vereinbarung notwendig.214 Eine Einzelfallregelung liegt auch dann noch vor, wenn der Beschluss einen Anspruch der betroffenen Wohnungseigentümer auf Gleichbehandlung in künftigen Fällen auslöst.215 Der Einzelfallbeschluss muss vor Durchführung der Maßnahme getroffen werden. Dies gebie- 74 tet der Vertrauensschutz. Aus den Worten „können zur Instandsetzung beschließen“ ist zu folgern, dass die Beschlüsse über den Verteilungsschlüssel und über die Maßnahme selbst einhergehen müssen (Konnexität).216 Ein erst später getroffener Beschluss über den Verteilungsschlüssel ist anfechtbar. Der Wohnungseigentümer muss im Zeitpunkt des Beschlusses über die Instandsetzungsmaßnahme wissen, mit welchem Schlüssel er an diesen Kosten beteiligt wird, was ihn also die Reparatur kostet. Ein dies später abändernder Zweitbeschluss erfüllt die Tatbestandsvoraussetzung „zur Instandsetzung“ nicht.217 Was ein Einzelfall ist, ist nicht immer eindeutig zu beantworten. Abzustellen ist auf die Maß- 75 nahme als solche. Nicht maßgebend ist, wie lange die Instandsetzungsmaßnahme dauert, ob sie in zwei oder mehreren Bauabschnitten durchgeführt wird oder die Wohnungseigentümer aus finanziellen Gründen erst nur einen Teilbereich sanieren lassen und später dann weitere Teile folgen.. Beschließen die Wohnungseigentümer beispielsweise, dass alle Fenster saniert werden müssen, sollen aber aus finanziellen Gründen zunächst nur die Fenster der Westseite des Gebäudes ausgetauscht werden, ist der spätere Austausch der Fenster an der Ostseite des Gebäudes immer noch der gleiche Einzelfall. Anders ist die Situation zu beurteilen, wenn nur die Fenster an der Westseite sanierungsbedürftig sind und im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch keine weitere Sanierungsbedürftigkeit zu erkennen und auch nicht absehbar ist, ob und wann weitere Maßnahmen notwendig werden. Ein Einzelfall liegt also nicht mehr vor, wenn ein erneutes Ereignis eine weitere Instandsetzungsmaßnahme erfordert, auch wenn die durchzuführenden Arbeiten mit früheren Arbeiten an anderer Stelle vergleichbar sind. Als Einzelfall ist auch ein Dauerschuldverhältnis anzusehen. Wird ein Fullservice-Wartungs- 76 vertrag für den Aufzug oder die Heizungsanlage für mehrere Jahre abgeschlossen, können die Wohnungseigentümer über die Kostenverteilung für die gesamte Vertragsdauer per Einzelfallbeschluss entscheiden. Für den Einzelfall ist der Vertragsabschluss als solcher maßgebend und nicht die Vertragsdauer.218 Gleiches gilt auch, wenn sich eine Instandsetzungsmaßnahme über mehrere Jahre hinzieht. Maßgebend ist nicht die Vertrags- oder Sanierungsdauer, sondern der Vertragsabschluss als Einzelfall.

213 So im Ergebnis auch Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 5 Rz. 78. 214 S. auch OLG München v. 23.8.2006 – 34 Wx 090/06, MietRB 2006, 323 = ZMR 2006, 952; AG Hannover v. 9.2.2010 – 483 C 11244/09, ZWE 2011, 57. 215 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = ZMR 2010, 866 = NZM 2010, 584 = ZWE 2010, 362. 216 BT-Drucks. 16/887, S. 44; Jennißen, ZWE 2017, 117, 119. 217 Ähnlich LG Itzehoe v. 16.8.2011 – 11 S 42/10, ZMR 2011, 998, wonach der Zweitbeschluss nur noch zulässig ist, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. 218 Meffert, ZMR 2011, 667 (669); Jennißen, ZWE 2012, 458, 459; 2017, 117, 119.

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§ 16 Rz. 77 | Nutzungen, Lasten und Kosten 77 Die unterschiedlichen Mehrheitserfordernisse zwischen Abs. 3 und Abs. 4 können im Einzel-

fall zu wenig konsequenten Ergebnissen führen. Wollen die Wohnungseigentümer beispielsweise die Kosten der Aufzugsanlage nicht mehr nach Miteigentumsanteilen verteilen, können sie die Kosten des Stroms durch Mehrheitsbeschluss von der Gemeinschaftsordnung abweichend zuordnen. Die Instandsetzungskosten und Instandhaltungskosten können hingegen nur dann entsprechend verteilt werden, wenn die qualifizierte Mehrheit des Abs. 4 für einen solchen Beschluss erreicht wird und der Beschluss nur einen Einzelfall betrifft. Eine Änderung kann somit nicht generell für alle Zukunft getroffen werden. Damit ist es auch denkbar, dass von Instandsetzung zu Instandsetzung die Wohnungseigentümer unterschiedliche Regelungen treffen, d.h., im Einzelfall setzt sich der Gebrauchsmaßstab durch und im anderen verbleibt es beim bisherigen Verteilungsschlüssel. Diese Gefahr der Ungleichbehandlung hat der Gesetzgeber offensichtlich nicht erkannt. Dennoch sind Einzelfallbeschlüsse, wenn sie zur Ungleichbehandlung führen, nur anfechtbar, aber nicht nichtig. Der Gleichbehandlungsgrundsatz erfordert es, dass der einmal festgelegte Verteilungsschlüssel das Ermessen der Wohnungseigentümer im Zweifel auf Null für Folgemaßnahmen reduziert. Die Einzelfallbeschlüsse haben dann nur wiederholenden Inhalt. Dem folgt der BGH219 mit dem Unterschied, dass er nicht erst die besondere Rechtmäßigkeit des Wiederholungsbeschlusses prüft, sondern schon den ersten den Verteilungsschlüssel abändernden Beschluss für rechtswidrig hält, weil nach seiner Auffassung nur so die Maßstabskontinuität gesichert werden könne. Dies überzeugt nicht, da das Selbstbestimmungsrecht der Wohnungseigentümer hierdurch zu weit eingeschränkt wird. Jeder diesbezügliche Beschluss wäre dann schon rechtswidrig, nur weil er eine Wiederholungsgefahr beinhaltet.220 Konsequenter wäre es , wenn der BGH nicht mehr von einem Einzelfall ausgegangen wäre, sondern die Beschlusskompetenz insgesamt verneint hätte (Nichtigkeit). Nach hiesiger Auffassung ist aber auch in den Folgefällen genau zu prüfen, ob ein identischer Fall vorliegt, der eine gleiche Kostenverteilung erzwingt, oder sich die Situation verändert hat, die das Ermessen neu eröffnet.221 77a Zum Einzelfall können auch Kosten zählen, die aus Zusatzmaßnahmen resultieren.222 Be-

schließen die Wohnungseigentümer für eine Instandsetzungsmaßnahme einen abweichenden Verteilungsschlüssel und werden bei Durchführung der Maßnahme unvorhergesehene Kostenüberschreitungen erforderlich, sind diese ebenfalls nach dem beschlossenen Schlüssel zu verteilen. Voraussetzung ist, dass es sich immer noch um dieselbe Maßnahme handelt. Dies gilt aber nicht, wenn die Folgekosten erst Jahre später ausgelöst werden oder Folge der weiteren Nutzung sind. Dann ist ein neuer Kostenverteilungsbeschluss notwendig.223 78 Haben die Wohnungseigentümer die Zuführungsbeträge zur Instandhaltungsrücklage nach

Miteigentumsanteilen erhoben und beschließen nun, die Kosten einer Instandsetzungsmaßnahme nach einem abweichenden Verteilungsschlüssel umzulegen, die notwendige Liquidität aber ganz oder teilweise aus der Rücklage zu entnehmen, ist der Beschluss anfechtbar, da sich die Verteilungsschlüssel mit dem Verlust des ideellen Anteils an der Rücklage nicht decken.224 Somit würden einige Wohnungseigentümer, die mit dem abweichenden Verteilungsschlüssel 219 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = ZMR 2010, 866 = NZM 2010, 584 = ZWE 2010, 362. 220 Kritisch auch Becker, ZWE 2011, 35; Bonifacio, ZMR 2011, 771; Jennißen, ZWE 2012, 459 f. 221 Jennißen, ZWE 2017, 117, 120. 222 Umstritten. Dafür: LG Itzehoe v. 12.7.2011 – 11 S 51/10, ZMR 2012, 219 = MietRB 2012, 204; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 133; Dagegen: AG Bonn v. 27.4.2012 – 27 C 8/12, ZMR 2012, 820; Hügel/Elzer, § 16 WEG Rz. 105; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 188. 223 Siehe hierzu auch Häublein, NZM 2007, 752 (760); Armbrüster, ZWE 2008, 61; Schmidt, ZMR 2007, 752. 224 Ebenso Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 145; Schmidt, ZMR 2007, 913 (920); für einen vergleichbaren Fall vor der WEG-Novelle von Nichtigkeit ausgehend, AG Hannover v. 22.8.2006 – 71 II 395/06, ZMR 2007, 572.

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VI. Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel | Rz. 79 § 16

privilegiert werden sollen, durch die Entnahme aus der Rücklage wieder belastet. Die Wohnungseigentümer können auch nicht den Verteilungsschlüssel für die Zuführungsbeträge zur Rücklage über Abs. 4 ändern. Dies wäre weder vom Sinn und Zweck der Norm erfasst noch ein Einzelfall.225 e) Folgen der Anwendung eines unwirksamen Verteilungsschlüssels Vor dem 1.7.2007 konnten die Wohnungseigentümer nicht wirksam abweichend von der Ge- 78a meinschaftsordnung beschließen, dass ein Wohnungseigentümer Instandsetzungskosten des Gemeinschaftseigentums alleine trägt. Dennoch wurden solche Beschlüsse häufig in Unkenntnis der Rechtslage entsprechend umgesetzt, indem der Wohnungseigentümer dann den Reparaturauftrag selbst auslöst und bezahlt. Die Nichtigkeit dieser Beschlüsse provoziert die Frage nach dem Erstattungsanspruch für die aufgewandten Kosten. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung kommt grundsätzlich in Betracht, setzt aber voraus, dass die Erneuerung der gemeinschaftlichen Sache (z.B. Fenster) zum damaligen Zeitpunkt notwendig und die hierfür angefallene Rechnung angemessen war,226 was vom Anspruchssteller zu beweisen ist.227 Auch wenn die Bereicherungsansprüche verjährt sind, entspricht ein Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung, der den die Maßnahme durchführenden Eigentümern einen pauschalen Erstattungsanspruch zubilligt. Es kann den Wohnungseigentümern nicht untersagt werden, großzügig sein zu dürfen und damit gleichzeitig dem Frieden in der Gemeinschaft zu dienen.228 War die Maßnahme bereits beschlossen, aber noch nicht durchgeführt worden, oder lag eine Dringlichkeit vor, dann ist der in Betracht kommende Bereicherungsanspruch gegen die Eigentümergemeinschaft (Verband) zu richten,229 andernfalls gegen die übrigen Wohnungseigentümer jeweils anteilig (keine Gesamtschuld). f) Folgen der gerichtlichen Ungültigkeitserklärung eines Instandsetzungsbeschlusses Weitgehend ungeklärt ist noch die Frage, ob die Anfechtung eines Instandsetzungsbeschlusses 78b dann für erledigt zu erklären ist, wenn der Beschluss bereits umgesetzt wurde. Die Frage ist zu verneinen. Auch wenn eine faktische Erledigung eintritt, so ist der Beschluss dennoch nicht in rechtlicher Hinsicht erledigt. Er wirkt fort, so dass seine Wirksamkeit weiterhin zu prüfen ist. Ein für ungültig erklärter Instandsetzungsbeschluss hat aber keine weiteren Konsequenzen für 78c die Kostenverteilung. Der insoweit obsiegende Wohnungseigentümer muss sich unverändert an den Kosten dieser schon durchgeführten Maßnahme beteiligen. Auch rechtswidrig beschlossene Maßnahmen und ihre Kostenfolge führen zu Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums.230

4. Öffnungsklausel (Abs. 5) Vor der WEG-Novelle bestand bereits die Möglichkeit, den in der Gemeinschaftsordnung vor- 79 gesehenen Verteilungsschlüssel durch in der Regel qualifizierten Mehrheitsbeschluss zu än225 BGH v. 9.7.2010 – V ZR 202/09, MDR 2010, 1243 = MietRB 2010, 300 f. = ZMR 2010, 775; Bartholome in BeckOK, § 16 Rz. 184. 226 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, ZWE 2016, 136 = MDR 2016, 318 = MietRB 2016, 75. 227 OLG Hamburg v. 4.12.2009 – 2 Wx 34/09, MietRB 2010, 236 = ZMR 2010, 388. 228 OLG Düsseldorf v. 26.5.2008 – I-3 Wx 271/07, MietRB 2008, 236. 229 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, ZWE 2016, 136 = MDR 2016, 318 = MietRB 2016, 75. 230 So im Ergebnis auch LG Hamburg v. 1.6.2010 – 318 T 154/07, ZMR 2010, 791; bestätigt durch BGH v. 13.5.2011 – V ZR 202/10, MDR 2011, 911 = MietRB 2011, 252 f. = NJW 2011, 2660 = ZMR 2011, 732.

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§ 16 Rz. 79 | Nutzungen, Lasten und Kosten dern, wenn die Gemeinschaftsordnung selbst hierzu eine sog. vertragliche Öffnungsklausel enthielt. Die Öffnungsklausel erweiterte die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer und ermöglichte auch generelle Änderungen des Verteilungsschlüssels.231 80 Abs. 5 lässt seit dem 1.7.2007 vertragliche Öffnungsklauseln zurücktreten, wenn sie die gesetz-

liche Öffnungsklausel zur Abänderung der Kostenverteilungsschlüssel nach Abs. 3 und 4 einschränken oder ausschließen. Aus dem Umkehrschluss folgt, dass Vereinbarungen dann ihre Bedeutung behalten, wenn sie die Möglichkeiten zur Veränderung der Verteilungsschlüssel gegenüber der gesetzlichen Regelung ausdehnen. 81 Hinsichtlich der Veränderung des Verteilungsschlüssels für Betriebskosten und Kosten der

Verwaltung gem. Abs. 3 haben vertragliche Öffnungsklauseln keine Bedeutung mehr, denn eine dauerhafte Änderungsmöglichkeit per Mehrheitsbeschluss, wie es § 16 Abs. 3 ermöglicht, lässt sich nicht weiter ausdehnen (s.o. Rz. 34a). Bedeutung haben Öffnungsklauseln aber noch, wenn der Verteilungsschlüssel für die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung generell verändert werden soll. Da das Gesetz in § 16 Abs. 4 nur Einzelfallregelungen mit doppelt qualifizierter Mehrheit zulässt, sind Weiterungen denkbar. 82 Aber auch für eine Einzelfallregelung selbst behält die vertragliche Öffnungsklausel Bedeutung,

wenn die Gemeinschaftsordnung eine geringere Mehrheit als drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer für die Festlegung der Verteilungsquote der Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten vorsieht und/oder keine zusätzliche Mehrheit der Miteigentumsanteile erfordert. Lässt beispielsweise die Gemeinschaftsordnung einen Änderungsbeschluss durch Öffnungsklausel zu, der mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer berechnet nach Köpfen gefasst werden kann, ist die Öffnungsklausel maßgebend. Eine Öffnungsklausel, die eine größere Mehrheit als drei Viertel für den Änderungsbeschluss je Einzelfall vorsieht, wird dagegen durch die Regelung in Abs. 5 unwirksam. Bestimmt die Gemeinschaftsordnung, dass Veränderungen mit einer Mehrheit von zwei Dritteln beschlossen werden können, ist im Zweifel eine qualifizierte Mehrheit von allen Wohnungseigentümern und nicht nur den in der Eigentümerversammlung anwesenden gemeint.232 83 In der Praxis lässt sich nicht ohne weiteres beurteilen, ob die Regelung in der Gemeinschafts-

ordnung oder die gesetzliche Regelung vorgeht, wenn eine Veränderung des Verteilungsschlüssels für Instandsetzungsarbeiten beschlossen werden soll. Wenn beispielsweise die Gemeinschaftsordnung eine Abänderungsmöglichkeit durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss von zwei Dritteln aller Wohnungseigentümer zulässt und sich das Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen richtet, ist diese Vereinbarung bezogen auf die Miteigentumsanteile einschränkend und damit gegenüber der gesetzlichen Regelung des Abs. 4 subsidiär. Da aber zusätzlich nicht auch noch eine Mehrheit von drei Viertel aller Köpfe erreicht werden muss, ist sie insoweit leichter. Dieses Spannungsverhältnis ist nur im konkreten Einzelfall aufzulösen, in dem alternativ ausgerechnet wird, ob der Änderungsbeschluss nach der einen oder anderen Alternative zustande gekommen ist. Trägt mindestens eine der beiden Abänderungsmöglichkeiten den Beschluss, kann der Versammlungsleiter diesen als zustande gekommen verkünden. 84 Macht die Eigentümergemeinschaft von einer Öffnungsklausel Gebrauch und ändert den Ver-

teilungsschlüssel für die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten generell ab, muss hierfür ein sachlicher Grund i.S. des Willkürverbots gegeben sein (hierzu s.o. § 10 Rz. 43 ff. sowie u. Rz. 88 ff.). Der BGH233 räumt auch hier den Wohnungseigentümern ein weites Ermessen ein. Da § 16 Abs. 4 anders als § 16 Abs. 3 nur eine Beschlusskompetenz für den Einzelfall vor231 Vgl. hierzu auch Briesemeister, DWE 2005, 157. 232 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 249 = ZWE 2011, 327 = NZM 2011, 589. 233 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 249 = ZWE 2011, 327 = NZM 2011, 589.

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VI. Beschlusskompetenz zur Bestimmung der Verteilungsschlüssel | Rz. 85 § 16

sieht und vornehmlich Verteilungsschlüssel zulässt, die dem Gebrauch oder der Gebrauchsmöglichkeit entsprechen, wird der gesetzgeberische Wille deutlich, das Gestaltungsrecht diesbezüglich einschränken zu wollen. Insoweit überzeugt die Auffassung des BGH nicht, die hinsichtlich des weiten Ermessens nicht zwischen § 16 Abs. 3 und Abs. 4 differenziert. Die Gerichte haben in solchen Fällen weiterhin die Prüfungskompetenz,234 ob der aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses festgelegte neue Kostenverteilungsschlüssel der Billigkeit entspricht. Allerdings darf in die Öffnungsklausel nicht das Erfordernis des sachlichen Grundes im Sinne einer restriktiven Anwendung hineingelesen werden. Die früher anders lautende Rechtsprechung235 wird zumindest nach der Novelle dem gesetzgeberischen Willen nicht mehr gerecht, wonach die Wohnungseigentümer eine weite Abänderungskompetenz besitzen sollen. Somit ist für die Anwendung der Öffnungsklausel nicht mehr erforderlich, dass sich die Verhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit geändert haben, mag dies auch der Hauptanwendungsfall sein.236 Andererseits muss das Stufenverhältnis, das der Gesetzgeber zwischen § 16 Abs. 3 und Abs. 4 geschaffen hat, auch bei Anwendung einer Öffnungsklausel und bei Auslegung des sachlichen Änderungsgrundes berücksichtigt werden. Neben dem Willkürverbot ist dazu die Frage zu untersuchen, ob ein gewisser Zusammenhang zwischen der Gebrauchsmöglichkeit und dem Mangel besteht. Ein innerer Zusammenhang237 i.S. eines kausalen Zusammenhangs ist jedoch nicht zu fordern.238 Die Öffnungsklausel muss einen eindeutigen Inhalt erkennen lassen und darf nicht extensiv 84a ausgelegt werden.239 So sind Kosten für die Beseitigung von Schäden nicht den Instandhaltungskosten gleichzustellen.240 Die Kostenübernahmepflicht für die Instandhaltung des „Holzwerks“ erfasst nicht die Kosten der Fenstererneuerung, selbst wenn die Rahmen aus Holz sind.241 Wer die Kosten der Instandsetzung für Fenster und Rahmen, nicht aber für den Außenanstrich zu tragen hat, muss nicht die Kosten des Fensteraustauschs alleine bezahlen.242 Die Kostentragungslast für alle Instandsetzungsmaßnahmen „im Bereich des Sondereigentums“ ist ebenfalls zu unbestimmt, da der Übergang von Sonder- zu Gemeinschaftseigentum häufig fließend ist und sich daher nicht eingrenzen lässt.243 Der Änderungsbeschluss muss in der Einladung zur Eigentümerversammlung angekündigt 85 werden, aber noch nicht ausformuliert worden sein. „Beschluss über Änderung des Verteilungsschlüssels für die Verwaltungskosten“ würde als Bezeichnung bespielgebend genügen. Wie der neue Schlüssel aussehen soll, muss in der Einladung noch nicht definiert werden. Wird lediglich ein Beschluss über die Jahresabrechnung angekündigt, genügt dies nicht und der den Verteilungsschlüssel ändernde Beschluss ist schon allein deshalb rechtswidrig.244 Ebenso muss der Änderungsbeschluss inhaltlich klar gefasst werden.245 Unklare und unbestimmte Beschlüsse sind nichtig.

234 S. hierzu KG v. 26.7.2004 – 24 W 31/03, MietRB 2005, 12 = ZMR 2005, 899. 235 OLG Zweibrücken v. 30.4.1999 – 3 W 83/99, NZM 1999, 1060 LS; BayObLG v. 21.10.1999 – 2Z BR 126/99, ZMR 2000, 185 = ZWE 2000, 78 LS; LG Köln v. 15.10.2009 – 29 S 102/09, ZWE 2010, 283. 236 Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 104. 237 So aber LG Hamburg v. 25.5.2011 – 318 S 21/11, ZWE 2011, 458. 238 Im Ergebnis ebenso BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = NZM 2010, 584. 239 OLG Düsseldorf v. 21.10.2005 – I-3 Wx 164/05, ZMR 2006, 296. 240 BGH v. 25.9.2009 – V ZR 33/09, NZM 2009, 866. 241 AG Hannover v. 9.2.2010 – 483 C 11244/09, ZMR 2010, 483. 242 BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11, ZWE 2012, 267. 243 Deshalb von Nichtigkeit einer solchen Klausel ausgehend: KG v. 22.9.2008 – 24 W 83/07, ZMR 2009, 135. 244 OLG Düsseldorf v. 28.6.2005 – I-3 Wx 79/05, ZMR 2005, 895. 245 OLG Hamm v. 22.12.2003 – 15 W 396/03, ZMR 2004, 852; OLG Düsseldorf v. 26.3.2004 – 3 Wx 344/03, NZM 2004, 467.

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§ 16 Rz. 86 | Nutzungen, Lasten und Kosten 86 Eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung, die dem Verwalter das Recht überträgt, die

Änderung des Kostenverteilungsschlüssels gem. § 317 BGB zu bestimmen, ist nichtig.246 Andernfalls begeben sich die Wohnungseigentümer eines wesentlichen Kern- und Selbstbestimmungsrechts. Es ist unzulässig, die wohnungseigentumsrechtlichen Kernrechte einem Dritten zu überlassen. Zudem ist eine solche Regelung nicht mehr mit Abs. 5 vereinbar, da die Rechte der Wohnungseigentümer auf Bestimmung der Verteilungsschlüssel nicht eingeschränkt werden dürfen.247 87 Wurde früher aufgrund einer Öffnungsklausel ein Änderungsbeschluss herbeigeführt, war

streitig, ob dieser Änderungsbeschluss nur dann einem Rechtsnachfolger gegenüber wirkte, wenn er ins Grundbuch eingetragen wurde.248 Diese Problematik kann als gelöst angesehen werden, da § 10 Abs. 4 Satz 2 seit 2007 regelt, dass Beschlüsse aufgrund einer Vereinbarung (Öffnungsklausel) zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch bedürfen. Zwar enthält das Gesetz für die Änderungsbeschlüsse gem. § 16 Abs. 3 und 4 keine ausdrückliche Bestätigung nicht notwendiger Grundbucheintragungen. Dass die Änderungsbeschlüsse aber nicht ins Grundbuch eingetragen werden müssen, um einen Sondernachfolger zu binden, folgt auch schon aus der Beschlusskompetenz selbst. Mit solchen Änderungsbeschlüssen muss ein Erwerber rechnen. Will er sich hierüber Klarheit verschaffen, kann er die Beschluss-Sammlung einsehen, die der Verwalter nach § 24 Abs. 7 führen muss.

VII. Anspruch auf Änderung des Verteilungsschlüssels 88 Die Abs. 3 und 4 regeln die Möglichkeiten, wie die Wohnungseigentümer unter erleichterten

Bedingungen den gem. Gemeinschaftsordnung geltenden Verteilungsschlüssel abändern können. Nach Abs. 3 können die Wohnungseigentümer den Verteilungsschlüssel der Betriebskosten mit Mehrheit ändern, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Ficht ein Wohnungseigentümer diesen Beschluss an, kann das Gericht nur prüfen, ob der neue Maßstab unbillig ist oder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt. Im Übrigen ist das Selbstbestimmungsrecht der Wohnungseigentümer zu beachten. Lehnen die Wohnungseigentümer mehrheitlich eine Änderung ab, kann ein Wohnungseigentümer diese Entscheidung ebenfalls gerichtlich überprüfen lassen. Für eine solche Anfechtungsklage ist das Rechtsschutzinteresse auch dann zu bejahen, wenn nicht gleichzeitig ein Verpflichtungsantrag gestellt wird,249 sofern vom Kläger nichts anderes begehrt wird, als Gegenstand der Ablehnung war. Die gerichtliche Überprüfung eines Verteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG setzt aber stets voraus, dass sich die Wohnungseigentümer im Rahmen einer Eigentümerversammlung mit dieser Frage beschäftigt haben. Die vorherige Befassung der Eigentümerversammlung ist Zulässigkeitsvoraussetzung der Gestaltungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG.250 Der Wil246 AG Hannover v. 2.12.2003 – 71 II 196/03, ZMR 2005, 154; offen lassend KG v. 26.7.2004 – 24 W 31/03, MietRB 2005, 12 = ZMR 2005, 899; a.A. Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 25. 247 Früher wurde in Rspr. und Lit. angenommen, dass die Wohnungseigentümer das grundsätzlich wirksame Bestimmungsrecht durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen können: OLG Frankfurt v. 13.4.2000 – 20 W 485/98, juris; KG v. 26.7.2004 – 24 W 31/03, MietRB 2005, 12 = NZM 2004, 910; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 25. 248 Verneinend: BGH v. 16.9.1994 – V ZB 2/93, MDR 1995, 792 = NJW 1994, 3230; Becker, ZWE 2002, 341; Wenzel, ZWE 2004, 130 (136); bejahend: Hügel, ZWE 2002, 503 (508). 249 Unter Verweis auf BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 Aufgabe der gegenteiligen Auffassung der Vorauflagen. 250 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 = ZMR 2010, 542; v. 17.12.2010 – V ZR 131/10, ZMR 2011, 485 = MietRB 2011, 214; OLG Düsseldorf v. 23.7.2009 – I-3 Wx 28/09, ZWE 2009, 395 = NZM 2010, 479.

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VII. Anspruch auf Änderung des Verteilungsschlüssels | Rz. 89 § 16

lensbildungsprozess der Wohnungseigentümer darf nicht durch richterliche Entscheidung übergangen werden (anders bei einer angestrebten Änderung nach § 16 Abs. 4, s.u. Rz. 92a). Andererseits ist die Anfechtungsklage nicht Voraussetzung für eine gerichtliche Entscheidung nach § 21 Abs. 8. Der Abänderungsanspruch kann erneut geltend gemacht werden, selbst wenn der Negativbeschluss bestandskräftig ist.251 Er kann aber nicht alleine auf § 16 Abs. 3 WEG gestützt werden, da diese Vorschrift nur die Abänderungsmöglichkeit regelt, aber keine Anspruchsgrundlage des einzelnen Wohnungseigentümers enthält. Die Klage kann nur auf § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG gestützt werden,252 was die Feststellung er- 88a fordert, dass der gewünschte Verteilungsschlüssel ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und dass schwerwiegende Gründe unter Berücksichtigung einer bestehenden Unbilligkeit zur Änderung zwingen. § 10 Abs. 2 Satz 3 definiert einen entsprechenden Anspruch des Wohnungseigentümers auf Abänderung bzw. Anpassung einer Vereinbarung und somit auch des geltenden Verteilungsschlüssels.253 § 16 Abs. 3 steht nur in einem scheinbaren Wertungswiderspruch zu § 10 Abs. 2 Satz 3. Zu 88b berücksichtigen ist, dass § 10 Abs. 2 Satz 3 den Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers definiert, den dieser somit auch gegen den Willen der Mehrheit gerichtlich durchsetzen kann. Haben die Wohnungseigentümer mit Mehrheit eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 3 beschlossen, haben sie ihr Selbstbestimmungsrecht ausgeübt. Wenn aber die übrigen Wohnungseigentümer zur Ausübung einer Ermessensentscheidung gezwungen werden sollen- das Mehrheitsrechts also eingeschränkt werden soll – sind hierfür erhöhte Anforderungen i.S.v. § 10 Abs. 2 Satz 3 zu stellen. Für diese erhöhten Anforderungen sind gegenüber der früheren Rechtslage (vor dem 1.7.2007) 89 nun graduell geringere Voraussetzungen notwendig. Bis dahin hatte die herrschende Rechtsprechung einen Änderungsanspruch nur dann zugelassen, wenn außergewöhnliche Umstände dazu geführt haben, dass der G geltende Maßstab grob unbillig wurde.254 Diese Auffassung bewirkte, dass selbst Flächenabweichungen von 59 % der tatsächlichen Wohnungsgröße gegenüber dem Miteigentumsanteil bzw. Flächenanteil gem. Teilungserklärung als nicht ausreichend angesehen wurden, um die grobe Unbilligkeit zu bejahen.255 Indem der Gesetzgeber nunmehr anstelle der Worte „außergewöhnliche Umstände“ die Wörter „schwerwiegende Gründe“ verwendet und anstelle der groben Unbilligkeit auf eine einfache abstellt, macht er deutlich, dass diese Schwelle wesentlich zu senken ist. Dies bleibt eine Frage des Einzelfalls, bei der die Gesamtumstände zu werten sind.256 Es darf aber kein sehr strenger Maßstab mehr zugrunde gelegt werden. Zu berücksichtigen ist, ob für den benachteiligten Wohnungseigentümer der bisherige Verteilungsschlüssel nicht länger hinnehmbar ist und zu unangemessenen Ergebnissen führt.257 Dazu ist es nicht ausreichend, dass der anspruchstellende Wohnungseigentümer den die Kosten auslösenden Teil des Objektes zurzeit nicht nutzt.258 Verteilungs-

251 252 253 254 255

256 257 258

BGH v. 2.10.2015 – V ZR 5/15, ZMR 2016, 122. BGH v. 17.12.2010 – V ZR 131/10, ZMR 2011, 485 = MietRB 2011, 214. S. oben § 10 Rz. 42 ff. BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MietRB 2004, 352 f. = NJW 2004, 3413 = ZMR 2004, 834 = MDR 2004, 1403. OLG Frankfurt v. 13.4.2000 – 20 W 485/98, NZM 2001, 140; 50 % als nicht ausreichend ansehend BayObLG v. 10.11.1994 – 2Z BR 100/94, NJW-RR 1995, 529; Mehrbelastungen von 38 bzw. 42 % als nicht grob unbillig ansehend OLG Hamm v. 9.9.2002 – 15 W 235/00, MietRB 2003, 109 = ZMR 2003, 286; einen Änderungsanspruch wegen 30 % Abweichung verneinend OLG Köln v. 5.7.2001 – 16 Wx 27/01, DWE 2001, 100. BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 = MietRB 2004, 352 f. = NJW 2004, 3413 = ZMR 2004, 834. So die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des WEG-ÄndG, BT-Drucks. 16/887, 19. LG Frankfurt a.M. v. 27.4.2017 – 2-13 S 168/16, ZWE 2017, 315.

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§ 16 Rz. 89 | Nutzungen, Lasten und Kosten schlüssel tragen immer eine gewisse Einzelfallungerechtigkeit in sich. Einem sich häufiger verändernden Nutzerverhalten muss nicht Rechnung getragen werden. 89a Die Höhe der Kostenmehrbelastung des benachteiligten Wohnungseigentümers kann ausrei-

chend sein. Es muss keine bauliche Veränderung vorliegen. Es ist überhaupt keine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse erforderlich.259 Der Abänderungsanspruch setzt aber eine dauerhafte Unbilligkeit voraus. Es ist den Wohnungseigentümern nicht zumutbar, die Verteilungsschlüssel sich ständig ändernden Gegebenheiten anpassen zu müssen. Verlässlichkeit der bestehenden Regelung und Vorhersehbarkeit der Belastungen stehen einer leichtfertigen Abänderung der Verteilungsschlüssel entgegen.260 So ist eine Reduktion der in der Wohnung lebenden Personenzahl für den Abänderungsanspruch ebenso wenig ausreichend,261 wie jeder Umstand, der ausschließlich im Risikobereich des betroffenen Wohnungseigentümers liegt.262 Nutzungsänderungen können nur dann zu berücksichtigen sein, wenn sie genehmigt und somit dauerhaft sind. Insoweit kommt es auf die rechtlich zulässige und nicht die tatsächlich ausgeübte Nutzung an.263 Die unterschiedliche Behandlung von Teileigentumsflächen gegenüber Wohnflächen bei der Festlegung der Verteilungsschlüssel in der Gemeinschaftsordnung muss entgegen der Auffassung des BGH264 keine Dauerwirkung haben. Auch hier ist ein Abänderungsanspruch denkbar, wenn sich der in der Gemeinschaftsordnung gewählte Verteilungsschlüssel nicht bewährt hat bzw. dauerhaft der konkreten Situation im Objekt nicht gerecht wird. 90 Bei fehlerhafter Teilungserklärung kommt ein Anpassungsanspruch in Betracht. Allerdings

darf nicht jede Mehrbelastung aufgrund einer Abweichung von Soll- und Ist-Fläche zu einem Änderungsanspruch führen. Vielmehr ist der bereits früher vertretenen Auffassung, dass ein Änderungsanspruch ab 25 % Mehrbelastung zu bejahen ist,265 zu folgen. Diese Mehrbelastung muss aus Sicht des Klägers bestehen. Dabei sind die Mehrbelastungen mehrerer Kläger nicht zu addieren. Anderenfalls würde sich die Mehrbelastungsschwelle verflüchtigen. 91 Auf keinen Fall darf der neue Verteilungsschlüssel wiederum andere Wohnungseigentümer

unbillig benachteiligen.266 Es darf sich auch nicht nur um eine vorübergehende Unbilligkeit handeln. Der den Anspruch stellende Wohnungseigentümer darf sie auch nicht herbeiführen,267 nicht provozieren. 92 Die Unbilligkeit ist häufig dann gegeben, wenn das Objekt anders errichtet wurde, als es in

Aufteilungsplan und Teilungserklärung festgelegt war. So besteht ein Anpassungsanspruch dann, wenn beispielsweise eine Tiefgarage nicht errichtet wurde.268 Gleiches ist anzunehmen, wenn nachträgliche Nutzungsmöglichkeiten für Flächen des Sondereigentums entfallen,269

259 OLG Düsseldorf v. 23.7.2009 – I-3 Wx 28/09, ZWE 2009, 395. 260 BGH v. 17.12.2010 – V ZR 131/10, MietRB 2011, 214 = DWE 2011, 24 = ZMR 2011, 485. 261 A.A. OLG Düsseldorf v. 23.7.2009 – I-3 Wx 28/09, ZWE 2009, 395, wonach eine mehrjährige Unbilligkeit zwischen dem angewendeten Miteigentumsanteilsschlüssel und einem Personenzahlschlüssel ausreicht. 262 OLG Düsseldorf v. 20.5.1998 – 3 Wx 96/98, NZM 1999, 81; Suilmann in Bärmann, § 10 WEG Rz. 158. 263 BGH v. 17.12.2010 – V ZR 131/10, MietRB 2011, 214 = DWE 2011, 24 = ZMR 2011, 485. 264 BGH v. 17.12.2010 – V ZR 131/10, MietRB 2011, 214 = DWE 2011, 24 = ZMR 2011, 485. 265 KG v. 14.6.2004 – 24 W 32/04, NZM 2004, 549 u. v.a. Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz. 193; AG Hannover v. 25.11.2008 – 483 C 11333/07, ZMR 2009, 234; diese Auffassung bestätigend BGH v. 11.6.2010 – V ZR 174/09, MDR 2010, 1043 = MietRB 2010, 267 = ZMR 2010, 778. 266 BayObLG v. 10.8.2001 – 2Z BR 91/01, ZWE 2002, 31. 267 OLG Düsseldorf v. 20.5.1998 – 3 Wx 96/98, NZM 1999, 81. 268 BayObLG v. 19.2.1987 – BReg.2 Z 114, 86, WE 1988, 20. 269 OLG Düsseldorf v. 13.6.2001 – 3 Wx 132/01, NJW-RR 2002, 731; BayObLG v. 23.8.2001 – 2Z BR 114/01, NZM 2002, 389.

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VIII. Einzelne Probleme der Kostenverteilung | Rz. 94a § 16

was beispielsweise bei Untersagung der Nutzungsmöglichkeit eines Dachgeschosses wegen fehlender Baugenehmigung der Fall ist. Nimmt ein Wohnungseigentümer nachträglich bauliche Veränderungen vor, die zu einer Flächenausweitung führen, ist es ebenfalls billig, wenn die übrigen Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Anpassung des Kostenverteilungsschlüssels durchsetzen können.270 Der Anspruch auf Belastungsreduktion setzt stets eine rechtmäßige Nutzungsform voraus. So ist die tatsächliche Nutzungsform nicht maßgebend, wenn diese rechtswidrig ist.271 Wird eine dauerhafte Abänderung des Verteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 4 WEG angestrebt, 92a ist für die Zulässigkeit der Klage grundsätzlich keine Vorbefassung der Wohnungseigentümer im Rahmen einer Eigentümerversammlung erforderlich.272 Dies folgt daraus, dass die Wohnungseigentümer keine Beschlusskompetenz für eine solche Dauerregelung zur Verteilung der Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten besitzen. Lässt aber die Gemeinschaftsordnung auch insoweit die Abänderung des Verteilungsschlüssels durch Mehrheitsbeschluss zu, ist wiederum die Vorbefassung der Eigentümerversammlung Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage.

VIII. Einzelne Probleme der Kostenverteilung 1. Allgemeinstrom Für den Allgemeinstrom stellen die Personenzahl273 oder die Wohnungsgröße sachgerechte 93 Verteilungsschlüssel dar. Mit Letzterer können die Miteigentumsanteile korrespondieren. Eine Verteilung nach der Anzahl der Wohnungen ist nicht sachgerecht.274

2. Aufzug Sieht die Gemeinschaftsordnung für die Kostenverteilung nur die Miteigentumsanteile oder 94 einen Flächenschlüssel vor und machen die Wohnungseigentümer von ihrem Recht, gem. Abs. 3 eine gebrauchsabhängige Kostenverteilung vorzunehmen, keinen Gebrauch, haben auch die Wohnungseigentümer einer Mehrhausanlage anteilige Aufzugskosten selbst dann zu tragen, wenn sich nicht in jedem Haus ein Aufzug befindet.275 Gleiches gilt für Eigentümer einer Parterrewohnung ohne Nutzungsrecht am Keller oder an Dachkammern. Es entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, gerade für solche Fälle von der Beschusskompetenz nach § 16 Abs. 3 Gebrauch zu machen. In Betracht kommt eine Aufteilung der Betriebskosten nach der Gebrauchsmöglichkeit, so 94a dass z.B. Erdgeschossbewohner entlastet werden können. Dem soll eine Kostenverteilung nach sog. Haltepunkten gerecht werden. Fassen die Wohnungseigentümer einen entsprechenden Beschluss, dann sind die Wohnungseigentümer des Hauses, das über keinen Aufzug verfügt, von den Betriebskosten befreit.276 Allerdings müssen die Aufzugspunkte klar definiert sein, damit der Beschluss eindeutig und umsetzbar ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass Auf270 OLG Düsseldorf v. 8.1.2001 – 3 Wx 402/00, ZMR 2001, 378; BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = ZMR 2004, 834. 271 BGH v. 17.12.2010 – V ZR 131/10, MietRB 2011, 214 = ZMR 2011, 485. 272 Bestätigend BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129. 273 S. zu den grundsätzlichen Bedenken dieses Verteilungsschlüssels o. Rz. 20, Rz. 65 u. Rz. 47. 274 A.A. AG Recklinghausen v. 17.2.2009 – 90 C 89/08, ZMR 2010, 242. 275 BayObLG v. 24.11.2004 – 2Z BR 156/04, ZMR 2005, 639 = DWE 2005, 28; OLG Düsseldorf v. 18.9.1985 – 3 W 317/85, DWE 1986, 28. 276 LG Nürnberg-Fürth v. 25.3.2009 – 14 S 7627/08, ZMR 2009, 638 = NZM 2009, 363.

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§ 16 Rz. 94a | Nutzungen, Lasten und Kosten zugspunkte ebenfalls die Kostenanteile pauschalieren und keine echte Verursachungsrechnung darstellen. 94b In erster Linie sind die Stromkosten des Aufzugs von der Nutzungshäufigkeit abhängig, so

dass es willkürlich erscheinen kann, wenn gerade diese Kosten bei den Aufzugspunkten nicht berücksichtigt werden.277 Eine vollständige Kostenbefreiung bietet sich nicht an, da auch Erdgeschossbewohner eine Gebrauchsmöglichkeit besitzen und sie ebenfalls für die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht des Aufzugs durch regelmäßige Wartung und TÜV-Prüfung verantwortlich sind. 95 Werden die Kosten nach der Anzahl der Wohnungen verteilt und teilt ein Wohnungseigentü-

mer seine Wohnung faktisch, aber nicht grundbuchmäßig, in zwei Einheiten auf, genügt dies, um ihm die doppelten Aufzugskosten anzulasten.278 96 Soll für die Betriebskosten des Aufzugs eine neue Verteilungsregelung gefunden werden, ist

zwischen den umlagefähigen und nicht umlagefähigen Kosten zu differenzieren. Umlagefähig i.S.v. § 2 Nr. 7 BetrKV sind u.a. der Betriebsstrom, Kosten der Pflege der Anlage und Prüfung seiner Betriebssicherheit sowie die Kosten der Reinigung. Besteht ein Fullservice-Vertrag, sind die Kosten in die laufenden Betriebskosten und in Instandsetzungskosten aufzuteilen. Für die Betriebskostenanteile können die Wohnungseigentümer nach Abs. 3 die Kostenverteilung bestimmen, für die Instandsetzungsanteile hingegen nur nach Abs. 4. Die Wohnungseigentümer können die eingeschränkte Beschlusskompetenz des Abs. 4 nicht durch Pauschalverträge zu umgehen suchen, die das Instandsetzungsrisiko gegen Zahlung einer monatlichen Pauschale auf den Werkunternehmer überträgt. Die unterschiedliche Risikoverteilung ändert nichts daran, dass es sich um Instandsetzungskosten handelt, die von Abs. 4 erfasst werden. 96a Zu den Betriebs- und nicht zu den Instandhaltungskosten eines Aufzugs zählen auch alle Kos-

ten, die die Sicherheit der Benutzung erhöhen und der Personenbefreiung dienen (z.B. Notrufsysteme, Befreiungspauschalen etc.). und zwar unabhängig davon, ob die Systeme gekauft oder gemietet werden. Gegenüber den Vorsorgepauschalen für die Personenbefreiung sind bei konkreten Maßnahmen der Personenbefreiung, die häufig mit einer Reparaturmaßnahme einhergehen, diese Kosten eher der Instandsetzung zuzuordnen.279

3. Einzelbelastungen 97 Vor der WEG-Novelle war umstritten, ob die Wohnungseigentümer mehrheitlich beschließen

konnten, Wohnungseigentümer mit einzelnen Kosten ausschließlich zu belasten. Solche sog. Einzelbelastungen kommen bei einer Fülle von Kostenpositionen in Betracht: Mahnkosten, Klagepauschalen, Verzugszinsen, einzelverursachte Instandhaltungskosten, Nutzung von Waschmaschine, Wäschetrockner oder Sauna des Gemeinschaftseigentums. Seit der WEGNovelle können solche Einzelbelastungen nach § 16 Abs. 3 oder nach § 21 Abs. 7 mehrheitlich beschlossen werden. § 21 Abs. 7, der insoweit die gleiche Zielrichtung verfolgt, gilt als Anspruchsgrundlage der Wohnungseigentümer auf Kostenerstattung, während § 16 Abs. 3 als Regelung zur Kostenverteilung anzusehen ist. 97a Damit ist aber noch nicht die Frage beantwortet, ob solche Einzelbelastungen auch ohne vor-

hergehenden Beschluss in die Jahresabrechnung eingestellt werden dürfen. Dies ist nur dann zu bejahen, wenn sie vom betroffenen Wohnungseigentümer nicht bestritten werden, tituliert

277 S. hierzu auch AG Nürnberg v. 27.10.2010 – 30 C 40157/10, ZMR 2011, 594. 278 BayObLG v. 4.4.2001 – 2Z BR 11/01, ZMR 2001, 821. 279 Siehe zur mietrechtlichen Behandlung solcher Kosten: Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, A III Rz. 93.

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VIII. Einzelne Probleme der Kostenverteilung | Rz. 97c § 16

sind oder sonst feststehen.280 Diese Auffassung hat zur Folge, dass dann, wenn die Einzelverursachung streitig ist, die Kostenverteilung zunächst auf alle Wohnungseigentümer zu erfolgen hat und die Wohnungseigentümer dann außerhalb der Jahresabrechnung beschließen müssen, den betroffenen Eigentümer in Regress zu nehmen. Konsequenz dieser Auffassung ist es, dass die Wohnungseigentümer ihren Einzelbelastungsanspruch, wenn er streitig bleibt, einklagen müssen.281 Der Betrag steht dann zur Einzelbelastung fest, wenn in der Gemeinschaftsordnung eine entsprechende Kostenzuordnung vorgesehen ist. Dazu kann es genügen, wenn der Sondernutzungsberechtigte zur Pflege der ihm zugewiesenen Gartenfläche verpflichtet wurde. Werden entsprechende Kosten fälschlicherweise von der Gemeinschaft verauslagt und entsteht Streit über die angemessene Höhe, ist eine Einzelbelastung in der Jahresabrechnung nicht möglich.282 Streitig sind die Kosten i.d.R. auch, wenn Schadensersatz begehrt wird, weil sowohl die Höhe als auch die Ursache erst nachgewiesen werden müssen. Die Jahresabrechnung ist dann nicht der Ort, wo durch einseitige Kostenzuweisung die Rechtsfrage geklärt werden kann. Danach entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Kosten zunächst zur Liquiditätssicherung nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel verteilt werden und dann der Erstattungsbetrag separat eingefordert wird.283 Ein entsprechender Vorbehalt ist in der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung nicht notwendig, aber zur Vermeidung von Irritationen sinnvoll. Durch den Beschluss über die Jahresabrechnung wird auch kein Verzicht auf die Regressansprüche ausgedrückt, da nach richtiger Auffassung die Jahresabrechnung insoweit keine Aussage trifft.284 Die Ansprüche stehen auch „sonst fest“, wenn die Wohnungseigentümer die Belastung eines 97b Wohnungseigentümers zuvor bestandskräftig nach § 16 Abs. 3 oder nach § 21 Abs. 7 WEG beschlossen haben. Dieser Beschluss muss nicht den konkreten Einzelfall betreffen. Hinsichtlich der Kosten des Verzugs ist zu differenzieren. Verzugszinsen i.S. einer Vertragsstrafe (höher als der gesetzliche oder tatsächlich angefallene Zins) setzen zuvor einen Beschluss i.S.v. § 21 Abs. 7 voraus. Mahnkosten des Verwalters können hingegen als Einzelbelastung ausgewiesen werden, wenn diese von der Gemeinschaft verauslagt wurden, also als Verzugsschaden entstanden sind.285 Das Entgelt ist dann als Schadensersatz an die Eigentümergemeinschaft und nicht an den Verwalter direkt zu leisten, weshalb es zu einem Ausweis dieses Betrages in der Jahresabrechnung kommen kann.286 Erfolgt die Einzelbelastung in der Jahresabrechnung ohne vorhergehenden Beschluss, ist die 97c Jahresabrechnung insoweit anfechtbar. Zur Begründung muss der Kläger nur auf den fehlenden Beschluss hinweisen. Die Frage der Kostenverursachung durch ihn stellt sich dann nicht. Wird der Beschluss über die Jahresabrechnung aufgehoben, werden die Wohnungseigentümer

280 BGH v. 4.3.2011 – V ZR 156/10, MDR 2011, 534 = MietRB 2011, 146 = ZWE 2011, 256 = NZM 2011, 366; KG v. 26.3.2003 – 24 W 189/02, MietRB 2003, 12; Becker, ZWE 2011, 254; a.A. KG v. 26.9.2005 – 24 W 123/04, NZM 2006, 108 = ZMR 2006, 63 ebenso OLG Düsseldorf v. 2.12.2005 – I-3 Wx 229/05, ZMR 2006, 217 wonach die bestrittene Einzelbelastung als solche noch nicht rechtswidrig sei. 281 Aufgabe gegenteiliger Auffassung der 2. Aufl. 282 LG Hamburg v. 13.9.2017 – 318 S 66/16, ZWE 2018, 136; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 28 WEG Rz. 67. 283 OLG Hamm v. 22.2.2007 – 15 W 322/06, MietRB 2007, 321 = ZMR 2008, 60; LG Hamburg v. 13.9.2017 – 318 S 66/16, ZWE 2018, 136. 284 So auch BGH v. 4.3.2011 – V ZR 156/10, MDR 2011, 534 = MietRB 2011, 146 = NZM 2011, 366 = ZWE 2011, 256. 285 Nicht hinreichend zwischen Verwaltungsaufwendungen und Schadensersatz differenzierend: LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, n.rkr., ZMR 2018, 259. 286 Eine Regelung im Verwaltervertrag, wonach die Mahngebühren direkt an den Verwalter zu zahlen seien, ist nichtig, BGH v. 17.11.2011 – V ZB 134/11, MDR 2012, 337 = MietRB 2012, 110 = NJW 2012, 1152.

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§ 16 Rz. 97c | Nutzungen, Lasten und Kosten ihren Anspruch separat beschließen wollen, so dass auch dieser Beschluss wiederum angefochten werden kann. Nunmehr hat das Gericht die materielle Rechtslage zu prüfen. Die herrschende Auffassung ist somit nicht prozessökonomisch. Allerdings wird ohne Klage der Beschluss bestandskräftig.287 Lag allerdings ein genereller Beschluss nach § 21 Abs. 7 vor, kann die Anfechtungsklage nur insoweit darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Einzelbelastung konkret nicht vorlagen. Somit ist zwischen Einzelbelastungen, die ihre Anspruchsgrundlage in § 21 Abs. 7 haben, und sonstigen Einzelbelastungen zu unterscheiden. 98 Solche besonderen Formen der Einzelbelastung stellen auch nutzungsabhängige Verbrauchs-

kosten dar. Waschmaschine, Wäschetrockner, Sauna oder andere Gemeinschaftseinrichtungen können den Nutzern kostenmäßig in Rechnung gestellt werden.288 Das bloße Vorhandensein von Münzzählern ersetzt den notwendigen Grundlagenbeschluss nicht. Im Zweifel ist aber der Beschluss, Zähler anschaffen zu wollen, dahin auszulegen, dass die Zähler auch genutzt und damit die Kosten verbrauchsabhängig unmittelbar belastet werden. Die Einnahmen hieraus sind dann wieder auf alle Wohnungseigentümer nach dem allgemeinen Schlüssel zu verteilen. 99 Eine gleiche Fragestellung ergibt sich auch im Zusammenhang mit Versicherungsprämien.

Bereits vor der Novelle war die Auffassung des OLG Köln289 nicht überzeugend, wonach die Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss den einzelnen Wohnungseigentümer mit der Eigenbeteiligung der gemeinschaftlichen Gebäudeversicherung für die Beseitigung eines Wasserschadens belasten könnten, wenn dieser Wasserschaden in seinem Sondereigentum entstanden war. Die Versicherungsprämien sind jedoch grundsätzlich gemeinschaftsbezogen. Die Gebäudeversicherung deckt das gemeinschaftliche Substanz- und Gebrauchsrisiko ab und unterscheidet dabei nicht zwischen Gemeinschaft- und Sondereigentum. Ebenso verhält es sich mit den Kosten der Beseitigung eines Wasserschadens. Die Ursachenbeseitigung liegt im Gemeinschaftsinteresse. Im Zweifel ist das gesamte Rohrsystem Gemeinschaftseigentum (s. hierzu § 5 Rz. 85). Auf den Rohrbruch hat der Wohnungseigentümer keinen Einfluss, so dass er die Eigenbeteiligung nicht verursacht. Allerdings sind auch die Folgeschäden des Sondereigentums mit abgedeckt. Überweist die Versicherung einen Betrag zum Ausgleich beider Schäden an den Verwalter, ist der Schadensbetrag für das Sondereigentum ohne Kürzung um einen Eigenanteil an den Wohnungseigentümer auszukehren. Denn die Eigenbeteiligung ist nur eine besondere Form der Prämienberechnung. Da ohne Eigenbeteiligung die Jahresprämie höher und unzweifelhaft von allen Wohnungseigentümern zu tragen wäre, kann bei geringerer Jahresprämie mit Eigenbeteiligung nichts anderes gelten. Beschließen die Wohnungseigentümer dennoch eine entsprechende Einzelbelastung, ist hierfür kein sachlicher Grund erkennbar, sodass dieser Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen dürfte. Der Beschluss ist aber nur anfechtbar und nicht nichtig.

4. Haushaltsnahe Dienstleistungen 100 Der Verwalter muss den Wohnungseigentümern eine Bescheinigung über haushaltsnahe

Dienstleistungen gem. § 35a EStG ausstellen, wenn diese es wünschen. Es ist als Nebenpflicht des Verwaltervertrags anzusehen, dass der Verwalter so abzurechnen hat, dass die Wohnungseigentümer steuerrechtliche Vorteile nutzen können.290 Allerdings braucht der Verwalter diese 287 LG Nürnberg-Fürth v. 16.7.2012 – 14 S 4162/12 WEG, ZWE 2013, 141. 288 A.A. für alte Rechtslage OLG Düsseldorf v. 2.6.2003 – 3 Wx 94/03, MietRB 2004, 79 = NZM 2003, 978, wonach ein nutzungsabhängiges Entgelt für Gebrauch einer Sauna wegen Abweichens vom allgemeinen Verteilungsschlüssel nichtig war. 289 OLG Köln v. 14.7.2003 – 16 Wx 124/03, ZMR 2004, 298. 290 A.A. AG Bremen v. 3.6.2007 – 111a II 89/2007 WEG, WuM 2007, 474; Tank, MietRB 2008, 124 (127).

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VIII. Einzelne Probleme der Kostenverteilung | Rz. 103 § 16

Tätigkeit nicht unentgeltlich auszuüben, da es sich um vom gesetzlichen Aufgabenkatalog der §§ 27 und 28 WEG abweichende Tätigkeiten handelt. Ein Beschluss, der dem Verwalter ein Zusatzhonorar i.H.v. 25 Euro je Bescheinigung zubilligt, ist nicht zu beanstanden291 (hierzu s.a. § 26 Rz. 117). Bei diesen Kosten (Zusatzhonorar) handelt es sich um Verwaltungskosten, so dass über ihre 101 Verteilung die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit gem. Abs. 3 entscheiden können. Dabei entspricht ein Beschluss dem Verursachungsprinzip, der die Kostenverteilung im Innenverhältnis gleichermaßen nur auf diejenigen Wohnungseigentümer vorsieht, die diese Bescheinigung benötigen. Gleiches kann nach § 21 Abs. 7 beschlossen werden.

5. Hausmeister Mietrechtlich sind die Kosten für den Hausmeister einheitlich zu erfassen und nicht auf die 101a übrigen Kostengruppen zu verteilen, selbst wenn er z.B. bei der Müllentsorgung mit tätig wird (Herausstellen der Tonnen).292 Wohnungseigentumsrechtlich besteht aber eine Beschlusskompetenz, die Hausmeisterkosten anderen Kosten teilweise zuordnen zu dürfen, wenn der Kostenanteil dort ermittelbar ist.293 Ein entsprechender Mehrheitsbeschluss muss eindeutig, zumindest objektiv auslegbar sein.294 Ist der Verteilungsschlüssel bei allen Betriebskosten gleich, wirkt sich diese Frage jedoch nicht aus.

6. Heizkosten a) Anwendungsbereich der Heizkostenverordnung (HeizkV) § 3 HeizkV erklärt die Regeln dieser Verordnung gegenüber dem WEG und anderslautenden 102 Vereinbarungen der Wohnungseigentümer als vorrangig. Aus der HeizkV folgen die Pflichten zur Verbrauchserfassung (§ 4 HeizkV) und zur verbrauchsabhängigen Kostenverteilung (§ 6 HeizkV). Diese Pflichten muss die Wohnungseigentümergemeinschaft im Verhältnis zum einzelnen Wohnungseigentümer und dieser wiederum im Verhältnis zum jeweiligen Wohnungsnutzer (Mieter) erfüllen, § 1 Abs. 2 Nr. 3 HeizkV. Die HeizkV ist am 1.3.1981 in Kraft getreten. Entgegenstehende Regelungen in älteren Ge- 103 meinschaftsordnungen werden gem. § 3 HeizkV aufgehoben. Beschlüsse zur Einführung einer verbrauchsabhängigen Abrechnung sind grundsätzlich ausreichend. Eine Vereinbarung ist nicht erforderlich.295 Da aber eine Verpflichtung zur Erstellung einer verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung gem. §§ 4 ff. HeizkV besteht, müssen die Wohnungseigentümer über das „Ob“ nicht entscheiden.296 Beschlüsse sind notwendig zur Art der Verbrauchserfassung, zur Größe des Flächenanteils in seiner prozentualen Wertung und wie der Flächenanteil be-

291 LG Düsseldorf v. 8.2.2008 – 19 T 489/07, MietRB 2008, 210 = ZMR 2008, 484; nach KG v. 16.4.2009 – 24 W 93/08, MietRB 2010, 203 ist ein Beschluss der Wohnungseigentümer nicht rechtswidrig, der dem Verwalter ein Zusatzhonorar von 17 Euro netto im ersten Jahr und 8,50 Euro netto in den Folgejahren je Bescheinigung gewährt. 292 Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, A Rz. 203. 293 A.A. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 40. 294 LG Frankfurt/M. v. 17.12.2013 – 2-09 S 5/14, WuM 2015, 451. 295 So auch nicht die Annahme einer konkludenten Vereinbarung durch jahrelange abweichend von der Gemeinschaftsordnung erfolgende verbrauchsabhängige Abrechnungen, wie OLG Hamburg v. 7.11.2006 – 2 Wx 105/06, ZMR 2007, 210 unnötig konstruiert. 296 Bestätigt durch BGH v. 17.2.2012 – V ZR 251/10, MDR 2012, 510 = MietRB 2012, 141 = ZMR 2012, 372.

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§ 16 Rz. 103 | Nutzungen, Lasten und Kosten messen werden soll (also zum „Wie“ der Abrechnung), wenn hierzu die Teilungserklärung nicht schon Angaben macht.297 104 Die Wohnungseigentümer können nur dann von der verbrauchsabhängigen Abrechnung der

Heiz- und Warmwasserkosten absehen, wenn die Ausstattung des Gebäudes mit Verbrauchserfassungsgeräten wirtschaftlich nicht vertretbar ist. Dies ist dann der Fall, wenn die erforderlichen Aufwendungen für die Verbrauchserfassung innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen nicht erwirtschaftet werden können. Dabei ist nach § 11 Abs. 1 Nr. 1b HeizkV von einem 10-Jahres-Vergleich auszugehen. Diese Regelung hat der Gesetzgeber durch die Novelle der HeizkV v. 5.10.2009 in die Verordnung aufgenommen und damit der bisherigen Rechtsprechung Rechnung getragen.298 Die voraussichtlichen Einsparungen können naturgemäß nur geschätzt werden, wobei diese mit 15 % pro Jahr = 150 %Punkte für den 10-Jahres-Vergleich pauschaliert werden können. Der Gesetzgeber hat bei Einführung der HeizkV angenommen, dass die Verbrauchserfassung zu Energieeinsparungen in dieser Höhe führen wird und hat diesen Faktor auch dem Kürzungsrecht in § 12 Abs. 1 HeizkV zugrunde gelegt.299 105 § 2 HeizkV bestimmt, dass rechtsgeschäftliche Bestimmungen bei Gebäuden mit nicht mehr

als zwei Wohnungen, von denen eine der Vermieter selbst bewohnt, den Vorschriften der HeizkV vorgehen. Teilweise wird diese Vorschrift für anwendbar gehalten, wenn es sich um eine Eigentümergemeinschaft bestehend aus zwei Wohnungen handelt, die beide jeweils von den Eigentümern selbst bewohnt werden.300 Dem ist nicht zu folgen, da § 2 HeizkV nur vom Vermieter und nicht vom Wohnungseigentümer spricht. Die Anwendbarkeit der HeizkV auf das Wohnungseigentum wird erst in § 3 HeizkV definiert, sodass die vorstehende Vorschrift des § 2 HeizkV wohnungseigentumsrechtlich irrelevant ist.301 Auch bei nur zwei Eigentumswohnungen findet die HeizkV Anwendung. b) Ausstattung zur Verbrauchserfassung 106 Die HeizkV bestimmt nicht, welcher Art die Verbrauchserfassungsgeräte sein müssen. Bei der

Wahl des Systems können die Wohnungseigentümer daher grundsätzlich nach freiem Ermessen entscheiden. Die Geräte müssen jedoch gem. § 5 Abs. 1 HeizkV den Regeln der Technik entsprechen. Dazu zählen sog. Heizkostenverteiler (HKV). Auch wenn beispielsweise Wärmemengenzähler exaktere Messergebnisse liefern, so sind doch HKV nach dem Verdunstungsprinzip nicht generell unzulässig oder technisch überholt.302 Insbesondere bei sog. Einrohrheizungen liefern sie z.B. gegenüber elektronischen Heizkostenverteilern brauchbarere Ergebnisse.

297 Siehe auch hierzu Jennißen, MietRB 2005, 21 f.; ebenso LG Itzehoe v. 23.11.2010 – 11 S 55/09, ZMR 2011, 236; a.A. LG Lübeck v. 26.1.2010 – 12 T 4/09, ZMR 2011, 747. 298 BGH v. 30.1.1991 – VIII ZR 361/89, MDR 1991, 630 = WuM 1991, 282; KG v. 30.11.1992 – 24 W 3802/92, NJW-RR 1993, 468 = ZMR 1993, 182; BayObLG v. 16.9.1993 – 2Z BR 91/93, NJW-RR 1994, 145 = WuM 1993, 753; v. 30.6.2004 – 2Z BR 118/04, MietRB 2004, 355 = NZM 2005, 106, das die Ersparnis i.H.v. 15 % entsprechend § 12 Abs. 1 HeizkV schätzt; OLG Köln v. 24.4.1998 – 16 Wx 28/98, WuM 1998, 621; v. 5.9.2006 – 16 Wx 154/06, ZMR 2007, 389; für 15-Jahres-Zeitraum BayObLG v. 13.4.1989 – BReg.2 Z 69/88, WuM 1989, 451; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 60. 299 Lammel, § 11 HeizkV Rz. 27 ff. 300 Lammel in Schmidt/Futterer, Mietrecht, § 2 HeizkV Rz. 31; Lammel, § 2 HeizkV Rz. 45; ebenso AG Hamburg-Blankenese v. 4.9.2003 – 506 II 34/03, ZMR 2004, 554; a.A. OLG Düsseldorf v. 15.10.2003 – I-3 Wx 225/03, ZMR 2004, 694 = DWE 2004, 66; Blank, WE 1993, 104. 301 Vgl. hierzu auch Jennißen in FS Blank, S. 636; Peruzzo, Heizkostenabrechnung nach Verbrauch, S. 16. 302 Lammel, § 5 HeizkV Rz. 7; a.A. LG Hamburg v. 5.4.1984 – 2 S 353/83, MDR 1984, 583 = NJW 1984, 1563.

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VIII. Einzelne Probleme der Kostenverteilung | Rz. 108 § 16

Ist das Objekt noch nicht mit Verbrauchserfassungsgeräten ausgestattet oder ist die Eichdauer 106a abgelaufen, müssen die Wohnungseigentümer über die Anschaffung neuer Geräte mehrheitlich beschließen. Dabei haben sie grundsätzlich kein Ermessen über das Ob der Anschaffung (s. Rz. 103). Neben der Auswahl des Verbrauchserfassungssystems haben die Wohnungseigentümer mit 107 Mehrheit über die Finanzierungsart zu entscheiden. Primär kommen Kauf oder Miete in Betracht. Die Mietkosten sind aber nur dann umlagefähig, wenn die vermietenden Wohnungseigentümer die Anmietung der Geräte zuvor den Mietern unter Angabe der dadurch entstehenden Kosten ankündigen und die Mehrheit nicht innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung widerspricht. Diese Mehrheit von 50 % bezieht sich auf alle Wohnungsnutzer. Werden mehr als die Hälfte der Wohnungen von den Eigentümern selbst genutzt, steht mit der Beschlussfassung über die Anmietung der Geräte meistens schon fest, dass es zu einem Widerspruch von mehr als der Hälfte aller Wohnungsnutzer nicht kommen kann. Denn die in der Eigentümerversammlung überstimmten Selbstnutzer sind bei der Berechnung der Mehrheit der Nutzer wie Befürworter zu werten, da der Mehrheitsbeschluss alle Wohnungseigentümer bindet. Eine Ausnahme ist nur denkbar, wenn es sich um eine Wiederholungsversammlung handelt, die unabhängig von der Zahl der anwesenden Stimmen beschlussfähig ist. Ist hingegen mehr als die Hälfte der Wohnungen vermietet, kann der Beschluss über die Anmietung der Verbrauchserfassungsgeräte erst wirksam werden, wenn den vermietenden Wohnungseigentümern eine Frist eingeräumt wird, in der sie die Mieter über die Anmietung unter Benennung des Widerspruchsrechts auffordern können. Eine Frist von zwei Monaten dürfte angemessen sein. Weisen dann die Wohnungseigentümer die Widersprüche der Mieter nach und belaufen sich diese auf mehr als 50 % aller Wohnungsnutzer, hat die Anmietung zu unterbleiben. Handelt es sich um weniger als 50 % oder unterlassen die Wohnungseigentümer die Befragung ihrer Mieter, kann die Anschaffung durchgeführt werden. Das Risiko des einzelnen Vermieters, diese Kosten wegen Nichtbefragung seines Mieters nicht umlegen zu können, verbleibt dann bei ihm. Die Anschaffungskosten für die Verbrauchserfassungsgeräte sind wohnungseigentumsrecht- 108 lich nach § 16 Abs. 2 WEG zu verteilen, was aus § 3 Satz 3 HeizkV folgt. Dies bedeutet, dass grundsätzlich der Miteigentumsanteilsschlüssel gilt. Dies ist deshalb besonders hervorzuheben, weil die HeizkV für alle weiteren Kosten den Verteilungsschlüssel der Miteigentumsanteile nicht kennt. § 3 Satz 3 HeizkV bildet insoweit eine Ausnahme. Werden die Geräte gemietet, können die Wohnungseigentümer gem. § 16 Abs. 3 WEG auch diesbezüglich mehrheitlich auf einen anderen Verteilungsschlüssel übergehen (z.B. Heizfläche). Die Kosten der Anmietung zählen gem. § 2 Nr. 4 BetrKV zu den Betriebskosten, nicht aber die Kosten des Kaufs. Für Letztere verweist zwar § 3 Satz 3 HeizkV auf die Kosten der Verwaltung. Hierfür ist aber ausnahmsweise nicht § 16 Abs. 3 WEG einschlägig, da es dann keinen Sinn machen würde, dass der Gesetzgeber die Anschaffungskosten nicht als Betriebskosten klassifiziert hat. Wohnungseigentumsrechtlich können die Verteilungsschlüssel für Betriebskosten und Verwaltungskosten gleichermaßen geändert werden, so dass § 16 Abs. 3 WEG insgesamt für die Anschaffungskosten beim Kauf nicht einschlägig ist. Abweichend von einer Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2 können aber die Wohnungseigentümer wie bei einer Instandsetzungsmaßnahme analog § 16 Abs. 4 WEG einen Verteilungsschlüssel nach Gebrauch mit qualifizierter Mehrheit wählen.303

303 Ebenso Schmid in Riecke/Schmid, WEG, § 3 HeizkV Rz. 22.

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§ 16 Rz. 109 | Nutzungen, Lasten und Kosten c) Abrechnungsmaßstäbe aa) Wahlrecht 109 §§ 7 und 8 HeizkV definieren zur Kostenverteilung das Wahlrecht, den Verbrauchsanteil mit

mindestens 50 % und höchstens 70 % des erfassten Wärmeverbrauchs zur Verteilung zu bringen. Innerhalb dieser Bandbreite können die Wohnungseigentümer den Verbrauchsanteil mit Mehrheit beschließen, wobei zwar die Besonderheiten des Objektes zu berücksichtigen sind, den Wohnungseigentümern im Übrigen aber ein gewisser Entscheidungsspielraum zusteht.304 Dies gilt selbst dann, wenn die Gemeinschaftsordnung bereits eine Regelung enthält, § 16 Abs. 5 WEG. Die Abänderungsmöglichkeit folgt aus § 16 Abs. 3 WEG, wonach die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit den Verteilungsschlüssel für die Betriebskosten beschließen können, wozu auch die Heizkosten zählen.305 Innerhalb der Bandbreite besteht freies Ermessen.306 Zu berücksichtigen ist, dass § 6 Abs. 4 HeizkV a.F., der nur eine einmalige Änderungsmöglichkeit bis zum Ablauf von drei Abrechnungszeiträumen nach deren erstmaliger Bestimmung zuließ,307 seit 1.1.2009 novelliert ist und der Drei-Jahres-Zeitraum nicht mehr gilt. Allerdings lässt § 6 Abs. 4 HeizkV weiterhin nur eine einmalige Abänderung zu, und zwar für die Zukunft,308 d.h., die Schlüsseländerung muss vor dem Abrechnungsjahr beschlossen worden sein. Zudem spricht diese Vorschrift nur von einer Abänderungsmöglichkeit aus sachgerechten Gründen, zu denen exemplarisch die Vorerfassung nach Nutzergruppen und die Durchführung von Energiesparmaßnahmen zählen. 109a Eine Kostenverteilung zu 100 % nach Verbrauch ist nicht generell zulässig. Dies bedarf gem.

§ 10 HeizkV einer allstimmigen Beschlussfassung. Insoweit geht die HeizkV als speziellere Regelung § 16 Abs. 3 WEG vor.309 Die Allstimmigkeit folgt aus den Feststellungen des Verordnungsgebers,310 dass höhere Verbrauchsanteile als in § 7 Abs. 1 HeizkV vorgesehen, beschlossen werden können, aber der Zustimmung der Nutzer bedürfen.311 Der Beschluss muss eindeutig sein. Eine Vereinbarung ist nicht erforderlich.312 Der Wechsel von einer 100%igen Verbrauchserfassung zu einer Aufteilung innerhalb der Bandbreiten kann hingegen mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden.313 Dies gilt auch dann, wenn der bisherige Verbrauchsanteil in einer Vereinbarung festgelegt war.

304 So auch AG Niebüll v. 29.5.2012 – 18 C 19/10, ZWE 2013, 227. 305 Die Bestimmung des Verbrauchsanteils innerhalb der vorgegebenen Bandbreiten wurde vor der Novelle auch dann durch Mehrheitsbeschluss zugelassen, wenn die Gemeinschaftsordnung vorsah, dass jeder Wohnungseigentümer die für sein Sondereigentum anfallenden Kosten alleine trägt, die für seine Einheit durch Messvorrichtungen einwandfrei festgestellt werden können. Nach Auffassung des OLG Hamm v. 12.1.2004 – 15 W 24/03, NZM 2004, 657 fände die Regelung der Gemeinschaftsordnung für Heiz- und Warmwasserkosten keine Anwendung, weil die Messeinrichtungen keine einwandfreie Kostenerfassung zulassen. 306 A.A. AG Königstein v. 14.5.2004 – 3 UR II 96/03, ZMR 2005, 314, wonach eine Änderung des Maßstabs nur beschlossen werden könne, wenn das Festhalten am bisherigen Verteilungsschlüssel grob unbillig wäre. 307 Dies verkennend AG Königstein v. 14.5.2004 – 3 UR II 96/03, ZMR 2005, 314. 308 So auch BGH v. 9.7.2010 – V ZR 202/09, MDR 2010, 1243 = MietRB 2010, 300 f. = ZMR 2010, 775. 309 Jennißen, ZWE 2011, 153; a.A. Elzer, NJW 2010, 3473 f. 310 BR-Drucks. 632/80, 31. 311 S. hierzu auch Jennißen, ZWE 2011, 153. 312 Eine Vereinbarung fordernd: OLG Düsseldorf v. 16.10.1985 – 3 Wx 376/85, MDR 1986, 237 = NJW 1986, 386; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 84; einen Mehrheitsbeschluss genügen lassend: Lammel, § 10 HeizkV Rz. 18. 313 BGH v. 16.7.2010 – V ZR 221/09, MDR 2010, 1241 = MietRB 2010, 299 = NZM 2010, 707 = NJW 2010, 3298 = ZMR 2010, 970.

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VIII. Einzelne Probleme der Kostenverteilung | Rz. 109d § 16

Die Formulierung „soweit Kosten durch Messvorrichtungen einwandfrei festgestellt werden 109b können, trägt jeder Eigentümer die für sein Sondereigentum anfallenden Kosten allein“, genügt für eine 100%ige Verteilung nach Verbrauch nicht, weil auch Wärmemengenzähler den Verbrauch insofern nicht „einwandfrei“ ermitteln, als etwa mehr als die Hälfte der Brennstoffkosten unabhängig vom Verbrauch in den Wohnungen anfällt.314 Allerdings kann es eine Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung ermöglichen, dass die Wohnungseigentümer eine vollständig verbrauchsabhängige Abrechnung beschließen, wenn dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.315 Wird ein Verteilungsschlüssel mit zu geringem oder gar keinem Verbrauchsanteil angewendet, 109c ist dies zwar unwirksam, infiziert die Jahresabrechnung aber nur insoweit, als sie dann einen fehlerhaften Verteilungsschlüssel enthält, der den Beschluss über die Jahresabrechnung lediglich rechtswidrig macht.316 Beschließen die Wohnungseigentümer hingegen, dauerhaft von der HeizkV abweichen zu wollen, ist der Beschluss nichtig. bb) Einrohrheizungen In Einzelfällen kann es ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen, einen verbrauchsabhän- 109d gigen Anteil anzusetzen, so z.B. wenn nur geringe Teile der im Gebäude tatsächlich abgegebenen Wärmemengen erfasst werden.317 Seit 1.1.2009 soll dieses Problem gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkV nach „anerkannten Regeln der Technik“ gelöst werden, wenn der Grund für die geringe Verbrauchserfassung in freiliegenden ungedämmten Rohren liegt. Als anerkannte Regeln der Technik wird die sog. VDI-Richtlinie 2077 angesehen, wenn der Verbrauchswärmeanteil unter 34 % liegt. Hauptanwendungsfall sind sog. Einrohrheizungen. Die VDI-Richtlinie, die auch als Bilanzverfahren bezeichnet wird, glättet durch rechnerische und messtechnische Vorgänge die erfassten verbrauchsabhängigen Kostenanteile. Im Durchschnitt ist davon auszugehen, dass nur etwa 43 % des Energieverbrauchs in den Wohnungen gemessen wird, dass also etwa 57 % der Wärme auf der Strecke von der Heizungsanlage in die Wohnungen verloren geht oder nicht gemessen werden kann.Gegenüber diesem „Normalfall“ sollen Erfassungsraten bis 34 % noch innerhalb der Tolleranzen liegen.318 Deshalb kommt das Bilanzverfahren nur bei geringer Erfassungsrate (unter 34 %) in Betracht.319 § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkV ist als Kannvorschrift ausgebildet worden, so dass die Wohnungseigentümer ein Ermessen haben, das sie durch Mehrheitsbeschluss ausüben können. Liegt die Erfassungsrate hingegen unter 20 %, soll auch dieses Ermessen nicht mehr bestehen. Teilweise wird angenommen, dass dann eine Pflicht zur Anwendung des Bilanzverfahrens besteht und ein Beschluss der Wohnungseigentümer hierzu nicht mehr erforderlich sei.320 Da in den sog. alten Bundesländern die Rohre selten freiliegen, kommt diese Regelung in erster Linie in den östlichen Bundesländern OLG Hamm v. 12.1.2004 – 15 W 24/03, ZMR 2005, 73 = NZM 2004, 657. OLG Hamm v. 22.12.2005 – 15 W 375/04, ZMR 2006, 630. BGH v. 22.6.2018 – V ZR 193/17, ZMR 2018, 1022. AG Brühl v. 26.4.2010 – 23 C 587/08, ZMR 2010, 883, für eine Einrohrheizung, bei der nur 12,34 % des Wärmeverbrauchs in den Wohnungen gemessen werden konnten; AG Neuss v. 14.6.2012 – 84 C 5219/11, MietRB 2012, 332 = ZMR 2013, 235, wenn der Wärmeverbrauch nur zwischen 6,8 und 11 % erfasst werden konnte. 318 Siehe hierzu Pfeifer, MietRB 2015, 23; Zehelein, NZM 2015, 913; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 8 Rz. 52. 319 Siehe hierzu Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz. 314; LG Nürnberg-Fürth v. 6.8.2014 – 14 S 9871/ 12, ZMR 2016, 399 = MietRB 2015, 273. 320 LG Landau v. 4.10.2013 – 3 S 188/12, ZWE 2014, 97; LG Nürnberg-Fürth v. 6.8.2014 – 14 S 9871/ 12, ZMR 2016, 399 = MietRB 2015, 273; v. 6.8.2014 – 14 S 9871/12 WEG, ZMR 2016, 399; gleichermaßen für das Mietrecht: LG Leipzig v. 7.10.2013 – 2 S 66/13, WuM 2014, 30; Pfeifer, Die neue Heizkostenverordnung, S. 136; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 8 Rz. 52; a.A. LG München I v. 3011.2015 – 1 S 14998/14, IMR 2016, 203; AG Aachen v. 30.4.2014 – 119 C 78/13, ZMR 2014, 923. 314 315 316 317

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§ 16 Rz. 109d | Nutzungen, Lasten und Kosten in Betracht,321 wo zumindest in älternen Gebäuden die Rohre häufig über Putz verlegt sind. Teilweise wird insoweit von einer unbeabsichtigten Regelungslücke gesprochen, die durch analoge Anwendung der Vorschrift auch auf im Estrich oder unter Putz verlaufende ungedämmte Rohre auszudehnen sei.322 Dem ist der BGH323 nicht gefolgt und sieht keine planwidrige Regelungslücke. Dem ist zu folgen, was zur Konsequenz hat, dass eine verbrauchsabhängige Abrechnung solange nicht in Betracht kommt, als der erfasste Wärmeverbrauch unter 20 % liegt.324 Dann ist nur noch eine reine Flächenabrechnung zulässig,325 solange das Verbrauchserfassungssystem nicht geändert wird. Das Problem tritt bei Einrohrheizungen nur im Zusammenhang mit elektronischen Heizkostenverteilern auf. Einigkeit besteht aber, dass bei Einrohrheizungen ein Verbrauchsanteil von 70 % keiner ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht. Wegen der systemimmanenten Mängel solcher Heizungssysteme ist der verbrauchsabhängige Anteil bei 50 % zu belassen bzw. abzuändern, um entstehende Ungerechtigkeiten zu glätten.326 Dies bedarf eines Mehrheitsbeschlusses, der ausnahmsweise nicht nur für die Zukunft, sondern auch für noch nicht abgerechnete Jahre gilt. Zwar sieht § 6 Abs. 4 S. 2 HeizkV die Wahl der Abrechnungsmaßstäbe durch den Gebäudeeigentümer nur für künftige Abrechnungszeiträume vor. Die Reduktion auf 50 % des Verbrauchs stellt aber in einer solchen Fallkonstellation keine Wahl im Sinne einer Ermessensentscheidung dar, sondern ein zwingendes Erfordernis. Der Hauseigentümer soll nach Sinn- und Zweck der HeizkV nicht dazu gezwungen werden, eine für den Nutzer unbillige und damit anfechtbare Abrechnungsform beibehalten zu müssen, zumal § 6 Abs. 4 S. 2 HeizkV nur auf § 7 Abs. 1 S. 1 HeizkV und nicht auf S. 3 verweist. Zum gleichen Ergebnis führt es, eine Pflicht zur Reduktion auf 50 % anzunehmen, die systemimmanent sei327 und nicht beschlossen werden müsste.328 Voraussetzung ist aber stets, dass zumindest ein Wärmeverbrauch von 20 % erfasst wird und die VDIRichtlinie anwendbar ist. Sonst scheidet die verbrauchsabhängige Abrechnung ganz aus. cc) Wärmeschutzverordnung von 1994 110 Handelt es sich um eine Heizungsanlage in einem Gebäude, das die Vorgaben der Wärme-

schutzverordnung von 1994 nicht erfüllt, die durch Gas oder Öl befeuert wird (Zentralheizung) und deren Leitungen überwiegend gedämmt, aber freiliegend sind, ist zwingend der Verteilungsschlüssel 70 % zu 30 % anzusetzen, § 7 Abs. 1 Satz 2 HeizkV. Es muss mehr als die Hälfte der Rohrstrecke gedämmt sein und die Rohrdämmung muss die Anforderungen der EnEV 2009 erfüllen. Die Regelung gilt als verunglückt und beruht auf zweifelhaften technischen Annahmen.329 Da die Vorschrift als „Muss-Vorschrift“ ausgebildet wurde, haben bei Vorliegen der Voraussetzungen die Wohnungseigentümer kein Ermessen, sondern die Heizkostenabrechnung ist, falls dieser Schlüssel nicht bereits der bestehenden Regelung entsprach, ohne weiteres umzustellen. Eines Beschlusses der Wohnungseigentümer bedarf es nicht.

321 Siehe auch Lammel, § 7 HeizkV Rz. 31. 322 LG Ellwangen v. 10.6.2016 – 1 S 159/13, MietRB 2016, 219; LG Dresden v. 18.12.2015 – 4 S 731/14, MietRB 2016, 220. 323 V. 15.3.2017 – VIII ZR 5/16, NZM 2017, 697; ebenso LG Frankfurt v. 2.10.2017 – 2-09 S 112/16, IMR 2018, 114; LG Köln v. 1.2.2018 – 29 S 89/17, ZMR 2018, 440. 324 S. zur 20 % Grenze: LG Leipzig v. 1.7.2016 – 02 S 104/16, NZM 2017, 699. 325 Greiner, Wohnungseigentumsrecht, Rz. 980. 326 AG Düsseldorf v. 13.7.2012 – 292a C 9136/09, ZMR 2013, 311; AG Lichtenberg v. 14.9.2011 – 119 C 14/11, ZMR 2012, 145; AG Neuss v. 14.6.2012 – 84 C 5219/11, ZMR 2013, 235 = MietRB 2012, 332; Pfeifer, Die neue Heizkostenverordnung, S. 137. 327 Deshalb von einer Treueverpflichtung der Wohnungseigentümer sprechend: AG Hamburg-St. Georg v. 15.3.2016 – 980a C 29/13 WEG, ZWE 2016, 285. 328 AG Besigheim v. 13.5.2016 – 7 C 752/14, IMR 2017, 28. 329 Siehe hierzu Lammel, § 7 HeizkV Rz. 18 ff.

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VIII. Einzelne Probleme der Kostenverteilung | Rz. 111b § 16

Wird das Objekt nachträglich i.S.d. Wärmeschutzverordnung von 1994 oder besser gedämmt, 110a stellt sich die Frage, ob ab diesem Zeitpunkt wieder der alte Verteilungsschlüssel (z.B. 50 % zu 50 %) gilt oder ob nur das Auswahlermessen der Wohnungseigentümer wieder eröffnet wird. Letzteres verdient den Vorzug. Zwar besteht für die Beibehaltung des 70%igen Verbrauchsanteils kein Zwang mehr. Dennoch bleibt es den Wohnungseigentümern gestattet, auch diesen Maßstab beizubehalten. dd) Flächenanteil § 7 Abs. 1 HeizkV lässt es ausdrücklich offen, wie der Flächenanteil zu ermitteln ist. Trifft die 111 Teilungserklärung oder die Gemeinschaftsordnung hierzu keine Feststellungen330 und stehen die Flächenanteile auch sonst nicht fest (z.B. bereits vorliegendes Aufmaß), auf die Bezug genommen werden könnte, müssen die Wohnungseigentümer zunächst zwischen Wohn-, Nutzfläche und umbautem Raum entscheiden. Wird die Wohnfläche gewählt, ist ebenfalls durch Mehrheitsbeschluss festzulegen, wie die Fläche zu berechnen ist. Hier kommen alternativ DIN-Normen oder die Wohnflächenverordnung in Betracht. Ebenso ist zu bestimmen, ob die gesamte Wohnfläche, die beheizte oder die beheizbare Fläche zugrunde gelegt werden soll. Bei erstem Begriff fänden auch Balkone, bei zweitem keine Balkone und nur die Räume, die über einen Heizkörper verfügen und bei drittem keine Balkone, aber dafür auch Räume, die keinen Heizkörper besitzen, Berücksichtigung.331 § 7 Abs. 1 S. 5 HeizkV spricht fälschlicher Weise von Wohnfläche und alternativ von beheizten Räumen. Vom Sinn und Zweck der HeizkV ist aber der nicht genannten beheizbaren Fläche der Vorzug zu geben. Dies folgt aus dem Umstand, dass auch die innenliegenden Räume indirekt beheizt werden, selbst wenn sie über keinen Heizkörper verfügen.332 Maßgebend ist, ob die nicht beheizbaren Räume von beheizbaren umgeben sind. Im extremen Einzelfall kann es auch darauf ankommen, wie groß der nicht beheizbare Flächenanteil ist333 und ob es sich um ein gemischt genutztes Objekt handelt. Wenn Balkone die Wohnfläche mit bestimmen, sind diese Flächenanteile bei der Heizkosten- 111a verteilung allerdings herauszurechnen,334 weil diese die Höhe der Heizkosten nicht beeinflussen, es somit ermessensfehlerhaft wäre, sie zu berücksichtigen. Andererseits ist die Wohnfläche um die Räume zu ergänzen, die üblicherweise nicht als Wohnfläche angesehen werden, aber im konkreten Fall beheizt sind (z.B. Hobby-, Kellerräume oder Speicher).335 Enthält die Teilungserklärung Flächenangaben, sind diese solange maßgebend, wie die Eigentümer keine neue Flächenberechnung beschlossen haben.336 Ist der Flächenanteil nicht durch Gemeinschaftsordnung oder durch Beschluss definiert wor- 111b den, ist auf den in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen allgemeinen Verteilungsschlüssel für den Grundkostenanteil zurückzugreifen und damit im Zweifel auf Miteigentumsantei330 Die Flächenangaben der Teilungserklärung sind zunächst maßgebend: LG Dortmund v. 3.8.2015 – 1 S 13/15, ZMR 2016, 721; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 8 Rz. 55. 331 Ebenso Schmid in Riecke/Schmid, WEG, § 7 HeizkV Rz. 9; s.a. Jennißen, MietRB 2005, 21 (23); a.A. AG Münster v. 23.2.1983 – 6 C 28/83, WuM 1983, 207; LG Berlin v. 3.12.2013 – 55 S 127/12, ZMR 2014, 570; differenzierend Lammel, § 7 HeizkV Rz. 64. 332 Ebenso Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 8 Rz. 53. 333 S. LG Karlsruhe v. 5.11.2015 – 11 S 120/14, ZWE 2016, 92 für einen nicht beheizbaren Flächenanteil von knapp 17 %. 334 Aufgabe der noch in der Vorauflage geäußerten gegenteiligen Auffassung; ebenso Sauren, § 16 WEG Rz. 398. 335 Ebenso Lammel, § 7 HeizkV Rz. 66. 336 LG Dortmund v. 3.8.2015 – 1 S 13/15, ZMR 2016, 721; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 8 Rz. 55; a.A. Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 46, der die Wohnflächenangaben der Teilungserklärung für verbindlich ansieht und eine abändernde Beschlusskompetenz nur bei wesentlichen tatsächlichen Flächenabweichungen annimmt.

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§ 16 Rz. 111b | Nutzungen, Lasten und Kosten le,337 obschon dieser Schlüssel in der HeizkV nicht vorgesehen ist. Andernfalls würde die Abrechnung unmöglich. Allerdings hat jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Ermittlung der Wohnfläche oder des umbauten Raums, damit verordnungskonform abgerechnet werden kann. Das gilt auch rückwirkend. § 6 Abs. 4 HeizkV steht dem nicht entgegen, da es nicht um den Wechsel des Schlüssels geht, sondern um seine erstmalige Ermittlung. Sobald die Wohnfläche feststeht, verdrängt diese die Miteigentumsanteile, §§ 9a Abs. 2, 7 Abs. 1 S. 5 HeizkV. d) Fehlerhafte Verbrauchserfassung 112 Nach § 9a HeizkV sind die Kosten zu schätzen, wenn der Verbrauch nicht ordnungsgemäß

erfasst wurde. Die Schätzung hat nach den Verbrauchswerten vergleichbarer früherer Abrechnungszeiträume oder nach dem Verbrauch vergleichbarer anderer Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum zu erfolgen. Die Wahl zwischen den beiden Schätzungsmöglichkeiten obliegt grundsätzlich dem Gebäudeeigentümer und somit den Wohnungseigentümern insgesamt. § 6 Abs. 4 Satz 3 HeizkV (Festlegung zu Beginn eines Abrechnungszeitraums) ist nicht anzuwenden, da das Entstehen eines zwingenden Grundes i.S.v. § 9a HeizkV nicht zu Beginn eines Abrechnungszeitraums voraussehbar ist. Die Wahl zwischen den beiden Schätzungsmöglichkeiten müssen die Wohnungseigentümer auch nicht durch Beschluss ausüben.338 Eine gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass die Wohnungseigentümer vor Erstellung der Heizkostenabrechnung unter Einbeziehung von Schätzwerten erst eine Eigentümerversammlung durchführen müssten. Im Übrigen kann es als sachgerecht angesehen werden, wenn die Wohnungseigentümer das Auswahlermessen dem beauftragten Abrechnungsunternehmen überlassen, da dieses aufgrund der technischen Anforderungen am besten beurteilen kann, wie die Vergleichsberechnungen angestellt werden können. Diese Auswahl bestätigen dann die Wohnungseigentümer durch Beschluss über die Jahresabrechnung. Ein vorangegangener Auswahlbeschluss ist daher nicht erforderlich.339 Die beiden Möglichkeiten stehen gleichwertig nebeneinander, so dass das Auswahlermessen nicht gerichtlich überprüfbar ist.340 113 Dabei ist es nicht unzulässig, aufeinander folgende Schätzungen vorzunehmen.341 Der Wort-

laut der Vorschrift steht einer wiederholten Schätzung nicht entgegen. Sind mehrere Verbrauchserfassungsgeräte in einem Umfang ausgefallen, dass 25 % der Wohn- oder Nutzfläche bzw. des umbauten Raums betroffen sind, sind auch die restlichen Werte der Verbrauchsermittlung nicht verwendbar und die gesamte Abrechnung hat ausschließlich nach dem Flächenschlüssel zu erfolgen.342 114 Ist das Objekt überhaupt nicht mit Verbrauchserfassungsgeräten ausgestattet worden, stellt

sich die Frage der Schätzung nicht. Dann sind die gesamten Kosten nach dem Flächenanteil abzurechnen.343 Auch hier findet der Verteilungsschlüssel „Miteigentumsanteile“ keine An-

LG Itzehoe v. 23.11.2010 – 11 S 55/09, ZWE 2011, 274. A.A. OLG Hamburg v. 16.2.2001 – 2 Wx 146/99, WuM 2001, 460. S. auch Lammel, § 9a HeizkV Rz. 27. A.A. OLG Hamburg v. 12.5.2004 – 2 Wx 103/96, ZMR 2004, 769; OLG Hamburg v. 12.2.2001 – 2 Wx 146/99, WuM 2001, 460. 341 OLG Hamburg v. 12.5.2004 – 2 Wx 103/96, ZMR 2004, 769; a.A. Lammel in Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 9a HeizkV Rz. 9 und 15. 342 A.A. OLG Köln v. 17.6.2002 – 16 Wx 73/02, NZM 2002, 665, wonach nach Miteigentumsanteilen abzurechnen sei. Die HeizkV kennt allerdings den Verteilungsschlüssel Miteigentumsanteile nicht, sodass insoweit die Entscheidung unzutreffend ist. Allerdings war zu berücksichtigen, dass in der konkreten Fallgestaltung die Flächen nicht feststanden und noch hätten ermittelt werden müssen. Fraglich ist allerdings, wie dann bis zum Ausfall der Geräte der Flächenanteil berechnet wurde. 343 Ebenso BayObLG v. 23.12.2003 – 2Z BR 236/03, ZMR 2004, 359.

337 338 339 340

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VIII. Einzelne Probleme der Kostenverteilung | Rz. 119 § 16

wendung.344 Dies folgt aus dem Verweis von § 9a Abs. 2 HeizkV auf §§ 7 Abs. 1 und 8 Abs. 1 HeizkV und der Vorrangigkeit der HeizkV gegenüber WEG und Gemeinschaftsordnung. Ist die Eichfrist der Verbrauchserfassungsgeräte abgelaufen, war nach bisheriger Auffassung 115 nicht zwingend nach Fläche abzurechnen. Der Ablauf der Eichfrist bedeutete nicht, dass die Verbrauchswerte per se unstimmig sind. Ihnen fehlt lediglich die Vermutung der Richtigkeit,345 so dass die Beweislast bei der Eigentümergemeinschaft lag. Durch Bestandskraft des Beschlusses über die Jahresabrechnung erledigte sich aber das Problem. Sind einzelne Werte unplausibel, konnte nach § 9a Abs. 1 HeizkV geschätzt werden.346 Ob diese Auffassung noch vertretbar ist, muss seit 1.1.2015 bezweifelt werden. Seitdem gilt das MessEG (Gesetz über die Inverkehrbringung von Messgeräten). Dieses Gesetz untersagt die Verwendung von ungeeichten Messgeräten, so dass die Verwendung ihrer Ablesewerte gegen ein öffentlich-rechtliches Verbotsgesetz verstößt. Daher ist eine reine flächenbezogene Abrechnung zwingend, wenn die Eichfrist der Verbrauchserfassungsgeräte abgelaufen ist (s.o. § 28 Rz. 111).347 Die Ableseergebnisse sind auch dann nicht brauchbar, wenn es in allen Wohnungen zu fehler- 116 haften Verbrauchserfassungen kam. Dann ist die Kostenverteilung nach § 9a HeizkV vorzunehmen.348 Kann auf Schätzwerte gem. § 9a Abs. 1 HeizkV nicht zurückgegriffen werden, ist ausschließlich nach dem Flächenanteil gem. § 9a Abs. 2 HeizkV abzurechnen.349 Dabei kommt grundsätzlich die Wohnfläche, die Nutzfläche oder der umbaute Raum in Betracht. Die Wahl zwischen diesen Möglichkeiten müssen die Wohnungseigentümer nicht nochmals ausüben, wenn sie sich im Rahmen von § 7 Abs. 1 HeizkV bereits festgelegt haben. Diese Festlegung greift dann auch für den Sonderfall des § 9a Abs. 2 HeizkV.350 Kann nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden, steht den Wohnungseigentümern das 117 Kürzungsrecht des § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkV nicht zu, was aus Satz 2 der Vorschrift folgt. e) Kosten der Zwischenablesung § 9b HeizkV regelt, dass bei Nutzerwechsel innerhalb eines Abrechnungszeitraums eine Zwi- 118 schenablesung vorzunehmen ist. Hierbei handelt es sich nicht bloß um eine interne Verpflichtung, die von den Nutzern wahrzunehmen ist, sondern nach dem Wortlaut der Vorschrift um eine Pflicht für den Gebäudeeigentümer und somit für die Eigentümergemeinschaft selbst. Hat die Eigentümergemeinschaft, vertreten durch den Verwalter, Kenntnis vom Nutzerwechsel, hat dieser eine Zwischenablesung zu veranlassen. Die HeizkV regelt jedoch nicht, wer die Kosten einer Zwischenablesung im Falle des Nutzer- 119 wechsels zu tragen hat. Geht diese mit einem Eigentümerwechsel einher, können die Woh-

344 Vgl. hierzu auch Jennißen in FS Blank, S. 641; a.A. BayObLG v. 17.6.1999 – 2Z BR 46/99, NZM 1999, 908; OLG Köln v. 13.9.2004 – 16 Wx 168/04, MietRB 2005, 40 wonach die Verteilung nach Nutzfläche nur dann zulässig wäre, wenn der Flächenschlüssel mit dem Miteigentumsanteil identisch sei; OLG Karlsruhe v. 6.2.2001 – 14 Wx 11/00, WuM 2001, 458, wonach für die Umlage der Warmwasserkosten die Wohnfläche anstatt Miteigentumsanteilen vereinbart werden könne, ohne jedoch zu erkennen, dass der Wohnflächenschlüssel Pflicht ist und keiner Vereinbarung bedarf. 345 BGH v. 17.11.2010 – VIII ZR 112/10, MDR 2011, 92 = MietRB 2011, 35 = NJW 2011, 598 (Mietrecht); OLG München v. 13.1.2011 – 32 Wx 32/10, MietRB 2011, 119 = DWE 2011, 30; v. 6.9.2012 – 32 Wx 32/12, MietRB 2012, 357 = DWE 2012, 173; AG Niebüll v. 29.5.2012 – 18 C 19/10, ZWE 2013, 227. 346 A.A. Schmid in Riecke/Schmid, WEG, § 5 HeizkV Rz. 14. 347 Jennißen/Kemm, ZWE 2017, 390; a.A. Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 73 unter Verweis auf die mietrechtliche Rspr. BGH v. 17.11.2010 – VIII ZR 112/10, NJW 2011, 598. 348 OLG Düsseldorf v. 1.12.2006 – I-3 Wx 194/06, ZMR 2007, 379. 349 BayObLG v. 23.12.2003 – 2Z BR 236/03, ZMR 2004, 359. 350 A.A. OLG Düsseldorf v. 1.12.2006 – I-3 Wx 194/06, ZMR 2007, 379.

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§ 16 Rz. 119 | Nutzungen, Lasten und Kosten nungseigentümer sowohl nach § 16 Abs. 3 wie nach § 21 Abs. 7 WEG eine Belastung des Veräußerers als Verursacher beschließen.351 Der neue Wohnungseigentümer ist nicht belastbar, da es sich andernfalls um einen unzulässigen Beschluss zu Lasten Dritter handeln würde. Die Wohnungseigentümer können auch einen generellen Beschluss mit Dauerwirkung hierzu fassen. Nicht zu folgen ist der Auffassung, dass die Zwischenablesung bei Nutzerwechsel dem neuen und alten Wohnungseigentümer überlassen werden könne und dass die unterlassene Zwischenablesung die Abrechnung nicht falsch mache.352 Das ist mit dem Wortlaut von § 9b HeizkV nicht vereinbar, der den Gebäudeeigentümer zur Zwischenablesung verpflichtet. Ohne Zwischenablesung kann nicht nutzerabhängig abgerechnet werden, wozu § 16 Abs. 2 WEG gleichermaßen wie § 7 HeizkV zwingen. Die Kosten sind nicht wohnungsbezogen, sondern nutzerbezogen abzurechnen.353 120 Handelt es sich bei dem Nutzer um einen Mieter, so hat im Verhältnis zur Eigentümerge-

meinschaft der betreffende Wohnungseigentümer die Kosten der Zwischenablesung zu tragen, da die Gemeinschaft in keiner Rechtsbeziehung zum Mieter steht. Dennoch hat der Verwalter die Zwischenablesung zu veranlassen, da nur die Gemeinschaft wiederum eine Rechtsbeziehung zum Ableseunternehmen unterhält. Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter sind diese Kosten vom Vermieter zu tragen.354 f) Bildung von Abgrenzungsposten 121 Es entspricht h.M., dass hinsichtlich der Heiz- und Warmwasserkosten innerhalb der Jahres-

abrechnung von dem tatsächlichen Energieverbrauch und nicht von den bezahlten Rechnungen auszugehen ist.355 Dies folgt auch aus §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 2 HeizkV, die von der Pflicht zur verbrauchsbezogenen Kostenverteilung und von verbrauchten Brennstoffkosten als Kosten der zentralen Heizungsanlage sprechen. Die sich gegenüber den bezahlten Rechnungen ergebenden Differenzen werden als sog. Abgrenzungspositionen bezeichnet. 121a Teilweise wird vertreten, dass die Differenz aus den verbrauchten und den bezahlten Posten

ebenfalls in die Jahresabrechnung einzustellen sei, und zwar dort nach den allgemeinen Verteilungsschlüsseln der Gemeinschaftsordnung.356 Diese Auffassung stellt zwar ebenfalls in die Heizkostenabrechnung nur die verbrauchten Brennstoffkosten ein, unterläuft die verbrauchsabhängige Abrechnung dann aber durch eine weitere nicht verbrauchsbezogene Kostenposition in der Kostenverteilung (s.u. § 28 Rz. 80). Dies wird der Heizkostenverordnung nicht gerecht und führt in der Jahresabrechnung zu inhaltlichen Widersprüchen. Zudem würde im Falle eines Eigentümerwechsels dieser zusätzliche Abrechnungsanteil einem Wohnungseigentümer in Rechnung gestellt, der die Kosten tatsächlich nicht verbraucht hat. Dies widerspricht ebenfalls dem Sinn und Zweck der HeizkV. Gleiches gilt auch für den Heizöl-Endbestand. Dieser ist kostenmäßig nicht zu verteilen,357 da er vermögensmäßig noch vorhanden ist (sog. Aktivtausch). Eine möglicherweise hierdurch entstehende Liquiditätslücke ist durch einen ausreichend bemessenen Wirtschaftsplan oder eine Liquiditätsrücklage (s.u. § 28 Rz. 115d)

351 352 353 354 355

Jennißen, ZWE 2011, 153, 157. So aber Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 8 Rz. 67. A.A. Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 8 Rz. 67. BGH v. 14.11.2007 – VIII ZR 19/07, MDR 2008, 313 = MietRB 2008, 129 = WuM 2008, 85. OLG Hamm v. 3.5.2001 – 15 W 7/01, ZWE 2001, 446; OLG Karlsruhe v. 6.2.2001 – 14 Wx 11/00, WuM 2001, 458; BayObLG v. 19.6.1991 – 2 Z 46/91, WE 1992, 175; v. 23.4.1993 – 2Z BR 113/92, WE 1994, 181; v. 27.1.1994 – 2Z BR 88/93, WE 1995, 30; Demharter, ZWE 2002, 294; Gottschalg in Weitnauer, § 28 WEG Rz. 25. 356 BGH v. 17.2.2012 – V ZR 251/10, MDR 2012, 510 = MietRB 2012, 141 = ZMR 2012, 372 = NZM 2012, 344; widersprüchlich Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 28 WEG Rz. 56u. 57. 357 A.A. Drasdo, ZWE 2002, 166 (168); Wilhelmy, NZM 2004, 921 f.

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VIII. Einzelne Probleme der Kostenverteilung | Rz. 124b § 16

zu schließen.358 Die entgegenstehende Auffassung des BGH359 überzeugt nicht und führt zu dogmatischen Problemen. In einem Jahr werden nicht verbrauchte aber bezahlte Brennstoffkosten in Rechnung (Einzelabrechnung) gestellt, um sie im Folgejahr, wenn sie verbraucht werden, wie eine Pseudoeinnahme wieder gutzubringen. Pseudoeinnahmen sind buchhalterisch über Abgrenzungsbuchungen darzustellen,360 so dass die Aussage, Abgrenzungspositionen würden nicht in die Jahresabrechnung gehören, falsch ist. Auch die vom BGH gewählte Behandlung der Heizkosten kann nicht auf Abgrenzungspositionen verzichten. Selbstverständlich müssen die möglicherweise höheren Brennstoffausgaben in der Gesamtabrechnung (Bankkontenentwicklung) Niederschlag finden.361 Weil diese Ausgaben aber nicht verteilungsrelevant sind, kommt es gerade erst zu der vom BGH hervorgehobenen Divergenz zwischen Gesamt- und Einzelabrechnung. g) Sonstige Bestandteile der Heizkosten Zu den Heizkosten zählen die Brennstoffkosten, die Kosten der Pflege und Wartung der Hei- 122 zungsanlage, die Kosten der Immissionsschutzmessungen, die Kosten der Geräteanmietung, die Schornsteinfegergebühren und der Betriebsstrom. Für die Ermittlung des Betriebsstroms sollte ein Zwischenzähler eingebaut werden. Fehlt die- 123 ser, kommt eine Schätzung nach Erfahrungswerten in Betracht, die zwischen 3 und 6 % der Brennstoffkosten angenommen werden.362 Keinesfalls darf der Betriebsstrom im Allgemeinstrom „untergehen“. Dann wären sowohl die Heizkosten- als auch die allgemeine Stromkostenposition der Abrechnung anfechtbar.363 Nicht zu den Heizkosten gehören die Anschaffungskosten für einen Feuerlöscher,364 die Prä- 124 mien für eine Öltankversicherung365 und die Kosten der Öltankabdichtung.366 h) Warmwasserkosten Für die Verteilung der Warmwasserkosten sind §§ 8 und 9 HeizkV maßgebend. Auch diese 124a Kosten sind mit einem Grundkostenanteil von maximal 50 % und einem Verbrauchsanteil von mindestens 50 % anzusetzen. Der Grundkostenanteil ist zwingend nach der Wohn- oder Nutzfläche zu verteilen. Das gilt aber nur für Einheiten, die auch tatsächlich aus der zentralen Heizungsanlage mit Warmwasser versorgt werden. Einheiten, die ihr Warmwasser ausschließlich selbst herstellen (z.B. mit Durchlauferhitzer), sind bei der Verteilung der Energiekosten für die Warmwasseraufbereitung herauszunehmen. Diese sind keine Nutzer i.S. der HeizkV. Sind Warmwasserzähler vorhanden, liefern die Zählerwerte nur die Verhältnismäßigkeits- 124b angaben für die Energiekostenaufteilung. Es geht im Grunde nicht um die Ermittlung des Wasserverbrauchs, sondern um die Ermittlung der Wärmemenge, die zur Erwärmung des Wassers notwendig ist. Hierzu sind ab dem 31.12.2013 die Installation von Wärmezählern

358 Kritisch hierzu auch Jennißen/Kümmel/Schmidt, ZMR 2012, 758. 359 BGH v. 17.2.2012 – V ZR 251/10, MDR 2012, 510 = MietRB 2012, 141 = ZMR 2012, 372 = NZM 2012, 344. 360 So auch Becker in Bärmann, § 28 WEG Rz. 126; Becker, ZWE 2016, 361, 363; Häublein, ZWE 2010, 237, 245; Sauren, § 28 WEG Rz. 35b. 361 Ebenso Häublein, ZWE 2010, 237 (245). 362 S. auch Lammel, § 7 HeizkV Rz. 91 m.w.N.; a.A. und eine Schätzung für unzulässig haltend: AG Besigheim v. 13.5.2016 – 7 C 752/14, IMR 2017, 28. 363 BGH v. 3.6.2016 – V ZR 166/15, ZMR 2017, 76 = MDR 2016, 1375. 364 AG Stuttgart v. 22.7.1994 – 34 C 6338/94, WuM 1997, 231. 365 BayObLG v. 10.1.1997 – 2Z BR 35/96, ZMR 1997, 256. 366 LG Frankenthal v. 10.4.1985 – 2 S 483/84, ZMR 1985, 302.

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§ 16 Rz. 124b | Nutzungen, Lasten und Kosten zwingend erforderlich, § 9 Abs. 2 HeizkV. Sind keine Zähler installiert, ist die für die Warmwasseraufbereitung notwendige Energiemenge nach der Formel des § 9 Abs. 2 HeizkV zu ermitteln. Allerdings sind ab dem 1.1.2014 Wärmezähler bei zentraler Warmwasserversorgung Pflicht, § 9 Abs. 2 HeizkV. Hierbei handelt es sich um einen an der zentralen Warmwasseraufbereitung anzubringenden Zähler und nicht um wohnungsbezogene Einzelzähler. 124c Der Wasserverbrauch selbst ist aus der Addition der Werte etwa vorhandener Warmwasser-

und Kaltwasserzähler (Zwischenzähler) zu ermitteln und bei entsprechender Beschlusslage zwischen 50 und 70 % nach Verbrauch zu verteilen, § 8 HeizkV. Dabei ist sicherzustellen, dass der Anteil des Kaltwassers, der der Heizungsanlage zugeführt wird, nicht bei den Kaltwasserkosten nochmals zur Verteilung kommt.

7. Kabelanschlusskosten 125 Ein Beschluss, der die Kabel-TV-Kosten nach Einheiten gleich verteilt, ist nicht zu beanstan-

den.367 Dies entspricht dem Verursachungsprinzip. Willkür kann nicht angenommen werden, da die Kosten nicht von der Größe der Wohnung oder der Anzahl der Nutzer abhängig sind. Werden die Kosten nach Anschlüssen verteilt, sind die Wohnungseigentümer auszusparen, die über keinen Anschluss verfügen. Auch wenn die Wohnungseigentümer ein weites Ermessen haben, den Verteilungsschlüssel verändern zu können, ist die Einführung einer Kostenverteilung unter Einbeziehung der nicht angeschlossenen Wohnungseigentümer im Zweifel willkürlich. Sofern keine besonderen Umstände hinzutreten, wird die Einbeziehung nicht angeschlossener Wohnungseigentümer nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, da keine höhere Kostengerechtigkeit nach dem Verursachungsprinzip feststellbar ist.

8. Leerstand/fehlende Nutzungsmöglichkeit 126 Der Wohnungsleerstand befreit den Eigentümer grundsätzlich nicht von der Verpflichtung,

sich an den Kosten des Gemeinschaftseigentums zu beteiligen. Besteht hingegen auf Dauer keine Nutzungsmöglichkeit, kann sich ein Anspruch auf Abänderung des Verteilungsschlüssels für die Zukunft gem. § 10 Abs. 2 Satz 3 ergeben.368 Die Abänderung kann immer nur für die Zukunft verlangt werden, sodass die fehlende Nutzungsmöglichkeit den Wohngeldforderungen gem. Wirtschaftsplan oder Jahresabrechnung nicht entgegengehalten werden kann. 127 Zwar können die Wohnungseigentümer gem. Abs. 3 mehrheitlich einen verursachungsabhän-

gigen Schlüssel beschließen. Die fehlende Nutzungsmöglichkeit wird aber nur dann einen sachlichen Grund für den Anpassungsanspruch darstellen, wenn die Nutzungsmöglichkeit auf Dauer ausgeschlossen ist und sie auch vom betreffenden Wohnungseigentümer nicht selbst wiederhergestellt werden kann. Unterlässt es der Wohnungseigentümer lediglich, sein Sondereigentum zu nutzen, fehlt es nicht an der Nutzungsmöglichkeit und es würde ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, die solidarische Kostentragungspflicht bei fehlendem Nutzungswillen aufzugeben. Ein solcher Beschluss wäre daher anfechtbar. Es entspricht auch nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, einen verursachungsabhängigen Verteilungsschlüssel zu beschließen, der kurzzeitigem Leerstand Rechnung trägt. Etwas anderes kann gelten, wenn ein Wohnungseigentümer lediglich das Recht hat, ein Dachgeschoss auszubauen. Dann ist es möglich, ihn durch Mehrheitsbeschluss nach § 16 Abs. 3 von den Betriebs- und Verwaltungskosten bis zur Herstellung des Dachgeschosses zu befreien. Auch ein Anspruch auf Änderung 367 LG Nürnberg-Fürth v. 25.3.2009 – 14 S 7627/08, ZMR 2009, 638. 368 Vgl. hierzu auch BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = ZMR 2004, 834.

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VIII. Einzelne Probleme der Kostenverteilung | Rz. 129 § 16

des Verteilungsschlüssels nach § 10 Abs. 2 Satz 3 kommt bis zur Herstellung der Wohnung in Betracht (s.a. § 10 Rz. 44).369 Die Wohnung gilt allerdings als hergestellt, wenn der Ausbauberechtigte diese im Wesentlichen bis auf den Bereich, in dem Sonderwünsche in Betracht kommen, fertiggestellt hat und die wirtschaftliche Vermarktung lediglich hinauszögert.370

9. Mehrhausanlagen Bei Mehrhausanlagen kann die Gemeinschaftsordnung vorsehen, dass für die einzelnen Häu- 128 ser getrennte Abrechnungskreise zu bilden sind. Bestimmt die Gemeinschaftsordnung, dass die jeweils an einem Haus zur Sondernutzung berechtigten Wohnungseigentümer die auf sie entfallenden ausscheidbaren Kosten allein zu tragen haben, so betrifft dies nur die von vornherein ausscheidbaren Kosten.371 „Ausscheidbar“ sind nach Ansicht des BayObLG372 nur solche Kosten und Lasten, die eindeutig von den übrigen Kosten und Lasten absonderbar sind und ohne weiteres bestimmten Häusern allein zugeordnet werden können (s.o. Rz. 27 f.). Dabei genügt nicht, dass die Kosten theoretisch ausscheidbar sind. Erforderlich ist im Zweifel der Einbau entsprechender Messvorrichtungen.373 Von ausscheidbaren Kosten kann bei solchen Häusern nur eingeschränkt die Rede sein, die 128a nur durch separate Eingänge getrennt, aber über eine gemeinsame Fassade und ein gemeinsames Dach verbunden sind. In diesen Bereichen lassen sich die äußeren Instandsetzungskosten nicht „ausscheiden“. Wenn Instandsetzungskosten durch die Gemeinschaftsordnung oder einen Beschluss gem. § 16 Abs. 4 einzelnen Häusern zugeordnet werden sollen, steht die Gesamtverantwortung aller Wohnungseigentümer für das Gemeinschaftseigentum weiterhin im Vordergrund, so dass eine restriktive Handhabung geboten ist. Die Auslegung ist streng danach auszurichten, ob die vorgesehene Gruppe der Wohnungseigentümer eine gesteigerte Nutzungsmöglichkeit hat,374 was bei den Treppenhäusern oder getrennten Heizungsanlagen je Haus der Fall sein kann. Aufgrund der Regelung in Abs. 3 haben solche Formulierungen in der Gemeinschaftsordnung 129 für Mehrhausanlagen an Bedeutung verloren. Die Wohnungseigentümer können auch hier mit Mehrheit beschließen, dass die Betriebskosten und Kosten der Verwaltung, soweit diese einem einzelnen Haus zugeordnet werden können, nur von den Wohnungseigentümern dieses Hauses zu tragen sind. Dies entspricht dem Verursachungs- oder Gebrauchstatbestand. Sofern die Kosten nicht eindeutig zuzuordnen sind, ist dennoch eine Vorverteilung je Haus nicht generell ausgeschlossen. Vielmehr ist dann ein sachlicher Grund im Sinne des Willkürverbots zu prüfen (s. zum sachlichen Grund o. Rz. 38 ff.). Die Eigentümer eines einzelnen Hauses dürfen aber ihre Majorität nicht dahingehend ausnutzen, sich zu Lasten anderer Häuser der Mehrhausanlage von den Kosten überproportional zu befreien. Betreffen die Kosten die Gesamtanlage, fehlt den Wohnungseigentümern des einzelnen Hauses für die Veränderung des Verteilungsschlüssels die Beschlusskompetenz.375

369 Auf Basis der alten Rechtslage verneint das OLG Düsseldorf v. 20.3.1998 – 3 Wx 7/98, NZM 1998, 867 den Anpassungsanspruch, wenn es der teilende Eigentümer in der Gemeinschaftsordnung unterlassen habe, eine Kostenbefreiung bis zum Ausbau der Wohnungen zu formulieren. 370 KG v. 17.10.2001 – 24 W 140/01, WuM 2002, 40. 371 BayObLG v. 10.2.1993 – 2Z BR 116/92, WE 1994, 148. 372 BayObLG v. 10.2.1993 – 2Z BR 116/92, WE 1994, 148. 373 Häublein, NZM 2003, 785 (788). 374 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = NZM 2010, 584 = ZMR 2010, 866. 375 OLG Köln v. 11.3.2005 – 16 Wx 24/05, NZM 2005, 550.

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§ 16 Rz. 130 | Nutzungen, Lasten und Kosten 130 Sieht die Gemeinschaftsordnung bereits eine Kostentrennung zwischen einzelnen Häusern

oder den Wohnhäusern einerseits und der Tiefgarage andererseits vor, können die Wohnungseigentümer diese Regelung nicht durch einfachen Mehrheitsbeschluss insoweit aufheben, als zukünftig diese Kostenaufteilung vermieden werden soll. § 16 Abs. 3 will die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer erweitern. Insoweit können die Wohnungseigentümer von den Regeln der Gemeinschaftsordnung durch Mehrheitsbeschluss abweichen. Wollen sie aber die Gemeinschaftsordnung, die bereits eine verbrauchs- bzw. verursachungsabhängige Kostenverteilung vorsieht, einschränken, entspricht dies nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, da ein solcher Beschluss nicht zu höherer Kostengerechtigkeit führt. Der die Kostenzuordnung je Haus aufhebende Beschluss wird dem Rechtsgedanken des Abs. 3 gerade nicht gerecht. Ein solcher die Gemeinschaftsordnung abändernder Beschluss ist aber aufgrund der gegebenen Beschlusskompetenz nicht nichtig.

10. Müllabfuhrkosten 131 Da Abs. 3 nicht mehr zwischen den Kosten des Sonder- und des Gemeinschaftseigentums dif-

ferenziert, können die Wohnungseigentümer einen Mehrheitsbeschluss über den Verteilungsschlüssel auch dann herbeiführen, wenn die Müllkosten nicht für jede Wohneinheit separat erfasst werden. Als Verteilungsschlüssel kommt sowohl die Wohnfläche als auch der Personenzahlschlüssel in Betracht. Von Letzterem ist abzuraten, da die im Objekt wohnende Personenzahl selten objektiv zweifelsfrei zu ermitteln ist. Im Übrigen kommt eine individuelle Kostenverteilung je Wohnung in Betracht, wenn sich die Müllkosten gesondert erfassen lassen.376 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn jede Wohnung über eine eigene Mülltonne verfügt. Dies gilt aber wiederum nicht, wenn eine gemeinsame Müllentsorgung besteht und ein Wohnungseigentümer ohne Beschluss ein eigenes Sammelgefäß beschafft hat. Die Kostentrennung kann nicht erzwungen werden.377 Andererseits sind Chipkartensysteme denkbar.378 Dann kann jeder Wohnungseigentümer die Größe seiner Mülltonne selbst bestimmen bzw. hat unmittelbaren Einfluss auf die Müllmenge, so dass eine entsprechende Kostenverteilung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

11. Rauchwarnmelder 131a Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Wohnungseigentümer die Kosten der Wartung im Be-

schlusswege nach der Anzahl der von der Eigentümergemeinschaft angeschafften Rauchwarnmelder verteilen.379 Dies gilt auch, wenn ein Wohnungseigentümer schon eigene Rauchwarnmelder angeschafft hatte.380

12. Tiefgarage 131b Grundsätzlich sind nach Abs. 2 auch die Tiefgarageneigentümer an allen Kosten zu beteiligen.

Die Gemeinschaftsordnung kann eine getrennte Kostenzuordnung vorsehen. Dies kann auch für die Instandsetzungskosten gelten. Sollen die Eigentümer der Tiefgaragenstellplätze die Kosten der Instandsetzung von gemeinschaftlichen Flächen, Hauszeilen, Anlagen und Einrich-

376 377 378 379 380

OLG Köln v. 1.3.2006 – 16 Wx 223/05, NZM 2006, 467. LG Frankfurt v. 27.4.2017 – 2-13 S 168/16, WuM 2017, 352. S. hierzu OLG Düsseldorf v. 23.7.2009 – I-3 Wx 28/09, ZWE 2009, 395. LG Dortmund v. 5.8.2016 – 1 S 80/16, ZWE 2017, 138. LG Düsseldorf v. 20.9.2017 – 25 S 32/17, juris.

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VIII. Einzelne Probleme der Kostenverteilung | Rz. 133 § 16

tungen tragen, so werden nach Auffassung des BayObLG381 hiervon auch die Kosten der Sanierung der Bodenplatte und eines Stützpfeilers der Tiefgarage erfasst. An diesem Ergebnis bestehen aber erhebliche Zweifel, weil insbesondere der Stützpfeiler nicht alleine der Statik der Tiefgarage, sondern des Gesamtgebäudes dient. Die Kostenzuordnung der Gemeinschaftsordnung muss eindeutig sein, was insoweit bei der vorstehenden Regelung nicht anzunehmen ist. Die Gesamtverantwortung aller Wohnungseigentümer für das Gemeinschaftseigentum steht im Vordergrund,382 so dass eine Abweichung von diesem Grundsatz nur bei eindeutig zuzuordnenden und von einer gesteigerten Gebrauchsmöglichkeit getragenen Gebäudeteilen in Betracht kommen kann. Betriebskosten der Tiefgaragenkosten können hingegen per Mehrheitsbeschluss nur auf die 131c Nutzer verteilt werden. Als „Gegenleistung“ müssen dann die Nur-Eigentümer eines Tiefgaragenplatzes von den Betriebskosten des Hauses freigestellt werden, damit es nicht zu einer unzulässigen Doppelbelastung kommt. Dabei muss die Gebrauchsmöglichkeit konkret bestehen; eine lediglich theoretische Möglichkeit ist als Maßstab ungeeignet und deshalb anfechtbar.383 Ist in der Gemeinschaftsordnung eine Kostenverteilung nach Wohnfläche vorgesehen, gilt dies nicht für die Garagenstellplätze. Für diese ist im Zweifel auf die Regelung des Abs. 2 zurückzugreifen, so dass zunächst anhand der gesamten Miteigentumsanteile die Kosten zwischen Wohnungen und Garagenstellplätzen aufzuteilen sind und dann innerhalb dieser Gruppen nach Wohnfläche einerseits und nach Miteigentumsanteilen der Stellplätze andererseits weiter unterteilt werden.384 Sollen gem. Gemeinschaftsordnung die Stellplätze ausdrücklich nach dem Flächenanteil an den Kosten beteiligt werden, müssen die Flächen feststehen.385 Es entspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, durch Mehrheitsbeschluss die Stellplätze unabhängig von ihrer Größe gleich zu behandeln, da ein Zusammenhang zwischen Kostenverursachung und Stellplatzgröße nur selten herstellbar ist. Etwas anderes kann gelten, wenn die wechselnde Größe der Stellplätze zu unterschiedlichen Nutzungsarten führt (z.B. so kleine Stellplätze, dass dort nur Kleinstfahrzeuge oder nur Motorräder aufgestellt werden können).

13. Wasser-/Abwasserkosten Wenn Wasserzähler in den Wohnungen vorhanden sind, können die Wohnungseigentümer 132 die Kostenverteilung nach Maßgabe der Ableseergebnisse mit Mehrheit beschließen.386 Dies gilt sowohl für Kaltwasserkosten als auch für Warmwasserkosten (s. hierzu o. Rz. 124a ff.). Die verbrauchsabhängige Abrechnung erfordert eine Abgrenzungsbuchung (s.u. § 28 Rz. 80). Da in vielen Gemeinden die Abwasserkosten korrespondierend mit dem Frischwasserbezug 133 abgerechnet werden, ist es gleichermaßen zulässig, die Abwasserkosten nach den Ergebnissen der Wasserzähler zu verteilen. Auch hier reicht ein Mehrheitsbeschluss aus, um einen solchen Verteilungsschlüssel einzuführen (s.o. Rz. 11 ff.). Betroffen ist aber stets nur das Wasser, das in den Wohnungen verbraucht wird. Daneben findet auch ein Wasserverbrauch im Bereich des Gemeinschaftseigentums statt, z.B. bei Treppenhausreinigung, Pflege der Außenanlagen oder 381 V. 12.5.2004 – 2Z BR 1/04, ZMR 2004, 765; bestätigend Bonifacio in Timme, § 16 WEG Rz. 65. 382 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = NZM 2010, 584 = ZMR 2010, 866. 383 A.A. für eine entsprechende Regelung in der Gemeinschaftsordnung OLG München v. 18.9.2006 – 34 Wx 81/06, NZM 2007, 167. 384 AG Hamburg-St. Georg v. 25.7.2013 – 980b C 98/12, ZMR 2014, 61. 385 Zur Auslegung des Flächenschlüssels in der Gemeinschaftsordnung: LG Nürnberg-Fürth v. 6.5.2015 – 14 S 4480/14, ZMR 2015, 805. 386 BGH v. 25.9.2003 – V ZB 21/03, MDR 2004, 86 = MietRB 2004, 14 = ZWE 2004, 66; OLG Hamburg v. 29.9.2004 – 2 Wx 1/04, MietRB 2005, 155.

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§ 16 Rz. 133 | Nutzungen, Lasten und Kosten des Gartens. Diese Kosten sind Kosten des Gemeinschaftseigentums und werden somit grundsätzlich von § 16 Abs. 2 erfasst. Diese sind weiterhin nach den in der Gemeinschaftsordnung oder bei Fehlen einer entsprechenden Regelung gem. § 16 Abs. 2 nach Miteigentumsanteilen zu verteilen. 134 Eine Verteilung der Wasserkosten nach Zählern kommt grundsätzlich nur dann in Betracht,

wenn alle Wohnungen mit Wasserzählern ausgestattet sind.387 Dies ergibt sich daraus, dass die Ausstattung einzelner Wohnungen mit Wasserzählern in der Regel zu keinen verlässlichen Ergebnissen führt und der Grundsatz gelten muss, dass immer ein einheitlicher Verteilungsschlüssel zur Anwendung kommt. Die Wasserzähler der einzelnen Zapfstellen haben andere Kontaktpunkte als der des Hauptanschlusses. Mietrechtlich wird es als zulässig angesehen, dass in einem gemischt genutzten Objekt (Gewerbe und Wohnungen) nur der Wasserverbrauch der Gewerbeeinheiten nach Zählern vorerfasst und vom Gesamtverbrauch abgezogen wird. Dies entspricht dem Rechtsgedanken des § 5 Abs. 2 HeizkV, der auch für die Heiz- und Warmwasserkosten bei unterschiedlichen Nutzergruppen eine Vorerfassung vorsieht. Der Rest kann nach der Differenzmethode auf die Wohnungsnutzer umgelegt werden.388 Diese Handhabung führt auch wohnungseigentumsrechtlich zu sachgerechten Ergebnissen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Es ist abzuwägen zwischen der möglichen Ungenauigkeit der Ergebnisse, dem Gleichheitsgrundsatz, den Investitionskosten für die Ausstattung aller Einheiten mit Wasserzählern und der besonderen Nutzungsform der Gewerbeeinheiten. Büroflächen verursachen in der Regel keinen höheren Wasserverbrauch, während der Wasserverbrauch in Gastronomieeinheiten extrem hoch sein kann, was dann eine Vorerfassung durch Zähler rechtfertigt. 134a Die Wasserzähler müssen geeicht sein, damit sie der Abrechnung zugrunde gelegt werden

dürfen.389 Ist die Eichdauer abgelaufen, sind die Zählerergebnisse nicht mehr zu verwenden. Die weitere Verwendung würde gegen das MessEG und somit gegen ein Verbotsgesetz verstoßen (s.o. Rz. 115). 135 Wenn der Wasserverbrauch im Bereich des Gemeinschaftseigentums nicht durch separate

Wasseruhren erfasst wird, stellt sich das Problem, wie dieser Teil gemessen und verteilt werden soll. Häufig wird bei Verteilung der Kosten für das Gemeinschaftseigentum der Verbrauch je Sondereigentum als Verteilungsmaßstab herangezogen, was dazu führt, dass derjenige, der in seiner Wohnung viel Wasser verbraucht, auch einen hohen Anteil an den Verbrauchskosten des Gemeinschaftseigentums trägt.390 Diese Unbilligkeit lässt sich vermeiden, wenn vom Gesamtwasserverbrauch die Summe des Verbrauchs aller Wohnungswasserzähler abgezogen wird, um so den Wasserverbrauch im Gemeinschaftseigentum vorzuerfassen und diesen Anteil nach Miteigentumsanteilen zu verteilen.391 Diese Methode führt gerade bei längerem Wohnungsleerstand zu gerechteren Ergebnissen, da mangels Verbrauch die Grundkosten von den übrigen Wohnungsnutzern mit übernommen werden.392 136 Die Einführung der Verbrauchserfassungsgeräte ist nicht unter den Begriff der baulichen Ver-

änderung des § 22 Abs. 2 zu subsumieren. Im Vordergrund steht nicht die bautechnische Veränderung, sondern die Einführung eines Verbrauchserfassungssystems und die sich daran anOLG Düsseldorf v. 13.6.2001 – 3 Wx 132/01, NJW-RR 2002, 731 f; Hügel/Elzer, § 16 WEG Rz. 63. So BGH v. 25.11.2009 – VIII ZR 69/09, MietRB 2010, 105 = MDR 2010, 199. BayObLG v. 23.3.2005 – 2Z BR 236/04, MietRB 2006, 197 = NZM 2005, 609. Eine Abweichung der Summe der Werte der Einzelzähler von dem Wert des Hauptzählers bis zu 20 % wird nicht als Hinderungsgrund angesehen, auch diese Differenz nach den Ergebnissen der Einzelzähler zu verteilen, AG Hamburg-Wandsbeek v. 21.9.2006 – 715 II 53/2005, ZMR 2007, 149. 391 LG Bonn v. 11.8.2004 – 8 T 285/03, ZMR 2005, 653; BayObLG v. 7.3.2002 – 2Z BR 77/01, WuM 2002, 333. 392 S. hierzu die mietrechtliche Entscheidung BGH v. 6.10.2010 – VIII ZR 183/09, MDR 2010, 1373 = MietRB 2011, 38 = NJW 2010, 3645. 387 388 389 390

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VIII. Einzelne Probleme der Kostenverteilung | Rz. 138a § 16

schließende Kostenverteilung.393 Die Einbaukosten für Verbrauchszähler sind nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel zu verrechnen.394 Für die Verbrauchserfassungsgeräte im Bereich der HeizkV folgt dies aus § 3 Satz 3 HeizkV. Ist das Objekt nicht von vornherein mit Wasserzählern in den Wohnungen ausgestattet wor- 137 den, wird die Auffassung vertreten, dass ein Mehrheitsbeschluss für den Einbau von Zählern dann ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, wenn eine deutliche Kostenersparnis von dieser Maßnahme zu erwarten ist.395 Dabei wird gefragt, ob sich die Installationskosten innerhalb eines 10-Jahres-Zeitraums durch reduzierten Wasserverbrauch amortisieren lassen.396 Bei dieser Berechnung dürfe unterstellt werden, dass durch verbrauchsabhängige Abrechnung eine jährliche Ersparnis von 15 % eintrete.397 Die Annahme eines 10-Jahres-Zeitraums ist aber willkürlich und findet für Kaltwasserkosten keine Gesetzesgrundlage. Sie wird aus dem Heizkostenrecht abgeleitet (s.o. Rz. 104), wo die 10-Jahresfrist in § 11 Abs. 1 Nr. 1b) für die Ausstattung mit Verbrauchserfassungsgeräten für den Wärmeverbrauch geregelt ist. Es bleibt aber offen, wie die Eigentümer die Kostenersparnis bei einer ex-ante-Betrachtung berechnen sollen. Die Verbrauchsgewohnheiten und Wasserpreise sind nicht vorhersehbar. Das Einsparpotenzial kann sich schlagartig ändern, wenn in eine Wohnung, die bisher von einem Alleinstehenden bewohnt war, eine mehrköpfige Familie einzieht. Für das Einsparpotenzial spielt auch die persönliche Neigung der Hausbewohner, sich umweltbewusst zu verhalten, eine große Rolle. Da doch absehbar ist, dass Wasser immer knapper und die Preise immer höher werden, entspricht der Einbau von Wasserzählern schon alleine aus diesem Grund ordnungsmäßiger Verwaltung.398 Den Wohnungseigentümern muss es überlassen sein, durch den Einbau dieser Zähler eine höhere Kostengerechtigkeit herbeizuführen und umweltbewusstes Verhalten zu fördern. Eine mehr oder weniger willkürliche Wirtschaftlichkeitsprognose darf hierfür nicht maßgeblich sein. Die höhere Kostengerechtigkeit, die durch den Einbau von Wasserzählern eintritt, genügt al- 138 leine aber nicht, den Einbau gegen den Willen der Mehrheit der Wohnungseigentümer gerichtlich erzwingen zu können. Vielmehr sind die Kriterien des § 10 Abs. 2 Satz 3 zugrunde zu legen. Hierfür ist eine dauerhafte Unbilligkeit erforderlich (s.o. § 10 Rz. 37 ff.). Gleichermaßen wie Wasserkosten fallen die Kosten der Legionellenuntersuchung unter § 16 138a Abs. 3, während die einmaligen Kosten für die Installation von Probeentnahmehähne nach Auffassung des AG Heiligenstadt von § 16 Abs. 4 erfasst werden sollen,399 eine gekünstelt wirkende Differenzierung. Auch wenn nach der Trinkwasserverordnung diese Pflicht nur bei vermietetem Wohnraum besteht, ist es nicht sachgerecht und damit anfechtbar, die Kosten nur den vermietenden Wohnungseigentümern aufzuerlegen.400

393 S.a. BGH v. 25.9.2003 – V ZB 21/03, MDR 2004, 86 = MietRB 2004, 14 (19) = ZMR 2003, 937 = NJW 2003, 3476 = NZM 2003, 952; KG v. 10.3.2003 – 24 W 3/03, WuM 2003, 401 = NZM 2003, 319 = ZMR 2003, 600. 394 AG Hannover v. 9.12.2003 – 71 II 288/03, ZMR 2005, 233. 395 BGH v. 25.9.2003 – V ZB 21/03, MDR 2004, 86 = MietRB 2004, 14 (19) = ZMR 2003, 937 = NJW 2003, 3476 = NZM 2003, 952; KG v. 10.3.2003 – 24 W 3/03, WuM 2003, 401 = NZM 2003, 319 = ZMR 2003, 600. 396 LG München v. 10.6.2010 – 36 S 19150/09, ZMR 2010, 992. 397 OLG Düsseldorf v. 23.7.2009 – I-3 Wx 28/09, ZWE 2009, 395 = WuM 2009, 600. 398 Ebenso Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 8 Rz. 46. 399 AG Heiligenstadt v. 20.12.2013 – 3 C 331/13, ZMR 2014, 490. 400 LG Saarbrücken v. 18.12.2015 – 5 S 17/15, ZWE 2016, 187; AG Heiligenstadt v. 20.12.2013 – 3 C 331/13, ZMR 2014, 490; Dötsch in Timme, § 13 WEG Rz. 114; a.A. AG Hoyerswerda v. 8.11.2012 – 1 C 289/12, ZWE 2013, 332.

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§ 16 Rz. 138b | Nutzungen, Lasten und Kosten

14. Winterdienst/ Außenreinigung 138b Ein Beschluss, der die Kosten des Winterdienstes nur einer bestimmten Gruppe von Woh-

nungseigentümern auferlegt, entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (s. zur Frage der Verpflichtung zur tätigen Mithilfe § 10 Rz. 69 und § 21 Rz. 56 f.). Diese Kosten werden nicht nur von einzelnen Wohnungseigentümern verursacht. Der Wechsel vom Miteigentumsanteilsschlüssel auf Anzahl der Wohnungen beim Winterdienst entspricht keiner ordnungsgemäßen Verwaltung, da davon auszugehen ist, dass in größeren Wohnungen in der Regel auch mehr Personen leben, die auch einen größeren Reinigungs- wie Verkehrssicherungsbedarf erzeugen.401 Auch ist es rechtswidrig, nur Einzelnen die Kosten der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht aufzuerlegen.402 Die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht obliegt allen Wohnungseigentümern. 138c Der Wohnungseigentümer ist zur anteiligen Kostentragung, aber nicht zur Erbringung von

Arbeitsleistungen verpflichtet.403 Dass der Wohnungseigentümer deshalb die Reinigung des Gemeinschaftseigentum von der Eigentümergemeinschaft verlangen kann, ist zunächst eine Frage des § 21 Abs. 4 und nicht des § 16 Abs. 3.404 Erst wenn diese Maßnahmen beschlossen werden, stellt sich die Frage, wie die hierdurch verursachten Kosten zu verteilen sind. Zunächst ist § 16 Abs. 2 einschlägig, wenn die Gemeinschaftsordnung keine spezielle Regelung enthält. Einen verursachungsbezogenen Schlüssel nach § 16 Abs. 3 zu beschließen, dürfte keiner ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen, da weder die Verursachung festgestellt werden kann noch der Verschmutzungsgrad im Vordergrund steht. Reinigungen werden i.d.R. regelmäßig veranlasst. Die Verteilung dieser Kosten nach Wohnfläche ist allerdings nicht zu beanstanden.

15. Wohngeldausfall 139 Auch der Wohngeldausfall eines zahlungsunfähigen Wohnungseigentümers ist wie eine

Kostenposition auf alle anderen Wohnungseigentümer zu verteilen.405 Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Zahlungsausfall schon endgültig feststeht.406 Es genügt hierfür eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Die Differenzierung, wann ein Wohngeldausfall lediglich droht und wann er endgültig feststeht, ist fließend und teilweise von der subjektiven Einschätzung des Verwalters abhängig. Bei einem noch nicht endgültig feststehenden Wohngeldausfall ist der säumige Wohnungseigentümer anteilig an dem voraussichtlichen Fehlbetrag zu beteiligen. Damit eine 100%ige Ausfalldeckung eintritt, ist der zu verteilende Betrag zu erhöhen (z.B. 102 %, wenn der voraussichtlich Ausfallende 2 % der Anteile besitzt). Die Verteilung des Wohngeldausfalls wie eine Kostenposition auf die übrigen Wohnungseigentümer in der Jahresabrechnung ist zulässig (s.u. § 28 Rz. 57, 120a), obwohl es sich nicht um eine Ausgabe handelt.407 Wohngeldausfall stellt eine Forderung dar und somit einen bisher nicht vereinnahmten Betrag. Dieser

401 AG Nürnberg v. 20.9.2013 – 16 C 5504/12 WEG, ZWE 2014, 35. 402 LG München I v. 10.6.2009 – 1 S 10155/08, NZM 2010, 248. 403 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, NJW 2010, 2801 = ZMR 2010, 777 = MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265. 404 Siehe zur Reinigung von Fenstern: LG Bamberg v. 17.3.2015 – 11 S 18/14, ZWE 2015, 367 = MietRB 2016, 79. 405 AG Bonn v. 11.7.2003 – 28 II 126/02, ZMR 2004, 303. 406 A.A. BGH v. 15.6.1989 – V ZB 22/88, MDR 1989, 898 = NJW 1989, 3018; KG v. 2.12.2002 – 24 W 92/02, ZMR 2003, 292; vom Erfordernis eines konkreten Liquiditätsengpasses sprechend: LG Stuttgart v. 20.12.2017 – 19 S 54/16, MietRB 2018, 309. 407 So aber BayObLG v. 10.4.2002 – 2Z BR 70/01, MietRB 2003, 42 = NJW-RR 2002, 1093 = NZM 2002, 531.

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VIII. Einzelne Probleme der Kostenverteilung | Rz. 143 § 16

Fehlbetrag wirkt sich aber gleichermaßen wie eine Ausgabe bzw. eine Kostenposition aus. Der Betrag fehlt und führt zu einem unausgeglichenen Etat. Aufgrund der Solidarhaftung der Wohnungseigentümer ist er deshalb von den übrigen Wohnungseigentümern nachzuschießen. Im Ergebnis macht es keinen Unterschied, ob der Etat wegen steigender Kosten oder ausgefallenem Wohngeld unausgeglichen ist. Die Umlage des Wohngeldausfalls bewirkt nicht, dass die Schuld getilgt wird und der säumige 140 Wohnungseigentümer von der Schuld befreit würde.408 Der Umlagebeschluss begründet aber eine weitergehende neue Zahlungsverpflichtung der übrigen Wohnungseigentümer, sodass ab diesem Zeitpunkt eine neue Fälligkeit eintritt. Steht die Wohnung des säumigen Wohnungseigentümers unter Zwangs- oder Insolvenzverwaltung, droht in der Regel nicht der vollständige Wohngeldausfall. Wird in diesem Fall ein Umlagebeschluss für die ausfallenden Wohngelder gefasst, ist an diesem der Zwangs- bzw. Insolvenzverwalter zu beteiligen, der diesen aus der Masse zu bedienen hat. Für den Insolvenzverwalter handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit.409 Zu berücksichtigen ist, dass der anteilige Betrag nur dann bedient werden kann, wenn Masse vorhanden ist (s. Rz. 198 ff.). Wird der Umlagebeschluss erst gefasst, nachdem die betreffende Wohnung veräußert wurde, nimmt an der Umlage auch der Erwerber teil, was gleichermaßen für den Ersteher in der Zwangsversteigerung gilt.410 Die Verteilung des Wohngeldausfalls stellt eine Art Liquiditätsumlage dar. Werden Forderun- 141 gen vom säumigen Wohnungseigentümer noch realisiert, ist dieser Betrag wiederum an die Wohnungseigentümer zur Ausschüttung zu bringen, die bisher den Wohngeldausfall gedeckt haben. Dies gilt auch, wenn einer der beteiligten Wohnungseigentümer inzwischen aus der Gemeinschaft ausgeschieden ist. Die Verteilung des Wohngeldausfalls bedeutet, dass die übrigen Wohnungseigentümer mit ei- 142 nem höheren Betrag, als es ihrem Miteigentumsanteil entspricht, haften. Innen- und Außenverhältnis decken sich insoweit nicht (s. § 10 Abs. 8 WEG). Es ist unzulässig, das fehlende Wohngeld gegen die Instandhaltungsrücklage zu buchen, da 143 hierdurch keine Liquidität geschöpft wird (s.u. § 28 Rz. 120a).411 Zudem ist es mit der Zweckbindung der Instandhaltungsrücklage nicht vereinbar, sie zur Finanzierung von Wohngeldfehlbeträgen zu verwenden.412 Die Verteilung des Wohngeldausfalls erfolgt wie eine Kostenposition im Wirtschaftsplan, in der Jahresabrechnung oder per Sonderumlage, obwohl es sich nicht um eine Ausgabe im tatsächlichen Sinne handelt.413 Wirtschaftsplan, Sonderumlage und Jahresabrechnung sind Bestandteile eines einheitlichen Abrechnungssystems (s. hierzu unten § 28 Rz. 5 ff.). Es ist daher inkonsequent, einzelne Beträge nicht durchgängig darzustellen. Was per Sonderumlage erhoben wird, muss auch in der Jahresabrechnung erscheinen. Da das fehlende Wohngeld keine Kostenposition im engeren Sinne aus Sicht der Eigentümergemeinschaft ist, sollte diese Position in der Jahresabrechnung abgesetzt und nicht unter der Überschrift „Kosten“ zur Verteilung gebracht werden. Dies ist eine reine Darstellungsfrage, um die Systematik einer ordnungsgemäßen Abrechnung zu erhalten. Dennoch schmälert diese fehlende Einnahme den Etat der Eigentümergemeinschaft ebenso wie eine Ausgabe und wirkt sich wirtschaftlich für den einzelnen Wohnungseigentümer wie eine Kostenposition aus.

408 OLG Celle v. 5.1.2004 – 4 W 217/03, MietRB 2004, 111 = ZMR 2004, 525. 409 BGH v. 15.6.1989 – V ZB 22/88, MDR 1989, 898 = NJW 1989, 3018. 410 KG v. 2.12.2002 – 24 W 92/02, ZMR 2003, 292; OLG Celle v. 5.1.2004 – 4 W 217/03, MietRB 2004, 111 = ZMR 2004, 526. 411 A.A. OLG München v. 20.12.2007 – 34 Wx 076/07, MietRB 2008, 143 = WuM 2008, 169. 412 S. hierzu auch Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz. 412. 413 Eine Kostenverteilung in der Jahresabrechnung nicht zulassend, BayObLG v. 10.4.2002 – 2Z BR 70/ 01, MietRB 2003, 42 = NZM 2002, 531.

Jennißen | 505

§ 16 Rz. 144 | Nutzungen, Lasten und Kosten

16. Zustimmungskosten wegen Veräußerung 144 Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass der Verwalter der Veräußerung des Sondereigen-

tums gem. § 12 Abs. 1 zustimmen muss und haben die Wohnungseigentümer hierauf nicht gem. § 12 Abs. 4 durch Mehrheitsbeschluss verzichtet, kann sich der Verwalter für die Zustimmungserklärung ein zusätzliches Honorar ausbedingen. Hierbei handelt es sich dann um Verwaltungskosten i.S.v. § 16 Abs. 2.414 Diese sind grundsätzlich dem Verwalter durch die Eigentümergemeinschaft zu erstatten und im Innenverhältnis nach dem allgemein geltenden Verteilungsschlüssel umzulegen. Sieht der Verwaltervertrag vor, dass diese Kosten von einer der Kaufvertragsparteien zu tragen sind, ist diese Regelung als Vertrag zu Lasten Dritter nichtig. Nach Abs. 3, § 21 Abs. 7 können die Wohnungseigentümer allerdings mit Mehrheit beschließen, dass diese Kosten zukünftig nach dem Verursacherprinzip vom Veräußerer zu erstatten sind.415 Eine Belastung des Erwerbers kommt nicht in Betracht, da es sich andernfalls um einen Beschluss zu Lasten eines Dritten handeln würde, der nichtig wäre.416 Zum gleichen Ergebnis führt ein Beschluss nach § 21 Abs. 7 WEG, der generelle Zukunftswirkung haben kann. Die Kosten des Verwalternachweises nach § 26 Abs. 3 sind aber stets auf alle Wohnungseigentümer zu verteilen, weil sie im Zweifel nicht einem Veräußerungsfall alleine zugeordnet werden können.

IX. Kosten der baulichen Veränderung (Abs. 4 und 6) 1. Rechtsentwicklung 145 § 16 Abs. 6 entspricht in den ersten beiden Teilsätzen der früheren Regelung des § 16 Abs. 3.

Die Bedeutung der alten Regelung war nicht unumstritten. Da überwiegend die Auffassung bestand, dass über bauliche Veränderungen auch mehrheitlich beschlossen werden könne und dieser Beschluss lediglich anfechtbar, aber nicht nichtig sei (sog. Zitterbeschluss), konnten bauliche Veränderungen demzufolge genehmigt werden, ohne dass die Zustimmung aller Wohnungseigentümer vorlag.417 Stimmten nun nicht alle Wohnungseigentümer zu, weil sie z.B. in der Versammlung gar nicht anwesend waren, wurden nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 3 a.F. die nicht zustimmenden Wohnungseigentümer von der Kostenlast per se befreit. Enthielt der Beschluss keine Regelung zur Kostenfrage, wurde teilweise durch Auslegung des Beschlusses festgestellt, dass die zustimmenden Wohnungseigentümer eine Kostenbeteiligung insoweit nicht übernehmen mussten, als die bauliche Veränderung im Wesentlichen das Sondereigentum des bauwilligen Wohnungseigentümers betraf.418 Sollte hingegen die geplante Umbaumaßnahme das Gemeinschaftseigentum betreffen, wurde angenommen, dass die Wohnungseigentümer die Zustimmung unter die Bedingung stellen durften, dass der bauwillige Wohnungseigentümer die Kosten alleine trägt.419 Dies wurde auch als konkludenter Bestandteil der Zustimmungserklärung gesehen.420 Unterblieb eine solche Regelung, wurde teilweise

414 415 416 417

So auch Sauren, § 12 WEG Rz. 24. Ebenso Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 227. KG v. 20.6.1997 – 24 W 1783/97, NJW-RR 1997, 1231. BayObLG v. 23.7.1992 – 2Z BR 22/92, WuM 1992, 563 = NJW-RR 1993, 337; v. 30.11.2000 – 2Z BR 81/00, NZM 2001, 133; OLG Hamm v. 26.5.1994 – 5 U 220/93, NJW-RR 1995, 909; OLG Köln v. 12.1.2001 – 16 Wx 156/00, NZM 2001, 293; v. 1.2.2002 – 16 Wx 10/02, NZM 2002, 454; Wenzel, ZWE 2000, 2 (4); Buck, WE 1998, 90 (92); Niedenführ in Niedenführ/Schulze, 7. Aufl., § 22 WEG Rz. 26. 418 BayObLG v. 27.4.2001 – 2Z BR 70/00, NZM 2001, 1138 = ZWE 2001, 424; Niedenführ in Niedenführ/Schulze, 7. Aufl., § 22 WEG Rz. 27c. 419 Hogenschurz, MietRB 2005, 23 ff. m.w.N.. 420 OLG Düsseldorf v. 4.11.2005 – 3 Wx 92/05, NZM 2006, 109.

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IX. Kosten der baulichen Veränderung (Abs. 4 und 6) | Rz. 146b § 16

eine Kostenbeteiligung dennoch verneint, wenn die zustimmenden Wohnungseigentümer das Resultat der baulichen Veränderung nicht nutzen konnten oder wollten. Es wurde der Grundsatz vertreten, dass derjenige, der nicht nutzt, auch nicht die Kosten anteilig zu tragen hat. Insoweit wurde ein enger Zusammenhang zwischen Satz 1 und 2 des § 22 a.F. hergestellt.421 Durch die WEG-Novelle des Jahres 2007 ist aus dem damaligen Abs. 3 Abs. 6 geworden und 145a die Vorschrift um einen zweiten Satz erweitert worden. Dieser wurde durch den ebenfalls neu eingeführten Abs. 4 notwendig.

2. Beschlusskompetenz An der zuvor geschilderten alten Rechtslage hat sich durch die WEG-Novelle im Wesentlichen 146 nichts geändert. Im Wesentlichen wollte der Gesetzgeber mit Abs. 6 nur redaktionelle Änderungen vornehmen.422 § 22 Abs. 1stellt nun klar, dass die Wohnungseigentümer bauliche Veränderungen beschließen können, also eine Beschlusskompetenz besitzen. Es müssen alle zustimmen, die betroffen sind. Handelt es sich hingegen um eine Modernisierungsangelegenheit, genügt eine doppelt qualifizierte Mehrheit nach § 22 Abs. 2, ohne dass es auf eine Betroffenheit ankommt. Hiermit korrespondiert § 16 Abs. 4, wonach die Wohnungseigentümer mit gleichen Mehrheitsanforderungen die Kostenregelung treffen dürfen und eine Kostenverteilung nach Gebrauch oder Gebrauchsmöglichkeit wählen können. Aber auch für eine echte bauliche Veränderung nach § 22 Abs. 1 ist § 16 Abs. 4 anwendbar. Die Wohnungseigentümer können somit die Kostenfolgen regeln. Sie können festlegen, dass auch der nicht zustimmende Wohnungseigentümer an den Kosten der baulichen Veränderungen beteiligt wird, wenn er eine Gebrauchsmöglichkeit besitzt. Diese Gebrauchsmöglichkeit genügt, um durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss eine Kostenbeteiligung vorzusehen. Aus der Kostenbeteiligung folgt dann aber ebenso das Nutzungsrecht. Auch kann beschlossen werden, dass nur ein einzelner Wohnungseigentümer die Kosten der baulichen Veränderung zu tragen hat, wenn er der antragstellende Wohnungseigentümer ist und die Maßnahme nur in seinem Interesse liegt. Als Beispiele seien die Anbringung einer Markise oder eines Kaminrohrs genannt. Ebenso kommt die Einzelbelastung bei baulichen Veränderungen zur Beseitigung von Barrieren in Betracht, die von einem behinderten Wohnungseigentümer nach § 22 Abs. 1 verlangt werden können. Fraglich ist, ob der Beschluss über die Kostenfolge auch konkludent gefasst werden kann, also 146a durch Auslegung ermittelbar ist. Dafür spricht ein praktisches Bedürfnis. Es wäre widersinnig anzunehmen, dass die Wohnungseigentümer, die die Anbringung einer Markise genehmigen, aber keine Kostenfolge aussprechen, anteilig die Kosten mit übernehmen wollten. Immer dann, wenn die bauliche Veränderung ausschließlich im Einzelinteresse liegt, wird die Auslegung des Genehmigungsbeschlusses zu dem Ergebnis führen, dass der antragstellende Wohnungseigentümer die Kosten alleine zu tragen hat.423

3. Fehlender Beschluss über die Kostenfolge § 16 Abs. 6 ist erst einschlägig, wenn die Wohnungseigentümer keine Entscheidung, weder 146b ausdrücklich noch konkludent, über die Kostenfolge treffen und es sich nicht um eine Modernisierungsmaßnahme handelt. Da Abs. 6 für Modernisierungsmaßnahmen nach § 22 Abs. 2

421 S. Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz. 214; Gottschalg in Weitnauer, § 16 WEG Rz. 57; Merle in Bärmann/Pick/Merle, 9. Aufl., § 22 WEG Rz. 253; einschränkend Hogenschurz, MietRB 2005, 23 (25). 422 BT-Drucks. 16/887, 25. 423 Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 105; Merle in Bärmann, § 22 WEG Rz. 153; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 245.

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§ 16 Rz. 146b | Nutzungen, Lasten und Kosten nicht einschlägig ist, gilt dort der allgemeine Kostenverteilungsschlüssel nach der Gemeinschaftsordnung und in Ermangelung eines solchen der gesetzliche Verteilungsschlüssel nach § 16 Abs. 2 WEG. Abs. 6 ist nur relevant, wenn die bauliche Veränderung nicht ausschließlich im Einzelinteresse liegt, da sich dann die Kostenfolge durch Auslegung (s. vorstehende Rz.) ermitteln lässt.424 146c Nach Abs. 6 kommt es für die Kostenfolge bei baulichen Veränderungen im Gemeinschaftsinte-

resse nach § 22 Abs. 1 darauf an, wer zugestimmt hat.425 Wenn alle Betroffenen zugestimmt haben, wie es grundsätzlich § 22 Abs. 1 vorsieht, entsteht kein Problem. Dann haben auch alle Wohnungseigentümer die Kosten nach dem allgemein gültigen Verteilungsschlüssel zu tragen, es sei denn, sie treffen mit der Genehmigung eine andere Kostenregelung nach § 16 Abs. 4. 146d Teilweise wird die Zustimmung unter Vorbehalt, die Erklärung also, nur zustimmen zu wol-

len, wenn damit keine Kostenlast verbunden ist, als unzulässiger Beschluss unter Bedingungen angesehen.426 Diese Auffassung, die dogmatisch konsequent erscheint, trägt aber dem praktischen Bedürfnis auf Kostenfreistellung nicht Rechnung und lässt sich durch eine Kostenregelung im Beschluss vermeiden, die notfalls auch durch Auslegung zu ermitteln ist.427 Im Ergebnis macht es keinen Unterschied, ob die Zustimmung unter Kostenvorbehalt gestellt wird oder der Beschluss selbst schon die Verpflichtung enthält, dass der umbauende Wohnungseigentümer die Kosten alleine trägt. 146e Durch die bestehende Beschlusskompetenz sind nicht nur Zitterbeschlüsse möglich. Sie wer-

den sogar vom Gesetzeswortlaut nahezu vorausgesetzt. Der Beschluss über die bauliche Veränderung wird ohne gerichtliche Anfechtung bestandskräftig, auch wenn nicht alle Wohnungseigentümer zugestimmt haben, die beeinträchtigt sind. Diese nicht zustimmenden Wohnungseigentümer brauchen sich dann nicht an den Kosten der Maßnahme zu beteiligen.428 Dies ist konsequent, da sich andernfalls einzelne Wohnungseigentümer gezwungen sehen könnten, den Genehmigungsbeschluss anzufechten. Durch § 16 Abs. 6 werden dem Wohnungseigentümer die Wahlmöglichkeiten eröffnet, zuzustimmen mit Kostenfolge, nicht zuzustimmen und einen etwaigen Beschluss durch gerichtliche Anfechtung zu Fall zu bringen oder den Beschluss unangegriffen zu lassen mit der Folge der Kostenfreistellung. Abs. 6 schafft somit mehrere Gestaltungsmöglichkeiten. 147 Die teilweise vertretene Auffassung, dass Abs. 6 nur die Intention verfolgt, dass ein nicht be-

einträchtigter Wohnungseigentümer von der Kostenlast befreit werden soll,429 überzeugt nicht. Dieser muss ohnehin nicht zustimmen, so dass die Vorschrift weitgehend obsolet wäre. Die Auffassung trifft auch auf Wertungswidersprüche, da dann ein Wohnungseigentümer Kostenanteile mit übernehmen müsste, auch wenn er nicht zugestimmt hat, aber betroffen ist. Der betroffene Wohnungseigentümer könnte sich somit der Kostenlast nicht entziehen, egal ob er zustimmt oder nicht.430 Wer hingegen nicht betroffen und dessen Zustimmung nicht erforderlich ist, dummerweise aber zustimmt, müsste die Kosten dann ebenso mit tragen. Der Wortlaut unterstützt nur die Auffassung, dass es ausschließlich auf die fehlende Zustimmung ankommt, aus welchem Grunde auch immer sie fehlen mag.431 424 Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 4 Rz. 106. 425 BGH v. 11.11.2011 – V ZR 65/11, NJW 2012, 603 = ZMR 2012, 213 = MDR 2012, 80 = NotBZ 2012, 218 = MietRB 2012, 74. 426 So Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 245; Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 71. 427 Ebenso Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 155. 428 BGH v. 11.11.2011 – V ZR 65/11, MDR 2012, 80 = MietRB 2012, 74 = ZWE 2012, 86; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 243; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 103. 429 So Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 71. 430 So aber LG München I v. 28.2.2011 – 1 S 19089/10, NZM 2011, 368 m.w.N. 431 H.M. BGH v. 11.11.2011 – V ZR 65/11, MDR 2012, 80 = MietRB 2012, 74 = ZWE 2012, 86; AG München v. 23.9.2010 – 483 C 487/10, IMR 2011, 30; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 243;

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IX. Kosten der baulichen Veränderung (Abs. 4 und 6) | Rz. 148 § 16

Wer hingegen zustimmt, hat es selbst in der Hand, für eine mit der Zustimmung verbundene Kostenfolge zu sorgen. Die Zustimmung ist auch objektiv klar feststellbar, hingegen die Frage, ob und wer betroffen ist, häufig genug nicht ohne weiteres. Für die Frage der Kostenlast ist es nicht maßgebend, ob der betreffende Wohnungseigentümer durch die bauliche Veränderung beeinträchtigt wird. Die Auffassung, die § 16 Abs. 6 nur anwendet, wenn ein Wohnungseigentümer nicht zugestimmt hat, der auch nicht zustimmen musste,432 findet keine Stütze im Wortlaut der Vorschrift.433 § 16 Abs. 6 stellt nicht darauf ab, ob der zustimmende Wohnungseigentümer beeinträchtigt ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Zustimmung erforderlich war. Es müssen alle diejenigen anteiligen Kosten tragen, die positiv an einem entsprechenden Zitterbeschluss mitgewirkt haben.434 Umgekehrt ist derjenige von den Kosten zu befreien, der dagegen gestimmt hat oder an der Versammlung gar nicht teilnahm.435 Die Kostentragungslast der Zustimmenden ist gewissermaßen der „Preis“ für den grundsätzlich rechtswidrigen Zitterbeschluss. Wer nicht zustimmt, hat trotzdem ausnahmsweise die Kosten mitzutragen, wenn die Kosten- 148 freistellung nicht ausdrücklich Beschlussgegenstand war, er aber die bauliche Veränderung mit nutzt (bauliche Veränderung im Gemeinschaftsinteresse). Dies folgt aus dem Wortlaut von Abs. 6, der eine Korrelation zwischen Kostenlast und Nutzungsrecht herstellt.436 Nutzungen sind nicht nur die Früchte der Sache, sondern gem. § 100 BGB auch die Gebrauchsvorteile,437 auch wenn § 13 Abs. 2 zwischen Gebrauch und Nutzungen unterscheidet. Diese können auch erst später eintreten, so dass die anteilige Kostenlast auch erst dann beginnt.438 Als Beispiel ist ein nachträglicher Aufzugseinbau zu nennen, der zwar grundsätzlich keine bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 1, sondern eine Modernisierungsmaßnahme nach § 22 Abs. 2 darstellt und insoweit eigentlich nicht von § 16 Abs. 6 erfasst wird (s.u. Rz. 151). Der BGH439 differenziert aber zwischen § 22 Abs. 1 und 2 nach einer Kosten-/Nutzenanalyse, so dass bei negativer Bewertung durchaus auch von einer baulichen Veränderung im Zusammenhang mit einem Aufzugsbau ausgegangen werden kann. Wer diesen mit nutzen will, muss diesen auch mit bezahlen. Dabei kommt es nicht auf den Umfang der tatsächlichen Nutzung als Gradmesser für den Kostenanteil, sondern nur auf die bestehende Nutzungsmöglichkeit an, die zum Teil auch zwangsweise (z.B. veränderte Hauseingangstür) eintreten kann.440 Teilweise wird ein vergleichbares Ergebnis nach den Grundsätzen ungerechtfertigter Bereicherung hergestellt, wenn ein messbarer Vermögensvorteil eintritt.441 Dies gleicht aber nicht die Fälle aus, in de-

432 433 434 435 436 437 438 439 440 441

Gottschalg, NZM 2004, 529; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 154; Elzer in Riecke/Schmid, § 16 WEG Rz. 284; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 103. So LG München I v. 28.2.2011 – 1 S 19089/10, NZM 2011, 368; OLG Hamm v. 14.5.2002 – 15 W 300/01, ZWE 2002, 600. So auch Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 154; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 103. BGH v. 11.11.2011 – V ZR 65/11, NJW 2012, 603 = ZMR 2012, 213 = MDR 2012, 80 = NotBZ 2012, 218 = MietRB 2012, 74. BGH v. 11.11.2011 – V ZR 65/11, NJW 2012, 603 = ZMR 2012, 213 = MDR 2012, 80 = NotBZ 2012, 218 = MietRB 2012, 74; a.A. LG München I v. 28.2.2011 – 1 S 19089/10, NZM 2011, 368. So auch Armbrüster, ZWE 2002, 07, 105; Schmidt, ZMR 2001, 924; Briesemeister, ZWE 2002, 241 (244); a.A. die h.M, u.a. Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 244; Merle in Bärmann, § 22 WEG Rz. 300 Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 155; Wolicki, Handbuch WEG, § 7 Rz. 252. A.A. die h.M.: Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 72; Hügel/Elzer, § 16 WEG Rz. 131; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 244; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 161. Sauren, § 16 WEG Rz. 47. BGH v. 14.12.2012 – V ZR 224/11, ZWE 2013, 172 = MDR 2013, 263 = MietRB 2013, 78. Bei zwangsläufiger Mitbenutzung nur einen Bereicherungsausgleich annehmend: Sauren, § 16 WEG Rz. 48. OLG Hamm v. 14.5.2002 – 15 W 300/01, ZMR 2002, 965; OLG Schleswig v. 8.12.2006 – 2 W 111/ 06, MDR 2007, 829 = MietRB 2007, 178 = ZMR 2007, 562; Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16

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§ 16 Rz. 148 | Nutzungen, Lasten und Kosten nen die Nutzungsmöglichkeit nicht oder nur schwer finanziell messbar ist.442 Um solche Regelungslücken zu vermeiden, ist die Kostentragungslast als Folge der Nutzungsmöglichkeit unumgänglich. Zu berücksichtigen ist aber, dass z.B. Wertverbesserungsmaßnahmen, die keine Modernisierung darstellen, meist schon von § 22 Abs. 3 erfasst werden, also mit Mehrheit beschlossen werden können und dann ohne weiteres die Kostenfolge des § 16 Abs. 2 auslösen (s.u. Rz. 151). 149 Die Kostenregelung erfasst auch die Folgekosten.443 Wenn Kostenbefreiung eintritt, gilt dies

nicht nur für die Investitionskosten, sondern grundsätzlich auch für alle Folgekosten dieser Maßnahme.444 Die Vorschrift will nicht von später eintretenden „Sowieso-Kosten“ befreien.445 Die Übernahme der Folgekosten durch die umbauenden Wohnungseigentümer lässt sich aber zeitlich beschränken, wenn durch den Umbau Gemeinschaftseigentum entsteht.446 Wird beispielsweise das Dachgeschoss ausgebaut, entsteht an der Stelle des bisherigen Daches ein neues. Für dieses ist es sachgerecht, den ausbauenden Wohnungseigentümer nur innerhalb der Gewährleistungsfristen des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB analog die Folgekosten tragen zu lassen. Nach Ablauf dieser 5-jährigen Frist wären dann die Wohnungseigentümer wieder verpflichtet, die Kosten der Wartung und Reparatur des Daches insgesamt zu tragen, da sie sich andernfalls durch die bauliche Veränderung ungerechtfertigt bereichern würden. Die Instandhaltungsverpflichtung für das Gemeinschaftseigentum bleibt für die Wohnungseigentümer insgesamt gem. § 21 Abs. 5 Nr. 2 erhalten447 und wird durch den Eingriff des einzelnen Wohnungseigentümers nur temporär auf ihn verlagert. Hierüber muss der Genehmigungsbeschluss Klarheit verschaffen. 150 Ist die notwendige Zustimmung nicht erteilt worden und führt dennoch der Wohnungseigen-

tümer die bauliche Veränderung durch, besteht ein Beseitigungsanspruch (s.u. § 22 Rz. 45). Veräußert der Wohnungseigentümer vor Durchsetzung des Beseitigungsanspruchs sein Wohnungseigentum, so haftet der Sondernachfolger nicht für die Beseitigungsverpflichtung. Er hat die Beseitigung lediglich zu dulden.448 Indem der Sondernachfolger die Beseitigung nur dulden muss, entstehen Gemeinschaftskosten, die von allen Wohnungseigentümern einschließlich des Sondernachfolgers nach § 16 Abs. 2 zu tragen sind.449 151 § 16 Abs. 6 gilt aber nur für bauliche Veränderungen i.S.v. § 22 Abs. 1. Für Modernisierungen

i.S.v. § 22 Abs. 2 findet § 16 Abs. 2 Anwendung, wenn die Wohnungseigentümer keine Kos-

442 443

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WEG Rz. 72; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 104; Ott, ZWE 2002, 61 (67); Hügel/Elzer, § 16 WEG Rz. 131. So auch Hügel/Elzer, § 16 WEG Rz. 131. A.M. LG Itzehoe v. 12.7.2011 – 11 S 51/10, MietRB 2012, 204 = ZMR 2012, 219; Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 73; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 106; Hügel/Elzer, § 16 WEG Rz. 132; Bartholome in BeckOK, § 16 Rz. 248; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 4 Rz. 108; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 156. BayObLG v. 8.8.2002 – 2Z BR 5/02, NZM 2002, 869. Ebenso LG Itzehoe v. 12.7.2011 – 11 S 51/10, MietRB 2012, 204 = ZMR 2012, 219; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 158; a.A. LG Hamburg v. 4.3.2016 – 318 S 109/15, ZWE 2016, 458, wonach dem die bauliche Veränderung vornehmenden Wohnungseigentümer nicht gegen seinen Willen die Folgekosten per Beschluss auferlegt werden könnten. A.A. Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 156. Ebenso Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 73. H.M. BayObLG v. 4.12.1997 – 2Z BR 123/97, WE 1998, 276; v. 28.12.2001 – 2Z BR 163/01, NZM 2002, 351 = WuM 2002, 165 = NJW-RR 2002, 660; v. 15.9.2004 – 2Z BR 120/04, WuM 2004, 728 = MietRB 2005, 71; KG v. 10.7.1991 – 24 W 6574/90, WuM 1991, 516; Drabek in Riecke/Schmid, § 22 WEG Rz. 31; Merle in Bärmann, § 22 WEG Rz. 302; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 106. OLG Schleswig v. 20.3.2000 – 2 W 140/99, MDR 2000, 634 = NZM 2000, 674.

510 | Jennißen

X. Kosten eines Rechtsstreits wegen Entziehung des Wohnungseigentums | Rz. 154 § 16

tenregelung i.S.d. § 16 Abs. 4 treffen.450 § 16 Abs. 6 verweist nur auf § 22 Abs. 1, so dass er bei Modernisierungen keine Anwendung findet. Gleiches gilt für modernisierende Instandsetzungen gem. § 22 Abs. 3.

4. Finanzierung der Maßnahme Nur dann, wenn die Wohnungseigentümer für die bauliche Veränderung eine Kostenregelung 152 nach § 16 Abs. 4 treffen, handelt es sich um Gemeinschaftskosten, die aus dem Gemeinschaftsvermögen bedient werden können. § 16 Abs. 4 regelt den Kostenverteilungsschlüssel. Die Vorschrift würde keine Bedeutung erlangen, wenn die Kosten erst gar nicht vom Gemeinschaftskonto bedient werden dürften. Treffen hingegen die Wohnungseigentümer für die bauliche Veränderung keine Kostenverteilungsregelung i.S.v. § 16 Abs. 4, so dass es bei dem in Abs. 6 ausgesprochenen Grundsatz verbleibt, handelt es sich nicht um Gemeinschaftskosten, die vom Konto der Eigentümergemeinschaft verfügt werden könnten.451 Dann tragen nur die Berechtigten diese Kosten, was nicht nur im Sinne einer Kostenverteilungsregelung, sondern auch dahingehend zu verstehen ist, dass die Berechtigten die notwendige Liquidität selbst aufbringen. Auf keinen Fall kommt eine Begleichung der Kosten einer baulichen Veränderung aus der In- 153 standhaltungsrücklage in Betracht.452 Zum einen dient die Instandhaltungsrücklage der Deckung der Finanzmittel für notwendig werdende Reparaturen und nicht für bauliche Veränderungen. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Instandhaltungsrücklage von allen Wohnungseigentümern angesammelt wurde und daher eine Mittelverwendung hieraus nur dann in Betracht kommt, wenn auch alle Wohnungseigentümer an den Kosten zu beteiligen sind.453

X. Kosten eines Rechtsstreits wegen Entziehung des Wohnungseigentums (Abs. 7) Abs. 7 ist identisch mit dem früheren Abs. 4. Er regelt, dass zu den Kosten der Verwaltung 154 i.S.d. Abs. 2 auch die Kosten eines Rechtsstreits auf Entziehung des Wohnungseigentums gehören. Die Vorschrift bewirkt damit nichts anderes, als dass der Wohnungseigentümer, gegen den ein Prozess gem. § 18 geführt wird, sich auch dann an den Prozesskosten in Höhe seines Miteigentumsanteils beteiligen muss, wenn er das Verfahren gewinnt, die Klage also abgewiesen wird.454 Verliert der Beklagte hingegen das Verfahren und sieht der Urteilstenor vor, dass er die Prozesskosten gem. § 91 ff. ZPO zu tragen hat, trägt er die gesamten Kosten alleine.455

450 So auch Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 152. 451 AG Bonn v. 28.2.2011 – 27 C 202/10, ZWE 2011, 291. 452 Allgemeine Meinung: BGH v. 19.12.19991 – V ZB 27/90, NJW 1992, 978; AG Nürnberg v. 14.12.2000 – 1 UR II 243/00 WEG; Sauren, 16 WEG Rz. 136; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 252; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 157. 453 Zur früheren Rechtslage bereits OLG Hamm v. 14.5.2002 – 15 W 300/01, ZMR 2002, 965 = DWE 2003, 27; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 157. 454 OLG Stuttgart v. 25.11.1985 – 8 W 424/84, NJW-RR 1986, 379; OLG Düsseldorf v. 20.4.2007 – 3 Wx 127/06, NZM 2007, 569; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 263; Gottschalg in Weitnauer, § 16 WEG Rz. 58; Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 76. 455 OLG Stuttgart v. 25.11.1985 – 8 W 424/84, NJW-RR 1986, 379; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 264.

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§ 16 Rz. 155 | Nutzungen, Lasten und Kosten

XI. Ersatz des Schadens im Falle des § 14 Nr. 4 (Abs. 7) 155 Nach § 14 Nr. 4 muss es ein Wohnungseigentümer dulden, dass sein Sondereigentum betreten

wird, um Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum ausführen zu können. Der dem Wohnungseigentümer hierdurch entstehende Schaden ist ihm zu ersetzen. § 16 Abs. 7 regelt insoweit den Kostenverteilungsschlüssel und hebt hervor, dass der Schadensersatz auf alle Miteigentumsanteile zu verteilen ist, sodass sich auch der geschädigte Wohnungseigentümer in Höhe seines Anteils hieran beteiligen muss. Gegen wen sich der Anspruch richtet, also gegen den Verband oder die übrigen Wohnunseigentümer, hängt davon ab, ob die Maßnahme eines Beschlusses bedurft hätte. Der BGH456 lässt einen unmittelbaren Erstattungsanspruch gegen den Verband nur zu, wenn die Maßnahme schon beschlossen war, aber nicht durchgeführt wurde, oder ein Beschluss nicht notwendig war. Wurde beispielsweise ein Rohrbruch in der Wohnung durch den Sondereigentümer beseitigt, das zum Gemeinschaftseigentum gehört, kommt der Verband unabhängig von den Erstattungsansprüchen gegen die Gebäudeversicherung als Schuldner auf Erstattung der Kosten in Betracht, die der Sondereigentümer zur Schadensbeseitigung aufgewandt hat. In diesem Fall hätte es keines Beschlusses bedurft, wie §§ 21 Abs. 2, 27 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 4 verdeutlichen. Der Anspruch ist dann nicht um den Eigenanteil zu kürzen. Dies findet erst auf der Ebene der Kostenverteilung statt.457 Im Ergebnis reduziert sich sein Ersatzanspruch um seine eigene Kostenquote. 156 Ein Erstattungsanspruch besteht aber nicht, wenn es sich nicht um eine Notmaßnahme han-

delt, durch die Maßnahme keine messbare Wertsteigerung eintritt und die Maßnahme auch nicht mit dem mutmaßlichen Willen der übrigen Wohnungseigentümer übereinstimmt.458 Die Kosten einer „normalen“ Instandsetzungsmaßnahme sind dem Wohnungseigentümer nur dann zwingend zu erstatten, wenn die Maßnahme durchgeführt werden musste, das Ermessen der Wohnungseigentümer auf entsprechende Beschlussfassung auf Null reduziert war.459 Dieser Fall wird aber nicht von § 16 Abs. 6 erfasst, der nur die Schadensfolgen des § 14 Nr. 4 regelt. 157 Ein Kostenerstattungsanspruch kommt auch dann nicht in Betracht, wenn ein Schaden im

Sondereigentum lediglich seine Ursache in einem Mangel des Gemeinschaftseigentums hat (z.B. Dachundichtigkeit führt zu einem Feuchtigkeitsschaden am Teppichboden). Dann ist der Mangelfolgeschaden in der Wohnung vom betroffenen Sondereigentümer selbst zu tragen. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 14 Nr. 4 betrifft nur den Fall, dass im Zuge der Behebung eines Mangels am Gemeinschaftseigentum das Sondereigentum beschädigt wurde. 158 Allerdings können die Wohnungseigentümer als Folge von § 16 Abs. 4 auch beschließen, dass

jeder Wohnungseigentümer die Sanierungskosten des Gemeinschaftseigentums im Bereich des jeweiligen Sondereigentums (z.B. Fenster) einschließlich der Mangelfolgekosten (z.B. Beiputzarbeiten) selbst trägt. Dies folgt daraus, dass der Gesetzgeber in Abs. 7 über Abs. 2 indirekt auf Abs. 4 verweist. Es muss sich aber um Sanierungskosten in einem Bereich des Gemeinschaftseigentums handeln, den der betroffene Wohnungseigentümer selbst gebraucht. Sonst ist der gesetzlich vorgegebene Gebrauchsschlüssel nicht anwendbar. Auch sind zufällige Schadensfälle (z.B. Rohrbrüche) nicht über Abs. 4 aus der Solidarhaftung auf den Einzelnen zu verlagern (s.o. Rz. 66).

456 457 458 459

V. 25.9.2015 – V ZR 246/14, ZMR 2016, 210. AG Hamburg v. 30.6.2010 – 102B C 20/09, ZMR 2011, 249. KG v. 22.4.2004 – 24 W 233/03, DWE 2005, 31. BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, ZMR 2016, 210.

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XII. Kosten eines Rechtsstreits gem. § 43 (Abs. 8) | Rz. 162 § 16

XII. Kosten eines Rechtsstreits gem. § 43 (Abs. 8) 1. Streitwertvereinbarung § 16 Abs. 5 a.F. stellte fest, dass die Kosten eines Gerichtsverfahrens nach § 43 nicht zu den 159 Kosten der Verwaltung i.S.d. Abs. 2 gehören. Der insoweit 2007 neu formulierte Abs. 8 will hieran grundsätzlich nichts ändern460 und formuliert lediglich eine Ausnahme, soweit es sich um Mehrkosten gegenüber der gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwalts aufgrund einer Vereinbarung über die Vergütung gem. § 27 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 6 handelt. Hierbei handelt es sich um eine Streitwertvereinbarung, nicht um eine Honorarvereinbarung im klassischen Sinne.461 Diese Mehrkosten sind nach Abs. 2 zu verteilen, sodass der allgemein geltende Verteilungs- 160 schlüssel unter Einbeziehung des Prozessgegners zur Anwendung kommt. Selbst wenn der Kläger die Klage gewinnt und einen Kostenerstattungsanspruch zugesprochen erhält, müssen die unterliegenden Gegner (übrigen Wohnungseigentümer) diese Mehrkosten nicht alleine tragen. Der Kläger muss sich an diesem Mehrbetrag mit seiner allgemeinen Kostenquote beteiligen. Mit den Worten „diese zunächst von der obsiegenden Mehrheit zu tragende Differenz“ erweckt der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung462 den Eindruck, als müssten diese Mehrkosten bis zum Abschluss des Verfahrens von den übrigen Wohnungseigentümern im Sinne einer Vorfinanzierungspflicht alleine getragen werden, um dann den Gegner erst nach Abschluss des Verfahrens nachträglich beteiligen zu können. Für eine solche Differenzierung besteht aber kein Grund. Die entstehenden Mehrkosten sind verfahrensrechtlich (Kostenfestsetzungsbeschluss) nie vom Gegner zu tragen, wohnungseigentumsrechtlich aber stets mit zu übernehmen. Deshalb ist auf die gerichtliche Entscheidung nicht zu warten, da sie auf die Beteiligungspflicht des einzelnen Wohnungseigentümers an diesen Mehrkosten keinen Einfluss hat. Die Regelung bezieht sich nur auf die Kosten eines echten WEG-Verfahrens , namentlich Be- 161 schlussanfechtungsverfahren, mit Ausnahme der Wohngeldverfahren. Bei diesen bestimmt sich der Streitwert nach dem geltend gemachten Betrag, so dass für eine Streitwertvereinbarung kein Raum ist. Ebenso wenig kommt Abs. 8 bei Klagen Dritter in Betracht. Zwar verweist Abs. 8 allgemein auf § 43 und damit auch auf Klagen Dritter gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft oder gegen Wohnungseigentümer (§ 43 Nr. 5). Die Streitwertvereinbarung bezieht sich aber nur auf den Streitwert gem. § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG (Gerichtskostengesetz), wie § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG verdeutlicht. § 49a regelt den Streitwert für echte Wohnungseigentumssachen, bei denen kein bestimmter Geldbetrag eingeklagt wird. Dies folgt aus § 48 GKG, wonach der bezifferte Geldbetrag maßgebend bleibt.463 Für Klageverfahren mit Dritten ist § 48 GKG ebenfalls einschlägig, da eine Streitwertvereinbarung der Wohnungseigentümer einen Dritten nicht binden kann. Somit hat Abs. 8 auf Klageverfahren mit Dritten keine Auswirkungen. Dazu zählen auch Klageverfahren gegen Miteigentümer, deren Rechtsgrund nicht im Gemeinschaftsverhältnis liegt, z.B. in einem Bauträgervertrag.464 Kosten eines Rechtsstreits gem. § 18 fallen ebenfalls nicht unter die Regelung, wie zusätzlich 162 Abs. 7 klarstellt.

460 461 462 463 464

BT-Drucks. 16/887, 26. Siehe zu Stundensatzvereinbarungen LG München I v. 2.8.2017 – 1 S 15254/ 16, ZMR 2017, 1008. BT-Drucks. 16/887, 26. BT-Drucks. 16/887, 53. LG München I v. 13.5.2013 – 1 S 10826/12, MietRB 2013, 245 = NZM 2013, 832.

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§ 16 Rz. 163 | Nutzungen, Lasten und Kosten 163 Der Regelungsgehalt der Norm erfasst nur gerichtliche Verfahren. Lassen die Wohnungseigen-

tümer ein Rechtsgutachten über die Wirksamkeit von Beschlüssen erstellen, dann sind die hiermit verbundenen Kosten als Gemeinschaftskosten gem. § 16 Abs. 2 umlagefähig.465

2. Gerichtliche Kostenentscheidung 164 Die Besonderheit von Abs. 8 liegt darin, dass von den Wohnungseigentümern zunächst die

gerichtliche Kostenentscheidung zu beachten ist. Regelt beispielsweise beim Beschlussanfechtungsverfahren die gerichtliche Entscheidung, dass die Kosten des Verfahrens von den Beklagten zu tragen sind, werden diese im Kostenfestsetzungsbeschluss als Kostenschuldner genannt. Der dort ausgewiesene Betrag ist bei der internen Kostenverteilung nur auf die Beklagten zu verteilen. Beschließen die Wohnungseigentümer dennoch eine Einbeziehung des Klägers bei der Kostenverteilung, ist der Beschluss nichtig.466 165 Anders soll es sich verhalten, wenn am wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren der rechts-

fähige Verband als solcher beteiligt ist. Dann soll nach h.M. auch der obsiegende Wohnungseigentümer im Innenverhältnis an den Prozesskosten zu beteiligen sein.467 Es handele sich auch insoweit um Kosten der Verwaltung i.S.v. § 16 Abs. 2. Insbesondere sollen Klagen des Verbandes gegen einzelne Wohnungseigentümer auf Zahlung von Wohngeld dazugehören.468 Verliert der Verband das Verfahren, trifft ihn die Kostenlast. Bei der internen Kostenverteilung sei der obsiegende Wohnungseigentümer allerdings nicht auszunehmen.469 Diese als herrschend anzusehende Auffassung überzeugt wegen des entgegenstehenden Wortlauts des § 16 Abs. 8 nicht, der ausdrücklich nur Mehrkosten aufgrund einer Streitwertvereinbarung als Kosten der Verwaltung definiert. Die Vorgängervorschrift des damaligen § 16 Abs. 5 erfasste ebenfalls Wohngeldverfahren, so dass auch insoweit die gerichtliche Kostenentscheidung maßgebend blieb.470 Der Gesetzgeber wollte an diesem Prinzip nichts ändern.471 Wenn er der Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft hätte Rechnung tragen wollen, wäre der Wortlaut des § 16 Abs. 8 anders abzufassen gewesen. Die h.M. führt dazu, dass der Richterspruch nur noch für das Kostenfestsetzungsverfahren maßgebend ist, nicht aber für die Kostenverteilung im Innenverhältnis. Dies war aber nicht die Intention des Gesetzgebers.472 Er wollte gerade mit § 16 Abs. 8 das Innenverhältnis dem Urteilsspruch anpassen. Entsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung: „Kosten eines Rechtssstreits gemäß § 43 WEG (neu) sollen – wie auch nach geltendem Recht (§ 16 Abs. 5 WEG) – grundsätzlich keine Kosten der Verwaltung sein“ (BT-Drucks. 16/887, 53). 165a Unproblematisch ist die Behandlung der Kosten eines Rechtstreits des Verbandes gegen einen

Dritten. Dies sind im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander stets Kosten

465 OLG Köln v. 20.11.1996 – 16 Wx 217/96, WE 1997, 428; BGH v. 15.3.2007 – V ZB 1/06, MDR 2007, 879 = MietRB 2007, 142 = NZM 2007, 358. 466 AG Goslar v. 24.2.2007 – 27 II 59/06 WEG, ZMR 2007, 571. 467 BGH v. 4.4.2014 – V ZR 168/13, MDR 2014, 705 = ZMR 2014, 808 = MietRB 2014, 205; LG München I v. 13.5.2013 – 1 S 10826/12, MietRB 2013, 245 = NZM 2013, 832; LG Frankfurt v. 12.12.2013 – 2-13 S 75/13, ZWE 2014, 170; Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 78; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 171; Niedenführ, ZMR 2018, 168. 468 Hügel, ZWE 2008, 265; Elzer in Riecke/Schmid, § 16 WEG Rz. 318; Jennißen, NZM 2007, 510; a.A. LG München I v. 13.5.2013 – 1 S 10826, NZM 2013, 684; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 172. 469 A.A. LG München I v. 13.5.2013 – 1 S 10826/12, MietRB 2013, 245 = NZM 2013, 832. 470 Bärmann/Pick, § 16 WEG, 17. Aufl., Rz. 61. 471 BT-Drucks. 16/887, 26, wo es heißt: Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 43 WEG (neu) sollen – wie auch nach geltendem Recht § 16 Abs. 5 WEG) – grundsätzlich keine Kosten der Verwaltung sein; kritisch auch T. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 81. 472 Siehe zur alten Regelung Pick in Bärmann/Pick/Merle, 9. Aufl., § 16 WEG Rz. 149.

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XII. Kosten eines Rechtsstreits gem. § 43 (Abs. 8) | Rz. 167a § 16

der Verwaltung i.S.v. § 16 Abs. 2, die somit nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel zu verteilen sind.473 Auch die Neuregelung lässt offen, ob die interne Verteilung der Kosten gem. Kostenfestset- 166 zungsbeschluss in der Folge nach Miteigentumsanteilen474 oder nach dem Kopfprinzip zu erfolgen hat.475 Dieser Streit ist vom BGH476 dahin entschieden worden, dass grundsätzlich nach Miteigentumsanteilen zu verteilen ist, sofern die Gemeinschaftsordnung keine andere Regelung enthält. Dem BGH folgend, reduziert sich der Regelungsgehalt des Abs. 8 darauf, dass die Mehrkosten aufgrund einer Vergütungsvereinbarung zwingend nach Miteigentumsanteilen zu verteilen sind, sofern keine andere Vereinbarung getroffen wurde. Insoweit besteht für die Wohnungseigentümer keine Beschlusskompetenz zur anderweitigen Verteilung der Mehrkosten. Anders verhält es sich beim Grundhonorar (Gebühren auf Basis des gesetzlichen Streitwertes). Hier hat der BGH differenziert. Handele es sich um Wohngeldklagen oder um andere Verfahren, an denen der Verband beteiligt sei (Klagen Dritter z.B.), würde es sich bei den hieraus entstehenden Kosten ebenfalls um Kosten der Verwaltung handeln, die also nach der bis 2007 geltenden Rechtslage nur nach Miteigentumsanteilen gem. § 16 Abs. 2 verteilt werden konnten. Hingegen würden aus Binnenstreitigkeiten folgende Kosten nicht zu den Kosten der Verwaltung zählen, die aber dennoch aus allgemeinen Erwägungen ebenfalls nach Miteigentumsanteilen zu verteilen seien, sodass letztendlich kein Unterschied entstand. Die vom BGH vorgenommene Differenzierung überzeugt gerade vor der Gesetzesnovelle des 167 Jahres 2007 nicht.477 Auch Binnenstreitigkeiten sind nun Kosten der Verwaltung. Der Verwalter darf gem. § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG diese Verfahren auf Passivseite ohne Beschluss führen und dazu auch die entstehenden Kosten aus Mitteln der Gemeinschaft vorfinanzieren.478 Für Aktivprozesse bedarf es zwar weiterhin einer besonderen Bevollmächtigung. Da der Verwalter aber auch diese Verfahren grundsätzlich führen darf, handelt es sich ebenfalls um eine Verwaltungsangelegenheit. Für diese Art von Verwaltungskosten können die Wohnungseigentümer auch einen Beschluss nach § 16 Abs. 3 fassen und so im Vorhinein festlegen, dass die Kosten nach Köpfen zu verteilen sind. Aber auch dann ist der obsiegende Beklagte, der vom Verband in Anspruch genommen wurde, nicht an den Kosten zu beteiligen (s.o. Rz. 165), da sein Obsiegen zeigt, dass er die Klage nicht verursacht hat. Im Ergebnis ist Abs. 8 so zu verstehen, dass es sich bei den Verfahrenskosten zwar immer um 167a Kosten der Verwaltung handelt, die Mehrkosten einer Streitwertvereinbarung aber zwingend gem. § 16 Abs. 2 nach Miteigentumsanteilen zu verteilen sind, während über die Verteilung der Grundkosten mehrheitlich gem. Abs. 3 beschlossen werden kann. Dieser Beschluss muss aber ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Hierfür ist das Willkürverbot zu beachten. Es ist jedoch nicht willkürlich, die Kostenverteilung nach Köpfen vorzunehmen.479 Beim Verteilungsschlüssel für die Grundkosten darf der gegnerische Wohnungseigentümer nicht beteiligt werden. Insoweit bleibt immer die gerichtliche Kostenentscheidung maßgebend. 473 LG München I v. 13.5.2013 – 1 S 10826/12, MietRB 2013, 245 = ZMR 2013, 832. 474 OLG Köln v. 16.5.2003 – 16 Wx 76/03, MietRB 2003, 110, wonach die Verfahrenskosten nach dem allgemein gültigen Verteilungsschlüssel abzurechnen seien unter Aussparung des Verfahrensgegners; ebenso BayObLG v. 10.4.2002 – 2Z BR 70/01, MietRB 2003, 42 = NZM 2002, 531; KG, Vorlagebeschl. v. 7.11.2005 – 24 W 143/05, NZM 2006, 112; Merle, WE 1991, 4; Sauren, § 16 WEG Rz. 26; Becker, MietRB 2004, 25. 475 OLG Düsseldorf v. 18.10.2002 – 3 Wx 261/02, WuM 2003, 44 = NZM 2003, 327; Deckert, WE 1987, 102. 476 BGH v. 15.3.2007 – V ZB 1/06, MDR 2007, 879 = MietRB 2007, 142 = NZM 2007, 358 = NJW 2007, 1869. 477 So auch T. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 81. 478 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 26/14, MDR 2015, 146 = ZMR 2015, 244. 479 S. auch Jennißen, Anmerkung zu BGH v. 15.3.2007 – V ZB 1/06, MDR 2007, 879 = MietRB 2007, 142 = NZM 2007, 510.

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§ 16 Rz. 167b | Nutzungen, Lasten und Kosten 167b Im Außenverhältnis wird § 100 ZPO, der eine Kostenverteilung nach Köpfen vorsieht, eben-

falls von dem Prinzip der anteiligen Kostenlast nach Miteigentumsanteilen verdrängt.480 Zwar sind für die Kostenerstattungsansprüche des Gerichts oder des Rechtsanwalts aus einem Beschlussanfechtungsverfahren die Vorschriften des § 10 Abs. 8 und des § 16 Abs. 2 nicht unmittelbar einschlägig. Nur ihre analoge Anwendung führt zu praktikablen Ergebnissen, da anderenfalls die Wohnungseigentümer im Außenverhältnis eine Kostenverteilung nach Köpfen schulden würden, die sie dann im Innenverhältnis nach Miteigentumsanteilen zu verrechnen hätten.481 168 Verliert der anfechtende Wohnungseigentümer die Anfechtungsklage und hat die Kosten des

Rechtsstreits nach § 91 ZPO zu tragen, können die übrigen Wohnungseigentümer die Festsetzung der Kosten beantragen. Aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss kann vollstreckt werden. Hat der anfechtende Wohnungseigentümer am Jahresende die Kosten nicht an die Eigentümergemeinschaft erstattet, kann der Verwalter den Betrag auch als Einzelbelastung in die Jahresabrechnung einstellen, wenn die Kosten vom Gemeinschaftskonto abgeflossen sind. Zahlt dann der betreffende Eigentümer die Abrechnungsspitze nicht, kann die Eigentümergemeinschaft nur die Abrechnungsspitze abzgl. des Kostenerstattungsbetrags einklagen, da über diese Differenz bereits ein Titel (Kostenfestsetzungsbeschluss) besteht. Darf der Verwalter für die Prozessbegleitung ein Sonderhonorar in Rechnung stellen, können die Wohnungseigentümer per Beschluss ihre Verteilung auf die unterlegene Partei gem. §§ 21 Abs. 7, 16 Abs. 8 festlegen.482 169 Ist ein gerichtliches Verfahren am Jahresende noch nicht abgeschlossen und liegt somit noch

keine gerichtliche Kostenentscheidung vor, so hat der Verwalter etwaige Vorschusszahlungen, die er vom Gemeinschaftskonto zahlen darf (s.o. § 27 Rz. 74 ff.),483 ebenfalls nach dem allgemein geltenden Verteilungsschlüssel unter Ausschluss des Gegners zur Verteilung zu bringen.484 Noch nicht verauslagte Kosten, die aber voraussichtlich anfallen, kann der Verwalter auch im Wirtschaftsplan berücksichtigen.485 Allerdings kann der Gegner für die Vorschussanteile einbezogen werden, die auf einer Streitwert-/Honorarvereinbarung gem. § 27 Abs. 2 Nr. 4 beruhen. An diesen Mehrkosten ist unabhängig vom Prozessausgang auch der anfechtende Wohnungseigentümer zu beteiligen (s.o. Rz. 159 ff.). Die Erhebung solcher Kostenvorschüsse per Wirtschaftsplan oder Sonderumlage ist selbst für ein Beschlussanfechtungsverfahren nicht rechtswidrig.486 Sodann sind die Vorschüsse in die Jahresabrechnung einzustellen. Dies folgt aus § 27 Abs. 2 Nr. 2, wonach der Verwalter das Passivverfahren führt und es sich 480 A.A. AG Bremen v. 14.5.2013 – 29 C 0110/12, ZMR 2013, 836. 481 Ebenso AG Dortmund v. 28.1.2008 – 511 C 3/07, NJW 2008, 1089; Wolicki, NZM 2008, 717; Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 287; a.A. AG Kerpen v. 19.7.2010 – 26 C 19/10, ZMR 2011, 251, das sowohl eine Gesamtschuld verneint als auch die Haftung im Außenverhältnis von dem Stimmrechtsprinzip abhängig macht; gilt z.B. das Objektstimmrecht, müsse jeder Wohnungseigentümer nach der Anzahl seiner Wohnungen haften. 482 LG Dortmund v. 19.4.2016 – 1 S 437/15, ZMR 2016, 643. 483 Ebenso Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 16 WEG Rz. 87; Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 81; Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz. 248;kritisch: Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 285. 484 KG v. 5.10.2005 – 24 W 6/05, MDR 2006, 744 = MietRB 2006, 196 = ZMR 2006, 224; LG Leipzig v. 15.1.2007 – 1 T 420/06, ZMR 2007, 400; a.A. KG v. 30.3.1992 – 24 W 6339/91, NJW-RR 1992, 845, wonach die Vorschüsse zunächst auf alle Wohnungseigentümer zu verteilen seien, was dann zu berichtigen sei, wenn die gerichtliche Entscheidung vorliegt. 485 LG Berlin v. 17.11.2009 – 55 S 92/09 WEG, Info M 2010, 135. 486 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 26/14, MDR 2015, 146 = ZMR 2015, 244; a.A. OLG München v. 16.11.2006 – 32 Wx 125/06, MietRB 2007, 40 = NZM 2007, 251; ebenso BayObLG v. 29.4.2004 – 2Z BR 004/04, ZMR 2004, 763, wonach nur solche Kosten erhoben und verteilt werden dürften, die der Verband schuldet; offen lassend: BGH v. 15.3.2007 – V ZB 1/06, MDR 2007, 879 = MietRB 2007, 142 = NZM 2007, 358.

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XIII. Schuldner der Lasten und Kosten | Rz. 171a § 16

somit um eine Verwaltungsangelegenheit handelt. Die gesetzliche Verpflichtung zur Führung der Prozesse wäre dem Verwalter nicht zumutbar, wenn er über die Gemeinschaftskasse keine Kostensicherheit erzielen könnte. Er dürfte Rechtsanwälte ohne Beschluss beauftragen, sie aber nicht bezahlen.487 Der BGH teilt diese Auffassung jedenfalls dann, wenn die Wohnungseigentümer einen entsprechenden Mehrheitsbeschluss, der dem Verwalter die Begleichung der Kosten aus Gemeinschaftsmitteln genehmigt, gefasst haben,488 der jedoch nach diesseitiger Auffassung nicht notwendig ist. Die dogmatischen Zweifel, der Verband könne die Kosten nicht übernehmen, da er am Anfechtungsverfahren nicht beteiligt ist,489 übersieht, dass der Verband kein Selbstzweck ist und nur über Gelder verfügt, die ihm die Wohnungseigentümer zur Verfügung stellen. Die Abwicklung der Vorschüsse über den Verband dient der praktikablen Erfüllung gleichgerichter Interessen der beklagten Wohnungseigentümer.490 Auch wäre es nicht vertretbar, die Mehrkosten einer Streitwertvereinbarung nach Abs. 8 als Kosten der Verwaltung und somit aus Gemeinschaftsmitteln bezahlbar anzusehen, nicht aber das Grundhonorar. Sieht die spätere gerichtliche Kostenentscheidung vor, dass der Gegner die Verfahrenskosten 170 alleine zu tragen hat, so führt dies zu nachträglichen Erstattungsansprüchen der am Verfahren beteiligten Wohnungseigentümer. Auch die zwischenzeitlich ausgeschiedenen Wohnungseigentümer erhalten ebenfalls nach Auffassung des OLG Frankfurt491 den Kostenerstattungsanspruch, da sie Verfahrensbeteiligte waren. Diese Auffassung spricht im Übrigen auch für die Aufteilungstheorie (s.u. Rz. 181 ff.), da die Kostenbelastung bzw. die Gutschriftserteilung an ausgeschiedene Wohnungseigentümer nach der Fälligkeitstheorie nicht denkbar wäre. Zudem führt die Auffassung dazu, dass innerhalb der Jahresabrechnung ein Status (s.u. § 28 Rz. 126 ff.) erstellt werden muss, damit die Wohnungseigentümer erkennen können, ob und in welcher Höhe ggf. noch Beträge an ausgeschiedene Miteigentümer zu zahlen sind.492

XIII. Schuldner der Lasten und Kosten 1. Eigentümer Mit der Eintragung ins Grundbuch wird der Erwerber Mitglied der Eigentümergemeinschaft. 171 An das Mitgliedschaftsrecht ist die Zahlungspflicht geknüpft.493 Der Abschluss eines Kaufvertrags und der schuldrechtliche Übergang von Lasten und Kosten gehen zwar in der Regel dem Eigentumsübergang voraus, sind aber wohnungseigentumsrechtlich irrelevant,494 sofern es sich nicht um den ersten Verkaufsvorgang vom Bauträger handelt. Die Jahresabrechnung ist zwar wohnungsbezogen zu erstellen.495 Die Zahllast ist aber per- 171a sonenbezogen. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 16, der in Abs. 2 von der Zahlungsverpflich-

487 488 489 490 491 492 493 494

495

Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 285; a.A. Hügel, ZWE 2008, 265. BGH v. 17.10.2014 – V ZR 26/14, MDR 2015, 146 = ZMR 2015, 244. So Bartholome in BeckOK, § 16 WEG Rz. 285. So auch BGH v. 17.10.2014 – V ZR 26/14, MDR 2015, 146 = ZMR 2015, 244. OLG Frankfurt v. 11.8.2005 – 20 W 56/03, NZM 2006, 302; Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz. 192; Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 81. S. auch Stähling, NZM 2006, 766 f. So auch Becker in Bärmann, § 28 WEG Rz. 66a. Allg. Meinung, wonach es die Rechtsfigur des werdenden Wohnungseigentümers, der schon Stimmrechte ausüben kann und Lasten zu tragen hat, nicht gibt: BGH v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087; BayObLG v. 11.4.1990 – BReg.2 Z 7/90, NJW 1990, 3216 = WE 1991, 367; OLG Celle v. 14.2.2002 – 4 W 6/02, ZWE 2002, 475; v. 4.8.2008 – 4 W 32/08, ZMR 2009, 52; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 179; Müller, Praktische Fragen, 1. Teil, Rz. 45. So auch Köhler in Köhler, Handbuch, Teil 6 Rz. 10.

Jennißen | 517

§ 16 Rz. 171a | Nutzungen, Lasten und Kosten tung und in Abs. 1 von dem Nutzungsrecht des Wohnungseigentümers spricht. Nutzungsrecht und Zahllast bedingen somit einander. Andernfalls hätte der Gesetzgeber formulieren können, dass mit jeder Wohnung die Kostenlast verbunden ist, so dass diese wie eine nicht aus dem Grundbuch ersichtliche Zahllast an der Wohnung hängen und auf einen Rechtsnachfolger übergehen könnte. Auch der BGH spricht inzwischen von einer persönlichen Zahlungspflicht und lehnt einen dinglichen Charakter der Zahlungsansprüche ab.496 172 Die einzige Ausnahme, bei der ein noch nicht im Grundbuch als Eigentümer eingetragener

Erwerber schon das Stimmrecht in der Eigentümergemeinschaft ausübt und verpflichtet ist, die Wohngeldlasten zu tragen, besteht bei der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach überwiegender Auffassung zwingen praktische Erwägungen dazu, bei Neubauoder Aufteilungsobjekten die Zahlungspflicht der Erwerber vorzuverlegen und nicht auf die Eigentumspositionen abzustellen. Dazu muss die Bezugsfertigkeit der Wohnungen hergestellt, ein wirksamer Kaufvertrag abgeschlossen, Lasten und Kosten nach den schuldrechtlichen Absprachen übergegangen und eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen worden sein.497 Für die Wirksamkeit des Erwerbsvertrags kann im Wohngeldprozess nur auf evidente und unbestrittene Einwendungen abgestellt werden. Insbesondere ist es mit dem Bedürfnis der Wohnungseigentümergemeinschaft, ihre laufenden Verbindlichkeiten zeitnah erfüllen zu können, nicht zu vereinbaren, wenn über den Einwand der Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages ein Sachverständigengutachten im Wohngeldprozess eingeholt würde.498 Allerdings kommt es auf den konkreten Besitzübergang der einzelnen Wohnung an.499 Diese muss grundsätzlich bezugsfertig sein. Ausnahmsweise genügt der Besitzübergang einer nicht fertiggestellten Wohnung, wenn es sich um ein steckengebliebenes Bauvorhaben handelt. Damit bei Insolvenz des Bauträgers die Eigentümergemeinschaft selbst das Objekt fertig bauen kann, besteht ein praktisches Bedürfnis dafür, in einem solchen Fall nicht auf die Bezugsfertigkeit abzustellen, sondern die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft noch weiter vorzuverlagern. 172a Sind die Kriterien für eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft erfüllt, bleibt der ein-

zelne Erwerber Mitglied der Gemeinschaft und somit zahlungsverpflichtet,500 auch wenn durch Eintragung einer zweiten Person als Eigentümer in das Grundbuch eine sog. Vollrechtsgemeinschaft entsteht.501 Dies gilt auch dann, wenn die Auflassung durch einen Gläubiger des Erwerbers gepfändet wurde.502 Auch nach Entstehung der Vollrechtsgemeinschaft können lediglich mit einer Vormerkung ausgestattete Erwerber Mitglied der Gemeinschaft werden, vorausgesetzt, es handelt sich um sog. Ersterwerber. Zweiterwerber können hingegen nur durch

496 BGH v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, MDR 2013, 1309 = MietRB 2013, 327 = NZM 2013, 733. 497 H.M. BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, MDR 2012, 958 = ZMR 2012, 711; v. 5.6.2008 – V ZB 85/ 07, MDR 2008, 1088 = ZMR 2008, 805; BayObLG v. 11.4.1990 – BReg.2 Z 7/90, NJW 1990, 3216; OLG Frankfurt v. 14.12.1992 – 20 W 182/91, DWE 1993, 77; v. 25.4.1997 – 20 W 433/96, DWE 1998, 43; OLG Köln v. 27.8.1997 – 16 Wx 86/97, NZM 1998, 199; OLG Hamm v. 3.12.2002 – 15 W 340/02, MietRB 2003, 39 = ZMR 2003, 776; Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 179; Müller, Praktische Fragen, 1. Teil, Rz. 45; Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 23 ff.; a.A. OLG Saarbrücken v. 27.2.1998 – 5 W 252/97-85, WE 1998, 314; v. 7.5.2002 – 5 W 368/01, NZM 2002, 610, wonach die Konstruktion der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft zu zufälligen und nicht sachgerechten Ergebnissen führe. 498 LG Nürnberg-Fürth v. 11.8.2010 – 14 S 1985/10, MietRB 2011, 153 = NZM 2011, 283. 499 BGH v. 11.5.2011 – V ZR 196/11, MDR 2012, 958 = MietRB 2012, 236 f. = NZM 2012, 643 = ZMR 2012, 711. 500 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = NJW 2008, 2639; LG Dresden v. 30.8.2005 – 2 T 68/05, ZMR 2006, 77. 501 Nebeneinander von „werdender WEG“ und in Vollzug gesetzter WEG annehmend, OLG Köln v. 2.2.2004 – 16 Wx 244/03, MietRB 2004, 264 = ZMR 2004, 859. 502 AG Leipzig v. 13.10.2008 – 151 C 7184/07, ZMR 2009, 155.

518 | Jennißen

XIII. Schuldner der Lasten und Kosten | Rz. 175 § 16

Erwerb von Eigentum die Mitgliedschaftsrechte übernehmen.503 Selbst wenn das Mitglied einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft dem Vollrechtseigentümer gleichgesetzt wird, so kann dennoch gegen diesen nicht die Zwangsverwaltung betrieben werden, da hierfür das Eigentum beim Schuldner liegen muss.504 Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu (Bruchteilseigentümer), haften 172b diese für die Wohngeldzahlungen gesamtschuldnerisch.505 Die Wohngeldschuld wird für den Erben dann zu einer Eigenverbindlichkeit, wenn er die 172c Erbschaft angenommen oder die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist und ihm die faktische Nutzungsmöglichkeit zusteht.506 Der Kaufvertrag muss wirksam sein.507 Der im Grundbuch eingetragene Eigentümer kann im 172d Wohngeldprozess die Nichtigkeit des Eigentumsübergangs einwenden.508

2. Veräußerung der Eigentumswohnung a) Fälligkeitstheorie Nach ganz herrschender Auffassung ist im Falle der Wohnungsveräußerung (Zweiterwerb) 173 der Übergang der Lasten nach dem Fälligkeitszeitpunkt zu bestimmen. Der Eigentümer hat nur das zu zahlen, was während seiner Zugehörigkeit zur Eigentümergemeinschaft wirksam beschlossen und fällig wurde, sog. Fälligkeitstheorie.509 Die Fälligkeitstheorie bewirkt hinsichtlich der Jahresabrechnungsergebnisse, dass der Verwal- 174 ter nur gegenüber demjenigen Eigentümer abrechnen darf, der zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Abrechnung im Grundbuch eingetragen ist. Lediglich das Datum der Eigentumsumschreibung und nicht der Lasten- und Kostenübergang laut Kaufvertrag ist entscheidend. Nur ausnahmsweise bleibt der Veräußerer zahlungsverpflichtet, wenn die Auflassung510 oder der Kaufvertrag nichtig ist.511 Selbst wenn es zu einer verzögerten Grundbucheintragung kommt, die der Erwerber nicht zu vertreten hat, bleibt das Eintragungsdatum maßgebend.512 Hinsichtlich des Wohngeldes gilt die Zahlungsverpflichtung entsprechend, d.h., dass bis zum 175 Datum der Eigentumsumschreibung der Veräußerer das fällig gewordene Wohngeld schuldet 503 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, MDR 2012, 958 = MietRB 2012, 236 f. = NZM 2012, 643 = ZMR 2012, 711. 504 BGH v. 23.9.2009 – V ZB 19/09, MDR 2009, 1415 = MietRB 2009, 357 = ZMR 2010, 125. 505 LG Saarbrücken v. 13.4.2010 – 5 T 303/09, MietRB 2011, 124 = ZWE 2010, 416. 506 BGH v. 5.7.2013 – V ZR 81/12, MDR 2013, 1045 = MietRB 2013, 267 = NZM 2013, 736. 507 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, ZMR 2008, 805. 508 OLG Dresden v. 17.12.2009 – 3 W 876/09, ZMR 2010, 462; a.A. LG Nürnber-Fürth v. 11.8.2010 – 14 S 1985/10 WEG, ZMR 2011, 243. 509 BGH v. 21.4.1988 – V ZB 10/87, MDR 1988, 765 = NJW 1988, 1910 = WuM 1989, 95 = DWE 1988, 135; v. 2.12.2011 – V ZR 113/11, ZWE 2012, 90 = ZMR 2012, 284; OLG Köln v. 15.1.2008 – 16 Wx 141/07, MietRB 2008, 173 = ZMR 2008, 478; v. 17.11.1988 – 16 Wx 116/88, MDR 1989, 359 = WuM 1989, 97; BayObLG v. 9.8.1989 – BReg.2 Z 144/86, WuM 1989, 656; v. 19.4.1990 – 1b Z 19/ 89, DWE 1990, 101; v. 21.7.1994 – 2Z BR 43/94, WuM 1995, 52; OLG Düsseldorf v. 4.5.1990 – 3 Wx 92/90, DWE 1990, 104; v. 17.8.2001 – 3 Wx 187/01, NZM 2001, 1039; OLG Frankfurt v. 23.10.1989 – 20 W 185/89, DWE 1990, 107; OLG Schleswig v. 28.12.1993 – 2 W 90/92, DWE 1994, 77; OLG Karlsruhe v. 7.11.2004 – 14 Wx 82/03, MietRB 2005, 127 = ZMR 2005, 310; Gottschalg in Weitnauer, § 16 WEG Rz. 50; einschränkend Müller, Praktische Fragen, 6. Teil, Rz. 60, der auf den Beschlusszeitpunkt abstellt und einen abweichenden Fälligkeitszeitpunkt irrelevant sein lässt. 510 KG v. 28.2.2001 – 24 W 6976/00, NZM 2002, 129. 511 KG v. 23.9.2002 – 24 W 230/01, ZMR 2003, 53 = WuM 2002, 683. 512 OLG Celle v. 4.8.2008 – 4 W 32/08, ZMR 2009, 52.

Jennißen | 519

§ 16 Rz. 175 | Nutzungen, Lasten und Kosten und ab diesem Zeitpunkt der Erwerber. Rückstände des Veräußerers dürfen dem Erwerber nicht in Rechnung gestellt werden. Geschieht dies dennoch, ist der Beschluss nur anfechtbar und nicht nichtig.513 Zur Begründung wird im Wesentlichen darauf abgestellt, dass nur derjenige zahlen müsse, der auch an der Beschlussfassung mitwirken kann. Würde beim Beschluss über die Jahresabrechnung nach dem Eigentumswechsel noch der Veräußerer verpflichtet, würde es sich um einen unzulässigen „Gesamtakt zu Lasten Dritter“ handeln,514 was selbst dann angenommen werden müsse, wenn der Veräußerer hinsichtlich anderer Wohnungen noch Miteigentümer sei.515 Umgekehrt soll aber der Erwerber haften, wenn die Zahlungsverpflichtung (Sonderumlage) noch vom Veräußerer mit beschlossen wurde, der Betrag aber erst nach Eigentumswechsel fällig wird,516 obschon es sich dabei ebenfalls um einen „Gesamtakt zu Lasten eines Dritten“ handelt. Der BGH hebt aber hervor, dass die Fälligkeit einer Sonderumlage im Beschluss definiert werden sollte, anderenfalls gelte § 28 Abs. 2, wonach die Fälligkeit erst durch den Abruf der Vorschüsse (Sonderumlage) seitens des Verwalters fällig würde.517 Auch in diesem Fall fällt die Person, die an der Beschlussfassung mitwirkt, und die Person, die die Folgen zu tragen hat, auseinander. Diese Auffassung führt dazu, dass es sogar der Handlung des Verwalters obliegen kann, den Schuldner zu bestimmen. Bei der Jahresabrechnung treffe bei einer Beschlussfassung nach dem Eigentümerwechsel die Abrechnungsspitze den Erwerber. Dies gelte umgekehrt auch für ein etwaiges Guthaben.518 Eine Mithaft von Veräußerer und Erwerber ist nur denkbar, wenn eine solche in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen ist. Ein gleichlautender Beschluss wäre nichtig.519 Die Haftung des Erwerbers für nach seinem Eigentumserwerb beschlossene Abrechnungsspitzen soll nach Auffassung des BGH520 auch dann gelten, wenn die Abrechnungen an den Voreigentümer adressiert waren und nicht einmal feststand, ob die Abrechnungen dem Erwerber im Zeitpunkt der Beschlussfassung überhaupt bekannt waren und er eine entsprechende Haftung erkennen konnte. Dies ist bedenklich und begründet eine Haftung zu Lasten dessen, „den es angeht“.521 176 Die Fälligkeitstheorie stützt sich weiter auf den Rechtsgedanken des § 103 BGB, wonach sog.

„andere Lasten“ insoweit zu tragen sind, als sie während der Dauer der Verpflichtung zu entrichten waren. Unter dem Begriff der „anderen Lasten“ werden die Jahresabrechnungsergebnisse subsumiert, während für wiederkehrende Lasten § 103 BGB regelt, dass diese nach dem Verhältnis der Dauer der Verpflichtung zu tragen sind. Unter den Begriff der wiederkehrenden Lasten werden von der h.M. die Wohngeldverpflichtungen gemäß Wirtschaftsplan geordnet.522 b) Kritik

177 Die h.M. überzeugt jedoch nicht und ist abzulehnen. Die Beschlussfassung über die Jahres-

abrechnung zu Lasten des Veräußerers stellt keinen „Gesamtakt zu Lasten Dritter“ dar. Zu-

513 OLG Düsseldorf v. 4.5.1990 – 3 Wx 92/90, DWE 1990, 104; OLG Frankfurt v. 23.10.1989 – 20 W 185/89, DWE 1990, 107; BayObLG v. 21.7.1994 – 2Z BR 43/94, WuM 1995, 52; hingegen von mangelnder Beschlusskompetenz ausgehend, LG München I v. 20.12.2010 – 1 S 4319/10, ZWE 2011, 233. 514 BGH v. 21.4.1988 – V ZB 10/87, MDR 1988, 765 = NJW 1988, 1910; v. 2.12.2011 – V ZR 113/11, ZWE 2012, 90 = ZMR 2012, 284. 515 OLG Hamburg v. 18.6.2001 – 2 Wx 72/97, ZWE 2002, 424 = NZM 2002, 129. 516 OLG Karlsruhe v. 17.1.2004 – 14 Wx 82/03, MietRB 2005, 127 = ZMR 2005, 310; LG Saarbrücken v. 27.5.2009 – 5 S 26/08, ZWE 2009, 326. 517 BGH v. 15.12.2017 – V ZR 257/16, ZMR 2018, 527 = NJW 2018, 2044. 518 LG Frankfurt/O. v. 23.12.2011 – 6 a S 75/11, ZWE 2012, 433. 519 LG München I v. 20.12.2010 – 1 S 4319/10, ZMR 2012, 297. 520 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 113/11, ZMR 2012, 284 = NZM 2012, 159. 521 Siehe hierzu auch Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz. 804. 522 OLG Karlsruhe v. 10.7.1987 – 11 W 78/86, WE 1987, 153; Hauger, PiG 27, 121 (132); Weitnauer, JZ 1986, 193.

520 | Jennißen

XIII. Schuldner der Lasten und Kosten | Rz. 178 § 16

zubilligen ist, dass der Veräußerer im Hinblick auf die nach seinem Ausscheiden zu beschließende Jahresabrechnung kein Stimmrecht mehr hat.523 Weist die Jahresabrechnung dennoch zu seinen Lasten eine Abrechnungsspitze aus, so kann dies kein Gesamtakt zu Lasten Dritter sein, da ihn der Beschluss über die Jahresabrechnung nicht bindet.524 Die Wohnungseigentümer können zwar beschließen, eine Forderung gegenüber einem Dritten geltend machen zu wollen. Der ausgeschiedene Wohnungseigentümer ist in diesem Sinne Dritter. Der interne Beschluss der Wohnungseigentümer hat aber gegenüber dem Dritten keine Rechtswirkungen. Insbesondere bewirkt die Bestandskraft des Beschlusses gegenüber dem Veräußerer nichts. Fordert die Wohnungseigentümergemeinschaft dann den ausgeschiedenen Veräußerer zur Zahlung der Abrechnungsspitze für den Zeitraum seiner Zugehörigkeit zur Eigentümergemeinschaft auf und kommt dieser der Aufforderung nicht nach, kann die Eigentümergemeinschaft gegen den Veräußerer klagen. Der Veräußerer kann sich in diesem Prozess auch dann noch gegen die Abrechnungsinhalte wehren und die Rechtswidrigkeit der Abrechnung einwenden, wenn der Beschluss über die Abrechnung bestandskräftig geworden ist. Stellt dann das Gericht fest, dass der Auffassung des Veräußerers zu folgen ist, wird es die Klage abweisen. Die Wohnungseigentümer werden dann zu prüfen haben, ob sie die fehlerhafte Jahresabrechnung erneuern lassen und durch einen Zweitbeschluss die abgeänderte Jahresabrechnung fällig stellen. Sie könnten dann erneut die Forderung gegenüber dem Veräußerer aufmachen. Gelingt dies nicht, weil z.B. Verjährungseinreden entgegenstehen, entsteht der Eigentümergemeinschaft ein Schaden, der entweder vom Verwalter einzufordern oder wie ausfallendes Wohngeld auf alle Wohnungseigentümer per Mehrheitsbeschluss zu verteilen ist. Es handelt sich nicht um einen unzulässigen Gesamtakt zu Lasten eines Dritten, weil der Beschluss über die Abrechnungsspitze, der den ausgeschiedenen Veräußerer als Schuldner ausweist, diesen nicht bindet.525 Hingegen können selbst nach der Fälligkeitstheorie unzulässige Akte zu Lasten Dritter entstehen, wenn nämlich die Jahresabrechnung mit hinausgezögerter Fälligkeit beschlossen wird und in dieser Zwischenzeit der Eigentümerwechsel eintritt.526 Auch die Auffassung, dass die Fälligkeitstheorie auf den Rechtsgedanken des § 103 BGB zu 178 stützen sei, ist fehlerhaft.527 § 103 BGB regelt gerade das Gegenteil. Dabei ist die Zuordnung der laufenden Wohngeldverpflichtung zum Begriff „regelmäßig wiederkehrende Lasten“ zutreffend und bedarf keiner weitergehenden Diskussion. Der Subsumtion der Nachzahlungsergebnisse einer Jahresabrechnung unter den Begriff „andere Lasten“ kann aber nicht gefolgt werden. Zum Begriff „regelmäßig wiederkehrende Lasten“ gehört nur die Wiederkehr der Entrichtung in bestimmten Zeiträumen. Nicht erforderlich ist die jeweils gleiche Höhe.528 Die wiederkehrenden Lasten, deren Höhe somit wechseln kann und die im Vorhinein nicht bestimmt sein müssen, haben auch dann die für § 103 BGB notwendige Regelmäßigkeit, wenn sie jährlich anfallen. Demgegenüber sind „andere Lasten“ nur solche, die einmalig oder in unbestimmten Zeiträumen zu zahlen sind.529 Für das Wohnungseigentumsrecht bestimmt § 28 Abs. 3 jedoch, dass der Verwalter nach Ablauf eines jeden Kalenderjahres eine Abrechnung aufzustellen hat. Hieraus resultiert, dass dem einzelnen Eigentümer jährlich die Abrechnungsspitzen bekannt gemacht und nach entsprechender Beschlussfassung eingefordert werden. Die Abrechnungsspitzen sind zwar im Vorhinein der Höhe nach unbestimmt, doch jährlich

523 Ein Stimm- und Anfechtungsrecht weiterhin annehmend, AG Kerpen v. 14.8.2012 – 26 C 74/11, ZMR 2013, 226. 524 Nicht überzeugend Bub, ZWE 2011, 193 (197), der von einem Bindungsversuch ausgeht, der nichtig wäre. 525 Ebenso Rau, ZMR 2000, 337 (342). 526 Hierauf ebenfalls hinweisend Müller, Praktische Fragen, 6. Teil Rz. 54. 527 So aber Gottschalg in Weitnauer, § 16 WEG Rz. 50; Völzmann-Stickelbrock in Prütting/Wegen/Weinrich, BGB, § 103 Rz. 2. 528 L. Michalski in Erman, BGB, § 103 Rz. 2; Fritzsche in Bamberger/Roth, BGB, § 103 Rz. 7. 529 L. Michalski in Erman, BGB, § 103 Rz. 3; Ellenberger in Palandt, BGB, § 103 Rz. 2.

Jennißen | 521

§ 16 Rz. 178 | Nutzungen, Lasten und Kosten wiederkehrend. Diese Lasten entfallen nur dann, wenn im einzelnen Jahr der Wirtschaftsplan so hinreichend kalkuliert war, dass es nicht zu Nachzahlungsbeträgen kommt. Von solchen Guthaben abgesehen, muss grundsätzlich jeder Wohnungseigentümer mit jährlich wiederkehrenden Nachzahlungslasten aus der Jahresabrechnung rechnen. Die Frage der Zuordnung der Abrechnungsspitzen zu den wiederkehrenden Lasten kann nicht von dem Zufall abhängen, ob die Eigentümer einen reichlich kalkulierten Wirtschaftsplan beschließen, der Nachzahlungen in der Jahresabrechnung nicht erwarten lässt, oder knapp kalkulieren, sodass es jährlich zu Nachzahlungen kommt.530 179 Ungeachtet dessen ist aber von entscheidender Bedeutung, dass die von den Vertretern der

Fälligkeitstheorie vorgenommene Differenzierung zwischen Wohngeldzahlungen und Jahresabrechnungsergebnissen eine einheitliche Beitragspflicht der Wohnungseigentümer in zwei selbständige Schicksale zerschlägt. Der BGH531 hat selbst deutlich gemacht, dass die Jahresabrechnung gegenüber dem Wirtschaftsplan keine Schuldumschaffung im Sinne einer Novation darstellt. Aus dieser Auffassung folgt, dass Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung keinen unterschiedlichen Rechtscharakter haben und einheitlich zu bewerten sind. Die Wohngeldvorauszahlungen sind lediglich Abschlagszahlungen auf die spätere Jahresabrechnung. Die Jahresabrechnung ist die nachträgliche Überprüfung des Wirtschaftsplans. Sie dient der endgültigen Ermittlung der Wohngeldverpflichtung. Der einzelne Wohnungseigentümer hat regelmäßig Beiträge zur Bewirtschaftung des gemeinschaftlichen Objekts zu leisten. Diese regelmäßige Wiederkehr der Beiträge ist unabhängig davon zu sehen, ob die geschätzten oder die tatsächlichen Beträge angefordert werden. Nachzahlungsforderungen aus den Jahresabrechnungen sind daher unter analoger Anwendung des § 103 BGB als regelmäßig wiederkehrende Lasten anzusehen. Dies hat zur Folge, dass die Fälligkeitstheorie gerade durch diese Norm widerlegt wird. Es hat also derjenige die Abrechnungsspitze zu zahlen, dessen Zugehörigkeitszeitraum zur Eigentümergemeinschaft betroffen ist. Auf das Datum der Beschlussfassung kommt es nicht an. Zwischen Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung ist grundsätzlich nicht zu differenzieren, auch wenn übereinstimmend zwischen Fälligkeits- und Aufteilungstheorie keine Haftung des Erwerbers für Rückstände des Veräußerers aus dem Wirtschaftsplan (Wohngeld) in der Jahresabrechnung berücksichtigt werden darf. 179a Ein Zusammenhang zwischen Forderungsfälligkeit und der Bestimmung des Schuldnerkreises

besteht nicht.532 Die Fälligkeit der Forderung ist für ihre Durchsetzbarkeit von Bedeutung, kann aber nicht zu einem Schuldnerwechsel führen.533 Die Schuld des einzelnen Wohnungseigentümers entsteht durch Leistungsbezug nach § 16 Abs. 2, während § 28 Abs. 5 erst ihre Fälligkeit auslöst. Die Schuld des einzelnen Eigentümers entsteht während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft, auch wenn sie noch nicht beziffert werden kann. Die Beschlüsse über Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung konkretisieren die Schuld nur in ihrer Höhe, nicht in der Person des Schuldners.534 180 Schließlich ist die Fälligkeitstheorie auch nicht mit der Heizkostenverordnung zu vereinbaren.

Die Verordnung spricht in § 4 HeizkV die Verpflichtung zur anteiligen Verbrauchserfassung und in § 6 HeizkV die Pflicht zur verbrauchsabhängigen Kostenverteilung aus. Die anteilige Erfassung setzt eine Zwischenablesung für den Zeitpunkt des Nutzerwechsels und schließlich auch eine zeitanteilige Kostenzuordnung voraus, § 9b HeizkV. Für den Fall des Ei-

530 Vgl. hierzu auch Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz. 810 ff.; Jennißen, ZWE 2000, 494. 531 BGH v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = ZWE 2000, 29 = DWE 1999, 164 = NZM 1999, 1101. 532 Kritisch auch Elzer in Riecke/Schmid, § 16 WEG Rz. 209; Elzer, ZWE 2018, 153, 155; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 8 Rz. 105. 533 So auch BGH v. 16.2.2018 – V ZR 89/17, ZWE 2018, 218 für die Abrechnungspflicht bei Verwalterwechsel. 534 So auch Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 21.

522 | Jennißen

XIII. Schuldner der Lasten und Kosten | Rz. 183 § 16

gentümerwechsels folgt aus der HeizkV der Rechtsgedanke, dass die Lasten und Kosten nach der Zugehörigkeitsdauer zeitanteilig gegenüber Veräußerer und Erwerber aufzuteilen sind.535 c) Aufteilungstheorie Entgegen der h.M. sind im Falle des Eigentümerwechsels die Lasten und Kosten zeitanteilig 181 aufzuteilen,536 sog. Aufteilungstheorie.537 Maßgebliches Kriterium dieser Aufteilung ist die Dauer der Zugehörigkeit zur Eigentümergemeinschaft. Beim laufenden Wohngeld entsteht dabei gegenüber der Fälligkeitstheorie keine Abweichung. Die Wohngeldverpflichtung des Veräußerers endet mit dem Tag der Eigentumsumschreibung. Mit diesem Zeitpunkt ist das Wohngeld pro rata temporis im Verhältnis zur Eigentümergemeinschaft zu teilen.538 Hinsichtlich der Jahresabrechnung entsteht aber ein wesentlicher Unterschied. Die Abrechnungsspitze ist von demjenigen zu tragen, der im entsprechenden Abrechnungszeitraum Wohnungseigentümer war,539 und zwar unabhängig davon, wann sie beschlossen wurde. Erfolgt während eines solchen Abrechnungszeitraums ein Eigentumswechsel, ist die Abrechnungsspitze zeitanteilig aufzuteilen. Dies führt zu einer doppelten Jahresabrechnung für die betreffende Wohnung.540 Die Aufteilungstheorie entspricht dem Rechtsgedanken des § 103 BGB, den Anforderungen 182 der HeizkV und nunmehr auch dem Rechtsgedanken des § 10 Abs. 8 WEG, wonach jeder Wohnungseigentümer gegenüber den Gläubigern der Eigentümergemeinschaft für die Verbindlichkeiten anteilig haftet, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden oder während dieses Zeitraums fällig geworden sind. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber Innen- und Außenhaftung gleichstellen.541 Hierzu heißt es in der Bundestagsdrucksache: „Durch die in Satz 1 vorgesehene Beschränkung der Haftung auf die Zeit der Zugehörigkeit eines Wohnungseigentümers zur Gemeinschaft wird erreicht, dass die Verbindlichkeiten von dem Wohnungseigentümer zu erfüllen sind, dem die entsprechenden Leistungen zugute kommen“ (BT-Drucks. 16/887, S. 66). Dem gleichen Rechtsgedanken ist auch im Innenverhältnis und im Rahmen der Jahresabrechnung Rechnung zu tragen. Die zeitanteilige Aufteilung der Kosten im Rahmen der Jahresabrechnung entspricht gerade dieser Ansicht. Die Aufteilungstheorie führt gegenüber der Fälligkeitstheorie zu sachgerechteren Ergebnis- 183 sen. Werden während der Zugehörigkeit des Veräußerers zur Eigentümergemeinschaft mehrere Jahresabrechnungen beispielsweise nicht beschlossen oder wirksam angefochten, hätte nach der Fälligkeitstheorie der Erwerber die Ergebnisse dieser Abrechnungen zu tragen, wenn die überarbeiteten Versionen nach dem Eigentumswechsel beschlossen würden.542 Der Erwerber würde für den unterlassenen oder fehlerhaften Beschluss, an dem der Veräußerer mitgewirkt hat, bestraft. Auch ist es bei der Fälligkeitstheorie denkbar, dass ein Erwerber für Zeit-

535 So im Ergebnis auch Elzer, ZWE 2018, 153, 157. 536 So auch Rau, ZMR 2000, 337 (345). 537 Vgl. ausführlich hierzu Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz 821 ff.; Jennißen, ZWE 2000, 494; die Aufteilungstheorie auch als sinnvoll ansehend: Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 8 Rz. 105. 538 So auch AG Kerpen v. 14.8.2012 – 26 C 74/11, ZMR 2013, 226. 539 AG Kerpen v. 5.5.2004 – 15 II 1/04, ZMR 2004, 867; v. 14.8.2012 – 26 C 74/11, ZMR 2013, 226. 540 Ohne der Aufteilungstheorie zu folgen, hält LG Köln v. 7.10.2010 – 29 S 57/10, MietRB 2011, 21 = ZMR 2011, 165 den Beschluss über eine Jahresabrechnung nicht für rechtswidrig, der für das Jahr des Eigentümerwechsels zwei zeitanteilige Abrechnungen zugrunde liegen, sich aber beide nur an den Erwerber als Schuldner richten. 541 Amtl. Begründung zu § 16 Abs. 8 in BT-Drucks. 16/887, 65; der Aufteilungstheorie im Ergebnis für den Fall der Erhebung von kommunalen Benutzungsgebühren folgend: OLG Hamm v. 20.1.2009 – 15 Wx 164/08, MietRB 2009, 136 = MietRB 2009, 137 = ZMR 2009, 464. 542 Dieses Ergebnis vertretend: OLG Köln v. 15.1.2008 – 16 Wx 141/07, MietRB 2008, 173 = ZMR 2008, 478.

Jennißen | 523

§ 16 Rz. 183 | Nutzungen, Lasten und Kosten räume Guthaben ausgeschüttet erhält, obschon weder er noch der Veräußerer für diesen Zeitraum Wohngeld entrichtet haben. Solche Ergebnisse resultieren daraus, dass bei Anwendung der Fälligkeitstheorie zugunsten des Erwerbers unterstellt werden muss, dass der Veräußerer sein Wohngeld ordnungsgemäß entrichtet hat, damit der Erwerber nicht fällige Schulden des Veräußerers übernehmen muss. Für eine solche Schuldübernahme sieht auch die Fälligkeitstheorie keine Anspruchsgrundlage.543 Die konsequente Anwendung der Fälligkeitstheorie bewirkt, dass der Erwerber Guthaben ausgezahlt erhält, die nur deshalb zustande kommen, weil der Wirtschaftsplan großzügiger kalkuliert war, als es die tatsächlichen Kosten notwendig machten. Hat im zurückliegenden Kalenderjahr der Veräußerer kein Wohngeld entrichtet, hat dies auf das Guthaben keinen Einfluss, das dem Erwerber zugute kommt.544 Fällt der Veräußerer mit der Geldzahlung dann aus, müssen dieses Guthaben alle Wohnungseigentümer anteilig finanzieren. Solche widersinnigen Ergebnisse545 treten bei der Aufteilungstheorie nicht auf. d) Keine Schuldübernahme 183a Weder der Fälligkeitstheorie noch der Aufteilungstheorie folgt Merle,546 der eine gesamt-

schuldnerische Haftung zwischen Erwerber und Veräußerer annimmt. Im Zivilrecht ist die gesamtschuldnerische Haftung jedoch nur in Ausnahmevorschriften verankert, z.B. § 755 BGB. Ohne entsprechende Regelung im Gesetz können Ausnahmevorschriften nicht analog angewendet werden. Indem der Gesetzgeber auch die Vermögensübernahmevorschrift des § 419 BGB im Gesetz gestrichen hat, wird der Wille deutlich, gesamtschuldnerische Haftungstatbestände weiter einzuengen. Nach allgemeiner Meinung kommt eine gesamtschuldnerische Haftung nur in Betracht, wenn dies in der Gemeinschaftsordnung so vereinbart ist.547 183b Der Erwerber übernimmt die Wohngeldschulden des Veräußerers auch nicht als dingliche

Last (s.u. § 28 Rz. 204a ff.). Eine solche Verdinglichung der Ansprüche wird teilweise aus § 10 Abs. 1 ZVG gefolgert.548 Dem ist nicht zu folgen.549 Gesetzeswortlaut, Systematik und Gesetzesmaterialien geben für die Annahme einer dinglichen Last nichts her. Ein allgemeiner Grundsatz, dass die Ansprüche der Eigentümergemeinschaft, erst recht soweit sie über die privilegierten 5 % hinausgehen, als dingliche Last anzusehen seien, die auch gegen den rechtsgeschäftlichen Erwerber vollstreckt werden könnten, besteht nicht.550 183c Dass der Rechtsnachfolger nicht in diese Schuld eintritt, folgt auch aus § 38 WEG. Dort hat

der Gesetzgeber den Eintritt des Erwerbers in Rechtsverpflichtung des Veräußerers im Bereich des Dauerwohnrechts ausdrücklich geregelt. Einer solchen Ausnahmevorschrift hätte es nicht bedurft, wenn dieser Eintritt ohnehin generell für den Bereich des WEG gelten würde. Auch

543 BGH v. 21.4.1988 – V ZB 10/87, MDR 1988, 765 = NJW 1988, 1910 = WuM 1989, 95 = DWE 1988, 135; Gottschalg in Weitnauer, § 16 WEG Rz. 51; a.A. Merle in Bärmann, 11. Aufl., § 28 WEG Rz. 152, wonach der Erwerber für Beitragsrückstände des Veräußerers haften soll, was aus der Bindung des Erwerbers an Beschlüsse der Wohnungseigentümer gem. § 10 Abs. 4 WEG folge. 544 A.A. AG Hannover v. 17.6.2008 – 485 C 1346/08, ZMR 2008, 921, wonach fiktive Guthaben nicht dem Erwerber/Ersteher zugerechnet werden. 545 A.A. Merle, ZWE 2004, 195, der Gerechtigkeitsvorstellungen für die Widerlegung der Fälligkeitstheorie für unerheblich hält. 546 Merle in Bärmann, 11. Aufl., § 28 WEG Rz. 152; diese Auffassung nicht mehr übernehmend Becker in Bärmann, ab 12. Aufl., § 28 WEG Rz. 67. 547 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, ZWE 2012, 369 = Becker in Bärmann, § 28 WEG Rz. 67 548 LG Berlin v. 17.8.2007 – 55 T 112/06 WEG, ZMR 2008, 244; AG Koblenz v. 10.12.2009 – 133 C 1461/09, ZMR 2010, 568; Alff, ZWE 2010, 105, 112. 549 BGH v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, MDR 2013, 1309 = MietRB 2013, 327 = NZM 2013, 733; Jennißen/Kemm, NZM 2012, 630. 550 So auch Alff, ZWE 2010, 105 (112).

524 | Jennißen

XIII. Schuldner der Lasten und Kosten | Rz. 186 § 16

wird aus § 147 ZVG deutlich, dass nur ausnahmsweise der Schuldner als Eigenbesitzer dem Eigentümerschuldner gleichgestellt wird, wenn ein eingetragenes Recht vorliegt. Es lässt sich somit kein allgemeiner Grundsatz aufstellen, dass der Erwerber für den Veräußerer haftet.

3. Ersteher in der Zwangsversteigerung Die Aufteilungstheorie findet erst recht Unterstützung im ZVG. Nach § 56 Satz 2 ZVG hat der 184 Ersteher die Lasten des Grundstücks vom Zuschlag an zu tragen. Unter „Lasten“ i.S.d. § 56 Satz 2 ZVG sind die öffentlichen und privatrechtlichen Lasten zu verstehen, die aus dem Grundstück zu entrichten sind und daher den Eigentümer treffen. Da der Begriff der Lasten weit zu verstehen ist, folgen hieraus auch die Kosten i.S.v. § 16 Abs. 2 WEG. Der Ersteher hat erst ab dem Zuschlagszeitpunkt die Lasten der Eigentumswohnung zu tragen. Eine Auffassung, die ihm das Risiko aufbürdet, Nachzahlungsbeträge des Veräußerers für Abrechnungszeiträume entrichten zu müssen, die vor der Ersteigerung liegen, ist mit dem Wortlaut des § 56 Satz 2 ZVG nicht vereinbar.551 Wird die Abrechnung nach dem Zuschlag beschlossen und enthält sie Zahlungsrückstände des Voreigentümers, ist auch nach Auffassung der Fälligkeitstheorie diese Abrechnung nichtig und muss nicht vom Ersteher angefochten werden.552 Insoweit unterscheiden sich die Ergebnisse der Fälligkeitstheorie von der hier vertretenen Aufteilungstheorie nicht. Der Unterschied tritt aber wiederum hinsichtlich der Abrechnungsspitze ein. Wird nach dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung die Abrechnungsspitze beschlossen, hat diese nach der Fälligkeitstheorie der Ersteher zu tragen. Vorausgesetzt ist dabei, dass ihm keine Rückstände des Veräußerers in der Jahresabrechnung aufgegeben werden. Gleiches gilt, wenn vor dem Zuschlag eine Sonderumlage beschlossen wurde, die erst nach Eigentumsübergang fällig wird.553 Demgegenüber ist nach der Aufteilungstheorie eine Jahresabrechnung aus abgelaufenen Kalenderjahren vor der Erteilung des Zuschlags in der Zwangsversteigerung nicht dem Ersteher in Rechnung zu stellen. Für das Jahr des Versteigerungszeitpunkts ist das Abrechnungsergebnis pro rata temporis aufzuteilen.

4. Vereinbarungen zur Haftung des Erwerbers/Erstehers Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung, die in das Grundbuch einzutragen 185 ist, regeln, dass der Erwerber für Zahlungsrückstände des Veräußerers haftet.554 Das Erfordernis der Grundbucheintragung wird hierbei als ausreichende Schutzvorrichtung zugunsten des Erwerbers angesehen. Er kann seine Haftungsrisiken vorab erkennen. Ist in einer Gemeinschaftsordnung von der Haftung des Erwerbers für Zahlungsrückstände 186 des Veräußerers die Rede, kann aber dem Wort „Erwerber“ nicht der „Ersteher“ in der Zwangsversteigerung gleichgesetzt werden.555 Vereinbarungen entsprechend der Fälligkeits551 BGH v. 27.6.1985 – VII ZB 16/84, MDR 1985, 1017 = DWE 1985, 121; v. 10.3.1994 – IX ZR 98/93, MDR 1994, 1113 = NJW 1994, 1866; OLG Düsseldorf v. 20.10.2000 – 3 Wx 283/00, ZWE 2001, 77 = ZMR 2001, 55; a.A. BayObLG v. 21.7.1994 – 2Z BR 43/94, WuM 1995, 52; OLG Köln v. 31.8.2001 – 16 Wx 137/01, NZM 2002, 351. 552 Gottschalg in Weitnauer, § 16 WEG Rz. 51; BGH v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = ZWE 2000, 29 = DWE 1999, 164 = NZM 1999, 1101. 553 LG Saarbrücken v. 27.5.2009 – 5 S 26/08, ZMR 2009, 877. 554 BGH v. 24.2.1994 – V ZB 43/93, MDR 1994, 580 = NJW 1994, 2950; BayObLG v. 7.3.2002 – 2Z BR 151/01, WE 1997, 229 = NJW-RR 1997, 906; v. 7.3.2002 – 2Z BR 151/02, DWE 2002, 100 = ZWE 2002, 265 = NZM 2002, 492. 555 BGH v. 13.10.1983 – VII ZB 4/83, MDR 1984, 222 = NJW 1984, 308; v. 22.1.1987 – V ZB 3/86, MDR 1987, 485 = NJW 1987, 1638; OLG Düsseldorf v. 14.2.1997 – 3 Wx 588/96, MDR 1997, 820 = DWE 1997, 167.

Jennißen | 525

§ 16 Rz. 186 | Nutzungen, Lasten und Kosten theorie sind für den Erwerber ebenfalls wirksam. Gegenüber dem Ersteher kann jedoch eine Haftung für Rückstände des Veräußerers nicht wirksam vereinbart werden, da eine solche Regelung nicht mit der Vorschrift des § 56 Satz 2 ZVG vereinbar ist.556 187 Vereinbarungen entsprechend der Aufteilungstheorie sind hingegen rechtlich unbedenklich,

da die zeitanteilige Haftung im Innenverhältnis gerade der Regelung des § 56 Satz 2 ZVG entspricht.

5. Beschlüsse zur Haftung des Erwerbers/Erstehers 188 Die Wohnungseigentümer können eine Haftung des Erwerbers für Zahlungsrückstände des

Veräußerers nicht beschließen.557 Hierbei würde es sich um einen unzulässigen Beschluss zu Lasten eines Dritten handeln. Ein Beschluss, der die Haftung des Erwerbers für Zahlungsrückstände des Veräußerers erstmalig begründet, und zwar zu einem Beschlusszeitpunkt, als der Erwerber schon Eigentümer ist, ist lediglich anfechtbar und nicht nichtig.558 Etwas anderes gilt, wenn die Wohnungseigentümer die Zahlungsrückstände des Veräußerers aus früheren Jahren nochmals in einer späteren Jahresabrechnung des Erwerbers vortragen und über diese beschließen lassen. Ein solcher Beschluss ist nichtig, da durch bloße Beschlusswiederholung nicht der Schuldner ausgetauscht werden kann.559 Wenig überzeugend sind allerdings die argumentativen Ausführungen des BGH,560 wonach ein Beschluss, der Altverbindlichkeiten in der Jahresabrechnung wiederholt, nicht als haftungsbegründender Beschluss für den Erwerber ausgelegt werden könne. Dies ist zwar im Ergebnis nicht zu beanstanden, wohl aber in der Begründung. Der BGH weist darauf hin, dass keine Haftungsbegründung in diesem Beschluss läge, weil zu unterstellen sei, dass die Wohnungseigentümer keinen anfechtbaren Beschluss fassen wollten. Daher sei der Beschluss so auszulegen, dass er keiner Anfechtung bedürfe. Würde man der Auffassung des BGH folgen, wären alle gerichtlichen Beschlussanfechtungsverfahren überflüssig. Es ließe sich immer durch Auslegung ein rechtmäßiges Ergebnis erzielen. 189 Die Fälligkeitstheorie führt auch dann zu unbilligen und inkonsequenten Ergebnissen, wenn

der Beschluss über eine Sonderumlage vor dem Zuschlag gefasst wurde, die Sonderumlage selbst aber erst nach dem Zuschlag fällig wird. Auch dann soll der Ersteher für diese Beträge einstehen müssen.561 Die Vertreter der Fälligkeitstheorie müssten aber zu dem Ergebnis der Haftung des Schuldners gelangen, weil nur dieser am Beschluss über die Sonderumlage mitgewirkt hat und der Beschluss mit hinausgezögerter Fälligkeit zu Lasten des Erstehers und somit eines Dritten wirkt. Auch hier führt die Aufteilungstheorie zu sachgerechten Ergebnissen durch zeitanteilige Aufteilung. Bestimmen die Wohnungseigentümer im Beschluss die Fälligkeit hingegen nicht, tritt diese erst durch Abruf seitens des Verwalters ein, § 28 Abs. 2. Ein zwischenzeitlicher Eigentümerwechsel soll dann nach Auffassung des BGH ebenfalls relevant sein.562 556 Ebenso BGH v. 27.6.1985 – VII ZB 16/84, MDR 1985, 1017 = NJW 1985, 2717; v. 24.2.1994 – V ZB 43/93, MDR 1994, 580 = NJW 1994, 2950, 2952; OLG Düsseldorf v. 23.6.1995 – 3 Wx 167/95, DWE 1996, 33. 557 LG München I v. 20.12.2010 – 1 S 4319/10, ZWE 2011, 233 = DWE 2011, 78. 558 S.a. OLG Köln v. 24.1.1997 – 16 Wx 2/97, WE 1997, 431; BayObLG v. 9.7.1991 – BReg.2 Z 72/91, NJW-RR 1992, 14; a.A. Gottschalg in Weitnauer, § 16 WEG Rz. 51. 559 Im Ergebnis ebenso KG v. 8.11.1995 – 24 W 5582/95, DWE 1996, 29; Bub, Finanz- und Rechnungswesen, S. 156. 560 BGH v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = NJW 1999, 3713; kritisch Rau, ZMR 2000, 337. 561 So LG Saarbrücken v. 27.5.2009 – 5 S 26/08, NZM 2009, 590; kritisch Müller, Praktische Fragen, 6. Teil Rz. 62. 562 BGH v. 15.12.2017 – V ZR 257/16, WuM 2018, 240 = ZWE 2018, 217.

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XIII. Schuldner der Lasten und Kosten | Rz. 194 § 16

Beschlüsse der Eigentümerversammlung entsprechend der Fälligkeitstheorie sind entgegen 190 der h.M. für den Erwerber oder Ersteher nichtig, da nach hier vertretener Auffassung die Fälligkeitstheorie eine Haftung dieses Personenkreises für nicht von ihm verursachte Kosten begründen will. Beschlüsse entsprechend der Aufteilungstheorie sind hingegen nach diesseitiger Auffassung 191 nicht zu beanstanden.

6. Haftung des Zwangsverwalters Nach § 155 ZVG kann der Zwangsverwalter aus den Nutzungen die Ausgaben der Verwaltung 192 bestreiten (siehe zur Zwangsverwaltung auch § 28 Rz. 136 ff., 244 ff.). Nutzungen und Ausgaben korrespondieren miteinander. Ab Beschlagnahme kann der Zwangsverwalter die Nutzungen ziehen und schuldet damit ab diesem Zeitpunkt die Übernahme des Wohngelds, § 156 Abs. 1 Satz 2 ZVG. Unter Anwendung der Fälligkeitstheorie hat der Zwangsverwalter alle die Beträge zu bedienen, die nach Anordnung der Zwangsverwaltung fällig geworden sind. Dies gilt auch für Abrechnungsspitzen, selbst wenn die Jahresabrechnung einen Zeitraum umfasst, in dem der Zwangsverwalter noch nicht bestellt war. Nach der Fälligkeitstheorie ist maßgebend, ob die Jahresabrechnung erst nach seiner Bestellung beschlossen wurde. Nach der hier vertretenen Aufteilungstheorie ist der Abrechnungssaldo aufzuteilen, so dass der Zwangsverwalter nur für die Abrechnungssalden, gegebenenfalls zeitanteilig, haftet, die nach der Beschlagnahme beschlossen wurden.563 Nach beiden Theorien identisch müssen in der Abrechnungsspitze ordnungsgemäße Wohngeldzahlungen des Schuldners bis zur Beschlagnahme unterstellt werden, da der Zwangsverwalter für diese Fehlbeträge nicht haftet.564 Geschieht dies trotzdem, haftet der Zwangsverwalter auch dann nicht, wenn der Beschluss über die insoweit fehlerhafte Jahresabrechnung von ihm nicht angefochten und somit bestandskräftig wurde.565 Durch die Zwangsverwaltung wird der Schuldner nicht von den Zahlungspflichten befreit. Er 193 kann weiterhin in Anspruch genommen werden.566 Steht die Wohnung leer oder ist vom säumigen Wohnungseigentümer selbst bewohnt, erzielt 194 der Zwangsverwalter keine Einnahmen und kann das Wohngeld nicht bedienen. Haben die Wohnungseigentümer die Zwangsverwaltung betrieben, wurde bis zur Entscheidung des BGH567 in der Praxis häufig der Weg gewählt, aus Mitteln der Eigentümergemeinschaft dem Zwangsverwalter entsprechende Liquidität zur Verfügung zu stellen, damit dieser daraus dann das Wohngeld entrichtete. Damit hatte die Eigentümergemeinschaft zwar noch keine echte Liquidität geschaffen, weil sie die Wohngeldzahlungen des Zwangsverwalters selbst finanzierte. Es wurde aber die Auffassung vertreten, dass diese Vorschüsse an den Zwangsverwalter im Falle der Zwangsversteigerung vorrangig aus den Erlösen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG zu bedienen wären. Somit erhielt die Eigentümergemeinschaft dann über den Verteilungsplan vorrangig das geschuldete Wohngeld. Der BGH hat diese Praxis als unzulässig gewertet, da die Vorrangigkeit nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG nur für werterhöhende Maßnahmen bestehe, die dazu dienen, das Sondereigentum zu reparieren, Verwüstungen durch den Eigentümer oder seinen Mieter zu verhindern und zu beseitigen, die Feuerversicherung zu decken oder sonstige

563 564 565 566

S. hierzu auch Jennißen, Verwalterabrechnung, Rz. 847; Wenzel, ZWE 2005, 277, 282. OLG München v. 12.3.2007 – 34 Wx 114/06, MietRB 2007, 145 = NZM 2007, 452. OLG München v. 12.3.2007 – 34 Wx 114/06, MietRB 2007, 145 = NZM 2007, 452. OLG München v. 12.10.2006 – 32 Wx 124/06, MietRB 2007, 41 = ZMR 2007, 216; LG Dresden v. 30.8.2005 – 2 T 0068/05, ZMR 2006, 77. 567 BGH v. 10.4.2003 – IX ZR 106/02, MDR 2003, 1074 = MietRB 2003, 76 = NJW 2003, 2162 = NZM 2003, 602 = WuM 2003, 391; vgl. auch § 28 Rz. 247 f.

Jennißen | 527

§ 16 Rz. 194 | Nutzungen, Lasten und Kosten Sicherungsmaßnahmen für das Sondereigentum des Schuldners zu treffen. Die an den Zwangsverwalter geleisteten Vorschusszahlungen zur Deckung des laufenden Wohngeldes sind hierunter nicht zu subsumieren, so dass die Auffassung des BGH zutreffend ist, diese Zahlungen nicht unter § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG zu privilegieren. Auch der neue § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG hilft nicht weiter, da es zu einem Verteilungsplan nicht kommen kann, wenn der Zwangsverwalter keine Einnahmen erzielt. 195 Seit der WEG-Novelle ist diese Auffassung teilweise weiter eingeschränkt worden. In der

Rechtsprechung wird vereinzelt hierzu die Auffassung vertreten, dass der Zwangsverwalter auch aus Vorschüssen keine Wohngeldforderungen bedienen dürfe.568 Diese Auffassung ist abzulehnen, weil der Gesetzgeber durch die WEG-Novelle und die ihr folgende Veränderung der ZVG-Vorschriften die Rechtsstellung der Wohnungseigentümer in der Zwangsversteigerung verbessern wollte. Damit sollte keine Verschlechterung der Rechtsstellung in der Zwangsverwaltung einhergehen.569 196 Der Zwangsverwalter ist nicht nur zur Zahlung des lfd. Wohngeldes, sondern auch zur Zah-

lung von Sonderumlagen und Abrechnungsspitzen verpflichtet.570 Der Gesetzgeber wollte die Stellung der Wohnungseigentümer in der Zwangsversteigerung verbessern, nicht jedoch ihre Rechtsstellung in der Zwangsverwaltung verschlechtern. Auch aus der Begünstigung der Hausgeldansprüche in der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG ist kein Verbot abzuleiten, vom Zwangsverwalter weiterhin die entsprechenden Zahlungen verlangen zu können. 197 Stehen mehrere Wohnungen desselben Schuldners unter Zwangsverwaltung, darf der Zwangs-

verwalter die Einnahmen nicht verrechnen. Er darf das Wohngeld der jeweiligen Wohnung nur aus Einnahmen für diese Wohnung bedienen.571

7. Haftung des Insolvenzverwalters 198 Wohngeldverpflichtungen, die den Zeitraum vor Verfahrenseröffnung betreffen, und zeitantei-

lige Abrechnungsergebnisse aus diesem Zeitraum stellen grundsätzlich einfache Insolvenzforderungen i.S.v. § 38 InsO dar.572 Allerdings eröffnen die nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten Wohngeldansprüche der Gemeinschaft nach den §§ 16 Abs. 2 und 28 Abs. 2 ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück, das im Insolvenzverfahren- zu einem Absonderungsanspruch führt573 (s.u. § 28 Rz. 249 f.). Der Insolvenzverwalter muss insoweit die Zwangsversteigerung dulden. Somit sind hierdurch die Wohngeldansprüche, die vor der Insolvenzeröffnung im Jahr der Eröffnung und den letzten zwei Jahren fällig geworden sind, soweit sie fünf Prozent des Verkehrswertes nicht überschreiten, insolvenzrechtlich privilegiert. Dabei wirkt die Insolvenzeröffnung wie eine Beschlagnahme.574 Gibt der Insolvenzverwalter die Wohnung frei, ist eine Zwangsvollstreckung in die Wohnung wieder möglich, weil es sich bei der privilegierten Wohngeldforderung bis zur Höhe von 5 % des Verkehrswertes um einen

568 AG Duisburg v. 29.7.2008 – 76a C 24/08, MietRB 2008, 337 = NZM 2008, 937; AG Schöneberg v. 25.9.2008 – 77 C 55/08 WEG, ZMR 2009, 157; ebenso Schneider, NZM 2008, 919 f. 569 So auch LG Köln v. 16.10.2008 – 6 T 437/08, MietRB 2009, 79 = NZM 2008, 936; AG Leipzig v. 21.4.2008 – 470 L 147/08, NZM 2008, 937; AG Kiel v. 6.3.2009 – 109 C 372/08, NZM 2009, 671. 570 BGH v. 5.2.2009 – IX ZR 21/07, MDR 2009, 652 = MietRB 2009, 171 = NZM 2009, 243; LG Köln v. 16.10.2008 – 6 T 437/08, MietRB 2009, 79 = NZM 2008, 936; AG Langenfeld v. 15.4.2009 – 64 C 156/08, ZMR 2009, 879; a.A. Schneider, NZM 2008, 918; Schneider, ZWE 2010, 77. 571 BGH v. 20.11.2008 – V ZB 81/08, MietRB 2009, 75 = ZMR 2009, 294. 572 Sinz in Uhlenbruck, § 55 InsO Rz. 35. 573 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346; LG Berlin v. 22.7.2009 – 85 S 18/09 WEG, IMR 2010, 197. 574 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346.

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XIII. Schuldner der Lasten und Kosten | Rz. 199 § 16

zu Lasten des Schuldners verdinglichten Betrag handelt,575 der allerdings weiterhin einen persönlichen, nämlich schuldnerbezogenen Einschlag hat. Die Wohnung unterliegt nicht mehr der Beschlagnahme. Der Sondereigentümer wird erneut zum Schuldner des Wohngelds.576 Die Zwangsvollstreckung setzt dann einen Titel gegen den Schuldner voraus. Will der Schuldner freihändig verkaufen und konnte die Wohnungseigentümergemeinschaft noch keine Zwangssicherungshypothek eintragen, können die Rechte durch dinglichen Arrestantrag gesichert werden.577 Gibt der Insolvenzverwalter nicht frei, kann er auf Duldung der Zwangsversteigerung verklagt werden, und zwar i.H.v. 5 % des Verkehrswertes wenn noch kein Zahlungstitel zu Gunsten der Eigentümergemeinschaft vorliegt. Hat die Eigentümergemeinschaft hingegen vor der Beschlagnahme schon einen Zahlungstitel gegen den Schuldner erwirkt, muss dieser lediglich auf den Insolvenzverwalter analog § 727 ZPO umgeschrieben werden, sodass er auch jetzt die Zwangsversteigerung iHv. 5% des Verkehrswertes zu dulden hat.578 Entgegen der hier vertretenen Auffassung wendet die h.M. auch im Insolvenzverfahren die 198a Fälligkeitstheorie an.579 Dabei kommt es darauf an, wann der Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung beschlossen wurde und wann die einzelnen Beträge fällig werden.580 Alle Beträge, die nach Insolvenzeröffnung fällig werden, sind vom Insolvenzverwalter aus der Masse zu zahlen, alle davor sind einfache Insolvenzforderungen i.S.v. § 38 InsO. Nur für letztere besteht die privilegierte Zwangsversteigerungsmöglichkeit in Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG.581 Kann der Insolvenzverwalter die Wohngeldschuld nicht erfüllen, wird er die Eigentumswoh- 199 nung ohne weiteres aus der Insolvenzmasse freigeben, wovon er insbesondere Gebrauch machen wird, wenn die Wohnung sehr hoch mit Grundschulden oder Hypotheken belastet ist und somit keine eigene Verwertungschance bietet. Durch die Freigabe entfällt seine Zahlungsverpflichtung. Wenn nicht freigegeben wird, hat der Insolvenzverwalter das Wohngeld aus der Masse zu bedienen, sog. sonstige Masseverbindlichkeiten gem. § 55 InsO.582 Kann der Insolvenzverwalter das Wohngeld aus der Masse nicht bedienen, hat er sog. Massearmut anzuzeigen, § 208 InsO. Durch die Anzeige werden die seit der Insolvenzeröffnung entstandenen Wohngeldverbindlichkeiten zu Altmasseverbindlichkeiten, die nicht mehr mit der Leistungsklage verfolgt werden können.583 Nimmt der Insolvenzverwalter nach der Masseunzulänglichkeitsanzeige Mieten für diese Wohnung entgegen, entstehen Neumasseschulden i.S.v. § 209 InsO.584 Diese können dann wieder mit der Leistungsklage verfolgt werden. Allerdings kann hiergegen der Insolvenzverwalter erneut die Masseunzulänglichkeit einwenden, was er darzulegen und zu beweisen hat. Dann wird die Leistungsklage erneut unzulässig.585 Der Insolvenzverwalter kann sich aber nach § 61 InsO schadensersatzpflichtig machen, wenn er weder die Immobilie freigibt noch hinreichende Vermietungsaktivitäten unternimmt. Dieser Schadensersatzanspruch ist nicht beim Wohnungseigentumsgericht geltend zu machen,586 da die Masseunzulänglichkeitsprüfung nicht dem Schutz eines einzelnen Gläubigers dient.587 Er setzt subjektiv voraus, dass der Insolvenzverwalter die Massearmut erkennen konnte. Die Nichtfrei575 S. hierzu LG Berlin v. 17.8.2007 – 55 T 112/06 WEG, ZMR 2008, 244; AG Koblenz v. 10.12.2009 – 133 C 1461/09, ZMR 2010, 568. 576 LG Berlin v. 17.8.2007 – 55 T 112/06 WEG, ZMR 2008, 244. 577 AG Kerpen v. 14.7.2008 – 26 C 27/2008, ZMR 2009, 323. 578 Siehe hierzu Kümmel/Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, Anhang zu § 16 WEG Rz. 190. 579 Vgl. Sinz in Uhlenbruck, § 55 InsO Rz. 35 m.w.N. 580 AG Bernau v. 30.11.2010 – 34 C 32/09, MietRB 2011, 288. 581 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = NJW 2011, 3098. 582 OLG Düsseldorf v. 28.4.2006 – I-3 Wx 299/05, ZMR 2007, 204 = NZM 2007, 47. 583 OLG Düsseldorf v. 28.4.2006 – I-3 Wx 299/05, ZMR 2007, 204 = NZM 2007, 47. 584 AG Neukölln v. 23.5.2005 – 70 II 222/04 WEG, ZMR 2005, 659. 585 OLG Düsseldorf v. 28.4.2006 – I-3 Wx 299/05, ZMR 2007, 204. 586 A.A. OLG Düsseldorf v. 28.4.2006 – I-3 Wx 299/05, ZMR 2007, 204. 587 BGH v. 21.10.2010 – IX ZR 220/09, MDR 2011, 133 = ZMR 2011, 310.

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§ 16 Rz. 199 | Nutzungen, Lasten und Kosten gabe der Wohnung führt auch in der Regel zu einem kausalen Schaden, da im Falle der Freigabe und der dann möglichen Zwangsversteigerung die Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG in der Rangklasse 2 relativ vorrangig bedient worden wären. Es kann unterstellt werden, dass die Versteigerung stattgefunden hätte. Zu berücksichtigen ist aber, dass der Schadensersatzanspruch nur auf das negative Interesse gerichtet ist.588 200 Während des Insolvenzverfahrens ist der Schuldner von den Zahlungspflichten befreit. § 286

InsO sieht für natürliche Personen vor, dass diese einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen können und sodann die Schuldbefreiung eintritt, wenn der Schuldner in einem Zeitraum von sechs Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens den pfändbaren Anteil seiner laufenden Bezüge an einen Treuhänder abtritt, damit dieser die Gläubiger anteilig befriedigen kann. Nach Ablauf von sechs Jahren erlöschen nicht getilgte Forderungen, sodass spätestens dann der Wohngeldausfall feststeht, §§ 287, 301 InsO. 201 Wird wegen der Zahlungsunfähigkeit des Wohnungseigentümers der Wohngeldausfall durch

einen Umlagebeschluss verteilt, ist an diesem auch anteilig der Insolvenzverwalter (gleichermaßen der Zwangsverwalter) zu beteiligen. Dieser Umlageanteil wegen des Fehlbetrages des Schuldners stellt Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 55 InsO dar.589

§ 17 Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft Im Falle der Aufhebung der Gemeinschaft bestimmt sich der Anteil der Miteigentümer nach dem Verhältnis des Wertes ihrer Wohnungseigentumsrechte zur Zeit der Aufhebung der Gemeinschaft. Hat sich der Wert eines Miteigentumsanteils durch Maßnahmen verändert, deren Kosten der Wohnungseigentümer nicht getragen hat, so bleibt eine solche Veränderung bei der Berechnung des Wertes dieses Anteils außer Betracht. Allgemeines, Normzweck . . . . . . . . . . . Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufhebung der Gemeinschaft . . . . . . . . Aufhebung des Sondereigentums . . . . . Aufhebung des Verbands . . . . . . . . . . . . Entstehen eines Auseinandersetzungsguthabens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Berechnung der Anteile . . . . . . . . . . . . I. II. 1. 2. 3. 4.

1 4 4 6 7a 8 10

1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Behandlung des Verwaltungs-/ Verbandsvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bewertung des Sondereigentums . . . . . 4. Bewertung des gemeinschaftlichen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zeitpunkt der Bewertung . . . . . . . . . . . . IV. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10 12 13 14 16 18

Schrifttum: Buhl, Die Liquidation der Wohnungseigentümergemeinschaft, BWNotZ 2013, 130; Daum, Das Rechtssubjekt Wohnungseigentümergemeinschaft, Diss. Augsburg 2011; Kreuzer, Wertverschiebung aufgrund baulicher Änderungen, WE 1996, 450; Kreuzer, Aufhebung von Wohnungseigentum, NZM 2001, 123; Schmid, Auflösung der Wohnungseigentümergemeinschaft und Abriss des Gebäudes, ZfIR 2011, 809.

588 S. hierzu Sinz in Uhlenbruck, § 61 InsO Rz. 16. 589 So auch Sinz in Uhlenbruck, § 55 InsO Rz. 36; AG Moers v. 15.8.2006 – 63 II 13/06 WEG, NZM 2007, 51.

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§ 16 Rz. 199 | Nutzungen, Lasten und Kosten gabe der Wohnung führt auch in der Regel zu einem kausalen Schaden, da im Falle der Freigabe und der dann möglichen Zwangsversteigerung die Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG in der Rangklasse 2 relativ vorrangig bedient worden wären. Es kann unterstellt werden, dass die Versteigerung stattgefunden hätte. Zu berücksichtigen ist aber, dass der Schadensersatzanspruch nur auf das negative Interesse gerichtet ist.588 200 Während des Insolvenzverfahrens ist der Schuldner von den Zahlungspflichten befreit. § 286

InsO sieht für natürliche Personen vor, dass diese einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen können und sodann die Schuldbefreiung eintritt, wenn der Schuldner in einem Zeitraum von sechs Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens den pfändbaren Anteil seiner laufenden Bezüge an einen Treuhänder abtritt, damit dieser die Gläubiger anteilig befriedigen kann. Nach Ablauf von sechs Jahren erlöschen nicht getilgte Forderungen, sodass spätestens dann der Wohngeldausfall feststeht, §§ 287, 301 InsO. 201 Wird wegen der Zahlungsunfähigkeit des Wohnungseigentümers der Wohngeldausfall durch

einen Umlagebeschluss verteilt, ist an diesem auch anteilig der Insolvenzverwalter (gleichermaßen der Zwangsverwalter) zu beteiligen. Dieser Umlageanteil wegen des Fehlbetrages des Schuldners stellt Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 55 InsO dar.589

§ 17 Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft Im Falle der Aufhebung der Gemeinschaft bestimmt sich der Anteil der Miteigentümer nach dem Verhältnis des Wertes ihrer Wohnungseigentumsrechte zur Zeit der Aufhebung der Gemeinschaft. Hat sich der Wert eines Miteigentumsanteils durch Maßnahmen verändert, deren Kosten der Wohnungseigentümer nicht getragen hat, so bleibt eine solche Veränderung bei der Berechnung des Wertes dieses Anteils außer Betracht. Allgemeines, Normzweck . . . . . . . . . . . Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufhebung der Gemeinschaft . . . . . . . . Aufhebung des Sondereigentums . . . . . Aufhebung des Verbands . . . . . . . . . . . . Entstehen eines Auseinandersetzungsguthabens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Berechnung der Anteile . . . . . . . . . . . . I. II. 1. 2. 3. 4.

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1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Behandlung des Verwaltungs-/ Verbandsvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bewertung des Sondereigentums . . . . . 4. Bewertung des gemeinschaftlichen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zeitpunkt der Bewertung . . . . . . . . . . . . IV. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Schrifttum: Buhl, Die Liquidation der Wohnungseigentümergemeinschaft, BWNotZ 2013, 130; Daum, Das Rechtssubjekt Wohnungseigentümergemeinschaft, Diss. Augsburg 2011; Kreuzer, Wertverschiebung aufgrund baulicher Änderungen, WE 1996, 450; Kreuzer, Aufhebung von Wohnungseigentum, NZM 2001, 123; Schmid, Auflösung der Wohnungseigentümergemeinschaft und Abriss des Gebäudes, ZfIR 2011, 809.

588 S. hierzu Sinz in Uhlenbruck, § 61 InsO Rz. 16. 589 So auch Sinz in Uhlenbruck, § 55 InsO Rz. 36; AG Moers v. 15.8.2006 – 63 II 13/06 WEG, NZM 2007, 51.

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I. Allgemeines, Normzweck | Rz. 3 § 17

I. Allgemeines, Normzweck Die Norm bestimmt die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens jedes einzelnen Woh- 1 nungseigentümers im Falle der Aufhebung der Gemeinschaft.1 Sie kann insofern als Spezialvorschrift zu den §§ 752 ff. BGB und zu § 16 Abs. 1 begriffen werden.2 Die Vorschrift regelt also nicht, aus welchen Gründen eine Aufhebung der Gemeinschaft erfolgen kann, sondern setzt vielmehr einen solchen Aufhebungsgrund voraus (s. sogleich Rz. 4).3 Da es sich um keine Verfahrensvorschrift handelt,4 bestimmt die Norm auch nicht, wie die Auseinandersetzung zu erfolgen hat. Die Beteiligten können eine von § 17 abweichende Vereinbarung (§ 10 Abs. 2 Satz 2), nicht aber einen Beschluss (auch nicht aufgrund einer sog. „Öffnungsklausel“) treffen.5 Ein dennoch gefasster Beschluss wäre mangels Beschlusskompetenz nichtig.6 Die Vorschrift ist also nur bei Mitwirkung aller Wohnungseigentümer insgesamt dispositiv.7 Die Bedeutung der Vorschrift ist gering, da eine einvernehmliche Aufhebung der Gemeinschaft nur dann zustande kommen wird, wenn die Aufwendungen aller Miteigentümer gebührend berücksichtigt wurden.8 Der Sinn und Zweck der Norm besteht darin, im Falle der Aufhebung der Gemeinschaft eine 2 gerechte Verteilung des Auseinandersetzungsguthabens zu gewährleisten.9 Würde das Auseinandersetzungsguthaben ausschließlich nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile gem. § 16 Abs. 1 Satz 2 verteilt werden,10 so blieben etwaige Wertänderungen des ganzen Grundstücks, die auf Verbesserungen oder Verschlechterungen des Sondereigentums zurückzuführen sind, unberücksichtigt.11 Damit dient die Regelung mittelbar auch dazu, die einzelnen Wohnungseigentümer zur Erhaltung und Verbesserung ihres Sondereigentums anzuhalten.12 Außerdem ermöglicht die Vorschrift eine Korrektur von solchen Miteigentumsquoten, die 3 die tatsächlichen Wertverhältnisse (möglicherweise schon seit der Begründung des Wohnungseigentums) unzutreffend wiedergeben.13 Damit übt die Norm zumindest einen mittel-

1 Bärmann/Pick, § 17 WEG Rz. 3; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 1; Elzer/Riecke in Riecke/ Schmid, § 17 WEG Rz. 1; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 1. 2 Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 2. 3 Schultzky in NK/BGB, § 17 WEG Rz. 1; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 17 WEG Rz. 1; Kreuzer, NZM 2001, 123. 4 Skauradszun in BeckOKG, § 17 WEG Rz. 3. 5 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 15; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 11. Aufl., § 17 WEG Rz. 5; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 8, die allerdings eine „Öffnungsklausel“ für zulässig halten; wie hier Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 1; Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 5; unentschieden Elzer/Riecke in Riecke/ Schmid, § 17 WEG Rz. 19. 6 A.A. (wohl) Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 8 f. 7 Diester, § 17 WEG Rz. 3; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 5 bis 7; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 17 WEG Rz. 2; Augustin in RGRK, § 17 WEG Rz. 3; Kreuzer, WE 1996, 450 (451); einschränkend Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 5, der nur von einer Abdingbarkeit von § 17 Satz 1 ausgeht. 8 Diester, § 17 WEG Rz. 5; Geiben in jurisPK/BGB, § 17 WEG, Rz. 4; Stürner in Soergel, BGB, § 17 WEG Rz. 2. 9 Diester, § 17 WEG Rz. 1, 2; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 17 WEG Rz. 1; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 2; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 4, 5. 10 Vgl. Sprau in Palandt, § 753 BGB Rz. 5/6. 11 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 15; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 4, 5. 12 Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 17 WEG Rz. 1; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 5; Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 1; Skauradszun in BeckOKG, § 17 WEG Rz. 3; Kreuzer, NZM 2001, 123; Kreuzer, WE 1996, 450. 13 Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 1; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 15; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 2; Then in Spielbauer/Then, § 17

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§ 17 Rz. 3 | Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft baren Druck auf die Miteigentümer bzw. den teilenden Eigentümer aus, die Miteigentumsanteile nach den tatsächlichen oder vermutlichen Wertverhältnissen der einzelnen Sondereigentumseinheiten zueinander zu bemessen.14 Die Vorschrift hat aber keine unmittelbar sachenrechtliche Auswirkung, verändert also nicht die Miteigentumsanteile am Grundstück oder die Mitberechtigungsanteile am Veräußerungserlös; auch der Kostenverteilungsschlüssel bleibt im Übrigen unverändert.15

II. Voraussetzungen 1. Aufhebung der Gemeinschaft 4 Es muss sich um die Aufhebung der Gemeinschaft (nicht des gesamten Sondereigentums,

hierzu sogleich Rz. 6) handeln. Da die §§ 10 ff. bereits auf die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft anwendbar sind, ist § 17 auch einschlägig, wenn eine werdende Gemeinschaft aufgehoben wird.16 Eine solche Aufhebung der Gemeinschaft kommt nur in zwei Fällen in Betracht (s. § 11 Rz. 6 ff.) – entweder durch Vereinbarung sämtlicher Wohnungseigentümer in der Form des § 4 Abs. 1, 2 (str!)17 oder durch Verlangen auch nur eines Wohnungseigentümers, wenn das Gebäude ganz oder teilweise zerstört worden ist, eine Verpflichtung zum Wiederaufbau nicht besteht (s. § 22 Rz. 78 ff.) und sämtliche Wohnungseigentümer für diesen Fall eine Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 getroffen hatten (s. § 11 Rz. 7 ff.).18 Der bloße Abriss des alten, in Wohnungseigentum aufgeteilten Gebäudes begründet für sich noch keinen Aufhebungsanspruch, nur ausnahmsweise wird sich ein solcher aus § 242 BGB oder § 11 Abs. 1 S. 3 herleiten lassen.19 Ebenfalls nicht von § 17 erfasst sind der Erwerb aller Wohnungs- und Teileigentumseinheiten durch einen Erwerber durch einen oder mehrere Erwerbsvorgänge (durch Kauf oder Zwangsversteigerung). Selbst bei Vertragslücken kann § 17 nicht als gesetzliches Leitbild fungieren,20 die Bemessung des Kaufpreises unterliegt nur in den Grenzen des § 138 BGB der richterlichen Kontrolle. 5 Die Aufhebung der Gemeinschaft richtet sich gem. § 10 Abs. 2 Satz 1 nach den §§ 752 ff.

BGB, erfolgt also in der Regel mittels Teilung durch Verkauf, § 753 BGB.21 Eine Teilung in Natur als Realteilung scheidet wegen § 752 Satz 1 BGB grundsätzlich aus.22 Sie kommt nur dann in Betracht, wenn alle Wohnungseigentümer eine entsprechende Vereinbarung getroffen

14 15 16 17 18 19 20 21 22

WEG Rz. 3; Kreuzer in Staudinger, 2005, BGB, § 17 WEG Rz. 8; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 5; Kreuzer, NZM 2001, 123. Ähnlich Suilmann in Bärmann, § 17 Rz. 15; anders (unzutreffend) Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 2. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 14, 15. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 2. Vgl. BayObLG v. 10.12.1979 – BReg.2 Z 23/78, BayObLGZ 1979, 414 (421 f.). Bärmann/Pick, § 17 WEG Rz. 1; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 2; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 11. Aufl., § 17 WEG Rz. 3; Stürner in Soergel, BGB, § 17 WEG Rz. 1; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 17 WEG Rz. 3; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 1, 2. Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 2; weitergehend Schmid, ZfIR 2011, 809 (810 f.); wieder anders (unklar) Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 33, der einen Aufhebungsanspruch aufgrund „übergesetzlicher Entwicklung“ (sic!) unter Berufung auf §§ 313 Abs. 3, 314 BGB vertritt. A.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 32. Schultzky in NK/BGB, § 17 WEG Rz. 1; Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 2; Bärmann/ Pick, § 17 WEG Rz. 2; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 6; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 3; aA (unklar) Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 35. Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 7; Augustin in RGRK, § 17 WEG Rz. 1; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 41, 42; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 4.

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II. Voraussetzungen | Rz. 7 § 17

haben23 und eine Teilung überhaupt möglich ist.24 Bei Stockwerks-/Etageneigentum scheidet eine Teilung aus tatsächlichen Gründen aus,25 in rechtlicher Hinsicht kann eine Teilung wegen entgegenstehender öffentlich-rechtlicher Vorschriften des Bauordnungsrechts unmöglich sein.26 Bei echten Mehrhausanlagen ist eine Realteilung ebenfalls nicht möglich (weil die einzelnen Gebäude ja wiederum aus mehreren Eigentumswohnungen bestehen), sondern allenfalls die Bildung rechtlich selbständiger Eigentümergemeinschaften (nämlich einer für jedes Haus) unter gleichzeitiger Teilung des bisher einheitlichen Wohnungseigentumsgrundstücks denkbar.27

2. Aufhebung des Sondereigentums Von der Aufhebung der Gemeinschaft ist die Aufhebung des Sondereigentums zu unter- 6 scheiden.28 Diese setzt eine Einigung aller Wohnungseigentümer in der Form der Auflassung voraus (§ 4 Abs. 1, 2), sofern nicht § 9 Abs. 1 Nr. 2 wegen völliger Zerstörung des Gebäudes die Bewilligung der Wohnungseigentümer genügen lässt (s. § 4 Rz. 11 ff. und § 9 Rz. 7 ff.).29 Die Aufhebung des Sondereigentums verwandelt die Wohnungseigentümergemeinschaft zurück in eine einfache Miteigentümergemeinschaft (§§ 1008 ff. BGB) und führt nicht notwendigerweise zu deren Aufhebung.30 Die h.M. befürwortet jedoch in diesem Fall in entsprechender Anwendung von § 17 eine „Wertausgleichungspflicht“ der Miteigentümer untereinander.31 Diese soll entweder durch Anpassung der Miteigentumsanteile oder im Falle der Teilung durch Anpassung des Auseinandersetzungsguthabens an die tatsächlichen Wertverhältnisse erfolgen.32 Nur im Falle der vollständigen Zerstörung des Gebäudes (§ 9 Abs. 1 Nr. 2) soll eine analoge Anwendung von § 17 ausscheiden.33 Es sollte folgendermaßen differenziert werden:34 Es besteht kein (vertraglicher) Anspruch auf 7 Wertausgleich entsprechend § 17, wenn die Wohnungseigentümer die Aufhebung des Sonder23 Bärmann/Pick, § 17 WEG Rz. 3. 24 Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 17 WEG Rz. 2; als Beispiel werden Mehrhausanlagen genannt, Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 4; gerade hier werden aber bauordnungsrechtliche Hindernisse in Hinblick auf die einzuhaltende Abstandsfläche zu besorgen sein; vgl. aber den Sachverhalt bei BayObLG v. 10.12.1979 – BReg.2 Z 23/78, BayObLGZ 1979, 414. 25 Ebenso Diester, § 17 WEG Rz. 2; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 17 WEG Rz. 4, Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 42, die eine Realteilung nur bei unbebauten Bauplätzen oder Doppelhäusern in Betracht ziehen. 26 Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 17 WEG Rz. 14; Kreuzer, WE 1996, 450 f. 27 Verkürzend daher Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 11. Aufl., § 17 WEG Rz. 4. 28 Kreuzer, NZM 2001, 123 ff. trennt hier nicht sorgfältig; sein Aufhebungsmuster betrifft denn auch nicht die Aufhebung der Gemeinschaft, sondern lediglich die Aufhebung des Sondereigentums unter Fortbestand der Miteigentümergemeinschaft. 29 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 4. 30 BayObLG v. 10.12.1979 – BReg.2 Z 23/78, BayObLGZ 1979, 414 (420); Bärmann/Pick, § 17 WEG Rz. 2; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 5; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 10; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 3. 31 Bärmann/Pick, § 17 WEG Rz. 3; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 9; Hügel in Bamberger/ Roth, BGB, § 17 WEG Rz. 2; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 11. Aufl., § 17 WEG Rz. 12; Augustin in RGRK, § 17 WEG Rz. 7; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 3, 8; a.A. Grziwotz in Erman, § 17 WEG Rz. 2, der § 17 für unmittelbar anwendbar hält. 32 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 9, 10; ähnlich Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 10; warum sich dieses Verlangen jedoch auf Bereicherungsrecht und nicht auf die vertragliche Vereinbarung i.V.m. § 17 analog gründen soll, bleibt unklar. 33 Wicke in Palandt, § 17 WEG Rz. 1; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 11. Aufl., § 17 WEG Rz. 12; unklar Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 3, 8. 34 Zustimmend Skauradszun in BeckOKG, § 17 WEG Rz. 4.

Heinemann | 533

§ 17 Rz. 7 | Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft eigentums anstelle der Aufhebung der Gemeinschaft deshalb gewählt haben, um dauerhaft eine einfache Bruchteilsgemeinschaft fortzuführen; die (spätere) Aufhebung der Gemeinschaft richtet sich ohne Modifikation durch § 17 allein nach den §§ 749 ff. BGB,35 es bedarf hierfür auch keines Rückgriffs auf § 16.36 Wollen die Wohnungseigentümer mit der Aufhebung des Sondereigentums hingegen lediglich die Aufhebung der Gemeinschaft schrittweise einleiten, so besteht kein Anlass, diesen Sachverhalt anders als die sofortige Aufhebung der Gemeinschaft zu behandeln. Insbesondere bei einer völligen Zerstörung des Gebäudes bietet sich zunächst die erleichterte Aufhebung des Sondereigentums nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 an, um auf diese Weise das Grundstück schneller (nämlich als „Normaleigentum“ und nicht als Wohnungsund Teileigentum) verwerten zu können.37 Im Fall des § 9 Abs. 1 Nr. 2, nämlich der vollständigen Zerstörung des Gebäudes vor Aufhebung des Sondereigentums, sind freilich außer dem Grundstück selbst kaum noch wertbeeinflussende Faktoren vorhanden, so dass ohnehin allein der Miteigentumsanteil bzw. der vereinbarte Verteilungsschlüssel ausschlaggebend sein können (s. unten Rz. 17) und § 17 bedeutungslos ist.38

3. Aufhebung des Verbands 7a Im Schrifttum wird teilweise der Anschein erweckt, es könne neben der Aufhebung der Ge-

meinschaft und der Aufhebung des Sondereigentums ein Drittes, nämlich die Aufhebung des Verbandes entsprechend § 10 Abs. 7 S. 4 zur Beendigung des Wohnungs- und Teileigentums eingeschlagen werden.39 Diese Auffassung ist unzutreffend. Entweder die Gemeinschaft wird vollständig beendet, dann liegt eine Aufhebung nach § 17 vor oder die Gemeinschaft besteht als Bruchteilsgemeinschaft fort, dann liegt eine Aufhebung des Sondereigentums vor. Soweit die Miteigentümer den Verband aufheben wollen, muss im Wege der Auslegung ermittelt werden, ob sie hiermit eine Vollbeendigung oder die „Umwandlung“ in eine Bruchteilsgemeinschaft beabsichtigen.

4. Entstehen eines Auseinandersetzungsguthabens 8 Die Vorschrift setzt schließlich das Vorhandensein eines Auseinandersetzungsguthabens vo-

raus. Kommt ausnahmsweise eine Teilung in Natur (§ 752 BGB) in Betracht (s. oben Rz. 5), so ist das Grundstück so aufzuteilen, dass jeder Wohnungseigentümer eine Grundstücksfläche zu Eigentum erhält, die seinem nach § 17 ermittelten Anteil entspricht. Dies erfordert bei mehreren bereits vermessenen Flurstücken die Aufhebung von deren rechtlicher Vereinigung40 bzw. die Vermessung und Teilung bei einem Flurstück.41

35 Zustimmend Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 8; Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 10; ähnlich Suilmann in Bärmann, § 17 Rz. 7, der allerdings auf den mutmaßlichen Willen der Vertragsteile abstellt; a.A. noch Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 11. Aufl., § 17 WEG Rz. 12. 36 A.A. Daum, S. 147 ff. 37 In diese Richtung auch die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 17, BR-Drucks. 75/51, zitiert nach Wirths in Weitnauer, 5. Aufl. 1974, Anhang IV S. 408. 38 Diester, § 17 WEG Rz. 2; zustimmend Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 8; Suilmann in Bärmann, § 17 Rz. 8; ähnlich Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 8; unzutreffend ist die Kritik von Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 9a, 10, an der hier vertretenen Ansicht. 39 Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 11. 40 S. hierzu das Vertragsmuster bei Fabis, Vertragskommentar Wohnungseigentum, Rz. 543 ff. 41 Fabis, Vertragskommentar Wohnungseigentum, Rz. 564.

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III. Berechnung der Anteile | Rz. 10a § 17

Wird die Aufhebung der Gemeinschaft allerdings – wie im Regelfall – mittels Teilung durch 9 Verkauf (§ 753 BGB) vollzogen, so kommt einerseits die Verwertung durch freihändigen Verkauf, andererseits durch Teilungsversteigerung (§§ 180 ff. ZVG) in Betracht. Die Gemeinschaft setzt sich sodann im Wege dinglicher Surrogation am Verkaufs- bzw. Versteigerungserlös fort, der dann nach Maßgabe von § 17 unter den Gemeinschaftern zu verteilen ist.42 Der Erlös gehört nicht zum Verbandsvermögen (siehe Rz. 12).43

III. Berechnung der Anteile 1. Grundlagen Für die Aufteilung des Auseinandersetzungsguthabens (bzw. des Grundstücks, sofern aus- 10 nahmsweise eine Realteilung in Betracht kommt) ist nicht das Verhältnis der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile maßgebend, sondern das Verhältnis des tatsächlichen (wirklichen) Wertes der Wohnungseigentumsrechte. Die Berechnung der Anteile obliegt in erster Linie den Wohnungseigentümern im Wege der Vereinbarung.44 Eine Festsetzung durch Mehrheitsbeschluss ist nicht erforderlich und nicht zulässig; ein entsprechender Beschluss ist mangels Beschlusskompetenz nichtig.45 Selbstverständlich können die Beteiligten die Wertverhältnisse durch einen Sachverständigen beurteilen lassen. Die Person des Gutachters, das von ihm zu beachtende Bewertungsverfahren und seine Kosten können aber nicht durch Mehrheitsbeschluss festgelegt werden.46 Ob eine gerichtliche Überprüfung des vom Gutachter ermittelten Ergebnisses möglich ist, richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen.47 Soweit eine Berechnung der Anteile nicht (auch nicht durch Schiedsspruch oder Schiedsgut- 10a achten)48 zustande kommt, sind die Wertverhältnisse vom Gericht nach § 287 Abs. 2 ZPO im Rahmen einer Auseinandersetzungsklage zu schätzen,49 da die Bewertung der einzelnen Wohnungseigentumsrechte unverhältnismäßig schwierig ist.50 Als Bewertungsgrundlage können die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV)51 und die Wertermittlungsrichtlinien (WertR 2006)52 herangezogen werden.53 Entgegen anderslautender Kom-

42 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 6; auf den Erlös ist § 17 allerdings unmittelbar und nicht bloß entsprechend anzuwenden, vgl. Augustin in RGRK, § 17 WEG Rz. 1; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 11; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 5; Kreuzer, WE 1996, 450 f. 43 A.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 12, 38 (abwegig). 44 Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 12; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 11. 45 A.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 17, 18, dessen Auffassung widersprüchlich ist, geht er doch bei Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 8 f. davon aus, dass eine Beschlussfassung zu § 17 nicht möglich ist. 46 A.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 19, 20. 47 Zu pauschal daher Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 19. 48 Hierzu ausführlich Kreuzer, NZM 2001, 123 ff. 49 Wie hier Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 12 und Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 29; ohne auf § 287 Abs. 2 ZPO einzugehen, legen den Schätzwert zugrunde: Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 11; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 5; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 3; anders Kreuzer, NZM 2001, 123; Elzer/Riecke in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 17 WEG Rz. 1 und Geiben in jurisPK/BGB, § 17 WEG Rz. 8, die § 317 BGB analog anwenden möchten. 50 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 14 spricht von „komplizierten Bewertungsproblemen“. 51 BGBl. I 2010, 639. 52 BAnz Nr. 108a, ber. BAnz Nr. 121, S. 4798. 53 Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 3; Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 14.

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§ 17 Rz. 10a | Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft mentare54 hat der BGH die Frage der richtigen Bewertung im Rahmen von § 17 noch nicht entschieden.55 11 Zu bewerten sind die einzelnen Wohnungseigentumsrechte, also das Sondereigentum (s.

Rz. 13) und das gemeinschaftliche Eigentum (s. Rz. 14), insbesondere der Miteigentumsanteil am Grundstück, mit dem das Sondereigentum verbunden ist.56 Das der Eigentümergemeinschaft als Verband sui generis gehörende Verwaltungs- oder Verbandsvermögen zählt nicht zum Wohnungseigentum und bleibt daher außer Betracht.57 Nachdem der Wert jedes Wohnungseigentums gesondert bewertet und ermittelt worden ist, ist das vorhandene Auseinandersetzungsguthaben im Verhältnis dieser Wertermittlung an die jeweiligen Wohnungseigentümer zu verteilen.58 Wird beispielsweise ein Kaufpreis (oder Versteigerungserlös) i.H.v. 150.000 Euro (= E) für das gesamte Grundstück (abzgl. Verwaltungsvermögen) erzielt und ergibt die Bewertung für die einzelnen Wohnungseigentumsrechte W1 100.000 Euro, W2 150.000 Euro und W3 50.000 Euro, also insgesamt 300.000 Euro, so stehen vom Erlös W1 50.000 Euro, W2 75.000 Euro und W3 25.000 Euro zu. Die mathematische Formel lautet also:

Auseinandersetzungsguthaben (W1) =

W1 × E (W1 + W2 + W3 + Wn)

2. Behandlung des Verwaltungs-/Verbandsvermögens 12 Ein etwa vorhandenes Verwaltungs-/Verbandsvermögen (z.B. die Instandhaltungsrückstel-

lung, s. § 21 Rz. 87 ff.) des rechtsfähigen Wohnungseigentümerverbands ist davon getrennt nach Maßgabe der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile gemäß § 16 Abs. 2 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 2 oder eines davon abweichend vereinbarten Verteilungsschlüssels zu verteilen.59 Etwaige aus dem gemeinschaftlichen Vermögen zu bestreitende Schulden sind ge-

54 Geiben in jurisPK/BGB, § 17 WEG, Rz. 8; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 18; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 3; Then in Spielbauer/Then, § 17 WEG Rz. 4. 55 BGH v. 2.7.2004 – V ZR 213/03, MDR 2005, 27 = NJW 2004, 2671 (2674) = NZM 2004, 709 ff. behandelt die Bewertung einer Eigentumswohnung im Rahmen einer Schadensersatzklage; so wohl auch Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 17 WEG Rz. 4. 56 Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 15; Schultzky in NK/BGB, § 17 WEG Rz. 2; Bärmann/Pick, § 17 WEG Rz. 4; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 13; ebenso nunmehr Elzer/Riecke in Riecke/ Schmid, § 17 WEG Rz. 10; a.A. Kreuzer, NZM 2001, 123; Kreuzer, WE 1996, 450, der hierunter nur das Sondereigentum versteht bzw. nunmehr nur den Versteigerungserlös des Grundstücks, vgl. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 12, sehr widersprüchlich in Rz. 21 („immer [ist] der Grundstückswert […] anzusetzen“) bzw. Rz. 23 („der Grundstückswert [ist] grundsätzlich irrelevant“); unklar Elzer in Riecke/Schmid, 3. Aufl., § 17 WEG Rz. 3 einerseits und Rz. 10 andererseits. 57 Ebenso Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 5. 58 Nicht nachvollziehbar ist die Berechnungsmethode von Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 18, der den Erlös offensichtlich in zwei Beträge aufteilen will, wovon der eine auf das Sondereigentum, der andere auf das gemeinschaftliche Eigentum entfällt, und sodann nur der Sondereigentumsbetrag nach den tatsächlichen Wertverhältnissen berichtigt werden soll, während der Gemeinschaftseigentumsbetrag im Verhältnis der Miteigentumsanteile aufzuteilen ist. 59 Wie hier Hügel/Elzer § 17 Rz. 3; Müller in Lemke, Immobilienrecht, § 17 WEG Rz. 1; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 7; Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 11; Buhl, BWNotZ 2013, 130 (135); mit anderer Begründung, im Ergebnis aber ebenso Elzer/Riecke in Riecke/ Schmid, § 17 WEG Rz. 6; Hügel in Bamberger/Roth, § 17 WEG Rz. 5; a.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 3; Schmid, ZfIR 2011, 809 (812): analoge Anwendung von § 17; wieder anders Daum, S. 147 f.: Verteilung erfolgt stets nach Maßgabe der Miteigentumsanteile i.S.d. § 16 Abs. 1.

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III. Berechnung der Anteile | Rz. 14 § 17

mäß § 755 BGB vorab zu berichtigen.60 Auf die anteilige Haftung nach § 10 Abs. 8 Satz 1 können sich die Wohnungseigentümer gegenüber Gläubigern des Verbandes auch nach Aufhebung der Gemeinschaft berufen.61 Etwaige Hausgeldrückstände (deren Gläubiger ja der Wohnungseigentümerverband ist) sind in diesem Zusammenhang nach § 756 BGB zu berücksichtigen, nicht etwa im Rahmen der Verteilung des Auseinandersetzungsguthabens.62 Der Liquidationserlös wird nicht Verbandsvermögen, denn er stellt ja das sachenrechtliche Surrogat der Miteigentumsanteile am Grundstück für die einzelnen Miteigentümer dar und darf nicht auf einen anderen Rechtsträger übergehen.63

3. Bewertung des Sondereigentums In die Bewertung des Sondereigentums fließen alle wertentscheidenden Faktoren ein, insbe- 13 sondere alle Verwendungen, die der Eigentümer auf sein Sondereigentum getätigt hat,64 aber auch tatsächliche Vorteile, wie die Wohnfläche sowie die Zahl der Zimmer einer Wohnung, dessen Ausstattung, Lärmeinwirkungen, Aus- und Umbauten oder eine besondere Lage des Sondereigentums.65 Im Ergebnis sollen alle den Verkehrswert des Sondereigentums beeinflussenden Umstände zugunsten bzw. auch zu Lasten des jeweiligen Wohnungseigentümers berücksichtigt werden.66 Außer Betracht bleiben etwaige Belastungen des Sondereigentums, vor allem Eintragungen in Abteilung II und III des Grundbuchs. Diese Belastungen sind ggf. vom Eigentümer aus dem ihm zustehenden Auseinandersetzungsguthaben zu berichtigen.67 Zum Zeitpunkt der Bewertung s. Rz. 16 f.

4. Bewertung des gemeinschaftlichen Eigentums Auch bei der Bewertung des gemeinschaftlichen Eigentums sind alle werterhöhenden oder 14 wertmindernden Faktoren zu berücksichtigen,68 z.B. eine nachhaltige Verbesserung der Energieeffizienz des Gebäudes, eine bessere Anbindung des Grundstücks an die Infrastruktur etc.69 Vorbehaltlich von Satz 2 (s. Rz. 15) vernachlässigt das Gesetz, ob die Wohnungseigentümer an der Aufbringung der Kosten für eine Wertsteigerung des gemeinschaftlichen Eigen-

60 Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 7; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 24; so wohl nunmehr auch Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 12; unerfindlich ist, weshalb Suilmann in Bärmann, § 17 Rz. 10 auf die Regelungen des § 733 BGB abstellt, die die BGB-Gesellschaft behandeln. 61 Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 12; Geiben in jurisPK/BGB, § 17 WEG, Rz. 16; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 24. 62 Wie hier Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 17; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 25; unzutreffend hingegen Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 17 WEG Rz. 4; Suilmann in Bärmann, § 17 Rz. 10. 63 A.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 12, 38. 64 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 12; Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 12 jeweils mit Beispielen. 65 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 12; Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 12; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 17 WEG Rz. 2; Kreuzer, NZM 2001, 123 mit Beispielen. 66 Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 14; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 5; Then in Spielbauer/Then, § 17 WEG Rz. 4; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 5. 67 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 23; Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 12; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 21, allerdings mit unverständlicher Terminologie. 68 Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 3; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 6. 69 Then in Spielbauer/Then, § 17 WEG Rz. 4.

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§ 17 Rz. 14 | Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft tums möglicherweise unterschiedlich beteiligt waren.70 Da das Grundstück zum gemeinschaftlichen Eigentum zählt, fließt auch der dem einzelnen Wohnungseigentümer gehörende Miteigentumsanteil ausschließlich im Rahmen der Bewertung des Gemeinschaftseigentums ein und ist nicht zusätzlich im Rahmen des Sondereigentums werterhöhend oder wertmindernd anzusetzen.71 Das gemeinschaftliche Eigentum ist nach der Höhe der Miteigentumsanteile (sofern die Eigentümer keine hiervon abweichende Vereinbarung treffen) auf die einzelnen Wohnungseigentumsrechte zu verteilen.72 Gemeinschaftliche Schulden gem. § 755 BGB sind aus dem Erlös zu befriedigen.73 Zum Zeitpunkt der Bewertung s. Rz. 16 f. 15 Als Wertkorrektur kommt § 17 Satz 2 in Betracht. Hat sich das gemeinschaftliche Eigentum

und damit der Miteigentumsanteil jedes Eigentümers aufgrund einer Maßnahme erhöht, deren Kosten einer der Wohnungseigentümer nicht getragen hat, so bleibt diese bei der Bewertung von dessen Wohnungseigentum außer Betracht. Diese Regelung beruht auf der Überlegung, dass nur diejenigen Wohnungseigentümer, die sich an den Kosten einer baulichen Veränderung oder Aufwendung nach § 22 Abs. 1 beteiligen mussten, wenn auch nur aufgrund eines Beschlusses nach § 16 Abs. 474 (s. hierzu § 16 Rz. 55 ff.), von der Werterhöhung des gemeinschaftlichen Eigentums profitieren sollen (Korrespondenzprinzip, vgl. auch § 16 Abs. 6 S. 1).75 Nach neuem Recht kommt eine solche Wertsteigerung nur solchen Wohnungseigentümern oder deren Rechtsnachfolgern zugute, welche die entsprechenden Kosten damals auch tatsächlich getragen haben.76 Die werterhöhende Einrichtung oder Anlage ist somit nur diesen Wohnungseigentümern im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zuzurechnen und bleibt bei den übrigen Wohnungseigentümern außer Betracht.77 Haben einzelne Wohnungseigentümer rechtsgrundlos (also unter Verstoß gegen § 22) durch bauliche Veränderungen oder Aufwendungen eine Werterhöhung herbeigeführt, so gilt § 17 S. 2 nicht, die Wertsteigerung kommt also allen Miteigentümern anteilig zugute.78 Diejenigen Miteigentümer, die die Kosten der unzulässigen Maßnahme tatsächlich getragen haben, müssen Ersatz nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag oder nach den §§ 812 ff. BGB verlangen. Ist das Gebäude, auf die sich die bauliche Maßnahme bezogen hat, zerstört, so findet die Wertkorrektur keine Anwendung mehr.79 Hat die bauliche Maßnahme zum Bewertungszeitpunkt keine werterhöhende Wirkung mehr, so bleibt sie ebenfalls außer Betracht. Hat sie sogar wertmindernden Charakter, so ist diese Wertminderung nur denjenigen Miteigentümern anteilig zuzurechnen, die der Maßnahme seinerzeit zugestimmt hatten.80 Unterliegt das gemeinschaftliche Eigentum einem Sondernutzungsrecht, für das ausschließlich der Berechtigte kostentragungspflichtig ist, kommen etwaige Werterhöhungen auch nur diesem zugute.81 Im Übrigen bleibt ein Sonder-

70 Hügel/Elzer § 17 Rz. 7. 71 Anders Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 13, der den Miteigentumsanteil angemessen bei der Bewertung des Sondereigentums berücksichtigen will, wobei er verkennt, dass das Sondereigentum wesentlicher Bestandteil des Miteigentums ist und nicht umgekehrt. 72 So wohl auch Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 6. 73 Bärmann/Pick, § 17 WEG Rz. 7; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 25; Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 7. 74 Ebenso Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 17; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 6. 75 BT-Drucks. 16/887, 64; Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 18; Bärmann/Pick, § 17 WEG Rz. 5; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 6; Kreuzer, NZM 2001, 123 (124). 76 BT-Drucks. 16/887, 64. 77 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 17; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 17 WEG Rz. 3; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 27; Kreuzer, WE 1996, 450 (455). 78 Then in Spielbauer/Then, § 17 WEG Rz. 5; Skauradszun in BeckOKG, § 17 WEG Rz. 11. 79 Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 28. 80 Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 29. 81 Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 27; Then in Spielbauer/Then, § 17 WEG Rz. 4.

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III. Berechnung der Anteile | Rz. 17 § 17

nutzungsrecht aber allein für sich außer Betracht, da es bei einer Aufhebung der Gemeinschaft ebenfalls erlischt.82

5. Zeitpunkt der Bewertung Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung ist die „Aufhebung“ der Gemeinschaft. Fraglich 16 ist, ob damit der Zeitpunkt gemeint ist, in dem die Vereinbarung getroffen bzw. das Aufhebungsverlangen gestellt wird, oder ob auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Aufhebung durch Teilung in Natur oder durch Verkauf abzustellen ist. Zur Vermeidung von Zufälligkeiten, die im Zeitraum zwischen der Vereinbarung/dem Aufhebungsverlangen und dem Vollzug der Aufhebung auftreten können, ist auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Teilung abzustellen,83 also bei der Realteilung oder dem rechtsgeschäftlichen Verkauf auf den Zeitpunkt der Beurkundung der Rechtsgeschäfte, beim Verkauf im Wege der Teilungsversteigerung auf den Zeitpunkt des Zuschlags. Etwaige Wertveränderungen sind nur zu berücksichtigen, soweit sie zu diesem Zeitpunkt noch vorhanden sind,84 spätere Veränderungen sind unbeachtlich. Mit dem Wortlaut des Gesetzes, vor allem aber mit dem Gebot der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit unvereinbar ist es, als Bewertungszeitpunkt einen Zeitraum anzunehmen, so dass etwaige Wertveränderungen stets zu berücksichtigen wären.85 Eine Anpassung kann nur verlangt werden, wenn die Beteiligten dies vereinbart haben oder wenn die Voraussetzungen des § 313 BGB vorliegen. Es gilt also Folgendes: Wird das Gebäude vor der Aufhebung der Gemeinschaft ganz oder 17 teilweise zerstört, so geht diese Wertminderung als allgemeines Lebensrisiko zu Lasten der jeweils betroffenen Wohnungseigentümer,86 das Auseinandersetzungsguthaben ist also bei vollständiger Zerstörung nach den Miteigentumsanteilen am Grundstück aufzuteilen, auch wenn für die Zerstörung des Gebäudes Versicherungsdeckung besteht,87 denn schließlich hat das wertvollere Wohnungseigentum auch nur einen verhältnismäßig geringeren Versicherungsbeitrag leisten müssen (s. § 21 Rz. 121). Der Wohnungseigentümer kann diesem Risiko nur durch eine zusätzliche Versicherung seines Sondereigentums vorbeugen. Wird das Gebäude erst nach der Aufhebung ganz oder teilweise zerstört, so muss nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift eine nach § 17 berechnete Verteilung des erzielten Erlöses oder der geleisteten Versicherungssumme erfolgen. Etwaige Unbilligkeiten können nur über § 10 Abs. 2 Satz 3 gelöst werden.88

82 Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 5; a.A. Then in Spielbauer/ Then, § 17 WEG Rz. 4; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 3. 83 Ebenso Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 12; Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 18; Skauradszun in BeckOKG, § 17 WEG Rz. 14; a.A. Hügel/Elzer § 17 Rz. 4; Then in Spielbauer/Then, § 17 WEG Rz. 4: soweit nichts anderes vereinbart wird, sei auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Aufhebungsvereinbarung abzustellen. 84 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 12; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 4; Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 5. 85 So aber Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 24, 26. 86 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 12; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 4. 87 Lüke in Weitnauer, § 17 WEG Rz. 5; zustimmend Elzer/Riecke in Riecke/Schmid, § 17 WEG Rz. 13; a.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 17 WEG Rz. 6; Kreuzer, WE 1996, 450 (451); ebenso Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 19, der allerdings zugesteht, dass aus Beweismangel regelmäßig eine Aufteilung des Erlöses nach den Miteigentumsanteilen erfolgen wird; Buhl, BWNotZ 2013, 130 (136) empfiehlt, eine entsprechende Vereinbarung bei vollständiger Zerstörung des Gebäudes zu treffen. 88 Unklar Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 10, 13, 18, der eine Korrektur über das Bereicherungsrecht befürwortet, ohne jedoch deren Anspruchsvoraussetzungen darzulegen.

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§ 17 Rz. 18 | Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft

IV. Verfahren 18 Bei Vorliegen einer Aufhebungsvereinbarung oder bei Bestehen eines Aufhebungsanspruchs

kann unmittelbar hieraus die Teilung verlangt und mittels Leistungsklage gerichtlich durchgesetzt werden, wobei aber ein konkreter Teilungsplan vorzulegen ist.89 Obwohl die Teilungsversteigerung keinen vollstreckbaren Titel voraussetzt (§ 181 Abs. 1 ZVG), kann wegen der grundsätzlichen Unauflösbarkeit der Gemeinschaft nicht ohne weiteres die Teilung beantragt werden. Soweit der Aufhebungsanspruch aus einer Vereinbarung gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 geltend gemacht wird, muss das rechtskräftige und vorläufig vollstreckbare Leistungsurteil in vollstreckbarer Ausfertigung mit Zustellungsnachweis vorgelegt werden.90 Beruht die Aufhebung auf einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer, so genügt es, wenn diese Vereinbarung in öffentlicher Urkunde nachgewiesen ist.91 Für die Ermittlung des geringsten Gebots ist von der Theorie des Niedrigstgebots auszugehen.92 19 Eine Klage auf Aufhebung der Gemeinschaft, auf Feststellung, dass die Gemeinschaft aufgeho-

ben ist oder auf Leistung wegen etwaiger Ansprüche aus der Aufhebung, ist einheitlich im ZPO-Verfahren nach Maßgabe der §§ 43 ff. zu entscheiden. Es besteht somit eine ausschließliche Zuständigkeit des AG des belegenen Grundstücks, § 43 Nr. 1. Die umständliche Zweispurigkeit93 eines FG-Verfahrens und eines anschließenden ZPO-Verfahrens ist somit entfallen. Der Gegenmeinung, wonach die §§ 43 ff. nicht mehr einschlägig sind, weil es nach Aufhebung der Gemeinschaft an Wohnungseigentümern fehle,94 ist zu eng, denn im Rahmen des § 43 Nr. 1 müssen auch aus dem Gemeinschaftsverhältnis nachwirkende Streitigkeiten behandelt werden.

§ 18 Entziehung des Wohnungseigentums (1) Hat ein Wohnungseigentümer sich einer so schweren Verletzung der ihm gegenüber anderen Wohnungseigentümern obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann, so können die anderen Wohnungseigentümer von ihm die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen. Die Ausübung des Entziehungsrechts steht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu, soweit es sich nicht um eine Gemeinschaft handelt, die nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht. (2) Die Voraussetzungen des Abs. 1 liegen insbesondere vor, wenn 1. der Wohnungseigentümer trotz Abmahnung wiederholt gröblich gegen die ihm nach § 14 obliegenden Pflichten verstößt;

89 Kreuzer, WE 1996, 450 (451). 90 Bärmann/Pick, § 17 WEG Rz. 6; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 19; vgl. Stöber, ZVG, § 181 Rz. 2.3 zum vergleichbaren Fall der Aufhebung der Gemeinschaft aus wichtigem Grund, wenn die Aufhebung grundsätzlich nach § 1010 BGB ausgeschlossen ist; anders offenbar Kreuzer, WE 1996, 450 f. 91 Vgl. Stöber, ZVG, § 181 Rz. 2.5 zum vergleichbaren Fall der Auseinandersetzung einer BGB-Gesellschaft oder einer Gütergemeinschaft. 92 Ausführlich Buhl, BWNotZ 2013, 130 (135 f.). 93 Vgl. BayObLG v. 10.12.1979 – BReg. 2 Z 23/78, BayObLGZ 1979, 414 (418); Mansel in Weitnauer, § 43 WEG Rz. 17. 94 Suilmann in Bärmann, § 17 Rz. 19; Skauradszun in BeckOKG, § 17 WEG Rz. 15; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 22; Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 31; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 9; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 48.

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§ 17 Rz. 18 | Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft

IV. Verfahren 18 Bei Vorliegen einer Aufhebungsvereinbarung oder bei Bestehen eines Aufhebungsanspruchs

kann unmittelbar hieraus die Teilung verlangt und mittels Leistungsklage gerichtlich durchgesetzt werden, wobei aber ein konkreter Teilungsplan vorzulegen ist.89 Obwohl die Teilungsversteigerung keinen vollstreckbaren Titel voraussetzt (§ 181 Abs. 1 ZVG), kann wegen der grundsätzlichen Unauflösbarkeit der Gemeinschaft nicht ohne weiteres die Teilung beantragt werden. Soweit der Aufhebungsanspruch aus einer Vereinbarung gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 geltend gemacht wird, muss das rechtskräftige und vorläufig vollstreckbare Leistungsurteil in vollstreckbarer Ausfertigung mit Zustellungsnachweis vorgelegt werden.90 Beruht die Aufhebung auf einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer, so genügt es, wenn diese Vereinbarung in öffentlicher Urkunde nachgewiesen ist.91 Für die Ermittlung des geringsten Gebots ist von der Theorie des Niedrigstgebots auszugehen.92 19 Eine Klage auf Aufhebung der Gemeinschaft, auf Feststellung, dass die Gemeinschaft aufgeho-

ben ist oder auf Leistung wegen etwaiger Ansprüche aus der Aufhebung, ist einheitlich im ZPO-Verfahren nach Maßgabe der §§ 43 ff. zu entscheiden. Es besteht somit eine ausschließliche Zuständigkeit des AG des belegenen Grundstücks, § 43 Nr. 1. Die umständliche Zweispurigkeit93 eines FG-Verfahrens und eines anschließenden ZPO-Verfahrens ist somit entfallen. Der Gegenmeinung, wonach die §§ 43 ff. nicht mehr einschlägig sind, weil es nach Aufhebung der Gemeinschaft an Wohnungseigentümern fehle,94 ist zu eng, denn im Rahmen des § 43 Nr. 1 müssen auch aus dem Gemeinschaftsverhältnis nachwirkende Streitigkeiten behandelt werden.

§ 18 Entziehung des Wohnungseigentums (1) Hat ein Wohnungseigentümer sich einer so schweren Verletzung der ihm gegenüber anderen Wohnungseigentümern obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann, so können die anderen Wohnungseigentümer von ihm die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen. Die Ausübung des Entziehungsrechts steht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu, soweit es sich nicht um eine Gemeinschaft handelt, die nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht. (2) Die Voraussetzungen des Abs. 1 liegen insbesondere vor, wenn 1. der Wohnungseigentümer trotz Abmahnung wiederholt gröblich gegen die ihm nach § 14 obliegenden Pflichten verstößt;

89 Kreuzer, WE 1996, 450 (451). 90 Bärmann/Pick, § 17 WEG Rz. 6; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 19; vgl. Stöber, ZVG, § 181 Rz. 2.3 zum vergleichbaren Fall der Aufhebung der Gemeinschaft aus wichtigem Grund, wenn die Aufhebung grundsätzlich nach § 1010 BGB ausgeschlossen ist; anders offenbar Kreuzer, WE 1996, 450 f. 91 Vgl. Stöber, ZVG, § 181 Rz. 2.5 zum vergleichbaren Fall der Auseinandersetzung einer BGB-Gesellschaft oder einer Gütergemeinschaft. 92 Ausführlich Buhl, BWNotZ 2013, 130 (135 f.). 93 Vgl. BayObLG v. 10.12.1979 – BReg. 2 Z 23/78, BayObLGZ 1979, 414 (418); Mansel in Weitnauer, § 43 WEG Rz. 17. 94 Suilmann in Bärmann, § 17 Rz. 19; Skauradszun in BeckOKG, § 17 WEG Rz. 15; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 17 WEG Rz. 22; Müller in Timme, § 17 WEG Rz. 31; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 17 WEG Rz. 9; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 17 WEG Rz. 48.

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Entziehung des Wohnungseigentums | Rz. 19 § 18 2. der Wohnungseigentümer sich mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen zur Lasten- und Kostentragung (§ 16 Abs. 2) in Höhe eines Betrags, der drei vom Hundert des Einheitswerts seines Wohnungseigentums übersteigt, länger als drei Monate in Verzug befindet; in diesem Fall steht § 30 der Abgabenordnung einer Mitteilung des Einheitswerts an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder, soweit die Gemeinschaft nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht, an den anderen Wohnungseigentümer nicht entgegen.

(3) Über das Verlangen nach Abs. 1 beschließen die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit. Der Beschluss bedarf einer Mehrheit von mehr als der Hälfte der stimmberechtigten Wohnungseigentümer. Die Vorschriften des § 25 Abs. 3, 4 sind in diesem Falle nicht anzuwenden. (4) Der in Abs. 1 bestimmte Anspruch kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. I. 1. 2. II. 1.

2.

3.

4. 5. III. 1. 2.

3.

Normzweck, Reform . . . . . . . . . . . . . . . 1 Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 WEG-Reform 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Generalklausel (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . 6 Vorliegen einer Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 b) Werdende Eigentümergemeinschaft 8 c) Mehrheit von Objekten und Mehrheit von Eigentümern . . . . . . . . . . . . 9 Vorliegen einer schweren Pflichtverletzung (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 b) Spezifische Pflichtverletzung . . . . . . . 11 c) Zeitpunkt der Pflichtverletzung . . . . 12 Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 a) Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . 13 b) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Regelbeispiele (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . 18 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Wiederholte Verstöße gegen § 14 (Abs. 2 Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19a a) Gröbliche Verstöße gegen die Pflichten nach § 14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19a b) Anzahl der Verstöße . . . . . . . . . . . . . 20 c) Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 d) Rechtsbehelfe gegen die Abmahnung 24 Zahlungsverzug (Abs. 2 Nr. 2) . . . . . . . . 25 a) Kosten und Lasten i.S.d. § 16 Abs. 2 25 b) Höhe des säumigen Betrags . . . . . . . 26 c) Mitteilung des Einheitswertbescheides . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

IV. 1. 2.

3.

4. 5.

V. 1. 2. 3. VI. 1. 2. 3.

d) Verzugseintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 e) Keine weiteren Voraussetzungen . . . 29a f) Verhältnis zu Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29b Geltendmachung des Entziehungsanspruchs (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Zuständigkeit der Gemeinschaft (Abs. 1 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Mehrheitsbeschluss (Abs. 3) . . . . . . . . . 31 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 b) Ordnungsgemäße Ladung . . . . . . . . 32 c) Beschlussfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 33 d) Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 b) Beschlussmängel . . . . . . . . . . . . . . . . 37 c) Negativbeschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . 38 d) Streitwert, Kostentragung . . . . . . . . . 39 Absicherung des Entziehungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Verjährung und Verwirkung des Entziehungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Abdingbarkeit (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . 43 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Zulässige Abweichungen . . . . . . . . . . . . 44 Unzulässige Abweichungen . . . . . . . . . . 45 Sonstige Maßnahmen gegen den störenden Wohnungseigentümer . . . . 46 Vorrangige mildere Maßnahmen . . . . . 47 Zahlungsklage wegen rückständigen Wohngelds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Versorgungssperre . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

Schrifttum: Abramenko, Die Abmahnung im Entziehungsverfahren, ZMR 2012, 73; Armbrüster, Sanktionsmöglichkeiten bei Zahlungsverzug von Wohnungseigentümern, WE 1999, 46 = GE 1998, 530; Bruns/

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§ 18 Rz. 1 | Entziehung des Wohnungseigentums Hintzen, Das Hausgeldinkasso – 2. Teil: Situation vor Gericht – Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen, ZWE 2018, 73; Deckert, „Wenn sie ausflippen“ – Störenfriede in der Wohnanlage, NZM 2011, 648; Drasdo, Neues vom wohnungseigentumsrechtlichen Entziehungsverfahren, NJW-Spezial 2007, 433; Elzer, WEG-Novelle 2009 oder: Steuergeheimnis im Omnibus, NJW 2009, 2507; Gottschalg, Stimmrechtsauschluss in der Eigentümerversammlung, NZM 2012, 271; Heinemann, Der Streitwert der Entziehungsklage nach der WEG-Reform, MietRB 2008, 90; Heinemann, Vereinbarungen zur Entziehung des Wohnungseigentums, MietRB 2012, 29; Hogenschurz, Im Überblick: Die Entziehung des Wohnungseigentums, NZM 2005, 611; Hogenschurz, Zur Verjährung des Entziehungsanspruchs gemäß § 18 WEG, ZMR 2015, 607; Köhler, WEG-Reform – Die Entziehung des Wohnungseigentums, MietRB 2007, 156; Meyer, Entziehung von Wohnungseigentum – (§§ 18, 19, 53 ff.) – Was kann die gesetzliche Regelung leisten, und wie könnte sie verbessert werden?, WEZ 1987, 17; Palder, Entziehung des Wohnungseigentums nach § 18 WEG, WuM 1998, 331; Schmid, Vertragsstrafen im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2011, 347; Schmid, Die Entziehung des Wohnungseigentums, ZfIR 2013, 129; Schmid, Die Vertragsstrafe im Miet- und Wohnungseigentumsrecht, ZfIR 2014, 178; Schmidt, Einheitswert und Entziehung des Wohnungseigentums, ZWE 2002, 113; Stache, Die Problematik der §§ 18, 19 des Wohnungseigentumsgesetzes, Diss. Münster 1968; Weimar, Entziehung des Wohnungseigentums bei Überbelastung, JurBüro 1981, 661; Weis, Änderungen in ZVG und WEG und die Auswirkungen auf die Zwangsversteigerungsund Zwangsverwaltungspraxis, ZfIR 2007, 477; Wenzel, Das Wohnungseigentumsentziehungsverfahren, eine stumpfe Waffe?, WuM 1998, 454.

I. Normzweck, Reform 1. Normzweck 1 Die Vorschrift dient dazu, die Unauflöslichkeit der Eigentümergemeinschaft (§ 11) durch ei-

nen besonderen „Rechtsbehelf“ abzumildern,1 der es ermöglicht, solche Miteigentümer aus der Gemeinschaft auszuschließen, die ihre aus dem „Gemeinschaftsverhältnis entspringenden Verpflichtungen gröblich verletzen“.2 Damit hat der Gesetzgeber auf die unguten Erfahrungen mit dem süddeutschen Stockwerkseigentum, das eben keine Ausschließung eines Miteigentümers kannte, reagiert.3 Um auf der anderen Seite die Rechtsnatur des Wohnungseigentums als „echtem Eigentum“ zu gewährleisten, musste ein Entziehungsverfahren gewählt werden, dass auf möglichst schonende Weise in die Rechtsposition des auszuschließenden Eigentümers eingreift.4 Eine Straffunktion kommt der Norm nicht zu.5

2 Obgleich die Eigentümergemeinschaft – zumal nach der Anerkennung ihrer Teilrechtsfähigkeit

– auffällige Bezüge zum Personengesellschaftsrecht aufweist, würde eine personengesellschaftsrechtliche Lösung, z.B. eine Anwachsung des Wohnungseigentums des ausgeschlossenen Wohnungseigentümers an die übrigen Miteigentümer, eine unverhältnismäßige Maßnahme darstellen, da hierbei die Wertschöpfung des nicht gemeinschaftlichen Vermögens (des Sondereigentums) unberücksichtigt bliebe (vgl. auch § 17).6 Mit dem Entziehungsverlangen, das

1 BT-Drucks. I/1802 = BR-Drucks. 75/51, zitiert nach Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 2; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 1, 2; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 1; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 1; Sauren, § 18 WEG Rz. 1; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 1; ausführlich zum Sinn und Zweck des Entziehungsverfahrens auch BGH v. 14.9.2018 – V ZR 138/17, NZM 2018, 1024 (1026) = ZMR 2019, 51 (52) =ZfIR 2019, 147 (149) mit abl. Anm. Suilmann. 2 So die Begründung des Referentenentwurfs v. 22.9.1950, zitiert nach Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 1. 3 So der Berichterstatter Dr. Brönner, zitiert nach Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 2; Diester, § 18 WEG Rz. 1; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 1; Stache, S. 2. 4 Diester, § 18 WEG Rz. 1; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 1; zweifelnd Wesenberg, DRiZ 1951, 123. 5 A.A. Kreuzer in Köhler, Teil 10 Rz. 12a. 6 Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 1.

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I. Normzweck, Reform | Rz. 3 § 18

auf eine zunächst freiwillige, bei Nichterfüllung zwangsweise Veräußerung durch den ausgeschlossenen Miteigentümer gerichtet ist, wird der überragenden Bedeutung des Sondereigentums Rechnung getragen. Das Verfahren lehnt sich einerseits an die „Abmeierungsklage“ (§ 15 REG) des Reichserbhofgesetzes vom 29.9.1933 an,7 ähnelt andererseits der Entziehung von GmbH-Geschäftsanteilen durch Abtretung oder Kaduzierung.8 Auch wenn die Vorschrift an § 543 BGB angelehnt ist,9 folgt daraus nicht ohne weiteres, dass die mietrechtliche Rechtsprechung hierzu auf die Auslegung von § 18 übertragen werden kann, da die Vorschriften jeweils eigene Zwecke verfolgen, die nicht miteinander identisch sind.10 Freilich kann im Einzelfall auf mietrechtliche Entscheidungen zurückgegriffen werden, insbesondere zur Beurteilung, ob eine schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegt (hierzu Rz. 10 ff.). Es handelt sich im Ergebnis um eine Konkretisierung des nunmehr in § 314 BGB allgemein kodifizierten Kündigungsrechts aus wichtigem Grund bei Dauerschuldverhältnissen.11 Da die Wohnungseigentümer aber auch noch andere Rechtsbehelfe, insbesondere zur Beitreibung von rückständigen Wohngeldansprüchen, ergreifen können (vgl. Rz. 46 ff.), steht das Entziehungsverlangen erst nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten und nach vorheriger Abmahnung (s. hierzu Rz. 14, 21 ff.) als „äußerstes Mittel“ und Ultima Ratio zur Verfügung.12 Die Vorschrift selbst verstößt daher und auch wegen der vielfältigen Rechtsschutzmöglichkeiten nicht gegen die Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG).13 Sie stellt eine zulässige Inhaltsbestimmung, aber keine Enteignung dar.14 Die Vorschrift steht auch in einem gewissen Zusammenhang mit § 12. Während durch das Zu- 3 stimmungserfordernis das Eindringen störender Eigentümer verhindert werden soll, ermöglicht § 18 den Ausschluss solcher Personen.15 Allerdings sind die Voraussetzungen für einen Ablehnungsgrund nach § 12 geringer anzusetzen als bei der Entziehung nach § 18 Abs. 1.16 Liegen die Voraussetzungen für eine Entziehung nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 vor, kann auch ein Unter-

7 Diester, § 18 WEG Rz. 1; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 1; a.A. Stache, S. 9 ff. 8 Diester, § 18 WEG Rz. 2; zustimmend Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 1; in diese Richtung auch Stache, S. 31 f., der von einer Kombination aus Verwirkung und gesellschaftsrechtlicher Ausschlussklage ausgeht, Stache, S. 51. 9 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1355) = NZM 2007, 290 (291). 10 Skauradszun in BeckOGK, § 18 WEG Rz. 11; a.A. Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 4. 11 Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 3; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 5; Hügel in Bamberger/ Roth, BGB, § 18 WEG Rz. 2; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 2; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 2. 12 BVerfG v. 14.7.1993 – 1 BvR 1523/92, NJW 1994, 241 (242); BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1354) = NZM 2007, 290 (291); LG Aachen v. 15.10.1992 – 2 S 298/91, ZMR 1993, 233 (235); LG Bonn v. 12.6.1996 – 4 T 315/96, MittRhNotK 1996, 271 (272); LG Hamburg v. 6.4.2016 – 318 S 50/15, ZMR 2016, 487; LG Landau v. 10.12.1985 – 1 S 303/85, WuM 1986, 151; LG Passau v. 12.4.1984 – 1 S 151/83, Rpfleger 1984, 412 mit abl. Anm. Gerauer; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 1; Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 3; Skauradszun in BeckOGK, § 18 WEG Rz. 6; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 13; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 2; Sauren, § 18 WEG Rz. 1; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 2; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 1. 13 BVerfG v. 14.7.1993 – 1 BvR 1523/92, NJW 1994, 241 (242); BVerfG v. 27.2.1997 – 1 BvR 1526/96, WuM 1998, 45 = FGPrax 1998, 90 (91) m. Anm. Briesemeister; ebenso Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 2; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 1; Diester, § 18 WEG Rz. 1, 3; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 23; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 1; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 1; a.A. AG Potsdam v. 29.4.2014 – 31 C 85/12, BeckRS 2015, 12355 (ohne Begründung). 14 Köhler, Das neue WEG, Rz. 268. 15 Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 3; Froese, ZWE 2015, 390; vgl. auch Abramenko, Das neue WEG, § 3 Rz. 13. 16 BayObLG v. 31.10.2001 – 2Z BR 37/01, NJW-RR 2002, 659; LG Köln v. 19.3.2009 – 29 S 45/08, ZMR 2009, 552 (553); AG Philippsburg v. 19.1.2018 – 1 C 167/17, ZMR 2018, 545 (546).

Heinemann | 543

§ 18 Rz. 3 | Entziehung des Wohnungseigentums lassungsanspruch nach § 15 Abs. 3 i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB begründet sein (s. Rz. 47).17 Allerdings folgt aus § 18 nur ein Anspruch auf Ausscheiden des störenden Wohnungseigentümers aus der Gemeinschaft durch Veräußerung seines Wohnungseigentums, hingegen kein Anspruch auf Räumung oder auf Besitzaufgabe.18

2. WEG-Reform 2007 4 Die WEG-Reform hat § 18 inhaltlich nicht verändert, sondern nur in Hinblick auf die Teil-

rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft klargestellt, dass die Ausübung des Entziehungsrechts der Eigentümergemeinschaft zusteht, sofern es sich nicht um eine Gemeinschaft aus lediglich zwei Miteigentümern handelt (s. hierzu Rz. 30 und § 19 Rz. 9).19 5 Durch die WEG-Reform werden nunmehr solche laufenden und rückständigen Wohngeldbei-

träge im Rahmen einer Zwangsversteigerung bevorrechtigt, die aus dem Jahr der Beschlagnahme und den zwei davorliegenden Jahren stammen. Diese dürfen höchstens 5 % des nach § 74a Abs. 5 ZVG ermittelten Verkehrswerts betragen und müssen die nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 genannten Verzugsbeträge übersteigen, sofern die anderen Wohnungseigentümer die Zwangsversteigerung beantragt haben, § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZVG. Durch die letztgenannte Einschränkung will der Gesetzgeber einen Wertungswiderspruch zu § 18 Abs. 2 Nr. 2 verhindern und die Verhältnismäßigkeit des Entziehungsverfahrens wahren.20 Auf der anderen Seite erkennt er selbst, dass bei Zahlungsrückständen künftig das Entziehungsverfahren im Gegensatz zur Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 2 keine nennenswerte Rolle mehr spielen wird.21 § 18 Abs. 2 Nr. 2 macht neben der Zahlungsklage wegen privilegierter Wohngeldrückstände keinen Sinn mehr und hätte aufgehoben werden sollen. Weitaus größere Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Entziehungsverfahrens bestehen nunmehr im Hinblick darauf, dass die zwangsweise Veräußerung nicht mehr als „freiwillige Versteigerung“, sondern im Rahmen der Zwangsversteigerung nach dem ZVG erfolgt (s. dazu und zur berechtigten Kritik an der Reform § 19 Rz. 4, 5, 41).

II. Generalklausel (Abs. 1) 6 Die Vorschrift enthält in Abs. 1 den Grundtatbestand, der ein Veräußerungsverlangen der

Wohnungseigentümer gegen einen störenden Miteigentümer begründet. In Abs. 2 sind zwei Regelbeispiele aufgeführt,22 bei deren Erfüllung der Gesetzgeber in typisierter Form vom Vorliegen eines Veräußerungsanspruchs ausgeht. Daher ist Abs. 1 nicht subsidiär gegenüber Abs. 2, sondern vielmehr logisch nachrangig gegenüber den Regelbeispielen zu prüfen.23 Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, so versperrt dies nicht den Rückgriff auf die

17 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (263) = NZM 2017, 37 (39) = ZWE 2017, 84 (87); BGH v. 12.11.2010 – V ZR 78/10, MietRB 2011, 47 = ZWE 2011, 78, 79; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 5. 18 KG v. 10.9.2015 – 8 U 94/15, ZWE 2016, 21 (22 f.) = MDR 2016, 150 = MietRB 2016, 78. 19 BT-Drucks. 16/887, 69. 20 BT-Drucks. 16/887, 45; BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = NZM 2011, 694. 21 BT-Drucks. 16/887, 45. 22 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1354) = NZM 2007, 290; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 13, 31. 23 Wie hier Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 5; anders Müller in Lemke, Immobilienrecht, § 18 WEG Rz. 2; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 13; Sauren, § 18 WEG Rz. 3.

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II. Generalklausel (Abs. 1) | Rz. 8 § 18

Generalklausel.24 Diese kommt insbesondere dann in Betracht, wenn ein Wohnungseigentümer andauernd seine Wohngeldbeiträge verspätet zahlt, ohne dass der in Abs. 2 Nr. 2 geforderte Betrag erreicht ist.25

1. Vorliegen einer Wohnungseigentümergemeinschaft a) Allgemeines Das Entziehungsverfahren als Pendant zu § 11 kann erst ab Unauflöslichkeit der Gemeinschaft 7 Anwendung finden. Bei der Aufteilung nach § 3 ist dies erst ab Anlegung der Wohnungsgrundbücher der Fall, davor liegt eine reine Bruchteilsgemeinschaft vor, die grundsätzlich jederzeit gem. §§ 749 ff. BGB aufgehoben werden kann.26 b) Werdende Eigentümergemeinschaft Bei der Vorratsteilung nach § 8 ist umstritten, ab welchem Zeitpunkt § 18 eingreift. Da nach 8 h.M. die §§ 10 ff. bereits auf die werdende Eigentümergemeinschaft anwendbar sind,27 ist nicht die Eintragung von wenigstens zwei Eigentümern erforderlich, sondern ausreichend, dass mit einem Erwerber der schuldrechtliche Erwerbsvertrag geschlossen wurde, die Wohnungsgrundbücher angelegt wurden, der Erwerbsanspruch durch Eintragung einer Vormerkung gesichert und die Inbesitznahme der bewohnbaren Wohnung durch den Erwerber erfolgt ist.28 Entzogen wird in diesem Fall nicht das Wohnungseigentum als solches, sondern das auf Begründung von Wohnungseigentum gerichtete Anwartschaftsrecht.29 Die mit Blick auf § 17 Abs. 1 ZVG erforderliche Voreintragung kann auch durch eine Pfändung des Anwartschaftsrechts und anschließender Auflassung auf einen Sequester bewirkt werden (vgl. § 848 ZPO). Nach anderer Ansicht setzt § 18 die Eintragung von wenigstens zwei Wohnungseigentümern im Grundbuch voraus.30 Daneben stehen dem Veräußerer (meist dem das Grundstück nach § 8 aufteilenden Eigentümer) auch die Rechte des allgemeinen Leistungsstörungsrechts zu, insbesondere die §§ 313, 323, 324 BGB.31 Entgegen der Ansicht des BGH32

24 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1354) = NZM 2007, 290. 25 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1354) = NZM 2007, 290. 26 Vom LG Nürnberg v. 21.3.1985 – 1 O 4928/84, ZMR 1985, 347 (348) verkannt, das insofern § 18 (fälschlicherweise auch schon vor Anlegung der Wohnungsgrundbücher) als abschließende Sonderregelung ansieht. 27 Vgl. Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG Rz. 22, 23. 28 LG Nürnberg v. 21.3.1985 – 1 O 4928/84, ZMR 1985, 347 (348) (betraf allerdings einen Fall nach § 3); Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 1; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 3; Riecke in Riecke/ Schmid, § 18 WEG Rz. 5; Then in Spielbauer/Then, § 18 WEG Rz. 2; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 3. 29 Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 4; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 9. 30 Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 4; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 6; Sauren, § 18 WEG Rz. 2. 31 BGH v. 30.6.1972 – V ZR 118/70, BGHZ 59, 104 (105 f.) = LM Nr. 1 zu § 18 WEG (Mattern) = MDR 1972, 853 f. = NJW 1972, 1667 = BB 1972, 1031 = WM 1972, 908 = MittBayNot 1972, 224 = DNotZ 1973, 22; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 4; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 4; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 6. 32 BGH v. 30.6.1972 – V ZR 118/70, BGHZ 59, 104 (106) = LM Nr. 1 zu § 18 WEG (Mattern) = MDR 1972, 853 f. = NJW 1972, 1667 = BB 1972, 1031 = WM 1972, 908 = MittBayNot 1972, 224 = DNotZ 1973, 22.

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§ 18 Rz. 8 | Entziehung des Wohnungseigentums werden diese Ansprüche nach Eintragung des Erwerbers im Wohnungsgrundbuch nicht von § 18 verdrängt, da das Leistungsstörungsrecht und der Entziehungsanspruch andere Ziele verfolgen und nicht in Anspruchskonkurrenz zueinander stehen.33 Vielmehr können aus dem Vertragsverhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber nachvertragliche Pflichtverletzungen entstehen, die den Veräußerer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigen,34 z.B. wenn der Erwerber durch sein störendes Verhalten die Veräußerung weiterer Eigentumswohnungen unmöglich macht. c) Mehrheit von Objekten und Mehrheit von Eigentümern 9 Die Entziehung des Wohnungseigentums ist objektbezogen, also für jedes Wohnungseigen-

tum gesondert zu prüfen.35 Bei einer Mehrheit von Eigentümern ist als Konsequenz aus dem Objektprinzip die Entziehung der gesamten Wohnungseigentumseinheit möglich, auch wenn nur ein Mit- oder Gesamthandseigentümer (z.B. der Miterbe einer Erbengemeinschaft) für die Pflichtverletzungen verantwortlich ist (vgl. § 425 BGB).36 Gleiches gilt, wenn das Wohnungseigentum einer (teil)rechtsfähigen Personengesellschaft (z.B. einer BGB-Gesellschaft) zusteht.37 Der BGH hat die Gegenauffassung, wonach es zumindest bei Miteigentum ausreichend wäre, lediglich den störenden Miteigentümer aus der Gemeinschaft auszuschließen,38 mit ausführlicher Begründung widerlegt: nur der Entzug des Wohnungseigentums insgesamt ist geeignet, eine dauerhafte und effektive Beseitigung der Störung zu gewährleisten, weil sich entweder keine Interessenten finden, um den Miteigentumsanteil zu ersteigern oder weil im Anschluss an die Ersteigerung ggf. noch eine Teilungsversteigerung zwischen den Miteigentümern erforderlich sein wird.39 Die Interessen des nicht störenden Miteigentümers werden nach Auffassung des BGH ausreichend dadurch gewahrt, dass ihm in analoger Anwendung des § 19 Abs. 2 die Möglichkeit eingeräumt wird, die Störung zu beseitigen (s. § 19 Rz. 54a). 9a Steht das Wohnungseigentum Miteigentümern zu, ist durch Auslegung der Abmahnung, des

Entziehungsbeschlusses und des Klageantrags zu ermitteln, ob nur die Veräußerung des Miteigentumsanteils oder des gesamten Wohnungseigentums verlangt wird.40

33 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 4. 34 Vgl. nur Grüneberg in Palandt, § 242 Rz. 29, § 280 Rz. 7. 35 Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 2; Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 5; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 3. 36 BGH v. 14.9.2018 – V ZR 138/17, NZM 2018, 1024 (1025) = ZMR 2019, 51 (52) = ZfIR 2019, 147 (148) mit abl. Anm. Suilmann; LG Köln v. 10.5.2001 – 29 S 90/00, ZMR 2002, 227; Schultzky in NK/ BGB, § 18 WEG Rz. 5; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 9; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 17; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 4; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 11; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 21; Schmid, Handbuch des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Rz. 23/5; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 53; differenzierend Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 35; Hügel/Elzer, § 18 Rz. 3; Geiben in jurisPK/BGB, § 18 WEG Rz. 12; Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 11; Then in Spielbauer/Then, § 18 WEG Rz. 7; zweifelnd Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 4; a.A. Sauren, § 18 WEG Rz. 2; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 3; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 5; offen gelassen von BayObLG v. 4.3.1999 – 2Z BR 20/99, NJW-RR 1999, 887 (888). 37 Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 11; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 5; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 18 WEG Rz. 19. 38 Hügel/Elzer, § 18 Rz. 3; Geiben in jurisPK/BGB, § 18 WEG Rz. 12; Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 11; Then in Spielbauer/Then, § 18 WEG Rz. 7; Sauren, § 18 WEG Rz. 2; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 3; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 5. 39 BGH v. 14.9.2018 – V ZR 138/17, NZM 2018, 1024 (1025) = ZMR 2019, 51 (52) = ZfIR 2019, 147 (148) mit abl. Anm. Suilmann. 40 BayObLG v. 4.3.1999 – 2Z BR 20/99, NJW-RR 1999, 887 (888).

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II. Generalklausel (Abs. 1) | Rz. 11 § 18

2. Vorliegen einer schweren Pflichtverletzung (Abs. 1) a) Allgemeines Die Generalklausel des Abs. 1 setzt eine schwere Pflichtverletzung voraus. Erforderlich ist im 10 Regelfall eine Abwägung aller Gesamtumstände (s. Rz. 13).41 Es genügt, wenn die Pflichtverletzung nur gegenüber einem einzigen Wohnungseigentümer, einem seiner Familienangehörigen, Wohnungsgenossen, Besucher oder Mieter begangen wurde.42 Die Pflichtverletzung muss nicht im Gemeinschaftsverhältnis wurzeln, sondern kann auch auf persönlichen Gründen (z.B. privaten Streitigkeiten, Beleidigungen, Tätlichkeiten etc.) beruhen.43 Die Pflichtverletzung braucht aber nicht verhaltensbezogen zu sein, sondern kann auch in der Person des störenden Miteigentümers begründet sein (z.B. Trunksucht, Verwahrlosung). Im Gegensatz zu Abs. 2 Nr. 1 kann auch ein einmaliger Pflichtverstoß eine Ausschließung rechtfertigen, wenn er besonders schwerwiegend war.44 Umgekehrt können sich mehrere einzelne Pflichtverletzungen, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen, in der Gesamtschau als eine schwere Pflichtverletzung darstellen.45 b) Spezifische Pflichtverletzung Die Pflichtverletzung muss durch den Wohnungseigentümer in dieser Eigenschaft begangen 11 worden sein; eine Pflichtverletzung als Verwalter oder Verwaltungsbeirat begründet kein Recht der Gemeinschaft auf Entziehung des Wohnungseigentums, sondern rechtfertigt allenfalls dessen Abberufung oder Verurteilung zu Schadensersatz.46 Umgekehrt stellt das Vorliegen eines Entziehungsanspruchs kein Hindernis für die Wahl des betroffenen Eigentümers zum Verwalter oder Verwaltungsbeirat dar.47 Eine Zurechnung von Verletzungshandlungen Dritter kommt nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 31, 166, 278 BGB analog)48 in Betracht.49 Sofern es sich nicht um Organe oder Erfüllungsgehilfen des Wohnungseigentümers handelt50

41 LG Hamburg v. 6.4.2016 – 318 S 50/15, ZMR 2016, 487; Elzer/Riecke in Prütting/Wegen/Weinreich, § 18 WEG Rz. 4. 42 AG Dachau v. 16.1.2001 – 3 C 265/00, ZMR 2006, 319; Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 51; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 18 WEG Rz. 2; Skauradszun in BeckOGK, § 18 WEG Rz. 15; Diester, § 18 WEG Rz. 5; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 14; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 18 WEG Rz. 7; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 8; Sauren, § 18 WEG Rz. 3; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 3; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 3; Hogenschurz, NZM 2005, 611 (612). 43 Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 7; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 8; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 3. 44 BVerfG v. 14.7.1993 – 1 BvR 1523/92, NJW 1994, 241 (242); Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 7, 13; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 8; Stache, S. 54. 45 LG Hamburg v. 6.4.2016 – 318 S 50/15, ZMR 2016, 487; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 19. 46 LG Berlin v. 25.7.1995 – 84 S 3/94, GE 1995, 1217; Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 2; Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 8; a.A. Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 7; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 7; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 8; widersprüchlich Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 23 einerseits, Rz. 28 andererseits. 47 LG Baden-Baden v. 12.2.2009 – 3 T 87/07, ZMR 2009, 473 (474) mit abl. Anm. Abramenko; a.A. Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 6; differenzierend Geiben in jurisPK/BGB, § 18 WEG Rz. 14: Bestellung zum Beirat möglich, nicht aber zum Verwalter. 48 Widersprüchlich Skauradszun in BeckOGK, § 18 WEG Rz. 14 einerseits, Rz. 17 andererseits. 49 AG Emmendingen v. 31.1.1986 – 1 C 608/85, ZMR 1986, 212 (213); Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 11; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 11, 12; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 18 WEG Rz. 13, 14; Stache, S. 56; einschränkend Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 3. 50 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 38.

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§ 18 Rz. 11 | Entziehung des Wohnungseigentums (was insbesondere bei Familienangehörigen, Mietern oder Hausgenossen der Fall ist),51 kann ein eigenes Verschulden des Wohnungseigentümers nach § 14 Nr. 2 vorliegen, das einen Ausschluss nach Abs. 2 Nr. 1 rechtfertigt.52 § 14 Nr. 2 ist jedoch keine eigenständige Zurechnungsnorm.53 Gegenüber störenden Mietern muss der Wohnungseigentümer notfalls im Wege einer Kündigung nach § 543 BGB vorgehen, will er nicht seinerseits die Entziehung seines Wohnungseigentums riskieren.54 Gleiches gilt für Störungen durch dinglich Nutzungsberechtigte (z.B. einen Wohnungsberechtigten oder einen Nießbraucher). Ausgeschlossen ist jedoch ein unmittelbarer Räumungsanspruch der Gemeinschaft gegen den Nutzer der Wohnung, selbst wenn es sich um einen nach § 18 ausgeschlossenen ehemaligen Wohnungseigentümer handelt; die Gemeinschaft muss gegen den neuen Eigentümer vorgehen.55 c) Zeitpunkt der Pflichtverletzung 12 Unklar ist, zu welchem Zeitpunkt der Entziehungsgrund noch vorliegen muss. Die Pflichtver-

letzung muss nicht notwendigerweise bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen,56 denn anders als nach § 18 Abs. 2 Nr. 2,57 § 19 Abs. 2 erledigt sich das Entziehungsverlagen nicht automatisch mit Wegfall der Pflichtverletzung (s. auch § 19 Rz. 17). Vielmehr kann das Entziehungsverlangen auch auf eine Wiederholungsgefahr,58 insbesondere bei einer verhaltensbedingten Pflichtverletzung (z.B. andauernd unpünktliche Wohngeldzahlung),59 gegründet sein. Aber auch bei einer zustandsbedingten Störung kann allein die Schwere der Pflichtverletzung, selbst nach deren Wegfall (z.B. Auszug eines störenden Mieters60 bzw. Auszug des gestörten Mieters),61 eine Entziehung rechtfertigen.62

51 Anders Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 11; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 11. 52 AG Berlin-Charlottenburg v. 26.2.2015 – 72 C 105/14, BeckRS 2016, 21036; Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 2; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 9; Hügel in Bamberger/Roth, § 18 WEG Rz. 2; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 15; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 4; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 11; Sauren, § 18 WEG Rz. 3; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 3; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 7. 53 Zustimmend Skauradszun in BeckOGK, § 18 WEG Rz. 14; Anders Hogenschurz, NZM 2005, 611 (612); Elzer/Riecke in Prütting/Wegen/Weinreich, § 18 WEG Rz. 6; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 15; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 11. 54 Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 10. 55 KG v. 10.9.2015 – 8 U 94/15, ZWE 2016, 21 (22) = MDR 2016, 150 = MietRB 2016, 78; LG Berlin v. 16.9.2015 – 85 S 50/15, BeckRS 2016, 21037; AG Berlin-Charlottenburg v. 26.2.2015 – 72 C 105/14, BeckRS 2016, 21036. 56 Ebenso Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 20, 22; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 20; Stürner in Soergel, § 18 WEG Rz. 11; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 10; vgl. nunmehr auch BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1354) = NZM 2007, 290. 57 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 50. 58 BVerfG v. 14.7.1993 – 1 BvR 1523/92, NJW 1994, 241 (242). 59 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1354) = NZM 2007, 290 (291). 60 AG Augsburg v. 11.2.2004 – 12 C 536/03, ZMR 2004, 538; LG Augsburg v. 25.8.2004 – 7 S 1401/04, ZMR 2005, 230; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 15; anders offenbar LG Landau v. 10.12.1985 – 1 S 303/85, WuM 1986, 151. 61 LG Köln v. 20.5.2001 – 29 S 90/00, ZMR 2002, 227; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 16. 62 BVerfG v. 14.7.1993 – 1 BvR 1523/92, NJW 1994, 241 (242); AG Augsburg v. 11.2.2004 – 12 C 536/ 03, ZMR 2004, 538; LG Augsburg v. 25.8.2004 – 7 S 1401/04, ZMR 2005, 230 (231); Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 15; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 20; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 10; a.A. LG Wuppertal v. 15.2.1975 – 9 S 361/75, DWE 1976, 125 (Ls.).

