Wohnungseigentum: Grundlagen, Systematik, Praxis [3. neu bearbeitete Auflage] 9783504384074

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German Pages 443 [444] Year 2014

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Übersichten
Verzeichnis der Arbeitsbeispiele
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Einführung
§ 1 Grundbegriffe
I. Wohnungs- und Teileigentum
II. Sondereigentum und gemeinschaftliches Ei
1. Allgemeines
2. Abgrenzung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum
a) Zuordnung von Räumen
b) Zuordnung von Gebäudebestandteilen
c) Praktisch bedeutsame Einzelfälle
3. Konsequenzen der Zuordnung
a) Rechte und Pflichten aus dem Sonde
b) Rechte und Pflichten aus dem gemeinschaftlichen Eigentum
§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum
I. Begründung von Wohnungseigentum
1. Teilungsvertrag (§ 3 WEG) und Teilungserklärung (§ 8 WEG)
a) Zustandekommen
b) Inhalt
c) Form
2. Eintragung im Grundbuch
a) Eintragungsbewilligung
aa) Aufteilungsplan
bb) Abgeschlossenheitsbescheinigung
b) Zustimmung dinglich Berechtigter
c) Anlegen der Grundbuchblätter
3. Änderung der Teilungserklärung/des Teilungsvertrages
II. Erwerb von Wohnungseigentum
1. Erwerb vom Bauträger
a) Abschluss des Bauträgervertrages
aa) Inhalt und Form
bb) Fälligkeit der Vergütung
cc) Mängelrechte
(1) Begriff des Mangels
(2) Rechte wegen Mängeln des Bauwer
(3) Rechte wegen Mängel des Kaufge
(4) Geltendmachung der Mängelrechte
dd) Insolvenz des Bauträgers
(1) Vollendung des „stecken gebliebenen Baus“ . 93a
(2) Inanspruchnahme von Bürgschaften
b) Eigentumsübertragung
2. Erwerb vom Wohnungseigentümer
3. Veräußerungsbeschränkung (§ 12 WEG)
III. Belastung von Wohnungseigentum
§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
I. Grundlagen
1. Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer
2. Gemeinschaft als Rechtssubjekt
3. Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinschaftsordnung
II. Entstehen der Gemeinschaft
1. Grundsatz
2. „Werdende Gemeinschaft“
3. Eigentümerwechsel nach Entstehen der Gemeinschaft
4. Entstehen der rechtsfähigen Gemeinschaft
III. Vereinbarungen und Beschlüsse
1. Abgrenzungen
a) Vereinbarungen
b) Beschlüsse
2. Regelungsinhalte und -kompetenzen
a) Vereinbarungen zur Gemeinschaftsord
b) Gesetzliche Beschlusskompetenzen
c) Beschlusskompetenz kraft Vereinbarung
d) Zweitbeschlüsse
3. Wirksamkeit gegen Sondernachfolger
4. Fehlerhafte Beschlüsse
a) Grundlagen
b) Nichtigkeitsgründe
c) Gründe schwebender Unwirksamkeit
d) Anfechtungsgründe
5. Gerichtliche Entscheidung über Beschlüsse
IV. Rechtsfähige Gemeinschaft
1. Grundlagen
2. Verwaltungsvermögen
a) Gemeinschaft als Vermögensträger
b) Rechtsfähigkeit des Vermögensträgers
c) Vermögensübergang auf den Alleinei
3. Ausübung von Rechten der Wohnungseige
a) Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft
b) Obligatorische Rechtsausübung durch die Gemeinschaft
c) Fakultative Rechtsausübung durch die Gemeinschaft
d) Individuelle Rechte ohne Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft
4. Wahrnehmung von Pflichten der Wohnungseigentümer
V. Haftungsverfassung der Gemeinschaft
1. Haftung der Gemeinschaft
2. Außenhaftung der Wohnungseigentümer
a) Haftung als Teilschuldner
b) Haftung bei Eigentümerwechsel
c) Einwendungen und Einreden des Wohnungseigentümers
d) Haftung als Gesamtschuldner
3. Rückgriff des Wohnungseigentümers
§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum
I. Recht zum Gebrauch und zur Nutzung
II. Beschränkungen des Gebrauchs- und Nutzungs
1. Gesetzliche Grenzen (§ 14 WEG)
a) Instandhaltung des Sondereigentums und Gebot der Rücksichtnahme (§ 14 Nr. 1 WEG)
b) Einwirkung auf Dritte (§ 14 Nr. 2 WEG)
c) Duldungspflichten (§ 14 Nr. 3 und 4
2. Beschränkungen durch Vereinbarung
a) Zweckbestimmung
aa) Zweckbestimmung im engeren Sinn
bb) Zweckbestimmung im weiteren Sinn
b) Gebots- und Verbotsregelungen
3. Beschränkungen durch Beschluss
a) Beschlussfassung gem. § 15 Abs. 2 WEG
aa) Zulässiger Inhalt
bb) Fehlerhafte Beschlüsse
b) Beschlussfassung aufgrund einer Öffnu
III. Rechtschutz bei Beeinträchtigungen
1. Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch
2. Anspruch auf Gebrauchsregelung
3. Schadensersatz und nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch
IV. Sondernutzungsrecht
1. Inhalt und Umfang des Sondernutzungsrech
2. Begründung von Sondernutzungsrechten
3. Übertragung von Sondernutzungsrechten
4. Inhaltsänderung von Sondernutzungsrechten
5. Aufhebung von Sondernutzungsrechten
§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer
I. Grundsätze der Verwaltung
1. Zuständigkeiten
2. Begriff „Verwaltung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313a
3. Gegenstand der Verwaltung
4. Recht und Pflicht zur Verwaltung
II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseige
1. Gemeinschaftliche Verwaltung
2. Ordnungsmäßige Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss
a) Beschlussfassung durch Stimmenmehrhe
b) Kriterium der „Ordnungsmäßigkeit“
c) Fälle ordnungsmäßiger Verwaltung gem. § 21 Abs. 5 WEG
aa) Aufstellung einer Hausordnung (§ 21 Abs 5 Nr. 1 WEG)
bb) Ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG)
cc) Feuer-, Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung (§ 21 Abs. 5 Nr. 3 WEG)
dd) Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage (§ 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG)
ee) Aufstellung eines Wirtschaftsplans (§ 21 Abs. 5 Nr. 5 WEG)
ff) Duldung von Anschlüssen (§ 21 Abs. 5 Nr 6 WEG)
d) Fälle ordnungsmäßiger Verwaltung gem. § 21 Abs. 7 WEG
aa) Art und Weise von Zahlungen, Fälligkeit
bb) Folgen des Verzugs
cc) Kosten einer besonderen Nutzung
dd) Kosten für einen besonderen Verwaltungsaufwand
3. Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG)
a) Inhalt des Anspruchs
b) Durchsetzung des Anspruchs
4. Ermessensentscheidung des Gerichts (§ 21 Abs. 8 WEG)
a) Voraussetzungen
b) Rechtsfolgen
c) Änderung der Entscheidung des Gerichts
5. Notverwaltungsrecht (§ 21 Abs. 2 WEG)
a) Voraussetzungen des Notverwaltungsre
b) Umfang des Notverwaltungsrechts
c) Aufwendungsersatzanspruch des Notgeschäftsführers
d) Geschäftsführung ohne Auftrag
6. Bauliche Veränderungen (§ 22 Abs. 1 WEG)
a) Begriff und Abgrenzung zur ordnungsmäßigen Instandhaltung/Instandsetzung
b) Zustimmungserfordernis
aa) Grundsatz
bb) Beeinträchtigung als Voraussetzung für das Zustimmungserfordernis
c) Anspruch auf Genehmigung
d) Beseitigungsanspruch
e) Kosten der baulichen Veränderung
7. Maßnahmen der Modernisierung und Anpassung an den Stand der Technik
a) Begriffe und Abgrenzung
aa) Modernisierung
bb) Anpassung an den Stand der Technik
cc) Abgrenzung zur modernisierenden Instandsetzung
b) Ausschlussgründe
aa) Keine Veränderung der Eigenart der Wohnanlage
bb) Keine unbillige Beeinträchtigung gegenüber anderen Wohnungseigentümern
c) Doppelt qualifizierte Mehrheit
d) Unabdingbarkeit
8. Wiederaufbau und stecken gebliebener Bau (§ 22 Abs. 4 WEG)
§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer
I. Grundlagen
II. Einberufung der Versammlung
1. Einberufung durch den Verwalter
a) Einberufung auf Verlangen der Wohnungseigentümer
b) Pflichtwidrige Verweigerung der Einberufung oder Fehlen eines Verwalters
c) Einberufung durch unzuständige Person
2. Einberufungsmodalitäten
a) Textform
b) Ladungsempfänger
c) Zugang der Ladung
d) Einberufungsfrist
e) Ort und Zeit der Versammlung
f) Bezeichnung der Beschlussgegenstände
3. Einberufung einer Wiederholungsversamm
III. Durchführung der Versammlung
1. Versammlungsvorsitz
2. Beschlussfähigkeit
3. Geschäftsordnung
a) Einzelne Ordnungsmaßnahmen
b) Unterbrechung und Vertagung
c) Ende der Versammlung
4. Teilnahmeberechtigte Personen
IV. Beschlussfassung in der Versammlung
1. Zustandekommen eines Beschlusses
a) Beschlussantrag
b) Abstimmung und Beschlussergebnis
c) Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses
2. Stimmabgabe
3. Stimmrecht
a) Stimmrecht des Wohnungseigentümers
b) Stimmberechtigte Dritte
c) Stimmkraft
d) Stimmrechtsschranken
e) Stimmrecht bei Mehrhausanlagen
4. Vertretung bei der Stimmabgabe
V. Versammlungsniederschrift
VI. Beschlüsse ohne Versammlung
VII. Beschluss-Sammlung
§ 7 Verwaltung durch den Verwalter
I. Grundlagen
II. Bestellung des Verwalters
1. Person des Verwalters
2. Bestellungsakt
3. Dauer der Bestellung
4. Erstmalige Bestellung in der Teilungsphase
5. Bestellung durch das Gericht
III. Verwaltervertrag
1. Verwaltervertrag und Verwalterbestellung
2. Rechtsnatur und Inhalt
3. Vertragsschluss
4. Vergütung des Verwalters
5. Laufzeit des Vertrages
IV. Nachweis der Verwaltereigenschaft
V. Abberufung des Verwalters und Amtsniederle
1. Ordentliche Abberufung
2. Kündigung des Verwaltervertrages
3. Abberufung aus wichtigem Grund
4. Amtsniederlegung durch den Verwalter
VI. Aufgaben und Befugnisse des Verwalters
1. Grundlagen
2. Geschäftsführung und Vertretung
3. Aufgaben und Befugnisse nach § 27 Abs. 1
a) Durchführung der Beschlüsse und der Hausordnung (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG)
b) Instandhaltung und Instandsetzung (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG)
c) Durchführung dringender Erhaltungsmaßnahmen (§ 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG)
d) Anforderung von Lasten- und Kostenbeiträgen (§ 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG)
e) Bewirken und Entgegennahme von Zahlungen und Leistungen (§ 27 Abs. 1 Nr. 5 WEG)
f) Verwaltung eingenommener Gelder (§ 27 Abs. 1 Nr. 6 WEG)
g) Unterrichtung über anhängige Rechtsstreitigkeiten (§ 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG)
h) Abgabe von Erklärungen nach § 21 Abs. 5 Nr 6 WEG (§ 27 Abs. 1 Nr. 8 WEG)
4. Vertretungsmacht des Verwalters (§ 27 Abs
a) Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellungen
b) Maßnahmen zur Abwendung von Rechtsnachteilen
c) Streitwertvereinbarungen
d) Vornahme von Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen
5. Rechnungslegung
VII. Haftung für Verwaltertätigkeiten
1. Haftung gegenüber der Gemeinschaft und den Wohnungseigentümern
2. Haftung des Verwalters gegenüber Dritten
3. Haftung der Gemeinschaft für den Verwalter
§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten
I. Grundlagen
II. Anteil an Nutzungen (§ 16 Abs. 1 WEG)
III. Pflicht zur Lasten- und Kostentragung (§ 16 Abs. 2 WEG)
1. Begriff der Lasten und Kosten
2. Gesetzlicher Kostenverteilungsschlüssel
3. Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten
4. Verteilung der Kosten baulicher Veränderungen (§ 16 Abs. 6 WEG)
5. Änderung des Verteilungsschlüssels
a) Änderung durch Vereinbarung oder Bes
b) Betriebskosten und Kosten der Verwaltu
c) Kosten baulicher Maßnahmen
6. Kosten eines Rechtsstreits (§ 16 Abs. 8 WEG)
IV. Wirtschaftsplan
1. Funktion des Wirtschaftsplans
2. Inhalt des Wirtschaftsplans
a) Gesamtwirtschaftsplan
b) Einzelwirtschaftspläne
3. Zeitpunkt der Erstellung
4. Beschluss über den Wirtschaftsplan
5. Geltungsdauer des Wirtschaftsplans
6. Sonderumlage
V. Jahresabrechnung
1. Funktion der Jahresabrechnung
2. Abrechnungspflicht des Verwalters
3. Inhalt und Aufbau der Jahresabrechnung
a) Allgemeine Anforderungen
b) Gesamtabrechnung
aa) Einnahmen- und Ausgabenprinzip
bb) Aufgliederung nach Kostenarten
cc) Verbrauchsabhängige Kosten – Heizkost
dd) Kontenabgleich
ee) Instandhaltungsrücklage
c) Einzelabrechnung
4. Prüfung der Jahresabrechnung
5. Beschluss über die Jahresabrechnung
VI. Beitragsforderung
1. Entstehen der Beitragsforderung
2. Beitragsgläubiger und Beitragsschuldner
3. Durchsetzung der Beitragsforderungen
4. Verjährung
VII. Beitragspflicht bei Eigentümerwechsel
1. Zeitpunkt des Lasten- und Kostenübergangs
2. Haftung für Beitragsvorschüsse
3. Haftung aus der Jahresabrechnung
4. Haftung bei Sonderumlagen
5. Erwerberhaftung kraft Vereinbarung
VIII. Rechnungslegung
1. Anspruch auf Rechnungslegung
2. Inhalt und Form der Rechnungslegung
§ 9 Verwaltungsbeirat
I. Mitglieder des Verwaltungsbeirats
II. Begründung und Beendigung der Mitgliedschaft
III. Innere Ordnung des Verwaltungsbeirats
IV. Aufgaben und Befugnisse
V. Haftung
1. Haftung der Beiratsmitglieder gegenüber den Wohnungseigentümern und der Gemeinscha
2. Haftung der Gemeinschaft für die Beiratsmi
VI. Aufwendungsersatzanspruch der Beiratsmitgli
§ 10 Aufhebung der Gemeinschaft und Entziehung des Wohnungseigentums
I. Aufhebung der Gemeinschaft
1. Unauflöslichkeit der Gemeinschaft
2. Abweichende Vereinbarungen
3. Aufhebungsvertrag und Vollzug der Aufhe
II. Entziehung von Wohnungseigentum
1. Entziehungsanspruch
a) Voraussetzungen
b) Regelbeispiele (§ 18 Abs. 2 WEG) . . . . . . . . . 816b
2. Beschluss über das Entziehungsverlangen
3. Entziehungsklage
§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigen
I. Grundlagen
II. Zuständigkeit des Gerichts
1. Örtliche Zuständigkeit
a) Streitigkeiten unter Wohnungseigentümern (§ 43 Nr. 1 WEG)
b) Streitigkeiten zwischen Gemeinschaft und Wohnungseigentümern (§ 43 Nr. 2 WE
c) Streitigkeiten mit dem Verwalter (§ 43 Nr. 3 WEG)
d) Streitigkeiten über die Gültigkeit von Beschlüssen (§ 43 Nr. 4 WEG)
e) Klagen Dritter (§ 43 Nr. 5 WEG)
f) Mahnverfahren (§ 43 Nr. 6 WEG)
2. Sachliche Zuständigkeit
3. Schiedsvereinbarung und obligatorische Streitschlichtung
III. Klage in Wohnungseigentumssachen
1. Bezeichnung der Parteien in der Klageschrift
a) Bezeichnung der Eigentümergemeinscha
b) Bezeichnung der Wohnungseigentümer
2. Zustellung der Klage
a) Verwalter als Zustellungsvertreter
b) Ersatzzustellungsvertreter
3. Beiladung
IV. Beschlussmängelklagen
1. Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage
2. Klagebefugnis und Anfechtungsrecht
a) Klagebefugnis
b) Anfechtungsrecht
3. Klagegegner
4. Anfechtungs- und Klagebegründungsfrist
a) Anfechtungsfrist
b) Klagebegründungsfrist
c) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
5. Verbindung mehrerer Beschlussmängelprozesse . . . 887a
6. Gerichtliche Entscheidung
V. Kosten des Rechtsstreits
1. Kostenentscheidung des Gerichts
a) Kostentragung der Parteien
b) Kostenlast des Verwalters
2. Kostenerstattung
3. Höhe der Kosten
VI. Rechtsmittel
1. Berufung
2. Revision
§ 12 Wohnungserbbaurecht und Dauerwohnrecht
I. Wohnungserbbaurecht
II. Dauerwohnrecht
§ 13 Zwangsvollstreckung wegen Beitragsforderung
I. Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung
II. Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung
1. Allgemeine Voraussetzungen
a) Vollstreckungstitel
b) Vollstreckungsklausel
c) Zustellung
d) Parteiidentität
2. Besondere Voraussetzungen
III. Mobiliarvollstreckung
1. Pfändung beweglicher Sachen
2. Forderungspfändung
IV. Immobiliarvollstreckung
1. Zwangsversteigerung
a) Verwertungsvorrecht aus § 10 Abs. 1
b) Dingliche Wirkung des Vorrechts?
c) Betreiben durch die Gemeinschaft
d) Anmeldung der Beitragsansprüche
e) Ablauf des Versteigerungsverfahrens
2. Zwangsverwaltung
a) Anordnung der Zwangsverwaltung
b) Ausgaben der Zwangsverwaltung
3. Zwangshypothek
V. Insolvenz des Wohnungseigentümers
1. Gemeinschaft als Insolvenzgläubigerin
2. Gemeinschaft als Massegläubigerin
Anhang: Wohnungseigentumsgesetz
Stichwortverzeichnis
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Wohnungseigentum: Grundlagen, Systematik, Praxis [3. neu bearbeitete Auflage]
 9783504384074

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Becker/Ott/Suilmann Wohnungseigentum Grundlagen - Systematik - Praxis

Wohnungseigentum Grundlagen · Systematik Praxis von

Dr. Matthias Becker Professor an der Fachhochschule für Rechtspflege NRW, Bad Münstereifel

Dr. Andreas Ott Rechtsanwalt, Berlin

Dr. Martin Suilmann Vors. Richter am LG, Berlin

3. Auflage 2015

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-45046-5 ©2015 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: Schäper, Bonn Druck und Verarbeitung: Betz, Darmstadt Printed in Germany

Vorwort zur 3. Auflage Seit Redaktionsschluss der zweiten Auflage sind fast fünf Jahre vergangen. In der Zwischenzeit ist eine fast unübersehbare Flut an Rechtsprechung und Literatur zum Recht des Wohnungseigentums ergangen. Insbesondere der BGH hat zu zahlreichen Fragen der WEG-Novelle 2007 Stellung genommen, etwa zur Wahrnehmung von Rechten und Pflichten der Wohnungseigentümer durch die Gemeinschaft oder zum Verwertungsvorrecht der Gemeinschaft in der Zwangsversteigerung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG. Darüber hinaus hat das Gericht alte Fragen neu bewertet, etwa die Abrechnung von Heizkosten und Beiträgen zur Instandhaltungsrücklage in der Jahresabrechnung. All dies hat eine Neubearbeitung erforderlich gemacht. In der Praxis hat die Zwangsvollstreckung wegen titulierter Hausgeldansprüche erhebliche Bedeutung. Deshalb haben wir das Buch um ein weiteres Kapitel ergänzt, das dem Leser einen Überblick über die Voraussetzungen und Möglichkeiten der Vollstreckung bietet (§ 13). Im Übrigen haben wir das bewährte Konzept beibehalten. Das Werk soll dem Leser durch seine straffe, systematische und verständliche Darstellung einen leichten Zugang zu der nach wie vor schwierigen Materie des Wohnungseigentumsrechts ermöglichen. Das Rechtsgebiet ist geprägt von einer umfassenden Einzelfallrechtsprechung, die oftmals den Blick auf das Wesentliche versperrt. Betrachtet man die Entwicklung der letzten Jahre, bestätigt sich zudem der Eindruck, dass die WEG-Novelle mehr Probleme geschaffen als gelöst hat. Deshalb ist es umso wichtiger, die Grundstrukturen des Wohnungseigentumsrechts herauszuarbeiten. Diesem Ziel dienen die zahlreichen Übersichten und Arbeitsbeispiele sowie die Beschränkung von Rechtsprechungs- und Literaturnachweisen auf das Wesentliche. Aus dem Becker/Kümmel/Ott ist in der dritten Auflage der Becker/Ott/ Suilmann geworden. Auf eigenen Wunsch ist Dr. Egbert Kümmel aus dem Autorenteam ausgeschieden. An seine Stelle ist Dr. Martin Suilmann getreten, der seine reiche richterliche Erfahrung auf dem Gebiet des Wohnungseigentumsrechts einbringt. In dieser Zusammensetzung ist das Buch weiterhin ein Produkt der „Potsdamer Schule“ von Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Merle, in die wir Autoren vor mehr als 20 Jahren eingetreten sind. Wir danken Herrn Rüdiger Donnerbauer und seinem Verlagsteam, das uns auch diesmal wieder in vorbildlicher Weise unterstützt hat. Für Kritik und Anregungen sind wir wie immer dankbar. Bad Münstereifel/Berlin, im September 2014

Matthias Becker Andreas Ott Martin Suilmann

V

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

Verzeichnis der Übersichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIX

Verzeichnis der Arbeitsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XX

Abkürzungsverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXI

Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXV

Rz.

Seite

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1

§ 1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

5

I. Wohnungs- und Teileigentum . . . . . . . . . . . . . . . .

6

5

II. Sondereigentum und gemeinschaftliches Eigentum . . .

9

6

.

9

6

. . . . . .

12 13 16 22 26 27

7 7 8 13 14 14

.

32

15

§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

19

I. Begründung von Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . .

38

19

1. Teilungsvertrag (§ 3 WEG) und Teilungserklärung (§ 8 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zustandekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eintragung im Grundbuch . . . . . . . . . . . . . . . a) Eintragungsbewilligung . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufteilungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abgeschlossenheitsbescheinigung . . . . . . . .

39 39 41 43 45 46 47 48

19 19 20 21 21 21 22 22

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuordnung von Räumen . . . . . . . . . . . . . . b) Zuordnung von Gebäudebestandteilen . . . . . c) Praktisch bedeutsame Einzelfälle . . . . . . . . 3. Konsequenzen der Zuordnung . . . . . . . . . . . . . a) Rechte und Pflichten aus dem Sondereigentum b) Rechte und Pflichten aus dem gemeinschaftlichen Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . .

VII

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

b) Zustimmung dinglich Berechtigter . . . . . . . . . c) Anlegen der Grundbuchblätter . . . . . . . . . . . 3. Änderung der Teilungserklärung/des Teilungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50 51

23 24

52

24

II. Erwerb von Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . .

60

27

1. Erwerb vom Bauträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abschluss des Bauträgervertrages . . . . . . . . . . aa) Inhalt und Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fälligkeit der Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . cc) Mängelrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Begriff des Mangels . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechte wegen Mängeln des Bauwerkes . . . . (3) Rechte wegen Mängel des Kaufgegenstandes . (4) Geltendmachung der Mängelrechte . . . . . . dd) Insolvenz des Bauträgers . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vollendung des „stecken gebliebenen Baus“ . (2) Inanspruchnahme von Bürgschaften . . . . . . b) Eigentumsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erwerb vom Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . 3. Veräußerungsbeschränkung (§ 12 WEG) . . . . . . . .

61 62 62 64 67 68 72 79 84 93 93a 99 101 103 104

27 28 28 28 30 30 32 36 39 44 44 46 47 47 48

III. Belastung von Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . .

110

50

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer . . . . . . . . .

111

51

I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

111

51

1. Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer . . . . . . 2. Gemeinschaft als Rechtssubjekt . . . . . . . . . . . . 3. Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinschaftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

111 119

51 53

124

54

II. Entstehen der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . .

128

56

1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Werdende Gemeinschaft“ . . . . . . . . . . . . . . 3. Eigentümerwechsel nach Entstehen der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Entstehen der rechtsfähigen Gemeinschaft . . . .

. . . .

128 129

56 57

. . . .

133 138

59 60

III. Vereinbarungen und Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . .

146

65

1. Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regelungsinhalte und -kompetenzen . . . . . . . a) Vereinbarungen zur Gemeinschaftsordnung b) Gesetzliche Beschlusskompetenzen . . . . .

146 147 148 150 151 155

65 65 66 66 66 68

VIII

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

. . . . . . . . .

161 164 167 171 171 178 181 182 185

71 72 73 77 77 78 80 80 81

IV. Rechtsfähige Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . .

191

84

1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verwaltungsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gemeinschaft als Vermögensträger . . . . . . . . b) Rechtsfähigkeit des Vermögensträgers . . . . . . . c) Vermögensübergang auf den Alleineigentümer . 3. Ausübung von Rechten der Wohnungseigentümer . . a) Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft . . . . . . . b) Obligatorische Rechtsausübung durch die Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fakultative Rechtsausübung durch die Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Individuelle Rechte ohne Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wahrnehmung von Pflichten der Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

191 194 194 196 199 202 202

84 86 86 87 89 90 90

203

91

206

92

210

95

212

96

V. Haftungsverfassung der Gemeinschaft . . . . . . . . . . .

214

98

1. Haftung der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . 2. Außenhaftung der Wohnungseigentümer . . . . . a) Haftung als Teilschuldner . . . . . . . . . . . . b) Haftung bei Eigentümerwechsel . . . . . . . . c) Einwendungen und Einreden des Wohnungseigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Haftung als Gesamtschuldner . . . . . . . . . . 3. Rückgriff des Wohnungseigentümers . . . . . . . .

. . . .

214 217 217 219

98 99 99 100

. . . . . .

221 223 226

100 102 103

§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

229

107

I. Recht zum Gebrauch und zur Nutzung . . . . . . . . . .

230

107

II. Beschränkungen des Gebrauchs- und Nutzungsrechts . .

233

108

1. Gesetzliche Grenzen (§ 14 WEG) . . . . . . . . . . . . a) Instandhaltung des Sondereigentums und Gebot der Rücksichtnahme (§ 14 Nr. 1 WEG) . . . . . .

234

108

235

109

c) Beschlusskompetenz kraft Vereinbarung d) Zweitbeschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wirksamkeit gegen Sondernachfolger . . . . 4. Fehlerhafte Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nichtigkeitsgründe . . . . . . . . . . . . . c) Gründe schwebender Unwirksamkeit . . d) Anfechtungsgründe . . . . . . . . . . . . . 5. Gerichtliche Entscheidung über Beschlüsse .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . .

IX

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

b) Einwirkung auf Dritte (§ 14 Nr. 2 WEG) . . . . . c) Duldungspflichten (§ 14 Nr. 3 und 4 WEG) . . . 2. Beschränkungen durch Vereinbarung . . . . . . . . . . a) Zweckbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zweckbestimmung im engeren Sinn . . . . . . . bb) Zweckbestimmung im weiteren Sinn . . . . . . . b) Gebots- und Verbotsregelungen . . . . . . . . . . . 3. Beschränkungen durch Beschluss . . . . . . . . . . . . a) Beschlussfassung gem. § 15 Abs. 2 WEG . . . . . aa) Zulässiger Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fehlerhafte Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussfassung aufgrund einer Öffnungsklausel

250 252 255 256 256 258 259 264 266 266 268 271

114 115 116 116 116 117 119 120 121 121 122 124

III. Rechtschutz bei Beeinträchtigungen . . . . . . . . . . . .

272

125

1. Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch . . . . . . . 2. Anspruch auf Gebrauchsregelung . . . . . . . . . . . . 3. Schadensersatz und nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

272 277

125 128

278

128

IV. Sondernutzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

280

131

. . . . .

281 292 295 302 308

131 137 140 142 144

§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

312

147

I. Grundsätze der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . .

312

147

. . . .

312 313a 316 319

147 147 148 149

II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer . .

322

150

1. Gemeinschaftliche Verwaltung . . . . . . . . . . . 2. Ordnungsmäßige Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschlussfassung durch Stimmenmehrheit . . b) Kriterium der „Ordnungsmäßigkeit“ . . . . . c) Fälle ordnungsmäßiger Verwaltung gem. § 21 Abs. 5 WEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufstellung einer Hausordnung (§ 21 Abs. 5 Nr. 1 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. .

322

150

. . . . . .

323 324 326

150 151 151

. .

329

152

. .

330

153

1. 2. 3. 4. 5.

1. 2. 3. 4.

X

Inhalt und Umfang des Sondernutzungsrechts Begründung von Sondernutzungsrechten . . . Übertragung von Sondernutzungsrechten . . . Inhaltsänderung von Sondernutzungsrechten . Aufhebung von Sondernutzungsrechten . . . .

Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . Begriff „Verwaltung“ . . . . . . . . Gegenstand der Verwaltung . . . . Recht und Pflicht zur Verwaltung

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . . .

. . . .

. . . . .

. . . .

. . . . .

. . . .

Inhaltsverzeichnis

3.

4.

5.

6.

7.

bb) Ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG) . . . . . . . . . cc) Feuer-, Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung (§ 21 Abs. 5 Nr. 3 WEG) . . . . . . dd) Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage (§ 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG) . . . . . . . . . . . . . . ee) Aufstellung eines Wirtschaftsplans (§ 21 Abs. 5 Nr. 5 WEG) . . . . . . . . . . . . . . ff) Duldung von Anschlüssen (§ 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Fälle ordnungsmäßiger Verwaltung gem. § 21 Abs. 7 WEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Art und Weise von Zahlungen, Fälligkeit . . . . bb) Folgen des Verzugs . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kosten einer besonderen Nutzung . . . . . . . . dd) Kosten für einen besonderen Verwaltungsaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhalt des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . b) Durchsetzung des Anspruchs . . . . . . . . . . . Ermessensentscheidung des Gerichts (§ 21 Abs. 8 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Änderung der Entscheidung des Gerichts . . . . Notverwaltungsrecht (§ 21 Abs. 2 WEG) . . . . . . . a) Voraussetzungen des Notverwaltungsrechts . . b) Umfang des Notverwaltungsrechts . . . . . . . c) Aufwendungsersatzanspruch des Notgeschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . Bauliche Veränderungen (§ 22 Abs. 1 WEG) . . . . . a) Begriff und Abgrenzung zur ordnungsmäßigen Instandhaltung/Instandsetzung . . . . . . . . . . b) Zustimmungserfordernis . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beeinträchtigung als Voraussetzung für das Zustimmungserfordernis . . . . . . . . . . . . . . c) Anspruch auf Genehmigung . . . . . . . . . . . d) Beseitigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kosten der baulichen Veränderung . . . . . . . . Maßnahmen der Modernisierung und Anpassung an den Stand der Technik . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriffe und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . aa) Modernisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Rz.

Seite

.

336

155

.

342

157

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345

158

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348

159

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350

159

. . . .

352 354 357 358

160 161 162 162

.

363

164

. . .

368 369 373

166 166 168

. . . . . . .

377 377 380 382 383 384 385

169 169 171 171 172 172 173

. . .

387 389 390

173 174 174

. . .

392 395 395

175 176 176

. . . .

398 409 411 416a

177 180 181 183

. . .

418 419 419

184 185 185 XI

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

. . .

426

186

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428 431

187 187

. . .

432

188

. . . . . . . . .

434 436 439

188 189 189

. . .

441

190

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer . . . . . . . . .

443

191

I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

443

191

II. Einberufung der Versammlung . . . . . . . . . . . . . . .

446

192

1. Einberufung durch den Verwalter . . . . . . . . . . . . a) Einberufung auf Verlangen der Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Pflichtwidrige Verweigerung der Einberufung oder Fehlen eines Verwalters . . . . . . . . . . . . c) Einberufung durch unzuständige Personen . . . . 2. Einberufungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Textform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ladungsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zugang der Ladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einberufungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ort und Zeit der Versammlung . . . . . . . . . . . f) Bezeichnung der Beschlussgegenstände . . . . . . 3. Einberufung einer Wiederholungsversammlung . . .

446

192

448

192

452 453 456 457 458 462 465 466 468 472

193 194 195 196 196 197 198 199 200 201

III. Durchführung der Versammlung . . . . . . . . . . . . . .

475

203

. . . . . . .

475 478 483 484 488 489 490

203 204 205 206 207 207 208

IV. Beschlussfassung in der Versammlung . . . . . . . . . . .

495

210

1. Zustandekommen eines Beschlusses . . . . . . . . . . a) Beschlussantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abstimmung und Beschlussergebnis . . . . . . . .

495 496 498

210 210 211

bb) Anpassung an den Stand der Technik . . . . cc) Abgrenzung zur modernisierenden Instandsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine Veränderung der Eigenart der Wohnanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine unbillige Beeinträchtigung gegenüber anderen Wohnungseigentümern . . . . . . . c) Doppelt qualifizierte Mehrheit . . . . . . . . d) Unabdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Wiederaufbau und stecken gebliebener Bau (§ 22 Abs. 4 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1. Versammlungsvorsitz . . . . . . . . . 2. Beschlussfähigkeit . . . . . . . . . . . 3. Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . a) Einzelne Ordnungsmaßnahmen b) Unterbrechung und Vertagung . c) Ende der Versammlung . . . . . 4. Teilnahmeberechtigte Personen . . .

XII

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

. . . . . . . . .

503 511 514 515 519 522 526 531 532

212 216 216 217 218 219 220 222 223

V. Versammlungsniederschrift . . . . . . . . . . . . . . . . .

538

224

VI. Beschlüsse ohne Versammlung . . . . . . . . . . . . . . .

545

228

VII. Beschluss-Sammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

549

229

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter . . . . . . . . . . . . . .

559

233

I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

559

233

II. Bestellung des Verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . .

563

234

. . . . .

563 566 571 578 581

234 235 236 237 238

III. Verwaltervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

583

239

. . . . .

583 585 590 592 597

239 240 241 242 243

IV. Nachweis der Verwaltereigenschaft . . . . . . . . . . . . .

598

243

V. Abberufung des Verwalters und Amtsniederlegung . . .

603

244

. . . .

603 607 610 619

244 245 246 250

VI. Aufgaben und Befugnisse des Verwalters . . . . . . . . .

623

251

1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geschäftsführung und Vertretung . . . . . . . . . . . . 3. Aufgaben und Befugnisse nach § 27 Abs. 1 WEG . . .

623 627 630

251 253 254

c)

Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stimmabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stimmrecht des Wohnungseigentümers . . . . b) Stimmberechtigte Dritte . . . . . . . . . . . . . c) Stimmkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Stimmrechtsschranken . . . . . . . . . . . . . . e) Stimmrecht bei Mehrhausanlagen . . . . . . . 4. Vertretung bei der Stimmabgabe . . . . . . . . . .

1. 2. 3. 4. 5. 1. 2. 3. 4. 5.

1. 2. 3. 4.

Person des Verwalters . . . . . . . . . . . . . Bestellungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . Dauer der Bestellung . . . . . . . . . . . . . Erstmalige Bestellung in der Teilungsphase Bestellung durch das Gericht . . . . . . . . Verwaltervertrag und Verwalterbestellung . Rechtsnatur und Inhalt . . . . . . . . . . . . Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergütung des Verwalters . . . . . . . . . . Laufzeit des Vertrages . . . . . . . . . . . . .

Ordentliche Abberufung . . . . . . . . . Kündigung des Verwaltervertrages . . . Abberufung aus wichtigem Grund . . . Amtsniederlegung durch den Verwalter

. . . .

. . . .

. . . . . . . . . .

. . . .

. . . . . . . . . .

. . . .

. . . . . . . . . .

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. . . . . . . . . .

. . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . .

XIII

Inhaltsverzeichnis Rz.

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257

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257

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653

260

654 655

260 261

656

261

659 662

262 263

664 666

263 264

VII. Haftung für Verwaltertätigkeiten . . . . . . . . . . . . . .

667

265

1. Haftung gegenüber der Gemeinschaft und den Wohnungseigentümern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung des Verwalters gegenüber Dritten . . . . . . 3. Haftung der Gemeinschaft für den Verwalter . . . . .

667 672 673

265 267 267

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten . . . . . . . . . . . . . . .

675a

271

I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

675a

271

II. Anteil an Nutzungen (§ 16 Abs. 1 WEG) . . . . . . . . .

676

271

III. Pflicht zur Lasten- und Kostentragung (§ 16 Abs. 2 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

678

272

. . . . . .

679 682 685

272 273 274

. . . . . .

686 688 688

275 276 276

a)

Durchführung der Beschlüsse und der Hausordnung (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) . . . . . . . . . b) Instandhaltung und Instandsetzung (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . c) Durchführung dringender Erhaltungsmaßnahmen (§ 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . d) Anforderung von Lasten- und Kostenbeiträgen (§ 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . e) Bewirken und Entgegennahme von Zahlungen und Leistungen (§ 27 Abs. 1 Nr. 5 WEG) . . . . . f) Verwaltung eingenommener Gelder (§ 27 Abs. 1 Nr. 6 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . g) Unterrichtung über anhängige Rechtsstreitigkeiten (§ 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG) . . . . . . . . . . . h) Abgabe von Erklärungen nach § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG (§ 27 Abs. 1 Nr. 8 WEG) . . . . . . . . . . . 4. Vertretungsmacht des Verwalters (§ 27 Abs. 2, 3 WEG) a) Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Maßnahmen zur Abwendung von Rechtsnachteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Streitwertvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . d) Vornahme von Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1. 2. 3. 4.

Begriff der Lasten und Kosten . . . . . . . . . . . . Gesetzlicher Kostenverteilungsschlüssel . . . . . Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten . . . Verteilung der Kosten baulicher Veränderungen (§ 16 Abs. 6 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Änderung des Verteilungsschlüssels . . . . . . . . a) Änderung durch Vereinbarung oder Beschluss

XIV

Inhaltsverzeichnis Rz.

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b) Betriebskosten und Kosten der Verwaltung . . . . c) Kosten baulicher Maßnahmen . . . . . . . . . . . 6. Kosten eines Rechtsstreits (§ 16 Abs. 8 WEG) . . . .

690 698 702a

277 278 280

IV. Wirtschaftsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

704

281

. . . . . . . .

705 706 707 709 713 715 717 720

281 282 282 283 285 285 286 287

V. Jahresabrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

725

288

. . . . . . . . . . . . .

726 729 730 731 735 735 736 738 741 742 745 751 753

288 289 290 290 291 291 292 292 294 294 296 300 301

VI. Beitragsforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

759

303

. . . .

759 761 762 767

303 304 304 307

VII. Beitragspflicht bei Eigentümerwechsel . . . . . . . . . . .

768

307

. . . . .

768 771 773 775 776

307 308 309 310 310

VIII. Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

778

311

1. Anspruch auf Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt und Form der Rechnungslegung . . . . . . . . .

778 780

311 312

1. Funktion des Wirtschaftsplans . . . . 2. Inhalt des Wirtschaftsplans . . . . . a) Gesamtwirtschaftsplan . . . . . . b) Einzelwirtschaftspläne . . . . . . 3. Zeitpunkt der Erstellung . . . . . . . 4. Beschluss über den Wirtschaftsplan 5. Geltungsdauer des Wirtschaftsplans 6. Sonderumlage . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

1. Funktion der Jahresabrechnung . . . . . . . . . 2. Abrechnungspflicht des Verwalters . . . . . . . 3. Inhalt und Aufbau der Jahresabrechnung . . . a) Allgemeine Anforderungen . . . . . . . . . b) Gesamtabrechnung . . . . . . . . . . . . . . aa) Einnahmen- und Ausgabenprinzip . . . . . bb) Aufgliederung nach Kostenarten . . . . . . cc) Verbrauchsabhängige Kosten – Heizkosten dd) Kontenabgleich . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Instandhaltungsrücklage . . . . . . . . . . . c) Einzelabrechnung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Prüfung der Jahresabrechnung . . . . . . . . . . 5. Beschluss über die Jahresabrechnung . . . . . . 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. 5.

Entstehen der Beitragsforderung . . . . . Beitragsgläubiger und Beitragsschuldner Durchsetzung der Beitragsforderungen . Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

Zeitpunkt des Lasten- und Kostenübergangs Haftung für Beitragsvorschüsse . . . . . . . . Haftung aus der Jahresabrechnung . . . . . . Haftung bei Sonderumlagen . . . . . . . . . . Erwerberhaftung kraft Vereinbarung . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XV

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

§ 9 Verwaltungsbeirat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

782

313

I. Mitglieder des Verwaltungsbeirats . . . . . . . . . . . . .

782

313

II. Begründung und Beendigung der Mitgliedschaft . . . . .

785

313

III. Innere Ordnung des Verwaltungsbeirats . . . . . . . . . .

792

316

IV. Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

793

316

V. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

799

318

1. Haftung der Beiratsmitglieder gegenüber den Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft . . . . 2. Haftung der Gemeinschaft für die Beiratsmitglieder .

799 803

318 319

VI. Aufwendungsersatzanspruch der Beiratsmitglieder . . .

804

320

§ 10 Aufhebung der Gemeinschaft und Entziehung des Wohnungseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

805

321

I. Aufhebung der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . .

805

321

1. Unauflöslichkeit der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . 2. Abweichende Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . 3. Aufhebungsvertrag und Vollzug der Aufhebung . . .

806 808 809

321 321 322

II. Entziehung von Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . .

813

323

. . . . .

814 814 816b 818 820

324 324 325 326 326

§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

822

329

I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

822

329

II. Zuständigkeit des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . .

831

330

. . .

831

330

. . .

832

331

. . .

835

332

. . .

837a

333

839 840 842 844

334 334 335 336

1. Entziehungsanspruch . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . b) Regelbeispiele (§ 18 Abs. 2 WEG) . . 2. Beschluss über das Entziehungsverlangen 3. Entziehungsklage . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

1. Örtliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . a) Streitigkeiten unter Wohnungseigentümern (§ 43 Nr. 1 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Streitigkeiten zwischen Gemeinschaft und Wohnungseigentümern (§ 43 Nr. 2 WEG) . c) Streitigkeiten mit dem Verwalter (§ 43 Nr. 3 WEG) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Streitigkeiten über die Gültigkeit von Beschlüssen (§ 43 Nr. 4 WEG) . . . . . . . . e) Klagen Dritter (§ 43 Nr. 5 WEG) . . . . . . . f) Mahnverfahren (§ 43 Nr. 6 WEG) . . . . . . 2. Sachliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . XVI

. . . . .

. . . .

. . . . .

. . . .

. . . .

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

3. Schiedsvereinbarung und obligatorische Streitschlichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

845

336

III. Klage in Wohnungseigentumssachen . . . . . . . . . . . .

849

337

. . . . . . .

849 849 850 854 854 857 861

337 337 338 339 339 340 341

IV. Beschlussmängelklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

866

343

1. Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage . . . . . . . 2. Klagebefugnis und Anfechtungsrecht . . . . . . . a) Klagebefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anfechtungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Klagegegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anfechtungs- und Klagebegründungsfrist . . . . a) Anfechtungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . b) Klagebegründungsfrist . . . . . . . . . . . . . c) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand . . . 5. Verbindung mehrerer Beschlussmängelprozesse 6. Gerichtliche Entscheidung . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . .

866 870 870 871 877 881 881 884 886 887a 891

343 346 346 346 348 350 350 351 352 353 354

V. Kosten des Rechtsstreits . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

895

357

. . . . .

895 895 898 903a 905a

357 357 358 361 362

VI. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

908

363

1. Berufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

908 911

363 364

§ 12 Wohnungserbbaurecht und Dauerwohnrecht . . . . . . .

912

365

I. Wohnungserbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

913

365

II. Dauerwohnrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

918

366

§ 13 Zwangsvollstreckung wegen Beitragsforderungen . . . .

923

369

I. Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . .

923

369

II. Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung . . . . . . . .

925

370

1. Bezeichnung der Parteien in der Klageschrift . a) Bezeichnung der Eigentümergemeinschaft b) Bezeichnung der Wohnungseigentümer . . 2. Zustellung der Klage . . . . . . . . . . . . . . . a) Verwalter als Zustellungsvertreter . . . . . b) Ersatzzustellungsvertreter . . . . . . . . . . 3. Beiladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1. Kostenentscheidung des Gerichts a) Kostentragung der Parteien . b) Kostenlast des Verwalters . . 2. Kostenerstattung . . . . . . . . . . 3. Höhe der Kosten . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

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. . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XVII

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

. . . . . .

925 925 926 928 929 930

370 370 370 371 371 371

III. Mobiliarvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

932

372

1. Pfändung beweglicher Sachen . . . . . . . . . . . . . . 2. Forderungspfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

932 933

372 372

IV. Immobiliarvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

937

373

1. Zwangsversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verwertungsvorrecht aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG b) Dingliche Wirkung des Vorrechts? . . . . . . . . . c) Betreiben durch die Gemeinschaft . . . . . . . . . d) Anmeldung der Beitragsansprüche . . . . . . . . . e) Ablauf des Versteigerungsverfahrens . . . . . . . . 2. Zwangsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anordnung der Zwangsverwaltung . . . . . . . . . b) Ausgaben der Zwangsverwaltung . . . . . . . . . . 3. Zwangshypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

937 937 941 947 948 949 953 953 954 957

373 373 374 376 377 377 378 378 378 379

V. Insolvenz des Wohnungseigentümers . . . . . . . . . . .

959

380

1. Gemeinschaft als Insolvenzgläubigerin . . . . . . . . 2. Gemeinschaft als Massegläubigerin . . . . . . . . . .

960 962

380 381

Anhang: Wohnungseigentumsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

385

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

411

1. Allgemeine Voraussetzungen a) Vollstreckungstitel . . . . b) Vollstreckungsklausel . . c) Zustellung . . . . . . . . . d) Parteiidentität . . . . . . . 2. Besondere Voraussetzungen .

XVIII

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

Verzeichnis der Übersichten Seite

Übersicht 1: Zuordnung von Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8

Übersicht 2: Zuordnung von Bestandteilen des Gebäudes . . . . . .

12

Übersicht 3: Mängelrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

Übersicht 4: Verfolgung von Rechten wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

Übersicht 5: Rechtsverhältnisse der Gemeinschaft (zweigliedrige Gemeinschaft) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

Übersicht 6: Entstehen der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . .

63

Übersicht 7: Vereinbarungen und Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . .

76

Übersicht 8: Fehlerhafte Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

Übersicht 9: Vermögensordnung der Gemeinschaft . . . . . . . . . .

85

Übersicht 10: Haftung der Gemeinschaft und der Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

105

Übersicht 11: Gebrauch und Nutzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

130

Übersicht 12: Rechte und Pflichten des Sondernutzungsberechtigten

136

Übersicht 13: Ordnungsmäßige Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . .

169

Übersicht 14: Bauliche Veränderungen (§ 22 Abs. 1 und 2 WEG). . .

184

Übersicht 15: Einberufung der Versammlung . . . . . . . . . . . . . .

202

Übersicht 16: Durchführung der Versammlung . . . . . . . . . . . . .

209

Übersicht 17: Zustandekommen von Beschlüssen . . . . . . . . . . .

215

Übersicht 18: Abwahl des Verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

249

Übersicht 19: Aufgaben und Befugnisse des Verwalters nach § 27 WEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

252

Übersicht 20: Wirtschaftplan (Beispiel) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

284

Übersicht 21: Jahresabrechnung (Muster) . . . . . . . . . . . . . . . . .

298

Übersicht 22: Aufhebung der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . .

323

Übersicht 23: Entziehung von Wohnungseigentum . . . . . . . . . . .

327

Übersicht 24: Beschlussmängelklagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

345

Übersicht 25: Vollstreckungsarten und Vollstreckungsorgane . . . .

369 XIX

Verzeichnis der Arbeitsbeispiele Seite

Arbeitsbeispiel 1: Abgrenzung Sondereigentum/gemeinschaftliches Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

Arbeitsbeispiel 2: Verfolgung von Mängelrechten gegen den Bauträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

Arbeitsbeispiel 3: Entstehen der Gemeinschaft. . . . . . . . . . . . .

64

Arbeitsbeispiel 4: Fehlerhafte Beschlüsse – Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer . . . . . . . . . . . . . .

83

Arbeitsbeispiel 5: Haftung der Wohnungseigentümer . . . . . . . . .

104

Arbeitsbeispiel 6: Beschluss ordnungsmäßiger Gebrauchsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

123

Arbeitsbeispiel 7: Grenzen des Sondernutzungsrechts . . . . . . . .

134

Arbeitsbeispiel 8: Fehlerhafte Feststellung und Protokollierung eines Beschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

226

Arbeitsbeispiel 9: Aufgaben und Haftung des Verwalters . . . . . . .

268

Arbeitsbeispiel 10: Inhalt und Aufbau der Jahresabrechnung . . . . .

298

Arbeitsbeispiel 11: Beitragspflicht bei Eigentümerwechsel . . . . . .

311

Arbeitsbeispiel 12: Beschlussanfechtungsklage . . . . . . . . . . . . .

355

Arbeitsbeispiel 13: Haftung des Verwalters für Prozesskosten . . . .

360

Arbeitsbeispiel 14: Veräußerung durch den Insolvenzverwalter. . . .

382

XX

Abkürzungsverzeichnis a.A. Abs. a.E. AG AGB AktG Anh. arg.

anderer Ansicht Absatz am Ende Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Aktiengesetz Anhang argumentum

BAnz BauO Bln BauR BayObLG BayObLGZ Beschl. v. BGB BGH BGHZ BR-Drucks. BVerfG BVerwG BW bzw.

Bundesanzeiger Bauordnung Berlin Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des BayObLG in Zivilsachen Beschluss vom Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des BGH in Zivilsachen Bundesratsdrucksache Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Baden-Württemberg beziehungsweise

d.h. DNotZ DWE

das heißt Deutsche Notar-Zeitschrift Der Wohnungseigentümer (Zeitschrift)

ErbbauRG etc. EuGH

Erbbaurechtsgesetz et cetera Europäischer Gerichtshof

f. ff. fG FGG

Fn. FS

folgende folgende freiwillige Gerichtsbarkeit Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zeitschrift) Fußnote Festschrift

GbR

Gesellschaft bürgerlichen Rechts

FGPrax

XXI

Abkürzungsverzeichnis

GBO GE GE ggf. GmbHG grds. GVG

Grundbuchordnung Gemeinschaftseigentum Grundeigentum (Zeitschrift) gegebenenfalls Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung grundsätzlich Gerichtsverfassungsgesetz

Halbs. HeizkostenVO h.M.

Halbsatz Heizkostenverordnung herrschende Meinung

i.d.R. i.E. InsO i.V.m.

in der Regel im Einzelnen Insolvenzordnung in Verbindung mit

JurBüro

Das Juristische Büro (Zeitschrift)

KAG-NW KG KGR KostO

Kommunalabgabengesetz Nordrhein-Westfalen Kammergericht KG-Report Kostenordnung

LG Ls

Landgericht Leitsatz

MaBV MDR m.w.N.

Makler- und Bauträgerverordnung Monatsschrift für deutsches Recht mit weiteren Nachweisen

n.F. NJW NJWE-MietR NJW-RR Nr. NZBau NZI NZM

neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift NJW-Entscheidungen Miet- und Wohnungsrecht NJW-Rechtsprechungs- Report Nummer Neue Zeitschrift für Baurecht Neue Zeitschrift für Insolvenzrecht Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht

OLG OLGR OLGZ

Oberlandesgericht OLG-Report Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen

PiG

Partner im Gespräch

XXII

Abkürzungsverzeichnis

Rpfleger Rspr. Rz.

Der deutsche Rechtspfleger Rechtsprechung Randzahl

S. SA SE s.o. sog. str.

Seite Sachsen-Anhalt Sondereigentum siehe oben so genannt streitig

Urt. v.

Urteil vom

vgl.

vergleiche

WE WEM WEZ WM WuM

Wohnungseigentum Wohnungseigentümer Magazin Zeitschrift für Wohnungseigentumsrecht Wertpapier-Mitteilungen Wohnungswirtschaft und Mietrecht

z.B. ZfBR

zum Beispiel Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zivilprozessordnung Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Zeitschrift für Wohnungseigentum

ZfIR ZIP ZMR ZPO ZVG ZWE

XXIII

Literaturverzeichnis Abramenko, Das neue WEG in der anwaltlichen Praxis, Bonn 2007 Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 12. Aufl., München 2013 Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 6. Aufl., München 2013 Basty, Der Bauträgervertrag, 7. Aufl., München 2011 Becker, Die Teilnahme an der Versammlung der Wohnungseigentümer, Berlin – Heidelberg 1996 Berger, Die subjektiven Grenzen der Rechtskraft bei der Prozessstandschaft, Köln 1992 Deckert (Hrsg.), Die Eigentumswohnung, München 1983, Loseblattsammlung Drasdo, Die Eigentümerversammlung nach WEG, 4. Aufl., München 2009 Drasdo, Der Verwaltungsbeirat, 4. Aufl., München 2011 Gaul/Schilken/Becker-Eberhardt, Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Aufl., München 2010 Göken, Die Mehrhausanlage im Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf 1999 Gottschalg, Die Haftung von Verwalter und Beirat in der Wohnungseigentümergemeinschaft, 3. Aufl., München 2009 Harz/Riecke/Schmid, Handbuch des Fachanwalts – Miet- und Wohnungseigentumsrecht, 4. Aufl., Köln 2013 Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, München 2003 Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, München 2007 Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 3. Aufl., Köln 2012 Köhler (Hrsg.), Anwalts-Handbuch Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., Köln 2012 Merle, Wohnungseigentum im System des Bürgerlichen Rechts, Berlin 1979 Müller (Hrsg.), Beck’sches Formularbuch Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., München 2011 MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., München 2013 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG – Handbuch und Kommentar zum WEG, 10. Aufl., Bonn 2012 Ott, Das Sondernutzungsrecht im Wohnungseigentum, Düsseldorf 2000 Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl., München 2014 Riecke/Schmid, Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., Köln 2010

XXV

Literaturverzeichnis

Staudinger, Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht, Band 1: Einleitung zum WEG, §§ 1–25 WEG; Band 2: §§ 26–64, Bearb. 2005 Suilmann, Das Beschlussmängelverfahren im Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf 1998 Weitnauer, Wohnungseigentumsgesetz, 9. Aufl., München 2005 Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Aufl., Köln 2014

XXVI

Einführung Zunächst sollen die Grundprinzipien des Wohnungseigentums im Überblick dargestellt werden, um eine Einordnung der zum Teil schwierigen Probleme und Rechtsfragen zu erleichtern und Zusammenhänge zu vermitteln. Die Kernaussage des Gesetzes trifft § 1 Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Wohnungseigentum ist danach das Sondereigentum an einer Wohnung i.V.m. dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Wohnungseigentum besteht also aus zwei Rechten, dem Sondereigentum und einem Miteigentumsanteil. Beide Rechte sind keine selbständigen Rechte, sondern untrennbar miteinander zu einer Rechtsgesamtheit verbunden.1 Dies bedeutet, dass ein Wohnungseigentümer nur insgesamt über sein Wohnungseigentum verfügen und nicht etwa sein Sondereigentum separat, d.h. ohne den dazugehörigen Miteigentumsanteil, an außenstehende Dritte übertragen kann (vgl. § 6 WEG). Das Wohnungseigentum selbst wird im Rechtsverkehr wie ein Grundstück behandelt. Es erhält grundsätzlich ein eigenes Grundbuchblatt und kann nach den für Grundstücke geltenden Vorschriften übertragen oder mit beschränkten dinglichen Rechten, etwa einer Hypothek, belastet werden. Ebenso ist für Wohnungseigentum Grundsteuer bzw. für dessen Erwerb Grunderwerbssteuer zu entrichten.

1

Trotz ihrer sachenrechtlichen Unselbständigkeit innerhalb der Rechtsgesamtheit Wohnungseigentum sind Sondereigentum und gemeinschaftliches Eigentum bestimmend für die Rechte der Wohnungseigentümer sowohl im Verhältnis untereinander als auch gegenüber Dritten. Sondereigentum ist echtes Alleineigentum, d.h. ein Wohnungseigentümer kann hiermit grundsätzlich nach Belieben verfahren und ist hierfür selbst verantwortlich. Es obliegt etwa der Entscheidung eines jeden Wohnungseigentümers, ob er sein Sondereigentum vermietet oder selbst bewohnt (vgl. § 13 Abs. 1 WEG). Ein Wohnungseigentümer ist grundsätzlich auch frei in der Art und Weise der Nutzung seines Sondereigentums. Beschränkungen unterliegt er nur insoweit, als er in die gleichen Rechte anderer Wohnungseigentümer eingreift und diese über das hinnehmbare Maß hinaus unzumutbar beeinträchtigt (§ 14 Nr. 1 WEG). Diese Beschränkung hat ihren Grund in dem räumlichen Zusammenleben der Wohnungseigentümer. Da Sondereigentum echtes Alleineigentum ist, wird es von jedem Wohnungseigentümer auch autonom und auf eigene Kosten verwaltet. Es besteht wiederum nur dann eine Pflicht zur Instandhaltung, wenn anderenfalls einem der übrigen Wohnungseigentümer ein unzumutbarer Nachteil entstünde.

2

Im Gegensatz zum Sondereigentum ist das gemeinschaftliche Eigentum, wie der Name schon sagt, Eigentum aller Wohnungseigentümer. Dementsprechend sind die Rechte des Einzelnen beschränkt. So darf ein Woh-

3

1 Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG Rz. 13.

1

Einführung

nungseigentümer mit Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums nicht nach Belieben verfahren, sondern ist nach § 13 Abs. 2 WEG nur zum Mitgebrauch berechtigt, wobei er die gleichen Rechte der übrigen Wohnungseigentümer zu respektieren hat. Nutzungen, etwa Einnahmen aus der Vermietung eines zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Stellplatzes, stehen dem Einzelnen grundsätzlich nur anteilig nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils zu. Auf der anderen Seite hat jeder Wohnungseigentümer die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums, etwa die Aufwendungen für eine erforderliche Neueindeckung des Daches, grundsätzlich ebenfalls nur anteilig entsprechend der Höhe seines Miteigentumsanteils zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG). Auch die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums steht den Wohnungseigentümern grundsätzlich gemeinschaftlich zu (§ 21 Abs. 1 WEG). Es liegt in der Natur der Sache, dass bei mehreren Personen eine Willensübereinkunft aller nicht immer erreicht werden kann. Gleichwohl muss im Interesse der Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft eine Entscheidungsfindung möglich sein. Das Gesetz erreicht dies auf zwei Wegen. Zum einen lässt es in Fällen einer ordnungsmäßigen Verwaltung eine Mehrheitsentscheidung zu (§ 21 Abs. 3 WEG). Zum anderen erfolgen etwa die Umsetzung von Beschlüssen oder organisatorischen Maßnahmen durch einen in der Regel unabhängigen Dritten, den Verwalter. Dessen Bestellung kann nicht ausgeschlossen werden (§ 20 Abs. 2 WEG). Damit wird gewährleistet, dass ein Beschluss durchgeführt werden kann. Beispiel: Beschließen die Wohnungseigentümer eine Sanierung der Fassade und die Beauftragung eines Unternehmens nach Maßgabe des vorliegenden Angebots, obliegt es grundsätzlich dem Verwalter, den Beschluss umzusetzen und mit dem Unternehmer im Namen der WEG einen Werkvertrag zu schließen.

Um den Verwalter zu unterstützen und dessen Handeln im Interesse der Wohnungseigentümer zu kontrollieren, kann mit Stimmenmehrheit die Bestellung eines Verwaltungsbeirats, bestehend aus drei Wohnungseigentümern, beschlossen werden (§ 29 Abs. 1 WEG). 4

Das WEG ist im Einzelnen wie folgt aufgebaut: Im praktisch bedeutsamen ersten Teil sind im ersten Abschnitt (§§ 2 bis 9 WEG) die Voraussetzungen für die Begründung von Wohnungseigentum und die sachenrechtliche Abgrenzung von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum beschrieben. Der zweite und dritte Abschnitt (§§ 10 bis 19 und §§ 20 bis 29 WEG) befassen sich mit den Rechten und Pflichten der Wohnungseigentümer im Verhältnis zueinander, wobei der dritte Abschnitt besondere Vorschriften für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und die Rechtsstellung des Verwalters und des Verwaltungsbeirats enthält. Im vierten Abschnitt (§ 30 WEG) ist sodann das in der Praxis weniger bedeutsame Wohnungserbbaurecht dargestellt. Der zweite Teil (§§ 31 bis 42 WEG) betrifft das sog. Dauerwohnrecht. Der dritte Teil (§§ 43 bis 50 WEG) enthält Verfahrensvorschriften. Wichtig 2

Einführung

sind hier verfahrensrechtliche Besonderheiten von Wohnungseigentumssachen (ausschließliche Gerichtszuständigkeit auch für Klagen Dritter; Bezeichnung der Parteien, Zustellungen, Fristen für Anfechtungsklagen, Beiladung, Kostenentscheidung) gegenüber dem ansonsten seit dem 1.7.2007 geltenden ZPO-Verfahren. Der vierte Teil (§§ 61 bis 64 WEG) enthält schließlich ergänzende Bestimmungen. Die nachfolgende Darstellung orientiert sich weitgehend an dem vorgenannten Aufbau des WEG, sofern nicht die Didaktik etwas anderes gebietet.

3

§ 1 Grundbegriffe Bevor man sich mit den Einzelheiten des WEG befasst, sind zunächst einige Grundbegriffe und Zuordnungsprobleme zu klären.

5

I. Wohnungs- und Teileigentum Das Gesetz definiert in § 1 WEG die Begriffe Wohnungseigentum und Teileigentum. Wohnungseigentum ist hiernach das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (Abs. 2). Teileigentum ist demgegenüber das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (Abs. 3). Wohnungseigentum und Teileigentum unterscheiden sich also nur in der Zweckbestimmung des Sondereigentums.

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Beispiel: Soll Sondereigentum nach der Teilungserklärung/Teilungsvertrag zum Betrieb einer Gaststätte oder als Arztpraxis genutzt werden, handelt es sich um Teileigentum. Dienen die Räume des Sondereigentums dagegen zu Wohnzwecken, ist Wohnungseigentum gegeben.

Soll diese Zweckbestimmung im Nachhinein geändert werden, d.h. eine Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum oder umgekehrt erfolgen, so stellt dies eine sachenrechtliche Inhaltsänderung des Sondereigentums dar, wofür eine Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer und eine entsprechende Eintragung im Grundbuch erforderlich sind. Beispiel: Will ein Teileigentümer die in seinem Sondereigentum stehenden Büroräume zukünftig zu Wohnzwecken nutzen, bedarf es analog §§ 873, 877 BGB einer Einigung aller Wohnungseigentümer und der Eintragung der neuen Zweckbestimmung im Grundbuch des Umwandlungswilligen.1 Die Eintragung muss nach § 19 GBO von den Wohnungseigentümern bewilligt werden, deren Rechte hiervon betroffen werden. Eine rechtliche Beeinträchtigung anderer Eigentümer ist insbesondere gegeben, wenn mit der Umwandlung eine intensivere Nutzung des Sondereigentums verbunden ist, etwa wenn eine Wohnung zukünftig als Arztpraxis genutzt werden soll. Der Eintragungsbewilligung ist bei der Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum ein neuer Aufteilungsplan mit Abgeschlossenheitsbescheinigung beizufügen.2 Ferner ist eine Zustimmung hierdurch beeinträchtigter dinglich berechtigter

1 BayObLG, Beschl. v. 6.12.2000 – 2 Z BR 89/00, NJW-RR 2001, 1163; a.A. KG, Beschl. v. 23.4.2013 – 1 W 343/12, MDR 2013, 837 = NotBZ 2013, 305 = MietRB 2013, 210 = ZWE 2013, 322; Armbrüster in Bärmann, § 1 WEG, Rz. 27 ff.: nur Vereinbarung nach § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG. 2 KG, Beschl. v. 23.4.2013 – 1 W 343/12, MDR 2013, 837 = NotBZ 2013, 305 = MietRB 2013, 210 = ZWE 2013, 322.

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§ 1 Grundbegriffe Dritter nach §§ 877, 876 BGB erforderlich, etwa von Grundpfandrechtgläubiger bei Schmälerung des Haftungsobjektes.1

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Weil sich Wohnungseigentum und Teileigentum nur in der Zweckbestimmung des Sondereigentums unterscheiden, bestimmt § 1 Abs. 6 WEG, dass für das Teileigentum die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechende Anwendung finden. Wenn im Folgenden nur noch von Wohnungseigentum die Rede ist, so gelten die Ausführungen ebenso für das Teileigentum.

II. Sondereigentum und gemeinschaftliches Eigentum 1. Allgemeines 9

Der Begriff „gemeinschaftliches Eigentum“ ist ebenfalls gesetzlich definiert. Gemeinschaftliches Eigentum sind nach § 1 Abs. 5 WEG das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen. Mit dieser Definition ist indessen noch nicht viel gewonnen. Sie setzt nämlich insbesondere voraus, dass man weiß, welche Gebäudeteile zum Sondereigentum gehören. Klar ist nur, dass in jedem Fall das Grundstück zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört. Teile dessen könnten auch durch rechtsgeschäftliche Regelung der Wohnungseigentümer nicht zu Sondereigentum erklärt werden. § 1 Abs. 5 WEG wird allerdings durch § 5 WEG ergänzt, der die Zuordnung von Teilen des Gebäudes zum gemeinschaftlichen Eigentum oder zum Sondereigentum regelt.

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Nach § 5 Abs. 1 WEG sind Gegenstand des Sondereigentums die gem. § 3 Abs. 1 WEG bestimmten Räume sowie deren Bestandteile, sofern diese verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. Weiter bestimmt § 5 Abs. 2 WEG, dass Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, nicht Gegenstand des Sondereigentums sein können, selbst wenn sie sich innerhalb der im Sondereigentum bestehenden Räume befinden. Die Wohnungseigentümer können darüber hinaus gem. § 5 Abs. 3 WEG vereinbaren, dass Bestandteile des Gebäudes, die Gegenstand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören. Umgekehrt ist es aber nicht möglich, Bestandteile des Gebäudes, die kraft Gesetzes zum Gemeinschaftseigentum gehören, zu Sondereigentum zu erklären.2 1 A.A. KG, Beschl. v. 29.11.2010 – 1 W 325/10, MDR 2011, 414 = MietRB 2011, 79 = ZWE 2011, 84. 2 Armbrüster in Bärmann, § 5 WEG, Rz. 19.

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II. Sondereigentum und gemeinschaftliches Eigentum

Hinter dieser recht komplizierten Regelung des § 5 WEG verbirgt sich der Grundgedanke, dass wesentliche Bestandteile des Gebäudes (z.B. tragende Bauteile), Teile, die die äußere Gestaltung des Gebäudes prägen (z.B. Fassade) und Teile des Gebäudes, auf deren Gebrauch alle bzw. ein Großteil der Wohnungseigentümer angewiesen sind, zwingend zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören sollen. Hierdurch soll erreicht werden, dass diese Gebäudeteile einerseits der gemeinschaftlichen Verwaltung unterliegen und andererseits dem Gebrauch aller Wohnungseigentümer offen stehen.

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2. Abgrenzung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum Für die Zuordnung von Gegenständen zum Sondereigentum oder zum gemeinschaftlichen Eigentum bietet sich die Ausschlussmethode an, wobei zwischen Räumen und Bestandteilen des Gebäudes zu unterscheiden ist.

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a) Zuordnung von Räumen Nach der gesetzlichen Regelung sind nur Räume sondereigentumsfähig. Räume sind kubische Gebilde, die in Länge, Breite und Höhe von der Umwelt abgrenzbar sind. An bloßen Flächen kann Sondereigentum nicht begründet werden.1 Hinsichtlich der Zuordnung von Räumen empfiehlt sich folgende Vorgehensweise (s. dazu auch Übersicht 1, Rz. 15):

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Zunächst ist festzustellen, ob Räume dem gemeinschaftlichen Gebrauch aller Wohnungseigentümer nach § 5 Abs. 2 WEG dienen, d.h. ob alle Wohnungseigentümer auf deren Gebrauch angewiesen sind. Diese Räume gehören zwingend zum gemeinschaftlichen Eigentum, und zwar insgesamt. Beispiel: Das Treppenhaus muss zwangsläufig von jedem Wohnungseigentümer benutzt werden, um sein Sondereigentum erreichen zu können. Es steht daher zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum und kann auch nicht in Teilbereichen (z.B. oberstes Treppenpodest) in der Teilungserklärung/Teilungsvertrag zu Sondereigentum erklärt werden. Der Kellerraum, in dem sich die gemeinschaftliche Heizungsanlage befindet, gehört zwingend zum Gemeinschaftseigentum. Ein Hausdurchgang zu einem gemeinschaftlichen Gartengelände und zu einem Abstellraum steht im gemeinschaftlichen Eigentum.2

Anschließend ist zu klären, ob Räume in der Teilungserklärung/Teilungsvertrag und im Aufteilungsplan dem Sondereigentum zugeordnet wurden. Ist dort eine entsprechende Bestimmung nicht getroffen, gehören die Räume ebenfalls zum gemeinschaftlichen Eigentum. 1 LG Landau, Beschl. v. 15.4.2011 – 3 S 4/11, ZWE 2011, 272: ebenerdige Terrasse ohne Einfriedung. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.4.2011 – 20 W 75/08, MietRB 2011, 350 = ZWE 2011, 414.

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§ 1 Grundbegriffe Beispiel: Ist der einer Wohnung vorgelagerte Balkon in der Teilungserklärung nicht zu Sondereigentum erklärt und im Aufteilungsplan nicht mit einer entsprechenden Nummer versehen, steht dieser zwingend im Gemeinschaftseigentum. Es handelt sich nicht um einen zu Sondereigentum „bestimmten“ Raum i.S.d. §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 WEG.1 Gleichwohl ist eine Mitbenutzung durch die anderen Wohnungseigentümer nach § 14 Nr. 1 WEG (vermeidbarer Nachteil) ausgeschlossen, da diese andernfalls das Sondereigentum des Betreffenden durchqueren müssten.

Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass Räume nur dann zum Sondereigentum gehören, wenn sie nicht dem gemeinschaftlichen Gebrauch aller Eigentümer dienen und ausdrücklich zu Sondereigentum erklärt wurden. Übersicht 1: Zuordnung von Räumen 15

im

b) Zuordnung von Gebäudebestandteilen 16

Die Zuordnung von Gebäudebestandteilen nach § 5 Abs. 1 und 2 WEG bereitet in der Praxis häufig Schwierigkeiten. Stehen diese danach im Gemeinschaftseigentum, sind abweichende Regelungen in der Teilungserklärung unwirksam. Die gesetzliche Regelung ist insoweit zwingend. Im Hinblick auf die Zuordnung von Bestandteilen des Gebäudes ist folgende Vorgehensweise anzuraten (s. dazu auch Übersicht 2, Rz. 21): Zunächst ist zu klären, ob Gebäudeteile dem gemeinschaftlichen Gebrauch aller Wohnungseigentümer dienen (§ 5 Abs. 2 WEG). In diesem Fall gehören sie zwingend zum gemeinschaftlichen Eigentum. 1 A.A. OLG München, Beschl. v. 23.9.2011 – 34 Wx 247/11, MietRB 2011, 382 = ZWE 2012, 37.

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II. Sondereigentum und gemeinschaftliches Eigentum Beispiel: Zentrale Heizungsanlage, die der Versorgung sämtlicher Wohnungseigentümer mit Wärme dient; Steigestränge; Antennenanlage.

Anschließend ist zu klären, ob Bestandteile die äußere Gestaltung des Gebäudes prägen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WEG), dann gehören sie ebenfalls zum gemeinschaftlichen Eigentum.

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Beispiele: Sämtliche Teile der Fassade (z.B. Außenseiten der Balkonbrüstungen, Fenster, Türen) oder des Daches.

Für Teile des Gebäudes, die weder dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen noch dem Gebäude das optische Gepräge verleihen, ist auf der dritten Ebene zu untersuchen, ob sie für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind (§ 5 Abs. 2 WEG). Hierzu zählen sämtliche tragenden und wesensnotwendigen Bauteile.

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Beispiele: Fundamente, tragende Wände, Treppen oder Geschossdecken, Isolierungen, Abdichtungen, Schornsteine, Blitzschutzanlage, Rauchwarnmelder wegen der Funktion zum Schutz der Bewohner vor toxischen Gasen, wenn diese aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Vorschrift oder nach Beschluss im Sondereigentum installiert wurden; bei Installation durch einen Wohnungseigentümer stehen diese im Sondereigentum.1

Bei Teilen, die auch nicht für den Bestand und die Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind, ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 WEG zunächst die Vorfrage zu klären, ob sich dies im räumlichen Bereich des Sondereigentums befinden. Nach § 5 Abs. 1 WEG können Gegenstand des Sondereigentums nur die hierzu bestimmten Räume und „die zu diesen Räumen gehörende Bestandteile“ sein. Nach Auffassung des BGH kommt es offenbar nicht auf eine funktionale Betrachtung an (z.B. ein Gebäudebestandteil dient nur der Versorgung eines Sondereigentums). Sondereigentumsfähig können danach von vornherein nur Gebäudebestandteile innerhalb der räumlichen Grenzen des Sondereigentums sein.2 In Teilungserklärungen häufig anzutreffende Bestimmungen, wonach Versorgungsleitungen ab Abzweig vom Steigestrang und vor Eintritt in das Sondereigentum zum Sondereigentum gehören sollen, sind unwirksam (zur Umdeutung s. Rz. 20). Bei Bestandteilen im räumlichen Bereich des Sondereigentums ist sodann weiter zu fragen, ob durch deren Veränderung, Beseitigung oder Einfügung das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 Nr. 1 WEG zulässige Maß hinaus beeinträchtigt werden könnte. Dies wäre der Fall, wenn hierdurch einem der anderen Wohnungseigentümer ein Nachteil entstünde, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht.

1 BGH, Urt. v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835 = MietRB 2013, 241 = NJW 2013, 3092. 2 So wohl BGH, Urt. v. 26.10.2012 – V ZR 57/12, ZWE 2013, 205.

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§ 1 Grundbegriffe Beispiele: Dient der Estrich mit Styrodurplatten in einer Wohnung der Reduzierung von Trittschall und dem Schutz von Leitungen, kann er nicht beseitigt werden, ohne die anderen Eigentümer zu beeinträchtigen. Nach Ansicht des BGH sollen Heizkörper nebst Thermostatventilen und dazugehörige Leitungen einer Zentralheizung im räumlichen Bereich des Sondereigentums sondereigentumsfähig sein.1 Dies ist in dieser Allgemeinheit jedoch unzutreffend. Vielmehr kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Hat etwa ein hydraulischer Abgleich der Heizungsanlage stattgefunden oder handelt es sich gar um eine Ringleitung, bewirkt das Entfernen eines Heizkörpers im Sondereigentum eine Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer. Führt dies aufgrund baukonstruktiver Besonderheiten des Gebäudes zu einer Veränderung des Taupunktes mit der Gefahr von Schimmelbildung, wäre Gemeinschaftseigentum nachteilig betroffen. In derartigen Fällen läge zwingend Gemeinschaftseigentum vor. Heizkostenverteiler an den Heizkörpern dienen der verbrauchsabhängigen Abrechnung der Heizkosten. Da jeder Eigentümer einen Anspruch auf verbrauchsabhängige Abrechnung hat, würde die Entfernung der Heizkostenverteiler die Rechte der anderen Eigentümer beeinträchtigen. Nicht sondereigentumsfähig sind Wohnungseingangstüren, da deren Beseitigung zu einer Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer durch Gerüche oder Geräusche führen würde.2

Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es allein darauf an, ob das Beseitigen eines Bestandteils eine Beeinträchtigung bewirkt. Gelegentlich führt die Beseitigung aber noch nicht zu einem Nachteil, sondern erst eine nachfolgende bestimmungsgemäße Nutzung des Sondereigentums. Gleichwohl wird man nach Sinn und Zweck der Regelung solche Gebäudeteile nicht für sondereigentumsfähig ansehen können, deren Beseitigung eine bestimmungsgemäße Nutzung des Sondereigentum nicht mehr zulässt. Beispiele: Entfernen von Fußbodendielen im Altbau, Beseitigung von Trittschallschutzmatten oder der Schüttung zwischen Deckenbalken, Entfernen des Estrichs oder der Abdichtung im Bad, Entfernen der Wohnungseingangstür.

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Für Teile des Gebäudes, die nach den vorgenannten Ausführungen Bestandteil des Sondereigentums sein können, ist abschließend zu untersuchen, ob diese nicht in der Teilungserklärung/Teilungsvertrag zum gemeinschaftlichen Eigentum erklärt worden sind. In der Teilungserklärung/Teilungsvertrag kann nämlich gem. § 5 Abs. 3 WEG bestimmt werden, dass Bestandteile des Gebäudes, die Gegenstand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören sollen. Sondereigentumsfähige Gebäudebestandteile können zum gemeinschaftlichen Eigentum erklärt werden. Demgegenüber ist es nicht möglich, in der Teilungserklärung/Teilungsvertrag den umgekehrten Fall zu regeln und festzulegen, dass ein Teil des gemeinschaftlichen Eigentums, etwa Außenfenster, Balkon- oder Wohnungsabschlusstüren, Sondereigentum eines 1 BGH, Urt. v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 318 f. = ZWE 2011, 394. 2 BGH, Urt. v. 25.10.2013 – V ZR 212/12, MDR 2014, 18 = NotBZ 2014, 105 = MietRB 2014, 9 = NJW 2014, 379.

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II. Sondereigentum und gemeinschaftliches Eigentum

einzelnen Wohnungseigentümers sein sollen. Derartige Bestimmungen in der Teilungserklärung sind nichtig. Bei einer unwirksamen Zuweisung von Sondereigentum kommt jedoch eine Umdeutung nach § 140 BGB in eine Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht des betreffenden Sondereigentümers auf eigene Kosten in Betracht.1 Zum Gesamtkomplex „Zuordnung“ vgl. die Übersicht auf der folgenden Seite.

1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.7.2010 – 11 Wx 115/08, MietRB 2011, 123 = ZWE 2011, 38.

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§ 1 Grundbegriffe

Übersicht 2: Zuordnung von Bestandteilen des Gebäudes 21 1. Schritt Sind Wohnungseigentümer auf die Benutzung des Gebäudeteils zwingend angewiesen? (Beispiel: Heizkessel)

falls ja

falls nein

2. Schritt Bestimmt ein Gebäudeteil die äußere Gestaltung des Gebäudes? (Beispiel: Außenfenster)

falls ja

falls nein

3. Schritt Ist ein Bestandteil des Gebäudes für dessen Bestand und Sicherheit erforderlich? (Beispiel: Tragende Wände)

falls ja

falls nein

4. Schritt Würde durch Veränderung, Beseitigung oder Einfügung das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum über das in § 14 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt?

falls ja

falls nein

5. Schritt Ist ein Gebäudebestandteil in der Teilungserklärung/im Teilungsvertrag zu gemeinschaftlichem Eigentum erklärt oder gehört er zu Räumen des gemeinschaftlichen Eigentums?

falls ja

falls nein

SE

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GE

II. Sondereigentum und gemeinschaftliches Eigentum

c) Praktisch bedeutsame Einzelfälle Die nicht immer leichte Abgrenzung von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum soll abschließend anhand einiger praktisch bedeutsamer Einzelfälle verdeutlicht werden.

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Beispiele: Balkone dienen nicht dem gemeinschaftlichen Gebrauch aller Wohnungseigentümer, sind vertikal und horizontal abgrenzbar und können daher als Räume gem. § 3 Abs. 1 WEG zu Sondereigentum erklärt werden. Geschieht dies, so ist hinsichtlich der Balkonbestandteile zu differenzieren. Die Außenseiten der Balkone prägen die äußere Gestaltung des Gebäudes und sind damit zwingend gemeinschaftliches Eigentum. Gemeinschaftliches Eigentum sind ferner die konstruktiven Teile (z.B. Balkonbrüstung, Geländer, Kragplatte), da diese für den Bestand bzw. Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind. Dem gemeinschaftlichen Eigentum sind ferner die Abdichtung und der darüber gelegene Estrich zuzuordnen, weil deren Beseitigung das gemeinschaftliche Eigentum oder Sondereigentum anderer Wohnungseigentümer unzumutbar beeinträchtigen würde. Der Estrich dient dem Schutz der darunter gelegenen Abdichtung, die wiederum das Eindringen von Wasser verhindern soll. Sondereigentum sind demgegenüber regelmäßig der Oberbodenbelag (Fliesen, Betonwerkstein, Dielen etc.) und der Brüstungsinnenanstrich, sofern diese nicht ausdrücklich gem. § 5 Abs. 3 WEG zu gemeinschaftlichem Eigentum erklärt wurden.1 Letzteres kann sinnvoll sein, wenn eine einheitliche Gestaltung des Bodenbelages in der Gemeinschaft gewünscht wird.

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Fenster moderner Bauart (z.B. Verbund- oder Isolierglasfenster) sind insgesamt dem gemeinschaftlichen Eigentum zuzuordnen.2 Fenster bestimmen mit ihrer Außenseite die äußere Gestaltung des Gebäudes. Eine Unterscheidung zwischen Außenund Innenseiten ist praktisch undurchführbar. Da moderne Fenster mithin insgesamt gemeinschaftliches Eigentum sind, obliegt deren Instandhaltung und Instandsetzung allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG). Es empfiehlt sich, in der Gemeinschaftsordnung eine hiervon abweichende Vereinbarung zu treffen, wonach jeder Wohnungseigentümer die in seiner Wohnung befindlichen Fenster auf eigene Kosten instand zu halten hat. (zur Umdeutung einer nichtigen Zuordnung von Fenstern zum Sondereigentum in der Teilungserklärung s. Rz. 20)

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Wohnungsabschlusstüren (Wohnungseingangs- und Balkontüren) prägen die äußere Gestaltung des Gebäudes bzw. können nicht entfernt werden, ohne dass das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers beeinträchtigt wird (z.B. höhere Geräuschemissionen), weshalb sie dem gemeinschaftlichen Eigentum zuzuordnen sind. Sie können nicht durch Vereinbarung zum Sondereigentum erklärt werden.3 Zur Umdeutung einer nichtigen Zuordnung von Fenstern zum Sondereigentum in der Teilungserklärung s. Rz. 20. Auch hier sollte in der Gemeinschaftsordnung vereinbart werden, dass jeder Wohnungseigentümer den Innenanstrich seiner Wohnungsabschlusstüren auf eigene Kosten vorzunehmen hat. Zimmertüren innerhalb des Sondereigentums können demgegenüber beseitigt werden, ohne dass das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum anderer beeinträchtigt und die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert

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1 S. dazu BGH, Urt. v. 21.2.1985 – VII ZR 72/84, MDR 1986, 45 = NJW 1985, 1551. 2 BayObLG, Beschl. v. 23.2.1995 – 2 Z BR 129/94, WuM 1995, 326 (327). 3 BGH, Urt. v. 25.10.2013 – V ZR 212/12, MDR 2014, 18 = NotBZ 2014, 105 = MietRB 2014, 9 = NJW 2014, 379; BGH, Urt. v. 22.11.2013 – V ZR 46/13, MietRB 2014, 79.

13

§ 1 Grundbegriffe wird. Zudem sind sie keine für den Bestand des Gebäudes wesentlichen Bauteile und somit Teil des Sondereigentums.

3. Konsequenzen der Zuordnung 26

Die Zuordnung von Gegenständen zum gemeinschaftlichen Eigentum oder zum Sondereigentum ist vor allen Dingen bedeutsam für die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Rechte und Pflichten. Diese sollen an dieser Stelle kurz im Überblick dargestellt werden. a) Rechte und Pflichten aus dem Sondereigentum

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Wie bereits eingangs erläutert, kann ein Wohnungseigentümer mit seinem Sondereigentum wie ein Alleineigentümer verfahren und dieses nach Belieben nutzen (§ 13 Abs. 1 WEG). Er kann sein Sondereigentum vermieten oder selbst nutzen, andere Wohnungseigentümer ausschließen und grundsätzlich über die Art und Weise der Nutzung frei bestimmen. Beschränkungen ergeben sich lediglich aus dem räumlichen Zusammenleben der Wohnungseigentümer. Insbesondere darf ein Wohnungseigentümer von seinem Sondereigentum nicht in der Weise Gebrauch machen, dass einem anderen Wohnungseigentümer ein über das bei geordnetem Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil entsteht (§ 14 Nr. 1 WEG). Beispiel: Störung der Nachtruhe durch laute Musik; Einbau einer massiven nichttragenden Innenwand mit nachteiligen Auswirkungen für die Statik; Betreiben eines Holzkohlegrills auf dem zu Sondereigentum erklärten Balkon; zweckbestimmungswidrige Nutzung eines zu Sondereigentum erklärten Kellers als Hobbywerkstatt.

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Unter diesen Voraussetzungen ist er auch zur Instandhaltung seines Sondereigentums verpflichtet, während er im Übrigen sein Wohnungseigentum autonom verwaltet und über das „Ob“ und „Wie“ der Durchführung von Maßnahmen selbst entscheidet, deren Kosten er ja auch allein zu tragen hat. Beispiel: Es ist Sache eines jeden Wohnungseigentümers, ob, wie und in welchen Abständen er sein Bad renoviert, Sanitäreinrichtungen austauscht etc. Er muss jedoch einen undichten Spülkasten reparieren lassen, wenn Wasser in die darunter liegende Wohnung einzudringen droht (§ 14 Nr. 1 WEG).

Nur ausnahmsweise trifft diese Pflicht die Gemeinschaft, wenn diese zum Zwecke der Instandhaltung und Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum in das Sondereigentum eingreift (§ 14 Nr. 4 WEG) oder die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums schuldhaft verletzt (§ 280 BGB). Beispiele: Zur Instandsetzung der defekten Balkonabdichtung muss der Fliesenbelag entfernt werden. Trotz bekannter Undichtigkeit des Daches bleibt die Gemeinschaft untätig,

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II. Sondereigentum und gemeinschaftliches Eigentum die erforderlichen Beschlüsse werden nicht gefasst und es entsteht ein weiterer Durchlaufschaden im Sondereigentum. Der geschädigte Sondereigentümer hat im letzten Fall einen Schadensersatzanspruch wahlweise gerichtet auf Beseitigung oder Geldersatz.

Ferner ist ein Betreten bzw. Benutzen des Sondereigentums durch andere Wohnungseigentümer ausnahmsweise zu dulden, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist (§ 14 Nr. 4 WEG).

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Beispiele: Verbrauchszähler ermöglichen eine Abrechnung von Heizkosten nach tatsächlichem Verbrauch. Sie dienen deshalb dem gemeinschaftlichen Gebrauch aller Wohnungseigentümer und sind somit, selbst wenn sie sich innerhalb des Sondereigentums befinden, gemeinschaftliches Eigentum i.S.d. § 5 Abs. 2 WEG.1 Gemäß § 14 Nr. 3 und 4 WEG hat ein Wohnungseigentümer daher ein Betreten seines Sondereigentums zu dulden, sofern dies zum Zweck des Ablesens oder Austauschens von Verbrauchszählern erfolgt. – Ein Wohnungseigentümer muss ein Betreten seines Sondereigentums ebenfalls ermöglichen, wenn ein Austausch der maroden Außenfenster vorgenommen werden soll und die Wohnungseigentümer dies zuvor beschlossen haben.2

Die Wohnungseigentümer können über die gesetzlichen Regelungen hinaus weitere Beschränkungen des Gebrauchs vereinbaren und unter Umständen sogar mit Stimmenmehrheit beschließen (§ 15 Abs. 1 und 2 WEG). Ein Mehrheitsbeschluss darf jedoch nur im Hinblick auf einen ordnungsgemäßen Gebrauch gefasst werden.

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Beispiel: Einem ordnungsmäßigen Gebrauch entspricht es beispielsweise nicht, wenn das Halten von Hunden oder das Musizieren generell untersagt werden soll, weil grundsätzlich jeder Wohnungseigentümer sein Sondereigentum nach Belieben nutzen kann.3 Rechtmäßig wäre allerdings ein Beschluss, wonach das Musizieren über Zimmerlautstärke hinaus auf bestimmte Tageszeiten beschränkt sein soll.4

Soll eine Regelung getroffen werden, die über einen ordnungsgemäßen Gebrauch hinausgeht, ist eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer erforderlich. Ein gleichwohl gefasster Beschluss kann aber gem. § 23 Abs. 4 WEG bestandskräftig werden, wenn er nicht innerhalb eines Monats gerichtlich angefochten wird (s. Rz. 175 f.).

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b) Rechte und Pflichten aus dem gemeinschaftlichen Eigentum Anders liegt es hingegen beim gemeinschaftlichen Eigentum. Da dieses Eigentum aller Wohnungseigentümer ist, darf es grundsätzlich auch von allen Wohnungseigentümern benutzt werden. Jeder Wohnungseigentümer 1 OLG Hamm, Beschl. v. 6.3.2001 – 15 W 320/00, ZMR 2001, 839 (840). 2 OLG Celle, Beschl. v. 4.12.2001 – 4 W 313/01, ZMR 2002, 293. 3 BGH, Beschl. v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, BGHZ 129, 329 (331) = MDR 1995, 895; BGH, Beschl. v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 (294) = MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke. 4 BayObLG, Beschl. v. 23.8.2001 – 2 Z BR 96/01, ZMR 2002, 64 (65).

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§ 1 Grundbegriffe

hat nur einen Anspruch auf einen seinem Miteigentumsanteil entsprechenden Anteil an den sonstigen Nutzungen (§ 13 Abs. 2 WEG). Beispiel: Vermietet ein Wohnungseigentümer seine Eigentumswohnung, steht ihm der Mietzins als Sondereigentümer allein zu. Demgegenüber kann ein Wohnungseigentümer lediglich einen seinem Miteigentumsanteil entsprechenden Bruchteil der Mieteinnahmen verlangen, wenn ein Teil des gemeinschaftlichen Eigentums, etwa eine Grünfläche oder ein Kfz-Stellplatz, vermietet wird.

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Nach dem Gesetz sind somit alle Wohnungseigentümer zur Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums berechtigt. Unbenommen ist es ihnen allerdings, eine hiervon abweichende Vereinbarung zu treffen und etwa einem Wohnungseigentümer das alleinige Nutzungsrecht an Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums einzuräumen (sog. Sondernutzungsrecht). Die übrigen Wohnungseigentümer sind dann von der Nutzung ausgeschlossen (s. Rz. 281 ff.). Beispiel: Üblich und empfehlenswert ist die Begründung von Sondernutzungsrechten an KfzStellplätzen, Gartenflächen, Keller- oder Dachräumen.

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Wie beim Sondereigentum ist es auch beim gemeinschaftlichen Eigentum möglich, den zulässigen Gebrauch durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss zu regeln. Die Wohnungseigentümer können allerdings auch hier nur einen ordnungsgemäßen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums mit Stimmenmehrheit beschließen (§ 15 Nr. 1 und 2 WEG).

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Im Gegensatz zum Sondereigentum obliegt die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums allen Wohnungseigentümern gemeinsam (§ 21 Abs. 1 WEG). Diese können etwa über eine ordnungsmäßige Instandhaltung/Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums und die zu treffenden Maßnahmen mit Stimmenmehrheit beschließen. § 16 Abs. 2 WEG bestimmt, dass jeder Wohnungseigentümer die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechend seinem Miteigentumsanteil zu tragen hat. Die Wohnungseigentümer können allerdings auch hiervon eine abweichende Vereinbarung treffen und einen anderen Verteilungsschlüssel festlegen. Beispiel: Es kann bestimmt werden, dass sich die Kostenverteilung nicht nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile (sog. Anteilsprinzip), sondern nach der Anzahl der Wohnungseigentumsrechte (sog. Objektprinzip) richten soll.

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Im Einzelfall kann es den wohlverstandenen Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechen, dass bestimmte Wohnungseigentümer von der Kosten- und Lastentragungspflicht befreit werden, insbesondere weil sie Teile des gemeinschaftlichen Eigentums nicht nutzen. Beispiele: Interessengerecht ist eine Regelung, wonach der Eigentümer einer Erdgeschosswohnung an den Kosten für einen Aufzug nicht beteiligt sein soll. Im Einzelfall kann es

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II. Sondereigentum und gemeinschaftliches Eigentum sogar angezeigt sein, die Kosten der Unterhaltung/Instandhaltung und Instandsetzung einem einzelnen Wohnungseigentümer aufzuerlegen, wenn dieser aufgrund einer Sondernutzungsvereinbarung zur alleinigen Nutzung etwa einer Gartenfläche berechtigt ist. Wegen des Ausschlusses der übrigen Wohnungseigentümer von der Nutzung ist es nicht sachgerecht, wenn diese anteilig zur Kostentragung verpflichtet wären. Zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels durch Beschluss s. Rz. 690 ff.

Arbeitsbeispiel 1: Abgrenzung Sondereigentum/gemeinschaftliches Eigentum Sachverhalt: Anlässlich einer Verbrauchserfassung stellt der Verwalter V fest, dass die Heizkörper in der Wohnung des Wohnungseigentümers A in einem schlechten Zustand sind. Der Anstrich ist zum Teil abgeplatzt. V fordert A deshalb auf, den Anstrich auf eigene Kosten zu erneuern. A meint, ein Neuanstrich sei Sache der Gemeinschaft und jeder Wohnungseigentümer sei anteilig an den Kosten zu beteiligen. Die Heizkörper seien, was zutrifft, Teil der gemeinschaftlichen Heizungsanlage, ihr Ausbau würde zu einer Unterbrechung des Wasserkreislaufes führen und andere Wohnungseigentümer wären von der Wärmeversorgung abgeschnitten. V hält dem entgegen, die Heizkörper befänden sich schließlich in der Wohnung des A. Es könne deshalb nicht angehen, dass sich die anderen Wohnungseigentümer an den Kosten für einen Neuanstrich beteiligen sollen. Hierfür sei A allein verantwortlich, da er seine Wohnung ja auch allein nutze. Lösung: Für die Frage, ob ein Neuanstrich auf Kosten des A oder der Gemeinschaft durchzuführen ist, kommt es maßgeblich darauf an, ob die Heizkörper zum Sondereigentum des A oder zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören. Die Heizkörper befinden sich in den zum Sondereigentum des A erklärten Räumen (Wohnung). Sie gehören deshalb als deren Bestandteile ebenfalls zum Sondereigentum, wenn sie verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers über das unvermeidbare Maß hinaus beeinträchtigt werden (§ 5 Abs. 1 WEG). Ein Ausbau der Heizkörper würde vorliegend zu einer Unterbrechung des Wasserkreislaufes der Heizungsanlage und damit zu einem Abschneiden anderer Wohnungseigentümer von der Wärmeversorgung führen. Die Heizkörper können also nicht beseitigt werden, ohne dass das Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden würde. Die Heizkörper sind daher im vorliegenden Fall dem gemeinschaftlichen Eigentum zuzuordnen. Damit ist zugleich die Frage beantwortet, wer für eine Instandhaltung verantwortlich ist und hierfür die Kosten zu tragen hat. Ohne eine besondere Vereinbarung ist die Instandhaltung Sache der Gemeinschaft, die hierüber mit Stimmenmehrheit zu befinden hat. Nach § 16 Abs. 2 WEG haben alle Wohnungseigentümer die Kosten im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen. Um dies zu vermeiden und weil die Zuordnung von Heizkörpern zum Sondereigentum oder zum gemeinschaftlichen Eigentum bisweilen schwierig ist und von den baulichen Gegebenheiten abhängt, sollte in der Gemeinschaftsordnung eine Regelung getroffen werden, wonach der einzelne Sondereigentümer zum Streichen der in seiner Wohnung befindlichen Heizkörper und Heizrohre auf eigene Kosten verpflichtet ist. 17

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§ 1 Grundbegriffe

Möglich wäre auch ein Einzelfallbeschluss mit doppelt qualifizierter Mehrheit nach § 16 Abs. 4 WEG (s. Rz. 698 ff.). Abwandlung: Wie ist zu entscheiden, wenn die Heizkörper in der Teilungserklärung zu Sondereigentum erklärt sind? Lösung: An der Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum ändert sich nichts, da der Ausbau zu einer Unterbrechung des Heizkreislaufs und damit zu einer Beeinträchtigung fremden Sondereigentums führen würde (§ 5 Abs. 1 WEG). Die Bestimmung in der Teilungserklärung ist nichtig. Es kommt jedoch eine Umdeutung nach § 140 BGB in eine Instandsetzungs- und Kostentragungsregelung in Betracht, wonach A den Neuanstrich auf eigene Kosten auszuführen hat (s. Rz. 20). Abwandlung: Wie ist zu entscheiden, wenn das Entfernen der Heizkörper nicht zu einer Unterbrechung des Heizkreislaufs führen würde und die Heizkörper in der Teilungserklärung zu Sondereigentum erklärt wurden? Lösung: Die Heizkörper stehen in diesem Fall im Sondereigentum.1 § 5 Abs. 1 und Abs. 2 WEG stehen der Bestimmung in der Teilungserklärung nicht entgegen. A ist auf eigene Kosten zur Instandsetzung verpflichtet.

1 BGH, Urt. v. 8.7.2011 – V ZR 176/10, MDR 2011, 1095 = MietRB 2011, 318 f. = ZWE 2011, 394.

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum I. Begründung von Wohnungseigentum Wohnungseigentum kann auf zwei Wegen begründet werden. Dies kann durch eine sog. Teilungserklärung des Alleineigentümers eines Grundstücks erfolgen oder durch einen sog. Teilungsvertrag geschehen, wenn mehrere Personen gemeinsam Eigentümer eines Grundstücks sind. In beiden Fällen ist zusätzlich eine Eintragung im Grundbuch erforderlich. Von der Teilungserklärung/Teilungsvertrag zu unterscheiden ist die sog. Gemeinschaftsordnung. Während Teilungserklärung/Teilungsvertrag ausschließlich sachenrechtliche Fragen betreffen (z.B. Festlegung der Miteigentumsanteile oder der Gegenstände des Sondereigentums bzw. Gemeinschaftseigentums, Verbindung von Miteigentumsanteilen jeweils mit einem bestimmten Sondereigentum) sind in der Gemeinschaftsordnung die Rechtsbeziehungen der (zukünftigen) Wohnungseigentümer zueinander geregelt, etwa Fragen des zulässigen Gebrauchs oder der Lastenund Kostentragung. Dies wird nicht immer beachtet. In der notariellen Praxis wird häufig etwa unter der Überschrift „Teilungserklärung“ auch die Gemeinschaftsordnung mitgeregelt. Eine genaue Differenzierung ist allerdings wichtig, weil etwa für eine Änderung von Bestimmungen der Teilungserklärung/Teilungsvertrag und der Gemeinschaftsordnung unterschiedliche Vorschriften gelten.

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1. Teilungsvertrag (§ 3 WEG) und Teilungserklärung (§ 8 WEG) a) Zustandekommen Miteigentümer eines Grundstücks nach Bruchteilen i.S.d. § 1008 BGB können sich gegenseitig durch Vertrag Sondereigentum an Räumen in einem auf dem Grundstück bereits errichteten oder noch zu errichtenden Gebäude einräumen und dieses jeweils mit einem bestimmten Miteigentumsanteil verbinden. § 3 Abs. 1 WEG spricht insoweit von einer „Beschränkung“ des Miteigentums. Zu bedenken ist, dass nach dieser Vorschrift ausschließlich Bruchteilseigentümer Wohnungseigentum begründen können, nicht aber Personen, denen das Grundstück zur gesamten Hand zusteht (z.B. eheliche Gütergemeinschaft, Erbengemeinschaft, nicht rechtsfähiger Verein etc.). Bei Gesamthandsgemeinschaften können anders als bei Bruchteilsgemeinschaften die einzelnen Mitglieder nicht über ihren Anteil an einzelnen Vermögensgegenständen verfügen und diesen deshalb auch nicht i.S.d. § 3 WEG beschränken und mit Sondereigentum verbinden. Eine Gesamthandsgemeinschaft muss vielmehr grundsätzlich auseinandergesetzt und in eine Bruchteilsgemeinschaft umgewandelt werden.1 1 Armbrüster in Bärmann, § 3 Rz. 8.