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II. Generalklausel (Abs. 1) | Rz. 14 § 18

3. Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Gemeinschaft a) Interessenabwägung Aufgrund der Pflichtverletzung muss zumindest dem davon betroffenen Wohnungseigentü- 13 mer, also nicht notwendigerweise allen anderen Wohnungseigentümern,63 die Fortsetzung der Gemeinschaft unzumutbar geworden sein. Hierzu sind die Interessen der beteiligten Wohnungseigentümer gegeneinander abzuwägen.64 Das Interesse an der Entfernung des Störers muss dabei das Interesse des Auszuschließenden, sein Eigentum zu behalten, überwiegen.65 Dabei sind in die Abwägung die Schwere der Pflichtverletzung, deren Dauer und Wiederholungsgefahr, aber auch die Begleitumstände mit einzubeziehen, insbesondere, ob der Störer durch Provokation zu der Pflichtverletzung herausgefordert worden ist66 oder ein anderweitiges „Mitverschulden“ der Gestörten in entsprechender Anwendung von § 254 BGB vorliegt,67 z.B. wenn diese ihrerseits gegen Pflichten verstoßen haben, so dass ein Veräußerungsanspruch gegen sie erhoben werden könnte.68 Zu berücksichtigen sind das Alter des auszuschließenden Eigentümers, aber auch der Miteigentümer, etwaige Erkrankungen, die Dauer der Zugehörigkeit in der Gemeinschaft sowie die Anzahl, Schwere und Dauer der behaupteten Pflichtverstöße.69 b) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Abmahnung Aus dem Kriterium der Unzumutbarkeit folgert die h.M. zudem, dass die Entziehung nur das 14 letzte Mittel darstellen kann.70 Deshalb sollen vorrangig alle anderen, weniger einschneidenden Maßnahmen (s. hierzu unten Rz. 46 f.) auszuschöpfen sein.71 Der BGH folgert daraus, dass eine Entziehung nur nach vorheriger Abmahnung (s. dazu Rz. 21 f.) zulässig ist.72 Zwar

63 Diester, § 18 WEG Rz. 5; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 9. 64 LG Hamburg v. 6.4.2016 – 318 S 50/15, ZMR 2016, 487; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 12; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 15. 65 LG Stuttgart v. 4.12.1996 – 5 S 477/95, NJW-RR 1997, 589; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 25. 66 BGH v. 22.1.2010 – V ZR 75/09, ZWE 2010, 179 (180); Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 25, 26. 67 Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 13. 68 BGH v. 22.1.2010 – V ZR 75/09, ZWE 2010, 179 (180); LG Dresden v. 1.4.2009 – 2 S 173/08, BeckRS 2010, 03770; a.A. Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 406; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 5a. 69 Hügel/Elzer, § 18 Rz. 8. 70 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1354) = NZM 2007, 290 (291); OLG Köln v. 16.5.1997 – 16 Wx 97/97, ZMR 1998, 48 (49); LG Landau v. 10.12.1985 – 1 S 303/85, WuM 1986, 151 (152); LG Aachen v. 15.10.1992 – 2 S 298/91, ZMR 1993, 233 (235); LG Köln v. 10.5.2001 – 29 S 90/00, ZMR 2002, 227 (229); LG Augsburg v. 25.8.2004 – 7 S 1401/04, ZMR 2005, 230 f.; AG Dachau v. 16.1.2001 – 3 C 265/00, ZMR 2006, 319 (320); Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 18. 71 LG Aachen v. 15.10.1992 – 2 S 298/91, ZMR 1993, 233 (234); LG Passau v. 12.4.1984 – 1 S 151/83, Rpfleger 1984, 412; a.A. Schmid, ZfIR 2013, 129 (131); Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 30; Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 404. 72 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1354) = NZM 2007, 290 (291); BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694; BGH v. 25.1.2018 – V ZR 141/17, NJW-RR 2018, 649 (650) = NZM 2018, 468 (469) = ZMR 2018, 525 (526); ebenso OLG München v. 28.1.2008 – 34 Wx 77/07, NZM 2008, 169 (171) = ZMR 2008, 412 (414); OLG Köln v. 16.5.1997 – 16 Wx 97/97, ZMR 1998, 48 (49); LG Aachen v. 15.10.1992 – 2 S 298/91, ZMR 1993, 233 (234); LG Berlin v. 24.11.2017 – 53 S 46/16, ZMR 2018, 246 (247); LG Köln v. 20.5.2001 – 29 S 90/00, ZMR 2002, 227 (229); AG Dachau v. 16.1.2001 – 3 C 265/ 00, ZMR 2006, 319 (320); Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 27; Kreuzer in Staudinger, BGB,

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§ 18 Rz. 14 | Entziehung des Wohnungseigentums ergibt sich dies – anders als bei § 18 Abs. 2 Nr. 1 – nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut. Aber das Abmahnerfordernis folgt aus Art. 14 Abs. 1 GG,73 dem Sinn und Zweck der Norm74 und einer systematischen Zusammenschau mit anderen Vorschriften, die die Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund kennen (§§ 314 Abs. 2 Satz 1, 543 Abs. 3 BGB).75 Auf die Abmahnung kann im Rahmen des Abs. 1 – anders als im Anwendungsbereich des Abs. 2 Nr. 1 – verzichtet werden, wenn diese der Gemeinschaft unzumutbar ist oder offenkundig keine Aussicht auf Erfolg bietet.76 So kann ein besonders schwerwiegender Verstoß (z.B. eine körperliche Tätlichkeit)77 eine Entziehung ohne vorherige Abmahnung begründen.78 Auch wenn dem Störer die Entziehungsabsicht der anderen Eigentümer ersichtlich war, kann eine Abmahnung entbehrlich sein.79 Setzt der Wohnungseigentümer, gegen den bereits ein gerichtliches Verfahren auf Entziehung des Wohnungseigentums anhängig ist, die in der Klage beanstandeten gemeinschaftswidrigen Verhaltensweisen in gleichartiger oder ähnlicher Weise fort, ist eine Abmahnung entbehrlich, da er mit seinem fortgesetzten Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er nicht gewillt ist, sein Verhalten zu ändern.80 Die mehrfache gerichtliche Inanspruchnahme wegen Wohngeldforderungen lässt jedoch das Abmahnerfordernis nicht entfallen.81 Ein völlig unsolidarisches Verhalten, insbesondere die dauerhafte langjährige Nichtzahlung von Kosten, die Anstrengung von 38 Gerichtsverfahren, von denen 8 willkürlich angestrengt bzw. provoziert wurden, kann das Abmahnerfordernis entfallen lassen.82 Umgekehrt kann es erforderlich sein, dem Störer über eine bloße Abmahnung hinaus die Möglichkeit einzuräumen, die Störungen für die Zukunft abzustellen, insbesondere wenn es sich um einen schuldunfähigen Störer handelt (s. dazu Rz. 15).83 Weitere Einzelheiten zu Erfordernis, Inhalt und Form einer Abmahnung s. bei Rz. 21 ff.

73 74 75 76

77 78 79 80 81 82 83

2005, § 18 WEG Rz. 17; a.A. Hogenschurz, NZM 2005, 611 (614); LG Tübingen v. 22.9.1994 – 1 S 39/94, NJW-RR 1995, 650 (651) = ZMR 1995, 179 (181); AG Erlangen v. 3.11.2003 – 10 UR II 58/ 02, ZMR 2004, 539 (540). BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1355) = NZM 2007, 290 (291); BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694. BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1355) = NZM 2007, 290 (291). BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1355) = NZM 2007, 290 (291). BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1355) = NZM 2007, 290 (291); BGH v. 25.1.2018 – V ZR 141/17, NJW-RR 2018, 649 (650) = NZM 2018, 468 (469) = ZMR 2018, 525 (526); AG Bonn v. 14.1.2011 – 27 C 246/09, BeckRS 2011, 23399; ähnlich AG Dachau v. 16.1.2001 – 3 C 265/00, ZMR 2006, 319 (320); Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 28; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 12. Fraglich ist, ob der bewaffnete Terrorist ein gutes Beispiel für das Entfallen des Abmahnerfordernisses darstellt, vgl. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 18 WEG Rz. 24; hier dürften vorrangig öffentlichrechtliche Maßnahmen für eine Beendigung der Störung sorgen. A.A. LG Karlsruhe v. 8.3.2013 – 11 S 201/12, BeckRS 2014, 03210 mit unhaltbarer Begründung, weil das Gericht nicht sorgfältig zur Abmahnung nach Abs. 2 Nr. 1 abgrenzt. OLG München v. 28.1.2008 – 34 Wx 77/07, NZM 2008, 169 (171) = ZMR 2008, 412 (414). BGH v. 25.1.2018 – V ZR 141/17, NJW-RR 2018, 649 (650) = NZM 2018, 468 (469) = ZMR 2018, 525 (526). OLG München v. 28.1.2008 – 34 Wx 77/07, NZM 2008, 169 (171) = ZMR 2008, 412 (414). AG Bonn v. 14.1.2011 – 27 C 246/09, BeckRS 2011, 23399. Vgl. LG Hamburg v. 6.4.2016 – 318 S 50/15, ZMR 2016, 487 (488): Abwarten von Therapieversuchen, Durchführung eines Mediationsverfahrens, Abwarten einer erneuten Entziehungsklage und Gewährung einer ausreichenden Frist, um die Störung abzustellen.

550 | Heinemann

II. Generalklausel (Abs. 1) | Rz. 16 § 18

4. Verschulden Trotz des Wortlauts („schuldig gemacht“) muss die Pflichtverletzung nicht schuldhaft began- 15 gen worden sein.84 Ansonsten wäre die Ausschließung schuldunfähiger Personen, die häufig den Gemeinschaftsfrieden stören,85 nicht möglich. Wie bei der Auslegung des § 543 Abs. 1 BGB ist jedoch zu berücksichtigen,86 dass bei nicht schuldhaftem Verhalten die Anforderungen an die Schwere und Unzumutbarkeit der Pflichtverletzung höher sein werden87 als bei schuldhaftem Verhalten. Es ist daher möglich, das Wohnungseigentum eines Schuldunfähigen, beispielsweise eines psychisch Kranken oder eines Trunk- oder Drogensüchtigen, zu entziehen. Dann ist aber besonders sorgfältig zu prüfen, ob eine Wiederholungsgefahr besteht oder die Pflichtverletzung außerordentlich schwerwiegend war.88 Vor einem sofortigen Veräußerungsverlangen sollte die Gemeinschaft dem Störer die Möglichkeit geben, sein Verhalten zu ändern, z.B. indem er therapeutische oder ärztliche Hilfe sucht oder unter Durchführung eines außergerichtlichen Schlichtungs- oder Mediationsverfahrens.89 Besteht bei dem auszuschließenden Wohnungseigentümer infolge des Veräußerungsverlangens Suizidgefahr, so steht dies der Entziehung nicht entgegen;90 dieser Gesichtspunkt ist allenfalls im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens zu berücksichtigen (s. § 19 Rz. 35). Bei besonders heftigen nachbarschaftlichen Streitigkeiten kann ein Wohnungseigentümer sogar ohne Feststellung seines Verschuldens aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden.91

5. Einzelfälle Beispiele für schwerwiegende Pflichtverletzungen sind: 16 – Gewalttätigkeiten/Tätlichkeiten (vgl. BGH v. 25.1.2018 – V ZR 141/17, NJW-RR 2018, 649 [650] = NZM 2018, 468 [469] = ZMR 2018, 525 [526]: Versuch, den Hausmeister zu würgen; LG Nürnberg-Fürth v. 21.3.1985 – 1 O 4928/84, ZMR 1985, 347; AG Dachau v. 16.1.2001 – 3 C 265/00, ZMR 2006, 319; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 7; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 7) bis hin zu Körperverletzungen (Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Van-

84 LG Hamburg v. 6.4.2016 – 318 S 50/15, ZMR 2016, 487; LG Tübingen v. 22.9.1994 – 1 S 39/94, NJW-RR 1995, 650 = ZMR 1995, 179 (180); AG Emmendingen v. 31.1.1986 – 1 C 608/85, ZMR 1986, 212; AG Reinbek v. 24.2.1993 – 5 C 87/91, DWE 1993, 127 (128); AG Tübingen v. 28.9.2010 – 3 C 331/10, ZMR 2011, 919 (920); Hogenschurz, NZM 2005, 611 (612); Schmid, ZfIR 2013, 129 (131); Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 6, 7; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 15, 21; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 10; Müller, Praktische Fragen, Rz. 1413; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 10; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1; Stache, S. 56; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 12; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 5; a.A. Diester, § 18 WEG Rz. 5a; Sauren, § 18 WEG Rz. 3. 85 Kreuzer in Köhler, Teil 10 Rz. 3. 86 Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 21; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 5; vgl. Weidenkaff in Palandt,, § 543 BGB Rz. 5. 87 BVerfG v. 14.7.1993 – 1 BvR 1523/92, NJW 1994, 241 (242); Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 21; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 14. 88 BVerfG v. 14.7.1993 – 1 BvR 1523/92, NJW 1994, 241 (242); AG Tübingen v. 28.9.2010 – 3 C 331/ 10, ZMR 2011, 919 (920); vgl. OLG Saarbrücken v. 4.4.2007 – 5 W 2/07, NZM 2007, 774 (775); Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 23; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 13. 89 LG Hamburg v. 6.4.2016 – 318 S 50/15, ZMR 2016, 487 (488). 90 A.A. offenbar Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 18 WEG Rz. 21. 91 AG Emmendingen v. 31.1.1986 – 1 C 608/85, ZMR 1986, 212; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 19.

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§ 18 Rz. 16 | Entziehung des Wohnungseigentums





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denhouten, § 18 WEG Rz. 8); abwegig ist in diesem Zusammenhang die Entscheidung des LG Karlsruhe v. 8.3.2013 – 11 S 201/12, BeckRS 2014, 03210 zu nennen, wonach selbst ein „Stoß vor die Brust“ sowie ein „Stoß in die Hecke und Schläge ins Gesicht“ keine schwerwiegenden Pflichtverletzungen darstellen sollen; Freiheitsberaubung (Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 9) anderer Miteigentümer oder von Personen, die sich berechtigterweise im Anwesen aufhalten (z.B. Familienangehörige, Mieter) oder mit der Wahrnehmung von gemeinschaftlichen Aufgaben betraut sind (z.B. Verwalter, Hausmeister, Werkunternehmer); auch die Androhung von Gewalt gegenüber dem Verwalter oder dem Hausmeister kann schon genügen (vgl. BGH v. 25.1.2018 – V ZR 141/17, NJW-RR 2018, 649 [650] = NZM 2018, 468 [469] = ZMR 2018, 525 [526]: Androhung, den Hausmeister fertig zu machen und ihm die „Eier“ abzuschneiden); grobe bzw. schwere Beleidigungen (vgl. BGH v. 25.1.2018 – V ZR 141/17, NJW-RR 2018, 649 [650] = NZM 2018, 468 [469] = ZMR 2018, 525 [526]: Ausleeren eines Müllsacks vor dem Hausmeister und Aufforderung an diesen, den Müll wegzuräumen; KG v. 24.8.1967 – 1 W 1140/67, NJW 1967, 2268; AG Dachau v. 16.1.2001 – 3 C 265/00, ZMR 2006, 319; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 7; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 7; a.A. LG Passau v. 12.4.1984 – 1 S 151/83, Rpfleger 1984, 412 mit abl. Anm. Gerauer), Verleumdungen, Formalbeleidigungen (LG Stuttgart v. 4.12.1996 – 5 S 477/95, NJW-RR 1997, 589; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 9), unbegründete Strafanzeigen (Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 8; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 8); langjährige Ruhestörung mit lautstarker Beschimpfung der Mitbewohner als Mörder und Vergewaltiger sowie grundlose Verdächtigung der Kinder der Hausbewohner, Sprengstoffanschläge zu verüben (AG Tübingen v. 28.9.2010 – 3 C 331/10, ZMR 2011, 919); dauerhaftes Laufen der Toilettenspülung, insbesondere auch nachts (Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 9); unsittliches Verhalten, insbesondere gegenüber Kindern und Frauen (Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 8; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 8; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 7); Äußerungen oder Tatsachen, die geeignet sind, das Ansehen der Gemeinschaft nach außen herabzusetzen (Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 25: Schmähung eines Wohnungseigentümers gegenüber Dritten); schädigendes gemeinschaftswidriges, insbesondere querulatorisches Verhalten, das dazu führt, dass bei Verkauf einer Eigentumswohnung dieses Verhalten als zu offenbarender Sachmangel anzusehen ist (Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 10; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 18: Betreiben einer Unzahl von Beschlussanfechtungsverfahren); Fortdauernde unpünktliche Erfüllung der Kosten- und Lastentragungspflicht nach § 16 Abs. 2 (BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 [1354] = NZM 2007, 290 [291]: selbst dann, wenn die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Nr. 2 nicht vorliegen; LG Berlin v. 24.11.2017 – 53 S 46/16, ZMR 2018, 246 [247]), seit über 15 Jahren werden Lasten nur nach vorheriger gerichtlicher Inanspruchnahme erfüllt (AG Bonn v. 14.1.2011 – 27 C 246/09, BeckRS 2011, 23399); Beschmutzungen (AG Erlangen v. 3.11.2003 – 10 UR II 58/02, ZMR 2004, 539 [540]: Fäkalien; Hogenschurz, NZM 2005, 611 [614]), Sachbeschädigungen (AG Reinbek v. 24.2.1993 – 5 C 87/91, DWE 1993, 127 [128]; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 7), Brandlegung/Brandstiftung mit einhergehender Gefährdung des Gemeinschaftsoder fremden Sondereigentums (Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a), Einbrüche in fremdes Sondereigentum oder Sondernutzungsrecht (Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 8; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 8; Stürner in Soer-

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II. Generalklausel (Abs. 1) | Rz. 17 § 18



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gel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 7: Einbruch in fremden Keller); Lärmstörungen (Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 7), Randalieren (Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 4), Geruchsbelästigungen (LG Tübingen v. 22.9.1994 – 1 S 39/94, NJW-RR 1995, 650 [651] = ZMR 1995, 179: Fäkalgerüche aus der Wohnung eines psychisch Kranken; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 7); arglistige Täuschung bei Begründung des Wohnungseigentums nach § 3 (Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 7) oder dem Abschluss des Verwaltervertrags (Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 23); Trunksucht (Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 10; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 7, wenn dadurch Brandgefahr droht), Drogensucht (Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 18 WEG Rz. 3; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 5); Verwahrlosung und dadurch drohender Ungezieferbefall (Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 8; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 7) oder drohende Gesundheits- und Brandgefahr (Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 9; a.A. Horst, NJW 2010, 827 [828]); Wohnverhalten, das dazu führt, dass notwendige Arbeiten am Gemeinschaftseigentum nicht umgesetzt werden können, weil die Wohnung so mit gesammelten Gegenständen vollgestellt ist, dass z.B. Fenster und Meßeinrichtungen nicht ausgetauscht und die Zählerstände nicht abgelesen werden können („Messie-Wohnung“, LG Hamburg v. 6.4.2016 – 318 S 50/15, ZMR 2016, 487 [488]; AG Hamburg-Blankenese v. 21.4.2015 – 539 C 23/14, juris); unzulässige Tierhaltung (Suilmann in Bärmann, § 18 WEG Rz. 17), soweit diese in rechtmäßiger Weise von der Gemeinschaft untersagt war und auch ausnahmsweise kein Anspruch auf die Tierhaltung (z.B. als Blindenhund) besteht; Zerwürfnis zwischen den Wohnungseigentümern, das kein gedeihliches Zusammenleben mehr ermöglicht, §§ 737, 723 BGB analog (LG Aachen v. 15.10.1992 – 2 S 298/91, ZMR 1993, 233 [235]; AG Emmendingen v. 7.3.1986 – 8 L 103/84, AG Emmendingen v. 31.1.1986 – 1 C 608/85, ZMR 1986, 212 [213]; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 7; a.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 18 WEG Rz. 43 (widersprüchlich in Rz. 52); Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a: konkrete Pflichtverletzung erforderlich).

Beispiele, in denen keine schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegt: 17 – Lärmstörungen durch Kinder (Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 9, zumindest, wenn die Eltern um Vermeidung bemüht sind) oder psychisch Kranke (BVerfG v. 14.7.1993 – 1 BvR 1523/92, NJW 1994, 241 (242); LG Mannheim ZMR 1969, 241; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 8); – Verführung des „Nachbars Weib“ (Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 10; a.A. Diester, § 18 WEG Rz. 5a), also Liebeleien jeder Art zwischen benachbarten Wohnungseigentümern (Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 9); – In Anbetracht der gewandelten gesellschaftlichen Vorstellungen und der rechtlichen Anerkennung der Prostitution als regulären Beruf wird man die Nutzung der Wohnung durch Prostituierte (a.A. Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a) oder als Bordell durch den Eigentümer (a.A. Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 29) oder dessen Mieter (a.A. Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 7; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 7) für sich allein nicht als schwerwiegende Pflichtverletzung ansehen können; es müssen weitere Störung hinzutreten, z.B. Lärmbelästigung, Gewalttätigkeiten o.ä.

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§ 18 Rz. 17 | Entziehung des Wohnungseigentums – politische Tätigkeit eines Wohnungseigentümers (AG München v. 14.12.1960 – 13 C 180/ 60, ZMR 1961, 304; Sauren, § 18 WEG Rz. 3; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 8); – strafrechtliche Verurteilung (Diester, § 18 WEG Rz. 5a; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 8; vgl. KG v. 2.2.1996 – 24 W 7880/95, WE 1996, 345; a.A. Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a, wenn dadurch das Vermögen oder Ansehen der Gemeinschaft herabgewürdigt wird); – Bereicherung als Beiratsmitglied, da hierin keine spezifische Pflichtverletzung des Wohnungseigentümers liegt (a.A. Grziwotz in Erman, BGB, § 18 WEG Rz. 2; Geiben in jurisPK/ BGB, § 18 WEG Rz. 20); natürlich rechtfertigt ein solches Verhalten aber die sofortige Abberufung des Beirats; – Vermietung an wechselnde Feriengäste (offen gelassen von BGH v. 12.11.2010 – V ZR 78/10, MietRB 2011, 47 = ZWE 2011, 78, 79; LG München I v. 8.2.2017 – 1 S 5582/16, ZMR 2017, 325); – Vermietung an (mehrere) Ausländer (Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 9; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 8; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 9; a.A. LG Wuppertal v. 15.2.1975 – 9 S 361/75, DWE 1976, 125 LS); – Bauliche Veränderungen, auch wenn diese unzulässig sind (Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a; a.A. Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 8); – Vernachlässigung des Sonder- und Gemeinschaftseigentums (LG Aachen v. 15.10.1992 – 2 S 298/91, ZMR 1993, 233: mangelndes Heizen, unterlassene Instandhaltung von Balkon und Außenfenstern, Nichtinstandhaltung des Gartens; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 8; a.A. Then in Spielbauer/Then, § 18 WEG Rz. 3); – wiederholte Widersprüche (Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a; a.A. Sauren, § 18 WEG Rz. 3) gegen Verwaltungsmaßnahmen oder wiederholte Beschlussanfechtungsklagen (OLG Köln v. 20.2.2004 – 16 Wx 7/04, NZM 2004, 260 (261); LG Stuttgart v. 4.12.1996 – 5 S 477/95, NJW-RR 1997, 589; AG Köln v. 7.3.2016 – 202 C 132/15, BeckRS 2016, 132524; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 19; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1a; Hogenschurz, ZMR 2005, 611 [612]; anders LG Berlin v. 25.7.1995 – 84 S 3/94, GE 1995, 1217: ab 10 Verfahren kommt ein Pflichtverstoß in Betracht; AG Bonn v. 14.1.2011 – 27 C 246/09, BeckRS 2011, 23399: ab 38 Gerichtsverfahren, wovon acht willkürlich begonnen wurden bzw. veranlasst waren, kommt ein Pflichtverstoß in Betracht); – Anregung einer behördlichen Maßnahme, z.B. einer Brandschutzschau (Schiedsspruch des Deutschen Ständigen Schiedsgerichts für Wohnungseigentum v. 10.1.2011 – Sch/S/ XLIX, ZMR 2011, 921 [922]); – Nichtherausgabe eines Privatgutachtens an die Gemeinschaft über bislang nicht bekannten Instandsetzungsbedarf des Gemeinschaftseigentums (LG Berlin v. 5.9.2017 – 55 S 88/ 16, ZMR 2018, 695 [696]); – Streitigkeiten, die im familienrechtlichen oder nachbarrechtlichen Verhältnis ihren Ursprung haben, aber nicht über das gewöhnliche Maß hinausgehen (z.B. abfällige Äußerungen, Nicht-Grüßen, Verwehrung des Zutritts, Verhinderung von Anpflanzungen, Entfernung einer Grasnarbe, Einziehung eines Grabens, Zerstörung von Töpfen, Manipulation einer Meßeinrichtung, Rücksendung von Post bei Einwurf in den falschen Briefkasten, vgl. AG Potsdam v. 29.4.2014 – 31 C 85/12, BeckRS 2015, 12355).

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III. Regelbeispiele (Abs. 2) | Rz. 19b § 18

III. Regelbeispiele (Abs. 2) 1. Allgemeines In Abs. 2 Nr. 1 und 2 hat das Gesetz zwei Beispiele benannt, bei deren Vorliegen regelmäßig 18 von einer unzumutbaren Pflichtverletzung i.S.d. Abs. 1 ausgegangen werden kann.92 Das bedeutet aber nicht, dass es sich hierbei um eine unwiderlegliche Vermutung (also eine Fiktion) handelt.93 Vielmehr kann der auszuschließende Wohnungseigentümer nach § 292 ZPO den Gegenbeweis der Zumutbarkeit der Fortführung der Gemeinschaft mit seiner Person führen.94 Auch soweit es sich im Rahmen des Abs. 2 um die Ausschließung eines schuldunfähigen oder nicht schuldhaft handelnden Miteigentümers dreht, ist die Unzumutbarkeit ausdrücklich festzustellen (s. oben Rz. 15). Die Regelbeispiele sind nicht abschließend zu verstehen,95 entfalten somit keine Sperrwir- 19 kung, so dass der Rückgriff auf die Generalklausel des Abs. 1 zulässig ist.96 Bleibt beispielsweise der Zahlungsrückstand hinter dem nach Abs. 2 Nr. 2 erforderlichen Betrag zurück oder liegen keine wiederholten Verstöße nach Abs. 2 Nr. 1 vor, kann dennoch eine Ausschließung nach Abs. 1 in Betracht kommen.97 Die Regelbeispiele des Abs. 2 können nur in der Form abbedungen werden, dass sie zu einer leichteren Entziehung des Wohnungseigentums führen. Eine Erschwerung oder gar ein Ausschluss der Regelbeispiele ist wegen Verstoßes gegen Abs. 4 unwirksam (s. Rz. 43). Anstelle der Veräußerungsklage wegen Zahlungsverzugs nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 kommen auch effektivere Alternativen in Betracht, insbesondere die Erhebung einer Zahlungsklage (Rz. 47) oder eine Versorgungssperre (Rz. 48).

2. Wiederholte Verstöße gegen § 14 (Abs. 2 Nr. 1) a) Gröbliche Verstöße gegen die Pflichten nach § 14 Der Entziehungstatbestand baut auf den Verpflichtungen nach § 14 auf, insbesondere auf 19a dem Verbot der Nachteilszufügung in § 14 Nr. 1 und 2. Jeder Wohnungseigentümer hat das Sonder- und Gemeinschaftseigentum schonend zu behandeln und darauf zu achten, dass den anderen Wohnungseigentümern kein über das geordnete Maß gemeinsamen Zusammenlebens hinausgehender Nachteil erwächst. Zum Inhalt der Verpflichtungen im Einzelnen s. die Kommentierung bei § 14. Es muss sich um gröbliche Verstöße handeln, d.h. diese müssen aus objektiver Sicht eines 19b Dritten derart schwerwiegend sein, dass den anderen Wohnungseigentümern ein weiterer

92 Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 12; Sauren, § 18 WEG Rz. 4; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 2; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 6; a.A. Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 60, der von gesetzlich fixierten Sondertatbeständen ausgeht. 93 Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 31; so aber Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 18. 94 Zustimmend Skauradszun in BeckOGK, § 18 WEG Rz. 22. 95 LG Nürnberg v. 21.3.1985 – 1 O 4928/84, ZMR 1985, 347; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 43; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 19; Sauren, § 18 WEG Rz. 4; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 6. 96 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1354) = NZM 2007, 290. 97 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1354) = NZM 2007, 290; LG Berlin v. 24.11.2017 – 53 S 46/16, ZMR 2018, 246 (247); AG Bonn v. 14.1.2011 – 27 C 246/09, BeckRS 2011, 23399; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 43; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 18 WEG Rz. 5; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 20; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 7.

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§ 18 Rz. 19b | Entziehung des Wohnungseigentums Verbleib in der Gemeinschaft mit dem Störer nicht zugemutet werden kann.98 Klargestellt wird hierdurch, dass nicht jeder Verstoß gegen § 14 schon eine Entziehung rechtfertigt, sondern dass es sich um qualifizierte Verstöße handeln muss, die geeignet sind, die Unzumutbarkeit i.S.d. Abs. 1 zu begründen.99 Nicht gröblich ist somit ein Verhalten, das lediglich das nach § 14 Nr. 1 zu beachtende Maß überschreitet.100 Ein Verschulden ist nicht erforderlich (s. Rz. 15), insbesondere muss dem Störer keine grobe Fahrlässigkeit vorwerfbar sein. 19c Beispiele für gröbliche Verletzungen nach § 14, die einen Entziehungsgrund nach Abs. 2 Nr. 1

darstellen können sind Beschmutzungen, Sachbeschädigungen, Brandlegung/Brandstiftung mit einhergehender Gefährdung des Gemeinschafts- oder fremden Sondereigentums, Einbrüche in fremdes Sondereigentum oder Sondernutzungsrecht, Lärmstörungen, Randalieren, Geruchsbelästigungen sowie Verwahrlosung und dadurch drohender Ungezieferbefall oder drohende Gesundheits- und Brandgefahr (s. Rz. 16). Einen eigenen Entziehungsgrund kann es darstellen, wenn der Eigentümer nicht gegen den Nutzer seiner Wohnung (vgl. § 14 Nr. 2) vorgeht, der die Gemeinschaft erheblich stört.101 19d Insbesondere liegt eine gröbliche Verletzung vor, wenn der Ersteigerer der Wohnung diese

erneut an den ausgeschlossenen vorherigen Wohnungseigentümer zur Nutzung überlässt.102 Nicht entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob es infolge der Nutzungsüberlassung zu weiteren Störungen gekommen ist, sondern dass die Wohnung trotz des Entziehungsurteils dem störenden Voreigentümer überhaupt zur Nutzung überlassen wurde.103 Das Entziehungsurteil bindet in seinen tatrichterlichen Feststellungen auch den Rechtsnachfolger nach § 10 Abs. 4 S. 1, § 43 Nr. 1.104 Aus dem Entziehungsurteil nach Abs. 1 ergibt sich, dass sich der frühere Eigentümer gemeinschaftsschädigend verhalten und den Gemeinschaftsfrieden gestört hat.105 Aus seinem Handeln in der Vergangenheit wird die Prognose abgeleitet, dass er auch künftig nicht von seinem gemeinschaftsschädigenden Verhalten Abstand nehmen wird.106 Ist dem Wohnungseigentümer das Wohnungseigentum nach Abs. 2 Nr. 1 entzogen worden, weil er trotz Abmahnung wiederholt gröblich gegen ihm § 14 obliegenden Pflichten verstoßen hat, steht durch das Entziehungsurteil fest, dass sein Verbleib in der Wohnung den übrigen Wohnungseigentümern unzumutbar ist.107 Anders ist es in der Regel, wenn das Wohnungseigentum nach Abs. 2 Nr. 2 entzogen wird, weil der Wohnungseigentümer mit seinen Beitragszahlungen in Rückstand gerät.108 Dann wird den übrigen Wohnungseigentümern meist sein Verbleib in der Wohnung nicht unzumutbar sein, da mit dem Zuschlag die Ver-

98 LG München I v. 8.2.2017 – 1 S 5582/16, ZMR 2017, 325. 99 A.A. Kreuzer in Köhler, Teil 10 Rz. 10; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 19: Gröbliche Pflichtverletzung muss nicht zur Unzumutbarkeit i.S.d. Abs. 1 führen. 100 LG München I v. 8.2.2017 – 1 S 5582/16, ZMR 2017, 325. 101 KG v. 10.9.2015 – 8 U 94/15, ZWE 2016, 21 (22) = MDR 2016, 150 = MietRB 2016, 78. 102 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (261) = NZM 2017, 37 (38) = ZWE 2017, 84 (85); LG Berlin v. 16.9.2015 – 85 S 50/15, BeckRS 2016, 21037; Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 76; Hügel/Elzer, § 18 Rz. 14. 103 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (262) = NZM 2017, 37 (38) = ZWE 2017, 84 (86). 104 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (261) = NZM 2017, 37 (38) = ZWE 2017, 84 (85). 105 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (262) = NZM 2017, 37 (38) = ZWE 2017, 84 (86). 106 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (262) = NZM 2017, 37 (38) = ZWE 2017, 84 (86). 107 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (262) = NZM 2017, 37 (38) = ZWE 2017, 84 (86). 108 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (262) = NZM 2017, 37 (38) = ZWE 2017, 84 (86).

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III. Regelbeispiele (Abs. 2) | Rz. 21 § 18

pflichtung zur Kosten- und Lastentragung auf den neuen Wohnungseigentümer übergeht (§ 56 S. 2 ZVG).109 Keine gröblichen Verletzungen nach § 14 sind gegeben bei Geräusch- und Geruchsbelästi- 19e gungen durch die Nutzer der Einheit der Beklagten (Gerüche von Weihrauch aus der Wohnung, des Rauchs von Wasserpfeifen, intensiver Kochgerüche, lauter Betrieb einer Waschmaschine oder eines Geschirrspülers nachts und an Sonn- und Feiertagen, eines Fernsehers, lautes Schreien, Trampeln und Türschlagen etc.) sowie Verstöße gegen die Haus- und/oder Gemeinschaftsordnung durch häufiges und längeres Offenstehenlassen der Wohnungseingangstüre, das Abstellen von Abfalltüten vor der Wohnungseingangstüre und Verursachung von Verschmutzungen des Hausflurs durch Abfall und Müll.110 b) Anzahl der Verstöße Ein Ausschluss ist nach Abs. 2 Nr. 1 dann begründet, wenn ein Wohnungseigentümer wieder- 20 holt und gröblich nach einer Abmahnung gegen seine in § 14 festgelegten Pflichten verstoßen hat (zur Zurechnung des Verhaltens Dritter s. Rz. 11). Nach h.M. sind dafür mindestens drei Verstöße gegen § 14 erforderlich, einer vor Abmahnung, zwei danach.111 Es muss sich jeweils um gröbliche Verstöße gegen § 14 handeln.112 Außerdem muss eine gleichartige Pflichtverletzung vorliegen (z.B. wiederholte Blockade des Zugangs zum Gemeinschaftseigentum),113 da anderenfalls die Ankündigungs- und Warnfunktion der Abmahnung nicht erreicht werden könnte. Deshalb genügen entgegen der h.M. auch zwei Verstöße,114 einer vor, einer nach der Abmahnung. c) Abmahnung Der Entziehungsanspruch nach Abs. 2 Nr. 1 setzt eine Abmahnung voraus. Sinn und Zweck 21 der Abmahnung ist es, dem störenden Miteigentümer unmissverständlich klar zu machen, dass sein Verhalten für die anderen Wohnungseigentümer unzumutbar ist und dass er eine letzte Möglichkeit zur Verhaltensänderung erhält.115 Anders als im Rahmen der Generalklau-

109 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (262) = NZM 2017, 37 (38) = ZWE 2017, 84 (86). 110 LG München I v. 8.2.2017 – 1 S 5582/16, ZMR 2017, 325. 111 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1355) = NZM 2007, 290 (291); AG Philippsburg v. 19.1.2018 – 1 C 167/17, ZMR 2018, 545 (546); Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 10; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 45; Hügel in Bamberger/ Roth, BGB, § 18 WEG Rz. 5; Diester, § 18 WEG Rz. 6; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 32, 33; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 8; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 17; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 13; Sauren, § 18 WEG Rz. 5; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 2; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 20; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 18; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 7. 112 Diester, § 18 WEG Rz. 6; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 43; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 13. 113 Ott, ZWE 2007, 195 (196); ähnlich Sauren, § 18 WEG Rz. 5; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 20: Verstöße gleichen oder ähnlichen Charakters wie abgemahnt; a.A. Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 45; Wicke in Palandt, BGB, § 18 WEG Rz. 3, wo zudem von „artgleichen“ Verstößen die Rede ist. 114 Zustimmend Skauradszun in BeckOGK, § 18 WEG Rz. 26; ähnlich Hogenschurz, NZM 2005, 611 (613), der allerdings auch zwei Abmahnungen fordert. 115 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1355) = NZM 2007, 290 (292); BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694; BGH v. 25.1.2018 – V ZR 141/17, NJW-RR 2018, 649 (650) = NZM 2018, 468 (469) = ZMR 2018, 525 (527); LG Berlin v. 15.12.2009 – 55 S 102/09, ZWE 2010, 217 (218).

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§ 18 Rz. 21 | Entziehung des Wohnungseigentums sel des Abs. 1 (s. Rz. 14) kann von dem Erfordernis der Abmahnung auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden. 22 Die Abmahnung bedarf keiner besonderen Form, kann also schriftlich, aber auch mündlich

erfolgen.116 Mit Rücksicht auf einen späteren Anfechtungsprozess und im Hinblick auf die Entziehungsklage empfiehlt es sich, die Abmahnung beweiskräftig (also schriftlich mit Zugangsnachweis oder mündlich unter Anwesenheit von Zeugen) zu erteilen.117 Sie muss aber das beanstandete Verhalten konkret bezeichnen und die Entziehung des Wohnungseigentums unmissverständlich androhen.118 Unzureichend wäre eine lediglich rechtliche Bewertung des Verhaltens eines Wohnungseigentümers, das aber nicht konkret durch Tatsachen umschrieben wird.119 Es ist aber nicht erforderlich, das abgemahnte Verhalten nach Ort, Zeit und Inhalt aufzulisten, es genügt, wenn dem Abgemahnten bewusst sein muss, auf welches Verhalten sich die Abmahnung stützt.120 Die Abmahnung muss zwingend vor dem Entziehungsbeschluss nach Abs. 3 erfolgt sein, kann also nicht mit diesem verbunden werden und kann auch nicht nachgeholt werden.121 Die Abmahnung verliert ihre Wirkung, wenn der Wohnungseigentümer unter Berücksichtigung aller Umstände annehmen darf, die zur Abmahnung führenden Vorgänge hätten sich für die Gemeinschaft erledigt.122 23 Die Abmahnung kann durch die Wohnungseigentümergemeinschaft im Wege der Beschluss-

fassung erfolgen.123 Für diese Beschlussfassung gelten keine höheren Mehrheitsanforderungen als für den Entziehungsbeschluss selbst,124 er bedarf also nicht der qualifizierten Mehrheit des Abs. 3 S. 1.125 Der abgemahnte Wohnungseigentümer hat dabei kein Stimmrecht.126 Auch der Verwalter kann abmahnen, wenn er dazu allgemein im Verwaltervertrag oder wenn er oder ein Dritter (z.B. der Verwaltungsbeirat oder ein Rechtsanwalt) durch Beschluss (auch den ursprünglichen Abmahnbeschluss)127 ermächtigt ist.128 Aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 folgt hin116 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694 (695); LG Berlin v. 24.11.2017 – 53 S 46/16, ZMR 2018, 246 (247); Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 8; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 2; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 22; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 20 empfiehlt aus Beweisgründen eine schriftliche Abmahnung. 117 Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 18 WEG Rz. 24. 118 Vgl. BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694 (695); BayObLG v. 2.5.1985 – BReg.2 Z 108/84, BayObLGZ 1985, 171 (177); LG Aurich v. 12.12.2014 – 4 S 149/14, BeckRS 2016, 13879; LG Berlin v. 5.9.2017 – 55 S 88/16, ZMR 2018, 695 (696); LG Berlin v. 15.12.2009 – 55 S 102/09, ZWE 2010, 217 (218); Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 7; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 17, 20, 22; a.A. Schmid, ZfIR 2013, 129 (132). 119 LG Aurich v. 12.12.2014 – 4 S 149/14, BeckRS 2016, 13879. 120 A.A. LG Berlin v. 15.12.2009 – 55 S 102/09, ZWE 2010, 217 (218), das z.B. die Beifügung von Lärmprotokollen oder die Bezugnahme auf bereits geführte Rechtsstreitigkeiten fordert; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 21. 121 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1356) = NZM 2007, 290 (292). 122 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1356) = NZM 2007, 290 (292). 123 Vgl. LG Aurich v. 12.12.2014 – 4 S 149/14, BeckRS 2016, 13879. 124 OLG Hamburg v. 7.4.2003 – 2 Wx 9/03, MietRB 2004, 148 = ZMR 2003, 596 (597); Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 17; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 9. 125 Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 59. 126 Abramenko, ZMR 2012, 73 (76 f.). 127 LG Hannover v. 10.5.2006 – 6 T 6/06, ZMR 2006, 723. 128 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = NZM 2011, 694 (695); Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 7; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 10; Köhler, Das neue WEG, Rz. 272; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 8; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 22; Köhler, MietRB 2007, 156 (157); weiter gehend LG Koblenz WEZ 1987, 105; Abramenko, ZMR 2012, 73 (76); Stürner in Soergel, BGB, § 27 Rz. 1; Lüke in Weitnauer, § 27 Rz. 5: der Verwalter muss abmah-

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III. Regelbeispiele (Abs. 2) | Rz. 24 § 18

gegen keine Berechtigung und Verpflichtung des Verwalters eine Abmahnung auszusprechen (s. § 27 Rz. 16).129 Haben die Wohnungseigentümer die Entscheidung, abmahnen zu wollen oder nicht, an sich gezogen, so ist der Verwalter an diese Entscheidung gebunden.130 Aus dem Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung nach § 21 Abs. 4 folgt, dass daneben aber auch jeder Wohnungseigentümer (selbst wenn er nicht der Beeinträchtigte ist)131 zur Abmahnung berechtigt ist.132 Es kann sich dabei auch um einen werdenden Wohnungseigentümer handeln (s. Rz. 8).133 Die Gemeinschaft kann die Befugnis zur Abmahnung nicht unter Ausschluss der Miteigentümer an sich ziehen.134 Ein mangels vorheriger Abmahnung unwirksamer Entziehungsbeschluss nach Abs. 3 kann seinerseits in eine Abmahnung umgedeutet werden,135 nach wiederholtem Verstoß kann Entziehungsklage erhoben werden, was allerdings (erneut) vorherige Beschlussfassung voraussetzt.136 Auch der erfolgreich angefochtene Einziehungsbeschluss kann eine Abmahnung ersetzen.137 Die Abmahnung muss dem störenden Wohnungseigentümer (§ 130 BGB) oder seinem rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Vertreter (§ 131 Abs. 1 BGB) zugehen, um wirksam zu sein.138 Dies geschieht mit Beschlussverkündung in der Versammlung oder mit Zugang des Beschlussprotokolls; die Eintragung in die Beschlusssammlung genügt nicht.139 Nur bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts ist der Betreuer gesetzlicher Empfangsvertreter, vgl. § 1903 Abs. 1 Satz 2 BGB.140 d) Rechtsbehelfe gegen die Abmahnung Gegen den Abmahnungsbeschluss kann Anfechtungsklage erhoben werden, in der aller- 24 dings – ebenso wie im Rahmen der Anfechtung eines Entziehungsbeschlusses nach Abs. 3 – nicht die materiellen Voraussetzungen des Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 geprüft werden, sondern lediglich, ob der Beschluss an formellen Mängeln leidet.141 Es wird auch nicht geprüft, ob das ab-

129 130 131 132

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nen; wieder anders Schmid, ZfIR 2013, 129 (132): der Verwalter kann ohne besondere Ermächtigung abmahnen; unklar bleibt, auf welchen Ermächtigungstatbestand der Verwalter die Abmahnung stützen soll. Wie hier Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 407c; Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 59. Abramenko, ZMR 2012, 73 (77). Differenzierend Abramenko, ZMR 2012, 73 (74 f.). BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694 (695); Grziwotz in Erman, § 18 WEG Rz. 2; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 13; Sauren, § 18 WEG Rz. 5; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 2; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 17, 20; a.A. Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 27. Abramenko, ZMR 2012, 73. Abramenko, ZMR 2012, 73 (77). BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1356) = NZM 2007, 290 (292); LG Berlin v. 15.12.2009 – 55 S 102/09, ZWE 2010, 217 (218). OLG München v. 28.1.2008 – 34 Wx 77/07, NZM 2008, 169 (171) = ZMR 2008, 412 (414). BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694 (695). Hogenschurz, NZM 2005, 611 (613). Schmid, ZfIR 2013, 129 (132). Zu pauschal Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 22 und Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 31. BayObLG v. 15.2.1995 – 2Z BR 1/95, NJW-RR 1996, 12 (13); OLG Hamburg v. 7.4.2003 – 2 Wx 9/ 03, MietRB 2004, 148 = ZMR 2003, 596 (597); OLG Köln v. 20.2.2004 – 16 Wx 7/04, NZM 2004, 260 (261); OLG Köln v. 23.12.1997 – 16 Wx 236/97, ZMR 1998, 376; LG Berlin v. 5.9.2017 – 55 S 88/16, ZMR 2018, 695 (696); LG Düsseldorf v. 26.3.1991 – 25 T 49/91, ZMR 1991, 314; LG Hannover v. 10.5.2006 – 6 T 6/06, ZMR 2006, 723; Hogenschurz, NZM 2005, 611 (613); Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 60; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 8; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 22; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 17; a.A. OLG Düsseldorf v. 26.8.1991 – 3 Wx 189/91, DWE 1995, 119 (120); Köhler, Das neue WEG, Rz. 273.

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§ 18 Rz. 24 | Entziehung des Wohnungseigentums gemahnte Verhalten generell geeignet ist, ein Entziehungsverlangen zu rechtfertigen (s.a. Rz. 37).142 Der abgemahnte Eigentümer ist deshalb nicht gehindert, nach Unanfechtbarkeit des Abmahnbeschlusses etwaigen ehrverletzenden Behauptungen mit der Unterlassungsklage nach § 1004 BGB zu begegnen.143 Nach Ansicht von Suilmann fehlt dem Kläger hingegen in jedem Fall das Rechtsschutzbedürfnis, da der Beschluss in seiner faktischen Auswirkung nicht mehr beseitigt werden kann und auch vom Verwalter oder einem Miteigentümer ausgesprochene Abmahnungen keiner gerichtlichen Kontrolle unterliegen.144 Hiergegen spricht, dass der abgemahnte Wohnungseigentümer einen Anspruch auf formgerechte Behandlung hat, wenn sich die Gemeinschaft dazu entschließt, ihn durch Beschluss abzumahnen, da hiermit eine deutlich stärkere Bemakelung als mit einer Einzelabmahnung verbunden ist. Dritten, die nicht Adressaten der Abmahnung waren, fehlt jedenfalls das entsprechende Rechtsschutzbedürfnis (s. Rz. 38).145 Gegen eine Abmahnung des Verwalters ist nach h.M. keine Feststellungsklage statthaft, da dieser – anders als einem Abmahnungsbeschluss – keine Bindungswirkung zukommt.146 Gleiches gilt für die Abmahnung durch einen Wohnungseigentümer.147 Der Streitwert einer Anfechtungsklage gegen einen Abmahnungsbeschluss entspricht nur einem Bruchteil des Streitwerts für die Anfechtung des Entziehungsbeschlusses gem. Abs. 3 (zu diesem s. Rz. 39),148 dürfte also mit höchstens 30 % dieses Streitwerts angesetzt werden.149

3. Zahlungsverzug (Abs. 2 Nr. 2) a) Kosten und Lasten i.S.d. § 16 Abs. 2 25 Ein Veräußerungsanspruch besteht dann, wenn sich ein Wohnungseigentümer mit der Erfül-

lung seiner Verpflichtung zur Lasten- und Kostentragung gem. § 16 Abs. 2 in Verzug befindet.150 Erfasst wird nur Wohngeld aufgrund genehmigter Wirtschaftspläne oder Jahresabrechnungen, wozu z.B. Zahlungsrückstände aus Heizöllieferungen für das Sondereigentum, die von der Gemeinschaft verauslagt wurden, aber noch nicht in den Wirtschaftsplan bzw. die Jahresabrechnung aufgenommen worden sind, nicht zählen.151 Zu den Einzelheiten der Lasten- und Kostenbeitragspflicht s. die Kommentierung bei § 16. Zu beachten ist, dass auch Verzugszinsen von Abs. 2 Nr. 2 erfasst werden,152 nicht aber die Kosten des Entziehungsverfahrens (s. Rz. 26).

142 A.A. LG München I v. 22.9.2008 – 1 S 6883/08, MietRB 2009, 45 = ZWE 2009, 35 (38); LG München I v. 14.6.2010 – 1 S 25652/09, MietRB 2010, 238 = ZWE 2010, 411 (413), jeweils ohne tragfähige Begründung. 143 A.A. AG Wiesbaden v. 22.7.2011 – 92 C 410/11, ZMR 2012, 233. 144 Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 36. 145 OLG Hamm v. 20.12.2004 – 15 W 367–369/04, OLGR 2005, 262; Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 37; a.A. Abramenko, ZMR 2012, 73 (78). 146 BayObLG v. 9.3.2004 – 2Z BR 19/04, NJW-RR 2004, 1020 (1021) = NZM 2004, 383; Hogenschurz, NZM 2005, 611 (613); Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 15; Geiben in jurisPK/BGB, § 18 WEG, Rz. 26; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 10; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 8; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 17. 147 Abramenko, ZMR 2012, 73 (75). 148 Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 24; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 40; LG Bremen v. 29.6.1999 – 2 T 294/99, WuM 1999, 598. 149 LG Bremen v. 29.6.1999 – 2 T 294/99, WuM 1999, 598 (599); Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 40. 150 Die Darlegungs- und Beweislast trifft die klagenden Wohnungseigentümer, Hogenschurz, NZM 2005, 611 (613). 151 OLG München v. 28.1.2008 – 34 Wx 77/07, NZM 2008, 169 (171) = ZMR 2008, 412 (414). 152 Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 23; a.A. Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 13.

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III. Regelbeispiele (Abs. 2) | Rz. 26 § 18

b) Höhe des säumigen Betrags Die Höhe des säumigen Betrags ist nach dem konkreten Kostenverteilungsschlüssel, nach 26 dem die Gemeinschaft die Kosten und Lasten i.S.d. § 16 Abs. 2 erhebt, zu ermitteln.153 Der Verzugsbetrag (einschließlich bis dahin aufgelaufener Verzugszinsen)154 muss 3 % des Einheitswertes des Wohnungseigentums des säumigen Miteigentümers zum Zeitpunkt der Fälligkeit155 übersteigen. Maßgebend ist dabei der letzte, bei Beschlussfassung über die Entziehung festgestellte Einheitswert. Hingegen ist nicht auf den Zeitpunkt der Erhebung der Entziehungsklage oder der letzten mündliche Verhandlung, und auch nicht auf den Tag der Beschlagnahme oder der Erteilung des Zuschlags abzustellen.156 Zahlungsrückstände, die nach der Beschlussfassung auflaufen, werden nicht berücksichtigt.157 Ebenfalls unberücksichtigt bleiben die Verfahrenskosten der Eigentümergemeinschaft (z.B. Rechtsanwaltsgebühren und Gerichtskosten).158 Die Ermittlung des Einheitswerts erfolgt nach § 93 Abs. 1 BewG im Wege des Ertragswert- (§§ 78 ff. BewG) oder Sachwertverfahrens (§§ 83 ff. BewG). Jedes Wohnungsbzw. Teileigentum ist für sich gesondert zu bewerten. Bei einer mehr als 80 %igen Nutzung zu Wohnzwecken sind die Vorschriften über das Ertragswertverfahren für Mietwohngrundstücke, bei einer Wohnnutzung von wenigstens 20 % sind die Bestimmungen über das Ertragswertverfahren für gemischt genutzte Grundstücke maßgebend, § 93 Abs. 2 BewG.159 Der Einheitswert bleibt zwar meistens deutlich hinter dem gemeinen Wert der Eigentumswohnung zurück, so dass mitunter schon geringe Verzugsbeträge eine Veräußerung nach Abs. 2 Nr. 2 rechtfertigen können.160 Dennoch bestehen hieran keine verfassungsrechtlichen Bedenken.161 Die Vorschrift ist auch nicht zu streng,162 sie bedarf insbesondere keiner einschränkenden Auslegung.163 Zum einen dient die Anknüpfung an den im Regelfall bereits festgestellten Einheitswert der Verfahrensvereinfachung, denn sie ermöglicht es, den Mindestverzugsbetrag verlässlich und leicht zu ermitteln.164 Die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des Verzugsbetrags trifft die klagenden Wohnungseigentümer,165 allerdings muss der Beklagte seinerseits substantiiert durch Darlegung des Einheitswerts das Nichterreichen der

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Kreuzer in Köhler, Teil 10 Rz. 12; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 24. Geiben in jurisPK/BGB, § 18 WEG Rz. 28; a.A. Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 13. Sauren, § 18 WEG Rz. 6. Vgl. BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = NJW 2011, 3098 (3102); die Entscheidung betrifft die Geltendmachung von Wohngeldansprüchen im Rahmen einer Insolvenz, nicht die Entziehung des Wohnungseigentums zur Deckung der Wohngeldansprüche; unzutreffend ist deshalb die Schlussfolgerung von Geiben in jurisPK/BGB, § 18 WEG, Rz. 51. OLG München v. 28.1.2008 – 34 Wx 77/07, NZM 2008, 169 (171) = ZMR 2008, 412 (414). LG Berlin v. 26.3.2010 – 82 T 236/10, ZMR 2010, 629; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 28. Schmidt, ZWE 2002, 113 (114); Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 8; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 8. Vgl. die Darstellung von Schmidt, ZWE 2002, 113 (118); Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 35 unter Hinweis auf die Entscheidung des AG Erlangen v. 3.11.2003 – 10 UR II 58/02, ZMR 2004, 539 (540), wo 3 % des Einheitswerts einem Verzugsbetrag von 600 € entsprachen. Skauradszun in BeckOGK, § 18 WEG Rz. 6.1; Hügel/Elzer, § 18 Rz. 15; a.A. AG Potsdam v. 29.4.2014 – 31 C 85/12, BeckRS 2015, 12355 (ohne Begründung); Bruns/Hintzen, ZWE 2018, 73 (74); Schmidt, ZWE 2002, 113 (117); Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 36, 37; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 23, jedoch mit wenig überzeugendem Verweis auf die Verfassungswidrigkeit der Einheitswerte zum Zwecke der Erbschafts- und Schenkungssteuerberechnung. Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 11; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 48; Diester, § 18 WEG Rz. 7; a.A. Sauren, § 18 WEG Rz. 6; abwegig Soth, NZM 2007, 470 (471), der glaubt, die Entscheidung des BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, NJW 2007, 573 habe unmittelbar Auswirkung auf § 18 Abs. 2 Nr. 2. Kreuzer in Köhler, Teil 10 Rz. 12b; a.A. Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 29. BGH v. 2.4.2009 – V ZB 157/08, MDR 2009, 829 = MietRB 2009, 232 = NJW 2009, 1888. Hogenschurz, NZM 2005, 611 (613).

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§ 18 Rz. 26 | Entziehung des Wohnungseigentums Wertgrenze bestreiten.166 Andererseits kann der säumige Wohnungseigentümer seine Beitragsschuld gem. § 19 Abs. 2 noch bis zum Ende des Termins, in dem der Zuschlag erteilt wird (s. § 19 Rz. 51), begleichen und so der Versteigerung den Boden entziehen, was ihm insbesondere bei geringen Verzugsbeträgen nicht schwer fallen dürfte.167 Eine Erhöhung des Einheitswerts auf 140 % des ursprünglichen Einheitswerts kommt nicht in Betracht, da § 121a BewG nur für die Ermittlung der Gewerbesteuer gilt.168 c) Mitteilung des Einheitswertbescheides 27 Im Rahmen von Zwangsversteigerungsverfahren aus der bevorrechtigten Rangklasse 2 war es

zu Schwierigkeiten gekommen, wie die Erreichung des in § 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG in Bezug genommenen Verzugsbetrags gem. § 18 Abs. 2 Nr. 2 nachgewiesen werden müsse. Der BGH forderte zunächst die Vorlage des Einheitswertbescheids in der Form des § 16 Abs. 2 ZVG,169 ließ in der Folge aber auch den Nachweis genügen, dass der Verzugsbetrag 3 % des festgesetzten Verkehrswerts überstieg.170 Praktische Schwierigkeiten ergaben sich nämlich daraus, dass Verband und Wohnungseigentümer wegen des Steuergeheimnisses nach § 30 AO nicht die Vorlage des Einheitswertbescheides verlangen konnten.171 Der für die Berechnung der Gerichtskosten nach § 54 Abs. 1 Satz 4 GKG beigezogene Einheitswert durfte für andere Verfahrenszwecke nicht verwertet werden172 und musste von den Vollstreckungsgerichten auch nicht angefordert werden.173 Mit der Neufassung von § 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG und § 18 Abs. 2 Nr. 2 hat der Gesetzgeber das Steuergeheimnis nunmehr i.S.d. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO gelockert,174 allerdings ohne einen ausdrücklichen Auskunftsanspruch des Verbandes bzw. bei einer Zweier-Gemeinschaft des anderen Wohnungseigentümers zu normieren.175 Im Rahmen des Abs. 2 Nr. 2 ist die Vorschrift ohnehin bedeutungslos, da nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen der Kläger nur den Verzugsbetrag schlüssig darzulegen hat, während der Beklagte seinerseits schlüssig darlegen muss, dass der Verzugsbetrag 3 % des Einheitswerts nicht übersteigt (s. Rz. 26). Dies wird nur durch eine Offenlegung des Einheitswerts durch den Beklagten möglich sein. d) Verzugseintritt 28 Der säumige Wohnungseigentümer muss sich mit Kosten- und Lastentragungspflichten i.S.d.

§ 16 Abs. 2 im Verzug befinden. Verzug setzt die Wirksamkeit und Fälligkeit des Anspruchs und eine danach erfolgende Mahnung voraus, § 286 Abs. 1 BGB. Einer Mahnung bedarf es insbesondere nicht, wenn für die Leistungspflicht eine nach dem Kalender bestimmte Frist besteht oder diese Frist an ein kalendermäßig bestimmtes Ereignis anknüpft, § 286 Abs. 2 Nr. 1, 2 BGB (z.B. wenn im Rahmen einer Beschlussfassung auch ein konkreter Fälligkeitstermin beschlossen wird). Beruht die Zahlungspflicht auf einem Beschluss, so wird diese auf-

166 Vgl. AG Mühlheim/Ruhr v. 15.5.1986 – 23 C 4/86, Rpfleger 1986, 430. 167 Armbrüster, WE 1999, 46. 168 Schmidt, ZWE 2002, 112 (116); a.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 23; unentschieden Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 38. 169 BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, MDR 2008, 829 = MietRB 2008, 206 = NJW 2008, 1956. 170 BGH v. 2.4.2009 – V ZB 157/08, MDR 2009, 829 = MietRB 2009, 232 = NJW 2009, 1888. 171 FG Düsseldorf v. 12.11.2008 – 4 K 170/08 AO, EFG 2009, 10 = ZMR 2009, 213 = Rpfleger 2009, 258. 172 BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, MDR 2008, 829 = MietRB 2008, 206. 173 LG Stuttgart v. 17.3.2009 – 19 T 486/08, NZM 2009, 365; LG Dortmund v. 20.11.2008 – 9 T 511/ 08, ZMR 2009, 631. 174 BGBl. I, 1707; ausführlich hierzu Elzer, NJW 2009, 2507. 175 Drasdo, ZMR 2009, 742 (744 f.).

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III. Regelbeispiele (Abs. 2) | Rz. 29b § 18

grund einer Anfechtungsklage nicht suspendiert.176 Die Darlegungs- und Beweislast für den Verzugseintritt trifft die klagenden Wohnungseigentümer. § 286 Abs. 3 BGB findet keine Anwendung. Auch Verzug setzt Verschulden voraus, wobei jedoch die Beweislast für fehlendes Verschulden den säumigen Wohnungseigentümer trifft, § 286 Abs. 4 BGB.177 Dieser Entlastungsbeweis wird regelmäßig misslingen, da es sich um Geldschulden handelt (vgl. § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auch ein unverschuldetes vorübergehendes Leistungshindernis wird nur ganz selten vorliegen können, da der Verzugszeitraum ja drei Monate betragen muss. Als mögliche Entschuldigungsgründe kommen daher allenfalls Rechtsirrtümer in Betracht.178 Die Verzugsdauer muss schließlich mehr als drei Monate betragen. Die Fristberechnung erfolgt nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 3 BGB, beginnt also am Tag nach Verzugseintritt und endet mit dem Ablauf des Tages, der zahlenmäßig drei Monate auf den Verzugseintritt folgt. § 193 BGB findet auf die Berechnung der Dreimonatsfrist Anwendung.179 Beispiel: Verzugseintritt am 30.11.2006 (Donnerstag), Fristbeginn am 1.12.2006 (Freitag), 29 Fristende am 28.2.2007 (Mittwoch), die erforderliche Verzugsdauer ist am 1.3.2007 (Donnerstag) erreicht. e) Keine weiteren Voraussetzungen An weitere Voraussetzungen ist der Entziehungsanspruch nicht gebunden. Insbesondere muss 29a der Verzugsbetrag nicht unstreitig oder rechtskräftig festgestellt und auch nicht tituliert worden sein.180 Erst recht nicht erforderlich ist eine genaue Aufschlüsselung der Rückstände.181 Dies gilt auch in Zweiergemeinschaften mit gleicher Stimmberechtigung.182 Der säumige Eigentümer ist ausreichend dadurch geschützt, dass der Kläger den Verzugseintritt und die Höhe des Verzugsbetrags darlegen und beweisen muss. f) Verhältnis zu Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Obwohl bei Überschreitung des Säumnisbetrags grundsätzlich vom Vorliegen einer unzumut- 29b baren Pflichtverletzung ausgegangen werden kann (s. Rz. 18), kann eine solche im Einzelfall trotzdem zu verneinen sein. Dies ist insbesondere in Zweiergemeinschaften denkbar, wenn beide Wohnungseigentümer erhebliche Wohngeldrückstände haben oder beide erhebliche Pflichtverletzungen begangen haben, die eine Entziehung rechtfertigen würden (s. Rz. 13).183 Umgekehrt kann trotz Nichtüberschreitens des Säumnisbetrags eine Entziehung nach der Generalklausel des Abs. 1 gerechtfertigt sein (s. Rz. 19). Verspricht der säumige Wohnungseigentümer die Rückstände zu begleichen und hält er dieses Versprechen nicht ein, so kann dies ebenfalls eine schwerwiegende Pflichtverletzung nach Abs. 1 darstellen.184 Einer Abmahnung – wie im Rahmen des Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 – bedarf es aber in keinem Fall, da der säumige 176 BGH v. 4.4.2014 – V ZR 167/13, ZWE 2014, 265; Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 15. 177 Skauradszun in BeckOGK, § 18 WEG Rz. 27; Sauren, § 18 WEG Rz. 6; Then in Spielbauer/Then, § 18 WEG Rz. 11; a.A. Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 47; Geiben in jurisPK/BGB, § 18 WEG, Rz. 29; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 14; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 2; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 24. 178 Sauren, § 18 WEG Rz. 6; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 24. 179 Vgl. BGH v. 1.2.2007 – III ZR 159/06, MDR 2007, 826 = ZIP 2007, 1114 (1116). 180 LG Berlin v. 24.11.2017 – 53 S 46/16, ZMR 2018, 246 (247); Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 26a. 181 AG Pinneberg v. 25.9.2018 – 60 C 3/18, ZMR 2019, 83 (85). 182 A.A. AG Potsdam v. 29.4.2014 – 31 C 85/12, BeckRS 2015, 12355; ohne Stellungnahme hierzu Geiben in jurisPK/BGB, § 18 WEG Rz. 28. 183 BGH v. 22.1.2010 – V ZR 75/09, ZWE 2010, 179 (180); LG Dresden v. 1.4.2009 – 2 S 173/08, BeckRS 2010, 03770. 184 AG Mühlheim/Ruhr v. 15.5.1986 – 23 C 4/86, Rpfleger 1986, 430.

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§ 18 Rz. 29b | Entziehung des Wohnungseigentums Eigentümer das Entziehungsverfahren durch rechtzeitige Zahlung der Rückstände verhindern kann, § 19 Abs. 2 (s. § 19 Rz. 51).185

IV. Geltendmachung des Entziehungsanspruchs (Abs. 3) 1. Zuständigkeit der Gemeinschaft (Abs. 1 Satz 2) 30 Die Entziehung des Wohnungseigentums ist keine Verwaltungsmaßnahme; sie steht vielmehr

originär den Wohnungseigentümern zu, vgl. auch § 19 Abs. 1. Die Ausübung des Entziehungsrechts nimmt allerdings nach Abs. 1 Satz 2 die Gemeinschaft (bzw. die werdende Gemeinschaft), insbesondere durch die Erhebung der Veräußerungsklage, wahr. Es gelten insofern die Ausführungen zu § 10 Abs. 6 Satz 3. Es handelt sich hierbei um einen schwer verständlichen Systembruch.186 Es steht den Wohnungseigentümern jedoch frei, das Entziehungsrecht und dessen Ausübung wieder an sich zu ziehen oder einen Dritten mit der Ausübung (also insbesondere der Klageerhebung) zu betrauen (s. § 19 Rz. 9). Soweit die Wohnungseigentümergemeinschaft allerdings nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht, würde eine Zuordnung an die Gemeinschaft das Entziehungsrecht leerlaufen lassen, so dass Abs. 1 Satz 2 in diesem Fall die Ausübungsbefugnis von vorneherein beim anderen Wohnungseigentümer belässt. Entscheidend für das Vorliegen einer Zweiergemeinschaft ist nicht die Anzahl der Wohnungseigentumseinheiten, sondern wegen des Kopfstimmrechts die Anzahl der Eigentümer.187 Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so sorgt der anwendbare § 25 Abs. 2 Satz 2 dafür, dass diese nur als ein Wohnungseigentümer behandelt werden.188 Eine Zweiergemeinschaft liegt also auch dann vor, wenn das Wohnungseigentum mehreren Bruchteilseigentümern oder Gesamthandseigentümern gehört. Diese Erleichterungsvorschrift innerhalb von Zweiergemeinschaften kann nicht auf andere Bereiche verallgemeinert werden.189

2. Mehrheitsbeschluss (Abs. 3) a) Allgemeines 31 Über das Veräußerungsverlangen nach Abs. 1 müssen die Wohnungseigentümer einen Mehr-

heitsbeschluss fassen.190 Dieser Beschluss ist Prozessvoraussetzung für eine spätere Veräußerungsklage (s. § 19 Rz. 8).191 Durch Vereinbarung können die Voraussetzungen des Entzie185 BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1355) = NZM 2007, 290 (291); LG Berlin v. 24.11.2017 – 53 S 46/16, ZMR 2018, 246 (247); AG Pinneberg v. 25.9.2018 – 60 C 3/18, ZMR 2019, 83 (84 f.); Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 26; Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 30. 186 Abramenko, Das neue WEG, § 6 Rz. 22; Köhler, Das neue WEG, Rz. 266. 187 LG Köln v. 10.5.2001 – 29 S 90/00, ZMR 2002, 227; Abramenko, Das neue WEG, § 8 Rz. 3. 188 Dies wird von Elzer, ZfIR 2014, 257 übersehen. 189 LG Frankfurt am Main v. 7.6.2018 – 2-13 S 98/17, ZMR 2018, 856 (858) = ZWE 2018, 356 (357). 190 Das Muster eines Veräußerungs-/Entziehungsbeschlusses findet sich bei Fritsch in NomosFormulare Wohnungseigentumsrecht § 2 Rz. 340 und § 5 Rz. 21 sowie bei Kreuzer in Köhler/Bassenge, Anwaltshandbuch Wohnungseigentumsrecht, Teil 10 Rz. 34. 191 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694; BayObLG v. 4.3.1999 – 2Z BR 20/99, BayObLGZ 1999, 66 = NJW-RR 1999, 887 (888); KG v. 2.2.1996 – 24 W 7880/95, WE 1996, 345; OLG Hamm v. 13.10.1989 – 15 W 314/89, OLGZ 1990, 57 (60) = MDR 1990, 343; OLG Köln WuM 1997, 454; OLG Köln v. 23.12.1997 – 16 Wx 236/97, ZMR 1998, 376; LG Aachen v. 15.10.1992 – 2 S 298/91, ZMR 1993, 233; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 53; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 6; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 28.

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IV. Geltendmachung des Entziehungsanspruchs (Abs. 3) | Rz. 33 § 18

hungsbeschlusses zwar erleichtert werden, es kann aber nicht ganz auf eine Beschlussfassung verzichtet werden (s. Rz. 44, 45). Von der Notwendigkeit eines vorherigen Beschlusses sieht die h.M. jedoch dort ab, wo dieser eine überflüssige sinnlose Förmelei bedeuten würde. Hauptbeispiel hierfür ist eine lediglich aus zwei Wohnungseigentümern bestehende Gemeinschaft (sog. Zweiergemeinschaft, s. Rz. 30),192 da der auszuschließende Miteigentümer nach § 25 Abs. 5 ohnehin nicht stimmberechtigt wäre.193 Ob darüber hinaus eine Vorbefassungspflicht der Eigentümerversammlung entfallen kann, wenn von vorneherein feststeht, dass eine Beschlussfassung zu einer Pattsituation führen würde,194 kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, beispielsweise wenn die Eigentümerversammlung einen Mehrheitsbeschluss schon mehrfach abgelehnt hatte oder sich beharrlich weigert, diesen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen. Eine erweiternde Auslegung des Abs. 1 Satz 2 auf Gemeinschaften, in denen sich verschiedene Mitglieder von zwei Familien gegenüberstehen,195 scheidet aus, denn sie unterstellt, dass innerhalb einer Familie stets die gleichen Interessen verfolgt würden, was empirisch nicht belegbar ist. b) Ordnungsgemäße Ladung Der Entziehungsbeschluss muss auf Verlangen auch nur eines Miteigentümers auf die Tages- 32 ordnung gesetzt werden.196 Eine ordnungsgemäße Ladung setzt voraus, dass dieser Tagesordnungspunkt klar und deutlich für jeden Wohnungseigentümer aus dem Einladungsschreiben hervorgeht,197 wozu die Bezeichnung des Veräußerungsverlangens als „Abmeierungsklage“ (s. Rz. 2; § 19 Rz. 6) ausreichen soll (abzulehnen, denn die Bedeutung des Wortes „abmeiern“ ist nicht mehr hinreichend bekannt in der Bevölkerung);198 die Bezeichnung als „Abmahnung“ genügt jedenfalls.199 c) Beschlussfähigkeit Für die Beurteilung der Beschlussfähigkeit und die Beschlussfassung enthalten Abs. 3 Satz 2 33 und 3 Sonderregelungen, die das Beschlussverfahren des § 25 modifizieren. Da § 25 Abs. 3 192 BGH v. 19.12.2013 – V ZR 96/13, MDR 2014, 335 = MietRB 2014, 107 = BeckRS 2014, 03170; BGH v. 22.1.2010 – V ZR 75/09, ZWE 2010, 179 (180); LG Aachen v. 15.10.1992 – 2 S 298/91, ZMR 1993, 233 f.; LG Dresden v. 1.4.2009 – 2 S 173/08, BeckRS 2010, 03770; LG Köln v. 10.5.2001 – 29 S 90/00, ZMR 2002, 227; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 12; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 54; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 39; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 13; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 20; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 17; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 4; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 31; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 9; a.A. Sauren, § 18 WEG Rz. 9. 193 LG Aachen v. 15.10.1992 – 2 S 298/91, ZMR 1993, 233 (234); Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 39; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 13; unklar hingegen BT-Drucks. 16/887, 69 („kein Mehrheitsbeschluss möglich“). 194 So offenbar Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 39 und Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 52. 195 Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 52. 196 OLG Köln v. 16.5.1997 – 16 Wx 97/97, ZMR 1998, 48; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 12; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 20. 197 BayObLG v. 15.2.1995 – 2Z BR 1/95, NJW-RR 1996, 12 (13); OLG Düsseldorf ZMR 1998, 243 (244); Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 12. 198 KG v. 22.11.1995 – 24 W 2452/95, NJW-RR 1996, 526 = ZMR 1996, 223 (225); Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 12; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 55; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 40; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 12; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 18 WEG Rz. 20; bei Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 10 versehentlich als „Abweisungsklage“ bezeichnet; a.A. mit beachtlichen Argumenten Köhler, Das neue WEG, Rz. 275; Köhler, MietRB 2007, 156 (157 f.). 199 LG München I v. 22.9.2008 – 1 S 6883/08, MietRB 2009, 45 = ZWE 2009, 35.

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§ 18 Rz. 33 | Entziehung des Wohnungseigentums ausdrücklich keine Anwendung findet, ist für die Beschlussfähigkeit die Anwesenheit oder Vertretung der Mehrheit aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer erforderlich, aber auch ausreichend.200 Bei drei Wohnungseigentümern liegt also Beschlussfähigkeit vor, wenn zwei Miteigentümer erschienen sind, auch wenn sie weniger als 50 % der Miteigentumsanteile innehaben. Umgekehrt genügt in diesem Fall die Anwesenheit eines Wohnungseigentümers auch dann nicht, wenn er mehr als 50 % der Miteigentumsanteile hält. Da § 25 Abs. 4 ebenfalls nicht anwendbar ist, ist eine erneute Versammlung nur bei Erreichung dieses Quorums beschlussfähig,201 es sei denn, die Wohnungseigentümer haben hiervon eine zulässige Abweichung vereinbart (s. Rz. 44).202 Der auszuschließende Wohnungseigentümer ist für die Beschlussfähigkeit nicht zu berücksichtigen, da er in Hinblick auf § 25 Abs. 5 ohnehin nicht stimmberechtigt ist.203 d) Beschlussfassung 34 Zur Wirksamkeit des Beschlusses ist die absolute Mehrheit (50+ 1 %) aller stimmberechtigten

Wohnungseigentümer erforderlich, Abs. 3 Satz 2.204 Es genügt also nicht die Mehrheit der erschienenen Wohnungseigentümer.205 Der auszuschließende Wohnungseigentümer ist nach § 25 Abs. 5 nicht stimmberechtigt, denn das Veräußerungsverlangen ist auf die Einleitung eines Rechtsstreits gegen ihn gerichtet206 und stellt grundsätzlich (zu Ausnahmen s. Rz. 31) eine unabdingbare Prozessvoraussetzung dar (s. § 19 Rz. 8).207 An der Versammlung darf er jedoch teilnehmen. Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass die Wohnungseigentümer gegen den säumigen Miteigentümer andere Maßnahmen als die Entziehung beschließen wollen: ein Beschluss den säumigen Miteigentümer von allen Abstimmungen auszuschließen und ihm das Stimmrecht zu entziehen, ist nichtig.208 Die Säumnis allein lässt das Stimmrecht ebenfalls nicht entfallen.209 Mit Ausnahme des auszuschließenden Wohnungseigentümers hat jeder

200 Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 11; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 13. 201 Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 13. 202 OLG Celle v. 7.4.1955 – 4 Wx 1/55, DNotZ 1955, 320 (323) = NJW 1955, 953 (954); Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 30. 203 Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 4. 204 KG v. 26.2.1992 – 24 W 3965/91, NJW-RR 1992, 1298; AG Bayreuth v. 13.6.2016 – 105 C 399/16, juris Rz. 41; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 12; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 54; Diester, § 18 WEG Rz. 8; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 13; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 17; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 4; a.A. OLG Hamburg v. 7.4.2003 – 2 Wx 9/ 03, MietRB 2004, 148 = ZMR 2003, 596 (bezüglich eines Abmahnungsbeschlusses); Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 28. 205 Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 13; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 9. 206 Vgl. BGH v. 14.7.2017 – V ZR 290/16, NJW 2018, 552 (554) = NZM 2017, 734 (735) = ZMR 2017, 906 = ZWE 2017, 411 (412); BayObLG v. 31.1.1992 – BReg.2 Z 143/91, NJW 1993, 603 (604); BayObLG v. 9.10.1997 – 2Z BR 84/97, NZM 1998, 161 (162); KG v. 22.12.1998 – 24 W 875/93, NJW-RR 1994, 855 (856); LG Aachen v. 15.10.1992 – 2 S 298/91, ZMR 1993, 233; AG Bayreuth v. 13.6.2016 – 105 C 399/16, juris Rz. 42; Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 64; Müller in Lemke, Immobilienrecht, § 18 WEG Rz. 8; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 13; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 21; Elzer/Riecke in Prütting/ Wegen/Weinreich, § 18 WEG Rz. 11; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 17; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 4; a.A. Skauradszun in BeckOGK, § 18 WEG Rz. 32: Stimmrechtsausschluss folgt aus allgemeinen Erwägungen. 207 Dies wird von Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 18 WEG Rz. 3, 54 nicht hinreichend berücksichtigt. 208 BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 f. = NJW 2011, 679 (680). 209 BGH v. 14.7.2017 – V ZR 290/16, NJW 2018, 552 (554) = NZM 2017, 734 (735) = ZMR 2017, 906 = ZWE 2017, 411 (412).

566 | Heinemann

IV. Geltendmachung des Entziehungsanspruchs (Abs. 3) | Rz. 35 § 18

Wohnungseigentümer, auch innerhalb einer Mehrhausanlage210 – unabhängig von der Größe seiner Miteigentumsanteile und der Anzahl seiner Eigentumswohnungen – gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 (nur, aber jedenfalls) eine Stimme.211 Diese kann für mehrere Berechtigte (Miteigentümer, Gesamthandsberechtigte) an einer Einheit nur einheitlich ausgeübt werden, § 25 Abs. 2 Satz 2.212 Berechnungsbeispiel: Eine Eigentümergemeinschaft besteht aus 10 Miteigentümern. Ein 34a wirksamer Entziehungsbeschluss erfordert eine Zustimmung durch die Mehrheit aller stimmberechtigten Miteigentümer. Stimmberechtigt sind 9 Miteigentümer, der auszuschließende Miteigentümer zählt nicht. Ein wirksamer Mehrheitsbeschluss erfordert somit, dass 5 Miteigentümer dem Beschluss zustimmen.213 Abweichende Vereinbarungen hierzu sind möglich (s. Rz. 44), aber nicht schon dann an- 34b zunehmen, wenn sich die Stimmberechtigung auch sonst nach der Anzahl der Miteigentumsanteile richtet.214 Enthaltungen sind als Nein-Stimmen zu zählen.215 Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass der Entziehungsbeschluss einer 2/3 Mehrheit bedarf, so ist dies dahin auszulegen, dass der Entziehungsbeschluss auch mit 2/3 der in der Eigentümerversammlung anwesenden Eigentümer getroffen werden kann; die gegenteilige Auffassung verkennt, dass eine Erhöhung des Quorums entgegen Abs. 4 zu einer Erschwerung der Entziehung führen würde (s. Rz. 45).216 Gegenstand der Beschlussfassung ist nicht die Prüfung darüber, ob die materiellen Vorausset- 35 zungen für eine Veräußerungsklage vorliegen, sondern nur die Entscheidung darüber, ob der auszuschließende Miteigentümer nach einer erfolgreichen Veräußerungsklage sein Wohnungseigentum veräußern soll.217 Hinsichtlich dieser Entscheidung kommt den Wohnungseigentümern ein weiter Ermessensspielraum zu.218 Nur soweit sich dieser Spielraum darauf reduziert hat, dass das Veräußerungsverlangen ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 4) entspricht, besteht ein Anspruch auf diese Beschlussfassung.219 Aus dem Beschluss muss sich inhaltlich klar und eindeutig das Veräußerungsverlangen ergeben (s. bereits oben Rz. 32 in 210 BayObLG Rpfleger 1972, 144 (145); AG Bayreuth v. 13.6.2016 – 105 C 399/16, juris Rz. 42; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 46; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 17; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 4; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 9. 211 AG Bayreuth v. 13.6.2016 – 105 C 399/16, juris Rz. 42; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 17; ob dies zweckmäßig ist, wird unterschiedlich beurteilt, bejahend Diester, § 18 WEG Rz. 8; verneinend Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 55. 212 Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 12; Then in Spielbauer/Then, § 18 WEG Rz. 12. 213 AG Bayreuth v. 13.6.2016 – 105 C 399/16, juris Rz. 42. 214 BayObLG v. 24.6.1999 – 2Z BR 179/98, BayObLGZ 1999, 176 = NZM 1999, 868 = NJW-RR 2000, 17 (19) = FGPrax 1999, 216; OLG Hamm v. 1.4.2004 – 15 W 71/04, NJW-RR 2004, 1380 (1381); OLG Rostock v. 3.11.2008 – 3 W 5/08, ZMR 2009, 470 (471); AG Bayreuth v. 13.6.2016 – 105 C 399/16, juris Rz. 41; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 12; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 43; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 21. 215 Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 49. 216 A.A. LG Hamburg v. 14.12.2011 – 318 S 42/11, ZMR 2012, 468 (469 f.). 217 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694 (695); Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 54, 57; Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 46; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 10. 218 KG v. 2.2.1996 – 24 W 3553/95, FGPrax 1996, 94 = WE 1996, 345; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 14; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 11; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 20; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 35; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 9. 219 KG v. 2.2.1996 – 24 W 3553/95, FGPrax 1996, 94 = WE 1996, 345; Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 69; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 14; Hügel/Elzer, § 18 Rz. 2; Engelhardt in MünchKomm/ BGB, § 18 WEG Rz. 11; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 20; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 17.

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§ 18 Rz. 35 | Entziehung des Wohnungseigentums Hinblick auf die Bezeichnung der Tagesordnung), was bei einer bloßen Ermächtigung an den Verwalter, Veräußerungsklage zu erheben, nicht der Fall ist.220 Der Beschluss kann mit Bedingungen (z.B. Nichtzahlung rückständiger Beträge)221 und Befristungen222 versehen werden. Da umstritten ist, ob der Entziehungsbeschluss auch eine stillschweigende Ermächtigung des Verwalters enthält, die Veräußerungsklage (ggf. unter Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts) zu erheben (s. ausführlich § 19 Rz. 10), können und sollten diese Punkte ebenfalls geregelt werden.223 Für die Aufhebung oder Abänderung eines Entziehungsbeschlusses gelten die vorstehenden Grundsätze entsprechend (s. § 19 Rz. 11).

3. Rechtsbehelfe a) Allgemeines 36 Der auszuschließende Wohnungseigentümer kann den Beschluss, durch den von ihm die Ver-

äußerung seines Wohnungseigentums verlangt wird, mit der Klage nach §§ 43 Nr. 4, 46 anfechten.224 Mehrere Beschlussanfechtungsklagen gegen die Entziehung von Wohnungseigentum, die in einer Versammlung getroffen worden sind, sind nach § 47 miteinander zu verbinden.225 Da der Beschluss nicht die materiellen Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 zum Gegenstand hat (s. Rz. 35), wird der Beschluss im Rahmen der Anfechtungsklage nur daraufhin überprüft, ob er an formellen Mängeln leidet.226 Ein Wohnungseigentümer hat kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschlussanfechtungsklage, die sich gegen einen Beschluss der Eigentümerversammlung richtet, durch den gegenüber einem anderen Wohnungseigentümer eine Abmahnung wegen gemeinschaftswidrigen Verhaltens ausgesprochen worden ist.227 Ob das Veräußerungsverlangen materiell gerechtfertigt ist, wird ausschließlich im Rahmen der Veräußerungsklage (s. § 19 Rz. 15) geprüft.228 Es ergeben sich insoweit keine Änderungen 220 OLG Hamm v. 13.10.1989 – 15 W 314/89, MDR 1990, 343 = OLGZ 1990, 57 (61); Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 54, 61; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 10. 221 BayObLGZ 1975, 53 (57); Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 33. 222 Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 32; der Gewährung einer Räumungsfrist bedarf es allerdings nicht LG Tübingen v. 22.9.1994 – 1 S 39/94, NJW-RR 1995, 650 = ZMR 1995, 179 (181). 223 Hogenschurz, NZM 2005, 611 (613); Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 42, 48. 224 Einer daneben erhobenen Feststellungsklage fehlt hingegen regelmäßig das erforderlich Feststellungsinteresse LG München I v. 22.9.2008 – 1 S 6883/08, MietRB 2009, 45 = ZWE 2009, 35. 225 AG Bayreuth v. 13.6.2016 – 105 C 399/16, juris Rz. 37. 226 AG Bayreuth v. 13.6.2016 – 105 C 399/16, juris Rz. 40; AG Pinneberg v. 25.9.2018 – 60 C 3/18, ZMR 2019, 83 (84). 227 OLG Hamm v. 20.12.2004 – 15 W 367–369/04, OLGR 2005, 262; a.A. Abramenko, ZMR 2012, 73 (78). 228 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694 (695); BayObLG v. 15.12.1995 – 2Z BR 1/95, NJW-RR 1996, 12 (13); BayObLGZ 1999, 66 = NJW-RR 1999, 887 (888); OLG Hamm v. 13.10.1989 – 15 W 314/89, OLGZ 1990, 57 (61) = MDR 1990, 343; KG v. 22.12.1993 – 24 W 875/93, MDR 1994, 687 = NJW-RR 1994, 855; OLG Köln v. 23.12.1997 – 16 Wx 236/97, ZMR 1998, 376; OLG Rostock v. 3.11.2008 – 3 W 5/08, ZMR 2009, 470; LG Karlsruhe v. 9.11.2010 – 11 S 170/09, BeckRS 2011, 20733; AG Bayreuth v. 13.6.2016 – 105 C 399/16, juris Rz. 40; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 14; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 60, 63; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 44; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 11; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 22; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 18; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 6; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 34 (35); Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 10; krit. Köhler, MietRB 2007, 156 (157); a.A. Schiedsspruch des Deutschen Ständigen Schiedsgerichts für Wohnungseigentum v. 10.1.2011 – Sch/S/XLIX, ZMR 2011, 921 (922) = ZWE 2011, 291 (292 f.) mit zust. Anm. F. Schmidt; Schmid, ZfIR 2013, 129 (133).

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IV. Geltendmachung des Entziehungsanspruchs (Abs. 3) | Rz. 37 § 18

zur bisherigen Rechtslage.229 Hat beispielsweise der säumige Wohnungseigentümer durch Vorlage von Kontoauszügen vor der Beschlussfassung nachgewiesen, dass er alle Rückstände beglichen hat, so kann er sich nicht im Rahmen der Beschlussanfechtungsklage auf einen Rechtsmissbrauch berufen.230 b) Beschlussmängel Mögliche, im Rahmen der Anfechtungsklage beachtliche formelle Mängel sind: 37 – Ladungsmängel, § 23 Abs. 2 (s. Rz. 32; BayObLG v. 15.2.1995 – 2Z BR 1/95, NJW-RR 1996, 12 (13); OLG Düsseldorf ZMR 1998, 243 (244); Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 14; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 35); – Mängel bei der Einberufung und Durchführung der Versammlung, § 24 (z.B. Abhaltung der Eigentümerversammlung in einer Gaststätte in Anwesenheit anderer Gäste, in der eine sachliche Verständigung wegen Lärms nicht möglich war, bei nur 10-minütiger Versammlungsdauer und fehlender Unbefangenheit des Versammlungsleiters: OLG Hamm v. 13.10.1989 – 15 W 314/89, OLGZ 1990, 57 [60] = MDR 1990, 343; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 14; anders wenn sich der Verstoß nicht auf die Beschlussfassung auswirken konnte, BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, NZM 2011, 694 [695]; LG Karlsruhe v. 9.11.2010 – 11 S 170/09, BeckRS 2011, 20733); – fehlende Beschlussfassung oder fehlende Verkündung des Beschlussergebnisses (AG Duisburg v. 28.11.2006 – 76 II 30/06, NZM 2007, 296 [297] = ZMR 2007, 314 [315]); – Nichtzulassung eines anwaltlichen Beistands zur Versammlung (OLG Köln v. 6.8.2007 – 16 Wx 106/07, OLGR 2008, 305 = MietRB 2008, 178 [Berg]); – fehlende Mehrheit (OLG Rostock v. 3.11.2008 – 3 W 5/08, ZMR 2009, 470 [471]) bzw. fehlerhafte Feststellung des Beschlussergebnisses (LG Hamburg v. 14.12.2011 – 318 S 42/ 11, ZMR 2012, 468 [470]); – Mängel bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses, Abs. 3 i.V.m. § 25 Abs. 2, 5 (s. Rz. 33; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 14); – fehlende Bestimmtheit des Beschlusses (s. Rz. 35; BayObLG v. 4.3.1999 – 2Z BR 20/99, BayObLGZ 1999, 66 = NJW-RR 1999, 887 [888]; OLG Hamm v. 13.10.1989 – 15 W 314/ 89, OLGZ 1990, 57 [61] = MDR 1990, 343; AG Köln v. 7.3.2016 – 202 C 132/15, BeckRS 2016, 132524; AG Duisburg v. 28.11.2006 – 76 II 30/06, NZM 2007, 296 [297] = ZMR 2007, 314 [315]: sehr streng, Beschluss, einen Miteigentümer aus der Gemeinschaft „auszuschließen“ soll nicht genügen; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 14; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 35: der Beschluss bringt das Veräußerungsverlangen nicht hinreichend klar und eindeutig zum Ausdruck; die Ankündigung die Veräußerungsklage „im Wiederholungsfall“ oder „zukünftig in gleichgelagerten Fällen“ zu erheben genügt dem Bestimmtheitserfordernis: LG Hannover v. 10.5.2006 – 6 T 6/06, ZMR 2006, 723; AG Hannover v. 28.12.2005 – 71 II 493/05, ZMR 2006, 402; die Auffassung des LG München I v. 14.6.2010 – 1 S 25652/09, ZWE 2010, 411 [413] und v. 22.9.2008 – 1 S 6883/08, ZWE 2009, 35 [38], die Gründe, auf die der Mehrheitsbeschluss gestützt wird, müssten ausführlich im Beschluss dargelegt werden und generell geeignet sein, ein Entziehungsverlangen zu rechtfertigen, findet im Gesetz keine Stütze; diese Prüfung ist der Entziehungsklage vorbehalten);

229 Abramenko, Das neue WEG, § 8 Rz. 2; Köhler, Das neue WEG, Rz. 277; a.A. nur Schultzky in NK/ BGB, § 18 WEG Rz. 15. 230 OLG Braunschweig v. 6.6.2006 – 3 W 16/06, ZMR 2006, 700; a.A. LG Braunschweig v. 3.2.2006 – 6 T 925/05, ZMR 2006, 560 (561).

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§ 18 Rz. 37 | Entziehung des Wohnungseigentums – fehlende Beschlusskompetenz (OLG Köln v. 20.2.2004 – 16 Wx 7/04, NZM 2004, 260 [261]; AG Köln v. 7.3.2016 – 202 C 132/15, BeckRS 2016, 132524: Die Wohnungseigentümer dürfen durch einen Beschluss nach Abs. 3 oder durch einen Abmahnungsbeschluss nicht dadurch Druck auf einen Wohnungseigentümer ausüben mit dem Ziel, dass dieser die serienhafte Anfechtung von Beschlüssen unterlassen möge, da den Eigentümern hierfür die Beschlusskompetenz fehlt; fragwürdig, denn in Wahrheit handelt es sich um eine inhaltliche Prüfung des Beschlusses bzw. der Abmahnung, ob ein Fall des Abs. 1 oder 2 vorliegt); – fehlende Abmahnung, soweit nicht ausnahmsweise von einer Abmahnung abgesehen werden durfte (s. Rz. 14), da der BGH einem Entziehungsbeschluss nur dann die für eine Veräußerungsklage erforderliche Wirkung beimisst, wenn diesem eine Abmahnung vorangegangen ist (BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694 gegen LG Karlsruhe v. 9.11.2010 – 11 S 170/09, BeckRS 2011, 20733; AG Pinneberg v. 25.9.2018 – 60 C 3/18, ZMR 2019, 83 [84]); allerdings kann der Entziehungsbeschluss regelmäßig in eine solche Abmahnung umgedeutet werden (s. zum Ganzen BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 [1356] = NZM 2007, 290 [292]; a.A. OLG Köln v. 23.12.1997 – 16 Wx 236/97, ZMR 1998, 376; Hügel/Elzer, § 18 Rz. 20); ob die im Entziehungsbeschluss bzw. in der Abmahnung zugrunde gelegten Vorwürfe inhaltlich zutreffen und ob nach der Abmahnung erneut gegen Pflichten verstoßen worden ist, ist ausschließlich Gegenstand der Entziehungsklage (BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694; AG Pinneberg v. 25.9.2018 – 60 C 3/18, ZMR 2019, 83 [84]). c) Negativbeschlüsse 38 Die Ablehnung der Gemeinschaft, einen Beschluss nach Abs. 3 zu treffen (Negativbeschluss),

ist mit der Anfechtungsklage angreifbar. Allerdings ist diese Entscheidung nur daraufhin überprüfbar, ob sie sich außerhalb des weiten Ermessensspielraums der Gemeinschaft bewegt (s. Rz. 35) und damit dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht.231 Das Gericht kann nicht nach § 21 Abs. 8 die Entscheidung der Eigentümergemeinschaft ersetzen, weil damit faktisch das Gericht den Wohnungseigentümern die Einleitung eines Klageverfahrens vorschreiben und außerdem ohne Kompetenz die Voraussetzungen eines Entziehungsanspruchs vorweg prüfen würde.232 d) Streitwert, Kostentragung 39 Der Streitwert einer Anfechtungsklage gegen den Eigentümerbeschluss nach Abs. 3 kann

nicht mit dem Streitwert der Veräußerungsklage (s. § 19 Rz. 18 ff.) gleichgesetzt werden, da in diesem Verfahren nicht die materiellen Voraussetzungen des § 18 Abs. 1, 2 geprüft werden.233 Von dem für die Veräußerungsklage maßgeblichen Streitwert ist nur ein Bruchteil als Streitwert der Beschlussanfechtungsklage zugrunde zu legen, der maximal 20 % betragen sollte. Da sich in größeren Gemeinschaften der Streitwert regelmäßig nach dem Verkehrswert der Wohnung des Beklagten richten wird (s. § 19 Rz. 19), sind – wie bisher – 20 % des Verkehrswerts der Beklagtenwohnung für die Anfechtungsklage maßgeblich.234 Für die Kostentragung gilt 231 KG v. 2.2.1996 – 24 W 3553/95, FGPrax 1996, 94 = WE 1996, 345; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 14; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 62; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 35. 232 A.A. Schmid, ZfIR 2013, 129 (133). 233 BayObLG v. 27.1.1989 – BReg.1b Z 5/88, WuM 1990, 95; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 40. 234 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694 (695); OLG Köln v. 23.12.1997 – 16 Wx 236/97, ZMR 1998, 376; OLG Rostock v. 3.11.2008 – 3 W 5/08, ZMR

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IV. Geltendmachung des Entziehungsanspruchs (Abs. 3) | Rz. 41 § 18

§ 16 Abs. 7 entsprechend, so dass sich der obsiegende Kläger auch an den Kosten des Anfechtungsverfahrens zu beteiligen hat.235

4. Absicherung des Entziehungsanspruchs Der Anspruch der Wohnungseigentümer auf Veräußerung des Wohnungseigentums wird 40 zwar nunmehr wie ein auf eine Geldforderung gerichtetes Leistungsurteil nach dem ZVG vollstreckt (s. § 19 Abs. 1). Da den Wohnungseigentümern jedoch eine andere Art der Veräußerung, insbesondere durch freiwillige Versteigerung etc. (s. § 19 Rz. 59), gestattet ist, kann dieser Veräußerungsanspruch auch weiterhin durch Eintragung einer Vormerkung oder eines einstweiligen Verfügungsverbots abgesichert werden (s. § 19 Rz. 59). Allerdings setzt die Eintragung der Vormerkung ein vorläufig vollstreckbares Urteil (vgl. § 895 ZPO) voraus, aufgrund des Entziehungsbeschlusses kommt die Eintragung einer Vormerkung nicht in Betracht,236 wohl aber der Erlass eines Verfügungsverbots im Wege der einstweiligen Verfügung.237

5. Verjährung und Verwirkung des Entziehungsanspruchs a) Verjährung Das Veräußerungsverlangen ist kein Gestaltungsrecht, sondern ein Leistungsanspruch, der 41 der Verjährung unterliegt, § 194 Abs. 1 BGB.238 Da der Anspruch auch nicht auf Übertragung, sondern nur auf Veräußerung des Eigentums gerichtet ist, gilt die dreijährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB und nicht die zehnjährige Frist des § 196 BGB.239 Für den Beginn der Verjährung ist § 199 Abs. 1, 4 BGB maßgeblich. Ist das Veräußerungsverlangen verjährt, so sind die Wohnungseigentümer nicht gehindert, wegen eines anderen, noch unverjährten Pflichtverstoßes i.S.d. § 18 Abs. 1 die Veräußerung zu verlangen. Jeder Entziehungsgrund unterliegt einer eigenständigen Verjährung.240 Selbst ein Dauerstreit mit dem störenden Wohnungseigentümer führt nicht dazu, dass die die Entziehung begründenden Pflichtverletzungen als Dauerpflichtverletzung anzusehen wären.241 Vielmehr ist die Verjährung nicht in Gang gesetzt, solange die Störung andauert; bei neuer Störung beginnt die Verjährung erneut zu laufen.242 Da es sich bei der Entziehung um ein individuelles Recht jedes Wohnungseigentümers,

235 236 237 238 239

240 241 242

2009, 470 (472); LG Bremen WuM 1999, 598 (599); AG Bayreuth v. 13.6.2016 – 105 C 399/16, juris Rz. 61; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 40; Heinemann, MietRB 2008, 90 (92); a.A. OLG Koblenz v. 30.8.2010 – 1 W 54/10, ZMR 2011, 56 (58), das auf 20 % des Gesamtverkehrswerts abstellt und den Verkehrswert der zu entziehenden Wohnung als Höchst- und Mindeststreitwert ansieht. Bärmann/Pick, § 16 WEG Rz. 92; a.A. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 16 WEG Rz. 76. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 43. Sauren, § 18 WEG Rz. 8. Ebenso Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 9; Schmid, WuM 2010, 655 (658); a.A. Hügel/ Elzer, § 18 Rz. 2: unverjährbarer Anspruch. Ebenso LG Karlsruhe v. 8.3.2013 – 11 S 201/12, BeckRS 2014, 03210; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 18 WEG Rz. 7; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 32; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 4; Schmid, WuM 2010, 655 (658); unklar Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 9, der wohl noch von der früheren 30-jährigen Regelverjährungsfrist ausgeht. LG Karlsruhe v. 8.3.2013 – 11 S 201/12, BeckRS 2014, 03210; Schmid, WuM 2010, 655 (658); Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 18 WEG Rz. 7; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 6. LG Karlsruhe v. 8.3.2013 – 11 S 201/12, BeckRS 2014, 03210. Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 32.

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§ 18 Rz. 41 | Entziehung des Wohnungseigentums nicht um ein Recht der Gemeinschaft handelt (s. Rz. 30), scheidet eine Zurechnung von verjährungsauslösenden Kenntnissen des Verwalters aus.243 Kenntnisse eines Mitglieds des Verwaltungsbeirats sollen dem Verband hingegen nicht zurechenbar sein;244 das gleiche muss folglich auch für Kenntnisse anderer Wohnungseigentümer gelten. Die Verjährung des Entziehungsanspruchs wird nicht durch Erhebung einer Schmerzensgeldklage gehemmt.245 b) Verwirkung 42 Angesichts der seit 1.1.2002 auf drei Jahre verkürzten Verjährungsfrist kommt eine Verwir-

kung des Veräußerungsanspruchs nicht mehr in Betracht.246 Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Pflichtverstoß zum Zeitpunkt der Geltendmachung überhaupt noch vorliegt (s. Rz. 12) und noch als unzumutbar (s. Rz. 13 f.) anzusehen ist.247 Da der BGH außerdem vor der Beschlussfassung über die Entziehung eine vorherige Abmahnung fordert (s. Rz. 14), ist zu prüfen, ob nicht die Abmahnung ihre Wirkung deshalb verloren hat (s. Rz. 22), weil über einen längeren Zeitraum entweder der Störer unbeanstandet seine Pflichten erfüllt hat oder aber die anderen Wohnungseigentümer weitere Pflichtverletzungen nicht gerügt haben.248

V. Abdingbarkeit (Abs. 4) 1. Allgemeines 43 Die Vorschrift ist erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt worden, um den Mit-

eigentümern im Verhältnis zur Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (§ 11) ein wirksames Korrektiv gegen Störer zu erhalten.249 Der Veräußerungsanspruch nach Abs. 1 kann weder durch Vereinbarung noch durch (sofern aufgrund wirksamer Öffnungsklausel möglichen) Mehrheitsbeschluss eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Die Vorschrift ist also einseitig zwingend, Erleichterungen oder Erweiterungen des Veräußerungsverlangens und sogar

243 A.A. Hogenschurz, ZMR 2015, 607; ders. in Timme, § 18 WEG Rz. 32a und Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 38, die die Entscheidung des BGH v. 4.7.2014 – V ZR 183/13, NJW 2014, 2861 (2863) = MDR 2014, 1134 = MietRB 2014, 297, der allerdings die Durchsetzung eines Beseitigungsanspruchs betraf, auf den Entziehungsanspruch nach § 18 übertragen; Schmid, ZfIR 2013, 129 (133), der die Rechtsprechung zur Geltendmachung von Wohngeldrückständen unbesehen auf das Entziehungsverlangen überträgt. 244 Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 33. 245 LG Karlsruhe v. 8.3.2013 – 11 S 201/12, BeckRS 2014, 03210. 246 Ebenfalls zurückhaltend nunmehr Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 9; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 6; Then in Spielbauer/Then, § 18 WEG Rz. 12; anders die h.M. Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 4, 15; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 18 WEG Rz. 7; Geiben in jurisPK/BGB, § 18 WEG, Rz. 22; Sauren, § 18 WEG Rz. 7; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 4; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 42; Suilmann in Bärmann, § 18 Rz. 39; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 33 unter unzutreffender Berufung auf BGH v. 22.1.2010 – V ZR 75/09, ZWE 2010, 179, der dort aber keinen Fall der Verwirkung behandelt; konsequent Hügel/Elzer, § 18 Rz. 2, die von der Unverjährbarkeit des Anspruchs ausgehen. 247 Ähnlich Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 76; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 16; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 4. 248 So wohl auch BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1356) = NZM 2007, 290 (292) unter Bezugnahme auf die Rspr. des BAG zur Wirksamkeit der Abmahnung bei Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. 249 LG Bonn v. 12.6.1996 – 4 T 315/96, MittRhNotK 1996, 271 (272); Diester, § 18 WEG Rz. 10; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 11, vgl. zum Ganzen auch Heinemann, MietRB 2012, 29.

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V. Abdingbarkeit (Abs. 4) | Rz. 44 § 18

Alternativen zum gesetzlichen Leitbild des § 18 Abs. 1 sind also zulässig.250 Eine solche zulässige Änderung kann nur durch Vereinbarung, niemals durch Beschluss (auch nicht aufgrund einer Öffnungsklausel) getroffen werden.251 Der teilende Eigentümer kann bereits im Rahmen der Teilungserklärung die Entziehungsgründe modifizieren, § 8 Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 4 Satz 1. Eine Inhalts- und Ausübungskontrolle nach §§ 307 ff. BGB findet nicht statt, etwaigen Missbräuchen ist mit den §§ 138, 242, 826 BGB zu begegnen.252 Da die Norm weitere Erschwerungen des ohnehin schon aufwändigen Entziehungsverfahrens verhindern will, sind die Vorschriften des Abs. 2 und 3 ebenfalls unabdingbar.253 Kein Argument gegen diese Auslegung ist die Nichterwähnung dieser Absätze in Abs. 4, denn die Abs. 2 und 3 sind nur Konkretisierungen des in Abs. 1 statuierten Veräußerungsanspruchs und insofern dessen unselbständiger Bestandteil.254 Außerdem ist der Entziehungsbeschluss Prozessvoraussetzung für eine Veräußerungsklage, so dass die Behauptung unzutreffend ist, der Beschluss erfülle keinen eigenen Schutzzweck.255

2. Zulässige Abweichungen Zulässige Abweichungen von den Abs. 1 bis 3 sind: 44 – Ausdehnung von Entziehungsgründen (Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 25), soweit die Regelung hinreichend bestimmt ist (OLG Düsseldorf v. 24.3.2000 – 3 Wx 77/00, NZM 2000, 873 = NJW-RR 2001, 231: der Entziehungsgrund „nachbarrechtliche Störungen“ und „schwere persönliche Misshelligkeiten“ ist zu unbestimmt); ausreichend dürfte aber die Entziehung wegen rechtskräftiger Verurteilung aufgrund einer gegen einen anderen Wohnungseigentümer oder dessen Familienangehörige begangenen Straftat sein (vgl. LG Hamburg v. 14.12.2011 – 318 S 42/11, ZMR 2012, 468 [469]); – Verzicht auf Verschuldenserfordernis (Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 13; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 74); – Verzicht auf Abmahnungserfordernis (zustimmend Schmid, ZfIR 2013, 129 [132]); – Klarstellung, dass das Wohnungseigentum auch dann entzogen werden kann, wenn die Entziehungsvoraussetzungen nur gegen einen Miteigentümer bzw. Mitberechtigten vorliegen (vgl. Rz. 9; LG Hamburg v. 14.12.2011 – 318 S 42/11, ZMR 2012, 468 [469]); – Erleichterung des Entziehungsgrundes nach Abs. 2 Nr. 1 (z.B. nur zweimaliger Pflichtverstoß ausreichend, Sauren, § 18 WEG Rz. 13); – Erleichterung der Verzugsvoraussetzungen des Abs. 2 Nr. 2 (z.B. Verringerung des Verzugsbetrags und/oder des Verzugszeitraums, BGH v. 17.1.2002 – IX ZR 434/00, MDR 2002, 545 = NJW 2002, 1655 [1657]; LG Hamburg v. 14.12.2011 – 318 S 42/11, ZMR 2012, 468 250 OLG Düsseldorf v. 24.3.2000 – 3 Wx 77/00, NZM 2000, 873 = NJW-RR 2001, 231; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 74; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 18 WEG Rz. 9; Diester, § 18 WEG Rz. 10; Elzer/Riecke in Prütting/Wegen/Weinreich, § 18 WEG Rz. 1; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 7; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 16; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 25; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 25; Schmid, ZfIR 2013, 129 (130). 251 Schmid, ZfIR 2013, 129 (130). 252 Heinemann, MietRB 2012, 29 (30). 253 LG Bonn v. 12.6.1996 – 4 T 315/96, MittRhNotK 1996, 271 (272); Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 74, 75; Geiben in jurisPK/BGB, § 18 WEG, Rz. 9; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 16; Schmid, ZfIR 2013, 129 (130); a.A. Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 31; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 26; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 2; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 12. 254 Diester, § 18 WEG Rz. 11; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 18 WEG Rz. 9; Sauren, § 18 WEG Rz. 12 (allerdings nur in Bezug auf Abs. 2). 255 Anders Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 34.

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§ 18 Rz. 44 | Entziehung des Wohnungseigentums [470]; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 26; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 2; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 25; Erstreckung auf andere, über § 16 Abs. 2 hinausgehende Zahlungspflichten, Diester, § 18 WEG Rz. 7; a.A. nur Bruns/Hintzen, ZWE 2018, 73 [74]); – Erleichterung der Beschlussfassung (OLG Hamm v. 1.4.2004 – 15 W 71/04, NJW-RR 2004, 1380 [1381]; Hogenschurz, NZM 2005, 611 [612]; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 20; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 34); – Vereinbarung von alternativen Entziehungsverfahren (z.B. Einräumung von Ankaufsrechten, Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 21; a.A. Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten, § 19 WEG Rz. 13, s. ausführlich § 19 Rz. 58 ff.).

3. Unzulässige Abweichungen 45 Unzulässige Abweichungen von den Abs. 1 bis 3 sind:

– abschließende Aufzählung von Entziehungsgründen (Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 20; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 74; Bruns/Hintzen, ZWE 2018, 73 [75]); – Ausschluss unzumutbarer Pflichtverletzungen vom Veräußerungsanspruch (Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 74); – Erhöhung des in Abs. 2 Nr. 2 genannten Verzugsbetrags (LG Bonn v. 12.6.1996 – 4 T 315/ 96, MittRhNotK 1996, 271 [272]: Verzugsbetrag i.H.v. mehr als sechs Monatsraten der Abschlagszahlungen; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 74; Diester, § 18 WEG Rz. 11); – Begrenzung des Anspruchs auf die Störung eines bestimmten Kreises von Miteigentümern (z.B. auf einen Wohnblock bei Mehrhausanlagen oder die unmittelbaren Nachbarwohnungen, Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 20; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 74); – Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Veräußerungsverlangens (vgl. LG Kassel, Beschl. v. 20.6.1963 – 6 T 220/63, wiedergegeben bei Diester, Rechtsprechung Nr. 40, 51a: Veräußerungsverlangen unzulässig, wenn seit Kenntnis des Verwalters sechs Monate, ohne Kenntnis zwei Jahre seit der Pflichtverletzung vergangen sind; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 76; Sauren, § 18 WEG Rz. 12; a.A. LG Kassel in Diester, Rechtsprechung Nr. 51a, S. 129 f.; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 27; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 4; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 11); – Verkürzung der Verjährungsfrist des Veräußerungsanspruchs (a.A. Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 27); – Verzicht auf Beschlussfassung nach Abs. 3 (Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 14; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 18 WEG Rz. 60; a.A. Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 36); – Delegation der Beschlussfassung auf einzelne Wohnungseigentümer (z.B. Miteigentümer eines bestimmten Wohnblocks bei Mehrhausanlage, Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 13; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 28; a.A. Geiben in jurisPK/BGB, § 18 WEG, Rz. 43; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 4; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 34; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 12; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 31) oder Dritte (z.B. Verwaltungsbeirat, Verwalter, Gläubiger oder Gutachter, Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 14; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 58; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 13; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 31; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 27; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 34; a.A. Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 36); 574 | Heinemann

VI. Sonstige Maßnahmen gegen den störenden Wohnungseigentümer | Rz. 47 § 18

– Abweichung vom Kopfstimmprinzip (a.A. OLG Hamm v. 1.4.2004 – 15 W 71/04, NJWRR 2004, 1380 [1381]; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 17; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 4; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 34; offengelassen von BayObLG v. 24.6.1999 – 2Z BR 179/98, NJW-RR 2000, 17 [19] = FGPrax 1999, 216; OLG Rostock v. 3.11.2008 – 3 W 5/08, ZMR 2009, 470 [471]; LG Hamburg v. 14.12.2011 – 318 S 42/11, ZMR 2012, 468 [469], die zumindest eine ausdrückliche Vereinbarung fordern; auch in der Entscheidung AG Bayreuth v. 13.6.2016 – 105 C 399/16 [juris] findet sich entgegen Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 39 keine hiervon abweichende Stellungnahme); – höheres Quorum für die Beschlussfassung (z.B. Erfordernis der Einstimmigkeit, einer 2/3 – oder 3/4-Mehrheit; Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 63; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 13; Diester, § 18 WEG Rz. 11; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 16; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 34; a.A. OLG Celle v. 7.5.1955 – 4 Wx 1/55, DNotZ 1955, 320 (323) = NJW 1955, 953 (954); LG Hamburg v. 14.12.2011 – 318 S 42/11, ZMR 2012, 468 [469 f.]; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 58; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 9, 10; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 27; Sauren, § 18 WEG Rz. 14; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 4; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 40; Bruns/Hintzen, ZWE 2018, 73 [74]).

VI. Sonstige Maßnahmen gegen den störenden Wohnungseigentümer § 18 entfaltet keine Sperrwirkung für andere Maßnahmen gegen einen störenden Wohnungs- 46 eigentümer.256 Zu unterscheiden ist zwischen solchen Maßnahmen, die sogar vorrangig, also vor Geltendmachung des Veräußerungsverlangens, ergriffen werden müssen, und solchen, die anstelle des Veräußerungsverlangens beschritten werden können.

1. Vorrangige mildere Maßnahmen Da das Veräußerungsverlangen nur als letztes Mittel zur Abwendung einer Störung in Be- 47 tracht kommt, haben die Wohnungseigentümer mögliche mildere Maßnahmen vorher auszuschöpfen. Hierzu zählt natürlich in erster Linie die bereits erörterte förmliche Abmahnung (s. Rz. 14, 21 ff.). Weiterhin nennen Rechtsprechung und Literatur hier die Geltendmachung von Vertragsstrafen (auch wenn diese nicht den Wohnungseigentümern, sondern dem Verband zustehen),257 die Verhängung von Bußgeldern,258 die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen (z.B. wegen eines ruhestörenden Verhaltens),259 die Verhängung eines Hausverbots gegenüber Besuchern eines Wohnungseigentümers,260 die Aufforderung an einen Wohnungseigentümer, seinem störenden Mieter zu kündigen,261 die Geltendmachung eines

256 OLG Celle v. 9.11.1990 – 4 W 211/90, NJW-RR 1991, 1118 (1119); OLG Oldenburg v. 3.1.2005 – 5 W 151/04, ZMR 2005, 651; Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 8; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 51; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 41. 257 Weimar, JurBüro 1981, 661 (662); Schmid, ZWE 2011, 347 (349); Schmid, ZfIR 2014, 178 (181 f.); vgl. aber LG Köln v. 26.4.2018 – 29 S 239/17, ZWE 2018, 327 (328). 258 Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 2; vgl. aber LG Köln v. 26.4.2018 – 29 S 239/17, ZWE 2018, 327 (328). 259 AG Pinneberg v. 18.9.2018 – 60 C 3/17, ZMR 2019, 85. 260 Scheuer, ZMR 2010, 209 (210); von BVerfG v. 6.10.2009 – 2 BvR 693/09, MDR 2010, 73 = MietRB 2009, 355 = ZMR 2010, 206 verkannt. 261 OLG Düsseldorf v. 21.10.2008 – 3 Wx 240/07, WE 2009, 23 = ZWE 2009, 279 (280) m. Anm. Briesemeister.

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§ 18 Rz. 47 | Entziehung des Wohnungseigentums Anspruchs auf Unterlassung der Nutzungsüberlassung an den vormaligen durch Entziehungsurteil ausgeschlossenen Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 3262 oder eine Klage auf Erfüllung der verletzten oder nicht beachteten Pflichten.263 Diese zuletzt genannten Maßnahmen sind sicherlich in die Abwägung einzubeziehen, ob die Pflichtverletzung derart unzumutbar war (s. Rz. 13), dass sie ein sofortiges Veräußerungsverlangen rechtfertigt. Es kann aber den Wohnungseigentümern nicht in jedem Fall angesonnen werden, erst diese Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Gemeinschaft hierdurch nicht auf Dauer befriedet werden kann. Es handelt sich also – mit Ausnahme der grundsätzlich erforderlichen Abmahnung – regelmäßig um Optionen, die den Wohnungseigentümern parallel zum Veräußerungsanspruch zustehen.264 Umgekehrt müssen die Wohnungseigentümer nicht eine Entziehungsklage erheben, sondern können zunächst durch den Einsatz der vorgenannten milderen Maßnahmen eine Beseitigung der Störung zu erreichen versuchen.265 47a Nicht möglich ist es, einen säumigen Wohnungseigentümer von den Abstimmungen aus-

zuschließen und/oder ihm das Stimmrecht zu entziehen.266 Gleiches gilt für einen Beschluss, einem Wohnungseigentümer die Nutzung seiner Wohnung und den Zugang zu dieser untersagen, falls er bestimmten Auflagen (z.B. der Installation von Rauchwarnmeldern) nicht nachkommen sollte, weil dieser einer Entziehung nach § 18 gleichkäme.267 Nicht möglich ist es, eine Vermietungsbeschränkung mit einer nach § 21 Abs. 7 beschlossenen Vertragsstrafe zu sanktionieren (s. § 21 Rz. 115).268 Aus der Nutzungsüberlassung an einen vormaligen Wohnungseigentümer, dem das Eigentum nach § 18 entzogen worden war, folgt nicht ohne weiteres ein Anspruch gegen Nichteigentümer (die aber Einfluss auf die Nutzungsüberlassung nehmen können, wie z.B. die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft) auf Unterlassung nach § 1004 BGB.269 Hierzu ist eine konkrete Störung der anderen Miteigentümer nachzuweisen.270

2. Zahlungsklage wegen rückständigen Wohngelds 48 Insbesondere im Hinblick auf einen Zahlungsverzug kommt anstelle des Veräußerungsverlan-

gens nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 1 eine Zahlungsklage (ggf. im Mahnbescheidsverfahren) in Betracht. Aus einem solchen Titel können die Wohnungseigentümer bei Erreichen eines Verzugsbetrags mindestens in Höhe des nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 geforderten Betrags und

262 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (263) = NZM 2017, 37 (39) = ZWE 2017, 84 (86 f.). 263 Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 5; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 2; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 1; LG Aachen v. 15.10.1992 – 2 S 298/91, ZMR 1993, 233 (234); LG Landau v. 10.12.1985 – 1 S 303/85, WuM 1986, 151; LG Passau v. 12.4.1984 – 1 S 151/83, Rpfleger 1984, 412 mit abl. Anm. Gerauer; LG Stuttgart v. 4.12.1996 – 5 S 477/95, NJW-RR 1997, 589; AG München ZMR 1961, 304 LS. 264 Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 404; a.A. Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 52. 265 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (263) = NZM 2017, 37 (39) = ZWE 2017, 84 (86 f.). 266 BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 f. = NJW 2011, 679 (680); a.A. Gottschalg, NZM 2012, 271 (272 f.). 267 AG Köln v. 13.1.2014 – 202 C 108/13 –, juris Rz. 41 = BeckRS 2014, 122552 (Rz. 26). 268 LG Köln v. 26.4.2018 – 29 S 239/17, ZWE 2018, 327 (328); a.A. Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 18 WEG Rz. 19. 269 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (263) = NZM 2017, 37 (39) = ZWE 2017, 84 (87). 270 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (263) = NZM 2017, 37 (39) = ZWE 2017, 84 (87).

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VI. Sonstige Maßnahmen gegen den störenden Wohnungseigentümer | Rz. 49 § 18

höchsten 5 % des Verkehrswerts nach § 74a Abs. 5 ZVG in der privilegierten Rangklasse 2 vollstrecken, § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 ZVG. Nach der Neufassung von § 10 Abs. 3 ZVG steht § 30 AO einer Bekanntgabe des Einheitswertbescheides an den Verband bzw. bei Zweiergemeinschaften an den anderen Wohnungseigentümer nicht mehr entgegen (s. Rz. 29). Selbst der Gesetzgeber hält diesen Weg für vorzugswürdig,271 so dass sich die Frage stellt, weshalb § 18 Abs. 2 Nr. 2 nicht aufgehoben worden ist. Neben einer Zwangsversteigerung kommt auch die Anordnung einer Zwangsverwaltung in Betracht.272 Werden dem Schuldner dabei einzelne Räume zur Weiternutzung belassen, kommt er aber weiterhin seinen Zahlungspflichten nicht nach, so kommt eine Räumungsanordnung durch das Vollstreckungsgericht nach § 149 Abs. 2 ZVG nicht in Frage, vielmehr muss in diesem Fall das Entziehungsverfahren nach Abs. 2 Nr. 2 durchgeführt werden.273 In der Insolvenz eines Wohnungseigentümers ist die Wohnungseigentümergemeinschaft wegen der nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten, vor der Insolvenzeröffnung fällig gewordenen Hausgeldansprüche ohne die Notwendigkeit einer vorherigen Beschlagnahme des Wohnungseigentums absonderungsberechtigt.274 Das Vorrecht entsteht mit der Verfahrenseröffnung und kann mit der Pfandklage auf Duldung der Zwangsversteigerung in die Eigentumswohnung geltend gemacht werden.275

3. Versorgungssperre Als besonders wirkungsvolles und kostengünstiges Mittel zur Disziplinierung eines störenden 49 Wohnungseigentümers wird die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts der Gemeinschaft nach § 273 BGB an Versorgungsleistungen angesehen.276 Eine solche sog. Versorgungssperre (s. hierzu ausführlich § 28 Rz. 251 ff.) kommt dann in Betracht, wenn ein Wohnungseigentümer mit seinen Vorschusspflichten nach § 28 Abs. 2 erheblich im Verzug ist. Dies gilt selbst dann, wenn die betroffene Wohnung vermietet ist.277 § 18 Abs. 2 Nr. 2 stellt keine abschließende Sonderregelung dar, schon deshalb weil das Entziehungsverfahren oftmals wirkungslos bleibt.278 In der Regel wird es zu einer Versorgungssperre allerdings nicht kommen. Entsteht in Folge von Zahlungsausfällen eine Deckungslücke in einer Höhe, dass eine Versorgungssperre droht, muss der Verwalter dafür sorgen, dass eine Änderung des laufenden Wirtschaftsplans beschlossen und auf diese Weise die Pflicht zur Zahlung weiterer Beträge begründet wird, um die Deckungslücke zu schließen.279

271 BT-Drucks. 16/887, 45. 272 Vgl. LG Zwickau v. 18.2.2004 – 8 T 51/03, ZMR 2007, 656; Weis, ZfIR 2007, 477 (481 f.); Wenzel, WuM 1998, 454 (455 f.); Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 30. 273 BGH v. 24.1.2008 – V ZB 99/07, MDR 2008, 467 = MietRB 2008, 107 = NZM 2008, 209 (210). 274 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = NJW 2011, 3098. 275 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = NJW 2011, 3098 (3101). 276 Palder, WuM 1998, 331 (332); Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 8; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 11; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 48; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 54; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 19; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 41; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 64. 277 Ausführlich Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 52 ff. 278 OLG Celle v. 9.11.1990 – 4 W 211/90, NJW-RR 1991, 1118 (1119); OLG Oldenburg v. 3.1.2005 – 5 W 151/04, ZMR 2005, 651. 279 BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446); Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 64a.

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§ 19 | Wirkung des Urteils

§ 19 Wirkung des Urteils (1) Das Urteil, durch das ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt wird, berechtigt jeden Miteigentümer zur Zwangsvollstreckung entsprechend den Vorschriften des Ersten Abschnitts des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. Die Ausübung dieses Rechts steht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu, soweit es sich nicht um eine Gemeinschaft handelt, die nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht. (2) Der Wohnungseigentümer kann im Falle des § 18 Abs. 2 Nr. 2 bis zur Erteilung des Zuschlags die in Absatz 1 bezeichnete Wirkung des Urteils dadurch abwenden, dass er die Verpflichtungen, wegen deren Nichterfüllung er verurteilt ist, einschließlich der Verpflichtung zum Ersatz der durch den Rechtsstreit und das Versteigerungsverfahren entstandenen Kosten sowie die fälligen weiteren Verpflichtungen zur Lasten- und Kostentragung erfüllt. (3) Ein gerichtlicher oder vor einer Gütestelle geschlossener Vergleich, durch den sich der Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verpflichtet, steht dem in Absatz 1 bezeichneten Urteil gleich. I. Normzweck, Reform . . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2. Alte Rechtslage und WEG-Reform 2007 2 a) Rechtslage bis 2007 . . . . . . . . . . . . . . 2 b) Reformüberlegungen . . . . . . . . . . . . . 3 c) Kritik der Reform . . . . . . . . . . . . . . . . 4 II. Veräußerungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2. Zulässigkeit der Klage . . . . . . . . . . . . . . . 7 a) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 b) Entziehungsbeschluss nach § 18 Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 c) Klagebefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 d) Klagerücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . 11 3. Prozessverbindung, Widerklage, Aussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 a) Prozessverbindung, Widerklage . . . . 12 b) Aussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4. Begründetheit der Klage . . . . . . . . . . . . . 14 a) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 b) Prüfungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . 14a c) Urteilswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15a d) Nachschieben von Gründen . . . . . . . 16 e) Erledigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 5. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17a 6. Gebührenstreitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 b) Streitwert bei Entziehung nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 . . . . . . . . . . . 19 c) Streitwert bei Entziehung nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 d) Maßgeblichkeit des Streitwerts . . . . . 21

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7. Kostentragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Obsiegen des Klägers . . . . . . . . . . . . b) Erledigung der Hauptsache . . . . . . . c) Obsiegen des Beklagten . . . . . . . . . . . III. Vollstreckung des Veräußerungsurteils (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfahren, Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfahrenskosten . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zuständigkeit, Beteiligte, Rangordnung a) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfahrensbeteiligte . . . . . . . . . . . . . . c) Rangklasse des Veräußerungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einleitung des Verfahrens . . . . . . . . . . . a) Antrag und Antragsberechtigung . . b) Form des Antrags . . . . . . . . . . . . . . . c) Wirkung der Antragstellung . . . . . . 4. Beschlagnahmewirkung . . . . . . . . . . . . . 5. Aufhebung und Einstellung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufhebung des Verfahrens . . . . . . . . b) Einstellung des Verfahrens . . . . . . . . 6. Terminsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . a) Bestimmung des Versteigerungstermins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt der Terminsbestimmung . . . . c) Bekanntmachung der Terminsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Versteigerungsbedingungen . . . . . . . . . a) Festsetzung der Versteigerungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22 22 23 24 25 25 25 26 27 27 28 29 30 30 31 32 33 34 34 35 36 36 37 39 40 40

I. Normzweck, Reform | Rz. 2 § 19

8. 9.

10. IV. V.

b) Auswirkung auf Miet- und Pachtverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuschlag, Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kein Ausschluss des Eigentümers . . . c) Wirksamkeitserfordernisse . . . . . . . . d) Wirkung des Zuschlagsbeschlusses . e) Erlösverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Wirkung des Veräußerungsurteils (§ 25 Abs. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . Abwendungsbefugnis (Abs. 2) . . . . . . .

41 42 43 43 44 45 46 47 48 50 51

1. 2. 3. VI. 1. 2. 3. 4. VII. 1. 2.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Wirkung und Rechtsbehelfe . . . . . . . . . 52 Analoge Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . 54 Vergleich (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Landesrechtliche Gütestellen . . . . . . . . . 55a Ausschluss sonstiger Vergleichstitel . . . 56 Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Abdingbarkeit, Übergangsrecht . . . . . 58 Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Übergangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Schrifttum: S. zunächst Schrifttum bei § 18; Abramenko, Die Entfernung des zahlungsunfähigen oder unzumutbaren Miteigentümers aus der Gemeinschaft. Neue Möglichkeiten durch die Teilrechtsfähigkeit des Verbandes, ZMR 2006, 338; Elzer, Der richtige Klageantrag im WEG-Recht, MietRB 2011, 299; Götte, Die Entziehungsversteigerung nach dem WEG – Hindernisrennen mit ungewissem Ausgang, BWNotZ 1992, 105; Greger, Die von der Landesjustizverwaltung anerkannten Gütestellen: Alter Zopf mit Zukunftschancen, NJW 2011, 1478; Heil, Die freiwillige Versteigerung von Wohnungseigentum nach §§ 53 ff. WEG, MittRhNotK 1999, 73, 212; Heinemann, Vereinbarungen zur Entziehung des Wohnungseigentums, MietRB 2012, 29; Hintzen/Alff, Änderungen des ZVG aufgrund des Zweiten ZuModG, Rpfleger 2007, 233; Klose, Die Stärkung der Wohnungseigentümer durch Änderung der Rangklasse (§ 10 ZVG), MietRB 2009, 183; Limmer, Die freiwillige Grundstücksversteigerung durch den Notar in FS Bezzenberger, S. 509; Müller, Zwangsversteigerung von Wohnungseigentum, ZWE 2006, 378; Röll, Die „freiwillige Versteigerung“ nach §§ 53 ff. WEG, MittBayNot 1981, 64; Sauren, Die WEG-Novelle 2007, DStR 2007, 1307; Schmid, Kosten des Verfahrens auf Entziehung des Wohnungseigentums, DWE 2014, 4; Schmidberger, Das ZVG und § 19 WEG, ZMR 2012, 168; Schneider, Ausgewählte Besonderheiten bei der Zwangsvollstreckung des wohnungseigentumsrechtlichen Entziehungsurteils, NZM 2014, 498; Weis, Änderungen in ZVG und WEG und die Auswirkungen auf die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis, ZfIR 2007, 477.

I. Normzweck, Reform 1. Normzweck Befolgt der Wohnungseigentümer einen Beschluss nach § 18 Abs. 3 (s. hierzu § 18 Rz. 31 ff.) 1 nicht freiwillig, so muss der ausgeschlossene Wohnungseigentümer auf Veräußerung seines Wohnungseigentums verklagt werden (s. sogleich Rz. 6 ff.). Die Vorschrift regelt, wie aus einem solchen Entziehungs-/Veräußerungsurteil (Abs. 1) oder einem gleichstehenden Titel (Abs. 3) vollstreckt wird bzw. doch noch die Vollstreckung abgewendet werden kann (Abs. 2). Die zwangsweise Veräußerung des Wohnungseigentums war schon bislang umständlich und wird durch die völlig verfehlte Reform von 2007 (s. sogleich Rz. 2 ff.) zusätzlich verkompliziert und daher künftig weiter an Bedeutung verlieren.

2. Alte Rechtslage und WEG-Reform 2007 a) Rechtslage bis 2007 Nach früherer Rechtslage ermöglichte das Veräußerungsurteil allen anderen Miteigentümern, 2 die „freiwillige Versteigerung“ dieses Wohnungseigentums nach den §§ 53 ff. WEG a.F. einzuleiten. Es handelte sich hierbei um einen dem Versteigerungsverfahren der Art. 66 ff. Heinemann | 579

§ 19 Rz. 2 | Wirkung des Urteils PrFGG1 (s. auch Art. 93 ff. HessFGG a.F und § 58 ff. JustizG Nds) nachgebildeten Zwangsverkauf zur Entfernung des ausgeschlossenen Eigentümers.2 Dieses Verfahren, das in der Tat keine besondere praktische Bedeutung erlangt hat, wurde als dem Zwangsversteigerungsverfahren nach dem ZVG unterlegen angesehen,3 weil es angeblich zu einer längeren Verfahrensdauer führte4 und dem verurteilten Wohnungseigentümer Manipulationsmöglichkeiten eröffnete.5 b) Reformüberlegungen 3 Der Reformgesetzgeber meint, die Überführung der Versteigerung in das ZVG sei system-

und sachgerecht, weil sie folgerichtiger Teil des ZPO-Erkenntnisverfahrens sei und in der Sache im Interesse des Gläubigers ein rasches, professionelles Handeln und im Interesse des Schuldners eine bessere Ausschöpfung des Marktes und ein bewährtes Schutzsystem gewährleiste.6 Dem ist entschieden zu widersprechen. c) Kritik der Reform 4 An der Arbeit des Gesetzgebers Kritik – sogar massive Kritik – üben zu dürfen, ist nicht nur

das Vorrecht jedes Bürgers eines demokratischen Rechtsstaats, sondern eigentliche Aufgabe der (Rechts-)Wissenschaft, auch wenn es den am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen nicht gefallen mag;7 die Berechtigung der hier geübten Kritik wird von anderer Seite auch anerkannt.8 Dass die „freiwillige Versteigerung“ langwieriger und manipulationsanfälliger war,9 ist rechtstatsächlich weder untersucht noch bewiesen. In Wirklichkeit war nicht das Versteigerungsverfahren vor dem Notar zu umständlich, sondern die Veräußerungsklage vor den ordentlichen Gerichten ist und bleibt auch in Zukunft zeitaufwändig. Angesichts der nunmehr gesetzlich vorgeschriebenen Terminfristen (vgl. §§ 36, 74a Abs. 3 Satz 2, 85a Abs. 2 Satz 2 ZVG), der Notwendigkeit von weiteren Versteigerungsterminen (§§ 74a Abs. 3 Satz 1, 85a Abs. 2 Satz 1 ZVG), den erheblich umfassenderen Vollstreckungsschutzmöglichkeiten des Schuldners (§ 765a ZPO; § 30a ZVG) und der Überlastung der ordentlichen Gerichtsbarkeit wird das Veräußerungsverfahren sogar ganz erheblich länger dauern.10 Das ZVG beugt auch etwaigen Vereitelungsabsichten des ausgeschlossenen Wohnungseigentümers keinesfalls besser vor. Nach alter Rechtslage konnten die Wohnungseigentümer auch schon vor Rechtskraft des Veräußerungsurteils die Eintragung einer Vormerkung (§ 895 ZPO) oder eines Verfügungs-/Belastungsverbots (§§ 936, 920 Abs. 2 ZPO) erwirken.11 Außerdem wurde über die Anwendung der §§ 138, 242 bzw. 826 BGB versucht, die Ersteigerung durch „Strohmänner“

1 PrFGG v. 21.9.1899 (GS S. 249), noch gültig in Berlin (GVBl. 1990 S. 2119), Nordrhein-Westfalen (GVBl 1961 S. 325) und Schleswig-Holstein (GS II SchlH 1971 S. 315). 2 Vgl. hierzu Jansen, FGG, Anl. 10 S. 487; Schlegelberger, FGG, Vor Art. 66 PrFGG Rz. 2. 3 Abramenko, Das neue WEG, § 8 Rz. 1; Götte, BWNotZ 1992, 105 (110); Heil, MittRhNotK 1999, 73 (102). 4 Götte, BWNotZ 1992, 105 (110); Heil, MittRhNotK 1999, 73 (102). 5 Götte, BWNotZ 1992, 105 (109 f.); Heil, MittRhNotK 1999, 73 (102); Lüke in Weitnauer, § 19 WEG Rz. 7. 6 BT-Drucks. 16/887, 27. 7 Z.B. Berringer, MittBayNot 2013, 372. 8 Z.B. Müller in Lemke, Immobilienrecht, § 19 WEG Rz. 4. 9 So BT-Drucks. 16/887, 26; Hogenschurz, NZM 2005, 611 (614 f.); Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 18 WEG Rz. 1; Sauren, § 18 WEG Rz. 1. 10 Ebenso Diester, § 19 WEG Rz. 2; Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 8; Drasdo, ZWE 2005, 162: in der Regel dauert ein Zwangsversteigerungsverfahren zwei Jahre. 11 KG v. 9.3.1979 – 1 W 4545/78, OLGZ 1979, 146 = MDR 1979, 218 = Rpfleger 1979, 198; Götte, BWNotZ 1992, 105 (107); Heil, MittRhNotK 1999, 73 (88 f.) m.w.N.

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II. Veräußerungsklage | Rz. 6 § 19

einzudämmen.12 Die Beschlagnahmewirkung des § 23 ZVG stellt demgegenüber keinen nennenswerten zeitlichen Vorteil dar (s. Rz. 33). Außerdem scheidet im Rahmen einer hoheitlichen Zwangsversteigerung eine Anwendung der §§ 138, 242 bzw. 826 BGB grundsätzlich aus, so dass die Wohnungseigentümer nicht einmal eine Ersteigerung durch den ausgeschlossenen Eigentümer selbst (vgl. hingegen § 56 Abs. 2 WEG a.F.!), geschweige denn durch dessen Verwandte oder Vertraute, verhindern können (s. Rz. 43 f.). Da nunmehr auch etwa bestehende Mietverhältnisse aufgelöst werden können (s. Rz. 41), kommt sogar eine Nutzungsüberlassung an den ausgeschlossenen Wohnungseigentümer in Betracht.13 Die Manipulationsgefahr ist nach neuer Rechtslage also sogar höher (s. Rz. 33). Schließlich ist die Anwendbarkeit des ZVG weder system- noch sachgerecht.14 Bei der Zwangs- 5 versteigerung handelt es sich um eine Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen (vgl. §§ 864 ff. ZPO) oder wenigstens zur Aufhebung einer Gemeinschaft, um deren Vermögen zu verteilen (vgl. § 180 ZVG).15 Dieses Verfahren taugt von seiner ganzen Systematik her nicht für den zwangsweisen Ausschluss eines Wohnungseigentümers. In der Literatur werden deshalb fadenscheinige Versuche unternommen, die Regeln des ZVG nach Gutdünken als unpassend beiseite zu schieben (z.B. die §§ 30a ff., 74a ZVG)16 und durch die aufgehobenen Regelungen zu ergänzen (z.B. § 56 Abs. 2 Satz 2 WEG a.F.).17 Angesichts der zahlreichen Grundrechtsverstöße, die das BVerfG18 und der BGH19 im Rahmen der Zwangsversteigerung laufend feststellen müssen, kann wohl kaum von einem professionellen und bewährten Verfahren die Rede sein. Unhaltbar ist insbesondere die Behauptung, das Zwangsversteigerungsverfahren würde einen höheren Veräußerungserlös garantieren, das Gegenteil ist der Fall. Bei genauer Betrachtung ist die Versteigerung nach dem ZVG nicht geeignet, um einen Wohnungseigentümer nach § 18 aus der Gemeinschaft effektiv auszuschließen.20 Aus Sicht aller Beteiligten stellt sich die Anwendbarkeit des ZVG vielmehr als unverhältnismäßig dar, so dass die Norm sogar verfassungswidrig ist, wenn man den Beteiligten nicht deren Abdingbarkeit zugesteht (s. hierzu Rz. 41, 58 ff.).

II. Veräußerungsklage 1. Allgemeines Veräußert der nach § 18 Abs. 1, 3 ausgeschlossene Wohnungseigentümer sein Wohnungs- 6 eigentum nicht freiwillig, so muss dieser Leistungsanspruch21 im Klagewege durchgesetzt wer-

12 KG v. 11.12.2003 – 1 W 71/03, DNotZ 2004, 631 = FGPrax 2004, 91 greift auf § 242 BGB zurück. 13 Während nach alter Rechtslage hiergegen Abhilfemöglichkeiten bestanden, vgl. Heinemann in AnwK/BGB, 1. Aufl., § 56 WEG Rz. 4. 14 Zustimmend Skauradszun in BeckOGK, § 19 WEG Rz. 4. 15 Die Vorschriften über die Teilungsversteigerung sollen allerdings gerade keine Anwendung finden, vgl. BT-Drucks. 16/887, 27. 16 Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 10, 18; Schneider, NZM 2014, 498 (500). 17 Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 427b; Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 20. 18 BVerfG v. 24.3.1976 – 2 BvR 804/75, BVerfGE 42, 64; v. 7.12.1977 – 1 BvR 734/77, BVerfGE 46, 325; v. 27.9.1978 – 1 BvR 361/78, BVerfGE 49, 220. 19 BGH v. 4.5.2005 – I ZB 10/05, BGHZ 163, 66 = MDR 2005, 891 = NJW 2005, 1859; v. 24.11.2005 – V ZB 24/05, MDR 2006, 535 = NJW 2006, 508 = ZfIR 2006, 556. 20 So bereits Diester, § 19 WEG Rz. 2 und Gottschalg in Weitnauer, vor § 53 WEG Rz. 1; a.A. Hogenschurz, NZM 2005, 611 (615). 21 Dass es sich bei der Veräußerungsklage um ein Leistungsurteil handelt, hat Stache, S. 66 ff., zutreffend begründet.

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§ 19 Rz. 6 | Wirkung des Urteils den (sog. Veräußerungsklage,22 teilweise auch als Entziehungs-23 oder „Abmeierungsklage“24 bezeichnet). In der Klage muss beantragt werden, dass der „N.N. als Eigentümer der Wohnung Nr. X, diese zu veräußern hat“.25 Für den Klageantrag selbst nicht erforderlich, aber im Hinblick auf das sich anschließende Zwangsversteigerungsverfahren ratsam ist es, das zu entziehende Wohnungs- bzw. Teileigentum möglichst genau nach dem Grundbuchbeschrieb (Amtsgericht, Gemarkung, Blatt, Flur, Flurstück, Miteigentumsanteil und Sondereigentum laut Aufteilungsplan) zu bezeichnen.26 Eine Bezeichnung des Erwerbers/Erstehers scheidet naturgemäß aus und ist deshalb nicht notwendig.27 Der Anspruch ist auf Veräußerung beschränkt, er umfasst nicht die Räumung des betroffenen Wohnungseigentums.28

2. Zulässigkeit der Klage a) Zuständigkeit 7 Ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands (zum Gebührenstreitwert s. Rz. 18 ff.) ist

ausschließlich das AG sachlich und örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich das aufgeteilte Grundstück befindet, § 43 Nr. 1, 2, § 23 Nr. 2c GVG.29 Mit der Zuweisung der wohnungseigentumsrechtlichen Streitigkeiten in den Bereich des Zivilprozessrechts bestand kein Bedürfnis mehr, eine Sonderzuweisung der Entziehungsklage (vgl. § 51 WEG a.F.) aufrecht zu erhalten.30 Es handelt sich um eine im Gemeinschaftsverhältnis wurzelnde Streitigkeit und nicht um eine Streitigkeit über die sachenrechtlichen Grundlagen des Wohnungseigentums.31 Ob es sich um eine Streitsache i.S. des § 43 Nr. 1 oder Nr. 2 handelt, kann im Ergebnis offenbleiben;32 richtigerweise handelt es sich bei der Entziehungsklage des Verbandes um eine Sache nach § 43 Nr. 2, bei einer Entziehungsklage in einer Zweiergemeinschaft um eine Sache nach § 43 Nr. 1. Die Vereinbarung der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts ist bei Beachtung der §§ 1029 ff. ZPO möglich.33

22 Das Muster einer Veräußerungs-/Entziehungsklageschrift findet sich bei Scheffler in NomosFormulare Wohnungseigentumsrecht, § 3 Rz. 155. 23 Da das Wohnungseigentum eben nicht – wie im Gesellschaftsrecht – eingezogen wird, ist diese Bezeichnung ungenau, Friese, NJW 1951, 510; anders Diester, § 19 WEG Rz. 4. 24 Zum Ursprung dieses Begriffs vgl. Stache, S. 9 ff.; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 41; gegen die Verwendung dieses Begriffs spricht sich Merle in Bärmann/Pick, 9. Aufl., § 51 WEG Rz. 1 aus. 25 Elzer, MietRB 2011, 299 (302) mit Musterformulierung; Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 71; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 27; zur Auslegung eines mehrdeutigen Veräußerungsbegehrens, BayObLG v. 4.3.1999 – 2Z BR 20/99, NJW-RR 1999, 887 f. 26 Insoweit zutreffend Bruns/Hintzen, ZWE 2018, 73 (74). 27 Diester, § 18 WEG Rz. 9. 28 KG v. 10.9.2015 – 8 U 94/15, ZWE 2016, 21 (22) = MDR 2016, 150 = MietRB 2016, 78. 29 BGH v. 19.12.2013 – V ZR 96/13, MDR 2014, 335 = MietRB 2014, 107 = BeckRS 2014, 03170; OLG Köln v. 16.8.2010 – 16 W 25/10, MietRB 2011, 18 = ZWE 2010, 461; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 54; a.A. Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 14; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 18 WEG Rz. 3, § 19 WEG Rz. 7 mit unhaltbarer Begründung, da der Veräußerungsanspruch auf einer Störung des Gemeinschaftsverhältnisses beruht und das sachenrechtliche Grundverhältnis durch eine Zwangsversteigerung der Wohnungseigentumseinheit unberührt bleibt; zur Abgrenzung der Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts und des Prozessgerichts nach alter Rechtslage vgl. OLG München v. 24.4.2007 – 32 Wx 52/07, ZMR 2008, 231. 30 BGH v. 19.12.2013 – V ZR 96/13, MDR 2014, 335 = MietRB 2014, 107 = BeckRS 2014, 03170. 31 BGH v. 19.12.2013 – V ZR 96/13, MDR 2014, 335 = MietRB 2014, 107 = BeckRS 2014, 03170. 32 BGH v. 19.12.2013 – V ZR 96/13, MDR 2014, 335 = MietRB 2014, 107 = BeckRS 2014, 03170. 33 BayObLG v. 4.1.1973 – BReg.2 Z 73/72, BayObLGZ 1973, 1 ff.; LG Aachen v. 15.10.1992 – 2 S 298/ 91, ZMR 1993, 233 f.; vgl. den Schiedsspruch des Deutschen Ständigen Schiedsgerichts für Wohnungseigentum v. 10.1.2011 – Sch/S/XLIX, ZWE 2011, 291 f.; Elzer, ZWE 2010, 442 f.; Bärmann/Pick,

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II. Veräußerungsklage | Rz. 9 § 19

b) Entziehungsbeschluss nach § 18 Abs. 3 Zulässigkeitsvoraussetzung ist, dass überhaupt ein Beschluss nach § 18 Abs. 3 vorliegt (s. 8 dazu § 18 Rz. 31),34 sofern nicht ausnahmsweise von einer vorherigen Beschlussfassung abgesehen werden kann (s. hierzu § 18 Rz. 31). Der Beschluss selbst muss bei Klageerhebung noch nicht bestandskräftig geworden sein. Dies ist aber ratsam, denn ansonsten besteht die Gefahr, dass die Veräußerungsklage bei nachträglicher Beschlussanfechtung ausgesetzt wird (§ 148 ZPO, s. Rz. 13)35 und bei deren Begründetheit die Veräußerungsklage als unzulässig zurückzuweisen wäre. c) Klagebefugnis Klagebefugt ist nach § 18 Abs. 1 Satz 2 die Wohnungseigentümergemeinschaft als gesetzlicher 9 Prozessstandschafter,36 bei einer zweigliedrigen Gemeinschaft der verbleibende Wohnungseigentümer. Entgegen der bisherigen Rechtslage37 besteht (vom zweigliedrigen Verband abgesehen) keine Möglichkeit mehr für den einzelnen Wohnungseigentümer, die Klage alleine zu erheben.38 Die Vorschrift gilt auch für Altverfahren, die vor dem 1.7.2007 anhängig waren.39 Der einzelne Wohnungseigentümer kann nur unter den engen Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 die Durchsetzung eines gefassten Veräußerungsbeschlusses erreichen,40 er muss also seinerseits die Gemeinschaft verklagen, es sei denn, der Verwalter ist mit Beschlussfassung auch zur Klageerhebung ermächtigt (s. Rz. 10). Da aber weiterhin die einzelnen Wohnungseigentümer Inhaber dieses Anspruchs sind,41 kommt eine Rückdelegation der Ausübungsbefugnis an einzelne bzw. alle Wohnungseigentümer oder den Verwalter im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft in Betracht.42

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§ 18 WEG Rz. 16; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 21; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 6; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 36; a.A. Sauren, § 19 WEG Rz. 3. BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694; BayObLG v. 4.3.1999 – 2Z BR 20/99, NJW-RR 1999, 887 f.; KG v. 2.2.1996 – 24 W 3553/95, WE 1996, 345; OLG Hamm v. 13.10.1989 – 15 W 314/89, OLGZ 1990, 57 (60) = MDR 1990, 343; OLG Köln v. 23.12.1997 – 16 Wx 236/97, ZMR 1998, 376; LG Aachen v. 15.10.1992 – 2 S 298/91, ZMR 1993, 233 f.; AG Dachau v. 16.1.2001 – 3 C 265/00, ZMR 2006, 319; Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 64; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 53; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 6; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 28; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 25. Vgl. OLG Hamburg v. 23.10.1987 – 13 W 32/87, WuM 1991, 310; OLG Hamm v. 13.10.1989 – 15 W 314/89, OLGZ 1990, 57 (61) = MDR 1990, 343; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 6; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 38. Köhler, MietRB 2007, 156; ein An-Sich-Ziehen des Anspruchs durch den Verband ist nicht erforderlich; unzutreffend daher Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 18 WEG Rz. 3. BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1354) = NZM 2007, 290 f.; OLG Karlsruhe v. 25.10.1979 – 9 U 14/78, n.v.; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 20; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 19 WEG Rz. 2. Evident falsch Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 18 WEG Rz. 3. OLG München v. 28.1.2008 – 34 Wx 77/07, NZM 2008, 169 (171) = ZMR 2008, 412 f. Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 16; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 11; so wohl auch KG v. 2.2.1996 – 24 W 3553/95, FGPrax 1996, 94 = WE 1996, 345 (bezogen auf Beschlussfassung); Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 37; a.A. KG v. 11.5.1988 – 24 W 4672/87, ZMR 1988, 310 f.; Müller, Praktische Fragen, Rz. 1420: Anspruch auf Klageerhebung. Vgl. BT-Drucks. 16/887, 61 (69). OLG München v. 28.1.2008 – 34 Wx 77/07, NZM 2008, 169 (171) = ZMR 2008, 412 (413); OLG Hamm v. 13.10.1989 – 15 W 314/89, OLGZ 1990, 57 (60) = MDR 1990, 343; Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 16; Geiben in jurisPK/BGB, § 18 WEG Rz. 48; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 49; in diesem Sinne auch BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 = NZM 2007, 290, wobei der Veräußerungsbeschluss auch die Rückdelegation

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§ 19 Rz. 10 | Wirkung des Urteils 10 Der Verwalter ist bei Vorliegen eines Beschlusses nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6, 7 (bzw. bei

Rückdelegation nach § 27 Abs. 2 Nr. 3, 4) bevollmächtigt,43 die Veräußerungsklage (ggf. unter Beauftragung eines Rechtsanwalts) zu erheben.44 Es empfiehlt sich, im Veräußerungsbeschluss klarzustellen, ob der Verwalter zur Erhebung der Veräußerungsklage (ggf. unter Einschaltung eines Rechtsanwalts) bevollmächtigt ist oder nicht.45 Wird der Verwalter zur Einleitung einer Veräußerungsklage ermächtigt, ohne dass aus dem Beschluss ersichtlich ist, gegen welchen Miteigentümer sich das Verlangen richten soll, ist der Beschluss zu unbestimmt und damit nichtig. Gehen die Wohnungseigentümer davon aus, dass ein Entziehungsanspruch vorliegt, so können sie schon vor einer Beschlussfassung hierüber den Verwalter durch Beschluss ermächtigen, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der die zulässigen und erforderlichen Maßnahmen prüft und ggf. ergreift.46 Die Bevollmächtigung eines Wohnungseigentümers hierzu ist – sofern keine Rückdelegation (s. Rz. 9) vorliegt – nur unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 3 Satz 2 möglich. d) Klagerücknahme 11 Über die Rücknahme bzw. Nichterhebung (vom BayObLG irreführend als „Aussetzung des

Verfahrens“ bezeichnet)47 der Klage entscheiden die Wohnungseigentümer entsprechend § 18 Abs. 3 durch Beschluss.48 Entsprechendes gilt für einen möglichen Vergleichsabschluss.49 Die Prozessvertretungsbefugnis eines mit der Veräußerungsklage beauftragten oder ermächtigten Verwalters, Wohnungseigentümers oder Rechtsanwalts ist in diesem Fall allerdings nur dann beschränkt, wenn auch die Prozessvollmacht entsprechend eingeschränkt worden ist. Dies ist nur in der ersten Instanz umfassend (vgl. § 83 Abs. 2 ZPO), in der Berufungs- und Revisionsinstanz hingegen nur nach Maßgabe von § 83 Abs. 1 ZPO möglich.

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(Ermächtigung) an die Wohnungseigentümer beinhalten kann; a.A. Wenzel, ZWE 2008, 150 f.: es fehle den Eigentümern in der Regel das erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse, anstelle des Verbandes zu klagen; Hügel/Elzer, § 19 Rz. 4. Ebenso Augustin in RGRK, § 27 WEG Rz. 40; Stürner in Soergel, BGB, § 27 Rz. 5d; Sauren, § 27 WEG Rz. 89 (aber nicht als Dauervollmacht möglich); a.A. Lüke in Weitnauer, § 27 Rz. 34 (besondere Prozessvollmacht erforderlich). Ob der Veräußerungsbeschluss zugleich die Bevollmächtigung des Verwalters beinhaltet, ist Auslegungsfrage, vgl. BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 = NZM 2007, 290; vgl. auch KG v. 26.2.1992 – 24 W 3965/91, NJW-RR 1992, 1298 = WuM 1992, 389 = WE 1992, 257; OLG Zweibrücken v. 10.6.1987 – 3 W 53/87, MDR 1987, 938 = NJW-RR 1987, 1366; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 17; Müller, Praktische Fragen, Rz. 1416; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 26: eine mit absoluter Mehrheit beschlossene Veräußerungsklage soll regelmäßig die Bevollmächtigung des Verwalters mitumfassen; a.A. Sauren, § 18 WEG Rz. 9. Hogenschurz, NZM 2005, 611 (613); Palder, WuM 1998, 331; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 42, 48. Vgl. OLG München v. 9.2.2010 – 32 Wx 114/09, MDR 2010, 688 = MietRB 2010, 141 = NJW-Spezial 2011, 322, das allerdings einen Beschluss zur Prüfung von Unterlassungsansprüchen gegen einen Störer zum Gegenstand hatte; a.A. AG Bayreuth v. 29.6.2016 – 105 C 1279/15, juris Rz. 73. BayObLG v. 29.1.1975 – BReg.2 Z 65/74, BayObLGZ 1975, 53 (57). Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 56; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 28; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 20; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 10. Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 58.

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II. Veräußerungsklage | Rz. 14 § 19

3. Prozessverbindung, Widerklage, Aussetzung a) Prozessverbindung, Widerklage Da der Beschluss nach § 18 Abs. 3 seinerseits anfechtbar ist (s. § 18 Rz. 36), stellt sich die 12 Frage, wie das Zusammentreffen einer solchen Anfechtungsklage mit einer Veräußerungsklage zu behandeln ist. Da es sich bei der Veräußerungsklage nicht um eine „Klage auf Erklärung oder Feststellung der Ungültigkeit eines Beschlusses“ (§ 47 Satz 1), sondern um eine Klage auf Vornahme einer Handlung (nämlich die Veräußerung des Wohnungseigentums) handelt, scheidet eine Prozessverbindung nach § 47 aus. Da die Gegenstände beider Klagen jedoch in einem rechtlichen Zusammenhang stehen und an beiden Klagen dieselben Parteien mit spiegelbildlicher Rollenverteilung beteiligt sind, kommt eine Prozessverbindung nach § 147 ZPO in Betracht.50 Aus den beiden Prozessen werden Klage und Widerklage, je nachdem, welcher der beiden Prozesse zuerst anhängig war. Ebenso kann auf die Anfechtungsklage mit der Veräußerungsklage als Widerklage und umgekehrt reagiert werden.51 Da die Wohnungseigentümer trotz der gesetzlichen Prozessstandschaft weiterhin als Rechtsinhaber des Entziehungsanspruchs anzusehen sind, liegt kein Fall einer Drittwiderklage vor.52 b) Aussetzung Kommt es zu keiner Prozessverbindung, etwa weil die Voraussetzungen hierfür ausnahmswei- 13 se nicht vorliegen oder sich die Parteien einer solchen zulässigerweise widersetzt haben,53 so kann das Gericht die Veräußerungsklage bis zur Entscheidung über die Anfechtungsklage nach § 148 ZPO aussetzen (s. Rz. 8).54 Da die Veräußerungsklage einen Beschluss nach § 18 Abs. 3 voraussetzt (s. Rz. 8), ist der Ausgang der Anfechtungsklage vorgreiflich.

4. Begründetheit der Klage a) Beweislast Die Veräußerungsklage ist begründet, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für 14 eine Entziehung nach § 18 Abs. 1, 2 und 3 vorliegen. Für das Vorliegen einer schwerwiegenden Pflichtverletzung (§ 18 Rz. 10 ff.) trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast,55 für das Verschulden (sofern man ein solches überhaupt für erforderlich hält, § 18 Rz. 15) gilt § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB.56 Ist eine vorherige Abmahnung erforderlich, so muss schlüssig dar50 Zustimmend Geiben in jurisPK/BGB, § 19 WEG Rz. 3; wie hier Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 411a; Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 67; Suilmann in Bärmann, § 19 Rz. 7; a.A. Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 56. 51 Wie hier BGH v. 14.9.2018 – V ZR 138/17, NZM 2018, 1024 (1028) = ZMR 2019, 51 (55) = ZfIR 2019, 147 (152); Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 68; anders Köhler, Das neue WEG, Rz. 279; Köhler, MietRB 2007, 156 (158). 52 Anders Köhler, Das neue WEG, Rz. 279; Köhler, MietRB 2007, 156 (158); Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 22. 53 Etwa wenn die Verbindung zu einer Entziehung des gesetzlichen Richters führen würde, vgl. Greger in Zöller, § 147 ZPO Rz. 2. 54 OLG Hamburg v. 23.10.1987 – 13 W 32/87, WuM 1991, 310; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 22; Suilmann in Bärmann, § 19 Rz. 7; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 6; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 38; unklar Bruns/Hintzen, ZWE 2018, 73 (75). 55 AG Dachau v. 16.1.2001 – 3 C 265/00, ZMR 2006, 319 (320); Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 51; Suilmann in Bärmann, § 19 Rz. 10. 56 Anders Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 13: auch für das Verschulden trägt der Kläger die Beweislast.

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§ 19 Rz. 14 | Wirkung des Urteils gelegt werden, dass eine solche ausgesprochen wurde57 bzw. weshalb eine solche ausnahmsweise unterbleiben konnte. Ist der Entziehungsanspruch schlüssig vorgetragen, kann hierüber auch durch Versäumnisurteil entscheiden werden.58 b) Prüfungsumfang 14a Das bedeutet weiterhin, dass das Gericht nicht nur die materielle Berechtigung des Veräuße-

rungsverlangens, sondern inzident auch das formelle Zustandekommen des Beschlusses nach § 18 Abs. 3 zu prüfen hat.59 Mögliche Anfechtungsgründe sind jedoch nur bis zum Ablauf der materiellen Ausschlussfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 zu berücksichtigen, danach ist der Beschluss bestandskräftig, vgl. § 23 Abs. 4 Satz 2.60 Mögliche Nichtigkeitsgründe sind hingegen auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist noch vom Gericht zu prüfen, was durch die Neufassung von § 23 Abs. 4 Satz 1 nunmehr ausdrücklich klargestellt ist.61 Zu beachten ist nunmehr allerdings § 48 Abs. 4, wonach eine unbegründete Anfechtungsklage auch zu einer Präklusion etwaiger Nichtigkeitsgründe führt,62 das Gericht der Veräußerungsklage also an die Feststellungen des Gerichts der Anfechtungsklage gebunden ist.63 15 Da die Wohnungseigentümer im Beschluss nach § 18 Abs. 3 nur über das Verlangen einer Ver-

äußerung (das „Ob“) abstimmen, nicht aber über das Bestehen eines Veräußerungsanspruchs (s. § 18 Rz. 35),64 bleibt es – wie bisher – dabei, dass im Rahmen der Anfechtungsklage nur überprüfbar ist, ob der Beschluss formell ordnungsgemäß zustande gekommen ist (s. § 18 Rz. 36).65 Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass nunmehr bereits im Rahmen der Anfechtungsklage die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Entziehung zu prüfen wären.66 Vielmehr verlangt der Eigentumsschutz (Art. 14 Abs. 1 GG) des ausgeschlossenen Wohnungseigentümers,67 dass er alle materiellen Einwendungen gegen das Veräußerungsverlangen erheben darf und nicht wegen der Versäumung der An57 AG Potsdam v. 29.4.2014 – 31 C 85/12, BeckRS 2015, 12355. 58 Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 46; vgl. LG Rostock v. 4.4.2013 – 3 T 234/12, NJW-Spezial 2013, 387. 59 So wohl auch BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1356) = NZM 2007, 290 (292); ähnlich Sauren, § 19 WEG Rz. 4; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 6; a.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 19 WEG Rz. 3; Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 55. 60 AG Bonn v. 14.1.2011 – 27 C 246/09, BeckRS 2011, 23399; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 13; vgl. AG Dachau v. 16.1.2001 – 3 C 265/00, ZMR 2006, 319. 61 Vgl. BT-Drucks. 16/887, 32 f.; KG v. 24.8.1967 – 1 W 1140/67, OLGZ 1967, 462 (464 f.) = BB 1967, 1270 = NJW 1967, 2268; AG Bonn v. 14.1.2011 – 27 C 246/09, BeckRS 2011, 23399; Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 16; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 6. 62 Heinemann in NK/BGB, § 48 Rz. 16. 63 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694 f.; so bereits zur alten Rechtslage KG v. 24.8.1967 – 1 W 1140/67, OLGZ 1967, 462 (464 f.) = BB 1967, 1270 = NJW 1967, 2268; Sauren, § 19 WEG Rz. 4. 64 Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 11; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 35; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 10. 65 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NZM 2011, 694 (695); Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 14; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 60; Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 44; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 18 WEG Rz. 11; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 22; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 18; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 6; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 34 (35); Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 10; a.A. Schultzky in NK/BGB, § 18 WEG Rz. 15; Grziwotz in Erman, BGB, § 18 WEG Rz. 3. 66 Ebenso Abramenko, Das neue WEG, § 8 Rz. 2; Köhler, Das neue WEG, Rz. 277. 67 Die Entziehungsklage ist das letzte und äußerste Mittel, das gegen einen gemeinschaftsschädigenden Wohnungseigentümer eingesetzt werden darf, vgl. BVerfG v. 14.7.1993 – 1 BvR 1523/92, NJW 1994,

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II. Veräußerungsklage | Rz. 17 § 19

fechtungsfrist hiermit präkludiert wird. Gegenstand der Veräußerungsklage (nicht der Beschlussanfechtungsklage!) ist somit, ob die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1, 2 vorliegen (insbesondere auch, ob eine etwa erforderliche Abmahnung ausgesprochen wurde), unabhängig davon, ob gegen den Beschluss nach § 18 Abs. 3 rechtzeitig eine Anfechtungsklage erhoben worden ist oder nicht.68 Würde man eine Überprüfung des Beschlusses am Maßstab des § 21 Abs. 3, 4 zulassen, so würde dies eine faktische Vorwegnahme der im Klageverfahren zu prüfenden Entziehungsvoraussetzungen bedeuten.69 c) Urteilswirkung Aus dem Urteil kann die Zwangsversteigerung betrieben werden (s. Rz. 25 ff.). Der Anspruch 15a aus dem Vollstreckungstitel verjährt erst nach 30 Jahren, § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB.70 Gleiches gilt für andere Vollstreckungstitel i.S. des Abs. 3, § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB. d) Nachschieben von Gründen Die klagenden Wohnungseigentümer können – entgegen der im Schrifttum vorgebrachten 16 Meinung71 – Gründe, die den Veräußerungsanspruch stützen, nur nach Maßgabe der prozessualen Präklusionsvorschriften (§§ 296, 531 ZPO) nachträglich vortragen.72 Soweit Sachvortrag jedoch in zulässiger Weise in den Prozess eingeführt worden ist, muss dieser vom Gericht auch umfassend gewürdigt und einbezogen werden; insbesondere muss das Gericht alle in der Berufungsinstanz rechtzeitig vorgetragenen Vorfälle berücksichtigen, die eine schwere Pflichtverletzung begründen können, auch wenn sie sich erst nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung ereignet haben.73 Bei Nichtbeachtung dieses neuen Sachvortrags liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor.74 e) Erledigung Erfüllt der ausgeschlossene Wohnungseigentümer das Veräußerungsverlangen oder die rück- 17 ständigen Zahlungspflichten bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung, so tritt Erledigung in der Hauptsache ein.75 Die Erledigung setzt jedoch den Vollzug des Eigentumswechsels im Grundbuch voraus.76 Ist der ausgeschlossene Wohnungseigentümer zur freiwilligen Veräußerung bereit und liegen keine Anhaltspunkte für ein Umgehungs- oder „Strohmann“Geschäft vor, stellt sich die Verweigerung der Zustimmung zu dieser Veräußerung nach § 12

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241 (242); BGH v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = NJW 2007, 1353 (1354) = NZM 2007, 290 (291) m.w.N.; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 2. BayObLG v. 15.2.1995 – 2Z BR 1/95, NJW-RR 1996, 12 (13); v. 4.3.1999 – 2Z BR 20/99, NJW-RR 1999, 887 (888); OLG Hamm v. 13.10.1989 – 15 W 314/89, OLGZ 1990, 57 (61) = MDR 1990, 343; KG v. 22.12.1993 – 24 W 875/93, MDR 1994, 687 = NJW-RR 1994, 855; OLG Köln v. 23.12.1997 – 16 Wx 236/97, ZMR 1998, 376; OLG München v. 28.1.2008 – 34 Wx 77/07, NZM 2008, 169 (171) = ZMR 2008, 412 (413). A.A. mit für die Praxis schwer durchführbarer Differenzierung Schmid, ZfIR 2013, 129 (133). Then in Spielbauer/Then, § 19 WEG Rz. 11. Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 6; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 20; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 6; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 13; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 19 WEG Rz. 8. Wie hier nunmehr Suilmann in Bärmann, § 19 Rz. 11. BGH v. 25.1.2018 – V ZR 141/17, NJW-RR 2018, 649 (650) = NZM 2018, 468 (469) = ZMR 2018, 525 (526). BGH v. 25.1.2018 – V ZR 141/17, NJW-RR 2018, 649 (650) = NZM 2018, 468 (469) = ZMR 2018, 525 (526). Then in Spielbauer/Then, § 18 WEG Rz. 11. OLG München v. 28.1.2008 – 34 Wx 77/07, NZM 2008, 169 (171) = ZMR 2008, 412 (413).

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§ 19 Rz. 17 | Wirkung des Urteils Abs. 3 als widersprüchliches und daher unbeachtliches Verhalten dar.77 Gleiches gilt, wenn der Beschluss nach § 18 Abs. 3 erfolgreich angefochten worden ist (s. Rz. 8). Ob mit der Beseitigung eines störenden Zustands (z.B. Schließung eines Bordellbetriebs) ein die Hauptsache erledigendes Ereignis eingetreten ist, ist Tatfrage (s. § 18 Rz. 12).78 Zur Kostentragung im Falle der Erledigung s. Rz. 23. Zur Möglichkeit für den ausgeschlossenen Eigentümer, die Vollstreckung noch abzuwenden s. Rz. 51 ff.

5. Rechtsmittel 17a Gegen das amtsgerichtliche Urteil ist die Berufung zum nach § 72 Abs. 2 Satz 1 GVG zustän-

digen Landgericht statthaft. Die Revision zum BGH findet nur statt, wenn sie vom Berufungsgericht zugelassen worden ist. Eine Nichtzulassungsbeschwerde findet nach § 62 Abs. 2 nicht statt, wenn die anzufechtende Entscheidung vor dem 31.12.2014 verkündet worden ist.79

6. Gebührenstreitwert a) Allgemeines 18 Über die Bestimmung des Streitwerts der Veräußerungsklage herrschte bislang erhebliche

Unsicherheit. Während die überwiegende Ansicht auf den vollen Verkehrswert des Wohnungseigentums des Beklagten abstellte,80 hielten andere – wie bei der gesellschaftsrechtlichen Ausschließungsklage – den Wert des Wohnungseigentums der Kläger81 oder einen Bruchteil hiervon82 für maßgeblich. Differenziert wurde auch danach, ob es sich um eine Veräußerungsklage wegen Störung der Gemeinschaft nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 oder wegen Rückstands von Wohngeld nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 handelt.83 Nach Einfügung von § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG, wonach der Streitwert auf 50 % des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen ist, steht fest, dass auf das Gesamtinteresse aller an der Klage beteiligten Personen abzustellen ist.84 Da sowohl das Interesse des Klägers als auch des Beklagten bzw. der Verkehrswert des Wohnungseigentums des Klägers und des Beklagten für den Mindest- bzw. Höchstbetrag des Streitwerts ausschlaggebend sein kann (vgl. § 49a Abs. 1 77 Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 24 m.w.N.; a.A. Skauradszun in BeckOGK, § 19 WEG Rz. 12. 78 Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 20; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 11. 79 BGH v. 19.12.2013 – V ZR 96/13, MDR 2014, 335 = MietRB 2014, 107 = BeckRS 2014, 03170. 80 BGH v. 21.9.2006 – V ZR 28/06, MDR 2007, 263 = ZMR 2007, 791; KG v. 26.2.1992 – 24 W 3965/ 91, NJW-RR 1992, 1298 = WuM 1992, 389 = WE 1992, 257; OLG Karlsruhe v. 25.3.1980 – 15 W 54/ 79, Rpfleger 1980, 308; OLG Rostock v. 7.3.2006 – 7 W 63/05, ZMR 2006, 476 = ZWE 2007, 98 (99); LG Köln v. 14.4.1998 – 29 T 143/98, ZMR 1998, 522 (aufgehoben durch OLG Köln v. 15.1.1999 – 16 Wx 193/98, ZMR 1999, 284); LG München I v. 1.8.1969 – 13 T 328/69, Rpfleger 1970, 93 mit abl. Anm. Rohs; LG Nürnberg-Fürth v. 7.8.1964 – 11 S 110/63, JurBüro 1964, 830; LG Stuttgart v. 21.3.1972 – 2 T 99/72, AnwBl. 1972, 232; AG Augsburg v. 11.2.2004 – 12 C 536/03, ZMR 2004, 538. 81 Rohs, Rpfleger 1970, 94; LG Köln v. 29.10.2001 – 29 T 195/01, ZMR 2002, 230; a.A. OLG Karlsruhe v. 25.3.1980 – 15 W 54/79, Rpfleger 1980, 308; LG Stuttgart v. 21.3.1972 – 2 T 99/72, AnwBl. 1972, 232. 82 AG Kerpen v. 27.3.1998 – 22 C 326/97; ZMR 1999, 284; in diese Richtung auch Merle in Bärmann/ Pick, 9. Aufl., § 51 WEG Rz. 5. 83 OLG Köln v. 15.1.1999 – 16 Wx 193/98, ZMR 1999, 284; LG Hamburg v. 31.7.1990 – 20 S 66/87, WuM 1991, 55; LG Köln v. 29.10.2001 – 29 T 195/01, ZMR 2002, 230; AG Kerpen v. 27.3.1998 – 22 C 326/97, ZMR 1999, 284; a.A. LG Köln v. 14.4.1998 – 29 T 143/98, ZMR 1998, 522 (aufgehoben durch OLG Köln v. 15.1.1999 – 16 Wx 193/98, ZMR 1999, 284); Gottschalg in Weitnauer, § 51 WEG Rz. 4. 84 BT-Drucks. 16/887, 41; unzutreffend Drasdo, NJW-Spezial 2007, 433 (434).

588 | Heinemann

II. Veräußerungsklage | Rz. 21 § 19

Satz 2, 3, Abs. 2 GKG), ist mit dem OLG Köln85 auf das Interesse der Beteiligten am Behalten der Eigentumswohnung bzw. dem Ausschluss aus der Gemeinschaft abzustellen: b) Streitwert bei Entziehung nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Wird die Klage wegen einer Störung i.S.d. § 18 Abs. 1, 2 Nr. 1 erhoben, so hat das Gericht 19 nach freiem Ermessen einen Bruchteil des Wertes des gesamten Wohnungseigentums zugrunde zu legen. Dieser muss unter dessen Verkehrswert liegen, da es weder darum geht, den Wert des „beklagten“ Wohnungseigentums zu entziehen, noch den Wert des „klagenden“ Wohnungseigentums zu erhalten, sondern darum, eine Störung der Gemeinschaft zu beseitigen.86 Sachgerecht erscheint es, höchstens 10 % des Gesamtwerts aller Wohnungseigentumseinheiten anzusetzen.87 Da aber von diesem Wert gem. § 49a Abs. 1 Satz 1 lediglich 50 % festzusetzen sind, wird regelmäßig die Grenze des § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG unterschritten, so dass der Streitwert auf das Interesse der Kläger, also auf maximal 10 % aus dem Wert des Wohnungseigentums der Kläger, festzusetzen ist. Absolute Obergrenze ist jedoch in jedem Fall gem. § 49a Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 GKG der Verkehrswert der Wohnung des Beklagten. Dieser wird in größeren Gemeinschaften regelmäßig den Streitwert darstellen. c) Streitwert bei Entziehung nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 Bei einer Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums wegen Verzugs mit Wohngeldzah- 20 lungen bemisst sich der Streitwert hingegen stets nach der vollen Höhe der rückständigen Wohngeldbeträge,88 denn dieser Betrag entspricht sowohl dem Gesamtinteresse der Parteien als auch dem Klägerinteresse. Die Obergrenze des § 49a Abs. 2 Satz 2 GKG wird daher nur in Ausnahmefällen erreicht oder gar überschritten werden. d) Maßgeblichkeit des Streitwerts Der ermittelte Streitwert ist sowohl für die Gerichtskosten als auch die Rechtsanwaltsver- 21 gütung (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG) maßgebend.89 Dabei kann der Verwalter über § 27 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 (s. § 27 Rz. 79 ff.) einen höheren Gebührenstreitwert hinsichtlich der Rechtsanwaltsvergütung vereinbaren, der jedoch höchstens den nach § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG ermittelten Wert erreichen darf, also höchstens 10 % des Gesamtwerts aller Wohnungseigentumseinheiten betragen darf (s. Rz. 19). 85 OLG Köln v. 15.1.1999 – 16 Wx 193/98, ZMR 1999, 284; aufgegeben durch OLG Köln v. 16.8.2010 – 16 W 25/10, ZWE 2010, 461 = MietRB 2011, 18 mit abl. Anm. Heinemann; ebenso LG Hamburg v. 31.7.1990 – 20 S 66/87, WuM 1991, 55; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 18 WEG Rz. 40; Gottschalg in Weitnauer, § 51 WEG Rz. 4; Heinemann, MietRB 2008, 90 (91). 86 OLG Köln v. 15.1.1999 – 16 Wx 193/98, ZMR 1999, 284; a.A. BGH v. 19.12.2013 – V ZR 96/13, MDR 2014, 335 = MietRB 2014, 107 = BeckRS 2014, 03170; BGH v. 21.9.2006 – V ZR 28/06, MDR 2007, 263 = ZMR 2007, 791; OLG Karlsruhe v. 25.3.1980 – 15 W 54/79, Rpfleger 1980, 308; OLG Rostock v. 3.11.2008 – 3 W 5/08, ZMR 2009, 470 (473); OLG Rostock v. 7.3.2006 – 7 W 63/05, ZMR 2006, 476 = ZWE 2007, 98 (99). 87 Mit Rohs, Rpfleger 1970, 95, kann auch nach der Schwere der Störung differenziert werden; vertretbar erscheint es auch, in größeren Gemeinschaften von einem geringeren Prozentsatz auszugehen. 88 OLG Köln v. 15.1.1999 – 16 Wx 193/98, ZMR 1999, 284; LG Hamburg v. 31.7.1990 – 20 S 66/87, WuM 1991, 55; LG Köln v. 29.10.2001 – 29 T 195/01, ZMR 2002, 230; Merle in Bärmann/Pick, 9. Aufl., § 51 WEG Rz. 5; Niedenführ/Schulze, 7. Aufl., § 51 WEG Rz. 3; Heinemann, MietRB 2008, 90 (92); a.A. BGH v. 21.9.2006 – V ZR 28/06, MDR 2007, 263 = ZMR 2007, 791; OLG Köln v. 16.8.2010 – 16 W 25/10, ZWE 2010, 461 = MietRB 2011, 18 mit abl. Anm. Heinemann; OLG Rostock v. 7.3.2006 – 7 W 63/05, ZMR 2006, 476 = ZWE 2007, 98 (99); LG Köln v. 14.4.1998 – 29 T 143/98, WuM 1998, 120: maßgeblich ist der Verkehrswert der Wohnung. 89 OLG Rostock v. 3.11.2008 – 3 W 5/08, ZMR 2009, 470 (473).

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§ 19 Rz. 22 | Wirkung des Urteils

7. Kostentragung a) Obsiegen des Klägers 22 Über die Prozesskosten ist gem. §§ 91 ff. ZPO zu entscheiden. Unterliegt der Beklagte, so hat

er den Klägern die verauslagten Kosten, die gem. § 16 Abs. 7 von den Wohnungseigentümern anteilig aufgebracht wurden,90 zu erstatten.91 Nicht zu erstatten hat er jedoch die Rechtsanwaltskosten, die die gesetzliche Anwaltsvergütung infolge einer Streitwertvereinbarung nach § 27 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 6 übersteigen. Solche Mehrkosten haben jedoch alle Wohnungseigentümer, auch der unterlegene Wohnungseigentümer, anteilig als Verwaltungskosten zu tragen, § 16 Abs. 8.92 b) Erledigung der Hauptsache 23 Erledigt sich die Klage, weil der Beklagte nach Rechtshängigkeit freiwillig sein Wohnungs-

eigentum veräußert oder das rückständige Wohngeld bezahlt, so kommt eine übereinstimmende Erledigungserklärung nach § 91a ZPO in Betracht.93 Stimmt der Beklagte dem nicht zu, kann der Kläger einseitig für erledigt erklären und eine Feststellungsentscheidung über die Kosten (§ 264 Nr. 2 ZPO) herbeiführen. Erledigt sich die Klage vor Rechtshängigkeit, so ist das Kostenprivileg nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zu beachten, so dass etwaige Anwaltskosten nicht mehr in einem zweiten Prozess als Verzugsschaden94 eingeklagt werden müssen.95 c) Obsiegen des Beklagten 24 Nach § 16 Abs. 7 gehören die Kosten der Veräußerungsklage zu den anteilig von allen Woh-

nungseigentümern96 zu tragenden Verwaltungskosten i.S.d. § 16 Abs. 2. Unterliegt der Kläger, weil die Klage unzulässig oder unbegründet ist, so hat sich der obsiegende Beklagte dennoch anteilig an den Gerichtskosten zu beteiligen, weil sein Kostenerstattungsanspruch entsprechend zu kürzen ist.97 Auch die Kosten, die der beklagte Wohnungseigentümer für seinen Rechtsanwalt aufwenden musste, gehören zu den Kosten des Rechtsstreits und sind daher anteilig vom obsiegenden Beklagten mitzutragen.98 Gleiches gilt sogar für etwaige Mehrkosten, die infolge einer Streitwertvereinbarung mit dem Rechtsanwalt der klagenden Eigentümer entstanden sind.99 Obwohl dies insbesondere in Zweiergemeinschaften zu unbilligen Ergeb-

90 91 92 93 94 95 96 97

98 99

Elzer in Riecke/Schmid, § 16 WEG Rz. 307. Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 29; Schmid, DWE 2014, 4. BT-Drucks. 16/887, 77. Mit einer Kostentragungspflicht des Beklagten, Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 19 WEG Rz. 13. KG v. 26.2.1992 – 24 W 3965/91, NJW-RR 1992, 1298 = WuM 1992, 389 = WE 1992, 257; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 29; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 15. Vgl. hierzu Vollkommer in Zöller, § 91a ZPO Rz. 42; Greger in Zöller, § 269 ZPO Rz. 18d, 18e; ausführlich zum Ganzen Schumann in Festgabe für Max Vollkommer, S. 155 ff. Auch denjenigen Eigentümern, die dem Veräußerungsbeschluss nicht zugestimmt haben, Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 8. BayObLG v. 5.5.1983 – BReg.2 Z 13/83, BReg.2 Z 14/83, BayObLGZ 1983, 109 (112) = MDR 1983, 763 = Rpfleger 1983, 346; OLG Düsseldorf v. 3.5.1996 – 3 Wx 356/93, NJW-RR 1997, 13 = ZMR 1996, 571 mit zust. Anm. Drasdo = WE 1996, 423; OLG Stuttgart v. 25.11.1985 – 8 W 424/84, OLGZ 1986, 32 (33) = NJW-RR 1986, 379; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 29; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 8; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 15. LG Berlin v. 26.10.2012 – 55 S 342/11, BeckRS 2013, 19876; a.A. Becker in Bärmann, § 16 WEG Rz. 151. BT-Drucks. 16/887, 77.

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III. Vollstreckung des Veräußerungsurteils (Abs. 1) | Rz. 25 § 19

nissen führen kann,100 hat die Rechtsprechung bislang keine Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung,101 befürwortet jedoch eine aus § 242 BGB hergeleitete Einschränkung, wenn der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hatte oder diese von Anfang an aussichtlos erscheinen musste.102 Machen die unterlegenen Kläger ihren Kostenerstattungsanspruch im Klagewege geltend, so handelt es sich um eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit nach § 43 Nr. 1.103 In einer Zweiergemeinschaft kann der unterlegene Kläger unmittelbar auf Erstattung der Kosten an sich klagen, er muss nicht zunächst eine Leistung an den Verband vergeblich beschließen lassen oder auf Leistung an den Verband klagen.104 Für weitere Hinweise s. die Kommentierung bei § 16 Rz. 154.

III. Vollstreckung des Veräußerungsurteils (Abs. 1) 1. Verfahren, Kosten a) Allgemeines Abs. 1 regelt, wie die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil, das den ausgeschlossenen Woh- 25 nungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt, betrieben wird. Aus einem noch nicht rechtskräftigen, aber für vorläufig vollstreckbaren Urteil kann bereits die Zwangsversteigerung betrieben werden, auch wenn es sich hierbei um ein Versäumnisurteil handelt.105 Auch gegen einen werdenden Wohnungseigentümer kann die Zwangsversteigerung betrieben werden, Gegenstand der Versteigerung ist dann nicht das Wohnungseigentum, sondern das Anwartschaftsrecht hierauf.106 Die Vollstreckung erfolgt im Wege der Zwangsversteigerung entsprechend dem Ersten Abschnitt des ZVG (§§ 1 bis 161), so dass insbesondere die Vorschriften über die Teilungsversteigerung (§ 180 ff. ZVG) nicht anzuwenden sind.107 Es handelt sich um eine echte Zwangsversteigerung, so dass keine Ersetzung irgendwelcher Willenserklärungen des auszuschließenden Eigentümers erforderlich ist und daher

100 Diester, § 18 WEG Rz. 8, 9; vgl. den Sachverhalt bei BGH v. 10.10.2013 – V ZR 281/12, MDR 2014, 268 = MietRB 2014, 12 = NZM 2013, 863 (864). 101 BayObLG v. 5.5.1983 – BReg.2 Z 13/83, BReg.2 Z 14/83, BayObLGZ 1983, 109 (112) = MDR 1983, 763 = Rpfleger 1983, 346; OLG Düsseldorf v. 3.5.1996 – 3 Wx 356/93, NJW-RR 1997, 13 = ZMR 1996, 571 mit zust. Anm. Drasdo = WE 1996, 423; LG Berlin v. 26.10.2012 – 55 S 342/11, BeckRS 2013, 19876; Bärmann/Pick, § 16 WEG Rz. 92; Müller, Praktische Fragen, Rz. 1419; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 29; a.A. Schmid, DWE 2014, 4 (5), der § 16 Abs. 7 teleologisch reduziert und auf Zweiergemeinschaften nicht anwendet. 102 BayObLG v. 5.5.1983 – BReg.2 Z 13/83, BReg.2 Z 14/83, BayObLGZ 1983, 109 (113) = MDR 1983, 763 = Rpfleger 1983, 346; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.4.2007 – I-3 Wx 127/06, NZM 2007, 569 (571); OLG Düsseldorf v. 3.5.1996 – 3 Wx 356/93, NJW-RR 1997, 13 = ZMR 1996, 571 mit zust. Anm. Drasdo = WE 1996, 423; OLG Stuttgart v. 25.11.1985 – 8 W 424/84, OLGZ 1986, 32 (34) = NJW-RR 1986, 379; LG Berlin v. 26.10.2012 – 55 S 342/11, BeckRS 2013, 19876; Bärmann/Pick, § 16 Rz. 92; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 29; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 8; Gottschalg in Weitnauer, § 16 WEG Rz. 58; Schmid, DWE 2014, 4 (5); ähnlich KG v. 26.2.1992 – 24 W 3965/91, NJW-RR 1992, 1298 = WuM 1992, 389 = WE 1992, 257; Lüke in Weitnauer, § 18 WEG Rz. 15, die eine Korrektur über § 254 BGB in Betracht ziehen. 103 BGH v. 10.10.2013 – V ZR 281/12, MDR 2014, 268 = MietRB 2014, 12 = NZM 2013, 863 (864) mit der Konsequenz, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde ausscheidet. 104 LG Berlin v. 26.10.2012 – 55 S 342/11, BeckRS 2013, 19876. 105 LG Rostock v. 4.4.2013 – 3 T 234/12, NJW-Spezial 2013, 387; AG Hamburg-Blankenese v. 21.4.2015 – 539 C 23/14, juris Rz. 61; a.A. AG Rostock v. 27.8.2012 – 69 K 110/11, ZMR 2013, 160. 106 A.A. Schneider, NZM 2014, 498 (499), der in diesem Fall eine Zwangsversteigerung für ausgeschlossen hält. 107 BT-Drucks. 16/887, 27; ebenso obiter BGH v. 14.9.2018 – V ZR 138/17, BeckRS 2018, 25575.

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§ 19 Rz. 25 | Wirkung des Urteils auch nicht stattfindet.108 Zu den Gründen für die Abkehr von der „freiwilligen Versteigerung“ nach §§ 19 Abs. 1, 53 ff. WEG a.F. s. oben Rz. 2 ff. Da die Vorschriften des Ersten Abschnitts des ZVG auf die Zwangsversteigerung wegen Geldforderungen konzipiert sind und überhaupt nicht auf die Zwangsversteigerung wegen einer Handlung (hier Veräußerung) passen, ist für jede Vorschrift sorgfältig zu prüfen, ob sie entsprechend angewendet werden kann.109 Die Vorschriften über die Zwangsverwaltung (§§ 146 bis 161 ZVG) sind daher von vorneherein unanwendbar.110 25a Teilweise wird vertreten, § 19 sei als eigenständiges Versteigerungsverfahren zu begreifen,

für das besondere Verfahrensregeln, wohl in Anlehnung an den Dritten Abschnitt des ZVG, angewendet werden müssen.111 Diese Auffassung ignoriert die Absicht des Gesetzgebers, das „reguläre“ Versteigerungsverfahren nach dem ZVG nutzbar zu machen und lässt den Rechtsanwender völlig im Unklaren über die Rechtslage und die zu beobachtenden Vorschriften. Mag das Verfahren nach Auffassung von Schneider auch in den Dritten Abschnitt des ZVG gehören112 – es steht dort eben nicht! b) Verfahrenskosten 26 Für die Zwangsversteigerung werden Gerichtskosten nach Maßgabe von § 54 GKG i.V.m.

Nr. 2210 ff. KV-GKG erhoben.113 Neben der festen Eröffnungsgebühr i.H.v. 100 Euro fallen die allgemeine Verfahrensgebühr (0,5) und die Gebühr für die Abhaltung des Versteigerungstermins (0,5) an, jeweils berechnet aus dem nach § 74a festgesetzten Verkehrswert, § 54 Abs. 1 GKG (Kostenschuldner ist jeweils der Antragsteller). Die Zuschlagsgebühr (0,5; Kostenschuldner ist der Ersteher, § 58 ZVG) und die Verteilungsgebühr (0,5; Kostenschuldner ist der Antragsteller) bemessen sich nach dem höchsten Gebot einschließlich des Wertes bestehen bleibender Rechte, § 54 Abs. 2, 3 GKG. Hinzu kommen Auslagen des Gerichts. Wegen der Komplexität des ZVG-Verfahrens werden oftmals Gläubiger und Schuldner anwaltlichen Beistand benötigen, so dass zusätzlich Rechtsanwaltskosten anfallen, Nr. 3311, 3312 VV-RVG, der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 26 RVG. Wegen der Geltung des GKG (im Gegensatz zur bisher anwendbaren KostO) und der Ermittlung des Verkehrswerts durch Sachverständige (§ 74a Abs. 5 ZVG) wird das Verfahren unter Umständen ganz erheblich verteuert.114 Beispiel: Verkehrswert und Meistgebot sollen jeweils 100 000 Euro betragen. Die Wohnung wird im ersten Termin versteigert. Anwälte sind nicht beteiligt, ein Verteilungsverfahren ist nicht erforderlich. Nach altem Recht fielen an: 0,5 allgemeine Verfahrensgebühr (§ 53 Abs. 1 Nr. 1 KostO), 1,0 Terminsgebühr (§ 53 Abs. 1 Nr. 3 KostO) und 1,0 Beurkundungsgebühr (§ 53 Abs. 1 Nr. 4 KostO), insgesamt 2,5 Gebühren aus 100 000 Euro = 517,50 Euro (zzgl. USt.). 108 Abwegig AG Rostock v. 27.8.2012 – 69 K 110/11, ZMR 2013, 160; Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 1. 109 Ähnlich Abramenko, Das neue WEG, § 8 Rz. 4. 110 Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 4; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 19 WEG Rz. 1; Schneider, NZM 2014, 498 (499); anders Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 418; Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 81; Abramenko, Das neue WEG, § 8 Rz. 7, der meint, die Zwangsverwaltung sei bei einer Entziehung wegen Zahlungsrückständen möglich; das ist abwegig, wollen die Wohnungseigentümer eine Zwangsverwaltung zur Eintreibung der Rückstände betreiben, so müssen sie nach § 10 Nr. 2 ZVG vorgehen; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 19 WEG Rz. 17. 111 Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 417; Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 6; Schneider, NZM 2014, 498 (500) Schneider, ZWE 2017, 409. 112 Schneider, ZWE 2017, 409. 113 Auch wenn es „ums Ganze“ geht, § 12 GKG ist nicht einschlägig: falsch Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 25. 114 Zustimmend Skauradszun in BeckOGK, § 19 WEG Rz. 8.

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III. Vollstreckung des Veräußerungsurteils (Abs. 1) | Rz. 28 § 19 Nach dem GNotKG würden anfallen: 0,5 Verfahrensgebühr (Nr. 23600 KV-GNotKG), 1,0 Terminsgebühr (Nr. 23602 KV-GNotKG) und 1,0 Beurkundungsgebühr (Nr. 26603 KV-GNotKG), insgesamt 2,5 Gebühren aus 100 000 Euro = 628,50 Euro (zzgl. USt.). Nunmehr fallen an: 100 Euro Eröffnungsgebühr (Nr. 2210 KV-GKG), 0,5 allgemeine Verfahrensgebühr (Nr. 2211 KV-GKG), 0,5 Terminsgebühr (Nr. 2213 KV-GKG) und 0,5 Zuschlagsgebühr (Nr. 2214 KVGKG), insgesamt 1,5 Gebühren aus 100 000 Euro = 1 539 Euro + 100 Euro = 1 639 Euro.

2. Zuständigkeit, Beteiligte, Rangordnung a) Zuständigkeit Die Zwangsversteigerung findet aufgrund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen 27 Ausfertigung des Veräußerungsurteils (oder eines gleichstehenden Titels, s. unten Rz. 55 ff.) nach Zustellung desselben an den verurteilten Wohnungseigentümer statt (§ 750 ZPO). Das Veräußerungsurteil muss wenigstens vorläufig vollstreckbar sein (§ 704 Abs. 1 ZPO).115 Die Vollstreckungsklausel ist dem Verband zu erteilen, im Falle einer Zweiergemeinschaft dem klagenden Wohnungseigentümer.116 Zuständig für die Versteigerung ist das AG als Vollstreckungsgericht. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach der Lage des Grundstücks, § 1 Abs. 1 ZVG. Funktionell zuständig ist der Rechtspfleger, § 3 Nr. 1 i) RPflG. b) Verfahrensbeteiligte Beteiligte des Zwangsversteigerungsverfahrens sind neben dem Gläubiger und dem Schuldner 28 (§ 9 ZVG) auch diejenigen, für welche ein Recht im Wohnungsgrundbuch eingetragen oder gesichert ist (§ 9 Nr. 1 ZVG) und Personen, die einen schuldrechtlichen Anspruch an dem Wohnungseigentum angemeldet und glaubhaft gemacht haben (§ 9 Nr. 2 ZVG). Da bei der Versteigerung von Wohnungseigentum ohnehin alle Miteigentümer Beteiligte des Verfahrens sind,117 erscheint die Zuordnung des Antragsrechts an die Eigentümergemeinschaft umso unverständlicher. Ob der Verwalter als Vertreter der in gesetzlicher Vollstreckungsstandschaft (!) auftretenden Eigentümergemeinschaft handelt (§ 27 Abs. 3 Nr. 7), sollte in jedem Fall auch in dem Entziehungsbeschluss klargestellt werden. Für Zustellungen ist er jedenfalls als Zustellungsvertreter nach § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 anzusehen.118 Der Verwalter ist nicht Zustellungsvertreter des verurteilten Wohnungseigentümers, denn § 27 Abs. 2 Nr. 1 erfordert eine Zustellung an alle Wohnungseigentümer in dieser Eigenschaft, § 45 Abs. 1 ist nur anwendbar, wenn die anderen Wohnungseigentümer die Beklagten sind.119 Dem Verfahren können Dritte (z.B. Gläubiger von Geldforderungen gegen den Wohnungseigentümer) nach § 27 ZVG beitreten.120

115 LG Rostock v. 4.4.2013 – 3 T 234/12, NJW-Spezial 2013, 387; Wicke in Palandt, § 19 WEG Rz. 1; a.A. AG Rostock v. 27.8.2012 – 69 K 110/11, ZMR 2013, 160. 116 Wicke in Palandt, § 19 WEG Rz. 1; a.A. Köhler, Das neue WEG, Rz. 293, der davon ausgeht, dass jeder einzelne Wohnungseigentümer einen Anspruch gegen die Gemeinschaft hat, dass ihm eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils zu erteilen sei (zweifelhaft). 117 Vgl. Stöber, § 9 ZVG Rz. 3.35; nicht aber der Verband im Rahmen einer Zwangsverwaltung, KG v. 19.1.2007 – 21 U 163/05, NZM 2007, 451. 118 OLG Stuttgart v. 27.8.1965 – 8 W 147/65, NJW 1966, 1036; LG Göttingen v. 19.6.2001 – 10 T 42/ 01, NZM 2001, 1141. 119 Falsch daher Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 11. 120 BT-Drucks. 16/887, 26; Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 422; a.A. Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 16.

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§ 19 Rz. 29 | Wirkung des Urteils c) Rangklasse des Veräußerungsanspruchs 29 Der Veräußerungsanspruch nach § 19 Abs. 1 soll nach Ansicht der Entwurfsbegründung der

Bundesregierung zur Rangklasse 5 in § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG zählen.121 Diese Ansicht ist falsch, denn nur Ansprüche, die ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren, sind rangfähig.122 Auf diese irrige Rechtsauffassung, die nicht durch eine Ergänzung des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG umgesetzt wurde, kann man sich bei der Auslegung des Gesetzes nicht stützen.123 Es handelt sich also um ein rangloses Versteigerungsrecht,124 denn die anderen Wohnungseigentümer haben kein Recht, sich aus dem Versteigerungserlös zu befriedigen, es sein denn, sie melden zusätzlich (§§ 37 Nr. 4, 45 ZVG) rückständige Wohngeldansprüche der Gemeinschaft gegen den verurteilten Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG (= privilegierte Ansprüche) oder Nr. 5 (= nicht bevorrechtigte Ansprüche) an.125 Die Einordnung als rangloses Recht führt dazu, dass alle Rangklassen im geringsten Gebot (§ 44 Abs. 1 ZVG) zu berücksichtigen sind und daher der Ersteigerer das Wohnungseigentum mit allen bestehenden Belastungen (insbesondere allen Grundpfandrechten) erwirbt,126 soweit nicht einzelne Gläubiger (insbesondere der Rangklasse 4) dem Verfahren gem. § 27 ZVG beigetreten sind.127 Dem ausgeschlossenen Wohnungseigentümer bleibt es also, wie bisher, unbenommen, sein Wohnungseigentum bis zum Eintritt der Beschlagnahmewirkung (s. Rz. 33) mit Rechten Dritter zu belasten. Ein etwa verbleibender Versteigerungserlös steht dem ausgeschlossenen Wohnungseigentümer zu.128 Es tritt also im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage keine Verbesserung ein,129 im Gegenteil: Während bei der „freiwilligen Versteigerung“ die Ablösung etwaiger Grundpfandrechtsgläubiger in die Versteigerungsbedingungen aufgenommen werden konnte,130 scheidet dies im Zwangsversteigerungsverfahren oftmals aus.

121 BT-Drucks. 16/887, 26; den Entwurfsverfassern scheint völlig entgangen zu sein, dass der Anspruch aus § 18 Abs. 1 nicht auf Befriedigung oder Verwertung des Wohnungseigentums, sondern auf Veräußerung desselben gerichtet ist; gleichfalls ohne Problembewusstsein Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 19 WEG Rz. 3; Geiben in jurisPK/BGB, § 18 WEG Rz. 52; Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 5; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 19 WEG Rz. 5. 122 Zustimmend Klose, MietRB 2009, 183 (187); teilweise zustimmend (unter Nichtzitierung des Verfassers!), wenn auch mit eigenwilligem Gegenvorschlag Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 5, 6; vgl. auch Stöber, § 10 ZVG Rz. 1.3; Böttcher, § 10 ZVG Rz. 1; völlig unhaltbar dagegen BT-Drucks. 16/887, 26. 123 So aber mit unhaltbarer Argumentation Suilmann in Bärmann, § 19 Rz. 16. 124 Zustimmend Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 421; Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 84; Skauradszun in BeckOGK, § 19 WEG Rz. 16; Schneider, NZM 2014, 498 (499); Schneider, ZWE 2017, 409; ebenfalls wie hier, wenn auch die Urheberschaft leugnend bzw. nicht anerkennend Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 11a; Löhnig/Stenzel, § 19 Rz. 14 einerseits und Rz. 4, 5 andererseits; untauglich ist das Argument von Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 11. Aufl., § 19 WEG Rz. 7, wonach das ZVG entsprechende Anwendung finde; das trifft zweifellos zu, aber es ist nicht die Geltung von § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG für diesen Anspruch angeordnet, sodass nur die Qualifizierung als rangloses Recht verbleibt; unentschieden mittlerweile Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 19 WEG Rz. 5. 125 BT-Drucks. 16/887, 26. 126 BT-Drucks. 16/887, 26. 127 BT-Drucks. 16/887, 27. 128 Riecke in Riecke/Schmid, § 18 WEG Rz. 11a. 129 A.A. Schmidberger, ZMR 2012, 168, der mit wirren Ausführungen („Versteigerung von Exoten“), aber ohne Begründung die hier vorgetragenen Kritikpunkte für nicht überzeugend hält. 130 Vgl. Heinemann in AnwK/BGB, 1. Aufl., § 54 WEG Rz. 11.

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III. Vollstreckung des Veräußerungsurteils (Abs. 1) | Rz. 31 § 19

3. Einleitung des Verfahrens a) Antrag und Antragsberechtigung Die Zwangsversteigerung wird nur auf Antrag angeordnet (§ 15 ZVG). Entgegen der bisheri- 30 gen Rechtslage, wonach jeder Wohnungseigentümer die „freiwillige Versteigerung“ des „entzogenen“ Wohnungseigentums nach § 54 Abs. 1 WEG a.F. beantragen konnte,131 steht die Ausübungsbefugnis des Antragsrechts allein dem rechtsfähigen Verband zu, Abs. 1 Satz 2, der allerdings im Widerspruch zu Satz 1 steht, wo es heißt, dass das Recht „jedem Miteigentümer“ zusteht!132 Die gegenteilige Ansicht will jedem Wohnungseigentümer ein Antragsrecht im Namen der Gemeinschaft, ggf. auch gegen den Mehrheitswillen, zugestehen.133 Damit kann der Antrag auf Zwangsversteigerung nur aufgrund eines vorherigen Mehrheitsbeschlusses gestellt werden, es sei denn, die Gemeinschaft besteht nur aus zwei Wohnungseigentümern. Dies ist – anders als die Entscheidung über die Erhebung der Veräußerungsklage (s. oben Rz. 9) – nicht sachgerecht und führt – entgegen der Absicht des Gesetzgebers – zu einer weiteren Verzögerung des „Ausschließungsverfahrens“. Der Verwalter ist zur Antragstellung nur berechtigt, wenn er aufgrund besonderer Vollmacht handelt (§ 27 Abs. 2 Nr. 2 betrifft nur Passivprozesse) oder zur Geltendmachung des Veräußerungsurteils im Wege der Vollstreckungsstandschaft ermächtigt wurde (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, s. Rz. 28). Wird die Versteigerung des Wohnungseigentums bereits auf Antrag eines anderen Gläubigers betrieben, so kann der Verband diesem Verfahren nach § 27 ZVG beitreten und verhindern, dass das laufende Verfahren ohne seine Mitwirkung eingestellt wird.134 b) Form des Antrags Der Antrag kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht werden.135 31 Der schriftliche Antrag bedarf entgegen der h.M. keiner Unterzeichnung.136 Er soll das zu versteigernde Wohnungseigentum, den Eigentümer, den Anspruch (also denjenigen aus § 18 Abs. 1, 2) und den vollstreckbaren Titel bezeichnen, § 16 Abs. 1 ZVG. Die erforderlichen Urkunden (Titel, Zustellungen) sind dem Antrag beizufügen, § 16 Abs. 2 ZVG. Der ausgeschlossene Wohnungseigentümer muss als solcher im Wohnungsgrundbuch eingetragen sein, was durch ein Zeugnis des Grundbuchamts nachzuweisen ist, sofern Vollstreckungsgericht und Grundbuchamt nicht identisch sind, § 17 Abs. 1, 2 ZVG.

131 Heinemann in AnwK/BGB, 1. Aufl., § 54 WEG Rz. 1. 132 Abramenko, Das neue WEG, § 6 Rz. 22; § 8 Rz. 5; Müller in Lemke, Immobilienrecht, § 19 WEG Rz. 2; Then in Spielbauer/Then, § 19 WEG Rz. 1. 133 Drasdo, NJW-Spezial 2007, 433 (434); Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 19 WEG Rz. 3; Schmid in Handbuch des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Rz. 23/27; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 19 WEG Rz. 10 ff.; Köhler, Das neue WEG, Rz. 293, der davon ausgeht, dass jeder einzelne Wohnungseigentümer die Versteigerung beantragen kann und die Gemeinschaft dazu zwingen kann, ihm eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils zu überlassen (zweifelhaft). 134 Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 5; a.A. Schneider, NZM 2014, 498 (499 f.), der übersieht, dass das einzige Ziel des Verbandes, nämlich der Ausschluss des störenden Eigentümers, durchaus auch durch eine Zwangsversteigerung wegen Geldforderungen erreicht werden kann, so dass der Vergleich zwischen Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung nicht überzeugen kann. 135 Stöber, § 16 ZVG Rz. 2.1; nach alter Rechtslage genügte die mündliche Eingabe, Heinemann in AnwK/BGB, 1. Aufl., § 54 WEG Rz. 3. 136 Ebenso Dempewolf, MDR 1977, 801; Böttcher, §§ 15, 16 Rz. 7; a.A. Stöber, § 16 ZVG Rz. 2.1 m.w.N.; Sauren, § 27 WEG Rz. 64.

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§ 19 Rz. 32 | Wirkung des Urteils c) Wirkung der Antragstellung 32 Ordnet das Gericht die Zwangsversteigerung an, so wird dies auf Ersuchen des Vollstreckungs-

gerichts im Grundbuch eingetragen, § 19 Abs. 1 ZVG, § 38 GBO. Mit der Zustellung des Beschlusses über die Anordnung der Zwangsversteigerung wird die Beschlagnahme des Wohnungseigentums wirksam, § 22 Abs. 1 ZVG.

4. Beschlagnahmewirkung 33 Eine der bedeutsamsten Veränderungen, die mit der Geltung des ZVG einhergehen, ist die

mit der Beschlagnahme verbundene Wirkung, § 23 ZVG. Diese hat die Bedeutung eines relativen Veräußerungsverbots, was einigermaßen überrascht, ist doch der ausgeschlossene Wohnungseigentümer gerade zur Veräußerung verpflichtet.137 Die damit vom Gesetzgeber138 und der Literatur139 hervorgehobenen Vorteile im Vergleich zur bisherigen Rechtslage gehen fehl: Da die Beschlagnahmewirkung des § 23 ZVG erst eintreten kann, wenn die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sind, der Antrag auf Einleitung der Zwangsversteigerung gestellt wurde, der Anordnungsbeschluss erlassen und die Eintragung im Grundbuch erfolgt ist sowie schließlich der Beschluss dem Schuldner zugestellt worden ist, kann der verurteilte Wohnungseigentümer in der Zwischenzeit Veräußerungen an Familienangehörige oder „Strohmänner“ vornehmen und Belastungen bestellen.140 Die nach bisherigem Recht mögliche Eintragung einer Vormerkung (§ 895 ZPO) dürfte hingegen schneller zu bewerkstelligen sein. Außerdem bewirkt auch das Veräußerungsverbot des § 23 ZVG keine Grundbuchsperre und bietet daher im Vergleich zur Vormerkung keine nennenswerten Vorteile.141 Möchte der verurteilte Wohnungseigentümer nach der Beschlagnahme das Wohnungseigentum freiwillig veräußern, so gestaltet sich die Abwicklung dieses Veräußerungsvertrags weitaus umständlicher als nach bisheriger Rechtslage,142 da zunächst die einstweilige Einstellung des Verfahrens erreicht werden muss (s. Rz. 35) und abzuklären ist, ob weitere Gläubiger dem Verfahren beigetreten sind. Mit der bloßen Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer ist es also – schon zu deren Schutz – eben nicht getan.143 Die Ansicht, die § 23 ZVG teleologisch reduzieren möchte, so dass die Vorschrift nur bei einer Belastung, nicht jedoch bei einer Veräußerung des Wohnungseigentums gelten soll,144 übersieht aus Unkenntnis der praktischen Durchführung einer solchen Veräußerung145 die hiermit einhergehenden Schwierigkeiten hinsichtlich der Vertragsgestaltung und Vertragsabwicklung (dem Verfahren können weitere Gläubiger beigetreten sein, die Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks im Grundbuch erfordert die Antragsrücknahme durch den Verband, vertreten durch den Verwalter, der hierzu einen entsprechenden Beschluss benötigt); sie setzt sich außerdem in Wider-

137 Die hier seit der 1. Auflage (2008) beschriebene Paradoxie hat Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 419 immerhin im Jahr 2010 ebenfalls erkannt; zustimmend Skauradszun in BeckOGK, § 19 WEG Rz. 7; Schneider, NZM 2014, 498 (499); ebenso nunmehr LG Regensburg v. 21.8.2017 – 64 T 309/17, ZWE 2017, 406 (408) m. abl. Anm. Schneider = MietRB 2018, 46. 138 BT-Drucks. 16/887, 26 f. 139 Schultzky in NK/BGB, § 19 WEG Rz. 3; Drasdo, NJW-Spezial 2007, 433; Sauren, DStR 2007, 1307 (1310). 140 Ebenso Abramenko, Das neue WEG, § 8 Rz. 9. 141 Vgl. Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 19 WEG Rz. 6; unzutreffend daher Sauren, § 19 WEG Rz. 5, der von einem absoluten Veräußerungsverbot auszugehen scheint. 142 Ebenso Abramenko, Das neue WEG, § 8 Rz. 10. 143 Ohne Problembewusstsein daher BT-Drucks. 16/887, 27. 144 Schneider, NZM 2014, 498 (499); Suilmann in Bärmann, § 19 Rz. 19. 145 Bezeichnend Schneider, ZWE 2017, 409.

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III. Vollstreckung des Veräußerungsurteils (Abs. 1) | Rz. 35 § 19

spruch zu dem klaren Wortlaut der Norm.146 Auch die Ansicht, die in der Antragstellung eine konkludente Zustimmung zu einer Veräußerung des beschlagnahmten Wohnungseigentums erblicken möchte,147 muss sich fragen lassen, ob dies auch dann gilt, wenn der Wohnungseigentümer an einen „Strohmann“ oder eine ihm nahestehende Person veräußern möchte.148 Stenzel versucht die eindeutige gesetzgeberische Wertung dadurch zu umgehen, dass er die 33a Wirkung des § 23 ZVG kurzerhand leugnet und – contra legem – zu einem Veräußerungsanspruch eines gar nicht veräußerungswilligen Eigentümers umfunktioniert.149 Die aufgezeigten Missbrauchsmöglichkeiten können auf diese Weise nicht verhindert werden, auch § 12 schafft hier keine Abhilfe.

5. Aufhebung und Einstellung des Verfahrens a) Aufhebung des Verfahrens Das Verfahren ist aufzuheben, wenn der Versteigerungsantrag zurückgenommen wird (§ 29 34 ZVG) oder ein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht bekannt wird (§ 28 ZVG). Der Tod des ausgeschlossenen Wohnungseigentümers steht dem Fortgang des Verfahrens nicht entgegen, da § 779 ZPO entsprechend anwendbar ist (vgl. auch Rz. 54).150 Eine Antragsrücknahme kommt insbesondere im Fall des Abs. 2 in Betracht, wenn alle Rückstände vom säumigen Eigentümer beglichen werden.151 Die Aufhebungserklärung ist formfrei möglich.152 In diesem Fall ist der Versteigerungsvermerk im Grundbuch zu löschen, § 34 ZVG. b) Einstellung des Verfahrens Daneben besteht die Möglichkeit der einstweiligen Einstellung des Verfahrens.153 Dies kommt 35 einerseits auf formlose154 Bewilligung des Gläubigers in Betracht (§ 30 ZVG), damit der Schuldner die Möglichkeit erhält, das Wohnungseigentum freihändig zu veräußern, der Gläubiger das Verfahren aber innerhalb von sechs Monaten fortsetzen kann, § 31 ZVG.155 Außerdem kann auch das Vollstreckungsgericht auf einseitigen Antrag des Schuldners (oder seines Insolvenzverwalters, § 30d ZVG) die Einstellung des Verfahrens beschließen, §§ 30a ff. ZVG.156 Die Gegenansicht hält diese Bestimmungen für unanwendbar, da sie nur auf Zwangsversteigerungen wegen Geldforderungen passen und im Übrigen Abs. 2 bzw. § 765a ZPO einen ausreichenden Vollstreckungsschutz böten.157 Diese Auffassung kann nicht überzeugen, da sie die gesetzgeberische Wertung ignoriert und außerdem übersieht, dass § 765a ZPO eng

146 Zustimmend LG Regensburg v. 21.8.2017 – 64 T 309/17, ZWE 2017, 406 (408) m. abl. Anm. Schneider = MietRB 2018, 46. 147 Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 9. 148 Zustimmend LG Regensburg v. 21.8.2017 – 64 T 309/17, ZWE 2017, 406 (408) m. abl. Anm. Schneider = MietRB 2018, 46. 149 Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 13. 150 Riecke in Riecke/Schmid, § 19 WEG Rz. 11c. 151 Then in Spielbauer/Then, § 19 WEG Rz. 9. 152 Böttcher, § 29 ZVG Rz. 3. 153 Zustimmend Skauradszun in BeckOGK, § 19 WEG Rz. 23. 154 Böttcher, § 30 ZVG Rz. 3. 155 Zustimmend LG Regensburg v. 21.8.2017 – 64 T 309/17, ZWE 2017, 406 (407) m. abl. Anm. Schneider = MietRB 2018, 46. 156 Zustimmend LG Regensburg v. 21.8.2017 – 64 T 309/17, ZWE 2017, 406 (407) m. abl. Anm. Schneider = MietRB 2018, 46. 157 Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 423; Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 10; Schneider, NZM 2014, 498 (500).

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§ 19 Rz. 35 | Wirkung des Urteils auszulegen ist, so dass der Schutz des Entziehungsschuldners möglicherweise nur unzureichend gewährleistet ist.158 Für eine einstweilige Einstellung des Verfahrens ist jedoch erforderlich, dass der Schuldner eine konkrete Befriedigungsaussicht des Gläubigers darlegt, was durch bloße Verkaufsverhandlungen mit Dritten nicht ausreichend dargetan ist.159 Daneben kann der Schuldner auch über die allgemeine Generalklausel des § 765a ZPO ganz oder teilweise die Einstellung des Verfahrens erreichen. Eine Suizidankündigung oder eine Suizidgefahr des Schuldners begründet für sich allein noch nicht eine Einstellung des Verfahrens.160 35a Dieser im Rahmen einer regulären Zwangsvollstreckung sicherlich angemessene Schuldner-

schutz nach §§ 30a ff. ZVG und § 765a ZPO erscheint im Rahmen der Ausschließung eines rechtskräftig zur Veräußerung verurteilten Störers überzogen.161

6. Terminsbestimmung a) Bestimmung des Versteigerungstermins 36 Erst nach der Beschlagnahme und nach Eingang der Mitteilungen des Grundbuchamts gem.

§ 19 ZVG soll ein Versteigerungstermin bestimmt werden, § 36 Abs. 1 ZVG. Zwischen Anberaumung und dem Versteigerungstermin sollen nicht mehr als sechs Monate liegen (§ 36 Abs. 2 Satz 1 ZVG), der Versteigerungstermin muss jedoch sechs Wochen vor dem Termin bekannt gemacht worden sein (§ 43 Abs. 1 Satz 1 ZVG), war das Verfahren einstweilen eingestellt, genügen zwei Monate bzw. zwei Wochen (§§ 36 Abs. 2 Satz 2, 43 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Gegen die Terminsbestimmung kann nur die Erinnerung (§ 766 ZPO) erhoben werden.162 b) Inhalt der Terminsbestimmung 37 Die Terminsbestimmung muss nach § 37 ZVG folgende Punkte enthalten: die Bezeichnung

des Grundstücks (Nr. 1), also des Miteigentumsanteils an dem Grundstück, die Bezeichnung des Grundstücks selbst (Flurstück und Beschrieb, ggf. bei gewerblicher Nutzung schlagwortartige Bezeichnung der Nutzungsart)163 sowie das mit dem Miteigentumsanteil verbundene Sondereigentum und die dazugehörigen Räume;164 Zeit und Ort des Versteigerungstermins (Nr. 2), also regelmäßig im Gericht, aber nach Ermessen des Gerichts auch an jedem anderen Ort im Gerichtsbezirk (§ 36 Abs. 3 ZVG); die Angabe, dass die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt (Nr. 3); die Aufforderung, Rechte, soweit sie aus dem Grundbuch nicht ersichtlich sind, spätestens im Versteigerungstermin anzumelden (Nr. 4) und die Aufforderung, der Versteigerung entgegenstehende Rechte vorzubringen (Nr. 5). 38 Die Terminsbestimmung soll enthalten die Bezeichnung des zur Zeit der Eintragung des Ver-

steigerungsvermerks eingetragenen Eigentümers, die Angabe des Grundbuchblatts, die Grundstücksgröße und den festgesetzten Verkehrswert, § 38 ZVG.

158 Zustimmend LG Regensburg v. 21.8.2017 – 64 T 309/17, ZWE 2017, 406 (407) m. abl. Anm. Schneider = MietRB 2018, 46. 159 LG Regensburg v. 21.8.2017 – 64 T 309/17, ZWE 2017, 406 (408) m. abl. Anm. Schneider = MietRB 2018, 46. 160 A.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2018, § 19 WEG Rz. 24. 161 Schneider, ZWE 2017, 409 missversteht die hier geäußerte Kritik lediglich als Kritik an der Anwendbarkeit des § 765a ZPO; in Wahrheit wird hier durchgängig die gesetzgeberische Entscheidung, die Veräußerung im Rahmen einer Zwangsversteigerung durchzuführen, kritisiert. 162 Stöber, § 36 ZVG Rz. 2.7. 163 Böttcher, §§ 37, 38 ZVG Rz. 2. 164 Stöber, § 37 ZVG Rz. 2.8.

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III. Vollstreckung des Veräußerungsurteils (Abs. 1) | Rz. 41 § 19

c) Bekanntmachung der Terminsbestimmung Die Terminsbestimmung muss öffentlich bekannt gemacht werden, und zwar durch Ein- 39 rückung in die Bekanntmachungsblätter oder durch Einstellung in ein für das Gericht bestimmte elektronisches Informations- und Kommunikationssystem (http://www.zvg-portal. de) und evtl. durch Anheftung an die Gerichtstafel (§§ 39, 40 ZVG). Den Beteiligten (also Gläubiger, Schuldner und die in § 9 ZVG genannten Personen) ist die Terminsbestimmung förmlich zuzustellen, § 41 ZVG. Nach Maßgabe von § 42 ZVG ist jedermann Akteneinsicht zu gewähren. Wie nach bisheriger Rechtslage auch, ist eine Wohnungsbesichtigung nicht bzw. nur mit Genehmigung des Schuldners möglich.165

7. Versteigerungsbedingungen a) Festsetzung der Versteigerungsbedingungen Anders als nach bisheriger Rechtslage (§ 54 Abs. 3 Satz 1 WEG a.F.) werden die Versteige- 40 rungsbedingungen nicht nach billigem Ermessen des Gerichts festgesetzt; diese ergeben sich vielmehr aus dem Gesetz selbst, §§ 44 ff. ZVG. Deshalb liegt es auch im Ermessen des Gerichts, ob es einen vorbereitenden Erörterungstermin anberaumt, § 62 ZVG.166 Die Beteiligten haben das Recht, eine Abweichung von den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen zu verlangen, dies setzt jedoch die Zustimmung der hierdurch möglicherweise beeinträchtigten Beteiligten voraus, § 59 Abs. 1 ZVG. Da die Versteigerung aus einem ranglosen Recht betrieben wird, fallen alle rangfähigen Befriedigungsrechte ins geringste Gebot, § 44 ZVG.167 Sofern sich diese Gläubiger nicht der Zwangsversteigerung angeschlossen haben, bleiben deren Rechte also bestehen, § 52 Abs. 1 Satz 1 ZVG, es sei denn, diese sind bar zu entrichten (§§ 49 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 12 Nr. 1, 2 ZVG). Der Ersteher hat also insbesondere die Verfahrenskosten, aber auch rückständiges Wohngeld nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG, in bar zu entrichten und das Bargebot vom Zuschlag an zu verzinsen (§ 49 Abs. 2 ZVG), andererseits alle anderen bestehenden Belastungen, insbesondere Grundpfandrechte, zu übernehmen. Anders als bei einer freiwilligen Versteigerung hat der Ersteher keine „Gewährleistungsrechte“, § 56 Satz 2 ZVG. b) Auswirkung auf Miet- und Pachtverhältnisse Von besonderer Bedeutung ist, dass der Ersteher bestehende Miet- und Pachtverhältnisse 41 nach §§ 57a ZVG i.V.m. 573d BGB unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen kann. Das Sonderkündigungsrecht besteht auch dann, wenn das versteigerte Wohnungseigentum Teil eines aus mehreren Wohnungseinheiten bestehenden und insgesamt für einen einheitlichen Zweck (z.B. Betreutes Wohnen) vermieteten Objekts ist.168 Der Ersteher kann von einem Mieter, der die Eigentumswohnung im Rahmen einer gewerblichen Weitervermietung an einen Endmieter zu Wohnzwecken vermietet hat, trotz Wirksamkeit der Kündigung nicht Räumung und Herausgabe verlangen, weil der Endmieter wegen § 565 BGB unbeschadet dieser Kündigung zu Besitz und Nutzung berechtigt bleibt.169 Damit werden nach Ansicht der Ge-

165 166 167 168

Stöber, § 42 ZVG Rz. 3; a.A. Skauradszun in BeckOGK, § 19 WEG Rz. 8.1. Stöber, § 62 ZVG Rz. 3.1. BT-Drucks. 16/887, 26. BGH v. 30.10.2013 – XII ZR 113/12, BGHZ 198, 337 = NJW 2014, 536 (538) = MDR 2014, 207 = MietRB 2014, 43; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 19 WEG Rz. 10. 169 BGH v. 30.10.2013 – XII ZR 113/12, BGHZ 198, 337 = NJW 2014, 536 (538) = MDR 2014, 207 = MietRB 2014, 43.

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§ 19 Rz. 41 | Wirkung des Urteils setzesbegründung die Chancen einer erfolgreichen Versteigerung erhöht.170 Da die Vorschrift darauf abzielt, den ablösungsberechtigten Gläubigern die Erzielung eines angemessenen Versteigerungserlöses zu erreichen,171 passen diese Überlegungen nicht auf den Fall der Versteigerung zur Ausschließung eines störenden Wohnungseigentümers, da die Wohnungseigentümer bei Nichtvorhandensein von Interessenten die Wohnung selbst ersteigern können, so dass die Gesichtspunkte, die für eine Anwendbarkeit von § 183 ZVG gesprochen hätten, überwiegen. Weil die Vorschrift die Position des redlichen Mieters nicht ausreichend berücksichtigt, diesem insbesondere kein Mietervorkaufsrecht zusteht (s. Rz. 45), ist sie nicht mit Art. 14 Abs. 1 GG zu vereinbaren und insoweit verfassungswidrig.172 Die Gegenansicht trennt erneut nicht sorgfältig zwischen den Urteilswirkungen (= der störende Wohnungseigentümer soll aus der Gemeinschaft entfernt werden) und den hierzu eingesetzten Zwangsmitteln (= neben dem Störer wird auch dessen u.U. nicht störender Mieter aus der Anlage entfernt). Diese Folge ist für den Mieter unverhältnismäßig. Es mag hinzunehmen sein, dass er gegenüber den Zahlungsgläubigern seines Vermieters das Nachsehen hat, es ist aber nicht nachvollziehbar, wieso er gegenüber den Miteigentümern, die er nicht beeinträchtigt hat, zurückstehen muss.

8. Versteigerung 42 Das Versteigerungsverfahren entspricht den §§ 66 ff. ZVG. Die Frist zur Abgabe von Geboten

hat sich demnach von einer Stunde auf 30 Minuten verkürzt, § 73 Abs. 1 Satz 1 ZVG. Nach dem Schluss der Versteigerung sind die Beteiligten über den Zuschlag zu hören, § 74 ZVG. Anders als nach bisheriger Rechtslage findet auch § 74a ZVG Anwendung, der allerdings den ausgeschlossenen Wohnungseigentümer nur dann vor einer Verschleuderung schützt, wenn ihm Eigentümerrechte an der Wohnung zustehen,173 ansonsten fehlt ihm das nach § 74a Abs. 1 ZVG erforderliche Antragsrecht, so dass ihm im Regelfall, wie bisher,174 nur der Weg über § 765a ZPO verbleibt.175 Der ausgeschlossene Wohnungseigentümer wird also durch die Anwendbarkeit des ZVG nur in seltenen Ausnahmefällen besser geschützt. Zu beachten ist weiterhin, dass eine § 56 Abs. 2 Satz 1 WEG a.F. entsprechende Vorschrift im ZVG fehlt, so dass Gebote des Wohnungseigentümers selbst oder durch einen Stellvertreter (§ 81 Abs. 3 ZVG) wirksam sind (s. hierzu Rz. 44).176 Die Gegenansicht setzt sich über den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und die Unbedachtheit des Gesetzgebers contra legem hinweg.177

170 BT-Drucks. 16/887, 27. 171 Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.1; § 57a ZVG Rz. 2.2. 172 A.A. Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 83; Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 23; Suilmann in Bärmann, § 19 Rz. 22; Schneider, NZM 2014, 498 Fn. 5. 173 Das verkennt Abramenko, Das neue WEG, § 8 Rz. 11; ebenfalls undifferenziert Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 18 und Schneider, NZM 2014, 498 (500). 174 Abramenko, Das neue WEG, § 8 Rz. 12, übersieht, dass auch nach alter Rechtslage § 765a ZPO analog zur Anwendung kam. 175 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 10; Stöber, § 74a ZVG Rz. 3.6. 176 Deshalb hat Meyer, WEZ 1987, 17 (21) zu Recht die Übernahme von § 56 Abs. 2 in das ZVG gefordert; anders Abramenko, Das neue WEG, § 8 Rz. 14; Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 8; zu neuen Missbrauchsgefahren durch die Änderung des ZVG s. Hintzen/Alff, Rpfleger 2007, 233 (237). 177 Vgl. beispielhaft Suilmann in Bärmann, § 19 Rz. 20, wonach das (gewünschte) Ergebnis dringend geboten erscheint, da das gesamte Verfahren sonst ad absurdum geführt würde (!); ähnlich Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 19 WEG Rz. 8 unter Berufung auf Schneider, NZM 2014, 498 (500).

600 | Heinemann

III. Vollstreckung des Veräußerungsurteils (Abs. 1) | Rz. 44 § 19

9. Zuschlag, Verteilung a) Allgemeines Erteilung und Wirkung des Zuschlags richten sich nach den §§ 79 ff. ZVG. Dem Meistbieten- 43 den ist der Zuschlag zu erteilen, § 81 Abs. 1 ZVG. Auch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann als teilrechtsfähiger Verband das Wohnungseigentum selbst ersteigern.178 Dabei wird sie durch den Verwalter vertreten, nicht durch die Eigentümerversammlung.179 Dass die übrigen Wohnungseigentümer das versteigerte Wohnungseigentum nach Bruchteilen (!) ersteigern wollen, ist völlig realitätsfern.180 Anders als nach bisheriger Rechtslage (§ 56 Abs. 2 Satz 2 a.F.) kommt auch eine Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot an den ausgeschlossenen Wohnungseigentümern in Betracht, § 81 Abs. 2 ZVG.181 Der Zuschlag darf nur aus den in §§ 83 bis 85a ZVG genannten Gründen versagt werden, eine extensive Auslegung, z.B. auf die Ersteigerung durch den verurteilten Wohnungseigentümer, kommt nicht in Betracht. § 85a ZVG, der einen Zuschlag verbietet, wenn das Meistgebot nicht die Hälfte des Verkehrswerts erreicht, bietet nur einen geringen Schutz gegen Verschleuderung, da in dem von Amts wegen anzuberaumenden zweiten Versteigerungstermin §§ 74a, 85a ZVG keine Anwendung mehr finden, § 85a Abs. 2 ZVG.182 b) Kein Ausschluss des Eigentümers Ersteigert der Wohnungseigentümer selbst, so ist der nach § 19 Abs. 1 erstrittene Titel aller- 44 dings nicht verbraucht, so dass eine erneute Zwangsversteigerung beantragt werden kann. Nicht verhindert werden kann jedoch, dass ein naher Angehöriger oder eine Vertrauensperson das Wohnungseigentum ersteigert und dieses an den ausgeschlossenen Wohnungseigentümer aufgrund eines Nutzungsüberlassungsvertrags (Miete/Pacht) überlässt183 oder sogar an diesen veräußert. Dieses Ergebnis kann auch nicht mit Hilfe der §§ 138, 242 oder 826 BGB korrigiert werden.184 In Betracht kommt allenfalls, die etwa nach § 12 erforderliche Zustimmung zu versagen.185 Die Wohnungseigentümer können gegen den Ersteigerer ebenfalls ein Veräußerungsurteil erwirken,186 sofern die Versteigerung nicht lediglich wegen Zahlungs178 OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, ZMR 2008, 310 (312); Abramenko, ZMR 2006, 338; Schneider, ZMR 2006, 813 (815); Skauradszun in BeckOGK, § 19 WEG Rz. 10; Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 7; a.A. LG Nürnberg-Fürth v. 19.6.2006 – 19 T 4131/06, ZMR 2006, 812 (813); Bonifacio, ZMR 2009, 257 (261); differenzierend Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 19 WEG Rz. 8. 179 Abwegig Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 19. 180 So aber Löhnig/Stenzel, § 19 WEG mit Blick auf den „Zweck der Wohnungseigentümergemeinschaft und seiner (?) im WEG niedergelegten Verfassung“. 181 A.A. Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 8 (contra legem). 182 Auch das übersieht Abramenko, Das neue WEG, § 8 Rz. 12. 183 Wie hier KG v. 10.9.2015 – 8 U 94/15, ZWE 2016, 21 (22) = MDR 2016, 150 = MietRB 2016, 78. 184 Wie hier KG v. 10.9.2015 – 8 U 94/15, ZWE 2016, 21 (23) = MDR 2016, 150 = MietRB 2016, 78; Skauradszun in BeckOGK, § 19 WEG Rz. 11; verhalten einsichtig nunmehr Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 8; a.A. Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 427b; Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 93; Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 20; Riecke in Riecke/Schmid, § 19 WEG Rz. 11b; Schneider, NZM 2014, 498 (500 f.), die allesamt contra legem argumentieren, dem Gesetzgeber ein „Redaktionsversehen“ unterstellen müssen und das Vollstreckungsverfahren mit einer materiellrechtlichen Prüfung anreichern, die der Rechtspfleger – mangels entsprechender Ausbildung – nicht leisten kann und – mangels verfassungsrechtlicher Befugnis zur Ausübung von Rechtsprechungsaufgaben – nicht leisten darf. 185 BayObLG v. 4.6.1998 – 2Z BR 19/98, NZM 1998, 868 = NJW-RR 1999, 452 = ZMR 1998, 790. 186 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (262) = NZM 2017, 37 (39) = ZWE 2017, 84 (86); KG v. 10.9.2015 – 8 U 94/15, ZWE 2016, 21 (22 f.) = MDR 2016, 150 = MietRB 2016, 78; BayObLG v. 4.6.1998 – 2Z BR 19/98, NZM 1998, 868 = NJW-RR 1999, 452 = ZMR 1998, 790; Stürner in Soergel, BGB, § 56 WEG Rz. 4.

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§ 19 Rz. 44 | Wirkung des Urteils rückständen betrieben wurde.187 Die Nutzungsüberlassung an einen nach § 18 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 ausgeschlossenen Wohnungseigentümer stellt eine gröbliche Verletzung i.S. des § 18 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 14 dar (s. § 18 Rz. 19d). Der alte Titel kann allerdings nicht verwendet werden, es liegt keine Rechtsnachfolge i.S.d. § 727 ZPO vor. Im Falle der Veräußerung an den ausgeschlossenen Wohnungseigentümer ist der Titel allerdings noch nicht verbraucht, die Zwangsversteigerung kann also erneut betrieben werden.188 Im Falle einer Nutzungsüberlassung an den ausgeschlossenen Wohnungseigentümer kann der Titel nicht als Räumungsanspruch oder als Anspruch auf Besitzaufgabe verwendet werden.189 44a Da sich eine Nutzungsunterlassung nach § 15 Abs. 3 als mildere Maßnahme im Vergleich zu

einer Entziehungsklage nach § 18 erweist (s. § 18 Rz. 47) kann der Verband statt der Entziehung vom Ersteigerer auch verlangen, dass er die Nutzungsüberlassung an den ausgeschlossenen Voreigentümer unterlässt.190 c) Wirksamkeitserfordernisse 45 Da es sich um keinen freihändigen Verkauf handelt, bedarf es – im Gegensatz zur früheren

Rechtslage – zur Wirksamkeit des Zuschlags keiner betreuungs-/familiengerichtlichen191 noch einer sonstigen Genehmigung (z.B. nach dem GrdStVG).192 Es bestehen auch keine Vorkaufs-, Ankaufs- und Wiederkaufsrechte, gleichgültig, ob diese rechtsgeschäftlich vereinbart oder gesetzlich angeordnet sind und unabhängig davon, ob sie öffentlich-rechtlicher Natur (z.B. nach dem BauGB) sind.193 Insbesondere steht den Mietern nicht das Vorkaufsrecht nach § 577 BGB zu.194 Nur die Zustimmung nach § 12 ist auch im Rahmen der Zwangsversteigerung erforderlich, sofern die Veräußerung im Wege der Zwangsversteigerung nicht ausdrücklich hiervon ausgenommen worden ist (s. § 12 Rz. 15).195 Soweit keine Anhaltspunkte für ein Umgehungs- oder „Strohmann“-Geschäft vorliegen und auch keine sonstigen wichtigen Gründe dem Zuschlag entgegenstehen, besteht ein Anspruch auf Zustimmung (s. Rz. 17). d) Wirkung des Zuschlagsbeschlusses

46 Dem Ersteher selbst dient der Beschluss gem. § 93 ZVG als Herausgabe- und Räumungstitel

gegen den verurteilten Wohnungseigentümer und Dritte, der nach § 885 ZPO vollstreckt wird.196 Die übrigen Wohnungseigentümer können aus dem Zuschlagsbeschluss hingegen 187 BayObLG v. 4.6.1998 – 2Z BR 19/98, NZM 1998, 868 = NJW-RR 1999, 452 = ZMR 1998, 790; ähnlich BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (262) = NZM 2017, 37 (38) = ZWE 2017, 84 (86). 188 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 19 WEG Rz. 12; Merle in Bärmann/Pick, 9. Aufl., § 56 Rz. 26; Stürner in Soergel, BGB, § 19 WEG Rz. 1; § 56 Rz. 3 a.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 19 WEG Rz. 22; Lüke in Weitnauer, § 19 WEG Rz. 7: Wohnungseigentümer haben gegen Ersteigerer die Ansprüche gemäß (kaufvertraglichem) Leistungsstörungsrecht (zweifelhaft). 189 KG v. 10.9.2015 – 8 U 94/15, ZWE 2016, 21 (22) = MDR 2016, 150 = MietRB 2016, 78; LG Berlin v. 16.9.2015 – 85 S 50/15, BeckRS 2016, 21037. 190 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (262) = NZM 2017, 37 (39) = ZWE 2017, 84 (86). 191 Stöber, § 15 ZVG Rz. 41.3.; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 19 WEG Rz. 18; a.A. Elzer/Riecke in Prütting/Wegen/Weinreich, § 19 WEG Rz. 5. 192 Stöber, § 15 ZVG Rz. 24; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 19 WEG Rz. 18; Then in Spielbauer/Then, § 19 WEG Rz. 4; a.A. Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 1. 193 Stöber, § 15 ZVG Rz. 42; § 81 ZVG Rz. 10; a.A. Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 1. 194 BGH v. 14.4.1999 – VIII ZR 384/97, BGHZ 141, 194 = MDR 1999, 986 = NJW 1999, 2044; Stöber, § 81 ZVG Rz. 10.6. 195 Böttcher, § 15, 16 ZVG Rz. 86; Then in Spielbauer/Then, § 19 WEG Rz. 5. 196 Böttcher, § 93 ZVG Rz. 2; Stöber, § 93 ZVG Rz. 2.4.

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III. Vollstreckung des Veräußerungsurteils (Abs. 1) | Rz. 49 § 19

nicht eine Räumung gegen den störenden Wohnungseigentümer durchsetzen.197 Die Vollstreckungsklausel des Zuschlagsbeschlusses muss aber gegen eine andere Person als den alten Wohnungseigentümer erst nach § 727 ZPO erteilt werden, notfalls mit Hilfe der Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel (§ 731 ZPO).198 Die Vollstreckung gegen den berechtigten Besitzer ist ausgeschlossen, § 93 Abs. 1 Satz 2 ZVG. Gegen eine dennoch erfolgte Vollstreckung kann er mit der Drittwiderspruchsklage vorgehen, § 93 Abs. 1 Satz 3 ZVG, § 771 ZPO. Eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO muss nicht gewährt werden.199 Aus Gründen des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist jedoch im Rahmen des § 765a ZPO eine angemessene Frist zu gewähren.200 e) Erlösverteilung Nach dem rechtskräftigen Zuschlag findet die Verteilung des erzielten Versteigerungserlöses 47 nach Maßgabe der §§ 105 ff. ZVG statt. Bei regelmäßigem Verlauf wird nach Anmeldung der Ansprüche (§ 106 ZVG) im Verteilungstermin (§ 105 ZVG) die Teilungsmasse festgestellt (§ 107 ZVG). Aus dieser werden vorweg die Kosten des Verfahrens entnommen (§ 109 ZVG) und danach ein Teilungsplan erstellt und mit den erschienenen Beteiligten besprochen (§§ 113 bis 115 ZVG). Erst dann wird der bar bezahlte Teil des Meistgebots an die Berechtigten unbar ausgekehrt (§ 117 ZVG). Erst danach und nach Eingang der grunderwerbsteuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung wird der Ersteher auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen (§ 130 ZVG).201 Es handelt sich hier im Vergleich zum Verfahren der freiwilligen Versteigerung, die mehr einem „normalen“ Kaufvertrag als einer Zwangsversteigerung ähnelt, um ein langwieriges, komplexes und teures Verfahren.

10. Rechtsbehelfe Im ZVG-Verfahren gelten grundsätzlich die allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Rechts- 48 behelfe des 8. Buchs der ZPO,202 so dass gegen Maßnahmen des Vollstreckungsgerichts die Erinnerung (§ 766 ZPO) bzw. Rechtspflegererinnerung (§ 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG) und gegen Entscheidungen die sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO) statthaft sind.203 Allerdings beschränkt § 95 ZVG die sofortige Beschwerde auf die Entscheidungen über die Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens. Gegen die Zuschlagsentscheidung sind die Beschwerdevorschriften der ZPO (§§ 568 ff. ZPO) unter Beachtung der §§ 97 bis 104 ZVG anzuwenden, § 96 ZVG. So ist der Kreis der Beschwerdeberechtigten (§ 97 ZVG) und der Beschwerdegründe (§ 100 ZVG) begrenzt. Für die weitere Beschwerde (Rechtsbeschwerde) gelten die §§ 101, 102 ZVG. Von den Rechtsbehelfen im ZVG-Verfahren sind zu unterscheiden die materiellen Einwen- 49 dungen, die der Vollstreckungsschuldner im Wege der Abwehrklage nach § 767 ZPO erheben 197 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 (262) = NZM 2017, 37 (38) = ZWE 2017, 84 (85); KG v. 10.9.2015 – 8 U 94/15, ZWE 2016, 21 (22) = MDR 2016, 150 = MietRB 2016, 78; Hügel/Elzer, § 19 Rz. 8. 198 Riecke in Riecke/Schmid, § 19 WEG Rz. 10, 11. 199 LG Tübingen v. 22.9.1994 – 1 S 39/94, NJW-RR 1995, 650 = ZMR 1995, 179 (181); Hogenschurz in Timme, § 18 WEG Rz. 58a; Stöber, § 93 ZVG Rz. 2.4, 5. 200 Böttcher, § 93 ZVG Rz. 15, 16; Stöber, § 93 ZVG Rz. 5; LG Kiel v. 11.2.1992 – 1 T 137/91, NJW 1992, 1174; LG Aschaffenburg v. 17.12.2001 – 5 T 174/01, DGVZ 2002, 169 (170). 201 Stöber, § 105 ZVG Rz. 1.3.; von Abramenko, Das neue WEG, § 8 Rz. 14, wird also übersehen, dass der Ersteigerer noch immer durch Nichtzahlung der Grunderwerbsteuer den Eigentumswechsel vereiteln kann. 202 Stöber, § 95 ZVG Rz. 1. 203 Böttcher, § 95 ZVG Rz. 31.

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§ 19 Rz. 49 | Wirkung des Urteils kann (s. hierzu Rz. 52 f.). Einwendungen Dritter sind mit der Drittwiderspruchsklage § 771 ZPO geltend zu machen (s. hierzu Rz. 53).204

IV. Weitere Wirkung des Veräußerungsurteils (§ 25 Abs. 5) 50 Das rechtskräftige Veräußerungsurteil führt schließlich dazu, dass der verurteilte Wohnungs-

eigentümer kein Stimmrecht mehr besitzt, § 25 Abs. 5 (zu Einzelheiten, insbesondere zu der umstrittenen Frage, ob das Stimmrecht erlischt oder lediglich ruht, s. § 25 Rz. 102). Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, das Stimmrecht schon aufgrund eines Entziehungsbeschlusses nach § 18 Abs. 3 ruhen zu lassen, sind unwirksam.205

V. Abwendungsbefugnis (Abs. 2) 1. Allgemeines 51 Der Wohnungseigentümer, der wegen Nichterfüllung seiner Kosten- und Lastentragungs-

pflicht gem. § 18 Abs. 2 Nr. 2 verurteilt wurde, kann die Urteilswirkungen bis zur Erteilung des Zuschlags abwenden, indem er sämtliche206 fällige Zahlungsverpflichtungen (Rückstände und nach der Klage fällig gewordene Kosten und Lasten) sowie die Prozess- und Verfahrenskosten erfüllt.207 Hierzu zählen neben den Kosten der Veräußerungsklage (s. Rz. 18 ff.) auch die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens (Nr. 2210 ff. KV-GKG; s. Rz. 26). Die Kosten anderer Gläubiger, die dem Verfahren beigetreten sind, gehören allerdings nicht hierzu, so dass das Verfahren auch bei deren Nichtbefriedigung einzustellen ist.208 Will ein solcher Gläubiger das Zwangsversteigerungsverfahren weiter betreiben, so muss er einen eigenen Antrag stellen. Wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Hinterlegung vorliegen, kann auch hierdurch Erfüllung eintreten.209 Entsprechend § 75 ZVG genügt im Termin der Nachweis der Zahlung an die Gerichtskasse oder die Vorlage eines Einzahlungs- oder Überweisungsnachweises einer Bank oder Sparkasse.210 Letztmöglicher Abwendungszeitpunkt ist die Verkündung des Zuschlags im Versteigerungstermin oder einem gesonderten Verkündungstermin (§ 87 ZVG), da dieser erst mit Verkündung wirksam wird, § 89 ZVG. Wird der Zuschlag erst im Beschwerdeverfahren erteilt, kann die Vollstreckungswirkung noch bis zur Zustellung der Beschwerdeentscheidung (vgl. § 104 ZVG) abgewendet werden.

2. Wirkung und Rechtsbehelfe 52 Die Vorschrift ist deshalb erforderlich, weil der verurteilte Wohnungseigentümer ja nicht den

titulierten Anspruch (der auf Veräußerung des Wohnungseigentums gerichtet ist), sondern „nur“ seine Zahlungsrückstände erfüllt. Mit der Zahlung entfällt nicht die Rechtskraft, wohl

204 205 206 207

Stöber, § 95 ZVG Rz. 3.4. Gottschalg, NZM 2012, 271 (273). Teilzahlung genügt nicht, Diester, § 19 WEG Rz. 9; ebenso zu § 75 ZVG Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.4. BGH v. 14.9.2018 – V ZR 138/17, NZM 2018, 1024 (1028) = ZMR 2019, 51 (55) = ZfIR 2019, 147 (151). 208 A.A. Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 12. 209 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 19 WEG Rz. 20. 210 A.A. Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 88; Suilmann in Bärmann, § 19 Rz. 24, die damit den Rechtsschutz des Schuldners verkürzen und ihn auf eine Vollstreckungsabwehrklage verweisen.

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V. Abwendungsbefugnis (Abs. 2) | Rz. 54 § 19

aber die Vollstreckbarkeit des Urteils.211 Das Verfahren ist vom Vollstreckungsgericht auf Antrag des Schuldners nach §§ 775 Nr. 4, 5, 776 ZPO bzw. (bei Zahlung an das Gericht) entsprechend § 75 ZVG einstweilen einzustellen.212 Gegen die Einstellung bzw. Zuschlagsversagung kann der Gläubiger, gegen die Zuschlagserteilung oder die verweigerte Einstellung des Verfahrens der Schuldner sofortige Beschwerde einlegen (§ 95 ZVG i.V.m. § 793 ZPO).213 Weigert sich das Gericht, den Zahlungsnachweis anzunehmen, ist die Erinnerung der richtige Rechtsbehelf (§ 766 ZPO), trifft das Gericht hierüber eine Entscheidung, ist die sofortige Beschwerde statthaft.214 Wird die Zwangsversteigerung dennoch weiterbetrieben, so hat der verurteilte Wohnungseigentümer nach h.M. auch die Möglichkeit, im Wege der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO analog) beim Prozessgericht (§ 769 Abs. 1 ZPO) oder Vollstreckungsgericht (§ 769 Abs. 2 ZPO) die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu erreichen.215 Auch gegen eine Herausgabe- oder Räumungsvollstreckung des Ersteigerers aus dem Zuschlag kann sich der Wohnungseigentümer entsprechend § 767 ZPO wehren, sofern er vor Verkündung bzw. Zustellung des Zuschlags alle Forderungen beglichen hat.216 Präkludiert ist der ausgeschlossene Eigentümer nach § 767 Abs. 2 ZPO, wenn er die Erfüllung der Rückstände schon im Rahmen der Veräußerungsklage hätte vortragen können.217 Im Übrigen stehen dem verurteilten Wohnungseigentümer auch die allgemeinen vollstre- 53 ckungsrechtlichen Rechtsbehelfe zur Verfügung. Hat er das Veräußerungsurteil freiwillig erfüllt, so kann er aufgrund der §§ 775 Nr. 4, 776 ZPO die einstweilige Einstellung des Verfahrens erreichen. Als taugliche öffentliche Urkunde i.S.d. § 775 Nr. 4 ZPO kommt die notarielle Urkunde über den Veräußerungsvertrag (§ 311b BGB) in Betracht. Wird die Versteigerung dennoch fortgesetzt, kann dem der Schuldner nur dann mit der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) begegnen, solange er noch Eigentümer ist.218 Hat das Eigentum bereits gewechselt, so kann der neue Eigentümer die Zwangsversteigerung nach § 771 ZPO mit der Drittwiderspruchsklage abwehren, sofern das Vollstreckungsgericht die Anordnung der Zwangsversteigerung nicht ohnehin nach § 17 ZVG ablehnt. Hierin ist kein Widerspruch gegen das relative Veräußerungsverbot nach § 23 ZVG zu sehen, die Gegenansicht trennt nicht sorgfältig zwischen den erstrebten Urteilswirkungen (= Veräußerung des Wohnungseigentums) und den Vollstreckungswirkungen (= Zwangsveräußerung des Wohnungseigentums).219

3. Analoge Anwendung Darüber hinaus wird zum Teil eine analoge Anwendung von Abs. 2 auf vergleichbare Fälle 54 befürwortet, wenn z.B. das Veräußerungsverlangen jetzt wegen Wegfalls der Störung unbegründet wäre. Genannt werden hier das Ableben des störenden Wohnungseigentümers (hiergegen spricht die entsprechend anwendbare Bestimmung des § 779 ZPO220),221 der Auszug eines störenden Ehegatten aus der Wohnung222 oder bei Entziehung wegen geringer Zah211 Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 19 WEG Rz. 5; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 19 WEG Rz. 13. 212 Stöber, Einl. ZVG Rz. 31.1, 31.6. 213 Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.12. 214 Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.12. 215 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 19 WEG Rz. 20, 21; Stürner in Soergel, BGB, § 19 WEG Rz. 2; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 19 WEG Rz. 15. 216 So schon zur früheren Rechtslage KG DNotZ 2004, 631 = FGPrax 2004, 91. 217 Suilmann in Bärmann, § 19 Rz. 25. 218 Vgl. LG Berlin v. 24.11.2017 – 53 S 46/16, ZMR 2018, 246 (247). 219 A.A. Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 13. 220 Riecke in Riecke/Schmid, § 19 WEG Rz. 11c. 221 Stürner in Soergel, BGB, § 19 WEG Rz. 2; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 19 WEG Rz. 17. 222 Augustin in RGRK, § 19 WEG Rz. 10; Schmid, ZfIR 2013, 129 (134).

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§ 19 Rz. 54 | Wirkung des Urteils lungsrückstände nach § 18 Abs. 1 die Begleichung der Rückstände in Verbindung mit einer positiven Zukunftsprognose.223 Eine solche Analogie erscheint bedenklich.224 Als einzige Möglichkeit kommt in Betracht, im Wege der Klage nach §§ 767, 769 ZPO die einstweilige Einstellung der Vollstreckung zu erwirken, wobei sich der Schuldner bzw. dessen Erben auf das Erlöschen des Veräußerungsanspruchs225 wegen (nachträglichen) Wegfalls der Störung (Auszug oder Tod des störenden Eigentümers) berufen können.226 54a Der BGH ist der Auffassung, dass in der Fallkonstellation, dass der Miteigentumsanteil des

nicht störenden Miteigentümers im Interesse einer effektiven Durchsetzung des Entziehungsanspruchs mitveräußert werden muss (s. § 18 Rz. 9), die entsprechende Anwendung von Abs. 2 möglich und geboten sei.227 Erforderlich für die Bejahung einer entsprechenden Abwendungsbefugnis ist aber, dass der Grund für die Entziehung vollständig beseitigt wird. Übertragen auf den Fall einer Entziehung nach Maßgabe von § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 bedeutet das, dass der nicht störende Miteigentümer die Wirkungen des Entziehungsurteils bis zur Erteilung des Zuschlags dadurch abwenden kann, dass (kumulativ) (a) der Miteigentumsanteil des störenden Miteigentümers durch den nichtstörenden Miteigentümer oder einen nichtstörenden Dritten (z.B. einen Familienangehörigen) erworben wird, (b) der störende Miteigentümer dauerhaft und einschränkungslos aus der Anlage entfernt wird, indem ihm der Mitbesitzes an der Wohnung entzogen wird sowie ein uneingeschränktes Hausverbot gegen ihn ausgesprochen und dessen Durchsetzung gewährleistet wird und dass (c) der Wohnungseigentümergemeinschaft alle Kosten ersetzt werden, die dieser durch die Führung des Entziehungsrechtsstreits und die Durchführung eines Zwangsversteigerungsverfahrens zur Durchsetzung des Entziehungsanspruchs entstanden sind.228 Die Abwendungsbefugnis muss der nicht störende Miteigentümer entweder im Wege der Vollstreckungsgegenklage (s. Rz. 54) durchsetzen, im Rahmen der Entziehungsklage vortragen oder durch Widerklage feststellen lassen.229

VI. Vergleich (Abs. 3) 1. Allgemeines 55 Dieselben Wirkungen wie einem Urteil gem. Abs. 1 und Abs. 2230 kommt einem Vergleich zu,

der vor Gericht (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder vor einer eingerichteten oder anerkannten Gütestelle (§§ 794 Abs. 1 Nr. 1, 797a ZPO; § 15a Abs. 6 EGZPO) geschlossen wurde. Die eingerichteten und anerkannten Gütestellen ergeben sich aus dem Landesrecht (§ 15a Abs. 5 EGZPO).231 Die Behauptung, die Entziehung setze den Nachvollzug der Entziehungsgründe durch ein staatliches Gericht voraus,232 ist in dieser Pauschalität falsch. 223 Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 12; a.A. LG Berlin v. 24.11.2017 – 53 S 46/16, ZMR 2018, 246 (247). 224 Zustimmend Skauradszun in BeckOGK, § 19 WEG Rz. 25; ebenso LG Berlin v. 24.11.2017 – 53 S 46/16, ZMR 2018, 246 (247). 225 Zustimmend BGH v. 14.9.2018 – V ZR 138/17, NZM 2018, 1024 (1028) = ZMR 2019, 51 (55) = ZfIR 2019, 147 (152); hierzu Herget in Zöller, § 767 ZPO Rz. 12 „Erlöschen“. 226 Augustin in RGRK, § 19 WEG Rz. 10. 227 BGH v. 14.9.2018 – V ZR 138/17, NZM 2018, 1024 (1028) = ZMR 2019, 51 (55) = ZfIR 2019, 147 (151f.). 228 BGH v. 14.9.2018 – V ZR 138/17, NZM 2018, 1024 (1028) = ZMR 2019, 51 (55) = ZfIR 2019, 147 (151f.). 229 BGH v. 14.9.2018 – V ZR 138/17, NZM 2018, 1024 (1028) = ZMR 2019, 51 (55) = ZfIR 2019, 147 (151f.). 230 Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 19 WEG Rz. 18; Lüke in Weitnauer, § 19 WEG Rz. 10. 231 Vgl. Greger, NJW 2011, 1478 ff. 232 So aber Bruns/Hintzen, ZWE 2018, 73 (74).

606 | Heinemann

VI. Vergleich (Abs. 3) | Rz. 56 § 19

2. Landesrechtliche Gütestellen Bayern: Notare (Art. 5 Abs. 1 BaySchlG), von der Rechtsanwaltskammer zugelassene Rechts- 55a anwälte (Art. 5 Abs. 2 BaySchlG) und sonstige anerkannte Gütestellen (Art. 5 Abs. 3 S. 2 BaySchlG). Baden-Württemberg: die vom Präsidenten des LG anerkannten Gütestellen (§§ 22, 23 BadWürttAGGVG). Berlin: Schiedsamt (= von der Bezirksverordnetenversammlung gewählte Schiedspersonen, §§ 1 ff. BlnSchAG). Brandenburg: Schiedsstellen (= von der Gemeindevertretung gewählte Schiedspersonen, §§ 1 ff. BbgSchG) und sonstige anerkannte Gütestellen (§ 3 BbgSchlG). Hamburg: die Öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle (ÖRA), vgl. § 1 HbgÖRAG. Hessen: Schiedsamt (= von der Gemeindevertretung gewählte Schiedspersonen, §§ 1 ff. HessSchAG) oder sonstige eingerichtete oder anerkannte Gütestelle (§ 3 Abs. 1, § 6 Abs. 1 HessSchlichtG). Mecklenburg-Vorpommern: Schiedsstelle (= von der Gemeindevertretung gewählte Schiedspersonen, §§ 1 ff. SchStG M-V). Niedersachsen: Schiedsamt (= vom Rat der Gemeinde gewählte Schiedspersonen, §§ 1 NSchÄG); anerkannte Gütestellen (§§ 97 ff, JustizG Nds). Nordrhein-Westfalen: Schiedsamt (= vom Rat der Gemeinde gewählte Schiedspersonen, § 44 JustizG NRW i.V.m. §§ 1 ff. SchAG NRW) und sonstige zugelassene Gütestellen (§§ 45 ff. JustizG NRW). Rheinland-Pfalz: Schiedsamt (= auf Vorschlag der Gemeinde vom Amtsgerichtsdirektor ernannte Schiedspersonen, §§ 1 ff. SchO) oder andere anerkannte Gütestellen (§ 3 Abs. 1 S. 1 LSchG). Saarland: von den Orts- und Gemeinderäten gewählte Schiedspersonen (§§ 1 ff. SaarSchO) und sonstige anerkannte Gütestellen (§§ 37d ff. SaarAGJusG). Sachsen: Schiedsstellen (= die von den Gemeinderäten gewählten Friedensrichter, §§ 1 ff. SächsSchiedsGütStG) und sonstige anerkannte Gütestellen (§§ 55 ff. SächsSchiedsGütStG). Sachsen-Anhalt: Schiedsstellen (= von den Gemeinden gewählte Schiedspersonen, §§ 1 ff. SchiedsStellenG), Notare und Rechtsanwälte (§§ 34b, 34c SchiedsStellenG) sowie weitere anerkannte Gütestellen (§§ 40 ff. SchiedsStellenG). SchleswigHolstein: die allgemeinen Gütestellen (Rechtsanwälte sowie sonstige Gütestellen, die Streitbeilegungen betreiben, § 3 Nr. 1 LSchliG), Schiedsämter (= die von der Gemeindevertretung, den Amtsausschuss oder den Kreistag gewählten Schiedsfrauen und Schiedsmänner, §§ 1 ff. SchO, § 3 Nr. 2, § 5 LSchliG) und als anwaltliche Gütestellen anerkannte Rechtsanwälte (§ 3 Nr. 3, § 6 LSchliG). Thüringen: Schiedsstelle (= die vom Gemeinderat gewählten Schiedspersonen, §§ 1 ff. ThürSchStG).

3. Ausschluss sonstiger Vergleichstitel Da die Veräußerungsklage auch vor einem Schiedsgericht ausgetragen werden kann, steht 56 auch der schiedsrichterliche Vergleich einem gerichtlichen Urteil gleich.233 Aus einem notariellen Vergleich findet die Zwangsversteigerung hingegen nicht statt, da sich der ausgeschlossene Wohnungseigentümer nicht der sofortigen Vollstreckung hinsichtlich einer Willenserklärung (hier: Veräußerung) unterwerfen kann, vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO.234 Das Gleiche gilt für einen Anwaltsvergleich, vgl. § 796a Abs. 2 ZPO235 oder eine Mediationsvereinbarung, die ohnehin nicht vollstreckbar ist, da der seinerzeit vorgeschlagene § 796d ZPOE nicht verabschiedet worden ist.236

233 Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 19 WEG Rz. 19; Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 2; Suilmann in Bärmann, § 19 Rz. 26. 234 Ebenso Diester, § 19 WEG Rz. 10; Augustin in RGRK, § 19 WEG Rz. 13. 235 Skauradszun in BeckOGK, § 19 WEG Rz. 26; Augustin in RGRK, § 19 WEG Rz. 13; a.A. Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 19 WEG Rz. 19; Then in Spielbauer/Then, § 19 WEG Rz. 10; Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 13 unter evidenter Verkennung der Rechtslage. 236 Vgl. BT-Drucks. 17/5335, 7; BT-Drucks. 17/8058, 21.

Heinemann | 607

§ 19 Rz. 57 | Wirkung des Urteils

4. Abdingbarkeit 57 In ihren Tatbestandsvoraussetzungen ist die Vorschrift nicht abdingbar, es können also weder

die Zwangsversteigerung aus gerichtlichen oder vor Gütestellen geschlossenen Vergleichen ausgeschlossen werden237 noch andere Vollstreckungstitel geschaffen werden, vgl. §§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 796a Abs. 2 ZPO. Anstelle der Zwangsversteigerung nach dem ZVG kann freilich auch eine freiwillige Versteigerung vereinbart werden (s. sogleich Rz. 58).

VII. Abdingbarkeit, Übergangsrecht 1. Abdingbarkeit 58 Nach ganz herrschender Ansicht konnten § 19 Abs. 1 und 3 WEG a.F. nicht abbedungen oder

modifiziert werden, da es sich hierbei um Verfahrensvorschriften gehandelt haben soll,238 die nicht zur Disposition der Beteiligten standen239 bzw. die den ebenfalls nicht abdingbaren § 18 Abs. 1 ergänzten (vgl. § 18 Abs. 4 und die Kommentierung bei § 18 Rz. 43).240 An dieser Ansicht kann nach der Neufassung des § 19 Abs. 1 in dieser Allgemeinheit nicht festgehalten werden. Unabdingbar sind lediglich die Voraussetzungen für eine Entziehung des Wohnungseigentums. Es ist also nicht möglich, eine Entziehung ohne Vorliegen eines Titels nach Abs. 1 bzw. 3 oder darüber hinausgehende Titulierungen (z.B. in notariellen Urkunden oder Anwaltsvergleichen vgl. Rz. 56, 57) zu vereinbaren.241 59 Wegen der erheblichen Nachteile, die eine Zwangsversteigerung nach dem ZVG sowohl für

den ausgeschlossenen (Verschleuderungsgefahr) als auch die übrigen Wohnungseigentümer (Verzögerungsgefahr, Umgehungs- und Missbrauchsgefahr) mit sich bringt (s. oben Rz. 25 f., 29, 33, 35, 43, 47), muss man den Wohnungseigentümern aber das Recht zugestehen, eine von § 19 Abs. 1 abweichende Art der Veräußerung nach § 10 Abs. 2 Satz 2 zu vereinbaren.242 Die Gegenansicht übersieht, dass die Regeln des ZVG dadurch nicht etwa abbedungen werden (sie bleiben als ultima ratio natürlich weiterhin anwendbar), sondern nur subsidiäre Geltung erhalten.243 Angesichts der erheblichen Kosten und der langen Dauer, die eine Zwangsversteigerung mit sich bringt, ist eine solche Vereinbarung ratsam. Insbesondere kommt die Vereinbarung einer „freiwilligen Versteigerung“ durch einen Notar (vgl. § 20 Abs. 3 BNotO) in Betracht, wobei es die Wohnungseigentümer in der Hand haben, ob sie auf die bewährten §§ 53 ff. WEG a.F. bzw. die allgemeinen Verfahrensvorschriften der Landesgesetze (Art. 66 ff. PrFGG, Art. 93 ff. HessFGG a.F und §§ 58 ff. JustizG Nds) Bezug nehmen oder das Versteigerungsverfahren in Anlehnung an diese Vorschriften selbst ausgestalten.244 Denkbar wäre auch, dem rechtsfähigen Verband – wie im Gesellschaftsrecht – für den Fall, dass ein Einziehungs-

237 Zustimmend Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 11. 238 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 19 WEG Rz. 26; Riecke in Riecke/Schmid, § 19 WEG Rz. 16; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 19 WEG Rz. 7; Augustin in RGRK, § 19 WEG Rz. 14; Stürner in Soergel, BGB, § 19 WEG Rz. 5; Lüke in Weitnauer, § 19 WEG Rz. 10. 239 Riecke in Riecke/Schmid, § 19 WEG Rz. 16; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 19 WEG Rz. 7. 240 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 19 WEG Rz. 26; Lüke in Weitnauer, § 19 WEG Rz. 10. 241 S. hierzu Heinemann, MietRB 2012, 29. 242 Ausführlich Heinemann, MietRB 2012, 29 (31 f.); zustimmend Hügel/Elzer, § 19 Rz. 12; Bruns/Hintzen, ZWE 2018, 73 (75); a.A. Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 19 WEG Rz. 13; Suilmann in Bärmann, § 19 Rz. 27; Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 415. 243 Unzutreffend deshalb Bonifacio in Bärmann/Seuß, 6. Aufl., F Rz. 415; Müller in Bärmann/Seuß, 7. Aufl., § 84 Rz. 78; Schneider, NZM 2014, 498 (501). 244 Zustimmend Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 11.

608 | Heinemann

VII. Abdingbarkeit, Übergangsrecht | Rz. 61 § 19

urteil vorliegt, ein Vorkaufs- oder Ankaufsrecht einzuräumen,245 wobei in diesem Fall aber besonderes Augenmerk auf die Vereinbarung einer angemessenen Gegenleistung zu richten sein wird. Haben die Wohnungseigentümer eine vom Zwangsversteigerungsverfahren abweichende Entziehung vereinbart, so ersetzt das Veräußerungsurteil (wie nach alter Rechtslage, vgl. § 894 ZPO) alle für die Veräußerung erforderlichen Willens- und Verfahrenserklärungen des ausgeschlossenen Wohnungseigentümers (also insbesondere Auflassung, Bewilligung etc.).246 In diesem Fall kann der Anspruch der anderen Wohnungseigentümer auch – wie bisher – mittels Eintragung einer Vormerkung (§ 895 ZPO) oder eines Verfügungs-/Belastungsverbots (§§ 936, 920 Abs. 2 ZPO) abgesichert werden.247 Auf das Erfordernis eines zumindest vorläufig vollstreckbaren Veräußerungsurteils oder einer einstweiligen Verfügung kann jedoch für die Eintragung der Vormerkung nicht verzichtet werden.248 Die Bestimmungen des Abs. 2 können auch nach der Reform im Wege der Vereinbarung 60 nach § 10 Abs. 2 Satz 2 abgeändert und sogar ganz abbedungen werden,249 da sie den materiellen Entziehungsanspruch betreffen und den ebenfalls dispositiven § 18 Abs. 2 Nr. 2 ergänzen.250 Dies entspricht der schon bislang herrschenden Ansicht.251

2. Übergangsrecht Als Übergangsvorschrift bestimmt § 62 Abs. 1, dass die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des 61 Reformgesetzes bereits nach § 53 Abs. 1 WEG a.F. beantragten Verfahren noch nach den alten Verfahrensvorschriften durchzuführen sind.252 Hierzu zählt aber nicht die Ausübungsbefugnis des § 18 Abs. 1 Satz 2, die auch für Altverfahren in ihrer Neufassung Anwendung findet.253 Es besteht daher nicht die Alternative, den beim Notar gestellten Antrag zurückzunehmen und aus dem Veräußerungsurteil die Zwangsversteigerung nach dem ZVG zu beantragen.254 Nach hier vertretener Ansicht ist aber schon aus Kosten- und Effizienzgesichtspunkten in jedem Fall von einer Zwangsversteigerung nach dem ZVG abzuraten (s. Rz. 6, 59).

245 Bärmann/Pick, § 18 WEG Rz. 21; Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 18 WEG Rz. 77; Augustin in RGRK, § 18 WEG Rz. 4; § 19 WEG Rz. 11; Stürner in Soergel, BGB, § 18 WEG Rz. 7. 246 Pick in Bärmann, 12. Aufl., § 19 WEG Rz. 19. 247 Hogenschurz in Timme, § 19 WEG Rz. 3; a.A. Then in Spielbauer/Then, § 19 WEG Rz. 4; vgl. zur alten Rechtslage KG OLGZ 1979, 146 = MDR 1979, 218 = Rpfleger 1979, 198; Götte, BWNotZ 1992, 105 (107); Heil, MittRhNotK 1999, 73 (88 f.) m.w.N. 248 Skauradszun in BeckOGK, § 19 WEG Rz. 6.2; a.A. Schmidberger, ZMR 2012, 168 (170). 249 Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 19 WEG Rz. 7; Then in Spielbauer/Then, § 19 WEG Rz. 11; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 19 WEG Rz. 12. 250 Riecke in Riecke/Schmid, § 19 WEG Rz. 16; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 19 WEG Rz. 16; Lüke in Weitnauer, § 19 WEG Rz. 10. 251 Hügel/Elzer, § 19 WEG Rz. 12; Riecke in Riecke/Schmid, § 19 WEG Rz. 16; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 19 WEG Rz. 12; Augustin in RGRK, § 19 WEG Rz. 14; Kreuzer in Staudinger, BGB, 2005, § 19 WEG Rz. 16; Lüke in Weitnauer, § 19 WEG Rz. 10; einzig anderer Ansicht sind Bruns/Hintzen, ZWE 2018, 73 (75) mit unzutreffender Berufung auf Wicke in Palandt, § 19 WEG Rz. 3. 252 Röll/Sauren, Handbuch für Wohnungseigentümer und Verwalter, Rz. 842, 848. 253 OLG München v. 28.1.2008 – 34 Wx 77/07, NZM 2008, 169 (171) = ZMR 2008, 412 (413). 254 Heinemann in NK/BGB, § 62 WEG Rz. 1.

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3. Abschnitt Verwaltung

§ 20 Gliederung der Verwaltung (1) Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt den Wohnungseigentümern nach Maßgabe der §§ 21 bis 25 und dem Verwalter nach Maßgabe der §§ 26 bis 28, im Falle der Bestellung eines Verwaltungsbeirats auch diesem nach Maßgabe des § 29. (2) Die Bestellung eines Verwalters kann nicht ausgeschlossen werden. I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Organe der Verwaltung . . . . . . . . . . . . .

1 2 5

IV. Unabdingbarkeit des Verwalters (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Der Notverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Der Wohnungseigentümer als Notgeschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . .

10 15 16

Schrifttum: Abramenko, Parteien und Zustandekommen des Verwaltervertrags nach der neuen Rechtsprechung zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, ZMR 2006, 6; Giesen, Die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümer durch den Verwalter, DWE 1993, 130; Jennißen, Auswirkungen der Rechtsfähigkeit auf die innergemeinschaftlichen Beziehungen der Wohnungseigentümer, NZM 2006, 203; Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter, 2. Aufl. 2010; Kümmel, Der einstimmige Beschluss als Regelungsinstrument der Wohnungseigentümer, ZWE 2001, 52; Merle, Organbefugnisse und Organpflichten des Verwalters bei Passivprozessen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, ZWE 2006, 21; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 6. Aufl. 2015; Wenzel, Die Wohnungseigentümergemeinschaft – ein janusköpfiges Gebilde aus Rechtssubjekt und Miteigentümergemeinschaft?, NZM 2006, 321.

I. Überblick 1 § 20 leitet den 3. Abschnitt des Gesetzes ein, der mit „Verwaltung“ überschrieben ist. In Abs. 1

werden die Organe vorgestellt und auf die die Aufgaben definierenden Vorschriften verwiesen. Insoweit handelt es sich nur um eine Verweisungsvorschrift. Abs. 2 hat hingegen materiellrechtliche Bedeutung.1

II. Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums 2 Abs. 1 stellt zunächst klar, dass die Verwaltung des Sondereigentums keine Angelegenheit der

Eigentümergemeinschaft ist. Was Gemeinschafts- und was Sondereigentum ist, bestimmt sich nach § 5 und kann im Einzelfall durchaus streitig sein (vgl. hierzu oben § 5 Rz. 9 ff., 22 ff., 61 ff.). Zum gemeinschaftlichen Eigentum zählt nicht das Verbandsvermögen,2 das in § 10 Abs. 7 näher definiert wird. 3 Wenn Sondereigentum betroffen ist, für das die Verwaltung grundsätzlich nicht zuständig ist,

so können sich dennoch Berührungspunkte zum Gemeinschaftseigentum ergeben, die eine Handlungskompetenz und eine Handlungspflicht begründen. Bei Abgrenzungsschwierigkeiten ist im Zweifel von Gemeinschaftseigentum auszugehen, sodass die Handlungspflicht zur 1 So auch Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 20 WEG Rz. 1. 2 Merle in Bärmann, § 20 WEG Rz. 3; Elzer in BeckOK, § 20 WEG Rz. 4.

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III. Organe der Verwaltung | Rz. 6 § 20

Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums immer dann entsteht, wenn nicht auszuschließen ist, dass ein Schaden am Sondereigentum seine Ursache im Gemeinschaftseigentum haben kann.3 Grundsätzlich können die Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 3 bestimmen, welche Maß- 4 nahmen zur ordnungsmäßigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gehören. Lediglich dann, wenn die Wohnungseigentümer eine gesetzlich erforderliche Maßnahme nicht treffen, kann das Gericht in Ermangelung anderweitiger Regelungen nach entsprechendem Antrag über die erforderliche Maßnahme nach billigem Ermessen entscheiden, § 21 Abs. 8.

III. Organe der Verwaltung Abs. 1 verdeutlicht, dass es im Zusammenhang mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen 5 Eigentums insgesamt drei Organe gibt, nämlich die Gesamtheit der Wohnungseigentümer, den Verwalter und den Verwaltungsbeirat. Da die Gesamtheit der Wohnungseigentümer ihren Willen in Versammlungen bildet, ist richtigerweise die Eigentümerversammlung als das dritte neben Verwalter und Beirat bestehende Organ anzusehen.4 Die Aufgaben verteilen sich dabei derart, dass die Gesamtheit der Wohnungseigentümer das weisungsbefugte Organ ist, das seine Willensbildung in der Eigentümerversammlung durchführt. Demgegenüber ist der Verwalter das ausführende Organ und der Beirat das beratende und überwachende. Die Organschaft ist somit eine dreigliedrige, wobei der Beirat als einziges Organ abdingbar und in seiner Funktion das schwächste ist. Der Verwalter ist nicht an die Weisungen eines einzelnen Wohnungseigentümers gebunden. Er muss nur Weisungen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer befolgen, die entsprechende Beschlüsse erfordern. Dabei muss der Verwalter nur sehr eingeschränkt eine eigene Wertung vornehmen, ob der Beschluss wirksam ist. Fehlerhafte Beschlüsse sind gem. § 23 Abs. 4 S. 2 solange gültig, bis sie durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt werden. Somit hat sie der Verwalter bis dahin zu befolgen. Nichtige Beschlüsse sind hingegen nicht auszuführen,5 was allerdings eine zum Teil schwierige Wertung durch den Verwalter voraussetzt (s.o. § 27 Rz. 10). Trotz der Neuregelung in § 27 stehen dem Verwalter weiterhin nur partielle Befugnisse zu. 6 Anders als im Gesellschaftsrecht ist er nicht das zentrale Organ des Verbands. Wohnungseigentumsrechtlich sind vielmehr die Machtstrukturen so geregelt, dass die letzte Entscheidungskompetenz nahezu ausschließlich bei den Wohnungseigentümern im Rahmen der Eigentümerversammlung liegt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz stellt lediglich § 27 Abs. 4 auf, wonach die Befugnisse des Verwalters gem. § 27 Abs. 1–3 nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden können. Abgesehen von dieser die Aufgaben des Verwalters festschreibenden Regelung ist der Verwalter nur das ausführende Organ. Die Eigentümerversammlung entscheidet, der Verwalter führt aus und der Beirat beaufsichtigt die Tätigkeiten des Verwalters. Als ausführendes Organ ist der Verwalter nicht gleichzeitig Aufsichtsorgan der Wohnungseigentümer6 und auch nicht wie ein Richter zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses legitimiert. Da die Wohnungseigentümer nach dem Wortlaut der Vorschrift auch nach Bestellung eines Verwalters in der eigenen Verwaltungsverantwortung bleiben, haben sie auch grundsätzlich das Risiko unwirksamer Beschlüsse selbst zu tragen. § 49 Abs. 2 WEG stellt insoweit eine Ausnahmevorschrift dar, die eng auszulegen ist.

3 OLG München v. 15.5.2006 – 34 Wx 156/05, ZMR 2006, 716 = DWE 2006, 107 = MietRB 2006, 217; LG München I v. 15.10.2012 – 1 S 26801/11, MietRB 2013, 179 = ZMR 2013, 657. 4 S. Jennißen in Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter, Rz. 2; Sauren, § 20 WEG Rz. 3. 5 So auch Becker in Bärmann, § 27 WEG Rz. 15; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 27 WEG Rz. 4. 6 AG Oberhausen v. 22.12.2009 – 34 C 55/09, ZMR 2011, 76.

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§ 20 Rz. 7 | Gliederung der Verwaltung 7 Der Beirat ist wesentlich schwächer ausgeprägt als der im Aktienrecht vorgesehene Aufsichts-

rat. Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft ist zwingend, während wohnungseigentumsrechtlich der Beirat fakultativ eingerichtet werden kann.7 8 Der Verwalter muss nicht und sollte wegen seiner Neutralitätspflicht (s.u. § 10 Rz. 98) auch

nicht selbst Wohnungseigentümer sein, sodass grundsätzlich von einer Fremdorganschaft auszugehen ist.8 9 Seit der Rechtsfähigkeitsentscheidung des BGH9 ist streitig, wie die Rechtsbeziehung des Ver-

walters zum rechtsfähigen Verband einerseits und zu der Summe der Wohnungseigentümer andererseits zu definieren ist.10 § 27 Abs. 1 spricht nun in der seit 2007 geltenden Fassung von der doppelten Geschäftsführungsaufgabe des Verwalters für den Verband und für die Wohnungseigentümer. In § 27 Abs. 2 wird die Vertretungsmacht des Verwalters für die Wohnungseigentümer und in § 27 Abs. 3 die Vertretungsmacht für den rechtsfähigen Verband definiert. Der Verwalter hat danach einen doppelten Aufgabenkreis zu erledigen. Er erfüllt eine Doppelfunktion.11 In der Begründung der Novelle durch die Bundesregierung heißt es hierzu, dass der Verwalter das Organ der Gemeinschaft und der Vertreter der Wohnungseigentümer sei.12

IV. Unabdingbarkeit des Verwalters (Abs. 2) 10 Nach § 20 Abs. 2 kann die Bestellung eines Verwalters nicht ausgeschlossen werden. Ein Aus-

schluss ist sowohl durch Beschluss13 als auch durch Vereinbarung14 unzulässig. Aus dem Verbot folgt jedoch nicht die Verpflichtung, einen Verwalter zu bestellen.15 Es wird also zwischen Bestellungsausschluss und Verpflichtung zur Bestellung differenziert. 11 Bestellen die Wohnungseigentümer keinen Verwalter, so vertreten alle Wohnungseigentümer

die Gemeinschaft, § 27 Abs. 3 Satz 2. Dann hat die Eigentümergemeinschaft zwar kein Organ bestellt, die Wohnungseigentümer handeln aber gemeinsam. 12 Da die Bestellung eines Verwalters nicht ausgeschlossen werden kann, kann bei Fehlen eines

Verwalters jeder Wohnungseigentümer jederzeit die Verwalterbestellung verlangen. Verweigern sich die übrigen Wohnungseigentümer diesem Verlangen, kann auf entsprechenden Antrag hin ein Verwalter gerichtlich bestellt werden. Der Anspruch auf Verwalterbestellung unterliegt weder der Verwirkung noch der Verjährung.16 12a Der Gesetzgeber hat zwar die frühere Regelung in § 26 Abs. 3, wonach bei Fehlen eines Ver-

walters in dringenden Fällen ein Notverwalter bestellt werden konnte, aufgehoben. Dies besagt aber nicht, dass das Gericht keinen ordnungsgemäßen Verwalter bestellen könne, wie 7 Vgl. hierzu auch Jennißen in Jennißen/Schmidt, WEG-Verwalter, Rz. 5 ff. 8 Merle, ZWE 2006, 21; Jennißen in Jennißen/Schmidt, WEG-Verwalter, Rz. 3. 9 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 f. (237) = ZMR 2005, 547 = DWE 2005, 134 = NJW 2005, 2061 = NZM 2005, 543. 10 Vgl. hierzu Hügel, DNotZ 2005, 753 (764); Jennißen, NZM 2006, 203; Wenzel, NZM 2006, 321; Abramenko, ZMR 2006, 6. 11 Jennißen in Jennißen/Schmidt, WEG-Verwalter, Rz. 10 ff. 12 BR-Drucks. 397/05 in Bärmann/Pick, WEG, Ergänzungsband zur 17. Aufl., S. 178. 13 Merle in Bärmann, § 20 WEG Rz. 13; Giesen, DWE 1993, 130 (136). 14 BayObLG WE 1990, 67; LG Hannover DWE 1983, 124; Merle in Bärmann, § 20 WEG Rz. 13; Lüke in Weitnauer, § 20 WEG Rz. 2; Jacoby in Staudinger, BGB, § 20 WEG Rz. 29a; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 20 WEG Rz. 8; Elzer in BeckOK, § 20 WEG Rz. 25. 15 Merle in Bärmann, § 20 WEG Rz. 14; Sauren, § 20 WEG Rz. 4; Jacoby in Staudinger, BGB, § 20 WEG Rz. 7. 16 LG Hamburg v. 23.5.2012 – 318 S 198/11, MietRB 2013, 50 = ZMR 2012, 889.

612 | Jennißen

V. Der Notverwalter | Rz. 15 § 20

§ 21 Abs. 8 jetzt verdeutlicht. Anspruchsgrundlage ist § 21 Abs. 4 WEG, da die Bestellung eines (professionellen) Verwalters i.d.R. ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.17 Das Gericht kann dann einen Verwalter bestellen, wenn die Wohnungseigentümer sich beispielsweise aufgrund einer Pattsituation nicht auf einen Verwalter verständigen können. Eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung, dass vorläufig kein Verwalter bestellt werden soll, 13 ist unwirksam.18 Ebenso sind alle Vereinbarungen nichtig, die die Verwalterbestellung behindern. Hierunter zählen die Fälle, dass die Verwalterwahl von einer qualifizierten Mehrheit oder der Zustimmung eines Dritten abhängig gemacht wird.19 Ebenso ist von Nichtigkeit auszugehen, wenn das Vorschlagsrecht einem eingeschränkten Personenkreis überlassen wird. Dies beeinträchtigt die freie Wahl und die uneingeschränkte Ermessensausübung. Solange kein Verwalter als Organ vorhanden ist, müssen die Wohnungseigentümer im Au- 14 ßenverhältnis gemeinsam den Verband vertreten. Sie können alternativ dazu beschließen, einzelne Wohnungseigentümer mit der Vertretung zu bevollmächtigen, § 27 Abs. 3 Satz 2. Für die Annahme, dass für solche Verwaltungsentscheidungen bei Fehlen eines Verwalters grundsätzlich einstimmige Beschlüsse erforderlich seien,20 besteht keine Veranlassung. Die Qualität des Beschlusses wird keine andere, nur weil im Außenverhältnis dieser Beschluss nicht von einem Verwalter, sondern von einem oder mehreren Wohnungseigentümern umzusetzen ist. Da die Vertretung des Verbandes durch Dritte nicht vorgesehen ist, wäre ein entsprechender Beschluss nichtig.21 Der Wortlaut des Abs. 2 verdeutlicht, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft immer nur einen Verwalter haben kann. Auch bei einer Mehrhausanlage mit Untergemeinschaften besteht keine Beschlusskompetenz, mehrere Verwalter zu wählen.22

V. Der Notverwalter Ein Notverwalter ist trotz Wegfalls von § 26 Abs. 3 a.F. nicht ausgeschlossen.23 Er kommt 15 dann in Betracht, wenn eine ganz bestimmte Maßnahme keinen Aufschub duldet. Das Gericht legitimiert den zu bestellenden Verwalter nur für diese Maßnahme, so dass sein Amt hierauf beschränkt bleibt. Verfahrensrechtlich ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendig, der im laufenden Verfahren gestellt werden kann.24 Als Verfügungsgrund ist eine Eilbedürftigkeit im Sinne einer Maßnahme darzulegen, die keinen Aufschub duldet und im Namen der Eigentümergemeinschaft in Auftrag gegeben werden muss. Zu berücksichtigen bleibt aber die Kompetenz jeden Wohnungseigentümers, nach § 21 Abs. 2 Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ergreifen zu können, was für eine restriktive Anwendung einstweiliger Verfügungen spricht (s.u. § 26 Rz. 49). Wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Bestellung eines Notverwalters in einem Klageverfahren auf Abberufung des bestellten Verwalters gestellt, ist der Antrag als Vorwegnahme der Hauptsache hingegen unzulässig (s.u.

17 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, MDR 2011, 1032 = MietRB 2011, 282 = ZWE 2011, 356. 18 S. auch Merle in Bärmann, § 20 WEG Rz. 13; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 20 WEG Rz. 3; a.A. Lüke in Weitnauer, § 20 WEG Rz. 4. 19 BayObLG v. 20.7.1995 – 2Z BR 49/95, WuM 1996, 497; WE 1994, 154 = DWE 1995, 154; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 97. 20 So Kümmel, ZWE 2001, 52; unklar Merle in Bärmann, § 20 WEG Rz. 16. 21 Merle in Bärmann, § 20 WEG Rz. 16 . 22 LG Düsseldorf v. 22.10.2009 – 19 S 40/09, MietRB 2010, 205; LG Nürnberg-Fürth v. 23.9.2009 – 14 S 1754/09, ZMR 2010, 315; LG Hamburg v. 23.5.2012 – 318 S 198/11, MietRB 2013, 50 = ZWE 2013, 34. 23 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, MDR 2011, 1032 = MietRB 2011, 282 = ZWE 2011, 356. 24 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, MDR 2011, 1032 = MietRB 2011, 282 = ZWE 2011, 356.

Jennißen | 613

§ 20 Rz. 15 | Gliederung der Verwaltung § 26 Rz. 78).25 Stattdessen könnte das Gericht auf entsprechenden Antrag hin dem noch im Amt befindenden Verwalter bestimmte Handlungspflichten aufgeben. Die Verwalterlosigkeit genügt als Verfügungsgrund alleine nicht. Die Abwendung eines wesentlichen Nachteils muss im Raum stehen.26 Das Institut des Notverwalters kommt nicht für die allgemeine Verwaltung des Objekts und somit erst recht nicht für einen Zeitraum in Betracht, auch nicht bis zur Neuwahl.27 Hierfür steht ein Antrag nach § 21 Abs. 8 zur Verfügung (s.o. § 21 Rz. 158 ff.).

VI. Der Wohnungseigentümer als Notgeschäftsführer 16 Der einzelne Wohnungseigentümer kann nur wirksam handeln, wenn er durch Beschluss be-

vollmächtigt wurde oder eine Notmaßnahme zu ergreifen ist. Eine Notmaßnahme setzt einen am Gemeinschaftseigentum unmittelbar drohenden Schaden voraus. Es genügt anders als beim Verwalter keine bloße Dringlichkeit, was aus § 21 Abs. 2 WEG folgt. Es muss eine Gefahrensituation vorliegen, die ein Handeln unaufschiebbar macht. An die allgemeine Handlungsvollmacht des einzelnen Wohnungseigentümers sind strenge Anforderungen zu stellen, da auch für die Gefahrenabwehr zunächst der Verwalter zuständig ist. Ist kein Verwalter bestellt, dieser nicht erreichbar oder verweigert er die notwendige Handlung, kann eine Notgeschäftsführungsberechtigung des einzelnen Wohnungseigentümers in Betracht kommen. Dieser darf aber immer nur die Gefahrenabwehr und nicht die Beseitigung des Mangels selbst betreiben. Die Aufwendungsersatzansprüche des Notgeschäftsführers sind zunächst nicht gegen die übrigen Wohnungseigentümer, sondern gegen den Verband zu richten,28 und zwar ohne Abzug des eigenen Anteils (s.o. § 21 Rz. 30).29 Dennoch ist nicht zu verkennen, dass auf der nächsten Stufe der Innenausgleich nach § 16 Abs. 2 anteilig erfolgt.

§ 21 Verwaltung durch die Wohnungseigentümer (1) Soweit nicht in diesem Gesetz oder durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer etwas anderes bestimmt ist, steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind. (3) Soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt ist, können die Wohnungseigentümer eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen. (4) Jeder Wohnungseigentümer kann eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. A.A. BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, MDR 2011, 1032 = MietRB 2011, 282 = ZWE 2011, 356. LG Berlin v. 31.1.2012 – 85 T 31/12, ZMR 2012, 569. Teilweise a.A. AG Bonn v. 21.12.2012 – 27 C 99/12, ZMR 2013, 383. OLG München v. 15.1.2008 – 32 Wx 129/07, MietRB 2008, 143 = NZM 2008, 215; OLG Hamm v. 8.10.2007 – 15 W 385/06, MDR 2008, 558 = ZMR 2008, 230; AG Charlottenburg v. 15.6.2011 – 72 C 141/10, MietRB 2011, 356. 29 Häublein, ZWE 2008, 410 (413); Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 21. 25 26 27 28

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§ 20 Rz. 15 | Gliederung der Verwaltung § 26 Rz. 78).25 Stattdessen könnte das Gericht auf entsprechenden Antrag hin dem noch im Amt befindenden Verwalter bestimmte Handlungspflichten aufgeben. Die Verwalterlosigkeit genügt als Verfügungsgrund alleine nicht. Die Abwendung eines wesentlichen Nachteils muss im Raum stehen.26 Das Institut des Notverwalters kommt nicht für die allgemeine Verwaltung des Objekts und somit erst recht nicht für einen Zeitraum in Betracht, auch nicht bis zur Neuwahl.27 Hierfür steht ein Antrag nach § 21 Abs. 8 zur Verfügung (s.o. § 21 Rz. 158 ff.).

VI. Der Wohnungseigentümer als Notgeschäftsführer 16 Der einzelne Wohnungseigentümer kann nur wirksam handeln, wenn er durch Beschluss be-

vollmächtigt wurde oder eine Notmaßnahme zu ergreifen ist. Eine Notmaßnahme setzt einen am Gemeinschaftseigentum unmittelbar drohenden Schaden voraus. Es genügt anders als beim Verwalter keine bloße Dringlichkeit, was aus § 21 Abs. 2 WEG folgt. Es muss eine Gefahrensituation vorliegen, die ein Handeln unaufschiebbar macht. An die allgemeine Handlungsvollmacht des einzelnen Wohnungseigentümers sind strenge Anforderungen zu stellen, da auch für die Gefahrenabwehr zunächst der Verwalter zuständig ist. Ist kein Verwalter bestellt, dieser nicht erreichbar oder verweigert er die notwendige Handlung, kann eine Notgeschäftsführungsberechtigung des einzelnen Wohnungseigentümers in Betracht kommen. Dieser darf aber immer nur die Gefahrenabwehr und nicht die Beseitigung des Mangels selbst betreiben. Die Aufwendungsersatzansprüche des Notgeschäftsführers sind zunächst nicht gegen die übrigen Wohnungseigentümer, sondern gegen den Verband zu richten,28 und zwar ohne Abzug des eigenen Anteils (s.o. § 21 Rz. 30).29 Dennoch ist nicht zu verkennen, dass auf der nächsten Stufe der Innenausgleich nach § 16 Abs. 2 anteilig erfolgt.

§ 21 Verwaltung durch die Wohnungseigentümer (1) Soweit nicht in diesem Gesetz oder durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer etwas anderes bestimmt ist, steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind. (3) Soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt ist, können die Wohnungseigentümer eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen. (4) Jeder Wohnungseigentümer kann eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. A.A. BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, MDR 2011, 1032 = MietRB 2011, 282 = ZWE 2011, 356. LG Berlin v. 31.1.2012 – 85 T 31/12, ZMR 2012, 569. Teilweise a.A. AG Bonn v. 21.12.2012 – 27 C 99/12, ZMR 2013, 383. OLG München v. 15.1.2008 – 32 Wx 129/07, MietRB 2008, 143 = NZM 2008, 215; OLG Hamm v. 8.10.2007 – 15 W 385/06, MDR 2008, 558 = ZMR 2008, 230; AG Charlottenburg v. 15.6.2011 – 72 C 141/10, MietRB 2011, 356. 29 Häublein, ZWE 2008, 410 (413); Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 21. 25 26 27 28

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Verwaltung durch die Wohnungseigentümer | Rz. 16 § 21

(5) Zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung gehört insbesondere: 1. die Aufstellung einer Hausordnung; 2. die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums; 3. die Feuerversicherung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Neuwert sowie die angemessene Versicherung der Wohnungseigentümer gegen Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht; 4. die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung; 5. die Aufstellung eines Wirtschaftsplans (§ 28); 6. die Duldung aller Maßnahmen, die zur Herstellung einer Fernsprechteilnehmereinrichtung, einer Rundfunkempfangsanlage oder eines Energieversorgungsanschlusses zugunsten eines Wohnungseigentümers erforderlich sind.

(6) Der Wohnungseigentümer, zu dessen Gunsten eine Maßnahme der in Absatz 5 Nr. 6 bezeichneten Art getroffen wird, ist zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. (7) Die Wohnungseigentümer können die Regelung der Art und Weise von Zahlungen, der Fälligkeit und der Folgen des Verzugs sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand mit Stimmenmehrheit beschließen. (8) Treffen die Wohnungseigentümer eine nach dem Gesetz erforderliche Maßnahme nicht, so kann an ihrer Stelle das Gericht in einem Rechtsstreit gemäß § 43 nach billigem Ermessen entscheiden, soweit sich die Maßnahme nicht aus dem Gesetz, einer Vereinbarung oder einem Beschluss der Wohnungseigentümer ergibt. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundsatz der gemeinschaftlichen Verwaltung (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . III. Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ansprüche und Rechte aus Erwerbsund Errichtungsverträgen . . . . . . . . . . . a) Mängel des Sondereigentums . . . . . . b) Mängel des Gemeinschaftseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Primäre Mängelrechte . . . . . . . . . . . . d) Sekundäre Mängelrechte . . . . . . . . . . e) Besonderheiten bei Rückabwicklungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . f) Abnahme des Gemeinschaftseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Gerichtliche Geltendmachung von Mängelrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstige Ansprüche und Rechte gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragliche Ansprüche . . . . . . . . . . . b) Verträge einzelner Wohnungseigentümer im Interesse der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesetzliche Ansprüche . . . . . . . . . . .

1 3 6 6 7 7 8 11 12

4. IV. 1. 2. 3. 4. 5.

13 15 16 17 17 18 19

V. 1. 2.

3.

d) Individualansprüche, insbesondere Abwehr- und Unterlassungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansprüche und Rechte im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltung im Notfall durch einzelnen Wohnungseigentümer (Abs. 2) . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorliegen einer Notlage . . . . . . . . . . . . . Zulässige Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . Keine Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . Ausgleichsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . a) Anspruchsgrundlage . . . . . . . . . . . . . b) Anspruchsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlende Beschlusskompetenz . . . . . . . a) Sondereigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinbarungsändernde Beschlüsse . Ordnungsmäßige Verwaltung . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20 21 22 22 23 24 27 28 28 29 30 31 32 32 33 33 34 36 36

Heinemann | 615

§ 21 Rz. 16 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer

4. 5. VI. 1. 2. 3. 4. 5. VII.

1.

2.

3. VIII. 1. 2.

3.

b) Beurteilungsspielraum der Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bestimmtheit der Maßnahme . . . . . . d) Zweitbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlusswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mögliche Beschlussgegenstände . . . . . . Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anspruchsberechtigte und Anspruchsverpflichtete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwirkung oder Einschränkung des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchsetzung des Anspruchs . . . . . . . . Ersatzanspruch bei Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatzanspruch für unterlassene/verzögerte Beschlussfassung . . . . . a) Verletzung der Treuepflicht als Anspruchsgrundlage . . . . . . . . . . . . . b) Anspruchsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . c) Treuepflichtverletzung . . . . . . . . . . . . d) Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatzanspruch für unzureichende Beschlussumsetzung . . . . . . . . . a) Anspruchsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Ausgleichsansprüche . . . . . . . . Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufstellung einer Hausordnung (Nr. 1) a) Aufstellung durch Beschluss oder Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auslegung bei Zweifeln über die Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Delegation der Aufstellungsbefugnis d) Rechtswirkung gegenüber Dritten . . e) Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Begründung von Leistungs- und Unterlassungspflichten . . . . . . . . . . . g) Ordnungsmäßige Ausgestaltung von Leistungs- und Unterlassungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Sanktionen bei Verstößen gegen die Hausordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Beispiele für Gegenstände der Hausordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (Nr. 2) .

616 | Heinemann

37 37a 38 39 40 41 41 42 43 44 45

48 48 48 48a 48d 48e 48g 48g 48i 49 50 50 50a 51 52 53 54 55 56 58 61 62 63

a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 b) Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung . . . . . . . . . . . . . . 64a aa) Begriff der Instandhaltung . . . . 65 bb) Begriff der Instandsetzung . . . . 66 cc) Erstmalige Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums . . . 67 dd) Beachtung und Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften 68 ee) Beispiele für zulässige Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 ff) Modernisierende Instandsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 c) Aufgaben und Befugnisse des Verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 d) Grundlagenbeschluss der Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . 72a e) Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 f) Delegation der Entscheidungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 g) Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 75 bb) Beurteilungsspielraum der Wohnungseigentümer . . . . . . . . 76 cc) Erfordernis einer KostenNutzen-Analyse . . . . . . . . . . . . . 77 h) Folgenbeseitigung . . . . . . . . . . . . . . . 78a i) Besonderheiten bei vermieteten Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4. Abschluss von Versicherungen (Nr. 3) . 80 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Umfang der Versicherung . . . . . . . . . 81 c) Aufgaben und Befugnisse des Verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 d) Feuerversicherung . . . . . . . . . . . . . . . 83 e) Haftpflichtversicherung . . . . . . . . . . 84 f) Sonstige Versicherungen . . . . . . . . . . 85 g) Pflichtverletzung von Wohnungseigentümern und Veräußerung des Sondereigentums . . . . . . . . . . . . . . . . 86 5. Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung (Nr. 4) . . . 87 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 b) Inhaber der Rückstellung . . . . . . . . . 88 c) Anspruchinhaber und Verwaltung der Rückstellung . . . . . . . . . . . . . . . . 89 d) Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 e) Höhe und Aufbringung der Rückstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 f) Erhebung einer Sonderumlage . . . . . 95 g) Entnahmen aus und Auflösung der Rückstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 h) Zweckänderung der Rückstellung . . 97

Verwaltung durch die Wohnungseigentümer | Rz. 16 § 21 6. Aufstellung eines Wirtschaftsplans (Nr. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 7. Maßnahmen zur Herstellung von Telekommunikations-, Energieversorgungsund Rundfunkempfangsanlagen (Nr. 6 und Abs. 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Umfang der Beschlusskompetenz . . . 102 c) Ersatzanspruch der beeinträchtigten Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . 103 d) Vertretungsmacht des Verwalters . . . 104 8. Weitere, gesetzlich nicht geregelte Einzelfälle ordnungsmäßiger Verwaltung . . 105 a) Abschluss von Rechtsgeschäften . . . . 105 b) Aufnahme von Krediten, sonstige kostenintensive Maßnahmen . . . . . . 106 c) Gerichtliche und außergerichtliche Anspruchsdurchsetzung . . . . . . . . . . 107 d) Maßnahmen zur Verkehrssicherung 109 e) Einrichtung von Sicherungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 f) Soziale Veranstaltungen . . . . . . . . . . .110b g) Bestellung, Abberufung und Entlastung des Verwalters . . . . . . . . . . . . . . 111 IX. Zahlungsmodalitäten und besondere Kostentragungspflichten (Abs. 7) . . . . 112 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 2. Art und Weise von Zahlungen . . . . . . . . 113 3. Fälligkeit von Zahlungen . . . . . . . . . . . . 114 4. Verzugsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5. Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums . . . . . . . 116 6. Kosten für einen besonderen Verwaltungsaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 X. Die gerichtliche Ermessensentscheidung (Abs. 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

1. Die verfahrensrechtlichen Grundlagen der gerichtlichen Ermessensentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Funktion der Vorschrift . . . . . . . b) Die Rechtsnatur der gerichtlichen Ermessensentscheidung . . . . . . . . . . c) Ermessensentscheidung und Sachantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aktiv- und Passivlegitimation bei der gerichtlichen Ermessensentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gerichtliche Ermessensentscheidung und Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Gerichtliche Ermessensentscheidung und einstweiliger Rechtsschutz . . . . . 2. Voraussetzungen und zulässiger Inhalt der gerichtlichen Ermessensentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Erforderlichkeit der gerichtlichen Ermessensentscheidung . . . . . . b) Der zulässige Inhalt der gerichtlichen Ermessensentscheidung . . . . . . c) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Maßnahmen zur Herbeiführung einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . bb) Maßnahmen im Zusammenhang mit der Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Maßnahmen im Zusammenhang mit Gebrauchsregelungen dd) Maßnahmen im Zusammenhang mit Wirtschaftsplänen und Jahresabrechnungen . . . . . . ee) Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bestellung eines Verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . .

122 122 124 126 127 131 134

137 137 146 150 150

151 153 155 158

Schrifttum: Abramenko, Die gerichtliche Verwalterbestellung ohne Anrufung der Eigentümerversammlung, ZMR 2009, 429; Abramenko, Beschlüsse über Zahlungsmodalitäten und Kostenzuweisungen gemäß § 21 VII WEG, ZWE 2012, 386; Armbrüster, Versicherungsschutz für Wohnungseigentümer und Verwalter, ZMR 2003, 1; Becker, Die Haftung der Wohnungseigentümer für Schäden am Sondereigentum infolge mangelhafter Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, ZWE 2000, 56; Becker/Strecker, Mehrheitsherrschaft und Individualrechtsschutz bei der Instandsetzung gemeinschaftlichen Eigentums, ZWE 2001, 569; Brandau/Rütten, Verlagerung von Verwalterkompetenzen von den Wohnungseigentümern auf Dritte, ZfIR 2017, 770; Briesemeister, Bestellung des Wohnungseigentumsverwalters durch einstweilige Verfügung, NZM 2009, 64; Briesemeister, Nutzerwechselpauschale im Wohnungseigentum, NZM 2011, 146; Briesemeister, Verwalterabberufung wegen Versäumnissen bei der Beschluss-Sammlungsführung: Regelfall oder doch nur (ermessensgebundene) Ausnahme?, NZM 2013, 344; Brinkmann, Ausgleichs- und Schadensersatzansprüche innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft, MietRB 2011, 30; Bruns, Leistungspflichten in der Wohnungseigentümergemeinschaft, NZM 2012, 737; Bünnecke, Willensbildung der Wohnungseigentümer bei geplanten größeren Sanierungsmaßnahmen, ZfIR 2018, 1; Deckert, Die Instandhaltungsrückstellung im Wohnungseigentumsrecht (ausgewählte Rechtsfragen), ZMR 2005, 753; Dötsch, Ausgleichsanspruch analog § 906 II 2 BGB bei Beeinträchtigung durch Mangel am Gemeinschaftseigentum?, NZM 2010, 607; Dötsch, Gebäudeversicherung der Wohnungseigentümer, ZMR 2014, 169; Dötsch, Bauherrenhaftpflichtversicherung – im Wohnungseigentum gebo-

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§ 21 Rz. 16 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer ten?, NZM 2014, 296; Dötsch, Elektromobilität und WEG – wie geht das?, MietRB 2016, 243; Dötsch, Rechtsfragen der Elektromobilität, ZfIR 2017, 261; Dötsch, Gebäudeversicherung in Eigentumswohnanlagen: Ein Überblick, NZM 2018, 353; Drasdo, Zur Höhe der Instandhaltungsrücklage, ZWE 2012, 27; Drasdo, Die Darlehensaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft und ihre Behandlung in Buchhaltung und Jahresabrechnung, NZM 2014, 289; Elzer, Ermessen im Wohnungseigentumsrecht, ZMR 2006, 85; Elzer, Kreditaufnahme durch den Verband Wohnungseigentümergemeinschaft, NZM 2009, 57; Elzer, Durchsetzung der Mängelrechte am gemeinschaftlichen Eigentum gegen einen Bauträger, MietRB 2011, 165; Elzer, Neue Rechtsprechung zur Durchsetzung der Mängelrechte am gemeinschaftlichen Eigentum, MietRB 2013, 312; Elzer, Sondervergütung des Verwalters für eine Prozessführung: Was ist erstattungsfähig?, NZM 2014, 695; Elzer, Verwaltungsgegenstand und Verwaltungszuständigkeit im Wohnungseigentumsrecht, MietRB 2017, 88; Elzer, Die Aufgaben des Verwalters bei einer Anfechtungsklage, MietRB 2017, 239; Fahsel, Die Instandhaltungsrückstellung in der Grunderwerbsteuer – (Keine) Neuigkeiten aus München?, DStR 2016, 1587; Feuerborn, Nochmals – Darlehensaufnahme durch Wohnungseigentümergemeinschaften, NJW 1988, 2991; Feuerborn, Kreditaufnahme für Wohnungseigentümergemeinschaften, ZIP 1988, 146; Fritsch, Rechtsanspruch auf optimale Medienversorgung?, ZMR 2006, 180; Fritsch, Nachrüst- und Wartungspflicht für Rauchwarnmelder, ZMR 2016, 925; Häublein, Die Mehrhausanlage in der Verwalterpraxis, NZM 2003, 785; Häublein, Die Willensbildung in der Wohnungseigentümergemeinschaft nach der WEG-Novelle, ZMR 2007, 409; von Hauff/Homann, Für den Profi – Innovativer Ansatz zur Ermittlung der Instandhaltungsrückstellung, WE 1996, 225, 251, 288; Hauger, Rechte und Pflichten des einzelnen Wohnungseigentümers in Bezug auf die ordnungsgemäße Instandsetzung und Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, ZMR 1996, 57; Heinemann, Aufstellung und Inhalt einer Hausordnung, MietRB 2009, 57; Heinemann, Die Geltendmachung von Ansprüchen wegen Mängeln eines im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Bauwerks, in: Forum Immobilienrecht 2009, 39; Heinemann, Das Recht des Miteigentümers auf Verwalterbestellung, MietRB 2013, 224; Hogenschurz, Bauträgervertrag – Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums, MietRB 2012, 120; Hogenschurz, Der Anspruch des Wohnungseigentümers auf erstmalige ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums, ZfIR 2019, 9; Hügel, Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft und ihre Folgen für die notarielle Praxis, DNotZ 2005, 753; Hügel, Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft für die Abnahme des Gemeinschaftseigentums und zur Verfolgung von Mängelrechten, ZMR 2008, 855; Hügel/Elzer, Zwei Jahre WEG – oder: Das Wohnungseigentum auf dem Weg vom Immobiliareigentum zur gesellschaftsrechtlichen Beteiligung?, NZM 2009, 457; Huff, Neues zur Videoüberwachung im Miet- und Wohnungseigentumsrecht, NZM 2004, 535; Jennißen, Die Auswirkungen der Rechtsfähigkeit auf die innergemeinschaftlichen Beziehungen der Wohnungseigentümer, NZM 2006, 203; Jennißen, Pflicht zur Ansammlung einer Instandhaltungsrückstellung, ZWE 2014, 199; Kahlen, Instandhaltungsrückstellung: Teilrechtsfähigkeit führt nicht zur Grunderwerbsteuerpflicht in Erwerbsfällen, ZMR 2007, 179; Klimesch, Verjährte bauliche Veränderungen – ein praxisrelevantes Sonderproblem, ZMR 2012, 428; Kümmel, Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer zur gemeinschaftlichen Durchsetzung von Rechten aus Bauträgerverträgen, ZfIR 2014, 464; Kuhla, Die gerichtliche Beschlussersetzung gem. § 21 Abs. 8 WEG, ZWE 2016, 105; Lehmann-Richter, Zur Zulässigkeit von Sonderrücklagen im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2014, 105; Lehmann-Richter, Die Übertragung von Entscheidungskompetenzen im Verwaltervertrag am Beispiel der Vermögensverwaltung, ZWE 2015, 193; Magel, Der sicherste Weg bei der Gestaltung der förmlichen Abnahme des Gemeinschaftseigentums, ZNotP 2016, 82; Maletz/Hillebrand, Die Problematik der Kostentragung für die Erstellung eines Energieausweises nach §§ 16 ff. EnEV 2007 für das Gebäude bei Wohnungseigentum, ZfIR 2008, 456; Merle, Ermessensentscheidungen des Gerichts nach § 21 Abs. 8 WEG, ZWE 2008, 9; Merle, Zur Verrechnung von Zahlungen der Wohnungseigentümer, ZWE 2011, 237; Niedenführ, Die Durchsetzung des Anspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung im WEG-Verfahren, ZMR 1991, 121; Nußbaum, Haftung der Wohnungseigentümer für Leitungswasserschäden, NZM 2003, 617; Ott, Die Verfolgung von Mängelrechten gegen den Bauträger – Wedelt der Schwanz mit dem Hund, NZM 2007, 505; Ott, Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums vom Bauträger, ZWE 2013, 253; Pause, Hindernisse auf dem Weg zum „großen Schadensersatz“ beim Bauträgervertrag, NZM 2007, 234; Pause, Bauträgerverträge – Strukturelle Probleme und unzulässige Klauseln, ZfIR 2014, 127; Pause/Vogel, Auswirkungen der WEG-Reform auf die Geltendmachung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum, ZMR 2007, 577; Popescu, Zur Vergemeinschaftung der gemeinschaftsbezogenen Abnahme, ZWE 2014, 109; Riecke, Rauchwarnmelder: Einbau- und Wartungspflichten in Wohnanlagen, NZM 2016, 217; Riecke, Der Bestimmtheitsgrundsatz im Wohnungseigentum, ZMR 2018, 173; Sauren/Welcker, Besondere Probleme bei Versicherungen für das gemeinschaftliche Wohnungseigentum, MietRB 2008, 60; Schmid, „Vergemeinschaftung“ von Individualrechten der Wohnungseigentümer und Prozessstandschaft, NZM 2009, 722; Schmid, Verpflichtung der

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I. Allgemeines | Rz. 1 § 21 Wohnungseigentümer zur Beschlussfassung und Schadensersatz bei Verletzung dieser Pflicht, ZfIR 2010, 673; Schmid, Regelungen der Wohnungseigentümer zu Zahlungen und Kosten, ZAP 2011, 465 (Fach 7 Seite 397); Schmid, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2011, 70; Schmid, Zur Haftung für Schäden wegen verzögerter Reparatur des Gemeinschaftseigentums, ZWE 2011, 202; Schmid, Vertragsstrafen im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2011, 347; Schmid, Die Hausordnung in Miete und Wohnungseigentum, NJW 2013, 2145; Schmid, Sanierungszwang, „Opfergrenze“ und Schadensersatz im Wohnungseigentumsrecht, NZM 2015, 121; Schmid, Pflichtwidrigkeit und Verschulden bei unterlassener Sanierung des Gemeinschaftseigentums, MietRB 2015, 93; Schmidt, Darlehensaufnahme durch die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft – wer wird Vertragspartner und wer haftet?, ZMR 2007, 90; Schmidt, Die Durchsetzung der WEG-Hausordnung gegenüber dem Mieter und dem Eigentümer durch den WEG-Verwalter, ZMR 2009, 325; Schmidt, Instandhaltung, Instandsetzung und Instandhaltungsrückstellung, MietRB 2009, 247; Schmidt/Riecke, Anspruchsbegründung und Anspruchsvernichtung durch Mehrheitsbeschluss: Kann die WEG mit Miteigentümern „kurzen Prozess“ machen?, ZMR 2005, 252; Schneider, Nachweise anlässlich der Grundbucheintragung des „Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft“ als Eigentümer, Rpfleger 2008, 291; Schultzky, Kreditfinanzierung der Wohnungseigentümergemeinschaft, MietRB 2013, 367; Schulze-Hagen, Die Ansprüche des Erwerbers gegen den Bauträger wegen Mängel am Gemeinschaftseigentum, ZWE 2007, 113; Skauradszun, Schadensersatz für Stimmverhalten in der Eigentümerversammlung, NZM 2015, 273; Suilmann, Gemeinschaft oder Wohnungseigentümer? Zur Schadensersatzpflicht bei unterbliebener Mitwirkung an einer ordnungsgemäßen Verwaltung, ZWE 2013, 82; Wagner, Fragwürdiges zur neuen Rechtsprechung des Ansichziehens von Gewährleistungsansprüchen durch WEG-Gemeinschaften beim Bauträgervertrag im Geschosswohnungsbau, ZNotP 2007, 288; Wenzel, Die Teilrechtsfähigkeit und die Haftungsverfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft – eine Zwischenbilanz, ZWE 2006, 2; Wenzel, Die Wohnungseigentümergemeinschaft – ein janusköpfiges Gebilde aus Rechtssubjekt und Miteigentümergemeinschaft?, NZM 2006, 321; Wenzel, Die Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Durchsetzung von Mängelrechten der Ersterwerber, NJW 2007, 1905; Wenzel, Umstellung des Fernsehempfangs – bauliche Veränderung?, ZWE 2007, 179.

I. Allgemeines § 21 Abs. 1 enthält das Grundprinzip der gemeinschaftlichen Verwaltung des Gemeinschafts- 1 eigentums.1 Inhaltlich entspricht die Vorschrift damit § 744 Abs. 1 BGB.2 Zum gemeinschaftlichen Eigentum zählen das Grundstück (§ 1 Abs. 5, s. § 1 Rz. 28) und die sonstigen Teile, Anlagen und Einrichtungen, die nicht zum Sondereigentum zählen, insbesondere die in § 5 Abs. 2 und 3 genannten (s. § 5 Rz. 22 ff.). Auch solche Teile des gemeinschaftlichen Eigentums, die einem Sondernutzungsrecht unterliegen (s. § 13 Rz. 66 ff.), sind grundsätzlich weiterhin der gemeinschaftlichen Verwaltung unterworfen.3 Schließlich gehört das Verwaltungsvermögen nach § 10 Abs. 7 Satz 1 der Gemeinschaft (s. § 10 Rz. 159 ff.) und untersteht daher der gemeinschaftlichen Verwaltung.4 § 21 kann durch Vereinbarung vollständig abbedungen werden. Es ist insbesondere möglich, die Verwaltung einzelner Häuser einer Mehrhausanlage so zu teilen, dass sich jedes Haus eigenständig ohne Mitwirkung der anderen Häuser verwaltet.5

1 2 3 4

Dazu schon die Gesetzesbegründung zu § 21 WEG, BR-Drucks. 75/51. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 1. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 2; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 4. BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NZM 2016, 387 (388 f.) = ZMR 2016, 476 (478) = MietRB 2016, 163 (Heinemann). 5 Vgl. Häublein, NZM 2003, 785 (788 ff.); es können jedoch nicht mehrere Verwalter für die einzelnen Häuser bestellt werden, LG Düsseldorf v. 22.10.2009 – 19 S 40/09, MietRB 2010, 205 = NZM 2010, 288; Häublein, NZM 2003, 785 (790).

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§ 21 Rz. 2 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer 2 Anders als im Recht der Bruchteilsgemeinschaft (vgl. § 745 Abs. 1 und 2 BGB) trennt das

WEG zwischen der Benutzung und der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums.6 Es behandelt daher in § 15 Abs. 2 den ordnungsmäßigen Gebrauch und in § 21 Abs. 3 die ordnungsmäßige Verwaltung.7 Zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gehören alle Maßnahmen, die auf eine Änderung des bestehenden Zustands in tatsächlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht abzielen oder eine Geschäftsführung für die Wohnungseigentümergemeinschaft in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum darstellen.8 Er umfasst auch die hierauf bezogene Willensbildung.9 Der Verwaltungsbegriff ist grundsätzlich weit zu verstehen.10 Von der Verwaltung abzugrenzen ist die Verfügung über das gemeinschaftliche Eigentum, insbesondere die Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen am Grundstück und den Miteigentumsanteilen hieran. So können die Miteigentümer nicht durch Mehrheitsbeschluss oder Vereinbarung zur Veräußerung von Teilen des gemeinschaftlichen Grundstücks verpflichtet werden.11 Zum Begriff der Verwaltung s. § 20 Rz. 2 ff.

II. Grundsatz der gemeinschaftlichen Verwaltung (Abs. 1) 3 Nach Abs. 1 steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentü-

mern gemeinschaftlich zu. Das bedeutet zum einen, dass die Verwaltung Sache der Wohnungseigentümer ist, zum anderen, dass die Wohnungseigentümer nur in ihrer Gesamtheit Verwaltungsmaßnahmen treffen können. Es gilt danach grundsätzlich das Einstimmigkeitsprinzip. Das Einstimmigkeitsprinzip bedeutet nicht, dass die Wohnungseigentümer eine Vereinbarung nach § 10 Abs. 3 über die Verwaltungsmaßnahmen abschließen müssen. Vielmehr kann auch ein allstimmiger Beschluss getroffen werden. Ein solcher wird grundsätzlich dann vorliegen, wenn die Regelung im Verfahren nach §§ 23 ff. ergangen ist. Zur Abgrenzung von Vereinbarung und Beschluss s. § 10 Rz. 8 f. 4 Von diesem Grundsatz enthalten die übrigen Absätze des § 21 Ausnahmen. Mit Stimmen-

mehrheit (und damit entsprechend § 745 Abs. 1 BGB) können die Wohnungseigentümer die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung nach Abs. 3, 5 und 7 beschließen. Dadurch wird die Aufstellung von Verwaltungsregeln erleichtert, bei denen keine Gefahr besteht, dass sie einzelne Wohnungseigentümer unbillig benachteiligen. Ohne diese Ausnahmen wäre eine effektive Verwaltung der Gemeinschaft nicht denkbar.12 Jeder Wohnungseigentümer kann nach Abs. 2 (und damit in Anlehnung an § 744 Abs. 2 BGB) Notmaßnahmen vornehmen und nach Abs. 4 (in Entsprechung zu § 745 Abs. 2 BGB) eine ordnungsmäßige Verwaltung vor Gericht durchsetzen. 5 Im WEG finden sich weitere gesetzliche Ausnahmen vom Grundsatz der gemeinschaftlichen

Verwaltung. Neben § 21 Abs. 2, 3, 5 und 7 sehen § 16 Abs. 3 und 4, aber vor allem § 22 Abs. 1 und 2 Mehrheitsentscheidungen vor, die nach neuer Rechtslage nicht einmal mehr im Vereinbarungswege abbedungen werden können, vgl. §§ 16 Abs. 5, 22 Abs. 2 Satz 2. Siehe zum Ganzen § 16 Rz. 79 ff. und § 22 Rz. 62 ff.

6 Eine entsprechende Anwendung der §§ 21 ff. auf eine Mietpoolvereinbarung von in BGB-Gesellschaft zusammengeschlossenen Wohnungseigentümern scheidet aus, BGH v. 2.7.2009 – III ZR 333/08, NZM 2009, 745 (746); vgl. auch AG Dresden v. 21.7.2008 – 150 C 1202/08. 7 Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 1. 8 BGH v. 11.12.1992 – V ZR 118/91, BGHZ 121, 1 (22) = MDR 1993, 445 f. = NJW 1993, 727. 9 BGH v. 2.10.2015 – V ZR 5/15, NZM 2015, 937 = ZMR 2016, 122 (123). 10 BGH v. 2.10.2015 – V ZR 5/15, NZM 2015, 937 = ZMR 2016, 122 (123); LG Hamburg v. 28.6.2017 – 318 S 95/16, ZMR 2017, 827 (828) = NZM 2017, 817 = MietRB 2018, 81 (Reichert). 11 BGH v. 12.4.2013 – V ZR 103/12, MDR 2013, 765 = MietRB 2013, 208 = NJW 2013, 1962. 12 Vgl. Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 7.

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III. Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten | Rz. 7 § 21

Der Grundsatz gemeinschaftlicher Verwaltung kann außerdem durch Vereinbarung der Woh- 5a nungseigentümer abgeändert werden. Es ist insbesondere möglich, in der Gemeinschaftsordnung im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander Untergemeinschaften mit eigener Verwaltungszuständigkeit und selbstständiger Beschlussfassungskompetenz ihrer Mitglieder zu errichten.13

III. Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten 1. Allgemeines Da auch die Geltendmachung von Ansprüchen, Forderungen und Gestaltungsrechten in Be- 6 zug auf das gemeinschaftliche Eigentum eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung darstellt (s. Rz. 107), ergibt sich die praktisch enorm bedeutsame Frage, wer zur gerichtlichen und außergerichtlichen Geltendmachung dieser Ansprüche und Rechte befugt ist. Besonders umstritten ist dies bei der Geltendmachung von Rechten gegenüber Dritten aus den Erwerbsund Errichtungsverträgen über Wohnungs- und Teileigentum (den sog. Bauträgerverträgen), die einerseits dem einzelnen Wohnungseigentümer einen Anspruch auf mangelfreie Herstellung seiner Eigentumswohnung einräumen, andererseits aber auch dem Interesse der Eigentümergemeinschaft an der erstmaligen Herstellung des Gemeinschaftseigentums dienen (s. Rz. 7 ff.). Eine ähnliche Problematik stellt sich bezüglich solcher Forderungen gegenüber Dritten, die aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums herrühren können, also gegen den Verwalter, den Verwaltungsbeirat oder sonstige Dritte, wie z.B. Werkunternehmer, die zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums vertraglich verpflichtet wurden (s. Rz. 17 ff.). Schließlich können auch Forderungen im Innenverhältnis zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern untereinander, vor allem aber auch zwischen einzelnen oder allen Wohnungseigentümern und der teilrechtsfähigen Gemeinschaft bestehen. Auch hier stellt sich die Frage, wer zu deren Geltendmachung im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung befugt sein soll (s. Rz. 21).

2. Ansprüche und Rechte aus Erwerbs- und Errichtungsverträgen a) Mängel des Sondereigentums Ansprüche und Rechte aus den Erwerbs- und Errichtungsverträgen, die die mangelfreie Her- 7 stellung des Sondereigentums betreffen und die keine Auswirkung auf das Gemeinschaftseigentum haben, stehen dem jeweiligen Erwerber alleine zu. Nur ihm obliegt die Entscheidung, ob und welche Rechte er hieraus geltend machen will, vgl. §§ 634, 650u Abs. 1 Satz 2 BGB.14 Er ist aus eigenem Recht zur Prozessführung befugt.15 Die Gemeinschaft ist zur Geltendmachung von Rechten in Bezug auf das Sondereigentum weder originär (durch § 10 Abs. 6 Satz 3) noch aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses befugt. Mängel des Sondereigentums, die sich ausschließlich oder auch auf das Gemeinschaftseigentum auswirken, fallen nach Maßgabe der nachstehenden Ausführungen nur dann in die Zuständigkeit des einzelnen Erwerbers, sofern die Gemeinschaft keine originäre oder durch Mehrheitsbeschluss begründete Zuständigkeit hat. Haben die Wohnungseigentümer vereinbart, dass einzelne Mängel des

13 BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, NZM 2018, 340 (341); BGH v. 20.7.2012 − V ZR 231/11, NZM 2012, 766 (767). 14 OLG Hamm v. 11.3.2010 – 21 U 148/09, BeckRS 2010, 19350 = NJW-RR 2011, 14; Klein in Bärmann, Anhang zu § 10 WEG Rz. 1. 15 LG Waldshut-Tiengen v. 8.9.2017 – 2 O 129/16, ZMR 2018, 78.

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§ 21 Rz. 7 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftlichen Eigentums von den Sondereigentümern selbst instandzusetzen sind (z.B. die Wohnungseingangstüren), so kann die Gemeinschaft die Kompetenz zur Mängelbeseitigung auch nur durch neue Vereinbarung, aber nicht durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen.16 b) Mängel des Gemeinschaftseigentums 8 Aus den jeweiligen Erwerbs- und Errichtungsverträgen haben die einzelnen Erwerber auch ei-

nen individuellen Anspruch auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums.17 Dies gilt jedoch uneingeschränkt nur für die ursprünglichen Vertragspartner (sog. Ersterwerber).18 Einzelrechtsnachfolger (sog. Zweiterwerber) können diese Ansprüche nur geltend machen, wenn sie ihnen abgetreten worden sind. Eine Auslegung des Veräußerungsvertrags wird im Regelfall die Abtretung dieser Rechte ergeben.19 Dies gilt für alle Mängelrechte, für die primären (Ansprüche auf Erfüllung, auf Zahlung eines Vorschusses oder Erstattung der Ersatzvornahmekosten), die sekundären (Minderung und kleiner Schadensersatz) und die Rückabwicklungsansprüche (Wandelung bzw. Rücktritt und großer Schadensersatz).20 Mängel am Gemeinschaftseigentum, die sich ausschließlich auf das Sondereigentum auswirken, führen dazu, dass der einzelne Erwerber ein eigenständiges Minderungsrecht oder den sog. „kleinen“ Schadensersatzanspruch geltend machen kann.21 Auch wenn die Ansprüche der übrigen Wohnungseigentümer erloschen oder verjährt sind, kann der einzelne Wohnungseigentümer noch Schadensersatzansprüche wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums, die sich auch auf seine Eigentumswohnung auswirken, im eigenen Namen geltend machen, wobei er allerdings Zahlung des gesamten Schadensersatzes an die Gemeinschaft verlangen muss,22 es sei denn er macht nur Minderung oder Schadensersatzansprüche in Bezug auf die an seinem Sondereigentum eingetretenen Folgeschäden geltend.23 9 Diese individuelle Rechtsverfolgungskompetenz des einzelnen Erwerbers/Eigentümers wird

jedoch durch die Besonderheit der gemeinschaftlichen Verwaltung für das Gemeinschaftseigentum (wozu eben auch die erstmalige mangelfreie Herstellung desselben gehört), überlagert. Nach der Rechtsprechung des BGH kommt eine individuelle Rechtsverfolgung nur solange in Betracht, als dadurch gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht beeinträchtigt werden.24 Diese Überlegungen können allerdings erst dann Platz greifen, wenn überhaupt eine (werdende) Eigentümergemeinschaft entstanden ist. Erforderlich hierfür sind ein wirksamer, auf Übereignung gerichteter Erwerbsvertrag, die Absicherung des Übereignungsanspruchs durch Eintragung

16 OLG München v. 23.5.2007 – 32 Wx 30/07, NZM 2007, 487 (488). 17 BGH v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, BGHZ 169, 1 = MDR 2007, 207 = NJW 2006, 3275 = ZMR 2006, 48 (49) = ZfIR 2006, 752 (753) m.w.N. 18 Ersterwerber ist auch, wer die Wohnung erst in Besitz nimmt, nachdem eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden ist, AG Wuppertal v. 18.1.2010 – 956 C 151/09, ZMR 2012, 234. 19 BGH v. 19.12.1996 – VII ZR 233/95, MDR 1997, 542 = NJW 1997, 2173. 20 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952 (1954); BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 50/06, MDR 2007, 830 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1957 (1958); Wenzel, NJW 2007, 1905. 21 BGH v. 15.2.1990 – VII ZR 269/88, BGHZ 110, 258 = MDR 1990, 617 = NJW 1990, 1662 (1663); OLG Hamm v. 11.3.2010 – 21 U 148/09, BeckRS 2010, 19350 = NJW-RR 2011, 14; Wenzel, NJW 2007, 1905 (1907 f.). 22 BGH v. 6.6.1991 – VII ZR 372/89, MDR 1991, 1061 = NJW 1991, 2480. 23 Wenzel, NJW 2007, 1905 (1908). 24 BGH v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, BGHZ 169, 1 = MDR 2007, 207 = NJW 2006, 3275 = ZMR 2006, 48 (49) = ZfIR 2006, 752 (753) m.w.N.; BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258 (264) = MDR 1979, 837 f. = NJW 1979, 2207 (2209) = ZMR 1980, 54 (58).

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III. Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten | Rz. 10 § 21

einer Vormerkung und die Besitzübergabe durch den Veräußerer25 an wenigstens einen Erwerber.26 Davor sind die individuellen Rechte der Erwerber aus den Erwerbsverträgen nicht eingeschränkt, da mangels Bestehens einer (werdenden) Eigentümergemeinschaft keine Beschlusskompetenz einer solchen existieren kann.27 Möglich und zulässig ist aber, dass sich die künftigen Erwerber bereits in den einzelnen Bauträgerverträgen der Vorwirkung des WEG unterwerfen.28 Sobald eine individuelle Rechtsverfolgung nicht mehr den Interessen der Gemeinschaft ent- 10 spricht, handelt es sich um „gemeinschaftsbezogene Rechte der Wohnungseigentümer“ i.S. des § 10 Abs. 6 Satz 3, deren Ausübung die Gemeinschaft allerdings mit Mehrheit beschließen muss, eine gesetzliche Ausübungskompetenz ohne vorherige Beschlussfassung (sog. geborene Ausübungsbefugnis)29 besteht nicht.30 Hierzu zählen die sekundären Mängelansprüche (s. Rz. 12). Aber auch solche Ansprüche, die nicht von vorneherein als „gemeinschaftsbezogen“ angesehen werden müssten, weil deren individuelle Geltendmachung grundsätzlich keine Beeinträchtigung darstellen würde, können die Wohnungseigentümer durch einen Mehrheitsbeschluss „vergemeinschaften“, also über die Beschlusskompetenz des Abs. 5 Nr. 2 in die alleinige Zuständigkeit der Eigentümergemeinschaft verlagern (gekorene Ausübungsbefugnis).31 Hierzu gehören die primären Mängelansprüche (s. Rz. 11). Der Beschluss, diese Ausübungsbefugnis an die Gemeinschaft zu ziehen, muss ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Dabei kommt der Gemeinschaft ein gewisser Ermessens-(Beurteilungs-)spielraum zugute.32 Im Regelfall wird die gemeinschaftliche Geltendmachung von Ansprüchen sachgerecht sein.33 Auch diejenigen Eigentümer, deren Ansprüche bereits erloschen oder verjährt sind, sind stimmberechtigt.34 Bei einer Mehrhausanlage kann nur die Gemeinschaft aller Miteigentümer die Ansprüche an sich ziehen.35 Nicht vergemeinschaftungsfähig sind jedoch Ansprüche, die ausschließlich das Sondereigentum betreffen, die vollständige oder teilweise Rückabwicklung des Vertrags bezwecken36 oder die Rückgewähr von Vorauszahlungen absichern, insbesondere die Ansprüche aus einer Bürgschaft nach § 7 MaBV.37 Ebenfalls nicht vergemeinschaftet werden können die jeweiligen Ansprüche der Erwerber auf Eigentumsverschaffung; ein entspre-

25 Nicht ausreichend ist die eigenmächtige Besitzergreifung, BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, NZM 2016, 266 (267) = ZfIR 2016, 237 (238). 26 BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, NZM 2016, 266 (267) = ZfIR 2016, 237 (238); BGH v. 24.7.2015 – V ZR 274/14, NJW 2015, 2877 = ZfIR 2015, 765; BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 = ZfIR 2012, 603; BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 = ZfIR 2008, 866. 27 LG Hamburg v. 19.6.2017 – 318 T 28/17, ZMR 2017, 833 (834) = ZWE 2018, 37 = MietRB 2018, 14 (Schultzky); Ott, NZM 2007, 505 (508); Wagner, ZNotP 2007, 288 (289 ff.). 28 Heinemann in Forum Immobilienrecht 2009, 39 (56 ff.); vgl. auch BGH v. 30.6.1972 – V ZR 118/70, BGHZ 59, 104 (108) = MDR 1972, 853 f. = NJW 1972, 1667 (1668 f.); a.A. Wagner, ZNotP 2007, 288 (297). 29 So Wenzel, NJW 2007, 1905 (1907) und nunmehr wohl auch BGH v. 19.8.2010 – VII ZR 113/09, MDR 2010, 1247 ff. = NJW 2011, 3089 (3091). 30 Heinemann in Forum Immobilienrecht 2009, 39 (54 f.); Wagner, ZNotP 2007, 288 (295). 31 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952 (1954); Pause/Vogel, ZMR 2007, 577 (582); Wenzel, NJW 2007, 1905 (1908); a.A. Baer, ZfIR 2007, 459 (460); Ott, NZM 2007, 505 (507 f.); Wagner, ZNotP 2007, 288 (294). 32 Wenzel, NJW 2007, 1905 (1908). 33 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952 (1954). 34 Wenzel, NJW 2007, 1905 (1908). 35 Weitergehend LG Köln v. 13.12.2012 – 29 S 47/12, MietRB 2013, 213 = ZWE 2013, 263 (264), das ein Ansichziehen durch eine Untergemeinschaft für möglich hält. 36 BGH v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, BGHZ 169, 1 = MDR 2007, 207 = NJW 2006, 3275 = ZMR 2006, 48 (51); BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258 (263) = MDR 1979, 837 f. = NJW 1979, 2207 (2209) = ZMR 1980, 54 (58). 37 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 50/06, MDR 2007, 830 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1957 (1958).

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§ 21 Rz. 10 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer chender Beschluss ist jedoch als Ermächtigung zu einer gewillkürten Prozessstandschaft des Verbandes durch die einzelnen Erwerber auszulegen.38 c) Primäre Mängelrechte 11 Im Einzelnen gilt für die primären Mängelrechte (§§ 634 Nr. 1, 2, 635, 637 BGB) Folgendes.

Die Ansprüche auf Nacherfüllung (§ 635 BGB) oder Selbstvornahme (§ 637 BGB) kann der einzelne Erwerber grundsätzlich alleine geltend machen, also auch die hierzu erforderlichen Voraussetzungen (insbesondere durch die Fristsetzung zur Nacherfüllung) schaffen.39 Er kann die vollen Mängelbeseitigungskosten auch dann verlangen, wenn die Gewährleistungsansprüche der übrigen Erwerber verjährt sind,40 selbst wenn sie sich nicht auf sein eigenes Sondereigentum auswirken.41 Ohne einen abweichenden Beschluss der Gemeinschaft kann er Erfüllungsansprüche, die auf Zahlung gerichtet sind, insbesondere auch den Vorschussanspruch nach § 637 Abs. 3 BGB,42 nur durch Leistung an die Gemeinschaft begehren.43 Mangels Konnexität scheiden deshalb eine Aufrechnung zwischen primären Mängelansprüchen und dem Werklohnansprüchen aus den Erwerbsverträgen aus,44 eine unwirksame Aufrechnung ist aber als zulässige Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts auszulegen.45 Die Durchführung der Selbstvornahme kann allerdings nur nach Maßgabe eines Mehrheitsbeschlusses erfolgen, es sei denn die Gemeinschaft hat einen Wohnungseigentümer zur Selbstvornahme ermächtigt oder es liegt ein Fall der Notgeschäftsführung nach Abs. 2 vor.46 Nach einer erfolgten Selbstvornahme können diejenigen Eigentümer, die sie vorgenommen haben, vom Veräußerer Aufwendungsersatz direkt an sich verlangen.47 Die Gemeinschaft kann durch Mehrheitsbeschluss, gestützt auf Abs. 5 Nr. 2, diese primären Erfüllungsansprüche an sich ziehen,48 selbst 38 So wohl AG Charlottenburg v. 25.4.2018 – 75 C 7/18, ZMR 2018, 706 = MietRB 2019, 94 (Elzer). 39 BGH v. 23.2.2006 – VII ZR 84/05, MietRB 2006, 241 = ZfIR 2006, 411 (413); BGH v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, BGHZ 169, 1 = MDR 2007, 207 = NJW 2006, 3275 = ZMR 2006, 48; Wenzel, NJW 2007, 1905 (1906); Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, Anhang zu § 21 WEG Rz. 25 f. 40 BGH v. 21.2.1985 – VII ZR 72/84, MDR 1986, 45 = NJW 1985, 1551. 41 BGH v. 6.6.1991 – VII ZR 372/89, BGHZ 114, 383 = MDR 1991, 1061 = NJW 1991, 2480; BGH v. 25.2.1999 – VII ZR 208/97, BGHZ 141, 63 = MDR 1999, 608. 42 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952 (1954); Wenzel, NJW 2007, 1905 (1906). 43 BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258 (264) = MDR 1979, 837 f. = NJW 1979, 2207 (2209) = ZMR 1980, 54 (58); BGH v. 4.6.1981 – VII ZR 9/80, BGHZ 81, 35 = MDR 1982, 50 = NJW 1981, 1841; BGH v. 10.3.1988 – VII ZR 171/87, MDR 1988, 768 = NJW 1988, 1718; BGH v. 6.6.1991 – VII ZR 372/89, BGHZ 114, 383 = MDR 1991, 1061 = NJW 1991, 2480; OLG Hamm v. 11.3.2010 – 21 U 148/09, BeckRS 2010, 19350 = NJW-RR 2011, 14; OLG Stuttgart v. 3.7.2012 – 10 U 33/12, MietRB 2012, 327 f. = NJW 2013, 699 (700); Klein in Bärmann, Anhang zu § 10 WEG Rz. 9; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, Anhang zu § 21 WEG Rz. 26. 44 BGH v. 26.9.1991 – VII ZR 291/90, MDR 1992, 158 = NJW 1992, 435; OLG Stuttgart v. 3.7.2012 – 10 U 33/12, MietRB 2012, 327 f. = NJW 2013, 699 (700); Schulze-Hagen, ZWE 2007, 113 (116); Wenzel, NJW 2007, 1905 (1906). 45 OLG Stuttgart v. 3.7.2012 – 10 U 33/12, NJW 2013, 699 (700); a.A. Elzer, MietRB 2013, 312 (314). 46 Wenzel, NJW 2007, 1905 (1906); Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, Anhang zu § 21 WEG Rz. 26. 47 BGH v. 21.7.2005 – VII ZR 304/03, MDR 2005, 1343 = ZfIR 2005, 734 (735 f.) mit Anm. Schwenker. 48 BGH v. 19.8.2010 – VII ZR 113/09, MDR 2010, 1247 ff. = NJW 2011, 3089 (3091); BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952 (1954); OLG Düsseldorf v. 26.6.2008 – 3 Wx 180/07, NZM 2008, 844 (846); OLG Stuttgart v. 21.12.2011 – 3 U 92/11, NJWRR 2012, 851 (855); BGH v. 19.12.1996 – VII ZR 233/95, MDR 1997, 542 = NJW 1997, 2173; BGH v. 4.6.1981 – VII ZR 9/80, BGHZ 81, 35 = MDR 1982, 50 = NJW 1981, 1841; BT-Drucks. 16/887, 61; a.A. Kümmel, ZfIR 2014, 464 (471), der allerdings einen solchen Beschluss als Abtretung der Mängelrechte auslegt; Wagner, ZNotP 2007, 288 (295 f.).

624 | Heinemann

III. Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten | Rz. 12 § 21

wenn nur noch ein einziger Erwerber einen durchsetzbaren Anspruch auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums hat.49 Dies gilt auch dann, wenn es sich um kaufvertragliche Ansprüche (z.B. nach § 427 Nr. 1, 439 BGB) handelt.50 Besteht die Gemeinschaft aus mehreren Untergemeinschaften, die wirtschaftlich voneinander getrennt verwaltet werden, so kann dennoch die Versammlung aller Miteigentümer die Mängelansprüche an sich ziehen, es ist nicht erforderlich, dass jede einzelne Untergemeinschaft einen entsprechenden Beschluss fasst.51 Dann kann der einzelne Wohnungseigentümer diese Ansprüche nicht mehr geltend machen.52 Die Gemeinschaft kann auf diesem Wege auch beschließen, von einer Vergemeinschaftung oder von der Verfolgung weiterer Mängelansprüche abzusehen.53 Ein solcher Beschluss muss in besonderem Maße am Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung gemessen werden.54 Es besteht allerdings keine Pflicht des Verbandes, die Individualansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer an sich zu ziehen.55 Auch eine Fristsetzung zur Nacherfüllung durch den einzelnen Wohnungseigentümer kommt dann nicht mehr in Betracht, eine vor Beschlussfassung erklärte Fristsetzung durch einen einzelnen Eigentümer bleibt jedoch wirksam.56 Nach einem Vergleichsabschluss steht es den Wohnungseigentümern frei, ihre Ansprüche wieder an sich zu ziehen und zu beschließen, dass der erlangte Vergleichsbetrag überwiegend ausgeschüttet und ein verbleibender Restbetrag der Instandhaltungsrücklage zugewiesen wird.57 Zu den Auswirkungen des Ausübungsbeschlusses der Gemeinschaft bezüglich der Primäransprüche und auf die Rückabwicklungsansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers s. Rz. 14. d) Sekundäre Mängelrechte Bezüglich der sekundären Mängelansprüche (§§ 634 Nr. 3, 4, 636, 638 BGB) gilt hingegen: 12 Sowohl hinsichtlich des Gestaltungsrechts der Minderung (§ 638 BGB) als auch hinsichtlich des „kleinen“ Schadensersatzanspruchs kann nach einem entsprechenden Mehrheitsbeschluss allein die Gemeinschaft bestimmen, ob sie diese Rechte bzw. Ansprüche verlangen will.58 Ansonsten könnte es zu einem Nebeneinander von Erfüllungs- und Rückerstattungs- bzw. Schadensersatzansprüchen kommen, was zu einer doppelten Inanspruchnahme des Veräußerers (Bauträgers) führen würde.59 Daher kann auch nur die Gemeinschaft die Voraussetzungen für 49 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 80/09, MDR 2010, 433 = MietRB 2010, 113 = NJW 2010, 933 (934). 50 BGH v. 25.2.2016 – VII ZR 156/13, NZM 2016, 366 (368) = ZMR 2016, 474 (475) = ZfIR 2016, 419 (420) = ZMR 2016, 474 (475). 51 AG Achim v. 3.5.2018 – 10 C 347/17, ZMR 2018, 700 (701). 52 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952 (1954); OLG Stuttgart v. 3.7.2012 – 10 U 33/12, MietRB 2012, 327 ff. = NJW 2013, 699 (700 f.). 53 OLG Düsseldorf v. 26.6.2008 – 3 Wx 180/07, NZM 2008, 844 (846). 54 Elzer, MietRB 2011, 165 (166). 55 AG Celle v. 18.12.2015 – 160 C 1251/15, ZMR 2016, 734 (735). 56 Wenzel, NJW 2007, 1905 (1908); krit. Baer, ZfIR 2007, 459 (460 f.). 57 LG Nürnberg-Fürth v. 13.2.2013 – 14 S 4070/12, NJW 2013, 2131 (2132). 58 BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258 (264) = MDR 1979, 837 ff. = NJW 1979, 2207 (2209) = ZMR 1980, 54 (58); BGH v. 4.11.1982 – VII ZR 53/82, MDR 1983, 391 = NJW 1983, 453; BGH v. 15.2.1990 – VII ZR 269/88, MDR 1990, 617 = NJW 1990, 1663 (1664); BGH v. 6.6.1991 – VII ZR 372/89, BGHZ 114, 383 = MDR 1991, 1061 = NJW 1991, 2480; BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952 (1954); OLG Hamm v. 11.3.2010 – 21 U 148/09, BeckRS 2010, 19350 = NJW-RR 2011, 14; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, Anhang zu § 21 WEG Rz. 37; Briesemeister in Weitnauer, nach § 8 WEG Rz. 63 ff.; SchulzeHagen, ZWE 2007, 113 (117); BT-Drucks. 16/887, 61; a.A. Kümmel, ZfIR 2014, 464 (471 ff.); Pause/ Vogel, ZMR 2007, 577 (580 f.); Wagner, ZNotP 2007, 288 (294); Bub in Staudinger, BGB, § 21 WEG Rz. 285 ff.; Ott, NZM 2007, 505 (506). 59 BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258 (264) = MDR 1979, 837 ff. = NJW 1979, 2207 (2209) = ZMR 1980, 54 (58).

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§ 21 Rz. 12 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer diese Rechte (insbesondere durch Nachfristsetzung) schaffen.60 Das Gleiche gilt für Mängel am Sondereigentum, die sich auf das Gemeinschaftseigentum61 und bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum, die sich auch auf das Sondereigentum auswirken.62 Dass die einzelnen Wohnungseigentümer nicht zur klageweisen Geltendmachung dieser gemeinschaftsbezogenen Rechte bzw. Ansprüche berechtigt sind, ergibt sich nunmehr unmittelbar aus § 10 Abs. 6 Satz 3. Die Gemeinschaft entscheidet, welche Mängelrechte ausgeübt werden sollen (Wahlrecht), an den bestandskräftigen Beschluss hierüber sind alle Eigentümer gebunden.63 Für deren Ausübung ist ausreichend, dass der Anspruch nur in der Person eines Erwerbers noch nicht verjährt ist.64 Beurteilen sich Ansprüche auf Minderung und „kleinen Schadensersatz“ nach kaufrechtlichen Mängelvorschriften (§ 437 Nr. 2, § 441, § 437 Nr. 3, § 440 BGB), so besteht jedenfalls dann keine Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft, wenn eine gebrauchte Eigentumswohnung unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel veräußert und eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht vereinbart worden ist.65 e) Besonderheiten bei Rückabwicklungsansprüchen 13 Für Rückabwicklungsansprüche (§§ 634 Nr. 3, 4, 636 BGB) gilt außerdem: Das Rücktritts-

recht (früher die Wandelung) und den „großen“ Schadensersatzanspruch kann der einzelne Wohnungseigentümer grundsätzlich selbständig ausüben, weil er nicht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betrifft, sondern die Bindung des Erwerbers an den Erwerbsund Errichtungsvertrag.66 Deshalb ist der Wohnungseigentümer auch berechtigt, die hierzu erforderlichen Voraussetzungen (insbesondere durch Nachfristsetzung) alleine zu schaffen.67

14 Umstritten ist aber, wie sich mögliche primäre Mängelansprüche, die die Gemeinschaft durch

Beschluss an sich gezogen hat, auf die Rückabwicklungsansprüche auswirken können. Verlangt die Gemeinschaft einen Vorschuss zur Ersatzbeseitigung von Mängeln, so bleibt der einzelne Wohnungseigentümer jedenfalls bis zu dessen Zahlung zur Ausübung von Rückabwicklungsansprüchen berechtigt.68 Auch nach Zahlung des Vorschusses kann er diese Rechte geltend machen, der Veräußerer kann allenfalls die Nachbesserung verweigern.69 Nur wenn der Herstellungsanspruch erfüllt worden ist, scheidet ein Rückabwicklungsbegehren aus.70

60 BGH v. 19.8.2010 – VII ZR 113/09, MDR 2010, 1247 ff. = MietRB 2010, 297 f. = NJW 2011, 3089 (3091); Wenzel, NJW 2007, 1905 (1907). 61 BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258 (264) = MDR 1979, 837 ff. = NJW 1979, 2207 (2209) = ZMR 1980, 54 (58). 62 BGH v. 4.11.1982 – VII ZR 53/82, MDR 1983, 391 = NJW 1983, 453; BGH v. 4.6.1981 – VII ZR 9/ 80, BGHZ 81, 35 = MDR 1982, 50 = NJW 1981, 1841; BGH v. 20.3.1986 – VII ZR 81/85, MDR 1986, 841 = NJW-RR 1986, 755. 63 BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258 (264) = MDR 1979, 837 ff. = NJW 1979, 2207 (2209) = ZMR 1980, 54 (58). 64 Wenzel, NJW 2007, 1905 (1907). 65 BGH v. 24.7.2015 – V ZR 167/14, NZM 2015, 700 (701). 66 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952 (1954); BGH v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, BGHZ 169, 1 = MDR 2007, 207 = NJW 2006, 3275 = ZMR 2006, 48 (50); BGH v. 23.2.2006 – VII ZR 84/05, MietRB 2006, 241 = ZfIR 2006, 411 (412); OLG Jena v. 8.9.2006 – 9 W 225/06, ZMR 2006, 65 (66); OLG München v. 23.5.2007 – 32 Wx 30/07, NZM 2007, 487; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, Anhang zu § 21 WEG Rz. 50, 51; Kümmel, ZfIR 2014, 464 (470); Schulze-Hagen, ZWE 2007, 113 (117). 67 BGH v. 23.2.2006 – VII ZR 84/05, MietRB 2006, 241 = NJW 2006, 2254 = ZfIR 2006, 411 (413) mit krit. Anm. Blank. 68 BGH v. 19.8.2010 – VII ZR 113/09, MDR 2010, 1247 ff. = NJW 2011, 3089 (3092); BGH v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, BGHZ 169, 1 = MDR 2007, 207 = NJW 2006, 3275 = ZMR 2006, 48 (50). 69 Wenzel, NJW 2007, 1905 (1906). 70 Wenzel, NJW 2007, 1905 (1906).

626 | Heinemann

III. Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten | Rz. 15 § 21

Der BGH hat klargestellt, dass der einzelne Wohnungseigentümer auch nach Ausübung der Beschlusskompetenz der Gemeinschaft noch zur Fristsetzung für die Ausübung seines Rücktrittsrechts und zur Geltendmachung des „großen“ Schadensersatzanspruchs berechtigt ist, solange durch sein Vorgehen gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht beeinträchtigt sind. Bei einer Fristsetzung vor Beschlussfassung bleibt diese wirksam und kann durch die Gemeinschaft auch nicht im Vergleichswege einschränkt werden.71 Erfolgt die Fristsetzung hingegen erst nach Beschlussfassung, so ist diese jedenfalls dann wirksam, wenn die Gemeinschaft ebenfalls Mängelbeseitigung vom Veräußerer fordert und noch keine weiteren Maßnahmen beschlossen hat, sondern mit dem Veräußerer über die Mängelbeseitigung verhandelt.72 Besteht in diesem Fall ein Interessenkonflikt zwischen den von der Gemeinschaft beschlossenen Maßnahmen und denjenigen, die der einzelne Wohnungseigentümer verfolgt, so ist die individuelle Rechtsverfolgung ausgeschlossen.73 Ein solcher Interessenkonflikt besteht beispielsweise, wenn die Gemeinschaft nur noch sekundäre Mängelansprüche verfolgen möchte, ein Miteigentümer aber weiterhin primäre Mängelansprüche durchsetzen will74 oder wenn die Gemeinschaft beschlossen hat, erst die erfolgversprechenden Mängelbeseitigungsmaßnahmen zu prüfen, der Miteigentümer seine Ansprüche jedoch sofort durchsetzen möchte.75 Der einzelne Wohnungseigentümer muss in diesem Fall versuchen, eine Fristsetzung durch die Gemeinschaft im Klagewege durchzusetzen bzw. den Beschluss, mit dem die Gemeinschaft die Durchsetzung der Primäransprüche an sich gezogen hat, anzufechten.76 Auch an einen nach Beschlussfassung geschlossenen Vergleich sind alle Wohnungseigentümer gebunden, gleichgültig, ob sie diesem zugestimmt haben oder nicht.77 Sie können sich danach nicht mehr durch Fristsetzung und Rücktrittserklärung bzw. Schadensersatzbegehren vom Vertrag lösen.78 Allerdings erfasst ein Vergleich zu Mängeln, die nur von der Wohnungseigentümergemeinschaft gerügt wurden, nicht auch solche Mängelrügen, die einzelne Wohnungseigentümer erhoben haben.79 f) Abnahme des Gemeinschaftseigentums Von besonderer Bedeutung bei den Erwerbs- und Errichtungsverträgen ist die Berechtigung 15 zur Abnahme der geschuldeten Werkleistung, § 640 BGB. Die Abnahme des Sondereigentums steht ausschließlich dem jeweiligen Erwerber des betreffenden Wohnungseigentums zu. Da jedem einzelnen Wohnungseigentümer auch ein Anspruch auf mangelfreie Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums zusteht, ist grundsätzlich jeder Erwerber einzeln zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums zuständig. Die Gemeinschaft kann nicht mit Mehrheit die Abnahme des Gemeinschaftseigentums mit Wirkung gegen die anderen Eigentümer oder gegen spätere Erwerber beschließen.80 Die Abnahme ist also weder gemeinschaftsbezogen i.S.

71 BGH v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, BGHZ 169, 1 = MDR 2007, 207 = NJW 2006, 3275 = ZMR 2006, 48 (51); Wenzel, NJW 2007, 1905 (1906). 72 BGH v. 19.8.2010 – VII ZR 113/09, MDR 2010, 1247 ff. = MietRB 2010, 297 f. = NJW 2011, 3089 (3092); BGH v. 6.3.2014 – VII ZR 266/13, MDR 2014, 519 = MietRB 2014, 141 = NZM 2014, 310. 73 BGH v. 6.3.2014 – VII ZR 266/13, MDR 2014, 519 = MietRB 2014, 141 = NZM 2014, 310. 74 Elzer, MietRB 2011, 165 (168). 75 BGH v. 6.3.2014 – VII ZR 266/13, MDR 2014, 519 = MietRB 2014, 141 = NZM 2014, 310; OLG Schleswig v. 28.3.2013 – 3 U 44/12, RNotZ 2013, 489 (495 f.); a.A. Elzer, MietRB 2013, 312 (314). 76 Wenzel, NJW 2007, 1905 (1908); krit. Baer, ZfIR 2007, 459 (460 f.). 77 Wenzel, NJW 2007, 1905 (1906); vgl. OLG München v. 23.5.2007 – 32 Wx 30/07, NZM 2007, 487 (488); a.A. Pause, NZM 2007, 234 (235). 78 Wenzel, NJW 2007, 1905 (1906); Elzer, MietRB 2011, 165 (166 f.). 79 OLG Stuttgart v. 3.7.2012 – 10 U 33/12, MietRB 2012, 327 ff. = BeckRS 2012, 19298. 80 BGH v. 21.2.1985 – VII ZR 72/84, MDR 1986, 45 = NJW 1985, 1551 (1552); Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, Anhang zu § 21 WEG Rz. 74; Pause/Vogel, ZMR 2007, 577 (581).