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum

Dies gilt allerdings nicht für die (Außen-)GbR und die Handelsgesellschaften OHG und KG. Da diese Gesellschaften rechtsfähig sind1 und Grundstückseigentümer sein können, erfolgt die Begründung von Wohnungseigentum in diesem Fall nicht etwa durch Vertrag der Gesellschafter nach § 3 WEG, sondern durch Teilungserklärung nach § 8 WEG (s. dazu Rz. 40). 40

In der Praxis wird Wohnungseigentum ganz überwiegend durch den Alleineigentümer eines Grundstücks, in der Regel einen Bauträger, begründet. Gemäß § 8 WEG bedarf es hierzu einer einseitigen Erklärung des Grundstückseigentümers gegenüber dem Grundbuchamt, wonach das Grundstück in Miteigentumsanteile aufgeteilt und jeder Anteil mit dem Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung in einem bereits errichteten oder noch zu errichtenden Gebäude verbunden werden soll (sog. Teilungserklärung). Eigentümer können dabei natürliche und juristische Personen (z.B. GmbH, AG, rechtsfähiger Verein etc.) sein. Auch eine (Außen-)GbR und deren Sonderformen OHG und KG können Wohnungseigentum begründen, wenn sie Eigentümer eines Grundstücks sind.2 b) Inhalt

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Durch Teilungsvertrag/Teilungserklärung werden zunächst die Miteigentumsanteile der zukünftigen Wohnungseigentümer festgelegt. Wird Wohnungseigentum durch die Miteigentümer eines Grundstücks begründet, können diese die Größe ihrer Miteigentumsanteile neu bestimmen. Sie sind an die bisherige rechnerische Aufteilung nicht gebunden. Es obliegt der freien Entscheidung der Grundstückseigentümer bzw. des teilenden Eigentümers, die Höhe der einzelnen Miteigentumsanteile festzulegen. Diese müssen weder in einem bestimmten Wertverhältnis zum zugeordneten Sondereigentum stehen noch sich nach der Größe der jeweiligen Wohnung, der Lage oder deren Nutzwert richten.3 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Verpflichtung zur anteiligen Lasten- und Kostentragung von der Höhe des Miteigentumsanteils abhängt (§ 16 Abs. 2 WEG), sofern nichts anderes vereinbart wurde. Es ist deshalb sinnvoll, wenn großen Wohnungen mit einem hohen Nutzwert auch ein entsprechend hoher Miteigentumsanteil zugeordnet wird, damit deren Eigentümer später auch entsprechend verhältnismäßig an den Kosten beteiligt werden. In der Praxis erfolgt überwiegend eine Aufteilung in 1.000stel Miteigentumsanteile. Je nach Größe der Wohnanlage kann auch eine Bezugsgröße von 100stel,10.000stel oder 100.000stel gewählt werden.

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Teilungsvertrag und Teilungserklärung legen nicht nur die Miteigentumsanteile fest. Sie bestimmen darüber hinaus, welche Räume (siehe dazu Rz. 13 f.) und Gebäudebestandteile (zur Wirksamkeit s. Rz. 16 ff.) zum Sondereigentum gehören sollen und ob diese zu Wohnzwecken oder zu ande1 BGH, Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056 (1057). 2 Armbrüster in Bärmann, § 8 Rz. 15. 3 BGH, Beschl. v. 18.6.1976 – V ZR 156/75, NJW 1976, 1976.

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I. Begründung von Wohnungseigentum

ren Zwecken genutzt werden dürfen. Wegen der Beschreibung des Sondereigentums wird regelmäßig auf den Aufteilungsplan mit Abgeschlossenheitsbescheinigung Bezug genommen. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Angaben in Teilungsvertrag/Teilungserklärung und Aufteilungsplan tatsächlich übereinstimmen. Andernfalls ist die Begründung von Sondereigentum unwirksam.1 Beispiel: Eine Teilungserklärung enthält folgende Bestimmung: „Dem beigefügten Aufteilungsplan entsprechend werden folgende Wohnungseigentumsrechte gebildet: 1. Miteigentumsanteil von 115/1000stel verbunden mit dem Sondereigentum an den im Aufteilungsplan mit der Nr. 1 bezeichneten, zu Wohnzwecken dienenden Räumen im 1. OG des Hauses Nr. 63 und dem Sondereigentum an einem im Aufteilungsplan ebenfalls mit der Nr. 1 bezeichneten, nicht zu Wohnzwecken dienenden Kellerraum … 2. Miteigentumsanteil von …“

c) Form Der Teilungsvertrag, d.h. die Einigung über die Festlegung der Miteigentumsanteile und deren Verbindung mit Sondereigentum, bedarf der für die Auflassung vorgeschriebenen Form (§ 4 Abs. 2 Satz 1 WEG). Die Einigung ist deshalb grds. bei gleichzeitiger Anwesenheit aller Beteiligten vor einer zuständigen Stelle, in der Regel dem Notar aber auch in einem gerichtlichen Vergleich, zu erklären (§ 925 BGB). Die Miteigentümer können sich dabei auch vertreten lassen, wobei die Vollmacht für die nachfolgenden Eintragungen im Grundbuch in öffentlicher bzw. öffentlich beglaubigter Form nachzuweisen ist.

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Für die Teilungserklärung des Alleineigentümers eines Grundstücks ist die Form der Auflassung nicht vorgeschrieben. § 4 WEG gilt hier nicht. Die einseitige Erklärung an das Grundbuchamt muss aber durch öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden erfolgen (§ 29 GBO).

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2. Eintragung im Grundbuch Neben einem formgerechten Teilungsvertrag/Teilungserklärung ist die Eintragung im Grundbuch eine weitere Voraussetzung für die Begründung von Wohnungseigentum (§§ 4 Abs. 1, 8 Abs. 2 Satz 2 WEG). Die Eintragung erfolgt nur auf Antrag (§ 13 GBO) und ist von allen Grundstückseigentümern bzw. vom teilenden Eigentümer zu bewilligen (§§ 19, 29 GBO).

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a) Eintragungsbewilligung Die Eintragungsbewilligung ist die Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt, einer bestimmten Eintragung zuzustimmen. Es ist stets darauf zu achten, dass alle Bestimmungen, die Grundbuchinhalt werden sollen, Ge1 BGH, Urt. v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2851; OLG München, Beschl. v. 27.6.2012 – 34 Wx 71/12, MietRB 2012, 266 = ZWE 2012, 487.

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum

genstand der Eintragungsbewilligung sind. Der Eintragungsbewilligung sind gem. § 7 Abs. 4 WEG ein Aufteilungsplan und eine Abgeschlossenheitsbescheinigung als Anlagen beizufügen. aa) Aufteilungsplan 47

Der Aufteilungsplan ist gem. § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG eine von der Baubehörde mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehene Bauzeichnung, aus der die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich sind. Insoweit ist der Aufteilungsplan vergleichbar mit den nach öffentlichem Recht erforderlichen Bauvorlagen für die Erteilung einer Baugenehmigung. Er umfasst einen Lageplan, der den Standort der einzelnen Gebäude auf dem Grundstück wiedergibt, Grundrisszeichnungen, Ansichten und Schnitte. Aus dem Aufteilungsplan ergeben sich mithin Lage und Aufteilung des Gebäudes und die Zuordnung von Gebäudebestandteilen zum Sondereigentum bzw. zum gemeinschaftlichen Eigentum. Der Aufteilungsplan hat rein sachenrechtliche Abgrenzungsfunktion, betrifft aber nicht die zulässige Nutzungsmöglichkeit, weshalb Funktionsbezeichnungen (z.B. „Laden“) oder Beschreibungen (z.B. „Wohnen“) des Architekten unmaßgeblich sind.1 In der Praxis werden die jeweiligen Räume eines Sondereigentums farblich umrandet und mit einer einheitlichen Nummer versehen. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass sich insoweit keine Widersprüche gegenüber der Bezeichnung in der Teilungserklärung ergeben. Da weder Teilungserklärung noch Aufteilungsplan einen Geltungsvorrang haben, wäre anderenfalls im Zweifel davon auszugehen, dass Gemeinschaftseigentum entstanden ist.2 Im Aufteilungsplan werden regelmäßig auch die einem Sondernutzungsrecht unterfallenden Räume und Flächen gekennzeichnet. bb) Abgeschlossenheitsbescheinigung

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Neben dem Aufteilungsplan ist der Eintragungsbewilligung eine Bescheinigung der Baubehörde beizufügen, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 WEG vorliegen, d.h. die zum Sondereigentum erklärten Räume abgeschlossen sind und Garagenstellplätze als abgeschlossen gelten. Ob dies der Fall ist, eine Abgeschlossenheit also angenommen werden kann, ergibt sich aus der „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen gem. § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes“. Eine Wohnung ist hiernach abgeschlossen, wenn sie baulich vollkommen von anderen Wohnungen und Räumen durch bauordnungsrechtlich zulässige Wände und Decken getrennt ist und einen eigenen abschließbaren Zu1 BGH, Urt. v. 16.11.2012 – V ZR 246/11, MietRB 2013, 118 = ZWE 2013, 20. 2 BGH, Urt. v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, MDR 1996, 139 = DNotZ 1996, 289 (292); OLG München, Beschl. v. 27.6.2012 – 34 Wx 71/12, MietRB 2012, 266 = ZWE 2012, 487.

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I. Begründung von Wohnungseigentum

gang unmittelbar vom Freien oder vom Treppenhaus oder einem Vorraum hat. Eine Wohnung muss dabei die Führung eines Haushaltes ermöglichen und insbesondere über eine Küche oder einen Raum mit Kochgelegenheit sowie Wasserversorgung, Ausguss und WC verfügen. Garagenabstellplätze gelten als abgeschlossen, wenn sie eine dauerhafte Markierung (z.B. Wände, Geländer, Begrenzungsschwellen aus Stein oder Metall, Bodenmarkierungen etc.) aufweisen. Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung sind von der Baubehörde zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen.1 Verweigert die Behörde dies pflichtwidrig, kann Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten gesucht werden.2

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b) Zustimmung dinglich Berechtigter Neben einem formgerechten Teilungsvertrag/Teilungserklärung und einer Eintragung im Grundbuch ist weitere Wirksamkeitsvoraussetzung für die Begründung von Wohnungseigentum ggf. eine Zustimmung dinglich berechtigter Dritter. Die Begründung von Wohnungseigentum führt zu einer Inhaltsänderung beschränkter dinglicher Rechte (z.B. Hypotheken, Grundschulden, Dienstbarkeiten etc.), die bislang am ungeteilten Grundstück bzw. Miteigentumsanteil bestanden haben. Die Inhaber dieser Rechte müssen deshalb der Begründung von Wohnungseigentum zustimmen, sofern sie hierdurch möglicherweise in ihren Rechten beeinträchtigt werden (§§ 877, 876 BGB analog).3 Eine Zustimmung ist nur bei einer möglichen Rechtsbeeinträchtigung erforderlich, nicht aber wenn lediglich wirtschaftliche Nachteile drohen. In der Praxis wird eine rechtliche Beeinträchtigung eher die Ausnahme sein, da sich vormals am Grundstück bestehende beschränkte dingliche Rechte nach der Begründung von Wohnungseigentum als Gesamtbelastungen an allen Wohnungseigentumsrechten fortsetzen. Beispiele: Eine Hypothek am Grundstück wird zu einer Gesamthypothek an sämtlichen Wohnungseigentumsrechten. Der Hypothekengläubiger kann diese anstelle des Grundstücks verwerten, das Haftungsobjekt wird nicht geschmälert und dieser erleidet somit keinen rechtlichen Nachteil.4 Dies gilt auch vor dem Hintergrund des Rangklassenprivilegs nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG.5 – Demgegenüber wird der Inhaber einer Dienstbarkeit, die zur Benutzung eines Weges berechtigt, durch die Begründung von 1 OLG München, Beschl. v. 4.10.2013 – 34 Wx 174/13, NotBZ 2013, 478 = MietRB 2013, 354 = ZWE 2013, 450: Die fehlende Original-Unterschrift der Baubehörde hindert die wirksame Begründung von Wohnungseigentum nicht. 2 BVerwG, Urt. v. 11.12.1987 – 8 C 55/85, NJW-RR 1988, 649: Widerspruch und Anfechtungsklage i.V.m. Leistungsklage; a.A. Becker, NJW 1991, 2742: Widerspruch und Verpflichtungsklage. 3 Zu Einzelheiten s. Armbrüster in Bärmann, § 2 WEG, Rz. 22 ff. 4 OLG München, Beschl. v. 18.5.2011 – 34 Wx 220/11, ZWE 2011, 266. 5 BGH, Beschl. v. 9.2.2012 – V ZB 95/11, NotBZ 2012, 168 m. Anm. Hügel = MDR 2012, 396 = MietRB 2012, 107 = ZWE 2012, 219 (220).

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum Wohnungseigentum in seinen Rechten beeinträchtigt, wenn das Gebäude an einer Stelle errichtet werden soll, die dessen Wegerecht unterliegt. – Wollen die Miteigentümer eines Grundstückes Wohnungseigentum gem. § 3 WEG durch Teilungsvertrag begründen und sind einzelne Miteigentumsanteile bereits mit beschränkten dinglichen Rechten belastet, müssen deren Inhaber regelmäßig ihre Zustimmung erteilen.1 Dies folgt daraus, dass mit der Einräumung von Sondereigentum bestimmte Gegenstände aus der gemeinschaftlichen Berechtigung herausgenommen werden. Im Falle der Belastung eines Miteigentumsanteils etwa mit einer Hypothek würde das den anderen Miteigentumsanteilen zugeordnete Sondereigentum nicht mehr dem Haftungsverband der Hypothek unterfallen.

c) Anlegen der Grundbuchblätter 51

Sind die genannten Voraussetzungen allesamt erfüllt, liegen also eine formwirksame Teilungserklärung bzw. ein Teilungsvertrag und entsprechende Eintragungsbewilligungen vor und haben dingliche Gläubiger ihre erforderliche Zustimmung erteilt, wird die Begründung von Wohnungseigentum vom Grundbuchamt durch das Anlegen der Wohnungsgrundbücher vollzogen. Dabei erhält jedes Wohnungseigentum ein eigenes Grundbuchblatt (§ 7 Abs. 1 WEG). Das bisherige Grundbuch des Grundstückes wird geschlossen. Mit der Eintragung im Grundbuch entsteht Wohnungseigentum, d.h. es kann von diesem Zeitpunkt an übertragen werden, selbst wenn das Gebäude noch nicht errichtet worden ist.2 Zur näheren Bezeichnung des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums kann nach § 7 Abs. 3 WEG auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. Dies ist in der Praxis die Regel. Grundbuchinhalt werden nur die im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs bezeichneten Bewilligungen und darüber hinaus nur diejenigen Regelungen, die Gegenstand dieser Bewilligungen sind. Beispiel: Im Bestandsverzeichnis heißt es: „Wegen Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums wird Bezug genommen auf die Eintragungsbewilligungen vom 12.4.2014 und 30.4.2014 des Notars Meier (UR-Nr. 847/2014 und UR-Nr. 931/2014)“. Die erste Bewilligung bezieht sich nur auf die Begründung der Wohnungseigentumsrecht Nr. 1 bis 15, nicht aber auf die mitbeurkundete Gemeinschaftsordnung. Die zweite Bewilligung bezieht sich nicht auf die Begründung des Wohnungseigentums Nr. 16. Zudem existiert in den Grundakten noch eine Bewilligung vom 5.5.2014 (URNr. 955/2014). Die Gemeinschaftsordnung, die Begründung des Wohnungseigentums Nr. 16 und der Inhalt der Urkunde 955/2014 sind nicht Grundbuchinhalt.

3. Änderung der Teilungserklärung/des Teilungsvertrages 52

Auf Seiten des Bauträgers besteht in der Praxis nicht selten das Bedürfnis, die Teilungserklärung nachträglich zu ändern, um durch eine Neuaufteilung den Wünschen einzelner Erwerber zu entsprechen und so den Absatz noch nicht verkaufter Eigentumswohnungen zu forcieren. Aber auch nach 1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.1.1990 – 20 W 501/89, OLGZ 1990, 253 (256). 2 BGH, Beschl. v. 22.12.1989 – V ZR 339/87, MDR 1990, 325 = WE 1990, 55.

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I. Begründung von Wohnungseigentum

Entstehen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (s. Rz. 128) kann das Erfordernis einer Änderung der Teilungserklärung entstehen. Solange der Bauträger selbst noch Inhaber sämtlicher Wohnungseigentumsrechte ist, kann er die Teilungserklärung durch einseitige Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt abändern. Er verliert diese Befugnis erst mit dem Entstehen einer sog. werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft (s. Rz. 129 ff.). Ab diesem Zeitpunkt ist eine Änderung der Teilungserklärung nur unter Mitwirkung aller (werdenden) Wohnungseigentümer möglich. Eine entsprechende Einigung bedarf der Form der Auflassung, wenn Sondereigentum eingeräumt oder aufgehoben werden soll (§ 4 WEG).

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Beispiel: In der Teilungserklärung ausgewiesene Räume des gemeinschaftlichen Eigentums sollen nachträglich dem Sondereigentum zugeordnet werden.

Auch wenn ein Bauträger als Inhaber sämtlicher Wohnungseigentumsrechte einseitig die Teilungserklärung ändern kann, muss er darauf achten, dass er sich dadurch gegenüber den einzelnen Erwerbern nicht vertragswidrig verhält. Wurden zuvor bereits Bauträgerverträge geschlossen, haben die betroffenen Erwerber nämlich grundsätzlich einen Anspruch auf Errichtung des Gebäudes nach Maßgabe der ursprünglichen Teilungserklärung und Verschaffung des versprochenen Wohnungseigentums und etwaiger Sondernutzungsrechte. Der Bauträger läuft hier Gefahr, von diesen Erwerbern auf Erfüllung bzw. Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, wenn er die Teilungserklärung ändert und eine abweichende Bauausführung durchführen will. Um dem zu begegnen, werden in der Praxis in Bauträgerverträgen regelmäßig Änderungsvollmachten vereinbart. Derartige Vollmachten dürfen in Formularverträgen nicht zu einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des Bauträgers und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Erwerbers führen (§ 308 Nr. 4 BGB). Unzulässig sind insbesondere Klauseln, wonach Lage, Größe oder Umfang des verkauften Sondereigentums vom Bauträger nachträglich geändert werden dürfen.1 Eine Klausel über die Änderung der Zuordnung von Räumen oder Flächen des Gemeinschaftseigentums darf den Erwerber nicht unzumutbar beeinträchtigen und nicht zu einer Wertminderung des Wohnungseigentums führen. Hinsichtlich der Zulässigkeit einer Änderungsklausel kommt es insoweit auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an. Wurde eine Änderungsklausel wirksam vereinbart, muss eine avisierte Änderung der Teilungserklärung oder der Bauausführung deren Vorgaben entsprechen. Beispiele: Wegen der fehlenden Beschränkung auf einen triftigen Grund verstößt folgende Klausel gegen § 308 Nr. 4 BGB: „Grundlage der Bauausführung ist diese Baubeschreibung. Änderungen der Bauausführung, der Material- bzw. Baustoffauswahl, soweit sie gleichwertig sind, bleiben vorbehalten“.2 Gleiches gilt für einen Vor1 Basty, Der Bauträgervertrag, Rz. 161. 2 BGH, Urt. v. 23.6.2005 – VII ZR 200/04, MDR 2005, 1284 = BauR 2005, 1473 (1475).

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum behalt, demgemäß „… von der Leistungsbeschreibung abweichende Ausführungen (vorbehalten bleiben), sofern damit technische Verbesserungen verbunden/oder der Gesamtwert des Objektes nicht wesentlich beeinträchtigt werden.1 Wirksam soll eine im Innenverhältnis beschränkte Vollmacht sein, wonach die Änderung der Teilungserklärung „… insbesondere das Sondereigentum und die dem Käufer zur Sondernutzung zugewiesenen Gegenstände durch die Änderung nicht berührt und ihm dadurch keine zusätzlichen Belastungen aufgebürdet werden“.2

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Eine nachträgliche Änderung der Teilungserklärung durch die Wohnungseigentümer ist grundsätzlich nur durch eine Einigung aller Wohnungseigentümer und eine entsprechende Eintragung im Grundbuch möglich (§§ 877, 873 BGB). Die Einigung muss zudem in der Form der Auflassung erklärt werden, wenn eine Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum oder umgekehrt erfolgen soll (§ 4 WEG). Eine nachträgliche Änderung der Teilungserklärung durch die Wohnungseigentümer kommt nicht nur in Betracht, wenn später etwa zum Sondereigentum erklärte Räume dem gemeinschaftlichen Eigentum zugeordnet werden sollen, sondern auch bei einer nachträglichen Änderung der Höhe der Miteigentumsanteile (sog. Quotenänderung). Vom Grundsatz der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer ist hier jedoch eine Ausnahme zu machen, wenn lediglich die Höhe der Miteigentumsanteile einzelner Wohnungseigentumsrechte verändert werden soll. Diejenigen Wohnungseigentümer, deren Miteigentumsanteil gleich bleibt, müssen ihre Zustimmung nicht erteilen. Beispiel: Wohnungseigentümer A will von seinen 125/1000stel Miteigentumsanteil 25/1000stel an B übertragen. Die Miteigentumsanteile der Wohnungseigentümer C bis H bleiben unverändert. Es bedarf nur einer Einigung zwischen A und B und einer Eintragung in deren Grundbüchern.

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Eine Änderung der Teilungserklärung ist ferner erforderlich, wenn eine Unterteilung von Wohnungseigentum in mehrere Wohnungseigentumsrechte erfolgen soll. In diesem Fall genügt regelmäßig eine einseitige Erklärung des betreffenden Wohnungseigentümers gegenüber dem Grundbuchamt (§ 8 WEG analog).3 Der Eintragungsbewilligung sind wiederum Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung der neuen Einheiten beizufügen.4 Zur tatsächlichen Unterteilung kann im Innenverhältnis jedoch eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer erforderlich sein, wenn damit zustimmungspflichtige bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG verbunden ist (s. Rz. 390 ff.). Beispiel: Beabsichtigt ein Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentum in zwei Wohnungen zu unterteilen und eine zu veräußern, bedarf es der Zustimmung der anderen 1 OLG Hamm, Urt. v. 10.2.2005 – 21 U 94/04, BauR 2005, 909. 2 OLG München, Beschl. v. 7.11.2012 – 34 Wx 208/12, NotBZ 2013, 69 = MietRB 2013, 80 = ZWE 2013, 84. 3 BGH, Beschl. v. 24.11.1978 – 5 ZB 2/78, NJW 1979, 870. 4 OLG München, Beschl. v. 27.5.2011 – 34 Wx 161/11, ZWE 2011, 267; a.A. OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.12.2011 – 20 W 70/11, ZWE 2012, 272 (273).

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II. Erwerb von Wohnungseigentum Wohnungseigentümer zur Schaffung eines separaten Zugangs zum gemeinschaftlichen Treppenhaus.

Ferner hat eine Änderung der Teilungserklärung im Fall der Verbindung von Wohnungseigentum zu erfolgen, d.h. wenn ein Wohnungseigentümer seine Eigentumswohnungen zusammenlegen will. Auch hier ist eine einseitige Erklärung des betreffenden Wohnungseigentümers gegenüber dem Grundbuchamt und eine Eintragung im Grundbuch ausreichend (§ 890 BGB).1 Einer Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer zur tatsächlichen Verbindung bedarf es wiederum, wenn damit eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 22 Abs. 1 WEG verbunden ist, die und einen unzumutbaren Eingriff in deren Rechte darstellt.2

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Desgleichen bedarf es einer Änderung der Teilungserklärung, wenn zwei Wohnungseigentümer ihr Sondereigentum „tauschen“, d.h. sich das Sondereigentum gegenseitig isoliert und unter Beibehaltung der Miteigentumsanteile übertragen. Da in diesem Fall der Inhalt der Wohnungseigentumsrechte der übrigen Wohnungseigentümer nicht verändert wird, ist eine entsprechende Einigung nur der beiden betreffenden Wohnungseigentümer und eine Eintragung in deren Grundbüchern erforderlich.

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Neben einer Einigung bzw. einer einseitigen Erklärung des Bauträgers oder eines Wohnungseigentümers und der Eintragung im Grundbuch ist zur Änderung der Teilungserklärung eine Zustimmung dinglich berechtigter Dritter am Wohnungseigentum erforderlich, die hierdurch in ihren Rechten beeinträchtigt werden (§§ 877, 876 BGB).3

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II. Erwerb von Wohnungseigentum Beim Erwerb von Wohnungseigentum ist zu unterscheiden. Wohnungseigentum kann unmittelbar nach der Begründung durch den teilenden Eigentümer oder die Miteigentümer eines Grundstücks übertragen werden (sog. Ersterwerb). Möglich ist auch eine spätere Weiterveräußerung durch einen Wohnungseigentümer (sog. Zweiterwerb). Der sog. Ersterwerb weist gegenüber dem sog. Zweiterwerb Besonderheiten auf. Dies gilt vor allem für den Erwerb vom Bauträger.

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1. Erwerb vom Bauträger Wird Wohnungseigentum bezogen auf ein bereits fertig gestelltes Gebäude begründet und sodann veräußert, so liegt der Übertragung ein Kaufvertrag 1 KG, Beschl. v. 27.6.1989 – 1 W 2309/89, MDR 1989, 1101 = NJW-RR 1989, 1360. 2 KG, Beschl. v. 19.6.1985 – 24 W 6402/84, MDR 1985, 1031. 3 OLG München, Beschl. v. 26.4.2012 – 34 Wx 558/11, ZWE 2012, 316: zur Veränderung des Verhältnisses Sondereigentum/Gemeinschaftseigentum; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.12.2009 – I-3 Wx 225/09, ZWE 2010, 93: Errichtung mehrerer Heizungsanlagen anstelle gemeinschaftlicher Anlage und Zuweisung zum Sondereigentum.

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum

zugrunde. Dieser bedarf gem. § 311b Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung. Die Rechte des Erwerbers wegen Mängeln am Grundstück bzw. am Gebäude richten sich ausschließlich nach Kaufrecht (s. Rz. 79 ff.). In der Praxis dominiert jedoch der Ersterwerb vom Bauträger, der sich zur Errichtung eines Gebäudes oder zur Sanierung bzw. Modernisierung eines Bauwerkes verpflichtet. a) Abschluss des Bauträgervertrages aa) Inhalt und Form 62

Der Bauträgervertrag ist ein Vertrag eigener Art, der Elemente des Kauf- und Werkvertrages sowie häufig auch des Auftrages oder Geschäftsbesorgungsvertrages enthält.1 Hiernach verpflichtet sich der Bauträger kaufvertraglich zur Übertragung des Wohnungseigentums und werkvertraglich zur Errichtung oder Sanierung des Gebäudes. Der Inhalt der werkvertraglichen Herstellungspflicht ergibt sich primär aus dem Bauträgervertrag und der regelmäßig darin in Bezug genommenen Baubeschreibung und Teilungserklärung, wobei im Wege der Auslegung auch ein Prospekt/Exposé von Bedeutung sein kann. Sofern der Vertrag die Beschaffenheit des Bauwerkes nicht erschöpfend beschreibt, ist sekundär die vom Erwerber beabsichtigte und vom Veräußerer bekannte Verwendung, hilfsweise die gewöhnliche Verwendung und übliche Beschaffenheit, maßgebend (§ 633 Abs. 2 BGB). Der Bauträger schuldet insgesamt ein funktionstaugliches Werk. Beispiel: Enthält eine Baubeschreibung keine Qualitätsvorgaben hinsichtlich des zu verlegenden Parketts, spiegelt diese im Übrigen aber eine gehobene Ausstattung wider, so schuldet der Bauträger Parkett ebenfalls von höherer Qualität.

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Stellt der Bauträger das Gebäude nicht entsprechend der von ihm geschuldeten Beschaffenheit her, liegt ein Sachmangel vor (s. Rz. 68 ff.). Der Bauträgervertrag ist wegen der kaufvertraglichen Verpflichtung zur Eigentumsverschaffung insgesamt notariell zu beurkunden (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies gilt auch für Nebenabreden (z.B. Sonderwünsche; den Verknüpfungswillen bei Abschluss mehrerer Verträge etwa über Wohnungseigentum und Teileigentum an einem Kfz-Stellplatz, wenn die Verträge miteinander stehen und fallen sollen) oder nachträgliche wesentliche Änderungen. Andernfalls ist der Vertrag formunwirksam (§ 125 BGB). Der Vertrag wird indessen wirksam, wenn nachträglich Auflassung und Eintragung im Grundbuch erfolgen (§ 311b Abs. 1 Satz 2 BGB). bb) Fälligkeit der Vergütung

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Ohne eine besondere Vereinbarung wird die werkvertragliche Vergütung erst bei Abnahme der Werkleistung fällig (§ 641 Abs. 1 BGB). Der Unter1 BGH, Urt. v. 21.11.1985 – VII ZR 366/83, BGHZ 96, 275 (277 ff.) = MDR 1986, 399; Reich/Böhme, DNotZ 2001, 924 (926).

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nehmer kann jedoch zuvor für vertragsgemäß erbrachte Teile der Leistung gem. § 632a BGB Abschlagszahlungen in Höhe des Wertzuwachses des Bestellers verlangen. Hiervon abweichend wird für Bauträgerverträge in der Praxis regelmäßig eine Vergütung nach Maßgabe der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) vereinbart. In § 3 MaBV sind zwingend die Voraussetzungen geregelt, unter denen der Bauträger die Vergütung des Erwerbers entgegennehmen darf. Gemäß § 3 Abs. 1 MaBV muss hierfür ein wirksamer Bauträgervertrag zustande gekommen sein, es muss eine Baugenehmigung vorliegen, die Begründung von Wohnungseigentum im Grundbuch vollzogen und Lastenfreiheit bzw. eine Freistellungserklärung von Inhabern beschränkter dinglicher Rechte am Wohnungseigentum gegeben sein. Darüber hinaus darf der Bauträger Vermögenswerte des Erwerbers nur in bis zu sieben Raten entgegennehmen, die den bereits erreichten Bautenstand widerspiegeln. Die Raten dürfen gem. § 3 Abs. 2 MaBV nur aus den dort bestimmten Teilbeträgen zusammengesetzt werden. Alternativ, d.h. unabhängig von den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 und 2 MaBV, kann eine Vorauszahlung der Vergütung vereinbart werden, sofern der Bauträger gem. § 7 Abs. 1 MaBV eine Bürgschaft stellt, die sämtliche Rückzahlungsansprüche des Erwerbers sichert. Hiervon abweichende Vereinbarungen in Bauträgerverträgen sind gem. § 134 BGB i.V.m. §§ 3, 7 MaBV unwirksam.1 Ein entgegen § 3 Abs. 2 MaBV verstoßender Ratenzahlungsplan führt lediglich zur Unwirksamkeit der Vergütungsregelung mit der Folge, dass Fälligkeit erst mit der Abnahme nach § 641 BGB eintritt.2 Wurde im Vertrag die Stellung einer Vorauszahlungsbürgschaft vereinbart, die nicht den Anforderungen des § 7 Abs. 1 MaBV entspricht, führt die Unwirksamkeit der Regelung dazu, dass der Erwerber nicht zu einer Vorauszahlung der Vergütung verpflichtet ist. Diesem steht ebenso wie bei bereits geleisteten Zahlungen auf Grund eines unwirksamen Ratenzahlungsplanes ein Rückzahlungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB zu, wobei § 813 Abs. 2 BGB keine Anwendung findet.3 Wurde zur Sicherung der Vorauszahlung dagegen eine Sicherheitsleistung vereinbart, die den Anforderungen des § 7 Abs. 1 MaBV entspricht, hat der Erwerber bei einer hiervon abweichenden Sicherheitsleistung (z.B. nach der Bürgschaftsurkunde sind Kostenvorschussansprüche zur Durchführung der Selbstvornahme bei Mängeln nicht gesichert) einen Anspruch gegen den Bauträger auf Stellung einer vertragsgemäßen Sicherheit. Beispiel: Im Bauträgervertrag ist bestimmt, dass der Bauträger berechtigt sein soll, die erste Rate für das Grundstück nach Beginn der Erdarbeit i.H.v. 30 % entgegenzunehmen, obgleich der Wert des Grundstücks lediglich 15 % der Vertragssumme ausmacht. Eine solche Regelung verstößt gegen das in § 3 Abs. 2 MaBV niedergelegte Äquivalenzprinzip, wonach der Erwerber zur Zahlung der Vergütung nur in der Höhe ver1 BGH, Urt. v. 22.12.2000 – VII ZR 310/99, MDR 2001, 503 = DNotZ 2001, 201 ff. 2 BGH, Urt. v. 22.3.2007 – VII ZR 268/05, MDR 2007, 882 = NZM 2007, 453 f. 3 BGH, Urt. v. 22.3.2007 – VII ZR 268/05, MDR 2007, 882 = NZM 2007, 453 (455).

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum pflichtet sein soll, wie ihm im Gegenzug Vermögenswerte in Gestalt des erreichten Bautenstandes von Seiten des Bauträgers zuwachsen. Wirksam wäre vorliegend eine Regelung über die Berechtigung zur Entgegennahme von höchstens 15 % der Vertragssumme nach Beginn der Erdarbeiten.

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Nach Ansicht des BGH1 handelt es sich bei der MaBV um Vorschriften des öffentlichen Gewerberechtes. Klauseln in Bauträgerverträgen, die für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert sind, unterliegen deshalb zivilrechtlich der AGB-Kontrolle. In diesen Zusammenhang noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob MaBV-konforme Zahlungsbestimmungen (z.B. Ratenzahlungsvereinbarungen oder Vorauszahlung der Vergütung gegen Stellung einer Vorauszahlungsbürgschaft) überhaupt wirksam vereinbart werden können. Denn auch Zahlungsbestimmungen, die mit der MaBV in Einklang stehen, stellen zu Lasten des Erwerbers eine Abweichung vom Gesetz dar. Gemäß §§ 632a, 641 BGB wird die Vergütung erst nach Abnahme bzw. anteilig für in sich abgeschlossene selbständig nutzbare Teile der Bauleistung fällig, während der Bauträger nach der MaBV eine (Teil-)Vergütung für nicht eigenständig nutzbare Teile der Bauleistung (z.B. Rohbaufertigstellung) verlangen könnte.

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Umstritten ist, ob eine (MaBV-konforme) Vorauszahlung der gesamten Vergütung gegen Stellung einer Vorauszahlungsbürgschaft in Bauträgerverträgen wirksam vereinbart werden kann.2 Auch für MaBV-konforme Ratenzahlungspläne mit Verbrauchern ist fraglich, ob diese gegen Europarecht verstoßen. In diesem Fall würden ausschließlich die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 632a, 641 BGB gelten. cc) Mängelrechte

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Von zentraler Bedeutung im Rahmen des Ersterwerbs ist die Frage, welche Rechte die Erwerber gegenüber dem Bauträger haben, wenn dessen Leistung mangelhaft ist. In der Praxis stellt sich vor allem das Problem, wie diese Rechte gegenüber dem Bauträger durchgesetzt werden können und ob hierzu ggf. auch der einzelne Erwerber befugt ist. (1) Begriff des Mangels

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Das Vorliegen eines Mangels ist nach §§ 434 Abs. 1, 633 Abs. 2 BGB zu beurteilen. Ein Mangel ist hiernach gegeben, wenn die Parteien eine bestimmte Soll-Beschaffenheit vereinbart haben und die tatsächliche Ist-Beschaffenheit hiervon abweicht. In erster Linie kommt es mithin auf den Inhalt des jeweiligen Erwerbsvertrages an. Demgemäß kann die Leistung des Bauträgers gegenüber einem Erwerber mangelfrei, gegenüber einem anderen Erwerber aber mangelbehaftet sein. 1 Dafür: BGH, Urt. v. 10.3.2005 – IX ZR 73/01, NotBZ 2005, 178 = MDR 2005, 779 = BauR 2005, 1158; dagegen: BGH, Urt. v. 22.12.2000 – VII ZR 310/99, MDR 2001, 503 = DNotZ 2001, 201 ff. 2 BGH, Beschl. v. 2.5.2002 – VII ZR 178/01, BauR 2002, 1390.

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II. Erwerb von Wohnungseigentum Beispiele: Der Bauträger verpflichtet sich gegenüber dem Erwerber A zur Errichtung einer gemeinschaftlichen Waschküche, die tatsächlich nicht hergestellt wird. Die Bauträgerverträge mit den anderen Erwerbern enthalten eine solche Bestimmung nicht.

Beschaffenheitsvereinbarungen stellen etwa eine Wohnflächenangabe des Sondereigentums, die in Bezug genommene Baubeschreibung hinsichtlich der auszuführenden Leistungen oder die in Bezug genommene Teilungserklärung hinsichtlich des geschuldeten Sonder- und Gemeinschaftseigentums dar. Erwerbsverträge enthalten gelegentlich eine Bestimmung, wonach der Bauträger zu einer Änderung der Baubeschreibung bzw. Teilungserklärung berechtigt sein soll bzw. einseitige Abweichungen zulässig sein sollen. Derartige Klauseln sind gem. § 308 Nr. 4 BGB nur statthaft, wenn die Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist und hierfür ein triftiger Grund vorliegt.1 Die triftigen Änderungsgründe und deren Folgen müssen bezeichnet sein.

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Beispiele: Zulässig ist eine Bestimmung, wonach der Bauträger eine Baubeschreibung ändern können soll, wenn dies „aufgrund behördlicher Vorschrift erforderlich“ ist. Desgleichen dürfte eine Klausel zulässig sein, die den Bauträger zu einer Änderung der Teilungserklärung ermächtigt, wenn dadurch „das Sondereigentum des Erwerbers und etwaige Sondernutzungsrechte unangetastet bleiben und eine Änderung der Zuordnung von Räumen des Gemeinschaftseigentums für diesen zumutbar ist“. Unwirksam ist die Klausel „Grundlage der Bauausführung ist diese Baubeschreibung. Änderungen der Bauausführung, der Material- bzw. Baustoffauswahl, soweit sie gleichwertig sind, bleiben vorbehalten.“2 Zulässig dürfte dagegen eine Klausel sein, die geringfügige Änderungen der Planung, Ausführungsart oder des vorgesehenen Baustoffeinsatzes auf Grund entsprechender behördlicher Auflagen oder Anordnungen gestattet.3

Haben die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht getroffen, ist gem. §§ 434 Abs. 1, 633 Abs. 2 BGB für das Vorliegen eines Mangels maßgeblich, ob sich die Sache für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, d.h. die vom Erwerber beabsichtigte und dem Bauträger bekannte Verwendung, eignet. Beispiel: Ein Mangel ist gegeben, wenn in einem Teileigentum eine Gaststätte betrieben werden soll, der Bauträger jedoch nicht die nach öffentlichem Recht hierfür erforderlichen Müllstandsflächen schafft. Verspricht der Bauträger dem Erwerber die Einräumung von Sondereigentum bzw. eines Sondernutzungsrechtes an einem „Hobbyraum“ im Keller, umfasst die Sanierungsverpflichtung sämtliche Maßnahmen, damit der betreffende Raum als Hobbyraum genutzt werden kann, wozu der Einbau einer Abdichtung gegen eindringende Feuchtigkeit gehört.4 Die übernommene Verpflichtung zur Erneuerung schadhafter Kellerwände und das Aufbringen eines Anstrichs beinhaltet die Pflicht zur Herstellung eines trockenen Untergrundes und damit ggf. das Anbringen einer Abdichtung.5 1 2 3 4 5

BGH, Urt. v. 23.6.2005 – VII ZR 200/04, MDR 2005, 1284 = NJW 2005, 3420. BGH, Urt. v. 23.6.2005 – VII ZR 200/04, MDR 2005, 1284 = NJW 2005, 3420. OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.7.1998 – 15 U 191/97, BauR 2000, 1204. OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.5.2003 – 5 U 33/00, BauR 2004, 1014 (1016). OLG Nürnberg, Urt. v. 15.12.2005 – 13 U 1911/05, BauR 2007, 413.

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Lässt sich nicht feststellen, ob die Parteien nach dem Vertrag eine bestimmte Beschaffenheit bzw. Verwendung vorausgesetzt haben, ist schließlich die gewöhnliche Verwendung und übliche Beschaffenheit maßgebend. Insoweit ist eine Werkleistung geschuldet, die den anerkannten Regeln der Technik im Zeitpunkt der Abnahme entspricht.1 Beispiel: Der Bauträger hat das Bauwerk nach den anerkannten Regeln der Technik zu errichten und insbesondere die jeweiligen gewerkespezifischen DIN-Vorschriften zu beachten. Gemäß DIN 18195 Teil 5 Ziff. 7.1.6 sind zur Vermeidung von Feuchtigkeitsschäden an darunter gelegenen Wohnungen Balkonplatten mit einer Abdichtung zu versehen, die am Baukörper grundsätzlich 15 cm hochzuführen ist. In der Baupraxis wird dies gelegentlich bei der Ausführung von Balkontüren nicht beachtet. Eine Unterschreitung des vorgenannten Maßes ist nur bei zusätzlichen Entwässerungseinrichtungen zulässig (z.B. Entwässerungsrinne vor Balkontür). Andernfalls liegt ein Mangel vor. – Das Werk eignet sich nicht zur gewöhnlichen Verwendung, wenn die erforderliche Baugenehmigung nicht erteilt wurde.2

Der vom Bauträger geschuldete funktionelle Werkerfolg ist ggf. im Wege der Auslegung zu ermitteln. Insbesondere schuldet der Bauträger nicht notwendig nur die in der Baubeschreibung aufgeführten Leistungen. Vielmehr können sich auf Grund der Begleitumstände des Vertragsschlusses, etwa aus Prospektangaben, weitergehende Leistungspflichten ergeben.3 Gleiches gilt, wenn der Vertrag sog. Vollständigkeitsklauseln enthält („schlüsselfertige Sanierung“ oder „Sanierung bis auf die Grundmauern“).4 Gerade bei Bauträgerverträgen über zu sanierende Altbauten kann sich daraus eine umfassende Leistungspflicht ergeben. Aber auch aus Art und Bedeutung der in der Baubeschreibung aufgeführten Leistungen kann eine Verpflichtung zur Totalsanierung folgen. Sind die darin explizit aufgeführten Leistungen nach Umfang und Bedeutung so gravierend, dass diese mit Bauarbeiten an einem Neubau vergleichbar sind oder für das gesamte Gebäude bautechnisch und funktional aufeinander abgestimmt sein müssen und nicht isoliert beurteilt werden können, schuldet der Bauträger insgesamt eine umfassende Sanierung.5 (2) Rechte wegen Mängeln des Bauwerkes 72

Wie eingangs erläutert, ist der Bauträgervertrag ein gemischter Vertrag, der u.a. Elemente des Werkvertrages und des Kaufvertrages enthält. Demge1 BGH, Urt. v. 14.6.2007 – VII ZR 45/06, MDR 2007, 1252 = NJW 2007, 2983. 2 BGH, Urt. v. 12.4.2013 – V ZR 266/11, NotBZ 2013, 297 m. Anm. Krauß = MDR 2013, 700 = ZWE 2013, 260. 3 BGH, Urt. v. 25.10.2007 – VII ZR 205/06, MDR 2008, 138 = BauR 2008, 351 ff.; ausführlich Ott in Harz/Riecke/Schmid, Handbuch des Fachanwalts, Kap. 27, Rz. 34 ff. 4 BGH, Urt. v. 7.5.1987 – VII ZR 366/85, MDR 1987, 834 = NJW 1988, 490 (492); BGH, Urt. v. 16.12.2004 – VII ZR 257/03, NotBZ 2005, 147 = MDR 2005, 622 = NZM 2005, 187 (189). 5 BGH, Urt. v. 26.4.2007 – VII ZR 210/05, MDR 2007, 1012 = NotBZ 2007, 290 = ZWE 2007, 404 (406); BGH, Urt. v. 7.5.1987 – VII ZR 366/85, MDR 1987, 834 = NJW 1988, 490 (491); BGH, Urt. v. 21.4.1988 – VII ZR 146/87, NJW 1988, 1972.

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II. Erwerb von Wohnungseigentum

mäß sind die Mängel der Werkleistung (z.B. Errichten des Gebäudes, Sanierungsarbeiten bei Altbaumodernisierungen, Anlegen der Außenanlagen etc.) nach Werkvertragsrecht zu beurteilen, wohingegen für Mängel der kaufvertraglichen Eigentumsverschaffungspflicht die Vorschriften des Kaufrechts gelten.1 Siehe dazu auch Übersicht 3, Rz. 83. Wegen Mängeln der Werkleistung kann der Erwerber bis zur Abnahme Erfüllung, d.h. die Herstellung des versprochenen mangelfreien Werkes, verlangen (§ 631 Abs. 1 BGB). Bei wesentlichen Mängeln besteht ein Recht zur Verweigerung der Abnahme (§ 640 Abs. 1 BGB). Unwesentliche Mängel, derentwegen eine Abnahme nicht verweigert werden kann, liegen vor, wenn es dem Erwerber nach deren Art und Umfang zuzumuten ist, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung anzunehmen und sich mit Mängelrechten zu begnügen.2 Ein wesentlicher Mangel ist dagegen anzunehmen, wenn die Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigt oder der Aufwand für die Mängelbeseitigung nicht unerheblich ist. Eine Abnahme kann ausdrücklich erfolgen und etwa im Anschluss an eine gemeinsame Abnahmebegehung erklärt werden. Möglich ist auch eine konkludente Abnahme, sofern der Erwerber hierdurch eine Anerkennung als vertragsgemäße Leistung zum Ausdruck bringt. Ein solches Verhalten liegt nicht bereits im Einzug des Erwerbers in seine Wohnung, wohl aber wenn er zusätzlich widerspruchslos die Vergütung entrichtet und nicht innerhalb eines nach den Umständen des Einzelfalls angemessenen Zeitraumes Mängel rügt. Einer Abnahme steht es gleich, wenn der Erwerber die Werkleistungen nicht innerhalb einer vom Unternehmer gesetzten angemessenen Frist abnimmt (§ 640 Abs. 1 Satz 2 BGB). In diesem Fall wird die Abnahme fingiert, wobei auch hier Voraussetzung eine im Wesentlichen mangelfreie Leistung ist.

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Jeder Erwerber ist aufgrund seines individuellen Erwerbsvertrages mit dem Bauträger verpflichtet aber auch berechtigt, sowohl das Sondereigentum als auch das Gemeinschaftseigentum selbst abzunehmen.3 Da das Sondereigentum regelmäßig vor dem gemeinschaftlichen Eigentum fertig gestellt wird, enthalten Bauträgerverträge häufig eine Bestimmung, wonach das Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum jeweils separat abgenommen werden sollen. Desgleichen enthalten Bauträgerverträge häufig Abnahmeklauseln, wonach eine Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums mit Wirkung für alle Erwerber einheitlich durch einen Dritten erfolgen soll, um einen Gleichlauf der Verjährungsfristen für Mängelrechte zu erreichen. Derartige AGB-Klauseln sind meist nach §§ 307 ff. BGB unwirksam.4

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1 A.A. Thode, NZBau 2002, 297 (299): einheitlich Werkvertragsrecht. 2 Palandt/Sprau, § 640 BGB Rz. 9. 3 BGH, Urt. v. 21.2.1985 – VII ZR 72/84, MDR 1986, 45 = WM 1985, 664; BayObLG, Beschl. v. 30.4.1999 – 2 Z BR 153/98, BayObLG v. 30.4.1999 – 2Z BR 153/98, NJW-RR 2000, 13 (15). 4 Zu unwirksamen Klauseln s. Ott, ZWE 2013, 253 ff.

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum Beispiele: Eine Ermächtigung des vom Bauträger bestellten ersten Verwalters zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums für alle Erwerber ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB wegen der Beschränkung wesentlicher Vertragsrechte unwirksam.1 Dies gilt wegen der bestehenden Interessenkollision erst recht, wenn sich der Bauträger selbst zum Erstverwalter bestellt.2 Unwirksam ist ferner eine Klausel, wonach die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen vom Bauträger vorgegebenen Sachverständigen erfolgen soll und die Widerrufbarkeit der Ermächtigung durch den Erwerber nicht unmissverständlich klargestellt ist.3 Desgleichen unwirksam ist eine Klausel, dernach ein späterer Erwerber (Nachzügler) an eine bereits erfolgte Abnahme gebunden sein soll.4

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Die Abnahme setzt die Verjährungsfristen für die Mängelrechte in Lauf. Diese betragen fünf Jahre (§ 634a Abs. 1 Nr. 5 BGB). Zudem führt die Abnahme zu einer Umkehr der Beweislast. Nach der Abnahme muss der Erwerber das Vorliegen von Mängeln beweisen. Zudem beschränkt sich sein Erfüllungsanspruch auf das hergestellte und als Erfüllung angenommene Werk. Der Erwerber kann nicht mehr Neuherstellung verlangen, sondern ist auf die Mängelrechte beschränkt.5 Des Weiteren bewirkt die Abnahme den sog. Gefahrübergang (zufällige Verschlechterung oder Untergang) und führt bei fehlendem Vorbehalt zum Verlust eines Vertragsstrafenanspruchs bzw. bei positiver Kenntnis eines Mangels und fehlendem Vorbehalt zum Verlust verschuldensunabhängiger Mängelrechte. Die Abnahme hat mithin ausschließlich für Erwerber negative Konsequenzen.

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Die Wohnungseigentümer können nicht durch Beschluss eine Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums zur gemeinschaftlichen Angelegenheit machen und etwa den Verwalter zur Abgabe einer entsprechenden Erklärung ermächtigen.6 Den Wohnungseigentümern fehlt insoweit die Beschlusskompetenz. Es handelt sich nicht um „sonstige Rechte, die gemeinschaftlich geltend gemacht werden können“ und wegen der Doppelnatur der Abnahme auch nicht um „sonstige Pflichten, die gemeinschaftlich zu erfüllen sind“ i.S.d. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG.7 Denn die Abnahme ist ein ausschließliches individualvertragliches Recht bzw. individualvertragliche Pflicht eines jeden einzelnen Erwerbers, die ihm vom Bauträger konkret 1 BGH, Beschl. v. 12.9.2013 – VII ZR 308/12, NotBZ 2013, 467 m. Anm. Suppliet = MDR 2013, 1336 = NotBZ 2014, 107 = MietRB 2013, 328 = ZWE 2013, 455 (m. Anm. Ott); OLG Frankfurt, Urt. v. 30.9.2013 – 1 U 18/12, ZWE 3013, 457; OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.10.2012 – 23 U 112/11, BauR 2013, 470 (473 f.); OLG Brandenburg, Urt. v. 13.6.2013 – 12 U 162/12, BeckRS 12027. 2 OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.1979 – 13 U 7/79, MDR 1980, 495. 3 OLG Frankfurt, Urt. v. 30.9.2013 – 1 U 18/12, MietRB 2014, 80 = ZWE 3013, 457; OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.9.2011 – 8 U 106/10, NotBZ 2012, 113 = MietRB 2012, 18 = MietRB 2012, 19 NJW 2012, 237. 4 OLG Frankfurt, Urt. v. 30.9.2013 – 1 U 18/12, MietRB 2014, 80 = ZWE 3013, 457. 5 Palandt/Sprau, § 640 BGB Rz. 11. 6 Ott in Harz/Riecke/Schmid, Handbuch des Fachanwalts, Kap. 27, Rz. 107; Pause/ Vogel, ZMR 2007, 577 (581). 7 Ott in Harz/Riecke/Schmid, Handbuch des Fachanwalts, Kap. 27. Rz. 108.

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II. Erwerb von Wohnungseigentum

versprochenen Leistungen als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung zu billigen. Wegen der ausschließlich negativen individualvertraglichen Konsequenzen hat jeder Erwerber selbst darüber zu entscheiden, ob er subjektiv die Leistung des Bauträgers als im Wesentlichen ordnungsgemäße Vertragserfüllung billigt. Insoweit ist die Rechtslage keine andere als im Hinblick auf die Geltendmachung von Rückabwicklungsansprüchen (Rz. 88). Auch bestehen keine schützenswerten Interessen des Bauträgers. Dieser kann bei bestehender Abnahmereife im jeweiligen Vertragsverhältnis den einzelnen Erwerber gerichtlich auf Abnahme bzw. inzident durch Vergütungsklage in Anspruch nehmen oder bei Zahlungsverzug den Rücktritt vom Vertrag erklären. Die Abnahme kann wegen des subjektiven Momentes der individuellen Billigung als vertragsgemäße Leistung zudem nur von dem einzelnen Erwerber erklärt werden. Nur dieser kann entscheiden, ob sein Individualvertrag entsprechend erfüllt wurde. Bedeutsam ist dies nicht nur wegen des Umstandes, dass Erwerbsverträge in der Praxis nicht selten inhaltsverschieden sind, sondern vor allen Dingen wegen der ausschließlichen nachteilgen Konsequenzen einer Abnahme für die einzelnen Erwerber. Anderenfalls könnte die Gemeinschaft auf Grund eines Ansichziehungsbeschlusses etwa eine Abnahme trotz fehlender Abnahmereife und damit nicht bestehender Verpflichtung zur Abnahme erklären und damit in unzulässiger Weise in die Individualverträge der Erwerber eingreifen (Begründung der Fälligkeit der Vergütung; Gefahrübergang; Übergang der Darlegungs- und Beweislast für Mängel; Ausschluss von Mängelrechten auf Grund unterbliebenen Vorbehaltes gem. § 640 Abs. 2 BGB etc.). Aus diesem Grunde handelt es sich nicht um „sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, die gemeinschaftlich ausgeübt werden können oder zu erfüllen sind“ (§ 10 Abs. 6 Satz 3 WEG), sondern um individuelle Rechte. Auch handelt es sich nicht um Rechte oder Pflichten von Wohnungseigentümern, sondern von Erwerbern, die regelmäßig vor Entstehen der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden sind und das Verhältnis von Wohnungseigentümern nicht betreffen. Ein gleichwohl gefasster Beschluss wäre mangels Beschlusskompetenz nichtig und widerspräche zudem bei fehlender Abnahmereife auch den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Bei Mängeln der Werkleistung gesteht gem. § 634 BGB primär ein Anspruch auf Nacherfüllung. Dabei kann der Bauträger als Unternehmer entscheiden, ob er das Werk neu herstellt oder den Mangel beseitigt und auf welche Art und Weise er dies tut. Hierfür kann dem Bauträger eine angemessene Nachfrist gesetzt und nach deren Ablauf die Selbstvornahme, d.h. die Mangelbeseitigung auf Kosten des Bauträgers, durchgeführt und hierfür Kostenvorschuss verlangt werden. Zudem besteht die Möglichkeit vom Vertrag zurückzutreten, die Minderung der Vergütung zu erklären, Schadensersatz statt der (ganzen) Leistung oder Aufwendungsersatz zu verlangen. Angemessen ist eine Frist, innerhalb derer der Bauträger die Fertigstellung der geschuldeten Leistungen unter größter Anstrengung durchführen kann. Nach den Umständen des Einzelfalls kann dieser verpflichtet sein, die Anzahl der Arbeitskräfte zu verdoppeln bzw. zu verdreifachen bis hin 35

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum

zur Durchführung von Doppelschichten und Samstagsarbeit.1 Ist die gesetzte Frist zu knapp bemessen, wird grundsätzlich eine angemessene Frist in Lauf gesetzt.2 Einer Fristsetzung bedarf es bei ernsthafter und endgültiger Verweigerung einer geeigneten Mangelbeseitigung nicht.3 78

Ferner steht dem einzelnen Erwerber gegenüber dem Vergütungsanspruch des Bauträgers bei Mängeln ein (beschränktes) Leistungsverweigerungsrecht (Zurückbehaltungsrecht) in Höhe eines angemessenen Teils der Vergütung, in der Regel des Doppelten der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten (§ 641 Abs. 3 BGB) zu.4 Beispiel: Sind Mängel am Gemeinschaftseigentum in einer Größenordnung von 50 000 Euro vorhanden, kann jeder Erwerber die Zahlung eines Teils der an den Bauträger zu entrichtenden Vergütung i.H.v. mindestens 100 000 Euro verweigern und ist nicht nur auf eine seinem Miteigentumsanteil entsprechende Quote beschränkt.5

(3) Rechte wegen Mängel des Kaufgegenstandes 79

Auch die Verpflichtung des Bauträgers zur Eigentumsverschaffung kann mangelhaft erfüllt sein. Als nach Kaufrecht zu beurteilende Mängel kommen Sachmängel am Grundstück (z.B. Altlasten) oder der nicht zu sanierenden Bausubstanz bei Altbaumodernisierungen und Rechtsmängel am Grundstück/Wohnungseigentum (z.B. Vermietung, Belastung mit vom Erwerber nicht zu übernehmenden Grundpfandrechten) in Betracht.6 Die Rechte des Erwerbers wegen Mängeln des Kaufgegenstandes entsprechen weitgehend den Rechten wegen Mängeln am Bauwerk. Allerdings gibt es einige signifikante Unterschiede. Der Erwerber hat zunächst gegenüber dem Bauträger als Verkäufer einen Anspruch auf Erfüllung, d.h. mangelfreie Eigentumsverschaffung. Dieser Anspruch besteht im Gegensatz zum Werkvertragsrecht allerdings nur bis zur Übergabe, d.h. bis zum Besitzwechsel.

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Mit der Übergabe beginnen die Verjährungsfristen für die Mängelrechte zu laufen. Diese betragen ebenfalls fünf Jahre (§ 438 Abs. 1 Nr. 2a BGB). Da die Übergabe regelmäßig vor der Abnahme stattfindet, verjähren kaufvertragliche Mängelrechte (z.B. wegen Altlasten am Grundstück) vor den

1 BGH, Urt. v. 23.2.2006 – VII ZR 84/05, NotBZ 2006, 166 = MietRB 2006, 241 = NJW 2006, 2254 (2257); OLG Hamm, Urt. v. 31.5.2007 – 24 U 150/04, BauR 2007, 1737. 2 BGH, Urt. v. 21.6.1985 – V ZR 134/84, MDR 1986, 302 = WM 1985, 1106, 1107; OLG Hamm, Urt. v. 31.5.2007 – 24 U 150/04, BauR 2007, 1737. 3 OLG Düsseldorf, Urt. v. 4.4.2006 – 12 U 135/05, IBR 2007, 1066. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.3.2010 – I – 21 W 8/10, ZWE 2010, 267 (268). 5 BGH, Urt. v. 25.2.1999 – VII ZR 208/97, MDR 1999, 608 = NJW 1999, 1705; a.A. BGH, Urt. v. 22.12.1995 – V ZR 52/95, MDR 1996, 1004 = NJW 1996, 1056: jeweils zum Schadensersatz. 6 Pause, NZBau 2000, 234 (236).

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II. Erwerb von Wohnungseigentum

werkvertraglichen Mängelrechten (z.B. wegen mangelhaft hergestellter Außenanlagen). Nach der Übergabe kann wegen kaufvertraglicher Mängel vom Bauträger wie im Werkvertragsrecht Nacherfüllung verlangt werden (§ 437 BGB). Hierzu kann dem Bauträger eine Nachfrist gesetzt und nach deren Ablauf der Rücktritt vom Vertrag bzw. die Minderung erklärt oder Schadensersatz statt der (ganzen) Leistung bzw. Aufwendungsersatz verlangt werden. Anders als im Werkvertragsrecht besteht bei kaufvertraglichen Mängeln allerdings nicht das Recht zur Durchführung der Selbstvornahme auf Kosten des Bauträgers und auf Kostenvorschuss.

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Nach der Schuldrechtsreform dürften auch Bauträgerverträge ohne Herstellungsverpflichtung, in denen der Bauträger lediglich die Verschaffung von Wohnungseigentum bezogen auf ein bereits fertiggestelltes Gebäude verspricht, ausschließlich der Mängelhaftung des Kaufrechts unterliegen.1 Zuvor hatte die h.M.2 auf derartige Verträge, die eine Neuherstellung oder umfassende Sanierung eines Gebäudes zum Gegenstand hatten, die Vorschriften des Werkvertragsrechts vor allem deswegen angewandt, weil im früheren Kaufrecht die Gewährleistungsansprüche bereits nach einem Jahr verjährten und ein Nachbesserungsrecht nicht bestand. Der Gesetzgeber hat nunmehr die Mängelrechte des Kauf- und Werkvertragsrechtes weitgehend aneinander angeglichen. Nunmehr hat auch der Käufer einen Anspruch auf Nacherfüllung und die kaufvertraglichen Mängelrechte verjähren ebenfalls innerhalb von fünf Jahren, so dass für eine entsprechende Anwendung der Mängelrechte des Werkvertragsrechts kein Grund mehr besteht.3 Der BGH hat dies bislang offen gelassen.4

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1 Hertel, DNotZ 2002, 6 (18); Brambring, DNotZ 2001, 904 (906); Teichmann, ZfBR 2002, 13 (19); Ott, NZBau 2003, 233, 238 f.; a.A. Thode, NZBau 2002, 297 (299). 2 BGH, Urt. v. 21.2.1985 – VII ZR 72/84, MDR 1986, 45 = NJW 1985, 1551; BGH, Urt. v. 27.9.1990 – VII ZR 316/89, MDR 1991, 428 = BauR 1991, 85 (86); BGH, Urt. v. 29.6.1989 – VII ZR 151/88, MDR 1989, 1092 = NJW 1989, 2748 (2749). 3 A.A. Thode, NZBau 2002, 297 (299): Unter Verweis auf weiterhin bestehende Unterschiede, etwa das fehlende Recht zur Selbstvornahme oder den unterschiedlichen Beginn der Verjährungsfrist ab Übergabe bzw. Abnahme. 4 BGH, Urt. v. 26.4.2007 – VII ZR 210/05, MDR 2007, 1012 = NotBZ 2007, 290 = ZWE 2007, 404 (406).

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum

Übersicht 3: Mängelrechte 83 Bauträgervertrag mit Bauverpflichtung

Werkvertragsrecht (§§ 634 ff. BGB)

Kaufvertragsrecht (§§ 437 ff. BGB)

(Bauleistung)

(Gegenstände der Eigentumsverschaffungspflicht)

Nacherfüllung

Nacherfüllung

Nach Fristsetzung

Nach Fristsetzung

weiterhin Nacherfüllung

weiterhin Nacherfüllung

Selbstvornahme

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Rücktritt (als Gestaltungsrecht)

Rücktritt (als Gestaltungsrecht)

Minderung (als Gestaltungsrecht)

Minderung (als Gestaltungsrecht)

Schadensersatz statt der (ganzen) Leistung (neben Rücktritt)

Schadensersatz statt der (ganzen) Leistung (neben Rücktritt)

Aufwendungsersatz

Aufwendungsersatz

II. Erwerb von Wohnungseigentum

(4) Geltendmachung der Mängelrechte Wie bereits erläutert, hat jeder Erwerber aufgrund seines Erwerbsvertrages einen individuellen Anspruch auf mangelfreie Eigentumsverschaffung und mangelfreie Herstellung des versprochenen Bauwerkes. Jeder Erwerber ist damit Inhaber der Mängelrechte.1 Der Einzelne ist allerdings in deren Ausübung teilweise Beschränkungen unterworfen. Insoweit ist zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum und den einzelnen Mängelrechten zu differenzieren.

84

Im Hinblick auf sein Sondereigentum ist jeder Erwerber befugt, die ihm zustehenden Mängelrechte selbständig auszuüben.2 Dieser kann indessen auch die Gemeinschaft ermächtigen, seine Mängelrechte hinsichtlich des Sondereigentums für ihn in gewillkürzer Prozessstandschaft geltend zu machen, wobei die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung über die Ausübung der Ermächtigung beschließen müssen.3

85

Anders ist die Situation beim gemeinschaftlichen Eigentum. Zu dessen mangelfreier Verschaffung und mangelfreier Herstellung ist der Bauträger nicht nur gegenüber einem Einzelnen, sondern gegenüber allen Erwerbern verpflichtet. Der Bauträger könnte damit wegen ein und desselben Mangels von verschiedenen Erwerbern in Anspruch genommen werden. Diese könnten verschiedene Mängelrechte ausüben, was im Ergebnis dazu führen würde, dass der Bauträger wegen eines Mangels mehrfach leisten müsste.

85a

Beispiel: Könnte wegen desselben Mangels ein Erwerber vom Bauträger Nacherfüllung verlangen und ein anderer zugleich sein Minderungsrecht ausüben, müsste der Bauträger die Kosten für eine Mangelbeseitigung aufwenden, würde aber gleichwohl von einem Erwerber nicht die volle Vergütung erhalten. Dem das Minderungsrecht ausübenden Erwerber käme dies mehrfach zugute. Er würde eine mangelfreie Sache erhalten, müsste hierfür aber nur eine geringere Vergütung bezahlen. Etwas anderes würde nur gelten, wollte man dem Bauträger nach durchgeführter Mangelbeseitigung einen Bereicherungsanspruch nach §§ 812, 818 Abs. 2 BGB gegenüber demjenigen Erwerber zubilligen, der zuvor sein Minderungsrecht ausgeübt hat.4

Unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerschutzes ist daher eine Einschränkung bei der selbständigen Geltendmachung von einzelnen Mängelrechten geboten und eine vorherige Entscheidung der Gemeinschaft zu fordern. Dies gilt insbesondere für das Minderungsrecht, den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung, wenn der Erwerber das Wohnungseigentum behalten und nur wegen der Mängel Schadensersatz verlangen will, und den Anspruch auf Aufwendungsersatz.5 Der Einzelne ist zu deren Aus1 Ott in Harz/Riecke/Schmid, Handbuch des Fachanwalts, 27. Kap. Rz. 131 f. 2 Ott in Harz/Riecke/Schmid, Handbuch des Fachanwalts, 27. Kap. Rz. 131 f. 3 BGH, Urt. v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NotBZ 2007, 204 = MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NZM 2007, 403 (405). 4 Ott, NZM 2007, 505 (507). 5 BGH, Urt. v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NotBZ 2007, 204 = MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NZM 2007, 403 (404 f. m.w.N.); Suilmann, ZWE 2013, 302 (303); a.A. Ott, NZM 2007, 505 (506 ff.)

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum

übung nur befugt, wenn von der Gemeinschaft zuvor ein entsprechender Mehrheitsbeschluss gefasst wurde. Gleiches gilt für eine Kündigung des werkvertraglichen Teils des Bauträgervertrages aus wichtigem Grund.1 87

Die vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform erforderliche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung (§ 634 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F.) war nach h.M.2 nur aufgrund einer vorherigen Mehrheitsentscheidung möglich, sofern anschließend Minderung oder der kleine Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden sollten. Begründet wurde dies damit, dass mit Fristablauf der Nacherfüllungsanspruch erlösche und ein Übergang zu den Sekundärrechten ermöglicht werde. Nach neuem Recht bedarf es keiner Ablehnungsandrohung, sondern nur noch einer Fristsetzung, deren Ablauf nicht mehr zum Ausschluss des Anspruchs auf Nacherfüllung führt, allerdings ebenfalls die Geltendmachung von Sekundärrechten (Minderung, Rücktritt, Aufwendungsersatz, Schadensersatz statt der (ganzen) Leistung) ermöglicht, weshalb es insoweit keiner vorherigen Beschlussfassung mehr bedarf3 und der einzelne Erwerber die Frist autonom setzen kann. Die Befugnis zur Fristsetzung besteht unabhängig von der individuellen Befugnis, konkrete Mängelrechte später auszuüben.4

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Eine mehrfache Inanspruchnahme des Bauträgers droht hingegen nicht bei der Ausübung des Rücktrittsrechts bzw. bei der Geltendmachung des Anspruchs auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung, da beide Rechte auf Rückabwicklung des individuellen Erwerbsvertrages gerichtet sind.5 Der Bauträger muss die jeweils erhaltene Vergütung zurückgewähren und erhält im Gegenzug die bereits an den Erwerber erbrachten Leistungen. Eines vorherigen Mehrheitsbeschlusses bedarf es hier nicht. Aus diesem Grund kann der einzelne Erwerber Rückabwicklung selbst dann noch verlangen, wenn die Gemeinschaft einen Ansichziehungsbeschluss gefasst und sich für die Ausübung eines bestimmten Mängelrechts entschieden hat.6 Auch der Anspruch auf Nacherfüllung und Kostenvorschuss kann von jedem Erwerber selbständig geltend gemacht werden, da dies allen Erwerbern gleichmäßig zugute kommt, wobei Kostenvorschuss nur an die Gemeinschaft zu Händen des Verwalters verlangt werden kann. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Wohnungseigentümer sich bereits durch Mehrheitsbeschluss für die Ausübung eines bestimmten Mängelrechtes

1 BGH, Urt. v. 19.11.1985 – IVa ZR 145/84, NJW 1986, 925 (927) zur Kündigung. 2 BGH, Urt. v. 23.2.2006 – VII ZR 84/05, NotBZ 2006, 166 = MietRB 2006, 241 = ZMR 2006, 537 (538); BGH, Urt. v. 30.4.1998 – VII ZR 47/97, MDR 1998, 1023 = NJW 1998, 2967 (2968). 3 Ott, NZBau 2003, 234 (239). 4 Fehlgehend BGH, Urt. v. 6.3.2014 – VII ZR 266/13, MDR 2014, 519 = MietRB 2014, 141 = ZfIR 2014, 367 m. Anm. Ott. 5 BGH, Urt. v. 19.8.2010 – VII ZR 113/09, MDR 2010, 1247 = MietRB 2010, 297 = MietRB 2010, 298 = BauR 2010, 2101. 6 BGH, Urt. v. 19.8.2010 – VII ZR 113/09, MDR 2010, 1247 = MietRB 2010, 297 = MietRB 2010, 298 = BauR 2010, 2101; a.A. BGH, Urt. v. 6.3.2014 – VII ZR 266/13, MDR 2014, 519 = MietRB 2014, 141 = ZfIR 2014, 367 m. Anm. Ott.

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II. Erwerb von Wohnungseigentum

entschieden haben. Der Einzelne ist dann mit der Verfolgung anderer Rechte ausgeschlossen.1 Die Wohnungseigentümer können nach h.M. durch Mehrheitsbeschluss die Ausübung von Mängelrechten gegen den Bauträger mit Ausnahme der auf Rückabwicklung von Verträgen gerichteten Rechte der Erwerber zur gemeinschaftlichen Angelegenheit machen und die Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG begründen. Dies gilt auch dann, wenn nur einem Erwerber noch Ansprüche gegen den Bauträger zustehen, etwa weil die Ansprüche der Übrigen verjährt sind.2 Der einzelne Erwerber wird damit von der individuellen Ausübung ausgeschlossen.3 Zur Verfolgung von Rechten wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum beachte auch die Übersicht auf der folgenden Seite.

1 BGH, Urt. v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NotBZ 2007, 204 = MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NZM 2007, 403 (405). 2 BGH, Urt. v. 15.1.2010 – V ZR 80/09, MDR 2010, 433 = MietRB 2010, 113 = ZWE 2010, 173 (174). 3 BGH, Urt. v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NotBZ 2007, 204 = MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NZM 2007, 403 (405); OLG München, Urt. v. 3.7.2012 – 13 U 2506/11, ZWE 2012, 380; a.A. Ott in Harz/Riecke/Schmid, Handbuch des Fachanwalts, 27. Kap. Rz. 140 f.; Ott, NZM 2007, 505 ff.

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum

Übersicht 4: Verfolgung von Rechten wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum 90 Nacherfüllung

Selbstvornahme und Kostenvorschuss

Minderung

Rücktritt

Aufwendungsersatz

Schadensersatz statt der Leistung

Schadenersatz statt der ganzen Leistung

Beschlussfassung

Ermächtigung

individuelle Verfolgung

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gemeinschaftliche Verfolgung

II. Erwerb von Wohnungseigentum

Die Mängelrechte gegenüber dem Bauträger sind vor dem Prozessgericht zu verfolgen, da es sich insoweit nicht um Streitigkeiten zwischen Wohnungseigentümern i.S.d. § 43 Nr. 1 WEG, sondern um Streitigkeiten aus dem individuellen Erwerbsvertrag handelt. Ausnahmsweise kann auch ein Verfahren vor dem WEG-Gericht in Betracht kommen, sofern der Erwerber bereits Mitglied der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft ist, der auch der Bauträger angehört (s. Rz. 129 ff.). Denn gem. § 21 Abs. 3 und 4 WEG hat jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch gegenüber allen anderen Wohnungseigentümern auf eine ordnungsmäßige Verwaltung, wozu auch die erstmalige Herstellung des planmäßigen Zustandes des gemeinschaftlichen Eigentums zählt.1 Insoweit handelt es sich um eine Streitigkeit über Rechte und Pflichten aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums i.S.d. § 43 Nr. 1 WEG. In der Praxis ist allerdings stets zu empfehlen, den Bauträger aus den individuellen Erwerbsverträgen vor dem Prozessgericht in Anspruch zu nehmen. Bei einer Verfolgung des Anspruchs auf eine ordnungsmäßige Verwaltung vor dem WEG-Gericht hätten neben dem Wohnungseigentümer-Bauträger auch alle anderen (werdenden) Wohnungseigentümer die Kosten der erstmaligen Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustandes nach Maßgabe des § 16 Abs. 2 WEG mitzutragen. Demgegenüber hätte der Bauträger im Verfahren vor dem Prozessgericht etwa eine Mangelbeseitigung vollständig auf eigene Kosten durchzuführen. Vor diesem Hintergrund widerspricht ein Beschluss über die erstmalige Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes in Eigenregie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, solange Mängelrechte gegen den Bauträger noch ausgeübt werden können und noch nicht verjährt sind. Der Beschluss wäre im Anfechtungsverfahren für ungültig zu erklären. Fassen die Wohnungseigentümer dagegen einen Beschluss über die gemeinschaftliche Verfolgung von Mängelrechten gegen Bauträger und begründen damit eine Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG, wäre dieser als Nochmitglied der Gemeinschaft zwar nicht stimmberechtigt, aber an den Kosten nach Maßgabe des Verteilungsschlüssels zu beteiligen.

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Arbeitsbeispiel 2: Verfolgung von Mängelrechten gegen den Bauträger Sachverhalt: In einer Teilungserklärung sind bestimmte Räume im Erdgeschoss als Teileigentum ausgewiesen. Der Bauträger beabsichtigt hierin eine Gaststätte zu betreiben. Zudem soll ein dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienender Raum errichtet werden. Die Erwerber, die bereits eine sog. werdende Gemeinschaft bilden (s. Rz. 129 ff.), haben beschlossen, diesen Raum als Fahrradabstellraum zu nutzen und zu diesem Zwecke bereits Fahrradständer angeschafft. Das Erdgeschoss wird jedoch nicht, wie nach der Teilungserklärung vorgesehen, vom Bauträger hergestellt. Dieser vergrößert vielmehr die Gaststättengewerbeeinheit. Dem fällt der gemeinschaftliche Raum zum Opfer. Die werdenden Wohnungseigentümer beschließen daraufhin, vom Bauträger Aufwendungsersatz für die vergeblich angeschafften Fahrradständer zu ver1 OLG Hamm, Beschl. v. 21.7.1997 – 15 W 482/96, NJW-RR 1998, 371 (372).

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum

langen. Wohnungseigentümer A ist damit nicht einverstanden und will stattdessen den Bauträger auf Nacherfüllung in Anspruch nehmen, d.h. eine Herstellung des Erdgeschosses nach Maßgabe der Teilungserklärung verlangen. Wie ist die Rechtslage? Lösung: Jeder Erwerber hat aufgrund seines individuellen Erwerbsvertrages mit dem Bauträger einen eigenen Anspruch auf mangelfreie Herstellung nicht nur des Sondereigentums, sondern auch des gemeinschaftlichen Eigentums. Jedem Einzelnen stehen daher auch die Mängelrechte zu. Nach h.M.1 soll aber gleichwohl eine Beschlusskompetenz dahingehend bestehen, die Mängelrechte einheitlich auszuüben. Die Wohnungseigentümer sollen mehrheitlich darüber befinden können, welches der Mängelrechte gegenüber dem Bauträger ausgeübt wird. Allerdings muss auch ein solcher Beschluss einer ordnungsgemäßen Verwaltung i.S.v. § 21 Abs. 3 WEG entsprechen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn eine Maßnahme ist nur dann ordnungsgemäß, wenn sie dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer dient und bei objektiv vernünftiger Betrachtungsweise nützlich ist. Die Geltendmachung lediglich eines Aufwendungsersatzanspruches ist nicht nützlich. Dem Interesse aller Wohnungseigentümer entspricht es vielmehr, dass das gemeinschaftliche Eigentum nach Maßgabe der Teilungserklärung hergestellt wird. Gemäß § 21 Abs. 4 WEG kann jeder Wohnungseigentümer von den anderen sogar eine erstmalige ordnungsgemäße Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen.2 Demgemäß entspricht es einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn gegenüber dem Bauträger solche Mängelrechte geltend gemacht werden, wonach dieser das Gemeinschaftseigentum, wie in der Teilungserklärung vorgesehen, zu errichten hat oder die Geltendmachung von Mängelrechten, welche die Wohnungseigentümer finanziell in die Lage versetzen, dies selbst zu tun (z.B. Minderung, Kostenvorschuss etc.). A kann deshalb die Mehrheitsentscheidung gem. § 46 Abs. 1 WEG innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung erfolgreich gerichtlich anfechten und nach Ungültigerklärung des Beschlusses vom Bauträger die Herstellung des Erdgeschosses nach Maßgabe der Teilungserklärung verlangen.

dd) Insolvenz des Bauträgers 93

Eine Vielzahl praktischer und rechtlicher Schwierigkeiten ergeben sich, wenn der Bauträger in Insolvenz fällt, bevor das Bauvorhaben vollendet und die Wohnanlage fertig gestellt wird. Die wesentlichen Fragen und Streitstände sollen an dieser Stelle nur kurz angerissen werden, um ein Problembewusstsein zu schaffen. (1) Vollendung des „stecken gebliebenen Baus“

93a

Wird das Bauvorhaben vom Bauträger wegen dessen Insolvenz nicht vollendet, spricht man von einem sog. „stecken gebliebenen Bau“. In diesem 1 BGH, Urt. v. 4.6.1981 – VII ZR 9/80, BGHZ 81, 35 (38) = MDR 1982, 50. 2 Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 49.

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II. Erwerb von Wohnungseigentum

Fall ist zunächst zu klären, ob ggf. der Insolvenzverwalter gegenüber den einzelnen Erwerbern aufgrund des Bauträgervertrages zu einer Restfertigstellung verpflichtet ist. Sofern die Vergütung nicht bereits komplett im Voraus an den Bauträger entrichtet wurde, sondern in Raten nach Maßgabe des § 3 Abs. 2 MaBV zu zahlen ist, liegt ein beiderseitig noch nicht erfüllter Vertrag vor. Der Insolvenzverwalter hat in diesem Fall gem. § 103 InsO ein Wahlrecht, ob er den Vertrag erfüllt und die Wohnanlage fertig stellt oder ob er die Erfüllung ablehnt. Nur wenn sich der Insolvenzverwalter für eine Erfüllung entscheidet, ist er zur Herstellung der Wohnanlage verpflichtet. Die Erwerber sollten deshalb den Insolvenzverwalter unter Fristsetzung zur Ausübung seines Wahlrechtes auffordern.

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Besteht eine Verpflichtung des Insolvenzverwalters zur Fertigstellung nicht, kommt eine gemeinsame Vollendung durch die Erwerber in Betracht. Voraussetzung hierfür ist, dass diese zumindest eine sog. werdende Wohnungseigentümergemeinschaft (s. Rz. 129 ff.) bilden. Nach h.M.1 finden die Vorschriften des WEG ab dem Zeitpunkt des Entstehens einer solchen werdenden Gemeinschaft Anwendung. Nach zutreffender Ansicht2 kann jeder (werdende) Wohnungseigentümer von den übrigen gem. § 21 Abs. 3 und 4 WEG eine Fertigstellung des gemeinschaftlichen Eigentums als Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung ohne Rücksicht auf den bereits erreichten Bautenstand verlangen. Nach anderer Ansicht3 soll sich ein solcher Anspruch aus § 22 Abs. 2 WEG ergeben und nur dann bestehen, wenn das Bauwerk bereits zu mehr als der Hälfte vom Bauträger errichtet worden ist.

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Wird ein entsprechender Beschluss gefasst, so ist dieser vom Verwalter auszuführen. Dieser hat Verträge mit ausführenden Unternehmen und Sonderfachleuten zu schließen und deren Leistungen zu überwachen und ggf. abzunehmen. Bis zum Ablauf der Verjährungsfristen hat der Verwalter sodann Baumängel festzustellen, die Wohnungseigentümer entsprechend zu unterrichten und deren Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeizuführen.4

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Zur Finanzierung der Baumaßnahmen muss zuvor ein Beschluss über eine Sonderumlage (s. Rz. 720 ff.) herbeigeführt werden, worin die finanziellen Mittel eingestellt sind.

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1 BGH, Beschl. v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = NotBZ 2008, 392 m. Anm. Otto = MietRB 2008, 270 = ZfIR 2008, 866 (867); BayObLG, Beschl. v. 5.11.1993 – 2 Z BR 83/93, NJW-RR 1994, 276 (277); BayObLG, Beschl. v. 20.11. 2002 – 2 Z BR 144/01, NZM 2003, 66 (67); OLG Hamm, Beschl. v. 21.7.1997 – 15 W 482/96, NJW-RR 1998, 371 (372); Müller, ZWE 2002, 391 (392) m.w.N.; a.A. OLG Brandenburg, Beschl. v. 9.1.2006 – 13 Wx 17/05, ZWE 2006, 447. 2 OLG Hamm, Beschl. v. 6.2.1978 – 15 W 345, 346/77, Rpfleger 1978, 182; Ott, NZM 2003, 134 ff. 3 BayObLG, Beschl. v. 20.2.1992 – 2 Z BR 159/91, WE 1993, 142; OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.11.1993 – 20 W 208/92, WuM 1994, 36. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.5.2002 – 3 Wx 148/01, ZWE 2002, 537 (539).

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum

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Haben die Erwerber die Vergütung an den Bauträger in unterschiedlicher Höhe gezahlt, sollen nach überwiegender Ansicht1 Mehrzahlungen des Einzelnen auf dessen Anteil an der Sonderumlage anzurechnen sein. Nach anderer Ansicht2 sollen die Kosten demgegenüber ausschließlich nach Maßgabe des geltenden Kostenverteilungsschlüssels ohne eine Anrechnung individueller Mehrzahlungen umgelegt werden. Dem ist zuzustimmen, da die Ursache für Zahlungen in unterschiedlicher Höhe in dem jeweiligen Vertrag mit dem Bauträger begründet ist und es sich deshalb nicht um eine Angelegenheit handelt, die das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander betrifft. (2) Inanspruchnahme von Bürgschaften

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Hat ein Erwerber aufgrund des Bauträgervertrages die gesamte Vergütung in einer Summe bereits im Voraus entrichtet und wurde ihm zum Ausgleich eine Vorauszahlungsbürgschaft gem. § 7 Abs. 1 MaBV gestellt, kann er im Falle des stecken gebliebenen Baus die bürgende Bank in Anspruch nehmen. Insbesondere kann der Erwerber verlangen, dass ihm die Aufwendungen für eine Mangelbeseitigung und die für die endgültige Fertigstellung des Bauwerks aufzuwendenden notwendigen Kosten ersetzt werden. Hinsichtlich der Mängel am Gemeinschaftseigentum gilt dies jedoch nur eingeschränkt. Nach Rechtsprechung des BGH kann der Erwerber den Bürgen nicht mehr in voller Höhe der Mangelbeseitigungskosten in Anspruch nehmen, sondern nur in Höhe des Anteils, den Erwerber im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer nach dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel zu tragen hätte.3 Hinsichtlich der Mängel des Sondereigentums haftet der Bürge in voller Höhe der Mangelbeseitigungskosten. Vom Sicherungsumfang einer Vorauszahlungsbürgschaft sollen nach der Rechtsprechung des BGH insbesondere Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung des Vertrages und alle auf Zahlung gerichteten Mängelrechte (Vorschuss auf Mangelbeseitigungskosten, Erstattung der Aufwendungen für eine Mangelbeseitigung, Schadensersatz, Minderung, Aufwendungsersatz) umfasst sein, nicht jedoch Verzugsschäden.4 Beispiel: Hat der Bauträger einen vertraglich vereinbarten Fertigstellungstermin nicht eingehalten und musste der Erwerber deshalb eine Ersatzwohnung anmieten, kann der

1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.3.1972 – 11 W 98/78, NJW 1981, 466 (467); OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.3.1991 – 20 W 114/90, ZMR 1991, 272. 2 LG Bonn, Beschl. v. 2.7.1984 – 5 T 46/84, ZMR 1985, 63 (64); Röll, NJW 1981, 466 (468). 3 BGH, Urt. v. 12.4.2007 – VII ZR 50/06, NotBZ 2007, 208 = MDR 2007, 830 = MietRB 2007, 202 = NZM 2007, 407 (410). 4 BGH, Beschl. v. 2.5.2002 – VII ZR 178/01, BauR 2002, 1390 (1391); BGH, Urt. v. 18.6.2002 – XI ZR 359/01, MDR 2002, 1299 = ZIP 2002, 1405 (1407 f.).; BGH, Urt. v. 22.10.2002 – IX ZR 393/01, MDR 2003, 282 = ZIP 2002, 2262 (2263 f.).

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II. Erwerb von Wohnungseigentum Erwerber die bürgende Bank wegen der ihm dadurch entstandenen Verzugsschäden (Mietzins) nicht in Anspruch nehmen.1

Wurde demgegenüber eine Zahlung nach Baufortschritt vereinbart und eine Bürgschaft lediglich zur Sicherung der allgemeinen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 MaBV, insbesondere zur Überbrückung des Schwebezustandes bis zur Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch, gestellt, kann der Erwerber von der bürgenden Bank eine Zahlung wegen mangelbezogener Ansprüche grundsätzlich nicht verlangen. Insoweit kommt es allerdings maßgeblich auf die Formulierung der im Vertrag getroffenen Sicherungsabrede und die Bürgschaftserklärung an. In der Praxis ergibt sich daraus gelegentlich, dass eine solche Bürgschaft auch die Vertragserfüllung absichern soll. Im Falle der Zahlung nach Baufortschritt ist der Erwerber mangels Fälligkeit nicht verpflichtet, die über den erreichten Bautenstand hinausgehenden offenen Raten an den Insolvenzverwalter zu zahlen, wenn dieser eine Restfertigstellung ablehnt.

100

b) Eigentumsübertragung Vom Abschluss des Bauträgervertrages ist die Eigentumsübertragung zu unterscheiden. Gemäß §§ 873, 925 BGB sind zur Übertragung des Wohnungseigentums eine Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber in Form der Auflassung und eine Eintragung des Erwerbers als Wohnungseigentümer im Grundbuch erforderlich. Mit der Umschreibung des Grundbuches ist die Eigentumsübertragung vollendet. Der Erwerber ist nunmehr anstelle des Bauträgers Mitglied der Gemeinschaft.

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Nach dem im deutschen Recht geltenden Trennungs- und Abstraktionsprinzip sind der schuldrechtliche Verpflichtungsvertrag (Bauträgervertrag) und die dingliche Eigentumsübertragung (Einigung und Eintragung im Grundbuch) zu unterscheiden. In der Praxis fallen der Abschluss des Bauträgervertrages und die Einigung in der Form der Auflassung gelegentlich zusammen und werden in einem Termin vor dem Notar beurkundet.

102

2. Erwerb vom Wohnungseigentümer Von der erstmaligen Übertragung von Wohnungseigentum (sog. Ersterwerb) ist der sog. Zweiterwerb zu unterscheiden. Dem sog. Zweiterwerb, d.h. der späteren Weiterveräußerung von Wohnungseigentum durch einen Wohnungseigentümer, liegt ein normaler Kaufvertrag zugrunde, der ebenfalls der notariellen Beurkundung bedarf. Zur Eigentumsübertragung ist wiederum gem. §§ 873, 925 BGB eine Einigung in der Form der Auflassung und die Eintragung im Grundbuch erforderlich.

1 BGH, Urt. v. 22.10.2002 – IX ZR 393/01, MDR 2003, 282 = ZIP 2002, 2262 (2264); a.A. wohl BGH, Urt. v. 14.1.1999 – XI ZR 140/98, MDR 1999, 602 = ZIP 1999, 394 (395 f.).

47

103

§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum

3. Veräußerungsbeschränkung (§ 12 WEG) 104

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist auf ein dauerhaftes Zusammenleben ausgerichtet. Um zu verhindern, dass Personen Wohnungseigentum erwerben, von denen eine Störung des Gemeinschaftsfriedens zu befürchten ist, kann in der Gemeinschaftsordnung eine sog. Veräußerungsbeschränkung vereinbart werden, wonach „ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf“. Eine Veräußerungsbeschränkung kann einseitig vom teilenden Eigentümer oder nachträglich durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer getroffen werden. Veräußert ein Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentum ohne die erforderliche Zustimmung, ist die Veräußerung dennoch wirksam (§ 137 Satz 1 BGB). Der Veräußerer kann sich gegenüber den anderen Wohnungseigentümern jedoch schadensersatzpflichtig machen (§§ 280, 137 Satz 2 BGB).

105

Ist die Veräußerungsbeschränkung gem. § 12 WEG als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen, sind die Veräußerung und ein zugrunde liegender Verpflichtungsvertrag zur Übertragung des Wohnungseigentums unwirksam, solange nicht die erforderliche Zustimmung erteilt wurde (§ 12 Abs. 3 WEG). Bei einer Eintragung im Grundbuch besteht also nicht lediglich eine Schadensersatzverpflichtung, eine Übertragung des Wohnungseigentums ohne die erforderlich Zustimmung ist vielmehr unwirksam.

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In der Gemeinschaftsordnung kann festgelegt werden, von der Zustimmung welcher Personen eine Veräußerung des Wohnungseigentums abhängen soll. Dies können andere Wohnungseigentümer sein, etwa der Eigentümer der Nachbarwohnung. Zustimmungspflichtig kann auch ein außenstehender Dritter, etwa – wie im Regelfall – der Verwalter sein. Die Wohnungseigentümer können indessen durch Beschluss die Erklärungskompetenz an sich ziehen und an Stelle des Dritten entscheiden.1 Der Verwalter kann auch eine Entscheidung der Wohnungseigentümer durch Beschluss herbeiführen, etwa wenn Unsicherheit darüber besteht, ob ein wichtiger Grund in der Person des Erwerbers zur Versagung der Zustimmung vorliegt. Eine vom Verwalter erteilte Veräußerungszustimmung bleibt wirksam, auch wenn dessen Bestellungszeit vor Stellung des Antrages auf Eigentumsumschreibung endet.2

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Die Erteilung einer nach der Gemeinschaftsordnung erforderlichen Zustimmung darf gem. § 12 Abs. 2 WEG allerdings nur aus wichtigem Grund verweigert werden. Hintergrund hierfür ist der Umstand, dass eine Beschränkung des verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsrechts des Veräußerungswilligen nur dann zulässig ist, wenn wegen überwiegender Interessen die kollidierenden Eigentumsrechte der anderen Wohnungs1 OLG Köln, Beschl. v. 6.8.2009 – 16 Wx 133, 134/08, ZWE 2010, 42. 2 BGH, Beschl. v. 11.10.2012 – V ZB 2/12, NotBZ 2013, 25 = MDR 2013, 22 = MietRB 2013, 16 = ZWE 2013, 21 (22).

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II. Erwerb von Wohnungseigentum

eigentümer vorgehen. Ein wichtiger Grund für eine Zustimmungsverweigerung liegt vor, wenn die Veräußerung gerade an einen bestimmten Dritten für die übrigen Wohnungseigentümer wegen eines von diesem zu befürchtenden gemeinschaftswidrigen Verhaltens unzumutbar ist.1 Die Unzumutbarkeit muss sich also aus der Person des potentiellen Erwerbers ergeben und ist etwa anzunehmen, wenn dieser voraussichtlich finanziell nicht in der Lage sein wird, seine Beitragsverpflichtungen zu erfüllen oder wenn dieser in der Vergangenheit bereits durch gemeinschaftsstörende Verhaltensweisen aufgefallen ist. Beispiele: Abgabe einer negativen Vermögensauskunft mit eidesstattlicher Versicherung nach § 802c ff. ZPO durch den Erwerber, Körperverletzungen gegenüber anderen Wohnungseigentümern oder Beschädigungen des gemeinschaftlichen Eigentums in der Vergangenheit, beabsichtigte unzulässige bauliche Veränderungen, potentielle Störungen anderer Wohnungseigentümer.

Aus anderen Gründen darf die Zustimmung nicht verweigert werden. Die Erteilung der Zustimmung darf insbesondere nicht versagt werden, wenn lediglich Meinungsverschiedenheiten bestehen oder der Erwerber einigen Wohnungseigentümern unsympathisch bzw. missliebig ist und erst recht nicht aus Gründen, die in der Person des Veräußerers liegen (z.B. Wohngeldrückstände). Den Wohnungseigentümern ist es auch untersagt, eine von § 12 Abs. 2 WEG abweichende Vereinbarung zu treffen und unwichtige Gründe zu wichtigen Gründen zu erklären.2

108

Wird nach dem Vorgenannten die Zustimmung zu einer Übertragung des Wohnungseigentums zu Unrecht verweigert, kann der veräußernde Wohnungseigentümer seinen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung gerichtlich geltend machen. Mit Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung gilt die Zustimmung als erteilt (§ 894 ZPO). Eine zu Unrecht verweigerte Zustimmung kann nicht unerhebliche Schadensersatzansprüche des veräußernden Wohnungseigentümers gegen den Zustimmungspflichtigen begründen, etwa wenn dessen Erwerber zurücktritt und das Wohnungseigentum nicht oder nur zu einem geringeren Preis anderweitig veräußert werden kann. Die Zuständigkeit des Gerichts hängt davon ab, von welcher Person die Zustimmung zu erteilen ist. Handelt es sich dabei um einen anderen Wohnungseigentümer bzw. den Verwalter, ist das WEG-Gericht zuständig (§ 43 Nr. 1 bzw. Nr. 2 WEG). Verweigert demgegenüber ein sonstiger Dritter die Zustimmung, ist vor dem Prozessgericht zu klagen. Der veräußerungswillige Wohnungseigentümer hat auch die Möglichkeit, das Einverständnis sämtlicher Wohnungseigentümer einzuholen. Dieses ersetzt dann eine nach der Gemeinschaftsordnung erforderliche Zustimmung des Verwalters bzw. eines sonstigen Dritten, denn die Wohnungseigentümer haben jederzeit die Möglichkeit, eine Veräußerungsbeschränkung wieder aufzuheben. Nach § 12 Abs. 4 WEG können die Wohnungs-

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1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.7.2005 – 20 W 493/04, NZM 2006, 380. 2 BayObLG, Beschl. v. 31.1.1980 – 2 Z BR 24/79, BayObLGZ 1980, 29.

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§ 2 Begründung, Belastung und Erwerb von Wohnungseigentum

eigentümer nunmehr auch durch Mehrheitsbeschluss über die Aufhebung einer vereinbarten Veräußerungsbeschränkung entscheiden.

III. Belastung von Wohnungseigentum 110

Das Wohnungseigentum wird im Rechtsverkehr wie ein Grundstück behandelt und kann demgemäß auch wie ein Grundstück mit beschränkten dinglichen Rechten, etwa einer Grunddienstbarkeit (z.B. Wegerecht), einem Grundpfandrecht oder einem Nießbrauchsrecht belastet werden (vgl. § 6 WEG). Hierzu bedarf es gem. § 873 BGB einer Einigung zwischen dem betreffenden Wohnungseigentümer und dem Dritten und einer Eintragung im Grundbuch. Beispiele: Im Rahmen der Veräußerung wird Wohnungseigentum regelmäßig zur Darlehenssicherung für die Finanzierung des Kaufpreises mit einer Grundschuld oder Hypothek zugunsten der finanzierenden Bank belastet. Gelegentlich findet auch eine Belastung von Wohnungseigentum mit einem Nießbrauchsrecht statt. Der Nießbraucher ist zur umfassenden Nutzung des Wohnungseigentums anstelle des Eigentümers befugt (vgl. § 1030 BGB). Ein Stimmrecht in der Versammlung steht ihm allerdings nicht zu, sofern dem Nießbraucher vom Eigentümer nicht eine Stimmrechtsvollmacht erteilt wurde.1

1 BGH, Beschl. v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, MDR 2002, 1003 = ZMR 2002, 440, 442 ff.

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer I. Grundlagen 1. Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer Die „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ bezeichnet zunächst das Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander. Das sog. Gemeinschaftsverhältnis entsteht kraft Gesetzes, wenn mehrere Miteigentümer Wohnungseigentum begründen oder erwerben (Rz. 128).1 Die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer im Verhältnis untereinander haben in den §§ 10 ff. WEG eine besondere Regelung erfahren. Diese Vorschriften sollen einen angemessenen Ausgleich zwischen den individuellen Interessen der Wohnungseigentümer und dem Gemeinschaftsinteresse schaffen. So steht etwa dem Recht zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 13 Abs. 2 Satz 1 WEG) die Pflicht jedes einzelnen Wohnungseigentümers gegenüber, die Kosten des Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums anteilig zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG). Jedem Wohnungseigentümer sind zudem besondere Rücksichtnahme- und Treuepflichten auferlegt, da er aufgrund der engen räumlichen und rechtlichen Verbindung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum die Möglichkeit hat, auf die Rechtsgüter und Interessen der anderen Wohnungseigentümer einzuwirken.

111

Beispiel: Jeder Wohnungseigentümer darf von seinem Sondereigentum nur in der Weise Gebrauch machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus ein Nachteil entsteht (§ 14 Nr. 1 WEG). Diese Pflicht verletzt etwa ein Wohnungseigentümer, der in den Räumen seines Sondereigentums zur Nachtzeit laut Musik hört.

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist in den §§ 10 ff. WEG nicht abschließend geregelt. Soweit das WEG keine besonderen Bestimmungen enthält, gelten die Vorschriften des BGB über die Bruchteilsgemeinschaft (§ 10 Abs. 2 Satz 1 WEG; §§ 741 ff. BGB).

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Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll die Ausgestaltung der Gemeinschaft weitgehend den Wohnungseigentümern überlassen bleiben. Deshalb sind die gesetzlichen Vorschriften über die Gemeinschaft grundsätzlich nicht zwingend. Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Gemeinschaftsordnung aufstellen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist (§ 10 Abs. 2 Satz 2 WEG). Auch Mehrheitsbeschlüsse gestalten das Verhältnis der Wohnungseigentümer aus, soweit den Wohnungseigen-

113

1 BGH, Beschl. v. 22.4.1999 – V ZB 28/98, MDR 1999, 924 m. Anm. Riecke = NJW 1999, 2108 (2109).

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

tümern durch Gesetz oder Vereinbarung Beschlusskompetenz eingeräumt ist (s. dazu Rz. 155 ff.).1 114

Im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander ergibt sich damit eine Rangordnung der Gemeinschaftsregelungen:

115

– Vorrang haben die wenigen zwingenden gesetzlichen Vorschriften über die Gemeinschaft (§ 11 Abs. 1 Satz 3, § 16 Abs. 5 WEG, § 20 Abs. 2, § 27 Abs. 4 WEG). Von ihnen können die Wohnungseigentümer weder durch Vereinbarung noch durch Mehrheitsbeschluss abweichen. Beispiele: Eine Vereinbarung, die einzelnen Wohnungseigentümern einen Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft einräumt, ist unzulässig (§ 11 Abs. 1 Satz 3 WEG). Die Bestellung eines Verwalters kann nicht ausgeschlossen werden (§ 20 Abs. 2 WEG). Die gesetzlichen Beschlusskompetenzen zur Regelung der Kostenverteilung nach § 16 Abs. 3 und 4 WEG können durch Vereinbarung nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden (§ 16 Abs. 5 WEG).

116

– Vereinbarungen und Beschlüsse, die die Gemeinschaftsordnung abweichend von den nicht zwingenden (dispositiven) Vorschriften des Gesetzes regeln, genießen Vorrang gegenüber der gesetzlichen Regelung. Beispiel: Vereinbaren die Wohnungseigentümer, die Lasten und Kosten der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nach Wohnflächen zu verteilen, so hat diese Kostenverteilung grundsätzlich Vorrang gegenüber der gesetzlichen Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen (§ 16 Abs. 2 WEG).

117

– Soweit die Eigentümer zur Gemeinschaftsordnung nichts Abweichendes vereinbart oder im Rahmen ihrer Beschlusskompetenz beschlossen haben, gelten die dispositiven gesetzlichen Vorschriften des WEG, im Übrigen die Vorschriften des BGB. Beispiel: Rückständige Beiträge zur Lasten- und Kostentragung sind bei Verzug mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (§§ 288 Abs. 1, 247 BGB), sofern die Wohnungseigentümer keinen anderen Zinssatz vereinbaren.

118

– In Angelegenheiten des ordnungsmäßigen Gebrauchs von Sonder- und Gemeinschaftseigentum sowie der ordnungsmäßigen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums können die Wohnungseigentümer Mehrheitsbeschlüsse fassen (§ 15 Abs. 2, § 21 Abs. 3 WEG). Möglich ist dies jedoch nur, soweit keine Vereinbarung über den Gebrauch entgegensteht (§ 15 Abs. 2 WEG) oder die Verwaltung nicht bereits durch Vereinbarung geregelt ist (§ 21 Abs. 3 WEG). Beispiel: Wohnungseigentümer können in einer Hausordnung Ruhezeiten mit Mehrheit beschließen. Ein Mehrheitsbeschluss ist unwirksam, wenn Ruhezeiten bereits in der Gemeinschaftsordnung vereinbart sind. 1 BGH, Beschl. v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500 (3502).

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I. Grundlagen

2. Gemeinschaft als Rechtssubjekt Der Begriff der „Gemeinschaft“ bezeichnet nicht nur das Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer. Die „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ ist zugleich ein Rechtssubjekt, das die Fähigkeit hat, Träger von Rechten und Pflichten zu sein.1 Sie kann bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums unter ihrem Namen („Wohnungseigentümergemeinschaft A-Straße 10–12 in PLZ B-Stadt“) eigene Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen (§ 10 Abs. 6 Satz 1 WEG). Im Prozess ist sie parteifähig. Sie kann also vor Gericht klagen und verklagt werden (§ 10 Abs. 6 Satz 5 WEG). Gerichtlich und außergerichtlich handelt die Gemeinschaft durch ihre Organe. Handlungsorgane sind die Wohnungseigentümer und der Verwalter, der nach Maßgabe des § 27 WEG zur Vertretung der rechtsfähigen Gemeinschaft ermächtigt ist (s. Rz. 655 ff.).