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§ 21 Rz. 15 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer des § 10 Abs. 6 Satz 3 noch kann sie nach Abs. 5 Nr. 2 vergemeinschaftet werden.81 Es ist nur möglich, dass die einzelnen Erwerber und Wohnungseigentümer in den Verträgen den Verwalter oder den Verwaltungsbeirat bzw. sich untereinander zur Abnahme bevollmächtigen82 oder die Zuständigkeit der Gemeinschaft für die Abnahme vereinbaren.83 Eine im Formularoder Verbrauchervertrag vorgesehene Abnahme durch den Bauträger selbst oder durch eine vom Bauträger bestimmte Person (z.B. Verwalter oder Sachverständiger) ist unwirksam.84 Ebenfalls unwirksam nach § 309 Nr. 8 b) ff) BGB ist allerdings im Verbraucher- und Formularvertrag eine Bindung des späteren Erwerbers an eine zuvor erfolgte Abnahme des Gemeinschaftseigentums.85 Unterliegt das Gemeinschaftseigentum einem Sondernutzungsrecht, so dass alle anderen Miteigentümer von dessen Nutzung ausgeschlossen sind, hält eine Vollmacht für den Erwerber, diese Fläche abzunehmen einer Inhaltskontrolle stand.86 g) Gerichtliche Geltendmachung von Mängelrechten 16 Ist die Gemeinschaft originär zuständig oder hat sie ihre Zuständigkeit durch Mehrheits-

beschluss begründet, so kann der einzelne Wohnungseigentümer nicht mehr selbständig aus den Erwerbs- und Errichtungsverträgen vorgehen.87 Die Gemeinschaft nimmt dann ein eigenes Recht wahr und klagt auch im eigenen Namen, verfahrensrechtlich liegt ein Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft vor.88 Eine zusätzliche rechtsgeschäftliche Ermächtigung der Gemeinschaft zur gerichtlichen Anspruchsdurchsetzung ist nicht erforderlich, aber unschädlich.89 Der Verwalter vertritt die Gemeinschaft, sofern er hierzu nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 ermächtigt worden ist (s. § 27 Rz. 117 ff.), wobei der Übertragungsbeschluss regelmäßig auch die Ermächtigung des Verwalters beinhalten dürfte.90 Unberührt davon bleibt die Möglichkeit der Gemeinschaft, einzelne oder mehrere Wohnungseigentümer zur Geltendmachung der Ansprüche im eigenen Namen im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft zu ermächtigen91 und die umgekehrte Möglichkeit, dass die Gemeinschaft zur gerichtlichen Durchsetzung

81 BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15, NJW 2016, 2878 (2881) = NZM 2016, 592 (594) = ZMR 2016, 706 (708) = MietRB 2016, 233 (Ott); LG München I v. 7.4.2016 – 36 S 17586/15 WEG, ZMR 2016, 991 (992 f.) = ZfIR 2016, 642 (Ls.) = MietRB 2016, 325 (Ott); Hogenschurz, MietRB 2012, 120 (122 f.); Kümmel, ZfIR 2014, 464 (473); Ott, ZWE 2013, 253 (257 f.); Pause, ZfIR 2014, 127 (134); Popescu, ZWE 2014, 109 (114); a.A. LG München I v. 16.1.2013 – 18 O 1668/11, BeckRS 2013, 09934; AG München v. 7.7.2010 – 482 C 287/10, NJW 2011, 2222 = NZM 2011, 554; AG Tettnang v. 21.4.2011 – 4 C 1132/10, IBR 2011, 510; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, Anhang zu § 21 WEG Rz. 75. 82 BayObLG v. 20.3.2001 – 2Z BR 75/00, NZM 2001, 539 (540) = ZWE 2001, 548; kritisch zu solchen Vollmachts- und Fiktionslösungen Magel, ZNotP 2015, 82 ff. 83 BayObLG v. 30.4.1999 – 2Z BR 153/98, NZM 1999, 862 (864); Pause, ZfIR 2014, 127 (134). 84 BGH v. 30.6.2016 – VII ZR 188/13, MDR 2016, 1013 = ZfIR 2016, 635 m. Anm. Dötsch; OLG Stuttgart v. 21.3.2015 – 10 U 46/14, NZM 2015, 746 (748). 85 BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15, NJW 2016, 2878 (2881) = NZM 2016, 592 (594) = ZMR 2016, 706 (708) = MietRB 2016, 233 (Ott); BGH v. 25.2.2016 – VII ZR 49/15, ZfIR 2016, 313 (315) m. Anm. Reichelt/Ishola. 86 OLG Stuttgart v. 12.5.2015 – 10 U 114/14, NZM 2016, 137 (138) = MietRB 2016, 15 (Ott). 87 BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258 (264) = MDR 1979, 837 ff. = NJW 1979, 2207 (2209) = ZMR 1980, 54 (58); BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952 (1954); Wenzel, NJW 2007, 1905 (1909). 88 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 80/09, MDR 2010, 433 = MietRB 2010, 113 = NJW 2010, 933 (934); Pause/Vogel, ZMR 2007, 577 (578); Wenzel, NJW 2007, 1905 (1909). 89 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 80/09, MDR 2010, 433 = MietRB 2010, 113 = NJW 2010, 933 (934). 90 Wenzel, NJW 2007, 1905 (1909). 91 BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952 (1954 f.); BGH v. 26.9.1991 – VII ZR 291/90, MDR 1992, 158 = NJW 1992, 435; OLG Koblenz v. 21.9.2007 – 14 W 659/07, MDR 2008, 294 = MietRB 2008, 15 = NZM 2008, 248 (249); LG Waldshut-Tiengen v.

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III. Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten | Rz. 17 § 21

solcher Ansprüche im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft ermächtigt wird, die ausschließlich auf das Sondereigentum bezogen sind oder die sie nicht vergemeinschaften kann (s. Rz. 10).92 An einen solchen Ermächtigungsbeschluss sind alle Eigentümer gebunden.93 Ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren kann der einzelne Wohnungseigentümer nur beantragen, solange die Gemeinschaft die Mängelansprüche nicht an sich gezogen hat.94

3. Sonstige Ansprüche und Rechte gegenüber Dritten a) Vertragliche Ansprüche Nicht nur aus den Erwerbs- und Errichtungsverträgen der einzelnen Wohnungseigentümer, 17 sondern vor allem auch aus Verträgen, die die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betreffen, können Rechte und Ansprüche entstehen. Insofern sorgt die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft für eine gewisse Erleichterung. Verträge, die die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betreffen, z.B. der Verwaltervertrag, Wartungsverträge, Hausmeisterverträge, Energielieferungsverträge,95 Werkverträge96 etc., werden nunmehr zwischen der insoweit rechtsfähigen Gemeinschaft und dem Dritten abgeschlossen.97 Die hieraus entstehenden Rechte (z.B. Gestaltungsrechte) und Ansprüche (z.B. wegen Schlechterfüllung des Vertrags) stehen ausschließlich der Gemeinschaft zu und können nur von dieser geltend gemacht werden, es sei denn, es wurde ausnahmsweise vereinbart, dass auch die einzelnen Wohnungseigentümer aus dem Vertrag berechtigt (und verpflichtet) sein sollten.98 Es entspricht regelmäßig ordnungsmäßiger Verwaltung, bestehende Ansprüche der Gemeinschaft auch durchzusetzen, es sei denn dass eine erfolgreiche Anspruchsdurchsetzung überwiegend unwahrscheinlich ist99 oder mit einem hohen Prozessrisiko verbunden ist (s. Rz. 107).100 Allerdings müssen die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs zumindest schlüssig dargelegt werden und begründet erscheinen.101 Fasst die Gemeinschaft nicht die erforderlichen Beschlüsse, um die Ansprüche und Rechte aus diesen Verträgen geltend zu machen, obwohl dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspräche, so kann der einzelne Wohnungseigentümer nur im Wege der Anfechtungsklage (sofern ein Negativbeschluss vorliegt) bzw.

92 93 94

95 96 97 98

99 100 101

8.9.2017 – 2 O 129/16, ZMR 2018, 78; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, Anhang zu § 21 WEG Rz. 39; Hügel, ZMR 2008, 855 (857 f.). BGH v. 12.4.2007 – VII ZR 50/06, MDR 2007, 830 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1957 (1958), 1959; Wenzel, NJW 2007, 1905 (1909); krit. Schmid, NZM 2009, 722 (724). BGH v. 28.10.1999 – VII ZR 284/98, MDR 2000, 204 = ZfIR 2000, 117. BGH v. 20.6.2013 – VII ZR 71/11, MDR 2013, 1155 = MietRB 2013, 297 = NJW-RR 2013, 1169 (1170); BGH v. 6.6.1991 – VII ZR 372/89, MDR 1991, 1061 = NJW 1991, 2480 (2482); aus der Entscheidung BGH v. 16.5.2013 – VII ZB 61/12, MDR 2013, 864 = NJW 2013, 2687 (2688) ergibt sich nichts anderes, da es dort nur um die Befugnisse des Sachverständigen, nicht aber um die Zulässigkeit des Beweissicherungsverfahrens ging; a.A. Elzer, MietRB 2013, 312 (313). BGH v. 7.3.2007 – VIII ZR 125/06, MDR 2007, 899 = MietRB 2007, 143 = ZIP 2007, 772 (773). OLG München BeckRS 2018, 23495 = NZM 2019, 146 (LS.). BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 (178) = MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 f. (237) = NJW 2005, 2061 = ZIP 2005, 1233 (1241). BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 (178) = MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 f. (237) = NJW 2005, 2061 = ZIP 2005, 1233 (1241); BGH v. 7.3.2007 – VIII ZR 125/06, MDR 2007, 899 = MietRB 2007, 143 = ZIP 2007, 772 (773); OLG München BeckRS 2018, 23495 = NZM 2019, 146 (LS.); Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 59; Wenzel, NZM 2006, 321 (323). LG Itzehoe v. 5.8.2014 – 11 S 45/13, ZMR 2015, 56. AG Bonn v. 4.5.2016 – 27 C 178/15, ZMR 2016, 650 (651). LG Dortmund v. 24.11.2015 – 9 S 41/14, ZMR 2016, 640 (642).

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§ 21 Rz. 17 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer der Leistungsklage auf ordnungsgemäße Beschlussfassung vorgehen (s. Rz. 45 ff.). Den gegenüber dem Dritten bestehenden Anspruch kann er jedoch nicht selbst einklagen.102 b) Verträge einzelner Wohnungseigentümer im Interesse der Gemeinschaft 18 Soweit nur einzelne oder mehrere Wohnungseigentümer Vertragspartner geworden sind,

etwa bei ausdrücklicher Vereinbarung, im Falle der Notgeschäftsführung nach Abs. 2 (s. Rz. 30) oder weil der Vertrag ausschließlich auf das Sondereigentum beschränkt ist,103 können hieraus dennoch Ansprüche der Gemeinschaft entstehen, die nur diese geltend machen kann. Dies ist etwa der Fall, wenn in Ausführung des Vertrags Schäden am gemeinschaftlichen Eigentum eintreten oder drohen. Hier ist also – wie bei jeder anderen Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums durch einen Dritten – allein die Gemeinschaft Inhaber/Ausübungsberechtigter (s. § 10 Rz. 134 ff.) des Schadensersatzanspruchs aus §§ 823 ff. BGB.104 Der einzelne Wohnungseigentümer kann diese Ansprüche der Gemeinschaft nur geltend machen, wenn er hierzu durch Beschluss der Gemeinschaft ermächtigt wurde105 oder ein Fall der Notgeschäftsführung nach Abs. 2 vorliegt. c) Gesetzliche Ansprüche 19 Diese Ausführungen gelten überhaupt für gesetzliche Ansprüche, insbesondere nach den

§§ 677 ff., §§ 812 ff., §§ 823 ff.106 und §§ 985 ff. BGB.107 Soweit sich diese auf das gemeinschaftliche Eigentum beziehen, ist Anspruchsinhaber, zumindest Ausübungsberechtigter, allein die Gemeinschaft, niemals jedoch ein einzelner Wohnungseigentümer. Für Schadensersatzansprüche besteht eine geborene Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft, außer wenn diese mit individuellen Abwehransprüchen nach § 1004 BGB konkurrieren.108 Dabei spielt es keine Rolle, wer Anspruchsgegner ist, ein Miteigentümer, ein außenstehender Dritter oder der Verwalter.109 Gleiches gilt für öffentlich-rechtliche Ansprüche, insbesondere wegen einer Verletzung nachbarschützender Vorschriften des öffentlichen Baurechts,110 der TrinkwV111 oder des Flurbereinigungsrechts.112

102 Ebenso Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 59 ff. 103 Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 56. 104 Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 51; Wenzel, NZM 2006, 321 (323); BT-Drucks. 16/887, 61; so bereits BGH v. 11.12.1992 – V ZR 118/91, BGHZ 121, 22 = MDR 1993, 445 = NJW 1993, 727. 105 Wenzel, NZM 2006, 321 (323). 106 BGH v. 26.10.2018 – VZR 328/17, MDR 2019, 284 = MietRB 2019, 81 (Hogenschurz), a.A.; BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, MDR 2014, 453 = MietRB 2014, 104 f. 107 BGH v. 17.12.2010 – V ZR 125/10, MDR 2011, 350 = NZM 2011, 807 (808); BayObLG WE 2004, 17; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 53. 108 BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, MDR 2014, 453 = MietRB 2014, 104 f.; LG München I v. 15.11.2017 – 1 S 1978/16, ZMR 2018, 366 (367). 109 BT-Drucks. 16/887, 61. 110 BayVGH v. 26.3.2003 – 8 ZB 02.2918, ZMR 2004, 74 = BayVBl. 2004, 74; BayVGH v. 2.10.2003 – 1 CS 03.1785, BayVBl. 2004, 235 = NZM 2004, 235; BayVGH v. 12.7.2012 – 2 B 12.1211, BayVBl. 2013, 51 = ZWE 2013, 100; OVG Münster v. 28.2.1991 – 11 B 2967/90, NVwZ-RR 1992, 11 = ZMR 1991, 276; VG Berlin v. 8.12.2011 – 13 K 205.11, BeckRS 2012, 47516; VG München v. 15.10.2012 – M 8 K 11.4426, BeckRS 2013, 48448; VG München v. 13.3.2012 – M 2 K 11.2349, ZWE 2013, 58; a.A. OVG Münster v. 12.12.1991 – 7 A 172/89, ZMR 1992, 564 = WuM 1992, 551. 111 OVG Münster v. 25.6.2015 – 13 B 452/15, NZM 2015, 791. 112 OVG Mecklenburg-Vorpommern v. 19.10.2011 – 9 K 10/10, RdL 2012, 167 = ZWE 2012, 146.

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III. Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten | Rz. 20 § 21

d) Individualansprüche, insbesondere Abwehr- und Unterlassungsansprüche Solche Ansprüche, die einem oder mehreren Wohnungseigentümern persönlich zustehen, 20 können diese selbst und ohne Mitwirkung der anderen Eigentümer, also der Gemeinschaft, geltend machen. Zu diesen Individualansprüchen gehören Schadensersatzansprüche gegen Dritte, den Verwalter113 oder einen Miteigentümer114 wegen einer Verletzung der Rechtsgüter dieses Eigentümers, seines Sondereigentums oder des Gemeinschaftseigentums, wenn sich diese ausschließlich auf das Sondereigentum ausgewirkt hat.115 Diese Ansprüche kann nur der beeinträchtigte Wohnungseigentümer durchsetzen, die Gemeinschaft besitzt keine Kompetenz, die Durchsetzung dieser Ansprüche mittels Mehrheitsbeschluss an sich zu ziehen. Auch Abwehr- und Unterlassungsansprüche nach § 1004 BGB gegen Dritte, vor allem aber gegenüber einem anderen Miteigentümer (insbesondere wegen unzulässiger baulicher Veränderungen), können auch nach neuer Rechtslage – entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BGH116 – von jedem einzelnen Wohnungseigentümer ohne besondere Ermächtigung durch den Verband eingeklagt werden.117 Dies gilt sogar dann, wenn diese mit Schadensersatzansprüchen, deren Geltendmachung dem Verband vorbehalten ist konkurrieren (s. Rz. 19).118 Allerdings soll die Gemeinschaft nunmehr – entgegen der bisherigen Rechtsprechung119 – berechtigt sein, diese Ansprüche durch Mehrheitsbeschluss zu „vergemeinschaften“.120 Ein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers hierauf besteht allerdings nicht.121 Ein Negativbeschluss hierüber bedeutet nicht, dass die Gemeinschaft die bauliche Veränderung genehmigen will.122 Über die Art und Weise der Rückgängigmachung einer unzulässigen baulichen Veränderung können die Miteigentümer außerdem nach Abs. 5 Nr. 2 beschließen (s. Rz. 66), insbesondere den störenden Eigentümer hierzu auffordern und eine Selbstvornahme androhen.123 Für derartige Ansprüche ist nicht der einzelne Eigentümer, sondern die Gemeinschaft anspruchsberechtigt und klagebefugt.124 Hinsichtlich der Umsetzung (Rückgängigmachung, Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs, Ermächtigung eines Eigentümers zur Prozessführung) steht den Eigentümern ein weites Beurteilungsermes113 BGH v. 2.10.1991 – V ZB 9/91, BGHZ 115, 253 (258) = MDR 1992, 257 = NJW 1992, 182; BGH v. 21.12.1995 – V ZB 4/94, BGHZ 131, 347 = MDR 1996, 787 = NJW 1996, 1216 (1217). 114 BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 (395) = MDR 1992, 484 = NJW 1992, 978. 115 BT-Drucks. 16/887, 62; BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17, NZM 2018, 794 (795); v. 16.3.2018 – V ZR 276/16, NZM 2018, 626; v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, NZM 2014, 245; v. 21.10.2011 − V ZR 265/ 10, NZM 2012, 239. 116 BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 (395) = MDR 1992, 484 = NJW 1992, 978; Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 255; zweifelnd Wenzel, NZM 2006, 321 (323). 117 BT-Drucks. 16/887, 61 (62). 118 BGH v. 26.10.2018 – VZR 328/17, MDR 2019, 284 = MietRB 2019, 81 (Hogenschurz), a.A LG München I v. 15.11.2017 – 1 S 1978/16, ZMR 2018, 366 (367 f.). 119 BayObLG v. 30.5.1996 – 2Z BR 9/96, ZMR 1996, 565; BayObLG v. 18.3.1997 – 2Z BR 116/96, ZMR 1997, 374 (375). 120 BT-Drucks. 16/887, 61; Abramenko, Das neue WEG, § 6 Rz. 15; so bereits Wenzel, NZM 2006, 321 (323); BGH v. 22.1.2016 – V ZR 116/15, ZMR 2016, 382 (384); BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14, NZM 2015, 220 = ZfIR 2015, 346 (347); OLG München v. 17.11.2005 – 32 Wx 77/05, NZM 2006, 106 (107); LG Berlin v. 27.10.2017 – 55 S 218/16, ZMR 2018, 348 (349); LG Bochum v. 16.7.2018 – I-1 O 318/17, ZMR 2018, 850 (851); LG München I v. 15.1.2018 – 1 S 1401/17, ZMR 2018, 443; LG München I v. 31.3.2011 – 36 S 1580/11, ZMR 2011, 835 (836 f.); AG München v. 4.5.2017 – 281 C 17481/16, ZMR 2018, 456 (457); a.A. OLG München v. 12.12.2005 – 34 Wx 83/05, NZM 2006, 345 (346). 121 LG Itzehoe v. 15.4.2014 – 11 S 37/13, ZMR 2015, 51; AG Mitte v. 19.3.2018 – 26 C 55/17, ZMR 2018, 702 (703) = MietRB 2019, 51 (Häublein); AG Nürnberg v. 7.12.2011 – 30 C 5175/11, BeckRS 2012, 02060; AG Pinneberg v. 16.1.2018 – 60 C 16/17, ZMR 2018, 381 (382). 122 AG Tostedt v. 5.7.2018 – 5 C 117/17, ZMR 2018, 966. 123 LG München I v. 17.3.2017 – 36 S 22212/15, ZMR 2017, 504 (505). 124 LG Frankfurt am Main v. 7.6.2018 – 2-13 S 98/17, ZMR 2018, 856 (857).

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§ 21 Rz. 20 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer sen zu.125 Ungeklärt ist noch, welche Auswirkungen der Beschluss, diese Ansprüche gemeinschaftlich durchzusetzen, auf den Individualanspruch hat. Die Gesetzesbegründung126 und die h.M.127 scheinen davon auszugehen, dass eine konkurrierende Möglichkeit zur Rechtsverfolgung besteht (s. § 10 Rz. 124 ff.). Dies erscheint zweifelhaft, da es die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen und übermäßiger Belastung der Gerichtsbarkeit in sich birgt. Richtig ist vielmehr, dass alleine die Gemeinschaft zur gerichtlichen und außergerichtlichen Durchsetzung solcher Ansprüche berechtigt ist, wenn sie diese durch Beschluss an sich gezogen hat, vgl. § 10 Abs. 6 Satz 3.128 Die Gemeinschaft kann Individualansprüche eines ihrer Mitglieder jedenfalls dann nicht mehr gegen seinen Willen an sich ziehen, wenn der betroffene Wohnungseigentümer seine Individualansprüche schon rechtshängig gemacht hat.129 Richtet sich der Anspruch nicht auf Beseitigung (wegen Handlungsstörung), sondern lediglich auf Duldung der Beseitigung (wegen Zustandsstörung), so ist ausschließlich die Gemeinschaft anspruchsberechtigt.130 Nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche (analog) § 906 Abs. 2 BGB können durch Beschluss der Wohnungseigentümer an den Verband gezogen werden, auch wenn sie das Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer betreffen.131 Nach einer Vergemeinschaftung steht allein der Gemeinschaft die Beschlusskompetenz zu, über diesen Anspruch zu verfügen, insbesondere sich mit dem Störer zu vergleichen.132 Möglich ist aber eine (Rück-)Delegation an einen einzelnen Wohnungseigentümer, damit dieser Beseitigungsansprüche gerichtlich durchsetzen kann.133 Ein entsprechender Vergleichsbeschluss muss aber wiederum dem Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung genügen, was z.B. dann der Fall ist, wenn der Vergleich geeignet ist, bei unsicherem Prozessausgang eine einvernehmliche Beendigung der Störung herbeizuführen.134

4. Ansprüche und Rechte im Innenverhältnis 21 Neben den bereits erwähnten Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen können im Innen-

verhältnis zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern, aber auch zwischen den Wohnungseigentümern und der (teil-)rechtsfähigen Gemeinschaft weitere Ansprüche und Rechte bestehen (vgl. auch § 43 Nr. 1 und Nr. 2). Der einzelne Wohnungseigentümer kann Ansprüche gegen einen Miteigentümer dann alleine geltend machen, wenn dieser ausschließlich seine Rechtsgüter (insbesondere sein Sondereigentum) verletzt oder beeinträchtigt hat.135 Ansonsten ist ausschließlich die Gemeinschaft zur Durchsetzung von gemeinschaftsbezogenen Forderungen gegen die Wohnungseigentümer berechtigt. Insbesondere kann nur die Gemein125 AG München v. 2.4.2018 – 484 C 6040/17, ZMR 2018, 712. 126 BT-Drucks. 16/887, 61 f. 127 OLG München v. 16.11.2007 – 32 Wx 111/07, MietRB 2008, 43 = NZM 2008, 87 (89); Abramenko, Das neue WEG, § 6 Rz. 16; Schmid, NZM 2009, 721 (723). 128 BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14, ZfIR 2015, 346 (347 f.); ebenso Hügel/Elzer, NZM 2009, 457 (461) und Wenzel, NJW 2007, 1905 (1908), allerdings bezogen auf Mängelansprüche aus den Erwerbsverträgen; von einer geborenen Ausübungsbefugnis geht aus AG Rostock v. 2.2.2016 – 55 C 68/15, ZMR 2016, 1005 (1006). 129 AG Reutlingen v. 22.3.2013 – 9 C 1614/12, ZWE 2013, 408. 130 KG v. 19.3.2007 – 24 W 317/06, ZMR 2007, 639 (640). 131 KG v. 21.11.2016 – 20 U 109/14, ZMR 2017, 495 = MietRB 2017, 293 (Heinemann); a.A. OLG München v. 26.10.2010 – 32 Wx 26/10, MietRB 2011, 150 = NJW 2011, 83 (84): Vergemeinschaftung nur für Ansprüche, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, möglich. 132 LG München I v. 31.3.2011 – 36 S 1580/11, ZMR 2011, 835 (836 f.). 133 LG Itzehoe v. 2.6.2015 – 11 S 100/12, ZMR 2015, 788. 134 LG München I v. 31.3.2011 – 36 S 1580/11, ZMR 2011, 835 (837). 135 Vgl. BGH v. 22.4.1999 – V ZB 28/98, BGHZ 141, 224 (227) = MDR 1999, 924 ff. m. Anm. Riecke = NJW 1999, 2108; BGH v. 2.10.1991 – V ZB 9/91, BGHZ 115, 253 (258) = MDR 1992, 257 = NJW 1992, 182.

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IV. Verwaltung im Notfall durch einzelnen Wohnungseigentümer (Abs. 2) | Rz. 23 § 21

schaft die nach Maßgabe des beschlossenen Wirtschaftsplans geschuldeten Hausgeldbeiträge einklagen, es sei denn, sie hat einen Wohnungseigentümer zu deren Geltendmachung ermächtigt.136 Soweit die Gemeinschaft beschließt, Ansprüche gegen einen Miteigentümer (notfalls) gerichtlich durchzusetzen, liegt hierin noch keine Beschwer für den Miteigentümer, solange sich die Anspruchsverfolgung als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung darstellt.137 Der Anspruch auf Abänderung der Grundlagenvereinbarungen nach § 10 Abs. 3 Satz 3 kann nicht vergemeinschaftet werden, er gehört zum Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der Wohnungseigentümer und hat individualschützenden Charakter.138

IV. Verwaltung im Notfall durch einzelnen Wohnungseigentümer (Abs. 2) 1. Allgemeines Nach Abs. 2 ist jeder Wohnungseigentümer alleine und ohne die Zustimmung der anderen 22 Wohnungseigentümer berechtigt, diejenigen Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens erforderlich sind. Die Befugnis zur Notgeschäftsführung ähnelt derjenigen des Bruchteilseigentümers nach § 744 Abs. 2 BGB, ist jedoch im Vergleich zu dieser sehr viel enger gefasst, um den Grundsatz der gemeinschaftlichen Verwaltung und die Stellung des Verwalters als Vollzugsorgan der Gemeinschaft nicht auszuhöhlen.139 Die Vorschrift ist daher eng auszulegen.140 Aus der Treuepflicht der Wohnungseigentümer untereinander folgt im Einzelfall sogar eine Handlungspflicht jedes Wohnungseigentümers, unmittelbar drohende Schäden von der Gemeinschaft abzuwenden.141 In diesem Fall können durchaus auch Mitteilungspflichten bestehen, die durch eine Beschlussfassung der Gemeinschaft konkretisiert werden können.142

2. Vorliegen einer Notlage Eine Notlage i.S.d. Abs. 2 liegt dann vor, wenn ein Schaden für das Gemeinschaftseigentum 23 unmittelbar bevorsteht, so dass dem Wohnungseigentümer angesichts der Eilbedürftigkeit der Gefahrenabwehr nicht zugemutet werden kann, ein Tätigwerden des Verwalters abzuwarten oder die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer notfalls im einstweiligen Rechtsschutz einzufordern.143 Das Vorliegen einer Notlage beurteilt sich – anders als im Rahmen des § 27 Abs. 1 Nr. 3 (s. § 27 Rz. 31) – ausschließlich nach den objektiven Voraussetzun136 BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (361) = MietRB 2017, 226 (Becker); so bereits BGH v. 20.4.1990 – V ZB 1/90, BGHZ 111, 148 (152) = MDR 1991, 138 = NJW 1990, 2386. 137 AG Hamburg v. 11.11.2015 – 11 C 27/15, ZMR 2016, 149 (150). 138 BGH v. 13.10.2017 – V ZR 305/16, NZM 2018, 343 (344); LG Nürnberg-Fürth v. 28.9.2016 – 14 S 2471/16, ZMR 2017, 91 (93 f.). 139 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 6; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 8. 140 VG Hannover v. 14.5.2018 – 4 A 8334/17, ZWE 2018, 380 (381) = MietRB 2018, 369 (Hogenschurz). 141 OLG Hamburg v. 16.11.2006 – 2 Wx 35/05, ZMR 2007, 129 (130); OLG Oldenburg v. 5.11.1987 – 5 W 61/87, ZMR 1988, 185 = WE 1988, 175 (176); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 5; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 6; Stürner in Soergel, BGB, § 21 WEG Rz. 2; a.A. OLG Hamm WE 1989, 102 (103); Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 78. 142 A.A. AG Nürnberg v. 23.1.2015 – 14 C 4961/14, ZMR 2015, 635 (636 f.). 143 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, NZM 2016, 169 (170) = JZ 2016, 744 m. Anm. Häublein; OLG Oldenburg v. 5.11.1987 – 5 W 61/87, ZMR 1988, 185 = WE 1988, 175 (176); OLG Celle v. 20.12.2001 – 4 W 286/01, ZWE 2002, 369 (370); AG Düsseldorf v. 13.12.2017 – 232 C 99/17, ZR 2018, 373 (374); AG Spandau v. 12.12.2017 – 70 C 56/17, ZMR 2018, 715 (716); VG Hannover v. 14.5.2018 –

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§ 21 Rz. 23 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer gen.144 Kein unmittelbar drohender Schaden liegt vor, wenn der gefahrträchtige Zustand schon längere Zeit besteht (z.B. seit mehr als 14 Monaten)145 und er dem Verwalter und den Miteigentümern bekannt ist.146 An einem unmittelbar drohenden Schaden fehlt es außerdem, wenn genügend Zeit bleibt, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, um über die Maßnahme zu beschließen.147 Ist die Angelegenheit Gegenstand einer Eigentümerversammlung gewesen und haben die Wohnungseigentümer eine Entscheidung getroffen, besteht eine Befugnis zur Notgeschäftsführung regelmäßig nicht mehr, vielmehr muss der Eigentümer gegen die Mehrheitsentscheidung – ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes – vorgehen.148 Ist ein Schaden bereits eingetreten, so besteht eine Notgeschäftsführungskompetenz nur, wenn hieraus unmittelbar weiterer Schaden zu entstehen droht.149 Abs. 2 wird nicht von der Befugnis des Verwalters zur Ergreifung dringender Maßnahmen nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 verdrängt. Wird der Verwalter tätig, wird es im Regelfall an einem unmittelbar drohenden Schaden fehlen (s. § 27 Rz. 31). Gleiches gilt, wenn der Verwalter seine Handlungsbereitschaft signalisiert hat und darüber hinaus auch eine gerichtliche Entscheidung eingeholt werden könnte.150 Fehlt es an einem Verwalter oder weigert sich dieser, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, so liegt eine Notlage vor.151 Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Notlage trifft den handelnden Wohnungseigentümer.152

3. Zulässige Maßnahmen 24 Das Recht zur Notgeschäftsführung ist – anders als im Rahmen von § 27 Abs. 1 Nr. 3 (s. § 27

Rz. 32) – auf Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung i.S. des Abs. 3 beschränkt. Weitergehende Maßnahmen, insbesondere bauliche Veränderungen gem. § 22, können nicht im Wege der Notgeschäftsführung getroffen werden.153 Der Wohnungseigentümer ist auch nur zur unmittelbaren Gefahrbeseitigung, nicht jedoch zur dauerhaften Schadensbehebung befugt, z.B. zur Neueindeckung eines undichten Daches oder zum Streichen der Fassade.154 Maßnahmen am Sondereigentum können ebenso wenig auf Abs. 2 gestützt werden.155

144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154

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4 A 8334/17, ZWE 2018, 380 (381) = MietRB 2018, 369 (Hogenschurz); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 10. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 10. AG Rosenheim v. 17.3.2015 – 12 C 1557/14, ZMR 2015, 646 (647). OLG Frankfurt v. 4.9.2008 – 20 W 347/05, ZMR 2009, 382 (383); OLG Hamburg v. 16.11.2006 – 2 Wx 35/05, ZMR 2007, 129 (130); OLG Celle v. 20.12.2001 – 4 W 286/01, ZWE 2002, 369 (370); BayObLG v. 1.8.2002 – 2Z BR 132/01, ZMR 2003, 51; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 10. LG Frankfurt am Main v. 17.5.2018 – 2-13 S 168/15, ZMR 2018, 791 (793). LG Berlin v. 25.9.2018 – 55 S 235/17 WEG, BeckRS 2018, 24090 = MietRB 2018, 369 (Becker). OLG Oldenburg v. 5.11.1987 – 5 W 61/87, ZMR 1988, 185 = WE 1988, 175 (176); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 11. VG Hannover v. 14.5.2018 – 4 A 8334/17, ZWE 2018, 380 (381) = MietRB 2018, 369 (Hogenschurz). OLG Oldenburg v. 5.11.1987 – 5 W 61/87, ZMR 1988, 185 = WE 1988, 175 (176); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 10. AG Offenbach v. 30.11.2012 – 330 C 120/11, ZMR 2013, 393. OLG Oldenburg v. 5.11.1987 – 5 W 61/87, ZMR 1988, 185 = WE 1988, 175 (176); LG Hamburg v. 29.6.2016 – 318 S 102/15, ZMR 2016, 800 (801); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 12. BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, NZM 2016, 169 (170) = JZ 2016, 744 m. Anm. Häublein; OLG Oldenburg v. 5.11.1987 – 5 W 61/87, ZMR 1988, 185 = WE 1988, 175 (176); BayObLG v. 25.9.1996 – 2Z BR 79/96, ZMR 1997, 37; LG Frankfurt am Main v. 17.5.2018 – 2-13 S 168/15, ZMR 2018, 791 (793); AG Düsseldorf v. 13.12.2017 – 232 C 99/17, ZR 2018, 373 (374); a.A. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 13. BayObLG v. 31.10.2002 – 2Z BR 94/02, ZWE 2003, 179; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 76.

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IV. Verwaltung im Notfall durch einzelnen Wohnungseigentümer (Abs. 2) | Rz. 26 § 21 25 Beispiele für zulässige Notmaßnahmen sind: – Beauftragung von Handwerkern/Dienstleistungsunternehmen zur Behebung drohender Gefahren, z.B. bei Gasgeruch, Rohrverstopfung und Rohrbruch sowie bei Einbruch (Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 13); – Noteindeckung des Daches nach einem Sturm (Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 83; aber keine komplette Neueindeckung, s. Rz. 24, 26); – Einleitung eines Rechtsstreits, um einen drohenden Verjährungseintritt einer gemeinschaftlichen Forderung zu verhindern und Untätigkeit oder Nichtvorhandensein eines Verwalters (str., vgl. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 13; a.A. Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 85); – Geltendmachung von Nachbarrechten im Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess (BayVGH v. 2.10.2003 – 1 CS 03.1785, BayVBl. 2004, 235 = NZM 2004, 235; einschränkend nunmehr BayVGH v. 12.9.2005 – 1 ZB 05.42, NVwZ-RR 2006, 430 [431]; vgl. auch BayVGH v. 21.1.2009 – CS 08.1330, ZMR 2009, 722; OVG Mecklenburg-Vorpommern v. 19.10.2011 – 9 K 10/10, RdL 2012, 167); – Geltendmachung von Beitragsforderungen gegen die anderen Wohnungseigentümer oder von Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter (a.A. OLG Celle v. 28.11.1969 – 11 U 101/69, MDR 1970, 678; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 8), sofern die Leistungsunfähigkeit des Verwalters oder gar der Gemeinschaft droht und die Energieversorgung der Gemeinschaft gefährdet ist (OLG Düsseldorf WE 1989, 200 [201]; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 13); – Beseitigung zahlreicher Rattenkadaver im Kriechkeller, auch wenn sich der störende Geruch vor allem auf Sondereigentum auswirkt (LG Hamburg v. 22.12.2008 – 318 T 156/07, ZMR 2009, 941 [942]). 26 Beispiele für unzulässige Notmaßnahmen sind: – Dachneueindeckung, Terrassenplattenverlegung (OLG Hamburg v. 16.11.2006 – 2 Wx 35/05, ZMR 2007, 129 [130]; a.A. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 13; BayObLG WE 1991, 200 [201]); – Errichtung einer Mauer und Aufstellen von Betonpflanzkübeln zur Hangsicherung (LG Hamburg v. 29.6.2016 – 318 S 102/15, ZMR 2016, 800 [801]); – Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens nach §§ 485 ff. ZPO (BayObLG WE 1996, 152 [154]; OLG Frankfurt v. 4.9.2008 – 20 W 347/05, ZMR 2009, 382 [383]; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 13); – Prozessführung zur Durchsetzung von Mängelansprüchen, die der Gemeinschaft zustehen (OLG Hamm v. 6.12.2011 – 19 U 89/11, BeckRS 2013, 05808) oder zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter, die der Gemeinschaft zustehen (LG Berlin v. 25.9.2018 – 55 S 235/17 WEG, BeckRS 2018, 24090 = MietRB 2018, 369 (Becker); AG Offenbach v. 30.5.2016 – 320 C 50/15, ZMR 2016, 735 [736]); – Einberufung der Eigentümerversammlung, selbst wenn ein Verwalter fehlt; hier muss der einzelne Wohnungseigentümer im Klagewege, notfalls mittels einstweiliger Verfügung vorgehen (AG Wangen v. 30.1.2008 – 4 C 36/08, ZMR 2008, 580; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 14; vgl. BGH v. 10.6.2011 – V ZR 222/10, MietRB 2011, 283 = ZfIR 2011, 759 mit Anm. Elzer; LG Frankfurt/O. v. 1.4.2010 – 6a T 50/09, ZWE 2011, 128; vgl. auch AG Charlottenburg v. 25.9.2012 – 73 C 1005/12, ZWE 2013, 41 = NZM 2013, 319 [320]: die Einberufung der Versammlung durch andere Personen als den Verwalter widerspricht dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung); – Anstellung eines Hausmeisters (OLG Stuttgart v. 24.1.1989 – 8 W 248/88, OLGZ 1989, 179 [180] = ZMR 1989, 191; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 14). Heinemann | 635

§ 21 Rz. 27 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer

4. Keine Vertretungsmacht 27 Auch aus einer berechtigten Notgeschäftsführung folgt keine Vertretungsmacht im Außen-

verhältnis.156 Der Wohnungseigentümer handelt also als Vertreter ohne Vertretungsmacht, wenn er nicht im eigenen, sondern im Namen der Gemeinschaft auftritt.157 Nur wenn die Gemeinschaft sein Handeln genehmigt, wird sie unmittelbar berechtigt und verpflichtet, § 177 BGB.

5. Ausgleichsansprüche a) Anspruchsgrundlage 28 Genehmigt die Gemeinschaft sein Handeln nicht oder hat er die Notmaßnahmen im eigenen

Namen ergriffen, so hat der notgeschäftsführende Eigentümer dennoch einen Aufwendungsersatzanspruch (s. Rz. 30). Entgegen mancher in der Literatur geäußerter Ansicht158 handelt es sich gerade nicht um einen Fall der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, denn aus Abs. 2 folgt gerade eine „sonstige“ Berechtigung zur Geschäftsführung. Der Geschäftsführer hat vielmehr entsprechend § 670 BGB einen unmittelbaren Aufwendungsersatzanspruch gegen die Gemeinschaft und zusätzlich (also gesamtschuldnerisch) gem. § 16 Abs. 2159 einen unmittelbaren Anspruch gegen die einzelnen Wohnungseigentümer.160 Denn trotz der Teilrechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft handelt es sich um eine Verwaltungsmaßnahme nach § 16 Abs. 2,161 für die alle Wohnungseigentümer mit ihrem gesamten Vermögen einzustehen haben. b) Anspruchsgegner 29 Die Streitfrage, ob die Wohnungseigentümer untereinander gesamt- oder nach Maßgabe von

§ 16 Abs. 1 Satz 2 nur teilschuldnerisch für den Aufwendungsersatz haften, hat sich durch die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit nur insoweit geklärt, dass die einzelnen Wohnungseigentümer lediglich anteilig gemäß ihrem Miteigentumsanteil zum Ersatz verpflichtet sind.162 Angesichts der gesamtschuldnerischen Mithaftung der Gemeinschaft erscheint eine anteilige Ausfallhaftung der Miteigentümer für einen zahlungsunfähigen oder -unwilligen Miteigentümer, wie sie von der bisher herrschenden Lehre vertreten worden ist,163 eher zweifelhaft. Keine Aufwendungsersatzansprüche bestehen gegenüber dem Verwalter.164 156 OLG Stuttgart v. 3.7.2012 – 10 U 33/12, MietRB 2012, 327 ff.; AG Offenbach v. 30.5.2016 – 320 C 50/15, ZMR 2016, 741 (742); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 8; Greiner, NZM 2013, 482 (483); a.A. Bub in Staudinger, BGB, § 21 WEG, Rz. 39. 157 AG Offenbach v. 30.5.2016 – 320 C 50/15, ZMR 2016, 741 (742). 158 Vgl. Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 5. 159 KG v. 3.6.1991 – 24 W 4604/90, MDR 1992, 303 = NJW-RR 1992, 211; BayObLG v. 8.8.1986 – BReg.2 Z 95/85, BayObLGZ 1986, 322 (325); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 15. 160 Vgl. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 17; a.A. LG Düsseldorf v. 29.3.2017 – 25 S 55/16, ZMR 2017, 575 (576): es haftet nur der Verband. 161 BayObLG v. 8.8.1986 – BReg.2 Z 95/85, BayObLGZ 1986, 322 (325); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 17; a.A. OLG München v. 15.1.2008 – 32 Wx 129/07, MietRB 2008, 143 = ZMR 2008, 321 (322) = NZM 2008, 215 (216); AG Berlin-Charlottenburg v. 30.4.2009 – 74 C 11/09, ZMR 2009, 954; v. 15.6.2011 – 72 C 141/10, MietRB 2011, 356 = ZWE 2011, 468. 162 OLG Hamm v. 27.4.1993 – 15 W 327/92, OLGZ 1994, 134 (140); Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 86; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 17. 163 OLG Hamm v. 27.4.1993 – 15 W 327/92, OLGZ 1994, 134 (140); Merle in Bärmann, 9. Aufl., § 21 WEG Rz. 48. 164 LG Hamburg v. 15.2.2018 – 318 S 76/16, ZMR 2018, 623 (626).

636 | Heinemann

IV. Verwaltung im Notfall durch einzelnen Wohnungseigentümer (Abs. 2) | Rz. 31 § 21

c) Anspruchsinhalt Der Verwalter hat dem Notgeschäftsführer dessen notwendige Aufwendungen aus den ge- 30 meinschaftlichen Geldern (§ 27 Abs. 1 Nr. 5) zu erstatten,165 wozu auch die Kosten für die Einschaltung eines Bausachverständigen zählen können, nicht aber die Kosten für eine Kreditaufnahme gehören.166 Der Notgeschäftsführer muss sich von seinem Ersatzanspruch nicht einen Anteil in Höhe seiner Mitbeteiligung am Gemeinschaftseigentum (§ 16 Abs. 2) abziehen lassen.167 Geht der Wohnungseigentümer Verbindlichkeiten gegenüber Dritten ein, treffen diese, da er keine Vertretungsmacht für die Gemeinschaft besitzt (s. Rz. 27), zunächst ihn, er kann nach § 257 BGB von der Wohnungseigentümergemeinschaft aber Befreiung im Rahmen des Aufwendungsersatzanspruchs verlangen.168 Seinen eigenen Aufwendungsersatzanspruch (nicht aber einen abgetretenen) kann der Notgeschäftsführer mit Beitragsforderungen der Gemeinschaft aufrechnen.169 d) Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag Die Notgeschäftsführung nach Abs. 2 verdrängt nicht die allgemeinen Regeln über die Ge- 31 schäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB).170 Es sind nämlich durchaus Fälle denkbar, in denen die Voraussetzungen einer Notgeschäftsführung nicht erfüllt sind, aber dennoch eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt. Das kommt dann in Betracht, wenn es an einem unmittelbar drohenden Schadenseintritt fehlt, die getroffene Maßnahme aber ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und nach einer entsprechenden Beschlussfassung durchzuführen gewesen wäre.171 Im Regelfall wird die Geschäftsführung aber nicht dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen der Gemeinschaft entsprechen (§ 683 Satz 1 BGB),172 so dass eine unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag gegeben sein wird und dem Geschäftsführer nur bereicherungsrechtliche Ansprüche nach Maßgabe von § 684 Satz 1 i.V.m. §§ 812 ff. BGB zustehen können.173 Da sich die Gemeinschaft bzw. die Miteigentümer keine 165 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 17. 166 OLG Hamm v. 27.4.1993 – 15 W 327/92, OLGZ 1994, 134 (140); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 16. 167 Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 21 WEG Rz. 3. 168 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 19. 169 BayObLG v. 16.6.1988 – BReg.2 Z 46/88, BayObLGZ 1988, 212 (215); KG v. 15.9.1995 – 24 W 5988/94, NJW-RR 1996, 465; OLG Hamm v. 3.3.2009 – 15 Wx 298/08, MietRB 2009, 263 = ZMR 2009, 937 (938); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 18. 170 Vgl. zuletzt BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, NZM 2016, 169 (170) = JZ 2016, 744 m. Anm. Häublein; OLG Frankfurt v. 4.9.2008 – 20 W 347/05, ZMR 2009, 382 (383); LG Düsseldorf v. 10.9.2014 – 25 S 9/14, ZMR 2015, 478 (479); LG München I v. 1.2.2016 – 1 S 12786/15, ZMR 2016, 571 (572) = MietRB 2016, 230 (Elzer); AG Düsseldorf v. 18.1.2016 – 290a C 193/15, NZM 2016, 901; weitere Nachweise bei Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 20; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 7; Greiner, NZM 2013, 481 (483). 171 OLG Köln v. 26.5.1999 – 16 Wx 55/99, ZMR 1999, 790; AG Düsseldorf v. 18.1.2016 – 290a C 193/ 15, NZM 2016, 901; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 91. 172 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, NZM 2016, 169 (170) = JZ 2016, 744 m. Anm. Häublein; BayObLG v. 4.11.1999 – 2Z BR 106/99, NZM 2000, 299 (300); OLG Frankfurt v. 4.9.2008 – 20 W 347/05, ZMR 2009, 382 (383); OLG Hamburg v. 16.11.2006 – 2 Wx 35/05, ZMR 2007, 129 (130); OLG Celle v. 20.12.2001 – 4 W 286/01, ZWE 2002, 369 (370); AG Offenbach v. 30.11.2012 – 330 C 120/11, ZMR 2013, 393; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 23, 24. 173 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, NZM 2016, 169 (170) = JZ 2016, 744 f. m. Anm. Häublein; BayObLG v. 4.11.1999 – 2Z BR 106/99, NZM 2000, 299 (300); OLG Hamburg v. 16.11.2006 – 2 Wx 35/05, ZMR 2007, 129 (130); OLG Hamburg v. 27.8.2003 – 2 Wx 53/00, ZMR 2004, 137 (139); LG Düsseldorf v. 10.9.2014 – 25 S 9/14, ZMR 2015, 478 (479); Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 24.

Heinemann | 637

§ 21 Rz. 31 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer Aufwendungen aufdrängen lassen müssen, kommt eine bereicherungsrechtliche Erstattungspflicht der Gemeinschaft bzw. der Miteigentümer nur dann in Betracht, wenn die getätigten Aufwendungen später unausweichlich angefallen wären, die Maßnahme also ohnehin hätte vorgenommen werden müssen.174 Als Beispiel wird hier der eigenmächtige Einbau neuer Fenster genannt.175 Eine Aufrechnung mit Ansprüchen aus einer berechtigten oder unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag mit Wohngeldansprüchen ist unzulässig.176 Schuldner des Bereicherungsanspruchs ist nach Auffassung des BGH die Gemeinschaft, wenn die vorgenommene Maßnahme wegen eines bestehenden Beschlusses oder wegen ihrer Dringlichkeit durchgeführt werden musste.177 Hätte die Maßnahme hingegen zum Zeitpunkt ihrer Vornahme erst noch beschlossen werden müssen (oder wurde die durchgeführte Maßnahme zu Unrecht abgelehnt), so sind die anderen Wohnungseigentümer Schuldner des Bereicherungsanspruchs.178 Soweit die Gemeinschaft Erstattungsschuldner ist, kann sie den einzelnen Eigentümern im Beschlusswege ein Vergleichsangebot unterbreiten, dieser Beschluss entspricht jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Eigentümer nicht gehindert sind, ihre Ersatzansprüche gerichtlich durchzusetzen.179

V. Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss (Abs. 3) 1. Allgemeines 32 Abs. 3 enthält die praktisch bedeutsamste Ausnahme vom Grundsatz der gemeinschaftlichen

und allseitigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Soweit die Wohnungseigentümer hierüber nicht bereits eine Vereinbarung getroffen haben, können sie die ordnungsgemäße Verwaltung des Gemeinschaftseigentums auch mit Stimmenmehrheit beschließen. Damit soll den Wohnungseigentümern entsprechend § 745 Abs. 1 Satz 1 BGB eine flexible Möglichkeit zur Regelung der alltäglichen Verwaltungsangelegenheiten eröffnet werden.180

2. Fehlende Beschlusskompetenz a) Sondereigentum 33 Von vorneherein der Beschlusskompetenz entzogen sind alle Angelegenheiten, die die Verwal-

tung des Sondereigentums betreffen, denn anders als im Rahmen von § 15 Abs. 2, der Gebrauchsregelungen über das Sondereigentum gestattet, findet sich keine entsprechende Kompetenz für dessen Verwaltung. Diesbezügliche Mehrheitsbeschlüsse sind nichtig.181 Auf deren Nichtigkeit kann man sich daher auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist berufen und diese mit einer Feststellungsklage geltend machen. Zu beachten ist allerdings, dass nunmehr eine unbegründete Anfechtungsklage auch sämtliche Unwirksamkeitsgründe präkludiert, vgl. § 48 174 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, NZM 2016, 169 (171) = JZ 2016, 744 (745) m. Anm. Häublein; OLG Hamburg v. 16.11.2006 – 2 Wx 35/05, ZMR 2007, 129 (130f); a.A. AG Offenbach v. 30.11.2012 – 330 C 120/11, ZMR 2013, 393, das nicht den Verband, sondern die einzelnen Wohnungseigentümer als Anspruchsgegner ansieht. 175 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 22, 23; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 93. 176 OLG Hamm v. 3.3.2009 – 15 Wx 298/08, MietRB 2009, 263 = ZMR 2009, 937 (938); a.A. OLG München v. 8.3.2007 – 34 Wx 2/07, NZM 2007, 647 (649). 177 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, NZM 2016, 169 (170) = JZ 2016, 744 (745) m. Anm. Häublein. 178 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, NZM 2016, 169 (170) = JZ 2016, 744 (745 f.) m. Anm. Häublein. 179 LG Düsseldorf v. 10.9.2014 – 25 S 9/14, ZMR 2015, 478 (480). 180 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 24; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 10. 181 BayObLG v. 21.2.1973 – BReg.2 Z 3/73, BayObLGZ 1973, 68 (83) = MDR 1973, 584 = NJW 1973, 1086; OLG Köln v. 5.12.2000 – 16 Wx 121/00, ZMR 2001, 568 = NZM 2001, 541.

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V. Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss (Abs. 3) | Rz. 36 § 21

Abs. 4.182 Allerdings verbleibt der Gemeinschaft die Beschlusskompetenz hinsichtlich des Gebrauchs einer sog. Sondernutzungsrechtsfläche.183 b) Vereinbarungsändernde Beschlüsse Ebenfalls einem Mehrheitsbeschluss nicht zugänglich sind solche Gegenstände und Maßnah- 34 men des gemeinschaftlichen Eigentums, über die die Wohnungseigentümer bereits eine Vereinbarung getroffen haben, selbst wenn der Mehrheitsbeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen würde. Da es der Gemeinschaft insoweit an einer Beschlusskompetenz fehlt, sind solche Beschlüsse, die eine bestehende Vereinbarung abändern oder aufheben wollen (sog. vereinbarungsändernder Beschluss, s. § 10 Rz. 22), nichtig184 mit den in Rz. 33 aufgezeigten Folgen. Wollen sich die Wohnungseigentümer auch für Vereinbarungen eine Kompetenz zur Regelung durch Mehrheitsbeschluss vorbehalten, so müssen sie eine sog. Öffnungsklausel (ausführlich hierzu s. § 10 Rz. 27 ff.) vereinbaren.185 Zu beachten ist schließlich, dass der Gesetzgeber in Abs. 7 nunmehr die Rechtsfigur des zulässigen vereinbarungsändernden Beschlusses eingeführt hat (s. Rz. 112). Ob diese Rechtsfigur wirklich dem Interesse der Wohnungseigentümer dient, erscheint fraglich, denn jetzt obliegt der Rechtsprechung die schwierige Abgrenzungsfrage, wann eine Verwaltungsmaßnahme unter Abs. 7 fällt und daher einem vereinbarungsändernden Beschluss zugänglich ist. Wegen der einschneidenden Rechtsfolge für Mehrheitsbeschlüsse, die eine Vereinbarung ab- 35 ändern, ist es wichtig, dass alle bestehenden Vereinbarungen der Gemeinschaft bekannt sind. Hier trifft den Verwalter eine besondere Verantwortung, die über die Pflicht zur Führung der Beschluss-Sammlung hinausgeht.186 Weiterhin ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es sich um eine Vereinbarung im lediglich formellen Sinne handelt. Solche Vereinbarungen sind nämlich keine Vereinbarungen in materieller Hinsicht und können daher durch Mehrheitsbeschluss abgeändert werden.187 Bei der Beurteilung, ob eine bloß formelle Vereinbarung vorliegt, ist jedoch Zurückhaltung geboten.188 Die Rechtsprechung hat bisher vor allem zu Bestimmungen der Hausordnung Stellung genommen (s. Rz. 52) und diese, wenn sie bereits in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung enthalten ist, als Regelungen mit Beschluss- und nicht mit Vereinbarungscharakter angesehen.189 Gleiches gilt, wenn die Hausordnung aufgrund einer Ermächtigung in der Gemeinschaftsordnung vom Verwalter aufgestellt wurde.190

3. Ordnungsmäßige Verwaltung a) Allgemeines Die Beschlusskompetenz nach Abs. 3 beschränkt sich weiterhin auf Maßnahmen der ord- 36 nungsmäßigen Verwaltung. Der Begriff der ordnungsmäßigen Verwaltung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der für den jeweiligen Einzelfall zu ermitteln ist und zu dessen Ausfül182 Heinemann in NK/BGB, § 48 WEG Rz. 16. 183 AG Hamburg-Barmbek v. 17.9.2014 – 882 C 23/13, ZMR 2015, 415. 184 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 195/17, NZM 2018, 905 (907) = MietRB 2018, 331 (Abramenko); BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 26; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 110. 185 Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 105 f. 186 Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 99 ff. 187 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 26. 188 Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 104. 189 BayObLG v. 20.11.1997 – 2Z BR 93/97, NJW-RR 1998, 443. 190 BayObLG v. 23.8.2001 – 2Z BR 96/01, MDR 2001, 1345 = NJW 2001, 3635.

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§ 21 Rz. 36 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer lung die §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 2 und 3, 21 Abs. 3, 4 und 5, 22 herangezogen werden können.191 Ordnungsmäßig ist die Verwaltung danach, wenn sie der Beschaffenheit des Gemeinschaftseigentums (Abs. 3) und dem objektiv zu verstehenden Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer (Abs. 4) entspricht. Im Vordergrund steht also das gemeinschaftliche Interesse, nicht das Interesse Einzelner. Das Gemeinschaftsinteresse ist im Wege einer umfassenden Abwägung aller für und gegen den Eigentümerbeschluss sprechenden Umstände und unter Berücksichtigung der Besonderheiten der konkreten Ausgestaltung der Gemeinschaft zu ermitteln.192 Dabei darf auch das geordnete Zusammenleben der Wohnungseigentümer berücksichtigt werden.193 In jedem Fall ist eine Kosten-Nutzen-Analyse anzustellen.194 Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinschaft muss auf der einen Seite erhalten bleiben, auf der anderen Seite muss die Verwaltung effektiv sein, also dem Bestand und der Verbesserung der Gemeinschaft insgesamt dienen. Kostenauslösende Maßnahmen dürfen einzelne Eigentümer nicht überfordern, wenngleich dabei der Hintergrund der Maßnahme zu berücksichtigen ist.195 Diejenige Maßnahme, die beiden Zielrichtungen am nächsten kommt, wird regelmäßig ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. b) Beurteilungsspielraum der Wohnungseigentümer 37 Bei der Ermittlung, ob es sich um eine Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung handelt,

kommt der Wohnungseigentümergemeinschaft ein Ermessens- (besser: Beurteilungs-)spielraum zu.196 Dieses Ermessen besteht sowohl hinsichtlich des „Ob“ einer Maßnahme (Entschließungsermessen) als auch hinsichtlich des „Wie“ (Auswahlermessen) dieser Maßnahme.197 Nur soweit eine Ermessensreduzierung auf Null besteht, muss die Gemeinschaft eine bestimmte Maßnahme beschließen.198 Vertretbare Entscheidungen innerhalb des Rahmens sind von den Gerichten hinzunehmen, auch wenn sie zur Auslegung des Begriffs der Ordnungsgemäßheit befugt sind. Das Gericht ist grundsätzlich nicht befugt, eigenes Ermessen anstelle desjenigen der Wohnungseigentümer zu setzen, sondern lediglich dazu, einen Beschluss auf Wirksamkeit zu prüfen.199 Die Eigentümer müssen jedoch ihr Ermessen ordnungsgemäß ausüben: hierzu zählt auch, sich die Argumente eines anderen Wohnungseigentümers, der einen begründeten Antrag in der Versammlung gestellt hat, anzuhören.200 Ermessensfehlerhaft

191 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 27. 192 BayObLG v. 11.9.2003 – 2Z BR 40/03, NJW-RR 2004, 1021; LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 87/ 12, ZWE 2013, 460 (461). 193 AG Halle/Saale v. 16.11.2010 – 120 C 1285/10, ZMR 2011, 246 (247). 194 OLG Düsseldorf v. 27.5.2002 – 3 Wx 40/02, ZMR 2002, 957; OLG München v. 27.6.2006 – 32 Wx 72/06, NJW-RR 2006, 1674 f.; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 29; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 118; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 28. 195 BayObLG v. 10.4.2002 – 2Z BR 70/01, MietRB 2003, 42 = NZM 2002, 531 (532); LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 87/12, ZWE 2013, 460 (461). 196 BGH v. 29.6.2000 – V ZB 46/99, BGHZ 144, 386 (388) = MDR 2000, 1182 = NZM 2000, 1010; LG Dortmund v. 16.8.2016 – 1 S 35/16, ZMR 2017, 259 (260); LG Hamburg v. 29.3.2017 – 318 S 36/16, ZWE 2017, 330 (331) = MietRB 2017, 257 (Hogenschurz); LG Karlsruhe v. 17.11.2015 – 11 S 38/15, NZM 2016, 240 (241); AG Hamburg-Blankenese v. 2.1.2013 – 539 C 25/12, ZMR 2014, 676 (678); AG Hannover v. 2.6.2010 – 484 C 4754/08, ZMR 2010, 810. 197 LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 87/12, ZWE 2013, 460 (461); LG Hamburg v. 25.4.2012 – 318 S 109/11, ZWE 2013, 223 (224). 198 LG Hamburg v. 4.9.2015 – 318 S 75/14, ZMR 2016, 134; AG Charlottenburg v. 7.3.2018 – 75 C 79/ 17, ZMR 2018, 707; AG Charlottenburg v. 28.9.2016 – 75 C 44/16, ZMR 2017, 435; AG HamburgSt. Georg v. 28.4.2017 – 980b C 69/16, ZMR 2017, 679; AG Mitte v. 19.3.2018 – 26 C 55/17, ZMR 2018, 702 = MietRB 2019, 51 (Häublein). 199 AG Hamburg-Altona v. 15.5.2013 – 303b C 1/13, ZMR 2013, 840. 200 LG München I v. 22.4.2013 – 1 S 5114/12, ZMR 2014, 748 = BeckRS 2014, 02285.

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V. Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss (Abs. 3) | Rz. 37a § 21

ist eine Entscheidung, die auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen wurde.201 Es kommt nicht darauf an, ob eine Regelung in jeder Hinsicht notwendig und zweckmäßig ist,202 sondern nur darauf, ob sie bei objektiv vernünftiger Betrachtungsweise sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar erscheint.203 Dies erfordert den Kenntnisstand eines besonnenen Wohnungseigentümers unter Ausschöpfung aller zu diesem Zeitpunkt zugänglichen Erkenntnisquellen.204 Ansprüche eines Miteigentümers oder eines Dritten müssen nur anerkannt werden, wenn sie offenkundig sind oder ohne jeden vernünftigen Zweifel begründet sind.205 Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung, nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.206 Wird durch den Beschluss die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums geregelt, übersteigt die Maßnahme aber den Bereich ordnungsmäßiger Verwaltung, ist der Beschluss nicht etwa unwirksam, sondern lediglich im Wege der Anfechtungsklage anfechtbar.207 Es handelt sich zwar um eine Maßnahme, die die Wohnungseigentümer durch einstimmigen Beschluss oder Vereinbarung hätten treffen müssen (sog. vereinbarungsersetzender Beschluss, s. § 10 Rz. 22). Die Wohnungseigentümer sind aber nicht generell von einer Beschlussfassung über solche Maßnahmen ausgeschlossen, sondern lediglich gehalten, eine ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme zu treffen.208 Ist die Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 verstrichen, so erwächst ein solcher vereinbarungsersetzender Beschluss in Bestandskraft. c) Bestimmtheit der Maßnahme Aus dem Beschluss muss hinreichend bestimmt oder bestimmbar hervorgehen, welche Maß- 37a nahme getroffen werden soll (s. § 23 Rz. 76 ff.).209 Ist der Beschluss zwar zu unbestimmt, lässt aber noch eine durchführbare Maßnahme erkennen, ist er anfechtbar, fehlt es auch an einer eindeutig durchführbaren Regelung (z.B. bei Widersprüchlichkeit oder Fehlen eines vollziehbaren Inhalts), liegt Nichtigkeit vor.210 Da der Beschluss Rechtsnachfolger bindet, müssen diese aus dem Beschluss selbst den genauen Inhalt der getroffenen Maßnahmen ersehen können.211 Umstände außerhalb des Beschlusses können nur berücksichtigt werden, wenn sie für jedermann offensichtlich sind.212 Auf Dokumente außerhalb des Protokolls kann Bezug genommen werden, sofern dieses Dokument zweifelsfrei bezeichnet ist und dem Protokoll oder

201 LG Frankfurt am Main v. 15.3.2018 – 2-13 S 184/16, ZWE 2018, 274 = MietRB 2018, 338 (Sommer). 202 OLG Düsseldorf v. 18.1.1999 – 3 Wx 394/98, NZM 1999, 766 = WuM 1999, 352. 203 AG Halle/Saale v. 16.11.2010 – 120 C 1285/10, ZMR 2011, 246 (247). 204 LG Itzehoe v. 20.5.2016 – 11 S 78/15, NZM 2016, 899 (900) = ZMR 2016, 728 (729); LG München I v. 16.11.2017 – 36 S 21605/16, ZMR 2018, 447 (450). 205 BGH v. 2.10.2015 – V ZR 5/15, NZM 2015, 937 (938) = ZMR 2016, 122 (123). 206 BGH v. 2.10.2015 – V ZR 5/15, NZM 2015, 937 (938) = ZMR 2016, 122 (123); a.A. AG Hamburg v. 15.2.2011 – 102D C 79/10, ZMR 2011, 758 (759); AG Pinneberg v. 25.7.2017 – 60 C 17/15, ZMR 2017, 1022 (1023). 207 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 111. 208 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 33; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 14; a.A. Häublein, ZMR 2000, 423 (429). 209 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 104/15, NZM 2016, 553 (554). 210 Zusammenfassend Riecke, ZMR 2018, 173 ff.; AG Hamburg v. 23.4.2018 – 22a C 280/17, ZMR 2018, 876 (877); AG Hamburg-Blankenese v. 20.12.2017 – 539 C 17/17, ZMR 2018, 266 (268); AG München v. 30.8.2018 – 484 C 22173/17, ZMR 2018, 1034 (1037); AG Nürnberg v. 15.3.2017 – 30 C 6928/16, ZMR 2018, 278. 211 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 104/15, NZM 2016, 553 (554). 212 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 104/15, NZM 2016, 553 (554).

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§ 21 Rz. 37a | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer der Beschluss-Sammlung beigefügt ist.213 Ein Beschluss, der nicht ausreichend bestimmt ist, entspricht nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.214 Es besteht dann auch kein Anspruch auf eine entsprechende Beschlussfassung bzw. Beschlussersetzung nach Abs. 8.215 d) Zweitbeschluss 38 Über einen Gegenstand der Verwaltung, über den bereits ein Beschluss vorliegt, können die

Wohnungseigentümer erneut durch einen sog. Zweitbeschluss (s. § 23 Rz. 82 ff.) beschließen.216 Der neue Beschluss muss jedoch ebenfalls ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen und nach umstrittener Auffassung auch schutzwürdige Belange eines Wohnungseigentümers aus Inhalt und Wirkungen des Erstbeschlusses berücksichtigen (s. § 23 Rz. 89 ff.). Ausführlich zu Inhalt und Rechtmäßigkeit von Zweitbeschlüssen s. die Kommentierung § 23 Rz. 82 ff.

4. Beschlusswirkung 39 Der Mehrheitsbeschluss wirkt für und gegen alle Wohnungseigentümer und deren Rechts-

nachfolger, es bedarf hierzu keiner Eintragung des Beschlusses in das Grundbuch, § 10 Abs. 4, 5. Soweit der Beschluss nicht unwirksam ist, kann er nur binnen der einmonatigen Frist des § 46 Abs. 1 Satz 2 im Wege der Anfechtungsklage angefochten werden. Unterbleibt die Anfechtung, so erwachsen auch Beschlüsse, die nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, in Bestandskraft. Wird eine Beschlussanfechtungsklage als unbegründet abgewiesen, so sind auch etwaige Nichtigkeitsgründe präkludiert, § 48 Abs. 4.

5. Mögliche Beschlussgegenstände 40 Der Begriff der Verwaltungsmaßnahme ist weit zu verstehen.217 Als Maßnahmen kommen

sowohl tatsächliche (z.B. Erfüllung der Hausordnung, Untersagung der Nutzung von Teilen des Gemeinschaftseigentums)218 und wirtschaftliche (z.B. Ansammlung von Rücklagen) als auch rechtliche Maßnahmen (z.B. Abschluss von Verträgen) in Betracht.219 Außerdem sind erfasst nicht nur nach außen gerichtete Maßnahmen (z.B. der Geschäftsführung hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums), sondern auch Maßnahmen der internen Willensbildung (z.B. der Beschlussfassung innerhalb der Gemeinschaft).220 In Abs. 5 zählt das Gesetz einige Regelbeispiele für Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung auf, s. Rz. 50 ff. In Abs. 7 (s. Rz. 112 ff.) finden sich nun Beschlussgegenstände, die, auch wenn sie vereinbarungsändernd sind (s. Rz. 34), Regelbeispiele für ordnungsgemäße Maßnahmen darstellen. Weitere Einzel-

213 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 104/15, NZM 2016, 553 (554). 214 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 104/15, NZM 2016, 553 (554); AG München v. 6.9.2017 – 481 C 7764/17 WEG, ZMR 2018, 274 = NZM 2018, 758 = MietRB 2018, 145 (Sommer). 215 AG Charlottenburg v. 7.3.2018 – 75 C 79/17, ZMR 2018, 707; AG München v. 6.4.2018 – 481 C 14480/17, ZMR 2018, 710 (711). 216 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (350) = MDR 2001, 1283 = ZMR 2001, 809 = NJW 2001, 3339; BGH v. 20.12.1990 – V ZB 8/90, BGHZ 113, 197 (200) = MDR 1991, 517; LG München I v. 16.11.2017 – 36 S 21605/16, ZMR 2018, 447 (450); LG München I v. 24.10.2016 – 36 S 6557/16, ZMR 2017, 187 (188); Elzer, ZMR 2007, 237. 217 BGH v. 2.10.2015 – V ZR 5/15, NZM 2015, 937 = ZMR 2016, 122 (123); LG Hamburg v. 28.6.2017 – 318 S 95/16, ZMR 2017, 827 (828) = NZM 2017, 817 = MietRB 2018, 81 (Reichert). 218 LG Itzehoe v. 15.4.2014 – 11 S 37/13, ZMR 2015, 51 (53). 219 Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 29. 220 BGH v. 2.10.2015 – V ZR 5/15, NZM 2015, 937 = ZMR 2016, 122 (123).

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VI. Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung (Abs. 4) | Rz. 42 § 21

fälle aus der umfangreichen Rechtsprechung, in denen eine ordnungsmäßige Verwaltungsmaßnahme bejaht bzw. verneint wurde, sind in Rz. 105 ff. aufgezählt.

VI. Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung (Abs. 4) 1. Allgemeines Jeder Wohnungseigentümer hat nach Abs. 4 einen Individualanspruch auf eine den Verein- 41 barungen und Beschlüssen entsprechende Verwaltung. Soweit keine Vereinbarungen und Beschlüsse vorhanden sind, kann er eine Verwaltung verlangen, die dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht, worunter nichts anderes als die ordnungsmäßige Verwaltung i.S.d. Abs. 3 zu verstehen ist.221 Die Vorschrift entspricht § 745 Abs. 2 BGB, geht aber insoweit über diese hinaus, als sie jedem Wohnungseigentümer ohne Mitwirkung der anderen einen klagbaren Anspruch zugesteht.222 Es handelt sich bei dieser Generalklausel um eine spezielle wohnungseigentumsrechtliche Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB), die die einzelnen Wohnungseigentümer vor der Willkür der Mehrheit schützt. Daher bleibt der Rückgriff auf § 242 BGB selbst dann möglich, wenn man wegen § 10 Abs. 2 Satz 2 eine vollständige Abdingbarkeit von Abs. 4 für möglich hält.223

2. Anspruchsberechtigte und Anspruchsverpflichtete Auf die Vorschrift können sich nur gegenwärtige Wohnungseigentümer berufen, ehemalige, 42 soweit es sich um Streitigkeiten aus der Zeit ihrer Mitgliedschaft handelt und künftige, soweit sie als Angehörige einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft angesehen werden können. Dritten, insbesondere Mietern gegenüber, gilt die Vorschrift nicht, sie strahlt allenfalls mittelbar auf das Mietverhältnis ein.224 Auch der Verwalter, der Verwaltungsbeirat und die Wohnungseigentümergemeinschaft können sich auf Abs. 4 nur in ihrer Eigenschaft als Wohnungseigentümer berufen,225 in ihrer amtlichen bzw. organschaftlichen Eigenschaft haben sie Treueansprüche aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis bzw. dem Verwaltervertrag. Aus Abs. 4 sind hingegen als Träger der Verwaltung neben der Gemeinschaft226 und den einzelnen Wohnungseigentümern227 auch der Verwalter (s. aber Rz. 72)228 und der Verwaltungsbeirat verpflichtet.229

221 BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 f. = NZM 2012, 421; BayObLG v. 2.5.2002 – 2Z BR 27/02, ZMR 2002, 843 = NZM 2002, 705; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 47. 222 Schmid, ZfIR 2010, 673; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 21. 223 Vgl. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 51; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 122; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 48a. 224 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 51. 225 A.A. Schmid, ZfIR 2010, 673; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 125; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 45: Anspruch eigener Art, der im Treueverhältnis der Miteigentümer gegenüber der Gemeinschaft wurzelt. 226 OLG München v. 26.10.2010 – 32 Wx 26/10, MietRB 2011, 150 = NJW 2011, 83 (84). 227 BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (361) = MietRB 2017, 226 (Becker); BayObLG v. 27.3.1986 – BReg.2 Z 109/85, NJW-RR 1986, 954; LG Köln v. 18.12.2014 – 29 S 75/14, ZMR 2015, 335 (336); AG Hamburg-Wandsbek v. 21.6.2010 – 740 C 31/10, ZMR 2010, 809; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 52. 228 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 52; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 125. 229 Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 125.

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§ 21 Rz. 43 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer

3. Anspruchsinhalt 43 Da Abs. 4 nichts anderes als die individuelle Ausprägung des Grundsatzes ordnungsmäßiger

Verwaltung darstellt,230 kann für die Einzelfälle, in denen ein Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung von der Rechtsprechung bejaht bzw. verneint wurde auf die bei Rz. 105 ff. aufgeführten Beispiele verwiesen werden. Es besteht nur ein Anspruch auf eine ermessensgerechte Entscheidung der Miteigentümer, ein Anspruch auf Vornahme einer bestimmten Maßnahme besteht nur ausnahmsweise, wenn allein diese Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, das Ermessen also auf Null reduziert ist (s. Rz. 37).231 Für den einzelnen Wohnungseigentümer erwächst aus Abs. 4 die Pflicht, an einer ordnungsmäßigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mitzuwirken.232 Entspricht – ausnahmsweise – nur die sofortige Vornahme einer bestimmten Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung und wird diese von einem Wohnungseigentümer gemäß Abs. 4 verlangt, der anderenfalls Schäden an seinem Sondereigentum erleidet, ergibt sich die Mitwirkungspflicht der übrigen Wohnungseigentümer aus der gegenseitigen Treuepflicht.233 Verletzen Wohnungseigentümer ihre Pflicht zur Mitwirkung an einer ordnungsmäßigen Verwaltung, können sie dem einzelnen Wohnungseigentümer, der durch die Pflichtverletzung einen Schaden erlitten hat, unter den Voraussetzungen der § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB oder aus §§ 823, 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet sein (s. Rz. 48 ff.), Abs. 4 selbst ist keine Anspruchsgrundlage.234 Die Pflichtverletzung kann darin bestehen, dass erkannte Mängel nicht oder nicht rechtzeitig beseitigt, die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kostenvorschüsse nicht rechtzeitig erbracht oder eine Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung abgelehnt wurde.235 Die Wohnungseigentümergemeinschaft trifft nicht nur die Pflicht, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlichen Maßnahmen zu fassen, sondern die beschlossenen Maßnahmen auch innerhalb angemessener Frist umzusetzen.236 Außerdem haftet die Gemeinschaft für eine unzureichende Durchführung der Instandhaltungsmaßnahmen, denn auch die Durchführung der Maßnahmen selbst gehört zu der der Gemeinschaft obliegenden Verwaltung.

4. Verwirkung oder Einschränkung des Anspruchs 44 Auch der Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung kann nicht schrankenlos geltend ge-

macht werden. Er unterliegt zwar nicht der Verjährung,237 kann aber wegen Zeitablaufs ver230 BayObLG v. 15.3.1990 – BReg.2 Z 18/90, NJW-RR 1990, 659; AG Hamburg v. 12.12.2014 – 102d C 126/13, ZMR 2015, 575 (576); Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 42; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 22. 231 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, NZM 2015, 53 (54) = ZMR 2015, 241 (242) = ZfIR 2015, 19 (20) m. Anm. Greupner; BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11, MDR 2012, 1276 f. = NJW 2012, 2955 (2956); BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 f. = NZM 2012, 421; LG Berlin v. 1.11.2013 – 55 S 184/11, ZMR 2014, 467 (468). 232 BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (361) = MietRB 2017, 226 (Becker). 233 BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 (2553) = MietRB 2018, 270 (Schultzky); BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (361) = MietRB 2017, 226 (Becker). 234 Skauradszun, NZM 2015, 273 (275). 235 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, NZM 2015, 53 (54) = ZMR 2015, 241 (242) = ZfIR 2015, 19 (20) m. Anm. Greupner; OLG München v. 28.11.2008 – 34 Wx 24/07, NZM 2009, 130 (131). 236 BayObLG v. 2.5.2002 – 2Z BR 27/02, ZMR 2002, 843 = NZM 2002, 705. 237 BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 (2558) = MietRB 2018, 270 (Schultzky); BGH v. 26.2.2016 – V ZR 250/14, NZM 2016, 523 (524) = ZMR 2016, 553 (554) = MietRB 2016, 226 (Sommer); BGH v. 27.4.2012 – V ZR 177/11, MDR 2012, 834 = MietRB 2012, 198 = NZM 2012, 508 (509) = ZWE 2012, 325 (326) mit Anm. Briesemeister; LG Itzehoe v. 2.6.2015 – 11 S 100/12, ZMR 2015,

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VI. Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung (Abs. 4) | Rz. 45 § 21

wirkt sein.238 Seine Geltendmachung kann zudem wegen Unzumutbarkeit rechtsmissbräuchlich sein.239 Auch bei einer aus nahen Verwandten bestehenden Eigentümergemeinschaft besteht ein wechselseitiger Anspruch bzw. eine wechselseitige Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwaltung, die aber nach § 1618a BGB ausnahmsweise eingeschränkt sein kann.240

5. Durchsetzung des Anspruchs Weigern sich die Wohnungseigentümer, der Verwalter oder der Verwaltungsbeirat, die verein- 45 barten oder beschlossenen Maßnahmen durchzuführen oder überhaupt eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung zu treffen, insbesondere weil Stimmengleichheit herrscht, so kann der einzelne Wohnungseigentümer die Maßnahme nicht selbst vornehmen,241 er muss seinen aus Abs. 4 folgenden Individualanspruch im Klagewege nach § 43 Nr. 1 und 3 durchsetzen. Der einzelne Wohnungseigentümer hat – entgegen der Ansicht des BGH242 – auch keinen individuellen Anspruch gegenüber dem Verwalter auf Durchführung eines Beschlusses oder einer Maßnahme, sondern nur gegenüber der Gemeinschaft.243 Für Wohngeldansprüche hat der BGH dies auch anerkannt: obwohl auch hier mit dem Wirtschaftsplan ein vollziehbarer Beschluss auf Einziehung der fälligen Wohngelder besteht, kann dieser nur durch den Verband, vertreten durch den Verwalter oder durch alle übrigen oder einzelne Wohnungseigentümer (§ 27 Abs. 3 Satz 2, 3) geltend gemacht werden.244 Nur gegenüber dem Verband besteht demgemäß auch eine Zahlungsverpflichtung der einzelnen Wohnungseigentümer.245 Dabei dient Abs. 8 als gesetzliche Grundlage für Ermessensentscheidungen des

238 239 240 241 242 243

244 245

788 (789); v. 14.10.2014 – 11 S 13/14, ZMR 2015, 961; AG Hamburg-Bergedorf v. 7.7.2016 – 407a C 5/15, ZMR 2016, 996 (998); AG Köln v. 29.6.2010 – 202 C 102/09, ZMR 2011, 675; Klimesch, ZMR 2012, 428 (430); a.A. OLG Braunschweig v. 8.2.2010 – 3 W 1/10, MietRB 2010, 365 = ZMR 2010, 626 = ZWE 2010, 422; OLG Düsseldorf v. 12.3.2009 – 3 Wx 60/08, ZMR 2009, 706: zumindest der Anspruch auf ordnungsgemäße erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums unterliegt der Regelverjährung; unentschieden LG Hamburg v. 23.5.2012 – 318 S 198/11, ZWE 2013, 34 (35) = MietRB 2013, 50 (Heinemann); AG Bonn v. 27.4.2012 – 27 C 136/11, ZMR 2012, 821; v. 14.2.2014 – 27 C 136/13, ZMR 2014, 671 (672); AG Langenfeld v. 23.11.2016 – 64 C 49/14, ZMR 2017, 1019 (1020); nach LG Itzehoe v. 15.4.2014 – 11 S 37/13, ZMR 2015, 51 (53) darf jedenfalls die Verjährung eines individuellen Beseitigungsanspruchs nicht durch eine Berufung auf § 21 Abs. 4 umgangen werden. BGH v. 25.3.2010 – V ZR 159/09, ZWE 2010, 266; BayObLG WE 1997, 76; OLG Hamm WE 1990, 101; a.A. LG Hamburg v. 23.5.2012 – 318 S 198/11, ZWE 2013, 34 (35) = MietRB 2013, 50 (Heinemann); Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 21. BayObLG v. 23.5.2001 – 2Z BR 99/00, ZWE 2001, 366 (368); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 69. BayObLG v. 27.5.1993 – 2Z BR 24/93, NJW-RR 1993, 1361 (1362) = WE 1994, 242 (243); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 69. OLG Hamburg v. 4.12.2009 – 2 Wx 34/09, MietRB 2010, 236 = ZMR 2010, 388; LG Aurich v. 29.1.2010 – 4 S 261/09, BeckRS 2010, 06477; a.A. AG Hamburg v. 21.9.2010 – 102D C 126/09, ZMR 2011, 168 (169). BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17, NZM 2018, 719 (722) = ZMR 2018, 777 (779) = ZfIR 2018, 666 (670). LG Frankfurt am Main v. 15.2.2017 – 2-13 S 128/16, ZMR 2017, 500; LG Hamburg v. 2.3.2016 – 318 S 22/15, ZMR 2016, 393 (394) = ZWE 2016, 278 (279) = MietRB 2016, 291 (Schultzky); AG Bremen-Blumenthal v. 28.10.2016 – 44 C 2041/16, ZMR 2017, 189; AG Hamburg-Blankenese v. 21.10.2015 – 539 C 17/15, ZMR 2016, 151 (152); AG Hamburg-St. Georg v. 16.1.2015 – 980b C 34/ 14, ZMR 2015, 581 (582); unklar AG Hannover v. 20.1.2015 – 484 C 7544/14, ZMR 2015, 630 (631). BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (362) = MietRB 2017, 226 (Becker). BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (362) = MietRB 2017, 226 (Becker).

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§ 21 Rz. 45 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer Gerichts, wenn in einer Streitigkeit über eine nach dem Gesetz erforderliche, aber von den Wohnungseigentümern unterlassene Maßnahme bindende Vorgaben für die Entscheidung fehlen (s. Rz. 122 ff.).246 Während nach bisheriger Rechtslage § 43 Abs. 2 WEG a.F. insofern die Entscheidung ins Ermessen des Richters der freiwilligen Gerichtsbarkeit legte, erfordert das zivilprozessuale Verfahren eine ausdrückliche materiell-rechtliche Zuweisung der Gestaltungsbefugnis an den Richter.247 Die Vorschrift hat deshalb § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB zum Vorbild.248 Sie weist dem Gericht die Gestaltungsbefugnis zu, die erforderliche Maßnahme selbst zu ergreifen (s. Rz. 124). 46 Vor einer gerichtlichen Durchsetzung muss der Wohnungseigentümer aber zunächst ver-

suchen, eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft bezüglich der beanspruchten Verwaltungsmaßnahme herbeizuführen, weil die Verwaltung in erster Linie deren Aufgabe ist,249 so dass einer verfrühten Klage das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.250 Dazu hat der Wohnungseigentümer nach § 24 Abs. 2 die Möglichkeit, eine außerordentliche Versammlung einberufen zu lassen bzw. einen Anspruch gegen den Verwalter, dass die von ihm begehrte Maßnahme auf die Tagesordnung der nächsten regulären Versammlung aufgenommen wird.251 Eine ablehnende Beschlussfassung ist nicht Klagevoraussetzung; ausreichend ist, wenn sich die Eigentümerversammlung mit dem Gegenstand auseinander gesetzt hat.252 Keine ausreichende Vorbefassung liegt aber vor, wenn der Beschluss aus formellen Gründen (z.B. wegen Verstoßes gegen die Gemeinschaftsordnung) nichtig ist.253 Unnötig ist die vorherige Befassung, wenn das Abwarten einer solchen Entscheidung unzumutbar oder reine Förmelei wäre,254 z.B. weil eine Zustimmung nicht zu erwarten ist.255 Dass es sich um eine Zweiergemeinschaft handelt, bedeutet aber noch nicht, dass jede vorherige Beschlussfassung eine Förmelei darstellen würde.256 Die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens setzt

246 BT-Drucks. 16/887, 27. 247 Ebenso Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 96; dagegen ist Köhler, Das neue WEG, Rz. 311 zu widersprechen, wenn er meint, es handele sich um eine Verfahrensregelung. 248 BT-Drucks. 16/887, 28. 249 OLG Köln v. 17.1.2003 – 16 Wx 112/02, NZM 2003, 981 = ZMR 2003, 608; KG v. 3.3.1999 – 24 W 3566/98, NZM 2000, 286 = ZMR 1999, 509; LG Dresden v. 9.12.2009 – 2 S 184/09, ZMR 2010, 629; LG München I v. 29.8.2017 – 36 T 14698/16, ZMR 2017, 1013 = MietRB 2018, 113 (Ott); LG München I v. 9.5.2016 – 1 S 13988/15, ZMR 2016, 731 (732) = MietRB 2017, 13 (Elzer); AG München v. 2.4.2018 – 484 C 6040/17, ZMR 2018, 712. 250 BGH v. 14.3.2018 – V ZB 131/17, NZM 2018, 399 = MietRB 2018, 139 (Hogenschurz); BGH v. 10.12.2009 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 f. = ZWE 2010, 174 (176) = MietRB 2010, 73 (Elzer); KG v. 3.3.1999 – 24 W 3566/98, NZM 2000, 286 = ZMR 1999, 509 (510); LG Hamburg v. 20.10.2010 – 318 S 36/10, ZMR 2011, 232 (233); LG München I v. 11.5.2017 – 36 S 11050/16, ZMR 2017, 925 926); LG München I v. 22.4.2013 – 1 S 5114/12, ZMR 2014, 748 (749) = BeckRS 2014, 02285; AG Lahnstein v. 4.4.2018 – 21 C 2/17, ZMR 2018, 962 (963); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 73. 251 Vgl. LG Hamburg v. 27.6.2012 – 318 S 196/11, ZWE 2013, 135. 252 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 = MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 = ZMR 2010, 542; BayObLG v. 19.6.1997 – 2Z BR 35/97, NJW-RR 1997, 1443 = ZMR 1998, 147. 253 AG Hamburg-Altona v. 15.5.2013 – 303b C 1/13, ZMR 2013, 840. 254 BGH v. 14.3.2018 – V ZB 131/17, NZM 2018, 399 = MietRB 2018, 139 (Hogenschurz); BGH v. 10.12.2009 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 f. = ZWE 2010, 174 (176) = MietRB 2010, 73 (Elzer); BayObLG v. 6.8.1985 – BReg.2 Z 45/85, NJW-RR 1986, 445 = ZMR 1985, 390 (391); OLG Düsseldorf WE 1991, 242; OLG München v. 28.9.2006 – 32 Wx 115/06, MDR 2007, 265 = NZM 2007, 132 = ZMR 2006, 962; OLG Stuttgart v. 8.7.1977 – 8 W 572/76, OLGZ 1977, 433 = Justiz 1977, 429. 255 OLG München v. 26.10.2010 – 32 Wx 26/10, MietRB 2011, 150 = NJW 2011, 83 (84); OLG Düsseldorf v. 2.2.1998 – 3 Wx 345/97, NJW-RR 1999, 163 = ZMR 1998, 449. 256 LG Frankfurt/M. v. 19.4.2016 – 2-13 S 204/13, NZM 2017, 80 (81) = ZMR 2016, 646; LG Hamburg v. 3.2.2010 – 318 S 84/08, ZMR 2010, 551.

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VI. Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung (Abs. 4) | Rz. 47 § 21

aber keine Vorbefassung voraus, denn die Entscheidungsbefugnis der Wohnungseigentümer wird hinsichtlich der Maßnahme nicht beeinträchtigt, da eine gerichtliche Entscheidung über das „ob“ und „wie“ der Durchführung der Mangelbeseitigung anders als im Fall einer von dem Wohnungseigentümer erhobenen Leistungsklage – für die das Vorbefassungsgebot auch nach Durchführung des selbstständigen Beweisverfahren gilt – nicht ergeht.257 Trotz des Verfahrens bleibt den Eigentümern unbenommen, die Maßnahmen durch die Einholung eines außergerichtlichen Gutachtens weiter vorzubereiten, etwa im Hinblick auf eine kostengünstigere Ausführung, oder von einer solchen weiteren Vorbereitung abzusehen.258 Hält ein Wohnungseigentümer einen Beschluss für unvereinbar mit dem Grundsatz ord- 47 nungsgemäßer Verwaltung, so muss er diesen binnen Monatsfrist nach § 46 mit der Anfechtungsklage anfechten, denn mit Bestandskraft gilt der Beschluss als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung, an die jeder Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 5 gebunden ist. Ein Anspruch auf Nichtvollziehung eines bestandskräftigen Beschlusses kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sich die der Beschlussfassung zugrundeliegenden Verhältnisse nachträglich schwerwiegend verändert haben (vgl. § 313 Abs. 1 BGB).259 Hat die Gemeinschaft eine Beschlussfassung über eine begehrte Maßnahme abgelehnt, so liegt ein sog. Negativbeschluss vor (s. § 23 Rz. 94 ff.). Ein solcher Beschluss entspricht dann ordnungsmäßiger Verwaltung, solange das Ermessen der Wohnungseigentümer nicht auf Null reduziert war, entsprechend dem abgelehnten Antrag zu beschließen.260 Gegen einen solchen Negativbeschluss ist ebenfalls die Anfechtungsklage statthaft. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liegt regelmäßig vor, weil der anfechtende Wohnungseigentümer nach Abs. 4 einen materiell-rechtlichen Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung hat (s. § 23 Rz. 98).261 Die Anfechtungsklage kann in diesem Fall mit einer Gestaltungsklage nach Abs. 8262 oder einem Feststellungsantrag verbunden werden, dass ein Anspruch auf die begehrte Beschlussfassung besteht. Einer Leistungsklage auf entsprechende Beschlussfassung fehlt hingegen das Rechtsschutzbedürfnis.263 Eine Klage auf gerichtliche Entscheidung ist ebenfalls gegen die Wohnungseigentümer, nicht gegen den Verband zu richten.264 Ist aber das Ermessen auf Beschluss einer Maßnahme auf Null reduziert und wird die Vornahme von der Gemeinschaft als eigene oder

257 BGH v. 14.3.2018 – V ZB 131/17, NZM 2018, 399 (400) = MietRB 2018, 139 (Hogenschurz); LG München I v. 16.6.2017 – 1 T 3421/17, ZWE 2018, 91 (93) = MietRB 2018, 114 (Hogenschurz); LG München I v. 18.7.2016 – 1 T 7429/16, ZMR 2016, 908; LG München I v. 25.7.2016 – 1 T 10029/16, BeckRS 2016, 14244; a.A. LG München I v. 24.8.2017 – 36 T 8948/17, ZMR 2017, 1010; LG München I v. 17.11.2015 – 36 T 15903/15, BeckRS 2015, 123157; AG Charlottenburg v. 19.10.2016 – 73 H 1/16, ZMR 2017, 674 (675); AG München v. 5.7.2017 – 481 H 11437/17, ZMR 2017, 845; AG München v. 31.1.2017 – 481 H 21666/16, ZMR 2017, 341 (343); AG Siegburg v. 23.11.2015 – 150 H 1/15, BeckRS 2015, 20944. 258 BGH v. 14.3.2018 – V ZB 131/17, NZM 2018, 399 (400) = MietRB 2018, 139 (Hogenschurz). 259 BGH v. 3.2.2012 – V ZR 83/11, ZWE 2012, 218 (219). 260 LG Hamburg v. 12.11.2014 – 318 S 74/14, ZMR 2015, 143; LG Hamburg v. 4.9.2015 – 318 S 75/14, ZMR 2016, 134; AG Hamburg v. 12.12.2014 – 102d C 126/13, ZMR 2015, 575 (576). 261 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 = MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 = ZMR 2010, 542; LG Hamburg v. 8.12.2010 – 318 S 111/10, ZMR 2011, 319; a.A. noch OLG München v. 24.1.2007 – 34 Wx 110/06, MietRB 2007, 98 = ZMR 2007, 395; OLG Düsseldorf v. 1.12.2006 – I-3 Wx 194/06, juris. 262 BGH v. 2.10.2015 – V ZR 5/15, NZM 2015, 937 (938) = ZMR 2016, 122 (123); BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 f. = ZWE 2010, 174 ff. = MietRB 2010, 73 ff. (Elzer). 263 LG Aurich v. 28.3.2011 – 4 S 160/10, juris; Schmid, ZfIR 2010, 673 (674). 264 BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (361) = MietRB 2017, 226 (Becker); OLG München v. 22.12.2009 – 32 Wx 82/09, ZMR 2010, 395; LG Hamburg v. 25.4.2012 – 318 S 109/11, ZWE 2013, 223 (224); LG Hamburg v. 11.1.2012 – 318 S 268/10, ZMR 2012, 470 (471); AG Bonn v. 27.4.2012 – 27 C 136/11, ZMR 2012, 821.

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§ 21 Rz. 47 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftsbezogene Aufgabe geschuldet, so kommt ausnahmsweise auch eine Feststellungsklage gegen den Verband in Betracht.265

VII. Ersatzanspruch bei Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung 1. Schadensersatzanspruch für unterlassene/verzögerte Beschlussfassung a) Verletzung der Treuepflicht als Anspruchsgrundlage 48 Soweit die Wohnungseigentümer notwendige Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnah-

men am gemeinschaftlichen Eigentum nicht durchführen oder sonstige Maßnahmen, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums erforderlich sind, unterlassen, zu spät oder fehlerhaft umsetzen, kann der einzelne Wohnungseigentümer diese – sofern nicht ein Fall nach Abs. 2 vorliegt (s. Rz. 22 ff.) – nicht im Wege der Selbstvornahme eigenmächtig vornehmen (s. Rz. 49).266 Es besteht auch kein Anspruch darauf, dass eine solche Selbstvornahme durch Beschluss oder Beschlussersetzung nach Abs. 8 genehmigt wird.267 Er kann aber Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung einer Nebenpflicht (nämlich der Treuepflicht zur Mitwirkung an einer Beschlussfassung über die ordnungsgemäße Verwaltung des Gemeinschaftseigentums)268 geltend machen,269 sofern ihm durch die Unterlassung Schäden an seinem Sondereigentum oder des ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gemeinschaftseigentum entstehen.270 Auch eine unrechtmäßige Inanspruchnahme auf Zahlung von Wohngeld kann eine zum Schadensersatz verpflichtende Haftung auslösen.271 Erfasst werden hiervon aber nur Pflichtverletzungen im Rahmen der internen Willensbildung des Verbands, nicht aber die Durchführung und Umsetzung beschlossener Maßnahmen im Außenverhältnis.272 So führt die Nichtzahlung von Wohngeldansprüchen nur zu Schadensersatzansprüchen des Verbands, nicht aber der einzelnen Wohnungseigentümer.273 Es besteht auch kein Anspruch des einzelnen Eigentümers im Wege der Drittschadensliquidation.274

265 266 267 268 269 270

271 272 273 274

OLG München v. 26.10.2010 – 32 Wx 26/10, MietRB 2011, 150 = NJW 2011, 83 (84). AG München v. 6.4.2018 – 481 C 14480/17, ZMR 2018, 710 (712). AG Spandau v. 12.12.2017 – 70 C 56/17, ZMR 2018, 715 (716). BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 (2553) = MietRB 2018, 270 (Schultzky). Ausführlich zur Anspruchsgrundlage Skauradszun, NZM 2015, 273 (275 f.). BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (361) = MietRB 2017, 226 (Becker); BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, NZM 2015, 53 (55) = ZMR 2015, 241 (243) = ZfIR 2015, 19 (21) m. Anm. Greupner; OLG München v. 18.2.2009 – 32 Wx 120/08, NZM 2009, 402; OLG München v. 28.11.2008 – 34 Wx 24/07, NZM 2009, 130; BayObLG v. 2.5.2002 – 2Z BR 27/02, ZMR 2002, 843 = NZM 2002, 705; BayObLG v. 22.4.1999 – 2Z BR 41/99, NZM 1999, 857; OLG Köln v. 30.3.1998 – 16 Wx 20/98, NZM 1999, 83; AG Bremen v. 8.8.2014 – 29 C 20/14, ZMR 2015, 63; AG Köln v. 15.6.2012 – 202 C 19/10, BeckRS 2012, 20275; AG Hamburg-St. Georg v. 7.9.2018 – 980b C 77/16, ZMR 2018, 1032 (1033); AG Lahnstein v. 4.4.2018 – 21 C 2/17, ZMR 2018, 962 (964). AG Wiesbaden v. 20.9.2013 – 92 C 2125/13, ZMR 2014, 72 (73). BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (361) = MietRB 2017, 226 (Becker). BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (362) = MietRB 2017, 226 (Becker). BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (362) = MietRB 2017, 226 (Becker).

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VII. Ersatzanspruch bei Pflichtverletzungen | Rz. 48c § 21

b) Anspruchsgegner Richtiger Anspruchsgegner (auch für Aufopferungsansprüche gemäß § 14 Nr. 4 HS. 2)275 ist 48a die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, nicht der einzelne Miteigentümer.276 Insbesondere spielt es keine Rolle, ob und in welcher Weise der einzelne Wohnungseigentümer im Rahmen einer Beschlussfassung abgestimmt hat.277 Die Mithaftung für die Gerichtskosten des geschädigten Wohnungseigentümers steht dem nicht entgegen, da es sich hierbei um eine aus dem Solidargedanken herrührende Entscheidung des Gesetzgebers handelt.278 Dass auch die Wohnungseigentümer Adressaten der Pflicht nach § 21 Abs. 4 sind, steht hierzu nicht im Widerspruch, denn das Verhalten der Wohnungseigentümer kann über § 31 BGB dem Verband zugerechnet werden.279 Demgegenüber haftet nach der Rechtsprechung des BGH nicht der Verband auf Schadens- 48b ersatz wegen unterlassener oder verzögerter Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen (oder wegen eines verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruchs nach § 14 Nr. 4 HS. 2)280, sondern diejenigen Miteigentümer, die entweder schuldhaft (s. Rz. 48e) untätig geblieben sind, gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt haben oder sich der Stimme enthalten haben.281 Wäre die Maßnahme von einer Untergemeinschaft durchzuführen gewesen, so haften nur die Mitglieder dieser Untergemeinschaft, die schuldhaft den Nichtbeschluss der Maßnahme zu vertreten haben.282 Ungeklärt ist noch, ob auch von der Stimmabgabe ausgeschlossene und der Versammlung 48c fern gebliebene Miteigentümer haften.283 Der vom Stimmrecht ausgeschlossene Miteigentümer kann auf die Entscheidung keinen Einfluss nehmen, so dass er nicht für das Beschluss-

275 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, NZM 2016, 169 (172) = JZ 2016, 744 (747) m. Anm. Häublein; LG Hamburg v. 3.5.2017 – 318 S 84/16, ZMR 2017, 670 (672); a.A. AG Hamburg-St. Georg v. 7.9.2018 – 980b C 77/16, ZMR 2018, 1032 (1033). 276 Ebenso Brinkmann, MietRB 2011, 30; Reichel-Scherer in jurisPK/BGB, § 21 WEG Rz. 171, 172; a.A. BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17, NZM 2018, 719 (720) = ZMR 2018, 777 (779) = ZfIR 2018, 666 (667); BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, NZM 2015, 53 (55) = ZMR 2015, 241 (243) = ZfIR 2015, 19 (21) m. Anm. Greupner; OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 144/06, MDR 2007, 1305 = MietRB 2007, 291 f. = NZM 2008, 211 (212); OLG München v. 28.11.2008 – 34 Wx 24/07, NZM 2009, 130 (131); LG München I v. 7.11.2013 – 36 S 16560/12, ZMR 2014, 398; LG Saarbrücken v. 7.9.2012 – 5 S 23/11, MietRB 2013, 17 = ZWE 2013, 89; AG München v. 28.1.2011 – 483 C 1077/10, ZMR 2011, 677; AG München v. 28.4.2011 – 483 C 31891/10, ZMR 2012, 232 (233); AG Oberhausen v. 14.5.2013 – 34 C 9/13, ZWE 2013, 464 mit abl. Anm. Schmid; Suilmann, ZWE 2013, 82; Schmid, ZfIR 2010, 673 (675); differenzierend nunmehr Schmid, ZWE 2011, 202 (204 f.). 277 Brinkmann, MietRB 2011, 30; a.A. BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, NZM 2015, 53 (55) = ZMR 2015, 241 (243) = ZfIR 2015, 19 (22) m. Anm. Greupner; Schmid, ZfIR 2010, 673 (675); Schmid, ZWE 2011, 202 (205). 278 Zu oberflächlich AG Oberhausen v. 14.5.2013 – 34 C 9/13, ZWE 2013, 464 mit abl. Anm. Schmid. 279 A.A. BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, NZM 2015, 53 (55) = ZMR 2015, 241 (244) = ZfIR 2015, 19 (22) m. Anm. Greupner; AG Bremen v. 8.8.2014 – 29 C 20/14, ZMR 2015, 63. 280 AG Hamburg-St. Georg v. 7.9.2018 – 980b C 77/16, ZMR 2018, 1032 (1033). 281 BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 (2552) = MietRB 2018, 270 (Schultzky); BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (361) = MietRB 2017, 226 (Becker); BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, NZM 2015, 53 (55) = ZMR 2015, 241 (244) = ZfIR 2015, 19 (22) m. Anm. Greupner; LG Düsseldorf v. 29.3.2017 – 25 S 55/16, ZMR 2017, 575 (578); AG Mitte v. 5.7.2018 – 29 C 29/17, ZMR 2018, 954 (955); AG Hamburg-St. Georg v. 7.9.2018 – 980b C 77/ 16, ZMR 2018, 1032 (1033); AG Hamburg-St. Georg v. 31.3.2017 – 980b C 42/16, ZMR 2017, 516 (517). 282 LG Düsseldorf v. 29.3.2017 – 25 S 55/16, ZMR 2017, 575 (577). 283 Dazu Schmid, NZM 2015, 121 (122 f.); Schmid, MietRB 2015, 93 (94 f.); Skauradszun, NZM 2015, 273 (279 f.).

Heinemann | 649

§ 21 Rz. 48c | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer ergebnis einzustehen braucht.284 Derjenige, der der Versammlung fern bleibt, kann sich hingegen nicht auf fehlende Einflussnahmemöglichkeit berufen, zumindest wenn er die Möglichkeit zur Bevollmächtigung gehabt hätte. Sein Fernbleiben ist wie eine Stimmenthaltung zu werten. Gleiches gilt für Miteigentümer, die vor der Abstimmung die Versammlung verlassen haben. Die Miteigentümer haften als Gesamtschuldner ohne sich auf die Beschränkung des § 10 Abs. 8 berufen zu können.285 c) Treuepflichtverletzung 48d Die Pflichtverletzung kann darin bestehen, dass erkannte Mängel nicht oder nicht rechtzeitig

beseitigt,286 die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kostenvorschüsse nicht rechtzeitig erbracht oder eine Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung abgelehnt wurde.287 Das Vorliegen einer Pflichtverletzung hat der Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen.288 d) Verschulden 48e Voraussetzung ist weiter Verschulden, das gem. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet wird.289

Am Verschulden fehlt es, wenn sich die übrigen Wohnungseigentümer auf die (zutreffenden) Empfehlungen eines Sachverständigen verlassen durften.290 Nicht schuldhaft gehandelt haben die Miteigentümer, wenn ihnen keine Möglichkeit zur Beschlussfassung eingeräumt war (z.B. durch Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen Versammlung).291 Ein pflichtwidriges Abstimmungsverhalten haben die Miteigentümer grundsätzlich nur dann zu vertreten, wenn sie mit der Einberufung der Eigentümerversammlung in hinreichend deutlicher Weise über den Instandsetzungsbedarf des Gemeinschaftseigentums und den von seinem bestehenden Zustand ausgehenden Auswirkungen auf das Sondereigentum betroffener Wohnungseigentümer in Kenntnis gesetzt worden sind.292 Die Kenntnis des Verwalters wird dem einzelnen Wohnungseigentümer nicht zugerechnet.293 Auf einen Rechtsirrtum können sich die Wohnungseigentümer nur ausnahmsweise berufen, wenn sie die Rechtslage unter Einbeziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sorgfältig geprüft haben und bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt auch mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchten, was aber bei einer unklaren Rechtslage regelmäßig der Fall ist.294 Hat der Wohnungseigentümer selbst nichts unternommen, um eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer zu einer notwendigen Sanierung herbeizuführen, so kann der Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 254 BGB) sogar ganz entfal-

284 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 56. 285 BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 (2559) = MietRB 2018, 270 (Schultzky); BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, NZM 2016, 169 (170) = JZ 2016, 744 (745) m. Anm. Häublein; Schmid, NZM 2015, 121 (123). 286 BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11, MDR 2012, 1276 f. = NJW 2012, 2955 (2957). 287 OLG München v. 18.2.2009 – 32 Wx 120/08, ZMR 2009, 468 (469); OLG München v. 28.11.2008 – 34 Wx 24/07, NZM 2009, 130 (131). 288 Schmid, ZfIR 2010, 673 (676). 289 Schmid, ZfIR 2010, 673 (676). 290 BayObLG v. 28.4.1994 – 2Z BR 32/94, ZMR 1994, 431 = WuM 1995, 57; vgl. BayObLG v. 21.5.1992 – 2Z BR 6/92, NJW-RR 1992, 1102; BayObLG v. 3.7.1986 – BReg.2 Z 36/85, NJW 1986, 3145; anders offenbar Dötsch, NZM 2010, 607 (608) Fn. 2. 291 AG Bremen v. 8.8.2014 – 29 C 20/14, ZMR 2015, 63 (64). 292 BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 (2557) = MietRB 2018, 270 (Schultzky); LG München I v. 16.6.2017 – 1 T 3421/17, ZWE 2018, 91 (93) = MietRB 2018, 114 (Hogenschurz). 293 LG München I v. 16.6.2017 – 1 T 3421/17, ZWE 2018, 91 (93) = MietRB 2018, 114 (Hogenschurz). 294 BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 (2557) = MietRB 2018, 270 (Schultzky).

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VII. Ersatzanspruch bei Pflichtverletzungen | Rz. 48h § 21

len.295 Zu weitgehend ist es jedoch zu verlangen, dass der Anspruchsteller hinreichend versucht haben muss, die Wohnungseigentümer zu einer (anderen) Beschlussfassung zu veranlassen.296 Beruht die fehlerhafte Maßnahme auf einem bestandskräftigen Beschluss der Gemeinschaft, 48f so scheidet ein Schadensersatzanspruch des Wohnungseigentümers aus, wenn er es versäumt hat, den Beschluss fristgerecht anzufechten, auch wenn der Beschluss im Ergebnis ordnungsgemäßer Verwaltung widersprochen hat.297 Erhebt der Wohnungseigentümer aber Anfechtungsklage und zugleich eine auf die begehrte Maßnahme bezogene Beschlussersetzungsklage, so werden Schadensersatzansprüche wegen einer verzögerten Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht dadurch ausgeschlossen, dass er nachfolgende Vertagungsbeschlüsse nicht anficht, weil ein schutzwürdiges Vertrauen der Wohnungseigentümer in die Bestandskraft des Vertagungsbeschlusses nicht entstehen konnte; den Wohnungseigentümern war vielmehr aufgrund der bereits erhobenen Beschlussersetzungsklage bekannt, dass der betroffene Wohnungseigentümer die Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums durchsetzen will.298

2. Schadensersatzanspruch für unzureichende Beschlussumsetzung a) Anspruchsgegner Haben die Miteigentümer eine Instandhaltungsmaßnahme beschlossen, wird diese aber 48g vom Verwalter oder den eingeschalteten Unternehmen nicht, nicht fristgerecht, nicht vollständig oder fehlerhaft umgesetzt, so haften richtigerweise auch hierfür die Gemeinschaft und mittelbar die Miteigentümer über § 10 Abs. 8.299 Der BGH hat nunmehr aber auch insoweit eine Haftung des Verbandes (und der Miteigentü- 48h mer) abgelehnt und bejaht alleine eine Außenhaftung des Verwalters bzw. der eingeschalteten Unternehmen.300 Eine Inanspruchnahme des Verwalters folgt nach Auffassung des BGH schon daraus, dass dem geschädigte Wohnungseigentümer ein Individualanspruch auf ordnungsgemäße Durchführung des Beschlusses durch den Verwalter zusteht (s. § 27 Rz. 8).301 Mit dieser Auffassung auf den ersten Blick nur schwer zu vereinbaren ist die Ansicht des BGH, dass für die Durchsetzung von Wohngeldforderungen kein Individualanspruch der Miteigentümer und in der Folge auch kein Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem säumigen Wohnungseigentümer besteht (s. Rz. 45, 48).302 Zu erwarten ist allerdings, dass der BGH

295 Schmid, ZfIR 2010, 673 (676). 296 Schmid, ZfIR 2010, 673 (676); so aber OLG Frankfurt v. 4.9.2008 – 20 W 347/05, ZMR 2009, 382 (384) = ZWE 2009, 123 (126). 297 BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11, MDR 2012, 1276 f. = NJW 2012, 2955 (2956); AG HamburgSt. Georg v. 7.9.2018 – 980b C 77/16, ZMR 2018, 1032 (1033); AG Köln v. 15.6.2012 – 202 C 19/10, BeckRS 2012, 20275; a.A. OLG München v. 18.2.2009 – 32 Wx 120/08, NZM 2009, 402. 298 BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 (2553) = MietRB 2018, 270 (Schultzky). 299 In diese Richtung BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14, NZM 2016, 169 (170) = JZ 2016, 744 (745) m. Anm. Häublein; ebenso LG Hamburg v. 15.2.2018 – 318 S 76/16, ZMR 2018, 623 (624); LG Hamburg v. 3.5.2017 – 318 S 84/16, ZMR 2017, 670 (672); AG Hamburg-St. Georg v. 31.3.2017 – 980b C 42/16, ZMR 2017, 516 (518). 300 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17, NZM 2018, 719 (722) = ZMR 2018, 777 (780) = ZfIR 2018, 666 (669 f.); AG Mitte v. 5.7.2018 – 29 C 29/17, ZMR 2018, 954 (955). 301 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17, NZM 2018, 719 (722) = ZMR 2018, 777 (780) = ZfIR 2018, 666 (669 f.). 302 BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (362) = MietRB 2017, 226 (Becker).

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§ 21 Rz. 48h | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer diese Rechtsprechung insofern harmonisieren wird, dass dem einzelnen Wohnungseigentümer aufgrund des für ihn Schutzwirkung entfaltenden Verwaltervertrags bzw. aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung aus § 27 Abs. 1 Nr. 4 gegenüber dem Verwalter ein Schadensersatzanspruch zustehen kann, wenn dieser schuldhaft die Einziehung der Wohngelder versäumt hat und diesem dadurch ein Schaden entstanden ist. b) Zurechnung 48i Entgegen der bisherigen Rechtslage303 ist ein Verschulden des Verwalters der Gemeinschaft

entsprechend § 31 BGB zuzurechnen, vgl. § 27 Rz. 179.304 Zu Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter bzw. gegen die Gemeinschaft wegen einer Pflichtverletzung des Verwalters s. § 27 Rz. 168 ff. Ein Verschulden von Dritten, die zur Erfüllung der Instandhaltungsarbeiten eingeschaltet worden sind (z.B. Handwerker, Hausmeister, Sachverständiger), ist der Gemeinschaft nach § 278 BGB zuzurechnen,305 wobei sich der geschädigte Wohnungseigentümer allerdings entsprechend §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB deren Verschulden selbst zu einem Bruchteil als Mitverschulden anrechnen lassen muss.306 Nicht angelastet werden kann dem Verband, wenn der Wohnungseigentümer die Umsetzung des Beschlusses durch sein eigenes Verhalten verhindert hat (z.B. weil er den Handwerkern den Zutritt zu seinem Sondereigentum nicht gestattet hat).307 Gleiches kann gelten, wenn ausnahmsweise nicht die Gemeinschaft, sondern die Wohnungseigentümer selbst den Dritten eingeschaltet haben.308 Auch wenn der Vertrag nur vom Verband abgeschlossen wurde, sind die Miteigentümer regelmäßig in dessen Schutzbereich einbezogen, so dass sie bei einer Schädigung des Sondereigentums nicht auf deliktische Ansprüche verwiesen werden können.309 Jedenfalls darf der Miteigentümer den Verband erst dann in Anspruch nehmen, nachdem er erfolglos gegen den Werkunternehmer vorgegangen ist.310 48j Der BGH sieht hingegen die Durchführung des Sanierungsbeschlusses nicht mehr als Auf-

gabe des Verbandes an und verneint deshalb eine Haftungszurechnung an diesen nach § 278

303 OLG Koblenz v. 25.2.2010 – 2 U 781/09, BeckRS 2010, 10374 = MietRB 2010, 235 (Heinemann); KG v. 21.5.1986 – 24 W 3233/85, NJW-RR 1986, 1078; OLG Düsseldorf v. 8.2.1999 – 3 Wx 369/98, NZM 1999, 573; LG Berlin v. 9.2.2001 – 85 T 352/00, ZMR 2001, 669; vgl. aber Reichel-Scherer in jurisPK/BGB, § 21 WEG Rz. 173. 304 So wohl auch BGH v. 21.5.2010 – V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 = MDR 2010, 1252 = MietRB 2010, 232 = NJW 2010, 2347 = NZM 2010, 556; unentschieden BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, NZM 2015, 53 (55) = ZMR 2015, 241 (244) = ZfIR 2015, 19 (23) m. Anm. Greupner; BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11, MDR 2012, 1276 f. = NJW 2012, 2955 (2956); wie hier Schmid, ZWE 2011, 202 (204); LG München I v. 16.6.2017 – 1 T 3421/17, ZWE 2018, 91 (93) = MietRB 2018, 114 (Hogenschurz); a.A. OLG Koblenz v. 25.2.2010 – 2 U 781/09, MietRB 2010, 235 (Heinemann); LG Köln v. 10.3.2011 – 29 S 60/10, MietRB 2011, 184 = ZWE 2011, 338 (339); LG München I v. 14.12.2009 – 1 S 9716/ 09, ZMR 2011, 62; AG München v. 28.1.2011 – 483 C 1077/10, ZMR 2011, 677; Spielbauer in Spielbauer/Then, § 21 WEG Rz. 34; unklar und im Einzelnen nur schwer nachvollziehbar differenzierend Elzer in Timme, § 21 WEG Rz. 153. 305 OLG Koblenz v. 25.2.2010 – 2 U 781/09, MietRB 2010, 235 (Heinemann); a.A. BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17, NZM 2018, 719 (723) = ZMR 2018, 777 (782) = ZfIR 2018, 666 (671); LG Hamburg v. 17.5.2017 – 318 S 89/16, ZMR 2017, 1001 (1004). 306 BGH v. 22.4.1999 – V ZB 28/98, BGHZ 141, 224 (227) = MDR 1999, 924 ff. = NJW 1999, 2108; OLG Hamburg v. 8.1.2008 – 2 Wx 25/01, ZMR 2008, 315. 307 LG Hamburg v. 3.5.2017 – 318 S 18/16, ZMR 2017, 669 = MietRB 2018, 83 (Heinemann). 308 Elzer in Timme, § 21 WEG Rz. 156. 309 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17, NZM 2018, 719 (723) = ZMR 2018, 777 (782) = ZfIR 2018, 666 (671); LG Stuttgart v. 11.5.2016 – 10 S 2/16, BeckRS 2016, 10123 = MietRB 2016, 234 (Dötsch). 310 LG Stuttgart v. 11.5.2016 – 10 S 2/16, BeckRS 2016, 10123 = MietRB 2016, 234 (Dötsch).

652 | Heinemann

VII. Ersatzanspruch bei Pflichtverletzungen | Rz. 49a § 21

BGB.311 Er verweist den Wohnungseigentümer insofern auf einen unmittelbaren Haftungsanspruch gegenüber dem Unternehmen, weil dieser Schutzwirkung zu seinen Gunsten entfalte.312

3. Sonstige Ausgleichsansprüche Hat ein Miteigentümer im Wege der Selbstvornahme eine Maßnahme ordnungsgemäßer Ver- 49 waltung ergriffen, obwohl er hierzu nicht (etwa nach Abs. 2) befugt war, so kann ihm ein Ersatzanspruch nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag zustehen, § 683 Satz 1 BGB.313 Ist die Gemeinschaft durch eigenmächtige Sanierungsmaßnahmen eines Miteigentümers bereichert, z.B. weil sie eigene Aufwendungen erspart hat, kann ein Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB bestehen, ggf. auf Grund einer unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 684 BGB).314 Aufwendung hat die Gemeinschaft aber nur dann erspart, wenn eine Verpflichtung der Gemeinschaft zur Beseitigung von konkreten Schäden bestanden hat.315 Eine bereicherungsrechtlicher Ausgleichsanspruch nach §§ 951 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB scheidet aus, wenn die Bereicherung der Gemeinschaft aufgedrängt worden ist.316 Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB für Schäden am 49a Sondereigentum infolge eines Mangels des Gemeinschaftseigentums besteht daneben nicht, denn es fehlt an der strukturellen Übereinstimmung beider Sachverhalte und an einer regelungsbedürftigen Gesetzeslücke.317 Der Anspruch auf Schadensersatz nach § 14 Nr. 4 HS. 2 kann neben einem Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums geltend gemacht werden.318 Für Schäden des Sondereigentums infolge eines Mangels anderen Sondereigentums kann sich ein Aufopferungsanspruch aus § 14 Nr. 4319 oder aus § 14 Nr. 1 i.V.m. § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB ergeben.320 Außerdem sind nachbarrechtliche Ansprüche entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gegen einzelne Wohnungseigentümer denkbar, wenn deren Sondereigentum (oder deren verdinglichtes Sondernutzungsrecht) das Sondereigentum (oder das verdinglichte Sondernutzungsrecht) eines anderen Wohnungseigentümers beeinträchtigt oder schädigt.321

311 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17, NZM 2018, 719 (723) = ZMR 2018, 777 (782) = ZfIR 2018, 666 (671). 312 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17, NZM 2018, 719 (723) = ZMR 2018, 777 (782) = ZfIR 2018, 666 (671). 313 LG Aurich v. 29.1.2010 – 4 S 261/09, BeckRS 2010, 06477; AG Hamburg v. 21.9.2010 – 102D C 126/09, ZMR 2011, 168 (169). 314 AG Hamburg v. 21.9.2010 – 102D C 126/09, ZMR 2011, 168 (169). 315 OLG Hamburg v. 4.12.2009 – 2 Wx 34/09, MietRB 2010, 236 = ZMR 2010, 388; AG Spandau v. 12.12.2017 – 70 C 56/17, ZMR 2018, 715 (716). 316 AG Spandau v. 12.12.2017 – 70 C 56/17, ZMR 2018, 715 (716). 317 BGH v. 21.5.2010 – V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 = MDR 2010, 1252 = MietRB 2010, 232 = NJW 2010, 2347 = NZM 2010, 556 (557); LG München I v. 14.12.2009 – 1 S 9716/09, ZMR 2011, 62; im Ergebnis zustimmend Dötsch, NZM 2010, 607 (609). 318 BGH v. 13.7.2012 – V ZR 94/11, MDR 2012, 1276 f. = NJW 2012, 2955 (2957). 319 Brinkmann, MietRB 2011, 30 (31); Elzer in Timme, § 22 WEG Rz. 141. 320 AG Pinneberg v. 12.6.2018 – 60 C 40/17, ZMR 2018, 807. 321 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, MDR 2014, 23 = NJW 2014, 458 (460 f.); Brinkmann, MietRB 2011, 30 (31 f.).

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§ 21 Rz. 50 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer

VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) 1. Allgemeines 50 Abs. 5 zählt Leitbilder322 für Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung auf, die nach Abs. 3

beschlossen und nach Abs. 4 verlangt werden können.323 Auch eine Vereinbarung über diese Gegenstände ist möglich, es kann sogar vereinbart werden, dass ein Mehrheitsbeschluss über diese Maßnahmen nicht ausreichend ist.324 Es handelt sich um keinen abschließenden Katalog, wie sich schon der Einführung von Abs. 7 im Rahmen der WEG-Reform 2007 entnehmen lässt. Auch wenn die in Abs. 5 aufgezählten Regelungsgegenstände grundsätzlich ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen werden, bleibt es den Wohnungseigentümern unbenommen, auf eine Beschlussfassung entweder einvernehmlich zu verzichten oder einen Beschluss abzulehnen, wenn eine dieser Maßnahmen (ausnahmsweise)325 nicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich ist.326 Umgekehrt kann auch eine Beschlussfassung i.S.d. Abs. 5 insgesamt oder teilweise ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen.327 Abs. 5 stellt also keine unwiderlegliche Vermutung, sondern nur Regelbeispiele auf.

2. Aufstellung einer Hausordnung (Nr. 1) 50a Grundsätzlich hat jeder Eigentümer nach Abs. 4 einen Anspruch auf Aufstellung einer

Hausordnung.328 Den Inhalt der Hausordnung legen die Wohnungseigentümer aufgrund ihres weiten Ermessensspielraums fest (vgl. Rz. 55, 62). Daraus folgt die Kompetenz der Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss im Rahmen der Erstellung einer solchen Hausordnung alle diejenigen Fragen zu regeln, die typischerweise Gegenstand einer Hausordnung sind, wozu üblicherweise Verhaltensvorschriften, aber auch Regelungen über die turnusmäßige Treppenhaus- und Gehwegreinigung, das Bereitstellen der Mülltonnen oder den Winterdienst gehören.329 Ein bestimmter Inhalt kann nicht verlangt werden, allerdings genügt die Gemeinschaft ihrer Verpflichtung nicht, wenn sie lediglich beschließt, dass die gesetzlichen Regelungen gelten sollen.330 Ausnahmsweise kann die Gemeinschaft von der Aufstellung einer solchen absehen, wenn diese aufgrund der Größe und Beschaffenheit des Wohnungs- und Teileigentums nicht erforderlich erscheint. a) Aufstellung durch Beschluss oder Vereinbarung 51 Die Hausordnung331 enthält die wesentlichen Verhaltensvorschriften, mit denen die Auf-

rechterhaltung von Sicherheit und Ordnung und die Erhaltung des Hausfriedens gewährleistet werden sollen.332 Sie stellt sich als Zusammenfassung von Gebrauchs- (§ 15) und Verwal-

322 323 324 325 326 327 328 329 330 331 332

Augustin in RGRK, § 21 WEG Rz. 41. Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 25. Diester, § 21 WEG Rz. 5; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 159. Augustin in RGRK, § 21 WEG Rz. 41. BayObLG v. 23.10.2003 – 2Z BR 63/03, ZMR 2005, 132; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 77; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 157; Diester, § 21 WEG Rz. 14; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 25: Vorschrift ist abdingbar. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 77; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 158. AG Charlottenburg v. 16.9.2016 – 73 C 33/15, MietRB 2017, 17 (Hogenschurz). AG Krefeld v. 15.12.2017 – 13 C 22/17, ZMR 2018, 378 (379) = MietRB 2018, 115 (Schultzky). AG Charlottenburg v. 16.9.2016 – 73 C 33/15, MietRB 2017, 17 (Hogenschurz). Ausführlich zu Aufstellung und Inhalt der Hausordnung Heinemann, MietRB 2009, 57 ff. AG Charlottenburg v. 16.9.2016 – 73 C 33/15, MietRB 2017, 17 (Hogenschurz); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 78.

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 53 § 21

tungsregelungen (Abs. 3) dar333 und dient der Konkretisierung der sich aus § 14 ergebenden Verpflichtungen.334 Die Hausordnung kann mit Mehrheit beschlossen, aber auch einstimmig im Vereinbarungswege getroffen werden. Während die beschlossene Hausordnung auch mehrheitlich abgeändert oder aufgehoben werden kann,335 kann eine vereinbarte Hausordnung nur durch Vereinbarung aller Eigentümer geändert werden. Im Regelfall wird eine Anpassung der Hausordnung durch Mehrheitsbeschluss im Interesse der Gemeinschaft liegen, so dass bei Vereinbarungen eine entsprechende Öffnungsklausel vorgesehen werden sollte.336 b) Auslegung bei Zweifeln über die Rechtsgrundlage Bei Unklarheiten über die Rechtsnatur der Hausordnung (z.B. weil sie noch vom teilenden 52 Eigentümer aufgestellt worden war oder eine Anlage zur Gemeinschaftsordnung ist) muss durch Auslegung ermittelt werden, ob sie – ausnahmsweise – insgesamt oder in Teilbereichen Vereinbarungscharakter besitzt.337 Die Hausordnung ist dabei wie eine Grundbucheintragung nach ihrem sich für einen verständigen Dritten ergebenden objektiven Erklärungsgehalt auszulegen. Umstände, die sich nicht aus der Hausordnung selbst ergeben, können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie für jedermann offensichtlich sind.338 Diese Auslegung kann auch vom Revisionsgericht vorgenommen werden.339 Typische Gebrauchsregelungen i.S.d. § 15 Abs. 2 werden regelmäßig keine materielle Vereinbarung darstellen und können daher auch durch Mehrheitsbeschluss abgeändert werden.340 Selbst wenn danach eine Hausordnung ausnahmsweise Vereinbarungscharakter aufweisen sollte, kann diese dennoch durch Mehrheitsbeschluss um weitere Bestimmungen ergänzt werden, es sei denn, die vereinbarte Hausordnung war ein in sich geschlossenes, abschließendes Regelungswerk.341 c) Delegation der Aufstellungsbefugnis Die Kompetenz zur Aufstellung der Hausordnung kann durch Vereinbarung oder Mehrheits- 53 beschluss (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7) auf Dritte,342 etwa den Verwaltungsbeirat343 oder

333 Bassenge in Palandt, BGB, § 21 WEG Rz. 13; Sauren, § 21 WEG Rz. 12 („Hausordnung“). 334 BayObLG v. 23.10.2003 – 2Z BR 63/03, ZMR 2005, 132; AG Charlottenburg v. 16.9.2016 – 73 C 33/15, MietRB 2017, 17 (Hogenschurz); Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 161. 335 LG Hamburg v. 15.4.2015 – 318 S 125/14, ZMR 2015, 572 (573). 336 Eindringlich Diester, § 21 WEG Rz. 18; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 78; Drabek in Riecke/ Schmid, § 21 WEG Rz. 163; vgl. OLG Hamburg v. 20.8.2007 – 2 Wx 72/07, MietRB 2008, 307 = ZMR 2008, 151. 337 BayObLG v. 9.6.1975 – BReg.2 Z 35/75, BayObLGZ 1975, 201 (203); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 79. 338 Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 167. 339 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 289 = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713 = ZMR 1999, 41; BayObLG v. 4.11.1999 – 2Z BR 141/99, ZMR 2000, 115; OLG Hamm v. 3.7.2001 – 15 W 444/00, NJW-RR 2002, 10; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 21 WEG Rz. 20. 340 BayObLG v. 9.6.1975 – BReg 2 Z 35/75, BayObLGZ 1975, 201 (204); BayObLG v. 20.11.1997 – 2Z BR 93/97, NJW-RR 1998, 443; OLG Saarbrücken v. 7.5.1999 – 105 W 365/98, NZM 1999, 621 (622); LG München I v. 23.11.2017 – 36 S 3100/17 WEG, ZWE 2018, 176 = MietRB 2018, 207 (Elzer). Stürner in Soergel, BGB, § 21 WEG Rz. 6; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 26. 341 OLG Frankfurt v. 19.7.1990 – 20 W 149/90, OLGZ 1990, 414 = NJW-RR 1990, 1430 = ZMR 1991, 113. 342 OLG Stuttgart v. 19.5.1987 – 8 W 89/87, MDR 1987, 847 = NJW-RR 1987, 976; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 56; a.A. LG Frankfurt/M. v. 21.5.2014 – 2-13 S 168/13, NZM 2014, 798 = ZWE 2014, 326 = ZMR 2014, 820 = MietRB 2014, 300 (Heinemann); Elzer, ZMR 2006, 733 (735); Schmid, NJW 2013, 2145 (2146). 343 Bassenge in Palandt, BGB, § 21 WEG Rz. 13.

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§ 21 Rz. 53 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer den Verwalter, delegiert werden.344 Es handelt sich nicht um eine Kernaufgabe der Miteigentümer, so dass auch ein Beschluss die Aufstellung der Hausordnung vollumfänglich und ohne weitere Vorgaben auf den Verwalter zu übertragen, ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.345 Keinesfalls zählt die Aufstellung der Hausordnung zum unverzichtbaren Kernbereich, über den die Eigentümer selbst beschließen müssen: schon aus Abs. 8 ergibt sich, dass die Hausordnung auch durch einen Dritten (das Gericht) aufgestellt werden kann.346 Die Wohnungseigentümer bleiben als Herren der Verwaltung aber jederzeit befugt, selbst eine Hausordnung aufzustellen oder diejenige des Verwalters abzuändern.347 Soweit die Wohnungseigentümer entgegen dem Gebot ordnungsgemäßer Verwaltung die Aufstellung oder Änderung einer Hausordnung unterlassen bzw. abgelehnt haben, kann das Gericht durch Urteil nach Abs. 8 eine verbindliche Hausordnung aufstellen,348 wobei dann für den Erlass einer umfassenden Hausordnung regelmäßig kein Rechtsschutzbedürfnis besteht.349 d) Rechtswirkung gegenüber Dritten 54 Die Hausordnung entfaltet gegenüber Dritten keine Geltung, gleichgültig, ob sie vereinbart

oder beschlossen worden ist. So sind insbesondere Mieter, dingliche Nutzungsberechtigte (Nießbraucher, Wohnungsberechtigte und Dauerwohnberechtigte), Familienangehörige und Besucher eines Wohnungseigentümers nicht an die Bestimmungen der Hausordnung gebunden.350 Es obliegt aber dem Wohnungseigentümer, gem. § 14 Nr. 2 für die Durchsetzung der Hausordnung gegenüber diesem Personenkreis zu sorgen.351 Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann die Gemeinschaft ihn im Klagewege hierzu verpflichten.352 Eine unmittelbare Inanspruchnahme des Mieters durch die anderen Wohnungseigentümer oder die Gemeinschaft scheidet hingegen aus, es sei denn, der Mieter stört durch sein Verhalten die anderen Miteigentümer unmittelbar.353 Verstößt er weiterhin gegen diese Pflicht, kann er Schadensersatz-, Unterlassungs- und Veräußerungspflichten (vgl. § 18 Abs. 2 Nr. 1, s. § 18 Rz. 20 ff.) ausgesetzt sein.354 Der vermietende Wohnungseigentümer sollte daher tunlichst darauf achten, dass die Hausordnung der Gemeinschaft wirksamer Bestandteil des Mietvertrags wird.355 Auch eine 344 BayObLG v. 9.6.1975 – BReg.2 Z 35/75, BayObLGZ 1975, 201; BayObLG v. 5.12.1991 – BReg.2 Z 154/91, BayObLGZ 1991, 421 (422) = MDR 1992, 373 = NJW-RR 1992, 343; BayObLG v. 23.8.2001 – 2Z BR 96/01, MDR 2001, 1345 = NJW 2001, 3635; KG v. 18.11.1991 – 24 W 3791/91, OLGZ 1992, 182 (183); OLG Stuttgart v. 19.5.1987 – 8 W 89/87, MDR 1987, 847 = NJW-RR 1987, 976; LG Koblenz v. 22.8.2016 – 2 S 15/16, NZM 2017, 377 (378); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 80. 345 A.A. LG Frankfurt/M. v. 21.5.2014 – 2-13 S 168/13, NZM 2014, 798 = ZWE 2014, 326 = ZMR 2014, 820 = MietRB 2014, 300 (Heinemann). 346 Vgl. Heinemann, MietRB 2014, 300. 347 BayObLG v. 5.12.1991 – BReg.2 Z 154/91, BayObLGZ 1991, 421 (422) = MDR 1992, 373 = NJWRR 1992, 343; KG v. 18.11.1991 – 24 W 3791/91, OLGZ 1992, 182 (183); OLG Oldenburg v. 21.7.1977 – 5 Wx 9/77, ZMR 1978, 245 (246); Suilmann, MietRB 2014, 60. 348 OLG Hamm v. 27.1.1969 – 15 W 485/68, OLGZ 1970, 399 (401) = MDR 1969, 484 = NJW 1969, 884; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 82; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 166; Elzer, ZMR 2006, 85 (93). 349 Suilmann, MietRB 2014, 60. 350 LG Heidelberg v. 23.10.1996 – 8 S 2/96, NJWE-MietR 1997, 234; LG Nürnberg-Fürth v. 31.7.2009 – 19 S 2183/09, ZWE 2010, 26 (29); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 83; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 176; Schmidt, ZMR 2009, 325 (328 f.); Suilmann, MietRB 2014, 60 (63); a.A. OLG Frankfurt v. 18.3.1993 – 2 U 124/92, NJW-RR 1993, 981 (982); LG Hamburg v. 25.11.2011 – 317 S 55/11, ZWE 2012, 290. 351 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 83; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 176. 352 Schmidt, ZMR 2009, 325 (330 f.). 353 Schmid, NJW 2013, 2145 (2149); Suilmann, MietRB 2014, 60 (64). 354 Ausführlich Schmid, NJW 2013, 2145 (2149 f.). 355 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 83; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 180.

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 55 § 21

dynamische Verweisungsklausel auf die jeweils gültige Hausordnung ist möglich,356 hierbei ist aber stets auf eine wirksame Einbeziehung der geänderten Hausordnung in den Mietvertrag zu achten, vgl. § 305 Abs. 2 BGB; hingegen spielen § 308 Nr. 4 und 5 BGB keine Rolle.357 Keine unzulässige Klausel nach § 307 BGB liegt vor, wenn die Nutzung des Fahrstuhls für Haustiere ausgeschlossen wird.358 Regelungen, die zwar im Rahmen der Hausordnung wirksam, im Rahmen des Mietvertrags aber unwirksam sind, gehen zu Lasten des vermietenden Wohnungseigentümers.359 e) Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen Grundsätzlich haben die Eigentümer bei der Aufstellung der Hausordnung und bei der Aus- 55 gestaltung von deren Inhalt einen Ermessensspielraum.360 Der Ermessensspielraum kann auf Null reduziert sein, wenn wegen der Nichtregelung eine Gefährdung des Gebäudes und schlimmstenfalls für Leib und Leben der Bewohner besteht.361 Gegenstand der Hausordnung kann nur der ordnungsgemäße Gebrauch des gemeinschaftlichen (vgl. § 15 Abs. 2),362 nicht jedoch des Sondereigentums sein.363 Geregelt werden kann jedoch eine sich auf das Gemeinschaftseigentum auswirkende, von der Nutzung des Sondereigentums ausgehende Störung (z.B. durch Musizieren).364 Das Verbringen und Abstellen von Fahrrädern in den Wohnbereich gehört nicht zum Kernbereich des Sondereigentums, so dass sein Abstellen in den Wohnräumen kein wesentliches Element der Nutzung der Wohnung darstellt.365 Die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer folgt daraus, dass der Transport in die Wohnung zu einer Verschmutzung des Gemeinschaftseigentums (z.B. des Treppenhauses) führen kann. Die einzelnen Bestimmungen der Hausordnung müssen hinreichend bestimmt sein,366 nichtig, weil viel zu unbestimmt, ist eine Regelung in der Hausordnung, wonach der Verwalter „grobe Verstöße (gegen die Hausordnung) gerichtlich zu ahnden“ hat.367 Verbietet die Hausordnung „jedes unnötige und störende Geräusch“, so ist das Bestimmtheitserfordernis nicht gewahrt.368 Eine Regelung innerhalb der Hausordnung kann auch dann nichtig sein, wenn sie gegen wesentliche Grundgedanken eines gesetzlichen Leitbilds verstößt, z.B. eine verschuldensunabhängige Verursacherhaftung vorsieht.369 Die schutzwürdigen Belange aller Wohnungseigentümer müssen berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden, so dass eine einseitige Regelung keine ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme darstellen würde (z.B. eine Abschließpflicht der Hauseingangstür während der Nachtzeit), insbesondere wenn sie

356 LG Karlsruhe v. 12.12.2013 – 5 S 43/13, ZMR 2014, 394 (396); Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 180. 357 A.A. Suilmann, MietRB 2014, 60 (63); Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 180. 358 LG Karlsruhe v. 12.12.2013 – 5 S 43/13, ZMR 2014, 394 (396). 359 Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 179. 360 LG Hamburg v. 15.4.2015 – 318 S 125/14, ZMR 2015, 572 (573); LG München I v. 23.11.2017 – 36 S 3100/17 WEG, ZWE 2018, 176 = MietRB 2018, 207 (Elzer); AG Hamburg-St. Georg v. 28.4.2017 – 980b C 69/16, ZMR 2017, 679 (682). 361 AG Wiesbaden v. 16.12.2016 – 92 C 3022/16, ZMR 2017, 204. 362 LG Koblenz v. 22.8.2016 – 2 S 15/16, NZM 2017, 377 (378). 363 Vgl. Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 56; unklar LG München I v. 10.1.2013 – 36 S 8058/12, ZWE 2013, 413 (414). 364 LG München I v. 10.1.2013 – 36 S 8058/12, ZWE 2013, 413 (414). 365 LG München I v. 23.11.2017 – 36 S 3100/17 WEG, ZWE 2018, 176 = MietRB 2018, 207 (Elzer). 366 LG München I v. 23.11.2017 – 36 S 3100/17 WEG, ZWE 2018, 176 = MietRB 2018, 207 (Elzer); AG Hamburg-St. Georg v. 28.4.2017 – 980b C 69/16, ZMR 2017, 679 (682). 367 BayObLG v. 13.12.2001 – 2Z BR 156/01, NZM 2002, 171; LG Hamburg v. 15.4.2015 – 318 S 125/ 14, ZMR 2015, 572 (573). 368 OLG Düsseldorf v. 19.8.2009 – 3 Wx 233/08, NZM 2009, 748 = ZMR 2010, 52 (53). 369 BayObLG v. 13.12.2001 – 2Z BR 156/01, NZM 2002, 171.

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§ 21 Rz. 55 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer mit möglichen Gefährdungen verbunden sein kann.370 Nicht möglich ist es, das Öffnen und Schließen eines Hausflurfensters ausschließlich dem Hausmeister oder seinem Stellvertreter zu gestatten und die Miteigentümer hiervon auszuschließen.371 Auch eine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte stellt einen Ermessensfehlgebrauch dar.372 Nichtig ist ein Beschluss, der in das verfassungsrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht oder das Grundrecht der freien Religionsausübung eingreift, was z.B. bei einem Verbot, einen Ganzkörperbadeanzug (sog. Burkini) zu tragen, der Fall ist.373 Es besteht aber kein Vertrauensschutz dahingehend, dass die Hausordnung nicht an andere Sachverhalte angepasst wird (z.B. dass eine Regelung zu Hunden auch auf Katzen erstreckt wird).374 f) Begründung von Leistungs- und Unterlassungspflichten 56 Umstritten ist, ob und inwieweit den Wohnungseigentümern überhaupt, aber insbesondere

durch die Hausordnung, Leistungs- und Unterlassungspflichten auferlegt werden können (sog. „tätige Mithilfe“). Während nach h.M. ohne weiteres Leistungspflichten durch Vereinbarung getroffen werden können,375 stellt sich vornehmlich die Frage, ob dies auch mit Stimmenmehrheit beschlossen werden kann.376 Nach dem Grundsatz volenti non fit iniuria ist eine Übernahme von Leistungspflichten jedenfalls mit Zustimmung der betroffenen Eigentümer möglich.377 Ein einvernehmlicher Beschluss der in der Versammlung anwesenden Eigentümer stellt keine solche Zustimmungserklärung dar, sondern erfordert die Zustimmung bzw. Genehmigung aller Wohnungs- und Teileigentümer.378 57 Richtigerweise kommt ein solcher Beschluss nur dort in Betracht, wo das Gesetz oder eine

Vereinbarung eine entsprechende Beschlusskompetenz vorsehen.379 Dabei folgt aber keineswegs aus der Beschlusskompetenz der Nr. 1, dass die typischen Gegenstände einer Hausordnung den einzelnen Wohnungseigentümern per Mehrheitsbeschluss als Leistungspflicht auferlegt werden können.380 Vielmehr können nur solche Leistungspflichten durch Stimmenmehrheit im Rahmen einer Hausordnung geregelt werden, die den einzelnen Wohnungseigentümern bereits aufgrund einer Vereinbarung (eine allgemeine Öffnungsklausel genügt 370 LG Frankfurt/M. v. 12.5.2015 – 2-13 S 127/12, NZM 2015, 597 (598); LG München I v. 23.11.2017 – 36 S 3100/17 WEG, ZWE 2018, 176 = MietRB 2018, 207 (Elzer). 371 LG Koblenz v. 22.8.2016 – 2 S 15/16, NZM 2017, 377. 372 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 289 = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713 = ZMR 1999, 41; LG Frankfurt am Main v. 4.10.2017 – 2-13 S 131/16, NZM 2018, 49 = ZMR 2018, 253 (254) = MietRB 2018, 112 (Lehmann-Richter); LG München I v. 23.11.2017 – 36 S 3100/ 17 WEG, ZWE 2018, 176 = MietRB 2018, 207 (Elzer). 373 AG Köln v. 5.12.2017 – 204 C 97/17, NZM 2018, 828 = MietRB 2018, 115 (Heinemann). 374 LG Frankfurt/M. v. 14.7.2015 – 2-09 S 11/15, ZMR 2016, 56 (57). 375 KG v. 12.11.1993 – 24 W 3064/93, OLGZ 1994, 273 = NJW-RR 1994, 207 = ZMR 1994, 70; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 97; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 170. 376 Vgl. die Darstellung bei Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 97 m.w.N. 377 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, NZM 2015, 88 (89); LG Dortmund v. 24.4.2018 – 1 S 109/17, ZMR 2018, 615 = ZWE 2018, 363 = MietRB 2018, 337 (Tank). 378 LG Dortmund v. 24.4.2018 – 1 S 109/17, ZWE 2018, 363 = MietRB 2018, 337 (Tank). 379 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, NZM 2015, 88 (89); BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 f. = NZM 2012, 421; BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = NJW 2010, 2801; BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 = MietRB 2010, 114 = NZM 2010, 285 (286); OLG Zweibrücken v. 5.6.2007 – 3 W 98/07, MDR 2008, 78 = MietRB 2007, 232 = NJW 2007, 2417 = NZM 2007, 512 = ZMR 2007, 646; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 97. 380 So aber Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 99; Bruns, NZM 2012, 737 (739); ähnlich das LG München I v. 2.8.2010 – 1 S 4042/10, ZMR 2010, 991 = MietRB 2011, 154 mit abl. Anm. Heinemann, das auf die „Üblichkeit“ einer Räum- und Streupflicht abstellen will; AG Krefeld v. 15.12.2017 – 13 C 22/17, ZMR 2018, 378 (380) = MietRB 2018, 115 (Schultzky).

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 57 § 21

hierfür nicht)381 oder aufgrund Gesetzes obliegen.382 Dieser Rechtsgrundsatz gilt auch im Raum Landshut.383 Nur deshalb können Reinigungs- und Winterdienste durch Mehrheitsbeschluss ausgestaltet werden, weil jedem einzelnen Wohnungseigentümer die Verkehrssicherungspflicht für das Treppenhaus und den Gehsteig obliegt.384 Die Ansicht des BGH, die Verkehrssicherungspflicht für das Gemeinschaftseigentum obliege nur dem Verband,385 geht evident an der Gesetzeslage vorbei: nach §§ 836 ff., §§ 907 f. BGB trifft die Haftung für vom Grundstück ausgehende Gefahren jeden Mitbesitzer und Miteigentümer. Die mehrheitlich beschlossene Hausordnung begründet also bei Lichte betrachtet gar keine Leistungspflichten, sondern gestaltet lediglich die bestehenden Leistungspflichten aus. Damit steht auch fest, dass anderweitige Pflichten, wie Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten (z.B. Streichen der Fenster, Reparatur der Balkone, Gartenpflegearbeiten),386 Haftungs- oder Beseitigungsansprüche (z.B. von baulichen Anlagen),387 aber auch auf öffentlichem Recht beruhende Verpflichtungen, die den einzelnen Wohnungseigentümer treffen (z.B. Einbau eines Rauchwarnmelders)388 nicht durch Mehrheitsbeschluss begründet und auferlegt werden können.389 Solche Beschlüsse sind nichtig.390 Auch aus § 16 Abs. 4 n.F., der nunmehr mit 3/4-Mehrheit den Beschluss eines abweichenden Kostenverteilungsschlüssels für Maßnahmen nach Nr. 2 zulässt (s. § 16 Rz. 68 ff.),391 folgt, dass nur Kostentragungs-, nicht jedoch Leistungspflichten mit Mehrheit beschlossen werden können.392 Unwirksam ist deshalb auch ein Beschluss der vorsieht, Instandsetzungsarbeiten durch ein vom Miteigentümer selbst zu beauftragendes Unternehmen vornehmen zu lassen, weil auch die Beauftragung eines Dritten zur Durchführung der dem Eigentümer auferlegten Arbeiten eine Handlungspflicht darstellt.393 Ein Nega381 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, NZM 2015, 88 (89). 382 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = NJW 2010, 2801; OLG Zweibrücken v. 5.6.2007 – 3 W 98/07, MDR 2008, 78 = MietRB 2007, 232 = NJW 2007, 2417 = NZM 2007, 512 = ZMR 2007, 646; AG Bonn v. 30.1.2015 – 27 C 144/14, ZMR 2015, 407; AG Oldenburg v. 19.6.2015 – 10 C 2/15, ZMR 2015, 891 (893). 383 A.A. LG Landshut v. 14.3.2007 – 64 T 2111/05, ZMR 2007, 493 (494) abwegig vgl. Anm. der ZMRRedaktion. 384 Elzer in Timme, § 21 WEG Rz. 220 m.w.N.; LG Stuttgart v. 25.3.2010 – 2 S 43/09, ZMR 2010, 723 mit abl. Anm. Abramenko; a.A. BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 f. = NZM 2012, 421; OLG Düsseldorf v. 23.6.2008 – 3 Wx 77/08, NZM 2009, 162 (163); Becker, ZWE 2010, 397 (398). 385 BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 f. = NZM 2012, 421 (422). 386 LG Dortmund v. 24.4.2018 – 1 S 109/17, ZMR 2018, 615 = ZWE 2018, 363 = MietRB 2018, 337 (Tank); AG München v. 25.4.2017 – 484 C 9711/16, ZMR 2017, 933 (934). 387 AG München v. 25.4.2017 – 484 C 9711/16, ZMR 2017, 933 (934); es besteht keine Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft, Schadensersatzansprüche eines Miteigentümers festzustellen, AG Charlottenburg v. 10.4.2018 – 74 C 75/17, ZMR 2018, 705. 388 AG Bonn v. 30.1.2015 – 27 C 144/14, ZMR 2015, 407. 389 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, NZM 2015, 88 (89); BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = NJW 2010, 2801; OLG Zweibrücken v. 5.6.2007 – 3 W 98/07, MDR 2008, 78 = MietRB 2007, 232 = NJW 2007, 2417 = NZM 2007, 512 = ZMR 2007, 646; LG Dortmund v. 24.4.2018 – 1 S 109/17, ZMR 2018, 615 = ZWE 2018, 363 = MietRB 2018, 337 (Tank); LG Dortmund v. 19.4.2016 – 1 S 437/15, ZMR 2016, 642 (643); LG Karlsruhe v. 27.9.2011 – 11 S 219/09, ZWE 2012, 103; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 100. 390 BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 f. = NZM 2012, 421; BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = NJW 2010, 2801; AG Krefeld v. 15.12.2017 – 13 C 22/17, ZMR 2018, 378; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 100; Drabek in Riecke/ Schmid, § 21 WEG Rz. 189; a.A. LG Landshut v. 14.3.2007 – 64 T 2111/05, ZMR 2007, 493 (494) (abwegig). 391 Vgl. BT-Drucks. 16/887, 23; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 101. 392 OLG Düsseldorf v. 23.6.2008 – 3 Wx 77/08, NZM 2009, 162 (163). 393 LG Dortmund v. 24.4.2018 – 1 S 109/17, ZMR 2018, 615 = ZWE 2018, 363 = MietRB 2018, 337 (Tank).

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§ 21 Rz. 57 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer tivbeschluss über die Vergabe von Hausmeisterleistungen an Dritte stellt keine Auferlegung von Leistungspflichten auf die Eigentümer dar.394 Die Umdeutung eines unwirksamen Beschlusses, der Leistungspflichten auferlegt, in eine Kostentragungsregelung nach § 16 Abs. 3 kommt nur ausnahmsweise in Betracht.395 57a Nicht möglich ist es, das Öffnen und Schließen bestimmter Türen und Fenster ausschließ-

lich dem Hausmeister oder seinem Stellvertreter zu gestatten und die Wohnungseigentümer zu einem Unterlassen zu verpflichten.396 Ebenfalls nicht statthaft ist es, den Wohnungseigentümern ein Kontaktaufnahmeverbot mit den Mietern der Wohnanlage aufzuerlegen.397 g) Ordnungsmäßige Ausgestaltung von Leistungs- und Unterlassungspflichten 58 Sofern die Eigentümerversammlung Beschlusskompetenz für die Ausgestaltung von Leis-

tungspflichten hat, muss sie diese nach Maßgabe ordnungsgemäßer Verwaltung, also unter Berücksichtigung der Interessen aller Wohnungseigentümer und nach billigem Ermessen, ausüben. Dies ist dann nicht der Fall, wenn nicht alle Wohnungseigentümer gleichmäßig zu den Leistungspflichten herangezogen werden398 oder wenn die Hausordnung keine Vorkehrungen für den Fall trifft, dass einzelne Wohnungseigentümer aus tatsächlichen Gründen (z.B. wegen Alter, Krankheit oder Abwesenheit) gehindert sind, die Leistungspflichten zu erfüllen.399 Insbesondere müssen die Leistungspflichten auch zu einer Kostenersparnis für die gesamte Gemeinschaft führen. Ist die Kostenersparnis im Vergleich zur Beschäftigung oder Beauftragung eines Dritten minimal400 oder kommt sie nur aufgrund erheblichen Arbeitseinsatzes der Wohnungseigentümer in Betracht, so ist dies unverhältnismäßig und widerspricht dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung.401 59 Im Rahmen von Reinigungspflichten hat die Rechtsprechung einen Reinigungsplan als un-

gleich beanstandet, der Wohnungseigentümern die Säuberung der jeweils von ihnen bewohnten Etage auferlegt. Eine solche Hausordnung berücksichtigt nicht, dass der Eingangsbereich des Erdgeschosses meist schmutziger und damit reinigungsbedürftiger ist als die oberen Stockwerke, so dass die Eigentümer in den Obergeschossen unangemessen bevorteilt werden.402 60 Für die Einteilung des Winterdienstes ist darauf zu achten, dass alle Wohnungseigentümer

gleichmäßig herangezogen werden.403 Dies ist nur dann der Fall, wenn witterungsbedingte Zufälligkeiten so in den Dienstplan eingearbeitet sind, dass eine gerechte Verteilung des Schneeräum- und Streudienstes gewährleistet ist.404 Ob dem ein täglicher oder wöchentlicher Turnus genügt, darf bezweifelt werden.

394 395 396 397 398 399 400 401 402 403 404

AG Krefeld v. 15.12.2017 – 13 C 22/17, ZMR 2018, 378. BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, NZM 2015, 88 (90). LG Koblenz v. 22.8.2016 – 2 S 15/16, NZM 2017, 377. LG Frankfurt am Main v. 17.5.2018 – 2-13 S 31/16, NZM 2018, 628 = ZMR 2018, 852 (853). BayObLG v. 5.12.1991 – BReg.2 Z 154/91, BayObLGZ 1991, 421 (422) = MDR 1992, 373 = NJWRR 1992, 343 f.; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 101. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 101. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 101. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 101; vgl. KG v. 12.11.1993 – 24 W 3064/93, OLGZ 1994, 273 = NJW-RR 1994, 207 = ZMR 1994, 70. BayObLG v. 5.12.1991 – BReg 2 Z 154/91, BayObLGZ 1991, 421 (422) = MDR 1992, 373 = NJWRR 1992, 343 f.; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 102. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 103. OLG Hamm v. 31.8.1981 – 15 W 38/81, MDR 1982, 150; OLG Stuttgart v. 19.5.1987 – 8 W 89/87, MDR 1987, 847 = NJW-RR 1987, 976.

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 62 § 21

h) Sanktionen bei Verstößen gegen die Hausordnung Fraglich ist, ob Verstöße gegen die Hausordnung mit „Strafen“ sanktioniert werden können. 61 Denkbar ist insbesondere die Verhängung von Vertragsstrafen. Teilweise wird vertreten, dass die Androhung oder Verhängung angemessener Sanktionen als Annexkompetenz zu einer Gebrauchsregelung oder zur Hausordnung beschlossen werden können.405 Angesichts der neuen Beschlusskompetenz in Abs. 7, aus der gerade keine allgemeine Kompetenz zur Sanktionierung von Verstößen gegen die Hausordnung folgt (s. Rz. 116), kommt nach hier vertretener Ansicht eine Sanktion wegen eines Verstoßes gegen die Hausordnung nur aufgrund einer Vereinbarung in Betracht. Soweit ein Miteigentümer gegen die Hausordnung verstößt, können die Miteigentümer diesen 61a auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Die Gemeinschaft kann diesen Anspruch durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen und den Verwalter durch Beschluss nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 zur gerichtlichen Durchsetzung ermächtigen.406 i) Beispiele für Gegenstände der Hausordnung Beispiele für mögliche Gegenstände der Hausordnung sind (s. auch § 15 Rz. 85 ff.): 62 – Benutzungsregelung für Aufzüge, Treppenhaus, Gänge und Grünflächen (Merle in Bärmann, WEG, § 21 Rz. 85), also ganz allgemein Benutzungsregelungen für das gemeinschaftliche Eigentum, insbesondere Öffnungszeiten eines Schwimmbads (Merle in Bärmann, WEG, § 21 Rz. 86), die Benutzung des Schwimmbads (AG Köln v. 5.12.2017 – 204 C 97/17, NZM 2018, 828 = MietRB 2018, 115 [Heinemann]), das Abstellen von Kinderwagen, Fahrrädern (LG München I v. 23.11.2017 – 36 S 3100/17 WEG, ZWE 2018, 176 = MietRB 2018, 207 [Elzer]), Schuhen, das Ablegen von Teppichen, Aufhängen von Spiegeln und Bildern im Treppenhaus, die Abfallbehandlung, das Betreten der Heizungsräume, das Öffnen und Schließen der Haus- und Hoftüren (AG Kassel v. 14.3.2007 – 800 II 146/06, ZMR 2007, 572), die Verwahrung der Schlüssel (Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 94, 95 m.w.N.); nicht geregelt werden kann aber, dass die Wohnungseigentümer keine Schilder oder Aufkleber an ihren Briefkästen anbringen dürfen, die den Einwurf von Werbematerial verbieten; – Festlegung des Standorts der Mülltonnen (LG Dortmund v. 5.12.2017 – 1 S 28/17, ZMR 2018, 350 (352); AG Hamburg-St. Georg v. 20.5.2018 – 980b C 38/17, ZMR 2019, 79 (80); AG Itzehoe v. 30.1.2017 – 97 C 12/16, ZMR 2017, 339 (340), wobei dieser Standort nicht ins Ermessen des Verwalters gelegt werden darf (AG Herne v. 17.8.2017 – 28 C 52/16, ZMR 2017, 1014 [1015]); – Benutzungsregelung für Stellplätze, auch wenn der konkrete Gebrauch einem Sondernutzungsrecht unterliegt (Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 87; KG v. 8.9.1995 – 24 W 5943/ 94, NJW-RR 1996, 586), z.B. durch Anbringen von Schildern oder Vergabe von Parktickets (AG Rostock v. 30.11.2016 – 54 C 27/16, ZMR 2017, 348 [349]), die Einführung eines Rotationsprinzips (LG München I v. 11.5.2017 – 36 S 11050/16, ZMR 2017, 925 [927]); zu unbestimmt ist jedoch eine Regelung, wonach die Parkplätze nur „kurzfristig“ und nur innerhalb der „aktuellen Markierungen“ genutzt werden dürfen (LG Itzehoe v. 21.2.2017 – 11 S 6/16, ZMR 2018, 68 (69);

405 OLG Frankfurt v. 19.9.1978 – 20 W 531/78, OLGZ 1979, 25; KG v. 17.7.1985 – 24 W 1956/85, ZMR 1985, 345; BayObLG v. 23.8.2001 – 2Z BR 96/01, MDR 2001, 1345 = NJW 2001, 3635; LG Hamburg v. 15.4.2015 – 318 S 125/14, ZMR 2015, 572 (573); Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 168. 406 Suilmann, MietRB 2014, 60 (62).

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§ 21 Rz. 62 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer – Beschluss, der vorsieht, dass das – nicht nur kurzfristige – Einstellen von Fahrrädern nur in vor Diebstahl ausreichend geschützten Räumen bzw. Stellplätzen erfolgen darf und zum anderen, dass der Transport in die Wohnungen nicht zulässig ist (LG München I v. 23.11.2017 – 36 S 3100/17 WEG, ZWE 2018, 176 = MietRB 2018, 207 [Elzer]); bestimmbar muss aber sein, auf welcher Fläche die Fahrräder abgestellt werden dürfen (LG Dortmund v. 5.12.2017 – 1 S 28/17, ZMR 2018, 350 (353); AG München v. 6.9.2017 – 481 C 7764/17, ZMR 2018, 274 (275) = NZM 2018, 758 = MietRB 2018, 145 [Sommer]); – Benutzungsregelung für Waschküchen, Trockenräume und Wäschetrockner (KG v. 7.1.1985 – 24 W 4631/84, ZMR 1985, 131 [132]); dazu gehört auch, bestimmte Gemeinschaftsräume hiervon auszunehmen (LG Dortmund v. 5.12.2017 – 1 S 28/17, ZMR 2018, 350 [352]); – Regelungen zum Feuerschutz, z.B. zum Betrieb von Grillgeräten (LG München I v. 10.1.2013 – 36 S 8058/12, ZWE 2013, 413 [414]; AG Wuppertal v. 25.10.1976 – 47 UR II 7/ 76, Rpfleger 1977, 445) oder zur Verwendung von offenem Licht (BayObLG v. 10.3.1972 – BReg 2 Z 78/71, BayObLGZ 1972, 94 [96]); – Regelungen zum Kälteschutz, z.B. zur Freihaltung der Fenster und Heizkörper vor Frostgefahr (Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 92); Verschließen der Fenster bei Kälte (LG Koblenz v. 22.8.2016 – 2 S 15/16, NZM 2017, 377 [378]); – Regelungen zur Heizungsdauer, z.B. dass die Heizungsanlage in den Sommermonaten in Betrieb zu halten oder abzustellen ist (BayObLG v. 26.2.1993 – 2Z BR 117/92, WuM 1993, 291 [292]); – Maßnahmen zur Energieeinsparung, z.B. durch das Abstellen einer Zirkulationspumpe zur Warmwasseraufbereitung während der Nachtzeit (AG Remscheid v. 4.5.2017 – 7 C 152/16, ZMR 2018, 280 [281]); – Regelungen zur Haustierhaltung, insbesondere zum Ausschluss einer Haltung von besonders gefährlichen Haustieren (Kampfhunde, Schlangen, Ratten), der vollständige Ausschluss der Tierhaltung ist jedoch nur mittels Vereinbarung möglich (zum Ganzen Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 90 f.; vgl. OLG Saarbrücken v. 2.10.2006 – 5 W 154/06 W, ZWE 2007, 190 mit abl. Anm. Drabek, ZWE 2007, 188); eine zahlenmäßige Beschränkung ist möglich (LG Lüneburg v. 15.5.2012 – 9 S 73/11, ZMR 2012, 728 [729]); die Interessen der Tierhalter und der übrigen Miteigentümer sind zu wahren (vgl. zum unzulässigen Ausschluss der Gartennutzung für Hunde OLG Hamburg v. 20.8.2007 – 2 Wx 72/07, MietRB 2008, 307 = ZMR 2008, 151); das Verbot, jegliche Haustiere im Fahrstuhl zu befördern, ist wirksam (LG Karlsruhe v. 12.12.2013 – 5 S 43/13, ZMR 2014, 394 [395 f.]; a.A. AG Freiburg v. 18.4.2013 – 56 C 2496/12, ZMR 2014, 489 f.), ebenso eine Regelung, wonach Katzen und Hunde nicht auf dem Gemeinschaftsgelände frei herumlaufen dürfen, LG Frankfurt/ M. v. 14.7.2015 – 2-09 S 11/15, ZMR 2016, 56; LG Lüneburg v. 15.5.2012 – 9 S 73/11, ZMR 2012, 728 [729]; AG München v. 21.3.2013 – 484 C 18498/12, ZMR 2013, 573 [574]); – Regelungen zur häuslichen Ruhe, insbesondere durch Sperrfristen für Baden und Duschen sowie für Lärm und Geräusche, sowie Grenzwerte für die Lautstärke von akustischen Geräten (Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 93; vgl. zum Bestimmtheitserfordernis einer solchen Regelung OLG Düsseldorf v. 19.8.2009 – 3 Wx 233/08, NZM 2009, 748 = ZMR 2010, 52 [53]). Ein absolutes Musizierverbot für bestimmte Tageszeiten (während der Mittagsruhe und während der Nachtzeit, AG Hannover v. 17.1.2018 – 484 C 5513/17, ZMR 2018, 268 [269]) ist möglich, nicht jedoch der völlige Ausschluss des Musizierens, wenn andere gleichfalls geräuschintensive Störungen nicht ausgeschlossen sind (BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 289 = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713 = ZMR 1999, 41; LG Frankfurt am Main v. 4.10.2017 – 2-13 S 131/16, NZM 2018, 49 = MietRB 2018, 112 [Lehmann-Richter]);

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– Regelungen zum Verschließen der Hauseingangstüre; eine Pflicht zum Verschließen der Türe während der Nachtzeit entspricht aber nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn sichergestellt ist, dass in Not- oder Panikfällen eine Fluchtmöglichkeit besteht (LG Frankfurt/M. v. 12.5.2015 – 2-13 S 127/12, NZM 2015, 597 [598]; weitergehend AG Kassel v. 31.7.2012 – 803 C 3011/11, BeckRS 2015, 10678).

3. Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (Nr. 2) a) Allgemeines Zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung gehören auch die Instandhaltung und Instandsetzung 63 des gemeinschaftlichen Eigentums. Mit der ausdrücklichen Aufnahme dieser Aufgaben in den Katalog des Abs. 5 bezweckt der Gesetzgeber die aus den Zeiten des Stockwerkseigentums herrührende unzureichende Instandhaltung der Gebäude zu verhindern.407 Deshalb können auch vorsorgliche und vorläufige Maßnahmen zur Instandhaltung zählen.408 Eine regelmäßige Wartung ist aber i.d.R. nur dann ordnungsmäßig, wenn sie unter Berücksichtigung von Wahrscheinlichkeit und Höhe eines Schadens wirtschaftlich vertretbar ist.409 Die Instandhaltung beschränkt sich auf das gemeinschaftliche Eigentum, so dass ein Be- 63a schluss über die Instandhaltung oder Instandsetzung des Sondereigentums unwirksam ist,410 die Gemeinschaft besitzt insoweit keine Beschlusskompetenz.411 Dies gilt auch, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften eine Maßnahme erfordern.412 Unwirksam ist der Beschluss auch, soweit er das Sondereigentum nur teilweise betrifft.413 Zur Abgrenzung des Gemeinschaftsvom Sondereigentum s. die Kommentierung bei § 5. Die Instandhaltungs- und Instandsetzungslast erstreckt sich auch auf im Gemeinschaftseigentum stehende Gebäudeteile, die unberechtigterweise errichtet worden sind, vorbehaltlich der Befugnis, diese Last durch Beschluss den begünstigten Sondereigentümern aufzuerlegen.414 Ein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf ordnungsgemäße Herstellung seines eigenen und des übrigen Sondereigentums folgt daher nicht aus Abs. 5 Nr. 2, Abs. 4, sondern allenfalls aus § 14 Nr. 1.415 Dies gilt auch dann, wenn das Sondereigentum zusammen mit dem gemeinschaftlichen Eigentum versichert ist (s. Rz. 81 und § 27 Rz. 18). Saniert die Gemeinschaft Sondereigentum, weil sie irrtümlich davon ausgegangen ist, es handele sich um Gemeinschaftseigentum, so kann sie vom begünstigten Miteigentümer nur unter den Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677, § 683 S. 1, § 670 BGB) oder nach Bereicherungsrecht (§ 684

407 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 104. 408 BayObLG v. 2.5.1996 – 2Z BR 24/96, NJW-RR 1996, 1166; LG Bremen v. 25.3.2011 – 4 S 75/10, ZMR 2011, 657 (658). 409 KG v. 19.10.1998 – 24 W 4300/98, ZMR 1999, 207 = NZM 1999, 131. 410 BGH v. 9.12.2016 – V ZR 84/16, NZM 2017, 224 (225) = ZWE 2017, 177 (179) = MietRB 2017, 102 (Heinemann); OLG Köln v. 5.12.2000 – 16 Wx 121/00, ZMR 2001, 568 = NZM 2001, 541; AG Hamburg v. 23.4.2018 – 22a C 280/17, ZMR 2018, 876; AG Köln v. 18.8.2015 – 204 C 116/14, ZMR 2016, 657 (658). 411 BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, ZMR 2014, 899 = ZWE 2014, 125 (126) = MietRB 2014, 79 f. = NZM 2014, 396 (397); LG Itzehoe v. 19.7.2016 – 11 S 113/15, ZMR 2016, 904 (905); LG München I v. 1.2.2016 – 1 S 12786/15, ZMR 2016, 571 (573) = MietRB 2016, 230 (Elzer). 412 BGH v. 9.12.2016 – V ZR 84/16, NZM 2017, 224 (225) = ZWE 2017, 177 (179) = MietRB 2017, 102 (Heinemann); 413 AG Hamburg v. 23.4.2018 – 22a C 280/17, ZMR 2018, 876 (877). 414 LG Düsseldorf v. 13.12.2011 – 16 S 72/10, BeckRS 2012, 01647. 415 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 106.

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§ 21 Rz. 63a | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer BGB) Ausgleich verlangen, wenn die Maßnahme mit Blick auf § 14 Nr. 1 zwingend geboten war.416 Gleiches gilt, wenn eine das gemeinschaftliche Eigentum betreffende, beschlossene und bestandskräftige Maßnahme im Bereich des Sondereigentums (z.B. Einbau von Rauchwarnmeldern) vorgenommen wird, die nach dem Gesetz der Sondereigentümer auf seine Kosten hätte erledigen müssen.417 64 Jeder Wohnungseigentümer hat gegen die Gemeinschaft gem. Abs. 4 einen Anspruch auf

ordnungsgemäße Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums in angemessener Zeit. Hierzu kann von jedem einzelnen Wohnungseigentümer die Mitwirkung an den erforderlichen Maßnahmen verlangt werden (s. Rz. 67). Die Wohnungseigentümer schulden aber nicht die Mängelbeseitigung, sondern primär die Mitwirkung an einer entsprechenden Beschlussfassung, so dass im Regelfall die vorherige Vorbefassung der Wohnungseigentümer erforderlich ist, bevor ein Wohnungseigentümer auf entsprechende Beschlussfassung klagen kann (s. Rz. 46).418 Verletzt die Gemeinschaft diese Pflicht, so kann sie einem hierdurch geschädigten Eigentümer zum Schadensersatz verpflichtet sein (s. Rz. 48). b) Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung 64a Die genaue begriffliche Unterscheidung zwischen Instandhaltung und Instandsetzung hat

nur geringen praktischen Wert, da beide Maßnahmen zur ordnungsmäßigen Verwaltung zählen.419 Von Bedeutung kann diese Unterscheidung allerdings dann sein, wenn die Kosten einer solchen Maßnahme in der Gemeinschaftordnung oder einer Vereinbarung unterschiedlich geregelt sind.420 Unterscheidet die Gemeinschaftsordnung begrifflich zwischen Instandhaltung und Instandsetzung von Bauteilen, die zum Gemeinschaftseigentum gehören und weist sie nur die Pflicht zu deren Instandhaltung einem Sondereigentümer zu, ist die Instandsetzung im Zweifel Sache der Gemeinschaft.421 aa) Begriff der Instandhaltung 65 Instandhaltung sind alle pflegenden, erhaltenden und vorsorgenden Maßnahmen, die der Er-

haltung, Verbesserung oder Zweckbestimmung des ursprünglichen Zustands des Gemeinschaftseigentums dienen.422 Zur Instandhaltung zählt z.B. das Reinigen von Außenfenstern.423 Dies ist der Fall, wenn sich die Maßnahme bei einer an den konkreten Bedürfnissen und Möglichkeiten ausgerichteten Kosten-Nutzen-Analyse als vertretbar erweist.424 Zur Instandhaltung zählen auch vorbeugende Maßnahmen, vor allem um einer Gebäudebesitzerhaftung nach § 836 BGB zu begegnen, insbesondere durch Abschluss eines Wartungsvertrags, die Einholung von Gutachten und die vorbeugende Erneuerung von Bauteilen.425

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LG München I v. 1.2.2016 – 1 S 12786/15, ZMR 2016, 571 (572 f.) = MietRB 2016, 230 (Elzer). AG Tostedt v. 12.4.2018 – 5 C 49/17, ZMR 2018, 717 (718). LG München I v. 29.8.2017 – 36 T 14698/16, ZMR 2017, 1013 = MietRB 2018, 113 (Ott). BGH v. 9.12.2016 – V ZR 124/16, NZM 2017, 604 (605); BGH v. 22.4.1999 – V ZB 28/98, BGHZ 141, 224 (227) = MDR 1999, 924 ff. = NJW 1999, 2108. BGH v. 9.12.2016 – V ZR 124/16, NZM 2017, 604 (605). BGH v. 9.12.2016 – V ZR 124/16, NZM 2017, 604 (605). LG München I v. 6.7.2017 – 36 S 17680/16, ZMR 2017, 923 (924); KG v. 19.10.1998 – 24 W 4300/ 98, ZMR 1999, 207 = NZM 1999, 131; KG v. 14.6.1993 – 24 W 5328/92, ZMR 1993, 478; BayObLG v. 20.3.1991 – BReg.2 Z 8/91, NJW-RR 1991, 976; BayObLG v. 9.6.1975 – BReg 2Z 35/75, BayObLGZ 1975, 201. LG Bamberg v. 17.3.2015 – 11 S 18/14, ZWE 2016, 31 = MietRB 2016, 79 (Heinemann). BayObLG v. 31.3.2004 – 2Z BR 241/03, MietRB 2004, 327 = ZMR 2004, 607; OLG Schleswig v. 5.8.2003 – 2 W 144/02, ZMR 2003, 876; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 193. BayObLG v. 20.3.1991 – BReg.2 Z 8/91, NJW-RR 1991, 976 (977).

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 67 § 21

bb) Begriff der Instandsetzung Unter Instandsetzung ist die Wiederherstellung des ursprünglichen ordnungsgemäßen Zu- 66 standes (z.B. durch Ersatzbeschaffung einzelner Teile des Gemeinschaftseigentums, Erneuerung oder Auswechslung eines beschädigten oder zerstörten Bauteils),426 aber auch dessen erstmalige Herstellung zu verstehen.427 Eine Maßnahme zur Wiederherstellung eines früheren Zustands ist auch der Rückbau einer unzulässigen baulichen Maßnahme.428 Im Interesse einer geordneten Verwaltung des Gemeinschaftseigentums ist das Rückbauverlangen einheitlich geltend zu machen, die Wohnungseigentümergemeinschaft besitzt insoweit eine geborene Ausübungsbefugnis.429 Ist das Rückbauverlangen unverhältnismäßig, so kann ein Ausgleich des durch die Beeinträchtigung verursachten Wertverlustes verlangt werden.430 Ist eine Wiederherstellung (z.B. durch Reparatur) nicht möglich, so kommt die Ersatzbeschaffung für zerstörte oder unbrauchbare Geräte und Anlagen, z.B. Kinderschaukeln,431 Schiebetüren432 oder Waschmaschinen,433 in Betracht. cc) Erstmalige Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums Zur ordnungsgemäßen Instandsetzung gehört auch die erstmalige Herstellung des gemein- 67 schaftlichen Eigentums entsprechend dem Aufteilungsplan und den Bauplänen (z.B. Entwässerungsplan).434 Hieran fehlt es, wenn der plangerechte Ausbauzustand ganz oder teilweise nicht vollendet worden ist oder wenn der Ausbauzustand planwidrig ist.435 Der ordnungsmäßige Zustand bestimmt sich nach der Aufteilung durch die Teilungserklärung und die Aufteilungspläne (auch hinsichtlich der Lage von Räumen und Einrichtungen),436 nach der Gemeinschaftsordnung (insbesondere nach der Zweckbestimmung der Räume)437 sowie nach der in den Bau- und Bauträgerverträgen vereinbarten Beschaffenheit, insbesondere nach der 426 LG München I v. 6.7.2017 – 36 S 17680/16, ZMR 2017, 923 (924); BayObLG v. 4.9.2003 – 2Z BR 145/03, ZfIR 2004, 23; OLG Hamm v. 18.9.2006 – 15 W 88/06, ZMR 2007, 131. 427 BayObLG v. 25.9.2001 – 2Z BR 95/01, ZMR 2002, 209; LG Berlin v. 30.11.2010 – 55 S 119/10, GE 2011, 137. 428 LG Frankfurt am Main v. 7.6.2018 – 2-13 S 98/17, ZMR 2018, 856 (857); LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 55/14, ZWE 2016, 227 (228) = MietRB 2016, 142 (Reichert); vgl. LG Karlsruhe v. 9.1.2012 – 11 S 61/09, NZM 2012, 867; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 116; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 140 f., 209 f. 429 LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 55/14, ZWE 2016, 227 (228) = MietRB 2016, 142 (Reichert). 430 BayObLG v. 30.1.2003 – 2Z BR 134/02, ZMR 2003, 515. 431 KG WE 1990, 210. 432 OLG Düsseldorf v. 15.4.1996 – 3 Wx 359/95, ZMR 1997, 38 = WE 1996, 348 (349). 433 BayObLG v. 15.7.1975 – BReg.2 Z 34/75, NJW 1975, 2296 (2297) = ZMR 1977, 2296. 434 BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17, NZM 2018, 794 (795); BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (612) = ZfIR 2018, 553 (554 f.) = MietRB 2018, 237 (Elzer); BGH v. 23.3.2018 – V ZR 65/17, NZM 2018, 568 (571); BGH v. 9.12.2016 – V ZR 84/16, NZM 2017, 224 (225) = ZWE 2017, 177 (178) = MietRB 2017, 102 (Heinemann); BGH v. 23.6.2017 – V ZR 102/16, ZWE 2017, 367 (368) = MietRB 2017, 324 (Heinemann); BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, NZM 2016, 132 (134) = ZfIR 2016, 276 = MietRB 2016, 41 (Abramenko); BGH v. 14.11.2015 – V ZR 118/13, NZM 2015, 256 (258); BayObLG v. 26.8.1999 – 2Z BR 66/99, NZM 2000, 515; LG Berlin v. 5.5.2013 – 55 S 52/12, ZWE 2014, 40; LG Hamburg v. 30.5.2018 – 318 S 100/17, ZMR 2018, 794; LG Köln v. 25.2.2016 – 29 S 145/15, ZMR 2017, 503; AG Leipzig v. 11.5.2015 – 150 C 3270/14, ZMR 2017, 102 (104). 435 AG Philippsburg v. 19.1.2018 – 1 C 167/17, ZMR 2018, 545 (547); Hügel/Elzer, § 21 Rz. 78. 436 BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17, NZM 2018, 794 (795); BGH v. 23.3.2018 – V ZR 65/17, NZM 2018, 568 (571); BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, NZM 2016, 132 (134) = ZfIR 2016, 276 = MietRB 2016, 41 (Abramenko); LG Hamburg v. 30.5.2018 – 318 S 100/17, ZMR 2018, 794 zur genauen Lage eines Müllplatzes; LG Köln v. 25.2.2016 – 29 S 145/15, ZMR 2017, 503. 437 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (612) = ZfIR 2018, 553 (554) = MietRB 2018, 237 (Elzer).

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§ 21 Rz. 67 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer Baubeschreibung438 und dem Stand der Technik.439 Sieht der Aufteilungsplan den Einbau eines Aufzugs nur optional vor, so gehört dessen Einbau nicht zur erstmals ordnungsgemäßen Herstellung des Gemeinschaftseigentums, so dass die Eigentümer nicht nur über das „Wie“, sondern auch über das „Ob“ eines solchen Einbaus entscheiden können.440 Auch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften sind einzuhalten (s. Rz. 68).441 Demzufolge gehört es (vorbehaltlich weiterer vereinbarter Nutzungsbeschränkungen) zu dem plangerechten Zustand einer Teileigentumseinheit, dass die öffentlich-rechtlichen Anforderungen an einen Aufenthaltsraum erfüllt sind.442 Die Beseitigung von Baumängeln zählt ebenfalls zur ordnungsgemäßen Instandsetzung (s. Rz. 9). Der Anspruch ist grundsätzlich gegen die Gemeinschaft gerichtet,443 die übrigen Wohnungseigentümer sind jedoch verpflichtet, an den erforderlichen Maßnahmen mitzuwirken, insbesondere Eingriffe in ihr Sondereigentum nach § 14 Nr. 3 zu dulden.444 § 22 steht einem Umbau nicht entgegen, da die erstmalige ordnungsgemäße Herstellung keine bauliche Veränderung darstellt.445 Ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB ist daher ebenfalls ausgeschlossen.446 Ein einzelner Wohnungseigentümer kann nur dann Anspruchsgegner sein, wenn er durch eine bauliche Veränderung in seinem Sondereigentum, etwa durch die Beseitigung von Schallschutz, einen nachteiligen Zustand geschaffen hat.447 Der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf erstmalige plangemäße und mängelfreie Herstellung kann dann ausgeschlossen sein, wenn einer seiner Rechtsvorgänger wirksam auf diesen Anspruch verzichtet hatte448 oder wenn dieser Anspruch unter Berücksichtigung aller Umstände nach § 242 BGB unzumutbar wäre (s. Rz. 66).449 Auf eine Unzumutbarkeit der Behebung anfänglicher Baumängel können sich die Wohnungseigentümer aber dann nicht berufen, wenn die 438 Offen gelassen durch BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17, NZM 2018, 794 (796); a.A. Hogenschurz, ZfIR 2019, 9 (13): nur wenn diese nach § 8 Abs. 2, § 5 Abs. 4 Satz 1, § 10 Abs. 2 Satz 2 vereinbart worden ist. 439 OLG Schleswig v. 5.8.2003 – 2 W 144/02, ZMR 2003, 876; LG Dessau-Roßlau v. 19.7.2012 – 5 S 8/ 12, MietRB 2012, 360 = ZWE 2012, 498 (499) = NZM 2013, 430; LG Itzehoe v. 14.10.2014 – 11 S 13/14, ZMR 2015, 961; a.A. LG Berlin v. 5.5.2013 – 55 S 52/12, ZWE 2014, 40 (41), das nur die Teilungserklärung, nicht die individuellen Herstellungsverträge als Grundlage der ordnungsgemäßen Ersterstellung ansieht. 440 LG Köln v. 25.2.2016 – 29 S 145/15, ZMR 2017, 503. 441 BGH v. 9.12.2016 – V ZR 84/16, NZM 2017, 224 = ZWE 2017, 177 (178) = MietRB 2017, 102 (Heinemann); BGH v. 26.2.2016 – V ZR 250/14, NZM 2016, 523 (524) = ZMR 2016, 553 (554) = MietRB 2016, 226 (Sommer); BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, ZWE 2013, 358; BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, BGHZ 152, 63 = MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 = ZfIR 2002, 914 (918); BayObLG v. 25.6.1998 – 2Z BR 10/98, ZMR 1998, 647; AG Aachen v. 20.3.2013 – 118 C 82/12, ZMR 2015, 398 (399). 442 BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17, NZM 2018, 794 (795); BGH v. 23.6.2017 – V ZR 102/16, ZWE 2017, 367 (368) = MietRB 2017, 324 (Heinemann). 443 A.A. LG München I v. 21.8.2009 – 36 T 11136/08, ZMR 2010, 67; Elzer in Timme, § 22 WEG Rz. 35; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 92. 444 BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, NZM 2016, 132 (134) = ZfIR 2016, 276 = MietRB 2016, 41 (Abramenko); BGH v. 14.11.2015 – V ZR 118/13, NZM 2015, 256 (258); BayObLG v. 12.11.1992 – 2Z BR 14/92, WuM 1993, 85 (87). 445 BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17, NZM 2018, 794 (795); BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, NZM 2016, 132 (134) = ZfIR 2016, 276 = MietRB 2016, 41 (Abramenko); BGH v. 14.11.2015 – V ZR 118/ 13, NZM 2015, 256 (258); LG Bremen v. 19.2.2015 – 4 S 223/14, ZMR 2015, 329 (330). 446 BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17, NZM 2018, 794 (795). 447 KG v. 19.3.2007 – 24 W 317/06, ZMR 2007, 639 (640); OLG Köln v. 4.12.2002 – 16 Wx 180/02, ZMR 2003, 704; OLG Stuttgart v. 5.5.1994 – 8 W 315/93, NJW-RR 1994, 1497. 448 BayObLG v. 21.9.2000 – 2Z BR 12/00, ZWE 2001, 215 (216); BayObLG v. 25.11.1998 – 2Z BR 98/ 98, NZM 1999, 262. 449 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (613) = ZfIR 2018, 553 (555) = MietRB 2018, 237 (Elzer); BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, NZM 2016, 132 (134) = ZfIR 2016, 276 (279) = MietRB 2016, 41 (Abramenko); BGH v. 14.11.2015 – V ZR 118/13, NZM 2015, 256 (258); BayObLG v.

666 | Heinemann

VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 68 § 21

Mängel so gravierend sind, dass eine zweckgerechte Nutzung des Sondereigentums unmöglich ist (s. Rz. 76a).450 Liegen allerdings die Voraussetzungen des § 22 Abs. 4 vor, so kann auch bei einem Bauwerk, das noch nicht entsprechend der Teilungserklärung hergestellt wurde, die Instandsetzung abgelehnt werden, wenn es überaltert ist und eine Instandhaltung unterlassen wurde.451 dd) Beachtung und Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften Zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehört auch die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vor- 68 schriften, insbesondere die Beachtung der Vorschriften des Bauordnungsrechts,452 der Brandschutzvorschriften,453 des Denkmalschutzrechts,454 des Abfallrechts455 und des allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsrechts,456 aber auch derjenigen der HeizkostenVO (die Anwendung der VDI-Richtlinie 2077 liegt allerdings im Ermessen der Wohnungseigentümer und kann ggf. ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen457)458 und der EnergieeinsparVO (EnEV; früher WärmeschutzVO).459 Die Wohnungseigentümer sind verpflichtet, Maßnahmen zur Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Anforderungen an das gemeinschaftliche Eigentum

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18.1.2001 – 2Z BR 65/00, ZMR 2001, 469; BayObLG v. 20.3.2002 – 2Z BR 178/01, ZMR 2002, 685; BayObLG v. 4.3.2004 – 2Z BR 232/03, ZMR 2004, 524. BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (613) = ZfIR 2018, 553 (556) = MietRB 2018, 237 (Elzer). LG München I v. 15.3.2017 – 1 S 10106/16 WEG, ZWE 2017, 325 (326) = MietRB 2018, 82 (Grziwotz). BGH v. 23.3.2018 – V ZR 65/17, NZM 2018, 568 (571); BGH v. 23.6.2017 – V ZR 102/16, ZWE 2017, 367 (368) = MietRB 2017, 324 (Heinemann); BGH v. 26.2.2016 – V ZR 250/14, NZM 2016, 523 (524) = ZMR 2016, 553 (554) = MietRB 2016, 226 (Sommer); BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, ZWE 2013, 358; BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, BGHZ 152, 63 = MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 = ZfIR 2002, 914 (918); OLG Hamm v. 14.5.2002 – 15 W 300/01, ZWE 2002, 600 (602); BayObLG v. 11.12.1980 – BReg.2 Z 74/79, NJW 1981, 690; LG Itzehoe v. 14.10.2014 – 11 S 13/14, ZMR 2015, 961; LG Karlsruhe v. 30.6.2015 – 11 S 109/14, NZM 2015, 899 (900); AG Langenfeld v. 23.11.2016 – 64 C 49/14, ZMR 2017, 1019 (1020); AG Ahrensburg v. 25.9.2008 – 37 C 11/08, ZMR 2009, 78 (79): Einbau von Rauchwarnmeldern; a.A. AG Hamburg-Wandsbek v. 21.6.2010 – 740 C 31/10, ZMR 2010, 809: keine Beschlusskompetenz der Gemeinschaft, aber Anspruch nach Abs. 4 gegen jeden einzelnen Wohnungseigentümer auf Einbau von Rauchwarnmeldern. BGH v. 23.6.2017 – V ZR 102/16, ZWE 2017, 367 (368) = MietRB 2017, 324 (Heinemann); BGH v. 9.12.2016 – V ZR 84/16, NZM 2017, 224 = ZWE 2017, 177 (178) = MietRB 2017, 102 (Heinemann); BGH v. 27.4.2012 – V ZR 177/11, MDR 2012, 834 = MietRB 2012, 198 = NZM 2012, 508 (509) = ZWE 2012, 325 (326) mit Anm. Briesemeister; LG Bonn v. 19.5.2016 – 29 S 219/15, ZMR 2016, 794. AG Köln v. 1.4.2010 – 202 C 329/09, BeckRS 2010, 23347. AG Hamburg-St. Georg v. 20.5.2018 – 980b C 38/17, ZMR 2019, 79 (80). Vgl. OVG Münster v. 15.4.2009 – 10 B 304/09, NJW 2009, 3528. LG Köln v. 1.2.2018 – 29 S 89/17, ZMR 2018, 440 (441); LG Köln v. 25.1.2018 – 29 S 163/16. ZMR 2018, 441 (442). Vgl. BGH v. 22.6.2018 – V ZR 193/17, NZM 2018, 991 (992): der Verstoß führt allerdings nicht zur Nichtigkeit, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit eines entsprechenden Beschlusses; OLG München v. 11.9.2007 – 32 Wx 118/07, MDR 2007, 1417 = MietRB 2008, 16 = NJW-RR 2008, 609; LG Nürnberg-Fürth v. 6.8.2014 – 14 S 9871/12, ZMR 2016, 399; zu einer zulässigen Abweichung von der HeizkostenVO s. AG Hannover v. 25.3.2008 – 483 C 10450/07, ZMR 2008, 842 (844); AG Düsseldorf v. 21.3.2011 – 292a C 7251/10, MietRB 2011, 357 = ZWE 2011, 379 (380); AG Itzehoe v. 22.7.2016 – 97 C 2/16, ZMR 2016, 912; AG Vaihingen v. 6.10.2016 – 1 C 480/15 WEG, ZMR 2017, 276 = MietRB 2017, 166 (Pfeifer); AG Wuppertal v. 1.6.2016 – 91b C 162/14, ZMR 2017, 205. BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17, NZM 2018, 794 (796); LG Dessau-Roßlau v. 19.7.2012 – 5 S 8/12, MietRB 2012, 360 = ZWE 2012, 498 (499) = NZM 2013, 430; die Dämmung von Dachschrägen kann hierauf jedoch nicht gestützt werden, AG Hannover v. 21.4.2017 – 484 C 8768/16, ZMR 2018, 542.

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§ 21 Rz. 68 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer zu ergreifen.460 § 22 steht der Erfüllung einer behördlichen Auflage nicht entgegen.461 Demzufolge bestehende Herstellungspflichten (z.B. zur Schaffung eines bauordnungsrechtlich erforderlichen Rettungswegs462 oder zur Errichtung der erforderlichen Pkw-Stellplätze)463 und Nachrüstungspflichten (vgl. § 9 EnEV a.F. bzw. § 10 EnEV n.F.) sind stets als ordnungsmäßige Maßnahmen der Instandsetzung anzusehen.464 Ausreichend ist jedoch die Einhaltung des von der EnEV geforderten Mindestwärmeschutzes.465 Auch die Erstellung eines Energieausweises für das gemeinschaftliche Eigentum entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, selbst dann, wenn die Gemeinschaft gesetzlich hierzu nicht verpflichtet ist.466 Soweit vom Gemeinschaftseigentum Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen, kann die Sicherheits- bzw. Ordnungsbehörde jeden Miteigentümer als Zustandsstörer einzeln oder die Gemeinschaft als Handlungsstörer in Anspruch nehmen.467 Die Kosten einer solchen Maßnahme müssen aber nur dann von der Gemeinschaft oder einzelnen Miteigentümern getragen werden, wenn diese in deren Interesse erfolgt sind.468 Die Untersuchungspflicht bezüglich der Wasserversorgungsanlage nach der TrinkwV besteht nur zulasten derjenigen Eigentümer, die Trinkwasser im Rahmen einer gewerblichen oder öffentlichen Tätigkeit abgeben: nur diese Eigentümer haben die hieraus resultierenden Kosten zu tragen.469 Betreffen die öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausschließlich das Sondereigentum (z.B. ist bauordnungsrechtlich der Einbau einer Toilette und einer Badewanne bzw. Dusche für eine Wohnung vorgegeben), hat der Sondereigentümer solche bauordnungsrechtlichen Vorgaben auf eigene Kosten zu erfüllen.470 ee) Beispiele für zulässige Maßnahmen 69 Beispiele für zulässige Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen sind:

– erstmalige Gartenanlage (AG Saarbrücken v. 3.3.2011 – 121 C 413/09, ZMR 2013, 153 [155]) sowie die laufende Gartenpflege, z.B. durch übliche Pflegearbeiten, aber auch durch Anpflanzen einer Hecke (BayObLG v. 3.7.1991 – BReg.2 Z 29/91, NJW-RR 1991, 1362; AG 460 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (613) = ZfIR 2018, 553 (556) = MietRB 2018, 237 (Elzer); BGH v. 23.6.2017 – V ZR 102/16, ZWE 2017, 367 (368) = MietRB 2017, 324 (Heinemann); BGH v. 27.4.2012 – V ZR 177/11, MDR 2012, 834 = MietRB 2012, 198 = NZM 2012, 508 (509) = ZWE 2012, 325 (326) mit Anm. Briesemeister. 461 AG Hamburg-St. Georg v. 20.5.2018 – 980b C 38/17, ZMR 2019, 79 (80); AG Langenfeld v. 23.11.2016 – 64 C 49/14, ZMR 2017, 1019 (1021). 462 BGH v. 23.6.2017 – V ZR 102/16, ZWE 2017, 367 (368) = MietRB 2017, 324 (Heinemann); AG Aachen v. 20.3.2013 – 118 C 82/12, ZMR 2015, 398 (399). 463 BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17, NZM 2018, 794 (795 f.); BGH v. 9.12.2016 – V ZR 84/16, NZM 2017, 224 = ZWE 2017, 177 (179 f.) = MietRB 2017, 102 (Heinemann); BGH v. 26.2.2016 – V ZR 250/14, NZM 2016, 523 (524) = ZMR 2016, 553 (554 f.) = MietRB 2016, 226 (Sommer); LG Itzehoe v. 14.10.2014 – 11 S 13/14, ZMR 2015, 961 (962). 464 AG Hannover v. 18.9.2009 – 481 C 7986/09, ZMR 2010, 238 (239). 465 AG Mettmann v. 17.4.2013 – 26 C 93/11, ZMR 2013, 841. 466 A.A. Maletz/Hillebrand, ZfIR 2008, 456 (458 f.). 467 OVG Berlin v. 30.8.1990 – 2 S 13/90, NJW-RR 1991, 598 (599); OVG Berlin-Brandenburg v. 25.2.2013 – OVG 2 S 29.12, ZWE 2013, 234 (235) = ZMR 2013, 764 (765) mit abl. Anm. Abramenko; OVG Schleswig v. 7.4.2011 – 4 LB 4/10, BeckRS 2011, 53495; ausführlich Lehmann-Richter, ZWE 2012, 105 ff. 468 VG Köln v. 24.3.2016 – 20 K 6559/15, ZMR 2017, 207 (208): Verneint bei der Öffnung und Wiederverschließung einer Tür, um eine vermisste Mieterin ausfindig zu machen. 469 AG Hoyerswerda v. 8.11.2012 – 1 C 289/12, ZWE 2013, 332; dabei soll der vermietende Wohnungseigentümer nicht gewerblich tätig sein, AG Nürtingen v. 26.11.2012 – 19 C 1338/12, ZMR 2014, 463. 470 BGH v. 9.12.2016 – V ZR 84/16, NZM 2017, 224 (225) = ZWE 2017, 177 (179) = MietRB 2017, 102 (Heinemann).

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 69 § 21



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Hamburg-Blankenese v. 23.3.2016 – 539 C 15/15, ZMR 2016, 999 [1000]), Zurückschneiden (BayObLG v. 2.5.1985 – BReg 2Z 48/84, BayObLGZ 1985, 164 (165); anders bei Sichtschutzfunktion, BayObLG v. 18.3.2004 – 2Z BR 249/03, ZMR 2005, 377) oder durch Entfernung von schädigenden Bäumen und Sträuchern (BayObLG v. 2.5.1996 – 2Z BR 24/96, NJW-RR 1996, 1166; OLG Düsseldorf v. 17.10.2003 – I-3 Wx 227/03, 3 Wx 227/03, ZMR 2004, 608); die Kappung eines gesunden Baumes stellt keine ordnungsmäßige Verwaltungsmaßnahme dar, (AG Düsseldorf v. 7.9.2009 – 290a C 6777/08, ZMR 2010, 234); ebenso die Fällung eines das Gemeinschaftsgrundstück prägenden Baumes (LG Lüneburg v. 30.4.2013 – 5 S 111/12, ZMR 2013, 656; AG Hamburg-Blankenese v. 18.5.2016 – 539 C 32/ 15, ZMR 2016, 492 [493 f.]); auch die vollständige Neubepflanzung gehört nicht mehr zur ordnungsgemäßen Instandsetzung (OLG Schleswig v. 3.5.2007 – 2 W 25/07, MietRB 2008, 51 = WuM 2007, 587; a.A. AG München v. 6.9.2017 – 481 C 7764/17, ZMR 2018, 274 = NZM 2018, 758 = MietRB 2018, 145 [Sommer]); die Ablehnung einer Wurzelstockrodung bis über eine Neubepflanzung entschieden ist, stellt noch keinen Verstoß gegen § 21 dar (OLG München v. 5.4.2011 – 32 Wx 1/11, ZMR 2011, 738 [740]); erstmalige Herstellung von in der Teilungserklärung vorgesehenen Außenanlagen, z.B. einer Schaukel (BayObLG v. 25.6.1998 – 2Z BR 10/98, ZMR 1998, 647); dies gilt nicht, wenn ein Spielgerät – ohne in der Teilungserklärung vorgesehen zu sein – erst nachträglich aufgestellt werden soll (LG Hamburg v. 27.1.2016 – 318 S 5/15, ZMR 2016, 562); Einbau eines nach der Teilungserklärung vorgesehenen Fensters, auch wenn es nicht an exakt der Position erfolgt, die die Aufteilungspläne vorsehen (AG Hamburg-Bergedorf v. 7.7.2016 – 407a C 5/15, ZMR 2016, 996 [997 f.]); gerade bei größeren Wohnanlagen ist die Anstellung eines Hausmeisters eine ordnungsmäßige Instandhaltungsmaßnahme (BayObLG v. 28.2.1991 – BReg.2 Z 144/90, WuM 1991, 310; weiter gehend KG v. 14.6.1993 – 24 W 5328/92, ZMR 1993, 478; LG Koblenz v. 21.7.2014 – 2 S 72/13, ZMR 2015, 59 [60]: es müssen allerdings die wesentlichen Vertragsbedingungen im Delegationsbeschluss enthalten sein; AG Mainz v. 31.10.2013 – 73 C 67/ 12, ZMR 2014, 246 [247]); Anlage eines befestigten Fußwegs, um einen sicheren Zugang zum Gemeinschaftseigentum für alle Eigentümer zu schaffen (BayObLG DWE 1989, 38 LS); Beseitigung asbesthaltiger Pflanzentröge (BayObLG v. 14.1.1993 – 2Z BR 118/92, WuM 1993, 207 [208]), nicht aber das Auslegen großer Findlinge, um das Befahren einer Rasenfläche zu verhindern (AG Oberhausen v. 9.7.2013 – 34 C 94/12, NZM 2014, 400); erstmalige Inbetriebnahme einer Aufzugsanlage (LG München II v. 11.10.2007 – 8 T 7376/07); Reparatur bzw. Nichtreparatur einer Gemeinschaftswaschmaschine (AG Kassel v. 8.11.2011 – 803 C 4518/11, ZMR 2014, 64). Beseitigung eines korrosionsgefährdeten Boilers (BGH v. 21.10.1976 – VII ZR 193/75, BGHZ 67, 232 = NJW 1977, 44 [46]); Rückgängigmachung einer unzulässigen baulichen Veränderung (LG München I v. 17.3.2017 – 36 S 22212/15, ZMR 2017, 504 [505]); Einbau einer Abwasserhebeanlage zur Verhinderung von Wassereinbrüchen in Kellerräume (LG Itzehoe v. 20.9.2011 – 11 S 66/10, MietRB 2012, 301 = BeckRS 2011, 26613); Einbau (BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835 = MietRB 2013, 241 = ZWE 2013, 358 [jedenfalls bei Bestehen einer eigentumsbezogenen gesetzlichen Einbaupflicht]; OLG Frankfurt v. 17.7.2008 – 20 W 325/06, ZMR 2009, 864; LG Dortmund v. 19.4.2016 – 1 S 437/15, ZMR 2016, 642 [644]; LG Hamburg v. 29.3.2017 – 318 S 36/16, ZWE 2017, 330 [331] = MietRB 2017, 257 [Hogenschurz]; LG Karlsruhe v. 30.6.2015 – 11 S 109/14, NZM 2015, 899 [900]; v. 17.11.2015 – 11 S 38/15, NZM 2016, 240 [241]: es besteht nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht der Gemeinschaft, den Einbau von Rauchwarnmeldern zu Heinemann | 669

§ 21 Rz. 69 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer



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beschließen; AG Ahrensburg v. 25.9.2008 – 37 C 11/08, ZMR 2009, 78; AG Haldersleben v. 10.12.2015 – 18 C 8/15, ZMR 2016, 577 [578]; AG Heidelberg v. 22.10.2014 – 45 C 52/14, ZMR 2016, 155: sieht das Landesrecht eine Einbaupflicht der einzelnen Wohnungseigentümer vor, besteht eine Beschlusskompetenz nur, wenn allein Wohnungseigentum vorhanden ist; sieht das Landesrecht eines Einbaupflicht der „Eigentümer“ vor, so besteht stets eine geborene Beschlusskompetenz des Verbandes); AG Ratingen v. 30.12.2014 – 8 C 296/14, ZMR 2015, 645 (646); AG Wuppertal v. 5.9.2016 – 95b C 47/16, ZMR 2016, 1006; unklar AG Bad Homburg v. 29.1.2014 – 2 C 1749/13, ZWE 2014, 225, das von einer Vergemeinschaftungskompetenz auszugehen scheint; einschränkend LG Hamburg v. 2.3.2011 – 318 S 193/10, ZMR 2011, 387 [388 f.]; AG Rendsburg v. 30.10.2008 – 18 C 545/08, ZMR 2009, 239; a.A. LG Brauschweig v. 7.2.2014 – 6 S 449/13, NZM 2014, 644; LG Karlsruhe v. 17.11.2015 – 11 S 38/15, NZM 2016, 240 [242]: berücksichtigt werden muss, dass Eigentümer ihre Wohnungen bereits mit ausreichend gewarteten (vgl. LG Karlsruhe v. 18.12.2015 – 11 S 49/15, NZM 2016, 827 [828] = ZWE 2016, 179 [180] = MietRB 2016, 294 [Knackstedt]) Warnmeldern ausgerüstet haben; a.A. AG Rosenheim v. 24.5.2017 – 10 C 1296/16, ZMR 2017, 773 [775]; AG Singen v. 25.11.2014 – 7 C 20/14, ZMR 2015, 416 [417]; LG Düsseldorf v. 1.7.2015 – 25 S 167/14, ZMR 2015, 780; LG Hamburg v. 29.3.2017 – 318 S 36/16, ZWE 2017, 330 [331] = MietRB 2017, 257 [Hogenschurz]; AG Düsseldorf v. 11.1.2016 – 290a C 192/15, ZMR 2016, 575 [576]) und Wartung (LG Hamburg v. 29.3.2017 – 318 S 36/16, ZWE 2017, 330 [331] = MietRB 2017, 257 [Hogenschurz]; AG Heidelberg v. 22.10.2014 – 45 C 52/14, ZMR 2016, 155 [156]; AG Kiel v. 15.9.2010 – 118 C 175/10, ZMR 2011, 842; AG Wuppertal v. 5.9.2016 – 95b C 47/16, ZMR 2016, 1006) von Rauchwarnmeldern (ausführlich zum Ganzen Riecke, NZM 2016, 217 ff.; nachträglicher Einbau von Verbrauchserfassungsgeräten (LG Hamburg v. 29.12.2010 – 318 S 101/10, ZMR 2011, 495 [496]); der funkbasierter Heizkostenverteiler ist statthaft, hiergegen bestehen keine datenschutzrechtliche Bedenken (AG Dortmund v. 26.11.2013 – 512 C 42/13, ZMR 2014, 321 [322]); nachträgliche Schallisolierung (BayObLG v. 2.4.1992 – 2Z BR 9/92, NJW-RR 1992, 974 [975]); nachträgliche Wärmedämmung (OLG Frankfurt v. 28.11.1983 – 20 W 392/83, OLGZ 1984, 129); Verschließen des Lochs in einem Fallrohr (AG Schöneberg v. 28.9.2016 – 770 C 4/16, ZMR 2017, 688 [690]); Demontage manipulierter Heizkörper im Treppenhaus (AG Hannover v. 28.2.2008 – 70 II 490/07, ZMR 2008, 920 [921]); Abriss einer baurechtswidrigen Balkonanlage (AG Langenfeld v. 23.11.2016 – 64 C 49/14, ZMR 2017, 1019 [1020]); erstmalige Einfriedung des Grundstücks (z.B. durch Zäune), auch wenn sich das Erfordernis nicht aus der Teilungserklärung oder den Plänen, wohl aber aus der Baubeschreibung ergibt (OLG Hamm v. 26.3.2007 – 15 W 131/06, MietRB 2008, 53 = ZMR 2008, 227); Versetzung von Zäunen oder Garagen nach Maßgabe des Aufteilungsplans (BayObLG v. 26.5.2000 – 2Z BR 174/99, NZM 2000, 1011; BayObLG v. 15.12.1989 – BReg.2 Z 130/89, MDR 1990, 448 = BayObLGZ 1989, 470 [473]); der Anschluss an das Breitbandkabelnetz, sofern mit der vorhandenen Antenneneinrichtung kein einwandfreier Empfang gewährleistet ist; ist die Antennenanlage reparaturbedürftig, kommt auch ein Kabelanschluss als Maßnahme modernisierender Instandsetzung (s. Rz. 70) in Betracht (BayObLG v. 11.10.1991 – BReg.2 Z 43/91, NJW-RR 1992, 664 [665]; LG Berlin v. 13.7.2001 – 85 T 42/01, ZMR 2002, 160; zum Streitstand Wenzel, ZWE 2007, 179 [180 f.]);

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 70 § 21

– die Errichtung einer gemeinschaftlichen Satelliten-Parabolantenne ist nach denselben Gesichtspunkten als (modernisierende) Instandsetzung und nicht als bauliche Veränderung zu bewerten (vgl. Lüke in Weitnauer, WEG, § 21 Rz. 34); liegt keine der beiden genannten Konstellationen vor, so kommt nach h.M. eine Umstellung des analogen Antennenempfangs auf digitale Rundfunktechniken nur als bauliche Veränderung unter Zustimmung aller Eigentümer in Frage (BayObLG v. 12.8.1991 – BReg.2 Z 86/91, MDR 1992, 48 = BayObLGZ 1991, 296 [298] = NJW-RR 1992, 16; BayObLG v. 20.4.2000 – 2Z BR 171/99, ZWE 2000, 309 [311]); angesichts der europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Bedeutung der Medien- und Informationsfreiheit, die sich u.U. nur durch moderne Empfangstechniken verwirklichen lässt, erscheint eine Anpassung an den aktuellen Stand der Technik nicht ausgeschlossen (vgl. BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = ZMR 2004, 438 [442] = NJW 2004, 937; OLG Zweibrücken v. 25.9.2006 – 3 W 213/05, NZM 2006, 937; Fritsch, ZMR 2006, 180 [182]; Wenzel, ZWE 2007, 179 [183 ff.]), wobei es weniger auf die Art der Empfangstechnik als vielmehr auf die Gewährleistung eines digitalen Empfangs ankommen dürfte; obwohl Satellitenempfang gegenüber dem Kabelempfang Vorteile bietet, ist es angesichts der nicht unerheblichen Kosten einer Umrüstung nicht ermessensfehlerhaft, weiterhin den Kabelanschluss beizubehalten (OLG München v. 27.6.2006 – 32 Wx 72/06, NJWRR 2006, 1674 [1675]); – Erhebung eines Normenkontrollantrags gegen einen Bebauungsplan, der das gemeinschaftliche Eigentum (Grundstück) beeinträchtigt (OVG Berlin-Brandenburg v. 7.8.2009 – 10 A 6.07); – zur Aufnahme von Darlehen bzw. zur Inanspruchnahme von Kredit s. aber Rz. 106. ff) Modernisierende Instandsetzung Noch zur Instandsetzung gerechnet werden solche Maßnahmen, die über die bloße Reparatur 70 oder Wiederherstellung des früheren Zustandes hinausgehen, wenn die Neuerung die technisch bessere oder wirtschaftlich sinnvollere Lösung darstellt.471 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn dadurch dem jeweiligen Stand der Technik Rechnung getragen wird.472 In diesem Rahmen können auch bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum ordnungsmäßige Instandsetzungsmaßnahmen sein.473 Voraussetzung ist jedoch stets, dass ein schwerwiegender Mangel des Gemeinschaftseigentums, also dessen Reparaturbedürftigkeit, gegeben ist.474 Es handelt sich hierbei um eine modernisierende Instandsetzung, die nunmehr auch der Gesetzgeber in § 22 Abs. 3 ausdrücklich anerkannt hat (s. § 22 Rz. 76 ff.), ohne jedoch diese Rechtsfigur genauer zu definieren. Klargestellt ist damit aber, dass die modernisierende Instandsetzung allein § 21 unterfällt und damit keine bauliche Maßnahme i.S. des § 22 Abs. 1 darstellt.475 Trotz der erleichterten Möglichkeit, über bauliche Veränderungen und Aufwen-

471 BT-Drucks. 16/887, 32; BayObLG v. 27.11.2003 – 2Z BR 176/03, MietRB 2004, 239 = ZMR 2004, 442; KG v. 27.6.1994 – 24 W 7640/93, NJW-RR 1994, 1358; OLG Hamm v. 18.9.2006 – 15 W 88/06, ZMR 2007, 131; OLG Frankfurt v. 15.11.2010 – 20 W 138/08, MietRB 2011, 150 = NZM 2011, 37 = ZMR 2011, 737; LG Itzehoe v. 5.1.2018 – 11 S 1/17, NZM 2018, 574 = ZMR 2018, 626 (627) = MietRB 2019, 18 (Ott); AG Pinneberg v. 12.6.2018 – 60 C 41/17, ZMR 2018, 809 (810); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 123; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 34; Köhler, Das neue WEG, § 22 WEG Rz. 327. 472 BayObLG v. 12.3.1998 – 2Z BR 4/98, NZM 1998, 338. 473 BayObLG v. 25.9.2001 – 2Z BR 95/01, ZMR 2002, 209; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 195. 474 OLG Düsseldorf v. 22.10.2007 – 3 Wx 54/07, NZM 2007, 931 (932); OLG Schleswig v. 8.12.2006 – 2 W 111/06, ZMR 2007, 562 (563); AG Hamburg-St. Georg v. 2.7.2013 – 980a C 51/12, ZMR 2013, 926; AG Hamburg-Wandsbek v. 21.2.2017 – 750 C 28/16, ZMR 2018, 82. 475 BT-Drucks. 16/887, 32.

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§ 21 Rz. 70 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer dungen durch Mehrheitsbeschluss entscheiden zu können (vgl. § 22 Abs. 1, 2 und die Kommentierung bei § 22), bleibt damit auch weiterhin die schwierige Abgrenzung zwischen baulichen Veränderungen, die über die ordnungsgemäße Instandsetzung hinausgehen, und modernisierenden Instandsetzungsmaßnahmen bedeutsam. Zur Abgrenzung s. § 22 Rz. 6 ff. Nicht mehr als modernisierende Instandsetzung können experimentelle und unerprobte Verfahren angesehen werden (z.B. die Erstellung einer Musteretage für die Neugestaltung der Flure)476 oder die komplette Umstellung eines Verfahrens, etwa der Übergang von Fernwärmeversorgung auf eine erst zu errichtende Zentralheizungsanlage477 oder der Anbau eines Aufzugs an das Treppenhaus.478 Über eine modernisierende Instandsetzung geht eine Maßnahme auch hinaus, wenn durch sie nicht nur schadhafte, sondern auch intakte Teile des Gemeinschaftseigentums ausgetauscht werden.479 71 Beispiele für zulässige modernisierende Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen

sind: – Ersatz morscher Holzpfosten eines Zauns durch Stahlpfosten (OLG Düsseldorf v. 7.3.1986 – 3 Wx 36/86, MDR 1986, 677); – Installation eines Balkongeländers anstelle einer massiven Balkonbrüstung (OLG Hamburg v. 4.8.2003 – 2 Wx 30/03, MietRB 2004, 110 = ZMR 2003, 866 [867]); – Veränderung der Dachkonstruktion, z.B. der Dachart (KG v. 22.12.1993 – 24 W 914/93, OLGZ 1994, 401 [403] = NJW-RR 1994, 528 [529]; BayObLG v. 12.3.1998 – 2Z BR 4/98, NZM 1998, 338; BayObLG v. 6.2.1990 – BReg.2 Z 104/89, BayObLGZ 1990, 28 [31]), Neueindeckung des Dachs (z.B. mit Dachziegeln anstelle von Wellteerpappe, OLG Braunschweig v. 22.12.1993 – 3 W 49/93, WuM 1994, 502); – Sanierung baufälliger Balkone (AG Oldenburg v. 19.2.2008 – E10 C 10016/07, NZM 2008, 495 [496]), nicht aber deren Abbruch und Neuerrichtung (AG Düsseldorf v. 29.5.2007 – 291 II 148/06, ZMR 2008, 249; AG Pinneberg v. 12.6.2018 – 60 C 41/17, ZMR 2018, 809 [810]); allerdings nur dann, wenn sich die Sanierung innerhalb von 10 Jahren amortisiert (LG Bremen v. 10.7.2015 – 4 S 318/10, ZMR 2015, 776 [777]); – Sanierung der durchfeuchteten Fassade durch Anbringung einer Wärmedämmung (OLG Frankfurt v. 15.11.2010 – 20 W 138/08, MietRB 2011, 150 = NZM 2011, 37 = ZMR 2011, 737; OLG Frankfurt v. 28.11.1983 – 20 W 392/83, OLGZ 1984, 129; OLG Düsseldorf v. 26.4.2000 – 3 Wx 81/00, NZM 2000, 1067; BayObLG v. 25.9.2001 – 2Z BR 95/01, ZMR 2002, 209); Sanierung einer 30 Jahre alten Eternit-Fassade (OLG Düsseldorf v. 8.11.2002 – 3 Wx 258/02, NZM 2003, 28 = NJW-RR 2003, 79); Sanierung der defekten Fassade, um den Anforderungen der EnEV zu genügen (LG Berlin v. 16.6.2017 – 55 S 76/15, ZMR 2018, 347); – Hydrophobierung der Fassade (= Anbringung eines wasserabweisenden Farbanstrichs, LG Itzehoe v. 5.1.2018 – 11 S 1/17, NZM 2018, 574 [575] = ZMR 2018, 626 [628]); – Erneuerung von Türen und Fenstern, z.B. Austausch von Holzfensterrahmen durch Kunststofffensterrahmen mit Isolierglas (OLG Düsseldorf v. 5.12.2008 – 3 Wx 158/08, ZMR 2009, 303 [304]; OLG Köln v. 14.4.1997 – 16 Wx 89/97, ZMR 1998, 49; AG Philippsburg v. 19.1.2018 – 1 C 167/17, ZMR 2018, 545 [547]; a.A. LG Itzehoe v. 19.1.2016 – 11 S 61/14, ZMR 2016, 565 [567]: erforderlich ist, dass nicht bloße einige, sondern die meisten Fenster reparaturbedürftig sind);

476 AG Düsseldorf v. 8.2.2012 – 291a C 7749/11, MietRB 2012, 150 (Jennißen). 477 LG Koblenz v. 26.5.2009 – 2 S 52/08, ZWE 2009, 282 (Einbau eines Blockheizkraftwerk); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 121 m.w.N. 478 BayObLG WE 1993, 285 (286). 479 LG Saarbrücken v. 28.3.2013 – 5 S 182/12, MietRB 2013, 211 = ZWE 2013, 421.

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 72 § 21

– Einbau von zusätzlichen Dachflächenfenstern im Zuge einer Gesamtsanierung der Neueindeckung und Isolierung des Hausdachs (LG Itzehoe v. 12.7.2011 – 11 S 51/10, MietRB 2012, 204 = ZMR 2012, 219 [220]); – Neutapezierung des Treppenhauses (z.B. Glasfasertapete statt Raufasertapete, OLG Düsseldorf v. 22.4.1994 – 3 Wx 370/93, MDR 1994, 1245 = NJW-RR 1994, 1169); – Umrüstung eines Fahrstuhls wegen Reparaturanfälligkeit (OLG Düsseldorf v. 4.4.2001 – 3 Wx 7/01, NJW-RR 2002, 83; LG Hamburg v. 17.12.2008 – 318 S 91/08, ZMR 2009, 314; LG Hamburg v. 29.12.2010 – 318 S 206/09, ZMR 2011, 580 [582]); – Austausch einer maroden Haustüranlage (OLG Köln v. 10.1.2007 – 16 Wx 224/06, ZMR 2007, 987; allerdings muss die neue Türbreite im Beschluss angegeben werden, wenn die alte Tür eine geringe Durchgangsbreite aufwies, OLG Düsseldorf v. 26.5.2008 – 3 Wx 44/ 08, NZM 2008, 612 [613]); – die Umstellung des Fernsehempfangs der Wohnanlage auf einen Breitbandkabelanschluss (LG Frankfurt v. 30.11.2011 – 2-13 S 43/10, juris) und der Austausch defekter Leitungen für den Fernsprech-, Internet- und Fernsehempfang, wenn entsprechende Störungsberichte des Netzbetreibers vorliegen (AG Hannover v. 16.7.2013 – 483 C 3961/13, ZMR 2014, 63 [64]); – die Sanierung einer verkehrsunsicheren Duplexparker-Anlage (AG Syke v. 20.12.2012 – 10 C 552/10, ZMR 2013, 670); – Ersetzung eines Warmwasserboilers durch einen Frischwassertank, wodurch die bei Ferienwohnungen mit unterschiedlichen Nutzungsintervallen typische Legionellengefahr vermieden wird (LG Itzehoe v. 5.1.2018 – 11 S 1/17, NZM 2018, 574 = ZMR 2018, 626 [627]); – Installierung von vier neuen Fallleitungen zur Sanierung der Schutz- und Regenentwässerung AG Charlottenburg v. 12.8.2015 – 75 C 26/15, ZMR 2017, 334 [335]); – Austausch einer 20 Jahre alten Müllanlage (AG Hamburg-Blankenese v. 23.3.2016 – 539 C 15/15, ZMR 2016, 999 [1000]); – der Austausch einer bisherigen Heizungsanlage kann als modernisierende Instandsetzung in Betracht kommen, wenn die alte Anlage nicht mehr funktionsfähig, völlig veraltet und unwirtschaftlich ist (BayObLG v. 25.9.2001 – 2Z BR 95/01, ZMR 2002, 209; LG Köln v. 26.11.2009 – 29 S 63/09, MietRB 2010, 270 = ZWE 2010, 278 [279];), zu laute Betriebsgeräusche erzeugt (OLG Schleswig WuM 1999, 180 [181]) oder nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen der EnEV entspricht (AG Verden/A. v. 10.6.2014 – 2 C 424/13, ZMR 2015, 419 [420]; so hat die Rechtsprechung den Austausch einer Ölheizung gegen eine Gasheizung (OLG Celle WE 1993, 224) und den Einbau einer Gasheizungsanlage statt einer Wärmepumpenanlage (KG v. 27.6.1994 – 24 W 7640/93, NJW-RR 1994, 1358) durch Mehrheitsbeschluss gebilligt, nicht jedoch die Umstellung von Fernwärme auf Zentralheizung und umgekehrt (Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 125; OLG Düsseldorf v. 8.10.1997 – 3 Wx 352/97, ZMR 1998, 185; a.A. LG Nürnberg-Fürth v. 28.7.2010 – 14 S 438/10, ZMR 2011, 750 [751 f.]); auch die erstmalige Einrichtung einer gemeinschaftlichen Heizungsanlage anstelle von im Sondereigentum stehenden Heizaggregaten (OLG Hamm v. 26.5.1994 – 5 U 220/93, NJW-RR 1995, 909 [910]) ist modernisierende Instandsetzung; ebenso die Anschaffung eines Blockheizkraftwerks mit Gasbrennwerttherme (AG Pinneberg v. 26.4.2013 – 60 C 40/10, ZMR 2014, 159); keine modernisierende Instandsetzung liegt vor, wenn sich die neue Anlage nicht innerhalb von zehn Jahren amortisiert (AG Heidelberg v. 24.6.2011 – 45 C 3/11, ZMR 2012, 51 [53]). c) Aufgaben und Befugnisse des Verwalters Die Vorschrift wird durch § 27 Abs. 1 Nr. 2 komplettiert, wonach der Verwalter verpflichtet 72 ist, die erforderlichen Maßnahmen für die ordnungsmäßige Instandhaltung und InstandsetHeinemann | 673

§ 21 Rz. 72 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer zung zu treffen. Trotz dieser sich scheinbar überschneidenden Kompetenzen hat die Rechtsprechung eine klare arbeitsteilige Abgrenzung zwischen dem Aufgabenkreis der Wohnungseigentümer und demjenigen des Verwalters herausgearbeitet: während die Wohnungseigentümer in erster Linie berufen sind, über die zur Instandhaltung und Instandsetzung erforderlichen Maßnahmen zu beschließen (das „Ob“ und „Wie“),480 obliegt dem Verwalter die Vorbereitung und Durchführung dieser Maßnahmen (s. § 27 Rz. 20). So ist es Aufgabe des Verwalters, einen Sanierungsplan zu entwerfen, über den dann die Eigentümerversammlung verbindlich beschließt.481 Den Verwalter trifft außerdem die Verpflichtung, die beschlossenen Maßnahmen unverzüglich durchzuführen, insbesondere durch Abschluss der entsprechenden (Werk-)Verträge. Hat der Verwalter ausnahmsweise ohne entsprechende Beschlussgrundlage gehandelt, so entspricht ein Beschluss, in dem die Eigentümer dessen Handeln als vollmachtloser Vertreter genehmigen, ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn auch die Maßnahme selbst ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.482 Dementsprechend muss ein Wohnungseigentümer die Gemeinschaft in Anspruch nehmen, wenn diese die zur Instandhaltung und Instandsetzung notwendigen Maßnahmen nicht beschließt, der Verwalter ist erst dann richtiger Beklagter, wenn er eine beschlossene Maßnahme nicht umsetzt.483 Entgegen einer im Vordringen befindlichen Auffassung484 steht nach Ansicht des BGH jedem Wohnungseigentümer ein individueller Klageanspruch gegen den Verwalter zu (s. § 27 Rz. 6).485 d) Grundlagenbeschluss der Wohnungseigentümer 72a Die Wohnungseigentümer halten sich nur dann im Rahmen des ihnen in Bezug auf Maßnah-

men ordnungsmäßiger Verwaltung zustehenden Beurteilungsspielraums, wenn sie ihre Entscheidung auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage treffen (s. Rz. 37).486 Erforderlich sind eine Bestandsaufnahme über den Umfang der Schäden, deren mögliche Ursachen und verschiedene Möglichkeiten der Mängelbehebung bzw. Maßnahmenumsetzung.487 Es entspricht daher regelmäßig ordnungsmäßiger Verwaltung, vor der Beschlussfassung über Instandsetzungsmaßnahmen deren erforderlichen Umfang und den dafür erforderlichen Auf480 BayObLG v. 21.5.1992 – 2Z BR 6/92, NJW-RR 1992, 1102 = ZMR 1992, 252; OLG Düsseldorf v. 30.7.1997 – 3 Wx 61/97, NJW-RR 1998, 13 = ZMR 1997, 605; OLG Düsseldorf v. 29.9.2006 – 3 Wx 281/05, NZM 2007, 136 (137); OLG Frankfurt v. 28.5.2009 – 20 W 115/06, MietRB 2009, 297 = ZMR 2009, 861; LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 91/12, MietRB 2013, 272 f. = ZMR 2013, 922; AG Düsseldorf v. 7.3.2012 – 291a C 12023/11, ZMR 2012, 585 (586); AG Mainz v. 31.10.2013 – 73 C 67/12, ZMR 2014, 246 (247); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 105, § 27 WEG Rz. 38; Sauren, § 27 WEG Rz. 13; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 28. 481 BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 f. = NZM 2012, 421. 482 LG Hamburg v. 14.12.2016 – 318 S 32/16, ZMR 2017, 261 = ZWE 2017, 276 = MietRB 2017, 197 (Münch); LG Itzehoe v.9.8.2016 – 11 S 9/15, ZMR 2017, 184 (186). 483 AG Düsseldorf v. 7.3.2012 – 291a C 12023/11, ZMR 2012, 585 (586). 484 LG Frankfurt am Main v. 15.2.2017 – 2-13 S 128/16, ZMR 2017, 500; LG Hamburg v. 2.3.2016 – 318 S 22/15, ZMR 2016, 393 (394) = ZWE 2016, 278 (279) = MietRB 2016, 291 (Schultzky); AG BremenBlumenthal v. 28.10.2016 – 44 C 2041/16, ZMR 2017, 189; AG Hamburg-Blankenese v. 21.10.2015 – 539 C 17/15, ZMR 2016, 151 (152); AG Hamburg-St. Georg v. 16.1.2015 – 980b C 34/14, ZMR 2015, 581 (582); unklar AG Hannover v. 20.1.2015 – 484 C 7544/14, ZMR 2015, 630 (631) 485 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17, NZM 2018, 719 (722) = ZMR 2018, 777 (780) = ZfIR 2018, 666 (670).. 486 BGH v. 14.3.2018 – V ZB 131/17, NZM 2018, 399 (400) = MietRB 2018, 139 (Hogenschurz); LG Dortmund v. 31.1.2017 – 1 S 99/16, ZMR 2018, 60 (61); LG Frankfurt am Main v. 15.3.2018 – 2-13 S 6/16, BeckRS 2018, 13002 = MietRB 2019, 17 (Sommer); LG Frankfurt am Main v. 19.4.2017 – 213 S 2/17, ZMR 2017, 579 (580). 487 LG Düsseldorf v. 22.10.2014 – 25 S 34/14, ZMR 2016, 795 (796); AG Mitte v. 19.3.2018 – 26 C 55/ 17, ZMR 2018, 702 (703) = MietRB 2019, 51 (Häublein); AG Hamburg v. 23.4.2018 – 22a C 280/ 17, ZMR 2018, 876 (890); AG München v.5.7.2017 – 482 C 26378/16, ZMR 2018, 88 (89).

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 72c § 21

wand zu ermitteln.488 Hierzu dient vor allem die Vorbereitung der Beschlussversammlung und die Unterrichtung der Wohnungseigentümer in dieser durch den Verwalter (s. § 27 Rz. 23). Auf der Grundlage des vom Verwalter festgestellten Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarfs haben die Wohnungseigentümer zunächst zu entscheiden, ob sie überhaupt die Vornahme einer Reparaturmaßnahme beschließen wollen. Erst danach wird die Gemeinschaft entscheiden können, wie sie die Sanierung durchführt und mit welchen Vertragspartnern. Innerhalb dieser Entscheidungen kann es geboten sein, weitere Vorbereitungs- oder Durchführungsentscheidungen zu treffen (z.B. über die Einschaltung von Sachverständigen oder die Vergabe von Nachtragsaufträgen). Es ist daher zutreffend, nicht nur von einem zweistufigen, sondern von einem mehrstufigen Verfahren zu sprechen.489 Ermessensfehlerhaft wäre es, eine nicht gebotene Sanierung durchzuführen.490 Grundsätzlich besteht daher zunächst ein Anspruch des einzelnen Eigentümers darauf, dass der Sanierungsbedarf zunächst festgestellt wird.491 Wird eine Maßnahme abgelehnt (was konkludent auch dadurch geschehen kann, dass die Vornahme der Maßnahme in das Belieben der Eigentümer gestellt wird),492 so besteht nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null ein Anspruch auf entsprechende Beschlussfassung (s. Rz. 45, 76a). Bei unberechtigter Ablehnung können Schadensersatzansprüche der hierdurch geschädigten Miteigentümer bestehen (Rz. 48 ff., 64). Zur ordnungsgemäßen Vornahme kann es bei umfangreicheren Maßnahmen auch gehören, 72b zunächst die Ursachen und mögliche Abhilfemaßnahmen durch einen Sachverständigen feststellen zu lassen.493 Vergleichsangebote (s. Rz. 77) von Sachverständigen müssen vor Vergabe des Gutachtenauftrags nicht eingeholt werden, wenn dieses nur geringe Kosten auslöst.494 Zu unbestimmt ist es aber, ihn mit der Begutachtung beseitigter Mängel zu beauftragen, da unklar ist, welche Mängel damit gemeint sind.495 Die Festlegung eines Kostenrahmens bzw. einer besonderen Qualifikation des Sachverständigen ist hierzu nicht geboten,496 jedenfalls nicht, wenn der Kostenrahmen 5.000 Euro nicht übersteigt.497 Die Eigentümer können sich auch auf die Feststellungen eines mit dem Objekt vertrauten, fachkundigen Handwerkers verlassen.498 Grundlage des Sanierungskonzepts kann auch eine stichprobenartige Untersuchung bilden, eine vollständige Untersuchung aller betroffenen Bauteile ist nicht erforderlich.499 Der Sanierungsbeschluss muss hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar sein (s. Rz. 37a).500 72c Dazu gehört auch, dass die tragenden Erwägungsgründe und Tatsachen, auf die die Eigentümer ihre Entscheidung gestützt haben, im Protokoll stichwortartig angegeben werden.501 Aus 488 BGH v. 14.3.2018 – V ZB 131/17, NZM 2018, 399 (400) = MietRB 2018, 139 (Hogenschurz); LG München I v. 16.11.2017 – 36 S 21605/16, ZMR 2018, 447 (450). 489 Bünnecke, ZfIR 2018, 1. 490 LG Dortmund v. 31.1.2017 – 1 S 99/16, ZMR 2018, 60 (61). 491 LG Köln v. 11.10.2018 – 29 S 66/18, ZMR 2019, 71 (72). 492 LG Hamburg v. 8.11.2017 – 318 S 88/14, ZMR 2018, 256 (257). 493 OLG Köln v. 14.4.2000 – 16 Wx 13/00, ZMR 2000, 862 = ZWE 2000, 321; BayObLG v. 13.8.1998 – 2Z BR 97/98, NJW-RR 1999, 307 = NZM 1999, 280; BayObLG v. 31.1.2002 – 2Z BR 57/01, NZM 2002, 448; LG Düsseldorf v. 22.10.2014 – 25 S 34/14, ZMR 2016, 795 (796); LG München I v. 1.2.2007 – 1 T 12109/06, ZMR 2007, 569 (570); AG Lahnstein v. 4.4.2018 – 21 C 2/17, ZMR 2018, 962 (964). 494 AG Schöneberg v. 14.6.2018 – 772 C 73/17, ZMR 2018, 870 (871): Kurzgutachten eines Architekten über 1.700 Euro. 495 AG Charlottenburg v. 2.8.2016 – 74 C 30/16, ZMR 2017, 333. 496 LG Berlin v. 28.2.2014 – 55 S 150/12, ZMR 2014, 658 (661). 497 AG Köln v. 6.3.2017 – 202 C 114/16, ZMR 2017, 436 (438). 498 LG Düsseldorf v. 22.10.2014 – 25 S 34/14, ZMR 2016, 795 (796). 499 LG Hamburg v. 7.6.2017 – 318 S 88/15, ZMR 2018, 254 (255). 500 LG Frankfurt am Main v. 7.6.2018 – 2-13 S 88/17, NZM 2018, 871 (872) = ZMR 2018, 854 (855); AG Hamburg-Blankenese v. 11.1.2017 – 539 C 41/15, 194 (195). 501 LG Dortmund v. 31.1.2017 – 1 S 99/16, ZMR 2018, 60 (61).

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§ 21 Rz. 72c | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer dem Beschluss muss hervorgehen, dass noch ein Ausführungs-/Umsetzungsbeschluss erfolgen wird.502 Es muss hinreichend erkennbar sein, welche konkreten Maßnahmen vorgenommen werden sollen, welche Angebote insoweit eingeholt und welche Aufträge vergeben werden sollen.503 Hieran fehlt es, wenn die Arbeiten lediglich pauschal bezeichnet werden, aber ein ganz erhebliches Kostenvolumen umfassen504 oder wenn lediglich ein Gesamtpreis, aber kein Leistungsverzeichnis benannt ist.505 Fraglich ist, ob allein die Verwendung der Terminologie „Sanierung“ statt Instandsetzung, Instandhaltung, modernisierende Instandsetzung, Modernisierung oder bauliche Veränderung zu unbestimmt ist,506 solange sich aus dem Beschlussprotokoll hinreichend ergibt, welche konkreten Maßnahmen getroffen werden sollen. Sanierung kann ohne weiteres als Oberbegriff für solche Maßnahmen verstanden werden. Zu unbestimmt ist ein Beschluss, die Schutz- und Regenentwässerung zu sanieren, die Bezugnahme auf einen Preisspiegel oder eine Kostenübersicht genügt hierfür nicht.507 Unzureichend ist auch, auf mehrere Leistungsverzeichnisse eines Architekten zu verweisen.508 Es genügt auch nicht, auf eine zeitlich befristet aufgestellte Bautafel zu verweisen.509 Sollen Leitungen verlegt werden, muss auch festgelegt werden, wo entsprechende Mauer- und Deckendurchbrüche stattfinden sollen.510 72d Liegt noch kein hinreichendes Sanierungskonzept vor oder sind die zur Beurteilung erforder-

lichen Tatsachengrundlagen noch nicht umfassend dargelegt, so entspricht ein Beschluss über die sofortige Sanierung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, auch wenn die Auswahl des Werkunternehmers noch vorbehalten bleibt.511 Für den Grundlagenbeschluss müssen grundsätzlich noch keine Vergleichsangebote hinsichtlich der späteren Auftragsvergabe vorliegen.512 Es entspricht allerdings nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, einen Grundlagenbeschluss über die Sanierung zu fassen, wenn die Vergleichsangebote erst danach eingeholt werden sollen und die Auftragsvergabe durch den Verwalter oder den Verwaltungsbeirat erfolgen soll.513 Dies erfordert die Angabe von Umfang sowie Art und Weise der beschlossenen Maßnahme.514 Im Einladungsschreiben müssen dann zumindest die Entscheidungsgrundlagen schematisch dargestellt werden.515 Wird auf ein konkretes Angebot Bezug genommen, 502 AG Hamburg-Blankenese v. 18.5.2016 – 539 C 32/15, ZMR 2016, 492 (493); AG Hamburg-Barmbek v. 6.3.2015 – 883 C 9/14, ZMR 2016, 810 (811 f.). 503 LG Frankfurt am Main v. 7.6.2018 – 2-13 S 88/17, NZM 2018, 871 (872) = ZMR 2018, 854 (855); LG Rostock v. 1.12.2017 – 1 S 86/17, ZMR 2018, 368 (369); AG Charlottenburg v. 7.3.2018 – 75 C 79/17, ZMR 2018, 707; AG Gelsenkirchen v. 11.10.2017 – 409 C 127/17, ZMR 2018, 264 (265); AG München v. 6.4.2018 – 481 C 14480/17, ZMR 2018, 710 (711); AG Pinneberg v. 6.6.2017 – 60 C 71/16, ZMR 2017, 771 (772). 504 LG Frankfurt am Main v. 7.6.2018 – 2-13 S 88/17, NZM 2018, 871 (872) = ZMR 2018, 854 (855): Sanierungskosten in Höhe von 900.000 Euro; AG Mettmann v. 21.3.2017 – 26 C 23/16, ZMR 2017, 518 (519): Behebung von Putzschäden in Höhe von 40.000 Euro. 505 LG Rostock v. 13.7.2018 – 1 S 82/17, ZMR 2018, 864 (867). 506 So mit polemischer Überspitzung AG Hamburg-Blankenese v. 11.1.2017 – 539 C 41/15, 194 (195). 507 AG Charlottenburg v. 12.8.2015 – 75 C 26/15, ZMR 2017, 334 (335). 508 LG Berlin v. 13.12.2016 – 85 S 23/15, ZMR 2017, 498. 509 AG München v. 2.10.2015 – 481 C 5998/15, ZMR 2017, 1021 (1022). 510 AG Charlottenburg v. 1.9.2016 – 72 C 44/16, ZMR 2017, 508 (509). 511 AG Charlottenburg v. 28.9.2016 – 75 C 44/16, ZMR 2017, 435 (436); AG Charlottenburg v. 17.8.2016 – 75 C 32/16, ZMR 2017, 335 (336); AG Hamburg v. 23.4.2018 – 22a C 280/17, ZMR 2018, 876 (890). 512 AG Recklinghausen v. 24.3.2017 – 91 C 43/16, ZMR 2018, 279 (280); AG Schöneberg v. 28.9.2016 – 770 C 4/16, ZMR 2017, 688 (690). 513 AG Hamburg-Barmbek v. 6.3.2015 – 883 C 9/14, ZMR 2016, 810 (811); AG Mitte v. 15.11.2016 – 22 C 25/16, ZMR 2017, 590 (591); AG Recklinghausen v. 24.3.2017 – 91 C 43/16, ZMR 2018, 279 (280). 514 LG Frankfurt am Main v. 7.6.2018 – 2-13 S 88/17, NZM 2018, 871 (872) = ZMR 2018, 854 (855). 515 AG Augsburg v. 17.2.2016 – 31 C 1980/15, ZMR 2018, 79 (80).

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 73 § 21

das zu beauftragende Unternehmen genannt und die Höhe der zu erwartenden Kosten, so liegt keine zur Nichtigkeit führende Unbestimmtheit des Beschlusses vor.516 e) Abdingbarkeit Die Vorschrift ist insgesamt durch Vereinbarung abdingbar.517 Es ist daher auch möglich, 73 die Instandhaltungs- und Instandsetzungslast für einzelne Teile des gemeinschaftlichen Eigentums (z.B. für die Fenster oder die einem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gebäudeteile)518 einem oder mehreren Sondereigentümern aufzuerlegen,519 so dass die Gemeinschaft diesbezüglich keine oder nur noch eine eingeschränkte Entscheidungskompetenz besitzt.520 So kann der Sondereigentümer nicht durch Beschluss zur Durchführung notwendiger Instandsetzungsarbeiten gezwungen werden oder die Durchführung von Instandsetzungsarbeiten durch Beschluss wieder an die Gemeinschaft gezogen werden. Entsprechende Beschlüsse sind nichtig.521 Möglich ist aber auch, die Entscheidungskompetenz bei der Gemeinschaft zu belassen und nur die Kostentragungspflicht den jeweiligen Sondereigentümer aufzuerlegen (vgl. § 16 Abs. 4);522 eine solche Vereinbarung ist nicht sittenwidrig.523 Eine solche Vereinbarung unterliegt der Auslegung.524 Sie muss aber klar und eindeutig sein.525 Bei der Auslegung der Teilungserklärung ist auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürften nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalls für jedermann ersichtlich sind.526 Im Zweifelsfall ist 516 LG Itzehoe v. 19.7.2016 – 11 S 113/15, ZMR 2016, 904 (905). 517 Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 28. 518 Hierzu zählen dann auch die konstruktiven Teile, z.B. eines Balkons, vgl. OLG München v. 27.9.2006 – 34 Wx 059/06, ZMR 2007, 557 (559); OLG Braunschweig v. 29.5.2006 – 3 W 9/06, ZMR 2006, 787 (788); a.A. OLG Schleswig v. 30.3.2006 – 2 W 191/05, ZMR 2006, 963 (964). 519 BGH v. 28.10.2016 – V ZR 91/16, NZM 2017, 602 (603) = ZWE 2017, 180 (181) = MietRB 2017, 194 (Ott); BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 172 = NJW 2012, 1722 (1723); BGH v. 25.10.2013 – V ZR 212/12, MDR 2014, 18 = MietRB 2014, 9 = NJW 2014, 379 (380); BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, ZMR 2014, 899 (900) = ZWE 2014, 125 (126) = MietRB 2014, 79 f. = NZM 2014, 396 (397); BayObLG v. 2.5.2002 – 2Z BR 27/02, ZMR 2002, 843 = NZM 2002, 705; OLG Karlsruhe v. 7.7.2010 – 11 Wx 115/08, MietRB 2011, 123 = NZM 2011, 204 = ZMR 2010, 873; LG Berlin v. 2.4.2013 – 85 S 179/12, ZMR 2013, 653; LG Dortmund v. 19.4.2016 – 1 S 437/15, ZMR 2016, 642 (643); LG München I v. 25.11.2013 – 1 S 1911/13, ZMR 2014, 399; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 106; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 78; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 28. 520 OLG München v. 23.5.2007 – 32 Wx 30/07, NZM 2007, 487 (488); LG Itzehoe v. 19.1.2016 – 11 S 29/15, ZMR 2016, 568 (569); anders offenbar OLG München v. 27.9.2006 – 34 Wx 059/06, ZMR 2007, 557 (558). 521 LG Berlin v. 28.2.2014 – 55 S 150/12, ZMR 2014, 658 (661); LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 133/ 13, ZMR 2014, 661 (662); LG Itzehoe v. 19.1.2016 – 11 S 29/15, ZMR 2016, 568 (569). 522 LG Berlin v. 28.2.2014 – 55 S 150/12, ZMR 2014, 658 (661). 523 LG Hamburg v. 19.6.2013 – 318 S 101/12, ZWE 2014, 29 (30). 524 BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 172 = NJW 2012, 1722 (1723); BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, ZMR 2014, 899 (900) = ZWE 2014, 125 (126) = MietRB 2014, 79 f. = NZM 2014, 396 (397). 525 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 163/17, NZM 2018, 953 (954); BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, NZM 2018, 340 (341); BGH v. 28.10.2016 – V ZR 91/16, NZM 2017, 602 (603) = ZWE 2017, 180 (181) = MietRB 2017, 194 (Ott); BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, ZMR 2014, 899 (900) = ZWE 2014, 125 (126) = MietRB 2014, 79 f. = NZM 2014, 396 (397); BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 172 = NJW 2012, 1722 (1723). 526 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 163/17, NZM 2018, 953 (954); BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, NZM 2018, 340 (341); BGH v. 28.10.2016 – V ZR 91/16, NZM 2017, 602 (603) = ZWE 2017, 180 (182) = MietRB 2017, 194 (Ott); BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 172 =

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§ 21 Rz. 73 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer von der gesetzlichen Instandsetzungs- und Instandhaltungspflicht der Gemeinschaft auszugehen.527 73a Beispiele für abweichende Vereinbarungen hinsichtlich der Instandhaltungs- und Instandset-

zungslast: – In der Gemeinschaftsordnung kann vereinbart werden, dass Untergemeinschaften gebildet werden, die über die Maßnahmen der Instandsetzung- und Instandhaltung eigenständig beschließen und die die dadurch entstehenden Kosten eigenständig tragen (BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, NZM 2018, 340 [341]). Dass nach Außen hin alle Mitglieder der Gemeinschaft für die entstehenden Kosten haften, steht einer solchen Vereinbarung nicht entgegen, denn sie verstößt weder gegen zwingende Vorschriften des WEG, noch führt sie zu einem Eingriff in den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte (BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, NZM 2018, 340 [343]). Die in Anspruch genommenen Nichtmitglieder einer anderen Untergemeinschaft können bei den Mitgliedern der Untergemeinschaft, die die Kosten ausgelöst hat, Regress nehmen (BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, NZM 2018, 340 [343]); betrifft die Maßnahme aber auch einen nicht völlig untergeordneten Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums (z.B. der Grundstücksfläche oder des Erscheinungsbilds der Gesamtanlage), so sind hierfür alle Miteigentümer zuständig (LG Dortmund v. 19.8.2014 – 1 S 134/13, ZMR 2017, 995; LG München I v. 1.2.2017 – 15 7364/16, ZMR 2017, 328 [329]; LG München I v. 6.7.2017 – 36 S 17680/16, ZMR 2017, 923 [924]; AG Pinneberg v. 30.1.2018 – 60 C 21/17, ZMR 2018, 463 [464]); – Unterscheidet die Gemeinschaftsordnung begrifflich zwischen Instandhaltung und Instandsetzung von Bauteilen, die zum Gemeinschaftseigentum gehören und weist sie nur die Pflicht zu deren Instandhaltung einem Sondereigentümer zu, ist die Instandsetzung im Zweifel Sache der Gemeinschaft (BGH v. 9.12.2016 – V ZR 124/16, NZM 2017, 604 [605]); – Wird einem Sondereigentümer in der Gemeinschaftsordnung eine Instandsetzungs- oder Instandhaltungspflicht übertragen, hat er im Zweifel auch die ihm dadurch entstehenden Kosten zu tragen (BGH v. 28.10.2016 – V ZR 91/16, NZM 2017, 602 [603] = ZWE 2017, 180 [181] = MietRB 2017, 194 [Ott]); – Für Anlagen und Einrichtungen im Bereich eines Sondernutzungsrechts gilt eine Instandhaltungs- und Instandsetzungslast nicht nur für die bereits bei Teilung vorhandenen, sondern auch für nachträglich hinzukommenden Anlagen und Einrichtungen (BGH v. 28.10.2016 – V ZR 91/16, NZM 2017, 602 [603] = ZWE 2017, 180 [182] = MietRB 2017, 194 [Ott]); dies umfasst aber nicht die Verpflichtung, erstmalig einen ordnungsmäßigen Zustand herzustellen (BayObLG v. 18.7.1996 – 2Z BR 63/96, ZMR 1996, 574 = WE 1996, 400; BayObLG v. 20.11.2002 – 2Z BR 45/02, ZMR 2003, 366; a.A. LG Koblenz v. 3.7.2014 – 2 S 36/14, ZMR 2015, 57 [58 f.]; LG München I v. 27.6.2011 – 1 S 1062/11, MietRB 2011, 385; AG Langenfeld v. 23.11.2016 – 64 C 23/16, ZMR 2017, 1017 [1018]; AG Rosenheim v. 21.6.2017 – 8 C 34/16, ZMR 2017, 847 [849]); von der Kostenlast werden bei einer Balkonsanierung nur diejenigen Sondernutzungsberechtigten erfasst, die über einen Balkon verfügen und deren Balkon tatsächlich saniert wurde (AG Hamburg v. 13.10.2017 – 22a C 288/16, ZMR 2018, 265 [266]); – Sind nach der Gemeinschaftsordnung Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z.B. NJW 2012, 1722 (1723); LG Hamburg v. 19.6.2013 – 318 S 101/12, ZWE 2014, 29; AG Düsseldorf v. 18.1.2016 – 290a C 193/15, NZM 2016, 901. 527 LG Hamburg v. 2.6.2016 – 318 S 75/15 WEG, ZMR 2016, 900 (902) = ZWE 2017, 458 (459) = MietRB 2017, 109 (Schneehain); LG Hamburg v. 19.6.2013 – 318 S 101/12, ZWE 2014, 29; LG München I v. 4.2.2013 – 1 S 26400/11, ZMR 2013, 477 mit Anm. Deckert; AG München v. 7.11.2014 – 481 C 12797/14, ZMR 2016, 737 (738).

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 73a § 21















Balkon, Loggia), auf dessen Kosten instandzuhalten und instandzusetzen sind, erfasst dies auch die den einzelnen Wohnungen zugeordneten Terrassen im Dach der Anlage und führt dazu, dass sie die Instandsetzung sowohl der im Sonder- als auch der im Gemeinschaftseigentum stehenden Teile solcher Terrassen betrifft (BGH v. 4.5.2018 – V ZR 163/17, NZM 2018, 953 [954]); Sieht die Teilungserklärung vor, dass der Sondereigentümer Gebäudeteile, die sich im Bereich seines Sondereigentums befinden auf eigene Kosten instand setzen muss, so erfasst dies nicht die Abdichtung des Dachs (LG Hamburg v. 15.6.2016 – 318 S 110/15, ZMR 2016, 902 [903]) oder der Außenwände (LG Hamburg v. 8.11.2017 – 318 S 88/14, ZMR 2018, 256 [257]); dies gilt dann auch für Schönheitsreparaturen (AG Spandau v. 7.11.2017 – 70 C 55/17, ZMR 2018, 638 [639]); Eine in der Teilungserklärung getroffene Regelung, wonach Balkone, die zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind, auf dessen Kosten in Stand zu setzen und in Stand zu halten sind, ist nicht einschränkend dahin auszulegen, dass hiervon Kosten ausgenommen sind, die die im Gemeinschaftseigentum stehenden Balkonteile betreffen (BGH v. 16.11.2012 – V ZR 9/12, NZM 2013, 88); Ist vereinbart, dass die Sondereigentümer die Instandhaltung und Instandsetzung der in ihrem Sondereigentum befindlichen Türen und Fenster mit Ausnahme des Außenanstrichs trifft, so müssen sie den Austausch der Türen und Fenster nicht tragen (BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11, MDR 2012, 702 = MietRB 2012, 172 = NJW 2012, 1722 [1723]; BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, ZMR 2014, 899 [900] = ZWE 2014, 125 [126] = MietRB 2014, 79 f. = NZM 2014, 396 [397]; LG Hamburg v. 2.6.2016 – 318 S 75/15 WEG, ZWE 2017, 458 [459] = MietRB 2017, 109 [Schneehain]; AG München v. 7.11.2014 – 481 C 12797/14, ZMR 2016, 737 [738]; a.A. AG Spandau v. 12.12.2017 – 70 C 56/17, ZMR 2018, 715 [716]), ebenso nicht die Kosten einer Sanierung konstruktiver Bestandteile der Balkone (AG Köln v. 8.5.2015 – 215 C 133/14, ZMR 2015, 971 [972]); ist nur das Fensterglas von Sondereigentümer selbst zu tragen, wird der Austausch defekter Fenster nicht erfasst (AG Rheinbach v. 28.7.2017 – 5 C 158/16, ZMR 2017, 936 [937]); Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass Gebäudeteile vom Sondereigentümer instand zu halten sind, „wenn diese zum Sondereigentum gehören“, so ist dies eng auszulegen und erfasst keine Gebäudeteile, die zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehören, auch wenn sie auf unwirksame Weise zum Sondereigentum erklärt werden (LG Köln v. 11.10.2018 – 29 S 66/18, ZMR 2019, 71); Ist in der Gemeinschaftsordnung bestimmt, dass nur „kleine“ Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten an Türen und Außenfenstern von den Sondereigentümern zu tragen sind, so fallen hierunter nur Maßnahmen, die ohne Anreise einen Zeitaufwand von einer Stunde und einen Materialwert von 100 Euro nicht überschreiten (AG Düsseldorf v. 18.1.2016 – 290a C 193/15, NZM 2016, 901); Sind die Betriebs- und Instandhaltungskosten technischer Anlagen, die ausschließlich einzelnen Wohnungseigentümern zugutekommen (z.B. Aufzüge), nur von diesen Eigentümern zu tragen und fährt der Aufzug nicht in den Keller, so sind die Erdgeschoßeigentümer von den Betriebs- und Instandhaltungskosten, nicht aber von den Instandsetzungskosten ausgenommen (LG München I v. 11.10.2017 – 1 S 18504/16, ZMR 2018, 70 [72]; Aus der Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung einer Gartenfläche folgt weder das Recht noch die Pflicht, einen das Grundstück prägenden Baum auf eigene Kosten zu fällen (LG Lüneburg v. 30.4.2013 – 5 S 111/12, ZMR 2013, 656), wohl aber zur Erneuerung eines Terrassenbelags (LG München I v. 4.2.2013 – 1 S 26400/11, ZMR 2013, 477 mit Anm. Deckert); fehlt es an einer klaren und eindeutigen Zuweisung der Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung öffentlich-rechtlich vorgesehener Bäume an einen Sondernutzungsberechtigten, so trifft die Kostenlast alle Miteigentümer, auch wenn den SondernutzungsHeinemann | 679

§ 21 Rz. 73a | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer berechtigten im Übrigen das Recht zur Gartengestaltung zusteht (AG München v. 28.6.2017 – 481 C 24911/16, ZMR 2018, 461 [462]). 73b Ein Mehrheitsbeschluss, einzelne Sondereigentümer ohne deren Zustimmung zur Instand-

haltung und Instandsetzung zu verpflichten, ist hingegen nichtig, da dies ein gesetzesändernder Beschluss wäre.528 Aus diesem Grund kann auch eine nach öffentlichem Recht bestehende Verpflichtung nicht mittels Mehrheitsbeschluss den Wohnungseigentümer auferlegt werden (z.B. zum Einbau529 und zur Wartung530 von Rauchwarnmeldern). Mit Zustimmung des Sondereigentümers kann eine Übertragung beschlossen werden, allerdings müssen dann auch etwaige Folgekosten geregelt werden.531 Wohnungseigentümer, die aufgrund des nichtigen Beschlusses Verwaltungsmaßnahmen durchgeführt haben, können jedoch im Rahmen von §§ 677, 683 BGB Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen (s. Rz. 28 ff.).532 Für Maßnahmen, die ein Wohnungseigentümer am gemeinschaftlichen Eigentum ausführen lässt und die zu Schäden führen, haftet er nach § 280 Abs. 1 BGB, wobei er für die fehlerhafte Ausführung eines von ihm beauftragten Unternehmens nach § 278 Abs. 1 BGB einzustehen hat.533 Ob der einzelne Wohnungseigentümer eine Vergütung oder Aufwendungsersatz für seine Tätigkeit verlangen kann, hängt von den Vereinbarungen zwischen ihm und der Gemeinschaft ab.534 f) Delegation der Entscheidungsbefugnis 74 Die der Eigentümerversammlung vorbehaltene Entscheidung über Art und Umfang von In-

standsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen kann grundsätzlich nur durch eine Vereinbarung dem Verwalter, dem Verwaltungsbeirat, den Wohnungseigentümern oder sonstigen Organen (z.B. einem Bauausschuss) übertragen werden.535 Es bedarf dann keines weiteren Delegations- oder Ermächtigungsbeschlusses, die Vereinbarung verleiht nicht nur Außenvertretungsmacht, sondern bildet auch eine ausreichende Grundlage im Innenverhältnis.536 Eine Kompetenzübertragung durch Mehrheitsbeschluss erachtet die Rechtsprechung dagegen nur in engen Grenzen für zulässig.537 Erforderlich sei, dass das finanzielle Risiko beschränkt sei (z.B. durch ein festes Jahresbudget)538 und die grundsätzliche Entscheidungsbefugnis (über

528 LG Dortmund v. 1.4.2014 – 1 S 178/13, ZMR 2014, 815 (816); LG Hamburg v. 19.6.2013 – 318 S 101/ 12, ZWE 2014, 29 (31); AG Oldenburg v. 19.6.2015 – 10 C 2/15, ZMR 2015, 891 (893); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 112; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 79. 529 AG Bonn v. 30.1.2015 – 27 C 144/14, ZMR 2015, 407. 530 AG Bottrop v. 18.9.2015 – 20 C 25/15, ZMR 2016, 63 m. abl. Anm. Riecke. 531 AG Hannover v. 25.2.2011 – 481 C 27/11, ZMR 2012, 229. 532 Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 79. 533 Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 80. 534 Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 82. 535 OLG Hamm v. 18.9.2006 – 15 W 88/06, ZMR 2007, 131 (132); OLG Düsseldorf v. 30.7.1997 – 3 Wx 61/97, ZMR 1997, 605 (606) = NJW-RR 1998, 13; OLG Düsseldorf v. 30.8.2002 – 3 Wx 213/02, ZMR 2003, 126 = NZM 2002, 1031; LG Itzehoe v. 1.7.2014 – 11 S 10/13, ZMR 2014, 915; AG Hamburg-Barmbek v. 6.3.2015 – 883 C 9/14, ZMR 2016, 810 (811); AG Hamburg-Blankenese v. 24.2.2010 – 539 C 43/09, ZMR 2010, 563; AG Hamburg - St. Georg v. 2.3.2018 – 9806 C 23/17, ZMR 2019, 147 (148); AG Mainz v. 31.10.2013 – 73 C 67/12, ZMR 2014, 246 (247); vgl. auch OLG Frankfurt v. 27.10.1987 – 20 W 448/86, OLGZ 1988, 188 zur Einrichtung eines „Bauausschusses“; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 66. 536 AG Mainz v. 31.10.2013 – 73 C 67/12, ZMR 2014, 246 (247); a.A. LG Koblenz v. 21.7.2014 – 2 S 72/13, ZMR 2015, 59 (60); Pauli/Dimsic, ZMR 2016, 89 (90). 537 Zum Ganzen Brandau/Rütten, ZfIR 2017, 770 (778). 538 AG Schöneberg v. 14.6.2018 – 772 C 73/17, ZMR 2018, 870 (872): allerdings ist ein Jahresbudget von 5.000 Euro zu unbestimmt, wenn dieses sowohl die Maßnahmen als auch die Bauüberwachung erfassen soll, ohne dass insoweit eine Aufteilung getroffen wird.

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 74 § 21

Umfang, Finanzierung, Ablauf und Kosten) bei den Eigentümern verbleibe.539 Werden die Miteigentümer ermächtigt, Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum selbst vornehmen zu dürfen, so liegt hierin keine Delegation, sondern die Ablehnung der Gemeinschaft, eine Sanierung zu beschließen.540 Gleiches gilt, wenn die Gemeinschaft etwaige Instandsetzungsansprüche gegen Dritte an einzelne Wohnungseigentümer abtritt.541 Diese Grundentscheidungen müssen im Beschluss selbst getroffen werden, wobei die Bezugnahme auf ein Dokument außerhalb des Protokolls genügt, sofern dieses zweifelsfrei bestimmt ist (z.B. einen Preisspiegel).542 Dies ist nur dann der Fall, wenn das in Bezug genommene Dokument keinerlei Änderungen erhält oder die Änderungen im Rahmen der Verweisung mit erwähnt werden.543 Außerdem muss auch der Verwalter im Regelfall drei Vergleichsangebote einholen.544 Bei umfangreichen Sanierungsmaßnahmen kann den Wohnungseigentümern aber nicht zugemutet werden, der Maßnahme auf der Grundlage erst noch einzuholender Vergleichsangebote zuzustimmen.545 In jedem Fall ist eine Begrenzung auf eine Gesamtsumme für sämtliche Baumaßnahmen erforderlich.546 Nicht ausreichend ist, wenn erst ab einer bestimmten Summe die Zustimmung des Verwaltungsbeirats vorgesehen ist, da diese Regelung umgangen werden kann.547 Ebenfalls zu unbestimmt ist der Beschluss mit der Auflage, das „günstigste Angebot“ einzuholen oder das „geeignetste Unternehmen“ zu beauftragen, weil das dem Dritten einen zu großen Entscheidungsspielraum belässt.548 Nicht ordnungsgemäß ist ein Beschluss, der den Verwalter ermächtigt, Nachtragsarbeiten zu einem Werkvertrag bis zu 15 % des Gesamtvolumens in Auftrag zu geben.549 Eine Auftragsvergabe geringfügiger Eventualpositionen, die weniger als 5 % der Gesamtkosten ausmachen, ist aber 539 OLG Düsseldorf v. 30.7.1997 – 3 Wx 61/97, ZMR 1997, 605 (606) = NJW-RR 1998, 13; OLG Düsseldorf v. 8.11.2000 – 3 Wx 253/00, NJW-RR 2001, 660 = ZMR 2001, 304; LG Hamburg v. 18.1.2012 – 318 S 164/11, ZMR 2012, 388 (389) = ZWE 2012, 285 (286); LG Itzehoe v. 1.7.2014 – 11 S 10/13, ZMR 2014, 915; LG München I v. 5.8.2010 – 36 S 19282/09, ZWE 2011, 42 (43); AG HamburgBarmbek v. 6.3.2015 – 883 C 9/14, ZMR 2016, 810 (811); AG Hamburg - St. Georg v. 2.3.2018 – 9806 C 23/17, ZMR 2019, 147 (148); AG München v. 6.9.2017 – 481 C 7764/17 WEG, ZMR 2018, 274 = NZM 2018, 758 = MietRB 2018, 145 (Sommer); AG Pinneberg v. 30.1.2018 – 60 C 21/17, ZMR 2018, 463 (464); eine Delegation durch Beschluss allgemein ablehnend LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 91/12, MietRB 2013, 272 f. = ZMR 2013, 922; Elzer, MietRB 2017, 88 (90). 540 LG Hamburg v. 8.11.2017 – 318 S 88/14, ZMR 2018, 256. 541 AG Düsseldorf v. 5.9.2018 – 291a C 80/16, ZMR 2019, 74. 542 LG München I v. 16.11.2017 – 36 S 21605/16, ZMR 2018, 447 (450); AG Herne v. 17.8.2017 – 28 C 52/16, ZMR 2017, 1014 (1015); AG München v. 6.9.2017 – 481 C 7764/17 WEG, ZMR 2018, 274 = NZM 2018, 758 = MietRB 2018, 145 (Sommer). 543 AG Hamburg-Blankenese v. 20.12.2017 – 539 C 17/17, ZMR 2018, 266 (268); vgl. LG Stuttgart v. 25.8.2017 – 19 S 30/17, ZMR 2018, 451 (452). 544 AG Hamburg-Blankenese v. 20.12.2017 – 539 C 17/17, ZMR 2018, 266 (268); AG Schöneberg v. 14.6.2018 – 772 C 73/17, ZMR 2018, 870 (872); unzureichend ist aber die Bezugnahme auf eine zeitlich befristet aufgestellte Bautafel, AG München v. 2.10.2015 – 481 C 5998/15, ZMR 2017, 1021 (1022). 545 AG Hamburg-Barmbek v. 6.3.2015 – 883 C 9/14, ZMR 2016, 810 (811). 546 LG Itzehoe v. 1.7.2014 – 11 S 10/13, ZMR 2014, 915; AG Aachen v. 4.5.2011 – 119 C 88/10, ZMR 2012, 222 (223) = ZWE 2012, 234 (236): 9.000 Euro sind vertretbar; AG Hamburg-Blankenese v. 7.6.2017 – 539 C 33/16, ZMR 2018, 675 (677). 547 OLG Düsseldorf v. 30.7.1997 – 3 Wx 61/97, ZMR 1997, 605 (606) = NJW-RR 1998, 13; a.A. Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 27 WEG Rz. 20. 548 LG Flensburg v. 2.2.2018 – 2 O 123/15, ZMR 2018, 428 (430); LG Hamburg v. 21.10.2015 – 318 S 3/15, ZMR 2016, 135 (138); LG München I v. 17.3.2017 – 36 S 22212/15, ZMR 2017, 504 (505); AG Hamburg-Blankenese v. 20.12.2017 – 539 C 17/17, ZMR 2018, 266 (268); AG Herne v. 17.8.2017 – 28 C 52/16, ZMR 2017, 1014 (1015); anders AG Aachen v. 4.5.2011 – 119 C 88/10, ZMR 2012, 222 (223) = ZWE 2012, 234 (236), wenn ein Höchstbudget beschlossen ist. 549 AG München v. 31.8.2016 – 481 C 53/16 WEG, MietRB 2017, 79 (Drabek): Nachtragsvolumen von 70.000 Euro.

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§ 21 Rz. 74 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer möglich.550 Soll ein selbständiger Abschluss von Verträgen möglich sein, so müssen im Delegationsbeschluss die wesentlichen Vertragsinhalte (Laufzeit des Vertrags, Aufgabenbeschreibung, Vergütung) festgelegt sein.551 Entsprechend soll die Befugnis, über untergeordnete Detailfragen einer Bauausführung (z.B. den genauen Farbton eines Außenanstrichs) zu entscheiden, delegierbar sein, sofern der Beschluss die wesentlichen Entscheidungskriterien (z.B. den grundsätzlichen Farbton) vorgibt.552 Die Art und Weise der Bepflanzung des Außenbereichs ist von den Eigentümern selbst zu entscheiden, die Entscheidung darf nicht auf die Hausverwaltung oder eine Gartenbaufirma delegiert werden.553 Zu unbestimmt ist ein Beschluss, der dem Verwalter und/oder dem Beirat gestattet, „Verschönerungsmaßnahmen bis zu 15.000 Euro“ vorzunehmen.554 Unzulässig wäre es, die Sanierung davon abhängen zu lassen, dass sich ein Wohnungseigentümer bei der Verwaltung diesbezüglich meldet.555 Gleiches gilt, wenn beschlossen wird, eine neue Heizungsanlage anzuschaffen, dem Beirat aber lediglich die Brennwerttechnik vorgegeben wird, während alle weiteren Entscheidungen (Anlage, Preisklasse, Auswahl des Handwerkbetriebs) diesem obliegen.556 Hält sich der Mehrheitsbeschluss nicht in den vorgegebenen Parametern ist er nicht lediglich anfechtbar, sondern nichtig.557 74a Bei einer Mehrhausanlage kann vereinbart werden, dass die einzelnen Häuser getrennt über

Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen beschließen.558 Ein Beschluss aller Wohnungseigentümer widerspricht dann ordnungsgemäßer Verwaltung.559 Im Rahmen ihrer Beschlusskompetenz kann die Untergemeinschaft den Verwalter ermächtigen, einen Vertrag mit Außenwirkung für die Gesamtgemeinschaft abzuschließen.560 Nicht möglich ist es jedoch, die Untergemeinschaft als solche zum Abschluss etwaiger Verträge zu ermächtigen, ein entsprechender Beschluss ist nichtig.561 Ein von allen Häusern gemeinschaftlich abgeschlossener (Wartungs-)Vertrag kann ebenfalls nicht von einer Untergemeinschaft einseitig gekündigt werden.562 Ebensowenig ist die Untergemeinschaft befugt, über Kostenpositionen zu entscheiden, die das Grundstück, mehrere Gebäude oder gemeinschaftliche Anlagen betreffen.563

550 LG Hamburg v. 7.6.2017 – 318 S 88/15, ZMR 2018, 254 (255). 551 LG Koblenz v. 21.7.2014 – 2 S 72/13, ZMR 2015, 59 (60); AG Aachen v. 4.5.2011 – 119 C 88/10, ZMR 2012, 222 (223) = ZWE 2012, 234 (235); AG Charlottenburg v. 26.5.2016 – 72 C 16/16, ZMR 2017, 506 (507). 552 LG Hamburg v. 12.11.2014 – 318 S 74/14, ZMR 2015, 143 (145); AG Hamburg-Barmbek v. 6.3.2015 – 883 C 9/14, ZMR 2016, 810 (811); weitergehend möglicherweise KG v. 10.9.2003 – 24 W 141/02, FGPrax 2003, 260 (261). 553 AG München v. 6.9.2017 – 481 C 7764/17 WEG, ZMR 2018, 274 = NZM 2018, 758 = MietRB 2018, 145 (Sommer). 554 AG Pinneberg v. 30.1.2018 – 60 C 21/17, ZMR 2018, 463 (464). 555 LG Dortmund v. 21.4.2015 – 1 S 445/14, ZMR 2015, 777 (778). 556 AG Aachen v. 4.5.2011 – 119 C 88/10, ZMR 2012, 222 (223) = ZWE 2012, 234 (235). 557 LG Dortmund v. 24.4.2018 – 1 S 109/17, ZMR 2018, 615 (616); AG Stade v. 16.1.2014 – 64 C 632/ 13, ZMR 2014, 494 (495); a.A. OLG Köln v. 20.9.2002 – 16 Wx 135/02, NZM 2002, 1002: nur anfechtbar; offen gelassen durch LG Frankfurt am Main v. 7.6.2018 – 2-13 S 88/17, NZM 2018, 871 (873) = ZMR 2018, 854 (856); AG Hamburg-Blankenese v. 7.6.2017 – 539 C 33/16, ZMR 2018, 675 (677). 558 BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, NZM 2018, 340 (341); LG Hamburg v. 17.2.2016 – 318 S 74/15, ZMR 2016, 391 (392) = ZWE 2017, 36 = MietRB 2016, 357 (Aust).LG Köln v. 26.11.2009 – 29 S 63/ 09, MietRB 2010, 270 = ZWE 2010, 278; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 83; Häublein, NZM 2003, 785 (790). 559 AG Hamburg-St. Georg v. 14.11.2012 – 980b C 65/12, ZMR 2013, 665. 560 LG München I v. 1.2.2017 – 15 7364/16, ZMR 2017, 328 (330). 561 AG Hamburg v. 23.4.2018 – 22a C 280/17, ZMR 2018, 876 (877). 562 BayObLG v. 25.5.2000 – 2Z BR 16/00, NZM 2000, 1021 (1022). 563 LG Hamburg v. 17.2.2016 – 318 S 74/15, ZMR 2016, 391 (392) = ZWE 2017, 36 (37) = MietRB 2016, 357 (Aust); LG München I v. 1.2.2017 – 15 7364/16, ZMR 2017, 328 (329).

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 76a § 21

g) Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen aa) Allgemeines Nicht nur die Entscheidung, ob eine Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme erfol- 75 gen soll, sondern auch deren konkret beschlossene Umsetzung müssen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Die beschlossene Maßnahme hat also dem objektivierten Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu entsprechen. Zur ordnungsgemäßen Vornahme gehört, dass einerseits technische Lösungen gewählt werden, die eine dauerhafte Erhaltung oder Herstellung des ordnungsgemäßen Zustands versprechen, und andererseits die Wirtschaftlichkeit beachtet wird.564 bb) Beurteilungsspielraum der Wohnungseigentümer Es ist daher in jedem Fall empfehlenswert, in einem zwei- oder mehrstufigen Verfahren565 76 zunächst zu beschließen, ob eine Sanierung notwendig ist (Bestandsaufnahme, Grundlagenbeschluss, s. Rz. 72a), und danach die entsprechenden Vergleichsangebote einzuholen und erst nach deren Sichtung in einem zweiten Schritt die Auftragsvergabe zu beschließen.566 Der Beschluss über die Auftragsvergabe kann dann nicht mehr mit der Begründung angefochten werden, es bestünde kein Instandsetzungsbedarf, wenn der erste Beschluss bereits bestandskräftig ist. Die Auftragsvergabe muss sich jedoch im Rahmen des Sanierungsbeschlusses halten.567 Ist die Auftragsvergabe nicht vom Grundlagenbeschluss abgedeckt, ist ein entsprechender Nachtragsbeschluss erforderlich.568 Die Bestandskraft des Grundlagenbeschlusses steht einem Zweitbeschluss nicht im Wege, wenn hiervon schutzwürdige Belange Dritter nicht betroffen sind (s. Rz. 39).569 Haben sich seit der Beschlussfassung über den Grundlagenbeschluss die tatsächlichen Grundlagen geändert, so darf der getroffene Sanierungsbeschluss nicht ohne weiteres durch einen alternativen Sanierungsbeschluss ersetzt werden, sondern es ist zunächst der ursprüngliche Beschluss auszusetzen, damit die für eine neue Entscheidung erforderlichen Tatsachengrundlagen ermittelt werden können.570 Bei der Beschlussfassung selbst haben die Wohnungseigentümer einen Ermessens- (besser: 76a Beurteilungs-)spielraum.571 Sie müssen dabei das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und

564 AG Pinneberg v. 25.7.2017 – 60 C 17/15, ZMR 2017, 1022 (1023). 565 Ausführlich hierzu Bünnecke, ZfIR 2018, 1 ff. 566 LG Dortmund v. 1.4.2014 – 1 S 178/13, ZMR 2014, 815; LG Düsseldorf v. 22.10.2014 – 25 S 34/14, ZMR 2016, 795; LG Hamburg v. 28.3.2012 – 318 S 17/11, ZMR 2012, 654 (655); LG Hamburg v. 18.1.2012 – 318 S 164/11, ZMR 2012, 388 (389) = ZWE 2012, 285 (286); LG München I v. 9.5.2012 – 36 S 11929/10, ZMR 2012, 816 (817 f.); LG Rostock v. 1.12.2017 – 1 S 86/17, ZMR 2018, 368 (369 f.); AG Stade v. 16.1.2014 – 64 C 632/13, ZMR 2014, 494 (495); Vandenhouten in Niedenführ/ Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 68. 567 BayObLG v. 17.6.1999 – 2Z BR 19/99, NZM 1999, 910. 568 AG München v. 31.8.2016 – 481 C 6343/16 WEG, ZMR 2017, 201 = MietRB 2017, 80 (Tank). 569 LG München I v. 16.11.2017 – 36 S 21605/16, ZMR 2018, 447 (450); LG München I v. 24.10.2016 – 36 S 6557/16, ZMR 2017, 187 (188). 570 LG München I v. 16.11.2017 – 36 S 21605/16, ZMR 2018, 447 (450). 571 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (612) = ZfIR 2018, 553 (554) = MietRB 2018, 237 (Elzer); BayObLG v. 10.4.2002 – 2Z BR 70/01, MietRB 2003, 42 = NZM 2002, 531 (532); OLG Düsseldorf v. 18.1.1999 – 3 Wx 394/98, NZM 1999, 766 = WuM 1999, 352; OLG Düsseldorf v. 15.3.2002 – 3 Wx 13/02, NZM 2002, 704; OLG Hamburg v. 27.8.2003 – 2 Wx 53/00, ZMR 2004, 137 (139); OLG Hamburg v. 4.8.2003 – 2 Wx 30/03, MietRB 2004, 110 = ZMR 2003, 866 (867); OLG München v. 27.9.2006 – 34 Wx 059/06, ZMR 2007, 557 (558); LG Hamburg v. 21.10.2015 – 318 S 3/15, ZMR 2016, 135 (136); LG Hamburg v. 29.12.2010 – 318 S 206/09, ZMR 2011, 580 (581); AG Hamburg v. 12.12.2014 – 102d C 126/13, ZMR 2015, 575 (576 f.); AG Pinneberg v. 25.7.2017 – 60 C 17/15, ZMR 2017, 1022 (1023).

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§ 21 Rz. 76a | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer im Grundsatz auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer Rücksicht nehmen.572 Dieser Spielraum ist nicht schon dann überschritten, wenn über die mindestens erforderliche Sanierung hinaus weitere Arbeiten vergeben werden, die zwar noch nicht zwingend notwendig, aber doch vertretbar sind.573 Aus dem Sanierungsbeschluss muss jedoch hinreichend bestimmt hervorgehen, welche konkreten Maßnahmen getroffen werden sollen (s. Rz. 37a, 72a).574 Die Wohnungseigentümer können sich für eine preiswertere kurzfristige oder aber eine umfassende und dafür teurere,575 für eine sukzessive oder komplette Sanierung entscheiden.576 Dabei kann es sogar ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, aus wirtschaftlichen Gründen, keine schadensbeseitigenden Maßnahmen zu ergreifen oder diese zurückzustellen.577 In einem sog. Vorbereitungsbeschluss kann auch entscheiden werden, zunächst weitere Maßnahmen zur Bestandsaufnahme zu treffen, bevor endgültig über die Sanierung beschlossen wird.578 Wird beschlossen, Fenster zu reparieren, so folgt daraus kein Anspruch auf eine energetische Modernisierung der Fenster.579 Werden Reinigungsarbeiten beschlossen (z.B. der Außenfenster), so besteht hinsichtlich des Reinigungsintervalls ein Ermessensspielraum, der bei einem zweijährigen Turnus noch eingehalten ist.580 Bei einer Balkonsanierung entspricht eine Änderung der Gefällerichtung zum Gebäude nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.581 Die Wohnungseigentümer haben dabei auch die grundrechtlich geschützten Interessen der einzelnen Sondereigentümer in die Abwägung einzustellen.582 Stehen mehrere Sanierungsarbeiten an, so kann durch eine „Prioritätenliste“ die Reihenfolge der durchzuführenden Maßnahmen festgelegt werden.583 Allerdings entspricht diese Vorgehensweise nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn eine solche Abwägungsentscheidung auch tatsächlich getroffen wird, die zunächst zurückgestellte Maßnahme nicht schlichtweg abgelehnt wird584 und wenn die Prioritätenliste laufend aktualisiert und erneut überprüft wird, damit bestimmte Maßnahmen nicht faktisch von der Umsetzung ausgeschlossen werden.585 Grundsätzlich bemisst sich der „Soll-Zustand“, der bei einer Instandsetzung oder Modernisierung des gemeinschaftlichen Eigentums erzielt bzw. erhalten werden soll nach den bei Errichtung des Gebäudes geltenden Baustandards.586 Grundlegende Um- oder Ausbauten (z.B. ein Dachgeschossausbau) begründen eine Pflicht zur Beachtung der aktuellen technischen Anforderungen; bei Sanierungsmaßnahmen, die der üblichen Instandsetzung oder Modernisierung

572 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (612) = ZfIR 2018, 553 (554) = MietRB 2018, 237 (Elzer); AG Hamburg-St. Georg v. 31.3.2017 – 980b C 42/16, ZMR 2017, 516 (517). 573 OLG Düsseldorf v. 18.1.1999 – 3 Wx 394/98, NZM 1999, 766 = WuM 1999, 352. 574 AG Dortmund v. 5.11.2015 – 513 C 22/15, ZMR 2016, 146 (147); AG Herne v. 3.1.2012 – 28 C 47/ 11, BeckRS 2012, 11870. 575 OLG Hamburg v. 2.1.2003 – 2 Wx 70/02, ZMR 2003, 441; AG Hamburg-Altona v. 12.4.2011 – 303C C 11/08, ZMR 2011, 906. 576 AG Hamburg-Altona v. 23.1.2013 – 303b C 24/12, ZMR 2013, 487; AG Hamburg-St. Georg v. 31.3.2017 – 980b C 42/16, ZMR 2017, 516 (517); AG Rheinbach v. 28.7.2017 – 5 C 158/16, ZMR 2017, 936 (937). 577 LG Köln v. 12.4.2010 – 29 T 72/09, ZMR 2010, 793. 578 LG Berlin v. 13.12.2016 – 85 S 23/15, ZMR 2017, 498 (499); LG München I v. 24.10.2016 – 36 S 6557/16, ZMR 2017, 187 (188). 579 LG Itzehoe v. 30.7.2013 – 11 S 55/12, ZMR 2013, 995. 580 LG Bamberg v. 17.3.2015 – 11 S 18/14, ZWE 2016, 31 = MietRB 2016, 79 (Heinemann). 581 AG Pinneberg v. 25.7.2017 – 60 C 17/15, ZMR 2017, 1022 (1023). 582 OLG Hamburg v. 3.1.2007 – 2 Wx 75/06, ZMR 2007, 476 (477). 583 AG München v. 6.4.2018 – 481 C 14480/17, ZMR 2018, 710 (712). 584 LG Stuttgart v. 18.11.2015 – 19 S 41/14, ZWE 2016, 185 = MietRB 2016, 288 (Dötsch). 585 OLG Hamburg v. 7.10.2009 – 2 Wx 58/09, MietRB 2010, 173 = NZM 2010, 521 (522). 586 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (613) = ZfIR 2018, 553 (555) = MietRB 2018, 237 (Elzer); zum Schallschutz BGH v. 16.3.2018 – V ZR 276/16, NZM 2018, 626 (627); BGH v. 27.2.2015 – V ZR 73/14, ZfIR 2015, 391; BGH v. 1.6.2012 – V ZR 195/11, ZfIR 2012, 641.

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 76b § 21

des Sondereigentums dienen, kann ein verbesserter Zustand nicht beansprucht werden.587 Dies bedeutet aber nicht, dass in älteren oder einfachen Bauten gravierende Mängel hingenommen werden müssten, die die zweckentsprechende Nutzung des Sondereigentums erheblich beeinträchtigen würden. Bei Vorliegen gravierender Mängel der Bausubstanz genügt die Instandsetzung aber nur dann den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn eine den allgemein anerkannten Stand der Technik sowie die Regeln der Baukunst beachtende Sanierung beschlossen wird; da DIN-Normen die Vermutung in sich tragen, dass sie den Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik wiedergeben, sind solche Sanierungen grundsätzlich DIN-gerecht auszuführen, es sei denn, eine DIN-Norm erweist sich im Einzelfall als überholt.588 Bestehen alternative Sanierungskonzepte, so besteht kein Anspruch auf Durchführung einer bestimmten Maßnahme, selbst wenn diese laut Sachverständigengutachten dem Stand der Technik und den aktuellen DIN-Normen entspricht.589 Der Beurteilungsspielraum der Gemeinschaft ist aber auf Null reduziert, wenn das Verschie- 76b ben von Erhaltungsmaßnahmen zu einer fortschreitenden Verschlechterung des Bauzustandes führen würde, mag die Sanierung auch eine hohe finanzielle Belastung darstellen.590 Maßgeblich hierfür sind zunächst die Vorgaben der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung, wobei sich das Gemeinschaftseigentum grundsätzlich in einem solchen baulichen Zustand befinden muss, dass das Sondereigentum zu dem in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Zweck genutzt werden kann.591 Bei gravierenden (auch anfänglichen) Mängeln des Gemeinschaftseigentums, die eine zweckentsprechende Nutzung erheblich beeinträchtigen, ist eine sofortige Instandsetzung geboten.592 Gleiches gilt, wenn bereits aufgrund von zwei Gutachten feststeht, dass eine Sanierung erforderlich ist und bereits beachtliche Bauschäden eingetreten sind.593 In diesem Fall rechtfertigt auch eine hohe Belastung einzelner Miteigentümer keine andere Beurteilung, denn § 21 Abs. 4, 5 Nr. 2 sehen – anders als § 22 Abs. 2 S. 2 – keine Billigkeitsschranke vor, so dass auch keine individuelle „Opfergrenze“ der Sanierungsnotwendigkeit entgegenstehen kann.594 Die in ihrer Nutzung beeinträchtigten Sondereigentümer können grundsätzlich auch nicht auf eine Anpassung der Gemeinschaftsordnung verwiesen werden, wenn damit eine erhebliche Nutzungsänderung ihrer Einheit verbunden wäre.595 Nur 587 BGH v. 16.3.2018 – V ZR 276/16, NZM 2018, 626 (627 f.). 588 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (614) = ZfIR 2018, 553 (556) = MietRB 2018, 237 (Elzer); BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, MDR 2013, 961 = MietRB 2013, 240 = NJW 2013, 2271 (2273); AG Charlottenburg v. 11.7.2012 – 72 C 42/12, BeckRS 2012, 15930; AG Hamburg v. 7.7.2015 – 22a C 17/15, ZMR 2016, 404; AG Hamburg-Blankenese v. 17.12.2014 – 539 C 18/14, ZMR 2015, 580 (581). 589 LG Berlin v. 1.11.2013 – 55 S 184/11, ZMR 2014, 467 (468); LG Hamburg v. 4.9.2015 – 318 S 75/14, ZMR 2016, 134; LG Hamburg v. 12.11.2014 – 318 S 74/14, ZMR 2015, 143 (144). 590 LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 91/12, MietRB 2013, 272 f. = ZMR 2013, 922; AG Hamburg v. 7.7.2015 – 22a C 17/15, ZMR 2016, 404; AG Schöneberg v. 28.9.2016 – 770 C 4/16, ZMR 2017, 688 (690); AG Stuttgart v. 29.02.2018 – 67 C 3653/17 WEG, WuM 2018, 233 (234) = MietRB 2018, 373 (Dötsch). 591 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (612) = ZfIR 2018, 553 (554) = MietRB 2018, 237 (Elzer). 592 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (612) = ZfIR 2018, 553 (554) = MietRB 2018, 237 (Elzer); BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, NZM 2015, 53 (54) = ZMR 2015, 241 (242) = ZfIR 2015, 19 (20) m. Anm. Greupner; LG Stuttgart v. 18.11.2015 – 19 S 41/14, ZWE 2016, 185 = MietRB 2016, 288 (Dötsch). 593 LG Hamburg v. 12.11.2014 – 318 S 74/14, ZMR 2015, 143 (144); AG Hamburg v. 12.12.2014 – 102d C 126/13, ZMR 2015, 575 (578). 594 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (614) = ZfIR 2018, 553 (556) = MietRB 2018, 237 (Elzer); BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, NZM 2015, 53 (54) = ZMR 2015, 241 (242) = ZfIR 2015, 19 (20) m. Anm. Greupner. 595 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (614) = ZfIR 2018, 553 (556) = MietRB 2018, 237 (Elzer).

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§ 21 Rz. 76b | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer ausnahmsweise und nur gegen eine entsprechende Entschädigung kommt eine solche Anpassung in Betracht.596 Ist allerdings das Ermessen nur hinsichtlich einer Teilmaßnahme auf Null reduziert, besteht keine Notwendigkeit und kein Anspruch auf eine Gesamtsanierung.597 76c Beispiele für sofortigen Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf sind:

– Massive Durchfeuchtung der Außen- und Innenwände im Fußpunkt bis zur Höhe von 1 Meter, die zu erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf Wohnkomfort, Gesundheit und Erscheinungsbild des Sondereigentums führen, ohne dass es bereits zu einer Schimmelbildung gekommen sein muss (BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, ZfIR 2018, 553 [555] = MietRB 2018, 237 [Elzer]; – Herstellung des erforderlichen Trittschallschutzes (AG Köln v. 16.10.2018 - 215 C 44/18, ZMR 2019, 153 [154]); – Abplatzen von Betonteilen der Balkone und Verwitterung der Holzbretter (AG Stuttgart v. 29.02.2018 – 67 C 3653/17 WEG, WuM 2018, 233 [234] = MietRB 2018, 373 [Dötsch]); – Wiederherstellung einer Abschlusstür des gemeinschaftlichen Eigentums (AG Spandau v. 7.11.2017 – 70 C 55/17, ZMR 2018, 638 [639]); – Instandsetzung einer teilweise eingestürzten Grenzstützmauer (AG Solingen v. 20.7.2018 – 15a C 31/17, ZMR 2019, 159 [160]);Die Instandsetzung von zwei Mehrschichtfiltern einschließlich Wasserspeicher und Steuerungsgerät für ein Schwimmbad, das ohne diese Maßnahmen nicht genutzt werden kann (LG Stuttgart v. 18.11.2015 – 19 S 41/14, ZWE 2016, 185 = MietRB 2016, 288 [Dötsch]); – Herstellung eines zweiten Rettungswegs aufgrund bevorstehender Ordnungsverfügung der Bauaufsichtsbehörde (AG Langenfeld v. 23.11.2016 – 64 C 23/16, ZMR 2017, 1017 [1018]); – Abriss einer baurechtswidrigen Balkonanlage (AG Langenfeld v. 23.11.2016 – 64 C 49/14, ZMR 2017, 1019 [1020]); – Sanierung einer Terrasse, die durch das Wurzelwerk eines Ahornbaums zerstört worden ist (AG Düsseldorf v. 5.9.2018 – 291a C 80/16, ZMR 2019, 74 [75]). cc) Erfordernis einer Kosten-Nutzen-Analyse 77 Eine Auftragsvergabe entspricht grundsätzlich nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung,

wenn zuvor (also vor Beschlussfassung über die Auftragsvergabe)598 mehrere599 (in der Re596 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NZM 2018, 611 (614) = ZfIR 2018, 553 (556) = MietRB 2018, 237 (Elzer). 597 LG Hamburg v. 11.3.2015 – 318 S 133/14, ZMR 2015, 784 (786). 598 LG Flensburg v. 2.2.2018 – 2 O 123/15, ZMR 2018, 428 (430); AG Charlottenburg v. 7.9.2017 – 72 C 32/17, ZMR 2018, 632; AG Hannover v. 18.9.2009 – 481 C 7986/09, ZMR 2010, 238 (239). 599 Eine bestimmte Mindestanzahl ist freilich nicht erforderlich, so dass auch die Einholung von drei oder weniger Angeboten genügen kann, vgl. OLG Köln v. 22.5.1997 – 16 Wx 114/97, NZM 1998, 820; LG Düsseldorf v. 22.10.2014 – 25 S 34/14, ZMR 2016, 795 (796); LG Düsseldorf v. 14.3.2013 – 19 S 88/12, MietRB 2013, 331 f. = NZM 2013, 795 (796); LG Frankfurt am Main v. 17.5.2018 – 213 S 26/17, ZMR 2018, 788; LG Hamburg v. 15.2.2012 – 318 S 119/11, ZMR 2012, 474 (475); LG Itzehoe v. 5.1.2018 – 11 S 1/17, NZM 2018, 574 = ZMR 2018, 626 (627) = MietRB 2019, 18 (Ott); LG München I v. 6.10.2014 – 1 S 21342/13, ZMR 2015, 147; AG Charlottenburg v. 7.9.2017 – 72 C 32/17, ZMR 2018, 632; AG Hamburg-Barmbek v. 6.3.2015 – 883 C 9/14, ZMR 2016, 810 (811); AG Hamburg - St. Georg v. 2.3.2018 – 9806 C 23/17, ZMR 2019,147 (148);AG Rosenheim v. 29.5.2008 – 9 C 446/08, ZMR 2008, 923 (924); AG Stade v. 16.1.2014 – 64 C 632/13, ZMR 2014, 494 (495); a.A. LG Berlin v. 2.2.2018 – 85 S 98/16 WEG, NZM 2018, 874; LG Dortmund v. 21.4.2015 – 1 S 445/14, ZMR 2015, 777 (778); LG Frankfurt am Main v. 17.5.2018 – 2-13 S 168/15, ZMR 2018, 791 (792); LG Frankfurt am Main v. 19.4.2017 – 2-13 S 2/17, ZMR 2017, 579; AG Hamburg v.

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 77 § 21

gel drei)600 Alternativ- oder Konkurrenzangebote eingeholt und geprüft wurden, um überteuerte Auftragsvergaben zu verhindern.601 Es muss sich um in ihrem Leistungsumfang vergleichbare Angebote handeln.602 Das bedeutet nicht, dass sie vom Leistungsumfang miteinander identisch sein müssen.603 Die Einholung der Angebote ist grundsätzlich Aufgabe des Verwalters (s. § 27 Rz. 23). Die Eigentümer können aber auch eigenständig Angebote einholen und in die Eigentümerversammlung einbringen; eine Obliegenheit oder Verpflichtung hierzu besteht allerdings nicht.604 Die Angebote sollten idealerweise mit der Ladung zur Eigentümerversammlung versandt werden,605 müssen aber erst in der Eigentümerversammlung zur Einsichtnahme vorliegen.606 Die Einsichtnahmemöglichkeit bei einem Wohnungseigentümer genügt nicht.607 Die Angebote müssen nicht notwendigerweise schriftlich vorliegen,608 es kann sogar ein mündliches Angebot genügen, sofern dessen Inhalt hinreichend nachvollzogen werden kann.609 Unzureichend ist es, wenn in der Eigentümerversammlung jeweils nur das „günstigste“ Angebot zur Einsichtnahme und zur Beschlussfassung vorgelegt wird.610 Es müssen alle wesentlichen Kostenpositionen erfasst sein, um den

600 601

602 603 604 605 606

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23.4.2018 – 22a C 280/17, ZMR 2018, 876 (878); LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (261); LG Karlsruhe v. 27.9.2011 – 11 S 219/09, ZWE 2012, 103, v. 8.8.2013 – 11 T 355/12, ZWE 2013, 417, v. 17.11.2015 – 11 S 38/15, NZM 2016, 240 (241); AG Dortmund v. 5.11.2015 – 513 C 22/15, ZMR 2016, 146; AG Recklinghausen v. 24.3.2017 – 91 C 43/16, ZMR 2018, 279 (280); AG Schwerin v. 5.10.2018 – 14 C 508/17, ZMR 2019, 86 (87); AG Wiesbaden v. 12.1.2018 – 92 C 1459/17, ZMR 2018, 385, die stets die Einholung von mindestens drei Angeboten fordert. Hierzu ausführlich AG Hamburg v. 23.4.2018 – 22a C 280/17, ZMR 2018, 876 (879 f.). BayObLG v. 23.5.2001 – 2Z BR 99/00, ZWE 2001, 366 (368); BayObLG v. 13.8.1998 – 2Z BR 97/98, NJW-RR 1999, 307 = NZM 1999, 280; KG v. 5.5.1993 – 24 W 1146/93, OLGZ 1994, 149 (151) = WE 1993, 311 (312); LG Berlin v. 2.2.2018 – 85 S 98/16 WEG, NZM 2018, 874; LG Frankfurt am Main v. 19.4.2017 – 2-13 S 2/17, ZMR 2017, 579 (580); LG Hamburg v. 18.1.2012 – 318 S 164/11, ZMR 2012, 388 = ZWE 2012, 285; LG Itzehoe v. 5.1.2018 – 11 S 1/17, NZM 2018, 574 = ZMR 2018, 626 (627) = MietRB 2019, 18 (Ott); LG Karlsruhe v. 8.8.2013 – 11 T 355/12, ZWE 2013, 417; AG Mitte v. 15.11.2016 – 22 C 25/16, ZMR 2017, 590; zweifelhaft daher AG Mainz v. 31.10.2013 – 73 C 67/12, ZMR 2014, 246 (248), das eine Einholung von Konkurrenzangeboten für überflüssig hält, wenn die Entscheidungsbefugnis zulässigerweise auf den Verwalter delegiert worden ist. LG Berlin v. 2.2.2018 – 85 S 98/16 WEG, NZM 2018, 874; LG Itzehoe v. 5.1.2018 – 11 S 1/17, NZM 2018, 574 = ZMR 2018, 626 (627) = MietRB 2019, 18 (Ott); LG München I v. 6.2.2014 – 36 S 9481/ 13, ZMR 2014, 668 (669); AG Augsburg v. 17.2.2016 – 31 C 1980/15, ZMR 2018, 79 (81). LG Koblenz v. 30.4.2018 – 2 S 67/16, ZMR 2018, 795 (796). A.A. AG Charlottenburg v. 7.9.2017 – 72 C 32/17, ZMR 2018, 632; AG Bonn v. 16.8.2018 – 27 C 52/18, ZMR 2018, 960 (962). AG Wiesbaden v. 12.1.2018 – 92 C 1459/17, ZMR 2018, 385. AG Hamburg-St. Georg v. 20.5.2018 – 980b C 38/17, ZMR 2019, 79 (81); AG München v. 18.10.2018 – 483 C 9323/17, ZMR 2019, 155 (156 f.); AG Schöneberg v. 20.6.2018 – 770 C 64/17, ZMR 2018, 956; AG Rheinbach v. 28.7.2017 – 5 C 158/16, ZMR 2017, 936; AG Schwerin v. 5.10.2018 – 14 C 508/17, ZMR 2019, 86 (87); weitergehend AG Augsburg v. 17.2.2016 – 31 C 1980/15, ZMR 2018, 79 (80); a.A. LG Frankfurt am Main v. 15.3.2018 – 2-13 S 6/16, BeckRS 2018, 13002 = MietRB 2019, 17 (Sommer); LG Köln v. 31.1.2013 − 29 S 135/12, ZMR 2013, 379 = ZWE 2013, 412 (413); AG Charlottenburg v. 7.9.2017 – 72 C 32/17, ZMR 2018, 632: die Angebote müssen vor der Versammlung den Eigentümern zur Prüfung übermittelt werden, zumindest wenn eine eingehende inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Unterlagen von grundlegender Bedeutung ist. AG Wiesbaden v. 12.1.2018 – 92 C 1459/17, ZMR 2018, 385. AG Hamburg-St. Georg v. 20.5.2018 – 980b C 38/17, ZMR 2019, 79 (81): E-Mail genügt; a.A. AG Wiesbaden v. 12.1.2018 – 92 C 1459/17, ZMR 2018, 385: Einsichtnahmemöglichkeit über das Display eines Mobiltelefons genügt nicht. LG Itzehoe v. 5.1.2018 – 11 S 1/17, NZM 2018, 574 (575) = ZMR 2018, 626 (627) = MietRB 2019, 18 (Ott). LG Frankfurt am Main v. 17.5.2018 – 2-13 S 168/15, ZMR 2018, 791 (793); AG Schwerin v. 5.10.2018 – 14 C 508/17, ZMR 2019, 86 (87).

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§ 21 Rz. 77 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer Eigentümern eine hinreichende Entscheidungsgrundlage zu bieten.611 Bei Vereinbarung eines Einheitspreisvertrags genügen die Angabe des Preises und der ausgeführten Mengen und Massen, ein Endpreis muss nicht angegeben werden.612 Hiervon kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn etwaige Angebotsmängel durch eine einfache Rechenoperation (z.B. Verdopplung des Auftragsvolumens) beseitigt werden können, auch wenn sie möglicherweise zu unterschiedlichen Rabattierungen führen.613 Fehlt es an einer konkreten Bezifferung der Kosten und an einer Kostendeckelung, so ist der Beschluss zu unbestimmt.614 Etwaige Ausführungsalternativen sind unschädlich, wenn sie sich nach Maßgabe bestimmter Parameter leicht ermitteln lassen und lediglich die Preisgestaltung betreffen.615 Bei durch das öffentliche Recht vorgegebenem Leistungsumfang genügt die Übersendung des Preisspiegels der Angebote, eine genaue Aufstellung des Leistungsumfangs oder eine Übersendung der Angebote an alle Eigentümer ist nicht erforderlich.616 Eine öffentliche Ausschreibung nach Maßgabe der VOB/A ist nicht erforderlich.617 77a Ist das vorgelegte Angebot schon älter, so kann es einer Beschlussfassung über die Auftrags-

vergabe nur zugrunde gelegt werden, wenn zwischenzeitlich keine erheblichen Änderungen eingetreten sein können.618 Von der Einholung weiterer Angebote kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn davon auszugehen ist, dass das Sanierungskonzept nur von einem besonders vertrauten Fachunternehmen durchgeführt werden kann,619 wenn feststeht, dass kein günstigeres Angebot zustande kommen wird,620 wenn sich durch die Änderung keine gravierenden preislichen oder technischen Änderungen ergeben621 oder wenn es sich um eine Bagatellmaßnahme handelt.622 Bei Gesamtkosten von 3.000 Euro ist die Bagatellgrenze überschritten,623 auch wenn es sich um diverse Einzelaufträge handelt, für die für sich betrachtet

611 LG Itzehoe v. 5.1.2018 – 11 S 1/17, NZM 2018, 574 (575) = ZMR 2018, 626 (627) = MietRB 2019, 18 (Ott). 612 AG Charlottenburg v. 7.9.2017 – 72 C 32/17, ZMR 2018, 632 (633). 613 LG Itzehoe v. 5.1.2018 – 11 S 1/17, NZM 2018, 574 (575) = ZMR 2018, 626 (627) = MietRB 2019, 18 (Ott). 614 LG Bonn v. 19.5.2016 – 29 S 219/15, ZMR 2016, 794; AG Hamburg-Blankenese v. 18.5.2016 – 539 C 32/15, ZMR 2016, 492 (493); AG Herne v. 17.8.2017 – 28 C 52/16, ZMR 2017, 1014 (1015). 615 LG Rostock v. 1.12.2017 – 1 S 86/17, ZMR 2018, 368 (369). 616 LG München I v. 6.10.2014 – 1 S 21342/13, ZMR 2015, 147 (148). 617 OLG Köln v. 2.4.2003 – 16 Wx 50/03, ZMR 2004, 148. 618 Vgl. AG Dortmund v. 10.12.2015 – 514 C 108/14, ZMR 2016, 233 (236); AG Rosenheim v. 21.6.2017 – 8 C 34/16, ZMR 2017, 847 (850); weitergehend LG Berlin v. 8.5.2018 – 85 S 49/17, ZMR 2018, 849 (850): die Unwägbarkeit, dass wegen einer Angebotsveränderung ein erneuter Beschluss gefasst werden muss, steht nicht entgegen. 619 LG Hamburg v. 21.10.2015 – 318 S 3/15, ZMR 2016, 135 (137); LG Hamburg v. 12.11.2014 – 318 S 74/14, ZMR 2015, 143 (144). 620 OLG München v. 17.2.2009 – 32 Wx 164/08, NZM 2009, 821 (822). 621 LG Itzehoe v. 5.1.2018 – 11 S 1/17, NZM 2018, 574 (575) = ZMR 2018, 626 (627) = MietRB 2019, 18 (Ott). 622 LG Frankfurt am Main v. 17.5.2018 – 2-13 S 26/17, ZMR 2018, 788: 800 Euro bei einem Gesamtvolumen des Wirtschaftsplans von 23.000 Euro; LG Karlsruhe v. 17.11.2015 – 11 S 38/15, NZM 2016, 240 (241); AG Kiel v. 15.9.2010 – 118 C 175/10, ZMR 2011, 842 (843): Wartung von Rauchwarnmeldern; AG Schwerin v. 5.10.2018 – 14 C 508/17, ZMR 2019, 86 (87). 623 LG Frankfurt v. 19.4.2017 – 2-13 S 2/17, ZMR 2017, 579 (580); LG Hamburg v. 15.2.2012 – 318 S 119/11, ZMR 2012, 474 (475); LG München I v. 6.2.2014 − 36 S 9481/13 WEG, ZWE 2014, 416; AG Hamburg-Blankenese v. 7.6.2017 – 539 C 33/16, ZMR 2018, 675 (677); AG Charlottenburg v. 3.5.2018 – 72 C 15/18, ZMR 2018, 873 (874); AG Charlottenburg v. 7.9.2017 – 72 C 32/17, ZMR 2018, 632 (633); AG Mitte v. 15.11.2016 – 22 C 25/16, ZMR 2017, 590; AG Schöneberg v. 14.6.2018 – 772 C 73/17, ZMR 2018, 870 (871); AG Hamburg v. 23.4.2018 – 22a C 280/17, ZMR 2018, 876 (879); großzügiger LG Dortmund v. 21.4.2015 – 1 S 445/14, ZMR 2015, 777 (778): erst ab Kosten

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 77b § 21

nicht zwingend Alternativangebote einzuholen sind.624 Bei einer kleinen Gemeinschaft kann die Kleinbetragsgrenze auch niedriger liegen.625 Wird eine Nachtragsbeauftragung erforderlich, so kann die Einholung erneuter Angebote entbehrlich sein, wenn der laufende Auftrag eine nachträgliche Beauftragung als wirtschaftlich sinnvoll erscheinen lässt und die Auftragsbedingungen (insbesondere das zu entrichtende Entgelt) unverändert bleiben.626 Eine dringend erforderliche, auch angesichts drohenden behördlichen Einschreitens keinen weiteren Aufschub duldende Sanierungsmaßnahme kann eine direkte Auftragsvergabe ohne Einholung von Konkurrenzangeboten gebieten, wenn die anteilige Kostenlast der einzelnen Wohnungseigentümer nicht weiter ins Gewicht fällt.627 An die Dringlichkeit sind hohe Anforderungen zu stellen, um den Eigentümern nicht die Möglichkeit einer fundierten und sachgerechten Entscheidung zu nehmen.628 Eine solche Maßnahme liegt nicht vor, wenn genügend Zeit verbleibt, vor der Eigentümerversammlung Alternativangebote einzuholen.629 Soweit zur Abwendung eines Schadens zunächst provisorische Maßnahmen ausreichend sind, dürfen nur solche ohne Einholung von Alternativangeboten beschlossen werden, nicht aber weitergehende Maßnahmen (z.B. eine komplette Dachsanierung anstatt einer vorübergehenden Dachabdichtung).630 Im Ergebnis muss nicht notwendigerweise dem „billigsten“ (= wohlfeilsten, günstigsten) An- 77b bieter der Auftrag erteilt werden,631 entscheidend ist vielmehr, welche Maßnahme nach Abwägung im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse den größten Erfolg unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit verspricht.632 Anspruch auf eine bestimmte Sanierungsweise besteht nur, wenn sich das Auswahlermessen der Gemeinschaft insoweit auf Null reduziert hat,633 wofür den Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast trifft.634 In jedem Fall müssen die Eigentümer vor der Beschlussfassung über alle relevanten Umstände und Folgen der geplanten

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in Höhe von 5.000 Euro; das AG Hamburg-St. Georg v. 20.5.2018 – 980b C 38/17, ZMR 2019, 79 (80 f.) lässt Gesamtkosten von 3.000 Euro genügen. LG Karlsruhe v. 8.8.2013 – 11 T 355/12, ZWE 2013, 417. Vgl. LG Frankfurt am Main v. 19.4.2017 – 2-13 S 2/17, ZMR 2017, 579 (580). LG Berlin v. 8.5.2018 – 85 S 49/17, ZMR 2018, 849 (850); AG Charlottenburg v. 7.9.2017 – 72 C 32/17, ZMR 2018, 632 (633). LG Düsseldorf v. 14.3.2013 – 19 S 88/12, MietRB 2013, 331 f. = NZM 2013, 795 (796); LG Frankfurt am Main v. 17.5.2018 – 2-13 S 168/15, ZMR 2018, 791 (792 f.), was bei einem Kostenumfang von 90.000 Euro nicht der Fall ist; LG Itzehoe v.9.8.2016 – 11 S 9/15, ZMR 2017, 184 (187); AG Mitte v. 15.11.2016 – 22 C 25/16, ZMR 2017, 590 (591). LG Frankfurt am Main v. 17.5.2018 – 2-13 S 168/15, ZMR 2018, 791 (793). LG Frankfurt am Main v. 17.5.2018 – 2-13 S 168/15, ZMR 2018, 791 (793); AG Mitte v. 15.11.2016 – 22 C 25/16, ZMR 2017, 590 (591). LG Frankfurt am Main v. 17.5.2018 – 2-13 S 168/15, ZMR 2018, 791 (793). BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, NZM 2016, 132 (134) = ZfIR 2016, 276 (279) = MietRB 2016, 41 (Abramenko); OLG Schleswig v. 31.5.2018 – 7 U 40/18, ZMR 2018, 693 (694); LG Itzehoe v. 5.1.2018 – 11 S 1/17, NZM 2018, 574 = ZMR 2018, 626 (627) = MietRB 2019, 18 (Ott); LG Karlsruhe v. 8.8.2013 – 11 T 355/12, ZWE 2013, 417; LG Koblenz v. 30.4.2018 – 2 S 67/16, ZMR 2018, 795 (796); AG Charlottenburg v. 25.11.2016 – 73 C 39/16, ZMR 2017, 510 (511); AG Hamburg v. 23.4.2018 – 22a C 280/17, ZMR 2018, 876 (878); AG Hamburg-St. Georg v. 31.3.2017 – 980b C 42/ 16, ZMR 2017, 516 (517). BayObLG v. 27.7.1989 – BReg.2 Z 68/89, NJW-RR 1989, 1293; BayObLG v. 13.8.1998 – 2Z BR 97/ 98, NJW-RR 1999, 307 = NZM 1999, 280; BayObLG v. 11.4.2002 – 2Z BR 85/01, NZM 2002, 564 (566). LG Hamburg v. 8.11.2017 – 318 S 88/14, ZMR 2018, 256 (257 f.); LG Hamburg v. 4.9.2015 – 318 S 75/14, ZMR 2016, 134; LG Hamburg v. 12.11.2014 – 318 S 74/14, ZMR 2015, 143 (144); LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 91/12, MietRB 2013, 272 f. = ZMR 2013, 922; AG Pinneberg v. 25.7.2017 – 60 C 17/15, ZMR 2017, 1022 (1023). LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 81/12, ZMR 2013, 739.

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§ 21 Rz. 77b | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer Maßnahme aufgeklärt worden sein.635 Eine bisherige Übung, stets denselben Vertragspartner auszuwählen, getreu dem Motto „bekannt und bewährt“, ist kein Kriterium, dass im Rahmen der Kosten-Nutzen-Analyse das Wirtschaftlichkeitsgebot für sich allein übertrumpfen kann.636 Das Interesse, die Arbeiten aus einer Hand erledigen zu lassen, kann ebenfalls zu berücksichtigen sein; dabei dürfen aber deutlich günstigere Angebote nicht ignoriert werden, wenn das umfassende Angebot nicht zum Festpreis erbracht wird.637 Können Kosten für einen weiteren Gerüstaufbau erspart werden, kann die gleichzeitige Sanierung von Dach und Fassade ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen.638 77c Auch die Auftragsvergabe an einen Wohnungseigentümer kann ordnungsgemäß sein.639 Dies

ist allerdings dann nicht mehr der Fall, wenn dieser Eigentümer zur beherrschenden Mehrheit gehört und die Auftragsvergabe ohne vorherige Einholung von Vergleichsangeboten erfolgte.640 Möglich ist auch, die Instandsetzung im Wege der Selbstvornahme oder durch Eigenleistungen der Wohnungseigentümer zu gestatten, nur eine Verpflichtung hierzu wäre unwirksam (s. Rz. 57). Sollen die Wohnungseigentümer hierfür eine Entschädigung aus dem Verwaltungsvermögen erhalten, müssen diese Zahlungen zu den erbrachten Leistungen konkretisiert werden.641 Da weder die Eigentümer noch der Verwalter zur Bauleitung verpflichtet sind (s. § 27 Rz. 24a), kann die Einschaltung eines Fachmanns (z.B. eines Architekten) zur Bauleitung und Bauüberwachung beschlossen werden. Dies ist bei umfangreichen Arbeiten sogar geboten, wenn die Verwaltung über keinen technischen Dienst verfügt.642 Ebenfalls ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht es, einen Sachverständigen mit der Begutachtung etwaiger Schäden am Gemeinschaftseigentum nach Durchführung einer Baumaßnahme zu beauftragen, auch wenn sich die Baumaßnahme in erster Linie auf das Sondereigentum bezog.643 In diesem Zusammenhang müssen aber regelmäßig Vergleichsangebote eingeholt werden (s. Rz. 77, 105) sowie der Umfang der Arbeiten und eine Kostenobergrenze festgelegt werden, die Angabe eines bloßen Stundenhonorars genügt nicht.644 77d Der Beschluss muss erkennen lassen, welches konkrete Angebot angenommen werden

soll,645 es sei denn, eine bereits umgesetzte Maßnahme soll genehmigt werden.646 Hierzu ist regelmäßig erforderlich, aber auch ausreichend, das anzunehmende Angebot als Anlage zur Versammlungsniederschrift zu nehmen.647 Nicht erforderlich ist, dass im Protokoll selbst Da635 AG München v. 4.7.2011 – 485 C 28220/10, ZMR 2012, 56 (57). 636 LG Koblenz v. 30.4.2018 – 2 S 67/16, ZMR 2018, 795 (796); a.A. AG Charlottenburg v. 3.5.2018 – 72 C 15/18, ZMR 2018, 873 (874). 637 AG Mettmann v. 21.3.2017 – 26 C 23/16, ZMR 2017, 518 (519). 638 LG Berlin v. 16.6.2017 – 55 S 76/15, ZMR 2018, 347 (348). 639 BayObLG v. 13.8.1998 – 2Z BR 97/98, NJW-RR 1999, 307 = NZM 1999, 280; AG Krefeld v. 15.12.2017 – 13 C 22/17, ZMR 2018, 378 (379) = MietRB 2018, 115 (Schultzky); Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 29. 640 KG v. 5.5.1993 – 24 W 1146/93, OLGZ 1994, 149 (151) = WE 1993, 311 (312). 641 AG Dortmund v. 12.11.2015 – 514 C 71/14, ZMR 2016, 651 (652). 642 LG Düsseldorf v. 22.10.2014 – 25 S 34/14, ZMR 2016, 795 (796). 643 AG Schöneberg v. 29.6.2018 – 771 C 99/17, ZMR 2018, 958. 644 AG München v. 31.8.2016 – 481 C 6343/16 WEG, ZMR 2017, 201 = MietRB 2017, 80 (Tank). 645 LG Frankfurt am Main v. 7.6.2018 – 2-13 S 88/17, NZM 2018, 871 (872); LG Hamburg v. 2.3.2011 – 318 S 193/10, ZMR 2011, 387 (388); LG Itzehoe v. 19.7.2016 – 11 S 113/15, ZMR 2016, 904 (905); LG Rostock v. 1.12.2017 – 1 S 86/17, ZMR 2018, 368 (369); AG Hamburg-Blankenese v. 18.5.2016 – 539 C 32/15, ZMR 2016, 492 (493); AG Lahnstein v. 4.4.2018 – 21 C 2/17, ZMR 2018, 962 (964); AG Schwerin v. 15.7.2016 – 14 C 436/15, ZMR 2016, 916 (918). 646 AG Hamburg-Blankenese v. 27.7.2016 – 539 C 44/15, ZMR 2016, 910 (911). 647 AG Schöneberg v. 20.6.2018 – 770 C 64/17, ZMR 2018, 956; AG Dortmund v. 5.11.2015 – 513 C 22/15, ZMR 2016, 146 (147); AG Hamburg-Blankenese v. 18.5.2016 – 539 C 32/15, ZMR 2016, 492 (493); AG Herne v. 17.8.2017 – 28 C 52/16, ZMR 2017, 1014 (1015); AG München v. 6.4.2018 – 481 C 14480/17, ZMR 2018, 710 (712).

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 78 § 21

tum und Auftragsnummer des Angebots bezeichnet werden.648 Ausreichend ist, dass sich aus dem Angebot der Bauzeitenplan, die Baugenehmigung und die Baubeschreibung ergeben.649 Die Bezugnahme auf einen Maßnahmenkatalog, einen Preisspiegel oder eine Kostenübersicht genügt hingegen nicht.650 Im Beschluss über die Auftragsvergabe muss klargestellt sein, nach welchen rechtlichen Regelungen die Werkleistungen ausgeführt werden (BGB oder VOB/B).651 Neben der bloßen Auftragsvergabe muss auch entscheiden werden, wie die zur Sanierung er- 78 forderlichen Mittel aufzubringen sind (s. Rz. 106d).652 Der Finanzierungsbeschluss kann einer späteren Beschlussfassung vorbehalten bleiben,653 sofern nicht eine sofortige Liquidität der Gemeinschaft erforderlich ist.654 Die Kosten der Maßnahmen sind regelmäßig der gem. Abs. 5 Nr. 4 gebildeten Instandhaltungsrücklage zu entnehmen (s. Rz. 97). Sind mehrere Rücklagen vorhanden muss erkennbar sein, welche Rücklage angegriffen werden soll.655 Bei kostenaufwendigen Reparaturarbeiten können die Wohnungseigentümer aber nach pflichtgemäßem Ermessen auch eine Sonderumlage beschließen (s. Rz. 95).656 Die wirtschaftlichen Interessen der Eigentümer sind ausreichend gewahrt, wenn diesen vor der endgültigen Auftragsvergabe bewusst war, dass sie Eigenmittel einsetzen oder Fremdmittel aufnehmen müssen.657 Die Kostenverteilung richtet sich grundsätzlich nach dem vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel, ansonsten nach Miteigentumsanteilen, es sei denn, die Wohnungseigentümer beschließen zugleich eine abweichende Kostenverteilung.658 § 16 Abs. 4 sieht nunmehr die durch Vereinbarung nicht abdingbare (vgl. § 16 Abs. 5) Möglichkeit vor, die Kostenverteilung durch Dreiviertel-Mehrheit nach Maßgabe des tatsächlichen bzw. potentiellen Gebrauchs zu bestimmen (ausführlich dazu § 16 Rz. 68 ff.). Dabei können auch einzelnen Sondereigentümern die Kosten auferlegt werden, wenn die Maßnahme allein in deren Interesse erfolgt.659 Zahlt ein Wohnungseigentümer einen größeren Betrag für Instandsetzungsarbeiten, um die Auftragsvergabe zu beschleunigen, so liegt hierin kein Darlehensvertrag.660 Eine Rückforderung kommt nur nach Bereicherungsrecht in Betracht.661 648 LG Dortmund v. 31.1.2017 – 1 S 99/16, ZMR 2018, 60 (61); AG Pinneberg v. 25.9.2018 – 60 C 3/ 18, ZMR 2019, 83 (85). 649 AG Leipzig v. 11.5.2015 – 150 C 3270/14, ZMR 2017, 102 (103). 650 AG Charlottenburg v. 12.8.2015 – 75 C 26/15, ZMR 2017, 334 (335); AG Lahnstein v. 4.4.2018 – 21 C 2/17, ZMR 2018, 962 (964). 651 AG Hamburg-Blankenese v. 17.12.2014 – 539 C 18/14, ZMR 2015, 580 (581). 652 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, NZM 2015, 53 (54 f.) = ZMR 2015, 241 (242) = ZfIR 2015, 19 (21) m. Anm. Greupner; LG Dortmund v. 1.4.2014 – 1 S 178/13, ZMR 2014, 815; LG Hamburg v. 2.3.2011 – 318 S 193/10, ZMR 2011, 387 (388); LG Rostock v. 1.12.2017 – 1 S 86/17, ZMR 2018, 368 (369); AG Friedberg v. 16.5.2018 – 2 C 1072/16, ZMR 2018, 802 (803); AG Lahnstein v. 4.4.2018 – 21 C 2/17, ZMR 2018, 962 (964). 653 LG Rostock v. 1.12.2017 – 1 S 86/17, ZMR 2018, 368 (370); AG Charlottenburg v. 3.5.2018 – 72 C 15/18, ZMR 2018, 873 (874). 654 AG Hamburg-Blankenese v. 2.4.2014 – 539 C 26/13, ZMR 2016, 312 (314); a.A. LG Hamburg v. 7.6.2017 – 318 S 88/15, ZMR 2018, 254 (255). 655 LG Braunschweig v. 24.8.2018 – 6 S 15/18, ZMR 2019, 139 (140). 656 BGH v. 23.6.2017 – V ZR 102/16, ZWE 2017, 367 (369) = MietRB 2017, 324 (Heinemann); BayObLG v. 22.9.2004 – 2Z BR 142/04, MietRB 2005, 153 = NZM 2005, 747; OLG Schleswig v. 6.8.1997 – 2 W 89/97, NJW-RR 1998, 15; LG Berlin v. 16.6.2017 – 55 S 76/15, ZMR 2018, 347 (348). 657 LG Berlin v. 16.6.2017 – 55 S 76/15, ZMR 2018, 347 (348); LG Hamburg v. 7.6.2017 – 318 S 88/15, ZMR 2018, 254 (255). 658 OLG Düsseldorf v. 19.2.2008 – 3 Wx 1/08, NZM 2008, 529 (530). 659 OLG Düsseldorf v. 19.2.2008 – 3 Wx 1/08, NZM 2008, 529 (530); vgl. LG Hamburg v. 29.12.2010 – 318 S 206/09, ZMR 2011, 580 (583); a.A. LG Hamburg v. 8.11.2017 – 318 S 88/14, ZMR 2018, 256 (257). 660 LG München I v. 12.5.2016 – 36 S 8135/15, ZMR 2016, 804. 661 LG München I v. 12.5.2016 – 36 S 8135/15, ZMR 2016, 804 f.

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§ 21 Rz. 78a | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer h) Folgenbeseitigung 78a Ist ein Beschluss über Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen für ungültig erklärt

worden, so steht dem einzelnen Miteigentümer ein Anspruch auf Beseitigung der entstandenen Folgen zu, soweit diese noch umkehrbar sind.662 Über die konkrete Umsetzung der Folgenbeseitigung beschließt die Gemeinschaft, wobei ihr hierbei ein Beurteilungsspielraum zusteht.663 Soweit das Ermessen nicht auf Null reduziert ist, besteht kein Anspruch des einzelnen Miteigentümers auf Vornahme einer bestimmten Maßnahme oder auf Fassung eines Grundlagenbeschlusses, z.B. auf Rückführung der Gelder in die Instandhaltungsrückstellung.664 Vor Erhebung einer Leistungsklage muss die Eigentümergemeinschaft mit der Folgenbeseitigung befasst werden, ansonsten fehlt der Klage das Rechtsschutzbedürfnis.665 Ist die Maßnahme nicht mehr umkehrbar und ist dem betroffenen Miteigentümer hierdurch ein Schaden entstanden, so kann er ggf. Schadensersatz verlangen.666 Ein Beschluss, der den Ersatz von Aufwendungen vorsieht, die die Gemeinschaft hätte tätigen müssen, ist zu unbestimmt, wenn unklar bleibt, welche Eigentümer welche Beträge ersetzt bekommen; die Entscheidung hierüber kann nicht dem Verwalter anheim gegeben werden.667 i) Besonderheiten bei vermieteten Räumen 79 Besondere Probleme ergeben sich bei vermieteten Räumen. Der Miteigentümer als Vermieter

hat dem Mieter die Mietsache in mangelfreiem Zustand zu überlassen, insbesondere schuldet er die Instandhaltung und Instandsetzung der Mieträume. Soweit die Mängel vom Gemeinschaftseigentum ausgehen, ist der Vermieter jedoch nicht in der Lage, die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen alleine durchzuführen, er benötigt hierzu vielmehr die Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer. Dennoch liegt keine Unmöglichkeit der Mängelbeseitigung vor (§ 275 BGB), so dass der Mieter den Vermieter auf Herstellung des ordnungsmäßigen Zustands verklagen kann.668 Es ist dann Sache des Vermieters, den nach Abs. 5 Nr. 2 erforderlichen Beschluss der Eigentümerversammlung herbeizuführen. Der Mieter kann den erstrittenen Titel nach § 888 ZPO vollstrecken.669

4. Abschluss von Versicherungen (Nr. 3) a) Allgemeines 80 Zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung gehört die Versicherung des gemeinschaftlichen Ei-

gentums gegen Feuer sowie die angemessene Versicherung der Wohnungseigentümer gegen Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht. Es handelt sich um den beispielhaft aufgezählten „Mindestversicherungsschutz“. Daraus ergibt sich, dass diese Aufzählung keinesfalls abschießend ist.670 Die Wohnungseigentümer können also im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung weiteren und weitergehenden Versicherungsschutz beschließen. Sie sind hierzu auf Antrag jedes Eigentümers (Abs. 4) verpflichtet, wenn ein entsprechender Versicherungsschutz zur ord662 LG München I v. 9.5.2016 – 1 S 13988/15, ZMR 2016, 731 (732) = MietRB 2017, 13 (Elzer); AG Hamburg-St. Georg v. 31.8.2018 – 980b C 7/18, ZMR 2019, 77; AG Rosenheim v. 14.3.2017 – 8 C 547/17, ZMR 2017, 439 (441). 663 LG München I v. 9.5.2016 – 1 S 13988/15, ZMR 2016, 731 (732) = MietRB 2017, 13 (Elzer). 664 LG München I v. 9.5.2016 – 1 S 13988/15, ZMR 2016, 731 (732 f.) = MietRB 2017, 13 (Elzer). 665 AG Hamburg-St. Georg v. 31.8.2018 – 980b C 7/18, ZMR 2019, 77 f. 666 AG Rosenheim v. 14.3.2017 – 8 C 547/17, ZMR 2017, 439 (441). 667 LG Dortmund v. 20.9.2016 – 1 S 434/15, ZMR 2017, 911 (912). 668 KG v. 25.6.1990 – 8 REMiet 2634/90, ZMR 1990, 336 (337 f.). 669 LG Berlin GE 1989, 113 (115). 670 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 133.

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 82 § 21

nungsmäßigen Verwaltung gehört.671 Die Norm hat aber keinen drittschützenden Charakter, so dass Dritte (z.B. Mieter) hieraus keine Anspruchsgrundlage herleiten können.672 Die Norm kann durch Vereinbarung vollständig abbedungen werden.673 b) Umfang der Versicherung Die Versicherungen müssen sich nur auf Schäden, die dem Gemeinschaftseigentum drohen, 81 und Gefahren, die von ihm ausgehen, beziehen.674 Da Versicherungsunternehmen jedoch Versicherungen für das gesamte Wohnungseigentum (einschließlich des Sondereigentums) anbieten, ist in der Praxis das Sondereigentum meistens mitversichert.675 Eine Pflicht zur Versicherung des Sondereigentums besteht nur ausnahmsweise, kann sich aber aus § 14 Nr. 1 ergeben, wenn z.B. ein Sondereigentümer im Keller einen Öltank aufgestellt hat.676 Ansonsten sollte durch Vereinbarung (insbesondere in der Gemeinschaftsordnung) festgelegt werden, dass die Miteigentümer verpflichtet sind, auch das Sondereigentum zu versichern.677 Ist das Sondereigentum zusammen mit dem gemeinschaftlichen Eigentum versichert, so folgt hieraus keine Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht der Gemeinschaft und des Verwalters bezüglich des mitversicherten Sondereigentums.678 Fraglich ist, ob der neue Abs. 7 eine unterschiedliche Kostenverteilung der Versicherungsprämie ermöglicht, wenn dadurch auch ein besonders aufwendig ausgestattetes Sondereigentum letztlich von den anderen Miteigentümern auf deren Kosten mitversichert wird (s. hierzu Rz. 121). Zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehört auch die Auswahl der Versicherungsgesellschaft und die Entscheidung darüber, ob und in welcher Höhe ein Selbstbehalt mit der Versicherung vereinbart werden soll.679 c) Aufgaben und Befugnisse des Verwalters Der Verwalter ist nach § 27 weder verpflichtet noch berechtigt, in Bezug auf Versicherungen 82 tätig zu werden, darf also einen Versicherungsvertrag nicht eigenmächtig abschließen, aber auch nicht kündigen.680 Er benötigt hierzu einen entsprechenden Ermächtigungsbeschluss der Wohnungseigentümer, § 27 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 7.681 Im Rahmen seiner Pflicht nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 obliegt ihm auch die Prüfung, ob die erforderlichen Versicherungen abgeschlossen sind. Er hat die Wohnungseigentümer notfalls auf den fehlenden Versicherungsschutz hinzuweisen und unverzüglich eine Beschlussfassung der Eigentümer herbeizuführen.682 Die Auswahl des Versicherungsunternehmens obliegt nicht dem Verwalter, son671 672 673 674 675 676 677 678

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Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 232. BayObLG WE 1991, 140; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 133. Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 36. Vgl. KG v. 9.10.1991 – 24 W 1484/91, OLGZ 1992, 318 (319) = NJW-RR 1992, 150. Dötsch, NZM 2018, 354. OLG Braunschweig OLGZ 1966, 571 (573); Stürner in Soergel, BGB, § 21 WEG Rz. 8; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 111. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 134; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 232. BayObLG v. 3.4.1996 – 2Z BR 5/96, BayObLGZ 1996, 84 (88) = NJW-RR 1996, 1298; BayObLG v. 29.1.1998 – 2Z BR 53/97, NZM 1998, 583 = ZMR 1998, 356 (359); KG v. 9.10.1991 – 24 W 1484/ 91, OLGZ 1992, 318 (319) = NJW-RR 1992, 150; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 134; Dötsch, ZMR 2014, 169 (172). Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 135. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 137; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 108. Dötsch, NZM 2018, 354 (355); Dötsch, ZMR 2013, 785; anders AG Offenbach v. 17.8.2011 – 310 C 106/10, ZMR 2013, 149 (ohne Begründung). Vgl. LG Hamburg v. 29.12.2010 – 318 S 120/10, ZMR 2011, 497 (498) auch zu der Frage, inwieweit der Verwalter auf eine Weisung des Verwaltungsbeirats zur Nichtweiterführung der Versicherung vertrauen darf.

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§ 21 Rz. 82 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer dern den Wohnungseigentümern, denen – wie sonst auch bei Abschluss von Verträgen (s. Rz. 77, 105) – entsprechende Vergleichsangebote zur Entscheidung vorgelegt werden müssen, damit sie im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse eine Auswahl treffen können.683 Soweit dem Verwalter durch entsprechende Beschlussfassung Vertretungsmacht eingeräumt worden ist, hat er umgehend für eine vorläufige Deckung des Risikos zu sorgen. Fehlt der Versicherungsschutz völlig, so hat der Verwalter zumindest für eine vorläufige Deckung zu sorgen, § 27 Abs. 1 Nr. 3.684 Der Vertragsschluss kommt zwischen dem Versicherungsunternehmen und der Gemeinschaft zustande,685 auch soweit Risiken Dritter (also insbesondere das Sondereigentum) mitversichert sind. Schließt eine Wohnungseigentümergemeinschaft für das gesamte Gebäude eine Gebäudeversicherung ab, handelt es sich – mit Ausnahme von etwaigem Verbandseigentum – um eine solche Versicherung auf fremde Rechnung: Versicherungsnehmer ist der gem. § 10 Abs. 6 Satz 1, 2 rechtsfähige Verband, während Versicherte die einzelnen Wohnungseigentümer sind, und zwar sowohl für ihren ideellen Anteil am Gemeinschaftseigentum als auch für ihr Sondereigentum.686 Versicherungsprovisionen, die der Verwalter für den erfolgreichen Vertragsabschluss erhält, hat er an die Gemeinschaft herauszugeben.687 Zu einer Kündigung des Versicherungsvertrags bedarf der Verwalter ebenfalls eines Ermächtigungsbeschlusses,688 sofern es sich nicht ausnahmsweise um eine Notmaßnahme handelt (s. § 27 Rz. 34a). d) Feuerversicherung 83 Die Feuerversicherung ist zum Neuwert abzuschließen (vgl. § 93 VVG). Sachgerecht er-

scheint nur eine sog. „gleitende Neuwertversicherung“.689 Auf diese Weise soll ein Wiederaufbau des Gebäudes ermöglicht werden. Die Wohnungseigentümer können hiervon abweichend vereinbaren (nicht beschließen!),690 dass die Feuerversicherung lediglich zum Verkehrswert erfolgen soll (§ 88 VVG), was sich dann empfiehlt, wenn sie ohnehin keine Wiederaufbauverpflichtung vereinbart haben. Mit der Feuerversicherung sind grundsätzlich die durch Brand, Explosion oder Blitzschlag entstehenden Schäden abgesichert. e) Haftpflichtversicherung

84 Durch die Haftpflichtversicherung wird der Versicherungsnehmer von der Befriedigung be-

gründeter Ansprüche, die von einem Dritten aufgrund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden, und von der Abwehr unbegründeter Ansprüche freigestellt (§ 100 VVG). Die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung dient zur Abdeckung von Schäden, die vom Gemeinschaftseigentum ausgehen können. Hierzu gehören insbesondere Schadensersatzansprüche, die aufgrund einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht oder nach § 836 BGB entstehen können. Aber auch der Anspruch aus § 14 Nr. 4

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Dötsch, NZM 2018, 354 (356). Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 241. Dötsch, NZM 2018, 354 (355); Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 232. BGH v. v. 16.9.2016 – V ZR 29/16, NZM 2017, 40. LG Köln v. 25.6.1992 – 30 T 64/92, WuM 1993, 712; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 244; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 108. 688 LG Essen v. 3.5.1978 – 1 S 115/78, VersR 1979, 80; LG München I v. 14.2.1990 – 14 S 19840/89, VersR 1990, 1378; AG Erlangen v. 12.10.1983 – 5 C 21/83, VersR 1984, 634; Dötsch, NZM 2018, 354 (356). 689 Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 37. 690 Wie hier Dötsch, NZM 2018, 354 (356); a.A. LG Essen v. 2.3.2007 – 9 T 163/06, ZMR 2007, 817, wenn nur eine Einschränkung des Versicherungsschutzes die Liquidität der Gemeinschaft sichert, soll auch ein Mehrheitsbeschluss möglich sein; zust. Sauren/Welcker, MietRB 2008, 60 (61).

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 86 § 21

wird von der allgemeinen Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht erfasst.691 Ob ein schuldhaftes Verhalten des Verwalters oder eines Hausmeisters ebenfalls vom Versicherungsschutz erfasst ist, hängt vom Einzelfall und vom Vertragsinhalt ab.692 Soweit der Dritte nicht Verrichtungsgehilfe der Gemeinschaft ist, scheidet wohl auch eine Deckung durch die Versicherung aus. Die Versicherung muss in angemessenem Umfang abgeschlossen werden. Die Höhe richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach Lage, Zustand, Größe und Alter des Gebäudes.693 Die Abdeckung von Haftpflichtschäden innerhalb des Sondereigentums ist nur durch Abschluss einer besonderen Versicherung möglich.694 f) Sonstige Versicherungen Der Abschluss weiterer Versicherungen kann zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehören, 85 wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind, weil besondere Gefahrenquellen vorhanden sind oder hohe Schäden drohen. Viele Versicherungen bieten im Rahmen der Feuerversicherung auch die Versicherung gegen Leitungsschäden und Sturmschäden, manche auch gegen Hagel an.695 In Betracht kommen z.B. eine Wasserschadenshaftpflicht,696 eine Leitungswasserschadensversicherung,697 eine Elementarversicherung698 eine Hausschwammversicherung bei älteren Gebäuden699 oder eine besondere Feuerversicherung bei einem Heizöltank sowie eine Glasbruchversicherung bei großen Glasflächen oder teuren Fenstern.700 Bei größeren Bauvorhaben, insbesondere im Rahmen der Instandhaltung und Instandsetzung entspricht der Abschluss einer Bauherrenhaftpflichtversicherung ordnungsgemäßer Verwaltung.701 Angesichts zunehmender Sorge vor Umweltkatastrophen und Terroranschlägen können entsprechende Versicherungen bei besonderen Objekten geboten sein. Ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht auch der Abschluss einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung702 für die Beiratsmitglieder.703 g) Pflichtverletzung von Wohnungseigentümern und Veräußerung des Sondereigentums Hat ein Wohnungseigentümer durch Obliegenheitsverletzung den Versicherungsschutz ver- 86 loren, so wirkt dies nur gegen ihn, nicht jedoch gegenüber den anderen Wohnungseigentümern. Soweit der Wohnungseigentümer selbst der Schädiger ist, wird die Versicherung ihm gegenüber (§ 81 VVG) von der Leistung frei.704 Eine Sachschadensversicherung (wie beispielsweise die Feuerversicherung) geht im Falle einer Veräußerung des Wohnungseigentums auf den Erwerber nach Maßgabe der §§ 95 ff. VVG über.

691 BGH v. 11.12.2002 – IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182 = MDR 2003, 389 f. = NZM 2003, 197 (199) = ZMR 2003, 209. 692 Weitergehend Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 141. 693 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 141. 694 Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 38. 695 Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 37. 696 OLG Braunschweig OLGZ 1966, 571 (573); hierzu ausführlich Nußbaum, NZM 2003, 617. 697 Greiner, NZM 2013, 481 (485). 698 OLG Köln v. 10.1.2007 – 16 Wx 224/06, ZMR 2007, 987 (988). 699 Vgl. LG Hamburg v. 29.12.2010 – 318 S 120/10, ZMR 2011, 497; LG Hamburg v. 7.6.2010 – 318 T 12/08, ZMR 2011, 499. 700 Anders Sauren/Welcker, MietRB 2008, 60 (61). 701 Dötsch, NZM 2014, 296. 702 Ausführlich hierzu Armbrüster, ZWE 2010, 117. 703 KG v. 19.7.2004 – 24 W 203/02, ZMR 2004, 780 = NZM 2004, 743; a.A. AG Hamburg-Wandsbek v. 11.10.2007 – 702 II 58/06, ZMR 2008, 335 (337). 704 Stürner in Soergel, BGB, § 21 WEG Rz. 8; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 37.

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§ 21 Rz. 87 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer

5. Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung (Nr. 4) a) Allgemeines 87 Das Gesetz erachtet die Ansammlung einer angemessenen Rückstellung für die Instandhal-

tung des gemeinschaftlichen Eigentums als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung. Damit soll die Finanzierung künftig notwendiger Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten, auch soweit sie plötzlich und in unerwarteter Höhe auftreten, gesichert werden705 und einer Verwahrlosung des Gemeinschaftseigentums, wie beim früheren Stockwerkseigentum oftmals geschehen, vorgebeugt werden.706 Trotz der vielfach kritisierten, aus dem Bilanzrecht stammenden Terminologie sollte dem Gesetzeswortlaut entsprechend die Instandhaltungsrückstellung nicht als Instandhaltungsrücklage bezeichnet werden.707 Die Wohnungseigentümer sind nicht gehindert, die Bildung anderer Rücklagen zu beschließen (z.B. zur Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten), soweit sie dabei den Rahmen des Abs. 3 beachten.708 Zu unterscheiden ist die Rücklage vom sonstigen Verbandsvermögen, Schadensersatzleistungen oder Zahlungen für eine Mängelbeseitigung fallen nicht ohne weiteres in die Rücklage, sondern nur, wenn sie aufgrund besonderen Beschlusses dieser zugeführt werden.709 Es besteht keine Pflicht, diese Beträge der Rücklage zuzuführen, vielmehr kann die Gemeinschaft beschließen, diese Beträge an die Eigentümer auszukehren und künftigen Sanierungsbedarf über eine Sonderumlage zu decken, wenn die Rücklage hierzu nicht ausreichen sollte.710 b) Inhaber der Rückstellung 88 Rechtsnatur und Rechtsträgerschaft der Instandhaltungsrückstellung sind seit der Entschei-

dung des BGH vom 2.6.2005 geklärt.711 Es handelt sich bei der Rückstellung um einen Teil des Verwaltungsvermögens, das vom Vermögen der einzelnen Wohnungseigentümer völlig getrennt ist und dessen Rechtsträger der teilrechtsfähige Verband der Wohnungseigentümer ist. Diese Rechtsprechung hat nunmehr in § 10 Abs. 7 Satz 1 und 3 Eingang gefunden, wonach die „eingenommenen Gelder“ als Verwaltungsvermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft gehören. Möglich wäre es, für einzelne Untergemeinschaften oder für wirtschaftlich getrennte Einheiten jeweils eigene Rückstellungen zu bilden. Erforderlich hierzu ist jedoch eine entsprechende Vereinbarung, eine entsprechende Beschlusskompetenz besteht nicht (s. Rz. 90). Der einzelne Wohnungseigentümer kann über seinen „Anteil“ hieran nicht verfügen,712 dieser ist auch nicht pfändbar und kann weder von der Gemeinschaft noch vom Wohnungseigentü-

705 OLG Hamm OLGZ 1971, 102; LG Hamburg v. 29.2.2012 – 318 S 8/11, ZMR 2012, 472 (473); LG München I v. 14.7.2016 – 36 S 3310/16, ZMR 2016, 986 (987). 706 BT-Drucks. 8/161, 18; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 144; Diester, § 21 WEG Rz. 19; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 42. 707 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 144; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 251; differenzierend Jennißen, ZWE 2014, 199; a.A. Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 21 WEG, Rz. 12; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 42. 708 BayObLG v. 20.11.2003 – 2Z BR 168/03, MietRB 2004, 146 (211) = NZM 2004, 509; KG v. 12.8.1994 – 24 W 2762/94, NJW-RR 1995, 397 = ZMR 1994, 517; Augustin in RGRK, § 21 WEG Rz. 49; ausführlich Lehmann-Richter, ZWE 2014, 105. 709 Vgl. LG Nürnberg-Fürth v. 13.2.2013 – 14 S 4070/12, NJW 2013, 2131 (2133). 710 LG Nürnberg-Fürth v. 13.2.2013 – 14 S 4070/12, NJW 2013, 2131 (2133). 711 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 f. (237) = NJW 2005, 2061 = DNotZ 2005, 776 = ZMR 2005, 547 = NZM 2005, 543 = Rpfleger 2005, 521 mit Anm. Dümig = NotBZ 2005, 327 = FGPrax 2005, 143 = WM 2005, 1423 = ZfIR 2005, 506 mit Anm. Lüke = ZIP 2005, 1233 = EWiR 2005, 715 (Pohlmann) = ZNotP 2005, 381. 712 AG Halle/Saale v. 26.1.2017 – 122 C 2318/16, ZMR 2017, 336 (339); evident falsch OLG Köln v. 19.12.2013 – 19 U 133/13, ZWE 2014, 254 (255) mit abl. Anm. Elzer.

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 89 § 21

mer mit Beitragsschulden „verrechnet“ oder aufgerechnet werden.713 Damit ist auch entschieden, dass die Instandhaltungsrückstellung unabhängig vom Bestand und Wechsel der Wohnungseigentümer ist, bei einer Veräußerung des Wohnungseigentums also keine Regelungen über den „Anteil“ an der Rücklage getroffen zu werden brauchen.714 Die Rechtsprechung des BFH, wonach die Instandhaltungsrückstellung nicht zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung715 zählt,716 ist daher zwar weiterhin zutreffend.717 Fraglich ist jedoch, ob der Verkäufer einer Eigentumswohnung überhaupt berechtigt ist, seinen „Anteil“ an der Rückstellung im Kaufpreis gesondert auszuweisen.718 Ein Anspruch auf Darstellung seines Anteils im Rahmen der Abrechnung über die Rückstellung besteht nicht.719 Erweist sich die ausgewiesene und „mitverkaufte“ Rücklage tatsächlich als niedriger, so liegen weder ein Rechtsmangel, ein Garantieversprechen noch eine vom Verkäufer zu vertretende Unmöglichkeit vor.720 Zu den sozialversicherungsrechtlich zu übernehmenden Kosten der Unterkunft gehören auch die Beiträge zur Instandhaltungsrückstellung,721 sofern deren Bildung vereinbart oder beschlossen ist.722 c) Anspruchinhaber und Verwaltung der Rückstellung Soweit keine abweichende Vereinbarung getroffen worden ist (s. Rz. 90), hat jeder Wohnungs- 89 eigentümer nach Abs. 4 Anspruch auf Ansammlung einer entsprechenden Rücklage.723 Die Beitragsleistungen der Wohnungseigentümer zur Rücklage sind nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 in den Wirtschaftsplan aufzunehmen (s. § 28 Rz. 37). Eine vom Wirtschaftsplan abweichende Leistung in die Instandhaltungsrückstellung kann nur verlangt werden, wenn die Gemeinschaft entsprechende Beschlüsse getroffen hat oder wenn eine Ermessensreduzierung auf Null eine entsprechende Beschlussfassung erfordern würde.724 Ein Anspruch auf Fassung eines Grundlagenbeschlusses, wonach zu Unrecht aus der Rückstellung abgeflossene Beträge dieser wieder zugeführt werden müssen, besteht regelmäßig nicht.725 Eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels über die zur Instandhaltungsrückstellung zu leistenden Beiträge kann nicht nach

713 BayObLG v. 29.7.2004 – 2Z BR 092/04, NZM 2004, 745; OLG Hamm v. 22.10.1990 – 15 W 331/90, MDR 1991, 350 = NJW-RR 1991, 212 = WE 1991, 108 (109); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 155; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 42. 714 Heinemann in NK/BGB, § 5 Rz. 15. 715 Bei einem Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung ist der für die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer maßgebliche Betrag nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu kürzen, BFH v. 2.3.2016 – II R 27/14, NJW 2016, 2207 = NZM 2016, 651 = ZfIR 2016, 504; BFH v. 2.3.2016 – II R 29/15, BeckRS 2016, 94693 = MittBayNot 2017, 529; LG Leipzig v. 25.6.2014 – 6 K 193/12, ZfIR 2016, 143 m. Anm. Mensch; a.A. FG Berlin-Brandenburg v. 26.2.2015 – 15 K 4320/10, DStRE 2016, 366 = ZfIR 2015, 723. 716 BFH v. 9.10.1991 – II R 20/89, BFHE 165, 548 = BStBl. II 1992, 152 = NJW-RR 1992, 656; a.A. FG Köln v. 17.10.2017 – 5 K 2297/16, ZWE 2018, 188. 717 Fahsel, DStR 2016, 1587 (1591); Kahlen, ZMR 2007, 179 (180). 718 Bejahend, aber ohne Problembewusstsein und im Ergebnis mit unhaltbarer Begründung OLG Köln v. 19.12.2013 – 19 U 133/13, ZWE 2014, 254 (255) mit abl. Anm. Elzer. 719 AG Halle/Saale v. 26.1.2017 – 122 C 2318/16, ZMR 2017, 336 (339). 720 Unhaltbar OLG Köln v. 19.12.2013 – 19 U 133/13, ZWE 2014, 254 (255) mit abl. Anm. Elzer. 721 LSG Chemnitz v. 26.11.2009 – L 7 AS 219/08, ZWE 2010, 101; LSG Stuttgart v. 26.1.2007 – 12 AS 3932/06, ZFSH/SGB 2007, 347; LSG Mainz v. 23.7.2009 – L 5 AS 111/09. 722 BSG v. 22.8.2012 – B 14 AS 1/12 R, ZWE 2013, 338 (339) = NZM 2013, 388 (390). 723 BayObLG v. 29.7.2004 – 2Z BR 92/04, NJW-RR 2004, 1456 = NZM 2004, 745; Drabek in Riecke/ Schmid, § 21 WEG Rz. 253; insoweit unzutreffend LG Frankfurt/M. v. 19.4.2016 – 2-13 S 204/13, NZM 2017, 80 (81) = ZMR 2016, 646 (647). 724 Insoweit zutreffend LG Frankfurt/M. v. 19.4.2016 – 2-13 S 204/13, NZM 2017, 80 (81) = ZMR 2016, 646 (647). 725 LG München I v. 9.5.2016 – 1 S 13988/15, ZMR 2016, 731 (732) = MietRB 2017, 13 (Elzer).

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§ 21 Rz. 89 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer § 16 Abs. 4 beschlossen werden.726 Die Verwaltung der Rückstellung obliegt gem. § 27 Abs. 1 Nr. 6 dem Verwalter (s. § 27 Rz. 49 ff.). Zu der Problematik, wie der Verwalter die eingenommenen Gelder, insbesondere die der Instandhaltungsrückstellung, anzulegen hat, s. § 27 Rz. 111 f. Eine gesonderte Jahresabrechnung über die Instandhaltungsrücklage schuldet der Verwalter nicht, er muss jedoch deren Entwicklung so in der Jahresabrechnung darstellen, dass sich die Wohnungseigentümer über die Vermögenslage der Gemeinschaft ein realistisches Bild machen können.727 Dazu müssen sowohl die tatsächlich auf die Rückstellung geleisteten Zahlungen, die tatsächlichen Abflüsse und die von den Wohnungseigentümern geschuldeten, in Wirklichkeit aber nicht erbrachten Beiträge zur Rückstellung dargestellt werden728 ebenso wie rechtswidrige Vermögensverschiebungen.729 Ein Beschluss, wonach bei Teilzahlungen von Eigentümern ohne Leistungsbestimmung diese zunächst auf den Anteil der Beitragsleistung zur Instandhaltungsrücklage und erst dann auf die Ausgaben der gemeinschaftlichen Verwaltung verrechnet werden, entspricht jedenfalls dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn sichergestellt wird, dass die laufende Kostendeckung gesichert ist.730 d) Abdingbarkeit 90 Die Wohnungseigentümer können die Instandhaltungsrückstellung verbindlich vereinbaren

oder durch Vereinbarung gänzlich abbedingen.731 Sie können vereinbaren, dass für unterschiedliche Teile des Gemeinschaftseigentums getrennte Rückstellungen zu bilden sind (z.B. für die einzelnen Häuser einer Mehrhausanlage, sog. Untergemeinschaft),732 und sind hierzu verpflichtet, sofern in der Gemeinschaftsordnung eine getrennte Abrechnung für einzelne Gebäude vereinbart ist.733 Die bloße Tatsache, dass Untergemeinschaften gebildet wurden, hat aber allein noch nicht zur Folge, dass getrennte Rückstellungen zu bilden wären; vielmehr müssen sich – wenn es an einer entsprechenden Vereinbarung fehlt – alle Wohnungs- und Teileigentümer an der Ansammlung der Rückstellung beteiligen.734 Es kann vereinbart werden, dass für bestimmte Räume keine Pflicht zur Ansammlung einer Rücklage besteht.735 Entsprechende Mehrheitsbeschlüsse wären jedoch nichtig,736 es sei denn sie beruhen auf einer sog. „Öffnungsklausel“ (s. § 23 Rz. 55 ff.).737 Haben jedoch alle Miteigentümer den Beschluss gefasst, so soll dieser einer wirksamen Vereinbarung gleichstehen.738 Wurden unzulässigerwei726 BGH v. 9.7.2010 – V ZR 202/09, MDR 2010, 1243 = MietRB 2010, 300 f. = NZM 2010, 622 = ZMR 2010, 775. 727 BGH v. 4.12.2009 – V ZR 44/09, MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 116 = NJW 2010, 2127 (2128) = NZM 2010, 243 (245). 728 BGH v. 4.12.2009 – V ZR 44/09, MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 116 = NJW 2010, 2127 (2128) = NZM 2010, 243 (245). 729 AG München v. 13.9.2017 – 481 C 7072/17, ZMR 2018, 85 (86). 730 A.A. LG Köln v. 13.12.2012 – 29 S 95/12, MietRB 2013, 82. 731 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 145. 732 BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, NZM 2018, 340 (342); BayObLG v. 10.9.1987 – BReg.2 Z 52/87, NJW-RR 1988, 274; LG Itzehoe v. 28.6.2013 – 11 S 31/12, ZWE 2014, 91 (92); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 145; Häublein, NZM 2003, 785 (788 f.). 733 BayObLG v. 11.10.2002 – 2Z BR 25/02, ZMR 2003, 213; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 267. 734 AG Hamburg-Barmbek v. 23.2.2018 – 880 C 16/17, ZMR 2018, 880 (882). 735 AG Langenfeld v. 5.1.2011 – 64 C 109/10, MietRB 2011, 220 = NZM 2012, 160. 736 OLG Düsseldorf v. 21.1.1998 – 3 Wx 521/97, ZMR 1998, 308 = WE 1998, 486 (487); LG Düsseldorf v. 16.4.2014 – 25 S 141/13, NZM 2015, 223 (224) = ZMR 2014, 818 (819); LG Itzehoe v. 28.6.2013 – 11 S 31/12, ZWE 2014, 91 (92); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 145; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 42; teilweise a.A. Häublein, NZM 2003, 785 (789); a.A. nunmehr Drabek in Riecke/ Schmid, § 21 WEG Rz. 259, gestützt auf § 16 Abs. 3. 737 BGH v. 17.4.2015 – V ZR 12/14, NZM 2015, 544 (545) = ZfIR 2015, 667 (669) m. Anm. Rüscher. 738 LG Itzehoe v. 28.6.2013 – 11 S 31/12, ZWE 2014, 91 (92 f.).