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Beispiel: Der durch Beschluss der Wohnungseigentümer ermächtigte Verwalter beauftragt im Namen der „Gemeinschaft“ einen Unternehmer mit der Durchführung von Instandsetzungsarbeiten am Dach der Wohnanlage. Aus dem Vertrag mit dem Unternehmer werden nicht die Wohnungseigentümer, sondern allein die rechtsfähige Gemeinschaft berechtigt und verpflichtet. Sie kann von dem Unternehmer die vertraglich geschuldete Werkleistung verlangen, schuldet aber auch die vereinbarte Vergütung.

Die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft ermöglicht es, die im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums begründeten Rechte und Pflichten einem Rechtssubjekt zuzuordnen, das von der personellen Zusammensetzung der Gemeinschaft unabhängig ist. Gegenstände des Verwaltungsvermögens, etwa die gemeinschaftlichen Gelder einer Instandhaltungsrücklage, stehen nicht den einzelnen Wohnungseigentümern, sondern der Gemeinschaft als Rechtssubjekt zu. Es stellt sich damit nicht mehr die früher umstrittene Frage, wie bei einem Eigentümerwechsel der Anteil des alten Eigentümers am Verwaltungsvermögen auf den Erwerber übergeht. Bei der Übertragung von Wohnungseigentum bleibt die Zuordnung des Verwaltungsvermögens erhalten. Als Bestandteil des Wohnungseigentums geht lediglich die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft auf den Erwerber über.

120

Die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft soll den Rechtsverkehr mit Dritten erleichtern. Solange die Rechtsfähigkeit nicht anerkannt war, konnten nur die Wohnungseigentümer durch Rechtsgeschäft Schuldverhältnisse mit Dritten begründen. Bei einem Eigentümerwechsel stellte sich etwa die Frage, ob Dauerschuldverträge bereits gem. § 10 Abs. 5 WEG gegen den Erwerber wirken2 oder ob es einer rechtsgeschäftlichen Vertragsübernahme bzw. eines Schuldbeitritts bedurfte.3

121

1 BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05 (Olympiadorf II), BGHZ 163, 154 = MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = ZWE 2005, 422 = MietRB 2005, 232. 2 So BayObLG, Beschl. v. 6.10.1986 – BReg.2 Z 88/85, MDR 1987, 57 = BayObLGZ 1986, 368 (369 f.); OLG Hamm, Beschl. v. 25.5.2000 – 15 W 119/00, ZWE 2000, 478 (480) zu § 10 Abs. 4 WEG a.F. 3 So BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 = MietRB 2005, 233 = MietRB 2005, 237 = ZWE 2005, 422 (430).

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Beispiele: Wohnungseigentümer schließen im Namen der Gemeinschaft einen Verwaltervertrag mit dem Verwalter. Nach einem Eigentümerwechsel möchte der Verwalter den Erwerber auf Zahlung der Verwaltervergütung in Anspruch nehmen. – Im Namen der Gemeinschaft schließen Wohnungseigentümer einen langfristigen Vertrag zur Überwachung und Instandhaltung der gemeinschaftlichen Anlagen mit einer Betriebsgesellschaft ab. Nachdem einige Eigentümerwechsel stattgefunden haben, möchte die Betriebsgesellschaft auch die neuen Eigentümer auf Bezahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung in Anspruch nehmen.1

122

Nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit braucht ein Gläubiger der Gemeinschaft, der Verwalter oder die Betriebsgesellschaft, nicht mehr zu klären, ob einzelne Eigentümer bereits als Mitglieder der Gemeinschaft persönlich verpflichtet wurden oder später in den Vertrag eingetreten sind.2 Verpflichtet ist allein die rechtsfähige Gemeinschaft als solche, die dem Gläubiger mit ihrem Verwaltungsvermögen haftet (s. Rz. 214 f.). Der Gläubiger kann daneben auch die einzelnen Wohnungseigentümer unmittelbar persönlich in Anspruch nehmen. Jeder Wohnungseigentümer haftet dem Gläubiger für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils (§ 10 Abs. 8 WEG, s. Rz. 217 ff.).

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Die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft beschränkt sich nicht nur auf das Verhältnis zu Dritten. Auch im Verhältnis zu den Wohnungseigentümern kann die Gemeinschaft als Rechtssubjekt Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen (§ 10 Abs. 6 Satz 1 WEG).3 Beispiele: Durch Beschluss eines Wirtschaftsplanes werden Beitragsforderungen zur Lastenund Kostentragung gegen einzelne Wohnungseigentümer begründet, die der rechtsfähigen Gemeinschaft und nicht den jeweils übrigen Wohnungseigentümern zustehen. – Ergibt sich für einen Wohnungseigentümer aus der Jahresabrechnung ein Guthaben, begründet der Beschluss über die Auszahlung des Guthabens eine entsprechende Zahlungspflicht der Gemeinschaft.

3. Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinschaftsordnung 124

Auf Grund ihrer weitgehenden Gestaltungsfreiheit können Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander, ihr Verhältnis zur rechtsfähigen Gemeinschaft und die Organisation der Gemeinschaft abweichend von den gesetzlichen Vorschriften ausgestalten und den individuellen Bedürfnissen anpassen. Die Gemeinschaftsordnung kann so ausgestaltet sein, dass im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums anstelle der rechtsfähigen Gemeinschaft weitgehend die einzelnen Wohnungs1 Vgl. BGH, Urt. v. 9.2.2004 – II ZR 218/01, ZWE 2004, 362 – Olympiadorf I; Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232, 233, 237 = ZWE 2005, 422 – Olympiadorf II. 2 Vgl. BGH, Urt. v. 9.2.2004 – II ZR 218/01, ZWE 2004, 362 zur alten Rechtslage. 3 BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 f., 237 = ZWE 2005, 422 (435).

54

I. Grundlagen

eigentümer wie Grundstückseigentümer am Rechtsverkehr teilnehmen. Durch Vereinbarung können Eigentümer zwar nicht über die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft disponieren. Die Gemeinschaftsordnung kann aber Verwaltungskompetenzen einzelnen Eigentümern übertragen. Schließt ein Eigentümer in Ausübung seiner Verwaltungskompetenz im eigenen Namen Verwaltungsrechtsgeschäfte ab, so wird hierdurch nur der Handelnde persönlich berechtigt und verpflichtet. Rechte und Pflichten der Gemeinschaft werden nicht begründet. Beispiel: In einer Doppelhausanlage stehen sämtliche Räume eines Hausteils einschließlich der jeweils vorhanden Versorgungseinrichtungen im Sondereigentum jeweils eines Wohnungseigentümers. Die Gemeinschaftsordnung bestimmt, dass jeder Wohnungseigentümer auf eigene Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums im Bereich seines Sondereigentums zu sorgen hat. Abweichend von § 28 WEG sollen keine Beiträge zur Lasten- und Kostentragung nach Maßgabe von Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung erhoben werden. Aus Verträgen, die der einzeln Eigentümer zur Versorgung oder zur Instandhaltung seines Wohnungseigentums abschließt, wird lediglich dieser persönlich, nicht aber die Gemeinschaft berechtigt und verpflichtet.

Die Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage kann eine nach Häusern getrennte Verwaltung des Gemeinschaftseigentums vorsehen. Die Eigentümer eines Hauses bilden jeweils eine Untergemeinschaft.

125

Beispiel: Die Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage bestimmt, dass die abgrenzbaren Kosten der Verwaltung, insbesondere die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nach Gebäuden getrennt zu tragen sind. Ferner ist vereinbart, dass in Angelegenheiten, die jeweils nur die Wohnungseigentümer eines Gebäudes betreffen, nur die Eigentümer des jeweiligen Gebäudes stimmberechtigt sind.

Die durch Vereinbarung gebildeten Untergemeinschaften sind nicht rechtsfähig.1 Daher kann nur die Gesamtgemeinschaft Verträge zur Versorgung oder Instandsetzung der einzelnen Häuser abschließen. Aus diesen Verträgen wird die Gemeinschaft aller Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet. Ohne Rücksicht auf seine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Untergemeinschaft haftet der einzelne Eigentümer im Außenverhältnis für die Verbindlichkeiten der Gesamtgemeinschaft anteilig nach Maßgabe seines Miteigentumsanteils (§ 10 Abs. 8 WEG; s. dazu Rz. 217 ff.). Eine hiervon abweichende, nach Untergemeinschaften getrennte Lasten- und Kostentragung, wirkt nur im Innenverhältnis.2

1 OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.1.2010 – 21 U 104/09, ZWE 2010, 336 (337); OLG Koblenz, Beschl. v. 18.10.2010 – 5 U 934/10, ZWE 2011, 91; LG Düsseldorf, Urt. v. 22.10.2009 – 19 S 40/09, NZM 2010, 288; LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 14.3.2013 – 2/13 T 90/12, ZWE 2014, 191. 2 Hügel/Elzer, § 3 Rz. 27.

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126

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Übersicht 5: Rechtsverhältnisse der Gemeinschaft (zweigliedrige Gemeinschaft) 127 WEer 1

WEer 2

rechtsfähige Gemeinschaft

Wohnungseigentum

Verwaltungsvermögen

Mitgliedschaft

Miteigentum

Wohnungseigentum

Mitgliedschaft

Gemeinschaftseigentum

Sondereigentum

Miteigentum

Sondereigentum

II. Entstehen der Gemeinschaft 1. Grundsatz 128

Als Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer entsteht die Gemeinschaft kraft Gesetzes, wenn mindestens zwei Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen sind. Bei der Begründung von Wohnungseigentum durch die Miteigentümer eines Grundstücks (§ 3 WEG) entsteht die Gemeinschaft bereits mit Eintragung der Miteigentümer in das Wohnungsgrundbuch. In dem praktisch bedeutsameren Fall der Teilung durch den Alleineigentümer (§ 8 WEG) wird mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher lediglich Wohnungseigentum in der Hand des teilenden Eigentümers begründet (s. Rz. 51). Dieser ist Inhaber sämtlicher Wohnungseigentumsrechte. Ein Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer entsteht in diesem Fall erst, wenn der teilende Eigentümer eines seiner Wohnungseigentumsrechte veräußert und der Erwerber in das Grundbuch eingetragen wird.

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II. Entstehen der Gemeinschaft

2. „Werdende Gemeinschaft“ In den Fällen der Begründung von Wohnungseigentum durch den teilenden Alleineigentümer (§ 8 WEG) sieht die Rechtsprechung ein praktisches Bedürfnis, die Vorschriften über die Gemeinschaft vor der Eigentumsumschreibung auf einen ersten Erwerber anzuwenden. Nach Abschluss der Erwerbsverträge und Übergabe der Wohnung vergehen oftmals Monate oder Jahre bis zur Eigentumsumschreibung auf die Erwerber. Beim Kauf vom Bauträger soll die Eigentumsumschreibung erst nach vollständiger Bezahlung des Kaufpreises erfolgen. Sie unterbleibt, solange die Erwerber etwa unter Hinweis auf Baumängel einen Teil des Kaufpreises zurückbehalten. Im Verhältnis zum teilenden Eigentümer haben die Erwerber nach den Erwerbsverträgen bereits ab Besitzübergang die Lasten und Kosten des Wohnungseigentums zu tragen. Deshalb soll die Bewirtschaftung der Wohnanlage nicht allein dem teilenden Eigentümer überlassen bleiben, sondern unter Mitwirkung der Erwerber nach den Regeln über die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erfolgen.

129

Dem Bedürfnis nach einer möglichst frühzeitigen Anwendung der Vorschriften des WEG über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander trägt die Rechtsprechung durch die Grundsätze über die „werdende Wohnungseigentümergemeinschaft“ Rechnung.1 Die Vorschriften über die Gemeinschaft gelten danach bereits im Verhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und solchen Ersterwerbern, denen der Besitz an der Wohnung übergeben wurde und deren Anspruch auf Verschaffung von Wohnungseigentum durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch gesichert ist. Beim Ersterwerb vom teilenden Eigentümer wird ein Erwerber also bereits vor Entstehen der Gemeinschaft Mitglied einer sog. werdenden Gemeinschaft, sobald er

130

– mit dem teilenden Eigentümer einen wirksamer Erwerbsvertrag abgeschlossen hat, – für ihn eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen – und ihm der Besitz an der fertig gestellten Wohnung eingeräumt worden ist. Die Rechtsprechung hält die Anwendung der Vorschriften über die Gemeinschaft für gerechtfertigt, weil mit Abschluss eines wirksamen Erwerbsvertrages und der Eintragung einer Auflassungsvormerkung bereits eine hinreichend gesicherte Rechtsposition des Erwerbers besteht, die einen rechtlichen Vollzug der Gemeinschaft erwarten lässt. Nach Ansicht 1 BGH, Beschl. v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = NotBZ 2008, 392 m. Anm. Otto = MietRB 2008, 270 = ZfIR 2008, 866 (867); Urt. v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, ZWE 2012, 369; BayObLG, Beschl. v. 11.4.1990 – 2Z BR 7/90, NJW 1990, 3216; Beschl. v. 19.6.1997 – 2Z BR 35/97, NJW-RR 1997, 1443 (1444); OLG Düsseldorf, Beschl. 2.2.1998 – 3 Wx 345/97, OLGR 1998, 197; a.A. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 27.2.1998 – 5 W 252/97, NJW-RR 1998, 1094; Beschl. v. 7.5.2002 – 5 W 368/01, NZM 2002, 610 (611); OLG Brandenburg, Beschl. v. 9.1.2006 – 13 Wx 17/05, ZWE 2006, 447.

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131

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

des BGH kommt es nicht darauf an, ob die Wohnungsgrundbücher bereits angelegt sind, da auch die Eintragung einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch des noch ungeteilten Grundstücks den Erwerber vor beeinträchtigenden Verfügungen des teilenden Eigentümers schützt (§ 883 Abs. 2 BGB).1 Es genügt, dass vor Entstehen der Gemeinschaft der Erwerbsvertrag abgeschlossen und eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers eingetragen ist. Der Erwerber wird auch dann Mitglied der Gemeinschaft, wenn er nach Entstehen der Gemeinschaft Besitz erlangt.2 132

Die „werdende Wohnungseigentümergemeinschaft“ wandelt sich in eine Wohnungseigentümergemeinschaft um, sobald neben dem teilenden Eigentümer der erste Erwerber als Wohnungseigentümer in das Grundbuch eingetragen wird. In diesem Fall behalten andere Erwerber, die bereits Mitglied der werdenden Gemeinschaft waren, ihre Rechte und Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis.3 Die rechtlich in Vollzug gesetzte Wohnungseigentümergemeinschaft besteht also aus Volleigentümern und „werdenden Wohnungseigentümern“, die im Verhältnis untereinander die Rechte und Pflichten nach dem WEG und den Vereinbarungen der Gemeinschaftsordnung haben. Beispiel: Bauträger E begründet im Jahre 2012 Wohnungseigentum durch Teilungserklärung und verkauft Wohnungseigentum Nr. 1 durch notariellen Vertrag an den Erwerber A. Für A wird eine Erwerbsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Im Jahre 2014 räumt E dem A den Besitz an der fertig gestellten Wohnung ein. Dadurch entsteht eine werdende Gemeinschaft, so dass A entsprechend § 16 Abs. 2 WEG verpflichtet ist, anteilig die Lasten und Kosten des künftigen gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen. Diese Verpflichtung entfällt nicht dadurch, dass im Jahre 2015 erstmals andere Erwerber in das Grundbuch eingetragen werden. A bleibt Mitglied der nunmehr rechtlich in Vollzug gesetzten Gemeinschaft. Auch ohne Eigentumsumschreibung im Grundbuch ist er weiterhin verpflichtet, die anteiligen Beiträge zur gemeinschaftlichen Lasten- und Kostentragung zu leisten.4 S. dazu Übersicht 6 (Rz. 143).

1 BGH, Beschl. v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = NotBZ 2008, 392 m. Anm. Otto = MietRB 2008, 270 = ZfIR 2008, 866 (868); a.A. KG, Beschl. v. 30.4. 1986 – 24 W 1906/85, MDR 1986, 761 = NJW-RR 1986, 1274; Beschl. v. 17.1. 2001 – 24 W 2065/00, OLGR 2001, 188 (189); OLG Hamm, Beschl. v. 19.10.1999 – 15 W 217/99, OLGR 2000, 52 (54); offenlassend BayObLG, Beschl. v. 19.6.1997 – 2Z BR 35/97, NJW-RR 1997, 1443 (1444). 2 BGH, Urt. v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, ZWE 2012, 369 (370). 3 BayObLG, Beschl. v. 11.4.1990 – 2Z BR 7/90, NJW 1990, 3216 (3218); BayObLG v. 19.6.1997 – 2Z BR 25/97, NJW-RR 1997, 1443; OLG Hamm, Beschl. v. 19.10.1999 – 15 W 217/99, OLGR 2000, 52 (55); OLG Zweibrücken, Beschl. v. 8.12.1998 – 3 W 217/98, OLGR 1999, 147 (148); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.9.2006 – I-3 Wx 81/06, ZMR 2007, 126 (127); OLG Köln, Beschl. v. 30.11.2005 – 16 Wx 193/05, ZMR 2006, 383; a.A. noch OLG Köln, Beschl. v. 28.1.1999 – 16 Wx 3/99, NZM 1999, 765. 4 BGH, Beschl. v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = NotBZ 2008, 392 m. Anm. Otto = MietRB 2008, 270 = ZfIR 2008, 866.

58

II. Entstehen der Gemeinschaft

3. Eigentümerwechsel nach Entstehen der Gemeinschaft Die Grundsätze der „werdenden Gemeinschaft“ gelten grundsätzlich nicht für den Erwerb von Wohnungseigentum nach Entstehen der Gemeinschaft. Ist die Gemeinschaft durch Eintragung von mindestens zwei Wohnungseigentümern im Grundbuch rechtlich in Vollzug gesetzt, werden rechtsgeschäftliche Erwerber, die nicht bereits Mitglieder der „werdenden“ Gemeinschaft waren, erst mit Eintragung im Grundbuch Mitglieder der Gemeinschaft.1 Nach Ansicht des BayObLG gilt dies sowohl für den sog. Zweiterwerb von einem im Grundbuch eingetragenen Ersterwerber als auch für den Ersterwerb vom teilenden Eigentümer nach dem Entstehen der Gemeinschaft.2

133

Beispiel: Bauträger E teilt sein Grundstück in drei Wohnungseigentumseinheiten und veräußert Wohnungseigentum Nr. 1 an A und Wohnungseigentum Nr. 2 an B. Für beide Erwerber werden zunächst Auflassungsvormerkungen in das Grundbuch eingetragen. Später trägt das Grundbuchamt A als Wohnungseigentümer in das Grundbuch ein, so dass die Gemeinschaft im Verhältnis der Wohnungseigentümer E, A und dem „werdenden“ Wohnungseigentümer B rechtlich in Vollzug gesetzt ist. Erst anschließend veräußert E das Wohnungseigentum Nr. 3 an C. – Legt man die Ansicht des BayObLG3 zugrunde, wird C erst mit Eintragung im Grundbuch Mitglied der Gemeinschaft. Im Verhältnis zu den übrigen Erwerbern wäre für das Wohnungseigentum Nr. 3 weiterhin E zur anteiligen Lasten- und Kostentragung verpflichtet. Siehe dazu Übersicht 6 (Rz. 143).

Der BGH äußert Zweifel, ob auch Erwerber, die nach Entstehen der rechtlich in Vollzug gesetzten Gemeinschaft Wohnungseigentum vom teilenden Eigentümer erwerben, erst mit Eigentumsumschreibung im Grundbuch die Rechte und Pflichten aus dem Wohnungseigentum erlangen. Eine Ungleichbehandlung von Ersterwerbern, die lediglich von dem zufälligen Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung auf einen ersten Erwerber im Grundbuch abhänge, sei sachlich nicht gerechtfertigt. Das Gericht spricht sich dafür aus, „für einen gewissen Zeitraum“ auch solche Erwerber nach den Grundsätzen der „werdenden Gemeinschaft“ als Mitglieder der Gemeinschaft zu behandeln, die nach Entstehen der Gemeinschaft durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung eine gesicherte Erwerbsposition und Besitz an ihrer Wohnung erlangen.4

134

Für die Praxis bringt die Ansicht des BGH erhebliche Rechtsunsicherheiten mit sich. Bis zu welchem Zeitpunkt sind spätere Erwerber nach Entstehen der Gemeinschaft wie Mitglieder der bereits in Vollzug gesetzten Gemeinschaft zu behandeln? Der Ablauf der Verjährungsfrist von fünf Jahren

135

1 2 3 4

BGH, Beschl. v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087 (1088). BayObLG, Beschl. v. 11.4.1990 – 2Z BR 7/90, NJW 1990, 3216 (3218). BayObLG, Beschl. v. 11.4.1990 – 2Z BR 7/90, NJW 1990, 3216. BGH, Urt. v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, ZWE 2012, 369 (370); Beschl. v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = NotBZ 2008, 392 m. Anm. Otto = MietRB 2008, 270 = ZfIR 2008, 866 (869) im Anschluss an Heismann, ZMR 2004, 10 (12); kritisch Becker, ZfIR 2008, 869 (871).

59

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

für Mängelansprüche ab Abnahme des Gemeinschaftseigentums bietet hierfür keinen Anhalt.1 Bei reinen Kaufverträgen über Wohnungseigentum ohne Herstellungsverpflichtung ist von vornherein keine Abnahme des Gemeinschaftseigentums geschuldet. Die Verjährung beginnt hier mit dem Zeitpunkt der Übergabe der Wohnung an den jeweiligen Erwerber, der sich für Personen außerhalb des Vertragsverhältnisses regelmäßig nicht aufklären lässt. Die erforderliche Klarheit schafft allein der Zeitpunkt der Eintragung im Wohnungsgrundbuch. Deshalb ist an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten, wonach diejenigen, die nach dem Entstehen der rechtlich in Vollzug gesetzten Gemeinschaft Wohnungseigentum vom teilenden Eigentümer erwerben, erst mit Eigentumsumschreibung die Mitgliedschaft in der Eigentümergemeinschaft erlangen. 136

Beim Zweiterwerb von Wohnungseigentum besteht im Verhältnis der Wohnungseigentümer Unsicherheit darüber, ob dem Veräußerer oder dem Erwerber die Rechte aus dem Wohnungseigentum zustehen. Deshalb stellt die Rechtsprechung auf das formale Kriterium der Grundbucheintragung ab. Bis zur Eigentumsumschreibung im Grundbuch bleibt der Veräußerer Mitglied der Gemeinschaft, auch wenn der Übereignungsanspruch des Erwerbers durch eine Vormerkung gesichert ist. Insbesondere hat der Veräußerer bis zu diesem Zeitpunkt im Verhältnis zu den anderen Wohnungseigentümern die Lasten und Kosten des Gemeinschaftseigentums anteilig zu tragen, selbst wenn im Erwerbsvertrag etwas anderes bestimmt ist. Solange er noch Wohnungseigentümer ist, hat der Veräußerer auch ein Stimmrecht in der Versammlung der Wohnungseigentümer.2 Allerdings kann der Veräußerer den Erwerber ermächtigen, die Rechte aus dem veräußerten Wohnungseigentum auszuüben.3

137

Die genannten Grundsätze gelten nicht für den Erwerb von Wohnungseigentum im Wege der Erbfolge und für den Erwerb im Wege der Zwangsvollstreckung. Der Erwerb tritt hier unabhängig von der Eigentumsumschreibung mit dem Erbfall (§ 1922 Abs. 1 BGB) bzw. mit dem Zuschlag im Versteigerungsverfahren ein (§ 90 Abs. 1 ZVG). Die Grundbucheintragung hat lediglich berichtigende Funktion.

4. Entstehen der rechtsfähigen Gemeinschaft 138

Bisher ging es um die Frage, ab welchem Zeitpunkt ein Rechtsverhältnis von Eigentümern bzw. Erwerbern besteht, auf das die Vorschriften über die „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ Anwendung finden. Eine andere Frage ist, unter welchen Voraussetzungen die Gemeinschaft als Rechtssubjekt Rechtsfähigkeit erlangt. Nach überwiegender Ansicht ist bereits die 1 So aber Wenzel, NZM 2008, 625 (627). 2 BGH, Beschl. v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087 (1088). 3 Vgl. KG, Beschl. v. 20.7.1994 – 24 W 3942/94, NJW-RR 1995, 147; BayObLG, Beschl. v. 19.9.2001 – 2Z BR 89/01, ZWE 2001, 590 (593); OLG Celle, Beschl. v. 14.2.2002 – 4 W 6/02, OLGR 2002, 75.

60

II. Entstehen der Gemeinschaft

„werdende Gemeinschaft“ rechtsfähig.1 Bei der Begründung von Wohnungseigentum durch den Alleineigentümer entsteht also eine rechtsfähige Gemeinschaft, wenn für einen ersten Erwerber eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen und ihm Besitz an der Wohnung eingeräumt wird (s. Rz. 130). Ab diesem Zeitpunkt kann der durch Beschluss oder Vereinbarung ermächtigte Verwalter in Angelegenheiten der Verwaltung Dienstleistungs- und Versorgungsverträge mit Wirkung gegen die werdende Gemeinschaft abschließen. Verträge, die der ermächtigte Verwalter im Namen der rechtlich noch nicht in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft („WEG A-Straße, in PLZ B-Stadt“) abschließt, wirken gegen die rechtsfähige werdende Gemeinschaft. Als Rechtsträger ist die „werdende“ Gemeinschaft identisch mit der später in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft, so dass diese ohne weiteres für die im Stadium der werdenden Gemeinschaft begründeten Verbindlichkeiten haftet. Zweifelhaft ist, ob unter den Voraussetzungen einer „werdenden Gemeinschaft“ die Publizität der Gemeinschaft als Rechtssubjekt hinreichend gewahrt ist. Der Zeitpunkt der Besitzübergabe an einen ersten Erwerber ist für Dritte nicht erkennbar. Auch die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten eines ersten Erwerbers im Grundbuch des noch ungeteilten Grundstücks verschafft dem Rechtsverkehr keine Klarheit darüber, ob eine rechtsfähige Gemeinschaft aus mindestens zwei „werdenden Wohnungseigentümern“ existiert. Womöglich entfaltet die Vormerkung keine Wirkung, weil der Erwerbsvertrag unwirksam ist oder der Erwerber wirksam den Rücktritt vom Erwerbsvertrag erklärt hat. Unter diesen Umständen kann der Rechtsverkehr nicht darauf vertrauen, dass eine Gemeinschaft existiert, die ihm Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums rechtsfähig ist. Die Sicherheit des Rechtsverkehrs verlangt, dass die Gemeinschaft erst mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher Rechtsfähigkeit erlangt. Vorher handelt sich um ein „werdendes“ Rechtssubjekt, dem noch keine Rechtsfähigkeit zukommt.

139

Nach überwiegender Ansicht setzt eine rechtsfähige Gemeinschaft stets eine Mehrheit von Personen voraus.2 Demnach kann der teilende Alleineigentümer vor dem Entstehen einer werdenden Gemeinschaft der Erwerber in Angelegenheiten der Verwaltung des künftigen gemeinschaftlichen Eigentums grundsätzlich keine Rechtshandlungen mit Wirkung für und gegen die Gemeinschaft vornehmen, insbesondere keine „Einpersonen-Beschlüsse“ fassen.3 Die Rechtsprechung billigt ihm allerdings das Recht zu, in der Teilungserklärung mit Wirkung für die künftige Gemeinschaft einen Verwalter zu bestellen (s. Rz. 578).4

140

1 Klein in Bärmann, § 10 WEG, Rz. 205; Wenzel, NZM 2008, 625 (628); Jennißen/ Grziwotz, § 10 WEG, Rz. 96; Hügel/Elzer, § 3 Rz. 93; Armbrüster, GE 2007, 420 (435); Hügel, DNotZ 2005, 753 (756). 2 BGH, Beschl. v. 5.6.2008 – V ZR 85/07, ZfIR 2008, 866 (867). 3 OLG München, Beschl. v. 9.1.2006 – 34 Wx 089/05, NotBZ 2006, 253 = ZMR 2006, 308; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.1.2006 – I-3 Wx 167/05, ZMR 2006, 463. 4 BGH, Beschl. v. 20.6.2002 – V ZB 39/01, MDR 2002, 1427 = ZWE 2002, 570 (574); BayObLG, Beschl. v. 3.3.1994 – 2Z BR 142/93, MDR 1994, 798 = ZMR 1994, 483.

61

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Beispiel: Bauträger E bestellt in der Teilungserklärung den Verwalter V und schließt mit ihm im Namen der Eigentümergemeinschaft einen Verwaltervertrag ab. Nach Anlegung der Wohnungsgrundbücher veräußert E Wohnungseigentum an Erwerber, die in das Grundbuch eingetragen werden. – Nach der Rechtsprechung kann E in der Teilungserklärung zwar V zum Verwalter bestellen, nicht jedoch den Verwaltervertrag mit Wirkung für die Gemeinschaft abschließen. Der vor Entstehen einer MehrpersonenGemeinschaft geschlossene Verwaltervertrag wirkt allenfalls gegen E persönlich, so dass sich der Vergütungsanspruch des Verwalters gegen ihn richtet.1

141

Die Rechtsprechung ist nicht unproblematisch. Sowohl die Bestellung eines Verwalters als auch der Abschluss eines Verwaltervertrages sind Angelegenheiten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, über die Wohnungseigentümer nach Entstehen der Gemeinschaft mit Stimmenmehrheit beschließen können. Wenn eine rechtsfähige Gemeinschaft erst bei Veräußerung von Wohnungseigentum unter den Voraussetzungen einer werdenden Gemeinschaft entsteht, muss diese die Übernahme des Verwaltervertrages durch Beschluss der Eigentümerversammlung genehmigen. Eine Genehmigung ist auch erforderlich, wenn der teilende Eigentümer den Verwaltervertrag zunächst als Vertreter ohne Vertretungsmacht im Namen der noch nicht existierenden Mehrpersonen-Gemeinschaft abschließt. Da bis zur Einberufung einer Versammlung oftmals einige Zeit vergeht und zudem das Zustandekommen eines Genehmigungsbeschlusses ungewiss ist, droht der Gemeinschaft und dem Verwalter ein vertragsloser Zustand bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums.

142

Eine Vertragsübernahme durch die später entstehende Mehrpersonen-Gemeinschaft wäre entbehrlich, wenn bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher eine Einpersonen-Gemeinschaft des teilenden Eigentümers bestünde.2 Als einziges Mitglied der Gemeinschaft könnte der Alleineigentümer mit Wirkung für und gegen die rechtsfähige Gemeinschaft Verträge schließen oder genehmigen, ohne dass später ein Eigentümerbeschluss über eine Vertragsübernahme erforderlich wäre. Für die Anerkennung einer derartigen Einpersonen-Gemeinschaft spricht der Zweck der Rechtsfähigkeit, bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums die Kontinuität der Vertragsverhältnisse unabhängig von einem Eigentümerwechsel zu gewährleisten (s. Rz. 120).3 Da bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher in der Hand des teilenden Eigentümers Wohnungseigentum, d.h. mehrere mit Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteile am gemeinschaftlichen Eigentum entstehen, sollte auch beim Ersterwerb vom teilenden Eigentümer die Kontinuität der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gewährleistet sein.

1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.1.2006 – I-3 Wx 167/05, ZMR 2006, 463. 2 Siehe dazu Becker, ZWE 2007, 119 ff.; Becker, ZfIR 2008, 869 f.; Becker, FS Seuß (2007), S. 19 (22); vgl. auch AG Hohenschönhausen, Beschl. v. 7.9.2005 – 70 II 26/05 WEG, ZMR 2007, 153 (154) m. Anm. Meffert. 3 Vgl. BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 (167 f.) = MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 f., 237 = ZWE 2005, 422 (428 f.).

62

II. Entstehen der Gemeinschaft

Übersicht 6: Entstehen der Gemeinschaft 143 E

Grundstück

WE 1

WE 2

WE 3

E

WE 1

WE 2

WE 3

A

WE 1

E

WE 1

WE 2

WE 3

A

WE 1

E

B

WE 2

E

WE 2

A

A

B

C

– E veräußert Wohnung WE 2 an B (Ersterwerb vor Entstehen der Gemeinschaft) – „Werdende“ Gemeinschaft E/A/B, Voraussetzungen: 1. Wirksamer Erwerbsvertrag E/B 2. Auflassungsvormerkung für B im Grundbuch eingetragen 3. Übergang des Besitzes, der Nutzungen sowie der Lasten und Kosten auf B – Folge: §§ 10 ff., 43 ff. WEG gelten im Verhältnis von E, A und B

– Eintragung des A im Grundbuch als Wohnungseigentümer – Folge: Gemeinschaft E/A entsteht; §§ 10 ff., 43 ff. WEG gelten weiterhin im Verhältnis zum „werdenden“ Wohnungseigentümer B

WE 2

E

– E veräußert Wohnung WE 1 an A (Ersterwerb vor Entstehen der Gemeinschaft) – „Werdende“ Gemeinschaft E/A, Voraussetzungen: 1. Wirksamer Erwerbsvertrag E/A 2. Auflassungsvormerkung für A im Grundbuch eingetragen 3. Übergang des Besitzes, der Nutzungen sowie der Lasten und Kosten auf A – Folge: §§ 10 ff., 43 ff. WEG gelten im Verhältnis von E und A

WE 3

WE 1

B

– Teilung durch Grundstückseigentümer E (§ 8 Abs. 1 WEG) – Mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher entsteht Wohnungseigentum des E (§ 8 Abs. 2 WEG): E ist Eigentümer von WE 1, WE 2 und WE 3

WE 3 WE 1 WE 2 WE 3

– E veräußert Wohnung WE 3 an C (Ersterwerb nach Entstehen der Gemeinschaft) – Gemeinschaft A/B/C mit Eintragung des C im Grundbuch (a.A. BGH: Grundsätze der „werdenden Gemeinschaft“ gelten „für gewisse Zeit“ auch für Ersterwerber nach Entstehen der Gemeinschaft)

63

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Arbeitsbeispiel 3: Entstehen der Gemeinschaft 144

Sachverhalt: Bauträger E errichtet eine Wohnanlage auf seinem Grundstück und erklärt gegenüber dem Grundbuchamt die Teilung in drei Miteigentumsanteile verbunden mit dem Sondereigentum an jeweils drei Wohnungen. Mit der Teilungserklärung bestellt E bereits eine GmbH zur Verwalterin. Die Wohnungsgrundbücher werden im Januar angelegt. Mit notariellem Vertrag verkauft E Wohnungseigentum Nr. 1 an A. Besitz, Lasten und Kosten sowie die Nutzungen sollen zum 1. April auf A übergehen. Am 15. April wird für A eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Im Juni verkauft E Wohnungseigentum Nr. 2 mit notariellem Vertrag an B. Besitz, Nutzungen sowie Lasten und Kosten sollen zum 1. September auf B übergehen. Am 28. Oktober findet eine Versammlung statt, in der E und B jeweils gegen die Stimme des A die Genehmigung des Verwaltervertrages und den Wirtschaftsplan für das laufende Wirtschaftsjahr beschließen. Am 1. November trägt das Grundbuchamt für B eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch ein. A beantragt am 15. November bei Gericht, die Beschlüsse für ungültig zu erklären. Er ist der Ansicht, B sei nicht zur Stimmabgabe berechtigt gewesen. Wie ist die Rechtslage?

145

Lösung: Es handelt sich um eine Streitigkeit über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer (§ 43 Nr. 4 WEG), wenn im Zeitpunkt der Beschlussfassung am 28. Oktober zumindest eine „werdende Wohnungseigentümergemeinschaft“ bestanden hat. Zu diesem Zeitpunkt waren Besitz, Nutzungen, Lasten und Kosten waren bereits auf A übergegangen. Mit Eintragung einer Auflassungsvormerkung für A war vor der Beschlussfassung am 15. April eine „werdende Gemeinschaft“ im Verhältnis von E und A entstanden. Da im Zeitpunkt der Beschlussfassung für B noch keine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen war, durfte dieser nicht als Mitglied der „werdenden Gemeinschaft“ an der Beschlussfassung mitwirken. Ohne seine Mitwirkung wären keine Mehrheitsbeschlüsse gefasst worden, da E für und A gegen die Beschlussanträge gestimmt haben. Deshalb wird das Gericht die Beschlüsse auf fristgerechten Antrag des A für ungültig erklären (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG). Abwandlung: Wie ist die Rechtslage, wenn das Grundbuchamt die Auflassungsvormerkung für B am 1. Oktober einträgt? Lösung: Im Unterschied zum Ausgangsfall ist B mit Eintragung einer Auflassungsvormerkung am 1. Oktober Mitglied der „werdenden Gemeinschaft“ geworden. Er war also am 28. Oktober zur Stimmabgabe berechtigt (§ 25 Abs. 2 Satz 1 WEG analog). Die Beschlüsse sind wirksam gefasst worden, da E und B für die Anträge gestimmt haben. Sie sind nicht für ungültig zu erklären. Abwandlung: Wie ist die Rechtslage, wenn das Grundbuchamt die Auflassungsvormerkung für B am 1. Oktober einträgt, nachdem es A bereits am 15. September als Wohnungseigentümer in das Grundbuch eingetragen hat? Lösung: Mit der Eigentumsumschreibung auf A wurde die Gemeinschaft am 15. September rechtlich in Vollzug gesetzt. Wenn man mit der Ansicht des BGH die Grundsätze der „werdenden Gemeinschaft“ auch noch auf den Erst64

III. Vereinbarungen und Beschlüsse

erwerb nach Entstehen der rechtlich in Vollzug gesetzten Gemeinschaft anwendet, wird man dem vormerkungsberechtigten B ein eigenes Stimmrecht in der Versammlung zubilligen1 (s. Rz. 154). Folgt man hingegen der bisherigen Rechtsprechung, so konnte B allein durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung nach Entstehen der Gemeinschaft noch nicht das Stimmrecht aus dem Wohnungseigentum erwerben. Nach dieser Ansicht genügt es nicht, wenn der Übereignungsanspruch später durch eine Vormerkung gesichert wird und Besitz, Nutzungen, Lasten und Kosten auf den Erwerber übergehen.2 Demnach war B in der Versammlung vom 28. Oktober nicht stimmberechtigt. Die unter seiner Mitwirkung gefassten Beschlüsse sind für ungültig zu erklären, weil diese nicht mit Stimmenmehrheit zustande gekommen sind.

III. Vereinbarungen und Beschlüsse 1. Abgrenzungen Wie bereits angesprochen können Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander und die Organisation der Gemeinschaft durch Vereinbarungen und Beschlüsse regeln. Beide Rechtsgeschäfte beruhen auf einer gemeinschaftlichen Willensbildung der Wohnungseigentümer, unterscheiden sich jedoch in der Art und Weise ihres Zustandekommens und in ihren Wirkungen (s. dazu Übersicht 7, Rz. 170).

146

a) Vereinbarungen Durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer die Grundordnung ihres Gemeinschaftsverhältnisses in Ergänzung oder Abweichung von dispositiven Vorschriften des Gesetzes regeln (sog. Gemeinschaftsordnung). Sie bedürfen einer einstimmigen Entscheidung aller Wohnungseigentümer (Einstimmigkeitsprinzip). Erforderlich sind inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen aller Wohnungseigentümer. Der einzelne Wohnungseigentümer ist an eine Vereinbarung gebunden, weil er dem Inhalt der Vereinbarung zugestimmt hat. Gemäß § 10 Abs. 3 WEG wirken Vereinbarungen auch gegen Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragen sind (s. Rz. 168). In der Praxis beruht die Gemeinschaftsordnung überwiegend auf einer einseitigen Erklärung des teilenden Eigentümers. Dieser kann bereits bei der Begründung von Wohnungseigentum nach § 8 WEG das spätere Verhältnis der Wohnungseigentümer regeln. Die Erklärung wirkt wie eine Vereinbarung gegen die künftigen Erwerber von Wohnungseigentum, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragen ist (§§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4, 10 Abs. 2 WEG). 1 BGH, Beschl. v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, ZfIR 2008, 866. 2 BGH, Beschl. v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087.

65

147

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

b) Beschlüsse 148

Beschlüsse sind einer Mehrheitsentscheidung der Wohnungseigentümer zugänglich (Mehrheitsprinzip). Im Gegensatz zu Vereinbarungen wirken Mehrheitsbeschlüsse auch gegen Wohnungseigentümer, die dem Beschluss nicht zugestimmt haben. Im Unterschied zu Vereinbarungen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen Sondernachfolger nicht der Eintragung in das Grundbuch (§ 10 Abs. 3 WEG).

149

Mehrheitsbeschlüsse können grundsätzlich nur in einer Versammlung der Wohnungseigentümer gefasst werden (§ 23 Abs. 1 WEG, s. Rz. 443). Ohne eine Versammlung ist ein Beschluss nur gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss schriftlich erklären (§ 23 Abs. 3 WEG, s. Rz. 545). Im Unterschied zu Vereinbarungen sind fehlerhafte Beschlüsse nicht ohne weiteres unwirksam. Abgesehen von den Fällen einer Nichtigkeit ist ein Beschluss nur ungültig, wenn er innerhalb eines Monats angefochten und gerichtlich für ungültig erklärt wird (§§ 23 Abs. 4 Satz 2, 46 WEG). Andernfalls wird er bestandskräftig (s. Rz. 866).

2. Regelungsinhalte und -kompetenzen 150

Angesichts der aufgezeigten Unterschiede stellt sich die Frage, welche Angelegenheiten die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung regeln müssen, und welche Angelegenheiten sie durch Mehrheitsbeschluss ordnen können. Gemäß § 23 Abs. 1 WEG können die Wohnungseigentümer nur solche Angelegenheiten durch Beschluss ordnen, in denen ihnen nach dem Gesetz oder nach einer Vereinbarung Beschlusskompetenz zugewiesen ist. Fehlt die Beschlusskompetenz, kann eine Regelung allenfalls durch Vereinbarung aller Wohnungseigentümer erfolgen. Ein Mehrheitsbeschluss wäre mangels Beschlusskompetenz nichtig, ohne dass es einer gerichtlichen Ungültigerklärung bedürfte.1 a) Vereinbarungen zur Gemeinschaftsordnung

151

Durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander oder die Organisation der Gemeinschaft abweichend von den gesetzlichen Vorschriften regeln (§ 10 Abs. 2 Satz 2 WEG). Die „Grundordnung“ der Gemeinschaft kann durch Vereinbarung abweichend von den gesetzlichen Vorschriften geregelt werden, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. Nur zwingende Vorschriften beschränken die Gestaltungsmacht der Wohnungseigentümer. Diese Gestaltungsmöglichkeit nimmt in der Praxis regelmäßig der teilende Eigentümer bei der Begründung von Wohnungseigentum wahr, indem er die Gemeinschaftsordnung der künftigen Gemeinschaft durch einseitige Erklärung bestimmt (§§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4, 10 Abs. 2 WEG). 1 BGH, Beschl. v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500 (3502).

66

III. Vereinbarungen und Beschlüsse Beispiel: Eine neu zu errichtende Wohnungseigentumsanlage soll mit einem Aufzug ausgestattet werden. Es entspricht einem praktischen Bedürfnis, die künftigen Eigentümer der Erdgeschosswohnungen von den Kosten des Betriebs sowie der Instandhaltung und Instandsetzung der Aufzugsanlage freizustellen. Der teilende Eigentümer hat die Möglichkeit, insoweit eine von der gesetzlichen Kostentragungspflicht aller Wohnungseigentümer (§ 16 Abs. 2 WEG) abweichende Kostenverteilung zu bestimmen.

Vereinbarungen bestimmen nur das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und ihr Verhältnis zur rechtsfähigen Gemeinschaft. Rechtsverhältnisse zu Dritten sowie die dingliche Zuordnung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum können durch schuldrechtliche Vereinbarung nicht unmittelbar geregelt werden. Insbesondere die Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum bedarf einer Einigung aller Wohnungseigentümer in Form der Auflassung und der Eintragung in das Grundbuch (§§ 873 Abs. 1, 925 BGB; s. Rz. 55).1 Darüber hinaus ist die Möglichkeit, die Gemeinschaftsgrundordnung durch Vereinbarung zu gestalten, den allgemeinen Schranken der Privatautonomie unterworfen. Vereinbarungen sind nichtig, soweit sie inhaltlich gegen unabdingbare Vorschriften, gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstoßen.

152

Beispiele: Nichtig sind Vereinbarungen, die eine von den Vorgaben der Heizkostenverordnung abweichende Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten anordnen (vgl. § 3 HeizkostenV; s. dazu Rz. 685), entgegen § 20 Abs. 2 WEG die Bestellung eines Verwalters ausschließen (s. Rz. 559) oder entgegen § 27 Abs. 3 WEG die gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse des Verwalters beschränken (s. Rz. 562).

Vereinbarungen können ihrerseits durch Vereinbarung abgeändert oder aufgehoben werden. Auf diese Weise haben die Wohnungseigentümer die Möglichkeit, ihre Gemeinschaftsordnung den jeweiligen Bedürfnissen anzupassen. In besonderen Fällen kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass die übrigen Eigentümer einer vom Gesetz abweichenden Vereinbarung oder der Anpassung einer Vereinbarung zustimmen. Ein Anspruch auf Zustimmung zu einer Vereinbarung besteht jedoch nur, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Interessen der übrigen Eigentümer, unbillig erscheint (§ 10 Abs. 2 Satz 3 WEG).

153

Die durch die WEG-Reform 2007 in das Gesetz eingefügte Vorschrift greift die Rechtsprechung zum Anspruch auf Änderung der Gemeinschaftsordnung auf, wobei die Anforderungen gegenüber der bisherigen Rechtsprechung abgemildert sind. Die bisherige Rechtsprechung bejahte einen Anspruch auf Änderung der Gemeinschaftsordnung nur, wenn die bestehende Regelung auf Grund außergewöhnlicher Umstände als grob unbillig und

154

1 BayObLG, Beschl. v. 12.10.2001 – 2Z BR 110/01, NZM 2002, 70 (72).

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

mit Treu und Glauben unvereinbar erschien.1 Die Rspr. legt nach wie vor strenge Maßstäbe an. Jeder Wohnungseigentümer darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass Vereinbarungen nicht ohne seine Zustimmung geändert werden.2 Praktische Bedeutung erlangt der Anspruch auf Zustimmung zu einer Vereinbarung, wenn der Kostenverteilungsschlüssel für die Kosten den Gebrauchs und der Verwaltung geänderten Umständen angepasst werden soll und ein Mehrheitsbeschluss über die Änderung des Verteilungsschlüssels gem. § 16 Abs. 3, 4 WEG nicht zustande kommt (s. Rz. 690 ff.). b) Gesetzliche Beschlusskompetenzen 155

Durch Mehrheitsbeschluss können die Wohnungseigentümer nur solche Angelegenheiten der Gemeinschaft regeln, in denen sie nach dem Gesetz oder nach einer Vereinbarung zu einer Mehrheitsentscheidung ermächtigt sind. Das Gesetz räumt den Wohnungseigentümern in Angelegenheiten des ordnungsmäßigen Gebrauchs und der ordnungsmäßigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums Beschlusskompetenz ein (§§ 15 Abs. 2, 21 Abs. 3 WEG). Im Rahmen der Verwaltung können die Wohnungseigentümer insbesondere Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums beschließen. Auch über die Bestellung und Abberufung des Verwalters (§ 26 Abs. 1 WEG), über Wirtschaftplan und Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 5 WEG) und über die Bestellung eines Verwaltungsbeirats (§ 29 Abs. 1 WEG) können die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit beschließen. All diese Angelegenheiten betreffen lediglich die laufende Verwaltung; sie lassen die gesetzliche oder vereinbarte „Grundordnung“ der Gemeinschaft unberührt.

156

Nach Inkrafttreten der WEG-Reform 2007 können die Wohnungseigentümer in bestimmten Angelegenheiten auch die gesetzliche oder vereinbarte Grundordnung der Gemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss abändern. Sie können durch Stimmenmehrheit beschließen, – eine vereinbarte Veräußerungsbeschränkung gem. § 12 Abs. 1 WEG aufzuheben (§ 12 Abs. 4 WEG, s. Rz. 109). – Den gesetzlichen Kostenverteilungsschlüssel nach § 16 Abs. 2 WEG für die Verteilung der Betriebskosten und sonstigen Kosten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums abzuändern, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (§ 16 Abs. 3 WEG; s. Rz. 690 ff.).

157

In bestimmten Angelegenheiten verlangt das Gesetz einen qualifizierten Mehrheitsbeschluss. Modernisierungsmaßnahmen und eine im Einzelfall vom Gesetz abweichende Verteilung der Kosten von Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen bzw. von baulichen Veränderungen bedürfen einer Mehrheit von drei Vierteln aller stimmberechtigten Wohnungseigen1 BGH, Beschl. v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = NotBZ 2005, 32 = MietRB 2004, 352 f. = ZMR 2004, 834 (835); BayObLG, Beschl. v. 4.8.1994 – 2Z BR. 2 LG München I, Schlussurt. v. 13.6.2013 – 36 S 10305/12, ZWE 2014, 174.

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III. Vereinbarungen und Beschlüsse

tümer, die zugleich mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile entspricht (§§ 16 Abs. 4, 22 Abs. 2 WEG, s. Rz. 698 ff.). Die Wirksamkeit eines Mehrheitsbeschlusses beurteilt sich danach, ob die Grenzen der gesetzlichen Beschlussermächtigung eingehalten sind. Zwar dürfen die Wohnungseigentümer Mehrheitsbeschlüsse nur in den Grenzen der „Ordnungsmäßigkeit“ des Gebrauchs und der Verwaltung fassen. Da dies aber von den Umständen des Einzelfalls abhängt und sich die Grenzen der Ordnungsmäßigkeit häufig nicht leicht bestimmen lassen, kann die Wirksamkeit eines Beschlusses nicht davon abhängen, ob die konkrete Regelung ordnungsmäßig ist. Im Interesse der Rechtssicherheit ist die „Ordnungsmäßigkeit“ nicht Kompetenz begründend. Dasselbe gilt für qualifizierte Mehrheitserfordernisse, die über die einfache Abstimmungsmehrheit in der Eigentümerversammlung hinausgehen. Ein Mehrheitsbeschluss, der nicht mit einer erforderlichen qualifizierten Mehrheit zustande kommt oder der inhaltlich im Rahmen der Beschlusskompetenz die Grenzen der Ordnungsmäßigkeit überschreitet, ist gem. § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG nur auf fristgerechte Anfechtung für ungültig zu erklären.1

158

Beispiel: Wohnungseigentümer beschließen mit Stimmenmehrheit, einen Treppenlift in das gemeinschaftliche Treppenhaus einzubauen. Gegenstand des Beschlusses ist eine bauliche Veränderung, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung hinausgeht. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG kann diese Maßnahme beschlossen werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, der durch die Maßnahme beeinträchtigt werden. Ein Mehrheitsbeschluss, dem nicht alle beeinträchtigten Wohnungseigentümer zustimmen, wird gem. § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG bestandskräftig, wenn er nicht innerhalb eines Monats angefochten wird.

Unangefochtene Mehrheitsbeschlüsse im Rahmen der gesetzlichen Beschlusskompetenz sind grundsätzlich wirksam, auch wenn ihr Inhalt gegen die gesetzliche oder vereinbarte Grundordnung der Gemeinschaft verstößt. Diese gesetzes- oder vereinbarungswidrigen Mehrheitsbeschlüsse sind von Beschlüssen mit Vereinbarungsinhalt abzugrenzen, die darauf gerichtet sind, die gesetzliche oder vereinbarte Grundordnung abzuändern. Gemeinschaftsordnungsändernden Charakter haben Beschlüsse, die gesetzlich zugewiesene oder vereinbarte Aufgaben und Befugnisse entziehen bzw. künftige gesetzeswidrige oder vereinbarungswidrige Entscheidungen der Wohnungseigentümer legitimieren sollen.2 Da die Mehrheit nicht durch Beschluss darüber entscheiden kann, worüber die Mehrheit in Zukunft rechtmäßig entscheiden darf, sind derartige gesetzes- oder vereinbarungsändernde Beschlüsse grundsätzlich wegen Beschlussunzuständigkeit nichtig.3 Nur soweit das Gesetz den Wohnungseigentümern Be1 BGH, Beschl. v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500 (3503). 2 Becker/Strecker, ZWE 2001, 569 (570); vgl. auch Wenzel, ZWE 2001, 226 (234). 3 BGH, Beschl. v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500 (3502); zu Einzelheiten s. Becker/Kümmel, ZWE 2001, 128 ff.; Lüke, PiG 63, 75 ff.; Merle, ZWE 2001, 49 ff.; Wenzel, ZWE 2001, 226 ff.

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

schlusskompetenz einräumt, etwa die Kosten der Verwaltung abweichend von § 16 Abs. 2 WEG zu regeln, sind gesetzes- oder vereinbarungsändernde Beschlüsse wirksam. Beispiel: Nichtig ist ein Beschluss, wonach künftig auch Nichteigentümer zu Mitgliedern des Verwaltungsbeirats bestellt werden können. Der Beschluss enthält eine von § 29 Abs. 1 WEG abweichende Regelung, die auf Abänderung der gesetzlichen Gemeinschaftsgrundordnung gerichtet ist. – Lediglich anfechtbar ist hingegen der Beschluss, eine bestimmte Person, die nicht selbst Wohnungseigentümer ist, zum Mitglied des Verwaltungsbeirats zu bestellen. Die Wohnungseigentümer haben die Beschlusskompetenz, bestimmte Personen zu bestellen. Deshalb verstößt der Beschluss über die Bestellung eines Nichteigentümers lediglich gegen das Gesetz, ohne über die Bestellung hinaus eine auch für künftige Fälle geltende Regelung der Gemeinschaftsordnung zu treffen.1

160

In Angelegenheiten des Gebrauchs „überlagern“ sich die Regelungskompetenzen der Wohnungseigentümer. Gemäß § 15 Abs. 1 WEG können die Wohnungseigentümer den Gebrauch von Sonder- und Gemeinschaftseigentum durch Vereinbarung regeln. Soweit eine derartige Vereinbarung nicht entgegensteht, können sie nach § 15 Abs. 2 WEG einen ordnungsmäßigen Gebrauch auch mit Stimmenmehrheit beschließen. Überschreitet eine beschlossene Gebrauchsregelung, etwa ein vollständiges Verbot der Haustierhaltung2, die Grenzen des ordnungsmäßigen Gebrauchs, so ist der Beschluss lediglich anfechtbar und wird nach Ablauf der Anfechtungsfrist bestandskräftig (s. Rz. 268 f.). Demgegenüber handelt es sich nicht mehr um eine „Regelung“ des Gebrauchs, wenn einzelnen Wohnungseigentümern das gesetzliche Mitgebrauchsrecht vollständig entzogen werden soll. Den Wohnungseigentümern fehlt insoweit die Beschlusskompetenz, da sie den Mitgebrauch im Rahmen des § 13 Abs. 2 WEG ausgestalten, nicht aber entziehen können.3 Auch fehlt ihnen die Kompetenz, den Gebrauch mit Stimmenmehrheit abweichend von einer Vereinbarung zu regeln. Beispiele: Sondernutzungsrechte zugunsten einzelner Wohnungseigentümer schließen die übrigen Wohnungseigentümer vom Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums aus. Deshalb können Sondernutzungsrechte nur durch Vereinbarung, nicht aber durch bestandskräftigen Beschluss begründet werden.4 Demgegenüber können die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit beschließen, Räume des Gemeinschaftseigentums zu vermieten. Dieser Beschluss regelt nur die Art und Weise des Mitgebrauchs, indem er den Anteil an den Mieteinnahmen an die Stelle des unmittelbaren Mitgebrauchs treten lässt:5

1 OLG Hamm, Beschl. v. 27.9.2006 – 15 W 98/06, MietRB 2007, 95 = ZMR 2007, 133. 2 BGH, Beschl. v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, MDR 1995, 895 = NJW 1995, 2036. 3 BGH, Beschl. v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500 (3502); Ott, ZWE 2000, 333 (336). 4 BGH, Beschl. v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500. 5 BGH, Beschl. v. 29.6.2000 – V ZB 46/99, MDR 2000, 1182 = ZWE 2001, 21

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III. Vereinbarungen und Beschlüsse

c) Beschlusskompetenz kraft Vereinbarung Gemäß § 23 Abs. 1 WEG kann den Wohnungseigentümern Beschlusskompetenz auch kraft Vereinbarung zustehen. Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, dass Angelegenheiten des Gemeinschaftsverhältnisses statt durch Vereinbarung durch Mehrheitsbeschluss geregelt werden können. Eine derartige „Öffnungsklausel“ ermöglicht es, das Gemeinschaftsverhältnis durch Mehrheitsbeschluss abweichend von den gesetzlichen Vorschriften oder den Vereinbarungen zu regeln. Sie erlangt praktische Bedeutung, wenn eine unzweckmäßige oder lückenhafte Gemeinschaftsordnung nach der Begründung von Wohnungseigentum den Bedürfnissen der Gemeinschaft angepasst werden soll und das Gesetz keine Beschlusskompetenz zur Änderung der Gemeinschaftsordnung einräumt.

161

Beispiel: Wohnungseigentümer beschließen, nachträglich eine Aufzugsanlage in die gemeinschaftliche Wohnanlage einzubauen. Um die Wohnungseigentümer der Erdgeschosswohnungen abweichend von § 16 Abs. 2 WEG von den Kosten des Betriebs sowie der Instandhaltung und Instandsetzung der Aufzugsanlage freizustellen, ist gem. § 16 Abs. 4 WEG ein qualifizierter Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer erforderlich. Ein einfacher Mehrheitsbeschluss genügt zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels, wenn in der Gemeinschaftsordnung eine entsprechende Beschlussermächtigung vereinbart ist.

Je nach Reichweite der vereinbarten Beschlussermächtigung lassen sich allgemeine und konkrete (sachlich begrenzte) Öffnungsklauseln unterscheiden. Die Rechtsprechung billigt grundsätzlich Änderungen der Gemeinschaftsordnung aufgrund einer allgemeinen Öffnungsklausel, nach der „die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander abweichend von den Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung und von den gesetzlichen Vorschriften durch Beschluss regeln“ können. Allerdings darf die beschlossene Änderung nicht willkürlich sein und darf einzelne Wohnungseigentümer gegenüber dem bisherigen Rechtszustand nicht unbillig benachteiligen.1

162

Beispiel: Im vorgenannten Aufzug-Fall dürfte eine Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels durch Mehrheitsbeschluss zulässig sein. Sofern die Eigentümer der Erdgeschosswohnungen die gemeinschaftliche Aufzugsanlage nicht nutzen können, besteht ein sachlicher Grund, sie von den Kosten des Betriebs und der Instandhaltung freizustellen. Haben dagegen die Eigentümer der Erdgeschosswohnungen nach dem vereinbarten „Aufzugsschlüssel“ diese Kosten nicht zu tragen, wäre ein hiervon abweichender Mehrheitsbeschluss unzulässig. Der Umstand, dass sie den Aufzug von Anfang an benutzen konnten, um in eine Tiefgarage zu gelangen, rechtfertigt keine Änderung der vereinbarten Kostenverteilung.2

Ein vereinbarungsändernder Beschluss, der die genannten Schranken einer Mehrheitsentscheidung verletzt, kann gem. §§ 23 Abs. 4, 46 Abs. 1 WEG innerhalb eines Monats angefochten werden. Unterbleibt die Anfechtung, 1 BGH, Urt. v. 10.6.2011 – V ZR 2/10, ZWE 2011, 327 f. 2 BGH, Urt. v. 1.6.2012 – V ZR 189/11, ZWE 2012, 363 (364) m. Anm. Becker.

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163

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

wird der Änderungsbeschluss bestandskräftig. Mehrheitsbeschlüsse aufgrund einer allgemeinen Öffnungsklausel, die unentziehbare Rechte einzelner Wohnungseigentümer beeinträchtigen oder zusätzliche Leistungspflichten auferlegen, sind ohne Zustimmung der Betroffenen unwirksam. Im Wege der Auslegung ist zu ermitteln, ob die Gemeinschaftsordnung eine vorweggenommene Zustimmung der beeinträchtigten Wohnungseigentümer enthält.1 Beispiel: Ein Wohnungseigentümer braucht grundsätzlich nicht damit zu rechnen, dass ihm sein Sondernutzungsrecht ohne seine Zustimmung durch Mehrheitsbeschluss entzogen wird. Sondernutzungsrechte können durch Mehrheitsbeschluss nur aufgehoben werden, wenn der betroffene Wohnungseigentümer der Aufhebung zustimmt. Eine vorweggenommene Zustimmung kann sich im Einzelfall aus der Gemeinschaftsordnung ergeben. Entsprechendes gilt, wenn aufgrund einer Öffnungsklausel Sondernutzungsrechte begründet werden sollen, die das Mitgebrauchsrecht anderer Wohnungseigentümer ausschließen.2

d) Zweitbeschlüsse 164

Im Rahmen ihrer gesetzlichen oder vereinbarten Beschlusskompetenz sind Wohnungseigentümer grundsätzlich berechtigt, über eine schon geregelte Angelegenheit erneut zu beschließen.3 Beschließen die Wohnungseigentümer über dieselbe Angelegenheit ein zweites Mal, so spricht man von einem „Zweitbeschluss“. Der Zweitbeschluss kann den zuvor gefassten Erstbeschluss inhaltlich bestätigen, abändern oder aufheben.

165

Ein bestätigender Zweitbeschluss hat denselben Inhalt wie der zuvor gefasste Erstbeschluss. Mit einem solchen Beschluss sollen formelle Mängel geheilt werden, die dem Erstbeschluss anhaften. Formelle Mängel können nicht mehr im Wege der Beschlussanfechtungsklage gem. §§ 23 Abs. 4, 46 Abs. 1 WEG geltend gemacht werden.4 Beispiel: In einer Versammlung beschließen Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit eine Sonderumlage zur Finanzierung einer Instandsetzungsmaßnahme. Ist dieser Beschlussgegenstand bei der Einberufung der Versammlung nicht in der Tagesordnung bezeichnet, kommt der Beschluss unter Verstoß gegen § 23 Abs. 2 WEG zustande. Die Wohnungseigentümer können diesen Verfahrensmangel heilen, indem sie in einer weiteren, ordnungsgemäß einberufenen Versammlung erneut über die Sonderumlage beschließen.

166

Wohnungseigentümer haben nicht nur die Möglichkeit, einen fehlerhaften Beschluss durch einen inhaltsgleichen Zweitbeschluss zu bestätigen. Sie haben auch die Beschlusskompetenz, einen bestandskräftigen Erstbeschluss inhaltlich abzuändern oder aufzuheben. Der abändernde oder 1 Becker, PiG 63, 99 (107 ff.); Ott, Sondernutzungsrecht, S. 168 f. 2 Vgl. OLG Köln, Beschl. v. 10.12.1997 – 16 Wx 250/97, WE 1998, 193. 3 BGH, Beschl. v. 20.12.1990 – V ZB 8/90, MDR 1991, 517 = NJW 1991, 979; Beschl. v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339 (3340). 4 BGH, Beschl. v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087 (1088).

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III. Vereinbarungen und Beschlüsse

aufhebende Beschluss muss jedoch schutzwürdige Belange eines Wohnungseigentümers berücksichtigen, die sich aus Inhalt und Wirkungen des Erstbeschlusses ergeben.1 Die einzuhaltenden Grenzen richten sich nach den Umständen des Einzelfalles. Nach der Rechtsprechung soll eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange anzunehmen sein, wenn der Zweitbeschluss einem Wohnungseigentümer subjektive Rechte entzieht, die durch den Erstbeschluss begründet worden sind.2 Demgegenüber dürfte maßgeblich sein, ob der berechtigte Wohnungseigentümer im Einzelfall auf den Bestand der ihm eingeräumten Rechtsposition vertrauen durfte und er von seinem Recht Gebrauch gemacht hat.3 Sind die Grenzen einer zulässigen Abänderung oder Aufhebung nicht gewahrt, ist der Zweitbeschluss auf fristgerechte Anfechtung für ungültig zu erklären. Beispiel: Unzulässig ist es, einem Wohnungseigentümer die durch bestandskräftigen Beschluss eingeräumte Befugnis zum Dachausbau durch Beschluss zu entziehen, nachdem er von seinem Ausbaurecht Gebrauch gemacht hat. Dagegen erscheint das Vertrauen des ausbauberechtigten Wohnungseigentümers in den Bestand des Erstbeschlusses weniger schutzwürdig, wenn er mehrere Jahre von seinem Ausbaurecht keinen Gebrauch macht und die anderen Wohnungseigentümer nicht mehr mit einer derartigen Maßnahme rechnen müssen.

3. Wirksamkeit gegen Sondernachfolger Vereinbarungen und im Rahmen der Beschlusskompetenz gefasste Beschlüsse wirken gegen die Wohnungseigentümer, die im Zeitpunkt des Zustandekommens Mitglied der Gemeinschaft sind. Kommt es zu einem Eigentümerwechsel, unterscheiden sich Vereinbarungen und Beschlüsse in ihrer Wirkung gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers. Während Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger gem. § 10 Abs. 4 WEG nicht der Eintragung in das Grundbuch bedürfen, wirken Vereinbarungen in Angelegenheiten der Gemeinschaftsordnung gem. § 10 Abs. 3 WEG nur gegen den Sondernachfolger, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Die Grundbuchpublizität dient dem Schutz des Sondernachfolgers. Er darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die gesetzlichen Regelungen über die Gemeinschaft oder die im Grundbuch verlautbarten Vereinbarungen zur Gemeinschaftsordnung gelten. Bislang war umstritten, ob im Interesse des Erwerberschutzes auch gesetzes- oder vereinbarungsändernde Beschlüsse aufgrund einer vereinbarten und im Grundbuch eingetragenen Öffnungsklausel (s. Rz. 161) der Eintra-

1 BGH, Beschl. v. 20.12.1990 – V ZB 8/90, MDR 1991, 517 = NJW 1991, 979. 2 BayObLG, Beschl. v. 14.4.1988 – 2Z BR 134/87, WuM 1988, 322; Beschl. v. 14.3. 1996 – 2Z BR 12/96, WuM 1996, 372; OLG Köln, Beschl. v. 24.1.2000 – 16 Wx 185/99, ZWE 2000, 429. 3 Lüke, PiG 59, 103 (116 f.); vgl. auch Staudinger/Bub, § 23 WEG, Rz. 123.

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167

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

gung in das Grundbuch bedürfen.1 Nach Inkrafttreten der WEG-Novelle 2007 stellt § 10 Abs. 4 Satz 2 WEG ausdrücklich klar, dass auch die aufgrund einer solchen Vereinbarung gefassten Beschlüsse zur Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger nicht in das Grundbuch einzutragen sind. Durch die Eintragung der Öffnungsklausel ist der Sondernachfolger hinreichend geschützt. Überdies geht der Gesetzgeber davon aus, dass die BeschlussSammlung gem. § 24 Abs. 7 WEG dem Sondernachfolger hinreichenden Schutz vor gesetzes- und vereinbarungsändernden Beschlüssen bietet (s. Rz. 550). Entsprechendes gilt für Beschlüsse zur Abänderung des gesetzlichen Kostenverteilungsschlüssels gem. § 16 Abs. 3 WEG (s. Rz. 690). 168

Durch die Eintragung als „Inhalt des Sondereigentums“ erlangen schuldrechtliche Vereinbarungen „verdinglichte“ Wirkung. Sie binden nicht nur die am Abschluss der Vereinbarung Beteiligten, sondern darüber hinaus auch Sondernachfolger. Da es sich um eine Inhaltsänderung des Sondereigentums handelt, kann die Grundbucheintragung nur aufgrund einer Eintragungsbewilligung aller Wohnungseigentümer erfolgen, die durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde zu erklären ist (§§ 19, 29 GBO). Wurde Wohnungseigentum mit dem Recht eines Dritten belastet (s. Rz. 110), so ist dessen Zustimmung zu der Inhaltsänderung entsprechend §§ 877, 876 BGB erforderlich, sofern sein Recht durch die Änderung der Gemeinschaftsordnung rechtlich beeinträchtigt wird.2 Ist das Wohnungseigentum mit einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld eines Dritten belastet, so ist dessen Zustimmung nur erforderlich, wenn ein Sondernutzungsrecht begründet oder ein mit dem belasteten Wohnungseigentum verbundenes Sondernutzungsrecht aufgehoben, geändert oder übertragen wird (§ 5 Abs. 4 Satz 2 WEG). Beispiel: Wird einzelnen Wohnungseigentümern durch Vereinbarung das Sondernutzungsrecht an bestimmten Kfz-Stellplätzen eingeräumt, so ist zur Eintragung dieser Vereinbarung im Grundbuch die Zustimmung eines Nießbrauchers am nicht begünstigten Wohnungseigentum erforderlich, da dessen Recht zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums beeinträchtigt wird. Auch das Verwertungsrecht eines Grundpfandgläubigers am nicht begünstigten Wohnungseigentum ist beeinträchtigt.3 Allerdings ist seine Zustimmung nicht erforderlich, wenn durch die Vereinbarung gleichzeitig das zu seinen Gunsten belastete Wohnungseigentum mit einem Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz verbunden wird (§ 5 Abs. 4 Satz 3 WEG).

169

Vereinbarungen, die nicht als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragen sind, wirken grundsätzlich nur im Verhältnis der an

1 Bejahend Hügel, DNotZ 2001, 176 (189); Ott, ZWE 2001, 466 (468 f.); Schneider, ZfIR 2002, 108 (114); Wenzel, NZM 2003, 217 (221); a.A. Becker, PiG 63, 99 (111 f.). 2 BGH, Beschl. v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, BGHZ 91, 343 (346) = MDR 1984, 830; zur Eintragung einer Öffnungsklausel ablehnend OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.1. 2004 – I-3 WX 329/03, ZMR 2004, 285 m. Anm. Schneider, kritisch Becker, DNotZ 2004, 643. 3 BGH, Beschl. v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, BGHZ 91, 343 = MDR 1984, 830.

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III. Vereinbarungen und Beschlüsse

der Vereinbarung beteiligten Wohnungseigentümer (sog. schuldrechtliche Vereinbarung).1 Beispiel: Wohnungseigentümer vereinbaren, die Kosten der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums abweichend von § 16 Abs. 2 WEG nach Wohneinheiten zu verteilen. Die zunächst ohne Grundbucheintragung wirksame Vereinbarung wird im Falle eines Eigentümerwechsels gegenüber allen Wohnungseigentümern unwirksam. Es wäre praktisch nicht möglich, die Kosten gegenüber den bisherigen Wohnungseigentümern nach Wohneinheiten, gegenüber dem Erwerber gem. § 16 Abs. 2 WEG nach Miteigentumsanteilen zu verteilen.

1 KG, Beschl. v. 6.6.1990 – 24 W 1227/90, MDR 1990, 925 = NJW-RR 1991, 213; BayObLG, Beschl. v. 14.11.2002 – 2Z BR 107/02, NZM 2003, 199 (200).

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Übersicht 7: Vereinbarungen und Beschlüsse 170 Vereinbarung

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Beschluss

Zustandekommen – schuldrechlicher Vertrag aller Wohnungseigentümer (Einstimmigkeitsprinzip) – Erklärung des teilenden Eigentümers bei Begründung von Wohnungseigentum (§§ 8 Abs. 2 Satz 1, 5 Abs. 4)

Zustandekommen – durch Abstimmung über Beschlussantrag – Stimmenmehrheit in der Versammlung (Mehrheitsprinzip) – schriftliche Zustimmung aller ohne Versammlung (§ 23 Abs. 3)

Inhalt Regelung der Gemeinschaftsordnung – in Ergänzung oder – Abweichung von dispositiven gesetzlichen Vorschriften (§ 10 Abs. 2)

Inhalt – Gesetzliche Beschlusskompetenz: Veräußerungsbeschränkung (§ 12 Abs. 4), Gebrauch (§ 15 Abs. 2), Kosten (§ 16 Abs. 3, 4), Verwaltung (§ 21 Abs. 3), Modernisierung (§ 22 Abs. 2) – Vereinbarte Beschlusskompetenz (Öffnungsklausel)

Wirkung gegen Dritte – gegen Sondernachfolger nach Eintragung als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch (§ 10 Abs. 3) – Zustimmung dinglich Berechtigter (§ 5 Abs. 4 Satz 2, 3 iVm §§ 876, 877 BGB analog)

Wirkung gegen Dritte – gegen Sondernachfolger ohne Eintragung im Grundbuch (§ 10 Abs. 4) – Zustimmung dinglich Berechtigter grds. nicht erforderlich (umstritten bei Änderung der Gemeinschaftsordnung aufgrund Öffnungsklausel)

fehlerhafte Vereinbarungen – sind nichtig, z. B. Anfechtung wegen Willensmängeln (§ 142 Abs. 1 BGB), Verstoß gegen gesetzliches Verbot (§ 134 BGB), Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB)

fehlerhafte Beschlüsse – sind grundsätzlich nur innerhalb eines Monats anfechtbar (§§ 23 Abs. 4, 46 Abs. 1) – Ausnahme: Nichtige und unwirksame Beschlüsse

III. Vereinbarungen und Beschlüsse

4. Fehlerhafte Beschlüsse a) Grundlagen Beschlüsse der Wohnungseigentümer können aus formellen oder materiellen Gründen fehlerhaft sein. Formelle Mängel betreffen das Beschlussverfahren (Verfahrensfehler). Materielle Mängel liegen vor, wenn Beschlüsse ihrem Inhalt nach gegen das Gesetz oder eine Vereinbarung verstoßen (Inhaltsfehler).

171

Beispiel: In einer Versammlung beschließen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit, den Ausbau des Dachgeschosses zu Wohnzwecken zu genehmigen. Bei der Einberufung der Versammlung war dieser Beschlussgegenstand jedoch nicht in der Tagesordnung bezeichnet. Der Beschluss leidet an einem formellen Mangel, denn der Beschlussgegenstand hätte bei der Einberufung bezeichnet werden müssen (§ 23 Abs. 2 WEG). Zudem ist der Beschluss auch materiell fehlerhaft, da er eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gegenstand hat, die nicht mit Stimmenmehrheit beschlossen werden kann (§ 22 Abs. 1 WEG).

Wie bereits mehrfach angedeutet, können Beschlussmängel je nach Art und Schwere des Rechtsverstoßes unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich ziehen. Man unterscheidet Nichtbeschlüsse (Scheinbeschlüsse), nichtige, schwebend unwirksame und anfechtbare Beschlüsse. Siehe dazu Übersicht 8 (Rz. 177).

172

Sog. „Nichtbeschlüsse“ (Scheinbeschlüsse) haben von vornherein keine Beschlussqualität, da sie die Mindestvoraussetzungen für das Zustandekommen eines Beschlusses nicht erfüllen. Beispiel: Ein Nichtbeschluss liegt vor, wenn eine Entscheidung in gemeinschaftlichen Angelegenheiten durch einzelne Wohnungseigentümer oder Dritte anlässlich einer spontanen Zusammenkunft und nicht in einer Versammlung der Wohnungseigentümer gefasst wird.1

Nichtige Beschlüsse erfüllen zwar den Beschlusstatbestand, leiden aber unter einem gravierenden Mangel, der sie von Anfang an ungültig macht (s. Rz. 178).

173

Schwebend unwirksame Beschlüsse unterscheiden sich in ihren Rechtsfolgen nicht von nichtigen Beschlüssen. Im Unterschied zu nichtigen Beschlüssen sind sie jedoch nicht endgültig unwirksam. Ihnen fehlt lediglich eine nachholbare Wirksamkeitsvoraussetzung (s. dazu Rz. 181).

174

Anfechtbare Beschlüsse sind fehlerhafte Beschlüsse, die zunächst wirksam sind, jedoch im Beschlussmängelverfahren gem. § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG für ungültig erklärt werden können (s. Rz. 182). Um die Bestandskraft eines anfechtbaren Beschlusses zu verhindern, ist innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung Anfechtungsklage zu erheben (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG).

175

1 OLG Hamm, Beschl. v. 20.11.1989 – 15 W 308/89, WE 1993, 24.

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

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Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsfolgen der Fehlerhaftigkeit müssen einzelne Beschlussmängel unterschieden werden, die für sich genommen entweder die Nichtigkeit, die Unwirksamkeit oder die Anfechtbarkeit eines Beschlusses herbeiführen. Zu beachten ist, dass derselbe Beschluss an verschiedenen Beschlussmängeln leiden und somit zugleich nichtig, schwebend unwirksam und anfechtbar sein kann. Siehe dazu Arbeitsbeispiel 4 (Rz. 190). Übersicht 8: Fehlerhafte Beschlüsse

177 Nichtbeschlüsse – fehlender Beschlusstatbestand – von Anfang an keine Wirkung

Nichtige Beschlüsse – Nichtigkeitsgrund – Beschluss endgültig unwirksam

Schwebend unwirksame Beschlüsse – nachholbare Wirksamkeitsvoraussetzung fehlt

– Beschlussmängel sind ohne gerichtliche Geltendmachung beachtlich. – Gerichtliche Feststellung ist möglich (Voraussetzung: Feststellungsinteresse).

Anfechtbare Beschlüsse – Anfechtungsgrund – Beschluss „schwebend“ gültig

Anfechtung im gerichtlichen Verfahren erforderlich

Anfechtungsfrist: 1 Monat (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG)

Gerichtliches Beschlussmängelverfahren (§ 43 Nr. 4 WEG) – über die „Gültigkeit“ von Beschlüssen der Wohnungseigentümer – auf Klage eines Wohnungseigentümers oder des Verwalters

b) Nichtigkeitsgründe 178

Nichtigkeitsgründe sind so gravierend, dass die Rechtsordnung dem Beschluss von Anfang an keine Wirkungen beimisst. Ein Beschluss ist gem. § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG nichtig, wenn er gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann. Die durch die WEG-Reform 2007 geänderte Vorschrift stellt ausdrücklich klar, dass jeder Verstoß gegen eine unverzichtbare Rechtsvor-

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III. Vereinbarungen und Beschlüsse

schrift die Nichtigkeit des Beschlusses zur Folge hat.1 Die gesetzliche Regelung ergänzt die allgemeinen Vorschriften, die bei Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts anordnen (§§ 134, 138 BGB). Unverzichtbare Rechtsvorschriften i.S.v. § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG sind nicht nur Vorschriften des positiven Rechts, sondern auch allgemeine Rechts- und Verfahrensprinzipien, auf deren Einhaltung die Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung nicht verzichten können. Ob eine Rechtsvorschrift als unverzichtbar anzusehen ist, bestimmt sich nach dem Schutzzweck der verletzten Norm. Unverzichtbar ist insbesondere das Prinzip der Legitimation der Mehrheitsherrschaft durch Beschlusskompetenz. Fehlt die Legitimation, kann ein Mehrheitsbeschluss den Wohnungseigentümern und deren Sondernachfolgern nicht zugerechnet werden. Daher ist ein Mehrheitsbeschluss von Anfang an nichtig.2 Angelegenheiten, die nicht in die gemeinschaftliche Zuständigkeit der Wohnungseigentümer, sondern in die individuelle Zuständigkeit eines Wohnungseigentümers oder eines Dritten fallen, können nicht Gegenstand eines Beschlusses sein. Ferner sind Beschlüsse nichtig, die in die sachenrechtliche Zuordnung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum eingreifen.

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Beispiele: Wohnungseigentümer können nicht wirksam beschließen, Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum umzuwandeln.3 – Nichtig ist ein Beschluss, der über individuelle Ansprüche eines Wohnungseigentümers wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts disponiert. Es handelt sich nicht um eine Angelegenheit der Wohnungseigentümer.4 – Ein nichtiger Beschluss zu Lasten Dritter liegt vor, sofern einem ausgeschiedenen Wohnungseigentümer nachträglich Beitragspflichten auferlegt werden.5 – Nichtig ist ein Beschluss, der einzelnen Wohnungseigentümern, die kraft Vereinbarung von bestimmten Kosten freigestellt sind, erstmals eine Kostentragungspflicht auferlegt.6

Die Nichtigkeit eines Beschlusses kann auf Antrag eines Wohnungseigentümers oder des Verwalters im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG gerichtlich festgestellt werden, ohne dass eine Frist gewahrt sein muss. In jedem anderen gerichtlichen Verfahren, in dem es auf die Wirksamkeit des Beschlusses als Vorfrage ankommt, ist die Nichtigkeit eines Beschlusses zu berücksichtigen, auch wenn kein Feststellungsantrag gestellt ist.7 Allerdings kann die Nichtigkeit eines Beschlusses nicht mehr geltend ge1 So bereits BGH, Beschl. v. 18.5.1989 – V ZB 4/89, BGHZ 107, 268 (271) = MDR 1989, 897; a.A. noch 1. Aufl. Rz. 101 zu § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG a.F., s. dazu Merle/Becker, FS Deckert, 2002, S. 231 (245). 2 BGH, Beschl. v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500 (3502). 3 Vgl. BayObLG, Beschl. v. 31.10.1986 – 2Z BR 83/86, MDR 1987, 326 = NJW-RR 1987, 329; OLG Düsseldorf, 12.7.1995 – 3 Wx 181/95, NJW-RR 1996, 210. 4 BayObLG, Beschl. v. 11.10.1990 – 2Z BR 114/90, BayObLG v. 30.10.1990 – BReg.2 Z 122/90, BayObLGZ 1990, 312, 314. 5 BGH, Beschl. v. 21.4.1988 – V ZB 10/87, BGHZ 104, 197 (203) = MDR 1988, 765. 6 BGH, Urt. v. 1.6.2012 – V ZR 225/11, ZWE 2012, 363 (364) m. Anm. Becker. 7 BGH, Beschl. v. 18.5.1989 – V ZB 4/89, BGHZ 107, 268 = MDR 1989, 897 (271).

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

macht werden, wenn durch Urteil eine Anfechtungsklage als unbegründet abgewiesen wurde (§ 48 Abs. 4 WEG; Rz. 866 ff.). c) Gründe schwebender Unwirksamkeit 181

Von den Nichtigkeitsgründen sind Beschlussmängel zu unterscheiden, die das Wirksamwerden eines Beschlusses hindern. Ein Beschluss ist unwirksam, solange eine gesetzliche oder vereinbarte Wirksamkeitsvoraussetzung fehlt. Sobald die nachholbare Wirksamkeitsvoraussetzung vorliegt, wird der „schwebend“ unwirksame Beschluss wirksam.1 Beispiele: Nach Ansicht des BGH ist die Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Vorsitzenden der Wohnungseigentümerversammlung Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen eines Beschlusses (s. Rz. 305). Die rechtskräftige gerichtliche Feststellung des Beschlussergebnisses ersetzt eine unterbliebene Feststellung des Versammlungsvorsitzenden. Der zuvor unwirksame Beschluss wird mit Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung wirksam.2 – Ein nicht ordnungsgemäß protokollierter Versammlungsbeschluss ist unwirksam, wenn die ordnungsgemäße Protokollierung als echte Wirksamkeitsvoraussetzung eines Beschlusses vereinbart wurde (s. dazu Rz. 543).

d) Anfechtungsgründe 182

Beschlüsse, die weder an einem Nichtigkeitsgrund noch an einem Unwirksamkeitsgrund leiden, sind gültig. Sie sind lediglich nach fristgerechter Anfechtung gem. § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG für ungültig zu erklären, wenn ein Anfechtungsgrund vorliegt. Beschlüsse können aus materiellen (inhaltlichen) oder formellen (verfahrensrechtlichen) Gründen der Anfechtung unterliegen. Anfechtbar ist etwa ein Beschluss, dessen Inhalt gegen die Grundsätze der ordnungsmäßigen Verwaltung oder des ordnungsmäßigen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums verstößt. Zu den formellen Anfechtungsgründen zählen insbesondere Fehler bei der Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung (s. Rz. 446 ff.) und eine fehlerhafte Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsvorsitzenden (s. Rz. 503).3

183

Bei formellen Fehlern der Beschlussfassung scheidet eine Ungültigerklärung aus, wenn sich der Fehler nicht auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hat (fehlende Kausalität des Verfahrensmangels). Allerdings muss zweifelsfrei feststehen, dass der Beschluss auch ohne Verfahrensmangel ebenso gefasst worden wäre.4 1 Siehe Bub, FS Seuß, 2007, S. 53 ff. 2 BGH, Beschl. v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339 (3340 f.). 3 BGH, Beschl. v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339 (3344). 4 BGH, Beschl. v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, MDR 2002, 1003 = NJW 2002, 1647 (1651); BayObLG, Beschl. v. 18.3.1999 – 2Z BR 151/98, NZM 1999, 672 (673); KG, Beschl. v. 18.11.1998 – 24 W 4180/97, NZM 1999, 850 (852).

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III. Vereinbarungen und Beschlüsse Beispiel: Ein Versammlungsbeschluss ist grundsätzlich anfechtbar, wenn der Beschlussgegenstand bei der Einberufung der Versammlung nicht ordnungsgemäß in der Tagesordnung bezeichnet wurde (§ 23 Abs. 2 WEG). Die fehlende Ursächlichkeit des Einberufungsmangels für das Beschlussergebnis dürfte jedoch zweifelsfrei feststehen, wenn sämtliche Wohnungseigentümer trotz des Einberufungsmangels an der Versammlung teilnehmen und widerspruchslos an der Beschlussfassung mitwirken (sog. Vollversammlung). In diesem Fall bliebe eine Beschlussanfechtung erfolglos.1

Besonderheiten gelten für fehlerhafte Beschlüsse, die den Ablauf einer konkreten Versammlung der Wohnungseigentümer, etwa den Versammlungsvorsitz oder die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte, regeln (sog. Geschäftsordnungsbeschlüsse). Diese Beschlüsse erledigen sich mit Ablauf der jeweiligen Versammlung. Es besteht daher in der Regel kein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung derartiger Geschäftsordnungsbeschlüsse. Jedoch kann ein fehlerhafter Geschäftsordnungsbeschluss die Anfechtbarkeit sonstiger Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten herbeiführen, wenn sich der Fehler auf die Beschlussfassung auswirkt.2

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Beispiel: Der bevollmächtigte Vertreter eines nicht persönlich anwesenden Wohnungseigentümers wird durch Geschäftsordnungsbeschluss zu Unrecht von der Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen. Die ohne seine Mitwirkung gefassten Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten sind wegen Verletzung des Teilnahmerechts anfechtbar, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass der ausgeschlossene Vertreter im Falle seiner Teilnahme die anderen Wohnungseigentümer in ihrer Entscheidung mit Wirkung für das jeweilige Beschlussergebnis beeinflusst hätte.3

5. Gerichtliche Entscheidung über Beschlüsse Die aufgezeigten Beschlussmängel können im Wege der Beschlussmängelklage nach § 43 Nr. 4 WEG gerichtlich geltend gemacht werden, die unter Rz. 866 ff. in den Einzelheiten dargestellt ist. Der Klageantrag kann auf Feststellung der Gültigkeit oder der Nichtigkeit lauten. Anfechtungsgründe sind durch Anfechtungsklage innerhalb eines Monats seit der Beschlussfassung geltend zu machen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG). Ein lediglich anfechtbarer Beschluss ist gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG). Die gerichtliche Entscheidung wirkt im Falle eines Eigentümerwechsels auch gegen den Sondernachfolger (§ 10 Abs. 4 WEG).

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Die rechtskräftige Ungültigerklärung hat zur Folge, dass der angefochtene Beschluss als von Anfang an ungültig anzusehen ist (rückwirkende Ungül-

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1 Vgl. KG, Beschl. v. 18.11.1998 – 24 W 4180/97, NZM 1999, 850 (851). 2 BayObLG, Beschl. v. 11.4.2001 – 2Z BR 27/01, ZWE 2001, 490 (491); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.10.1998 – 3 Wx 332/98, NZM 1999, 271 (272). 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.10.1998 – 3 Wx 332/98, NZM 1999, 271; BayObLG, Beschl. v. 11.4.2001 – 2Z BR 27/01, ZWE 2001, 491.

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

tigerklärung).1 Bis zur rechtskräftigen Ungültigerklärung bleibt der Beschluss „schwebend“ wirksam, sofern er nicht unter einem Unwirksamkeits- oder Nichtigkeitsgrund leidet. Die Anfechtungsklage entfaltet keine aufschiebende Wirkung. Deshalb ist der Verwalter verpflichtet, angefochtene Beschlüsse durchzuführen (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG), solange sie nicht rechtskräftig für ungültig erklärt sind (Rz. 631). 187

Die rückwirkende Ungültigerklärung anfechtbarer Beschlüsse bereitet Probleme, wenn der Verwalter durch anfechtbaren Beschluss ermächtigt wird, Rechtsgeschäfte im Namen der Gemeinschaft abzuschließen. Solange der anfechtbare Beschluss noch nicht rechtskräftig für ungültig erklärt ist, verleiht er dem Verwalter Vertretungsmacht. Macht der Verwalter von seiner Ermächtigung Gebrauch, hätte die rückwirkende Ungültigerklärung zur Folge, dass der Verwalter nachträglich als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt hätte. Ein Wegfall der Vertretungsmacht widerspräche jedoch den Interessen des Verwalters, dem eine Haftung als Vertreter ohne Vertretungsmacht droht (§ 179 BGB). Diese Folge liegt auch nicht im Interesse des Rechtsverkehrs, der auf die Vertretungsmacht des Verwalters vertraut. Es ist daher anerkannt, dass die rückwirkende Ungültigerklärung eines Beschlusses die Vertretungsmacht des Verwalters unberührt lässt.2 Die Wohnungseigentümer müssen sich im Rechtsverkehr den Rechtsschein einer rechtmäßigen Vertretung zurechnen lassen, den sie durch den anfechtbaren Beschluss geschaffen haben. Beispiel: Wohnungseigentümer ermächtigen den Verwalter durch Beschluss, einen Unternehmer mit dem Einbau von Dachflächenfenstern zu beauftragen. Der Verwalter führt den Beschluss durch, indem er im Namen der Gemeinschaft einen entsprechenden Werkvertrag mit einem Unternehmer abschließt. Wird der Beschluss angefochten und für ungültig erklärt, bleibt die Vertretungsmacht des Verwalters hiervon unberührt. Der Unternehmer kann also die im Werkvertrag vereinbarte Vergütung seiner Werkleistung von der Gemeinschaft verlangen.

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Ein vergleichbares Problem besteht, wenn der Beschluss über die Bestellung eines Verwalters (§ 26 Abs. 1 WEG) angefochten und rückwirkend für ungültig erklärt wird. Auch hier kann die Rechtsordnung nicht darüber hinwegsehen, dass der Verwalter bis zur Ungültigerklärung des Bestellungsbeschlusses wirksam bestellt ist. Es ist daher anerkannt, dass die während der Schwebezeit vorgenommenen Rechtshandlungen des Verwalters, etwa die Einberufung einer Versammlung der Wohnungseigentümer, wirksam sind.3

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Nach rechtskräftiger Ungültigerklärung eines Beschlusses kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass die in der Schwebezeit eingetrete-

1 Merle in Bärmann, § 23 WEG, Rz. 210. 2 Merle in Bärmann, § 23 WEG, Rz. 214 m.w.N. 3 BayObLG, Beschl. v. 13.9.1990 – 2Z BR 100/90, NJW-RR 1991, 531 (532); Beschl. v. 4.12.2002 – 2Z BR 84/02, WuM 2003, 171.

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III. Vereinbarungen und Beschlüsse

nen Folgen, etwa eine aufgrund des Beschlusses vorgenommene bauliche Veränderung, beseitigt werden (sog. Folgenbeseitigungsanspruch).1 Beispiel: In dem vorgenannten Beispiel hat die Ungültigerklärung des Beschlusses über den Einbau von Dachflächenfenstern zur Folge, dass grundsätzlich jeder Wohnungseigentümer im Verhältnis untereinander den Ausbau der eingebauten Fenster verlangen kann.

Arbeitsbeispiel 4: Fehlerhafte Beschlüsse – Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer Sachverhalt: Teileigentümer A betreibt in den Räumen seines Sondereigentums eine Gaststätte. Auf seine Initiative beschließt die Versammlung der Wohnungs- und Teileigentümer im Januar mehrheitlich, ihm die ausschließliche Nutzung des gemeinschaftlichen Vorgartens im Rahmen seines Gaststättenbetriebs zu gestatten. Der Beschlussgegenstand war jedoch bei der Einberufung der Versammlung nicht bezeichnet worden. Im Sommer beschwert sich Wohnungseigentümer B über Lärmbelästigungen, die durch den Gaststättenbetrieb im Vorgarten hervorgerufen werden. A ist jedoch der Ansicht, dass B den Betrieb zu dulden habe. Kann B von A verlangen, dass A den Gaststättenbetrieb im Vorgarten unterlässt? Lösung: B kann von A die Unterlassung des Gaststättenbetriebs auf der gemeinschaftlichen Vorgartenfläche verlangen (§ 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB), wenn er nicht aufgrund des Genehmigungsbeschlusses verpflichtet ist, den Betrieb zu dulden. Der Beschluss leidet zunächst unter einem formellen Mangel, denn der Beschlussgegenstand hätte gem. § 23 Abs. 2 WEG bei der Einberufung der Versammlung bezeichnet werden müssen. Dieser Mangel führt jedoch allenfalls zur Anfechtbarkeit des Beschlusses gem. § 23 Abs. 4 WEG. Die Anfechtungsfrist von einem Monat ist verstrichen. B braucht den Betrieb gleichwohl nicht zu dulden, wenn der Genehmigungsbeschluss zugleich an einem Nichtigkeitsgrund leidet, der ihn von Anfang an nichtig macht. Der Beschluss ist seinem Inhalt nach auf die Begründung eines Sondernutzungsrechts zugunsten des A gerichtet. A soll berechtigt sein, die gemeinschaftliche Vorgartenfläche unter Ausschluss der anderen Wohnungs- und Teileigentümer zu nutzen. Ein derartiger Ausschluss vom Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums (§ 13 Abs. 2 WEG) kann nicht bestandskräftig mit Stimmenmehrheit beschlossen werden. Den Wohnungs- und Teileigentümern fehlt hierzu die Beschlusskompetenz.2 Der Genehmigungsbeschluss ist daher wegen Beschlussunzuständigkeit nichtig. B braucht also den Gaststättenbetrieb im Vorgarten nicht zu dulden und kann von A Unterlassung verlangen.

1 Gottschalg, NZM 2001, 113 (114 f.) zu weiteren Einzelheiten. 2 BGH, Beschl. v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500.

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

IV. Rechtsfähige Gemeinschaft 1. Grundlagen 191

Die bisher behandelten Vereinbarungen und Beschlüsse der Wohnungseigentümer regeln lediglich die Organisation der Gemeinschaft im Verhältnis zu den Wohnungseigentümern. Das Verhältnis zu Dritten ist betroffen, wenn die Gemeinschaft bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt. Wie oben bereits erläutert, ist die Gemeinschaft rechtsfähig (s. Rz. 119). Gemäß § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG kann sie „im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen“.1 Träger des gemeinschaftlichen Eigentums sind jedoch weiterhin die Wohnungseigentümer.2 Sie sind gem. § 10 Abs. 1 WEG „Inhaber der Rechte und Pflichten nach den Vorschriften dieses Gesetzes, insbesondere des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.“ Im Folgenden geht es also darum, die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer aus dem gemeinschaftlichen Eigentum von den Rechten und Pflichten abzugrenzen, die die Gemeinschaft als Rechtssubjekt „im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums“ erwerben bzw. eingehen kann.

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Das Verständnis wird dadurch erschwert, dass die Gemeinschaft neben ihren eigenen Rechten gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG auch die „gemeinschaftsbezogenen“ und die „sonstigen“ Rechte der Wohnungseigentümer ausübt, soweit sie gemeinschaftlich geltend gemacht werden können. Nach dieser Vorschrift nimmt sie auch die gemeinschaftsbezogenen und die sonstigen Pflichten der Wohnungseigentümer war, soweit sie gemeinschaftlich zu erfüllen sind. Das Gesetz weist der rechtsfähigen Gemeinschaft somit die Funktion einer organisierten Verwaltungstreuhand zu, die Elemente einer Vollrechts- und Ermächtigungstreuhand in sich vereinigt:3 Die rechtsfähige Gemeinschaft verwaltet das gemeinschaftliche Eigentum im Interesse der Wohnungseigentümer. Zu diesem Zweck sind ihr eigene Rechte und Verbindlichkeiten zugewiesen, die zu ihrem Verwaltungsvermögen gehören (§ 10 Abs. 7 Satz 1 WEG; s. Rz. 194 ff.). Im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ist sie zugleich ermächtigt, im eigenen Namen fremde Rechte der Wohnungseigentümer auszuüben und ihre Pflichten wahrzunehmen (§ 10 Abs. 6 Satz 3 WEG; s. Rz. 202).

1 Im Anschluss an BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 = MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 f. (237). 2 BGH, Beschl. v. 12.12.2006 – I ZB 83/06, NZM 2007, 164. 3 Klein in Bärmann, § 10 WEG Rz. 240; Wenzel, ZWE 2006, 462 (466); Becker, MietRB 2007, 180 (181); Becker, ZWE 2007, 432 (438).

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Verwaltungsvermögen – Im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums erworbene Rechte und Sachen (z.B. Erfüllungsansprüche aus Verwaltungsrechtsgeschäften, Wohngeldforderungen, gemeinschaftliche Gelder) – Im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums entstandene Verbindlichkeiten (z.B. Leistungs- und Nebenpflichten aus Verwaltungsrechtsgeschäften)

Gemeinschaft

Rechte und Pflichten aus dem Sondereigentum – Rechte (z.B. Ersatzansprüche wegen Beschädigung von Sondereigentum, Beseitigungsund Unterlassungsansprüche wegen Störung von Sondereigentum) – Pflichten (z.B. Verkehrssicherungspflicht für das Sondereigentum

Rechte und Pflichten aus dem Miteigentum – Gemeinschaftsbezogene Rechte (z.B. Ersatzansprüche wegen Beschädigung des Gemeinschaftseigentums) – Sonstige Rechte (z.B. Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche wegen Störung des Gemeinschaftseigentums) – Pflichten (z.B. Verkehrssicherungspflicht für das Gemeinschaftseigentum)

Ausübung der Rechte und Wahrnehmung der Pflichten

Sondereigentum

Wohnungseigentümer

Gemeinschaftseigentum

Übersicht 9: Vermögensordnung der Gemeinschaft

IV. Rechtsfähige Gemeinschaft

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

2. Verwaltungsvermögen a) Gemeinschaft als Vermögensträger 194

Die rechtsfähige Gemeinschaft ist Vollrechtsinhaber im Hinblick auf das Verwaltungsvermögen (§ 10 Abs. 7 Satz 1 WEG). Zum Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft gehören die Rechte und Verbindlichkeiten, die bei der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums begründet werden (§ 10 Abs. 7 Satz 2 WEG). Gegenstände des Verwaltungsvermögens sind insbesondere: – Rechte und Verbindlichkeiten aus Verwaltungsverträgen mit Dritten in Angelegenheiten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (z.B. Verträge mit Versorgungsunternehmen1, Verträge über die Vermietung von Gemeinschaftseigentum2, Verträge über die Instandhaltung und Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum, Verwaltervertrag); – gemeinschaftliche Gelder, die Wohnungseigentümer durch Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie zur Instandhaltungsrücklage aufbringen; – durch Eigentümerbeschlüsse begründete Beitragsforderungen gegen die Wohnungseigentümer aus Wirtschaftsplänen, Sonderumlagen und Jahresabrechnungen (s. Rz. 759); – Ansprüche gegen die Wohnungseigentümer auf eine hinreichende Finanzausstattung der Gemeinschaft für die laufende Verwaltung des Gemeinschaftseigentums;3 – Sachen, die zum Zwecke der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums erworben werden (z.B. Gartengeräte, Heizöl, Reinigungsmittel), selbst wenn sie als Zubehör des Grundstücks i.S.v. § 97 BGB anzusehen sind;4 – Verwaltungsunterlagen (z.B. Vertragsurkunden, Beschlussprotokolle, Kontenblätter, Rechnungen, Belege, Versicherungspolicen).

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Das Verwaltungsvermögens ist der rechtsfähigen Gemeinschaft als überindividuellem Rechtsträger zugeordnet, damit die Gegenstände des Aktivvermögens, insbesondere die gemeinschaftlichen Gelder, der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums aller Wohnungseigentümer unabhängig von einem Eigentümerwechsel zweckgebunden zur Verfügung stehen.5 Die Vermögenszuordnung soll das Verwaltungsvermögen zudem vor dem zweckwidrigen Zugriff der Privatgläubiger einzelner Wohnungseigentümer schützen.6 Aus einem Schuldtitel gegen den einzelnen Wohnungseigentümer kann ein Gläubiger nicht in die Gegenstände des Verwaltungs1 BGH, Urt. v. 19.7.2013 – V ZR 109/12, MietRB 2014, 144 = ZWE 2014, 25 (26). 2 Wenzel, NZM 2006, 321 (322); a.A. Jennißen, NZM 2006, 203 (204). 3 BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 f. (237) = ZWE 2005, 422 (433 f.). 4 Zutreffend Wenzel, ZWE 2006, 462 (464); a.A. Bub, ZWE 2006, 253 (257). 5 BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 (165) = MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 f. (237). 6 BT-Drucks. 16/887, 62 rechte Spalte.