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se getrennte Rücklagen gebildet, so entspricht ein Beschluss über die Zusammenführung der Rückstellungen grundsätzlich ordnungsmäßiger Verwaltung.739 e) Höhe und Aufbringung der Rückstellung Die Rückstellung muss in angemessener Höhe angesammelt werden.740 Die Angemessenheit 91 bestimmt sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls und ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen.741 Angemessen ist, was ein verständiger und vorausschauender Eigentümer zur Pflege seines Eigentums zurücklegen würde.742 Bei der Bemessung haben die Wohnungseigentümer einen weiten Ermessensspielraum, der nur bei erheblichen Über- bzw. Unterschreitungen ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht.743 Eine erhebliche Überschreitung ist anzunehmen, wenn die festgelegte Zahlungspflicht die sich nach § 28 der Zweiten Berechnungsverordnung ergebenden Beträge um mehr als das Doppelte übersteigt.744 Anhaltspunkte liefern insbesondere das Alter und die Größe der Gebäude, die Nutzungsintensität, die Reparaturanfälligkeit, die Baukosten und der Anteil des Gemeinschaftseigentums.745 Vorzugswürdig erscheint eine möglichst konkrete Berechnungsmethode, die sich an dem tatsächlichen Instandhaltungsbedarf und den Ausgaben der Vorjahre orientiert.746 Die gleichen Grundsätze gelten bei einer Erhöhung oder Herabsetzung der Beiträge zur Rückstellung.747 In der Praxis wird am häufigsten auf die Pauschalsätze nach § 28 Zweite Berechnungsverord- 92 nung zurückgegriffen. Demnach dürfen pro Quadratmeter Wohnfläche für Wohnungen, deren Bezugsfertigkeit am Ende des Kalenderjahres weniger als 22 Jahre zurückliegt: 7,10 Euro, für Wohnungen, deren Bezugsfertigkeit am Ende des Kalenderjahres mindestens 22 Jahre zurückliegt: 9 Euro und für Wohnungen, deren Bezugsfertigkeit am Ende des Kalenderjahres mindestens 32 Jahre zurückliegt: 11,50 Euro angesetzt werden (§ 28 Abs. 2 Satz 1 II. BV). Ist ein maschinell betriebener Aufzug vorhanden, erhöhen sich die Sätze um jeweils 1 Euro (§ 28 Abs. 2 Satz 3 II. BV). Für Garagen und ähnliche Einstellplätze dürfen höchstens 68 Euro jährlich je Garagen- und Einstellplatz angesetzt werden (§ 28 Abs. 5 II. BV). Die Rechtsprechung erachtet die Verwendung von § 28 II. BV als ermessensgerechte Bemessungsgrundlage,748 hält 739 LG Düsseldorf v. 16.4.2014 – 25 S 141/13, NZM 2015, 223 (224) = ZMR 2014, 818 (819). 740 AG Charlottenburg v. 3.5.2018 – 72 C 15/18, ZMR 2018, 873 (874). 741 OLG Schleswig SchlHA 1968, 70; LG München I v. 14.7.2016 – 36 S 3310/16, ZMR 2016, 986 (987); AG Charlottenburg v. 3.5.2018 – 72 C 15/18, ZMR 2018, 873 (874); AG Stuttgart v. 29.02.2018 – 67 C 3653/17 WEG, WuM 2018, 233 (234) = MietRB 2018, 373 (Dötsch); Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 117; Augustin in RGRK, § 21 WEG Rz. 49. 742 AG Charlottenburg v. 3.5.2018 – 72 C 15/18, ZMR 2018, 873 (874). 743 BayObLG v. 25.5.1998 – 2Z BR 22/98, NZM 1999, 34; OLG Düsseldorf v. 21.6.2002 – 3 Wx 123/02, FGPrax 2002, 210 = ZWE 2002, 535; OLG Hamm v. 18.5.2006 – 15 W 25/06, ZWE 2007, 34 (38); LG München I v. 14.7.2016 – 36 S 3310/16, ZMR 2016, 986 (987); AG Stuttgart v. 29.02.2018 – 67 C 3653/17 WEG, WuM 2018, 233 (235) = MietRB 2018, 373 (Dötsch): Zahlung von 1.280 Euro statt 612,95 Euro bei Zugrundelegung der II. Berechnungsverordnung; AG Charlottenburg v. 3.5.2018 – 72 C 15/18, ZMR 2018, 873 (874); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 149; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 117. 744 AG Stuttgart v. 29.02.2018 – 67 C 3653/17 WEG, WuM 2018, 233 (235) = MietRB 2018, 373 (Dötsch). 745 AG Charlottenburg v. 3.5.2018 – 72 C 15/18, ZMR 2018, 873 (874); AG Stuttgart v. 29.02.2018 – 67 C 3653/17 WEG, WuM 2018, 233 (235) = MietRB 2018, 373 (Dötsch); Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 254; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 21 WEG Rz. 36. 746 Jennißen, ZWE 2014, 199 (200); Schmidt, MietRB 2009, 247 (251). 747 AG Charlottenburg v. 25.11.2016 – 73 C 39/16, ZMR 2017, 510 (511). 748 OLG Düsseldorf v. 21.6.2002 – 3 Wx 123/02, FGPrax 2002, 210 = ZWE 2002, 535; OLG Hamm v. 18.5.2006 – 15 W 25/06, ZWE 2007, 34 (38); LG Hamburg v. 25.5.2011 – 318 S 208/09, ZWE 2012, 189; AG Stuttgart v. 29.02.2018 – 67 C 3653/17 WEG, WuM 2018, 233 (235) = MietRB 2018, 373 (Dötsch); Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 254; einschränkend Sauren, § 21 WEG Rz. 12

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§ 21 Rz. 92 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer diese aber nicht in der Weise für verbindlich, dass der Ermessensspielraum bis zu deren oberster Grenze ausgeschöpft werden müsste.749 93 Daneben wird bisweilen auch die Formel von Peters herangezogen, bei der die Baukosten im

Erstellungsjahr (B) zu den Baukosten im Jahr der Durchführung eventuell entstehender Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten ins Verhältnis gesetzt werden. Unter der Prämisse, dass das Gemeinschaftseigentum (GE) 65 bis 70 % des Gesamtgebäudes beträgt, das Gebäude eine Bestandsdauer (d) von 80 Jahren aufweist und die Instandhaltungskosten das 1,5fache der Herstellungskosten betragen, ergibt sich der Rückstellungsbedarf pro qm Wohnnutzungsfläche jährlich folgendermaßen:

Die Peters'sche Formel ist allerdings deshalb ungebräuchlich, weil sie insbesondere bei jüngeren Gebäuden zu überhöhten Instandhaltungsrücklagen führt750 und mit den Baukosten eine oftmals unbekannte Größe beinhaltet.751 94 Ein weiterer, auf von Hauff/Homann zurückgehender Ansatz752 berechnet die Instandhaltungs-

rückstellung vom aktuellen Marktpreis aus, wobei unterstellt wird, dass das instandsetzungsbedürftige Gemeinschaftseigentum mit etwa 25 % des Marktpreises zu bewerten ist und der Planungshorizont 50 Jahre beträgt:

Auch hier dürfte jedoch der „Marktpreis“ als oftmals unbekannte Größe der praktischen Anwendbarkeit dieser Formel entgegenstehen. 94a In welchem Zeitraum die Rückstellung angesammelt werden muss, legt das Gesetz nicht

fest.753 Deshalb haben die Wohnungseigentümer nicht nur bei der Bestimmung der Höhe, sondern auch bei der Bestimmung des Zeitraums, in welchem die Rückstellung aufgebracht werden soll, in den Grenzen der ordnungsgemäßen Verwaltung ein Ermessen.754 Eine Ermessensreduzierung zur sofortigen Aufbringung der Rückstellung ist nicht schon dann gegeben, wenn irgendwann mit einer erhöhten Reparaturbedarf zu rechnen ist, weil ein solcher auch kurzfristig durch Erhebung einer Sonderumlage (s. Rz. 95) gedeckt werden könnte.755 f) Erhebung einer Sonderumlage 95 Haben die Wohnungseigentümer noch keine angemessene Rückstellung ansammeln können,

so entspricht es ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn beschlossen wird, die Kosten für notwendige Instandhaltungsmaßnahmen teilweise oder insgesamt durch eine Sonderumlage auf-

749 750 751 752 753 754 755

(„Instandhaltungsrückstellung“): Untergrenze; zweifelnd auch Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 149; ablehnend Drasdo, ZWE 2012, 17 (19). AG Charlottenburg v. 3.5.2018 – 72 C 15/18, ZMR 2018, 873 (874 f.). Drasdo, ZWE 2012, 17 (19); Sauren, § 21 WEG Rz. 12 („Instandhaltungsrückstellung“); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 151. Sauren, § 21 WEG Rz. 12 („Instandhaltungsrückstellung“). von Hauff/Homann, WE 1996, 288; befürwortend nunmehr Drasdo, ZWE 2012, 17 (19 f.). BGH v. 1.4.2011 − V ZR 96/10, NZM 2011, 515 (517). BGH v. 1.4.2011 − V ZR 96/10, NZM 2011, 515 (517). BGH v. 1.4.2011 − V ZR 96/10, NZM 2011, 515 (517).

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 96 § 21

zubringen.756 Auch bei größeren Reparaturarbeiten haben die Wohnungseigentümer nach pflichtgemäßem Ermessen die Wahl, ob sie auf die Rückstellung zurückgreifen oder eine Sonderumlage beschließen.757 Ein Anspruch, zunächst auf die Rückstellung zurückzugreifen, bevor eine Sonderumlage erhoben wird, besteht nicht.758 Es kommt dabei auf eine Prognose des zu erwartenden Sanierungsbedarfs und etwaiger Alternativen hierzu an.759 Gerade wenn finanzielle Schwierigkeiten bestehen, ist es ein Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung, die Mittel im Vorwege durch Erhebung einer Sonderumlage sicherzustellen.760 Die Liquidität der Gemeinschaft ist nämlich nicht erst bei Rechnungstellung, sondern bereits bei Auftragsvergabe zu gewährleisten, da z.B. Werkunternehmer Sicherheiten verlangen können.761 Es wird jedoch dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen, wenn die Rücklage eine ausreichende und angemessene Höhe erreicht hat, anstelle dieser eine Sonderumlage zur Deckung von Instandhaltungsmaßnahmen (z.B. zum Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung) zu beschließen.762 Beiträge zur Instandhaltungsrücklage können beim einzelnen Wohnungseigentümer erst dann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn der Verwalter sie tatsächlich für die Instandhaltung bzw. Instandsetzung oder für andere im Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung stehenden Maßnahmen verausgabt hat.763 Die Tragung einer Sonderumlage zu einer gebotenen Sanierungsmaßnahme kann zu den sozialrechtlich zu übernehmenden Unterkunftskosten gehören.764 g) Entnahmen aus und Auflösung der Rückstellung Über Entnahmen aus der Rücklage beschließen die Wohnungseigentümer mit einfacher Mehr- 96 heit.765 Obliegt die Instandhaltung- und Instandsetzung den Mitgliedern einer Untergemeinschaft, so folgt daraus keine Berechtigung, über die Verwendung einer für die Gesamtanlage gebildeten Rückstellung zu entscheiden; insoweit verbleibt es bei der Zuständigkeit aller Eigentümer.766 Zur eigenmächtigen Entnahme ohne Eigentümerbeschluss ist der Verwalter

756 BGH v. 23.6.2017 – V ZR 102/16, ZWE 2017, 367 (369) = MietRB 2017, 324 (Heinemann); BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, NZM 2015, 53 (54) = ZMR 2015, 241 (242) = ZfIR 2015, 19 (20) m. Anm. Greupner; BGH v. 13.1.2012 – V ZR 129/11, MietRB 2012, 109 = ZWE 2012, 125 (126); BayObLG v. 22.9.2004 – 2Z BR 142/04, MietRB 2005, 153 = NZM 2005, 747; BayObLG v 29.7.2004 – 2Z BR 092/04, NZM 2004, 745; OLG Schleswig v. 6.8.1997 – 2 W 89/97, NJW-RR 1998, 15; Bärmann/Pick, § 21 WEG Rz. 49; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 260; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 117; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 45. 757 BayObLG v. 27.3.2003 – 2Z BR 37/03, ZMR 2003, 694; BayObLG v. 22.9.2004 – 2Z BR 142/04, MietRB 2005, 153 = NZM 2005, 747; OLG Köln v. 30.4.1998 – 16 Wx 43/98, NZM 1998, 878; OLG München v. 13.8.2007 – 34 Wx 75/07, NZM 2008, 493 (494); LG Hamburg v. 1.6.2010 – 318 T 154/07, ZMR 2010, 791; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 262; a.A. Kahlen, ZMR 2007, 179. 758 AG Königswinter v. 8.6.2018 – 31 C 3/18, ZMR 2018, 883: 759 BayObLG v. 22.9.2004 – 2Z BR 142/04, MietRB 2005, 153 = NZM 2005, 747. 760 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, NZM 2015, 53 (54) = ZMR 2015, 241 (242) = ZfIR 2015, 19 (20) m. Anm. Greupner. 761 AG Hamburg-Blankenese v. 2.4.2014 – 539 C 26/13, ZMR 2016, 312 (314); a.A. LG Hamburg v. 7.6.2017 – 318 S 88/15, ZMR 2018, 254 (255). 762 BayObLG v. 27.3.2003 – 2Z BR 37/03, ZMR 2003, 694; BayObLG v. 10.12.2003 – 2Z BR 208/03, WuM 2004, 112; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 262; a.A. Jennißen, ZWE 2014, 199 (202). 763 BFH v. 8.10.2012 – IX B 131/12, ZMR 2013, 366 m.w.N. 764 LSG Nordrhein-Westfalen v. 28.2.2013 – L 7 AS 506/11, BeckRS 2013, 70462. 765 OLG München v. 20.12.2007 – 34 Wx 76/07, NZM 2008, 613; LG München I v. 14.7.2016 – 36 S 3310/16, ZMR 2016, 986 (987); AG Solingen v. 8.12.2017 – 15a C 32/17, ZMR 2018, 383 (384). 766 AG Solingen v. 8.12.2017 – 15a C 32/17, ZMR 2018, 383 (384).

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§ 21 Rz. 96 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht befugt,767 auch nicht um Liquiditätsengpässe zu vermeiden.768 Die Eigentümer können diese jedoch – ggfs. durch Zustimmung zur Jahresabrechnung – genehmigen.769 96a Da das Gesetzgebungsverfahren, das die die Unauflöslichkeit der Instandhaltungsrückstellung

vorsah, nicht umgesetzt worden ist,770 können die Wohnungseigentümer die Auflösung der Rücklage beschließen. Ein solcher Beschluss wird jedoch regelmäßig dem Gebot ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen und damit anfechtbar sein.771 Etwas anderes ist dann anzunehmen, wenn die Instandhaltungsrückstellung die angemessene Höhe (s. Rz. 91) überschreitet. Dann können die Wohnungseigentümer ihre teilweise Auflösung beschließen.772 Entsprechendes muss gelten, wenn die Wohnungseigentümer die Aufhebung der Gemeinschaft oder des Wohnungseigentums beschlossen haben (s. § 17 Rz. 12), wobei in diesem Fall ohnehin eine Vereinbarung vorliegen dürfte. Im Vereinbarungswege können die Wohnungseigentümer jederzeit die Auflösung der Rücklage vorsehen.773 h) Zweckänderung der Rückstellung 97 Die Rückstellung dient zur Finanzierung aller Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaß-

nahmen (also Reparaturen und Ersatzbeschaffungen) unabhängig davon, ob diese größeren oder kleineren Umfangs sind.774 Auch die erstmalige Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums (z.B. die Beseitigung von Baumängeln) kann aus der Rückstellung beglichen werden.775 Aus dem Zweck der Instandhaltungsrückstellung, zur Finanzierung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen zu dienen, folgt, dass eine zweckwidrige Verwendung der zurückgelegten Gelder unzulässig ist. Deshalb dürfen aus der Rückstellung keine Sachverständigen- oder Rechtsanwaltskosten bestritten werden, Heizöl gekauft oder behördliche Gebühren bezahlt werden.776 Auch zum Ausgleich von Wohngeldausfällen darf sie grundsätzlich nicht herangezogen werden.777 Vielmehr ist durch Änderung des Wirtschaftsplans und die Erhebung einer Sonderumlage dafür zu sorgen, dass die Deckungslücke geschlossen wird.778 Umstritten ist, ob die Wohnungseigentümer die Zweckbestimmung der Rückstellung durch Mehrheitsbeschluss abändern können, so dass die angesammelten Gelder auch für andere

767 LG Düsseldorf v. 23.9.2015 – 25 S 18/15, ZMR 2016, 126 (127); AG München v. 13.9.2017 – 481 C 7072/17, ZMR 2018, 85 (86). 768 LG München I v. 14.7.2016 – 36 S 3310/16, ZMR 2016, 986 (987). 769 LG Köln v. 19.1.2012 – 29 S 190/11, ZWE 2012, 279 = MietRB 2012, 78 (Jennißen); a.A. Jennißen, ZWE 2014, 199 (202), der einen ausdrücklichen Genehmigungsbeschluss fordert. 770 BT-Drucks. 8/161, 18. 771 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 159; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 45. 772 OLG Saarbrücken v. 20.7.1998 – 5 W 110/98-35, NJW-RR 2000, 87 = NZM 2000, 198; LG München I v. 14.7.2016 – 36 S 3310/16, ZMR 2016, 986 (987); Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 261. 773 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 159. 774 Vgl. LG Dortmund v. 24.4.2017 – 1 S 53/17, ZMR 2017, 910; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 21 WEG Rz. 35; vgl. aber OLG Hamm v. 10.9.2007 – 22 U 34/05, wonach Aufwendungen für modernisierende Instandsetzungen nicht von der Instandhaltungsrückstellung umfasst sein sollen; AG Solingen v. 8.12.2017 – 15a C 32/17, ZMR 2018, 383 (384) hält eine Finanzierung von laufenden Kosten der Instandhaltung aus der Rückstellung für nicht ordnungsgemäß. 775 BayObLG v. 19.8.1977 – BReg.2 Z 52/76, BayObLGZ 1977, 226 = NJW 1978, 1387; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 21 WEG Rz. 35; Stürner in Soergel, BGB, § 21 WEG Rz. 9. 776 OLG Düsseldorf v. 25.1.2005 – I-3 Wx 326/04, 3 Wx 326/04, NZM 2005, 628 = ZMR 2005, 468; AG Schwerin v. 13.12.2013 – 14 C 20/11, ZMR 2014, 410 (411 f.); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 156; Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 21 WEG Rz. 35. 777 OLG München v. 20.12.2007 – 34 Wx 76/07, NZM 2008, 613. 778 BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, NZM 2017, 445 (446) = ZWE 2017, 360 (362) = MietRB 2017, 226 (Becker).

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 98 § 21

Maßnahmen, die eben nicht der Instandhaltung oder Instandsetzung dienen, verwendet werden können.779 Da es sich hierbei um nichts anderes als die Auflösung der Rückstellung handelt, ist die Umwidmung nach denselben Grundsätzen zu beurteilen (s.o. Rz. 96a). Sie entspricht dann nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn dadurch der mit der Rückstellung beabsichtigte Finanzierungszweck vereitelt würde.780 Zulässig ist insbesondere eine kurzfristige Umwidmung der Rücklage zur Überbrückung von Finanzierungsengpässen und deren erneute Umwandlung in eine Rücklage, wenn eine angemessene Geldrücklage („eiserne Reserve“) verbleibt.781 Die Höhe dieser zu erhaltenden Reserve lässt sich nicht allgemein bestimmen, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, etwa dem Zustand der Anlage, deren Alter und Reparaturanfälligkeit.782 Gleichzeitig mit der Zweckänderung muss deren konkrete Änderung in hinreichend bestimmter Weise beschlossen werden.783 Ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht ein Beschluss, den Verwalter zu Entnahmen aus der Rücklage bei Liquiditätsengpässen zu ermächtigen, wenn die Entnahme jährlich höchstens 2.000 Euro, höchstens zu 3/12 des Volumens des Gesamtwirtschaftsplans oder höchstens 10 % der Rücklage für bis zu 2 Monate betragen darf.784 Dabei ist es durchaus möglich, eine abstrakt-generelle Regelung zu treffen, solange diese nur hinreichend bestimmt ist; es ist nicht erforderlich, dass sich die Regelung auf einen Einzelfall und auf ein Wirtschaftsjahr beschränkt.785 Zu unbestimmt ist es, wenn die Entnahme den Bestand von 10 % der Plansumme des Wirtschaftsplans nicht gefährden darf.786 Der Beschluss ist hinreichend bestimmt, wenn er den Verwalter zur Entnahme für eine „Zwischenfinanzierung“, bei einem „Liquiditätsengpass“ oder als „Liquiditätshilfe“ ermächtigt.787 Eine Entnahme von über 55 % der Rücklage, so dass nur noch ein Betrag in Höhe von 7.700 Euro verbleibt, entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn größere Instandsetzungsarbeiten anstehen.788 Wurden Gelder zweckwidrig entnommen, so entspricht es ordnungsgemäßer Verwaltung, diese Gelder zurückzufordern.789 Eine jahrelange Duldung der zweckwidrigen Verwendung der Rückstellung führt nicht zur Rechtsmissbräuchlichkeit einer später hiergegen gerichteten Anfechtungsklage.790 Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Beschluss über die Auflösung oder Verwen- 98 dung der Rücklage nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, trägt derjenige Wohnungseigentümer, der den Mehrheitsbeschluss anficht.791 779 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 157; a.A. OLG Hamm v. 3.5.2001 – 15 W 7/01, ZWE 2001, 446. 780 A.A. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 157, der die Umwandlung regelmäßig als eine ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme erachtet. 781 OLG Saarbrücken v. 20.7.1998 – 5 W 110/98-35, NJW-RR 2000, 87 = NZM 2000, 198; LG Düsseldorf v. 23.9.2015 – 25 S 18/15, ZMR 2016, 126 (127); LG München I v. 14.7.2016 – 36 S 3310/16, ZMR 2016, 986 (987); AG Brühl v. 7.4.2011 – 23 C 583/10, MietRB 2011, 219 = ZMR 2011, 756 (757). 782 OLG München v. 20.12.2007 – 34 Wx 76/07, NZM 2008, 613. 783 OLG München v. 20.12.2007 – 34 Wx 76/07, NZM 2008, 613; AG Brühl v. 7.4.2011 – 23 C 583/10, MietRB 2011, 219 = ZMR 2011, 756. 784 LG Dortmund v. 22.5.2015 und 3.8.2015 – 1 S 13/15, ZMR 2016, 717 (718); a.A. LG Köln v. 19.1.2012 – 29 S 190/11, ZWE 2012, 279 = MietRB 2012, 78 (Jennißen); AG Pinneberg v. 25.9.2018 – 60 C 3/18, ZMR 2019, 83 (84): ein Viertel der Plansumme des Wirtschaftsplans und Erhalt von 50.000 Euro entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. 785 A.A. AG Pinneberg v. 25.9.2018 – 60 C 3/18, ZMR 2019, 83 (84). 786 LG München I v. 14.7.2016 – 36 S 3310/16, ZMR 2016, 986 (988); a.A. LG Stuttgart v. 20.12.2017 – 19 S 54/16, MietRB 2018, 308 (Jennißen). 787 LG München I v. 14.7.2016 – 36 S 3310/16, ZMR 2016, 986 (988). 788 AG Königswinter v. 8.6.2018 – 31 C 3/18, ZMR 2018, 883. 789 OLG Hamm v. 14.5.2002 – 15 W 300/01, ZWE 2002, 600 (601); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 158. 790 OLG München v. 20.12.2007 – 34 Wx 76/07, NZM 2008, 613. 791 OLG Saarbrücken v. 20.7.1998 – 5 W 110/98-35, NJW-RR 2000, 87 = NZM 2000, 198; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 256.

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§ 21 Rz. 99 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer

6. Aufstellung eines Wirtschaftsplans (Nr. 5) 99 Zum Wirtschaftsplan allgemein s. die Kommentierung bei § 28. Die Vorschrift erhellt die Auf-

gabenteilung zwischen Wohnungseigentümern und Verwalter bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans792: Während der Entwurf des Wirtschaftsplans nach § 28 Abs. 1 dem Verwalter obliegt, haben die Wohnungseigentümer diesen durch Mehrheitsbeschluss aufzustellen, damit er Wirksamkeit erlangt, § 28 Abs. 5. Aus Nr. 5 ergibt sich die interne Verpflichtung zur Beschlussfassung, die deshalb von jedem Wohnungseigentümer nach Abs. 4 verlangt werden kann.793 Die Durchführung des Plans obliegt dann wiederum dem Verwalter, § 27 Abs. 1 Nr. 1, 4, Abs. 3 Nr. 4, § 28 Abs. 2, 3. Das Verfahren der Aufstellung und der Inhalt des Wirtschaftsplans sind in § 28 Abs. 1, 5 geregelt. 100 Fehlt ein Wirtschaftsplan überhaupt oder fassen die Wohnungseigentümer keinen entspre-

chenden Feststellungsbeschluss, so besteht ein Individualanspruch jedes Eigentümers nach Abs. 4 auf Aufstellung eines entsprechenden Plans,794 dessen Erstellung notfalls im Klagewege durch das nach § 43 Nr. 1 zuständige Gericht gem. Abs. 8 nach dessen Ermessen erzwungen werden, sofern nicht aufgrund wirksamer Vereinbarung auf die Aufstellung eines Wirtschaftsplans verzichtet worden ist (s. § 28 Rz. 34). Dies kann auch im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt werden.795 Das Gericht kann die Weitergeltung des von ihm aufgestellten Plans bis zu einer wirksamen Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer anordnen.796 Ein fehlerhafter Wirtschaftsplan kann nur aufgehoben werden, wenn das Gericht zugleich einen vorläufigen Plan aufstellt.797 Zur Problematik, ob die Fortgeltung eines Wirtschaftsplans bis zur Aufstellung eines neuen Wirtschaftsplans oder nur bis zur nächsten Eigentümerversammlung beschlossen werden kann s. § 28 Rz. 47, 63a.

7. Maßnahmen zur Herstellung von Telekommunikations-, Energieversorgungs- und Rundfunkempfangsanlagen (Nr. 6 und Abs. 6) a) Allgemeines 101 Zur ordnungsgemäßen Verwaltung zählt auch die Duldung (§ 1004 Abs. 2 BGB) aller Maß-

nahmen, die zur Herstellung einer Fernsprechteilnehmereinrichtung, einer Rundfunkempfangsanlage oder eines Energieversorgungsanschlusses (Fernwärme,798 Gas, Wasser, Abwasser799 und Strom) zugunsten eines Wohnungseigentümers erforderlich sind. Sinn und Zweck der Vorschrift ist die Gewährleistung eines Mindeststandards hinsichtlich dieser Einrichtungen.800 Die Duldungspflicht erstreckt sich allerdings entsprechend dem Gegenstand der Verwaltung nur auf das Gemeinschaftseigentum.801 Erfordert die Herstellung der genannten

792 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 160; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 271; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 44. 793 Bärmann/Pick, § 21 WEG Rz. 51. 794 LG Düsseldorf v. 7.11.2013 – 19 S 77/12, NZM 2014, 399 (400). 795 BGH v. 12.7.1984 – VII ZB 1/84, MDR 1985, 315 = NJW 1985, 912 (913); KG v. 11.7.1990 – 24 W 3798/90, OLGZ 1990, 425 (428) = MDR 1990, 924 = NJW-RR 1990, 1298 (1299). 796 KG v. 10.3.1993 – 24 W 1701/92, OLGZ 1994, 27 (31). 797 BGH v. 21.4.1988 – V ZB 10/87, BGHZ 104, 197 (200 ff.) = MDR 1988, 765 = NJW 1988, 1910. 798 KG v. 29.9.2015 – 1 W 10-12/15, MittBayNot 2016, 31. 799 AG Charlottenburg v. 1.9.2016 – 72 C 44/16, ZMR 2017, 508 (509). 800 AG Mitte v. 19.3.2018 – 26 C 55/17, ZMR 2018, 702 (703) = MietRB 2019, 51 (Häublein); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 163; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 273; RGRK/Augustin, § 21 WEG Rz. 52. 801 AG Köln v. 18.8.2015 – 204 C 116/14, ZMR 2016, 657 (658); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 162.

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 102a § 21

Anschlüsse Eingriffe in das Sondereigentum, so ist die Zustimmung des betroffenen Eigentümers erforderlich.802 Über § 14 Nr. 3, 4 kann dieser Eigentümer zur Duldung des Eingriffs verpflichtet sein (s. § 14 Rz. 20 ff., 22 ff.), hat aber andererseits bei Beschädigungen Aufopferungsansprüche nach § 14 Nr. 4 (s. hierzu § 14 Rz. 27).803 Darüber hinaus besteht eine Zustimmungspflicht nur dann, wenn die Verweigerung sich als Verstoß gegen die Treuepflicht gegenüber den anderen Miteigentümern nach § 242 BGB erweist.804 Betreffen die Maßnahmen ausschließlich das Gemeinschaftseigentum, so sind sie von den Wohnungseigentümern auch dann zu dulden, wenn sie einzelne Wohnungseigentümer über das in § 14 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigen.805 b) Umfang der Beschlusskompetenz Die Vorschrift ermöglicht nur die erstmalige Einrichtung der genannten Anschlüsse. Hierzu 102 kann auch eine faktische Ersterschließung zählen.806 Weitere Anschlüsse (z.B. ein zweiter Telefonanschluss) oder andere Maßnahmen (z.B. Untersuchungen der Bausubstanz) können nicht auf diese Norm gestützt werden.807 Auch die Herstellung eines Elektroanschlusses in der Tiefgarage zum Aufladen eines Elektroautos kann nicht auf die Vorschrift gestützt werden.808 Es müssen hierfür die Voraussetzungen nach Abs. 5 Nr. 2 oder § 22 Abs. 1 vorliegen. Auch ein Anschluss an eine außerhalb des Gemeinschaftseigentums verlaufende Versorgungsleitung (z.B. eine öffentliche Versorgungsleitung) wird durch die Vorschrift nicht ermöglicht,809 wohl aber an eine bereits im Gemeinschaftseigentum befindliche Hauptleitung.810 Die Vorschrift ist im Hinblick auf die Herstellung einer „Fernsprechteilnehmereinrichtung“ 102a und einer „Rundfunkempfangsanlage“ extensiv auszulegen und erfasst auch Maßnahmen für die Errichtung von Vorrichtungen zum Empfang von Telediensten (Internet) und von Fernsehempfangsanlagen, da der Internet- und Fernsehempfang mittlerweile überragende Bedeutung erlangt hat und zur Mindestausstattung einer Wohnung zählt.811 Welche Art von Empfangsanlage installiert wird (terrestrischer Empfang über Antenne, unterirdischer Kabelnetzempfang oder Satellitenempfang über Parabolantenne), steht im Ermessen der Eigentü802 AG Köln v. 18.8.2015 – 204 C 116/14, ZMR 2016, 657 (658); AG Hannover v. 16.7.2013 – 483 C 3961/13, ZMR 2014, 63; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 276; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 45; a.A. Sauren, § 21 WEG Rz. 12 („Anschlüsse“). 803 AG Hannover v. 16.7.2013 – 483 C 3961/13, ZMR 2014, 63; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 163; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 47. 804 AG Köln v. 18.8.2015 – 204 C 116/14, ZMR 2016, 657 (658). 805 BayObLG v. 26.9.2001 – 2Z BR 79/01, ZMR 2002, 211 = WuM 2002, 160; OLG Hamburg v. 13.11.1991 – 2 Wx 64/90, OLGZ 1992, 186 (188); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 162; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 279; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 45. 806 Vgl. AG Charlottenburg v. 1.9.2016 – 72 C 44/16, ZMR 2017, 508 (509). 807 OLG Hamm v. 4.3.1993 – 15 W 295/92, OLGZ 1994, 32 = NJW-RR 1993, 845; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 163; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 275; Engelhardt in MünchKomm/ BGB, § 21 WEG Rz. 38; Bub in Staudinger, BGB, § 21 WEG Rz. 217; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 47. 808 LG München I v. 21.1.2016 – 36 S 2041/15 WEG, ZMR 2016, 569 (570) = MietRB 2016, 228 (Dötsch); AG Düsseldorf v. 18.10.2017 – 291a C 45/17, ZMR 2018, 374 f.; AG Mitte v. 19.3.2018 – 26 C 55/17, ZMR 2018, 702 (703) = MietRB 2019, 51 (Häublein); AG Schöneberg v. 5.4.2015 – 771 C 87/14, ZMR 2017, 431 (432); a.A. AG München v. 17.12.2014 – 482 C 12592/14, ZMR 2015, 632 (633); zum Ganzen Dötsch, ZfIR 2017, 261 ff.; Dötsch, MietRB 2016, 241 ff. 809 BayObLG v. 26.9.2001 – 2Z BR 79/01, ZMR 2002, 211 = WuM 2002, 160; BayObLG v. 12.11.1992 – 2Z BR 96/92, WE 1994, 21 (22) = WuM 1993, 79 (80). 810 OLG Frankfurt v. 28.7.1993 – 20 W 44/92, MDR 1993, 1201 = NJW 1993, 2817; Bärmann/Pick, § 21 WEG Rz. 52. 811 AG Starnberg v. 10.3.1970 – 1 ÜR II 18/69, MDR 1970, 679; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 165; Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 46; Fritsch, ZMR 2006, 180 (181).

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§ 21 Rz. 102a | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer mer bzw. richtet sich nach der örtlichen Verfügbarkeit.812 Die Aufputz-Verlegung eines TVKabels müssen die Eigentümer als Bagatelleingriff hinnehmen.813 Die Kündigung eines Kabel-TV-Vertrags entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn völlig ungeklärt bleibt, wie die Gemeinschaft künftig mit Fernsehempfang und Telekommunikationsleistungen versorgt werden soll.814 Zu der umstrittenen Frage, unter welchen Voraussetzungen die zusätzliche Einrichtung einer Parabolantenne oder der Anschluss an das Breitbandkabelnetz verlangt werden kann, s. Rz. 69 und § 22 Rz. 100.815 c) Ersatzanspruch der beeinträchtigten Wohnungseigentümer 103 Als Ausgleich für Schäden, die einzelnen Wohnungseigentümern durch die Duldungspflicht

nach Nr. 6 entstanden sind, sieht das Gesetz einen Aufopferungsanspruch in Abs. 6 vor.816 Demnach ist ihnen derjenige Wohnungseigentümer zum Schadensersatz verpflichtet, zu dessen Gunsten eine Maßnahme nach Nr. 6 durchgeführt wurde. Es handelt sich um eine verschuldensunabhängige Haftung.817 d) Vertretungsmacht des Verwalters 104 Zur Abgabe derjenigen Erklärungen, die zur Einrichtung der genannten Anlagen erforderlich

sind, ist der Verwalter verpflichtet und berechtigt und besitzt diesbezüglich Vertretungsmacht, § 27 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 3 Nr. 4 (s. hierzu § 27 Rz. 58, 99).

8. Weitere, gesetzlich nicht geregelte Einzelfälle ordnungsmäßiger Verwaltung a) Abschluss von Rechtsgeschäften 105 Der Abschluss von Verträgen im Namen der Gemeinschaft kann ordnungsgemäßer Verwal-

tung entsprechen. Hierzu zählen insbesondere Werkverträge zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, Verträge zur Versorgung und Entsorgung des Grundstücks, aber auch Wartungs- und Hausmeisterverträge,818 Verträge über Fernseh- und Telekommunikationsdienstleistungen819 sowie Verträge zur Versicherung des Gemeinschaftseigentums gegen Risiken oder der Beitritt zu einem Haus- und Grundbesitzerverein.820 Möglich sind auch Verträge der Gemeinschaft mit einem Miteigentümer.821 Hierin liegt keine unzulässige Auferlegung von Leistungspflichten (s. Rz. 56).822 Im Einzelfall ist zu prüfen, ob der Vertrag – obwohl er mit dem Verband abgeschlossen wurde – Schutzwirkung zugunsten der 812 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 165. 813 AG Hannover v. 16.7.2013 – 483 C 3961/13, ZMR 2014, 63; a.A. AG Köln v. 18.8.2015 – 204 C 116/14, ZMR 2016, 657 (658). 814 AG Eutin v. 18.3.2013 – 29 C 21/12, ZMR 2013, 568. 815 Die Anwendbarkeit von Nr. 6 befürwortet Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 280, 281. 816 Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 47. 817 Engelhardt in MünchKomm/BGB, § 21 WEG Rz. 38; Sauren, § 21 WEG Rz. 12 („Anschlüsse“). 818 BGH v. 8.12.1988 – V ZB 3/88, BGHZ 106, 179 (181) = NJW 1989, 1090; ob ein Hausmeister angestellt wird, liegt allerdings im Ermessen der Wohnungseigentümer, LG Frankfurt am Main v. 19.4.2017 – 2-13 S 2/17, ZMR 2017, 579; AG Nürnberg v. 7.12.2011 – 30 C 5175/11, BeckRS 2012, 02060; auch eine Vereinbarung, die die Kompetenz in die Hände des Verwalters legt, verdrängt die Beschlusskompetenz der Eigentümer nicht, AG Mainz v. 31.10.2013 – 73 C 67/12, ZMR 2014, 246 (248). 819 LG Berlin v. 25.1.2013 – 55 S 80/12, ZMR 2013, 738. 820 AG Hannover v. 31.3.2008 – 484 C 10329/07, NZM 2008, 690 (691). 821 AG München v.5.7.2017 – 482 C 26378/16, ZMR 2018, 88 (89). 822 A.A. AG Tostedt v. 5.7.2018 – 5 C 117/17, ZMR 2018, 966.

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einzelnen Wohnungseigentümer entfaltet.823 Der Abschluss von Miet- und Pachtverträgen kann ordnungsmäßige Verwaltung darstellen, z.B. die langfristig Vermietung gemeinschaftlichen Eigentums an einen Miteigentümer gegen eine Einmalzahlung in die Rückstellung,824 die Anmietung eines Pkw-Stellplatz-Grundstücks, um die bauordnungsrechtlichen Vorgaben zu erfüllen825 oder die Anmietung einer Satellitenanlage, wenn dies im Vergleich zu einem Kauf wirtschaftlich sinnvoller ist.826 Die Beschlusszuständigkeit erstreckt sich auch auf den Abschluss eines Breitbandkabelvertrags, wenn die Teilungserklärung eine Regelung über die Verteilung der Kosten des Kabelfernsehens enthält und bereits bisher ein solcher Vertrag bestanden hatte.827 Vor Beschlussfassung über den Vertragsabschluss müssen die Eigentümer über die wesentlichen Eckpunkte des Vertragsinhalts informiert werden.828 Im Regelfall (bei Dauerschuldverhältnissen zwingend) sind mehrere Alternativ- und Konkurrenzangebote einzuholen, um einen dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechende Entscheidung treffen zu können (s. Rz. 77).829 Dies gilt auch beim Abschluss von Dienstleistungsverträgen, z.B. Fachingenieuren, Architekten und Rechtsanwälten (s. Rz. 108).830 Zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehört aber auch die Entscheidung über einseitige rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche Maßnahmen, z.B. die Kündigung eines Vertrags,831 die Ausübung eines Rücktrittsoder Widerrufsrechts sowie die Abgabe einer Mahnung. Der Beschluss über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts widerspricht dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn das abzuschließende Rechtsgeschäft unwirksam ist oder unwirksame Klauseln nach §§ 307 ff. BGB enthält.832 Der Beschluss über die Kündigung eines bestehenden Vertrags muss auch klarstellen, ob diese ordentlich oder außerordentlich sowie unter Einhaltung einer Kündigungsfrist oder fristlos erfolgen soll.833 Die Entscheidung hierüber kann nicht auf den Verwalter oder einen beauftragten Dritten (z.B. einen Rechtsanwalt) delegiert werden.834 Auch Kaufverträge, z.B. über Gerätschaften,835 sogar über Grundbesitz,836 können mit Mehr- 105a heit beschlossen werden.837 In diesem Zusammenhang kann auch beschlossen werden, den Verwalter, einen Miteigentümer oder sogar einen Dritten mit dem Abschluß des Erwerbsvertrags zu bevollmächtigen.838 Ob der Beschluss über den Erwerb von Grundbesitz ordnungs823 Vgl. LG Stuttgart v. 11.5.2016 – 10 S 2/16, BeckRS 2016, 10123 = MietRB 2016, 234 (Dötsch). 824 LG Berlin v. 29.5.2018 – 85 S 43/16, ZMR 2018, 847 (848). 825 BayObLG v. 10.2.1998 – 2Z BR 172/97, NZM 1998, 520; vgl. aber OLG Köln v. 6.2.1998 – 16 Wx 324/97, ZMR 1998, 458. 826 OLG Köln v. 7.9.1998 – 16 Wx 108/98, NZM 1998, 970. 827 OLG München v. 27.6.2006 – 32 Wx 72/06, NJW-RR 2006, 1674 (1675). 828 AG München v.5.7.2017 – 482 C 26378/16, ZMR 2018, 88 (89). 829 LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (261); AG Hamburg-St. Georg v. 20.12.2017 – 980b C 22/17, ZMR 2018, 375. 830 AG Hamburg v. 23.4.2018 – 22a C 280/17, ZMR 2018, 876 (879). 831 BGH v. 30.11.2012 – V ZR 234/11, MDR 2013, 209 = MietRB 2013, 46 = NZM 2013, 195 (196). 832 LG Berlin v. 29.11.2013 – 55 S 216/12, GE 2014, 331. 833 AG München v. 30.8.2018 – 484 C 22173/17, ZMR 2018, 1034 (1035 f.). 834 AG München v. 30.8.2018 – 484 C 22173/17, ZMR 2018, 1034 (1035). 835 BayObLG WE 1992, 52. 836 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NZM 2016, 387 (388 f.) = ZMR 2016, 476 (478) = MietRB 2016, 163 (Heinemann); BayObLG v. 30.4.1998 – 2Z BR 23/98, NZM 1998, 978: Erwerb eines Sondernutzungsrechts zum Abstellen von Müllbehältern; OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, MietRB 2008, 171 = NZM 2008, 370 (371); OLG Hamm v. 20.10.2009 – 15 Wx 81/09, NZM 2009, 914; LG Deggendorf v. 19.5.2008 – 1 T 59/08, ZMR 2008, 909; AG Bremen-Blumenthal v. 4.10.2013 – 44 C 2012/13, ZMR 2014, 318 (319); a.A. LG Heilbronn v. 30.1.2007 – 1 T 7/07, ZMR 2007, 649 mit abl. Anm. Hügel. 837 Hügel, DNotZ 2005, 753 (771); Wenzel, ZWE 2006, 2 (7); Wenzel, NZM 2006, 321 (323); a.A. Jennißen, NZM 2006, 203 (205) – für den Erwerb von Immobilieneigentum. 838 OLG München v. 16.11.2016 – 34 Wx 305/16, ZMR 2017, 178 (183) = MietRB 2017, 73 (Heinemann).

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§ 21 Rz. 105a | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer gemäßer Verwaltung entspricht, ist vom Grundbuchamt allerdings nicht zu prüfen.839 Richtigerweise darf das Grundbuchamt nicht einmal prüfen, ob es sich um eine Verwaltungsmaßnahme handelt, da dieser Begriff ohnehin weit zu verstehen ist (s. Rz. 40).840 Der Erwerb eines Grundstücks durch die Wohnungseigentümergemeinschaft entspricht jedenfalls dann in aller Regel ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn das Grundstück für die Wohnungseigentumsanlage von Beginn an eine dienende und auf Dauer angelegte Funktion hatte und diese mit dem Erwerb aufrechterhalten werden soll.841 Der Erwerbsbeschluss bedarf als reine Innenmaßnahme nicht notarieller Beurkundung.842 Der Erwerb von Sondereigentum oder von Sondernutzungsrechten sowie die Einräumung beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten843 zur gemeinschaftlichen Nutzung bzw. Versorgung oder von benachbartem Grundbesitz, der einer Versorgung der Gemeinschaft dienen soll, entspricht jedenfalls ordnungsmäßiger Verwaltung.844 Der Erwerb einer Vielzahl von Sondereigentumseinheiten in der eigenen Anlage entspricht aber selbst dann nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Maßnahme zur Lösung von Problemen der Gemeinschaft beitragen soll, die durch eine Vielzahl zahlungsunfähiger oder zahlungsunwilliger Miteigentümer verursacht werden.845 b) Aufnahme von Krediten, sonstige kostenintensive Maßnahmen 106 Die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer umfasst auch die Kompetenz, über eine

Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft zu beschließen.846 Der Verwalter ist ohne Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer jedenfalls nicht befugt, einen Kredit zu Lasten der Gemeinschaft aufzunehmen (s. § 27 Rz. 51). Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Kreditaufnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.847 Einwendungen hiergegen können nur bis zur Bestandskraft des Beschlusses erhoben werden, eine Nichtigkeit des Beschlusses liegt nicht vor.848 Nach mittlerweile herrschender Ansicht, der sich auch der BGH angeschlossen hat, muss durch eine Abwägung der beteiligten Güter und Interessen im Einzelfall entschieden werden, ob eine Kreditaufnahme rechtmäßig ist: Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Wohnungseigentümer aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts einen Ermessensspielraum haben, bei dessen Ausgestaltung alle relevanten Umstände abzuwägen, insbesondere die Finanzierung durch Entnahme aus der Rückstellung oder durch Son839 OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, MietRB 2008, 171 = NZM 2008, 370 (371); OLG Frankfurt v. 28.4.2014 – 20 W 32/14, BeckRS 2015, 09006 = MietRB 2015, 210 (Sommer); Schneider, Rpfleger 2008, 291 (292). 840 Offen gelassen von OLG München v. 11.5.2016 – 34 Wx 73/15, ZWE 2016, 256 (257) = MietRB 2016, 235 (Dötsch). 841 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NZM 2016, 387 (388 f.) = ZMR 2016, 476 (479) = MietRB 2016, 163 (Heinemann); LG Bremen v. 13.2.2015 – 4 S 343/13, ZMR 2015, 475. 842 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NZM 2016, 387 (388 f.) = ZMR 2016, 476 (479) = MietRB 2016, 163 (Heinemann). 843 KG v. 29.9.2015 – 1 W 10-12/15, MittBayNot 2016, 31. 844 OLG Hamm v. 20.10.2009 – 15 Wx 81/09, MietRB 2010, 144 = ZMR 2010, 216; OLG Hamm v. 4.5.2010 – 15 W 382/09, MietRB 2010, 202 (Grziwotz) = ZWE 2010, 270; OLG München v. 11.5.2016 – 34 Wx 73/15, ZWE 2016, 256 (257) = MietRB 2016, 235 (Dötsch); LG Hamburg v. 28.6.2017 – 318 S 95/16, ZMR 2017, 827 (828) = NZM 2017, 817 = MietRB 2018, 81 (Reichert); AG Bremen-Blumenthal v. 4.10.2013 – 44 C 2012/13, ZMR 2014, 318 (319). 845 OLG Hamm v. 12.8.2010 – 15 Wx 63/10, MietRB 2010, 363 = NJW 2010, 3586. 846 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, ZfIR 2015, 837 (838); BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, MDR 2012, 1398 f. = NJW 2012, 3719 (3720); BGH v. 18.2.2011 – V ZR 197/10, MietRB 2011, 147 = NZM 2011, 454 (455); LG Düsseldorf v. 12.6.2013 – 25 S 152/12 U, MietRB 2014, 16 (Elzer) = ZMR 2013, 823 = ZWE 2014, 44; Drasdo, NZM 2014, 290 (291). 847 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, ZfIR 2015, 837 (838); BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, MDR 2012, 1398 f. = NJW 2012, 3719 (3720). 848 BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, MDR 2012, 1398 f. = NJW 2012, 3719 (3720).

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derumlage, die zu finanzierende Maßnahme, die Kreditkonditionen und die individuelle Belastung des einzelnen Wohnungseigentümers zu berücksichtigen sind.849 Eine Darlehensaufnahme entspricht jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung, um auftre- 106a tenden Zahlungsschwierigkeiten begegnen zu können, wenn die Wohnungseigentümer eine Darlehensaufnahme in begrenzter Höhe und für einen kurzfristigen Zeitraum (nicht mehr als 3 Monate) beschließen.850 Allerdings kommt eine Kreditaufnahme (auch im Wege der Inanspruchnahme einer Kreditlinie)851 nur in Betracht, soweit die Deckungslücke nicht auf andere zumutbare Weise, z.B. durch eine Sonderumlage, ausgeglichen werden kann.852 Nach Ansicht des BGH kann auch die Finanzierung größerer Ausgaben durch eine Kredit- 106b aufnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Dabei sind aber die Haftungsrisiken der Wohnungseigentümer, insbesondere die Gefahr, dass einige Miteigentümer ihre Zahlungen nicht erbringen können und andere Miteigentümer zum Nachschuss verpflichtet sein können, zu berücksichtigen, so dass nur nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der allseitigen Interessen eine Kreditaufnahme als ordnungsmäßige Verwaltungsmaßnahme angesehen werden kann.853 Die Kreditaufnahme stellt grundsätzlich kein gleichrangiges Finanzierungsinstrument bei Instandsetzungsmaßnahmen dar,854 etwas anderes kann jedoch geboten sein, wenn es sich um eine dringliche Maßnahme handelt oder wenn sie der Modernisierung i.S. des § 22 dient.855 Weiterhin ist auch hier zu prüfen, ob die Maßnahmen nicht auch aus der Instandhaltungsrücklage finanziert werden kann: diese darf nur dann unangetastet bleiben, wenn sie künftig anstehenden Instandsetzungsmaßnahmen dienen soll, die aber noch aufgeschoben werden können.856 Die Erhebung einer Sonderumlage scheidet nur dann als vorrangige Maßnahme aus, wenn wirtschaftlich schwächeren Miteigentümern hierdurch in ihrer Leistungsfähigkeit überfordert wären.857 Entscheidend ist auch die Höhe des Darlehensbetrags im Verhältnis zur Anzahl der Wohnungseigentümer sowie die monatliche Belastung der Wohnungseigentümer mit Zins und Tilgungsleistungen. Ist dabei abzusehen, dass es zu Zahlungsausfällen kommen wird, spricht dies gegen eine Darlehensaufnahme, es sei denn, die Maßnahme ist dringlich und kann nicht anderweitig finanziert werden.858 Die Kreditkonditionen müssen nach Höhe der Zinsen und der sonstigen Zu849 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NZM 2015, 821 (822) = ZfIR 2015, 837 (838); LG Düsseldorf v. 12.6.2013 – 25 S 152/12 U, MietRB 2014, 16 (Elzer) = ZMR 2013, 823 = ZWE 2014, 44. 850 BayObLG WE 1991, 111 (112); OLG Hamm v. 28.11.1991 – 15 W 169/91, OLGZ 1992, 313 = MDR 1992, 772 = NJW-RR 1992, 403; LG Bielefeld v. 15.6.2011 – 23 T 442/10, MietRB 2011, 387 = ZMR 2011, 894 (895 f.) mit Anm. Abramenko; LG Köln v. 26.8.2010 – 29 S 177/09, MietRB 2011, 15 (22) = ZWE 2011, 45; vgl. Schmidt, ZMR 2007, 90 (92); weiter gehend, aber auf den Einzelfall abstellend Elzer, NZM 2009, 58; a.A. AG Ettlingen v. 23.4.2010 – 4 C 17/09, BeckRS 2010, 24837; Abramenko, ZMR 2011, 173 ff. 851 Schmidt, ZMR 2007, 90 (92). 852 OLG Hamm v. 28.11.1991 – 15 W 169/91, OLGZ 1992, 313 = MDR 1992, 772 = NJW-RR 1992, 403; a.A. LG Düsseldorf v. 12.6.2013 – 25 S 152/12 U, MietRB 2014, 16 (Elzer) = ZMR 2013, 823 = ZWE 2014, 44. 853 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NZM 2015, 821 (823) = ZfIR 2015, 837 (839); AG Friedberg v. 16.5.2018 – 2 C 1072/16, ZMR 2018, 802 (803). 854 Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 77; Feuerborn, NJW 1988, 2991; Schultzky, MietRB 2013, 367 (368); a.A. LG Düsseldorf v. 12.6.2013 – 25 S 152/12 U, MietRB 2014, 16 (Elzer) = ZMR 2013, 823 = ZWE 2014, 44; Brych, NJW 1989, 699; Jennißen, NZM 2006, 203 (207). 855 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NZM 2015, 821 (823) = ZfIR 2015, 837 (839). 856 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NZM 2015, 821 (823) = ZfIR 2015, 837 (839 f.). 857 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NZM 2015, 821 (823) = ZfIR 2015, 837 (840); a.A. LG Bielefeld v. 15.6.2011 – 23 T 442/10, MietRB 2011, 387 = ZMR 2011, 894 (895 f.) mit Anm. Abramenko; LG Karlsruhe v. 19.7.2011 – 11 S 75/10, MietRB 2012, 80 (Schmidt). 858 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NZM 2015, 821 (823) = ZfIR 2015, 837 (840).

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§ 21 Rz. 106b | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer satzkosten, der Laufzeit und der Rückzahlungsbedingungen so ausgestaltet sein, dass der Gemeinschaft eine Rückzahlung am Ende der Laufzeit des Darlehens möglich sein muss; ein Darlehen von mehr als 10 Jahren Laufzeit entspricht nur ausnahmsweise (nämlich bei unaufschiebbaren Maßnahmen) ordnungsmäßiger Verwaltung.859 Es ist dabei nicht geboten, einzelnen Miteigentümern ein Wahlrecht einzuräumen, ob sie sich an der Kreditaufnahme beteiligen wollen oder nicht. Diese sind aber berechtigt, ihren Anteil sofort aufzubringen, so dass sich die Höhe des aufzunehmenden Darlehens entsprechend verringert.860 Allerdings verbleibt es bei der Außenhaftung nach § 10 Abs. 8 gegenüber dem Kreditinstitut, die nur durch Individualvereinbarung mit diesem eingeschränkt werden kann.861 Nicht befreit werden kann ein vorleistender Miteigentümer von seiner Nachschusspflicht im Innenverhältnis, falls das Darlehen von der Gemeinschaft nicht mehr bedient werden kann.862 106c Ein gegen die vorstehenden Grundsätze verstoßender Mehrheitsbeschluss wäre anfechtbar,

nicht aber nichtig.863 Hingegen wäre ein Mehrheitsbeschluss, der den einzelnen Wohnungseigentümer zur Kreditaufnahme oder zur Bestellung von Sicherheiten (z.B. Grundschulden, Schuldanerkenntnisse, Bürgschaften)864 verpflichtet, mangels Beschlusskompetenz nichtig.865 Im Zweifel ist ein unklarer Beschluss dahin auszulegen, dass nur der Verband der Wohnungseigentümer zur Kreditaufnahme verpflichtet werden soll, für den die einzelnen Miteigentümer nur anteilig nach § 10 Abs. 8 haften.866 106d Bei kostenintensiven Maßnahmen muss die Gemeinschaft einen sog. Finanzierungsbeschluss

treffen, also entscheiden, wie die mit der Durchführung der Maßnahmen verbundenen Kosten gegenfinanziert werden, ob also Mittel aus der Instandhaltungsrücklage entnommen werden, eine Sonderumlage als Ergänzung zum Wirtschaftsplan erhoben wird, das (nicht auf die Rücklage) entfallende – liquide – Verwaltungsvermögen ausreicht867 oder ob nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze eine Kreditaufnahme erfolgen wird. Eine kostenintensive Maßnahme liegt jedenfalls dann vor, wenn die Belastung für jeden Miteigentümer mehr als 50 % des Verkehrswerts seines Wohnungs- und Teileigentums übersteigt.868 Soll ein Kredit aufgenommen werden, so muss der Beschluss hinreichend bestimmt sein, insbesondere Angaben über die zu finanzierende Maßnahme, die Höhe des Darlehens, dessen Laufzeit, die Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreitenden Zinssatzes enthalten und erkennen lassen, ob die Tilgungsraten eine Tilgung ohne Anschlussfinanzierung ermöglichen; die Höhe der anteiligen Beitragsbelastung jedes Miteigentümers muss hingegen nicht konkret beziffert sein.869 Außerdem muss vor der Beschlussfassung die Gefahr einer möglichen Nachschusspflicht erörtert werden, was ggf. eine Unterrichtung über die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft erfordert.870 Ist der Finanzierungsbeschluss nichtig oder wird er vom Gericht aufgeho-

859 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NZM 2015, 821 (823) = ZfIR 2015, 837 (840); AG Friedberg v. 16.5.2018 – 2 C 1072/16, ZMR 2018, 802 (803). 860 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NZM 2015, 821 (824) = ZfIR 2015, 837 (840). 861 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NZM 2015, 821 (824) = ZfIR 2015, 837 (840 f.). 862 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NZM 2015, 821 (824) = ZfIR 2015, 837 (841). 863 LG Bielefeld v. 15.6.2011 – 23 T 442/10, MietRB 2011, 387 = ZMR 2011, 894 (895 f.) mit Anm. Abramenko. 864 Schultzky, MietRB 2013, 367 (368). 865 BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, MDR 2012, 1398 f. = NJW 2012, 3719 (3720); Jennißen, NZM 2006, 203 (207); Schmidt, ZMR 2007, 90 (92). 866 BGH v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, MDR 2012, 1398 f. = NJW 2012, 3719 (3721). 867 LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 87/12, ZWE 2013, 460 (461); v. 28.3.2012 – 318 S 17/11, ZMR 2012, 654 (655). 868 AG Friedberg v. 16.5.2018 – 2 C 1072/16, ZMR 2018, 802 (803 f.). 869 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NZM 2015, 821 (824) = ZfIR 2015, 837 (841). 870 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, NZM 2015, 821 (824) = ZfIR 2015, 837 (841); AG Friedberg v. 16.5.2018 – 2 C 1072/16, ZMR 2018, 802 (803).

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 107a § 21

ben, so wird auch ein damit zusammenhängender Sanierungsbeschluss nach § 139 BGB unwirksam.871 Umgekehrt entfällt der Finanzierungsbeschluss, wenn der Sanierungsbeschluss nichtig ist oder aufgehoben wird.872 c) Gerichtliche und außergerichtliche Anspruchsdurchsetzung Die Geltendmachung und Durchsetzung von Ansprüchen, die der Gemeinschaft zustehen 107 (s. Rz. 6 ff.), widerspricht nur ausnahmsweise ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn der behauptete Anspruch offensichtlich unbegründet ist.873 Ausreichend ist, wenn das Bestehen eines Anspruchs zwar nicht zweifelsfrei, aber doch plausibel erscheint.874 Es widerspricht daher im Regelfall dem Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn schlüssige Forderungen und Ansprüche nicht eingefordert werden oder sogar auf diese verzichtet werden soll.875 Erforderlich ist jedoch stets eine Beurteilung des konkreten Anspruchs im Einzelfall.876 Gegen die Führung eines Rechtsstreits spricht, wenn aufgrund nachvollziehbarer Bedenken angenommen werden kann, dass ein Rechtsstreit auch mit Risiken und Kosten verbunden ist, die nicht eingegangen werden sollen, z.B. weil der verfolgte Anspruch weder dem Grunde noch der Höhe nach schlüssig dargelegt ist877 oder wenn ein hohes Kosten- und Prozessrisiko besteht.878 Dass in einem eingeholten Rechtsgutachten Beweisschwierigkeiten aufgezeigt werden und auf das Prozessrisiko hingewiesen wird, begründet jedoch noch keine durchgreifenden Bedenken gegen eine gerichtliche Rechtsverfolgung.879 Im Rahmen der Anspruchsdurchsetzung kann mehrheitlich auch die Einleitung eines selb- 107a ständigen Beweisverfahrens beschlossen werden,880 es sei denn die vertretene Rechtsposition ist offenkundig unhaltbar.881 Die Wohnungseigentümer können auch darüber beschließen, im Vergleichswege auf Wohngeldforderungen gegen einen Miteigentümer zu verzichten.882 Allerdings kann diese Kompetenz nicht auf einen Miteigentümer oder den Verwaltungsbeirat delegiert werden.883 Auch die Genehmigung eines (vom Verwalter oder eines beauftragten Rechtsanwalts abgeschlossenen) gerichtlichen Vergleichs ist einer Mehrheitsentscheidung zugänglich, wenn der Inhalt unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen, zumindest ver871 AG Friedberg v. 16.5.2018 – 2 C 1072/16, ZMR 2018, 802 (803). 872 LG Frankfurt am Main v. 7.6.2018 – 2-13 S 88/17, NZM 2018, 871 (873). 873 BayObLG v. 24.3.1994 – 2Z BR 18/94, ZMR 1994, 428; BayObLG v. 23.4.1998 – 2Z BR 41/98, NZM 1999, 175 = WE 1999, 199; BayObLG v. 30.4.1999 – 2Z BR 153/98, NZM 1999, 862 (865); OLG Düsseldorf v. 19.2.2003 – I-3 Wx 8/03, NZM 2003, 643. 874 OLG München v. 9.2.2010 – 32 Wx 114/09, NZM 2010, 674 = ZMR 2010, 469; LG Köln v. 22.12.2011 – 29 S 138/11, MietRB 2012, 48 (Jennißen); LG Hamburg v. 2.6.2016 – 318 S 75/15 WEG, ZMR 2016, 900 (901) = ZWE 2017, 458 = MietRB 2017, 109 (Schneehain); AG HamburgBlankenese v. 11.8.2010 – 539 C 10/10, ZMR 2011, 330 (331); a.A. LG München I v. 14.6.2010 – 1 S 25652/09, ZMR 2010, 800 = ZWE 2010, 411: Beschluss, einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung möglicher Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche zu beauftragen, soll anfechtbar sein (zweifelhaft). 875 OLG Düsseldorf v. 25.8.1999 – 3 Wx 270/99, NJW-RR 2000, 381; LG Dortmund v. 24.11.2015 – 9 S 41/14, ZMR 2016, 640 (642); LG Hamburg v. 29.7.2009 – 318 T 80/08, ZMR 2010, 64 (65); LG Koblenz v. 30.4.2018 – 2 S 67/16, ZMR 2018, 795 (796). 876 LG Hamburg v. 2.6.2016 – 318 S 75/15 WEG, ZMR 2016, 900 (901) = ZWE 2017, 458 = MietRB 2017, 109 (Schneehain). 877 LG Hamburg v. 2.6.2016 – 318 S 75/15 WEG, ZMR 2016, 900 (901) = ZWE 2017, 458 = MietRB 2017, 109 (Schneehain). 878 AG Bonn v. 4.5.2016 – 27 C 178/15, ZMR 2016, 650 (651). 879 LG Koblenz v. 30.4.2018 – 2 S 67/16, ZMR 2018, 795 (796 f.). 880 BayObLG v. 12.9.2002 – 2Z BR 28/02, NZM 2002, 1000 (1001). 881 OLG Frankfurt v. 30.9.2008 – 20 W 9/08, MietRB 2010, 80 = ZMR 2009, 462 (463). 882 OLG Hamburg v. 26.10.2007 – 2 Wx 110/02, ZMR 2008, 152 (153). 883 OLG Hamburg v. 26.10.2007 – 2 Wx 110/02, ZMR 2008, 152 (153).

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§ 21 Rz. 107a | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer tretbar erscheint.884 Nicht mehr ordnungsgemäß ist der Beschluss zu einem Prozessvergleich, wenn dort nicht geregelt ist, wer die Kosten des Rechtsstreits trägt und weiterer im Vergleichswege abgegoltener Ansprüche trägt.885 Aus dem Beschluss muss hinreichend bestimmt hervorgehen, ob Vergleichsverhandlungen genehmigt oder lediglich zustimmend zur Kenntnis genommen werden.886 Der Vergleichsgegenstand darf nicht über die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer hinausgehen, so dass einem Vergleich nicht mit Mehrheit zugestimmt werden kann, wenn mit diesem ein Sondernutzungsrecht begründet werden soll. Auch eine Entlastung des Verwalters (s. § 27 Rz. 175) oder des Beirats steht nicht grundsätzlich im Widerspruch zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung, sondern erst dann, wenn Ansprüche gegen den Verwalter erkennbar in Betracht kommen.887 Ein Eigentümerbeschluss, durch den die Zahlung einer Werklohnforderung eines für die Wohnungseigentümergemeinschaft tätig gewordenen Werkunternehmers ohne Formulierung eines Vorbehalts und vor Abnahme bestimmt wird, entspricht jedenfalls dann nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn erkennbar in Betracht kommt, dass dem Werkunternehmer die geforderte Vergütung nicht oder nicht in der verlangten Höhe zusteht und nicht aus besonderen Gründen Anlass besteht, gleichwohl Zahlung zu leisten.888 Keine Beschlusskompetenz steht der Gemeinschaft hinsichtlich von Ansprüchen der einzelnen Wohnungseigentümer zu, sie kann insbesondere nicht über deren An- oder Aberkennung beschließen.889 108 In diesem Zusammenhang gehört die Aufnahme und Fortsetzung eines Rechtsstreits zu den

Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung.890 Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann zu diesem Zweck die Beauftragung eines Rechtsanwalts für einzelne Fragen beschließen, wenn ein Bedürfnis nach unabhängiger Beratung besteht891 und die in Rede stehenden Ansprüche nicht offensichtlich unbegründet sind.892 Grundsätzlich ist bei der Erstmandatierung auch hier die Einholung mehrerer Konkurrenzangebote erforderlich (s. Rz. 77).893 Dies gilt auch, wenn sich die Vergütung nach einer gesetzlich vorgegebenen Vergütungsordnung (z.B. dem RVG) richtet.894 Unzulässig ist jedoch – auch bei einer zerstrittenen Gemeinschaft – die Dauermandatierung ohne inhaltliche Vorgaben.895 Insbesondere die allgemeine Beauftragung eines Rechtsanwaltes mit der Beratung und Vertretung der WEG außerhalb gerichtlicher Verfahren ohne näher einzugrenzen, auf welche rechtlichen Fragen, Problembereiche und Zielsetzungen sich die Beratungstätigkeit beziehen soll, in Verbindung mit der Vereinbarung 884 BayObLG v. 10.7.2003 – 2Z BR 17/03, NZM 2003, 807 (808) = ZMR 2003, 858; OLG Jena v. 8.9.2006 – 9 W 225/06, ZMR 2007, 65 (66). 885 AG München v. 24.3.2017 – 483 C 28024/15, ZMR 2017, 684 (685). 886 LG München I v. 13.7.2017 – 36 S 13356/16, ZMR 2017, 928 (929). 887 BGH v. 17.7.2003 – V ZB 11/03, BGHZ 156, 19 = MDR 2003, 1222 = MietRB 2003, 74 = NJW 2003, 3124 = ZMR 2003, 750; LG Frankfurt am Main v. 29.1.2018 – 2-13 S 72/17, ZMR 2018, 617 (618); LG Hamburg v. 12.7.2017 – 318 S 1/17, ZMR 2017, 915 (916); LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 91/12, MietRB 2013, 272 f. = ZMR 2013, 922; LG Landau v. 4.10.2013 – 3 S 188/12, ZWE 2014, 97; AG Hamburg v. 7.4.2010 – 102A C 12/09, ZMR 2010, 894; AG Hannover v. 27.1.2017 – 483 C 7043/16, ZMR 2018, 270 (271); AG Pinneberg v. 10.4.2018 – 60 C 34/17, ZMR 2018, 636 (637); a.A. AG Kerpen v. 20.5.2010 – 26 C 52/09, ZMR 2010, 724. 888 KG v. 27.8.2007 – 24 W 88/07, MietRB 2008, 81 = NJW-RR 2008, 247. 889 AG Charlottenburg v. 23.10.2013 – 73 C 65/13, ZMR 2014, 241. 890 OLG Hamburg v. 5.2.1988 – 2 W 11/87, OLGZ 1988, 299 (301). 891 OLG Hamburg v. 14.3.2003 – 2 Wx 49/00, ZMR 2003, 449; LG Koblenz v. 30.4.2018 – 2 S 67/16, ZMR 2018, 795 (796). 892 BayObLG v. 23.4.1998 – 2Z BR 41/98, NZM 1999, 175 = WE 1999, 199; a.A. LG München I v. 14.6.2010 – 1 S 25652/09, MietRB 2010, 238 = ZMR 2010, 800 = ZWE 2010, 411. 893 AG Charlottenburg v. 3.5.2018 – 72 C 15/18, ZMR 2018, 873; AG München v. 30.8.2018 – 484 C 22173/17, ZMR 2018, 1034 (1037). 894 AG Hamburg v. 23.4.2018 – 22a C 280/17, ZMR 2018, 876 (879); a.A. AG München v. 30.8.2018 – 484 C 22173/17, ZMR 2018, 1034 (1037). 895 OLG Hamm v. 28.10.2003 – 15 W 203/02, NJW-RR 2004, 1310.

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VIII. Einzelfälle ordnungsgemäßer Verwaltung (Abs. 5) | Rz. 110 § 21

eines Stundenhonorars und somit der Höhe nach nicht absehbarer Kosten für die Eigentümer, entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.896 Ein Beschluss, „Rechtsberatung bis zu 10.000 Euro einzuholen“, ist zu unbestimmt.897 Es ist möglich, das Anwaltshonorar über eine Sonderumlage zu finanzieren (s. Rz. 95).898 d) Maßnahmen zur Verkehrssicherung Zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung gehört es, das gemeinschaftliche Eigentum in einem 109 der Verkehrssicherheit entsprechenden Zustand zu halten bzw. in einen solchen zu versetzen.899 Hierzu kann das Anbringen einer Wegbeleuchtung (z.B. einer Straßenlaterne oder eines Dämmerungsschalters)900 genauso wie die Errichtung eines Zauns, der verhindern soll, dass kleine Kinder in einen nahe gelegenen Bach stürzen, zählen.901 Die Entscheidung über die Schließung eines insgesamt nicht mehr als verkehrssicher eingestuften Parkhauses fällt in die Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft, auch wenn damit (zwangsläufig) die Nutzung des jeweiligen Sondereigentums im Parkhaus unterbunden wird.902 Ein Beschluss, der das Abstellen von Schuhen im Hausflur erlaubt, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, soweit dadurch keine neuen Gefahrenquellen geschaffen werden.903 Ein Beschluss, den Winterdienst anstatt von Fremdfirmen durch die Einstellung von Minijobbern durchführen zu lassen, entspricht jedenfalls dann nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer über die damit verbundenen Risiken und Pflichten nicht hinreichend informiert waren.904 Die Verkehrssicherung (z.B. der Winterdienst) kann dabei auch freiwillig auf eine benachbarte öffentliche Wegefläche erstreckt werden, wenn diese den Wohnungseigentümern eine bessere Erreichbarkeit des Grundstücks ermöglicht.905 Ist die Zuwegung durch eine Grunddienstbarkeit über ein Nachbargrundstück gewährleistet, so entspricht ein Beschluss über die Verkehrssicherung dieses Weges nur dann ordnungsgemäßer Beschlussfassung, wenn die Gemeinschaft hierzu vertraglich oder aufgrund des Dienstbarkeitsinhalts verpflichtet ist, während bei Geltung des § 1020 BGB der Eigentümer des dienenden Grundstücks zu beteiligen wäre.906 e) Einrichtung von Sicherungsmaßnahmen Die Einrichtung einer Videoüberwachungsanlage kann nur dann ordnungsgemäßer Verwal- 110 tung entsprechen, wenn sie sich im Rahmen von § 4 BDSG (= § 6b BDSG a.F.) hält.907 Die

896 LG München I v. 15.3.2017 – 1 S 10106/16 WEG, ZWE 2017, 325 (327) = MietRB 2018, 82 (Grziwotz); AG Charlottenburg v. 3.5.2018 – 72 C 15/18, ZMR 2018, 873 (874). 897 AG Pinneberg v. 30.1.2018 – 60 C 21/17, ZMR 2018, 463 (464). 898 AG Schöneberg v. 29.6.2018 – 771 C 99/17, ZMR 2018, 958 (959). 899 Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 142; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG Rz. 49; vgl. AG Freising v. 8.5.2008 – 4 UR II 13/06, ZMR 2008, 836 (837) über die Verpflichtung zum Winterdienst in einer Zweiergemeinschaft. 900 BayObLG v. 23.3.2000 – 2Z BR 177/99, ZMR 2000, 470. 901 BayObLG v. 17.2.2000 – 2Z BR 180/99, BayObLGZ 2000, 43 = NZM 2000, 513 (514). 902 LG München I v. 15.3.2017 – 1 S 10106/16 WEG, ZWE 2017, 325 (328) = MietRB 2018, 82 (Grziwotz). 903 OLG Hamm v. 20.4.1988 – 15 W 168/88, 15 W 169/88, MDR 1988, 677 = NJW-RR 1988, 1171. 904 LG Frankfurt am Main v. 15.3.2018 – 2-13 S 184/16, ZWE 2018, 274 = MietRB 2018, 338 (Sommer). 905 LG Hamburg v. 28.6.2017 – 318 S 95/16, ZMR 2017, 827 (828) = NZM 2017, 817 = MietRB 2018, 81 (Reichert). 906 AG Oldenburg v. 7.6.2018 – 10 C 25/17, ZMR 2018, 884 (886). 907 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, BGHZ 197, 274 = MDR 2013, 961 = MietRB 2013, 240 = NJW 2013, 3089 (3090); AG Pinneberg v. 30.1.2018 – 60 C 21/17, ZMR 2018, 463 (464).

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§ 21 Rz. 110 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer Möglichkeit einer ständigen Beobachtung durch jeden Wohnungseigentümer verstößt stets gegen die ordnungsgemäße Verwaltung.908 Das berechtigte Überwachungsinteresse der Gemeinschaft muss das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und von Dritten, deren Verhalten mitüberwacht wird, überwiegen.909 Eine nur vorübergehend montierte Videoüberwachungsanlage braucht nicht allein deshalb entfernt zu werden, weil das ursprüngliche Überwachungsinteresse weggefallen ist, eine Stilllegung der Anlage genügt als mildere Maßnahme.910 Die erneute Inbetriebnahme der Anlage erfordert einen Mehrheitsbeschluss, der den vorstehenden Vorgaben Rechnung trägt.911 Eine eingeschränkte Videoüberwachung, die sich auf den Bereich des eigenen Sondereigentums oder Sondernutzungsrechts beschränkt, ist zulässig.912 Statthaft ist auch die Installation einer bloßen Scheinkamera (also einer Attrappe).913 Nicht statthaft ist aber die Installation eines digitalen Türspions mit Kamerafunktion, der an ein Smartphone gekoppelt ist, selbst wenn ein solches Gerät polizeilicher Empfehlung entspricht.914 Die Auftragsvergabe über die Installation des Kamera-Überwachungssystems kann der Verwaltung überlassen werden, wenn die Gesamtkosten aufgrund der vorliegenden Angebote feststehen und den einzelnen Wohnungseigentümer nicht mit mehr als 45 bis 55 Euro belasten.915 110a Es entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, dass eine Anbringung von Briefkästen im Haus-

eingangsbereich durch diejenigen Wohnungseigentümer, die einen solchen für sich beanspruchen, zumindest solange zu dulden ist, bis sich die Wohnungseigentümer zur Installation einer Briefkastenanlage für das gesamte Objekt entschlossen haben.916 f) Soziale Veranstaltungen 110b Nicht als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung kann die Organisation und Finanzierung

sozialer Veranstaltungen innerhalb der Gemeinschaft angesehen werden (z.B. eines Haus-, Hof- oder Brunnenfestes), selbst wenn sie der Stärkung des Gemeinschaftsbewusstseins dienen.917 Solche Veranstaltungen mit einer Kostentragungspflicht aller Miteigentümer liegt nicht im Interesse aller Eigentümer und dient nicht der Erhaltung, Verbesserung oder den der Zweckentsprechung des Gemeinschaftseigentums entsprechenden Gebrauch. Etwas anderes kann freilich gelten, wenn die betreffenden Gemeinschaftsflächen gerade der Abhaltung solcher Veranstaltungen dienen.

908 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, BGHZ 197, 274 = MDR 2013, 961 = MietRB 2013, 240 = NJW 2013, 3089 (3091 f.); OLG München v. 11.3.2005 – 32 Wx 002/05, 32 Wx 2/05, MDR 2005, 620 = NZM 2005, 668; BayObLG v. 27.10.2004 – 2Z BR 124/04, NJW-RR 2005, 384; KG v. 26.6.2002 – 24 W 309/01, MDR 2002, 1364 = NJW 2002, 2798; AG Bergisch-Gladbach v. 3.9.2015 – 70 C 17/15, NZM 2016, 211 (212); AG Frankfurt/M. v. 9.9.2002 – 65 UR II 149/02, NJW-RR 2003, 158; ausführlich Huff, NZM 2004, 535. 909 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, BGHZ 197, 274 = MDR 2013, 961 = MietRB 2013, 240 = NJW 2013, 3089 (3090). 910 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, BGHZ 197, 274 = MDR 2013, 961 = MietRB 2013, 240 = NJW 2013, 3089 (3091 f.). 911 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, BGHZ 197, 274 = MDR 2013, 961 = MietRB 2013, 240 = NJW 2013, 3089 (3091 f.). 912 AG Hamburg-Blankenese v. 9.1.2013 – 539 C 7/12, ZMR 2014, 59 (60). 913 LG Frankfurt/M. v. 11.11.2013 – 2-13 S 24/13, ZMR 2014, 306 (307). 914 AG Bergisch-Gladbach v. 3.9.2015 – 70 C 17/15, NZM 2016, 211 (212). 915 AG Pinneberg v. 30.1.2018 – 60 C 21/17, ZMR 2018, 463 (464). 916 LG Itzehoe v. 12.4.2013 – 11 S 98/12, MietRB 2013, 358 = ZWE 2013, 378; weitergehend LG Dortmund v. 5.12.2017 – 1 S 28/17, ZMR 2018, 350 (351). 917 AG München v. 31.10.2014 – 481 C 14044/14 WEG, NZM 2015, 259.

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g) Bestellung, Abberufung und Entlastung des Verwalters Zur ordnungsgemäßen Verwaltung zählt auch die Bestellung eines Verwalters918 sowie der 111 Abschluss des entsprechenden Verwaltervertrags. Allerdings sind Fälle denkbar, in denen sich eine „Eigenverwaltung“ und somit die Nichtbestellung eines Verwalters als ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme darstellt.919 Bei der Auswahl und Bestellung des Verwalters haben die Eigentümer einen weiten Ermessensspielraum. Deshalb ist der Mehrheitsbeschluss nur nach sorgfältiger Prüfung für ungültig zu erklären; es ist ein strengerer Maßstab anzulegen als an die Prüfung des Beschlusses, mit dem die Mehrheit die Abberufung des Verwalters beschließt.920 Die Bestellung entspricht nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn auch die Eckdaten des Verwaltervertrags (Laufzeit und Vergütung) in wesentlichen Umrissen geklärt werden.921 Enthält der Vertrag zahlreiche unwirksame Klauseln, die wesentliche Teile des Vertrags betreffen, ist neben dem Beschluss über den Verwaltervertrag auch der Beschluss über die Verwalterbestellung anfechtbar.922 Die Auswahl des Verwalters muss ebenfalls den Interessen der Gemeinschaft genügen, was beispielsweise bei der Bestellung einer GmbH durch den mit Stimmenmehrheit ausgestatteten Alleingesellschafter und Geschäftsführer oder bei der Bestellung einer nahestehenden Person des Mehrheitseigentümers nicht der Fall ist.923 Voraussetzung hierfür ist, dass Alternativangebote vor der Versammlung eingeholt worden sind, die bloße Aufforderung an die Eigentümer, ggf. andere Verwalter vorzuschlagen, genügt dem nicht.924 Bei Wiederwahl des Verwalters müssen Konkurrenzangebote nur eingeholt werden, wenn dies einzelne Eigentümer beantragt hätten oder wenn sich der der seinerzeitigen Bestellung zugrundeliegende Sachverhalt geändert hat.925 Eine Neubestellung liegt auch dann vor, wenn anstelle des bisherigen Verwalters nun eine GmbH bestellt werden soll, auch wenn der bisherige Verwalter deren Geschäftsführer ist.926 Auch der Verwaltungsbeirat ist nicht befugt, eine Vorauswahl zu treffen.927 Dass der Verwalter keine Ausbildung zur Immobilienverwaltung absolviert hat und bislang noch keine WEG-Verwaltung durchgeführt hatte, führt für sich noch nicht zur Anfechtbarkeit des Bestellungsbeschlusses, zumal die Wohnungseigentümer einen weiten Beurteilungsspielraum haben; dies gilt selbst dann, wenn es sich um eine zerstrittene Gemeinschaft handelt.928 Berücksichtigt werden muss allerdings, dass künftig ge918 BayObLG v. 12.12.1988 – BReg.2 Z 49/88, NJW-RR 1989, 461; LG Hamburg v. 19.6.2017 – 318 T 28/17, ZMR 2017, 833 (834) = ZWE 2018, 37 = MietRB 2018, 14 (Schultzky). 919 Heinemann, MietRB 2013, 224 (228); a.A. LG Hamburg v. 23.5.2012 – 318 S 198/11, ZWE 2013, 34 f. = MietRB 2013, 50 (Heinemann). 920 LG München I v. 11.10.2017 – 1 T 475/16, ZMR 2018, 72 (73). 921 BGH v. 27.2.2015 – V ZR 114/14, NZM 2015, 348 (349); AG Walsrode v. 2.5.2016 – 7 C 735/15, ZMR 2016, 743. 922 BGH v. 1.4.2011 − V ZR 96/10, NZM 2011, 515 (516); LG Frankfurt am Main v. 27.9.2017 – 2-13 S 49/16, ZMR 2018, 62 (64) = ZWE 2018, 38 (39) = MietRB 2018, 112 (Becker); LG Hamburg v. 5.11.2014 – 318 S 47/14, ZMR 2015, 735 = ZWE 2015, 461 = MietRB 2016, 48 (Heinemann). 923 BayObLG v. 27.6.1996 – 2Z BR 46/96, WE 1997, 115; LG Hamburg v. 30.11.2015 – 318 S 81/15, ZMR 2016, 226 (227); AG Hannover v. 6.5.2014 – 483 C 12045/13 ZMR 2014, 829 (830); vgl. auch OLG Düsseldorf v. 16.4.1999 – 3 Wx 77/99, NZM 1999, 844. 924 LG Frankfurt am Main v. 26.3.2018 – 2-13 S 27/18, ZMR 2018, 788 (789); LG Frankfurt/M. v. 7.1.2015 – 2-09 S 45/14, NZM 2015, 350 (351); AG Hamburg-Altona v. 16.5.2014 – 303a C 22/13, ZMR 2014, 828: die Anzahl der Angebote legen die Eigentümer selbst fest. 925 BGH v. 1.4.2011 − V ZR 96/10, NZM 2011, 515 (516); LG Frankfurt am Main v. 26.3.2018 – 2-13 S 27/18, ZMR 2018, 788 (789); AG Bonn v. 16.8.2018 – 27 C 52/18, ZMR 2018, 960 (961); AG Nürnberg v. 23.1.2015 – 14 C 4961/14, ZMR 2015, 635 (636); weitergehend wohl LG Hamburg v. 19.12.2014 – 318 S 5/14, ZMR 2016, 223 (224). 926 LG Frankfurt am Main v. 26.3.2018 – 2-13 S 27/18, ZMR 2018, 788 (789). 927 AG Hamburg-Altona v. 16.5.2014 – 303a C 22/13, ZMR 2014, 828. 928 LG Stuttgart v. 29.7.2015 – 10 S 68/14, NZM 2015, 703 = MietRB 2016, 16 (Heinemann); AG Hannover v. 6.5.2014 – 483 C 12045/13 ZMR 2014, 829; zu weitgehend und mit Rücksicht auf Art. 12 GG bedenklich LG Düsseldorf v. 18.10.2013 – 25 S 7/13, ZMR 2014, 234 = ZWE 2014, 87.

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§ 21 Rz. 111 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer werbsmäßige Verwalter eine gewerberechtliche Erlaubnis nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GewO benötigen (s. § 27 Rz. 2a): die Bestellung eines Verwalters ohne entsprechende Erlaubnis entspricht nicht mehr ordnungsgemäßer Verwaltung, es sei denn es handelt sich um eine ausnahmsweise zulässige Verwaltung durch einen Miteigentümer oder durch einen nicht gewerbsmäßig auftretenden Verwandten oder Bekannten eines Wohnungseigentümers. Auch in diesem Zusammenhang müssen die Größe der Gemeinschaft und die möglichen Haftungsgefahren bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden, insbesondere wenn der Verwalter nicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung verpflichtet ist.929 In jedem Fall muss – selbst bei Wahl eines gewerbsmäßigen Verwalters, der über die erforderliche gewerberechtliche Erlaubnis verfügt – feststehen, dass der zu wählende Verwalter zuverlässig ist, in geordneten Vermögensverhältnissen lebt und über einen ausreichenden Haftpflichtversicherungsschutz verfügt (s. § 27 Rz. 2b), insbesondere wenn bei objektiver Betrachtung begründeter Anlass besteht, die Bonität des künftigen Verwalters zu prüfen.930 111a An die Beurteilung, ob wichtige Gründe gegen die Wiederbestellung des Verwalters bestehen,

stellt die Rechtsprechung höhere Anforderungen als an die Beurteilung, ob ein wichtiger Abberufungsgrund vorliegt.931 Die Eigentümer können nämlich auch ein Fehlverhalten des Verwalters als nicht pflichtwidrig ansehen und als verbindlich billigen.932 Hat der Verwalter über mehrere Jahre weder Jahresrechnungen noch Wirtschaftspläne zur Beschlussfassung vorgelegt, hat er gerichtliche Vergleiche ignoriert, keine Vergleichsangebote vor Auftragsvergabe eingeholt oder größere Beträge ohne Beschlussfassung aufgelöst,933 so verstößt dessen Wiederwahl gegen den Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung.934 Gleiches gilt, wenn durch das bisherige Verhalten des Verwalters ernstliche Zweifel an dessen Neutralität bestehen, weil er sein Amt zuungunsten bestimmter Miteigentümer ausgeübt hat und das Vertrauensverhältnis zu den anderen Miteigentümern zerstört ist.935 Die bloße Weigerung, einen Eigentümer Verwaltungsunterlagen einsehen zu lassen, stellt noch keinen wichtigen Grund dar.936 Die Bestellung eines sog. Scheinverwalters führt nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 BGB zur Nichtigkeit des Bestellungsaktes; dass der Verwalter sich bei seiner Aufgabenerfüllung der Mitwirkung von Hilfspersonen bedient, legt noch nicht einen Verstoß gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung nahe.937 Auch nach Aufhebung von § 26 Abs. 3 a.F. kommt die Bestellung eines Notverwalters, nunmehr gestützt auf § 21 Abs. 4 in Betracht.938

929 Vgl. AG Köln v. 9.1.2018 – 204 C 87/17, ZMR 2018, 456. 930 AG München v. 4.9.2015 – 481 C 3812/15 WEG, MietRB 2017, 16 (Heinemann). 931 LG Düsseldorf v. 18.10.2013 – 25 S 7/13, ZWE 2014, 87; LG Frankfurt am Main v. 21.3.2018 – 2-09 S 74/17, BeckRS 2018, 4854 = MietRB 2018, 307 (Heinemann); LG Köln v. 20.2.2014 – 29 S 181/13, ZMR 2014, 745 (746) = MietRB 2014, 367 (Elzer); AG Bonn v. 1.2.2012 – 27 C 194/11, ZMR 2012, 485; AG Koblenz v. 12.7.2012 – 133 C 3305/11, ZWE 2013, 282; AG München v. 18.10.2018 – 483 C 9323/17, ZMR 2019, 154 (156). 932 AG Hannover v. 2.5.2017 – 484 C 11037/16, ZMR 2018, 455. 933 AG Dresden v. 8.5.2012 – 27 C 136/11, ZMR 2012, 736 (737). 934 OLG München v. 5.6.2007 – 34 Wx 143/06, MietRB 2007, 294 = ZMR 2007, 807; AG Koblenz v. 12.7.2012 – 133 C 3305/11, ZWE 2013, 282 (283). 935 LG Itzehoe v. 26.1.2018 – 11 S 33/17, ZMR 2018, 436; AG Pinneberg v. 31.3.2017 – 60 C 49/16, ZMR 2017, 438 (439) = MietRB 2017, 164 (Aust). 936 LG Frankfurt am Main v. 21.3.2018 – 2-09 S 74/17, BeckRS 2018, 4854 = MietRB 2018, 307 (Heinemann). 937 Zu weitgehend LG Karlsruhe v. 7.8.2012 – 11 S 180/11, ZMR 2013, 376 (377 f.) = MietRB 2012, 359 (Heinemann). 938 OLG Düsseldorf v. 31.8.2007 – 3 Wx 85/07, NZM 2008, 452 (453); LG Karlsruhe v. 23.11.2012 – 11 T 419/12, juris.

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IX. Zahlungsmodalitäten und besondere Kostentragungspflichten (Abs. 7) | Rz. 112a § 21

Bei Pflichtverletzungen des Verwalters, die dessen (u.U. sofortige) Abberufung rechtfertigen, 111b zählt dessen Abberufung zur ordnungsmäßigen Verwaltung.939 Ein einzelner Wohnungseigentümer kann die Abberufung des Verwalters aber nicht schon deshalb verlangen, weil ein wichtiger Grund i.S. von § 26 Abs. 1 Satz 3, 4 hierfür besteht.940 Der Gemeinschaft steht insoweit ein Beurteilungsspielraum zu, ob der Verwalter abberufen werden soll, den auch das Gericht zu beachten hat.941 Die ordnungsgemäße Verwaltung schließt einen Anspruch auf Abberufung eines untauglichen Verwalters und auf Bestellung eines tauglichen Verwalters ein, ggf. im Wege der gerichtlichen Bestellung eines Notverwalters im Wege der einstweiligen Verfügung (s. Rz. 159).942 Auch die Abberufung von Mitgliedern des Verwaltungsbeirats kann bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung darstellen.943 Eine Entlastung des Verwalters (s. Rz. 107; § 27 Rz. 175) oder des Verwaltungsbeirats wider- 111c spricht erst dann einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn Ansprüche gegen den Verwalter erkennbar in Betracht kommen944 oder wenn der Verwalter Beschlüsse, die nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprachen, zur Beschlussfassung aufgenommen hat.945

IX. Zahlungsmodalitäten und besondere Kostentragungspflichten (Abs. 7) 1. Allgemeines Die Vorschrift bezweckt eine Erleichterung der Verwaltung in „bestimmten Geldangelegen- 112 heiten“.946 Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, welche Regelungen als Änderung der gesetzlichen Vorschriften einer einstimmigen Vereinbarung bedürfen und welche Regelungen einer Mehrheitsentscheidung zugänglich sind, hat der Gesetzgeber ausdrücklich aufgegeben und sich für eine umfassende Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung in diesem Bereich entschieden.947 Eine Regelung im Verwaltervertrag stellt keinen Beschluss nach Abs. 7 dar.948 Die Vorschrift ist deshalb nicht in den Katalog des Abs. 5 – in den sie hineingehört hätte – 112a aufgenommen worden, damit die Beschlusskompetenz auch dann noch ausgeübt werden kann, wenn die Wohnungseigentümer über einen dieser Regelungsgegenstände bereits eine

939 KG WE 1988, 168; OLG Düsseldorf WE 1991, 252; AG Clausthal-Zellerfeld v. 26.5.2014 – 4 C 4/13, ZMR 2015, 64 68 f.). 940 BGH v. 10.2.2012 – V ZR 105/11, MDR 2012, 574 = MietRB 2012, 142 = NJW 2012, 1884 (1885); a.A. LG Hamburg v. 13.11.2013 – 318 S 23/13, ZMR 2014, 310 (312); Briesemeister, NZM 2013, 344 (345). 941 BGH v. 10.2.2012 – V ZR 105/11, MDR 2012, 574 = MietRB 2012, 142 = NJW 2012, 1884 (1885); LG Berlin v. 26.11.2013 – 55 S 69/11, ZMR 2014, 383 (384); LG Dortmund v. 1.4.2014 – 1 S 178/13, ZMR 2014, 815 (816 ff.). 942 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, MDR 2011, 1032 = MietRB 2011, 282 = NJW 2011, 3025 (3026) = NZM 2011, 630 (631) = ZWE 2011, 356. 943 OLG München v. 28.9.2006 – 32 Wx 115/06, MDR 2007, 265 = NZM 2007, 132. 944 BGH v. 17.7.2003 – V ZB 11/03, BGHZ 156, 19 = MDR 2003, 1222 = MietRB 2003, 74 = NJW 2003, 3124 = ZMR 2003, 750; AG Hamburg v. 7.4.2010 – 102A C 12/09, ZMR 2010, 894; LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 91/12, MietRB 2013, 272 f. = ZMR 2013, 922; LG Landau v. 4.10.2013 – 3 S 188/ 12, ZWE 2014, 97; AG Schwerin v. 13.12.2013 – 14 C 20/11, ZMR 2014, 410 (412); a.A. AG Kerpen v. 20.5.2010 – 26 C 52/09, ZMR 2010, 724. 945 LG Itzehoe v. 28.6.2013 – 11 S 31/12, ZWE 2014, 91 (92). 946 BT-Drucks. 16/887, 27. 947 BT-Drucks. 16/887, 27. 948 AG Reutlingen v. 13.5.2016 – 11 C 105/16, ZMR 2016, 914 (915).

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§ 21 Rz. 112a | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer Vereinbarung getroffen hatten.949 Diese Interpretation ist aber keineswegs zwingend, sondern erschließt sich nur unter Zuhilfenahme der Entwurfsbegründung. Mit der h.M. ist daher von einer Abdingbarkeit des Abs. 7 durch Vereinbarung auszugehen.950 Vor Inkrafttreten des Abs. 7 bestehende Vereinbarungen bleiben daher bestehen und sind nicht unwirksam geworden.951 Die neue Beschlusskompetenz ermöglicht auch die Änderung von bestehenden Vereinbarungen (zum vereinbarungsändernden Beschluss s. Rz. 34), was zu einer nicht unbedenklichen Majorisierung und damit zu einer Benachteiligung der schwächeren Minderheit führen kann.952 Dem Gebot ordnungsgemäßer Verwaltung kommt deshalb künftig besondere Bedeutung zu.953 Insbesondere ist zu beachten, dass eine Gleichbehandlung aller Wohnungseigentümer bei vergleichbaren Sachverhalten stattfindet.954 Da die §§ 305 ff. BGB wohl nicht auf Beschlüsse anwendbar sind, müssen zumindest deren Wertungen in die Auslegung des Begriffs der ordnungsgemäßen Verwaltung einfließen, insbesondere § 309 Nr. 4, 5 und 6 BGB. Ein derart ordnungsmäßiger Verwaltung nicht entsprechender Beschluss ist anfechtbar. 112b Dass die Vorschrift in einen eigenen Absatz und nicht in Abs. 5 aufgenommen worden ist,

bedeutet nicht, dass im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung kein Anspruch auf eine entsprechende Beschlussfassung bestehen kann (vgl. Abs. 8 s. Rz. 122 ff.).955 Allerdings steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinschaft, eine Regelung nach Abs. 7 zu treffen, nur soweit das Ermessen auf Null reduziert ist, besteht ein Anspruch auf entsprechende Beschlussfassung.956 Da Abs. 7 auch vereinbarungsändernde Beschlüsse zulässt, sollte die Vorschrift (mit Ausnahme der Regelung zu Art und Weise von Zahlungen, s. Rz. 113) insgesamt eher restriktiv ausgelegt werden. 112c Die Vorschrift wird durch § 16 Abs. 3 nicht verdrängt, vielmehr kommen beide Bestimmun-

gen nebeneinander zur Anwendung.957 Abs. 7 ermöglicht es, sowohl eine abstrakt-generelle Regelung als auch eine Einzelfallregelung zu beschließen.958 Werden besondere Kosten für eine besondere Nutzung oder einen besonderen Verwaltungsaufwand des gemeinschaftlichen Eigentums erhoben, so können diese in der Jahresabrechnung als Direktbelastung des Miteigentümers eingestellt werden.959 949 BT-Drucks. 16/887, 27; A.A. AG Bremen-Blumenthal v. 4.10.2013 – 44 C 2012/13, ZMR 2014, 318 (321); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 168; trotz Zweifel hieran im Ergebnis zustimmend Hügel/ Elzer, Das neue WEG-Recht, § 8 Rz. 72. 950 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 171; Bassenge in Palandt, BGB, § 21 WEG Rz. 18; Hügel in Bamberger/Roth, BGB, § 21 WEG, Rz. 20; Abramenko, ZWE 2012, 386 (393); Becker, ZWE 2008, 221; Merle, ZWE 2007, 322; a.A. A.A. AG Bremen-Blumenthal v. 4.10.2013 – 44 C 2012/13, ZMR 2014, 318 (321); Häublein, ZMR 2007, 418; Müller, ZWE 2008, 281. 951 A.A. AG Bremen-Blumenthal v. 4.10.2013 – 44 C 2012/13, ZMR 2014, 318 (321). 952 A.A. Schmid, ZAP 2011, 465. 953 Vgl. BGH v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = NZM 2010, 868 = ZMR 2011, 141 = ZWE 2011, 31; AG Braunschweig v. 18.12.2012 – 116 C 1541/12, ZMR 2013, 386; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 287. 954 BGH v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = NZM 2010, 868 = ZMR 2011, 141 = ZWE 2011, 31; BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, BGHZ 186, 51 = MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = NJW 2010, 2513 = ZMR 2010, 866; vgl. Schmid, ZWE 2011, 70. 955 Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 14; a.A. Köhler, Das neue WEG, Rz. 304. 956 LG Itzehoe v. 5.8.2014 – 11 S 45/13, ZMR 2015, 56 (57). 957 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NZM 2016, 387 (390) = ZMR 2016, 476 (480) = MietRB 2016, 164 (Heinemann); LG Berlin v. 23.1.2018 – 55 S 162/17 WEG, ZWE 2018, 271 = MietRB 2018, 242 (Hogenschurz); AG Düsseldorf v. 28.9.2016 – 291a C 49/16, ZMR 2017, 96 (97). 958 BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NZM 2016, 387 (390) = ZMR 2016, 476 (480) = MietRB 2016, 164 (Heinemann); LG Berlin v. 23.1.2018 – 55 S 162/17 WEG, ZWE 2018, 271 (272) = MietRB 2018, 242 (Hogenschurz); AG Düsseldorf v. 28.9.2016 – 291a C 49/16, ZMR 2017, 96 (97); AG Nürnberg v. 26.7.2018 – 244 C 1341/18, ZMR 2018, 1038. 959 AG Nürnberg v. 26.7.2018 – 244 C 1341/18, ZMR 2018, 1038.

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IX. Zahlungsmodalitäten und besondere Kostentragungspflichten (Abs. 7) | Rz. 113 § 21

2. Art und Weise von Zahlungen Die Wohnungseigentümer können nach Abs. 7 zunächst die Art und Weise von Zahlungen 113 durch Mehrheitsbeschluss regeln. Diese Beschlusskompetenz kann, da sie keine einschneidenden Folgen haben dürfte, weit verstanden werden,960 so dass hierunter alle Zahlungen zu verstehen sind, die mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums in Zusammenhang stehen und nicht nur die Zahlungen der laufenden Verwaltung (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 5). Nicht erfasst sind Zahlungen der Wohnungseigentümer untereinander.961 Klargestellt ist nunmehr auch, dass der wichtigste Anwendungsfall dieser Vorschrift, nämlich die Einführung des Lastschriftverfahrens für die Wohngeldvorauszahlungen, auch nachträglich mit Mehrheit beschlossen werden kann.962 In Betracht kommen alternativ oder als Ergänzung zum Lastschriftverfahren der Ausschluss von Barzahlungen, die Einräumung von Einzugsermächtigungen oder Daueraufträgen.963 Handelt es sich um außergewöhnliche Zahlungen (Nachforderungen oder Sonderumlagen), so muss die Abbuchung mit einer Frist angekündigt werden, die ausreichend Zeit lässt, die Forderung zu prüfen.964 Auch die Zahlungsabwicklung des Verbandes an die einzelnen Wohnungseigentümer kann nunmehr durch Mehrheitsbeschluss geregelt werden,965 etwa in der Weise, dass ein Jahresüberschuss mit den künftig fällig werdenden Vorauszahlungen zu verrechnen ist.966 Machen die Eigentümer von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, sondern beschließen sie die Einziehung im Lastschriftverfahren, so können sie nicht nachträglich mit offenen Forderungen aufrechnen.967 Ebenfalls möglich ist, eine von § 366 BGB abweichende Tilgungsbestimmung für die Zukunft zu treffen, insbesondere wenn säumige Miteigentümer nur Teilzahlungen leisten.968 So kann z.B. geregelt werden, dass Teilzahlungen zunächst die laufenden Kosten und erst danach die Zahlungen auf die Instandhaltungsrückstellung tilgen sollen. Durch die Gesetzesänderung steht fest, dass die Wohnungseigentümer mit Mehrheit Sanktionen bzw. Mehraufwandsentschädigungen beschließen können, falls sich ein Wohnungseigentümer nicht an einem beschlossenen Zahlungsverfahren beteiligen kann oder will.969 Dennoch ist auch hier das Gebot ordnungsgemäßer Verwaltung zu beachten, so dass die beschlossene Sanktion angemessen sein muss970 und in besonderen Fällen (z.B. wenn ein Wohnungseigentümer über kein Bankkonto verfügt) gar

960 Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 7. 961 Abramenko, ZWE 2012, 386. 962 BT-Drucks. 16/887, 27; LG Berlin v. 16.1.2018 – 55 S 128/17, ZMR 2018, 536 (537) = MietRB 2019, 85 (Becker); Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 7; bereits zur früheren Rechtslage BayObLG v. 28.6.2002 – 2Z BR 41/02, ZMR 2002, 850; OLG Saarbrücken v. 10.10.1997 – 5 W 60/97 – 23, 5 W 60/97, ZMR 1998, 50 (56). 963 Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 7; Abramenko, ZWE 2012, 386; a.A. Schmid, ZAP 2011, 465 (466). 964 Schmid, ZAP 2011, 465 (466): fünf Werktage. 965 OLG Hamm v. 15.2.2011 – 15 Wx 222/10, ZMR 2011, 656 (657). 966 OLG Hamm v. 15.2.2011 – 15 Wx 222/10, ZMR 2011, 656 (657); LG Berlin v. 16.1.2018 – 55 S 128/ 17, ZMR 2018, 536 (537) = MietRB 2019, 85 (Becker); Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 7; Abramenko, ZWE 2012, 386 (387); a.A. Häublein, ZMR 2007, 409 (418). 967 LG Berlin v. 16.1.2018 – 55 S 128/17, ZMR 2018, 536 (537) = MietRB 2019, 85 (Becker). 968 Abramenko, ZWE 2012, 386 (387); Merle, ZWE 2011, 237 (239 f.); Schmid, ZAP 2011, 465 (466). 969 Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 7; vgl. BT-Drucks. 16/887, 27; so bereits zur früheren Rechtslage OLG Hamm v. 28.2.2000 – 15 W 349/99, NJW-RR 2000, 1181 (1182); OLG Düsseldorf v. 14.10.1998 – 3 Wx 169/98, ZMR 1999, 193 (194); a.A. OLG München v. 18.9.2006 – 34 Wx 089/06, MietRB 2007, 11 = ZMR 2006, 960 (961). 970 Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 7; vgl. BayObLG v. 19.10.1995 – 2Z BR 101/95, MDR 1996, 143 f. = WE 1996, 440; das OLG Düsseldorf v. 14.10.1998 – 3 Wx 169/98, ZMR 1999, 193 (194) hat 5 DM pro Monat als Mehraufwandsentschädigung für angemessen erachtet.

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§ 21 Rz. 113 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer nicht erhoben werden darf. Regelungen zur Aufrechnung zwischen dem Verband und dem einzelnen Wohnungseigentümer können auf die Vorschrift nicht gestützt werden.971

3. Fälligkeit von Zahlungen 114 Durch die Gesetzesänderung ist es jetzt möglich, die Fälligkeit von Zahlungsansprüchen972

der Gemeinschaft auch für die Zukunft festzulegen. Die entgegenstehende Rechtsprechung des BGH ist insoweit überholt.973 Allerdings bleibt ein vor der Reform gefasster Beschluss nichtig, durch Inkrafttreten des Abs. 7 erlangt er nicht mit Wirkung für die Zukunft Gültigkeit.974 Selbst eine entgegenstehende Vereinbarung (z.B. in der Gemeinschaftsordnung) können die Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss abändern (s. Rz. 112).975 Daneben können die Wohnungseigentümer beschließen, dass die Vorschusspflicht gem. § 28 Abs. 2 auch ohne Aufforderung des Verwalters zu einem bestimmten Termin fällig werden kann (vgl. § 286 Abs. 2 Nr. 1, 2 BGB).976 Die Fälligkeit dieser Vorschusszahlungen kann über das konkrete Wirtschaftsjahr hinaus bis zur Genehmigung eines neuen Wirtschaftsplans beschlossen werden.977 Es können Regelungen über die Stundung von Zahlungspflichten sowie Ratenzahlungen beschlossen werden.978 Denkbar sind auch Verfall- und Vorfälligkeitsklauseln, die ab einem bestimmten Rückstand von monatlichen Wohngeldzahlungen zur Fälligkeit des gesamten im Wirtschaftsplan vereinbarten Jahresbetrags führen.979 Möglich ist außerdem, die Verfallsklausel unter einer auflösenden Bedingung zu beschließen, so dass z.B. bei Zwangsverwaltung oder der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Eigentümers wieder die (gestundete) Abschlagszahlung auflebt.980 Auch die Fälligkeit einmaliger Zahlungspflichten (z.B. einer Abrechnungsspitze oder von Sonderumlagen) kann beschlossen werden,981 insbesondere auch deren sofortige Fälligkeit.982 114a Nicht möglich ist es, die Fälligkeit von Forderungen der einzelnen Miteigentümer gegen die

Gemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss zu regeln,983 da ansonsten die Gemeinschaft die Erfüllung fremder Ansprüche nach eigenem Ermessen festlegen könnte. Insbesondere fehlt es an einer Beschlusskompetenz, die Fälligkeit der Auszahlung von Guthaben der einzelnen Mit-

971 Abramenko, ZWE 2012, 386 (387). 972 Weitergehend Bassenge in Palandt, BGB, § 21 WEG Rz. 20: gilt auch für andere als Zahlungsansprüche. 973 BGH v. 2.10.2003 – V ZB 34/03, BGHZ 156, 279 = NJW 2003, 3550 = ZMR 2003, 943 = NZM 2003, 946 ließ Fälligkeitsregelungen nur für den bereits aufgestellten Wirtschaftsplan zu. 974 LG München I v. 18.9.2012 – 1 T 9832/11, ZWE 2013, 224 (225) = ZMR 2013, 136. 975 Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 8; Häublein, ZMR 2007, 409 (418); evident falsch AG Lünen v. 8.2.2017 – 22a C 10/16, mitgeteilt ZMR 2018, 428. 976 Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 174; vgl. LG Dortmund v. 10.10.2017 – 17 S 66/17, ZMR 2018, 428. 977 Abramenko, ZWE 2012, 386 (387); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 175. 978 Abramenko, ZWE 2012, 386 (387); vgl. LG Frankfurt am Main v. 13.9.2017 – 2-13 S 16/17, NZM 2018, 471 (472). 979 LG Köln v. 20.2.2014 – 29 S 181/13, ZMR 2014, 745 (746) = MietRB 2014, 366 (Elzer); LG München I v. 18.9.2012 – 1 T 9832/11, ZWE 2013, 224 (225) = ZMR 2013, 136; AG Wilhelmshaven v. 10.2.2016 – 6 C 448/15, ZMR 2016, 409 (410); Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 8; Köhler, Das neue WEG, Rz. 307; vgl. BGH v. 2.10.2003 – V ZB 34/03, BGHZ 156, 279 = NJW 2003, 3550 = ZMR 2003, 943 = NZM 2003, 946. 980 LG Köln v. 20.2.2014 – 29 S 181/13, ZMR 2014, 745 (746) = MietRB 2014, 366 (Elzer). 981 LG Hamburg v. 30.5.2018 – 318 S 70/16, ZMR 2018, 793 (794); Abramenko, ZWE 2012, 386 (387). 982 BGH v. 15.12.2017 – V ZR 257/16, NZM 2018, 908 (909). 983 A.A. AG Charlottenburg v. 1.6.2018 – 73 C 9/18, ZMR 2018, 875 (876).

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IX. Zahlungsmodalitäten und besondere Kostentragungspflichten (Abs. 7) | Rz. 116 § 21

eigentümer zu verschieben.984 Ein entsprechender Beschluss ist nicht lediglich anfechtbar, sondern nichtig, weil er in fremde Ansprüche eingreift.985

4. Verzugsfolgen Die Verzugsfolgen können nunmehr ebenfalls durch Mehrheitsbeschluss geregelt werden.986 115 Damit kann die Eigentümerversammlung einen höheren Verzugszinssatz (auch Zinseszinsen)987 beschließen oder einen pauschalierten Schadensersatz für verspätete Zahlungen festlegen,988 der zwar eine disziplinierende Wirkung haben darf, sich aber grundsätzlich am entstandenen Schaden orientieren muss.989 Ein Verzugszinssatz von 20 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz entspricht sicherlich nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.990 Zulässig und hinreichend bestimmt ist eine Vereinbarung, wonach Rückstände in Höhe des Zinssatzes einer öffentlichen Kreditanstalt für Personaldarlehen zu verzinsen sind.991 Sogar die Zahlung einer Vertragsstrafe als Verzugsfolge (§ 339 BGB) kann beschlossen werden,992 die vom Gesetzgeber beispielhaft erwähnte Vertragsstrafe bei Verstoß gegen eine Vermietungsbeschränkung hat jedoch nichts mit den Verzugsfolgen zu tun,993 da es sich bei einem Verstoß gegen diese Unterlassungsverpflichtung um einen Fall der rechtlichen Unmöglichkeit handelt.994 Dem Gebot ordnungsgemäßer Verwaltung kommt in diesem Zusammenhang nunmehr besondere Bedeutung zu. Über diese Generalklausel können auch die Wertungen des § 309 Nr. 5 und 6 BGB einfließen (s. Rz. 112). Eine Regelung der Verzugsvoraussetzungen bewegt sich nicht mehr im Rahmen der Beschlusskompetenz und wäre nichtig.995 Ebenso unwirksam wäre ein Beschluss, vor Verzugseintritt Fälligkeitszinsen zu verlangen.996 Weitergehende Sanktionen, z.B. ein Stimmrechtsausschluss, sind unzulässig und können auch nicht auf § 21 Abs. 7 gegründet werden.997

5. Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums Im Rahmen des § 21 Abs. 7 soll neben bzw. anstelle von §§ 10 Abs. 2 Satz 3, 16 Abs. 3 und 4 116 die Möglichkeit eröffnet werden, für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums Erstattungspflichten einzelner Wohnungseigentümer zur Deckung der hierdurch ent984 A.A. AG Charlottenburg v. 1.6.2018 – 73 C 9/18, ZMR 2018, 875 (876). 985 A.A. AG Charlottenburg v. 1.6.2018 – 73 C 9/18, ZMR 2018, 875 (876). 986 Die Entscheidung BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500 ist insofern obsolet. 987 Abramenko, ZWE 2012, 386 (387). 988 BT-Drucks. 16/887, 27; Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 9; anders zur alten Rechtslage BGH v. 11.7.1991 – V ZB 24/90, BGHZ 115, 151 (153) = MDR 1991, 864 = NJW 1991, 2637; BayObLG v. 10.10.1985 – BReg.2 Z 2/85, MDR 1986, 149 = BayObLGZ 1985, 345 (346). 989 Schmid, ZAP 2011, 465 (466). 990 Schmid, ZAP 2011, 465 (466); a.A. Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 295. 991 AG München v. 27.5.2014 – 484 C 29336/13, ZMR 2015, 163. 992 Bassenge in Palandt, BGB, § 21 WEG Rz. 21; a.A. Köhler, Das neue WEG, Rz. 305; Schmid, ZAP 2011, 465 (466); Schmid, ZWE 2011, 347 (348) und (erneut) Schmid, ZfIR 2014, 178 (181). 993 LG Köln v. 26.4.2018 – 29 S 239/17, ZfIR 2018, 833 (834) = MietRB 2018, 305 (Elzer); Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 9; Köhler, Das neue WEG, Rz. 305; vgl. BT-Drucks. 16/887, 27; a.A. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 179. 994 LG Köln v. 26.4.2018 – 29 S 239/17, ZfIR 2018, 833 (834) = MietRB 2018, 305 (Elzer). 995 Abramenko, ZWE 2012, 386 (388). 996 Schmid, ZAP 2011, 465 (466). 997 Vgl. BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 f. = NJW 2011, 679 = ZfIR 2011, 321 mit zust. Anm. Krüger.

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§ 21 Rz. 116 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer standenen Kosten durch Mehrheitsbeschluss einzuführen. Sowohl die Voraussetzungen als auch die Folgen dieser Beschlusskompetenz werfen erhebliche Zweifelsfragen auf. Wie sich der Gesetzesbegründung zumindest anhand des Beispiels der Umzugskostenpauschale entnehmen lässt,998 soll die Vorschrift vor allem dazu dienen, typischerweise anfallende Kosten, die aufgrund eines übermäßigen Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums entstehen, dem verursachenden Nutzer aufzuerlegen. Es ist daher nicht möglich, die Vorschrift als Generalklausel zur Sanktionierung gemeinschaftswidrigen Verhaltens (z.B. bei Verstößen gegen eine Vermietungsbeschränkung, s. Rz. 115 oder bei Verstößen gegen die Hausordnung, s. Rz. 61) einzusetzen, da hiermit keine typischen Mehrkosten verbunden sind.999 117 Die Nutzung muss sich auf das gemeinschaftliche Eigentum beziehen; scheidet eine solche

aus oder ist erkennbar nur das Sondereigentum betroffen, so würde jedenfalls eine pauschale und undifferenzierte Regelung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.1000 Besonders verwirrend ist, dass das Gesetz von einer „besonderen Nutzung“ spricht, was dahingehend missverstanden werden könnte, die Vorschrift knüpfe an ein Sondernutzungsrecht an.1001 Genauso wenig wie die Wohnungseigentümer aber durch Mehrheitsbeschluss ein Sondernutzungsrecht begründen können, können sie durch Mehrheitsbeschluss die Kostentragung hierfür regeln.1002 Das Gesetz behandelt entgegen seinem Wortlaut also nicht eine besondere Nutzung, sondern einen besonderen, nämlichen einen übermäßigen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums.1003 Durch den besonderen Gemeingebrauch müssen zusätzliche Kosten verursacht werden, die normalerweise die Gemeinschaft treffen würden.1004 Ausreichend ist auch, wenn der besondere Gebrauch zumindest bei typisierender Betrachtung den Anfall besonderer Kosten wahrscheinlich macht.1005 Ob die Vorschrift wirklich eine Sanktionierung unzulässiger Nutzungen ermöglicht, erscheint daher zweifelhaft.1006 Dass etwa eine unzulässige gewerbliche Nutzung zu einer erhöhten Benutzung des Gemeinschaftseigentums führen muss, ist keineswegs zwingend. Dann müssten für jedwede gewerbliche Nutzung gesonderte Kosten in Rechnung gestellt werden können. Mit dieser Argumentation müsste man auch Großfamilien, die das Treppenhaus und den Fahrstuhl notwendigerweise häufiger benutzen, eine zusätzliche Kostenpauschale auferlegen können. 118 Völlig unklar ist auch, welche Regelungen durch Mehrheitsbeschluss überhaupt getroffen wer-

den können, da die Rechtsprechung eine Einzelfallbetrachtung vornimmt.1007 Selbst ob die vom Gesetzgeber beispielhaft angeführte Umzugskostenpauschale von der gesetzlichen Beschlusskompetenz erfasst ist, wird bestritten.1008 Während Abramenko neben einer Kostenerhebung für den unzulässigen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums auch die Überwälzung

998 BT-Drucks. 16/887, 27. 999 LG Köln v. 26.4.2018 – 29 S 239/17, ZfIR 2018, 833 (834) = MietRB 2018, 305 (Elzer); Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 10; Abramenko, ZWE 2012, 386 (388). 1000 Ebenso Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 11. 1001 Ähnlich Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 12. 1002 A.A. Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 183. 1003 BGH v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = NZM 2010, 868 = ZMR 2011, 141 = ZWE 2011, 31; Schmid, ZAP 2011, 466 (468); LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (260). 1004 BGH v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = NZM 2010, 868 = ZMR 2011, 141 = ZWE 2011, 31; Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 13. 1005 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 195/17, NZM 2018, 905 = MietRB 2018, 331 (Abramenko). 1006 So aber Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 13; ähnlich Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 300. 1007 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 195/17, NZM 2018, 905 = MietRB 2018, 331 (Abramenko). 1008 Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 8 Rz. 65; Köhler, Das neue WEG, Rz. 309; kritisch auch Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 11; vgl. zur früheren Rechtslage OLG Frankfurt v. 23.8.1990 – 20 W 165/90, WuM 1990, 461; OLG Stuttgart v. 19.2.1981 – 8 W 233/80, MDR 1981, 587.

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IX. Zahlungsmodalitäten und besondere Kostentragungspflichten (Abs. 7) | Rz. 118a § 21

der Abnutzungskosten im Rahmen abstrakter Tatbestände für möglich hält,1009 scheint Köhler die Vorschrift nur auf Einzelfälle anwenden zu wollen.1010 Nach hier vertretener Ansicht gilt Folgendes: auf keinen Fall findet die Vorschrift Anwendung auf eine Nutzung des Sondereigentums, auf die normale Nutzung des Gemeinschaftseigentums sowie auf die Nutzung des Gemeinschaftseigentums in Ausübung eines Sondernutzungsrechts oder aufgrund einer besonderen vertraglichen Vereinbarung (z.B. eines Mietvertrags). Ein Beschluss hierzu wäre nichtig. Es kann insbesondere nicht beschlossen werden, dass die Reparaturkosten von Fenstern, Türen, Balkontüren, Briefkästen und Klingeln, soweit sie im Gemeinschaftseigentum stehen, von den jeweiligen Sondereigentümern zu tragen sind, denen diese Gegenstände zu dienen bestimmt sind.1011 Allein der Umstand, dass die Einheiten einer Wohnungseigentumsanlage nicht einheitlich, sondern teilweise durch unterschiedliche technische Anlagen, die jeweils nur bestimmten Einheiten dienen, versorgt werden, besagt für sich allein nichts über eine gesteigerte Inanspruchnahme des Gemeinschaftseigentums und dadurch verursachte Kosten für die technische Betreuung.1012 Eine Kostenregelung nach Abs. 7 ist nur möglich als Annex zu einer Gebrauchsregelung 118a nach § 15 Abs. 2 oder als abstrakter Tatbestand (z.B. in der Hausordnung) zur Abgeltung typischerweise aufgrund einer übermäßigen Inanspruchnahme des Gemeinschaftseigentums entstehender Kosten.1013 Die Wohnungseigentümer können also mit Mehrheit beschließen, dass der Gebrauch einer Sauna, eines Tennisplatzes oder von Waschmaschinen, die der Gemeinschaft gehören, nur gegen Entgelt möglich ist.1014 Die Vorschrift gestattet es aber nicht, die Einstellung der zu nutzenden Geräte und Anlagen ohne weitere Vorgaben auf eine Fachfirma zu übertragen;1015 erforderlich ist auch insofern ein Beschluss nach Abs. 3 (s. Rz. 36 f.). Der Beschluss muss hinreichend bestimmt sein und ausreichend differenzieren, wenn die Nutzungsmöglichkeit unterschiedliche Kosten auslöst.1016 Das Entgelt für Wasch- und Trocknermaschinen darf aber die Preise eines öffentlichen Waschsalons nicht übermäßig übersteigen, so dass den Mietern die Nutzung der Maschinen faktisch unmöglich gemacht wird.1017 Zulässig ist auch, dass bei einem Umzug,1018 bei jedem Nutzerwechsel,1019 bei Umbauarbeiten 1009 LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (260); Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 14; ebenso Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 181; Hügel/Elzer, NZM 2009, 457 (467). 1010 Köhler, Das neue WEG, Rz. 309; ähnlich Häublein, ZMR 2007, 409 (418 f.); ebenso nunmehr BGH v. 8.6.2018 – V ZR 195/17, NZM 2018, 905 = MietRB 2018, 331 (Abramenko). 1011 A.A. AG Aachen v. 4.5.2011 – 119 C 88/10, ZMR 2012, 222 (223) = ZWE 2012, 234 (235); das Gericht übersieht, dass es sich hierbei gerade nicht um Kosten aufgrund einer besonderen Nutzung, sondern um Kosten aufgrund bestimmungsgemäßer Nutzung handelt. 1012 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 195/17, NZM 2018, 905 = MietRB 2018, 331 (Abramenko); LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (260). 1013 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 195/17, NZM 2018, 905 = MietRB 2018, 331 (Abramenko); BGH v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = NZM 2010, 868 = ZMR 2011, 141 = ZWE 2011, 31; LG Berlin v. 12.6.2009 – 85 S 45/08, ZMR 2010, 225; ebenso Abramenko, ZWE 2012, 386 (388 f.). 1014 AG Münster v. 16.1.2018 – 35 C 2262/17, ZMR 2018, 545 = MietRB 2018, 244 (Tank); ebenso Hügel/Elzer, NZM 2009, 457 (466); a.A. Schmid, ZAP 2011, 466 (469), der übersieht, dass allein durch den Gebrauch eine Abnutzung dieser Gegenstände eintritt, der nicht durch die laufende Kostentragung und Zahlung in die Instandhaltungsrückstellung gedeckt ist. 1015 AG Münster v. 16.1.2018 – 35 C 2262/17, ZMR 2018, 545 = MietRB 2018, 244 (Tank). 1016 AG Münster v. 16.1.2018 – 35 C 2262/17, ZMR 2018, 545 = MietRB 2018, 244 (Tank). 1017 AG Münster v. 16.1.2018 – 35 C 2262/17, ZMR 2018, 545 = MietRB 2018, 244 (Tank): 5 bis 7 Euro für einen Wasch- und Trocknungsvorgang sind unverhältnismäßig. 1018 BGH v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = NZM 2010, 868 = ZMR 2011, 141 = ZWE 2011, 31; LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (260); AG Hannover v. 25.11.2009 – 483 C 9799/09, ZWE 2010, 58. 1019 BGH v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = NZM 2010, 868 = ZMR 2011, 141 = ZWE 2011, 31: allerdings muss die Pauschale auch alle Nutzerwechsel erfassen und

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§ 21 Rz. 118a | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer oder bei Haustierhaltung,1020 sofern hiervon auch das Gemeinschaftseigentum betroffen ist, eine angemessene Kostenpauschale erhoben werden darf, wobei dem Miteigentümer der Gegenbeweis, dass hierdurch keine Schäden oder Abnutzungen entstanden sind, offen steht. Außerdem darf die Regelung nicht zu einer Ungleichbehandlung gleichartiger Fallgestaltungen führen: so dürfen Umzugskostenpauschalen nicht lediglich den Eigentümern von vermieteten Einheiten auferlegt werden.1021 Eine Umzugskostenpauschale von 50 Euro entspricht noch ordnungsmäßiger Verwaltung,1022 eine Pauschale in Höhe von 100 Euro1023 oder 500 Euro hingegen nicht, selbst wenn es sich um eine „Luxuswohnanlage“ handelt.1024 Soweit ein Miteigentümer das gemeinschaftliche Eigentum aufgrund einer (genehmigten) baulichen Maßnahme ausschließlich nutzt (z.B. einen sog. Vorflur), liegt die Vereinbarung eines schuldrechtlichen Sondernutzungsrechts oder einer Kostentragungsregelung nach § 16 Abs. 4, Abs. 6 näher; eine nachträgliche Kostentragungsregelung nach Abs. 7 scheidet jedenfalls nach einem erheblichen Zeitablauf aus.1025 Es ist jedoch – entgegen Abramenko1026 – weder möglich, die Vorschrift als Beweislastregelung zu verstehen noch diese dazu zu verwenden, die Vorgaben des Wirtschaftsplans oder das Ergebnis der Jahresabrechnung abzuändern.1027 Auch die Erhebung einer Sonderumlage oder eine Erhöhung der Instandhaltungsrückstellung können nicht auf diese Vorschrift gestützt werden.1028 Die Kosten einer Brandschau stellen keine Nutzung dar.1029

6. Kosten für einen besonderen Verwaltungsaufwand 119 Ebenso fraglich ist, welche Zusatzkosten für einen besonderen Verwaltungsaufwand nach

Abs. 7 mit Mehrheit beschlossen werden können. Der besondere Verwaltungsaufwand muss in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum entstanden sein. Für eine Kostenregelung hinsichtlich der Verwaltung des Sondereigentums besitzt die Eigentümergemeinschaft keine Beschlusskompetenz.1030 Ein besonderer Verwaltungsaufwand liegt vor, wenn das normale, übliche Maß bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums überschritten ist.1031 Handelt es sich hingegen um ein übliches Verwaltungshandeln (insbesondere auf Grundlage der gesetzlichen und vertraglichen Ermächtigung des Verwalters), liegt kein besonderer Verwaltungsaufwand vor.1032 Die Vorschrift ist eng auszulegen.1033 Die Kosten der technischen Betreuung einer Wohnungseigentumsanlage stellen aber nicht schon deshalb einen besonde-

1020 1021 1022 1023 1024 1025 1026 1027 1028 1029 1030 1031

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nicht auf Umzüge befristeter Nutzungsverhältnisse beschränkt sein; Briesemeister, NZM 2011, 146; a.A. LG Berlin v. 12.6.2009 – 85 S 45/08, ZMR 2010, 225 (226). LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (260). Vgl. LG Hamburg v. 22.11.2017 – 318 S 116/16, ZMR 2018, 358 (359). BGH v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = NZM 2010, 868 = ZMR 2011, 141 = ZWE 2011, 31; LG Hamburg v. 22.11.2017 – 318 S 116/16, ZMR 2018, 358 (359). LG Frankfurt am Main v. 1.11.2016 – 2-13 S 69/16, ZMR 2018, 616. AG Hamburg-St. Georg v. 29.5.2015 – 980b C 1/15, ZMR 2015, 968 (969). LG Itzehoe v. 5.8.2014 – 11 S 45/13, ZMR 2015, 56 (57). Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 14. So wohl auch BGH v. 8.6.2018 – V ZR 195/17, NZM 2018, 905 = MietRB 2018, 331 (Abramenko). Ähnlich Mundt, NZM 2007, 864 (867); a.A. Abramenko, ZWE 2012, 386 (389). Deutsches Ständiges Schiedsgericht v. 10.1.2011 – Sch/S/XLIX, ZMR 2011, 921. Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 15. BGH v. 8.6.2018 – V ZR 195/17, NZM 2018, 905 = MietRB 2018, 331 (Abramenko); BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NZM 2016, 387 (390) = ZMR 2016, 476 (480) = MietRB 2016, 164 (Heinemann); LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (260); AG Nürnberg v. 26.7.2018 – 244 C 1341/18, ZMR 2018, 1038. LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (261). LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (260).

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IX. Zahlungsmodalitäten und besondere Kostentragungspflichten (Abs. 7) | Rz. 119a § 21

ren Verwaltungsaufwand dar, weil diese in unterschiedlicher Weise von unterschiedlichen Eigentümern genutzt werden.1034 Kein besonderer Verwaltungsaufwand liegt vor, wenn die Verwaltungstätigkeit zum gesetz- 119a lich oder vertraglich geschuldeten Tätigkeitsbereich des Verwalters (vgl. §§ 27, 28) oder des Verwaltungsbeirats (vgl. § 29) zählt.1035 Daher kann für die gesetzlich geschuldete Führung der Beschluss-Sammlung (vgl. § 24 Abs. 8) auch keine besondere Vergütung beschlossen werden. Auch die Zustimmung nach § 12, die allein im Interesse der Gemeinschaft liegt und zum Aufgabenbereich des Verwalters (oder eines sonstigen Dritten) gehört, kann nicht als besonderer Verwaltungsaufwand, der gesondert zu vergüten wäre, angesehen werden.1036 Ebenfalls kein besonderer Verwaltungsaufwand kann für eine Passivvertretung der Gemeinschaft nach § 27 Abs. 3 Nr. 2 verlangt werden.1037 Gleiches gilt für die Passivvertretung im Rahmen einer Beschlussanfechtungsklage.1038 Vielmehr kommt nur dort eine Kostentragung für besonderen Verwaltungsaufwand in Betracht, wo die Gemeinschaft dem Verwalter oder dem Verwaltungsbeirat eine Sondervergütung schuldet (s. § 26 Rz. 111 ff.).1039 Es widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, dem Verwalter rückwirkend eine Sondervergütung zu gewähren.1040 Es handelt sich bei § 21 Abs. 7 aber nicht um eine Anspruchsgrundlage für den Verwalter.1041 In diesen Konstellationen können die Wohnungseigentümer dem Verursacher des besonderen Verwaltungsaufwands diese Sondervergütung oder die ursächlich damit verbundenen Kosten (z.B. für Kopien, Porto und Telekommunikation) auferlegen.1042 Deshalb kann für die gerichtliche Durchsetzung von Forderungen der Gemeinschaft eine Sondervergütung mit Mehrheitsbeschluss vorgesehen werden,1043 wobei sich die Vergütung nach dem RVG berechnen darf oder in Höhe einer angemessenen Pauschalgebühr.1044 Nicht möglich ist es aber, die Kosten eines Gerichtsverfahrens (Anwaltskosten und Gerichtskosten) unter Umgehung des § 16 Abs. 8 dem unterlegenen Wohnungseigentümer aufzuerlegen.1045 1034 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 195/17, NZM 2018, 905 = MietRB 2018, 331 (Abramenko). 1035 LG Berlin v. 23.1.2018 – 55 S 162/17 WEG, ZWE 2018, 271 (272) = MietRB 2018, 242 (Hogenschurz); LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (260); Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 16; Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 194; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 301; vgl. BGH v. 18.2.2011 – V ZR 197/10, MietRB 2011, 147 = NZM 2011, 454 (456); OLG Düsseldorf v. 14.10.1998 – 3 Wx 169/98, ZMR 1999, 193 (194); LG Dortmund v. 19.4.2016 – 1 S 437/15, ZMR 2016, 642 (643); LG Frankfurt am Main v. 27.9.2017 – 2-13 S 49/16, ZMR 2018, 62 (64) = ZWE 2018, 38 (39) = MietRB 2018, 112 (Becker); AG Heilbad Heiligenstadt v. 18.6.2014 – 6 C 53/ 14, MietRB 2014, 241: keine Sondervergütung für Umstellung der Lastschriften auf SEPA-Verfahren. 1036 A.A. LG Berlin v. 23.1.2018 – 55 S 162/17 WEG, ZWE 2018, 271 (272) = MietRB 2018, 242 (Hogenschurz); Füllbeck, ZMR 2012, 1 (3 ff.); Häublein, ZMR 2007, 409 (419); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 188; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 302. 1037 Vgl. LG München I v. 8.3.2012 – 36 T 26007/11, ZMR 2012, 578 (579). 1038 Elzer, NZM 2014, 695 (697). 1039 AG Braunschweig v. 18.12.2012 – 116 C 1541/12, ZMR 2013, 386; Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 16; ähnlich Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 188; Drabek in Riecke/Schmid, § 21 WEG Rz. 304. 1040 AG Braunschweig v. 18.12.2012 – 116 C 1541/12, ZMR 2013, 386. 1041 Schmid, ZAP 2011, 466 (471). 1042 LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (260); AG Bonn v. 24.1.2018 – 27 C 136/17, ZMR 2018, 452 (453); Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 17; Gottschalg, NZM 2009, 217 (223); z.B. für Kopien aus der Beschluss-Sammlung, Deckert/Kappus, NZM 2007, 745 (751). 1043 BGH v. 6.5.1993 – V ZB 9/92, BGHZ 122, 327 (332) = MDR 1993, 865 = NJW 1993, 1924 (1925). 1044 AG Bonn v. 24.1.2018 – 27 C 136/17, ZMR 2018, 452: 200 Euro zzgl. USt. für jedes Klageverfahren ist ordnungsgemäß. 1045 Elzer, MietRB 2017, 239 (243); Schmid, ZAP 2011, 466 (472); a.A. LG Dortmund v. 19.4.2016 – 1 S 437/15, ZMR 2016, 642 (643); Abramenko, ZWE 2012, 386 (391 f.); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 188, 189.

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§ 21 Rz. 120 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer 120 Welche Regelungen die Wohnungseigentümer beschließen können, ist, wie bei der Festset-

zung von Kosten für eine besondere Nutzung, nicht eindeutig. In erster Linie können auf diesem Weg Sondervergütungen, die der Verwalter beanspruchen darf, auf die Verursacher des Mehraufwands abgewälzt werden, z.B. eine besondere Vergütung für die Mahnung säumiger Wohngeldschuldner,1046 für die besondere Verbuchung von nicht im Lastschriftwege geleisteten Wohngeldzahlungen1047 oder für die Erstellung einkommensteuerrelevanter Bescheinigungen über haushaltsnahe Dienstleistungen (§ 35a EStG).1048 Auch besondere Mehrkosten, die wegen der Vervielfältigung und Verbreitung von Informationen (z.B. von Klageschriftsätzen) anfallen, eine Baubetreuung1049 und Prüfung des Aufmaßes1050 oder die Kosten für die Ermittlung des Aufenthalts eines Miteigentümers1051 können dem Verursacher auferlegt werden.1052 Hierbei ist jedoch wiederum die Angemessenheitsgrenze der ordnungsgemäßen Verwaltung zu beachten.1053 Die Kosten einer regelmäßig stattfindenden Brandschau können nicht demjenigen angelastet werden, der die Nachschau gegenüber der Behörde angeregt hat.1054 Fraglich ist, ob auch der Nutzungsvorteil, der mit einem besonderen Verwaltungsaufwand verbunden ist, einen tauglichen Maßstab für die Umlage einer etwaigen Sondervergütung darstellt.1055 Dies ist abzulehnen, da Gebrauchsvorteile und Verwaltungsaufwand in keinem objektiv nachvollziehbaren Verhältnis zueinander stehen. 121 Fraglich ist schließlich, ob die Verteilung der Versicherungsprämien abweichend von § 16

Abs. 2 beschlossen werden kann, wenn die betreffende Versicherung auch das Sondereigentum abdeckt und die Ausstattung einzelner Sondereigentumseinheiten die Versicherungsprämie für die Gemeinschaft deutlich erhöhen (s. Rz. 81).1056 Es handelt sich hierbei nicht um einen besonderen Verwaltungsaufwand, der auf das gemeinschaftliche Eigentum entfällt, so dass Abs. 7 nicht einschlägig ist.1057 Die Wohnungseigentümer können allenfalls beschließen, dass der betroffene Wohnungseigentümer sein Sondereigentum selbst versichern muss, was 1046 LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (260); Abramenko, Das neue WEG, § 2 Rz. 17; Köhler, Das neue WEG, Rz. 310; a.A. AG Reutlingen v. 13.5.2016 – 11 C 105/16, ZMR 2016, 914 (915); Merle in Bärmann, § 21 WEG Rz. 192; anders zur alten Rechtslage OLG Düsseldorf v. 14.10.1998 – 3 Wx 169/98, ZMR 1999, 193 (194); als angemessene Sondervergütung werden angesehen zwischen 6 Euro, AG Düsseldorf v. 11.9.2007 – 290 II 71/07 WEG, NZM 2007, 887, und 12,50 Euro, AG Mönchengladbach-Rheydt v. 22.2.2002 – 23 UR II 19/01, NZM 2003, 403 (405); unangemessen soll eine Vergütung von 20 Euro je Mahnschreiben ohne Obergrenze sein, LG Frankfurt am Main v. 27.9.2017 – 2-13 S 49/16, ZMR 2018, 62 (63) = ZWE 2018, 38 (39) = MietRB 2018, 112 (Becker).. 1047 LG Itzehoe v. 16.6.2017 – 11 S 61/16, ZMR 2018, 259 (260); AG Nürnberg v. 26.7.2018 – 244 C 1341/18, ZMR 2018, 1038; Lehmann-Richter, ZWE 2015, 193 (196); vgl. AG Hamburg-Harburg v. 3.9.2010 – 648 C 106/10. ZMR 2012, 226 (227), das eine Sondervergütung von 2,50 Euro monatlich für angemessen hält. 1048 KG v. 16.4.2009 – 24 W 93/08, MietRB 2010, 203 = ZMR 2009, 709: Zusatzvergütung i.H.v. 17 Euro bzw. 8,50 Euro zzgl. USt. pro Jahr und Einheit ist angemessen; LG Düsseldorf v. 8.2.2008 – 19 T 489/07, MietRB 2008, 210 = NZM 2008, 453: 25 Euro pro Jahr und Einheit sind angemessen. 1049 AG Düsseldorf v. 28.9.2016 – 291a C 49/16, ZMR 2017, 96 (97); vgl. auch LG Berlin v. 10.4.2018 – 85 S 34/17, ZMR 2018, 846 (847). 1050 OLG Düsseldorf v. 14.10.1998 – 3 Wx 169/98, ZMR 1999, 193 (194). 1051 Schmid, ZAP 2011, 466 (471). 1052 AG Düsseldorf v. 28.9.2016 – 291a C 49/16, ZMR 2017, 96 (98). 1053 Das OLG Düsseldorf v. 14.10.1998 – 3 Wx 169/98, ZMR 1999, 193 (194) hält eine Zusatzvergütung für Baubetreuung und Aufmaßprüfung i.H.v. 5 % der Bausumme, höchstens jedoch 3.000 DM, für unangemessen. 1054 Deutsches Ständiges Schiedsgericht v. 10.1.2011 – Sch/S/XLIX, ZMR 2011, 921. 1055 So BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NZM 2016, 387 (390) = ZMR 2016, 476 (480) = MietRB 2016, 164 (Heinemann); AG Düsseldorf v. 28.9.2016 – 291a C 49/16, ZMR 2017, 96 (98). 1056 So Lüke in Weitnauer, § 21 WEG Rz. 37; a.A. Dötsch, ZMR 2014, 169 (177) Fn. 97. 1057 Ebenso Dötsch, NZM 2018, 354 (369 f.); Dötsch, ZMR 2014, 169 (177).

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X. Die gerichtliche Ermessensentscheidung (Abs. 8) | Rz. 122 § 21

aber praktisch ins Leere läuft, wenn Versicherungen nur eine einheitliche Gebäudeversicherung anbieten, die sowohl das Sonder- als auch das Gemeinschaftseigentum erfasst (s. Rz. 81).1058 Diejenigen Stimmen in der Literatur, die eine abweichende Prämientragung befürworten, müssen im Rahmen des § 17 dem höher belasteten Wohnungseigentümer auch einen höheren Anteil an der Versicherungssumme zugestehen (s. § 17 Rz. 17). Nach Ansicht des OLG Köln können die Wohnungseigentümer gem. Abs. 3 beschließen, dass die Selbstbeteiligung dem Wohnungseigentümer aufzuerlegen ist, in dessen Sondereigentum die Schadensursache liegt.1059 Der Erwerb einer Grundstücksfläche durch den Verband zum Verbandsvermögen, damit 121a dieses als Parkplatz genutzt werden kann, stellt für sich allein noch keinen besonderen Verwaltungsaufwand dar,1060 da der Erwerb keinen Verwaltungsaufwand hinsichtlich des gemeinschaftlichen Vermögens auslöst. Allenfalls können die durch den Erwerb entstehenden Kosten des Verwaltungsmehraufwands erhoben werden (z.B. eine Sondervergütung, die der Verwalter beanspruchen kann)1061, der zu zahlende Kaufpreis stellt keinen solchen Verwaltungsmehraufwand dar, sondern ist nur die unmittelbare Folge der Verwaltungsmaßnahme.1062 Im Übrigen fehlt es an einem besonderen (also außergewöhnlichen) Aufwand, wenn der Grundstückserwerb der Umsetzung einer von Beginn an bestehenden Notwendigkeit dient.1063 Es ist daher nicht möglich, die hierfür benötigten Mittel im Wege einer Sonderumlage nach Abs. 7 bei den Eigentümern einzufordern, dies kann nur über einen regulären Nachtrag zum Wirtschaftsplan erfolgen, der die bestehende Kostenverteilung nach § 16 zu beachten hat.1064

X. Die gerichtliche Ermessensentscheidung (Abs. 8) 1. Die verfahrensrechtlichen Grundlagen der gerichtlichen Ermessensentscheidung a) Die Funktion der Vorschrift Nach § 21 Abs. 4 kann jeder einzelne Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die 122 den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Die Wohnungseigentümer können diesen Anspruch durch Erhebung einer Leistungsklage durchsetzen. Die gerichtliche Durchsetzung ist allerdings nicht unproblematisch, denn es ist vorstellbar, dass mehrere unterschiedliche Maßnahmen für sich in Anspruch nehmen können, den Anforderungen des § 21 Abs. 4 zu genügen. Weil das Auswahlermessen, also die Befugnis, von meh-

1058 Dötsch, NZM 2018, 354 (370). 1059 OLG Köln v. 14.7.2003 – 16 Wx 124/03, NJW-RR 2003, 1233 = NZM 2003, 641; kritisch Nußbaum, NZM 2003, 617 (620); a.A. AG Lemgo v. 13.11.2017 – 16 C 17/17, NZM 2018, 405 (406) = MietRB 2018, 342 (Sommer), das jedoch eine Beschlusskompetenz nach § 21 Abs. 7 nicht in Erwägung zieht. 1060 A.A. BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NZM 2016, 387 (390) = ZMR 2016, 476 (480) = MietRB 2016, 164 (Heinemann); LG Bremen v. 13.2.2015 – 4 S 343/13, ZMR 2015, 475 (476); AG Bremen-Blumenthal v. 4.10.2013 – 44 C 2012/13, ZMR 2014, 318 (320). 1061 Insoweit zutreffend A.A. AG Bremen-Blumenthal v. 4.10.2013 – 44 C 2012/13, ZMR 2014, 318 (321). 1062 A.A. BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NZM 2016, 387 (390) = ZMR 2016, 476 (480) = MietRB 2016, 164 (Heinemann). 1063 Heinemann, MietRB 2016, 164. 1064 So auch BGH v. 9.12.2016 – V ZR 84/16, NZM 2017, 224 (225) = ZWE 2017, 177 (179) = MietRB 2017, 102 (Heinemann); a.A. AG Bremen-Blumenthal v. 4.10.2013 – 44 C 2012/13, ZMR 2014, 318 (320).

Suilmann | 727

§ 21 Rz. 122 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer reren geeigneten eine Maßnahme auswählen zu dürfen, den Wohnungseigentümern in ihrer Gesamtheit zusteht, dürfte das Gericht nicht ohne weiteres eine vom Kläger ausgewählte Maßnahme zusprechen. 123 Die Regelung in § 21 Abs. 8 greift diese Schwierigkeit auf und erleichtert und beschleunigt

den Rechtsschutz des Wohnungseigentümers, indem es das Gericht ermächtigt, anstelle der Wohnungseigentümer eine Regelung nach billigem Ermessen zu treffen. Voraussetzung für eine solche Ermessensentscheidung ist, dass die Wohnungseigentümer eine nach dem Gesetz erforderliche Maßnahme nicht oder zumindest nicht rechtlich verbindlich beschlossen haben und dass eine solche Maßnahme weder durch das Gesetz, durch Regelungen der Teilungserklärung noch durch sonstige Vereinbarungen der Wohnungseigentümer vorgegeben ist. Der Begriff der Maßnahme umfasst beide Handlungsalternativen der Wohnungseigentümer und nicht lediglich Beschlüsse. Gegenstand einer Regelung nach § 21 Abs. 8 kann daher auch eine Vereinbarung sein, wenn dem klagenden Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Abschluss einer solchen Vereinbarung zusteht und bezüglich des Inhalts der Vereinbarung – wie z.B. bei Gebrauchsregelungen – ein Entscheidungs- und Anordnungsspielraum verbleibt.1065 b) Die Rechtsnatur der gerichtlichen Ermessensentscheidung 124 Die Ermessensentscheidung des Gerichts ist ihrer Rechtsnatur nach ein Gestaltungsurteil,1066

und zwar unabhängig davon, ob es die verklagten Wohnungseigentümer auf den unbestimmten Klageantrag hin zur Zustimmung zu einer bestimmten Maßnahme verurteilt, die Vornahme einer Verwaltungsmaßnahme unmittelbar anordnet oder den Parteien darüber hinaus Auflagen im Hinblick auf die Umsetzung der gerichtlichen Entscheidung erteilt. Die Ermessensentscheidung ersetzt die nach dem Gesetz erforderliche Beschlussfassung und die für das Zustandekommen eines solchen Beschlusses erforderliche Zustimmungserklärung der Wohnungseigentümer.1067 Ebenso wie der Beschluss wegen seines rechtsgeschäftlichen Charakters das Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer gestaltet, gestaltet auch die gerichtliche Ermessensentscheidung das Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer. Hierin liegt die rechtsgestaltende Wirkung des Urteils. Haben die Wohnungseigentümer eine Maßnahme mit Stimmenmehrheit abgelehnt, ersetzt die gerichtliche Entscheidung die unterbliebene Regelung.1068 125 Aus der Rechtsnatur der gerichtlichen Entscheidung folgt, dass sie erst mit Eintritt der for-

mellen Rechtskraft (§ 705 ZPO) Wirkungen entfaltet.1069 Zum Erlass einstweiliger Anordnungen ist das angerufene Gericht nicht befugt (vgl. Rz. 134 f.). Soweit die gerichtliche Entscheidung einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, darf das Gericht die Entscheidung nach Maßgabe des §§ 708–713 ZPO, wie auch sonstige Leistungsurteile, für vorläufig vollstreckbar erklären. c) Ermessensentscheidung und Sachantrag 126 Der Ermessensentscheidung des Gerichts muss ein entsprechender Klageantrag voraus-

gehen, denn in einem zivilprozessrechtlichen Verfahren darf einer Partei nichts zugesprochen werden, was von ihr nicht beantragt wurde, § 308 ZPO. § 21 Abs. 8 hebt den Grundsatz der Antragsbindung nicht auf, gewährt aber eine gewisse Lockerung, da der Kläger nur sein Rechts-

1065 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 191/15, ZWE 2016, 453 (456). 1066 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, ZWE 2013, 360 (362); BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, NJW 2011, 3025 (3026). 1067 KG v. 20.6.1997 – 24 W 9042/96, ZMR 1997, 534. 1068 BGH v. 6.3.1997 – III ZR 248/95, MDR 1997, 537 = NJW 1997, 2106 (2107); BayObLG v. 16.9.1993 – 2Z BR 91/93, NJW-RR 1994, 145; KG v. 30.11.1992 – 24 W 3802/92, OLGZ 1993, 308. 1069 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, ZWE 2013, 360 (362);

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X. Die gerichtliche Ermessensentscheidung (Abs. 8) | Rz. 128 § 21

schutzziel angeben muss.1070 Der Kläger muss in der Regel keinen konkreten Klageantrag stellen, ausreichend ist ein unbestimmter Klageantrag. Erforderlich ist aber, dass der Kläger zur Klarstellung des Streitgegenstandes den aufgetretenen Regelungsbedarf beschreibt und in der Klagebegründung Angaben dazu macht, aus welchen Gründen eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer unterblieben ist.1071 Der Antrag des klagenden Wohnungseigentümers selbst muss nicht auf Zustimmung zu ei- 126a nem bestimmten Beschlussantrag gerichtet sein, denn das Gericht kann die Maßnahme selbst anordnen und muss sich nicht darauf beschränken, die beklagten Wohnungseigentümer zur Zustimmung zu verurteilen. Ein auf Zustimmung gerichteter Antrag ist daher regelmäßig als Antrag auf gerichtliche Beschlussersetzung auszulegen.1072 Bei der Entscheidung, ob ein auf § 21 Abs. 8 WEG gestützter Antrag zulässig und begründet 126b ist, kommt es nach allgemeinen prozessualen Regeln darauf an, ob der geltend gemachte Anspruch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung besteht. Unerheblich ist es, ob bereits bei der Ablehnung des Beschlussantrags eine Handlungspflicht der Wohnungseigentümer bestand.1073 Der für die gerichtliche Ermessensentscheidung erforderliche Sachantrag kann auch im Wege 126c der Widerklage rechtshängig gemacht werden. Dies wird insbesondere Bedeutung gewinnen, wenn eine durch die Wohnungseigentümer beschlossene Regelung angefochten wird. In einem solchen Fall können die Beklagten – und zwar jeder für sich – vorsorglich für den Fall, dass das Gericht den angefochtenen Beschluss für ungültig erklärt, eine gerichtliche Regelung der Angelegenheit nach § 21 Abs. 8 beantragen. Eine solche Hilfswiderklage ist uneingeschränkt zulässig.1074 d) Aktiv- und Passivlegitimation bei der gerichtlichen Ermessensentscheidung Aktivlegitimiert sind im Anwendungsbereich des §§ 21 Abs. 4 und 8 allein und ausschließlich 127 die Wohnungseigentümer, denn nur im Verhältnis der Wohnungseigentümer besteht ein Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Der Verwalter ist dagegen nicht aktivlegitimiert. Er ist als weisungsgebundener Sachwalter der Gemeinschaft lediglich ein Vollzugsorgan.1075 Weigern sich die Wohnungseigentümer, eine sinnvolle Maßnahme zu beschließen, so hat er dies hinzunehmen. Es obliegt allein den Wohnungseigentümern, die Gemeinschaft zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung anzuhalten. Die Klage eines Wohnungseigentümers ist gegen alle übrigen Wohnungseigentümer der Ge- 128 meinschaft zu richten.1076 Die Passivlegitimation der übrigen Wohnungseigentümer ergibt sich daraus, dass ein Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung nur im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander besteht. Der Verwalter ist dagegen nicht passivlegitimiert. Da es sich um einen Rechtsstreit handelt, der in den Anwendungsbereich des § 43 Nr. 1 fällt, ist

1070 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, ZWE 2013, 360 (362) = MDR 2013, 961 (962) = NZM 2013, 582 (584); LG Dortmund v. 27.3.2015 – 17 S 129/14, ZWE 2016, 32, 33. 1071 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 191/15, ZWE 2016, 453 (456); Merle, ZWE 2008, 9 (11). 1072 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NJW 2018, 3238 (3239) = MDR 2018, 921 unter Aufgabe seiner früheren gegenteiligen Rechtsprechung. 1073 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, NJW 2018, 3238 (3239) = MDR 2018, 921. 1074 Zur Zulässigkeit der Eventualwiderklage: BGH v. 30.5.1956 – IV ZR 30/56, BGHZ 21, 13 = NJW 1956, 1472; BGH v. 13.5.1996 – II ZR 275/94, BGHZ 132, 390 (398) = MDR 1996, 1135 = NJW 1996, 2306 (2307). 1075 So zutreffend die amtliche Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks. 16/887, 40. 1076 LG Karlsruhe v. 32.12.2015 – 11 T 16/15, ZWE 2016, 181; OLG München v. 22.12.2009 – 32 Wx 82/09, ZMR 2010, 395; Kuhla, ZWE 2016, 116 (120).

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§ 21 Rz. 128 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer der Verwalter auch nicht nach Maßgabe des § 48 Abs. 1 Satz 2 beizuladen. Ihm bleibt aber die rechtliche Möglichkeit, dem Rechtsstreit auf Seiten einer der Prozessparteien beizutreten. 129 Im Anwendungsbereich des § 21 Abs. 8 ist es allerdings vorstellbar, dass der Kläger seine auf

§ 21 Abs. 4 und 8 gestützte Klage auf Vornahme einer gerichtlichen Ermessensentscheidung mit einer auf § 27 Abs. 1 Nr. 1 gestützten Klage gegen den Verwalter auf Ausführung der gerichtlichen Entscheidung verbindet. In einem solchen Fall kann das Gericht dem Verwalter die zur Ausführung der gerichtlichen Entscheidungen erforderlichen Auflagen erteilen. Trifft den Verwalter im Hinblick auf die unterlassene Maßnahme kein Mitverschulden, entspricht es bei der nach § 49 Abs. 1 zu treffenden Kostenentscheidung im Regelfall billigem Ermessen, ihn an den Kosten des Rechtsstreits nicht zu beteiligen. 130 In den Fällen der subjektiven Klagehäufung sind die klagenden Wohnungseigentümer not-

wendige Streitgenossen i.S.v. § 62 ZPO. Entsprechendes gilt im Verhältnis der beklagten Wohnungseigentümer. Im Falle der Säumnis einer Partei werden daher die säumigen Streitgenossen als durch die nicht Säumigen vertreten angesehen. e) Gerichtliche Ermessensentscheidung und Rechtskraft 131 Ordnet das Gericht im Anwendungsbereich eine bestimmte Maßnahme an, so richten sich

sowohl der Rechtsschutz gegen das Urteil als auch dessen Wirkungen nicht nach den für Beschlüsse, sondern nach den für Urteile maßgeblichen rechtlichen Regelungen.1077 Erwächst ein Urteil, das einen Beschluss der Wohnungseigentümer ersetzt, in Rechtskraft, steht mit Wirkung für und gegen die Wohnungseigentümer und deren Sondernachfolger (§ 10 Abs. 4 WEG) fest, dass der (ersetzte) Beschluss und die dort angeordnete Maßnahme gültig bzw. verbindlich ist. Es kann dann nicht mehr geltend gemacht werden, die Beschlussersetzung sei nach materiellem Recht – etwa wegen einer fehlenden Beschlusskompetenz – nichtig.1078 Dies gilt auch dann, wenn die Anordnung oder Beschlussersetzung durch Versäumnisurteil erfolgt.1079 Ist die Anordnung des Gerichts unbestimmt und auslegungsbedürftig, so ist durch Auslegung der genaue Inhalt der Anordnung zu ermitteln. 131a Die Rechtskraft entfaltet darüber hinaus auch Präklusionswirkung: Hat ein Gericht den

Streitgegenstand eines rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses erneut zu prüfen, hat es seinem Urteil den Inhalt dieser Entscheidung zugrunde zu legen.1080 Mit Vortrag zu Tatsachen, die im maßgeblichen Zeitpunkt des Vorprozesses schon vorhanden waren und darauf gerichtet sind, das kontradiktorische Gegenteil der im Vorprozess festgestellten Rechtsfrage auszusprechen, sind die Parteien insoweit ausgeschlossen, als sie bei natürlicher Anschauung zu dem im Vorprozess vorgetragenen Lebensvorgang gehören (vgl. auch § 48 Rz. 54 ff.).1081 131b Die gerichtliche Ermessensentscheidung lässt die Gestaltungsfreiheit der Wohnungseigentü-

mer grundsätzlich unberührt, weshalb die Wohnungseigentümer auch eine durch richterliche Gestaltung vorgenommene Regelung durch eine mehrheitlich beschlossene Regelung ersetzen können.1082 Daher darf das Gericht den Wohnungseigentümern in seinem Urteil auch nicht generell verbieten, anstelle der gerichtlich getroffenen Maßnahme eine anderweitige Entscheidung zu treffen.

BGH v. 16.2.2018 – V ZR 148/17, NJW-RR 2018, 522 (523). BGH v. 16.2.2018 – V ZR 148/17, NJW-RR 2018, 522 (523). BGH v. 16.2.2018 – V ZR 148/17, NJW-RR 2018, 522 (523). BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 (2552); BGH v. 30.6.2017 – V ZR 134/16, NJW 2017, 3438. 1081 BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 (2552); BGH v. 30.6.2017 – V ZR 134/16, NJW 2017, 3438. 1082 KG v. 28.2.1996 – 24 W 8306/94, NJW-RR 1996, 779 (780).

1077 1078 1079 1080

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X. Die gerichtliche Ermessensentscheidung (Abs. 8) | Rz. 135 § 21

Hat das Gericht beispielsweise auf den Antrag eines Wohnungseigentümers hin einen Verwal- 132 ter bestellt, lässt dies die Befugnis der Wohnungseigentümer unberührt, den gerichtlich bestellten Verwalter durch Mehrheitsbeschluss abzuberufen und an dessen Stelle einen neuen Verwalter zu bestellen.1083 Mit der Bestellung des neuen Verwalters erlischt zugleich die Organstellung des gerichtlich bestellten Verwalters.1084 Wird der Bestellungsbeschluss der Wohnungseigentümer für ungültig erklärt, lebt der vorausgegangene gerichtliche Bestellungsbeschluss nicht wieder auf;1085 das Gericht kann aber auf erneuten Antrag hin ein weiteres Mal einen Verwalter nach § 21 Abs. 8 bestellen (zur Verknüpfung des Anfechtungsantrags mit einem Klageantrag nach § 21 Abs. 8 s.u. Rz. 142). Andererseits ist es den Wohnungseigentümern nach Eintritt der Rechtskraft der Entschei- 133 dung aber untersagt, die durch das Gericht getroffene Entscheidung durch Mehrheitsbeschluss außer Kraft zu setzen, ohne zugleich eine eigenständige Regelung im Hinblick auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu treffen.1086 Die Wohnungseigentümer können daher nichts beschließen, was die durch die gerichtliche Entscheidung geschlossene Regelungslücke wieder neu entstehen lässt. Dies würde den Regelungszwecken des Gesetzes zuwiderlaufen und die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung missachten. Ein solcher Beschluss ist daher nicht lediglich anfechtbar, sondern aufgrund fehlender Beschlusskompetenz schon nichtig.1087 f) Gerichtliche Ermessensentscheidung und einstweiliger Rechtsschutz Die gesetzliche Regelung in § 21 Abs. 8 ermächtigt das Gericht nicht, vorläufig sichernde 134 Maßnahmen im Vorfeld einer Hauptsacheentscheidung zu treffen. Das Gericht kann daher, anders als vor Inkrafttreten des Reformgesetzes, auf eine solche Klage hin nicht von Amts wegen einstweilige Anordnungen zur vorläufigen Regelung des Streitverhältnisses treffen. Die Wohnungseigentümer können aber nach §§ 935, 940 ZPO im Wege einer einstweiligen 135 Verfügung die Sicherung eines Anspruchs oder die Regelung eines Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erreichen. Über den Inhalt der einstweiligen Verfügung entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen, § 938 Abs. 1 ZPO. Dabei muss das Gericht das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache beachten. Regelmäßig sind deshalb solche Maßnahmen des Gerichts unzulässig, die eine endgültige rechtsgestaltende Wirkung haben und die einem rechtskräftigem Hauptsacheurteil vorbehalten sind. Im Anwendungsbereich des auf § 21 Abs. 4 WEG gestützten Anspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung bedeutet dies, dass das Gericht die als Verfügungsbeklagten beteiligten Wohnungseigentümer im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht zur Zustimmung einer bestimmten Verwaltungsmaßnahme verurteilen oder anderweitige endgültige Regelungen treffen darf. Es kann aber im Wege einer einstweiligen Verfügung diejenigen Maßnahmen anordnen, die zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für das gemeinschaftliche Eigentum zwingend erforderlich und unaufschiebbar sind. Es kann vorläufige Gebrauchsregelungen treffen oder – bei einem aufgetretenen Instandhaltungsbedarf – diejenigen Maßnahmen anordnen, die zur Sicherung des gemeinschaftlichen Eigentums und zur Vermeidung größerer Schäden notwendig sind. Im Einzelfall kann es auch zulässig sein, vorläufig einen Verwalter zu bestellen (hierzu s. Rz. 159).

1083 1084 1085 1086 1087

OLG Frankfurt v. 28.1.1993 – 20 W 31/93, OLGZ 1993, 319 = NJW-RR 1993, 845. BayObLG v. 5.3.1992 – BReg.2 Z 165/91, NJW-RR 1992, 1992, 787 (788). BayObLG v. 5.3.1992 – BReg.2 Z 165/91, NJW-RR 1992, 1992, 787 (788). Kuhla, ZWE 2016, 116 (120). So auch Merle in Bärmann, § 26 WEG Rz. 302.

Suilmann | 731

§ 21 Rz. 136 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer 136 Erlässt das Gericht eine einstweilige Verfügung, so ist über die Kosten – ebenso wie im späte-

ren Hauptsacheverfahren – nach Maßgabe des § 49 Abs. 1 nach billigem Ermessen zu entscheiden.

2. Voraussetzungen und zulässiger Inhalt der gerichtlichen Ermessensentscheidung a) Die Erforderlichkeit der gerichtlichen Ermessensentscheidung 137 Die gerichtliche Ermessensentscheidung bedeutet einen unmittelbaren Eingriff in die verfas-

sungsrechtlich geschützte Privatautonomie (Art. 2 GG) und in das durch Art. 14 GG geschützte Eigentumsrecht der Wohnungseigentümer. Dieser Eingriff ist von den einzelnen Wohnungseigentümern als unvermeidliche Begleiterscheinung des Gemeinschaftsverhältnisses hinzunehmen und verfassungsrechtlich jedenfalls solange nicht zu beanstanden, wie die gerichtliche Ermessensentscheidung das Selbstverwaltungsrecht der Wohnungseigentümer in seinem Kernbereich unberührt lässt und sie nicht unverhältnismäßig ist. Daher darf eine gerichtliche Ermessensentscheidung auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nur in dem Maße getroffen werden, wie sie – auch i.S.v. § 21 Abs. 8 – „erforderlich“ ist. 138 Wegen der verfassungsrechtlichen Vorgaben darf die Ermessensentscheidung des Gerichts das

Selbstbestimmungsrecht der Wohnungseigentümer nur insoweit beschränken, wie dies aufgrund der zu regelnden Angelegenheit und zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes unbedingt nötig ist. Das Gericht hat deshalb immer vorrangig zu prüfen, ob und auf welche Weise es den Wohnungseigentümern – unter Beachtung der Rechtsschutzinteressen des Klägers – ermöglicht werden kann, noch selbst und in eigener Verantwortung eine Entscheidung zu treffen.1088 139 Die Erforderlichkeit für eine gerichtliche Ermessensentscheidung liegt in der Regel nicht vor,

wenn sich der klagende Wohnungseigentümer vor Einreichung seiner Klage nicht um eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer bemüht und die Angelegenheit nicht zum Gegenstand einer Versammlung der Wohnungseigentümer gemacht hat.1089 Die vorherige Befassung der Eigentümerversammlung ist lediglich dann entbehrlich, wenn wegen der Stimmrechtsverhältnisse von vornherein nicht mit einer Beschlussfassung der Gemeinschaft zu rechnen ist und feststeht, dass ein Beschlussantrag des klagenden Wohnungseigentümers keine Mehrheit in einer Eigentümerversammlung finden würde.1090 Entsprechendes gilt, wenn wegen der tiefgreifenden Zerstrittenheit der Parteien und eine daraus resultierende Stimmengleichheit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden muss, das ein Beschluss nicht gefasst werden wird.1091 Eine Vorabbefassung der Eigentümerversammlung ist dagegen nicht schon deshalb entbehrlich, weil eine zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderliche Maßnahme eilbedürftig ist; dies gilt nicht nur, aber insbesondere auch

1088 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, MDR 2013, 961 (962) = NZM 2013, 582 (584); LG Hamburg v. 4.9.2016 – 318 S 75/14, ZMR 2016, 124 (135) = ZWE 2016, 226; OLG Hamburg v. 20.7.1993 – 2 Wx 74/91, OLGZ 1994, 147 (148); BayObLG v. 25.3.1999 – 2Z BR 105/98, NZM 1999, 504 (506); LG Köln v. 26.7.2004 – 29 T 72/04, ZMR 2005, 311. 1089 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 (2130); KG v. 3.3.1999 – 24 W 3566/98, ZMR 1999, 509 (510); OLG Hamm v. 19.4.1995 – 15 W 26/95, WE 1996, 33 (39). 1090 BayObLG v. 23.3.2000 – 2Z BR 177/99, ZWE 2000, 580 (581); OLG Hamburg v. 14.3.2001 – 2 Wx 35/97, ZWE 2002, 134 (135) = ZMR 2001, 448; KG v. 3.3.1999 – 24 W 3566/98, ZMR 1999, 509 (510); OLG Stuttgart v. 21.4.1977 – 15 W 43/76, OLGZ 1977, 433. 1091 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 191/15, juris.

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X. Die gerichtliche Ermessensentscheidung (Abs. 8) | Rz. 144 § 21

in den Fällen einer Verwalterbestellung nach § 21 Abs. 8.1092 Eine Vorbefassung ist lediglich für sichernde Maßnahmen des Gerichts im Rahmen einer einstweiligen Verfügung entbehrlich.1093 Ist die vom Kläger begehrte Maßnahme bereits Gegenstand einer positiven Beschlussfas- 140 sung der Wohnungseigentümer gewesen, kommt die Anordnung einer gerichtlichen Maßnahme solange nicht in Betracht, wie der von den Eigentümern gefasste Beschluss nicht angefochten und daher nicht für ungültig erklärt worden ist. In einem solchen Fall ist eine gerichtliche Ermessensentscheidung schon nicht „erforderlich“ i.S.v. § 21 Abs. 8. Dies gilt selbst dann, wenn die beschlossene Maßnahme nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.1094 Die Wohnungseigentümer können nicht im Wege einer Leistungsklage die Aufhebung eines unter Anfechtungsgründen leidenden Beschlusses erreichen.1095 Dies gilt unabhängig davon, ob die Anfechtungsfrist bereits abgelaufen ist oder nicht. Rechtsschutz gegen fehlerhafte Beschlüsse wird ihnen allein durch die fristgebundene Anfechtungsklage gewährt. Dies beruht auf folgender Überlegung: Grundlage und Ursprung der materiell-rechtlichen Anfechtungsbefugnis ist der auf § 21 141 Abs. 4 beruhende Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (s. § 46 Rz. 9 und 20). Dieser Sachzusammenhang wird lediglich dadurch verdeckt, dass der auf § 21 Abs. 4 beruhende Anspruch nur teilweise als Leistungsklage geltend gemacht werden kann. Haben die Wohnungseigentümer einen unter Anfechtungsgründen leidenden Beschluss gefasst, so hat der aus § 21 Abs. 4 herzuleitende Anspruch auf Beseitigung und Aufhebung eines fehlerhaften Beschlusses rechtstechnisch eine Ausformung als Gestaltungsklage erfahren. Er ist im Wege der Anfechtungsklage geltend zu machen und zielt auf die gerichtliche Ungültigerklärung des Beschlusses ab. Die der Anfechtungsklage zugrundeliegende Anfechtungsbefugnis und der auf § 21 Abs. 4 beruhende Leistungsanspruch sind folglich zwei Seiten derselben Medaille. Daher verliert ein Wohnungseigentümer nach Ablauf der Anfechtungsfrist nicht nur seine Anfechtungsbefugnis, sondern auch den ihr zugrundeliegenden Anspruch auf Beseitigung und Aufhebung des fehlerhaften Beschlusses.1096 Ist der von den Wohnungseigentümern zur Regelung einer Verwaltungsmaßnahme gefasste 142 Beschluss anfechtbar, kann der Kläger seine Anfechtungsklage mit der Klage auf Vornahme einer bestimmten Verwaltungsmaßnahme verbinden. Allerdings entfaltet die Erhebung der Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung,1097 weshalb der Beschluss bis zur Rechtskraft eines gerichtlichen Urteils als wirksam zu behandeln ist (s. § 46 Rz. 173). Daher kann das Gericht auch eine andere als die im Beschluss getroffene Maßnahme erst mit Wirkung für den Zeitpunkt bestimmen, in dem der zugleich angefochtene Beschluss rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist. Allenfalls in den Fällen einer besonderen Schutz- und Eilbedürftigkeit kann das Gericht auf 143 Antrag im Wege einer einstweiligen Verfügung den angefochtenen Beschluss vorläufig außer Kraft setzen und ergänzende sichernde Maßnahmen anordnen (s. § 46 Rz. 174). Das Gericht ist an einen Beschluss der Wohnungseigentümer, mit dem diese mehrheitlich die 144 Vornahme einer Verwaltungsmaßnahme abgelehnt haben, grundsätzlich nicht gebunden. Voraussetzung für eine Ermessensentscheidung des Gerichts ist daher in diesen Fällen nicht,

1092 1093 1094 1095 1096

A.A. Abramenko, ZMR 2009, 429 (439). AG Landsberg am Lech v. 19.12.2008 – 1 C 1225/08, ZMR 2009, 486. Merle, ZWE 2008, 9 (10). A.A. Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 13 WEG Rz. 222. Im Ergebnis ebenso: OLG Düsseldorf v. 1.12.2006 – 3 Wx 194/06, juris; BayObLG v. 30.11.2000 – 2Z BR 92/00, ZMR 2001, 211 (212); s.a. § 46 Rz. 10. 1097 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/112, ZWE 2013, 360 (362); BayObLG v. 11.3.1998 – 2Z BR 7/98, NJW-RR 1998, 1386; KG v. 3.2.1978 – 1 W 2570, OLGZ, 1978, 178 (180).

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§ 21 Rz. 144 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer dass der klagende Wohnungseigentümer gleichzeitig den Beschluss der Wohnungseigentümer über die Ablehnung der Maßnahme anficht. Die Anfechtung sog. „negativer Beschlüsse“ ist nur dann erforderlich, wenn ein solcher Beschluss einem späteren Verpflichtungsantrag entgegengehalten werden kann (vgl. hierzu § 46 Rz. 130–131). Diese Voraussetzung ist regelmäßig aber nur gegeben, wenn der Wohnungseigentümer geltend macht, er habe einen Anspruch auf Vornahme einer konkret bestimmten Maßnahme oder Regelung durch die Gemeinschaft.1098 145 Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine gerichtliche Ermessensentscheidung nach § 21

Abs. 8 liegen ferner vor, wenn sich die in der Versammlung anwesenden Wohnungseigentümer einer Abstimmung über den Gegenstand selbst verweigert haben. Das Gleiche gilt, wenn der Verwalter sich weigert, einen vom klagenden Wohnungseigentümer vorgeschlagenen Beschlussantrag überhaupt zum Gegenstand einer Eigentümerversammlung zu machen oder wenn er seiner Verpflichtung zur Einberufung einer Versammlung schon nicht nachkommt. In solchen Fällen kann der Kläger entweder den Verwalter auf Einberufung einer Versammlung verklagen, er kann aber auch die übrigen Wohnungseigentümer nach Maßgabe des § 21 Abs. 4 in Anspruch nehmen. Das Gericht wird sich im letztgenannten Fall in der Regel darauf beschränken, solche Anordnungen zu treffen, die zur Durchführung einer Versammlung und Beschlussfassung notwendig sind. In den Fällen einer pflichtwidrigen Weigerung können dem Verwalter nach § 49 Abs. 2 die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden, obwohl er nicht Beklagter und damit nicht Partei des Rechtsstreits ist. 145a Die Vorbefassung der Wohnungseigentümerversammlung ist nicht erforderlich, wenn ein

Wohnungseigentümer lediglich ein selbständiges Beweisverfahren über Mängel am Gemeinschaftseigentum betreiben will. Die Zulässigkeit eines selbständigen Beweisverfahrens und das dafür erforderliche rechtliche Interesse bestimmt sich ausschließlich nach § 485 Abs. 2 ZPO.1099 b) Der zulässige Inhalt der gerichtlichen Ermessensentscheidung 146 Liegen die Voraussetzungen des § 21 Abs. 8 vor, so steht dem Gericht ein weites Rechtsfolge-

ermessen zu, das von ihm pflichtgemäß auszuüben ist. Es ist an die vom Kläger geäußerten Vorschläge und Anregungen nicht gebunden,1100 wegen der möglichen Grundrechtsbeeinträchtigungen ist bei der Entscheidung aber der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die gerichtliche Maßnahme muss geeignet sein, das aufgetretene Problem zu lösen und muss auch die finanziellen Möglichkeiten der Wohnungseigentümer angemessen berücksichtigen. Ist die Vornahme einer bestimmten Maßnahme zwingend geboten und steht sie nicht mehr im Ermessen der Wohnungseigentümer, muss das angerufene Gericht die erforderlichen Maßnahmen selbst anordnen; es darf sich nicht darauf beschränken, die Wohnungseigentümer lediglich zu einer Beschlussfassung zu verurteilen.1101 Das Gericht kann dem Kläger und den Beklagten nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO aufgeben, ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen und sich so die für eine Ermessensentscheidung notwendige Tatsachengrundlage verschaffen. 147 Ermessensfehlerhaft ist eine gerichtliche Entscheidung im Anwendungsbereich des § 21 Abs. 8,

die sich über bindende Vorgaben des Gesetzes, über Vereinbarungen oder über rechtlich bindende Beschlüsse der Wohnungseigentümer hinwegsetzt. Entsprechendes gilt, wenn das Gericht einzelne Wohnungseigentümer oder den Verwalter ermächtigt, an seiner Stelle die zu 1098 BayObLG v. 26.9.2003 – 2Z BR 25/03, WuM 2004, 736; OLG München v. 21.3.2006 – 32 Wx 2/06, ZMR 2006, 474 (475); OLG München v. 21.2.2007 – 34 Wx 100/06, MietRB 2007, 176; OLG München v. 8.12.2006 – 34 Wx 103/06, FGPrax 2007, 21 (22); Deckert, ZMR 2003, 153 (158); in diesem Sinne wohl auch BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 (51) = MDR 2002, 1424. 1099 BGH v. 14.3.2018 – V ZB 131/17, NJW 2018, 1749 (1750). 1100 LG Berlin v. 17.6.2008 – 55 S 23/08 WEG, Grundeigentum 2008, 1203 (1205). 1101 OLG München v. 22.12.2009 – 32 Wx 82/09, ZMR 2010, 395 (396).

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X. Die gerichtliche Ermessensentscheidung (Abs. 8) | Rz. 151 § 21

treffenden Maßnahmen unter Ausschluss des Mitbestimmungsrechtes der übrigen Miteigentümer auszuwählen. Das Gericht muss sich im Anwendungsbereich des § 21 Abs. 8 nicht allein darauf beschrän- 148 ken, die seiner Auffassung nach geeignete Maßnahme zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu bestimmen, sondern es kann darüber hinaus auch diejenigen Anordnungen treffen, die zu ihrer Durchführung erforderlich sind. Das Gericht kann beispielsweise bei einer unterbliebenen Instandhaltungsmaßnahme davon absehen, die Wohnungseigentümer lediglich zur Vornahme der notwendigen Arbeiten zu verurteilen und stattdessen den klagenden Wohnungseigentümer unmittelbar zur Ersatzvornahme auf Kosten der Gemeinschaft ermächtigen.1102 Stehen der Gemeinschaft Ansprüche gegen Dritte zu, so kann der klagende Wohnungseigentümer nicht nur die Zustimmung der beklagten Wohnungseigentümer zur gerichtlichen Geltendmachung der offenen Forderung erreichen; das Gericht darf dem klagenden Wohnungseigentümer darüber hinaus auch die für eine alleinige Prozessführung erforderliche Prozessführungsbefugnis erteilen,1103 so dass dieser die Forderung für die Gemeinschaft im eigenen Namen einklagen kann. § 21 Abs. 8 transformiert somit auch die nach früherer Rechtslage in § 44 Abs. 4 Satz 1 WEG 149 (a.F.) enthaltene Anordnungsbefugnis in das neue Recht. Enthalten die einzelnen Anordnungen einen vollstreckungsfähigen Inhalt, kann das Gericht die vorläufige Vollstreckbarkeit seiner Entscheidung anordnen. Ob es davon Gebrauch macht, unterliegt indes ebenfalls seiner Ermessensentscheidung. c) Einzelfälle aa) Maßnahmen zur Herbeiführung einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung Haben die Wohnungseigentümer eine Maßnahme deshalb nicht getroffen, weil keine Ver- 150 sammlung abgehalten oder der Beschlussantrag in einer Versammlung mutwillig nicht zur Abstimmung gestellt wurde, kann sich das Gericht darauf beschränken, die Wohnungseigentümer zur Regelung dieser Angelegenheit und zur Abstimmung über verschiedene Beschlussanträge zu verpflichten. Es kann dabei zugleich anordnen, dass und in welchem zeitlichen Rahmen eine solche Versammlung einzuberufen ist, und dem Verwalter konkrete zeitliche Vorgaben machen. Fehlt ein Verwalter, entspricht es billigem Ermessen, wenn das Gericht einen Wohnungseigentümer, insbesondere auch den Kläger, zur Einberufung einer solchen Versammlung ermächtigt. Ist eine Versammlung bereits einberufen, kann das Gericht anordnen, dass ein bestimmter Tagesordnungspunkt in der Versammlung behandelt wird.1104 bb) Maßnahmen im Zusammenhang mit der Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums Treffen die Wohnungseigentümer eine erforderliche Instandsetzungsmaßnahme nicht, kann 151 das Gericht an ihrer Stelle diejenigen Maßnahmen anordnen, die zur Beseitigung des Instandsetzungsbedarfs erforderlich sind. Soweit dies erforderlich ist, kann es Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Ermittlung des Instandsetzungsbedarfes und der erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen anordnen1105 und beispielsweise zur Vorbereitung seiner Entscheidung ein Sachverständigengutachten einholen.1106 Bestehen verschiedene Möglichkeiten zur Instandsetzung, kann es genügen, wenn das Gericht die Art der Sanierung vorgibt; sind dagegen 1102 1103 1104 1105 1106

A.A. Merle, ZWE 2008, 9 (12). BGH v. 6.3.1997 – III ZR 248/95, MDR 1997, 537 = NJW 1997, 2106 (2107). LG München I v. 16.5.2011 – 1 S 5166/11, MietRB 2011, 256 = ZWE 2011, 377 (328). LG Bamberg v. 17.3.2015 – 11 S 18/14 WEG, ZWE 2016, 31 („Fensterreinigung“). LG Dortmund v. 27.3.2015 – 17 S 129/14, ZWE 2016, 32, 33.

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§ 21 Rz. 151 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer weitere Ausführungsschritte im Streit, ist der Ersetzungsbeschluss so detailliert zu fassen, dass insbesondere für den zur Umsetzung berufenen Verwalter klar ist, welche konkreten Maßnahmen von ihm zu veranlassen sind.1107 Ordnet das Gericht Instandsetzungsarbeiten an, kann es zugleich auch Anordnungen zur Finanzierung der Kosten treffen und bestimmen, dass diese Kosten aus einer Rückstellung beglichen werden müssen oder dass eine Sonderumlage zu bilden ist. Wegen der anzuwendenden Kostenverteilungsschlüssel ist das Gericht an die gesetzlichen Vorgaben und an die Regelungen in der Teilungserklärung gebunden. Das Gericht kann den Beteiligten konkrete zeitliche Vorgaben im Hinblick auf die Umsetzung seiner Entscheidung machen, den Kläger aber auch sofort zur Ersatzvornahme der Arbeiten auf Kosten der Gemeinschaft ermächtigen. 152 Haben die Wohnungseigentümer keine Rückstellung gebildet, um eine erforderliche Instand-

setzungsmaßnahme zu finanzieren, entspricht es billigem Ermessen, wenn das Gericht den einzelnen Wohnungseigentümern zugleich auferlegt, den auf sie entfallenden Anteil an den Kosten innerhalb einer angemessenen Frist an den Verwalter als zahlen. Da jede nach § 21 Abs. 8 zu treffende Regelung effektiven Rechtsschutz gewähren soll, kann das Gericht die verklagten Wohnungseigentümer zudem bereits in dem anhängigen Rechtsstreit und ohne dass es eines ausdrücklichen zusätzlichen Antrags bedürfte zur Zahlung des auf sie anteilig entfallenden Betrages an die Gemeinschaft (zu Händen des Verwalters oder des Klägers) verurteilen, das Urteil insoweit für vorläufig vollstreckbar erklären und so für den Kläger einen vollstreckungsfähigen Titel schaffen. Ermessensfehlerhaft wäre es dagegen, wenn das Gericht – insbesondere bei einer eilbedürftigen Instandsetzungsmaßnahme – zwar eine Umlage anordnen, den klagenden Wohnungseigentümer aber wegen der Beitreibung der Forderung auf die Erhebung einer gesonderten Leistungsklage verweisen würde. cc) Maßnahmen im Zusammenhang mit Gebrauchsregelungen 153 Das Gericht kann im Anwendungsbereich des § 21 Abs. 8 anordnen, dass bestimmte Räume

nicht allgemein zugänglich gehalten,1108 dass Parkflächen markiert werden müssen1109 oder dass eine Gemeinschaft in den Fällen eines gravierenden Parkplatzmangels alljährlich durch Losentscheid eine Nutzungsregelung zu treffen hat.1110 154 Es kann auch eine für die Wohnungseigentümer verbindliche Hausordnung erlassen.1111 Vo-

raussetzung ist aber, dass die Wohnungseigentümer sich zuvor mit dieser Angelegenheit befasst haben.1112 Ein Rauchverbot in gemeinschaftlichen Räumen (z.B. im Treppenhaus) darf das Gericht trotz der Gesundheitsschädlichkeit des Passivrauchens nicht anordnen, wenn es an einer nachvollziehbaren Gesundheitsgefährdung deshalb fehlt, weil sich die einzelnen Wohnungseigentümer in diesen Räumen nur vorübergehend aufhalten.1113 dd) Maßnahmen im Zusammenhang mit Wirtschaftsplänen und Jahresabrechnungen 155 Beschließen die Wohnungseigentümer nicht den nach § 28 Abs. 5 WEG erforderlichen Wirt-

schaftsplan1114 oder die Jahresabrechnung,1115 so kann das Gericht auch diesbezüglich tätig BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, MDR 2013, 961 (962) = NZM 2013, 582 (584). BayObLG WE 1988, 23. BayObLG v. 14.8.1987 – BReg.2 Z 77/87, NJW-RR 1987, 1490 (1491). KG v. 27.4.1994 – 24 W 7352/93, OLGZ 1994, 527 (532). S. OLG Hamm v. 27.1.1969 – 15 W 485/68, OLGZ 1970, 399 (401). LG Köln v. 26.7.2004 – 29 T 72/04, ZMR 2005, 311. BayObLG v. 25.3.1999 – 2Z BR 105/98, NZM 1999, 504 (506). KG v. 10.3.1993 – 24 W 1701/92, OLGZ 1994, 27 (31), KG v. 22.10.1990 – 24 W 4800/90, OLGZ 1991, 180 (181). 1115 KG v. 22.5.1991 – 24 W 7393/90, MDR 1992, 51 = OLGZ 1991, 434 (435).

1107 1108 1109 1110 1111 1112 1113 1114

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X. Die gerichtliche Ermessensentscheidung (Abs. 8) | Rz. 158 § 21

werden und einen vorläufigen Wirtschaftsplan erlassen oder die Jahresabrechnung selbst erstellen. Ist das Wirtschaftsjahr allerdings bereits abgelaufen, besteht für die Festsetzung eines Wirtschaftsplans kein Bedürfnis mehr.1116 Bei der Festsetzung eines Wirtschaftsplans muss das Gericht keine detaillierten Gesamt- und Einzelwirtschaftspläne aufstellen, sondern es kann die voraussichtlichen Gesamtkosten schätzen und auf dieser Grundlage die Beitragspflichten der einzelnen Wohnungseigentümer festlegen.1117 Dabei entspricht es billigem Ermessen, wenn das Gericht die Fortgeltung des Wirtschaftsplans bis zur Beschlussfassung über einen neuen Wirtschaftsplan anordnet.1118 Betreibt ein Wohnungseigentümer die Ungültigerklärung eines Beschlusses der Wohnungs- 156 eigentümer, beispielsweise die Ungültigerklärung eines Wirtschaftsplanes, so kann nicht nur der Kläger des Anfechtungsprozesses, sondern können auch die Beklagten im anhängigen Rechtsstreit vorsorglich beantragen, dass das Gericht anstelle des für ungültig erklärten Wirtschaftsplans selbst einen Wirtschaftsplan aufstellt. Hierzu müssen sie allerdings für den Fall der Klagestattgabe hilfsweise eine gesonderte Widerklage erheben.1119 Das Gericht kann die Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 8 WEG anhalten, eine angemesse- 157 ne Instandhaltungsrückstellung zu bilden und die Höhe der Rückstellung ggf. selbst festlegen. ee) Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bestellung eines Verwalters Das Gericht ist aufgrund der Regelung in § 21 Abs. 8 befugt, auf den Klageantrag eines Woh- 158 nungseigentümers hin selbst einen Verwalter für das gemeinschaftliche Eigentum zu bestimmen.1120 Dies wird vor allem dann Bedeutung erlangen, wenn sich die Wohnungseigentümer aufgrund einer Pattsituation – z.B. in eine nur aus zwei Personen bestehenden Gemeinschaft1121 – nicht auf eine geeignete Person für das Verwalteramt verständigen können. Die Bestellung kommt aber nur in Betracht, sofern sich die vom Gericht ausgewählte Person zur Übernahme des Amtes bereit erklärt und Einvernehmen über die Höhe der dem Verwalter zu zahlenden Vergütung besteht. Von einer Befristung der Bestellung oder von einer Beschränkung der Abberufungsmöglichkeit auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes (§ 26 Abs. 1 Satz 3) hat das Gericht abzusehen, da hierfür regelmäßig keine Notwendigkeit besteht. Die gerichtliche Ermessensentscheidung soll eine von den Wohnungseigentümern nicht getroffene Maßnahme ersetzen, ihre Entscheidungsfreiheit für die Zukunft aber so weit als möglich unberührt lassen (s. hierzu und zur Möglichkeit der Abberufung des gerichtlich bestellten Verwalters Rz. 132). Das Gericht ist – da es eine Entscheidung nach billigem Ermessen zu treffen hat – nicht gehalten, die im Klageantrag vorgeschlagene Person zu bestellen.1122 Unter Umständen kann das angerufene Gericht verlangen, dass der Klägers selbst geeignete und zur Übernahme des Amtes bereite Personen benennt.1123

1116 1117 1118 1119 1120 1121 1122 1123

KG v. 10.3.1993 – 24 W 1701/92, OLGZ 1994, 27 (31). KG v. 22.10.1990 – 24 W 4800/90, OLGZ 1991, 180 (181). KG v. 10.3.1993 – 24 W 1701/92, OLGZ 1994, 27 (31). Zur Zulässigkeit der Eventualwiderklage: BGH v. 30.5.1956 – IV ZR 30/56, BGHZ 21, 13 = NJW 1956, 1472; BGH v. 13.5.1996 – II ZR 275/94, BGHZ 132, 390 (398) = MDR 1996, 1135 = NJW 1996, 2306 (2307). BGH v. 14.7.2017 – V ZR 290/16, NJW 2018, 552 (555); BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, MDR 2011, 1032 = MietRB 2011, 282 = NJW 2011, 3025 (3016); LG Berlin v. 17.6.2008 – 55 S 23/08 WEG, Grundeigentum 2008, 1203 (1205). LG Frankfurt v. 7.3.2017 – 2-13 S 4/17, WuM 2017, 223 (224). LG Berlin v. 17.6.2008 – 55 S 23/08 WEG, Grundeigentum 2008, 1203 (1205). LG Hamburg v. 20.1.2016 – 318 S 99/15, ZMR 2016, 724; LG Dortmund v. 25.2.2016 – 1 S 416/ 15, ZWE 2017, 143; LG Dormund v. 16.8.2016 – 1 S 35/16, ZWE 2017, 141.

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§ 21 Rz. 159 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer 159 Die Bestellung eines Verwalters kann in Ausnahmefällen auch im Wege einer einstweiligen

Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO angeordnet werden, wenn ansonsten eine nicht abwendbare Gefahr für das gemeinschaftliche Eigentum oder für das gemeinschaftliche Vermögen droht.1124 Eine solche Situation wird in der Regel nur dann vorliegen, wenn eine Vielzahl von Verwaltungsmaßnahmen unerledigt sind und beispielsweise wegen mangelhafter Verwaltung eine Vielzahl von Rechnungen nicht beglichen, notwendige Instandsetzungsmaßnahmen unerledigt geblieben und Beiträge gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern nicht eingezogen worden sind;1125 diese Umstände sind durch den Antragsteller glaubhaft zu machen (§§ 935, 937 i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Bestellt das Gericht durch einstweilige Verfügung vorläufig einen Verwalter, so ist ihm regelmäßig aufzugeben, alsbald eine Eigentümerversammlung einzuberufen, damit ein Verwalter durch die Wohnungseigentümer selbst gewählt werden kann.1126 160 Ansonsten genügt es, wenn das Gericht sich darauf beschränkt, einzelne Personen zur Vor-

nahme bestimmter Handlungen zu ermächtigen, beispielsweise zur Verwahrung der gemeinschaftlichen Gelder auf einem für die Gemeinschaft eingerichteten Konto oder zur Einberufung einer Versammlung zum Zwecke der Bestellung eines Verwalters. Das Gericht kann auch in seiner Entscheidung selbst eine solche Versammlung einberufen und zugleich einen Versammlungsleiter bestimmen.

§ 22 Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau (1) Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in der in Satz 1 bezeichneten Weise beeinträchtigt werden. (2) Maßnahmen gem. Absatz 1 Satz 1, die der Modernisierung entsprechend § 555b Nummer 1 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dienen, die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen, können abweichend von Absatz 1 durch eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer i.S.d. § 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden. Die Befugnis i.S.d. Satzes 1 kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. (3) Für Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung i.S.d. § 21 Abs. 5 Nr. 2 verbleibt es bei den Vorschriften des § 21 Abs. 3 und 4. (4) Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in sonstiger Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht gem. § 21 Abs. 3 beschlossen oder gem. § 21 Abs. 4 verlangt werden.

1124 BGH v. 14.7.2017 – V ZR 290/16, NJW 2018, 552 (555); BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, MDR 2011, 1032 = MietRB 2011, 282 = NJW 2011, 3025 (3026); LG Hamburg v. 29.8.2009 – 318 T 90/ 08, ZMR 2009, 69 ff.; AG Landsberg am Lech v. 19.12.2008 – 1 C 1225/08, ZMR 2009, 486. 1125 LG Stuttgart v. 20.6.2008 – 10 T 80/08, ZMR 2009, 148 f. 1126 AG Landsberg am Lech v. 19.12.2008 – 1 C 1225/08, ZMR 2009, 486.

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§ 21 Rz. 159 | Verwaltung durch die Wohnungseigentümer 159 Die Bestellung eines Verwalters kann in Ausnahmefällen auch im Wege einer einstweiligen

Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO angeordnet werden, wenn ansonsten eine nicht abwendbare Gefahr für das gemeinschaftliche Eigentum oder für das gemeinschaftliche Vermögen droht.1124 Eine solche Situation wird in der Regel nur dann vorliegen, wenn eine Vielzahl von Verwaltungsmaßnahmen unerledigt sind und beispielsweise wegen mangelhafter Verwaltung eine Vielzahl von Rechnungen nicht beglichen, notwendige Instandsetzungsmaßnahmen unerledigt geblieben und Beiträge gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern nicht eingezogen worden sind;1125 diese Umstände sind durch den Antragsteller glaubhaft zu machen (§§ 935, 937 i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Bestellt das Gericht durch einstweilige Verfügung vorläufig einen Verwalter, so ist ihm regelmäßig aufzugeben, alsbald eine Eigentümerversammlung einzuberufen, damit ein Verwalter durch die Wohnungseigentümer selbst gewählt werden kann.1126 160 Ansonsten genügt es, wenn das Gericht sich darauf beschränkt, einzelne Personen zur Vor-

nahme bestimmter Handlungen zu ermächtigen, beispielsweise zur Verwahrung der gemeinschaftlichen Gelder auf einem für die Gemeinschaft eingerichteten Konto oder zur Einberufung einer Versammlung zum Zwecke der Bestellung eines Verwalters. Das Gericht kann auch in seiner Entscheidung selbst eine solche Versammlung einberufen und zugleich einen Versammlungsleiter bestimmen.

§ 22 Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau (1) Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in der in Satz 1 bezeichneten Weise beeinträchtigt werden. (2) Maßnahmen gem. Absatz 1 Satz 1, die der Modernisierung entsprechend § 555b Nummer 1 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dienen, die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen, können abweichend von Absatz 1 durch eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer i.S.d. § 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden. Die Befugnis i.S.d. Satzes 1 kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. (3) Für Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung i.S.d. § 21 Abs. 5 Nr. 2 verbleibt es bei den Vorschriften des § 21 Abs. 3 und 4. (4) Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in sonstiger Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht gem. § 21 Abs. 3 beschlossen oder gem. § 21 Abs. 4 verlangt werden.

1124 BGH v. 14.7.2017 – V ZR 290/16, NJW 2018, 552 (555); BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, MDR 2011, 1032 = MietRB 2011, 282 = NJW 2011, 3025 (3026); LG Hamburg v. 29.8.2009 – 318 T 90/ 08, ZMR 2009, 69 ff.; AG Landsberg am Lech v. 19.12.2008 – 1 C 1225/08, ZMR 2009, 486. 1125 LG Stuttgart v. 20.6.2008 – 10 T 80/08, ZMR 2009, 148 f. 1126 AG Landsberg am Lech v. 19.12.2008 – 1 C 1225/08, ZMR 2009, 486.

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Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau | Rz. 160 § 22 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1. Objekte baulicher Veränderungen . . . . . 2 2. Bauliche Veränderungen . . . . . . . . . . . . 3 a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 b) Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5a aa) Maßnahmen am Sondereigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 bb) Erstherstellung . . . . . . . . . . . . . . 7 cc) Instandhaltung und Instandsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 dd) Notgeschäftsführung, § 21 Abs. 2 WEG . . . . . . . . . . . . . . . . 10 ee) Gebrauchsregelungen . . . . . . . . . 11 ff) Maßnahmen zur Umsetzung von Regelungen über den Kostenverteilungsschlüssel, § 16 Abs. 3 WEG . . . . . . . . . . . . . . . . 11a c) Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12a bb) Mehrheitsbeschlüsse . . . . . . . . . . 16 cc) Zustimmung unter Auflagen und Bedingungen . . . . . . . . . . . . 22 dd) Zustimmungsfreiheit bei fehlender (erheblicher) Nachteiligkeit 28 ee) Bedeutung der Baugenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 ff) Drittwirkung der Grundrechte/ verfassungskonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 gg) Änderung der gesetzlichen Regelung durch Vereinbarung . . . . 39 (1) Erleichterungen, Öffnungsklauseln, Sondernutzungsrechte und Ausbaurechte . . 40 (2) Erschwerungen . . . . . . . . . . 43 (3) Zustimmung durch den Verwalter . . . . . . . . . . . . . . . 44

3. Ansprüche auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes . . . . . . . . . . . 45 a) Anspruchsgrundlagen und Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 b) Anspruchsberechtigte . . . . . . . . . . . . 49 c) Anspruchsverpflichtete . . . . . . . . . . . 52 d) Verjährung, Verwirkung, Rechtsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 4. Durchsetzung des Rückbaus . . . . . . . . . 58 a) Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . . . 59 b) Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . 60 III. Privilegierte Modernisierungsmaßnahmen, § 22 Abs. 2 WEG . . . . . . . . . . 62 1. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2. Formelle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . 63 3. Materielle Voraussetzungen . . . . . . . . . . 64 a) Modernisierungen gem. § 555b Nr. 1–5 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 b) Maßnahmen zur Anpassung an den Stand der Technik . . . . . . . . . . . . . . . 71 c) Grenzen der Mehrheitsmacht . . . . . . 73 d) Sonstige Voraussetzungen . . . . . . . . . 74c 4. Aufhebung von Modernisierungsbeschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 IV. Modernisierende Instandsetzung, § 22 Abs. 3 WEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 V. Wiederaufbaupflicht, stecken gebliebener Bau, § 22 Abs. 4 WEG . . . . . . . . 77 1. Wiederaufbaupflicht . . . . . . . . . . . . . . . . 78 a) Umfang der Zerstörung . . . . . . . . . . 81 b) Keine anderweitige Deckung . . . . . . 82 2. Stecken gebliebener Bau . . . . . . . . . . . . . 83 VI. Anhang: Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 2. Einzelfälle (nach Sachgruppen in alphabetischer Ordnung) . . . . . . . . . . . . 86

Schrifttum: Abramenko, Die Wirkung von Beschlüssen über bauliche Veränderungen, ZMR 2009, 97 ff.; Abramenko, Die Zustimmung des Verwalters zu baulichen Veränderungen, ZMR 2013, 241; Abramenko, Die „bauliche Veränderung“ des Sondereigentums, ZMR 207, 545; Abramenko, Pflichten des Verwalters bei der versicherungsrechtlichen Abwicklung von Schäden im Sondereigentum, ZMR 2015, 827; Armbrüster, Bauliche Veränderungen und Aufwendungen gem. § 22 Abs. 1 WEG und Verteilung der Kosten gem. § 16 Abs. 4 und 6 WEG, ZWE 2008, 61 ff.; Armbrüster, Die Wirkung von Beschlüssen über bauliche Veränderungen, ZMR 2009, 252 ff.; Becker, Vereinbarte Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften im Verhältnis der Wohnungseigentümer, ZWE 2009, 258 ff.; Becker, Feststellung und Verkündung fehlerhafter Beschlüsse durch den Verwalter, ZWE 2012, 297; von Behr/Pause/Vogel, Schallschutz in Wohngebäuden – Eine Bestandsaufnahme in Technik und Recht, NJW 2009, 1385 ff.; Briesemeister, Zur nachträglichen Fassadendämmung bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft, ZWE 2008, 40 ff.; Bub, Die Übertragung der Zuständigkeit für die Durchführung von Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung von Teilen des Gemeinschaftseigentums auf einzelne Wohnungseigentümer, FS Deckert (2002), S. 49 ff.; Buhl, Die Liquidation der Wohnungseigentümergemeinschaft, BwNotZ 2013, 130; Derleder, Die energetische Modernisierung von Wohnungseigentumsanlagen, ZWE 2012, 65; Derleder, Die Energiewende und die Modernisierungsregelungen des WEG, ZWE 2013, 1; Dötsch, Elektromobilität und WEG – wie geht das?, MietRB 2016, 241; Dötsch, Bauliche Maßnahmen bei vermietetem Wohnungseigentum,

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§ 22 Rz. 160 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau MietRB 2017, 118; Dötsch, Rechtsfragen der Elektromobilität im WEG, ZfIR 2017, 261; Dötsch, Grenzen der Instandsetzungspflicht – Bildet § 22 Abs. 4 WEG eine allgemeine „Opfergrenze“ bei Baumängeln?, ZfIR 2018, 577; Emmerich, Instandsetzung an der Grenze von Gemeinschafts- und Sondereigentum, ZWE 2018, 161; Dötsch, E-Mobilität, ZMR 2018, 477; Elzer, Eigenmächtige Reparaturen gemeinschaftlichen Eigentums: Bereicherungs- und Aufopferungsansprüche, ZWE 2016, 128; Först, Anspruch auf barrierefreien Umbau, ZWE 2017, 302; Gellwitzki, Zur Rechtsposition des (vermietenden) Wohnungseigentümers hinsichtlich barrierefreier Gestaltung des Gemeinschaftseigentums, WuM 2018, 330; Gottschalg in FS Merle, 2010, Verwalteraufgaben und Risiken bei der Fassung von Eigentümerbeschlüssen auf der Grundlage der neuen Beschlusskompetenzen, S. 131 (138 ff.); Grziwotz, Schrottimmobilien – Ausstieg oder mehrheitliche Umwandlung bei Wohnungseigentum, ZfIR 2017, 81; Hannemann, Barrierefreiheit in der Wohnungseigentumsanlage, ZWE 2018, 244; Häublein, Die Willensbildung in der Wohnungseigentümergemeinschaft nach der WEG- Novelle, ZMR 2007, 411 ff.; Häublein, Bauliche Veränderungen nach der WEG-Novelle – neue Fragen und alte Probleme in neuem Gewand, NZM 2007, 752 ff.; Häublein in FS Merle, 2010, Der Ersatzanspruch bei Beschädigung des Gemeinschaftseigentums durch einen Miteigentümer und seine Ausübung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft, S. 153 ff.; Häublein, Einführung eines kombinierten Abstimmungsverfahrens als Konsequenz praktischer Unzulänglichkeiten der §§ 16 IV, 22 II WEG, ZWE 2013, 13; Häublein, Ein Beschluss, den niemand braucht, ZMR 2014, 954; Häublein, Die Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum durch den BGH und deren Folgen für die notarielle Gestaltungspraxis, in: Bayer/Koch, Offene Fragen des Wohnungseigentumsrechts und deren Bedeutung für die notarielle Praxis, 2018, S. 91; Hogenschurz, Sondernutzungsrecht als Sonderbaurecht?, ZMR 2013, 250; Hogenschurz, Trittschallschutz beim Bodenbelagswechsel in der Eigentumswohnung, MDR 2015, 737; Hogenschurz, Zur Errichtung einer für Rollatoren geeigneten Rampe zum Hauseingang, ZWE 2015, 22; Hogenschurz, Die Verwalterzustimmung bei baulichen Veränderungen, MietRB 2017, 148; Hogenschurz, Trittschallschutz in der Wohnungseigentumsanlage, MDR 2018, 1217: Horst, Barrierefreiheit im Wohnungseigentum nach optimalem Maßstab?, MietRB 2017, 82; Hügel in FS Merle, 2010, Zustimmungsbeschluss und/oder Zustimmungserklärung zu baulichen Veränderungen, S. 167; Hügel, Bauliche Veränderung des Wohnungseigentums – terra incognita für den Notar?, NotBZ 2018, 20; Jablonski, Rechtsfragen des Dachgeschossausbaus, Grundeigentum 2013, 595; Kümmel, Die Genehmigung baulicher Veränderungen gem. § 22 Abs. 1 WEG n.F., ZMR 2007, 932 ff.; Lieder, Öffnungs- und Mehrheitsklauseln im Wohnungseigentums- und Gesellschaftsrecht, in: Bayer/Koch, Offene Fragen des Wohnungseigentumsrechts und deren Bedeutung für die notarielle Praxis, 2018, S. 39; H. Müller, Feststellung und Verkündung fehlerhafter Beschlüsse durch den Verwalter, ZWE 2015, 303; Mutschler, Die Änderung des Begriffs der Modernisierung durch das MietRÄndG und ihre Finanzierung durch Kreditaufnahme, ZWE 2013, 80; Niedenführ, Bauliche Veränderungen gem. § 22 Abs. 1 WEG und Beschlüsse über Maßnahmen der Modernisierung und Anpassung an den Stand der Technik gem. § 22 Abs. 2 WEG, ZWE 2012, 476; Ott, Sondernutzungsrechte in der notariellen Praxis, in: Bayer/Koch, Offene Fragen des Wohnungseigentumsrechts und deren Bedeutung für die notarielle Praxis, 2018, S. 115; v. Rechenberg, Bauliche Veränderung am Beispiel des Dachbodenausbaus zu Wohnzwecken, FS Deckert (2002), S. 309 ff.; Riecke, Rauchwarnmelder: Einbau- und Wartungspflichten in Wohnanalgen, NZM 2016, 217; Riesenberger, Der steckengebliebene Bau, FS Deckert (2002), S. 395 ff.; Rodi/Hartwig, Elektromobilität in der Tiefgarage, ZUR 2014, 592; Schmack/Kümmel, Der einstimmige Beschluss als Regelungsinstrument im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2000, 433 ff. und ZWE 2001, 58 ff.; Schmid, Beschluss über Baumaßnahme – nach Ausführung für ungültig erklärt. Was dann?, ZWE 2013, 111; Schmid, Der behinderte Mieter in der Wohnungseigentumsanlage – Hat er die gleichen Sonderrechte wie im „Mietshaus“?, NJW 2014, 1201; J.-H. Schmidt, Durchsetzung von Beseitigungsansprüchen im Wohnungseigentumsrecht, ZMR 2009, 307 ff.; J.-H. Schmidt, Beschlusszwang bei baulichen Veränderungen nach § 22 I WEG?, ZWE 2013, 399; J.-H. Schmidt, Erfüllung der Pflicht zur Dämmung der obersten Geschossdecke beim nachträglichen Dachgeschossausbau zu Wohnzwecken, ZWE 2015, 309; Slomian, Modernisierungsmaßnahmen zur energetischen Verbesserung, ZWE 2017, 199; Sommer, Rechtssichere Gestaltung baulicher Veränderungen einzelner Eigentümer, ZWE 2016, 154; Sommer, Bauliche Veränderung und Modernisierung im Individualinteresse, ZWE 2017, 75; Spielbauer, Der Modernisierungsbegriff im Lichte des MietRÄndG (§ 22 Abs. 2 WEG), ZWE 2013, 105; Tank, Die bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 1 BGB und die Verteilung der dazugehörigen Kosten im Wohnungseigentumsrecht, MietRB 2015, 156;Weckesser, Rechtliche Aspekte der Gestaltung von Außenanlagen und Grünflächen in Wohnungseigentumsanlagen, Grundeigentum 2018, 558; Wenderoth, Die Modernisierung des Gemeinschaftseigentums der WEG: Bauliche Veränderung – Modernisierende Instandsetzung – Modernisierung, ZMR 2013, 321.

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I. Einleitung | Rz. 1a § 22

I. Einleitung Bauliche Veränderungen sind gem. § 22 Abs. 1 WEG von der Beschlussfassung durch Stim- 1 menmehrheit, § 21 Abs. 3 und 5 WEG, und dem Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf ordnungsgemäße Verwaltung, § 21 Abs. 4 WEG, ausgenommen, sofern sie über die ordnungsgemäße – auch modernisierende, § 22 Abs. 3 WEG – Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen. Der einzelne Wohnungseigentümer soll die Gewissheit haben, dass die Wohnungseigentumsanlage, in der er Wohnungseigentümer geworden ist, nicht gegen seinen Willen in wesentlichen Bereichen geändert werden kann und dass er vor den finanziellen Risiken einer nicht vorhersehbaren Maßnahme geschützt ist, der er sich nicht durch Austritt aus der Gemeinschaft entziehen kann.1 Dass durch Mehrheitsbeschluss gemäß § 21 Abs. 3 WEG über alle Maßnahmen zur Umsetzung von öffentlichrechtlichen Vorgaben, zum Beispiel der energetischen Sanierung oder des Brandschutzes, beschlossen werden kann, tritt den einzelnen Miteigentümer nicht anders als jeden Eigentümer einer Immobilie. Änderungen sind ansonsten nur unter den qualifizierten Anforderungen des § 22 Abs. 2 WEG als Modernisierung zulässig. Initiativen zu Änderungen von § 22 Abs. 2 WEG belegen, dass zum Teil Änderungsbedarf für eine erweiterte Mehrheitskompetenz gesehen wird, etwa für den behindertengerechten Umbau oder die Anpassung an Elektrofahrzeuge; das Schicksal dieser Reformvorhaben2 ist derzeit nicht absehbar, die praktische Bedeutung der Neuregelung wird aber schon deshalb beschränkt bleiben, weil die Erweiterung der Entscheidungskompetenzen im Wohnungseigentumsrecht dort an Grenzen stößt, wo durch den Gebäudebestand und das Bauordnungsrecht der Länder Grenzen für Umbauten bestehen. Jenseits dieser Kompetenzen bewirkt § 22 Abs. 1 WEG einen weitgehenden Minderheitenschutz, weil die Zustimmung jedes einzelnen Wohnungseigentümers nur dann entbehrlich, wenn seine Rechte durch die Veränderung nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte, bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden. Der einfachen Mehrheit der Wohnungseigentümer ist es also möglich, den Bestand durch Instandhaltung und Instandsetzung zu erhalten, § 21 Abs. 3 und 5 WEG, und den Bestand mit der Technik fortzuentwickeln, § 22 Abs. 3 WEG; andererseits ist der einzelne Wohnungseigentümer vor nicht nur unerheblichen Veränderungen, § 22 Abs. 1 WEG i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG, des Gemeinschaftseigentums geschützt, sei es durch eigenmächtiges Handeln anderer Wohnungseigentümer, sei es durch die Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer, deren Mehrheitsmacht nur für bauliche Veränderungen durch Modernisierungen unter den formellen und materiellen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 WEG genutzt werden darf. Über dieses Grundverständnis der Norm wird man heute Einmütigkeit annehmen dürfen. In Folge und aus Anlass der Reform des Wohnungseigentumsrechts sind aber einige grundsätzliche Fragen aufgeworfen worden, deren Kenntnis erst das Verständnis der nachfolgenden Erläuterungen ermöglicht, die auf eine für die Verwaltungspraxis sinnvolle Auslegung des Gesetzes zielen. Die Streitpunkte lassen sich – notwendig verkürzend – so skizzieren: Viele Autoren und Landgerichte entnehmen der Neufassung des § 22 Abs. 1 WEG in Abwei- 1a chung von der früheren Rechtslage, jede bauliche Veränderung bedürfe der Zustimmung der nicht nur unerheblich betroffenen Wohnungseigentümer in der Form eines Eigentümerbeschlusses. Die Zustimmung der Betroffenen in sonstiger Weise allein genüge nicht. – Die vorliegende Kommentierung geht weiter davon aus, dass die Reform des Wohnungseigentumsrechts eine solche Änderung der Rechtslage nicht beabsichtigt hat und deren Folgeprobleme für die Verwaltungspraxis sie auch als nicht sinnvoll erscheinen lassen (Rz. 12). Der 1 Vgl. KG v. 2.10.1981 – 1 W 4877/70, MDR 1982, 149 = ZMR 1982, 61. 2 BT-Drucks. 18/8084 „Wohnungseigentumsrecht umfassend reformieren und modernisieren“ v. 19.4.2016; BR-Drucks. 340/16 „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Förderung der Barrierefreiheit und Elektromobilität“ v. 21.6.2016.

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§ 22 Rz. 1a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau Bundesgerichtshof hat aufgezeigt, warum dem Meinungsstreit in der Praxis keine große Bedeutung zukommt (Rz. 13a). 1b Immer noch nicht ganz geklärt ist die Abgrenzung von § 22 WEG zum Gebrauch des Ge-

meinschaftseigentum mit der Frage, ob die Anwendbarkeit des § 22 WEG von einem Substanzeingriff abhängt und wie der Substanzeingriff beschaffen sein muss (vgl. zum Begriff Rz. 3). Bei der bloßen Änderungen der äußeren Gestaltung des Gebäudes, die traditionell abgeleitet aus § 5 Abs. 1 WEG ebenfalls als bauliche Veränderung angesehen wurde, würde es sich dann um eine Frage der zulässigen Nutzung des Gemeinschaftseigentums i.S.d. § 13 ff. WEG handeln, deren Zulässigkeit nicht von der Zustimmung aller erheblich Betroffenen, § 22 Abs. 1 WEG, abhängig wäre, sondern den Vereinbarungen und Mehrheitsbeschlüssen gemäß § 15 WEG; damit wären in diesen Fragen Mehrheitsentscheidungen möglich. Diese Erwägungen sind für die Praxis durch die Rechtsprechung des BGH3 entschieden, nach der eine erhebliche optische Veränderung der Wohnungseigentumsanlage als nachteilige bauliche Maßnahme der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf. Damit werden die als zufällig erscheinenden Ergebnisse für die Zulässigkeitsvoraussetzungen mancher Maßnahmen vermieden; würde § 22 WEG einen Substanzeingriff erfordern, wäre die sichtbare Anbringung einer Parabolantenne am Balkon dann bauliche Veränderung gem. § 22 Abs. 1 WEG, wenn die Parabolantenne mit Dübeln in der Balkonbrüstung festgeschraubt wird, aber nur ein an § 14 Nr. 1 WEG zu messender Gebrauch des Gemeinschaftseigentums, wenn die Parabolantenne am Balkongitter mit Rohrschellen festgeklemmt wird. – Die vorliegende Kommentierung (Rz. 3 f.) hält daher an dem dualistischen Begriff der baulichen Veränderung (Substanzeingriff oder erhebliche optische Veränderung der Wohnungseigentumsanlage) fest. 1c Unabhängig von den vorgenannten Fragen stellt sich das Problem, ob die in § 22 Abs. 2 WEG

genannten formellen und materiellen Voraussetzungen für einen Eigentümerbeschluss über eine Modernisierung kompetenzbegründend sind oder „Zitterbeschlüsse“ noch Grundlage für Modernisierungen sein können. Damit ist die Frage gestellt, ob – wie auch vor der Reform des Wohnungseigentumsrechts – Mehrheitsbeschlüsse über bauliche Veränderungen bestandskräftig werden, auch wenn sie Modernisierungen i.S.v. § 22 WEG zum Gegenstand haben, oder mangels Beschlusskompetenz nichtig sind. Damit ist auch die Frage der systematischen Einordnung des § 22 Abs. 2 WEG aufgeworfen. Damit ist schließlich die Frage gestellt, unter welchen Voraussetzungen der Versammlungsleiter das Zustandekommen eines Mehrheitsbeschlusses feststellen darf und soll. – Die vorliegende Kommentierung geht davon aus, dass § 22 Abs. 2 WEG einen Sonderfall der baulichen Veränderung beschreibt, versteht § 22 Abs. 1 WEG also als Grundfall aller, auch modernisierender baulicher Veränderungen. „Zitterbeschlüsse“ über Modernisierungen auf der Grundlage des § 22 Abs. 1 WEG sind dementsprechend möglich (Rz. 63). Weil der Versammlungsleiter keine Kompetenz hat, die Rechtmäßigkeit eines Eigentümerbeschlusses zu prüfen, darf und muss er Eigentümerbeschlüsse über bauliche Veränderungen bei Vorliegen einer einfachen Mehrheit – entgegen der in der Praxis wohl herrschenden Meinung – auch dann feststellen, wenn er nicht beurteilen kann, ob alle erheblich benachteiligten Wohnungseigentümer zugestimmt haben (Rz. 17, 21). 1d Diese Überlegungen zu einer Möglichkeit, durch Mehrheitsbeschlüsse baulicher Veränderun-

gen einzelner Wohnungseigentümer zu ermöglichen, berühren in der Praxis die Frage, ob die Zustimmung im Beschlusswege zu einer baulichen Veränderung durch einen einzelnen Wohnungseigentümer mit der Regelung verbunden werden kann, dass er und alle seine Rechtsnachfolger alle, auch zukünftige Kosten (und auch die Verkehrssicherungspflicht4) übernehmen (vgl. Rz. 22, 25); einer Baumaßnahme zuzustimmen, fällt leicht nur, wenn außerhalb des Privilegs gemäß § 16 Abs. 6 S. 1 WEG keiner der übrigen Wohnungseigentümer eine Kostenlast fürchten muss, nicht aber, wenn man für einen Sonderwunsch später zahlen soll. Diese 3 BGH v. 14.12.2012 – V ZR 224/11, MDR 2014, 453. 4 BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11 – Rz. 12, MDR 2012, 701.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 2 § 22

Möglichkeit einer Kostenverteilung durch Mehrheitsbeschluss ist eine Frage des richtigen Verständnisses von § 16 Abs. 4 WEG (vgl. § 16 Rz. 145), kann aber wegen § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit auch hinsichtlich der Genehmigung der baulichen Veränderung führen.5 Alle diese Probleme lassen sich durch Vereinbarungen, regelmäßig also eine vorausschauende 1e Gestaltung der Gemeinschaftsordnung bei der Teilung durch den Bauträger gemäß §§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4 WEG, eindeutig, also unter Abdingung oder Klarstellung des Inhalts der gesetzlichen Vorschriften, regeln (Rz. 40). Eine spätere Korrektur ist praktisch kaum noch zu erreichen, weil Vereinbarungen nach der Aufteilung die Zustimmung aller Miteigentümer erfordern und noch dazu in allen Wohnungsgrundbüchern eingetragen werden müssen, um auch Rechtsnachfolger gemäß § 10 Abs. 3 WEG zu binden. Diese rechtlichen Eigenschaften, nicht nur Lage und Ausstattung, muss jeder Erwerber eines Sonder- oder Teileigentums bedenken. Die genannten vorstehenden Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für 1f die Verwaltungspraxis nicht im Detail geklärt. Die veröffentlichte Rechtsprechung zeigt aber, dass die Schwierigkeiten in der Praxis weniger hinsichtlich der grundlegenden Rechtsfragen bestehen, sondern in der Bewertung, was im Einzelfall als Modernisierung, modernisierende Instandsetzung oder unerhebliche bauliche Veränderung zulässig ist. Diese Gesichtspunkte werden im Anhang (Rz. 84) geordnet für tatsächlich immer wiederkehrende Beispielen erläutert.

II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG 1. Objekte baulicher Veränderungen Die Grundsätze der gesetzlichen Regelung des § 22 Abs. 1 WEG für bauliche Veränderungen 2 am Gemeinschaftseigentum lassen sich zutreffend nur erfassen und anwenden, wenn man Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum als Objekt einer baulichen Veränderung unterscheidet. Die Regelungen im 3. Abschnitt des Wohnungseigentumsgesetzes betreffen nur die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, § 20 Abs. 1 WEG. § 22 WEG gilt also nur für bauliche Veränderungen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen. Für das Sondereigentum ergibt sich aus § 13 Abs. 1 WEG, dass jeder Wohnungseigentümer mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren darf, soweit nicht das Gesetz (vgl. etwa §§ 14, 15), insbesondere die Grenzen zulässiger Nutzung als Wohnungs- oder Teileigentum,6 oder Rechte Dritter entgegenstehen; Eigentümerbeschlüsse über Maßnahmen am Sondereigentum sind mangels Beschlusskompetenz nichtig.7 Die gesetzliche Bestimmung, was zum Gemeinschaftseigentum gehört, ist zwingend (vgl. § 1 Rz. 26 ff.; § 5 Rz. 22 ff.); Teile des Sondereigentums können aber durch Vereinbarung gem. § 5 Abs. 3 WEG dem Gemeinschaftseigentum zugeordnet werden.8 Abweichende Regelungen, die Gemeinschaftseigentum dem Sondereigentum zuordnen, in der Gemeinschaftsordnung,9 in Vereinbarungen und in Be-

5 So folgerichtig, wenn auch zu § 16 Abs. 4 WEG unzutreffend LG München I v. 23.6.2014 – 1 S 13821/ 13, ZMR 2014, 923 (vgl. Rz. 25). 6 BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16, MDR 2018, 80. 7 BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11 – Rz. 14, MDR 2013, 835; v. 22.11.2013 – V ZR 46/13 – Rz. 6, WuM 2014, 159. 8 BGH v. 26.10.2012 – V ZR 57/12 – Rz. 10, MDR 2013, 456. 9 Der Begriff Teilungserklärung meint sowohl die Erklärungen zur Begründung von Wohnungseigentum nach § 3 WEG oder § 8 WEG als auch alle Vereinbarungen nach § 10 Abs. 1 WEG, insb. die Gemeinschaftsordnung.

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§ 22 Rz. 2 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau schlüssen sind nichtig.10 Die Einräumung eines Sondernutzungsrechts hat keine Auswirkung auf die Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum. Die besondere Bedeutung der Zuordnung zu Gemeinschafts- oder Sondereigentum wird deutlich am Beispiel11 der Heizungsanlage, bei der der über die Zuordnung der einzelnen Bauteile früher bestehende Meinungsstreit12 durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nur teilweise beendet ist: Heizkörper und dazugehörige Leitungen zum Anschluss an eine Zentralheizung können anders als die Heizzentrale und die Steigleitungen bis zur für die Handhabung durch den Sondereigentümer vorgesehenen Absperrmöglichkeit durch Teilungserklärung oder nachträgliche Vereinbarung dem Sondereigentum zugeordnet werden.13 Dies hat zur Folge, dass der Austausch von Heizkörpern nur das Sondereigentum betrifft und ohne auch nur eine Unterrichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft oder des Verwalters zulässig wäre. Die Frage nach der Zuordnung zum Gemeinschafts- oder Sondereigentum stellt sich auch für Mehrfachparker.14 Wenn eine Sanierung bei einem solchen Ineinandergreifen von Gemeinschafts- und Sondereigentum nur im Zusammenwirken möglich ist, sind die Wohnungseigentümer, die über die Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum entscheiden, und der betroffene Sondereigentümer auf eine Zusammenarbeit angewiesen.15 2a Abweichende Vereinbarungen sind möglich. Nicht nur die Frage der Kostentragung für In-

standhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen16 (Rz. 9a) kann durch Vereinbarung und in der Teilungserklärung geregelt werden, sondern darüber hinaus auch die Aufgabe von Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentum17 von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf einzelne Wohnungseigentümer übertragen werden,18 etwa bei Rei-

10 Vgl. OLG Düsseldorf v. 8.5.1996 – 3 Wx 389/95, WuM 1996, 441; OLG Karlsruhe v. 7.7.2010 – 11 Wx 115/08, NZM 2011, 204; OLG Köln v. 29.4.1997 – 16 Wx 76/97, WuM 1997, 461; v. 23.12.1998 – 16 Wx 211/98, NZM 1999, 424; zur Umdeutung in eine Kostentragungsregelung vgl. etwa OLG Köln v. 8.4.2008 – 16 Wx 289/07, ZMR 2008, 815; OLG Karlsruhe v. 7.7.2010 – 11 Wx 115/08, ZMR 2010, 873; Häublein in: Bayer/Koch, Offene Fragen des Wohnungseigentumsrechts und deren Bedeutung für die notarielle Praxis, 2018, S. 91 (105); Ruge, AnwZertMietR 3/2017 Anm. 2. 11 Für die Möglichkeiten der Einordnung von Balkonen vgl. OLG München v. 23.9.2011 – 34 Wx 247/ 11, DNotZ 2012, 364; KG v. 8.11.2016 – 1 W 493/16, ZWE 2017, 84. 12 Armbrüster, ZWE 2011, 392; M. J. Schmid, MDR 2011, 1081; offen gelassen in BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10 – Rz. 15, MDR 2011, 1095 = ZfIR 2011, 833 mit abl. Anm. Rüscher = ZMR 2011, 971 mit abl. Anm. Jennißen; s.a. Schlüter, ZMR 2011, 935 zu Thermostatventilen; a.A. Riecke/v. Rechenberg, MDR 2012, 1 (4); s.a. o. § 5 Rz. 85. 13 BGH v.8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095; v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, MDR 2013, 456; dazu Lehmann-Richter, ZWE 2013, 69. Die in Teilungserklärungen verbreiteten Regelungen, die auf Abzweigungen von der Steig-/Fallleitung, den Eintritt in das Sondereigentum usw. abstellen, sind unwirksam, Ott, ZfIR 2013, 380. 14 BGH v. 21.10.2011 – V ZR 75/11 – Rz. 7, MDR 2012, 17; BGH v. 20.2.2014 – V ZB 116/13, MDR 2014, 520; LG München I v. 5.11.2012 – 1 S 1504/12 WEG, ZMR 2013, 308; LG München I v. 1.2.2016 – 1 S 12786/15, WuM 2016, 381; LG Stuttgart v. 19.11.2014 – 10 S 4/14, ZWE 2016, 44; Abramenko, ZMR 2014, 779. 15 Vgl. BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 zur Pflicht zur Ankündigung der Sanierung der Zentralheizung, um den einzelnen Wohnungseigentümern eine Anpassung ihres Gemeinschaftseigentums zu ermöglichen; s.a. LG Köln v. 4.10.2012 – 29 S 91/12, ZMR 2013, 134 zum Anspruch eines Sondereigentümers auf Sanierung der Balkonplatte. 16 Vgl. BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11, MDR 2012, 702; v.16.11.2012 – V ZR 9/12, MDR 2013, 22; v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, NZM 2014, 527; LG München I v. 4.2.2013 – 1 S 26400/11, ZMR 2013, 477. 17 Zur Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums, die dem Sondereigentümer gem. § 14 Nr. 1 WEG obliegt, vgl. § 14 Rz. 12. 18 BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11 – Rz. 7, MDR 2012, 702; v. 22.11.2013 – V ZR 46/13 – Rz. 6, WuM 2014, 159; LG Itzehoe v. 26.11.2013 – 11 S 83/12, ZMR 2014, 240; vgl. allgemein zum weiten Spielraum bei abweichenden Regelungen BGH v. 13.10.2006 – V ZR 289/05, MDR 2013, 326.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 3a § 22

henhausanlagen. Diese Regelungen führen zu Schwierigkeiten bei der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Gebäudes. Weil die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums den Kernbereichs des Bestands der Wohnungseigentümergemeinschaft berührt, wird man eine vollständige Übertragung von Instandhaltung und Instandsetzung für unzulässig halten müssen; den übrigen Wohnungseigentümern verbleibt stets ein Anspruch auf ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung gegen den Aufgabenträger. Aus einer bloßen Freihalteverpflichtung ergibt sich eine Überbürdung der Instandsetzungspflicht danach regelmäßig nicht, sondern diese muss durch eine klare und eindeutige Regelung erfolgen; im Zweifel bleibt es bei der gesetzlichen Zuständigkeit.19

2. Bauliche Veränderungen a) Begriff Bauliche Veränderungen sind auf Dauer20 angelegte (also nicht nur provisorische)21 gegen- 3 ständliche Eingriffe in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums, wie sie schon das Verlegen von Bodenplatten im Garten darstellt22, die einen neuen Zustand schaffen, also über die Pflege und Erhaltung des gegenwärtigen Zustands einschließlich der modernisierenden Instandsetzung, § 22 Abs. 3 WEG, oder seiner erstmaligen Herstellung hinausgehen, sowie auch alle Veränderungen, die auf die äußere Gestaltung des Gemeinschaftseigentums nachhaltig einwirken (vgl. § 5 Abs. 1).23 Der Begriff der Aufwendung in § 22 Abs. 1 WEG hat daneben keine praktische Bedeutung. Auch erhebliche Veränderungen der äußeren Gestaltung, die nicht in die Substanz des ge- 3a meinschaftlichen Eigentums eingreifen, sind an § 14 Nr. 1 WEG zu messen;24 dies auch dann, wenn diese Veränderung folge von Maßnahmen am Sondereigentum ist25. Wenn die hier vertretene Ansicht, dass dieser Maßstab aufgrund der Verweisung in § 14 Nr. 1 WEG Anwen-

19 BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11 – Rz. 7, MDR 2012, 702; LG Hamburg v. 19.6.2013 – 318 S 101/12, ZMR 2013, 829. 20 „Auf Dauer“, nicht nur vorübergehend ist eine zeitliche Komponente, die nichts mit Eingriffen in die Bausubstanz zu tun hat; vgl. OLG Köln v. 5.11.2004 – 16 Wx 207/04, NZM 2005, 223 für das Aufstellen einer mobilen Parabolantenne; OLG Köln v. 31.5.1999 – 16 Wx 77/99, ZMR 2000, 58 für das Aufstellen eines Schranks in einer Balkonnische; zutreffend gegen eine bauliche Veränderung BayObLG v. 28.3.2002 – 2Z BR 182/01, NZM 2002, 568für das saisonale Aufstellen von Biertischen. 21 LG Bremen v. 25.3.2011 – 4 S 75/10, ZMR 2011, 657. 22 Vgl. LG Berlin v. 13.9.2016 – 53 S 107/15 WEG, Grundeigentum 2016, 1520. 23 OLG Köln v. 29.4.1997 – 16 Wx 76/97, WuM 1997, 461; v. 31.5.1999 – 16 Wx 77/99, ZMR 2000, 58; v. 17.12.2001 – 16 Wx 276/01, OLGR Köln 2002, 90; v. 9.3.2006 – 16 Wx 27/06, WuM 2005, 537; v. 3.7.2008 – 16 Wx 51/08, MDR 2009, 136; OLG Hamburg v. 17.1.2005 – 2 Wx 103/04, MDR 2005, 1160; LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 81/12, ZMR 2013, 739; AG Oberhausen v. 10.5.2011 – 34 C 130/10, ZMR 2012, 62; Greiner, § 4 Rz. 16, 21; Müller, Rz. 376; J.-H. Schmidt in Bärmann/Seuss, § 12 Rz. 15; Schuschke, ZWE 2000, 146 f.; a.A. nur Substanzeingriffe Niedenführ, NZM 2001, 1105 f.; Hügel/Elzer, § 22 WEG Rz. 17. 24 BGH v. 14.12.2012 – V ZR 224/11, MDR 2014, 453, Leitsatz 3; fortgeführt von BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, MDR 2014, 453. In der Rspr. des BGH war früher offengeblieben, ob die nachteilige Veränderung der äußeren Gestaltung ohne Substanzeingriff für die Annahme einer baulichen Veränderung ausreicht, denn in den entschiedenen Fällen lag ein Substanzeingriff vor und der BGH hat aus der Veränderung der äußeren Gestaltung einen erheblichen Nachteil i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG abgeleitet; vgl. BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392, 396 = MDR 1992, 484; v. 14.11.2011 – V ZR 56/11 – Rz. 14, MDR 2011, 1465. 25 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 49/16, Rz. 19, MDR 2017, 696; BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17 – Rz. 29, MDR 2016, 1366.

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§ 22 Rz. 3a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau dung findet, insbesondere von Elzer26 in Frage gestellt worden ist und die bauliche Veränderung nicht schon bei einer Veränderung der äußeren Gestaltung des Gemeinschaftseigentums, sondern nur bei Vorliegen eines Eingriffs in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums angenommen worden ist, so ist damit allerdings zurecht die Frage danach angesprochen, wie die bauliche Veränderung mit den strengen Voraussetzungen des § 22 WEG von der Nutzung des Gemeinschaftseigentums, §§ 13–15 WEG, abzugrenzen ist. Die Einordnung führt zu unterschiedlichen Anforderungen insbesondere bei Maßnahmen einzelner Wohnungseigentümer. Dies wird deutlich am Beispiel der Nutzung einer Parabolantenne durch einen Wohnungseigentümer bei Anbringung an der Balkonabgrenzung, die je nach Art der durch die bauliche Ausgestaltung der Brüstung vorgegebenen Anbringung – Festschrauben oder nur Festklemmen – oder je nach Umfang der Zuordnung des Balkons zum Sondereigentum nach der Auffassung von Elzer rechtlich unterschiedlich zu bewerten wäre; dabei sind die Beeinträchtigungen für die übrigen Wohnungseigentümer regelmäßig gleich. Eine bauliche Veränderung (durch Festschrauben) kann jeder Wohnungseigentümer als Betroffener i.S.v. §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG verhindern, die Beseitigung verlangen und eine Genehmigung durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer gegen seinen Willen verhindern. Als Nutzung des Gemeinschaftseigentums (durch Festklemmen) kann die Anbringung durch Mehrheitsbeschluss gegen den Willen i.S.d. §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG betroffener Wohnungseigentümer gem. § 15 Abs. 2 WEG beschlossen werden. Diese unterschiedlichen Anforderungen an die Zustimmung sprechen gegen die Auffassung von Elzer gerade vor dem Hintergrund der gesetzlichen Wertung in § 5 Abs. 1 WEG, der sogar für die grundlegende sachenrechtliche Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum darauf abstellt, ob die äußere Gestaltung des Gebäudes betroffen wird. Es erscheint als sinnvoll, diese Wertung wie bisher auch für den Begriff der baulichen Veränderung zu übernehmen, denn die Betroffenheit durch die Veränderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes ist unabhängig vom Vorliegen eines Substanzeingriffs. Für eine Einschränkung des Begriffs der baulichen Veränderung auf Substanzeingriffe kann auch nicht angeführt werden, dass die bauliche Veränderung gem. § 22 Abs. 1 WEG in jedem Fall eine vorherige Zustimmung durch Eigentümerbeschluss erfordere und deshalb ihr Anwendungsbereich eingeschränkt werden müsse (vgl. Rz. 1a). Zutreffend wäre es im Gegenteil nach dem hier vertretenden Standpunkt, dass man diese Folgen für das Verständnis des § 22 Abs. 1 WEG bedenkt und ihm auch deshalb nicht das Erfordernis einer Zustimmung gerade durch Eigentümerbeschluss entnimmt (vgl. Rz. 12). Einigkeit besteht jedenfalls, dass für eine bauliche Veränderung Eingriffe in die Substanz des Sondereigentums ohne erhebliche Auswirkung auf die äußere Gestaltung des Gebäudes nicht ausreichen (vgl. Rz. 6). Für die Veränderung der äußeren Gestaltung kommt es nach dem hier vertretenen Standpunkt nicht darauf an, ob dieser mit oder ohne Substanzeingriff auskommt, sondern allein auf die für die Gestaltung des Gemeinschaftseigentums eintretende Änderung.27 4 Ob es sich um Maßnahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft handelt oder um das ei-

genmächtige Vorgehen einzelner Wohnungseigentümer, ist unerheblich: Beide sind an § 22 WEG zu messen. 4a Weil § 22 Abs. 1 WEG auch nicht voraussetzt, dass aus der Wohnungseigentümergemein-

schaft in das Gemeinschaftseigentum eingegriffen wird, regelt er auch die Zustimmung zur Bebauung eines Nachbargrundstücks, die in das Gemeinschaftseigentum eingreift, etwa zum An- oder Aufbau an der Grenzwand.28 Entsprechend ist § 22 Abs. 1 WEG auf den Eigentümerbeschluss über die Zustimmung zur Unterschreitung des öffentlich-rechtlichen Bauwichs

26 Hügel/Elzer, § 22 WEG Rz. 17; ebenso AG Pinneberg v. 26.9.2017 – 60 C 74/16, ZMR 2018, 90 (91). 27 Vgl. OLG Hamburg v. 17.1.2005 – 2 Wx 103/04, MDR 2005, 1160; Greiner, § 4 Rz. 16; s.a. BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563. 28 OLG Köln v. 7.6.1995 – 16 Wx 56/95, WuM 1995, 502 = ZMR 1995, 552.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 6 § 22

durch einen Nachbarn der Wohnungseigentümergemeinschaft anwendbar.29 Dieser Entscheidungsbefugnis im Innenverhältnis entspricht die Wahrnehmungsbefugnis gemäß § 10 Abs. 6 S. 3 Halbsatz 1 WEG im Außenverhältnis für gemeinschaftsbezogene Pflichten der Wohnungseigentümer, etwa gegenüber Herausgabe- oder Störungsbeseitigungsansprüchen von Nachbarn.30 Vergleichszustand für die Feststellung des Vorliegens einer Veränderung ist der Errichtungs- 5 zustand und der hieraus durch Vornahme einer baulichen Veränderung hervorgegangene Zustand, soweit diese bauliche Veränderung zulässig erfolgt ist.31 b) Abgrenzungen Keine bauliche Veränderung i.S.d. § 22 WEG liegt in folgenden Fällen vor:

5a

aa) Maßnahmen am Sondereigentum Bauliche Veränderungen, die sich auf den Bereich des Sondereigentums beschränken, werden 6 nicht durch § 22 WEG geregelt, der einen Sonderfall der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums regelt.32 Das kann bei Baumaßnahmen, die tatsächlich sowohl das Gemeinschaftseigentum als auch das Sondereigentum betreffen, zu Abstimmungsbedarf führen, nimmt den Wohnungseigentümern aber nicht die Beschlusskompetenz, über Maßnahmen betreffend das Gemeinschaftseigentum zu beschließen.33 Maßnahmen am Sondereigentum34, die nicht in die bauliche Substanz des Gemeinschaftseigentums ergreifen und das äußere Gestaltungsbild der Anlage nicht verändern, sondern für die anderen Wohnungseigentümer nur sonstige nicht unerhebliche Nachteile mit sich bringen, etwa Geräusch und Geruch der durch das geöffnete Fenster abgeleiteten Abluft von Dunstabzugshaube, Wäschetrockner oder Klimagerät oder etwa das veränderte Kochverhalten eines neuen Nutzers35, sind keine bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG, sondern als Nutzung des Sondereigentums an §§ 13 ff. WEG zu messen.36 Damit gilt mit § 14 Nr. 1 WEG zunächst allerdings die gleiche Grenze für das den übrigen Wohnungseigentümern Zumutbare. Der Gebrauch des Sondereigentums kann aber gem. § 15 Abs. 2 WEG mit Mehrheit geregelt werden, während es bei der baulichen Veränderung gem. § 22 Abs. 1 WEG der Zustimmung gerade der i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG erheblich Betroffenen bedarf.

29 BGH v. 6.11.2009 – V ZR 73/09, MDR 2010, 98; kritisch Dötsch, ZMR 2010, 573; Hügel, ZMR 2011, 182; s.a. OVG Münster v. 20.11.2013 – 7 A 2341/11, BauR 2014, 252 zur Geltendmachung von Abstandsflächenverstößen durch einzelne Wohnungseigentümer;. 30 BGH v. 11.12.2015 – V ZR 180/14, MDR 2016, 642 = ZfIR 2016, 345 mit Anm. Hogenschurz. 31 OLG Köln v. 29.9.2000 – 16 Wx 132/00, WuM 2001, 43; unklar BGH v. 18.11.2016 – V ZR 49/16, MDR 2017, 696. 32 OLG Düsseldorf v. 8.5.1996 – 3 Wx 389/95, WuM 1996, 441; v. 28.11.2006 – 3 Wx 197/06, ZMR 2007, 206. 33 LG Dortmund v. 21.4.2015 – 1 S 445/14, ZMR 2015, 777 (778) betreffend die Isolierung der Außenwände im Zusammenhang einer Schimmelsanierung; Isolierschichten in Wänden und Boden sind immer Gemeinschaftseigentum, vgl. LG Karlsruhe v. 16.12.2014 – 11 S 14/14, ZWE 2015, 421. 34 Zur Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum ausführlich Häublein in: Bayer/Koch, Offene Fragen des Wohnungseigentumsrechts und deren Bedeutung für die notarielle Praxis, 2018, S. 91. 35 Vgl. AG Hamburg-Blankenese v. 17.9.2014 – 539 C 7/14, ZMR 2015, 492. 36 Vgl. BayObLG v. 16.12.1993 – 2Z BR 113/93, WuM 1994, 151 f.; a.A. OLG Köln v. 30.8.2000 – 16 Wx 115/00, NZM 2001, 53; v. 9.10.2000 – 16 Wx 102/00, NZM 2001, 135.

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§ 22 Rz. 7 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau bb) Erstherstellung 7 Die erstmalige37 ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums38, d.h. dessen

vollständige Errichtung und Ausstattung durch Baumaßnahmen, die sich aus der Zweckbestimmung des Hauses oder der Teilungserklärung ergeben oder erkennbar sind, ist keine bauliche Veränderung.39 Eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG liegt nicht vor, wenn die Maßnahme der Wohnungseigentümergemeinschaft40 der erstmaligen plangerechten Herrichtung des Gemeinschaftseigentums dient; diese liegt vor bei einer Instandsetzung, die jeder Wohnungseigentümer von den übrigen gemäß § 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG verlangen kann.41 Gemeint sind die Vollendung eines „stecken gebliebenen“ Baus (vgl. Rz. 83), die Beseitigung anfänglicher Baumängel42, etwa die Errichtung fehlender Stellplätze43, und die Korrektur einer von Anfang an planwidrigen Errichtung.44 Für die Beseitigung anfänglicher Baumängel bleibt die Gemeinschaft auch zuständig, soweit für Teilbereiche des Gemeinschaftseigentums die Instandhaltungs- und/oder Instandsetzungspflicht auf einzelne Wohnungseigentümer übertragen ist.45 7a Jeder Wohnungseigentümer kann von den übrigen Wohnungseigentümern46 gem. § 21 Abs. 4,

Abs. 5 Nr. 2 WEG die Mitwirkung bei der Herstellung eines erstmaligen ordnungsmäßigen Zustandes der Wohnanlage entsprechend dem Aufteilungsplan und den bauordnungsrechtlich genehmigten Bauplänen in den Grenzen des § 242 BGB verlangen.47 Die übrigen Wohnungseigentümer schulden die Erstherstellung nicht in Person, sondern die Beschlussfassung als Grundlage für ein Tätigwerden des Verwalters.48 Der Anspruch des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung und damit der Anspruch auf Erstherstellung ist grundsätzlich unverjährbar.49 Der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf erstmalige plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums kann nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen sein, wenn die tatsächliche Bauausführung nur unwesentlich von dem

37 Vgl. OLG Köln v. 29.9.2000 – 16 Wx 132/00, WuM 2001, 43: nicht die Wiederherstellung des Errichtungszustands. 38 Zur Verantwortung des Sondereigentümers für sein Sondereigentum vgl. BGH v. 9.12.2016 – V ZR 84/16, MDR 2017, 757. 39 BayObLG v. 4.12.2002 – 2Z BR 40/02 für Wand mit Türe in der Wohnung; v. 6.6.2002 – 2Z BR 124/ 01, NZM 2002, 875 für Stellplätze; OLG Düsseldorf v. 14.5.2004 – 3 Wx 95/04, NZM 2005, 184 für Herstellung einer ausreichenden Kellerisolierung bei nachträglich in Wohnungseigentum aufgeteiltem Altbestand; LG Bremen v. 19.2.2015 – 4 S 223/14, ZMR 2015, 329. 40 Eine eigenmächtige Erstherstellung durch einzelne Wohnungseigentümer kommt nicht in Betracht; a.A. AG Hamburg-Bergedorf v. 7.7.2016 – 407a C 5/15, ZMR 2016, 996. 41 BGH v. 14.11.2014 – V ZR 118/13 – Rz. 20, MDR 2015, 452; BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14 – Rz. 7, MDR 2016, 147; vertiefend Schmidt, ZWE 2017, 238; kritisch Kanzleiter, DNotZ 2018, 246. 42 OLG Schleswig v. 5.8.2003 – 2 W 144/02, ZMR 2003, 876. 43 BGH v. 26.2.2016 – V ZR 250/14, MDR 2016, 819. 44 BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, MDR 2016, 147 mit Anm. Hogenschurz, ZWE 2016, 75; OLG Köln v. 29.9.2000 – 16 Wx 132/00, WuM 2001, 43; LG Dessau-Roßlau v. 19.7.2012 – 5 S 8/12, NZM 2013, 430. 45 LG Köln v. 22.12.2016 – 29 S 145/16, ZWE 2017, 262; LG München I v. 6.7.2017 – 36 S 17680/16, ZMR 2017, 923. 46 Anspruchsgegner ist nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, vgl. AG Oberhausen v. 14.5.2013 – 34 C 9/13, ZMR 2013, 999. 47 BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, MDR 2016, 147; BGH v. 14.11.2014 – V ZR 118/13 – Rz. 20, MDR 2015, 452 mit Anm. Drabek, ZWE 2015, 167, und Greiner, ZMR 2015, 356; LG Hamburg v. 30.5.2018 – 318 S 100/17, Juris Rz. 15; vgl. auch OLG Hamburg v. 25.2.2002 – 2 Wx 94/01, NZM 2003, 109: kein Anspruch auf abweichende Erstherstellung. 48 BGH v. 26.2.2016 – V ZR 250/14 – Rz. 16, MDR 2016, 819. 49 BGH v. 27.4.2012 – V ZR 177/11, MDR 2012, 834; BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, MDR 2016, 147; AG Hamburg-Bergedorf v. 7.7.2016 – 407a C 5/15, ZMR 2016, 996.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 7b § 22

Aufteilungsplan abweicht oder auch wenn der Umbau mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist.50 Nach Verwirkung des schuldrechtlichen Anspruchs auf Herstellung des teilungserklärungskonformen Zustands des Sondereigentums durch alle Wohnungseigentümer kann der Berechtigte deshalb diesen Zustand auch nicht auf eigene Kosten herstellen lassen und hat keinen Anspruch auf Duldung.51 Der Anspruch auf Erstherstellung besteht nicht, wenn die Eigentümer den unvollständigen Errichtungszustand zum Sollzustand erhoben haben,52 etwa durch die Auskehrung einer Vergleichszahlung des Bauträgers an die Wohnungseigentümergemeinschaft auf die einzelnen Wohnungseigentümer.53 Eine Bindung an diese Entscheidung ergibt sich nach den Grundsätzen von § 10 Abs. 3 und 4 WEG, bei Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung also durch Grundbucheintragung, bei einem Mehrheitsbeschluss aus § 10 Abs. 4 WEG54, nicht aber durch eine schlichte Einigung mit dem Bauträger im Außenverhältnis. Bei mehreren Möglichkeiten zur Herstellung des ordnungsgemäßen Zustands können die Wohnungseigentümer über die durchzuführende Fertigstellung mit Mehrheit entscheiden, soweit die gewählte Möglichkeit dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht.55 Maßstab für die Frage, ob eine Erstherstellung vorliegt, ist zunächst die Teilungserklärung; 7b ohne Bedeutung sind regelmäßig die Bauunterlagen, schon gar nicht der Kaufvertrag eines einzelnen Erwerbers nebst der diesem beigefügten Baubeschreibung.56 Für die Bestimmung des ordnungsgemäßen Anfangszustands maßgeblich ist zunächst die Teilungserklärung (§ 8 WEG) bzw. der Teilungsvertrag (§ 3 WEG) in Verbindung mit dem gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG in Bezug genommenen Aufteilungsplan.57 Weicht die tatsächliche Ausführung vom Aufteilungsplan ab, muss die eindeutige sachenrechtliche Abgrenzung zum Sondereigentum hergestellt werden, vorrangig durch Änderung der Bauausführung, wenn dies unzumutbar ist, sonst durch Änderung des Aufteilungsplans.58 Zur erstmaligen Herstellung des Gemeinschaftseigentums gehört auch die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen an das Gemeinschaftseigentum, wie die Herstellung eines zweiten Rettungswegs59 oder die Schaffung 50 BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, MDR 2016, 147 unter Hinweis auf die Notwendigkeit einer Geldentschädigung im Einzelfall. 51 Vgl. BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14 – Rz. 20 a.E., MDR 2016, 147; a.A. LG Köln v. 30.6.2011 – 29 S 263/10, ZMR 2011, 10, noch unter Annahme einer Verjährbarkeit. 52 BayObLG v. 25.11.1998 – 2Z BR 98/98, NZM 1999, 262 für bestandskräftigen Mehrheitsbeschluss; v. 28.6.1989 – BReg 2Z 57/89, NJW-RR 1989, 1165 = WuM 1989, 526; v. 25.11.1998 – 2Z BR 98/98, NZM 1999, 262 für Annahme einer Abstandszahlung des Errichters und deren anteilige Auszahlung an alle Wohnungseigentümer; s.a. LG Bremen v. 19.2.2015 – 4 S 223/14, ZMR 2015, 329; Schweigen zur abweichenden Ersterrichtung bedeutet aber schon mangels Erklärungsbewusstseins keine konkludente Zustimmung, a.A. AG Landsberg v. 27.1.2015 – 1 C 373/14, Juris Rz. 76. 53 Vgl. zu den Ermessensgrenzen LG Nürnberg-Fürth v. 13.2.2013 – 14 S 4070/12, ZMR 2013, 312. 54 Wenig geklärt ist, wann ein solcher Mehrheitsbeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht; eine Beschlusskompetenz jedenfalls besteht, entweder aus § 21 Abs. 5 WEG oder aus § 22 Abs. 1 WEG. 55 BayObLG v. 28.3.1996 – 2Z BR 4/96, NJWE-WuM 1996, 299 f. 56 Wie hier: BeckOK WEG Timme/Müller, 35. Edition, Stand: 1.9.2018, § 10 WEG Rz. 733 m.wN.; Lehmann-Richter in Staudinger, BGB [2018], § 21 Rz. 161; J.-H. Schmidt, ZWE 2017, 238, 241 ff.; offengelassen in BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17 – Rz. 16 ff., MDR 2018, 1366; vgl. BGH v. 27.2.2015 – V ZR 73/14, MDR 2015, 499 zum „Gepräge“ beim Trittschallschutz; OLG Köln v. 7.4.2000 – 16 Wx 32/00, ZMR 2000, 861; LG Hamburg v. 5.4.2012 – 318 S 180/11, ZMR 2012, 723; a.A. OLG Hamm v. 26.3.2007 – 15 W 131/06, ZWE 2007, 491 mit Anm. F. Schmidt; MüKo-BGB/Engelhardt, 7. Aufl., WEG § 21 Rz. 32; BeckOGK/Karkmann, Stand: 1.12.2018, WEG § 21 Rz. 72; ebenso vgl. § 21 Rz. 67. 57 BGH v. 26.2.2016 – V ZR 250/14 – Rz. 12, MDR 2016, 819. 58 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17 – Rz. 19, MDR 2018, 921; BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14 – Rz. 10, MDR 2016, 147; BGH v. 14.11.2014 – V ZR 118/13 – Rz. 20, MDR 2015, 452. 59 BGH v. 23.6.2017 – V ZR 102/16 – Rz. 8, MDR 2017, 1047.

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§ 22 Rz. 7b | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau weiterer Stellplätze.60 Zur erstmaligen Herstellung des Gemeinschaftseigentums gehört auch die Umsetzung einer Regelung der Baugenehmigung, wenn das Ausstattungsmerkmal nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlich oder in einer entsprechenden Auflage enthalten ist, denn nur dann widerspricht die bestehende Ausführung materiellem öffentlichen Baurecht;61 diese Frage haben die Zivilgerichte in eigener Verantwortung – ohne Bindung an einen erst später ergangenen baubehördlichen Bescheid – zu beantworten62. 8 Eine planwidrige Errichtung durch den Bauträger stellt keine bauliche Veränderung dar.

Veränderungen i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG liegen erst bei einem Abweichen vom Zustand zum Zeitpunkt des Entstehens der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft vor.63 Selbst wenn die abweichende Herstellung durch den Bauträger auf Veranlassung oder aufgrund des Sonderwunsches eines Erwerbers erfolgt ist, besteht kein Beseitigungsanspruch gegen den Erwerber, sondern ein Anspruch auf planmäßige Herstellung gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern;64 gegen den Bauträger können den übrigen Erwerbern Gewährleistungsrechte zustehen. 8a Maßnahmen zur erstmaligen Herstellung einer Fernsprechteilnehmereinrichtung, Rund-

funk- und Fernsehempfangsanlage oder eines Energieversorgungsanschlusses können nach § 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 6 WEG im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung mit Mehrheit beschlossen werden (vgl. § 21 Rz. 101).65 cc) Instandhaltung und Instandsetzung 9 Maßnahmen der ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschafts-

eigentums und gem. § 22 Abs. 3 WEG ausdrücklich auch der modernisierenden Instandsetzung66 sind keine baulichen Veränderungen. Dazu gehören zunächst solche Maßnahmen, die erforderlich sind, um im Bereich des Gemeinschaftseigentums vorhandene gravierende bauliche Mängel, die die zweckentsprechende Nutzung von Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten erheblich beeinträchtigen oder sogar ausschließen, wie etwa massive Durchfeuchtungen

BGH v. 23.2.2016 – V ZR 250/14 – Rz. 11 f., MDR 2016, 819. BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17 – Rz. 13 ff., MDR 2018, 1366. BGH v. 12.4.2013 – V ZR 266/11 – Rz. 10, MDR 2013, 700. BayObLG v. 27.3.1986 – BReg.2 Z 109/85, NJW-RR 1986, 954; v. 24.9.1986 – 2Z 74/85, WuM 1987, 164; v. 20.11.1987 – BReg.2 Z 91/87, NJW-RR 1988, 587; v. 9.6.1989 – 1b Z 11/88, WuM 1989, 539; v. 5.11.1993 – 2Z BR 83/93, NJW-RR 1994, 276 = ZMR 1994, 126; v. 29.5.1998 – 2Z BR 57/98, NZM 1999, 286; OLG Frankfurt v. 24.7.2007 – 20 W 538/05, NZM 2008, 322; OLG Hamm v. 21.7.1997 – 15 W 482/96, NZM 1998, 199; OLG Köln v. 27.8.1997 – 16 Wx 86/97, NZM 1998, 199; OLG Zweibrücken v. 23.11.2001 – 3 W 226/01, NZM 2002, 253; LG Dessau-Roßlau v. 22.5.2014 – 5 S 237/13, ZWE 2015, 40; LG Itzehoe v. 10.4.2018 – 11 S 129/15, ZMR 2018, 626; zutreffend abweichend BayObLG v. 29.5.1998 – 2Z BR 57/98, NZM 1999, 286 für den Fall der Errichtung durch mehrere Bauherren, die schon zu Beginn der Bauarbeiten Wohnungseigentümer geworden sind. 64 BGH v. 14.11.2014 – V ZR 118/13, MDR 2015, 452; OLG Frankfurt v. 24.7.2007 – 20 W 538/05, NZM 2008, 322; so schon LG Dessau-Roßlau v. 22.5.2014 – 5 S 237/13, ZWE 2015, 40; AG Nürnberg v. 26.8.2014 – 29 C 8462/13, ZMR 2015, 634; zutreffend anders, wenn sich die Mehrheit der Wohnungseigentümer ohne Eigentümerbeschluss auf einen Umbau zur Beseitigung eines Mangels einigt (nicht vorgesehenes Vordach an undichter Haustüranlage) LG Hamburg v. 5.4.2012 – 318 S 180/11, ZMR 2012, 723. 65 OLG Celle v. 5.4.1986 – 4 W 30/86, NJW-RR 1986, 1271; OLG Hamm v. 9.10.1997 – 15 W 245/97, MDR 1998, 527 = ZMR 1998, 188; OLG Köln v. 19.7.1995 – 16 Wx 83/95, WuM 1996, 106; s.a. AG Hannover v. 9.7.2013 – 483 C 3961/13, ZMR 2014, 63. 66 OLG Schleswig v. 8.12.2006 – 2 W 111/06, MDR 2007, 829; s.a. Drabek, ZWE 2001, 470; Gottschalg, NZM 2001, 729.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 9 § 22

der Wände, zu beseitigen.67 Eine modernisierende Instandsetzung (vgl. Rz. 76 f.) liegt dann vor, wenn ein verantwortungsbewusster, wirtschaftlich denkender Hauseigentümer vernünftigerweise ebenso sanieren würde, der wirtschaftliche Aufwand für eine technische Neuerung also in einem vertretbaren Verhältnis zum Erfolg steht und sich in absehbarer Zeit bezogen auf die Lebensdauer der Maßnahme amortisiert.68 Zu Instandsetzungsmaßnahmen zählen auch solche Vorhaben, die – nach Invollzugsetzung der WEG69 – aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorgaben vorgeschrieben werden,70 etwa die Anlage eines Kinderspielplatzes oder von Feuerwehrzufahrten, der nachzuweisenden Stellplätze71, der Einbau landesrechtlich vorgeschriebener Kaltwasserzähler72 oder Rauchwarnmelder (Rz. 102),73 von Verbrauchserfassungsgeräten nach der Heizkostenverordnung,74 Energieeinsparmaßnahmen (Nachrüstungsverpflichtungen nach der EnEV,75 dem EEWärmeG oder der mehrfach verschärften Trinkwasserverordnung;76 Verpflichtung zur Erneuerung der Eichung von Wärmezählern und Wasseruhren nach dem MessEG77)78 sowie ordnungsbehördlich angeordnete Maßnahmen,79 wie die Anlage eines zweiten Rettungswegs80 oder die Errichtung eines Geräteschuppens für die Gartengeräte nach Beanstandungen in der Brandschau81. Die bloße, auch wirtschaftlich sinnvolle Verbesserung macht allerdings aus der baulichen Veränderung noch keine dem Mehrheitsbeschluss zugäng-

67 BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17 – Rz. 10, MDR 2018, 921, auch zur Pflicht der Schadensbehebung nach aktuellen technischen Standards. 68 KG v. 2.2.1996 – 24 W 7880/95, ZMR 1996, 282; OLG Düsseldorf v. 3.5.1999 – 3 Wx 76/99, ZMR 1999, 582; OLG Düsseldorf v. 26.4.2000 – 3 Wx 81/00, NZM 2000, 1067. 69 Zur Umsetzung von Auflagen der Baugenehmigung als Maßnahmen der erstmaligen Herstellung vgl. Rz. 7a. 70 BayObLG v. 11.12.1980 – BReg.2 Z 74/79, NJW 1981, 690 = ZMR 1981, 265; v. 25.6.1998 – 2Z BR 10/98, NZM 1998, 817 = ZMR 1998, 647. 71 BGH v. 26.2.2016 – V ZR 250/14, MDR 2016, 819. 72 BGH v. 25.9.2003 – V ZB 21/03, BGHZ 156, 192 (201) = MDR 2004, 86; OLG Hamburg v. 29.9.2004 – 2 Wx 1/04, ZMR 2004, 937 f.; LG Hamburg v. 29.12.2010 – 318 S 101/10, NZM 2011, 859. 73 BGH v. 7.12.2018 – V ZR 273/17, Juris. 74 OLG Düsseldorf v. 23.6.2008 – I-3 Wx 77/08, MDR 2009, 197 für Warmwasserzähler; M.J. Schmid, DWE 2011, 44. 75 OLG Hamm v. 18.11.2008 – I-15 Wx 139/08, WuM 2009, 252; LG Berlin v. 16.6.2017 – 55 S 76/15 WEG, Grundeigentum 2017, 1483; zu den Grenzen LG Saarbrücken v. 28.3.2013 – 5 S 182/12, ZWE 2013, 421; AG Mettmann v. 17.4.2013 – 26 C 93/11, ZMR 2013, 841. 76 Zur Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht der vermietenden Mieteigentümer für die Überprüfung der Trinkwasseranlage vgl. LG Saarbrücken v. 18.12.2015 – 5 S 17/15, ZWE 2016, 187; s.a. OVG Münster v. 25.6.2015 – 13 B 452/15, WuM 2015, 581; VG Würzburg v. 14.7.2014 – W 6 S 14.485, ZWE 2015, 287. Zur TrinkwV vgl. Riecke/Schmidt/Riecke, Anh. TrinkWV; Böck/Pause, ZWE 2013, 346; Hübner, ZfIR 2012, 724; Hübner, ZfIR 2013, 89; Grams, ZfIR 2013, 92; zum Austausch von Bleirohren Pfeifer, MietRB 2012, 392, 395; zur Rohrinnensanierung durch Epoxidharzbeschichtung und Legionellengefahr VG Würzburg v. 25.11.2015 – W 6 K 14.324, ZMR 2016, 241; VGH München v. 29.9.2014 – 20 CS 14.1663, NZM 2015, 171; VGH München v. 6.3.2018 – 20 B 17.1378, Juris. 77 Vgl. zum am1.1.2015 neu in Kraft getretenen Mess- und Eichgesetz etwa Burrer, GewArch 2015, 481; zur Umsetzung durch den Verwalter Fritsch, ZMR 2015, 361; Lindner, ZWE 2015, 442; zur Verwendung nicht (mehr) geeichter Zähler in der Heizkostenabrechnung Lammel, WuM 2015, 531. 78 Vgl. ausführlich zum Energierecht gerade für Wohnungseigentümer Brändle, ZfIR 2015, 94, 134 und 193. 79 OLG Köln v. 6.8.2004 – 16 Wx 81/04, ZMR 2005, 403; LG Hamburg v. 21.10.2015 – 318 S 3/15, ZMR 2016, 315; AG Bonn v. 17.8.2012 – 27 C 218/11, ZMR 2012, 995 für die Stilllegung von Müllabwurfschächten; OVG Münster v. 22.10.2012 – 14 B 843/12, ZMR 2013, 1009 zur Sanierung eines asbesthaltigen Bodenbelags. 80 LG Hamburg v. 21.10.2015 – 318 S 3/15, ZMR 2016, 135. 81 LG Frankfurt/Main v. 20.11.2018 – 2-09 S 26/18, WuM 2019, 49.

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§ 22 Rz. 9 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau liche Maßnahme der Instandsetzung oder Instandhaltung; es muss zumindest aus ex anteSicht ein Sanierungsbedarf bestehen.82 9a Werden einzelnen Wohnungseigentümern Instandhaltungs- und/oder Instandsetzungpflich-

ten,83 nicht nur die alleinige Kostentragung, für Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum im Bereich des Sondereigentums durch Vereinbarung, also regelmäßig durch Regelung in der Teilungserklärung übertragen,84 sind deren Maßnahmen in Erfüllung dieser Pflicht keine eigenmächtigen, rechtswidrigen Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum, sondern zulässig, weil § 22 Abs. 1 bis 3 WEG insoweit abbedungen sind. Die Zulässigkeit von Maßnahmen ist zunächst nach dem Inhalt der jeweiligen Vereinbarung zu ermitteln, die ganz unterschiedlich ausgestaltet sein kann.85 Die zeigen die Beispiele der Reihenhausanlage, in der jeder wie ein Grundstückseigentümer für „seine“ Immobilie behandelt werden soll, oder der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht für Fenster und Türen im Bereich eines Sondereigentums, schließlich die Bildung von Untergemeinschaften in Mehrhausanlagen86. Auf diese Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum finden die gesetzlichen Regelungen aber nur insoweit keine Anwendung, wie die abweichende Regelung im Einzelnen reicht. dd) Notgeschäftsführung, § 21 Abs. 2 WEG 10 Wird eine eigentlich als bauliche Veränderung anzusprechende Baumaßnahme im Rahmen

der Notgeschäftsführung des Verwalters oder eines einzelnen Wohnungseigentümers erforderlich, hält sie sich nach der gesetzlichen Systematik immer im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung und ist daher nicht nach § 22 Abs. 1 WEG zu beurteilen. Dies gilt insbesondere für die Beseitigung von Gefahrenquellen.87 Eine Notgeschäftsführung setzt aber voraus, dass die Dringlichkeit der Gefahrenlage eine vorherige Einschaltung des Verwalters durch den handelnden Wohnungseigentümer bzw. – bei Überschreitung von dessen Kompetenzen – der übrigen Wohnungseigentümer durch Einberufung einer Eigentümerversammlung nicht zulässt.88 Erlaubt sind nur Maßnahmen zur Beseitigung der akuten Gefahrenlage, nicht aber zur dauerhaften Beseitigung der Schadensursache.89 Spannungen können sich daraus ergeben, weil öffentlich-rechtliche Gefahrenbeseitigungspflichten des Störers nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte eine umfassende Notkompetenz des Verwalters begründen sollen (vgl. § 14 Rz. 19). ee) Gebrauchsregelungen 11 Keine baulichen Veränderungen sind Veränderungen an unbebauten Grundstücksteilen zur

Umsetzung der Zweckbestimmung des Grundstücksteils, wie etwa die Bestimmung eines

82 OLG München v. 27.9.2006 – 34 Wx 059/06, ZMR 2007, 557. 83 Zur Differenzierung vgl. BGH v. 9.12.2016 – V ZR 124/16 – Rz. 18, MDR 2017, 449; zu den Hintergründen Schultzky, MietRB 2017, 28. 84 BGH v. 28.10.2016 – V ZR 91/16, MDR 2017, 567; BGH v. 4.5.2018 – V ZR 163/17 – Rz. 10, MDR 2018, 896. 85 Vgl. zur Formulierung „Gebäudeteile, die sich im Bereich seines Sondereigentums befinden“ LG Hamburg v. 15.6.2016 – 318 S 110/15, ZMR 2016, 902, sowie LG Hamburg v. 8.11.2017 – 318 S 88/ 14, ZMR 2018, 256. 86 Vgl. dazu BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, MDR 2018, 787. 87 BayObLG v. 17.2.2000 – 2Z BR 180/99, NZM 2000, 513. 88 Zu Aufwendungsersatzansprüchen gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft OLG München v. 15.1.2008 – 32 Wx 129/07, NZM 2008, 215; OLG Frankfurt v. 4.9.2008 – 20 W 347/05, ZMR 2009, 382. 89 BGH v. 18.2.2011 – V ZR 197/10 – Rz. 21, NZM 2011, 454; BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14 – Rz. 7, MDR 2016, 318; vgl. zur Beseitigung von Wärmebrücken v. 1.2.2018 – 2 S 317/17, WuM 2018, 802.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 12a § 22

Grundstücksteils zum „Müllplatz“90 oder die Gartengestaltung91. Als durch Mehrheitsbeschluss mögliche Gebrauchsregelung, § 15 Abs. 2 WEG, gilt deshalb das Anbringen von Markierungsstreifen zur Herstellung einer Parkordnung auf einem in der Teilungserklärung als Kfz-Abstellfläche ausgewiesenen asphaltierten Hof,92 im Gegensatz zur Einrichtung und Vermietung von Pkw-Stellplätzen auf der gemeinschaftlichen Garagenzufahrt.93 Durch Gebrauchsregelungen können die Grenzen des Zulässigen auch für bauliche Maßnahmen bindend festlegt werden.94 ff) Maßnahmen zur Umsetzung von Regelungen über den Kostenverteilungsschlüssel, § 16 Abs. 3 WEG Schließlich sind die Maßnahmen, die der Umsetzung einer abweichenden Regelung über die 11a Kostenverteilung nach § 16 Abs. 3 WEG (vgl. § 16 Rz. 29 ff.) dienen, insbesondere der Einbau von Verbrauchserfassungsgeräten, allein an den dort geltenden Voraussetzungen zu messen,95 ohne dass es auf die Einordnung in die Systematik des § 22 WEG ankäme und die sich daraus ergebenden Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Deshalb ist auch der Einbau funkbasierter Heizkostenverteiler zulässig, gegen den datenschutzrechtliche Bedenken bei entsprechender Regelung der Datenverwendung im Eigentümerbeschluss nicht durchgreifend geltend gemacht werden können.96 c) Zustimmung Liegt eine bauliche Veränderung vor, weil in die Substanz des Gemeinschaftseigentums ein- 12 gegriffen oder die äußere Gestalt des Gebäudes verändert wird, und greift keiner der Ausnahmefälle ein, bedarf die Maßnahme der Zustimmungen aller über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus benachteiligten Wohnungseigentümer, § 14 Nr. 1 WEG. Damit sind zwei Fragen angesprochen, einmal wann ein erheblicher Nachteil vorliegt (vgl. Rz. 28), zum andern in welcher Weise die Zustimmung erklärt werden muss (vgl. Rz. 12a ff.), insbesondere ob es in jedem Fall eines zustimmenden Eigentümerbeschlusses bedarf (vgl. schon Rz. 1a). aa) Grundsatz Liegt eine bauliche Veränderung vor, ist für ihre Zulässigkeit die Zustimmungen aller über 12a das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus benachteiligten Wohnungseigentümer97 erforderlich, nicht aber die Zustimmung dinglich berechtigter Dritter. Weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass in der Praxis mit nur wenigen Ausnahmen alle 90 LG Dortmund v. 5.12.2017 – 1 S 28/17, ZMR 2018, 350. 91 LG Stuttgart v. 20.8.2018 – 19 S51/17, Juris. 92 BayObLG v. 14.8.1987 – BReg.2 Z 77/87, NJW-RR 1987, 1490 = WuM 1988, 97; OLG Karlsruhe v. 19.12.1977 – 3 W 6/77, MDR 1978, 495; OLG Köln v. 2.5.1978 – 16 Wx 10/78, OLGZ 1978, 287; vgl. auch KG v. 6.3.1985 – 24 W 3664/84, OLGZ 1985, 263. 93 OLG Zweibrücken v. 27.8.1985 – 3 W 121/85, OLGZ 1985, 418 = MDR 1986, 60. 94 BayObLG v. 14.1.1993 – 2Z BR 123/92, WuM 1993, 206; v. 6.2.1992 – 2Z 166/91, WuM 1992, 206 = ZMR 1992, 202; v. 22.3.2001 – 2Z BR 20/01, NZM 2002, 259 für das Aufstellen von Blumenkästen. 95 Zum alten Recht BGH v. 25.9.2003 – V ZB 21/03, BGHZ 156, 192 = MDR 2004, 86; M. J. Schmid, DWE 2011, 44. 96 LG Dortmund v. 28.10.2014 – 9 S 1/14, ZMR 2015, 330; zu den Anforderungen des BDSG vgl. § 14 Rz. 4c. 97 Wenn ein Wohnungseigentum mehreren gehört, so muss jeder von ihnen zustimmen, denn eine gesetzliche Vertretungsmacht der Miteigentümer ist in §§ 741 ff. BGB oder § 1011 BGB nicht vorgesehen, OLG München v. 22.5.2006 – 34 Wx 183/05, Juris.

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§ 22 Rz. 12a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau Wohnungseigentümer beeinträchtigt sind, wird als gesetzlicher Regelfall die Zustimmung durch (einstimmigen) Beschluss vorgesehen.98 Auch der zur Klarstellung neu gefassten Wortlaut durch Abs. 1 sagt vorsorglich noch einmal, dass die Zustimmung nur derjenigen Wohnungseigentümer erforderlich ist, die durch die Maßnahme i.S.d. §§ 22 Abs. 1 S. 1, 14 Nr. 1 WEG beeinträchtigt sind. Ist kein Wohnungseigentümer erheblich beeinträchtigt, bedarf es keines förmlichen Zustimmungsbeschlusses.99 13 Die Zustimmung kann nach zutreffender Auffassung nicht nur durch Eigentümerbeschluss,

sondern in jeder Form erfolgen.100 Diesem Verständnis kann nicht entgegengehalten werden, die Materialien zur WEG-Reform seien widersprüchlich und würden in der Diskussion von beiden Seiten in Anspruch genommen.101 Es findet sich dort kein Anhalt dafür, dass mit der redaktionellen Neuformulierung des § 22 Abs. 1 inhaltlich eine Änderung des vor der Reform herrschenden Verständnisses102 verbunden sein sollte. Die Gegenauffassung vermag daher – auch mit dem durch die Prüfung des Reformgesetzgebers überholten Hinweis, dass vor der WEG-Reform von der herrschenden Meinung der Wille des historischen Gesetzgebers bei Schaffung des WEG missachtet worden sei103 – keine dogmatisch zwingenden Argumente aufzuzeigen, die eine Aufgabe der Vorzüge der hier vertretenen Position erfordern würden. Diese Stärke liegt – unbestritten auch von den Gegnern104 – darin, dass eine bauliche Veränderung unbürokratisch ohne unnötige Förmlichkeit durchgeführt werden kann, wenn kein Wohnungseigentümer beeinträchtigt oder die (manchmal wenigen) Beeinträchtigten zugestimmt haben. Dieses Verständnis ermöglicht auch die Zustimmung Betroffener außerhalb der Eigentümerversammlung und ermöglicht damit ein pragmatisches Vorgehen, wo die Feststellung des Zustandekommens eines Eigentümerbeschlusses unter der Bedingung, dass weitere Betroffene zustimmen, nicht möglich ist105. Die Gegenansicht muss dagegen einen Anspruch auf positive Zustimmung durch einen Eigentümerbeschluss annehmen,106 der notfalls gerichtlich durchgesetzt werden muss.107 Dieser Anspruch auf Zustimmung passt mit § 16 98 Kritisch zur Qualität der Umsetzung der eigenen Absichten in der Neufassung Lüke, ZfIR 2009, 225 (227); Meffert, ZMR 2007, 758 f. 99 Vgl. LG München I v. 16.11.2009 – 1 S 4964/09, WuM 2010, 444 mit Anm. M. J. Schmid, DWE 2011, 2. 100 Wie hier schon Armbrüster, ZWE 2008, 61 (64 f.); Greiner, § 4 Rz. 7; Häublein, ZMR 2007, 411 (420); Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, Rz. 378; Niedenführ, NJW 2007, 1841 f.; J.-H. Schmidt, ZMR 2007, 913 (917); J.-H. Schmidt in Bärmann/Seuss, § 12 Rz. 108; J.-H. Schmidt, ZWE 2013, 399; a.A. LG Berlin v. 29.10.2010 – 55 S 155/10 WEG, ZWE 2011, 181; LG Hamburg v. 16.1.2013 – 318 S 55/12, ZMR 2013, 373; LG Hamburg v. 20.12.2017 – 318 S 10/17, ZMR 2018, 433; LG Karlsruhe v. 23.12.2015 – 11 T 16/15, ZWE 2016, 181; LG München I v. 6.7.2015 – 1 S 22070/14 WEG, MDR 2015, 1412; AG Hamburg-Barmbek v. 14.1.2015 – 882 C 17/14, ZMR 2015, 578; BeckOGK/Karkmann, Stand: 1.12.2018, WEG § 22 Rz. 123, 127; Derleder, WuM 2008, 444 (447 f.); Grüner in Hügel/Scheel, § 13 Rz. 41; Hügel/Elzer, Das neue WEG, § 7 Rz. 15 f.; Hügel in FS Merle (2010) 167; Kümmel, ZMR 2007, 932 f.; Merle, ZWE 2007, 374 f.; Merle in Bärmann, § 22 WEG Rz. 123 ff.; Moosheimer, ZMR 2009, 809 (811); Niedenführ/Vandenhouten, § 22 WEG Rz. 4, 148; Drabek in Riecke/Schmid, § 22 WEG Rz. 23; Schäuble in Soergel, § 22 WEG Rz. 9; s.a. Hügel in FS Merle (2010) 167 ff. 101 Vgl. Hügel/Elzer, NZM 2009, 457 (464). 102 BayObLG v. 7.9.1994 – 2Z BR 65/94, NJW-RR 1995, 653; v. 28.3.2001 – 2Z BR 1/01, ZMR 2001, 640; Niedenführ, NZM 2001, 1105, 1106; Schuschke, NZM 2001, 497. 103 Elzer in Timme, BeckOK/WEG, Stand 1.2.2019, § 22 WEG Rz. 58. 104 Vgl. Hügel/Elzer, NZM 2009, 457 (465); Hügel/Elzer, § 22 WEG Rz. 31. 105 Vgl. BGH v. 6.7.2018 – V ZR 221/17, MDR 2018, 1432. 106 Obiter LG München I v. 23.12.2015 – 11 T 16/15, Juris Rz. 21 = ZWE 2016, 181. 107 Ob dieser Anspruch einem Beseitigungsverlangen einredeweise entgegengehalten werden kann, ist nicht zweifelsfrei; ablehnend OLG Hamm v. 11.11.2008 – 15 Wx 62/08, WuM 2009, 477. Nichts anderes wird gelten, wenn man § 22 Abs. 1 WEG ein unbedingtes Vorbefassungsgebot entnimmt, vgl. dazu LG München I v. 20.4.2015 – 1 S 12462/14, ZMR 2015, 799; LG Itzehoe v. 2.6.2015 – 11 S 100/12, ZMR 2015, 788; dagegen Häublein, ZMR 2014, 854.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 13a § 22

Abs. 6 S. 1 Halbsatz 2 WEG nicht zusammen; danach ist kostenfrei nur, wer nicht zustimmt.108 Weil die Mehrheit einer baulichen Veränderung nicht zustimmen dürfte, wenn nicht alle über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus benachteiligten Wohnungseigentümer der Maßnahme zugestimmt haben, sehen sie sich schon beim Fehlen der Zustimmung auch nur eines vielleicht in diesem Sinne erheblich betroffenen Wohnungseigentümers dem Dilemma gegenüber, einerseits ohne dessen Zustimmung die bauliche Veränderung nicht durch Eigentümerbeschluss billigen zu dürfen, andererseits zur Klärung der Frage, ob dessen Zustimmung überhaupt erforderlich ist, vom Bauwilligen auf Erteilung der Zustimmung verklagt zu werden. Die Gegenauffassung kann also zur wenig sinnvollen Folge führen, dass die gerichtliche Klärung unter Beteiligung aller Wohnungseigentümer und unter Umständen auch auf deren Kosten erfolgt, obwohl sie am Streit zwischen dem bauwilligen Wohnungseigentümer und einem nicht zustimmenden anderen Wohnungseigentümer kein eigenes Interesse haben. Vorgelagert trägt dieses Problem der Versammlungsleiter, dem nach dem hier vertretenen Standpunkt nicht zugemutet werden kann und muss, vor der Beschlussfeststellung abschließend zu entscheiden, wer durch die zu beschließende Baumaßnahme erheblich beeinträchtigt wird und wessen Zustimmung entbehrlich ist.109 Der Meinungsstreit wird allerdings fraglich, wenn man bauliche Veränderungen durch einzel- 13a ne Wohnungseigentümer danach einteilt, wie es in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof110 der Fall ist, ob sie ohne erheblichen Nachteil und deshalb zustimmungsfrei sind, oder aber für den Fall des erheblichen Nachteils in der Annahme, dass ohnehin regelmäßig alle übrigen Wohnungseigentümer erheblich benachteiligt sind, deren Zustimmung fordert. In dieser auf das Einverständnis als materiell-rechtliche Zulässigkeitsvoraussetzung abstellenden Sicht111 kommt das Erfordernis einer Zustimmung gerade in der Form des Eigentümerbeschlusses nicht vor. Das wird gerade dadurch deutlich, dass der Wohnungseigentümer bei Fehlen besonderer Gründe an der einmal erteilten Zustimmung unabhängoig von deren Form und dem Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses festgehalten wird unter Hinweis auf ein gegen Treu und Glauben verstoßendes widersprüchliches Verhalten und einen Vertrauenstatbestand.112 Diese Aussagen erlauben die Bewältigung der praktischen Streitfragen ohne Entscheidung des vorgenannten Meinungsstreits, denn fehlt es an einem erheblichen Nachteil, fordert niemand die förmliche Zustimmung durch Eigentümerbeschluss. Ist die bauliche Veränderung mit einem erheblichen Nachteil verbunden, liegt entweder ein bestandskräftiger Mehrheitsbeschluss als ausreichende Grundlage vor oder aber es fehlt in der Regel die Zustimmung zumindest eines erheblich benachteiligten Wohnungseigentümers in welcher Form auch immer. Liegen ausnahmsweise die Zustimmungen aller erheblich benachteiligter Wohnungseigentümer vor und fehlt es nur an der Zustimmung der übrigen, nicht erheblich benachteiligter Wohnungseigentümer sowie an einem förmlichen Eigentümerbeschluss, erscheint die Forderung nach der förmlichen Zustimmung durch Eigentümerbeschluss als rechtsmissbräuchlich.113 Dem entspricht die Aussage, dass die Anfechtung der Ablehnung einer nachträglichen Genehmigung der Baumaßnahme eines einzelnen Wohnungseigentümers ohne Erfolg bleiben muss, weil es mangels erheblichen Nachteils keines Genehmigungsbeschlusses bedarf oder umgekehrt die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich wäre.114 – Der Streit um die Form der Zustimmung erscheint danach als in

108 Häublein, ZMR 2014, 854. 109 Vgl. H. Müller, ZWE 2015, 303 (306). 110 BGH v. 21.10.2011 – V ZR 265/10 – Rz. 6, NZM 2012, 239; v. 14.12.2012 – V ZR 224/11 – Rz. 10, MDR 2014, 453; BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17 – Rz. 27, MDR 2018, 1366. 111 So ausdrücklich BGH v. 6.7.2018 – V ZR 221/17 – Rz. 19, MDR 2018, 1432. 112 BGH v. 6.7.2018 – V ZR 221/17 – Rz. 19 ff., MDR 2018, 1432. 113 Vgl. BGH v. 21.10.2011 – V ZR 265/10 – Rz. 6, NZM 2012, 239; v. 14.12.2012 – V ZR 224/11 – Rz. 10, MDR 2014, 453; Niedenführ, ZWE 2012, 476 f. 114 AG Charlottenburg v. 12.1.2018 – 73 C 70/17, ZMR 2018, 538.4

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§ 22 Rz. 13a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau der Praxis regelmäßig nicht entscheidungserheblich; der Tatrichter darf nicht mit dem formalen Argument, es fehle ja schon der Eigentümerbeschluss, auf die regelmäßig nicht schwierige Feststellung von möglichen Nachteilen verzichten. Die Anfechtungsklage gegen einen Eigentümerbeschluss, der eine bauliche Veränderung genehmigt, wird wegen der Ausschlusswirkung des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG nicht nur das Fehlen einer Genehmigung in der Form des Eigentümerbeschlusses geltend machen, sondern auch alle in Betracht kommenden Nachteile. 14 Folge der hier vertretenen Auffassung ist: Die Zustimmung ist ein eigenständiges Regelungs-

instrument neben Vereinbarung und Beschluss. Sie ist zutreffend als einseitiges Rechtsgeschäft zu charakterisieren, auf das die §§ 182 ff. BGB entsprechend Anwendung finden.115 Sie ist für den Zustimmenden grundsätzlich bindend und unter den Voraussetzungen des § 183 BGB widerruflich.116 Demgegenüber muss, wer auf einem Eigentümerbeschluss besteht, die Frage klären, ob sich aus einer außerhalb eines Beschlussverfahrens formlos erklärten Zustimmung im Falle eines späteren Beseitigungsverlangens des Zustimmenden zumindest der Missbrauchseinwand gemäß § 242 BGB.117 Die Zustimmung zu einer baulichen Veränderung durch den Rechtsvorgänger bindet auch dessen Rechtsnachfolger; er kann die Beseitigung der baulichen Veränderung nicht verlangen,118 jedenfalls dann nicht, wenn mit der baulichen Umgestaltung bereits begonnen worden ist.119 15 Die Zustimmung ist empfangsbedürftig,120 nicht formgebunden.121 Sie kann auch mündlich

oder konkludent122 erklärt werden, sofern nur Erklärungsbewusstsein vorliegt123 oder wenn der Handelnde bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können, dass sein Verhalten als Willenserklärung aufgefasst wird.124 Schweigen auf den Plan zu einer baulichen Veränderung stellt aber keine Zustimmung dar.125 Die Zustimmung muss nicht gleichzeitig durch alle benachteiligten Wohnungseigentümer erfolgen, sondern ist auch im Umlaufverfahren möglich. Nur im Einzelfall wird sich die Zustimmung aus einer öffentlich-rechtlichen Verzichtserklärung, etwa der Nachbarzustimmung im Baugenehmigungsverfahren in Kenntnis

115 OLG Hamm v. 12.3.1991 – 15 W 41/90, OLGZ 1991, 418 = MDR 1991, 1171; Ott, ZWE 2002, 61 f.; Schuschke, NZM 2001, 497. 116 BayObLG v. 6.9.2001 – 2Z BR 86/01, ZMR 2002, 68; OLG Düsseldorf v. 10.3.2006 – 3 Wx 16/06, ZMR 2006, 624. 117 Grundsätzlich, außerhalb außergewöhnlicher Umstände verneinend LG München I v. 6.7.2015 – 1 S 22070/14 WEG, MDR 2015, 1412. 118 BayObLG v. 7.4.1993 – 2Z BR 9/93, NJW-RR 1993, 1165 f.; v. 6.9.2001 – 2Z BR 86/01, ZMR 2002, 68; KG v. 8.9.1993 – 24 W 5753/93, 24 W 2301/93, WuM 1994, 38; OLG Hamm v. 9.1.1996 – 15 W 340/95, NJW-RR 1996, 971 f.; OLG Köln v. 6.2.1998 – 16 Wx 333/97, NZM 1998, 872 = ZMR 1998, 459; OLG Stuttgart v. 18.8.1998 – 8 W 188/98, WuM 1999, 540. 119 BayObLG v. 5.2.1998 – 2Z BR 110/97, MDR 1998, 527; v. 28.3.2001 – 2Z BR 1/01, ZMR 2001, 640; KG v. 8.9.1993 – 24 W 5753/93, 24 W 2301/93, WuM 1994, 38; v. 19.7.2004 – 24 W 318/02, ZMR 2005, 75; OLG Düsseldorf v. 11.8.1997 – 3 Wx 227/97, NZM 1998, 79 = ZMR 1997, 657; OLG Hamm v. 9.1.1996 – 15 W 340/95, NJW-RR 1996, 971 f.; zustimmend Gottschalg, WE 1997, 2 (6 f.). 120 OLG Karlsruhe v. 2.12.1998 – 4 W 42/97, NJW-RR 1998, 1468. 121 BayObLG v. 9.4.1998 – 2Z BR 164/97, NZM 1998, 1014; v. 2.6.1999 – 2Z BR 15/99, NZM 1999, 1009; v. 28.3.2001 – 2Z BR 1/01, ZMR 2001, 640. 122 BayObLG v. 7.4.1993 – 2Z BR 9/93, NJW-RR 1993, 1165 f.; v. 11.7.2002 – 2Z BR 55/02, ZMR 2003, 48; OLG Zweibrücken v. 23.12.1999 – 3 W 198/99, NZM 2000, 293. 123 OLG Bremen v. 20.2.1998 – 3 W 26/97, NZM 1998, 871; OLG Köln v. 12.1.2000 – 16 Wx 149/99, MDR 2000, 760. 124 BayObLG v. 11.7.2002 – 2Z BR 55/02, ZMR 2003, 48; OLG München v. 22.5.2006 – 34 Wx 183/05, Juris. 125 AG Kassel v. 15.11.2018 – 800 C 3071/18, Juris, für eine zweigliedrige WEG.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 16 § 22

der konkreten Ausbauplanung, ergeben.126 Die Zustimmung für bauliche Veränderungen liegt nicht ohne weiteres in der Einräumung eines Sondernutzungsrechts an einer unbebauten Fläche127 oder eines Speicherraums,128 soweit nicht bauliche Veränderungen Eingang in die Beschreibung des Sondernutzungsrechts gefunden haben oder nach dem Inhalt des Sondernutzungsrechts üblicherweise vorgenommen und der Anlage kein anderes Gepräge verleihen.129 Bei der Einräumung eines Ausbaurechts130 als Zustimmungserklärung kommt es auf die Formulierung im Einzelfall an, welche Rechte eingeräumt sind,131 insbesondere ob es noch einer Genehmigung der konkreten Bauausführung durch Mehrheitsbeschluss bedarf;132 zudem sind Maßnahmen am Sondereigentum, wie sie bei jeder Umnutzung innerhalb der Zweckbestimmung oder Instandsetzung und Modernisierung des Sondereigentums ohne Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum denkbar und dann ohne weitere zulässig sind, von solchem am oder mit Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum zu unterscheiden. Regelmäßig besteht kein Recht, die baulichen Maßnahmen bereits während der Herstellungsphase begleitend zu kontrollieren und deshalb die Herausgabe aller notwendigen Unterlagen zu verlangen, um einen Sachverständigen mit der Prüfung zu beauftragen.133 Wenn auch keine Unbedenklichkeitsbescheinigung gefordert werden kann, so ist der umbauende Wohnungseigentümer doch zur Auskunft und Umfang der durchgeführten Maßnahmen verpflichtet.134 bb) Mehrheitsbeschlüsse Ein Mehrheitsbeschluss ersetzt die notwendige Zustimmung der über das in § 14 Nr. 1 WEG 16 bestimmte Maß hinaus benachteiligten Wohnungseigentümer nicht,135 es sei denn, er wird bestandskräftig (vgl. Rz. 12 f., 17). Nur ein allstimmiger Beschluss genügt in jedem Fall der erforderlichen Zustimmung.136 Dem Erfordernis der Zustimmung aller betroffenen Wohnungseigentümer ist bereits dann nicht genügt, wenn sich nur ein einziger erheblich benachteiligter Wohnungseigentümer der Stimme enthält.137 Seine Zustimmung liegt regelmäßig auch nicht in der Nichtanfechtung des Mehrheitsbeschlusses138 oder in der Erklärung in der

126 BayObLG v. 2.9.1993, – 2Z BR 73/93, NJW-RR 1994, 82; v. 21.5.1999 – 2Z BR 188/98, NZM 1999, 809; KG v. 18.3.1998 – 24 W 2334/97, NZM 1998, 771 = ZMR 1998, 657; OLG Karlsruhe v. 13.2.1998 – 4 W 42/97, NZM 1998, 526. 127 BayObLG v. 27.3.1984 – 2Z 27/83, DWE 1984, 124 = WE 1986, 26; v. 19.3.1998 – 2Z BR 131/97, WuM 1998, 563 für Pergola; OLG Köln v. 19.6.1995 – 16 Wx 46/95, WuM 1995, 608 = ZMR 1995, 606; v. 31.1.2000 – 16 Wx 10/00, NZM 2000, 296 f. 128 LG München I v. 18.7.2013 – 36 S 20429/12, ZMR 2014, 53. 129 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207; v. 22.6.2012 – V ZR 73/11 – Rz. 7, ZMR 2012, 883. 130 Dazu Lehmann-Richter, ZWE 2017, 193. 131 Vgl. LG Hamburg v. 1.2.2017 – 318 S 76/15, ZMR 2017, 761; LG Frankfurt v. 20.1.2017 – 2-13 S 14/16, ZMR 2017, 425. 132 So LG Berlin v. 16.7.2013 – 55 S 171/12 WEG, GE 2013, 1287 für einen Einzelfall, der einer Verallgemeinerung nicht zugänglich ist; ebenso AG Schöneberg v. 29.6.2018 – 771 C 102/17, ZMR 2018, 959. 133 BGH v. 26.2.2016 – V ZR 131/15 – Rz. 15, NZM 2016, 473, für den Fall einer kompletten Neuerstellung des Dachstuhls im Zuge eines Dachausbaus; a.A. AG Aachen v. 8.1.2014 – 118 C 13/13, ZMR 2015, 400. 134 LG München I v. 8.5.2014 – 36 S 20940/12, ZMR 2014, 916. 135 BGH v. 18.1.1979 – VII ZB 19/78, BGHZ 73, 196 (199) = MDR 1979, 392; BayObLG v. 7.9.1994 – 2Z BR 65/94, NJW-RR 1995, 653 = WuM 1994, 640. 136 BGH v. 18.1.1979 – VII ZB 19/78, BGHZ 73, 196 (199) = MDR 1979, 392; BayObLG v. 7.9.1994 – 2Z BR 65/94, NJW-RR 1995, 653 = WuM 1994, 640. 137 OLG Celle v. 16.5.1991 – 4 W 199/91, OLGZ 1991, 431 = NJW-RR 1992, 86 f. 138 BayObLG v. 28.3.2001 – 2Z BR 1/01, ZMR 2001, 640; anders im Einzelfall BayObLG v. 15.10.1992 – 2Z BR 75/92, BayObLGZ 1992, 288 = MDR 1993, 344; OLG Köln v. 30.6.2004 – 16 Wx 135/04, NZM 2005, 108 = ZMR 2004, 939.

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§ 22 Rz. 16 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau Eigentümerversammlung, er könne mit dem Eigentümerbeschluss leben.139 Schreitet ein Eigentümer nicht ein, wenn er von der Veränderung Kenntnis erlangt,140 wird ihm regelmäßig das erforderliche Bewusstsein fehlen, eine gesetzlich erforderliche Zustimmung zu erteilen.141 Die bloße Duldung der baulichen Veränderung reicht für die Annahme einer Zustimmung ebenfalls nicht aus.142 Die Duldung gibt im Falle späterer Sanierungen auch nicht den Anspruch, die bauliche Veränderung aufrecht zu erhalten oder erneut vorzunehmen.143 17 Weil die Zustimmung aller über das in § 14 WEG festgesetzte Maß hinausgehend beeinträch-

tigten Wohnungseigentümer erforderlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass ein Mehrheitsbeschluss nicht notwendig die erforderliche Zustimmung beinhaltet.144 Allerdings ist durch die Neufassung des § 22 Abs. 1 WEG klargestellt, dass die Zustimmung auch in Form eines Eigentümerbeschlusses erfolgen kann und regelmäßig erfolgen soll. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Eigentümerbeschluss über eine bauliche Veränderung nur einstimmig zustande kommt, und der Versammlungsleiter andernfalls zur Vermeidung seiner Haftung gem. § 49 Abs. 2 WEG verpflichtet ist, die Ablehnung des Beschlusses festzustellen.145 Die positive Beschlussfeststellung ist unproblematisch, soweit alle Wohnungseigentümer zustimmen, die durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus benachteiligt werden und sich deren Kreis für den Versammlungsleiter abgrenzbar feststellen lässt. Weist der Versammlungsleiter auf diese Rechtslage hin und stellt er trotz Stimmenmehrheit wegen Fehlens der Zustimmung auch nur eines der über das in § 14 Nr. 1 WEG hinaus benachteiligten Wohnungseigentümers das Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses nicht ausdrücklich fest, kann nicht von einer konkludenten Beschlussfeststellung ausgegangen werden.146 Verweigert der Versammlungsleiter entgegen der hier vertretenen Auffassung (Rz. 21) die Beschlussfeststellung mit dem inhaltlich zutreffenden Hinweis, nicht alle Wohnungseigentümer, die über das in § 14 Nr. 1 WEG geregelte Maß hinaus benachteiligt würden, hätten zugestimmt, bleibt ein Antrag auf gerichtliche Feststellung des Zustandekommens eines Mehrheitsbeschlusses ohne Erfolg;147 das ist folgerichtig, wenn bei der Klage auf Beschlussfeststellung die Ordnungsgemäßheit des Beschlusses, hier also die Voraussetzungen der §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG durch das Gericht inzident zu prüfen sind (vgl. § 46 Rz. 6). Stellt der Versammlungsleiter – nach üblicher Praxis – das Zustandekommen allerdings trotz fehlender Zustimmung aller über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG benachteiligter Wohnungseigentümer ausdrücklich fest, kann der Eigentümerbeschluss von einem betroffenen Wohnungseigentümer erfolgreich angefochten werden, wenn auch nur die Zustimmung eines der benachteiligten Wohnungseigentümer fehlt (vgl. Rz. 20). Solange der Mehrheits139 LG Dortmund v. 28.2.2013 – 11 S 232/12, ZMR 2013, 555. 140 BayObLG v. 28.3.2001 – 2Z BR 1/01, ZMR 2001, 640; anders im Einzelfall BayObLG v. 15.10.1992 – 2Z BR 75/92, BayObLGZ 1992, 288 = MDR 1993, 344; OLG Köln v. 30.6.2004 – 16 Wx 135/04, NZM 2005, 108 = ZMR 2004, 939. 141 Schuschke, ZWE 2000, 146 (149). 142 BayObLG v. 5.2.1998 – 2Z BR 110/97, BayObLGZ 1998, 32 (34) = MDR 1998, 527; v. 5.1.2001 – 2Z BR 94/00, ZMR 2001, 468; v. 28.3.2001 – 2Z BR 1/01, ZMR 2001, 640; v. 26.7.2001 – 2Z BR 73/01, NZM 2001, 956; v. 9.3.1995 – 2Z BR 16/95, WuM 1995, 504; s.a. BGH v. 29.2.2008 – V ZR 31/08, MDR 2008, 681 zum Nachbarschaftsverhältnis. 143 Für Demontage zur Sanierung des Gemeinschaftseigentums vgl. OLG Hamburg v. 25.2.2002 – 2 Wx 51/98, ZMR 2002, 451; LG Lüneburg v. 12.2.2008 – 9 S 77/07, ZMR 2008, 486; für Sanierungsbedürftigkeit der baulichen Veränderung vgl. OLG Düsseldorf v. 26.6.2008 – I-3 Wx 217/07, NZM 2009, 442. 144 BGH v. 18.1.1979 – VII ZB 19/78, BGHZ 73, 196 (199) = MDR 1979, 392; vgl. BayObLG v. 7.9.1994 – 2Z BR 65/94, NJW-RR 1995, 653 = WuM 1994, 640. 145 LG München I v. 19.2.2009 – 36 S 8656/08, WE 2011, 31; zur Nichtanwendbarkeit des § 49 Abs. 2 WEG vgl. LG Karlsruhe v. 15.9.2011 – 11 T 302/11, NZM 2012, 279. 146 OLG Hamburg v. 21.5.2007 – 2 Wx 38/03, ZMR 2007, 635. 147 LG München I v. 27.4.2009 – 1 S 19129/08, WuM 2009, 426.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 17a § 22

beschluss aber nach Anfechtung nicht für ungültig erklärt worden ist, kann die Beseitigung einer baulichen Veränderung, die durch einen gültigen Mehrheitsbeschluss genehmigt wurde, auch durch einen Wohnungseigentümer, der nicht zugestimmt hat, nicht verlangt werden.148 Der bestandskräftige Eigentümerbeschluss ist nicht aus formalen Gründen wegen Fehlens 17a der Beschlusskompetenz149 nichtig und ist damit – ohne fehlende Zustimmungen zu ersetzen – eine sichere Rechtsgrundlage für eine bauliche Veränderung,150 auch wenn nicht alle über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinaus benachteiligte Wohnungseigentümer zugestimmt haben;151 der nicht zustimmende Wohnungseigentümer muss sich aber gem. § 16 Abs. 6 S. 1 WEG grundsätzlich nicht an den Kosten beteiligen.152 Soweit der Bundesgerichtshof153 diese Wirkung eines die bauliche Veränderung genehmigenden Eigentümerbeschlusses ab Bestandskraft ausgesprochen hat, zeigt ein Blick auf die Begründung,154 dass die Fiktion der Zustimmung nicht erst mit Bestandskraft angenommen wird, sondern jedenfalls ab Bestandskraft. Weil dabei auf die Gültigkeit des Eigentümerbeschlusses gem. § 23 Abs. 4 S. 2 WEG abgestellt wird, diese aber bereits mit der Verkündung des Eigentümerbeschlusses durch den Versammlungsleiter eintritt, dies allerdings unter dem Vorbehalt der Ungültigerklärung, tritt die Zustimmungsfiktion bereits mit der Verkündung des genehmigenden Eigentümerbeschlusses ein,155 soweit der Eigentümerbeschluss nicht ausnahmsweise aus anderen Gründen (Eingriff in den Kernbereich, fehlende Bestimmtheit usw.) nichtig ist (vgl. Rz. 20). Daraus folgt für den Fall, die die Eigentümergemeinschaft die Genehmigung einer baulichen Veränderung nach Anhängigkeit einer Klage auf Beseitigung eines Wohnungseigentümers beschließt, dass sich diese erledigt, wenn der Eigentümerbeschluss nicht rechtzeitig angefochten wird.156 Für den Fall, dass der Eigentümerbeschluss rechtzeitig angefochten wird, gilt aber auch, dass es allein sachgerecht ist, das Verfahren über das Beseitigungsverlangen entsprechend § 148 ZPO auszusetzen, anstatt das Beseitigungsverlangen wegen der vorläufigen Wirksamkeit des

148 BayObLG v. 30.11.2000 – 2Z BR 81/00, NZM 2001, 133; v. 17.9.2003 – 2Z BR 179/03, NJW-RR2004, 1240 für Gestattung eines Balkonanbaus; OLG Düsseldorf v. 2.11.2004 – I-3 Wx 234/04, ZMR 2005, 143; OLG Köln v. 12.1.2001 – 16 Wx 156/00, NZM 2001, 293; v. 1.2.2002 – 16 Wx 10/02, NZM 2002, 454; Abramenko, ZMR 2003, 468 f.; Niedenführ, NZM 2001, 1105 (1109); Ott, ZWE 2002, 61 (65); J.-H. Schmidt in FS Merle (2010) 329. 149 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367; LG Baden-Baden v. 2.2.2007 – 55 T 117/06, GE 2007, 1563; a.A. wohl Elzer, ZWE 2007, 165 (176). 150 BGH v. 11.11.2011 – V ZR 65/11 – Rz. 8, MDR 2012, 80; BGH v. 21.10.2018 – V ZR 56/17 – Rz. 21, MDR 2018, 1366; AG Charlottenburg v. 6.1.2017 – 72 C 56/15, ZMR 2017, 432; noch weiter unabhängig von der Bestandskraft LG Stuttgart v. 28.3.2013 – 2 S 36/12, ZMR 2013, 564 mit abl. Anm. Drabek; Häublein, NZM 2007, 752 f.; Drabek in Riecke/Schmid, § 22 WEG Rz. 24; J.-H. Schmidt in Bärmann/Seuss, § 12 Rz. 109; a.A. Armbrüster, ZWE 2008, 61 (65); ähnlich Elzer, ZWE 2007, 165 (177); s.a. Armbrüster, ZMR 2009, 252 f. 151 Deckert, ZMR 2008, 585 (592); J.-H. Schmidt in Bärmann/Seuss, § 12 Rz. 109; a.A. Armbrüster, ZWE 2008, 61 (65), der eine Bindung erst bei Zustimmung sämtlicher beeinträchtigter Wohnungseigentümer annimmt; dazu Elzer, ZWE 2010, 70; dagegen wohl BGH v. 11.11.2011 – V ZR 65/11 – Rz. 8, MDR 2012, 80 = ZfIR 2012, 95 mit Anm. Elzer. 152 BGH v. 11.11.2011 – V ZR 65/11 – Rz. 8, MDR 2012, 80; Ausnahme: Der Eigentümerbeschluss regelt die Kostenverteilung abschließend. 153 BGH v. 11.11.2011 – V ZR 65/11 – Rz. 8, MDR 2012, 80; weiter unabhängig von der Bestandskraft LG Stuttgart v. 28.3.2013 – 2 S 36/12, ZMR 2013, 564 mit abl. Anm. Drabek. 154 BGH v. 11.11.2011 – V ZR 65/11 – Rz. 8, MDR 2012, 80: „Die Bestandskraft ... bewirkt nur, dass ein nicht rechtzeitig angefochtener Beschluss gültig ist, § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG. Folge ist eine Duldungspflicht, nicht aber eine Fiktion der Zustimmung. Vielmehr ist der Beschluss gültig, obwohl die Zustimmung (nach wie vor) fehlt.“; BGH v. 28.10.2016 – V ZR 91/16 – Rz. 14, MDR 2017, 567; BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17 – Rz. 21, MDR 2018, 1366. 155 LG Stuttgart v. 28.3.2013 – 2 S 36/12, ZMR 2013, 564; a.A. wohl Drabek, ZMR 2014, 20. 156 LG Stuttgart v. 28.3.2013 – 2 S 36/12, ZMR 2013, 564.

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§ 22 Rz. 17a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau Genehmigungsbeschlusses gem. § 23 Abs. 4 S. 2 WEG stattzugeben,157 denn der Anfechtungskläger könnte nach dem Erfolg der Anfechtungsklage erneut auf Beseitigung der baulichen Veränderung klagen. 18 Die Grenze zur Nichtigkeit des Eigentümerbeschlusses aus materiell-rechtlichen Gründen ist

aber überschritten, wenn in den Kernbereich des Wohnungseigentums eingegriffen wird, etwa weil der Beschluss in das Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer eingreift.158 Nichtigkeit kann auch im Fall der Unbestimmtheit des bestandskräftig gewordenen Mehrheitsbeschlusses vorliegen, wenn der Eigentümerbeschluss keinen erkennbaren Inhalt hat.159 Baumaßnahmen sind aber legitimiert, wenn der die Baumaßnahmen nicht im Detail beschreibende Mehrheitsbeschluss gefasst wurde, soweit im Zeitpunkt der Beschlussfassung die wesentlichen Arbeiten bereits durchgeführt oder doch für jedermann ersichtlich angefangen waren.160 Auch die eindeutige Bezugnahme auf Anlagen zur Niederschrift sind zulässig, etwa auf Zeichnungen, Pläne, Baubeschreibungen, Gutachten, behördliche Genehmigungen oder auch Lichtbilder, wenn diese zweifelsfrei bestimmt sind.161 – Nichtig ist auch ein Eigentümerbeschluss, mit dem umgekehrt festgestellt werden soll, ein für einen Wohnungseigentümer rechtskräftig titulierter Anspruch auf Beseitigung einer baulichen Veränderung sei trotz gewisser Maßabweichungen erfüllt.162 18a Liegt ein Eigentümerbeschluss über die bauliche Veränderung vor, stellt sich – wie stets bei

Eigentümerbeschlüssen – die Frage nach dessen Auslegung. Weil hier die allgemeinen Grundsätze für die Auslegung von Eigentümerbeschlüssen gelten, die insbesondere die Bindung der Rechtsnachfolger gem. § 10 Abs. 4 WEG beachten, gilt, dass Eigentümerbeschlüsse aus sich heraus objektiv und normativ auszulegen sind und Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses nur herangezogen werden dürfen, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalls ohne weiteres für jedermann erkennbar sind.163 Die erste Frage an das Protokoll der Eigentümerversammlung muss daher lauten, ob überhaupt ein Eigentümerbeschluss gefasst und vom Versammlungsleiter (konkludent) verkündet worden ist oder nur eine Diskussion ohne Entscheidung wiedergegeben ist. Die zweite Frage ist dann, was beschlossen worden ist. Wird etwa durch Eigentümerbeschluss allen Wohnungseigentümern die Errichtung einer gläsernen Veranda, also einer Glasumrandung, auf deren Terrassen genehmigt, wird dadurch die Errichtung eines überdachten Wintergartens auf einer eigenmächtig vergrößerten Terrasse nicht gedeckt.164 Verneint etwa die Eigentümerversammlung durch ablehnenden Beschluss den Antrag, die Wohnungseigentümergemeinschaft möge Unterlassungs- und Beseitigungs-

157 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17 – Rz. 23 ff., Juris; a.A. noch LG Stuttgart v. 28.3.2013 – 2 S 36/ 12, ZMR 2013, 564 mit krit. Anm. Drabek, ZMR 2014, 20; allgemein zur Aussetzung wegen eines bestätigenden Zweitbeschlusses LG München I v. 19.12.2013 – 36 T 25478/13, ZMR 2014, 479. 158 OLG Düsseldorf v. 27.2.2002 – 3 Wx 348/01, NZM 2002, 443 für einen Beschluss betreffend die Verlegung eines durch die Teilungserklärung dem Sondereigentum zugewiesenen, lose verlegten Balkonbodenbelags; OLG Köln v. 5.12.2000 – 16 Wx 121/00, NZM 2001, 541. 159 BayObLG v. 6.6.2002 – 2Z BR 124/01, NZM 2002, 847; OLG Düsseldorf v. 2.11.2004 – I-3 Wx 234/ 04, NZM 2005, 791; v. 23.9.2008 – 3 Wx 272/07, WuM 2009, 63; OLG Hamm v. 23.9.2004 – 15 W 129/04, ZMR 2005, 306; OLG München v. 30.11.2005 – 34 Wx 056/05, ZMR 2006, 230; AG Hamburg v. 26.5.2005 – 102c II 6/05 WEG, ZMR 2005, 821; LG Berlin v. 5.5.2013 – 55 S 52/12 WEG, ZWE 2014, 40; s.a. OLG Düsseldorf v. 26.5.2008 – 3 Wx 44/08, ZMR 2009, 55 für Sanierungsbeschluss. 160 OLG Düsseldorf v. 2.11.2004 – I-3 Wx 234/04, ZMR 2005, 143. 161 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 104/15, MDR 2016, 1009; vgl. zu Planskizzen etwa OLG München v. 30.11.2005 – 34 Wx 56/05, ZMR 2006, 230. 162 OLG Hamm v. 24.1.2001 – 15 W 405/00, NZM 2001, 543; vgl. auch OLG Köln v. 7.4.2000 – 16 Wx 35/00, ZWE 2000, 591 für rechtzeitige Anfechtung; ausführlich Schmidt/Riecke, ZMR 2005, 252 (265 f.). 163 Vgl. nur OLG München v. 31.7.2013 – 32 Wx 129/13, ZMR 2014, 51; LG Dresden v. 22.5.2013 – 2 S 311/12, ZWE 2014, 54 zu C.I.2.a). 164 OLG München v. 31.7.2013 – 32 Wx 129/13, NZM 2014, 82.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 21 § 22

ansprüche wegen einer baulichen Veränderung geltend machen, so trifft sie damit schon inhaltlich keine Entscheidung darüber, ob dem einzelnen Wohnungseigentümer solche Ansprüche zustehen, was sie mangels Beschlusskompetenz ohnehin auch gar nicht könnte.165 Ein Anspruch auf Abänderung oder Aufhebung eines bestandskräftigen Eigentümerbe- 19 schlusses, durch den eine bauliche Veränderung genehmigt wurde, besteht nur dann, wenn das Festhalten an der bestehenden Regelung wegen ganz außergewöhnlicher neu hinzugetretener Umstände als grob unbillig und damit gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, verstoßend erscheint.166 Der Widerruf einer durch bestandskräftigen Beschluss ausgesprochenen Zustimmung zu einer baulichen Veränderung ist nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässig, soweit der begünstigte Wohnungseigentümer gegenüber dem bisherigen Zustand nicht unbillig benachteiligt wird.167 Bei der Anfechtung eines Mehrheitsbeschlusses über die Genehmigung einer baulichen Ver- 20 änderung ist Maßstab für die Beurteilung, ob die bauliche Veränderung ohne Zustimmung aller zulässig ist, weil sie keinen Wohnungseigentümer über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt.168 Für den Erfolg der Anfechtung ist es nicht erforderlich, dass gerade dem anfechtenden Wohnungseigentümer ein Nachteil entsteht (vgl. § 46 Rz. 22).169 Im Falle der erfolgreichen Anfechtung sind bereits vollzogene Eigentümerbeschlüsse rückgängig zu machen, soweit dies möglich ist; über die Umsetzung (Folgenbeseitigung) beschließen die Wohnungseigentümer nach pflichtgemäßem Ermessen.170 Die Feststellung des Zustandekommens eines Mehrheitsbeschlusses über die Genehmigung 21 einer baulichen Veränderung in der Eigentümerversammlung obliegt dem Versammlungsleiter.171 Der Versammlungsleiter muss auch feststellen, ob nach der Teilungserklärung oder dem Gesetz erforderliche qualifizierte oder absolute Mehrheiten, etwa gemäß § 22 Abs. 2 WEG oder bei verbundenen Kostenentscheidungen gemäß § 16 Abs. 3 und 4 WEG erreicht sind.172 Der Versammlungsleiter muss aber nicht prüfen, ob alle Wohnungseigentümer dem Eigentümerbeschluss über die Billigung einer baulichen Veränderung zugestimmt haben, die über das in § 14 Nr. 1 WEG beschriebene Maß hinaus benachteiligt werden, sondern nur, ob eine (einfache) Mehrheit erreicht ist, und darf (und muss) das Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses verkünden.173 Der Verwalter als Versammlungsleiter ist bloßer Funktions165 A.A. AG Friedberg v. 27.11.2013 – 2 C 1676/12 (23), ZMR 2014, 674. 166 BayObLG v. 29.3.2000 – 2Z BR 159/99, NZM 2000, 672 (674). 167 BayObLG v. 3.11.1994 – 2Z BR 58/94, BayObLGZ 1995, 339 = NJW-RR 1995, 395; OLG Köln v. 1.2.2002 – 16 Wx 10/02, NZM 2002, 454. 168 BayObLG v. 22.4.1994 – 2Z BR 9/94, NJW-RR 1994, 1169. 169 Denn der Anfechtungskläger kann nicht nur sein eigenes Interesse, sondern auch das Interesse der Gemeinschaft an einer ordnungsgemäßen Verwaltung geltend machen, BGH v. 1.6.2012 – V ZR 225/11 – Rz. 9, MDR 2012, 899; LG Dortmund v. 28.2.2013 – 11 S 232/12, ZMR 2013, 555; a.A. noch BayObLG v. 15.10.1992 – 2Z BR 75/92, BayObLGZ 1992, 288 = MDR 1993, 344; OLG Düsseldorf v. 1.10.2003 – 3 Wx 393/02, ZMR 2005, 142. 170 Vgl. allgemein LG München I v. 9.5.2016 – 1 S 13988/15 WEG, ZMR 2016, 731; ausführlich Elzer, MietRB 2016, 300. 171 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 = MDR 2001, 1283; KG v. 17.4.2002 – 24 W 9387/ 00, NZM 2002, 613; ausführlich H. Müller, ZWE 2015, 303. 172 KG v. 17.4.2002 – 24 W 9387/00, NZM 2002, 613 f. 173 AG Oberhausen v. 22.12.2009 – 34 C 55/09, ZMR 2011, 76; AG Hamburg-Blankenese v. 23.3.2016 – 539 C 15/15, ZMR 2016, 999 (1001); Greiner, § 4 Rn 162; Häublein, NJW 2005, 1466; Deckert, ZMR 2008, 585 (592); H. Müller, ZWE 2015, 303 (306); Lehmann-Richter in Staudinger in Staudinger (2018), § 22 WEG Rz. 20; Tank, MietRB 2015, 156; gegen die Zulässigkeit der Verkündung LG München I v. 27.4.2009 – 1 S 19129/08, WuM 2009, 426; LG Bamberg v. 16.4.2015 – 11 T 8/15, ZMR 2015, 395 zu der – angesichts der vorgenannten, nicht erwähnten Gegenstimmen unzutreffenden – Annahme der Kostenfolge des § 49 Abs. 2 WEG; ebenso schon als Vorinstanz AG Würzburg v. 22.1.2015 – 30 C 1212/14, ZMR 2015, 420; Elzer, ZWE 2007, 165 (176 f.); Kümmel, ZWE 2006, 278 (282); J.-H.

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§ 22 Rz. 21 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau gehilfe der Eigentümerversammlung und übt mit der Inhaltsfixierung des Beschlussergebnisses keine organschaftlichen Rechte oder Rechtmäßigkeitskontrolle aus.174 Die Anfechtungslast bei Maßnahmen der Verwaltung, zu denen bauliche Veränderungen gehören, trägt der mit einer Verwaltungsmaßnahme nicht einverstandene Wohnungseigentümer. Wie bei Vereinbarungen, die Mehrheitsbeschlüsse über bauliche Veränderungen mit einem bestimmten Mehrheitsverhältnis zulassen,175 geht es nämlich bei dem Zustimmungserfordernis des § 22 Abs. 1 WEG nicht um die Begründung einer Mehrheitsmacht (zur Beschlussfassung über Modernisierungen vgl. Rz. 63a).176 Sieht allerdings die Teilungsvereinbarung die Zulässigkeit von Mehrheitsbeschlüssen über bauliche Veränderungen bei Erreichen eines bestimmten Stimmquorums vor (vgl. Rz. 40 ff.), muss der Verwalter vor der Beschlussfeststellung prüfen, ob diese geforderte Stimmenmehrheit erreicht worden ist.177 Unterlässt der Versammlungsleiter die Feststellung, dass ein Eigentümerbeschluss zu Stande gekommen ist, oder stellt er nach der hier vertretenen Auffassung fehlerhaft fest, dass kein Eigentümerbeschluss zu Stande gekommen ist, weil nicht alle Wohnungseigentümer zugestimmt haben, so stellt sich die allgemeine Frage, ob bei der möglichen Klage auf Beschlussfeststellung die Ordnungsgemäßheit des Beschlusses, hier also die Voraussetzungen der §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG durch das Gericht inzident zu prüfen sind (vgl. § 46 Rz. 91). cc) Zustimmung unter Auflagen und Bedingungen 22 Die Zustimmung kann unter Bedingungen und Auflagen erfolgen.178 Das Zustandekommen

eines Eigentümerbeschlusses unter der Bedingung, dass noch ein weiterer Wohnungseigentümer zustimmt, ist dagegen nicht möglich.179 Denn ein Anspruch auf Zustimmung besteht nur, soweit alle über das in § 14 Nr. 1 WEG bezeichnete Maß hinaus beeinträchtigten Wohnungseigentümer der baulichen Veränderung zugestimmt haben. Dies bedeutet zugleich: Die Zustimmung deckt grundsätzlich nur die konkret genehmigte bauliche Veränderung, nicht aber eine abweichende Ausführung, die wie eine nicht genehmigte zu behandeln ist,180 auch nicht spätere Änderungen181 und den Rückbau zum früheren Zustand.182 Die Zustimmung kann aber auch ohne Kenntnis der beabsichtigten Maßnahmen im Detail „ganz allgemein“ erteilt werden.183 Mit der vorbehaltlosen Zustimmung zur Durchführung vom Umbauten, verliert der einzelne Wohnungseigentümer einen etwaigen Anspruch auf Ausgleichszahlung.184 Auch bei genereller Zustimmung der Wohnungseigentümer ist der Verwal-

174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184

Schmidt in Bärmann/Seuss, § 12 Rz. 195; Sommer, ZWE 2017, 75 (79); s. auch Kümmel/von Seldeneck, GE 2002, 382. Kündigt der Verwalter allerdings bereits mit der Einladung an, er werde den angestrebten Beschluss nicht verkünden, dürfen die nicht erscheinenden Wohnungseigentümer darauf vertrauen, vgl. LG Hamburg v. 15.4.2015 – 318 S 125/14, ZMR 2015, 572, 572 (574). J.-H. Schmidt, ZWE 2010, 310 (312 f.). Vgl. zur Anfechtbarkeit als Folge des Verfehlens vereinbarter Mehrheitserfordernisse LG München I v. 13.1.2014 – 1 S 1817/13 WEG, ZWE 2014, 189. Vgl. BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 = MDR 2001, 1283; KG v. 17.4.2002 – 24 W 9387/00, NZM 2002, 613. Häublein, NJW 2005, 1466, 1468; insoweit zustimmend Kümmel, ZWE 2006, 278 (281). A.A. Sommer, ZWE 2017, 75 (80). BGH v. 6.7.2018 – V ZR 221/17, MDR 2018, 1432. OLG Düsseldorf v. 11.8.1997 – 3 Wx 227/97, NZM 1998, 79; OLG Hamburg v. 1.4.1998 – 2 Wx 104/97, WE 1998, 470 f.; BayObLG v. 8.12.1994 – 2Z BR 116/94, MDR 1995, 569; OLG Karlsruhe v. 17.2.1998 – 4 W 42/97, NZM 1998, 526. OLG Zweibrücken v. 23.12.1999 – 3 W 198/99, NZM 2000, 293. OLG Köln v. 29.9.2000 – 16 Wx 132/00, WuM 2001, 43. OLG Karlsruhe v. 13.2.1998 – 4 W 42/97, NZM 1998, 526; OLG Zweibrücken v. 23.12.1999 – 3 W 198/99, NZM 2000, 293. BGH v. 19.1.2017 – V ZR 95/16, MietRB 2017, 163.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 25 § 22

ter grundsätzlich nicht befugt, die konkrete Bauausführung zu billigen.185 Auch die Billigung der Detailplanung kann grundsätzlich nicht dem Verwalter und/oder dem Verwaltungsbeirat übertragen werden.186 Einzelheiten im Rahmen einer erteilten Zustimmung können durch Mehrheitsbeschluss geregelt werden;187 allerdings kann der Grundlagenbeschluss mit der grundsätzlichen Genehmigung im Einzelfall wegen Unbestimmtheit anfechtbar sein.188 Die Zustimmung kann innerhalb der Grenzen ordnungsgemäßer Verwaltung im Einzelfall Ermessen bei der Ausführung einräumen oder alternative Gestaltungen billigen.189 Von der Erteilung der Zustimmung unter Auflagen und Bedingungen ist zu unterscheiden, 23 wenn ein Wohnungseigentümer oder auch alle Wohnungseigentümer die grundsätzliche Bereitschaft zur Erteilung einer Zustimmung erklären, nach dem Willen der Beteiligten aber zunächst noch eine nähere Regelung über die baulichen Einzelheiten getroffen werden soll; eine solche bloße Absichtserklärung begründet keinen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung.190 Ohne dass dies in der Zustimmung ausdrücklich angesprochen oder als Bedingung gestellt 24 worden sein müsste, hat der Umbauende selbstverständlich die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten191 und die zwingenden öffentlich-rechtlichen Normen des Baurechts zu beachten.192 Mit der Zustimmung können insbesondere die in der Praxis bei Umbauwünschen einzelner 25 Wohnungseigentümer wichtigen Fragen nicht nur der Errichtungskosten193 sondern auch der Folgekosten und der Delegation der unmittelbaren Verkehrssicherungspflicht verbunden werden. Soweit einem Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss die Errichtung einer baulichen Veränderung im eigenen Interesse gestattet wird, können ihm und seinen Rechtsnachfolgern wirksam alle Kosten der Errichtung und nach zutreffender Auffassung auch alle Folgekosten auferlegt werden, ohne dass es einer Vereinbarung oder wegen § 10 Abs. 3 WEG einer Grundbucheintragung bedürfen würde.194 Wer demgegenüber einen Mehrheitsbeschluss wegen § 16 Abs. 4 WEG für nicht möglich hält und den dort geforderten „Einzelfall“ (§ 16 185 OLG Hamburg v. 22.2.2005 – 2 Wx 123/04, ZMR 2005, 565. 186 LG Berlin v. 20.1.2015 – 55 S 130/14, ZWE 2016, 140; gegen die Delegation durch Eigentümerbeschluss LG Dortmund v. 21.4.2015 – 1 S 445/14, ZMR 2015, 777 (778); s.a. LG Hamburg v. 21.10.2015 – 318 S 3/15, Juris Rz. 42 m.w.N., wonach eine Delegation von Detailfragen zulässig sein soll, wenn der Beschluss die maßgeblichen Kriterien für eine Entscheidung durch den Verwaltungsbeirat oder Verwalter vorgibt; ebenso LG Hamburg v. 12.11.2014 – 318 S 74/14, ZMR 2015, 143 für untergeordnete Detailfragen; zur Unbestimmtheit der Formulierung „in Abstimmung mit“ vgl. AG Hamburg-Blankenese v. 24.6.2015 – 539 C 31/14, ZMR 2015, 813. 187 BayObLG v. 4.8.2000 – 2Z BR 4/00, WuM 2000, 564. 188 LG München I v. 14.6.2012 – 36 S 19228/11, ZMR 2012, 815; s.a. für einen Vorratsbeschluss AG Brühl v. 4.6.2012 – 23 C 413/11, ZMR 2012, 823. 189 OLG München v. 26.7.2006 – 34 Wx 83/06, OLGR München 2006, 847. 190 OLG Hamm v. 18.11.2003 – 15 W 395/03, ZMR 2005, 220. 191 BayObLG v. 2.4.1992 – 2Z BR 9/92, NJW-RR 1992, 974; KG v. 28.2.2000 – 24 W 8820/98 u. 24 W 2976/99, NZM 2000, 1012; OLG Köln v. 8.11.1996 – 16 Wx 215/96, WuM 1997, 696, zum Schallschutz von Behr/Pause/Vogel, NJW 2009, 1385. 192 BayObLG v. 2.4.1992 – 2Z BR 9/92, NJW-RR 1992, 974; BayObLG v. 12.9.1996 – 2Z BR 52/96, FGPrax 1996, 221; BayObLG v. 23.1.2001 – 2Z BR 116/00, ZMR 2001, 472; OLG Stuttgart v. 5.5.1994 – 8 W 315/93, OLGZ 1994, 524 = NJW-RR 1994, 1497; anders OLG Düsseldorf v. 12.11.2001 – 3 Wx 256/01, ZMR 2002, 297 (298) bei allgemeiner Hellhörigkeit. 193 Für die Errichtungskosten kann eine Kostenverteilung auf § 16 Abs. 4 WEG gestützt werden; vgl. § 16 Rz. 145 ff. 194 LG Itzehoe v. 12.7.2011 – 11 S 51/10, ZMR 2012, 219; AG Schöneberg v. 1.12.2016 – 772 C 91/15, ZMR 2017, 593; Armbrüster, ZWE 2008, 61 (67); Becker, ZWE 2017, 386 (389); Bub, ZWE 2008, 205 (215); Häublein, NZM 2007, 752 (761); Hügel/Elzer, NZM 2009, 457; H. Müller, ZWE 2015, 303 (307); Tank, MietRB 2015, 156; s.a. § 16 Rz. 145 ff.

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§ 22 Rz. 25 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau Rz. 145)verneint, eine gesetzliche Beschlusskompetenz für die Kostenregelung verneint und deshalb die Nichtigkeit der Kostenregelung annimmt, wird gemäß § 139 BGB folgerichtig den gesamten Genehmigungsbeschluss einschließlich der Genehmigung der baulichen Veränderung für nichtig erachten.195 Tragbare Alternativlösungen gibt es nicht.196 Schon aus diesem Grund sollte bei einer erneuten Reform des Wohnungseigentumsrechts das weite Verständnis des § 16 Abs. 4 WEG und seine Anwendbarkeit auf Folgekosten durch den Gesetzgeber abgesichert werden.197 Versteht man die Zustimmung unter Verwahrung gegen die Kostenlast und die Verkehrssicherungspflicht zutreffend als eine zulässige, bedingte Zustimmung,198 stellt sich die Frage der Grenzen des § 16 Abs. 4 WEG nicht; diese auflösende Bedingung hat aber den Nachteil, dass nicht die Kostentragung erzwungen werden kann, sondern sobald die „freiwillige“ Kostentragung in der Folge unterbleibt nur die bauliche Veränderung unzulässig wird und deren Rückbau nach allgemeinen Regeln verlangt werden kann. 26 Die Verkehrssicherungspflicht obliegt auch nach der Baumaßnahme für das Gemeinschafts-

eigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähigem Verband (vgl. § 10 Rz. 138, § 21 Rz. 57). Dabei bleibt es auch, wenn die Baumaßnahme eines Wohnungseigentümers das Gemeinschaftseigentum verändert. Möglich ist es allerdings, die Gestattung der baulichen Veränderung von der Übernahme der Durchführung der Verkehrssicherung (unter Aufsicht der Wohnungseigentümergemeinschaft) durch den einzelnen Wohnungseigentümer und der Haftungsfreistellung im Innenverhältnis abhängig zu machen. 27 Durch eine Befristung der Zustimmung kann der Gefahr vorgebeugt werden, dass die Zu-

stimmung zu einer baulichen Vereinbarung auf Vorrat eingeholt wird.199 Durch eine Kaution kann der Rückbau für nur vorübergehend zu duldende bauliche Veränderungen (Leuchtreklame, Parabolantenne usw.) gesichert werden. Wird die Zustimmung unter die Bedingung der Übernahme der Gefahr für alle Folgen der Bauarbeiten gestellt, haftet der Veränderer ohne Verschulden.200 dd) Zustimmungsfreiheit bei fehlender (erheblicher) Nachteiligkeit 28 Nicht erforderlich ist die Zustimmung eines Wohnungsinhabers nur dann, wenn dessen Rech-

ten durch die Veränderung kein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwächst, §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 Nr. 1 WEG. Jeder Wohnungseigentümer kann bauliche Veränderungen am gemeinschaftlichen Eigentum ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer vornehmen, wenn deren Rechte dadurch nicht beeinträchtigt werden. Denn ein Wohnungseigentümer, dessen Rechte durch eine bauliche Ver195 LG München I v. 23.6.2014 – 1 S 13821/13, ZMR 2014, 923; LG Hamburg v. 4.3.2016 – 318 S 109/ 15, ZMR 2016, 484; AG Nürtingen v. 8.10.2012 – 19 C 972/12 WEG, ZWE 2013, 184; zustimmend Sommer, MietRB 2015, 56; Sommer, ZWE 2016, 154 (155). Die Frage ist in der Rechtsprechung des BGH noch nicht endgültig geklärt, doch mag das enge Verständnis (vgl. BGH v. 9.7.2010 – V ZR 202/09 – Rz. 15, NZM 2010, 622: Eine schon nach dem Inhalt des Beschlusses über den Einzelfall hinausreichende Änderung des Schlüssels ist nicht von der Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 4 WEG gedeckt) gegen die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 4 WEG. 196 Ausführlich Becker, ZWE 2017, 386 (389) 197 Häublein, Berliner Anwaltsblatt 2018, 334 (336); Lehmann-Richter, ZMR 2016, 845. 198 OLG Düsseldorf v. 4.11.2005 – I-3 Wx 92/05, NZM 2006, 109 für eine Zustimmung bei „Selbstfinanzierung“; Greiner, § 4 Rz. 108; Häublein, ZWE 2008, 368; dagegen unzutreffend Sommer, MietRB 2015, 56, und Sommer, ZWE 2016, 154 (157), der die Zulässigkeit von Potestativbedingungen nicht bedenkt, und als Ausweg nur eine – praktisch selten zu erreichende – Änderung der Gemeinschaftsordnung durch Vereinbarung oder die Eintragung einer Unterhaltungskosten-Reallast sieht. 199 Vgl. v. Rechenberg in FS Deckert, S. 309 (324 f.). 200 KG v. 30.11.1992 – 24 W 4734/92, WuM 1993, 209 für die Klausel: „auf eigene Kosten und Gefahr“.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 30 § 22

änderung ohnehin nicht beeinträchtigt werden, bedarf nicht des Schutzes des § 22 Abs. 1 WEG.201 Auch die Wohnungseigentümergemeinschaft kann Verwaltungsmaßnahmen gem. § 21 Abs. 3 WEG mit einfacher Mehrheit beschließen, soweit die damit verbundene bauliche Veränderung die Wohnungseigentümer nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG geregelte Maß hinaus beeinträchtigt.202 Die Fassung des § 22 WEG durch die WEG-Reform 2007 führt mit der Einführung des Mehr- 29 heitsprinzips für Modernisierungen in § 22 Abs. 2 S. 1 WEG als Auflockerung der früher regelmäßig erforderlichen Zustimmung aller Wohnungseigentümer dazu, dass an die Betroffenheit i.S.v. § 22 Abs. 1 WEG keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen.203 Die textliche Neufassung des § 22 Abs. 1 WEG durch Reform des Wohnungseigentumsrechts ändert aber nichts daran, dass die vorherige Befassung der Eigentümerversammlung oder die Unterrichtung des Verwalters keine Voraussetzung für die Zulässigkeit (eigenmächtiger) baulicher Veränderungen einzelner Wohnungseigentümer sind (vgl. Rz. 13). Entscheidend für die Zulässigkeit ist allein die Frage, ob alle über das in § 14 Nr. 1 WEG hinaus beschriebene Maß benachteiligte Wohnungseigentümer zustimmen. Allerdings hat der Gesetzgeber zutreffend erkannt, dass bauliche Veränderungen häufig zu Streit führen, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft zuvor niemals mit der Sache befasst worden ist. Er hat aber die vorherige Unterrichtung des Verwalters oder der möglicherweise von der Maßnahme betroffenen Wohnungseigentümer nicht zum Zulässigkeitsmerkmal ausgestaltet.204 Mit der Neuformulierung, die den Eigentümerbeschluss zum Regelfall der Zustimmung erhebt, sollen einzelne bauwillige Wohnungseigentümer ermuntert werden, statt „vollendete Tatsachen“ zu schaffen, zunächst um Genehmigung nachzusuchen. Weil eine Genehmigung ex ante leichter versagt wird, als der Rückbau ex post verlangt und durchgesetzt wird, bleibt die Versuchung für einzelne Wohnungseigentümer groß, „vollendete Tatsachen“ zu schaffen und auf die Bequemlichkeit der übrigen Wohnungseigentümer bei der Geltendmachung von Beseitigungsansprüchen zu bauen. Nachteil i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung,205 also 30 eine Rechtsbeeinträchtigung, die nicht bloß völlig belanglosen oder bagatellartigen Charakter hat,206 bezogen auf das Gemeinschaftseigentum oder die äußere Gestaltung des Gebäudes. Wann es sich nur um eine geringfügige Änderung handelt, ist eine Frage des konkreten Einzelfalles und dessen tatrichterliche Würdigung anhand eines objektiven Maßstabs, der sog. Verkehrsanschauung,207 die nur unter Berücksichtigung aller äußeren Umstände der betroffe201 BGH v. 18.1.1979 – VII ZB 19/78, BGHZ 73, 196 (199) = MDR 1979, 392; BayObLG v. 7.9.1994 – 2Z BR 65/94, NJW-RR 1995, 653 = WuM 1994, 640. 202 AG Hannover v. 28.2.2008 – 70 II 490/07, ZMR 2008, 920 und LG Hannover v. 9.6.2008 – 4 T 13/ 08, ZMR 2008, 829 für die Demontage der Heizkörper im Treppenhaus nach fortgesetzter Manipulation an den Heizkörperventilen. 203 BGH v. 14.12.2012 – V ZR 224/11 – Rz. 6, BGHZ 196, 45 = MDR 2013, 263; BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 12, MDR 2014, 399. 204 A.A. AG München v. 8.7.2010 – 483 C 703/10, ZMR 2010, 999; vgl. aber LG München I v. 16.11.2009 – 1 S 4964/09, WuM 2010, 444 zum fehlenden Rechtsschutzbedürfnis einer Klage auf Feststellung der Genehmigungsfreiheit einer baulichen Veränderung ohne vorherige Befassung der Wohnungseigentümergemeinschaft. 205 Vgl. nur BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 (396) = MDR 1992, 484; BGH v. 14.12.2012 – V ZR 224/11 – Rz. 4, MDR 2013, 263; BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 12, MDR 2014, 399; BayObLG v. 3.12.1992 – 2Z BR 104/92, BayObLGZ 1992, 358 = MDR 1993, 342; KG v. 17.2.1993 – 24 W 3563/92, OLGZ 1993, 427 = NJW-RR 1993, 909; OLG Zweibrücken v. 12.1.1999 – 3 W 193/98, ZMR 1999, 429. 206 OLG Düsseldorf v. 14.6.1993 – 3 Wx 129/92, NJW-RR 1994, 277. 207 BayObLG v. 5.12.1996 – 2Z BR 82/96, ZMR 1997, 152; BayObLG v. 10.7.1998 – 2Z BR 89/98, NZM 1998, 980; BayObLG v. 20.9.2001 – 2Z BR 118/01, ZWE 2002, 75 (LS); BayObLG v. 17.10.2001 – 2Z BR 147/01, MDR 2002, 148; BayObLG v. 26.8.2004 – 2Z BR 088/04, NZM 2005, 109; OLG Karlsruhe v. 28.8.1997 – 11 Wx 94/96, ZMR 1997, 608.

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§ 22 Rz. 30 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau nen Wohnanlage, ihrer individuellen Rechtsgrundlagen208 und personellen Zusammensetzung entschieden werden kann. Maßgeblich für die Unerheblichkeit des Nachteils ist ein objektiver Maßstab, nicht die subjektive Mehrheitsmeinung der Wohnungseigentümer oder das Verständnis eines Wohnungseigentümers.209 Zu fragen ist also, ob sich ein Wohnungseigentümer in entsprechender Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann.210 Dabei ist es wegen Art. 14 Abs. 1 GG geboten, die Schwelle für die Erheblichkeit eines Nachteils insgesamt eher niedrig anzusetzen.211 Nur ganz geringfügige Beeinträchtigungen bleiben außer Betracht.212 Deshalb soll kein Raum sein für die Überlegung, ob die Maßnahme für die Gemeinschaft zwingend erforderlich ist,213 ebenso wenig für die Abwägung der Vor- und Nachteile der Maßnahme.214 Nachteile infolge der Umbaumaßnahmen sind jedenfalls nicht allein schon deswegen unvermeidlich i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG, weil der Umbau erforderlich ist, um die betroffene Sondereigentumseinheit wirtschaftlich rentabel nutzen zu können.215 Diese Bewertung der Instanzrechtsprechung stimmt mit der zu § 14 Nr. 1 WEG zum Merkmal „erheblich“ allgemein befürworteten Interessenabwägung (vgl. § 14 Rz. 4) nicht überein. Die Feststellung eines erheblichen Nachteils erfordert, dass der im Einzelfall festgestellte Nachteil unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Wohnanlage über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehen muss, wobei auch das besondere, mit der Baumaßnahme verfolgte Interesse in die Abwägung einzustellen ist.216 Das kann allerdings keine konturenlose, unvorhersehbare Billigkeitsargumentation bedeuten, sondern muss den vom Gesetz angestrebten Minderheitenschutz beachten. 30a Bei der Bewertung darf eine nach der Verkehrsanschauung zusammenhängende Maßnahme

nicht in einzelne Teilmaßnahmen aufgespalten werden, um diese isoliert auf die Erheblichkeit zu untersuchen.217 Werden in mehreren hintereinander gefassten Beschlüssen diverse einzelne Baumaßnahmen beschlossen, die alle ein Ziel haben, etwa eine Gewerbeeinheit umzubauen, darf nicht nur jede einzelne Teilbaumaßnahme für sich allein isoliert betrachtet und auf Nachteile gem. § 14 Nr. 1 WEG hin untersucht werden. 31 Als nachteilige Folgen einer baulichen Veränderung kommen in Betracht die ernsthafte Mög-

lichkeit einer Minderung des Miet- und Verkaufswerts von Eigentumswohnungen, etwa aufgrund der Mobilfunksendeanlage,218 die Beeinträchtigung der konstruktiven Stabilität und Si-

208 Vgl. OLG Köln v. 14.11.1997 – 16 Wx 275/97, NJW-RR 1998, 1312 = NZM 1998, 673 zu abweichenden Vereinbarungen eines weitergehenden Maßstabs; BayObLG v. 5.4.2005 – 32 Wx 019/05, ZMR 2005, 726 zur Abdingung von § 14 Nr. 1 WEG. 209 BGH v. 14.10.2011 – V ZR 56/11, MDR 2011, 1465; OLG Hamburg v. 27.12.2004 – 2 Wx 19/04, ZMR 2005, 305; s.a. OLG München v. 6.9.2007 – 34 Wx 33/07, ZMR 2007, 998. 210 BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 = MDR 1992, 484; BayObLG v. 1.6.1995 – 2Z BR 34/95, NJW-RR 1996, 266 = ZMR 1995, 420; KG v. 11.1.1995 – 24 W 7039/94, NJW-RR 1995, 587 = ZMR 1995, 169; OLG Hamburg v. 4.3.2003 – 2 Wx 102/99, ZMR 2003, 524; OLG Hamburg v. 26.11.2004 – 2 Wx 85/01, ZMR 2005, 391. 211 BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, NZM 2005, 182. 212 BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 12, MDR 2014, 399; BayObLG v. 1.7.1980 – BReg.2 Z 23/79, ZMR 1980, 381; v. 21.11.1980 – 2Z 72/80, DWE 1982, 35; v. 29.9.1999 – 2Z BR 75/99, NZM 2000, 292; OLG Hamm v. 15.2.1980 – 15 W 131/79, OLGZ 1980, 274. 213 BayObLG v. 14.5.1975 – BReg.2 Z 23/75, BayObLGZ 1975, 177 = MDR 1975, 844. 214 BayObLG v. 23.7.1993 – 2Z BR 22/92, NJW-RR 1993, 337 = ZMR 1992, 551; OLG Düsseldorf v. 20.12.1996 – 3 Wx 9/96, WuM 1997, 187. 215 LG München I v. 20.6.2011 – 1 S 23256/10, ZWE 2011, 423. 216 BGH v. 20.07.2018 – V ZR 56/17, Rz. 28 a.E., MDR 2018, 1366. 217 BayObLG v. 29.10.1991 – BReg.2 Z 130/91, NJW-RR 1992, 272; LG München I v. 20.6.2011 – 1 S 23256/10, ZWE 2011, 423. 218 BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 12, MDR 2014, 399; OLG München v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MDR 2007, 711; OLG Karlsruhe v. 12.7.2006 – 1 U 20/06, MDR 2007, 206.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 32 § 22

cherheit der gemeinschaftlichen Gebäudeteile, Anlagen und Einrichtungen, die Veränderung des architektonischen Aussehens der Anlage im Inneren wie im Äußeren, Einschränkungen oder Entzug der Möglichkeit des Gebrauchs der im Gemeinschaftseigentum stehenden Räume, Anlagen219 und Einrichtungen, die Möglichkeit intensiverer Nutzung der im Gemeinschaftseigentum stehenden Räume und Flächen,220 Anlagen und Einrichtungen, Änderungen der Zweckbestimmung des gemeinschaftlichen Eigentums, zusätzliche finanzielle Belastungen durch Erhöhung der Wartungs- und Reparaturanfälligkeit, die Erschwerung der Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums,221 die Gefährdung einzelner Wohnungseigentümer, lästige Immissionen i.S.d. § 906 BGB, die Möglichkeit künftiger Streitigkeiten der Wohnungseigentümer, etwa weil Ursachen für Schäden am Gemeinschaftseigentum auf die bauliche Veränderung zurückgeführt werden könnten, die Schaffung eines gegen drittschützende Normen verstoßenden öffentlich-rechtlich ordnungswidrigen Zustandes222 sowie schließlich die Beeinträchtigung von Grundrechten. Daran hat die Neufassung des § 22 Abs. 1 WEG nichts geändert. Der die bauliche Veränderung vornehmende Wohnungseigentümer muss beweisen, dass mit der baulichen Veränderung erhebliche Nachteile für die übrigen Wohnungseigentümer nicht verbunden sind, weil die Zustimmungsfreiheit nach der gesetzlichen Systematik die Ausnahme ist. Soweit sich der Nachteil insbesondere aus finanziellen Folgen ergibt, stellt eine angebotene finanzielle Kompensation nur ein Mittel dar, um die anderen Wohnungseigentümer zur Zustimmung zu bewegen, lässt aber den Nachteil nicht entfallen.223 Erhebliche Nachteile durch die Veränderung der äußeren Gestaltung der Wohnungseigen- 32 tumsanlage liegen nicht bereits vor, weil die bauliche Veränderung überhaupt sichtbar ist.224 Auch hier ist zunächst zu prüfen, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann, und der entstehende Nachteil über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehen muss, wobei im Einzelfall auch bauliche Besonderheiten der Wohnanlage zu berücksichtigen sein können.225 Ein Nachteil erfordert vielmehr, dass die bauliche Veränderung das optische Bild des Gebäudes226 wesentlich verändert,227 wie etwa die Errichtung einer

219 Vgl. für einen Kaminzug AG München v. 15.10.2012 – 485 C 14426/12, ZMR 2013, 141. 220 Vgl. hierzu BGH v. 6.11.2009 – V ZR 73/09, MDR 2010, 98; LG Frankfurt/Main v. 12.6.2014 – 2-9 S 79/13, ZMR 2015, 623. – Ansprüche auf Beseitigung der baulichen Veränderung und auf Unterlassung störender Nutzungen sind unterschiedliche Streitgegenstände und müssen mit gesonderten Anträgen geltend gemacht werden, vgl. LG Hamburg v. 1.3.2017 – 318 S 62/16, ZMR 2017, 324 (325). 221 BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, MDR 2014, 453. 222 BayObLG v. 24.6.1999 – 2Z BR 48/99, NZM 1999, 1060; v. 23.1.2001, ZMR 2001, 472 für Abstandsflächen bejaht; v. 21.2.2001 – 2Z BR 104/00, BayObLGZ 2001, 41 = NZM 2001, 815 für Abstandsflächen bejaht; v. 14.2.2002 – 2Z BR 138/01, ZMR 2002, 535 für die Verlegung einer Mülltonnenanlage verneint. Ein effektiver Schutz der übrigen Wohnungseigentümer ist hinsichtlich des durch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften beabsichtigten Nachbarschutzes durch eine weite Auslegung der Nachteilsklausel in § 14 Nr. 1 WEG zu gewährleisten; vgl. BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/ 04, NZM 2005, 182. 223 BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, MDR 2014, 453. 224 So aber KG v. 10.1.1994 – 24 W 3851/93, OLGZ 1994, 393 = NJW-RR 1994, 526; vgl. auch KG v. 10.2.1992 – 24 W 402/91, MDR 1992, 1055. 225 BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17 – Rz. 28, MDR 2018, 1366. 226 Zur grundsätzlichen Anwendbarkeit auch bei einem Garageneigentum vgl. AG Hamburg-Blankenese v. 4.4.2012 – 539 C 24/11, ZMR 2012, 405. 227 BGH v. 14.12.2012 – V ZR 224/11 – Rz. 5, BGHZ 196, 45 = MDR 2013, 263; OLG Celle v. 15.2.1995 – 4 W 295/94, WuM 1995, 338 (341); OLG Köln v. 12.1.2000 – 16 Wx 149/99, MDR 2000, 760; LG Frankfurt/Main v. 12.6.2014 – 2-9 S 79/13, ZMR 2015, 623; a.A. noch LG Hamburg v. 1.6.2012 – 318 S 115/11, ZMR 2013, 60 mit Verneinung eines Nachteils bei einer ohnehin schon uneinheitlichen Fassade.

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§ 22 Rz. 32 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau Dachgaube,228 setzt also nicht voraus, dass sie das Gebäude in seinem ästhetischen Erscheinen beeinträchtigt, verschlechtert oder verunstaltet.229 Die Feststellung eines nach § 14 Nr. 1 WEG nicht hinzunehmenden Nachteils bei der Veränderung des optischen Gesamteindrucks eines Gebäudes230 erfordert einen Vorher-Nachher-Vergleich, bei dem in wertender Betrachtung gegenüberzustellen sind der optische Gesamteindruck des Gebäudes vor der Maßnahme und danach; dabei gibt die wertende Betrachtung Gelegenheit, die Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen, etwa alle bis dahin rechtmäßig231 vorgenommenen baulichen Veränderungen oder den Gesichtspunkt, dass die optische Veränderung Folge einer zulässigen Instandsetzungsmaßnahme ist.232 Bereits eine erhebliche optische Veränderung des gesamten Gebäudes führt regelmäßig233 zur Annahme eines Nachteils, der die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich macht; auf eine Bewertung der erheblichen Veränderung als Vor- oder Nachteil kann es nicht ankommen, denn diese Frage können auch verständige Wohnungseigentümer unterschiedlich bewerten, selbst wenn die Maßnahme dem gängigen Zeitgeschmack entspricht.234 Deshalb darf etwa eine Veränderung der Farbgestaltung der Außenfassade bei einem Neuanstrich nicht mehrheitlich beschlossen werden235 und auch nicht die Entlackung der Haus- und Hoftüren236. Die bauliche Veränderung muss von außen wahrnehmbar sein;237 nicht erforderlich ist es, dass die Veränderung für den einzelnen Wohnungseigentümer aus seiner Wohnung sichtbar ist.238 Bei Mehrhausanlagen sind bei nachteiligen Veränderungen

228 BGH v. 6.7.2018 – V ZR 221/17 – Rz. 14, MDR 2018, 1432. 229 So aber noch BayObLG v. 9.6.1988 – 2Z 54/88, WuM 1988, 319; v. 14.3.1991 – 2Z 168/90, DWE 1991, 155 = WE 1992, 138; v. 23.7.1993 – 2Z BR 22/92, NJW-RR 1993, 337 = ZMR 1992, 551; v. 5.12.1996 – 2Z BR 82/96, NJWE-MietR 1997, 112 = WE 1997, 273; v. 26.8.2004 – 2Z BR 088/04, NZM 2005, 109; OLG Düsseldorf v. 14.6.1993 – 3 Wx 129/92, DWE 1994, 35 = NJW-RR 1994, 277; OLG Hamm v. 15.2.1980 – 15 W 131/79, OLGZ 1980, 274; v. 23.1.1987 – 15 429+434/86, DWE 1987, 54; OLG Köln v. 30.7.1980 – 16 Wx 67/80, NJW 1981, 585; v. 7.6.1995 – 16 Wx 78/95, DWE 1997, 32; OLG Schleswig v. 27.1.1999 – 2 W 90/98, MDR 1999, 607; LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 81/12, ZMR 2013, 739. 230 Deshalb genügt die Vorlage von Detailfotos nur eines Fassadenausschnitts nicht, vgl. LG Köln v. 5.10.2017 – 29 S 96/17, ZMR 2018, 262. 231 Zu dieser Präzisierung der Formulierung vgl. BGH v. 18.11.2016 – V ZR 49/16, MDR 2017, 696 = ZfIR 2017, 409 mit Anm. Hogenschurz, ZfIR 2017, 413 (414): Unberechtigte Veränderungen bestimmen den Vergleichsmaßstab nicht. Es gibt keine „faktische Genehmigungswirkung“ von eigenmächtigen baulichen Veränderungen, d.h. auch wenn (fast) alle Miteigentümer eigenmächtig Markisen angebracht haben, folgt daraus kein „Gewohnheitsrecht“ der Übrigen. Unberechtigt bleiben auch solche Veränderungen, bei denen der Rückbauanspruch wegen Verjährung oder Verwirkung nicht mehr durchsetzbar ist, denn Verjährung und Verwirkung vermitteln keinen Bestandsschutz; vgl. OLG Düsseldorf v. 26.6.2008 – I-3 Wx 217/07, NZM 2998, 442; LG Frankfurt/M. v. 21.8.2014 – 2-9 S 27/13, ZWE 2015, 217; AG Rosenheim v. 20.3.2012 – 12 C 1082/11, ZMR 2012, 589. 232 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 49/16, MDR 2017, 696, für Veränderungen an einem Penthaus als Folge der Neuabdichtung der Flachdachterrasse. 233 Zur Genehmigung durch Eigentümerbeschluss unter den Voraussetzungen von §§ 22 Abs. 2 oder 3 WEG vgl. BGH v. 18.11.2016 – V ZR 49/16, MDR 2017, 696, Rz. 18. 234 BGH v. 14.12.2012 – V ZR 224/11 – Rz. 5, BGHZ 196, 45 = MDR 2013, 263. 235 LG München I v. 20.9.2012 – 36 S 1982/12, ZMR 2013, 137. 236 AG Schöneberg v. 4.5.2018 – 771 C 91/17, ZWE 2018, 374; zur Erhaltung der lichten Breite vgl. LG München I v. 24.10.2016 – 36 S 6557/16 WEG, Juris Rz. 23. 237 BGH v. 14.10.2011 – V ZR 56/11, MDR 2011, 1465; OLG Zweibrücken v. 21.11.2002 – 3 W 179/02, ZMR 2004, 61. 238 OLG Celle v. 15.2.1995 – 4 W 295/94, WuM 1995, 338 (341); OLG Hamm v. 21.10.1994 – 15 W 275/94, WuM 1995, 220.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 34 § 22

des optischen Gesamteindrucks grundsätzlich alle Wohnungseigentümer der Mehrhausanlage betroffen,239 wenn nicht abweichende Vereinbarungen getroffen sind.240 Für die Feststellung eines erheblichen Nachteils bleibt außer Betracht, dass nach dem Hin- 33 zutreten weiterer Umstände in der Zukunft ein Nachteil entstehen kann.241 Die Erheblichkeit ergibt sich nicht bereits aus der abstrakten Möglichkeit, mit Kosten für die Durchführung der baulichen Maßnahme am Gemeinschaftseigentum belastet zu werden, falls der die bauliche Veränderung durchführende Wohnungseigentümer zahlungsunfähig werden sollte.242 Auch die negative Vorbildfunktion für andere Wohnungseigentümer allein genügt nicht.243 Demgegenüber kann sich ein Nachteil daraus ergeben, wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz244 die Gestattung nicht nur in einem Einzelfall, sondern für weitere Wohnungseigentümer gebietet.245 Von den möglichen Folgen einer baulichen Veränderung bleibt der mögliche bestimmungswidrige oder missbräuchliche Gebrauch der baulich veränderten Anlagen und Einrichtungen außer Betracht, sondern maßgeblich ist der bestimmungsgemäße,246 denn die konkret störende Ausübung kann gem. § 1004 Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 3 WEG im Einzelfall unterbunden werden (vgl. § 14 Rz. 4a). Ein erheblicher Nachteil ist nicht bereits schon deshalb gegeben, weil dem betroffenen Wohnungseigentümer in vermeidbarer Weise ein Nachteil entsteht; immer muss den Rechten des Wohnungseigentümers durch die Veränderung ein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwachsen.247 ee) Bedeutung der Baugenehmigung Die Baubehörde prüft nur die öffentlich-rechtliche, nämlich bauplanerische und bauord- 34 nungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens. Die Baugenehmigung wird „unbeschadet privater Rechte Dritter“ erteilt und ersetzt also nicht die nach dem Wohnungseigentumsgesetz erforderliche Zustimmung.248 Umgekehrt widerspricht die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu einem nicht genehmigten „Schwarzbau“ ordnungsgemäßer Verwaltung und macht Mehrheitsbeschlüsse anfechtbar. Das Fehlen einer Baugenehmigung begründet jedoch nicht an sich einen Nachteil, sondern dann, wenn den übrigen Wohnungseigentümern die Inanspruchnahme durch die Baubehörde droht.249 239 OLG Schleswig v. 8.3.2000 – 2 W 57/99, NZM 2000, 385; LG Berlin v. 28.1.2000 – 85 T 91/00, ZMR 2001, 575; AG München v. 14.2.2017 – 482 C 12322/16 WEG, ZMR 2017, 932; vgl. auch OLG Köln v. 17.12.2001 – 16 Wx 276/01, OLGR Köln 2002, 90. 240 OLG München v. 20.2.2008 – 32 Wx 2/08, ZMR 2008, 566, für die Regelung: „Die einzelnen Eigentümer der Reihenhauseigentumseinheiten sollen wirtschaftlich soweit wie möglich gestellt werden, als ob sie Alleineigentümer der betreffenden Grundstücks- und Gebäudeeinheiten seien“. Zu Gestaltungsmöglichkeiten ausführlich Elzer in: Bayer/Koch, Offene Fragen des Wohnungseigentumsrechts und deren Bedeutung für die notarielle Praxis, 2018, S. 133 (137). 241 OLG Hamburg v. 31.8.1998 – 2 Wx 109/97, WuM 1998, 743 = ZMR 1998, 797. 242 BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 = MDR 1992, 484; anders aber KG v. 17.2.1993 – 24 W 3563/92, OLGZ 1993, 427 = NJW-RR 1993, 909. 243 BayObLG v. 12.8.1999 – 2Z BR 39/99, NZM 1999, 1146 = ZMR 1999, 838; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 2.12.1992 – 3 Wx 159/92, MDR 1993, 233 = NJW 1993, 1274; OLG Hamburg v. 4.3.2003 – 2 Wx 102/99, ZMR 2003, 524; OLG Hamburg v. 27.12.2004 – 2 Wx 19/04, ZMR 2005, 305; anders Niedenführ, NZM 2001, 1105 (1108). 244 Vgl. dazu grundlegend BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09 – Rz. 17 ff., BGHZ 186, 51 = MDR 2010, 977; v.1.10.2010 – V ZR 220/09 – Rz. 12, MDR 2011, 20. 245 LG Düsseldorf v. 14.3.2013 – 19 S 55/12, NZM 2013, 427. 246 OLG Karlsruhe v. 28.8.1997 – 11 Wx 94/96, ZMR 1997, 608. 247 Anders Niedenführ, NZM 2001, 1105 (1107). 248 BayObLG v. 21.2.1985 – BReg.2 Z 112/84, ZMR 1985, 239; OLG Köln v. 21.1.1998 – 16 Wx 299/97, NZM 1998, 1015; v. 31.1.2000 – 16 Wx 10/00, NZM 2000, 296 f. 249 BayObLG v. 26.8.2004 – 2Z BR 088/04, NZM 2005, 109.

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§ 22 Rz. 35 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau 35 Soweit einem Wohnungseigentümer oder der Wohnungseigentümergemeinschaft eine Bauge-

nehmigung für eine beabsichtigte bauliche Veränderung erteilt ist, besteht kein verwaltungsrechtlicher Rechtsschutz (Drittwiderspruch, Drittanfechtungsklage) zwischen den Wohnungseigentümern. Es fehlt solchen grundstücksinternen Klagen an der Klagebefugnis i.S.d. § 42 Abs. 2 VwGO.250 Auch eine verwaltungsrechtlich unanfechtbare Baugenehmigung hindert einen Wohnungseigentümer jedoch nicht, vor den Wohnungseigentumsgerichten unter Berufung auf § 15 Abs. 3 WEG geltend zu machen, die Genehmigung dürfe ihm gegenüber nicht umgesetzt werden.251 ff) Drittwirkung der Grundrechte/verfassungskonforme Auslegung 36 Ein Anspruch auf Zustimmung gegen diese Wohnungseigentümer kann sich aus dem Gemein-

schaftsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nur im Ausnahmefall unter Abwägung der widerstreitenden Interessen ergeben,252 nicht aber schon dann, weil der Umbau erforderlich ist, um die betroffene Sondereigentumseinheit wirtschaftlich rentabel nutzen zu können.253 Allerdings kann aufgrund der Drittwirkung der Grundrechte254 ein erheblicher Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG fehlen,255 also eine verfassungskonforme, einschränkende Auslegung des Nachteilsbegriffs geboten sein. Wo Vereinbarungen einer angemessenen Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Interessen entgegenstehen, kann im Einzelfall vorrangig eine ergänzende Auslegung der Gemeinschaftsordnung geboten sein, danach ein Anspruch auf deren Änderung gem. § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG in Betracht kommen.256 36a Von Bedeutung ist nur die Auslegung des Nachteilsbegriffs unter Beachtung der Drittwirkung

der Grundrechte: – Der Schutz des Eigentums, Art. 14 Abs. 1 GG, vor Einbrüchen kann die Anbringung von Gittern vor den Fenstern oder von Zusatzschlössern von Innen notwendig machen, weil besonders häufig Einbrüche in der Nachbarschaft verübt worden und soweit keine geeigneten anderen Maßnahmen möglich sind (vgl. Rz. 97).257 – Die Berufs(ausübungs)freiheit, Art. 12 GG, schützt das Anbringen eines Hinweisschildes an der Außenwand des Hauses (vgl. Rz. 109). – Art. 10 GG gibt auch dem Sondereigentümer einer Ferienwohnung das Recht auf seinen Briefkasten, um Zugang zu Postsendungen haben zu können.258 – Art. 2 Abs. 1 GG verbürgt die Wahrung der kulturellen Identität und rechtfertigt deshalb wie auch die Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG unter bestimmten Voraussetzungen die Anbringung einer Parabolantenne (vgl. Rz. 100).259

250 BVerwG v. 4.5.1988 – 4 C 20/85, NJW 1988, 3279; v. 14.10.1988 – 4 C 1/86, BauR 1989, 75. 251 BVerwG v. 28.2.1990 – 4 B 32/90, NVwZ 1990, 655 f.; v. 4.5.1988 – 4 C 20/85, NJW 1988, 3279 f.; s.a. BayObLG v. 22.12.2004 – 2Z BR 52/96, ZMR 1997, 41 f. 252 BayObLG v. 13.7.1995 – 2Z BR 15/95, ZMR 1995, 495; KG v. 22.12.1993 – 24 W 914/93, OLGZ 1994, 401 = NJW-RR 1994, 528. 253 LG München I v. 20.6.2011 – 1 S 23256/10, ZWE 2011, 423. 254 Zur Entwicklung vom Begriff der Drittwirkung hin zu einer verfassungskonformen Auslegung in der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Kulick, NJW 2016, 2236. 255 Vgl. BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563. 256 Zum Verhältnis grundsätzlich BGH v. 13.5.2016 – V ZR 152/15, MDR 2016, 1133. 257 KG v. 15.12.1993 – 24 W 2014/93, NJW-RR 1994, 401. 258 LG Itzehoe v. 12.4.2013 – 11 S 98/12, ZMR 2013, 744; a.A. für einen Keller LG München I v. 17.3.2017 – 36 S 22212/15 WEG, ZMR 2017, 504 (505). 259 BVerfG v. 30.6.1994 – 1 BvR 1478/93, NJW-RR 1994, 1232; v. 13.3.1995 – 1 BvR 1107/92, NJW 1995, 1665.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 36a § 22

– Art. 4 GG kann ebenfalls einen Anspruch auf Anbringung einer Parabolantenne auslösen, um Gottesdienste im Fernsehen verfolgen zu können (vgl. Rz. 101). – Schließlich kann für einen behinderten, nicht nur lebensalten Wohnungseigentümer wegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG260 schon nach geltendem Recht261 ein Anspruch auf Maßnahmen zur Barrierefreiheit,262 etwa die Duldung der Anbringung eines Treppenliftes263, einer Rampe264 oder eines besonderen Zuwegs zur Erdgeschosswohnung265 bestehen oder auch nur eines Handlaufs,266 einer Abstellmöglichkeit für den Rollator267 oder einer Auflademöglichkeit für das E-Mobil268; dies gilt ebenso für einen Wohnungseigentümer mit einem behinderten Mieter269 oder behinderten Angehörigen.270 Auch nach dem Willen des historischen Gesetzgebers besteht aber grundsätzlich kein Anspruch – regelmäßig auch nicht gemäß § 10 Abs. 2 S. 3 WEG – auf Duldung von Maßnahmen, die sich faktisch nicht mehr zurückbauen lassen, wie der Einbau eines massiven Aufzugs im Treppenauge oder Lichten Auge des Treppenhauses, die zudem bei einer Nutzungsmöglichkeit nur durch einen oder wenige Wohnungseigentümer zur Begründung eines Sondernutzungsrechts ohne Vereinbarung führen würden;271 dessen Errichtung ist unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 WEG (vgl. Rz. 62) möglich272. Schematische Lösungen verbieten sich: Bei der Auslegung des Merkmals „Nachteil“ in §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG sind die Grundrechte der betroffenen Miteigentümer – einerseits beim Kläger Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG, andererseits bei den übrigen Miteigentümern Art. 14 Abs. 1 GG – zu berücksichtigen und deren wertsetzendem Gehalt Geltung zu verschaffen. Ob der Nachteil, der aus der baulichen Veränderung zur Herstellung von Barrierefreiheit erwächst, das durch § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß übersteigt, ist aufgrund einer fallbezogenen Abwägung der auf beiden Seiten grundrechtlich ge-

260 BGH v. 13.1.2017 – V ZR 96/16 – Rz. 20, MDR 2017, 511. 261 Zur beabsichtigten Neuregelung vgl. BR-Drucks. 340/16. 262 Zum geltenden Recht Hannemann, ZWE 2018, 244; Gellwitzki, WuM 2018, 330; Horst, MietRB 2017, 82; vgl. auch BR-Ducks. 340/16 „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Förderung der Barrierefreiheit und Elektromobilität“ v. 21.6.2016. 263 BVerfG v. 28.3.2000 – 1 BvR 1460/99, MDR 2000, 756; BayObLG v. 25.9.2003 – 2Z BR 161/03, BayObLGZ 2003, 254 = ZMR 2004, 209; OLG München v. 12.7.2005 – 32 Wx 51/05, NZM 2005, 707; OLG München v. 22.2.2008 – 34 Wx 66/07, NZM 2008, 848; LG Hamburg v. 6.6.2001 – 318 T 70/99, NZM 2001, 767; LG Duisburg v. 10.12.1996 – 23 S 452/96, ZMR 2000, 463 (Mietrecht); LG Erfurt v. 19.2.2002 – 7 T 575/01, NZM 2003, 402; LG Karlsruhe v. 13.7.2012 – 11 S 242/11, ZWE 2013, 37; vgl. auch LG Hannover v. 17.10.2005 – 20 S 39/05, NZM 2007, 245 zum Abstellen des Rollators im Treppenhaus; vgl. auch Rips, Barrierefreiheit gem. § 554a BGB, 2003; zum Anspruch des Mieters Suilmann, WuM 2013, 86 (89). 264 AG Bonn v. 28.2.2011 – 27 C 202/10, ZWE 2011, 291; AG Warendorf v. 30.9.2014 – 48 C 5/14, ZWE 2015, 56; anders für eine Kinderwagenrampe AG München v. 9.8.2013 – 481 C 21932/12 WEG, ZMR 2013, 1002; bestätigt durch LG München I v. 30.6.2014 – 1 S 19913/13 WEG, Juris. 265 AG Dortmund v. 28.2.21996 – 139 II 84/93 WEG, MDR 1996, 468. 266 LG Köln v. 30.6.2011 – 29 S 246/10, ZMR 2013, 65; dazu auch LG Bremen v. 20.12.2013 – 4 S 245/ 12, ZMR 2014, 386. 267 AG Warendorf v. 30.9.2014 – 48 C 5/14, ZWE 2015, 56. 268 LG Bremen v. 7.10.2016 – 4 S 250/15, ZMR 2017, 83. 269 Schmid, NJW 2014, 1201 (1203). Der Mieter hat einen Anspruch aus § 554a BGB darauf, dass sein vermietender Wohnungseigentümer die Eigentümerversammlung mit dem Umbauwunsch des Mieters befasst, vgl. AG Stuttgart v. 14.12.2009 – 62 C 5164/09, WuM 2012, 288. 270 BGH v. 13.1.2017 – V ZR 96/16 – Rz. 21, MDR 2017, 511 für die regelmäßige Betreuung einer schwerstbehinderten Enkelin. 271 BGH v. 13.1.2017 – V ZR 96/16 – Rz. 20, MDR 2017, 511 = ZWE 2017, 208 mit Anm. Hogenschurz; a.A. AG München v. 5.7.2017 – 482 C 26378/16, ZMR 2018, 88, für eine Rollstuhlrampe vor dem Haus zum ersten Obergeschoss. 272 AG Brandenburg v. 31.8.2018 – 31 C 298/17, Juris.

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§ 22 Rz. 36a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau schützten Interessen zu entscheiden; bei mehreren geeigneten Maßnahmen steht den übrigen Wohnungseigentümern ein Mitbestimmungsrecht zu und Risiken hinsichtlich der Rückbaukosten können durch die Leistung einer Sicherheit ausgeschlossen werden.273 Dieser Anspruch lässt sich aber nicht umsetzen, wenn die bauordnungsrechtlichen Vorgaben (Durchgangsbreite, Rettungsweg, Abstandsflächen usw.) nicht gewahrt werden können.274 Der behinderte Wohnungseigentümer kann zudem die Berücksichtigung seiner Einschränkungen bei Sanierungsentscheidungen verlangen.275 Prozessual wichtig bei einer Klage auf Beschlussersetzung gem. § 21 Abs. 8 WEG, dass unterschiedliche Maßnahmen – etwa Treppenlift statt Personenaufzug – verschiedene Rechtsschutzziele betreffen,276 also durch geeignete Hilfsanträge zur Entscheidung gestellt werden müssen und andernfalls vom Gericht nicht als Minus zugesprochen werden dürften. Das Mitbestimmungsrecht müssen die übrigen Wohnungseigentümer dementsprechend erst bei dem Antrag, eine bestimmte Maßnahme zu dulden ausüben, nicht aber aufgrund eines nicht näher bestimmten Verlangens auf einen barrierefreien Zugang ihrerseits eine ihnen genehme Ausführungsplanung festlegen.277 37 Die vorstehenden Grundsätze gelten auch, soweit die Anspruchsvoraussetzungen in der Per-

son des Mieters eines Wohnungseigentums gegeben sind.278 38 Weil die gebotene Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen – für die übrigen

Wohnungseigentümer streitet Art. 14 GG279 – und die anzustellende Verhältnismäßigkeitsprüfung einen Anspruch nur auf das jeweilig Notwendige, d.h. das mildeste zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignete Mittel, geben, besteht ein Recht der übrigen Wohnungseigentümer, vorab über die beabsichtigten Maßnahmen unterrichtet und nicht durch den Berechtigten vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Kommen mehrere Lösungsmöglichkeiten in Betracht, brauchen die übrigen Wohnungseigentümer nur die dem Berechtigten zumutbare Lösung hinzunehmen, die ihre Belange – im Sinne eines Ausgleichs der widerstreitenden Grundrechtspositionen (praktische Konkordanz) – so wenig wie möglich beeinträchtigt;280 deshalb kann im Einzelfall aufgrund der baulichen Situation ein Anspruch auf Errichtung einer Kinderwagenrampe281 zu verneinen sein. Der Schutz dieses Auswahlermessens der Wohnungseigentümergemeinschaft schließt ein eigenmächtiges Vorgehen einzelner Wohnungseigentümer grundsätzlich aus, es sei denn, in Folge einer Ermessensreduzierung auf null käme ausnahmsweise ohnehin nur eine Lösungsmöglichkeit in Betracht.

273 BGH v. 13.11.2009 – V ZR 10/09 – Rz. 16, MDR 2010, 200. 274 VG Gelsenkirchen v. 26.9.2012 – 5 K 2704/12; BauR 2013, 131 für Beseitigung eines Treppenlifts; VG Hannover v. 14.5.2018 – 4 A 8334/17, IBR 2018, 392. 275 Vgl. AG München v. 28.11.2011 – 485 C 915/10, ZMR 2012, 559 für die Befahrbarkeit einer Balkonschwelle mit dem Rollator. 276 BGH v. 6.4.2017 – V ZR 96/16 – Rz. 6, MDR 2017, 511. 277 Vgl. AG München v. 5.7.2017 – 482 C 26378/16, ZMR 2018, 88, mit Anm. Hogenschurz, jurisPRMietR 8/2018 Anm. 5. 278 OLG Celle v. 19.5.1994 – 4 W 350/93, NJW-RR 1994, 977; OLG Frankfurt v. 12.10.1981 – 20 W 151/81, RPfleger 1982, 64. 279 BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, NZM 2005, 182. 280 BGH v. 13.11.2009 – V ZR 10/09, MDR 2010, 200; BayObLG v. 13.3.1997 – 2Z BR 8/97, WuM 1997, 343 = ZMR 1997, 317; AG Bremen v. 5.8.2014 – 28 C 58/14, ZMR 2015, 968; AG Warendorf v. 30.9.2014 – 48 C 5/14, ZWE 2015, 56; zum Interessenausgleich auch LG München I v. 23.6.2014 – 1 S 13821/13, ZMR 2014, 920; anders wohl LG Hamburg v. 6.6.2014 – 318 S 131/13, ZMR 2014, 1009 (1011). 281 AG München v. 9.8.2013 – 481 C 21932/12 WEG, ZMR 2013, 1002; bestätigt durch LG München I v. 30.6.2014 – 1 S 19913/13 WEG, Juris.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 40 § 22

gg) Änderung der gesetzlichen Regelung durch Vereinbarung Die Regelung des § 22 Abs. 1 WEG ist nicht zwingend und nicht Bestandteil des unabänder- 39 lichen Kernbestands des Wohnungseigentumsrechts. In der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung können vereinfachende Regelungen ebenso erfolgen wie weitergehende Sicherungen.282 Soweit die abweichende Regelung in der Teilungserklärung nicht eindeutig auszulegen ist, verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung.283 Erschwerungen und Erleichterungen können formelle Anforderungen betreffen, aber auch inhaltliche Anforderungen an bauliche Veränderungen aufstellen. (1) Erleichterungen, Öffnungsklauseln, Sondernutzungsrechte und Ausbaurechte An Erleichterungen zulässig ist das Erfordernis der Zustimmung nur der Mitglieder einer 40 Untergemeinschaft bei Mehrhausanlagen,284 die Festlegung eines Quorums – etwa von (mehr als) drei Vierteln oder zwei Dritteln der Wohnungseigentümer – sowie die Zulassung von Mehrheitsentscheidungen über bestimmte bauliche Veränderungen (etwa die Anbringung von Markisen). Die Klärung der richtigen Auslegung dieser Regelungen kann nicht durch Mehrheitsbeschluss erfolgen.285 Das kann im Einzelfall bei auslegungsfähigen Regelungen schnell zu Streit führen, etwa wenn bauliche Veränderungen erlaubt werden, die die einheitliche Gestaltung wahren.286 Soweit die Teilungserklärung die Entscheidung über bauliche Veränderungen der Eigentümerversammlung ohne weitere Vorgaben, etwa zur Entscheidung durch Mehrheitsbeschluss, zuweist, so gibt diese in der Vereinbarung enthaltene Öffnungsklausel287 der Eigentümerversammlung die Beschlusskompetenz, die Frage, unter welchen Voraussetzungen bauliche Veränderungen zulässig sein sollen, durch Mehrheitsbeschluss zu regeln.288 Wo keine Öffnungsklausel besteht, fehlt die Beschlusskompetenz, durch Eigentü282 BGH v. 21.5.1970 – VII ZB 3/70, BGHZ 54, 65 (69) = MDR 1970, 753; BayObLG v. 3.6.1987 – BReg.2 Z 34/87, NJW-RR 1987, 1357 = WuM 1987, 327; v. 25.11.1995 – 2Z BR 63/95, WuM 1996, 487; v. 9.12.1999 – 2Z BR 101/99, ZMR 2000, 23; OLG Köln v. 14.11.1997 – 16 Wx 275/97, NZM 1998, 673 = WuM 1998, 238 zur abweichenden Vereinbarung eines weitergehenden Maßstabs. 283 OLG München v. 31.5.2007 – 34 Wx 112/06, NZM 2007, 842 für die Anordnung der weitest möglichen wirtschaftlichen Trennung der aus zwei Doppelhaushälften bestehenden Anlage; OLG Oldenburg v. 17.9.1997 – 5 W 104/97, NZM 1998, 39 = ZMR 1998, 195; vgl. auch OLG Celle v. 31.5.2001 – 4 W 134/01, ZMR 2001, 834. 284 OLG Düsseldorf v. 26.8.2005 – I-3 Wx 64/05, ZMR 2006, 142; OLG München v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MDR 2007, 711 zu den Grenzen bei der Errichtung einer Mobilfunkanlage; LG München I v. 1.7.2017 – 1 S 7364/16 WEG, ZMR 2017, 328 zu den Grenzen bei der Nutzung des Gemeinschaftseigentums durch Erdaushub; bei der Anfechtung von Beschlüssen der „Untergemeinschaft“ richtiger Anfechtungsgegner sind immer alle übrigen Wohnungseigentümer, vgl. BGH v. 11.11.2011 – V ZR 45/11, MDR 2012, 81. 285 AG Potsdam v. 1.3.2018 – 31 C 34/17, Juris. 286 Vgl. AG Pinneberg v. 16.1.2018 – 60 C 16/17, ZMR 2018, 381. 287 Zum dann zu beachtenden Belastungsverbot, das jeden Wohnungseigentümer vor der Aufbürdung neuer Leistungspflichten schützt, vgl. BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, MDR 2015, 79. Zu Gestaltungsmöglichkeiten Lieder in: Bayer/Koch, Offene Fragen des Wohnungseigentumsrechts und deren Bedeutung für die notarielle Praxis, 2018, S. 39. 288 KG v. 17.7.2000 – 24 W 8114/99 und 2406/00, NZM 2001, 341. Beim Streit, ob die in der Öffnungsklausel genannten Voraussetzungen der Beschlussfassung an Form, Mehrheiten oder Inhalt kompetenzbegründend sind (Folge bei Verletzung: Beschlussnichtigkeit; so etwa AG Lichtenberg v. 14.5.2012 – 12 C 33/11 ZWE 2012, 321; Elzer, ZWE 2013, 323) oder nur die Grenzen der ordnungsgemäßen Verwaltung bestimmen (Folge bei Verstößen: Anfechtbarkeit); so etwa LG München I v. 3.11.2010 – 36 S 12740/10 WEG, ZWE 2010, 140; v. 20.9.2010 – 36 S 12740/10 WEG, ZMR 2011, 322; LG Berlin v. 19.4.2013 – 55 S 170/12, ZMR 2013, 735 m. krit. Anm. Elzer, ZWE 2013, 335; Becker, ZWE 2012, 297, 298, spricht – soweit die Vereinbarung keine ausdrückliche Regelung enthält – viel dafür, formelle im Gegensatz zu inhaltlichen Beschlussanforderungen nicht als kompetenz-

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§ 22 Rz. 40 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau merbeschluss die Zulässigkeit von baulichen Veränderungen abweichend vom Gesetz zu regeln.289 41 Ersetzt die Teilungserklärung das Erfordernis der Zustimmung benachteiligter Wohnungsei-

gentümer zu baulichen Veränderungen durch eine Öffnungsklausel, die einen Mehrheitsbeschluss erlaubt, so musste der Eigentümerbeschluss vor der Reform des Wohnungseigentumsrechts sachliche Gründe haben und durfte die nicht zustimmenden Wohnungseigentümer nicht unbillig benachteiligen.290 Für die durch die Reform des Wohnungseigentumsrechts geschaffenen gesetzlichen Öffnungsklauseln in § 16 Abs. 3 und 4 WEG stellt der BGH291 bei der Frage nach der Ordnungsgemäßheit der Verwaltung darauf ab, dass sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Änderung nicht willkürlich sein dürfen, um mit dieser Definition der intendierten Erweiterung des Gestaltungsspielraums für Mehrheitsbeschlüsse Rechnung zu tragen. Dabei hat der BGH den weiten Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer betont und klargestellt, dass er – insoweit – am Erfordernis eines sachlichen Grundes für die Änderung nicht mehr festhalte. Zusammen mit dem weiten Verständnis der Modernisierung gem. § 22 Abs. 2 WEG in der Rechtsprechung des BGH292 darf man eine Ausstrahlungswirkung annehmen und folgern, dass nunmehr auch für die Bestimmung der Grenzen ordnungsgemäßer Verwaltung bei vereinbarten Öffnungsklauseln über bauliche Veränderungen gem. § 22 Abs. 1 WEG ein weiter Gestaltungsspielraum anzunehmen und das frühere Erfordernis eines sachlichen Grundes auch bei vereinbarten Öffnungsklausel aufgeben wird.293 Die gerichtliche Kontrolldichte bei Mehrheitsentscheidungen aufgrund von vereinbarten Öffnungsklauseln wird damit zurückgenommen; unzulässig bleibt als Ausfluss des Belastungsverbots die Aufbürdung neuer, originärer Leistungspflichten, die nicht bereits in der Öffnungsklausel ausdrücklich angelegt sind.294 Willkür lässt sich für das „Ob“ und das „Wie“ nur annehmen, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund nicht finden lässt.295 Versteht man Willkür nunmehr also als Ausnahme, ergibt sich daraus zutreffend eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast, die folgerichtig den Anfechtenden trifft.296 Allerdings dürfen deren Auswirkungen für die Praxis nicht überschützt werden, denn das Fehlen eines sachlichen Grundes ist eine negative Tatsache, so dass nach allgemeinen Regeln eine sekundäre Darlegungslast der der übrigen, den Eigentümerbeschluss mehrheitlich tragenden Wohnungseigentümer besteht, die Gründe für ihre Entscheidung anzugeben;297 nur diese Gründe muss der Anfechtungskläger ausräumen und nicht die unmög-

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begründend anzusehen (vgl. Armbrüster, ZWE 2013, 242, 245; vgl. für die vereinbarte Eintragung im Beschlussbuch LG Saarbrücken v. 27.10.2010 – 5 S 7/10, NZM 2010, 909; für Mehrheitserfordernisse LG München I v. 13.1.2014 – 1 S 1817/13 WEG, ZMR 2014, 480). LG Hamburg v. 1.6.2012 – 318 S 115/11, ZMR 2013, 60. BayObLG v. 21.11.1989 – BReg.2 Z 123/89, BayObLGZ 1989, 437 = NJW-RR 1990, 209; BayObLG v. 27.4.2001 – 2Z BR 70/00, ZMR 2001, 829; KG v. 21.12.1998 – 24 W 5948/88, OLGZ 1989, 174 = NJW-RR 1989, 329 = ZMR 1989, 188; KG v. 28.7.1999 – 24 W 1542/99, NZM 2000, 348 = ZMR 1999, 850; OLG Düsseldorf v. 27.3.2000 – 3 Wx 53/00, NZM 2001, 392; OLG Hamburg v. 14.3.2001 – 2 Wx 103/98, ZMR 2001, 651 f. BGH v. 1.4.2011 – V ZR 162/10 – Rz. 8 f., MDR 2011, 781; v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971; v. 16.9.2011 – V ZR 3/11 – Rz. 8, NJW-RR 2011, 1646. BGH v. 18.2.2011 – V ZR 82/10, MDR 2011, 475; vgl. Rz. 64 ff. Armbrüster, ZWE 2013, 242 ff. BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, MDR 2015, 79; LG Karlsruhe v. 21.3.2017 – 11 S 88/16, ZWE 283 (284). Vgl. grundlegend BVerfG v. 23.10.1951 – 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, 14 (52) = NJW 1951, 877 ff. Armbrüster, ZWE 2013, 242 ff.; Bonifacio, MietRB 2012, 26 (28). Für die Beschlussfassung maßgeblich können nur die zuvor erörterten Gründe in Betracht kommen; anders als im Verwaltungsrecht (§ 114 S. VwGO) kann sich die Mehrheit eine Begründung nicht erst nachträglich im Beschlussanfechtungsverfahren überlegen; vgl. AG Hamburg-Blankenese v. 24.6.2015 – 539 C 31/14, ZMR 2015, 813.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 41a § 22

liche Pflicht erfüllen, alle denkbaren Gründe auszuräumen.298 Die Mehrheitsmacht kann ohnehin nicht schrankenlos verstanden werden: Darf die äußere Gestaltung der Wohnanlage mit Mehrheit geregelt werden, sind dennoch verunstaltende bauliche Maßnahmen, also solche, die auch beim in durchschnittlichen Maße für ästhetische Eindrücke aufgeschlossenen Betrachter nachhaltigen Protest auslösen, nicht zulässig.299 Die bloße Einräumung von Sondernutzungsrechten300 berechtigt grundsätzlich nicht zur 41a Durchführung baulicher Veränderungen, weil einem Sondernutzungsberechtigten keine weitergehenden Rechte als einem Sondereigentümer zustehen können.301 Die Zustimmung für bauliche Veränderungen liegt nicht ohne weiteres in der Einräumung eines Sondernutzungsrechts an einer unbebauten Fläche302 oder eines Speicherraums,303 soweit nicht entweder bauliche Veränderungen Eingang in die Beschreibung des Sondernutzungsrechts gefunden haben304 oder nach dem Inhalt des Sondernutzungsrechts üblicherweise305 vorgenommen und der Anlage kein anderes Gepräge verleihen.306 Die bauliche Veränderung ist also durch das Sondernutzungsrecht gedeckt, wo die Sondernutzung bauliche Veränderungen in einem bestimmten Umfang umfasst, etwa bei dem Sondernutzungsrecht an Gartenflächen.307 Demgegenüber berechtigt das Sondernutzungsrecht an einer Terrasse nicht zu deren Überdachung und zum Anbau an die Fassade.308 Die Einräumung eines Sondernutzungsrechts mit der Befugnis, die maßgebliche Fläche in beliebiger Form zu bebauen, ist zulässig.309 In jedem Fall muss der Sondernutzungsberechtigte die räumlichen Grenzen des Sondernutzungsrechts beachten.310 In Fällen, in denen einem Wohnungseigentümer eine bestimmte gewerbliche Nutzung seines Teileigentums ermöglicht wird, ist die Gestattung regelmäßig dahin auszulegen,

298 A.A. wohl Armbrüster, ZWE 2013, 242 (244). 299 OLG Düsseldorf v. 26.8.2005 – I-3 Wx 64/05, ZMR 2006, 142. 300 Zur zeitlichen Grenze der nachträglichen Zuweisung von Sondernutzungsrechten durch den teilenden Bauträger in Erfüllung von Sonderwünschen vgl. BGH v. 21.10.2016 – V ZR 78/16, MDR 2017, 388. 301 BayObLG v. 21.5.1992 – 2Z BR 38/92, WuM 1992, 392; v. 8.7.1993 – 2Z BR 51/93, WuM 1993, 706 f. = ZMR 1993, 476; KG v. 10.1.1994 – 24 W 3851/93, OLGZ 1994, 393 = NJW-RR 1994, 526; OLG Karlsruhe v. 23.1.1987 – 11 W 133/86, WuM 1987, 236; OLG Köln v. 19.6.1995 – 16 Wx 46/ 95, WuM 1995, 608 = ZMR 1995, 606; v. 18.1.2002 – 16 Wx 247/01, NZM 2002, 458. 302 BayObLG v. 27.3.1984 – 2Z 27/83, DWE 1984, 124 = WE 1986, 26; v. 19.3.1998 – 2Z BR 131/97, WuM 1998, 563 für Pergola; OLG Köln v. 19.6.1995 – 16 Wx 46/95, WuM 1995, 608 = ZMR 1995, 606; OLG Köln v. 31.1.2000 – 16 Wx 10/00, NZM 2000, 296 (297). 303 LG München I v. 18.7.2013 – 36 S 20429/12, ZMR 2014, 53. 304 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207; zum Sondernutzungsrecht zur Errichtung einer Tiefgarage vgl. OLG Hamburg v. 30.3.2007 – 2 Wx 107/04, ZMR 2007, 981; für die Anlage eines Teichs vgl. BayObLG v. 18.3.2005 – 2Z BR 233/04, NZM 2005, 744; für die Abgrenzung durch Zaun oder Hecke LG Berlin v. 4.9.2012 – 55 S 197/11, GE 2012, 1647; zu Gestaltungsmöglichkeiten Ott in: Bayer/Koch, Offene Fragen des Wohnungseigentumsrechts und deren Bedeutung für die notarielle Praxis, 2018, S. 115 (123 f.). 305 Gerade was im Einzelnen üblicherweise zur Nutzung einer Gartenfläche gehört, mag diskutabel sein; nunmehr verneint für eine Terrassenüberdachung durch BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13 – Rz. 7, MDR 2014, 453; vgl. einerseits Hogenschurz, ZMR 2013, 250; andererseits Elzer, NotBZ 2013, 289. 306 BGH v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207. 307 Vgl. BayObLG v. 18.3.2005 – 2Z BR 233/04, NZM 2005, 744. 308 BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13 – Rz. 7 – MDR 2014, 453; ebenso für eine Dachterrasse BGH v. 18.11.2016 – V ZR 49/16 – Rz. 24 – MDR 2017, 696. 309 BayObLG v. 12.11.1998 – 2Z BR 95/98, DNotZ 1999, 672; OLG München v. 12.4.2013 – 34 Wx 124/13, MDR 2013, 1156. 310 LG Hamburg v. 26.6.2013 – 318 S 119/12, ZMR 2013, 992, für Carport und Schuppen auf der gemeinschaftlichen Auffahrt.

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§ 22 Rz. 41a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau dass damit zugleich den baulichen Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums zugestimmt wird, die mit dieser Nutzungsart zwangsläufig verbunden sind.311 41b Sieht bereits die Teilungserklärung ein „Ausbaurecht“312 (vgl. schon Rz. 15) vor, brauchen die

übrigen Wohnungseigentümer nur solche Beeinträchtigungen zu dulden, die zu dessen Verwirklichung notwendig sind; weitergehende Maßnahmen sind als bauliche Veränderungen zustimmungsbedürftig.313 Auch öffentlich-rechtliche Anforderungen begründen keinen Anspruch auf Erweiterung des Ausbaurechts, jedenfalls wenn diese erst durch die späte Umsetzung durch den Berechtigten zu beachten sind.314 Auch Analogien kommen grundsätzlich nicht in Betracht.315 Entscheidend ist, wie die Vereinbarung im Wege der Auslegung zu verstehen ist. Fehlen besondere Vereinbarungen ist der Ausbau grundsätzlich entsprechend den im Zeitpunkt der Durchführung aktuellen technischen Anforderungen durchzuführen, insbesondere das aktuelle Schallschutzniveau herzustellen.316 Erfüllt der Ausbauberechtigte diese seine Pflicht nicht, wird sie nicht deshalb zur Pflicht aller Wohnungseigentümer, dass Ansprüche gegen den Ausbauberechtigten gleich aus welchem Grund nicht mehr durchsetzbar sind.317 Für die Auslegung maßgebend sind Wortlaut und Sinn der Regelung, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegend ergibt, wobei Umstände außerhalb der Eintragung nur herangezogen werden dürfen, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind.318 Regelmäßig besteht kein Recht, die baulichen Maßnahmen bereits während der Herstellungsphase begleitend zu kontrollieren und deshalb die Herausgabe aller notwendigen Unterlagen zu verlangen, etwa um einen Sachverständigen mit der Prüfung zu beauftragen.319 Für Fehler seiner Handwerker muss der ausbauende Wohnungseigentümer gemäß § 278 BGB einstehen.320 Versteht man etwa das Ausbaurecht im Einzelfall als Gestattung der Umbaumaßnahme dem Grunde nach (vgl. schon Rz. 15), bedarf die konkrete Umsetzung immer noch der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, auf die ein Anspruch nur besteht, wenn eine der Gestattung entsprechende detaillierte Planung mit Angaben zu Material, Optik und Technik vorgelegt wird.321 Weil sich auch bei einer sorgfältigen Formulierung in der Teilungserklärung oder späteren Vereinbarungen Streit

311 BayObLG v. 13.3.1997 – 2Z BR 8/97, WuM 1997, 343 = ZMR 1997, 317; v. 6.10.2000 – 2Z BR 74/ 00, NZM 2000, 1236, jeweils für eine in der Teilungserklärung festgeschriebene Nutzung; OLG Köln v. 15.5.2002 – 16 Wx 85/02 n.v., für eine aufgrund einer Öffnungsklausel in der Teilungserklärung durch Mehrheitsbeschluss genehmigte Nutzung; s.a. OLG Hamm v. 9.1.2009 – 15 Wx 142/08, ZWE 2009, 226. 312 Das Ausbaurecht kann sich auch aus der allgemein formulierten Zulassung von baulichen Veränderungen ergeben, vgl. OLG Hamburg v. 5.11.2012 – 2 Wx 64/09, ZMR 2013, 366. Zum Ausbaurecht durch Zulassung der Änderung der Zweckbestimmung vgl. OLG Karlsruhe v. 28.10.2016 – 9 U 14/ 15, MDR 2017, 268: Wohnraum im Keller. 313 BayObLG v. 16.4.1998 – 2Z BR 61/98, NZM 1999, 132; KG v. 16.1.1984 – 24 W 4224/83, ZMR 1986, 189; zur Auslegung vgl. BGH v. 6.11.2009 – V ZR 73/09, MDR 2010, 98; s.a. LG Hamburg v. 15.11.2017 – 318 S 19/17, ZMR 2018, 358 (361). 314 AG Aachen v. 4.3.2009 – 119 C 77/08, ZMR 2009, 878. 315 Vgl. LG Hamburg v. 29.2.2012 – 318 S 16/11, ZMR 2012, 574: Eine Loggia ist kein Balkon. 316 BGH v. 16.3.2018 – V 276/16, MDR 2018, 657; LG Berlin v. 23.5.2017 – 55 S 36/16 WEG, ZWE 2017, 453. 317 So aber LG Berlin v. 23.5.2017 – 55 S 36/16, ZWE 2017, 453. 318 BGH v. 18.1.2013 – V ZR 88/12 – Rz. 7, WuM 2013, 247. 319 BGH v. 26.2.2016 – V ZR 131/15 – Rz. 15, NZM 2016, 473, für den Fall einer kompletten Neuerstellung des Dachstuhls im Zuge eines Dachausbaus; AG Aachen v. 8.1.2014 – 118 C 13/13, ZMR 2015, 400 (401). 320 LG Berlin v. 11.11.2016 – 55 S 174/14 WEG, ZMR 2017, 992. 321 LG Berlin v. 16.7.2013 – 55 S 171/12 WEG, GE 2013, 1287.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 43 § 22

um das rechte Verständnis nicht vermeiden lässt, bergen Aus- und Umbaurechte ein Investitionsrisiko, wenn sich die erhoffte Baumaßnahme nicht wie gewünscht umsetzen lässt.322 Werden die Regelungen der §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG insgesamt abbedungen,323 finden 42 die Vorschriften des privaten und öffentlichen Nachbarrechts Anwendung, soweit sie drittschützenden Charakter haben324 etwa § 906 BGB325 und die Vorschriften des öffentlichen Nachbarrechts, soweit sie drittschützenden Charakter haben.326 Dies ist etwa bei einer Regelung der Teilungserklärung anzunehmen, nach der die zwei Einheiten eines Doppelhauses so behandelt werden, als ob die Gebäude auf zwei rechtlich selbständigen Grundstücken ständen.327 Auch bei dieser Regelung sind eigenmächtige bauliche Veränderungen am zur gemeinschaftlichen Nutzung verbleibenden Gemeinschaftseigentum, etwa der gemeinsamen Zufahrt, nicht zulässig.328 (2) Erschwerungen Als Erschwerung ist es in den Grenzen des § 22 Abs. 2 Satz 2 WEG möglich, die Zustimmung 43 aller Wohnungseigentümer auch für geringfügige und für niemanden nachteilige bauliche Veränderungen oder Veränderungen des äußeren Gestaltungsbildes zu verlangen329 oder einen einstimmigen Eigentümerbeschluss zur Genehmigung aller baulichen Veränderungen zu

322 Vgl. OLG Hamburg v. 5.11.2012 – 2 Wx 64/09, ZMR 2013, 366: Bei einer Regelung, dass jeder Wohnungseigentümer berechtigt ist, sein Wohnungseigentum nach seinen Wünschen selbst dann umoder auszubauen, wenn dadurch in das Gemeinschaftseigentum eingegriffen wird, sofern die übrigen Wohnungseigentümer nicht unzumutbar auf Dauer beeinträchtigt werden, soll der Ausbau eines Spitzbodens einschließlich Dachgauben und Dachflächenfenstern zulässig sein, selbst wenn deshalb feuerpolizeilich geboten vor dem Haus auf der Gemeinschaftsfläche durch Rasengittersteine eine befestigte Stellfläche geschaffen werden muss. Vgl. auch LG Hamburg v. 29.2.2012 – 318 S 236/10, ZMR 2012, 887: Eine Regelung, nach der jeder Wohnungseigentümer „sein Wohnungseigentumsrecht nebst Sondernutzungsrecht um- oder auszubauen, auch wenn dadurch in das Gemeinschaftseigentum eingegriffen wird, sofern die übrigen Wohnungseigentümer nicht unzumutbar auf Dauer beeinträchtigt werden“ soll nur Maßnahmen an oder innerhalb der vorhandenen Gebäudehülle ermöglichen, nicht aber den Abriss und Neubau von Außenmauern mit einer neuen Form des Baukörpers. 323 Zur Auslegung dieser Regelung z.B. LG Itzehoe v. 19.4.2011 – 11 S 26/10, Juris. 324 BGH v. 21.5.1970 – VII ZB 3/70, BGHZ 54, 65 (69) = MDR 1970, 753 = NJW 1970, 1316; BayObLG v. 16.4.1993 – 2Z BR 10/93, WuM 1993, 565 f.; v. 9.12.1999 – 2Z BR 101/99, ZMR 2000, 23; v. 23.1.2001 – 2Z BR 116/00, ZMR 2001, 472; v. 21.2.2001 – 2Z BR 104/00, BayObLGZ 2001, 41 = NZM 2001, 815: kein Anspruch auf Einhaltung Grenzabstand innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft; BayObLG v. 21.2.2002 – 2Z BR 145/01, ZWE 2002, 407 ff.; KG v. 21.12.1998 – 24 W 5948/88, OLGZ 1989, 174 = NJW-RR 1989, 329; OLG Frankfurt v. 18.11.1983 – 20 W 461/83, OLGZ 1984, 60; LG Hamburg v. 20.9.2017 – 318 S 77/16, Juris; LG Itzehoe v. 10.3.2009 – 11 S 30/ 08, ZMR 2009, 479. 325 BayObLG v. 12.8.2004 – 2Z BR 148/04, NZM 2005, 69. 326 Vgl. auch BayObLG v. 12.9.1996 – 2Z BR 52/96, NJW-RR 1997, 269 = ZMR 1997, 41; v. 19.5.2004 – 2Z BR 067/04, ZMR 2005, 212 für öffentliches Nachbarrecht; v. 9.12.1999 – 2Z BR 101/99, ZMR 2000, 23 für privates Nachbarrecht; a.A. für Abstandsflächen im Einzelfall AG Hamburg-Harburg v. 5.11.2015 – 645 C 295/15, ZMR 2016, 153. 327 OLG Frankfurt v. 30.6.2008 – 20 W 222/06, ZWE 2008, 353; s.a. LG Itzehoe v. 19.4.2011 – 11 S 26/ 10, Juris. 328 LG Hamburg v. 26.6.2013 – 318 S 119/12, ZMR 2013, 992 für Carport in der Auffahrt. 329 BayObLG v. 25.9.1997 – 2Z BR 79/97, WuM 1997, 700; v. 28.3.2001 – 2Z BR 1/01, ZMR 2001, 640 für Zulässigkeit äußerer Veränderungen nur mit allseitiger Zustimmung; OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – 3 Wx 21/07, NZM 2007, 528; OLG Zweibrücken v. 23.11.2001 – 3 W 226/01, NZM 2002, 253.

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§ 22 Rz. 43 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau verlangen.330 Das besondere Zustimmungserfordernis der Zustimmung durch alle Wohnungseigentümer kann auch auf bestimmte Arten baulicher Veränderungen beschränkt werden, etwa Veränderungen im Erscheinungsbild der Wohnanlage,331 Eingriffe in für den Bestand oder die Sicherheit erforderliche Gebäudeteile,332 schließlich eigenmächtige Veränderungen der Sondereigentümer an den im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Räumen oder dem Grundstück.333 43a Soweit eine Teilungserklärung die Zulässigkeit einer baulichen Veränderung der Beschlussfas-

sung mit qualifizierter Mehrheit unterwirft, wird damit in der Regel nicht zugleich als Erschwerung gemeint sein, dass ein qualifizierter Mehrheitsbeschluss in jedem Fall unabhängig davon erforderlich sein soll, ob andere Wohnungseigentümer überhaupt über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.334 Wenn die Genehmigung einen qualifizierten Mehrheitsbeschluss erfordert, bleibt dessen Aufhebung durch Zweitbeschluss mit einfacher Mehrheit zulässig.335 (3) Zustimmung durch den Verwalter 44 Besondere Vorsicht ist geboten beim Verständnis einer Vereinbarung, nach der vor einer bau-

lichen Veränderung die (schriftliche) Zustimmung des Verwalters336 und/oder des Verwaltungsbeirats einzuholen sei. Die unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Wohnungseigentumsgemeinschaft auszulegende337 Regelung ist nur bei eindeutigem Wortlaut338 dahin zu verstehen, dass durch die Zustimmung des Verwalters die aller über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus beeinträchtigten Wohnungseigentümer ersetzt wird. Bei sehr großen Anlagen kann ausnahmsweise eine völlige Übertragung der Zustimmungskompetenz gemeint sein, wenn sich in der Teilungserklärung Anhaltspunkte für eine derartige Vorabübertragung eigener Rechte der Wohnungseigentümer finden. Grundsätzlich stellt entsprechend der Interessenlage, ein eigenmächtiges Bauen zu verhindern,339 die dem Verwalter in der Teilungserklärung zugewiesene Zustimmungsbefugnis aber nur ein zusätzliches formales Erfordernis (Vorschalterfordernis) neben der Zustimmung der nachteilig betroffenen Eigentümer dar, also keine Lockerung der Voraussetzungen des § 22 WEG.340 330 BayObLG v. 5.5.2004 – 2Z BR 265/03, WuM 2004, 495; v. 5.4.2005 – 32 Wx 019/05, ZMR 2005, 726. 331 OLG Frankfurt v. 15.3.2005 – 20 W 471/02, NZM 2005, 947 f. 332 Vgl. zur Zulässigkeit und Auslegung OLG Düsseldorf v. 7.1.2005 – I-3 Wx 306/04, DNotZ 2005, 696. 333 OLG München v. 31.3.2006 – 34 Wx 111/05, ZMR 2006, 797. 334 So aber für den Einzelfall BayObLG v. 19.3.1998 – 2Z BR 131/97, WuM 1998, 563 = ZMR 1998, 503. 335 LG München v. 16.11.2017 – 36 S 21605/16 WEG, ZMR 2018, 447. 336 Ausführlich Hogenschurz, MietRB 2017, 148. 337 KG v. 1.7.1991 – 24 W 2051/91, OLGZ 1992, 188 = NJW-RR 1991, 1300; OLG Düsseldorf v. 10.3.1997 – 3 Wx 159/95, NJW-RR 1997, 1103. 338 KG v. 1.7.1991 – 24 W 2051/91, OLGZ 1992, 188 = NJW-RR 1991, 1300; KG v. 18.3.1998 – 24 W 2334/97, NZM 1998, 771 = ZMR 1998, 657; OLG Düsseldorf v. 10.3.1997 – 3 Wx 159/95, NJW-RR 1997, 1103; OLG Frankfurt v. 7.4.2006 – 20 W 108/06, ZWE 2006, 457 LS; OLG Zweibrücken v. 29.6.1992 – 3 W 30/92, MDR 1992, 1054 = NJW 1992, 2899. 339 Nach OLG Schleswig v. 12.2.2003 – 2 W 217/02, NZM 2003, 558; v. 2.9.2004 – 2 W 93/04, OLGR Schleswig 2005, 383 stellt allein die eigenmächtige Errichtung ohne Einholung der Verwalterzustimmung keine verbotene Eigenmacht i.S.d. § 862 BGB dar, da es sich dann um einen Streit über die Grenzen des Mitbesitzes i.S.v. § 866 BGB handelt. 340 BayObLG v. 4.12.1997 – 2Z BR 123/97, WuM 1998, 117; v. 2.3.2000 – 2Z BR 152/99, NZM 2000, 876; KG v. 1.7.1991 – 24 W 2051/91, OLGZ 1992, 188 = NJW-RR 1991, 1300; OLG Frankfurt v. 24.4.2006 – 20 W 294/03, BauR 2006, 1799; OLG Köln v. 7.6.1995 – 16 Wx 78/95, DWE 1997, 32; v. 15.10.2003 – 16 Wx 97/03, MDR 2004, 683; LG München I v. 20.6.2011 – 1 S 23256/10, ZWE

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 46 § 22

Dieses zusätzliche Erfordernis einer (schriftlichen) Verwalterzustimmung schützt die Wohnungseigentümer davor, dass der Umbauwillige eigenmächtig Veränderungen vornimmt unter Berufung darauf, die anderen Wohnungseigentümer seien nicht nachteilig beeinträchtigt und müssten deshalb nicht zustimmen.341 Dementsprechend besteht das Zustimmungserfordernis unabhängig davon, ob die Maßnahme zu einem erheblichen Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG führt.342 Insbesondere soweit nach der Teilungserklärung die Zustimmung nur aus wichtigem Grund verweigert werden darf, kann der Verwalter in Zweifelsfällen die Weisung der Eigentümerversammlung einholen.343 Eine Zustimmung des Verwalters, die Vorgaben bestandskräftiger Mehrheitsbeschlüsse missachtet, ist unwirksam.344 Die Zustimmung des Verwalters kann analog § 185 Abs. 2 BGB auch noch nachträglich erfolgen und gem. § 183 BGB widerrufen345 werden. Prozessual ergeben sich aus dieser materiellen Rechtslage gegenüber der Verwalterzustim- 44a mung gem. § 12 WEG346 abweichende Konsequenzen: Wenn die Verwalterzustimmung wie im Regelfall nur als zusätzliches formales Erfordernis von baulichen Veränderungen ausgestaltet worden ist, gilt für den Wohnungseigentümer, der die Genehmigung für eine eigene bauliche Veränderung erhalten will, dass es nur um deren Zulässigkeit in der Sache gehen kann. Ist die bauliche Veränderung materiell zulässig, tritt die gerichtliche Klärung im Verhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern an die Stelle der Verwalterzustimmung, die danach in jedem Fall zu erteilen wäre; einer gesonderten Inanspruchnahme des Verwalters bedarf es in diesem Fall nicht. Wird dem Verwalter dagegen ausnahmsweise eine originäre eigene Kompetenz eingeräumt, ist er selbst dann auf ihre Erteilung in Anspruch zu nehmen, wenn er seine Versagung inhaltlich an den Wünschen der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgerichtet hat.347

3. Ansprüche auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes Wird eine bauliche Veränderung, eine Modernisierung oder eine modernisierende Instandset- 45 zung rechtswidrig durchgeführt, bestehen Ansprüche auf Rückgängigmachung der Veränderung. Im Zentrum der Verwaltungspraxis und der folgenden Darstellung stehen die Ansprüche, wenn ein Wohnungseigentümer eigenmächtig ohne die gem. § 22 Abs. 1 WEG i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG erforderliche Zustimmung erheblich betroffener Wohnungseigentümer oder abweichend von der Genehmigung eine Baumaßnahme ausführt. a) Anspruchsgrundlagen und Anspruchsinhalt Wenn eine bauliche Veränderung nicht zulässig ist, weil die erforderliche Zustimmung von 46 über das in § 14 Nr. 1 WEG beschriebene Maß nachteilig betroffener Wohnungseigentümern

341 342 343 344 345 346 347

2011, 423; v. 16.4.2012 – 1 S 11654/11, ZMR 2013, 748; LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 145/14, ZWE 2016, 229. BayObLG v. 2.3.2000 – 2Z BR 152/99, ZWE 2000, 217; OLG Düsseldorf v. 10.3.1997 – 3 Wx 159/ 95, NJW-RR 1997, 1103; OLG Zweibrücken v. 29.6.1992 – 3 W 30/92, MDR 1992, 1054 = NJW 1992, 2899. AG München v. 14.2.2017 – 482 C 12322/16 WEG, ZMR 2017, 932. BGH v. 21.12.1995 – V ZB 4/94, MDR 1996, 787 = NJW 1996, 1216; OLG Frankfurt v. 18.11.1983 – 20 W 461/83, OLGZ 1984, 60. OLG Frankfurt v. 2.12.2004 – 20 W 186/03, NZM 2005, 427. BayObLG v. 31.8.2000 – 2Z BR 39/00, ZMR 2001, 41. Vgl. BGH v. 13.5.2011 – V ZR 166/10, MDR 2011, 911 = ZfIR 2011, 615 mit Anm. Hogenschurz. Vgl. zu § 12 WEG BGH v. 13.5.2011 – V ZR 166/10 – Rz. 8, MDR 2011, 911 unter Hinweis auf Bub, NZM 2001, 502 f.

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§ 22 Rz. 46 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau fehlt, besteht nach allgemeiner Meinung348 ein verschuldensunabhängiger Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB gegen jedermann und gegen die übrigen Wohnungseigentümer auch aus § 15 Abs. 3 WEG, der repressiv auf Beseitigung der unzulässigen baulichen Veränderung gerichtet ist und präventiv auf Unterlassung349; verpflichtet zur Unterlassung bzw. Beseitigung ist der Störer (vgl. Rz. 52). Der Beseitigungsanspruch umfasst die Beseitigung des störenden Zustands und die anschließende Wiederherstellung des vorherigen Zustands, also die spurenlose Beseitigung der tatsächlichen Störungsquelle.350 Der Anspruch ist auf die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges (Rückbau) gerichtet; die Auswahl geeigneter Maßnahmen bleibt dem Schuldner überlassen.351 Eine konkrete Maßnahme kann nur verlangt werden, wenn allein diese Maßnahme zur Herbeiführung dieses Zustandes vernünftigerweise in Betracht kommt.352 Dem Anspruch kann ein mitwirkendes Verschulden des Anspruchstellers gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB entgegenstehen.353 Der Anspruch kann nach den Grundsätzen des Abzugs „neu für alt“ gemindert sein.354 Soweit die bauliche Veränderung die Grenzen eines eingeräumten Ausbaurechtes überschreitet, geht der Anspruch auf Rückbau zurück auf den erlaubten Ausbauzustand, wenn dies nicht möglich ist, auf vollständige Beseitigung.355 Bei schuldhafter Verletzung des Gemeinschaftseigentums besteht daneben ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB.356 Auch ein Anspruch aus schuldhafter Verletzung des Gemeinschaftsverhältnisses oder – bei Baumaßnahmen des Verwalters – des Verwaltervertrages kommt in Betracht,357 §§ 280, 241 Abs. 2 BGB. Mangels Bedeutung für das maßgebliche Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander steht die zwischenzeitliche Genehmigung der Baumaßnahme durch die Bauaufsichtsbehörde dem Beseitigungsanspruch nicht entgegen.358 Soweit durch bauliche Veränderungen einem Wohnungseigentümer sein Sondereigentum oder der Mitbesitz am Gemeinschaftseigentum entzogen wird, besteht schließlich ein Anspruch aus § 985 BGB auf Wiedereinräumung des Besitzes bzw. Mitbesitzes,359 nicht aber auf Räumung360. Schließlich können ungenehmigte Baumaßnahmen des Erwerbers insbesondere beim Hinzutreten weitere Verfehlungen im Einzelfall einen wichtigen Grund für die Versa-

348 BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 = MDR 1992, 484; BayObLG v. 24.2.2000 – 2Z BR 176/99, ZWE 2000, 216; KG v. 17.5.1989 – 24 W 6092/88, OLGZ 1989, 305; OLG Hamm v. 12.3.1991 – 15 W 41/90, OLGZ 1991, 418 = MDR 1991, 1171; OLG Köln v. 21.1.1998 – 16 Wx 299/97, NZM 1998, 1015. 349 Zur Sicherung durch Unterlassungsverfügung vgl. AG Pinneberg v. 22.3.2017 – 60 C 4/17, DGVZ 2017, 133. 350 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17 – Rz. 7, 15, Juris m.w.N.; LG München I v. 15.11.2017 – 1 S 1978/16 WEG, MDR 2018, 464. 351 Vgl. BGH v. 22.10.1976 – V ZR 36/75, BGHZ 67, 252 = MDR 1977, 299 = NJW 1977, 146; v. 19.1.1996 – V ZR 298/94, MDR 1996, 579; KG v. 19.3.2007 – 24 W 317/06, NZM 2007, 845; OLG Düsseldorf v. 4.7.2001 – 3 Wx 120/01, NZM 2001, 958; OLG Hamm v. 18.8.2009 – 15 Wx 357/08, ZWE 2009, 445; OLG München v. 10.4.2006 – 34 Wx 21/06, ZMR 2006, 643. 352 BGH v. 12.12.2003 – V ZR 98/03, MDR 2004, 503. 353 LG Frankfurt/Main v. 14.12.2017 – 2-13 S 133/15, WuM 2018, 242 (243) für die verspätete Geltendmachung. 354 BGH v. 13.1.2012 – V ZR 136/11, MDR 2012, 275. 355 OLG Hamburg v. 30.3.2007 – 2 Wx 107/04, ZMR 2007, 981. 356 OLG Hamm v. 12.3.1991 – 15 W 41/90, OLGZ 1991, 418 = MDR 1991, 1171. 357 So BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497; v. 10.11.2006 – V ZR 62/ 05, WuM 2007, 33. 358 OLG Köln v. 21.1.1998 – 16 Wx 299/97, NZM 1998, 1015. 359 OLG München v. 16.11.2007 – 32 Wx 111/07, NZM 2008, 87; vgl. auch OLG Celle v. 28.5.2008 – 4 W 33/08, ZWE 2009, 128; für Sondernutzungsrecht LG München I v. 29.3.2010 – 1 S 17 989/09, ZMR 2010, 794; AG Charlottenburg v. 20.6.2012 – 72 C 46/12, GE 2012, 1327. 360 LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 55/14, ZMR 2016, 129 (131).

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 48 § 22

gung der Veräußerungszustimmung bilden361 und die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 WEG verwirklichen. Zur Vorbereitung eines Beseitigungsanspruchs kann ein Auskunftsanspruch bestehen, weil 47 im Zweifel nur der Störer die zur Beurteilung eines Anspruchs nach § 1004 BGB erforderlichen Einzelheiten kennt.362 Schäden am Gemeinschaftseigentum können auch ohne Vorbefassung der Eigentümerversammlung in einem selbständigen Beweisverfahren geklärt werden.363 Ein Mehrheitsbeschluss, der die Pflicht zur Beseitigung zum Inhalt hat, begründet keine ei- 48 genständige Anspruchsgrundlage.364 Die gegenteilige Auffassung ist durch die Rechtsprechung des BGH zur Beschlusskompetenz überholt.365 Eine Kompetenz, contra legem Ansprüche zu schaffen, ist der Wohnungseigentümergemeinschaft weder durch Gesetz noch (vorbehaltlich einer besonderen, ausdrücklichen Vereinbarung) in der Teilungserklärung verliehen. Ein solcher Eigentümerbeschluss widerspricht also nicht bloß ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn er kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist für den gesetzlichen Beseitigungsanspruch gefasst wird und zum Nachteil des betroffenen Wohnungseigentümers zu einer Verdoppelung der Verjährungsfrist führen würde,366 sondern ist nichtig. Ebenso fehlt der Wohnungseigentümergemeinschaft die Beschlusskompetenz dafür, durch Beschluss die Erfüllung eines für einen einzelnen Wohnungseigentümer titulierten Beseitigungsanspruchs festzustellen.367 In der Praxis ist daher die Frage in den Vordergrund getreten, wann Eigentümerbeschlüsse über die Vergemeinschaftung (vgl. Rz. 49) und Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Anspruchsdurchsetzung derart missverständlich formuliert sind, dass man ihnen auch eine unzulässige konstitutive Anspruchsbegründung entnehmen muss; im Zweifel will soll der Eigentümerbeschluss einen wirksamen Inhalt innerhalb der Beschlusskompetenz haben.368 Die bloße Aufforderung zum Rückbau und die Beauftragung eines Rechtsanwalts widersprechen nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die in Erwägung gezogene Klage offensichtlich unhaltbar ist.369

361 362 363 364

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366 367 368 369

Vgl. AG Philippsburg v. 19.1.2018 – 1 C 167/17, ZMR 2018, 545. OLG Düsseldorf v. 25.11.1996 – 3 Wx 516/94, ZMR 1997, 149. BGH v. 14.3.2018 – V ZBR 131/17, MDR 2018, 1113, auch zu den Kostenrisiken. Anders noch die überholte früher herrschende Rechtsprechung BayObLG v. 15.2.1984 – 2Z 111/ 83, WuM 1985, 31; v. 26.8.1996 – 2Z BR 51/96, ZMR 1996, 623; v. 30.11.2000 – 2Z BR 92/00, NZM 2001, 433; OLG Bremen v. 16.8.1994 – 3 W 25/94, WuM 1995, 58; OLG Hamburg v. 4.3.2003 – 2 Wx 148/00, ZMR 2003, 447; v. 24.10.2008 – 2 Wx 115/08, ZMR 2009, 306; OLG Köln v. 23.12.1998 – 16 Wx 211/98, NZM 1999, 424; LG Hamburg v. 7.10.2009 – 318 S 60/08, ZMR 2010, 310; s.a. Schuschke, ZWE 2000, 146 (153); a.A. KG v. 27.3.1996 – 24 W 6750/95, NJW-RR 1996, 1102 = ZMR 1996, 389; v. 8.1.1997 – 24 W 5678/96, NJW-RR 1997, 1033 = ZMR 1997, 318; OLG Zweibrücken v. 5.6.2007 – 3 W 98/07, MDR 2008, 78; ausführlich Schmidt/Riecke, ZMR 2005, 252 (258 ff.); Wenzel, NZM 2004, 542; verfehlt AG Schorndorf v. 18.3.2008 – 6 C 1097/07, NZM 2008, 411 mit abl. Anm. J.-H. Schmidt, NZM 2008, 395, wo die Ablehnung der Genehmigung (Negativbeschluss) als Anspruchsgrundlage für die Beseitigung missverstanden wurde. BayObLG v. 14.1.1999 – 2Z BR 138/98, WuM 1999, 188 BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108; zustimmend LG Karlsruhe v. 27.9.2011 – 11 S 219/09, ZWE 2012, 103; LG Lüneburg v. 3.7.2012 – 9 S 85/11, ZMR 2013, 67; LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 145/14, ZWE 2016, 229; LG München I v. 21.5.2015 – 36 S 19367/14 WEG, ZMR 2015, 800; AG Pinneberg v. 11.10.2016 – 60 C 39/16, ZMR 2017, 345; ausführlich Moosheimer, ZMR 2013, 590; grundlegend zu den Grenzen der Beschlusskompetenz BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367; s.a. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09 – Rz. 10, MDR 2010, 499. So noch OLG Hamm v. 29.5.2007 – 15 W 16/07, NZM 2007, 839. OLG Hamm v. 24.1.2001 – 15 W 405/00, NZM 2001, 543. LG Stuttgart v. 17.6.2015 – 10 S 79/14, ZMR 2015, 808; vgl. a. den Sachverhalt in LG München I v. 13.11.2014 – 36 S 28109/13, ZMR 2015, 149. LG Karlsruhe v. 9.1.2012 – 11 S 61/09, NZM 2012, 867; LG Stuttgart v. 24.2.2015 – 2 S 57/14, ZMR 2015, 340; AG Hamburg v. 11.11.2015 – 11 C 27/15, ZMR 2016, 149; vgl. a. BGH v. 30.11.2012 – V ZR 234/11, MDR 2013, 209.

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§ 22 Rz. 49 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau b) Anspruchsberechtigte 49 Dem einzelnen Wohnungseigentümer zunächst ein unverjährbarer Anspruch auf Heraus-

gabe von ohne Berechtigung okkupiertem Gemeinschaftseigentum an die Miteigentümergemeinschaft, nicht aber auf Beseitigung von Baumaßnahmen aus §§ 985, 902 BGB zu;370 der daneben bestehende Anspruch auf Nutzungsentschädigung wird durch die Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeübt371. Zudem steht dem einzelnen Wohnungseigentümer grundsätzlich ein ursprünglicher, nicht von der Gemeinschaft abgeleiteter Anspruch auf Beseitigung der baulichen Veränderung aus § 1004 Abs. 1 BGB gegen jedermann – insbesondere berechtigte Fremdnutzer eines Miteigentums (Mieter, Pächter, Nießbraucher usw.) und inhaltsgleich zusätzlich aus § 15 Abs. 3 WEG gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu,372 soweit er durch die bauliche Veränderung benachteiligt ist und weder er noch sein Rechtsvorgänger der Maßnahme zugestimmt haben.373 Er bedarf zur Geltendmachung nicht einer Ermächtigung der Wohnungseigentümergemeinschaft.374 Der Wohnungseigentümergemeinschaft stehen selbst keine eigenen Abwehransprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 3 WEG zu,375 kann diese aber durch grundsätzlich durch Vergemeinschaftungsbeschluss gem. § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 2 WEG an sich ziehen;376 sie ist dann in der Folge allein für deren gerichtliche Geltendmachung zuständig.377 Diese Kompetenz besteht aber nicht für Ansprüche wegen Störung des Sondereigentums,378 die allein dem jeweiligen Sondereigentümer zustehen.379 Eine geborene Ausübungsbefugnis wegen Störungen des Gemeinschaftseigentums besteht nicht, weil bei Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen ein gemeinschaftliches Vorgehen nicht erforderlich ist und häufig nicht alle Wohnungseigentümer gleichermaßen betroffen sind.380 Auch für Schadensersatzansprüche aus dem Miteigentum an dem Grundstück besteht nur eine gekorene Ausübungsbefugnis gem. § 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 2 WEG, wenn und soweit der Anspruch in Anspruchskonkurrenz zu Beseitigungsansprüchen der Wohnungseigentümer aus dem Miteigentum gemäß § 1004 Abs. 1 BGB stehen, auch soweit Beseitigung die Wiederher370 LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 117/13, ZMR 2014, 741; AG Stuttgart v. 26.2.2014 – 61 C 4796/13 WEG, ZWE 2015, 179. 371 Vgl. LG Itzehoe v. 5.8.2014 – 11 S 45/13 WEG, ZMR 2015, 56. 372 BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 = MDR 1992, 484; BayObLG v. 18.3.1997 – 2Z BR 116/96, ZMR 1997, 374; KG v. 10.1.1990 – 24 W 6746/89, OLGZ 1990, 155 = MDR 1990, 448; v. 17.2.1993 – 24 W 3563/92, OLGZ 1993, 427 = NJW-RR 1993, 909; OLG Düsseldorf v. 6.4.1994 – 3 Wx 534/93, NJW-RR 1994, 1167 = WuM 1994, 492; v. 25.4.1996 – 3 Wx 378/95, ZMR 1996, 396; OLG Hamburg v. 30.3.2007 – 2 Wx 107/04, ZMR 2007, 981; OLG Hamm v. 12.3.1991 – 15 W 41/ 90, OLGZ 1991, 418 = MDR 1991, 1171. 373 BayObLG v. 1.2.2001 – 2Z BR 68/00, GE 2001, 775; v. 26.4.2001 – 2Z BR 4/01, WuM 2001,405; KG v. 8.9.1993 – 24 W 5753/93, 24 W 2301/93, WuM 1994, 38. 374 BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 = MDR 1992, 484; BayObLG v. 15.1.2004 – 2Z BR 225/03, BayObLGZ 2004, 1 = ZMR 2004, 445; OLG Braunschweig v. 8.2.2007 – 3 W 1/07, MietRB 2007, 100; Schuschke, NZM 2005, 81 (84). 375 Vgl. OLG München v. 27.7.2005 – 34 Wx 69/05, NJW 2005, 3006; OLG Köln v. 3.7.2008 – 16 Wx 51/08, MDR 2009, 136; a.A. OLG München v. 17.11.2005 – 32 Wx 77/05, NZM 2006, 106. 376 Zur Anfechtbarkeit nur bei offensichtlichem Nichtbestehen von Ansprüchen AG Pinneberg v. 11.10.2016 – 60 C 39/16, ZMR 2017, 345. 377 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17 – Rz. 6, Juris m.w.N.: AG Tempelhof-Kreuzberg v. 23.8.2017 – 72 C 146/15 WEG, Grundeigentum 2017, 1230. 378 LG München v. 3.6.2016 – 40 O 11108/14, ZMR 2017, 263. 379 Vgl. BGH v. 5.12.2014 – V ZR 85/14, ZWE 2015, 122, wonach die Verkehrswertminderung oder Lärm und Dreck im Treppenhaus nicht zur Störung des Sondereigentums führen. Mitbetroffensein des Sondereigentums neben dem Gemeinschaftseigentum steht der Vergemeinschaftung nicht entgegen, vgl. Schmid, ZWE 2015, 203 (205). 380 BGH v. 13.10.2017 – V ZR 2017 – V ZR 45/17 – Rz. 9 f., MDR 2018, 2014 für Störungen durch Dritte die nicht Mitglieder der WEG sind; BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17 – Rz. 12, Juris, für Störungen durch andere Mitglieder der WEG.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 49 § 22

stellung des früheren Zustands umfasst.381 Der Substanzschaden am Gemeinschaftseigentum fällt dagegen grundsätzlich in die geborene Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft.382 Den Individualanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers kann der Verband durch Mehrheitsbeschluss383 auch konkludent384 zur Ausübung gemäß § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 2 WEG an sich ziehen385 und damit dem einzelnen Wohnungseigentümer das Recht zur Ausübung entziehen (vgl. § 10 Rz. 121), dies selbst wenn dieser schon eine Klage gegen den Störer erhoben hat.386 Eine Pflicht zur Vergemeinschaftung gibt es in der Regel nicht, sondern nur die Pflicht zu einer ermessenfehlerhaften Entscheidung über die Vergemeinschaftung.387 Folge der Vergemeinschaftung ist eine Pflicht zur ordnungsgemäßen Rechtsverfolgung,388 jedenfalls bis der Vergemeinschaftungsbeschluss wieder aufgehoben wird389. Nach einer Vergemeinschaftung darf die Wohnungseigentümergemeinschaft nur aus gewichtigen Gründen von der weiteren Rechtsverfolgung absehen.390Ein Anspruch auf Vergemeinschaftung besteht dagegen grundsätzlich nicht, weil jedem Miteigentümer ein eigenes Vorgehen zumutbar ist.391 Der die Vergemeinschaftung beinhaltende Eigentümerbeschluss kann allerdings im Ausnahmefall wegen Rechtsmissbrauchs nichtig sein, etwa wenn ein einzelner Wohnungseigentümer seinen Individualanspruch bereits gerichtlich geltend gemacht hat, eine Rechtsverfolgung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht beabsichtigt ist und die Beschlussfassung allein dazu dienen soll, den laufenden Individualprozess zu beenden.392 Die fehlerhafte Betätigung des bei der Vergemeinschaftung bestehenden Ermessens muss allerdings regelmäßig mit einer Anfechtungsklage geklärt werden.393 Für den Fall, dass der Eigentümerbeschluss rechtzeitig angefochten wird, gilt, dass es allein sachgerecht ist, ein bereits rechtshängiges Verfahren über das Beseitigungsverlangen entsprechend § 148 ZPO auszusetzen, anstatt dem Beseitigungsverlangen wegen der vorläufigen Wirksamkeit des Genehmi-

381 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17 – Rz. 8, Juris m.w.N. unter Aufgabe der gegenteiligen Ansicht in BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13 – Rz. 17, MDR 2014, 453; vgl. schon Paetzold/Zschieschack, NZM 2018, 220; a.A. noch LG München I v. 15.11.2017 – 1 S 1978/16 WEG, MDR 2018, 464; AG Bremen v. 31.3.2017 – 29 C 10/17, ZWE 2017, 364; AG München v. 23.2.2016 – 483 C 15231/14, ZMR 2016, 405. 382 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17 – Rz. 9, Juris. 383 Individualansprüche auf Rückbau und Beseitigung baulicher Veränderungen können nur durch Eigentümerbeschluss vergemeinschaftet werden; in der Genehmigung der Prozessführung liegt im Einzelfall allein noch keine Vergemeinschaftung; vgl. LG Hamburg v. 2.5.2012 – 318 S 79/11, ZMR 2012, 811. 384 Zur Auslegung vgl. LG Aurich v. 24.7.2017 – 4 S 49/17, ZMR 2017, 991; LG Berlin v. 27.10.2017 – 55 S 218/16 WEG, ZMR 2018, 348. 385 Zur Vergemeinschaftung ausführlich Schmidt-Räntsch, ZfIR 2016, 45; zur Missbrauchsgefahr Skauradszun, ZMR 2015, 515.. 386 BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14, MDR 2015, 267; v. 5.12.2014 – V ZR 85/14, ZWE 2015, 122; BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17 – Rz. 18, Juris. 387 AG München v. 2.4.2018 – 484 C 6040/17 WEG, ZMR 2018, 712; AG Tostedt v. 5.7.2018 – 5 C 117/17, ZMR 2018, 966. 388 Dötsch, ZfIR 2015, 328; Schmid, ZWE 2015, 203. 389 Zum Ermessen bei der Abstandnahme von einer gemeinschaftlichen Rechtsverfolgung vgl. AG Kassel v. 4.5.2017 – 800 C 3846/16, Juris. 390 Vgl. OLG Düsseldorf v. 26.6.2008 – 3 Wx 180/07, NZM 2008, 844; s.a. LG München I v. 31.3.2011 – 36 S 1580/11, ZMR 2011, 835. 391 LG Köln v. 28.8.2014 – 29 S 233/13, ZWE 2015, 125. 392 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17 – Rz. 22, Juris; zur unzulässigen „Nachgenehmigung“ einer baulichen Veränderung durch Eigentümerbeschluss vgl. LG Hamburg v. 29.6.2016 – 318 S 102/15, ZMR 2016, 800. 393 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 328/17 – Rz. 22, Juris.

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§ 22 Rz. 49 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau gungsbeschlusses gem. § 23 Abs. 4 S. 2 WEG stattzugeben,394 denn der Anfechtungskläger könnte nach dem Erfolg der Anfechtungsklage erneut auf Beseitigung der baulichen Veränderung klagen. Allerdings wird ein unter Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung gefasster Eigentümerbeschluss über die Vergemeinschaftung bestandskräftig, falls er nicht auf eine Anfechtungsklage für ungültig erklärt wird.395 Hinsichtlich der Ausübung von Individualansprüchen steht der Eigentümergemeinschaft ein weites Ermessen zu.396 Bei der Vergemeinschaftung und dem Vorgehen gegen einzelne Wohnungseigentümer muss die Wohnungseigentümergemeinschaft aber den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten, der Differenzierungen nur zulässt, wenn für die Unterscheidung ein ausreichender Sachgrund besteht, der sich nicht aus der Unterscheidung von selbstnutzenden und vermietenden Wohnungseigentümern ergibt397 aber bei der unterschiedlichen Behandlung von alten und neuen baulichen Veränderungen ergeben kann398; sie darf also gegen einzelne Störer nicht deshalb vorgehen, um diese abzustrafen, sondern muss bei Festlegung der Reihenfolge gegen einzelne Störer nachvollziehbare Gründe für die Betätigung des Auswahlermessens haben, etwa die Durchführung eines Pilotverfahrens gegen den zahlungskräftigen Eigentümer zahlreicher Wohnungen.399 Die Vergemeinschaftung hat den Verlust des Rechts zur Geltendmachung des Individualanspruchs zur Folge, sofern die Störung ausschließlich das gemeinschaftliche Eigentum betrifft oder das Sondereigentum nur indirekt („mittelbar“) betroffen ist, insbesondere an Wert verliert oder in der Vermietbarkeit beeinträchtigt ist.400 Soweit das Sondereigentum direkt („unmittelbar“) betroffen ist, besteht keine Kompetenz zur Vergemeinschaftung gemäß § 10 Abs. 6 S. 3 Halbsatz 2 WEG, entsprechende Eigentümerbeschlüsse sind (insoweit) nichtig401 und der betroffene Sondereigentümer ist zur Geltendmachung von Abwehransprüchen weiter berechtigt402. 50 Der Verwalter selbst ist nicht anspruchsberechtigt. Die anspruchsberechtigten Wohnungs-

eigentümer können die Geltendmachung ihrer Ansprüche durch Mehrheitsbeschluss gem. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG („Vergemeinschaftung“) auf die Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen, für die dann der Verwalter als Organ tätig wird. Für die vor Entdeckung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft verbreitete Geltendmachung der Ansprüche einzelner Wohnungseigentümer oder der Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Verwalter in gewillkürter Prozessstandschaft fehlt danach nunmehr regelmäßig das Rechtsschutzinteresse, denn aufgrund der Möglichkeit der Vergemeinschaftung kann das für eine gewillkürte Prozessstandschaft erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse nicht mehr aus der sich aus dem Wohnungseigentumsgesetz ergebenden Rechts- und Pflichtenstellung des Verwalters hergeleitet werden.403 51 Soweit die bauliche Veränderung durch den Verwalter eigenmächtig erfolgt ist, fällt der Be-

seitigungs- und Wiederherstellungsanspruch allein in die Zuständigkeit der Wohnungseigen-

394 BGH v. 26.10.2018 – V ZR 327/18 – Rz. 28, Juris; a.A. noch LG Stuttgart v. 28.3.2013 – 2 S 36/12, ZMR 2013, 564 mit krit. Anm. Drabek, ZMR 2014, 20; allgemein zur Aussetzung wegen eines bestätigenden Zweitbeschlusses LG München I v. 19.12.2013 – 36 T 25478/13, ZMR 2014, 479. 395 Vgl. AG Reutlingen v. 22.3.2013 – 9 C 1614/12 WEG, ZMR 2013, 579. 396 Vgl. OLG München v. 9.2.2010 – 32 Wx 114/09, MDR 2010, 688; AG Hamburg-Blankenese v. 4.4.2012 – 539 C 24/11, ZMR 2012, 405. 397 LG Hamburg v. 22.11.2017 – 318 S 116/16, ZMR 2018, 358 (359). 398 LG Berlin v. 13.9.2016 – 53 S 107/15 WEG, Grundeigentum 2016, 1520. 399 Vgl. dazu allgemein BGH v. 1.10.2010 – V ZR 220/09 – Rz. 12, MDR 2011, 20; zum Vorgehen nur gegen einzelne Wohnungseigentümer BGH v. 30.11.2012 – V ZR 234/11 – Rz. 19, MDR 2013, 209; s.a. AG München v. 22.4.2016 – 483 C 6753/11, ZMR 2016, 579 (580). 400 BGH v. 5.12.2014 – V ZR 85/14, ZWE 2015, 122, zum Anspruch auf Unterlassung der Prostitution. 401 Skauradszun, ZMR 2015, 515 (516). 402 BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14 – Rz. 19, MDR 2015, 267. 403 Vgl. BGH v. 28.1.2011 – V ZR 145/10, MDR 2011, 534.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 52 § 22

tümergemeinschaft für Verwaltungshandeln, § 21 Abs. 1 WEG. Über seine Geltendmachung entscheidet die Wohnungseigentümergemeinschaft mit Mehrheit. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann einen einzelnen Wohnungseigentümer zur Geltendmachung von Beseitigungs- und Wiederherstellungsansprüchen gem. § 27 Abs. 3 S. 3 WEG ermächtigen.404 Originäre Ansprüche gegen den Verwalter stehen dem einzelnen Wohnungseigentümer nur zu, soweit er einen eigenen Schaden erlitten hat, etwa am Sondereigentum oder an einem Teil des Gemeinschaftseigentums, für den ihm Sondernutzung oder Kostentragung zugewiesen sind.405 Dabei haften weder der Verwalter noch der Verband für Pflichtverletzungen von Handwerkern, Bauleitern und Architekten, sondern diese dem geschädigten Wohnungseigentümer aufgrund der Verletzung von Pflichten aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.406 c) Anspruchsverpflichtete Probleme bei der Passivlegitimation ergeben sich bei den Ansprüchen aus §§ 985, 823 Abs. 1, 52 280 Abs. 1 BGB nicht,407 sondern nur beim Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 3 WEG. Der Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 3 WEG richtet sich gegen den Störer, also wer – ohne dass ein Verschulden erforderlich wäre – die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt, gleich ob als unmittelbarer Störer, der durch sein Verhalten selbst adäquat verursacht hat, oder auch als mittelbarer Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.408 Gemeint ist also zunächst der Wohnungseigentümer, der die bauliche Veränderung selbst durchgeführt hat, hat durchführen lassen oder die Durchführung durch andere geduldet hat.409 Der Eigentümer ist dann, wie sein Universalnachfolger, etwa im Wege der Erbschaft,410 Handlungsstörer. Auch der vermietende Wohnungseigentümer, der seinem Mieter beeinträchtigende bauliche Veränderungen gestattet oder es entgegen § 14 Nr. 2 WEG unterlässt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten, ist nicht nur Zustandsstörer, sondern als mittelbarer Handlungsstörer zur Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verpflichtet;411 der einmal begründeten Eigenschaft als mittelbarer Handlungsstörer kann sich der Vermieter nicht allein durch Kündigung des Mietvertrags entziehen.412 Die Handlungsstörereigenschaft endet mit dem Verlust des Eigentums und zuvor schon dann, wenn das Recht, die verkaufte

404 Vgl. BGH v. 27.2.2015 – V ZR 128/14 – Rz. 13, MDR 2015, 1031, unter Hinweis, dass die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen nicht zwingend in der Gestalt eines (Mehrheits-)Beschlusses erfolgen müsse, sondern auch durch Zustimmung aller Wohnungseigentümer erfolgen könne; AG Ratingen v. 4.4.2018 – 8 C 298/17, ZMR 2018, 714. 405 LG Hamburg v. 25.2.2015 – 318 S 110/14, ZMR 2015, 334. 406 BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17 – Rz. 38, MDR 2018, 1111. 407 Bei Ansprüchen aus § 823 Abs. 1 BGB erfolgt eine Zurechnung nach allgemeinen Regeln, insb. § 831 BGB oder §§ 31 und 89 BGB. Bei schuldrechtlichen Ansprüchen erfolgt die Zurechnung nach § 278 BGB. 408 BGH v. 28.7.2015 – VI ZR 340/14 – Rz. 34, MDR 2015, 1065. 409 Zur Frage der Zurechnung „zufälliger“ Einwirkungen, die wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzes zurückgehen, vgl. Wenzel, NJW 2005, 241 f. 410 BayObLG v. 9.5.1996 – 2Z BR 18/96, WuM 1996, 491 (493). 411 BGH v. 7.4.2000 – V ZR 39/99, BGHZ 144, 200 (204) = MDR 2000, 1069 m. Anm. Horst; v. 27.1.2006 – V ZR 26/05, MDR 2006, 869; BayObLG v. 29.8.1996 – 2Z BR 51/96, ZMR 1996, 623; OLG Düsseldorf v. 6.12.2000 – 3 Wx 400/00, NZM 2001, 136; v. 13.2.2006 – I-3 Wx 181/05, NZM 2006, 782; OLG Frankfurt v. 6.1.2006 – 20 W 202/04, ZWE 2006, 250; AG Köln v. 22.5.2017 – 202 C 175/16, ZMR 2017, 767; s.a. LG München I v. 15.1.2018 – 1 S 1401/17 WEG, ZMR 2018, 443. 412 OLG Frankfurt v. 27.7.2011 – 20 W 319/08, ZWE 2012, 35.

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§ 22 Rz. 52 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau Eigentumswohnung zu nutzen, auf den Käufer übergegangen ist, auch wenn der Verkäufer noch Eigentümer ist.413 53 Der Sonderrechtsnachfolger, der das Wohnungseigentum etwa aufgrund Kauf, Zuschlag in

der Zwangsversteigerung oder Vermächtnis erworben hat, ist bei baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums durch seinen Rechtsvorgängers selbst nicht Handlungsstörer und als Zustandsstörer grundsätzlich auch nicht zur Wiederherstellung des Gemeinschaftseigentums verpflichtet.414 Als Zustandsstörer kann der Sonderrechtsnachfolger grundsätzlich nur auf Duldung von Beseitigungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum durch die Wohnungseigentümergemeinschaft in Anspruch genommen werden.415 Eine eigene Verpflichtung des Sonderrechtsnachfolger, die bauliche Veränderung seines Rechtsvorgängers zu beseitigen und den früheren Zustand wiederherzustellen, kommt in zwei Fällen in Betracht: (1) Der Sonderrechtsnachfolger kann dann ausnahmsweise selbst als Handlungsstörer auf Beseitigung in Anspruch genommen werden, wenn er die bauliche Veränderung vor dem Eigentumserwerb selbst, etwa als Mieter, vorgenommen hat.416 (2) Problematisch ist die Frage, ob eine Beseitigungspflicht schon dann angenommen werden kann, soweit das betroffene Sondereigentum dem Wohnungseigentümer zur Sondernutzung zugewiesen ist.417 Der BGH418 stellt hier auf seine allgemeinen Erwägungen zur Haftung des Zustandsstörers ab: Auch der Zustandsstörer kann zur Beseitigung einer Störung und nicht bloß zur Duldung der Störungsbeseitigung verpflichtet sein. Dies ist dann der Fall, wenn er nicht nur tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, die Störung zu beseitigen, sondern zudem die Störung bei der gebotenen wertenden Betrachtung im Einzelfall durch seinen maßgebenden Willen zumindest aufrechterhalten wird.419 An der Kompetenz zur Störungsbeseitigung fehlt es deshalb etwa, wenn der Mieter einer Wohnung auf Beseitigung eines das Eigentum eines Dritten beeinträchtigenden Zustandes in Anspruch genommen wird, der auf das Handeln des Wohnungseigentümers zurückzuführen ist,420 denn der Mieter darf nicht in das Eigentum seines Vermieters eingreifen. Dem Sonderrechtsnachfolger fehlt die Kompetenz zur Störungsbeseitigung am Gemeinschaftseigentum, wenn nicht die Teilungserklärung anordnet, dass die Wohnungseigentümer möglichst so zu stellen sind, wie sie bei einer Realteilung stünden, oder wenn alle

413 BGH v. 10.7.1998 – V ZR 60/97, MDR 1998, 1279. 414 Dies gilt jedenfalls, soweit nicht zu seinen Gunsten ein Sondernutzungsrecht bestellt ist, vgl. OLG München v. 3.8.2009 – 32 Wx 8/09, NZM 2009, 707. 415 BGH v. 1.12.2006 – V ZR 112/06, MDR 2007, 578; vgl. auch BayObLG v. 4.12.1997 – 2Z BR 123/ 97, WuM 1998, 117; v. 28.12.2001 – 2Z BR 163/01, NZM 2002, 351; v. 15.9.2004 – 2Z BR 120/04, WuM 2004, 728; KG v. 10.7.1991 – 24 W 6574/90, OLGZ 1992, 55 = NJW-RR 1991, 1421; v. 27.3.1996 – 24 W 6750/95, NJW-RR 1996, 1102 = ZMR 1996, 389; v. 10.2.1997 – 24 W 6582/96, NJW-RR 1997, 713 = ZMR 1997, 315; OLG Celle v. 24.9.2003 – 4 W 138/03, ZMR 2004, 689; OLG Düsseldorf v. 9.4.2008 – I-3 Wx 3/08, ZMR 2008, 731; OLG Hamburg v. 24.1.2006 – 2 Wx 10/05, ZMR 2006, 377 ff.; OLG Hamm v. 23.9.2004 – 15 W 129/04, ZMR 2005, 306; OLG Köln v. 21.1.1998 – 16 Wx 299/97, NZM 1998, 1015; v. 7.4.2003 – 16 Wx 44/03, NZM 2004, 389; OLG Schleswig v. 20.3.2000 – 2 W 140/99, MDR 2000; zu verfahrensrechtlichen Konsequenzen vgl. OLG Düsseldorf v. 23.11.2009 – 3 Wx 128/09, ZMR 2010, 386. 416 BayObLG v. 2.3.2000 – 2Z BR 152/99, NZM 2000, 876; v. 25.11.1997 – 2Z BR 99/97, WuM 1998, 115; OLG München v. 31.5.2007 – 34 Wx 112/06, ZMR 2007, 643; a.A. KG v. 10.2.1997 – 24 W 6582/96, ZMR 1997, 315. 417 Dafür der Vorlagebeschluss OLG München v. 3.8.2009 – 32 Wx 8/09, NZM 2009, 707; dagegen KG v. 19.3.2007 – 24 W 317/06, NZM 2007, 845. 418 BGH v. 4.3.2010 – V ZB 130/09, MDR 2010, 688, auf den Vorlagebeschluss OLG München v. 3.8.2009 – 32 Wx 8/09, NZM 2009, 707; enger LG München I v. 14.6.2010 – 1 S 25652/09, ZMR 2010, 800. 419 Beispiel: LG München I v. 13.11.2014 – 36 S 28109/13, ZMR 2015, 149. 420 BGH v. 1.12.2006 – V ZR 112/06, MDR 2007, 578.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 55a § 22

Wohnungseigentümer ihr Einverständnis durch ein Rückbauverlangen zum Ausdruck gebracht haben.421 Schließlich ist jeder Nutzer,422 der die bauliche Veränderung unter Verstoß gegen seine ver- 54 traglichen Pflichten vornimmt oder vernehmen lässt, also insbesondere der Mieter oder Pächter, selbst Handlungsstörer bzw. Schädiger und damit selbst gemäß § 1004 Abs. 1 BGB zum Rückbau verpflichtet (vgl. § 14 Rz. 15).423 Seine Rechte können nicht weiter gehen als die des Wohnungseigentümers, von dem er seine Rechtsposition ableitet; dingliche Rechte können nicht durch schuldrechtliche Vereinbarungen mit Dritten eingeschränkt werden.424 Diese Möglichkeit der Inanspruchnahme des Mieters ist gegenüber der Möglichkeit der Inanspruchnahme des vermietenden Wohnungseigentümers und der Zwangsvollstreckung gegen ihn als mittelbaren Störer nicht vorrangig.425 Erforderlich für die Geltendmachung ist aber, dass Name und Adresse des Mieters bekannt sind.426 Beschädigt der Mieter das Gemeinschaftseigentum, findet auf die Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Mieter die kurze Verjährung gem. § 548 Abs. 1 BGB keine Anwendung.427 d) Verjährung, Verwirkung, Rechtsmissbrauch Für die Frage der Verjährung,428 gilt es nach den in Betracht kommenden Anspruchsgrund- 55 lagen und Anspruchszielen zu unterscheiden: Für Ansprüche aus § 985 BGB auf Räumung und Herausgabe von Gemeinschaftseigentum gilt § 902 BGB. Eine Verwirkung wird allenfalls in Betracht kommen, wenn die Herausgabe im Ergebnis schlechthin unerträglich ist;429 soweit ein Anspruch aus § 10 Abs. 2 S. 3 WEG auf Änderung der Teilungserklärung besteht, kann dieser nicht einredeweise oder über § 242 BGB eingewandt werden.430 Ansprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 3 WEG auf Beseitigung und Rückbau einer 55a baulichen Veränderung unterliegen den allgemeinen Verjährungsregeln, also regelmäßig der dreijährigen Jahresendverjährung ab Kenntnis.431 Allerdings beginnt mit jeder Zuwiderhand-

421 BGH v. 4.3.2010 – V ZB 130/09, MDR 2010, 688, auf den Vorlagebeschluss OLG München v. 3.8.2009 – 32 Wx 8/09, NZM 2009, 707. 422 KG v. 10.2.1997 – 24 W 6582/96, NJW-RR 1997, 713 = ZMR 1997, 315. 423 BGH v. 1.12.2006 – V ZR 112/06, MDR 2007, 578; zum Spannungsverhältnis von Gemeinschaftsordnung und Miete vgl. Armbrüster, ZWE 2004, 217. 424 BGH v. 1.12.2006 – V ZR 112/06, MDR 2007, 578; zur Duldungspflicht des Mieters gem. § 554 BGB vgl. AG München v. 24.10.2011 – 424 C 12307/11, ZMR 2012, 110. 425 OLG Köln v. 15.1.1997 – 16 Wx 275/96, OLGR Köln 1997, 141; v. 14.4.2000 – 16 Wx 58/00, NZM 2000, 1018; vgl. auch LG Köln v. 13.11.2008 – 29 S 65/08, ZMR 2009, 715. 426 Vgl. für einen mit Müll vollgestellten Stellplatz BGH v. 27.11.2008 – I ZB 46/08, MDR 2009, 468. 427 BGH v. 29.6.2011 – VIII ZR 349/10, MDR 2011, 971. 428 Vgl. Hogenschurz, ZWE 2002, 512. 429 OLG München v. 16.11.2007 – 32 Wx 111/07, NZM 2008, 87; LG München I v. 12.9.2013 – 36 S 23656/12 – Rz. 6, Juris. 430 BGH v. 23.3.2018 – V 65/17 – Rz. 18 ff., MDR 2018, 857; BGH v. 23.3.2018 – V 307/16 – Rz. 18 ff., MDR 2018, 923. 431 BGH v. 4.7.2014 – V ZR 183/13, MDR 2014, 1134 = ZMR 2014, 996 mit krit. Anm. M.J. Schmid; OLG Hamm v. 4.12.2008 – 15 Wx 198/08, NZM 2009, 605 (624); OLG Köln v. 24.6.2006 – 16 Wx 35/06, OLGR Köln 2006, 752; LG Hamburg v. 1.12.2010 – 318 S 182/10, ZMR 2011, 234; LG Hamburg v. 6.9.2011 – 318 S 22/11, ZMR 2012, 128; s.a. LG Saarbrücken v. 24.10.2008 – 5 T 48/08, Juris; kein Fall des § 902 BGB, s.a. BGH v. 28.1.2011 – V ZR 141/10, MDR 2011, 477; a.A. OLG München v. 16.11.2007 – 32 Wx 111/07, NZM 2008, 87 „Unterfall des § 985 BGB“; AG München v. 15.10.2012 – 485 C 16639/12, ZMR 2013, 234; AG Hannover v. 7.10.2009 – 442 C 4595/09, ZMR 2010, 239 f. Auch wenn die Anwendung der nachbarrechtlichen Regeln vereinbart ist (Rz. 41), finden die landesrechtlichen Verjährungsvorschriften oder Ausschlusstatbestände auf Ansprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB keine Anwendung, vgl. BGH v. 4.3.2010 – V ZB 130/09 – Rz. 23, MDR 2010, 688.

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§ 22 Rz. 55a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau lung, z.B. der Erweiterung oder dem Umbau einer baulichen Veränderung, eine neue Verjährungsfrist zu laufen.432 Überdies gilt für die Ansprüche auf Beseitigung und Rückbau der baulichen Veränderung aus dem Gemeinschaftsverhältnis nach der hier vertretenen Ansicht nichts anderes, als für den Anspruch des Mieters auf Mangelbeseitigung433: Der Anspruch auf Beseitigung und Rückbau der baulichen Veränderung entsteht während der Dauer des Gemeinschaftsverhältnisses ständig neu, auch soweit er darauf gerichtet ist, schon aufgetretene Störungen zu beseitigen; eine vertragliche Dauerverpflichtung kann deshalb – anders als Ansprüche gem. § 1004 BGB wegen einer in der Vergangenheit liegenden einmaligen Verletzungshandlung434 – während des Bestehens des Vertragsverhältnisses schon begrifflich nicht verjähren. Gesichert ist auch, dass der Anspruch auf Unterlassung einer unzulässigen Nutzung aus § 1004 Abs. 1 WEG und § 15 Abs. 3 WEG, der im Einzelfall in Betracht kommt, mit deren Aufrechterhaltung immer wieder neu entsteht und die Verjährung neu in Gang setzt,435 denn bei wiederholten gleichartigen Störungen beginnt der Fristablauf erst mit Vollendung der letzten Störungshandlung.436 Hat also ein Wohnungseigentümer eigenmächtig auf einer ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche einen Stellplatz angelegt, kann der Anspruch auf dessen Beseitigung und Rückbau aus § 1004 Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 3 WEG verjährt sein, während für den Anspruch auf Unterlassung der Stellplatznutzung keine Verjährung eingetreten ist.437 55b Ebenso wie für die Begründung von Beseitigungsansprüchen (vgl. Rz. 48) besteht betreffend

die Dauer der Verjährung keine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer: Eigentümerbeschlüsse, die auf eine Verlängerung der Verjährung hinauslaufen, sind nichtig.438 55c Bei der Berechnung sind Zeiten nicht einzurechnen, während der die bauliche Veränderung

durch einen später für ungültig erklärten Eigentümerbeschluss genehmigt war.439 Zudem verdient insbesondere die durch § 198 BGB angeordnete Anrechnung der während der Besitzzeit des Rechtsvorgängers verstrichenen Verjährungszeit Beachtung; der Beseitigungsanspruch entsteht nicht schon dadurch neu, dass das beeinträchtigte Recht seinen Inhaber wechselt.440 Die Kenntnis als Voraussetzung des Verjährungsbeginns gem. 199 Abs. Nr. 2 BGB ist für jeden Anspruchsinhaber getrennt zu bewerten; bei der Geltendmachung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft reicht es aus, wenn auch nur der Anspruch eines der Wohnungseigentümer noch nicht verjährt ist.441 Eine Zurechnung des Wissens von Verwalter oder gar Verwaltungsbeirat kommt ansonsten regelmäßig nicht in Betracht, denn zu deren Pflichtenkreis gehört die Kontrolle auf bauliche Veränderungen vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung nicht.442 Das Wissen des Verwalters wird der Wohnungseigentümergemeinschaft ab dem Zeitpunkt der Vergemeinschaftung des Rückbauanspruchs gem. § 10 Abs. 6 S. 3 Fall 2 432 LG Hamburg v. 22.12.2010 – 318 S 207/09, ZMR 2011, 583; AG Rosenheim v. 5.5.2010 – 8 C 1776/ 09, ZMR 2010, 1000; Dötsch, MietRB 2011, 196; M. Schmid, ZMR 2009, 585 (588); vgl. zur zweckwidrigen Nutzung auch BGH v. 8.5.2015 – V ZR 178/14 – Rz. 9, MDR 2915, 697. 433 Vgl. BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 104/09, BGHZ 184, 253 = MDR 2010, 562. 434 Vgl. BGH v. 23.2.1973 – V ZR 109/71, BGHZ 60, 235 = NJW 1973, 703 für die Anpflanzung einer Birke an der Grundstücksgrenze. 435 Vgl. § 15 Rz. 134; LG Hamburg v. 24.4.2013 – 318 S 49/12, ZMR 2013, 632; Rau, ZMR 2011, 676 m.w.N.; a.A. noch LG Saarbrücken v. 24.10.2008 – 5 T 48/08, Juris. 436 Vgl. BGH v. 14.10.1994 – V ZR 76/93, MDR 1995, 355. 437 Ebenso M. J. Schmid, WuM 2010, 654 (656); unklar Abramenko, ZMR 2010, 737 f. 438 A.A. OLG Hamm v. 4.12.2008 – 15 Wx 198/09, NZM 2009, 624. 439 LG Frankfurt v. 28.6.2017 – 2-13 S 191/14, WuM 2017, 674. 440 Staudinger/Peters/Jacoby (2014), BGB § 198 Rz. 1. 441 J.-H. Schmidt in Bärmann/Seuss, § 12 Rz. 280. 442 OLG Köln v. 21.10.2008 – 16 Wx 126/08, n.v.; v. 16.2.2010 – 16 Wx 147/09, n.v.; a.A. für den Verwalter AG Wiesbaden v. 10.2.2012 – 92 C 5584/11, ZMR 2012, 406 = MietRB 2012, 270 mit abl. Besprechung Heinemann; Sauren/Rupprecht, NZM 2002, 585 (588) wegen Pflicht zur regelmäßigen Begehung aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 55e § 22

WEG zugerechnet, allerdings auch bei dessen früherer Kenntnis erst ab diesem Zeitpunkt.443 Den einzelnen Wohnungseigentümern wird das Wissen des Verwalters zugerechnet, soweit er sie vertreten darf.444 Soweit für den Beginn der Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände und der Person des Schuldners bzw. die grob fahrlässige Unkenntnis abgestellt wird, so lässt sich grobe Fahrlässigkeit nicht aus einer Untersuchungspflicht des einzelnen Wohnungseigentümers ableiten.445 Unkenntnis vom Inhalt der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung ist aber grob fahrlässig.446 Allerdings kann – etwa bei Verzicht auf die Verjährungseinrede – auch gegenüber einem verjährten Anspruch der von Amts wegen zu berücksichtigende Einwand der Verwirkung durchgreifen.447 Die Wiederholung oder Vertiefung der Störung löst allerdings erneut einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch aus,448 so dass die ursprüngliche Verjährung im Falle späterer Sanierungen die Rechtsposition des Störers nicht sichert.449 Für die Annahme der Verwirkung, die nach allgemeinen Grundsätzen auch im Verhältnis der 55d Wohnungseigentümer in Betracht kommt, ist keinesfalls ausreichend der Zeitablauf ab Anspruchsentstehung (Zeitmoment)450 allein, sondern hinzukommen muss stets das Umstandsmoment, also eine Betätigung des geschaffenen Vertrauens.451 Dabei ist für das Zeitmoment ein Wechsel in der Person des Berechtigten oder Verpflichteten grundsätzlich ohne Bedeutung.452 Die bloße Untätigkeit des Berechtigten über einen längeren Zeitraum reicht nicht aus.453 Das Vertrauen allein, die Duldung werde fortbestehen, reicht also nicht aus, sondern der Verpflichtete muss sich auf den Verbleib durch Vermögensdispositionen eingerichtet haben.454 Soweit es um den Anspruch auf Beseitigung und Rückbau von baulichen Veränderungen geht, wird eine Verwirkung vor Verjährungseintritt praktisch nicht in Betracht kommen. Soweit es (nur) um die Pflicht zur Duldung der Beseitigung durch die Eigentümergemeinschaft geht, fehlt es regelmäßig am Umstandsmoment, denn die Verwirkung gewährt keinen Bestandsschutz (vgl. Rz. 57). Beim Anspruch auf Herausgabe des Gemeinschaftseigentums steht § 902 BGB der Annahme einer Verwirkung und erst recht einem Anspruch auf Anpassung des Grundbuchinhalts entgegen.455 Neben der Verwirkung als Sonderfall des Rechtsmissbrauchs aus dem Gesichtspunkt der il- 55e loyalen Verspätung der Rechtsausübung kann dem Beseitigungsverlangen im Einzelfall der Einwand des Rechtsmissbrauchs nach Treu und Glauben, § 242 BGB, entgegenstehen456 oder wegen eines groben Missverhältnisses zwischen dem Leistungsinteresse des Gläubigers und 443 444 445 446 447 448 449 450 451 452 453 454 455 456

BGH v. 4.7.2014 – V ZR 183/13, MDR 2014, 1134. Elzer, MietRB 2014, 312 (314). OLG München v. 4.3.2008 – 32 Wx 15/08, Juris. LG Hamburg v. 6.11.2013 – 318 S 130/12, ZMR 2014, 308; LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 55/14, ZMR 2016, 129 (130). OLG Frankfurt v. 25.3.1980 – 5 U 142/79, MDR 1980, 755. Vgl. BGH v. 21.10.2005 – V ZR 169/04, MDR 2006, 504. Vgl. für Sanierungsbedürftigkeit der baulichen Veränderung vgl. OLG Düsseldorf v. 26.6.2008 – I3 Wx 217/07, NZM 2009, 442; LG Frankfurt/Main v. 21.8.2014 – 2-9 S 27/13, ZWE 2015, 217. Zur Berechnung vgl. BGH v. 15.12.2017 – V ZR 275/16, MDR 2018, 860. OLG München v. 9.4.2008 – 32 Wx 1/08, NZM 2008, 848; OLG Frankfurt v. 10.7.2009 – 20 W 243/07, ZMR 2010, 703. Vgl. BGH v. 19.10.2005 – XII ZR 224/03, MDR 2006, 562; BGH v. 11.9.2018 – XI ZR 125/17 – Rz. 32, MDR 2018, 1449. BGH v. 15.12.2017 – V ZR 275/16, MDR 2018, 860. OLG München v. 9.4.2008 – 32 Wx 1/08, NZM 2008, 848; s.a. BGH v. 25.3.2010 – V ZR 159/09, ZWE 2010, 266 zur zweckwidrigen Nutzung. Vgl. AG Stuttgart v. 26.2.2014 – 61 C 4796/13 WEG, ZWE 2015, 179. BayObLG v. 9.12.1999 – 2Z BR 101/99, ZMR 2000, 23; OLG Düsseldorf v. 25.4.1996 – 3 Wx 378/ 95, WuM 1996, 444 = ZMR 1996, 396; v. 11.8.1997 – 3 Wx 227/97, NZM 1998, 79 = ZMR 1997, 657; OLG Frankfurt v. 1.2.2007 – 20 W 8/06, MietRB 2007, 234 = ZWE 2007, 370; für Ansprüche

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§ 22 Rz. 55e | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau dem Aufwand des Schuldners (Rechtsgedanke des § 275 Abs. 2 BGB).457 Wer einen Eigentümerbeschluss bei der Zustimmung für unverzichtbar hält (vgl. Rz. 13), wird aus einer außerhalb eines Beschlussverfahrens formlos erklärten Zustimmung im Falle eines späteren Beseitigungsverlangens des Zustimmenden den Missbrauchseinwand gemäß § 242 BGB abgesehen von Ausnahmefällen verneinen.458 Der Rechtsnachfolger des Störers kann die Treuwidrigkeit seiner Inanspruchnahme nicht damit begründen, dass er in Folge seiner späten Inanspruchnahme seinen Veräußerer schuldrechtlich nicht mehr erfolgreich in Anspruch nehmen kann.459 Eine Duldungspflicht des einzelnen Wohnungseigentümers gegenüber den anderen Wohnungseigentümern kann sich im Einzelfall auch aus dessen Kaufvertrag ergeben, in dem der Erwerber die Duldung bestimmter Baumaßnahmen zugesagt hat.460 Ein Verstoß der Wohnungseigentümergemeinschaft461 gegen Treu und Glauben ist anzunehmen, wenn Ansprüche seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft ohne sachlichen Grund462 unterschiedlich gegen einzelne Eigentümer geltend gemacht werden.463 55f Das Beseitigungsverlangen ist nicht schon allein wegen erheblicher Rückbaukosten rechts-

missbräuchlich,464 sondern nur im Ausnahmefall unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, wenn die Beeinträchtigung nur geringfügig, der Beseitigungsaufwand aber unverhältnismäßig aufwendig und unzumutbar ist.465 Weil der Störer die Umbauten ohne Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen vorgenommen hat, hat er das Risiko auf sich genommen, für die bauliche Veränderung erhebliche Mittel wirtschaftlich sinnlos aufgewendet zu haben und für Beseitigung und Wiederherstellung erhebliche Mittel aufwenden zu müssen.466 Bei der Abwägung ist auch zu berücksichtigen, ob die Baumaßnahme nur dem Vorteil eines einzelnen Wohnungseigentümers dient oder die Mehrheit gemeinschaftliche Zwecke verfolgt.467 Nicht rechtsmissbräuchlich ist es, die Beseitigung von baulichen Veränderungen zu verlangen, die eine erteilte Zustimmung übersteigen, selbst wenn die abweichende oder weitergehende Bauausführung keine zusätzliche erhebliche Belästigung gegenüber der genehmigten Verände-

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einzelner Wohnungseigentümer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft vgl. OLG Düsseldorf v. 22.7.2009 – I-3 Wx 251/08, WuM 2009, 597. OLG Düsseldorf v. 19.1.2007 – 3 Wx 186/06, NZM 2007, 446. LG München I v. 6.7.2015 – 1 S 22070/14 WEG, MDR 2015, 1412. AG München v. 15.10.2012 – 485 C 16639/12, ZMR 2013, 234. OLG München v. 4.8.2009 – 32 Wx 33/09, ZMR 2010, 306. Vgl. zum Gleichbehandlungsgrundsatz grundlegend BGH v. 18.6.2010 – V ZR 164/09 – Rz. 17 ff., BGHZ 186, 51; v.1.10.2010 – V ZR 220/09 – Rz. 12, MDR 2011, 20. Sachlicher Grund ist etwa die Durchführung eines „Pilotverfahrens“. Zum Herauspicken bei Mietern vgl. auch BVerfG v. 27.10.2006 – 1 BvR 1320/04, NZM 2007, 125 LS. OLG Oldenburg v. 11.3.1997 – 5 W 18/97, DWE 1997, 127 = WuM 1997, 391; OLG Hamburg v. 15.3.2002 – 2 Wx 94/99, ZMR 2002, 616; vgl.a. AG Hamburg-Barmbek v. 14.1.2015 – 882 C 17/14, ZMR 2015, 578. BayObLG v. 14.5.1990 – BReg.1b Z 27/90, WuM 1990, 609; OLG Frankfurt v. 12.8.1996 – 20 W 594/95, FGPrax 1997, 54; OLG Köln v. 13.9.1999 – 16 Wx 65/99, OLGR Köln 2000, 45; OLG Köln v. 11.2.2000 – 16 Wx 9/00, MDR 2000, 577; OLG München v. 31.3.2006 – 34 Wx 111/05, ZMR 2006, 797; OLG Schleswig v. 20.3.2000 – 2 W 140/99, MDR 2000, 634. BayObLG v. 14.5.1990 – BReg.1b Z 27/90, WuM 1990, 609; v. 16.5.1990 – BReg.1b Z 22/89, NJWRR 1990, 1168; v. 5.9.2002 – 2Z BR 130/01, NZM 2003, 120; OLG Hamm v. 25.11.1975 – 15 W 314/75, OLGZ 1976, 61 = RPfleger 1976, 100; vgl. a. BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14 – Rz. 21 ff., MDR 2016, 147. BayObLG v. 29.9.1999 – 2Z BR 68/99, NZM 1999, 1150; KG v. 16.1.1984 – 24 W 4224/83, ZMR 1986, 189; OLG Düsseldorf v. 25.4.1996 – 3 Wx 378/95, ZMR 1996, 396; OLG Karlsruhe v. 7.1.2008 – 14 Wx 5/07, ZWE 2008, 149; OLG Köln v. 13.9.1999 – 16 Wx 65/99, OLGR Köln 2000, 45; OLG Zweibrücken v. 21.9.1999 – 3 W 141/99, MDR 2000, 696; LG Berlin v. 29.10.2010 – 55 S 155/10 WEG, ZWE 2011, 181; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – I-3 Wx 21/07, NZM 2007, 528. BayObLG v. 29.9.1999 – 2Z BR 68/99, NZM 1999, 1150 (1152).

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 57 § 22

rung darstellt.468 Ein Rechtsmissbrauch ergibt sich auch nicht daraus, dass in der Vergangenheit andere Wohnungseigentümer ähnliche bauliche Veränderungen vorgenommen haben, gegen die nicht eingeschritten worden ist.469 Selbst der Umstand, dass der Anspruchsteller selbst eine unzulässige bauliche Veränderung unbeanstandet vorgenommen hat, die zu beseitigen wegen Verwirkung des Anspruchs nicht mehr verlangt werden kann, lässt sein heutiges Beseitigungsbegehren gegenüber anderen Wohnungseigentümern nicht als treuwidrig erscheinen.470 Es gibt auch keine „Aufrechnung“ baulicher Veränderungen; bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kann vielmehr der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer seinerseits Beseitigungsansprüche geltend machen.471 Die Duldung anderer baulicher Veränderungen kann aber im Einzelfall dazu führen, dass sich eine weitere Veränderung nicht mehr optisch nachteilig auswirkt.472 Nur in Ausnahme- oder Erpressungsfällen wird das Schikaneverbot, § 226 BGB, helfen, wenn 56 sich feststellen lässt, dass das Beseitigungsverlangen allein geltend gemacht wird, um dem störenden Wohnungseigentümer Schaden zuzufügen.473 Soweit die Beseitigungs- und Wiederherstellungsansprüche wegen Verjährung, Verwirkung 57 oder Einwand des Rechtsmissbrauchs im Einzelfall nicht durchgesetzt werden können, ändert dies auf der Rechtsfolgenseite nichts daran, dass eine unzulässige eigenmächtige und damit rechtswidrige bauliche Veränderung vorliegt. Verjährung, Verwirkung und Einwand des Rechtsmissbrauchs ersetzen nicht die fehlende Zustimmung der nach §§ 22 Abs. 1, 14 WEG benachteiligten Eigentümer und beseitigen nicht die Kostenfreiheit der nicht zustimmenden Wohnungseigentümer gem. § 16 Abs. 6 WEG;474 sie vermitteln eben nicht allgemein die Rechtsposition, die bestünde, wenn rechtmäßig wäre, sei es aufgrund Regelung in der Teilungserklärung oder aus anderen Gründen475. Verjährung, Verwirkung oder auch der Einwand des Rechtsmissbrauch gibt im Falle späterer Sanierungen nicht den Anspruch, die bauliche Veränderung zu wiederholen.476 Veränderungen des rechtswidrigen Zustands sind neue

468 Schuschke, ZWE 2000, 146 (154). 469 BayObLG v. 17.7.1997 – 2Z BR 25/97, WE 1997, 67; v. 12.10.2001 – 2Z BR 127/01, WuM 2002, 164; OLG Köln v. 3.7.2008 – 16 Wx 51/08, MDR 2009, 136; vgl. auch OLG Karlsruhe v. 18.9.2000 – 14 Wx 45/00, ZMR 2001, 224. 470 Schuschke, ZWE 2000, 146 (154); vgl. auch BayObLG v. 21.5.1992 – 2Z BR 38/92, WuM 1992, 392; v. 23.7.1992 – 2Z BR 22/92, NJW-RR 1993, 337; v. 21.7.1994 – 2Z BR 47/94, WuM 1995, 59; v. 18.1.1995 – 2Z BR 118/94, WE 1995, 377; OLG Düsseldorf v. 14.6.1993 – 3 Wx 129/92, DWE 1994, 35 = NJW-RR 1994, 277; OLG Frankfurt v. 12.8.1996 – 20 W 594/95, FGPrax 1997, 54; OLG Köln v. 22.1.1997 – 16 Wx 238/96, Juris; vgl. auch BayObLG v. 26.9.2001 – 2Z BR 79/01, ZMR 2002, 211 zur fehlenden Erheblichkeit der Beeinträchtigung in diesem Fall. 471 BayObLG v. 9.10.2000 – 2Z BR 87/00, WuM 2000, 687 = ZMR 2001, 125 f.; vgl. auch für unzulässige Nutzungen OLG München v. 22.8.2007 – 34 Wx 88/07, ZMR 2007, 884. 472 Vgl. LG Hamburg v. 22.7.2008 – 318 T 228/06, ZMR 2009, 141. 473 BayObLG v. 19.2.1998 – 2Z BR 135/97, NJW-RR 1998, 875; v. 24.2.2000 – 2Z BR 176/99, ZWE 2000, 216; OLG Frankfurt v. 6.3.1979 – 3 Ws 9-25, 84-85/79, NJW 1979, 1613; KG v. 16.1.1984 – 24 W 4224/83, ZMR 1986, 189; OLG Karlsruhe v. 18.9.2000 – 14 Wx 45/00, ZMR 2001, 224; OLG Oldenburg v. 11.3.1997 – 5 W 18/97, DWE 1997, 127 = WuM 1997, 391. 474 OLG Saarbrücken v. 4.10.1996 – 5 W 286/95-50, FGPrax 1997, 56 = ZMR 1997, 31; vertiefend zu den (Kosten-)Folgen Schmidt, ZMR 2001, 924 (925); Ott, ZWE 2002, 61 (66 f.); s.a. BGH v. 11.11.2011 – V ZR 65/11, MDR 2012, 80. 475 LG Frankfurt/Main v. 17.12.2015 – 2-09 S 45/11, ZMR 2016, 644; Vgl.. zur unzulässigen Nutzung BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14 – Rz. 15, MDR 2015, 1057; LG Frankfurt/Main v. 21.8.2014 – 2-9 S 27/13, ZWE 2015, 217. 476 Für Demontage zur Sanierung des Gemeinschaftseigentums vgl. OLG Hamburg v. 25.2.2002 – 2 Wx 51/98, ZMR 2002, 451; LG Lüneburg v. 12.2.2008 – 9 S 77/07, ZMR 2008, 486; für Sanierungsbedürftigkeit der baulichen Veränderung vgl. OLG Düsseldorf v. 26.6.2008 – I-3 Wx 217/07, NZM 2009, 442.

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§ 22 Rz. 57 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau bauliche Veränderungen, die deren Anforderungen genügen müssen.477 Zudem bleibt der von dem Störer geschaffene Zustand auch nach Verjährung des Anspruchs aus § 1004 BGB rechtswidrig. Die Wohnungseigentümergemeinschaft darf ihn deshalb auf eigene Kosten beseitigen.478 Dies bedeutet jedoch nicht ohne weiteres, dass jeder Wohnungseigentümer den ihm originär zustehenden Beseitigungsanspruch auf eigene Kosten umsetzen dürfte: Die Beseitigung von baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums ist zugleich eine Maßnahme der Instandhaltung und Instandsetzung gem. § 21 Abs. 5 WEG, über die zu entscheiden der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vorbehalten ist;479 der einzelne Wohnungseigentümer zwar – unverjährbar480 – einen Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung, der aber angesichts des weiten Ermessens nicht zwingend einen Anspruch auf Einschreiten gegen die bauliche Veränderung gibt.481 Die Wohnungseigentümer können die Beseitigung mehrheitlich beschließen und der Störer und sein Rechtsnachfolger sind zur Duldung des Rückbaus trotz Verjährung verpflichtet.482 Es gibt also keinen Bestandsschutz483 oder Gewohnheitsrecht484.

4. Durchsetzung des Rückbaus 58 Die Wohnungseigentümergemeinschaft darf, wenn ein Wohnungseigentümer der Verpflich-

tung zum Rückbau einer baulichen Veränderung nicht nachkommt, nicht einfach zur Ersatzvornahme im Wege der Selbsthilfe schreiten, sondern benötigt vielmehr einen Vollstreckungstitel als Grundlage für die Zwangsvollstreckung.485 a) Erkenntnisverfahren 59 Die Ansprüche gegen Miteigentümer sind im Verfahren nach § 43 Nr. 1 oder 2 WEG vor

dem Amtsgericht streitwertunabhängig, § 23 Nr. 2c) GVG, geltend zu machen. Auch wenn in der Teilungserklärung – etwa in einer als Wohnungseigentümergemeinschaft konstruierten Reihenhausanlage – die Anwendung allgemeinen Nachbarrechts an Stelle der Vorschriften des Wohnungseigentumsrechts vorgesehen ist, ändert sich an der besonderen Zuständigkeit nichts.486 Die Formulierung des Antrags auf Beseitigung einer baulichen Veränderung und Wiederherstellung des früheren Zustands muss entsprechend den Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO vorgenommen werden und die dem Schuldner auferlegten Pflichten konkret und so bestimmt angeben, dass dieser über den Umfang seiner Pflichten nicht im Zweifel sein

477 LG Frankfurt/Main v. 30.4.2014 – 2-13 S 38/13, ZMR 2014, 821; LG Frankfurt/Main v. 21.8.2014 – 2-9 S 27/13, ZWE 2015, 217. 478 BGH v. 28.1.2011 – V ZR 141/10, MDR 2011, 477; AG Dortmund v. 26.8.2014 – 512 C 14/14, ZMR 2015, 69. 479 LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 55/14, ZMR 2016, 129 (131); Klimesch, ZMR 2012, 428 (430). 480 BGH v. 27.4.2012 – V ZR 177/11, MDR 2012, 834; LG Itzehoe v. 2.6.2015 – 11 S 100/12, ZMR 2015, 788. 481 A.A. Klimesch, ZMR 2012, 428 (430). 482 LG Hamburg v. 6.2.2013 – 318 S 20/12, ZMR 2013, 462; LG Itzehoe v. 2.6.2015 – 11 S 100/12, ZMR 2015, 788; L G Frankfurt/Main v. 7.6.2018 – 2-13 S 98/17, WuM 2018, 800 mit Besonderheiten für die Zwei-Personen-Gemeinschaft; eine Pflicht zur Beseitigung besteht nicht, LG Dortmund v. 20.10.2015 – 1 S 464/14, Wohnungseigentümer 2016, 40. 483 LG Frankfurt/Main v. 21.8.2014 – 2-9 S 27/13, ZWE 2015, 217; AG Rosenheim v. 20.3.2012 – 12 C 1082/11, ZMR 2012, 589; s.a. LG Frankfurt/Main v. 17.12.2015 – 2-09 S 45/11, ZMR 2016, 644. 484 LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 117/13, ZMR 2014, 741. 485 Vgl. OLG Köln v. 23.9.1998 – 16 Wx 122/98, NZM 1998, 958. 486 Vgl. zum alten Recht BayObLG v. 12.9.1996 – 2Z BR 52/96, NJW-RR 1997, 269.

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II. Bauliche Veränderungen, § 22 Abs. 1 S. 1 WEG | Rz. 60 § 22

kann.487 Im Klageantrag ist das geschuldete Ziel konkret zu beschreiben, § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die „Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands“ genügt als Umschreibung nicht.488 Zu beachten ist aber, dass dem Schuldner das Wahlrecht zusteht, wie er den Rückbau der baulichen Veränderung vornimmt und den früheren Zustand wiederherstellt. Die Verurteilung zu einer konkreten Maßnahme kann deshalb nur erfolgen, wenn allein diese Maßnahme den geschuldeten Erfolg verspricht und andere Maßnahmen vernünftigerweise nicht in Betracht kommen.489 Im Beseitigungsprozess ist das Gericht nicht an die Bewertung einer Anfechtungsklage gegen einen genehmigenden Eigentümerbeschluss gebunden, es liege eine erhebliche Beeinträchtigung vor, denn insoweit liegen andere Streitgegenstände vor.490 Im Einzelfall kann der Anspruch auf Beseitigung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes 59a durch Leistungsverfügung geltend gemacht werden, wenn eine besondere Dringlichkeit, etwa eine Existenzgefährdung, vorliegt.491 Droht eine bauliche Veränderung, kann vorbeugende Unterlassungsklage erhoben werden; demgegenüber fehlt eine auf Feststellung der Unzulässigkeit gerichteten Klage das Feststellungsinteresse.492 Droht durch den Vollzug eines angefochtenen oder anfechtbaren Eigentümerbeschlusses in irreparabler Schaden, so kann der Vollzug durch eine gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richtende einstweilige Verfügung vorläufig gestoppt werden.493 Für die Rechtsmittelbeschwer muss zwischen Beseitigungskläger und Beklagtem unterschie- 59b den werden. Die Beschwer des zur Beseitigung und Rückbau verurteilten Beklagten bemisst sich grundsätzlich nach den Kosten einer Ersatzvornahme der Maßnahme494 oder dem höheren Interesse am Erhalt des Bauwerks.495 Demgegenüber bestimmt sich die Beschwer des unterlegenen Beseitigungsklägers grundsätzlich nach dem Wertverlust seines Wohnungseigentums aufgrund der baulichen Veränderung, dessen Grundlagen er darlegen muss.496 b) Zwangsvollstreckung Regelmäßig handelt es bei dem Rückbau497 einer baulichen Veränderung und der Wiederher- 60 stellung des früheren Zustands um vertretbare Handlungen i.S.d. § 887 ZPO, so dass die Vollstreckung gem. § 887 Abs. 2 ZPO durch das Amtsgericht als Prozessgericht erster Instanz erfolgt. Dagegen erfolgt die Vollstreckung gegen einen Wohnungseigentümer, der seine Wohnung verkauft498, vermietet oder unentgeltlich zum Gebrauch an Dritte überlassen hat, soweit der Dritte mit der Durchführung der vertretbaren Handlung nicht einverstanden ist, nach 487 Beispielhaft AG München v. 22.4.2016 – 483 C 6753/11, ZMR 2016, 579; weitere Beispiele bei Gahn, AnwZert MietR 14/2018 Anm. 1. 488 Vgl. LG Lüneburg v. 16.3.2016 – 9 S 64/15, Juris Rz. 45 = ZMR 2016, 647 (648). 489 BGH v. 12.12.2003 – V ZR 98/03, MDR 2004, 503. 490 LG Aurich v. 18.12.2015 – 4 S 188/15, ZMR 2016, 219. 491 Vgl. LG Hamburg v. 11.8.2011 – 318 T 39/11, ZMR 2012, 132. 492 Vgl. LG Hamburg v. 20.10.2010 – 318 S 42/10, ZMR 2011, 161; s.a. BGH v. 18.1.2013 – V ZR 88/ 12, Rz. 18, WuM 2013, 247, zu den Anforderungen an die unerlässliche ernsthafte (konkrete) Besorgnis, es werde zu einer unzulässigen baulichen Veränderung kommen. 493 Vgl. § 46 Rz. 174. 494 BGH v. 15.1.2015 – V ZB 135/14 – Rz. 3, NJW-RR 2015, 337; BGH v. 20.9.2017 – V ZB 2/17 – Rz. 6, Grundeigentum 2018, 392. 495 BGH v. 17.11.2016 – V ZR 86/16 – Rz. 5, MDR 2017, 203. 496 BGH v. 6.4.2017 – V ZR 254/16, MDR 2017, 875. 497 Aus einem Titel auf Räumung und Herausgabe kann eine Verpflichtung zur Beseitigung von Anbauten nicht vollstreckt werden, sondern diese muss bereits im Erkenntnisverfahren geltend gemacht werden, vgl. zu § 546 BGB OLG Düsseldorf v. 26.2.2015 – I-24 W 81/14, MDR 2015, 979. 498 Beim Verkauf findet keine Rechtskrafterstreckung gemäß §§ 265, 325 ZPO statt; zur Vollstreckung gemäß § 888 ZPO gegen den Erwerber bedarf es bei fehlendem Einverständnis zudem eines Duldungstitels, vgl. LG Itzehoe v. 17.10.2014 – 11 T 44/14, ZWE 2015, 191.

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§ 22 Rz. 60 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau § 888 ZPO, weil die Ausübung der Rechte des Schuldners gegenüber seinem Mieter usw. eine unvertretbare Handlung ist.499 Der Titel, mit dem ein Wohnungseigentümer zur Beseitigung einer baulichen Veränderung verpflichtet wird, gibt dem Gläubiger nicht einmal einen Anspruch darauf, dass ihm Name und Anschrift des Mieters oder Nutzers bekannt gegeben werden.500 Bei der Vollstreckung gem. § 888 ZPO ist die Verhängung von Zwangsmitteln gegen den Wohnungseigentümer erst dann unzulässig, wenn der Wohnungseigentümer erfolglos alle zumutbaren Maßnahmen einschließlich eines gerichtlichen Vorgehens und eines Abfindungsangebotes unternommen hat, um den Dritten zur Duldung der Handlung zu veranlassen.501 Die Gemeinschaft kann dem vermietenden Mitglied aber nicht vorschreiben, wie es zur Umsetzung des titulierten Anspruchs gegen den Mieter vorgeht. Erst wenn alle dem Schuldner möglichen Anstrengungen, den Dritten rechtlich notfalls mit Gerichtshilfe und tatsächlich auf andere Weise zur Zustimmung und Mitwirkung zu zwingen, fehlgeschlagen sind, wird kein Zwangsmittel mehr verhängt. 61 Der Schuldner muss auch für die Beschaffung erforderlicher behördlicher Genehmigungen

(z.B. Baurecht, Denkmalschutz,502 Baumschutzsatzung)503 sorgen; nur wenn feststeht, dass die Genehmigung nicht zu erlangen ist, steht das Erfordernis einer behördlichen Zustimmung der Anordnung der Ersatzvornahme nach § 887 ZPO entgegen.504 Ist die gerichtliche Ermächtigung zur Ersatzvornahme nach § 887 ZPO erteilt, kann auch der Gläubiger die öffentlichrechtlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Ersatzvornahme durch Antragstellung schaffen.505

III. Privilegierte Modernisierungsmaßnahmen, § 22 Abs. 2 WEG 1. Abgrenzung 62 Die Reform des Wohnungseigentumsrechts hat neben der (modernisierenden) Instandsetzung

und Instandhaltung die Modernisierung gem. § 22 Abs. 2 WEG des Gemeinschaftseigentums neu geschaffen.506 Weil mangels Anpassung an die Erfordernisse der Zeit bei älteren Anla499 BayObLG v. 29.12.1988 – BReg.2 Z 79/88, BayObLGZ 1988, 440 = NJW-RR 1989, 462; v. 27.10.1993 – 2Z BR 107/93, WuM 1993, 766; v. 21.10.1999 – 2Z BR 102/99, NZM 2000, 303; OLG Köln v. 14.4.2000 – 16 Wx 58/00, NZM 2000, 1018. 500 Vgl. für einen mit Müll vollgestellten Stellplatz BGH v. 27.11.2008 – I ZB 46/08, MDR 2009, 468. 501 BayObLG v. 29.12.1988 – BReg.2 Z 79/88, BayObLGZ 1988, 440 = NJW-RR 1989, 462; v. 27.10.1993 – 2Z BR 107/93, WuM 1993, 766; v. 21.10.1999 – 2Z BR 102/99, NZM 2000, 303; OLG Schleswig v. 12.8.2002 – 2 W 21/02, MDR 2003, 149; vgl. a. BGH v. 16.5.2014 – V ZR 131/13 – Rz. 13, MDR 2014, 1019. 502 Vgl. Köhler, WE 1996, 168. 503 OLG Celle v. 24.9.2003 – 4 W 138/03, ZMR 2004, 689; OLG Düsseldorf v. 18.10.1991 – 22 U 220/ 90, OLGR Düsseldorf 1992, 24; OLG Köln v. 17.2.1997 – 16 U 50/96, OLGR Köln 1997, 185; LG Köln v. 11.8.2011 – 6 S 285/10, MietRB 2011, 358. 504 OLG Düsseldorf v. 26.1.2001 – 9 W 79/00, OLGR Düsseldorf 2001, 281; OLG Celle v. 8.6.1961 – 8 W 43/61, MDR 1961, 859; OLG Frankfurt v. 15.4.1982 – 20 W 125/82, MDR 1983, 141; v. 17.2.1997 – 3 W 66/96, OLGR Frankfurt 1997, 86. 505 OLG Celle v. 8.6.1961 – 8 W 43/61, MDR 1961, 859; OLG Frankfurt v. 15.4.1982 – 20 W 125/82, MDR 1983, 141; v. 17.2.1997 – 3 W 66/96, OLGR Frankfurt 1997, 86. 506 Die Vorschrift findet auf bauliche Veränderungen des Sondereigentums in der Weise entsprechende Anwendung, dass unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 WEG die Wohnungseigentümer durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss solche Maßnahmen am Sondereigentum genehmigen können, die durch ihre Ausstrahlung auf das Gemeinschaftseigentum, insbesondere hinsichtlich des optischen Gesamteindrucks der Wohnungseigentumsanlage, zu erheblichen Nachteilen im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG führen; vgl. BGH v. 18.11.2016 – V ZR 49/16, Rz. 19, MDR 2017, 696; BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17 – Rz. 29, MDR 2016, 1366.

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III. Privilegierte Modernisierungsmaßnahmen, § 22 Abs. 2 WEG | Rz. 62a § 22

gen ein Wertverlust sowohl des gemeinschaftlichen Eigentums als auch des Sondereigentums droht, will der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Modernisierung auf der Grundlage eines Mehrheitsbeschlusses erweitern. Denn in der Vergangenheit waren im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung nur dann möglich gewesen, wenn eine Reparatur bereits notwendig oder bald absehbar war. Dieser bisher bestehende Zusammenhang der modernisierenden Instandsetzung mit einer Reparatur soll durch die Neuregelung nicht beseitigt werden. Statt sich von der bisherigen Rechtsprechung zur modernisierenden Instandsetzung zu lösen, schreibt die Reform des Wohnungseigentumsrechts diese Möglichkeit der Sanierung auf der Grundlage eines Mehrheitsbeschlusses in § 22 Abs. 3 WEG durch die Verweisung auf die Vorschriften der §§ 21 Abs. 5 Nr. 2, Abs. 3 und 4 WEG ausdrücklich gesetzlich fest. Demgegenüber ermöglicht die nach der Gesetzesintention durch Einschränkungen der hier eröffneten Mehrheitsmacht nicht abdingbare, also durchaus erweiterbare507 Vorschrift des § 22 Abs. 2 WEG Maßnahmen zur Modernisierung und Anpassung an den Stand der Technik auch ohne aktuellen Sanierungsbedarf, auf die der einzelne Miteigentümer aber mangels einer der Regelung des § 22 Abs. 3 WEG vergleichbaren Verweisung keinen Anspruch gemäß § 21 Abs. 4 WEG hat.508 Grundlage der Reform waren dabei die wenig überzeugenden Beispiele der Gesetzesbegründung,509 etwa das Aufstellen eines Fahrradständers,510 das nachträgliche Anbringen einer Gegensprechanlage oder auch der Einbau eines Fahrstuhls. Tatsächlich dürften insbesondere Modernisierungen ohne zwingenden Anlass, etwa die Errichtung von Sonnenkollektoren oder der Anbau von Balkonen, im Zentrum der praktischen Anwendung stehen, denn trotz der Beispiele in der Gesetzesbegründung, die schon bisher als modernisierende Instandsetzung für zulässig gehalten wurden, war eine Erweiterung der Mehrheitsentscheidung beabsichtigt. – Für die Praxis der Wohnungseigentumsverwaltung gilt es schließlich nicht aus dem Blick zu verlieren, dass § 22 Abs. 2 WEG nicht verhindert, auch Modernisierungen nach § 22 Abs. 1 WEG – bei Ausbleiben einer Anfechtungsklage – bestandskräftig zu beschließen (vgl. Rz. 63). Die Praxis sieht sich deshalb gerade bei kleinen Baumaßnahmen vor die Frage gestellt, ein Modernisierungsprojekt entweder ausführlich zu erläutern, um mit Argumenten die gem. § 22 Abs. 2 WEG erforderlichen qualifizierten Mehrheiten zu überzeugen, oder die Modernisierung – in erprobter Weise ohne viel Aufhebens und Erläuterung der Rechtslage – sogleich mit einfacher Mehrheit gem. § 22 Abs. 1 WEG als „Zitterbeschluss“ zu beschließen in der Erwartung, niemand werde eine Anfechtungsklage erheben. § 22 Abs. 2 S. 1 BGB ist durch Art. 3 des Gesetzes über die energetische Modernisierung von 62a vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln (Mietrechtsänderungsgesetz – MietRÄndG) v. 11.3.2013 neu gefasst worden. Dabei handelt es sich um eine redaktionelle Folgeänderung. Der bisherige Verweis auf die Regelungen zu den Modernisierungsmaßnahmen in § 559 BGB a.F. wurde – in der Absicht einer redaktionellen Folgeänderung511 durch den Verweis auf die konsolidierten Legaldefinitionen in § 555b Nummer 1 bis 5 BGB ersetzt. Eine inhaltliche Änderung des Wohnungseigentumsrechts ist damit nicht beabsichtigt gewesen;512 allerdings eröffnet der erweiterte Modernisierungsbegriff des

507 LG Dessau-Roßlau v. 21.12.2007 – 1 S 231/07, ZMR 2008, 324; zu Regelungen bei Mehrhausanlagen vgl. Hügel, NZM 2010, 8 (12). 508 BGH v. 13.1.2017 – V ZR 96/16 – Rz. 9, MDR 2017, 511. 509 Vgl. Hügel/Elzer, NZM 2009, 457 (465) zu BT-Drucks. 16/887, 30; Krüger, ZfIR 2010, 12 zum Fahrstuhl. 510 Von LG Köln v. 13.5.1996 – 16 Wx 69/96, WuM 1997, 64 = ZMR 1997, 44 als modernisierende Instandsetzung bewertet; dagegen AG Lübeck v. 28.11.2008 – 35 C 22/08, Juris. 511 Vgl. BR-Drucks. 313/12, 37; BT-Drucks. 17/10485, 27; BT-Drucks. 17/11894, 14. 512 Vgl. Spielbauer, ZWE 2013, 105.

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§ 22 Rz. 62a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau § 555b WEG auch den Wohnungseigentümern weitere Spielräume.513 Damit hat der Gesetzgeber des Mietrechtsänderungsgesetz zum Ausdruck gebracht, dass Modernisierung im Wohnungseigentumsrecht und im Mietrecht im Wesentlichen unter den gleichen Voraussetzungen zulässig sein sollen. Das ist im Interesse der vermietenden Wohnungseigentümer auch notwendig, denn sie müssen die im Verhältnis der Wohnungseigentümer beschlossene Modernisierung gegenüber ihrem Mieter umsetzen können. Das erleichtert auch die Modernisierung, denn wenn der vermietende Wohnungseigentümer die Kosten der Modernisierung durch eine Mieterhöhung amortisieren kann, kann er die finanziellen Lasten der Modernisierung nicht mehr als entscheidendes Gegenargument anführen. Zwei Probleme hat der Gesetzgeber des Mietrechtsänderungsgesetz aber nicht gesehen: Der Bundesgerichtshof ist vor der redaktionellen Neufassung des § 22 Abs. 2 S. 1 WEG davon ausgegangen, dass die entsprechende Heranziehung der mietrechtlichen Regelung des § 559 Abs. 1 BGB a.F. Raum für eine großzügigere Handhabung des Modernisierungsbegriffes gibt, denn den Wohnungseigentümern kommen auch solche Verbesserungen zugute, von denen im Mietrecht nur der Vermieter, nicht aber auch der Mieter profitiert;514 der Bundesgerichtshof hat also ein Auseinanderfallen des im Verhältnis der Wohnungseigentümer Zulässigen und des im Verhältnis von vermietendem Wohnungseigentümer Zulässigen hingenommen (Rz. 68). Nicht nur deshalb fallen die wesentlichen Voraussetzungen für die Umsetzung einer Modernisierung auseinander,515 denn etwa das Betretungsrecht folgt im Verhältnis der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Wohnungseigentümer mit § 14 Nr. 4 WEG anderen Voraussetzungen als im Mietrecht (vgl. § 14 WEG Rz. 22).

2. Formelle Voraussetzungen 63 Die Modernisierung ohne aktuellen Instandhaltungs- oder Instandsetzungsbedarf ist nur un-

ter den besonderen formellen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 WEG zulässig. Danach können Maßnahmen der Modernisierung entsprechend § 555b Nr. 1–5 BGB oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik durch eine doppelt qualifizierte Mehrheit von drei Vierteln aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden,516 sofern sie die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen. Die Formulierung des Gesetzes lässt also die Zustimmung von drei Vierteln, nicht: mehr als drei Vierteln aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer ausreichen, sofern damit mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile517 zustimmen. Bei der Berechnung der Bezugsgröße bleiben nur die dauerhaft nicht stimmberechtigten Wohnungseigentümer außer Betracht.518 Für die Frage, ob drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer der Modernisierung zugestimmt haben, ist das Kopfstimmenprinzip anzuwenden;519 das Kopf-

513 Vgl. Häublein, AnwZert MietR 9/2015 Anm. 2 zu solarbetriebenen Ladestationen für Elektrofahrzeuge. 514 BGH v. 18.2.2011 – V ZR 82/10 – Rz. 9, MDR 2011, 475; v. 14.12.2012 – V ZR 224/11 – Rz. 12, BGHZ 196, 45 = MDR 2013, 263. 515 Zur fehlenden Harmonisierung von Miet- und Wohnungseigentumsrecht vgl. nur Häublein, NZM 2014, 97. 516 Vgl. Häublein, ZMR 2007, 411 (419); zur Darlegungslast im Beschlussanfechtungsprozess vgl. LG Bremen v. 20.12.2013 – 4 S 245/12, ZMR 2014, 386. 517 Vgl. zur Berechnung etwa AG Schöneberg v. 18.9.2008 – 77 C 58/08 WEG, GE 2008, 1637. 518 Häublein, NZM 2007, 752 (757); Niedenführ, ZWE 2012, 476 (479); a.A. Elzer, ZWE 2007, 165 (175), der auch nur zeitweise nicht Stimmberechtigte außer Acht lässt. 519 LG München I v. 27.4.2009 – 1 S 20171/08, WuM 2009, 424.

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III. Privilegierte Modernisierungsmaßnahmen, § 22 Abs. 2 WEG | Rz. 64 § 22

prinzip ist nicht unabdingbar.520 Auch bei der Mehrhausanlage sind damit alle Wohnungseigentümer und vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung nicht nur die Mitglieder der Untergemeinschaft des entsprechenden Hauses gemeint.521 Bei dem Quorum des § 22 Abs. 2 WEG findet sich die Problematik der fehlerhaften Be- 63a schlussfeststellung (vgl. Rz. 21) wieder. Auch wenn das gesetzliche Stimmquorum missachtet wird, wäre ein fehlerhaft festgestellter Beschluss nicht nichtig, sondern nur anfechtbar.522 Denn nach dem Willen des Gesetzgebers ist die Erreichung der besonderen Stimmquoren nicht kompetenzbegründend, sondern als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ausgestaltet. Eine nachträgliche Zustimmung ist nach dem geltenden Recht nicht möglich.523 Zudem stellt sich die Frage, ob bei Fehlen der gemäß § 22 Abs. 2 WEG erforderlichen Mehrheiten die gleiche Maßnahme als Beschluss über die bauliche Veränderung mit einfacher Mehrheit gefasst werden kann und darf. Weil § 22 Abs. 2 WEG den Sonderfall einer baulichen Veränderung regelt – im Gegensatz zur Ausnahme der modernisierenden Instandsetzung in § 22 Abs. 3 WEG – und § 22 Abs. 1 WEG also als Grundnorm verstanden werden kann, erscheint es als folgerichtig, eine Beschlussfassung gemäß § 22 Abs. 1 WEG auch über solche bauliche Veränderungen zuzulassen, die als Modernisierung gemäß § 22 Abs. 2 WEG als Modernisierung qualifiziert ist.524 Danach eröffnet § 22 Abs. 1 WEG eine umfassende Beschlusskompetenz, die auch Modernisierungen umfasst. Die Wohnungseigentümer können also über Modernisierungen mit einfacher Mehrheit beschließen und ein solcher Eigentümerbeschluss wird bestandskräftig, wenn der Versammlungsleiter sein Zustandekommen feststellt (vgl. Rz. 21) und wenn eine Beschlussanfechtungsklage ausbleibt. Zur Frage der Kostenregelung gerade bei der Gestattung von baulichen Veränderungen durch einzelne Wohnungseigentümer vgl. Rz. 25.

3. Materielle Voraussetzungen Maßnahmen i.S.d. § 22 Abs. 2 WEG sind in zwei Fällen möglich, als Modernisierung i.S.d. 64 § 555b Nr. 1–5 BGB oder auch zur Anpassung an den Stand der Technik. In beiden Fällen dürfen – wie der Wortlaut zum Ausdruck bringt – die Maßnahmen zudem die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und keinen Wohnungseigentümer unbillig beeinträchtigen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann die Baumaßnahme unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 WEG zulässig sein (s. Rz. 13 ff.). Die Voraussetzungen lassen sich anhand des folgenden Prüfschemas verdeutlichen: Die Maßnahme muss dienen – einer Modernisierung entsprechend § 555b Nr. 1–5 BGB, – durch die in Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart wird (energetische Modernisierung), § 555b Nr. 1 BGB, – durch die nicht erneuerbare Primärenergie nachhaltig eingespart oder das Klima nachhaltig geschützt wird, sofern nicht bereits eine energetische Modernisierung nach Nummer 1 vorliegt, § 555b Nr. 2 BGB, 520 Vgl. zu § 16 Abs. 3 WEG BGH v. 10.7.2015 – V ZR 198/14, MDR 2015, 1056; offengelassen noch von BGH 28.10.2011 – V ZR 253/10 – Rz. 10 f., MDR 2012, 209. 521 Häublein, NZM 2003, 785 (792); Moosheimer, ZMR 2014, 602 (611). 522 Wie hier Armbrüster, ZWE 2008, 61 ff.; Bub, ZWE 2008, 205 (208); Greiner, § 4 Rz. 144; Häublein, ZMR 2007, 411 (413); Häublein, NZM 2007, 752 (758); Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 7 Rz. 17; J.-H. Schmidt in FS Merle (2010), 329 (342); J.-H. Schmidt, ZWE 2010, 310 (312); a.A. Abramenko, Das neue WEG, § 4 Rz. 37, 52; Derleder, ZWE 2008, 253 (258). 523 Zur Einführung der Möglichkeit einer nachträglichen Zustimmung de lege ferenda vgl. Häublein, ZWE 2013, 12. 524 Armbrüster, ZWE 2008, 81; Bub, ZWE 2008, 205; J.-H. Schmidt, ZWE 2010, 310; H. Müller, ZWE 2015, 303 (307).

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§ 22 Rz. 64 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau – durch die der Wasserverbrauch nachhaltig reduziert wird, § 555b Nr. 3 BGB, – durch die der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird, § 555b Nr. 4 BGB, – oder durch die die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden, § 555b Nr. 5 BGB, – oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik, und darf nicht beeinträchtigen – die Eigenart der Wohnanlage, – und einen Wohnungseigentümer unbillig gegenüber anderen. a) Modernisierungen gem. § 555b Nr. 1–5 BGB 65 Zunächst zulässig sind Maßnahmen der Modernisierung i.S.d. § 555b Nr. 1–5 BGB. An dieser

Stelle erscheint es nicht als erforderlich, die Voraussetzungen der einzelnen Merkmale näher vorzustellen; der Meinungsstand ergibt sich zunächst aus dem mietrechtlichen Schrifttum. Dessen vertiefte Kenntnis ist aber zu der entsprechenden Anwendung im Wohnungseigentumsrecht entbehrlich. Die Gesetzessystematik könnte zu der Annahme führen, nur was gegenüber dem Mieter gem. § 555b Nr. 1–5 BGB zulässig ist, könne auch bei § 22 Abs. 2 S. 1 WEG eine Modernisierung entsprechend § 555b Nr. 1–5 BGB sein; was allein dem Vermieter nütze, könne im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer (nur) als „Anpassung an den Stand der Technik“, § 22 Abs. 2 2. Fall zulässig sein. Der BGH525 folgt diesem Verständnis nicht, sondern stellt im Anschluss an Elzer526 darauf ab, dass die angeordnete entsprechende Heranziehung des § 555b Nr. 1–5 BGB zu einer großzügigeren Handhabung des Modernisierungsbegriffs Anlass gibt.527 Denn dem Wohnungseigentümer kommen alle Verbesserungen zu Gute, ohne dass wie im Mietrecht unterschieden werden müsste, ob von ihnen der Vermieter oder Mieter profitiert. Zudem soll die Vorschrift eine Anpassung der Wohnungseigentumsanlage an die Erfordernisse der Zeit ermöglichen. Diese Erwägung des BGH muss man wohl dahin verstehen, dass eine begriffliche Trennung von Maßnahmen der Modernisierung entsprechend § 555b Nr. 1–5 BGB und solchen, die der Anpassung an den Stand der Technik dienen, nicht erforderlich ist. Bei beiden genügt es, dass die Maßnahme aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers eine sinnvolle Neuerung darstellt, die voraussichtlich geeignet ist, den Gebrauchswert der Sache nachhaltig zu erhöhen.528 Diese Voraussetzung wird von vielen Modernisierungsmaßnahmen erfüllt, deren Zulässigkeit derzeit diskutiert wird, sei es der Errichtung einer Ladestation für Elektrofahrzeuge529 oder auch von Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit530, für die – gleichwohl – sogar die Notwendigkeit einer Ergänzung von § 22 Abs. 2 WEG angenommen wird.531 66 Bei der entsprechenden Anwendung des § 555b Nr. 1–5 BGB im Wohnungseigentumsrecht

ist nach dieser Definition die Einordnung zu einer der Alternativen einer Modernisierung 525 BGH v. 18.2.2011 – V ZR 82/10 – Rz. 9, MDR 2011, 475; zustimmend LG Hamburg v. 31.8.2012 – 318 S 8/12, ZMR 2013, 63 f. 526 Elzer in Timme, BeckOK/WEG, Stand 1.2.2019, § 22 WEG Rz. 196; a.A. Hogenschurz, MietRB 2011, 197. 527 Richtigerweise geht es nicht um eine großzügigere Handhabung des Modernisierungsbegriffs, sondern den Beurteilungsspielraum bei der Frage, ob die Modernisierung noch ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, vgl. Riecke/v. Rechenberg, MDR 2012, 1 (6). 528 BGH v. 18.2.2011 – V ZR 82/10 – Rz. 9 a.E., MDR 2011, 475. 529 Häublein, ZWE 2015, 255; Dötsch, AnwZert MietR 15/2016 Anm 2: Dötsch, MietRB 2016, 241. 530 AG Hamburg-Altona v. 25.11.2009 – 303B C 23/09, ZMR 2010, 480. 531 BR-Drucks. 340/16 „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Förderung der Barrierefreiheit und Elektromobilität“ v. 21.6.2016.

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III. Privilegierte Modernisierungsmaßnahmen, § 22 Abs. 2 WEG | Rz. 67 § 22

gem. § 555b Nr. 1–5 BGB entbehrlich; sie ist allerdings indirekt relevant, wenn es um die Frage von Ansprüchen eines vermietenden Wohnungseigentümers gegen seinen Mieter geht (Rz. 68).532 Modernisierung meint in § 22 Abs. 2 WEG eine nachhaltige Erhöhung des Gebrauchswerts, insbesondere durch Einsparung von Energie oder Wasser. Dies soll bereits der Fall sein, wenn die Maßnahme aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers eine sinnvolle Neuerung darstellt, die voraussichtlich geeignet ist, den Gebrauchswert der Sache nachhaltig zu erhöhen.533 Eine Gebrauchswerterhöhung kann auch durch eine optische Veränderung der Wohnungseigentumsanlage bewirkt werden, wenn diese Maßnahme aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers eine sinnvolle Neuerung darstellt, die voraussichtlich geeignet ist, den Gebrauchswert des Wohnungseigentums nachhaltig zu erhöhen,534 etwa weil durch den Austausch veralteter Materialien das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage ansprechender gestaltet wird. Gegenüber diesem weiten Verständnis des BGH war in der Instanzrechtsprechung535 zunächst ein engeres Verständnis anzutreffen gewesen. Aufgrund der nur redaktionellen Änderung des § 22 Abs. 2 S. 1 WEG durch das Mietrechtsänderungsgesetz 2013 (Rz. 62a), ist eine Neubewertung nicht geboten; im Gegenteil mag man die redaktionelle Folgeänderung des Mietrechtsänderungsgesetzes als stillschweigende Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung durch den Gesetzgeber ansehen.536 Die erforderliche sinnvolle Neuerung fehlt dann, wenn die entstehenden Kosten bzw. Mehr- 67 kosten gegenüber einer ohnehin anstehenden (modernisierenden) Instandsetzung außer Verhältnis zu dem erzielbaren Vorteil stehen; erforderlich ist also eine auf diese Frage zugeschnittene Kosten-Nutzen-Analyse;537 steht also ohnehin eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung an, bleiben deren Kosten bei der Gegenüberstellung mit den Vorteilen, die gerade die Modernisierung bringt, außer Betrachts. Die mit dieser Gegenüberstellung bei optischen Verbesserungen aufgeworfene, kaum rational zu beantwortende Frage, wann der (Mehr-)Aufwand die Verbesserung des äußeren Erscheinungsbildes nicht mehr wert ist, stellt sich für die Praxis allerdings nicht mit letzter Schärfe; unter Berücksichtigung des weiten Entscheidungsermessens der Wohnungseigentümer hat eine Anfechtungsklage nur Erfolg, wenn der Eigentümerbeschluss auf unzureichender Tatsachengrundlage getroffen ist oder die Entscheidung inhaltlich unvertretbar ist. Für den Austausch von Holzbrüstungen gegen eine „moderne“ Glas-/Stahlkonstruktion können etwa eine Vergrößerung der Balkonfläche, die „zeitgemäße“ Optik, die Wartungsfreundliche, nahezu instandhaltungsfreundliche Konstruktion mit Entfall von Wartungs- und insbesondere Gerüstkosten.538

532 Im Mietrecht hat die Einordnung nach § 55b Nr. 1 BGB etwa den Vorteil, nicht nur einen Duldungsanspruch gemäß § 555d Abs. 1 BGB auszulösen, sondern auch eine Modernisierungsmieterhöhung gemäß § 559 Abs. 1 BGB zu ermöglichen sowie für drei Monate eine Mietminderung in der Bauphase auszuschließen, § 536a Abs. 1a BGB. 533 BGH v. 18.2.2011 – V ZR 82/10 – Rz. 9, MDR 2011, 475 a.E. für die Nutzung von stillgelegten Kaminzügen zum Betrieb von Öfen; ebenso LG München I v. 27.4.2009 – 1 S 20171/08, NZM 2010, 370. 534 BGH v. 14.12.2012 – V ZR 224/11 – Rz. 14, BGHZ 196, 45 = MDR 2013, 263 für die Ersetzung einer hölzernen Balkonbrüstung durch eine aus Stahl und Glas; vgl. für den Austausch einer Holz- durch eine Kunststoff-Schieferfassade auch AG Clausthal-Zellerfeld v. 5.2.2015 – 4 C 102/14, ZMR 2015, 410. 535 Vgl. AG Konstanz v. 13.3.2008 – 12 C 17/07, ZMR 2008, 494 für den Ausbau von Balkonen zum Wintergarten durch Verglasung und für die Schaffung zusätzlicher Fenster. 536 Vgl. Spielbauer, ZWE 2013, 105. 537 BGH v. 14.12.2012 – V ZR 224/11 – Rz. 12, BGHZ 196, 45 = MDR 2013, 263 für die Ersetzung einer hölzernen Balkonbrüstung durch eine aus Stahl und Glas; zur Kosten-Nutzen-Analyse vgl. LG München I v. 27.4.2009 – 1 S 20171/08, ZMR 2009, 945; LG Bremen v. 10.7.2015 – 4 S 318/10, ZMR 2015, 776; gegen eine Kostenanalyse noch LG Düsseldorf v. 6.6.2012 – 25 S 8/12, ZMR 2012, 805; Schäuble in Soergel, BGB, § 22 WEG Rz. 18. 538 LG Bremen v. 10.7.2015 – 4 S 318/10, ZMR 2015, 776.

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§ 22 Rz. 68 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau 68 Von besonderer Bedeutung bleibt aber in der Praxis, dass für die Wohnungseigentümer, die

ihr Wohnungseigentum durch Vermietung nutzen, bei Durchführung von unter § 555b Nr. 15 BGB fallenden Modernisierungsmaßnahmen deren Duldung gegenüber dem Mieter bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen (§§ 555c, 555d BGB) durchsetzbar ist sowie eine Weitergabe der Kosten an den Mieter unter bestimmten Voraussetzungen (§§ 559 ff. BGB) möglich und damit eine Refinanzierung wirtschaftlich gesichert ist. Mit anderen Worten stellt sich die Frage, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bei der Entscheidung über eine Modernisierung gem. § 22 Abs. 2 WEG Rücksichtnahme auf vermietende Wohnungseigentümer nehmen muss; das liegt gerade bei Renditeobjekten auf den ersten Blick nahe. Für Maßnahmen der Bauunterhaltung lassen sich dabei drei Problemschwerpunkte ausmachen. Dabei gelten die nachfolgenden Erwägungen nur für solche Baumaßnahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft, die auch den Mieter eines Wohnungseigentümers konkret betreffen. 68a Ausgangspunkt der Rücksichtnahme muss stets die Einordnung der beabsichtigten Baumaß-

nahme in die rechtlichen Institute von Wohnungseigentumsrecht einerseits und Mietrecht andererseits sein. Das Mietrecht kennt grundsätzlich nur Erhaltungsmaßnahmen, § 555a BGB, und Modernisierungsmaßnahmen, § 555b BGB, das Wohnungseigentumsrecht die (einfache) Instandhaltung und Instandsetzung, § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, die modernisierende Instandsetzung, §§ 22 Abs. 3, 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, die Modernisierung, § 22 Abs. 2 S. 1 WEG (mit zwei Unterfällen) sowie schließlich die bauliche Veränderung, § 22 Abs. 1 WEG. Diese Systematik kann für den Einzelfall zu unterschiedlichen Einordnungen und damit Voraussetzungen führen, wie das Beispiel der Umsetzung einer behördlichen Vorgabe zeigt, die im Wohnungseigentumsrecht zur Instandhaltung und Instandsetzung, § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, zählt, im Mietrecht aber als Modernisierungsmaßnahme, § 555b Nr. 6 BGB, eingeordnet wird. 68b Ein zweiter Gesichtspunkt kann von der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht außer Acht

gelassen werden: Die Vorgaben des Mietrechts sind für den vermietenden Wohnungseigentümer weitgehend zwingend. Das gilt für die Ankündigung von Erhaltungsmaßnahmen und den Aufwendungsersatz, vgl. § 555a Abs. 4 BGB. Das gilt ebenso für die Ankündigung und die weiteren Voraussetzungen der Duldungspflicht bei Modernisierungsmaßnahmen, §§ 555c Abs. 5, 555d BGB. Das gilt schließlich für die Mieterhöhung und das Mieterhöhungsverlangen bei Modernisierungsmaßnahmen, §§ 559 Abs. 6, 559b Abs. 3 BGB. Mit anderen Worten: Der vermietende Wohnungseigentümer kann seinen Mieter nur bei Einhaltung von strengen Voraussetzungen zur Duldung zwingen. Den zwingenden Schutz durch direkte Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Mieter umgehen zu können, dürfte nach der gesetzgeberischen Intention der Mieterschutzvorschriften problematisch sein. – Praktisch bedeutsam ist, dass der Mieter, soweit sein Mietbesitz betroffen ist, ohnehin durch possessorischen Besitzschutz fast alle Baumaßnahmen, etwa Einrüstungen des Balkons oder Maßnahmen an der Fassade, durch einstweiligen Rechtsschutz vorläufig verhindern können soll (vgl. § 14 Rz. 18a),539 soweit sie nicht den Gebrauch der Mietsache nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen540. 68c Schließlich müssen die unterschiedlichen zeitlichen Vorgaben im Wohnungseigentumsrecht

und im Mietrecht beachtet werden. Für das Wohnungseigentumsrecht gilt für den Eigentümerbeschluss über eine Baumaßnahme gleich welcher Art die Beschlussanfechtungs- und An-

539 LG Berlin v. 7.8.2012 – 63 T 118/12, ZMR 2013, 113; v. 26.2.2013 – 63 S 429/12, MDR 2013, 643; v. 1.3.2013 – 63 T 29/13, WuM 2013, 225; v. 27.9.2013 – 65 T 158/13, GE 2013, 1454; v. 4.10.2013 – 65 T 142/13; GE 2013, 1454; v. 13.5.2014 – 67 S 105/14, MDR 2014, 1195; v. 16.12.2014 – 63 S 239/ 14, Grundeigentum 2015, 325; v. 23.2.2015 – 18 S 132/14, Grundeigentum 2015, 512; einschränkend für Verschattung, Treppenhaus, Gerüst und Garten aber LG Berlin v. 24.10.2014 – 63 S 203/14, GE 2014, 1589; ausführlich Lehmann-Richter, MietRB 2015, 220. 540 BGH v. 16.1.2015 – V ZR 110/14 – Rz. 16, MDR 2015, 638.

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III. Privilegierte Modernisierungsmaßnahmen, § 22 Abs. 2 WEG | Rz. 70 § 22

fechtungsbegründungsfrist gem. § 46 Abs. 1 S. 2 WEG; der Wohnungseigentümer hat zwei Monate Zeit, seine Einwände gegen einen Eigentümerbeschluss wegen Schwierigkeiten im Mietverhältnis im Kern vorzubringen. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der vermietende Wohnungseigentümer aber nicht notwendig Kenntnis davon, dass sein Mieter den Härteeinwand gem. § 555d Abs. 2 BGB geltend machen will, selbst wenn er den Mieter mit der Ankündigung der Modernisierungsmaßnahme ordnungsgemäß darauf hingewiesen hat, § 555c Ab. 2 BGB, und damit die Frist „bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt“, § 555d Abs. 3 S. 1 BGB, in Gang gesetzt hat. Diese Problembeschreibungen münden in der – durch Rechtsprechung nicht abgesicherten – 69 These, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft bei Entscheidungen über Modernisierungen, ebenso wie bei Entscheidungen über einfache oder modernisierende Instandhaltungsund Instandsetzungsmaßnahmen umfassend auf die Belange vermietender Wohnungseigentümer Rücksicht nehmen muss. Die Wohnungseigentümergemeinschaft muss dem vermietenden Wohnungseigentümer die Informationen an die Hand geben, die der für die Ankündigung einer Erhaltungsmaßnahme, § 555a Abs. 2 BGB, oder die Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen, § 555c BGB, und die Geltendmachung einer Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen, § 559b BGB, benötigt; dazu gehören Art und Umfang der Maßnahme sowie deren Dauer, sowie die auf die einzelne Wohnung (vgl. § 559 Abs. 3 BGB) entfallenden Kosten der Modernisierungsmaßnahme, also bereinigt um die Kosten einer ohnehin durchzuführenden Erhaltungsmaßnahme (§ 559 Abs. 2 BGB). Auch die zeitlichen Vorgaben des Mietrechts sind zu bedenken. Alle diese Angaben müssen vorliegen, damit die die Wohnungseigentümer bei ihrer Entscheidung das jeweils bestehende Entscheidungsermessen ordnungsgemäß ausüben können. Von denkbaren Folgeproblemen sei hier nur darauf hingewiesen, dass die Mehrheit gerade in dem Fall, wenn nur eine Wohnung vermietet ist, fragen wird, ob sie den durch die mietrechtlichen Vorgaben bedingten Planungsmehraufwand gem. § 16 Abs. 4 WEG allein dem vermietenden Wohnungseigentümer auferlegen darf, der dann seinerseits wiederum eine wirtschaftlich bedingte unbillige Beeinträchtigung i.S.v. § 22 Abs. 2 S. 1 WEG wird einwenden wollen. Diese Detailprobleme mögen bei einer ohnehin notwendigen Harmonisierung von Wohnungseigentumsrecht und Mietrecht durch den Gesetzgeber mit beseitigt werden.541 Bei der Finanzierung von Maßnahmen zur Energieeinsparung sind umfangreiche Betrachtun- 70 gen geboten, die neben den technischen Voraussetzungen und Folgen der Maßnahme die finanziellen Aspekte, insbesondere die Inanspruchnahme von Fördermitteln betreffen. Die in ständiger Entwicklung begriffenen Voraussetzungen der zahlreich in Betracht kommenden Fördermittel („Programme“) können hier nicht dargestellt werden; neben Förderungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau und landeseigener Förderbanken kommen Zuschüsse regionaler Energieversorger oder Garantiepreise für die Einspeisung erzeugter Energie ins öffentliche Netz in Betracht.542 Für die Planung von Maßnahmen, deren Förderung in Betracht kommt, lassen sich in Übertragung der Erwägungen zur Kreditaufnahme543 nur einige Grundsätze aufstellen, denn es handelt sich regelmäßig um komplexe Gesamtvorhaben: Das auch hier anzunehmende weite Ermessen544 wird voraussetzen, dass die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Fördermitteln bei der Entscheidung bedacht worden ist; das setzt deren Prüfung voraus. Soll die Inanspruchnahme von Fördermitteln unterbleiben, besteht ein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf deren Inanspruchnahme nur dann, wenn die Voraussetzungen einer Ermessenreduzierung vorliegen; das kann im Einzelfall bei Zuschüssen ebenso

541 542 543 544

Vgl. ausführlich Häublein, NZM 2014, 97. Für Blockheizkraftwerke ausführlich Greupner, ZMR 2013, 1 ff. BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, MDR 2015, 1355. Zur Sanierungsplanung LG München I v. 9.5.2012 – 36 S 11929/10, ZMR 2012, 816.

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§ 22 Rz. 70 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau wie bei verbilligten Finanzierungen der Fall sein. Ungeklärt ist, ob der Verwalter zu einer Fördermittelberatung verpflichtet ist545 und bei deren Unterlassung bzw. Fehlern haftet.546 b) Maßnahmen zur Anpassung an den Stand der Technik 71 Zulässig sind auch Maßnahmen, die den Stand der Technik erreichen. Diese Alternative ist

neben der nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswerts in Folge der Rechtsprechung des BGH (vgl. Rz. 66) praktisch kaum von Bedeutung. Gemeint ist mit dem Stand der Technik das Niveau einer anerkannten und in der Praxis bewährten, fortschrittlichen technischen Entwicklung, dass das Erreichen des gesetzlich vorgegebenen Ziels gesichert erscheinen lässt. Dabei handelt es sich um ein höheres Anforderungsniveau als die anerkannten Regeln der Technik, vgl. § 641a Abs. 3 Satz 4 BGB. Unzulässig ist im Gegenschluss auch eine Maßnahme, die über den Stand der Technik hinausgehend dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht.547 Unzulässig ist deshalb die Einführung einer besonders kostenintensiven Technik, die keinen entsprechenden Nutzen bringt. Bei der Bestimmung des Begriffs „Stand der Technik“ sollen wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen sein. 72 Die Baumaßnahme muss nicht geboten sein, sondern es reicht aus, dass die Maßnahme sinn-

voll ist, also den im Gesetz genannten Zwecken „dient“. Gemeint ist die voraussichtliche Eignung der Maßnahme aus der Sicht eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und sinnvollen Neuerungen gegenüber aufgeschlossenen Hauseigentümers. c) Grenzen der Mehrheitsmacht

73 Zum Schutz des einzelnen Wohnungseigentümers darf die Modernisierungsmaßnahme die

Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen. Keine dieser beiden „verbotenen Folgen“ darf also mit einer Modernisierung gem. § 555 Nr. 1 bis 5 BGB oder der Anpassung an den Stand der Technik verbunden sein. 73a Mit dem Verbot der Beeinträchtigung der Eigenart der Wohnanlage wird das Vertrauen des

Erwerbers auf den wesentlichen inneren und äußeren Bestand der Eigentumsanlage geschützt. Die Umgestaltung der Wohnanlage ist auch der (qualifizierten) Mehrheitsmacht nicht gestattet. Der Gesetzgeber wollte Anbauten, Wintergärten, eine Aufstockung, Luxussanierungen548, den Ausbau eines bisher nicht zu Wohnzwecken genutzten Speichers als Wohnung, die Umwandlung einer Grünfläche in einen Parkplatz oder den Abriss von Gebäudeteilen ausschließen. Die Eigenart der Wohnanlage wird geändert, wenn einzelne Balkone an der Front eines Hauses angebracht werden oder wenn beim Bau von Dachgauben zu einer vorhandenen Dachgeschosswohnung die Symmetrie des Hauses nicht eingehalten wird, wenn also der optische Gesamteindruck nachteilig verändert wird. Angesichts der gesetzgeberischen Intention und den qualifizierten Erfordernissen darf hier aber nicht der strenge Maßstab gelten, wie er für den Nachteil bei einfachen baulichen Veränderungen gilt (vgl. Rz. 30 ff.). Die Instanzge-

545 Dagegen zutreffend Becker in Bärmann, § 27 WEG Rz. 50a, soweit der Verwalter solche Pflichten nicht vertraglich übernommen hat. 546 Dafür LG Mönchengladbach v. 29.9.2006 – 5 T 51/06, ZMR 2007, 402 auch zum Problem des Mitverschuldens; dagegen AG Oberhausen v. 7.5.2013 – 34 C 79/12, ZMR 2013, 669 in der unzutreffenden Annahme eines Verstoßes gegen § 5 Abs. 2 Nr. 3 RDG, vgl. Becker in Bärmann, § 27 WEG Rz. 50a; Dötsch, ZWE 2015, 79; Schraufstetter, ZWE 2015, 113: J.-H. Schmidt, ZWE 2014, 440. 547 LG Koblenz v. 26.5.2009 – 2 S 52/08, BauR 2009, 1341 = ZWE 2009, 282. 548 AG Brandenburg v. 31.8.2018 – 31 C 298/17, Juris, verneint für den Anbau eines Fahrstuhls.

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III. Privilegierte Modernisierungsmaßnahmen, § 22 Abs. 2 WEG | Rz. 74 § 22

richte sind über Einzelfallentscheidungen nicht zu einer für die Verwaltungspraxis vorhersehbaren Präzisierung gelangt.549 Wann eine unbillige Benachteiligung eines oder mehrerer Wohnungseigentümer vorliegt, ist 74 nicht allein nach objektiven, sondern auch nach subjektiven, das heißt personenbezogenen Gesichtspunkten unter Gewichtung aller Umstände des Einzelfalls zu bewerten. Dies ergibt sich zunächst aus der Gesetzesentstehung: Maßnahmen gem. § 22 Abs. 2 S. 1 WEG dürfen keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen. Diese Formulierung geht auf den Rechtsausschuss550 zurück, der eine Abänderung des ursprünglichen Entwurfs empfahl, in dem mit der Formulierung „erhebliche Beeinträchtigung“ eine Abgrenzung von § 22 Abs. 1 S. 1 WEG i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG angestrebt war.551 Die Änderung sollte nach dem Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN finanziell schwächere Wohnungseigentümer vor unbilligen, d.h. für den Einzelnen nicht oder nur unter unzumutbaren Einschränkungen der Lebensführung, und damit nicht hinnehmbaren Belastungen oder gar vor dem finanziellen Ruin bewahren.552 Nach dem Verständnis der Ausschussmehrheit bedeutet die neue Formulierung, dass ein Wohnungseigentümer einer Maßnahme nicht mit Erfolg widersprechen können soll, wenn diese sinnvoll ist und er gegenüber anderen nicht unbillig benachteiligt wird; damit soll das Erfordernis einer angemessenen Gewichtung aller Umstände des Einzelfalles – objektiver und subjektiver – geregelt werden.553 Die Systematik des § 22 WEG verbietet es, hier den Maßstab der §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG heranzuziehen, sondern gemeint ist ein erheblich restriktiverer Maßstab,554 der sich allerdings bisher einer griffigen und brauchbaren Formulierung oder auch nur Typologie entzogen hat. Soweit hier bis zur 3. Auflage die Heranziehung der früheren Rechtsprechung555 zu den Grenzen einer baulichen Veränderung aufgrund einer Öffnungsklausel vorgeschlagen worden ist, muss dieser Bezugspunkt heute als überholt angesehen werden, denn die Rechtsprechung des BGH556 stellt für Öffnungsklauseln nach der Reform des Wohnungseigentumsrechts darauf ab, dass sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Änderung nicht willkürlich sein dürfen, um der vom Gesetzgeber intendierten Erweiterung des Gestaltungsspielraums Rechnung zu tragen (vgl. Rz. 42).

549 Unzulässig etwa die Aufstockung eines Hauses in einer Reihenhausanlage um ein Vollgeschoss vgl. LG Hamburg v. 16.12.2009 – 318 S 49/09, ZMR 2010, 550; der Anbau von Balkonen LG Lüneburg v. 31.5.2011 – 9 S 75/10, ZMR 2011, 830; die Errichtung von Wintergärten auf Balkonflächen oder von Außenaufzügen; vgl. AG Konstanz v. 13.3.2008 – 12 C 17/07, ZMR 2008, 494; der Außenfahrstuhl direkt vor dem Wohnzimmerfenster, vgl. AG Ahrensburg v. 2.4.2014 – 37 C 23/13, ZMR 2014, 925 (926); zulässig der Einbau einer „Faltfensterfront“, vgl. LG Hamburg v. 31.8.2012 – 318 S 8/12, ZMR 2013, 63 f.; die Errichtung von kleinen Treppen von Balkonen im Erdgeschoss zum Garten, vgl. AG Hannover v. 2.10.2007 – 484 C 9807/07, ZMR 2008, 250; oder sogar der Anbau eines weiteren Balkons, wenn dieser in gleicher Art und Größe wie vorhandene Balkone ausgeführt wird, vgl. AG Konstanz v. 25.10.2007 – 12 C 10/07, NJW 2007, 3728; AG Hannover v. 26.10.2010 – 483 C 3145/10, ZfIR 2010, 850. 550 BT-Drucks. 16/3843, 8. 551 BT-Drucks. 16/887, 30 f. 552 BT-Drucks. 16/3843, 22. 553 BT-Drucks. 16/3843, 26. 554 Merle in Bärmann, § 22 WEG Rz. 354; zu eng: AG Hannover v. 1.20.2007 – 484 C 9807/07, ZMR 2008, 251; AG Konstanz v. 25.10.2007 – 12 C 10/07, NJW 2007, 3728. 555 BGH v. 27.6.1985 – VII ZB 21/84, BGHZ 95, 137 (143) = MDR 1986, 138; BayObLG v. 21.11.1989 – BReg. 2 Z 123/89, BayObLGZ 1989, 437 = NJW-RR 1990, 209; v. 27.4.2001 – 2Z BR 70/00, ZMR 2001, 829; KG v. 21.12.1998 – 24 W 5948/88, OLGZ 1989, 174 = NJW-RR 1989, 329; v. 28.7.1999 – 24 W 1542/99, NZM 2000, 348; OLG Düsseldorf v. 27.3.2000 – 3 Wx 53/00, NZM 2001, 392; OLG Hamburg v. 14.3.2001 – 2 Wx 103/98, ZMR 2001, 651 f. 556 BGH v. 1.4.2011 – V ZR 162/10 – Rz. 8 f., NJW 2011, 2202; v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971; v. 16.9.2011 – V ZR 3/11 – Rz. 8, NJW-RR 2011, 1646; dazu Bonifacio, MietRB 2012, 26 (28).

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§ 22 Rz. 74a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau 74a Die Auswirkungen müssen in der Sache und in der Person des betroffenen Wohnungseigen-

tümers im Vergleich zu den übrigen Wohnungseigentümern von so erheblichem Gewicht sein, dass sie für den Betroffenen zu einer erheblichen Belastung führen. Die Vorschrift lässt also nicht zu, dass einzelnen Wohnungseigentümern „Sonderopfer“ abverlangt werden, die gegenüber anderen, im Hinblick auf die Belastung vergleichbaren Wohnungseigentümern zu einer (willkürlichen) Ungleichbehandlung führen würde. Umstände, die zwangsläufig mit Modernisierungen verbunden sind, reichen für sich allein zur Annahme einer Beeinträchtigung nicht aus. Denn technische Anpassungen sind in der Regel mit höherem Wartungsaufwand oder einer größeren Reparaturanfälligkeit verbunden. Auch die Kosten der Maßnahme können nur im Ausnahmefall als erhebliche Beeinträchtigung angesehen werden, nämlich dann, wenn sie das Maß der Aufwendungen übersteigen, die erforderlich sind, das gemeinschaftliche Eigentum in einen allgemein üblichen Zustand zu versetzen. Mit Maßnahmen in diesem Umfang muss nunmehr jeder Wohnungseigentümer rechnen und entsprechend finanzielle Vorsorge treffen. Soweit die Gesetzesmaterialien eine erhebliche Beeinträchtigung annehmen, wenn ein Wohnungseigentümer wegen der Kosten von Modernisierungsmaßnahmen gezwungen würde, sein Wohnungseigentum zu veräußern, ist seine Schutzbedürftigkeit für jeden Einzelfall unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte: Unterhaltungsaufwand in der Vergangenheit, Bildung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage, Verhältnis von Kostenanteil und Wert des Wohnungseigentums abzuwägen. Denn wer in der Vergangenheit Aufwendungen „erspart“ hat, muss mit höheren Investitionskosten rechnen. 74b Diese Erwägungen zeigen auch, dass – abgeleitet aus dem allgemeinen Anspruch auf ordnungs-

gemäße Verwaltung gem. § 21 Abs. 4 WEG – als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal bei der Beschlussfassung gem. § 22 Abs. 2 WEG die Frage der Finanzierung der Maßnahme geklärt sein muss.557 Zur ermessenfehlerfreien Entscheidung über die Modernisierung gehört bei den grundsätzlich kostenträchtigen Maßnahmen eine ausdrückliche Regelung, wie die mit der Durchführung der Modernisierung verbundenen Maßnahmen finanziert werden; diese schon bei der modernisierenden Instandsetzung zu beachtende Einschränkung558 muss bei der Modernisierung erst recht gelten. d) Sonstige Voraussetzungen

74c Die Wohnungseigentümer müssen bei der Entscheidung über das Ob und Wie von Moder-

nisierungen neben den schließlich die allgemeinen Voraussetzungen jeder Beschlussfassung, insbesondere an den richtigen Ermessensgebrauch beachten. Dazu gehört insbesondere, dass die Entscheidung eine hinreichend geklärte Entscheidungsgrundlage erfordert, die durch geeignete Maßnahmen – Gutachten oder Vergleichsangebote – geschaffen werden muss (vgl. zu den Einzelheiten § 21 Rz. 75 ff.). Zudem sind die Bestimmtheitserfordernisse zu beachten, die Eigentümerbeschlüsse jedenfalls anfechtbar machen.559

4. Aufhebung von Modernisierungsbeschlüssen 75 Sollen Beschlüsse über Modernisierungen gem. § 22 Abs. 2 WEG wieder aufgehoben werden,

etwa weil die Ausführung wegen unvorhersehbarer Kosten aufgegeben wird, bedarf dieser ab557 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14 – Rz. 17, MDR 2015, 16. 558 Vgl. LG Hamburg v. 28.3.2012 – 318 S 17/11, ZMR 2012, 654; LG Hamburg v. 15.2.2013 – 318 S 119/11, ZMR 2012, 474 (476); LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 87/12, ZMR 2013, 654 f.; zum Ermessen bei einer Kreditfinanzierung BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, MDR 2015, 1355 (vgl. § 10 Rz. 162). 559 Vgl. AG Schwerin v. 15.7.2016 – 14 C 436/15, ZMR 2016, 916, für die Montage einer Fahrradlaufschiene.

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IV. Modernisierende Instandsetzung, § 22 Abs. 3 WEG | Rz. 76 § 22

ändernde Zweitbeschluss nicht der qualifizierten Mehrheit, sondern die einfache Mehrheit reicht in formeller Hinsicht aus.560 Dies gilt aber nur, soweit es um die Aufgabe der beschlossenen, aber noch nicht ausgeführten Modernisierung geht; dann hat nämlich der Beschluss selbst keine bauliche Veränderung zum Gegenstand.561 Ein Beschluss über die Änderung der bereits beschlossenen Sanierung bedarf dagegen im Hinblick auf den gesetzlich intendierten Minderheitenschutz wiederum der qualifizierten Mehrheit. In allen Fällen gelten materiellrechtlich bei der Prüfung der Frage, ob der Zweitbeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, die für abändernde Zweitbeschlüsse allgemein entwickelten Grundsätze, insbesondere hinsichtlich des Vertrauensschutzes (vgl. zu den Einzelheiten § 23 Rz. 82).

IV. Modernisierende Instandsetzung, § 22 Abs. 3 WEG Die durch die Reform des Wohnungseigentumsrechts zum 1.7.2007 eingefügte Regelung stellt 76 vor dem Hintergrund der Modernisierung gem. § 22 Abs. 2 WEG ausdrücklich klar, dass es hinsichtlich der „modernisierenden Instandsetzung“ des Gemeinschaftseigentums bei der bisherigen Rechtslage bleiben soll. Damit wird unter Verzicht auf eine Legaldefinition die bestehende obergerichtliche Rechtsprechung zu den Grenzen der einer Regelung durch Mehrheitsbeschluss zugänglichen Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung (vgl. zu den Einzelheiten § 21 Rz. 70 ff.), auf die der einzelne Wohnungseigentümer gegen die übrigen Wohnungseigentümer562 in den Grenzen ordnungsgemäßen Ermessens563 einen Anspruch gem. § 21 Abs. 4 WEG hat,564 dessen Verletzung zu Schadensersatzansprüchen führen kann,565 und bei dem es keine Opfergrenze für finanzschwache Wohnungseigentümer gibt,566 nach dem Willen des Gesetzgebers festgeschrieben (vgl. schon Rz. 9, 62), insb. das Erfordernis eines aktuell bestehenden Sanierungsbedarfs.567 Bei der Ausübung dieses Ermessens ist insbesondere die finanzielle Situation der Wohnungseigentümergemeinschaft und ihrer Mitglieder zu bedenken. Denn mit der Sanierungsentscheidung muss die Finanzierung geklärt sein.568 Weil danach im Falle eines Instandsetzungsbedarfs von einigem Gewicht Maßnahmen zulässig bleiben sollen, die nicht nur den früheren Zustand wiederherstellen, sondern unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts über eine bloße Reparatur hinausgehen, wäre eine Einschränkung der in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen der modernisierenden Instandsetzung unter Verweis auf die Regelung des § 22 Abs. 2 WEG verfehlt. Deren Bedeutung liegt danach insgesamt bei Maßnahmen der Verbesserung ohne konkreten Anlass569. Beispiele zur modernisierenden Instandsetzung finden sich im Anhang (vgl. Rz. 84 ff.) geordnet nach den tatsächlichen Problemschwerpunkten der Praxis.

560 Häublein, ZMR 2009, 424 ff.; zutreffend anders für die Regelung des § 12 Abs. 4 WEG § 12 Rz. 41 ff.; OLG München v. 4.4.2014 – 34 WX 62/14, NZM 2014, 523. 561 J.-H. Schmidt in Bärmann/Seuss, § 12 Rz. 194; vgl. schon OLG Köln v. 1.2.2002 – 16 Wx 10/02. NZM 2002, 454. 562 AG Oberhausen v. 14.5.2013 – 34 C 9/13, ZMR 2013, 999. 563 Exemplarisch LG Hamburg v. 10.4.2013 – 318 S 91/12, ZMR 2013, 922; zum Anspruch auf eine grundsätzlich den DIN-Normen entsprechende Sanierung vgl. BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, MDR 2013, 961. 564 Kehrseite der Erweiterung des zulässigen modernisierenden Gebäudeunterhalts ist die Ausweitung der Kostenlast auch auf solche Maßnahmen. 565 Vgl. § 21 WEG Abs. 4; s.a. BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17, MDR 2018, 921; BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17, MDR 2018, 1111. 566 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, MDR 2015, 15; ebenso AG Stuttgart v. 9.2.2018 – 67 C 3653/17 WEG, WuM 2018, 233 (234). 567 LG Saarbrücken v. 28.3.2013 – 5 S 182/12, ZWE 2013, 421. 568 BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14 – Rz. 17, MDR 2015, 16. 569 Zur Fenstersanierung LG Itzehoe v. 19.1.2016 – 11 S 61/14, ZMR 2016, 565.

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§ 22 Rz. 76a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau 76a § 22 Abs. 3 WEG findet auf bauliche Veränderungen des Sondereigentums in der Weise ent-

sprechende Anwendung, dass unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 WEG die Wohnungseigentümer solche Maßnahmen am Sondereigentum durch Mehrheitsbeschluss genehmigen können, die durch ihre Ausstrahlung auf das Gemeinschaftseigentum, insbesondere hinsichtlich des optischen Gesamteindrucks der Wohnungseigentumsanlage, zu erheblichen Nachteilen im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG führen.570

V. Wiederaufbaupflicht, stecken gebliebener Bau, § 22 Abs. 4 WEG 77 Die Regelung erfasst zwei Fragestellungen, nämlich das Recht und die Pflicht zum Wiederauf-

bau, wenn das Gebäude zerstört worden ist, aber auch die gemeinsame Vollendung durch die Erwerber, wenn z.B. wegen der Insolvenz des Bauträgers schon die Ersterrichtung des Gebäudes stecken geblieben ist (vgl. § 11 Rz. 29 ff.). Nicht erfasst werden Fälle einer unzureichenden Instandhaltung oder Instandsetzung, die durch § 21 Abs. 4 und Abs. 5 Nr. 2 WEG nach dem Wortlaut der Vorschrift, der gesetzlichen Systematik und Sinn und Zweck der verschiedenen Vorschriften abschließend geregelt werden; für diese Fälle lässt sich aus § 22 Abs. 4 WEG keine Opfergrenze ableiten.571 Die Regelung des § 22 Abs. 4 WEG ist grundsätzlich abdingbar,572 wobei aber die Regelung des § 11 Abs. 1 S. 3 WEG (vgl. § 11 Rz. 28) zu beachten ist.

1. Wiederaufbaupflicht 78 § 22 Abs. 4 WEG regelt zunächst den Wiederaufbau, wenn das Gebäude – gleich aus wel-

chem außerhalb des Gebäudeunterhalts durch die Wohnungseigentümergemeinschaft liegenden Grund – zerstört worden ist. Grundsätzlich sind die Eigentümer verpflichtet, Beschädigungen am gemeinschaftlichen Eigentum durch Maßnahmen der Instandsetzung zu beheben. Die Entscheidung erfolgt durch Mehrheitsbeschluss, § 21 Abs. 3 WEG; ein eigenmächtiger Wiederaufbau durch die einzelnen Wohnungseigentümer ist nicht zulässig.573 Durch Mehrheitsbeschluss darf nicht eine teilweise Wiederherstellung angeordnet werden, wenn dies zu einer faktischen Teilauflösung führen würde.574 Die generelle Pflicht zum Erhalt und auch zum Wiederaufbau findet ihren Grund in dem Vertrauen aller Eigentümer in den Fortbestand ihrer Investition in das Objekt, wie es auch in der grundsätzlichen Unauflöslichkeit der Gemeinschaft, § 11 WEG, zum Ausdruck kommt. Von der Pflicht zur Unterhaltung des Gebäudes und zum Wiederaufbau, § 21 Abs. 3 WEG, und von dem korrespondierenden Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers, § 21 Abs. 4 WEG, sieht die Vorschrift eine Ausnahme für den Fall vor, dass das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt ist.575

570 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 49/16, Rz. 19, MDR 2017, 696; BGH v. 20.7.2018 – V ZR 56/17 – Rz. 29, MDR 2016, 1366. 571 Dötsch, ZfIR 2018, 577 (582); Karkmann in BeckOGK, Stand: 1.12.2018, WEG § 22 Rz. 203; Lehmann-Richter in Staudinger in Staudinger (2018), § 22 WEG Rz. 14; vgl. zum Fehlen einer individuellen Opfergrenze BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14 – Rz. 12 ff., MDR 2015, 16; BGH v. 4.5.2018 – V ZR 203/17 – Rz. 22, MDR 2018, 921; AG Stuttgart v. 9.2.2018 – 67 C 3653/17 WEG, WuM 2018, 233; a.A. LG München I v. 15.3.2017 – 1 S 10106/16 WEG, Juris Rz. 31; Buhl, BWNotZ 2013, 130 (133); Hügel/Elzer, § 22 WEG Rz. 133; Niedenführ/Vandenhouten § 22 WEG Rz. 214. 572 BayObLG v. 19.10.1995 – 2Z BR 110/95, ZMR 1996, 98 (100); KG v. 20.6.1997 – 24 W 9042/96, KGR Berlin 1997, 207. 573 Vgl. OLG Hamm v. 15.8.2013 – 15 W 105/12, NZM 2014, 248. 574 AG Nürnberg v. 3.8.2016 – 25 C 5438/17 EVWEG, ZMR 2017, 202. 575 BayObLG v. 19.10.1995 – 2Z BR 110/95, ZMR 1996, 98.

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V. Wiederaufbaupflicht, stecken gebliebener Bau, § 22 Abs. 4 WEG | Rz. 81 § 22

Wenn wegen des Grades der Zerstörung und fehlender Ersatzmöglichkeiten der Wiederauf- 79 bau nicht verlangt werden kann, ist unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 WEG576 die Aufhebung der Wohnungseigentümergemeinschaft möglich. Auch die Zerstörung des Gebäudes führt also grundsätzlich nicht zur Auflösung der Gemeinschaft. Wenn eine Einigung, dass Grundstück in der Folge sinnvoll zu nutzen, nicht erreicht wird, kommt ein Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft aus dem Gedanken der §§ 242, 313 BGB in Betracht.577 Die Vorschrift des § 22 Abs. 4 WEG ist abdingbar; durch eine Verminderung oder Erhöhung 80 der Voraussetzungen der Pflicht zum Wiederaufbau können mittelbar auch die Voraussetzungen für die Aufhebung der Wohnungseigentümergemeinschaft gem. § 11 Abs. 1 S. 3 WEG verändert werden.578 Der Regelung durch Mehrheitsbeschluss ist es wegen eines Verstoßes gegen § 21 Abs. 4 und 5 WEG nicht zugänglich, die Wiederaufbaupflicht auf den Fall einer Kostendeckung durch Versicherungs- oder Entschädigungsleistungen zu beschränken.579 Die Verpflichtung des Wohnungseigentümers zur Wiederherstellung kann nicht auf den Berechtigten eines Wohnungsrechts abgewälzt werden.580 a) Umfang der Zerstörung Bei der Bewertung der Zerstörung sind der Gebäudewert einschließlich der Nebenräume vor 81 und der Restwert nach der Zerstörung gegenüberzustellen.581 Bei Mehrhausanlagen gilt ebenfalls, soweit nichts anderes vereinbart ist,582 dass der Wert der Gesamtanlage auch bei der Zerstörung nur eines Hauses zu betrachten ist, denn bei der Zerstörung nur eines Hauses sind alle Wohnungseigentümer zur Wiederherstellung ebenso wie bei einer Instandsetzung verpflichtet;583 andernfalls könnte es entgegen § 11 WEG zu einer unzulässigen Teilauflösung der WEG kommen.584 In jedem Fall bleibt der Grundstückswert bei der Wertbetrachtung außer Ansatz, wie sich aus dem Wortlaut „Gebäude“ ergibt. Gleiches gilt für Zerstörungen am oder im Sondereigentum, weil Gegenstand der Regelungen der §§ 21 ff. WEG nur die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ist.585 Die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang der einzelne Wohnungseigentümer im Falle der Zerstörung seines Sondereigentums von der Wohnungseigentümergemeinschaft, den übrigen Wohnungseigentümern

576 577 578 579 580 581 582

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Vgl. Buhl, BwNotZ 2013, 130 (132). Hügel/Elzer, § 14 WEG Rz. 135. M. J. Schmid, ZfIR 2011, 809 f. BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367. OLG Hamm v. 15.8.2013 – 15 W 105/12, NZM 2014, 248. KG v. 20.6.1997 – 24 W 9042/96, ZMR 1997, 534; OLG Schleswig v. 6.8.1997 – 2 W 89/97, NJWRR 1998, 15. Eine solche Vereinbarung kann ausdrücklich für den Fall der Zerstörung getroffen sein oder sich aus der Ausgestaltung des Kostenverteilungsschlüssels (Bildung von wirtschaftlich selbständigen Untergemeinschaften) ergeben. Die Aufhebung der Untergemeinschaft darf aber nicht entgegen § 11 Abs. 1 WEG zu einer Teilaufhebung der (Gesamt-)WEG führen (vgl. § 11 Rz. 29 ff.). Zu Gestaltungsmöglichkeiten Elzer in Bayer/Koch, Offene Fragen des Wohnungseigentumsrechts und deren Bedeutung für die notarielle Praxis, 2018, S. 133 (155); Grüner in Hügel/Scheel, § 13 Rz. 120. Drabek in Riecke/Schmid, § 22 WEG Rz. 163, Hügel/Elzer, § 22 WEG Rz. 132; Lehmann-Richter in Staudinger (2018), § 22 WEG Rz. 144; a.A.Elzer in: Bayer/Koch, Offene Fragen des Wohnungseigentumsrechts und deren Bedeutung für die notarielle Praxis, 2018, S. 133 (155); J.-H. Schmidt in Bärmann/Seuss, 5. Aufl., §12 Rz. 225: Niedenführ/Vandenhouten, § 22 WEG Rz. 212. Vgl. AG Nürnberg v. 3.8.2016 – 25 C 5438/17 EVWEG, ZMR 2017, 202. Lüke in Weitnauer, § 22 WEG Rz. 25; i.E. Buhl, BwNotZ 2013, 130 (133); a.A. Merle in Bärmann, § 22 WEG Rz. 374; Schäuble in Soergel, § 22 WEG Rz. 26.

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§ 22 Rz. 81 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau oder dem Verwalter Ersatz verlangen kann, ist nach allgemeinen Vorschriften zu beurteilen, aber ohne Bedeutung für die durch § 22 Abs. 4 WEG geregelte Wiederaufbaupflicht. b) Keine anderweitige Deckung 82 Auch bei einem Zerstörungsgrad von mehr als der Hälfte besteht eine Wiederaufbaupflicht,

wenn die Kosten des Wiederaufbaus – der Schaden – durch eine Versicherung586 oder in sonstiger Weise gedeckt sind. Die Feuerversicherung ist durch § 21 Abs. 5 Nr. 3 WEG vorgesehen; „in sonstiger Weise“ meint neben Ansprüchen gegen (haftpflichtversicherte) Dritte, wie den Nachbarn aus § 906 Abs. 2 BGB587, auch die Instandhaltungsrücklage588. Nach dem Sinn und Zweck der Norm ist es nicht erforderlich, dass der Schaden vollständig abgedeckt ist. Vielmehr reicht es zum Schutz der einzelnen Wohnungseigentümer vor übermäßigen Kostenbelastungen aus, dass durch die Ersatzleistung bei den Eigentümern nicht mehr als die Hälfte der Kosten für den Wiederaufbau des Gemeinschaftseigentums verbleibt.589 Deshalb kann ein einzelner Miteigentümer durch entsprechende Zahlungen bis zu dieser Grenze die übrigen Miteigentümer zum Wiederaufbau unter Kostenbeteiligung an den nicht gedeckten Kosten zwingen. Bei der Betrachtung der Ersatzansprüche bleiben allerdings Zahlungsansprüche ohne Realisierungschance außer Betracht.

2. Stecken gebliebener Bau 83 Auf den Fall der unvollendeten Ersterstellung ist § 22 Abs. 4 WEG entsprechend anzuwen-

den,590 soweit bereits eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. § 10 Rz. 96 ff.) besteht. Ein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums besteht deshalb nur dann, wenn das Gebäude bereits weitgehend, also jedenfalls zu mehr als der Hälfte seines endgültigen Wertes, fertig gestellt ist.591 Die Erstherstellung des Sondereigentums obliegt jedem Miteigentümer selbst. Bei der Verteilung der noch aufzubringenden Finanzierungskosten zwischen den Wohnungseigentümern sind die – möglicherweise unterschiedlichen – Zahlungen der Erwerber an den Bauträger/Errichter zu berücksichtigen, falls sie nachweislich in den Bau eingegangen sind.592

586 Zur Gebäudeversicherung der Wohnungseigentümergemeinschaft als Versicherung auf fremde Rechnung vgl. BGH v. 16.9.2016 – V ZR 29/16, MDR 2016, 1333; s.a. Dötsch, NZM 2018, 353. 587 Vgl. BGH v. 9.2.2018 – V ZR 311/16, MDR 2018, 467. 588 Lehmann-Richter in Staudinger BGB, (2018), § 22 WEG Rz. 145; Hügel/Elzer, § 22 WEG Rz. 134; a.A. noch Bub in Staudinger BGB, (2005), § 22 WEG Rz. 268; vgl. a. Dötsch, ZfIR 2018, 577 (586 f.) zu Ansprüchen wegen Verletzung der Instandhaltungspflicht als anderweitige Deckung. 589 Hügel/Elzer, § 22 WEG Rz. 134. 590 Vgl. BayObLG v. 10.2.1998 – 2Z BR 172/97, NZM 1998, 520 = ZMR 1998, 363; v. 24.2.2000 – 2Z BR 173/99, ZWE 2000, 214; v. 20.11.2002 – 2Z BR 144/01, NZM 2003, 66; OLG Frankfurt v. 15.11.1993 – 20 W 208/92, WuM 1994, 36; a.A. OLG Hamm v. 6.2.1978 – 15 W 345 f.; Ott, NZM 2003, 134 (136); Merle in Bärmann, § 22 WEG Rz. 394; Rix, Der steckengebliebene Bau, Düsseldorf 1991, 48 ff.; Lehmann-Richter in Staudinger BGB, (2018), § 22 WEG Rz. 147; zur Begrenzung der Wiederaufbaupflicht bei Mehrhausanlagen vgl. Rz. 81). 591 Vgl. OLG Dresden v. 5.6.2008 – 3 W 231/08, ZMR 2008, 812. 592 OLG Karlsruhe v. 8.3.1972 – 11 W 98/78, NJW 1981, 466 f.; OLG Hamburg v. 17.4.1990 – 2 Wx 32/90, OLGZ 1990, 308; offengelassen in OLG Frankfurt v. 15.3.1991 – 20 W 114/90, ZMR 1991, 272; a.A. OLG Hamm v. 16.3.1984 – 15 W 266/83, OLGZ 1984, 278 = NJW 1984, 2708; LG Bonn v. 2.7.1984 – 5 T 46/84, ZMR 1985, 63 f.; Hügel/Elzer, § 22 Rz. 139.

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VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 84a § 22

VI. Anhang: Einzelfälle 1. Einleitung Fast alle Fragen der baulichen Veränderung, ob zu zumutbaren Nachteilen oder zur moder- 84 nisierenden Instandsetzung, sind in der einen oder anderen Weise bereits Gegenstand obergerichtlicher Entscheidungen gewesen. Diese Entscheidungen aufzufinden, ist unter Verwendung moderner Datenbanken unproblematisch. Ziel der folgenden Sammlung ist es daher nur, einen schnellen Zugriff auf die in bestimmten „klassischen“ Situationen zu bedenkenden Argumente zu ermöglichen, nicht Vollständigkeit. Jeder Einzelfall mit seinen Besonderheiten mag abweichende Überlegungen rechtfertigen und Argumente ermöglichen; auch die vermeintliche Leitentscheidung ist zu einem anderen, meist nur gekürzt mitgeteilten Sachverhalt ergangen. Wenn die Rechtsprechung bisher unter der mahnenden Aufsicht des Bundesverfassungsgerichts593 zu einem engen Verständnis des Nachteilsbegriffs (vgl. Rz. 30 ff.) tendiert, zum Leid dessen, der ändern möchte, zur Freude dessen, der gegen eine Veränderung ist, so wollte der Gesetzgeber der WEG-Reform diesen Kurs durch die Reform des Wohnungseigentumsrechts bestätigen, indem er in § 22 Abs. 2 WEG, der einzigen inhaltlichen Neuregelung bei der Neufassung des § 22 WEG, Entscheidungen der qualifizierten Mehrheitsmacht nur zur Verfolgung ausgewählter Ziele zugelassen hat. Allerdings gibt es Anhaltspunkte, dass der BGH tendenziell dem einzelnen Wohnungseigentümer eine Selbstverwirklichung in größerem Umfang ermöglichen will.594 Das zeigt sich etwa bei den für die Bewertung von Veränderungen der äußeren Gestaltung der Wohnungseigentumsanlage vorgegeben Prüfmaßstäben (vgl. Rz. 30), ebenso bei den Anforderungen an den Schallschutz bei Sanierungen im Sondereigentum (vgl. Rz. 105b) und aktuell595 in dem Hinweis, dass der im Einzelfall festgestellte Nachteil unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Wohnanlage über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehen muss, wobei auch das besondere, mit der Baumaßnahme verfolgte Interesse in die Abwägung einzustellen ist. Dabei wirkt sich in der neueren Rechtsprechung in besonderer Weise der Übergang vom 84a WEG-Verfahren mit dem Amtsermittlungsgrundsatz zum ZPO-Verfahren mit dem Beibringungsgrundsatz aus.596 Soweit die Geltendmachung verschiedener Ansprüche und das Vorliegen verschiedener Streitgegenstände in Betracht kommen, müssen diese durch verschiedene Klageanträge zum Prozessgegenstand gemacht werden.597 Die Entscheidung des Gerichts hängt gerade bei vorzunehmenden Abwägungen in besonderem Maße davon ab, welche Gesichtspunkte von den Parteien etwa für die Nachteiligkeit einer Maßnahme oder auch für die eigenen Grundrechtspositionen geltend gemacht werden. Wenn zum Beispiel eine Partei gegen die Anbringung einer Parabolantenne nur nachteilige Auswirkungen für die Statik vorträgt, nicht aber die nachteilige Auswirkung auf die äußere Gestaltung des Gebäudes, wird das Gericht seine Prüfung auf die Frage der Statik beschränken. Wenn ein Wohnungseigentümer für die Errichtung einer Parabolantenne anführt, nur über Satellitenempfang könne er Programme in seiner Heimatsprache empfangen, wird das Gericht nicht von Amts wegen er593 BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, NZM 2005, 182; BayObLG v. 30.1.2003 – 2Z BR 121/02, ZMR 2003, 514. 594 BGH v. 18.2.2011 – V ZR 82/10, MDR 2011, 475 zu § 22 Abs. 2 WEG; v. 8.4.2010 – V ZR 210/10, MDR 2011, 778 zur Videokamera im Klingelbrett; v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, NJW 2011, 2958 zur Zuordnung von Teilen der Heizungsanlage zum Sondereigentum; v. 21.10.2011 – V ZR 265/10, WuM 2012, 48 zu den Grenzen der Videoüberwachung; s.a. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499; v. 12.11.2010 – V ZR 78/10, ZMR 2011, 396 zur Vermietung an wechselnde Feriengäste als zulässige Wohnnutzung. 595 BGH v. 20.07.2018 – V ZR 56/17, Rz. 28 a.E., MDR 2018, 1366. 596 Vgl. Dötsch/Hogenschurz, NZM 2010, 297. 597 Vgl. zur Geltendmachung von Rückbau- und Unterlassungsansprüchen LG Hamburg v. 1.3.2017 – 318 S 62/16, ZMR 2017, 324.

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§ 22 Rz. 84a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau mitteln, ob ein Empfang auch in anderer Weise (Internet usw.) zumutbar möglich ist. Wenn etwa der BGH598 bei der Bewertung der Eigentumsverhältnisse an der Zentralheizungsanlage bestimmte technische Annahmen zu Grunde legt, ist deren Grundlage der in den Tatsacheninstanzen auf der Grundlage des Parteivorbringens festgestellte Sachverhalt, der nicht (in jedem Fall) der Wirklichkeit entsprechen muss. Aus alldem folgt somit, dass die Anforderungen an den Parteivortrag gestiegen sind; damit wird zugleich der Wert der folgenden Rechtsprechungsübersicht belegt, die Anregungen zu erheblichen Gesichtspunkten geben kann. 84b Gerade soweit in der Vergangenheit Änderungen des optischen Gesamteindrucks der Woh-

nungseigentumsanlage Gegenstand von Entscheidungen gewesen sind, werden diese häufig nicht unter Beachtung des in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs599 entwickelten Prüfungsmaßstabs (vgl. Rz. 3a, 32) ergangen und deshalb weitgehend überholt sein. 85 Bei den folgenden Stichworten werden nur soweit problematisch die Fragen angesprochen,

aus welchen Gesichtspunkten eine bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG vorliegt, warum sie für andere Wohnungseigentümer nachteilig i.S.d. §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG sein kann und warum sie als modernisierende Instandsetzung gem. § 22 Abs. 3 WEG oder als Modernisierung gem. § 22 Abs. 2 WEG aufgrund eines (qualifizierten) Mehrheitsbeschlusses als zulässig oder unzulässig erachtet worden ist.

2. Einzelfälle (nach Sachgruppen in alphabetischer Ordnung) 86 – Die Anbringung einer Antenne (Fernsehantenne, Amateurfunkantenne usw.; für Para-

bolantennen vgl. Rz. 100) ist regelmäßig mit nachteiligen Eingriffen in die Bausubstanz (Einbau von Antennenkabel, Eingriff in die Dachhaut, Sturmanfälligkeit, Störung des terrestrischen Rundfunk- und Fernsehempfangs usw.) und der äußeren Gestaltung600 verbunden.601 Hinzu kommt die aus den Befürchtungen in weiten Teilen der Bevölkerung aufgrund des allgemeinkundigen wissenschaftlichen Streits um die von Mobilfunksendeanlagen ausgehenden Gefahren resultierende Minderung des Miet- und Verkaufswerts von Eigentumswohnungen.602 Die Genehmigung der Errichtung von Funkantennen in der Teilungserklärung erfasst nicht auch die Errichtung von Mobilfunkantennenanlagen.603 Die Freistellung von der Zustimmungspflicht des § 22 Abs. 1 WEG bei Antennen schließt Unterlassungsansprüche wegen möglicher schädlicher Auswirkungen beim Betrieb einer Mobilfunksendeanlage nicht aus.604 Die Einhaltung der Grenzwerte des § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB indiziert wegen der aus dem Gemeinschaftsverhältnis abzuleitenden besonderen Rücksichtnahmepflicht anders als im Mietrecht605 oder im Verhältnis von Grundstücksnachbarn606

598 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10 – Rz. 15, NJW 2011, 2958 = ZfIR 2011, 833 mit abl. Anm. Rüscher = ZMR 2011, 971 mit abl. Anm. Jennißen; s.a. M. J. Schmid, MDR 2011, 1081. 599 BGH v. 14.12.2012 – V ZR 224/11, MDR 2014, 453, Leitsatz 3; fortgeführt von BGH v. 18.11.2016 – V ZR 49/16, MDR 2017, 696. 600 OLG Saarbrücken v. 12.1.1998 – 5 W 9/97-8, ZMR 1998, 310; vgl. auch OLG Schleswig v. 5.9.2001 – 9 U 103/00, NZM 2001, 1035. 601 BayObLG v. 23.10.1986 – BReg.2 Z 51/86, MDR 1987, 235. 602 BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 12, MDR 2014, 399 unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/7958, 2 ff.; OLG München v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MDR 2007, 711; OLG Karlsruhe v. 12.7.2006 – 1 U 20/06, MDR 2007, 206; LG Frankfurt/Main v. 21.8.2014 – 2-9 S 27/13, ZWE 2015, 217. 603 OLG Hamm v. 3.1.2002 – 15 W 287/01, MDR 2002, 754 = NJW 2002, 1730 mit Anm. Köhler. 604 BayObLG v. 20.3.2002 – 2Z BR 109/01, NZM 2002, 441 = ZMR 2002, 610 mit Anm. Köhler. 605 Vgl. BGH v. 15.3.2006 – VIII ZR 74/05, MDR 2006, 1218. 606 Vgl. BGH v. 13.2.2004 – V ZR 217/03, MDR 2004, 742; OLG Dresden v. 19.3.2013 – 9 U 1265/12, MMR 2013, 475.

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VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 88 § 22

nicht die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigung.607 Ist in der Teilungserklärung der Betrieb „einer“ Funkfeststation gestattet, ergibt die Auslegung nicht die Zulässigkeit des Betriebs einer Mehrzahl solcher Anlagen.608 – Die Anbringung einer Außentreppe etwa vom Balkon in den Garten ist wegen des Sub- 87 stanzeingriffs in das Gemeinschaftseigentum, der nachteiligen optischen Veränderung und der Möglichkeit verstärkter Gartennutzung im Regelfall zustimmungspflichtig,609 soweit nicht ordnungsbehördlich, etwa als Notausgang oder Fluchtweg, aufgegeben. – Bei den Veränderungen am Balkon, Wintergarten oder an der Terrasse stellt sich zu- 88 nächst die Frage, ob es sich um Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum handelt; die Terrasse610 steht als Teil des Grundstücks gem. § 1 Abs. 5 WEG zwingend im Gemeinschaftseigentum, der Balkon kann dem Sondereigentum zugewiesen sein.611 Maßnahmen am Sondereigentum sind an § 14 Nr. 1 WEG zu messen (vgl. Rz. 3, 6). Dabei kann sich ein Nachteil aber auch daraus ergeben, dass die Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erschwert wird.612 Als zustimmungspflichtige bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums sind bewertet worden: die Vergrößerung einer Terrasse in den Garten hinein, auch wenn daran ein Sondernutzungsrecht besteht,613 die Errichtung einer Terrasse,614 der Einbau einer Treppe an einer Böschung,615 die Verglasung einer Loggia,616 die Errichtung eines Glaserkers,617 das Überdachen der Terrasse618 mit einer Pergola619 oder 607 BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 12, MDR 2014, 399; vgl. aber OLG Köln v. 28.2.2002 – 16 Wx 30/02, ZMR 2002, 702 f., wonach von den zum Betrieb des Mobilfunknetzes notwendigen Funkfeststationen ausgehende nachgewiesene erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht ersichtlich sind. 608 BGH v. 30.3.2006 – V ZB 17/06, MDR 2006, 1274. 609 BayObLG v. 21.6.1990 – BReg.1b Z 36/89, WuM 1990, 403: Treppe von einer Loggia in den Garten; KG v. 13.7.1987 – 24 W 1752/87, OLGZ 1987, 410 = NJW-RR 1987, 1360: Verbindung einer Wohnung mit einer Dachterrasse. 610 KG v. 6.1.2015 – 1 W 369/14, MDR 2015, 269; Terrassen sind seitlich nicht umschlossene, ebenerdige Flächen im Gegensatz zu Veranden, Loggien oder Balkonen, vgl. LG Landau v. 15.4.2011 – 3 S 4/11, NZM 2011, 554; zur Sondereigentumsfähigkeit eines allseitig umschlossenen Innenhofs vgl. OLG Hamm v. 5.1.2016 – 15 W 398/15, ZMR 2016, 300 mit abl. Anm. Schneider. 611 OLG München v. 23.9.2011 – 34 Wx 247/11, ZWE 2012, 37 für Sondereigentum auch ohne ausdrückliche Bezeichnung; anders OLG Köln v. 5.12.2000 – 16 Wx 121/00, NZM 2001, 541 für Erfordernis der eindeutigen Zuordnung. 612 BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, MDR 2014, 453. 613 BayObLG v. 30.1.1997 – 2Z BR 110/96, NJW-RR 1997, 971; v. 2.6.1999 – 2Z BR 15/99, NZM 1999, 1009; OLG Celle v. 28.11.2001 – 4 W 203/01, ZWE 2002, 371; OLG Frankfurt v. 24.7.2007 – 20 W 538/05, NZM 2008, 322; OLG Karlsruhe v. 17.7.2000 – 11 Wx 42/00, NZM 2001, 758; OLG München v. 31.7.2013 – 32 Wx 129/13, NZM 2014, 82; a.A. OLG Schleswig v. 1.3.2001 – 2 W 179/00, ZMR 2001, 853 bei Sondernutzungsrecht „gärtnerische Nutzung“; LG Hamburg v. 10.9.2010 – 318 S 24/09, ZMR 2011, 226. 614 BayObLG v. 26.8.2004 – 2Z BR 088/04, NZM 2005, 109; AG Weimar v. 1.3.2013 – 5 C 839/11, ZMR 2013, 582; a.A. im Einzelfall LG Landau v. 24.7.2017 – 3 S 1/17, n.v. 615 BayObLG v. 29.8.2002 – 2Z BR 74/02, NZM 2003, 121 LS. 616 BayObLG v. 10.7.1998 – 2Z BR 89/98, NZM 1998, 980; OLG Hamm v. 21.10.1994 – 15 W 275/94, WuM 1995, 220; OLG Karlsruhe v. 18.9.2000 – 14 Wx 45/00, ZMR 2001, 224; OLG Zweibrücken v. 7.7.1987 – 3 W 58/87, NJW-RR 1987, 1358; AG Charlottenburg v. 26.10.2012 – 73 C 220/10, MietRB 2013, 51 = ZfIR 2012, 890. 617 BayObLG v. 5.12.1996 – 2Z BR 82/96, ZMR 1997, 152; OLG Zweibrücken v. 21.11.2002 – 3 W 179/ 02, ZMR 2004, 61. 618 BGH v. 7.2.2014 – V ZR 25/13, MDR 2014, 453; OLG München v. 30.11.2005 – 34 Wx 056/05, ZMR 2006, 230. 619 BayObLG v. 26.10.2000 – 2Z BR 71/00, NZM 2001, 771 LS; KG v. 17.10.2001 – 24 W 9876/00, NZM 2001, 1085; OLG Köln v. 21.2.1997 – 16 Wx 8/97, MDR 1997, 1020; OLG München v.

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§ 22 Rz. 88 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau einem Wintergarten,620 die Verglasung des Balkons,621 das Anbringen einer Markise zum Sonnenschutz,622 das Aufspannen eines Sonnensegels,623 das Anbringung eines Lichterkette außen am Balkon,624 das Anbringen einer Balkonleuchte, die das Schlafzimmer des Nachbarn ausleuchtet,625 Errichtung einer Balkontrennwand,626 ebenso die Entfernung einer Balkontrennwand,627 die nachträgliche Errichtung eines bisher nicht bestehenden Balkons628 und die Balkonüberdachung einer Garageneinfahrt.629 Die Vergrößerung der maroden Balkone um fast das Doppelte im Zuge der Sanierung kann auch nicht als modernisierende Instandsetzung mit Stimmenmehrheit beschlossen werden, sondern nur unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 WEG als Modernisierung.630 Für die Frage, ob ein erheblicher Nachteil i.S.v. §§ 22 Abs. 1 14 Nr. 1 WEG vorliegt, kommt neben der Inanspruchnahme des Gemeinschaftseigentums (Substanzeingriff) in gleicher Weise allein auch die optische Beeinträchtigung des Gesamteindrucks in Betracht.631 Schon wegen der Veränderung der optischen Gestaltung der Anlage zustimmungspflichtig sind auch das Aufstellen von Grillkaminen aus Fertigbetonteilen, das Aufstellen einer mobilen Markise, die zwischen Balkonplatte und Decke mit Stützen verspannt wird, die Bespannung der Balkongitter mit Stoff oder Plane632 oder die Anbringung sog. Vogel- oder Katzennetzen vor Loggien.633 Die Installation eines Leichtmetallgeländers anstelle einer massiven Balkonbrüstung kann im Einzelfall als modernisierende Instandsetzung zulässig sein.634 Bei Mehr-

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10.7.2006 – 34 Wx 33/06, ZMR 2006, 800; LG Frankfurt/Main v. 30.4.2014 – 2-13 S 38/13, ZMR 2014, 821. BayObLG v. 9.3.2004 – 2Z BR 213/03, NZM 2004, 836; v. 7.9.2005 – 34 Wx 43/05, OLGR München 2005, 833; AG Charlottenburg v. 26.10.2012 – 73 C 220/10, MietRB 2013, 51 = ZfIR 2012, 890; a.A. BayObLG v. 16.6.2004 – 2Z BR 065/04, BayObLGR 2004, 426, für einen 3 mal 5 m großen, unterkellerten Wintergarten in einer Doppelhausanlage, aufgehoben durch BVerfG v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, NZM 2005, 182. Der Wintergarten ist nach allgemeinem Sprachgebrauch überdacht, die Veranda nicht, vgl. OLG München v. 31.7.2013 – 32 Wx 129/13, NZM 2014, 82. BayObLG v. 23.7.1992 – 2Z BR 22/92, NJW-RR 1993, 337 = WuM 1992, 563; v. 10.7.1998 – 2Z BR 89/98, NZM 1998, 980; v. 9.10.2000 – 2Z BR 87/00, ZMR 2001, 125; v. 12.10.2001 – 2Z BR 127/01, WuM 2002, 164; OLG Düsseldorf v. 20.1.1995 – 3 Wx 483/94, WuM 1995, 337 = ZMR 1995, 267; OLG Frankfurt v. 19.4.1994 – 20 W 30/94, ZMR 1994, 381; OLG Köln v. 27.8.1996 – 16 Wx 205/ 96, MDR 1996, 1235; v. 3.7.2008 – 16 Wx 51/08, WuM 2008, 744; LG Itzehoe v. 20.5.2016 – 11 S 78/15, Juris; vgl. auch OLG Köln v. 27.9.2002 – 16 Wx 115/02, OLGR Köln 2003, 147. BayObLG v. 1.6.1995 – 2Z BR 34/95, ZMR 1995, 420; KG v. 3.12.1993 – 24 W 6483/93, OLGZ 1994, 399 = WuM 1994, 99 zur Vertikalmarkise; OLG Düsseldorf v. 30.10.2000 – 3 Wx 318/00, NZM 2001, 243; OLG Frankfurt v. 14.5.1985 – 20 W 370/84, OLGZ 1986, 42; s.a. v. 17.8.2006 – 20 W 205/05, NZM 2007, 523; LG Düsseldorf v. 26.5.2014 – 25 S 125/13, ZWE 2015, 412; a.A. im Einzelfall OLG Zweibrücken v. 2.2.2004 – 3 W 251/03, NZM 2004, 428. LG Karlsruhe v. 8.8.2014 – 11 S 34/14, ZWE 2015, 45. LG Köln v. 11.2.2008 – 29 T 205/06, ZMR 2008, 993. LG Frankfurt/Main v. 17.12.2015 – 2-09 S 45/11, ZMR 2016, 644. BayObLG v. 15.12.1984 – 2Z 111/83, WuM 1985, 35. BayObLG v. 1.2.2001 – 2Z BR 68/00, GE 2001, 775. OLG Düsseldorf v. 5.7.1999 – 3 Wx 139/99, NZM 1999, 1145 = WuM 1999, 553. BayObLG v. 5.4.1990 – BReg.2 Z 24/90, WuM 1990, 612. AG Düsseldorf v. 29.5.2007 – 291 II 148/06 WEG, ZMR 2008, 249. OLG Köln v. 31.5.1999 – 16 Wx 77/99, ZMR 2000, 58 für Schrank auf Balkon; v. 9.3.2006 – 16 Wx 27/06, WuM 2005, 537. KG v. 10.2.1997 – 24 W 6582/96, ZMR 1997, 315; OLG Hamburg v. 30.1.1989 – 2 W 24/88, OLGZ 1989, 309 = ZMR 1989, 466. OLG Zweibrücken v. 9.3.1988 – 3 W 44/98, NZM 1998, 376; AG Oberhausen v. 10.5.2011 – 34 C 130/10, ZMR 2012, 62; zum Schutz der Fassade kann die Gemeinschaft aber fachgerechte Taubenschutznetze anbringen lassen, vgl. LG München I v. 3.4.2014 – 36 S 5269/13, ZMR 2014, 826. OLG München v. 14.11.2005 – 34 Wx 105/05, MDR 2006, 867.

812 | Hogenschurz

VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 91 § 22

hausanlagen sind bei nachteiligen Veränderungen des optischen Gesamteindrucks eines Hauses grundsätzlich alle Wohnungseigentümer der Mehrhausanlage betroffen.635 Als Nachteil der baulichen Veränderung kommt auch die Möglichkeit der intensiveren 89 Nutzung in Betracht, etwa durch Trittsteine vor dem Parterrebalkon oder das Tor im Balkongitter, die das direkte Betreten des Gartens ermöglichen.636 Gestattet allerdings die Teilungserklärung die Errichtung eines Wintergartens ohne nähere 90 Beschreibung, darf der Balkon rundum verglast und bewohnt werden,637 nicht aber ein Schornstein errichtet werden638.Gehört zum Sondereigentum ein Wintergarten oder verglaster Balkon, darf dort nachträglich ein Heizkörper eingebaut werden.639 Dieses Recht des Anbaus zusätzlicher Heizkörper folgt ohnehin daraus, dass die Heizung in den einzelnen Wohnungen ab dem Übergabepunkt an der Steigleitung zum Sondereigentum zählt,640 solange dadurch nicht die Funktionalität der Gesamtanlage berührt wird (vgl. Rz. 98a). Ob der Anbau von Balkonen als Modernisierung gem. § 22 Abs. 2 WEG zulässig ist, hängt 90a von den Umständen des Einzelfalls ab, aus denen sich eine Änderung der Eigenart der Wohnanlage oder eine unbillige Benachteiligung einzelner Wohnungseigentümer (z.B. durch Verschattung) ergeben können.641 – Barrierefreiheit vgl. Rz. 36a

90b

zu Wohnzwecken (vgl. zum Ausbaurecht allgemein Rz. 41b) 91 – Der stellt wegen der Möglichkeit intensiverer Nutzung und der damit für die übrigen Wohnungseigentümer verbundenen Nachteile, nämlich der höheren Belegungsdichte, der mit der Nutzung für Wohnzwecke verbundenen höheren Geräuschentwicklung, der Inanspruchnahme von gemeinschaftlichen Einrichtungen (Heizung, Wasser, Abfluss usw.)643 sowie durch die architektonische Beeinträchtigung durch Veränderung/Einbau von Dachfenstern, regelmäßig eine erhebliche, also der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer bedürfende, bauliche Veränderung dar.644 Ohne Regelung in der Teilungserklärung Dachbodenausbau642

635 OLG Schleswig v. 8.3.2000 – 2 W 57/99, NZM 2000, 385. 636 BayObLG v. 2.6.1999 – 2Z BR 15/99, NZM 1999, 1009; OLG Karlsruhe v. 12.10.1998 – 11 Wx 49/ 98, NZM 1999, 36; anders für Einzelfall OLG Hamburg v. 26.11.2004 – 2 Wx 85/01, ZMR 2005, 391. 637 OLG Düsseldorf v. 20.9.1999 – 3 Wx 230/99, ZMR 2000, 190; enger BGH v. 6.11.2009 – V ZR 73/ 09, MDR 2010, 98 für Dachausbau, soweit eine Anpassung des Kostenverteilungsschlüssels erforderlich ist. 638 LG Hamburg v. 15.11.2017 – 318 S 19/17, ZMR 2018, 358 (361). 639 OLG Düsseldorf v. 2.7.2004 – I-3 Wx 66/04, NZM 2004, 835, jedenfalls sofern die gemeinschaftliche Heizungsanlage nicht beeinträchtigt wird. 640 Armbrüster, ZWE 2011, 392; M. J. Schmid, MDR 2011, 1081; offen gelassen in BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10 – Rz. 15, MDR 2011, 1095 = ZfIR 2011, 833 mit abl. Anm. Rüscher. 641 Unzulässig nach LG Lüneburg v. 31.5.2011 – 9 S 75/10, ZMR 2011, 830; zulässig nach AG Konstanz v. 25.10.2007 – 12 C 10/07, NJW 2007, 3728; AG Hannover v. 26.10.2010 – 483 C 3145/10, ZfIR 2010, 850. 642 Vgl. zu allen Fragen der baulichen Veränderung, der Umwandlung der dinglichen Grundlagen, der Änderung der Zweckbestimmung, der Kostenverteilung und sonstigen Verwaltung v. Rechenberg in FS Deckert, S. 309–351; Hügel, RNotZ 2005, 149; Jablonski, GE 2013, 595; Hügel, NotBZ 2018, 20; Lehmann-Richter, ZWE 2017, 193. 643 Einschränkend OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – I-3 Wx 98/07, ZMR 2008, 395 für ein Handwaschbecken. 644 BayObLG v. 2.9.1993 – 2Z BR 73/93, NJW-RR 1994, 82; OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – I-3 Wx 98/07, ZMR 2008, 395; OLG Hamburg v. 14.5.1997 – 2 Wx 53/95, MDR 1987, 816; OLG Karlsruhe v. 23.1.1987 – 11 W 133/86, WuM 1987, 236; OLG Köln v. 28.12.2000 – 16 Wx 163/00, ZMR 2001, 570; LG Hamburg v. 6.2.2013 – 318 S 57/12 – Rz. 91, ZMR 2013, 558; anders für Einfamilienhausanlage OLG München v. 19.10.2005 – 34 Wx 028/05, ZMR 2006, 301.

Hogenschurz | 813

§ 22 Rz. 91 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau hat ein Wohnungseigentümer, von dessen Sondereigentum aus allein der Zugang zu einem Spitzboden möglich ist, kein Sondernutzungsrecht an diesem Spitzboden und erst recht kein Ausbaurecht.645 Das Recht zum Dachausbau berechtigt nicht zur Aufstockung,646 aber zum Einbau von Dachgaubenfenstern.647 Der Ausbau ist – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen – nach aktuellen technischen Standards durchzuführen.648 Entsteht bei der Dachsanierung durch die Errichtung eines Giebeldachs anstelle des bisherigen Flachdachs ein weiterer Raum, so steht dieser Raum im Gemeinschaftseigentum.649 Das Sondernutzungsrecht am Dachboden begründet nicht das Recht, den Dachboden zu Wohnzwecken auszubauen,650 sofern nicht die Zulässigkeit eines Dachausbaus ausdrücklich vereinbart ist.651 Ob der Ausbauende den berechtigt ausgebauten Dachboden dann als Wohnraum nutzen darf, ist eine Frage der in der Teilungserklärung bzw. Vereinbarung vorgesehenen Nutzungsart; die neue Nutzung, etwa zu Wohnzwecken, muss also durch Vereinbarung geregelt sein.652 Entscheidend ist der Inhalt der Vereinbarung im Einzelfall.653 Öffentlichrechtlich Vorgaben, etwa die Pflicht zur Dämmung der obersten geschossdecke,654 müssen in jedem Fall eingehalten werden. Versteht man etwa das Ausbaurecht als Gestattung der Umbaumaßnahme dem Grunde nach, bedarf die konkrete Umsetzung immer noch der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, auf die ein Anspruch nur besteht, wenn eine der Gestattung entsprechende detaillierte Planung mit Angaben zu Material, Optik und Technik vorgelegt wird.655 Sieht das Ausbaurecht vor, dass „die behördlichen Genehmigungen vorliegen“, kommt es nicht auf die Genehmigungsfähigkeit an, sondern das Vorliegen der Genehmigung, weil ein Einschreiten der Bauaufsicht wegen formeller Baurechtswidrigkeit verhindert werden soll.656 Das Recht zum Speicherausbau unter Bildung von Wohnungsoder Teileigentum nach Aufteilung der Miteigentumsanteile „im Rahmen der baurechtlichen Bestimmungen nach noch einzuholender Baugenehmigung“ macht etwa die Bildung neuer Einheiten nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen der baurechtlichen Bestimmungen abhängig.657 Der Erwerber einer Wohnung mit Ausbaurecht ist gut beraten, auf eine umfassende rechtliche Absicherung seiner zukünftigen Position zu achten, damit er nicht Geld für einen berechtigten Ausbau investiert, den er dann nicht entsprechend seiner Er645 OLG Köln v. 28.12.2000 – 16 Wx 163/00, ZMR 2001, 570; LG München I v. 18.7.2013 – 36 S 20429/12, ZMR 2014, 53. 646 BGH v. 6.11.2009 – V ZR 73/09, MDR 2010, 98; OLG Hamburg v. 16.11.2006 – 2 Wx 35/05, ZMR 2007, 129. 647 OLG München v. 27.3.2007 – 32 Wx 179/06, MDR 2007, 1250. 648 OLG Düsseldorf v. 15.10.2004 – I-3 Wx 228/04, ZMR 2005, 466. 649 KG v. 28.2.2000 – 24 W 8820/98, NZM 2000, 1012; OLG München v. 5.10.2006 – 32 Wx 121/06, ZMR 2006, 643. 650 OLG Frankfurt v. 24.8.1990 – 20 W 49/90, OLGZ 1991, 185; OLG Hamm v. 28.5.1998 – 15 W 4/98, NZM 1998, 873 = ZMR 1998, 718. 651 BayObLG v. 9.6.1989 – 1b Z 11/88, WuM 1989, 539; v. 22.4.1994 – 2Z BR 9/94, WuM 1995, 60; v. 23.3.2000 – 2Z BR 167/99, NZM 2000, 1232; zu den Grenzen des dann Zulässigen: BGH v. 6.11.2009 – V ZR 73/09, MDR 2010, 98; BayObLG v. 29.1.2004 – 2Z BR 217/03, Juris: Dachfenster zulässig; KG v. 16.1.1984 – 24 W 4224/83, ZMR 1986, 189: Dachterrasse grundsätzlich unzulässig. 652 Für einen Ausbau durch den Bauträger als „Sonderwunsch“ LG Hamburg v. 24.4.2013 – 318 S 49/ 12, ZMR 2013, 632; s.a. v. Rechenberg in FS Deckert, S. 309 (328 f.). 653 BGH v. 18.1.2013 – V ZR 88/12 – Rz. 7, WuM 2013, 247 zur Auslegung; OLG München v. 27.3.2007 – 32 Wx 179/06, MDR 2007, 1250 für Dachgauben. 654 Dazu ausführlich J.-H. Schmidt, ZWE 2015, 309, insbesondere zur Verteilung der Herstellungskosten. 655 So LG Berlin v. 16.7.2013 – 55 S 171/12 WEG, GE 2013, 1287; anders für den Regelfall BGH v. 26.2.2016 – V ZR 131/15, Rz. 15, NZM 2016, 473. 656 BGH v. 18.1.2013 – V ZR 88/12 – Rz. 7, WuM 2013, 247 zur Auslegung; OLG München v. 27.3.2007 – 32 Wx 179/06, MDR 2007, 1250 für Dachgauben. 657 OLG München v. 5.7.2013 – 34 Wx 155/13, MDR 2013, 1025.

814 | Hogenschurz

VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 92 § 22

wartung nutzen darf.658 Gerade zur Frage des richtigen Verständnisses der Regelung mag Streit entstehen. Die Errichtung des Ausbaus aus eigenen Mitteln allein führt ohne ausdrückliche Regelung nicht dazu, dass an den neu geschaffenen Räumen Sondereigentum entsteht.659 – Um das Ziel, den Dachbodenausbau ohne weitere Mitwirkung, also insbesondere Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer umsetzen zu können, zu erreichen, bedarf es daher einer vorausschauend gestalteten, transparenten Vereinbarung, die regelmäßig nur bei Aufteilung, also in der Teilungserklärung erfolgen wird.660 – Der Einbau eines Dachflächenfensters zur Verbesserung der Lichtverhältnisse auf dem 91a sondergenutzten Dachboden kann im Einzelfall als unzulässiger Dachgeschossausbau zu bewerten sein661 oder als geringfügige Änderung, wenn das Fenster nicht einsehbar ist662 oder wenn die Symmetrie der Ansicht verbessert wird.663 Die Renovierung eines Flachdachs durch Aufstockung eines Gebäudes unter gleichzeitiger Schaffung neuen Wohnoder Nutzraums ist keine einem Mehrheitsbeschluss zugängliche modernisierende Instandsetzung,664 wohl aber im Einzelfall die Ersetzung eines Flachdachs durch eine in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht vernünftigere Lösung.665 Die Aufstockung ist in der Regel auch nicht als Modernisierung gem. § 22 Abs. 2 WEG zulässig, denn sie führt zu einer Änderung der Eigenart der Wohnanlage;666 dies gilt ebenso schon für den bloßen Ausbau des Speichers zu Wohnraum.667 – Die Anlage eines Dachgartens oder einer Dachterrasse ist regelmäßig zustimmungs- 92 pflichtig wegen der erheblichen Risiken für Dichtigkeit und Statik sowie der nahe liegenden Beweisschwierigkeiten, ob Schäden am Dach auf Mängeln im Bereich des Gemeinschaftseigentums oder im Bereich des Sondernutzungsrechts beruhen.668 Auch vorhandene Dachgauben dürfen nicht zu kleinen Wintergärten umgebaut werden.669 Dies gilt auch für das Auflegen von Betonplatten, um eine Nutzung als Dachterrasse zu ermöglichen.670 Wo die Teilungserklärung die Nutzung „Dachterrasse“ vorsieht, ist die Errichtung eines intensiv begrünten Dachgartens auf einer aufgeschütteten Erdoberfläche nicht zulässig.671

658 Vgl. für den Ausbau durch den Bauträger als „Sonderwunsch“ LG Hamburg v. 24.4.2013 – 318 S 49/12, ZMR 2013, 632. 659 OLG Celle v. 25.8.2008 – 4 W 33/08, ZWE 2009, 128 für Anbau. 660 Zu den über § 22 WEG hinausgehenden relevanten Fragen an die Vertragsgestaltung für die sachenrechtlichen Grundlagen (Umwandlung Gemeinschafts- in Sondereigentum usw.), Anpassung der Kostenverteilung vgl. Häublein, Juris AnwZert MietR 18/12012, Anm. 1; Armbrüster in Festschrift für Johannes Hager, 2012, S. 11; Basty, PiG 72, 101; Hügel, RNotZ 2005, 149 = PiG 72, 117. 661 OLG Frankfurt v. 17.8.1998 – 20 W 30/97, NZM 1998, 962; OLG Düsseldorf v. 6.12.2000 – 3 Wx 400/00, NZM 2001, 136; LG Itzehoe v. 12.7.2011 – 11 S 51/10, ZMR 2012, 219. 662 OLG Köln v. 12.1.2000 – 16 Wx 149/99, MDR 2000, 760. 663 OLG Karlsruhe v. 14.1.1985 – 11 W 102/84, ZMR 1985, 209. 664 BayObLG v. 14.2.2001 – 2Z BR 117/00, ZMR 2001, 560. 665 BayObLG v. 6.2.1990 – BReg.2 Z 104/89, MDR 1990, 552; v. 12.3.1998 – 2Z BR 4/98, NZM 1998, 338; KG v. 21.12.1988 – 24 W 5369/88, NJW-RR 1989, 463; v. 22.12.1993 – 24 W 914/93, OLGZ 1994, 401 = NJW-RR 1994, 528. 666 Vgl. LG Hamburg v. 16.12.2009 – 318 S 49/09, ZMR 2010, 550. 667 LG München I v. 18.7.2013 – 36 S 20429/12, ZMR 2014, 53. 668 BayObLG v. 9.5.1996 – 2Z BR 27/96, NJW-RR 1996, 1165; OLG Hamburg v. 21.12.1984 – 2 W 16/ 84, MDR 1985, 501; OLG Hamm v. 23.12.1996 – 15 W 362/96, OLGR Hamm 1997, 161; OLG Köln v. 9.6.1999 – 16 Wx 56/99, NZM 1999, 1103; OLG München v. 28.3.2007 – 34 Wx 119/06, MDR 2007, 827; anders für Verbesserung der Statik BGH v. 14.10.2011 – V ZR 56/11, MDR 2011, 1465. 669 AG Bremen v. 8.8.2014 – 29 C 39/14, ZMR 2015, 408. 670 OLG Karlsruhe v. 16.5.2008 – 14 Wx 55/07, ZWE 2008, 398. 671 OLG Köln v. 10.1.2005 – 16 Wx 217/04, NZM 2005, 508; OLG München v. 28.3.2007 – 34 Wx 119/ 06, MDR 2007, 827.

Hogenschurz | 815

§ 22 Rz. 93 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau 93

Die Errichtung eines Schuppens auf einer Dachterrasse begegnet den gleichen Bedenken,672 ebenso die Aufstellung eines Whirlpools mit einem Kubikmeter Wasser wegen dessen Gewichts673. Als optische Beeinträchtigung ist die Errichtung eines hölzernen Flechtoder Lamellenzauns wegen der negativen Auswirkung auf den optischen Gesamteindruck der Wohnungseigentumsanlage im Einzelfall zustimmungspflichtig.674

94 – Die Errichtung einer Außenabluft für eine Dunstabzugshaube ist zustimmungspflichtig

wegen des Durchbrechens der Außenfassade und die Zuführung von Küchengerüchen675, ebenso das Aussparen einer Abluftöffnung für Wäschetrockner, Küchenabzugshaube oder Klimaanlage in einer bisher geschlossenen Wand, und im Einzelfall wegen des Betriebsgeräuschs,676 auch beim Anschluss an einen stillgelegten Kamin,677 sowie bei der Anbringung eines Klimaaggregats an einer Giebelwand678. Die Erneuerung eines Abzugs bei Beibehaltung der Maße und optischen Gestaltung im Wesentlichen stellt aber keine erhebliche bauliche Veränderung dar, kann aber in der Folge zu über das nach § 14 Nr. 1 WEG zu duldende Maß hinausgehenden und deshalb abwehrfähigen Störungen führen.679 Im Einzelfall kann aber auch bei Aufstellung und Betreiben eines Klimaanlagengeräts auf einem Flachdach jeder Nachteil ausgeschlossen, optisch durch die unsichtbare Aufstellung hinter der Dachkante und die Farbgebung, einer fachmännischen Kabeldurchführung im Zusammenhang mit einer Flachdachsanierung und bei Ausschluss von Betriebsgefahren und Geräuschen.680 Auch die Geruchsbelästigung oder Rauch können einen erheblichen Nachteil begründen.681 Die Wohnungseigentümer können aber als Modernisierung gem. § 22 Abs. 2 WEG beschließen, dass den Wohnungseigentümern der Anschluss von Kaminöfen an stillgelegte Kaminzüge erlaubt wird.682 Nicht als Modernisierung die Anbringung eines Klimageräts an der Außenfassade für nur eine Wohnung beschlossen werden.683 Unzulässig ist die gezielte Ableitung der Abluft auf den „Nachbarn“.684 An einem erheblichen Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG kann es im Einzelfall auch fehlen, wenn Arbeitsschutzvorschriften bei der Nutzung einer Teileinheit als Büro den Anbau eines Klimaaußengeräts zur Kühlung

672 BayObLG v. 29.10.1998 – 2Z BR 81/98, ZMR 1999, 118; v. 29.9.1999 – 2Z BR 75/99, NZM 2000, 292; v. 26.7.2001 – 2Z BR 73/01, ZMR 2002, 136. 673 LG Stuttgart v. 11.5.2016 – 19 S 66/15, ZWE 2016, 416. 674 BayObLG v. 26.7.2001 – 2Z BR 73/01, ZMR 2002, 136. 675 AG Philippsburg v. 19.1.2018 – 1 C 167/17, ZMR 2018, 545; vgl. LG Itzehoe v. 10.4.2018 – 11 S 129/15, ZMR 2018, 626. 676 OLG Köln v. 1.10.1998 – 16 Wx 160/98, MDR 1999, 539; AG Offenbach v. 6.2.2014 – 325 C 24/13, ZWE 2014, 214; verneint von OLG Düsseldorf v. 28.11.2006 – 3 Wx 197/06, ZMR 2007, 206 f. Im Einzelfall kann der Umbauwillige naheliegende Nachteile ausräumen, vgl. LG Köln v. 24.1.2013 – 29 S 208/10, ZWE 2013, 269. Fehlt es an einem Eingriff in die Substanz des Gemeinschaftseigentums oder einer Veränderung der äußeren Gestaltung der Anlage beurteilt sich der Betrieb unmittelbar nach § 14 Nr. 1 WEG, vgl. Rz. 6. 677 KG v. 8.9.1993 – 24 W 5753/93, 24 W 2301/93, WuM 1994, 38; OLG Hamm v. 9.1.2009 – 15 Wx 142/08, WE 2009, 66; s.a. LG München I v. 26.5.2008 – 1 T 22910/07, ZMR 2009, 482. 678 LG Berlin v. 25.11.2016 – 85 S 103/15 WEG, ZWE 2017, 130; AG Essen v. 3.4.2017 – 196 C 288/16, ZMR 2017, 836. 679 Vgl. AG Hamburg-Blankenese v. 17.9.2014 – 539 C 7/14, ZMR 2015, 492. 680 LG Hamburg v. 6.6.2014 – 318 S 131/13, ZMR 2014, 1009. 681 LG Karlsruhe v. 9.1.2012 – 11 S 61/09, NZM 2012, 867; LG Köln v. 24.1.2013 – 29 S 208/10, ZWE 2013, 269 für Dampfschwaden. 682 BGH v. 18.2.2011 – V ZR 82/10, MDR 2011, 475, für eine Fallkonstellation, bei der in einer Reihenhausanlage für jedes Wohnungseigentum ein gesonderter Kaminzug vorhanden war, so dass jeder Wohnungseigentümer nach Belieben und ohne Abstimmungsbedarf einen Kaminofen anschließen konnte. 683 LG Frankfurt v. 13.1.2017 – 2-13 S 186/14, NZM 2017, 331. 684 BayObLG v. 12.8.2004 – 2Z BR 148/04, NZM 2005, 69.

816 | Hogenschurz

VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 95 § 22

erforderlich machen;685 andererseits muss sichergestellt sein, dass es nicht zu erheblichen nächtlichen Beeinträchtigungen durch das Betriebsgeräusch kommt.686 – Elektromobilität vgl. Rz. 99a.

94a

– Fenster als Gemeinschaftseigentum687 sind grundsätzlich von der Eigentümergemeinschaft 95 in Stand zu halten, wenn keine eindeutige abweichende Vereinbarung getroffen ist.688 Eine Regelung in der Teilungserklärung, nach der die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster in einer Sondereigentumseinheit vom jeweiligen Sondereigentümer auf eigene Rechnung vorzunehmen ist, muss klar und eindeutig sein; im Zweifel bleibt es sonst bei der gesetzlichen Zuständigkeit.689 Wenn in der Teilungserklärung690 diese Aufgabe dem einzelnen Wohnungseigentümer auferlegt wird,691 darf und muss jeder Wohnungseigentümer diese Aufgabe eigenständig wahrnehmen. Die Durchführung einer Instandhaltungsmaßnahme kann in diesen Fällen nicht durch die Gemeinschaft mehrheitlich beschlossen werden.692 Enthält die Teilungserklärung hingegen nur eine besondere Kostenregelung für den Unterhalt der Fenster, bleibt es bei der gesetzlichen Kompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft, allerdings unter Zugrundelegung eines besonderen Kostenverteilungsschlüssels.693 Wechselt ein Wohnungseigentümer die erneuerungsbedürftigen Fenster seiner Wohnung in der irrigen Annahme aus, dies sei seine Aufgabe und nicht die der Eigentümergemeinschaft, so kann ihm gegen die Eigentümergemeinschaft ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung in Höhe seiner Kosten gem. §§ 951, 812 ff. BGB zustehen,694 allerdings nur, wenn die Maßnahme ohnehin hätte vorgenommen werden müssen695. Im Rahmen modernisierender Instandsetzung ist es zulässig, eine Einfachverglasung durch Isolierverglasung oder witte-

685 LG Braunschweig v. 8.4.2011 – 6 S 521/10, InfoM 2011, 232. 686 OLG Düsseldorf v. 16.11.2009 – 3 Wx 179/09, ZMR 2010, 385. 687 OLG Düsseldorf v. 12.1.1998 – 3 Wx 546/97, NZM 1998, 269; innen liegende Fenster in einer Wohnung gehören allerdings grundsätzlich zum Sondereigentum. 688 BGH v. 2.3.2012 – V ZR 174/11, MDR 2012, 702; v. 22.11.2013 – V ZR 46/13 – Rz. 6, WuM 2014, 159: Die verbreitete Regelung, dass der jeweilige Wohnungseigentümer die Türen und Fenster im Bereich seines Sondereigentums mit Ausnahme des Außenanstrichs auf eigene Kosten in Stand zu halten und zu setzen hat, während die Veränderung der äußeren Gestalt eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses bedarf, belässt „erst recht“ die vollständige Erneuerung der Fenster in der Entscheidungskompetenz aller Wohnungseigentümer. 689 LG Koblenz v. 3.7.2014 – 2 S 36/14, ZMR 2015, 57. 690 Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 26.5.2008 – 3 Wx 271/07, NJW 2008, 3227 zu den „Nachwirkungen“ einer in der Vergangenheit aufgrund eines nichtigen Eigentümerbeschlusses praktizierten Sanierung und einem Anspruch auf pauschale Kostenerstattung; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 5.12.2008 – 3 Wx 158/08, NZM 2009, 362 zur Zulässigkeit des Verzichts auf die Erhebung der Verjährungseinrede. 691 BayObLG v. 18.7.1996 – 2Z BR 63/96, ZMR 1996, 574; OLG Düsseldorf v. 15.4.1996 – 3 Wx 359/ 95, ZMR 1997, 38; v. 15.5.2000 – 3 Wx 80/00, ZMR 2001, 214. 692 BayObLG v. 4.3.2004 – 2Z BR 244/03, ZMR 2004, 605. 693 Vgl. auch BayObLG v. 31.3.2004 – 2Z BR 241/03, ZMR 2004, 607: Maßstab für die ordnungsgemäße Verwaltung bleibt auch hier das Interesse aller Wohnungseigentümer, nicht nur des zahlenden Wohnungseigentümers. 694 OLG Hamburg v. 21.3.2002 – 2 Wx 103/99, NZM 2002, 872; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 26.5.2008 – 3 Wx 271/07, NJW 2008, 3227 zu einer pauschalen Erstattung von Sanierungskosten durch die Wohnungseigentümergemeinschaft; zutreffend anders für Maßnahmen am fremden Sondereigentum und Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum gegen den Willen der Eigentümer AG Offenbach v. 30.11.2012 – 330 C 120/11, ZMR 2013, 393 mit zweifelhafter Annahme der Passivlegitimation der übrigen Wohnungseigentümer; vgl. dazu § 21 Rz. 31. 695 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 246/14 – Rz. 12, MDR 2016, 318.

Hogenschurz | 817

§ 22 Rz. 95 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau rungsanfällige, reparaturbedürftige Holzfenster durch optisch (in Farbe, Aufteilung und Öffnungsmöglichkeiten)696 entsprechende Kunststofffenster zu ersetzen.697 Fehlen die Voraussetzungen einer modernisierenden Instandsetzung kann der Austausch auch als Modernisierung gem. § 22 Abs. 2 WEG erfolgen.698 96 – Beim Fensteraustausch kann eine nachteilige optische Beeinträchtigung vorliegen bei einer

Änderung der Rahmenfarbe,699 bei einer Veränderung der Fensterfluchten,700 bei dem nachträglichen Einbau einer Sprossenverglasung,701 der Vergrößerung eines Fensters,702 der Vergrößerung eines Kellerfensters,703 der Veränderung der Anordnung des Mittelholms eines zweiflügeligen Fensters,704 dem Auswechseln von Glasbausteinen durch Fenster,705 dem Auswechseln eines nicht durchsichtigen Milchglaskippfensters gegen ein ebenfalls nicht durchsichtiges Drehkippfenster,706 dem Aussparen einer Abluftöffnung für Wäschetrockner, Küchenabzugshaube oder Klimaanlage in einer bisher geschlossenen Fensterwand,707 dem Austausch eines Fensters zum Garten durch eine Türe,708 eines Fensters durch eine Balkontüre,709 schließlich auch dem Zumauern eines Fensters.710 Der Nachteil kann im Einzelfall nicht erheblich sein, wenn eine Schichtstoffverbundplatte in einem Fensterelement durch eine Scheibe ersetzt wird.711 Ein erheblicher Nachteil wird regelmäßig nicht vorliegen, wenn sach- und fachgerecht zusätzliche Fenstersicherungen an der Innenseite und abschließbare Fenstergriffe zum Schutz vor Einbrüchen eingebaut werden.

97 – Ein Anspruch auf Zustimmung zur Anbringung von Fenstergittern besteht auch unter

Hinweis auf eine generelle Einbruchsgefahr grundsätzlich nicht.712 Dies gilt erst recht, wenn mit Fenstergittern zugleich eine Kletterhilfe geschaffen wird, die das Einsteigen in andere Wohnungen erleichtert.713 Zur Bewertung des optischen Nachteils vgl. Rz. 32.714

696 OLG Köln v. 14.4.1997 – 16 Wx 89/97, WuM 1997, 455 = ZMR 1998, 49; v. 18.9.1997 – 16 Wx 219/97, NZM 1998, 821; KG v. 26.6.2007 – 24 W 15/07, GE 2007, 1561. 697 OLG Köln v. 30.7.1980 – 16 Wx 67/80, NJW 1981, 585; enger LG München I v. 27.4.2009 – 1 S 20171/08, WuM 2009, 424: stets Modernisierung i.S.d. § 22 Abs. 2 WEG. Bei fehlendem Instandsetzungsbedarf aller Fenster kann der Austausch aller Fenster nur als Modernisierung beschlossen werden, vgl. LG Itzehoe v. 19.1.2016 – 11 S 61/14, ZMR 2016, 565. 698 Vgl. LG München I v. 27.4.2009 – 1 S 20171/08, ZMR 2009, 945; LG Düsseldorf v. 6.6.2012 – 25 S 8/12, ZMR 2012, 805 (807); AG München v. 23.11.2016 – 483 C 30978/15, ZMR 2017, 98. 699 OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – I-3 Wx 21/07, NZM 2007, 528. 700 OLG Köln v. 3.7.2008 – 16 Wx 51/08, MDR 2009, 136. 701 OLG Frankfurt v. 18.11.1982 – 20 W 712/82, RPfleger 1983, 64. 702 LG Hamburg v. 8.2.2008 – 318 T 179/06, ZMR 2008, 825 wegen der besseren Einsehbarkeit der darunter liegenden Balkone. 703 OLG Düsseldorf v. 14.6.1993 – 3 Wx 129/92, NJW-RR 1994, 277 = ZMR 1993, 581. 704 OLG Köln v. 17.12.2001 – 16 Wx 276/01, OLGR Köln 2002, 90. 705 BayObLG v. 11.3.1998 – 2Z BR 3/98, NZM 1998, 339. 706 OLG Köln v. 20.5.1998 – 16 Wx 80/98, NZM 1999, 263. 707 OLG Köln v. 1.10.1998 – 16 Wx 160/98, MDR 1999, 539. 708 BGH v. 14.10.2011 – V ZR 56/11, MDR 2011, 1465; BayObLG v. 27.11.1997 – 2Z BR 89/97, WuM 1998, 116; v. 5.8.1999 – 2Z BR 67/99, ZMR 1999, 781; OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – I-3 Wx 21/ 07, NZM 2007, 528; LG Hamburg v. 11.1.2012 – 318 S 32/11, ZMR 2012, 810. 709 Vgl. OLG München v. 8.9.2008 – 32 Wx 119/08, ZWE 2008, 443; LG Berlin v. 29.10.2010 – 55 S 155/10 WEG, ZWE 2011, 181. 710 OLG Düsseldorf v. 6.9.1989 – 3 Wx 191/89, DWE 1989, 176; a.A. bei kaum merklicher optischer Veränderung BGH v. 14.10.2011 – V ZR 56/11, MDR 2011, 1465. 711 OLG Celle v. 5.7.2007 – 4 W 75/07, ZMR 2008, 391. 712 KG v. 17.7.2000 – 24 W 8114/99 und 2406/00, NZM 2001, 341; OLG Köln v. 17.3.2004 – 16 Wx 48/04, NZM 2004, 385. 713 OLG Zweibrücken v. 2.2.2000 – 3 W 12/00, NZM 2000, 623 f. 714 Zur Anwendung auf einen Einzelfall vgl. AG Hamburg-Bergedorf v. 7.7.2016 – 407a C 5/15, ZMR 2016, 996.

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VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 98 § 22

Ein Anspruch besteht im Einzelfall, soweit und solange eine andere Abhilfemöglichkeit bei einer konkret festgestellten erhöhten Einbruchsgefahr nicht besteht,715 oder weil an der Fassade bereits ähnliche Schutzgitter angebracht sind.716 Bei der Anbringung einer Stahlgittertür vor einer Terrassentür kann es an einem erheblichen optischen Nachteil717 oder nach einem Einbruch an einem über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinausgehenden Nachteil fehlen718. Beim Einbau eines Schlüsselschalters für eine Alarmanlage fehlt es ebenfalls an einem erheblichen Nachteil.719 – Umgekehrt führt die Entfernung von Fenstergittern und der Austausch einer Stahltür durch eine verglaste Tür im Einzelfall nicht aufgrund der Möglichkeit einer intensiveren Nutzung zu einem erheblichen Nachteil.720 – Die Zuweisung eines Sondernutzungsrechts an einem Gartenstück zur alleinigen Nut- 98 zung an einen Eigentümer (Sondernutzungsrecht)in der Teilungserklärung beinhaltet (nur) die Zustimmung zur gärtnerischen Nutzung,721 nicht jedoch für darüber hinausgehende Maßnahmen, soweit die Gemeinschaftsordnung keine darüber hinausgehenden Rechte eröffnet.722 Die Nutzungsbefugnis ist räumlich auf die zur Sondernutzung zugewiesene Fläche beschränkt, erlaubt also nicht die Anschlussnutzung oder Gestaltung der angrenzenden Gemeinschaftsflächen.723 Ohne weiteres erlaubt als typische gärtnerische Nutzung ist dem Sondernutzungsberechtigten also das Anpflanzen von Bäumen,724 Sträuchern und sonstigen Pflanzen als Teil der Pflege und Unterhaltung des Gartens,725 soweit die übrigen Wohnungseigentümer nicht unzuträglich in der Nutzung ihres Sondereigentums beeinträchtigt werden.726 Auch das Aufstellen von Blumenkübeln selbst mit größeren Pflanzen auf der Terrasse ist grundsätzlich zulässig.727 Zustimmungspflichtig sind im Einzelfall das Neuanlegen eines Plattenwegs oder einer steinernen Terrasse im gemeinschaftlichen Garten728 oder auch von Trittsteinen,729 die Umwandlung der Hälfte einer Rasenfläche in ein

715 KG v. 22.12.1993 – 24 W 914/93, OLGZ 1994, 401 = NJW-RR 1994, 528; OLG Köln v. 17.3.2004 – 16 Wx 48/04, NZM 2004, 385; OLG Düsseldorf v. 25.6.2004 – 3 Wx 148/04, NZM 2005, 264. 716 KG v. 10.1.1994 – 24 W 3851/93, OLGZ 1994, 393 = WuM 1994, 225. 717 LG Köln v. 5.10.2017 – 29 S 96/17, ZMR 2018, 262. 718 OLG Köln v. 1.12.2004 – 16 Wx 204/04, NZM 2005, 463. 719 LG Düsseldorf v. 26.5.2014 – 25 S 125/13, ZWE 2015, 412. 720 LG Hamburg v. 1.3.2017 – 318 S 62/16, ZMR 2017, 324. 721 BayObLG v. 2.5.1985 – BReg.2 Z 48/84, BayObLGZ 1985, 164; v. 23.5.1985 – REMiet 2/85, MDR 1985, 767. 722 BayObLG v. 19.3.1998 – 2Z BR 131/97, WuM 1998, 563; OLG Hamm v. 15.2.2000 – 15 W 426/99, NZM 2000, 910; vgl. auch BayObLG v. 18.3.2005 – 2Z BR 233/04, NZM 2005, 744, zur ausdrücklich erlaubten Anlage eines Teichs. 723 Vgl. AG Frankfurt/Main v. 9.2.2018 – 33 C 3585/17 (55), MietRB 2018, 104, für das Aufstellen von Blumentöpfen vor dem separaten Wohnungseingang. 724 Bei Bäumen sind in der Regel die landesrechtlichen Regelungen zum erforderlichen Baumabstand auch an der Grenze zum benachbarten Sondernutzungsrecht einzuhalten, vgl. OLG München v. 11.1.2006 – 34 Wx 150/05, OLGR München 2006, 213. Die Verjährung der landesrechtlichen Beseitigungsansprüchen (Nachbargesetze) hindert nicht die Durchsetzung des Anspruchs auf Rückschnitt, vgl. BGH v. 12.12.2003 – V ZR 98/03, MDR 2004, 503. Zur Unzulässigkeit des Pflanzens von Bäumen auf dem Balkon bzw. der Loggia vgl. LG München I v. 8.11.2016 – 31 S 12371/16, ZMR 2017, 59. 725 BayObLG v. 3.7.1991 – BReg.2 Z 29/91, NJW-RR 1991, 1362 = WuM 1991, 448; v. 6.10.2000 – 2Z BR 53/00, ZMR 2001, 122 f.; OLG Köln v. 7.6.1996 – 16 Wx 88/96, NJW-RR 1997, 14. 726 KG v. 8.11.1995 – 24 W 3046/95, ZMR 1996, 149. 727 AG Pinneberg v. 6.6.2017 – 60 C 2/17, ZMR 2017, 687, für das Umpflanzen zu beseitigender Apfelbäume in Pflanzkübel. 728 OLG Hamburg v. 13.2.2001 – 2 Wx 45/99, ZMR 2001, 382; LG Berlin v. 13.9.2016 – 53 S 107/15 WEG, Grundeigentum 2016, 1520. 729 BayObLG v. 10.8.2001 – 2Z BR 21/01, NZM 2001, 959.

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§ 22 Rz. 98 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau Kiesbeet,730 die Errichtung einer massiven Steinwand,731 das Anlegen eines Kfz-Stellplatzes auf einer Rasenfläche,732 die Errichtung einer Garage,733 die Errichtung einer 2,3 m hohen Holzwand,734 die Anlage eines „Skulpturengartens“,735 die Errichtung einer Mauer aus Pflanzsteinen,736 das Anpflanzen stark wachsender Bäume,737 die vollständige Entfernung der vorhandenen mehr als fünf Meter hohen Bepflanzung und völlige Neugestaltung,738 die Anlage eines Kinderspielplatzes oder eines Sandhaufens für Katzen und Hunde,739 das Aufstellen eines Trampolins,740 das Errichten eines Schwimmbeckens,741 die Umgestaltung der Grundstücksoberfläche durch Begradigung eines abschüssigen Hanges,742 die Errichtung eines Geräteschuppens im Garten,743 eines Gartenhauses,744 eines Kinderhauses,745 eines Saunahauses,746 einer Terrasse,747 die Überplankung einer Steinterrasse mit Holz,748 die Errichtung einer Pergola über der Gartenterrasse,749 der Einbau von Verschwenkungen (und ebenso Regenwasserklappen) in Fallrohre,750 die Aufstellung eines Fahnenmastes,751 die Errichtung einer Sichtschutzwand neben der Terrasse,752 oder die Errichtung von Mauern zur Beeteinfassung,753 schließlich die Umgestaltung bei ausdrücklicher Bestimmung 730 LG Dortmund v. 21.3.2017 – 1 S 266/16, Juris, unter Aufhebung der Vorinstanz AG Essen v. 2.6.2016 – 196 C 272/15, WE 2016, 132. 731 LG Frankfurt/Main v. 18.12.2013 – 2-13 S 82/13, NZM 2014, 399. 732 BayObLG v. 28.6.1990 – 2Z 67/90, WuM 1990, 622. 733 LG Hamburg v. 20.10.2010 – 318 S 42/10, ZMR 2011, 161. 734 OLG Hamburg v. 4.4.2002 – 2 Wx 91/98, ZMR 2002, 621. 735 LG Hamburg v. 12.12.2012 – 318 S 31/12, ZMR 2013, 301. 736 OLG Frankfurt v. 6.4.2010 – 20 W 78/08, MDR 2010, 1108. 737 KG v. 13.7.1987 – 24 W 1752/87, OLGZ 1987, 410 = NJW-RR 1987, 1360. 738 OLG Düsseldorf v. 6.4.1994 – 3 Wx 534/93, NJW-RR 1994, 1167 = WuM 1994, 492. 739 Soweit aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften eine Verpflichtung zur Errichtung eines Kinderspielplatzes besteht, kann über das „Wo“ und „Wie“ der Errichtung im gemeinschaftlichen, nicht der Sondernutzung unterliegenden Garten mit Mehrheit abgestimmt werden, vgl. BayObLG v. 25.6.1998 – 2Z BR 10/98, NZM 1998, 817. 740 LG Hamburg v. 27.1.2016 – 318 S 5/15, ZMR 2016, 562; a.A. für ein nicht fest verankertes Trampolin LG München I v. 20.12.2017 – 1 S 17182/17 WEG, ZMR 2018, 862. 741 KG v. 19.6.2007 – 24 W 5/07, NJW-RR 2008, 25 für einen gut 10 qm großen Swimmingpool; AG München v. 18.8.2015 – 484 C 5329/15 WEG, Juris; anders für Klettergerüst AG Braunschweig v. 4.8.2006 – 34 II 198/05, ZMR 2007, 403. 742 BayObLG v. 26.9.2002 – 2Z BR 86/02, NZM 2003, 242. 743 BayObLG v. 28.3.2001 – 2Z BR 1/01, ZMR 2001, 640; OLG Köln v. 29.4.1997 – 16 Wx 76/97, OLGR Köln 1997, 218; LG Hamburg v. 26.6.2013 – 318 S 119/12, ZMR 2013, 992; abweichend LG Frankfurt/Main v. 20.11.2018 – 2-09 S 26/18, WuM 2019, 49, zur Errichtung durch die WEG zwecks Unterbringung der motorgetriebenen Gartengeräte. 744 BayObLG v. 26.6.1986 – 2Z 84/85, MDR 1986, 940; v. 17.12.1987 – BReg.2 Z 84/87, NJW-RR 1988, 591; v. 21.5.1992 – 2Z BR 38/92, WuM 1992, 392; KG v. 12.11.1993 – 24 W 3064/93, OLGZ 1994, 273 = NJW-RR 1994, 207; OLG Köln v. 29.4.1997 – 16 Wx 76/96, WuM 1997, 461; v. 22.6.1998 – 16 Wx 99/98, NZM 1998, 864; LG München I v. 16.2.2009 – 1 S 20283/08, WuM 2009, 189; AG Hamburg-Blankenese v. 13.1.2010 – 539 C 34/09, ZMR 2010, 562. 745 LG München I v. 20.12.2017 – 1 S 17182/17 WEG, ZMR 2018, 86 746 BayObLG v. 26.4.2001 – 2Z BR 4/01, WuM 2001, 405. 747 BGH v. 14.10.2011 – V ZR 56/11, MDR 2011, 1465; a.A. für eine Terrassenerweiterung um vier Quadratmeter AG Esslingen v. 27.9.2017 – 1 C 783/17 WEG, WuM 2017, 734. 748 AG München v. 14.2.2017 – 482 C 12322/16 WEG, ZMR 2017, 932. 749 OLG Köln v. 21.2.1997 – 16 Wx 8/97, MDR 1997, 1020. 750 LG Hamburg v. 25.9.2013 – 318 S 111/12, ZMR 2014, 307. 751 AG München v. 28.2.2018 – 481 C 793/17, ZMR 2018, 458. 752 OLG Köln v. 13.2.1998 – 16 Wx 3/98, NZM 1999, 178; LG Karlsruhe v. 8.8.2014 – 11 S 34/14, ZWE 2015, 45. 753 KG v. 10.1.1994 – 24 W 3851/93, OLGZ 1994, 393 = NJW-RR 1994, 526; s.a. OLG Hamburg v. 26.11.2007 – 2 Wx 68/07, ZMR 2008, 154.

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VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 98a § 22

über die Bepflanzung in der Teilungserklärung,754 im Einzelfall sogar das Aufstellen von Gartenzwergen755 und eines Komposthaufens.756 Bei einer Wäschespinne soll keine bauliche Veränderung vorliegen, soweit die Wäschespinne nicht fest und dauerhaft installiert ist, sondern nur bei Bedarf in ein ebenerdig im Boden eingelassenes Führungsrohr geschoben wird.757 Grenzen der zulässigen Nutzung können zum Schutz berechtigter Interessen durch Mehrheitsbeschluss festgelegt werden, etwa ein Pflanzverbot zum Schutz eines charakteristischen Seeblicks758 oder zum Schutz der darunter liegenden Tiefgarage vor eindringendem Wurzelwerk.759 Ob für Anpflanzungen überdies im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander die Pflanzabstände nach den nachbarrechtlichen Regelungen einzuhalten sind, hängt davon ab, ob man diese für nicht anwendbar,760 im Verhältnis benachbarter Sondernutzungsrechte für anwendbar761 oder für uneingeschränkt anwendbar hält.762 Bei überwachsenden Zweigen findet im Verhältnis von zwei benachbarten Sondernutzungsrechten an Gartenflächen die Regelung des § 910 BGB Anwendung.763 Bei unberechtigten Eingriffen in den Bewuchs können dem Sondernutzungsberechtigten Schadensersatzansprüche zustehen.764 – Für Gartenflächen ohne Sondernutzungsrecht steht der Eigentümergemeinschaft, die 98a über diese Verwaltung mit einfacher Mehrheit beschließen kann, in Bezug auf die Pflege ein weiter Ermessenspielraum zu, weil der Pflanzenwuchs nicht mit Sicherheit vorhersehbar ist.765 Eigentümerbeschlüsse über die Gestaltung müssen den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit des Beschlussinhalts genügen.766 Die Wohnungseigentümergemeinschaft bleibt auch trotz Sondernutzungsrecht zuständig, soweit es um grundlegende Entscheidungen über das Gemeinschaftseigentum geht, wie die Entfernung eines Grenzbaums.767 Deshalb besteht grundsätzlich auch kein Anspruch auf Fällung von Bäumen, im Einzelfall aber auf Rückschnitt und Gehölzpflege, wegen störenden Laubfalls oder dem Entzug von Licht und Luft.768 Andererseits ist es nicht zu beanstanden, wenn der Bewuchs 754 OLG Hamburg v. 18.2.1994 – 2 Wx 49/92, WE 1994, 377. 755 OLG Hamburg v. 20.4.1988 – 2 W 7/87, OLGZ 1988, 308 = MDR 1988, 867; Schmidtmann, MDR 2000, 753; Schuschke, NZM 1998, 737 (740) m.w.N.; a.A. AG München v. 28.2.2018 – 481 C 793/ 17, ZMR 2018, 458. 756 Vgl. Schuschke, NZM 1998, 737 (740) m.w.N. 757 BayObLG v. 11.3.1993 – 2Z BR 12/93, WuM 1993, 295; OLG Zweibrücken v. 23.12.1999 – 3 W 198/99, NZM 2000, 293; zweifelhaft im Hinblick auf optische Beeinträchtigungen; anders BayObLG v. 6.2.1987 – BReg.2 Z 129/86, WuM 1988, 98 = ZMR 1987, 389, für fest einbetonierte Wäschestangen; ebenso LG Karlsruhe v. 21.4.2009 – 11 S 85/08, ZWE 2009, 327 für Teppichklopfstangen. 758 BayObLG v. 6.2.1992 – BReg.2 Z 166/91, WuM 1992, 206 = ZMR 1992, 202. 759 BayObLG v. 14.1.1993 – 2Z BR 123/92, WuM 1993, 206. 760 KG v. 13.7.1987 – 24 W 1752/87, OLGZ 1987, 410 = NJW-RR 1987, 1360. 761 OLG Köln v. 7.6.1996 – 16 Wx 88/96, NJW-RR 1997, 14. 762 BayObLG v. 4.2.1982 – BReg.2 Z 9/81, BayObLGZ 1982, 69 = RPfleger 1982, 219; v. 5.3.1987 – BReg.2 Z 111/86, BayObLGZ 1987, 78 = NJW-RR 1987, 717; v. 20.8.1987 – BReg.2 Z 50/87, WuM 1988, 95 = ZMR 1988, 23. 763 KG v. 13.6.2005 – 24 W 115/04, NZM 2005, 745; dagegen OLG Düsseldorf v. 27.6.2001 – 3 Wx 79/ 01, NZM 2001, 861. 764 Vgl. zu Einzelheiten LG München I v. 22.2.2017 – 1 S 13878/15 WEG, ZMR 2017, 1006; zur Geltendmachung gegen den Verwalter vgl. LG Hamburg v. 25.2.2015 – 318 S 110/14, ZMR 2015, 334. 765 BayObLG v. 21.2.2001 – 2Z BR 142/00, WuM 2001, 299; vgl. auch OLG München v. 5.4.2006 – 32 Wx 4/06, ZMR 2006, 799; AG München v. 6.9.2017 – 481 C 7764/17 WEG, ZMR 2017, 462; zur Erstanlage LG Berlin v. 5.2.2013 – 85 S 31/12, ZMR 2013, 457 (459). 766 AG Hamburg-Blankenese v. 18.5.2016 – 539 C 32/15, ZMR 2016, 492. 767 Vgl. AG München v. 278.6.2017 – 481 C 24911/16 WEG, ZMR 2018, 461. 768 Vgl. für einen Ahornbaum an einer der Sondernutzung unterstehenden Terrasse LG Dortmund v. 24.11.2015 – 9 S 41/14, Juris Rz. 17; zur Bedeutung negativer Immissionen im Nachbarrecht grundsätzlich BGH v. 10.7.2015 – V ZR 229/14 – Rz. 11, MDR 2015, 1175.

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§ 22 Rz. 98a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau zurückgeschnitten werden soll, um einer Fremdnutzung entgegenzuwirken, auch wenn dadurch die Einblicksituation für einzelne Wohnungseigentümer verschärft wird.769 Der Gesichtspunkt der Beherrschung des Pflanzenwachstums spielt bei der Unterhaltung von Bauwerken und Anlagen dagegen naturgemäß keine Rolle.770 Eigenmächtiges Vorgehen einzelner Wohnungseigentümer, etwa ein Heckenrückschnitt oder die Entfernung von Steinplatten, ist nicht zulässig und verpflichtet zum Schadensersatz.771 Kein Wohnungseigentümer darf das Gemeinschaftseigentum zum eigenmächtigen Gärtnern nutzen.772 Ein Mehrheitsbeschluss, der die radikale Beseitigung aller Anpflanzungen vorsieht, um eine vollständige Neugestaltung vornehmen zu können, widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung,773 ebenso die Fällung eines großen, die Anlage prägenden Baumes ohne Grund.774 Dagegen ist es nicht zu beanstanden, wenn ein kranker Baum beseitigt wird, der zudem das Gemeinschaftseigentum gefährdet,775 oder eine Hecke als Windschutz angepflanzt wird.776 Die Grenze des Ermessens ist überschritten, wenn eine Rasenfläche mit „stattlichen“ Findlingen belegt werden soll.777 Ebenso wenig zulässig ist es, durch Mehrheitsbeschluss, ohne die Zustimmung aller Wohnungseigentümer die Errichtung eines Sandkastens oder eine Schaukel vorzusehen778 oder auch das Aufstellen von Strandkörben779. – Auch eine allgemeine Öffnungsklausel eröffnet nicht die Möglichkeit, die Gartenpflege durch Mehrheitsbeschluss einzelnen Miteigentümer, etwa den Eigentümern der Erdgeschosswohnungen, ohne deren Zustimmung aufzuerlegen.780 98b – Bei Veränderungen an den Heizkörpern (durch Anschließen anderer oder Entfernen vor-

handener) und an den Thermostatventilen hat der BGH781 die Zuordnung von Heizkörpern und dazugehörigen Leitungen zum Anschluss an eine Zentralheizung (Steigleitungen) einschließlich Heizungs- und Thermostatventile in der Teilungserklärung für zulässig erachtet. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich, dass die genannten Teile auch ohne besondere Zuweisung regelmäßig im Sondereigentum stehen,782 mit dem der Sondereigentümer grundsätzlich nach Belieben verfahren darf. Die Regelungen über bauliche Veränderungen finden deshalb auf Änderungen an den genannten Bauteilen durch einzelne Woh-

769 LG Hamburg v. 29.6.2012 – 318 S 188/11, ZMR 2012, 991. 770 Vgl. LG Köln v. 22.3.2012 – 29 S 170/11, ZMR 2013, 473 (475) zur Unzulässigkeit der Ersetzung einer sanierungsbedürftigen Stützmauer durch ein abgestuftes Terrassensystem. 771 LG Hamburg v. 30.6.2010 – 318 S 105/09, ZMR 2010, 983; AG Schöneberg v. 17.2.2016 – 770 C 48/ 15, Grundeigentum 2016, 403; zur „Abwicklung“ i.E. LG Dortmund v. 10.3.2011 – 11 S 148/10, ZMR 2011, 658. 772 LG Hamburg v. 20.6.2012 – 318 S 207/10, ZMR 2012, 989 zur Anlage eines Beetes. 773 OLG Schleswig v. 3.5.2007 – 2 W 25/07, WuM 2007, 587. 774 OLG Köln v. 29.1.1999 – 16 Wx 208/98, NZM 1999, 623; LG Lüneburg v. 30.4.2013 – 5 S 111/12, ZMR 2013, 656; LG Hamburg v. 29.5.2013 – 318 S 5/13, ZMR 2013, 742; LG Berlin v. 2.2.2016 – 53 S 69/15 WEG, Grundeigentum 2016, 736. 775 LG Berlin v. 24.6.2011 – 55 S 419/10, GE 2011, 1631. 776 AG Hamburg-Blankenese v. 23.3.2016 – 539 C 15/15, ZMR 2016, 999 (1000). 777 AG Oberhausen v. 9.7.2013 – 34 C 94/12, ZMR 2014, 158, allerdings ohne Diskussion, ob es nicht im Schwerpunkt nur um eine Maßnahme zur Durchsetzung des zulässigen Gebrauchs (hier: Verhindern des Befahrens von Rasenflächen) ging; dürften die Wohnungseigentümer einen Zaun errichten, sprechen kaum überzeugende Argumente gegen diese Alternativlösung. 778 LG Frankfurt/Main v. 12.6.2014 – 2-9 S 79/13, ZMR 2015, 623. 779 AG Potsdam v. 1.3.2018 – 31 C 34/17, Juris. 780 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, MDR 2015, 79. 781 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, NJW 2011, 2958; M. J. Schmid, MDR 2011, 1081. 782 Armbrüster, ZWE 2011, 392; Briesemeister, GE 2011, 1134; Rüscher, ZfIR 2011, 836; M. J. Schmid, MDR 2011, 1081; abweichend insb. für Thermostatventile noch OLG Hamm v. 6.3.2001 – 15 W 320/00, ZMR 2001, 839; OLG Stuttgart v. 13.11.2007 – 8 W 404/07, ZMR 2008, 243; abweichend zur Beschlusskompetenz noch OLG München v. 20.3.2008 – 34 Wx 46/07, MDR 2008, 620; zur Einordnung von Heizkostenverteilern Wanderer, ZMR 2015, 438.

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VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 99 § 22

nungseigentümer oder auch die Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich keine Anwendung. Der Wohnungseigentümergemeinschaft fehlt die Beschlusskompetenz zur Sanierung des Sondereigentums, auch wenn diese Bestandteile der Gesamtheizungsanlage sind. Vielmehr ist danach für die Zulässigkeit einer Nutzung durch die einzelnen Wohnungseigentümer maßgeblich, ob der Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Bestandteile den Anforderungen und Grenzen des § 14 WEG genügt. Er ist gem. § 14 Nr. 1 i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG verpflichtet, seine Wohnung entsprechend den Mindestvorgaben des Systems zu beheizen. Daraus ergibt sich rein tatsächlich ein Zwang der einzelnen Wohnungseigentümer, bei der Sanierung der Zentralheizung mit der Wohnungseigentümergemeinschaft zu kooperieren, will er nicht Gefahr laufen, von der gemeinschaftlichen Versorgung mit Heizenergie abgetrennt zu werden. Bei der Gesamterneuerung der Zentralheizung einer Wohnanlage muss den Wohnungseigentümern angemessene Zeit zur Umstellung der in ihrem Sondereigentum stehenden Heizkörper und Anschlussleitungen gegeben werden; danach können sie von der erneuerten Heizungsanlage abgetrennt werden, wenn die alten Geräte mit der neuen Anlage nicht (mehr) kompatibel sind.783 Praktisch relevant werden diese Fragen etwa dann, wenn die Eigentümergemeinschaft die Wärmeerzeugung auf eine heute gebräuchliche Niedertemperaturheizung umstellen will, für deren niedrigere Vorlauftemperaturen die Heizkörper dann nicht mehr ausreichend dimensioniert sind. Für die Verwaltungspraxis ergeben sich aus der Teilung der Verantwortung bei einer Gesamtanlage missliche Schwierigkeiten: Soll die Zentralheizungsanlage erneuert werden, entspricht es vielfach dem Wunsch der einzelnen Wohnungseigentümer, sogleich auch die erneuerungsbedürftigen Heizungsbestandteile im Sondereigentum zu erneuern. Die dafür anfallenden Kosten dürfen aber nicht als Kosten der Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums auf die übrigen Wohnungseigentümer umgelegt werden, sondern müssen von den einzelnen Wohnungseigentümern gesondert getragen und entsprechend abgrenzbar vom Werkunternehmer abgerechnet werden. Selbst bei einem einvernehmlichen Vorgehen der Wohnungseigentümer mit der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Verwalter ergeben sich schon dadurch erhebliche Anforderungen an die Vertragsgestaltung mit dem Werkunternehmer und Schwierigkeiten bei den Preisverhandlungen. Eine rechtlich unproblematische Lösung, bei der die einzelnen Wohnungseigentümer dann die Arbeiten an ihrem Sondereigentum gesondert – vertreten durch den Verwalter aufgrund besonderer Vollmacht – beauftragen, wird schnell unpraktisch; Schwierigkeiten bei der Gewährleistung sind abzusehen, etwa wenn Verunreinigungen oder Rückstände in neu verlegten Rohren die Heizungspumpe beschädigen und unklar bleibt, welche Rohre ursächlich waren. Es spricht einiges dafür, dass sich in der Praxis Vertragsmodelle durchsetzen werden, bei denen die einzelnen Wohnungseigentümer insoweit mit dem Verwalter zusätzliche Verträge abschließen, die diesen zur Vertretung bei Auftragsvergabe und Abnahme bevollmächtigen. Eine Übernahme dieser Aufgaben durch die Wohnungseigentümergemeinschaft kommt auch in Betracht, kann aber dann ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft für die Kosten der Arbeiten am Sondereigentum in Vorleistung tritt. Alle diese Probleme treten dort nicht auf, wo die Heizungsanlage mit allen ihren Bestandteilen durch Vereinbarung gem. § 5 Abs. 3 WEG dem Gemeinschaftseigentum zugewiesen worden ist; diese Regelung erscheint in der notariellen Praxis in neuen Teilungserklärungen als unbedingt sinnvoll. – Alle diese Fragen berühren nicht Abrechnungseinrichtungen, die entweder im Eigentum der Abrechnungsfirma (bei Anmietung bzw. Leasing) stehen oder aber im Gemeinschaftseigentum (§ 16 Rz. 107). – Eingriffe in das Abwassersystem durch Verlegung eines Abflussrohres aus der Eigentums- 99 wohnung in den Abwasserkanal müssen nicht nach § 14 Nr. 3 WEG geduldet werden.784

783 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, NJW 2011, 2958; M. J. Schmid, MDR 2011, 1081. 784 OLG Bremen v. 20.2.1998 – 3 W 24/97, OLGR Bremen 1998, 352.

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§ 22 Rz. 99 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau Die Erneuerung der Heizungspumpe darf nicht zu einer Verschlechterung des Schallschutzes führen.785 99a – Bei der Bewertung von baulichen Maßnahmen an Kfz-Stellplätzen muss zunächst deren

rechtliche Einordnung im Einzelfall geklärt werden. Sondereigentum an Kfz-Stellplätzen kann nur dann vorliegen, wenn es sich um abgeschlossene Räume handelt, oder bei Garagenstellplätzen, deren Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind, § 3 Abs. 2 WEG. Ansonsten handelt es sich um Gemeinschaftseigentum, an dem für einzelne Wohnungseigentümer Grunddienstbarkeiten oder Sondernutzungsrechte bestehen können, die aber auch entsprechend einer Nutzungsordnung von allen (un-)entgeltlich genutzt oder vermietet werden können.786 Selbst wenn es sich aber bei dem Garagenplatz um Sondereigentum handelt, ist wie bei einem Sondernutzungsrecht eine bauliche Veränderung, die nicht in irgendeiner Weise in das Gemeinschaftseigentum eingreift, kaum vorstellbar.787 Zustimmungspflichtig sind das Aufstellen sog. Tiefgaragenboxen788 und von Fahrradständern, die zwischen Tiefgaragenboden und -decke fest verspannt werden können, wenn sie die Nutzbarkeit des benachbarten Stellplatzes erheblich einschränken, das Umbauen eines Sammelgaragenstellplatzes zu einer Einzelgarage,789 die Ersetzung einer Maschendrahtabtrennung zwischen zwei Sammelgaragenplätzen durch eine Holztrennwand,790 die Umwandlung eines Stellplatzes im Freien in einen Carport791 oder seine Bebauung mit einer Fertiggarage,792 die Vornahme eines Garagenanbaus,793 das Anlegen eines Kfz-Stellplatzes auf einer Rasenfläche,794 das Verschließen einer offenen Einzelgarage durch ein Tor795 und die Errichtung eines Klingelbretts vor der Tiefgarageneinfahrt, um diese für Besucher eines Gewerbebetriebs nutzbar zu machen.796 Als Maßnahmen der Modernisierung gemäß § 22 Abs. 2 WEG kann insbesondere die Errichtung einer Ladestation für Elektrofahrzeuge797 zulässig sein (vgl. Rz. 65).798 Dagegen kann der Sondereigentümer eines Tiefgaragenstellplatzes oder einer Garage nach geltendem Recht799 nicht gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG von den übrigen Wohnungseigentümern die erstmalige ordnungsgemäße Herstellung einen Elektroanschlusses zwecks Aufladens eines Elektroautos verlangen (vgl. § 21 Rz. 102).800 Für einen schwerbehinderten Wohnungseigentümer muss aber eine Auflademöglichkeit für 785 OLG München v. 24.10.2007 – 34 Wx 23/07, ZWE 2008, 103. 786 Vgl. Schuschke, NZM 1999, 1121. 787 Vgl. für Sperrbügel OLG Schleswig v. 10.10.1996 – 2 W 2/96, OLGR Schleswig 1997, 36; LG Düsseldorf v. 14.3.2013 – 19 S 55/12, NZM 2013, 427; LG Hamburg v. 17.6.2015 – 318 S 167/14, ZMR 2015, 787; Schuschke, NZM 1999, 1121 (1127); für Absperrketten BayObLG v. 10.9.1998 – 2Z BR 86/98, NZM 1999, 29; v. 27.1.2005 – 2Z BR 207/04, BayObLGR 2005, 494; für Parkbügel LG Düsseldorf v. 14.3.2013 – 19 S 55/12, NZM 2013, 427. 788 BayObLG v. 11.8.2004 – 2Z BR 081/04, ZMR 2004, 928. 789 OLG Köln v. 26.5.1999 – 16 Wx 13/99, NZM 1999, 865. 790 OLG München v. 13.3.2006 – 34 Wx 1/06, NZM 2006, 783; OLG Düsseldorf v. 19.1.2007 – I-3 Wx 186/06, NZM 2007, 446. 791 BayObLG v. 6.2.1986 – BReg.2 Z 70/85, BayObLGZ 1986, 29 = MDR 1986, 590; v. 2.7.1999 – 2Z BR 30/99, NZM 1999, 855 f.; LG Hamburg v. 26.6.2013 – 318 S 119/12, ZMR 2013, 992. 792 OLG Frankfurt v. 27.6.1986 – 20 W 114/86, WE 1986, 141. 793 BayObLG v. 27.3.1984 – 2Z 27/83, DWE 1984, 124 = WE 1986, 26. 794 BayObLG v. 28.6.1990 – 2Z 67/90, WuM 1990, 622. 795 BayObLG v. 22.5.1998 – 2Z BR 38/98, NZM 1999, 282 = WuM 1998, 679. 796 BayObLG v. 10.2.1998 – 2Z BR 129/97, NZM 1998, 522; v. 8.8.2002 – 2Z BR 5/02, NZM 2002, 869 f. 797 Ausführlich Rodi/Hartwig, ZUR 2014, 592; Dötsch, AnwZert MietR 15/2016 Anm 2: Dötsch, MietRB 2016, 241. 798 Häublein, ZWE 2015, 255; zu den öffentlich-rechtlichen Anforderungen an öffentlich zugängliche Ladepunkte vgl. die Ladesäulenverordnung (LSV) v. 9.3.2016 (BGBl. I S. 457). 799 Zur beabsichtigten Änderung vgl. BR-Drucks. 340/16. 800 LG München I v. 21.1.2016 – 36 S 2041/15 WEG, ZMR 2016, 569; AG Düsseldorf v. 18.10.2017 – 291a C 45/17, ZMR 2018, 374; AG Berlin-Mitte v. 19.3.2018 – 26 C 55/17, ZMR 2018, 702; ebenso

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VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 100 § 22

sein E-Mobil ermöglicht werden.801 Beabsichtigte Modernisierungen im Hinblick auf die Infrastruktur zur E-Mobilität stellen die Wohnungseigentümergemeinschaft vor vielfältige technische Herausforderungen, insbesondere wenn vorhandene Stellplätze, ob in der Tiefgarage, in Garagen oder auf Parkplätzen mit Ladeeinrichtungen für elektrisch angetriebene Kraftfahrzeuge zukunftssicher ausgestattet werden sollen. Maßnahmen können nur unter den Voraussetzungen von § 22 Abs. 2 WEG als Modernisierung beschlossen werden, auf die der einzelne Wohnungseigentümer aber keinen Anspruch hat. Die Entscheidung über die Errichtung von Ladestationen erfordert derzeit angesichts der unsicheren Rahmenbedingungen umfassende Ermessenerwägungen, etwa ob die Herstellung einiger weniger Ladestationen (Wallbox usw.) oder die Versorgung einzelner Stellplätze (auf Kosten deren Inhaber) ausreichend oder die Versorgung aller Stellplätze notwendig ist, welche Ladeströme (Wechselstrom oder Gleichstrom) zur Verfügung gestellt werden sollen und unter Berücksichtigung der Kapazität des örtlichen Stromnetzes können, mit welchem Stromanbieter als Partner die notwendigen Umbauten durchgeführt und wie die Kosten der Errichtung einerseits und für die geladenen Energie finanziert und verteilt werden sollen, und sollte auch angesichts der hier beabsichtigten Gesetzesreform und Diskussion802 derzeit zurückgestellt werden. Zu zulässigen Regelungen des Stellplatzgebrauchs i.S.d. § 15 Abs. 2 WEG vgl. Rz. 11. – Die Anbringung einer Parabolantenne ist in der Regel eine bauliche Veränderung (vgl. 100 Rz. 3a), egal ob diese am Balkon, vor dem Fenster, auf der Dachterrasse oder an der Außenwand erfolgt, etwa wegen der für die Sturmfestigkeit notwendigen massiven Befestigung am Gemeinschaftseigentum mit Substanzeingriff.803 Soweit in älteren Entscheidungen804 eine nachteilige optische Veränderung der optischen Gestaltung des Gemeinschaftseigentums herangezogen worden ist, sind deren Entscheidungen im Ergebnis nicht überholt, doch muss die Prüfung eines optischen Nachteils heute die Prüfungsanforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Rz. 32) berücksichtigen, also einen Vorher-NachherVergleich des optischen Gesamteindrucks in wertender Betrachtung vornehmen.805 Danach sind jedenfalls weithin sichtbare Parabolantenne wegen des vermeidbaren Nachteils für die übrigen Wohnungseigentümer grundsätzlich zu entfernen.806 Maßnahmen zur erstmaligen Herstellung einer Rundfunk- und entsprechend Fernsehempfangsanlage (vgl. § 21 Rz. 102) können allerdings nach § 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 6 WEG im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung mit Mehrheit beschlossen werden. Wenn die Eigentümergemeinschaft eine Umstellung der Medienversorgung und Auswahl zwischen den konkurrierenden Sys-

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schon Dötsch, AnwZert MietR 15/2016 Anm 2; a.A. noch als Vorinstanz AG München v. 17.12.2014 – 482 C 12592/14, ZMR 2015, 632. AG Bremen v. 5.8.2015 – 28 C 58/14, ZMR 2015, 986. Rodi/Hartung, ZUR 2014, 592; Happ, Wohnungseigentümer 2016, 136; Harendt/Mayer, KommJur 2016, 161; Dötsch, MietRB 2016, 241; Bickert, ZfIR 2016, 856; Dötsch, ZfIR 2017, 261; Horst, ZAP 2017, 1003; Dötsch, ZMR 2018, 477: Burgmair, ZWE 2018, 237. Vgl. aus der zahlr. Rspr. etwa: BayObLG v. 4.8.1998 – 2Z BR 103/98, NZM 1998, 965 = WuM 1998, 678; v. 29.1.1999 – 2Z BR 135/98, NZM 1999, 423 = WE 1999, 239; OLG Celle v. 19.5.1994 – 4 W 350/93, NJW-RR 1994, 977; OLG Düsseldorf v. 2.12.1992 – 3 Wx 159/92, MDR 1993, 233 = NJW 1993, 1274; v. 12.11.1993 – 3 Wx 333/93, MDR 1994, 372 = NJW 1994, 1163; OLG Frankfurt v. 7.3.1997 – 20 W 55/96, ZMR 1997, 607; OLG Hamm v. 4.12.1992 – 15 Wx 324/92, OLGZ 1993, 314 = MDR 1993, 233; OLG Köln v. 31.1.1996 – 16 Wx 230/95, OLGR Köln 1996, 114. Vgl. BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 = ZWE 2005, 352 mit Anm. Köhler; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 2.12.1992 – 3 Wx 159/92, MDR 1993, 233 = NJW 1993, 1274; OLG Köln v. 5.11.2004 – 16 Wx 207/04, NZM 2005, 223; OLG München v. 12.12.2005 – 34 Wx 083/05, NZM 2006, 345; OLG Celle v. 10.7.2006 – 4 W 89/06, OLGR Celle 2006, 698; LG München I v. 14.3.2008 – 1 T 11576/07, NZM 2008, 851. AG Pinneberg v. 26.9.2017 – 60 C 74/16, ZMR 2017, 90 (91). AG Köln v. 22.5.2017 – 202 C 175/16, ZMR 2017, 767.

Hogenschurz | 825

§ 22 Rz. 100 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau temen (Antenne, Kabelanschluss, Telefonanschluss, Satellitenempfang) vornehmen will, ist eine umfassende Abwägung aller Vor- und Nachteile der Systeme geboten, insbesondere die Einholung von Konkurrenzangeboten, um Leistungen und Kosten vergleichen zu können.807 Dabei wird die Eigentümergemeinschaft insbesondere das überwältigende Senderangebot, das über Satellit und auch über Internet-TV (Streaming, Podcast usw.) empfangen werden kann, berücksichtigen müssen.808 Über den Abschluss von Verträgen über den Fernsehempfang kann durch Mehrheitsbeschluss entschieden werden.809 Schließlich muss bei der Entscheidung bedacht werden, dass Mieter mietvertraglich ein Anspruch auf einen Breitbandkabelanschluss eingeräumt worden sein kann (vgl. Rz. 68a).810 101

Ein Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung einer Parabolantenne kann bestehen, wenn ein Verbot in der Teilungserklärung einer Inhaltskontrolle nach den gegenüber § 242 BGB herabgesetzten Maßstäben des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG (vgl. § 10 Rz. 27 ff.) nicht standhält, insbesondere wenn die Aufstellung ohne Substanzeingriff und (fast) unsichtbar erfolgt.811 Ein Anspruch812 auf Zustimmung zur Anbringung einer Parabolantenne oder deren Duldung gegen die übrigen Wohnungseigentümer kommt in Betracht bei verfassungskonformer Auslegung des Nachteilsbegriffs in § 14 Nr. 1 WEG als Ausfluss des Grundrechts auf Wahrung der kulturellen Identität aus Art. 2 Abs. 2 Abs. 1 GG,813 des Grundrechts auf ungestörte Religionsausübung, Art. 4 GG, wenn – nachvollziehbar aufgezeigt814 – Informationen über die eigene Religion empfangen werden sollen,815 oder als Folge des Grundrechts auf Informationsfreiheit und Informationsvielfalt aus Art. 5 Abs. 1 GG816 sowie etwa für Journalisten oder Radio-/TV-Geschäfte aus Art. 12 GG.817 Immer ist eine Abwägung aller grundrechtlich geschützten Interessen konkret für den Einzelfall vorzunehmen;818 diese sind

807 BayObLG v. 10.3.2004 – 2Z BR 274/03, ZMR 2004, 607: Anhörung allein eines Vertreters der Kabelbetreibergesellschaft unzureichend; OLG München v. 27.6.2006 – 32 Wx 72/06, ZMR 2006, 799 f. 808 Vgl. BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 = ZWE 2005, 352 mit Anm. Köhler. 809 LG Berlin v. 25.1.2013 – 55 S 80/12, ZMR 2013, 738; s.a. LG München I v. 3.4.2014 – 36 S 5269/13, ZMR 2014, 826. 810 Vgl. LG Kempten v. 8.4.2016 – 52 S 2137/15, WuM 2016, 345 811 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 = ZWE 2005, 352 mit Anm. Köhler; verneint im Einzelfall durch OLG Köln v. 26.7.2004 – 16 Wx 134/04, MietRB 2005, 73; bejaht von OLG Zweibrücken v. 25.9.2006 – 3 W 213/05, ZMR 2007, 143. 812 Zu Art. 10 EMRK als Hintergrund vgl. EuGHMR v. 22.5.1990 – 15/1989/175/231 – Autronic-AG, EuGRZ 1990, 261 = NJW 1991, 620. 813 Vgl. zum Mietrecht LG Wuppertal v. 25.5.1999 – 16 S 32/99, NZM 1999, 1043. 814 BVerfG v. 26.9.2011 – 1 BvR 916/07, Juris. 815 Zur alevitischen Richtung des Islams vgl. OLG München v. 6.11.2007 – 32 Wx 146/07, NJW 2008, 216 für Gottesdienstteilnahme; für das Mietrecht BGH v. 10.10.2007 – VIII ZR 260/06, MDR 2008, 73 für Information über die alevitische Gemeinschaft; zu den Darlegungsanforderungen vgl. BVerfG v. 26.9.2011 – 1 BvR 916/07, Juris. 816 Grundlegend: OLG Frankfurt v. 22.7.1992 – 20 REMiet 1/91, MDR 1992, 869 = NJW 1992, 2490; BVerfG v. 13.3.1995 – 1 BvR 1107/92, NJW 1995, 1665; BayObLG v. 4.8.1998 – 2Z BR 103/98, NZM 1998, 965 = WuM 1998, 678; v. 29.1.1999 – 2Z BR 135/98, NZM 1999, 423; OLG Celle v. 19.5.1995 – 4 W 350/93, NJW-RR 1994, 977; OLG Düsseldorf v. 2.12.1992 – 3 Wx 159/92, MDR 1993, 233 = NJW 1993, 1274; v. 12.11.1993 – 3 Wx 333/93, MDR 1994, 372 = NJW 1994, 1163; OLG Frankfurt v. 7.3.1997 – 20 W 55/96, ZMR 1997, 607; OLG Hamm v. 4.12.1992 – 15 Wx 324/92, OLGZ 1993, 314 = MDR 1993, 233; OLG Köln v. 31.1.1996 – 16 Wx 230/95, OLGR Köln 1996, 114. 817 Vgl. OLG Köln v. 26.7.21004 – 16 Wx 134/04, MietRB 2005, 73, wo die Parabolantenne und Satellitenanlage mit der Notwendigkeit der Überprüfung von Satellitenreceivern begründet wurde; BayObLG v. 4.8.1998 – 2Z BR 103/98, NZM 1998, 965 = WuM 1998, 678; vgl. auch BerlVerfGH v. 29.8.2001 – VerfGH 39/01, NJW 2002, 2166. 818 BVerfG v. 9.2.1994 – 1 BvR 1687/92, MDR 1994, 547; v. 30.6.1994 – 1 BvR 1478/93, NJW-RR 1994, 1232; v. 11.7.1996 – 1 BvR 1912/95, ZMR 1996, 534.

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VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 101a § 22

soweit wie möglich zu einem Ausgleich zu bringen.819 Entscheidend ist die Qualität, nicht die Quantität der empfangbaren Sender.820 Es reicht nicht aus, um einen Anspruch auf Errichtung einer Parabolantenne zu begründen, wenn über eine Satellitenempfangsanlage im Vergleich zum Breitbandkabelanschluss eine größere Anzahl von Programmen noch dazu in „HD“-Qualität empfangen werden kann821 oder über eine größere Satellitenschüssel mehr Programme in besserer Qualität empfangen werden können822, sondern entscheidend ist, ob bereits der vorhandene Kabelanschluss geeignet ist, das geltend gemachte Informationsinteresse hinreichend zu befriedigen. Ein grundsätzlicher Vorrang des Informationsinteresses des Wohnungseigentümers/Mieters vor den Eigentumsinteressen des Vermieters ergibt sich auch nicht aus dem Recht der Europäischen Gemeinschaften. Denn die in Art. 49 EGVertrag geregelte Dienstleistungsfreiheit ist ebenso wie die Informationsfreiheit aus Art. 10 EMRK nicht schrankenlos, sondern durch das von der Gemeinschaftsordnung geschützte Eigentumsrecht begrenzt.823 Voraussetzung eines Anspruchs auf Zustimmung zur Errichtung einer Parabolantenne ist, dass nur auf diese Weise das Bedürfnis befriedigt werden kann, zumindest einen Sender in der eigenen Muttersprache zu empfangen oder – soweit das etwa im Kabelanschluss vorhandene Angebot an Sendern in der Muttersprache gering ist – einen zusätzlichen, um so durch vielfältigere Informationen aus der Heimat die eigene kulturelle Identität zu wahren. Die durch die Herkunft geprägte kulturelle Identität, in der das besondere Informationsbedürfnis gründet, ist von der Staatsangehörigkeit und Einbürgerung unabhängig.824 Entscheidend ist auch nicht das Herkunftsland, sondern die Volkszugehörigkeit.825 Wichtig ist, dass die Grundrechtsposition verzichtbar ist. Wünscht ein Miteigentümer, 101a eine Parabolantenne anbringen zu dürfen, ist vorrangig zu prüfen, ob in der Teilungserklärung eine Sonderreglung getroffen ist, etwa die Anbringung von Außen-/Parabolantennen grundsätzlich verboten ist. Dies ist zulässig, denn der Erwerber weiß, dass er auf eine etwa entgegenstehende Grundrechtsposition verzichtet.826 Die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung gegenüber dem Erwerber setzt deren Grundbucheintragung voraus.827 Wer eine Eigentumswohnung erwirbt, ist an im Grundbuch eingetragene Vereinbarungen genauso gebunden wie gem. § 10 Abs. 4 WEG an zu Zeiten seiner Rechtsvorgänger gefasste Eigentümerbeschlüsse, die das Anbringen von Parabolantennen verbieten.828 Auch wer einen Eigentümerbeschluss, der die Beseitigung einer konkreten Parabolantenne verlangt, als Betrof-

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Beispielhaft für das Mietrecht AG Kerpen v. 23.8.2011 – 104 C 392/10, ZMR 2011, 964. BGH v. 14.5.2013 – VIII ZR 268/12, NZM 2013, 647. BGH v. 21.9.2010 – VIII ZR 275/09, WuM 2010, 737; dazu Horst, MietRB 2011, 263. LG Dortmund v. 11.11.2014 – 1 S 83/14, ZWE 2015, 371. BGH v. 16.11.2005 – VIII ZR 5/05, MDR 2006, 741. BGH v. 13.11.2009 – V ZR 10/09, MDR 2010, 200; LG Wuppertal v. 9.3.2001 – 6 T 16/01, ZMR 2001, 747; vgl. zum Mietrecht LG Wuppertal v. 25.5.1999 – 16 S 32/99, NZM 1999, 1043; a.A. BayObLG v. 28.10.1994 – 2Z BR 77/94, BayObLGZ 1995, 326 = MDR 1995, 467; OLG Frankfurt v. 28.7.1993 – 20 W 44/92, OLGZ 1994, 151 = MDR 1993, 1201; OLG Hamm v. 9.10.1997 – 15 W 245/97, MDR 1998, 527 = ZMR 1998, 188; v. 1.10.2001 – 15 W 166/01, NZM 2002, 445 f.; LG Lübeck v. 29.12.1998 – 6 S 206/97, NZM 1999, 1044. BVerfG v. 31.3.2013 – 1 BvR 1314/11, NJW 2013, 2180, für die Verbundenheit mit der heimischen Volksgruppe und Sprache (Turkmenen aus der Türkei). BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 = ZWE 2005, 352 mit Anm. Köhler; OLG Köln v. 26.7.2004 – 16 Wx 134/04, MietRB 2005, 73; a.A. noch OLG Düsseldorf v. 13.12.2000 – 3 Wx 265/00, WuM 2001, 295 mit krit. Anm. Köhler = ZWE 2002, 97; OLG Zweibrücken v. 31.1.2002 – 3 W 299/01, NZM 2002, 269 für Eigentumserwerb. BGH v. 4.4.2003 – V ZR 322/02, MDR 2003, 864. Vgl. BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 = ZWE 2005, 352 mit Anm. Köhler; a.A. noch OLG Hamm v. 1.10.2001 – 15 W 166/01, NZM 2002, 445 für einen später aufgenommenen italienischen Lebensgefährten.

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§ 22 Rz. 101a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau fener bestandskräftig werden lässt, kann sich auf seine Grundrechtsposition nicht mehr berufen, denn das Verstreichenlassen der Anfechtungsfrist ist als Verzicht auf die Geltendmachung des Grundrechts auf Informationsfreiheit und Wahrung der kulturellen Identität zu verstehen.829 Ein Eigentümerbeschluss, der Parabolantennen generell verbietet, soweit nicht ein Anspruch auf Errichtung aus verfassungsrechtlichen Gründen besteht, ist allerdings als zu unbestimmt nichtig;830 im Übrigen soll das generelle Verbot von Parabolantennen durch Mehrheitsbeschluss zulässig sein831. Jedenfalls anfechtbar ist ein Eigentümerbeschluss, der eine Ausnahme vom generellen Verbot von Parabolantennen nur für vermietende, nicht auch für selbst nutzende Wohnungseigentümer vorsieht.832 Der vermietende Wohnungseigentümer muss durch entsprechende mietvertragliche Regelungen dafür Sorge tragen, dass eventuell zur Anbringung von Parabolantennen mietrechtlich berechtigte Mieter durch Individualabrede833 darauf verzichten oder aber, er darf nicht an sie vermieten.834 101b

Ein Anspruch besteht, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen in der Person des Wohnungseigentümers, eines Mieters oder eines sonstigen Mitbewohners vorliegen, soweit ein Anschluss an das Breitbandkabelnetz oder leistungsfähiges Internet835 vorhanden ist, für einen deutschen Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht.836 Ist ein Anschluss an das Breitbandkabelnetz nicht vorhanden, hat ein einzelner deutscher Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung einer Parabolantenne, wenn nicht mehr als fünf Programme empfangen werden können.837 Kein Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung einer Einzelparabolantenne besteht, wenn eine Gemeinschaftsparabolantenne vorhanden ist.838

101c

Ein ausländischer Wohnungseigentümer kann auch bei einem bestehenden Anschluss an das Breitbandkabelnetz Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung einer Parabolantenne haben, wenn sonst nicht mehr als zwei Programme in der Muttersprache empfangen werden können;839 sieben Programme in der Heimatsprache sollen ausreichend sein.840 Auch hier ist das über das Internet abrufbare Medienangebot zu bedenken.841 Entscheidend ist die Qualität, nicht die Quantität der empfangbaren Sender.842 Soweit das Informations829 OLG Köln v. 30.6.2004 – 16 Wx 135/04, NZM 2005, 108; v. 5.11.2004 – 16 Wx 207/04, NZM 2005, 108. 830 BayObLG v. 15.4.2004 – 2Z BR 071/04, NZM 2004, 834. 831 LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 145/14, ZWE 2016, 229, für das Verbot der Anbringung am Gemeinschaftseigentum; a.A. LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 111/13, ZMR 2014, 743 für das generelle Verbot. 832 BayObLG v. 15.4.2004 – 2Z BR 71/04, NZM 2004, 834. 833 Zur Unzulässigkeit des vollständigen Verbots der Anbringung von Parabolantennen im Mietvertrag Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl., § 535 BGB Rz. 483 m.w.N. 834 OLG Köln v. 5.11.2004 – 16 Wx 207/04, ZMR 2005, 228. 835 AG Pinneberg v. 26.9.2017 – 60 C 74/16, ZMR 2017, 90 (91). 836 BVerfG v. 10.3.1993 – 1 BvR 1192/92, MDR 1993, 533 = NJW 1993, 1252; v. 9.2.1994 – 1 BvR 1678/92, MDR 1994, 547 = NJW 1994, 1147; BayObLG v. 30.11.2000 – 2Z BR 92/00, ZMR 2001, 211; OLG Frankfurt v. 28.7.1993 – 20 W 44/92, OLGZ 1994, 151 = MDR 1993, 1201; OLG Köln v. 31.1.1996 – 16 Wx 230/95, OLGR Köln 1996, 114; offen gelassen von BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/ 03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 = ZWE 2005, 352 mit Anm. Köhler. 837 OLG Hamm v. 4.12.1992 – 15 Wx 324/92, OLGZ 1993, 314 = MDR 1993, 233; OLG Köln v. 31.1.1996 – 16 Wx 230/95, WuM 1996, 292. 838 BayObLG v. 29.1.1999 – 2Z BR 135/98, NZM 1999, 423; LG Hamburg v. 15.7.2009 – 318 S 151/08, ZMR 2010, 61. 839 BVerfG v. 10.3.1993 – 1 BvR 1192/92, MDR 1993, 533 = NJW 1993, 1252; v. 9.2.1994 – 1 BvR 1678/92, MDR 1994, 547 = NJW 1994, 1147; v. 30.6.1994 – 1 BvR 1478/93, NJW-RR 1994, 1232; v. 11.7.1996 – 1 BvR 1912/95, ZMR 1996, 534; vgl. auch LG Hamburg v. 4.3.2009 – 318 S 29/08, ZMR 2009, 796. 840 LG München I v. 15.2.2010 – 1 S 15854/09, ZMR 2010, 795. 841 AG Pinneberg v. 26.9.2017 – 60 C 74/16, ZMR 2017, 90 (91). 842 BGH v. 14.5.2013 – VIII ZR 268/12, NZM 2013, 647.

828 | Hogenschurz

VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 101d § 22

bedürfnis dadurch gestillt werden kann, dass der ausländische Wohnungsnutzer die ihn interessierenden Sender auf seine Kosten in die Satellitenanlage oder das Kabelnetz einspeisen lässt, etwa durch Pay-TV, so ist er darauf verwiesen, selbst wenn die Kosten dafür höher liegen als bei der Anbringung einer Parabolantenne.843 Als alternative Empfangsmöglichkeiten ohne Parabolantenne kommen auch das Internetfernsehen (Streaming)844 oder Digitalfernsehen (Decoderempfang) in Betracht;845 viel spricht dafür, aus diesem Grund die Notwendigkeit der Nutzung einer Parabolantenne für den Regelfall zu verneinen;846 alternative Empfangsmöglichkeiten darzustellen, obliegt im Prozess als Folge des Beibringungsgrundsatzes den Parteien. Soweit mehrere ausländische Wohnungseigentümer Anspruch auf die Errichtung einer Parabolantenne haben, können sie zur Begrenzung der optischen Beeinträchtigung darauf verwiesen werden, mit den anderen Interessenten eine Gemeinschaftsparabolantenne zu errichten.847 Soweit einem Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Duldung der Anbringung einer Pa- 101d rabolantenne zusteht, bedeutet dies nicht, dass nunmehr auch alle anderen Wohnungseigentümer eine Parabolantenne anbringen dürften; der Anspruch ist vielmehr für jeden Einzelfall zu prüfen und in jedem Einzelfall davon abhängig, dass überwiegende Interessen im Rahmen der gebotenen Grundrechtsabwägung festgestellt werden können.848 Soweit ein Anspruch auf Zustimmung zu einer Parabolantenne besteht, beinhaltet dieser in Folge der gebotenen Grundrechtsabwägung nur den mildesten Eingriff. Die Anbringung der Parabolantenne muss deshalb baurechtlich zulässig sein und Auflagen des Denkmalschutzes beachten, sach- und fachgerecht (durch einen Fachmann) erfolgen, sich auf die möglichst unauffälligste (kleinste), technisch zum Empfang der notwendigen Programme geeignete Parabolantenne beschränken,849 an dem nach Bestimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft850 am wenigsten störenden Ort (möglichst verdeckt)851 installiert, ohne erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz montiert, unter Freistellung der übrigen Wohnungseigentümer von allen anfallenden Kosten (Errichtung, Betrieb, Rückbau bei Entfallen der Anspruchsvoraussetzungen), unter Abschluss einer Versicherung zur Absicherung des Haftungsrisikos, unter Erbringung einer Sicherheit für die voraussichtlichen Rückbaukosten erfolgen, denn die Parabolantenne muss entfernt werden, wenn nach einem Mieter-/oder Nutzerwechsel die persönlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Gestattung nicht

843 OLG Hamm v. 1.10.2001 – 15 W 166/01, NZM 2002, 445; vgl. zum Mietrecht BGH v. 14.5.2013 – VIII ZR 268/12, NZM 2013, 647. 844 LG Frankfurt v. 28.5.2010 – 2-09 S 47/08, ZMR 2010, 965. 845 BVerfG v. 24.1.2005 – 1 BvR 1953/00, ZMR 2005, 932; v. 17.3.2005 – 1 BvR 42/03, BayVBl. 2005, 691; BerlVerfGH v. 29.8.2001 – VerfGH 39/01, NJW 2002, 2166; LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 111/13, ZMR 2014, 743; AG München v. 2.10.2012 – 473 C 12502/12, BeckRS 2013, 07262. 846 LG Frankfurt/M. v. 28.5.2010 – 2-09 S 47/08, ZMR 2010, 965; v. 21.5.2013 – 2-13 S 75/12; v. 21.5.2013 – 2-13 S 75/12, WuM 2013, 631; a.A. etwa AG Halle/Saale v. 13.11.2012 – 95 C 4392/11, ZMR 2013, 124. 847 OLG Celle v. 19.5.1994 – 4 W 350/93, NJW-RR 1994, 977; vgl. auch BVerfG v. 14.9.1995 – 1 BvR 1471/94, WuM 1995, 693; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 13.2.2006 – 3 Wx 181/05, NZM 2006, 782: Das eigenmächtige Aufschalten auf die Empfangsanlage eines anderen Wohnungseigentümers ist unzulässig. 848 OLG Hamm v. 1.10.2001 – 15 W 166/01, NZM 2002, 445 f.. 849 Vgl. auch BayObLG v. 13.3.1997 – 2Z BR 8/97, WuM 1997, 343 = ZMR 1997, 317. 850 Vgl. BVerfG v. 11.7.1996 – 1 BvR 1912/95, NJW 1996, 2828; BGH v. 13.11.2009 – V ZR 10/09, MDR 2010, 200; BayObLG v. 8.4.2004 – 2Z BR 051/04, WuM 2004, 358 zur Delegation an Verwalter und Beirat; OLG Frankfurt v. 2.12.2004 – 20 W 186/03, NZM 2005, 427. 851 Die Festlegung auf einen zum Empfang ungeeigneten Standort entfaltet keine Bindungswirkung, vgl. OLG Schleswig v. 12.2.2003 – 2 W 217/02, NZM 2003, 558; v. 2.9.2004 – 2 W 93/04, OLGR Schleswig 2005, 383.

Hogenschurz | 829

§ 22 Rz. 101d | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau mehr vorliegen.852 Es besteht kein Anspruch auf die „preiswerteste“ Lösung853 oder eine Standortwahl nach eigenem Belieben.854 Die Mehrkosten müssen aber zumutbar sein.855 Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann ihr Auswahlermessen durch einen Mehrheitsbeschluss ausüben; wird dieser bestandskräftig, kann nicht mehr geltend gemacht werden, der Anbringungsort unterhalb der Balkonbrüstung sei technisch ungeeignet.856 Um die Voraussetzungen für eine zulässige Anbringung, insbesondere die Möglichkeit zur Ausübung des ihr zustehenden Ermessens bei der Auswahl des Anbringungsorts, zu gewährleisten, braucht die Wohnungseigentümergemeinschaft ein eigenmächtiges Vorgehen ohne deren Berücksichtigung nicht zu dulden, sondern kann Beseitigung verlangen, wenn die Einzelheiten der Anbringung nicht abgestimmt sind,857 auch vom errichtenden Mieter.858 Schon gar nicht darf ein einzelner Wohnungseigentümer im Vorgriff auf etwaige Eigentümerbeschlüsse, um der Fortentwicklung der Technik Rechnung zu tragen, eigenmächtig eine digitale Satellitenanlage anbringen.859 102 – Bei der Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft den Einbau von Rauchwarnmel-

dern oder Brandmeldern wirksam beschließen kann oder sogar muss, muss man zunächst unterscheiden, ob nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, insbesondere den Landesbauordnungen, eine Pflicht zur Errichtung besteht, wie das für bestimmte Räume, etwa Rettungswege, Treppenhäuser usw., oder für bestimmte Bauwerke, etwa Hochhäuser, Tiefgaragen usw., oder aufgrund besonderer Nutzungen, etwa als Kindergarten, Alten- und Pflegeheim usw., der Fall sein kann. Soweit im Bereich des Gemeinschaftseigentum danach Brandmeldeeinrichtungen oder Rauchwarnmelder betrieben werden müssen, entscheiden über diese Fragen der ordnungsgemäßen Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums die Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG durch (Mehrheits-) Beschluss; regelmäßig kann es dabei angesichts der öffentlich-rechtlichen Vorgaben nur um die Frage der Umsetzung nach allgemeinen Grundsätzen (Vergleichsangebote usw.) gehen. Nichts anderes kann gelten, soweit zentrale Brandmeldeeinrichtungen für das gesamte Gebäude erforderlich sind und dabei auch Warnmelder im Bereich des Sondereigentums umfassen.860 In der Praxis besondere Schwierigkeiten bereiten allerdings die nach den

852 Das gilt nicht nur, wenn der Widerruf der Gestattung wegen veränderter Umstände vorbehalten war; vgl. zum Anschluss an das rückkanalfähige Breitbandnetz im Mietrecht LG Berlin v. 16.7.2012 – 67 S 507/11, GE 2012, 1169. 853 S. Köhler, ZWE 2002, 97 (102). 854 LG Frankfurt v. 28.5.2010 – 2-09 S 47/08, ZMR 2010, 965. 855 OLG Frankfurt v. 2.12.2004 – 20 W 186/03, NZM 2005, 427 hält Kosten i.H.v. 2.600 Euro von zumutbar; OLG München v. 9.1.2006 – 34 Wx 101/05, MDR 2006, 627 für die zumutbare Anschaffung einer digitalen „Set-Top-Box“ für etwa 200 Euro zzgl. einer einmaligen Freischaltgebühr i.H.v. 35 Euro und bei monatlichen Kosten i.H.v. 5,95 Euro den Empfang von sechs türkischsprachigen Programmen bzw. bei monatlichen Kosten i.H.v. 19,95 Euro den Empfang von acht türkischsprachigen Programmen; für die Annahme der Zumutbarkeit im Regelfall (ohne Grundlage) AG HamburgHarburg v. 11.4.2013 – 650 C 356/12, ZMR 2013, 815. 856 OLG Frankfurt v. 28.10.2010 – 20 W 122/07, ZWE 2011, 407. 857 BVerfG v. 10.11.1995 – 1 BvR 2119/95, ZMR 1996, 122; BGH v. 13.11.2009 – V ZR 10/09, MDR 2010, 200; BayObLG v. 8.4.2004 – 2Z BR 051/04, WuM 2004, 358; OLG Celle v. 19.5.1994 – 4 W 350/93, NJW-RR 1994, 977; OLG Bremen v. 16.8.1994 – 3 W 25/94, WuM 1995, 58; OLG Düsseldorf v. 2.8.1995 – 3 Wx 174/95, NJW-RR 1996, 141 = ZMR 1995, 554; LG München I v. 14.3.2008 – 1 T 11576/07, NZM 2008, 851; zur Ausnahme der Ermessensreduzierung auf null OLG München v. 6.7.2005 – 34 Wx 042/05, NZM 2006, 106. 858 BVerfG v. 11.7.1996 – 1 BvR 1912/95, ZMR 1996, 534. 859 OLG Köln v. 31.8.2004 – 16 Wx 166/04, NJW 2004, 3496. 860 Denn diese Brandmeldeeinrichtungen im Bereich des Sondereigentums sind richtigerweise als Gemeinschaftseigentum einzuordnen, vgl. § 5 Rz. 94; Schneider, ZMR 2010, 822; ähnlich BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11 – Rz. 13, MDR 2013, 835.

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VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 102 § 22

landesrechtlichen Bauordnungsvorschriften bestehenden Einbau- und Betriebspflichten im Bereich des Sondereigentums für dezentrale, insbesondere batteriebetriebene Rauchwarnmelder, wie sie zur Deckenmontage in jedem Baumarkt angeboten werden. Dabei war durch einen vielstimmigen Chor von Entscheidungen und Stimmen der Literatur eine unübersichtliche Situation entstanden, die in der Praxis zu erheblicher Verunsicherung führen konnte; dabei müssen die Besonderheiten des jeweiligen Landesrechts zur Vorsicht bei der Übertragbarkeit von Aussagen mahnen. Ausgangspunkt einer Entscheidung der Wohnungseigentümer über den Einbau und die Wartung von (dezentralen) Rauchwarnmelder im Sondereigentum muss die Frage sein, wer nach dem öffentlichen-rechtlicher pflichtig oder verantwortlich ist, wer also nach dem jeweiligen Landesrecht zu Einbau und Betrieb der Rauchwarnmelder verpflichtet ist; dies kann für Einbau und Betrieb auseinanderfallen. Der Inhalt der maßgeblichen Regelungen ergibt sich aus dem jeweiligen Gesetzestext, der aktuell durch Internetrecherche bei den entsprechenden Landesjustizportalen unschwer aufzufinden ist.861 Danach ist regelmäßig der Teil- oder Wohnungseigentümer zum Einbau verpflichtet, zum Betrieb und Unterhalt dann der Teil- oder Wohnungseigentümer und/oder der jeweilige Nutzer (Mieter, Pächter usw.). Wohnungseigentumsrechtlich ist nach der Systematik in § 10 Abs. 6 WEG zwischen originären, geborenen und gekorenen Pflichten der Wohnungseigentümergemeinschaft zu unterscheiden.862 Eine originäre Pflicht liegt vor, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft nach Landesrecht (ausnahmsweise) selbst pflichtig ist. Eine geborene Pflicht ist anzunehmen, wenn die Gesamtheit der Wohnungseigentümer als Grundstückseigentümer oder auch alle einzelnen Wohnungseigentümer pflichtig sind, eine gekorene Pflicht, wenn nicht alle Miteigentümer pflichtig sind; bei der Abgrenzung von geborener und gekorener Pflicht863 wirkt sich deshalb aus, wenn eine Einbaupflicht landesrechtlich nur in Wohnungen und für Wohnungseigentümer besteht,864 denn dann ist bei Vorhandensein von Teileigentum von einer gekorenen Pflicht auszugehen, sind doch nicht alle Wohnungseigentümer pflichtig.865 Die Frage, wie die Umsetzung durch die Wohnungseigentümer erfolgen und ob ein Einbau auch ohne öffentlich-rechtlich Pflicht von der Mehrheit wirksam beschlossen werden kann, ist für die Praxis gelöst, denn bei öffentlich-rechtlicher Pflicht stehen die Rauchwarnmelder nicht im Sondereigentum, sondern sind Gemeinschaftseigentum866 und die Befestigung erfolgt am Gemeinschaftseigentum (Zimmerdecke); auch wo landesgesetzliche Pflichten noch fehlen, wird man sie richtigerweise als „für die Sicherheit des Gebäudes erforderlich“ und damit zwingend als Gemeinschaftseigentum ansehen.867 Der Einbau von Sicherheitseinrichtungen ist deshalb richtiger Weise als Verwaltungsmaßnahme i.S.v. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG zu verstehen, über die mit Mehrheit beschlossen werden kann868 (vgl. Rz. 9); dies gilt auch schon vor Inkrafttreten einer gesetzlichen Pflicht während einer gesetzlich eingeräumten Übergangsfrist869.

861 862 863 864 865 866 867 868

869

S.a. die Zusammenstellung bei Euba, IMR 2016, 135. BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835 = ZMR 2013, 642 mit krit. Anm. Abramenko. Dazu grundsätzlich BGH v. 11.12.2015 – V ZR 180/14, MDR 2016, 642. So z.B. § 49 Abs. 7 LBauO NW, vgl. Dötsch, ZWE 2016, 26; anders für § 15 Abs. 7 BWBauO LG Karlsruhe v. 30.6.2015 – 11 S 109/14, NZM 2015, 899. Vgl. BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11 – Rz. 11, MDR 2013, 835; a.A. Riecke, NZM 2016, 217 (219). BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835 = ZMR 2013, 642 mit krit. Anm. Abramenko. Vgl. § 5 Rz. 94; Schneider, ZMR 2010, 822; ähnlich BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11 – Rz. 13, MDR 2013, 835. So schon OLG Frankfurt v. 17.7.2008 – 20 W 325/06, ZMR 2009, 864; AG Kiel v. 15.9.2010 – 118 C 175/10, ZMR 2011, 842; AG Düsseldorf v. 11.1.2016 – 290a C 192/15, ZMR 2016, 575; Schmidt/Breiholdt/Riecke, ZMR 2008, 341 (348); vgl. § 21 WEG Rz. 69; i.E. auch bei Annahme einer Beschlusskompetenz aus § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG LG Hamburg v. 2.3.2011 – 318 S 193/10, ZMR 2011, 387; v. 5.10.2011 – 318 S 245/10, ZWE 2012, 55. AG Haldensleben v. 10.12.2015 – 18 C 8/15, ZMR 2016, 577.

Hogenschurz | 831

§ 22 Rz. 102a | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau 102a

Für die Frage an die Wohnungseigentümergemeinschaft, wie sie sich zu den vorgenannten Pflichten verhält, ist zu unterscheiden: Den Verwalter trifft – in allen Fällen – eine Informationspflicht gegenüber den Wohnungseigentümer über die gesetzlichen Anforderungen.870 Soweit eine originäre Pflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft besteht, muss diese über das Wie der Pflichterfüllung entscheiden. Weil regelmäßig eine Beschlusskompetenz für die Inpflichtnahme der einzelnen Wohnungseigentümer fehlt,871 bleibt nur die Vergabe der vorzunehmenden Tätigkeiten an einen Dienstleister. Sofern eine geborene oder gekorene Pflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft in Betracht kommt, stellt sich die Frage danach, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft diese Pflicht für Anschaffung und/oder Betrieb wahrnehmen muss oder den einzelnen Miteigentümern überlassen kann. Wie bei allen Verwaltungsentscheidungen lässt sich die Frage, ob sich eine konkrete Beschlussfassung in den Grenzen des den Wohnungseigentümern zustehenden Gestaltungsermessens hält, nicht generell, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der allseitigen Interessen beantworten.872 Dabei steht zunächst fest, dass die Eigentümergemeinschaft im Falle einer originären oder geborenen Pflicht eine Entscheidung über deren Erfüllung – möglichst vor Inkrafttreten der öffentlich-rechtlichen Pflicht – treffen muss, sonst baldmöglichst nachholen muss. Bei der originären Pflicht kann es nur um die Entscheidung gehen, wie die Pflicht durch die Wohnungseigentümergemeinschaft erfüllt werden soll. Bei der geborenen Pflicht des Verbands ist ungeklärt, ob daneben Pflichten der einzelnen Sondereigentümer fortbestehen;873 davon ist jedenfalls hier auszugehen, denn die Wohnungseigentümer können die einzelnen Wohnungseigentümer nicht durch Mehrheitsbeschluss der öffentlich-rechtlich begründeten Pflichtigkeit entheben. Nur soweit die Pflichten der einzelnen Sondereigentümer fortbestehen, wird man – ohne Zustimmung der betroffenen Wohnungseigentümer – eine Entscheidung des Verbands mit dem Inhalt für möglich halten können, zunächst den pflichtigen Sondereigentümern die Erfüllung der Pflicht zu überlassen874 und sich auf eine Überwachung zu beschränken. Schließlich bleibt im Falle gekorener Pflichten die Möglichkeit der Vergemeinschaftung der Aufgabenwahrnehmung durch Mehrheitsbeschluss, denn den Wohnungseigentümer steht, wenn nur die Rechtsausübung durch den Verband zumindest förderlich ist, ein durch § 10 Abs. 6 S. 3 WEG eröffnete Zugriffsermessen (vgl. § 10 Rz. 116) zu875; die Entscheidung über das Wie der Aufgabenerfüllung muss dann den inhaltlichen Anforderungen aus § 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 2 WEG entsprechen. Weil für diese Entscheidung über das Wie der Aufgabenerfüllung ein weites Ermessen besteht und bei der Ermessenentscheidung wie stets alle Gesichtspunkte des Einzelfalles zu berücksichtigen sind, kann nicht regelmäßig von einer Ermessensreduzierung ausgegangen werden, dass nur eine Wahrnehmung der Pflicht zu Installation und Wartung durch den Verband und die durch diesen erfolgte Beauftragung einer Fachkraft für Rauchwarnmelder (gemäß DIN 14676) eine ordnungsgemäße Pflichterfüllung sicherstellen könne.876 Daneben muss die Ent-

870 Dazu allgemein Elzer, MietRB 2013, 192 (195). 871 AG Heidelberg v. 22.10.2014 – 45 C 527/14, ZMR 2016, 155; zum Belastungsverbot bei Vorliegen einer Öffnungsklausel vgl. BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, MDR 2015, 79; s.a. Riecke, NZM 2016, 217 (219). 872 Vgl. BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, MDR 2015, 1355 zur Kreditaufnahme. 873 Offengelassen in BGH v. 11.12.2015 – V ZR 180/14 – Rz. 21 a.E., 22, MDR 2016, 642. 874 A.A. AG Bonn v. 30.1.2015 – 27 C 144/14, ZMR 2015, 407 875 Vgl. BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14 – Rz. 7, MDR 2015, 267; Casser, ZMR 2015, 177; enger Schultz, ZWE 2014, 323; a.A. AG Bottrop v. 18.9.2015 – 20 C 25/15, ZMR 2016, 63 mit abl. Anm. Riecke, unter Hinweis auf vorrangiges Landesrecht. 876 So aber AG Wuppertal v. 30.9.2015 – 91b C 58/15, ZMR 2016, 64; ebenso Riecke, NZM 2016, 217 (219). Dagegen spricht schon, dass es sich empirisch nicht belegen lässt, dass der Verband Wohnungseigentümergemeinschaft rechtstreuer ist, als einzelne Miteigentümer. Der Gesetzgeber jedenfalls vertraut Eigentümer wohl undifferenziert, hat er doch er doch Kontrollen (Brandschau) auch bei Einfamilienhausbesitzern nicht angeordnet.

832 | Hogenschurz

VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 102b § 22

scheidung der Wohnungseigentümergemeinschaft bedenken, welche Folgen eine Vergemeinschaftung bei einer Pflichtverletzung für Leistungen der Feuerversicherung hat, wird doch durch die Übernahme der Pflichten durch den Verband deren ordnungsgemäße Durchführung zu dessen eigener, also einer Obliegenheit des Versicherungsnehmers Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Versicherer und das Privileg § 6 VGB 2010 gilt dann wohl nicht;877 aber auch dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft den einzelnen Wohnungseigentümern den Einbau von Rauchwarnmeldern überlässt, läuft sie Gefahr, dass im Schadensfall Leistungen aus der Feuerversicherung gekürzt werden878. Soweit die Wohnungseigentümergemeinschaft Errichtung und Wartung der Rauchwarn- 102b melder übernimmt, muss diese zumindest den landesgesetzlichen Anforderungen entsprechen, kann aber auch darüber hinausgehen, etwa weitere Rauchwarnmelder vorsehen oder die Kontrolle und Wartung in die Hand der Gemeinschaft legen879. Bei Fehlen ausdrücklicher Regelungen in den landesrechtlichen Vorschriften müssen den technischen Vorschriften der DIN 14676 und DIN EN 14604 eingehalten werden. Zutreffend ist es dabei, dass vorhandene, durch einzelne Miteigentümer selbsterrichtete Rauchwarnmelder im Falle einer Ausstattung durch den Verband einer einheitlichen Ausstattung nicht entgegenstehen, also kein Anspruch auf Ausnahme wegen eigener Ausstattung besteht; die Wohnungseigentümer können für die einheitliche Ausstattung bei einer entsprechenden Ermessensausübung dem Argument der Effizienz der Pflichterfüllung auch bei späteren Nutzerwechseln den Vorzug geben.880 Diese Bewertung ist auch für die einheitliche Wartung und Kontrolle gebilligt worden.881 Unbedenklich dürfte es sein, die Kosten der Installation unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 WEG abweichend zu verteilen und die Wartungskosten nach der Anzahl der Rauchwarnmelder in den jeweiligen Wohnungen zu verteilen.882 Mehrkosten für einen Sondertermin für die Installation hat der betroffene Wohnungseigentümer nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag zu erstatten.883 Letztlich bleibt zur Ausübung der vergemeinschafteten Betriebspflicht nur die Beauftragung des Hausmeisters, wenn er über die durch DIN 14676 vorgeschriebene Qualifikation verfügt, oder eines entsprechenden Dienstleisters mit den von Ablesung der Heizungs- und Wasserzähler bekannten Zugangsproblematik (vgl. § 14 Rz. 22c), die sich durch den verfassungsrechtlich nicht bedenklichen Einbau von mit Funktechnik ausgestatten Rauchwarnmeldern884 hinsichtlich der jährlichen Funktionsprüfung vermeiden lassen.

877 Dazu Staudinger, ZMR 2015, 179 (182); Casser, ZMR 2015, 177 (178), der zutreffend für den Fall der Beauftragung von Dienstleistern mit der Installation und Wartung darauf hinweist, dass sich diese für eine Haftung bei „Zugangsproblemen“ freizeichnen. 878 BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14 – Rz. 13, MDR 2015, 267; BGH v. 7.12.2018 – V ZR 273/17 – Rz. 19, Juris. 879 BGH v. 7.12.2018 – V ZR 273/17 – Rz. 8, Juris; so schon LG Bochum v. 5.8.2016 – 1 S 80/16, WuM 2016, 638; AG Wuppertal v. 5.9.2016 – 95b C 47/16, ZMR 2016, 1006; s.a. LG Dortmund v. 19.4.2016 – 1 S 437/15, ZMR 2016, 642; LG Dortmund v. 5.8.2016 – 1 S 80/16, WuM 2016, 638. 880 BGH v. 7.12.2018 – V ZR 273/17, Juris; LG Düsseldorf v. 1.7.2015 – 25 S 167/14, ZMR 2015, 780; LG Frankfurt/Main v. 9.9.2014 – 2-09 S 22/14, Juris Rz. 9; AG Singen v. 25.11.2014 – 7 C 20/14, ZMR 2015, 416; AG Hannover v. 12.12.2014 – 484 C 7688/14, ZMR 2015, 585; Riecke, NZM 2016, 212 (220); s.a. BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14 – Rz. 30, MDR 2015, 1355, wo ein Anspruch auf Ausnahme von einer Kreditaufnahme verneint wird; zum Mietrecht BGH v. 17.6.2015 – VIII ZR 290/14 – Rz. 22, MDR 2015, 818; BGH v. 17.6.2015 – VIII ZR 216/14 – Rz. 13, WuM 2015, 497; a.A. LG Braunschweig v. 7.2.2014 – 6 S 449/13, NZM 2014, 614; LG Karlsruhe v. 17.11.2015 – 11 S 38/15, NZM 2016, 240. 881 BGH v. 7.12.2018 – V ZR 273/17, Juris; AG Hamburg v. 26.3.2017 – 318 S 36/16, ZMR 2017, 501; AG Ratingen v. 18.11.2014 – 11 C 121/14, ZMR 2015, 643; ebenso Riecke, NZM 2016, 212 (220). 882 AG Bochum v. 26.1.2016 – 95 C 44/15, WuM 2016, 242. 883 AG Tostedt v. 12.4.2018 – 5 C 49/17, ZMR 2018, 717. 884 Vgl. BVerfG v. 8.12.2015 – 1 BvR 2921/15, NZM 2016, 306.

Hogenschurz | 833

§ 22 Rz. 102b | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau Rechtliche Schwierigkeiten885 mit den Mietern vermietender Miteigentümer entstehen nicht, denn diese sind zur Duldung des Einbaus von Rauchwarnmeldern durch den Vermieter grundsätzlich auch bei vorangegangener Selbstausstattung verpflichtet886. 103 – Die nachträgliche Anbringung von Rollladen oder Außenjalousien ist regelmäßig mit ei-

ner nachteiligen optischen Beeinträchtigung verbunden und daher zustimmungspflichtig.887 Weil Rollladen zum Gemeinschaftseigentum gehören,888 sind Veränderungen auch Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum. Der nach der Teilungserklärung zur Instandhaltung und Instandsetzung der Fenster verpflichtete Wohnungseigentümer darf im Rahmen modernisierender Instandsetzung die Gurtführung der Rollladen gegen einen Rollladenmotor austauschen,889 wobei trotz der andersartigen Geräuschentwicklung kein Nachteil vorliegen muss.890 Zulässig kann sie unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 WEG sein. 104 – Die Errichtung von Sonnenkollektoren ist schon wegen der damit regelmäßig verbunde-

nen optischen Beeinträchtigung grundsätzlich zustimmungsbedürftig.891 Zudem muss der Errichtungswillige mögliche Gefahren für die Dachabdichtung und Statik ausräumen. Zulässig kann sie unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 WEG sein.

105 – Probleme des Trittschallschutzes892 haben ihre Ursache häufig in dem Unterhalt bzw. der

Abnutzung des sog. Oberbodenbelags (Teppich, Parkett, Fliesen usw.).893 Trotz der mit der Abnutzung einhergehenden Verschlechterung besteht gegen den einzelnen Wohnungseigentümer kein Anspruch auf Sanierung des im Sondereigentum stehenden Oberbodenbelags.894 Der bei Begründung des Wohnungseigentums bestehende Zustand muss grundsätzlich hingenommen werden.895 Hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums (tragende Decke, Estrich, Isolierschicht usw.; zur Abgrenzung vgl. § 5 Rz. 16 f.) eines Wohnungseigentümers gegen die Übrigen besteht ein Sanierungsanspruch gem. § 21 Abs. 4 WEG nur im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung. Trittschallmängel aus dem Bereich des Ge-

885 Zu praktischen Schwierigkeiten ausführlich Cramer, ZMR 2016, 505, der einen „Horror Infernal“ diagnostiziert. 886 BGH v. 17.6.2015 – VIII ZR 216/14, MDR 2015, 819; BGH v. 17.6.2015 – VIII ZR 290/14, 818. 887 BayObLG v. 14.3.1991 – 2Z 168/90, WE 1992, 138; OLG Düsseldorf v. 6.10.1999 – 3 Wx 259/99, WuM 2000, 27; v. 30.10.2000 – 3 Wx 318/00, NZM 2001, 243; LG Hamburg v. 30.5.2012 – 318 S 176/11, ZMR 2012, 808; LG München I v. 16.4.2012 – 1 S 11654/11, ZMR 2013, 748; a.A. im Einzelfall LG Aurich v. 18.12.2015 – 4 S 188/15, ZMR 2016, 219. 888 KG v. 15.12.1993 – 24 W 2014/93, NJW-RR 1994, 401; OLG Köln v. 30.8.2000 – 16 Wx 115/00, NZM 2001, 53. 889 OLG Saarbrücken v. 4.10.1996 – 5 W 286/95-50, FGPrax 1997, 56 = ZMR 1997, 31. 890 OLG Köln v. 30.8.2000 – 16 Wx 115/00, NZM 2001, 53. 891 BayObLG v. 30.3.2000 – 2Z BR 2/00, NZM 2000, 674; v. 23.2.2005 – 2Z BR 167/04, FGPrax 2005, 108; OLG München v. 19.9.2005 – 34 Wx 76/05, NZM 2005, 825 (827); anders im Einzelfall BayObLG v. 17.10.2001 – 2Z BR 147/01, MDR 2002, 148. 892 KG v. 19.3.2007 – 24 W 317/06, WuM 2007, 339; vgl. auch von Behr/Pause/Vogel, NJW 2009, 1385 zur rechtlichen wie zur technischen Seite. 893 Errichtungsmängel, etwa das Fehlen einer doppelschaligen Ausführung bei senkrecht geteilten Wohneinheiten einer Reihenhausanlage, vgl. dazu BGH v. 20.12.2012 – VII ZR 209/11, MDR 2013, 585, betreffen neben Gewährleistungsansprüchen gegen den Bauträger im Verhältnis der Wohnungseigentümer die ordnungsgemäße Erstherstellung (vgl. Rz. 7). 894 BGH v. 1.6.2012 – V ZR 195/11, MDR 2012, 898; OLG Stuttgart v. 5.5.1994 – 8 W 315/93, OLGZ 1994, 524 = NJW-RR 1994, 1497; OLG Düsseldorf v. 4.7.2001 – 3 Wx 120/01, ZMR 2002, 298; OLG Köln v. 9.10.2000 – 16 Wx 102/00, NZM 2001, 135; v. 18.5.2001 – 16 Wx 68/01, ZMR 2002, 78; v. 4.12.2002 – 16 Wx 180/02, ZMR 2003, 704 f. 895 OLG Stuttgart v. 5.5.1994 – 8 W 315/93, OLGZ 1994, 524 = NJW-RR 1994, 1497; OLG Düsseldorf v. 12.11.2001 – 3 Wx 256/01, ZMR 2002, 297 f.; OLG Köln v. 9.10.2000 – 16 Wx 102/00, NZM 2001, 135; OLG München v. 9.5.2005 – 32 Wx 030/05, ZMR 2005, 650; v. 18.7.2005 – 34 Wx 063/05, OLGR München 2005, 645.

834 | Hogenschurz

VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 105b § 22

meinschaftseigentum können durch den einzelnen Wohnungseigentümer auch ohne Vorbefassung der Eigentümerversammlung in einem selbständigen Beweisverfahren verfolgt werden.896 Zu eigenmächtigen Maßnahmen zur Ertüchtigung des Gemeinschaftseigentums, etwa der Verlegung eines schwimmenden Estrichs, ist der umbauwillige Wohnungseigentümer aber nicht berechtigt und kann die hierfür aufgewendeten Kosten schon deshalb nicht von der Eigentümergemeinschaft ersetzt verlangen.897 Selbst damit kann zudem im Einzelfall die erforderliche Mächtigkeit der Betondecke, die technisch Voraussetzung für einen ausreichenden Schallschutz ist, nicht kompensiert werden.898 Wesentliche Eckpunkte sind für die Praxis geklärt. Der BGH899 prüft bei einer Auswechs- 105a lung des Oberbodenbelags, die ohne Eingriff in das Gemeinschaftseigentum auskommt, das Vorliegen eines Nachteils gem. § 14 Nr. 1 WEG in drei Schritten, nämlich anhand der bei Errichtung des Gebäudes geltenden Schutzwerte (DIN 4109), anhand etwaig bestehender besonderer Vereinbarungen sowie unter dem Gesichtspunkt der Lästigkeit von Nutzungen im Einzelfall. Erster Schritt für die Grenzziehung der zulässigen von der unzulässigen Nutzung ist die nur 105b durch ein Sachverständigengutachten900 zu beantwortende Frage, ob die in der DIN 4109 (Schallschutz im Hochbau) niedergelegten Anforderungen eingehalten sind. Die DIN 4109 ist zwar rechtlich unverbindlich901 und enthielt für den Hochbau bis zur Neuausgabe Juli 2016 allenfalls Mindestanforderungen zur Vermeidung unzumutbarer Belästigungen.902 Allerdings hat der BGH die bisherige Rechtsprechung gebilligt,903 die der DIN 4109 für die Bestimmung dessen ein erhebliches Gewicht zumisst, was die Wohnungseigentümer an Beeinträchtigungen durch Luft- und Trittschallschutz zu dulden haben.904 Dabei kann es nur auf die im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Schutzwerte ankommen,905 denn der Sondereigentümer ist bei einer nachträglichen Erhöhung der Schutzwerte906 zu nachträglichen Schallschutzmaßnahmen nach dem Gesetz nicht verpflichtet.907 Nicht herangezogen werden soll – entgegen der Rechtsprechung mehrerer OLG908 – dagegen die im Zeitpunkt des Bodenbelagswechsels geltende Fassung der DIN 4109, wenn die Sanierung ohne grundlegende Eingriffe in die Gebäudesubstanz (Estrich und Geschossdecke usw.),

896 BGH v. 14.3.2018 – V ZBR 131/17, MDR 2018, 1113, auch zu den Kostenrisiken. 897 Vgl. OLG Celle v. 2.2.2005 – 4 W 4/05, OLGR Celle 2005, 190. 898 Der Höhe eines Bodenaufbaus sind zudem durch die Vorgaben des öffentlichen Baurechts in der Regel Grenzen gesetzt, weil immer noch eine Mindestraumhöhe vorhanden sein muss. 899 BGH v. 1.6.2012 – V ZR 195/11, MDR 2012, 898. 900 Vgl. zu den Darlegungsanforderungen BGH v. 21.2.2017 – VIII ZR 1/17 – Rz. 10, 12, MDR 2017, 448. 901 BGH v. 14.5.1998 – VII ZR 184/97, BGHZ 139, 16 = MDR 1998, 1026. 902 BGH v. 14.6.2007 – VII ZR 45/06, BGHZ 172, 346 = MDR 2007, 1252. 903 BayObLG v. 18.11.1999 – 2Z BR 77/99, NZM 2000, 504; OLG München v. 25.6.2007 – 34 Wx 020/ 07, ZMR 2007, 809; OLG Frankfurt v. 28.6.2004 – 20 W 95/01, ZMR 2005, 68. 904 Damit ist aber nur ein Mindestschallschutz beschrieben, denn bei der wohnungseigentumsrechtlichen Geringfügigkeit ist ein besonderes Maß an Rücksichtnahme zu bedenken, vgl. BGH v. 24.1.2014 – V ZR 48/13 – Rz. 12, MDR 2014, 399. Diese besondere Rücksichtnahme wird für den Trittschallschutz durch die weiteren Prüfungspunkte des im Bestand geschützten besonderen Gepräges und der Lästigkeit im Einzelfall beschrieben. 905 BGH v. 1.6.2012 – V ZR 195/11, MDR 2012, 898; LG Lüneburg v. 20.6.2013 – 9 S 103/12, ZWE 2014, 49; vgl. zum Mietrecht BGH v. 6.10.2004 – VIII ZR 355/03, MDR 2005, 743; v. 7.7.2010 – VIII ZR 85/09, MDR 2010, 1041. 906 Zur Entwicklung des Schallschutzes seit 1945 vgl. Hogenschurz, MDR 2003, 201 f. 907 OLG Stuttgart. v. 5.5.1994 – 8 W 315/93, OLGZ 1994, 524 = NJW-RR 1994, 1497. 908 OLG Frankfurt v. 28.6.2004 – 20 W 95/01, ZMR 2005, 68; OLG München v. 9.1.2008 – 34 Wx 114/ 07, NJW 2008, 592.

Hogenschurz | 835

§ 22 Rz. 105b | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau also in Teile des Gemeinschaftseigentums auskommt.909 Bei Eingriffen (nur) in das Sondereigentum kann es eine Pflicht zur Erhöhung des Schallschutzniveaus nicht geben.910 Das bedeutet für die Sanierung einer Eigentumswohnung durch Wohnungseigentümer in Abweichung vom Verständnis der bisherigen Instanzrechtsprechung911, dass nur bei grundlegenden Um- oder Ausbauten, wie etwa einem Dachgeschossausbau oder einer Entkernung bis auf den Rohbau, nicht aber bei der Erneuerung der Fußbodenheizung912 oder der Auswechslung der Spannplattenlage über den Balken einer Balkendecke913, eine Pflicht zur Beachtung der aktuellen technischen Anforderungen besteht, nicht aber der üblichen Instandsetzung oder Modernisierung des Sondereigentums, die nur den bei Errichtung geltenden Schallschutz waren muss.914 Denn nur bei diesen weitreichenden Umbauten entsteht bei den übrigen Wohnungseigentümern – wenn ein geringeres Schallschutzniveau nicht ausdrücklich gestattet wird – die berechtigte Erwartung, dass bei dem Umbau insgesamt die aktuellen technischen Vorgaben einschließlich des nunmehr geltenden Schallschutzniveaus beachtet werden. Danach fehlt es bei Einhaltung der aktuellen Schalldämmanforderungen regelmäßig an einem unzumutbaren Nachteil.915 Schließlich ist zu den in der DIN 4109 angegebenen Grenzwerten noch ein Zuschlag von bis zu 2dB vorzunehmen, denn diese Änderung des Schallpegels wird durch das menschliche Gehör nicht wahrgenommen, führt also nicht zu einer konkret objektiven, nach der Verkehrsanschauung erheblichen Mehrbelastung.916 Durch den danach bestehenden Gleichlauf der Anforderungen an den Schallschutz zwischen Wohnungseigentums- und Mietrecht,917 vermeidet der BGH, dass die Auswechslung des Oberbodenbelags im Verhältnis der Wohnungseigentümer zu dulden ist, einer der übrigen Wohnungseigentümer aber durch seinen Mieter auf Minderung in Anspruch genommen werden kann. 105c

Dieser Rechtsprechung liegt neben Gründen der Handhabbarkeit in der Praxis unausgesprochen als Hintergrund die zutreffende Annahme zugrunde, dass man ein Gebäude nur an den Maßstäben für den Schallschutz messen kann, die für seine Errichtung galten. Zutreffend ist die Bezugnahme auf die DIN 4109 nur insoweit, als Gebäude zu beurteilen sind, für deren Errichtung die DIN 4109 Maßstab war. Das trifft zum einen auf Gebäude nicht zu, die ab Beginn der 1990er Jahre errichtet wurden, weil die im Jahr 1989 veröffentlichte DIN 4109 (1989) den Schallschutzstandard nicht mehr entsprechend dem Stand der Technik im Hochbau, sondern geringer vorgab;918 ob die aktuelle DIN 4109 (2016), die bei der Luftschallübertragung für Mehrfamilienhäuser keine strengeren Mindestschallschutzanforderungen for909 OLG Saarbrücken v. 10.4.2006 – 5 W 253/05-76, ZMR 2006, 802; vgl. zum Mietrecht BGH v. 17.6.2009 – VIII ZR 131/08, MDR 2009, 975; abweichend LG Berlin v. 25.9.2013 – 85 S 57/12, GE 2013, 1599, wonach nach einem Umbau des Sondereigentums durch einen Wohnungseigentümer regelmäßig nur die im Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung geltenden Schallschutzwerte erreicht werden müssen, es sei denn die Gebäudesubstanz wird grundlegend verändert und der Umbau ist einem Neubau vergleichbar. 910 BGH v. 6.7.2018 – V ZR 221/17 – Rz. 11, MDR 2018, 1432. 911 Vgl. BayObLG v. 18.11.1999 – 2Z BR 77/99, NZM 2000, 504; zur Frage, wann ein erheblicher Substanzeingriff vorliegt, LG Berlin v. 25.9.2013 – 85 S 57/12, GE 2013, 1599. 912 Dazu kritisch Drasdo, NJW-Spezial 2018, 418 (419). 913 BGH v. 6.7.2018 – V ZR 221/17 – Rz. 12, MDR 2018, 1432. 914 BGH v. 16.3.2018 – V ZR 276/16, MDR 2018, 657; in der Sache auch LG Hamburg v. 12.7.2017 – 318 S 31/16, ZMR 2017, 828; Hogenschurz, MDR 2018, 1217. 915 So für DIN 4109: BayObLG v. 18.11.1999 – 2Z BR 77/99, NZM 2000, 504; OLG Frankfurt v. 27.3.2006 – 20 W 204/03, NZM 2006, 903. 916 Vgl. BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 = MDR 1992, 484; v. 21.12.2000 – V ZB 45/ 00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497. 917 Vgl. BGH v. 5.6.2013 – VIII ZR 287/12, MDR 2013, 834. 918 Vgl. BGH v. 4.6.2009 – VII ZR 54/07, MDR 2009, 978; OLG Karlsruhe v. 20.2.2009 – 8 U 159/08, BauR 2011, 303; OLG München v. 19.5.2009 – 9 U 4198/08, BauR 2012, 266; OLG München v.