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IV. Rechtsfähige Gemeinschaft

vermögens vollstrecken, da dieses nicht zum Schuldnervermögen, sondern zum Vermögen der rechtsfähigen Gemeinschaft gehört. Beispiel: Zur Versorgung ihrer Gasetagenheizungen im Sondereigentum schließen die Wohnungseigentümer jeweils individuelle Versorgungsverträge mit einem Gasversorgungsunternehmen ab. Zahlt ein Wohnungseigentümer das Versorgungsentgelt nicht, so kann das Versorgungsunternehmen aus einem Schuldtitel gegen ihn lediglich in sein Vermögen vollstrecken, zu dem auch sein Wohnungseigentum gehört. Der Vollstreckungszugriff auf das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft ist dem Unternehmen verwehrt. Insbesondere kann es nicht in einen „Anteil am Verwaltungsvermögen“ vollstrecken, der dem Schuldner wegen der ausschließlichen Zuweisung des Verwaltungsvermögens an die rechtsfähige Gemeinschaft überhaupt nicht zusteht.

Da das Verwaltungsvermögen den einzelnen Wohnungseigentümern nicht als Sondervermögen zur „gesamten Hand“ zugeordnet ist, sollte man es nicht als „Gesamthandsvermögen“ bezeichnen. Vor Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft konnte das Prinzip einer gesamthänderischen Vermögenszuordnung erklären, warum ein einzelner Wohnungseigentümer nicht über seinen Anteil an einzelnen Gegenständen des Verwaltungsvermögens verfügen konnte.1 Nunmehr ist das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft als Rechtssubjekt zugeordnet. Nur wenn man die Gesamthand selbst als Rechtssubjekt ansieht, lässt sich die rechtsfähige „Gesamthandsgemeinschaft“ als Vermögensträgerin bezeichnen.2 Damit würde allerdings die jahrzehntelange Diskussion über die Rechtsnatur der sog. „Gesamthand“ im Wohnungseigentumsrecht fortgeführt3, ohne dass damit ein Erkenntnisgewinn für die Praxis verbunden wäre. b) Rechtsfähigkeit des Vermögensträgers Als Trägerin des Verwaltungsvermögens ist die Gemeinschaft rechtsfähig. Die Rechtsfähigkeit des Vermögensträgers erstreckt sich auf alle Teilbereiche des Rechtsverkehrs, die für die Verwaltung von Vermögen von Bedeutung sind (sog. Teilrechtsfähigkeit).4 Im Zahlungsverkehr mit Wohnungseigentümern und Dritten ist die Gemeinschaft wechsel- und scheckfähig.5 Sie ist grundbuchfähig.6 Daher kann für die Gemeinschaft etwa zur Vollstreckung eines Zahlungstitels gegen einen Wohnungseigentümer wegen Beitragsforderungen eine Zwangshypothek in das Grundbuch eingetragen werden (Rz. 957).7 1 Siehe Merle, Wohnungseigentum im System des Bürgerlichen Rechts, S. 140; Roth, ZWE 2001, 238 (243). 2 So Bub, ZWE 2002, 103 (112); Bub/Petersen, NJW 2005, 2590 (2592). 3 So Bub, ZWE 2006, 253 (256); Bub, ZWE 2007, 15 (17). 4 BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 (177) = MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 f. (237). 5 Abramenko, ZMR 2005, 585 (589); Wenzel, ZWE 2006, 2 (7). 6 BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 (169) = MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 f. (237); Bub/Petersen, NJW 2005, 2590 (2592); Demharter, NZM 2005, 601 f.; Demharter, ZWE 2005, 357 (359). 7 BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 (169) = MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 f. (237).

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

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Nach zutreffender Ansicht kann die Gemeinschaft auch Grundeigentum erwerben, etwa ein unbebautes Nachbargrundstück zur Schaffung von Parkplätzen.1 Möglich ist auch der Erwerb von Wohnungs- und Teileigentum, etwa um die Räume des Sondereigentums als Hausmeisterwohnung zu vermieten.2 Auch der Erwerb von Wohnungseigentum in der Zwangsversteigerung ist möglich, um das Verwaltungsvermögen künftig nicht mit den Wohngeldausfällen des Schuldners zu belasten.3 Der Rechtserwerb hängt in diesen Fällen nicht davon ab, ob der erworbene Gegenstand der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dient. Die Gemeinschaft bleibt etwa Eigentümerin, wenn sie das erworbene Sondereigentum nicht als Hausmeisterwohnung nutzt, sondern an Dritte vermietet.

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Den Begriff der „Teilrechtsfähigkeit“ ist irreführend. Aus Gründen des Verkehrsschutzes ist die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft keineswegs auf den Zweck der Verwaltung von Gemeinschaftseigentum beschränkt.4 Ob die Gemeinschaft etwa durch das Handeln ihres Verwalters Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann, hängt im Einzelfall von der Legitimation des Handelnden ab. Soweit der Verwalter nicht kraft Gesetzes, kraft Vereinbarung oder durch Beschluss der Wohnungseigentümer zur Vertretung der Gemeinschaft ermächtigt ist, kann die Gemeinschaft durch Verwalterhandeln weder einen Rasenmäher noch ein Grundstück erwerben. Der Rechtserwerb scheitert in diesen Fällen an der fehlenden Vertretungsmacht des Handelnden und nicht an einer vermeintlich beschränkten Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft.5 Von einer alle Lebensbereiche umfassenden Rechtsfähigkeit sind generell nur die Teilbereiche ausgenommen, die dem Zweck der Gemeinschaft zuwiderlaufen oder die für die Verwaltung keinerlei Bedeutung haben, wie etwa die Fähigkeit, die Ehe einzugehen.

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Gemäß § 11 Abs. 3 WEG kann über das Verwaltungsvermögen kein Insolvenzverfahren eröffnet werden. Damit ist klargestellt, dass die Gemeinschaft nicht insolvenzfähig ist.6 Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stünde dem Zweck der Gemeinschaft entgegen, mit ihrem Vermögen fremdes Vermögen, nämlich das Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümer, zu verwalten. Während andere Verbände im Insolvenzverfah1 AG Bremen-Blumenthal, Urt. v. 4.10.2013 – 44 C 2012/13, ZWE 2014, 227. 2 Häublein, FS Seuß, 2007, S. 125 ff.; Wenzel, ZWE 2006, 462 (464); a.A. Jennißen, NZM 2006, 203 (204); Ott in Deckert, Die Eigentumswohnung, Band 1 Gruppe 3, Rz. 38. 3 Abramenko, ZMR 2006, 338 (340); Wenzel, ZWE 2006, 462 (465); a.A. LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 19.6.2006 – 11 T 4131/06, ZMR 2006, 812 m. Anm. Schneider. 4 Wenzel, ZWE 2006, 462 (469); Bub, ZWE 2007, 15 (20). 5 So wohl auch Wenzel, ZWE 2006, 462 (469); a.A. LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 19.6.2006 – 11 T 4131/06, ZMR 2006, 812. 6 So bereits LG Dresden v. 15.5.2006 – 5, NZM 2006, 513; AG Dresden v. 12.1.2006 – 531 IN 3653/05, NJW 2006, 1071; a.A. noch AG Mönchengladbach v. 24.2.2006 – 32 IN 26/06, NJW 2006, 1071; § 11 Abs. 3 RegE-WEG in der Fassung der Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/887, 58.

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IV. Rechtsfähige Gemeinschaft

ren über ihr Vermögen aufgelöst werden, bleibt die Gemeinschaft als Vermögensträger bestehen, solange gemeinschaftliches Eigentum existiert. c) Vermögensübergang auf den Alleineigentümer Die Zuordnung des Verwaltungsvermögens endet, sobald die Gemeinschaft als Rechtsträger nicht mehr besteht. Gemäß § 10 Abs. 7 Satz 4 WEG ist dies offenbar der Fall, wenn sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person vereinigen. In diesem Fall soll das Verwaltungsvermögen auf den „Eigentümer des Grundstücks“ übergehen. Probleme bereitet der Vermögensübergang, wenn sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte nur kurzzeitig in einer Person vereinigen.

199

Beispiel: Nach Begründung von Wohnungseigentum veräußert der Bauträger E zunächst eine Wohnung an den Erwerber A. Die Gemeinschaft, bestehend aus E und A, wird in Vollzug gesetzt. A leistet Beiträge zur gemeinschaftlichen Kostentragung und zur Instandhaltungsrücklage. Zwei Jahre nach der Eigentumsumschreibung erklärt A wegen erheblicher Mängel am Gemeinschaftseigentum den Rücktritt vom Kaufvertrag. Nach der Rückauflassung und Eigentumsumschreibung auf E veräußert er die Wohnung an den Erwerber B. Eine Eigentümergemeinschaft, bestehend aus E und B, wird erneut in Vollzug gesetzt.

Mit Rückauflassung und Eigentumsumschreibung vereinigen sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte zunächst wieder in der Person des Bauträgers. Gemäß § 10 Abs. 7 Satz 4 WEG müssten die zum Verwaltungsvermögen gehörenden Gelder der Instandhaltungsrücklage auf ihn übergehen. Nach erneuter Veräußerung entsteht wieder eine Eigentümergemeinschaft, die nicht mit der ursprünglichen Gemeinschaft identisch ist, obgleich sie unter demselben Namen am Rechtsverkehr teilnimmt. Nach verbreiteter Ansicht geht das Verwaltungsvermögen in diesem Fall nicht kraft Gesetzes auf die neu entstehende Gemeinschaft über; es soll endgültig dem Bauträger und seinen Gläubigern als Haftungsmasse zur Verfügung stehen.1

200

Diese Konsequenz widerspricht jedoch der Zweckbestimmung des Verwaltungsvermögens, das den jeweiligen Eigentümern zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zur Verfügung stehen soll, solange Wohnungseigentum existiert. Die Zweckbestimmung des Verwaltungsvermögens endet erst, wenn die Wohnungsgrundbücher auf Antrag des Alleineigentümers gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 WEG geschlossen werden. Der Zweck des Verwaltungsvermögens rechtfertigt es, den Tatbestand des § 10 Abs. 7 Satz 4 WEG auf diesen Fall zu reduzieren. Erst mit Aufhebung von Wohnungseigentum geht das Verwaltungsvermögen auf den „Eigentümer des Grundstücks“ über. Vorher ist der Alleineigentümer lediglich „Wohnungseigentümer“, d.h. in seiner Hand bestehen weiterhin mehrere Miteigentumsanteile am gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem gem. § 1 Abs. 5 WEG auch das Grundstück gehört.

201

1 Bonifacio, NZM 2009, 561 (563); Klein in Bärmann, § 10 WEG, Rz. 297.

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

201a

Der Zweck der Vermögenszuordnung spricht für die Anerkennung einer Einpersonen-Gemeinschaft, die bislang noch überwiegend abgelehnt wird.1 Das Verwaltungsvermögen wird einem überindividuellen Rechtssubjekt zugeordnet, damit es der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums unabhängig von einem Eigentümerwechsel zur Verfügung steht und vor dem Zugriff der Privatgläubiger einzelner Wohnungseigentümer geschützt ist.2 Bei der Vereinigung sämtlicher Wohnungseigentumsrechte in einer Person bleibt der Vermögensträger und Zweckbindung zunächst erhalten.3 Der Zweck der Vermögenszuordnung endet erst, wenn der Inhaber sämtlicher Wohnungseigentumsrechte gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 WEG aufhebt. Bis dahin hat der Erwerber sämtlicher Wohnungseigentumsrechte Verfügungen über das Verwaltungsvermögen zu unterlassen, die nicht der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dienen. Verletzt er diese Pflicht, kann die Gemeinschaft Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB geltend machen, wenn durch Veräußerung von Wohnungseigentum unter Wahrung der Identität wieder eine Mehrpersonen-Gemeinschaft entsteht.

3. Ausübung von Rechten der Wohnungseigentümer a) Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft 202

Nicht zum Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft gehören Rechte, die den Wohnungseigentümern als Miteigentümer aus dem Gemeinschaftseigentum zustehen. Gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG ist die rechtsfähige Gemeinschaft jedoch ermächtigt, diese im eigenen Namen auszuüben. Es handelt sich um Rechte, die bereits vor Anerkennung der Rechtsfähigkeit durch die Gesamtheit der Wohnungseigentümer auszuüben waren oder ausgeübt werden konnten, wie etwa Ersatzansprüche wegen Beschädigung von Gemeinschaftseigentum oder Ansprüche auf Beseitigung unzulässiger baulicher Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums. Die gesetzliche Regelung verlagert lediglich die Befugnis zur Rechtsausübung von der Gesamtheit der Wohnungseigentümer auf die rechtsfähige Gemeinschaft. Verfahrensrechtlich handelt es sich um eine gesetzliche Prozessstandschaft.4 1 Vgl. BGH, Beschl. v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, MDR 2008, 1088 = NotBZ 2008, 392 m. Anm. Otto = MietRB 2008, 270 = ZfIR 2008, 866 (867); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.7.2005 – I-3 Wx 103/05, NZM 2005, 743 = MietRB 2006, 72; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.1.2006 – I-3 Wx 167/05, ZMR 2006, 463 = ZfIR 2006, 331 m. Anm. Riecke; OLG München, Beschl. v. 9.1.2006 – 34 Wx 089/05, NotBZ 2006, 253 = ZMR 2006, 308; Hügel, DNotZ 2005, 753 (756 f.); Kreuzer, ZMR 2006, 15 (17); Wenzel, ZWE 2006, 2 (6). 2 Vgl. BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 (165 f.) = MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 f. (237). 3 Becker, FS Seuß (2007), S. 19 (23 ff.); Becker, ZWE 2007, 119 (122 ff.); ähnlich Wenzel in Bärmann, 10. Aufl., § 10 WEG, Rz. 13, 295: Verwaltungsvermögen als Sondervermögen des Alleineigentümers. 4 BGH, Urt. v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NotBZ 2007, 204 = MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = Rz. 15; NJW 2007, 1952; Wenzel, ZWE 2006, 462 (466).

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IV. Rechtsfähige Gemeinschaft

Die Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft soll den Rechtsverkehr der Gemeinschaft erleichtern und keinesfalls durch eine Doppelzuständigkeit von Gemeinschaft und Gesamtheit der Wohnungseigentümer erschweren. Deshalb ist anzunehmen, dass die Gesamtheit der Wohnungseigentümer von der Rechtsausübung ausgeschlossen ist.1 Ihre Interessen werden durch die Organisation der Gemeinschaft gewahrt. Als Mitglieder der Gemeinschaft entscheiden sie über die Ausübung ihrer gemeinschaftlichen Rechte durch Mehrheitsbeschluss (§ 21 Abs. 3 WEG). Gemäß § 10 Abs. 5 WEG ist jeder Wohnungseigentümer an Rechtshandlungen gebunden, die die Gemeinschaft auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses zur gemeinschaftlichen Rechtsfolgung vornimmt. Bei der Rechtsausübung wird die Gemeinschaft gem. § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG durch den Verwalter vertreten, soweit er hierzu durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss ermächtigt ist (s. Rz. 664 f.).

202a

b) Obligatorische Rechtsausübung durch die Gemeinschaft Der Rechtsausübung durch die Gemeinschaft unterliegen gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG zunächst die „gemeinschaftsbezogenen“ Rechte der Wohnungseigentümer. Es handelt sich um Rechte, die auf Grund der gemeinschaftlichen Verwaltungskompetenz gem. § 21 Abs. 1 WEG zwingend gemeinschaftlich auszuüben sind. Hierzu zählen insbesondere: – Rechte aus den Erwerbsverträgen mit dem Bauträger wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum, soweit sie nach bisheriger Rechtsprechung im Interesse der Gemeinschaft und zum Schutz des Schuldners nur gemeinschaftlich ausgeübt werden können, etwa das Recht auf Minderung oder der Anspruch auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten (s. Rz. 85 ff.);2 – Ersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB gegen Dritte oder gegen einzelne Wohnungseigentümer wegen Beschädigung von Gemeinschaftseigentum3, – Ersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB gegen Dritte wegen einer Pflichtverletzung,4 etwa gegen Vertragspartner der Gemeinschaft aus Verwaltungsverträgen mit Schutzwirkung für das Gemeinschaftseigentum.5 1 BT-Drucks. 16/887, 61 linke Spalte: „Dass die Befugnis künftig nur ihr und nicht der Gesamtheit zusteht, folgt bereits aus dem Sinn und Zweck der Regelung.“ 2 BT-Drucks. 16/887, 61; BGH, Urt. v. 10.5.1979 – VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258; Urt. v. 4.6.1981 – VII ZR 9/80, BGHZ 81, 35 (37) = MDR 1982, 50; Urt. v. 30.4.1998 – VII ZR 47/97, MDR 1998, 1023 = ZMR 1998, 641 (642), Urt. v. 23.2.2006 – VII ZR 84/05, NotBZ 2006, 166 = ZMR 2006, 537 (538) = MietRB 2006, 242; Urt. v. 12.4.2007 – VII 236/05, NJW 2007, 1952. 3 BGH, Urt. v. 7.2.2014 – V ZR 251/13, ZWE 2014, 178 (179). 4 BGH, Urt. v. 17.12.2010 – V ZR 125/10, MDR 2011, 350 = NotBZ 2011, 216 m. Anm. Otto = ZWE 2011, 123 (124): Erstattungsanspruch gegen Dienstbarkeitsberechtigten wegen Unterhaltungskosten für eine Privatstraße. 5 Lehmann-Richter, ZWE 2006, 413 (414); Wenzel, NZM 2006, 321 (322); ZWE 2006, 462 (469).

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203

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Beispiel: Schutzwirkung für das Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümer entfaltet der Vertrag mit einem Unternehmer über Instandsetzungsarbeiten am Dach der Wohnanlage. Führt der Unternehmer die Arbeiten mangelhaft aus und kommt es infolgedessen zu Feuchtigkeitsschäden am gemeinschaftlichen Treppenhaus, so steht den Wohnungseigentümern ein gemeinschaftsbezogener Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Beschädigung ihres Gemeinschaftseigentums zu.

204

Eine gemeinschaftsbezogene Ersatzforderung in Geld gehört nicht zum Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft, so dass Gläubiger aus einem Titel gegen die Gemeinschaft nicht in die Forderung vollstrecken können. Da die Forderung jedoch durch Leistung in das Verwaltungsvermögen zu erfüllen ist, können sich Gläubiger den Vermögenswert der Forderung durch Pfändung des Gemeinschaftskontos verschaffen, nachdem der Forderungsbetrag dem Konto gutgeschrieben ist.

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Die Rechtszuordnung hindert die Gemeinschaft nicht daran, über gemeinschaftsbezogene Rechte der Wohnungseigentümer im eigenen Namen zu verfügen.1 Auch Verfügungen sind Akte der Rechtsausübung, die der Gemeinschaft gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG zugewiesen sind. Kraft ihrer gesetzlichen Verfügungsbefugnis kann die Gemeinschaft eine gemeinschaftsbezogene Schuld erlassen oder eine gemeinschaftsbezogene Forderung an einen Dritten abtreten. Als Forderungsinhaber sind die Wohnungseigentümer dadurch geschützt, dass die Verfügung stets durch einen Eigentümerbeschluss legitimiert werden muss. Beispiel: Beauftragt die Gemeinschaft in dem vorgenannten Beispiel einen Fachunternehmer mit der Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden im Treppenhaus, so kann die Gemeinschaft auf Grund eines Eigentümerbeschlusses die Ersatzforderung der Wohnungseigentümer gegen den Dachdecker erfüllungshalber an den Fachunternehmer zum Zwecke der Befriedigung seiner Werklohnforderung abtreten.

c) Fakultative Rechtsausübung durch die Gemeinschaft 206

Von den gemeinschaftsbezogenen Rechten sind sonstige Rechte zu unterscheiden, deren Ausübung die Gemeinschaft durch Beschluss der Wohnungseigentümer an sich ziehen kann, die im Übrigen aber auch von einzelnen Wohnungseigentümern individuell ausgeübt werden können. Hierzu zählen insbesondere: – Rechte aus Erwerbsverträgen wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum, deren Ausübung die Gemeinschaft durch Beschluss der Wohnungseigentümer an sich ziehen kann, etwa die Geltendmachung von Mängelbeseitigungsansprüchen (s. Rz. 89)2, 1 Klein in Bärmann, § 10 WEG, Rz. 240; a.A. Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG, Rz. 413. 2 BGH, Urt. v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NotBZ 2007, 204 = MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952; Urt. v. 4.6.1981 – VII ZR 9/80, BGHZ 81, 35 (38) = MDR 1982, 50; Urt. v. 19.12.1996 – VII ZR 233/95, MDR 1997, 542 =

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IV. Rechtsfähige Gemeinschaft

– Ansprüche aus dem Miteigentum, etwa aus § 1004 Abs. 1 BGB auf Unterlassung oder Beseitigung einer Störung, etwa einer unzulässigen baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, wobei unerheblich ist, ob die Störung von einem Dritten oder von einem Wohnungseigentümer ausgeht.1 Beispiel: Ein Wohnungseigentümer errichtet auf dem Dach der Wohnanlage eine Funkfeststation. Die übrigen Wohnungseigentümer beschließen, ihn auf Beseitigung der Station in Anspruch zu nehmen.2

Macht die Gemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss von ihrer Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG Gebrauch, stellt sich die Frage, ob der einzelne Eigentümer sein Recht noch individuell ausüben kann. Die Gesetzesbegründung geht von einer konkurrierenden Ausübungsbefugnis aus, soweit es um Ansprüche aus dem Miteigentum geht.3 Demnach kann der einzelne Miteigentümer etwa seine individuellen Ansprüche auf Beseitigung einer unzulässigen baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums unabhängig von der Gemeinschaft verfolgen. Fraglich ist, ob ein Miteigentümer, der einer gemeinschaftlichen Rechtsverfolgung nicht zugestimmt hat, seine Ansprüche auch dann noch selbständig einklagen kann, wenn die Klage der Gemeinschaft bereits rechtskräftig abgewiesen wurde.4 Dagegen spricht, dass Rechtshandlungen, die auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses vorgenommen werden, auch gegen die Wohnungseigentümer wirken, die gegen den Beschluss gestimmt oder an der Beschlussfassung nicht mitgewirkt haben (§ 10 Abs. 5 WEG). Macht die Gemeinschaft auf Grund eines Eigentümerbeschlusses als Prozessstandschafter individuelle Ansprüche der Eigentümer geltend, so ist der einzelne Eigentümer an die Folgen der Prozessführung gebunden. Die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung im Prozess der Gemeinschaft wirkt also gegen jeden Miteigentümer unabhängig davon, ob er der Prozessführung zugestimmt hat.5 Die Rechtskrafterstreckung hat zur

1

2

3 4

5

NJW 1997, 2173 (2174); BayObLG, Beschl. v. 4.1.1999 – 2Z BR 89/99, ZWE 2000, 265 (267); a.A. Staudinger/Bub, § 21 WEG, Rz. 258, 260. BT-Drucks. 16/887, 61 rechte Spalte; BGH, Beschl. v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 (395) = MDR 1992, 484; Beschl. v. 30.3.2006 – V ZB 17/06, MDR 2006, 1274 = MietRB 2006, 191 = NZM 2006, 465; OLG Köln, Beschl. v. 3.7.2008 – 16 Wx 51/08, MDR 2009, 136 = MietRB 2009, 77. BGH, Beschl. v. 30.3.2006 – V ZB 17/06, MDR 2006, 1274 = MietRB 2006, 191 = NZM 2006, 465 – Funkfeststation; vgl. OLG München, Beschl. v. 17.11.2005 – 32 Wx 077/05, MietRB 2006, 102 = ZMR 2006, 156 – Parabolantenne; Beschl. v. 27.7. 2005 – 34 Wx 069/05, MDR 2006, 18 = ZMR 2005, 733 – Funkamateurantenne. BT-Drucks. 16/887, 62 linke Spalte; Abramenko, § 6 Rz. 16; a.A. Hügel/Elzer, § 3 Rz. 176. So OLG München, Beschl v. 11.12.2007 – 34 Wx 91/07, ZMR 2008, 236; vgl. BGH, Urt. v. 23.1.1981 – V ZR 146/79, BGHZ 79, 245 (248) = MDR 1981, 481; Urt. v. 28.6.1985 – V ZR 43/84, MDR 1986, 486 = NJW 1985, 2825 zur Klage eines Miteigentümers aus § 1011 BGB. Vgl. Berger, Die subjektiven Grenzen der Rechtskraft bei der Prozessstandschaft, 1992, S. 24, 147.

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207

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Folge, dass der einzelne Eigentümer die Streitsache nicht mehr anderweitig anhängig machen kann, wenn die Gemeinschaft seinen Anspruch bereits in gesetzlicher Prozessstandschaft eingeklagt hat.1 208

Die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit der Gemeinschaft, durch Mehrheitsbeschluss die Verfolgung individueller Rechte der Eigentümer im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums an sich zu ziehen, dient dem Gemeinschaftsinteresse an einer endgültigen, gegenüber allen Eigentümern unangreifbaren Streitentscheidung. Dieser Zweck ist nur gewährleistet, wenn der einzelne Eigentümer von der individuellen Rechtsverfolgung ausgeschlossen ist, sobald die Gemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss von ihrer Ausübungsbefugnis Gebrauch macht. Deshalb nimmt der BGH zu Recht eine verdrängende Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft an, wenn die Gemeinschaft durch Beschluss die Verfolgung von Mängelbeseitigungsansprüchen aus den Erwerbsverträgen der Eigentümer an sich zieht.2 Entsprechendes dürfte für individuelle Ansprüche aus dem Miteigentum gelten, die auf Beseitigung oder Unterlassung einer Störung von Gemeinschaftseigentum gerichtet sind.3

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Der Beschluss über die gemeinschaftliche Rechtsverfolgung lässt die Prozessführungsbefugnis des einzelnen Eigentümers entfallen und zwar nach richtiger Ansicht auch dann, wenn die Individualklage des Wohnungseigentümers bereits rechtshängig ist.4 Aufgrund der verdrängenden Ausübungsbefugnis ist der Wohnungseigentümer – entgegen der Ansicht des OLG Hamm5 – nicht berechtigt, den Rechtsstreit in Prozessstandschaft für die Gemeinschaft fortzuführen. Die rechtshängige Klage des Wohnungseigentümers wird unzulässig. Er kann den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären mit der Folge, dass das Gericht auf Grund einer einseitigen Erledigterklärung die Erledigung einer im Übrigen zulässigen und begründeten Klage feststellt und dem Beklagten nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Verfahrens auferlegt.

1 Vgl. BGH, Urt. 3.7.1980 – IVa ZR 38/80, BGHZ 78, 1 (7) = MDR 1980, 1006. 2 BGH, Urt. v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NotBZ 2007, 204 = MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = Rz. 21, NJW 2007, 1952; BGH, Urt. v. 19.8.2010 – VII ZR 113/09, MDR 2010, 1247 = MietRB 2010, 297; BGH, Urt. v. 6.3.2014 – VII ZR 266/13, MDR 2014, 519 = MietRB 2014, 141 = ZWE 2014, 258 = ZfIR 2014, 367 m. Anm. Ott. 3 So OLG Hamm, Beschl. v. 5.11.2009 – 15 Wx 15/09, ZWE 2010, 44 (45); LG Köln, Urt. v. 14.3.2013 – 29 S 181/12, ZWE 2014, 94 (95); a.A. OLG München, Beschl v. 16.11.2007 – 32 Wx 111/07, MietRB 2008, 43 = ZMR 2008, 234 (236); OLG Hamburg, Beschl. v. 24.10.2008 – 2 Wx 115/08, MietRB 2009, 328 = ZMR 2009, 306 (307). 4 Becker, ZWE 2007, 432 (438); Suilmann, ZWE 2013, 302 (307); Wenzel, ZWE 2006, 109 (113); offen lassend LG Köln, Urt. v. 14.3.2013 – 29 S 181/12, ZWE 2014, 94 (95); Bruns, NJW 2011, 337 (339): Wegfall erst, wenn die Gemeinschaft prozessiert. Nach AG Reutlingen, Urt. v. 22.3.2013 – 9 C 1614/12 WEG, ZWE 2013, 408 ist der nach Rechtshängigkeit einer Individualklage gefasste Beschluss anfechtbar. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 5.11.2009 – 15 Wx 15/09, ZWE 2010, 44 (45): Analogie zu §§ 265, 325 ZPO.

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IV. Rechtsfähige Gemeinschaft

Solange der Kläger die Hauptsache nicht für erledigt erklärt, kann die Gemeinschaft den Prozess nach den Regeln über den gewillkürten Parteiwechsel übernehmen.1 Der Klägerwechsel ist in der Regel sachdienlich, so dass der Beklagte entsprechend § 263 ZPO nicht in den Wechsel einwilligen muss. Allerdings ist die Zustimmung des bisherigen Klägers erforderlich.2 Er hat ein schutzwürdiges Interesse daran, nicht gegen seinen Willen aus dem Prozess auszuscheiden. Ein Ausscheiden hätte nämlich zur Folge, dass er entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die durch seine Klageerhebung verursachten Mehrkosten unabhängig vom Prozessausgang tragen müsste.3 Bei einer erfolgreichen Klage bekäme der ausgeschiedene Kläger vom Beklagten seine angefallenen außergerichtlichen Kosten nicht erstattet.

209a

d) Individuelle Rechte ohne Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft Die Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft erstreckt sich von vornherein nicht auf Rechte, die dem einzelnen Eigentümer aus seinem Sondereigentum oder einem sonstigen Rechtsverhältnis individuell zustehen. Hierzu zählen insbesondere:

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– Rechte aus den Erwerbsverträgen mit dem Bauträger, die keinen Bezug zur Gemeinschaft aufweisen, etwa Ansprüche wegen Mängeln am Sondereigentum oder das Recht zum Rücktritt vom Erwerbsvertrag4, – Abwehransprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB wegen einer Störung des Sondereigentums5, – Ersatzansprüche wegen Schäden am Sondereigentum6, – Rechte aus sonstigen Rechtsverhältnissen des Eigentümers, etwa aus Bürgschaften nach § 7 MaBV.7 In diesen Fällen kann die Gemeinschaft die Rechtsausübung nicht durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen. Der Beschluss wäre mangels Beschlusskompetenz nichtig. Der berechtigte Eigentümer kann die Gemeinschaft lediglich individuell ermächtigen, seine Ansprüche im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft zu verfolgen. Voraussetzung ist ein schutz1 Vgl. BGH v. 7.7.1993 – IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132 (136) = MDR 1993, 1009. 2 Lüke in MünchKomm/ZPO, § 263 Rz. 71; a.A. wohl BGH, Urt. v. 7.7.1993 – IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132 (136) = MDR 1993, 1009 bei Wegfall der Prozessführungsbefugnis eines gewillkürten Prozessstandschafters. 3 Greger in Zöller, § 263 ZPO Rz. 31. 4 BGH, Urt. v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, NotBZ 2007, 204 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952; Urt. v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, NotBZ 2006, 428 = MDR 2007, 207 = ZMR 2007, 48 (51); Staudinger/Bub, § 21 WEG, Rz. 274; Wenzel, ZWE 2006, 109 (111). 5 BT-Drucks. 16/887, 62 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 (394) = MDR 1992, 484. 6 BT-Drucks. 16/887, 62 unter Hinweis auf BGH, Beschl. v. 2.10.1991 – V ZB 9/91, BGHZ 115, 253 (258) = MDR 1992, 257. 7 BGH, Urt. v. 12.4.2007 – VII ZR 50/06, NotBZ 2007, 208 = MDR 2007, 830 = MietRB 2007, 202 = Rz. 30, NJW 2007, 1957.

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

würdiges Interesse der Gemeinschaft an der Verfolgung fremder Rechte der Eigentümer. Erforderlich ist ein enger rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Dies ist etwa der Fall, wenn die Gemeinschaft einen Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis zugleich auf Herstellung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum in Anspruch nimmt.1 Beispiel: Ein von der Gemeinschaft mit der Dachsanierung beauftragter Unternehmer führt die Arbeiten nicht ordnungsgemäß aus, so dass Niederschlagswasser eindringt. Dadurch werden Feuchtigkeitsschäden an Räumen des gemeinschaftlichen Eigentums und an Räumen einzelner Sondereigentümer verursacht. In diesem Fall können die geschädigten Sondereigentümer die Gemeinschaft ermächtigen, ihre Ansprüche auf Wiederherstellung des Sondereigentums zugleich mit dem Anspruch auf Wiederherstellung des Gemeinschaftseigentums geltend zu machen.

4. Wahrnehmung von Pflichten der Wohnungseigentümer 212

Gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG nimmt die Gemeinschaft auch die gemeinschaftsbezogenen und sonstigen Pflichten der Wohnungseigentümer wahr, soweit diese gemeinschaftlich zu erfüllen sind. Gemeinschaftsbezogene Pflichten sind solche, die sich aus dem Miteigentum ergeben, insbesondere – die Pflicht zur ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentum im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und – die allgemeine Verkehrssicherungspflicht für das gemeinschaftliche Eigentum. Beispiel: Ein Wohnungseigentümer stellt seinen Pkw auf dem ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Stellplatz ab. Bei einem Unwetter bricht von einem auf einer angrenzenden Gemeinschaftsfläche stehenden Baum ein Ast ab und beschädigt den Pkw. Mit der Behauptung, bei dem Ast habe es sich erkennbar um Totholz gehandelt, nimmt er die übrigen Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Anspruch.2

213

Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten sowie allgemeine Verkehrssicherungspflichten treffen die Wohnungseigentümer als Miteigentümer des Grundstücks gemeinschaftlich. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG verlagert die Wahrnehmung dieser Pflichten auf die Gemeinschaft. Die Folgen der gesetzlichen Verlagerung der Wahrnehmungszuständigkeit sind noch nicht abschließend geklärt. 1 BGH, Urt. v. 12.4.2007 – VII 236/05, Rz. 24, NotBZ 2007, 204 = MDR 2007, 1006 = MietRB 2007, 202 = NJW 2007, 1952; Urt. v. 12.4.2007 – VII ZR 50/06, NotBZ 2007, 208 = MDR 2007, 830 = MietRB 2007, 202 = Rz. 30, NJW 2007, 1957. 2 OLG München, Beschl. v. 24.10.2005 – 34 Wx 82/05, ZWE 2006, 41 m. Anm. Demharter.

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IV. Rechtsfähige Gemeinschaft

Nach verbreiteter, aber bestrittener Ansicht ist die rechtsfähige Gemeinschaft selbst für den Schaden verantwortlich, den ein einzelner Wohnungseigentümer oder ein Dritter infolge einer Pflichtverletzung erleidet. Die Gemeinschaft müsse sich ein Organisationsverschulden des Verwalters oder der Wohnungseigentümer zurechnen lassen, etwa wenn diese trotz erkennbarer Mängel die erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen nicht beschließen oder durchführen.1 Folgt man dem, stellt sich weiter die Frage, ob der Geschädigte nur die Gemeinschaft oder alternativ auch die einzelnen Wohnungseigentümer in Anspruch nehmen kann. Für eine ausschließliche Verantwortung der Gemeinschaft spricht, dass § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG die einzelnen Wohnungseigentümer vor einer persönlichen Inanspruchnahme schützen soll. In unserem Beispiel kann der geschädigte Wohnungseigentümer demnach nur die Gemeinschaft, nicht aber die übrigen Wohnungseigentümer in Anspruch nehmen.2 Vereinzelt wird aber auch die Ansicht vertreten, dass die Wahrnehmungspflicht der Gemeinschaft nur im Außenverhältnis gegenüber Dritten, nicht aber im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander besteht.3 Im Außenverhältnis gegenüber Dritten ist zu beachten, dass die Wohnungseigentümer für die Verbindlichkeit der Gemeinschaft gem. § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG auch persönlich anteilig nach Maßgabe ihres Miteigentumsanteils haften (s. Rz. 217).

213a

Folgt man der Auffassung, dass die Gemeinschaft wegen einer Verletzung der Instandsetzungspflicht für den dadurch eingetretenen Schaden am Sondereigentum eines Miteigentümers verantwortlich ist, dürfte ein Mitverschulden des Geschädigten in Höhe seines eigenen Miteigentumsanteils nicht zu berücksichtigen sein.4 Die Wahrnehmung von Instandsetzungspflichten hat sich gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG auf die rechtsfähige Gemeinschaft verlagert. Die Verletzung der Instandsetzungspflicht wird ihr allein zugerechnet, die dem Eigentümer den bei ihm eingetretenen Schaden im vollen Umfang zu ersetzen hat. Die Schadensersatzleistung ist als Ausgabe in die Jahresabrechnung einzustellen und unter Einschluss des Geschädigten auf die Miteigentümer zu verteilen.

213b

Unklar ist, wie sich die „gemeinschaftsbezogenen Pflichten“ von den ebenfalls in § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG genannten „sonstigen Pflichten“ der Wohnungseigentümer unterscheiden, die „gemeinschaftlich zu erfüllen sind.“ Am ehesten dürften dies Pflichten sein, die das öffentliche Recht jedem einzelnen Wohnungseigentümer auferlegt, etwa die nach Landesrecht

213c

1 So wohl BGH, Urt. v. 13.7.2012 – V ZR 94/11, ZWE 2012, 431 (432); a.A. LG Saarbrücken, Urt. v. 7.9.2012 – 5 S 23/11, MietRB 2013, 17 = ZWE 2013, 89 (90); AG Oberhausen, Urt. v. 14.5.2013 – 34 C 9/13, ZWE 2014, 463; Suilmann, ZWE 2013, 82 (83); ZWE 2013, 302 (307). 2 So auch OLG München, Beschl. v. 24.10.2005 – 34 Wx 82/05, ZWE 2006, 41 m. Anm. Demharter = MietRB 2006, 41. 3 Jacoby, ZWE 2014, 8 (12). 4 Anders noch BGH, Beschl. v. 22.4.1999 – V ZB 28/98, BGHZ 141, 224 (231) = MDR 1999, 924 m. Anm. Riecke; Becker, ZWE 2000, 56 (60); Lehmann-Richter, ZWE 2006, 413 (417) zur Rechtslage vor der WEG-Novelle 2007.

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§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

bestehende Pflicht, Rauchwarnmelder zu installieren.1 Soweit die einzelnen Wohnungseigentümer nach dem jeweiligen Landesrecht und der örtlichen Gebührensatzung für grundstücksbezogene Benutzungsgebühren (Wasser, Abwasser, Abfallbeseitigung) als Gesamtschuldner haften, hat die Gemeinschaft die Schuld aus den Mitteln ihres Verwaltungsvermögens zu erfüllen. Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG („zu erfüllen sind“) besteht kein Entscheidungsermessen, ob die Pflicht durch die Gemeinschaft erfüllt werden soll.2 Siehe dazu näher Rz. 225.

V. Haftungsverfassung der Gemeinschaft 1. Haftung der Gemeinschaft 214

Die soeben behandelten Fragen betreffen bereits die Haftungsverfassung der Gemeinschaft. Als Träger von Rechten und Pflichten haftet die Gemeinschaft für alle Verbindlichkeiten, die im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums für sie kraft Gesetzes oder durch Rechtsgeschäft begründet werden. Wird die Gemeinschaft als Rechtssubjekt beim Abschluss von Verträgen in Angelegenheiten der Verwaltung verpflichtet, so hat die Gemeinschaft als Vertragspartei unmittelbar für die Verbindlichkeit einzustehen. Die Haftungsverfassung der nunmehr rechtsfähigen Gemeinschaft unterscheidet erheblich von der früheren Rechtslage, wonach die Wohnungseigentümer persönlich als Gesamtschuldner für Verbindlichkeiten einstehen mussten. Beispiel: Eine Gemeinschaft, bestehend aus den sechs Wohnungseigentümern A bis F, schuldet einem Unternehmer eine Vergütung von 30 000 Euro für die Sanierung der Außenfassade. – Nach alter Rechtslage konnte der Unternehmer nach seiner Wahl jeden einzelnen Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner in voller Höhe auf Zahlung in Anspruch nehmen. Der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer konnte im Innenverhältnis bei den anderen Wohnungseigentümern anteilig nach Maßgabe des Kostenverteilungsschlüssels Rückgriff nehmen. – Nunmehr ist die rechtsfähige Gemeinschaft als Vertragspartnerin anzusehen, so dass diese dem Unternehmer die vereinbarte Vergütung schuldet.

215

Für die in ihrem Namen begründeten Verwaltungsschulden haftet die Gemeinschaft mit ihrem Verwaltungsvermögen. Um die Zwangsvollstreckung in das Verwaltungsvermögen durchführen zu können, muss der Gläubiger zunächst einen Titel gegen die rechtsfähige Gemeinschaft erwirken.

216

Leistet die Gemeinschaft auf eine titulierte Forderung nicht, so kann der Gläubiger im Verfahren nach §§ 807, 899 ff. ZPO die Vorlage eines Ver1 Vgl. BGH, Urt. v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MDR 2013, 835 = MietRB 2013, 241 = ZWE 2013, 358 (359). 2 BGH, Urt. v. 14.2.2014 – V ZR 100/13, MDR 2014, 397 = MietRB 2014, 103 = ZWE 2014, 165 (166).

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V. Haftungsverfassung der Gemeinschaft

mögensverzeichnisses durchsetzen.1 Anschließend kann er etwa das Tagesguthaben des Gemeinschaftskontos oder Forderungen der Gemeinschaft, insbesondere Beitragsforderungen gegen Wohnungseigentümer pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen.

2. Außenhaftung der Wohnungseigentümer a) Haftung als Teilschuldner Ein Gläubiger der Gemeinschaft kann auch die einzelnen Wohnungseigentümer persönlich in Anspruch nehmen. Für die Verbindlichkeiten der Gemeinschaft haften sie dem Gläubiger gegenüber jedoch nur anteilig im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile (§ 10 Abs. 8 Satz 1 WEG). Es handelt sich um eine unmittelbare und primäre Haftung. Der Gläubiger kann die Wohnungseigentümer als Teilschuldner also neben oder anstelle der Gemeinschaft in Anspruch nehmen, ohne vorher die Gemeinschaft verklagen zu müssen. Damit es zu keiner doppelten Befriedigung des Gläubigers kommt, ist die Haftung der Wohnungseigentümer akzessorisch ausgestaltet. Akzessorietät bedeutet, dass Gemeinschaftsschuld und Haftung der Wohnungseigentümer wechselseitig voneinander abhängig sind. Tilgt die Gemeinschaft die Schuld, so erlischt die Haftung der Wohnungseigentümer. Umgekehrt wird die Gemeinschaft von ihrer Schuld befreit, soweit ein Wohnungseigentümer seinen Haftungsanteil an den Gläubiger leistet.2

217

Beispiel: Geht man in dem oben genannten Beispiel davon aus, dass den Wohnungseigentümern das Miteigentum zu gleichen Teilen zusteht, so haftet jeder der sechs Eigentümer für die Werklohnforderung des Unternehmers i.H.v. 30 000 Euro mit einem Betrag von 5 000 Euro. Zahlt einer der Wohnungseigentümer diesen Betrag, so kann der Unternehmer von der Gemeinschaft lediglich noch die Zahlung von 25 000 Euro verlangen.

Der Umfang der teilschuldnerischen Außenhaftung bestimmt sich zwingend nach dem Verhältnis der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile. Da es um das Verhältnis zu den Gläubigern der Gemeinschaft und nicht um das Gemeinschaftsverhältnis geht, können die Wohnungseigentümer untereinander keine von § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG abweichenden Vereinbarungen über ihre Haftung treffen. Die Modalitäten der Haftung können lediglich durch Vertrag mit dem jeweiligen Gläubiger geregelt werden. Durch Vertrag mit dem Gläubiger kann die Gemeinschaft etwa die Haftung auf das Verwaltungsvermögen beschränken. Der Vertrag wirkt zugunsten der Wohnungseigentümer, so dass ihre persönliche Haftung gegenüber diesem Gläubiger ausgeschlossen ist. Umgekehrt kann der Gläubiger nicht auf den Zugriff auf das Verwaltungsvermögen verzichten, sich zugleich aber die persönliche Inanspruchnahme der Wohnungs1 BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = ZWE 2005, 422 (433) = MietRB 2005, 232. 2 Derleder/Fauser, ZWE 2007, 2 (5).

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218

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

eigentümer vorbehalten. Ein derartiger Erlassvertrag zu Lasten Dritter ist ohne die Zustimmung der Wohnungseigentümer unwirksam.1 b) Haftung bei Eigentümerwechsel 219

Die anteilige Haftung des Wohnungseigentümers besteht für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft, die „während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden sind oder während dieses Zeitraums fällig werden“ (§ 10 Abs. 8 Satz 1 WEG). Maßgeblich ist der Bestand der Verbindlichkeiten, die nach dem Eigentumserwerb für die Gemeinschaft entstehen oder fällig werden. Beim Erwerb in der Zwangsversteigerung ist der Zeitpunkt des Zuschlags maßgeblich; bei rechtsgeschäftlichem Erwerb kommt es in der Regel auf den Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung im Grundbuch an. Lediglich nach den oben genannten Grundsätzen einer „werdenden Gemeinschaft“ ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergeht und zugunsten des Erwerbers eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen wird (s. Rz. 129).

220

Für die während der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft begründeten oder fällig gewordenen Verbindlichkeiten der Gemeinschaft haftet der Wohnungseigentümer nach seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaft weiter. Nach Veräußerung von Wohnungseigentum haftet der ausgeschiedene Wohnungseigentümer für die bis zu seinem Ausscheiden begründeten, aber noch nicht fälligen Verbindlichkeiten weiter, wenn diese vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig werden. Die zeitliche Begrenzung der Nachhaftung des ausgeschiedenen Wohnungseigentümers ergibt sich aus der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 160 HGB (§ 10 Abs. 8 Satz 1 WEG a.E.). Sie hat vor allem bei Dauerschuldverhältnissen der Gemeinschaft Bedeutung. Beispiel: Die Gemeinschaft schließt mit einem Versorgungsunternehmen einen Wärmelieferungsvertrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren beginnend ab dem 1.3.2009 ab. Wohnungseigentümer A verkauft sein Wohnungseigentum an B, das am 1.5.2009 im Grundbuch auf ihn umgeschrieben wird. In diesem Fall ist die Entgeltforderung des Unternehmers bereits mit Abschluss des Vertrages vor dem Ausscheiden des A begründet, so dass A nach seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaft im Verhältnis zum Unternehmen weiterhin fünf Jahre lang anteilig nach Maßgabe seines ehemaligen Miteigentumsanteils für die fällige Entgeltforderungen haftet. Daneben haftet dem Unternehmen auch der Erwerber B anteilig für Entgeltforderungen, die nach der Eigentumsumschreibung ab dem 1.5.2009 fällig werden.

c) Einwendungen und Einreden des Wohnungseigentümers 221

Wird ein Wohnungseigentümer wegen einer Verbindlichkeit der Gemeinschaft in Anspruch genommen, so stehen ihm alle Einwendungen und Einreden zu, die auch die Gemeinschaft (noch) geltend machen kann (§ 10 1 Vgl. BGH, Urt. v. 20.4.1967 – II ZR 220/65, BGHZ 47, 376 (378) zur Haftung der Gesellschafter nach § 128 HGB.

100

V. Haftungsverfassung der Gemeinschaft

Abs. 8 Satz 2 WEG). Einreden unterscheiden sich von den Einwendungen dadurch, dass der Schuldner sie geltend machen muss. Praktisch bedeutsam ist die Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB). Ist etwa der Anspruch des Gläubigers gegen die Gemeinschaft verjährt, so kann der einzelne Wohnungseigentümer die Einrede der Verjährung selbständig ohne Rücksicht darauf geltend machen, ob die Gemeinschaft von ihrem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat. Hat die Gemeinschaft, etwa vertreten durch den Verwalter, selbst rechtzeitig die Verjährungseinrede erhoben, so entfällt die Haftung des Wohnungseigentümers bereits auf Grund ihrer Akzessorietät. Aus demselben Grund wirkt eine verjährungshemmende Rechtshandlung des Gläubigers auch gegen den Wohnungseigentümer. Beispiel: Ein Handwerker hat für die Gemeinschaft Reparaturarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchgeführt. Erwirkt er wegen seiner Vergütungsansprüche rechtzeitig vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist die Zustellung eines Mahnbescheids an die Gemeinschaft, so wird dadurch die Verjährung auch gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Solange die Verjährung gehemmt ist, können sich auch die Wohnungseigentümer nicht mit Erfolg auf Verjährungseinrede berufen.

Der Wohnungseigentümer kann die Befriedigung des Gläubigers auch verweigern, solange die Gemeinschaft berechtigt ist, das der Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten oder mit einer Gegenforderung aufzurechnen. Hat die Gemeinschaft in unserem Beispiel etwa die Möglichkeit, die fällige Vergütungsforderung des Handwerkers mit einer Schadensersatzforderung wegen mangelhafter Reparaturarbeiten aufzurechnen, so kann der einzelne Wohnungseigentümer dem Gläubiger die Einrede der Aufrechenbarkeit entgegenhalten, ohne dass die Gemeinschaft die Aufrechnung zu erklären braucht. Wegen der Einrede der Anfechtbarkeit und Aufrechenbarkeit verweist § 10 Abs. 8 Satz 3 WEG ausdrücklich auf die entsprechenden Einreden eines Bürgen aus § 770 BGB. Anders als dem Bürgen steht dem haftenden Wohnungseigentümer jedoch nicht die Einrede der Vorausklage aus § 771 BGB zu. Er kann also den Gläubiger nicht darauf verweisen, sich vorrangig aus dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft zu befriedigen. Zudem kann der Wohnungseigentümer dem Gläubiger keine Einwendungen und Einreden entgegenhalten, die ihm persönlich gegenüber der Gemeinschaft zustehen (§ 10 Abs. 8 Satz 2 WEG a.E.). Beispiel: Die Gemeinschaft beauftragt einen Handwerker mit Reparaturarbeiten. Um die hierfür anfallenden Kosten zu decken, soll unter den Eigentümern eine Sonderumlage erhoben werden. Nach Durchführung der Arbeiten nimmt der Handwerker einzelne Wohnungseigentümer auf anteilige Zahlung der Vergütung in Anspruch. Die Eigentümer können ihm gegenüber nicht mit Erfolg einwenden, dass ihr Anteil zur Sonderumlage gegenüber der Gemeinschaft noch nicht fällig sei.

101

222

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

d) Haftung als Gesamtschuldner 223

Über die anteilige Haftung für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft hinaus kann durch Vertrag mit dem Gläubiger auch eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer für Verbindlichkeiten begründet werden. Bei einer Gesamtschuld kann der Gläubiger jeden Wohnungseigentümer wegen der Forderung in voller Höhe in Anspruch nehmen (§§ 421, 427 BGB). Beispiel: Die Wohnungseigentümer fassen den einstimmigen Beschluss, zur Finanzierung einer Instandsetzungsmaßnahme bei einer Bank einen Kredit aufzunehmen. Die Bank macht den Abschluss eines Kreditvertrages mit der Gemeinschaft davon abhängig, dass sich sämtliche Wohnungseigentümer auch persönlich als Gesamtschuldner zur Rückzahlung des Kredits verpflichten. In diesem Fall haften die Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner, wenn sich jeder Eigentümer persönlich zur Rückzahlung des Kredits in voller Höhe verpflichtet.