836 | Hogenschurz

VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 106b § 22

dert, aber erheblich strengere Werte beim Trittschallschutz vorsieht, nicht dem aktuellen Stand der Technik im Hochbau wiedergibt, war noch nicht Gegenstand von veröffentlichter Rechtsprechung. Damit ist der Gesichtspunkt angesprochen, dass viele Gebäude bei der Errichtung den vertraglich geschuldeten Schallschutz nie erreicht haben, sondern Schallschutzmängel aufwiesen. Ohnehin hat erstmals die DIN 4109 (1962), also die im September 1962 veröffentlichte Fassung der Vorschrift,919 überhaupt ausdrücklich Trittschalldämmwerte definiert, so dass für zuvor errichtete Gebäude ausdrückliche Richtwerte fehlen. Zweiter Schritt der Prüfung der Zulässigkeit eines Oberbodenwechsels ist die Frage, ob für 106 die konkrete Wohnungseigentumsanlage strengere Anforderungen zu stellen sind. Dabei kommt neben besonderen Vereinbarungen ein besonderes Gepräge aufgrund der tatsächlichen Umstände der Wohnanlage nicht in Betracht.920 Diese Voraussetzungen erhalten besondere Bedeutung vor dem Hintergrund, der zutreffenden Erkenntnis, dass es keinen allgemeinen Anspruch auf Beibehaltung eines vorhandenen Trittschallschutzes gibt, selbst wenn dieser bisher die Mindestanforderungen überschritten hat.921 Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung gem. § 10 Abs. 2 S. 2 WEG ihr 106a Verhältnis abweichend regeln; solche Vereinbarungen wirken auch gegen Rechtsnachfolger, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind, §§ 10 Abs. 3, 5 Abs. 4 S. 1 WEG. Zu diesen Vereinbarungen gehört bei der Teilung durch einen Alleineigentümer gem. § 8 WEG, also im Regelfall der Teilung durch den Bauträger, auch die in der Teilungserklärung enthaltene Gemeinschaftsordnung, §§ 8 Abs. 2 S. 1, 5 Abs. 4 S. 1 WEG. Danach ist es anerkannt, dass auch zum Schallschutz abweichende Vereinbarungen in der Teilungserklärung geregelt worden sein können, etwa eine Verschlechterung des bei Errichtung vorhandenen „gehobenen Niveaus“ ausschließen.922 Verbreitet waren ausdrückliche Regelungen bisher nur als Hinweis auf ein fehlendes aktuelles Schallschutzniveau bei der Aufteilung von Bestandimmobilien, bei denen schon konstruktiv eine heute als angemessen empfundener Schallschutz nicht mit zumutbarem Aufwand hergestellt werden kann. Für Neubauten kann die Bezugnahme auf technische Regeln späteren Streit der Wohnungseigentümer auf die tatsächlichen Fragen beschränken. Allerdings müsste der teilende Bauträger hier von den unklaren, irreführenden Aussagen in den Prospekten und der Baubeschreibung („gehobener Schallschutz nach DIN 4109“)923 absehen. Ein abweichendes, höheres Schallschutzniveau sollte sich zudem aus dem besonderen Ge- 106b präge ergeben können, also den tatsächlichen Umständen der Wohnanlage, insbesondere der bei Errichtung vorhandenen Ausstattung oder dem Wohnumfeld. Diese früher herrschende Auffassung924 hat der BGH925 für den Trittschallschutz926 zurecht und mit überzeugender Begründung aufgegeben. Es gibt keinen allgemeinen Anspruch auf Beibehaltung eines vorhandenen, die Mindestanforderungen überschreitenden Trittschallschutzes.927 Bei

919 920 921 922 923 924 925 926 927

24.4.2018 – 28 U 3042/17 Bau, ZWE 2019, 29; OLG Köln v. 2.3.2018 – I-19 U 166/15, ZWE 2018, 310; vgl. a. v. Behr/Pause/Vogel, NJW 2009, 1385. Hogenschurz, MDR 2003, 201 (203). BGH v. 27.2.2015 – V ZR 73/14, MDR 2015, 499; Hogenschurz, MDR 2015, 737. BGH v. 27.2.2015 – V ZR 73/14 – Rz. 7, MDR 2015, 499; LG Hamburg v. 12.7.2017 – 318 S 31/16, ZMR 2017, 828. OLG Köln v. 14.11.1997 – 16 Wx 275/77, NZM 1998, 673 = WuM 1998, 238. Vgl. BGH v. 4.6.2009 – VII ZR 54/07, MDR 2009, 978; OLG Karlsruhe v. 20.2.2009 – 8 U 159/08, BauR 2011, 303; Pause, ZfIR 2014, 127 (128). OLG München v. 9.1.2008 – 34 Wx 114/07, NJW 2008, 592; vgl. Hogenschurz, MDR 2008, 786 (789). BGH v. 27.2.2015 – V ZR 73/14, MDR 2015, 499; Hogenschurz, MDR 2015, 737. Inkonsequent offengelassen für die Grenzen zulässiger Nutzung durch BGH v. 27.10.2017 – V ZR 193/16 – Rz. 31, MDR 2018, 80. BGH v. 1.6.2012 – V ZR 195/11, MDR 2012, 898.

Hogenschurz | 837

§ 22 Rz. 106b | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau dem besonderen Gepräge konnte es daher nur um die ursprüngliche, geplante und ausgeführte Ausstattung bei Errichtung gehen, nicht aber um spätere Maßnahmen am Sondereigentum (sog. Zufallsausstattung)928. Jenseits aller Schwierigkeiten bei der tatsächlichen Feststellung des Gepräges und der Abgrenzung zu Zufallsausstattung verweist der BGH zutreffend darauf, dass nur die im Grundbuch eingetragenen Vereinbarungen gemäß § 10 Abs. 3 WEG die Miteigentümer im Innenverhältnis binden können, nicht aber Verträge mit Dritten. Im Innenverhältnis besteht der Anspruch auf Erstherstellung – als Teil des Anspruchs auf ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß § 21 Abs. 4 WEG gegen alle übrigen Miteigentümer, nicht den betroffenen Sondereigentümer als vermeintlichen „Störer“ – auf der Grundlage des Inhalts der Vereinbarungen, also insbesondere der Gemeinschaftsordnung. Maßstab für den geschuldeten Trittschallschutz sind also die Grundsätze für die erstmalige Herstellung; dies gilt insbesondere für die Frage der Durchsetzbarkeit des Anspruchs unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben929. Ob eine Ertüchtigung des Gemeinschaftseigentums nach Errichtung technisch und wirtschaftlich sinnvoll möglich ist, ist eine Frage der Gegebenheiten im Einzelfall und auch von der Entscheidung über die Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Bauträger und deren Durchsetzbarkeit abhängig. 106c

Schließlich gilt es bei der Prüfung des Vorliegens eines erheblichen Nachteils i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG die Lästigkeit von Geräuschimmissionen zu bedenken.930 Gegen störende, das Maß des § 14 Nr. 1 WEG übersteigende Nutzungen besteht ein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 3 WEG. Dabei handelt es sich im Verhältnis zum Anspruch auf Einhaltung eines Trittschallwertes um einen anderen Streitgegenstand, der durch eine geeignete Antragstellung zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht werden muss. Ob ein erheblicher Nachteil gem. § 14 Nr. 1 WEG vorliegt, richtet sich nicht allein oder schematisch nach der DIN 4109 in der im Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung geltenden Fassung, sondern ist nach allen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, für deren Beurteilung es auch auf das Eigenempfinden des Tatrichters ankommt.931 Dabei darf der Gesichtspunkt der Lästigkeit nicht so verstanden werden, dass es bei vom Tatrichter als lästig empfundenen Geräuschen zur Anwendung der im Zeitpunkt der Sanierung geltenden technischen Vorschriften kommen soll.932 Vielmehr ist angesprochen, dass sich der Tatrichter im Regelfall vor Ort ein eigenes Bild (Augenschein) verschaffen soll.933 Liegen lästige Geräusche vor, ist der Unterlassungsanspruch nicht auf Umbauten am Oberbodenbelag oder Erreichung eines bestimmten Trittschalldämmwerts gerichtet,934 sondern grundsätzlich auf die Abwehr der lästigen Störungen.935 Zur Darlegung wiederkehrender Beeinträchtigungen genügt eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen es geht und zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten.936 Die Darlegungsanforderungen sind nicht anders wie im Mietrecht937. 928 Dazu LG Lüneburg v. 20.6.2013 – 9 S 103/12, ZWE 2014, 49; s.a. OLG Düsseldorf v. 13.11.2007 – 3 Wx 115/07, WuM 2008, 41; LG München I v. 7.10.2004 – 1 T 6682/04, NZM 2005, 590. Beispiel: Der später auf das bei Errichtung eingebaute Parkett verlegte Laminatboden begründet kein Gepräge. 929 BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14, MDR 2016, 147; Hogenschurz, ZWE 2016, 75. 930 BGH v. 1.6.2012 – V ZR 195/11, MDR 2012, 898. 931 OLG Köln v. 20.2.2004 – 16 Wx 240/04, ZMR 2004, 462; OLG München v. 9.5.2005 – 32 Wx 030/ 05, ZMR 2005, 650; OLG Düsseldorf v. 13.11.2007 – 3 Wx 115/07, NZM 2008, 288. 932 So aber OLG München v. 9.5.2005 – 32 Wx 030/05, NZM 2005, 509. 933 Zu den Protokollierungsanforderungen vgl. OLG Hamm v. 4.2.2003 – 9 U 155/02, MDR 2003, 830. 934 Vgl. zur Ausnahme der Ermessenreduzierung auf null allgemein BGH v. 12.12.2003 – V ZR 98/03, MDR 2004, 503. 935 Vgl. BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09 – Rz. 23, MDR 2010, 499; v. 12.11.2010 – V ZR 78/10, ZMR 2011, 396. 936 Vgl. zum Mietrecht BGH v. 29.2.2012 – VIII ZR 155/11, MDR 2012, 599. 937 Vgl. dazu BGH v. 21.2.2017 – VIII ZR 1/17 – Rz. 11, MDR 2017, 448; BGH v. 22.8.2017 – VIII ZR 226/16, MDR 2017, 1175.

838 | Hogenschurz

VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 108 § 22

Für den Erwerber einer bestehenden Eigentumswohnungen, der seine Wohnung durch 106d Sanierungen an seinen Geschmack anpassen möchte, folgt aus alledem für Frage, welcher Aufwand mit der beabsichtigten Maßnahme verbunden ist: Soweit die Sanierung – wie regelmäßig bei einer Anpassung an den heutigen Wohngeschmack – ohne grundlegende Eingriffe in die Gebäudesubstanzauskommt (vgl. Rz. 105b), lassen sich Schwierigkeiten und Unsicherheiten in der Regel durch Beachtung der Faustregel vermeiden, dass der Schallschutz nach der Sanierung wieder so gut sein sollte, wie er zuvor war; die Einhaltung dieser Vorgabe sollte für qualifizierte Handwerker mit zumutbarem Aufwand möglich sein. Verbleiben bei Durchführung der zumutbaren Maßnahmen am Sondereigentum938 Trittschallbeeinträchtigungen, die ihre Ursache im aus heutiger Sicht mangelhaft trittschallgeschützten Gemeinschaftseigentum haben, ist der ausbauende Eigentümer zur Verbesserung des Gemeinschaftseigentums nicht verpflichtet.939 Daraus ergibt sich die Einschränkung, dass die Erreichung des aktuellen Stands der Technik jedenfalls nur dann geschuldet ist, wo dies durch Maßnahmen am Sondereigentum zumutbar möglich ist.940 Wann die Mehrkosten für eine Anpassung an heutige Standards unzumutbar sind, war bisher nicht Gegenstand veröffentlichter Entscheidungen. Zumutbar ist es in jedem Fall, dass der Umbauende sich auf einen Bodenbelagsaufbau mit weitgehender Trittschalldämmung verweisen lässt. Aus der Sicht der übrigen Wohnungseigentümer gilt es schließlich zu bedenken, dass der neue Miteigentümer bei einer Sanierung seiner Wohnung grundsätzlich nicht verpflichtet ist, dass Gemeinschaftseigentum (insb. Estrich und Bodenaufbau) auf eigene Kosten zu verbessern. Er ist auch nicht zu einem Nutzungsverhalten verpflichtet, dass sich auf die Fortsetzung der Nutzungsgewohnheiten des früheren Bewohners beschränkt, an dessen Eigenheiten man sich gewöhnt hatte. – Die Anbringung einer Überwachungskamera oder von Videokameras kann zunächst 107 schon wegen der optisch-baulichen Wirkungen der technischen Geräte einen Nachteil für alle Wohnungseigentümer begründen;941 dies galt schon für Außenspiegel942. Sie kann aber auch als Modernisierung unter Beachtung der Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 WEG beschlossen werden,943 soweit zugleich die Fragen des Betriebs (vgl. § 14 Rz. 4a) geklärt werden. Die übrigen Gesichtspunkte betreffen den Gebrauch des Gemeinschaftseigentums, der ebenfalls nicht mit einem erheblichen, über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil verbunden sein darf und deshalb nur unter strengen, die Vorgaben von § 4 BDSG beachtenden Voraussetzungen zulässig ist (vgl. § 14 Rz. 4a).944 – Wanddurchbrüche in tragende und damit nach § 5 Abs. 2 WEG zwingend im Gemein- 108 schaftseigentum stehende Wände945 können zu einer Beeinträchtigung von Bestand, Stabilität, Solidität und Sicherheit der Wohnungseigentumsanlage führen und bedürfen der

938 Zur Einordnung einer Trittschalldämmfolie als Sondereigentum vgl. OLG Hamm v. 25.1.2018 – 10 U 111/16, NZM 2018, 914. 939 OLG Düsseldorf v. 12.11.2001 – 3 Wx 256/01, ZMR 2002, 297. 940 OLG Frankfurt v. 28.6.2004 – 20 W 95/01, NZM 2005, 68; enger, nämlich für eine vorrangige Pflicht der Gemeinschaft zur Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum LG Karlsruhe v. 8.3.2016 – 11 S 66/15, BeckRS 2016, 10092. 941 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 220/12 – Rz. 11, BGHZ 197, 274 = MDR 2013, 1091. 942 BayObLG v. 23.5.1996 – 2Z BR 19/96, ZMR 1996, 507 (509) = NJW-RR 1996, 1358. 943 Elzer, NJW 2013, 3537 (3540). 944 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 220/12 – Rz. 11, BGHZ 197, 274 = MDR 2013, 1091. 945 Nicht tragende Wände innerhalb einer Wohnung stehen im Sondereigentum; ob nicht tragende Wände zwischen zwei Wohnungen im Mitsondereigentum der beiden Nachbarn stehen oder Gemeinschaftseigentum sind, ist neuerdings zweifelhaft; vgl. BGH v. 20.11.2015 – V ZR 284/14 – Rz. 19 f., MDR 2016, 147; dazu Heinemann, AnwZert MietR 13/2016 Anm. 1.

Hogenschurz | 839

§ 22 Rz. 108 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau Zustimmung aller Wohnungseigentümer,946 soweit nicht vernünftige Zweifel für die konstruktive Stabilität des Gebäudes und Brandsicherheit sowie Beweisschwierigkeiten über die Verursachung von Langzeitfolgen (Risse, Setzungen usw.) ausgeschlossen sind.947 Bei der Eröffnung eines weiteren Zugangs zu einem Teileigentum sind mögliche Beeinträchtigungen durch geänderte und stärkere Nutzung zu bedenken.948 Kommt es zu Schäden, muss der umbauende Wohnungseigentümer für Planungsfehler der von ihm herangezogenen Sonderfachleute gem. § 278 BGB einstehen949 und ebenso für Verschulden seiner Handwerker;950 allerdings soll sich aus der Treupflicht die Pflicht ergeben, zunächst die Handwerker in Anspruch zu nehmen.951 Bei der Verbindung zweier Wohnungen stellt der Verlust der Abgeschlossenheit oder der Widerspruch zur Teilungserklärung keinen Nachteil dar, weil das Abgeschlossenheitserfordernis, § 3 Abs. 2 WEG, allein den Schutz der von der wegfallenden Trennung der verschiedenen Bereiche betroffenen Wohnungseigentümer bezweckt.952 Zulässig ist es auch, dass ein Wohnungseigentümer, dem zwei benachbarte Wohnungen gehören, ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer, Räume des einen Sondereigentums dem anderen zuordnet.953 Auch auf die Eigentumsverhältnisse an den Wohnungen, zwischen denen ein Durchbruch erfolgt, kommt es nicht an.954 Vorstehende Überlegungen gelten entsprechend auch für den Deckendurchbruch.955 Bei Beachtung der vorstehenden Grenzen sind auch Grundrissänderungen zulässig.956 Demgegenüber ist die ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer erfolgte Unterteilung eines Wohnungseigentums unzulässig, wenn Räume, die nach der Teilungserklärung nicht zu Wohnzwecken dienen, nach der Unterteilungserklärung ein neues Wohnungseigentum bilden.957 109 – Auf zulässige gewerbliche Nutzungen kann ortsüblich und angemessen am Haus- und

Wohnungseingang oder an der Außenfront seitens des Nutzers durch Werbung958 hingewiesen werden.959 Für freie Berufe dürfen also die üblichen Praxisschilder960 am Haus- und

946 OLG Hamburg v. 27.7.1976 – 2 W 34/76, MDR 1977, 230; OLG Karlsruhe v. 12.1.1978 – 3 W 14/ 77, OLGZ 1978, 172 = MDR 1978, 495. 947 Vgl. BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497; BayObLG v. 14.1.1999 – 2Z BR 138/98, WE 1999, 28; v. 14.2.2002 – 2Z BR 187/01, NZM 2002, 391: Darlegungs- und Beweislast für fehlende Nachteiligkeit beim Umbauenden; KG v. 13.4.1992 – 24 W 2935/91, OLGZ 1992, 426; OLG Celle v. 21.5.2002 – 4 W 93/02, ZWE 2002, 533; LG Hamburg v. 12.7.2017 – 318 S 31/16, ZMR 2017, 828 (831); AG Hamburg-Blankenese v. 5.12.2007 – 506 II 60/06, ZMR 2008, 839; AG Pinneberg v. 19.4.2017 – 60 C 8/17, ZMR 2017, 603; s.a. LG Itzehoe v. 13.4.2010 – 11 S 46/09, ZMR 2010, 640 zur Verlegung von Wasserleitungen. 948 Vgl. OLG Frankfurt v. 14.9.2005 – 20 W 305/03, GuT 268, 270; LG Köln v. 15.4.2015 – 29 S 121/ 14, ZMR 2015, 789. 949 AG Oberhausen v. 5.7.2011 – 34 C 113/10, ZMR 2012, 58. 950 BGH v. 22.4.1999 – V ZB 28/98, BGHZ 141, 224 = MDR 1999, 924; LG Hamburg v. 6.3.2013 – 318 S 66/12, ZMR 2011, 466. 951 LG Stuttgart v. 11.5.2016 – 10 S 2/16, Juris ZMR 2016, 733. 952 Vgl. BGH v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 = MDR 2001, 497; s.a. OLG München v. 30.7.2008 – 34 Wx 49/08, NZM 2009, 402. 953 OLG München v. 30.7.2008 – 34 Wx 49/08, NZM 2009, 402. 954 Röll in FS Deckert, S. 417 (423). 955 BayObLG v. 14.2.2002 – 2Z BR 187/01, NZM 2002, 391. 956 Vgl. vertiefend Briesemeister, Juris AnwZert MietR 6/2012, Anm. 2. 957 BGH v. 4.12.2014 – V ZB 7/13 – Rz. 12, MDR 2015, 640. 958 Vgl. LG Berlin v. 11.9.2018 – 55 S 130/17 WEG, Grundeigentum 2018, 1407; s. Eichberger/Schlapka, ZMR 2005, 927. 959 BayObLG v. 6.10.2000 – 2Z BR 74/00, NZM 2000, 1236; KG v. 8.6.1994 – 24 W 5760/93, WuM 1994, 494. 960 KG v. 8.6.1994 – 24 W 5760/93, NJW-RR 1995, 333.

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VI. Anhang: Einzelfälle | Rz. 110 § 22

Wohnungseingang angebracht werden, für Gaststätten entsprechend Leuchtreklamen.961 Erlaubt die Teilungserklärung die Anbringung von Werbeschriften an der gesamten Fassade, sofern nicht die freie Sicht aus den Fenstern behindert wird, kann jeder Wohnungseigentümer die Beseitigung störender Werbefolien verlangen, die Mieter in den Fenstern einer anderen Wohnung befestigt haben, ohne dass eine Sichtbeeinträchtigung in der Wohnung des Anspruchstellers erforderlich wäre.962 – Weil Wohnungseingangstüren insgesamt zum Gemeinschaftseigentum gehören963 und 109a ebenso Balkontüren,964 Türen zwischen Kellerabteilen und Fluren sowie Ausgangstüren des Gebäudes,965 sind Eingriffe in deren Sachsubstanz durch Um- und Anbauten des jeweiligen Wohnungseigentümers grundsätzlich bauliche Veränderungen gem. § 22 Abs. 1 WEG966. Damit stellt sich vor dem Hintergrund der notwendigen Zustimmung die Frage, wann ein Nachteil i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG vorliegt, also keinem anderen Wohnungseingriff über das bei einem geordneten Zusammenleben notwendige Maß hinaus ein Nachteil entsteht.967 Ein Nachteil liegt danach offenkundig vor, wenn der einzelne Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer farblich individuell gestalten möchte. Ein Nachteil liegt wohl auch noch vor, wenn ein Wohnungseigentümer einen Haken an der Wohnungseingangstür einbringt, um so Blumenschmuck oder jahreszeitliche Dekorationen anzubringen. Demgegenüber dürfte der nachträgliche Einbau eines kleinen Türspions regelmäßig unbedenklich sein968 und nicht der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedürfen. Dies gilt auch für Eingriffe in die Substanz der Wohnungseingangstür, wie sie zur Anbringung von einbruchshemmenden handelsüblichen Schutzvorrichtungen (Sperrriegel, Türkette usw.) erforderlich sind; dem steht nicht entgegen, wenn der Sperrriegel auch von der Außenseite über ein – sichtbares – Schloss bedient werden kann. Der fehlende Nachteil ergibt sich nach der hier vertretenen Auffassung daraus, dass die optische Beeinträchtigung an der Außenseite regelmäßig ganz gering ist und sonstige Nachteile bei einer sach- und fachgerechten Ausführung, zu der eine Verstärkung der Scharniere gehören kann, als ausgeschlossen erscheinen. Weil diese Erwägungen bei einer Katzenklappe nicht zutreffen, darf eine solche nicht ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer eingebaut werden. – Der Zaun um das gemeinschaftliche Grundstück muss den landesrechtlichen Vorgaben 110 (Bauordnungsrecht, Nachbargesetze) entsprechen. Seine Instandhaltung und Erneuerung können mit Mehrheit beschlossen werden. Die Grenzen einer Instandhaltung sind aber überschritten und eine bauliche Veränderung liegt vor, wenn ein Jägerzaun durch eine Zaunanlage mit Übersteig- und Untergrabschutz sowie integrierter Überwachungssensorik ersetzt werden soll.969 Die Ersetzung eines Rundholzzaunes durch Halbrundhölzer darf wegen der optischen Veränderung allenfalls als Modernisierung gem. § 22 Abs. 2 WEG be-

961 BayObLG v. 6.10.2000 – 2Z BR 74/00, NZM 2000, 1236; OLG Köln v. 31.5.2006 – 16 Wx 11/06, NZM 2007, 92. 962 OLG Düsseldorf v. 13.2.2006 – 3 Wx 181/05, NZM 2006, 782. 963 BGH v. 25.10.2013 – V ZR 212/12, MDR 2014, 18. 964 OLG Karlsruhe v. 29.5.2009 – 4 U 160/08, Juris = IMR 2012, 163. 965 BGH v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, WuM 2014, 159. 966 AG Aachen v. 12.11.2014 – 118 C 62/13, ZMR 2015, 404. Dem widerspricht die Rechtspraxis, die etwas andere „lebt“, vgl. dazu Elzer, ZfIR 2014, 17 (18). 967 Vgl. zum Einbau eines Schlüsselschalters für die Alarmanlage einer Eigentumswohnung LG Düsseldorf v. 26.5.2014 – 25 S 125/13, ZWE 2015, 412; ausführlich M. Schmid, DWE 2014, 92. 968 Vgl. BGH v. 8.4.2011 – V ZR 210/10, MDR 2011, 778 für Videoauge im Klingeltableau; anders zutreffend AG Bergisch Gladbach v. 3.9.2015 – 70 C 17/15, NZM 2016, 211 für einen Videotürspion mit Überwachungsfunktion und Fernabfrage; s. zum Mietrecht AG Meißen v. 4.12.2017 – 112 C 353/17, ZMR 2018, 337. 969 AG Charlottenburg v. 14.1.2011 – 73 C 145/10, ZMR 2012, 48.

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§ 22 Rz. 110 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau schlossen werden,970 ebenso wenig die Errichtung von Sichtschutzelementen an den Außengrenzen des Gartens971. Eine zustimmungsfreie Maßnahme der Gefahrenabwehr liegt bei der Errichtung eines Zaunes zur Abgrenzung an einem Bach vor.972 Die Einzäunung von Sondernutzungsflächen wird – wenn nicht ohnehin nur eine zustimmungsfreie Erneuerung vorliegt973 – im Hinblick auf die Einwirkung auf das äußere Gestaltungsbild der Wohnungseigentumsanlage zum Teil für nicht nachteilig i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG, weil die sichtbare Abgrenzung durch einen Zaun natürlichen Wohnbedürfnissen entspreche und als Ausfluss des Eigentumsrechts erst den vollen Genuss eines Sondernutzungsrechts ermögliche,974 in anderen Fällen gerade für städtische Lagen als zustimmungsbedürftig angesehen.975 Im Einzelfall entscheidend ist, was angemessen und ortsüblich976 ist. Die Errichtung einer Mauer aus Pflanzsteinen zwischen zwei Sondernutzungsflächen ist als bauliche Veränderung jedenfalls gem. §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG zustimmungsbedürftig.977 Die Anbringung einer Sichtschutzmatte hinter einem Maschendrahtzaun, der zwei Sondernutzungsrechte an einem Garten trennt, stellt regelmäßig eine für den am angrenzenden Gartenbereich Berechtigten optisch nachteilige bauliche Veränderung dar.978 Überdies ist für die Benutzung eines Grenzzauns oder einer Grenzwand die Regelung des § 922 BGB entsprechend anwendbar.979 Soweit ein Zaun nicht dem Verlauf der Grenzen des Sondernutzungsrechts folgt, besteht jedenfalls ein Anspruch auf Verlegung.980 Die Teilungserklärung kann die Abgrenzung durch Zaun oder Hecke erlauben.981

§ 23 Wohnungseigentümerversammlung (1) Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können, werden durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet. (2) Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist. (3) Auch ohne Versammlung ist ein Beschluss gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss schriftlich erklären.

970 971 972 973 974 975

976 977 978 979 980 981

AG Charlottenburg v. 23.10.2013 – 73 C 72/13, GE 2013, 1600. LG Stuttgart v. 24.2.2014 – 2 S 18/13, ZWE 2014, 372. BayObLG v. 17.2.2000 – 2Z BR 180/99, NZM 2000, 513. LG Hamburg v. 10.9.2010 – 318 S 24/09, ZMR 2011, 226. BayObLG v. 4.2.1982 – BReg. 2 Z 9/81, BayObLGZ 1982, 69 = RPfleger 1982, 219. BayObLG v. 28.10.1998 – 2Z BR 122/98, BayObLGR 1999, 9; KG v. 23.7.1984 – 24 W 2514/84, WuM 1985, 161 = ZMR 1985, 27; v. 12.11.1993 – 24 W 3064/93, OLGZ 1994, 273 = NJW-RR 1994, 207; v. 10.2.1997 – 24 W 6582/96, ZMR 1997, 315; OLG Düsseldorf v. 20.12.1996 – 3 Wx 9/96, OLGR Düsseldorf 1997, 188; OLG Hamburg v. 4.4.2002 – 2 Wx 91/98, ZMR 2002, 621; für einen Garten mit Parkcharakter auch BayObLG v. 23.10.1986 – 2Z 110/86, WuM 1988, 96 = ZMR 1987, 29; OLG Köln v. 16.4.2008 – 16 Wx 33/08, ZMR 2008, 817; LG Hamburg v. 11.5.2011 – 318 S 7/10, ZMR 2011, 993. Vgl. etwa die Regelung in § 34 lit. c) NachbG NW „soweit (...) Einfriedigungen nicht üblich sind.“ OLG Frankfurt v. 6.4.2010 – 20 W 78/08, MDR 2010, 1108. BayObLG v. 20.4.2000 – 2Z BR 9/00, ZMR 2001, 906. OLG München v. 13.9.2005 – 32 Wx 071/05, MDR 2006, 258. S. auch BayObLG v. 16.9.1994 – 2Z BR 78/94, WuM 1994, 640. LG Berlin v. 4.9.2012 – 55 S 197/11, GE 2012, 1647.

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§ 22 Rz. 110 | Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau schlossen werden,970 ebenso wenig die Errichtung von Sichtschutzelementen an den Außengrenzen des Gartens971. Eine zustimmungsfreie Maßnahme der Gefahrenabwehr liegt bei der Errichtung eines Zaunes zur Abgrenzung an einem Bach vor.972 Die Einzäunung von Sondernutzungsflächen wird – wenn nicht ohnehin nur eine zustimmungsfreie Erneuerung vorliegt973 – im Hinblick auf die Einwirkung auf das äußere Gestaltungsbild der Wohnungseigentumsanlage zum Teil für nicht nachteilig i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG, weil die sichtbare Abgrenzung durch einen Zaun natürlichen Wohnbedürfnissen entspreche und als Ausfluss des Eigentumsrechts erst den vollen Genuss eines Sondernutzungsrechts ermögliche,974 in anderen Fällen gerade für städtische Lagen als zustimmungsbedürftig angesehen.975 Im Einzelfall entscheidend ist, was angemessen und ortsüblich976 ist. Die Errichtung einer Mauer aus Pflanzsteinen zwischen zwei Sondernutzungsflächen ist als bauliche Veränderung jedenfalls gem. §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG zustimmungsbedürftig.977 Die Anbringung einer Sichtschutzmatte hinter einem Maschendrahtzaun, der zwei Sondernutzungsrechte an einem Garten trennt, stellt regelmäßig eine für den am angrenzenden Gartenbereich Berechtigten optisch nachteilige bauliche Veränderung dar.978 Überdies ist für die Benutzung eines Grenzzauns oder einer Grenzwand die Regelung des § 922 BGB entsprechend anwendbar.979 Soweit ein Zaun nicht dem Verlauf der Grenzen des Sondernutzungsrechts folgt, besteht jedenfalls ein Anspruch auf Verlegung.980 Die Teilungserklärung kann die Abgrenzung durch Zaun oder Hecke erlauben.981

§ 23 Wohnungseigentümerversammlung (1) Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können, werden durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet. (2) Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist. (3) Auch ohne Versammlung ist ein Beschluss gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss schriftlich erklären.

970 971 972 973 974 975

976 977 978 979 980 981

AG Charlottenburg v. 23.10.2013 – 73 C 72/13, GE 2013, 1600. LG Stuttgart v. 24.2.2014 – 2 S 18/13, ZWE 2014, 372. BayObLG v. 17.2.2000 – 2Z BR 180/99, NZM 2000, 513. LG Hamburg v. 10.9.2010 – 318 S 24/09, ZMR 2011, 226. BayObLG v. 4.2.1982 – BReg. 2 Z 9/81, BayObLGZ 1982, 69 = RPfleger 1982, 219. BayObLG v. 28.10.1998 – 2Z BR 122/98, BayObLGR 1999, 9; KG v. 23.7.1984 – 24 W 2514/84, WuM 1985, 161 = ZMR 1985, 27; v. 12.11.1993 – 24 W 3064/93, OLGZ 1994, 273 = NJW-RR 1994, 207; v. 10.2.1997 – 24 W 6582/96, ZMR 1997, 315; OLG Düsseldorf v. 20.12.1996 – 3 Wx 9/96, OLGR Düsseldorf 1997, 188; OLG Hamburg v. 4.4.2002 – 2 Wx 91/98, ZMR 2002, 621; für einen Garten mit Parkcharakter auch BayObLG v. 23.10.1986 – 2Z 110/86, WuM 1988, 96 = ZMR 1987, 29; OLG Köln v. 16.4.2008 – 16 Wx 33/08, ZMR 2008, 817; LG Hamburg v. 11.5.2011 – 318 S 7/10, ZMR 2011, 993. Vgl. etwa die Regelung in § 34 lit. c) NachbG NW „soweit (...) Einfriedigungen nicht üblich sind.“ OLG Frankfurt v. 6.4.2010 – 20 W 78/08, MDR 2010, 1108. BayObLG v. 20.4.2000 – 2Z BR 9/00, ZMR 2001, 906. OLG München v. 13.9.2005 – 32 Wx 071/05, MDR 2006, 258. S. auch BayObLG v. 16.9.1994 – 2Z BR 78/94, WuM 1994, 640. LG Berlin v. 4.9.2012 – 55 S 197/11, GE 2012, 1647.

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Wohnungseigentümerversammlung | Rz. 110 § 23

(4) Ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, ist nichtig. Im Übrigen ist ein Beschluss gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist. I. 1. 2. 3. II. III. 1.

2.

3.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Beschlusskompetenzen der Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . 8 Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) . . . 11 Eigentümerversammlung . . . . . . . . . . . . 12 a) Zweck und Bedeutung der Eigentümerversammlung . . . . . . . . . . . . . . 13 b) Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 aa) Versammlung des Beirats . . . . . 16 bb) Versammlungen mehrerer Miteigentümer eines Wohnungseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 cc) Versammlung der Bauherren . . 20 c) Notwendigkeit einer Einberufung . . 21 aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 bb) Ausnahme: Universalversammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 cc) Außerordentliche Eigentümerversammlungen . . . . . . . . . . . . . 25 d) Physische Zusammenkunft . . . . . . . . 27 aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 bb) Ausnahme: Virtuelle Eigentümerversammlung . . . . . . . . . . . . 28 e) Zusammenkunft aller Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 bb) Separate Eigentümerversammlungen in der Mehrhausanlage . 31 cc) Versammlung mehrerer Wohnungseigentümergemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 dd) Versammlungen in der Entstehungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Beschluss als Handlungsform der Versammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 a) Rechtsnatur des Beschlusses . . . . . . . 39 b) Abgrenzung zur Vereinbarung . . . . . 40 aa) Unterschiedliche Willensrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 bb) Umdeutung eines allstimmigen Beschlusses? . . . . . . . . . . . . . . . . 40a c) „Beschlüsse“ des Alleineigentümers . 44 Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 a) Beschlussantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 aa) Gegenstand der Abstimmung . . 46 bb) Antragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 47 cc) Form und Inhalt . . . . . . . . . . . . . 48

4.

5.

6.

7.

IV. 1. 2. 3.

b) Abstimmungsverfahren . . . . . . . . . . . c) Rechtsnatur der abgegebenen Stimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Mehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzliche Mehrheiten . . . . . . . bb) Vereinbarte Beschlussmehrheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Feststellung und Verkündung . . . . . . aa) Konstitutive Voraussetzung für den Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . bb) Feststellung des Abstimmungsergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verkündung des Abstimmungsergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Fehlerhaftes Unterbleiben von Feststellung und Verkündung . . ee) Fehlerhafte Feststellungen und Verkündungen . . . . . . . . . . . . . . Inhalt des Beschlusses . . . . . . . . . . . . . . a) Ordnende Regelung . . . . . . . . . . . . . . b) Anspruchsbegründung . . . . . . . . . . . c) Deklaratorische Beschlüsse . . . . . . . . d) Beschlüsse zur Geschäftsordnung . . Auslegung von Beschlüssen . . . . . . . . . . a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ergänzende Auslegung . . . . . . . . . . . c) Umdeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten des Zweitbeschlusses . . a) Beschlusskompetenz . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . c) Inhalt und Wirkungen des Zweitbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bestätigender Zweitbeschluss . . bb) Abändernder Zweitbeschluss . . cc) Ergänzender Zweitbeschluss . . . d) Anspruch auf einen Zweitbeschluss . Negativbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff und Allgemeines . . . . . . . . . . b) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . Bezeichnung der Beschlussgegenstände bei Einberufung (Abs. 2) . . . . . Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notwendigkeit der Bezeichnung . . . . . . Inhalt der Bezeichnung . . . . . . . . . . . . . a) Benennung des Beschlussgegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Art und Weise der Bezeichnung . . . . c) Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50 52 53 53 55 58 59 61 65 68 69 70 70 72 74 75 76 76 80 81 82 82 83 85 85 89 91 92 94 94 96 98 99 100 101 102 102 104 109

Schultzky | 843

§ 23 Rz. 110 | Wohnungseigentümerversammlung

4. 5.

V. 1. 2. 3. 4.

5.

6. VI.

d) Tagesordnungspunkt „Verschiedenes/ Sonstiges“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verstöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff und Funktion . . . . . . . . . . . . . b) Ersteller der Tagesordnung . . . . . . . . c) Inhalt und Gestaltung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergänzung der Tagesordnung . . . . . . e) Individualanspruch auf Aufnahme eines Tagesordnungspunktes . . . . . . Schriftliche Beschlussfassung (Abs. 3) Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abweichende Vereinbarungen . . . . . . . . Initiative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zustandekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . b) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Feststellung und Verkündung . . . . . . Erklärung der Zustimmung . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anfechtbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlerhafte Beschlüsse (Abs. 4) . . . . . .

111 112 114 114 116 117 119 121 127 127 128 129 130 130 131 133 135 138 138 139 141 142 143

1. Zweck der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Fehlen der Entstehungsvoraussetzungen (Nichtbeschluss) . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Nichtigkeit (Abs. 4 Satz 1) . . . . . . . . . . . 151 a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 b) Nichtigkeitsgründe . . . . . . . . . . . . . . 152 aa) Zwingende Vorschriften des WEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 bb) Sonstiges zwingendes Recht . . . 154 cc) Eingriff in den Kernbereich . . . 158 dd) Keine Beschlusskompetenz . . . . 160 ee) Belastungsverbot . . . . . . . . . . . . 162a ff) Unbestimmte Beschlüsse . . . . . . 163 gg) Vereinbarung von Nichtigkeitsgründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 c) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 aa) Keine Bindungswirkung . . . . . . 170 bb) Teilnichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 171a cc) Umdeutung . . . . . . . . . . . . . . . . .171d 4. Fehlerhaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 a) Formelle Beschlussmängel . . . . . . . . 173 aa) Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 bb) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . 174 b) Materielle Beschlussmängel . . . . . . . 177 aa) Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 bb) Bindungswirkung (Abs. 4 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 cc) Folgenbeseitigung . . . . . . . . . . . 180 5. Schwebende Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . 183

Schrifttum: Abramenko, Einberufung der Eigentümerversammlung durch Unbefugte, ZWE 2005, 25; Bassenge, Nichtursächlichkeit von Verfahrensmängeln, FS Merle (2000), S. 17; Becker, Feststellung und Verkündung fehlerhafter Beschlüsse durch den Verwalter, ZWE 2012, 297; Becker, Folgen fehlerhafter Beschlussverkündung durch den Versammlungsleiter, ZWE 2006, 157; Becker, Beschlusskompetenz kraft Vereinbarung – sog. Öffnungsklausel, ZWE 2002, 341; Breiholdt, Der Wohnungseigentümerbeschluss im schriftlichen Verfahren auf der Grundlage per Telefax abgegebener Zustimmungserklärungen, ZMR 2010, 168; Bub, Der Mehrheitsbeschluss im Überblick, ZWE 2000, 194; Deckert, Die korrekte Verkündung von Entscheidungsergebnissen der Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Verwalter, ZMR 2008, 585; Elzer, Die Tagesordnung im Wohnungseigentumsrecht, MietRB 2009, 89; Elzer, Aktuelles zur Eigentümerversammlung, ZMR 2009, 7; Fleck, Die virtuelle Mitgliederversammlung im eingetragenen Verein, DNotZ 2008, 245; Fleischer/Eschwey, Beschlussanfechtung im Aktien- und Wohnungseigentumsrecht, DB 2018, 810; Göken, Die Mehrhausanlage im Wohnungseigentumsrecht, 1999; Greiner, Fehlerhafte Abrechnungsbeschlüsse, ZWE 2018, 341; Häublein, Schriftliche Beschlüsse 2.0, NZM 2017, 656; Greiner, Geschäftsordnungsbeschlüsse, ZWE 2016, 297; Häublein, Die Mehrhausanlage in der Verwalterpraxis, NZM 2003, 785; Hogenschurz, Die Bestimmtheit von Eigentümerbeschlüssen, MietRB 2018, 91, 123; Hogenschurz, Zur heilenden Wirkung der Vollversammlung der Wohnungseigentümer, ZMR 2009, 824; Hügel, Die Gestaltung von Öffnungsklauseln, ZWE 2001, 578; Huff, Die Wohnungseigentümerversammlung im Internet – Sinnvolle Möglichkeit für „moderne“ Gemeinschaften, FS Deckert (2002), S. 173; Kreuzer, Zweierlei Beschlüsse nach dem WEG?, FS Seuß (2007), S. 155; Kümmel, Formelle Beschlussmängel im Anfechtungsverfahren nach § 46 WEG, ZMR 2014, 763; Kümmel, Voraussetzungen für die Verkündung positiver Beschlüsse durch den Versammlungsleiter, ZWE 2006, 278; Kümmel, Beschlüsse auf Grund „schuldrechtlicher“ Öffnungsklausel, ZWE 2002, 68; Mankowski, Die virtuelle Wohnungseigentümerversammlung, ZMR 2002, 246; Müller, Feststellung und Verkündung fehlerhafter Beschlüsse durch den Verwalter, ZWE 2015, 303; Müller, Die unerkannten Folgen unterbliebener oder fehlerhafter Beschlussverkündung – Eine Nachbetrachtung zum BGH-Beschluss vom 23.8.2001, FS Deckert (2002), S. 255; Müller, Die Beschlussfassung, ZWE 2000, 237; Ott, Zur Eintragung von Mehr-

844 | Schultzky

I. Allgemeines | Rz. 3 § 23 heitsbeschlüssen im Grundbuch bei sog. Öffnungsklausel, ZWE 2001, 466; Patermann, Zum Anwendungsbereich des § 23 Abs. 4 WEG, ZMR 1991, 361; Prüfer, Schriftliche Beschlüsse, gespaltene Jahresabrechnungen, 2001; Prüfer, Schriftliche Mehrheitsbeschlüsse, WE 1998, 334; Rüscher, Beschlusskompetenzen bei wirtschaftlichen Untergemeinschaften, ZWE 2011, 308; Schmid, Zur Auslegung von Wohnungseigentümerbeschlüssen, ZWE 2013, 442; F. Schmidt, Die konkludente Beschlussfeststellung, ZWE 2006, 164; F. Schmidt, Schriftliches Beschlussverfahren, PiG 59 (2000), 125 = ZWE 2000, 155; Schultzky, Anfechtung von Beschlüssen einer Teilversammlung – zur Passivlegitimation in Mehrhausanlagen, ZMR 2011, 521; Skauradszun, Einberufung der Versammlung und Bezeichnung der Beschlussgegenstände, ZWE 2016, 61; Skauradszun, Zur Verkündung rechtswidriger Beschlüsse durch den Versammlungsleiter, ZMR 2018, 122; Suilmann, Das Beschlussmängelverfahren im Wohnungseigentumsrecht, 1991; Wenzel, Öffnungsklausel und Grundbuchpublizität im WE-Recht, ZWE 2004, 130; Wenzel, Beschluss oder Vereinbarung, FS Deckert (2002), S. 517.

I. Allgemeines 1. Überblick Die Vorschriften der §§ 23 bis 25 regeln, auf welche Art und Weise die Wohnungseigentümer 1 über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums beschließen können. In welchen Fällen die Verwaltung durch Beschluss möglich ist, ergibt sich aus ihnen nicht. § 23 Abs. 1 verweist insoweit auf die gesetzlichen oder vereinbarten Beschlusskompetenzen (s. Rz. 8). Beschlüsse werden nach § 23 Abs. 1 grundsätzlich in einer Eigentümerversammlung gefasst (Rz. 12), ausnahmsweise nach § 23 Abs. 3 durch einen schriftlichen Beschluss (Rz. 127). Die Einberufung der Versammlung ist in § 24 Abs. 1 bis 4 geregelt. Ergänzend – und deshalb systematisch zu § 24 Abs. 1 gehörend und in § 23 unglücklich verortet – ordnet Abs. 2 an, dass die jeweiligen Gegenstände der Eigentümerversammlung bei der Einberufung zu bezeichnen sind (Rz. 94 ff.). In der Versammlung führt grds. der Verwalter den Vorsitz (§ 24 Abs. 5). Wie Beschlüsse mit Stimmenmehrheit gefasst werden, ergibt sich aus § 25. Aus dem Ergebnis der Abstimmung ist das Beschlussergebnis herzuleiten und festzustellen (Rz. 58 ff.). Die Dokumentation der Beschlüsse ist in § 24 Abs. 6 bis 8 geregelt. Ein Beschluss der Wohnungseigentümer bindet nach § 10 Abs. 5 auch die Wohnungseigentü- 2 mer, die ihm nicht zugestimmt haben. Darüber hinaus wirken Beschlüsse auch für und gegen einen Rechtsnachfolger, ohne dass es dazu ihrer Eintragung in das Grundbuch bedarf (§ 10 Abs. 4). Diese Bindungswirkungen können auch dann eintreten, wenn der gefasste Beschluss rechtsfehlerhaft war. Nach § 23 Abs. 4 sind nur Beschlüsse, die gegen eine zwingende Rechtsvorschrift verstoßen, nichtig, also unwirksam (Rz. 151 ff.). Für andere Beschlüsse, die unter formellen oder materiellen Mängeln leiden, ordnet die Vorschrift hingegen an, dass sie gültig sind und binden, solange sie nicht durch ein rechtskräftiges Urteil im Wege der Anfechtungsklage nach § 46 für ungültig erklärt werden (Rz. 172 ff.).

2. Normzweck Die in §§ 23 bis 25 ausgeformte Möglichkeit, eine rechtliche Angelegenheit nicht nur vertrag- 3 lich zu regeln, sondern durch einen Beschluss zu bestimmen, ist keine Besonderheit des Wohnungseigentumsgesetzes. Die Möglichkeit einer jedenfalls inneren Willensbildung durch Beschluss ist im deutschen Recht weit verbreitet und besteht für viele Vereinigungen, etwa beim Verein nach §§ 28, 32 ff. und 70 BGB, bei den Personengesellschaften nach § 712 BGB und § 119 HGB sowie bei der Bruchteilsgemeinschaft nach § 745 Abs. 1 Satz 1 BGB. Auch das AktG (z.B. in §§ 77 Abs. 2, 108, 119), das GmbHG (s. §§ 47 bis 51) und das GenG (etwa § 48) kennen den Beschluss als Regelungsinstrument. Schultzky | 845

§ 23 Rz. 4 | Wohnungseigentümerversammlung 4 Angelegenheiten, die durch einen Beschluss geordnet werden können, betreffen nach der ur-

sprünglichen Konzeption des Wohnungseigentumsgesetzes das nachrangige Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander.1 Nach den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers sollten die wesentlichen Dinge vertraglich zu vereinbaren und das „Alltagsgeschäft“ durch Beschluss zu regeln sein. So sehen §§ 15 Abs. 2, 21 Abs. 3 einen Beschluss nur dann vor, wenn eine Vereinbarung fehlt, und beschränken die möglichen Regelungen auf solche des ordnungsgemäßen Gebrauchs bzw. der ordnungsgemäßen Verwaltung. Dieses Modell wird aber nicht mehr konsequent durchgehalten. So erlauben §§ 12 Abs. 4 Satz 1 und 16 Abs. 3 und – für den Einzelfall – § 16 Abs. 4 im Wege des Beschlusses und an Stelle einer an sich notwendigen Vereinbarung dauerhaft Recht zu setzen.

3. Abdingbarkeit 5 Abs. 1 ist nicht mit dem Ziel abdingbar, nur noch schriftliche Beschlüsse zu erlauben. Eine

solche Bestimmung verstieße teilweise gegen das Gesetz, nämlich gegen §§ 16 Abs. 5, 22 Abs. 2 Satz 2, und wäre im Übrigen wegen Verstoßes gegen den Kernbereich des Wohnungseigentums, das jedenfalls die Möglichkeit einer Mitverwaltung in und durch die Eigentümerversammlung verlangt, nichtig. Zulässig ist es aber, etwa das Abstimmungsverfahren (Rz. 50) durch Vereinbarung zu regeln. Abs. 2 ist hingegen vollständig abdingbar.2 6 Abs. 3 ist im Interesse des Minderheitenschutzes insoweit als zwingende Vorschrift anzuse-

hen, soweit die Zustimmungen aller Wohnungseigentümer erforderlich sind.3 Dies kann auch nicht dadurch umgegangen werden, dass vereinbart wird, dass „Schweigen“ als Zustimmung gilt.4 Im schriftlichen Verfahren ist es der Minderheit nicht möglich, für ihre Meinung zu werben und darum in der Eigentümerversammlung auch zu kämpfen. Das schriftliche Verfahren schließt somit elementare Mitgliedschaftsrechte aus, was nur aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips gerechtfertigt ist. Die Möglichkeit einer Anfechtungsklage kompensiert den Eingriff dabei nicht, weil sie nur ein Vorgehen gegen den Beschluss selbst ermöglicht, aber nicht die Willensbildung in der Versammlung ersetzt. Hinsichtlich des Verfahrens, Form und Frist der Zustimmungen können aber von Abs. 3 abweichende Vereinbarungen getroffen werden (Rz. 129). Abs. 4 ist insgesamt zwingendes Recht. Die Wohnungseigentümer können über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Beschlüssen nicht disponieren (s. Rz. 169). 7 Die Bewohner einer Wohnungseigentumsanlage aus mehreren separaten Baukörpern (Mehr-

hausanlage) – ggf. mit jeweils mehreren Wohn- oder Gewerbeeinheiten oder auch Reihenoder Einzelhäusern oder gemischten Anlagen –, können eine Verselbständigung der einzelnen Häuser erreichen, indem sie vereinbaren, dass nur bestimmte Wohnungseigentümer über eine bestimmte Materie allein stimmberechtigt sind (dazu § 25 Rz. 51 ff.). Außerdem können sie § 23 so abbedingen, dass Beschlüsse in einer Teilversammlung der danach stimmberechtigten 1 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 (166) = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500; BGH v. 11.7.1991 – V ZB 24/90, BGHZ 115, 151 (154) = MDR 1991, 864 = NJW 1991, 2637; BGH v. 27.6.1985 – VII ZB 21/84, BGHZ 95, 137 (139) = MDR 1996, 138 f. = NJW 1985, 2832. 2 BayObLG v. 2.8.1990 – 2Z BR 69/90, WE 1991, 297; BayObLG v. 27.1.1970 – BReg.2 Z 22/69, BayObLGZ 1970, 1 (4) = MDR 1970, 1136 = NJW 1970, 1136; OLG Hamm v. 7.6.1979 – 15 W 56/79, OLGZ 1979, 296 (300); KG v. 1.3.1974 – 1 W 858/73, OLGZ 1974, 401; zweifelnd Skauradszun, ZWE 2016, 61 (66). 3 OLG Hamm v. 20.11.1989 – 15 W 308/89, WE 1993, 24 (25); OLG Hamm v. 6.4.1978 – 15 W 117/76, MDR 1978, 759; BayObLG v. 28.10.1980 – BReg.2 Z 63/80, MDR 1981, 320 (321); LG München I v. 18.7.2013 – 36 S 20429/12, ZMR 2014, 53; F. Schmidt, ZWE 2000, 155; zweifelnd OLG Schleswig v. 20.1.2006 – 2 W 24/05, ZWE 2007, 51 (54); a.A. B. Müller, ZWE 2007, 56 (57); Prüfer, WE 1998, 334; Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 193 ff.; Merle in Bärmann, § 23 Rz. 122. 4 A.A. Prüfer, Schriftliche Beschlüsse, gespaltene Jahresabrechnungen, S. 58 ff.

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II. Beschlusskompetenzen der Wohnungseigentümer | Rz. 9 § 23

Gruppe der Wohnungseigentümer gefasst werden sollen (Rz. 31 ff.). Aus dem Ausschluss des Stimmrechts allein folgt nach umstrittener, aber zutreffender Ansicht weder eine Notwendigkeit noch eine Möglichkeit einer Teilversammlung (dazu Rz. 32).

II. Beschlusskompetenzen der Wohnungseigentümer Die Wohnungseigentümer können eine Angelegenheit durch einen Beschluss ordnen, wenn 8 das Wohnungseigentumsgesetz oder eine Vereinbarung nach § 23 Abs. 1 eine Entscheidung gerade durch Beschluss erlauben und den Wohnungseigentümern eine Kompetenz zur Beschlussfassung einräumen. Ohne eine besondere Kompetenzbegründung (Ermächtigung) ist für einen Beschluss kein Raum (dazu Rz. 160). Das Wohnungseigentumsgesetz sieht folgende Beschlusskompetenzen vor (andere würden noch § 12 Abs. 1 Satz 1 dazu zählen):5 Vorschrift des WEG

Gegenstand

§ 12 Abs. 4 Satz 1

Veräußerungsbeschränkungen

§ 15 Abs. 2

Gebrauch des Gemeinschafts- und des Sondereigentums

§ 16 Abs. 3

Kostenverteilungsschlüssel

§ 16 Abs. 4 Satz 1

Kosten einer Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung i.S.d. § 21 Abs. 5 Nr. 2 oder baulichen Veränderungen oder Aufwendungen i.S.d. § 22 Abs. 1 und 2

§ 18 Abs. 3 Satz 1

Entziehung des Wohnungseigentums

§ 21 Abs. 3

Ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nach § 21 Abs. 3 bis Abs. 5, z.B. die Aufstellung einer Hausordnung, die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder Versicherungen

§ 21 Abs. 7

Verwaltungskostenbeschlüsse

§ 22 Abs. 1 Satz 1

Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen

§ 22 Abs. 2 Satz 1

Modernisierungsmaßnahmen

§ 24 Abs. 5

Vorsitz in der Eigentümerversammlung

§ 24 Abs. 8 Satz 2

Führer der Beschluss-Sammlung

§ 26 Abs. 1 Satz 1

Bestellung und Abberufung des Verwalters

§ 27 Abs. 2 Nr. 3

Geltendmachung von Ansprüchen durch den Verwalter

§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7

Erweiterung der gesetzlichen Befugnisse des Verwalters

§ 27 Abs. 3 Satz 3

Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft

§ 28 Abs. 4

Rechnungslegung des Verwalters

§ 28 Abs. 5

Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung

§ 29 Abs. 1 Satz 1

Bestellung eines Verwaltungsbeirats

§ 45 Abs. 2 Satz 1

Bestellung eines Ersatzzustellungsvertreters

Die Bestimmungen der §§ 23 Abs. 1, 10 Abs. 2 Satz 2 räumen den Wohnungseigentümern au- 9 ßerdem die Befugnis ein, durch Vereinbarung einer sog. gewillkürten Öffnungsklausel Angelegenheiten vom im Übrigen geltenden Vertragsprinzip auszunehmen (dazu § 10 Rz. 27 ff.).

5 So wohl BGH v. 13.5.2011 – V ZR 166/10, MDR 2011, 911 = MietRB 2011, 253 = ZWE 2011, 321.

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§ 23 Rz. 10 | Wohnungseigentümerversammlung 10 Beschlusskompetenzen erwachsen den Wohnungseigentümern nicht, wenn eine Bestimmung

außerhalb des Wohnungseigentumsgesetzes, etwa eine Landesbauordnung, die Änderung einer Vereinbarung anordnet6 oder ein Handeln der Wohnungseigentümer erforderlich macht, etwa das BGB, die HeizkostenVO oder die EnEV. Kommen die Wohnungseigentümer ihrer untereinander geltenden gesetzlichen Verpflichtung aus § 21 Abs. 3 und Abs. 4, nämlich ihre Angelegenheiten i.S. einer ordnungsmäßigen Verwaltung zu ordnen und also ihr Selbstorganisationsrecht wahrzunehmen, nicht nach, muss/kann jeder Wohnungseigentümer die anderen Wohnungseigentümer ggf. auf eine entsprechende beschlussweise oder vertragliche Änderung nach § 21 Abs. 4 und Abs. 8, § 10 Abs. 2 Satz 3 in Anspruch nehmen. Entsprechendes gilt für § 3 Satz 2 HeizkostenVO. Diese Vorschrift qualifiziert die Einführung der verbrauchsabhängigen Abrechnung zwar als Maßnahme i.S.d. § 21 Abs. 3. Nicht aus der Heizkostenverordnung selbst, sondern aus § 21 Abs. 3 folgt aber die notwendige Beschlussmacht.7

III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) 11 Sofern die Wohnungseigentümer über eine Angelegenheit beschließen dürfen, geschieht dies

nach § 23 Abs. 1 grundsätzlich in ihrer Versammlung (Eigentümerversammlung). Die Regelungen zur Einberufung und Organisation dieser Eigentümerversammlung finden sich in §§ 23 Abs. 2, 24 und 25. Genaue gesetzliche Regelungen zum Ablauf und zum Inhalt fehlen.

1. Eigentümerversammlung 12 Die Eigentümerversammlung kann als eine von einem wenigstens potenziell Berechtigten ein-

berufene (dazu Rz. 21 ff.) physische (dazu Rz. 27 ff.) Zusammenkunft aller in einer bestimmten Wohnungseigentumsanlage Stimmberechtigten oder ihrer Vertreter (dazu Rz. 30 ff.) an einem Versammlungsort und an einer Versammlungsstätte (dazu § 24 Rz. 95 ff.) zu dem Zweck, sich über die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums auszutauschen und Angelegenheiten der Wohnungseigentümer und der Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähigem Verband im Wege des Beschlusses zu ordnen, definiert werden. a) Zweck und Bedeutung der Eigentümerversammlung 13 Die Versammlung wird häufig als ein Organ8 oder „Beschlussorgan“ der Wohnungseigen-

tümergemeinschaft beschrieben, gar als das „wichtigste“.9 Zutreffend ist dies, soweit die versammelten Wohnungseigentümer als Mitglieder des rechtsfähigen Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft für diesen handeln. Geht es hingegen um die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, kann ein Organ im gesellschaftsrechtlichen Sinne nicht gegeben sein, weil die Wohnungseigentümer hier nur eine modifizierte Bruchteilsgemeinschaft bilden.

14 Eine Eigentümerversammlung vereint in sich für die Organisation und Verwaltung des ge-

meinschaftlichen Eigentums ganz wesentliche Zwecke. Eigentümerversammlungen dienen in erster Linie dazu, die Erörterung und Beschlussfassung in denjenigen Angelegenheiten zu ermöglichen, über die die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können.10 Sie ha6 A.A. OLG Hamburg v. 29.9.2004 – 2 Wx 1/04, MietRB 2005, 155 = ZMR 2004, 936 (937). 7 Schmid, MDR 1990, 297 (298). 8 BGH v. 14.2.2014 – V ZR 100/13 – Rz. 12, MDR 2014, 397 = MietRB 2014, 103 = NJW 2014, 1093; Becker, Teilnahme an der Versammlung der Wohnungseigentümer, S. 10 ff. 9 Vgl. etwa Scheff/Schmidt, MDR 2010, 186. 10 OLG Stuttgart v. 30.4.1986 – 8 W 531/85, NJW-RR 1986, 1277.

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III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) | Rz. 17 § 23

ben für die Wohnungseigentümer und die anderen Stimmberechtigen deshalb eine ganz wesentliche Bedeutung. Die Wohnungseigentümer sind zwar nach §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 zur Mitverwaltung berechtigt. Eine Möglichkeit, auf die Geschicke der Gemeinschaft Einfluss zu nehmen, haben sie, abgesehen von der Bestellung als Verwaltungsbeirat, indes nur in und durch die Eigentümerversammlung. Eigentümerversammlungen sind daher der zentrale Ort zur Umsetzung des Rechts der Wohnungseigentümer aus § 20 Abs. 1, an der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mitzuwirken. Vor allem während des Ablaufs einer Eigentümerversammlung besteht die Möglichkeit, Meinungen auszutauschen, Informationen zu erhalten und das Stimmrecht zur Beschlussfassung auszuüben. Die Eigentümerversammlung ist damit der einzigartige Marktplatz für einen Interessenaustausch und Interessensausgleich unter den Wohnungseigentümern. Sie bietet dem Einzelnen die Chance, auf die Meinungsund Willensbildung der anderen Wohnungseigentümer Einfluss zu nehmen. Sie muss daher zu erwartenden Minderheiten die Chance eröffnen, sich zu artikulieren und ihre Argumente vorzubringen. Zusammenfassend kann man aus diesen Aspekten heraus für die Eigentümerversammlung wenigstens drei Funktionsbereiche unterscheiden:11 eine Willensbildungs-, eine Beratungs- und eine Kontrollfunktion. Hinzu kommt, dass die Versammlung Ort der Information der Wohnungseigentümer ist.12 Wegen ihrer fundamentalen Bedeutung für die Willensbildung kann die Eigentümerversamm- 15 lung nicht dadurch umgangen werden, dass ein Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 oder Abs. 8 unmittelbar auf eine Willensbildung durch Beschluss Leistungs- oder Gestaltungsklage erhebt. Einer derartigen Klage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, es sei denn, die Vorbefassung der Wohnungseigentümer wäre ausnahmsweise eine „Förmelei“, weil feststeht – was der Wohnungseigentümer darlegen und beweisen muss –, dass eine Befassung am Willen der anderen Wohnungseigentümer nichts ändert (s. § 21 Rz. 139). b) Abgrenzung aa) Versammlung des Beirats Besteht der Verwaltungsbeirat – wie fast immer und wie allein ordnungsmäßig – aus mehre- 16 ren Personen, kann er seine Willensbildung (auch) im Wege des Beschlusses bestimmen. Dieser Beschluss ist allerdings kein Beschluss i.S.d. Gesetzes und unterliegt eigenen Vorschriften (dazu § 29 Rz. 25). Beschlüsse des Beirats werden – ähnlich wie Beschlüsse der Wohnungseigentümer – grundsätzlich in einer „Sitzung“ des Verwaltungsbeirats gefasst, können aber auch ohne weiteres auf andere Weise erfolgen.13 Jedes Mitglied des Verwaltungsbeirats ist berechtigt, Anträge zu stellen und abzustimmen. Die Stimme kann – wenn nicht anderes bestimmt ist – in jeder Form abgegeben werden.14 Eine Stimmrechtsvertretung ist entsprechend § 101 Abs. 3 AktG grundsätzlich unzulässig, es sei denn, eine Vereinbarung lässt eine Vertretung zu. Ist nichts anderes bestimmt, kommt ein Beschluss des Beirats entsprechend § 25 WEG mit 17 einfacher Stimmenmehrheit zustande.15 Bei Abstimmungen, von denen ein Mitglied des Verwaltungsbeirats persönlich betroffen ist, sollte sein Stimmrecht in entsprechender Anwendung des § 25 Abs. 5 ruhen (dazu § 25 Rz. 112). Dies ist etwa der Fall, wenn darüber abgestimmt wird, ob der Beirat die nach einer Vereinbarung i.S.v. § 12 erforderliche Zustimmung zur Ver11 Mankowski, ZMR 2002, 246 (247); Becker, Teilnahme an der Versammlung der Wohnungseigentümer, S. 12 ff. 12 Scheff/Schmidt, MDR 2010, 186. 13 BayObLG v. 16.6.1988 – BReg 2Z 46/88, BayObLGZ 1988, 212 (214). 14 Gottschalg in FS Bub (2007), S. 73 (85). 15 OLG Zweibrücken v. 10.6.1987 – 3 W 53/87, MDR 1987, 938 = NJW-RR 1987, 1366 (1367); Armbrüster, JuS 2002, 564 (569).

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§ 23 Rz. 17 | Wohnungseigentümerversammlung äußerung des einem Beiratsmitglied gehörenden Wohnungseigentums erteilen soll.16 Ist eine Zustimmung des Verwaltungsbeirats zu einer bestimmten Maßnahme vorgesehen, genügt die Zustimmung des Vorsitzenden allein nicht. Vielmehr ist es erforderlich, dass sich der Verwaltungsbeirat als Gremium für die beabsichtigte Maßnahme ausspricht.17 18 Beschlüsse des Verwaltungsbeirats sind nicht nach §§ 43 Nr. 4, 46 Abs. 1 anfechtbar.18 Sie

unterliegen im Wege der Feststellungsklage einer gerichtlichen Nachprüfung ohne zeitliche Befristung, sofern dafür ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Verstößt ein Beschluss gegen eine gesetzliche Vorschrift, eine Vereinbarung oder einen Beschluss der Wohnungseigentümer, ist er nichtig.19 bb) Versammlungen mehrerer Miteigentümer eines Wohnungseigentums 19 Die Miteigentümer eines Wohnungseigentums, z.B. die Mitglieder einer Erbengemeinschaft

(Gemeinschaften nach §§ 741 ff., 1008 ff. BGB), können sich versammeln, vor allem um ihr Stimmrecht zu organisieren (dazu § 25 Rz. 31). Diese Versammlung ist keine Eigentümerversammlung i.S.v. § 23 Abs. 1. Mehrere Eigentümer eines Sondereigentums – z.B. an einem Wohnungs- oder einem Teileigentum (etwa einem Doppelparker oder an Stellplätzen) – bilden keine (Unter-)Wohnungseigentümergemeinschaft.20 Das Wohnungseigentumsgesetz kennt keine Mischform aus Bruchteils- und Wohnungseigentümergemeinschaft. Werden auf einer Versammlung der Miteigentümer eines Wohnungs- oder Teileigentums Beschlüsse gefasst, handelt es sich um solche nach § 745 Abs. 1 BGB. Die Entscheidungen einer solchen Miteigentümerversammlung sind also zwar nicht bedeutungslos, weil durch sie etwa die Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung vorbereitet wird. Die Entscheidungen spielen aber für die anderen Wohnungseigentümer nur eine mittelbare Rolle und sind nicht Beschlüsse i.S.d. Wohnungseigentumsrechts. Die Miteigentümer sind befugt, ihre Vereinbarungen untereinander, etwa zum Gebrauch des gemeinsam gehaltenen Sondereigentums (s. § 15 Rz. 64), durch Eintragung gem. § 1010 BGB zum Inhalt des Sondereigentums zu machen.21 cc) Versammlung der Bauherren 20 Die Eigentümerversammlung nach §§ 23 ff. ist von der Versammlung einer Gemeinschaft von

Bauherren abzugrenzen. Die Versammlung der Bauherren ist keine Eigentümerversammlung – und kann zu dieser auch nicht werden. Wird die Wohnungseigentumsanlage von einer Bauherrengemeinschaft errichtet, endet diese nach § 726 BGB in der Regel mit Entstehen der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft wegen Zweckerreichung.22 Ist die Bauherrengemeinschaft ausnahmsweise nicht erloschen, muss eine Abgrenzung von Entscheidungen nach dem Beschlussgegenstand erfolgen.23

16 17 18 19 20 21

Armbrüster, JuS 2002, 564 (569); Armbrüster, PiG 61, 35 (55) = ZWE 2001, 463. BayObLG v. 28.3.2002 – 2Z BR 4/02, NZM 2002, 529 (530) = ZWE 2002, 405. OLG Hamm v. 19.3.2007 – 15 W 340/06, MietRB 2007, 238; Gottschalg in FS Bub (2007), S. 73 (85). OLG Hamm v. 19.3.2007 – 15 W 340/06, MietRB 2007, 238; Gottschalg in FS Bub (2007), S. 73 (86). Bub/von der Osten, FD-MietR 2011, 32355; Ott, Sondernutzungsrecht, S. 10. BGH v. 20.2.2014 – V ZR 116/03, MDR 2014, 520 = MietRB 2014, 172 = NJW 2014, 1879; OLG Nürnberg v. 3.8.2011 – 10 W 302/11, MDR 2011, 1227 = MietRB 2011, 382 = ZWE 2011, 419; OLG Jena v. 24.11.1999 – 6 W 715/99, ZWE 2000, 232; OLG Frankfurt v. 23.12.1999 – 20 W 281/98, MittBayNot 2000, 440. 22 OLG Schleswig v. 8.3.2006 – 2 W 158/05, ZMR 2006, 806; AG Bremen-Blumenthal v. 8.3.2013 – 44 C 2032/12, ZMR 2013, 663. 23 OLG Schleswig v. 8.3.2006 – 2 W 158/05, ZMR 2006, 806.

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III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) | Rz. 23 § 23

c) Notwendigkeit einer Einberufung aa) Grundsatz Notwendiges Merkmal der Eigentümerversammlung ist ihre Einberufung durch einen zumin- 21 dest potenziell Einberufungsberechtigten (dazu § 24 Rz. 33a f.). Ohne vorhergehende Einberufung kann eine Eigentümerversammlung i.S.d. §§ 23 ff. nicht stattfinden. Eine spontane Zusammenkunft mehrerer Wohnungseigentümer ist daher keine Eigentümerversammlung.24 Wird eine Zusammenkunft überhaupt nicht oder von einem nicht einmal potenziell Berechtigten „einberufen“, handelt es sich um keine Eigentümerversammlung.25 Dennoch gefasste Beschlüsse sind Nichtbeschlüsse (s. Rz. 147 ff.). bb) Ausnahme: Universalversammlungen Das Erfordernis einer Einberufung kann entsprechend § 51 Abs. 3 GmbHG bei einer sog. Uni- 22 versalversammlung (Vollversammlung) entbehrlich sein, also wenn sämtliche Wohnungseigentümer spontan, durch eine Einigung sämtlicher Wohnungseigentümer oder aufgrund einer Ladung eines nicht einmal potenziell Berechtigten in einer Stätte zusammenkommen, sei es in Person erschienen oder wirksam vertreten. Da der Verwalter als Versammlungsleiter nur Funktionsgehilfe ist und die Wohnungseigentümer nach § 24 Abs. 5 Variante 2 einen anderen Versammlungsleiter bestimmen können, ist seine Anwesenheit in der Vollversammlung nicht zwingend. Eine Universalversammlung heilt aber nur dann die fehlende (oder fehlerhafte) Einberufung, 23 wenn die Wohnungseigentümer allstimmig und mit dem Wissen, dass die gesetzlichen Vorschriften etwas anderes bestimmen,26 auf die im Vorfeld einer Eigentümerversammlung ansonsten notwendigen Schritte (Ladungen, Tagesordnung etc.) verzichten und festlegen, eine Eigentümerversammlung abzuhalten und dort über bestimmte Angelegenheiten zu beschließen.27 Eine Heilung des Einberufungsmangels kommt ohne diesen allstimmigen Verzicht nicht in Betracht.28 Nimmt ein Wohnungseigentümer an einer Universalversammlung ohne Widerspruch teil, wird dies in der Regel als stillschweigender Verzicht auf die Einhaltung sämtlicher Formalien verstanden. Dem ist zuzustimmen, sofern der Verzichtende um seine Rechte und um das, auf was er verzichtet, weiß.29 Einer „Rüge“ des Ladungsmangels bedarf es – anders als im Recht der GmbH – nicht.30 Ist ein Vertreter anwesend, kann er in der Regel einen Ladungsmangel nicht „heilen“; seine Vollmacht deckt einen Verzicht auf die Formalien einer Eigentümerversammlung nicht.31

24 OLG Hamm v. 25.10.2007 – 15 W 180/07, MietRB 2008, 79 = NJW-RR 2008, 450 (451); BayObLG v. 14.11.2002 – 2Z BR 107/02, ZMR 2003, 363 (364). 25 OLG Hamm v. 25.10.2007 – 15 W 180/07, MietRB 2008, 79 = ZMR 2008, 161; BayObLG v. 21.10.1981 – BReg.2 Z 75/80, MDR 1982, 323. 26 BayObLG v. 21.10.1996 – 2Z BR 72/96, ZMR 1997, 93; BayObLG v. 5.3.1992 – BReg.2 Z BR 165/91, NJW-RR 1992, 787; OLG Stuttgart v. 18.12.1985 – 8 W 338/85, NJW-RR 1986, 315; KG v. 1.3.1974 – 1 W 858/73, OLGZ 1974, 399 (401); s.a. OLG Hamm v. 7.6.1979 – 15 W 56/79, OLGZ 1979, 296 (300). 27 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 222/10, MietRB 2011, 283 = ZWE 2011, 354 (355). Zur Wissenskomponente s. ferner BGH v. 27.4.2009 – II ZR 167/07, NJW 2009, 2300 (2302) m.w.N.; BGH v. 19.1.2009 – II ZR 98/08, MDR 2009, 515 = BB 2009, 556 (557) = NZG 2009, 385; Hogenschurz, ZMR 2009, 824. 28 A.A. LG Hamburg v. 25.5.2011 – 318 S 21/11, ZMR 2011, 824 (825). 29 S.a. Hogenschurz, ZMR 2009, 824. 30 Zum Gesellschaftsrecht BGH v. 19.1.2009 – II ZR 98/08, MDR 2009, 515 = NZG 2009, 385 (386); a.A. BGH v. 25.11.2002 – II ZR 69/01, MDR 2003, 277 = NZG 2003, 127 (129). 31 S.a. LG Karlsruhe v. 11.5.2010 – 11 S 9/08, ZWE 2010, 377 (378).

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§ 23 Rz. 24 | Wohnungseigentümerversammlung 24 Die Wohnungseigentümer sind an einen im Vorfeld oder in der Versammlung erklärten Ver-

zicht nicht gebunden. Bleibt ein miteinladender Wohnungseigentümer einer Universalversammlung fern, entfällt deshalb sein ursprünglicher (stillschweigender) Verzicht.32 Auch kann sich jeder Wohnungseigentümer einer Universalversammlung unter Hinweis auf seine mangelnde Vorbereitung entziehen und diese dadurch ihrer generellen „Heilungswirkung“ berauben. cc) Außerordentliche Eigentümerversammlungen 25 Das Gesetz selbst unterscheidet nicht zwischen „ordentlichen“ und „außerordentlichen“ Ei-

gentümerversammlungen. Ob eine Eigentümerversammlung „außerordentlich“ ist, kann deshalb nur jeweils für eine Wohnanlage und ihre Belange entschieden werden. Eine Eigentümerversammlung ist nach dem hier verstandenen Begriff „außerordentlich“, wenn sie sich außerhalb der für eine bestimmte Anlage vorgesehenen Regelmäßigkeit befindet, z.B. wenn der Verwalter aufgrund eines Einberufungsverlangens der Wohnungseigentümer nach § 24 Abs. 2 Halbs. 2 (dazu § 24 Rz. 7 ff.) oder nach Aufforderung des Beirats außer der Regel lädt.33

26 Die außerordentliche Eigentümerversammlung erfordert ebenso wie die ordentliche Eigentü-

merversammlung eine Einberufung, wenn sie nicht ausnahmsweise als Universalversammlung stattfindet. Ein Unterschied besteht nur darin, dass für die Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung vielfach kein Ermessen des Einberufenden besteht (dazu § 24 Rz. 4, § 24 Rz. 15). d) Physische Zusammenkunft aa) Grundsatz 27 Die Eigentümerversammlung setzt begrifflich eine physische Zusammenkunft an einem be-

stimmten Ort voraus. Allerdings können die Wohnungseigentümer entsprechend § 118 Abs. 1 Satz 2 AktG vereinbaren, dass ein Wohnungseigentümer durch Zuschaltung im Wege elektronischer Kommunikation an einer Präsenz-Versammlung teilnimmt. Ein entsprechender Geschäftsordnungsbeschluss verstößt indes gegen § 23 Abs. 1, so dass die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse an einem formellen Mangel leiden (s. Rz. 173). Die Wohnungseigentümer können die Ausübung nur einzelner Rechte online eröffnen (z.B. nur Stimmrecht). Sie können die Rechte aber auch nur teilweise für die Onlineteilnahme eröffnen (z.B. Fragerecht ohne Recht auf Antwort). bb) Ausnahme: Virtuelle Eigentümerversammlung 28 Daneben kann auch die Zulässigkeit einer „virtuellen“ Eigentümerversammlung durch den

Einsatz von Telekommunikationsmitteln wirksam vereinbart werden.34 Wohnungseigentümer müssen nicht körperlich an einem Ort und an einer Stätte zusammenkommen. Wie § 23 Abs. 3 zeigt, können die Funktionen einer Eigentümerversammlung (Rz. 14) und die Inhalte des Teilnahmerechts (§ 24 Rz. 68 ff.) auch erfüllt werden, wenn nicht alle Wohnungseigentümer physisch an einem Ort zusammenkommen. Allerdings muss die virtuelle Versammlung die Wesensmerkmale einer Eigentümerversammlung i.S.d. § 23 Abs. 1 aufweisen, weil sonst in der Vereinbarung eine unzulässige Abbedingung dieser Vorschrift liegt (s. Rz. 5). Die vir-

32 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 222/10, MietRB 2011, 283 = ZWE 2011, 354 (355). 33 OLG Hamburg v. 15.8.2005 – 2 Wx 22/99, juris. 34 Häublein in Staudinger, BGB, § 23 WEG Rz. 142; Mankowski, ZMR 2002, 246; Huff in FS Deckert (2002), S. 175 (179).

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III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) | Rz. 32 § 23

tuelle Eigentümerversammlung muss daher sicherstellen, dass die Teilnahme für jeden Wohnungseigentümer möglich ist, dass ein freier Austausch der Meinungen und die Nichtöffentlichkeit gewährleistet ist, und eine ordnungsgemäße Beschlussfassung erfolgen kann. Diese Voraussetzungen sind bei einer Telefonkonferenz jedenfalls nicht erfüllt.35 Möglich er- 29 scheint hingegen bei kleineren Gemeinschaften die Vereinbarung einer Eigentümerversammlung im Wege einer Videokonferenz;36 hierfür spricht auch eine Analogie zu § 128a ZPO. e) Zusammenkunft aller Wohnungseigentümer aa) Grundsatz Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist auf die Zusammenkunft aller in einer bestimmten 30 Wohnungseigentumsanlage Stimmberechtigten oder ihrer Vertreter gerichtet. Eine Zusammenkunft von Wohnungseigentümern mehrerer Gemeinschaften ist deshalb keine Eigentümerversammlung i.S.d. Gesetzes (dazu Rz. 35). Wie viele Wohnungseigentümer in einer ordnungsgemäß einberufenen Versammlung anwesend oder vertreten sind, ist für das Vorliegen einer Versammlung nicht entscheidend. Eine Versammlung liegt auch dann vor, wenn nur ein Wohnungseigentümer oder sogar nur der Verwalter anwesend ist. Für die Beschlussfähigkeit einer Erstversammlung, die freilich die Entstehung einer zumindest werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft voraussetzt (s. Rz. 37, 44), gelten keine Besonderheiten. Beschlüsse können daher gefasst werden, wenn in Person des erschienenen Wohnungseigentümers oder durch diesem oder dem Verwalter erteilten Stimmrechtsvollmachten die Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 erfüllt sind.37 bb) Separate Eigentümerversammlungen in der Mehrhausanlage Die Wohnungseigentümer können insbesondere bei Mehrhausanlagen die Abhaltung von 31 Teilversammlungen vereinbaren (dazu Rz. 7).38 Dort können die Beschlussgegenstände behandelt werden, für die ein ausschließliches Stimmrecht der jeweiligen Mitglieder der Untergemeinschaft zulässig vereinbart worden ist (zu den Grenzen s. § 25 Rz. 51 ff.). Zu den Einzuladenden s. § 24 Rz. 38 und zu den Teilnahmerechten s. § 24 Rz. 92. Ohne Vereinbarung darf – auch bei einem beschränkten Stimmrecht – keine Teilversamm- 32 lung abgehalten werden. Die gegenteilige, auf das BayObLG zurückgehende Ansicht,39 wonach für Angelegenheiten, die sich ausschließlich auf einen eindeutig abgegrenzten oder abgrenzbaren Teil eines Hauses oder einer Mehrhausanlage beziehen und von denen nur ein bestimmter Teil von Wohnungseigentümern berührt wird, getrennte Versammlungen durchgeführt werden,40 ist mit der h.L. abzulehnen.41 Dem Gesetz ist das sog. Blockstimmrecht nur bestimmter Wohnungseigentümer unbekannt (§ 25 Rz. 53). Eine Teilversammlung kann auch keine Folge „natürlicher Gegebenheiten“ sein.

AG Königstein i. Ts. v. 16.11.2007 – 27 C 955/07, NZM 2008, 171. Huff in FS Deckert (2002), S. 175 (179); Hügel/Elzer, § 23 WEG Rz. 17. OLG München v. 11.12.2007 – 34 Wx 14/07, ZMR 2008, 409. Vgl. BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, NJW 2018, 1309 = MietRB 2018, 77. Vgl. BayObLG v. 10.11.1961 – BReg.2 Z 153/61, NJW 1962, 492; BayObLG v. 14.5.1975 – BReg.2 Z 23/75, BayObLGZ 1975, 177 (180). 40 Vgl. u.a. OLG München v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MDR 2007, 711 = MietRB 2007, 39 = WuM 2007, 34; BayObLG v. 25.7.1984 – BReg.2 Z 57/84, DNotZ 1985, 414. 41 Rüscher, ZWE 2011, 308 (309); Schultzky, ZMR 2011, 521; Hügel, NZM 2010, 8 (15); Häublein, ZWE 2010, 149 (155). 35 36 37 38 39

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§ 23 Rz. 33 | Wohnungseigentümerversammlung 33 Auch wenn Angelegenheiten nicht nur die Wohnungseigentümer eines Hauses betreffen, sollen

Teilversammlungen nach dem sog. Stuttgarter Modell stattfinden können.42 Danach werden aufgrund einer Vereinbarung43 für jedes Haus einer Mehrhausanlage separate Eigentümerversammlungen mit gleicher Tagesordnung einberufen. Soweit Gemeinschaftsangelegenheiten betroffen sind, muss allen Teilversammlungen die gleiche Tagesordnung/Beschlussvorlage zugrunde liegen und den von der Abstimmung ausgeschlossenen Wohnungseigentümern muss ein Teilnahme- und Rederecht in der jeweiligen Teilversammlung eingeräumt werden.44 Die Wohnungseigentümer üben dann ihr Stimmrecht im Wege einer „kombinierten Beschlussfassung“ aus.45 Darunter versteht man u.a., dass die in einer Teilversammlung abgegebenen Stimmen mit Stimmen, die in einer anderen Teilversammlung abgegeben werden, zusammengefasst werden. 34 Die Vereinbarung des Stuttgarter Modells empfiehlt sich nicht. Es kommt zu Problemen,

wenn die erforderliche Beschlussmehrheit bereits in den vorhergehenden Versammlungen erreicht wurde. Auch die Lösungen zur Beschlussfähigkeit und Berechnung der Stimmenmehrheit sind unbefriedigend, sofern hier nicht Klares vereinbart ist. Ferner sind die Teilnahme-, Antrags- und Anfechtungsrechte unklar. Schließlich ist das Stuttgarter Modell ein Fallstrick für die Entstehung des Beschlusses und die Fragen, wann der Verwalter den Beschluss verkündet, wann er ihn in die Beschluss-Sammlung aufnimmt und ab wann die Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 läuft. cc) Versammlung mehrerer Wohnungseigentümergemeinschaften 35 Die Zulässigkeit einer gemeinsamen Versammlung mehrerer Wohnungseigentümergemein-

schaften kann nicht vereinbart werden. Das gilt auch für einen Vertrag, durch den die Wohnungseigentümer zweier selbständiger Eigentümergemeinschaften ein gemeinsames Verwaltungs- und Wirtschaftswesen unter Verdrängung der gesetzlichen Verwaltungsbefugnisse der einzelnen Gemeinschaft vereinbaren (Übergemeinschaft, Dachgemeinschaft). Ein solcher Vertrag ist wegen Verstoßes gegen zwingende Vorschriften des Wohnungseigentumsrechts und Umgehung des sachenrechtlichen Typenzwangs nichtig.46 36 Schließen sich mehrere Eigentümergemeinschaften zu einer „Wirtschaftsgemeinschaft“ zu-

sammen, z.B. um gemeinsam einen Ferienwohnpark zu betreiben, findet auch auf diese nicht das Wohnungseigentumsgesetz, sondern das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach §§ 705 ff. BGB oder ggf. Gemeinschaftsrecht Anwendung. Wollen sich mehrere Gemeinschaften versammeln, können sie dieses nur als Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Hielten sie Wohnungseigentümerversammlungen ab, verstießen sie gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit (dazu § 24 Rz. 109).47

42 OLG Stuttgart v. 9.10.1996 – 8 W 265/96, FGPrax 1997, 17; LG Karlsruhe v. 16.5.2011 – 11 S 11/10, juris; AG Karlsruhe-Durlach v. 30.12.2009 – 4 C 21/09, ZMR 2010, 565; Hügel, NZM 2010, 8 (15); Bub, ZWE 2000, 194 (198); Drasdo, Eigentümerversammlung, N. 22 ff.; Vandenhouten in Köhler, Teil 4 Rz. 98. 43 LG Karlsruhe v. 16.5.2011 – 11 S 11/10, juris. 44 LG Karlsruhe v. 16.5.2011 – 11 S 11/10, juris; Hügel, NZM 2010, 8 (15). 45 S. dazu KG v. 12.6.1989 – 24 W 5453/88, MDR 1989, 997. 46 OLG Hamm v. 9.10.2003 – 15 W 14/02, MietRB 2004, 324 = ZMR 2005, 721; OLG Düsseldorf v. 2.4.2003 – 3 Wx 223/02, MietRB 2004, 17 = ZMR 2003, 765 (766); OLG Köln v. 18.8.1999 – 16 Wx 78/99, ZMR 2000, 561. 47 AG Mettmann v. 3.8.2009 – 26 C 104/08, ZMR 2009, 959 (960).

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III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) | Rz. 39 § 23

dd) Versammlungen in der Entstehungsphase Bei einer Begründung des Wohnungseigentums durch Teilung nach § 8 kann der Alleineigen- 37 tümer (meist ein Bauträger) noch vor Entstehung einer wenigstens werdenden Gemeinschaft von Wohnungseigentümern keine Beschlüsse in einer „Versammlung“ treffen. Eine von ihm „beschlussweise“ getroffene Anordnung kann nicht als Beschluss verstanden werden (s. Rz. 44). Von einer „Eigentümerversammlung“ der werdenden Wohnungseigentümer ist zu spre- 38 chen, wenn es neben dem Alleineigentümer bereits einen oder mehrere werdende Wohnungseigentümer (zum Begriff s. § 10 Rz. 166 ff.) gibt und sich diese Personen zur Beschlussfassung versammeln. Für diese Versammlung gelten sämtliche Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes entsprechend. Eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft endet mit Eintragung des oder eines der Ersterwerber im Grundbuch.48 Gab es neben dem zuerst im Grundbuch eingetragenen Erwerber weitere vom Alleineigentümer kaufende werdende Wohnungseigentümer, verlieren diese durch den Vollzug der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ihre Rechte als werdende Eigentümer nicht rückwirkend.49 Die Eigentümerversammlung findet dann mit den echten und werdenden Wohnungseigentümern statt.50

2. Beschluss als Handlungsform der Versammlung a) Rechtsnatur des Beschlusses Ein Eigentümerbeschluss ist ein mehrseitiges Rechtsgeschäft eigener Art.51 Zweck dieses Ge- 39 schäftes ist es, mehrere identische und gleichgerichtete Willenserklärungen („Ja-Stimmen“) der Wohnungseigentümer zur Bestimmung der Willensbildung und zur Klärung, was gilt, zu kanalisieren und zu bündeln.52 Beschlüsse dienen damit der innerorganisatorischen Willensbildung der Wohnungseigentümer sowie (ggf. zugleich) der Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähigem Verband.53 Beschlüsse sind dabei als das in „Worte gefasste“ Ergebnis einer internen, kollektiven Willensbildung der Wohnungseigentümer zu verstehen. Sie können entgegen der Ansicht der wohl h.M.54 nicht als „Gesamtakt“ verstanden werden. Gesamtakte setzen nämlich stets inhaltlich gleiche, parallel laufende Erklärungen aller Beteiligten voraus.55 Nur ein allstimmiger Beschluss i.S.v. § 22 Abs. 1 und ein schriftlicher Beschluss i.S.v. § 23 Abs. 3 können damit als Gesamtakt verstanden werden. Einen „Mehrheitsgesamtakt“ gibt es hingegen nicht. 48 OLG Karlsruhe v. 12.11.2001 – 14 Wx 37/01, ZMR 2003, 374 (375); KG v. 17.1.2001 – 24 W 2065/ 00, ZMR 2001, 656; BayObLG v. 20.4.2000 – 2Z BR 22/00, NJW-RR 2000, 1540; OLG Köln v. 28.1.1999 – 16 Wx 3/99, WuM 1999, 642. 49 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, BGHZ 177, 53, 59 = MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = NJW 2008, 2639; OLG Köln v. 30.11.2005 – 16 Wx 193/05, ZMR 2006, 383; OLG Hamm v. 19.10.1999 – 15 W 217/99, ZMR 2000, 128 (130). 50 OLG Köln v. 30.11.2005 – 16 Wx 193/05, ZMR 2006, 383; Heismann, ZMR 2004, 10 (12); offen gelassen von OLG Köln v. 2.2.2004 – 16 Wx 244/03, MietRB 2004, 264 = ZMR 2004, 859 (860). 51 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 (297) = MDR 1999, 28; BayObLG v. 12.7.2001 – 2Z BR 139/00, ZWE 2001, 538 (540); OLG Köln v. 22.9.2004 – 16 Wx 142/04, MDR 2005, 500 = MietRB 2005, 99 = ZMR 2005, 227 (228). 52 OLG Köln v. 22.9.2004 – 16 Wx 142/04, MDR 2005, 500 = MietRB 2005, 99 = ZMR 2005, 227 (228); Wenzel, ZWE 2004, 510; Wenzel, ZWE 2000, 382 (383). 53 Suilmann, Beschlussmängelverfahren, S. 15. 54 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, BGHZ 152, 63 (67) = MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629; BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 (297) = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713; BayObLG v. 7.12.1995 – 2Z BR 72/95, ZMR 1996, 151 (153). 55 Bork, Allgemeiner Teil des BGB, Rz. 430.

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§ 23 Rz. 40 | Wohnungseigentümerversammlung b) Abgrenzung zur Vereinbarung aa) Unterschiedliche Willensrichtung 40 Beschlüsse beruhen anders als Vereinbarungen i.S.v. § 10 Abs. 2 Satz 2 nicht auf gegenseitigen,

miteinander korrespondierenden Willenserklärungen. Die Willenserklärungen, auf denen Beschlüsse beruhen, sind vielmehr inhaltlich übereinstimmend: Die Wohnungseigentümer stimmen gegenüber einem bestimmten Antrag mehrheitlich mit „Ja“ oder mit „Nein“ ab.56 bb) Umdeutung eines allstimmigen Beschlusses? 40a Trotz der unterschiedlichen Willensrichtung stellt sich bei einem sog. allstimmigen Beschluss

die Frage nach der Abgrenzung zur Vereinbarung. Ein Beschluss in einer Eigentümerversammlung ist allstimmig, wenn sämtliche Wohnungseigentümer anwesend oder vertreten sind und sämtliche Stimmberechtigten einem Beschlussantrag zustimmen.57 Allstimmigkeit wird vom Wohnungseigentumsgesetz bei der schriftlichen Beschlussfassung gem. § 23 Abs. 3 gefordert (s. Rz. 127). Ferner kann eine Allstimmigkeit nach § 22 Abs. 1 erforderlich sein (s. § 22 Rz. 16). 41 Regeln die Wohnungseigentümer allstimmig eine Angelegenheit, die sie auch vereinbaren

könnten und ggf. müssten, muss im Einzelfall der allstimmige Beschluss von einer Vereinbarung abgegrenzt werden. Hierzu ist zu fragen, wie die Wohnungseigentümer handeln wollten58 und wie die äußeren Umstände zu werten sind, also die Art und Weise, wie eine Entscheidung zustande gekommen ist.59 Wollten die Wohnungseigentümer etwas beschließen, ist ihr Wille, diese Handlungsform gewählt zu haben, zu respektieren. Vereinbarungen und Beschlüsse unterscheiden sich ganz grundsätzlich: in der Art des Zustandekommens, in ihrer Bindungswirkung, in ihrer Angreifbarkeit und in dem, was durch sie geregelt werden kann. Alle diese Gesichtspunkte erlauben es nicht, einen Beschluss als Vereinbarung zu begreifen, auch wenn es den Wohnungseigentümern rechtlich vorteilhaft wäre. Auch wäre die Bewertung, was „vorteilhaft“ ist, beliebig. Kann etwa ein allstimmiger Beschluss angefochten werden, so ist eine Anfechtung einer Vereinbarung ausgeschlossen. Ob daher die Einordnung einer Regelung als Vereinbarung den Wohnungseigentümern in einer ganzheitlichen Betrachtung von Nutzen ist, ist nur schwer zu sagen. Für diese Sichtweise spricht ferner, dass alle anderen Wege, Beschluss und Vereinbarung rechtlich voneinander zu scheiden, nicht überzeugen. 42 Die von der wohl noch h.M.60 favorisierte, am Regelungsinhalt orientierte Abgrenzung (in-

haltliche Prüfsteine) von Vereinbarung und Beschluss ist nicht möglich. Eine Auslegung kann ganz offensichtlich nicht daran anknüpfen, wie die Wohnungseigentümer hätten handeln „sollen“. Eine Auslegung muss vielmehr daran anknüpfen, wie die Wohnungseigentümer gehandelt haben – mag auch ihr Wille, etwas regeln zu wollen, durch die Wahl des falschen Re56 Wenzel, ZWE 2000, 382 (383). 57 Deckert, ZMR 2002, 21 (24). 58 BGH v. 20.6.2002 – V ZB 39/01, MDR 2002, 1427 = ZMR 2002, 766 (771); Wenzel, NZM 2003, 217 (218); Bub, ZWE 2000, 194 (195); a.A. OLG Hamburg v. 26.11.2007 – 2 Wx 68/07, MietRB 2008, 305 = ZMR 2008, 154 (155); OLG Hamm v. 11.11.2004 – 15 W 351/04, juris; BayObLG v. 13.6.2002 – 2Z BR 1/02, ZMR 2002, 848 (850); BayObLG v. 28.3.2001 – 2Z BR 138/00, ZMR 2001, 638 (639); OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – 3 Wx 392/00, ZMR 2001, 649 (650); OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, juris; Hügel, ZWE 2002, 508. 59 OLG Köln v. 7.9.1991 – 16 Wx 60/91, NJW-RR 1992, 598; Wenzel, NZM 2003, 217 (218); Häublein, ZMR 2000, 423 (425). 60 OLG Hamburg v. 26.11.2007 – 2 Wx 68/07, MietRB 2008, 305 = ZMR 2008, 154 (155); OLG Hamm v. 11.11.2004 – 15 W 351/04, ZMR 2005, 400; LG Karlsruhe v. 26.3.2010 – 11 S 140/09, ZMR 2010, 640.

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III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) | Rz. 44 § 23

gelungsinstrumentes ins Leere gehen. Müssten die Wohnungseigentümer eine Angelegenheit vereinbaren, etwa wenn sie eine Vereinbarung abändern wollen, kann damit nicht allein wegen des Gegenstandes auf eine Vereinbarung geschlossen werden.61 Vereinbarungen müssen auch nicht stets abstrakt-generelle Bestimmungen zur Regelung einer Vielzahl von Einzelfällen, Beschlüsse hingegen nicht stets konkret-individuelle Entscheidungen für eine bestimmte Maßnahme sein. Da die Wohnungseigentümer grundsätzlich sämtliche, einem Beschluss zugänglichen Gegenstände auch vereinbaren können, kann aus einem Leitbild, was zu vereinbaren und was zu beschließen ist, nicht geschlossen werden, welches Regelungsinstrument die Wohnungseigentümer im Einzelfall gewählt haben. Eine Auslegung kann ferner nicht daran anknüpfen, wer an der Angelegenheit beteiligt war: Sowohl bei einer Vereinbarung als auch bei einem allstimmigen Beschluss sind sämtliche Wohnungseigentümer beteiligt. Auch die Form ist kein gültiges Unterscheidungskriterium. Eine schuldrechtliche Vereinbarung bedarf ebenso wie ein allstimmiger Beschluss – soweit er nicht schriftlich ist, § 23 Abs. 3 – keiner besonderen Form. Schließlich kann auch die Frage der Dauer und Intensität einer Regelung nur Indiz dafür sein, welches Regelungsinstrument vorliegt.62 Für den Erklärungswillen kann an den Inhalt der Niederschrift, aber auch an äußere Um- 43 stände angeknüpft werden, soweit sie „ohne weiteres“ erkennbar sind. Für die äußeren Umstände ist u.a. die Bezeichnung der Regelung in der Niederschrift maßgebend. Sie ist eine gewichtige Auslegungshilfe.63 Heißt es dort, dass die Wohnungseigentümer einen Beschluss gefasst haben, liegt grundsätzlich auch (nur) ein Beschluss vor.64 Nur wenn auch im Wege der Auslegung nicht ermittelt werden kann, welche Entscheidungsform die Wohnungseigentümer im Auge hatten, ist nach dem Günstigkeitsprinzip subsidiär zu prüfen, ob die konkrete Angelegenheit durch Beschluss geregelt werden konnte oder ob eine Vereinbarung notwendig war. Nach dem Günstigkeitsprinzip haben die Eigentümer die Entscheidungsform gewählt, in der sie ihren Willen durchsetzen konnten. c) „Beschlüsse“ des Alleineigentümers Trifft der Alleineigentümer „beschlussweise“ eine Anordnung, kann diese nicht als Beschluss 44 verstanden werden.65 Der Beschluss im Wohnungseigentumsrecht ist ein Regelungsinstrument der Wohnungseigentümer. Sind noch sämtliche Anteile in der Person des Alleineigentümers vereinigt und ist auch noch keine werdende Eigentümergemeinschaft entstanden, gibt es keine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die ihre Angelegenheiten durch einen Beschluss regeln könnte oder müsste. „Beschlüsse“ des Alleineigentümers sind daher als Nichtbeschlüsse (Rz. 147) anzusehen und ohne weiteres unbeachtlich.66 Die Unbeachtlichkeit gilt auch für „Beschlüsse“ desjenigen, der vollständig in die Rechtsstellung des aufteilenden Alleineigentümers eingetreten ist oder als Zwangsverwalter dessen Rechte ausübt.67

61 LG München I v. 23.1.2014 – 36 S 5934/13, ZWE 2015, 128 = MietRB 2014, 241; a.A. BayObLG v. 28.3.2001 – 2Z BR 138/00, ZMR 2001, 638 (639). 62 OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – 3 Wx 392/00, ZMR 2001, 649 (650). 63 BayObLG v. 9.7.1987 – BReg.2 Z 64/87, NJW-RR 1987, 1364 (1365); Suilmann, Beschlussmängelverfahren, S. 17. 64 A.A. BayObLG v. 14.11.1991 – 2Z 140/91, WE 1992, 233; OLG Karlsruhe v. 28.3.1983 – 4 W 95/82, MDR 1983, 672. 65 OLG Köln v. 15.1.2008 – 16 Wx 141/07, ZMR 2008, 478 (479) = MietRB 2008, 173. 66 BGH v. 20.6.2002 – V ZB 39/01, MDR 2002, 1427 = NJW 2002, 3240 (3243); BayObLG v. 20.2.2003 – 2Z BR 1/03, NJW-RR 2003, 874; OLG München v. 9.1.2006 – 34 Wx 89/05, ZMR 2006, 308; OLG Düsseldorf v. 17.1.2006 – 3 Wx 167/05, ZMR 2006, 463 (464); offen gelassen von OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – 3 Wx 450/00, ZMR 2001, 650 (651); a.A. Röll, NJW 1989, 1070 (1072). 67 OLG München v. 9.1.2006 – 34 Wx 089/05, ZMR 2006, 308 (309).

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§ 23 Rz. 45 | Wohnungseigentümerversammlung

3. Beschlussfassung 45 Damit es in einer Eigentümerversammlung zu einem Beschluss kommen kann, müssen die

Stimmberechtigten (s. § 25 Rz. 16 ff.) mehrheitlich (s. Rz. 53 ff.) für einen konkreten Beschlussantrag (s. Rz. 46 ff.) stimmen. Das Beschlussergebnis ist durch den Versammlungsleiter festzustellen und zu verkünden (s. Rz. 58 ff.). a) Beschlussantrag aa) Gegenstand der Abstimmung 46 Ein Beschlussantrag in der Eigentümerversammlung ist auf die Herbeiführung einer bestimm-

ten Rechtswirkung gerichtet und hält den Inhalt des zu fassenden Beschlusses fest.68 In einer Wohnungseigentümerversammlung kann nur über einen gestellten Antrag abgestimmt werden. Über ein Weniger gegenüber dem gestellten Antrag können die Wohnungseigentümer nur abstimmen, wenn ein dem Weniger entsprechender Antrag gestellt wird.69 Der Gegenstand der Beschlussanträge ist nach § 23 Abs. 2 bereits mit der Ladung anzukündigen (Rz. 99 ff.). bb) Antragsrecht 47 Ein Beschlussantrag kann nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen vom Versammlungsleiter

und von jedem Wohnungseigentümer70 formuliert und gestellt werden. Die Möglichkeit, Anträge zu stellen und diese zu besprechen, ist als Ausfluss seines Mitgliedschaftsrechts ein elementares Recht eines jeden Wohnungseigentümers (§ 24 Rz. 68 ff.). Auch der Verwalter kann nach zutreffender Auffassung Anträge stellen, was sich mittelbar aus seiner Anfechtungsbefugnis nach § 46 Abs. 1 ergibt.71 Ein Dritter ist nur dann zur Antragstellung berechtigt, wenn ihm in der Versammlung ein Stimmrecht, z.B. als Vertreter eines Wohnungseigentümers, zusteht. cc) Form und Inhalt 48 Für Beschlussanträge ist keine Form vorgeschrieben. Dennoch ist die schriftliche Vorformu-

lierung sinnvoll, um die Beratungs- und Abstimmungsgrundlage eindeutig festzulegen. Einem Beschluss, der für Beschlussanträge die Schriftform und eine schriftliche Begründung vorschreibt, fehlt als gesetzesänderndem Beschluss die Beschlusskompetenz; er ist daher nichtig.72 Schriftform kann aber wirksam vereinbart werden (s. Rz. 5). 49 Beschlussanträge sind so zu formulieren, dass ihr Inhalt hinreichend bestimmt (s. Rz. 163 ff.)

ist, damit eindeutig feststeht, welche Regelung gilt und um künftige Auseinandersetzungen über das Beschlossene zu vermeiden.73 Ein Beschlussantrag kann „positiv“ oder „negativ“ formuliert sein. Ein „positiver“ Antrag ist auf ein Tun oder Dulden gerichtet, etwa der Antrag, eine Jahresabrechnung anzunehmen oder einem Wohnungseigentümer eine bauliche Maßnahme zu gestatten. Ein „negativ“ formulierter Antrag bezweckt ein Unterlassen, z.B. das Fällen eines Baumes abzulehnen.

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Becker, ZWE 2002, 94 (95). OLG München v. 18.11.2008 – 32 Wx 132/08, ZMR 2009, 224. Müller, PiG 59, 73 (89) = ZWE 2000, 237 (243). Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 36; Müller, PiG 59, 73 (89) = ZWE 2000, 237 (243). Vgl. KG v. 26.6.2002 – 24 W 179/01, ZMR 2002, 863 (864). OLG Frankfurt v. 29.9.2005 – 20 W 452/05, juris; OLG Düsseldorf v. 4.9.1996 – 3 Wx 125/96, ZMR 1997, 91 (92); BayObLG v. 22.1.1988 – BReg 2Z 133/87, WuM 1988, 182.

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III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) | Rz. 51 § 23

b) Abstimmungsverfahren Mit der Aufforderung zur Stimmabgabe durch den Versammlungsleiter beginnt das Abstim- 50 mungsverfahren. Wortmeldungen sind nach diesem Zeitpunkt unzulässig.74 Der Ablauf der Abstimmung wird durch das WEG nicht vorgegeben. Sie kann durch Vereinbarung oder Geschäftsordnungsbeschluss (dazu § 24 Rz. 124 ff.) festgelegt werden.75 Fehlt es an einer solchen Regelung durch die Wohnungseigentümer, bestimmt der Versammlungsleiter das Abstimmungsverfahren.76 Die Abstimmung kann durch Handheben, durch Stimmzettel oder auf andere Weise erfolgen. 50a In dem Fehlen von Widerspruch der Wohnungseigentümer nach Vorstellung des Beschlussantrags liegt hingegen keine Abstimmung.77 Als Abstimmungsmodus vorstellbar ist auch eine geheime Wahl, z.B. unter Zuhilfenahme von Abstimmungszetteln. Sie setzt aber voraus, dass es später nicht auf die Person des Abstimmenden ankommt. Eine geheime Wahl ist etwa bei Wahl des Verwaltungsbeirats, aber auch des Verwalters angemessen. Können aus der Art und Weise, ob auf einen Beschlussantrag mit „Ja“ oder „Nein“ gestimmt wird, indes Schadensersatzansprüche erwachsen, etwa wenn eine Mehrheit dagegen stimmt, die Wohnungseigentümergemeinschaft mit ausreichenden Mitteln auszustatten oder eine notwendige Sanierungsmaßnahme vorzunehmen, ist eine geheime Wahl nicht ordnungsmäßig. Auch bei einer Abstimmung über bauliche Veränderungen darf wegen der Anordnung des § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 2 nicht geheim abgestimmt werden. Mit Abgabe der letzten Stimme ist die Abstimmung beendet.78 Wenn Stimmzettel genutzt 50b werden, soll die Abstimmung dabei nicht vor Abschluss der Stimmzettelauszählung enden.79 Nach Beendigung der Abstimmung ist eine Stimmabgabe nicht mehr möglich. Nach zutreffender Auffassung kann, wenn nichts anderes vereinbart ist, selbst bei einer späteren schriftlichen Zustimmung aller Wohnungseigentümer kein sog. Sukzessivbeschluss mehr zustande kommen (s. Rz. 128). Die Wohnungseigentümer sind nicht daran gehindert, über mehrere Beschlussanträge gleich- 50c zeitig abzustimmen. Eine solche Sammelabstimmung ist ebenso zulässig wie eine Blockwahl, d.h. die Wahl mehrerer Kandidaten z.B. für den Beirat auf einer gemeinsamen Liste.80 Um den Wohnungseigentümern eine differenzierte Stimmabgabe zu ermöglichen, ist die gemeinsame Abstimmung aber dann aufzuheben, wenn ein anwesender Eigentümer Einwände gegen dieses Wahlverfahren erhebt.81 Informiert der Versammlungsleiter die Wohnungseigentümer zu einem bestimmten Punkt, 51 ohne dass es zu einer Abstimmung kommt, oder tauschen die Wohnungseigentümer sich über eine Angelegenheit aus, treffen sie aber zu dieser keine Bestimmung, gibt es keinen Beschluss.82 Das Gleiche gilt, wenn die Wohnungseigentümer noch keine verbindliche Regelung herbeiführen wollen, z.B. bei einer zulässigen Probeabstimmung.83 Ob eine Probeabstimmung vorliegt oder bereits eine anfechtbare Regelung, ist danach zu unterscheiden, was der 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83

Müller, PiG 59, 73 (92) = ZWE 2000, 237 (244). KG v. 28.11.1984 – 24 W 3678/84, ZMR 1985, 105. Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 38. LG München I v. 21.6.2010 – 1 S 2763/10, ZMR 2010, 876. Müller, PiG 59, 73 (92/93) = ZWE 2000, 237 (244). BayObLG v. 16.3.2000 – 2Z BR 168/99, ZMR 2000, 467 (468); a.A. Müller, PiG 59, 73 (92/93) = ZWE 2000, 237 (244 f.). OLG Hamburg v. 28.1.2005 – 2 Wx 44/04, MietRB 2005, 266 = ZMR 2005, 395; KG v. 31.3.2004 – 24 W 194/02, ZMR 2004, 775; LG Schweinfurt v. 28.7.1997 – 44 T 79/97, WuM 1997, 641. KG v. 31.3.2004 – 24 W 194/02, ZMR 2004, 775; Armbrüster, ZWE 2001, 355 (358). OLG Frankfurt v. 12.11.2008 – 20 W 468/07, ZMR 2009, 463; BayObLG v. 9.7.1987 – BReg.2 Z 64/ 87, WE 1988, 66. LG Stuttgart v. 22.11.1990 – 2 T 458/90, WuM 1991, 213.

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§ 23 Rz. 51 | Wohnungseigentümerversammlung Versammlungsleiter angekündigt hat und wovon die Wohnungseigentümer objektiv ausgehen durften.84 c) Rechtsnatur der abgegebenen Stimmen 52 Die von den Wohnungseigentümern abgegebenen Einzelstimmen sind keine Rechtsgeschäfte.

Sie sind empfangsbedürftige Willenserklärungen gegenüber dem Versammlungsleiter.85 Auf sie sind die allgemeinen Vorschriften des BGB für Willenserklärungen anzuwenden (s. § 25 Rz. 54 ff.), auf den Beschluss als Rechtsgeschäft (s. Rz. 39) jedoch nicht. Ein Beschluss kann weder i.S.v. §§ 119 ff. BGB angefochten werden noch kann er nach § 105 BGB nichtig sein.86 d) Mehrheit aa) Gesetzliche Mehrheiten 53 Im Falle einer gesetzlichen Beschlusskompetenz ergibt sich die erforderliche Mehrheit für das

Zustandekommen des beantragten Beschlusses aus der jeweiligen gesetzlichen Regelung. In den meisten Fällen genügt Stimmenmehrheit (vgl. §§ 12 Abs. 4 Satz 1, 15 Abs. 2, 16 Abs. 3, 18 Abs. 3 Satz 1, 21 Abs. 3 und Abs. 7). Damit ist eine einfache Mehrheit von „Ja-Stimmen“ gemeint (dazu Rz. 62). Fehlt es hieran, ist ein sog. Negativbeschluss zu verkünden (s. Rz. 94 ff.). 54 Für Beschlüsse nach §§ 16 Abs. 4 Satz 1, 18 Abs. 3 Satz 1, 22 Abs. 1, 22 Abs. 2 Satz 1 bedarf es

besonderer Mehrheiten. § 18 Abs. 3 Satz 2 verlangt, dass mehr als die Hälfte der stimmberechtigten Wohnungseigentümer i.S.v. § 25 Abs. 2 (dazu § 25 Rz. 16 ff.) mit „Ja“ gestimmt haben (s. § 18 Rz. 34 f.). §§ 16 Abs. 4 Satz 2, 22 Abs. 2 Satz 1 gehen darüber zweifach hinaus: Sie verlangen einerseits, dass drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer i.S.v. § 25 Abs. 2 mit „Ja“ gestimmt haben müssen, und andererseits, dass die zustimmenden Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile auf sich vereinen (s. § 16 Rz. 68 ff.; § 22 Rz. 63). Bei baulichen Veränderungen i.S.v. § 22 Abs. 1 richtet sich nach umstrittener, aber zutreffender Auffassung die erforderliche Mehrheit nach der Betroffenheit der Wohnungseigentümer (s. § 22 Rz. 16 ff.). Gemäß § 18 Abs. 3 Satz 3 muss die von § 18 Abs. 3 Satz 2 geforderte Mehrheit der stimmberechtigten Wohnungseigentümer auch dann erreicht werden, wenn die Abstimmung im Rahmen einer Zweitversammlung (§ 25 Rz. 114 ff.) erfolgt. Entsprechend § 18 Abs. 3 Satz 3 ist dies auch für die Beschlüsse nach §§ 16 Abs. 4 Satz 1, 22 Abs. 2 Satz 2 und auch für vereinbarte Mehrheiten (Rz. 55) anzunehmen. bb) Vereinbarte Beschlussmehrheiten 55 Wenn die Wohnungseigentümer von der Möglichkeit des § 23 Abs. 1 Gebrauch gemacht und

bestimmte Angelegenheiten durch eine Vereinbarung dem Beschluss geöffnet haben (Öffnungsklausel, s. § 10 Rz. 27 ff.), können sie zugleich – jedenfalls grundsätzlich – vereinbaren, dass ein solcher Beschluss bestimmte Mehrheiten erreichen muss.87 Die Wohnungseigentümer sind außerdem berechtigt, für die gesetzlichen Beschlusskompetenzen Qualifizierungen zu bestimmen. Es ist danach z.B. auch möglich, indes selten angezeigt, dass die Wohnungseigentümer in Abweichung von dem Mehrheitsprinzip ein Einstimmigkeitsprinzip vereinbaren.88

84 KG v. 18.3.1992 – 24 W 6007/91, NJW-RR 1992, 720. 85 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, BGHZ 152, 63 (67) = MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629; a.A. BayObLG v. 7.12.1995 – 2Z BR 72/95, ZMR 1996, 151 (153). 86 A.A. Bub, ZWE 2000, 194 (195). 87 KG v. 4.3.1998 – 24 W 6949/97, MDR 1998, 1218; Schultzky, MietRB 2015, 60. 88 OLG Hamm v. 19.8.2008 – 15 Wx 89/08, MietRB 2009, 106 = NJW-RR 2009, 309 (310); OLG Köln v. 27.6.2003 – 16 Wx 105/03, NZM 2003, 685.

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III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) | Rz. 59 § 23

Die Möglichkeit der Vereinbarung anderer Mehrheiten wird durch zwingende Vorschriften 56 des WEG begrenzt. Zwingendes Recht in Bezug auf das Mehrheitsprinzip enthalten gemäß § 12 Abs. 4 S. 2 die Regelungen in § 12 Abs. 4 Satz 1, gemäß § 16 Abs. 5 die Regelungen in § 16 Abs. 3 und 4 (s. § 16 Rz. 79 ff.), gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 der Anspruch nach § 22 Abs. 2 Satz 1 sowie gemäß § 26 Abs. 1 Satz 5 der Anspruch hinsichtlich der Bestellung und Abberufung des Verwalters nach § 26 Abs. 1.89 Vereinbarte Beschlussvoraussetzungen müssen genügend bestimmt sein. Zu unbestimmt und 57 nichtig ist eine Vereinbarung einer „3/4-Mehrheit“, wenn unklar ist, ob es auf 3/4 der anwesenden Wohnungseigentümer oder auf 3/4 aller Wohnungseigentümer ankommt.90 Eine Klausel, wonach „mit 3/4-Mehrheit“ Beschlüsse zu Kostenverteilungsschlüsseln gefasst werden, kann aber im Wege der Auslegung vor dem Hintergrund der erheblichen finanziellen Folgen auf eine 3/4-Mehrheit aller und nicht nur der in der Versammlung anwesenden Wohnungseigentümer bezogen werden.91 Eine Regelung, nach der für Beschlüsse in Angelegenheiten, denen keine „erhebliche Bedeutung“ zukommt, die einfache Mehrheit genügt, ist unwirksam.92 Der entscheidende Maßstab der „Bedeutung“ ist unbestimmt und kann auch nicht aus dem Regelungszusammenhang näher erschlossen werden. e) Feststellung und Verkündung Damit ein Beschluss oder – bei Ablehnung des Beschlussantrags – ein Negativbeschluss (s. 58 Rz. 94 ff.) „entstehen“ kann, muss das positive oder negative Abstimmungsergebnis vom Versammlungsleiter festgestellt und der Beschluss, das Beschlussergebnis, verkündet werden. aa) Konstitutive Voraussetzung für den Beschluss Feststellung und Bekanntgabe sind unabdingbare Voraussetzungen dafür, dass ein Beschluss 59 zustande kommt.93 Sie haben für die Entstehung eines Beschlusses eine konstitutive Bedeutung. Während diese Sichtweise früher im Wesentlichen aus § 24 Abs. 6 und aus allgemeinen Überlegungen hergeleitet wurde,94 kann sie heute unmittelbar § 24 Abs. 7 Satz 2 entnommen werden (arg. „verkündete Beschlüsse“). Solange ein Abstimmungsergebnis nicht festgestellt, jedenfalls nicht verkündet ist, gibt es keinen Beschluss, auch keinen „schwebend unwirksamen“.95 Die Feststellung und Verkündung obliegt dem Versammlungsleiter. Sie hat in der Eigentümerversammlung zu erfolgen.96 Ohne Versammlungsleiter kann es einen Beschluss geben, wenn sich sämtliche Teilnehmer der Eigentümerversammlung über das Ergebnis einer Abstimmung einig sind und Abstimmungs- und Beschlussergebnis fixieren.97 Im Fall des § 23 Abs. 3 ist der Initiator der schriftlichen Beschlussfassung zuständig (s. Rz. 129).

89 OLG Köln v. 27.6.2003 – 16 Wx 105/03, NZM 2003, 685; KG v. 4.3.1998 – 24 W 6949/97, MDR 1998, 1218 (1219); BayObLG v. 20.7.1995 – 2Z BR 49/95, WuM 1996, 497. 90 Schultzky, MietRB 2015, 60. 91 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 249 = NJW-RR 2011, 1165 (1166); BGH v. 1.4.2011 – V ZR 162/10, MDR 2011, 781 = MietRB 2011, 211 f. = NJW 2011, 2202 (2204). 92 KG v. 4.3.1998 – 24 W 6949/97, MDR 1998, 1218. 93 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (342) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339. 94 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (341 f.) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; OLG München v. 15.11.2006 – 34 Wx 97/06, ZMR 2007, 221; OLG Celle v. 6.9.2004 – 4 W 143/03, NZM 2005, 308 (310); BayObLG v. 29.1.2004 – 2Z BR 153/03, ZMR 2004, 446 (447). 95 Bub in FS Seuß (2007), S. 53 (68 ff.). 96 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (342) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; Bub in FS Seuß (2007), S. 53 (69). 97 S. dazu Zöllner in FS Lutter (2000), S. 821 (828).

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§ 23 Rz. 60 | Wohnungseigentümerversammlung 60 Keine Ausnahme gilt nach zutreffender Ansicht für Geschäftsordnungsbeschlüsse. Bei ihnen

handelt es sich um echte Beschlüsse, nicht um Maßnahmen sui generis (s. § 24 Rz. 126). Ein rechtfertigender Grund, auf die Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses zu verzichten, besteht daher nicht.98 bb) Feststellung des Abstimmungsergebnisses 61 Die Feststellung des Abstimmungsergebnisses und der Schluss des Versammlungsleiters, dass

ein Beschluss zustande gekommen ist, ist ein „innerer“ Vorgang des Versammlungsleiters. Er muss prüfen, ob die abgegebenen Stimmen rechtsgültig waren und ob die gültigen Ja-Stimmen die erforderliche gesetzliche oder vereinbarte Mehrheit (s. Rz. 55) erreichen. Bedeutung gewinnt die Feststellung, ob ein Abstimmungsergebnis positiv oder negativ ist, aber erst dann, wenn der Versammlungsleiterihre entsprechenden Feststellungen auch bekannt macht (s. Rz. 65).

62 Bei der Auszählung der für und gegen einen konkreten Beschlussantrag abgegebenen Stim-

men ist für die Frage, ob die erforderliche Beschlussmehrheit erreicht worden ist, bei Geltung des einfachen gesetzlichen Mehrheitserfordernisses zu prüfen, ob mehr „Ja“-Stimmen als „Nein“-Stimmen für den Beschlussantrag abgegeben worden sind.99 Die Mehrheit der Stimmen bestimmt sich gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 nach Köpfen, sofern die Wohnungseigentümer kein anderes Stimmrechtsprinzip vereinbaren (s. § 25 Rz. 8 ff.). Stimmenthaltungen gelten als nicht abgegebene Stimmen und sind nicht mitzuzählen.100 Sie werden nicht wie „Nein“Stimmen gezählt, sondern sind als „Null“-Stimmen zu werten.101 Bei 20 Stimmberechtigen müssen mithin grundsätzlich elf Wohnungseigentümer für den Beschlussantrag „Ja“ stimmen. Enthalten sich von 20 Stimmberechtigen allerdings 18 Wohnungseigentümer und stimmen die anderen zwei mit „Ja“, ist auch mehrheitlich ein Beschluss gefasst worden, sogar einstimmig (aber nicht allstimmig). Ergibt sich nach der Auszählung der Stimmen auf einen Beschlussantrag eine Stimmengleichheit oder überwiegen die „Nein“-Stimmen, ist ein Antrag abgelehnt worden. 63 Besonderer organisatorischer Maßnahmen zur exakten Feststellung des Mehrheitswillens, also

Feststellung der anwesenden und vertretenen Wohnungseigentümer und deren Stimmkraft sowie der genauen Zahl der abgegebenen „Ja“- und „Nein“-Stimmen und der Enthaltungen, bedarf es nur dann nicht, wenn eindeutige Verhältnisse und klare Mehrheiten vorliegen.102 Fehlt es an einer allgemeinen Regelung zur Stimmauszählung und bestimmen die Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung nichts anderes, kann sich der Versammlungsleiter auch der sog. „Subtraktionsmethode“ bedienen.103 In diesem Falle ist nach der Abstimmung über zwei von drei – auf Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung gerichteten – Abstimmungsfragen die Zahl der noch nicht abgegebenen Stimmen als Ergebnis der dritten Abstimmungsfrage zu werten. Voraussetzung für dieses Vorgehen ist allerdings, dass die Gesamtzahl der Versammlungsteilnehmer für den jeweiligen Abstimmungsgang zuverlässig aus dem Teilnehmerverzeichnis und einer hierneben geführten Präsenzliste entnommen werden

98 A.A. Hügel/Elzer, § 24 WEG Rz. 69. 99 BGH v. 8.12.1988 – V ZB 3/88, BGHZ 106, 179 (183). 100 BGH v. 8.12.1988 – V ZB 3/88, BGHZ 106, 179 (183); OLG Hamm v. 19.8.2008 – 15 Wx 89/08, MietRB 2009, 106 = ZWE 2008, 465 (468). 101 BGH v. 8.12.1988 – V ZB 3/88, BGHZ 106, 179 (183); BGH v. 25.1.1982 – II ZR 164/81, BGHZ 83, 35 = MDR 1982, 551 (36) zum Vereinsrecht; BayObLG v. 10.8.2001 – 2Z BR 21/01, ZMR 2002, 61 (62). 102 BayObLG v. 10.11.2004 – 2Z BR 109/04, juris. 103 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, BGHZ 152, 63 = MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629; BayObLG v. 10.11.2004 – 2Z BR 109/04, juris.

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III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) | Rz. 66 § 23

kann.104 Durch die Subtraktionsmethode kann das tatsächliche Abstimmungsergebnis ferner nur dann hinreichend verlässlich ermittelt werden, wenn für den Zeitpunkt der jeweiligen Abstimmung die Anzahl der anwesenden und vertretenen Wohnungseigentümer und – bei Abweichung vom Kopfprinzip (§ 25 Rz. 8 ff.) – auch deren Stimmkraft feststeht. Die Feststellung des Beschlussergebnisses ist auch erforderlich, wenn es nur einen einzigen 64 Abstimmenden gibt. Als „Abstimmung“ reicht es dann aus, dass der Versammlungsleiter den entsprechenden Beschlussantrag benennt und der Wohnungseigentümer ihm mitteilt, ob er dem Beschlussantrag zustimmt oder nicht. Nach dieser „Beschlussfassung“ muss dann der Versammlungsleiter das Ergebnis feststellen und den – positiven oder negativen – Beschluss verkünden.105 In dieser Weise ist auch zu verfahren, wenn Versammlungsleiter und Abstimmender personenidentisch sind.106 Das ist dann der Fall, wenn der meist mit Stimmrechtsvollmachten ausgestattete Verwalter als Versammlungsleiter eine Eigentümerversammlung „mit sich selbst“ abhält. cc) Verkündung des Abstimmungsergebnisses Das vom Versammlungsleiter festgestellte Abstimmungsergebnis ist in der Eigentümerver- 65 sammlung mitzuteilen. Die Verkündung kann auch konkludent (durch schlüssiges Verhalten) erfolgen.107 Das bedeutet, dass der Versammlungsleiter das Abstimmungsergebnis zwar nicht mündlich oder schriftlich fixiert, auf Grund seines Verhaltens in der Versammlung aber in anderer Weise darauf geschlossen werden kann, dass ein Beschluss zustande gekommen ist. Außerhalb der Versammlung ist die Verkündung nicht mehr nachholbar.108 Um eine schlüssige Beschlussfeststellung und -verkündung annehmen zu können, sind mit Blick auf § 10 Abs. 4 Satz 1 nur solche Umstände zu berücksichtigen, die für jedermann und ohne weiteres erkennbar sind.109 Der Nachweis der Verkündung wird durch die Wiedergabe des Beschlusses in der Niederschrift i.S.v. § 24 Abs. 6 erleichtert (dazu § 24 Rz. 146 f.). Ist dort der Beschlussantrag sowie ein Abstimmungsergebnis protokolliert, ist davon auszugehen, dass jedenfalls eine konkludente Verkündung des Beschlussergebnisses in der Eigentümerversammlung stattgefunden hat, es sei denn, dass sich das aus der Niederschrift ableitbare Beschlussergebnis nach den zu berücksichtigenden Umständen, insbesondere auf Grund der ausnahmsweise (s. § 24 Rz. 137) protokollierten Erörterungen in der Eigentümerversammlung, vernünftigerweise in Frage stellen lässt.110 Dem Versammlungsleiter obliegt es, bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses die Be- 66 schlussfähigkeit zu ermitteln, die Einzelstimmen zutreffend zu bewerten und die maßgeblichen Mehrheitserfordernisse (Rz. 53 ff.) zu beachten. Die Prüfungspflichten des Verwalters erstrecken sich dabei auch auf die Feststellung, ob bei einem Beschluss über eine bauliche Veränderung nach § 22 Abs. 1 die nachteilig betroffenen Eigentümer zugestimmt haben.111 Er darf ein positives Beschlussergebnis nicht verkünden, wenn diesen formellen Entstehungs104 AG Dortmund v. 13.4.2010 – 512 C 39/08, NZM 2010, 750; OLG Hamm v. 27.5.2003 – 27 U 106/ 02, juris zum Aktienrecht. 105 Elzer, MietRB 2008, 378. 106 OLG München v. 11.12.2007 – 34 Wx 14/07, ZMR 2008, 409; BayObLG v. 7.12.1995 – 2Z BR 72/ 95, ZMR 1996, 151 (154). 107 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (345) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; OLG München v. 11.12.2007 – 9 U 2893/07, IBR 2008, 518; LG Düsseldorf v. 16.3.2011 – 25 S 56/ 10, ZMR 11, 898 (900). 108 LG Bamberg v. 22.4.2014 – 1 S 20/13, ZWE 2014, 322. 109 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (345) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339. 110 LG Hamburg v. 29.2.2012 – 318 S 96/11, ZMR 2012, 572. 111 LG München I v. 27.4.2009 – 1 S 19129/08, WuM 2009, 426; Becker, ZWE 2012, 297 (299); a.A. AG Oberhausen v. 22.12.2009 – 34 C 55/09, ZMR 2011, 76 (77).

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§ 23 Rz. 66 | Wohnungseigentümerversammlung voraussetzungen nicht genügt ist. Die Wohnungseigentümer können den Verwalter auch nicht aufgrund eines Beschlusses zur Geschäftsordnung dazu verpflichten.112 Verkündet der Verwalter einen positiven Beschluss, obwohl die notwendige einfache oder qualifizierte Stimmenmehrheit nicht erreicht wird, haftet er bei Verschulden auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung seiner Amtspflichten.113 Auch kommt seine Kostenhaftung nach § 49 Abs. 2 in Betracht (s. § 49 Rz. 22). 67 Liegen die formellen Entstehungsvoraussetzungen vor, ist der Versammlungsleiter verpflich-

tet, ein Beschlussergebnis zu verkünden. Er darf die Verkündung nicht unter Berufung auf sonstige formelle oder materielle Mängel verweigern, selbst wenn er diese erkannt und die Wohnungseigentümer darauf hingewiesen hat.114 Der Versammlungsleiter hat als Funktionsgehilfe der Wohnungseigentümer (s. § 24 Rz. 104) deren Willen umzusetzen. Fassen die Wohnungseigentümer einen nichtigen oder anfechtbaren Beschluss, ergeben sich die Rechtsfolgen aus § 23 Abs. 4. Dem Versammlungsleiter kommt nicht die Aufgabe zu, anstelle der nach § 23 Abs. 4 Satz 2 zuständigen Gerichte über die Gültigkeit des Beschlusses zu entscheiden. Eine Haftung des Verwalters für die Verkündung von solchen fehlerhaften Beschlüssen kommt daher nicht in Betracht. Eine andere Frage ist es, ob der Verwalter als Versammlungsleiter die Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung auf die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des zu fassenden Beschlusses hinzuweisen hat und er aufgrund der Verletzung dieser Hinweispflicht auf Schadenersatz haftet (dazu § 49 Rz. 27). dd) Fehlerhaftes Unterbleiben von Feststellung und Verkündung 68 Hat der Versammlungsleiter versehentlich oder absichtlich das Abstimmungsergebnis nicht

festgestellt oder/und nicht verkündet, kann gegen die anderen Wohnungseigentümer in einem Verfahren entsprechend § 43 Nr. 4 Klage auf Feststellung und Verkündung des Abstimmungsergebnisses und mithin des Beschlusses selbst erhoben werden (s. § 46 Rz. 7).115 Der Beschluss entsteht dabei nicht durch den Urteilstenor, sondern mit Rechtskraft i.S.v. § 705 ZPO.116 Voraussetzung für eine gerichtliche Feststellung ist, dass alle Erfordernisse eines wirksamen Eigentümerbeschlusses gegeben sind. Die Feststellungslast liegt beim Kläger. Nach h.M. ist zugleich über die materielle Rechtmäßigkeit des festzustellenden Beschlusses zu entscheiden (s. § 46 Rz. 140 ff.). 68a Das Unterlassen einer Beschlussverkündung kann Schadenersatzansprüche gegen den Ver-

walter begründen. Ihm können insbesondere bei grobem Verschulden die Kosten eines Beschlussfeststellungsverfahrens nach § 49 Abs. 2 auferlegt werden. Verweigert der Verwalter die Verkündung eines aus seiner Sicht anfechtbaren oder nichtigen Beschlusses, obwohl die formellen Entstehungsvoraussetzungen vorliegen (Rz. 66 f.), handelt er pflichtwidrig. Auf seine Einschätzung der Rechtslage kommt es dabei nicht an.117 Bei einem nichtigem Beschluss fehlt es aber einem kausalen Schaden, denn auch der festgestellte Beschluss hätte keine Bindungswirkung erzeugt.

112 Müller, ZWE 2015, 303 (306); a.A. Deckert, ZMR 2008, 585 (592). 113 OLG München v. 21.2.2007 – 34 Wx 100/06, ZMR 2007, 480 = MietRB 2007, 176; AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg v. 11.1.2008 – 72 C 141/07, ZMR 2008, 997; Bonifacio, DWE 2011, 9 (16); Elzer, MietRB 2008, 378 (379); Elzer, ZWE 2007, 165; Kümmel, ZWE 2006, 278 (281); Häublein, NJW 2005, 1466 (1468); a.A. J.-H. Schmidt in FS Merle (2010), S. 329 (341). 114 Becker, ZWE 2012, 297 (300); Bonifacio, DWE 2011, 9; vgl. Müller, ZWE 2015, 303 (307): Recht des Verwalters zur Verkündung; a.A. LG Dresden v. 4.9.2012 – 2 T 407/12, ZMR 2013, 55 = MietRB 2013, 150; Spielbauer/Then, § 49 Rz. 7. 115 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 = MDR 2001, 1283 ff. = NJW 2001, 339 (342). 116 Bub in FS Seuß (2007), S. 53 (69); Gottschalg, ZWE 2005, 32 (36); Wenzel, ZWE 2000, 382 (385). 117 A.A. Abramenko, ZWE 2004, 140 (141).

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III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) | Rz. 69b § 23

ee) Fehlerhafte Feststellungen und Verkündungen Verkündet der Versammlungsleiter, dass ein „Beschluss“ gefasst wurde, obwohl die formellen 69 Entstehungsvoraussetzungen – Beschlussfähigkeit und Erreichen der notwendigen Mehrheit durch die abgegebenen Stimmen – fehlen, ist die Feststellung unrichtig. Auch die fehlerhafte Verkündung fixiert aber nach zutreffender h.M. konstitutiv das Beschlussergebnis.118 Wird daher entgegen der wahren Rechtslage ein (positives) Abstimmungsergebnis festgestellt und ein „Beschluss“ verkündet, entsteht durch die bloße Verkündung eines falschen Abstimmungsergebnisses grundsätzlich ein wirksamer Beschluss.119 Dieser muss im Wege der Anfechtungsklage vernichtet werden. Eine Ausnahme gilt allerdings bei der vorsätzlich falschen Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter. Sie führt wegen Verstoßes gegen § 138 BGB zur Nichtigkeit des Beschlusses.120 Liegt ein Zählfehler vor, weil abgegebene Stimmen nicht, falsch oder bei Geltung des Objekts- 69a prinzips oder Wertprinzip mit einem unrichtigen Gewicht gezählt wurden, hat die Anfechtungsklage gegen den festgestellten und verkündeten Beschluss keinen Erfolg, wenn sich der Fehler auf das Abstimmungsergebnis nicht ausgewirkt hat (s. Rz. 175). Lassen sich Stimmen nachträglich nicht mehr zuordnen, sind sie zugunsten des Anfechtenden als Gegenstimmen zu werten.121 Die Beschlussfeststellung führt auch dann zu einem wirksamen und lediglich durch die An- 69b fechtungsklage vernichtbaren Beschluss, wenn die Wohnungseigentümer einen Beschluss nach §§ 16 Abs. 4, 22 Abs. 2 fassen und die dortigen qualifizierten Mehrheitserfordernisse nicht erreichen.122 Für eine abweichende Behandlung besteht kein Anlass. Dass der Feststellung und Verkündung ausnahmsweise keine konstitutive Bedeutung zukommen soll, lässt sich den gesetzlichen qualifizierten Mehrheitserfordernissen nicht entnehmen. Ebenfalls nur anfechtbar, aber nicht nichtig sind Beschlüsse, die die in einer vereinbarten Öffnungsklausel festgelegten qualifizierten Mehrheiten nicht erreichen.123 Dass die durch Vereinbarung eingeräumte Beschlussmacht an bestimmte Voraussetzungen geknüpft sei und somit mit deren Verfehlen die Beschlusskompetenz entfallen müsse,124 überzeugt nicht. Für eine Differenzierung zu dem Fall des Nichterreichens der gesetzlichen Mehrheitserfordernisse besteht auch kein sachlich rechtfertigender Grund. Die Einordnung des vereinbarten Mehrheitserfordernisses als „Entstehungsvoraussetzung“ zwingt nicht dazu, bei seinem Fehlen die Nichtigkeit anzunehmen. So ist anerkannt, dass selbst ein Verstoß gegen die ausdrückliche Vereinbarung, dass zum Entstehen eines Beschlusses seine Protokollierung erforderlich ist, nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses führt (s. § 24 Rz. 131 f.).

118 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = ZMR 2002, 930 (936); OLG Düsseldorf v. 6.5.2002 – 3 Wx 244/01, ZWE 2002, 418 (419); Becker, ZWE 2002, 93 (96); Hügel, ZfIR 2003, 885 (889); zweifelnd BayObLG v. 27.10.1989 – BReg.2 Z 75/89, NJW-RR 1990, 210 (211). 119 BGH v. 27.3.2009 – V ZR 196/08, MDR 2009, 796 = MietRB 2009, 198 = MietRB 2009, 199 f. = NJW 2009, 2132; OLG München v. 21.2.2007 – 34 Wx 100/06, MietRB 2007, 176 = ZMR 2007, 480 (481); Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 49; a.A. Hügel/Elzer, vor §§ 23 ff. Rz, 30; Elzer, ZWE 2007, 165 (171 ff.). 120 AG Hamburg v. 9.2.2010 – 102d C 122/08, ZMR 2010, 560; s. ferner Müller, PiG 59, 73 (96). 121 LG Hamburg v. 10.9.2014 – 318 S 10/14, ZMR 2015, 483. 122 LG München I v. 13.1.2014 – 1 S 1817/13, MietRB 2014, 176 = ZWE 2014, 186; so auch die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 16/887, 25 zu § 16 Abs. 4. 123 LG München I v. 13.1.2014 – 1 S 1817/13, MietRB 2014, 176 = ZWE 2014, 186; LG München I v. 3.11.2010 – 36 S 12740/10, ZWE 2011, 140; LG München I v. 3.12.2007 – 1 T 14033/06, ZMR 2008, 915 (916); LG Köln v. 15.10.2009 – 29 S 102/09, ZMR 2010, 313; Schultzky, MietRB 2015, 60 (63); Becker, ZWE 2012, 297 (298); wohl auch LG Berlin v. 19.4.2013 – 55 S 170/12, ZWE 2013, 133. 124 Elzer, ZWE 2007, 165 (176); Müller in Timme, § 10 WEG Rz. 249; Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 19.

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§ 23 Rz. 70 | Wohnungseigentümerversammlung

4. Inhalt des Beschlusses a) Ordnende Regelung 70 Beschlüsse dienen meist dazu, den gemeinschaftsinternen Willen der Wohnungseigentümer

festzulegen und damit eine Sache zu „ordnen“.125 Denn durch einen Beschluss wollen – und können – die Wohnungseigentümer ihre Beziehungen gerade nur als „Wohnungseigentümer“ und Mitinhaber des gemeinschaftlichen Eigentums oder als Inhaber des Sondereigentums innerhalb des durch das Gesetz bereits abstrakt bestimmten Rahmens konkret-individuell und angepasst gerade auf die Verhältnisse einer bestimmten Anlage regeln. Einen regelnden Charakter haben „positive“ Beschlüsse, also solche, bei denen ein Beschlussantrag eine Mehrheit gefunden hat. Aber auch Negativbeschlüsse (dazu Rz. 94 ff.) haben eine ähnliche Funktion, indem sie festlegen, was nicht gilt.

71 Die Regelungen durch den Beschluss sind stets vorläufig. Die Wohnungseigentümer haben

die Befugnis, über eine Angelegenheit dem Grunde nach beliebig oft zu entscheiden (s. zum Zweitbeschluss Rz. 82 ff.). b) Anspruchsbegründung 72 Beschlüsse können ferner – soweit das Gesetz diese Möglichkeit vorsieht (s. § 21 Rz. 56 f.;

§ 15 Rz. 68) – einen Anspruch begründen. Diese Aufgabe haben Beschlüsse nach § 28 Abs. 5 und teilweise solche nach § 21 Abs. 7. Ein Wohnungseigentümer schuldet erst dann Hausgeld, den Saldo einer Jahresabrechnung oder den auf ihn entfallenden Teil einer Sonderumlage, wenn die Wohnungseigentümer einen entsprechenden Beschluss gefasst haben. Der Zahlungsanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer folgt nicht unmittelbar aus § 16 Abs. 2. Anders als bei der Bruchteilsgemeinschaft nach § 748 BGB werden erst durch den Beschluss der Wohnungseigentümer im Rahmen der allgemeinen Beitragspflicht die Verbindlichkeiten jedes einzelnen Wohnungseigentümers gegenüber den anderen begründet.126 Der jeweilige Anspruch ergibt sich erst aus dem für die Begründung der konkreten Beitragsschuld unerlässlichen Beschluss der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 5.127

73 Durch einen Beschluss kann ein Anspruch eines Wohnungseigentümers hingegen nicht ver-

nichtet werden, weil das WEG den Wohnungseigentümern eine entsprechende Beschlusskompetenz nicht einräumt.128 Wohl aber ist es möglich, einen anspruchsbegründenden Beschluss auch für die Vergangenheit aufzuheben (s. Rz. 90). c) Deklaratorische Beschlüsse 74 Zum Teil wiederholt ein Beschluss, was bereits durch Vereinbarung oder Gesetz geregelt

ist. In diesen Fällen ist durch Auslegung zu ermitteln, ob der Beschluss das gesetzlich Angeordnete oder das Vereinbarte ebenfalls anordnet, mithin eine weitere Rechtsgrundlage schafft. Er bedarf dann einer eigenen Beschlusskompetenz (vgl. Rz. 162). Soll der Beschluss hingegen nur die Rechtslage beschreiben, aber nichts anordnen, ist er nicht wegen fehlender 125 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (349) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339. 126 BGH v. 30.11.1995 – V ZB 16/95, BGHZ 131, 228 (230) = MDR 1996, 897 = NJW 1996, 725; BGH v. 21.4.1988 – V ZB 10/87, BGHZ 104, 197 (202) = MDR 1988, 765. 127 BGH v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, BGHZ 142, 290 (295) = MDR 2000, 21 f. = NJW 1999, 1713; BGH v. 30.11.1995 – V ZB 16/95, BGHZ 131, 228 (230) = MDR 1996, 897 = NJW 1996, 725; OLG Frankfurt v. 12.7.2004 – 20 W 216/03, juris; OLG Hamburg v. 16.8.2004 – 2 Wx 55/02, juris. 128 OLG Düsseldorf v. 22.11.2005 – 3 Wx 140/05, ZMR 2006, 459; J.-H. Schmidt/Riecke, ZMR 2005, 252 ff.; a.A. AG Hannover v. 10.12.2010 – 480 C 11289/10, ZMR 2011, 336.

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III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) | Rz. 77 § 23

Beschlusskompetenz nichtig, weil er sich als Verwaltungsmaßnahme darstellt.129 Er ist aber überflüssig. Es besteht zudem die Gefahr, dass er Unsicherheiten über die bestehende Rechtslage schafft. Ein deklaratorischer Beschluss entspricht daher i.d.R. nicht ordnungsmäßiger Verwaltung und ist anfechtbar.130 Nur ausnahmsweise kann ein deklaratorischer Beschluss rechtmäßig sein, nämlich dann, wenn ein Bedürfnis der Wohnungseigentümer nach Klarstellung besteht und durch den Beschluss keine Zweifel an der Rechtslage aufkommen, er sie also zutreffend wiedergibt.131 d) Beschlüsse zur Geschäftsordnung Ein Beschluss zur Frage des äußeren Verfahrens der Eigentümerversammlung, z.B. zur Rede- 75 zeit, zum Versammlungsvorsitz, zur Frage des Rauchens oder zur Reihenfolge der abzuarbeitenden Tagesordnungspunkte, ist ein Geschäftsordnungsbeschluss (s. dazu ausführlich § 24 Rz. 124 ff.).

5. Auslegung von Beschlüssen a) Grundsätze Beschlüsse sind als mehrseitiges Rechtsgeschäft eigener Art (Rz. 39) wie jedes andere Rechts- 76 geschäft der Auslegung fähig und ggf. einer Auslegung bedürftig. Es gelten die allgemeinen Auslegungsgrundsätze nach §§ 133, 157 BGB, wobei aber dem objektiven Empfängerhorizont besondere Bedeutung zukommt. Beschlüsse binden nämlich nach § 10 Abs. 5 auch die Wohnungseigentümer, die den Beschluss nicht mit gefasst haben und ggf. bei der Beschlussfassung gar nicht anwesend waren, sowie gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 die Sonderrechtsnachfolger. Um sich über den Inhalt und die Reichweite dessen, an was er durch den Beschluss gebunden ist, zu informieren, kann sich ein späterer Erwerber von Wohnungseigentum, aber auch ein Wohnungseigentümer im Wesentlichen nur an dem – in der Niederschrift und der Beschluss-Sammlung dokumentierten – Inhalt des Beschlusses selbst orientieren. Es besteht daher ein Bedürfnis, die durch die Beschlussfassung eingetretenen Rechtswirkungen unmittelbar der Beschlussformulierung selbst entnehmen zu können. Die Auslegung von Beschlüssen hat daher wie diejenige von Grundbucherklärungen und wie 77 die von im Grundbuch eingetragenen Vereinbarungen der Wohnungseigentümer (s. § 10 Rz. 13) zu erfolgen.132 Beschlüsse sind aus sich heraus – objektiv und normativ – auszulegen,133 ohne dass es auf die subjektiven Vorstellungen der an der Beschlussfassung Beteiligten

129 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 80/09, MDR 2010, 433 = MietRB 2010, 113 = NJW 2010, 933; LG Karlsruhe v. 3.2.2009 – 11 S 12/07, ZWE 2009, 355 (357); a.A. BayObLG v. 1.12.2004 – 2Z BR 166/04, MietRB 2005, 207 = ZMR 2005, 891 mit Anm. Elzer; AG Heidelberg v. 13.5.2015 – 45 C 5/15, ZMR 2015, 969. 130 KG v. 24.5.1993 – 24 W 3698/92, NJW-RR 1993, 1404 (1405); LG Karlsruhe v. 3.2.2009 – 11 S 12/ 07, ZWE 2009, 355 (357) mit Anm. F. Schmidt, ZWE 2009, 353; a.A. Elzer, ZMR 2005, 892 (893); Häublein in Staudinger, § 23 WEG Rz. 114. 131 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 80/09, MDR 2010, 433 = MietRB 2010, 113 = NJW 2010, 933. 132 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 (292) = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713; OLG Hamm v. 23.9.2004 – 15 W 129/04, ZMR 2005, 306 (308); LG Hamburg v. 18.8.2010 – 318 S 168/09, ZMR 2011, 664. 133 BGH v. 8.6.2016 - V ZR 104/15, MDR 2016, 1009 = MietRB 2016, 260; BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 = MietRB 2010, 114 = NJW 2010, 3093; BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 (292) = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713; LG Hamburg v. 18.8.2010 – 318 S 168/09, ZMR 2011, 664; Häublein in Staudinger, § 23 WEG Rz. 80.

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§ 23 Rz. 77 | Wohnungseigentümerversammlung ankommt.134 Maßgebend für die Auslegung ist der objektive Inhalt und Sinn eines Beschlusses, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung des Beschlusswortlauts ergibt.135 Auszugehen ist dabei von dem tatsächlichen Wortlaut, der sich i.d.R. aus der Niederschrift und der Beschluss-Sammlung ergibt (zur Beweiskraft s. § 24 Rz. 145 ff.).136 78 Gibt es für die Auslegung eines Beschlusses Umstände, die keinen Eingang in seinen Wortlaut

gefunden haben, dürfen diese nur dann herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind oder wenn der Beschluss auf sie Bezug nimmt.137 Solche Umstände können sich etwa aus der Niederschrift ergeben, wenn in dieser über den bloßen Beschlussinhalt hinausgehende Erklärungen beurkundet sind (s. § 24 Rz. 137).138 Auch das Einladungsschreiben kann – trotz seiner fehlenden Dokumentation – zur Auslegung ausnahmsweise herangezogen werden, wenn der Beschluss keine Dauerwirkung entfaltet.139 Nachträgliche Erläuterungen sowie Sonderwissen von Verwalter oder Eigentümern können hingegen bei der Auslegung nicht berücksichtigt werden.140 79 Rechtsmittelgerichte können einen angefochtenen Beschluss selbst auslegen und sind nicht

auf eine begrenzte Nachprüfung der Auslegung durch den Tatrichter verwiesen.141 Die gebotene objektive Auslegung kann durch das Rechtsmittelgericht vorgenommen werden, ohne dass es einer Beweisaufnahme bedürfte. Eine Differenzierung danach, ob der Beschluss eine Dauer- oder Einzelfallregelung vornimmt, ist entgegen einer verbreiteten Auffassung142 nicht geboten, da auch Einzelfallregelungen objektiv auszulegen sind.143 b) Ergänzende Auslegung 80 Der Inhalt eines Beschlusses kann über seinen Wortsinn hinaus ergänzt werden, soweit er in

regelungsbedürftigen Punkten Lücken aufweist. Die Regelungen über die ergänzende Auslegung gem. §§ 157, 242 BGB gelten auch für den Beschluss, der ebenfalls ein Rechtsgeschäft ist (Rz. 39).144 Für eine ergänzende Auslegung eines Beschlusses muss festgestellt werden, ob er eine Frage nicht geregelt hat, aber nach Sinn und Zweck hätte regeln sollen (Feststellung 134 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 (292) = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713; OLG Frankfurt v. 17.4.2008 – 20 W 13/07, ZWE 2008, 481 mit Anm. Becker; BayObLG v. 3.11.2004 – 2Z BR 102/04, MietRB 2005, 238; OLG Düsseldorf v. 21.10.2005 – 3 Wx 164/05, ZMR 2006, 296 (297); OLG München v. 21.3.2006 – 32 Wx 002/06, juris; OLG Frankfurt v. 7.6.2005 – 20 W 135/05, juris. 135 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 (292) = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713; OLG München v. 3.4.2007 – 34 Wx 025/07, MietRB 2007, 206. 136 A.A. Schmid, ZWE 2013, 442 (443): Beschluss-Sammmlung maßgeblich. 137 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 (292) = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713; BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236 = MDR 1993, 442 (239). 138 OLG Frankfurt v. 17.4.2008 – 20 W 13/07, ZWE 2008, 481 mit Anm. Becker; kritisch Schmid, ZWE 2013, 442 (443). 139 BayObLG v. 19.3.2003 – 2Z BR 150/01, ZMR 2003, 690; enger Schmid, ZWE 2013, 442 (443): nur bei Bezugnahme im Beschluss. 140 AG Hamburg-Blankenese v. 24.6.2015 – 539 C 31/14, ZMR 2015, 813. 141 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 (291) = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713; OLG Frankfurt v. 17.4.2008 – 20 W 13/07, ZWE 2008, 481 mit Anm. Becker; Häublein in Staudinger, § 23 WEG Rz. 81; OLG Stuttgart v. 11.4.1991 – 8 W 422/90, MDR 1991, 761 = ZMR 1991, 273; a.A. BayObLG v. 7.11.1991 – BReg.2 Z 99/91, WuM 1992, 90 (91). 142 OLG Frankfurt v. 17.4.2008 – 20 W 13/07, ZWE 2008, 481 mit Anm. Becker; Häublein in Staudinger, § 23 WEG Rz. 81; offengelassen von BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 (291) = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713. 143 KG v. 9.6.2009 - 24 W 357/08, ZWE 2010, 186. 144 OLG Köln v. 29.12.1999 – 16 Wx 181/95, ZWE 2000, 488 (489); BayObLG v. 26.3.1993 – 2Z BR 122/92, WuM 1993, 482 (483); s. dazu allgemein BGH v. 6.10.2006 – V ZR 20/06, MDR 2007, 456 =

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III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) | Rz. 83 § 23

der Regelungslücke).145 Im Anschluss ist zu fragen, ob das Wohnungseigentumsgesetz oder eine Vereinbarung eine angemessene Regelung bereithält (Notwendigkeit der Lückenfüllung). Eine Beschlusslücke kann nur dann geschlossen werden, wenn konkrete gesetzliche Regelungen zur Ausfüllung der Lücke nicht zur Verfügung stehen.146 In einem dritten Schritt ist zu fragen, welche Regelung die Wohnungseigentümer bei einer angemessenen Abwägung der berührten Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise getroffen hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten (eigentliche Lückenfüllung). In Betracht zu ziehen sind nur Regelungen, die die zustimmende Mehrheit der Wohnungseigentümer zulässig hätten treffen können.147 Lassen sich hinreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Wohnungseigentümer nicht finden, etwa weil mehrere gleichwertige Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen, scheidet eine ergänzende Auslegung aus. c) Umdeutung Eine Umdeutung unwirksamer Vereinbarungen nach § 140 BGB in einen Beschluss scheitert 81 bereits an den Formerfordernissen der §§ 23 ff. Haben die Eigentümer bloß mehrheitlich etwas vereinbart, ist die Regelung auch dann unwirksam, wenn sie in Form eines Beschluss hätte getroffen werden können.148 Nichtige Beschlüsse sind hingegen grundsätzlich der Umdeutung in Beschlüsse mit einem anderen Inhalt zugänglich, nicht jedoch der Umdeutung in eine Vereinbarung (s. Rz. 171d).

6. Besonderheiten des Zweitbeschlusses a) Beschlusskompetenz Die Wohnungseigentümer können über eine bereits im Wege des Beschlusses geregelte ge- 82 meinschaftliche Angelegenheit erneut beschließen (Zweitbeschluss).149 Entsprechendes gilt für eine gerichtliche Regelung nach § 21 Abs. 8, die einem Beschluss gleichsteht.150 Die Befugnis, mehrfach über einen Gegenstand zu beschließen und ggf. die bisherige Entscheidung zu ändern, zu ergänzen oder zu bestätigen, folgt aus den Vorschriften, die den Wohnungseigentümern Beschlussmacht einräumen, und ergibt sich wohl auch aus der „autonomen Beschlusszuständigkeit der Wohnungseigentümer“.151 b) Voraussetzungen Für einen Zweitbeschluss gibt es keine Tatbestandsvoraussetzungen, die nicht auch für den 83 Erstbeschluss gelten würden. Wenn die Wohnungseigentümer für eine Angelegenheit eine Beschlusskompetenz besitzen, können sie über diese dem Grunde nach so häufig entscheiden, wie sie dieses für richtig halten. Die Wohnungseigentümer brauchen vor allem keinen sachli-

145 146 147 148 149 150 151

NJW 2007, 509; BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = ZMR 2004, 834 (836). OLG Düsseldorf v. 21.10.2005 – 3 Wx 164/05, ZMR 2006, 296 (297). Allgemein BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, MDR 1984, 750 = NJW 1984, 1177. BGH v. 17.4.2015 - V ZR 12/14, ZMR 2015, 726 = MietRB 2015, 758. Wenzel, NZM 2003, 217 (220); offen gelassen von BGH v. 20.6.2002 – V ZB 39/01, MDR 2002, 1427 = ZMR 2002, 766 (771). BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (350) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; BGH v. 20.12.1990 – V ZB 8/90, BGHZ 113, 197 (200) = MDR 1991, 517 = NJW 1991, 979. AG Hamburg-St. Georg v. 2.7.2013 – 980a C 51/12, ZMR 2013, 926. BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (350) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; BGH v. 20.12.1990 – V ZB 8/90, BGHZ 113, 197 (200) = MDR 1991, 517 = NJW 1991, 979; Elzer, ZMR 2007, 237 (238); Elzer, ZWE 2007, 165 (174); Lüke, PiG 59, 103 (107).

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§ 23 Rz. 83 | Wohnungseigentümerversammlung chen Grund, sich nochmals mit einer Angelegenheit zu beschäftigen und diese ggf. anders, jedenfalls aber neu zu entscheiden.152 Aus welchen Gründen die Wohnungseigentümer erneut über eine Angelegenheit beschließen wollen, ist unerheblich. Allerdings unterliegt der Beschlussinhalt selbst besonderen Regeln, weil er schutzwürdige Belange eines zuvor begünstigten Wohnungseigentümers berücksichtigen muss (dazu Rz. 90).153 84 Ist der Erstbeschluss rechtskräftig für ungültig erklärt worden, steht die Rechtskraft des Ur-

teils einer erneuten Beschlussfassung über den Beschlussgegenstand nicht entgegen, weil sie sich nur auf den konkreten Beschluss bezieht.154 Ein inhaltsgleicher Zweitbeschluss kann aber dennoch unzulässig sein (dazu Rz. 85a). c) Inhalt und Wirkungen des Zweitbeschlusses aa) Bestätigender Zweitbeschluss 85 Treffen die Wohnungseigentümer eine zum Erstbeschluss inhaltlich identische Regelung

(bestätigender Zweitbeschluss), bezwecken sie in der Regel, die Anfechtbarkeit eines anderen Beschlusses (Erstbeschlusses) wegen formeller Beschlussmängel zu beseitigen.155 Dabei ist unerheblich, ob der Zweitbeschluss den Erstbeschluss wortgleich wiederholt oder – ggf. auch nur sinngemäß – bestätigt. Ebenso ist nicht notwendig, dass sich die tatsächlichen oder rechtlichen Umstände geändert haben. 85a Ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht es hingegen, wenn der inhaltsgleiche Zweit-

beschluss gefasst wird, obwohl der Erstbeschluss wegen materieller Beschlussmängel angefochten wurde und seine Aufhebung droht oder bereits erfolgt ist.156 Jedenfalls die mehrfache inhaltsgleiche Wiederholung früherer Eigentümerbeschlüsse, die bereits erfolgreich wegen ihres Inhalts rechtskräftig angefochten worden sind, ist sogar rechtsmissbräuchlich und führt nach § 138 BGB zur Nichtigkeit.157 Es liegt dann auf der Hand, dass der Wiederholungsbeschluss allein in der Hoffnung gefasst wird, die Minderheit werde die Anfechtungsfrist versäumen oder aufgrund psychischer oder finanzieller Erschöpfung auf die Anfechtung verzichten. Die bloße Anfechtbarkeit derartiger Beschlüsse würde daher zu einer unbilligen Belastung der betroffenen Wohnungseigentümer führen. 86 Mit dem Zweitbeschluss können zugleich der (ggf. sogar bestandskräftige) Erstbeschluss und

seine Wirkungen aufgehoben werden.158 Dies kann sich auch ohne ausdrückliche Regelung im Zweitbeschluss durch Auslegung seines Beschlussinhalts ergeben. Ist etwa der Erstbe-

152 BGH v. 20.12.1990 – V ZB 8/90, BGHZ 113, 197 = MDR 1991, 517 = NJW 1991, 979; BayObLG v. 13.12.2001 – 2Z BR 93/01, ZMR 2002, 525; LG Köln v. 21.6.2012 – 29 S 225/11, ZMR 2012, 897; Häublein in Staudinger, BGB, § 23 WEG Rz. 97; Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 68 f.; a.A. OLG Frankfurt v. 24.2.2006 – 20 W 229/03, IMR 2006, 56 mit ablehnender Anm. Wenzel; OLG Köln v. 1.2.2002 – 16 Wx 10/02, NZM 2002, 454. 153 Vgl. BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (350) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; BGH v. 20.12.1990 – V ZB 8/90, BGHZ 113, 197 (200) = MDR 1991, 517 = NJW 1991, 979. 154 BGH v. 25.9.2003 – V ZB 21/03, BGHZ 156, 192 = MDR 2004, 86 = MietRB 2004, 14 (19) = NJW 2003, 3476; LG Köln v. 21.6.2012 – 29 S 225/11, ZMR 2012, 897; LG Hamburg v. 11.2.2011 – 318 S 121/10, ZWE 2011, 823. 155 BayObLG v. 31.1.2002 – 2Z BR 165/01, ZWE 2002, 315. 156 KG v. 20.7.1994 – 24 W 4748/93, MDR 1994, 1206 = NJW-RR 1994, 1358; a.A. LG Hamburg v. 11.2.2011 – 318 S 121/10, ZWE 2011, 283. 157 AG Berlin-Neukölln v. 2.12.2004 – 70 II 113/04, ZMR 2005, 235; offengelassen von AG HamburgAltona v. 20.5.2014 – 303c C 30/13, ZWE 2015, 222; Hügel/Elzer, vor §§ 23 ff. WEG Rz. 46. 158 BGH v. 16.9.1994 – V ZB 2/93, BGHZ 127, 99 (101) = MDR 1995, 792 = NJW 1994, 3230; BGH v. 10.3.1994 – IX ZR 98/93, MDR 1994, 1113 = NJW 1994, 1866 (1867); BayObLG v. 15.7.1975 – BReg.2 Z 27/75, ZMR 1977, 85.

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III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) | Rz. 90 § 23

schluss im Zeitpunkt des Zweitbeschlusses angefochten, ist in der Regel von einer Aufhebung des Erstbeschlusses auszugehen.159 Für die dem Beschluss Unterworfenen soll nur noch gelten, was der Zweitbeschluss bestimmt. Die Bereitschaft, über das alte Thema erneut zu beraten und zu beschließen, enthält regelmäßig den Willen, es „nicht beim alten zu belassen“.160 Ist der Erstbeschluss angefochten, verliert die gegen ihn gerichtete Anfechtungsklage zwar nicht mit Entstehung des Zweitbeschlusses161, aber mit seiner Bestandskraft, das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Aufhebung des Erstbeschlusses dann keine materiell-rechtlichen Wirkungen mehr entfalten kann.162 Wird auch der Zweitbeschluss angefochten, bietet sich eine Aussetzung nach § 148 ZPO an. Zwingend ist dies aber nicht. Wie jeder andere Beschluss, kann auch ein bestätigender Zweitbeschluss angefochten wer- 87 den. Für eine Anfechtung fehlt allerdings das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Erstbeschluss nicht durch den Zweitbeschluss aufgehoben wurde, bestandskräftig und nicht nichtig ist. Selbst wenn der Zweitbeschluss aufgehoben werden würde, hätte in diesem Falle die Aufhebung des Zweitbeschlusses keine Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis zwischen den Wohnungseigentümern: Es verbliebe bei der Wirksamkeit des bestandskräftigen, inhaltsgleichen Erstbeschlusses.163 Wird der Zweitbeschluss angefochten und durch ein Gericht rechtskräftig aufgehoben, lebt 88 ein mit dem Zweitbeschluss aufgehobener (dazu Rz. 87) Erstbeschluss grundsätzlich wieder auf, und zwar ex tunc.164 Denn wird der zweite Beschluss für ungültig erklärt, führt dies im Zweifel – entsprechend § 139 BGB – zur Gesamtnichtigkeit und damit auch zum Wegfall der Aufhebung des Erstbeschlusses.165 Die Aufhebung des Erstbeschlusses bleibt nur dann bestehen, wenn sich feststellen lässt, dass sie auch bei Kenntnis der Ungültigkeit der ersetzenden Regelung beschlossen worden wäre. Wenn der Zweitbeschluss rechtskräftig aufgehoben ist, kann der Kläger ein nach § 148 ZPO ausgesetztes oder nach § 251 ZPO ruhend gestelltes Beschlussanfechtungsverfahren gegen den Erstbeschluss (s. Rz. 86) wieder aufnehmen. Das ursprüngliche Anfechtungsverfahren ist dann dort fortzusetzen, wo es endete. Die Anfechtungsfrist war und bleibt gewahrt. bb) Abändernder Zweitbeschluss Betrifft ein Zweitbeschluss denselben Gegenstand wie der Erstbeschluss, wird mit diesem aber 89 eine neue, unterschiedliche Regelung getroffen, spricht man von einem abändernden Zweitbeschluss. Ein solcher abändernder Zweitbeschluss muss ordnungsmäßig sein. Dazu gehört es nach 90 h.M., dass der Zweitbeschluss schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkungen des Erstbeschlusses berücksichtigt.166 Es handelt sich hierbei richtigerweise nicht um ein zusätzliches 159 160 161 162 163

164 165 166

Müller, ZWE 2000, 557 (560); a.A. LG Hamburg v. 23.7.2014 – 318 S 19/14, ZMR 2015, 45. BayObLG v. 15.7.1975 – BReg.2 Z 27/75, ZMR 1977, 85. So BayObLG v. 15.7.1975 – 2Z BR 27/75, ZMR 1977, 85. OLG Frankfurt v. 1.11.2012 – 20 W 12/08, MietRB 2013, 48 = ZMR 2013, 296; BayObLG v. 31.1.2002 - 2 Z BR 165/01, ZWE 2002, 315. BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (351) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; BGH v. 16.9.1994 – V ZB 2/93, BGHZ 127, 99 (106) = MDR 1995, 792 = NJW 1994, 3230; BayObLG v. 20.9.2001 – 2Z BR 39/01, ZWE 2002, 127 (128); Müller, ZWE 2000, 557 (559); Merle, DWE 1995, 146 (153). BayObLG v. 10.4.1997 – 2Z BR 125/96, ZMR 1997, 478 (480); LG Hamburg v. 23.7.2014 – 318 S 19/14, ZMR 2015, 45; Müller, ZWE 2000, 557 (560). BGH v. 16.9.1994 – V ZB 2/93, BGHZ 127, 99 (101) = MDR 1995, 792 = NJW 1994, 3230; OLG Frankfurt v. 1.11.2012 – 20 W 12/08, MietRB 2013, 48 = ZMR 2013, 296. OLG Frankfurt v. 24.2.2006 – 20 W 229/03, NZM 2007, 50; OLG Frankfurt v. 3.9.2004 – 20 W 34/ 02, MietRB 2005, 206; OLG Hamm v. 22.12.2005 – 15 W 375/04, ZWE 2006, 228 (230); OLG

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§ 23 Rz. 90 | Wohnungseigentümerversammlung richterrechtliches Tatbestandsmerkmal für den Zweitbeschluss, sondern um ein Abwägungskriterium, das bei Feststellung der Ordnungsmäßigkeit zu berücksichtigen ist.167 Die einzuhaltenden Grenzen richten sich nach den Umständen des Einzelfalles.168 Ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht es, wenn ein Wohnungseigentümer durch den abändernden Zweitbeschluss einen ungerechtfertigten rechtlichen Nachteil im Verhältnis zur Regelung des Erstbeschlusses erleidet.169 Das bedeutet aber nicht, dass durch den abändernden Beschluss etwaige tatsächliche Vorteile stets erhalten bleiben müssten, die ein Wohnungseigentümer nach dem Erstbeschluss gehabt hätte.170 Ein Zweitbeschluss darf nicht in wohlerworbene Rechte von Wohnungseigentümern, die auf den Bestand des Erstbeschlusses vertraut haben, eingreifen, soweit nicht überwiegende „sachliche Gründe“ für die neue Regelung sprechen.171 Rein tatsächliche Vorteile sind dabei irrelevant.172 cc) Ergänzender Zweitbeschluss 91 Ergänzt ein Zweitbeschluss einen Erstbeschluss, ohne ihn zu bestätigen oder abzuändern, ent-

hält er also eine zusätzliche Regelung, liegt ein ergänzender Zweitbeschluss vor. Das ist etwa der Fall, wenn eine im Erstbeschluss getroffene Untersagung einer bestimmten Nutzung im Zweitbeschluss mit einer Übergangsfrist versehen wird.173 d) Anspruch auf einen Zweitbeschluss 92 Jeder Wohnungseigentümer besitzt aus § 21 Abs. 4 und 8 einen Anspruch auf eine ordnungs-

mäßige Verwaltung, wozu auch ein Anspruch auf Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer gehört (s. § 21 Rz. 46). Dem Verlangen nach einem Zweitbeschluss steht aber ein bereits gefasster und ordnungsmäßiger Beschluss entgegen. In diesem Falle haben die Wohnungseigentümer bereits ihr Selbstorganisationsrecht wahrgenommen und die Angelegenheit geregelt. Ein Anspruch, eine ordnungsgemäß geordnete Angelegenheit erneut im Wege des Beschlusses zu regeln, kann mithin nicht erkannt werden. 93 Das gilt grundsätzlich auch, wenn die Wohnungseigentümer einen nicht ordnungsmäßigen

Beschluss gefasst haben, der in Bestandskraft erwachsen ist (s. § 21 Rz. 140 ff.).174 Ein Anspruch auf Abänderung oder Ersetzung einer beschlossenen Regelung durch eine andere Regelung besteht nur ausnahmsweise, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an ei-

167 168 169 170 171 172 173 174

Hamm v. 9.9.2004 – 15 W 281/04, MietRB 2005, 180 = ZMR 2005, 566; BayObLG v. 13.12.2001 – 2Z BR 93/01, ZMR 2002, 525 (526); OLG Köln v. 1.2.2002 – 16 Wx 10/02, NZM 2002, 454; OLG Köln v. 14.4.2000 – 16 Wx 17/00, ZMR 2000, 865; OLG Stuttgart v. 9.2.2001 – 8 W 54/98, ZMR 2001, 664; OLG Düsseldorf v. 30.10.2000 – 3 Wx 318/00, ZMR 2001, 130 (131); OLG Düsseldorf v. 20.3.2000 – 3 Wx 414/99, ZMR 2000, 475 (476); OLG Saarbrücken v. 10.10.1997 – 5 W 60/97, ZMR 1998, 50 (53). Elzer, ZMR 2007, 237 (240). BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (350) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; BGH v. 20.12.1990 – V ZB 8/90, BGHZ 113, 197 (200) = MDR 1991, 517 = NJW 1991, 979. OLG Frankfurt v. 3.9.2004 – 20 W 34/02, MietRB 2005, 206; OLG Düsseldorf v. 20.3.2000 – 3 Wx 414/99, ZMR 2000, 475 (476). OLG Düsseldorf v. 30.10.2000 – 3 Wx 318/00, ZMR 2001, 130 (131); OLG Düsseldorf v. 20.3.2000 – 3 Wx 414/99, ZMR 2000, 475 (476); OLG Saarbrücken v. 10.10.1997 – 5 W 60/97, ZMR 1998, 50. OLG Köln v. 1.2.2002 – 16 Wx 10/02, NZM 2002, 454. OLG Frankfurt v. 3.9.2004 – 20 W 34/02, MietRB 2005, 206; OLG Saarbrücken v. 10.10.1997 – 5 W 60/97, ZMR 1998, 50 (52). Vgl. dazu BayObLG v. 20.9.2001 – 2Z BR 39/01, ZWE 2002, 127. Häublein in Staudinger, BGB, § 23 Rz. 100; a.A. Hauger, WE 1993, 231.

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III. Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer (Abs. 1) | Rz. 95 § 23

nem Beschluss als grob unbillig und damit als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen175 oder wenn sich die Umstände geändert haben.176

7. Negativbeschluss a) Begriff und Allgemeines Findet ein Beschlussantrag (Rz. 46) keine Mehrheit, liegt kein „Nichtbeschluss“ (dazu Rz. 148) 94 vor. In der mehrheitlichen Ablehnung durch die Wohnungseigentümer liegt vielmehr eine negative Willensäußerung. Die mehrheitliche Ablehnung begründet daher ebenfalls einen Beschluss, den sog. Negativbeschluss.177 Die „formal einwandfrei zustande gekommene Ablehnung eines Beschlussantrages“ durch die Wohnungseigentümer hat „Beschlussqualität“.178 Nicht anders als ein positiver Beschluss kommt auch ein negatives Abstimmungsergebnis in Verwirklichung der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer zustande und ist das Resultat einer verbindlichen Willensbildung der Wohnungseigentümer aus mehreren Einzelwillen. Durch einen Negativbeschluss wird der Gemeinschaftswille festgelegt, dass die mit dem Beschlussantrag angestrebte Regelung nicht gelten soll. Die Ablehnung eines Antrags unterscheidet sich daher im Ergebnis nicht von der Annahme des „negativen“ Antrages, eine bestimmte Maßnahme nicht vorzunehmen oder zu unterlassen.179 Da negative Beschlüsse keine sachliche Regelung enthalten, sondern lediglich zum Ausdruck 95 bringen, dass sich die Mehrheit zum Beschlusszeitpunkt zu einem Gegenstand nicht binden möchte, erfordern negative Beschlüsse keine Beschlusskompetenz.180 Die wohnungseigentumsrechtliche Kompetenzordnung beruht auf einer Zuweisung positiver Beschlusskompetenzen. Die Befugnis, in einer Angelegenheit, für die nach dem Gesetz oder einer Vereinbarung ein Beschluss gefasst werden kann oder auch kein (wirksamer) Beschluss gefasst werden kann, keinen Beschluss zu fassen, setzt keine entsprechende „negative Beschlusskompetenz“ voraus. Sie folgt vielmehr aus der Autonomie, sich in einer Angelegenheit nicht zu binden.181

175 OLG Frankfurt v. 8.1.2009 – 20 W 384/07, MietRB 2009, 297 = NZM 2009, 440; BayObLG v. 26.11.1993 – 2Z BR 75/93, NJW-RR 1994, 658 (659); OLG Frankfurt v. 20.3.2006 – 20 W 430/04, NJW-RR 2007, 377; BayObLG v. 25.3.1999 – 2Z BR 105/98, ZMR 1999, 494; BayObLG v. 21.2.1991 – BReg.2 Z 7/91, MDR 1991, 762 = NJW 1991, 1620 (1621). 176 BayObLG v. 29.3.2000 – 2Z BR 159/99, ZWE 2000, 577 (579); BayObLG v. 26.11.1993 – 2Z BR 75/ 93, NJW-RR 1994, 658 (659). 177 BGH v. 11.6.2010 – V ZR 174/09, MDR 2010, 1043 = MietRB 2010, 267 = NJW 2010, 3296; BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 (2130); BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 (51) = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704; BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (348) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; OLG München v. 21.2.2007 – 34 Wx 100/06, MietRB 2007, 176 = ZMR 2007, 480 (481); OLG Hamm v. 20.11.2006 – 15 W 166/06, ZMR 2007, 296; OLG Düsseldorf v. 22.11.2005 – 3 Wx 140/05, ZMR 2006, 459 (460). 178 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 (51) = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704; BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (348) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339. 179 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (349) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339. 180 Elzer, ZMR 2005, 892 (893); J.-H. Schmidt, ZfIR 2001, 791 (793); a.A. BayObLG v. 1.12.2004 – 2Z BR 166/04, MietRB 2005, 207 = ZMR 2005, 891 mit Anm. Elzer; BayObLG v. 22.9.2004 – 2Z BR 159/04, NZM 2005, 21 (22). 181 J.-H. Schmidt, ZfIR 2001, 791 (793).

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§ 23 Rz. 96 | Wohnungseigentümerversammlung b) Rechtsfolgen 96 Ein Negativbeschluss lässt die Rechtslage unverändert.182 Lehnen die Wohnungseigentümer

einen Beschlussantrag ab, kann nicht auf ihren Willen geschlossen werden, das Gegenteil des Beschlussantrags zu wollen.183 Hat z.B. ein Wohnungseigentümer in der Versammlung einen Antrag gestellt, nach § 16 Abs. 3 den geltenden Kostenverteilungsschlüssel zu ändern, und ist der Beschlussantrag abgelehnt worden, muss er neben seiner Leistungsklage nach § 21 Abs. 4 oder seiner Gestaltungsklage nach § 21 Abs. 8 nicht zusätzlich gegen den ablehnenden Beschluss vorgehen.184 97 Ein Negativbeschluss hat keine materielle Bindungswirkung („Sperrwirkung“).185 Einem Ne-

gativbeschluss kommt nur eine „formelle Bindungswirkung“ in dem Sinne zu, dass die Wohnungseigentümer den zur Abstimmung gestellten Antrag ablehnend beschieden haben.186

c) Anfechtungsklage 98 Ein Negativbeschluss kann angefochten werden.187 Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage

ergibt sich trotz der fehlenden materiellen Bindungswirkung (Rz. 97) daraus, dass der Antragsteller durch die Ablehnung gegebenenfalls in seinem Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums verletzt wird (s.a. § 46 Rz. 130).188 Der Kläger muss auch nicht zusätzlich einen auf § 21 Abs. 4 oder Abs. 8 beruhenden Verpflichtungsantrag stellen.189

IV. Bezeichnung der Beschlussgegenstände bei Einberufung (Abs. 2) 99 Nach § 23 Abs. 2 ist es zur Gültigkeit eines Beschlusses – wie etwa auch nach § 32 Abs. 1 Satz 2

BGB – notwendig, aber auch ausreichend, dass sein Gegenstand bereits bei der Einberufung ausreichend und eindeutig „bezeichnet“ ist.

182 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 (2131); BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 (51) = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704; BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (349) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; OLG Düsseldorf v. 22.11.2005 – 3 Wx 140/05, ZMR 2006, 459 (460); LG München I v. 27.6.2011 – 1 S 1062/ 11, MietRB 2011, 385 f. = ZMR 2012, 44; LG Karlsruhe v. 21.4.2009 – 11 S 132/08, juris; Wenzel, ZMR 2005, 413 (415). 183 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (349) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; Suilmann, Beschlussmängelverfahren, S. 13; a.A. OLG München v. 21.3.2006 – 32 Wx 2/06, NZM 2006, 703; LG München I v. 27.6.2011 – 1 S 1062/11, MietRB 2011, 385 f. = ZMR 2012, 44. 184 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 (2131); LG München I v. 27.6.2011 – 1 S 1062/11, MietRB 2011, 385 f. = ZMR 2012, 44. 185 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 (2130); BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 (51) = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704; BayObLG v. 2.2.2005 – 2Z BR 222/04, FGPrax 2005, 106 (107); OLG München v. 8.12.2006 – 34 Wx 103/06, ZMR 2007, 304 (306); OLG Düsseldorf v. 22.11.2005 – 3 Wx 140/05, ZMR 2006, 459 (460); Wenzel, ZMR 2005, 413 (414 f.). 186 Wenzel, ZMR 2005, 413 (414); J.-H. Schmidt, ZfIR 2001, 791 (793). 187 BGH v. 13.5.2011 – V ZR 202/10, MDR 2011, 911 = MietRB 2011, 252 f.= NJW 2011, 2660 (2662); BGH v. 1.4.2011 – V ZR 96/10, MDR 2011, 780 = MietRB 2011, 212 f. = ZWE 2011, 317 (319); BGH v. 11.6.2010 – V ZR 174/09, MDR 2010, 1043 = MietRB 2010, 267 = NJW 2010, 3296; BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 (2130); BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 (51) = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704. 188 BGH v. 1.4.2011 – V ZR 96/10, MDR 2011, 780 = MietRB 2011, 212 f. = ZWE 2011, 317 (319); BGH v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 (2130); LG Hamburg v. 27.10.2010 – 318 S 17/10, ZWE 2011, 132 (133); LG Karlsruhe v. 21.4.2009 – 11 S 132/08, juris; Wenzel, ZMR 2005, 413 (415). 189 BGH v. 1.4.2011 – V ZR 96/10, MDR 2011, 780 = MietRB 2011, 212 f. = ZWE 2011, 317 (319).

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IV. Bezeichnung der Beschlussgegenstände bei Einberufung (Abs. 2) | Rz. 102 § 23

1. Sinn und Zweck Durch die Ankündigung (Bezeichnung) eines Beschlussgegenstandes bereits mit der Ladung 100 zur Eigentümerversammlung sollen die Wohnungseigentümer vor allem vor überraschenden Beschlüssen geschützt werden.190 Sie sollen durch die frühzeitige Bezeichnung die Möglichkeit haben, sich bereits anhand der Tagesordnung auf die Beratung und Beschlussfassung sämtlicher in der Eigentümerversammlung anstehender Punkte vorzubereiten und sich zu entscheiden, ob sie wegen eines bestimmten Punktes an der Eigentümerversammlung teilnehmen oder nicht.191

2. Notwendigkeit der Bezeichnung § 23 Abs. 2 verlangt, dass jeder Beschlussgegenstand i.S.v. §§ 10 Abs. 4, 24 Abs. 7 bei der Ein- 101 berufung „bezeichnet“ wird. Eine Ausnahme besteht allerdings für Geschäftsordnungsbeschlüsse (s. § 24 Rz. 126 ff.). Diese sind auch ohne Ankündigung in der Tagesordnung ohne weiteres zulässig.192 Würde man eine Aufnahme in die Tagesordnung verlangen, wäre den Wohnungseigentümern die Möglichkeit, jederzeit – auch spontan – über die Verfahrensregeln in der Versammlung zu entscheiden, genommen.193 Anders verhält es sich allerdings dann, wenn sich die Wohnungseigentümergemeinschaft eine auf Dauer angelegte Geschäftsordnung (s. § 24 Rz. 124) geben will oder eine bestehende abgeändert werden soll.194

3. Inhalt der Bezeichnung a) Benennung des Beschlussgegenstands „Bezeichnung“ i.S.d. § 23 Abs. 2 meint Benennung und Kennzeichnung. Dem Beschlussge- 102 genstand soll „ein Name“ gegeben werden. Eine Erläuterung und/oder Begründung, was sich hinter einem Beschlussgegenstand verbirgt und warum er auf die Tagesordnung gesetzt worden ist, ist nicht erforderlich. Sieht ein Wohnungseigentümer für sich einen Bedarf, wegen eines Punktes nähere Erkundigungen einzuziehen, hat er die Möglichkeit, sich vor der Eigentümerversammlung beim Verwalter oder den anderen Wohnungseigentümern nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt und den Hintergründen zu erkundigen.195 In der Wohnungseigentümerversammlung hat jeder Wohnungseigentümer zudem die Möglichkeit, Fragen zu stellen und auf diese Weise weitere Aufklärung zu erhalten.

190 BGH v. 13.1.2012 – V ZR 129/11, MietRB 2012, 109 = ZMR 2012, 380; KG v. 16.4.2009 – 24 W 93/ 08, MietRB 2010, 203 = ZMR 2009, 709; BayObLG v. 12.2.2004 – 2Z BR 261/03, ZMR 2005, 460 (461); AG Düsseldorf v. 7.7.2008 – 291 II 98/07, ZMR 2008, 917. 191 BGH v. 13.1.2012 – V ZR 129/11, MietRB 2012, 109 = ZMR 2012, 380; OLG München v. 14.9.2006 – 34 Wx 49/06, ZMR 2006, 954; KG v. 18.7.2006 – 24 W 33/05, ZMR 2006, 794 (795); OLG Düsseldorf v. 24.11.2003 – 3 Wx 123/03, ZMR 2004, 282 (283); OLG Zweibrücken v. 16.12.2002 – 3 W 202/02, ZMR 2004, 63; OLG Köln v. 18.12.2002 – 16 Wx 177/02, NZM 2003, 121; BayObLG v. 12.7.2001 – 2Z BR 139/00, ZWE 2001, 538 (540); LG Karlsruhe v. 11.5.2010 – 11 S 9/08, ZWE 2010, 377 (378); LG München I v. 30.11.2009 – 1 S 23229/08, ZWE 2010, 138. 192 OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, NJW 2000, 3580; OLG Düsseldorf v. 24.5.1995 – 3 Wx 17/ 95, NJW-RR 1995, 1294; Vandenhouten in Köhler, Teil 4 Rz. 46. 193 Greiner, ZWE 2016, 297 (302). 194 Bielefeld, DWE 2005, 117 f.; Bub, WE 1987, 68. 195 OLG Zweibrücken v. 16.12.2002 – 3 W 202/02, ZMR 2004, 363; BayObLG v. 14.11.1991 – BReg.2 Z 140/91, NJW-RR 1992, 403.

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§ 23 Rz. 103 | Wohnungseigentümerversammlung 103 Zu Unterlagen, die der Erläuterung und näheren Darstellung eines Beschlussgegenstandes

dienen können und im Einzelfall mit zu versenden sind, s. § 24 Rz. 56. b) Art und Weise der Bezeichnung 104 Der Inhalt der Bezeichnung ist vom Beschlussgegenstand abhängig und richtet sich nach dem

berechtigten Informationsbedürfnis der Wohnungseigentümer.196 An die Bezeichnung dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden.197 Die Bezeichnung muss so gestaltet sein, dass sie den Wohnungseigentümer angemessen auf die Erörterung in der Eigentümerversammlung vorbereitet.198 Erforderlich ist, dass sich jeder Wohnungseigentümer über die wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Folgen und Konsequenzen einer vorgesehenen Maßnahme für sich und die anderen Wohnungseigentümer klar werden kann.199 Es sollten daher nicht allgemein bekannte Begriffe bei der Bezeichnung – wie z.B. „Abmeierungsklage“ – vermieden werden.200 Was der Ladende für die ausreichende Bezeichnung eines Beschlussgegenstandes dabei leisten muss und wann er im Einzelfall den Anforderungen des § 23 Abs. 2 (noch) genügt, auf welche Art und Weise mithin ein Beschlussgegenstand von Gesetzes wegen zu bezeichnen ist, ist weitgehend Tatfrage.201 105 Es ist nicht erforderlich, bereits den genauen Inhalt eines beabsichtigten Beschlusses oder gar

einen konkreten Beschlussantrag mitzuteilen (dazu Rz. 46).202 Ein Beschlussgegenstand muss genauer bezeichnet werden, wenn die wirtschaftliche oder ideelle Bedeutung eines Gegenstandes für alle oder einen Wohnungseigentümer groß und der Wissensstand der Wohnungseigentümer gering ist.203 Im Übrigen genügt in der Regel eine schlagwortartige Bezeichnung.204 Das gilt insbesondere für stetig wiederkehrende „Standardbeschlüsse“, wie z.B. über die Jahresabrechnung, den Wirtschaftsplan oder die Wiederwahl des Verwalters.205 Zu berücksichtigen ist auch der Informationsstand der Einzuladenden. Eine schlagwortartige Bezeichnung genügt daher zumeist auch, wenn es eine Vorbefassung aufgrund einer früheren Beschlussfassung, einer Beratung in der Versammlung oder in einem Gerichtsverfahren gab.206

196 KG v. 16.4.2009 – 24 W 93/08, MietRB 2010, 203 = ZMR 2009, 709. 197 KG v. 16.4.2009 – 24 W 93/08, MietRB 2010, 203 = ZMR 2009, 709; LG Hamburg v. 30.10.2009 – 318 S 59/09, ZMR 2010, 226 (228). 198 BGH v. 1.4.2011 – V ZR 96/10, MDR 2011, 780 = MietRB 2011, 212 f. = ZMR 2011, 735. 199 OLG München v. 14.9.2006 – 34 Wx 49/06, ZMR 2006, 954; BayObLG v. 13.12.1984 – BReg 2Z 5/ 83, WuM 1985, 100. 200 Skauradszun, ZWE 2016, 61 (66). 201 OLG Zweibrücken v. 16.12.2002 – 3 W 202/02, ZMR 2004, 363; OLG Hamm v. 8.12.1992 – 15 W 216/91, NJW-RR 1993, 468. 202 OLG Frankfurt v. 29.9.2005 – 20 W 452/05, juris; OLG Köln v. 18.12.2002 – 16 Wx 177/02, NZM 2003, 121; BayObLG v. 23.4.1998 – 2Z BR 41/98, NZM 1999, 175. 203 OLG München v. 14.9.2006 – 34 Wx 49/06, ZMR 2006, 954; OLG Köln v. 18.12.2002 – 16 Wx 177/ 02, NZM 2003, 121; AG Düsseldorf v. 7.7.2008 – 291 II 98/07, ZMR 2008, 917. 204 BGH v. 5.7.2013 – V ZR 241/12, MDR 2013, 1212 = MietRB 2013, 264 ff. = NJW 2013, 3098; BGH v. 13.1.2012 – V ZR 129/11, MietRB 2012, 109 = ZMR 2012, 380; KG v. 16.4.2009 – 24 W 93/08, MietRB 2010, 203 = ZMR 2009, 709; OLG München v. 29.6.2005 – 34 Wx 049/05, MDR 2005, 1159; OLG Saarbrücken v. 24.3.2004 – 5 W 268/03, ZMR 2004, 533; BayObLG v. 5.10.2000 – 2Z BR 59/ 00, NZM 2000, 1239; BayObLG v. 23.4.1998 – 2Z BR 41/98, ZMR 1998, 580; BayObLG v. 2.4.1992 – 2Z BR 4/92, NJW-RR 1992, 910; LG Hamburg v. 30.10.2009 – 318 S 59/09, ZMR 2010, 226 (228); AG Rastatt v. 20.12.2007 – 8 C 18/07, ZMR 2008, 922 (923). 205 Vgl. BGH v. 5.7.2013 – V ZR 241/12, MDR 2013, 1212 = MietRB 2013, 264 ff. = NJW 2013, 3098. 206 Dazu BayObLG v. 12.2.2004 – 2Z BR 261/03, ZMR 2005, 460 (461); BayObLG v. 2.4.1992 – 2Z BR 4/92, WuM 1992, 331; BayObLG v. 14.11.1991 – BReg.2 Z 140/91, NJW-RR 1992, 403; AG Aachen v. 4.6.2014 – 118 C 7/14, ZMR 2015, 403.

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IV. Bezeichnung der Beschlussgegenstände bei Einberufung (Abs. 2) | Rz. 110 § 23

Weitere Umstände neben der Bedeutung und dem Wissensstand der Wohnungseigentümer, 106 die für die Genauigkeit der Bezeichnung relevant sind, können sein:207 – einfacher oder schwerer (komplizierter) Sachverhalt; – Anzahl der Wohnungseigentümer; – Zusammensetzung der Wohnungseigentümer („Bildungsgrad“, „Einkommen“); – Alter und ethnische Herkunft der Wohnungseigentümer; – ggf. laufendes Gerichtsverfahren wegen eines Beschlussgegenstandes. Die Wohnungseigentümer müssen bei jedem angekündigten Tagesordnungspunkt grundsätz- 107 lich damit rechnen, dass nicht nur eine Aussprache über einen bestimmten Gegenstand stattfinden, sondern dass auch über den Gegenstand beschlossen werden soll. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich aus dem Einladungsschreiben ergibt, dass unter dem Tagesordnungspunkt kein Beschluss gefasst werden soll.208 Es ist deshalb nicht notwendig, neben dem Beschlussgegenstand in der Einladung auch darauf hinzuweisen, dass über diesen Gegenstand auch im Wege des Beschlusses abgestimmt werden soll.209 Umgekehrt ist es aber unschädlich, wenn in der Ladung eine Beschlussfassung angekündigt, in der Versammlung aber nur ein Meinungsaustausch stattfindet.210 Nicht in jedem Fall ist es sinnvoll, den Beschlussgegenstand möglichst eng zu beschreiben, 108 weil dies eine abweichende Beschlussfassung unzulässig machen kann. So liegt die Gefahr vorformulierter Beschlussanträge als Bezeichnung in einer Begrenzung des Beschlussgegenstandes auf eine konkrete Beschlussfassung. In der Praxis bietet es sich daher an, von einer Vorformulierung abzusehen oder mit der Ladung darauf hinzuweisen, dass der beabsichtigte Beschlussantrag Veränderungen erfahren kann und also allgemein zum Thema geladen ist. So kann vermieden werden, dass bei der stets zulässigen Abweichung der Wohnungseigentümer von einem Beschlussantrag, etwa wenn sie die Ansätze im Wirtschaftsplan oder die Abrechnung über den Wirtschaftsplan ändern,211 ein formeller Beschlussmangel entsteht. c) Einzelfragen Ob eine Bezeichnung für einen Beschlussgegenstand ausreichend ist, kann angesichts der Be- 109 deutung des Kenntnisstands und der Zusammensetzung der Wohnungseigentümer (s. Rz. 105 f.) nur unter Berücksichtigung der konkreten Gemeinschaft festgestellt werden. Gerichtsentscheidungen zur ausreichenden Bezeichnung von den Gegenständen der Versammlung, sind unter diesem Vorbehalt zu sehen. Beschlüsse über den Gebrauch des Gemeinschafts- und des Sondereigentums (§ 15 Abs. 2): 110 – Der TOP „Nutzung der Gewerbeeinheit im ehemaligen Teeladen/Information durch den Verwalter – Beschlussfassung“ deckt kein gerichtliches Vorgehen gegen einen Teileigentümer.212 – Der TOP „Klarstellung der Beschlüsse zur Hundehaltung“ erlaubt auch eine Neuregelung durch Beschluss.213

207 Vandenhouten in Köhler, Teil 4 Rz. 44. 208 LG Hamburg v. 15.4.2015 – 318 S 125/14, MietRB 2015, 370 = ZMR 2015, 572. 209 BayObLG v. 12.2.2004 – 2Z BR 261/03, ZMR 2005, 460 (461); BayObLG v. 23.4.1998 – 2Z BR 41/ 98, ZMR 1998, 580 (581). 210 LG Hamburg v. 9.10.2013 – 318 S 20/13, ZMR 2014, 822. 211 LG München I v. 30.11.2009 – 1 S 23229/08, ZWE 2010, 138. 212 LG Nürnberg-Fürth v. 17.2.2011 – 14 T 359/11 WEG, MietRB 2011, 152 = ZWE 2011, 227. 213 LG Itzehoe v. 28.5.2014 – 11 S 58/13, ZMR 2014, 912.

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§ 23 Rz. 110 | Wohnungseigentümerversammlung – Der TOP „Beschluss über die Erneuerung der Heizungsanlage und Finanzierung“ „aus WEV vom ... 2007“ und „Informationen wurden bereits für die WEV vom ... zur Verfügung gestellt“ ist unzureichend.214 110a Beschlüsse über Kostenverteilungsschlüssel (§ 16 Abs. 3, 4):

– Der TOP „Jahresabrechnung/Wirtschaftsplan/Sonderumlage“ deckt keine Beschlussfassung, die einen Kostenverteilungsschlüssel ändert. Wollen die Wohnungseigentümer vom gesetzlichen oder einem zuvor vereinbarten oder beschlossenen Kostenverteilungsschlüssel nach § 16 Abs. 3 oder Abs. 4 abweichen, muss diese beabsichtige Änderung gesondert angekündigt werden. – Der TOP „Novellierung der Trinkwasserverordnung – Legionellenprüfung“ erlaubt ebenfalls keine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 3.215 – Der TOP „Baumaßnahme ...“ berechtigt nicht zu einem Beschluss über eine von dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel abweichende Kostenverteilung nach § 16 Abs. 4 Satz 1.216 110b Beschlüsse über die Entziehung von Wohnungseigentum (§ 18 Abs. 3):

– Der Begriff „Abmeierungsklage“ ist veraltet. Für einen Wohnungseigentümer ist nicht mehr verständlich, dass es um eine Beschlussfassung nach § 18 WEG über die Entziehung des Wohnungseigentums geht.217 – Ein TOP „Unterrichtung über die jüngsten Aktivitäten des Miteigentümers ..., seinen aktuellen Schuldenstand gegenüber der Gemeinschaft und Beschlussfassungen hierzu“ deckt einen Beschluss über die Entziehung des Wohnungseigentums nicht ab.218 110c Beschlüsse über die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums einschließlich Instandhaltung

und Instandsetzung (§ 21 Abs. 3): – Der TOP „Einbau von Rauchwarnmeldern“ gestattet auch eine Beschlussfassung über ihre Wartungspflicht.219 – Der TOP „Reparaturen und Neuanschaffungen“ ist nicht geeignet, das Informationsinteresse der Wohnungseigentümer zufrieden zu stellen, wenn sich dahinter die Reparatur der Heizungs- und Wasserleitung sowie die Anschaffung einer Sprech- und Klingelanlage mit Videokameras versteckt.220 – Der TOP „Sanierung der Balkone ... – Auftragsabwicklung, Umfang und Finanzierung“ ist für die Beschlussfassung über die Verlegung von Fliesen bzw. Klinkerplatten im fest verlegten Mörtelbett ausreichend; auch für die Festlegung, dass im Zuge der Sanierungsarbeiten ein weißer Anstrich der Balkon-Innenwände erfolgen soll.221 – Der TOP „Sanierung“ eines Bauteils deckt hingegen nicht den Beschluss über Schadenersatzansprüche eines Wohnungseigentümers.222 – Der TOP „Vorgehen wegen der Feuchtigkeitsschäden im Haus“ deckt eine Beschlussfassung darüber und über die Beauftragung eines Sachverständigen zur Ermittlung der Ursa-

214 215 216 217 218 219 220 221 222

LG Karlsruhe v. 11.5.2010 – 11 S 9/08, ZWE 2010, 377 (378). AG Heiligenstadt v. 20.12.2013 – 3 C 331/13, ZMR 2014, 490. Vgl. LG Hamburg v. 25.5.2011 – 318 S 21/11, ZMR 2011, 824 (825). Skauradszun, ZWE 2016, 61 (66); a.A. KG v. 22.11.1995 – 24 W 2452/95, ZMR 1996, 223 (225). OLG Düsseldorf v. 15.8.1997 – 3 Wx 147/97, ZMR 1998, 244 (245). AG Bottrop v. 18.9.2015 – 20 C 25/15, ZMR 2016, 63. AG Düsseldorf v. 7.7.2008 – 291 II 98/07, ZMR 2008, 917. OLG Celle v. 7.2.2003 – 4 W 208/02, juris. AG Torstedt v. 9.10.2013 – 5 C 156/13, ZMR 2014, 163.

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IV. Bezeichnung der Beschlussgegenstände bei Einberufung (Abs. 2) | Rz. 110e § 23

chen der Schäden ab, auch wenn dies im Einladungsschreiben nicht ausdrücklich angekündigt wurde.223 Bezeichnung von Beschlüssen über bauliche Veränderungen und Modernisierungsmaßnah- 110d men (§ 22 Abs. 1, 2): – Der TOP „Beschluss über ergänzende und weiterführende Beschlüsse zur Großsanierung“ reicht nicht aus, wenn über konkrete bauliche Einzelmaßnahmen beschlossen werden soll.224 – Bei Vorgängen, die einen Regelungskomplex betreffen, etwa bei Baumängeln, brauchen nicht alle Detailpunkte in die Tagesordnung aufgenommen zu werden.225 – Der TOP „Erklärungen zum Verwaltervertrag (Haftung)“ genügt für eine Beschlussfassung zur zeitlichen und betragsmäßigen Einschränkung der Verwalterhaftung.226 – Der TOP „Erneuerung der Aufzugsinnentüren i.V.m. einer Neuausstattung der Aufzugskabine konform zur Schadenshäufigkeit“ macht ersichtlich, dass hinsichtlich des Aufzugs eine Maßnahme der Instandsetzung geplant ist. Dies bedeutet gleichzeitig, dass auch dafür anfallende Kosten und die Art der Finanzierung (Sonderumlage oder Instandhaltungsrückstellung) zur Entscheidung anstehen.227 – Der TOP „Freiflächengestaltung“ ist hinreichend bestimmt, um dem Informationsbedürfnis der einzelnen Wohnungseigentümer Rechnung zu tragen.228 – Der TOP „Haftung eines Eigentümers für Kosten und Schäden einer baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums und über die Erstattung zu Unrecht in Anspruch genommener Gelder der Eigentümer“ deckt eine Beschlussfassung über die Ermächtigung des Verwalters zur gerichtlichen Geltendmachung dieser Ansprüche.229 – Der TOP „Treppenveränderung“ kann ausreichend sein, um auch eine Beschlussfassung über eine Entfernung der Treppe mit Gestattung der Neuerrichtung genügend zu bezeichnen.230 Bezeichnung von Beschlüssen über Bestellung und Abberufung des Verwalters (§ 26 Abs. 1): 110e – Der TOP „Wahl eines Verwalters“ oder „Bestellung eines Verwalters“ macht für jeden Wohnungseigentümer erkennbar, dass damit nicht nur die Bestellung eines Verwalters beschlossen werden soll, sondern auch die wesentlichen Bedingungen des Verwaltervertrages beraten und beschlossen werden können,231 insbesondere die Regelung der Vergütung und der Vertragsdauer. Der Bezeichnung von Einzelheiten bedarf es insoweit nicht. Die Benennung eines konkreten Namens für das Amt des Verwalters in der Einladung ist nicht erforderlich und würde möglicherweise sogar zu einer Einengung der Wohnungseigentümerversammlung führen. So ist es durchaus möglich, dass in einer laufenden Versammlung weitere Vorschläge für den zu bestellenden Verwalter gemacht werden.232 223 OLG Köln v. 18.12.2002 – 16 Wx 177/02, NZM 2003, 121 (122). 224 OLG München v. 14.9.2006 – 34 Wx 49/06, NZM 2006, 934 (935). 225 OLG Köln v. 18.12.2002 – 16 Wx 177/02, NZM 2003, 121; BayObLG v. 21.2.1973 – BReg.2 Z 3/73, NJW 1973, 1086. 226 BayObLG v. 23.12.2002 – 2Z BR 89/02, ZMR 2003, 282. 227 OLG Düsseldorf v. 4.4.2001 – 3 Wx 7/01, ZMR 2001, 723. 228 BayObLG v. 23.6.2004 – 2Z BR 20/04, ZMR 2005, 383. 229 BayObLG v. 30.10.1996 – 2Z BR 64/96, WE 1997, 239. 230 OLG München v. 29.6.2005 – 34 Wx 49/05, MDR 2005, 1159. 231 BGH v. 1.4.2011 – V ZR 96/10, MDR 2011, 780 = MietRB 2011, 212 f.= ZMR 2011, 735; OLG Schleswig v. 20.1.2006 – 2 W 24/05, MDR 2006, 1401 = ZWE 2007, 51 m. Anm. B. Müller; OLG Celle v. 14.2.2002 – 4 W 6/02, ZWE 2002, 474; BayObLG v. 14.11.1991 – BReg.2 Z 140/91, NJWRR 1992, 403; AG Rastatt v. 20.12.2007 – 8 C 18/07, ZMR 2008, 922 (923). 232 OLG Celle v. 14.2.2002 – 4 W 6/02, ZWE 2002, 474.

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§ 23 Rz. 110e | Wohnungseigentümerversammlung – Der TOP „Neuwahl der Hausverwaltung“ deckt auch die Wiederwahl des bisherigen Verwalters sowie den Abschluss eines Verwaltervertrags mit diesem ab.233 – Der TOP „Wiederwahl des Verwalters“ lässt auch die Wahl eines neuen Verwalters zu.234 110f Bezeichnung von Beschlüssen über Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung und Sonderumlage

(§ 28 Abs. 5): – Der TOP „Jahresabrechnung/Wirtschaftsplan/Sonderumlage“ erlaubt es, vor der Beschlussfassung noch Änderungen vorzunehmen, wenn sie für die Eigentümer nach Umfang und Auswirkungen überschaubar sind.235 – Der TOP „Festsetzung des Haus-/Wohngeldes/s. beil. Wirtschaftsplan“ deckt nicht einen Beschluss ab, dass entgegen den Bestimmungen in der Teilungserklärung das Wohngeld für das gesamte Wirtschaftsjahr fällig sein soll, wenn der Eigentümer mit einem Monatsbetrag in Verzug gerät.236 – Der TOP „Wirtschaftsplan“ deckt grundsätzlich auch die Beschlussfassung über eine Erhöhung der jährlichen Zuführung zur Instandhaltungsrückstellung. 110g Bezeichnung von sonstigen Beschlüssen:

– Der TOP „Der Beirat wird neu gewählt“ umfasst bei ungezwungener Betrachtung auch eine der Bestellung (Wahl) notwendigerweise vorausgehende Befassung, ob eine solche überhaupt durchgeführt werden soll.237 – Der TOP „Anfragen/Anregungen“ lässt nur Beschlüsse von untergeordneter Bedeutung zu.238 d) Tagesordnungspunkt „Verschiedenes/Sonstiges“ 111 Unter dem TOP „Verschiedenes/Sonstiges“ können keine wesentlichen Angelegenheiten be-

schlossen werden, sondern allenfalls Gegenstände von untergeordneter Bedeutung.239 Dieser Tagesordnungspunkt lässt nur Beschlüsse über Gegenstände zu, mit denen jeder Eigentümer vernünftigerweise noch rechnen durfte und musste.240 Welche Beschlussgegenstände noch von „untergeordneter Bedeutung“ sind, ist dabei nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Keine untergeordnete Bedeutung haben etwa der Beschluss über die Instandsetzung des Treppenhauses,241 die Genehmigung der Errichtung einer Satellitenempfangsanlage,242 der Einbau eines sog. „Diktators“ an der Hauseingangstür,243 die Vergabe von Gartenarbeiten,244 die Anschaffung von Arbeitsmitteln,245 die Festlegung der Vergütung des

233 234 235 236 237 238 239 240

241 242 243 244 245

OLG München v. 20.3.2008 – 34 Wx 46/07, ZMR 2009, 64 m.w.N. LG Frankfurt v. 27.1.2014 – 2-13 T 56/13, ZMR 2014, 473. LG München I v. 30.11.2015 – 1 S 14998/14, ZMR 2016, 232. OLG Köln v. 23.1.2002 – 16 Wx 176/01, NZM 2002, 169. OLG München v. 31.7.2007 – 34 Wx 69/07, ZMR 2007, 996. BayObLG v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, ZfIR 2002, 296 (300). BayObLG v. 8.4.2004 – 2Z BR 233/03, WuM 2004, 366; LG Lüneburg v. 15.6.2006 – 5 T 15/06, ZMR 2006, 86. OLG München v. 19.9.2005 – 34 Wx 076/05, MietRB 2006, 73 = ZMR 2006, 68 (70); BayObLG v. 8.4.2004 – 2Z BR 233/03, WuM 2004, 366; BayObLG v. 30.4.1998 – 2Z BR 23/98, ZMR 1998, 649; KG v. 8.1.1997 – 24 W 4957/96, ZMR 1997, 254; OLG Düsseldorf v. 4.9.1996 – 3 Wx 125/96, ZMR 1997, 91 (92); OLG Hamm v. 8.12.1992 – 15 W 216/91, NJW-RR 1993, 468. OLG München v. 19.9.2005 – 34 Wx 076/05, MietRB 2006, 73 = ZMR 2006, 68 (70). BayObLG v. 8.4.2004 – 2Z BR 233/03, WuM 2004, 366. KG v. 8.1.1997 – 24 W 4957/96, juris. BayObLG v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, ZfIR 2002, 296 (300). BayObLG v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, ZfIR 2002, 296 (300).

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IV. Bezeichnung der Beschlussgegenstände bei Einberufung (Abs. 2) | Rz. 116 § 23

Hausmeisters246 oder eine „Stellplatzordnung“.247 Im Zweifel ist anzunehmen, dass ein Beschlussgegenstand nicht von untergeordneter Bedeutung ist.

4. Verstöße Wird ein Beschlussgegenstand unter Verstoß gegen § 23 Abs. 2 nur unzureichend angekün- 112 digt, ist ein dennoch gefasster Beschluss ungeachtet des an § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB angelehnten Wortlauts („gültig“) wegen eines bloß formellen Beschlussmangels (Rz. 173 ff.) nur anfechtbar, nicht nichtig.248 Ein Verstoß wird aber geheilt, wenn sämtliche Wohnungseigentümer zusammenkommen und im Bewusstsein einer unzureichenden Ladung dennoch beschließen wollen (s. Rz. 22). Er ist ferner unbeachtlich, wenn feststeht, dass es bei ordnungsgemäßer Ladung zu demselben Beschluss gekommen wäre (s. Rz. 174).249 Bezeichnet der Verwalter einen Tagesordnungspunkt nur unzureichend, kann er nach § 49 113 Abs. 2 verurteilt werden, die Kosten einer Anfechtungsklage zu tragen.250 Jedenfalls wenn ein gewerbsmäßiger Verwalter die Tagesordnung zu ungenau ankündigt, kann der Vorwurf des grob fahrlässigen Handelns gerechtfertigt sein.

5. Tagesordnung a) Begriff und Funktion Das Wohnungseigentumsgesetz kennt den Begriff „Tagesordnung“ – anders als etwa das Akti- 114 engesetz in § 124 Abs. 1 AktG – nicht. Der Begriff umschreibt die Beschlussgegenstände und weiteren Punkte, die auf der einberufenen Versammlung von den Wohnungseigentümern besprochen werden sollen. Danach ist die Tagesordnung einer Eigentümerversammlung die Summe der nach § 23 Abs. 2 zu bezeichnenden Beschlussgegenstände. Eine Tagesordnung ist bereits mit der Ladung zur Versammlung der Wohnungseigentümer bekannt zu machen. Dazu genügt es auch, wenn den Wohnungseigentümern mit der Einladung ein Protokollentwurf übersandt wird.251 Durch die Tagesordnung wird der Versammlung – neben der Ankündigung der einzelnen Be- 115 schlussgegenstände – eine Ablauf- und Diskussionsordnung gegeben. In der Versammlung sind die einzelnen Tagesordnungspunkte grundsätzlich gemäß der in der Einladung angegebenen Reihenfolge zu behandeln. Der Versammlungsleiter darf einen neuen Punkt erst aufrufen, wenn die vorhergehenden Punkte erledigt sind – sofern ein Geschäftsordnungsbeschluss nichts anderes bestimmt (s. § 24 Rz. 112). b) Ersteller der Tagesordnung Die Tagesordnung ist – wie sich aus §§ 23 Abs. 2, 24 Abs. 1 ergibt – grundsätzlich vom Ein- 116 ladenden aufzustellen, regelmäßig also vom Verwalter.252 Einzelne Wohnungseigentümer 246 BayObLG v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, ZfIR 2002, 296 (300). 247 OLG Düsseldorf v. 4.9.1996 – 3 Wx 125/96, ZMR 1997, 91. 248 KG v. 18.11.1998 – 24 W 4180/97, ZMR 1999, 426; OLG Köln v. 9.1.1996 – 16 Wx 214/95, WuM 1996, 246; BayObLG v. 21.10.1996 – 2Z BR 71/96, WE 1997, 267. 249 BayObLG v. 30.4.1999 – 2Z BR 175/98, ZMR 1999, 574; Becker, WE 1999, 162. 250 LG Nürnberg-Fürth v. 17.2.2011 – 14 T 359/11, MietRB 2011, 152 = ZWE 2011, 227. 251 AG Stade v. 16.1.2014 – 64 C 632/13, ZMR 2014, 494. 252 BayObLG v. 19.2.2004 – 2Z BR 212/03, MietRB 2004, 210 = ZMR 2004, 603; BayObLG v. 12.7.2001 – 2Z BR 139/00, ZMR 2001, 991 (993); BayObLG v. 23.9.1988 – BReg.2 Z 97/87, BayObLGZ 1988, 287 (292).

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§ 23 Rz. 116 | Wohnungseigentümerversammlung oder ein bestimmtes Quorum von Wohnungseigentümern sind nicht befugt, Beschlussgegenstände auf die Tagesordnung einer vom Verwalter einberufenen Versammlung zu setzen.253 Der Verwaltungsbeirat, sein Vorsitzender oder dessen Vertreter haben ebenfalls kein Mitwirkungsrecht bei der Aufstellung der Tagesordnung, weil ihnen im Grundsatz auch kein Einberufungsrecht zusteht (s. § 24 Rz. 24). Sind jedoch die Ausnahmevoraussetzungen des § 24 Abs. 3 erfüllt, erstreckt sich das Einberufungsrecht erst recht auf die Festlegung der Tagesordnung.254 Lädt zur Eigentümerversammlung ausnahmsweise ein dazu gerichtlich ermächtigter Wohnungseigentümer (s. § 24 Rz. 33), hat dieser die Tagesordnung zu erstellen. c) Inhalt und Gestaltung der Tagesordnung 117 Einen gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt für eine „ordentliche“ Tagesordnung gibt es nicht.

Auf welche Art und Weise die Tagesordnung gestaltet wird und welche Punkte er aufnimmt, obliegt dem billigen Ermessen des Einladenden.255 Maßstab für seine Ausübung ist, ob nach dem objektivierten Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer die Aufnahme eines Tagesordnungspunktes geboten ist. 118 Ein „Zwang“ für eine Aufnahme eines Beschlussgegenstands ist anzunehmen, wenn einem

Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Aufnahme zusteht (Rz. 121). Auch wenn der Verwalter zu einer Eigentümerversammlung nach § 24 Abs. 2 Variante 2 laden muss, ist sein Ermessen bei der Ladung jedenfalls bei denjenigen Punkten begrenzt, die dem Einberufungsverlangen zugrunde liegen: Diese Punkte müssen aufgenommen werden. Wenn eine Minderheit die Einberufung einer Versammlung verlangen darf, kann sie erst recht als „Minus“ die Aufnahme einzelner Tagesordnungspunkte beanspruchen. Das Ermessen ist ferner reduziert, wenn ein Benennungsrecht der Wohnungseigentümer vereinbart ist. In diesem Falle kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ein bestimmter Punkt auf die Tagesordnung gesetzt wird. d) Ergänzung der Tagesordnung 119 Der Einladende kann eine Tagesordnung vor einer Versammlung und vor Beginn der La-

dungsfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 jederzeit ergänzen. Der Verwaltungsbeiratsvorsitzende kann entsprechend § 24 Abs. 3 die Tagesordnung zum einen ergänzen, wenn sich der Verwalter pflichtwidrig weigert, einen Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung aufzunehmen,256 zum anderen, wenn der Verwalter das Minderheitenquorum des § 24 Abs. 2 missachtet.257 120 Innerhalb der zweiwöchigen Ladungsfrist ist eine Ergänzung der Tagesordnung, sofern

nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt (dazu § 24 Rz. 60 ff.), grundsätzlich nicht mehr zulässig. Das gilt erst recht, wenn ein weiterer TOP erst in der Versammlung auf die Tagesordnung gesetzt werden soll.258 In diesem Falle erfüllt die Einberufung nicht mehr ihre originäre Funktion, die Eigentümer rechtzeitig vor der Eigentümerversammlung deren Themen mitzuteilen. Sie kann damit keine angemessene Grundlage für eine sachgerechte Vorbereitung auf die Versammlung und Entscheidung der Eigentümer darüber sein, an ihr teil253 OLG Düsseldorf v. 6.9.1985 – 3 W 145/85, NJW-RR 1986, 96 (97); OLG Hamm v. 7.6.1979 – 15 W 56/79, Rpfleger 1979, 342 ff.; BayObLG v. 27.1.1970 – BReg.2 Z 22/69, MDR 1970, 507; LG Hamburg v. 16.5.1962 – 10 T 4/62, NJW 1962, 1867 (1868). 254 OLG Frankfurt v. 18.8.2008 – 20 W 426/05, MietRB 2009, 43 = NJW 2009, 300 (301); OLG Düsseldorf v. 6.9.1985 – 3 W 145/85, NJW-RR 1986, 96 (97); OLG Düsseldorf v. 1.9.1980 – 3 W 189/80, WE 1981, 25. 255 Häublein, ZMR 2004, 723 (725). 256 OLG Frankfurt v. 18.8.2008 – 20 W 426/05, MietRB 2009, 43 = NJW 2009, 300. 257 OLG Düsseldorf v. 6.9.1985 – 3 W 145/85, NJW-RR 1986, 96. 258 Vgl. Greiner, ZWE 2016, 297 (305) zu einem solchen Geschäftsordnungsbeschluss.

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IV. Bezeichnung der Beschlussgegenstände bei Einberufung (Abs. 2) | Rz. 123 § 23

zunehmen. Eine Ausnahme besteht nur, wenn alle Wohnungseigentümer in der Versammlung anwesend und mit der Behandlung des Gegenstands einverstanden sind. Fassen die Wohnungseigentümer in der Versammlung lediglich mehrheitlich einen Geschäftsordnungsbeschluss, einen neuen, bisher nicht angekündigten Beschlussgegenstand zu behandeln, widerspricht dieser Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung. Da der Verwalter verpflichtet ist, auch fehlerhafte Beschlüsse zu vollziehen (s. § 27 Rz. 11), hat er den Tagesordnungspunkt dennoch aufzurufen.259 Er sollte jedoch die Wohnungseigentümer über die Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse belehren. Wird der neue Tagesordnungspunkt trotz Nichteinhaltung der Ladungsfrist aufgerufen und 120a werden Beschlüsse dazu gefasst, sind diese zwar nicht nichtig, beruhen aber auf einem formellen Fehler und sind, soweit nicht ausnahmsweise keine Kausalität vorliegt, im Fall der Anfechtung aufzuheben (dazu Rz. 173 ff.). e) Individualanspruch auf Aufnahme eines Tagesordnungspunktes Jeder Wohnungseigentümer hat auch ohne Vereinbarung unabhängig von § 24 Abs. 2 im Rah- 121 men ordnungsmäßiger Verwaltung gem. § 21 Abs. 4 das Recht, einen bestimmten Punkt auf die Tagesordnung der nächsten ordentlichen Versammlung setzen zu lassen;260 diese Einschränkung folgt aus § 24 Abs. 2 Variante 2. Im Einzelfall kann ein Punkt allerdings so wichtig sein, dass für seine Behandlung ausnahmsweise eine außerordentliche Versammlung einzuberufen ist. Dieses ist z.B. bei einem Schaden des gemeinschaftlichen Eigentums, aber auch bei einer Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund vorstellbar (siehe § 24 Rz. 4). Ein Verlangen, dass ein bestimmter Punkt auf der Eigentümerversammlung besprochen wird, 122 entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn Gründe dafür vorliegen, ihn zu erörtern und zum Gegenstand einer Abstimmung zu machen.261 Der Maßstab für diese Prüfung muss großzügig sein.262 Da die Wohnungseigentümer ihre Angelegenheiten im Wesentlichen in der Eigentümerversammlung regeln, muss im Zweifel jeder Punkt, den ein Wohnungseigentümer selbst für wichtig erachtet, auch erörtert werden können. Der Verwalter hat kein „materielles Prüfungsrecht“, das ihm erlaubt, aus seiner Sicht un- 123 geeignete Punkte nicht auf die Tagesordnung zu setzen. Wenn das Ziel eines Wohnungseigentümers allerdings darin besteht, durch seinen Antrag oder durch eine Vielzahl von Anträgen einen ordnungsmäßigen Ablauf der Eigentümerversammlung zu gefährden oder die Versammlung ihres Zwecks zu berauben, ist sein Vorgehen nach § 242 BGB rechtsmissbräuchlich. Ebenso können Anträge missbräuchlich sein, über die die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits entschieden hat, wenn kein Grund für eine erneute Befassung ersichtlich ist, oder die ganz offensichtlich ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen.263 In diesem Falle ist der Verwalter auch nicht verpflichtet, aus einer Vielzahl von Anträgen diejenigen heraus259 Skauradszun, ZWE 2016, 61 (67). 260 OLG Frankfurt v. 18.8.2008 – 20 W 426/05, MietRB 2009, 43 = NJW 2009, 300 (301); OLG München v. 30.3.2007 – 34 Wx 132/06, MietRB 2007, 144; OLG Frankfurt v. 1.9.2003 – 20 W 103/01, ZMR 2004, 288; OLG Saarbrücken v. 24.3.2004 – 5 W 268/03, ZMR 2004, 533; OLG Köln v. 16.5.1997 – 16 Wx 97/97, ZMR 1998, 48; LG Hamburg v. 27.6.2012 – 318 S 196/11, ZMR 2013, 62; LG München I v. 30.8.2011 – 36 T 6199/11, ZMR 2012, 135; LG München I v. 16.5.2011 – 1 S 5166/11, MietRB 2011, 256 = ZMR 2011, 839; LG Saarbrücken v. 20.8.2008 – 5 T 363/07, ZWE 2009, 49. 261 OLG Frankfurt v. 18.8.2008 – 20 W 426/05, MietRB 2009, 43 = NJW 2009, 300 (301); OLG Frankfurt v. 1.9.2003 – 20 W 103/01, ZMR 2004, 288; OLG Saarbrücken v. 24.3.2004 – 5 W 268/03–63, ZMR 2004, 533; BayObLG v. 11.9.2003 – 2Z BR 152/03, NZM 2004, 108 (109); LG München I v. 30.8.2011 – 36 T 6199/11, ZMR 2012, 135. 262 LG München I v. 30.8.2011 – 36 T 6199/11, ZMR 2012, 135. 263 AG Bonn v. 27.4.2012 – 27 C 136/11, ZMR 2012, 821.

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§ 23 Rz. 123 | Wohnungseigentümerversammlung zusuchen, die ggf. noch ordnungsmäßig wären.264 Der in Aussicht genommene Beschluss, der zu dem von dem Miteigentümer gewünschten Tagesordnungspunkt gefasst werden könnte, darf auch nicht deshalb von vornherein rechtswidrig sein, weil die Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 nicht mehr gewahrt werden kann.265 124 Stellt ein Wohnungseigentümer einen berechtigten Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung

wegen eines bestimmten Gegenstandes, ist der Einladende regelmäßig nicht gezwungen, auch die vom Antragsteller bevorzugte Benennung und Formulierung des Gegenstandes zu übernehmen, denn dies ist Aufgabe des Einladenden.266 Das Ermessen des Einladenden ist allerdings reduziert, wenn vom Verlangenden bereits konkrete Beschlussanträge mitgeteilt werden. In diesem Falle muss der Ladende den Antrag so übernehmen, wie vom Antragsteller gewünscht. Der Einladende kann aber ggf. darauf hinweisen, dass der verlangte Beschluss nicht rechtmäßig ist. Im Einzelfall ist aufzuzeigen, dass das zu Erreichende auf andere Weise erreicht werden kann oder dass Alternativen bestehen. Sind für einen von einem Wohnungseigentümer zu Recht verlangten Tagesordnungspunkt der Versammlung Unterlagen vorzulegen (s. § 24 Rz. 93), muss – sofern möglich – der Verwalter diese einholen, es sei denn, der Verlangende wird selbst tätig. 125 Ist der Verwalter oder der ggf. ladende Beiratsvorsitzende nicht bereit, einen bestimmten Be-

schlussgegenstand auf die Tagesordnung zu nehmen, kann gegen ihn in einem Verfahren gem. § 43 Nr. 1, Nr. 3 WEG auf Aufnahme geklagt werden.267 Ferner ist es möglich, den Anspruch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes (Leistungsverfügung) zu verfolgen.268 Eine einstweilige Verfügung ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn der Verfügungskläger auf die sofortige Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs so dringend angewiesen ist, dass er ein ordentliches Hauptsacheverfahren nicht abwarten könnte, ohne unverhältnismäßig großen, gar irreparablen Schaden zu erleiden.269 126 Verletzt der Verwalter den Anspruch auf Aufnahme eines Tagesordnungspunktes in zu vertre-

tender Weise, kann sich gegen ihn ein Schadenersatzanspruch auf Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung auf seine Kosten ergeben. Anspruchsinhaber soll der Wohnungseigentümer sein, dessen Anspruch auf Aufnahme verletzt wurde.270

V. Schriftliche Beschlussfassung (Abs. 3) 1. Sinn und Zweck 127 § 23 Abs. 3 erlaubt zur Vermeidung außerordentlicher Versammlungen, zur Erleichterung

und Beschleunigung der Beschlussfassung, gerade in kleinen Gemeinschaften, sowie aus Gründen der Kostenersparnis eine schriftliche Beschlussfassung. Eine schriftliche Beschlussfassung gefährdet zwar die Meinungsbildung der Wohnungseigentümer, denn ihnen wird die 264 BayObLG v. 12.7.2001 – 2Z BR 139/00, ZMR 2001, 991 (993). 265 LG München I v. 16.5.2011 – 1 S 5166/11, MietRB 2011, 256 = ZMR 2011, 839. 266 OLG Saarbrücken v. 24.3.2004 – 5 W 268/03, ZMR 2004, 533; BayObLG v. 12.7.2001 – 2Z BR 139/ 00, ZWE 2001, 538 (540). 267 OLG Frankfurt v. 1.9.2003 – 20 W 103/01, ZMR 2004, 288; BayObLG v. 11.9.2003 – 2Z BR 152/03, NZM 2004, 108 (109); BayObLG v. 12.7.2001 – 2Z BR 139/00, ZMR 2001, 991 (993); BayObLG v. 20.6.2001 – 2Z BR 12/01, ZMR 2001, 989 (991); BayObLG v. 23.9.1988 – BReg.2 Z 97/87, BayObLGZ 1988, 287 (292); OLG Düsseldorf v. 6.7.1994 – 3 Wx 456/92, ZMR 1994, 521 (524); LG Hamburg v. 27.6.2012 – 318 S 196/11, ZMR 2013, 62. 268 LG München I v. 16.5.2011 – 1 S 5166/11, MietRB 2011, 256 = ZMR 2011, 839. 269 BerlVerfGH v. 14.7.2010 – 99/10, ZMR 2011, 307; LG München I v. 30.8.2011 – 36 T 6199/11, ZMR 2012, 135; LG München I v. 16.5.2011 – 1 S 5166/11, MietRB 2011, 256 = ZMR 2011, 839. 270 LG München I v. 16.5.2011 – 1 S 5166/11, MietRB 2011, 256 = ZMR 2011, 839.

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V. Schriftliche Beschlussfassung (Abs. 3) | Rz. 129 § 23

Möglichkeit genommen, das „Für“ und „Wider“ eines Beschlussantrages kontrovers zu diskutieren. Ein Kampf der Meinungen kann außerhalb der Eigentümerversammlung kaum stattfinden. Diesen Gefahren begegnet in verfassungsrechtlich ausreichendem Maße das Verlangen des Gesetzes nach Allstimmigkeit. Ist ein Wohnungseigentümer mit einer Beschlussfassung außerhalb der Eigentümerversammlung und ohne Diskurs nicht einverstanden, wahrt § 23 Abs. 3 seine Rechte und schützt diese ausreichend: Der jeweilige Wohnungseigentümer kann sich einem schriftlichen Beschluss einfach verweigern und eben dadurch die vermisste Aussprache und Diskussion in der Eigentümerversammlung erzwingen.

2. Abweichende Vereinbarungen Der Minderheitenschutz des § 23 Abs. 3 macht das Allstimmigkeitserfordernis des § 23 Abs. 3 128 zu zwingendem Recht (s. Rz. 6). Die Wohnungseigentümer können aber abweichende Regelungen zu Form der Zustimmung und dem Verfahren vereinbaren. Auch können verbindliche Fristen festgelegt werden, innerhalb derer die Zustimmung zu erklären ist. Ebenso ist eine Vereinbarung möglich, dass die Wohnungseigentümer ihr Stimmrecht im Wege einer kombinierten Beschlussfassung (Sukzessivbeschluss) ausüben können. Darunter versteht man, dass die in einer Versammlung abgegebenen Stimmen mit den Stimmen, die schriftlich und außerhalb der Versammlung abgegeben werden, zusammengefasst werden.271 Ohne eine Vereinbarung, dass ein Sukzessivbeschluss zulässig ist, kann ein solcher nicht gefasst werden, weil das Schriftformerfordernis des § 23 Abs. 3 bei den in der Versammlung abgegebenen Stimmen nicht erfüllt ist.272 Auch kann der Mehrheitsbeschluss in der Versammlung mit den nachträglichen Zustimmung der restlichen Wohnungseigentümer nicht in eine Vereinbarung umgedeutet werden, weil die Wohnungseigentümer in der Versammlung keine Vereinbarung treffen wollten (dazu Rz. 40 ff.).273

3. Initiative Eine Beschlussfassung nach § 23 Abs. 3 setzt eine Initiative (Anregung) für einen schriftlichen 129 Beschluss voraus.274 Für jeden Wohnungseigentümer muss erkennbar sein, dass eine verbindliche Entscheidung im Wege eines schriftlichen Beschlusses herbeigeführt werden soll.275 Ohne Gründer (Initiator) kann es einen schriftlichen Beschluss nicht geben.276 Die Initiative zur Beschlussfassung kann von jedem Wohnungseigentümer oder dessen Vertreter ausgehen.277 Ebenso sind dazu aber auch der Verwalter, der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats bzw. dessen Vertreter berechtigt.278 Dies lässt sich aus ihrer Befugnis nach § 24 Abs. 1 und Abs. 3, eine Versammlung einzuberufen, ableiten. Außenstehende Dritte, denen nicht als Vertreter eines Wohnungseigentümers oder Verwaltungsbefugte ein Stimmrecht zusteht, sind zur Einleitung einer schriftlichen Beschlussfassung hingegen nicht berechtigt.279

271 272 273 274 275 276 277 278 279

Prüfer, Schriftliche Beschlüsse, gespaltene Jahresabrechnungen, S. 138. A.A. KG v. 14.11.1988 – 24 W 4304/88, OLGZ 1989, 43. LG München I v. 23.1.2014 – 36 S 5934/13, ZWE 2015, 128 = MietRB 2014, 241. OLG Celle v. 8.6.2006 – 4 W 82/06, NZM 2006, 784; KG v. 1.3.1974 – 1 W 858/73, OLGZ 1974, 399 (403); F. Schmidt, PiG 59, 125 (134). OLG Celle v. 8.6.2006 – 4 W 82/06, NZM 2007, 784; Merle, Bestellung und Abberufung, S. 44. KG v. 1.3.1974 – 1 W 858/73, OLGZ 1974, 399 (403). LG Karlsruhe v. 7.7.2017 – 7 S 74/16, ZWE 2017, 362. OLG München v. 8.12.2006 – 34 Wx 103/06, ZMR 2007, 304 (305); Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 107; Hügel/Elzer, § 23 WEG Rz. 66; a.A. Prüfer, Schriftliche Beschlüsse, gespaltene Jahresabrechnungen, S. 33. A.A. Hügel/Elzer, § 23 WEG Rz. 66.

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§ 23 Rz. 130 | Wohnungseigentümerversammlung

4. Zustandekommen a) Wirksamkeitsvoraussetzungen 130 Ein schriftlicher Beschluss kommt zustande, wenn die Wohnungseigentümer dem Beschluss

und der Verfahrensweise zustimmen.280 In beiden Fällen ist die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer erforderlich. Die Zustimmung zum Beschluss bedarf dabei der Schriftform (Rz. 139); die Zustimmung zum Verfahren ist formlos möglich. In der Regel liegt in der schriftlichen Zustimmung zu einem Beschlussantrag zugleich auch die (konkludente) Zustimmung zum schriftlichen Verfahren;281 umgekehrt gilt dies aber nicht.282 b) Verfahren 131 Damit ein schriftlicher Beschluss entsteht, muss der Initiator einen Beschlussantrag vorfor-

mulieren und zur Abstimmung stellen. In welcher Weise die Wohnungseigentümer von dem Beschlussantrag Kenntnis nehmen, ist nicht vorgegeben. Der zustimmende Wohnungseigentümer muss daher nicht vom Initiator über den Beschlussantrag informiert worden sein. Es genügt auch, wenn ihm der Beschlussantrag durch einen anderen Wohnungseigentümer oder einen sonstigen Dritten übermittelt wird. 131a Die Abstimmung kann in der Weise geschehen, dass sämtliche Wohnungseigentümer auf ei-

nem gesonderten Blatt, z.B. einem Stimmzettel, dem Beschlussantrag zustimmen und ihre jeweiligen Erklärungen gegenüber dem Initiator des Verfahrens schriftlich abgeben. Vorstellbar ist ferner, dass sämtliche Wohnungseigentümer ihre „Zustimmung“ auf ein und demselben Blatt erklären, dieses also unterschreiben, und das von allen Wohnungseigentümern unterzeichnete Blatt wiederum dem Initiator zugeht (sog. Umlaufverfahren oder Zirkularbeschluss).283 Schließlich lassen sich die Verfahren auch kombinieren. 132 Der Initiator sollte den Abstimmenden für die Antwort eine Frist setzen, in der die Zustim-

mungen bei ihm eingegangen sein müssen. In diesem Fall ist kein Beschluss gefasst worden, wenn Zustimmungen erst verspätet eingehen.284 Ist keine Frist gesetzt, erlischt die Möglichkeit zur Zustimmung entsprechend § 147 Abs. 2 BGB dann, wenn unter regelmäßigen Umständen nicht mehr mit ihr zu rechnen ist. Dies ist mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. c) Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer 133 Ein schriftlicher Beschluss bedarf der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer bzw.

der an ihre Stelle getretenen Stimmberechtigten (s. § 25 Rz. 16 ff.).285 Zur Zustimmungserklärung s. Rz. 138 ff. Einem schriftlichen Beschluss müssen damit auch die Wohnungseigentümer zustimmen, die in der Eigentümerversammlung bei der Beschlussfassung vom Stimmrecht ausgeschlossen wären, z.B. nach § 25 Abs. 5.286 Die Regelung in § 48 Abs. 2 GmbHG ist auf die schriftliche Beschlussfassung nach § 23 Abs. 3 nicht übertragbar. Anders als das Recht

280 LG München I v. 20.4.2015 – 1 S 12462/14, MietRB 2015, 371 = WuM 2015, 585; offen gelassen von Häublein in Staudinger, BGB, § 23 WEG Rz. 207. 281 Kümmel, ZWE 2000, 62. 282 Drasdo, Eigentümerversammlung, Rz. 970. 283 LG Hamburg v. 12.7.2017 – 318 S 31/16, ZMR 2017, 828. 284 Häublein in Staudinger, BGB, § 23 WEG Rz. 206. 285 OLG Zweibrücken v. 21.11.2002 – 3 W 179/02, ZMR 2004, 60 (63); BayObLG v. 19.9.2001 – 2Z BR 89/01, ZMR 2002, 138 (140); BayObLG v. 8.12.1994 – 2Z BR 116/94, MDR 1995, 569 = WuM 1995, 227. 286 BayObLG v. 19.9.2001 – 2Z BR 89/01, ZMR 2002, 138 (140); Merle, Bestellung und Abberufung, S. 45; a.A. Kümmel, ZWE 2000, 62 (64); F. Schmidt, PiG 59, 125 (129).

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V. Schriftliche Beschlussfassung (Abs. 3) | Rz. 136 § 23

der GmbH unterscheidet das Wohnungseigentumsrecht insoweit nicht zwischen der Zustimmung zum schriftlichen Verfahren und der Zustimmung zum Beschluss. Haben die Wohnungseigentümer einer Mehrhausanlage vereinbart, dass für bestimmte An- 134 gelegenheiten nur ein Teil von ihnen stimmberechtigt ist, ist für einen schriftlichen Beschluss notwendig, aber auch ausreichend, wenn nur die durch die Vereinbarung Bestimmten mit „Ja“ stimmen.287 d) Feststellung und Verkündung Wie in der Eigentümerversammlung, kommt auch ein Beschluss im schriftlichen Verfahren 135 erst mit seiner Feststellung und einer an alle Wohnungseigentümer gerichteten Mitteilung des Beschlussergebnisses (Verkündung) zustande (Rz. 58 ff.).288 Zuständig für die Feststellung und Verkündung ist der Initiator.289 Zur Feststellung und Verkündung eines Beschlussergebnisses ist er nur berechtigt, wenn alle Wohnungseigentümer dem Beschlussantrag in gehöriger Form zugestimmt haben. Fehlt es an den notwendigen Zustimmungserklärungen, kommt auch dann kein Beschluss zustande, wenn es für den Gegenstand in einer Versammlung eine Mehrheitskompetenz gäbe.290 Es handelt sich nicht um einen ungültigen (nichtigen) Beschluss,291 sondern um einen Nichtbeschluss (Rz. 148).292 Die Feststellung der Beschlussfassung muss sich auf ein endgültiges Abstimmungsergebnis be- 136 ziehen. Sie ist unwirksam, wenn sie lediglich ein vorläufiges Ergebnis festhält, z.B. indem sie dieses von einem fehlenden Widerspruch der Wohnungseigentümer abhängig macht.293 Für die Verkündung genügt jede Form der Unterrichtung der Wohnungseigentümer, die den internen Geschäftsbereich des Feststellenden verlassen hat, und bei der den gewöhnlichen Umständen nach mit einer Kenntnisnahme durch die Wohnungseigentümer gerechnet werden kann.294 Dies kann etwa durch einen Aushang oder ein Rundschreiben erfolgen, aber auch mündlich gegenüber sämtlichen Wohnungseigentümern oder in einer späteren Eigentümerversammlung. Der Zugang bei den Wohnungseigentümern ist nicht zwingend. Als Zeitpunkt der Beschlussfassung soll dementsprechend nach h.M. auf das Datum abzustellen sein, zu dem nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit einer Kenntnisnahme durch die Beteiligten zu rechnen ist.295 Diese Auffassung ist zwar folgerichtig, führt aber im Hinblick auf den Beginn der Anfechtungsfrist nach § 46 Abs. 1 zu erheblichen Rechtsunsicherheiten, die nur teilweise durch die Möglichkeit der Wiedereinsetzung korrigiert werden können.296. 287 Häublein, NZM 2003, 785 (792); Göken, Die Mehrhausanlage im Wohnungseigentumsrecht, S. 57 f. 288 BGH v. 6.7.2018 – V ZR 221/17, MDR 2018, 1432 = WuM 2018, 802; BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/ 01, BGHZ 148, 335 (347) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; Prüfer, Schriftliche Beschlüsse, gespaltene Jahresabrechnungen, S. 51 ff. 289 LG Karlsruhe v. 7.7.2017 – 7 S 74/16, ZWE 2017, 362. 290 OLG Schleswig v. 5.9.2001 – 9 U 103/00, ZWE 2002, 138 (140). 291 A.A. LG München I v. 18.7.2013 – 36 S 20429/12, ZMR 2014, 53; Häublein in Staudinger, BGB, § 23 WEG Rz. 225. 292 OLG Zweibrücken v. 21.11.2002 – 3 W 179/02, ZMR 2004, 60 (63); BayObLG v. 19.9.2001 – 2Z BR 89/01, ZMR 2002, 138 (140); BayObLG v. 8.12.1994 – 2Z BR 116/94, MDR 1995, 569 = WuM 1995, 227; OLG Frankfurt v. 12.2.1979 – 20 W 834/78, Rpfleger 1979, 217; Deckert, ZMR 2002, 21 (25); a.A. Breiholdt, ZMR 2010, 168 (171); B. Müller, ZWE 2007, 56 (57); Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 116. 293 BGH v. 6.7.2018 - V ZR 221/17, MDR 2018, 1432 = WuM 2018, 802. 294 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (347) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; Merle, PiG 18, 125 (134); a.A. Prüfer, Schriftliche Beschlüsse, gespaltene Jahresabrechnungen, S. 56 f. 295 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (347) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339; Häublein in Staudinger, § 23 WEG Rz. 224. 296 So aber Häublein in Staudinger, § 23 WEG Rz. 233.

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§ 23 Rz. 137 | Wohnungseigentümerversammlung 137 Eine versehentliche oder gar vorsätzliche Feststellung und eine Verkündung eines Beschlusses

ohne die erforderliche Allstimmigkeit (s. Rz. 127) geht ins Leere.297 Die Verkündung des Initiators ist nicht in der Lage, einen unvollkommenen Beschluss zu vervollständigen; ohne die erforderliche Zustimmung aller Wohnungseigentümer gibt es keinen Beschluss.298 Die konstitutive Wirkung der Beschlussverkündung (s. Rz. 59) ändert an diesem Ergebnis nichts,299 denn andernfalls könnte § 23 Abs. 3 – der zum Schutz der Wohnungseigentümer zwingendes Recht ist – umgangen werden.

5. Erklärung der Zustimmung a) Grundsatz 138 Zustimmung i.S.v. § 23 Abs. 3 ist „untechnisch“ zu verstehen. Gemeint ist nicht, dass ein

Wohnungseigentümer einem bereits bestehenden Beschluss durch eine Zustimmung auch für sich Geltung erteilt und sich den Beschlusswirkungen unterwirft. Soll eine bauliche Veränderung im Verfahren nach § 23 Abs. 3 beschlossen werden, ist die Zustimmung zu dem Beschluss auch zugleich die Zustimmung des Wohnungseigentümers i.S.d. § 22 Abs. 1 (dazu § 22 Rz. 12a ff.). Eine Verweigerung der Zustimmung einzelner (nicht nachteilig betroffener) Wohnungseigentümer zu der baulichen Veränderung, um die Kostenbelastung nach § 16 Abs. 6 zu vermeiden, ist daher bei dem schriftlichen Beschluss nicht möglich. b) Form 139 Einem Beschlussverfahren nach § 23 Abs. 3 und dem entsprechenden Beschlussantrag muss

nach § 126 Abs. 1 BGB von jedem Wohnungseigentümer eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens schriftlich zugestimmt werden. Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form i.S.v. § 126a BGB, d.h. durch Übermittlung als elektronisches Dokument mit qualifizierter elektronischer Signatur, ersetzt werden; allerdings setzt dies voraus, dass der Empfänger einen entsprechenden Übertragungsweg eröffnet, z.B. indem der Initiator selbst den Beschlussantrag in der elektronischen Form übermittelt.300 Eine Übermittlung des Beschlussantrags per einfacher E-Mail genügt dazu nicht. Die schriftliche Form wird außerdem durch die notarielle Beurkundung ersetzt. Für die Wahrung des Schriftformerfordernisses genügen ein Fax oder eine E-Mail nicht.301 Keine Bedenken hinsichtlich der Schriftform bestehen hingegen dagegen, dass alle Unterschriften auf einem „Zirkular“ oder die Unterschriften jeweils auf einem eigenen Blatt, z.B. Stimmscheinen, geleistet werden (Rz. 131a). 140 Sind die Zustimmungserklärungen zu einem im schriftlichen Umlaufverfahren gefassten

Wohnungseigentümerbeschluss nicht formwirksam, führt dies nicht zur Nichtigkeit, sondern zur Anfechtbarkeit des zustande gekommenen Beschlusses.302

297 AG Hamburg-Wandsbek v. 15.12.2015 – 750 C 22/15, ZMR 2016, 316; Deckert, ZMR 2008, 585 (589); wohl auch LG München I v. 18.7.2013 – 36 S 20429/12, ZMR 2014, 53. 298 LG München I v. 18.7.2013 - 36 S 20429/12, ZWE 2014, 189; a.A. LG Hamburg v. 12.7.2017 - 318 S 31/16, ZWE 2018, 28 Rz. 49; Breiholdt, ZMR 2010, 168 (170); B. Müller, ZWE 2007, 56 (57). 299 A.A. Breiholdt, ZMR 2010, 168 (171); Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 8. Teil Rz. 230; Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 116. 300 Häublein, NZM 2017, 656 (657 f). 301 Breiholdt, ZMR 2010, 168 (169); Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 108; a.A. Elzer/Jacoby, ZIP 1997, 1821 (1826); Häublein, NZM 2017, 656 (658); offen gelassen von AG Hamburg-Barmbek v. 16.3.2007 – 881 II 34/06, ZMR 2009, 406. 302 AG Hamburg-Barmbek v. 16.3.2007 – 881 II 34/06, ZMR 2009, 406; Riecke, WE 2009, 222.

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VI. Fehlerhafte Beschlüsse (Abs. 4) | Rz. 144 § 23

c) Widerruf Jeder Teilnehmer an einem schriftlichen Beschluss kann seine Zustimmung zu dem jeweiligen 141 Beschlussantrag nur widerrufen, solange seine Stimme nicht beim Initiator zugegangen ist.303 Die weitergehenden Auffassungen, nach denen es auf die letzte Zustimmungserklärung304 oder die Mitteilung des Beschlussergebnisses (Verkündung)305 ankommen soll, berücksichtigen nicht, dass § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB auch auf die Zustimmung als Willenserklärung anzuwenden ist.306

6. Anfechtbarkeit Schriftliche Beschlüsse sind wie andere Beschlüsse nach § 46 anfechtbar. Dass einem schriftli- 142 chen Beschluss naturgemäß alle Wohnungseigentümer zugestimmt haben müssen, steht dem nicht entgegen.307 Wie auch sonst, kommt es für das Rechtsschutzbedürfnis einer Anfechtungsklage grundsätzlich nicht darauf an, ob ein Wohnungseigentümer für den von ihm angefochtenen Beschluss gestimmt hat (§ 46 Rz. 23). Die Frist des Abs. 4 S. 2 beginnt mit der Verkündung zu laufen, also erst nachdem die Mitteilung über die Beschlussfassung sämtlichen Wohnungseigentümern zugegangen ist.

VI. Fehlerhafte Beschlüsse (Abs. 4) § 23 Abs. 4 bestimmt mit Satz 1, dass ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, 143 auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, stets und ohne weiteres nichtig ist (dazu Rz. 146 ff.). In Satz 2 ist hingegen angeordnet, dass ein Beschluss im Übrigen gültig ist, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt worden ist (dazu Rz. 172 ff.). Nicht in § 23 Abs. 4 geregelt sind die Fälle, in denen ein Beschluss gar nicht vorliegt. In diesen Fällen spricht man vom sog. „Nichtbeschluss“ oder „Scheinbeschluss“ (Rz. 148).

1. Zweck der Regelung § 23 Abs. 4 – dessen heutiger Wortlaut auf dem Gesetz zur Änderung des Wohnungseigen- 144 tumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26.3.2007308 beruht – legt unterschiedliche Rechtsfolgen für einen mangelhaften Beschluss fest. Zugleich stellt er eine Art „Vermutung“ für die Wirksamkeit eines Beschlusses auf.309 Die Vermutung ist „widerlegt“, wenn ein Gericht einen Beschluss auf die Anfechtungsklage eines Wohnungseigentümers hin aufhebt. Durch die Abfolge im Gesetzeswortlaut wird deutlich, dass nichtige Beschlüsse nicht angefochten werden müssen und es auch einer Ungültigerklärung durch ein Urteil nicht bedarf (s. Rz. 171).

303 Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 8. Teil Rz. 230; Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 118; vgl. BGH v. 13.7.2012 – V ZR 254/11, MDR 2012, 1218 = MietRB 2012, 326 = NJW 2012, 3372. 304 OLG Hamburg v. 14.5.1971 – 2 W 33/71, MDR 1971, 1012. 305 OLG Celle v. 8.6.2006 – 4 W 82/06, NZM 2006, 784; Häublein in Staudinger, § 23 WEG Rz. 219; Kümmel, GE 2001, 1389. 306 BGH v. 13.7.2012 – V ZR 254/11, MDR 2012, 1218 = MietRB 2012, 326 = NJW 2012, 3372. 307 OLG Karlsruhe v. 5.12.2002 – 11 Wx 6/02, MDR 2003, 621 = ZMR 2003, 290 (291). 308 BGBl. I, 370. 309 Kreuzer, PiG 59, 33 (37).

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§ 23 Rz. 145 | Wohnungseigentümerversammlung 145 Durch § 23 Abs. 4 Satz 2 entscheidet sich das Wohnungseigentumsgesetz in Anlehnung an

das Recht der Aktiengesellschaft (vgl. §§ 246 ff. AktG), das Recht der GmbH und das Recht der Genossenschaft310 und im Gegensatz zum Vereinsrecht311 und dem Recht der Personengesellschaften dafür, dass auch fehlerhafte Beschlüsse grundsätzlich alle ihnen Unterworfenen binden. Dadurch sollen die Wirkungen eines Beschlusses geschützt werden. Die Bindung an einen Beschluss beginnt bereits mit seiner Verkündung, es sei denn, er ist nichtig. Sie endet, wenn der Beschluss durch ein rechtskräftiges Gestaltungsurteil nach §§ 46 Abs. 1 Satz 1, 43 Nr. 4 für ungültig erklärt wird. Wenn der Beschluss nicht nichtig oder für ungültig erklärt worden ist, ist ein Gericht, auch wenn es der Ansicht ist, dass der Beschluss mangelhaft ist, in anderen Verfahren an den Beschluss gebunden.312 Wird ein Beschluss nicht angefochten, erwächst er nach §§ 46 Abs. 1 Satz 2, 23 Abs. 4 Satz 2 binnen eines Monats nach Beschlussfassung in Bestandskraft. Diese Regelungen bezwecken die Rechtssicherheit vor gerichtlicher Überprüfung.313 Die Wohnungseigentümer sollen alsbald Klarheit über die Rechtslage bekommen. Es soll verhindert werden, dass ein Wohnungseigentümer oder auch ein Dritter noch nach längerer Zeit mit Erfolg vor Gericht den Einwand erheben kann, ein Mehrheitsbeschluss sei in Wahrheit unwirksam.314 Vor einer anderen als gerade einer gerichtlichen Aufhebung schützt die Bestandskraft aber nicht. Der Eintritt der Bestandskraft führt insbesondere zu keiner Bindung der Wohnungseigentümer. Die Wohnungseigentümer sind auch durch die durch Ablauf der Anfechtungsfrist eintretende Bestandskraft eines „Erstbeschlusses“ nicht daran gehindert, über eine geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen (sog. Zweitbeschluss, s. Rz. 82 ff.). 146 Eine Bindung an einen bekämpfbaren Beschlussinhalt ist unerträglich, wo ein Beschluss in

„besonderer“ Weise bemakelt ist. Verstößt ein Beschluss gegen eine Rechtsvorschrift, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, ist er deshalb nach § 23 Abs. 4 Satz 1 nichtig. Einem nichtigen Beschluss ist grundsätzlich niemand unterworfen. Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise nach § 48 Abs. 4. Wird durch Urteil eine Anfechtungsklage nach § 46 Abs. 1 Satz 1 als unbegründet abgewiesen, kann danach auch nicht mehr geltend gemacht werden, der Beschluss sei nichtig (dazu § 48 Rz. 49 ff.). Wird ein Beschluss als nicht ordnungsmäßig angefochten oder behauptet der Antragsteller Nichtigkeit und weist das Gericht den Antrag als unbegründet ab, gilt auch ein nichtiger Beschluss als wirksam.

2. Fehlen der Entstehungsvoraussetzungen (Nichtbeschluss) 147 Ein Fehler kann nur einem Beschluss, einem „etwas“ anhaften. Bevor ein Beschluss entstan-

den ist, ist diese Wirkung nicht vorstellbar. § 23 Abs. 4 setzt daher unausgesprochen voraus, dass überhaupt ein Beschluss vorliegt. Damit von einem mangelhaften Beschluss gesprochen werden kann, müssen sämtliche Entstehungsvoraussetzungen (Tatbestandsvoraussetzungen) eines Beschlusses erfüllt sein. Als Entstehungsvoraussetzungen sind insoweit die Bedingungen zu verstehen, die vorliegen müssen, damit überhaupt ein Beschluss zustande kommen kann. Liegt nur ein „Nichtbeschluss“ vor, ist § 23 Abs. 4 nicht anwendbar. 148 Von einem „Nichtbeschluss“ (Scheinbeschluss) wird gesprochen, wenn es an den Vorausset-

zungen fehlt, die mindestens vorliegen müssen, damit wenigstens ein mangelhafter Beschluss 310 Dazu BGH v. 1.7.1994 – BLw 17/94, MDR 1995, 429. 311 Dort werden im Interesse einer einfachen Lösung fehlerhafte Beschlüsse als ohne weiteres nichtig angesehen, s. BGH v. 1.7.1994 – BLw 17/94, MDR 1995, 429; BGH v. 9.11.1972 – II ZR 63/71, BGHZ 59, 369 (375) = NJW 1973, 235. 312 BGH v. 22.7.2011 – V ZR 245/09, MietRB 2012, 16 = ZWE 2011, 403 (404). 313 BGH v. 21.5.1970 – VII ZB 3/70, BGHZ 54, 65 (69) = NJW 1970, 1316; KG v. 8.1.1997 – 24 W 4957/96, ZMR 1997, 254 (255); Bub in FS Seuß (2007), S. 53 (54). 314 KG v. 8.1.1997 – 24 W 4957/96, ZMR 1997, 254 (255).

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VI. Fehlerhafte Beschlüsse (Abs. 4) | Rz. 151 § 23

zustande kommt. Ein „Nichtbeschluss“ i.d.S. ist vor allem eine Entscheidung mehrerer, aber nicht sämtlicher Wohnungseigentümer außerhalb einer Eigentümerversammlung.315 Ferner ist von einem Nichtbeschluss und damit von einem grundsätzlich rechtlich irrelevanten Verhalten auszugehen, wenn – es noch keine (werdende) Gemeinschaft von Wohnungseigentümern gibt, mithin eine 149 Entscheidung des Alleineigentümers vorliegt (Rz. 44), – eine Abstimmung stattfindet, nachdem die Eigentümerversammlung bereits beendet ist,316 – wenn eine nicht einmal potenziell befugte Person eine Eigentümerversammlung einberufen hat (s. Rz. 21),317 – die Wohnungseigentümer über einen Punkt gesprochen, aber keine Entscheidung dazu getroffen haben (Rz. 51), – solange das Beschlussergebnis nicht – sei es auch fehlerhaft – festgestellt und verkündet worden ist (Rz. 59), – einem schriftlichen Beschluss nicht alle Stimmberechtigten zugestimmt haben (Rz. 132)318 oder – eine aus mehreren Wohnungseigentümergemeinschaften (Häuserblöcken) gebildete „Dachgemeinschaft“ (Gesamtanlage) über Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne einzelner selbständiger Wohnungseigentümergemeinschaften beschließt (Rz. 35).319 Haben die Wohnungseigentümer einen Beschlussantrag abgelehnt, wurde auch diese Ent- 150 scheidung früher als Nichtbeschluss angesehen.320 Nach heutiger Dogmatik liegt in diesen Fällen indes ein „Negativbeschluss“ vor (s. Rz. 94).

3. Nichtigkeit (Abs. 4 Satz 1) a) Grundsätze Gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 ist ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren 151 Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, nichtig (Rz. 152). Die Nichtigkeit eines Beschlusses kann sich ferner daraus ergeben, dass – der Beschluss seinem Inhalt nach gegen andere zwingende Vorschriften (Rz. 155) oder – die guten Sitten verstößt (Rz. 156), – den Wohnungseigentümern für den Beschlussgegenstand keine Beschlusskompetenz eingeräumt ist (Rz. 160) oder – der Beschluss unbestimmt ist (Rz. 163). Nach h.M. soll ein Beschluss zudem nichtig sein, wenn er gegen die „Grundsätze des Wohnungseigentumsrechts“ verstößt (Rz. 157) oder in den „Kernbereich des Wohnungseigentums“ eingreift (Rz. 158).

315 OLG Hamm v. 25.10.2007 – 15 W 180/07, MietRB 2008, 79 = NJW-RR 2008, 450 (451); OLG Hamm v. 20.11.1989 – 15 W 308/89, WE 1993, 24; BayObLG v. 14.11.2002 – 2Z BR 107/02, ZMR 2003, 363 (364); Deckert, ZMR 2000, 21. 316 BayObLG v. 30.7.1998 – 2Z BR 54/98, NZM 1998, 1010; Lüke in Weitnauer, § 23 WEG Rz. 16; a.A. KG v. 16.9.1988 – 24 W 3952/88, ZMR 1989, 27. 317 AG Bonn v. 1.8.2018 – 27 C 30/18, ZMR 2018, 872; Lüke in Weitnauer, § 23 WEG Rz. 15 und 16. 318 BayObLG v. 19.9.2001 – 2Z BR 89/01, ZMR 2002, 138 (140). 319 OLG Düsseldorf v. 2.4.2003 – 3 Wx 223/02, MietRB 2004, 17 = ZMR 2003, 765. 320 BayObLG v. 4.11.1999 – 2Z BR 141/99, ZWE 2000, 305 (306); OLG Düsseldorf v. 6.10.1999 – 3 Wx 259/99, ZWE 2000, 279 (280) m.w.N.

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§ 23 Rz. 152 | Wohnungseigentümerversammlung b) Nichtigkeitsgründe aa) Zwingende Vorschriften des WEG 152 Dem Wohnungseigentumsgesetz ist im Gegensatz zur aktienrechtlichen Parallelregelung in

§ 241 AktG nicht unmittelbar zu entnehmen, auf welche Vorschriften nicht „verzichtet“ werden kann, welche Gegenstände also nicht im Wege des Beschlusses geregelt werden können. Ob auf eine Vorschrift verzichtet werden kann, kommt nicht unbedingt im Wortlaut zum Ausdruck. Die zwingende Natur der Bestimmung kann sich auch aus dem mit ihr verfolgten Zweck oder aus der Natur des Wohnungseigentums und der sich hieraus ergebenden Beziehungen der Wohnungseigentümer untereinander ergeben.

153 Das Wohnungseigentumsgesetz selbst begrenzt die Gestaltungsfreiheit der Wohnungseigentü-

mer nach seinem Wortlaut in § 11 Abs. 1 Satz 3 (s. § 11 Rz. 11), § 12 Abs. 2 Satz 1 (s. § 12 Rz. 24), § 12 Abs. 4 Satz 2 (s. § 12 Rz. 41), § 16 Abs. 5 (s. § 16 Rz. 79 ff.), § 18 Abs. 4 (s. § 18 Rz. 43), § 20 Abs. 2 (s. § 20 Rz. 10), § 22 Abs. 2 Satz 2 (s. § 22 Rz. 62), § 26 Abs. 1 Satz 5 (s. § 26 Rz. 27), § 26 Abs. 2 Halbs. 2 (s. § 26 Rz. 56) und § 27 Abs. 4 (s. § 27 Rz. 136 ff.). Daneben werden von der h.M. u.a. folgende Regelungen als nicht durch einen Beschluss abänderbar angesehen: – §§ 1 bis 4, 8 als sachenrechtliche Vorschriften über die Begründung des Wohnungseigentums, – § 5 Abs. 2 hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums (s. § 5 Rz. 6 ff.), – § 6 hinsichtlich der Unselbständigkeit des Sondereigentums (s. § 6 Rz. 2), – § 23 Abs. 3 und Abs. 4 (dazu Rz. 5), – § 28 hinsichtlich der Verteilung der Kosten über Wirtschaftspläne und Abrechnungen sowie hinsichtlich der Rechnungslegung321 sowie – §§ 43 ff., denn bei diesen Regelungen handelt es sich um Ergänzungen zur ZPO, mithin um nicht dispositives öffentliches Recht.322 bb) Sonstiges zwingendes Recht 154 Ein Beschluss ist auch dann nichtig, wenn er nach den allgemeinen Regelungen nichtig ist,

insbesondere wenn er gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder gegen ein zwingendes gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) verstößt. 155 Ein Verstoß gegen § 134 BGB i.V.m. mit einem gesetzlichen Verbot wird dabei nur in Aus-

nahmefällen in Betracht kommen, etwa bei einem Beschluss, dass ein nach § 56 Satz 2 ZVG originär erwerbender Eigentümer Wohngeldrückstände bezahlen soll, oder bei Vergabe von Instandsetzungsarbeiten an Schwarzarbeiter. Eine Verbotsnorm ist außerdem § 3 Satz 1 HeizkV, der die Anwendbarkeit der HeizkV auf das Wohnungseigentum unabhängig von abweichenden Vereinbarungen oder Beschlüssen vorschreibt (s. § 16 Rz. 102). Ebenso sollen Vorschriften des Landesbaurechts, die die Verantwortlichkeit für die Betriebsbereitschaft von Rauchwarnmeldern regeln, zwingendes Recht sein, so dass abweichende Regelungen durch Beschluss nichtig sind.323 Ein generelles Haustierhaltungsverbot ist hingegen nicht gem. § 134 BGB (oder wegen eines Eingriffs in den „Kernbereich“) nichtig, weil es gegen den zwingenden Regelungsgehalt des § 13 Abs. 1 verstößt (s. § 13 Rz. 108). 156 Ein Verstoß gegen die guten Sitten nach § 138 BGB, der zur Nichtigkeit führt, kann bei Ge-

brauchsregelungen in Betracht kommen (s. § 15 Rz. 13), etwa wenn ein nicht wesentlicher 321 BGH v. 22.7.2011 – V ZR 245/09, MietRB 2012, 16 = ZWE 2011, 403 (404). 322 Schultzky, ZMR 2011, 521 (522); Bergerhoff, NZM 2007, 425 (431). 323 AG Bottrop v. 18.9.2015 – 20 C 25/15, ZMR 2016, 63 zu § 49 Abs. 7 Satz 4 LBauO NRW.

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VI. Fehlerhafte Beschlüsse (Abs. 4) | Rz. 159 § 23

störender Gebrauch ohne Grund untersagt werden soll (s. § 15 Rz. 58), oder bei einem Verbot des Abstellens eines Rollstuhls im Flur (s. § 15 Rz. 85). Ein völliges Vermietungsverbot324 verstößt hingegen nicht gegen § 138 BGB (§ 13 Rz. 23). Verfolgt ein beherrschender Wohnungseigentümer in sachwidriger Weise eigene Zwecke auf Kosten der Gemeinschaft, soll auch die Ausnutzung seiner Stimmenmehrheit im Einzelfall gegen die guten Sitten verstoßen und ausnahmsweise gem. § 138 Abs. 1 BGB zur Nichtigkeit eines Beschlusses führen können;325 dies überzeugt aber nicht (s. § 25 Rz. 96). Den Wohnungseigentümern soll eine Beschlusskompetenz auch dann fehlen, soweit ein Be- 157 schluss gegen (zwingende) „Grundsätze des Wohnungseigentumsgesetzes“ verstößt.326 Was hierzu zu zählen ist, ist aber unsicher. Es bedarf einer weiteren ungeschriebenen Fallgruppe auch nicht, weil die „Grundsätze“ in den zwingenden Normen des WEG niedergelegt sind oder für die darunter gezählten Gegenstände zumindest keine Beschlusskompetenz besteht, so dass derartige Beschlüsse ohnehin nichtig sind. cc) Eingriff in den Kernbereich Grenzen für den Beschlussgegenstand sollen aus dem richterrechtlich geprägten Begriff des 158 „(dinglichen) Kernbereichs“ des Wohnungseigentums folgen: Ein Beschluss soll danach nichtig sein, wenn er in den unentziehbaren Bereich des Wohnungseigentums eingreift.327 Ziel der sog „Kernbereichslehre“ ist es, bestimmte, nicht vollständig benennbare Materien ausnahmsweise „beschlussfest“ oder in extremen Ausnahmefällen sogar entgegen § 10 Abs. 2 Satz 2 „vereinbarungsfest“ zu machen. Anders als das Gesellschaftsrecht328 hat sich die h.M. im Wohnungseigentumsrecht von diesem Begriff noch nicht gelöst. Dabei lassen sich die unter den „Kernbereich“ gefassten Fälle jedenfalls für die Einschränkung von Gebrauchsrechten über §§ 138, 242 BGB lösen, ohne dass es eines Rückgriffs auf eine nicht normierte Rechtsfigur bedarf (s. § 15 Rz. 79). Auch soweit es um Veränderungen der sachenrechtlichen Grundlagen des Wohnungseigentums geht, also die Begründung, Aufhebung oder Änderung der Miteigentumsanteile oder des Sondereigentums, die nachträgliche Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum oder die Umwidmung von Teil- in Wohnungseigentum und umgekehrt, bedarf es des Rückgriffs auf einen dinglichen Kernbereich nicht.329 Abweichende Beschlüsse sind zumeist wegen der entgegenstehenden zwingenden Vorschriften der §§ 1 ff. ohnehin nichtig (s. Rz. 148). Ein Anwendungsbereich für die sog. Kernbereichslehre verbleibt allenfalls im Bereich der Mit- 159 gliedschaftsrechte. Zu dem mitgliedschaftlichen Kernbereich werden die Mitverwaltungsrechte des Wohnungseigentümers wie das Recht auf Teilnahme an der Versammlung und das

324 BGH v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 = MietRB 2010, 114 = NJW 2010, 3093 (3094). 325 OLG Schleswig v. 16.11.2005 – 2 W 267/04, MietRB 2006, 132 (135) = ZMR 2006, 315 (316); BayObLG v. 24.1.2001 – 2Z BR 112/00, ZMR 2001, 366 (368); BayObLG v. 28.1.1986 – BReg.2 Z 4/ 86, MDR 1986, 413. 326 BGH v. 20.7.2012 – V ZR 235/11, MDR 2012, 1275 = MietRB 2012, 296 = NJW 2012, 3571; BGH v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, BGHZ 142, 290 = MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = NJW 1999, 3713; OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, ZMR 2006, 60; OLG Celle v. 15.1.2002 – 4 W 310/01, ZWE 2002, 276. 327 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = ZMR 2004, 438 (442); BGH v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, BGHZ 129, 329 (333) = MDR 1995, 895 = NJW 1995, 2036; BGH v. 16.9.1994 – V ZB 2/93, BGHZ 127, 99 (105) = MDR 1995, 792 = NJW 1994, 3230. 328 BGH v. 24.11.2008 – II ZR 116/08, NJW 2009, 669 (671). 329 A.A. BayObLG v. 30.7.1998 – 2Z BR 9/98, ZMR 1998, 794; OLG Düsseldorf v. 12.7.1995 – I-3 Wx 181/05, NJW-RR 1996, 210; LG Koblenz v. 21.6.2011 – 2 S 19/10, ZWE 2011, 460.

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§ 23 Rz. 159 | Wohnungseigentümerversammlung Stimmrecht gezählt.330 So soll das Stimmrecht eines Wohnungseigentümers – auch bei Bestehen einer Öffnungsklausel – z.B. wegen rückständigen Wohngelds nicht eingeschränkt werden dürfen.331 Die Möglichkeit, Anträge zu stellen und diese zu besprechen, ist elementares Recht eines jedes Wohnungseigentümers (§ 24 Rz. 69 ff.), weshalb auch ein Beschluss, der für Beschlussanträge die Schriftform und eine schriftliche Begründung vorschreibt, nichtig sein soll.332 Nicht jeder Eingriff in Teilnahme- und Stimmrechte eines Wohnungseigentümers rechtfertigt aber die Annahme eines Kernbereichseingriff. Andernfalls würde bei diesen formellen Mängeln das der Rechtssicherheit dienende Erfordernis einer Anfechtungsklage aufgegeben. Der „Kernbereich“ ist daher bei Eingriffen in das Teilnahmerecht, die keinen vollständigen Ausschluss aus der Versammlung bedeuten, nicht betroffen.333 Selbst ein vollständiger Ausschluss durch die Nichtladung eines Wohnungseigentümers greift nur in Ausnahmefällen in den Kernbereich ein, so dass die gefassten Beschlüsse nichtig sind (dazu § 24 Rz. 48 ff.). Schwerwiegende Verletzungen elementarer Mitgliedschaftsrechte führen in der Regel nur dazu, dass der formelle Beschlussmangel auch ohne Kausalität die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses rechtfertigt (Rz. 176). dd) Keine Beschlusskompetenz 160 Ein Beschluss ist nichtig, wenn den Wohnungseigentümern eine gesetzliche oder eine verein-

barte Kompetenz dazu fehlt, eine Angelegenheit gerade im Wege des Beschlusses zu ordnen. Ohne entsprechende gesetzliche oder vereinbarte Ermächtigung haben die Wohnungseigentümer nicht die Autorität, eine Angelegenheit durch Beschluss zu regeln.334 Die Beschlusskompetenz fehlt aber nicht bereits dann, wenn ein Beschluss mit den Vorschriften des WEG unvereinbar ist, da andernfalls jeder rechtswidrige Beschluss nichtig wäre und § 23 Abs. 4 Satz 2 unterlaufen würde. Nichtigkeit liegt erst dann vor, wenn eine Beschlusskompetenz als solche fehlt, mithin der Gegenstand als solcher einer Regelung durch Beschluss unzugänglich ist. Es sind deshalb drei Kategorien von Beschlüssen zu unterscheiden (s.a. § 10 Rz. 22): – Gesetzes- oder vereinbarungsändernde Beschlüsse: Wollen die Wohnungseigentümer im Wege des Beschlusses vom Gesetz abweichen oder wollen sie eine Vereinbarung ändern und soll die so abgeänderte gesetzliche oder vereinbarte Bestimmung Grundlage weiterer Angelegenheiten sein, ist der Beschluss nichtig.335 – Vereinbarungsersetzende Beschlüsse: Eine Vereinbarung ist auch dann erforderlich, wenn die Wohnungseigentümer keine Öffnungsklausel vereinbart haben und eine Maßnahme den Gebrauch (§ 15 Abs. 2), die Verwaltung nach § 21 Abs. 3 oder eine Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 22 Abs. 1) betrifft und nicht ordnungsmäßig ist. Ein dennoch gefasster Beschluss ist nicht nichtig, sondern als nicht ordnungsmäßig nur anfechtbar.336

330 Vgl. BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 f. = ZWE 2011, 122 (123); Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 140a. 331 BGH v. 6.12.2013 – V ZR 85/13, MietRB 2014, 108 = MDR 2014, 399; LG Karlsruhe v. 21.3.2017 – 11 S 88/16, ZWE 2017, 283; LG Stralsund v. 12.5.2004 – 2 T 516/03, NZM 2005, 709. 332 KG v. 26.6.2002 – 24 W 179/01, ZMR 2002, 863 (864). 333 Vgl. LG Karlsruhe v. 17.11.2015 – 11 S 46/15, ZWE 2016, 141 zum zeitweisen Ausschluss einzelner Wohnungseigentümer. 334 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500. 335 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 (163) = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500. 336 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 (163) = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500; Wenzel, ZWE 2001, 226 (234).

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VI. Fehlerhafte Beschlüsse (Abs. 4) | Rz. 162 § 23

– Gesetzes- oder vereinbarungswidrige Beschlüsse: Werden das dispositive Gesetz oder eine Vereinbarung im Einzelfall falsch angewandt und verstößt also ein Beschluss gegen das Gesetz oder eine Vereinbarung, bezweckt die Maßnahme aber keine Regelung, die Grundlage mehrerer Entscheidungen oder Legitimation mehrfachen Handelns ist, ist ein Beschluss nicht ordnungsmäßig. Es besteht in diesen Fällen aber eine Beschlusskompetenz. Der Beschluss erschöpft sich nämlich in seinem Vollzug. Er hat keine Änderung des Grundverhältnisses zum Inhalt und Ziel. Er ist nicht nichtig, sondern nur anfechtbar.337 Für die Frage, wann ein Beschluss in Ermangelung einer Kompetenz nichtig und wann er 161 anfechtbar ist, ist somit insbesondere darauf abzustellen, welche Folgen die Wohnungseigentümer mit dem Beschluss erreichen wollen. Die Unterscheidung zwischen einer konkretindividuellen (dann vereinbarungsersetzend oder gesetzes- oder vereinbarungswidrig, also anfechtbar) und einer generell-abstrakten Regelung (dann gesetzes- oder vereinbarungsändernd, also mangels Beschlusskompetenz nichtig) ist dabei wesentliches Differenzierungskriterium.338 Für typische Fallgruppen gilt daher Folgendes: – Anspruchsbegründung (s. Rz. 72 f.): Wohnungseigentümer sind nicht berechtigt, bereits 162 entstandene, aber noch nicht erfüllte Zahlungsverpflichtungen eines Wohnungseigentümers mit Stimmenmehrheit erneut zu beschließen und so neu zu begründen (s. § 28 Rz. 149).339 Erst recht besteht keine Beschlusskompetenz, im Gesetz und durch Vereinbarung nicht vorgesehene Zahlungspflichten eines Wohnungseigentümers zu schaffen (s. Rz. 162a), z.B. indem beschlossen wird, ein Unternehmen auf Kosten eines Wohnungseigentümers zu beauftragen.340 Auch Schadenersatzansprüche können nicht durch Beschluss begründet werden.341 Die Wohnungseigentümer haben auch keine Beschlusskompetenz, Ansprüche i.S.v. § 194 BGB durch Beschluss zu vernichten.342 – Auslegung: Ein Beschluss, der eine verbindliche Auslegung der Teilungserklärung festschreibt, ist mangels Beschlusskompetenz nichtig.343 – Die Wohnungseigentümer haben keine Beschlusskompetenz, eine persönliche Leistungspflicht durch Mehrheitsentscheidung zu begründen (vgl. § 21 Rz. 56 f.).344 Das gilt auch, wenn den Wohnungseigentümern die Wahl gelassen wird, die Pflicht eigenhändig oder durch ein von ihnen beauftragtes Unternehmen zu erfüllen.345 Eine Beschlusskompetenz besteht auch nicht zu einer erneuten Begründung von Leistungs- oder Unterlassungspflichten, die bereits durch Gesetz oder Vereinbarung begründet sind.346 Die Wohnungseigentümer sind nur berechtigt, durch Mehrheitsbeschluss festzulegen, ob und in welchem Um337 BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 (163) = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500; OLG Hamm v. 23.9.2004 – 15 W 129/04, ZMR 2005, 306 (308); BayObLG v. 29.4.2004 – 2Z BR 004/04, ZMR 2004, 763. 338 BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = NJW 2004, 937; OLG Saarbrücken v. 3.2.2006 – 5 W 115/05, NZM 2006, 588 (590). 339 BGH v. 9.3.2012 – V ZR 147/11, MDR 2012, 632 f. = NJW 2012, 2796; LG Frankfurt v. 25.10.2018 - 2-13 S 68/18, WuM 2019, 53. 340 LG München I v. 21.5.2015 – 36 S 19367/14, ZMR 2015, 800. 341 AG Charlottenburg v. 10.4.2018 - 74 C 75/17, ZMR 2018, 705. 342 OLG Düsseldorf v. 22.11.2005 – 3 Wx 140/05, ZMR 2006, 459; a.A. AG Hannover v. 10.12.2010 – 480 C 11289/10, ZMR 2011, 336. 343 LG München I v. 13.2.2012 - 1 S 8790/11, ZMR 2012, 582; AG Potsdam v. 1.3.2018 - 31 C 34/17, juris. 344 Vgl. u.a. BGH v. 18.2.2011 – V ZR 82/10, MDR 2011, 475 f. = NJW 2011, 1220 (1222); BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = NJW 2010, 2801; LG München I v. 17.2.2011 – 36 S 79/10, ZWE 2011, 378; Schmidt/Riecke, ZMR 2005, 252 (258 ff.). 345 LG Dortmund v. 24.4.2018 - 1 S 109/17, ZMR 2018, 615 = MietRB 2018, 337. 346 AG Heidelberg v. 13.5.2015 – 45 C 5/15, ZMR 2015, 969; vgl. auch LG München I v. 10.6.2010 – 36 S 3150/10, ZMR 2010, 877 m. Anm. Stadt.

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§ 23 Rz. 162 | Wohnungseigentümerversammlung





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fang ein ihrer Meinung nach bestehender Anspruch gerichtlich geltend gemacht und ggf. durchgesetzt werden soll.347 Eigentümerversammlung: Die Wohnungseigentümer können für die Zukunft nicht beschlussweise festlegen, dass die Eigentümerversammlungen zweier unabhängiger, aber vom selben Verwalter betreuter, eine gemeinsame Wohnsiedlung bildender Einheiten künftig stets eine gemeinsame Eigentümerversammlung abhalten.348 Entzug: Der Entzug der in § 14 Nr. 4 Halbs. 2 ausdrücklich vorgesehenen Entschädigung des beeinträchtigten Sondereigentümers oder Sondernutzungsberechtigten hat einen gesetzesändernden Inhalt. Eine solche Regelung ist dem Beschluss von vornherein ebenso wenig zugänglich wie die Veränderung einer Vereinbarung.349 Erfüllung: Der Beschluss, der feststellt, dass ein rechtskräftig titulierter Anspruch auf Beseitigung einer baulichen Veränderung trotz gewisser Maßabweichungen erfüllt ist, ist nichtig.350 Gebrauch: Ein Beschluss, der den nach der vereinbarten Zweckbestimmung zulässigen Gebrauch eines Wohn- oder Teileigentums auf Dauer einschränkt, ist mangels Beschlusskompetenz nichtig (s. § 15 Rz. 78). Heizkostenverteilung: Ein Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer im Einzelfall – bezogen auf eine konkrete Jahresabrechnung – von den Vorgaben der Heizkostenverordnung abweichen, ist nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar.351 Instandhaltung: Für einen Beschluss, der sich auf die Instandhaltung oder -setzung des Sondereigentums bezieht, fehlt den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz (s. § 21 Rz. 33).352 Jahresabrechnung: Für die Begründung einer Haftung des Erstehers für noch offene Beiträge aus dem Vorjahreswirtschaftsplan, die neben die Haftung des Voreigentümers aus dem Wirtschaftsplan tritt, fehlt den Miteigentümern die Beschlusskompetenz (s. § 16 Rz. 188). Kostenverteilungsschlüssel: Ein Beschluss, der den Kostenverteilungsschlüssel für die Ansammlung einer Instandhaltungsrückstellung ändern will, ist nichtig.353 Sondernutzungsrecht: Ein Sondernutzungsrecht kann nicht durch einen Beschluss begründet werden,354 wenn nicht ausnahmsweise eine Vereinbarung eine Begründung erlaubt (s. § 13 Rz. 83). Ein Beschluss ist umgekehrt nichtig, wenn er ein Sondernutzungsrecht beschränkt.355 Unterteilung von Wohnungseigentum: Ein Beschluss, durch den die Wohnungseigentümer die Zustimmung zur Teilung eines Wohnungseigentums versagen, ist wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig.356 Ein Wohnungseigentümer kann grundsätzlich sein

BGH v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = NJW 2010, 2801. OLG Köln v. 6.6.2002 – 16 Wx 97/02, NZM 2002, 617. OLG Düsseldorf v. 22.11.2005 – 3 Wx 140/05, ZMR 2006, 459 (460). OLG Hamm v. 24.1.2001 – 15 W 405/00, ZMR 2001, 654. BGH v. 22.6.2018 - V ZR 193/17, MDR 2018, 1305 = MietRB 2018, 330. AG Hamburg v. 23.4.2018 - 22a C 280/17, ZMR 2018, 876. BGH v. 1.4.2011 – V ZR 162/10, MDR 2011, 781 = MietRB 2011, 211 f. = NJW 2011, 2202 (2203). BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 (159) = MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500; BayObLG v. 2.2.2005 – 2Z BR 222/04, FGPrax 2005, 106 (107); OLG Hamm v. 11.11.2004 – 15 W 351/04, ZMR 2005, 400; OLG Düsseldorf v. 9.7.2004 – 3 Wx 85/04, ZMR 2004, 931 (932). 355 OLG München v. 3.4.2007 – 34 Wx 25/07, ZMR 2007, 484; BayObLG v. 23.6.2004 – 2Z BR 20/04, ZMR 2005, 383 (384). 356 BayObLG v. 6.3.2003 – 2Z BR 90/02, ZMR 2003, 689 (690). 347 348 349 350 351 352 353 354

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VI. Fehlerhafte Beschlüsse (Abs. 4) | Rz. 164 § 23

Wohnungseigentum aufteilen, ohne dass es dazu der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer bedarf. – Wirtschaftsplan: Ein Beschluss, der unabhängig von einem konkreten Wirtschaftsplan generell die Fortgeltung eines jeden Wirtschaftsplanes (Fortgeltung aller künftigen Wirtschaftspläne) zum Gegenstand hat, ist mangels Beschlusskompetenz nichtig.357 Ein solcher Beschluss wird in aller Regel aber so ausgelegt werden können, dass er nur die nächsten Jahre erfasst. Dann ist er wirksam. ee) Belastungsverbot Das sog. Belastungsverbot verbietet es, einem Wohnungseigentümer sich nicht aus dem Ge- 162a setz oder durch Vereinbarung ergebende Pflichten ohne seine Zustimmung aufzuerlegen.358 Es wird als dem Verbandsrecht immanent angesehen (vgl. § 53 Abs. 3 GmbHG, §§ 179 Abs. 3, 180 Abs. 1 AktG, § 35 BGB) und soll daher auch im Wohnungseigentumsrecht gelten.359 Einen eigenständigen Anwendungsbereich hat das Belastungsverbot im WEG kaum. In den Fällen, in denen Zahlungsverpflichtungen ohne Rechtsgrundlage begründen werden, fehlt es bereits an einer Beschlusskompetenz (s. Rz. 162), so dass die Beschlüsse aus diesem Grund nichtig sind. Das ist etwa der Fall, wenn ein Beschluss bisher noch gar nicht vorhandene Zahlungspflichten eines Wohnungseigentümers begründen soll, z.B. indem beschlossen wird ein Unternehmen auf Kosten eines Wohnungseigentümers zu beauftragen,360 oder für ein bestimmtes Verhalten „Geldstrafen“ verhängt werden sollen (s. § 15 Rz. 67). Dasselbe gilt für Pflichten zu persönlichen Dienstleistungen (s. Rz. 162). Nur dann, wenn insbesondere aufgrund einer Öffnungsklausel formal Beschlusskompetenz besteht, erlangt das Belastungsverbot als materielle Schranke für den zulässigen Beschlussgegenstand Bedeutung; bei einem Verstoß gegen dieses soll der Beschluss schwebend unwirksam sein (dazu Rz. 183). ff) Unbestimmte Beschlüsse Ein Beschluss muss mithin grundsätzlich so gehalten sein, dass alle ihm Unterworfenen wis- 163 sen, was jetzt und ggf. künftig gilt. Genügt er dem nicht, kann er, muss aber nicht nichtig sein (s. Rz. 168). Dieses Bestimmtheitserfordernis dient zum einen dem Schutz der derzeitigen Wohnungseigentümer: Diese sollen den Inhalt der von ihnen getroffenen Entscheidung unmittelbar aus dem getroffenen Beschluss selbst entnehmen können, ohne dass zuvor Rückfragen erforderlich sind oder gar der Verlauf der Abstimmung und vorangegangenen Diskussion zu rekonstruieren wäre. Darüber hinaus dient das Bestimmtheitserfordernis aber auch zukünftigen Wohnungseigentümern, denn diese sind gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 ohne weiteres an die bestehenden Beschlüsse gebunden. Sie müssen einem ihnen vorliegenden Beschluss unmittelbar entnehmen können, welche Rechte oder Verpflichtungen er auslöst. Ein Beschluss ist „bestimmt“, wenn er aus sich heraus genau erkennen lässt, was gilt. Die 164 Bestimmtheit fehlt erst dann, wenn sich durch die vorrangige Auslegung kein eindeutiger Beschlussinhalt ermitteln lässt (s. Rz. 76 ff.). Damit ein Beschluss „bestimmt“ ist, muss er so ausführlich wie möglich beschreiben, was gelten soll. Er muss – ggf. durch Verweisung – sein Regelungsproblem (den Anlass seiner Entstehung) vollständig lösen. Außerdem muss er so formuliert werden, dass er in sich nicht widersprüchlich ist. Einem Beschluss fehlt damit die

357 KG v. 7.1.2004 – 24 W 326/01, ZMR 2005, 221 (222); BayObLG v. 12.12.2002 – 2Z BR 117/02, ZMR 2003, 279 (280); OLG Düsseldorf v. 11.7.2003 – 3 Wx 77/03, ZMR 2003, 862. 358 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = MietRB 2015, 46 = MDR 2015, 79 Rz. 16; BGH v. 13.5.2016 – V ZR 152/15, MDR 2016, 1133 Rz. 15 = MietRB 2016, 322. 359 So BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = MietRB 2015, 46 = MDR 2015, 79 Rz. 16. 360 LG München I v. 21.5.2015 – 36 S 19367/14, ZMR 2015, 800.

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§ 23 Rz. 164 | Wohnungseigentümerversammlung Bestimmtheit, wenn er keine sinnvolle, in sich geschlossene und verständliche Regelung enthält. Etwa eine Ermächtigung muss so gehalten sein, dass zu erkennen ist, wer zu was ermächtigt sein soll und wo die Grenzen des Tuns sind. Ein Beschluss über eine bauliche Veränderung muss im Einzelnen beschreiben, welche Baumaßnahmen von ihm gedeckt sein sollen. Ein Verbot muss festlegen, welche Handlungen zu unterlassen sind. Nicht erforderlich ist, dass dem Betroffenen die Mittel aufgezeigt werden, wie er sich an das Verbot halten kann. Ein Gebot muss mindestens das Ziel der geforderten Handlung bestimmt angegeben. Bei einer Anspruchsbegründung muss klar sein, wer was schuldet. Eine Erlaubnis muss erkennen lassen, was erlaubt ist, z.B. welcher Gebrauch noch möglich ist oder wofür eine „Ermächtigung“ erteilt ist. Ist Inhalt eines Beschlusses eine Willensbildung, muss diese so gefasst sein, dass erkannt werden kann, was genau gewollt ist, z.B. bei einer Modernisierung. 164a Der Bestimmtheit eines Beschlusses erfordert es insbesondere, dass Rechte und Pflichten mög-

lichst klar und konkret benannt werden. Dies schließt es nicht aus, dass der Beschluss auslegungsbedürftige Begriffe verwendet. Unbestimmt sind diese jedoch, wenn sich durch die gebotene objektiv-normative Auslegung (dazu Rz. 76 ff.) nicht ermitteln lässt, ob ein Lebenssachverhalt vom Beschluss erfasst wird. Unbestimmt ist es daher, wenn der Beschluss an das subjektive Empfinden anknüpft, z.B. wenn Singen und Musizieren nur in „nicht belästigender Weise und Lautstärke“ erlaubt wird361 oder „unnötige und störende Geräusche zu vermeiden und die Ruhe beeinträchtigende Tätigkeiten zu unterlassen sind“362 (dazu § 15 Rz. 94). Auch bei unterschiedlichen Verkehrsauffassungen über die Bedeutung eines Begriffs kann der Beschluss unbestimmt sein. Als Beschreibung einer Pflicht genügt es daher nicht, wenn „einfache Pflegearbeiten“ den Wohnungseigentümern übertragen werden, selbst wenn der Begriff „einfach“ durch Beispiele „Kehren, Unkrautjäten, Gießen etc.“ näher erläutert wird.363 Unbestimmt ist es auch, wenn für „weniger häufig“ benutzte Fahrräder eine Abstellanordnung getroffen wird.364 165 Nimmt ein Beschluss Bezug auf ein bestimmtes Ereignis oder einen bestimmten Gegen-

stand, erfordert das Gebot der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit, dass der in Bezug genommene Gegenstand mit hinreichender Sicherheit bestimmbar ist.365 166 Lässt sich eine bestimmte Regelung durch Sprache nur ungenau oder widersprüchlich darstel-

len, bedarf es für eine Herstellung von Bestimmtheit in der Regel einer Anlage, z.B. der Jahresabrechnung, dem Wirtschaftsplan, einer Baubeschreibung oder einem Lageplan. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass ein Beschlusstext selbst kurz ist und zur näheren Erläuterung auf eine Anlage verweist.366 Der Beschlusstext muss dann zum einen auf diese Anlage ausdrücklich in einer Weise Bezug nehmen, dass sie zweifelsfrei bestimmt werden kann.367 Und zum anderen sollte die Anlage fest mit der Niederschrift verbunden und am besten analog § 24 Abs. 6 Satz 2 unterschrieben werden.368 Wird so verfahren, sind die Anlagen auch in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen. Konstitutive Wirkung hat die Aufnahme in Protokoll und Beschluss-Sammlung aber nicht.369

361 BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713 (3715). 362 OLG Düsseldorf v. 19.8.2009 – 3 Wx 233/08, NJW 2009, 3377. 363 OLG Köln v. 12.11.2004 – 16 Wx 151/04, ZMR 2005, 229 (230). 364 LG Itzehoe v. 28.5.2014 – 11 S 58/13, ZMR 2014, 912. 365 OLG Frankfurt v. 29.9.2005 – 20 W 452/05, juris; BayObLG v. 12.7.1994 – 2Z BR 51/94, ZMR 1994, 494. 366 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 104/15, WuM 2016, 518 = MDR 2016, 1009 = MietRB 2016, 260. 367 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 104/15, WuM 2016, 518 = MDR 2016, 1009 = MietRB 2016, 260. 368 OLG München v. 30.11.2005 – 34 Wx 056/05, MietRB 2006, 131 = ZMR 2006, 230. 369 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 104/15, WuM 2016, 518 = MDR 2016, 1009 = MietRB 2016, 260.

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VI. Fehlerhafte Beschlüsse (Abs. 4) | Rz. 168 § 23

In folgenden Einzelfällen soll auch nach Auslegung kein hinreichend bestimmter Rege- 167 lungsgehalt gegeben sein: – Beschluss, der Wohnungseigentümern gestattet, Parkplätze „kurzzeitig“ zu nutzen370, – „Beschluss für Terrassenüberdachung“ ohne nähere Festlegung,371 – Beschluss, dass „überlegt werden soll“, Fenster auszutauschen,372 – Beschluss, mit dem „die Anbringung von außenliegenden Sonnnenschutzblenden bzw. die Umgestaltung des Eingangsbereichs des Blocks 17“ genehmigt wird,373 – Beschluss „Herstellung des zur Eigentumswohnung Nr. 4 gehörenden Kfz-Stellplatzes (...) und Tragung der Kosten für die Herstellung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft“,374 – Beschluss, der nicht erkennen lässt, welcher Anbieter auf der Grundlage welchen Angebots mit einer Maßnahme beauftragt werden soll, die Höhe der Kosten nicht erkennen lässt und keine Regelung darüber trifft, wie die Kosten aufgebracht werden sollen,375 – Beschluss, „den Anforderungen des formellen und materiellen Baurechts, sofern sie nicht erfüllt sein sollten, schnellstmöglich gerecht zu werden“, solange noch nicht feststeht, was das Bauamt überhaupt beanstandet,376 – Beschluss einer „Genehmigung der Gartenpflege“,377 – Beschluss, Vergleichsverhandlungen „anzuerkennen“.378 Nicht jede Unbestimmtheit eines Beschlusses führt zur Nichtigkeit. Es ist danach zu differen- 168 zieren, ob der inhaltlich nicht hinreichend bestimmte Beschluss einen erkennbaren, ggf. unvollständigen Inhalt hat oder ob dieser – trotz Auslegung (Rz. 76 ff.) – in sich widersprüchlich („Perplexität“) bzw. vollkommen nichtssagend ist.379 Zur Nichtigkeit führt es etwa, wenn ein Beschluss über die Jahresabrechnung gefasst wird, sich aber auch durch Auslegung des Beschlusses nicht feststellen lässt, auf welche von mehreren vorliegenden Abrechnungen sich der Beschluss bezieht.380 Ergibt die Auslegung (noch) einen Beschlussinhalt, ist der Beschluss ggf. anfechtbar, aber nicht nichtig.381 Bloße Anfechtbarkeit ist ferner anzunehmen, wenn ein Beschluss widersprüchlich ist, aber noch eine durchführbare Regelung erkennen lässt und der Beschluss also auf seiner Unbestimmtheit nicht „beruht“.382 Wenn ein Eigentümerbeschluss auf ein Ereignis oder einen Gegenstand Bezug nimmt, kann es schließlich genügen, dass wenigstens dieses oder dieser mit hinreichender Bestimmtheit feststellbar ist.383

370 371 372 373 374 375 376 377 378 379 380 381 382 383

LG Itzehoe v. 21.2.2017 – 11 S 6/16, ZMR 2018, 68, zweifelhaft. OLG München v. 30.11.2005 – 34 Wx 56/05, ZMR 2006, 230. AG Hamburg-Blankenese v. 27.4.2015 – 539 C 21/14, ZMR 2015, 629. OLG Düsseldorf v. 24.11.2003 – 3 Wx 123/03, ZMR 2004, 282. BayObLG v. 6.6.2002 – 2Z BR 124/01, ZMR 2002, 847. LG Berlin v. 13.12.2016 – 85 S 23/15, ZMR 2017, 498; LG Hamburg v. 2.3.2011 – 318 S 193/10, ZWE 2011, 286 (288); LG Hamburg v. 23.12.2015 – 318 T 61/15, ZMR 2016, 307; AG HamburgBlankenese v. 27.4.2015 – 539 C 21/14, ZMR 2015, 629. OLG Köln v. 24.5.2004 – 16 Wx 94/04, NJOZ 2004, 3930. OLG Düsseldorf v. 4.9.1996 – 3 Wx 125/96, ZMR 1997, 91. LG München I v. 13.7.2017 – 36 S 13356/16, ZWE 2018, 135. LG Hamburg v. 30.6.2011 – 318 S 138/09, ZWE 2011, 284 (285). Schmid, ZWE 2013, 442; vgl. auch AG Hamburg-Altona v. 15.3.2013 – 303a C 20/12, ZMR 2013, 568. OLG Hamburg v. 26.10.2007 – 2 Wx 128/03, ZMR 2008, 225 (226); LG Hamburg v. 30.6.2011 – 318 S 138/09, ZWE 2011, 284 (285). AG Düsseldorf v. 29.5.2007 – 291 II 148/06, ZMR 2008, 249 (250). BayObLG v. 24.11.2004 – 2Z BR 156/04, ZMR 2005, 639 (640); BayObLG v. 24.6.1993 – 2Z BR 28/ 93, WuM 1993, 707.

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§ 23 Rz. 169 | Wohnungseigentümerversammlung gg) Vereinbarung von Nichtigkeitsgründen 169 Die Wohnungseigentümer sind nicht befugt, Nichtigkeitsgründe zu vereinbaren.384 § 23

Abs. 4 gehört nicht zu den nach § 10 Abs. 2 S. 2 abdingbaren Vorschriften des WEG, weil – wie sich aus § 10 Abs. 2 S. 1 ergibt – damit nur solche gemeint sind, die das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander regeln. Die Vereinbarung von Nichtigkeitsgründen betrifft aber keine solche schuldrechtliche Regelung385, sondern die Rechtsfolgen fehlerhaften Handelns der Gemeinschaft. Sind die Wohnungseigentümer bestrebt, an einen Beschluss besondere Anforderungen zu richten, können sie besondere Entstehungsgründe benennen, wie besondere Protokollierungspflichten (s. § 24 Rz. 131) oder bestimmte Mehrheitserfordernisse (s. Rz. 55 ff.). Deren Nichteinhaltung führt allerdings nur zur Anfechtbarkeit.386

c) Rechtsfolgen aa) Keine Bindungswirkung 170 Ist ein Beschluss nichtig, bindet er nicht. Nichtige Beschlüsse bedürfen keiner gerichtlichen

„Ungültigerklärung“ nach § 23 Abs. 4 Satz 2, sondern entfalten per se keine Rechtswirkungen; sie sind ipso iure nichtig.387 Der Verwalter darf daher nichtige Beschlüsse nicht durchführen (s. § 27 Rz. 10). Ist ein Beschluss nichtig, ist das in einem gerichtlichen Verfahren von Amts wegen zu berücksichtigen,388 auch wenn die Nichtigkeit von einem Wohnungseigentumsgericht noch nicht festgestellt worden ist,389 sofern kein Fall des § 48 Abs. 4 vorliegt (dazu Rz. 146). Ist ein Beschluss nichtig, kann das von jedermann jederzeit und in jedem Verfahren, in dem es auf die Wirksamkeit dieses Beschlusses – ggf. als Vorfrage – ankommt, geltend gemacht werden.390

171 Beruft sich jemand auf die angebliche Bindungswirkung eines nichtigen Beschlusses, kann

das Wohnungseigentumsgericht aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit mit dem Antrag angerufen werden, seine Nichtigkeit festzustellen (Feststellungsurteil; s. dazu § 46 Rz. 138 ff.). Eine solche Entscheidung hat aber stets nur deklaratorische Bedeutung. bb) Teilnichtigkeit 171a Betreffen die Nichtigkeitsgründe bei einem einheitlichen Beschluss mit teilbaren Regelungs-

gegenständen nur einen abgrenzbaren Teil des Beschlusses, gilt § 139 BGB entsprechend.391 Maßgeblich für das Vorliegen eines einheitlichen Beschlusses ist die äußere Form und nicht 384 LG Düsseldorf v. 18.12.2013 – 25 S 78/13, juris Rz. 92; Drasdo, Eigentümerversammlung, 659; a.A. Becker, ZWE 2002, 341 (343). 385 Dazu BGH v. 11.5.2012 – V ZR 189/11, ZMR 2012, 793. 386 BGH v. 3.7.1997 – V ZB 2/97, BGHZ 136, 187 (192) = NJW 1997, 2956; OLG Frankfurt v. 17.1.2011 – 20 W 500/08, MietRB 2011, 351 = ZWE 2011, 363; OLG Schleswig v. 24.3.2006 – 2 W 230/03, MietRB 2006, 245 = ZMR 2006, 721; OLG Köln v. 9.2.2006 – 16 Wx 220/05, ZMR 2006, 711 (712); OLG Düsseldorf v. 1.10.2004 – I-3 Wx 207/04, ZMR 2005, 218 (219). 387 BGH v. 22.7.2011 – V ZR 245/09, MietRB 2012, 16 = ZMR 2011, 981; Bub in FS Seuß (2007), S. 53 (55). 388 BGH v. 22.7.2011 – V ZR 245/09, MietRB 2012, 16 = ZMR 2011, 981. 389 BGH v. 27.3.2009 – V ZR 196/08, MDR 2009, 796 = MietRB 2009, 198 ff. = NJW 2009, 2132 (2134); BGH v. 18.5.1989 – V ZB 4/89, BGHZ 107, 268 (269) = MDR 1989, 897 = NJW 1989, 2059. 390 BGH v. 22.7.2011 – V ZR 245/09, MietRB 2012, 16 = ZMR 2011, 981; BGH v. 18.5.1989 – V ZB 4/ 89, BGHZ 107, 268 (271) = MDR 1989, 897 = NJW 1989, 2059; BGH v. 21.5.1970 – VII ZB 3/70, BGHZ 54, 65 (69) = MDR 1970, 753 = NJW 1970, 1316. 391 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = MDR 2015, 79 = MietRB 2015, 46; BGH v. 11.5.2012 – V ZR 193/11, MDR 2012, 957; BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 (297) = MDR 1999, 28; Arnold in Erman, § 139 BGB Rz. 2.

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VI. Fehlerhafte Beschlüsse (Abs. 4) | Rz. 171d § 23

der Regelungsinhalt.392 Fassen die Wohnungseigentümer nach einer Abstimmung einen verkündeten Beschluss, der zugleich die Jahresabrechnung und die Entlastung des Verwalters betrifft, liegt ein einheitlicher Beschluss vor. Dasselbe gilt, wenn die Wohnungseigentümer zugleich über die Verwalterbestellung und die Ermächtigung über den Verwaltervertrag beschließen.393 Beschließen die Wohnungseigentümer hingegen mehrmals über sachlich zusammenhängende Fragen, gilt auch bei einem sachlichen Zusammenhang der Beschlüsse § 139 BGB nicht; das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen ist für jeden Beschluss vielmehr eigenständig festzustellen. Ein teilbarer Beschlussgegenstand ist gegeben, wenn in Form eines einheitlichen Beschlusses 171b zwei oder mehrere selbständige Regelungsgegenstände von den Wohnungseigentümern getroffen werden. Beschließen die Wohnungseigentümer wirksam ein Verbot von Satellitenantennen und zugleich unwirksam die Beseitigung der vorhandenen durch den Verwalter, handelt es sich um einen teilbaren Gegenstand.394 Unteilbar ist hingegen das generelle Verbot von Satellitenantennen, selbst wenn es sich nur gegenüber ausländischen Wohnungseigentümern als unwirksam erweist.395 Zur Teilbarkeit eines Beschlusses über die Jahresabrechnung s. § 28 Rz. 152a. Unteilbar sind in der Regel Beschlüsse über Sonderumlagen hinsichtlich ihrer Höhe.396 Ebenso kann bei einem Beschluss über die Bestellung des Verwalters mit einer gegen § 26 Abs. 1 S. 2 verstoßenden Bestellungszeit dieser nicht einen im Rahmen des § 26 Abs. 1 S. 2 wirksamen und einem darüber hinausgehenden nichtigen Abschnitt unterteilt werden; eine Teilbarkeit liegt nur hinsichtlich des (wirksamen) Bestellungsakts als solchem und der (unwirksamen) Bestimmung der Bestellungszeit vor (dazu § 26 Rz. 52). Nach § 139 BGB ist bei der Nichtigkeit eines Teils das ganze Rechtsgeschäft nichtig, sofern 171c nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Entscheidend ist der tatsächliche oder hypothetische Wille der Wohnungseigentümer. Der tatsächliche Wille der Wohnungseigentümer ist vorrangig, in der Regel aber nicht feststellbar. Ein Beschluss ist aufgrund des hypothetischen Willens der Wohnungseigentümer jedenfalls dann insgesamt nichtig, wenn anzunehmen ist, dass ihn die Wohnungseigentümer nicht so beschlossen hätten, weil der unbeanstandet gebliebene Teil allein sinnvollerweise keinen Bestand haben kann.397 Auch in anderen Fällen ist mit der Annahme eines hypothetischen Willens, den Beschluss aufrechtzuerhalten, angesichts des Grundsatzes, dass es Sache der Wohnungseigentümer ist, innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in eigener Regie privatautonom zu regeln, Zurückhaltung geboten. Die teilweise Aufrechterhaltung von Beschlüssen kommt danach nur in Betracht, wenn sich zweifelsfrei feststellen lässt, dass der Beschluss auch als Teilregelung beschlossen worden wäre.398 cc) Umdeutung Charakterisiert man Beschlüsse der Wohnungseigentümer zutreffend als mehrseitige Rechts- 171d geschäfte eigener Art (dazu Rz. 39), findet § 140 BGB, der die Umdeutung nichtiger Rechtsgeschäfte regelt, auf nichtige Beschlüsse zumindest entsprechende Anwendung.399 Eine Um-

392 393 394 395 396 397 398 399

A.A. Merle in Bärmann, § 23 Rz. 167. OLG Köln v. 4.1.2007 – 16 Wx 232/06, ZMR 2008, 70. LG Hamburg v. 5.8.2015 – 318 S 145/14, ZMR 2016, 131. LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 111/13, ZMR 2014, 743. Vgl. BGH v. 19.10.2012 – V ZR 233/11, MDR 2013, 83 = MietRB 2013, 15. BGH v. 11.5.2012 – V ZR 193/11, MDR 2012, 957 = MietRB 2012, 238. BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = MDR 2015, 79 = MietRB 2015, 46. BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = MDR 2015, 79 = MietRB 2015, 46; Schmid ZWE 2013, 442 (444); Merle in Bärmann, § 23 Rz. 169.

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§ 23 Rz. 171d | Wohnungseigentümerversammlung deutung eines nichtigen Beschlusses setzt voraus, dass der Ersatzbeschluss als solcher wirksam ist und die Wohnungseigentümer bei Kenntnis der Nichtigkeit diesen Ersatzbeschluss gewollt hätten. Keine Umdeutung kommt danach in Betracht, wenn die Wohnungseigentümer die Nichtigkeit kannten. Die Kenntnis einzelner Wohnungseigentümer schließt die Anwendung des § 140 BGB zum Schutz der anderen aber nicht aus.400 Das gewollte Ersatzgeschäft muss sich dabei zweifelsfrei ermitteln lassen, weil andernfalls das Gestaltungsermessen der Wohnungseigentümer unterlaufen würde (dazu Rz. 171c). Beschließen die Wohnungseigentümer die (nichtige) Verpflichtung einzelner Wohnungseigentümer zur Vornahme von Gartenpflegearbeiten, scheidet die Umdeutung in eine (evtl. nach § 16 Abs. 3 zulässige) isolierte Kostenregelung daher i.d.R. aus.401 Die Umdeutung eines mangels Beschlusskompetenz nichtigen allstimmigen Beschlusses in eine Vereinbarung wird zumeist daran scheitern, dass die Wohnungseigentümer die Handlungsform des Beschlusses mit ihren Rechtsfolgen – Bindung der Sondernachfolger nach § 10 Abs. 4 S. 1, Möglichkeit eines abweichenden Zweitbeschlusses – bewusst gewählt haben und gerade keine Vereinbarung wollten (dazu Rz. 41).

4. Fehlerhaftigkeit 172 Von den Entstehungsvoraussetzungen als Entstehungsbedingungen (Rz. 147) und den Nich-

tigkeitsgründen (Rz. 151) eines Beschlusses zu unterscheiden sind solche Momente, die der Ordnungsmäßigkeit eines Beschlusses entgegenstehen (Unwirksamkeitsgründe). Unwirksamkeitsgründe führen dazu, dass ein (entstandener) Beschluss anfechtbar ist. Als Mängel i.d.S. können formelle und materielle Fehler unterschieden werden. a) Formelle Beschlussmängel aa) Fehler 173 Wenn auf dem Weg zu einem Beschluss gegen das Gesetz oder eine von den Wohnungseigen-

tümern gesetzte Bestimmung verstoßen wird, der Fehler aber nicht zur Nichtigkeit führt und auch die Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht berührt, ist von einem formellen Beschlussmangel zu sprechen. Ein formeller Beschlussmangel kann sich z.B. in folgenden Fällen ergeben: – Ein Beschlussgegenstand wird in einer Ladung unter Verstoß gegen § 23 Abs. 2 nicht oder nur unzureichend bezeichnet (s. Rz. 102 ff.). – Ein Beschlussgegenstand wird erst in der Eigentümerversammlung benannt. – Der Einladende ist nicht (mehr) befugt einzuladen. War der Ladende nicht einmal potenziell befugt, lag keine Eigentümerversammlung vor, so dass dennoch gefasste „Beschlüsse“ sog. unwirksame Nichtbeschlüsse sind (s. Rz. 21). – Der Einladende hält unter Verstoß gegen § 24 Abs. 4 Satz 1 bei dem Ladungsschreiben nicht die Textform ein (§ 24 Rz. 50 ff.). – Der Einladende verstößt gegen die Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 oder die Ladungsfrist ist jedenfalls in einer konkreten Anlage in einer bestimmten Situation zu kurz (s. § 24 Rz. 57 ff.; § 24 Rz. 101).402

400 Allg. ebenso Faust in NomosKommentar BGB, § 140 BGB Rz. 30; Busche in MünchKomm, § 140 BGB Rz. 18, jeweils m.w.N., auch zur Gegenauffassung. 401 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = MDR 2015, 79 = MietRB 2015, 46. 402 BayObLG v. 7.2.2002 – 2Z BR 161/01, ZMR 2002, 532.

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VI. Fehlerhafte Beschlüsse (Abs. 4) | Rz. 175 § 23

– Der Einladende lädt Stimmberechtigte nicht, wobei der Beschluss dann in Ausnahmefällen sogar nichtig ist (§ 24 Rz. 48).403 – Die Versammlungszeit ist unangemessen, z.B. zu früh oder zu lang (s. § 24 Rz. 102, 116). – Der Versammlungstag ist nicht angemessen, z.B. ein Ferientag oder ein Feiertag (s. § 24 Rz. 101). – Die Eigentümerversammlung findet an einem ungenügenden Versammlungsort oder einer ungenügenden Versammlungsstätte statt (s. § 24 Rz. 95 ff.). – Ein wichtiger Beschluss wird unter dem Punkt „Verschiedenes/Sonstiges“ gefasst (Rz. 111). – Die Eigentümerversammlung fand in der Gegenwart eines nicht teilnahmeberechtigten Dritten statt (§ 24 Rz. 110).404 – Bei der Beschlussfassung sind Stimmberechtigte nicht beteiligt worden oder es haben nicht Stimmberechtigte mitgestimmt. – Das Rederecht eines Wohnungseigentümers ist unzulässig beschränkt worden. – Die Versammlungsleitung hat unzulässig einen Wohnungseigentümer aus der Eigentümerversammlung verwiesen. – Die Eigentümerversammlung lief völlig ungeordnet ab.405 – Die Niederschrift ist nicht ordnungsmäßig unterzeichnet worden. – Der Verwalter beruft eine Eventualversammlung ein, ohne dass die Wohnungseigentümer deren Zulässigkeit vereinbart haben (§ 25 Rz. 119). bb) Rechtsfolgen Ein formeller Mangel führt nicht dazu, dass ein unter ihm „leidender“ Beschluss ohne weite- 174 res ungültig (nichtig) wäre. Sogar eine Vielzahl formeller Beschlussmängel führt grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit eines Beschlusses.406 Das Gesetz sieht die Nichtigkeitsfolge auch nicht in solchen Fällen vor, in denen der formelle Mangel schwerwiegend ist oder vorsätzlich herbeigeführt wurde.407 Die Nichtigkeitsfolge kann sich nur dann ergeben, wenn zugleich ein Eingriff in den mitgliedschaftlichen Kernbereich vorliegt (s. Rz. 159), insbesondere bei einer gezielt unterbliebenen Ladung eines Wohnungseigentümers (dazu § 24 Rz. 48). Ein formeller Mangel bemakelt einen Beschluss aber in der Weise, dass eine Anfechtung allein 175 auf diesen Mangel gestützt werden kann, ohne dass der Beschluss auch noch in sonstiger Weise ordnungswidrig sein muss.408 Für die Prüfung ist zu fragen, ob sich der formelle Beschlussmangel auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat.409 Anders als im Gesellschaftsrecht, bei dem an die Stelle von Kausalitätserwägungen seit längerem die Relevanz des Verfahrensfehlers für die Ausübung der Mitwirkungsrechte durch ein objektiv urteilendes Verbandsmitglied getreten ist,410 kommt es im Wohnungseigentumsrecht grundsätzlich also auf bloße 403 BGH v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, BGHZ 142, 290 = MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = NJW 1999, 3713. 404 BayObLG v. 19.2.2004 – 2Z BR 212/03, MietRB 2004, 210 = ZMR 2004, 603. 405 KG v. 28.11.1990 – 24 W 1683/90, MDR 1991, 542 = WuM 1991, 217. 406 BGH v. 27.3.2009 – V ZR 196/08, MDR 2009, 796 = MietRB 2009, 198 ff. = NJW 2009, 2132; a.A. AG Halle-Saalkreis v. 17.5.2005 – 120 II 22/05 – 36/05, ZMR 2005, 581. 407 A.A. AG Kassel v. 15.2.2018 – 800 C 3197/17, juris. 408 LG Hamburg v. 18.8.2010 – 318 S 77/09, ZWE 2011, 95 (96). 409 BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 ff. = NJW 2011, 679 (680); LG Düsseldorf v. 16.3.2011 – 25 S 56/10, ZMR 2011, 898 (899); kritisch Elzer, ZWE 2010, 234 (235). 410 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 (73); BGH v. 18.10.2004 – II ZR 250/02, BGHZ 160, 385 (391) = NJW 2005, 828.

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§ 23 Rz. 175 | Wohnungseigentümerversammlung Kausalitätserwägungen an.411 Ein formeller Mangel ist danach erheblich, wenn nicht feststeht, dass der Beschluss auch ohne Mangel ebenso zustande gekommen wäre.412 Die Rechtsprechung geht bei formellen Beschlussmängeln von dem Erfahrungssatz aus, dass ein formeller Beschlussmangel sich „ausgewirkt“ hat, dass ein Beschluss mithin auf einem formellen Mangel „beruht“.413 Von der Ursächlichkeit eines formellen Beschlussmangels ist solange auszugehen, bis der Erfahrungssatz erschüttert ist.414 An den Nachweis, dass sich ein formeller Beschlussmangel nicht ausgewirkt hat – und die Vermutung also erschüttert ist –, sind strenge Anforderungen zu stellen.415 Es kommt nicht allein auf die Auswirkungen des Abstimmungsverhaltens auf das Abstimmungsergebnis, sondern auch auf die Möglichkeit an, in einer der Abstimmung vorausgehenden Aussprache durch überzeugende Argumente das Abstimmungsverhalten der anderen Stimmberechtigten zu beeinflussen. Wurde z.B. ein Wohnungseigentümer versehentlich nicht geladen, muss ausgeschlossen werden, dass er auf den Diskussionsverlauf und das Abstimmungsverhalten in der Eigentümergemeinschaft Einfluss genommen hätte,416 etwa wenn sich schon jahrelang zwei verfeindete „Lager“ der Wohnungseigentümer gegenüberstehen.417 Ein Indiz für eine fehlende Auswirkung kann das Abstimmungsergebnis sein, wenn die ganz überwiegende Zahl der Wohnungseigentümer anwesend war und für den angefochtenen Beschluss gestimmt hat.418 Im Prozess trifft die Wohnungseigentümer, die sich auf die „Wirksamkeit“ eines Beschlusses berufen, die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sich die Unbeachtlichkeit des formellen Mangels feststellen lässt.419 176 Auf die Kausalität kommt es ausnahmsweise bei schwerwiegenden Eingriffen in elementare

Mitgliedschaftsrechte nicht an, die dazu führen, dass das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Wohnungseigentümers in gravierender Weise ausgehebelt wird.420 Ein solcher Eingriff soll etwa beim Entzug des Stimmrechts und dem Ausschluss von der Versammlung der Wohnungseigentümer vorliegen.421 In diesen Fällen genügt allein der Mangel für die erfolgreiche Anfechtung.

411 BGH v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, BGHZ 190, 236 = MDR 2011, 1094 = MietRB 2011, 318 = NJW 2011, 3026 (3027) zu Verstoß gegen die „Nichtöffentlichkeit“; BGH v. 10.6.2011 – V ZR 222/10, MietRB 2011, 283 = ZMR 2011, 892 zu Einberufungsmängeln; a.A. AG München v. 19.12.2013 – 483 C 33043/12, ZMR 2014, 406; Armbrüster/Roguhn, ZWE 2016, 105 (113), jeweils für die Anwendung der Relevanztheorie. 412 BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, BGHZ 150, 109 = MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647 (1651); BayObLG v. 12.5.2004 – 2Z BR 50/04, MietRB 2004, 328 = ZMR 2004, 766 (767); BayObLG v. 30.4.1999 – 2Z BR 175/98, ZMR 1999, 574; BayObLG v. 19.12.1985 – BReg.2 Z 103/85, MDR 1986, 502; KG v. 8.11.1998 – 24 W 4180/97, ZMR 1999, 426 (428); OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/ 00, MDR 2001, 326 = ZMR 2000, 866; OLG Köln v. 26.11.1997 – 16 Wx 127/96, WuM 1998, 176. 413 KG v. 18.7.2006 – 24 W 33/05, ZMR 2006, 794 (795); OLG Köln v. 9.1.1996 – 16 Wx 214/95, WuM 1996, 246; OLG Hamm v. 13.1.1992 – 15 W 13/91, OLGZ 1992, 309. 414 OLG Frankfurt v. 24.8.2006 – 20 W 214/06, MietRB 2007, 121 = ZWE 2007, 84; OLG Frankfurt v. 30.6.2003 – 20 W 138/01, juris; KG v. 8.11.1998 – 24 W 4180/97, ZMR 1999, 426 (428); OLG Hamm v. 19.4.1995 – 15 W 26/95, ZMR 1995, 498; LG Gera v. 16.2.2015 – 5 S 23/14, ZMR 2015, 481; a.A. OLG Düsseldorf v. 30.5.2006 – 3 Wx 51/06, ZMR 2006, 870 (871). 415 LG München I v. 6.11.2014 – 36 S 25536/13, MietRB 2015, 47 = ZWE 2016, 42; LG Köln v. 8.1.2013 – 29 S 183/12, ZMR 2013, 378. 416 OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, MDR 2001, 326 = ZMR 2000, 866. 417 LG Berlin v. 5.2.2013 – 85 S 31/12, ZMR 2013, 457. 418 LG Köln v. 8.12.2011 – 29 S 121/11, MietRB 2012, 361 = ZMR 2012, 727; AG Bremen v. 14.12.2012 – 28 C 69/12, ZMR 2013, 468; AG Hamburg-Blankenese v. 5.2.2014 – 539 C 18/13, ZMR 2015, 74. 419 OLG Hamm v. 13.1.1992 – 15 W 13/91, OLGZ 1992, 309; LG Berlin v. 5.2.2013 – 85 S 31/12, ZMR 2013, 457; a.A. Bonifacio, NZM 2011, 10 (12); Dötsch/Hogenschurz, NZM 2010, 297 (300/301). 420 BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 f. = NJW 2011, 679; LG Berlin v. 5.2.2013 – 85 S 31/12, ZMR 2013, 457. 421 BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 f. = NJW 2011, 679 (681).

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VI. Fehlerhafte Beschlüsse (Abs. 4) | Rz. 180 § 23

b) Materielle Beschlussmängel aa) Fehler Ein materieller Beschlussmangel liegt vor, wenn ein Beschluss nicht ordnungsmäßig ist. Dies 177 ist dann anzunehmen, wenn der Beschluss nicht einem ordnungsmäßigen Gebrauch i.S.v. § 15 Abs. 2 (s. § 15 Rz. 70 ff.) oder einer ordnungsmäßigen Verwaltung i.S.v. § 21 Abs. 4 (s. § 21 Rz. 36 ff.) entspricht. Dazu gehören auch Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (dazu § 15 Rz. 72). Materiell fehlerhaft sind außerdem gesetzeswidrige Beschlüsse (s. Rz. 170). Ein materieller Beschlussmangel liegt vor, wenn ein Beschluss gegen den „ordre public“, ein Gesetz – nicht das Wohnungseigentumsgesetz – oder eine Vereinbarung verstößt. Auch Mängel der Bestimmtheit können zur materiellen Fehlerhaftigkeit führen (s. Rz. 163 ff.). Stets ist allerdings vorrangig festzustellen, ob über die bloße materielle Mangelhaftigkeit hinaus Nichtigkeit des Beschlusses (dazu Rz. 151 ff.), wie z.B. bei einer vereinbarungsändernden Regelung oder dem vollständigen Fehlen einer Beschlusskompetenz, vorliegt. Für die Frage, ob ein Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ist auf den Zeitpunkt 177a der Beschlussfassung abzustellen.422 Das hat insbesondere bei der Überprüfung eines den Wohnungseigentümern zustehenden Ermessens bei Gebrauchs- und Verwaltungsregelungen (dazu § 15 Rz. 73; § 21 Rz. 37) und bei Bestellung und Abberufung des Verwalters (dazu § 26 Rz. 70, 147b) Bedeutung. Bei der Überprüfung des Beschlusses ist grundsätzlich der Kenntnisstand zugrunde zu legen, den ein besonnener Wohnungseigentümer unter Ausschöpfung aller zu diesem Zeitpunkt zugänglichen Erkenntnisquellen gehabt haben kann.423 bb) Bindungswirkung (Abs. 4 Satz 2) Ein gültiger – d.h. kein „Nichtbeschluss“ und nicht nichtiger – Beschluss bindet, auch wenn 178 er formell oder materiell fehlerhaft ist, jeden Wohnungseigentümer und die Sondernachfolger (s. Rz. 2). Die Bindungswirkung des Beschlusses erfasst auch den Verwalter, der auch anfechtbare und angefochtene Beschlüsse durchzuführen hat (dazu § 27 Rz. 11). Zur Bindung des Mieters an Beschlüsse s. § 13 Rz. 33. Die Bindungswirkung des Beschlusses entfällt erst, wenn gegen ihn nach §§ 43 Nr. 4, 46 Abs. 1 179 Satz 1 fristgemäß Anfechtungsklage erhoben wird und er durch rechtskräftiges Urteil des Wohnungseigentumsgerichtes für ungültig erklärt wird, § 23 Abs. 4 Satz 2. Bis zu diesem Zeitpunkt können die Wohnungseigentümer nur durch eine einstweilige Verfügung erreichen, dass der Beschluss nicht umgesetzt wird (dazu § 46 Rz. 174 ff.). Nach der Ungültigerklärung ist der Beschluss – soweit er einer Ausführung bedurfte – nicht mehr durch den Verwalter nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 auszuführen. Da die Aufhebung des Beschlusses ex tunc wirkt, entfällt rückwirkend auch eine mit dem Beschluss erteilte Vertretungsmacht des Verwalters. Zur dennoch bestehenden Bindung der Gemeinschaft an durch den Verwalter vor der Ungültigerklärung abgeschlossene Verträge s. § 27 Rz. 15. cc) Folgenbeseitigung Wenn ein Beschluss nichtig ist oder rechtkräftig für unwirksam erklärt wurde, besteht ein im 180 Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer wurzelnder, auf § 21 Abs. 4 beruhender424 Folgenbeseitigungsanspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, sofern der 422 OLG Köln v. 20.10.2006 – 16 Wx 189/06, MietRB 2007, 150 = ZMR 2007, 641; LG Itzehoe v. 20.5.2016 – 11 S 78/15, ZMR 2016, 728; LG Stuttgart v. 29.7.2015 – 10 S 68/14, NJW 2015, 2897; a.A. BeckOGK/Greiner, § 26 WEG Rz. 111 f. 423 LG Itzehoe v. 20.5.2016 – 11 S 78/15, ZMR 2016, 728. 424 BayObLG v. 30.7.1992 – 2Z BR 34/92, NJW-RR 1992, 1367.

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§ 23 Rz. 180 | Wohnungseigentümerversammlung Beschluss bereits durchgeführt wurde.425 Der Anspruch auf Folgenbeseitigung ist wie im öffentlichen Recht auf Wiederherstellung des früheren Zustandes gerichtet (status quo ante), es sei denn, diese ist unmöglich (§ 275 BGB). Die Wohnungseigentümer sind verpflichtet, einen Beschluss über die Folgenbeseitigung des für ungültig erklärten Beschlusses zu fassen.426 Bestehen unterschiedliche Möglichkeiten, den früheren Zustand wiederherzustellen, ist es dabei ihre Sache der Eigentümer darüber zu entscheiden, was konkret zu veranlassen ist.427 Unterlassen die Wohnungseigentümer eine Beschlussfassung, kann gerichtlich nach § 21 Abs. 4, Abs. 8 vorgegangen werden. 181 Anspruchsinhaber ist nach zutreffender Auffassung jeder Eigentümer, sofern er durch die

jetzige Lage einen Nachteil hat.428 Der Anspruch richtet sich nicht nur gegen die Wohnungseigentümer, die für den aufgehobenen Beschluss gestimmt haben,429 sondern als Anspruch nach § 21 Abs. 4 gegen die übrigen Wohnungseigentümer430 mit dem Ziel, die fehlerhaft unterbliebene Beschlussfassung zur Beseitigung der Folgen gerichtlich zu ersetzen.431 182 Der Anspruch auf Folgenbeseitigung findet seine Grenze im Schikaneverbot und dem

Grundsatz von Treu und Glauben (§§ 226, 242 BGB). Das Verlangen nach Folgenbeseitigung kann im Einzelfall etwa rechtsmissbräuchlich sein, wenn ihm die anderen Wohnungseigentümer nur unter unverhältnismäßigen, billigerweise nicht zumutbaren Aufwendungen entsprechen könnten. Im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung sind dabei alle Umstände zu berücksichtigen. Im Regelfall spricht es gegen einen Rechtsmissbrauch, wenn die Wohnungseigentümer sich des Risikos einer Beschlussdurchführung ungeachtet einer Anfechtungsklage bewusst waren.432 Entstehen für eine Folgenbeseitigung Kosten, beispielsweise Rückbaukosten, müssen diese nach § 16 Abs. 2 – ist nichts anderes bestimmt – grundsätzlich von allen Wohnungseigentümern getragen werden.433 § 16 Abs. 6 ist nicht analog anwendbar.434

5. Schwebende Beschlüsse 183 Nach vom Bundesgerichthof bisher vertretener zuletzt aber von ihm selbst angezweifelter Auf-

fassung gibt es neben nichtigen und anfechtbaren auch „schwebende“ Beschlüsse.435 Dieser Schwebezustand wird für den Fall befürwortet, dass ein unentziehbares und „mehrheitsfestes“ 425 KG v. 18.5.2009 – 24 W 17/08, MietRB 2010, 45 = ZMR 2009, 790; BayObLG v. 4.11.1999 – 2Z BR 89/99, ZWE 2000, 265 (267); BayObLG v. 21.2.1990 – BReg.1b Z 43/88, WuM 1990, 366; BayObLG v. 9.6.1975 – BReg. 2Z 35/75, BayObLGZ 1975, 201 (203) = Rpfleger 1975, 367; KG v. 28.1.1998 – 24 W 7648/96, ZMR 1998, 370; Bonifacio, ZMR 2010, 163 (164). 426 KG v. 28.1.1998 – 24 W 7648/96, ZMR 1998, 370. 427 LG München I v. 9.5.2016 – 1 S 13988/15, ZMR 2016, 731. 428 Gottschalg, NZM 2001, 113 (115); Wenzel, WE 1998, 455 (456); a.A. BayObLG v. 21.2.1990 – BReg.1b Z 43/88, WuM 1990, 366: Anfechtungskläger. 429 BayObLG v. 21.2.1990 – BReg.1b Z 43/88, WuM 1990, 336; BayObLG v. 9.6.1975 – 2Z 35/75, BayObLGZ 1975, 201 (203) = Rpfleger 1975, 367; Gottschlag, NZM 2001, 113 (115); Wenzel, WE 1998, 455 (456) . 430 Häublein in Staudinger, § 23 WEG Rz. 266. 431 Allg. zu § 21 Abs. 4 OLG München v. 22.12.2009 – 32 Wx 82/09, ZMR 2010, 395. 432 Zu diesem allgemeinen Gedanken s. OLG München v. 31.3.2006 – 34 Wx 111/05, MietRB 2006, 191 = ZMR 2006, 797; OLG Köln v. 11.2.2000 – 16 Wx 9/00, MDR 2000, 577 = ZWE 2000, 592; OLG Köln v. 12.1.2000 – 16 Wx 149/99, MDR 2000, 760 = ZMR 2000, 636 m.w.N.; BayObLG v. 29.9.1999 – 2Z BR 68/99, NZM 1999, 1150 m.w.N. 433 BGH v. 13.5.2011 – V ZR 202/10, MDR 2011, 911 = MietRB 2011, 252 f. = NJW 2011, 2669. 434 BGH v. 13.5.2011 – V ZR 202/10, MDR 2011, 911 = MietRB 2011, 252 f. = NJW 2011, 2660. 435 BGH v. 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = MDR 2015, 79 = MietRB 2015, 46; BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, BGHZ 157, 322 = MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = NJW 2004, 937; zweifelnd und im Ergebnis offen lassend BGH v. 12.4.2019 – V ZR 112/18,

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VI. Fehlerhafte Beschlüsse (Abs. 4) | Rz. 184 § 23

(durch Beschluss nicht entziehbares Recht), aber verzichtbares Individualrecht verletzt wird (verzichtbare Rechte). Wird in solche, bevorzugt grundrechtlich gesicherte Rechte eingegriffen, soll der Beschluss dann unwirksam sein, wenn der betroffene Wohnungseigentümer seine Zustimmung verweigert. Nach h.M. sind zu den sog. mehrheitsfesten Mitgliedschaftsrechten zu rechnen: – das sog. Belastungsverbot (s. Rz. 162a), – die Begründung von Sondernutzungsrechten, weil hierdurch das von § 13 Abs. 1 WEG gewährte Recht zum Mitgebrauch völlig entzogen wird,436 – ein generelles Verbot von Parabolantennen, falls keine andere ausreichende Empfangsmöglichkeit besteht, denn dieses greift in die durch Art. 5 GG geschützte Informationsfreiheit der betroffenen Wohnungseigentümer unbillig ein,437 – ein vollständiges Musizier- und Tierhaltungsverbot, weil es die freie Entfaltung der Persönlichkeit unangemessen einschränkt,438 – das Recht, aus der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ohne wichtigen Grund ausgeschlossen zu werden, z.B. durch einen Mehrheitsbeschluss mit dem von einem Wohnungseigentümer die Veräußerung seines Wohnungseigentums gefordert wird.439 Fehlt es in diesen Fällen an einer Beschlusskompetenz, wie etwa beim sog. Belastungsverbot oder der Begründung von Sondernutzungsrechten (s. § 13 Rz. 67), sind die gefassten Beschlüsse aber bereits aus diesem Grund nichtig (s. Rz. 160), so dass eine schwebende Unwirksamkeit von vornherein nicht eintreten kann. Anders ist es, wenn die Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 2, § 21 Abs. 3 – z.B. beim Verbot von Parabolantennen (s. § 15 Rz. 60) oder des Musizierens (s. § 15 Rz. 59) – oder aufgrund einer allgemeinen Öffnungsklausel zu einer entsprechenden Beschlussfassung befugt sind. Hier soll bis zu einer Erklärung des belasteten Wohnungseigentümers ein Schwebezustand eintreten. Die Zustimmung der betroffenen Wohnungseigentümer zur Entziehung ihrer verzichtbaren Mitgliedschaftsrechte soll dabei nicht bereits in der Vereinbarung einer allgemeinen Öffnungsklausel selbst liegen (s. dazu § 10 Rz. 35). Anders dürfte es aber dann sein, wenn die vereinbarte Beschlusskompetenz den Beschlussgegenstand ausdrücklich benennt, z.B. die Begründung von Sondernutzungsrechten ausdrücklich gestattet.440 Nach zutreffender Auffassung sind solche schwebenden Beschlüsse allerdings auch in diesem Fall nicht anzuerkennen. Das WEG kennt die Kategorie der schwebenden Unwirksamkeit nicht (dazu § 15 Rz. 80).441 Es besteht auch kein praktisches Bedürfnis neben Anfechtbarkeit und Nichtigkeit eine weitere Rechtsfolge einzuführen; durch den Schwebezustand entsteht vielmehr eine Ungewissheit in der Wohnungseigentümergemeinschaft über die Beschlusslage. Derartige Beschlüsse sind daher lediglich anfechtbar. Erst recht kommt schwebende Unwirksamkeit nicht in Betracht, wenn einem Beschluss eine 184 Entstehungsvoraussetzung fehlt (s. Rz. 147 ff.). Fehlt es z.B. an der Feststellung und Verkündung eines Abstimmungsergebnisses, handelt es sich deshalb nicht um einen schwebend unwirksamen, sondern um einen unvollständigen Nichtbeschluss.442

436 437 438 439 440 441 442

MDR 2019, 657; s. dazu Bub in FS Seuß (2007), S. 53 ff.; Becker, ZWE 2002, 341 (344); Buck, Mehrheitsentscheidungen, S. 77. Wenzel, ZNotP 2004, 170 (172). Vgl. BGH v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, MietRB 2004, 173 = BGHZ 157, 322; LG Hamburg v. 9.4.2014 – 318 S 111/13, ZMR 2014, 743. Wenzel, ZNotP 2014, 170 (172); a.A. BayObLG v. 23.8.2001 – 2Z BR 96/01, MDR 2001, 1345; OLG Frankfurt v. 17.1.2011 - 20 W 500/08, MietRB 2011, 361 = ZWE 2011, 363 (nur anfechtbar). Wenzel, ZNotP 2004, 170 (172). So Wenzel, ZNotP 2004, 170 (172). Ebenso OLG Frankfurt v. 17.1.2011 – 20 W 500/08, ZWE 2011, 363. Elzer, ZWE 2007, 165 (168); Bub in FS Seuß (2007), S. 53 (69).

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§ 24 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift

§ 24 Einberufung, Vorsitz, Niederschrift (1) Die Versammlung der Wohnungseigentümer wird von dem Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen. (2) Die Versammlung der Wohnungseigentümer muss von dem Verwalter in den durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer bestimmten Fällen, im Übrigen dann einberufen werden, wenn dies schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird. (3) Fehlt ein Verwalter oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung der Wohnungseigentümer einzuberufen, so kann die Versammlung auch, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter einberufen werden. (4) Die Einberufung erfolgt in Textform. Die Frist der Einberufung soll, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt, mindestens zwei Wochen betragen. (5) Den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung führt, sofern diese nichts anderes beschließt, der Verwalter. (6) Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter zu unterschreiben. Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, die Niederschriften einzusehen. (7) Es ist eine Beschluss-Sammlung zu führen. Die Beschluss-Sammlung enthält nur den Wortlaut 1. der in der Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Versammlung, 2. der schriftlichen Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Verkündung und 3. der Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 mit Angabe ihres Datums, des Gerichts und der Parteien,

soweit diese Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen nach dem 1. Juli 2007 ergangen sind. Die Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen sind fortlaufend einzutragen und zu nummerieren. Sind sie angefochten oder aufgehoben worden, so ist dies anzumerken. Im Falle einer Aufhebung kann von einer Anmerkung abgesehen und die Eintragung gelöscht werden. Eine Eintragung kann auch gelöscht werden, wenn sie aus einem anderen Grund für die Wohnungseigentümer keine Bedeutung mehr hat. Die Eintragungen, Vermerke und Löschungen gemäß den Sätzen 3 bis 6 sind unverzüglich zu erledigen und mit Datum zu versehen. Einem Wohnungseigentümer oder einem Dritten, den ein Wohnungseigentümer ermächtigt hat, ist auf sein Verlangen Einsicht in die Beschluss-Sammlung zu geben. (8) Die Beschluss-Sammlung ist von dem Verwalter zu führen. Fehlt ein Verwalter, so ist der Vorsitzende der Wohnungseigentümerversammlung verpflichtet, die Beschluss-Sammlung zu führen, sofern die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit keinen anderen für diese Aufgabe bestellt haben. I. 1. 2. II. 1.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1b Einberufungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . 2 Notwendigkeit eines Einberufungsgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

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2. Jährliche Einberufung (Abs. 1) . . . . . . . 3. Ordnungsmäßige Verwaltung . . . . . . . . 4. Vereinbarte Einberufung (Abs. 2 Halbs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Einberufungsverlangen der Wohnungseigentümer (Abs. 2 Halbs. 2) . . . . . . . . .

3 4 5 7

Einberufung, Vorsitz, Niederschrift | § 24

6. III. 1.

2.

3.

4. IV. 1.

2. 3. 4. V. 1.

2.

3. 4. VI. VII. 1.

a) Materielle Voraussetzungen . . . . . . . b) Schriftform und Adressat . . . . . . . . . c) Notwendiges Quorum . . . . . . . . . . . . d) Angabe der Gründe . . . . . . . . . . . . . . e) Prüfung durch den Verwalter . . . . . . f) Einberufungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . g) Folgen eines Verstoßes . . . . . . . . . . . . Durchsetzung der Einberufung . . . . . . . Zuständigkeit für die Einberufung . . . Verwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirksame Bestellung . . . . . . . . . . . . . b) Beauftragung von Mitarbeitern . . . . c) Gerichtlich bestellter Verwalter . . . . . d) Einberufung durch einen Scheinverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorsitzender des Verwaltungsbeirats (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuständigkeit des Vorsitzenden und Ersatzzuständigkeiten . . . . . . . . . . . . b) Fehlen des Verwalters . . . . . . . . . . . . aa) Rechtliche Gründe . . . . . . . . . . . bb) Tatsächliche Gründe . . . . . . . . . . c) Verweigerte Einberufung . . . . . . . . . . d) Keine Einberufungspflicht . . . . . . . . . e) Durchführung der Einberufung . . . . Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . a) Alle Wohnungseigentümer . . . . . . . . b) Einzelne Wohnungseigentümer . . . . Einberufung durch einen Nichtberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzuladende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . a) Sämtliche Wohnungseigentümer . . . b) Vertretene Wohnungseigentümer . . . c) Erwerber von Wohnungseigentum . Gesetzlich Verwaltungsbefugte . . . . . . . Verwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen unterbliebener Ladung . . . . . . . . Form, Inhalt und Frist der Einberufung (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . Form und Inhalt der Einberufung . . . . . a) Textform (Abs. 4 Satz 1) . . . . . . . . . . b) Sprache und notwendiger Inhalt . . . c) Mit zu versendende Unterlagen . . . . Einberufungsfrist (Abs. 4 Satz 2) . . . . . . a) Zwei-Wochen-Frist . . . . . . . . . . . . . . b) Besondere Dringlichkeit . . . . . . . . . . Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ladungsmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absage oder Verlegung . . . . . . . . . . . . . Teilnahmerechte an der Versammlung Inhalt des Teilnahmerechts . . . . . . . . . .

8 10 11 12 14 15 17 17b 18 19 19a 21 22 23 24 25 26 27 28 29 29a 29b 30 30 31 33a 34 35 35 40 42 44 47 48 50 50 50 54 56 57 57 60 63 65a 67 68 68

2.

VIII. 1. 2. 3.

4. IX. 1.

2. 3. X. 1. 2.

3.

a) Rechte des Teilnehmers in der Versammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 b) Entziehbarkeit und Grenzen . . . . . . . 73 c) Teilnahmepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Teilnahmeberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . 78 a) Wohnungseigentümer und Vertreter 78 b) Verwalter und Verwaltungsbeirat . . . 80 c) Teilnahme Dritter . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Gestattung durch die Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . 83 bb) Beratung und Begleitung einzelner Wohnungseigentümer . . . . . 86 cc) Beratung sämtlicher Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . 90 d) Teilversammlungen . . . . . . . . . . . . . . 92 Ort und Zeit der Versammlung . . . . . 93 Bestimmung der Wohnungseigentümer 93 Bestimmung durch den Einberufenden 94 Anforderungen an Versammlungsort und -stätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 a) Zugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 b) Zumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 c) Ortsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 d) Gewährleistung der Nichtöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Anforderungen an Versammlungstag und -zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Vorsitz in der Versammlung (Abs. 5) . 103 Verwalter als Versammlungsleiter . . . . . 104 a) Rechtstellung des Verwalters . . . . . . 104 b) Übertragung auf Mitarbeiter . . . . . . 105 c) Übertragung durch den Verwalter . . 106 Übertragung durch die Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Durchführung der Versammlung . . . . 109 Grundsatz der Nichtöffentlichkeit . . . . 109 Ablauf der Versammlung . . . . . . . . . . . . 111 a) Eröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 b) Abhandlung der Tagesordnungspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 c) Unterbrechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113a d) Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 e) Vertagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Versammlungsleitung . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Grundprinzipien der Versammlungsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Behandlung der Beschlussgegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 c) Ordnungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . 120 d) Mitschriften und Aufzeichnungen (Tonträger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 e) Rechtswidrige Versammlungsleitung 123

Schultzky | 909

§ 24 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift 4. Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Regelungsgegenstände . . . . . . . . . . . . 125 c) Geschäftsordnungsbeschlüsse . . . . . . 126 d) Anfechtbarkeit der Geschäftsordnungsbeschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 XI. Niederschrift (Abs. 6) . . . . . . . . . . . . . . 130 1. Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 a) Sicherung der Beschlussinhalte und Information der Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 b) Vereinbarte Entstehensvoraussetzung für Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . 131 2. Abfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 a) Notwendiger Inhalt (Abs. 6 Satz 1) . 135 b) Fakultativer Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . 137 4. Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 a) Schriftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 b) Unterschriften (Abs. 6 Satz 2) . . . . . . 141 5. Frist zur Erstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 6. Die Niederschrift als Beweismittel . . . . . 145 a) Beweiserleichterung . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Öffentlicher Glauben . . . . . . . . . . . . . 148 7. Versendung und Einsichtnahme (Abs. 6 Satz 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Keine Versendungspflicht . . . . . . . . . 149a b) Ort der Einsichtnahme . . . . . . . . . . . 150 c) Einsichtsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . 152 d) Inhalt des Einsichtsrechts . . . . . . . . . 153 e) Verstöße gegen das Einsichtsrecht . . 155 8. Mängel der Niederschrift . . . . . . . . . . . . 156 a) Notwendigkeit der Berichtigung . . . . 156 b) Anspruch auf Berichtigung . . . . . . . . 157 c) Schadenersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 9. Aufbewahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 XII. Beschluss-Sammlung (Abs. 7, 8) . . . . . 161 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Verhältnis zur Niederschrift und zum Grundbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 2. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

3.

4.

5.

6.

7.

a) Verwalter (Abs. 8 Satz 1) . . . . . . . . . . b) Fehlen eines Verwalters (Abs. 8 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorsitzender der Eigentümerversammlung . . . . . . . . . . . . . . . bb) Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt (Abs. 7 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschlüsse in der Eigentümerversammlung (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . b) Geschäftsordnungsbeschlüsse . . . . . c) Schriftliche Beschlüsse gem. § 23 Abs. 3 (Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gerichtsentscheidungen (Nr. 3) . . . . aa) Einzutragende Entscheidungen bb) Inhalt der Eintragung . . . . . . . . cc) Zeitpunkt der Eintragung . . . . . e) Prozessvergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau und Eintragungen . . . . . . . . . . . a) Form der Beschluss-Sammlung . . . . b) Fortlaufende Eintragung und Nummerierung (Abs. 7 Satz 3) . . . . . . . . . c) Anmerkung der Anfechtung und Aufhebung (Abs. 7 Satz 4) . . . . . . . . d) Löschungen von Eintragungen (Abs. 7 Sätze 5 und 6) . . . . . . . . . . . . e) Unverzügliche Erledigung (Abs. 7 Satz 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einsichtnahme (Abs. 7 Satz 8) . . . . . . . . a) Berechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wohnungseigentümer . . . . . . . . bb) Ermächtigung Dritter . . . . . . . . cc) Erwerber bei Zwangsversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umfang des Einsichtsrechts . . . . . . . c) Durchsetzung des Einsichtsverlangens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungen der Beschluss-Sammlung . a) Keine konstitutive Wirkung . . . . . . . b) Beweismittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mängel der Beschluss-Sammlung . . . . . a) Notwendigkeit der Berichtigung . . . b) Anspruch auf Berichtigung . . . . . . . . c) Rechtsschutz gegen Berichtigungen . d) Haftung des Verwalters . . . . . . . . . . .

166 170 170 172 174 175 177 178 179 179 181 184 185 186 186 189 190 192 194 195 195 195 196 197 198 199 200 200 201 202 202 203 204 205

Schrifttum: Abramenko, Einberufung der Eigentümerversammlung durch Unbefugte, ZWE 2005, 25; Abramenko, Die Bedeutung der Monatsfrist nach § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG für die Berichtigung von Niederschriften über Wohnungseigentümerversammlungen, ZMR 2003, 326; Abramenko, Die außergerichtliche Berichtigung der Niederschrift über eine Wohnungseigentümerversammlung, ZMR 2003, 245; Armbrüster/Roguhn, Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Versammlung – wen muss, wen darf man zulassen? ZWE 2016, 105; Becker, Niederschrift über die Versammlung – Funktion, Inhalt, Form, ZWE 2016, 2; Becker, Die Feststellung des Inhalts fehlerhaft protokollierter Eigentümerbeschlüsse, ZMR 2006, 489; Becker, Ergebnisfeststellung und Beschlusstatbestand, ZWE 2002, 93; Becker, Die Teilnahme an der Versammlung der Wohnungseigentümer, 1996; Bielefeld, Einladung zur Wohnungseigentümerversammlung auch per Fax oder E-Mail, GE 2002, 107; Bonifacio, Die Nichtigkeit von Wohnungseigentü-

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I. Allgemeines | Rz. 1 § 24 merbeschlüssen bei fehlender Einladung zur Versammlung, NZM 2011, 10; Bonifacio, Die Auslegung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsniederschrift, ZMR 2006, 583; Briesemeister, Rechtsfragen rund um die Einberufung der Eigentümerversammlung, ZWE 2013, 123; Briesemeister, Beschluss-Sammlung – § 24 Abs. 7, 8, ZWE 2012, 397; Bub, Die Beweiskraft des Protokolls der Eigentümerversammlung, WE 1997, 402 = FS Seuß (1997), S. 53; Bub, Geschäftsordnung in der Versammlung, WE 1987, 68; Deckert, Beschlussgültigkeitsrisiken bei Verletzung/Missachtung des Nichtöffentlichkeitsgrundsatzes in Wohnungseigentümerversammlungen, ZMR 2014, 337; Demharter, Nachweis eines Eigentümerbeschlusses gegenüber dem Grundbuchamt, ZWE 2012, 75; Drabek, Obstruktives Eigentümerverhalten bei notwendigen Sanierungen am gemeinschaftlichen Eigentum, ZMR 2003, 241; Drabek, Vorbereitung und Durchführung von Eigentümerversammlungen, ZWE 2000, 395; Drabek, Unter rechtlicher Betreuung Stehende als Wohnungseigentümer, FS Deckert, S. 105; Drasdo, Rechtsschutz gegen unbefugte Einladung zur Eigentümerversammlung, NJWSpezial 2016, 97; Drasdo, Teilnahme Dritter an der Eigentümerversammlung – Im Focus: Rechtsanwälte, NZM 2015, 360; Drasdo, Die Beschluss-Sammlung in der Reform des WEG, ZMR 2007, 501; Drasdo, Die Zwangsverwaltung von Wohnungseigentum, ZWE 2006, 68; Elzer, Die Geschäftsordnung für Eigentümerversammlungen, MietRB 2011, 64; Elzer, Aktuelles zur Eigentümerversammlung, ZMR 2009, 7; Fleischer/Eschwey, Die versäumte Einladung als Beschlussmangel im Aktien-, GmbH-, Vereins- und Wohnungseigentumsrecht, BB 2015, 2178; Gottschalg, Eigentümerversammlung in (Schul-)Ferienzeiten? – Grenzen des Verwalterermessens bei der Terminierung, NZM 2009, 529; Gottschalg, Informationspflichten und Haftungsrisiken des Verwalters, FS Seuß (2007), S. 113; Gottschalg, Die Durchsetzung des Anspruchs der Wohnungseigentümer auf Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung, NZM 2005, 406; Gottschalg, Probleme bei der Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung, NZM 1999, 825; Greiner, Geschäftsordnungsbeschlüsse, ZWE 2016, 297; Häublein, Aktuelle Rechtsfragen der Einberufung und Durchführung von Wohnungseigentümerversammlungen, ZMR 2004, 723; Heggen, Das Kreuz mit dem Verwalternachweis oder: Wer unterschreibt das Protokoll der Eigentümerversammlung wie?, RNotZ 2010, 455; Heggen, Die Unterschriften unter der Niederschrift über eine WEG-Versammlung, NotBZ 2009, 401; Hügel, Das Ableben eines Wohnungseigentümers und dessen Folgen für die Eigentümergemeinschaft, ZWE 2006, 174; Jennißen/Intveen, Anwaltliche Teilnahme an der Wohnungseigentümerversammlung, NJW 2007, 2881; Kuhla, Die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit von Beschlüssen durch den Verwalter, ZWE 2012, 158; Kümmel, Die Versammlungsniederschrift – Erstellung, Inhalt, Berichtigung, MietRB 2003, 58; Mankowski, Textform und Formerfordernisse im Miet- und Wohnungseigentumsrecht, ZMR 2002, 481; Mankowski, Die virtuelle Wohnungseigentümerversammlung, ZMR 2002, 246; Merle, Neues WEG – Die Beschluss-Sammlung, ZWE 2007, 272; Röll, Beschlüsse einer durch einen Eigentümer eigenmächtig einberufenen Wohnungseigentümerversammlung, FS Schippel (1996), S. 267; Röll, Die Niederschrift über die Wohnungseigentümerversammlung, FS Bärmann und Weitnauer (1990), S. 523; Sauren, Zum Nicht-Öffentlichkeitsgebot in der Eigentümerversammlung, ZWE 2007, 21; Schmid, Die Nichtöffentlichkeit der Wohnungseigentümerversammlung, ZWE 2012, 480; Schmid, Der „Kernbereich“ elementarer Mitwirkungsrechte des Wohnungseigentümers, NJW 2011, 1841; Schmid, Was tun, wenn ein Wohnungseigentümer oder seine Anschrift nicht bekannt sind?, ZWE 2011, 443; Schmid, Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Beschlussfassung und Schadensersatz bei Verletzung dieser Pflicht, ZfIR 2010, 673; Schüller, Die Vertretung des WEG-Verwalters in der Wohnungseigentümerversammlung, GE 2012, 1679; Schultheis, Durchführung der Versammlung der Wohnungseigentümer – Praktische Herausforderungen, insbesondere bei großen Wohnanlagen, ZWE 2016, 57; Schultzky, Die Einberufung der Eigentümerversammlung, MietRB 2018, 155; Skauradszun, Einberufung der Versammlung und Bezeichnung der Beschlussgegenstände, ZWE 2016, 61.

I. Allgemeines 1. Überblick Die Bestimmung regelt mit ihren Abs. 1 bis 4 bei welchem Anlass (Rz. 2 ff.), von welcher Per- 1 son (vgl. Rz. 18 ff.) und in welcher Form und Art und Weise (vgl. Rz. 50 ff.) die Versammlung der Wohnungseigentümer (Eigentümerversammlung) einzuberufen ist. Weiter ist durch § 24 in Abs. 5 bestimmt, wer die Eigentümerversammlung leitet (vgl. Rz. 103 ff.), und in Abs. 6, wie die Niederschrift (Protokoll) über die Inhalte der Eigentümerversammlung abzufassen ist Schultzky | 911

§ 24 Rz. 1 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift (vgl. Rz. 130 ff.). Durch das Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26.3.20071 eingefügt wurden die Bestimmungen zur Beschluss-Sammlung in den Abs. 7 und 8 (vgl. Rz. 161 ff.). 1a Der Vorschrift vergleichbar sind die Regelungen des BGB zum Verein in §§ 36, 37 BGB, des

GmbHG zur Gesellschafterversammlung in §§ 49, 50 GmbHG, des AktG zur Hauptversammlung in §§ 121, 122, 123 Abs. 1 AktG und die der §§ 45, 46 GenG zur Generalversammlung. Aufgrund der körperschaftlichen Elemente der Wohnungseigentümergemeinschaft kann eine Heranziehung dieser Bestimmungen zur Lösung von Auslegungsproblemen und Schließung von Lücken geeignet sein, wenn nicht Besonderheiten des Wohnungseigentums dem entgegenstehen (vgl. Rz. 97, § 23 Rz. 23 einerseits, Rz. 33 andererseits).

2. Abdingbarkeit 1b Die in § 24 getroffenen Regelungen sind grundsätzlich abdingbar, wie sich aus § 10 Abs. 2

Satz 2 ergibt.2 Die Wohnungseigentümer können bestimmte Zeiträume für die Einberufung festlegen.3 Ebenso können sie festlegen, dass die Versammlung nur zu bestimmten Zeiten stattfinden darf.4 Eine Ausnahme gilt für das Einberufungsverlangen der Wohnungseigentümer nach § 24 Abs. 2 Variante 2. Es zählt – wie auch im Gesellschaftsrecht5 – zu den grundlegenden und nicht entziehbaren Minderheitsrechten einer Personengemeinschaft. Unwirksam sind daher alle Bestimmungen, die dem die Einberufung fordernden Viertel (plus eine Stimme) das Recht, die Einberufung der Versammlung zu verlangen, nehmen oder dieses erschweren.6 Eine Erleichterung ist aber möglich, etwa indem auf das Schriftformerfordernis verzichtet oder ein geringeres Quorum bestimmt wird.7 1c Streitig ist, ob Abs. 7 und 8 abbedungen werden können, mithin das Erfordernis einer Be-

schluss-Sammlung gänzlich ausgeschlossen werden kann. Wegen der besonderen Bedeutung der Beschluss-Sammlung, die sich auch in § 26 Abs. 1 Satz 4 widerspiegelt, der in dem Unterlassen des Führens einen Abberufungsgrund für den Verwalter sieht, werden § 24 Abs. 7 und 8 teils als zwingendes Recht angesehen.8 Die Gegenauffassung beruft sich zu Recht auf die in § 10 Abs. 2 Satz 2 bestimmte Gestaltungsfreiheit der Wohnungseigentümer.9 Die BeschlussSammlung kann auch nicht zu einem vereinbarungsfesten Kern der Mitgliedschaftsrechte – soweit ein solcher überhaupt anzuerkennen ist – gezählt werden, denn sie dient lediglich der Dokumentation und hindert die Durchsetzung von Rechten nicht.

1 BGBl. I, 370. 2 OLG Frankfurt v. 27.9.2004 – 20 W 513/01, MietRB 2005, 126; BayObLG v. 10.2.1994 – 2Z BR 106/ 93, WuM 1994, 227; BayObLG v. 2.8.1990 – BReg.2 Z 69/90, juris; BayObLG v. 8.6.1990 – BReg.1b Z 18/89, WuM 1990, 621. 3 LG Karlsruhe v. 25.10.2013 – 11 S 16/13, MietRB 2014, 177 = MietRB 2014, 178 = ZWE 2014, 93. 4 LG Karlsruhe v. 7.10.2014 – 11 S 8/14, ZWE 2015, 419. 5 Vgl. etwa Seibt in Scholz, GmbHG, § 50 GmbHG Rz. 6. 6 BayObLG v. 5.10.1972 – BReg.2 Z 54/72, NJW 1973, 151; Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 63; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 11; a.A. AG Offenbach v. 13.3.2013 – 310 C 73/12, ZMR 2013, 1000; Schmid, NJW 2011, 1841 (1842). 7 LG Hamburg v. 18.8.2010 – 318 S 77/09, ZWE 2011, 95 (96); AG Offenbach v. 22.10.2014 – 310 C 96/ 14, ZMR 2015, 638. 8 Reichert, ZWE 2007, 388; Hügel/Elzer, NZM 2009, 457 (467); Hügel in Bamberger/Roth, § 24 WEG Rz. 1; Bärmann/Pick, § 24 WEG Rz. 24; Bartholome in Timme, § 24 WEG Rz. 301. 9 Merle, ZWE 2007, 272; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 147; Deckert/Kappus, NZM 2007, 745 (746).

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II. Einberufungsgründe | Rz. 4 § 24

II. Einberufungsgründe 1. Notwendigkeit eines Einberufungsgrundes Für den Verwalter (oder den ersatzweise Zuständigen, Rz. 18 ff.) besteht eine Pflicht zur Ein- 2 berufung der Eigentümerversammlung, wenn ein Einberufungsgrund nach § 24 Abs. 1 (Rz. 3), Abs. 2 (Rz. 5 ff.) und in § 25 Abs. 4 Satz 1 (§ 25 Rz. 113 ff.) vorliegt. Im Übrigen steht dem Verwalter grundsätzlich ein Ermessen zu, ob er einberuft.10 Bei der Ausübung des Ermessens ist er aber an den Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung gebunden. Er darf eine Eigentümerversammlung nur einberufen, wenn dies objektiv erforderlich ist. Ist die Einberufung notwendig, kann sich sein Ermessen zur Pflicht verdichten (s. Rz. 4). Fehlt es an einem Einberufungsgrund und verstößt eine Einberufung daher gegen die ord- 2a nungsmäßige Verwaltung, kann der Einberufende auf Unterlassung nach § 21 Abs. 4 in Anspruch genommen werden. Der Anspruch kann im Wege der einstweiligen Verfügung gegen den Einberufenden durchgesetzt werden.11 Auch kann der Verwalter in diesem Fall wegen Verletzung seiner Verwalterpflichten gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Ersatz der durch die unnötige Versammlung verursachten zusätzlichen Kosten verpflichtet sein.12 Eine einberufene Versammlung ist aber unabhängig von der Ordnungsmäßigkeit der Einberufung wirksam,13 so dass die dort getroffenen Beschlüsse nicht aus diesem Grund an einem formellen Mangel leiden und anfechtbar sind.14

2. Jährliche Einberufung (Abs. 1) Das Ermessen des Verwalters, wann eine Eigentümerversammlung einzuberufen ist, wird 3 durch § 24 Abs. 1 eingeschränkt. Danach ist die Versammlung mindestens einmal im Jahr einzuberufen. Damit ist das Kalenderjahr gemeint, wobei ein bestimmter Zeitpunkt innerhalb des Kalenderjahres und ein bestimmter Abstand zur vorangegangenen Versammlung nicht vorgegeben ist. Zweckmäßig wäre es, die Versammlung möglichst am Anfang eines Jahres einzuberufen, damit der Wirtschaftsplan zeitnah zum Jahresbeginn gefasst werden kann. In der Praxis finden Versammlungen allerdings regelmäßig später statt, weil die Jahresabrechnungen meist – häufig auch wegen der Abrechnungen der Versorger – erst am Ende des Frühjahrs vorliegen.

3. Ordnungsmäßige Verwaltung Das Einberufungsermessen des Verwalters wird durch die Interessen der Wohnungseigentü- 4 mer sowie durch die Interessen des Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft begrenzt. Soweit diese Interessen die Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung nach einer ordnungsmäßigen Verwaltung i.S.v. § 21 Abs. 3 und Abs. 4 gebieten, reduziert sich das Einberufungsermessen auf null und der Verwalter muss einberufen.15 Das kann z.B.

10 OLG Düsseldorf v. 25.8.2003 – 3 Wx 217/02, ZMR 2004, 692. 11 AG Kassel v. 25.11.2015 – 803 C 4964/15, juris Rz. 4 = MietRB 2016, 205; Dötsch, jurisPR-MietR 4/ 2016 Anm. 4. 12 OLG Hamm v. 4.7.1980 – 15 W 177/79, MDR 1980, 1022; kritisch Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 42. 13 BayObLG v. 31.1.1985 – BReg.2 Z 98/84, MDR 1985, 587 = ZMR 1985, 210; OLG Hamm v. 4.7.1980 – 15 W 177/79, MDR 1980, 1022. 14 AG Berlin-Mitte v. 9.6.2016 – 29 C 53/15, GrundE 2016, 923. 15 Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 17; Bartholome in Timme, § 24 WEG Rz. 7.

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§ 24 Rz. 4 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift der Fall sein, wenn der Verband für die Tilgung bestehender oder künftiger Verwaltungsschulden oder für die Ansammlung der Instandhaltungsrückstellung als Verbandsvermögen Mittel benötigt;16 denn der Verwalter ist dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Wohnungseigentümer durch die Gläubiger für Verbindlichkeiten des Verbandes nicht in Anspruch genommen werden.17 Ferner ist einzuberufen, wenn über eine Klage zu befinden ist, wenn ein plötzlicher Sanierungsbedarf besteht18, wenn es um die dringende Beseitigung von Schadensquellen geht,19 wenn das Sachverständigengutachten über eine unaufschiebbare Instandsetzungsmaßnahme eintrifft und die Maßnahme dadurch entscheidungsreif wird20 oder wenn von einem Wohnungseigentümer – nicht völlig grundlos – schwerwiegende Pflichtverletzungen des Verwalters angeführt werden, die nicht längere Zeit ungeklärt im Raum stehen dürfen.21

4. Vereinbarte Einberufung (Abs. 2 Halbs. 1) 5 Nach § 24 Abs. 2 Halbs. 1 ist eine Versammlung einzuberufen, soweit dies eine Vereinbarung

bestimmt. Der Verwalter ist ohne weiteres daran gebunden. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 24 Abs. 2, weshalb es keiner weiteren Ausführung oder Regelung bedarf, z.B. im Verwaltervertrag.22 Durch Vereinbarung kann dabei die Notwendigkeit häufigerer Versammlungen, aber z.B. auch bestimmt werden, dass die jährliche Eigentümerversammlung im ersten Quartal abzuhalten ist. 6 Eine Vereinbarung kann umgekehrt auch bestimmen, dass die Versammlung nicht einzube-

rufen ist. So kann der jährliche Turnus des Abs. 1 verlängert oder gänzlich abbedungen werden (s. Rz. 1b). Der „Kernbereich“ der Mitgliedschaft eines Wohnungseigentümers wird dadurch nicht berührt und macht die Vereinbarung nicht unwirksam. Denn eine entsprechende Vereinbarung hindert einen Wohnungseigentümer nicht daran, ein Verlangen nach § 24 Abs. 2 Halbs. 2 (Rz. 7) zu initiieren und auch nicht daran, dass der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder sein Vertreter einberufen.

5. Einberufungsverlangen der Wohnungseigentümer (Abs. 2 Halbs. 2) 7 Ebenso wie nach §§ 37 Abs. 1 BGB, 122 Abs. 1 Satz 1 AktG, 50 Abs. 1 GmbHG, 45 Abs. 1

Satz 1 GenG ist vom Verwalter gem. § 24 Abs. 2 Halbs. 2 eine Eigentümerversammlung einzuberufen, wenn dies schriftlich (vgl. Rz. 10) unter Angabe des Zweckes und der Gründe von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird. Die Vorschrift bezweckt den Schutz der Minderheit und soll als Ausfluss des Mitgliedschaftsrechts die Ausübung der an die Eigentümerversammlung gebundenen Rechte gewährleisten, vor allem des Rechts auf Beschlussfassung (s. Rz. 1b).

16 OLG Köln v. 7.5.1999 – 16 Wx 21/99, ZMR 1999, 789. 17 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 = MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 f. (237) = NJW 2005, 2061; Häublein, ZfIR 2004, 738 (739); Armbrüster, PiG 71, 85 (99); Briesemeister, NZM 2003, 777 (778). 18 Drasdo, PiG 61 (2001), 63 (101). 19 Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 67. 20 Skauradszun, ZWE 2016, 61 (63). 21 OLG Köln v. 15.3.2004 – 16 Wx 245/03, MietRB 2004, 240 = NZM 2004, 305. 22 Elzer, ZMR 2006, 85 (88).

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II. Einberufungsgründe | Rz. 11 § 24

a) Materielle Voraussetzungen Das Einberufungsverlangen der Wohnungseigentümer ist nach Abs. 2 nicht an bestimmte ma- 8 terielle Voraussetzungen geknüpft. Aus der Treuebindung der Wohnungseigentümer untereinander folgt aber, dass das Recht auf Einberufung einer Eigentümerversammlung nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt werden darf.23 Das Einberufungsverlangen darf daher nur auf die Behandlung solcher Gegenstände gerichtet sein, für die die Wohnungseigentümer eine Beschlusskompetenz besitzen und die eine Beschlussfassung erfordern. Rechtsmissbräuchlich ist es insbesondere, wenn die Versammlung ausschließlich der Herbeiführung eines gesetzesoder vereinbarungswidrigen Beschlusses dienen soll. Es gelten die gleichen Maßstäbe wie bei der Frage, wann ein Wohnungseigentümer die Aufnahme eines Punktes auf die Tagesordnung oder die Abstimmung über einen bestimmten Gegenstand verlangen darf (s. § 23 Rz. 121 ff.). Allerdings ist im Rahmen der Annahme eines Rechtsmissbrauchs Zurückhaltung geboten, um den Zweck des Minderheitenschutzes nicht zu gefährden. Ein Rechtsmissbrauch kann auch dann vorliegen, wenn Gegenstand einer Eigentümerver- 9 sammlung eine Angelegenheit sein soll, mit der sich die Wohnungseigentümer bereits befasst haben, die aus Sicht der Antragsteller aber nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt hat, und nunmehr dieselben Wohnungseigentümer die Einberufung einer Eigentümerversammlung unter Angabe derselben Gründe und desselben Zwecks erneut verlangen.24 Ein Einberufungsverlangen ist ferner bei fehlender Eilbedürftigkeit rechtsmissbräuchlich, also wenn den antragstellenden Wohnungseigentümern ohne weiteres ein Zuwarten bis zu der nächstfolgenden Eigentümerversammlung zugemutet werden kann und damit ein Grund für eine außerordentliche Versammlung nicht zu erkennen ist.25 b) Schriftform und Adressat Die Einberufung muss, wenn nicht zulässigerweise etwas anderes vereinbart ist (Rz. 1b), 10 schriftlich verlangt werden. Schriftlich ist i.S.v. § 126 Abs. 1 BGB zu verstehen.26 Das Einberufungsverlangen muss daher von jedem Antragsteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Die schriftliche Form kann gem. § 126 Abs. 3 und 4 BGB durch die elektronische Form nach § 126a BGB oder durch die notarielle Beurkundung ersetzt werden. Ein Telefax genügt hingegen nicht.27 Adressat und Empfänger des Einberufungsverlangens ist der aktuelle Verwalter oder – wenn dieser fehlt – der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats nach § 24 Abs. 3. c) Notwendiges Quorum Das Einberufungsverlangen muss, wenn nicht ein geringeres Quorum vereinbart worden ist 11 (Rz. 1b), von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer gestellt werden. § 24 Abs. 2 Halbs. 2 knüpft dabei allein an die Köpfe der Wohnungseigentümer an.28 Vereinigen die das Einberufungsverlangen stellenden Wohnungseigentümer ein Viertel der Miteigentumsanteile

23 OLG Celle v. 25.6.2003 – 4 W 64/03, MietRB 2003, 74; BayObLG v. 9.8.1990 – BReg.1b Z 25/89, WuM 1990, 464. 24 OLG Celle v. 25.6.2003 – 4 W 64/03, MietRB 2003, 74. 25 Zum Aktienrecht s. z.B. OLG Frankfurt v. 15.2.2005 – 20 W 1/05, juris; KG v. 3.12.2002 – 1 W 363/ 02, juris. 26 OLG Düsseldorf v. 25.8.2003 – 3 Wx 217/02, ZMR 2004, 692. 27 LG Koblenz v. 7.6.2018 – 2 S 16/18, ZMR 2018, 858. 28 BayObLG v. 13.12.1983 – BReg.2 Z 113/82, MittBayNot 1983, 12; BayObLG v. 5.10.1972 – BReg.2 Z 54/72, NJW 1973, 151; Drasdo, PiG 61 (2001), 63 (100).

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§ 24 Rz. 11 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift auf sich, genügt das noch nicht.29 Das gilt auch dann, wenn sonst das Wert- oder Objektprinzip gilt.30 Steht ein Wohnungs- oder Teileigentum mehreren zu, müssen sie ihr Verlangen entsprechend § 25 Abs. 2 Satz 2 einheitlich geltend machen.31 Ein Einberufungsverlangen kann auch von einem vom Stimmrecht ausgeschlossenen Wohnungseigentümer gestellt werden.32 Der Stimmrechtsausschluss erfasst weder das Teilnahmerecht des eigentlich Stimmberechtigten noch sein Recht, sich an der Aussprache in der Eigentümerversammlung zu beteiligen oder einen Antrag zu stellen. Damit muss ihm auch die Möglichkeit zukommen, die Abhaltung einer Versammlung zu verlangen. Dass das notwendige Quorum erreicht ist, müssen die Verlangenden darlegen. Das Quorum muss im Zeitpunkt des Zugangs des Einberufungsverlangens erfüllt sein; ein späterer Widerruf des Verlangens durch einzelne Wohnungseigentümer ist analog § 130 Abs. 1 S. 2 BGB unerheblich.33 Ebenso entfällt es nicht dadurch, dass ein Verlangender später aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausscheidet.34 Folgerichtig ist das Verlangen auch dann gerichtlich durchsetzbar, wenn zum Schluss der mündlichen Verhandlung das notwendige Quorum nicht mehr erfüllt ist.35 d) Angabe der Gründe 12 Im Einberufungsverlangen sind der „Zweck“ und die „Gründe“ des Verlangens zu benennen.

„Zweck“ ist als der Gegenstand i.S.v. § 23 Abs. 2 zu verstehen, den die geforderte Eigentümerversammlung haben soll (mit welchen Punkten sich die Wohnungseigentümer also beschäftigen sollen). Die Antragsteller können dem Einberufungsverlangen für die von ihnen anzugebenden Gegenstände einen Entwurf für die Tagesordnung beifügen. Ausreichend ist aber auch eine abstrakte Beschreibung der Beschlussgegenstände.

13 Als „Grund“ für ein Einberufungsverlangen i.S.v. § 24 Abs. 2 haben die Wohnungseigentümer

die besondere Eilbedürftigkeit darzulegen, die es nicht erlaubt, die nächste ordentliche Versammlung abzuwarten (vgl. Rz. 9). e) Prüfung durch den Verwalter 14 Dem Verwalter steht nicht nur ein formelles Prüfungsrecht des Einberufungsverlangens zu,

sondern ihn trifft auch eine damit korrespondierende Prüfungspflicht, deren Verletzung Schadenersatzansprüche der Gemeinschaft begründen kann (Rz. 2a). Der Verwalter darf und muss für seine Antwort und die Anberaumung einer Versammlung prüfen, ob die erforderliche Anzahl von Wohnungseigentümern das Begehren gestellt haben (Rz. 11), ob die Schriftform eingehalten ist (Rz. 10) und ob die Antragsteller Gegenstände für die Eigentümerversammlung sowie einen Grund für die Eilbedürftigkeit (Rz. 12 f.) benannt haben. 14a Der Verwalter hat auch die Rechtsmissbräuchlichkeit zu prüfen (Rz. 8 f.).36 Eine darüber hi-

nausgehende Prüfung danach, ob die angegebenen Gründe aus Sicht eines objektiven Dritten die Abhaltung einer Eigentümerversammlung rechtfertigen, darf der Verwalter hingegen nicht

29 OLG Hamm v. 4.9.1973 – 15 W 34/73, NJW 1973, 2300 (2301); a.A. AG Offenbach v. 13.3.2013 – 310 C 73/12, ZMR 2013, 1000. 30 Briesemeister, NZM 2000, 992 (995). 31 Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 50; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 10. 32 Skauradszun, ZWE 2016, 61 (63); Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 52; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 10. 33 LG Koblenz v. 7.6.2018 – 2 S 16/18, ZMR 2018, 858; a.A. Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 51. 34 AG Offenbach v. 22.10.2014 – 310 C 96/14, ZMR 2015, 638. 35 A.A. LG Koblenz v. 7.6.2018 – 2 S 16/18, ZMR 2018, 858. 36 BayObLG v. 9.8.1990 – BReg. 1b Z 25/89, WuM 1990, 464.

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II. Einberufungsgründe | Rz. 17a § 24

anstellen (materielles Prüfungsrecht).37 Ein materielles Prüfungsrecht des Verwalters stünde dem Charakter des Einberufungsrechts entgegen und könnte dieses vereiteln. f) Einberufungsfrist Der Verwalter hat einem Einberufungsverlangen, soweit die formellen Voraussetzungen vor- 15 liegen, unverzüglich i.S.v. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB zu entsprechen.38 Bei der Bestimmung des Datums der Versammlung steht dem Verwalter aber ein Ermessen zu. Bei seiner Abwägung muss er das Interesse sämtlicher Wohnungseigentümer berücksichtigen, sich angemessen auf die Versammlung vorzubereiten. Von den Verlangenden selbst gesetzte Fristen sind für den Verwalter nicht maßgeblich. Außerdem ist die Mindestfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 zu beachten. Im Allgemeinen wird eine auf Grund eines Einberufungsverlangens stattfindende Eigentü- 16 merversammlung innerhalb eines Monats abzuhalten sein, sieht man von Ausnahmefällen ab, wie z.B. in der Weihnachtszeit39 oder allgemeinen Urlaubszeit. Wenn es um die Abberufung des Verwalters wegen angeblicher Pflichtwidrigkeit und Neubestellung geht, ist ein Verwalter in besonderem Maße gehalten, einen sehr zeitnahen Termin für die Eigentümerversammlung festzulegen und die Einladungen dafür schnell zu versenden.40 Der Verwalter darf in diesem Falle weder auf die nächste ordentliche Eigentümerversammlung verweisen noch die Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung von einer weiteren „Rückantwort“ der Wohnungseigentümer abhängig machen. Das Ermessen ist in der Regel überschritten, wenn trotz objektiver Dringlichkeit die Versammlung erst mehr als zweieinhalb Monate nach dem Einberufungsverlangen stattfindet.41 g) Folgen eines Verstoßes Im Falle einer unberechtigten Weigerung des Verwalters kann der Vorsitzende des Verwal- 17 tungsbeirats oder dessen Stellvertreter nach § 24 Abs. 3 die Versammlung einberufen (s. Rz. 29). Das gilt auch bei einer ungebührlichen Verzögerung (s. Rz. 15 f.).42 Handelt ein Verwalter einer ausdrücklichen Weisung der Wohnungseigentümer zuwider oder 17a leistet er einem wiederholten Verlangen der Wohnungseigentümer nach Einberufung einer Eigentümerversammlung nicht Folge, rechtfertigt dies seine Abberufung.43 Weigert sich ein Verwalter pflichtwidrig, eine Versammlung der Wohnungseigentümer mit dem TOP „Abberufung des Verwalters und Beendigung des Verwaltervertrages“ einzuberufen, kann er ferner keine Vergütung nach dem Zeitpunkt mehr verlangen, an dem die Versammlung hätte stattfinden können.44

37 OLG München v. 21.6.2006 – 34 Wx 28/06, MietRB 2006, 245 = ZMR 2006, 719 (720); BayObLG v. 20.2.2003 – 2Z BR 1/03, ZMR 2003, 521; LG Hamburg v. 18.8.2010 – 318 S 77/09, ZWE 2011, 95 (97). 38 OLG Düsseldorf v. 25.8.2003 – 3 Wx 217/02, ZMR 2004, 692; LG Hamburg v. 18.8.2010 – 318 S 77/ 09, ZWE 2011, 95 (96). 39 BayObLG v. 20.2.2003 – 2Z BR 1/03, NJW-RR 2003, 874 (875) = NZM 2003, 317. 40 OLG München v. 21.6.2006 – 34 Wx 028/06, ZMR 2006, 719 (720); OLG Düsseldorf v. 25.8.2003 – 3 Wx 217/02, ZMR 2004, 692. 41 BayObLG v. 20.2.2003 – 2Z BR 1/03, ZMR 2003, 521; BayObLG v. 29.11.1990 – BReg.2 Z 72/90, WuM 1991, 131. 42 OLG Düsseldorf v. 25.8.2003 – 3 Wx 217/02, ZMR 2004, 692; OLG Hamm v. 4.7.1980 – 15 W 177/ 79, MDR 1980, 1022. 43 OLG Frankfurt v. 26.4.2005 – 20 W 279/03, juris; OLG Frankfurt v. 22.9.1987 – 20 W 147/87, OLGZ 1988, 43; OLG Düsseldorf v. 2.2.1998 – 3 Wx 345/97, ZMR 1998, 449; OLG Düsseldorf v. 21.1.1998 – 3 Wx 492/97, ZMR 1998, 306 (307). 44 OLG München v. 21.6.2006 – 34 Wx 028/06, ZMR 2006, 719 (720).

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§ 24 Rz. 17b | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift

6. Durchsetzung der Einberufung 17b Der Verwalter ist von Amts wegen zur Einberufung der Eigentümerversammlung verpflichtet

(§ 24 Abs. 2: „muss“), wenn ein Einberufungsgrund besteht. Kommt der Verwalter dieser Pflicht nicht nach, kann er im Wege einer Klage nach § 43 Nr. 3 von jedem Wohnungseigentümer unabhängig vom Quorum des § 24 Abs. 2 Halbs. 2 gezwungen werden, eine Eigentümerversammlung einzuberufen.45 Anspruchsgrundlage für das Verlangen ist § 21 Abs. 4 (s. Rz. 4). Für eine Klage gegen den Verwalter besteht ein Rechtsschutzbedürfnis.46 Alternativ kann jeder Wohnungseigentümer die übrigen Wohnungseigentümer auf Mitwirkung bei der Ladung in Anspruch nehmen (dazu Rz. 33).

17c Bei besonderer Dringlichkeit nach §§ 935, 940 ZPO kann der Verwalter im Wege einstwei-

liger Verfügung in Anspruch genommen werden. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 21 Abs. 4. Da die einstweilige Verfügung die Hauptsache vorwegnimmt, sind an das Vorliegen des Verfügungsgrunds hohe Anforderungen zu stellen. Der Antragsteller muss glaubhaft machen, dass ihm durch die mit der Durchführung des Hauptsacheverfahrens verbundene Verzögerung der Eigentümerversammlung ein erheblicher und irreparabler Schaden droht.47

III. Zuständigkeit für die Einberufung 18 § 24 regelt mit seinen Absätzen 1 bis 3, wer die Eigentümerversammlung einzuberufen hat.

Neben dem Verwalter und dem Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats und seinem Vertreter kommen als Einberufungsberechtigte aber über die Regelungen in Abs. 1 bis 3 hinaus in bestimmten Fällen auch die Wohnungseigentümer in Betracht.

1. Verwalter 19 Originärer Einberufender ist, soweit die Wohnungseigentümer nichts anderes bestimmt ha-

ben,48 gem. § 24 Abs. 1 und 2 der Verwalter. a) Wirksame Bestellung 19a Der von den Wohnungseigentümern oder vom Gericht (vgl. Rz. 22) bestellte Verwalter besitzt

sein Einberufungsrecht solange, bis seine Bestellung gesetzlich gem. § 26 Abs. 1 Satz 2, durch einen Abberufungsbeschluss, die Amtsniederlegung oder eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung endet (dazu Rz. 23). Maßgeblich für das Einberufungsrecht des Verwalters ist der Bestellungsbeschluss. Auf die Frage, ob es einen wirksamen Verwaltervertrag gibt (Anstellung), kommt es nicht an.49 Die Ladung eines Verwalters ist wirksam, wenn er noch im Zeitpunkt der Ladung, nicht aber mehr zum Zeitpunkt der Versammlung im Amt ist.50 Auch dadurch,

45 OLG Hamm v. 4.9.1973 – 15 W 34/73, NJW 1973, 2300 (2301); AG Offenbach v. 13.3.2013 – 310 C 73/12, ZMR 2013, 1000; AG Bonn v. 31.3.2011 – 27 C 194/10, ZMR 2011, 755; Gottschalg, NZM 2005, 406 (408). 46 Vandenhouten in Köhler, Teil 4 Rz. 29. 47 LG München I v. 16.5.2011 – 1 S 5166/11, MietRB 2011, 256 = ZMR 2011, 839. 48 BayObLG v. 25.9.1986 – BReg.2 Z BR 81/86, MDR 1987, 58. 49 BayObLG v. 30.3.1988 – BReg.2 Z 120/87, WuM 1988, 313. 50 OLG Köln v. 20.3.1998 – 16 Wx 27/98, NZM 1998, 920.

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III. Zuständigkeit für die Einberufung | Rz. 23 § 24

dass eine Bestellung angefochten ist, verliert der Verwalter sein Amt und damit sein Ladungsrecht – und seine Ladungspflicht – nicht.51 Wird die Bestellung eines Verwalters durch ein Gericht gem. § 23 Abs. 4 rückwirkend für 20 unwirksam erklärt, war er mangels Organstellung zum Zeitpunkt der Einberufung zu dieser nicht berechtigt. Dennoch ist die Einberufung wirksam, so dass die Beschlüsse, die auf der Versammlung gefasst wurden, nicht aus diesem Grund formell rechtswidrig sind.52 Die fortbestehende Wirksamkeit der Einberufung lässt sich mit der entsprechenden Heranziehung der Regeln der Anscheins- oder Duldungsvollmacht53 oder mit dem in § 47 FamFG zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken begründen.54 b) Beauftragung von Mitarbeitern Der Verwalter kann die Eigentümerversammlung selbst oder durch einen seiner Mitarbeiter 21 einberufen. Dieser Mitarbeiter muss weder Prokurist noch Geschäftsführer sein. Vertretungsmacht ist ebenfalls nicht erforderlich,55 wird aber bei Verwaltergesellschaften häufig gem. § 55 HGB vorliegen. Es genügt vielmehr, dass der Dritte vom Verwalter mit der Ladung betraut worden ist.56 c) Gerichtlich bestellter Verwalter Zur Einberufung ist auch ein „Notverwalter“ befugt, also ein Verwalter, der durch eine rechts- 22 kräftige oder eine für vorläufig vollstreckbar erklärte Gerichtsentscheidung nach §§ 43 Nr. 1, 21 Abs. 4 oder Abs. 8 oder gem. §§ 935, 940 ZPO57 bestellt wurde (dazu § 26 Rz. 44 ff.). Der gerichtlich eingesetzte Notverwalter steht dem gewählten Verwalter gleich. Er besitzt die gleichen Rechte und Pflichten wie jeder Verwalter und unterscheidet sich vom gewählten Verwalter nur im Bestellungsakt.58 d) Einberufung durch einen Scheinverwalter Ein vor der Einladung abberufener Verwalter ist nicht berechtigt, eine Eigentümerversamm- 23 lung einzuberufen, auch wenn die Abberufung angefochten ist.59 Ein Verwalter darf auch dann nicht zur Eigentümerversammlung laden, wenn sein Amt – ggf. kurz – vor der Ladung

51 BayObLG v. 4.12.2002 – 2Z BR 84/02, ZWE 2003, 95; OLG Hamburg v. 13.3.2000 – 2 Wx 27/98, ZMR 2000, 478 (479). 52 KG v. 31.3.2009 – 1 W 209/05, MDR 2009, 860 = MietRB 2009, 235 = ZWE 2009, 330; OLG Hamm v. 27.9.2006 – 15 W 98/06, MietRB 2007, 95 = ZMR 2007, 133 (134); OLG Hamm v. 15.1.1999 – 15 W 444/97, ZMR 1999, 279; OLG Hamburg v. 24.7.2006 – 2 Wx 4/05, ZMR 2006, 791 (793); OLG Düsseldorf v. 4.9.1996 – 3 Wx 125/96, ZMR 1997, 91; BayObLG v. 13.9.1990 – BReg.2 Z 100/90, NJW-RR 1991, 531 (532); BayObLG v. 25.9.1986 – BReg.2 Z 81/86, MDR 1987, 58. 53 KG v. 31.3.2009 – 1 W 209/05, MDR 2009, 860 = MietRB 2009, 235 = ZWE 2009, 330 m.w.N. 54 OLG Hamm v. 27.9.2006 – 15 W 98/06, MietRB 2007, 95 = ZMR 2007, 133 (134); OLG Hamm v. 15.1.1999 – 15 W 444/97, ZMR 1999, 279; OLG Hamm v. 13.1.1992 – 15 W 13/91, NJW-RR 1992, 722; BayObLG v. 13.9.1990 – BReg.2 Z 100/90, NJW-RR 1991, 531 (532); BayObLG v. 25.9.1986 – BReg.2 Z 81/86, MDR 1987, 58. 55 A.A. wohl OLG Köln v. 4.9.2002 – 16 Wx 114/02, MietRB 2003, 11 = ZMR 2003, 380 (381); OLG Celle v. 28.4.2000 – 4 W 13/00, MDR 2000, 1428. 56 LG Flensburg v. 18.3.1998 – 5 T 341/97, NJW-RR 1999, 596; vgl. Schultzky, MietRB 2015, 379 (382). 57 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, MDR 2011, 1032 = MietRB 2011, 282 = NJW 2011, 3025. 58 BGH v. 6.5.1993 – V ZB 9/92, BGHZ 122, 327 (330) = MDR 1993, 865 = NJW 1993, 1924; Elzer, ZMR 2004, 229 (233). 59 KG v. 6.6.1990 – 24 W 1227/90, MDR 1990, 925 = WuM 1990, 363.

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§ 24 Rz. 23 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift durch Zeitablauf endete.60 Das gilt auch, wenn auf der einzuberufenden Versammlung über seine erneute Bestellung beschlossen werden soll. Das Ladungsrecht entfällt schließlich dann, wenn ein Verwalter sein Amt wirksam niedergelegt hat. Ohne Bedeutung ist es, wenn eine Mehrheit der Wohnungseigentümer ihn umgestimmt hatte, das aufgegebene Amt wieder zu übernehmen.61 Zu den Rechtsfolgen s. Rz. 33a f.

2. Vorsitzender des Verwaltungsbeirats (Abs. 3) 24 Fehlt ein Verwalter (Rz. 26) oder weigert er sich pflichtwidrig, die Eigentümerversammlung

einzuberufen (Rz. 29), kann zu dieser auch, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, gem. § 24 Abs. 3 von dessen Vorsitzendem oder von seinem Vertreter (Rz. 25) einberufen werden. a) Zuständigkeit des Vorsitzenden und Ersatzzuständigkeiten 25 Zuständig für die Einberufung ist der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder subsidiär –

nämlich dann, wenn, der Vorsitzende nicht handelt oder nicht handeln kann – sein Vertreter. Der Verwaltungsbeirat als solches besitzt auch bei Fehlen eines Vorsitzenden und Vertreters kein Einberufungsrecht, so dass eine Einberufung durch „Beschluss“ der Beiratsmitglieder einen Einberufungsmangel begründet.62 Rufen alle Mitglieder des Verwaltungsbeirates gemeinsam eine Wohnungseigentümerversammlung ein, leiden die auf dieser Versammlung gefassten Beschlüsse hingegen nicht an einem Einberufungsmangel.63 Diese Ladung stellt gegenüber der Einladung durch den Vorsitzenden oder dessen Vertreter ein unschädliches „Mehr“ dar. Sie enthält notwendigerweise auch die Unterschrift desjenigen Mitgliedes, das Vorsitzender ist oder im Falle der Durchführung einer Wahl zum Vorsitzenden gewählt worden wäre. Insoweit wäre es bloße Förmelei, darauf abzustellen, dass keines der Mitglieder des Verwaltungsbeirates zuvor zum Vorsitzenden oder zu dessen Vertreter gewählt worden ist. Die Einladung durch ein einzelnes Beiratsmitglied oder eine Mehrheit der Beiratsmitglieder leidet hingegen an einem Einberufungsmangel.64 b) Fehlen des Verwalters

26 Ein Verwalter kann aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen fehlen. Beide Gründe sind

regelmäßig eng auszulegen. Eine bloße Unsicherheit oder eine treuwidrige oder unzweckmäßige Ausübung des Verwalteramtes genügen nicht. aa) Rechtliche Gründe 27 Ein Verwalter fehlt aus rechtlichen Gründen, wenn keiner bestellt wurde, die Amtszeit des

ordentlich Bestellten abgelaufen ist, der Verwalter sein Amt niederlegt hat oder abberufen wurde, er gestorben, geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig (geworden) ist. Die Erhebung einer Anfechtungsklage gegen den Bestellungsbeschluss oder die Klage auf Abberufung des Verwalters nach § 21 Abs. 4 hat auf die Rechtsstellung des wirksamen bestellten Verwalters keinen Einfluss, so dass er in diesen Fällen (noch) nicht fehlt. 60 BayObLG v. 2.4.1992 – 2Z BR 4/92, NJW-RR 1992, 910; OLG Stuttgart v. 18.12.1985 – 8 W 338/85, NJW-RR 1986, 315. 61 OLG Köln v. 20.3.1998 – 16 Wx 27/98, NZM 1998, 920. 62 A.A. Skauradszun, ZWE 2016, 61 (62). 63 OLG Köln v. 29.12.1999 – 16 Wx 181/99, ZMR 2000, 566; OLG Zweibrücken v. 11.2.1999 – 3 W 255/98, NZM 1999, 858; BayObLG v. 27.11.1997 – 2Z BR 128/97, NZM 1998, 634. 64 LG Zwickau v. 20.11.2001 – 9 T 328/01, ZMR 2002, 307 (308); a.A. Skauradszun, ZWE 2016, 61 (62); Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 68: Einberufung durch Mehrheit zulässig.

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III. Zuständigkeit für die Einberufung | Rz. 29a § 24

bb) Tatsächliche Gründe Nimmt der ordnungsmäßig bestellte Verwalter seine Aufgaben dauerhaft und vorsätzlich im 28 großen Umfang nicht wahr, z.B. wenn eine Gemeinschaft von einem Eigentümer majorisiert wird und dieser durchsetzt, dass der von ihm bestimmte Verwalter nicht tätig wird, verweigert er also die Ausübung seines Amtes, fehlt ein Verwalter aus tatsächlichen Gründen. Kommt ein Verwalter seinen Aufgaben hingegen nur teilweise nicht nach oder bleibt er nur in einer bestimmten Angelegenheit untätig, fehlt er nicht i.S.d. Gesetzes.65 Ein Verwalter kann auch dann aus tatsächlichen Gründen fehlen, wenn er zwar bestellt ist, seine Aufgaben aber wegen einer Erkrankung oder länger andauernder Abwesenheit nicht wahrnehmen kann.66 Um den Eingriff in die Privatautonomie der Gemeinschaft einzuschränken, muss die verwalterlose Zeit allerdings von einiger Erheblichkeit, also nicht nur vorübergehend, sein. c) Verweigerte Einberufung Der Verwaltungsbeiratsvorsitzende kann eine Eigentümerversammlung auch dann einberu- 29 fen, wenn sich der Verwalter pflichtwidrig weigert, die Versammlung selbst einzuberufen. Ein pflichtwidriges Verhalten setzt voraus, dass die Einberufung der Versammlung erforderlich ist, weil ein zwingender Einberufungsgrund vorliegt, insbesondere ein Einberufungsverlangen gem. § 24 Abs. 2 Halbs. 2 (Rz. 7 ff.)67 gegeben ist oder das Einberufungsermessen des Verwalters auf Null reduziert ist (Rz. 4)68. Verschulden ist hingegen nicht erforderlich. Der Verwalter muss zudem die Einberufung verweigern. Dazu genügt es nicht, dass ein Verwalter von sich aus zu keiner Eigentümerversammlung – mag diese auch bereits seit längerem erforderlich sein – lädt.69 Notwendig ist, dass der Verwalter die Versammlung trotz der entsprechenden Aufforderung durch einen oder mehrere Wohnungseigentümer oder durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats nicht einberuft.70 Der gänzlich verweigerten Einberufung steht es gleich, wenn der Verwalter die Einberufung erheblich verzögert oder einen ungerechtfertigt weit in der Zukunft liegenden Versammlungstermin bestimmt (s. Rz. 15 f.).71 d) Keine Einberufungspflicht Der Verwaltungsbeiratsvorsitzende bzw. sein Stellvertreter hat nach § 24 Abs. 3 ein subsidiäres 29a Einberufungsrecht, ihn trifft aber keine Einberufungspflicht (§ 24 Abs. 3: „kann“). Er kann daher nicht mit einer Klage nach § 43 Nr. 1 gezwungen werden, zu einer Eigentümerversammlung gem. §§ 21 Abs. 4, 24 Abs. 3 zu laden.72 Eine Rechtsschutzlücke entsteht dadurch nicht. Bei Fehlen eines Verwalters kann im Klageweg die Bestellung eines Notverwalters verlangt werden, der die Versammlung dann einberufen kann (Rz. 22). Es können aber auch die übrigen Wohnungseigentümer auf Mitwirkung an einer gemeinsamen Ladung in Anspruch genommen werden (Rz. 32 f.).

65 66 67 68 69 70 71

Vgl. auch Gottschalg, WE 1998, 242 (243). LG Düsseldorf v. 16.3.2011 – 25 S 56/10, ZMR 2011, 898 (899). OLG Hamm v. 2.9.1996 – 15 W 138/96, ZMR 1997, 49 (50). OLG Köln v. 15.3.2004 – 16 Wx 245/03, MietRB 2004, 240 = NZM 2004, 305. LG München I v. 28.6.2012 – 36 S 17241/11, ZMR 2012, 819. LG München I v. 28.6.2012 – 36 S 17241/11, ZMR 2012, 819. OLG Düsseldorf v. 25.8.2003 – 3 Wx 217/02, ZMR 2004, 692; vgl. auch AG Schwäbisch Hall v. 6.10.2015 – 5 C 144/15, ZMR 2016, 323. 72 Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 69; Vandenhouten in Köhler, Teil 4 Rz. 26; a.A. AG Charlottenburg v. 16.7.2009 – 74 C 25/09, ZMR 2010, 76; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 25.

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§ 24 Rz. 29b | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift e) Durchführung der Einberufung 29b Damit der Vorsitzende des Beirats bzw. sein Stellvertreter anstelle des Verwalters die anderen

Wohnungseigentümer laden kann, hat er gegen den Verwalter einen Anspruch auf Herausgabe einer aktuellen und vollständigen Eigentümerliste.73 Der Anspruch findet seine Grundlage in §§ 259, 260, 666, 675 BGB und ergibt sich überdies als selbständige Mitteilungspflicht aus dem zwischen den (einzelnen) Wohnungseigentümern und dem Verwalter geschlossenen Verwaltervertrag bzw. dem Aufgabenkreis, der diesem bei seiner Bestellung übertragen worden ist. Erfüllt der Verwalter die Pflicht nicht oder nicht vollständig, können die Berechtigten Ergänzung verlangen oder auf seine Kosten eine Liste erstellen lassen.74

3. Wohnungseigentümer a) Alle Wohnungseigentümer 30 Eine Eigentümerversammlung kann stets durch alle Wohnungseigentümer (spontan oder ver-

abredet) gemeinsam einberufen werden.75 Diese – in größeren Gemeinschaften seltene – Ausnahme findet ihren Grund darin, dass die Wohnungseigentümer vorrangig dazu berufen sind, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, und deswegen selbstverständlich auch befugt sind, gemeinsam eine Eigentümerversammlung einzuberufen, wenn diese Einberufung einstimmig gewollt ist.76 Ebenso können alle Wohnungseigentümer gemeinsam einen Wohnungseigentümer zur Einberufung ermächtigen.77 b) Einzelne Wohnungseigentümer

31 Ein einzelner Wohnungseigentümer oder eine Mehrheit von Wohnungseigentümern, selbst

wenn sie das Quorum des § 24 Abs. 2 erreicht, hat – anders als die Gesamtheit der Wohnungseigentümer – kein Selbsteinberufungsrecht.78 Eine § 50 Abs. 3 GmbHG entsprechende Regelung fehlt in § 24.79 Ein Selbsteinberufungsrecht ergibt sich auch dann nicht aus § 21 Abs. 2, wenn ein Verwalter fehlt (dazu § 21 Rz. 26). Ein einzelner Wohnungseigentümer oder eine Mehrheit von Wohnungseigentümern ist nur zu einer Einberufung berechtigt, wenn dies eine Vereinbarung bestimmt80 oder wenn er – was dem gleichkommt – durch alle Wohnungseigentümer zur Einberufung ermächtigt wird (s. Rz. 30). Ist bekannt, dass ein Wohnungseigentümer unbefugt eine „Eigentümerversammlung“ einberufen will, kann er auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (Rz. 33b).

32 Jeder Wohnungseigentümer hat nach § 21 Abs. 4 einen Anspruch auf Einberufung einer Ei-

gentümerversammlung, wenn der Verwalter die Einberufung unberechtigt verweigert oder 73 OLG Saarbrücken v. 29.8.2006 – 5 W 72/06, ZMR 2007, 141; OLG Saarbrücken v. 25.8.1999 – 11 U 1004/98, NZM 1999, 1008; BayObLG v. 8.6.1984 – BReg 2 Z 7/84, MDR 1984, 850; OLG Frankfurt v. 16.2.1984 – 20 W 866/83, OLGZ 1984, 258; Drasdo, NZM 1999, 542 (543). 74 OLG Saarbrücken v. 29.8.2006 – 5 W 72/06-26, ZMR 2007, 141 (142). 75 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 222/10, MietRB 2011, 283 = ZWE 2011, 354 (355); OLG Frankfurt v. 27.9.2004 – 20 W 513/01, MietRB 2005, 126; OLG Köln v. 4.9.2002 – 16 Wx 114/02, MietRB 2003, 11 = ZMR 2003, 380 (381); OLG Celle v. 28.4.2000 – 4 W 13/00, MDR 2000, 1428 (1429). 76 OLG Köln v. 4.9.2002 – 16 Wx 114/02, MietRB 2003, 11 = ZMR 2003, 380 (381). 77 Skauradszun, ZWE 2016, 61 (62). 78 OLG Celle v. 28.4.2000 – 4 W 13/00, MDR 2000, 1428 (1429); BayObLG v. 27.1.1970 – BReg.2 Z 22/ 69, NJW 1970, 1136 (1137); KG v. 27.8.1986 – 24 W 1747/86, MDR 1987, 143 = NJW 1987, 386; BayObLG v. 21.10.1981 – BReg.2 Z 75/80, MDR 1982, 323. 79 Skauradszun, ZWE 2016, 61. 80 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 222/10, MietRB 2011, 283 = ZWE 2011, 354 (355); OLG Frankfurt v. 27.9.2004 – 20 W 513/01, MietRB 2005, 126; OLG Hamm v. 13.1.1992 – 15 W 13/91, juris.

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III. Zuständigkeit für die Einberufung | Rz. 33a § 24

ungebührlich verzögert.81 Er kann dazu den Verwalter gerichtlich auf Einberufung in Anspruch nehmen (dazu Rz. 17b). Fehlt ein solcher, kann er die gerichtliche Bestellung verlangen, nicht aber gegen den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats vorgehen (dazu Rz. 29a). Schließlich besteht die Möglichkeit einer Klage im Gerichtsstand des § 43 Nr. 1 gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Zustimmung zu einer Ladung, die sich dann als Ladung aller Wohnungseigentümer darstellt.82 Ist die Abhaltung der Wohnungseigentümerversammlung dringlich, kann die entsprechende Zustimmung auch im Wege der Leistungsverfügung nach §§ 935, 940 ZPO gegen die übrigen Wohnungseigentümer durchgesetzt werden.83 Zum Verfügungsgrund Rz. 17c. Nach h.M. soll auch der einzelne Wohnungseigentümer zu einer Einberufung gerichtlich er- 33 mächtigt werden können. Der Anspruch soll sich gegen die übrigen Wohnungseigentümer richten.84 Zur Begründung wird überwiegend auf eine Analogie zu §§ 37 Abs. 2 BGB, 122 Abs. 3 Satz 1 AktG, § 45 Abs. 3 GenG verwiesen.85 Der gerichtlich ermächtigte Wohnungseigentümer soll danach ab Rechtskraft der Entscheidung zur Einberufung nach § 894 ZPO ermächtigt sein.86 Diese Begründung trägt aber nicht. Eine Analogie scheitert bereits daran, dass es sich um spezielle Regelungen handelt, die eine Ermächtigung im FamFG-Verfahren durch den Rechtspfleger betreffen. Sie sind auf das streitige Verfahren nach §§ 43 ff. nicht übertragbar.87 Auch die von den übrigen Vertretern der h.M. zur Begründung herangezogene Möglichkeit einer gerichtlichen Ermächtigung des einzelnen Eigentümers nach § 21 Abs. 8 überzeugt nicht.88 Das WEG sieht eine Ladung durch einen einzelnen Eigentümer grundsätzlich nicht vor, so dass sich die Ladung durch einen einzelnen Wohnungseigentümer nicht als Maßnahme nach § 21 Abs. 4 WEG darstellt. Der Wohnungseigentümer ist daher nach zutreffender Auffassung gehalten, nach § 21 Abs. 4 nicht die Ermächtigung, sondern die Zustimmung zur Einberufung der Versammlung zu verlangen (Rz. 32).

4. Einberufung durch einen Nichtberechtigten Ruft ein Nichtberechtigter die Versammlung der Wohnungseigentümer ein, ist zu unterschei- 33a den: Handelt es sich bei dem Einberufenden um einen Dritten, der nicht einmal ein potenziell tauglicher Einberufender ist oder war, ist die Veranstaltung, zu der geladen wird, keine Eigentümerversammlung, auf der wirksame Beschlüsse gefasst werden können (s. § 23 Rz. 21). Wird hingegen lediglich gegen die Zuständigkeitsregelung des § 24 Abs. 1 bis Abs. 3 verstoßen, sind auf dieser Versammlung gefasste Beschlüsse anfechtbar, aber nicht nichtig.89 Lädt z.B. ein Verwalter zur Eigentümerversammlung, obwohl er nicht oder nicht mehr dazu berufen ist (z.B. eine „kommissarische Verwaltung“ oder ein Verwalter, dessen Bestellungszeit ab81 AG Charlottenburg v. 16.7.2009 – 74 C 25/09, ZMR 2010, 76. 82 OLG Zweibrücken v. 16.9.2010 – 3 W 132/10, ZMR 2011, 155; vgl. auch LG Nürnberg-Fürth v. 16.7.2013 – 14 T 3796/13, ZMR 2014, 148. 83 Hügel/Elzer, § 24 WEG Rz. 48. 84 LG Hamburg v. 19.6.2017 – 318 T T 28/17, MietRB 2018, 14. 85 LG Hamburg v. 19.6.2017 – 318 T T 28/17, MietRB 2018, 14; LG Nürnberg-Fürth v. 16.7.2013 – 14 T 3796/13, ZMR 2014, 148; LG Frankfurt/Oder v. 1.4.2010 – 6a T 50/90, ZWE 2011, 128; AG Köpenick v. 22.1.2010 – 70 C 71/09, ZMR 2010, 569; AG Gummersbach v. 17.12.2008 – 14 C 38/08, Rpfleger 2009, 305 f.; Abramenko, ZMR 2009, 429 (430); Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 7 Rn. 12. 86 LG Frankfurt v. 31.7.2013 – 2-13 S 60/13, ZMR 2013, 983. 87 AG Charlottenburg v. 16.7.2009 – 74 C 25/09, ZMR 2010, 76; Elzer, ZfIR 2011, 759 (762). 88 A.A. aber Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 72; Suilmann in Jennißen, § 21 WEG Rz. 150. 89 OLG Hamm v. 11.11.2008 – 15 Wx 62/08, MietRB 2009, 204; BayObLG v. 30.6.2004 – 2Z BR 113/ 04, MietRB 2004, 351 = ZMR 2005, 559 (560); BayObLG v. 13.12.2001 – 2Z BR 93/01, ZMR 2002, 525; OLG Zweibrücken v. 16.12.2002 – 3 W 202/02, ZMR 2004, 63 (64); OLG Köln v. 9.1.1996 – 16 Wx 214/95, WuM 1996, 246; AG Hannover v. 1.12.2005 – 71 II 395/05, ZMR 2006, 487.

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§ 24 Rz. 33a | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift gelaufen ist), sind alle auf der entsprechenden Versammlung gefassten Beschlüsse wegen dieses formalen Mangels nur anfechtbar.90 Daran ändert nichts, dass der Vorsitzende des Beirats mit der Ladung einverstanden ist.91 Auch dann, wenn eine Versammlung von dem Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats nach § 24 Abs. 3 einberufen wird, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen, handelt es sich gleichwohl um eine Versammlung der Wohnungseigentümer, so dass die dort gefassten Beschlüsse nicht von vornherein unwirksam sind.92 Dasselbe gilt, wenn ein einzelner Wohnungseigentümer die Versammlung einberuft.93 Auch wenn dieser nicht aus eigenem Recht einberufungsbefugt ist (s. Rz. 31), ist er doch potenziell tauglicher Einberufender, weil seine Ermächtigung zur Einberufung durch alle Wohnungseigentümer möglich ist (s. Rz. 30). Der Ladungsmangel bei Einberufung durch einen nach § 24 Abs. 1 bis 3 Unzuständigen wird dadurch geheilt, dass in der Versammlung sämtliche Eigentümer anwesend sind und die fehlerhafte Einberufung trotz ihrer Kenntnis des Mangels durch ihre rügelose Teilnahme zumindest konkludent genehmigen.94 33b Beruft eine Person, ohne dazu berechtigt sein, eine Wohnungseigentümerversammlung ein,

hat jeder Wohnungseigentümer einen Unterlassungsanspruch gegen sie.95 Ist Einberufender der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats, steht der Anspruch auch dem tatsächlich bestellten Verwalter zu.96 Da eine Durchsetzung im Klageweg regelmäßig zu lange dauert, kann der unzuständigen Person durch einstweilige Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO verboten werden, Wohnungseigentümerversammlungen einzuberufen.97

IV. Einzuladende 34 Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung dazu, welche Personen zur Wohnungseigen-

tümerversammlung zu laden sind.98 Für die Frage, wer zu laden ist, muss daher an die Funktion der Eigentümerversammlung angeknüpft werden.99 Die Eigentümerversammlung dient dem Meinungsaustausch und der Meinungsbildung, ferner der Information und der Beschlussfassung. Grundsätzlich sind daher alle Wohnungseigentümer zu laden (s. Rz. 35). Daneben können aber auch bestimmte Dritte einzuladen sein (Rz. 40 ff.).

1. Wohnungseigentümer a) Sämtliche Wohnungseigentümer 35 Soweit nichts anderes vereinbart ist (s. Rz. 38), sind sämtliche Wohnungs- und Teileigentü-

mer zur Eigentümerversammlung zu laden. Entscheidend ist grundsätzlich die Eintragung im

90 OLG Köln v. 20.3.1998 – 16 Wx 27/98, juris; OLG Köln v. 9.1.1996 – 16 Wx 214/95, WuM 1996, 246; OLG Hamm v. 13.1.1992 – 15 W 13/91, juris; KG v. 6.6.1990 – 24 W 1227/90, OLGZ 1990, 421 = MDR 1990, 925 = WuM 1990, 363; BayObLG v. 21.10.1981 – BReg.2 Z 75/80, MDR 1982, 323. 91 BayObLG v. 2.4.1992 – 2Z BR 4/92, NJW-RR 1992, 910 (911). 92 BayObLG v. 17.4.2002 – 2Z BR 14/02, ZWE 2002, 526. 93 OLG Hamm v. 11.11.2008 – 15 Wx 62/08, WuM 2009, 477 = MietRB 2009, 204; Skauradszun, ZWE 2016, 61 (62). 94 LG Hamburg v. 22.2.2017 – 318 S 46/15, ZWE 2017, 323; Schultzky, MietRB 2018, 155 (159). 95 KG v. 27.8.1986 – 24 W 1747/86, MDR 1987, 143 = NJW 1987, 386. 96 AG Charlottenburg v. 25.9.2012 – 73 C 1005/12, ZWE 2013, 41. 97 KG v. 27.8.1986 – 24 W 1747/86, MDR 1987, 143 = NJW 1987, 386; LG München I v. 5.5.2017 – 36 T 6636/17, MietRB 2017, 356; Schultzky, MietRB 2018, 155 (158); Drasdo, NJW-Spezial 2016, 97. 98 OLG Zweibrücken v. 16.12.2002 – 3 W 202/02, ZMR 2004, 63; OLG Hamm v. 15.1.1999 – 15 W 444/97, ZMR 1999, 279. 99 LG Düsseldorf v. 3.11.2011 – 19 S 45/11, MietRB 2012, 270 = ZMR 2012, 384.

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IV. Einzuladende | Rz. 39 § 24

Wohnungsgrundbuch als Eigentümer zum Zeitpunkt der Ladung (§ 891 BGB).100 Hat der Einberufende aber Kenntnis von der Unrichtigkeit (z.B. bei einer nichtigen, aber noch nicht als solcher erkannten Übereignung oder bei Zuschlag in der Zwangsversteigerung nach § 90 Abs. 1 ZVG), hat er den „wirklichen“ Wohnungseigentümer einzuladen. Ist ein Wohnungseigentümer verstorben, sind seine Erben als Gesamtrechtsnachfolger (§§ 1922, 1967 BGB) als neue Wohnungseigentümer unter deren Adresse zu laden. Sind sie unbekannt, sollte eine Nachlasspflegschaft i.S.v. § 1960 BGB beim Nachlassgericht angeregt werden; ein formelles Antragsrecht nach § 1961 BGB steht dem Verwalter allerdings nicht zu.101 Findet ein Eigentumswechsel nach Absendung der Ladung, aber noch vor der Versammlung statt, ist der Verwalter zu einer Einladung des neuen Eigentümers nicht mehr verpflichtet, selbst wenn er rechtzeitig Kenntnis vom Eigentumswechsel erlangt.102 Steht ein Wohnungseigentum mehreren Personen zu (Miteigentum in Form des Bruchteils- 36 eigentums i.S.v. §§ 741 ff., 1008 ff. BGB), z.B. Ehegatten, sind sämtliche Miteigentümer gesondert einzuladen,103 da sie zwar kein Einzelstimmrecht (dazu § 25 Rz. 26), aber jeweils ein eigenes Anwesenheits-, Rede- und Antragsrecht haben. Etwas anderes gilt, wenn die Miteigentümer einen Ladungsbevollmächtigten bestimmt haben (s. Rz. 40). Auf das Bestehen eines Stimmrechts kommt es für die Ladung nicht an. Selbst ein bei allen Ta- 37 gesordnungspunkten vom Stimmrecht ausgeschlossener Wohnungseigentümer ist zur Versammlung der Wohnungseigentümer zu laden.104 Ausgeschlossen ist stets nur das Stimmrecht eines Wohnungseigentümers, nicht das Teilnahmerecht des eigentlich Stimmberechtigten und auch nicht sein Recht, sich an der Aussprache in der Eigentümerversammlung zu beteiligen oder einen Antrag zu stellen.105 Bestimmt eine Vereinbarung, dass in einer Mehrhausanlage nur bestimmte Wohnungseigen- 38 tümer stimmberechtigt sind, und ist zugleich vereinbart, dass eine Teilversammlung abgehalten werden soll (dazu § 23 Rz. 31 ff.), sind nur die Eigentümer der betroffenen „Untergemeinschaft“ zu laden. Die übrigen Wohnungseigentümer müssen – obwohl ihnen ein Teilnahmeund Rederecht zukommt (Rz. 92) – nicht geladen werden.106 Mit der Vereinbarung von Teilversammlungen haben sie zugleich auf ihre Ladung verzichtet; der unantastbare Kern ihrer Mitgliedschaft ist nicht betroffen, weil es bei den Teilversammlungen der anderen „Untergemeinschaften“ bestimmungsgemäß um Angelegenheiten geht, die sie nicht betreffen sollen und bei denen ihnen kein Stimmrecht zukommt. Eine Benachrichtigung der übrigen Wohnungseigentümer ist aber zweckmäßig. Die Ladung muss grundsätzlich an die Wohn- oder Geschäftsadresse des Einzuladenden 39 oder an eine dem Ladenden vom Wohnungseigentümer genannte Ladungsadresse gehen, um den notwendigen Zugang sicherzustellen (dazu Rz. 63). Die Versendung an eine alte Anschrift des Wohnungseigentümers bleibt allerdings folgenlos, wenn die Wohnungseigentümer eine 100 KG v. 17.5.1989 – 24 W 5147/88, MDR 1989, 823. 101 Schmid, ZWE 2011, 443 (444). 102 KG v. 8.1.1997 – 24 W 5678/96, ZMR 1997, 318 (319); LG München I v. 20.2.2013 – 36 T 1970/13, ZWE 2013, 463. 103 Drabek, ZWE 2000, 395 (396); Vandenhouten in Köhler, Teil 4 Rz. 51. 104 OLG Zweibrücken v. 21.11.2002 – 3 W 179/02, ZMR 2004, 60 (63); OLG Köln v. 3.12.2003 – 16 Wx 216/03, ZMR 2004, 299 (300); BayObLG v. 10.4.2002 – 2Z BR 97/01, NJW-RR 2002, 1308; Müller, ZWE 2000, 237 (238); a.A. OLG Zweibrücken v. 16.12.2002 – 3 W 202/02, ZMR 2004, 63; OLG Hamm v. 15.1.1999 – 15 W 444/97, ZMR 1999, 279; BayObLG v. 28.10.1987 – BReg.2 Z 124/87, NJW-RR 1988, 270. 105 BayObLG v. 10.4.2002 – 2Z BR 97/01, juris. 106 BayObLG v. 25.7.1984 – BReg.2 Z 57/84, DNotZ 1985, 414; LG Köln v. 26.11.2009 – 29 S 63/09, MietRB 2010, 270 = ZWE 2010, 278 (279); Merle in Bärmann, § 24 Rz. 50; a.A. Rüscher, ZWE 2011, 308 (311).

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§ 24 Rz. 39 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift sog. Zugangsfiktion vereinbart haben oder der Wohnungseigentümer seine neue Anschrift dem Verwalter nicht mitgeteilt hat (vgl. Rz. 64 f.). b) Vertretene Wohnungseigentümer 40 Hat ein Wohnungseigentümer zulässigerweise (s. § 25 Rz. 60 ff.) einen rechtsgeschäftlichen

Vertreter für die Versammlung bestellt und ist dies dem Einladenden bekannt, ist allein dieser an Stelle des Wohnungseigentümers zu laden.107 Der Vertreter muss dabei für alle Aspekte der Versammlung bevollmächtigt sein; die Übertragung allein des Stimmrechts genügt nicht. Hat ein Wohnungseigentümer einen Empfangsvertreter (Ladungsbevollmächtigten) bestimmt, ist die Ladung dorthin zu richten. 41 Bei gesetzlicher Vertretung von natürlichen Personen ist die Stellung des gesetzlichen Vertre-

ters maßgeblich. Da dieser bei minderjährigen Wohnungseigentümern diese gem. §§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1 S. 1 BGB in sämtlichen Angelegenheiten vertritt und der Minderjährige selbst ohne dessen Einwilligung keine einseitigen Rechtsgeschäfte – die Stimmabgabe – vornehmen kann (§ 111 BGB), bedarf es nur seiner Ladung.108 Bei mehreren gesetzlichen Vertretern genügt die Ladung eines Vertreters, es sei denn, es ist Gesamtvertretung angeordnet. Für den Empfang einer Ladung ist dies nach § 1629 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BGB auch bei gemeinschaftlich sorgeberechtigten Eltern nicht der Fall; es genügt daher die Ladung eines Elternteils. Ist für den Aufgabenkreis der Wohnung109 oder einen sonst einschlägigen Aufgabenkreis ein Betreuer bestellt, ist dieser als gesetzlicher Vertreter nach § 1902 BGB grundsätzlich neben dem Wohnungseigentümer zu laden.110 Nur wenn der betreute Wohnungseigentümer nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig ist, ist seine Ladung entbehrlich, weil er dann nicht in der Lage ist, rechtserhebliche Erklärungen abzugeben bzw. zu empfangen. c) Erwerber von Wohnungseigentum 42 Neben den Wohnungseigentümern sind als werdende Wohnungseigentümer die Ersterwer-

ber (dazu § 23 Rz. 38) als vollwertige und stimmberechtigte (s. § 25 Rz. 20) Mitglieder der – ggf. noch werdenden – Eigentümergemeinschaft einzuladen.111 Der ehemalige Alleineigentümer ist nicht neben dem Ersterwerber zu laden, da nur der Ersterwerber als werdender Wohnungseigentümer ein Stimmrecht hat (s. § 25 Rz. 20).112 Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Veräußerer bis zur Eigentumsumschreibung auf den Erwerber im Grundbuch rechtlich auch Mitglied der Gemeinschaft und damit Wohnungseigentümer i.S.d. Gesetzes bleibt, denn die Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft obliegt allein den Ersterwerbern.

43 Ein Zweiterwerber, der nicht vom teilenden Alleineigentümer erwirbt, ist hingegen nur dann

zur Versammlung einzuladen, wenn seine entsprechende Grundbucheintragung zur Zeit der Ladung erfolgt ist (s. Rz. 35), es sei denn, der Eigentümer hat dem Verwalter eine anders lautende Weisung erteilt und den Zweiterwerber als seinen Vertreter oder Ermächtigten bestellt und ihm soweit sein Stimmrecht überlassen (s. § 25 Rz. 22).113 Wird die Veränderung des Stimmrechts dem Verwalter nicht angezeigt, liegt darin eine Obliegenheitsverletzung des ausscheidenden und des erwerbenden Wohnungseigentümers. Den Verwalter trifft nicht die 107 108 109 110 111

Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 17. Zweifelnd Häublein in Staudinger, § 24 Rz. 15. Vgl. Götz in Palandt, § 1896 BGB Rz. 24. Drabek, ZWE 2000, 395 (396 f.). OLG Köln v. 2.2.2004 – 16 Wx 244/03, MietRB 2004, 264 = ZMR 2004, 859 (860); Elzer, ZMR 2009, 7 (9). 112 Schneider, ZWE 2010, 341 (343); Wenzel, NZM 2008, 625 (628). 113 Vgl. auch Häublein, ZMR 2004, 723 (725).

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IV. Einzuladende | Rz. 47 § 24

Pflicht, vor jeder Ladung zur Eigentümerversammlung einen Grundbuchauszug einzuholen, um sich über Eigentümerwechsel zu informieren.114 Die Nichtladung des neuen Wohnungseigentümers ist aus diesem Grund unschädlich und gleichwohl gefasste Beschlüsse nicht deshalb anfechtbar.

2. Gesetzlich Verwaltungsbefugte Wenn von Gesetzes wegen ein Dritter das Stimmrecht wahrnimmt, ist dieser zu laden. Zu la- 44 den sind daher der Zwangsverwalter,115 der Insolvenzverwalter116 sowie der Nachlassverwalter und der Testamentsvollstrecker (s. § 25 Rz. 36 ff.).117 Hat der Insolvenzverwalter das Wohnungs-/Teileigentum aber freigegeben, ist der Wohnungseigentümer verfügungsbefugt und daher nur er zu laden. Neben dem Zwangsverwalter, Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter oder Testamentsvollstre- 45 cker ist auch der Wohnungseigentümer zu laden.118 Der Wohnungseigentümer ist zwar nicht stimmberechtigt, besitzt aber aus seinem Mitgliedschaftsrecht ein ihm nicht vollständig entziehbares Rede- und Teilnahmerecht.119 Die Notwendigkeit einer Ladung folgt ferner daraus, dass der Wohnungseigentümer z.B. nach Aufhebung einer Zwangsverwaltung oder am Ende des Insolvenzverfahrens aus einem Beschluss über den Wirtschaftsplan Hausgeld schuldet.120 Bei zwangsverwaltetem Eigentum besteht die Notwendigkeit einer „Doppelladung“ schließlich deshalb, weil der Eigentümer, dessen Wohnungseigentum zwangsverwaltet wird, unmittelbar von Beschlüssen der Eigentümerversammlung betroffen ist. Dinglich oder schuldrechtlich am Wohnungseigentum Berechtigte, etwa Grundpfandrechts- 46 gläuber, Nießbraucher121 oder ein Mieter, sind nicht stimmberechtigt (s. § 25 Rz. 42 und 46) und daher auch nicht zu laden.

3. Verwalter Der amtierende Verwalter hat als „Organ“ der Wohnungseigentümergemeinschaft ein Teil- 47 nahmerecht (Rz. 80) und muss – um dieses angemessen wahrnehmen zu können – geladen werden, wenn er nicht selbst die Versammlung einberuft.122 Der abberufene Verwalter ist hingegen – auch wenn er seine Abberufung angefochten hat – nicht zu laden.123 Er hat kein Stimmrecht und auch kein Teilnahmerecht, das sich aus seiner „Organstellung“ ergeben kann.

114 115 116 117 118 119 120 121 122 123

Skauradszun, ZWE 2016, 61 (63). Drasdo, ZWE 2006, 68 (74). Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 47; Bartholome in Timme, § 24 WEG Rz. 83. BGH v. 4.11.2011 – V ZR 82/11, MDR 2012, 101 = MietRB 2012, 44 = NJW 2012, 316 (317); Hügel, ZWE 2006, 174 (178). Scheff/Schmidt, MDR 2010, 186 (189); Häublein, ZfIR 2005, 337 (343); a.A. Skauradszun, ZWE 2016, 61 (64). A.A. LG Berlin v. 19.9.2008 – 85 T 404/07, ZMR 2009, 474 (475). Vgl. OLG München v. 12.10.2006 – 32 Wx 124/06, MietRB 2007, 41 = ZMR 2007, 216; OLG Zweibrücken v. 27.7.2005 – 3 W 167/04, MietRB 2006, 198 = NJW-RR 2005, 1682 (1683). BGH v. 10.7.2015 – V ZR 194/14, MietRB 2015, 299 = MDR 2015, 1122 = NJW 2015, 2968 Rz. 8; BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, BGHZ 150, 109 = MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647; a.A. noch KG v. 1.4.1987 – 24 W 3131/86, MDR 1987, 674 = NJW-RR 1987, 973. LG Düsseldorf v. 3.11.2011 – 19 S 45/11, MietRB 2012, 270 = ZMR 2012, 384. OLG Zweibrücken v. 16.12.2002 – 3 W 202/02, ZMR 2004, 63; OLG Hamm v. 15.1.1999 – 15 W 444/97, ZMR 1999, 279.

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§ 24 Rz. 47 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift Mit Zugang des Abberufungsbeschlusses stehen ihm bis zur rechtskräftigen Ungültigerklärung dieses Beschlusses keine Verwaltungsbefugnisse zu.124

4. Folgen unterbliebener Ladung 48 Wird ein Einzuladender nicht geladen, sind die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse

grundsätzlich nicht nichtig.125 Zwar ist nicht zu verkennen, dass eine unterbliebene Ladung (anders als der lediglich fehlende Zugang der Ladung, dazu Rz. 65a f.) einen schwerwiegenden Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte bedeutet, weil das Teilnahmerecht eines Wohnungseigentümers dadurch vereitelt wird. Die Annahme von Nichtigkeit führt aber zu nicht praktikablen Ergebnissen.126 Nichtigkeit liegt nur ausnahmsweise vor, wenn einzelne Wohnungseigentümer von ihrer Mitwirkung in der Wohnungseigentümerversammlung ausgeschlossen werden sollen und deshalb die Ladung gezielt unterbleibt,127 denn hier wird der Wohnungseigentümer von seinem elementaren Mitverwaltungsrecht aus §§ 20, 21 bewusst rechtswidrig ausgeschlossen. Eine bewusste Umgehung des Mitwirkungsrechtes darf nicht sanktionslos bleiben, weswegen die Möglichkeit einer Berufung auf eine fehlende Kausalität des Ladungsmangels für die Beschlussfassung, wie sie bei der Anfechtbarkeit besteht, ausgeschlossen werden muss. 49 In anderen Fällen führt die unterbliebene Einladung dazu, dass ein ohne den eigentlich Ein-

zuladenden gefasster Beschluss grundsätzlich anfechtbar ist,128 es sei denn, der Beschluss beruht nicht auf dem Ladungsmangel (s. § 23 Rz. 175). Ein „Beruhen“ ist bei einem Ladungsfehler regelmäßig i.S. eines Erfahrungssatzes zu vermuten.129 Der Ausschluss eines Wohnungseigentümers von seiner Stimmberechtigung berührt seiner Natur nach nämlich den Ablauf einer Eigentümerversammlung so wesentlich, dass sich eine Auswirkung auf die Beschlussfassung im Normalfall aufdrängt. Ein Ladungsmangel betrifft nicht nur den Abstimmungsvorgang als solchen, sondern auch die vorausgegangene Willensbildung der Eigentümer, in die bei einem ordnungsgemäßen Verlauf der Versammlung Wortmeldungen und Beiträge des nicht (mehr) anwesenden Wohnungseigentümers hätten einfließen können.130 Die Entscheidung über die Ursächlichkeit des Einladungsfehlers liegt auf tatsächlichem Ge-

124 BGH v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, BGHZ 106, 113 (122) = MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087. 125 BGH v. 20.7.2012 – V ZR 235/11 – Rz. 5 ff., MDR 2012, 1275 = MietRB 2012, 296 = NJW 2012, 3571; BGH v. 20.5.2011 – V ZR 99/10, MDR 2011, 972 = MietRB 2011, 250 = NJW 2011, 3237. 126 OLG Celle v. 19.6.2001 – 4 W 152/01, juris. 127 BGH v. 20.7.2012 – V ZR 235/11 – Rz. 8, MDR 2012, 1275 = MietRB 2012, 296 = NJW 2012, 3571; BayObLG v. 8.12.2004 – 2Z BR 199/04, MietRB 2005, 154 = ZMR 2005, 801; OLG Köln v. 3.12.2003 – 16 Wx 216/03, ZMR 2004, 299 (300); OLG Zweibrücken v. 21.11.2002 – 3 W 179/02, ZMR 2004, 60 (63); OLG Celle v. 15.1.2002 – 4 W 310/01, ZWE 2002, 276; OLG Celle v. 19.6.2001 – 4 W 152/ 01, juris; kritisch Häublein, ZMR 2004, 723 (730). 128 BGH v. 5.7.2013 – V ZR 241/12 – Rz. 18, MDR 2013, 1212 = MietRB 2013, 264 ff. = NJW 2013, 3098; BGH v. 20.7.2012 – V ZR 235/11 – Rz. 5 ff., MDR 2012, 1275 = MietRB 2012, 296 = NJW 2012, 3571; BGH v. 20.5.2011 – V ZR 99/10, MDR 2011, 972 = MietRB 2011, 250 = NJW 2011, 3237 (3239); BGH v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, BGHZ 142, 190 (194) = MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = NJW 1999, 3713; OLG München v. 19.9.2005 – 34 Wx 076/05, MietRB 2006, 73 = ZMR 2006, 68 (70); BayObLG v. 8.12.2004 – 2Z BR 199/04, MietRB 2005, 154 = ZMR 2005, 801; OLG Köln v. 15.3.2004 – 16 Wx 245/03, MietRB 2004, 240 = NZM 2004, 305; OLG Celle v. 15.1.2002 – 4 W 310/01, ZWE 2002, 276; OLG Celle v. 19.6.2001 – 4 W 152/01, juris m.w.N. 129 BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, BGHZ 150, 109 = MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647; BayObLG v. 12.5.2004 – 2Z BR 050/04, ZMR 2004, 766 (767); BayObLG v. 2.4.1992 – 2Z BR 4/92, NJW-RR 1992, 910 (911); BayObLG v. 13.9.1990 – BReg.2 Z 100/90, NJW-RR 1991, 531 (533); OLG Celle v. 15.1.2002 – 4 W 310/01, ZWE 2002, 276; KG v. 8.11.1998 – 24 W 4180/97, ZMR 1999, 426 (428). 130 OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, MDR 2001, 326 = NJW 2000, 3580.

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V. Form, Inhalt und Frist der Einberufung (Abs. 4) | Rz. 53 § 24

biet.131 So können z.B. einstimmig gefasste Beschlüsse oder eine feindselige Stimmung gegen den Antragsteller Gründe sein, um eine Auswirkung auf die Beschlussfassung zu verneinen.132 Zu berücksichtigen ist ferner, ob der Anfechtende den Inhalt der gefassten Beschlüsse sachlich angreift oder die Anfechtungsgegner an einer entgegenstehenden Rechtsansicht festhalten.

V. Form, Inhalt und Frist der Einberufung (Abs. 4) 1. Form und Inhalt der Einberufung a) Textform (Abs. 4 Satz 1) Die Versammlung ist nach § 24 Abs. 4 Satz 1 in Textform einzuberufen. Das Textformerfor- 50 dernis bezieht sich auf den wesentlichen Inhalt der Einberufung (vgl. Rz. 54). Die Bezugnahme in der Einladung auf lediglich im Internet abrufbare Inhalte genügt daher nicht.133 Der Inhalt der Textform ergibt sich aus § 126b BGB. Danach muss die Einladung in einer 51 Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneter Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift, eine Grußformel, ein Datum oder anders erkennbar gemacht werden.134 Von § 126b BGB werden neben der stets ausreichenden schriftlichen Verkörperung auf Papier ferner auch digitalisierte Inhalte erfasst, welche auf einem Speichermedium enthalten sind und sich in Schriftzeichen darstellen lassen.135 Grundsätzlich zulässig ist damit, die Eigentümerversammlung durch eine Fotokopie, ein (Computer-)Fax oder eine E-Mail einzuberufen. Bei der Einladung per E-Mail müssen nicht sämtliche Inhalte im Text der Mail enthalten sein. Ausreichend ist es, wenn die Tagesordnung und beizufügende Unterlagen als Anhang in einem allgemein zugänglichen Dateiformat, z.B. als PDF-Dokumente, beigefügt sind. Welche der Textform genügende Verkörperung der Einladende wählt, unterliegt seinem Er- 52 messen. Für die Auswahlentscheidung wesentlich ist, ob durch die gewählte Übertragungsart ein Zugang der Einladungen (s. Rz. 63) sichergestellt wird.136 Davon wird bei der Nutzung elektronischer Kommunikation nur auszugehen sein, wenn ein Wohnungseigentümer dem Verwalter seine Faxnummer oder seine E-Mail-Adresse mitgeteilt hat. Der Verwalter ist auch zu einer „formgemischten“ Einberufung berechtigt; er kann also jeden Wohnungseigentümer über die von diesem bereitgestellte und/oder gewollte „Empfangseinrichtung“ einladen.137 Die Form des § 24 Abs. 4 Satz 1 kann nur durch Vereinbarung abgeändert werden (s. Rz. 1b). 53 Möglich ist insbesondere die Vereinbarung einer strengeren Form, etwa der Schriftform. Die dauerhafte Abänderung des Formerfordernisses durch Beschluss ist hingegen als gesetzesändernder Beschluss unwirksam. Auch ein Beschluss, der einen Wohnungseigentümer verpflichten soll, die für eine Ladung per E-Mail oder Telefax erforderlichen elektronischen Kommunikationseinrichtungen zu schaffen, ist wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig.138

131 OLG Celle v. 15.1.2002 – 4 W 310/01, ZWE 2002, 276; BayObLG v. 5.4.1990 – BReg.2 Z 14/90, NJW-RR 1990, 784 (785). 132 OLG Celle v. 15.1.2002 – 4 W 310/01, ZWE 2002, 276; BayObLG v. 13.9.1990 – BReg.2 Z 100/90, NJW-RR 1991, 531 (533). 133 Arnold in Erman, § 126b BGB Rz. 7. 134 BGH v. 3.11.2011 – IX ZR 47/11, MDR 2011, 1460. 135 Janal, MDR 2006, 368 (369). 136 Ähnlich Häublein, ZMR 2004, 723 (724). 137 Bielefeld, NZM 2001, 1121 (1122); Mankowski, ZMR 2001, 481 (489). 138 Mankowski, ZMR 2002, 481 (489).

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§ 24 Rz. 54 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift b) Sprache und notwendiger Inhalt 54 Die Einladung ist in deutscher Sprache zu verfassen.139 Eine Übersetzung in weitere Sprachen

ist nur erforderlich, wenn dies so vereinbart oder durch einen Geschäftsordnungsbeschluss festgelegt wurde. Ein entsprechender Geschäftsordnungsbeschluss wird jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn die Wohnungseigentümer, die eine übersetzte Einladung wünschen, sich zur Übernahme der Übersetzungskosten bereit erklären. Die Einladung muss wenigstens die folgenden Punkte enthalten: – den Einberufenden mit Adresse; lädt nicht der aktuelle und noch bestellte Verwalter, sollte auch die Berechtigung des Einberufenden genannt sein; – Versammlungsort und Versammlungszeitpunkt (Rz. 93 ff.);140 – sämtliche Beschlussgegenstände in nach § 23 Abs. 2 ordnungsmäßiger Art und Weise, i.d.R. durch Mitteilung der Tagesordnung (s. § 23 Rz. 114 ff.); – bei Einberufung zu einer Ersatzversammlung bzw. bei einer sog. Eventualeinberufung zur Wohnungseigentümerversammlung und zugleich zur Ersatzversammlung der Hinweis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 (dazu § 25 Rz. 119). 55 Sinnvoll, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben sind die Angabe der voraussichtlichen Versamm-

lungsdauer, der Hinweis auf eine Vertretungsmöglichkeit und auf die Notwendigkeit, dass eine schriftliche Vollmacht vorgelegt werden muss (s. § 25 Rz. 89), sowie auf einen Stimmrechtsausschluss. c) Mit zu versendende Unterlagen 56 Eine Übersendung von Unterlagen zu den angekündigten Beschlüssen ist im Einzelfall erfor-

derlich, wenn eine Beschlussfassung – unabhängig von der ausreichenden Bezeichnung in der Tagesordnung – eine intensive Auseinandersetzung mit den Unterlagen erforderlich macht.141 Zur Sicherstellung einer genügenden Vorbereitung sind regelmäßig zu übersenden: – Entwurf der Gesamtabrechnung und der den Wohnungseigentümer betreffenden Einzelabrechnung sowie Entwurf des Gesamtwirtschaftsplans und des entsprechenden Einzelwirtschaftsplans;142 – Unterlagen zu einer Sonderumlage;143 – ein Urteil, wenn über ein Rechtsmittel dagegen entschieden werden soll;144 – Baubeschreibungen; – Leistungsverzeichnisse; – Verträge, etwa der Verwaltervertrag;145 – umfangreiche Angebote, wie Alternativangebote bei Neubestellung eines Verwalters (dazu § 26 Rz. 32).146

139 140 141 142 143 144 145 146

Vgl. Skauradszun, ZWE 2016, 61 (67), auch zur Sondervergütung des Verwalters. BayObLG v. 8.12.2004 – 2Z BR 199/04, MietRB 2005, 154 = ZMR 2005, 801. BGH v. 13.1.2012 – V ZR 129/11, MietRB 2012, 109 = ZMR 2012, 380. LG München I v. 30.11.2009 – 1 S 23229/08, ZWE 2010, 138; LG Itzehoe v. 9.9.2008 – 11 S 6/08, ZWE 2008, 445. In diese Richtung BGH v. 13.1.2012 – V ZR 129/11, MietRB 2012, 109 = ZMR 2012, 380. LG Frankfurt/M. v. 20.5.2016 – 2-13 S 1/13, ZWE 2017, 48. BGH v. 1.4.2011 – V ZR 96/10, MDR 2011, 780 = MietRB 2011, 212 f. = ZMR 2011, 735. BGH v. 1.4.2011 – V ZR 96/10, MDR 2011, 780 = MietRB 2011, 212 f. = ZMR 2011, 735; LG Köln v. 31.1.2013 – 29 S 135/12, MietRB 2013, 335 = ZMR 2013, 379.

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V. Form, Inhalt und Frist der Einberufung (Abs. 4) | Rz. 60 § 24

Einer Übersendung von Unterlagen bedarf es hingegen nicht, wenn sich bereits aus der Bezeichnung in der Tagesordnung der Beschlussgegenstand hinreichend genau ergibt, so dass die Wohnungseigentümer nicht überrascht werden, und den Wohnungseigentümern wegen der Übersichtlichkeit der Maßnahmen eine Information durch die Unterlagen erst in der Versammlung zumutbar ist, z.B. bei Angeboten für überschaubare Instandsetzungsmaßnahmen.147

2. Einberufungsfrist (Abs. 4 Satz 2) a) Zwei-Wochen-Frist Die Frist der Einberufung soll gem. § 24 Abs. 4 Satz 2, sofern nicht ein Fall besonderer Dring- 57 lichkeit vorliegt (vgl. Rz. 60), mindestens zwei Wochen betragen. Wird ein weiterer Punkt nachträglich in die Tagesordnung aufgenommen, gilt die Frist des § 24 Abs. 4 Satz 2 auch für die Ergänzung (dazu § 23 Rz. 119 f.). Im Einzelfall kann es das zwischen den Wohnungseigentümern bestehende Rücksichtnahmegebot gebieten, die Einberufungsfrist zu verlängern, z.B. wenn ein Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung teilnehmen will, aber im Ausland wohnt,148 oder wenn die Versammlung in den Schulferien stattfindet (s. Rz. 101). Für die Fristberechnung gelten §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB.149 § 193 BGB, der den nächs- 58 ten Werktag als Fristende bestimmt, ist nach h.M. nicht anzuwenden.150 Ist der die Frist auslösende Tag etwa ein Donnerstag, so soll die Versammlung frühestens am Freitag der übernächsten Woche stattfinden. Fristbeginn ist der Tag, an dem das Einberufungsschreiben dem letzten der Einzuberufenden zugeht.151 Bei Miteigentümern eines Wohnungseigentums muss die Ladung jedem Miteigentümer zugehen. Maßgeblich ist der tatsächliche Zugang des Einberufungsschreibens,152 es sei denn, die Wohnungseigentümer haben eine Zugangsfiktion vereinbart (s. Rz. 65). Die Einberufungsfrist kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer abgeändert wer- 59 den.153 Vor der WEG-Reform vereinbarte kürzere Ladungsfristen gelten weiter.154 Ist eine längere Einberufungsfrist von beispielsweise vier Wochen vereinbart worden, ist der Verwalter daran gebunden. Einer entsprechenden Aufnahme in den Verwaltervertrag bedarf es nach § 21 Abs. 4 nicht.155 Die Einberufungsfrist kann durch den Verwaltervertrag nicht verlängert oder verkürzt werden.156 b) Besondere Dringlichkeit Im Fall „besonderer Dringlichkeit“ darf die Ladungsfrist unterschritten werden. Eine beson- 60 dere Dringlichkeit liegt vor, wenn einerseits die gesetzliche Mindestfrist nicht eingehalten 147 Ähnlich Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 103: Abwägung mit dem Aufwand; vgl. auch AG Rheinbach v. 28.7.2011 – 5 C 158/16, ZMR 2017, 936. 148 OLG Karlsruhe v. 16.5.2006 – 14 Wx 50/04, MietRB 2007, 42 = ZMR 2006, 795 (796). 149 Vandenhouten in Köhler, Teil 4 Rz. 67. 150 Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 39; Bartholome in Timme, § 24 WEG Rz. 57; s.a. OLG Hamm v. 14.3.2000 – 27 U 102/99, NJW-RR 2001, 105 zu § 51 Abs. 1 Satz 2 GmbHG. 151 Vgl. auch BGH v. 30.3.1987 – II ZR 180/86, BGHZ 100, 264 (268) = MDR 1987, 1004 zum GmbHRecht. 152 Elzer, ZMR 2009, 7 (9); offen gelassen von OLG Hamm v. 16.4.2007 – 15 W 108/06, MietRB 2007, 296 = ZMR 2007, 984. 153 OLG Dresden v. 30.10.2008 – 3 W 845/08, ZMR 2009, 301; BayObLG v. 15.12.2004 – 2Z BR 163/ 04, WuM 2005, 148 ff. 154 Hügel/Elzer, NZM 2009, 457 (467). 155 Elzer, ZMR 2006, 85 (88); Bub, NZM 2001, 502 (505). 156 OLG Dresden v. 30.10.2008 – 3 W 845/08, ZMR 2009, 301.

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§ 24 Rz. 60 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift werden kann und andererseits der Verwalter ohne Beteiligung der Wohnungseigentümer nicht für den Verband Wohnungseigentümergemeinschaft oder für die Wohnungseigentümer handlungsfähig ist, weil ihm nicht bereits durch § 27 Abs. 2, Abs. 3, eine Vereinbarung oder einen Beschluss die notwendige Handlungsmacht eingeräumt ist.157 Angesprochen sind vor allem plötzlich erforderlich werdende Erhaltungsmaßnahmen für das gemeinschaftliche Eigentum. Versäumt es der Verwalter, rechtzeitig vor Ablauf seiner Bestellungszeit zu laden, begründet der durch die Einhaltung der Ladungsfrist kurzzeitig eintretende verwalterlose Zustand keine besondere Dringlichkeit.158 61 Die Fristverkürzung darf die Eigentümer nicht unzumutbar in der Ausübung ihrer Stimm-

rechte behindern.159 Die verkürzte Frist muss deshalb der jeweiligen Dringlichkeit angepasst sein. Auf einer als dringlich einberufenen Versammlung darf zudem nur über die dringenden Tagesordnungspunkte abgestimmt werden. Nicht zwingend, aber ratsam ist es, dass der Ladende den Grund, der die Verkürzung der gesetzlichen Einberufungsfrist rechtfertigt, im Ladungsschreiben benennt. Dies ermöglicht den Eingeladenen eine Prüfung und schafft Transparenz. 62 Ob besondere Dringlichkeit anzunehmen ist, ist objektiv und nicht nach Einschätzung des

Verwalters zu beurteilen.160 Die Würdigung der Umstände ist dabei Sache des Tatrichters und durch das Revisionsgericht nur beschränkt nachprüfbar.161 Der gerichtlichen Prüfung steht nicht entgegen, dass es sich bei § 24 Abs. 4 Satz 2 um eine Sollvorschrift handelt (vgl. Rz. 65a).

3. Zugang 63 Die Einberufung ist nur wirksam, wenn die Ladung zu der Versammlung sämtlichen Einzula-

denden auch i.S.v. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB zugeht.162 Ihre (rechtzeitige) Absendung genügt nicht.163 Eine Ladung ist erst dann zugegangen, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht und unter gewöhnlichen Verhältnissen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist.164 Ist der Wohnungseigentümer unbekannten Aufenthalts und auch sonst unerreichbar, kann der Zugang gem. § 132 Abs. 2 BGB durch eine öffentliche Zustellung ersetzt werden. Es besteht daneben die Möglichkeit einer Abwesenheitspflegschaft nach § 1911 BGB. 64 Am Zugang fehlt es in der Regel, wenn der Einladende eine falsche Ladungsadresse gewählt

hat.165 Zugegangen ist die Einberufung dann nur, wenn der Empfänger tatsächlich Kenntnis von ihr erlangt hat. Den Wohnungseigentümern obliegt es aber, den Verwalter über ihren Eintritt in die Gemeinschaft und ihre Wohnsitzwechsel zu informieren, um ihre Teilnahmemöglichkeit an der Eigentümerversammlung sicherzustellen. Hat ein Wohnungseigentümer dabei seine ladungsfähige Adresse nicht oder falsch mitgeteilt, muss er sich die „Nichtladung“ als 157 LG Düsseldorf v. 14.3.2013 – 19 S 88/12, MietRB 2013, 331 f. = ZMR 2013, 821. 158 AG Krefeld v. 5.8.2015 – 14 C 23/15, ZMR 2015, 972. 159 LG Düsseldorf v. 14.3.2013 – 19 S 88/12, MietRB 2013, 331 f. = ZMR 2013, 821; LG München I v. 16.5.2011 – 1 S 5166/11, MietRB 2011, 256 = ZMR 2011, 839. 160 OLG Frankfurt v. 9.8.1982 – 20 W 403/82, OLGZ 1982, 418. 161 BayObLG v. 15.12.2004 – 2Z BR 163/04, WuM 2005, 148 ff. 162 BGH v. 5.7.2013 – V ZR 241/12, MDR 2013, 1212 = MietRB 2013, 264 ff. = NJW 2013, 3098; OLG Hamburg v. 21.6.2006 – 2 Wx 33/05, ZMR 2006, 704 (705). 163 A.A. wohl AG Aachen v. 25.2.2009 – 119 C 80/08, ZMR 2009, 718 (719). 164 BGH v. 21.1.2004 – XII ZR 214/00, MDR 2004, 560 = MietRB 2004, 139 f. = NJW 2004, 1320; BGH v. 27.10.1982 – V ZR 24/82, MDR 1983, 216 = NJW 1983, 929; BGH v. 13.2.1980 – VIII ZR 5/79, MDR 1980, 573 = NJW 1980, 990; BGH v. 3.11.1976 – VIII ZR 140/75, BGHZ 67, 271 (275) = MDR 1977, 388 f. = NJW 1977, 194. 165 LG Magdeburg v. 22.7.1996 – 3 T 117/96, NJW-RR 1997, 969.

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V. Form, Inhalt und Frist der Einberufung (Abs. 4) | Rz. 66 § 24

Folge seiner Obliegenheitsverletzung selbst zurechnen lassen. Er kann auf der Versammlung gefasste Beschlüsse aus diesem Grunde nicht anfechten.166 Eine Obliegenheit des Wohnungseigentümers, ohne besonderen Anlass die vom Verwalter verwendete Anschrift zu prüfen, besteht aber nicht. Auch dann, wenn ein Wohnungseigentümer mehrmals unter einer falschen Hausnummer Schreiben zugesandt bekommen hat, ohne die falsche Anschrift zu rügen, kann er sich daher auf eine mangelnde Ladung berufen, wenn er das Ladungsschreiben tatsächlich nicht erhalten hat.167 Ein Beschluss, wonach eine an die dem Ladenden zuletzt genannte Adresse abgesendete La- 65 dung als zugegangen gilt (Zugangs- bzw. Ladungsfiktion), ist mangels Beschlusskompetenz unwirksam.168 Die Zugangsfiktion kann aber vereinbart werden.169

4. Ladungsmängel Wird gegen die Vorschriften des § 24 Abs. 4 verstoßen, weil Form, Inhalt und Frist der La- 65a dung fehlerhaft sind, oder fehlt es am (nicht ausnahmsweise entbehrlichen) Zugang der Ladung bei einem Wohnungseigentümer, sind die auf der Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschlüsse anfechtbar, es sei denn, sie beruhen ausnahmsweise nicht auf dem Ladungsmangel (dazu § 23 Rz. 175)170 oder der Ladungsmangel ist Folge einer Obliegenheitsverletzung des Einzuladenden (s. Rz. 64). Auch Verstöße gegen die Ladungsfrist führen zur Anfechtbarkeit, obwohl es sich bei ihr um eine „Sollvorschrift“ handelt.171 Die Unterschreitung der Ladungsfrist kann sich dabei auch dann auf das Beschlussergebnis ausgewirkt haben, wenn der Anfechtungskläger selbst an der Versammlung teilgenommen hat oder ohnehin nicht teilnehmen wollte, weil auch andere Wohnungseigentümer an der Teilnahme gehindert worden sein können, so dass die Versammlung einen anderen Verlauf genommen haben könnte (s. § 23 Rz. 175).172 Die in der fehlerhaft einberufenen Versammlung gefassten Beschlüsse sind aber grundsätzlich nicht nichtig.173 Eine Ausnahme gilt nur, wenn ein Wohnungseigentümer durch die unterlassene oder fehlerhafte Ladung bewusst davon abgehalten werden sollte, seine gesetzlichen Rechte auszuüben (vgl. Rz. 48).174 Wer aus der Ladung Rechte herleitet, hat ihre Wirksamkeit, d.h. die Erfüllung der Formerfor- 66 dernisse und den Zugang, darzulegen und zu beweisen. Im Anfechtungsprozess sind dies regelmäßig die beklagten übrigen Wohnungseigentümer. Die Darlegungs- und Beweislast, dem Einladenden seine ladungsfähige Adresse mitgeteilt zu haben, trifft aber den entsprechenden 166 BGH v. 5.7.2013 – V ZR 241/12, MDR 2013, 1212 = MietRB 2013, 264 ff. = NJW 2013, 3098; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 35a. 167 LG Mönchengladbach v. 21.2.2002 – 5 T 468/01, ZMR 2002, 788. 168 Merle, ZWE 2001, 196. 169 OLG Hamburg v. 21.6.2006 – 2 Wx 33/05, ZMR 2006, 704 (705); OLG Frankfurt v. 15.10.2004 – 20 W 370/03, MietRB 2005, 235; a.A. LG Magdeburg v. 22.7.1996 – 3 T 117/96, NJW-RR 1997, 969. 170 OLG Hamburg v. 21.6.2006 – 2 Wx 33/05, ZMR 2006, 704 (705); BayObLG v. 12.5.2004 – 2Z BR 50/04, MietRB 2004, 328 = ZMR 2004, 766 (767); BayObLG v. 28.10.1998 – 2Z BR 137/98, ZMR 1999, 186; BayObLG v. 27.11.1997 – 2Z BR 128/97, NZM 1998, 634; KG v. 8.11.1998 – 24 W 4180/ 97, ZMR 1999, 426 (428). 171 BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, BGHZ 150, 109 = MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647 (1651); OLG Hamburg v. 21.6.2006 – 2 Wx 33/05, ZMR 2006, 704 (705); OLG Düsseldorf v. 21.8.2002 – 3 Wx 388/01, ZMR 2002, 959 (960); LG München I v. 6.11.2014 – 36 S 25536/13, MietRB 2015, 47 = ZWE 2016, 42. 172 LG München I v. 6.11.2014 – 36 S 25536/13, MietRB 2015, 47 = ZWE 2016, 42; a.A. LG Hamburg v. 16.11.2016 – 318 S 54/16, ZWE 2017, 183; AG Pinneberg v. 29.11.2016 – 60 C 39/16, ZWE 2017, 463. 173 BGH v. 20.5.2011 – V ZR 99/10 – Rz. 33, MDR 2011, 972 = MietRB 2011, 250 = NJW 2011, 3237. 174 BayObLG v. 8.12.2004 – 2Z BR 199/04, MietRB 2005, 154 = ZMR 2005, 801.

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§ 24 Rz. 66 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift Wohnungseigentümer. Der einberufende Verwalter kann auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden, wenn er die Einhaltung der Ladungsfrist schuldhaft nicht sicherstellt.175

VI. Absage oder Verlegung 67 Der jeweilige Einladende ist berechtigt, eine bereits anberaumte Eigentümerversammlung ab-

zusagen oder zu verlegen.176 Haben alle Wohnungseigentümer zur Versammlung geladen (Rz. 30), muss sie daher auch von allen Wohnungseigentümern abgesagt oder verlegt werden. Die Absage oder Verlegung nur durch einen Wohnungseigentümer ist rechtlich bedeutungslos.177 Die Möglichkeit einer Absage oder Verlegung ist im Wohnungseigentumsgesetz zwar nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber aus dem allgemeinen verbandsrechtlichen Grundsatz, dass derjenige, der die Versammlung der Mitglieder bzw. Gesellschafter einberufen hat, auch zur Absage befugt ist.178 Der Einladende hat bei Absage und Verlegung sein Ermessen ordnungsgemäß auszuüben. Sind Wohnungseigentümer an dem vom Einladenden bestimmten Termin verhindert, zeigen sie dies rechtzeitig an und stellt die Verlegung keine unzumutbare Erschwerung dar, kann das Ermessen des Einladenden, einen anderen Termin anzuberaumen, sogar auf Null reduziert sein.179 Auch eine unberechtigte Absage oder Verschiebung sind aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes hinzunehmen.180 Bei einer grundlosen Verlegung kann sich der Einladende aber schadenersatzpflichtig machen.181

VII. Teilnahmerechte an der Versammlung 1. Inhalt des Teilnahmerechts 68 Das Teilnahmerecht des Wohnungseigentümers an der Versammlung wird zum „Kernbe-

reich“ der Mitgliedschaft eines Wohnungseigentümers in der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gezählt (dazu § 23 Rz. 158 f.).182 a) Rechte des Teilnehmers in der Versammlung 69 Grundlegend für das Teilnahmerecht ist, dass jeder Teilnahmeberechtigte (vgl. Rz. 78 ff.) von

Anfang bis zum Ende berechtigt ist, an der Eigentümerversammlung teilzunehmen (Recht auf Anwesenheit). 70 Wesentlichster Inhalt ist jedoch das Stimmrecht eines Wohnungseigentümers; dazu im Ein-

zelnen und im Zusammenhang § 25 Rz. 14 ff. Das Anwesenheitsrecht und die weiteren Einzel-

175 AG Bremen-Blumenthal v. 8.3.2013 – 44 C 2032/12, ZMR 2013, 663. 176 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 222/10, MietRB 2011, 283 = ZMR 2011, 892; KG v. 25.8.2003 – 24 W 110/02, ZMR 2004, 144 (145); OLG Hamm v. 4.7.1980 – 15 W 177/79, MDR 1980, 1022 = OLGZ 1981, 24 (25); Merle, ZMR 1980, 225. 177 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 222/10, MietRB 2011, 283 = ZWE 2011, 354 (355). 178 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 222/10, MietRB 2011, 283 = ZMR 2011, 892. 179 Vgl. AG Landsberg v. 27.1.2015 – 1 C 373/14, ZMR 2015, 587. 180 OLG Hamm v. 4.7.1980 – 15 W 177/79, MDR 1980, 1022 = OLGZ 1981, 24 (25); Merle, ZMR 1980, 225 (226). 181 OLG Hamm v. 4.7.1980 – 15 W 177/79, MDR 1980, 1022 = OLGZ 1981, 24 (25). 182 OLG Köln v. 17.12.2004 – 16 Wx 191/04, MietRB 2005, 265; OLG Saarbrücken v. 28.8.2003 – 5 W 11/03-4, ZMR 2004, 67; Gottschalg, ZWE 2002, 50 (51); Deckert, WE 1995, 196; Becker, Eigentümerversammlung, S. 64 ff.; zum Gesellschaftsrecht siehe BGH v. 8.2.2010 – II ZR 94/08, MDR 2010, 1002 = NJW 2010, 1604.

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VII. Teilnahmerechte an der Versammlung | Rz. 74 § 24

rechte bestehen auch dann, wenn ein Wohnungseigentümer nach § 25 Abs. 5 oder aufgrund einer Vereinbarung (s. § 25 Rz. 144) nicht stimmberechtigt ist.183 Jeder Wohnungseigentümer kann in jeder Versammlung Anträge auf Beschlussfassung stellen 71 (Beschlussantragsrecht; s. § 23 Rz. 47). Diese Anträge können sich als Anträge zur Geschäftsordnung dem bloßen Ablauf der Versammlung widmen. Sie können aber auch darin bestehen, dass ein Wohnungseigentümer eine Beschlussfassung in der Sache beantragt. Betrifft der Beschlussantrag insoweit einen Gegenstand, der nicht auf der Tagesordnung steht, kann der auf den Antrag gefasste Beschluss aber nur ausnahmsweise formell rechtmäßig sein, weil die Ladungsfrist nicht eingehalten wurde (s. § 23 Rz. 120; zum Zurückweisungsrecht des Versammlungsleiters s. § 23 Rz. 123). Inhalt des Teilnahmerechts ist auch das Recht, zu jedem Punkt zu reden (Rederecht). Das Re- 72 derecht gewährleistet jedem Teilnahmeberechtigten gleichsam „rechtliches Gehör“. Es ist nicht abhängig vom Stimmrecht. Grundsätzlich darf jeder Wohnungseigentümer solange reden, wie er es für notwendig erachtet. Das Rederecht darf nur ausnahmsweise beschränkt (dazu Rz. 75) oder gar entzogen werden, etwa bei einer Redezeitüberschreitung oder wenn ein Wohnungseigentümer völlig unsachlich wird.184 Kritik eines Wohnungseigentümers, auch wenn sie sachlich überzogen und persönlich abwertend ist, z.B. weil strafrechtliche Vorwürfen gegenüber dem Verwalter oder anderen Wohnungseigentümern erhoben werden, ist ebenfalls grundsätzlich hinzunehmen. Erst wenn die Grenze zur strafbaren Beleidigung (§§ 185 ff. StGB) überschritten wird, besteht ein Anlass, das Rederecht zu entziehen.185 Das Rederecht wird ergänzt durch ein Fragerecht. Jeder Teilnahmeberechtigte kann eine angemessene Auskunft über die zur Beschlussfassung anstehenden Punkte, aber auch über den Inhalt der Verwaltung verlangen. Ein „Präsentationsrecht“ (Anhörungsrecht), etwa eine Vorstellung der Kandidaten eines Verwalteramtes, besteht hingegen nicht.186 b) Entziehbarkeit und Grenzen Das Teilnahmerecht in seiner Gesamtheit sowie seine einzelnen Rechte sind als der sog. ver- 73 einbarungsfester Kernbereich der Mitgliedschaft weder durch eine Vereinbarung noch gar durch einen Beschluss vollständig entziehbar (s. § 23 Rz. 158). Wenn ein Wohnungseigentümer mit dem Hausgeld in Rückstand ist, kann weder beschlossen noch vereinbart werden, dass sein Stimmrecht „ruht“ (§ 25 Rz. 145); ein Ausschluss der übrigen Teilnahmerechte kommt erst recht nicht in Betracht. Eine Entziehung des Teilnahmerechts kommt lediglich als Ordnungsmittel innerhalb einer 74 konkreten Versammlung in Betracht (s. Rz. 120). Stört ein Wohnungseigentümer den Ablauf der Eigentümerversammlung, kann er als Ultima Ratio und nur für den weiteren Verlauf von der Versammlung – also nicht präventiv187 – ausgeschlossen werden. Voraussetzung einer solchen Ordnungsmaßnahme ist, dass der Versammlungsausschluss geeignet ist, die Störungen abzustellen und dass es kein milderes Mittel gibt, welches den Störungen in gleicher Weise entgegenwirkt.188 Ein milderes Mittel ist es etwa, einem Wohnungseigentümer das Rederecht

183 Pick, PiG 16, 17 (31); a.A. LG München I v. 13.7.1978 – 1 T 8163/78, Rpfleger 1978, 381 (382) = DNotZ 1978, 630. 184 OLG Saarbrücken v. 28.8.2003 – 5 W 11/03-4, ZMR 2004, 67. 185 Vgl. LG München I v. 28.11.2013 – 1 S 13798/13, ZMR 2015, 336. 186 OLG München v. 7.9.2007 – 32 Wx 109/07, NJW-RR 2008, 26 = ZMR 2007, 1000 = ZWE 2008, 34 mit Anm. Drabek; Elzer, ZMR 2009, 7 (11); unklar Kümmel, MietRB 2008, 145; a.A. Weckerle, Info M 2008. 187 AG Offenbach v. 23.5.2016 – 320 C 9/16, ZMR 2016, 738. 188 AG Offenbach v. 1.12.2014 – 330 C 110/13, ZMR 2015, 641.

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§ 24 Rz. 74 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift (vgl. Rz. 75) zu begrenzen oder ganz zu entziehen. Auch ein nur zeitweiser Ausschluss, bis sich der Wohnungseigentümer „beruhigt“ hat, ist in Betracht zu ziehen.189 75 Im Rahmen der Leitung der Versammlung durch den Vorsitzenden (s. Rz. 103 ff.) oder durch

eine Geschäftsordnung (s. Rz. 124 ff.) können das Rederecht190 und das Fragerecht191 beschränkt werden. Bei Redezeitbeschränkungen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren.192 Im Zweifel ist ein großzügiges Rederecht einzuräumen. Eine Redezeitbegrenzung – vertreten werden drei bis zehn Minuten193 – verletzt nicht die Rechte der Wohnungseigentümer, wenn sie aus sachlichen Gründen – z.B. zur ordnungsgemäßen Durchführung der Versammlung – erfolgt.194 Das ist nicht der Fall, wenn eine generelle und ausnahmslose Redezeitbeschränkung von drei Minuten, unabhängig von der Komplexität des Themas, festgelegt wird.195 Die Beschränkungen sind im Vorfeld festzulegen, damit sich die Wohnungseigentümer darauf einstellen können. Unzulässig ist es daher, während der Behandlung eines Tagesordnungspunkts den sofortigen Abbruch der Diskussion mit dem Übergang zur Abstimmung zu bestimmen.196 Im Rahmen der Versammlungsleitung kann einem Wohnungseigentümer bei Überschreiten seiner Redezeit auch das Wort entzogen werden (s. Rz. 120). 76 Eine unzulässige mittelbare Beeinträchtigung des Teilnahmerechts kann darin liegen, dass

sich der Versammlungsleiter weigert, über ein beantragtes Rauchverbot abstimmen zu lassen. Wenn daraufhin ein Wohnungseigentümer aus Gesundheitsgründen die Eigentümerversammlung verlässt, kann dies einem rechtswidrigen Ausschluss dieses Wohnungseigentümers aus der Versammlung gleichstehen.197 c) Teilnahmepflicht 77 Für die Wohnungseigentümer gibt es grundsätzlich keine Teilnahmepflicht an einer Eigen-

tümerversammlung.198 Eine Pflicht, in der Versammlung zu erscheinen oder sich vertreten zu lassen, ergibt sich weder ausdrücklich aus dem WEG noch folgt sie aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer. Gegen eine Teilnahmepflicht spricht auch, dass sich jeder Stimmberechtigte grundsätzlich der Stimme enthalten darf, was einer Nichtteilnahme gleichkommt (s. § 25 Rz. 14). Die Pflicht, einer Versammlung bis zu ihrem Schluss beizuwohnen, besteht ebenfalls nicht, selbst wenn die Versammlung durch das vorzeitige Verlassen ihre Beschlussfähigkeit verliert.199 Durch die Möglichkeit, bei Verweigerung einer Mitwirkung an dringenden Sanierungsmaßnahmen auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden, können sich aber für den nicht teilnehmenden Wohnungseigentümer Rechtsnachteile ergeben (s. § 25 Rz. 99).200 Eine gerichtlich durchsetzbare Teilnahmepflicht besteht aber auch in diesen Fällen nicht, vielmehr kann der Wohnungseigentümer seiner Mitwirkungspflicht an der Be-

189 Dazu Schmid, NJW 2011, 1841 (1842). 190 BayObLG v. 22.4.1999 – 2Z BR 9/99, NZM 1999, 852; OLG Stuttgart v. 30.4.1986 – 8 W 531/85, NJW-RR 1986, 1277. 191 Zum Auskunftsrecht des Aktionärs vgl. BVerfG v. 20.9.1999 – 1 BvR 636/95, NJW 2000, 349 (351). 192 S.a. LG München I v. 28.6.2007 – 1 T 2063/07, ZMR 2008, 488. 193 Vgl. u.a. OLG Stuttgart v. 30.4.1986 – 8 W 531/85, NJW-RR 1986, 1277 und Bub/von der Osten, FD-MietR 2008, 256226. S. auch BVerfG v. 20.9.1999 – 1 BvR 636/95, NZG 2000, 192. 194 OLG Stuttgart v. 30.4.1986 – 8 W 531/85, NJW-RR 1986, 1277. 195 LG Frankfurt v. 5.6.2014 – 2-09 S 6/13, WuM 2015, 623. 196 M. Müller, ZWE 2018, 139 (140); a.A. AG Friedberg (Hessen) v. 31.5.2017 – 2 C 1076/16 (23), ZMR 2017, 838. 197 OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, MDR 2001, 326 = ZMR 2000, 866. 198 AG Neumarkt v. 20.8.2015 – 4 C 5/14, ZMR 2016, 160; AG Mettmann v. 7.3.2008 – 26 C 4/07, ZMR 2008, 847; Scheff/Schmidt, MDR 2010, 186 (189); a.A. Schmid, ZfIR 2010, 673. 199 LG Nürnberg-Fürth v. 5.7.2016 – 14 S 6933/15, ZMR 2017, 95 = MietRB 2017, 12. 200 Vgl. BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 = MietRB 2015, 18 = MDR 2015, 16.

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VII. Teilnahmerechte an der Versammlung | Rz. 80 § 24

schlussfassung z.B. durch die Bevollmächtigung eines Teilnehmers zur Beschlussfassung Genüge tun. Eine Teilnahmepflicht besteht aber für den Verwalter als nach § 24 Abs. 5 Variante 1 geborenen Versammlungsleiter und auch für den Vorsitzenden des Beirats oder seinen Stellvertreter. Da diese mit ihrer Unterschrift unter der Niederschrift für deren Richtigkeit einstehen, müssen sie sich auch persönlich über den Inhalt und Gang der Eigentümerversammlung versichern. Für eine Teilnahmepflicht des Verwalters spricht außerdem seine Pflicht, die Beschluss-Sammlung zu führen (vgl. Rz. 174).

2. Teilnahmeberechtigte a) Wohnungseigentümer und Vertreter Teilnahmebefugt an der Versammlung sind die Wohnungseigentümer (Rz. 35 ff.) und auch 78 die werdenden Wohnungseigentümer (Erst-, aber nicht Zweiterwerber; s. Rz. 42). Die Teilnahmebefugnis gehört zum sog. mitgliedschaftlichen Kernbereich und kann auch nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen werden (s. Rz. § 23 Rz. 158). Unzulässig ist daher eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung, dass nur der im Zeitpunkt der Einladung im Grundbuch eingetragene Erwerber teilnahmebefugt sein soll.201 Haben die Wohnungseigentümer einen Dritten bevollmächtigt (dazu § 25 Rz. 67 ff.), nimmt dieser das Teilnahmerecht des Wohnungseigentümers an der Eigentümerversammlung wahr. Der Bevollmächtigte ist nur anstelle des vertretenen Wohnungseigentümers teilnahmebefugt. Ist der Wohnungseigentümer selbst anwesend, hat der Bevollmächtigte kein aus der Vertretung folgendes Teilnahmerecht mehr, sondern kann nur noch als „Dritter“ teilnahmebefugt sein (dazu Rz. 82).202 Das Teilnahmerecht eines (für die Angelegenheiten des Wohnungseigentums) nicht geschäftsfähigen Wohnungseigentümers nimmt der gesetzliche Vertreter wahr (dazu Rz. 41). Teilnahmebefugt bei einer gesetzlichen Verwaltung des Wohnungseigentums sind die nach Rz. 44 f. zu Ladenden. Lediglich dinglich Berechtigte, z.B. Nießbraucher und Grundpfandrechtsgläubiger, sind nicht teilnahmebefugt (dazu Rz. 46). Ist der Wohnungseigentümer eine juristische Person, ist das vertretungsberechtigte Organ, 79 das für die juristische Person originär das Stimmrecht ausübt, bzw. dessen Vertreter teilnahmeberechtigt.203 Bei Personengesellschaften (§§ 709, 714 BGB, 125, 161 Abs. 2 HGB, 7 Abs. 3 PartGG) sind entsprechend die das Stimmrecht ausübenden vertretungsberechtigten Gesellschafter bzw. die nach dem Gesellschaftsvertrag bestimmten Geschäftsführer teilnahmeberechtigt. Bei nicht rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaften (Gütergemeinschaft, Erbengemeinschaften) sind sämtliche Mitglieder der Gemeinschaft schon deshalb teilnahmeberechtigt, weil ihnen das Stimmrecht gemeinschaftlich zusteht (s. § 25 Rz. 27). b) Verwalter und Verwaltungsbeirat Ein Teilnahmerecht besitzt außerdem der Verwalter. Als Versammlungsleiter ist er sogar zur 80 Teilnahme verpflichtet (Rz. 77). Der Verwalter ist auch teilnahmeberechtigt, wenn die Wohnungseigentümer einen anderen zum Versammlungsleiter bestimmt haben. Sein Anwesenheitsrecht folgt dann aus seinem Anfechtungsrecht nach § 46 Abs. 1 Satz 1.204 Das Teilnahme-

201 KG v. 16.1.2018 – 1 W 204/17, MDR 2018, 400. 202 LG Karlsruhe v. 21.7.2015 – 11 S 118/14, ZWE 2016, 94 = MietRB 2016, 169; LG Köln v. 8.1.2013 – 29 S 183/12, ZMR 2013, 378; Schmid, ZWE 2012, 480 (481). 203 Scheff/Schmidt, MDR 2010, 186 (189). 204 Vandenhouten in Köhler, Teil 5 Rz. 119.

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§ 24 Rz. 80 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift recht erstreckt sich auch auf die Mitarbeiter des Verwalters, die dieser für Hilfsaufgaben – etwa die Protokollführung – heranzieht.205 Lässt sich der Verwalter vertreten, besitzt der Vertreter ein Teilnahmerecht, selbst wenn die Vertretung als solche unzulässig ist.206 81 Auch einem Mitglied des Verwaltungsbeirates, das nicht zugleich Wohnungseigentümer ist

(dazu § 29 Rz. 10), steht in der Eigentümerversammlung in dem Umfang ein Anwesenheitsrecht zu, als sein Aufgabenbereich im Verwaltungsbeirat betroffen ist.207 Ist der Beirat, der kein Wohnungseigentümer ist, mit der Prüfung der Jahresabrechnung betraut, darf er daher nur bei Behandlung des entsprechenden TOPs anwesend sein. Hat er die Versammlungsniederschrift als Vorsitzender des Verwaltungsbeirats gem. § 24 Abs. 6 Satz 2 zu unterzeichnen, besteht hingegen ein vollständiges Anwesenheitsrecht, weil er andernfalls diese Aufgabe nicht ordnungsgemäß wahrnehmen kann.208 c) Teilnahme Dritter 82 Eigentümerversammlungen sind nicht öffentlich (Grundsatz der Nichtöffentlichkeit; Rz. 109 ff.).

Die Teilnahme von Personen, die nicht zu dem oben genannten Kreis der Teilnahmebefugten (Rz. 78 ff.) gehören, bedarf daher stets eines rechtfertigenden Grundes. Eine solche Rechtfertigung kann sich durch eine Regelung der Wohnungseigentümer (dazu Rz. 83 ff.) oder aufgrund eines sachlichen Grundes (dazu Rz. 86 ff.) ergeben. Nehmen Dritte an der Versammlung teil, deren Teilnahme unzulässig war, liegt ein formeller Mangel der in der Versammlung gefassten Beschlüsse vor (dazu Rz. 110). aa) Gestattung durch die Wohnungseigentümer 83 Ein Wohnungseigentümer darf einen Begleiter oder Beistand zur Versammlung hinzuziehen,

wenn ihm dies eine Vereinbarung erlaubt.209 Die Wohnungseigentümer können ferner vereinbaren, ob und wann ein Begleiter von der Versammlung ausgeschlossen ist. In einer Vertreterklausel (s. § 25 Rz. 85 ff.) kann eine solche Vereinbarung im Zweifel nicht erkannt werden. Eine Vertreterklausel will andere Personen vornehmlich von der aktiven Beteiligung an der Versammlung, mithin der Abgabe von Erklärungen oder einer Antragstellung, ausschließen.210 Sie will einen nicht vertretenen, persönlich anwesenden Wohnungseigentümer aber grundsätzlich nicht daran hindern, sich begleiten und beraten zu lassen.211 Etwas anderes gilt für eine ausdrückliche „Berater- oder Besucherklausel“.212 84 Über die Frage, ob ein nicht teilnahmeberechtigter Dritter an der Eigentümerversammlung

teilnehmen darf, kann durch Mehrheitsbeschluss in der Versammlung entschieden werden.213 Aus dem Grundsatz der Nichtöffentlichkeit folgt kein Individualanspruch jedes Woh205 KG v. 15.9.2000 – 24 W 3301/00, ZMR 2001, 223; Armbrüster/Roguhn, ZWE 2016, 105 (107); skeptisch Sauren, ZWE 2007, 21 (23). 206 OLG München v. 7.6.2005 – 32 Wx 32/05, ZMR 2005, 728 (729). 207 OLG Hamm v. 27.9.2006 – 15 W 98/06, MietRB 2007, 95 = ZMR 2007, 133 (134); AG Idstein v. 7.9.2015 – 32 C 7/15 (21), juris Rz. 14; vgl. auch Armbrüster/Roguhn, ZWE 2016, 105 (107). 208 Becker in Bärmann, § 29 WEG Rz. 78. 209 BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236 (241) = MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1929; siehe dazu Jennißen/Intveen, NJW 2007, 2881 (2883). 210 BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236 (241) = MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1929. 211 BayObLG v. 10.4.1997 – 2Z BR 125/96, ZMR 1997, 478; BayObLG v. 11.5.1981 – BReg.2 Z 47/80, BayObLGZ 1981, 161; OLG Karlsruhe v. 15.4.1986 – 11 W 2/86, WuM 1986, 229. 212 KG v. 27.11.1985 – 24 W 1856/85, MDR 1986, 320 = ZMR 1986, 91. 213 OLG Frankfurt v. 17.1.2005 – 20 W 30/04, juris; BayObLG v. 19.2.2004 – 2Z BR 212/03, MietRB 2004, 210 = ZMR 2004, 603; LG München I v. 29.1.2015 – 36 S 2567/14, ZMR 2015, 490 = MietRB 2016, 47; LG Düsseldorf v. 16.3.2011 – 25 S 56/10, ZMR 2011, 898 (900); LG Karlsruhe v. 11.5.2010

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VII. Teilnahmerechte an der Versammlung | Rz. 86 § 24

nungseigentümers auf einen Ausschluss Dritter, weil die Nichtöffentlichkeit der Gesamtheit der Wohnungseigentümer dient und nicht Individualinteressen an der Geheimhaltung des gesprochenen Worts schützen soll (dazu Rz. 109). Ein entsprechender Beschluss ist vielmehr eine zulässige Maßnahme der Geschäftsordnung. Sie muss allerdings ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Dies setzt voraus, dass berechtigte Gründe für die Teilnahme des Dritten vorliegen.214 Aber auch bei Vorliegen erheblicher Gründe widerspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn durch die Zulassung Dritter die Versammlung derart unübersichtlich werden kann, dass letztlich die Abhaltung und Teilnahme sowohl für den Versammlungsleiter als auch für die Wohnungseigentümer nicht mehr überschaubar oder zumutbar ist. Ein Beschluss, nachdem in einer größeren Wohnanlage Mieter an künftigen Eigentümerversammlungen teilnehmen dürfen, ist daher anfechtbar.215 Auch die Zulassung eines Journalisten oder sonstigen Beobachters widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung. Nach h.M. ist die Teilnahme Dritter auch dann zulässig, wenn sie von den übrigen Woh- 85 nungseigentümern nicht gerügt wird. Hierin wird ein stillschweigender Verzicht auf die Einhaltung der Nichtöffentlichkeit gesehen.216 Ein stillschweigender Verzicht setzt aber tatsächlich ein schlüssiges Verhalten voraus, dass auf einen entsprechenden Willen schließen lässt. Die bloße Nichtrüge genügt dafür nicht. Vielmehr kommt nur ein konkludenter Geschäftsordnungsbeschluss (dazu Rz. 127) in Betracht, bei dem das Bewusstsein der Wohnungseigentümer, in Anwesenheit eines Dritten zu verhandeln, nach außen getreten sein muss, z.B. indem niemand widerspricht, wenn der Versammlungsleiter die Anwesenheit des Dritten und seine Eigenschaft als Außenstehenden ausdrücklich feststellt. bb) Beratung und Begleitung einzelner Wohnungseigentümer Ein Wohnungseigentümer darf – wenn es ihm nicht durch Vereinbarung oder Beschluss er- 86 laubt ist (Rz. 83 ff.) – nur ausnahmsweise einen Dritten, z.B. einen Rechtsanwalt, einen Architekten oder einen Buchprüfer, zur Eigentümerversammlung hinzuziehen. Denn grundsätzlich ist es jedem Wohnungseigentümer zuzumuten, sich anhand der Tagesordnung bereits vor der Versammlung Rat zu holen und seine Meinung in der Versammlung selbst oder durch einen zulässigerweise bestellten Vertreter (s. § 25 Rz. 60) vortragen zu lassen. Das Interesse einzelner Wohnungseigentümer, sich auch bei persönlichem Erscheinen jederzeit fremden Rates in der Versammlung zu bedienen, muss regelmäßig zurücktreten. Ein Recht auf Hinzuziehung eines Beraters kann sich aber ausnahmsweise aus dem die Wohnungseigentümer verbindenden Gemeinschaftsverhältnis und dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme ergeben.217 Er ist gegeben, wenn ein Wohnungseigentümer ein berechtigtes und ein die Interessen der anderen überwiegendes Interesse daran hat, gerade in der Eigentümerversammlung einen Berater hinzuzuziehen, das durch eine Beratung im Vorfeld der Versammlung nicht entfällt.218

214 215 216 217 218

– 11 S 9/08, ZWE 2010, 377 (379); LG Dresden v. 20.12.2006 – 2 T 0594/05, ZMR 2007, 491; AG Bochum v. 30.10.2008 – 94 C 26/08, ZMR 2009, 230; Armbrüster/Roguhn, ZWE 2016, 105 (110); a.A. AG München v. 19.12.2013 – 483 C 33043/12, ZMR 2014, 406; Drasdo, NZM 2015, 360 (364); Sauren, ZWE 2007, 21 (25). LG München I v. 29.1.2015 – 36 S 2567/14, MietRB 2016, 47 = ZMR 2015, 490. AG Bochum v. 30.10.2008 – 94 C 26/08, ZMR 2009, 230. LG Frankfurt/M. v. 21.9.2011 – 2-13 S 118/10, NJW 2012, 399 (400); LG Düsseldorf v. 16.3.2011 – 25 S 56/10, ZMR 2011, 898 (900); kritisch Armbrüster/Roguhn, ZWE 2016, 105 (111 f.). OLG Saarbrücken v. 28.8.2003 – 5 W 11/03, ZMR 2004, 67; Becker, Eigentümerversammlung, S. 219 ff.; kritisch Lüke, WE 1993, 260 (262); vgl. zum Gesellschaftsrecht BGH v. 27.4.2009 – II ZR 167/07, NJW 2009, 2300 (2301). BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236 (241) = MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1929.

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§ 24 Rz. 87 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift 87 Für die Annahme eines überwiegenden Interesses – das sich sowohl aus persönlichen als

auch aus sachlichen Gründen ergeben kann219 – müssen freilich Gründe vorliegen, die gewichtiger sind als das Interesse anderer Wohnungseigentümer, die Versammlungen auf den eigenen Kreis zu beschränken. Das wird der Fall sein, wenn schwerwiegende Entscheidungen zu fällen sind und dem Wohnungseigentümer die erforderliche Sachkunde fehlt und er sie sich vorher auch nicht angemessen beschaffen kann.220 Eine besonders schwierige Angelegenheit liegt grundsätzlich nicht vor, wenn die Beschlussfassung eine Frage betrifft, die bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums wiederholt auftritt.221 In solchen Fällen kann sich der Wohnungseigentümer bereits im Vorfeld beraten lassen.222 Die Zerstrittenheit der Wohnungseigentümer begründet in der Regel kein berechtigtes Interesse eines Wohnungseigentümers an der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts.223 Ein unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit berechtigtes Interesse des Wohnungseigentümers kann hingegen vorliegen, wenn ein Rechtsanwalt im Auftrag der Gemeinschaft anwesend ist (dazu Rz. 90), der über Schritte gegen ihn beraten soll.224

88 Ob es einem Wohnungseigentümer erlaubt ist, einen Begleiter – ggf. auch nur für einzelne

Tagesordnungspunkte – hinzuzuziehen, ist letztlich immer eine Frage des Einzelfalls, die für jede Versammlung gesondert zu prüfen ist.225 Dabei sind auch die individuellen Fähigkeiten des jeweiligen Wohnungseigentümers (z.B. ein hohes Lebensalter,226 Schwerhörigkeit227, geistige Gebrechlichkeit oder das Unvermögen, seinen Standpunkt in der Versammlung angemessen zu vertreten)228 sowie die Person des Begleiters, insbesondere eine ihn treffende Verschwiegenheitspflicht, zu berücksichtigen. Ein ausländischer Wohnungseigentümer, der die deutsche Sprache nicht oder nur eingeschränkt beherrscht, hat jederzeit das Recht, sich von einem Dolmetscher begleiten zu lassen.229 In kleineren Gemeinschaften ist das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer, von äußeren Einflussnahmen ungestört beraten und abstimmen zu können, hoch zu veranschlagen.230

89 Wenn der Versammlungsleiter den Dritten des Raumes verweist oder die Wohnungseigentü-

mer ihn durch einen Beschluss unberechtigt ausschließen, obwohl der begleitete Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Begleitung und Beratung hat, leiden die in der Versammlung getroffenen Beschlüsse unter einem formellen Mangel und sind anfechtbar (dazu § 23 Rz. 173 ff.). Bei einer entsprechenden Wiederholungsgefahr kann ein Wohnungseigentümer Feststellungsklage erheben, dass er berechtigt ist, sich in die Versammlung begleiten zu lassen.231 Besitzt ein Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Teilnahme des Dritten, der von einzelnen Wohnungseigentümern in der Versammlung in Frage gestellt wird, kann durch Geschäftsordnungsbeschluss deklaratorisch das Anwesenheitsrecht bestätigt werden.232

219 BayObLG v. 16.5.2002 – 2Z BR 32/02, ZMR 2002, 844 (845); BayObLG v. 10.4.1997 – 2Z BR 125/ 96, ZMR 1997, 478. 220 Vgl. zum Gesellschaftsrecht BGH v. 27.4.2009 – II ZR 167/07, NJW 2009, 2300 (2301). 221 BayObLG v. 10.4.1997 – 2Z BR 125/96, ZMR 1997, 478 (479). 222 Dazu Drasdo, NZM 2015, 360 (363 f.). 223 OLG Hamm v. 28.10.2003 – 15 W 203/02, MietRB 2004, 266 = ZMR 2004, 699 (700); BayObLG v. 16.5.2002 – 2Z BR 32/02, ZMR 2002, 844 (845). 224 AG Schöneberg v. 17.3.2016 – 771 C 64/15, GrundE 2016, 667. 225 OLG Düsseldorf v. 24.5.1995 – 3 Wx 17/95, ZMR 1996, 221. 226 BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236 (241) = MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1929. 227 Vgl. AG Hannover v. 17.2.2017 – 482 C 11327/16, ZWE 2018, 88 m.Anm. von Schledorn. 228 BayObLG v. 10.4.1997 – 2Z BR 125/96, ZMR 1997, 478 (479). 229 AG Wiesbaden v. 27.7.2012 – 92 C 217/11, ZMR 2013, 319; AG Hamburg-Altona v. 27.6.2005 – 303 II 8/05b, ZMR 2005, 823; Scheff/Schmidt, MDR 2010, 186 (189). 230 BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236 (241) = MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1929. 231 BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236 (242) = MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1929. 232 OLG Hamm v. 12.12.1996 – 15 W 424/96, NJW-RR 1997, 846.

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VII. Teilnahmerechte an der Versammlung | Rz. 92 § 24

cc) Beratung sämtlicher Wohnungseigentümer Von der persönlichen Beratung einzelner Wohnungseigentümer im Individualinteresse zu un- 90 terscheiden ist die Beratung im Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer.233 Die Wohnungseigentümer sind berechtigt, sich in ihrer Gesamtheit in der Versammlung etwa von einem Rechtsanwalt informieren zu lassen.234 Eine Beratung ist auch dann möglich, wenn ein konkreter Interessengegensatz zwischen einem einzelnen Wohnungseigentümer und der Gesamtheit der übrigen Wohnungseigentümer hervorgetreten ist.235 Eine Beratung im Gesamtinteresse wird durch den „Widerspruch“ eines Wohnungseigentümers, etwa desjenigen, wegen dessen Fehlverhaltens eine Beratung erst erforderlich wurde, nicht ausgeschlossen.236 Die Beratung entspricht vielmehr stets dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn für die Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit nach objektiven Maßstäben ein Bedürfnis an rechtlicher, wirtschaftlicher oder technischer Beratung besteht,237 das nur in der Versammlung letztlich sachgerecht erfüllbar ist.238 Das Gesetz schreibt nicht vor, in die Einladung aufzunehmen, dass zur Beratung bestimmter 91 Tagesordnungspunkte nach Willen des Verwalters oder auf Antrag eines Wohnungseigentümers außenstehende Fachleute herangezogen werden. Auch ein Schutz von Wohnungseigentümern vor überraschenden Beschlussfassungen macht es nicht erforderlich, ihnen vorab bekannt zu geben, dass nicht zur Gemeinschaft gehörende Berater eingeladen werden.239 d) Teilversammlungen In einer Teilversammlung (s. § 23 Rz. 31) steht neben den dort stimmberechtigten Wohnungs- 92 eigentümern auch den anderen Wohnungseigentümern ein Teilnahmerecht zu.240 Jeder Wohnungseigentümer hat in der betreffenden WEG-Anlage daher die Möglichkeit, eine Versammlung zu besuchen, in der Angelegenheiten des gemeinschaftlichen Eigentums besprochen und ggf. sogar durch Beschluss geregelt werden, mögen sie ihn selbst auch nicht oder nur mittelbar betreffen. Er darf in den „fremden“ Teilversammlungen z.B. reden und Anträge stellen.241 Der Ausschluss vom Stimmrecht hat nicht zur Folge, dass die anderen Versammlungs- und Teilnahmerechte untergehen (§ 25 Rz. 138).242 Da jeder Wohnungseigentümer teilnahmeberechtigt ist, kann in seiner Anwesenheit kein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit gesehen werden.243

233 BayObLG v. 19.2.2004 – 2Z BR 212/03, MietRB 2004, 210 = ZMR 2004, 603; LG Frankfurt/M. v. 21.9.2011 – 13 S 118/10, NJW 2012, 399 (400); Scheff/Schmidt, MDR 2010, 186 (188). 234 LG Frankfurt/M. v. 21.9.2011 – 2-13 S 118/10, NJW 2012, 399. 235 A.A. OLG Köln v. 22.6.2009 – 16 Wx 266/08, MietRB 2010, 44 = NJW 2009, 3245; OLG München v. 18.9.2006 – 34 Wx 89/06, ZMR 2006, 960; BayObLG v. 19.2.2004 – 2Z BR 212/03, ZMR 2004, 603. 236 Jennißen/Intveen, NJW 2007, 2881; a.A. LG Frankfurt/M. v. 21.9.2011 – 2-13 S 118/10, NJW 2012, 399. 237 OLG Köln v. 22.6.2009 – 16 Wx 266/08, MietRB 2010, 44 = NJW 2009, 3245; BayObLG v. 19.2.2004 – 2Z BR 212/03, MietRB 2004, 210 = ZMR 2004, 603. 238 OLG Köln v. 22.6.2009 – 16 Wx 266/08, MietRB 2010, 44 = NJW 2009, 3245; OLG Hamm v. 28.10.2003 – 15 W 203/02, MietRB 2004, 266 = ZMR 2004, 699 (700). 239 BayObLG v. 19.2.2004 – 2Z BR 212/03, MietRB 2004, 210 = ZMR 2004, 603; Jennißen/Intveen, NJW 2007, 2881 (2882). 240 Rüscher, ZWE 2011, 308 (309); Schultzky, ZMR 2011, 521; Häublein, ZWE 2010, 149 (156); Elzer, MietRB 2010, 344 (345); Vandenhouten in Köhler, Teil 4 Rz. 105; a.A. Hügel, NZM 2010, 8 (15). 241 Wie hier Abramenko, ZWE 2011, 159 (162). 242 Unzutreffend Rüscher, ZWE 2011, 308 (311); Häublein, ZWE 2010, 149 (156). 243 Scheff/Schmidt, MDR 2010, 186 (187).

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§ 24 Rz. 93 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift

VIII. Ort und Zeit der Versammlung 1. Bestimmung der Wohnungseigentümer 93 Welcher Versammlungsort (geografische Gemeinde), welche Versammlungsstätte (Saal,

Raum etc.), welcher Versammlungstag und welche Versammlungszeit vom Einzuladenden zu wählen sind, können die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung,244 aber auch durch Beschluss nach § 21 Abs. 3 bestimmen. Soweit die Wohnungseigentümer eine solche Bestimmung treffen, ist der Ladende, zumeist der Verwalter, an diese Bestimmung gebunden, wenn die Bestimmung nicht nichtig ist. Nichtigkeit eines Beschlusses über den Versammlungsort oder die -zeit wird nur dann vorliegen, wenn durch die Wahl vorsätzlich das Teilnahmerecht eines Wohnungseigentümers vereitelt wird; ein solcher Beschluss steht einer vorsätzlichen Nichtladung gleich (vgl. Rz. 48). Im Übrigen führt die Wahl eines ungeeigneten Versammlungsortes (dazu Rz. 95 ff.) oder einer Versammlungszeit nur zu der Anfechtbarkeit des Beschlusses.

2. Bestimmung durch den Einberufenden 94 Fehlt es an einer Bestimmung der Wohnungseigentümer zu Ort und Zeit der Versammlung,

unterfallen die Wahl von Versammlungsort und -stätte sowie von Versammlungstag und -zeit dem Gestaltungsspielraum des Einberufenden, also regelmäßig des Verwalters.245 Die von ihm bei der Auswahl einzuhaltenden Ermessensgrenzen ergeben sich aus der Funktion der Wohnungseigentümerversammlung als Ort der gemeinsamen, nichtöffentlichen Willensbildung (dazu Rz. 95 ff.), an dem möglichst allen Wohnungseigentümern die Teilnahme zu ermöglichen ist (dazu Rz. 100 ff.). Wählt der Einberufende einen ungeeigneten Versammlungsort oder eine ungeeignete Versammlungszeit, können die auf der Versammlung getroffenen Beschlüsse wegen eines formellen Mangels angefochten werden (§ 23 Rz. 173 ff.). Schließt der Einberufende mit der Wahl des Versammlungsorts bewusst einen Wohnungseigentümer – etwa wegen einer körperlichen Behinderung oder einer bekannten und nachvollziehbaren Abneigung gegen den Ort – von der Teilnahme aus, kommt diese Wahl einer vorsätzlichen Nichtladung gleich, so dass die Beschlüsse nichtig sind (s. Rz. 48).246

3. Anforderungen an Versammlungsort und -stätte a) Zugänglichkeit 95 Versammlungsort und Versammlungsstätte müssen so beschaffen sein, dass eine ordnungs-

mäßige Durchführung der Eigentümerversammlung gewährleistet247 und allen Wohnungseigentümern die Teilnahme an der Versammlung möglich ist.248 Versammlungsort und Versammlungsstätte müssen also frei zugänglich sein. Ist ein Wohnungseigentümer oder sein Vertreter auf einen Rollstuhl angewiesen oder sonst in seiner Mobilität eingeschränkt, muss der Zugang ferner barrierefrei i.S.v. § 554a BGB sein. Das gilt nicht nur in den Fällen, in

244 OLG Celle v. 17.11.1997 – 4 W 198/97, NZM 1998, 822. 245 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 222/10, ZWE 2011, 354 (355); OLG Köln v. 6.1.2006 – 16 Wx 188/05, ZMR 2006, 384; AG Bremen-Blumenthal v. 8.3.2013 – 44 C 2032/12, ZMR 2013, 663; Elzer, ZMR 2006, 85 (90). 246 OLG Köln v. 3.12.2003 – 16 Wx 216/03, ZMR 2004, 299 (300). 247 KG v. 30.4.1997 – 24 W 5809/96, ZMR 1997, 487 (488). 248 OLG Hamm v. 19.6.2001 – 15 W 20/01, ZMR 2001, 1004; OLG Hamm v. 12.1.2000 – 15 W 109/00, NJW-RR 2001, 516 (517).

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VIII. Ort und Zeit der Versammlung | Rz. 97 § 24

denen eine Behinderung (§ 3 BGG) vorliegt. In der Bestimmung der Versammlungsstätte im dritten Stock eines Bürogebäudes ohne Fahrstuhl kann deshalb ein Verstoß liegen, wenn für einen bekanntermaßen gehbehinderten Wohnungseigentümer das Aufsuchen unzumutbar erscheint.249 Versammlungsort und Versammlungsstätte müssen ferner verkehrsüblich zu erreichen sein.250 Dazu gehört auch im Rahmen des Vorhandenen die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. b) Zumutbarkeit Versammlungsort und Versammlungsstätte sind außerdem am Grundsatz der Zumutbarkeit 96 zu messen. Vor allem die Versammlungsstätte muss einen störungsfreien Ablauf gewährleisten und akzeptabel sein. Die Frage, ob Ort und Stätte zumutbar sind, ist anhand der konkreten Anlage zu beantworten. Von Bedeutung ist z.B. das Alter der Wohnungseigentümer, ihre Mobilität, ob die Anlage selbstgenutzt oder vermietet ist, außerdem die Größe der Wohnanlage. Die gewählte Versammlungsstätte ist unzumutbar, wenn sie von der Größe her die Teilnahme aller Wohnungseigentümer nicht zulässt. Hierbei soll es den Wohnungseigentümern für begrenzte Zeit und zur Einsparung von Versammlungskosten allerdings zumutbar sein, gewisse Unbequemlichkeiten in Kauf zu nehmen.251 Eine Versammlungsstätte, die nur eine Versammlung im Stehen zulässt, ist i.d.R. aber nicht zulässig.252 Ebenso muss die Neutralität der Versammlungsstätte gewahrt sein, wenn Streitigkeiten zu erwarten sind. Sind in kleineren Anlagen im Versammlungsvorfeld zwischen Wohnungseigentümern und dem Verwalter bereits Reibereien aufgetreten und Weiterungen nicht auszuschließen, ist etwa die Wahl der Wohnung des Verwalter oder seines Wohnwagens als Versammlungsstätte ermessensfehlerhaft.253 c) Ortsbezug Der Versammlungsort muss sich im näheren Umkreis der Wohnanlage befinden, also einen 97 örtlichen Bezug aufweisen.254 Bestehen keine besonderen Gründe, sollte die Eigentümerversammlung entsprechend der Regelung des § 121 Abs. 5 Satz 1 AktG am Ort der Wohnanlage stattfinden. Auswärtige Wohnungseigentümer haben eine entsprechende Anreise von vornherein in Kauf zu nehmen, nicht aber die Wohnungseigentümer, die in der Anlage oder zumindest in der Gemeinde wohnen, in der die Anlage gelegen ist. Der Grundsatz, dass eine Eigentümerversammlung jedenfalls im näheren Umkreis der Wohnanlage stattzufinden hat, gilt auch dann, wenn es sich um ein Anlageobjekt handelt, bei dem die Mehrheit der Wohnungseigentümer außerhalb des Ortes der Anlage wohnhaft ist.255

249 LG Bonn v. 3.11.2003 – 8 T 113/03, ZMR 2004, 218 (219). 250 BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, BGHZ 150, 109 = MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647; OLG Köln v. 13.9.2004 – 16 Wx 168/04, MietRB 2005, 40 = ZMR 2005, 77; OLG Hamm v. 19.6.2001 – 15 W 20/01, ZMR 2001, 1004; BayObLG v. 25.6.1987 – BReg.2 Z 68/86, MDR 1987, 937; OLG Frankfurt v. 9.8.1982 – 20 W 403/82, OLGZ 1982, 418. 251 OLG Düsseldorf v. 1.3.1993 – 2 Wx 512/92, WuM 1993, 305 zur Waschküche als Versammlungsort; OLG Hamm v. 28.11.1991 – 15 W 169/91, MDR 1992, 772 zu einem Kellerflur; Gottschalg, NZM 1998, 825. 252 AG Dortmund v. 27.3.2018 – 512 C 31/17, ZMR 2018, 540. 253 OLG Hamm v. 12.12.2000 – 15 W 109/00, ZMR 2001, 383; AG Büdingen v. 7.4.2014 – 2 C 359/12, MietRB 2014, 334 m. abl. Anm. Elzer = ZWE 2014, 284. 254 OLG Köln v. 6.1.2006 – 16 Wx 188/05, MDR 2006, 866 = ZMR 2006, 384; OLG Köln v. 12.9.1990 – 16 Wx 101/90, NJW-RR 1991, 725; AG Strausberg v. 18.2.2009 – 27 C 12/08, ZWE 2009, 182 (186); AG Charlottenburg v. 1.7.1986 – 70 II 142/86, NJW-RR 1987, 1162 f.; offen gelassen von OLG Hamm v. 20.7.2006 – 15 W 142/05, MietRB 2007, 122 f. = ZMR 2007, 63 (64). 255 OLG Köln v. 6.1.2006 – 16 Wx 188/05, MDR 2006, 866 = ZMR 2006, 384.

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§ 24 Rz. 98 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift 98 Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn Eigentümerversammlungen mehrfach

beanstandungslos an einem auswärtigen Ort abgehalten wurden und die Interessen der Miteigentümer hierdurch nicht oder allenfalls marginal berührt sind, da sie sämtlich in großer Entfernung sowohl zum Ort der Anlage als auch dem der Versammlung ansässig sind.256 Ferner dürften wechselnde Versammlungsorte zulässig sein, um auswärtigen Wohnungseigentümern den Zugang zu erleichtern. d) Gewährleistung der Nichtöffentlichkeit 99 Die Versammlungsstätte muss geeignet sein, Verstöße gegen den Grundsatz der Nichtöffent-

lichkeit (s. Rz. 109) zu verhindern. Große Bedenken bestehen etwa dagegen, eine Eigentümerversammlung in einem nicht abgetrennten, öffentlich zugänglichen Gaststättenraum abzuhalten, weil damit die Vertraulichkeit der Beratungen und der freie Austausch der Gedanken nicht gewährleistet werden kann.257 Sind sowohl äußere Lärmbeeinträchtigungen als auch die Wahrnehmbarkeit des gesprochenen Wortes für Nachbarn oder Passanten ausgeschlossen, kann die Versammlung indes beispielsweise im Freien, etwa im Garten der Anlage, abgehalten werden.

4. Anforderungen an Versammlungstag und -zeit 100 Bei der Wahl des Versammlungstags und der Versammlungszeit kommt es auf die Umstände

des Einzelfalls an. Maßgeblich ist stets zu berücksichtigen, dass die Teilnahmemöglichkeit der Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung ein zentrales Mitgliedschaftsrecht ist, das durch eine „unzeitige“ Terminbestimmung nicht verkürzt oder gar vereitelt werden darf.258 Jedenfalls in kleineren Wohnanlagen ist der Einberufende verpflichtet zu versuchen, jedem Mitglied in zumutbarer Weise eine Versammlungsteilnahme zu ermöglichen.259 101 Ein bestimmter Wochentag ist nicht vorgeschrieben. Regelmäßig ist es unzumutbar, wenn die

Versammlung an einem gesetzlichen Feiertag, insbesondere Karfreitag, Ostern, Pfingsten, Allerheiligen und Weihnachten, stattfindet.260 Auch die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr kommt grundsätzlich nicht in Betracht.261 Der Sonntag als Versammlungstermin ist hingegen regelmäßig zumutbar. Über den Wunsch einzelner Wohnungseigentümer, etwa den Sonntagvormittag bis 11.00 Uhr von Eigentümerversammlungen freizuhalten, darf aber grundsätzlich nicht hinweggegangen werden.262 Möglich ist auch die Einberufung an einem sog. Brückentag.263 Gehören zu den Wohnungseigentümern Eltern mit schulpflichtigen Kindern, kann die Einberufung in den Schulferien unzumutbar sein.264 Jedenfalls wird es ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, wenn die Ladung in diesem Fall ohne ausreichenden Vorlauf erfolgt, weil es sich um eine typische Reisezeit handelt und die Wohnungseigentümer

256 OLG Hamm v. 20.7.2006 – 15 W 142/05, MietRB 2007, 122 f. = ZMR 2007, 63 (64). 257 KG v. 30.4.1997 – 24 W 5809/96, ZMR 1997, 487 (488); OLG Frankfurt v. 7.4.1995 – 20 W 16/95, NJW 1995, 3395. 258 Gottschalg, NZM 2009, 529. 259 LG München I v. 19.7.2004 – 1 T 3954/04, NZM 2005, 591; AG Hamburg-Blankenese v. 2.4.2014 – 539 C 25/13, ZMR 2016, 312. 260 LG Lübeck v. 28.10.1985 – 7 T 556/85, NJW-RR 1986, 813; a.A. OLG Schleswig v. 6.4.1987 – 2 W 144/85, NJW-RR 1987, 1362 (jeweils zum Karfreitag). 261 OLG Hamm v. 12.12.2000 – 15 W 109/00, ZMR 2001, 383. 262 BayObLG v. 25.6.1987 – BReg.2 Z 68/86, MDR 1987, 937; OLG Stuttgart v. 18.12.1985 – 8 W 338/ 85, NJW-RR 1986, 315. 263 OLG Zweibrücken v. 29.11.1993 – 3 W 133/93, WE 1994, 146. 264 BayObLG v. 17.4.2002 – 2Z BR 14/02, ZMR 2002, 774; dazu Gottschalg, NZM 2009, 529.

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IX. Vorsitz in der Versammlung (Abs. 5) | Rz. 105 § 24

sich auf einen derartigen Termin besonders einrichten müssen.265 Kommen die Wohnungseigentümer als Kapitalanleger hingegen überwiegend aus anderen Bundesländern, sind die Schulferien des Belegenheits-Bundeslandes nicht maßgeblich.266 Ist die Behandlung von Punkten dringlich, stehen Ferien einer Einberufung ebenfalls nicht entgegen.267 Bei der Bestimmung des Beginns ist auf die Bedürfnisse Berufstätiger, Versammlungen mög- 102 lichst außerhalb der üblichen Arbeitszeiten anzusetzen, Rücksicht zu nehmen, aber auch darauf, dass die Versammlung voraussichtlich nicht zu spät endet.268 In der Regel sollte die Verhandlung spätestens um Mitternacht beendet sein.269

IX. Vorsitz in der Versammlung (Abs. 5) Den Vorsitz in der Versammlung führt nach § 24 Abs. 5 grundsätzlich der Verwalter, es sei 103 denn, die Wohnungseigentümer beschließen, dass ein Anderer die Eigentümerversammlung leiten soll. Umgekehrt können sie auch beschließen, dass der Verwalter stets Versammlungsleiter sein soll.270

1. Verwalter als Versammlungsleiter a) Rechtstellung des Verwalters Die Befugnis des Verwalters zur Versammlungsleitung stellt weder eine originäre noch eine 104 unentziehbare Kompetenz dar. Sie ist auch keine dem Verwalter zugewiesene Organfunktion. Die Versammlungsleitung ist vielmehr als eine bloße Ersatzkompetenz zu verstehen.271 Der Verwalter als Versammlungsleiter ist nur als Funktionsgehilfe der Eigentümerversammlung anzusehen.272 Der Verwalter ist auch dann Versammlungsleiter, wenn ein Dritter die Versammlung einberufen hat, z.B. der Vorsitzende des Beirats (vgl. Rz. 24 ff.). b) Übertragung auf Mitarbeiter Ist eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft Verwalter, hat im Grund- 105 satz der gesetzliche Vertreter die Versammlung zu leiten, etwa bei der GmbH der Geschäftsführer nach § 35 Abs. 1 GmbHG. Zulässig ist es aber auch, dass ein Prokurist, ein allgemein oder im Einzelfall vertretungsberechtigter Mitarbeiter die Versammlung leitet.273 Ist der Verwalter eine natürliche Person, soll er sich nach h.M. ebenfalls durch einen Mitarbeiter vertreten lassen können.274 Dies überzeugt jedoch nicht, denn nach dem Verwaltervertrag ist ein

265 LG Karlsruhe v. 7.10.2014 – 11 S 8/14, ZWE 2015, 419; LG Karlsruhe v. 25.10.2013 – 11 S 16/13, MietRB 2014, 177 f. = ZWE 2014, 93. 266 AG Dorsten v. 1.9.2008 – 42 II 32/06, NZM 2008, 778. 267 BayObLG v. 17.4.2002 – 2Z BR 14/02, ZWE 2002, 526 (527). 268 OLG Köln v. 13.9.2004 – 16 Wx 168/04, MietRB 2005, 40 = ZMR 2005, 77. 269 AG Dorsten v. 1.9.2008 – 42 II 32/06, NZM 2008, 778. 270 BayObLG v. 3.12.2003 – 2Z BR 188/03, MietRB 2004, 171 = ZMR 2004, 443 (445). 271 KG v. 15.1.2003 – 24 W 129/01, MietRB 2003, 43 = ZMR 2003, 598 (599). 272 KG v. 28.11.1984 – 24 W 3678/84, ZMR 1985, 105. 273 BayObLG v. 7.8.2003 – 2Z BR 47/03, MietRB 2004, 47 = ZMR 2004, 131; OLG Schleswig v. 4.12.1996 – 2 W 85/96, MDR 1997, 821 (823) mit Anm. Riecke; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 59. 274 OLG München v. 7.6.2005 – 32 Wx 32/05, ZMR 2005, 728 (729); BayObLG v. 11.4.2001 – 2Z BR 27/01, ZMR 2001, 826; Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 127; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 4.10.1995 – 3 Wx 133/95, ZMR 1996, 100.

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§ 24 Rz. 105 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift Verwalter regelmäßig nach §§ 675, 664 Abs. 1 Satz 1 BGB höchstpersönlich zur Geschäftsbesorgung verpflichtet (§ 26 Rz. 10 ff.). Dies gilt umso mehr für die Versammlungsleitung, die nach § 24 Abs. 5 WEG ausdrücklich dem Verwalter selbst obliegt, es sei denn, es liegt ein abweichender Beschluss vor. Wird sein Vertreter oder Mitarbeiter eigenständig als Versammlungsleiter tätig, nimmt er eine dem Verwalter obliegende Aufgabe auch nicht nur als dessen Hilfsperson wahr. Der Versammlungsleiter kann nämlich nicht bloße Hilfsperson sein, weil er selbst über die im Verlauf der Versammlung auftretenden Fragen, z.B. zum Rederecht, zur Beschlussfähigkeit und zum Abstimmungsverfahren, eigenverantwortlich zu entscheiden hat.275 Die Hinzuziehung von Mitarbeitern zur Durchführung untergeordneter Tätigkeiten, etwa dem Führen der Niederschrift oder der Teilnehmerliste, ist hingegen zulässig, weil den Vertragsparteien regelmäßig bewusst ist, dass ein Verwalter sich zur Erfüllung seiner Aufgaben der Hilfe von Mitarbeitern bedient. Sie ist häufig sogar erforderlich, damit der Verwalter seine Aufgaben nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung erfüllen kann.276 c) Übertragung durch den Verwalter 106 Der Verwalter kann die Versammlungsleitung – abgesehen von den Fällen zulässiger Vertre-

tung (dazu Rz. 105) – nicht von sich aus auf einen Dritten übertragen, denn § 24 Abs. 5 erfordert einen Beschluss. Eine in der Gemeinschaftsordnung oder im Verwaltervertrag eingeräumte generelle Ermächtigung für den Verwalter, die Aufgabe der Versammlungsleitung zu übertragen, ist nichtig.277 In der Rechtsprechung wird es aber auch als ausreichend angesehen, wenn die Wohnungseigentümer gegen die Leitung der Versammlung durch einen Dritten keine Einwendungen erheben.278 Das ist aber nur dann zutreffend, wenn die Übertragung der Versammlungsleitung auf den Dritten den Wohnungseigentümern bewusst ist. Nur dann lässt sich ein entsprechender Genehmigungswille erkennen und es kommt ein konkludent gefasster Geschäftsordnungsbeschluss (dazu Rz. 127) in Betracht.

2. Übertragung durch die Wohnungseigentümer 107 Die Wohnungseigentümer können gem. § 24 Abs. 5 in der Eigentümerversammlung beschlie-

ßen, dass ein Dritter die Versammlung leiten und ihr vorstehen soll. Ein solcher Beschluss ist erforderlich, wenn ein Verwalter fehlt. Der Einladende ist in diesem Fall nicht automatisch Versammlungsleiter.279 Der Beschluss nach § 24 Abs. 5 ist ein Geschäftsordnungsbeschluss, der mit einfacher Mehrheit gefasst wird und bei dem die förmliche Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses entbehrlich ist (vgl. § 23 Rz. 60). Besitzt der Versammlungsleiter ein Stimmrecht, unterliegt er bei der Abstimmung über den Antrag, ihm die Versammlungsleitung im Hinblick auf einen Interessenkonflikt bei einzelnen Gegenständen der Tagesordnung zu entziehen, keinem Stimmverbot nach § 25 Abs. 5.280 Ein Stimmverbot besteht auch nicht für den Wohnungseigentümer, dem durch Beschluss die Versammlungsleitung übertragen werden soll. Hat sich aber der Mehrheitseigentümer in der Vergangenheit wiederholt durch Beschluss selbst zum Versammlungsleiter bestellt und als solcher seine Befugnisse missbraucht, kann ein Fall des Stimmrechtsmissbrauchs vorliegen mit der Folge, dass die von ihm abgegebene Stimme nicht zählt (s. § 25 Rz. 92 ff.). Ein Missbrauch kann außerdem einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch begründen (Rz. 108).281 Dem gekorenen 275 276 277 278 279 280 281

Näher Schultzky, MietRB 2015, 379 (383). KG v. 15.9.2000 – 24 W 3301/00, ZMR 2001, 223; vgl. Schultzky, MietRB 2015, 379 (383). BayObLG v. 4.8.1975 – BReg.2 Z 50/75, BayObLGZ 1975, 327 BayObLG v. 11.4.2001 – 2Z BR 27/01, ZMR 2001, 826. A.A. Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 60. S.a. BGH v. 21.6.2010 – II ZR 230/08, MDR 2010, 1271 f. = NJW 2010, 3027 für das GmbH-Recht. KG v. 15.1.2003 – 24 W 129/01, MietRB 2003, 43 = ZMR 2003, 598 (600).

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X. Durchführung der Versammlung | Rz. 110 § 24

Versammlungsleiter stehen die gleichen Rechte zu, wie sie auch dem Verwalter als Vorsitzenden zustehen.

3. Rechtsschutz Leitet ein Unbefugter die Versammlung, sind von diesem festgestellte Beschlüsse anfechtbar, 108 aber nicht nichtig.282 Ein Nicht- oder Scheinbeschluss ist nur anzunehmen, wenn die Mindestvoraussetzungen für ein Zustandekommen fehlen. Die Wahl des Vorsitzenden durch Geschäftsordnungsbeschluss ist nicht isoliert anfechtbar. Wird der Missbrauch der Befugnisse als Versammlungsleiter festgestellt und besteht Wiederholungsgefahr, kann allerdings – auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gem. §§ 935 ff. ZPO – das zeitlich begrenzte Verbot ausgesprochen werden, Eigentümerversammlungen in einem bestimmten Zeitraum, etwa für die Dauer eines Jahres, zu leiten.283

X. Durchführung der Versammlung 1. Grundsatz der Nichtöffentlichkeit Die Versammlungen der Wohnungseigentümer sind nicht öffentlich.284 Teilnehmen dürfen 109 nur die dazu Berechtigten (vgl. Rz. 78 ff.). Die Nichtöffentlichkeit trägt dem schutzwürdigen Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer Rechnung, fremden Einfluss von der Versammlung fernzuhalten,285 einen ungestörten Ablauf der Versammlung zu sichern und – auch – einer Verbreitung ihrer Angelegenheiten in der Öffentlichkeit vorzubeugen.286 Kein vorrangiger Zweck ist es, die Beratung und Beschlussfassung der Eigentümerversammlung geheim zu halten.287 Die Teilnahmebefugten sind daher nicht gehindert, den Inhalt der Versammlung Dritten mitzuteilen. Zur Zulassung Dritter durch Vereinbarung und Geschäftsordnungsbeschluss s. Rz. 83 f. Wird gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit verstoßen, weil die Versammlung z.B. in 110 einer öffentlichen ungeschützten Gaststätte stattfindet288 (Rz. 99), ein nicht teilnahmeberech-

282 OLG München v. 7.6.2005 – 32 Wx 32/05, ZMR 2005, 728 (729); a.A. Lüke in Weitnauer, § 24 WEG Rz. 15. 283 KG v. 15.1.2003 – 24 W 129/01, MietRB 2003, 43 = ZMR 2003, 598 (600). 284 BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236 (241) = MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1929; OLG Köln v. 22.6.2009 – 16 Wx 266/08, MietRB 2010, 44 = NJW 2009, 3245; OLG Hamburg v. 11.4.2007 – 2 Wx 2/07, ZMR 2007, 550 (551); OLG München v. 18.9.2006 – 34 Wx 089/06, MietRB 2007, 11 = ZMR 2006, 960 (961); OLG Frankfurt v. 17.1.2005 – 20 W 30/04, juris; OLG Frankfurt v. 7.4.1995 – 20 W 16/95, NJW 1995, 3395; BayObLG v. 19.2.2004 – 2Z BR 212/03, MietRB 2004, 210 = ZMR 2004, 603; KG v. 15.9.2000 – 24 W 3301/00, ZMR 2001, 223; AG Mettmann v. 3.8.2009 – 26 C 104/08, ZMR 2009, 959 (960); AG Kassel v. 7.12.2005 – 800 II 74/05, ZMR 2006, 232 (233); Sauren, ZWE 2007, 21. 285 OLG Köln v. 22.6.2009 – 16 Wx 266/08, MietRB 2010, 44 = NJW 2009, 3245; OLG Hamburg v. 11.4.2007 – 2 Wx 2/07, ZMR 2007, 550; OLG Hamm v. 27.9.2006 – 15 W 98/06, MietRB 2007, 95 = ZMR 2007, 133 (134); BayObLG v. 19.2.2004 – 2Z BR 212/03, MietRB 2004, 210 = ZMR 2004, 603. 286 BGH v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, BGHZ 99, 90 (95) = MDR 1987, 485 = NJW 1987, 650; OLG Hamburg v. 11.4.2007 – 2 Wx 2/07, ZMR 2007, 550; OLG Hamm v. 27.9.2006 – 15 W 98/06, MietRB 2007, 95 = ZMR 2007, 133 (134); BayObLG v. 19.2.2004 – 2Z BR 212/03, MietRB 2004, 210 = ZMR 2004, 603; Sauren, ZWE 2007, 21. 287 BayObLG v. 16.5.2002 – 2Z BR 32/02, juris; a.A. Armbrüster/Roguhn, ZWE 2016, 105 (106). 288 OLG Frankfurt v. 7.4.1995 – 20 W 16/95, NJW 1995, 3395.

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§ 24 Rz. 110 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift tigter Dritter in der Eigentümerversammlung anwesend ist (s. Rz. 78 ff.)289 oder eine Versammlung für Wohnungseigentümer mehrerer Anlagen (s. § 23 Rz. 35 f.) abgehalten wird,290 macht das Beschlüsse aus formellen Gründen anfechtbar (s. § 23 Rz. 173),291 nicht aber nichtig.292 Das gilt auch, wenn die Wohnungseigentümer einen entsprechenden Geschäftsordnungsbeschluss gefasst haben, der aber nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (s. Rz. 83 f.).293 In der Regel wird anzunehmen sein, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit ursächlich für einen Beschluss war.294 Anders kann es aber sein, wenn der Verstoß gegen die Nichtöffentlichkeit von den Wohnungseigentümern unbemerkt geblieben ist und daher keinen Einfluss auf den Ablauf der Versammlung hatte.295 Bei einem systematischen Unterlaufen der Regelung über die Nichtöffentlichkeit sollen Beschlüsse für ungültig zu erklären sein, ohne dass es auf die Kausalität des Verfahrensfehlers ankommt;296 ggf. haftet der Verwalter in diesem Fall nach § 49 Abs. 2.297

2. Ablauf der Versammlung a) Eröffnung 111 Die Eigentümerversammlung beginnt nach Ermessen des Versammlungsleiters mit der for-

mellen Eröffnung. Festzustellen sind insbesondere teilnehmenden Personen.298 b) Abhandlung der Tagesordnungspunkte 112 Die einzelnen Tagesordnungspunkte sind grundsätzlich nach der durch die Einladung be-

stimmten Reihenfolge zu behandeln.299 Ein neuer Tagesordnungspunkt darf erst aufgerufen und zur Abstimmung gestellt werden, wenn der vorhergehende Punkt, in der Regel durch Abstimmung über einen Beschlussantrag, erledigt ist. Das Wiederaufgreifen eines bereits erledigten Tagesordnungspunktes ist nur zulässig, wenn die Entscheidung über die Neuabstimmung die – gesetzlichen und satzungsmäßigen – Verfahrensvorgaben einhält und die Durchführung der Zweitabstimmung die Rechte der Wohnungseigentümer auf gleichberechtigte Teilhabe an der Willensbildung wahrt.300 Verlässt ein Wohnungseigentümer die Versammlung in der berechtigten Annahme, der betreffende Punkt sei abgehandelt, ist ein danach gefasster Beschluss als nicht ordnungsmäßig anfechtbar.301 113 Die Wohnungseigentümer können grundsätzlich durch Geschäftsordnungsbeschluss über

die Tagesordnung bestimmen. Der Antrag auf Vertagung oder Absetzung eines Tagesord289 OLG Frankfurt v. 17.1.2005 – 20 W 30/04, juris; Sauren, ZWE 2007, 21 (24). 290 So im Fall LG Düsseldorf v. 16.3.2011 – 25 S 56/10, ZMR 2011, 898 (899). 291 AG Idstein v. 7.9.2015 – 32 C 7/15 (21), juris Rz. 13; AG Halle/Saale v. 15.3.2011 – 120 C 4333/10, ZMR 2011, 672; Scheff/Schmidt, MDR 2010, 186 (190). 292 OLG Hamburg v. 11.4.2007 – 2 Wx 2/07, ZMR 2007, 550; BayObLG v. 19.2.2004 – 2Z BR 212/03, MietRB 2004, 210 = ZMR 2004, 603; OLG Frankfurt v. 7.4.1995 – 20 W 16/95, NJW 1995, 3395; AG Halle/Saale v. 15.3.2011 – 120 C 4333/10, ZMR 2011, 672. 293 LG München I v. 29.1.2015 – 36 S 2567/14, ZMR 2015, 490 = MietRB 2016, 47. 294 Scheff/Schmidt, MDR 2010, 186 (191). 295 Vgl. AG Hamburg-Barmbek v. 17.9.2014 – 882C 23/13, ZMR 2015, 415 (Tür zur Versammlungsstätte stand offen). 296 BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 f. = NJW 2011, 679; AG Halle/Saale v. 15.3.2011 – 120 C 4333/10, ZMR 2011, 672. 297 AG Mettmann v. 3.8.2009 – 26 C 104/08, ZMR 2009, 959 (960). 298 Zur praktischen Umsetzung Schultheis, ZWE 2016, 57 (58). 299 BayObLG v. 18.3.1999 – 2Z BR 151/98, ZMR 1999, 570. 300 S. auch zum Vereinsrecht KG v. 7.2.2011 – 24 U 156/10. 301 BayObLG v. 18.3.1999 – 2Z BR 151/98, ZMR 1999, 570.

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X. Durchführung der Versammlung | Rz. 115 § 24

nungspunkts (zur Vertagung insgesamt s. Rz. 116) kann jederzeit von jedem Wohnungseigentümer gestellt werden.302 Eine Vertagung oder Absetzung bedarf aber eines sachlichen Grundes, weil es grundsätzlich zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehört, dass die Tagesordnung „abgearbeitet“ wird. Ein sachlicher Grund liegt vor allem vor, wenn aufgrund des Informationsstandes der Wohnungseigentümer eine abschließende Beschlussfassung nicht oder noch nicht möglich erscheint. Ferner kann ein Gegenstand z.B. dann vertagt werden, wenn er unter einem Ladungsmangel leidet, etwa zu spät zur Tagesordnung angemeldet wurde. Ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht es hingegen, einen Tagesordnungspunkt, der auf Verlangen eines Wohnungseigentümers auf die Tagesordnung aufgenommen wurde (s. § 23 Rz. 121 ff.), ohne inhaltliche Behandlung durch Geschäftsordnungsbeschluss wieder von der Tagesordnung zu nehmen, weil dies einen Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte des antragstellenden Wohnungseigentümers bedeutet.303 c) Unterbrechung Der Versammlungsleiter darf die Eigentümerversammlung unterbrechen, wenn dies ord- 113a nungsmäßiger Durchführung der Wohnungseigentümerversammlung entspricht und sich die Unterbrechung auf ein angemessenes zeitliches Maß beschränkt.304 Nicht zulässig ist die Unterbrechung hingegen zu dem Zweck, den von einem Beschlussanfechtungsverfahren betroffenen Wohnungseigentümern ein Informationsgespräch mit ihrem Prozessbevollmächtigten zu ermöglichen; solche Informationsgespräche sind grundsätzlich außerhalb der Versammlung zu führen.305 Ebenfalls unzulässig ist es, wenn die Versammlung auf Betreiben der Mehrheit nach Belieben unterbrochen wird, damit sie unter Ausschluss der Minderheit ungestört weiterdiskutieren kann, bevor anschließend über den Beschluss abgestimmt wird.306 d) Beendigung Die Eigentümerversammlung ist beendet, wenn sie der Versammlungsleiter formell schließt. 114 Die Eigentümerversammlung ist zu schließen, wenn sämtliche Punkte vollständig erörtert und alle Beschlüsse verkündet und festgestellt sind. Die Eigentümerversammlung ist ferner zu schließen, wenn sie nicht (mehr) beschlussfähig (dazu § 25 Rz. 103 ff.) ist. Ein Recht, die Eigentümerversammlung gegen den Willen der Wohnungseigentümer zu schließen, steht dem Versammlungsleiter allerdings nicht zu. Eine Versammlung kann auch nur vorübergehend geschlossen und auf den bereits in der Ladung bestimmten weiteren Tag verlegt (vertagt) werden (s. Rz. 116). Verlässt der Versammlungsleiter die Eigentümerversammlung, nachdem sämtliche Punkte 115 der Tagesordnung abgehandelt worden sind, ohne die Versammlung aber formell zu schließen, ist die Eigentümerversammlung mit dem Weggang schlüssig beendet.307 Beendet der Verwalter die Versammlung, bevor die Tagesordnung abgehandelt ist, kann die Versammlung durch einen von den Wohnungseigentümern bestimmten Vorsitzenden (dazu Rz. 107) fortgeführt werden. Der Verwalter hat regelmäßig nicht das Recht, eine ordnungsgemäß einberufene und zusammengetretene Versammlung aufzulösen.308 BGH v. 8.12.1988 – V ZB 3/88, BGHZ 106, 179 = NJW 1989, 1090. LG Dortmund v. 11.11.2014 – 1 S 83/14, ZWE 2015, 371. BGH v. 8.6.2017 – V ZR 261/15, MietRB 2017, 11 = NJW 2017, 666 = MDR 2016, 1441 Rz. 16. BGH v. 8.6.2017 – V ZR 261/15, MietRB 2017, 11 = NJW 2017, 666 = MDR 2016, 1441 Rz. 17; Drasdo, NZM 2016, 174 (176). 306 LG Karlsruhe v. 17.11.2015 – 11 S 46/15, ZWE 2016, 141. 307 BayObLG v. 30.7.1998 – 2Z BR 54/98, NZM 1998, 1010. 308 OLG Celle v. 15.1.2002 – 4 W 310/01, ZWE 2002, 276; KG v. 18.11.1998 – 24 W 4180/97, juris; KG v. 16.9.1988 – 24 W 3952/88, ZMR 1989, 27; OLG Celle v. 19.11.1997 – 4 W 159/97, juris. 302 303 304 305

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§ 24 Rz. 116 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift e) Vertagung 116 Auch eine Vertagung der bereits zustande gekommenen Versammlung – vor dem Zusam-

menkommen handelt es sich um eine davon zu unterscheidende Verlegung (vgl. Rz. 67) – ist bei Vorliegen eines sachlichen Grundes möglich.309 Für eine Vertagung müssen die Wohnungseigentümer beschließen, sich auf einen anderen Tag zu vertagen. Bei einer übermäßigen Dauer der Versammlung, aufgrund derer die Aufmerksamkeit der Wohnungseigentümer erschöpft und eine ordnungsgemäße Behandlung der Tagesordnung nicht mehr möglich ist, kann aber auch eine Pflicht des Vorsitzenden bestehen, die Versammlung zu vertagen.310

116a Im Falle einer Vertagung der Versammlung ist zur Fortsetzungsversammlung erneut unter

Einhaltung der Formalien des § 24 Abs. 4, also insbesondere unter Übersendung einer Tagesordnung und unter Einhaltung der Ladungsfrist, zu laden. Denn es ist nicht ausreichend, dass die in der Versammlung Anwesenden vom neuen Ort und neuen Termin Kenntnis haben. Vielmehr muss eine Information aller Wohnungseigentümer über den neuen Termin sichergestellt sein. Entbehrlich ist eine erneute Ladung nur, wenn alle Wohnungseigentümer in der vertagten Versammlung anwesend sind und ihnen der Fortsetzungstermin dort bekannt gegeben wird. Gegenstand der Fortsetzungsversammlung sind die in der Ursprungsversammlung nicht mehr abgehandelten Tagesordnungspunkte. Auch eine Ergänzung der Tagesordnung um weitere Punkte ist grundsätzlich möglich (vgl. § 23 Rz. 119 f.).311 Weigert sich der Versammlungsleiter, eine Fortsetzungsversammlung anzuberaumen, obwohl die Tagesordnung noch nicht vollständig abgearbeitet wurde, kann er durch einstweilige Verfügung dazu angehalten werden.312

3. Versammlungsleitung a) Grundprinzipien der Versammlungsleitung 117 Die Eigentümerversammlung ist vom Versammlungsleiter fair, unparteilich nach rechtsstaat-

lichen und demokratischen Prinzipien zu moderieren und zu leiten, insbesondere unter Beachtung des Grundrechts auf rechtliches Gehör, des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie des Erforderlichkeits- und Verhältnismäßigkeitsprinzips.313 Primäre Aufgabe des Versammlungsleiters ist es, auf diese Weise für einen geordneten, gesetzmäßigen, reibungslosen sowie zügigen Versammlungsablauf und für eine sachgerechte Erledigung sämtlicher Versammlungsgegenstände zu sorgen.314 Auf welche Art und Weise der Versammlungsleiter diesen Aufgaben im Einzelnen gerecht wird, steht dabei in seinem Ermessen. b) Behandlung der Beschlussgegenstände 118 Der Versammlungsleiter muss den Teilnehmern der Eigentümerversammlung nach pflicht-

gemäßem Ermessen einen gewissen Mindeststandard an tatsächlicher Beratungsmöglichkeit vor der Abstimmung einräumen. Im Rahmen der ihm obliegenden Diskussionsleitung hat er sicherzustellen, dass alle Sachen möglichst erschöpfend erörtert und diskutiert werden. Er hat in diesem Zusammenhang das Wort zu erteilen und Redner aufzurufen. Dem Vorsit309 AG Friedberg (Hessen) v. 31.5.2017 – 2 C 1076/16 (23), ZMR 2017, 838. 310 Vgl. AG Starnberg v. 3.9.2010 – 3 C 785/10, ZMR 2011, 974: 6 1/2 Stunden Dauer bei rechtlich anspruchsvoller Angelegenheit. 311 A.A. AG Offenbach v. 5.11.2014 – 310 C 165/13, ZMR 2015, 639. 312 AG Offenbach v. 6.6.2013 – 330 C 74/13, ZMR 2014, 71. 313 LG Karlsruhe v. 17.11.2015 – 11 S 46/15, ZWE 2016, 141; Bub, WE 1987, 68 ff. = PiG 25 (1987), 49 (56 ff.). 314 KG v. 15.9.2000 – 24 W 3301/00, ZMR 2001, 223.

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X. Durchführung der Versammlung | Rz. 120 § 24

zenden obliegt es, jedem Wohnungseigentümer ein angemessenes Rederecht (s. Rz. 72) einzuräumen und zugleich dafür Sorge zu tragen, dass die zur Verfügung stehende Zeit möglichst gerecht verteilt und nicht durch Beiträge oder Fragen einzelner Wohnungseigentümer, die ersichtlich nicht auf Erkenntnisgewinn in Bezug auf einen zur Entscheidung anstehenden Tagesordnungspunkt gerichtet sind, verbraucht wird. Er hat die Einhaltung von Redezeitbeschränkungen (s. Rz. 75) durchzusetzen. Im Interesse einer zügigen Verhandlung hat er auch die Befugnis, aus sachlichen Gründen nach einer ausführlichen Diskussion vor der Abstimmung weitere Wortmeldungen nicht mehr zuzulassen.315 Die für die Beschlussgegenstände einschlägigen Verwaltungsunterlagen muss der Versammlungsleiter zwar vor oder bei einer Eigentümerversammlung am Versammlungsort zur Einsichtnahme bereithalten,316 aber nicht die zeitraubende Durchsicht umfangreicher, schon vorher auf Wunsch einsehbarer Verwaltungsunterlagen dulden.317 In Vorbereitung der Beschlussfassung hat der Vorsitzende die Beschlussfähigkeit der Eigen- 119 tümerversammlung zu prüfen (§ 25 Rz. 105). Dies setzt die Feststellung der Stimmberechtigung jedes Einzelnen voraus: Er muss selbst Inhaber des Stimmrechts sein (s. § 25 Rz. 16 ff.) oder es für den Stimmrechtsinhaber ausüben (s. § 25 Rz. 60 ff.). Bei Zweifeln, z.B. bei einer Vertretung oder Mitberechtigung, hat der Versammlungsleiter die Legitimation eines Teilnehmers zu prüfen (s.a. § 25 Rz. 78).318 Er hat darauf zu achten, dass Beschlussanträge (s. § 23 Rz. 46 ff.) von ihm selbst, aber auch von Dritten hinreichend bestimmt (s. § 23 Rz. 163 ff.) und sachgerecht formuliert sind. Ihm obliegt außerdem die Festlegung des Abstimmungsmodus (s. § 23 Rz. 50). Nach der Abstimmung muss die Zahl der zu einem Beschlussantrag von den Wohnungseigentümern abgegebenen „Ja-Stimmen“, „Nein-Stimmen“ und der Stimmenthaltungen sowie das Abstimmungsergebnis festgestellt und verkündet werden (s. § 23 Rz. 58 ff.). Im Einzelfall hat er die Stimmabgaben namentlich zuzuordnen und zu dokumentieren (s. Rz. 135). c) Ordnungsmaßnahmen Der Versammlungsleiter muss sicherstellen, dass die Ordnung auf der Eigentümerversamm- 120 lung aufrechterhalten bleibt. Dem Versammlungsleiter steht das Ordnungsrecht allerdings nur als Funktionsgehilfe (s. Rz. 104) zu.319 Die Wohnungseigentümer können daher das Ordnungsrecht an sich ziehen und dem Vorsitzenden Weisung erteilen. Geschieht dies nicht, hat der Verwalter auch die Befugnis Ordnungsmaßnahmen zu ergreifen. Mögliche Ordnungsmaßnahmen sind insbesondere der Entzug des Rederechts (s. Rz. 72) und der Ausschluss eines Teilnehmers (s. Rz. 73). Ordnungsstrafen wie Ordnungsgelder darf der Vorsitzende nur dann verhängen, wenn die Wohnungseigentümer eine entsprechende Vereinbarung geschlossen haben. Bei der Wahl der Ordnungsmaßnahme hat der Vorsitzende den Gleichbehandlungsgrundsatz und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.320 Die Ordnungsmaßnahmen müssen geeignet sein, die Ordnung der Eigentümerversammlung wiederherzustellen. Ferner müssen die Maßnahmen erforderlich und zumutbar sein.

315 KG v. 30.3.1992 – 24 W 3292/91, n.v. 316 OLG Köln v. 11.12.2006 – 16 Wx 200/06, NZM 2007, 366; zweifelnd Drasdo, ZMR 2006, 225; offen gelassen von BGH v. 11.2.2011 – V ZR 66/10, MDR 2011, 413 = MietRB 2011, 116 = NJW 2011, 1137. 317 KG v. 18.4.1994 – 24 W 3038/93, n.v. 318 OLG Düsseldorf v. 9.7.2003 – 3 Wx 119/03, ZMR 2004, 53. 319 A.A. Sauren, ZWE 2007, 21, der das Hausrecht dem Versammlungsleiter zuweist. 320 Becker, Eigentümerversammlung, S. 71.

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§ 24 Rz. 121 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift d) Mitschriften und Aufzeichnungen (Tonträger) 121 Die Wohnungseigentümer können sich zur Sicherung der Ergebnisse einer Eigentümerver-

sammlung eines Schriftführers bedienen.321 Ebenso kann der Verwalter zu diesem Zweck einen Mitarbeiter heranziehen (dazu Rz. 105). Der Versammlungsleiter kann zur Vorbereitung seiner Niederschrift und zur Vorbereitung der Eintragungen in die Beschluss-Sammlung auch ein Diktiergerät verwenden.322 122 Redebeiträge der Wohnungseigentümer oder den Ablauf der Eigentümerversammlung kann

der Versammlungsleiter hingegen nur dann auf einen Tonträger aufnehmen, soweit die Wohnungseigentümer ihre Einwilligung dazu gegeben haben (Art. 6 Abs. 1 Buchst. a DSGVO).323 Die Einwilligung ist nicht zu vermuten und zu Nachweiszwecken zu dokumentieren (Art. 7 Abs. 1 DSGVO). Eine unbefugte Tonaufnahme durch den Verwalter kann eine Strafbarkeit nach § 201 StGB auslösen, begründet aber auch ohne Verschulden einen auch gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 BGB.324 e) Rechtswidrige Versammlungsleitung 123 Entschließungen oder Maßnahmen der Versammlungsleitung sind ebenso wie Verstöße gegen

eine vereinbarte oder beschlossene Geschäftsordnung nicht selbständig anfechtbar.325 Nimmt ein Versammlungsleiter sein Ordnungsrecht nicht wahr oder vermag er sich nicht durchzusetzen und läuft die Eigentümerversammlung völlig ungeordnet ab, können aber die dort gefassten Beschlüsse anfechtbar sein.326 Das gilt auch, wenn die Beschlussfassung nach so langer Versammlungsdauer erfolgt, dass eine ordnungsgemäße Behandlung des Beschlussgegenstands nicht mehr möglich war.327 Dass der Meinungsaustausch in der Versammlung „polarisierend“ war und sich die einzelnen Wohnungseigentümer ihre beruflichen Ämter und Positionen zu Nutze machen, rechtfertigt hingegen noch keine Anfechtung.328

4. Geschäftsordnung a) Begriff 124 Bestimmungen der Wohnungseigentümer zum äußeren Ablauf der Eigentümerversammlung,

also Regelungen von Verfahrensfragen einer Wohnungseigentümerversammlung,329 werden als Geschäftsordnungsmaßnahmen verstanden. Sie können einen Einzelfall zum Gegenstand haben, aber auch Anordnungen für sämtliche Versammlungen enthalten, etwa zum Einberufungstag, Einberufungsort oder zur Einberufungszeit. Geschäftsordnungsmaßnahmen können vereinbart oder durch Beschluss, den sog. Geschäftsordnungsbeschluss330, getroffen werden.

321 BayObLG v. 19.2.2004 – 2Z BR 219/03, ZMR 2005, 211 (212). 322 Deckert, WE 1986, 78 (80). 323 Zur früheren Rechtslage BGH v. 19.9.1994 – II ZR 248/92, MDR 1994, 1193 = NJW 1994, 3094 zur Aktiengesellschaft; OLG Karlsruhe v. 18.12.1997 – 4 U 128/97, MDR 1998, 548 = NJW-RR 1998, 1116 zur Gesellschafterversammlung. 324 OLG Karlsruhe v. 18.12.1997 – 4 U 128/97, MDR 1998, 548 = NJW-RR 1998, 1116 zur Gesellschafterversammlung. 325 OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, MDR 2001, 326 = NJW 2000, 3580. 326 OLG Celle v. 6.9.2004 – 4 W 143/04, juris; BayObLG v. 27.11.1997 – 2Z BR 128/97, NZM 1998, 634; KG v. 28.11.1990 – 24 W 1683/90, MDR 1991, 542 = WE 1991, 133. 327 AG Starnberg v. 3.9.2010 – 3 C 785/10, ZMR 2011, 974. 328 A.A. AG Offenbach v. 4.7.2012 – 310 C 145/11, ZMR 2013, 146. 329 So LG München I v. 28.6.2007 – 1 T 2063/07, ZMR 2008, 488. 330 Kritisch hinsichtlich der Begrifflichkeit Greiner, ZWE 2016, 297 (299).

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X. Durchführung der Versammlung | Rz. 127 § 24

Werden mehrere Maßnahmen zusammengefasst, die über den Einzelfall hinaus das Verfahren der Versammlung regeln, bilden sie die Geschäftsordnung einer Eigentümerversammlung. b) Regelungsgegenstände Inhalt einer allgemeinen Geschäftsordnung oder eines Geschäftsordnungsbeschlusses sind Be- 125 stimmungen zur äußeren Ordnung des Versammlungsablaufs. In Betracht kommen u.a. Regelungen zu folgenden Fragen: – Ort und Zeit der Versammlung (Rz. 93 ff.);331 – Eröffnung, Unterbrechung, Vertagung, Beendigung der Eigentümerversammlung (s. Rz. 111, 114 ff.); – Bestimmung des Versammlungsleiters nach § 24 Abs. 5 WEG (s. Rz. 107); – Ablauf des Aufrufs der Tagesordnungspunkte (s. Rz. 112); – Bestimmung des Führers der Niederschrift (ggf. auch ein Notar); – Klärung von Teilnahme-, Anwesenheits- (z.B. Gäste), Antrags-, Rederechten332 (s. Rz. 72 ff.); – Hinzuziehung von Beratern, insbesondere Rechtsanwälten (s. Rz. 86); – Klärung der Nichtöffentlichkeit (s. Rz. 109 ff.); – Klärung von Vertretungsrechten (s. Rz. 78); – Klärung von Stimmrechtsvollmachten; – Klärung des Stimmrechts, z.B. bei Eheleuten und Mitberechtigten; – Fragen des Hausrechts und Ordnungsmaßnahmen (s. Rz. 120 ff.); – Fragen des Essens und des Rauchens333 oder eines Handyverbots; – Fragen der Diskussionsleitung (s. Rz. 118); – Fragen des Abstimmungsmodus und -verfahrens (s. § 23 Rz. 50 f.); – Klärung von „Mitschnitten“ (s. Rz. 121). c) Geschäftsordnungsbeschlüsse Die Wohnungseigentümer können nicht nur eine Geschäftsordnung als Teil der Gemein- 126 schaftsordnung vereinbaren, sondern auch Geschäftsordnungsbeschlüsse fassen. Treffen die Wohnungseigentümer in einer Eigentümerversammlung spontan eine Geschäftsordnungsbestimmung, handelt es sich ebenfalls um einen Geschäftsordnungsbeschluss und nicht um eine Maßnahme sui generis.334 Denn auch die Regelung von Verfahrensfragen ist eine Verwaltungsmaßnahme im Sinne der §§ 20 ff., über die im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung nach § 21 Abs. 3 beschlossen werden darf. Anträge für Geschäftsordnungsregelungen können jederzeit von allen Teilnahmeberechtig- 127 ten an der Eigentümerversammlung gestellt werden. Geschäftsordnungsmaßnahmen müssen 331 Dazu Greiner, ZWE 2016, 297 (303). 332 AG Hamburg-Altona v. 23.1.2013 – 303b C 24/12, ZMR 2013, 487; AG Koblenz v. 18.5.2010 – 133 C 3201/09, ZMR 2011, 591; Greiner, ZWE 2016, 297 (304). 333 OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, MDR 2001, 326 = ZMR 2000, 866; LG Dortmund v. 19.11.2013 – 1 S 296/12, juris räumt sogar den Wohnungseigentümern einen Anspruch auf ein Rauchverbot in Versammlungen nach § 21 Abs. 4 ein. 334 Vgl. nur BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, BGHZ 152, 63 = MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 Rz. 12; OLG München v. 19.9.2005 – 34 Wx 76/05, ZMR 2006, 68; Greiner, ZWE 2016, 297 (299); Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, Teil 8 Rz. 233; Drasdo, Die Eigentümerversammlung nach WEG, Teil H Rz. 40; a.A. Hügel/Elzer, § 24 WEG Rz. 69.

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§ 24 Rz. 127 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift grundsätzlich nicht nach § 23 Abs. 2 bei der Einberufung der Eigentümerversammlung vom Einladenden als Gegenstand auf der Tagesordnung bezeichnet werden (s. § 23 Rz. 101). Über Geschäftsordnungsmaßnahmen sollte sofort und vor den Sachanträgen abgestimmt werden.335 Der Beschluss wird mit einfacher Mehrheit gefasst.336 Es ist regelmäßig nicht geregelt, aber angemessen, dass für die Abstimmung über eine Geschäftsordnungsregelung dieselben Stimmrechtsprinzipien wie stets gelten;337 die Wohnungseigentümer können etwas anderes bestimmen. Kommt ein positiver Geschäftsordnungsbeschluss zustande, ist die Regelung dem weiteren Ablauf der Eigentümerversammlung im Folgenden sofort zugrunde zu legen. Bedenklich ist, dass konkrete Geschäftsordnungsbeschlüsse nach wohl h.M. auch konkludent getroffen werden können sollen.338 Es muss nämlich sichergestellt sein, dass tatsächlich ein Mehrheitswille für eine entsprechende Verfahrensweise vorliegt. Ein konkludenter Geschäftsordnungsbeschluss sollte daher nur angenommen werden, wenn sich tatsächlich ein entsprechender Handlungs- und Erklärungswille der Wohnungseigentümer von außen feststellen lässt (vgl. Rz. 85, 106). d) Anfechtbarkeit der Geschäftsordnungsbeschlüsse 128 Ein Geschäftsordnungsbeschluss, mit dem eine auch für künftige Versammlungen geltende

Regelung getroffen wird, kann wie jeder andere Beschluss angefochten werden.339 Beschränkt sich die beschlossene Regelung hingegen auf die konkrete Versammlung, in der der Beschluss gefasst wurde, ist der Beschluss gerichtlich nicht angreifbar.340 Da seine Wirkung mit der Beendigung der Versammlung aufhört, geht die Aufhebung eines solchen Beschlusses ins Leere; für sie besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr.341 Anfechtbar sind aber die Beschlüsse, die aufgrund einer rechtswidrigen Geschäftsordnungsregelung an einem formellen Beschlussmangel leiden (s. § 23 Rz. 173 ff.).342 129 Im Einzelfall kann ein Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 ZPO daran bestehen, die Zulässigkeit

einer bestimmten Geschäftsordnungsmaßnahme gerichtlich klären zu lassen, auch wenn sich der entsprechende Beschluss mit dem Ablauf der Versammlung erledigt hat. Das ist dann der Fall, wenn es sich um einen Geschäftsordnungsbeschluss gehandelt hat, der aller Voraussicht nach auch künftig immer wieder gefasst werden kann,343 etwa über die Rededauer, ein Rauchverbot oder die Versammlungszeit.

335 OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, MDR 2001, 326; Greiner, ZWE 2016, 297 (299); Müller, ZWE 2000, 237 (243); Bub, PiG 25 (1987), 49 (55). 336 OLG Hamm v. 14.6.1996 – 15 W 15/96, WE 1997, 23; KG v. 28.11.1984 – 24 W 3678/84, ZMR 1985, 1205; LG Karlsruhe v. 27.7.2010 - 11 S 70/09, ZMR 2013, 469. 337 LG Berlin v. 3.9.1986 – 191 T 67/86 WEG, WuM 1989, 203; Müller, ZWE 2000, 237 (243). 338 OLG Frankfurt v. 17.1.2005 – 20 W 30/04, juris; LG Karlsruhe v. 27.7.2010 – 11 S 70/09, ZMR 2013, 469 = MietRB 2010, 239. 339 BayObLG v. 16.5.2002 – 2Z BR 32/02, NZM 2002, 616; OLG Düsseldorf v. 24.5.1995 – 3 Wx 17/95, NJW-RR 1995, 1294; LG Frankfurt v. 5.6.2014 – 2-09 S 6/13, WuM 2014, 623. 340 OLG Schleswig v. 24.3.2006 – 2 W 230/03, ZMR 2006, 721 f.; OLG München v. 19.9.2005 – 34 Wx 76/05, ZMR 2006, 68; KG v. 15.1.2003 – 24 W 129/01, MietRB 2003, 43 = ZMR 2003, 598; BayObLG v. 19.2.2004 – 2Z BR 219/03, NZM 2004, 794; BayObLG v. 16.11.1995 – 2Z BR 108/95, WuM 1996, 116; LG München I v. 28.6.2007 – 1 T 2063/07, ZMR 2008, 488. 341 Greiner, ZWE 2016, 297 (300 f.). 342 OLG Schleswig v. 24.3.2006 – 2 W 230/03, MietRB 2006, 245 = ZMR 2006, 721 f.; OLG München v. 19.9.2005 – 34 Wx 76/05, ZMR 2006, 68 m.w.N.; BayObLG v. 16.5.2002 – 2Z BR 32/02, ZMR 2002, 844 f.; OLG Hamm v. 14.6.1996 – 15 W 15/96, ZMR 1996, 677. 343 BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236 (242) = MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1929; KG v. 15.1.2003 – 24 W 129/01, MietRB 2003, 43 = ZMR 2003, 599 f.; BayObLG v. 7.12.1995 – 2Z BR 72/ 95, ZMR 1996, 151.

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XI. Niederschrift (Abs. 6) | Rz. 132 § 24

XI. Niederschrift (Abs. 6) 1. Funktion a) Sicherung der Beschlussinhalte und Information der Wohnungseigentümer Über die in jeder Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse ist gem. § 24 Abs. 6 Satz 1 130 eine Niederschrift (auch Protokoll genannt) aufzunehmen. Gegenstand der Niederschrift sind nach dem Gesetzeswortlaut nur die Beschlüsse, jedoch nicht die sonstigen Inhalte der Versammlung. Zweck der Niederschrift ist danach einerseits, die Inhalte der Beschlüsse für die Zukunft zu „sichern“.344 Andererseits hat sie die Funktion, die Wohnungseigentümer, die an der Versammlung nicht teilgenommen haben, über deren Inhalte unterrichten.345 Sie dient damit ähnlichen Zwecken wie die Beschluss-Sammlung, wobei bei letzterer vor allem eine Dokumentation der „Beschlusslage“, also des Bestands der innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft geltenden Regelungen, im Vordergrund steht. Bei der Niederschrift geht es hingegen um die Beschlussinhalte einer konkreten Versammlung und damit einer Unterrichtung über Änderungen der „Beschlusslage“. Die Niederschrift richtet sich somit in erster Linie an die aktuellen Wohnungseigentümer, die auch ohne ihre Teilnahme an der Versammlung nach § 10 Abs. 5 an die Beschlüsse gebunden sind, während die Beschluss-Sammlung für die nach § 10 Abs. 4 Satz 1 gebundenen Sondernachfolger im Wohnungseigentum besondere Bedeutung hat (vgl. Rz. 162). b) Vereinbarte Entstehensvoraussetzung für Beschlüsse In einer Reihe von Gemeinschaftsordnungen findet sich die Bestimmung, wonach in Ergän- 131 zung des § 23 bestimmt ist, dass zur Gültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung außer den dort genannten Bestimmungen die Protokollierung des Beschlusses erforderlich ist und das Protokoll von bestimmten Personen zu unterzeichnen ist (sog. qualifizierte Protokollierungsklausel). Eine solche Vereinbarung ist gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 wirksam.346 Fehlt in diesem Fall die Protokollierung, liegt ein Beschlussmangel vor, der den Beschluss an- 132 fechtbar macht. Dasselbe gilt, wenn die Unterschriften fehlen.347 Fehler führen indes auch dann nicht zur Nichtigkeit, wenn die Protokollierung nach der Vereinbarung Voraussetzung für die „Gültigkeit“ der Beschlüsse ist, weil der Begriff im Sinne des § 23 Abs. 4 Satz 2 zu verstehen ist.348 Selbst wenn die Protokollierungsklausel ausdrücklich das „Entstehen“ oder die „Wirksamkeit“ der Beschlüsse von der Protokollierung abhängig macht, gilt nichts anderes, denn ein Beschluss ist zwingend bereits durch seine Verkündung entstanden (s. § 23 Rz. 59) und Nichtigkeitsgründe können nicht wirksam vereinbart werden (s. § 23 Rz. 169).349 Eine

344 Becker, ZMR 2006, 489. 345 BayObLG v. 17.9.2003 – 2Z BR 135/03, NJW-RR 2004, 445; LG Hamburg v. 18.8.2010 – 318 S 168/ 09, ZMR 2011, 664 (665). 346 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 203/14, MDR 2016, 14 Rz. 17 = NotBZ 2016, 217 = MietRB 2016, 43; BGH v. 30.3.2012 – V ZR 178/11, MDR 2012, 755 = MietRB 2012, 199 f. = NJW 2012, 2512 Rz. 16; BGH v. 3.7.1997 – V ZB 2/97, BGHZ 136, 187 = NJW 1997, 2956. 347 BGH v. 30.3.2012 – V ZR 178/11 – Rz. 16, MDR 2012, 755 = MietRB 2012, 199 f. = NJW 2012, 2512; BGH v. 3.7.1997 – V ZB 2/97, BGHZ 136, 187 (190 f.) = NJW 1997, 2956; OLG Frankfurt v. 17.1.2011 – 20 W 500/08, MietRB 2011, 351 = ZWE 2011, 363; LG Dortmund v. 16.8.2016 – 1 S 35/16, ZWE 2017, 141. 348 BGH v. 30.3.2012 – V ZR 178/11, MDR 2012, 755 = MietRB 2012, 199 f. = NJW 2012, 2512 Rz. 16; BGH v. 3.7.1997 – V ZB 2/97, BGHZ 136, 187 (190 f.) = NJW 1997, 2956. 349 A.A. Becker, ZWE 2016, 2 (4); Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 244; Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 203; Hügel/Elzer, vor §§ 23 ff. WEG Rz. 35; wohl auch OLG München v. 7.8.2007 – 34 Wx 3/05, MietRB 2007, 292 = NJW 2008, 156 (157).

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§ 24 Rz. 132 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift schwebende Unwirksamkeit bis zur ordnungsmäßigen Protokollierung führt überdies zu einer nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit. Sie würde die Wirksamkeit des Beschlusses in die Hände des Vorsitzenden der Versammlung als Verfasser des Protokolls (Rz. 133) und der unterschriftsberechtigten Wohnungseigentümer legen. Die Protokollierungsklauseln können auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 242 Abs. 1 AktG zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit ergänzend dahin ausgelegt werden, dass mit Aufnahme des Beschlusses in die Beschluss-Sammlung der Schwebezustand endet und Wirksamkeit eintritt.350 Dies scheitert bereits daran, dass die Beschluss-Sammlung keine durch ein § 24 Abs. 6 Satz 2 entsprechendes Unterschriftserfordernis vermittelte Richtigkeitsgewähr bietet, die die Wohnungseigentümer durch das Protokollierungserfordernis ja gerade erstreben. 132a Die in der Protokollierungsklausel vereinbarten oder, wenn eine Vereinbarung nicht getroffen

wurde, die nach § 24 Abs. 6 Satz 2 erforderlichen Unterschriften können im gerichtlichen Verfahren zulässigerweise nachgeholt werden.351 Bei einer Vereinbarung bestimmter Unterzeichner ist durch Auslegung zu ermitteln, ob und durch wen eine Ersetzung von Unterschriften zulässig ist. Nicht zulässig ist jedenfalls die nachträgliche Ersetzung verweigerter Unterschriften durch die Unterschriften anderer Wohnungseigentümer,352 auch wenn sie zu diesem Zweck durch Beschluss bestimmt worden sind.353 Ist erkennbar das Vier-Augen-Prinzip gewollt, genügt die Unterzeichnung durch den Beiratsvorsitzenden oder einen Wohnungseigentümer in Doppelfunktion grundsätzlich nicht (dazu auch Rz. 141).354 Eine Ausnahme vom Vier-Augen-Prinzip ist im Wege ergänzender Vertragsauslegung allerdings dann zu machen, wenn nur ein Wohnungseigentümer an der Versammlung teilgenommen hat.355 Erlaubt die Gemeinschaftsordnung, dass sich Wohnungseigentümer durch Dritte vertreten lassen, soll es möglich sein, dass diese die notwendige zweite Unterschrift leisten.356 Ist neben dem Versammlungsleiter nur ein Vertreter anwesend, soll die Unterschrift dieser Person ausreichen.357

2. Abfassung 133 In § 24 Abs. 6 ist nicht ausdrücklich geregelt, wer die Niederschrift anzufertigen hat. Aus § 24

Abs. 6 Satz 2 ergibt sich aber mittelbar, dass der Vorsitzende der Versammlung (s. Rz. 104 ff.) die Niederschrift zu erstellen hat.358 Die Wohnungseigentümer sind befugt, im Wege eines Geschäftsordnungsbeschlusses (Rz. 126) im Einzelfall oder generell etwas anderes zu beschließen. Auch ohne Beschluss ist der Vorsitzende der Versammlung berechtigt, sich zum Führen des Protokolls einer weisungsabhängigen Hilfsperson zu bedienen.359 134 Eine Genehmigung der Niederschrift durch die Wohnungseigentümer im Wege des Be-

schlusses ist in § 24 Abs. 6 nicht vorgesehen. Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist,360 widerspricht ein derartiger Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung und ist anfechtbar, denn die

350 So aber Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 245. 351 OLG München v. 7.8.2007 – 34 Wx 3/05, MietRB 2007, 292 = NJW 2008, 156 (157); OLG Schleswig v. 24.3.2006 – 2 W 230/03, MietRB 2006, 245 = ZMR 2006, 721 (722). 352 LG Dortmund v. 6.8.2013 – 1 S 298/12, ZMR 2014, 139. 353 A.A. AG Essen-Steele v. 26.6.2013 – 21 C 14/13, ZMR 2014, 152. 354 BGH v. 30.3.2012 – V ZR 178/11, MDR 2012, 755 = MietRB 2012, 199 f. = NJW 2012, 2512 Rz. 21. 355 BGH v. 25.9.2015 – V ZR 203/14, MDR 2016, 14 = NotBZ 2016, 217 = MietRB 2016, 43. 356 OLG Hamm v. 3.6.2008 – 15 Wx 15/08, MietRB 2008, 334 = ZMR 2009, 217. 357 OLG Hamm v. 3.6.2008 – 15 Wx 15/08, MietRB 2008, 334 = ZMR 2009, 217; a.A. Elzer, MietRB 2008, 335. 358 AG Kassel v. 28.4.2004 – 800 II 114/2003 WEG, ZMR 2004, 711 (712). 359 KG v. 15.9.2000 – 24 W 3301/00, ZMR 2001, 223; Schultzky, MietRB 2015, 379 (383). 360 BayObLG v. 9.8.1989 – BReg.2 Z 60/89, MDR 1989, 1106 = NJW-RR 1989, 1168 (1170).

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XI. Niederschrift (Abs. 6) | Rz. 136 § 24

Genehmigung könnte den unzutreffenden Eindruck erwecken, die Unrichtigkeit der Niederschrift könne nach dem Beschluss nicht mehr geltend gemacht werden.361 Darüber hinaus fehlt es der Eigentümerversammlung auch an einer Zuständigkeit für die Abfassung und damit auch für die Berichtigung einer Niederschrift. Diese Grundsätze gelten daher entsprechend für die beschlussweise Genehmigung der Berichtigung einer Niederschrift.362

3. Inhalt a) Notwendiger Inhalt (Abs. 6 Satz 1) Nach dem Wortlaut des § 24 Abs. 6 Satz 1 sind in der Niederschrift ausschließlich die Be- 135 schlüsse, mithin ihr genauer Wortlaut, zu beurkunden. Auf die Art oder die Wirksamkeit des Beschlusses kommt es nicht an. Zu protokollieren sind daher auch Geschäftsordnungsbeschlüsse363 und vom Versammlungsleiter als nichtig erkannte Beschlüsse. Nimmt ein Beschluss auf eine Anlage Bezug und ist er nur bestimmt, wenn die Anlage zweifelsfrei identifiziert werden kann, ist die Anlage ebenfalls notwendiger Teil der Niederschrift und muss mir ihr fest verbunden werden.364 Damit die Niederschrift ihrem Zweck genügen kann, sind neben dem Wortlaut der Beschlüsse zwingend die äußeren Umstände zu beurkunden, die zur Beurteilung der Wirksamkeit eines Beschlusses und seines ordnungsmäßigen Zustandekommens von essentieller Bedeutung sind. Zu diesen Umständen gehören der Tag und Ort der Eigentümerversammlung,365 die Feststellungen über die Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung (§ 25 Rz. 103 ff.)366 und das Abstimmungsergebnis (Zustimmung/Ablehnung).367 Nicht zwingend ist die Wiedergabe der Beschlussfeststellung und die Beschlussverkündung.368 Die Niederschrift, welcher Wohnungseigentümer wie abgestimmt hat, ist grundsätzlich nicht 135a erforderlich.369 Lediglich in den Fällen, in denen die namentliche Zuordnung von Stimmen für die Wohnungseigentümergemeinschaft rechtserheblich ist, bedarf es der Protokollierung. Das ist insbesondere bei baulichen Veränderungen der Fall, weil hier die Gegenstimmen zur Feststellung einer nachteiligen Betroffenheit im Sinne des § 22 Abs. 1, § 14 Nr. 1 und wegen § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 2 von Bedeutung sind. Nicht zwingend ist die namentliche Protokollierung einzelner Stimmen, wenn eine Haftung der nicht zustimmenden Eigentümer auf Schadenersatz gegenüber einem anderen Wohnungseigentümer in Betracht kommt,370 denn diese Feststellung ist weder für das Zustandekommen noch für die Umsetzung des Beschlusses erheblich. Ob über den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt der Niederschrift hinaus weitere Punkte zu 136 beurkunden sind, z.B. ein Ablaufprotokoll zu erstellen ist, können die Wohnungseigentümer im Wege des Beschlusses oder durch eine Vereinbarung371 bestimmen. Ist dabei etwa

361 BayObLG v. 10.7.1987 – BReg.2 Z 47/87, NJW-RR 1987, 1363; a.A. Lüke in Weitnauer, § 24 WEG Rz. 20. 362 BayObLG v. 12.9.2002 – 2Z BR 28/02, ZMR 2002, 951 (952). 363 Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 208; a.A. Greiner, ZWE 2016, 297 (302); Hügel/Elzer, § 24 WEG Rz. 69. 364 Vgl. BGH v. 8.4.2016 – V ZR 104/15, WuM 2016, 518 = MDR 2016, 1009 = MietRB 2016, 260. 365 Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 121; Bartholome in Timme, § 24 WEG Rz. 133. 366 Bartholome in Timme, § 24 WEG Rz. 133; vgl. aber AG Ratingen v. 11.6.1999 – 40 II 49/98, NZM 1999, 1012 (Feststellung der Anwesenheit kein notwendiger Inhalt). 367 AG Tosstedt v. 5.9.2012 – 5 C 163/12, ZMR 2013, 80; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 121. 368 Engelhardt in MünchKommBGB, § 24 WEG Rz. 31. 369 Vgl. Begr. des Regierungsentwurfs BT-Drs. 16/887, 73. 370 Vgl. BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 = MDR 2015, 16 = MietRB 2015, 17. 371 BayObLG v. 3.12.2003 – 2Z BR 188/03, MietRB 2004, 171 = ZMR 2004, 443 (444).

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§ 24 Rz. 136 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift bestimmt worden, dass neben Beschlüssen auch „über“ die Eigentümerversammlung, also ihren Verlauf, zu berichten ist, liegt es im Ermessen des Protokollführers, ob und ggf. welche Tatsachen er beurkundet (s. Rz. 138). Es ist auch in diesem Falle nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Versammlungsleiter nicht alle Diskussionsbeiträge und Berichte beurkundet.372 Sein Ermessensspielraum kann aber auf Null reduziert sein, soweit es sich um bedeutsame rechtserhebliche Erklärungen handelt. 136a Ohne eine Regelung durch die Wohnungseigentümer ist eine Protokollierung von Erklärun-

gen des Verwalters oder der Wohnungseigentümer nicht zwingend, weil sie weder durch den Wortlaut des § 24 Abs. 6 noch durch den Zweck der Beschlussniederschrift (Rz. 130) geboten ist. Eine Ergänzung bzw. Berichtigung der Niederschrift kann nicht verlangt werden. Die Rechtserheblichkeit von Erklärungen ist kein Grund, sie in die Beschlussniederschrift aufzunehmen.373 Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Wohnungseigentümer bei einem Beschluss über die Kreditfinanzierung die Frage der Innenhaftung erörtert haben.374 Keiner Protokollierung bedürfen auch in der Versammlung angestellte Erwägungen, die einem gefassten Beschluss zugrunde liegen, selbst wenn sie für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit des Beschlusses relevant sein können.375 b) Fakultativer Inhalt 137 Es steht im Ermessen des Versammlungsleiters,376 die Mindestvoraussetzungen zu erweitern,

z.B. ein Ablaufprotokoll377 zu führen. Wenn der Versammlungsleiter über den gesetzlich vorgeschriebenen und den von den Wohnungseigentümern hinaus bestimmten Inhalt Gegenstände der Eigentümerversammlung beurkundet, ist dieses nicht zu beanstanden.378 Die Ermessensgrenzen für das, was zu beurkunden ist und was nicht, sind – wie stets bei Verwaltungshandeln – die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung. 138 Entscheidet sich der Versammlungsleiter, ein Ablaufprotokoll zu führen, hat er die Grundsät-

ze der Unparteilichkeit, Verhältnismäßigkeit, Wahrhaftigkeit und Richtigkeit zu beachten. Ermessensfehlerhaft ist es danach z.B., wenn der Verwalter, sofern er denn Diskussionsbeiträge in die Niederschrift aufnimmt, diese nur einseitig zugunsten oder zu Lasten bestimmter Wohnungseigentümer wiedergibt. Beleidigende Äußerungen sind ebenso wie Wertungen nicht zu beurkunden.379 Sind in der Niederschrift behauptete Zahlungsrückstände eines Wohnungseigentümers angegeben, so hat dieser grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass auch der Grund für seine Nichtzahlung vermerkt wird, wenn aus der Niederschrift erkennbar ist, dass die Forderungen bestritten sind.380 139 Auch wenn nur das gesetzlich vorgeschriebene Ergebnisprotokoll geführt wird, ist es sinn-

voll, die näheren Umstände der Versammlung und der Beschlussfassung zu protokollieren.381 Dazu gehören die Bezeichnung der Eigentümergemeinschaft, Angaben zur Ladungsfrist sowie 372 BayObLG v. 3.12.2003 – 2Z BR 188/03, MietRB 2004, 171 = ZMR 2004, 443 (444). 373 A.A. LG Lüneburg v. 29.8.2007 – 5 T 68/07, ZMR 2007, 894 (Verweigerung der Korrektur der Jahresabrechnung durch den Verwalter). 374 Vgl. aber BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, MDR 2015, 1355 = MietRB 2015, 362 = NJW 2015, 3651. 375 A.A. LG Dortmund 31.1.2017 – 1 S 99/16, ZMR 2018, 60. 376 BayObLG v. 5.12.1989 – BReg.2 Z 121/89, WuM 1990, 173 ff.; OLG Hamm v. 25.4.1989 – 15 W 353/87, MDR 1989, 914 (915). 377 BayObLG v. 5.12.1989 – BReg.2 Z 121/89, WuM 1990, 173 ff.; LG Hamburg v. 18.8.2010 – 318 S 168/09, ZMR 2011, 664 (665). 378 LG Hamburg v. 18.8.2010 – 318 S 168/09, ZMR 2011, 664. 379 LG Hamburg v. 18.8.2010 – 318 S 168/09, ZMR 2011, 664 (665). 380 BayObLG v. 20.11.2003 – 2Z BR 168/03, MietRB 2004, 146 (211). 381 Ein Muster findet sich bei Vandenhouten in Köhler, Teil 5 Rz. 299.

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XI. Niederschrift (Abs. 6) | Rz. 141 § 24

zur Versammlungszeit (Anfang, Dauer, Ende, „formeller Abschluss“) und zum Versammlungsleiter. Zur Feststellung der Beschlussfähigkeit bietet sich die Aufnahme eines Teilnehmerverzeichnisses382 sowie zu Vertretern und deren Berechtigung, die Stimme auszuüben, an. Die Niederschrift des Beschlusswortlauts und des Abstimmungsergebnisses sollte ergänzt werden um die jeweils für oder gegen einen bestimmten Beschlussantrag abgegebenen Stimmen, soweit relevant unter Angabe der Miteigentumsanteile (z.B. bei Beschlüssen nach § 16 Abs. 4 oder § 22 Abs. 2), und die Enthaltungen sowie Angaben zu der Frage, warum ein eigentlich Stimmberechtigter vom Stimmrecht ausgeschlossen wurde. Darüber hinaus erscheint es zweckmäßig, die Erklärungen und Erörterungen der Beteiligten sowie deren Stimmverhalten aufzunehmen, sofern diesen eine rechtliche Bedeutung zukommt (vgl. Rz. 136a).

4. Formerfordernisse a) Schriftlichkeit Die Niederschrift setzt bereits begrifflich eine schriftliche Abfassung voraus. Die Notwendig- 140 keit einer Abfassung „auf Papier“ ergibt sich auch daraus, dass die Niederschrift „unterschrieben“ werden muss. Eine rein digitale Form scheidet damit aus.383 Die Wohnungseigentümer können für die Niederschrift aber eine andere Form vereinbaren. Eine allgemeine Regelung durch Beschluss, die eine andere Form des Protokolls vorsieht, ist als sog. gesetzesändernder Beschluss indes nichtig. b) Unterschriften (Abs. 6 Satz 2) Die Niederschrift ist – sofern nichts anderes vereinbart ist (dazu Rz. 132a) – gem. § 24 Abs. 6 141 Satz 2 von dem Vorsitzenden der Versammlung (Versammlungsleiter), einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, von dessen Vorsitzendem oder seinem Vertreter zu unterschreiben. Sinn und Zweck der Unterschriften besteht darin, dass die Unterschreibenden mit ihrer Unterschrift die Verantwortung für die Richtigkeit der beurkundeten Tatsachen übernehmen und dies mit ihrer Unterschrift bestätigen.384 Dass die die Niederschrift Unterschreibenden an der Eigentümerversammlung teilgenommen haben, ist daher zwingend, auch wenn sich in Abs. 6 Satz 2 keine ausdrückliche Regelung findet.385 Wechselt der Vorsitz während der Eigentümerversammlung, haben entweder beide Vorsitzenden die Niederschrift gemeinsam zu erstellen oder zu unterzeichnen, oder jeder von ihnen hat ein Teilprotokoll zu erstellen und dieses zu unterzeichnen. Wohnungseigentümer ist auch der bloße Miteigentümer eines Wohnungseigentums, so dass dessen Unterschrift genügt; § 25 Abs. 2 S. 2 WEG gilt nicht entsprechend.386 Die Unterzeichnung durch einen sog. werdenden Wohnungseigentümer in der Entstehungsphase genügt, da er in der Eigentümerversammlung einem Wohnungseigentümer gleichgestellt ist (vgl. § 10 Rz. 168).387 Ist zwar ein Beirat gegründet, der Beiratsvorsitzende aber noch nicht bestimmt, ist die Unterschrift eines einfachen Beiratsmitglieds aufgrund des Wortlauts des Abs. 6 S. 2 nicht erforderlich; es genügen dann die Unterschriften des Versammlungsleiters und eines Wohnungseigentümers.388 Grundsätzlich 382 AG Ratingen v. 11.6.1999 – 40 II 49/98, NZM 1999, 1012. 383 A.A. Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 234; wohl auch Bartholome in Timme, WEG, § 24 WEG Rz. 139. 384 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 (342) = MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339. 385 OLG Hamm v. 3.6.2008 – 15 Wx 15/08, NJW-RR 2008, 1545 (1547); OLG München v. 7.8.2007 – 34 Wx 3/05, MietRB 2007, 292 = NJW 2008, 156 (157). 386 Gutachten des DNotI, DNotI-Report 2018, 113. 387 KG v. 11.9.2018 – 1 W 233/18, ZWE 2018, 397. 388 KG v. 27.2.2018 – 1 W 38/18, MDR 2018, 587 = MietRB 2018, 238.

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§ 24 Rz. 141 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift sieht Abs. 6 S. 2 aber vor, dass drei verschiedene Personen das Protokoll unterzeichnen. Dass ein Wohnungseigentümer zugleich Beirat ist, hindert nicht, dass dieser in der Funktion als Wohnungseigentümer unterschreibt. Nicht entscheidend ist, ob er bei der Unterschrift als „Beirat“ bezeichnet wird.389 Nimmt ein Unterzeichnender eine Doppelfunktion als Wohnungseigentümer und Beiratsvorsitzender wahr, soll er mit seiner einmaligen Unterschrift die zwei notwendigen Unterschriften ersetzen können.390 Ist der Beiratsvorsitzende zugleich Versammlungsvorsitzender, soll es ebenfalls genügen, wenn er und ein Wohnungseigentümer die Niederschrift unterschreiben.391 Zutreffend ist dies allerdings nur dann, wenn an der Versammlung keine andere zur Unterschrift geeigneten Personen anwesend waren.392 Ist in der Versammlung nur der Verwalter anwesend, der die an der Beschlussfassung teilnehmenden Wohnungseigentümer vertritt, kann nur er das Protokoll unterzeichnen; weitere Unterschriften sind in diesem Fall entbehrlich.393 141a Die Unterschriften müssen nicht auf derselben Ausfertigung der Niederschrift erfolgen.394

Der Unterzeichnende soll mit seiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift aufgrund eigener Prüfung bestätigen, wobei er unabhängig von den anderen Unterzeichnern handelt. Dieser Zweck wird durch die Unterzeichnung auf mehreren Ausfertigungen nicht beeinträchtigt. Eine Frist für die Leistung der Unterschriften sieht das Gesetz nicht vor. Sie können daher jederzeit geleistet werden.395 142 Eine Unterschrift kann nicht erzwungen werden. Sieht sich einer der zur Unterschrift „Ver-

pflichteten“ nach seinem Gewissen nicht in der Lage, zu unterschreiben, ist das hinzunehmen. Fehlt eine oder fehlen mehrere Unterschriften, ist das von Gesetzes wegen unschädlich. Eine Niederschrift bleibt Niederschrift, selbst wenn sie nur eine Unterschrift trägt. Fehlende Unterschriften, Unklarheiten und Widersprüche haben immer nur Einfluss auf den Beweiswert der Niederschrift (vgl. Rz. 145). Der Verfasser der Niederschrift (s. Rz. 133) sollte im Zweifel lieber seine Sicht der Dinge zu Papier bringen, als zu versuchen, die anderen, die für die Richtigkeit der Niederschrift einstehen sollen, auf seine Sicht zu „verpflichten“.

5. Frist zur Erstellung 143 Die Niederschrift ist unverzüglich i.S.v. § 121 Abs. 1 BGB zu erstellen. § 24 Abs. 7 Satz 7 kann

insoweit entsprechend herangezogen werden. Jedenfalls ist die Niederschrift spätestens eine Woche vor Ablauf der Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 1 vorzulegen.396 144 Bei einer verspäteten Fertigstellung ist einem Wohnungseigentümer nach h.M. gem. § 46

Abs. 1 Satz 3 i.V.m. §§ 233 ff. ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Anfechtungsfrist zu gewähren (vgl. § 46 Rz. 122). Die verspätete Fertigstellung stellt

OLG Hamm v. 8.7.2011 – 15 W 183/11, ZMR 2011, 984. OLG Düsseldorf v. 22.2.2010 – 3 Wx 263/09, ZWE 2010, 182. LG Lübeck v. 11.2.1991 – 7 T 70/91, Rpfleger 1991, 309. KG v. 20.1.2015 – 1 W 580/14, MietRB 2015, 144 = ZWE 2015, 173. OLG Hamm v. 21.12.2012 – 15 W 395/12, ZMR 2013, 648; siehe auch BGH v. 25.9.2015 – V ZR 203/14, MDR 2016, 14 Rz. 23 = NotBZ 2016, 217 = MietRB 2016, 43. 394 KG v. 5.4.2018 – 1 W 78/18, WuM 2018, 318; a.A. LG Berlin v. 23.11.2004 – 86 T 611/04, juris; wohl auch Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 235. 395 Heggen, RNotZ 2010, 455 (456); Demharter, Rpfleger 2010, 498 (499); siehe auch OLG München v. 7.8.2007 – 34 Wx 3/05, MietRB 2007, 292 = NJW 2008, 156 (157); a.A. OLG Düsseldorf v. 22.2.2010 – 3 Wx 263/09, ZWE 2010, 182. 396 BayObLG v. 20.3.2001 – 2Z BR 101/00, ZMR 2001, 815 (818); BayObLG v. 27.1.1989 – BReg.2 Z 67/88, NJW-RR 1989, 656; BayObLG v. 17.7.1972 – BReg.2 Z 16/72, BayObLGZ 1972, 246 (249) = MDR 1972, 950; OLG Frankfurt v. 23.8.1990 – 20 W 165/90, WuM 1990, 461. 389 390 391 392 393

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XI. Niederschrift (Abs. 6) | Rz. 146 § 24

zudem eine Pflichtverletzung des Verwalters dar. Der Verstoß kann Ansprüche aus dem auch die Wohnungseigentümer schützenden Verwaltervertrag i.V.m. §§ 280, 241 BGB auslösen. Zudem kann er es rechtfertigen, dem Verwalter nach § 49 Abs. 2 die Verfahrenskosten aufzuerlegen.397

6. Die Niederschrift als Beweismittel a) Beweiserleichterung Die Niederschrift ist eine Privaturkunde i.S.v. § 416 ZPO.398 Ihre Beweiskraft erstreckt sich 145 nur auf die Urheberschaft durch den Verfasser und die weiteren Unterzeichner. Sie hat eine weder im WEG angelegte noch als öffentliche Urkunde aus § 417 ZPO folgende formelle Beweiskraft für die Fassung oder den Inhalt der in ihr aufgenommenen Beschlüsse. Das gilt erst recht für nicht in der Niederschrift enthaltene Inhalte. Der Beweis, dass in der Versammlung ein Beschluss nicht gefasst oder eine Erklärung nicht abgegeben wurde, kann damit noch nicht durch die Vorlage des dazu schweigenden Protokolls geführt werden.399 Eine formelle negative Beweiskraft im Sinne einer unwiderleglichen Vermutung kennt das Gesetz nur in wenigen Ausnahmefällen, z.B. beim gerichtlichen Protokoll (§ 165 ZPO), nicht aber für Urkunden im Sinne der §§ 415 ff. ZPO. Auch wenn der Niederschrift als Privaturkunde keine formelle Beweiskraft hinsichtlich des 146 Inhalts zukommt, hat sie im Rechtsstreit einen erheblichen indiziellen Beweiswert, der faktisch eine Umkehr der Beweislast bewirken kann.400 Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit, die die Rechtsprechung einer über den Inhalt eines Rechtsgeschäfts aufgenommenen Urkunde zumisst,401 gilt allerdings nicht, denn sie setzt voraus, dass sämtliche Beteiligte, also alle Wohnungseigentümer, den Inhalt der Urkunde mit ihrer Unterschrift bestätigen.402 Die Beweiserleichterung gilt zugunsten des Wohnungseigentümers, der sich auf einen in der Niederschrift enthaltenen Beschluss oder eine dort protokollierte Tatsache oder Erklärung beruft. Durch Zeugeneinvernahme oder Anhörung der Wohnungseigentümer kann das Indiz jedoch beseitigt werden.403 Ein Beweiswert kommt der Niederschrift auch zu, soweit in ihr ein zwingender Inhalt nicht protokolliert ist. Wird in ihr ein Beschluss nicht beurkundet, ist dies ein Indiz dafür, dass es diesen Beschluss auch nicht gibt.404 Keine Beweiswirkung entfaltet die Niederschrift hingegen, soweit in ihr ein nicht zwingender, sondern lediglich fakultativer Inhalt nicht wiedergegeben ist. Dass eine bestimmte Erklärung in der Versammlung nicht erfolgt ist (vgl. Rz. 136a), wird daher durch die Niederschrift nicht nur nicht bewiesen, sondern auch nicht indiziert.405

397 BayObLG v. 20.3.2001 – 2Z BR 101/00, ZMR 2001, 815. 398 BGH v. 3.7.1997 – V ZB 2/97, BGHZ 136, 187 = NJW 1997, 2956; BayObLG v. 13.6.2002 – 2Z BR 1/02, ZMR 2002, 848 (850); BayObLG v. 10.4.2002 – 2Z BR 97/01, juris; LG Hamburg v. 16.1.2013 – 318 S 55/12, MietRB 2013, 212 = ZWE 2013, 418; AG Kassel v. 28.4.2004 – 800 II 114/03, ZMR 2004, 711 (712); differenzierend Bonifacio, ZMR 2006, 531 (532). 399 A.A. wohl BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, MietRB 2015, 362 = MDR 2015, 1355 Rz. 47. 400 BayObLG v. 27.10.1989 – BReg.2 Z 75/89, NJW-RR 1990, 210; LG Hamburg v. 10.9.2014 – 318 S 10/14, ZMR 2015, 483; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 127. 401 Vgl. BGH v. 5.2.1999 – V ZR 353/97, NJW 1999, 1702 (1703) m.w.Nachw. = MDR 1999, 759. 402 Bonifacio, ZMR 2006, 583 (587); Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 247; a.A. AG Bonn v. 27.4.2012 – 27 C 229/11, ZWE 2013, 227; Becker, ZWE 2016, 2 f.; allg. Geimer in Zöller, § 416 ZPO Rz. 10. 403 LG Hamburg v. 10.9.2014 – 318 S 10/14, ZMR 2015, 483. 404 S. dazu auch BGH v. 3.7.1997 – V ZB 2/97, BGHZ 136, 187 = NJW 1997, 2956. 405 A.A. wohl BGH v. 25.9.2015 – V ZR 244/14, MietRB 2015, 362 = MDR 2015, 1355 Rz. 47.

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§ 24 Rz. 147 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift 147 Die Beweiserleichterung greift nicht, wenn der Niederschrift die nach Abs. 6 Satz 2 erforder-

lichen Unterschriften fehlen (s. Rz. 141).406 Sie soll ferner dann nicht einschlägig sein, wenn ein Unterschreibender vorprozessual die Niederschrift korrigieren wollte oder die Niederschrift bereits einen Berichtigungsvermerk trägt, wenn einer der Unterschreibenden nicht an der Versammlung teilgenommen hat, wenn die Niederschrift widersprüchlich ist oder wenn einer oder alle der Unterschreibenden offensichtlich nicht „neutral“ waren, z.B. wenn der Mehrheitseigentümer es regelmäßig durchsetzt, dass er oder ein ihm Vertrauter die Eigentümerversammlung leitet.407 Schließlich kommt der Niederschrift kein erheblicher Beweiswert zu, wenn sich Niederschrift und Beschluss-Sammlung widersprechen, etwa dadurch, dass in der Beschluss-Sammlung beurkundet wird, ein Beschluss sei gefasst worden, in der Niederschrift hingegen festgehalten ist, dass der Beschluss nicht gefasst worden ist.408 b) Öffentlicher Glauben 148 Muss der Verwalter gegenüber Dritten, etwa wegen § 29 GBO dem Grundbuchamt, durch

eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachweisen, dass er zum Verwalter einer bestimmten Anlage bestellt worden ist, genügt dafür gem. § 26 Abs. 3 grundsätzlich die Vorlage der Niederschrift über seinen Bestellungsbeschluss (vgl. § 26 Rz. 204).409 Die Beurkundung seines Bestellungsbeschlusses durch einen auf der Versammlung anwesenden Notar ist nicht erforderlich. Zusätzliche Voraussetzung ist nur, dass die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 Satz 2 bezeichneten Personen (vgl. Rz. 141) öffentlich beglaubigt sind. Die Niederschrift ist dann Grundlage für die (widerlegbare) Vermutung, dass der Verwalter für die in der Niederschrift beschlossene Bestellungsdauer zum Verwalter bestellt ist, er die Bestellung angenommen hat und sein Amt bis zum Ende der Bestellungszeit fortbesteht.410 Mit der öffentlichen Beglaubigung der Unterschriften kann auch der Nachweis einer Zustimmung der Wohnungseigentümer durch Beschluss zu einer Veräußerung im Fall der Veräußerungsbeschränkung nach § 12 geführt werden (s. § 12 Rz. 40). 148a Das Grundbuchamt darf bei Vorlage der Niederschrift nur die Unterschriften als solches prü-

fen, nicht aber, ob die Unterschriftsleistenden tatsächlich die „Funktionen“ als Versammlungsleitender und als Vorsitzender des Verwaltungsbeirats innehaben.411 Dieser Nachweis wäre häufig auch weder in Form des § 26 Abs. 3 noch in Form des § 29 GBO überhaupt möglich. Verlangte man ihn doch, liefen die Erleichterungen des § 26 Abs. 3 leer. Die Stellung als Wohnungseigentümer ergibt sich hingegen unmittelbar aus dem Grundbuch, so dass der Zweck der Beweiserleichterung hier einer Prüfung durch das Grundbuchamt nicht entgegensteht. Hat ein werdender Wohnungseigentümer die Niederschrift unterzeichnet (Rz. 141), genügt zum Nachweis seiner Stellung die Eintragung der Auflassungsvormerkung.412

406 Vgl. BGH v. 3.7.1997 – V ZB 2/97, BGHZ 136, 187 = NJW 1997, 2956; BayObLG v. 5.12.1989 – BReg 2 Z 121/89, WuM 1990, 173 (174); Abramenko, ZMR 2003, 245. 407 S. dazu Becker, ZMR 2006, 489 (493). 408 A.A. Drasdo, ZMR 2007, 501 (507). 409 Zur Verwalterzustimmung bei Veräußerungsbeschränkung nach § 12 vgl. OLG Frankfurt v. 30.9.2010 – 20 W 320/10, ZWE 2011, 337. 410 S. dazu BayObLG v. 16.4.1991 – BReg.2 Z 25/91, NJW-RR 1991, 978 (979). 411 OLG Düsseldorf v. 22.2.2010 – 3 Wx 263/09, ZWE 2010, 182; LG Lübeck v. 11.2.1991 – 7 T 70/91, Rpfleger 1991, 309; LG Aachen v. 9.4.1984 – 3 T 391/83, MittRhNotK 1985, 13; LG Köln v. 4.5.1984 – 11 T 113/84, MittRhNotK 1984, 121; Heggen, NotBZ 2009, 401 (402); a.A. OLG Köln v. 15.8.2012 – 2 Wx 195/12, ZMR 2012, 982; OLG Hamm v. 8.7.2011 – I-15 W 183/11, MietRB 2011, 384 = WuM 2011, 535. 412 Becker, ZWE 2016, 2 (6); a.A. OLG Köln v. 15.8.2012 – 2 Wx 195/12, ZMR 2012, 982 = NotBZ 2013, 314 = MietRB 2013, 81.

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XI. Niederschrift (Abs. 6) | Rz. 151 § 24

7. Versendung und Einsichtnahme (Abs. 6 Satz 3) Das durch Abs. 6 Satz 3 garantierte Einsichtsrecht gewährt einen Anspruch auf Einsichtnah- 149 me in die Niederschrift. Dadurch soll jedem Berechtigten eine zuverlässige Kenntnis vom Inhalt der gefassten Beschlüsse ermöglicht werden. Das Einsichtsrecht in die Niederschrift wird ergänzt (und nicht ersetzt) durch das Einsichtsrecht in die Beschluss-Sammlung in § 24 Abs. 7 Satz 8 (vgl. Rz. 195 ff.). a) Keine Versendungspflicht § 24 Abs. 6 Satz 3 sieht nur ein Einsichtsrecht vor. Die Versendung des Protokolls nach seiner 149a Fertigstellung ist nach dem Gesetz nicht vorgeschrieben.413 Eine Versendungspflicht kann auch nicht aus einer mehrjährigen Übung hergeleitet werden.414 Der Wohnungseigentümer kann daher bei Versäumung der Beschlussanfechtungsfrist grundsätzlich keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung verlangen, dass ihm die Niederschrift gar nicht oder erst verspätet zugegangen ist (vgl. § 46 Rz. 121). Die Wohnungseigentümer können eine Pflicht zur Übersendung aber vereinbaren oder im Verwaltervertrag festlegen.415 Möglich ist auch ein Geschäftsordnungsbeschluss. Die Versendung hat in diesen Fällen mindestens eine Woche vor Ablauf der Anfechtungsfrist zu geschehen.416 b) Ort der Einsichtnahme Ist nichts anderes bestimmt,417 hat eine Einsichtnahme nach § 269 Abs. 1, Abs. 2 BGB grund- 150 sätzlich in den Geschäftsräumen des Verwalters zu erfolgen.418 Muss der Einsicht nehmende Wohnungseigentümer um seine körperliche Unversehrtheit fürchten, ist ihm allerdings Einsicht außerhalb der Räume des Verwalters zu gewähren.419 Auch bei großer Entfernung zwischen dem Sitz des Verwalters und der Wohnungseigentumsanlage können es Zumutbarkeitsgesichtspunkte auf Seiten des Wohnungseigentümers erfordern, ihm die Einsichtnahme an dem Ort der Anlage zu gewähren.420 Der Verwalter muss die Niederschriften vor oder bei einer Eigentümerversammlung am Versammlungsort zur Einsichtnahme bereithalten.421 Der Wunsch, Einsicht zu nehmen, ist grundsätzlich eine angemessene Zeit zuvor anzukündi- 151 gen, wobei auf die Bürozeiten und den Bürobetrieb des Verwalters in aller Regel Rücksicht zu nehmen ist.422 Der Verwalter ist – ohne ausdrückliche Vereinbarung – nicht verpflichtet, feste Sprechnachmittage für etwaig gewünschte Einsichtnahmen einzurichten. 413 BayObLG v. 27.1.1989 – BReg 2Z 67/88, NJW-RR 1989, 656. 414 A.A. BayObLG v. 27.1.1989 – BReg.2 Z 67/88, NJW-RR 1989, 656; AG Wennigsen v. 3.6.1986 – 10a II 6/86, ZMR 1986, 321; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 136. 415 LG Bonn v. 14.2.2003 – 8 T 193/02, ZMR 2003, 610. 416 BayObLG v. 22.11.2001 – 2Z BR 140/01, ZWE 2002, 220 (221); s.a. BayObLG v. 5.4.1990 – 2Z 30/ 90, WE 1991, 229. 417 BGH v. 11.2.2011 – V ZR 66/10, MDR 2011, 413 = MietRB 2011, 116 = NJW 2011, 1137 (1138). 418 BGH v. 15.7.2011 – V ZR 21/11, MDR 2011, 1031 = MietRB 2011, 315 = ZMR 2011, 976; BGH v. 11.2.2011 – V ZR 66/10, MDR 2011, 413 = MietRB 2011, 116 = NJW 2011, 1137 (1138); OLG Köln v. 28.2.2001 – 16 Wx 10/01, NJW-RR 2002, 375; OLG Hamm v. 12.2.1998 – 15 W 319/97, ZMR 1998, 587. 419 OLG Hamm v. 12.2.1998 – 15 W 319/97, NZM 1998, 722. 420 OLG Köln v. 28.2.2001 – 16 Wx 10/01, NJW-RR 2002, 375 (376). 421 OLG Köln v. 7.6.2006 – 16 Wx 241/05, MDR 2007, 144 = NJW-RR 2006, 1447; OLG Köln v. 28.2.2001 – 16 Wx 10/01, NJW-RR 2002, 375 (376); offen gelassen von BGH v. 11.2.2011 – V ZR 66/10, MDR 2011, 413 = MietRB 2011, 116 = NJW 2011, 1137 (1138). 422 BayObLG v. 13.6.2000 – 2 ZBR 175/99, NZM 2000, 874; KG v. 31.1.2000 – 24 W 601/99, NZM 2000, 828; Briesemeister, ZWE 2003, 154 (156).

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§ 24 Rz. 152 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift c) Einsichtsberechtigte 152 Nach dem Gesetz ist nur ein „Wohnungseigentümer“ berechtigt, sämtliche Niederschriften

einzusehen. Ein besonderes berechtigtes Interesse an der Einsicht in die Niederschriften braucht der Einsichtsberechtigte nicht darzulegen.423 Das Einsichtsrecht findet seine Grenze aber im Schikane- und Missbrauchsverbot nach §§ 226, 242 BGB.424 Statt eines Wohnungseigentümers kann auch ein von diesem ermächtigter Dritter, z.B. ein potentieller Käufer, Einsicht nehmen. Dies folgt bereits aus allgemeinen Erwägungen und kann auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 24 Abs. 7 Satz 8 hergeleitet werden. Zum Schutz der Interessen der Wohnungseigentümer ist es aber – abweichend zur Rechtslage bei der BeschlussSammlung (Rz. 196) – außerdem erforderlich, dass in der Person des Wohnungseigentümers ein nachvollziehbares und berechtigtes Interesse an der Ermächtigung eines Dritten vorliegt.425 Ein eigenständiges Recht haben Dritte, soweit sie anstelle des Wohnungseigentümers dessen Eigentum halten. In diesem Sinne besitzt z.B. der Insolvenzverwalter oder ein Zwangsverwalter ein eigenes Einsichtsrecht. d) Inhalt des Einsichtsrechts 153 Jeder Einsichtsberechtigte hat das Recht, die Niederschriften einzusehen. Daneben hat er das

Recht, sich Abschriften zu machen oder Auszüge anzufertigen. Im Rahmen der Einsichtnahme hat der Einsichtsberechtigte ferner einen Anspruch auf Fertigung und Aushändigung von Ablichtungen, da es ihm in der Regel nicht zugemutet werden kann, handschriftlich Abschriften zu fertigen.426 Die Kosten der Ablichtungen sind nach § 670 BGB dem Verwalter zu erstatten.427 Die Höhe der zu erstattenden Kosten können die Wohnungseigentümer durch Beschluss gem. § 21 Abs. 7 festlegen. Ein Recht auf Herausgabe der Niederschrift besteht nicht.428 Auch den Mitgliedern des Verwaltungsbeirats räumt das Gesetz dieses Recht nicht ein. Überlässt der Verwalter einem Wohnungseigentümer die Niederschriften dennoch zur Prüfung außerhalb seiner Geschäftsräume, kommt regelmäßig ein Leihvertrag zustande mit der Folge, dass der Verwalter die Herausgabe der Unterlagen im eigenen Namen verlangen kann.429 154 Der Verwalter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einem Wohnungseigentümer Ablichtungen

(Kopien) der Niederschriften zu übersenden, auch nicht auf seine Kosten.430 Etwas anderes gilt dann, wenn Treu und Glauben es gebieten.431 Ob das der Fall ist, beurteilt sich aus der 423 OLG Köln v. 28.2.2001 – 16 Wx 10/01, NJW-RR 2002, 375; BayObLG v. 13.6.2000 – 2Z BR 175/99, NZM 2000, 873 (874); KG v. 31.1.2000 – 24 W 601/99, NZM 2000, 828 (829). 424 BayObLG v. 8.4.2004 – 2Z BR 113/03, ZMR 2004, 839 (840); BayObLG v. 13.6.2000 – 2Z BR 175/ 99, ZMR 2000, 687; BayObLG v. 27.7.1978 – BReg.2 Z 83/77, BayObLGZ 1978, 231 (234) = MDR 1979, 142 f.; OLG Köln v. 28.2.2001 – 16 Wx 10/01, NJW-RR 2002, 375; OLG Hamm v. 9.2.1998 – 15 W 124/97, ZMR 1998, 586; AG Bremen v. 23.1.2013 – 28 C 67/12, ZMR 2013, 386. 425 LG Hamburg v. 5.10.2011 – 318 S 7/11, ZMR 2012, 292. 426 BGH v. 11.2.2011 – V ZR 66/10, MDR 2011, 413 = MietRB 2011, 116 = NJW 2011, 1137 (1138); OLG München v. 9.3.2007 – 32 Wx 177/06, MDR 2007, 769 = MietRB 2007, 233 f. = NJW-RR 2007, 1516; BayObLG v. 13.6.2000 – 2Z BR 175/99, ZMR 2000, 687; OLG Hamm v. 9.2.1998 – 15 W 124/ 97, ZMR 1998, 586. 427 Im Erg. BGH v. 11.2.2011 – V ZR 66/10, MDR 2011, 413 = MietRB 2011, 116 = NJW 2011, 1137 (1138). 428 BGH v. 15.7.2011 – V ZR 21/11, MietRB 2011, 315 = MDR 2011, 1031; BGH v. 11.2.2011 – V ZR 66/10, MDR 2011, 413 = MietRB 2011, 116 = NJW 2011, 1137 (1138); BayObLG v. 3.12.2003 – 2Z BR 188/03, MietRB 2004, 171 = ZMR 2004, 443 (445); BayObLG v. 26.7.1988 – BReg.1b Z 16/88, WE 1989, 145 (146). 429 BGH v. 15.7.2011 – V ZR 21/11, MDR 2011, 1031 = MietRB 2011, 315 = ZMR 2011, 976. 430 BGH v. 11.2.2011 – V ZR 66/10, MDR 2011, 413 = MietRB 2011, 116 = NJW 2011, 1137 (1138). 431 BGH v. 11.2.2011 – V ZR 66/10, MDR 2011, 413 = MietRB 2011, 116 = NJW 2011, 1137 (1138).

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XI. Niederschrift (Abs. 6) | Rz. 157 § 24

Sicht des Wohnungseigentümers. Für die Frage, ob eine Übersendung von Kopien verlangt werden kann, ist etwa die räumliche Entfernung des Einsichtsberechtigten vom Ort der möglichen Einsichtnahme und die Zumutbarkeit einer Anreise wichtig. Ein Ausnahmefall ist vor allem gegeben, wenn Informationen anderenfalls nicht rechtzeitig (z.B. vor einer Eigentümerversammlung oder innerhalb der Anfechtungsfrist) erlangt werden können. e) Verstöße gegen das Einsichtsrecht Gewährt der Versammlungsleiter die Einsichtnahme nicht freiwillig, kann gegen ihn Klage 155 auf Gewährung der Einsicht erhoben werden.432 Die Verweigerung einer berechtigten Einsichtnahme kann ihn außerdem schadenersatzpflichtig machen. Ist der Verwalter Versammlungsleiter, kann die Weigerung seine Abberufung aus wichtigem Grund rechtfertigen (s. § 26 Rz. 152). Ferner kann die Verweigerung der Einsichtnahme ebenso wie dessen Verzögerung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei der Beschlussanfechtungsklage rechtfertigen (s. Rz. 144).

8. Mängel der Niederschrift a) Notwendigkeit der Berichtigung Es widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn der Versammlungsleiter den notwendi- 156 gen oder fakultativen Inhalt der Niederschrift (dazu Rz. 135 ff.), insbesondere Beschlussanträge oder Abstimmungsergebnisse, in dieser unrichtig festhält.433 Dasselbe gilt, wenn notwendiger Inhalt in der Niederschrift fehlt oder unvollständig wiedergegeben ist. Die Niederschrift ist dann zu berichtigen. Zuständig für die Korrektur der Niederschrift sind die Unterschreibenden. Sie haben ohne Bindung an Fristen das Recht, Unrichtigkeiten selbständig, aber nur gemeinsam zu korrigieren.434 Eine Berichtigung nur durch einen Unterschreibenden ist nicht möglich und zerstört jeglichen Beweiswert der Niederschrift.435 Auch die Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit sind für eine Korrektur unzuständig, weil ihnen weder die Erstellung noch die Genehmigung der Niederschrift obliegt (vgl. Rz. 134).436 b) Anspruch auf Berichtigung Jeder Wohnungseigentümer besitzt einen aus § 21 Abs. 4 folgenden Anspruch auf eine ord- 157 nungsmäßige Beurkundung und Berichtigung von Fehlern.437 Der Anspruch kann im Verfahren nach § 43 Nr. 1, Nr. 3 durchgesetzt werden.438 Der Berichtigungsanspruch ist grund-

432 Vgl. LG Hamburg v. 5.10.2011 – 318 S 7/11, ZMR 2012, 292; AG Bremen v. 23.1.2013 – 28 C 67/ 12, ZMR 2013, 386. 433 BayObLG v. 3.12.2003 – 2Z BR 188/03, MietRB 2004, 171 = ZMR 2004, 443 (444). 434 BayObLG v. 12.9.2002 – 2Z BR 28/02, ZMR 2002, 951 (952); AG Freising v. 14.1.2005 – 2 UR II 9/ 04, WE 2005, 152. 435 A.A. Abramenko, ZMR 2003, 245 (246). 436 BayObLG v. 12.9.2002 – 2Z BR 28/02, ZMR 2002, 951 (952); AG Kassel v. 28.4.2004 – 800 II 114/ 2003, ZMR 2004, 711 (712). 437 KG v. 20.3.1989 – 24 W 3239/88, MDR 1989, 742; OLG Hamm v. 25.4.1989 – 15 W 353/87, MDR 1989, 914 (915); OLG Hamm v. 24.1.1985 – 15 W 450/84, MDR 1985, 502; BayObLG v. 15.12.1989 – BReg.2 Z 39/82, BayObLGZ 1982, 445 (447); LG Hamburg v. 18.8.2010 – 318 S 168/09, ZMR 2011, 664 (665); Becker, ZMR 2006, 489; Abramenko, ZMR 2003, 245 (247); Kümmel, MietRB 2003, 58 (59). 438 BayObLG v. 12.9.2002 – 2Z BR 28/02, ZMR 2002, 951 (952); BayObLG v. 21.2.1991 – BReg 2Z 2/ 91, WE 1992, 166; BayObLG v. 15.12.1982 – BReg.2 Z 39/82, BayObLGZ 1982, 445 (447); OLG

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§ 24 Rz. 157 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift sätzlich gegen alle Unterzeichner der Niederschrift zu richten (s. § 46 Rz. 78).439 Ist ein Unterschreibender freiwillig bereit, die Niederschrift zu berichtigen, fehlt für eine Klage gegen ihn das Rechtsschutzinteresse; die Klage richtet sich dann gegen die übrigen Unterzeichner. Wird Klage nur gegen einen Unterzeichner erhoben, bindet ein diesen zur Berichtigung verpflichtendes Urteil zwar im Falle der Beiladung auch die übrigen Unterzeichner nach § 48 Abs. 3; ihre Verpflichtung zur Unterzeichnung des Protokolls ergibt sich daraus aber nicht.440 Ist einer der Unterzeichnenden kein Wohnungseigentümer oder Verwalter, ist dennoch auch er analog § 43 Nr. 1 und Nr. 3 vor dem Wohnungseigentumsgericht zu verklagen. 158 Die Klage auf Protokollberichtigung setzt auf Klägerseite ein Rechtsschutzinteresse voraus,

das nur dann vorliegt, wenn die fehlerhafte Protokollierung die Rechtsstellung des Klägers berührt.441 Stets besteht daher ein Rechtsschutzinteresse, wenn der Inhalt oder die Formulierung eines Beschlusses oder das Beschlussergebnis falsch protokolliert worden sein soll. Es fehlt hingegen, wenn der Kläger behauptet, die Anzahl der beurkundeten „Ja-Stimmen“ sei falsch, sich dieser Fehler aber nicht auswirkt.442 Ein Rechtsschutzinteresse wird ferner verneint, wenn wegen „Bagatellen“ inhaltlicher oder formeller Art443 oder wegen Meinungsäußerungen444 eine Berichtigung begehrt wird oder die Niederschrift den Ablauf der Versammlung oder Diskussion445 zwar nicht einwandfrei wiedergibt, dies aber jedenfalls ohne Auswirkung für die Auslegung von Beschlüssen bleibt. Auch dann, wenn die Verpflichteten eine Beschlussniederschrift von sich aus im Laufe des Verfahrens berichtigen, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für einen gerichtlichen Berichtigungsantrag. Wegen des Beweiswerts der Niederschrift (s. Rz. 146) kann aber die Berichtigung protokollierter Willenserklärungen von Wohnungseigentümern verlangt werden.446 Das gilt auch für die Streichung ehrverletzender Ausführungen, es sei denn, sie stellen aufgrund des Zeitablaufs keine Beeinträchtigung mehr dar.447 Die Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 1 ist auf die Klage auf Protokollberichtigung nicht analog anwendbar (s. § 46 Rz. 74). c) Schadenersatz 159 Aus einer nicht ordnungsmäßigen Niederschrift können Schadenersatzansprüche erwachsen.

Veranlasst der protokollierende Versammlungsleiter durch eine falsche Niederschrift ein Beschlussanfechtungsverfahren, etwa weil er einen Beschlussinhalt niederlegt, der mit dem Abstimmungsergebnis und mit dem verkündeten Beschluss nicht übereinstimmt, macht er sich gem. §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 241 BGB haftbar. War der Verwalter Versammlungsleiter, so können ihm ggf. gem. § 49 Abs. 2 die Prozesskosten des Anfechtungsverfahrens auferlegt werden.448 Ein Verwalter, der eine Niederschrift erstellt, die in wesentlichen Punkten unrichtig ist, kann ferner für die weitere Führung der Verwaltung ungeeignet sein, die mangelhafte Protokollierung also einen Abberufungsgrund begründen.449 Eine erhebliche Pflichtverletzung ist

439 440 441 442 443 444 445 446 447 448 449

Hamm v. 24.1.1985 – 15 W 450/84, MDR 1985, 502; AG Halle v. 7.7.2009 – 120 C 1395/09, juris; Becker, ZMR 2006, 489; Abramenko, ZMR 2003, 245 (247); Bub in FS Seuß (1997), S. 53 (58). BayObLG v. 12.9.2002 – 2Z BR 28/02, ZMR 2002, 951 (952). LG Stuttgart v. 5.8.2015 – 10 S 10/15, ZMR 2015, 885. LG Stuttgart v. 5.8.2015 – 10 S 10/15, ZMR 2015, 885; LG Dresden v. 22.5.2013 – 2 S 311/12, ZWE 2014, 54. BayObLG v. 28.2.1991 – BReg.2 Z 144/90, WuM 1991, 310 (311). KG v. 20.3.1989 – 24 W 3239/88, MDR 1989, 742. AG Halle v. 7.7.2009 – 120 C 1395/09, juris. LG Frankfurt v. 12.10.2017 – 2-13 S 107/17, ZWE 2018, 137. A.A. AG München v. 14.9.2017 – 483 C 13301/16, ZMR 2018, 89. AG München v. 20.10.2016 – 213 C 10547/16, ZMR 2018, 84. S.a. LG Leipzig v. 19.4.2005 – 1 T 188/05, NJW-RR 2005, 1035 (1036). BayObLG v. 17.9.2003 – 2Z BR 135/03, juris.

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XII. Beschluss-Sammlung (Abs. 7, 8) | Rz. 164 § 24

vor allem, aber nicht nur dann anzunehmen, wenn der notwendige Inhalt der Niederschrift falsch, verfälscht, unvollständig oder überhaupt nicht wiedergegeben wird.450

9. Aufbewahrung Die Pflicht, Niederschriften aufzubewahren, ist nicht gesetzlich geregelt worden. Damit eine 160 Niederschrift ihre primäre Funktion, nämlich über die jeden Wohnungseigentümer bindenden Beschlüsse und ggf. über die Umstände ihrer Entstehung dauerhaft zu informieren, erfüllen kann, sind die Niederschriften dauerhaft und im Prinzip „ewig“ – bis zur Beendigung der Wohnungseigentümergemeinschaft – aufzubewahren.451

XII. Beschluss-Sammlung (Abs. 7, 8) Für sämtliche nach dem 1.7.2007 verkündeten Beschlüsse, einschließlich der schriftlichen Be- 161 schlüsse, und für sämtliche nach diesem Tag ergangenen (verkündeten) gerichtlichen Entscheidungen i.S.v. § 43 ist nach § 24 Abs. 7 Satz 1 und 2 eine „Beschluss-Sammlung“ zu führen.

1. Allgemeines a) Sinn und Zweck Die Beschluss-Sammlung ermöglicht es vor allem einem (möglichen) Erwerber von Woh- 162 nungseigentum, sich auf einfache Art und Weise umfassend über die aktuelle Beschlusslage und alle wichtigen gerichtlichen Entscheidungen mit Bedeutung für eine konkrete Eigentümergemeinschaft zu unterrichten. Diese Aufklärung ist von besonderer Bedeutung, weil einen Erwerber die Beschlüsse, die vor seinem Beitritt zur Gemeinschaft gefasst wurden, gem. § 10 Abs. 4 binden. Eine entsprechende Bindung ordnet § 10 Abs. 4 ferner für Gerichtsentscheidungen in einem Rechtsstreit gem. § 43 an. Eine Beschluss-Sammlung ist ferner für die Wohnungseigentümer selbst sinnvoll.452 Auch 163 diese haben ein lebendiges Interesse daran, ergangene gerichtliche Entscheidungen und die von ihnen und ihren Voreigentümern gefassten Beschlüsse in ihrer Gesamtheit einsehen zu können. Schließlich ist eine Beschluss-Sammlung auch für einen (ggf. künftigen) Verwalter hilfreich, weil er sich durch diese leicht Kenntnis von der Beschlusslage in der Gemeinschaft verschaffen kann.453 b) Verhältnis zur Niederschrift und zum Grundbuch Beschluss-Sammlung und Niederschrift i.S.v. § 24 Abs. 6 stehen grundsätzlich nebeneinan- 164 der, ohne dass einem dieser Dokumentationsinstrumente der Vorrang zukommt. Das ergibt sich aus ihrem abweichenden Zweck (vgl. Rz. 130 und Rz. 162). Auch inhaltlich besteht keine vollständige Übereinstimmung. Einerseits geht die Beschluss-Sammlung weiter, indem sie auch schriftliche Beschlüsse und gerichtliche Entscheidungen erfasst, andererseits bleibt ihr notwendiger Inhalt hinter dem der Niederschrift zurück, insbesondere fehlen die Abstim-

450 451 452 453

BayObLG v. 28.2.1991 – BReg.2 Z 144/90, WuM 1991, 310 (311). Vgl. auch Schmid, DWE 1989, 146. Armbrüster, AnwBl. 2005, 15 (18). Deckert, NZM 2005, 927 (928).

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§ 24 Rz. 164 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift mungsergebnisse (dazu Rz. 135). Bei einem Widerspruch von Niederschrift und BeschlussSammlung sind beide Instrumente keine tauglichen Beweiszeichen (s. Rz. 147). 165 In das Grundbuch eingetragenen Vereinbarungen – etwa über die Begründung von Sonder-

nutzungsrechten – kommt der Schutz des öffentlichen Glaubens an das Grundbuch nach § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Der Erwerber kann sich grundsätzlich auf den Inhalt des Grundbuchs und damit auf die Maßgeblichkeit der dort eingetragenen Vereinbarungen berufen (vgl. etwa § 15 Rz. 10). Dieser gute Glaube an das Grundbuch wird durch die Beschluss-Sammlung nicht beeinflusst. Auch Beschlüsse, die aufgrund einer gesetzlichen oder vereinbarten Öffnungsklausel ergehen und Vereinbarungen abändern, wirken nach der Regelung des § 10 Abs. 4 gegen den Erwerber, auch wenn der von diesen keine Kenntnis hatte oder haben musste. Es kommt daher nicht darauf an, ob der vereinbarungsändernde Beschluss in die Beschluss-Sammlung aufgenommen wurde und diese geeignet ist, den guten Glauben an das Grundbuch zu vernichten.454 Die Beschluss-Sammlung selbst entfaltet keinen guten Glauben (vgl. Rz. 200).

2. Zuständigkeit a) Verwalter (Abs. 8 Satz 1) 166 Die Beschluss-Sammlung ist gem. § 24 Abs. 8 Satz 1 vom Verwalter zu führen. Wie sich aus

Abs. 8 Satz 2 ergibt, ist das Führen der Beschluss-Sammlung auch dann seine Aufgabe, wenn er die Versammlung nicht geleitet hat (s. Rz. 170). Alle Eintragungen sind anders als bei der Niederschrift allein von ihm zu fertigen. Eine „Gegen-“ oder „Mitzeichnung“ oder eine Mitwirkung Dritter sieht das Gesetz nicht vor. Eine Eintragung darf vom Verwalter auch nicht von der Mitwirkung Dritter abhängig gemacht werden. Das gilt auch dann, wenn über den Wortlaut eines Beschlusses Streit besteht. Im Falle eines Verwalterwechsels geht die Pflicht zur Führung mit dem Wechsel in der Organstellung auf den neuen Verwalter über. Die Beschluss-Sammlung ist dem neuen Verwalter bei dessen Amtsantritt auszuhändigen.455 Mit dem Amtsantritt wird der neue Verwalter als „Führender“ auch für Eintragungen sowie Korrekturen zuständig, die aus der Amtszeit seines Vorgängers herrühren.456 Für eine rückwirkende Berichtigung der Beschluss-Sammlung kann er allerdings eine Sondervergütung verlangen (s. Rz. 169).457 167 Soweit die Wohnungseigentümer es – abgesehen vom Fall, dass ein Verwalter fehlt (s. Rz. 170)

– wünschen, dass ein Dritter die Beschluss-Sammlung führt, z.B. ein Notar oder ein Rechtsanwalt, aber auch ein anderer Wohnungseigentümer, etwa der Beiratsvorsitzende, können sie von Abs. 8 Satz 1 durch Vereinbarung abweichen. Ein entsprechender Beschluss für die Zukunft wäre hingegen mangels Kompetenz nichtig. Vereinbart werden kann auch, dass der Verwalter vor einer Eintragung mit dem Beirat oder anderen Rücksprache nehmen muss.

168 Zum „Führen“ der Beschluss-Sammlung gehören alle mit der Anlegung der Sammlung, den

Eintragungen, der Aktualisierung, der Löschung und der Einsichtnahme verbundenen Maßnahmen. Ebenso umfasst die Pflicht zum Führen die Verpflichtung zur Korrektur von Fehlern und Unvollständigkeiten (dazu Rz. 202 ff.), auch wenn sie von einem früheren Verwalter verursacht wurden.458 Nimmt der Verwalter die nach § 24 Abs. 7 Satz 2 bis Satz 6 notwendi454 A.A. Elzer in Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, Teil C Rz. 1313. 455 Armbrüster, DNotZ 2003, 493 (504). 456 Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 287; Bartholome in Timme, § 24 WEG Rz. 280; a.A. LG Berlin v. 11.1.2017 – 85 S 39/15, GrundE 2017, 307; AG Schöneberg v. 9.1.2014 – 772 C 24/13, ZWE 2015, 142; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 151. 457 Hügel/Elzer, § 24 WEG Rz. 117. 458 LG Berlin v. 2.10.2015 – 55 S 206/14, GrundE 2016, 206.

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XII. Beschluss-Sammlung (Abs. 7, 8) | Rz. 172 § 24

gen Eintragungen, Vermerke und Löschungen zu spät, gar nicht, falsch oder verfälscht auf oder verweigert er zu Unrecht eine Einsichtnahme, kann dies seine Haftung gegenüber den Wohnungseigentümern begründen (s. Rz. 205). Für das Führen der Sammlung kann der Verwalter ohne weiteres eine zusätzliche Vergütung 169 beanspruchen, wenn der Verwaltervertrag vor dem 1.7.2007 geschlossen wurde. Etwas anderes gilt für Verträge nach diesem Datum, sofern keine besondere Vereinbarung getroffen wurde.459 Beschließen die Wohnungseigentümer eine rückwirkende Führung oder Überarbeitung der Beschluss-Sammlung, hat der Verwalter einen Anspruch auf angemessene Honorierung.460 Diese Tätigkeit ist weder vom Verwaltervertrag abgedeckt noch eine vertragliche oder gesetzliche Nebenpflicht. b) Fehlen eines Verwalters (Abs. 8 Satz 2) aa) Vorsitzender der Eigentümerversammlung Sofern die Wohnungseigentümer keinen Verwalter bestellt haben oder wenn ein Verwalter 170 aus anderen Gründen dauerhaft fehlt (Rz. 26 ff.), ist nach § 24 Abs. 8 Satz 2 grundsätzlich der Vorsitzende der Eigentümerversammlung i.S.v. § 24 Abs. 5 (s. Rz. 107) verpflichtet, die Beschluss-Sammlung zu führen. Hat ein Dritter nur die Eigentümerversammlung geleitet, gibt es aber einen Verwalter, gilt Abs. 8 Satz 2 nicht, so dass der Verwalter die Beschluss-Sammlung zu führen hat.461 Daraus, dass der Verwalter die Eigentümerversammlung nicht geleitet hat, folgt nicht, dass nunmehr auch der Vorsitzende der Eigentümerversammlung die BeschlussSammlung führen muss. Der Vorsitzende der Eigentümerversammlung ist nicht nur verpflichtet, Beschlüsse zu sam- 171 meln, die in der von ihm geleiteten Versammlung getroffen wurden, sondern darüber hinaus schriftliche Beschlüsse, sämtliche gerichtliche Entscheidungen und Beschlüsse, die in anderen Eigentümerversammlungen gefasst worden sind. Seine Aufgabe als Führer der BeschlussSammlung endet erst mit Bestellung eines Verwalters oder einer anderweitigen Bestimmung durch die Wohnungseigentümer nach Abs. 8 Satz 2. Dem steht nicht entgegen, dass sich seine Funktion in der Versammlung grundsätzlich auf die Leitung einer einzigen Versammlung beschränkt. § 24 Abs. 5 und 8 enthalten insoweit eigenständige Regelungen. Abs. 8 differenziert in seinem Wortlaut auch nicht zwischen dem Verwalter und dem Vorsitzenden der Versammlung, denn beide werden zum „Führen“ der Sammlung verpflichtet. bb) Dritte Die Wohnungseigentümer müssen sich bei Fehlen eines Verwalters zur Führung der Be- 172 schluss-Sammlung nicht des Vorsitzenden der Eigentümerversammlung bedienen. Ihnen steht es frei, gem. § 24 Abs. 8 Satz 2 durch einfachen Mehrheitsbeschluss eine andere Person zum Führer der Beschluss-Sammlung zu bestimmen. Der Andere i.S.v. § 24 Abs. 8 Satz 2 Halbsatz 2 kann ein Wohnungseigentümer, aber auch jeder Dritte462, z.B. ein Rechtsanwalt, sein. Durch die Bestellung übernimmt der Dritte ein Amt, das grundsätzlich von einem zugrundeliegenden Vertrag zu trennen ist (zur sog. Trennungstheorie s. § 26 Rz. 19). Die Dauer der Bestellung muss der Bestellungsbeschluss – den der Bestellte „annehmen“ muss – bestimmen.

459 AG Aachen v. 22.2.2008 – 86 C 1/07, ZMR 2008, 833 (835). Zu Vergütungsfragen im Zusammenhang mit der Beschluss-Sammlung vgl. ferner Reichert, ZWE 2007, 388 (391 ff.). 460 Hügel/Elzer, § 24 WEG Rz. 117. 461 Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 286; a.A. Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 152. 462 Merle, ZWE 2007, 272 (273).

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§ 24 Rz. 173 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift 173 Die Bestellung kann grundsätzlich nur für den Zeitraum erfolgen, in dem ein Verwalter fehlt.

Wollen die Wohnungseigentümer einen Dritten auch in dem Falle dauerhaft mit der Führung der Beschluss-Sammlung betrauen, obwohl es einen Verwalter gibt, bedarf es einer Vereinbarung (s. Rz. 167).

3. Inhalt (Abs. 7 Satz 2) 174 Die Beschluss-Sammlung enthält nach § 24 Abs. 7 Satz 2 zum einen den Wortlaut der Eigen-

tümerbeschlüsse – seien sie in der Versammlung der Eigentümer oder gem. § 23 Abs. 3 schriftlich gefasst worden –, zum anderen Urteilsformeln gerichtlicher Entscheidungen in einem Rechtsstreit gem. § 43. Sie ist für die nach dem 1.7.2007 ergangenen Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen zu führen. Vor diesem Zeitpunkt ergangene Beschlüsse und gerichtliche Entscheidungen sind nicht von Gesetzes wegen zu sammeln. Ist eine nachträgliche Sammlung aller vorhergehenden Beschlüsse möglich, entspricht sie freilich ordnungsmäßiger Verwaltung und kann nach § 21 Abs. 3 mit Mehrheit beschlossen werden.463 Ein Anspruch eines einzelnen Eigentümers nach § 21 Abs. 4 auf Erweiterung der Beschluss-Sammlung für die Zeit bis 1.7.2007 besteht aber nicht.464 a) Beschlüsse in der Eigentümerversammlung (Nr. 1)

175 Nach Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 sind die in einer Eigentümerversammlung verkündeten Beschlüsse –

jeder für sich – mit Angabe von Ort (postalische Anschrift) und Datum der Versammlung in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen. Dem Gebot der Aufnahme einzelner Beschlüsse genügt es nicht, wenn die Niederschrift als solche zur Beschluss-Sammlung genommen wird.465 Einzutragen sind sowohl die positiven als auch die verkündeten negativen Beschlüsse (s. § 23 Rz. 94 ff.).466 Eine Differenzierung danach, ob die Ablehnung eines Beschlussantrags „von Bedeutung“ ist oder nicht, kann vom Führer der Beschluss-Sammlung nicht geleistet werden und verbietet sich bereits aus diesem Grunde.467 Die Dokumentation des Beschlussinhalts kann dabei in der Weise erfolgen, dass der Beschlussantrag im Wortlaut wiedergegeben und mit dem Zusatz „angenommen“ oder „abgelehnt“ versehen wird. Alternativ kann auch der Beschlussantrag in einen Beschluss umformuliert werden. Bei einem negativen Beschluss genügt in diesem Fall aber nicht die Eintragung, dass „der Beschlussantrag abgelehnt wurde“. Wurde z.B. der Antrag gestellt, einen Baum zu fällen, und fand dieser Antrag keine Mehrheit, kann formuliert werden, dass die Wohnungseigentümer beschlossen haben, den Baum nicht zu fällen. Ob ein einzutragender Beschluss angefochten wurde, ist für die Frage seiner Eintragung unerheblich. Seine Anfechtung ist nur anzumerken (vgl. Rz. 190). Keine Rolle spielt ferner, ob ein Beschluss nichtig ist oder ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

176 Wird in dem Text des Beschlusses auf eine Anlage Bezug genommen und ist deren Inhalt

dadurch vom Beschluss mit umfasst, ist sie ebenfalls in die Beschluss-Sammlung – entweder direkt beim Beschluss oder als Anlage – aufzunehmen.468 Andernfalls lässt sich der Regelungszweck der Beschluss-Sammlung nicht erreichen, eine umfassende Information der Er-

463 464 465 466

Drasdo, ZWE 2008, 169 (177). A.A. Hügel/Elzer, § 24 WEG Rz. 101. AG Essen v. 26.8.2015 – 196 C 37/15, ZMR 2016, 148. Drasdo, ZWE 2008, 169 (171); Reichert, ZWE 2007, 388 (389 f.); differenzierend Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 166 f. 467 A.A. Merle, GE 2007, 636 (637). 468 BGH v. 8.4.2016 – V ZR 104/15, WuM 2016, 518 = MDR 2016, 1009 = MietRB 2016, 260; Vandenhouten in Köhler, Anwalts-Handbuch WEG, Teil 5 Rz. 313a; Merle, GE 2007, 636 (637); Drasdo, ZMR 2007, 501 (504).

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XII. Beschluss-Sammlung (Abs. 7, 8) | Rz. 180 § 24

werber zu erreichen. Wenn der Beschluss etwa auf „Genehmigung“ lautet, ist er nur verständlich und klar, wenn man nachlesen kann, worauf sich die Genehmigung bezieht. Notwendig ist daher die Aufnahme des Wirtschaftsplans und der Einzelwirtschaftspläne sowie der Jahresabrechnung und der Einzeljahresabrechnungen.469 Eine Aufnahme ist auch dann geboten, wenn sich der Beschluss auf z.B. Bauunterlagen, ein Gutachten, ein Angebot, ein Foto oder eine Zeichnung ausdrücklich bezieht. b) Geschäftsordnungsbeschlüsse In die Beschluss-Sammlung nicht aufzunehmen sind nach zutreffender Ansicht Geschäfts- 177 ordnungsbeschlüsse (s. Rz. 126), die sich mit Ablauf der konkreten Versammlung erledigen.470 Diese Beschlüsse entfalten weder gegenüber den aktuellen Wohnungseigentümern noch über § 10 Abs. 4 gegenüber Sondernachfolgern eine Bindungswirkung, die durch die BeschlussSammlung zu dokumentieren wäre. Eine Dokumentation ist auch nicht deshalb erforderlich, weil sie die Anfechtbarkeit anderer in der Versammlung gefasster Beschlüsse begründen können. Die notwendige Information der Wohnungseigentümer kann insoweit durch die Niederschrift nach § 24 Abs. 6 erreicht werden. Spätestens nach Ablauf der Anfechtungsfristen könnten sie ohnehin nach Abs. 7 Satz 6 wegen fehlender Bedeutung gelöscht werden (s. Rz. 192). c) Schriftliche Beschlüsse gem. § 23 Abs. 3 (Nr. 2) Nach § 24 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 sind ferner sämtliche schriftlichen Beschlüsse i.S.v. § 23 Abs. 3 178 mit Angabe von Ort (z.B. „Aushang im Treppenhaus der WEG, X-Straße, Gemeinde“) und Datum ihrer Verkündung in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen. Zur Verkündung und Entstehung von schriftlichen Beschlüssen s. § 23 Rz. 136. d) Gerichtsentscheidungen (Nr. 3) aa) Einzutragende Entscheidungen Werden die Wohnungseigentümer durch eine gerichtliche Entscheidung in einem Rechts- 179 streit i.S.v. § 43 gebunden, ist gem. Abs. 7 Satz 2 Nr. 3 auch dies in der Beschluss-Sammlung zu dokumentieren. Einzutragen sind damit auch die Klagen Dritter gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft oder gegen Wohnungseigentümer nach § 43 Nr. 5.471 Dass diese Streitigkeiten nicht zu den „WEG-Verfahren“ gehören (vgl. § 23 Nr. 2 Buchst. c GVG, der insoweit keine ausschließliche Zuständigkeit der Amtsgerichte begründet), ist insoweit unerheblich. Nicht nach Nr. 3 aufzunehmen sind hingegen Rechtsstreitigkeiten, in denen die Wohnungseigentümergemeinschaft oder Wohnungseigentümer gegen Dritte vorgehen.472 Wie sich bei den Verfahren nach § 43 Nr. 5 zeigt, knüpft Abs. 2 Nr. 3 aus Gründen der Rechtssicherheit primär an ein formelles Kriterium an (s. aber Rz. 180). Eine Erweiterung aus materiellen Gesichtspunkten mag deshalb zwar sinnvoll sein, muss aber vom Gesetzgeber vorgesehen werden. In Verfahren nach § 43 Nr. 1 zwischen Wohnungseigentümern und ebenso in einem Verfah- 180 ren eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter ist vorstellbar, dass die Interessen der anderen Wohnungseigentümer nicht berührt werden. Ist dies der Fall, bedarf es keiner Ein-

469 AG Essen v. 26.8.2015 – 196 C 37/15, ZMR 2016, 148. 470 Greiner, ZWE 2016, 297 (302); Drasdo, ZMR 2007, 501 (504); Deckert, NZM 2005, 927 (928); Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 268; a.A. Merle, ZWE 2007, 272 (276); Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 169. 471 Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 275. 472 Moosheimer, ZMR 2009, 809 (813); a.A. Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 173.

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§ 24 Rz. 180 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift tragung der Entscheidungen. Eine Information der Erwerber oder der übrigen Wohnungseigentümer ist nicht erforderlich, so dass Abs. 7 Satz 2 Nr. 3 insoweit einschränkend auszulegen ist. Hierfür spricht auch, dass die Eintragung jedenfalls sogleich wieder nach § 24 Abs. 7 Satz 6 gelöscht werden könnte.473 Für Entscheidungen nach § 43 Nr. 5 gilt diese Erwägung hingegen nicht.474 Da die Wohnungseigentümer neben dem Verband nach § 10 Abs. 8 Satz 1 haften und ihn darüber hinaus finanziell ausstatten müssen, haben Verfahren nach § 43 Nr. 5 für sie ein Interesse. bb) Inhalt der Eintragung 181 Zu beurkunden ist die Urteilsformel mit Angabe ihres Datums. Zur „Urteilsformel“ i.S.d.

§ 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO gehört die Entscheidung zur Hauptsache und die zu den Nebenentscheidungen (zu den Kosten und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit). Aufzunehmen ist auch eine Klageabweisung. Das Gesetz fordert bei einer klageabweisenden Entscheidung nicht, neben der Urteilsformel den Klageantrag aufzunehmen.475 Dies ist sachgerecht, da vor allem bei den wichtigen Anfechtungsklagen bereits der Beschluss Inhalt der Beschluss-Sammlung ist. Es spricht aber nichts dagegen, aus Gründen der Übersichtlichkeit den Klageantrag als Anmerkung auch einzutragen.476 182 Zu beurkunden sind auch gerichtliche Entscheidungen, die keine Urteile sind und damit

auch nicht über eine Urteilsformel im rechtstechnischen Sinn verfügen. Notwendig, aber auch ausreichend für eine Aufnahme ist, dass es eine „Formel“ gibt, mithin nach Sinn und Zweck der Regelung eine Endentscheidung. Das gilt für Entscheidungen in „Altverfahren“, die nach den Übergangsvorschriften in § 62 Abs. 1 auch nach dem 1.7.2007 noch als Beschluss ergehen. Als Endentscheidungen zu werten sind auch Beschlüsse nach §§ 91a, 269 Abs. 4, 516, 522, 887, 888, 890 ZPO.477 Diese Entscheidungen sind keine reinen Kostenbeschlüsse, sondern in besonderer Weise verfahrensbeendigend oder streitentscheidend. Ferner gehören hierher Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz. Kostenfestsetzungsbeschlüsse sind keine Entscheidungen über einen Rechtsstreit nach § 43 und daher ebenso wie verfahrensleitende Beschlüsse oder Verfügungen nicht einzutragen. 183 Neben der Urteilsformel und dem Datum sind das erkennende Gericht mit seinem Namen

und unter Nennung des Aktenzeichens478 sowie die Parteien zu verzeichnen. Bei den Parteien ist grundsätzlich die Angabe von Namen und Adresse erforderlich. Ist die Wohnungseigentümergemeinschaft Partei, genügt aber die abkürzende Kennzeichnung „WEG“. Bei einer durch oder gegen die „(übrigen) Wohnungseigentümer“ erhobenen Klage ist eine Nennung sämtlicher Namen ebenfalls entbehrlich. Es genügt hier die in § 44 vorgeschriebene Angabe. In der Regel kann der Verwalter daher die Daten aus dem Rubrum der gerichtlichen Entscheidung entnehmen. cc) Zeitpunkt der Eintragung 184 Eine Gerichtsentscheidung ist bereits mit ihrem Erlass und nicht erst bei Rechtskraft einzutra-

gen.479 Andernfalls hätte es der Regelung des Abs. 7 Satz 4, dass die Anfechtung gerichtlicher Entscheidungen anzumerken ist, nicht bedurft. Der Widerspruch zu § 23 Abs. 4 Satz 2, wo-

473 474 475 476 477 478 479

Wie hier Merle, ZWE 2007, 272 (276); Hügel/Elzer, § 24 WEG Rz. 105. Ebenso Spielbauer in Spielbauer/Then, § 24 WEG Rz. 62. A.A. Merle, GE 2007, 636 (638). Abramenko in Abramenko, Handbuch WEG, § 5 Rz. 122; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 177. S.a. Abramenko in Abramenko, Handbuch WEG, § 5 Rz. 117 ff. Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 179; Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 279. Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 175; Abramenko in Abramenko, Handbuch, § 5 Rz. 120.

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XII. Beschluss-Sammlung (Abs. 7, 8) | Rz. 188 § 24

nach bei der Beschlussanfechtungsklage der Beschluss erst mit Rechtskraft des Urteils ungültig ist, wird dadurch gelöst, dass bei dem Beschluss selbst die Aufhebung nach Abs. 7 Satz 4 erst mit Rechtskraft angemerkt wird (s. Rz. 190). Der Einsichtnehmende kann sich so über die Gültigkeit eines Beschlusses ausreichend informieren. e) Prozessvergleiche Die Eintragung von Prozessvergleichen in die Beschluss-Sammlung ist in Abs. 7 Satz 2 nicht 185 vorgesehen. Gerichtliche Vergleiche sind auch keine gerichtliche Entscheidung i.S.d. Abs. 7 Satz 2 Nr. 3.480 § 10 Abs. 4 enthält keine § 19 Abs. 3 entsprechende Anordnung, dass ein gerichtlicher Vergleich einem Urteil „gleichsteht“. Sie sind daher in die Beschluss-Sammlung von Gesetzes wegen nicht aufzunehmen.481

4. Aufbau und Eintragungen a) Form der Beschluss-Sammlung § 24 Abs. 7 sieht bewusst davon ab, das äußere Erscheinungsbild der Beschluss-Sammlung 186 vorzuschreiben. Nach Ansicht des Gesetzgebers wäre der „Mehrwert“ einer gesetzlichen Definition gering gewesen und von vielen Wohnungseigentümern als übertriebener Formalismus angesehen worden.482 Leitbild bei der Wahl der Form ist, dass die Beschluss-Sammlung zweckmäßig, übersichtlich und so geführt wird, dass sie ihrem Informationszweck gerecht wird. Anzustreben ist, dass die Eintragung in eine Beschluss-Sammlung weitgehend „fälschungssicher“, jedenfalls gegen spätere unerkennbare Änderungen gesichert ist. Eine gesetzliche Anforderung ist diese Forderung aber nicht. Die Beschluss-Sammlung kann deshalb in schriftlicher Form, etwa als Stehordner, aber auch 187 in elektronischer Form angelegt werden. Notwendig, aber auch ausreichend ist nach beiden Wegen, dass eine ungehinderte Einsicht – etwa durch einen Ausdruck – ermöglicht wird (vgl. Rz. 195 ff.). Nach den Umständen des Einzelfalls kann es zur Übersichtlichkeit angezeigt sein, für die Beschluss-Sammlung ein Inhaltsverzeichnis anzulegen, in dem auch der Gegenstand etwa eines Beschlusses in Kurzform bezeichnet werden kann. Auch wenn es gesetzlich nicht besonders angeordnet ist, kann es sich empfehlen, Beschlüsse, die auf einer Öffnungsklausel (s. § 10 Rz. 27 ff.) beruhen, wegen ihrer Bedeutung besonders kenntlich zu machen.483 Die Wahl der Form obliegt dem zur Führung der Beschluss-Sammlung Berufenen. Die Woh- 188 nungseigentümer können aber auch im Verwaltungsvertrag oder durch Beschluss eine Form bestimmen. Soll die Form der Beschluss-Sammlung später geändert werden, etwa hin zu einer elektronischen Form, wird dies in der Regel nur dann als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung zulässig sein, wenn der bisherige Inhalt mit überführt wird, weil andernfalls die Übersichtlichkeit nicht gewahrt ist. Entschließt sich der Verwalter die schriftliche BeschlussSammlung außerdem elektronisch abrufbar im Internet bereit zu stellen, muss er deutlich machen, ob die schriftliche oder die elektronische Form die Beschluss-Sammlung i.S.d. § 24 Abs. 7 darstellt; unterbleibt dies, treffen ihn die Pflichten zur Führung für beide Sammlungen. 480 Vgl. OLG Zweibrücken v. 11.6.2001 – 3 W 218/00, ZMR 2001, 734 (735); BayObLG v. 29.1.1990 – BReg.1b Z 4/89, NJW-RR 1990, 594 (596). 481 Drasdo, ZMR 2007, 501 (503); Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 8 Rz. 29; Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 267; Riecke in Riecke/Schmid, § 24 WEG Rz. 111; a.A. LG Hamburg v. 23.7.2014 – 318 S 43/14, MietRB 2015, 115 = ZMR 2015, 47 Rz. 33; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 178; Bielefeld, DWE 2007, 20; Abramenko in Abramenko, Handbuch WEG, § 5 Rz. 116. 482 BT-Drucks. 16/887, 33. 483 Deckert, NZM 2005, 927 (928).

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§ 24 Rz. 189 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift b) Fortlaufende Eintragung und Nummerierung (Abs. 7 Satz 3) 189 Beschlüsse und gerichtliche Entscheidungen sind gem. § 24 Abs. 7 Satz 3 historisch (zeitlich)

fortlaufend einzutragen und zu nummerieren. Die fortlaufende Nummer dient als Indiz für die Vollständigkeit der Sammlung. Die Vergabe der Nummerierung hat in der Reihenfolge der Verkündung der Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen zu erfolgen. Um die Vollständigkeit einfach, sofort und übersichtlich klären zu können, darf die Nummerierung nicht jährlich neu beginnen. Eine solche Nummerierung würde es erlauben, den oder die letzten Beschlüsse eines Jahres gefahrlos – und aus der Sammlung heraus nicht erkennbar – zu entfernen. Eine Nummerierung nach „Kreisen“, „Sachgebieten“, „Gruppen“, „Themen“ usw. ist keine fortlaufende Nummerierung und daher ebenfalls nach Abs. 7 Satz 3 unzulässig. Bei Mehrhausanlagen, in denen Teilversammlungen stattfinden, kann sich daher eine abweichende Vereinbarung anbieten, die eine getrennte Zählung o.Ä. nach Häusern ermöglicht. c) Anmerkung der Anfechtung und Aufhebung (Abs. 7 Satz 4) 190 Ist ein Beschluss oder eine gerichtliche Entscheidung entweder angefochten oder aufgehoben

worden, so ist dies gem. § 24 Abs. 7 Satz 4 anzumerken, sofern keine Löschung in Betracht kommt (vgl. Rz. 192). Eine solche Anmerkung dient der Aktualität der Sammlung. Der in die Sammlung Einsichtnehmende soll erkennen können, dass ein Beschluss oder eine gerichtliche Entscheidung ihn nicht mehr oder ggf. künftig nicht mehr bindet. Eine Anfechtung liegt bei einem Beschluss vor, wenn ein Verfahren nach §§ 43 Nr. 4, 46 Abs. 1 eingeleitet worden ist. Dieses Verfahren muss keine Anfechtungsklage sein; es kann sich auch um eine Feststellungsklage, z.B. eine Nichtigkeitsklage, handeln. Eine gerichtliche Entscheidung wird hingegen durch ein ordentliches Rechtsmittel, aber auch durch eine Gehörsrüge i.S. des Gesetzes angefochten. Aufgehoben wird ein Beschluss durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung, einen Zweitbeschluss oder eine Vereinbarung. Eine gerichtliche Entscheidung wird i.d.R. durch eine andere gerichtliche Entscheidung aufgehoben. Hat das Gericht eine Entscheidung nach § 21 Abs. 8 getroffen, können die Wohnungseigentümer diese aber auch durch Vereinbarung oder Beschluss aufheben (s. § 21 Rz. 131 ff.). 191 Als Inhalt der Anmerkung reicht der Eintrag in der Beschluss-Sammlung aus, dass ein Be-

schluss oder eine gerichtliche Entscheidung angefochten ist, weil sich daraus der Stand der aktuellen Beschlusslage bei einer Einsichtnahme in die Sammlung ersehen lässt. Wer Anfechtender oder Rechtsmittelführer ist, muss nicht eingetragen werden. Die Anmerkung selbst – etwa „angefochten mit Klage vom ...“ oder „aufgehoben durch (Zweit-)Beschluss vom ...“ – ist unmittelbar bei dem Beschluss oder (bei einem Rechtsmittel) der gerichtlichen Entscheidung anzubringen. d) Löschungen von Eintragungen (Abs. 7 Sätze 5 und 6) 192 Grundsätzlich sind Eintragungen nicht zu löschen. Etwas anderes gilt, wenn ein Beschluss

oder eine gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird. Dann kann gem. § 24 Abs. 7 Satz 5 von einer Anmerkung (s. Rz. 190) abgesehen und die Eintragung vollständig gelöscht werden, wobei die Entscheidung im Ermessen des die Sammlung Führenden liegt.484 Das Gleiche gilt, wenn die Eintragung aus einem anderen Grund für die Wohnungseigentümer keine Bedeutung mehr hat. Mit den Regelungen soll einer Unübersichtlichkeit der Beschluss-Sammlung vorgebeugt werden.485 Als bedeutungslos gelöscht werden kann die Eintragung eines Be-

484 Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 182. 485 BT-Drucks. 16/887, 34; kritisch zur Möglichkeit der Löschung Bartholome in Timme, § 25 WEG Rz. 269 f.

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XII. Beschluss-Sammlung (Abs. 7, 8) | Rz. 196 § 24

schlusses, wenn der ihr zugrunde liegende Beschluss durch eine spätere Regelung überholt ist oder er sich durch Zeitablauf erledigt hat. Zur Löschung kann bei einer Sammlung in Papierform der Text der Eintragung durchgestri- 193 chen und die Löschung mit einem entsprechenden Hinweis – etwa „gelöscht am ...“ – vermerkt werden. Bei einer Sammlung in elektronischer Form kann der Text vollständig entfernt werden. Neben der laufenden Nummer, die natürlich bestehen bleiben muss, ist die Löschung zu vermerken. Der Grund der Löschung muss nicht angegeben werden. Notwendig ist aber die Angabe des Datums nach Abs. 7 Satz 7. e) Unverzügliche Erledigung (Abs. 7 Satz 7) Alle Eintragungen, Vermerke und Löschungen i.S.v. § 24 Abs. 7 Satz 3 bis Satz 6 sind nach 194 § 24 Abs. 7 Satz 7 unverzüglich, also gem. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern, zu erledigen und mit einem Datum zu versehen. Durch Vergleich des Datums des eingetragenen Beschlusses bzw. der gerichtlichen Entscheidung und dem Datum der Eintragung kann die rechtzeitige Eintragung auch nachträglich nachvollzogen werden. Welcher Zeitraum angemessen ist, bemisst sich u.a. nach dem Ablauf einer Eigentümerversammlung, der Anzahl der zu beurkundenden Beschlüsse, ihrem Umfang, dem Wochentag und dem Schluss einer Eigentümerversammlung, der Person des Verwalters (professionellen Verwaltern wird man kürzere Zeiträume als ehrenamtlichen Verwaltern zumuten können), dem Informationsbedürfnis der Wohnungseigentümer und dem Umfang einer gerichtlichen Entscheidung. Eine Eintragung binnen einer Woche dürfte im Regelfall bei einem professionellen Verwalter noch unverzüglich sein.486 Jedenfalls eine Verzögerung von mehreren Wochen ist nicht mehr hinzunehmen.487 Eine Anfechtungsklage nach § 46 ist ebenso wie die fehlende oder streitige Beurkundung des Beschlusswortlauts in der Niederschrift kein Grund, eine Aufnahme in der Beschluss-Sammlung hinauszuzögern.

5. Einsichtnahme (Abs. 7 Satz 8) a) Berechtigte aa) Wohnungseigentümer Einem Wohnungseigentümer ist nach Abs. 7 Satz 8 Einsicht in die Beschluss-Sammlung zu 195 gewähren. Zu dem Kreis der einsichtsberechtigten Wohnungseigentümer gehören auch die gesetzlichen Vertreter der Wohnungseigentümer sowie Zwangsverwalter, Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker, weil ihnen das Gesetz die Verwaltung des Wohnungseigentums anstelle des Eigentümers zuweist (dazu Rz. 44). Ein besonderes berechtigtes wirtschaftliches oder rechtliches Interesse an der Einsicht braucht der Wohnungseigentümer dem Verwalter nach § 24 Abs. 7 Satz 8 nicht darzulegen.488 bb) Ermächtigung Dritter Einem Dritten, den ein Wohnungseigentümer „ermächtigt“ hat, ist ebenfalls Einsicht in die 196 Beschluss-Sammlung zu geben. Der Dritte kann eine beliebige Person sein; eine Begrenzung

486 LG Berlin v. 7.10.2009 – 85 S 101/08, ZWE 2010, 224; strenger LG München I v. 6.2.2008 – 1 T 22613/07, MietRB 2008, 146 = NJW 2008, 1823: eine Woche zu lang; LG Karlsruhe v. 21.2.2012 – 11 S 46/11, ZWE 2013, 36: höchstens drei Tage; Merle, GE 2007, 636: stets am nächsten Werktag. 487 BGH v. 10.2.2012 – V ZR 105/11 – Rz. 12, MDR 2012, 574 = MietRB 2012, 142 = NJW 2012, 1884. 488 LG Hamburg v. 18.1.2016 – 318 T 65/15, ZMR 2016, 561.

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§ 24 Rz. 196 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift auf einen bestimmten Personenkreis sieht Abs. 7 Satz 8 nicht vor. Abs. 7 Satz 8 stellt auch keine weiteren Anforderungen an die Ermächtigung, so dass ein berechtigtes Interesse an der Einschaltung des Dritten nicht erforderlich ist.489 Eine Ermächtigung kann als ausdrückliche Gestattung oder in Form einer (auch allgemeinen) Vollmacht gem. § 167 Abs. 1 BGB erteilt werden. Die Ermächtigung hat der Dritte auf Verlangen des Führers der Beschluss-Sammlung nachzuweisen. Ob Dritte einen Anspruch auf Ermächtigung gegen den Wohnungseigentümer haben, ergibt sich aus dem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnis. Einem Mieter steht ein solcher Anspruch auch im Rahmen seines Rechts auf Einblick in die Abrechnungsunterlagen nicht zu.490 cc) Erwerber bei Zwangsversteigerung 197 Einem potentiellen Erwerber in der Zwangsversteigerung steht kein gesetzliches Einsichtsrecht

zu.491 Einer erweiternden Auslegung des Abs. 7 Satz 8 steht bereits die klare Regelung entgegen, die von Dritten stets eine Ermächtigung verlangt. Ein Einsichtsrecht, das alle potentiellen Ersteher umfasst, würde auch einem unbegrenzt großen Kreis – möglicherweise nur vermeintlicher – Interessenten Einblick in die Interna der Gemeinschaft ermöglichen. b) Umfang des Einsichtsrechts 198 Die Modalitäten der Einsichtnahme in die Beschluss-Sammlung entsprechen denen für die

Einsicht in die Niederschrift.492 Die Einsichtnahme erfolgt somit grundsätzlich in den Räumen der Verwaltung (dazu Rz. 150 f.). Im Rahmen der Einsichtnahme hat der Wohnungseigentümer Anspruch auf Fertigung und Aushändigung von Fotokopien bzw. von Ausdrucken.493 Das Einsichtsrecht schließt ein Recht zur Übersendung von Ablichtungen nicht ein. Ein Recht auf Herausgabe der Beschluss-Sammlung besteht ebenfalls nicht.494 c) Durchsetzung des Einsichtsverlangens 199 Der Berechtigte kann sein Einsichtsverlangen mündlich, schriftlich oder auf andere Weise vor-

tragen. Weigert sich der Führer der Beschluss-Sammlung, die Einsichtnahme zu gewähren, kann er vor dem Wohnungseigentumsgericht nach § 43 Nr. 1 oder Nr. 3 bzw. – wenn ein Dritter die Sammlung zulässigerweise führt – analog diesen Vorschriften auf Gewährung der Einsichtnahme verklagt werden. Im Einzelfall ist auch eine einstweilige Verfügung (Regelungsverfügung) nach §§ 935, 940 ZPO möglich. Die Vollstreckung findet nach § 888 ZPO statt.

6. Wirkungen der Beschluss-Sammlung a) Keine konstitutive Wirkung 200 Die Beschluss-Sammlung hat keine konstitutive Wirkung hinsichtlich ihrer Eintragungen.

Der „gute Glaube“ in einen ggf. unrichtig, unvollständig oder verfälscht eingetragenen Be-

LG Hamburg v. 5.10.2011 – 318 S 7/11, ZWE 2012, 283. BGH v. 13.9.2011 – VIII ZR 45/11, ZMR 2012, 173. Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 192; Drasdo, ZWE 2008, 169 (178). Drasdo, ZWE 2008, 169 (178 f.). LG München I v. 6.2.2008 – 1 T 22613/07, MietRB 2008, 146 = NJW 2008, 1823; Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 195. 494 LG München I v. 6.2.2008 – 1 T 22613/07, MietRB 2008, 146 = NJW 2008, 1823; Abramenko in Abramenko, Handbuch WEG, § 2 Rz. 91.

489 490 491 492 493

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XII. Beschluss-Sammlung (Abs. 7, 8) | Rz. 205 § 24

schluss ist nicht gesetzlich geschützt.495 Auch der Glaube, dass die Beschluss-Sammlung vollständig ist, ist nicht geschützt. Weder ein Wohnungseigentümer noch ein Erwerber können auf Grundlage der Beschluss-Sammlung auf einen bestimmten Beschluss-Stand einer Gemeinschaft vertrauen. Die Beschluss-Sammlung unterscheidet sich damit grundlegend vom Grundbuch. Sie ist kein öffentliches Register, an das besondere Wirkungen geknüpft werden könnten oder dürften. b) Beweismittel Die Beschluss-Sammlung stellt eine Privaturkunde i.S.d. § 416 ZPO dar.496 Sie liefert im 201 Rechtsstreit ein Indiz dafür, dass der in ihr niedergelegte Beschluss so gefasst wurde (s. zur Niederschrift Rz. 146). Wird in ihr ein Beschluss nicht beurkundet, ist dies umgekehrt ein Beweiszeichen dafür, dass es diesen Beschluss auch nicht gibt.

7. Mängel der Beschluss-Sammlung a) Notwendigkeit der Berichtigung Der Führer der Beschluss-Sammlung hat ohne Bindung an Fristen das Recht, Fehler der Be- 202 schluss-Sammlung selbständig zu korrigieren. Die Wohnungseigentümer – auch in ihrer Gesamtheit – sind für eine Korrektur hingegen unzuständig (vgl. Rz. 156).497 Neben der Berichtigung von Schreibfehlern und unzutreffenden Einträgen kommt etwa auch die Löschung unzulässiger oder die Ergänzung fehlender oder unvollständiger Einträge in Betracht. b) Anspruch auf Berichtigung Ist eine Eintragung falsch, besitzt jeder Wohnungseigentümer einen aus § 21 Abs. 4 folgenden 203 Anspruch auf Berichtigung. Erfüllt der zur Führung der Beschluss-Sammlung Verpflichtete einen Berichtigungsanspruch nicht freiwillig, kann jeder Berechtigte diesen gerichtlich in einem Verfahren nach § 43 Nr. 1 und Nr. 3 auf „Berichtigung“ in Anspruch nehmen. Im Berichtigungsverfahren hat das Gericht zu klären, ob der Eintrag in der Beschluss-Sammlung unrichtig oder zu Unrecht erfolgt ist. Es hat dazu etwa als Vorfrage einen richtigen Beschlussinhalt festzustellen. Die Beweislast für die fehlerhafte Eintragung trifft dabei den Kläger, der die Berichtigung begehrt (s. Rz. 201). c) Rechtsschutz gegen Berichtigungen Stellt sich eine nachträgliche Berichtigung als fehlerhaft dar, kann sich ein Wohnungseigentü- 204 mer auch hiergegen vor dem Wohnungseigentumsgericht wehren. Der Anspruch auf „Rücknahme“ einer unzutreffenden Berichtigung folgt ebenfalls aus § 21 Abs. 4 (s. Rz. 203). d) Haftung des Verwalters Ist ein Beschluss in der Beschluss-Sammlung nicht, unvollständig, falsch oder gar nicht ein- 205 getragen, verletzt der Verwalter ggf. seine vertraglichen, aber – wie § 26 Abs. 1 Satz 4 zeigt – auch seine gesetzlichen Pflichten. Der Verwalter macht sich mithin schadenersatzpflichtig,

495 Drasdo, ZMR 2007, 501 (502); Merle, ZWE 2007, 272; Abramenko in Abramenko, Handbuch, § 5 Rz. 108; Häublein in Staudinger, § 24 WEG Rz. 260. 496 Drasdo, ZWE 2007, 169 (176); kritisch Elzer in Bärmann/Seuß, Rz. 1357 f. 497 A.A. Merle in Bärmann, § 24 WEG Rz. 188: Berichtigungsbeschluss nach § 21 Abs. 3 zulässig.

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§ 24 Rz. 205 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift wenn er in Bezug auf die Beschluss-Sammlung nicht ordnungsmäßig arbeitet.498 Eine Schadensersatzpflicht kann ihren Grund auch darin haben, dass der Verwalter grundlos eine Einsichtnahme in die Beschluss-Sammlung verweigert. Anspruchsberechtigt ist primär die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband,499 der der Verwalter vertraglich verbunden ist.500 Ein Schaden des Verbandes kann etwa in den Kosten liegen, die ihm entstehen, wenn ein neuer Verwalter die Beschluss-Sammlung erstmalig ordnungsmäßig herstellen muss. Ein Wohnungseigentümer kann nur dann einen Anspruch aus dem Verwaltervertrag haben, wenn der Verwaltervertrag drittschützend ist oder die Wohnungseigentümer Partei des Verwaltervertrages sind (s. § 27 Rz. 177). Eine Haftung des Verwalters gegenüber einem Dritten, der Einsicht in die Beschluss-Sammlung nimmt, scheidet von vorneherein aus, weil der Verwalter zur Führung der Beschluss-Sammlung nur den Wohnungseigentümern, aber nicht Dritten gegenüber verpflichtet sein kann.501 Eine Schutzwirkung des Verwaltervertrags gegenüber Dritten kommt nicht in Betracht. 206 Beurkundet der Verwalter einen Beschluss in der Beschluss-Sammlung falsch, verfälscht oder

unvollständig und kommt es aus diesem Grunde zu einer Anfechtungsklage, können dem Verwalter als Veranlasser des Rechtsstreits die Kosten nach § 49 Abs. 2 auferlegt werden (vgl. § 49 Rz. 21 ff.). 207 Die mangelhafte Führung der Beschluss-Sammlung begründet nach § 26 Abs. 1 Satz 4 einen

Abberufungsgrund für den Verwalter (dazu § 26 Rz. 156 ff.).

§ 25 Mehrheitsbeschluss (1) Für die Beschlussfassung in Angelegenheiten, über die die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschließen, gelten die Vorschriften der Absätze 2 bis 5. (2) Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme. Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben. (3) Die Versammlung ist nur beschlussfähig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, berechnet nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile, vertreten. (4) Ist eine Versammlung nicht gemäß Absatz 3 beschlussfähig, so beruft der Verwalter eine neue Versammlung mit dem gleichen Gegenstand ein. Diese Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlussfähig; hierauf ist bei der Einberufung hinzuweisen. (5) Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Wohnungseigentümer gegen ihn betrifft oder wenn er nach § 18 rechtskräftig verurteilt ist.

498 Abramenko in Abramenko, Handbuch WEG, § 5 Rz. 167. 499 Merle, GE 2007, 636. 500 OLG Düsseldorf v. 29.9.2006 – I-3 Wx 281/05, NJW 2007, 161 ff.; OLG Hamm v. 3.1.2006 – 15 W 109/05, ZMR 2006, 633. 501 Abramenko in Abramenko, Handbuch WEG, § 5 Rz. 173; Merle, GE 2007, 636.

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§ 24 Rz. 205 | Einberufung, Vorsitz, Niederschrift wenn er in Bezug auf die Beschluss-Sammlung nicht ordnungsmäßig arbeitet.498 Eine Schadensersatzpflicht kann ihren Grund auch darin haben, dass der Verwalter grundlos eine Einsichtnahme in die Beschluss-Sammlung verweigert. Anspruchsberechtigt ist primär die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband,499 der der Verwalter vertraglich verbunden ist.500 Ein Schaden des Verbandes kann etwa in den Kosten liegen, die ihm entstehen, wenn ein neuer Verwalter die Beschluss-Sammlung erstmalig ordnungsmäßig herstellen muss. Ein Wohnungseigentümer kann nur dann einen Anspruch aus dem Verwaltervertrag haben, wenn der Verwaltervertrag drittschützend ist oder die Wohnungseigentümer Partei des Verwaltervertrages sind (s. § 27 Rz. 177). Eine Haftung des Verwalters gegenüber einem Dritten, der Einsicht in die Beschluss-Sammlung nimmt, scheidet von vorneherein aus, weil der Verwalter zur Führung der Beschluss-Sammlung nur den Wohnungseigentümern, aber nicht Dritten gegenüber verpflichtet sein kann.501 Eine Schutzwirkung des Verwaltervertrags gegenüber Dritten kommt nicht in Betracht. 206 Beurkundet der Verwalter einen Beschluss in der Beschluss-Sammlung falsch, verfälscht oder

unvollständig und kommt es aus diesem Grunde zu einer Anfechtungsklage, können dem Verwalter als Veranlasser des Rechtsstreits die Kosten nach § 49 Abs. 2 auferlegt werden (vgl. § 49 Rz. 21 ff.). 207 Die mangelhafte Führung der Beschluss-Sammlung begründet nach § 26 Abs. 1 Satz 4 einen

Abberufungsgrund für den Verwalter (dazu § 26 Rz. 156 ff.).

§ 25 Mehrheitsbeschluss (1) Für die Beschlussfassung in Angelegenheiten, über die die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschließen, gelten die Vorschriften der Absätze 2 bis 5. (2) Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme. Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben. (3) Die Versammlung ist nur beschlussfähig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, berechnet nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile, vertreten. (4) Ist eine Versammlung nicht gemäß Absatz 3 beschlussfähig, so beruft der Verwalter eine neue Versammlung mit dem gleichen Gegenstand ein. Diese Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlussfähig; hierauf ist bei der Einberufung hinzuweisen. (5) Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Wohnungseigentümer gegen ihn betrifft oder wenn er nach § 18 rechtskräftig verurteilt ist.

498 Abramenko in Abramenko, Handbuch WEG, § 5 Rz. 167. 499 Merle, GE 2007, 636. 500 OLG Düsseldorf v. 29.9.2006 – I-3 Wx 281/05, NJW 2007, 161 ff.; OLG Hamm v. 3.1.2006 – 15 W 109/05, ZMR 2006, 633. 501 Abramenko in Abramenko, Handbuch WEG, § 5 Rz. 173; Merle, GE 2007, 636.

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Mehrheitsbeschluss | Rz. 207 § 25 I. 1. 2. II. 1. 2. 3.

III. 1. 2.

IV. 1. 2. 3. 4.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mehrheitsbeschlüsse (Abs. 1, Abs. 2 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich des § 25 . . . . . . . . . Zustandekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung der Mehrheit . . . . . . . . . . . a) Kopfstimmrecht (Abs. 2 Satz 1) . . . . b) Vereinbartes Stimmrechtsprinzip . . . aa) Objektstimmrecht . . . . . . . . . . . bb) Wertstimmrecht . . . . . . . . . . . . . cc) Vetorecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmrecht in der Versammlung (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsnatur des Stimmrechts . . . . . . . . . Inhaber des Stimmrechts . . . . . . . . . . . . a) Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . aa) Wirklicher Eigentümer . . . . . . . bb) Werdende Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Sondereigentumslose Miteigentumsanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Verband als Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mitberechtigte (Abs. 2 Satz 2) . . . . . . aa) Einheitliches Stimmrecht . . . . . . bb) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . cc) Stimmrechtsausschluss eines Mitberechtigten . . . . . . . . . . . . . dd) Bildung der einheitlichen Stimme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ausübung in der Versammlung c) Gesetzlich Verwaltungsbefugte . . . . . aa) Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . bb) Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker . . . . . . . . . . . . cc) Zwangsverwalter . . . . . . . . . . . . . d) Nutzungsberechtigte . . . . . . . . . . . . . aa) Dinglich Berechtigte . . . . . . . . . . bb) Schuldrechtlich Berechtigte . . . . e) Neuaufteilung von Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unterteilung . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Teilversammlungen . . . . . . . . . . . . . . Ausübung des Stimmrechts . . . . . . . . . Ausübung durch Stimmabgabe . . . . . . . Widerruf der Stimmabgabe . . . . . . . . . . Stimmbindungsverträge . . . . . . . . . . . . . Ausübung des Stimmrechts durch Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 2 3 3 4 5 5 8 9 11 13 14 14 16 17 17

5.

20 22 24 25 26 26 27

6.

30

7.

31 32 36 37 38 39 42 42 46 47 47 50 51 54 54 58 59 60 60

V. 1. 2. 3. 4. 5. VI. 1. 2. 3. 4. 5. 6. VII. 1. 2.

b) Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Stimmbote . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . d) Gesetzliche Vertretung . . . . . . . . . . . e) Bevollmächtigung eines Dritten . . . . aa) Person des Vertreters . . . . . . . . . bb) Erteilung der Vollmacht . . . . . . cc) Inhalt der Vollmacht . . . . . . . . . dd) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Prüfung der Vertretungsbefugnis . . . g) Mängel bei der Stimmabgabe . . . . . . h) Beschränkung der Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausnahmen im Einzelfall . . . . . dd) Verstöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Pflichtverstöße des Vertreters . . . . . . Stimmrechtsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolgen des Stimmrechtsmissbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nichtberücksichtigung der Stimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anfechtbarkeit der Beschlüsse . cc) Änderung des Stimmrechtsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatzansprüche wegen Stimmrechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . Verhinderung der Ausübung des Stimmrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussfähigkeit der Versammlung (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notwendiges Quorum . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzung jeder Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen fehlender Beschlussfähigkeit . . . Zweitversammlung (Abs. 4) . . . . . . . . . Voraussetzungen der Zweitversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinweis auf die Zweitversammlung (Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2) . . . . . . . . . . . . . Gegenstand der Zweitversammlung . . . Beschlussfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eventualversammlung . . . . . . . . . . . . . . Stimmrechtsausschlüsse (Abs. 5) . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61 63 63 64 65 67 68 69 70 73 77 78 84 85 85 87 88 90 91 92 92 95 95 96 97 98 100 103 103 105 106 110 111 113 114 115 116 117 118 119 121 121 123

Schultzky | 979

§ 25 Rz. 207 | Mehrheitsbeschluss a) Vornahme eines Rechtsgeschäfts (Abs. 5 Alt. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgeschäft in Bezug auf die gemeinschaftliche Verwaltung . . bb) „Mit dem Wohnungseigentümer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stimmverbote des Wohnungseigentümer-Verwalters . . . . . . . . dd) Weitere Einzelfälle . . . . . . . . . . . b) Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits (Abs. 5 Alt. 2) . . . . . . . .

123 123 125 126 129 131

c) Rechtskräftige Verurteilung (Abs. 5 Alt. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausschluss vom Stimmrecht . . . . . . . b) Stimmrechtsausschluss des Vertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Stimmrechtsverbote in der Person des Vertretenen . . . . . . . bb) Stimmrechtsverbote in der Person des Vertreters . . . . . . . . . 4. Vereinbarte Stimmrechtsverbote . . . . . .

135 136 136 141 141 142 144

Schrifttum: Abramenko, Die Prüfung von Stimmrechtsvollmachten, ZWE 2016, 399; Armbrüster/Witsch, Ausschluss und Missbrauch des Stimmrechts bei Beschlussfassungen von Wohnungseigentümern, NZG 2018, 361; Armbrüster, Stimmrecht und Beschlussanfechtungsrecht beim Nießbrauch an Wohnungseigentum, DNotZ 1999, 562; Becker, Die Teilnahme an der Versammlung der Wohnungseigentümer (1996); Bornheimer, Das Stimmrecht im Wohnungseigentumsrecht (1993); Briesemeister, Das Stimmrecht bei unterteiltem Wohnungseigentum – oder: Kann es nach dem Gesetz einen „halben“ Wohnungseigentümer geben?, FS Seuß 2007, S. 9; Briesemeister, Nochmals: Stimmrecht nach Unterteilung von Wohnungseigentum, NZM 2000, 992; Brych, Die nicht beschlussfähige Eigentümerversammlung, DWE 2011, 84; Bub, Der schwebend unwirksame Beschluss im Wohnungseigentumsrecht, FS Seuß 2007, S. 53; Drabek, Unter rechtlicher Betreuung stehende Personen als Wohnungseigentümer, FS Deckert 2002, S. 105; Elzer, Minderheitenschutz im Wohnungseigentumsrecht, MDR 2015, 1050; Elzer, Die Vertretung eines Wohnungseigentümers in der WEG-Versammlung – Checkliste zu Vollmachtserteilung und Vertreterklauseln, MietRB 2010, 29; Göken, Die Mehrhausanlage im Wohnungseigentumsrecht (1999); Gottschalg, Stimmrechtsausschluss in der Eigentümerversammlung, NZM 2012, 271; Gottschalg, Stimmrechtsfragen in der Wohnungseigentümerversammlung, NZM 2005, 88; Häublein, Der Erwerb von Sondereigentum durch die Wohnungseigentümergemeinschaft – Zulässigkeit, Voraussetzungen und Konsequenzen für die Wohnungseigentumsverwaltung, FS Seuß (2007), S. 125; Häublein, Beschlussfähigkeit der Wohnungseigentümerversammlung und Stimmrechtsausschluss – Ein Beitrag zur Auslegung von § 25 III WEG, NZM 2004, 534; Häublein, Die Mehrhausanlage in der Verwalterpraxis, NZM 2003, 785; Häublein, Die Vertretung von Wohnungseigentümern durch den Verwalter in der Versammlung, ZWE 2012, 1; Jennißen, Beschlussfähigkeit der Versammlung, ZWE 2016, 8; Jennißen/Schwermer, Majorisierung in der Wohnungseigentümerversammlung, WuM 1988, 285; Kefferpütz, Stimmrechtsschranken im Wohnungseigentumsrecht (1994); Kümmel, Stimmrechtsausschlüsse in der Wohnungseigentümerversammlung, MietRB 2004, 249; Kümmel, Zur Vertretung der Wohnungseigentümer in der Versammlung, ZWE 2000, 292; Lehmann-Richter, Objektprinzip bei der Verwalterbestellung, ZWE 2012, 77; Lehmann-Richter, Zur Zurückweisung eines Stellvertreters in der Eigentümerversammlung, ZMR 2007, 741; Lotz-Störmer, Stimmrechtsausübung und Stimmrechtsbeschränkung im Wohnungseigentumsrecht (1993); Lüke, Prüfung von Stimmrechtsvollmachten, ZWE 2012, 193; Lüke, Das – beschränkte – Vertretungsverbot in der Gemeinschaftsordnung, WE 1993, 260; Lüke, Nießbrauch am Wohnungseigentum, WE 1999, 122; Mediger, Die Vermehrung von Stimmrechten nach § 25 II WEG, NZM 2011, 137; Merle, Zur Vertretung beim gemeinschaftlichen Stimmrecht, FS Seuß 2007, S. 193; Merle, Das Stimmrecht des Verwalters, WE 1987, 35; M. Müller, Stimmrechtsvollmacht im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2017, 395; MünstermannSchlichtmann, Stimmrechts- und Vollmachtverbote des Verwalters oder seiner Angestellten, WE 1998, 412; Pauly, Zum Stimmrechtsausschluss im Wohnungseigentumsrecht, ZMR 2013, 13; Prüfer, Stimmrecht des Nießbrauchers, ZWE 2002, 258; Scheff/Schmidt, Vertretung der Wohnungseigentümer und Teilnahmerechte Dritter, MDR 2010, 186; Schießer, Kein Stimmrecht dinglich Berechtigter in der Wohnungseigentümergemeinschaft, ZMR 2004, 5; Schmid, Mehrere Inhaber eines Wohnungseigentums, ZfIR 2012, 721; Schultheis, Durchführung der Versammlung der Wohnungseigentümer – Praktische Herausforderungen, insbesondere bei großen Wohnanlagen, ZWE 2016, 57; Wedemeyer, Stimmrecht nach Unterteilung von Wohnungseigentum, NZM 2000, 638; Wendel, Rechtsfolgen missbräuchlicher Stimmrechtsausübung, ZWE 2002, 545; Wenzel, Die Ehegattenvertretung in der Wohnungseigentümerversammlung, NZM 2005, 402.

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II. Mehrheitsbeschlüsse (Abs. 1, Abs. 2 Satz 1) | Rz. 3 § 25

I. Allgemeines 1. Überblick § 25 enthält Regelungen für das Zustandekommen von Mehrheitsbeschlüssen (Rz. 3 ff.). Er 1 ergänzt die Bestimmungen der §§ 23, 24, die allgemeine Regelungen für die Versammlung und die Beschlussfassung enthalten und sich nicht auf Mehrheitsbeschlüsse beschränken. Geregelt werden das Stimmrecht, das einem Wohnungseigentümer von Gesetzes wegen bei der Beschlussfassung zukommt (Rz. 14 ff.), wann die Versammlung der Wohnungseigentümer i.S.v. §§ 23, 24 Abs. 1 beschlussfähig ist (Rz. 103 ff.) und in welchen Fällen ein Wohnungseigentümer von Gesetzes wegen vom Stimmrecht – und damit von der Möglichkeit, an der Selbstverwaltung teilzuhaben – ausgeschlossen ist (Rz. 121 ff.).

2. Abdingbarkeit § 25 ist vollständig durch Vereinbarung abdingbar. Abweichende Vereinbarungen sind weder 2 ausdrücklich ausgeschlossen noch lässt sich eine Sperre durch Auslegung ermitteln (§ 10 Abs. 2 Satz 2). Die Wohnungseigentümer können insbesondere abweichend von Abs. 2 Satz 1 ein anderes Stimmrechtsprinzip als das Kopfstimmrecht festlegen (s. Rz. 8) oder abweichend von Abs. 3 das notwendige Quorum für die Beschlussfähigkeit ändern (s. Rz. 104). Auch kann abweichend von Abs. 4 eine sog. Eventualversammlung zugelassen werden (Rz. 119). Möglich sind auch Regelungen, mit denen die Stimmrechtsausschlüsse nach Abs. 5 abgeändert werden.1 Allerdings kann eine Vereinbarung über die Entziehung von Stimmrechten einen Eingriff in den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte darstellen und deshalb nichtig sein (s. Rz. 144). Dies ist aber keine Frage der Abdingbarkeit des Abs. 5, sondern des zulässigen Inhalts einer Vereinbarung. Durch Beschluss kann § 25 nicht abbedungen werden, insbesondere ist es nicht möglich, für zukünftige Beschlüsse ein abweichendes Quorum zu beschließen; entsprechende Beschlüsse sind nichtig.2

II. Mehrheitsbeschlüsse (Abs. 1, Abs. 2 Satz 1) 1. Anwendungsbereich des § 25 § 25 ist nach Abs. 1 anwendbar auf die Beschlussfassung in Angelegenheiten, über die die 3 Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschließen.3 Damit gilt er für Beschlüsse nach §§ 12 Abs. 4 Satz 1, 15 Abs. 2, 16 Abs. 3, 21 Abs. 3, 26 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 und Satz 3, 28 Abs. 4, Abs. 5, 29 Abs. 1 Satz 1, 45 Abs. 2 Satz 1. Dem Grunde nach gilt § 25 ferner für Beschlüsse nach §§ 16 Abs. 4 Satz 1, 18 Abs. 3 Satz 1 und 22 Abs. 2 Satz 1, die qualifizierte Mehrheiten erfordern; denn der Wortlaut des § 25 Abs. 1 verlangt nicht, dass die Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit zu fassen sind.4 Das zeigt auch die Regelung des § 18 Abs. 3, der einen Beschluss mit qualifizierter Mehrheit ausdrücklich als Beschluss mit Stimmenmehrheit bezeichnet und ausdrücklich anordnet, dass § 25 Abs. 3 und Abs. 4 nicht anwendbar sind. Eine Zweitversammlung wird aber auch keine Beschlüsse nach § 16 Abs. 4 und § 22 Abs. 2 Satz 1 fassen können, weil bei einem Nichterreichen

1 KG v. 7.2.2005 – 24 W 27/04, ZMR 2005, 570 (571); Pauly, ZMR 2013, 13 (17); a.A. Bub in FS Seuß (2007), S. 53 (60). 2 LG Berlin v. 8.5.2015 – 55 S 123/14, MietRB 2016, 107 = GrundE 2015, 983. 3 A.A. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 25 WEG Rz. 2: alle Beschlüsse. 4 Spielbauer/Then, § 25 WEG Rz. 2; a.A. Jennißen, ZWE 2016, 8 (10).

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§ 25 Rz. 3 | Mehrheitsbeschluss der Beschlussfähigkeit nach Abs. 3 die notwendigen qualifizierten Mehrheiten nicht erreicht werden können. § 25 ist nach dem Wortlaut des Abs. 1 grundsätzlich auch für Beschlüsse anwendbar, die auf einer Öffnungsklausel (s. § 10 Rz. 27 ff.) beruhen, sofern die Öffnungsklausel nichts anderes bestimmt. Das gilt auch, wenn die Öffnungsklausel eine qualifizierte Mehrheit für das Zustandekommen eines Beschlusses erfordert. Beschlüsse nach § 22 Abs. 1 Satz 1 sind keine Mehrheitsbeschlüsse, weil ihnen nicht ein bestimmter Anteil der Wohnungseigentümer, sondern sämtliche nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer zuzustimmen haben, mithin Allstimmigkeit – wenn auch nur dieser Wohnungseigentümer – erforderlich ist (s. § 22 Rz. 16).5 § 25 WEG ist daher auf Beschlüsse nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht anwendbar.6

2. Zustandekommen 4 Ein Mehrheitsbeschluss kommt zustande, wenn die Stimmberechtigten – d.h. die Inhaber (s.

Rz. 14 ff.) oder Ausübungsberechtigten des Stimmrechts (s. Rz. 60 ff.), die nicht ausnahmsweise vom Stimmrecht ausgeschlossen sind (s. Rz. 121 ff.) – mit der erforderlichen (s. § 23 Rz. 53 ff.) Mehrheit für einen Beschlussantrag (s. § 23 Rz. 46 ff.) stimmen und der Versammlungsleiter das Beschlussergebnis feststellt und verkündet (s. § 23 Rz. 58 ff.). Für das Vorliegen einer Mehrheit ist – soweit nichts anderes vereinbart ist – die Zahl der zustimmenden Wohnungseigentümer maßgeblich (dazu Rz. 5 ff.). Zum Abstimmungsverfahren siehe § 23 Rz. 50 f.

3. Berechnung der Mehrheit a) Kopfstimmrecht (Abs. 2 Satz 1) 5 Das in Abs. 2 Satz 1 gesetzlich angeordnete Stimmrechtsprinzip ist das Kopfstimmrecht.

Nach diesem Grundsatz besitzt jeder Wohnungseigentümer ohne Rücksicht auf Größe und Wert seines Miteigentumsanteils oder die Anzahl der von ihm gehaltenen Wohnungs- oder Teileigentumsrechte eine Stimme.7 Ein Wohnungseigentümer, der Eigentümer zweier Wohnungen ist, wird dadurch nicht zu zwei Wohnungseigentümern.8 6 Das Kopfprinzip ist anderen Stimmrechtsprinzipien nicht generell überlegen.9 So führt das

Kopfstimmrecht dazu, dass die Stimmkraft der Miteigentümer vollständig von dem wirtschaftlichen Gewicht ihrer Beteiligung gelöst ist. Halten etwa der ehemalige Alleineigentümer von 50 noch 48 Einheiten mit insgesamt 960/1 000 Miteigentumsanteilen und zwei weitere Wohnungseigentümer jeweils eine Einheit mit je 20 Miteigentumsanteilen, haben die drei Wohnungseigentümer jeweils eine Stimme. Um die darin liegende ungleichmäßige Behandlung abzumildern, knüpft das Gesetz wenigstens in Abs. 3 bei der Berechnung der Beschlussfähigkeit der Erstversammlung an die Größe der Miteigentumsanteile an.

5 Lehmann-Richter in Staudinger, § 22 WEG Rz. 14; Merle in Bärmann, § 22 WEG Rz. 131; Schultzky in NomosKommentar-BGB, § 22 WEG Rz. 16. 6 Ebenso wohl Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 3; a.A. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 25 WEG Rz. 2. 7 BGH v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, BGHZ 106, 113 (121) = MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087; BayObLG v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, ZMR 2002, 527 (528). 8 LG München I v. 27.4.2009 – 1 S 20171/08, ZMR 2009, 945. 9 BGH v. 28.10.2011 – V ZR 253/10, BGHZ 191, 245 = MDR 2012, 209 = MietRB 2012, 74 = NJW 2012, 921.

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II. Mehrheitsbeschlüsse (Abs. 1, Abs. 2 Satz 1) | Rz. 8 § 25

Einzelne Personen verschiedener Rechtsgemeinschaften nach §§ 741 ff. BGB sind als unter- 7 schiedliche „Köpfe“ i.S.v. § 25 Abs. 1 Satz 1 anzusehen.10 Steht z.B. ein Wohnungseigentum zwei Wohnungseigentümern je zur Hälfte zu und ist einer von ihnen zugleich Alleineigentümer einer weiteren Wohnung, so kommt bei gesetzlichem Kopfstimmrecht zu dem der Rechtsgemeinschaft zustehenden Stimmrecht ein durch die Alleinberechtigung begründetes weiteres Stimmrecht hinzu.11 Zu unterschiedlichen Mitberechtigung an mehreren Rechtsgemeinschaften s. Rz. 28. Veräußert ein Wohnungseigentümer, dem mehrere Einheiten gehören, aus seinem Bestand 7a eine oder auch mehrere davon an einen Dritten, kommt es gegenüber dem vorherigen Zustand bei Geltung des Kopfstimmrechts zu einer Vermehrung der Stimmrechte. Diese Vermehrung ist von den anderen Wohnungseigentümern, deren Stimmkraft in der Wohnungseigentümerversammlung freilich geschmälert wird, hinzunehmen.12 Sie ist im Kopfprinzip angelegt. Die Stimmrechtsvermehrung tritt auch bei einer Veräußerung an nahe Angehörige oder an eine vom Eigentümer beherrschte juristische Personen ein, die mit dem Ziel vorgenommen wird, sich die Ausübung weiterer Stimmrechte zu sichern.13 Allein hierin liegt noch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten, das einen Stimmrechtsausschluss rechtfertigt (s. Rz. 92).14 Zur Unterteilung s. Rz. 49. b) Vereinbartes Stimmrechtsprinzip Die Wohnungseigentümer können sich im Rahmen ihrer Selbstautonomie für eine andere Ge- 8 wichtung ihrer Stimmen entscheiden und gem. § 10 Abs. 2 Satz 2 anstelle des Kopfstimmrechtes ein anderes Stimmrechtsprinzip vereinbaren.15 Ein abweichend von Abs. 1 Satz 1 vereinbartes Stimmrechtsprinzip gilt auch bei der Bestellung und Abberufung des Verwalters; § 26 Abs. 1 Satz 5 steht dem nicht entgegen (s. § 26 Rz. 27).16 Ebenso ist es möglich, das Kopfprinzip für die Änderung von Kostenverteilungsschlüsseln durch Beschluss nach § 16 Abs. 3 abzubedingen.17 Anders verhält es sich aber bei Beschlüssen nach § 16 Abs. 4 und § 22 Abs. 2. Die gesetzlich geregelten speziellen Mehrheitserfordernisse, die das Kopfprinzip für maßgeblich erklären, hindern zwar nicht die Vereinbarung eines allgemein vereinbarten abweichenden Stimmrechtsprinzip, gehen aber bei der Abstimmung diesem vor.18 10 OLG Dresden v. 29.7.2005 – 3 W 719/05, ZMR 2005, 894 (895); OLG Düsseldorf v. 3.2.2004 – 3 Wx 364/03, ZMR 2004, 696 (697); ausführlich Mediger, NZM 2011, 137 (140). 11 OLG Düsseldorf v. 3.2.2004 – 3 Wx 364/03, ZMR 2004, 696 (697); KG v. 15.9.1999 – 24 W 9353/97, ZMR 2000, 191 (192); KG v. 15.6.1988 – 24 W 2084/88, WuM 1988, 324; AG Offenbach v. 27.4.2012 – 330 C 202/11, ZMR 2013, 238. 12 BGH v. 27.4.2012 – V ZR 211/11 – Rz. 10, NJW 2012, 2434 = MDR 2012, 959 = MietRB 2012, 197; OLG München v. 23.8.2006 – 34 Wx 58/06, NZM 2007, 45; BayObLG v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, ZMR 2002, 527 (528); KG v. 15.6.1999 – 24 W 9353/97, ZMR 2000, 191 (192). 13 BGH v. 14.7.2017 – V ZR 290/16, NJW 2018, 552 = MDR 2017, 1176 = MietRB 2017, 322; Armbrüster/Witsch, NZG 2018, 361 (362). 14 BGH v. 14.7.2017 – V ZR 290/16, NJW 2018, 552 = MDR 2017, 1176 = MietRB 2017, 322; OLG München v. 23.8.2006 – 34 Wx 58/06, NZM 2007, 45. 15 BGH v. 28.10.2011 – V ZR 253/10, BGHZ 191, 245 = MDR 2012, 209 = MietRB 2012, 74 = NJW 2012, 921; BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704; OLG Köln v. 22.8.2008 – 16 Wx 228/07, ZMR 2009, 311; OLG Düsseldorf v. 16.5.2003 – 3 Wx 107/ 03, WuM 2003, 592. 16 BGH v. 28.10.2011 – V ZR 253/10, BGHZ 191, 245 = MDR 2012, 209 = MietRB 2012, 74 = NJW 2012, 921; LG Dresden v. 24.11.2010 – 2 S 293/10, ZWE 2011, 121; AG Charlottenburg v. 7.4.2010 – 72 C 7/10, ZMR 2010, 644 (645); a.A. Merle, GE 2009, 90 (96). 17 BGH v. 10.7.2015 – V ZR 198/14, MDR 2015, 1056 = MietRB 2015, 298. 18 LG Köln v. 4.10.2012 – 29 S 91/12, ZWE 2013, 267 = MietRB 2013, 179; Becker, ZWE 2015, 400 (401); Häublein, ZMR 2007, 409 (411); Bartholome in Timme, § 16 WEG Rz. 234; a.A. Hügel/Elzer, § 16 WEG Rz. 123.

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§ 25 Rz. 9 | Mehrheitsbeschluss aa) Objektstimmrecht 9 Verbreitet ist die Vereinbarung eines Objektstimmrechts. In diesem Falle bestimmt sich das

Stimmrecht nicht nach Köpfen, sondern nach Anzahl der jeweiligen Wohnungseinheiten.19 Ein Wohnungseigentümer mit 15 Einheiten besitzt danach ebenso viele Stimmen. Wenn eine Stimme für jedes „Wohnungseigentum“ vereinbart ist, gelten auch Teileigentumseinheiten als stimmrechtsbegründende Objekte.20 10 Die mit dem Objektprinzip verbundene Gefahr einer Majorisierung, d.h. der eigennützigen

und sachlich nicht gerechtfertigten oder gesetzwidrigen Ausnützung der Stimmenmehrheit durch einen Wohnungseigentümer oder eine kleine Gruppe von Wohnungseigentümern, macht dieses Stimmrechtsprinzip nicht unzulässig, weil für die betroffenen Wohnungseigentümer ein ausreichender Schutz durch die Nichtberücksichtigung der missbräuchlich abgegebenen Stimmen und die Möglichkeit einer Anfechtung der jeweils gefassten Beschlüsse gegeben ist (s. Rz. 92 ff.).21 bb) Wertstimmrecht 11 Die Wohnungseigentümer können ein Wertstimmrecht vereinbaren.22 In diesem Fall be-

stimmt sich das Stimmrecht – wenn keine abweichende Regelung getroffen wurde – entsprechend § 745 Abs. 1 Satz 2 BGB und den allgemeinen Regelungen nach Größe der im Grundbuch gem. § 47 GBO eingetragenen Miteigentumsanteile.23

12 Dieses Stimmrechtsprinzip findet seine innere Rechtfertigung vor allem darin, dass ein Woh-

nungseigentümer mit größeren Miteigentumsanteilen nach dem gesetzlichen Kostenverteilungsschlüssel des § 16 Abs. 2 auch einen größeren Anteil der Lasten und Kosten zu tragen hat.24 Das Wertprinzip kann auch in einer Gemeinschaft mit nur zwei Wohnungseigentumsrechten (Zweiergemeinschaft) vereinbart werden.25 § 25 Abs. 2 Satz 1 liegt zwar der Gedanke zugrunde, dass einer Majorisierung bei der Beschlussfassung durch einen beherrschenden Wohnungseigentümer vorgebeugt werden soll (dazu Rz. 92 ff.).26 Aber abgesehen davon, dass der Gesetzgeber dabei wohl in erster Linie den gewöhnlichen Fall im Auge hatte, in dem jeder Sondereigentümer eine annähernd gleichwertige Wohnung hat, ist entscheidend, dass das Gesetz nicht zwingend ist, sondern der Privatautonomie der Wohnungseigentümer hier den Vorrang lässt.27

19 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 (61) = MDR 2002, 1424 = ZMR 2002, 930 (934); BGH v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, BGHZ 106, 113 (121) = MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087; BayObLG v. 24.1.2001 – 2Z BR 112/00, ZMR 2001, 366 (368). 20 AG Wiesbaden v. 13.1.2012 – 92 C 4523/11, MietRB 2012, 175 = ZMR 2012, 490. 21 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = MDR 2002, 1424 (61) = NJW 2002, 3704; KG v. 10.1.1994 – 24 W 4817/93, ZMR 1994, 168 (169). 22 Siehe dazu Jennißen/Schwermer, WuM 1988, 285. 23 OLG Düsseldorf v. 16.5.2003 – 3 Wx 107/03, WuM 2003, 592; BayObLG v. 24.1.2001 – 2Z BR 112/ 00, ZMR 2001, 366 (368); OLG Frankfurt v. 1.6.1996 – 20 W 555/95, ZMR 1997, 156. 24 BayObLG v. 2.4.1997 – 2Z BR 36/97, NJW-RR 1997, 1305; BayObLG v. 28.1.1986 – BReg.2 Z 4/86, MDR 1986, 413 = BayObLGZ 1986, 10 (12). 25 BayObLG v. 2.4.1997 – 2Z BR 36/97, NJW-RR 1997, 1305; BayObLG v. 28.1.1986 – BReg.2 Z 4/86, MDR 1986, 413 = BayObLGZ 1986, 10 (12). 26 BayObLG v. 28.1.1986 – BReg.2 Z 4/86, MDR 1986, 413 = BayObLGZ 1986, 10 (12). 27 OLG Köln v. 22.8.2008 – 16 Wx 228/07, ZMR 2009, 311.

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III. Stimmrecht in der Versammlung (Abs. 2) | Rz. 15 § 25

cc) Vetorecht Eine Regelung, wonach gegen die Stimme eines bestimmten Wohnungseigentümers kein Ei- 13 gentümerbeschluss gefasst werden kann, ist ebenfalls zulässig.28 Es kann daher insbesondere vereinbart werden, dass der teilende Eigentümer ein Vetorecht gegen Beschlüsse hat, solange ihm zumindest noch eine Wohnung gehört.29 Allerdings unterscheidet sich die Vereinbarung eines Vetorechts von den an objektive Kriterien anknüpfenden anderen Stimmrechtsprinzipien dadurch, dass der vetoberechtigte Eigentümer gegenüber den anderen Wohnungseigentümern bevorzugt wird. Dies ist im Rahmen der Prüfung eines Stimmrechtsmissbrauchs besonders zu berücksichtigen (s. Rz. 92). Keine zulässige Vereinbarung eines Vetorechts für die Beschlussfassung ist es, wenn dieses einem Dritten, der nicht Wohnungseigentümer ist, eingeräumt wird. Eine solche Vereinbarung greift unzulässig in den mitgliedschaftlichen Kernbereich (dazu § 23 Rz. 158) ein.

III. Stimmrecht in der Versammlung (Abs. 2) 1. Rechtsnatur des Stimmrechts Wohnungseigentümer wirken an der Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten insbesondere 14 durch Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung, mithin durch die Ausübung ihres Stimmrechts, mit.30 Das Stimmrecht eines Wohnungseigentümers ist sein wichtigstes Mitgliedschaftsrecht in der Wohnungseigentümergemeinschaft. Es ist wesentliches Instrument zur Mitgestaltung der Gemeinschaftsangelegenheiten und bedeutsamer Teil des jedem Wohnungseigentümer in §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 garantierten und nicht vollständig entziehbaren Mitverwaltungsrechts. Das Stimmrecht eines jeden Wohnungseigentümers ist so bedeutsam, dass es nicht allgemein ausgeschlossen und nur ausnahmsweise und lediglich unter eng begrenzten Voraussetzungen eingeschränkt werden darf (s. dazu Rz. 144).31 Ein stimmrechtsloses Wohnungs- oder Teileigentum ist nicht vorstellbar.32 Trotz der Bedeutung des Stimmrechts besteht aber grundsätzlich keine Pflicht des Wohnungseigentümers zur Stimmabgabe in der Versammlung; nur ausnahmsweise gebietet die Treuepflicht der Wohnungseigentümer untereinander die Mitwirkung an der Abstimmung (dazu Rz. 99).33 Das Stimmrecht eines jeden Wohnungseigentümers kann wegen seiner grundlegenden Be- 15 deutung in Parallele zur Rechtslage bei den Personen- und Personenhandelsgesellschaften34 nicht abgespalten werden (Abspaltungsverbot).35 Ein Wohnungseigentümer ist deshalb nicht 28 OLG Hamm v. 19.8.2008 – 15 Wx 89/08, NJW-RR 2009, 309 = MietRB 2009, 106; Abramenko, MietRB 2011, 96; einschränkend auf kleinere Gemeinschaften Hügel/Elzer, § 25 WEG Rz. 3. 29 BayObLG v. 2.4.1997 – 2Z BR 36/97, NJW-RR 1997, 1305; OLG Oldenburg v. 22.10.1996 – 5 W 153/96, NJW-RR 1997, 775 (776). 30 BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, BGHZ 150, 109 = MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647. 31 BGH v. 14.10.2011 – V ZR 56/11, BGHZ 191, 198 = MDR 2011, 1465 = MietRB 2012, 14 = NJW 2012, 72 Rz. 10; BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 f. = NJW 2011, 679 (680); BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, BGHZ 150, 109 = MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647; BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704; BGH v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, BGHZ 106, 113 (119) = MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087; BGH v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, BGHZ 99, 90 (94) = MDR 1987, 485 = NJW 1987, 650; KG v. 10.1.1994 – 24 W 4817/93, ZMR 1994, 168 (169); OLG Hamm v. 22.2.2007 – 15 W 322/06, MietRB 2007, 321 = ZMR 2008, 60; BayObLG v. 21.8.2003 – 2Z BR 52/03, ZMR 2004, 598 (599). 32 OLG Hamm v. 25.2.1986 – 15 W 406/85, DWE 1990, 70 (72); Bub in FS Seuß (2007), S. 53 (60). 33 BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, MietRB 2018, 271 = NZM 2018, 615 Rz. 36. 34 Vgl. Armbrüster in FS Wenzel, S. 85 (93). 35 BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, BGHZ 150, 109 = MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647; KG v. 8.5.1979 – 1 W 4151/78, OLGZ 1979, 290; Armbrüster, DNotZ 1999, 562 (569).

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§ 25 Rz. 15 | Mehrheitsbeschluss in der Lage, seine Mitgliedschaftsstellung beizubehalten und zugleich das ihm zustehende Stimmrecht einem anderen vollständig als eigenes Recht zu übertragen; das gilt auch für eine Ermächtigung im Einzelfall (s. Rz. 64). Eine Spaltung des Stimmrechts z.B. zwischen Wohnungseigentümer und Nießbraucher oder nach Beschlussgegenständen scheidet damit ebenfalls aus. Das Stimmrecht eines Wohnungseigentümers kann nicht von dessen Person getrennt werden.36 Eine Ausnahme gilt nur im Fall der gesetzlichen Verwaltungsbefugnis (dazu Rz. 36 ff.).

2. Inhaber des Stimmrechts 16 Das Stimmrecht ist mit der Anknüpfung an die Eigentümerstellung an formale Kriterien –

und nicht etwa an die Betroffenheit vom Beschlussinhalt – gebunden.37 Für den Zeitpunkt einer Eigentümerversammlung muss sich für alle Beteiligten mit der gebotenen Klarheit und Sicherheit die Stimmberechtigung ermitteln lassen (zur Vertretung s. Rz. 44). a) Wohnungseigentümer aa) Wirklicher Eigentümer

17 Originäre Stimmrechtsinhaber sind nach Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 die Wohnungseigentümer.

Der Begriff „Wohnungseigentümer“ umfasst nicht nur die Wohnungseigentümer, sondern auch Teileigentümer.38 Das ergibt sich bereits aus § 1 Abs. 6, wonach für das Teileigentum die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend gelten. Maßgeblich für die Stellung als Wohnungseigentümer ist die wahre Rechtslage. Der bloße „Bucheigentümer“ ist kein Wohnungseigentümer.39

18 Es besteht daher nur die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB, dass derjenige, der im Wohnungs-

grundbuch eingetragen ist, auch Wohnungseigentümer ist.40 Diese Vermutung wird noch nicht dadurch widerlegt, dass ein Amtswiderspruch nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO eingetragen worden ist.41 Vielmehr ist der Vollbeweis einer fehlerhaften Eintragung erforderlich. Steht die Wirksamkeit einer Veräußerungszustimmung nach § 12 im Raum, muss nachgewiesen werden, dass diese nicht wirksam erteilt wurde. Im Wohnungsgrundbuch (zunächst) nicht eingetragen kann ein Wohnungseigentümer insbesondere dann sein, wenn er durch Erbfall oder durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung gem. § 90 Abs. 1 ZVG Wohnungseigentum erwirbt.42 19 Das Stimmrecht des Wohnungseigentümers entfällt auch nicht dadurch, dass er es nicht in

eigener Person ausüben kann. Die Ausübung des Stimmrechts ist von dem Innehaben der Stellung als originär Stimmberechtigter zu unterscheiden. Andernfalls käme es zu einer un36 Armbrüster in FS Wenzel, S. 85 (93). 37 BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, BGHZ 150, 109 = MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647; BGH v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, BGHZ 106, 113 (119) = MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087; BayObLG v. 25.6.1998 – 2Z BR 53/98, MDR 1999, 152 m. Anm. Riecke = ZMR 1998, 708 (710). 38 OLG Hamm v. 22.2.2007 – 15 W 322/06, MietRB 2007, 321 = WuM 2007, 477. 39 OLG Stuttgart v. 13.7.2005 – 8 W 170/05, ZMR 2005, 983; OLG Düsseldorf v. 7.8.2002 – I-3 Wx 182/02, ZMR 2005, 719; KG v. 9.5.2001 – 24 W 3082/00, ZWE 2001, 329; unzutreffend LG Nürnberg-Fürth v. 11.8.2010 – 14 S 1985/10, MietRB 2011, 153 = ZMR 2011, 513. 40 BGH v. 24.3.1983 – VII ZB 28/82, BGHZ 87, 138 = MDR 1983, 747 = NJW 1983, 1615; OLG Frankfurt v. 15.10.2004 – 20 W 370/03, MietRB 2005, 235; KG v. 9.5.2001 – 24 W 3082/00, ZWE 2001, 329. 41 OLG Celle v. 11.5.2012 – 4 W 36/12, NJW-RR 2012, 1298; a.A. KG v. 17.5.1989 – 24 W 5147/88, MDR 1989, 823 (824). 42 BayObLG v. 4.3.2004 – 2Z BR 232/03, ZMR 2004, 524.

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III. Stimmrecht in der Versammlung (Abs. 2) | Rz. 22 § 25

zulässigen Abspaltung der Stellung als Wohnungseigentümer vom Stimmrecht als essentielles Mitgliedschaftsrecht (s. Rz. 15). In den Fällen der gesetzlichen Vertretung durch die Eltern oder einen Betreuer (s. Rz. 65) steht daher das (nicht ausübbare) Stimmrecht weiter dem geschäftsunfähigen Wohnungseigentümer zu. bb) Werdende Wohnungseigentümer Ein werdender Wohnungseigentümer, der vom teilenden Alleineigentümer vor Entstehung 20 der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Wohneinheit erwirbt (§ 10 Rz. 166 ff.), ist stimmberechtigt.43 Der werdende Wohnungseigentümer besitzt insoweit ein antizipiertes eigenes und nicht vom Alleineigentümer abgeleitetes Stimmrecht. Das bedeutet, dass der werdende Wohnungseigentümer eine vom Stimmrecht des Veräußerers unabhängige Mitwirkungsbefugnis erhält. Das Stimmrecht des werdenden Wohnungseigentümers kann der noch im Grundbuch eingetragene Veräußerer nicht einschränken oder „widerrufen“.44 Der werdende Wohnungseigentümer verliert sein Stimmrecht nicht dadurch, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft rechtlich durch die Eintragung des ersten Erwerbers „in Vollzug“ gesetzt wird.45 Vielmehr bleibt er neben den bereits eingetragenen Wohnungseigentümern stimmberechtigt (s. § 23 Rz. 38). Der veräußernde Alleineigentümer hat neben dem werdenden Wohnungseigentümer hin- 21 sichtlich des veräußerten Wohnungseigentums kein Stimmrecht mehr.46 Seine Mitgliedschaftsrechte und -pflichten gehen vollständig auf den werdenden Wohnungseigentümer über, lediglich die sachenrechtlichen Eigentumsrechte und -pflichten als Noch-Eigentümer bleiben bis zur Eigentumsumschreibung bestehen.47 Eine doppelte Verbandsmitgliedschaft kann sich aus dieser Spaltung nicht ergeben. Der Alleineigentümer muss vielmehr die Auswirkungen von sein Eigentum betreffenden Beschlüssen – insbesondere nach § 15 Abs. 2 – hinnehmen, zumal seine Rechtsposition insoweit nicht mehr dauerhaft ist. Bei Geltung des gesetzlichen Kopfprinzips steht dem Alleineigentümer aber solange noch ein Stimmrecht zu, bis sämtliche Einheiten von werdenden Wohnungseigentümern gehalten werden. cc) Erwerber Der Erwerber von Wohnungseigentum in einer bereits bestehenden Wohnungseigentümer- 22 gemeinschaft hat vor Eintragung des Eigentumsübergangs noch kein Stimmrecht. Die für den werdenden Wohnungseigentümer geltenden Regeln sind auf den sog. Zweiterwerber nicht anzuwenden.48 Ein Zweiterwerber erlangt anders als ein werdender Wohnungseigentü-

43 OLG Düsseldorf v. 13.9.2006 – I-3 Wx 81/06, ZMR 2007, 126 (127); OLG Köln v. 30.11.2005 – 16 Wx 193/05, ZMR 2006, 383; OLG Köln v. 2.2.2004 – 16 Wx 244/03, MietRB 2004, 264 = ZMR 2004, 859 (860); BayObLG v. 9.10.1997 – 2Z BR 86/97, ZMR 1998, 101 (102); Wenzel, NZM 2008, 625 (628). 44 BayObLG v. 9.10.1997 – 2Z BR 86/97, ZMR 1998, 101 (102). 45 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 (59) = MDR 2008, 1088 = MietRB 2008, 270 = NJW 2008, 2639; OLG Köln v. 30.11.2005 – 16 Wx 193/05, ZMR 2006, 383; OLG Karlsruhe v. 12.11.2001 – 14 Wx 37/01, ZMR 2003, 374 (375); BayObLG v. 9.10.1997 – 2Z BR 86/97, ZMR 1998, 101 (102); a.A. OLG Köln v. 28.1.1999 – 16 Wx 3/99, NZM 1999, 765. 46 BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11 – Rz. 18, NJW 2012, 2650 = MDR 2012, 958 = NotBZ 2012, 449 = MietRB 2012, 236; OLG Hamm v. 10.5.2007 – 15 W 428/06, ZMR 2007, 712 (713); BayObLG v. 27.2.1981 – 2Z 23/80, ZMR 1981, 245 (250). 47 Wenzel, NZM 2008, 625 (628). 48 BGH v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, BGHZ 106, 113 (118) = MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087; BayObLG v. 19.5.2004 – 2Z BR 272/03, MietRB 2004, 325 = ZMR 2004, 767 (768); OLG Celle v. 14.2.2002 – 4 W 6/02, ZWE 2002, 474 (475).

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§ 25 Rz. 22 | Mehrheitsbeschluss mer sein Stimmrecht grundsätzlich erst mit Grundbuchumschreibung. Das dem veräußernden Wohnungseigentümer zugeordnete Stimmrecht kann zwischen ihm und seinem designierten Nachfolger auch nicht danach aufgeteilt werden, wessen Angelegenheiten berührt sind.49 23 Der Veräußerer kann den Erwerber aber zur Ausübung des Stimmrechts bevollmächtigen.

Ist der Zweiterwerber bereits durch eine Vormerkung abgesichert, kann in der Regel vermutet werden, dass er (zumindest konkludent) bevollmächtigt worden ist, das ihm fremde Stimmrecht des Veräußerers an dessen Stelle auszuüben.50 Denn ein Veräußerer wird in diesem Stadium des Erwerbsvorgangs oftmals kein Interesse mehr haben, das Stimmrecht selbst auszuüben. Was gilt, muss allerdings im Wege der Auslegung im Einzelfall geklärt werden. dd) Sondereigentumslose Miteigentumsanteile 24 Der Inhaber eines (noch) sondereigentumslosen Miteigentumsanteils ist „echter“ Wohnungs-

eigentümer (s. § 2 Rz. 4a). Auch wenn die dem Wohnungseigentümer gehörende Einheit noch nicht hergestellt wurde, gilt für ihn das Wohnungseigentumsgesetz unmittelbar.51 Er ist in der Versammlung der Eigentümer daher stimmberechtigt.52 Der Miteigentümer verliert sein Stimmrecht auch nicht dann, wenn eine Erstellung des Sondereigentums nicht mehr beabsichtigt ist und die Beschlüsse ihn nicht betreffen.53 Maßgeblich für das Bestehen eines Stimmrechts ist allein die formale Stellung als Wohnungseigentümer und nicht eine etwaige Betroffenheit durch den Beschlussgegenstand (s. Rz. 16). ee) Verband als Wohnungseigentümer 25 Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann als teilrechtsfähiger Verband Wohnungs- oder

Teileigentum erwerben (§ 10 Rz. 91 ff.) und damit selbst Mitglied der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer werden. Nach wohl h.M. soll dabei das dem Verband zugewiesene Stimmrecht in Analogie zu § 71b AktG ruhen.54 Die Gegenauffassung nimmt ein Stimmrecht des Verwalters an, dass aber seinerseits mehrheitsgebunden ist (dazu § 10 Rz. 98). Damit würde dasselbe Ergebnis erreicht, aber eine doppelte Abstimmung – zunächst über das Stimmverhalten bei der vom Verband gehaltenen Einheit und dann über die Sache selbst – notwendig. Dies erscheint unnötig. Nachdem der Erwerb von Wohnungseigentum durch den Verband auch im Übrigen nicht geregelt ist, spricht nichts gegen die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke, die die Analogie ermöglicht.

49 BGH v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, BGHZ 106, 113 (119) = MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087. 50 KG v. 18.2.2004 – 24 W 126/03 u. 24 W 154/03, MietRB 2005, 10 = ZMR 2004, 460 = ZWE 2005, 107 mit Anm. Kümmel; KG v. 20.7.1994 – 24 W 3942/94, ZMR 1994, 524 (525); Bornheimer, S. 147. 51 Hügel, ZMR 2004, 549 (553); Hauger, DNotZ 1992, 502; Weitnauer, WE 1991, 123; s.a. BGH v. 20.5.2011 – V ZR 99/10, MDR 2011, 972 = MietRB 2011, 250 = ZWE 2011, 328 (329); für entsprechende Anwendung BGH v. 5.12.2003 – V ZR 447/01, MDR 2004, 439 = MietRB 2004, 107 = ZMR 2004, 206 (207); OLG Köln v. 20.10.2003 – 16 Wx 75/03, MietRB 2004, 142 = NJW 2004, 1798. 52 OLG Frankfurt v. 24.8.2006 – 20 W 214/06, MietRB 2007, 121 = ZWE 2007, 84; OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, ZMR 2006, 60; BayObLG v. 18.9.1979 – BReg.2 Z 73/78, MDR 1980, 142; a.A. OLG Naumburg v. 23.5.2005 – 9 Wx 8/03, OLGR Naumburg 2006, 6. 53 LG München I v. 15.3.2017 – 1 S 10106/16, ZWE 2017, 325; a.A. OLG Naumburg v. 23.5.2005 – 9 Wx 8/03, OLGR Naumburg 2006, 6; Hügel/Elzer, § 25 WEG Rz. 5. 54 OLG Hamm v. 20.10.2009 – 15 Wx 81/09, NJW 2010, 1464 Rz. 17; Hügel, ZMR 2007, 650 (651); Häublein in FS Seuß (2007), S. 125 (139); Abramenko, ZWE 2010, 193 (201 f.).

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III. Stimmrecht in der Versammlung (Abs. 2) | Rz. 28 § 25

b) Mitberechtigte (Abs. 2 Satz 2) aa) Einheitliches Stimmrecht Abs. 2 Satz 2 ordnet für die Miteigentümer eines Wohnungseigentums einschränkend an, dass 26 sie in der Versammlung nur eine Stimme haben,55 und ferner, dass sie ihr Stimmrecht nur einheitlich ausüben können.56 Diesen Beschränkungen liegt jeweils der Gedanke zugrunde, dass bei mitberechtigten Eigentümern an einem Wohnungseigentum eine übereinstimmende Interessenlage besteht und deshalb auch nur eine einheitliche Stimmausübung sachgerecht ist.57 Sinn und Zweck ist es ferner, die anderen Wohnungseigentümer vor divergierenden Stimmabgaben zu schützen und im Interesse der Rechtsklarheit einen problemlosen Ablauf der Eigentümerversammlung zu gewährleisten.58 Miteigentümer haben bei Geltung des Kopfprinzips (Rz. 11) auch dann nur eine Stimme, wenn sie gemeinsam Miteigentümer mehrerer Einheiten sind (s. Rz. 28).59 Eine Aufspaltung des Stimmrechts in der Weise, dass dieses durch alle Mitberechtigten jeweils anteilig ausgeübt wird, ist nicht zulässig. bb) Anwendungsbereich Ein Wohnungseigentum steht mehreren i.S.d. Abs. 2 Satz 2 „gemeinschaftlich“ zu, wenn es 27 mehr als einem Rechtsträger dinglich zugeordnet ist. Ein bestimmtes Verhältnis der Rechtsträger zueinander ist nicht vorgegeben, in Betracht kommen Miteigentümergemeinschaft (z.B. Miteigentum von Eheleuten) gem. §§ 1008 ff. BGB, nicht rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaft (Erbengemeinschaft, eheliche Gütergemeinschaft) oder nicht rechtsfähiger Verein. Auf juristische Personen (GmbH, Aktiengesellschaft, eingetragener Verein) und rechtsfähige Personengesellschaften (Außen-Gesellschaft bürgerlichen Rechts, OHG oder KG) findet Abs. 2 Satz 2 hingegen keine Anwendung. Sie sind selbst Inhaber eines Wohnungseigentums. Bei Geltung des Kopfstimmrechts führt Abs. 2 Satz 2 dazu, dass Mitberechtigte nur eine Stim- 28 me haben, auch wenn sie an mehreren Rechtsgemeinschaften mit unterschiedlichen rechtlichen Strukturen beteiligt sind.60 Entscheidend ist allein, dass in Bezug auf die Mitberechtigten Personenidentität im Rechtssinne besteht (dazu Rz. 7).61 Halten etwa die Eheleute A und B in Bruchteilsgemeinschaft drei Einheiten, sei es auch zu unterschiedlichen Anteilen, steht ihnen beim Kopfstimmrecht nur eine Stimme zu.62 Das gilt auch, wenn die Eheleute eine der Einheiten als Erbengemeinschaft halten. Halten die Eheleute A und B in Bruchteilsgemeinschaft hingegen eine Einheit und werden die anderen zwei Einheiten von einer aus A und B gebildeten Außen-Gesellschaft bürgerlichen Rechts gehalten, gibt es zwei Stimmen. Halten A und B in Bruchteilsgemeinschaft zwar drei Einheiten, sind aber C bei einer Einheit und D bei

55 OLG Dresden v. 29.7.2005 – 3 W 0719/05, juris; OLG Düsseldorf v. 3.2.2004 – 3 Wx 364/03, ZMR 2004, 696 (697); KG v. 15.6.1999 – 24 W 9353/97, ZMR 2000, 191 (192). 56 OLG Frankfurt v. 20.9.2006 – 20 W 241/05, MietRB 2007, 96 = ZMR 2007, 291; AG Nürnberg v. 3.11.2005 – 1 UR II 307/05, ZMR 2006, 83. 57 BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, BGHZ 150, 109 (121) = MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647; BGH v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, BGHZ 106, 113 (120) = MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087. 58 KG v. 16.1.2018 – 1 W 204/17, MDR 2018, 400; Gottschalg, NZM 2005, 88 (90). 59 OLG Dresden v. 29.7.2005 – 3 W 719/05, ZMR 2005, 894; OLG Düsseldorf v. 3.2.2004 – 3 Wx 364/ 03, ZMR 2004, 696 (697); AG Hamburg-St. Georg v. 23.12.2004 – 980 II 206/04, ZMR 2006, 81 (82); OLG Frankfurt v. 1.8.1996 – 20 W 555/95, ZMR 1997, 156; a.A. Happ, WE 2005, 181. 60 OLG Dresden v. 29.7.2005 – 3 W 719/05, ZMR 2005, 894 (895); LG Hamburg v. 16.5.2008 – 318 T 54/07, ZMR 2008, 827 (828); Mediger, NZM 2011, 137 (139) m.w.N. 61 OLG Dresden v. 29.7.2005 – 3 W 719/05, ZMR 2005, 894 (895); OLG Düsseldorf v. 3.2.2004 – 3 Wx 364/03, ZMR 2004, 696 (697). 62 AG Hamburg-St. Georg v. 23.12.2004 – 980 II 206/04, ZMR 2006, 81; a.A. Happ, WE 2005, 174.

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§ 25 Rz. 28 | Mehrheitsbeschluss einer weiteren jeweils Miteigentümer, gibt es drei Stimmrechte. Die Identität der Eigentümer ist für das Stimmrecht auch bei einer Unterteilung von Wohnungseigentum (dazu Rz. 47) maßgeblich.63 Etwas von diesen Grundsätzen Abweichendes gilt auch dann nicht, wenn ein Wohnungseigentümer an einer der verschiedenen Gemeinschaften mehrheitlich beteiligt ist, z.B. zu 4/5, oder aus anderem Grunde die Stimmabgabe der Gemeinschaft allein bestimmt.64 29 Abs. 2 Satz 2 gilt nur für das Stimmrecht, nicht für andere Teilnahme- und Mitverwaltungs-

rechte der Mitberechtigten. Jeder Miteigentümer ist als Wohnungseigentümer zur Eigentümerversammlung zu laden (s. § 24 Rz. 36) und besitzt dort ein Anwesenheits-, Rede- und Antragsrecht. Auch können Mitberechtigte jeweils für sich über die Zustimmung zu baulichen Veränderungen gem. § 22 Abs. 1 entscheiden.65 cc) Stimmrechtsausschluss eines Mitberechtigten 30 Ist ein Mitberechtigter gem. § 25 Abs. 5 von der Abstimmung ausgeschlossen (dazu Rz. 121 ff.),

wirkt dies nach h.M. wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Stimmabgabe auch gegen die anderen Mitberechtigten.66 Der Stimmrechtsausschluss des Ehemanns, z.B. bei Beschluss über seine Entlastung als Verwaltungsbeirat, erstreckt sich danach auf die Ehefrau, die einen Hälfteanteil an demselben Wohnungseigentum innehat.67 Ebenso darf keine Stimme abgegeben werden, wenn von zehn Miteigentümern ein Miteigentümer ausgeschlossen ist. Diese Auffassung wird mit der Begründung abgelehnt, dass die Pflicht zur einheitlichen Stimmabgabe nach Abs. 2 Satz 2 nur eine divergierende Stimmabgabe untersage. Eine einheitliche Stimmabgabe bleibe aber auch möglich, wenn ein Mitberechtigter von einem Stimmverbot betroffen sei. Stattdessen wird angenommen, dass die übrigen Mitberechtigten nur dann vom Stimmrecht ausgeschlossen sein sollen, wenn dem vom Ausschluss Betroffenen mindestens 50 % der Stimmen in der Mitberechtigungsgemeinschaft zukommen68, wenn die anderen, vom Stimmrecht nicht ausgeschlossenen Miteigentümer im Innenverhältnis die Stimmrechtsbildung maßgeblich beherrschen69 oder wenn der für den Versammlungsleiter feststellbare Zweck des Stimmrechtsverbots einer Stimmrechtsausübung entgegensteht.70 Diese differenzierenden Auffassungen überfordern aber den Versammlungsleiter, sofern sie von ihm eine Aufklärung der internen Willensbildung und Einflussmöglichkeiten des ausgeschlossenen Miteigentümers verlangen. Ihnen steht dann der Sinn und Zweck des Abs. 2 Satz 2 entgegen, einen reibungslosen Ablauf der Versammlung zu gewährleisten (dazu Rz. 30). Die Anknüpfung an formale Kriterien wie die Beteiligung an der Gemeinschaft wird hingegen dem Zweck der Stimmverbote nicht gerecht, da auch bei einer Minderheitsbeteiligung aufgrund der internen Willensbildungsregeln dem ausgeschlossenen Wohnungseigentümer ein maßgeblicher Einfluss zukommen kann, etwa wenn Miteigentümer das Einstimmigkeitsprinzip vereinbart haben.

63 OLG Düsseldorf v. 3.2.2004 – 3 Wx 364/03, ZMR 2004, 696 (697); KG v. 15.6.1999 – 24 W 9353/97, ZMR 2000, 191 (192). 64 OLG Dresden v. 29.7.2005 – 3 W 719/05, ZMR 2005, 894 (895); a.A. LG Hamburg v. 16.5.2008 – 318 T 54/07, ZMR 2008, 827. 65 LG Frankfurt v. 30.4.2014 – 2-13 S 38/13, ZMR 2014, 821. 66 BayObLG v. 15.10.1992 – 2Z BR 75/92, MDR 1993, 344; AG Emmendingen v. 4.3.1983 – 2 UR II 17/82, ZMR 1984, 101; Gottschalg, NZM 2005, 88 (93); Bartholome in Timme, § 25 WEG Rz. 140. 67 Vgl. auch BayObLG v. 15.10.1992 – 2Z BR 75/92, MDR 1993, 344. 68 Wicke in Palandt, § 25 WEG Rz. 15. 69 Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 160. 70 Häublein in Staudinger, § 25 WEG Rz. 75 ff.

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III. Stimmrecht in der Versammlung (Abs. 2) | Rz. 33 § 25

dd) Bildung der einheitlichen Stimme Zur Ausübung des Stimmrechts müssen sich die Mitberechtigten nach den für ihr jeweiliges 31 Innenverhältnis geltenden Vorschriften untereinander verständigen.71 Gesetzliche Regelungen sind bei Bruchteilsmiteigentum § 745 BGB, bei der Erbengemeinschaft §§ 2038 Abs. 1, Abs. 2, 745 BGB und bei der Gütergemeinschaft subsidiär § 1421 Satz 2 BGB. Können sich die Mitberechtigten über die Ausübung ihrer gemeinsamen Stimme nicht einigen, entfällt ihr Stimmrecht.72 ee) Ausübung in der Versammlung Eine wirksame Stimmabgabe in der Versammlung setzt grundsätzlich voraus, dass sämtliche 32 Mitberechtigten anwesend sind und ihre Stimme einheitlich abgeben.73 Sind nicht sämtliche Mitberechtigten anwesend, kann ein Mitberechtigter nur dann wirksam abstimmen, wenn er die übrigen Mitberechtigten dabei vertritt. Die Stellvertretung durch einen Mitberechtigten kann durch Vereinbarung auch zwingend vorgeschrieben werden. Eine derartige Regelung, die die Bestimmung eines Bevollmächtigten zur Stimmabgabe bei Miteigentümern vorschreibt, verstößt wegen des bereits gesetzlich eingeschränkten Stimmrechts nicht gegen zwingendes Recht.74 Die für eine Stellvertretung notwendige Offenkundigkeit des Handelns des anwesenden Mit- 33 berechtigten als Vertreter für die nichtanwesenden ergibt sich bereits aus dem Umstand der alleinigen Stimmabgabe (§ 164 Abs. 1 S. 2 BGB).75 Eine wirksame Vertretung durch einen Mitberechtigten setzt überdies grundsätzlich dessen rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung voraus (s. Rz. 67 ff.). Auch wenn vereinbart ist, dass eine Vollmacht schriftlich zu erteilen ist, soll für Miteigentümer aber eine mündliche oder konkludente Vollmacht genügen.76 Fehlt eine Vollmacht, kann die Stimmabgabe durch Genehmigung nach § 180 BGB noch wirksam werden. Eine gesetzliche Vertretungsmacht ist vorstellbar, folgt aber nicht z.B. aus einem Mehrheitsbeschluss nach § 745 Abs. 1 BGB.77 Zwar wird beispielsweise für die Erbengemeinschaft angenommen, dass die Mehrheit die Minderheit nach außen auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses vertreten kann.78 Dies gilt aber nur für Verträge, nicht für eine Stimmrechtsausübung. Hier muss sich der Minderheitenschutz durchsetzen. Für eine einheitliche Stimmrechtsausübung muss daher die Mehrheit die Minderheit ggf. auf eine Vollmacht gerichtlich in Anspruch nehmen. Die Grundsätze über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht sind auch auf die Stimmabgabe anwendbar. Eine Anscheinsvollmacht ist aber nur dann anzunehmen, wenn ein Miteigentümer mehrfach für sämtliche Mitberechtigten ohne deren Widerspruch aufgetreten ist. Das bloße Nichterscheinen der Mitinhaber erweckt hingegen grundsätzlich noch nicht den Anschein einer Ermächtigung des anwesenden Mitinhabers.79 71 OLG Dresden v. 29.7.2005 – 3 W 0719/05, juris; OLG Düsseldorf v. 9.7.2003 – 3 Wx 119/03, ZMR 2004, 53; BayObLG v. 31.3.1994 – 2Z BR 16/94, MDR 1994, 581 = ZMR 1994, 338; KG v. 12.6.1989 – 24 W 1063/89, NJW-RR 1989, 1162. 72 OLG Rostock v. 12.9.2005 – 7 W 43/03, juris; OLG Köln v. 20.1.1986 – 16 Wx 11/85, NJW-RR 1986, 698; OLG Celle v. 18.12.1957 – 4 Wx 42/57, NJW 1958, 305; Gottschalg, NZM 2005, 88 (89); a.A. Merle in FS Seuß (2007), S. 193 (199). 73 OLG Düsseldorf v. 9.7.2003 – 3 Wx 119/03, ZMR 2004, 53. 74 KG v. 16.1.2018 – 1 W 204/17, MDR 2018, 400. 75 Häublein in Staudinger, § 25 WEG Rz. 72. 76 OLG Düsseldorf v. 19.4.2005 – 3 Wx 317/04, MietRB 2006, 11 = ZMR 2006, 56 (57); BayObLG v. 8.6.1990 – BReg.1b Z 18/89, WuM 1990, 621 (622); LG München I v. 31.3.2011 – 36 S 1580/11, ZMR 2011, 834 (836). 77 Häublein in Staudinger, § 25 WEG Rz. 71; a.A. Merle in FS Seuß (2007), S. 193 (198). 78 BGH v. 29.3.1971 – III ZR 255/68, BGHZ 56, 47 (50); Jacoby, Das private Amt, S. 112 ff. 79 A.A. OLG Rostock v. 12.9.2005 – 7 W 43/03, Merle in FS Seuß (2007), S. 193 (202 f.).

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§ 25 Rz. 33 | Mehrheitsbeschluss Würde man stets den erschienenen Miteigentümer als legitimiert ansehen, das Stimmrecht für alle Mitinhaber auszuüben, würde dies die Interessen der insoweit schützenswerten abwesenden Mitberechtigten verletzen. 34 Für die Prüfung der Vollmacht bei Mitberechtigten gelten die allgemeinen Regeln (dazu

Rz. 78 ff.). Der Vorsitzende der Versammlung kann die Stimmrechtsausübung durch nur einen Mitberechtigten – nicht nur bei Zweifeln80 – analog § 174 BGB zurückweisen, sofern der allein abstimmende Mitberechtigte keine Vollmachtsurkunde vorlegt81 oder die Vertretungsmacht anderweitig bekannt ist.82 Der Verwalter oder ein anderer Vorsitzender der Eigentümerversammlung sind freilich ohne Vereinbarung und nur von Gesetzes wegen nicht gezwungen, bei Abgabe der Stimme durch einen bloß Mitberechtigten dessen Vertretungsberechtigung oder Vollmacht durch den oder die übrigen Miteigentümer anzuzweifeln oder zu überprüfen.83 35 Für Ehegatten gelten gegenüber anderen Mitberechtigten keine Besonderheiten; auch hier

muss eine Bevollmächtigung vorliegen und die Stimme erkennbar i.S.v. § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB von einem Ehegatten auch für den anderen Ehegatten abgegeben werden.84 Die Auffassung, dass Ehegatten auch ohne ausdrückliche Regelung in der Gemeinschaftsordnung und ohne ausdrückliche Vollmacht jeweils einzeln berechtigt sein, das gem. § 25 Abs. 2 Satz 2 gemeinschaftliche Stimmrecht ihrer Einheit wahrzunehmen,85 ist abzulehnen, weil sie §§ 164 ff. BGB widerspricht und im Recht der Ehe keine Rechtfertigung findet.86 Eine Vertretungsmacht folgt auch nicht aus § 1357 Abs. 1 Satz 1 BGB. c) Gesetzlich Verwaltungsbefugte 36 Die grundsätzlich untrennbare Verbindung von Mitgliedschaft und Stimmrecht (s. Rz. 15)

wird dann gelöst, wenn ein Fall der gesetzlichen Verwaltungsbefugnis vorliegt. Der Verwaltungsbefugte ist dabei nicht gesetzlicher Vertreter, der das Stimmrecht für den Wohnungseigentümer ausübt (dazu Rz. 65), sondern wird originärer Inhaber des Stimmrechts. Als gesetzlich Verwaltungsbefugte treten der Insolvenzverwalter, der Nachlassverwalter und der Testamentsvollstrecker sowie – teilweise – der Zwangsverwalter auf. aa) Insolvenzverwalter 37 In der Eigentümerversammlung ist nicht der insolvente Wohnungseigentümer stimmberech-

tigt, sondern grundsätzlich allein der Insolvenzverwalter.87 Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehen die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnisse in Bezug auf das Wohnungseigentum nach §§ 35, 80 InsO – und damit auch das Stimmrecht – auf den Insolvenzverwalter über.88 Der Insolvenzverwalter rückt bis zum Ende des Insolvenzverfahrens als Träger der 80 A.A. BayObLG v. 31.3.1994 – 2Z BR 16/94, MDR 1994, 581 = ZMR 1994, 338. 81 Ott, MietRB 2007, 42 (43); Kümmel, ZWE 2000, 292 (293); differenzierend Merle in FS Seuß (2007), S. 193 (207 f.). 82 OLG Düsseldorf v. 9.7.2003 – 3 Wx 119/03, ZMR 2004, 53. 83 OLG Rostock v. 12.9.2005 – 7 W 43/03, juris; OLG Düsseldorf v. 9.7.2003 – 3 Wx 119/03, ZMR 2004, 53; BayObLG v. 31.3.1994 – 2Z BR 16/94, MDR 1994, 581 = ZMR 1994, 338. 84 BGH v. 19.7.2013 – V ZR 109/12, MietRB 2014, 144 = ZWE 2014, 25. 85 BayObLG v. 10.8.2001 – 2Z BR 21/01, ZMR 2002, 61 (62); OLG Frankfurt v. 7.8.1996 – 20 W 543/ 95, juris; LG Köln v. 4.10.2012 – 29 S 91/12, MietRB 2013, 179 = ZMR 2013, 134. 86 BGH v. 19.7.2013 – V ZR 109/12, MietRB 2014, 144 = ZWE 2014, 25; Häublein, ZWE 2012, 1 (2); Merle in FS Seuß (2007), S. 193 (202). 87 KG v. 24.10.1988 – 24 W 896/88, DNotZ 1989, 152; Vallender, NZI 2004, 401 (403); Vandenhouten in Köhler, Teil 5 Rz. 135. 88 BGH v. 26.9.2002 – V ZB 24/02, BGHZ 152, 136 = MDR 2003, 43 = NJW 2002, 3709.

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III. Stimmrecht in der Versammlung (Abs. 2) | Rz. 41 § 25

Rechte und Pflichten des insolvent gewordenen Wohnungseigentümers weitgehend in dessen Rechtsstellung ein.89 Hat der Insolvenzverwalter eine „Eigentumswohnung“ allerdings freigegeben, ist insoweit wieder der Wohnungseigentümer verfügungsbefugt und stimmberechtigt. bb) Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker90 üben als Partei kraft Amtes das Stimmrecht 38 für das zum Nachlass gehörende Wohnungseigentum in eigenem Namen und aus eigenem Recht aus.91 Dies ergibt sich für die Nachlassverwaltung aus § 1984 Abs. 1 BGB, für die Testamentsvollstreckung aus § 2205 BGB. cc) Zwangsverwalter Ist über ein Wohnungseigentum gem. § 146 Abs. 1 ZVG die Zwangsverwaltung angeordnet 39 worden, wird dem Wohnungseigentümer gem. § 148 Abs. 2 ZVG das Recht zur Verwaltung und Nutzung des Wohnungseigentums entzogen. Das Stimmrecht des Wohnungseigentümers einer zwangsverwalteten Wohnung steht deshalb grundsätzlich dem Zwangsverwalter zu.92 Der Zwangsverwalter übt das Stimmrecht als Organ der Rechtspflege selbständig, im eigenen Namen und aus eigenem Recht aus.93 Die rechtskräftige Verurteilung eines Wohnungseigentümers nach § 18 wirkt sich deshalb nicht auf das Stimmrecht des Zwangsverwalters aus.94 Der Zwangsverwalter ist allerdings nicht für alle Angelegenheiten des Wohnungseigentums 40 zuständig. Daraus folgt eine „Spaltung“ des Stimmrechts. Soweit der Zweck der Zwangsverwaltung die Stimmabgabe des Zwangsverwalters nicht erfordert, liegt das Stimmrecht beim Wohnungseigentümer.95 Es besteht aber eine Vermutung, dass alle in einer Eigentümerversammlung behandelten Beschlussgegenstände die Zwangsverwaltung berühren.96 Der Zwangsverwalter ist deshalb etwa bei dem Beschluss über den Wirtschaftsplan, über Instandhaltung und Instandsetzung,97 die Genehmigung einer Jahresabrechnung oder Erhebung einer Sonderumlage ebenso allein stimmbefugt wie bei der Bestellung des Verwalters und des Abschlusses des Verwaltervertrages.98 Geht es hingegen z.B. um eine Gebrauchsregelung, ist ein Stimmrecht des Wohnungseigentümers vorstellbar.99 Ist ein Zwangsverwalter für mehrere Personen eingesetzt, steht ihm beim Kopfstimmrecht 41 für jede Person ein Stimmrecht zu;100 anders ist es aber, wenn sämtliche verwalteten Einheiten

89 BGH v. 26.9.2002 – V ZB 24/02, BGHZ 152, 136 = MDR 2003, 43 = NJW 2002, 3709; BGH v. 15.6.1989 – V ZB 22/88, BGHZ 108, 44 (46) = MDR 1989, 898 = NJW 1989, 3018. 90 BGH v. 4.11.2011 – V ZR 82/11, MDR 2012, 101 = MietRB 2012, 44 = NJW 2012, 316 (317); AG Essen v. 14.7.1995 – 95 II 5/95 WEG, NJW-RR 1996, 79; Hügel, ZWE 2006, 174 (178) m.w.N. 91 Kefferpütz, Stimmrechtsschranken im Wohnungseigentumsrecht, S. 120. 92 LG Berlin v. 19.9.2008 – 85 T 404/07, ZMR 2009, 474 (475); Drasdo, ZWE 2006, 68 (74). 93 BayObLG v. 5.11.1998 – 2Z BR 131/98, ZMR 1999, 121 (122). 94 BayObLG v. 5.11.1998 – 2Z BR 131/98, ZMR 1999, 121 (122). 95 KG v. 9.11.2005 – 24 W 60 und 67/05, ZMR 2006, 221; KG v. 3.3.1999 – 24 W 3566/98, ZMR 1999, 509 (510); KG v. 27.8.1986 – 24 W 593/85, MDR 1987, 143 = NJW-RR 1987, 77; BayObLG v. 5.11.1998 – 2Z BR 131/98, ZMR 1999, 121 (122); BayObLG v. 14.2.1991 – BReg.2 Z 4/91, NJW-RR 1991, 723; LG Berlin v. 29.11.2005 – 55 T 152/04, ZMR 2006, 393 (394). 96 BayObLG v. 5.11.1998 – 2Z BR 131/98, ZMR 1999, 121 (122); KG v. 14.3.1990 – 24 W 4243/89, WuM 1990, 324. 97 KG v. 3.3.1999 – 24 W 3566/98, ZMR 1999, 509 (510); Häublein, ZfIR 2005, 337 (339). 98 KG v. 14.3.1990 – 24 W 4243/89, WuM 1990, 324; Häublein, ZfIR 2005, 337 (340). 99 Hügel/Elzer, § 25 WEG Rz. 15; a.A. LG Berlin v. 19.9.2008 – 85 T 404/07, ZMR 2009, 474 (475); Vandenhouten in Köhler, Teil 5 Rz. 137. 100 KG v. 19.7.2004 – 24 W 322/02, ZMR 2005, 148 (149); Drasdo, NZI 2015, 1 (2).

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§ 25 Rz. 41 | Mehrheitsbeschluss im Eigentum einer Person stehen. Erfasst die Zwangsverwaltung nur einen Teil der Wohnungen eines Wohnungseigentümers, sollen Eigentümer und Zwangsverwalter entsprechend § 25 Abs. 2 Satz 2 gemeinsam stimmberechtigt sein.101 Dies überzeugt nicht. Die Berechtigung an der zwangsverwalteten Einheit unterscheidet sich vielmehr von der an den vom Wohnungseigentümer gehaltenen Einheiten. Selbst wenn man aber eine „Mitberechtigung“ von Zwangsverwalter und Wohnungseigentümer annehmen wollte, kommt man wegen fehlender Personenidentität (dazu Rz. 28) nicht zu einer analogen Anwendung des Abs. 2 Satz 2, sondern dazu, dass sowohl Zwangsverwalter wie auch Wohnungseigentümer je eine Kopfstimme zusteht. Bei Geltung des Objektprinzips hat der Zwangsverwalter jeweils eine Stimme für jedes von ihm verwaltete Objekt. Bei Geltung des Wertprinzips richtet sich die Stimmkraft nach der Höhe der vom Zwangsverwalter verwalteten Miteigentumsanteile. d) Nutzungsberechtigte aa) Dinglich Berechtigte 42 Eine dingliche Belastung des Wohnungseigentums in Form eines Nießbrauchs lässt das Stimm-

recht eines Wohnungseigentümers unberührt.102 Das Stimmrecht geht auch hinsichtlich einzelner Beschlussgegenstände nicht auf den Nießbraucher über. Ferner muss der Wohnungseigentümer sein Stimmrecht weder allgemein noch in einzelnen Angelegenheiten gemeinsam mit dem Nießbraucher ausüben.103 Der Wohnungseigentümer kann aber aus dem Schuldverhältnis zum Nießbraucher verpflichtet sein, bei der Stimmabgabe dessen Interessen zu berücksichtigen, nach dessen Weisung zu handeln oder ihm sogar eine Stimmrechtsvollmacht zu erteilen.104 43 Auch einem Wohnungsberechtigten i.S.v. § 1093 BGB steht kein Stimmrecht zu,105 selbst

dann, wenn er im Innenverhältnis gegenüber dem Wohnungseigentümer zur Kostentragung verpflichtet ist.106 Der Umstand, dass das zwischen dem Wohnungsberechtigten und dem Wohnungseigentümer bestehende Schuldverhältnis eine Verpflichtung zur Kostentragung vorsieht, verleiht dem Wohnungsberechtigten nicht die Befugnis, für diesen das Stimmrecht auszuüben. Das Schuldverhältnis zwischen Wohnungseigentümer und Wohnungsberechtigtem bezieht die anderen Wohnungseigentümer nicht ein. Der Wohnungseigentümer ist aufgrund der schuldrechtlichen Beziehungen zum Wohnungsberechtigten allenfalls gehalten, sein Stimmrecht in Abstimmung und im Einvernehmen mit dem Wohnungsberechtigten auszuüben. 44 Entsprechendes gilt für Dauerwohnberechtigte i.S.d. § 31 WEG.107 Die Bestellung eines

Dauerwohnrechts ändert nichts an der personenrechtlichen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Im Gegensatz zu Nießbrauch und Wohnungsrecht ist das Dauerwohnrecht sogar veräußerlich und vererblich.108 Ein Stimmrecht des Dauerwohnberechtigten ist unter diesem Aspekt den anderen Wohnungseigentümern noch weniger zuzumuten als beim lebenslangen Nießbrauch oder Wohnungsrecht.109

101 102 103 104 105 106 107 108 109

KG v. 12.7.1989 – 24 W 1063/89, OLGZ 1989, 423; Hügel/Elzer, § 25 WEG Rz. 15. OLG Hamburg v. 12.5.2003 – 2 Wx 1/01, ZMR 2003, 701 (702). BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, BGHZ 150, 109 = MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647. BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, BGHZ 150, 109 = MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647. BayObLG v. 25.6.1998 – 2Z BR 53/98, MDR 1999, 152 m. Anm. Riecke = ZMR 1998, 708 (710); Schießer, ZMR 2004, 5 (8); offen gelassen von BGH v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, MDR 2002, 1003 = ZMR 2002, 440 (445); a.A. BGH v. 26.11.1976 – V ZR 258/74, MDR 1977, 299 f. = ZMR 1977, 182. OLG Hamburg v. 12.5.2003 – 2 Wx 1/01, ZMR 2003, 701 (702). Gottschalg, NZM 2005, 88 (91); Schießer, ZMR 2004, 5 (9). BGH v. 16.9.2011 – V ZR 236/10, ZWE 2012, 72. Schießer, ZMR 2004, 5 (9).

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III. Stimmrecht in der Versammlung (Abs. 2) | Rz. 49 § 25

Schließlich haben auch Grundschuld- und Hypothekengläubiger kein eigenes Stimmrecht. 45 Ihre dingliche Rechtsbeziehung beschränkt sich im Wesentlichen auf die Vollstreckungsmöglichkeiten nach § 1147 BGB. bb) Schuldrechtlich Berechtigte Schuldrechtlich Berechtigten, z.B. Mietern und Pächtern, steht kein eigenes Stimmrecht zu. 46 Es fehlt bereits an einer notwendigen dinglichen Berechtigung am Wohnungseigentum. Mieter und Pächter können allerdings aufgrund ihrer schuldrechtlichen Rechte im Innenverhältnis zum Wohnungseigentümer ggf. auf dessen Abstimmung in der Eigentümerversammlung Einfluss nehmen. e) Neuaufteilung von Wohnungseigentum aa) Unterteilung Ein Wohnungseigentümer kann sein Wohnungseigentum in mehrere Einheiten aufteilen (sog. 47 Realteilung, s. § 6 Rz. 18 ff.). Eine Unterteilung ist nicht von der Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer abhängig. Im Gegenzug dürfen auch bei einer anschließenden Veräußerung nicht mehr Befugnisse entstehen, als sie dem teilenden Wohnungseigentümer vor Unterteilung und Veräußerung zugestanden haben, weil andernfalls in unzulässiger Weise der Status der übrigen Wohnungseigentümer und ihr nach Art. 14 GG geschützter Einfluss auf die Mitverwaltung verändert werden würde. Eine Stimmrechtsvermehrung der im Zeitpunkt der Teilungserklärung oder des Teilungsvertrages vorhandenen Stimmrechte durch Unterteilung von Wohnungseigentumseinheiten ist deshalb nicht möglich. Keine Schwierigkeiten entstehen, wenn das Wertstimmrecht (Rz. 14) gilt.110 Die übrigen Woh- 48 nungseigentümer werden dann durch eine Unterteilung nicht beeinträchtigt; ihre Stimme hat in der Eigentümerversammlung auch nach einer Unterteilung denselben Erfolgswert. Gesamtstimmenzahl und Gewicht bleiben unverändert.111 Eine „Stimmenvermehrung“ darf aber auch nicht bei gesetzlichem Kopfstimmrecht112 (Rz. 11) 49 oder bei einem Objektstimmrecht113 (Rz. 13) eintreten. Wie im Fall des Miteigentums am Wohnungseigentum hat der teilende Wohnungseigentümer zusammen mit den Erwerbern einer neu geschaffenen Einheit für diese bei Geltung des Kopf- und des Objektstimmrechts nur eine Stimme.114 Dabei wird das zuvor auf die ungeteilte Einheit entfallende Stimmrecht entsprechend der Zahl der neu entstandenen Einheiten nach Bruchteilen aufgespalten und diesen zugewiesen.115 Das aufgeteilte Stimmrecht muss nicht einheitlich ausgeübt werden. Eine 110 OLG Frankfurt v. 5.12.2011 – 20 W 70/11, MietRB 2012, 145 = ZWE 2012, 272; Briesemeister in FS Seuß (2007), S. 39. 111 Wedemeyer, NZM 2000, 638 (639). 112 BGH v. 27.4.2012 – V ZR 211/11, MDR 2012, 959 = MietRB 2012, 197 = NJW 2012, 2434; BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = ZMR 2004, 835 (838); OLG Stuttgart v. 23.2.2004 – 8 W 475/03, ZMR 2005, 478; LG München I v. 19.10.2009 – 1 S 21731/08, ZMR 2010, 229; a.A. OLG Düsseldorf v. 3.2.2004 – 3 Wx 364/03, ZMR 2004, 696 (697); KG v. 15.6.1999 – 24 W 9353/97, ZMR 2000, 191 (192). 113 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, BGHZ 160, 354 = MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = NJW 2004, 3413; OLG Hamm v. 12.3.2002 – 15 W 358/01, ZMR 2002, 859; KG v. 18.11.1998 – 24 W 4180/97, NZM 1999, 850 (852). 114 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, BGHZ 160, 354 = MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = NJW 2004, 3413. 115 BGH v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, BGHZ 160, 354 = MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = MietRB 2004, 352 f. = NJW 2004, 3413; KG v. 8.11.1998 – 24 W 4180/97, ZMR 1999, 426 (428); LG Karlsruhe v. 21.3.2017 – 11 S 88/16, ZWE 2017, 283; Gottschalg, NZM 2005, 88 (89).

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§ 25 Rz. 49 | Mehrheitsbeschluss entsprechende Anwendung des Abs. 2 Satz 2 scheitert an der Selbständigkeit der neuen Einheiten. bb) Vereinigung 50 Ein Wohnungseigentümer kann zwei oder mehrere in seinem Eigentum befindliche Woh-

nungseigentumseinheiten im Wege der Vereinigung oder der Bestandteilszuschreibung miteinander verbinden (s. § 6 Rz. 11 ff.). Eine Vereinigung führt in Bezug auf das Stimmrecht nicht zu einer Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer. Während beim Kopfoder Wertprinzip die Anzahl der Stimmen von der Vereinigung nicht berührt wird, fallen beim Objektprinzip eine oder mehrere Stimmen weg. Die übrigen Wohnungseigentümer werden durch den Wegfall der Stimmen nicht nachteilig betroffen, denn für sie bedeutet er eine Verstärkung ihrer Stimmkraft. f) Teilversammlungen 51 Die Gemeinschaftsordnung bestimmt bei Mehrhausanlagen häufig, dass die einzelnen Häu-

ser getrennt bewirtschaftet und verwaltet werden (dazu § 21 Rz. 1). Die Kosten sollen soweit möglich nach Häusern gesondert erfasst und nur auf die Wohnungseigentümer des betreffenden Hauses umgelegt werden (s. § 16 Rz. 27). Außerdem werden den Wohnungseigentümern Sondernutzungsrechte an dem zu ihrem Gebäude gehörenden Grundstücksteil eingeräumt. Die so verselbständigten Gruppen von Wohnungseigentümern kann man als „Untergemeinschaften“ bezeichnen. 52 In diesen Fällen kann das Stimmrecht der Wohnungseigentümer für die anderen Häuser

durch Vereinbarung ausgeschlossen werden; in der Praxis wird daneben regelmäßig die Zulässigkeit von Teilversammlungen vereinbart (dazu § 23 Rz. 31 ff.). Der Stimmrechtsausschluss ist allerdings unzulässig, wenn die Regelung den Untergemeinschaften die Beschlusskompetenz einräumt, über Maßnahmen zu entscheiden, die auch die übrigen Wohnungseigentümer betreffen. Ist den Mitgliedern der Untergemeinschaften die Kompetenz eingeräumt werden, unter Ausschluss der anderen Eigentümer die Durchführung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an dem zugehörigen Gebäude zu beschließen, ist ein Stimmrechtsausschluss für solche Beschlüsse deshalb nur zulässig, wenn zugleich bestimmt wird, dass die durch diese Maßnahmen verursachten Kosten im Innenverhältnis allein von den Mitgliedern der jeweiligen Untergemeinschaft zu tragen sind.116 53 Den Untergemeinschaften wird von der Rechtsprechung darüber hinaus ein sog. Blockstimm-

recht zugebilligt: Wenn bei einer Mehrhausanlage für die Wohnungseigentümer der anderen Gebäude als Sondereigentümer oder als Teilhaber der Gemeinschaft keine Interessen im Spiel sind, beschließen nur die Wohnungseigentümer, die durch die in Frage stehende Maßnahme betroffen sind.117 Das Blockstimmrecht wird für bauliche Veränderungen,118 für Gebrauchs-119 und für Verwaltungsregelungen120 als möglich angesehen. Bei Abstimmungen über den Wirt-

116 BGH v. 10.11.2017 – V ZR 184/16, NJW 2018, 1309 = MietRB 2018, 77. 117 Grundlegend BayObLG v. 10.11.1961 – BReg. 2 Z 153/61, NJW 1962, 492; ebenso aus neuerer Zeit OLG München v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MDR 2007, 711 = MietRB 2007, 39 = ZMR 2007, 391; OLG Düsseldorf v. 5.8.2005 – 3 Wx 323/04, ZMR 2005, 897; OLG Zweibrücken v. 23.6.2004 – 3 W 64/04, MietRB 2004, 356 = ZMR 2005, 908; OLG Köln v. 24.9.1997 – 16 Wx 36/97, WuM 1998, 177; BayObLG v. 25.7.1984 – BReg. 2 Z 57/84, DNotZ 1985, 414. 118 OLG München v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MDR 2007, 711 = MietRB 2007, 39 = WuM 2007, 34; BayObLG v. 14.5.1975 – BReg. 2 Z 23/75, BayObLGZ 1975, 177 (180). 119 BayObLG v. 10.11.1961 – BReg. 2 Z 153/61, NJW 1962, 492. 120 BayObLG v. 17.11.2000 – 2Z BR 107/00, ZMR 2000, 319 (320).

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IV. Ausübung des Stimmrechts | Rz. 55 § 25

schaftsplan oder die Jahresabrechnung sollen hingegen stets alle Wohnungseigentümer stimmberechtigt sein, denn beide enthielten notwendigerweise Kosten, die das gemeinschaftliche Eigentum insgesamt betreffen.121 Richtiger Auffassung nach muss ein derartiges Blockstimmrecht allerdings ebenso wie die Zulässigkeit von Teilversammlungen stets vereinbart sein.122 Es kann sich nicht aus „natürlichen Gegebenheiten“ ergeben.123 Dem Gesetz ist ein Betroffenheitsstimmrecht unbekannt (s. auch Rz. 16).124 Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums steht gem. §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 grundsätzlich allen Wohnungseigentümern gemeinsam zu. Soweit sie über die ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen, sind grundsätzlich alle Wohnungseigentümer nach § 25 Abs. 1 und Abs. 2 stimmberechtigt. Jeder Wohnungseigentümer kann über jeden Gegenstand abstimmen – auch wenn er ihn nicht betrifft.

IV. Ausübung des Stimmrechts 1. Ausübung durch Stimmabgabe Das Stimmrecht wird durch die Stimmabgabe zu einem zur Abstimmung gestellten Be- 54 schlussantrag ausgeübt. Die abgegebene Stimme ist als Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung (Neutralität) darauf gerichtet, auf die Entscheidung der Wohnungseigentümer, einen Beschlussantrag anzunehmen oder abzulehnen, einzuwirken.125 Sie ist daher als eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung zu verstehen.126 Als Willenserklärung unterliegt eine Stimme den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln für Willenserklärungen,127 insbesondere den Vorschriften über die Geschäftsfähigkeit gem. §§ 104 ff. BGB und denen über die Anfechtbarkeit nach §§ 119 ff. BGB.128 Ist der Inhalt der abgegebenen Stimme unklar, kann sie ggf. gem. §§ 133, 157 BGB ausgelegt werden. Empfänger der abgegebenen Stimmen i.S.v. § 130 BGB ist der Versammlungsleiter.129 Ob 55 andere Wohnungseigentümer die Stimmrechtsausübung des Abstimmenden als solche wahrnehmen – oder gar ihren Inhalt –, ist unerheblich. Denn durch die Stimmabgabe setzt sich ein Wohnungseigentümer nicht zu den übrigen auf der Eigentümerversammlung anwesenden Wohnungseigentümern in Bezug, sondern nur gegenüber dem Versammlungsleiter, der die Abstimmung über den Beschlussantrag leitet und das Abstimmungsergebnis feststellt. Notwendig, aber auch ausreichend ist daher der Zugang der Stimmrechtsausübung als Willenserklärung beim Versammlungsleiter.

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BayObLG v. 31.3.1994 – 2Z BR 16/94, MDR 1994, 581 = NJW-RR 1994, 1236. So wohl auch LG München I v. 2.6.2014 – 1 S 3223/12, MDR 2014, 1193 = MietRB 2014, 363. Hügel, NZM 2010, 8 (15). So auch Ott, MietRB 2009, 208. OLG Jena v. 9.1.2006 – 6 U 569/05, juris; BayObLG v. 16.3.2000 – 2Z BR 168/99, ZMR 2000, 467 (468); BayObLG v. 7.12.1995 – 2Z BR 72/95, ZMR 1996, 151 (153). BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, BGHZ 152, 63 = MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629; OLG Köln v. 21.11.2001 – 16 Wx 185/01, ZMR 2002, 972 (974); BayObLG v. 12.7.2001 – 2Z BR 139/00, ZWE 2001, 538 (540). Bub in FS Merle (2000), S. 119 (120); Armbrüster, ZWE 2000, 455 (456). BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, BGHZ 152, 63 = MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629; BGH v. 14.7.1954 – II ZR 342/53, BGHZ 14, 264 (267); BayObLG v. 17.11.2004 – 2Z BR 178/04, MietRB 2005, 156 = NZM 2005, 624; BayObLG v. 2.8.2001 – 2Z BR 144/00, ZMR 2001, 994 (995); BayObLG v. 16.3.2000 – 2Z BR 168/99, ZMR 2000, 467 (468). BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, BGHZ 152, 63 = MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629; Elzer, ZMR 2009, 7 (11); a.A. Lehmann-Richter, ZMR 2007, 741 (744); BayObLG v. 2.8.2001 – 2Z BR 144/00, ZMR 2001, 994 (995); BayObLG v. 12.7.2001 – 2Z BR 139/00, ZWE 2001, 538 (540).

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§ 25 Rz. 56 | Mehrheitsbeschluss 56 Eine Stimmabgabe muss grundsätzlich unbedingt sein. Durch die Abstimmung muss Klarheit

geschaffen werden, was gilt. Eine bedingt abgegebene Stimme ist daher ungültig.130 Die Unzulässigkeit der bedingten Zustimmung lässt sich u.a. aus dem Vorbehalt des BGB gegen einen Schwebezustand bei Willenserklärungen ableiten, deren Rechtswirkungen vom Willen des Adressaten unabhängig ist (§§ 107, 111, 180 BGB).131 Etwas anderes soll für § 22 Abs. 1 gelten, soweit ein Wohnungseigentümer erklärt, den Maßnahmen unter der Bedingung zuzustimmen, keine Kosten tragen zu müssen (s. § 22 Rz. 22 ff.). Beschlüsse – nicht die jeweiligen Stimmabgaben – können unter einer aufschiebenden Bedingung i.S.v. § 158 Abs. 1 BGB gefasst werden.132 So ist etwa ein genehmigender Beschluss über die Jahresabrechnung vorbehaltlich einer Prüfung durch den Verwaltungsbeirat möglich.133 Die Wohnungseigentümer können auch Beschlüsse vorbehaltlich der späteren Zustimmung eines anderen Wohnungseigentümers fassen.134 57 Stehen einem Wohnungseigentümer bei Geltung des Objektprinzips (Rz. 9) mehrere Stimm-

rechte zu oder vertritt ein Wohnungseigentümer einen anderen Wohnungseigentümer (Rz. 67 ff.), kann er seine mehreren Stimmen unterschiedlich abgeben. Eine gespaltene Stimmabgabe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn dem Wohnungseigentümer lediglich eine Stimme zusteht. Das ist nicht nur bei Geltung des Kopfprinzips (Rz. 5), sondern auch bei Vereinbarung des Wertstimmrechts (Rz. 11) der Fall.135 Eine solche Vereinbarung weist der Stimme eines Wohnungseigentümers ein bestimmtes Gewicht zu, führt aber nicht zu einer Mehrung der Stimmrechte in der Weise, dass jedem Wohnungseigentümer die durch den Dividenden seines Miteigentumsanteils bestimmte Anzahl von Stimmen zusteht.

2. Widerruf der Stimmabgabe 58 Ein Widerruf der abgegebenen Stimme kommt nur bis zu ihrem Zugang bei dem Versamm-

lungsleiter in Betracht.136 Eine Ausnahme von § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB für die Stimmabgabe rechtfertigt sich weder dadurch, dass ein Wohnungseigentümer, der seine Ansicht während der Abstimmung ändert, sonst in die Anfechtung getrieben wird, noch durch den Rechtsgedanken des § 873 Abs. 2 BGB, der vor übereilten und leichtfertigen Verfügungen über die besonders gewichtigen Grundstücksrechte schützen soll.

3. Stimmbindungsverträge 59 Ein Wohnungseigentümer kann sich durch einen grundsätzlich zulässigen137 Stimmbin-

dungsvertrag schuldrechtlich z.B. gegenüber seinem Mieter verpflichten, sein Stimmrecht in

130 OLG Düsseldorf v. 6.5.2002 – 3 Wx 244/01, juris; BayObLG v. 8.12.1994 – 2Z BR 116/94, MDR 1995, 569; a.A. BayObLG v. 31.1.2002 – 2Z BR 165/01, ZWE 2002, 315. 131 BayObLG v. 8.12.1994 – 2Z BR 116/94, MDR 1995, 569. 132 OLG Köln v. 22.9.2004 – 16 Wx 142/04, MDR 2005, 500 = MietRB 2005, 99 = ZMR 2005, 227 (228). 133 BayObLG v. 14.8.1996 – 2Z BR 77/96, ZMR 1996, 680 (681). 134 OLG Köln v. 22.9.2004 – 16 Wx 142/04, MDR 2005, 500 = MietRB 2005, 99 = ZMR 2005, 227 (228). 135 A.A. Hügel/Elzer, § 25 WEG Rz. 24. 136 BGH v. 13.7.2012 – V ZR 254/11, MDR 2012, 1218 = MietRB 2012, 326 = NJW 2012, 3372 Rz. 8; Müller, ZWE 2000, 237 (245); Armbrüster, ZWE 2000, 455 (456); Merle in Bärmann, § 23 WEG Rz. 32; Häublein in Staudinger, § 23 WEG Rz. 158. 137 Zu solchen Stimmbindungsverträgen und ihren Grenzen s. allgemein Lutter/Hommelhoff, § 47 GmbHG Rz. 5.

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IV. Ausübung des Stimmrechts | Rz. 62 § 25

bestimmter Weise auszuüben.138 Die Zulässigkeit von Stimmbindungsverträgen folgt aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit.139 Verstößt der Abstimmende bei seiner Stimmrechtsausübung gegen eine solche Bindung, hat dies aber keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der abgegebenen Stimme; eine Beschlussanfechtung aufgrund einer vertragswidrig abgegebenen Stimme ist daher nicht möglich.140

4. Ausübung des Stimmrechts durch Vertreter a) Zulässigkeit Die Teilnahme an der Versammlung ist ebenso wie die Ausübung des Frage-, Rede-, Antrags- 60 oder Stimmrechts kein höchstpersönliches Recht. Weder das Wohnungseigentumsgesetz noch die Bestimmungen der §§ 741 ff. BGB – die nach § 10 Abs. 2 Satz 1 subsidiär anwendbar sind – enthalten für Wohnungseigentümer ein Verbot, sich bei der Ausübung des Stimmrechts in der Versammlung der Wohnungseigentümer vertreten zu lassen. Anders als etwa im Vereinsrecht, das in § 38 Satz 2 BGB eine Ausübung der Mitgliedschaftsrechte durch einen Dritten verbietet, ist daher eine Stellvertretung i.S.d. §§ 164 ff. BGB bei der Ausübung des Stimmrechts in der Versammlung möglich.141 b) Abdingbarkeit Das Recht eines Wohnungseigentümers, sich in der Versammlung vertreten zu lassen, kann 61 auch durch eine Vereinbarung nicht vollständig ausgeschlossen werden. Der vollständige Ausschluss des Vertretungsrechts benachteiligt den einzelnen Wohnungseigentümer insbesondere im Fall seiner unverschuldeten Verhinderung an der Teilnahme an der Eigentümerversammlung unangemessen und wird auch nicht durch den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Versammlung gerechtfertigt. Entsprechende Regelungen sind wegen Eingriffs in den mitgliedschaftlichen Kernbereich (dazu § 23 Rz. 159) unwirksam.142 Zulässig sind aber grundsätzlich Regelungen, die den Kreis der Personen einschränken, die der Wohnungseigentümer bevollmächtigen kann (sog. Vertreterklauseln, s. Rz. 85 ff.), oder eine bestimmte Form der Vollmacht verlangen (s. Rz. 74). Eine Vereinbarung, die die Wohnungseigentümer zwingt, sich bei der Stimmrechtsausübung 62 vertreten zu lassen, ist jedenfalls dann unzulässig, wenn sie zu einem vollständigen Ausschluss des Teilnahme- und Stimmrechts für die Wohnungseigentümer selbst führt. Möglich ist aber der Vertretungszwang bei Mitberechtigten (s. Rz. 32). Eine sog. Delegiertenversammlung in einer Mehrhausanlage, in der die Delegierten der einzelnen Häuser ohne zwingende Bindung an den Willen der Wohnungseigentümer abstimmen, ist unzulässig.143 Eine solche Delegiertenversammlung ist keine Eigentümerversammlung i.S.d. § 23 WEG, was zur Folge hat, dass die dort gefassten Beschlüsse als sog. Nichtbeschlüsse (dazu § 23 Rz. 147) keine Wirkung entfalten. Aber auch die Vereinbarung einer Vertreterversammlung, bei der sich die 138 Vgl. BGH v. 24.11.2008 – II ZR 116/08, NJW 2009, 669 (670); BGH v. 29.5.1967 – II ZR 105/66, BGHZ 48, 163 (167) = NJW 1967, 1963 zum Gesellschaftsrecht. 139 BGH v. 24.11.2008 – II ZR 116/08, NJW 2009, 669 (670). 140 OLG Frankfurt v. 15.10.2004 – 20 W 370/03, MietRB 2005, 235; AG Dresden v. 18.6.2014 – 151 C 7435/13, ZMR 2015, 70. 141 BGH v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, BGHZ 99, 90 (93) = MDR 1987, 485 = NJW 1987, 650; M. Müller, ZWE 2017, 395. 142 LG Köln v. 27.9.2012 – 29 S 61/12, ZMR 2013, 218; Elzer, MietRB 2010, 29 (31); Jennißen/Intveen, NJW 2007, 2881 (2882); Häublein in Staudinger, § 25 WEG Rz. 82; a.A. OLG Karlsruhe v. 21.4.1976 – 3 W 8/76, OLGZ 1976, 273 (274). 143 LG München I v. 9.12.2010 – 36 S 1362/10, MietRB 2011, 257 = ZWE 2011, 139.

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§ 25 Rz. 62 | Mehrheitsbeschluss Wohnungseigentümer das Recht vorbehalten, im Einzelfall Weisungen zu erteilen, und die Vollmachten frei widerruflich sind, ist nach umstrittener, aber zutreffender Ansicht unwirksam, denn sie greift in den mitgliedschaftlichen Kernbereich ein, indem sie den Wohnungseigentümern das Recht nimmt, im Rahmen der Versammlung durch ihre Beiträge auf die Willensbildung der anderen Wohnungseigentümer Einfluss zu nehmen.144 Dem können auch nicht praktische Bedürfnisse bei großen Wohnungseigentümergemeinschaften entgegengehalten werden. Technische und organisatorische Maßnahmen erlauben auch hier inzwischen eine sachgerechte Durchführung der Versammlungen,145 so dass es einer Verkürzung der Teilnahmerechte nicht bedarf. c) Abgrenzung aa) Stimmbote 63 Statt eines Vertreters ist es einem Wohnungseigentümer in entsprechender Anwendung des

§ 108 Abs. 3 S. 3 AktG möglich, einen Stimmboten zu entsenden.146 Der Stimmbote gibt keine eigene Stimme für den vertretenen Wohnungseigentümer ab, die diesem zugerechnet wird, sondern nimmt lediglich an dem Abstimmvorgang teil, indem er das Stimmrecht des Wohnungseigentümers ausübt, ohne eine eigene Entscheidung über den Inhalt der von ihm abgegebenen Willenserklärung zu treffen.147 Zwar soll die Willensbildung der Eigentümergemeinschaft in der Versammlung, nicht davor erfolgen. Die Botenschaft geht aber inhaltlich nicht über eine – allgemein als zulässig angesehene (s. Rz. 71) – Weisung an den Vertreter, wie er in einzelnen Fragen abzustimmen hat, hinaus. bb) Ermächtigungen 64 Die Ermächtigung eines Dritten zur Stimmrechtsausübung im eigenen Namen ist grundsätz-

lich unzulässig, denn sie widerspricht dem sog. Abspaltungsverbot (Rz. 15).148 Das die Wohnungseigentümer verbindende Gemeinschaftsverhältnis erlaubt eine Stimmabgabe durch „Strohmänner“ nicht. Da § 129 Abs. 3 Satz 1 AktG lediglich den Bedürfnissen der Bankenpraxis – Ausübung des Depotstimmrechtrechts durch Banken – Rechnung trägt, scheidet eine Analogie zu dieser Bestimmung aus. Eine Ausnahme gilt auch nicht für den sog. Zweiterwerber.149 Dem praktischen Bedürfnis, dem Zweiterwerber die Teilnahme an der Versammlung zu ermöglichen, wird durch die Möglichkeit seiner Bevollmächtigung Rechnung getragen (s. Rz. 22 f.). Sein Handeln in der Versammlung muss nicht ausdrücklich im Namen des Veräußerers geschehen, sondern wird sich regelmäßig aus den Umständen ergeben, was nach § 164 Abs. 2 BGB genügt. d) Gesetzliche Vertretung 65 Ist ein volljähriger Wohnungseigentümer nicht geschäftsfähig, wird das Stimmrecht durch sei-

nen gesetzlichen Vertreter – in der Regel durch den Betreuer gem. §§ 1896, 1902 BGB – aus-

144 Lüke, ZWE 2012, 193 (196); Bub, ZWE 2000, 194 (197); a.A. Hügel/Elzer, § 25 WEG Rz. 27; differenzierend Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 94. 145 Dazu Schultheis, ZWE 2016, 57. 146 Häublein, ZWE 2012, 1 (5); Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 92; Hügel/Elzer, § 25 WEG Rz. 34; a.A. Vandenhouten in Köhler, Teil 5 Rz. 145. 147 Lüke, ZWE 2012, 193 (194). 148 M. Müller, ZWE 2017, 395; Häublein in Staudinger, § 25 WEG Rz. 165; Hügel/Elzer, § 25 WEG Rz. 46. 149 A.A. KG v. 18.2.2004 – 24 W 126/03, MietRB 2005, 10 = ZMR 2004, 460 = ZWE 2005, 107 mit zust. Anm. Kümmel; KG v. 20.7.1994 – 24 W 3942/94, ZMR 1994, 524 (525).

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IV. Ausübung des Stimmrechts | Rz. 68a § 25

geübt.150 Für Kinder sind grundsätzlich die Eltern gemeinsam gem. § 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB gesetzliche Vertreter und zur Stimmrechtsausübung berufen; in Betracht kommen aber auch Vormünder (§ 1793 BGB) oder Pfleger (§§ 1909 ff. BGB). Für die ein Wohnungseigentum haltende GmbH ist deren Geschäftsführer stimmberechtigt 66 (§ 35 GmbHG), für eine Aktiengesellschaft der Vorstand (§ 78 AktG). Die GmbH & Co. KG wird durch den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH vertreten. Die Stimme einer rechtsfähigen Personengesellschaft (etwa einer Außen-Gesellschaft bürgerlichen Rechts, OHG, KG) wird durch den oder die vertretungsberechtigten Gesellschafter, ggf. durch alle Gesellschafter, abgegeben. Im Liquidationsstadium erfolgt die Vertretung durch den Liquidator (§ 149 HGB, § 70 GmbHG) oder Abwickler (§ 269 AktG).151 Zur Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband s. Rz. 25. Sind mehrere gesetzliche Vertreter nur gemeinsam vertretungsberechtigt (Gesamtvertretung), z.B. mehrere Liquidatoren,152 müssen sie das Stimmrecht einheitlich ausüben. e) Bevollmächtigung eines Dritten Soweit nicht wirksam (zur Abdingbarkeit s. Rz. 61) etwas anders vereinbart ist (s. Rz. 85 ff.), 67 kann jeder Wohnungseigentümer einem beliebigen Dritten (dazu Rz. 68) eine Vollmacht erteilen (s. Rz. 69) und sich in der Versammlung durch ihn vertreten lassen. Verfügt ein Wohnungseigentümer bei Vereinbarung des Objektprinzips über mehrere Stimmrechte (s. Rz. 9), kann er auch mehrere Personen bevollmächtigen.153 Ein Dritter kann einen Wohnungseigentümer bei der Stimmabgabe ausnahmsweise nicht vertreten, wenn er – wäre er Wohnungseigentümer – selbst einem Stimmverbot unterläge (Rz. 143 f.).154 aa) Person des Vertreters Ein Wohnungseigentümer kann grundsätzlich jeden Dritten zu seiner Vertretung bevollmäch- 68 tigen.155 Vorstellbar ist etwa, dass ein Wohnungseigentümer seinen Ehegatten bevollmächtigt und selbst als Vertreter eines anderen Wohnungseigentümers auftritt. Vertreter kann auch ein Anwalt sein.156 Zulässig ist auch, soweit nichts anderes vereinbart ist, die Bevollmächtigung mehrerer Personen.157 Mehrere Vertreter dürfen das Stimmrecht nur einheitlich ausüben. Neben einer Einzelvertretung ist eine Gruppenvertretung – die Vertretung mehrerer Wohnungseigentümer – zulässig.158 Vor allem die Vertretung eines Wohnungseigentümers durch den Verwalter ist rechtlich zu- 68a lässig und in der Praxis weit verbreitet. Eine Verpflichtung des Verwalters zur Vertretung von Wohnungseigentümern kann sich nur aus dem Verwaltervertrag ergeben. Das Verwalteramt verpflichtet ihn dazu ebenso wenig wie die Übersendung von Vollmachtsformularen.159 Wird dem Verwalter Vollmacht erteilt, liegt darin zugleich eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, weil der Verwalter als Versammlungsleiter sonst nicht Empfänger der von ihm 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159

Dazu Drabek in FS Deckert (2000), S. 105 (142 ff.). Zur GbR BGH v. 5.7.2011 – II ZR 199/10, NJW 2011, 3087. KG v. 25.8.2003 – 24 W 110/02, ZMR 2004, 144 (145); Briesemeister, NZM 2003, 777 (780). AG Niebüll v. 15.6.2011 – 18 C 11/11, ZMR 2011, 912. OLG Düsseldorf v. 20.7.2001 – 3 Wx 174/01, ZMR 2002, 143 (144). BGH v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, BGHZ 106, 113 (121) = MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087; Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 74. Jennißen/Intveen, NJW 2007, 2881 (2882). BGH v. 30.3.2012 – V ZR 178/11 – Rz. 10, MDR 2012, 755 = MietRB 2012, 199 f. = NJW 2012, 2512. Wenzel, NZM 2005, 402. LG Frankfurt/O. v. 24.1.2013 – 16 T 130/12, ZMR 2013, 371.

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§ 25 Rz. 68a | Mehrheitsbeschluss als Vertreter abgegebenen Stimmen sein könnte.160 Eine entsprechende Klausel in den Vollmachtsformularen gibt daher nur das wieder, was ohnehin in der Erklärung der Vollmacht liegt; sie ist daher nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.161 Der Schutz des Wohnungseigentümers wird insoweit durch Abs. 5 gewährleistet (s. Rz. 142). bb) Erteilung der Vollmacht 69 Nach § 167 Abs. 1 BGB erfolgt die Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht durch eine indivi-

duelle Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll, mithin dem Versammlungsleiter. Neben diesem individuellen Vorgehen ist es vorstellbar, dass die Wohnungseigentümer vereinbaren, dass das Stimmrecht eines Wohnungseigentümers, der nicht anwesend oder anderweitig vertreten ist, stets vom Verwalter ausgeübt wird (automatisierte Vollmacht).162 Steht ein Wohnungseigentum im Miteigentum, muss die Vollmacht von sämtlichen Miteigentümern erteilt werden.163 cc) Inhalt der Vollmacht 70 Ein Wohnungseigentümer kann einem Dritten eine Stimmrechtsvollmacht für jede oder nur

eine Versammlung, für jeden Beschlussgegenstand, nur für bestimmte Gegenstände oder nur für einen Gegenstand erteilen. Der Umfang einer Stimmrechtsvollmacht kann auch in zeitlicher und sachlicher Hinsicht begrenzt sein. Wird die Vollmacht nur für eine einzige Versammlung erteilt, erstreckt sie sich im Zweifel nur auf die in der Einladung aufgeführten Tagesordnungspunkte.164 Es ist rechtlich auch unbedenklich, Vollmachten zu erteilen, die bis auf Widerruf für alle zukünftigen Wohnungseigentümerversammlungen gelten sollen.165 Die Vollmacht muss nicht auf die Vertretung in Eigentümerversammlungen beschränkt sein. Sie kann z.B. die Vertretung in allen Angelegenheiten umfassen, die im Zusammenhang mit dem betreffenden Wohnungseigentum stehen. Sie kann auch eine Generalvollmacht sein.166 Eine Vollmacht umfasst regelmäßig nicht nur das Recht zur Stimmabgabe, sondern auch die Ausübung der anderen Rechte des vertretenen Wohnungseigentümers, insbesondere dessen Redeund Antragsrecht. 71 Eine Vollmacht kann frei sein, der Vertreter also in seiner Ausübung ungebunden. Der Ver-

tretene kann dem Vertreter aber auch eine Weisung erteilen, wie er abstimmen soll.167 Die Weisung kann sich dabei auf das Innenverhältnis beschränken und die Vollmacht unberührt lassen; auch die weisungswidrige Stimmabgabe ist dann wirksam (s. Rz. 91). In der Weisung kann zugleich aber auch eine Beschränkung der Vertretungsmacht liegen, so dass die Wirksamkeit der Stimmabgabe nach § 180 BGB zu beurteilen ist (s. Rz. 84). Welche Rechtsfolgen greifen, ergibt sich durch Auslegung der Erklärungen des Vollmachtsgebers nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB). Hat der Wohnungseigentümer dem Vertreter eine Vollmachtsurkunde erteilt, aus der sich ergibt, wie dieser abzustimmen hat, wird i.d.R. eine im Außenverhältnis beschränkte Vollmacht anzunehmen sein.168

160 M. Müller, ZWE 2017, 395 (398). 161 A.A. AG Kassel v. 7.2.2011 – 800 C 4439/09, WE 2011, 122. 162 OLG Düsseldorf v. 5.5.2003 – 3 Wx 391/02, ZMR 2003, 766 (767); OLG Düsseldorf v. 10.4.2000 – 3 Wx 425/99, ZWE 2000, 538 (539); OLG Frankfurt v. 27.9.1985 – 20 W 426/84, OLGZ 1986, 45. 163 Häublein, ZWE 2012, 1 (2). 164 Wenzel, NZM 2005, 402. 165 OLG Köln v. 15.10.2003 – 16 Wx 137/03, ZMR 2004, 216. 166 BayObLG v. 2.2.1984 – BReg.2 Z 63/83, BayObLGZ 1984, 15 (19). 167 Häublein, ZWE 2012, 1; Hügel/Elzer, § 25 WEG Rz. 36; Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 70. 168 M. Müller, ZWE 2017, 395 (396); Häublein in Staudinger, § 25 WEG Rn. 136; a.A. wohl KG v. 8.1.1997 – 24 W 4957/96, ZMR 1997, 294.

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IV. Ausübung des Stimmrechts | Rz. 75 § 25

Eine Stimmrechtsvollmacht kann den Vertreter berechtigen, eine Untervollmacht zu ertei- 72 len.169 Ob durch den Hauptbevollmächtigten eine Untervollmacht erteilt werden kann, ist eine Frage der Auslegung der (Haupt-)Vollmacht.170 Maßgeblich ist, ob ein Interesse an einer persönlichen Wahrnehmung der Vollmacht besteht.171 Für oder gegen die Zulässigkeit der Erteilung einer Untervollmacht spricht keine Vermutung.172 Auch wenn die Vertretung grundsätzlich übertragbar ist, darf der Hauptvertreter aber keine Untervollmacht erteilen, wenn sie dem Ziel dient, einen Stimmrechtsausschluss zu umgehen und über den Umweg der Unterbevollmächtigung eine Erweiterung eigener Vertretungsmacht zu ermöglichen (Rz. 144).173 Der Unterbevollmächtigte tritt nicht als Vertreter des Vertreters, sondern als Vertreter des Hauptvollmachtgebers auf. Wenn dem Vertreter eine Stimmrechtsvollmacht mit einer Weisung für die Ausübung des Stimmrechts erteilt ist, bindet die Weisung deshalb auch einen Unterbevollmächtigten.174 Ist eine schriftliche Vollmacht erforderlich, muss sich die Zulässigkeit einer Untervollmacht aus der Vollmachtsurkunde selbst ergeben.175 dd) Form Die Erteilung einer Vollmacht bedarf gem. § 167 Abs. 2 BGB grundsätzlich keiner Form.176 73 Ausreichend ist auch eine mündlich oder sogar durch schlüssiges Verhalten erteilte Vollmacht. Die Ausstellung einer Vollmachtsurkunde bietet sich aber aus praktischen Gründen an, weil sonst die Gefahr einer Zurückweisung der vom Vertreter abgegebenen Stimme nach § 174 BGB besteht (s. Rz. 78). Die Wohnungseigentümer können bestimmte Formerfordernisse vereinbaren, mangels Be- 74 schlusskompetenz aber nicht beschließen. Zulässig ist es z.B., die Text- (§ 126b BGB) oder sogar die Schriftform (§ 126 BGB) für die Vollmacht zu vereinbaren.177 Haben Wohnungseigentümer für Vollmachten die Schriftform vereinbart, genügt weder eine Faxkopie noch eine E-Mail mit eingescannter Vollmachtsurkunde. Gemäß § 126 Abs. 1 BGB ist eine eigenhändige Namensunterschrift erforderlich.178 Bevollmächtigen Miteigentümer einen Dritten, reicht es aus, wenn die schriftliche Vollmacht nur von einem Miteigentümer im Einverständnis mit dem anderen unterschrieben wird.179 Die Vereinbarung der Text- oder Schriftform für die Vollmacht ist dahin auszulegen, dass 75 nicht nur die vereinbarte Form zu wahren ist, sondern auch, dass die Erteilung einer formgerechten Vollmacht in der Versammlung nachzuweisen ist. Ist eine Vertretung nur mit schriftlicher Vollmacht zulässig, ist daher deren Vorlage im Original in jeder Versammlung erforder-

169 BayObLG v. 23.12.2002 – 2Z BR 93/02, ZMR 2003, 283 (284); OLG Karlsruhe v. 27.5.2002 – 14 Wx 91/01, ZMR 2003, 289; OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, juris; BayObLG v. 30.3.1990 – BReg 2Z 31/90, NJW-RR 1990, 784 (785). 170 BayObLG v. 23.12.2002 – 2Z BR 93/02, ZMR 2003, 283 (284); Deckert, ZMR 2003, 153 (155). 171 OLG Frankfurt v. 15.10.2004 – 20 W 370/03, MietRB 2005, 235. 172 BayObLG v. 23.12.2002 – 2Z BR 93/02, ZMR 2003, 283 (284); a.A. LG Köln v. 27.9.2012 – 29 C 61/ 12, ZMR 2013, 218: im Zweifel Erteilung zulässig. 173 OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671. 174 BayObLG v. 23.12.2002 – 2Z BR 93/02, ZMR 2003, 283 (285); BayObLG v. 23.12.2002 – 2Z BR 93/ 02, NZM 2003, 444. 175 OLG Frankfurt v. 15.10.2004 – 20 W 370/03, MietRB 2005, 235. 176 Vgl. OLG Köln v. 21.11.2001 – 16 Wx 185/01, ZMR 2002, 972 (975). 177 OLG München v. 16.11.2007 – 32 Wx 60/07, ZMR 2008, 236; OLG Düsseldorf v. 19.4.2005 – 3 Wx 317/04, ZMR 2006, 56 (57); BayObLG v. 11.4.2001 – 2Z BR 27/01, ZMR 2001, 826; Lehmann-Richter, ZMR 2007, 741 (746). 178 LG München I v. 15.4.2010 – 1 T 5151/10, n.v. 179 OLG Rostock v. 12.9.2005 – 7 W 43/03; OLG Düsseldorf v. 19.4.2005 – 3 Wx 317/04, ZMR 2006, 56 (57); OLG Frankfurt v. 7.8.1996 – 20 W 543/95, juris.

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§ 25 Rz. 75 | Mehrheitsbeschluss lich; das gilt auch bei einer Dauer- oder Generalvollmacht.180 Sieht die Vereinbarung darüber hinaus vor, dass eine Vollmacht zu den Akten des Verwalters zu übergeben ist, ist nicht nur der Nachweis, sondern die körperliche Übergabe der Vollmacht als Anlage der Niederschrift materielle Voraussetzung für die Ausübung der Stimmrechte.181 76 Von einer Schriftformklausel nicht erfasst sind gesetzliche Vertreter oder Verwaltungsbefug-

te (s. Rz. 36 ff.). Die Vereinbarung, dass sich jeder Wohnungseigentümer mittels schriftlicher Vollmacht vertreten lassen darf, soll auch nicht den Fall erfassen, dass ein Wohnungseigentum mehreren Personen i.S.v. § 25 Abs. 2 Satz 2 gemeinschaftlich zusteht und ein Mitberechtigter den anderen vertritt.182 Dies ist aber nur dann zutreffend, wenn die Schriftformklausel eine derartige Ausnahme bestimmt183 oder sich diese zumindest durch Auslegung ermitteln lässt, was bei einer pauschalen Regelung der Schriftform nicht der Fall sein dürfte. ee) Widerruf 77 Außer in dem Fall der sog. automatisierten Vollmacht, bei dem die Wohnungseigentümer eine

zwingende Vertretung durch den Verwalter bei Abwesenheit vereinbart haben (dazu Rz. 69), kann eine Stimmrechtsvollmacht gem. § 168 S. 2 BGB jederzeit widerrufen werden.184 Der Widerruf bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form. Der Widerruf einer generellen Stimmrechtsvollmacht kann konkludent im Erteilen einer abweichenden Spezialvollmacht liegen.185 f) Prüfung der Vertretungsbefugnis 78 Nach dem jedenfalls analog anwendbaren § 174 Satz 1 BGB186 ist die Stimmabgabe unwirk-

sam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der Versammlungsleiter die Stimmabgabe aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Statt einer Vollmachtsurkunde genügt aber auch eine andere Darlegung, falls die Wohnungseigentümer nicht die Schriftform vereinbart haben (s. Rz. 75). Denn die Zurückweisung ist nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den Versammlungsleiter von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.187 Dieses „Inkenntnis-Setzen“ ist z.B. in kleinen Anlagen durch eine persönliche Ansprache des Verwalters als Versammlungsleiter ohne weiteres möglich.188 Auch ein Fax oder ein Telegramm oder eine Kopie reichen aus, wenn sie jeweils die „Urschrift“ sind. 79 Zur Zurückweisung ist nach § 174 Satz 1 BGB nur der Versammlungsleiter befugt, da ihm

gegenüber die Stimme abzugeben ist (s. Rz. 55). Die anderen Wohnungseigentümer und die Beiratsmitglieder haben hingegen auch dann kein Zurückweisungsrecht, wenn eine Schriftformklausel besteht.189 Die Wohnungseigentümer können aber durch einen Geschäftsord-

180 BayObLG v. 2.2.1984 – BReg.2 Z 63/83, BayObLGZ 1984, 15 (19); OLG München v. 11.12.2007 – 34 Wx 91/07, ZMR 2008, 236 (237). 181 OLG München v. 1.12.2005 – 32 Wx 93/05, ZMR 2006, 231 (232); Lehmann-Richter, ZMR 2007, 741 (746); Kümmel, ZWE 2000, 292 (294). 182 OLG Düsseldorf v. 19.4.2005 – 3 Wx 317/04, ZMR 2006, 56 (57); BayObLG v. 8.6.1990 – BReg.1b Z 18/89, WuM 1990, 621 (622); LG München I v. 31.3.2011 – 36 S 1580/11, ZMR 2011, 834 (836). 183 So im Fall OLG Düsseldorf v. 19.4.2005 – 3 Wx 317/04, ZMR 2006, 56 (57). 184 LG Landau v. 29.5.2013 – 3 S 166/12, ZMR 2013, 995. 185 OLG Hamburg v. 28.1.2005 – 2 Wx 44/04, MietRB 2005, 266 = ZMR 2005, 395. 186 OLG München v. 5.4.2011 – 32 Wx 1/11, ZWE 2011, 262 (263); Lehmann-Richter, ZMR 2007, 741 (743). 187 LG Berlin v. 25.7.2000 – 85 T 13/00 WEG, ZMR 2001, 310 (314); Lehmann-Richter, ZMR 2007, 741 (745). 188 OLG Hamburg v. 28.1.2005 – 2 Wx 44/04, MietRB 2005, 266 = ZMR 2005, 395. 189 Abramenko, ZWE 2016, 399 (405); Elzer, MietRB 2015, 336; Ott, IMR 2008, 62; Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 76; differenzierend nach Schriftformerfordernis Hügel/Elzer, § 25 WEG Rz. 39a; a.A.

1004 | Schultzky

IV. Ausübung des Stimmrechts | Rz. 82 § 25

nungsbeschluss den Versammlungsleiter zur Zurückweisung der Vollmacht anweisen. Die Zurückweisung hat zur Folge, dass die vom Vertreter wahrgenommenen Stimmrechte für die Feststellung der Beschlussfähigkeit nicht berücksichtigt und die von ihm abgegebenen Stimmen bei der Beschlussfassung nicht mitgezählt werden.190 Lässt der Versammlungsleiter einen zurückgewiesenen Vertreter dennoch abstimmen, leidet der gefasste Beschluss unter einem formellen Mangel und ist daher ggf. anfechtbar (dazu § 23 Rz. 175), aber nicht nichtig.191 Da die Berechtigung zur Stimmabgabe Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der gefassten Be- 80 schlüsse hat, ist ein Recht des Verwalters als Versammlungsleiter zur Prüfung der Vollmacht anzuerkennen. Daneben hat aber auch jeder einzelne Wohnungseigentümer sowie der „Verwaltungsbeirat“192, d.h. jedes seiner Mitglieder, einen individuellen Anspruch auf Einsichtnahme in die Originalvollmachten, denn es besteht ein individuelles Interesse jedes Wohnungseigentümers daran, die Berechtigung zur Stimmabgabe noch in der Versammlung feststellen zu können.193 Der Bevollmächtigte kann einem Prüfungsverlangen der Wohnungseigentümer entgegenhalten, dass dem Versammlungsleiter die Vollmacht bekannt sei (s. Rz. 78). Wird einem Wohnungseigentümer das Recht zur Prüfung der Vollmacht verweigert, begründet dies einen formellen Beschlussmangel.194 Dasselbe gilt, wenn die Prüfung unzumutbar erschwert wird, z.B. durch extremen Zeitdruck oder Einsichtnahme während der Versammlung in einem anderen Raum.195 Zur Ermöglichung einer Prüfung sollte der Versammlungsleiter zu Beginn bekannt geben, ob Vertreter handeln und für welche Wohnungseigentümer. Für die Bekanntgabe von Vollmachten abwesender Eigentümer genügt es allerdings, dass der Versammlungsleiter feststellt, dass 1000/1000stel der Wohnungseigentümer anwesend und vertreten sind.196 Für den Verwalter besteht aufgrund seines Verwaltervertrags sogar eine Prüfungspflicht:197 81 Übersieht der Verwalter als Versammlungsleiter, dass ein Abstimmender nicht stimmberechtigt war, und verkündet er einen Beschluss trotz fehlender Vertretungsmacht, handelt er pflichtwidrig und macht sich schadenersatzpflichtig. Bei einer Anfechtung des fehlerhaft verkündeten Beschlusses droht ihm außerdem eine Belastung mit den Verfahrenskosten nach § 49 Abs. 2 WEG.198 Zu einer „Beratung“ im Vorfeld der Versammlung ist der Verwalter hingegen nicht verpflichtet. Verschickt der Verwalter mit der Einladung Stimmrechtsvollmachten, muss er nicht darauf hinweisen, dass aufgrund einer Vertreterklausel (s. Rz. 84 ff.) nur ein bestimmter Personenkreis bevollmächtigt werden darf.199 Ob ausnahmsweise das Verlangen nach (erneuter) Vorlage einer Vollmacht rechtsmissbräuch- 82 lich erscheint und der Vertreter deshalb nicht zurückgewiesen werden darf (§ 242 BGB), ist

190 191 192 193

194 195 196 197 198 199

LG Frankfurt/M. v. 22.7.2015 – 2-13 S 32/13, MietRB 2015, 336 = ZMR 2015, 959; LG Frankfurt/ M. v. 8.4.2015 – 2-13 S 35/13, MietRB 2015, 211 = ZMR 2015, 780; LG Dresden v. 12.11.2014 – 2 S 540/13, juris Rz. 19; LG Landau v. 24.6.2013 – 3 S 177/12, ZMR 2013, 996; LG Mainz v. 15.8.2011 – 306 T 129/08, ZMR 2012, 4; Scheff/Schmidt, MDR 2010, 187 (190). BayObLG v. 2.2.1984 – BReg.2 Z 63/83, BayObLGZ 1984, 15 (18). OLG München v. 11.12.2007 – 34 Wx 91/07, ZMR 2008, 236 (237). Dazu OLG München v. 31.10.2007 – 34 Wx 60/07, ZWE 2008, 58. OLG München v. 11.12.2007 – 34 Wx 91/07, ZMR 2008, 236 (237); LG Frankfurt/M. v. 22.7.2015 – 2-13 S 32/13, MietRB 2015, 336 = ZMR 2015, 959; LG Frankfurt/M. v. 8.4.2015 – 2-13 S 35/13, MietRB 2015, 211 = ZMR 2015, 780; Elzer, ZMR 2009, 7 (11); Lehmann-Richter, ZMR 2007, 741 (745). LG Frankfurt/M. v. 8.4.2015 – 2-13 S 35/13, MietRB 2015, 211 = ZMR 2015, 780. AG Offenbach v. 22.7.2016 – 320 C 27/16, ZMR 2016, 1003. OLG München v. 5.4.2011 – 32 Wx 1/11, ZWE 2011, 262. Lüke, ZWE 2012, 193 (198); Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 76. Ott, IMR 2008, 62. KG v. 26.7.2004 – 24 W 360/02, MietRB 2005, 127 = ZMR 2005, 567.

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§ 25 Rz. 82 | Mehrheitsbeschluss eine Frage des Einzelfalls.200 Haben Wohnungseigentümer eine einer Vereinbarung widersprechende Vertretung über mehrere Jahre hingenommen, kann hiervon nur für die Zukunft und dann abgewichen werden, wenn gewährleistet ist, dass der betroffene Wohnungseigentümer rechtzeitig für seine ordnungsgemäße Vertretung sorgen kann. Entsprechendes gilt für die Zurückweisung eines Vertreters mangels Vorlage einer schriftlichen Vollmacht.201 Verlangt ein Verwalter missbräuchlich, dass ihm eine Vollmacht vorgelegt wird, kann das einen wichtigen Grund zu seiner Abberufung darstellen.202 83 Im Fall der Zurückweisung kommt ein späteres Nachreichen der Vollmacht nicht in Be-

tracht.203 Wird auf Verlangen eines Versammlungsteilnehmers das Original der Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt, ist vielmehr zur Rechtsklarheit und -sicherheit vom Nichtbestand der Vollmacht auszugehen. Haben die Wohnungseigentümer vereinbart, dass eine Vertretungsmacht nur durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen ist, ist – anders als sonst mit Blick auf § 174 Satz 2 BGB – ein Nachweis auf eine andere Art und Weise nicht mehr möglich. g) Mängel bei der Stimmabgabe 84 Wird ein Vertreter trotz unterbliebener Vorlage der Vollmachtsurkunde nicht zurückgewie-

sen, ist die von ihm abgegebene Stimme wirksam, wenn er Vertretungsmacht besaß.204 Die von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegebene Stimme ist hingegen entsprechend § 180 S. 1 BGB ungültig, es sei denn, der vertretene Wohnungseigentümer genehmigt nach §§ 180 Satz 2, 177 BGB die Stimmabgabe.205 Ist die ungültige Stimme bei der Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses berücksichtigt worden, leidet der Beschluss unter einem formellen Mangel und ist ggf. anfechtbar (dazu § 23 Rz. 175). h) Beschränkung der Vertretungsbefugnis aa) Zulässigkeit 85 Durch Vereinbarung einer sog. „Vertreterklausel“ kann der Kreis der Vertretungsberechtigten

eingeschränkt werden, z.B. auf Verwalter, Beiratsmitglieder, andere Wohnungseigentümer, Familienangehörige oder Ehegatten.206 Mit einer solchen Vertretungsbeschränkung verfolgen die Wohnungseigentümer den legitimen Zweck, die Versammlungen der Wohnungseigentümer von gemeinschaftsfremden Einwirkungen freizuhalten und den Kreis der Vertretungsberechtigten auf Personen zu beschränken, die entweder mit der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums betraut sind (Verwalter), als Wohnungseigentümer bereits Mitglied der

BayObLG v. 2.2.1984 – BReg.2 Z 63/83, BayObLGZ 1984, 15 (23). LG Mainz v. 15.8.2011 – 306 T 129/08, BeckRS 2011, 23110. AG Moers v. 28.1.2011 – 564 C 41/09, MietRB 2011, 258 (dort zweifelhaft). OLG München v. 11.12.2007 – 34 Wx 91/07, ZMR 2008, 236; LG Frankfurt v. 5.8.2015 – 2-13 S 32/ 13, ZMR 2015, 458. 204 Häublein, ZWE 2012, 1 (11); LG Mainz v. 15.8.2011 – 306 T 129/08, ZMR 2012, 4. 205 LG Landau v. 29.5.2013 – 3 S 166/12, ZMR 2013, 995; M. Müller, ZWE 2017, 395 (397); LehmannRichter, ZMR 2007, 741 (745); Häublein in Staudinger, § 25 WEG Rz. 169; a.A. BayObLG v. 23.12.2002 – 2Z BR 93/02, ZWE 2003, 193 (195): keine nachträgliche Genehmigung möglich. 206 BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236 (238) = MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1329; BGH v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, BGHZ 99, 90 (94) = MDR 1987, 485 = NJW 1987, 650; OLG Karlsruhe v. 16.5.2006 – 14 Wx 50/04, MietRB 2007, 42 = ZMR 2006, 795 (796); OLG Düsseldorf v. 19.10.1998 – 3 Wx 332/98, ZMR 1999, 195; OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671; KG v. 26.7.2004 – 24 W 360/02, MietRB 2005, 127 = ZMR 2005, 567; OLG Hamm v. 4.6.2002 – 15 W 66/02, ZMR 2003, 51 (52). 200 201 202 203

1006 | Schultzky

IV. Ausübung des Stimmrechts | Rz. 87a § 25

Eigentümerversammlung sind oder dem vertretenen Wohnungseigentümer besonders nahe stehen.207 Die Vertretungsbeschränkung darf einem – unzulässigen (s. Rz. 61) – vollständigen Aus- 86 schluss einer Stellvertretung nicht gleichkommen. Unwirksam ist es daher, die Vertretung auf die Person des Verwalters zu beschränken.208 Zulässig ist hingegen die in der Praxis häufig zu findende Vereinbarung, nach der Wohnungseigentümer sich in der Eigentümerversammlung nur durch ihren Ehegatten, einen Wohnungs- oder einen Teileigentümer oder den Verwalter derselben Wohnanlage vertreten lassen können.209 Auch eine an sich zulässige Vertreterklausel kann aber nach § 242 BGB im Einzelfall nicht anzuwenden sein (dazu Rz. 88). Der Beschluss einer Vertretungsbeschränkung ist mangels Beschlusskompetenz nichtig.210 bb) Auslegung Mit einer Vertreterklausel können nur die Fälle der rechtsgeschäftlichen Vertretung erfasst 87 werden, denn nur insoweit können die Wohnungseigentümer disponieren; auch eine allgemein formulierte Regelung bezieht sich nicht auf die Fälle gesetzlicher Vertretung.211 Eine Vertreterklausel ist als Ausnahmevorschrift von der grundsätzlich unbeschränkt zulässi- 87a gen Vertretung eng auszulegen.212 Eine personenbezogene Vertretungsbeschränkung auf „Ehegatten“ erlaubt es einem Wohnungseigentümer daher in der Regel, sich auch durch einen nichtehelichen Lebensgefährten vertreten zu lassen.213 Ebenso ist die Vertretung durch den Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz zulässig. Ist geregelt, dass die Vertretung auf „nahe Angehörige, nämlich Ehegatten und Kinder“ beschränkt ist, können sich Wohnungseigentümer dennoch durch einen Elternteil vertreten lassen.214 Eine Vertreterklausel, nach der sich ein Wohnungseigentümer nur durch seinen Ehegatten, einen Verwandten, einen anderen Eigentümer oder den Verwalter vertreten lassen kann, untersagt es einer juristischen Person nicht, sich durch einen Unternehmensangehörigen, d.h. einen Gesellschafter oder Mitarbeiter, vertreten zu lassen, denn diese sind den zugelassenen Familienangehörigen vergleichbar.215 Die Vertretung durch Mitarbeiter anderer Unternehmen derselben Firmengruppe ist allerdings dann ausgeschlossen, wenn die Vertreterklausel die Vertretung auf Verwandte in gerader Linie beschränkt.216 Bei einer Klausel, die nur die Vertretung durch Ehegatten, Familienangehörige und andere Wohnungseigentümer gestattet, soll der Verwalter aufgrund des klaren Wortlauts von der Vertretung ausgeschlossen sein, obwohl er ein eigenes Teilnahmerecht hat und damit der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit durch seine Bevollmächtigung

207 BGH v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, BGHZ 99, 90 (95) = MDR 1987, 485 = NJW 1987, 650. 208 Jennißen/Intveen, NJW 2007, 2881 (2882); Häublein in Staudinger, § 25 WEG Rz. 83; Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 89; a.A. Drasdo, ZMR 1995, 145. 209 BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236 (238) = MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1329; BGH v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, BGHZ 99, 90 (93) = MDR 1987, 485 = NJW 1987, 650; OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671. 210 BayObLG v. 29.7.1988 – BReg.2 Z 43/88, ZMR 1988, 438; Armbrüster/Roguhn, ZWE 2016, 105 (107); Häublein in Staudinger, § 25 WEG Rz. 82. 211 AG Essen v. 14.7.1995 – 95 II 5/95 WEG, NJW-RR 1996, 79; Armbrüster/Roguhn, ZWE 2016, 105 (108). 212 BayObLG v. 7.7.1981 – BReg.2 Z 54/80, MDR 1982, 58; Wenzel, NZM 2005, 402 (403). 213 OLG Köln v. 8.12.2003 – 16 Wx 200/03, MietRB 2004, 145 = ZMR 2004, 378 (379); Armbrüster/ Roguhn, ZWE 2016, 105 (108); Wenzel, NZM 2005, 402 (405); a.A. BayObLG v. 12.12.1996 – 2Z BR 124/96, MDR 1997, 243 = NJW-RR 1997, 463. 214 LG Wuppertal v. 27.10.1994 – 6 T 735/94, ZMR 1995, 423. 215 BayObLG v. 7.7.1981 – BReg.2 Z 54/80, MDR 1982, 58; OLG Frankfurt v. 12.12.1978 – 20 W 692/ 78, OLGZ 1979, 134; LG München I v. 11.12.2014 – 36 S 152/14, ZMR 2015, 152. 216 LG München I v. 11.12.2014 – 36 S 152/14, ZMR 2015, 152.

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§ 25 Rz. 87a | Mehrheitsbeschluss nicht berührt wird.217 Da sich der Zweck der Vertreterklauseln nicht darauf beschränkt, die Nichtöffentlichkeit der Versammlung zu wahren (s. Rz. 85), sind sie für der Verschwiegenheit unterliegende Personen, insbesondere Rechtsanwälte, nicht einschränkend auszulegen.218 cc) Ausnahmen im Einzelfall 88 Den Wohnungseigentümern kann es im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände nach Treu

und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sein, sich auf eine Vertreterklausel zu berufen.219 Ob eine eigentlich unter eine Vertretungsbeschränkung fallende Person ausnahmsweise dennoch an Beratung und Beschlussfassung der Wohnungseigentümer mitwirken darf, kann dabei erst in der Versammlung geprüft werden.220 Ein Ausnahmefall kann insbesondere vorliegen, wenn dem Wohnungseigentümer sowohl die eigene Teilnahme als auch die vereinbarungsgemäße Vertretung unmöglich oder unzumutbar ist. Etwa auf eine Vereinbarung, dass sich ein Wohnungseigentümer nur durch seinen Ehegatten, den Verwalter oder einen anderen Wohnungseigentümer vertreten lassen kann, dürfen sich die anderen Wohnungseigentümer dann nicht berufen, wenn der Ehegatte zur Vertretung aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, der Wohnungseigentümer mit den übrigen Mitgliedern der Gemeinschaft völlig zerstritten und erst unmittelbar vor der Versammlung ein neuer Verwalter bestellt worden ist, den der – verhinderte – Eigentümer (noch) nicht kennt.221 Eine Vertreterklausel ist ferner nach § 242 BGB nicht anzuwenden, wenn der durch sie beschränkte Wohnungseigentümer im Ausland lebt, nicht verheiratet ist, es sich um eine kleine Anlage handelt, die anderen Wohnungseigentümer mit dem Verwalter „identisch“ und die Eigentümer schließlich zerstritten sind.222 89 Die Berufung auf die Vertreterklausel kann auch dann nach § 242 BGB ausgeschlossen sein,

wenn die Wohnungseigentümer die Vertretung jahrelang geduldet haben, obwohl diese – was bekannt war – gegen die Klausel verstieß.223 Die Wohnungseigentümer dürfen in diesem Fall ihre bisherige vereinbarungswidrige Handhabung nur in einer Weise „ändern“, die gewährleistet, dass der betroffene Wohnungseigentümer rechtzeitig für seine ordnungsgemäße Vertretung sorgen kann (vgl. Rz. 82). Dem Wohnungseigentümer muss also vor der Versammlung ausreichend Zeit – mindestens zwei Wochen – eingeräumt werden, für sich die Vereinbarung erstmals umzusetzen. Dass auf die Vertreterklausel in der Einladung zur Versammlung nicht hingewiesen wird, begründet hingegen noch keinen Verstoß gegen Treu und Glauben.224 dd) Verstöße

90 Nimmt ein Vertreter unter Verstoß gegen eine Vertretungsbeschränkung an der Abstimmung

teil, berührt dies die Ordnungsmäßigkeit der Beschlussfassung nicht, wenn die Stimmabgabe 217 LG Hamburg v. 21.9.2016 – 318 S 51/16, ZMR 2016, 983. 218 Drasdo, NZM 2015, 360 (362). 219 BGH v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, BGHZ 99, 90 (95) = MDR 1987, 485 = NJW 1987, 650; OLG Hamburg v. 24.1.2007 – 2 Wx 93/06, ZMR 2007, 477 (478); OLG Hamm v. 4.6.2002 – 15 W 66/02, ZMR 2003, 51 (52); OLG Düsseldorf v. 19.10.1998 – 3 Wx 332/98, ZMR 1999, 195; OLG Hamm v. 12.12.1996 – 15 W 424/96, NJW-RR 1997, 846; KG v. 20.7.1994 – 24 W 3942/94, ZMR 1994, 524 (525). 220 KG v. 20.7.1994 – 24 W 3942/94, ZMR 1994, 524 (525). 221 OLG Düsseldorf v. 19.10.1998 – 3 Wx 332/98, ZMR 1999, 195. 222 OLG Karlsruhe v. 16.5.2006 – 14 Wx 50/04, ZMR 2006, 795 (796); AG Hamburg-Wandsbek v. 1.12.2005 – 715 II 128/04, ZMR 2006, 237. 223 OLG Köln v. 17.12.2004 – 16 Wx 191/04, MietRB 2005, 265 = NJW 2005, 908; OLG Hamm v. 4.6.2002 – 15 W 66/02, ZMR 2003, 51 (52); LG München I v. 11.12.2014 – 36 S 152/14, ZMR 2015, 152. 224 KG v. 16.7.2004 – 24 W 360/02, WuM 2004, 685 = MietRB 2005, 127; Armbrüster/Roguhn, ZWE 2016, 105 (109).

1008 | Schultzky

IV. Ausübung des Stimmrechts | Rz. 92 § 25

weder von den anderen Wohnungseigentümern noch vom Versammlungsleiter beanstandet worden war.225 Anders ist es, wenn der Vertreter in fehlerhafter Anwendung der Vertretungsklausel von der Abstimmung ausgeschlossen wird. In diesem Fall ist der Beschluss formell fehlerhaft und anfechtbar, aber nicht nichtig.226 i) Pflichtverstöße des Vertreters Macht ein Vertreter von seinem Vertretungsrecht keinen Gebrauch oder übt er das von ihm 91 repräsentierte Stimmrecht entgegen einer Weisung im Innenverhältnis aus, sind hierauf beruhende Beschlüsse grundsätzlich weder anfechtbar noch nichtig.227 Für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit des Abstimmungsvorgangs kommt es nicht darauf an, ob der beauftragte Stimmrechtsvertreter gegen etwaige Pflichten gegenüber dem Auftraggeber aus dem zwischen beiden bestehenden Innenverhältnis verstößt. Anders ist es aber dann, wenn der Vertreter die Grenzen seiner Vertretungsmacht überschreitet (zur Abgrenzung Rz. 71; zu den Rechtsfolgen Rz. 84). Im Innenverhältnis können sich Schadenersatzansprüche des Vertretenen gegen seinen Ver- 91a treter aus dem der Bevollmächtigung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, etwa einem Auftrag, ergeben.228 Bei einer weisungswidrigen Abstimmung ist dabei zu berücksichtigen, dass der Vertreter unter den Voraussetzungen des § 665 BGB berechtigt sein kann, von der Weisung abzuweichen.

5. Stimmrechtsmissbrauch a) Voraussetzungen Schranken für die Ausübung eines Stimmrechts ergeben sich aus dem Grundsatz von Treu 92 und Glauben (§ 242 BGB). Die Treuebindungen unter den Wohnungseigentümern bilden eine dem Stimmrecht immanente und dieses begrenzende Schranke.229 Insbesondere die Ausnutzung einer Stimmenmehrheit (Majorisierung) kann im Einzelfall missbräuchlich sein. Dazu genügt es aber noch nicht, dass ein Wohnungseigentümer (oder eine Gruppe von ihnen) ein absolutes Stimmenübergewicht hat und damit die Beschlüsse allein fassen kann. Aus der Zulässigkeit einer vom Kopfprinzip abweichenden Regelung der Stimmkraft folgt, dass einem Wohnungseigentümer, dem mehrere Einheiten gehören, ein berechtigtes Interesse an einer stärkeren Einflussnahme auf die Willensbildung der Wohnungseigentümer nicht schlechthin abgesprochen werden kann.230 Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, die die Ausübung des Stimmrechts im konkreten Einzelfall durch den oder die Mehrheitseigentümer als missbräuchlich und gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoßend erscheinen lassen.231 Eine rechtsmissbräuchliche Majorisierung ist namentlich bei Vereinbarung 225 OLG Düsseldorf v. 19.4.2005 – 3 Wx 317/04, ZMR 2006, 56 (57); KG v. 20.7.1994 – 24 W 3942/94, ZMR 1994, 524 (525). 226 BGH v. 27.3.2009 – V ZR 196/08, NJW 2009, 2132 Rz. 29. 227 KG v. 8.4.1998 – 24 W 1012/97, MDR 1998, 1345 = ZMR 1998, 658 (659); KG v. 8.1.1997 – 24 W 4957/96, ZMR 1997, 254 (255); LG Frankfurt/O. v. 24.1.2013 – 16 T 130/12, ZMR 2013, 371; a.A. Briesemeister in FS Bub (2007), S. 18 (33). 228 Briesemeister in FS Bub (2007), S. 18 (34). 229 S. allgemein Wendel, ZWE 2002, 545 (546). 230 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704. 231 BGH v. 14.7.2017 – V ZR 290/16, NJW 2018, 552 = MDR 2017, 1176 = MietRB 2017, 322; BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704; OLG Köln v. 22.8.2008 – 16 Wx 228/07, ZMR 2009, 311; OLG Karlsruhe v. 31.7.2007 – 14 Wx 41/06, ZMR 2008, 408; OLG München v. 23.8.2006 – 34 Wx 58/06, ZMR 2006, 950 (952); BayObLG v. 3.5.2005 – 2Z

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§ 25 Rz. 92 | Mehrheitsbeschluss eines Objekt- (Rz. 9) oder Wertstimmrechts (Rz. 11) möglich, aber auch bei Geltung des gesetzlichen Kopfstimmrechts im Fall einer Gruppenbildung. 93 Eine treuwidrige Pflichtverletzung bei der Stimmrechtsausübung ist danach anzunehmen,

wenn ein einzelner Wohnungseigentümer – oder eine kleine, fest zusammengefügte Gruppe von Wohnungseigentümern – die anderen in der Eigentümerversammlung durch sein Stimmenübergewicht beherrscht und die Mehrheit in einer Weise zur Durchsetzung eigennütziger, sachlich nicht gerechtfertigter oder gesetzwidriger Ziele nutzt, dass der Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens nicht abgewertet werden kann. Dazu reicht es noch nicht aus, dass der gefasste Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht oder dass ein Wohnungseigentümer aufgrund seines Stimmgewichts Beschlussfassungen blockiert, obwohl es ein Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung wäre, einen positiven Beschluss zu fassen.232

94 Gegen Treu und Glauben verstößt etwa die Bestellung des Verwalters durch den Inhaber der

Mehrheit der Stimmrechte, wenn schon im Bestellungszeitpunkt Interessengegensätze offenkundig sind und deshalb das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen Verwalter und den übrigen Wohnungseigentümern nicht entstehen kann.233 Ebenso kann es treuwidrig sein, wenn ein persönlich ungeeigneter, fachlich unfähiger oder übermäßig teurer Verwalter vom Mehrheitseigentümer gewählt wird.234 Ebenfalls rechtsmissbräuchlich ist die Verweigerung der Abberufung eines Verwalters durch den Mehrheitseigentümer, wenn der Verwalter wegen seiner Tätigkeit erheblich bestraft wurde.235 Umgekehrt kann auch die willkürliche Abberufung eines dem Mehrheitseigentümer nicht genehmen Verwalters treuwidrig sein.236 Der illiquide Bauträger-Eigentümer nutzt die bei ihm verbliebene Stimmenmehrheit in der Versammlung der Wohnungseigentümer i.d.R. rechtsmissbräuchlich, wenn Sonderumlagen in einer Höhe beschlossen werden, dass noch offene Herstellungsverpflichtungen erfüllt werden können, so dass die solventen übrigen Wohnungseigentümer die benötigten Geldmittel faktisch allein aufzubringen haben.237 Unzulässig ist es auch, wenn sich der Mehrheitseigentümer unangemessene Vorteile verschafft.238 b) Rechtsfolgen des Stimmrechtsmissbrauchs aa) Nichtberücksichtigung der Stimmen 95 Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des stimmübergewichtigen Wohnungseigentümers

vor der Abstimmung wegen der Gefahr eines Missbrauchs ist nicht zulässig.239 Verwirklicht sich aber die Gefahr und stimmt der Wohnungseigentümer tatsächlich missbräuchlich ab, sind seine Stimmen bei der Abstimmung nicht zu berücksichtigen, wenn es sich um Ja-Stimmen handelt, die ein positives Beschlussergebnis begründen würden. Der Versammlungsleiter hat das Beschlussergebnis ohne diese Stimmen festzustellen und zu verkünden.240 Gibt der

232 233 234 235 236 237 238 239 240

BR 143/04, MietRB 2006, 13 = ZMR 2006, 139; LG Saarbrücken v. 23.7.2012 – 5 S 28/11, ZWE 2013, 90; LG Mainz v. 15.8.2011 – 306 T 129/08, ZMR 2012, 41. BGH v. 14.7.2017 – V ZR 290/16, NJW 2018, 552 = MDR 2017, 1176 = MietRB 2017, 322. BayObLG v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, ZMR 2002, 527; vgl. auch LG Karlsruhe v. 4.11.2014 – 5 S 107/13, ZWE 2015, 187 = MietRB 2014, 240; LG Berlin v. 17.6.2008 – 55 S 23/08, GE 2008, 1203. OLG Karlsruhe v. 31.7.2007 – 14 Wx 41/06, ZMR 2008, 408 (409); BayObLG v. 3.5.2005 – 2Z BR 143/04, MietRB 2006, 13 = ZMR 2006, 139; LG Berlin v. 23.9.2014 – 55 S 302/12, GrundE 2014, 1537. OLG Köln v. 25.5.2001 – 16 Wx 15/01, ZMR 2002, 152. AG Celle v. 21.12.2000 – 12/13 II 11/00, NZM 2002, 268. OLG Zweibrücken v. 22.3.2005 – 3 W 226/04, NZM 2005, 429. BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704 (3708). KG v. 15.6.1988 – 24 W 1889/88, NJW-RR 1988, 1173; a.A. OLG Düsseldorf v. 21.12.1983 – 3 W 177/83, OLGZ 1984, 289. BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704 (3708).

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IV. Ausübung des Stimmrechts | Rz. 98 § 25

Wohnungseigentümer hingegen treuwidrig Nein-Stimmen ab und verhindert so eine gebotene Beschlussfassung, gilt dies nicht; ein positiver Beschluss kann nur durch gerichtliche Entscheidung ersetzt werden.241 Dasselbe gilt, wenn der Mehrheitseigentümer einen Vertreter zur Stimmabgabe bevollmächtigt hat.242 bb) Anfechtbarkeit der Beschlüsse Zählt der Versammlungsleiter die rechtsmissbräuchlichen Ja-Stimmen mit, sind die ergange- 96 nen Beschlüsse wegen eines formellen Mangels anfechtbar, aber nicht nichtig.243 Haben sich die missbräuchlich ausgeübten Stimmen auf das Ergebnis nicht ausgewirkt, ist der Beschluss wegen fehlender Kausalität des Mangels nicht für ungültig zu erklären. Die Anfechtbarkeit bietet den notwendigen, aber auch ausreichenden Schutz vor missbräuchlicher Stimmrechtsabgabe.244 Es ist daher nicht angezeigt, bei einer „besonders treu- und sittenwidrigen“ Weise der Majorisierung die Nichtigkeit eines getroffenen Beschlusses anzunehmen, etwa wenn der begünstigte Wohnungseigentümer in Zusammenwirken mit dem Verwalter in sachwidriger Weise eigene Zwecke auf Kosten der übrigen Wohnungseigentümer verfolgt.245 Die Nichtigkeit eines Beschlusses wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB kann sich allenfalls aus dem beschlossenen Inhalt ergeben. Nichtig sind sonst nur die rechtsmissbräuchlichen Stimmen, nicht aber der Beschluss selbst. cc) Änderung des Stimmrechtsprinzips Einer Majorisierung kann weder durch eine Änderung der Stimmrechte246 noch durch eine 97 gerichtlich zu verfügende Beschränkung der Stimmrechtsausübung für die Zukunft oder eine generelle Begrenzung der Stimmrechte auf 25 % oder einen anderen Prozentsatz begegnet werden.247 Es kommt aber ein Anspruch der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 2 Satz 3 auf Änderung des vereinbarten, von § 25 Abs. 2 Satz 1 abweichenden Stimmrechtsprinzips in Betracht.248 Dieser Anspruch setzt freilich voraus, dass eine treuwidrige Majorisierung zur Methode des pflichtwidrig abstimmenden Wohnungseigentümers gehört und stets in der Versammlung, etwa bei der Verwalterbestellung, angewandt wird. Dann kann es den überstimmten Wohnungseigentümern nicht zugemutet werden, in jedem Fall die gefassten Beschlüsse mit dem damit verbundenen hohen Kostenrisiko anfechten zu müssen.

6. Schadensersatzansprüche wegen Stimmrechtsausübung Schadensersatzansprüche eines Wohnungseigentümers gegen einen anderen Wohnungsei- 98 gentümer wegen einer positiven, negativen oder unterlassenen Ausübung des Stimmrechts 241 BGH v. 14.7.2017 – V ZR 290/16, NJW 2018, 552 = MDR 2017, 1176 = MietRB 2017, 322. 242 M. Müller, ZWE 2017, 395. 243 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 (60) = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704 (3708); BayObLG v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, ZMR 2002, 527; BayObLG v. 25.3.1999 – 2Z BR 169/98, ZMR 1999, 495 (496); OLG Düsseldorf v. 5.12.1994 – 3 Wx 536/93, NJW-RR 1995, 464. 244 BayObLG v. 3.5.2005 – 2Z BR 143/04, MietRB 2006, 13 = ZMR 2006, 139. 245 A.A. OLG Schleswig v. 16.11.2005 – 2 W 267/04, MietRB 2006, 132 (135) = ZMR 2006, 315 (316); BayObLG v. 24.1.2001 – 2Z BR 112/00, ZMR 2001, 366 (368); BayObLG v. 28.1.1986 – BReg.2 Z 4/ 86, MDR 1986, 413; einschränkend Häublein in Staudinger, § 25 WEG Rz. 190. 246 BayObLG v. 3.5.2005 – 2Z BR 143/04, MietRB 2006, 13 = ZMR 2006, 139. 247 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 (60 f.) = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704 (3708); KG v. 5.11.1986 – 24 W 1558/86, MDR 1987, 236 = NJW-RR 1987, 268; a.A. OLG Düsseldorf v. 21.12.1983 – 3 W 177/83, OLGZ 1984, 289 (290); OLG Hamm v. 6.2.1978 – 15 W 345/77, OLGZ 1978, 184 (188). 248 Jennißen/Schwermer, WuM 1988, 285 (286).

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§ 25 Rz. 98 | Mehrheitsbeschluss kommen in der Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich nicht in Betracht.249 Die Wohnungseigentümer sind im Grundsatz weder zur Teilnahme an der Versammlung noch zur Mitwirkung an der Willensbildung – erst recht nicht in einer bestimmten Weise – verpflichtet.250 Ein Wohnungseigentümer kann nicht „dulden und liquidieren“. Ist ein Wohnungseigentümer durch eine Stimmrechtsausübung eines anderen Wohnungseigentümers beeinträchtigt, muss er den getroffenen Beschluss anfechten, gem. § 21 Abs. 4 auf einen Beschluss klagen oder im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach §§ 935, 940 ZPO vorgehen. 99 Anders ist es allerdings bei einem Verstoß des nicht oder pflichtwidrig abstimmenden Woh-

nungseigentümers gegen die den Wohnungseigentümern gegenseitig obliegende Treuepflicht, z.B. bei der Nichtzustimmung zu dringend erforderlichen Sanierungsmaßnahmen (dazu § 21 Rz. 48),251 bei einem Verstoß gegen einen Unterlassungstitel252 oder wenn der Eintritt des Schadens nicht durch bloße Anfechtung des Beschlusses verhindert werden kann.253 In diesen Fällen kann eine der Treuepflicht entspringende Mitwirkungspflicht an der Beschlussfassung die Wohnungseigentümer dazu verpflichten, ihr Stimmrecht in einer Weise auszuüben, dass der betroffene Wohnungseigentümer nicht geschädigt wird.254 Geschieht dies nicht, steht dem beeinträchtigten Wohnungseigentümer ein Schadenersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB zu.

7. Verhinderung der Ausübung des Stimmrechts 100 Besteht darüber Streit, ob einer Person in der Eigentümerversammlung ein Stimmrecht

zusteht, kann diese gegen die anderen gem. § 43 Nr. 1 auf Feststellung klagen, dass sie stimmberechtigt ist.255 Einen Beschluss über das Bestehen des Stimmrechts können die Wohnungseigentümer nicht fassen, weil es sich um eine Rechtsfrage handelt. Fassen die Wohnungseigentümer dennoch einen entsprechenden Beschluss, ist zu unterscheiden: Bezieht er sich nur auf das Stimmrecht bei einer bestimmten Abstimmung, handelt es sich um einen rechtswidrigen Geschäftsordnungsbeschluss, der für sich genommen nicht anfechtbar ist (s. § 24 Rz. 128), aber zu einem formellen Mangel des Beschlusses führt, bei dem der rechtswidrige Stimmrechtsausschluss bestand (dazu sogleich). Wird die Stimmberechtigung der Person auf Dauer entzogen oder anerkannt, ist der Beschluss als gesetzesändernde Regelung nichtig. 101 Wenn ein Wohnungseigentümer versehentlich von der Ausübung seines Stimmrechts abge-

halten wird, z.B. durch eine unzutreffende Anwendung von § 25 Abs. 5,256 führt dies zu einem formellen Mangel der getroffenen Beschlüsse (s. § 23 Rz. 173). Ist nicht auszuschließen, dass sich der Ausschluss eines Wohnungseigentümers nicht nur auf den Abstimmungsvorgang als solchen ausgewirkt hat, sondern bereits Einfluss auf die vorangegangene Willensbildung der Wohnungseigentümer hatte,257 liegt die erforderliche Kausalität des Beschlussmangels vor. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Wohnungseigentümer auch von der 249 KG v. 30.11.1990 – 24 W 3939/90, ZMR 1991, 233; Elzer, ZMR 2006, 957 (958) N.; Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 200; offen gelassen von KG v. 17.10.2001 – 24 W 9876/00, ZMR 2002, 149. 250 BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 Rz. 24 = MietRB 2018, 271. 251 Vgl. BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 Rz. 36 = MietRB 2018, 271; BGH v. 17.10.2014 – V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 = MietRB 2015, 18 = MDR 2015, 16. 252 Elzer, ZMR 2006, 957 (958) m.w.N. 253 Abramenko, FS Merle (2010), S. 1 (2 ff.). 254 BGH v. 23.2.2018 – V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 Rz. 36 = MietRB 2018, 271. 255 OLG Hamm v. 4.7.2005 – 15 W 256/04, ZMR 2006, 60. 256 KG v. 17.5.1989 – 24 W 5147/88, MDR 1989, 823. 257 OLG Köln v. 24.10.2001 – 16 Wx 192/01, ZMR 2002, 466; OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, MDR 2001, 326 = NJW-RR 2001, 88; OLG Köln v. 26.11.1997 – 16 Wx 127/96, WuM 1998, 176; BayObLG v. 30.4.1999 – 2Z BR 175/98, BayObLGReport 1999, 75.

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V. Beschlussfähigkeit der Versammlung (Abs. 3) | Rz. 104 § 25

Teilnahme an der Versammlung und der in ihr geführten Diskussion ferngehalten wird. Eine Beschlussanfechtung wegen eines Stimmrechtsmangels bleibt nur dann erfolglos, wenn feststeht, dass der Beschluss auch ohne den Verstoß zustande gekommen wäre.258 Die Wahl eines Mitgliedes des Verwaltungsbeirates ist trotz fehlerhaften Ausschlusses desjenigen Wohnungseigentümers, der hierdurch zum Vorsitzenden des Verwaltungsbeirates gewählt wurde, daher nicht ungültig, wenn feststeht, dass der ausgeschlossene Eigentümer auch bei ordnungsgemäßem Vorgehen mit Stimmenmehrheit gewählt worden wäre.259 Wird ein Wohnungseigentümer vorsätzlich von der Eigentümerversammlung und dadurch 102 von der Ausübung seines Stimmrechts ausgeschlossen, ist ein dennoch gefasster Beschluss nichtig (s. auch § 24 Rz. 48).260 Solche Beschlüsse greifen in den mitgliedschaftlichen Kernbereich des Wohnungseigentums ein, weil sie den betreffenden Eigentümer von seinem elementaren Mitverwaltungsrecht rechtswidrig und wider Treu und Glauben ausschließen.261

V. Beschlussfähigkeit der Versammlung (Abs. 3) 1. Notwendiges Quorum Vor allem um Zufallsentscheidungen zu verhindern, kann in einer ordentlichen Eigentümer- 103 versammlung ein Beschluss nur gefasst werden, wenn die Versammlung beschlussfähig ist. Die Beschlussfähigkeit knüpft nicht an die Anzahl der in einer Versammlung erschienenen oder vertretenen Wohnungseigentümer an. Eine Versammlung ist gem. § 25 Abs. 3 vielmehr dann beschlussfähig, wenn die erschienenen oder vertretenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile repräsentieren, z.B. 501/1000 oder 5001/10 000 (s. Rz. 107). Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich befugt, durch eine Vereinbarung das nach § 25 104 Abs. 3 notwendige Quorum zu ändern, insbesondere zu erhöhen und zu senken.262 Eine Obergrenze gibt es dabei nicht, so dass auch vereinbart werden kann, dass alle Wohnungseigentümer anwesend oder vertreten sein müssen.263 Grenzen für eine Erhöhung des Quorums ergeben sich für Beschlüsse über die Kostenverteilung und Modernisierungsmaßnahmen aus §§ 16 Abs. 5, 22 Abs. 2 Satz 2. Denn in der Vereinbarung z.B. einer notwendigen Anwesenheit oder Vertretung aller Wohnungseigentümer liegt eine Erschwerung der Beschlussfassung mit den dort vorgesehenen (qualifizierten) Mehrheiten. Eine zulässige Absenkung liegt z.B. auch darin, dass eine Eigentümerversammlung bereits dann beschlussfähig sein soll, wenn mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile vertreten sind.264 Diese Regelung

258 BayObLG v. 10.4.2002 – 2Z BR 97/01, ZWE 2002, 469 (470); BayObLG v. 30.3.1990 – BReg.2 Z 31/ 90, NJW-RR 1990, 784 (785). Ob die Voraussetzungen für diese Ausnahme vorliegen, ist im Wesentlichen vom Tatrichter zu entscheiden, BayObLG v. 10.4.2002 – 2Z BR 97/01, ZWE 2002, 469 (470); BayObLG v. 30.3.1990 – BReg.2 Z 31/90, NJW-RR 1990, 784 (785). 259 OLG Köln v. 12.5.2006 – 16 Wx 93/06, MietRB 2006, 322. 260 BayObLG v. 8.12.2004 – 2Z BR 199/04, MietRB 2005, 154 = ZMR 2005, 801; OLG Köln v. 3.12.2003 – 16 Wx 216/03, ZMR 2004, 299 (300); OLG Zweibrücken v. 21.11.2002 – 3 W 179/02, ZMR 2004, 60 (63); OLG Celle v. 15.1.2002 – 4 W 30/01, ZWE 2002, 276; kritisch Häublein, ZMR 2004, 723 (730). 261 Elzer, MietRB 2005, 154; Suilmann, Beschlussmängelverfahren, S. 34/35. 262 OLG München v. 1.12.2005 – 32 Wx 93/05, ZMR 2006, 231 (232); OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671; KG v. 10.11.1993 – 24 W 6075/92 u. 24 W 6297/92, MDR 1994, 274 = ZMR 1994, 171 (172); BayObLG v. 2.4.1992 – 2Z BR 4/92, NJW-RR 1992, 910 (911); BayObLG v. 28.1.1986 – BReg.2 Z 4/86, MDR 1986, 413; LG Berlin v. 11.5.2012 – 55 S 322/11, GE 2012, 1179. 263 Kritisch Jennißen, ZWE 2016, 8 (9). 264 BayObLG v. 8.12.2004 – 2Z BR 80/04, NJW 2005, 1587.

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§ 25 Rz. 104 | Mehrheitsbeschluss macht im Gegensatz zur gesetzlichen Vorschrift die Beschlussfähigkeit allein davon abhängig, dass mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten ist;265 auf die Stimmberechtigung (Rz. 72) kommt es dann nicht an.266 Möglich ist es auch, ein Quorum nach Köpfen oder vertretenen Wohnungseigentumseinheiten zu bestimmen.267 Eine Änderung des Quorums durch Beschluss ist nicht möglich; ein entsprechender Beschluss ist mangels Beschlusskompetenz nichtig.268

2. Voraussetzung jeder Beschlussfassung 105 Die Beschlussfähigkeit besteht nicht für eine Versammlung generell. Die Beschlussfähigkeit

muss vielmehr bei jeder einzelnen Abstimmung gegeben sein269. Die Beschlussfähigkeit ist aus daher vor jeder einzelnen Beschlussfassung erneut zu prüfen.270 Insbesondere, wenn Wohnungseigentümer den Versammlungssaal verlassen haben oder Stimmrechtsverbote für den Beschlussgegenstand bestehen, bedarf es einer erneuten Berechnung der anwesenden und vertretenen Miteigentumsanteile.

3. Berechnung 106 Für die Berechnung der Höhe der Miteigentumsanteile der erschienenen oder vertretenen

Wohnungseigentümer ist der im Grundbuch eingetragene zahlenmäßige Wert der jeweiligen Miteigentumsanteile maßgebend, wobei nur die Miteigentumsanteile von Wohnungseigentümern zu berücksichtigen sind, die bei der konkreten Beschlussfassung stimmberechtigt sind, mithin keinem Stimmrechtsausschluss nach § 25 Abs. 5 unterliegen.271 Bei der Zählung ist ein gesetzlich Verwaltungsbefugter für das Wohnungseigentum, z.B. ein Insolvenzverwalter (s. Rz. 36 ff.), wie der Wohnungseigentümer zu behandeln. Nicht mitzuzählen sind die Stimmen eines Wohnungseigentümers, wenn diese „ruhen“ (dazu Rz. 121 ff.).272 107 Die Beschlussfähigkeit ist nach der Höhe der Miteigentumsanteile sämtlicher Wohnungs-

eigentümer zu berechnen, es sei denn, es findet eine Teilversammlung statt (Rz. 109).273 Eine Eigentümerversammlung ist danach nur dann beschlussfähig, wenn die erschienenen stimm-

265 OLG Frankfurt v. 24.8.2006 – 20 W 214/06, MietRB 2007, 121 = ZWE 2007, 84; OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671; KG v. 10.11.1993 – 24 W 6075/92 u. 24 W 6297/92, MDR 1994, 274 = NJW-RR 1994, 659 (660). 266 OLG Frankfurt v. 24.8.2006 – 20 W 214/06, MietRB 2007, 121 = ZWE 2007, 84; OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671. 267 LG Nürnberg-Fürth v. 5.7.2016 – 14 S 6933/15, ZMR 2017, 95 = MietRB 2017, 12; Jennißen, ZWE 2016, 8 (9). 268 Jennißen, ZWE 2016, 8 (9). 269 OLG Zweibrücken v. 11.3.2002 – 3 W 184/01, ZWE 2002, 283 (284); AG Weimar v. 1.3.2013 – 5 C 839/11, ZMR 2013, 582. 270 OLG Zweibrücken v. 11.3.2002 – 3 W 184/01, ZWE 2002, 283 (284); OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671; OLG Köln v. 1.10.2002 – 16 Wx 13/02, ZMR 2003, 607; BayObLG v. 18.12.1986 – BReg 2Z 81/85, MDR 1987, 410; a.A, Jennißen, ZWE 2016, 8 (9): nur bei begründeten Zweifeln. 271 OLG Karlsruhe v. 27.5.2002 – 14 Wx 91/01, ZMR 2003, 289. 272 So auch Häublein in FS Seuß (2007), S. 125 (139). 273 BayObLG v. 20.2.2003 – 2Z BR 136/02, ZMR 2003, 519 (520); BayObLG v. 15.10.1992 – 2Z BR 75/ 92, MDR 1993, 344; OLG Düsseldorf v. 24.6.1991 – 3 Wx 99/91, MDR 1992, 374 = WE 1992, 81; OLG Frankfurt v. 24.8.2006 – 20 W 214/06, MietRB 2007, 121 = ZWE 2007, 84; OLG Frankfurt v. 19.7.1989 – 20 W 190/89, OLGZ 1989, 429; LG München I v. 4.12.2014 – 36 S 5969/14, ZMR 2015, 158; a.A. KG v. 16.9.1988 – 24 W 3200/88, NJW-RR 1989, 17 (18).

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V. Beschlussfähigkeit der Versammlung (Abs. 3) | Rz. 110 § 25

berechtigten Eigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile aller Stimmberechtigten repräsentieren (50 %). Nach anderer Ansicht ist für die Berechnung hingegen auf die stimmberechtigten Wohnungseigentümer abzustellen.274 Diese Lösung will die Durchführung einer Zweitversammlung nur dort erforderlich werden lassen, „wo die Entscheidung in die Hände der Minderheit der stimmberechtigten Eigentümer gelegt zu werden droht“.275 Sie ist aber mit dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht zu vereinbaren. Die Vermeidung unnötiger Zweitversammlungen kann auch durch eine teleologische Reduktion des § 25 Abs. 3 erreicht werden (dazu Rz. 108), ohne dass es einer Auslegung contra legem bedarf. Ist mindestens die Hälfte der Miteigentumsanteile von der Ausübung des Stimmrechts 108 dauerhaft ausgeschlossen, ist nach h.M. die Regelung des § 25 Abs. 3 nicht anwendbar mit der Folge, dass die Eigentümerversammlung in diesem Fall ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden stimmberechtigten Wohnungseigentümer beschlussfähig ist und es der Einberufung einer Zweitversammlung nicht bedarf.276 Dem ist zuzustimmen, denn das Bestehen auf einer Zweitversammlung wäre nur eine bloße „Förmelei“, weil in diesem Fall die Erstversammlung niemals beschlussfähig sein kann. § 25 Abs. 3 ist daher im Wege einer teleologischen Auslegung zu reduzieren. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung ist es nicht erforderlich, dass in diesem Fall in der Erstversammlung wenigstens die Hälfte der stimmberechtigten Eigentümer anwesend oder vertreten ist.277 Eine derartige gestufte Betrachtung der Beschlussfähigkeit ist in § 25 nicht vorgesehen; vielmehr ist die Zweitversammlung nach Abs. 4 Satz 2 an kein Quorum gebunden. Gerechtfertigt ist die einschränkende Auslegung des Abs. 3 aber nur, wenn die nicht Stimmberechtigten ihr Stimmrecht dauerhaft nicht ausüben dürfen. Wenn ihre Stimmrechte nur ruhen (s. aber Rz. 121 ff.) und bis zur Zweitversammlung also wieder aufleben können, muss eine Zweitversammlung einberufen werden.278 Entsprechendes gilt, wenn ein (noch) nicht ausreichend bevollmächtigter Vertreter des Mehrheitseigentümers erscheint. Auch dies ist ein behebbarer Mangel, der eine Zweitversammlung nicht entbehrlich macht.279 Bei einer vereinbarten Teilversammlung in einer Mehrhausanlage kommt es für die Berech- 109 nung der Beschlussfähigkeit nicht auf sämtliche Wohnungseigentümer, sondern auf die stimmberechtigten Wohnungseigentümer bzw. ihre Vertreter an.280 Sind einem Haus etwa 240/1000 Miteigentumsanteile zugeordnet, ist die Teilversammlung beschlussfähig, wenn 121/1000 Miteigentumsanteile vertreten sind.

4. Beweislast Lässt sich nachträglich die Beschlussfähigkeit der Versammlung nicht mehr feststellen, geht 110 das nach den allgemeinen Regelungen im Verfahren zu Lasten derer, die sich auf die Wirk-

274 Häublein in FS Seuß (2007), S. 125 (139); Häublein, NZM 2004, 534; Riecke in Riecke/Schmid, § 25 WEG Rz. 47. 275 Häublein, NZM 2004, 534 (535). 276 KG v. 25.8.2003 – 24 W 110/02, ZMR 2004, 144 (145); KG v. 11.3.2002 – 24 W 310/01, ZMR 2002, 695 (696); OLG Köln v. 17.1.2003 – 16 Wx 112/02, ZMR 2003, 608 (609); BayObLG v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, ZMR 2002, 527 (528); OLG Düsseldorf v. 16.11.1998 – 3 Wx 393/98, ZMR 1999, 274 (275); OLG Düsseldorf v. 9.10.1998 – 3 Wx 162/98, ZMR 1999, 191. 277 So aber Häublein, NZM 2004, 534; Jennißen, ZWE 2016, 8 (10); Bartholome in Timme, § 25 Rz. 86. 278 KG v. 25.8.2003 – 24 W 110/02, ZMR 2004, 144 (145); OLG Köln v. 17.1.2003 – 16 Wx 112/02, ZMR 2003, 608 (609); OLG Düsseldorf v. 9.10.1998 – 3 Wx 162/98, ZMR 1999, 191; a.A. noch KG v. 10.11.1993 – 24 W 6075/92, 24 W 6297/92, MDR 1994, 274 = ZMR 1994, 171 (172). 279 KG v. 25.8.2003 – 24 W 110/02, ZMR 2004, 144 (145). 280 BayObLG v. 17.1.2000 – 2Z BR 99/99, ZMR 2000, 319 (320); Rüscher, ZWE 2011, 308 (311); Hügel, NZM 2010, 8 (15); Häublein, NZM 2003, 785 (792).

Schultzky | 1015

§ 25 Rz. 110 | Mehrheitsbeschluss samkeit eines Beschlusses und auf die vorhandene Beschlussfähigkeit „berufen“. Hat der Versammlungsleiter nach der Niederschrift festgestellt, dass Beschlussfähigkeit vorliegt, ist dies aber ein erhebliches Beweiszeichen für die Beschlussfähigkeit, das regelmäßig durch andere Beweismittel, z.B. Zeugen, entkräftet werden muss (dazu § 24 Rz. 145 f.).281

5. Folgen fehlender Beschlussfähigkeit 111 Ist eine Versammlung nicht beschlussfähig, muss der Verwalter gem. Abs. 4 Satz 1 eine neue

Versammlung (Zweitversammlung) mit gleichem Gegenstand einberufen (Rz. 114 ff.). Eine Zweitversammlung ist auch einzuberufen, soweit die Beschlussfähigkeit nur für bestimmte Beschlussanträge fehlt, etwa wenn eine zunächst gegebene Beschlussfähigkeit nachträglich dadurch entfällt, dass ein Wohnungseigentümer die Versammlung verlässt. 112 Stellt der Versammlungsleiter fehlerhaft fest, dass ein Beschluss gefasst wurde und verkündet

er das Ergebnis, obwohl die Versammlung nicht beschlussfähig war – z.B. weil anwesende Wohnungseigentümer unerkannt vom Stimmrecht ausgeschlossen waren –, ist ein solcher formell mangelhafter Beschluss zwar anfechtbar, aber nicht nichtig.282 Das gilt unabhängig vom Anlass der fehlenden Beschlussfähigkeit. Die Nichtigkeit von Beschlüssen kann deshalb nicht damit begründet werden, dass die Beschlussunfähigkeit ihren Grund darin habe, dass Personen bewusst von der Abstimmung ferngehalten worden seien.283 In diesen Fällen kann sich eine Beschlussnichtigkeit aber daraus ergeben, dass Wohnungseigentümer vorsätzlich nicht geladen wurden (§ 24 Rz. 148).

VI. Zweitversammlung (Abs. 4) 113 Ist eine Eigentümerversammlung nicht nach Abs. 3 beschlussfähig, hat gem. Abs. 4 der Ver-

walter eine neue Versammlung, die sog. Zweitversammlung, mit den gleichen Gegenständen einzuberufen (Rz. 114 ff.), die dann ohne Rücksicht auf die vertretenen Anteile beschlussfähig ist (Rz. 118). Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, dass mit der Einladung zur Erstversammlung auch zugleich zu einer Zweitversammlung geladen werden darf (Rz. 119).

1. Voraussetzungen der Zweitversammlung 114 Eine Zweitversammlung setzt voraus, dass die Erstversammlung, zu der ordnungsgemäß ge-

laden gewesen sein muss, beschlussunfähig war. Leidet bereits die Ladung zu der Erstversammlung unter einem Mangel, bemakelt das die anschließend einberufene Zweitversammlung und die dort gefassten Beschlüsse, wenn sich der Ladungsmangel auf die Teilnahme zur Erstversammlung ausgewirkt hat.284 Die Zweitversammlung darf nach dem Wortlaut des Abs. 4 Satz 1 erst dann einberufen werden, wenn die Beschlussunfähigkeit der Erstversammlung festgestellt ist.285 Die in die Ladung zur Erstversammlung aufgenommene Even-

281 OLG München v. 5.4.2011 – 32 Wx 1/11, ZWE 2011, 262 (263). 282 BGH v. 22.1.2016 – V ZR 116/15, ZMR 2016, 382; BGH v. 27.3.2009 – V ZR 196/08, MDR 2009, 796 = MietRB 2009, 198 f. = NJW 2009, 2132 (2134); BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704. 283 BGH v. 27.3.2009 – V ZR 196/08, MDR 2009, 796 = MietRB 2009, 198 f. = NJW 2009, 2132 (2134). 284 OLG Hamm v. 16.4.2007 – 15 W 108/06, MietRB 2007, 296 = ZMR 2007, 984; Elzer, ZMR 2009, 7 (8). 285 OLG Köln v. 30.12.1998 – 16 Wx 187/98, MDR 1999, 799; OLG Köln v. 23.8.1989 – 16 Wx 79/89, NJW-RR 1990, 26.

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VI. Zweitversammlung (Abs. 4) | Rz. 117 § 25

tualeinberufung zur zweiten Versammlung für den Fall, dass die Beschlussfähigkeit der ersten fehlt, ist unzulässig; die auf der Zweitversammlung getroffenen Beschlüsse sind dann anfechtbar.286 Die Wohnungseigentümer können aber die Zulässigkeit einer Eventualversammlung vereinbaren (s. Rz. 119).

2. Einberufung War eine Erstversammlung nicht beschlussfähig, so ist nach dem Wortlaut des Abs. 4 Satz 1 115 der Verwalter ermächtigt, eine neue Versammlung mit dem gleichen Gegenstand einzuberufen. Hat die Erstversammlung zulässigerweise ein Dritter einberufen (dazu § 24 Rz. 24 ff.), ist dieser aber auch zur Einberufung der Zweitversammlung berechtigt.287 Für die Ladung gelten – bis auf die Notwendigkeit des Hinweises nach Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 – keine Besonderheiten. Insbesondere ist die Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 einzuhalten. Wird deshalb in der Erstversammlung nach Feststellung der Beschlussunfähigkeit unmittelbar für eine sofort stattfindende Zweitversammlung geladen, sind die dort getroffenen Beschlüsse anfechtbar (dazu § 24 Rz. 65a f.).288

3. Hinweis auf die Zweitversammlung (Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2) Der Einladende muss mit der Ladung zur Zweitversammlung gem. Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 aus- 116 drücklich darauf hinweisen, dass diese Eigentümerversammlung ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlussfähig ist.289 Ein bloßer Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des Abs. 4 Satz 2 genügt nicht.290 Bei Verlegung einer bereits zuvor einberufenen Zweitversammlung um eine Woche braucht der Hinweis im Ladungsschreiben allerdings nicht wiederholt werden, wenn er bereits in der Einladung zur „ursprünglichen“ Zweitversammlung enthalten war.291 Wird der Hinweis unterlassen, sind auf der Versammlung getroffene Beschlüsse formell mangelhaft und anfechtbar, aber nicht nichtig. Ein Verstoß ist geheilt, wenn mehr als 50 % der Miteigentumsanteile auf einer Zweitversammlung vertreten sind.292 Der Sache nach handelt es sich in diesem Falle um eine Erstversammlung.

4. Gegenstand der Zweitversammlung Die Zweitversammlung hat sich mit den Gegenständen zu befassen, bei denen in der Erstver- 117 sammlung die Beschlussfähigkeit gefehlt hat. Nur zu diesen Punkten ist auch zu laden. Wenn der Verwalter in die neue Tagesordnung zusätzliche Tagesordnungspunkte aufnimmt, handelt es sich um eine kombinierte Erst- und Zweitversammlung mit der Folge, dass für die neuen Tagesordnungspunkte das Quorum des § 25 Abs. 3 erfüllt sein muss.293 286 OLG Köln v. 23.8.1989 – 16 Wx 79/89, NJW-RR 1990, 26; BayObLG v. 24.4.1981 – BReg.2 Z 58/80, DWW 1982, 271; OLG Celle v. 19.4.1978 – 4 Wx 5/78, NdsRpfl. 1978, 149. 287 Vandenhouten in Köhler, Teil 5 Rz. 86. 288 BayObLG v. 24.4.1981 – BReg.2 Z 58/80, DWW 1982, 271. 289 Diese Bestimmung ist allerdings abdingbar, OLG Frankfurt v. 15.10.1982 – 20 W 626/82, OLGZ 1983, 29. 290 AG Bergheim v. 30.12.1981 – 15 II 3/81, MDR 1982, 497 (498). 291 KG v. 25.8.2003 – 24 W 110/02, ZMR 2004, 144 (145). 292 KG v. 25.8.2003 – 24 W 110/02, ZMR 2004, 144 (145); OLG Frankfurt v. 15.10.1982 – 20 W 626/ 82, OLGZ 1983, 29. 293 OLG Köln v. 30.12.1998 – 16 Wx 187/98, MDR 1999, 799; OLG Frankfurt v. 15.10.1982 – 20 W 626/82, OLGZ 1983, 29.

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§ 25 Rz. 118 | Mehrheitsbeschluss

5. Beschlussfähigkeit 118 Eine Zweitversammlung ist gem. § 25 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 ohne Rücksicht auf die Höhe der

vertretenen Anteile stets beschlussfähig. Notwendig, aber auch ausreichend ist die Anwesenheit eines einzigen Wohnungseigentümers (Ein-Mann-Versammlung). Die darin liegende Gefahr, dass eine kleine Minderheit der Wohnungseigentümer die Geschicke der Anlage bestimmen kann, hat der Gesetzgeber durch die Hinweispflicht nach Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ausgeglichen. Ein weiterer Schutz der nicht anwesenden Wohnungseigentümer ist nicht vorgesehen. Die auf der Zweitversammlung gefassten Beschlüsse unterliegen keinen besonderen Schranken.

6. Eventualversammlung 119 Die Wohnungseigentümer können die Zulässigkeit einer sonst nach § 25 Abs. 4 unzulässigen

(s. Rz. 114) sog. Eventualeinberufung und -versammlung vereinbaren. Dem genügt in aller Regel nur eine ausdrückliche Regelung; Anhaltspunkte für eine konkludente Vereinbarung bestehen zumeist nicht.294 Inhalt einer derartigen Vereinbarung ist, dass sogleich mit der Ersteinladung zur Eigentümerversammlung für den Fall ihrer Beschlussunfähigkeit zu einer zweiten Eigentümerversammlung am gleichen Tag z.B. eine halbe Stunde nach dem Termin der Erstversammlung (sog. Eventualversammlung) eingeladen werden kann.295 Nicht zwingend, aber empfehlenswert ist die Regelung, dass die Wohnungseigentümer – entsprechend Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 – bei der Eventualeinberufung darauf hingewiesen werden müssen, dass die Versammlung ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen und die Größe der vertretenen Anteile beschlussfähig ist. Der Übergang von der Erstversammlung im Fall der Beschlussunfähigkeit in die Zweitversammlung ist vom Versammlungsleiter förmlich festzustellen, wenn die beiden Versammlungen unmittelbar aufeinander folgen.296 120 Eine Zulassung der Eventualeinberufung durch Beschluss ist nicht möglich. Ein derartiger

Beschluss ist als gesetzesändernder Beschluss nichtig, weil er zugleich eine Abweichung von § 24 Abs. 4 enthält, indem er die Zweitversammlung regelmäßig auf denselben Tag der Erstversammlung legt.297 Eine ohne eine Vereinbarung einberufene Zweitversammlung ist aber keine „Nichtversammlung“. Die dort gefassten Beschlüsse sind deshalb lediglich wegen eines formellen Mangels anfechtbar (s. § 23 Rz. 174).298

VII. Stimmrechtsausschlüsse (Abs. 5) 1. Allgemeines 121 § 25 Abs. 5 schließt in drei Fällen einer abstrakt unterstellten, im Einzelfall nicht zu prüfen-

den und auch nicht zu widerlegenden Interessenkollision Wohnungseigentümer vom Stimm294 Vgl. OLG Frankfurt v. 24.8.2006 – 20 W 214/06, NZM 2007, 806 = MietRB 2007, 121; LG München I v. 10.4.2014 – 1 S 4470/14, juris: stets ausdrückliche Vereinbarung erforderlich. 295 KG v. 17.5.2000 – 24 W 3651/99, NZM 2001, 105 (107); OLG Köln v. 30.12.1998 – 16 Wx 187/98, MDR 1999, 799; Vandenhouten in Köhler, Teil 5 Rz. 94. 296 BayObLG v. 10.5.1989 – BReg.2 Z 23/88, MDR 1989, 824. 297 OLG Frankfurt v. 24.8.2006 – 20 W 214/06, ZWE 2007, 84; LG Mönchengladbach v. 28.11.2002 – 2 T 102/00, NZM 2003, 945; Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 118; a.A. KG v. 17.5.2000 – 24 W 3651/99, ZMR 2000, 698; BayObLG v. 11.10.1989 – BReg.2 Z 65/89, WuM 1989, 658, aber durch BGH v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 148 = MDR 2000, 1367 = NJW 2000, 3500 überholt; offengelassen von LG München I v. 10.6.2010 – 36 S 3150/10, ZMR 2010, 877 (878). 298 OLG München v. 26.1.2018 – 34 Wx 304/17, MietRB 2018, 109 = ZMR 2018, 534; Häublein in Staudinger, § 25 WEG Rz. 261.

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VII. Stimmrechtsausschlüsse (Abs. 5) | Rz. 124 § 25

recht aus: Ebenso wie §§ 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG, 136 Abs. 1 AktG enthält Abs. 5 Alt. 1 ein Verbot des In-sich-Geschäfts.299 Er ersetzt § 181 BGB für die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer; für eine analoge Anwendung des § 181 BGB ist daher kein Raum. Abs. 5 Alt. 2, der einen Stimmrechtsausschluss eines Wohnungseigentümers bei Beschlussfassung über Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Wohnungseigentümer gegen ihn regelt, trägt hingegen dem allgemeinen Grundsatz Rechnung, dass kein Betroffener gleichsam als „Richter in eigener Sache“ tätig werden kann. Es soll verhindert werden, dass der Prozessgegner auf das „Ob“ und „Wie“ einer gegen ihn gerichteten Prozessführung Einfluss nehmen kann.300 Denn bei der Frage der Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits könnte ein Wohnungseigentümer Gefahr laufen, sich bei seiner Stimmausübung vor allem von privaten Sonderinteressen leiten zu lassen und seine mitgliedschaftlichen Verpflichtungen nicht angemessen zu berücksichtigen.301 Der Stimmrechtsausschluss, wenn der betreffende Eigentümer nach § 18 rechtskräftig verurteilt ist (Alt. 3), hat kein Vorbild im Vereins- oder Gesellschaftsrecht und ist eine – freilich notwendige – wohnungseigentumsrechtliche Besonderheit. § 25 Abs. 5 ordnet damit kein allgemeines Stimmverbot bei Interessenkollisionen an.302 Viel- 122 mehr handelt es sich um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift.303 Durch die enumerative Aufzählung in § 25 Abs. 5 bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass das Stimmrecht jenseits der dort bestimmten Fälle und unabhängig von der jeweiligen Interessenlage bestehen bleibt,304 auch wenn bei der Beschlussfassung erhebliche private Sonderinteressen betroffen sind.305

2. Tatbestände a) Vornahme eines Rechtsgeschäfts (Abs. 5 Alt. 1) aa) Rechtsgeschäft in Bezug auf die gemeinschaftliche Verwaltung Gemäß § 25 Abs. 5 Alt. 1 besitzt ein Wohnungseigentümer kein Stimmrecht, wenn die Be- 123 schlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums „bezüglichen Rechtsgeschäfts“ mit ihm betrifft. Dieses Rechtsgeschäft kann z.B. ein Kauf-, Dienst- oder Werkvertrag sein. Auch die Abnahme einer Werkleistung, z.B. gegenüber dem Bauträger, ist ein Rechtsgeschäft.306 Zu den Rechtsgeschäften gehören auch einseitige oder rechtsgeschäftsähnliche Handlungen,307 etwa eine ihm gegenüber zu erklärende Kündigung oder eine Abmahnung. Der Begriff des Rechtsgeschäfts ist aufgrund Sinn und Zwecks der Vorschrift teleologisch zu 124 reduzieren. Um die Rechtsgeschäfte vom Stimmverbot auszunehmen, in denen es keine Rechtfertigung für einen Ausschluss des Stimmrechts gibt, ist danach zu differenzieren, ob der Schwerpunkt der Angelegenheit in der Verfolgung privater Sonderinteressen oder in der 299 OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671. 300 BGH v. 14.10.2011 – V ZR 56/11 – Rz. 11, BGHZ 191, 198 = MDR 2011, 1465 = MietRB 2012, 14 = NJW 2012, 72. 301 OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671; KG v. 12.6.1988 – 24 W 5887/87, NJW-RR 1989, 144. 302 BGH v. 6.12.2013 – V ZR 85/13, MDR 2014, 399 = MietRB 2014, 108; BayObLG v. 19.1.2005 – 2Z BR 205/04, MietRB 2005, 291 = ZMR 2005, 561 (562). 303 BGH v. 13.1.2017 – V ZR 138/16, MDR 2017, 812 = MietRB 2017, 256. 304 OLG Hamburg v. 1.6.2003 – 2 Wx 20/03, MietRB 2004, 109 = ZMR 2003, 957. 305 BayObLG v. 19.1.2005 – 2Z BR 205/04, MietRB 2005, 291 = ZMR 2005, 561 (562); BayObLG v. 22.5.1997 – 2Z BR 15/97, ZMR 1998, 173 (174). 306 Thode, ZfBR 1999, 116. 307 Vgl. zu § 47 GmbHG BGH v. 31.5.2011 – II ZR 109/10, BGHZ 190, 45 = MDR 2011, 990; BGH v. 9.7.1990 – II ZR 9/90, MDR 1991, 226 = ZIP 1990, 1194.

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§ 25 Rz. 124 | Mehrheitsbeschluss Wahrnehmung mitgliedschaftlicher Interessen liegt.308 Nur, wenn private Sonderinteressen verfolgt werden, ist der Ausschluss vom Stimmrecht gerechtfertigt. Dies entspricht den Grundsätzen der Rechtsprechung zum Gesellschaftsrecht.309 Bei der Ermittlung, wo der Schwerpunkt der beschlussweise zu regelnden Angelegenheit liegt, ist der Beschlussgegenstand maßgeblich. bb) „Mit dem Wohnungseigentümer“ 125 Das Stimmverbot betrifft nach seinem Wortlaut nur Rechtsgeschäfte mit dem Wohnungs-

eigentümer selbst. Zu Recht wird es aber auch in den Fällen angewandt, in denen das Rechtsgeschäft zwar nicht mit dem Stimmberechtigten, sondern mit einem Dritten, z.B. einer GmbH, geschlossen werden soll, der Stimmberechtigte mit dem Dritten indes wirtschaftlich so eng verbunden ist, dass man sein persönliches Interesse mit dem des Dritten „völlig gleichsetzen“ kann.310 Sind z.B. ein Wohnungseigentümer und eine Verwalter-GmbH infolge starker wirtschaftlicher Verbundenheit interessengemäß als Einheit zu betrachten, steht dem Wohnungseigentümer kein Stimmrecht bei Entlastung des Verwalters zu.311 Ist eine Gesellschaft Wohnungseigentümer, an der der betroffene Wohnungseigentümer beteiligt ist, kommt es darauf an, ob der ausgeschlossene Wohnungseigentümer maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft nehmen kann.312 Ein Wohnungseigentümer ist daher jedenfalls dann vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn er an der Gesellschaft mehrheitlich beteiligt und deren Geschäftsführer oder geschäftsführender Gesellschafter ist.313 Dasselbe gilt grds. auch, wenn eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist,314 nicht aber, wenn der Wohnungseigentümer bloßer Kommanditist oder stiller Gesellschafter ist. Ein eine juristische Person treffender Stimmrechtsausschluss erstreckt sich z.B. auf einen Wohnungseigentümer, wenn er Geschäftsführer der juristischen Person und mit 95 % an ihr beteiligt ist.315 Eine bloß enge persönliche Verflechtung (Verwandtschaft) genügt hingegen nicht.316 cc) Stimmverbote des Wohnungseigentümer-Verwalters 126 Praktische Bedeutung haben Stimmverbote insbesondere bei Beschlüssen, die den Wohnungs-

eigentümer-Verwalter betreffen. Der Wohnungseigentümer ist stimmberechtigt, wenn es um seine Bestellung zum Verwalter317 oder um seine „normale“ Abberufung als Verwalter ohne

308 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704; BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704; BayObLG v. 25.6.2003 – 2Z BR 161/03, ZMR 2004, 209 = MietRB 2004, 76. 309 Dazu BGH v. 31.5.2011 – II ZR 109/10, BGHZ 190, 45 = MDR 2011, 990 m.w.N.; BGH v. 29.9.1955 – II ZR 225/54, BGHZ 18, 205 (210/211). 310 BGH v. 13.1.2017 – V ZR 138/16, MDR 2017, 812 = MietRB 2017, 256; OLG Frankfurt v. 13.10.2004 – 20 W 133/03, MietRB 2005, 234 f.; OLG Düsseldorf v. 16.9.1998 – 3 Wx 366/98, ZMR 1999, 60; BayObLG v. 15.10.1992 – 2Z BR 75/92, MDR 1993, 344; KG v. 30.10.1985 – 24 W 6819/84, MDR 1986, 319 = NJW-RR 1986, 642. 311 OLG Frankfurt v. 28.2.1983 – 20 W 8/83, MDR 1983, 672. 312 OLG Karlsruhe v. 31.7.2007 – 14 Wx 41/06, ZMR 2008, 408. 313 BGH v. 13.1.2017 – V ZR 138/16, MDR 2017, 812 =MietRB 2017, 256. 314 Differenzierend Armbrüster/Witsch, NZG 2018, 361 (366): Mehrheitsbeteiligung genügt, Geschäftsführung nicht. 315 OLG Karlsruhe v. 31.7.2007 – 14 Wx 41/06, ZMR 2008, 408. 316 OLG Saarbrücken v. 10.10.1997 – 5 W 60/97, FGPrax 1998, 18. 317 OLG Hamm v. 22.2.2007 – 15 W 322/06, MietRB 2007, 321 = ZMR 2008, 60; OLG Celle v. 14.2.2002 – 4 W 6/02, ZWE 2002, 474; OLG Düsseldorf v. 16.9.1998 – 3 Wx 366/98, ZMR 1999, 60; OLG Saarbrücken v. 10.10.1997 – 5 W 60/97, ZMR 1998, 50 (53); BayObLG v. 5.5.1993 – 2Z BR 29/93, WuM 1993, 488 (489).

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VII. Stimmrechtsausschlüsse (Abs. 5) | Rz. 128 § 25

wichtigen Grund geht.318 Die Beschlüsse über Bestellung und Abberufung des Verwalters sind Teil des Aktes, mit dem der Verwalter ein Amt erhält oder verliert.319 Bestellung oder Abberufung sind damit auf die unmittelbare Begründung oder Aufhebung der Befugnisse und Pflichten u.a. als Organ des Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet und ihrem Wesen nach vor allem durch mitgliedschaftliche Rechte und Interessen geprägt. Überwiegend private Sonderinteressen sind hingegen bei einem Beschluss über Abschluss, Änderung oder Aufhebung (Kündigung) des Verwaltervertrages betroffen,320 auch wenn dieser mit dem Verband Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossen wird.321 Wird im Rahmen einer einheitlichen Beschlussfassung sowohl über Bestellung des Verwal- 127 ters und den Verwaltervertrag oder die Abberufung und die Kündigung des Verwaltervertrags entschieden, besitzt der vom Stimmrecht eigentlich Ausgeschlossene ein Stimmrecht; Abs. 5 Alt. 1 ist nach h.M. insoweit teleologisch zu reduzieren.322 Zwar sind – insbesondere im Hinblick auf die Verwaltervergütung – private Sonderinteressen stark berührt. Im Rahmen einer einheitlichen Beschlussfassung liegt der Schwerpunkt der Beschlussfassung aber bei Bestellung oder Abberufung des Verwalters als Akt der Mitverwaltung. Der mitbetroffene Verwaltervertrag dient lediglich der Ausgestaltung des Amtes. Hiermit ließe es sich nicht vereinbaren, dass das Stimmrecht des Wohnungseigentümers über seine Bestellung oder Abberufung als Verwalter allein durch eine gleichzeitige Beschlussfassung über den Abschluss oder die Auflösung des Verwaltervertrages ausgehöhlt werden kann. Die Belange der übrigen Wohnungseigentümer werden durch den stets zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben, den Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung und die Möglichkeit der Beschlussanfechtung hinreichend gewahrt. Ein Wohnungseigentümer-Verwalter ist nicht stimmberechtigt, wenn seine Abberufung aus 128 wichtigem Grund – erst recht bei gleichzeitiger Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigem Grund – zur Beschlussfassung steht.323 Da die Abberufung des Verwalters ihren vorrangigen Charakter als mitgliedschaftliche Angelegenheit dadurch nicht verliert, dass ihr Anlass ein wichtiger Grund ist, kann sich allerdings der Ausschluss des Stimmrechts in diesem Fall nicht aus § 25 Abs. 5 ergeben.324 Grund für das Stimmverbot ist hier vielmehr der in den §§ 712 Abs. 1, 737 BGB, §§ 117, 127, 140 HGB zum Ausdruck kommende allgemeine Rechtsgedanke, dass das Mitglied einer Personenvereinigung nicht beteiligt sein soll, wenn über Maßnahmen zu entscheiden ist, die die Gemeinschaft ihm gegenüber aus wichtigem Grund vornehmen will.

318 OLG Düsseldorf v. 16.9.1998 – 3 Wx 366/98, ZMR 1999, 60; OLG Zweibrücken v. 13.6.1986 – 3 W 98/86, ZMR 1986, 369 (370). 319 Striewski, ZWE 2001, 8 (10); Wenzel, ZWE 2001, 510 (512). 320 OLG Hamm v. 22.2.2007 – 15 W 322/06, MietRB 2007, 321 = ZMR 2008, 60; OLG Düsseldorf v. 20.6.2001 – 3 Wx 174/01, ZMR 2002, 143 (144); OLG Düsseldorf v. 16.9.1998 – 3 Wx 366/98, ZMR 1999, 60; Münstermann-Schlichtmann, WE 1998, 412 (413); MünchKomm/Engelhardt, § 25 WEG Rz. 30; Hügel in Bamberger/Roth, § 25 WEG Rz. 12; a.A. AG Krefeld v. 5.8.2015 – 14 C 23/ 15, ZMR 2015, 972; Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 135; Kefferpütz, Stimmrechtsschranken im Wohnungseigentumsrecht, S. 72; offengelassen von BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704. 321 OLG Hamm v. 3.1.2006 – 15 W 109/05, FGPrax 2006, 153. 322 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 (56) = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704; OLG Karlsruhe v. 31.7.2007 – 14 Wx 41/06, ZMR 2008, 408; LG Berlin v. 17.6.2008 – 55 S 23/08, GE 2008, 1203; Kefferpütz, Stimmrechtsschranken im Wohnungseigentumsrecht, S. 54; MünstermannSchlichtmann, WE 1998, 412. 323 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 (59) = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704; Merle, WE 1987, 35 (36); a.A. BayObLG v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, ZMR 2002, 527 (528); OLG Düsseldorf v. 16.9.1998 – 3 Wx 366/98, ZMR 1999, 60; Seuß, WE 1991, 276 (278). 324 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 (59) = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704.

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§ 25 Rz. 129 | Mehrheitsbeschluss dd) Weitere Einzelfälle 129 Ein Wohnungseigentümer verfolgt außerdem im Schwerpunkt mitgliedschaftliche Rechte und

Interessen und ist daher in der Eigentümerversammlung oder bei einem schriftlichen Beschluss stimmbefugt, wenn etwa – beschlossen werden soll, wie sein Sondereigentum i.S.v. § 15 Abs. 1, Abs. 2 gebraucht werden darf;325 – es um seine Bestellung oder Abberufung als Beirat326 einschließlich der Beschlussfassung über die dazugehörigen Regelungen327 geht; – er durch einen Beschluss zur Prozessführung ermächtigt werden soll.328 Kommt es jedoch zu einem Dienstvertrag mit dem Wohnungseigentümer als gleichzeitigem Anwalt, greift das Stimmverbot ein. – Ein Stimmrecht besteht ferner für den Wohnungseigentümer-Verwalter, soweit es um die Jahresabrechnung329 oder den Wirtschaftsplan330 geht. 130 Im Schwerpunkt bloß private Sonderinteressen, die einen Stimmrechtsausschluss begründen,

sind anzunehmen, wenn – darüber beschlossen werden soll, ob mit dem betroffenen Wohnungseigentümer ein Vertrag, z.B. ein Kauf- oder Werkvertrag, abgeschlossen werden soll; – einem Wohnungseigentümer vom Verband gemeinschaftliches Eigentum vermietet werden soll; – ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis der Wohnungseigentümer zugunsten eines Wohnungseigentümers vorliegt, mit dem eine bereits bestehende Schuld im Wege eines Schuldbestätigungsvertrages zwar nicht neu begründet, aber bestätigt werden soll;331 – es um die Einräumung von Sonderrechten für einen Wohnungseigentümer geht; – Beschlüsse über Mahnungen (§ 286 BGB) sowie Fristsetzungen gefasst werden sollen. – Bei Beschlüssen über seine Entlastung als Verwalter oder Verwaltungsbeirat ist ein Wohnungseigentümer vom Stimmrecht ausgeschlossen.332 Denn durch einen Entlastungsbeschluss können gegen den Entlasteten gerichtete Ansprüche verloren gehen, weil ihm die Wirkung eines negativen Schuldanerkenntnisses (§ 397 Abs. 2 BGB) zukommt (dazu § 28 Rz. 183). Ist der Beschluss über die Entlastung noch mit weiteren Abstimmungspunkten – etwa dem Wirtschaftsplan oder der Jahresabrechnung – verbunden, erstreckt sich der Stimmrechtsausschluss auch darauf.333

325 326 327 328 329 330 331 332

333

BayObLG v. 19.1.2005 – 2Z BR 205/04, MietRB 2005, 291 = ZMR 2005, 561 (562). OLG Köln v. 12.5.2006 – 16 Wx 93/06, MietRB 2006, 322. Dazu BGH v. 31.5.2011 – II ZR 109/10, BGHZ 190, 45 = MDR 2011, 990 m.w.N. KG v. 22.12.1993 – 24 W 875/93, MDR 1994, 687; a.A. LG Frankfurt v. 7.10.2015 – 2-13 S 24/15, ZMR 2016, 798. BayObLG v. 22.6.1995 – 2Z BR 48/95, WE 1996, 234 (236); Münstermann-Schlichtmann, WE 1998, 412 (413). Münstermann-Schlichtmann, WE 1998, 412 (413). KG v. 7.2.2005 – 24 W 27/04, ZMR 2005, 570 (571). Zum Verwalter: OLG Karlsruhe v. 31.7.2007 – 14 Wx 41/06, ZMR 2008, 408; OLG Düsseldorf v. 20.6.2001 – 3 Wx 174/01, ZWE 2001, 557; OLG Zweibrücken v. 7.3.2002 – 3 W 184/01, ZMR 2002, 786; OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671; BayObLG v. 18.12.1986 – BReg.2 Z 81/85, MDR 1987, 410; AG Merseburg v. 25.4.2008 – 21 C 4/07 (21), ZMR 2008, 747 (749); zum Beirat OLG Zweibrücken v. 11.3.2002 – 3 W 184/01, ZWE 2002, 283 (284). OLG Zweibrücken v. 11.3.2002 – 3 W 184/01, ZWE 2002, 283 (284).

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VII. Stimmrechtsausschlüsse (Abs. 5) | Rz. 134 § 25

b) Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits (Abs. 5 Alt. 2) Abs. 5 Alt. 2 schließt einen Wohnungseigentümer von dem Stimmrecht aus, soweit es um die 131 Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Wohnungseigentümer gegen ihn geht. Der Begriff des „Rechtsstreits“ ist dabei weit auszulegen. Unter einem Rechtsstreit i.S.v. Abs. 5 Alt. 2 sind sämtliche streitigen Zivilverfahren einschließlich der WEG-Verfahren gem. § 43, dem Mahnverfahren, einem Vorgehen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (§§ 916 ff., 935 ff. ZPO) und einem ggf. vereinbarten Schiedsgerichtsverfahren ihrem vollen Umfang nach von der Einleitung über den Inhalt bis hin zur Beendigung – also auch ein (Prozess-)Vergleich oder eine Klagerücknahme – zu verstehen.334 Von § 25 Abs. 5 Alt. 2 umfasst werden auch konkrete Vorbereitungsmaßnahmen eines 132 Rechtsstreits wie Beschlüsse zu einer Sonderumlage zur Finanzierung der Prozesskosten, zu der Einholung eines Gutachtens,335 oder der Einschaltung eines Anwalts.336 Die Bestimmung ist weiter einschlägig, wenn es um eine Maßnahme zur Vorbereitung der Zwangsvollstreckung geht, z.B. die Erhebung einer Sonderumlage, um eine Sicherheit leisten zu können.337 Nicht erfasst sind aber Abstimmungen über Gegenstände, die kein verfahrensrechtliches Verhalten betreffen.338 Angesichts des hohen Rangs, der der Mitwirkungsbefugnis der Wohnungseigentümer bei der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums zukommt, gilt dies selbst dann, wenn die nicht auf verfahrensrechtliche Maßnahmen bezogene Beschlussfassung Auswirkungen auf den Rechtsstreit in materiell-rechtlicher Hinsicht hat oder haben kann.339 Der betroffene Wohnungseigentümer muss im beabsichtigten Rechtsstreit Beklagter, An- 133 tragsgegner, z.B. nach § 935 ZPO, oder Schuldner sein, wobei es nicht darauf ankommt, ob er als Wohnungseigentümer oder in einer anderen Funktion, etwa als Beirat oder Verwalter, in Anspruch genommen werden soll. Wird darüber beschlossen, einen Rechtsstreit gegen einen Eigentümer und einen Dritten anzustrengen, ist der betroffene Eigentümer vom Stimmrecht auch insoweit ausgeschlossen, als der Dritte verklagt werden soll.340 Soll ein Rechtsstreit gleichzeitig gegen mehrere Wohnungseigentümer eingeleitet werden, sind sämtliche Streitgenossen vom Stimmverbot bei der Beschlussfassung betroffen; auf die Frage, ob die zu Verklagenden als Gesamtschuldner haften, kommt es nicht an.341 Abs. 5 Alt. 2 gilt nach seinem Wortlaut nur für Prozesse gegen den Wohnungseigentümer. Die 134 Vorschrift ist aber auch anwendbar auf die Fälle, in denen der Wohnungseigentümer als Kläger den übrigen Wohnungseigentümern gegenüber steht.342 So kann der klagende Wohnungseigentümer bei einer Beschlussfassung über ein Anerkenntnis einer von ihm erhobenen Anfechtungsklage nicht mitstimmen. Für eine solche Auslegung spricht, dass die Einflussmöglichkeiten des prozessbeteiligten Wohnungseigentümers unabhängig von seiner Parteirolle bestehen. Abs. 5 Alt. 2 ist analog auch anwendbar auf Prozesse, in denen der Wohnungseigentümer auf Kläger- oder Beklagtenseite dem Verband Wohnungseigentümergemeinschaft

334 BGH v. 14.10.2011 – V ZR 56/11, BGHZ 191, 198 = MDR 2011, 1465 = MietRB 2012, 14 = NJW 2012, 72 Rz. 11. 335 AG Landsberg v. 10.5.2011 – 1 C 1146/10, IMR 2011, 425; vgl. auch LG Hamburg v. 29.3.2017 – 318 S 36/16, ZMR 2017, 501. 336 OLG Köln v. 3.12.2003 – 16 Wx 216/03, ZMR 2004, 299 (300). 337 BayObLG v. 11.4.2001 – 2Z BR 27/01, ZMR 2001, 826. 338 BGH v. 14.10.2011 – V ZR 56/11, BGHZ 191, 198 = MDR 2011, 1465 = MietRB 2012, 14 = NJW 2012, 72. 339 BGH v. 14.10.2011 – V ZR 56/11, BGHZ 191, 198 = MDR 2011, 1465 = MietRB 2012, 14 = NJW 2012, 72. 340 BayObLG v. 9.10.1997 – 2Z BR 84/97, NJW-RR 1998, 231. 341 LG München v. 22.11.2010 – 1 S 1102/10, NJW-RR 2011, 374. 342 BGH v. 6.12.2013 – V ZR 85/13 – Rz. 13, MDR 2014, 399.

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§ 25 Rz. 134 | Mehrheitsbeschluss gegenübersteht.343 Insoweit besteht eine planwidrige Regelungslücke, denn die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 25 Abs. 5 im Jahr 1951 noch nicht anerkannt, so dass es einer derartigen Regelung damals noch nicht bedurfte. Eine entsprechende Anwendung ist trotz des Ausnahmecharakters der Stimmrechtsausschlüsse auch gerechtfertigt, weil kein sachlicher Grund besteht, die Interessenkonflikte anders zu behandeln, je nachdem, ob dem Wohnungseigentümer die übrigen Wohnungseigentümer oder der rechtsfähige Verband gegenüberstehen. c) Rechtskräftige Verurteilung (Abs. 5 Alt. 3) 135 Nach Abs. 5 Alt. 3 ist ein Wohnungseigentümer vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn er

durch Urteil nach §§ 18, 19 zur Veräußerung seines Wohnungseigentums rechtskräftig verurteilt wurde. Die Besonderheit dieses Stimmrechtsauschlusses ist, dass der betroffene Wohnungseigentümer bei allen Beschlussfassungen nicht mitstimmen darf, einerlei welchen Inhalts und welchen Gegenstands. Der Wohnungseigentümer kann im Falle des § 18 Abs. 2 Nr. 2 allerdings bis zur Erteilung des Zuschlags die Wirkungen des Urteils dadurch abwenden, dass er die Verpflichtungen, wegen deren Nichterfüllung er verurteilt ist, einschließlich der Verpflichtung zum Ersatz der durch den Rechtsstreit und das Versteigerungsverfahren entstandenen Kosten sowie die fälligen weiteren Verpflichtungen zur Lasten- und Kostentragung erfüllt. Das Stimmrecht lebt dann wieder auf.

3. Rechtsfolgen a) Ausschluss vom Stimmrecht 136 Ein Wohnungseigentümer, der von einem Stimmverbot betroffen ist, darf nicht mitstimmen.

Dies wirkt sich bei der Berechnung der Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung über einen konkreten Beschlussantrag aus (Rz. 103). Nimmt ein vom Stimmrecht Ausgeschlossener dennoch an der Abstimmung teil, ist seine Stimme nicht zu zählen.344 136a Beachtet der Versammlungsleiter das Stimmverbot nicht und zählt er vorsätzlich oder ver-

sehentlich eine ausgeschlossene Stimme bei der Berechnung der Stimmenmehrheit mit, ist der entsprechende von ihm festgestellte und verkündete Beschluss ggf. anfechtbar, aber nicht nichtig.345 Der Beschluss ist nur für ungültig zu erklären, wenn sich die Stimmabgabe auf das Beschlussergebnis ausgewirkt haben kann (dazu § 23 Rz. 173).346 Das ist dann der Fall, wenn nach Abzug der fehlerhaft gezählten Stimme ein anderes Beschlussergebnis vorliegt. 137 Ist ein Wohnungseigentümer wegen einer bestimmten Angelegenheit vom Stimmrecht ausge-

schlossen und wird diese Frage im Wege der „Sammelabstimmung“ (§ 23 Rz. 50a) noch mit weiteren Abstimmungspunkten verbunden, erstreckt sich der Stimmrechtsausschluss auch darauf.347 Innerhalb ein und desselben Abstimmungsvorgangs ist eine Aufspaltung der Beschlussfähigkeit nach unterschiedlichen Abstimmungsinhalten ausgeschlossen.

343 BGH v. 6.12.2013 – V ZR 85/13 – Rz. 7 ff., MDR 2014, 399. 344 BGH v. 21.3.1988 – II ZR 308/87, BGHZ 104, 66 (75) = MDR 1988, 754 zum Recht der GmbH. 345 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704; OLG Düsseldorf v. 5.12.1997 – 3 Wx 443/97, NZM 1998, 523; LG Dresden v. 20.12.2006 – 2 T 0594/05, ZMR 2007, 492. 346 OLG Hamburg v. 1.9.2003 – 2 Wx 20/03, MietRB 2004, 109 = ZMR 2003, 957; OLG Köln v. 24.10.2001 – 16 Wx 192/01, ZMR 2002, 466; zum umgekehrten Fall s. BayObLG v. 16.5.2002 – 2Z BR 32/02, NZM 2002, 616 (617). 347 OLG Köln v. 8.11.2006 – 16 Wx 165/06, MietRB 2007, 179 = NZM 2007, 334; OLG Zweibrücken v. 11.3.2002 – 3 W 184/01, ZWE 2002, 283 (284).

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VII. Stimmrechtsausschlüsse (Abs. 5) | Rz. 142 § 25

Ausgeschlossen ist stets nur das Stimmrecht des entsprechenden Wohnungseigentümers. Nicht 138 betroffen sind das Teilnahmerecht des eigentlich Stimmberechtigten (§ 24 Rz. 68),348 nicht sein Recht, sich an der Aussprache in der Versammlung der Eigentümer zu beteiligen, nicht sein Recht, einen Antrag zu stellen, und auch nicht sein Recht, einen Beschluss anzufechten.349 Der Stimmrechtsausschluss trifft nur den Wohnungseigentümer. Wohnungseigentümer, die 139 dem vom Stimmrecht Ausgeschlossenen nur „nahe“ stehen, etwa ein Ehegatte, werden von Stimmrechtsausschluss nicht erfasst (vgl. Rz. 125). Wird ein Wohnungseigentum von einem Dritten verwaltet, etwa einem Insolvenz- oder Zwangsverwalter, trifft auch diesen das Stimmrechtsverbot des vom Stimmrecht ausgeschlossenen Wohnungseigentümers nicht.350 Zum Stimmrechtsausschluss nur eines von mehreren Miteigentümern eines Sondereigentums s. Rz. 30. Bei einer rechtsfähigen Gesellschaft als Wohnungseigentümer führt ein Stimmrechtsausschluss eines von mehreren Gesellschaftern zu einem Stimmverbot der Gesellschaft, wenn der betroffene Gesellschafter maßgeblichen Einfluss in der Gesellschaft ausüben und ihr Abstimmungsverhalten in der Versammlung der Wohnungseigentümer maßgeblich beeinflussen kann.351 Ist der vom Stimmrecht ausgeschlossene Wohnungseigentümer Verwaltungsbeirat und sind 140 den Mitgliedern des Verwaltungsbeirats in zulässiger Weise Aufgaben der Eigentümerversammlung durch Vereinbarung übertragen worden, ist der Wohnungseigentümer auch bei einer Abstimmung innerhalb des Beirats analog § 25 Abs. 5 vom Stimmrecht ausgeschlossen. b) Stimmrechtsausschluss des Vertreters aa) Stimmrechtsverbote in der Person des Vertretenen Ist ein Stimmberechtigter von einem Stimmverbot nach § 25 Abs. 5 betroffen, kann er sich 141 nicht durch einen Dritten vertreten lassen – und das Stimmrecht dadurch mittelbar ausüben.352 Der vom Stimmrecht Ausgeschlossene kann nicht mehr Rechte übertragen, als ihm selbst zustehen.353 Andernfalls käme es auch zu einer Umgehung des Stimmverbots. bb) Stimmrechtsverbote in der Person des Vertreters Einem vom Stimmrecht ausgeschlossenen Wohnungseigentümer ist es entsprechend § 25 142 Abs. 5, einem Drittem hingegen aus dem Selbstkontrahierungsverbot gemäß § 181 BGB354 verwehrt, als Vertreter eines Wohnungseigentümers aufzutreten, selbst wenn dieser seinerseits nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen ist.355 Von einer isolierten Abstimmung über den

348 BayObLG v. 24.5.2002 – 16 Wx 84/02, NZM 2002, 615; BayObLG v. 31.1.1992 – BReg.2 Z 143/91, NJW 1993, 603 (604); AG Nürnberg v. 3.11.2005 – 1 UR II 307/05, ZMR 2006, 83. 349 LG Frankfurt/M. v. 21.9.2011 – 2-13 S 118/10, NJW 2012, 399. 350 Kefferpütz, Stimmrechtsschranken im Wohnungseigentumsrecht, S. 118 ff. 351 S.a. BGH v. 7.2.2012 – II ZR 230/09, ZIP 2012, 917 zur KG; BGH v. 4.5.2009 – II ZR 168/07, ZIP 2009, 2194 zur GmbH. 352 OLG Zweibrücken v. 11.3.2002 – 3 W 184/01, ZWE 2002, 283 (284); OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671; BayObLG v. 18.12.1986 – BReg.2 Z 81/85, MDR 1987, 410; AG Oranienburg v. 20.2.2018 – 21 C 307/17, ZWE 2018, 414. 353 OLG Frankfurt v. 28.2.1983 – 20 W 8/83, MDR 1983, 672 = OLGZ 1983, 175. 354 BayObLG v. 21.4.1998 – 2Z BR 36/98, NZM 1998, 668; OLG Düsseldorf v. 16.9.1998 – 3 Wx 366/ 98, WuM 1999, 59. 355 OLG Zweibrücken v. 11.3.2002 – 3 W 184/01, NZM 2002, 345; BayObLG v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, ZMR 2002, 527 (528); OLG Düsseldorf v. 20.6.2001 – 3 Wx 174/01, ZMR 2002, 143 (144); a.A. OLG München v. 15.9.2010 – 32 Wx 16/10, MDR 2011, 21 = MietRB 2010, 362 = ZWE 2010,

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§ 25 Rz. 142 | Mehrheitsbeschluss Verwaltervertrag (s. Rz. 126) ist der Verwalter somit als Stellvertreter der Wohnungseigentümer ausgeschlossen. Der Verwalter ist ferner gehindert, als Vertreter stimmberechtigter Wohnungseigentümer an der Abstimmung über seine eigene Entlastung teilzunehmen (Rz. 130).356 143 Ist eine Untervollmacht möglich (s. Rz. 72) und hat der vom Stimmrecht ausgeschlossene

Vertreter diese ohne eine Weisung erteilt, wie das Stimmrecht auszuüben ist, ist eine Stimmrechtsausübung durch den Unterbevollmächtigten möglich.357 Der Unterbevollmächtigte tritt nämlich nicht als Vertreter des vom Stimmrecht ausgeschlossenen Vertreters, sondern als Vertreter des stimmrechtsübertragenden Wohnungseigentümers und Hauptvollmachtgebers auf, der ohne weiteres in der Lage wäre, den Unterbevollmächtigten auch unmittelbar mit seiner Vertretung zu beauftragen.358 Der Unterbevollmächtigte ist aber wie der Bevollmächtigte ausgeschlossen, wenn die Untervollmacht mit einer Weisung des Hauptvertreters verbunden ist und so dem Ziel dient, einen Stimmrechtsausschluss zu umgehen und über den Umweg der Unterbevollmächtigung eine Erweiterung der ausgeschlossenen Vertretungsmacht zu ermöglichen.

4. Vereinbarte Stimmrechtsverbote 144 Ein Beschluss mit dem Ziel, § 25 Abs. 5 dauerhaft abzubedingen, ist nichtig. Abs. 5 ist aber

durch eine Vereinbarung abdingbar (s. Rz. 2). Die Vereinbarung darf nicht in den vereinbarungsfesten Bereich der Mitgliedschaftsrechte (dazu § 23 Rz. 159) eingreifen. Ein vereinbarter beständiger Ausschluss eines Wohnungseigentümers berührt den „Kernbereich“ der Mitgliedschaft359 und ist zudem wegen Verstoßes gegen § 138 BGB nichtig. 145 Die Wohnungseigentümer haben aus demselben Grund auch keine Befugnis zu beschließen360

oder zu vereinbaren, dass das Stimmrecht eines Wohnungseigentümers bei Zahlungsverzug ruht361 oder ausgeschlossen362 ist. Ebenso unwirksam ist eine Vereinbarung, nach der ein Wohnungseigentümer bereits dann vom Stimmrecht ausgeschlossen sein soll, wenn ein Beschluss nach § 18 Abs. 3 gegen ihn gefasst worden ist.363

356 357 358 359 360 361

362 363

461; offen gelassen von BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, BGHZ 152, 46 = MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704. OLG Karlsruhe v. 27.5.2002 – 14 Wx 91/01, ZMR 2003, 289; OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671; AG Weimar v. 1.3.2013 – 5 C 839/11, ZMR 2013, 582. OLG Karlsruhe v. 27.5.2002 – 14 Wx 91/01, ZMR 2003, 289; BayObLG v. 21.4.1998 – 2Z BR 36/98, WuM 1999, 58 (59); OLG Zweibrücken v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671. BayObLG v. 5.4.1990 – BReg.2 Z 14/90, NJW-RR 1990, 784 (785). BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 f. = NJW 2011, 679 (680); Bub in FS Seuß (2007), S. 53 (60). KG v. 27.11.1985 – 24 W 4858/85, MDR 1986, 320 = ZMR 1986, 127. BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 77 f. = NJW 2011, 679; a.A. BayObLG v. 20.2.2003 – 2Z BR 136/02, ZMR 2003, 519 (520); KG v. 10.11.1993 – 24 W 6075/92, 24 W 6297/92, MDR 1994, 274 = ZMR 1994, 171; KG v. 27.11.1985 – 24 W 4858/85, MDR 1986, 320 = ZMR 1986, 127; BayObLG v. 9.2.1965 – BReg.2 Z 276/64, NJW 1965, 821 (822); AG Hannover v. 2.1.2009 – 481 C 12732/08, ZMR 2009, 409 (410). LG Nürnberg-Fürth v. 17.3.2010 – 14 S 5126/09, ZMR 2010, 719. KG v. 27.11.1985 – 24 W 4858/85, ZMR 1986, 127; Häublein in Staudinger, § 25 WEG Rz. 234; Merle in Bärmann, § 25 WEG Rz. 192.

1026 | Schultzky

Bestellung und Abberufung des Verwalters | § 26

§ 26 Bestellung und Abberufung des Verwalters (1) Über die Bestellung und Abberufung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit. Die Bestellung darf auf höchstens fünf Jahre vorgenommen werden, im Falle der ersten Bestellung nach der Begründung von Wohnungseigentum aber auf höchstens drei Jahre. Die Abberufung des Verwalters kann auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt werden. Ein wichtiger Grund liegt regelmäßig vor, wenn der Verwalter die Beschluss-Sammlung nicht ordnungsmäßig führt. Andere Beschränkungen der Bestellung oder Abberufung des Verwalters sind nicht zulässig. (2) Die wiederholte Bestellung ist zulässig; sie bedarf eines erneuten Beschlusses der Wohnungseigentümer, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit gefasst werden kann. (3) Soweit die Verwaltereigenschaft durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden muss, genügt die Vorlage einer Niederschrift über den Bestellungsbeschluss, bei der die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind. I. II. 1. 2. 3. 4. 5. 6. III. 1.

2. 3.

4. 5. 6. 7. 8. 9.

Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Die Person des Verwalters . . . . . . . . . . 2 Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . 4 Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . 6 Juristische Personen . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Delegation der Aufgaben . . . . . . . . . . . . 10 Rechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Bestellung des Verwalters . . . . . . . . . . . 19 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 a) Einheitstheorie/Trennungstheorie . . 19 b) Ein Verwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21e Bestellung in der Gemeinschaftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Mehrheitsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 b) Stimmrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 aa) Der Wohnungseigentümer . . . . 37 bb) Des Verwalters . . . . . . . . . . . . . . 38 cc) Ausnutzen der Stimmenmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Bestellung durch den Beirat . . . . . . . . . . 43 Bestellung durch das Gericht . . . . . . . . . 44 Bestellungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Wiederwahl, Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Bedingte Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Anfechtung der Bestellung . . . . . . . . . . . 63 a) Allgemeine Anfechtungsgründe . . . . 63 b) Nachschieben von Gründen . . . . . . . 70 c) Einzelne Anfechtungsgründe . . . . . . 71 d) Wirkung der gerichtlichen Beschlussaufhebung . . . . . . . . . . . . . . 73

e) Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . . . 76 IV. Verwaltervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Zustandekommen des Vertrags . . . . . . . 79 a) Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . 79 b) Vertragsabschluss . . . . . . . . . . . . . . . 82 c) Stimmrecht des Verwalters . . . . . . . . 88 2. Inhalt des Verwaltervertrags . . . . . . . . . 91 a) Allgemeine Vertragsinhalte . . . . . . . 91 b) Vergütungsvereinbarung . . . . . . . . . . 107 aa) Grundvergütungen . . . . . . . . . . 107 bb) Sondervergütungen/Preisnebenabrede . . . . . . . . . . . . . . . . 111 3. Anfechtung des Beschlusses über den Verwaltervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 V. Haftung des Verwalters . . . . . . . . . . . . 123 1. Für Aufträge der Eigentümergemeinschaft (Außenhaftung) . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Für Objektmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3. Wegen mangelhafter Wirtschaftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 VI. Abberufung und Kündigung des Verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 1. Ordentliche Abberufung . . . . . . . . . . . . 139 2. Außerordentliche Abberufung . . . . . . . 143 a) Allgemeine Anforderungen . . . . . . . 143 b) Einzelne Abberufungsgründe . . . . . . 152 c) Der besondere Abberufungsgrund des § 26 Abs. 1 Satz 4 . . . . . . . . . . . . 156 d) Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . . .158b 3. Kündigung des Verwaltervertrags . . . . . 159 4. Niederlegung des Verwalteramts/ Kündigung durch den Verwalter . . . . . . 163

Jennißen | 1027

§ 26 Rz. 1 | Bestellung und Abberufung des Verwalters 5. Verhältnis von Kündigung zur Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Folgen von Abberufung und Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Herausgabe der Verwaltungsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechnungslegungspflicht . . . . . . . . . . c) Erstellung der Jahresabrechnung . . . d) Kontoausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . .

168 172 172 178 179 183

e) Vergütungsansprüche . . . . . . . . . . . . 7. Anfechtung von Abberufung und Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anfechtung durch den Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anfechtung durch den Verwalter . . . VII. Nachweis der Verwaltereigenschaft, Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

185 190 190 196 204

Schrifttum: Abramenko, Parteien und Zustandekommen des Verwaltervertrags nach der neuen Rechtsprechung zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, ZMR 2006, 6; Abramenko, Die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Verwaltungsbeirat und Wohnungseigentümergemeinschaft nach Anerkennung ihrer Teilrechtsfähigkeit, ZWE 2006, 273; Armbrüster, Gesellschaft bürgerlichen Rechts kein Verwalter, ZWE 2006, 181; Bauriedl, Die Haftung des WEG-Verwalters für verzögerte, unterlassene und mangelhafte Instandsetzungsmaßnahmen, ZMR 2006, 252; Becker, Die Anfechtung des Abberufungsbeschlusses durch den abberufenen Verwalter, ZWE 2002, 211; Bogen, Bestellung und Anstellung des Verwalters im Wohnungseigentumsrecht, ZWE 2002, 289; Briesemeister, Die Beschwerdebefugnis des neu bestellten WEG-Verwalters gegen die Ungültigkeitserklärung seines Bestellungsbeschlusses, NZM 2006, 568; Casser, Nach- wirkende Pflichten des ausgeschiedenen Verwalters, ZWE 2014, 157; Drasdo, Die Renaissance der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Wohnungseigentumsverwalterin, NZM 2001, 258; Drasdo, Beschränkung der Abberufung des Verwalters auf einen wichtigen Grund, NZM 2001, 923; Drasdo, Der Tod des Verwalters oder des Geschäftsführers sowie des geschäftsführenden Gesellschafters der Verwaltungsgesellschaft, WE 1998, 429; Elzer, Zur gerichtlichen Entscheidung über die Wiederwahl eines WEG-Verwalters, ZMR 2001, 418; Elzer, Das Anfechtungsrecht des Verwalters bei seiner Abberufung – neue Aspekte, ZWE 2006, 332; Gottschalg, Die Haftung von Verwalter und Beirat in der Wohnungseigentümergemeinschaft (zit. Haftung), 3. Aufl. 2009; Häublein, Verwalter und Verwaltungsbeirat – einige aktuelle Probleme, ZMR 2003, 233; Häublein, Verwalterentlastung im Wohnungseigentumsrecht, NJW 2003, 1293; Hügel, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Verwalter nach dem WEG, ZWE 2003, 323; Jacoby/Lehmann-Richter/Weiler, Die AGB-Kontrolle der Verwaltervergütung im Spiegel der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Bankentgelten, ZMR 2018, 181; Jennißen, Die Auswirkungen der Rechtsfähigkeit auf die innergemeinschaftlichen Beziehungen der Wohnungseigentümer, NZM 2006, 203; Jennißen, Die Verwalterabrechnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl. 2013; Jennißen/ Schmidt, Der WEG-Verwalter, 2. Aufl. 2010; Merle, Bestellung und Abberufung des Verwalters nach § 26 WEG, 1977; Pauly, Die Amtsniederlegung des Verwalters, ZMR 2018, 737; Sauren, Verwaltervertrag und Verwaltervollmacht im Wohnungseigentum, 4. Aufl. 2009; Sauren, AGB-Kontrolle des Verwaltervertrags und Infektion des Bestellungsbeschlusses, NZM 2018, 272; Schäfer, Kann die GbR Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft sein?, NJW 2006, 216; Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2004; Suilmann, Beschlussanfechtung durch den abberufenen Verwalter, ZWE 2000, 106; Wenzel, Die Wohnungseigentümergemeinschaft – ein janusköpfiges Gebilde aus Rechtssubjekt und Miteigentümergemeinschaft?, NZM 2006, 321; Wenzel, Die Befugnis des Verwalters zur Anfechtung des Abberufungsbeschlusses, ZWE 2001, 510; Zschieschack, Die gerichtliche Kontrolle der Verwaltervergütung, ZMR 2018, 160.

I. Überblick 1 Während § 20 Abs. 2 bestimmt, dass die Bestellung des Verwalters nicht ausgeschlossen wer-

den kann, regelt § 26 Einzelheiten zur Bestellung und Abberufung des Verwalters. Demgegenüber werden die Aufgaben des Verwalters in den §§ 24, 25, 27 und 28 beschrieben. 1a Das Gesetz schweigt zur Person des Verwalters und liefert keine Anhaltspunkte für ein spezi-

fisches Berufsbild. Die Vorschrift ist von der WEG-Novelle 2007 in drei Teilbereichen erfasst worden. Eingefügt wurden die Beschränkung der Erstbestellungsdauer auf drei Jahre und, als bislang einziger im Gesetz verankerter Abberufungsgrund, die Folgen nicht ordnungsmäßiger 1028 | Jennißen

II. Die Person des Verwalters | Rz. 2 § 26

Führung der Beschluss-Sammlung. Hingegen wurde der sog. Notverwalter, wie er in Abs. 3 a.F. vorgesehen war, für entbehrlich gehalten und dieser Teil der Vorschrift aufgehoben. Die Vorschrift spricht von der Bestellung des Verwalters und korrespondiert mit § 20 Abs. 2 1b WEG, wonach die Bestellung eines Verwalters nicht ausgeschlossen werden kann. Der Wortlaut schweigt zum Abschluss und Inhalt des Verwaltervertrags. Da andererseits nur von der Bestellung eines Verwalters die Rede ist, folgt bei wörtlicher Auslegung hieraus, dass die Eigentümergemeinschaft immer nur einen und nicht mehrere Verwalter haben kann, was auch dann gilt, wenn es sich um eine Mehrhausanlage handelt (s.u. Rz. 21e).1 Ein Beschluss mit dem ein zweiter Verwalter gewählt wird, ist ebenso nichtig wie eine ent- 1c sprechende Regelung in der Gemeinschaftsordnung.2 Dieses Verbot kann auch nicht durch Bestellung eines „Unter-“ oder „Teilverwalters“ umgangen werden.

II. Die Person des Verwalters 1. Grundsätze Das Gesetz macht zu der Person des Verwalters keine Angaben. Somit kann grundsätzlich 2 jede geschäftsfähige natürliche oder juristische Person zum Verwalter bestellt werden. Auch ist gesetzlich keine besondere Qualifikation i.S. eines Sachkundenachweises erforderlich. Der Verwalter benötigt eine Erlaubnis nach § 34c GewO und muss regelmäßige Fortbildungsnachweise führen.3 Hierdurch sollen gewisse Mindeststandards sichergestellt werden, was notwendig ist, stellen doch gerade Großanlagen hohe Anforderungen an den Verwalter. Das LG Hamburg4 hatte schon in einer Einzelfallentscheidung eine Großanlage betreffend vom Verwalter eine branchenbezogene Ausbildung sowie eine erhebliche Erfahrung verlangt. Auch wenn jedem Verwalter die Chance einzuräumen ist, mit dem Auftrag mehr Erfahrungen sammeln zu können, kommt ein unerfahrener Verwalterkandidat nur bei kleineren Objekten in Betracht. Ein Kandidat ist ungeeignet, wenn er weder eine Ausbildung in der Immobilienwirtschaft noch eine betriebswirtschaftliche Vorbildung besitzt.5 Im Übrigen stellt die Rechtsprechung höhere Anforderungen, wenn der Verwalter bei seiner Wahl majorisiert hat, d.h. ein Stimmengewicht ausnutzen konnte6 (s.u. Rz. 40 ff.). Die fehlende Erfahrung kann auch dann eine vorrangige Rolle spielen, wenn es sich um ein Objekt handelt, das von Streitigkeiten geprägt ist. In diesem Fall kann die Wahl eines unerfahrenen Verwalters erst recht rechtswidrig sein.7 Andererseits hindern Vorstrafen nicht generell die Wahl zum Verwalter. Ist der Verwalter wegen eines Vermögens- oder Eigentumsdelikts verurteilt worden, dann kann seine Wahl angefochten werden,8 wenn die Tat im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung stand, ein

1 LG Düsseldorf v. 22.10.2009 – 19 S 40/09, MietRB 2010, 205 = NZM 2010, 288; LG Nürnberg-Fürth v. 23.9.2009 – 14 S 1754/09, ZMR 2010, 315; LG Hamburg v. 23.5.2012 – 318 S 198/11, MietRB 2013, 50 = ZWE 2013, 34; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 3. 2 LG Hamburg v. 23.5.2012 – 318 S 198/11, ZWE 2013, 34; LG Düsseldorf v. 22.10.2009 – 19 S 40/09, NZM 2010, 288; LG Nürnberg-Fürth v. 30.11.2009 – 14 S 5724/09, ZMR 2010, 315; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 3 m.w.N. 3 Gesetz zur Einführung einer Berufszulassungsregelung für gewerbliche Immobilienverwalter und Makler vom 17.10.2017, BGBl. I, S. 3562, das zum 1.8.2018 in Kraft getreten ist. 4 LG Hamburg v. 30.11.2011 – 318 S 201/10, ZMR 2012, 385. 5 So auch LG Düsseldorf v. 18.10.2013 – 25 S 7/13, ZMR 2014, 234 entgegen LG Stuttgart v. 29.7.2015 – 10 S 68/14, NZM 2015, 703. 6 OLG Düsseldorf v. 28.7.1995 – 3 Wx 210/95, WE 1996, 70. 7 LG Düsseldorf v. 18.10.2013 – 25 S 7/13, ZWE 2014, 88. 8 LG Berlin v. 20.6.2000 – 85 T 251/99, ZMR 2001, 143; ebenso LG Itzehoe v. 16.7.2002 – 1 T 200/01, ZMR 2003, 295 für den Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH.

Jennißen | 1029

§ 26 Rz. 2 | Bestellung und Abberufung des Verwalters Misstrauen gegen die Person des Verwalters deshalb nicht unbegründet erscheint oder zu befürchten ist, der Verwalter werde die Vermögensinteressen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht hinreichend wahren. Die zu wählende Person muss die erforderliche Neutralität erkennen lassen. Insbesondere einer Wiederwahl kann es entgegenstehen, wenn der Verwalter diskriminierende Äußerungen gegen einen Miteigentümer getätigt hat.9 Grundsätzlich können aber alle rechtsfähigen natürlichen Personen zum Verwalter gewählt werden. Eine Berufshaftpflichtversicherung ist nachzuweisen, § 34c Abs. 2 Ziff. 3 GewO. 2a Der Verwalter muss seinen Geschäftssitz nicht am Ort der WEG haben.10 Verfügt er aber über

kein Regionalbüro und ist der Sitz des Unternehmens mehre hundert Kilometer entfernt, so dass er Notmaßnahmen nicht unverzüglich ergreifen kann, entspricht die Wahl keiner ordnungsgemäßen Verwaltung. 3 In der Regel wird es nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, den Zwangsverwalter

zum WEG-Verwalter zu wählen. Der Zwangsverwalter vertritt in erster Linie die Interessen des Gläubigers, der wiederum an einer Realisierung seiner notleidenden Forderung und im Zweifel nicht am dauerhaften Fortbestand des Objekts interessiert ist.11

2. Personengesellschaften 4 Unbestritten ist, dass Personenhandelsgesellschaften zum WEG-Verwalter bestellt werden kön-

nen.12 Die Personenhandelsgesellschaften entstehen unabhängig von ihrer Eintragung im Handelsregister durch tatsächliche Ausübung eines vollkaufmännischen Handelsgewerbes gem. §§ 105, 161 Abs. 2 HGB. In konsequenter Umsetzung der BGH-Rechtsprechung zur GbR (s.u. Rz. 6) muss aus Rechtssicherheitsgründen die Bestellung einer OHG zum WEG-Verwalter so lange unwirksam sein, als diese nicht im Handelsregister eingetragen ist. Andernfalls würde die gleiche Argumentation wie bei der GbR gelten, dass der Gesellschafter einer OHG ausgetauscht werden könnte, ohne dass dies für die Wohnungseigentümer erkennbar würde.13 5 Hingegen können Partnerschaftsgesellschaften zum Verwalter ohne weiteres bestellt wer-

den.14 Im Gegensatz zu OHG und KG entstehen Partnerschaftsgesellschaften erst mit Eintragung in das Partnerschaftsregister, § 7 Abs. 1 PartGG.

3. Gesellschaft bürgerlichen Rechts 6 Eine GbR kann nach Auffassung des BGH nicht wirksam zum Verwalter einer Wohnungs-

eigentümergemeinschaft bestellt werden.15 Dabei scheitert die Verwaltereignung der GbR nicht an fehlender Rechtsfähigkeit, da diese vom BGH16 bejaht wurde. Trotz der Rechtsfähigkeit wird die Verwaltereignung verneint, weil bei einer GbR nicht offenkundig ist, wer zum 9 10 11 12 13 14 15 16

LG Itzehoe v. 26.1.2018 – 11 S 33/17, IMR 2018, 378. LG Lüneburg v. 18.3.2014 – 9 S 70/13, ZWE 2014, 278 = MietRB 2014, 271. So auch OLG Celle v. 27.6.1989 – 4 W 79/89, WE 1989, 199 f. BGH v. 18.5.1989 – V ZB 4/89, MDR 1989, 897 = NJW 1989, 2059; BayObLG v. 12.1.1989 – BReg.2 Z 123/88, NJW-RR 1989, 526; OLG Frankfurt v. 3.2.1989 – 20 W 259/88, WE 1989, 172; OLG Düsseldorf v. 28.5.1990 – 3 Wx 159/90, MDR 1990, 925 = NJW-RR 1990, 1299; Hügel, ZWE 2003, 323 (327). S. hierzu auch Jennißen in Jennißen/Schmidt, WEG-Verwalter, Rz. 49. S. auch Abramenko in Riecke/Schmid, § 26 WEG Rz. 3. BGH v. 26.1.2006 – V ZB 132/05, MDR 2006, 981 = MietRB 2006, 170 = ZWE 2006, 183 = DWE 2006, 23 = NZM 2006, 263; OLG München v. 23.8.2006 – 34 Wx 58/06, NZM 2007, 45 = DWE 2006, 149; a.A. OLG Frankfurt v. 18.8.2005 – 20 W 182/05, NZM 2005, 866. BGH, Urt. und Versäumnisurt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, MDR 2001, 459 ff. m. Anm. Müther = NJW 2001, 1056.

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II. Die Person des Verwalters | Rz. 9 § 26

Gesellschafterkreis gehört.17 Bei anderen Personengesellschaften wie OHG und KG ist der Gesellschafterkreis aus dem Handelsregister zu entnehmen. Hierin sieht der BGH den wesentlichen Unterschied. Die GbR scheide als Verwalter aus, weil die handelnden Personen unbemerkt ausgetauscht werden könnten und somit den Wohnungseigentümern im Kleid der GbR ständig andere Personen als Verwalter aufgedrängt werden könnten. Die Auffassung des BGH erscheint wenig konsequent, besteht doch auch kein Zwang, eine OHG in das Handelsregister eintragen zu lassen (s.a. vorstehend Rz. 4).18 Die OHG entsteht durch Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit und Abschluss eines Gesellschaftsvertrags bei Ausübung eines vollkaufmännischen Geschäftsbetriebs. Eine OHG ist im Geschäftsverkehr von einer GbR nicht unterscheidbar, wenn die OHG nicht in das Handelsregister eingetragen wurde.19 Auch verfassungsrechtliche Bedenken, dass eine rechtsfähige Person in ihrer Berufsausübungsfreiheit eingeschränkt wird,20 sind nicht von der Hand zu weisen. Vermittelnd bietet sich eine vertragliche Lösung an. Im Verwaltervertrag mit einer GbR lässt 7 sich regeln, dass dieser nur mit der GbR unter der auflösenden Bedingung eines bestimmten Gesellschafterkreises zustande kommt und die GbR verpflichtet wird, jegliche Veränderungen im Gesellschafterkreis anzeigen zu müssen. Dann würde automatisch bei einem Gesellschafterwechsel oder dem Ausscheiden eines Gesellschafters der Verwaltervertrag enden. Zwar ließe sich wiederum argumentieren, dass die Wohnungseigentümer kaum eine Kontrollmöglichkeit besäßen, ob die Bedingung eingetreten ist. Dabei ist aber nicht zu übersehen, dass der ausscheidende Gesellschafter im Zweifel selbst ein Offenbarungsinteresse besitzt, um den Beginn der Nachhaftungsfrist gem. § 160 HGB i.V.m. § 736 Abs. 2 BGB auszulösen.21 Das Problem kann im Einzelfall auch durch Auslegung gelöst werden, wenn anzunehmen ist, 7a dass die Wohnungseigentümer nur die sich vorstellende Person wählen wollten, so dass letztendlich nicht die GbR, sondern ein Einzelunternehmer gewählt ist.22 Dies ist aber restriktiv zu handhaben, da immer zweifelsfrei feststehen muss, wer Verwalter ist. Folgt man dem BGH, wonach eine GbR nicht Verwalterin sein kann, so ist es doch zulässig, 8 eine konkrete GbR mit der Durchführung bestimmter Einzelmaßnahmen (Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen) zu ermächtigen.23

4. Juristische Personen Juristische Personen entstehen ebenfalls erst durch Eintragung in das Handelsregister, sodass 9 keine Bedenken bestehen, AG, GmbH oder Genossenschaft als WEG-Verwalter zuzulassen.24 Dass eine juristische Person gewählt wird und nicht die auftretende Person persönlich, kann sich auch aus den Bewerbungsunterlagen und erst recht aus dem Entwurf des Verwaltervertrags ergeben.25 Die Person des Verwalters muss aber eindeutig feststehen. Tritt der Geschäftsführer auf und macht nicht deutlich, dass er nicht persönlich, sondern als GmbH kandidiert, 17 BGH v. 26.1.2006 – V ZB 132/05, MDR 2006, 981 = MietRB 2006, 170 = ZWE 2006, 183 = NJW 2005, 263 = DWE 2006, 23 = NZM 2006, 263. 18 So auch Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 7. 19 Vgl. hierzu auch die Kritik von Hügel, ZWE 2003, 323 f. 20 Armbrüster, ZWE 2006, 181 f. sowie Schäfer, NJW 2006, 2160. 21 S. zum Fristbeginn Sprau in Palandt, BGB, § 736 BGB Rz. 14. 22 So AG Bonn v. 21.12.2012 – 27 C 99/12, ZMR 2013, 383. 23 BGH v. 28.5.2009 – VII ZR 206/07, MDR 2009, 976 = MietRB 2009, 261 = NZM 2009, 547 = ZWE 2009, 303. 24 BGH v. 18.5.1989 – V ZB 4/89, MDR 1989, 897 = NJW 1989, 2059; BayObLG v. 12.1.1989 – BReg.2 Z 123/88, NJW-RR 1989, 526; OLG Düsseldorf v. 28.5.1990 – 3 Wx 159/90, MDR 1990, 925 = NJWRR 1990, 1299; OLG Frankfurt v. 3.2.1989 – 20 W 259/88, WE 1989, 172. 25 Vgl. BayObLG v. 3.11.2004 – 2Z BR 102/04, MietRB 2005, 238 = ZMR 2005, 301.

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§ 26 Rz. 9 | Bestellung und Abberufung des Verwalters und lässt sich auch aus den Umständen keine eindeutige Klärung der bestellten Person herbeiführen, ist die Verwalterwahl nichtig. 9a Eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ist nicht grundsätzlich schon ungeeignet

für das Verwalteramt.26 Allerdings muss sie mit einer hinreichenden Haftsumme ausgestattet sein, was bei 500,- Euro27, 800,- Euro28 ebenso wie bei 1.000,- Euro29 zu verneinen ist. Ob die unzureichende Kapitalausstattung durch den Nachweis einer Haftpflichtversicherung ausgeglichen werden kann30, muss schon deshalb bezweifelt werden, weil diese Versicherung i.d.R. nicht alle Risiken abdeckt (z.B. wegen technischer oder grob fahrlässiger Fehlleistungen).

5. Delegation der Aufgaben 10 Insbesondere beim Verwalter als Einzelunternehmer, der die Verwaltung professionell betreibt,

entsteht das Problem, dass er sich Hilfspersonen bedienen will. Aus Sinn und Zweck des § 26 Abs. 1 WEG folgt aber, dass die Tätigkeit des Verwalters grundsätzlich an seine Person gebunden ist. Die insoweit angenommene Höchstpersönlichkeit seines Amtes31 bedeutet jedoch nur, dass er den Aufgabenbereich nicht vollständig auf eine andere Person delegieren kann.32 Für den Kernbereich seiner Tätigkeit muss er verantwortlich bleiben.33 Beschäftigt der Einzelunternehmer Hilfspersonen, ist von einer vollständigen Aufgabendelegation nicht auszugehen. Der Einzelunternehmer behält in diesem Fall die persönliche Verantwortung. Eine unzulässige Rechtsübertragung setzt da an, wo der Verwalter die Verantwortung für die Auftragserledigung einer anderen Person zur selbständigen Erledigung überträgt.34 Unerheblich ist, in welchem Rechtsverhältnis die Hilfsperson zum Verwalter steht, also ob angestellt oder freiberuflich tätig. Entscheidend ist, ob der Verwalter die Kontroll- und Weisungsbefugnis behält. Eine interne Vereinbarung zwischen zwei Verwalter-GmbHs, die Tätigkeit gemeinsam ausüben zu wollen, ist gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft ebenso unwirksam.35 Die ungenehmigte Übertragung auf eine andere Rechtsperson ist auch dann unzulässig, wenn auf Ebene der Gesellschafter eine Personenidentität besteht (s.u. Rz. 14 ff.). 11 Die Grenze zwischen einer unzulässigen Delegation und einer zulässigen Beschäftigung von

Mitarbeitern ist fließend. Nicht zulässig ist es, wenn der Verwalter die Führung der Eigentümerversammlung vollständig delegiert, d.h. persönlich nicht anwesend ist. Er muss sich als Auftragnehmer den Wohnungseigentümern in der Versammlung stellen, sodass er zumindest anwesend sein muss, auch wenn er einzelne Versammlungspunkte von einem Mitarbeiter ausführen lässt. Weitere Kernaufgaben, die der Einzelunternehmer persönlich ausführen sollte, sind die Vertretung der Eigentümergemeinschaft im Außenverhältnis, die Ausführung (Unter-

26 So aber LG Karlsruhe v. 28.6.2011 – 11 S 7/10, NZM 2011, 784. 27 BGH v. 22.6.2012 – V ZR 190/11, MDR 2012, 955 = MietRB 2012, 264 = NZM 2012, 654 = NJW 2012, 3175. 28 LG Karlsruhe v. 10.5.2016 – 11 S 41/15, ZWE 2016, 418. 29 LG Frankfurt v. 4.12.2013 – 2-13 S 94/12, NZM 2014, 439. 30 So LG Frankfurt v. 4.12.2013 – 2-13 S 94/12, NZM 2014, 439. 31 OLG Hamm v. 3.5.1990 – 15 W 8/90, WuM 1991, 218; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 4. 32 Allg. Meinung, s. u.a. LG Frankfurt/M. v. 20.8.2012 – 09 S 97/11, ZMR 2013, 30; LG Karlsruhe v. 7.8.2012 – 11 S 180/11, ZWE 2013, 176; Lüke in Weitnauer, § 26 WEG Rz. 25; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 4; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 9; Sauren, § 26 WEG Rz. 4; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 31; kritisch Hügel/Elzer, § 26 WEG Rz. 20. 33 So auch Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 9. 34 KG v. 11.3.2002 – 24 W 310/01, ZMR 2002, 695 = NZM 2002, 389. 35 BayObLG v. 19.6.1997 – 2Z BR 35/97, WE 1998, 114.

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II. Die Person des Verwalters | Rz. 16 § 26

zeichnung) des Zahlungsverkehrs sowie die gerichtliche Vertretung der Eigentümergemeinschaft.36 Wird das Delegationsrecht mit den Wohnungseigentümern vereinbart, gilt Vorstehendes ent- 12 sprechend. Werden unbedeutende Nebenpflichten übertragen, ist dies nicht zu beanstanden, d.h. beide Vertragsparteien können sich damit einverstanden erklären. Die Kernbereichsaufgaben können auch nicht durch vertragliche Regelung und erst recht nicht durch einen bloßen Mehrheitsbeschluss wirksam übertragen werden. Dies liefe auf die unzulässige Bestellung eines zweiten Verwalters hinaus. Ebenso könnten datenschutzrechtliche Erwägungen entgegenstehen. Irrelevant ist, dass die Person feststeht und keine Mehrkosten für die Eigentümergemeinschaft damit verbunden sind.37 Werden hingegen die Verwalteraufgaben vollständig auf eine andere Person übertragen, ist dies nach entsprechender genehmigender Beschlussfassung oder durch Regelung im Verwaltervertrag zulässig. Dann handelt es sich aber tatsächlich nicht um eine Aufgabendelegation, sondern letztendlich um eine Frage der Übertragung des Verwalteramts mit Zustimmung der Wohnungseigentümer, d.h. um eine Neubestellung. Die Person des Nachfolgers muss aber eindeutig feststehen, sonst ist die Vereinbarung oder der Beschluss zu unbestimmt und nichtig. Überträgt der Verwalter einzelne Aufgaben auf eine andere Person, haftet er für dessen 13 Schlechtleistungen38 wenn die Übertragung nicht genehmigt war.

6. Rechtsnachfolge Von dem Grundsatz ausgehend, dass die zum Verwalter bestellte Person grundsätzlich ihre 14 Aufgabe persönlich auszuüben hat, ist auch die Frage der Rechtsnachfolge zu beurteilen. Zu prüfen ist jeweils, ob ein Wechsel in der Rechtsperson stattfindet.39 An einer solchen Personenidentität fehlt es, wenn der Einzelunternehmer seinen Kundenstamm verkauft oder sein Geschäft vererbt.40 Wurde eine juristische Person zur Verwalterin gewählt, ist die Personenidentität weiterhin 15 gewahrt, wenn Gesellschafter ausgetauscht werden oder der Alleingeschäftsführer wechselt. Es ist immer nur auf die formale Rechtsperson abzustellen. Hingegen liegt keine Identität mehr vor, wenn der Kundenstamm von einer GmbH auf eine andere übertragen wird, selbst wenn hinsichtlich Gesellschafter und Geschäftsführer Personenidentität vorliegt.41 Beim Wechsel des einzigen Komplementärs einer KG bleibt die Personenidentität gewahrt.42 16 Nicht erheblich ist, dass durch den Austausch des Komplementärs möglicherweise die Bonität der Verwaltungsgesellschaft leidet. Für die Frage, ob ein unzulässiger Verwalterwechsel vorliegt, sind nicht Bonitätsmaßstäbe, sondern ausschließlich die Identität der Rechtspersonen maßgebend. Die Identität wird nicht gewahrt, wenn der einzige Kommanditist ausscheidet und die Gesellschaft somit zu einem Einzelunternehmen wird.43 Unklar ist die Rechtslage, 36 Hierzu s.a. Jennißen in Jennißen/Schmidt, WEG-Verwalter, Rz. 53. 37 Aus Gründen der Mehrkosten im konkreten Fall ablehnend: OLG Frankfurt v. 15.3.2005 – 20 W 153/03, MietRB 2006, 47. 38 OLG Frankfurt v. 20.12.2004 – 20 W 209/04, MietRB 2006, 49. 39 OLG Köln v. 24.9.2003 – 2 Wx 28/03, MietRB 2004, 81. 40 Vgl. hierzu Drasdo, WE 1989, 429; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 5. 41 BayObLG v. 20.6.1990 – BReg.2 Z 60/90, MDR 1990, 1018; a.A. LG Hamburg v. 28.9.2011 – 318 W 123/11, ZWE 2012, 188, wonach für die „Personenidentität“ genügen soll, dass weiterhin die gleichen Mitarbeiter aus den gleichen Räumen heraus handeln und die gleichen Kontaktdaten bestehen. 42 BayObLG v. 6.2.1987 – BReg.2 Z 6/87, MDR 1987, 588 = BayObLGZ 1987, 54 (56); offengelassen von OLG Düsseldorf v. 28.5.1990 – 3 Wx 159/90, MDR 1990, 925 = Rpfleger 1990, 356. 43 BayObLG v. 6.2.1987 – BReg.2 Z 6/87, MDR 1987, 588 f. = WE 1988, 19.

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§ 26 Rz. 16 | Bestellung und Abberufung des Verwalters wenn der bisher persönlich haftende Komplementär gegen eine GmbH ausgetauscht wird, sodass der KG eine GmbH & Co. KG folgt. In beiden Fällen handelt es sich um eine Kommanditgesellschaft, so dass kein Rechtsformwechsel stattfindet. Dennoch steht die GmbH & Co. KG als Sonderform der Kapitalgesellschaft näher als der Personengesellschaft, der sie zugeordnet ist. Sie kennt die Drittorganschaft und ist damit oft nicht mehr „inhaberbezogen“. Das Verwalteramt ist ein höchstpersönliches, was es erfordert, dass grundsätzlich die handelnden Personen identisch bleiben.44 Ist Verwalter aber eine Kapitalgesellschaft nehmen die Wohnungseigentümer von vorneherein in Kauf, dass Geschäftsführer und Gesellschafter wechseln können. Bei einer KG steht hingegen wie beim Einzelunternehmen der Komplementär als natürliche Person im Vordergrund. Gründe, die gegen eine Rechtsnachfolge und für einen unzulässigen Verwalterwechsel bei dieser Konstellation sprechen.45 17 Gleiches gilt auch, wenn einer oder mehrere OHG-Gesellschafter ausscheiden und der einzig

verbleibende Gesellschafter somit ebenfalls nur noch als Einzelunternehmen fungiert. Auch das „Anwachsen“ eines Einzelunternehmens zu einer OHG steht der Personenidentität entgegen.46 17a Bei der Umwandlung eines Unternehmens ist zu differenzieren. Wird von einer juristischen

Person in eine andere juristische Person gewechselt (Formwechsel gem. §§ 190 ff. UmwG), bleibt es bei der Identität, da sich nur die Organisations- und Haftungsstrukturen verändern.47 Wird von einer juristischen Person in eine Personenhandelsgesellschaft gewechselt, ist die Personenidentität hingegen nicht mehr gewahrt.48 Gleiches gilt umgekehrt. Die insoweit anderslautende pachtrechtliche Entscheidung des BGH49 ist wohnungseigentumsrechtlich nicht anwendbar, da es für die Person des Verwalters weniger um Haftungsfragen als um die Personenidentität geht. 18 Bei der Verschmelzung von zwei oder mehreren Gesellschaften sind zwei unterschiedliche

Wege denkbar. Nach § 2 UmwG ist die Verschmelzung durch Aufnahme oder durch Neugründung möglich. Bei erster Möglichkeit geht das Vermögen auf einen anderen schon bestehenden Rechtsträger über. Bei der zweiten Möglichkeit wird eine neue Rechtsperson gegründet, auf die mindestens zwei bisherige Rechtsträger ihr Vermögen übertragen.50 Hinsichtlich der Verwalterbestellung wurde ebenfalls entsprechend differenziert. Nur bei der Verschmelzung durch Neuaufnahme wurde weiterhin Verwalteridentität angenommen.51 Der BGH52 ist dem entgegengetreten und vertritt die Meinung, dass aus den beiden Verschmelzungsformen keine unterschiedlichen Konsequenzen folgen, wie die §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 36 UmwG verdeutlichen. Die Rechtsidentität bliebe in beiden Fällen gewahrt. Allerdings könne aus der Verschmelzung ein Kündigungsgrund im Einzelfall folgen, und zwar nicht wegen der Verschmelzung als solcher, sondern wenn sich die sachliche Kundenbetreuung ändere. Dem ist mit dem Argument zu folgen, dass das Umwandlungsgesetz die Gesamtrechtsnachfolge der beteiligten Unternehmen sicherstellen will und die unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten nicht durch den 44 Siehe hierzu auch BGH v. 21.2.2014 – V ZR 164/13, MDR 2014, 824 = MietRB 2014, 142 = ZMR 2014, 624 = NZM 2014, 312 45 AG Münster v. 15.3.2016 – 35 C 172/15, ZMR 2016, 816; OLG Düsseldorf v. 28.5.1990 – w Wx 159/ 90, NJW-RR 1990, 1299 für die Umwandlung von KG in GmbH. 46 Unklar AG Darmstadt v. 9.8.2012 – 317 C 5/12, ZMR 2012, 998. 47 Vgl. hierzu auch Jennißen in Jennißen/Schmidt, WEG-Verwalter, Rz. 60 ff. 48 Offenlassend OLG Köln v. 9.2.2006 – 2 Wx 5/06, ZMR 2006, 385 = NZM 2006, 591 für den Wechsel von GmbH in GmbH & Co. KG. 49 BGH v. 27.11.2009 – LwZR 15/09, MDR 2010, 377 = NJW-Spezial 2010, 111. 50 Vgl. Mayer in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 3, § 73 WEG Rz. 9. 51 S. zur früheren Auffassung in der Rspr. LG Landau v. 17.2013 – 3 S 134/12, ZWE 2014, 46; LG Frankfurt v. 20.8.2012 – 09 S 97/11, ZMR 2013, 30. 52 BGH v. 21.2.2014 – V ZR 164/13, MDR 2014, 824 f. = MietRB 2014, 142 f. = ZMR 2014, 654 = NZM 2014, 312.

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III. Bestellung des Verwalters | Rz. 19 § 26

Verlust von (scheinbar) vertraglich gesicherten Aufträgen eingeengt werden dürfe. Allerdings kann durch die Verschmelzung das Vertrauensverhältnis leiden und dadurch ein Kündigungsrecht begründen.53 Anders ist der Fall der Abspaltung zu beurteilen. In diesem Fall liegt nur eine partielle Uni- 18a versalsukzession vor.54 Bei der Abspaltung erlischt entweder der bisherige Rechtsträger und sein Vermögen fällt geteilt mehreren Nachfolgerechtsträgern zu oder der bisherige Rechtsträger überführt einen Teil seines Vermögens auf einen anderen. In letzterem Fall bleibt das abgebende Unternehmen Verwalter.55 Kann dieses Unternehmen, weil es den Teilbetrieb „WEGVerwaltung“ abgespalten hat, das Verwalteramt tatsächlich nicht mehr ausüben, besteht für die Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem bisherigen Unternehmen ein Kündigungs- und Abberufungsgrund. Der abgespaltene Teilbetrieb wird in seiner neuen Organisationsform auf keinen Fall Verwalter.56 Dies gilt auch für die Ausgliederung eines Teilbetriebs einer einzelkaufmännischen Firma 18b zum Zwecke der Neugründung einer GmbH.57 Auch dann geht die Identität verloren und das Verwalteramt endet automatisch. Die Eigentümergemeinschaft ist verwalterlos. Übt dennoch das neue Gebilde Verwaltertätigkeiten aus, geschieht dies als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Aufwendungen sind nur unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag zu erstatten, § 683 BGB.

III. Bestellung des Verwalters 1. Grundlagen a) Einheitstheorie/Trennungstheorie § 26 Abs. 1 spricht nur von der Bestellung und der Abberufung des Verwalters. Dies trifft die 19 organschaftliche Stellung des Verwalters. Die daneben bestehenden schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Verwalter und der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. den Wohnungseigentümern regelt der Verwaltervertrag.58 Diese Differenzierung zwischen Organstellung und Verwaltervertrag wird als Trennungstheorie bezeichnet, die zur Konsequenz hat, dass der Verwalter auch dann bestellt ist, wenn es nicht zum Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags kommt. Nimmt der Verwalter die Bestellung an, ist die Organstellung begründet. Auf den Abschluss eines Verwaltervertrages kommt es hierfür nicht an. Dies wird auf § 26 Abs. 3 gestützt, wonach die Verwaltereigenschaft durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden muss, die den Bestellungsbeschluss beweist. Einen Vertragsabschluss erwähnt Abs. 3 nicht. Ebenso begründen §§ 24, 27 und 28 gesetzliche Pflichten des Verwalters,

53 BGH v. 21.2.2014 – V ZB 164/13, MDR 2014, 824 f. = MietRB 2014, 142 f. = ZMR 2014, 654 = NZM 2014, 312; der Hinweis des BGH auf die Kündigungsmöglichkeit wird aber häufig in der Literatur übersehen. 54 Vgl. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 12 IV 2. 55 OLG München v. 31.1.2014 – 34 Wx 469/13, MietRB 2014, 146 = NotBZ 2014, 265. 56 LG Frankfurt/O. v. 27.11.2012 – 6a S 98/11, ZMR 2013, 981; LG München I v. 10.1.2013 – 36 S 8058/12 WEG, ZWE 2013, 415. 57 BayObLG v. 7.2.2002 – 2Z BR 161/01, NZM 2002, 346; OLG Köln v. 24.9.2003 – 2 Wx 28/03, MietRB 2004, 81. 58 BGH v. 6.3.1997 – III ZR 248/95, MDR 1997, 537 = NJW 1997, 2106 = WE 1997, 306; BayObLG v. 14.12.1995 – 2Z BR 94/95, WE 1996, 314; v. 15.3.1990 – 2Z BR 8/90, WE 1991, 223; OLG Köln v. 21.2.1990 – 16 Wx 18/90, WE 1990, 171; OLG Hamm v. 4.3.1993 – 15 W 295/92, NJW-RR 1993, 845 = WE 1993, 246; Merle/Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 22 m.w.N.

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§ 26 Rz. 19 | Bestellung und Abberufung des Verwalters ohne auf den Inhalt eines etwa bestehenden Verwaltervertrags Bezug zu nehmen.59 Die Trennungstheorie entspricht der h.M.60 20 Demgegenüber stellt die nur noch vereinzelt vertretene Vertragstheorie auf den Vertragsab-

schluss ab, der somit konstitutive Bedeutung haben soll.61 Werden Bestellung und Vertrag hingegen als Einheit angesehen, lässt sich von der hier vertretenen Einheitstheorie (s.u. Rz. 21 f.) sprechen. Diese vermeidet die Zäsur zwischen Bestellung und Vertrag. 21 Die Unterschiede zwischen diesen Meinungen sind in der Theorie zwar durchaus erheblich,

werden in der Praxis aber meistens umgangen. Im Zweifel wird bei Fehlen eines schriftlichen Verwaltervertrags dessen mündlicher oder gar stillschweigender Abschluss unterstellt.62 Meistens bietet der Sachverhalt Anhaltspunkte für einen konkludenten Vertragsabschluss, und zwar selbst dann, wenn die Vergütung nicht angesprochen wurde. Handelt es sich um einen professionellen Verwalter kann auch ohne Vereinbarung die übliche Vergütung für die erbrachten Leistungen verlangt werden.63 Umgekehrt kann auch in der Annahme des Verwaltervertrages eine konkludente Bestellung gesehen werden. Liegt beim Bestellungsbeschluss ein Vertragsangebot des Verwalters bereits vor, ist im Zweifel anzunehmen, dass die Wohnungseigentümer mit dem Bestellungsbeschluss auch die Annahme des Vertragsangebots erklären wollten.64 Bei einem Beschluss über die Fortsetzung des Verwaltervertrags wird angenommen, dass dieser auch die Verlängerung der Verwalterbestellung umfasst.65 Werden Wiederbestellung und Abschluss eines neuen Verwaltervertrags in einem Beschluss zusammengefasst, soll die Bestellung ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, wenn der Verwaltervertrag teilweise unwirksam ist.66 In der Amtsniederlegung des Verwalters soll auch gleichzeitig seine Kündigung liegen.67 Durch diese praktische Gleichstellung von Verwaltervertrag und Verwalterbestellung wird z.T. nicht ganz konsequent die Trennungstheorie zwar weiterhin dogmatisch verfolgt, im Ergebnis aber so durchlöchert, das nur ein leerer Torso übrig bleibt. Andererseits führt die Trennungstheorie in einzelnen Fällen zu zum Teil schwer nachvollziehbaren Ergebnissen (s.u. Rz. 74). Würde der Vertrag nach Abberufung weiterlaufen können,68 gäbe es einen Verwalter ohne Amt und einen Vergütungsanspruch ohne Leistungspflicht. Es ist nicht anzunehmen, dass das der Intention der Wohnungseigentümer entspricht, die zwischen Abberufung und Kündigung nicht zu differenzieren wissen.

59 Wenzel, ZWE 2001, 510, 512; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 22; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 26 WEG Rz. 6. 60 BGH v. 20.6.2002 – V ZB 39/01, ZMR 2002, 766 = MDR 2002, 1427; LG Lüneburg v. 18.3.2014 – 9 S 70/13, ZWE 2014, 278 = MietRB 2014, 271;Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 22; Hügel/Elzer, § 26 WEG Rz. 119; Jacoby in Staudinger, § 26 WEG Rz. 21, 29, 142; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 26 WEG Rz. 110; Sauren, § 26 WEG Rz. 31; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG 50 . 61 OLG Hamburg v. 22.6.2000 – 2 Wx 33/00, ZWE 2002, 133. 62 OLG Hamm v. 21.8.1996 – 15 W 174/96, ZMR 1997, 94; Wicke in Palandt, BGB, § 26 WEG Rz. 3; Sauren, § 26 WEG Rz. 19. 63 BGH v. 7.3.1989 – IX ZR 25/88, ZMR 1989, 265; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 7; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 4; Müller, Praktische Fragen, 9. Teil, Rz. 43. 64 OLG Hamm v. 21.8.1996 – 15 W 174/96, ZMR 1997, 94; BayObLG v. 15.3.1990 – 2Z BR 8/90, WE 1991, 223. 65 OLG Schleswig v. 20.1.2006 – 2 W 24/05, MDR 2006, 1401 = DWE 2007, 34; AG Nürnberg v. 23.1.2015 – 14 C 4961/14, ZMR 2015, 634. 66 So LG Hamburg v. 5.11.2014 – 318 S 47/14, ZMR 2015, 735, mit überzeugender Kritik von Heinemann in MietRB 2016, 48; im Ergebnis gleichermaßen LG Frankfurt/M. v. 27.9.2017 – 2-13 S 49/16, ZWE 2018, 38, wenn viele Klauseln unwirksam sind, deshalb die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages zur Konsequenz haben und daraus dann die Unwirksamkeit der Bestellung folge. 67 BayObLG v. 29.9.1999 – 2Z BR 29/99, ZMR 2000, 45. 68 So LG Frankfurt/M. v. 30.11.2017 – 2-13 S 135/15, ZMR 2018, 355.

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III. Bestellung des Verwalters | Rz. 21d § 26

Die Bestellung soll auch bei Anwendung der Trennungstheorie nur wirksam sein, wenn zu- 21a mindest im unmittelbaren Anschluss auch über die wesentlichen Vertragskonditionen abgestimmt wird.69 Hierdurch werden beide Akte fast untrennbar miteinander verbunden, was eher für die Einheitstheorie sprechen würde, ohne dass die h.M. diese Konsequenz zieht. Auch sind die Ergebnisse unter Anwendung der Trennungstheorie zweifelhaft, wenn das Stimmrecht des Wohnungseigentümers bei seiner Bestellung als Verwalter bejaht, bei der Abstimmung über den Verwaltervertrag aber verneint wird. Werden dann beide Themen in einem Beschluss vereint, soll es hinsichtlich des Stimmrechts darauf ankommen, wo der Schwerpunkt des Beschlussinhalts zu sehen sei (s. Rz. 89).70 Die Bestellung sprechen nach h.M. die Wohnungseigentümer aus, während Vertragspartner des Verwalters der Verband werden soll. Entsprechend unterschiedlich können die Klagegegner je nach Prozessziel sein. Die konsequente Verfolgung der Trennungstheorie scheint kaum möglich, wenn die vorstehenden Resultate vermieden werden sollen. Die sich hieraus ergebenden Lösungsansätze der h.M. lassen eine gewisse Beliebigkeit erkennen. Die deshalb vereinzelt in der Literatur geäußerten Zweifel an der Trennungstheorie sind beachtlich.71 Die Trennungstheorie führt zu einer künstlichen und damit überflüssigen Trennung von Amt und Vertrag. Die Einheitstheorie vermeidet die nur schwer nachvollziehbaren Folgeprobleme der Trennungstheorie.72 Teilweise wird der Einheitstheorie mit dem Argument begegnet, dass die gesetzlich festgeleg- 21b ten Aufgaben und Befugnisse des Verwalters nicht der Vertragsfreiheit unterlägen.73 Warum aber diesem Grundsatz nur bei Anwendung der Trennungstheorie gefolgt werden könne, ist nicht überzeugend. Die Trennungstheorie wird mit guten Gründen im Gesellschaftsrecht, namentlich im GmbHRecht angewandt. Dort macht sie Sinn, weil der Geschäftsführer Organ und Angestellter des Unternehmens ist und er nach seiner Abberufung als Geschäftsführer weiter in anderer Funktion für das Unternehmen tätig bleiben kann. Es wird lediglich diskutiert, auf welcher Ebene die Weiterbeschäftigung erfolgen kann und muss.74 Der WEG-Verwalter ist zwar auch Organ, nicht aber Angestellter der Eigentümergemeinschaft. Wird er abberufen, ist für eine Weiterbeschäftigung kein Raum mehr. Schon deshalb ist die Trennungstheorie überflüssig. Bei vollkommener Unwirksamkeit des Verwaltervertrages (s.u. Rz. 119 f.) wird anzunehmen 21c sein, dass die Wohnungseigentümer bei Kenntnis der Unwirksamkeit den Verwalter überhaupt nicht bestellen wollten (Aufgabe gegenteiliger Auffassung in der Vorauflage). Die Unwirksamkeit des Vertrages zeigt i.d.R. die Defizite des Gewählten in wohnungseigentumsrechtlichen Fragen auf. Wird ein Verwaltervertrag abgeschlossen und kommt es nicht zur wirksamen Bestellung des 21d Verwalters, könnte nach der Trennungstheorie der Verwaltervertrag zwar wirksam sein.75 Er ist aber ein leerer Torso, da der Verwalter nur als Organ handeln kann. Ohne diese Organstellung kann er keine Aufgaben ausüben (s.a. unten Rz. 169), so dass auch kein Vergütungsanspruch entsteht. Ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsabschluss ist allerdings denkbar, wenn sich die Eigentümergemeinschaft ein schuldhaftes Handeln ihrer Wohnungseigentümer zurechnen lassen muss. Der Trennungstheorie bedarf es in diesem Fall aber ebenfalls nicht.

69 BGH v. 27.2.2015 – V ZR 114/14, NJW 2015, 1378 = MDR 2015, 500 = MietRB 2015, 143; LG Lüneburg v. 18.3.2014 – 9 S 70/13, ZWE 2014, 279 = MietRB 2014, 271. 70 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = NZM 2002, 995. 71 So Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 4. 72 So auch Pauly, ZMR 2018, 737, 739. 73 So Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 24a. 74 Siehe hierzu Kleindiek in Lutter Hommelhoff, § 38 GmbHG Rz. 25. 75 OLG Düsseldorf v. 17.1.2006 – I-3 Wx 167/05, ZMR 2006, 463 = NZM 2006, 594.

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§ 26 Rz. 21e | Bestellung und Abberufung des Verwalters b) Ein Verwalter 21e Jede Eigentümergemeinschaft kann immer nur einen Verwalter haben (s.o. Rz. 1b).76 Die Be-

stellung eines Teilverwalters ist ebenso nichtig wie die eines Verwalters je Untergemeinschaft einer Mehrhausanlage.77 Davon zu trennen ist aber der Wahlvorgang. Wird in den Untergemeinschaften jeweils gewählt und danach ein Verwalter für die Gesamtanlage bestimmt, der die Mehrheit aller Stimmen auf sich vereinigt, kann die Wahl zwar fehlerhaft, aber nicht nichtig sein. Entscheidend ist, ob jeweils ein Verwalter je Untergemeinschaft bestellt werden soll (nichtig), oder der Wahlvorgang für die Eigentümergemeinschaft nur in Etappen fehlerhaft durchgeführt wird. Auch schließt die Bestellung eines Verwalters die Selbstverwaltung einiger Häuser (z.B. Einfamilienhäuser in einer Wohnanlage) aus. Insbesondere darf sich der Beirat nicht als Nebenverwalter gerieren und auch hierzu nicht durch Beschluss legitimiert werden, was aus § 27 Abs. 4 folgt. Wählt die Eigentümerversammlung einen stellvertretenden Verwalter ist auch diese Wahl nichtig, tangiert aber die Wahl des amtierenden Verwalters nicht.78

2. Bestellung in der Gemeinschaftsordnung 22 Für den ersten Verwalter bietet es sich an, diesen bereits in der Gemeinschaftsordnung zu be-

nennen.79 Dies hat den Vorteil, dass die Eigentümergemeinschaft mit ihrer Entstehung sofort über einen Verwalter verfügt und damit handlungsfähig wird. Voraussetzung ist, dass alle Ersterwerber im Kaufvertrag der Gemeinschaftsordnung zustimmen.80 23 Bestellt sich der aufteilende Gebäudeeigentümer selbst zum ersten Verwalter, ist die grund-

sätzlich notwendige Annahmeerklärung entbehrlich. Wird eine andere Person zum ersten Verwalter bestellt, muss diese die Bestellung annehmen, was im Zweifel auch konkludent durch Aufnahme der Verwaltungstätigkeit geschehen kann.81 24 Der aufteilende Gebäudeeigentümer kann sich in der Gemeinschaftsordnung auch das Recht

vorbehalten, den ersten Verwalter bestellen zu dürfen. Allerdings muss er von diesem Recht bis zur Entstehung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft Gebrauch gemacht haben. Sonst geht sein Recht unter.82 Aufgrund dieser zeitlichen Beschränkung ist es sinnvoll, wenn der aufteilende Gebäudeeigentümer den ersten Verwalter bestimmen will, ihn konkret in der Gemeinschaftsordnung zu benennen.83 Die erste Verwalterbestellung beginnt frühestens mit der Entstehung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft, ein nicht immer 76 Allgemeine Meinung: KG v. 15.3.2016 – 1 W 79/16, NZM 2016, 322; LG Hamburg v. 15.11.2012 – 318 S 213/11, ZWE 2013, 292; Wicke in Palandt, BGB, § 26 WEG Rz. 1; Engelhardt in MünchKomm BGB, § 26 WEG Rz. 2; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 2; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 3. 77 LG Düsseldorf v. 22.10.2009 – 19 S 40/09, MietRB 2010, 205 = NZM 2010, 288; LG Nürnberg-Fürth v. 23.9.2009 – 14 S 1754/09, IMR 2010, 291; AG Heilbronn v. 30.9.2009 – GR 245/06, ZMR 2010, 484. 78 KG v. 15.3.2016 – 1 W 79/16, ZWE 2016, 176 = MietRB 2016, 204. 79 Die Zulässigkeit der Bestellung durch die Gemeinschaftsordnung wird allgemein bejaht: Sauren, § 26 WEG Rz. 6; Müller, Praktische Fragen, 9. Teil, Rz. 15; Abramenko in Riecke/Schmid, § 26 WEG Rz. 8; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 9; a.A. Deckert in FS Bub, S. 37. 80 KG v. 6.12.2011 – 1 W 477/11, MietRB 2012, 46 = ZWE 2012, 96. 81 BayObLG v. 18.3.1997 – 2Z BR 98/96, WuM 1997, 396; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 56; Müller, Praktische Fragen, 9. Teil, Rz. 17. 82 BayObLG v. 3.3.1994 – 2Z BR 142/93, MDR 1994, 798 = NJW-RR 1994, 784; Müller, Praktische Fragen, 9. Teil, Rz. 16. 83 Die Zulässigkeit der Bestellung des ersten Verwalters in der Gemeinschaftsordnung bestätigend BGH v. 20.6.2002 – V ZB 39/01, MDR 2002, 1427 = ZMR 2002, 766 (700).

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III. Bestellung des Verwalters | Rz. 26 § 26

einfach festzustellender Zeitpunkt (s.o. § 10 Rz. 77 ff.).84 Ist der Verwalter bereits vorher tätig, handelt er allenfalls für den Alleineigentümer85, was keine Auswirkungen auf die weitere Bestellungsdauer hat. Wenn die Bestellung des ersten Verwalters in der Gemeinschaftsordnung nicht zeitlich befris- 25 tet wird, gilt sie auf unbestimmte Zeit mit der Konsequenz, dass die Wohnungseigentümer jederzeit über die Abberufung durch Mehrheitsbeschluss entscheiden können. Es wird die Meinung vertreten, dass die jederzeitige Abberufungsmöglichkeit auch dann besteht, wenn die Gemeinschaftsordnung die Erstbestellung befristet. Als Grund wird angeführt, dass diese Erklärung nicht zum Inhalt des Grundbuchs gemacht werden könne und deshalb die Erwerber nicht binde, da § 10 Abs. 3 nur von Vereinbarungen spricht, mit denen die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander regeln. Die Verwalterbestellung sei hiervon zu trennen, so dass zwar der erste Verwalter in der Gemeinschaftsordnung wirksam bestellt werden könne, die Wohnungseigentümer ihn aber jederzeit durch Mehrheitsbeschluss abberufen könnten.86 Die Erstbestellung in der Gemeinschaftsordnung habe nur die Wirkung eines Beschlusses.87 DieseDifferenzierung zwischen möglicher Bestellung und nicht möglicher Befristung überzeugt aber nicht, zumal in der Praxis in den Kaufverträgen i.d.R. auf die Teilungserklärung Bezug genommen wird.88 Ebenso kann der aufteilende Gebäudeeigentümer die Abwahlmöglichkeit des ersten Verwalters anstelle der zeitlichen Befristung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschneiden. In der Gemeinschaftsordnung darf zwar die Abberufungsmöglichkeit, aber nicht die Verwal- 26 terbestellung eingeschränkt oder erschwert werden, § 26 Abs. 1 S. 5. So sind Regelungen nichtig, wonach nur Wohnungseigentümer das Verwalteramt ausüben dürfen89 oder die Verwalterwahl von einer qualifizierten Mehrheit abhängig gemacht wird.90 Ebenfalls führt es zu einer Beschränkung der Verwalterbestellungsmöglichkeiten, wenn in der Gemeinschaftsordnung das Verwalterhonorar der Höhe nach festgelegt91 oder gar die Unentgeltlichkeit vorgeschrieben wird. Auch diese Regelungen schränken die Möglichkeiten, einen qualifizierten Verwalter zu erhalten, ein und sind daher nichtig. Nichtigkeit ist ebenso anzunehmen, wenn die Verwalterbestellung von der Zustimmung eines Dritten abhängig gemacht wird.92 Keine unzulässige Einschränkung stellt es hingegen dar, wenn sich das Stimmrecht bei der Verwalterwahl nach dem Objektprinzip richtet.93

84 Nach LG Hamburg v. 28.1.2015 – 318 S 118/14, ZWE 2016, 38 = MietRB 2016, 143 ist die Formulierung „Bestellung nach der Begründung von Wohnungseigentum“ als nach der Entstehung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft zu verstehen. 85 AG Hamburg v. 31.3.2014 – 102d C 31/13, ZWE 2014, 374. 86 Engelhardt in MünchKomm BGB, § 26 WEG Rz. 6; Jacoby in Staudinger, BGB, § 26 WEG Rz. 56; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 74; a.A. KG v. 6.10.2011 – 1 W 477/11, ZWE 2012, 96. 87 So Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 74; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 26 WEG Rz. 27. 88 Ebenso KG v. 6.10.2011 – 1 W 477/11, ZWE 2012, 96. 89 BayObLG v. 12.10.1994 – 2Z BR 97/94, MDR 1995, 144 = NJW-RR 1995, 271 = WuM 1995, 229 = WE 1995, 287. 90 OLG München v. 5.4.2011 – 32 Wx 1/11, ZMR 2011, 738; BayObLG v. 20.7.1995 – 2Z BR 49/95, DWE 1995, 155; v. 20.7.1995 – 2Z BR 49/95, WuM 1996, 497; KG v. 4.3.1998 – 24 W 6949/97, MDR 1998, 1218 = NZM 1998, 520. 91 KG v. 19.11.1993 – 24 W 1118/93, MDR 1994, 372 = NJW-RR 1994, 402 für Verwalterhonorar i.H.v. 7 % des Wohngeldes. 92 KG v. 25.3.1977 – 1 W 3736/76, OLGZ 1978, 142; OLG Hamm v. 6.2.1978 – 15 W 345/77, 15 W 346/77 und OLGZ 1978, 184. 93 BGH v. 28.12.2011 – V ZR 253/10, MDR 2012, 209 = MietRB 2012, 74 = ZWE 2012, 80; AG BerlinCharlottenburg v. 7.4.2010 – 72 C 7/10, ZWE 2011, 54.

Jennißen | 1039

§ 26 Rz. 27 | Bestellung und Abberufung des Verwalters

3. Mehrheitsbeschluss a) Grundsätze 27 Der Verwalter kann auch durch einen Mehrheitsbeschluss in der Eigentümerversammlung be-

stellt werden. Dies ist der Regelfall, von dem § 26 Abs. 1 Satz 1 ausgeht. Maßgebend ist das Stimmrecht (z.B. Wertprinzip) gem. Gemeinschaftsordnung. § 26 Abs. 1 Satz 5 liefert keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Kopfprinzip zwingend anzuwenden sei.94 Das von § 25 Abs. 2 WEG abweichende Stimmrecht stellt keine Einschränkung der 95Verwalterbestellung gem. § 26 Abs.1 Satz 5 WEG dar.96 Eine solche Einschränkung ist hingegen gegeben, wenn die Verwalterwahl gem. Gemeinschaftsordnung von einer qualifizierten Mehrheit abhängig ist97 (s.a. vorstehende Rz. 26). 28 Problematisch kann die Wahl des ersten Verwalters sein, wenn in der Gemeinschaftsordnung

niemand bevollmächtigt wurde, die erste Versammlung einzuberufen. Im Zweifel muss zunächst ein gerichtlicher Antrag gestellt werden, damit ein Wohnungseigentümer bevollmächtigt wird, die erste Eigentümerversammlung zwecks Verwalterwahl einberufen zu können. Es kann in dieser Konstellation noch nicht auf unmittelbare gerichtliche Bestellung gem. § 21 Abs. 8 geklagt werden (Vorbefassungspflicht).98 29 Hat sich der aufteilende Gebäudeeigentümer das Recht vorbehalten, die erste Eigentümerver-

sammlung einzuberufen, kann er dies wiederum nicht tun, bevor die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft (s. § 10 Rz. 77 ff. und § 43 Rz. 5) entstanden ist. Die Eigentümerversammlung setzt stets voraus, dass die Eigentümergemeinschaft zumindest als werdende Wohnungseigentümergemeinschaft existiert. Beschließt der teilende Gebäudeeigentümer hingegen alleine und hat nur sich zur Versammlung eingeladen, liegt eine Nichtversammlung vor. Die „Beschlüsse“ sind Nicht-Beschlüsse,99 die keine Wirkung entfalten. 30 Für die Verwalterwahl sollten möglichst mehrere Kandidaten vorgeschlagen werden (s.u.

Rz. 32), was entbehrlich ist, wenn sich der amtierende Verwalter zur Wiederwahl stellt (s.u. Rz. 55 ff.). Im Einzelfall können zwei Kandidaten nicht genügen, wenn in der Gemeinschaft zwei Lager vorhanden sind, die polarisieren.100 Steht aber nur ein Kandidat zur Wahl, hat dieser Umstand allein noch nicht die Rechtswidrigkeit der Verwalterwahl zur Folge.101 Die Mehrheit kann es auch wirksam ablehnen, weitere Kandidaten anzuhören102 oder überhaupt Alternativangebote einzuholen. Es sind viele sachliche Gründe denkbar, die einen Verzicht auf weitere Angebote sinnvoll erscheinen lassen (z.B. die geringe Größe der Gemeinschaft oder die besonderen Schwierigkeiten). Die Wohnungseigentümer müssen nicht durch die Rechtsprechung zu ihrem vermeintlichen Glück gezwungen werden.103 30a Wird die Verwalterwahl gerichtlich angefochten, ist die Qualifikation des Verwalters zu über-

prüfen. Bestehen hierzu keine Bedenken, ist der Mangel, dass nicht mehrere Kandidaten zur Auswahl standen, nicht kausal. Der einzelne Wohnungseigentümer muss die Möglichkeit erhalten, vor der Eigentümerversammlung von den Angeboten Kenntnis zu nehmen und eige-

94 95 96 97 98 99 100 101 102 103

So auch Müller, Praktische Fragen, 9. Teil, Rz. 36; Abramenko in Riecke/Schmid, § 26 WEG Rz. 11a. AG Fritzlar v. 6.9.2016 – 8 C 454/15, ZWE 2017, 54. So auch LG Dresden v. 24.11.2010 – 2 S 293/10, ZWE 2011, 121. OLG München v. 5.4.2011 – 32 Wx 1/11, ZMR 2011, 738. Siehe hierzu auch Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 11. OLG München v. 9.1.2006 – 34 Wx 089/05, ZMR 2006, 308. LG Hamburg v. 10.12.2007 – 318 T 49/07, ZMR 2011, 822. OLG Hamm v. 3.1.2008 – 15 W 240/07, MietRB 2008, 335 = DWE 2008, 60. OLG München v. 7.9.2007 – 32 Wx 109/07, MietRB 2008, 145 = ZMR 2007, 1000. A.A. LG Dortmund v. 14.6.2016 – 1 S 455/15, DWE 2016, 125.

1040 | Jennißen

III. Bestellung des Verwalters | Rz. 32 § 26

ne Vorschläge einbringen zu können.104 Zur Vorschlagseinbringung muss er aber nicht ausdrücklich aufgefordert werden. Stehen hingegen mehrere Kandidaten zur Auswahl und wird über diese in einem Wahlgang 31 entschieden, muss die gewählte Person die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten.105 Andernfalls ist anzunehmen, dass die Mehrheit, die andere Kandidaten gewählt hat, indirekt gegen ihn votierten. Erreicht keine der zu wählenden Personen die absolute Mehrheit der anwesenden Stimmen, kann eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten durchgeführt werden, die die meisten Stimmen im ersten Wahlgang erhielten.106 Wird zwischen zwei Kandidaten abgestimmt, genügt die relative Mehrheit.107 Steht nur ein Kandidat zur Wahl, kann dieser schon gewählt sein, wenn er nur eine Stimme erhält und sich alle anderen Wohnungseigentümer der Stimme enthalten. Die Verkündung einer Verwalterwahl, obschon der scheinbar gewählte tatsächlich nicht die notwendige (ggfs. absolute) Mehrheit erreicht hat, führt aber nur zur Rechtwidrigkeit, da die Beschlusskompetenz gegeben ist und Fehler bei der Auszählung nicht ihre Nichtigkeit zur Konsequenz haben.108 Es entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn mehrere Angebote eingeholt werden.109 32 Eine Mindestzahl lässt sich nicht definieren110 und ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Bei sehr kleinen Eigentümergemeinschaften müssen die Wohnungseigentümer oft froh sein, wenn überhaupt ein Verwalter kandidiert, so dass in einem solchen Extremfall auf Vergleichsangebote verzichtet werden kann. Hiervon abgesehen, ist es wesentlich, dass die Wohnungseigentümer Leistungsvergleiche anstellen können.111 Die zu wählenden Kandidaten sollten sich in der Eigentümerversammlung vorstellen. Ebenso sollten die Vertragsangebote allen Wohnungseigentümern vor der Wahl zur Verfügung gestellt werden.112 Dazu genügt auch die Vorlage eines Angebotsspiegels. Der Beirat darf unter mehreren Kandidaten, die er selbst zur Abgabe von Bewerbungsunterlagen aufgefordert hat, eine Vorauswahl treffen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn nur geeignet erscheinende Bewerber zur Eigentümerversammlung eingeladen werden.113 Holen andere Wohnungseigentümer auch Angebote ein, darf der Beirat allerdings diese nicht einfach ausgrenzen.114 Es genügt auch nicht, wenn der Beirat die Vorauswahl so trifft, dass nur noch ein Kandidat präsentiert wird und die Wohnungseigentümer faktisch nicht wählen können. Ebenfalls ist es nicht ausreichend, nur einen Vorschlag zu präsentieren und darauf zu verweisen, dass jeder Wohnungseigentümer die Gelegenheit hatte, eigene Vorschläge einzureichen, oder dass bereits im Vorfeld sich eine Mehrheit auf den später

104 OLG Hamm v. 3.1.2008 – 15 W 240/07, MietRB 2008, 335 = DWE 2008, 60. 105 BayObLG v. 13.3.2003 – 2Z BR 85/02, NZM 2003, 444 = WuM 2003, 410; Jacoby in Staudinger, BGB, § 26 WEG Rz. 40; Gottschalg, ZWE 2005, 32 (35). 106 Siehe zur absoluten Mehrheit auch Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 10; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 48; AG Riesa v. 29.11.2013 – 6 C 779/12, ZMR 2014, 578. 107 BayObLG v. 13.3.2003 – 2Z BR 85/02, NZM 2003, 444 = WuM 2003, 410. 108 A.A. Müller, Praktische Fragen, 9. Teil, Rz. 38, der von Nichtigkeit ausgeht. 109 BGH v. 1.4.2011 – V ZR 96/10, NZM 2011, 515 = MDR 2011, 780 = MietRB 2011, 212; LG Frankfurt/M v. 7.1.2015 – 2-09 S 45/14, NZM 2015, 350; LG Dortmund v. 25.2.2016 – 1 S 416/15, ZWE 2017, 143. 110 LG Köln v. 31.1.2013 – 29 S 135/12, MietRB 2013, 335 = NZM 2013, 585; von drei Angeboten ausgehend: LG Landau v. 17.5.2013 – 3 S 134/12, ZWE 2014, 46 = ZMR 2013, 744. 111 BGH v. 22.6.2012 – V ZR 190/11, MDR 2012, 955 = MietRB 2012, 264 = NZM 2012, 654 = NHW 2012, 3175. 112 OLG Köln v. 14.3.2005 – 16 Wx 23/05, ZMR 2005, 811; LG Köln v. 31.1.2013 – 29 S 135/12, MietRB 2013, 335 = NZM 2013, 585; AG Hamburg-Altona v. 16.5.2014 – 303a C 22/13, ZMR 2014, 828. 113 OLG Düsseldorf v. 14.9.2001 – 3 Wx 202/01, NZM 2002, 266. 114 AG Hamburg-Altona v. 16.5.2014 – 303a C 22/13, ZMR 2014, 828.

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§ 26 Rz. 32 | Bestellung und Abberufung des Verwalters gewählten Verwalter verständigt hat.115 Die Wohnungseigentümer müssen ihr Auswahlermessen ausüben.116 33 Wird die Versammlung von einer Person einberufen, die zur Einberufung nicht legitimiert

ist, sind die gefassten Beschlüsse nur anfechtbar, was entsprechend auch für die Verwalterwahl gilt. Die Rechtslage ist nicht anders zu beurteilen, wenn der später gewählte Verwalter die Versammlung einberufen hat und somit bei der Einberufung als unbefugte Person handelte. Seine spätere Wahl zum Verwalter heilt diesen Einberufungsmangel nicht. Dennoch ist seine Verwalterwahl nur anfechtbar und nicht nichtig.117 34 Zweifelhaft ist, ob es zur ordnungsmäßigen Verwalterwahl gehört, dass schon im Beschluss

die wichtigsten Vertragselemente wie Vertragslaufzeit und Vergütung festgelegt werden. Die dies bejahende Auffassung 118 übersieht, dass weder ein schriftlicher Verwaltervertrag erforderlich ist noch unbedingt über die Vertragslaufzeit und über die Vergütungshöhe Einigkeit erzielt werden muss. Wenn die Vertragslaufzeit bzw. die Bestellungsdauer nicht festgelegt wurde, ist der Verwalter auf unbestimmte Zeit gewählt.119 Haben die Wohnungseigentümer in der Beschlussfassung nicht die Vergütung festgelegt, gilt die übliche Vergütung, deren Höhe im Zweifel der Verwalter zu beweisen hat. Die Bestimmung der Vertragslaufzeit und der Vergütung im Bestellungsbeschluss sind somit für die Rechtmäßigkeit der Bestellung nicht Voraussetzung und würden im Ergebnis auch der Trennungstheorie widersprechen. Anderenfalls wären die Wohnungseigentümer immer verpflichtet, den Verwalter auf bestimmte Zeit zu bestellen, wofür kein gesetzlicher Anhaltspunkt besteht. Sind Preis und Laufzeit hingegen Inhalt des Bestellungsbeschlusses, hat dieser Beschluss Doppelcharakter, indem er gleichzeitig auch die Annahme der entsprechenden Vertragsregeln ausspricht.120 Bestehen hingegen Hinweise, dass der zu bestellende Verwalter nicht auf unbestimmte Zeit gewählt werden will und dass auch eine offene Uneinigkeit über die Vergütungshöhe anzunehmen ist, wird es schon rein praktisch nicht zur Verwalterbestellung und zumindest nicht zur Annahmeerklärung durch den Verwalter kommen. Die offene Uneinigkeit (Dissens) besteht aber nur so lange, bis der Verwalter in Kenntnis der Abweichung von Angebot und Annahme der Verwalterbestellung zustimmt. Im Sinne der hier vertretenen Einheitstheorie sind zwar Bestellung und Vertrag nicht von einander zu trennen. Sie müssen aber nicht in einem Beschluss zusammengefasst werden. Die Beschlussfassung kann auch stufenweise erfolgen, was aber in ein und derselben Versammlung erfolgen muss und somit nicht zeitlich auseinanderfallen darf.121 Der Verwalter ist erst bestellt, wenn alle Stufen des Beschlusses die Zustimmung der Mehrheit der Wohnungseigentümer und des Verwalters gefunden haben. 35 Zählt der Verwalter die Stimmen falsch aus und verkündet die Wahl als zustande gekommen,

obschon tatsächlich die Mehrheit gegen den Kandidaten votierte, so ist dennoch zunächst der verkündete Beschluss maßgebend, solange er nicht auf Grund einer Anfechtung für unwirksam erklärt wurde.122 Wird der Beschlussgegenstand in der Einladung zur Eigentümerver-

115 116 117 118 119 120 121 122

LG Frankfurt/M v. 7.1.2015 – 2-09 S 45/14, NZM 2015, 350. LG Frankfurt/M v. 7.1.2015 – 2-09 S 45/14, NZM 2015, 350. BayObLG v. 28.9.1998 – 2Z BR 123/98, NZM 1999, 129; Müller, Praktische Fragen, 9. Teil, Rz. 38. So BGH v. 27.2.2015 – V ZR 114/14, NJW 2015, 1378; OLG Hamm v. 4.6.2002 – 15 W 66/02, ZMR 2003, 50; AG Neuss v. 27.3.2009 – 101 C 242/08, ZMR 2010, 570; LG Düsseldorf v. 30.12.2011 – 16 S 30/10, ZMR 2012, 465. So auch LG Karlsruhe v. 28.6.2011 – 11 S 7/10, NZM 2011, 784; Müller, Praktische Fragen, 9. Teil, Rz. 24; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 34; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 89; a.A. Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 26 WEG Rz. 21. So auch Müller, Praktische Fragen, 9. Teil Rz. 24. So BGH v. 22.6.2012 – V ZR 190/11, MDR 2012, 955 = MietRB 2012, 264 = NZM 2012, 654 = NJW 2012, 3175. OLG Düsseldorf v. 6.5.2002 – 3 Wx 244/01, WuM 2002, 384 = ZMR 2002, 614.

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III. Bestellung des Verwalters | Rz. 38 § 26

sammlung mit „Neuwahl eines Verwalters“ bezeichnet, so kann unter diesem Tagesordnungspunkt auch über den Verwaltervertrag abgestimmt werden.123 Die Ankündigung der Neuwahl ermöglicht auch die Wiederwahl.124, umgekehrt auch der Tagesordnungspunkt Wiederwahl die nachfolgende Neuwahl.125 Wesentlich ist nur, dass die Verwalterwahl angekündigt wird, nicht mit welcher Zielrichtung. Der Bestellungsbeschluss muss, wie jeder andere Beschluss auch, einen bestimmten Inhalt ha- 36 ben. Beschlüsse sind objektiv auszulegen.126 Auf die subjektiven Vorstellungen der Abstimmenden kommt es nicht an. So muss insbesondere die gewählte Person klar bestimmt sein. Es darf auch kein Zweifel bestehen, ob die sich vorstellende Person persönlich oder als Vertreter einer juristischen Person gewählt wurde. Solche Unklarheiten führen zur Nichtigkeit des Bestellungsbeschlusses. Wird beispielsweise eine GmbH gewählt, die tatsächlich nicht existiert, kann der Beschluss nicht in die Wahl der sich konkret vorstellenden Person umgedeutet werden. Vielmehr handelt es sich um die Wahl einer nicht existenten Person, die einen unmöglichen Inhalt hat.127 b) Stimmrechte aa) Der Wohnungseigentümer Das Stimmrecht richtet sich nach der Gemeinschaftsordnung und, falls dort eine Regelung 37 fehlt, nach dem Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 WEG (s.a. oben Rz. 27). Die Wohnungseigentümer können in der Eigentümerversammlung für die Verwalterwahl das Stimmrecht nicht durch Beschluss abändern. Geschieht dies trotzdem, ist die Wahl mangels Beschlusskompetenz nichtig.128 bb) Des Verwalters Ist der Verwalter selbst Wohnungseigentümer oder in der Eigentümerversammlung als Vertre- 38 ter von Wohnungseigentümern anwesend, darf er bei seiner Verwalterwahl mit abstimmen.129 Das Wohnungseigentumsgesetz sieht für den Bestellungsbeschluss keinen Stimmrechtsausschluss vor. § 25 Abs. 5 WEG erfasst nur einen Stimmrechtsausschluss, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezogenen Rechtsgeschäfts mit einem Wohnungseigentümer betrifft (s. zum Stimmrecht beim Beschluss über den Verwaltervertrag u. Rz. 88 ff.). Die Verwalterbestellung wird aber nicht als Abschluss eines solchen Rechtsgeschäfts angesehen.130 Gründe, weshalb sich ein zu wählender Kandidat

OLG Schleswig v. 20.1.2006 – 2 W 24/05, MDR 2006, 1401 = ZMR 2006, 803. A.A. AG Bonn v. 29.7.2011 – 27 C 228/10, ZMR 2012, 47. LG Frankfurt/M v. 27.1.2014 – 2-13 T 56/13, ZMR 2014, 473. OLG Frankfurt v. 17.4.2008 – 20 W 13/07, ZMR 2009, 56. OLG Frankfurt v. 17.4.2008 – 20 W 13/07, ZMR 2009, 56. BayObLG v. 13.3.2003 – 2Z BR 85/02, NZM 2003, 444 = WuM 2003, 410; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 10. 129 KG v. 5.11.1986 – 24 W 1558/86, MDR 1987, 236 = NJW-RR 1987, 268; OLG Düsseldorf v. 28.7.1995 – 3 Wx 210/95, WE 1996, 70; OLG Saarbrücken v. 10.10.1997 – 5 W 60/97 – 23, WE 1998, 69; OLG Köln v. 8.11.2006 – 16 Wx 165/06, NZM 2007, 334 = NJW-RR 2007, 670; OLG Schleswig v. 20.1.2006 – 2 W 24/05, MDR 2006, 1401 = ZMR 2006, 803; OLG Hamm v. 20.7.2006 – 15 W 142/05, MietRB 2007, 122 f. = NZM 2007, 253. 130 KG v. 5.11.1986 – 24 W 1558/86, MDR 1987, 236 = NJW-RR 1987, 268; OLG Düsseldorf v. 28.7.1995 – 3 Wx 210/95, WE 1996, 70; OLG Saarbrücken v. 10.10.1997 – 5 W 60/97-23, WE 1998, 69. 123 124 125 126 127 128

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§ 26 Rz. 38 | Bestellung und Abberufung des Verwalters nicht selbst zum Verwalter mit wählen darf, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist die organschaftliche Bestellung nur die Ausübung eines Mitgliedschaftsrechts.131 39 Ebenso dürfen Wohnungseigentümer mit abstimmen, die mit dem zu wählenden Verwalter

persönlich oder wirtschaftlich verbunden sind.132 cc) Ausnutzen der Stimmenmehrheit 40 Wenn der Verwalter mit der Stimmenmehrheit eines einzelnen Wohnungseigentümers, meis-

tens des Bauträgers, gewählt wird, stellt sich die Frage, ob dies als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Zutreffend wird diese Frage grundsätzlich zu verneinen sein, da es die Ausnutzung eines legitimen Rechts ist, mit einer vorhandenen Mehrheit den Verwalter zu wählen, der vom Mehrheitseigentümer favorisiert wird. Dass sich der Mehrheitseigentümer gegen die übrigen Wohnungseigentümer durchsetzt, ist für sich betrachtet noch nicht rechtsmissbräuchlich.133 Allerdings ist die Verwalterwahl bei entsprechender Anfechtung durch die Gerichte besonders kritisch im Hinblick auf ihre Ordnungsmäßigkeit zu prüfen, wenn eine Majorisierung stattgefunden hat. Dann sind sachliche Gründe, die gegen die Verwalterbestellung der konkreten Person sprechen, ebenso heranzuziehen, wie die Gefahren eines Interessenwiderspruchs.134 Hat der Mehrheitseigentümer in der Vergangenheit schon mehrfach nach seinem persönlichen Gutdünken gehandelt, das mit der bestehenden Rechtslage nicht in Einklang zu bringen war und beispielsweise unfähige Verwalter gewählt, kann die Wahl einer ihm nahestehenden Person (z.B. Ehefrau) rechtsmissbräuchlich sein.135 Auch ist im Falle der Majorisierung die persönliche und fachliche Qualifikation des Verwalters höher als üblich anzusetzen. Die Wahl eines nicht besonders qualifizierten Verwalters mit Stimmenmehrheit eines Wohnungseigentümers ist als rechtsmissbräuchliche Wahl im Falle der Anfechtung aufzuheben.136 Dies gilt auch, wenn der Verwalter zunächst nur kurzzeitig wie in einer Art Probezeit bestellt wird.137 Je größer das Verwaltungsunternehmen ist, je eher kann unterstellt werden, dass dieses aufgrund seiner wirtschaftlichen Unabhängigkeit eine allseits interessengerechte Verwaltungstätigkeit erbringen kann. Unzulässig ist es aber, jede Majorisierung zurückzuweisen oder das Stimmrecht im Falle der Majorisierung auf beispielsweise 25 % willkürlich zu beschränken.138 41 Die Verwalterwahl kann bei vorliegender Majorisierung auch dann aufgehoben werden, wenn

das Vertrauensverhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern von vornherein belastet ist. Es wäre aber ein unzulässiger Zirkelschluss, wenn das belastete Vertrauensverhältnis alleine mit den Mehrheitsverhältnissen begründet würde. Tatsächlich muss eine besondere Nähe des Verwalters zum aufteilenden Bauträger vorliegen, die insbesondere befürchten lässt, dass et-

131 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = NZM 2002, 995 (998) = NJW 2002, 3704; OLG Düsseldorf v. 16.9.1998 – 3 Wx 366/98, NZM 1999, 285; OLG Saarbrücken v. 10.10.1997 – 5 W 60/97, WuM 1998, 243 = ZMR 1998, 50. 132 OLG Frankfurt v. 13.10.2004 – 20 W 133/03, MietRB 2005, 234. 133 A.A. BayObLG v. 27.6.1996 – 2Z BR 46/96, WE 1997, 115. 134 OLG Zweibrücken v. 10.7.1989 – 3 W 72/89, WE 1990, 108; OLG Düsseldorf v. 16.4.1999 – 3 Wx 77/99, ZMR 1999, 581 = WuM 1999, 648; LG Karlsruhe v. 23.6.2010 – 11 S 60/09, ZWE 2011, 44; LG Karlsruhe v. 10.5.2016 – 11 S 41/15, ZWE 2016, 418. 135 LG Karlsruhe v. 4.11.2014 – 5 S 107/13, DWE 2015, 41; BayObLG v. 13.12.2001 – 2Z BR 93/01, ZMR 2002, 360. 136 OLG Düsseldorf v. 28.7.1995 – 3 Wx 210/95, WE 1996, 70; LG Hamburg v. 30.11.2015 – 318 S 81/ 15, ZMR 2016, 226. 137 LG Hamburg v. 30.11.2015 – 318 S 81/15, ZMR 2016, 226. 138 Ebenso Abramenko in Riecke/Schmid, § 26 WEG Rz. 13a; a.A. OLG Saarbrücken v. 10.10.1997 – 5 W 60/97-23, WE 1998, 69; OLG Hamm v. 6.2.1978 – 15 W 345/77, 15 W 346/77 und OLGZ 1978, 184.

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III. Bestellung des Verwalters | Rz. 44 § 26

waige Gewährleistungsansprüche vom Verwalter nicht hinreichend verfolgt werden.139 Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen primär den ersten Verwalter betrifft. Dieser darf nach Satz 2 ohnehin nur für höchstens drei Jahre bestellt werden. Somit haben die Wohnungseigentümer bei fünfjähriger Gewährleistungsfrist noch zwei Jahre Zeit, um dann durch einen Verwalter ihres Vertrauens die Gewährleistungsansprüche wahrzunehmen. Durch die zeitliche Beschränkung der ersten Verwalterwahl auf maximal drei Jahre sind die möglichen Gründe für eine Interessenkollision geringer geworden. Auch muss berücksichtigt werden, dass der Verwalter, wenn er Gewährleistungsansprüche entgegen entsprechender Weisung durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer nicht hinreichend verfolgt, mit sofortiger Wirkung abberufen werden kann (s.a. Rz. 143 ff.). Auch unter diesem Gesichtspunkt sind die Wohnungseigentümer nicht schutzlos.140 Die Verwalterwahl hat selbstverständlich nach dem in der Gemeinschaftsordnung vorgese- 42 henen Stimmrecht zu erfolgen. Sieht diese das Objektprinzip vor, ist dieses auch dann anwendbar, wenn hiermit die Gefahr einer Majorisierung verbunden ist.141 Besonders ist eine Majorisierung dann zu werten, wenn die Eigentümergemeinschaft nur aus zwei zerstrittenen Parteien besteht und eine Partei mit ihrem Stimmenübergewicht sich selbst zum Verwalter bestellt. Dann ist eine objektive Verwaltung von vornherein nicht zu erwarten, sodass eine entsprechende Beschlussanfechtung erfolgreich ist.142

4. Bestellung durch den Beirat Es genügt nicht, wenn nur der Beirat den Verwalter bestellt. Die Wohnungseigentümer kön- 43 nen auch hierzu nicht per Mehrheitsbeschluss die Verwalterwahl auf den Beirat delegieren. Sie würden sich hierdurch eines Kernrechts begeben. Die Wohnungseigentümer müssen immer per Mehrheitsbeschluss den Verwalter aussuchen.143 Ein Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer den Beirat bevollmächtigen, den Verwalter auszusuchen und zu bestellen, ist nichtig. Allerdings kann die vom Beirat „bestellte“ Person anschließend zu einer Eigentümerversammlung einladen und dort die Wahl bestätigen lassen. Dann ist die Wahl nicht mehr nichtig, sondern nur noch anfechtbar. Dies folgt daraus, dass eine Versammlung, die durch eine nicht berechtigte Person eingeladen wurde, nach herrschender Auffassung nicht zur Nichtigkeit der dort gefassten Beschlüsse, sondern lediglich zu deren Anfechtbarkeit führt.144

5. Bestellung durch das Gericht Vor der WEG-Novelle sah § 26 Abs. 3 vor, dass auf Antrag eines Wohnungseigentümers oder 44 eines Dritten, der ein berechtigtes Interesse an der Bestellung eines Verwalters hat, durch das Gericht ein Verwalter zu bestellen ist, wenn dieser fehlt und ein dringender Anlass zur Behebung des Mangels besteht. Hiermit korrespondierte die Vorschrift des früheren § 43 Abs. 1 Nr. 3, wodurch ein gleiches Recht in die Verfahrensvorschriften aufgenommen wurde. Der Gesetzgeber hat beide Vorschriften im Zuge der Novellierung ersatzlos gestrichen. Da dieser Verwalter immer nur bis zur Behebung des Mangels, also bis zur Wahl eines Verwalters durch

139 140 141 142 143 144

OLG Frankfurt v. 13.10.2004 – 20 W 133/03, MietRB 2005, 234. OLG Hamm v. 8.4.2004 – 15 W 17/04, MietRB 2004, 296 = ZMR 2004, 702. BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704 = ZMR 2002, 930. BayObLG v. 13.12.2001 – 2Z BR 93/01, ZMR 2002, 525 = ZWR 2002, 360. Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 98; Hügel/Elzer, § 26 WEG Rz. 69; Sauren, § 26 WEG Rz. 9b. BayObLG v. 13.6.1990 – 2Z 25/90, WE 1991, 285; BayObLG v. 28.9.1998 – 2Z BR 123/98, NZM 1999, 129; OLG Köln v. 9.1.1996 – 16 Wx 214/95, WuM 1996, 246; KG v. 27.8.1986 – 24 W 1747/ 86, MDR 1987, 143 = NJW 1987, 386.

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§ 26 Rz. 44 | Bestellung und Abberufung des Verwalters die Eigentümerversammlung, gerichtlich bestellt wurde, wurde er als Notverwalter bezeichnet (s.o. § 20 Rz. 15). 45 Daneben bestand die Möglichkeit, auf Antrag eines Wohnungseigentümers einen Verwalter

im Verfahren gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 zur Verwirklichung des Anspruchs auf ordnungsmäßige Verwaltung zu bestellen.145 Aufgrund dieser parallel bestehenden Möglichkeit hielt der Gesetzgeber die Person des Notverwalters für entbehrlich. 46 Ein Antrag auf Verwalterbestellung ist seit 1.7.2007 nach § 21 Abs. 8 möglich. Die vom Ge-

richt nach billigem Ermessen zu treffende Entscheidung richtet sich dann auf die erforderliche Verwalterbestellung. Durch Urteil kann das Gericht die unmittelbare Verwalterbestellung vornehmen und ist nicht nur darauf beschränkt, die übrigen Wohnungseigentümer zur Mitwirkung bei der Bestellung des Verwalters zu verpflichten.146 Daneben wird die Möglichkeit diskutiert, dass ein Wohnungseigentümer auch weiterhin einen Antrag gem. § 43 Nr. 1 i.V.m. § 21 Abs. 4, dann aber gerichtet auf einen bestimmten Verwalter, stellen könne. In beiden Fällen ist zunächst Voraussetzung, dass der Wohnungseigentümer sich um die Einberufung einer Eigentümerversammlung bemüht und einen Antrag auf Verwalterwahl stellt.147 Ohne Vorbefassung kann das Rechtsschutzinteresse fehlen. Scheitern diese Bemühungen oder ist von vornherein erkennbar, dass eine Verwalterwahl nicht zustande kommt, weil sie beispielsweise vom Mehrheitseigentümer boykottiert wird, kann das Gericht unmittelbar angerufen werden. Gleiches kommt in Betracht, wenn ein dringendes sachliches Bedürfnis besteht, dass das Gericht unmittelbar den Verwalter bestellt. Dies ist dann der Fall, wenn nur die sofortige Verwalterbestellung einen oder alle Wohnungseigentümer vor Schaden bewahrt.148 Grundsätzlich müssen Anträge in gerichtlichen Verfahren nach § 43 Nr. 1 einen bestimmten Inhalt haben. Dennoch kann nicht die gerichtliche Bestellung eines bestimmten Verwalters beantragt werden, weil kein Wohnungseigentümer Anspruch auf Bestellung eines bestimmten Verwalters hat.149 Andernfalls würde § 21 Abs. 8 bedeutungslos. Diese Vorschrift will den einzelnen Wohnungseigentümer davon entbinden, eine bestimmte Maßnahme einfordern und im Klageantrag formulieren zu müssen (s.a. § 21 Rz. 122 ff.). Die Vorschrift zeigt aber auch, dass ein Wohnungseigentümer dann keinen bestimmten Antrag stellen kann, wenn er auf die begehrte Maßnahme – hier Bestellung eines ihm genehmen Verwalters – keinen Anspruch hat. Deshalb scheidet ein Antrag auf einen bestimmten Verwalter aus. Gleiches gilt grundsätzlich auf für die Vertragsinhalte. Dennoch kann der Kläger die Festlegung eines Honorars des zu bestellenden Verwalters durch das Gericht anregen, damit die beklagten Wohnungseigentümer die gerichtliche Entscheidung nicht unterlaufen können. 46a Das Gericht übt anstelle der Wohnungseigentümer das Ermessen aus. Da zur ordnungsgemä-

ßen Ermessensausübung der Wohnungseigentümer die Entscheidung zwischen drei Angeboten notwendig ist, sollen auch dem Gericht mit dem Klageantrag drei konkrete für das Objekt abgegebene Angebote eingereicht werden.150 Zu starre Anforderungen dürfen jedoch nicht an die Anzahl der Angebote gestellt werden, da gerade bei kleineren Objekten oder zerstrittenen Gemeinschaften nur schwer Angebote zu erhalten sind und es im Ergebnis wiedersprüchlich

145 BayObLG v. 12.12.1988 – BReg.2 Z 49/88, NJW 1989, 461. 146 OLG Düsseldorf v. 31.8.2007 – I-3 Wx 85/07, DWE 2007, 124. 147 LG Dortmund v. 16.8.2016 – 1 S 35/16, ZWE 2017, 141; Abramenko in Riecke/Schmid, § 26 WEG Rz. 17 unter Verweis auf OLG Düsseldorf v. 6.7.1994 – 3 Wx 456/92, ZMR 1994, 523. 148 OLG Düsseldorf v. 31.8.2007 – I-3 Wx 85/07, DWE 2007, 124. 149 LG Frankfurt v. 24.9.2008 – 2–13 S 32/08, DWE 2009, 71; ebenso Abramenko in Riecke/Schmid, § 26 WEG Rz. 17; beide Anträge nach § 43 Nr. 1 und § 21 Abs. 8 zulassend, Elzer in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 10 WEG Rz. 9. 150 LG Dortmund v. 10.11.2015 – 1 S 308/15, MietRB 2016, 140 = ZMR 2016, 387; v. 25.2.2016 – 1 S 416/15, ZWE 2017, 143; v. 16.8.2016 – 1 S 35/16, ZMR 2017, 259.

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III. Bestellung des Verwalters | Rz. 49 § 26

wäre, die Gemeinschaft weiter verwalterlos zu belassen, nur weil nicht genügend Angebote vorlagen.151 Das Gericht kann i.d.R. nicht die Bestellungsdauer152 festlegen oder die gesetzlich geregelten 47 Kompetenzen erweitern.153 Ohne besondere Notwendigkeit darf der Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt werden. Die Bestellung auf unbestimmte Dauer genügt. Wenn zu befürchten ist, dass der Mehrheitseigentümer den gerichtlich bestellten Verwalter sofort wieder abwählen könnte, ist zu prüfen, ob es sinnvoll ist, den Kreis der zu wählenden Personen einzugrenzen. Zwar darf einem Mehrheitseigentümer sein grundsätzlich bestehendes Wahlrecht nicht ohne sachlichen Grund eingeschränkt werden. Ist aber eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung der Majorität zu befürchten, kann auch angeregt werden, dass das Gericht eine Bestellungsdauer ausspricht. Die gerichtliche Verwalterbestellung wird erst ab Rechtskraft des Urteils wirksam, so dass ab diesem Zeitpunkt der Verwalter das Amt aufnehmen kann und eine etwaige Bestellungsdauer beginnt.154 Grundsätzlich ist es auch denkbar, dass ein Antrag auf gerichtliche Verwalterbestellung durch 48 einen Dritten gestellt wird. § 43 Nr. 5 lässt Klagen Dritter zu. Richtet sich dieser Antrag auf Verwalterbestellung, wird aber im Zweifel das Rechtsschutzinteresse fehlen.155 § 27 Abs. 3 Satz 2 bestimmt, dass die Eigentümergemeinschaft dann, wenn ein Verwalter fehlt, durch alle Wohnungseigentümer vertreten wird. Somit würde es einem Dritten nicht an handlungsfähigen Personen fehlen. Der Dritte kann auch nicht die allgemeine Verwaltung des Objekts begehren. Ebenso hat der Dritte auch kein Zustellproblem für die Geltendmachung eigener Ansprüche, falls er gegen die Eigentümergemeinschaft Klage erheben will. Die Zustellungsproblematik regelt § 45 in der Person des Ersatzzustellungsvertreters,156 der vom Gericht bestellt werden kann. Besteht die dringende Notwendigkeit, einen Verwalter kurzfristig zu bestellen, um die Hand- 49 lungsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft wiederherzustellen, kann eine einstweilige Verfügung beantragt werden.157 Durch diesen Antrag wird dann ein vorläufiger Verwalter bis zur Entscheidung in der Hauptsache bestellt. Über diesen Verfahrensantrag wird aus dem abgeschafften Notverwalter ein vorläufiger Verwalter. Im Rahmen einer einstweiligen Verfügung darf der Verwalter nie auf Dauer bestellt werden.158 Die dringende Notwendigkeit ist mit der Vermeidung erheblicher Rechtsnachteile gleichzusetzen, wozu die drohende Verwalterlosigkeit bei gleichzeitig gestelltem Abberufungsantrag als solche allerdings nicht genügt.159 Andernfalls würde das Vorbefassungsgebot der Wohnungseigentümerversammlung leichtfertig übergangen.160 Die einstweilige Verfügung kann sich immer nur auf eine bestimmte durch den zu bestellenden Verwalter auszuführende Maßnahme beziehen, nicht aber zur allgemeinen Ver-

151 152 153 154 155 156 157 158 159

160

A.A. LG Dortmund v. 16.8.2016 – 1 S 35/16, ZMR 2017, 259. A.A. LG Karlsruhe v. 23.11.2012 – 11 T 419/12, Info M 2013, 40. OLG München v. 11.5.2007 – 34 Wx 043/07, MietRB 2008, 49 = ZMR 2008, 74. Überzeugend AG Kassel v. 2.11.2017 – 800 C 3660/17, ZMR 2018, 376. Den Antrag durch einen Dritten gänzlich ablehnend: Sauren, § 26 WEG Rz. 16; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 11. S. hierzu auch Elzer in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 10 WEG Rz. 8. LG Frankfurt v. 24.9.2008 – 2–13 S 32/08, DWE 2009, 71. Insoweit fehlerhaft AG Siegburg v. 27.11.2009 – 150 C 45/09. So auch LG Berlin v. 31.1.2012 – 85 T 31/12, ZMR 2012, 569; LG Hamburg v. 19.6.2017 – 318 T 28/17, ZWE 2018, 37; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 300; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 26 WEG Rz. 141; a.A. allerdings BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, MDR 2011, 1032 = MietRB 2011, 282 = ZWE 2011, 356. So auch Abramenko in Riecke/Schmid, § 26 WEG Rz. 17.

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§ 26 Rz. 49 | Bestellung und Abberufung des Verwalters waltung des Objekts legitimieren.161 Alles andere wäre eine Vorwegnahme der Hauptsache und ließe den Verfügungsgrund (besondere Eilbedürftigkeit) nicht mehr erkennen.

6. Bestellungsdauer 50 Der Verwalter kann grundsätzlich für maximal fünf Jahre bestellt werden. Durch die WEG-

Novelle ist aber die Wahl des ersten Verwalters auf drei Jahre beschränkt worden, § 26 Abs. 1 Satz 2. 51 Durch die Beschränkung der Erstbestellung auf drei Jahre will der Gesetzgeber erreichen, dass

der bei Neubauobjekten häufig bestehende Interessenkonflikt des Erstverwalters zeitlich beschränkt wird, der sich daraus ergibt, dass er durch den Bauträger bestellt wurde oder sonst in einem besonderen Näheverhältnis zum Bauträger steht und sich deshalb daran gehindert sieht, gegen den Bauträger mit aller notwendigen Konsequenz Gewährleistungsansprüche für die Wohnungseigentümer durchzusetzen.162 Die zeitliche Befristung der Erstbestellung gilt unabhängig davon, ob eine solche Interessenkollision tatsächlich besteht oder zu erwarten ist. Ebenso ist die Dreijahresfrist anzuwenden, wenn die Wohnungseigentümer zunächst das Objekt selbst verwaltet haben und erst später den ersten Verwalter wählen. Der eindeutige Wortlaut von Abs. 1 Satz 2 lässt insoweit keinen Spielraum zu. Hingegen ist die Dreijahresfrist nicht mehr relevant, wenn sich beispielsweise der Bauträger in der Gemeinschaftsordnung zum ersten Verwalter bestellt und dann kurze Zeit nach der Entstehung der Eigentümergemeinschaft ein anderer Verwalter gewählt wird. Es handelt sich dann nicht mehr um den Erstverwalter, sodass dieser auch für fünf Jahre bestellt werden könnte. Dass hierdurch faktisch § 26 Abs. 1 Satz 2 umgangen wird, ist im Rahmen einer möglichen Anfechtung zu prüfen. Nichtigkeit liegt aber nicht vor, weil es sonst auf die im Gesetz nicht vorgesehene Frage ankäme, wie lang der in der Gemeinschaftsordnung bestellte Verwalter tatsächlich sein Amt ausgeübt hat. 52 Wird der Verwalter auf unbestimmte Zeit gewählt, muss er sich spätestens zum Ablauf des

fünften Bestellungsjahres zur Wiederwahl stellen. Ohne Wiederwahl endet das Verwalteramt automatisch mit Ablauf des fünften Jahres. Es kann sich dann nicht mehr ohne Wiederwahl auf unbestimmte Zeit verlängern. Dieses Ergebnis wird auch nicht durch eine Verlängerungsklausel im Verwaltervertrag verändert.163 Hat sich der Verwalter für einen längeren Zeitraum als fünf Jahre bestellen lassen, gilt die Bestellung auf unbestimmte Dauer. Allgemein wird vertreten, dass sich dann die Bestellung auf das maximal zulässige Maß von fünf Jahren reduziert.164 Diese Auffassung überzeugt aber nicht. Nichtige Beschlüsse können nicht mit einer Reduzierung auf das zulässige Maß belohnt werden. Vielmehr gilt dann eine Bestellung auf unbestimmte Zeit, sodass der Verwalter jederzeit durch Mehrheitsbeschluss ohne Angabe besonderer Gründe abberufen werden kann. Allerdings lassen sich offenkundige Schreib- oder Rechenfehler durch Beschlussauslegung berichtigen. 161 Niedenführ in Niedenführ//Vandenhouten, § 26 WEG Rz. 141 Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 300; unklar: BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, ZWE 2011. 356; Tank in Röll, Handbuch für Wohnungseigentümer und Verwalter, Rz. 446; die besondere Eilbedürftigkeit zwar fordernd, aber nicht auf eine Einzelmaßnahme abstellend Baer, BeckOK, § 26 WEG Rz. 36. 162 Amtl. Begründung zu § 26 Abs. 1 Satz 2 in BT-Drucks. 16/3843, 51. 163 BayObLG v. 14.12.1995 – 2Z BR 94/95, WE 1996, 314; so auch Abramenko in Riecke/Schmid, § 26 Rz. 89; Müller, Praktische Fragen, 9. Teil Rz. 19. 164 H.M. OLG München v. 8.3.2007 – 34 Wx 2/07, ZMR 2007, 989; AG Biedenkopf v. 21.2.2011 – 50 C 332/10, ZMR 2011, 417; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 83; Müller, Praktische Fragen, 9. Teil Rz. 19; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 12; Abramenko in Riecke/Schmid, § 26 WEG Rz. 89; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 26 WEG Rz. 31; Hügel/Elzer, § 26 WEG Rz. 79.

1048 | Jennißen

III. Bestellung des Verwalters | Rz. 55 § 26

Der Höchstzeitraum von fünf Jahren kann auch nicht durch eine entsprechende Regelung in 53 der Gemeinschaftsordnung verlängert werden. § 26 Abs. 1 Satz 2 stellt insoweit ein gesetzliches Verbot auf, das nicht der Privatautonomie unterliegt. Zu einem ordnungsmäßigen Bestellungsbeschluss gehört es ebenfalls, den Beginn der Bestel- 54 lungsdauer zu bestimmen. Für den Erstverwalter ist dies nicht erforderlich, da er seine Tätigkeit mit Entstehung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft (hierzu s.o. § 10 Rz. 77 ff.) aufzunehmen hat. Ab diesem Zeitpunkt läuft der Bestellungszeitraum, der in der Praxis oft nicht zweifelsfrei festzustellen ist. Ein in der Gemeinschaftsordnung genannter früherer Beginn ist unwirksam, da es dann das Rechtssubjekt, für das verwaltet werden soll, noch nicht gibt.165 Bei einem Verwalterwechsel muss aus dem Beschluss deutlich werden, zu welchem Stichtag der Organwechsel stattfindet. Steht nur das Bestellungsende des Vorverwalters fest und enthält die Neubestellung kein Datum, ist durch Auslegung des Beschlusses anzunehmen, dass Bestellungsende des alten und Bestellungsbeginn des neuen Verwalters identisch sind, da die Eigentümergemeinschaft auch nicht für eine Karenzzeit verwalterlos sein will. Für den Beginn der Bestellungsdauer ist nicht auf den Zeitpunkt der Aufnahme der Verwaltertätigkeit abzustellen. Diese wird nach außen nicht überprüfbar und würde somit zur Rechtsunsicherheit führen. Außerdem darf der Verwalter die Bestellungsdauer nicht durch Untätigkeit hinauszögern können. Die Verwalterbestellung kann grundsätzlich nur für die Zukunft erfolgen.166 Allerdings können die Handlungen eines Scheinverwalters für die Vergangenheit genehmigt werden.

7. Wiederwahl, Abs. 2 Die zeitliche Beschränkung gilt auch bei der Wiederwahl des Verwalters. Der Verwalter muss, 55 wenn er sich zur Wiederwahl stellt, keine Konkurrenzangebote einholen. Seine Wiederwahl kann auch dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn Alternativen nicht unterbreitet wurden.167 Bei der Wiederwahl können die Wohnungseigentümer die Qualität ihres Verwalters aus seiner bisherigen Tätigkeit beurteilen und somit auch einschätzen, in welchem Verhältnis Leistung und Gegenleistung (Entgelt) stehen. Da die Wohnungseigentümer ohnehin nicht verpflichtet sind, den billigsten Anbieter zu wählen, geht es bei der Wiederwahl ausschließlich darum, ob der Verwalter bisher seine Leistungspflichten ordnungsmäßig erfüllt hat. Sie ist damit eine Art Vertrauenskundgebung, die nicht von Vergleichsangeboten abhängig ist. Ob ein anderer Verwalter für die Gemeinschaft besser wäre, ergibt sich auch nicht aus den Vergleichsangeboten, sondern würde die Erfahrung zeigen. Den Wohnungseigentümern muss es daher möglich sein, am Verwalter festhalten zu können und auf den Aufwand, weitere Angebote einholen zu müssen, zu verzichten. Dies gilt auch, wenn sich der Verwalter nicht persönlich, sondern jetzt in der Rechtsform der GmbH zur „Wiederwahl“ stellt.168 Zwar kommt es dann formal nicht zu einer Wiederwahl, da es sich um eine andere Rechtsperson handelt. Trotzdem muss deshalb nicht eine Ausschreibung erfolgen, weil die Intention der Wohnungseigentümer darauf abzielt, die gleichen handelnden Personen wieder beauftragen zu wollen. Ist die Wahl des Verwalters hingegen für ungültig erklärt worden und stellt sich dieser dann erneut zur Wahl, handelt es sich formal auch nicht um eine Wiederbestellung, so dass mehrere Angebote einzuholen wären.169 Dennoch ist vorrangig zu prüfen, ob die bisher 165 LG Hamburg v. 28.1.2015 – 318 S 118/14, MietRB 2016, 143. 166 Ebenso Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 7. 167 BGH v. 1.4.2011 – V ZR 96/10, MDR 2011, 780 = MietRB 2011, 212 f. = ZWE 2011, 317; OLG Schleswig v. 20.1.2006 – 2 W 24/05, MDR 2006, 1401 = DWE 2007, 34 = ZMR 2006, 803; LG Hamburg v. 16.11.2016 – 318 S 54/16, ZMR 2017, 84. 168 A.A. LG Frankfurt v. 26.3.2016 – 2-13 S 27/18, ZMR 2018, 788. 169 LG Dortmund v. 14.6.2016 – 1 S 455/15, DWE 2016, 125.

Jennißen | 1049

§ 26 Rz. 55 | Bestellung und Abberufung des Verwalters durchgeführte fehlerhafte Wahl Anzeichen dafür liefert, dass der Kandidat überhaupt ungeeignet ist. Die Höhe der Vergütung des amtierenden Verwalters kann auch nicht maßgebend für die Frage sein, ob Vergleichsangebote eingeholt werden müssen. Das möglicherweise über Jahre entwickelte Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Verwalters kann durchaus die Zahlung eines erhöhten Verwalterhonorars rechtfertigen. Es unterliegt nicht der richterlichen Überprüfung, ob das Verwalterhonorar angemessen ist (s.u. Rz. 107 ff.).170 55a Die Wohnungseigentümer haben einen Ermessensspielraum, inwieweit sie die bisherigen

Leistungen des Verwalters als wiederwahlfähig ansehen. Wählen sie den Verwalter aber aus reiner Bequemlichkeit wieder und lassen dabei massive Pflichtverletzungen außer Betracht, ist die Wahl rechtswidrig (s. hierzu Rz. 63 ff.).171 55b Die erneute Wahl einer Person zum Verwalter, die durch rechtskräftiges Urteil aus wichtigem

Grund abberufen wurde, widerspricht zumindest ordnungsmäßiger Verwaltung;172 im Zweifel kommt sogar Nichtigkeit in Betracht, weil der Richterspruch umgangen wird. 56 Allerdings ist der Zeitpunkt der Wiederwahl eingeschränkt. Nach Abs. 2 darf die Wiederwahl

frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit erfolgen. Die Vorschrift will die Bindungsfrist an den Verwalter auf maximal sechs Jahre beschränken. Die maximal sechsjährige Bindungsdauer kommt dadurch zustande, dass ein Jahr vor Bestellungsablauf die Wiederwahl für weitere fünf Jahre erfolgen könnte. Ein Beschluss, der zu einer längeren Bindungsdauer führt, ist nichtig.173 Die Wahl kann auch nicht auf ein zulässiges Maß umgedeutet werden. Die Wahl ist insgesamt nichtig, weil früher als ein Jahr vor Ablauf der Bestellungsdauer nicht gewählt werden durfte, sofern die Bindungsdauer von sechs Jahren überschritten wird. 57 Eine Wiederwahl, die früher als ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Bestellungsdauer erfolgt,

ist ausnahmsweise dann zulässig, wenn sie sofort wirken soll. Verlängern also die Wohnungseigentümer mit sofortiger Wirkung die Bestellungsdauer um fünf Jahre, ist die maximale Bindungsdauer von sechs Jahren nicht überschritten, sodass ein solcher Beschluss nicht zu beanstanden ist.174 58 Die maximale Bindungsdauer von sechs Jahren ist auch dann nicht unzulässig überschritten,

wenn die Wohnungseigentümer zwar früher als ein Jahr die Wiederbestellung vornehmen, die eigentliche Bestellung aber entsprechend kürzer als fünf Jahre erfolgt. Abs. 2 ist somit dahingehend zu verstehen, dass die Summe aus Bestellungsdauer der Wiederwahl und der Zeit vor Beginn des Wiederbestellungszeitraums addiert nicht über sechs Jahre hinausgehen darf.175 59 Das Verbot des § 26 Abs. 2 gilt auch dann, wenn der erste Verwalter für drei Jahre bestellt

wurde. Es kommt für Abs. 2 nicht auf die bisherige Bestellungsdauer, sondern auf die zukünftige Bindungsdauer an, die auf sechs Jahre beschränkt ist.

8. Bedingte Bestellung 60 Ob eine bedingte Bestellung möglich ist, ist umstritten. Teilweise wird die aufschiebende Be-

dingung als zulässig angesehen, weil das Wohnungseigentumsgesetz die Verwalterbestellung A.A. LG Dortmund v. 14.6.2016 – 1 S 455/15, DWE 2016, 125. LG Frankfurt/M v. 20.3.2014 – 2/13 S 165/13, ZWE 2015, 134. Von Rechtswidrigkeit ausgehend, AG Wiesbaden v. 21.6.2013 – 92 C 6354/12, ZMR 2014, 73. OLG Frankfurt v. 15.3.2005 – 20 W 153/03, MietRB 2006, 47. So auch BGH v. 23.2.1995 – III ZR 65/94, NJW-RR 1995, 780; Hügel/Elzer, § 26 WEG Rz. 87; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 106. 175 BGH v. 23.2.1995 – III ZR 65/94, NJW-RR 1995, 780; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 106; KG v. 30.7.1997 – 24 W 2316/96, WE 1998, 66. 170 171 172 173 174

1050 | Jennißen

III. Bestellung des Verwalters | Rz. 61a § 26

nicht als bedingungsfeindlich definiert habe.176 Dem wird mit Hinweis auf das Vereinsrecht entgegengehalten, dass auch eine bedingte Bestellung von Vereinsvorständen nicht möglich sei.177 Dieses Argument der Bedingungsfeindlichkeit überzeugt jedoch nicht. Auch im Vereinsrecht ist die Bedingungsfeindlichkeit der Vorstandsbestellung nicht normiert. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass eine bedingte Vorstandszugehörigkeit nicht in das Vereinsregister eintragungsfähig ist.178 Als Begründung für die Bedingungsfeindlichkeit der Vereinsvorstandsbestellung wird dagegen zutreffend angeführt, dass der Eintritt der Bedingung nicht aus dem Vereinsregister erkennbar wird und daher Rechtsunsicherheit entsteht, ob nun der eingetragene Vorstand wirksam bestellt ist oder nicht. Da der WEG-Verwalter aber nicht in ein Register eingetragen wird, gilt es auch nicht, einen guten Glauben an die Richtigkeit des Registers zu schützen.179 Ob die aufschiebende Bedingung wirksam ist, bleibt daher der Einzelfallbetrachtung überlassen. Beschließen beispielsweise die Wohnungseigentümer die Bestellung eines Verwalters aufschiebend bedingt bis zur Zustimmung eines Dritten, wäre die Beschlussfassung nichtig, weil sich die Wohnungseigentümer ihres Selbstbestimmungsrechts berauben. Würde hingegen die Verwalterbestellung unter die aufschiebende Bedingung gestellt, dass die gewählte Person eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung beibringt und diese dem Beirat übergibt, stehen der Wirksamkeit der Verwalterwahl keine Bedenken entgegen. Dann ist mit Zugang der geforderten Negativbescheinigung beim Beirat die Bedingung erfüllt. Keine unzulässige Bedingung ist eine Befristung, also der Beschlussinhalt, dass der Verwalter erst ab einem bestimmten Datum bestellt wird.180 Der Fall der auflösenden Bedingung wird an dem Beispiel diskutiert, dass ein Verwalter aus 61 wichtigem Grund abberufen und ein neuer Verwalter bestellt wurde. Ficht dann der abberufene Verwalter erfolgreich diesen Beschluss an, sähe sich die Eigentümergemeinschaft zwei Verwaltern gegenüber verpflichtet. Da aber angenommen wird, dass die Eigentümergemeinschaft nur einen Verwalter haben könne (s.o. Rz. 1b und Rz. 12), müsse nun der zweite Verwalter im Sinne einer auflösenden Bedingung ausscheiden. Die auflösende Bedingung wird auch als konkludent vereinbart in den Bestellungsbeschluss hineingelesen.181 Die Aussage, dass nicht zwei Verwalter gleichzeitig im Amt sein können, ist überzeugend. Zwar üben nach § 20 Abs. 1 WEG die Wohnungseigentümer im Zweifel die Verwaltung gemeinschaftlich aus. Aber auch in diesem Fall hat die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht mehrere Verwalter. Diese werden vielmehr als gesamtvertretungsberechtigte Einheit angesehen. Daran ändert auch der neu gefasste § 27 Abs. 3 Satz 2 WEG nichts, der die Wohnungseigentümer zur Vertretung der Gemeinschaft berechtigt, wenn der Verwalter dies nicht ist. Aus beiden Regelungen folgt nicht, dass mehrere Personen die Verwaltungstätigkeit ausüben können. § 20 Abs. 1 WEG regelt einen Fall der Gesamtvertretung und § 27 Abs. 3 Satz 2 WEG differenziert zwischen Vertretung und Verwaltung. Somit können die Wohnungseigentümer durchaus die Bestellung des neuen Verwalters unter die auflösende Bedingung stellen, dass diese Bestellung endet, wenn sich rechtskräftig herausstellen sollte, dass die Abberufung des alten Verwalters unwirksam war. Dogmatische Zweifel an dieser Möglichkeit sind dann aber angezeigt, wenn die auflösende 61a Bedingung nicht ausdrücklich in den Bestellungsbeschluss aufgenommen wurde. Hierzu wird argumentiert, dass ein praktisches Bedürfnis an der Annahme einer konkludent ausgesprochenen auflösenden Bedingung bestünde, weil andernfalls die Wohnungseigentümergemein176 Becker in Bärmann, § 26 Rz. 56 ff.; Merle, Bestellung und Abberufung des Verwalters, S. 71; Wicke in Palandt, BGB, § 26 WEG Rz. 3. 177 Müller, Praktische Fragen, 9. Teil Rz. 29; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 8; Bärmann/Pick, § 26 WEG Rz. 18. 178 BayObLG v. 27.1.1992 – BReg.3 Z 199/91, NJW-RR 1992, 802. 179 So im Ergebnis auch Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 56; Wicke in Palandt, BGB, § 26 WEG Rz. 3. 180 Armbrüster in Erman, Vor § 158 BGB Rz. 19. 181 Müller, Praktische Fragen, 9. Teil Rz. 29..

Jennißen | 1051

§ 26 Rz. 61a | Bestellung und Abberufung des Verwalters schaft zwei Verwalter bezahlen müsse.182 Diese Argumentation ist aber rein ergebnisorientiert. Die Gefahr der Doppelzahlung kann nicht genügen, dem neuen Verwalter ohne ausdrückliche Erwähnung im Bestellungsbeschluss und ohne ausdrückliche Vereinbarung im Verwaltervertrag die Verwalterposition einschließlich seiner vertraglichen Ansprüche automatisch zu entziehen.183 Die Wohnungseigentümer können die Problematik selbst vermeiden, indem sie die auflösende Bedingung ausdrücklich in den Bestellungsbeschluss aufnehmen und gleichzeitig im Verwaltervertrag vereinbaren, dass bei Bedingungseintritt keine Schadensersatzansprüche für den neuen und dann zurücktretenden Verwalter entstehen. 62 Das entscheidende Argument bleibt, dass die Eigentümergemeinschaft keine zwei Verwalter

gleichzeitig haben kann. Dies wird aber nicht durch eine auflösende Bedingung hergestellt, da dann doch zwei Verwalter vorhanden wären, wenn der Abberufungsbeschluss des bisherigen Verwalters ex tunc aufgehoben wird. Deshalb ist richtigerweise davon auszugehen, dass der neue Verwalter nie wirksam bestellt wurde, seine Wahl also nichtig ist, weil das Verwalteramt bereits besetzt war.184 Es liegt ein Fall der subjektiven Unmöglichkeit gem. § 275 BGB vor. Die vom scheinbar gewählten Verwalter vorgenommenen Rechtsgeschäfte sind im Außenverhältnis dennoch wirksam. Hier finden die Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht Anwendung. Im Innenverhältnis finden nach dem gescheiterten Auftrag die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677 ff. BGB Anwendung. Der Pseudoverwalter kann als Ersatz seiner Aufwendungen (§ 683 BGB) den Umsatzausfall und somit letztendlich doch die „vereinbarte“ Vergütung geltend machen.185 62a Hat die Eigentümergemeinschaft für diesen Fall kein außerordentliches Kündigungsrecht des

Verwaltervertrages vereinbart, bleiben die Vergütungsansprüche beider Verwalter zunächst erhalten, jetzt aber für den nicht mehr amtierenden reduziert um seine ersparten Aufwendungen für die Zukunft (hierzu s. Rz. 185 ff., Rz. 201. Im Zweifel werden aber ab Rechtskraft des Urteils, wonach der frühere Verwalter wieder im Amt ist, die Vergütungsansprüche des nun ausscheidenden zweiten Verwalters insgesamt für die Zukunft entfallen, weil er damit rechnen musste, dass seine Bestellung nicht bestandsfest war. Er ist nicht schutzwürdig, wenn er erkennen konnte, dass die Abberufung des „Vorgängers“ rechtswidrig sein könnte.

9. Anfechtung der Bestellung a) Allgemeine Anfechtungsgründe 63 Bei der Beschlussanfechtung ist zu differenzieren, ob es sich um die erste Bestellung dieses

Verwalters oder seine Wiederwahl handelt. In beiden Fällen kann die Anfechtung der Wahl nur dann erfolgreich sein, wenn der Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Auch muss in beiden Fällen ein wichtiger Grund gegen die Bestellung des Verwalters sprechen. Ein Unterschied besteht aber darin, dass bei der Wiederwahl auf konkrete Umstände in der Vergangenheit Bezug genommen werden muss, die ein fehlerhaftes Verwalterhandeln begründen und eine Wiederholungsgefahr erkennen lassen.186 Demgegenüber kommt es bei der ersten Wahl des Verwalters auf eine Prognoseentscheidung an, ob aus Gründen, die in der Person des Verwalters liegen, oder aus objektiven Tatbeständen eine ordnungsmäßige Ver-

182 So Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 69. 183 Die auflösende Bedingung des Verwaltervertrages wird von Müller angenommen, obschon er die auflösende Bedingung des Bestellungsbeschlusses ablehnt, in: Praktische Fragen, 9. Teil Rz. 29; im Ergebnis ebenso Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 26 WEG Rz. 101. 184 So auch Müller, Praktische Fragen, 9. Teil Rz. 30. 185 Siehe zum Verdienstausfall des Geschäftsführers: Dornis in Erman, § 683 BGB Rz. 10. 186 Vgl. hierzu auch Elzer, ZMR 2001, 418 (419).

1052 | Jennißen

III. Bestellung des Verwalters | Rz. 64 § 26

waltung nicht zu erwarten ist.187 Auch stehen bei der ersten Wahl Bonitätskriterien im Vordergrund. Es ist zu prüfen, ob die finanziellen Mittel des Kandidaten ausreichen, dass er im Haftungsfall der Gemeinschaft Ersatz leisten kann.188 Bei der Wiederwahl sind diese Kriterien zwar nicht unbedeutend, stehen aber aufgrund der gewonnenen Erfahrungen nicht mehr im Vordergrund und rechtfertigen daher nur noch im Falle deutlicher Bonitätsverschlechterung seit der letzten Bestellung die Anfechtung. Die Gründe müssen nicht nur im Einzelfall gewichtig sein, sondern auch auf die Verwalter- 63a tätigkeit ausstrahlen. So ist der Umstand allein, dass der Verwalter wegen eines Vermögensdelikts vorbestraft ist, nicht unbedingt ein Grund, seine Wahl als nicht ordnungsmäßig anzusehen. Anders verhält es sich, wenn das Vermögensdelikt im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stand (vgl. Rz. 2), unabhängig davon, ob sich die Tat gegen die betreffende Gemeinschaft oder eine andere richtete.189 Dabei genügt es, wenn er dieses Fehlverhalten vor den Wohnungseigentümern verschleiern will. Je nach Art des Vermögensdelikts und erst recht im Falle mehrfacher Verurteilung dürften auch die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Verwalters einer ordnungsgemäßen Wahl entgegenstehen. Der vorbestrafte Verwalter kann aber wirksam gewählt werden, wenn seine Vorstrafe im Strafregister getilgt ist.190 Andererseits wiederum kann die Verwalterwahl erfolgreich angefochten werden, wenn ihm die Gewerbeerlaubnis entzogen wurde.191 Bei einer Verwaltungs-GmbH ist für vorstehende Kriterien auf die Person des Geschäftsführers abzustellen.192 Stets sind die gesamten Umstände des Einzelfalls abzuwägen.193 Die Vertrags- bzw. Bestel- 63b lungstreue steht im Vordergrund. Dem Verwalter darf nicht leichtfertig sein Amt entzogen werden. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass der Verwalter erhebliche wirtschaftliche Interessen der Eigentümergemeinschaft betreut und auch maßgeblichen Einfluss darauf hat, ob die anstehenden Probleme in der Gemeinschaft gelöst werden können. Eine Wiederwahl, die Unregelmäßigkeiten bei der Verwaltung der Instandhaltungsrücklage ignoriert, ist objektiv nicht vertretbar und kann erfolgreich angefochten werden.194 Im Falle der Anfechtung der Verwalterbestellung sollen nach der h.M. bei der Überprüfung 64 der Rechtmäßigkeit schärfere Maßstäbe anzuwenden sein als bei einem Antrag auf Abberufung. Dies folge daraus, dass das Gericht den Mehrheitswillen bei der Verwalterbestellung berücksichtigen müsse.195 Die Wohnungseigentümer haben bei der Verwalterwahl mehrheitlich ihr Vertrauen bekundet, was vom Gericht nicht ohne weiteres ignoriert werden dürfe. Diese Auffassung überzeugt im Ergebnis nicht aber in der Begründung, da bei jeder Beschlussanfechtung ein gegenteiliger Mehrheitswille zugrunde liegt und mit dieser Argumentation nahezu jede Anfechtung unbegründet wäre.196 Bei der Wahl eines Verwalters ist zu prüfen, ob BayObLG v. 22.12.2004 – 2Z BR 173/04, MietRB 2005, 208. LG Frankfurt/M v. 4.12.2013 – 2-13 S 94/12, IMR 2014, 294. OLG Köln v. 30.4.2008 – 16 Wx 262/07, MietRB 2008, 368 = ZMR 2008, 734. KG v. 20.3.1990 – 24 W 4238/88, NJW-RR 1989, 843 unter Verweis auf § 51 Abs. 1 BZRG. So auch Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 248a-. LG Itzehoe v. 16.7.2002 – 1 T 200/01, ZMR 2003, 295. So auch Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 22. LG Frankfurt/M v. 20.3.2014 – 2/13 S 165/13, ZWE 2015, 134. OLG Hamburg v. 25.10.2004 – 2 Wx 145/01, ZMR 2005, 71; OLG Hamburg v. 14.10.2002 – 2 Wx 69/02, MietRB 2003, 11 = ZMR 2003, 127; LG Hamburg v. 10.3.2011 – 318 S 180/10, ZMR 2011, 661; LG Köln v. 17.3.2011 – 29 S 194/10, ZMR 2011, 670; v. 20.2.2014 – 29 S 181/13, MietRB 2014, 367; LG Düsseldorf v. 18.10.2013 – 25 S 7/13, ZWE 2014, 88; LG München I v. 11.10.2017 – 1 T 475/16, ZMR 2018, 72; AG Koblenz v. 12.7.2012 – 133 C 3305/11, ZMR 2013, 229; AG Bonn v. 1.2.2012 – 27 C 194/11, ZMR 2012, 485, das „noch schärfere“ Maßstäbe als bei der Abberufung anlegen will. 196 Kritisch auch Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 40; im Ergebnis ebenso AG HamburgBlankenese v. 22.7.2015 – 539 C 2/15, ZMR 2015, 815.

187 188 189 190 191 192 193 194 195

Jennißen | 1053

§ 26 Rz. 64 | Bestellung und Abberufung des Verwalters die Person objektiv geeignet ist, das Verwalteramt ordnungsgemäß ausüben zu können.197 Dies wird durch seine fachliche Eignung bestimmt. Weil aber die Objektivität seiner Eignung nur schwer festzustellen ist, ist dennoch die Darlegungslast für eine Anfechtung seiner Wahl hoch. Im Zweifel sind nur schwerwiegende Gründe relevant, die mit Gründen für eine außerordentliche Abberufung des gewählten Verwalters vergleichbar sind.198 65 Im Falle der Wiederwahl müssen ebenfalls die Fehler der Vergangenheit gewertet werden.

Dass der Verwalter fehlerhaft abgerechnet hat, wird für sich genommen im Zweifel nicht genügen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Form und Inhalt einer ordnungsmäßigen Jahresabrechnung in Rechtsprechung und Literatur umstritten sind. Somit ist der Begriff der fehlerhaften Jahresabrechnung nicht frei von Zweifeln. Hat allerdings der Verwalter derart unvollständig abgerechnet, dass seine Tätigkeit nicht überprüft werden kann, oder gar den Verdacht begründet, die wirtschaftlichen Angelegenheiten der Eigentümergemeinschaft seien nicht ordentlich geführt worden, kann die Wiederwahl ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen. Gleiches gilt, wenn der Verwalter sich als belehrungsresistent erweist. Wurde ihm beispielsweise durch Gerichtsurteil aufgegeben, anders abzurechnen und unterlässt er dies, ist seine Wiederwahl nicht ordnungsgemäß.199 Haben die Wohnungseigentümer aber die fehlerhafte Jahresabrechnung bestandskräftig beschlossen, lässt sich dieser Vorwurf nicht mehr der Wiederwahl entgegenhalten. 65a Nicht sämtliches Fehlverhalten des Verwalters im Zusammenhang mit einer Beschlussfassung

in der Eigentümerversammlung kann der Wiederwahl entgegenstehen, insbesondere dann nicht, wenn die Wohnungseigentümer dieses nicht zum Anlass einer Anfechtungsklage gemacht haben. Die Bestandskraft des Beschlusses lässt vermuten, dass die Wohnungseigentümer entweder den Fehler akzeptieren oder ihn für nicht wesentlich ansehen wollten.200 66 Die Erfahrungen des Verwalters können für die Frage der Rechtmäßigkeit seiner Wahl oder

Wiederwahl grundsätzlich nicht maßgebend sein. Andernfalls würde es einem Jungunternehmer nahezu unmöglich, jemals als Verwalter tätig werden zu können.201 Sie kann aber Bedeutung erlangen, wenn es sich um eine von Streitigkeiten geprägte Gemeinschaft202 oder um eine große handelt, die besondere wirtschaftliche und technische Erfahrungen erfordert. Auch überfordert die Organisation und Durchführung einer Eigentümerversammlung mit vielen Personen einen Berufseinsteiger, so dass die Erfahrung des Verwalters mit der Größe des Objektes im Zusammenhang zu bewerten ist. 67 An die Person des gewählten Verwalters sind dann wiederum höhere qualitative Anforderun-

gen zu stellen, wenn der Verwalter seine Wahl majorisieren konnte und/oder er eine besondere Nähe zum errichtenden Bauträger hat. Die Wahl ist dann nicht per se unzulässig, aber es sind erhöhte Anforderungen zu stellen.203 Für die erfolgreiche Anfechtung der Wahl muss vorgetragen werden, warum der Gewählte den Anforderungen nicht gerecht werden kann. Diese Gründe müssen objektivierbar sein. Auch wenn der Mehrheitseigentümer sich bei der Verwalterwahl durchzusetzen beabsichtigt, kann nicht auf die Einholung von Vergleichsangeboten verzichtet werden. Es ist rechtswidrig, sich ohne Vergleichsangebote von vorneherein

197 LG Hamburg v. 5.11.2015 – 318 S 81/15, ZWE 2016, 277; LG Frankfurt/M. 21.3.2018 – 2-09 S 74/ 17, IMR 2018, 252. 198 LG Hamburg v. 5.11.2015 – 318 S 81/15, ZWE 2016, 277. 199 OLG Düsseldorf v. 21.9.2005 – I-3 Wx 123/05, ZMR 2006, 144; LG München I v. 16.7.2015 – 36 S 18089/14, ZMR 2015, 801. 200 So auch OLG Köln v. 22.11.2002 – 16 Wx 153/02, ZMR 2004, 296. 201 A.A. Elzer, ZMR 2001, 418 (421). 202 LG Düsseldorf v. 18.10.2013 – 25 S 7/13, ZWE 2014, 88. 203 So auch OLG Düsseldorf v. 28.7.1995 – 3 Wx 210/95, WE 1996, 70.

1054 | Jennißen

III. Bestellung des Verwalters | Rz. 71 § 26

auf einen Verwalter festzulegen und somit auf die Ermessensausübung zu verzichten,204 es sei denn, es handelt sich um die Wiederwahl des amtierenden Verwalters. Wird der Verwalter nicht wieder gewählt, kann er hiergegen nicht erfolgreich vorgehen. Der 68 Verwalter hat keinen Anspruch auf Bestellung und Wiederwahl.205 Ist das Vertrauensverhältnis zerstört oder ein solches von vornherein nicht zu erwarten, soll 69 nach Auffassung des OLG Frankfurt206 die Anfechtung der Verwalterwahl auch dann in Betracht kommen, wenn diese Umstände nicht vom Verwalter verschuldet sind. Diese Auffassung überzeugt jedoch nicht, da es dann die Wohnungseigentümer in der Hand hätten, die Belastung des Vertrauensverhältnisses zu provozieren. b) Nachschieben von Gründen Nach Auffassung der Rechtsprechung207 sind für die Beurteilung, ob die Verwalterwahl rechts- 70 widrig war, nur Gründe zu berücksichtigen, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung bekannt waren (s.u. Rz. 147b). Nachgeschobene Gründe sind nicht zu beachten. Grundsätzlich ist diese Auffassung systemgerecht. Die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses hängt stets davon ab, welche Motive die Wohnungseigentümer zu dem konkreten Beschluss geführt haben. Somit können grundsätzlich auch nur zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bekannte Umstände für die Rechtmäßigkeitsprüfung herangezogen werden. Was nicht bekannt war, können die Wohnungseigentümer auch nicht in ihre Ermessensausübung einbezogen haben. Allerdings ist der Beschluss dann möglicherweise mit dem Argument als rechtswidrig anzusehen, dass die Wohnungseigentümer sich mit der gewählten Person nicht ausreichend beschäftigt haben, z.B. die fachliche Qualifikation oder die Bonität des Unternehmens nicht hinreichend geprüft haben. Etwas anderes muss aber ausnahmsweise dann gelten, wenn sich nach der Verwalterwahl herausstellt, dass dieser eine Straftat zu Lasten der Eigentümergemeinschaft (s.o. Rz. 63a) begangen hat. In einem solchen Extremfall ist es den Wohnungseigentümern nicht zuzumuten und es widerspräche der Prozessökonomie, wenn die anfechtenden Wohnungseigentümer darauf verwiesen würden, dass diese erst erneut die Eigentümerversammlung anrufen müssten, um dann gegebenenfalls in einem zweiten Gerichtsverfahren die Abberufung des Verwalters zu betreiben. In der Zwischenzeit wäre die Gemeinschaft möglicherweise erheblichen Risiken ausgesetzt. c) Einzelne Anfechtungsgründe Einzelfälle aus der Rechtsprechung, die zur Aufhebung der Wahl/Wiederwahl geführt haben:208 71 – der Verwalter führt persönliche Rechtsstreitigkeiten gegen einzelne Wohnungseigentümer;209 – der Verwalter war als Verkaufsmakler tätig und musste der Veräußerung nach § 12 WEG zustimmen;210 – der Verwalter hat ungerechtfertigte Ausgaben getätigt und hierbei Interessen einzelner Wohnungseigentümer berücksichtigt;211 204 205 206 207 208 209 210 211

AG Neustadt/Rübenberge v. 15.2.2016 – 20 C 943/15, IMR 2016, 207. OLG München v. 6.3.2006 – 34 Wx 029/05, MietRB 2006, 189 = DWE 2006, 71. OLG Frankfurt v. 26.4.2005 – 20 W 279/03, juris. BayObLG v. 22.12.2004 – 2Z BR 173/04, MietRB 2005, 208; v. 20.10.2000 – 2Z BR 77/00, ZMR 2001, 128; LG Düsseldorf v. 18.10.2013 – 25 S 7/13, ZWE 2014, 88. S.a. den Überblick bei Jennißen in Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter, Rz. 125. OLG Hamburg v. 14.10.2002 – 2 Wx 69/02, MietRB 2003, 11 = WuM 2003, 110. BayObLG v. 7.5.1997 – 2Z BR 135/96, MDR 1997, 727 = WE 1997, 439. OLG Düsseldorf v. 21.9.2005 – I-3 Wx 123/05, WuM 2005, 798.

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§ 26 Rz. 71 | Bestellung und Abberufung des Verwalters – die Wahl eines Hausnachbarn zum WEG-Verwalter, obschon er persönlich gegen einzelne Wohnungseigentümer einen Rechtsstreit führt;212 – die bisherige Tätigkeit des Verwalters lässt keine objektive Interessenwahrnehmung erwarten;213 – Unterlassen der rechtzeitigen Wiederwahl und hierdurch Herbeiführung einer verwalterlosen Zeit;214 – Wahl eines neuen Verwalters, weil der Tagesordnungspunkt als „Neubestellung des Verwalters“ angekündigt war, was nur auf eine Wiederbestellung hingedeutet hätte215 (abwegig); – Durchführung von Eigentümerversammlungen an unzumutbaren Orten und zu unangebrachten Zeiten;216 – Erstellen wesentlich falscher Versammlungsprotokolle;217 – Vermengung des Vermögens mehrerer Eigentümergemeinschaften; – trotz gerichtlicher Hinweise nicht ausgeräumte Abrechnungsdefizite,218 wiederholte fehlerhafte Abrechnung;219 demgegenüber steht nicht jeder Fehler in der Jahresabrechnung einer Wiederwahl entgegen (s.o. Rz. 65);220 – nicht Einberufung von Eigentümerversammlungen und/oder Nichtvorlage von Jahresabrechnungen und Wirtschaftsplänen;221 – Abschluss von weitreichenden Verträgen ohne Beschluss, unabhängig davon, ob die Verträge für die Gemeinschaft vorteilhaft waren;222 – Weigerung Vergleichsangebote einzuholen;223 – Verletzung des Neutralitätsgebots;224 die sich auch durch mehrfache ausländerfeindliche Äußerungen ergeben kann,225 – Bezeichnung eines Wohnungseigentümers als Querulanten,226 was jedoch nur dann überzeugend ist, wenn es sich nicht um eine objektivierbare Feststellung (z.B. jährlich verlorene Anfechtungsprozesse über einen längeren Zeitraum), sondern um eine rein emotionale Wertung handelt; – Täuschen über Hintergründe einer gerichtlichen Kostenentscheidung (wegen Regressgefahr).227 72 Es stellt hingegen keinen Anfechtungsgrund dar, wenn die Wohnungseigentümer nicht den

billigsten Kandidaten wählen und auch keine Konkurrenzangebote einholen. Dies gilt zu212 OLG Hamburg v. 14.10.2002 – 2 Wx 69/02, MietRB 2003, 11 = WuM 2003, 110. 213 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = ZMR 2002, 936; OLG Düsseldorf v. 21.9.2005 – I-3 Wx 123/05, WuM 2005, 798; BayObLG v. 8.3.2001 – 2Z BR 115/00, ZMR 2001, 722; OLG Saarbrücken v. 10.10.1997 – 5 W 60/97, ZMR 1998, 54. 214 OLG Köln v. 30.3.2007 – 16 Wx 37/07, ZMR 2007, 717. 215 So AG Bonn v. 29.7.2011 – 27 C 228/10, ZMR 2012, 47. 216 OLG Hamm v. 12.12.2000 – 15 W 109/00, ZMR 2001, 385 = NJW-RR 2001, 517. 217 BayObLG v. 17.9.2003 – 2Z BR 135/03, NJW-RR 2004, 445. 218 OLG Düsseldorf v. 21.9.2005 – I-3 Wx 123/05, MietRB 2006, 105 = ZMR 2006, 144. 219 AG Koblenz v. 12.7.2012 – 133 C 3305/11, ZMR 2013, 228. 220 AG Hamburg-St. Georg v. 27.11.2012 – 980a C 28/12, ZMR 2013, 389. 221 OLG München v. 5.6.2007 – 34 Wx 143/06, MietRB 2007, 294 = ZMR 2007, 807. 222 OLG München v. 6.3.2006 – 34 Wx 29/05, juris; AG Dresden v. 8.5.2012 – 152 C 7753/11, ZMR 2012, 736. 223 AG Dresden v. 8.5.2012 – 152 C 7753/11, ZMR 2012, 736. 224 AG Koblenz v. 12.7.2012 – 133 C 3305/11, ZMR 2013, 229. 225 LG Itzehoe v. 26.1.2018 – 11 S 33/17, ZMR 2018, 436. 226 LG Lüneburg v. 25.10.2011 – 5 S 36/11, ZMR 2012, 133. 227 AG Dresden v. 8.5.2012 – 152 C 7753/11, ZMR 2012, 736.

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III. Bestellung des Verwalters | Rz. 74 § 26

mindest für die Wiederwahl.228 Bei der Wahl eines neuen Verwalters kann es aber auch nicht darauf ankommen, ob der billigste Kandidat gewählt wurde. Die Verwaltertätigkeit setzt eine hohe Qualifikation voraus, die sich mit einem billigen Entgelt nicht in Einklang bringen lässt.229 Die Privatautonomie darf grundsätzlich nur bei Wucher (z.B. das Doppelte der Gegenangebote), oder wenn der Verwalter mit dem Mehrheitseigentümer verflochten ist, dem Mehrheitsbeschluss zuwider durch Richterspruch unterlaufen werden. Keinesfalls reicht schnon ein um 40 % gegenüber den Konkurrenzangeboten höheres Verwalterhonorar, um den Bestellungsbeschluss als rechtswidrig anzusehen,230 es sei denn, die Wahl würde durch einen Mehrheitseigentümer majorisiert, so dass sachfremde Aspekte die Honorarhöhe mitbestimmt haben. An den prozessualen Vortrag zur Sachfremdheit dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Es ist aber eine Verkennung der Darlegungslast, den Verwalter bzw. die beklagten Wohnungseigentümer zur Darlegung einer näheren Begründung der Honorarhöhe aufzufordern.231 Unerheblich ist, wenn der Beirat eine Vorauswahl trifft und nur die aus seiner Sicht geeigneten Kandidaten zur Vorstellung in der Eigentümerversammlung einlädt.232 Dies allein rechtfertigt noch nicht die Anfechtung der Verwalterwahl, sofern den Wohnungseigentümern noch ein Auswahlermessen bleibt. d) Wirkung der gerichtlichen Beschlussaufhebung Wird aufgrund der Anfechtung der Bestellungsbeschluss aufgehoben, ist umstritten, ob diese 73 Aufhebung ex nunc oder ex tunc wirkt. Die Auffassung, die von einer ex tunc-Wirkung ausgeht, bewertet trotzdem die zwischenzeitlichen Handlungen des Verwalters als Maßnahmen einer Vertretungsmacht.233 Dies folge aus § 23 Abs. 4. Dogmatisch richtiger ist es, deshalb von einer ex-nunc-Wirkung auszugehen. Die ex-tunc-Wirkung verursacht ein kaum überbrückbares Spannungsverhältnis zwischen der einerseits bestehenden Notwendigkeit, die Handlungen als zurechenbar ansehen zu wollen, und dem Problem, dass bei rückwirkender Aufhebung des Bestellungsbeschlusses der Verwalter als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt hätte, da er seine Organstellung verloren hat.234 Zudem sieht § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG vor, dass der Verwalter die Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen hat, wozu auch der Beschluss über seine eigene Wahl gehört. Die Vorschrift setzt nicht voraus, dass es sich um bestandskräftige Beschlüsse handelt. Der Verwalter kann sich sogar schadensersatzpflichtig machen, wenn er Beschlüsse der Wohnungseigentümer nicht umsetzt, weil seine Verwalterwahl gerichtlich angefochten wurde. Schließlich spricht auch der Wortlaut des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG eher für eine ex-nunc-Wirkung. Korrespondierend mit der Aufhebung des Bestellungsbeschlusses wirkt auch die Kündigung 74 des Verwaltervertrags nur ex nunc. Eine Kündigungserklärung kann nie zurückwirken. Solange der Vertrag nicht insgesamt nichtig ist, kann er nur durch Kündigung mit Wirkung für 228 OLG Hamburg v. 16.7.2001 – 2 Wx 116/00, ZMR 2001, 997. 229 OLG Hamburg v. 25.10.2004 – 2 Wx 145/01, ZMR 2005, 71. 230 So aber OLG München v. 7.9.2007 – 32 Wx 109/07, WuM 2007, 589; Chr. Spielbauer in Spielbauer/ Then, § 26 WEG Rz. 15; 59,- Euro je Einheit als Honorar für zu hoch haltend: LG Köln v. 24.11.2014 – 29 S 130/11, ZMR 2012, 575, allerdings nicht für die Wiederwahl; 231 Unklar: Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 49. 232 OLG Düsseldorf v. 14.9.2001 – 3 Wx 202/01, ZMR 2002, 213. 233 BGH v. 6.3.1997 – III ZR 248/95, MDR 1997, 537 = ZfIR 1997, 284 (286) = NJW 1997, 2106 = ZMR 1997, 308; v. 21.6.2007 – V ZB 20/07, NJW 2007, 2776; BayObLG v. 5.3.1992 – BReg.2 Z 165/ 91, NJW-RR 1992, 787; Hügel/Elzer, § 26 WEG Rz. 65; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 50. 234 Den Beschluss daher nur mit ex nunc-Wirkung aufhebend, OLG Düsseldorf v. 7.3.2006 – I-3 Wx 107/05, ZMR 2006, 544; OLG Hamburg v. 24.7.2006 – 2 Wx 4/05, ZMR 2006, 791; OLG München v. 21.6.2006 – 34 Wx 28/06, MietRB 2006, 245 = NZM 2006, 631 = ZMR 2006, 719; dieser Rspr. folgend: Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 50; Hügel/Elzer, § 26 WEG Rz. 65, 173.

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§ 26 Rz. 74 | Bestellung und Abberufung des Verwalters die Zukunft aufgehoben werden. Wenn die Anfechtung der Bestellung ex tunc wirken würde, fiele die Beendigung der Organstellung und die Beendigung der schuldrechtlichen Abreden auseinander. Dies wird aber teilweise so angenommen, wonach die Abberufung ex tunc und die Kündigung des Verwaltervertrags ex nunc wirken sollen.235 Diese erneute Differenzierung zwischen Bestellung und Verwaltervertrag überzeugt nicht (s.o. Rz. 19 ff.). Die Rechte und Pflichten des Verwalters würden dann zwischenzeitlich nur aus dem Verwaltervertrag folgen. Die wesentlichen Pflichten des Verwalters sind aber in § 27 WEG verankert und entstehen somit gesetzlich und nicht erst durch den Vertrag. Diese Pflichten können gem. § 27 Abs. 4 durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt werden, was erst recht nicht durch einen Vertrag zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Verwalter erfolgen kann. Der Verwaltervertrag hat daher auch für die Pflicht, Beschlüsse der Wohnungseigentümer umzusetzen, keine Bedeutung. Diese aus der Organstellung (Bestellung) folgenden Pflichten sind somit bis zur gerichtlichen Aufhebung des Bestellungsbeschlusses zu befolgen und lassen auf der anderen Seite auch die korrespondierenden Rechte des Verwalters erst dann entfallen.236 Dieses Ergebnis ist mit der Trennungstheorie (s.o. Rz. 19 ff.) kaum vereinbar, wonach Vertrag und Bestellung auf der einen Seite und Kündigung und Abberufung auf der anderen auseinanderfallen können. Die Versuche, die unpraktischen Ergebnisse der Trennungstheorie zu vermeiden, indem in den Verwaltervertrag hineingelesen wird, dass dieser im Zweifel nur für die Dauer der Bestellung geschlossen wird,237 wirken inkonsequent und zeigen nur die Schwächen dieser Theorie auf. Immer dann, wenn es unpraktisch wird, gehen die Vertreter der Trennungstheorie zur Einheitstheorie über, ohne dies jedoch einzugestehen. 75 Dem Verwalter steht bis zur Rechtskraft der Bestellungsaufhebung durch das Gericht die ver-

einbarte Vergütung zu. Etwas anderes gilt nur dann, wenn er pflichtwidrig die Abberufungsbemühungen behindert, indem er die Einladung zur Eigentümerversammlung hinauszögert. Dann steht ihm für diesen Verzögerungszeitraum kein Honorar zu238 (s.o. zum Vergütungsanspruch bei vorzeitiger Vertragsaufhebung Rz. 62a, Rz. 185 ff. u. Rz. 201). e) Verfahrensfragen 76 Die Wiederwahl des Verwalters kann von einem Wohnungseigentümer angefochten werden.

Geschieht dies erfolgreich, stellt sich die Frage, ob gegen diese Entscheidung dann der Verwalter ein Rechtsmittel einlegen kann. Dies wurde in der Rechtsprechung zunächst grundsätzlich verneint.239 Ein Rechtsmittel wurde dem Verwalter ausnahmsweise dann zugesprochen, wenn das Gericht von der Kostenfolge des § 49 Abs. 2 WEG Gebrauch macht und entscheidet, dass der Verwalter die Prozesskosten zu tragen hat. Es wurde die Auffassung vertreten, dass dann der Verwalter beschwert sei und deshalb Berufung einlegen könne.240 Diese Differenzierung überzeugt jedoch nicht. Es kann nicht darauf ankommen, wie die Kostenentscheidung lautet. In beiden Fällen ist der Verwalter zwar nicht Partei des Rechtsstreits gewesen. Dennoch ist er beschwert und kann Berufung einlegen, wenn er dem Rechtsstreit nach § 48 Abs. 2

235 BGH v. 6.3.1997 – III ZR 248/95, MDR 1997, 537 = NJW 1997, 2106; KG v. 13.11.1989 – 24 W 5042/89, MDR 1990, 249 = NJW-RR 1990, 153; OLG Hamburg v. 24.7.2006 – 2 Wx 4/05, ZMR 2006, 791; a.A. Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 51. 236 Im Ergebnis ebenfalls die Einheitstheorie vertretend: Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 4. 237 So z.B. Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 9. Teil Rz. 111. 238 OLG München v. 21.6.2006 – 34 Wx 28/06, MietRB 2006, 245 = NZM 2006, 631 = ZMR 2006, 719. 239 OLG Köln v. 26.8.2005 – 16 Wx 15/05, NZM 2006, 25; OLG München v. 6.3.2006 – 34 Wx 029/05, MietRB 2006, 189 = DWE 2006, 71. 240 BayObLG v. 16.6.2004 – 2Z BR 100/04, ZMR 2004, 924.

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IV. Verwaltervertrag | Rz. 79 § 26

WEG beigetreten ist. Diese Auffassung hat der BGH bestätigt.241 Dem Verwalter ist das Recht zuzubilligen, seine Wiederwahl, gegebenenfalls erst in der Berufungsinstanz, verteidigen zu können. Die Berufung wird schon dann erfolgreich sein, wenn dem Verwalter erstinstanzlich kein rechtliches Gehör gewährt wurde. Sonst wäre das Urteil verfassungswidrig.242 Das Rechtsschutzinteresse der Anfechtung der Verwalterwahl entfällt nicht schon dadurch, 77 dass die Wohnungseigentümer einen Zweitbeschluss fassen. Unabhängig davon, dass nur identische Zweitbeschlüsse das Rechtsschutzinteresse tangieren können, sind diese erst ab Bestandskraft relevant.243 Das Rechtschutzinteresse geht aber verloren, wenn die Bestellungsdauer während des Prozesses endet.244 Auch hier ist von Bedeutung, dass das Urteil die Verwalterwahl nur mit ex nunc-Wirkung (s.o. Rz. 73 f.) für ungültig erklären kann, sodass auch rückwirkend kein Klärungsbedarf mehr besteht. Solange das Gericht den Wiederbestellungsbeschluss nicht für ungültig erklärt hat, bleibt der 78 Verwalter im Amt, § 23 Abs. 4 WEG. Ausnahmsweise ist eine vorläufige Amtsenthebung durch einstweilige Verfügung denkbar. Dazu genügt aber nicht die Glaubhaftmachung einer besonderen Störung des Vertrauensverhältnisses,245 sondern die Gefahr eines irreversiblen Schadens246 oder die Gefahr einer Straftat. Auch genügt nicht die Annahme, dass der Bestellungsbeschluss offenkundig rechtswidrig ist.247 Dies wäre eine Vorwegnahme der Hauptsache. Die Abberufung durch das Gericht ist ein Gestaltungsurteil, das erst mit Eintritt der Rechts- 78a kraft Wirkung entfaltet.248 Bis dahin kann der Verwalter weiterhin sein Amt ausüben. Durch Einlegung der Berufung kann der Verwalter seine Bestellungsdauer somit hinauszögern. Die eintretende Rechtskraft wirkt ebenfalls nicht zurück (s. oben Rz. 73 ff.). Gleiches gilt bei einer Verwalterbestellung durch das Gericht nach § 21 Abs. 8.249

IV. Verwaltervertrag 1. Zustandekommen des Vertrags a) Vertragsparteien Wer Partei des Verwaltervertrags wird, nahm durch die Entscheidung des BGH250 zur teil- 79 rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft eine Wende. Bis dahin bestand kein Zweifel daran, dass der Verwaltervertrag mit den Wohnungseigentümern insgesamt zustande kommt. Aufgrund der Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft änderte sich die Auffassung und die überwiegende Meinung geht seitdem von einem Vertragsabschluss mit der rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft aus.251

241 BGH v. 21.6.2007 – V ZB 20/07, MDR 2007, 1247 = MietRB 2007, 263 = NJW 2007, 2776 = DWE 2007, 122. 242 So im Ergebnis auch Briesemeister, NZM 2006, 568 (570). 243 OLG Düsseldorf v. 14.9.2007 – I-3 Wx 118/07, ZWE 2008, 52 = ZMR 2008, 472. 244 LG Dortmund v. 7.3.2017 – 1 S 316/16, ZWE 2017, 423. 245 So aber AG Hamburg v. 9.6.2010 – 102d C 11/10, NZM 2010, 712. 246 LG Hamburg v. 10.3.2011 – 318 S 180/10, ZMR 2011, 661. 247 So aber AG Hamburg v. 4.2.2010 – 102d C 11/10, ZWE 2011, 55. 248 LG München I v. 12.3.2015 – 36 S 24746/13, ZMR 2015, 796. 249 BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, ZMR 2014, 219 = MDR 2013, 961 = MietRB 2013, 240. 250 BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = MietRB 2005, 232 (233, 237) = ZMR 2005, 547 = DWE 2005, 134 = NJW 2005, 2061 = NZM 2005, 543. 251 OLG München v. 8.11.2006 – 34 Wx 045/06, MDR 2007, 581 = MietRB 2007, 43 = NZM 2007, 88 = ZMR 2007, 220; OLG Düsseldorf v. 29.9.2006 – I-3 Wx 281/06, NJW 2007, 161; Abramenko, ZMR 2006, 6; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 26 WEG Rz. 36; Schmidt in Jennißen/

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§ 26 Rz. 80 | Bestellung und Abberufung des Verwalters 80 Durch die WEG-Novelle bekommt diese Frage eine andere Dimension, und zwar durch den

neugestalteten § 27. Danach übt der Verwalter die Aufgaben für die Gemeinschaft und auch für alle Wohnungseigentümer aus. In § 27 Abs. 2 wird ihm die gesetzliche Vertretungsmacht für die Wohnungseigentümer und in Abs. 3 die Vertretungsmacht für die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft übertragen. Damit wird deutlich, dass der Verwalter für die Wohnungseigentümer und den Verband tätig wird. Er hat diesen gegenüber Aufgaben zu erfüllen und auch diesen gegenüber Rechte. Die Auffassung von Abramenko252 ist nicht überzeugend, wonach der Vertrag nur mit dem rechtsfähigen Verband zustande kommt und hinsichtlich der Summe der Wohnungseigentümer, nicht der Mieter,253 als Vertrag zugunsten Dritter zu werten sei.254 Nach anderer Ansicht255 soll es sich um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter handeln mit der Folge, dass den Wohnungseigentümern keine Erfüllungsansprüche, sondern nur sekundäre Schadensersatzansprüche zustehen. Umgekehrt hat nach dieser Auffassung der Verwalter seinen Vergütungsanspruch nur gegen den Verband zu richten.256 81 Aus dieser Auffassung folgt zunächst, dass der Verwalter keinen direkten vertraglichen Ver-

gütungsanspruch gegen den einzelnen Wohnungseigentümer geltend machen kann, selbst wenn dies im Vertrag so zum Ausdruck gebracht wird. Diese Vergütungsregelungen, z.B. die Erstattungspflicht von Kopierkosten bei vorgenommener Akteneinsicht oder die Zahlung von sog. Mahngebühren, sind dann als Anspruch des Verwalters gegen den Verband auszulegen. Die Erstattungspflicht des Einzelnen erfordert einen zweiten Schritt, nämlich einen für den Verband anspruchsbegründenden Beschluss nach § 21 Abs. 7. Neben dieser etwas umständlichen Konsequenz, wird diese Auffassung § 27 nicht gerecht, der zwei selbständige Rechtskreise definiert: die Pflichten des Verwalters gegenüber den Wohnungseigentümern in Abs. 2 und gegenüber der Eigentümergemeinschaft in Abs. 3. Die Auffassung, die nur einen Rechtskreis als Vertragspartei berücksichtigt,257 überzeugt nicht und führt zu einem janusköpfigen Gebilde.258 Wenn der Verwalter auch gegenüber den Wohnungseigentümern Pflichten zu erfüllen hat, warum sollen ihm dann gegenüber diesem Personenkreis keine unmittelbaren vertraglichen Rechte zustehen können? Teilweise wird dieser Frage mit dem Hinweis begegnet, es sei unpraktikabel die einzelnen Wohnungseigentümer ebenfalls als Vertragspartner anzusehen, da diese dann den Vertrag mangels Beschlusskompetenz alle mit unterzeichnen müssten.259 Die Beschlusskompetenz folgt aber aus § 26 Abs. 1 und umfasst nach der hier vertretenen Einheitstheorie auch den Verwaltervertrag. Es ist daher überzeugender, von zwei Vertragspartnern des Verwalters auszugehen.260 Dass alle Wohnungseigentümer den Vertrag unterzeich-

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Schmidt, Der WEG-Verwalter, Rz. 162; Sauren, § 26 WEG Rz. 18; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 110; vermittelnd Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 163. Abramenko, ZMR 2006, 6 (9). LG Hamburg v. 21.3.2016 – 331 S 71/16, ZMR 2016, 655. Ihm folgend: OLG München v. 8.11.2006 – 34 Wx 45/06, NZM 2007, 92; Schmidt in Jennißen/ Schmidt, Der WEG-Verwalter, Rz. 162 ff.; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 26 WEG Rz. 36; kritisch Bärmann/Pick, § 26 WEG Rz. 32. OLG Düsseldorf v. 29.9.2006 – I-3 Wx 281/05, NJW 2007, 161; LG Hamburg v. 3.2.2010 – 318 S 84/08, ZWE 2010, 337; KG Berlin v. 28.1.2010 – 24 W 43/09, ZWE 2010, 183 = MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 141; Hügel, ZMR 2008, 1; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 111; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 26 WEG Rz. 38. OLG Hamburg v. 14.7.2008 – 2 Wx 31/02, ZMR 2008, 899; LG Hamburg v. 25.5.2015 – 318 S 110/ 14, ZWE 4016, 24. Armbrüster, ZWE 2006, 470; Wenzel, NZM 2006, 321; Niedenführ, NJW 2007, 1841 (1843). So auch Hügel, DNotZ 2005, 175 (198); Hadding, ZWE 2012, 61; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentumsrechts, 9. Teil Rz. 51. So Jacoby in Staudinger, § 26 WEG Rz. 145 ff. So auch Müller in FS Seuß, S. 217 (221); Gottschalg, Die Haftung von Verwalter und Beirat, Rz. 20; Hadding, ZWE 2012, 62; a.A. Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 3 Rz. 47 ff., der trotz

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IV. Verwaltervertrag | Rz. 83 § 26

nen müssten, wenn sie dieses Recht nicht deligieren (z.B. auf den Beirat), ist gleichermaßen bei einem Vertragsverhältnis mit der Eigentümergemeinschaft wie mit allen Wohnungseigentümern der Fall, wie § 27 Abs. 3 S. 2 u. 3 verdeutlicht. b) Vertragsabschluss Den Vertrag schließen grundsätzlich alle Wohnungseigentümer mit dem Verwalter ab. Die 82 Wohnungseigentümer handeln dabei im eigenen Namen und vertreten gleichzeitig auch (nach h.M. nur) die teilrechtsfähige Eigentümergemeinschaft, obschon diese grundsätzlich vom Verwalter als ihr Organ vertreten wird. Wie aber § 27 Abs. 3 Satz 2 verdeutlicht, ist in Fällen der Interessenkollision des Verwalters bzw. eines Insichgeschäftes der Verwalter nicht zur Vertretung berechtigt, sodass alle Wohnungseigentümer den Verband vertreten. Diese handeln somit in Doppelfunktion, und zwar für sich selbst als Vertragspartner (entgegen h.M.) und für den rechtsfähigen Verband. Dabei ist es nicht ausreichend, wenn nur die Mehrheit der Wohnungseigentümer unterzeichnet,261 es sei denn, die Wohnungseigentümer hätten mehrheitlich beschlossen, die Vertragsunterzeichnung auf einzelne Wohnungseigentümer zu delegieren. Diese Möglichkeit sieht § 27 Abs. 3 Satz 3 ausdrücklich vor. Entsprechend kann auch durch Mehrheitsbeschluss der Beirat bevollmächtigt werden, den Vertrag für die Wohnungseigentümer und die Eigentümergemeinschaft stellvertretend zu unterzeichnen. Der Vertragsinhalt muss dann aber feststehen (s. Rz. 83). Es genügt aber nicht, wenn nur die Mehrheit der Wohnungseigentümer unterzeichnet,262 ohne durch Beschluss hierzu bevollmächtigt worden zu sein. Die Vertragsunterzeichnung kann aber nur dann wirksam delegiert werden, wenn die wesent- 83 lichen Vertragsinhalte den Wohnungseigentümern bekannt waren und vom Ermächtigungsbeschluss umfasst sind.263 Hierzu zählen die Laufzeit des Vertrags und die Vergütung des Verwalters.264 Der Abschluss des Verwaltervertrags zählt zu den Kernaufgaben der Wohnungseigentümer und sie würden ihr Selbstbestimmungsrecht in einem wesentlichen Teil verlieren, wenn die Bevollmächtigten bei der Festlegung der Vertragsinhalte völlig freie Hand hätten.265 Während es dem Beirat nicht vollständig überlassen werden darf, einen Verwalter nach freier Wahl zu bestellen, führt die Bevollmächtigung des Beirats, den Verwaltervertrag auszuhandeln und abzuschließen, aber nicht zur Nichtigkeit des Vertrags, zumindest dann nicht, wenn die wesentlichen Vertragsinhalte vorgegeben wurden.266 Der Ermächtigungsbeschluss ist dann lediglich anfechtbar.267 Eine Nichtigkeit ist nach hiesiger Auffassung aber auch dann nicht anzunehmen, wenn die Wohnungseigentümer lediglich die Person des Verwalters wählen, alles Weitere aber offen lassen. Nach § 27 Abs. 3 S. 3 können die Wohnungseigentümer mit Stim-

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dogmatischer Bedenken nur von einem zweiseitigen Vertrag ausgeht; offenlassend Briesemeister, Praxisratgeber WEG-Reform, S. 28. Ebenso Abramenko, ZMR 2006, 6 (8). Abramenko, ZMR 2006, 6, 8; Schmidt in Jennißen/Schmidt, Der WEG-Verwalter, Rz. 172. LG Köln v. 31.1.2013 – 29 S 135/12, MietRB 2013, 335 = NZM 2013, 585; LG Düsseldorf v. 13.4.2016 – 25 S 123/14, ZWE 2017, 143. OLG Köln v. 13.7.2001 – 16 Wx 115/01, ZMR 2002, 155. OLG Köln v. 20.9.2002 – 16 Wx 135/02, ZMR 2003, 604; OLG Hamburg v. 17.7.2003 – 2 Wx 147/ 00, ZMR 2003, 776; v. 25.7.2003 – 2 Wx 112/02, ZMR 2003, 864; OLG Düsseldorf v. 30.5.2006 – 3 Wx 51/06, ZWE 2006, 396 = ZMR 2006, 870 = NZM 2006, 936; Abramenko in Riecke/Schmid, § 26 WEG Rz. 37. OLG Köln v. 20.9.2002 – 16 Wx 135/02, ZMR 2003, 604. KG v. 5.2.2008 – 24 W 106/07, ZMR 2008, 476; OLG Hamburg v. 25.7.2003 – 2 Wx 112/02, ZMR 2003, 864; OLG Köln v. 20.9.2002 – 16 Wx 135/02, ZMR 2003, 604; Becker in Bärmann, § 26 WEG Rz. 122; von Nichtigkeit ausgehend: AG Berlin-Mitte v. 28.5.2018 – 26 C 13/18, ZMR 2018, 800; ebenso Elzer in Rechtshandbuch Wohnungseigentum, § 9 Rz. 36; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 10 Rz. 179.

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§ 26 Rz. 83 | Bestellung und Abberufung des Verwalters menmehrheit einen oder mehrere Wohnungseigentümer zur Vertretung ermächtigen. Diese Möglichkeit ist gesetzlich nicht auf die weisungsgebundene Vertretungsmacht beschränkt, aber beschränkbar. Der beauftragte Beirat hat also Weisungen aus der Beschlussfassung zu beachten. Eine weisungslose Vertretungsmacht ist aber von der gesetzlichen Vorgabe des § 27 Abs. 3 S. 3 erfasst. Wird erfolgreich angefochten, fehlt den Beiratsmitgliedern beim Vertragsabschluss die Vertretungsmacht. Dennoch wird dem Verwalter kein Schadensersatzanspruch gem. § 179 BGB zustehen, da er die fehlerhafte Bevollmächtigung des Beirats kennen musste, § 179 Abs. 3 BGB. Der WEG-Verwalter muss nicht nur wissen, dass grundsätzlich alle Beschlüsse anfechtbar sind und somit erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist des § 46 WEG in Bestandskraft erwachsen. Die grundsätzliche Anfechtbarkeit ist jedem Beschluss immanent. Zudem muss ein WEG-Verwalter die wesentliche Rechtsprechung kennen und somit auch wissen, dass der Bevollmächtigungsbeschluss wirksam angefochten werden kann, wenn die Hauptvertragsinhalte nicht zuvor von den Wohnungseigentümern per Mehrheitsbeschluss verabschiedet wurden. Hauptvertragsinhalte betreffen die Laufzeit, die Vergütung und Kompetenzen, die über den Aufgabenkatalog des § 27 Abs. 1–3 hinausgehen. Haben die Wohnungseigentümer das Vergütungsangebot durch Beschluss angenommen, darf der Beirat keine Zusatzvergütungen mit dem Verwalter mehr aushandeln,268 weil dies dann auch für den Verwalter erkennbar nicht mehr von der erteilten Vertretungsmacht gedeckt ist. 84 Findet ein Verwalterwechsel statt, können rechtsfähiger Verband und die Wohnungseigentü-

mer beim Vertragsabschluss noch vom amtierenden Verwalter vertreten werden, solange seine Bestellungszeit noch läuft. 85 Nicht überzeugend ist die Auffassung, dass der Verwaltervertrag stets unter der auflösenden

Bedingung steht, dass der Bestellungsbeschluss nicht in einem Anfechtungsverfahren aufgehoben wird.269 Hierbei wird übersehen, dass der Verwaltervertrag nicht durch den Beschluss der Eigentümerversammlung hierüber zustande kommt. Der Beschluss beinhaltet lediglich, ein Angebot des Verwalters auf Vertragsabschluss annehmen zu wollen. Der Beschluss hat insoweit nur interne Bedeutung. Die Annahme wird im Außenverhältnis vollzogen, indem die Erklärung dem Verwalter zugeht, was beispielsweise durch Übermittlung des gegengezeichneten Verwaltervertrags der Fall sein kann. Genauso wirkt die Kündigung des Verwaltervertrags erst, wenn die Erklärung dem Verwalter zugeht oder im Rahmen eines Anfechtungsprozesses ein rechtskräftiges Urteil ergeht und der Verwalter an dem Verfahren beteiligt wurde. Es ist daher nicht erforderlich, einen Automatismus im Sinne einer auflösenden Bedingung zu konstruieren (s.o. Rz. 60 ff.). 86 Der Verwaltervertrag kann auch konkludent zustande kommen, indem die Wohnungseigen-

tümer in der Eigentümerversammlung über den vorliegenden Vertrag beschließen, ohne dass es zur Gegenzeichnung des Vertrags kommt. Wenn der zu bestellende Verwalter in der Eigentümerversammlung anwesend ist, dann geht ihm durch die Beschlussfassung die Annahmeerklärung unmittelbar zu und der Vertragsinhalt gilt als vereinbart.270 Auch durch die Aufnahme der Verwaltertätigkeit entsprechend den Regelungen in der Teilungserklärung kann ein Vertrag mit dem dort vorgesehenen Inhalt zwischen Verwaltung und Gemeinschaft konkludent zustande kommen.271 87 Der Verband als Vertragspartner des Verwalters ist Verbraucher gem. § 13 BGB (s.o. § 10

Rz. 107 ff.), wenn ihr wenigstens eine natürliche Person als Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft mit einem Dritten (hier dem Verwalter) zu einem Zweck abschließt, der aus Sicht der Eigentümergemeinschaft weder einer gewerblichen noch einer selbstständigen beruf-

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BayObLG v. 12.2.2004 – 2Z BR 110/03, NZM 2004, 658. So aber KG v. 18.8.2004 – 24 W 291/03, MietRB 2005, 124 = NZM 2005, 21. So auch Abramenko, ZMR 2006, 6 (9). Siehe hierzu AG Pinneberg v. 6.3.2018 – 60 C 34/17, IMR 2018, 343.

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IV. Verwaltervertrag | Rz. 89 § 26

lichen Tätigkeit dient.272 Dennoch können die Wohnungseigentümer den Vertrag nicht nach § 312g Abs. 1 BGB widerrufen, weil diese die interne Willensbildung (Wahl) nach § 46 anfechten können.273 Das wohnungseigentumsrechtliche Anfechtungsrecht geht dem Widerrufsrecht des Verbrauchers vor. c) Stimmrecht des Verwalters Der Verwalter darf bei seiner eigenen Wahl mit abstimmen, wenn er selbst Wohnungseigen- 88 tümer in der Anlage ist oder von Wohnungseigentümern wirksam zur Stimmabgabe bevollmächtigt wurde. Nach überwiegender Meinung besteht ein solches Stimmrecht nicht, wenn es um den Vertragsabschluss geht.274 Dies soll aus § 25 Abs. 5 WEG und § 181 BGB folgen, wonach ein Wohnungseigentümer nicht stimmberechtigt ist, wenn die Beschlussfassung den Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit ihm zum Gegenstand hat. Die Differenzierung ist wiederum Ausfluss der Trennungstheorie und wird damit begründet, dass es sich bei der Bestellung um einen organisationsrechtlichen Akt handelt, bei dem die Wohnungseigentümer ihre Mitgliedschaftsrechte ausüben.275 Demgegenüber handele es sich bei einem Beschluss über den Verwaltervertrag um die Vorbereitung eines Vertragsabschlusses und somit eines Rechtsgeschäfts, für das ein Wohnungseigentümer nach § 25 Abs. 5 nicht stimmberechtigt sein soll. Aus dieser Differenzierung seitens der Vertreter der Trennungstheorie folgt das Problem, ob 89 das Stimmrecht des Verwalters auch dann zu verneinen sei, wenn die Wohnungseigentümer gleichzeitig im Bestellungsbeschluss auch über Fragen des Verwaltervertrags abstimmen. Der BGH276 hat das Stimmrecht des Verwalters auch in diesem Fall mit der Argumentation zugelassen, dass der Schwerpunkt der Beschlussfassung in der Verwalterbestellung zu sehen sei. Diese Entscheidung überzeugt nicht, da sich dann das angenommene Stimmverbot des Verwalters bei Fragen des Verwaltervertrags leicht umgehen ließe.277 Auch führt die Begründung dazu, die Bestellung und den Vertrag als Einheit anzusehen, was der vom BGH und der h.M. vertretenen Trennungstheorie widerspricht. Konsequenter erscheint es, das Stimmrecht des Verwalters bei Abschluss des Verwaltervertrags generell zuzulassen. Der Verwaltervertrag ist insoweit nur als Annex zur Verwalterbestellung (s. zur sog. Einheitstheorie o. Rz. 20 ff.) zu sehen. Es macht wenig Sinn, das Stimmrecht des Verwalters bei seiner Bestellung und somit über das „Ob“ seiner Tätigkeit zuzulassen, um es dann bei der weniger gewichtigeren Frage der Höhe der Vergütung zurückzuweisen.278 Da die ebenfalls wesentliche Vertragsdauer mit der Bestellungsdauer identisch ist, ist durch den Bestellungsbeschluss meistens auch diese Frage abschließend geklärt. Der Beschluss über die Vertragsinhalte ist daher eher von untergeordneter Bedeutung, zumal der Verwalter dann, wenn über die Vergütungshöhe keine Einigkeit erzielt wird, Anspruch auf die übliche Vergütung hat. Würde hingegen unter Einbeziehung der Stimmen des Verwalters eine unüblich hohe Vergütung beschlossen, steht es jedem Wohnungseigentümer frei, die Vergütungshöhe durch Beschlussanfechtung gerichtlich überprüfen zu lassen (s.u. Rz. 119 ff.).

272 BGH v. 25.3.2015 – VIII ZR 243/13, NZM 2015, 665 = NotBZ 2015, 340 = MDR 2015, 575 = MietRB 2015, 173. 273 Becker, NZM 2016, 249 (254). 274 OLG Hamm v. 20.7.2006 – 15 W 142/05, MietRB 2007, 122 f. = ZMR 2007, 63; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, § 26 WEG Rz. 42; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, § 25 W