224

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass eine gesamtschuldnerische Haftungsübernahme grundsätzlich nur auf Grund einer individuellen Vereinbarung mit den Wohnungseigentümern begründet werden kann. Ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer, der zum Abschluss einer solchen Vereinbarung ermächtigt, ist wegen Verstoßes gegen das Belastungsverbot unwirksam. Den einzelnen Wohnungseigentümern kann ohne ihren Willen keine gesamtschuldnerische Haftung auferlegt wird, die sie nach dem Gesetz nicht zu tragen haben. Insbesondere in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Versorgungsunternehmen kann eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer für Versorgungsentgelte nicht wirksam begründet werden.1

225

Die Abgabengesetze einzelner Bundesländer sehen vor, dass öffentliche Abgaben (Gebühren und Beitrage) als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen und mehrere Grundstückseigentümer als Gesamtschuldner haften. Aufgrund einer entsprechenden Regelung in der Beitrags- oder Gebührensatzung kann die Behörde durch Leistungsbescheid den einzelnen Wohnungseigentümer persönlich als Gesamtschuldner auf Zahlung von grundstücksbezogenen Benutzungsgebühren, etwa Wasser- und Abwassergebühren, in voller Höhe in Anspruch nehmen.2 Die Erfüllung der gesamtschuldnerisch zu tragenden Abgabenschuld ist eine gemeinschaftsbezogene Pflicht i.S.v. § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbs. 1 WEG, die die Gemeinschaft aus den Mitteln ih1 KG, Urt. v. 12.2.2008 – 27 U 36/07, MDR 2008, 967 = NotBZ 2008, 345 = MietRB 2008, 141 = ZMR 2008, 557 (558); a.A. noch KG, Urt. v. 29.9.2006 – 7 U 251/05, MietRB 2007, 94 = ZMR 2007, 67. 2 So BGH, Urt. v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, MDR 2010, 1083 = MietRB 2010, 327 = ZWE 2010, 364 (366) = ZfIR 2010, 696 m. Anm. Traub; VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheid v. 11.2.2014 – 13 K 1109/13, ZWE 2014, 292 (293) jeweils zu § 6 Abs. 5 KAG-NW; kritisch dazu Becker, ZfIR 2012, 403 (405); vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 30.1.2014 – 2 K 2233/13, ZWE 2014, 232 für BW (Gesamtschuld); VG Halle, Urt. v. 11.6.2013 – 4 A 281/11, ZWE 2014, 293 (294) für SA (Schuld der Gemeinschaft).

102

V. Haftungsverfassung der Gemeinschaft

res Verwaltungsvermögens zu erfüllen hat.1 Sie hat also den einzelnen durch Leistungsbescheid in Anspruch genommenen Wohnungseigentümer im Innenverhältnis von seiner Gesamtschuld freizustellen. Erfüllt der Wohnungseigentümer die Gesamtschuld aus eigenen Mitteln, steht ihm gegen die Gemeinschaft ein Erstattungsanspruch zu.2 Daneben besteht ein Anspruch auf anteiligen Ausgleich im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander (§ 426 Abs. 1, 2 BGB). Aufgrund der im Verhältnis der Wohnungseigentümer bestehenden Treuepflicht ist der Ausgleichsberechtigte jedoch gehalten, zunächst die erstattungspflichtige Gemeinschaft auf Zahlung in Anspruch zu nehmen. Diese hat den Betrag notfalls durch Erhebung einer Sonderumlage aufzubringen.3

3. Rückgriff des Wohnungseigentümers Abgesehen von den seltenen Fällen einer vertraglich oder gesetzlich begründeten gesamtschuldnerischen Außenhaftung haften die Wohnungseigentümer Dritten gegenüber für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft lediglich als Teilschuldner. Wird ein Wohnungseigentümer gem. § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG von einem Gläubiger anteilig für eine Verbindlichkeit der Gemeinschaft in Anspruch genommen, kann er bei der Gemeinschaft Rückgriff nehmen. Voraussetzung für den Rückgriff ist, dass der Gemeinschaft keine Einreden gegen die Forderung zustanden, etwa ein Zurückbehaltungsrecht oder die Möglichkeit zur Aufrechnung der Forderung. Um auszuschließen, dass sich die Gemeinschaft in einem Rückgriffsprozess auf derartige Einreden beruft, sollte der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer die Schuld nur bei eindeutiger Rechtslage erfüllen. Nimmt der Gläubiger einzelne Wohnungseigentümer als Teilschuldner in Anspruch, so sollten diese im Prozess der Gemeinschaft gem. §§ 74, 68 ZPO den Streit verkünden. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Gemeinschaft im Falle der Verurteilung des Wohnungseigentümers im Rückgriffsprozess nicht geltend machen kann, der Rechtsstreit sei falsch entschieden. Grundsätzlich kann der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer nur bei der Gemeinschaft Rückgriff nehmen. Der unmittelbare Regress gegen die übrigen Wohnungseigentümer ist in der Regel ausgeschlossen. Ist keine ausreichendes Verwaltungsvermögen vorhanden, so kann der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer von den übrigen Wohnungseigentümern gem. § 21 Abs. 4 WEG den Beschluss und die Einziehung einer Sonderumlage verlangen. Nur wenn die Erhebung einer Sonderumlage keinen Erfolg verspricht oder er im Wege einer Notgeschäftsführung, etwa 1 BGH, Urt. v. 14.2.2014 – V ZR 100/13, MDR 2014, 397 = MietRB 2014, 103 = ZWE 2014, 165 (166). 2 BGH, Urt. v. 14.2.2014 – V ZR 100/13, MDR 2014, 397 = MietRB 2014, 103 = ZWE 2014, 165 (167). 3 Becker, ZWE 2014, 14 (18).

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226

§ 3 Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

zur Abwendung einer drohenden Versorgungssperre, die gesamte Forderung tilgt, steht dem Wohnungseigentümer unmittelbar ein Aufwendungsersatzanspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu. In diesen Fällen kann der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer aber die übrigen Wohnungseigentümer jeweils nur in Höhe ihres Anteils in Anspruch nehmen, der sich gem. § 10 Abs. 8 Satz 1 und 4 WEG nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile bestimmt. Arbeitsbeispiel 5: Haftung der Wohnungseigentümer 227

Sachverhalt: Eine Gemeinschaft besteht aus zehn Wohnungseigentümern. Am gemeinschaftlichen Eigentum sind sie jeweils zu gleichen Anteilen beteiligt. Der durch Beschluss der Eigentümergemeinschaft ermächtigte Verwalter schließt im Namen der Gemeinschaft mit dem Handwerker U einen Vertrag über die Instandsetzung des Daches. Die vereinbarte Vergütung beträgt 30 000 Euro. Nach Durchführung der Arbeiten verlangt U von der Gemeinschaft die Bezahlung seiner Vergütung. Das Gemeinschaftskonto weist jedoch lediglich ein Guthaben von 25 000 Euro aus. Kann U wegen der Gesamtforderung die Wohnungseigentümer persönlich in Anspruch nehmen? Können diese mit Erfolg einwenden, er solle sich wegen 25 000 Euro zunächst aus dem Gemeinschaftsvermögen befriedigen? Lösung: U kann jeden Wohnungseigentümer anteilig nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils für die Verbindlichkeit der Gemeinschaft in Anspruch nehmen (§ 10 Abs. 8 Satz 1 WEG). Bei gleichen Miteigentumsanteilen haftet jeder der zehn Wohnungseigentümer auf Zahlung von 3 000 Euro. Dem einzelnen Wohnungseigentümer steht keine Einrede der Vorausklage zu, so dass sich U nicht darauf verweisen lassen muss, i.H.v. 25 000 Euro zunächst die Gemeinschaft aus ihrem Verwaltungsvermögen in Anspruch zu nehmen. Abwandlung: U führt die Arbeiten mangelhaft aus. Kann ein Wohnungseigentümer im Falle seiner Inanspruchnahme die Zahlung verweigern mit der Begründung, die Werkleistung des U sei wegen erheblicher Mängel nicht abnahmereif? Lösung: Ja, denn gem. § 10 Abs. 8 Satz 2 WEG stehen dem Wohnungseigentümer die Einwendungen und Einreden zu, die auch die Gemeinschaft geltend machen kann. Solange die Abnahme nicht erfolgt ist, ist der Vergütungsanspruch des U aus dem Werkvertrag mit der Gemeinschaft nicht fällig (§ 641 Abs. 1 BGB). Auch der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer kann die mangelnde Fälligkeit der Vergütung dem U entgegenhalten. Abwandlung: U führt die Arbeiten mangelhaft aus. Gleichwohl nimmt er den Wohnungseigentümer A auf Zahlung der vollen Vergütung i.H.v. 30 000 Euro in Anspruch. A zahlt den Betrag an U. Kann A nunmehr die anderen Wohnungseigentümer unmittelbar auf Kostenerstattung in Anspruch nehmen? Lösung: A könnte Rückgriff bei der Gemeinschaft nehmen. Allerdings hätte A dem Zahlungsverlangen des U die Mängeleinrede entgegenhalten können. Unter diesen Umständen kommt ein Regressanspruch gegen die Gemeinschaft nicht in Betracht. 104

V. Haftungsverfassung der Gemeinschaft

Übersicht 10: Haftung der Gemeinschaft und der Wohnungseigentümer 228 – – – –

Anspruch aus Verwaltungsrechtsgeschäft Kauf- und Werkverträge Versorgungsverträge Bankverträge Mietverträge

rechtsfähige Gemeinschaft

Gläubiger

Durchsetzung des Anspruchs 1. Klage/Titel gg. Gem. 2. Pfändung und Überweisung von Ansprüchen der Gem. gg. WEer 3. Drittschuldnerklage/ Titel gg. WEer 4. Zwangsvollstreckung gg. WEer

Ansprüche aus Gemeinschaftsverhältnis – Beitragsforderung – Anspruch auf Finanzausstattung – Schadensersatzanspruch wegen pflichtwidrigen Unterlassens

Wohnungseigentümer

Haftungsanspruch aus § 10 Abs. 8 WEG WEer als Teilschuldner nach Maßgabe des Miteigentumsanteils

Durchsetzung des Anspruchs 1. Klage/Titel gegen WEer 2. Zwangsvollstreckung gg. WEer

105

§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonderund Gemeinschaftseigentum Die Art und Weise der Nutzung des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums durch einzelne Wohnungseigentümer ist häufig Gegenstand von Konflikten innerhalb der Gemeinschaft. Nachfolgend werden die betreffenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer dargestellt.

229

Die Eigentumsrechte zum Gebrauch und zur sonstigen Nutzung des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums sind in § 13 WEG geregelt. Da die Rechte des Einzelnen nicht schrankenlos sein können, bestimmt § 14 WEG deren Grenzen und legt zugleich jedem Wohnungseigentümer individuelle Pflichten auf. Die gesetzlichen Vorschriften differenzieren dabei zwischen dem Gebrauch und der Befugnis zur Ziehung sonstiger Nutzungen des Sondereigentums einerseits (§ 13 Abs. 1 WEG) und des gemeinschaftlichen Eigentums andererseits (§ 13 Abs. 2 WEG). Siehe dazu auch Übersicht 11, Rz. 279.

I. Recht zum Gebrauch und zur Nutzung Wie eingangs erläutert, ist Sondereigentum echtes Alleineigentum (s. Rz. 2). Demgemäß kann jeder Wohnungseigentümer nach § 13 Abs. 1 WEG, „soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, insbesondere diese bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen, und andere von Einwirkungen ausschließen.“ Diese Vorschrift ist § 903 BGB nachgebildet, welcher die Befugnisse des Eigentümers in ähnlicher Weise umschreibt. Ein Wohnungseigentümer ist damit zum umfassenden Gebrauch und zur alleinigen Ziehung sonstiger Nutzungen befugt.

230

Beispiel: Es obliegt der Entscheidung eines jeden Wohnungseigentümers, ob er seine Eigentumswohnung selbst nutzt oder diese vermietet. Im Falle der Vermietung stehen allein ihm die Mieteinnahmen zu.

Im Hinblick auf das gemeinschaftliche Eigentum ist jeder Wohnungseigentümer gem. § 13 Abs. 2 WEG „zum Mitgebrauch … nach Maßgabe der §§ 14, 15 berechtigt. An den sonstigen Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums gebührt jedem Wohnungseigentümer ein Anteil nach Maßgabe des § 16“. Sofern in § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG die Rede von Mitgebrauch ist, bedeutet dies von vornherein keine Beschränkung des Gebrauchsrechts. Jedem Wohnungseigentümer steht die gleiche Befugnis zur umfassenden Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums zu ohne Rücksicht auf die Größe 107

231

§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum

des individuellen Miteigentumsanteils oder die unterschiedliche Anzahl von Wohnungseigentumsrechten.1 Die grundsätzlich gleiche Berechtigung zum Mitgebrauch resultiert daraus, dass alle Wohnungseigentümer Mitbesitzer des gemeinschaftlichen Eigentums sind und der Mitbesitz nicht in ideelle oder reale Bruchteile zerlegt werden kann (§ 866 BGB).2 232

An den sonstigen Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums (z.B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Obst und Gemüse des gemeinschaftlichen Gartens) gebührt jedem Wohnungseigentümer demgegenüber lediglich ein Anteil entsprechend der Größe seines Miteigentumsanteils (vgl. § 16 Abs. 1 WEG). Dies hat seinen Grund darin, dass die sonstigen Nutzungen real teilbar sind. Die Wohnungseigentümer können allerdings einen von den §§ 13 Abs. 2 Satz 2, 16 Abs. 1 WEG abweichenden Verteilungsschlüssel vereinbaren und etwa festlegen, dass Einkünfte aus der Vermietung einer Gemeinschaftsfläche gleichmäßig auf alle Wohnungseigentümer verteilt werden oder nur einem Wohnungseigentümer zustehen sollen.

II. Beschränkungen des Gebrauchs- und Nutzungsrechts 233

Dass das grundsätzlich umfassende Gebrauchs- und Nutzungsrecht von jedem Wohnungseigentümer nicht schrankenlos ausgeübt werden kann, versteht sich von selbst. Im Hinblick auf das gemeinschaftliche Eigentum resultieren Beschränkungen bereits aus dem Umstand, dass hieran alle Wohnungseigentümer berechtigt sind und jeder die gleichen Rechte der anderen zu respektieren hat. Für das Sondereigentum folgt dies aus dem räumlichen Zusammenleben unter einem Dach, welches einem ungehinderten Ausüben individueller Rechte entgegensteht. Beschränkungen des Gebrauchs- und Nutzungsrechts ergeben sich in erster Linie aus zwischen den Wohnungseigentümern getroffenen Vereinbarungen (§ 15 Abs. 1, 10 Abs. 1 Satz 2 WEG), sekundär aus Beschlüssen (§ 15 Abs. 2 WEG) und im Übrigen aus der gesetzlichen Vorschrift des § 14 WEG. Siehe dazu auch Übersicht 11.

1. Gesetzliche Grenzen (§ 14 WEG) 234

Die Vorschrift des § 14 WEG regelt die gesetzlichen Schranken des Gebrauchsrechts der Wohnungseigentümer und legt diesen besondere Pflichten auf, wobei vorrangig Vereinbarungen (s. Rz. 255 ff.) und Beschlüsse (s. Rz. 264 ff.) der Wohnungseigentümer zu beachten sind. § 14 WEG findet Anwendung, sofern Vereinbarungen bzw. Beschlüsse nicht vorliegen oder keine abschließende Regelung enthalten. 1 BayObLG, Beschl. v. 21.3.1972 – 2 Z BR 58/71, NJW 1972, 1286. 2 Palandt/Bassenge, § 866 BGB Rz. 1.

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II. Beschränkungen des Gebrauchs- und Nutzungsrechts

a) Instandhaltung des Sondereigentums und Gebot der Rücksichtnahme (§ 14 Nr. 1 WEG) Gemäß § 14 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, „… dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil entsteht“. Die Vorschrift regelt, unter welchen Umständen ausnahmsweise eine Verpflichtung des Einzelnen zur Instandhaltung seines Sondereigentums besteht und wann er in der Ausübung seines grundsätzlich umfassenden Gebrauchsrechts sowohl am Sondereigentum als auch am gemeinschaftlichen Eigentum beschränkt ist.

235

§ 14 Nr. 1 WEG betrifft nicht die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Eine solche kann jeder Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 3, 4 und 5 Nr. 2 WEG unter der erleichterten Voraussetzungen verlangen, dass diesbezügliche Maßnahmen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entsprechen (s. Rz. 336 ff.). Im Gegensatz zum Sondereigentum besteht also nicht erst ein Anspruch auf die Durchführung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen des gemeinschaftlichen Eigentums, wenn anderenfalls ein unzumutbarer Nachteil droht. Die Vorschrift des § 14 Nr. 1 WEG soll ein friedliches und geordnetes Zusammenleben der Wohnungseigentümer durch das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme ermöglichen.1 Jeder Wohnungseigentümer hat sein Sondereigentum in einem Zustand zu erhalten und von diesem und vom gemeinschaftlichen Eigentum nur in der Weise Gebrauch zu machen, dass keinem der anderen Wohnungseigentümer ein vermeidbarer Nachteil entsteht. Ein unzulässiges Verhalten i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG liegt vor, wenn hierdurch einem anderen Wohnungseigentümer ein Nachteil entsteht, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht.

236

Unter einem Nachteil ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen.2 Hierfür kommt es nicht auf ein subjektives Empfinden an. Entscheidend ist vielmehr, ob sich ein außenstehender Dritter bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung in der Lage des betreffenden Wohnungseigentümers verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann.3

237

Beispiele: Nachteile sind von einem anderen Wohnungseigentümer verursachte Beschädigungen des gemeinschaftlichen Eigentums oder fremden Sondereigentums, Geruchsbelästigungen, nicht nur geringfügige Geräuschemissionen, Zugangsbehinderungen 1 BayObLG, Beschl. v. 21.11.1980 – 2 Z BR 72/80, DWE 1981, 58. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.4.1995 – 3 Wx 472/94, NJW-RR 1995, 1165; OLG Celle, Beschl. v. 28.11.2001 – 4 W 203/01, ZWE 2002, 371. 3 BGH, Beschl. v. 19.12.1992 – V ZB 27/90, NJW 1992, 978 (979); BayObLG, Beschl. v. 26.9.2001 – 2ZBR 79/01, ZWE 2002, 73 (74).

109

§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum durch Abstellen von Gegenständen in gemeinschaftlichen Verkehrsflächen (z.B. Schuhschrank im Treppenhaus), mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigungen des Gebrauchsrechts; nicht aber Beleidigungen oder Körperverletzungen, da diese nicht im Zusammenhang mit dem Gebrauch oder der Instandhaltung stehen.1

238

Entsteht ein Nachteil im vorgenannten Sinne, liegt also eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung vor, bedeutet dies allerdings noch nicht, dass der verursachende Wohnungseigentümer verpflichtet ist, Instandhaltungsmaßnahmen zu ergreifen bzw. die betreffende Verhaltensweise zu unterlassen. Vielmehr kommt es darauf an, ob die hervorgerufene Beeinträchtigung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Auch hier ist wiederum eine objektive Bewertung unter Berücksichtigung des besonderen Gepräges der jeweiligen Wohnungseigentümergemeinschaft vorzunehmen. Zu fragen ist danach, welche Verhaltensweisen aus der Sicht eines objektiven Dritten in der konkreten Gemeinschaft einem geordneten Zusammenleben entsprechen. Abzustellen ist also stets auf die individuellen Besonderheiten einer Wohnungseigentümergemeinschaft, insbesondere deren Struktur und Zusammensetzung sowie Größe, Lage und Ausstattung der Anlage.2 Bestimmte Verhaltensweisen können in einer Gemeinschaft erheblich stören, in einer anderen Gemeinschaft dagegen als sozialadäquat empfunden werden. Beispiel: In einer Anlage, in der Wohnungen vorwiegend als Alterswohnsitz mit Altenbetreuung genutzt werden, besteht ein erhöhtes Ruhebedürfnis. Geräuschemissionen, die in Wohnanlagen jüngerer Zusammensetzung noch tolerabel sind, können hier bereits die Grenze des Zulässigen überschreiten. Aus Lage und Größe einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Terrasse kann sich ergeben, dass die Terrasse nur der Nutzung durch jenen Wohnungseigentümer offen steht, von dessen Wohnung aus die Terrasse allein zugänglich ist.3

239

Allgemeine Regeln dafür, wann ein Nachteil vorliegt, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht, lassen sich nicht aufstellen. Insoweit kommt es jeweils auf die Umstände des Einzelfalls an. Für die Verpflichtung zur Instandhaltung des Sondereigentums kann man folgende Faustformel zugrunde legen: Ein Wohnungseigentümer ist immer dann zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen an seinem Sondereigentum verpflichtet, wenn anderenfalls die Gefahr einer Beschädigung des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums anderer Wohnungseigentümer droht. Beispiele: Ein Wohnungseigentümer hat den in seinem Sondereigentum stehenden Balkonfußbodenbelag zu erneuern, sofern eine Beschädigung des sich darunter befindenden Estrichs und der Abdichtung und damit ein Eindringen von Feuchtigkeit zu befürchten ist. Desgleichen ist ein defekter Waschbeckenablauf zu erneuern, um Feuchtigkeitsschäden am gemeinschaftlichen Eigentum bzw. am darunter gelegenen Sonder1 KG, Beschl. v. 11.9.1987 – 24 W 2634/87, NJW-RR 1986, 586. 2 BayObLG, Beschl. v. 7.1.2004 – 2Z BR 220/03, ZMR 2004, 361. 3 Vgl. BayObLG, Beschl. v. 7.1.2004 – 2Z BR 220/03, ZMR 2004, 361.

110

II. Beschränkungen des Gebrauchs- und Nutzungsrechts eigentum eines anderen Wohnungseigentümers zu verhindern. Ein unzumutbarer Nachteil entsteht den übrigen Wohnungseigentümern dagegen nicht, wenn ein Wohnungseigentümer sein Sondereigentum nicht regelmäßig neu tapeziert.

Wiederherzustellen ist nur der ursprüngliche Standard. Zu Verbesserungen ist der betreffende Wohnungseigentümer nicht verpflichtet.

240

Beispiel: Ersetzt ein Wohnungseigentümer den fehlerhaften Bodenbelag seiner Wohnung durch Fliesen, darf dies nicht zu einer Verschlechterung des Trittschallschutzes gegenüber den zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Schallschutzwerten führen. Für ein Gebäude der Baualtersklasse 1966 ist etwa die DIN 4109 in der Fassung 1962 zugrunde zu legen.1 Zu einer Verbesserung des Schallschutzes ist er nicht verpflichtet, selbst wenn die Wiederherstellung des ursprünglichen Standards die Mindestanforderungen der DIN 4109 nicht erfüllt.2

Die Grenzen des zulässigen Gebrauchs sind demgegenüber ungleich schwerer zu bestimmen. So schränkt etwa die Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums durch einen Wohnungseigentümer zwangsläufig die gleichen Rechte der anderen ein. Für die Frage, ob sich die mit dem Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums oder Sondereigentum verbundenen Nachteile noch im Rahmen eines geordneten Zusammenlebens bewegen, ist eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen erforderlich. Da insoweit wiederum objektive Maßstäbe anzulegen sind und es nicht auf ein subjektives Empfinden ankommt, ist nicht stets das Interesse der Mehrheit der Wohnungseigentümer ausschlaggebend. Vielmehr kann sich auch das Interesse des Einzelnen durchsetzen, sofern ein bestimmtes Verhalten nach der Verkehrsanschauung einem geordneten Zusammenleben entspricht. Bei der anzustellenden Interessenabwägung ist auch die mittelbare Drittwirkung von Grundrechten zu beachten. Hieraus kann sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls ein Anspruch eines Wohnungseigentümers auf einen bestimmten Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ergeben, der ansich bei objektiver Betrachtung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ginge. Beispiele: Ein ausländischer Wohnungseigentümer kann zum bloßen Aufstellen einer Parabolantenne auf seinem Balkon berechtigt sein, um Programme aus seinem Heimatland oder religiöse Sender empfangen zu können (Art. 5 Abs. 1 GG: Informationsfreiheit; Art. 4 GG: Religionsfreiheit), selbst wenn die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer wegen der optischen Beeinträchtigung der Wohnanlage (Art. 14 GG: Eigentumsgarantie) dem entgegenstehen.3 Etwas anderes würde gelten, wenn der betreffende Wohnungseigentümer bereits über die vorhandene Gemeinschaftsantenne oder die Breitbandkabelanlage Heimatprogramme empfangen kann.4 Besteht ein sol1 BGH, Urt. v. 1.6.2012 – V ZR 195/11, MDR 2012, 898 = MietRB 2012, 233 = ZWE 2012, 319 (320). 2 OLG Hamm, Beschl. v. 15.3.2001 – 15 W 39/01, ZMR 2001, 842 (843). 3 BayObLG, Beschl. v. 30.11.2000 – 2 Z BR 92/00 NZM 2001, 433 (434): zur baulichen Veränderung. 4 LG München I, Urt. v. 15.2.2010 – 1 S 15854/09, ZWE 2010, 413.

111

241

§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum cher Anspruch, obliegt es jedoch der Entscheidung der Wohnungseigentümer, den Standort der Parabolantenne festzulegen (z.B. auf dem Balkon im nicht sichtbaren Bereich hinter der Balkonbrüstung, sofern dort eine Empfangsmöglichkeit besteht). – Ferner kann dem Interesse eines gehbehinderten Wohnungseigentümers (Art. 3 Abs. 3 GG) zum Einbau eines Treppenlifts der Vorrang einzuräumen sein, um diesem einen gefahrfreien Zugang zu seinem Sondereigentum zu ermöglichen.1 – Bei der Installation einer Videokamera ist das Interesse des Einzelnen an einem Schutz vor unberechtigten Übergriffen auf das Eigentum (Art. 14 GG) gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) abzuwägen. Daraus kann sich ergeben, dass der Anbau einer Videokamera zu einem unzumutbaren Nachteil führt, wenn aufgrund konkreter Umstände die Befürchtung einer Überwachung gegeben ist.2 – Desgleichen ist ein Wohnungseigentümer mit mehreren Kindern berechtigt, einen gemeinschaftlichen Trockenraum häufiger zu nutzen als Wohnungseigentümer ohne Kinder.

242

Da ein zulässiger Gebrauch maßgeblich durch die Eigenart der jeweiligen Wohnungseigentümergemeinschaft bestimmt wird und von einer Abwägung der konkreten widerstreitenden Interessen abhängt, sind Verallgemeinerungen nicht möglich. Zur Verdeutlichung sollen deshalb nachfolgend einige ausgewählte Beispiele dargestellt werden.

243

Balkonkästen dürfen grundsätzlich an der Außenseite der Balkonbrüstung angebracht werden. Das gelegentliche Herabfallen von Blättern beeinträchtigt die anderen Wohnungseigentümer nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben hinzunehmende Maß hinaus.3 Einen vermeidbaren Nachteil würde des demgegenüber darstellen, wenn die Balkonkästen nicht mit Wasserauffangschalen versehen werden und nach jedem Gießen mit Partikeln gesättigtes Wasser ungehindert auf darunter gelegene Balkone und Markisen abtropfen kann.

244

Das Betreiben eines Bordells im Wohnungs- bzw. Teileigentum stellt grundsätzlich einen unzumutbaren Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer dar. Deren Interessen sind grundsätzlich höher zu bewerten, da die Ausübung der Prostitution in der Bevölkerung allgemein als anstößig empfunden wird.4 Die Interessenabwägung kann allerdings anders ausfallen, wenn das unmittelbare Wohnumfeld durch Einrichtungen dieser Art bereits vorgeprägt ist.

245

Wird in einem Teileigentum in zulässiger Weise ein Gewerbe betrieben, darf dessen Inhaber hierfür werben und etwa an der Fassade ein Reklameschild anbringen.5 Bei der hinsichtlich der Größe und der Art und Weise der Reklametafel anzustellenden Interessenabwägung ist wiederum das besondere Gepräge der Wohnanlage und deren Umfeld zu berücksichtigen. Diese können ergeben, dass eine große Leuchtreklame zulässig ist, weil sich in der unmittelbaren Umgebung eine Vielzahl von Geschäften befin1 2 3 4

LG Karlsruhe, Beschl. v. 13.7.2012 – 11 S 242/11, ZWE 2013, 37 f. BGH, Urt. v. 21.10.2011 – V ZR 265/10, ZWE 2012, 83 (84). LG Hamburg, Beschl. v. 21.12.1981 – 10 T 13/79, DWE 1984, 93. OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.3.2002 – 20 W 508/01, ZMR 2002, 616; KG Beschl. v. 20.3.2002 – 24W56/01, ZWE 2002, 322. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.10.1981 – 20 W 151/81, Rpfleger 1982, 64.

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II. Beschränkungen des Gebrauchs- und Nutzungsrechts

det. Sind in der Anlage bzw. in der näheren Umgebung dagegen nur wenige Gewerbetreibende geschäftsansässig, darf grundsätzlich nur eine normale Werbetafel angebracht werden. Das Musizieren in einer Eigentumswohnung ist grundsätzlich statthaft. Unzulässig ist demgegenüber ein Musizieren während der Ruhezeiten. Dies stellt einen vermeidbaren Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer dar. Im Übrigen kommt es hinsichtlich des zulässigen Umfanges wiederum auf die Zusammensetzung der Gemeinschaft aber auch auf die baulichen Gegebenheiten (Hellhörigkeit) und das zu bespielende Instrument an. In einer Wohnanlage mit durchschnittlichem Ruhebedürfnis kann das Klavierspielen von nicht mehr als 3 Stunden außerhalb der Ruhezeiten noch zulässig sein.1

246

Das Halten von Haustieren kann für die übrigen Wohnungseigentümer einen vermeidbaren Nachteil darstellen. Bei der anzustellenden Interessenabwägung sind die Anzahl und die Art der gehaltenen Tiere, die Wohnungsgröße und die evtl. Geruchs- und Geräuschbelästigung zu berücksichtigen. Hieraus kann sich ergeben, dass das Halten von mehr als 4 Katzen in einer 42 m2 großen Einzimmerwohnung nicht zulässig ist.2

247

Das Betreiben von Holzkohlegrills auf Balkonen und Terrassen stellt wegen der damit verbundenen Rauchentwicklung und der Brandgefahr einen vermeidbaren Nachteil dar und ist deshalb grundsätzlich unzulässig.3 Die Interessenabwägung kann im Einzelfall wegen der Eigenarten der Wohnanlage etwas anderes ergeben, etwa bei einer Eigenheimmehrhausanlage, wo Geruchsimmissionen geringer ausfallen als bei einer Reihenhausanlage.

248

Sind in einer Mehrhausanlage gleichartige gemeinschaftliche Einrichtungen (Trockenräume, Speicher etc.) in jedem Gebäude vorhanden, widerspräche es einem geordneten Zusammenleben, wenn die Einrichtungen eines Hauses auch von den Bewohnern anderer Häuser benutzt werden würden. Die Wohnungseigentümer einer Mehrhausanlage sind nur berechtigt, die in dem von ihnen bewohnten Gebäude vorhandenen gleichartigen gemeinschaftlichen Einrichtungen zu benutzen. Vom Gebrauch derartiger Einrichtungen in anderen Gebäuden sind sie wegen der vermeidbaren Beeinträchtigung der dort lebenden Wohnungseigentümer (z.B. Verschmutzung des Treppenhauses, Geräuschbelästigung etc.) ausgeschlossen. – Sind gemeinschaftliche Einrichtungen demgegenüber nur in einem Gebäude vorhanden, sind grundsätzlich alle Wohnungseigentümer zu deren Benutzung berechtigt. Lediglich in Ausnahmefällen kann dies aufgrund der Eigenart der Wohnanlage und aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls für die Bewohner des betreffenden Gebäudes einen unzumutbaren Nachteil darstellen, etwa wenn es sich um eine relativ kleine Hausgemeinschaft mit geschlossenem Charakter handelt und eine Benutzung

249

1 BayObLG, Beschl. v. 12.10.1995 – 2ZBR 55/95, WE 1996, 439. 2 KG, Beschl. v. 3.6.1991 – 24 W 6272/90, MDR 1992, 50 = ZMR 1991, 440. 3 LG Düsseldorf, Beschl. v. 9.11.1990 – 25 T 435/90, MDR 1991, 52.

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§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum

durch alle Wohnungseigentümer mit erheblichen Belästigungen verbunden wäre.1 Ist ein Teileigentum nach der Teilungserklärung mit der Zweckbestimmung „Laden“ versehen, sind die öffentlich-rechtlichen Ladenöffnungszeiten zu beachten.2 b) Einwirkung auf Dritte (§ 14 Nr. 2 WEG) 250

Gemäß § 14 Nr. 2 WEG hat jeder Wohnungseigentümer dafür zu sorgen, dass die vorgenannten Pflichten insbesondere zur Ausübung eines maßvollen und rücksichtsvollen Gebrauchs auch von denjenigen Personen beachtet werden, die seinem Hausstand bzw. Geschäftsbetrieb angehören oder denen er sonst die Benutzung des Sonder- oder gemeinschaftlichen Eigentums überlässt. Praktisch bedeutsam ist dies vor allen Dingen im Falle der Vermietung einer Eigentumswohnung. Der vermietende Wohnungseigentümer hat auf seinen Mieter dergestalt einzuwirken, dass dieser vom Sondereigentum und vom gemeinschaftlichen Eigentum nur in zulässiger Weise Gebrauch macht. Wie der Wohnungseigentümer diese Pflicht erfüllt, ist in § 14 Nr. 2 WEG nicht geregelt. Der vermietende Wohnungseigentümer hat sämtliche mietrechtlichen Instrumentarien auszuschöpfen und ggf. die Kündigung auszusprechen, um ein unzulässiges Verhalten zu unterbinden. Beispiel: Ein Teileigentümer kommt seiner Pflicht gegenüber den anderen Wohnungseigentümern nicht ausreichend nach, wenn er gegenüber seinem Gewerbemieter, der in dem als Restaurant genutzten Teileigentum eine defekte Küchenabluftanlage betreibt, lediglich eine Vorschussklage für die zu erwartenden Mangelbeseitigungskosten erhebt.3

Beim Abschluss eines Mietvertrages sollte vereinbart werden, dass die in § 14 Nr. 1 WEG bestimmten Grenzen des Gebrauchs auch von dem Mieter zu beachten sind, um einen Gleichlauf der unterschiedlichen Rechtsbeziehungen zwischen dem vermietenden Wohnungseigentümer und seinem Mieter einerseits und dem vermietenden Wohnungseigentümer und den übrigen Wohnungseigentümern andererseits zu erreichen. Anderenfalls kann es geschehen, dass der Mieter zu bestimmten Verhaltensweisen mietvertraglich berechtigt ist, die sich im Verhältnis der Wohnungseigentümer als einen unzulässigen Gebrauch i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG darstellen. Das vertragsgerechte Verhalten des Mieters kann in diesem Fall grundsätzlich nicht unterbunden werden. 251

Sorgt der vermietende Wohnungseigentümer nicht dafür, dass sein Mieter die in § 14 Nr. 1 WEG bestimmten Grenzen des Gebrauches beachtet oder 1 OLG Hamm, Beschl. v. 29.8.1984 – 15 W 298/82, MDR 1985, 324 = DNotZ 1985, 442, 446 ff. 2 OLG München, Beschl. v. 23.3.2009 – 19 U 5448/08, ZWE 2010, 36. 3 KG, Beschl. v. 15.7.2002 – 24 W 21/02, ZWE 2002, 529.

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II. Beschränkungen des Gebrauchs- und Nutzungsrechts

kann er dies nicht tun, weil er bestimmte Verhaltensweisen mietvertraglich gestattet hat, liegt hierin gem. § 14 Nr. 2 WEG eine eigene Pflichtverletzung gegenüber den anderen Wohnungseigentümern. Der betreffende Wohnungseigentümer kann diesen daher zum Schadensersatz verpflichtet sein.1 c) Duldungspflichten (§ 14 Nr. 3 und 4 WEG) Nach § 14 Nr. 3 WEG hat jeder Wohnungseigentümer Einwirkungen auf die in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, „soweit sie auf einem nach § 14 Nr. 1 und 2 zulässigen Gebrauch beruhen“. Die Vorschrift stellt nochmals klar, dass zulässige Verhaltensweisen, d.h. ein Gebrauch der einem geordneten Zusammenleben entspricht, von den übrigen Wohnungseigentümern nicht unterbunden werden kann. Diese haben eine damit gleichzeitig verbundene Beschränkung ihres Gebrauchsrechts hinzunehmen. Das ergibt sich als Konsequenz aus der im Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG anzustellenden Interessenabwägung.

252

Bedeutsamer ist die Regelung des § 14 Nr. 4 WEG. Hiernach hat jeder Wohnungseigentümer das Betreten und die Benutzung der in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist. Die Vorschrift gewährleistet eine ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung von Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums, worauf jeder Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 4 und 5 Nr. 2 WEG einen Anspruch hat (s. Rz. 368 ff.), auch wenn sich diese im räumlichen Bereich des Sondereigentums befinden. Ein Wohnungseigentümer hat das Betreten seines Sondereigentums aber nur insoweit zu dulden, als dies für die Durchführung entsprechender Maßnahmen erforderlich ist.

253

Beispiele: Ein Wohnungseigentümer muss den Zutritt zu seiner Wohnung ermöglichen, wenn marode Fenster ausgetauscht werden müssen.2 Kann eine instandsetzungsbedürftige Balkonkonstruktion von außen saniert werden, besteht demgegenüber keine Duldungspflicht im Hinblick auf ein Betreten des Sondereigentums.

Wird im Zuge der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums das Sondereigentum beschädigt, ist der dem betreffenden Wohnungseigentümer entstandene Schaden zu ersetzen (vgl. § 14 Nr. 4 WEG). Insoweit handelt es sich um Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums i.S.d. § 16 Abs. 2 WEG, an denen der betroffene Wohnungseigentümer anteilig zu beteiligen ist (§ 16 Abs. 7 WEG). Beispiel: Wird bei einer Sanierung schadhafter Heizkörper und Leitungen der gemeinschaftlichen Zentralheizungsanlage der im Sondereigentum stehende Parkettfußboden 1 KG, Beschl. v. 15.7.2002 – 24 W 21/02, ZWE 2002, 529 (530). 2 OLG Celle, Beschl. v. 4.12.2001 – 4 W 313/01, ZMR 2002, 293.

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254

§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum etwa bei der Deckendurchführung der Leitungen beschädigt, haften hierfür alle Wohnungseigentümer anteilig nach Maßgabe des geltenden Kostenverteilungsschlüssels, d.h. ohne eine besondere Vereinbarung nach § 16 Abs. 2 WEG.

2. Beschränkungen durch Vereinbarung 255

Wie bereits erwähnt, ist es den Wohnungseigentümern unbenommen, durch Vereinbarung gem. §§ 10 Abs. 2 Satz 2, 15 Abs. 1 WEG die Grenzen des zulässigen Gebrauchs abweichend von den gesetzlichen Vorgaben des § 14 WEG zu regeln. a) Zweckbestimmung aa) Zweckbestimmung im engeren Sinn

256

Die Wohnungseigentümer können in der Gemeinschaftsordnung festlegen, dass Räume des Sondereigentums nur zu einem bestimmten Zweck, etwa als „Hobbyraum“, „Laden“ oder „Gaststätte“ genutzt werden dürfen. Derartige Regelungen werden häufig bereits vom teilenden Eigentümer in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung getroffen. Solche Zweckbestimmungen im engeren Sinn stellen Vereinbarungen gem. §§ 10 Abs. 2 Satz 2, 15 Abs. 1 WEG dar. Sie geben den Umfang des zulässigen Gebrauches vor. Eine hiervon abweichende Nutzung ist grundsätzlich unzulässig. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung allerdings dann, wenn die zwecksbestimmungswidrige Nutzung nicht mehr stört oder beeinträchtigt als eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung.1 Für die Beurteilung kommt es auf eine typisierende Betrachtungsweise an, d.h. darauf, ob die von der Zweckbestimmung abweichende Nutzung generell zu stärkeren Beeinträchtigungen führen kann. Dass im Einzelfall Störungen bislang nicht aufgetreten sind, ist demgegenüber unmaßgeblich.2 Die typisierende Betrachtungsweise bedeutet allerdings nicht, dass die konkreten Umstände des Einzelfalls für die Beurteilung einer Mehrbelastung gänzlich außer Betracht zu bleiben haben. Für die Beurteilung, ob eine Mehrbeeinträchtigung gegenüber dem zweckbestimmungsgemäßen Gebrauch zu bejahen ist, ist auf das konkrete Gepräge und den Zuschnitt des von der Zweckbestimmung abweichenden Gebrauchsverhalten abzustellen. Grundlage der Betrachtung sind die Art und Durchführung des zweckbestimmungswidrigen Gebrauchs (z.B. psychologische Einzelpraxis oder Bestellpraxis zweier Hausärzte) und die örtlichen (Umfeld und Lage der Räume im Gebäude) und zeitlichen Verhältnisse (z.B. Öffnungszeiten), wobei allerdings ohne Belang ist, welche tatsächlichen und konkreten Beeinträchtigungen im Einzelnen vorliegen.3 1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.1.2002 – 3Wx 336/01, ZMR 2002, 446; BayObLG, Beschl. v. 7.6.2001 – 2 Z BR 60/01, ZMR 2001, 987; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.12.2000 – 14 Wx 98/00, ZMR 2002, 152. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.7.2005 – 20 W 284/03, NZM 2006, 144 (146). 3 OLG Hamm, Beschl. v. 23.10.2003 – 15 W 372/02, ZMR 2005, 219.

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II. Beschränkungen des Gebrauchs- und Nutzungsrechts Beispiele: Die Nutzung eines Teileigentums als Gaststätte stört grundsätzlich allein wegen der längeren Öffnungszeiten mehr als eine Nutzung entsprechend der Zweckbestimmung als „Laden“.1 Ebenso ist mit der Zweckbestimmung „Büroräume“ die Ausübung einer Kinderarztpraxis nicht vereinbar.2 Demgegenüber bewegt sich die Nutzung eines Teileigentums als Erotikfachgeschäft mit Videothek noch im Rahmen der Zweckbestimmung „Laden“, sofern im näheren Wohnumfeld ähnliche Geschäfte vorhanden sind und darüber hinausgehende anstößige Tätigkeiten, wie etwa das Vorführen von Sexfilmen in Einzelkabinen, nicht unternommen werden.3 Die Nutzung eines Teileigentums als Spielhalle stört bei typisierender Betrachtung des konkreten Einzelfalls mehr, als die zweckbestimmungsgemäße Nutzung gemäß Teilungserklärung als „Gaststätte“ in sensiblen Standorten (z.B. allgemeines Wohngebiet mit Schule, Kindergarten, Kirche im näheren Umfeld) wegen intensiverer Kriminalitätsbelastung und Beeinträchtigung des Sicherheitsgefühls der Anwohner.4

Maßgeblich für das Verständnis der in der Gemeinschaftsordnung enthaltenen Zweckbestimmung, etwa „Laden“, ist der Zeitpunkt des Zustandekommens der Vereinbarung. Ein späterer Begriffswandel spielt grundsätzlich keine Rolle.5 Die Auslegung der Vereinbarung kann allerdings im Einzelfall ergeben, dass der Verweis auf öffentlich-rechtliche Vorschriften, etwa Ladenöffnungszeiten bzw. Ladenschlusszeiten, dynamisch zu verstehen ist.6

257

bb) Zweckbestimmung im weiteren Sinn Von dieser Zweckbestimmung im engeren Sinne zu unterscheiden ist die Zuordnung von Räumen in der Teilungserklärung zum Wohnungseigentum bzw. Teileigentum (§ 1 Abs. 2 und 3 WEG). Insoweit wird gelegentlich von einer Zweckbestimmung im weiteren Sinne gesprochen. Denn die Bezeichnung Wohnungseigentum gibt vor, dass die betreffenden Räume des Sondereigentums zur Nutzung zu Wohnzwecken bestimmt sind, wohingegen beim Teileigentum die Räume des Sondereigentums nicht zu Wohnzwecken dienen. Die Regelung in der Teilungserklärung über die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum gibt damit bereits allgemein die Art und Weise der zulässigen Nutzung von Räumen vor. Zu beachten ist allerdings, dass es sich insoweit nicht um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter i.S.d. §§ 10 Abs. 2 Satz 2, 15 Abs. 1 WEG handelt, sondern um eine Regelung des sachenrechtlichen Rechtsinhaltes.7 Dies ist bedeutsam vor allem für den Fall, dass in der Ge1 2 3 4

BayObLG, Beschl. v. 7.6.2001 – 2 Z BR 60/01, ZMR 2001, 987. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.9.1995 – 3 Wx 259/95, NJW-RR 1996, 267. KG, Beschl. v. 16.2.2002 – 24 W 3925/98, NZM 2000, 879. LG München I, Schlussurt. v. 4.4.2011 – 1 S 16861/09, MietRB 2011, 324 = ZWE 2011, 275 (276). 5 BayObLG, Beschl. v. 22.9.2004 – 2Z BR 103/04, ZMR 2005, 215. 6 OLG Hamm, Beschl. v. 23.7.2007 – 15 W 205/06, MietRB 2007, 318 = NZM 2007, 805. 7 KG, Beschl. v. 5.9.2001 – 24 W 7632/00, ZMR 2002, 72 (73); BayObLG, Beschl. v. 23.3.1983 – 2ZBR89/82, MDR 1983, 671.

117

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§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum

meinschaft eine sog. Öffnungsklausel vereinbart wurde (s. Rz. 161 ff.), wonach die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit von der Gemeinschaftsordnung abweichende Regelungen beschließen können. Ein Mehrheitsbeschluss über die Nutzung von Wohnungseigentum etwa als „Ladenlokal“ könnte hiernach nicht wirksam gefasst werden, da es sich bei der Bezeichnung „Wohnungseigentum“ nicht um eine Vereinbarung i.S.d. § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG und damit nicht um eine Regelung der Gemeinschaftsordnung handelt. Von einer Zweckbestimmung im engeren Sinne, die die Nutzung eines Teileigentums konkret etwa als „Laden“ festlegt, könnte demgegenüber eine abweichende Nutzung aufgrund einer Öffnungsklausel mit Stimmenmehrheit beschlossen werden. 258a

Auch wenn es sich bei der Zuordnung von Räumen zum Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter handelt, soll nach h.M.1 eine Nutzung von Wohnungseigentum als Teileigentum und umgekehrt möglich sein. Die h.M. wendet insoweit die Grundsätze über die Zulässigkeit einer von einer Zweckbestimmung im engeren Sinne abweichenden Nutzung an. Die Nutzung von Teileigentum zu Wohnzwecken bzw. die Nutzung von Wohnungseigentum zu anderen als zu Wohnzwecken ist hiernach zulässig, sofern die abweichende Nutzung nicht mehr stört oder beeinträchtigt. Beispiele: Das Betreiben eines Frisörsalons im Wohnungseigentum führt zu stärkeren Beeinträchtigungen als eine Wohnnutzung.2 Gleiches gilt für die Nutzung einer Wohnung als Arztpraxis mit erheblichem Patientenverkehr.3 Umgekehrt soll die Nutzung eines Teileigentums als Wohnung mehr beeinträchtigen als eine Verwendung als Hobbyraum4 oder als „Verkaufsladen“.5 Die Nutzung von Räumen als Kindertagesstätte ist mit der Zweckbestimmung „Wohnungseigentum“ nicht zu vereinbaren.6

258b

Die Auffassung der h.M. begegnet erheblichen Bedenken.7 Eine Zweckbestimmung im weiteren Sinn, d.h. die Festlegung der Nutzung als Wohnungseigentum oder Teileigentum, stellt keine Gebrauchsregelung mit Vereinbarungscharakter i.S.d. § 15 Abs. 1 WEG dar, sondern legt den sachenrechtlichen Rechtsinhalt fest. Wegen des sachenrechtlichen Typenzwangs darf Teileigentum nicht einfach zu Wohnzwecken und Wohnungseigentum nicht zu anderen Zwecken genutzt werden und zwar unabhängig vom Grad der von der Nutzung ausgehenden Beeinträchtigung. So ist etwa 1 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 17.9.2001 – 3 W 87/01, ZMR 2002, 219 (220); OLG Köln, Beschl. v. 15.2.2002 – 16 Wx 232/01, NZM 2002, 258; BayObLG, Beschl. v. 31.8.2000 – 2 Z BR 39/00, ZWE 2001, 112. 2 BayObLG, Beschl. v. 31.8.2000 – 2 Z BR 39/00, ZWE 2000, 112. 3 BayObLG, Beschl. v. 20.7.2000 – 2 Z BR 50/00, ZWE 2000, 521. 4 BGH, Beschl. v. 16.6.2011 – V ZR 1/11, ZWE 2011, 396. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.7.2011 – 20 W 319/08, MietRB 2011, 383 = ZWE 2012, 35 (36). 6 BGH, Urt. v. 13.7.2012 – V ZR 204/11, MDR 2012, 1399 = MietRB 2012, 297 = ZWE 2012, 366. 7 Vgl. Ott, ZfIR 2005, 129 (132); kritisch auch Elzer in Riecke/Schmid, § 3 WEG, Rz. 8; dagegen Armbrüster/M. Müller, ZMR 2007, 321 (326).

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II. Beschränkungen des Gebrauchs- und Nutzungsrechts

Inhalt eines dinglichen Wohnungsrechtes i.S.d. § 1093 BGB nur die Befugnis zur hauptsächlichen Nutzung der Räume als Wohnung. Eine anderweitige Nutzung ist vom Rechtsinhalt nicht gedeckt und deshalb unzulässig. Sie stellt eine Beeinträchtigung des Eigentums i.S.d. § 1004 BGB dar. Demgemäß bedarf es einer sachenrechtlichen Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum, wenn dieses zu Wohnzwecken genutzt werden soll. Zur Inhaltsänderung sind gem. §§ 877, 876, 873 BGB eine dingliche Einigung aller Wohnungs- bzw. Teileigentümer, eine entsprechende Eintragung im Grundbuch und ggf. eine Zustimmung von Realberechtigten erforderlich. Die Wohnungs- bzw. Teileigentümer können sich allerdings persönlich durch den Abschluss einer Vereinbarung verpflichten, die abweichende Nutzung von Teileigentum als Wohnungseigentum oder umgekehrt zu dulden. Sondernachfolger sind hieran nicht gebunden. Von der Zweckbestimmung „Wohnungseigentum“ ist dagegen die Vermietung an täglich oder wöchtenlich wechselnde Feriengäste (Ferienwohnung) gedeckt, weil es sich insoweit um eine Nutzung zu Wohnzwecken handelt.1 Die konkrete Nutzung darf jedoch nicht zu einer Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG führen; andernfalls besteht ein Unterlassungsanspruch.

258c

b) Gebots- und Verbotsregelungen Ferner können alle Wohnungseigentümer durch eine Vereinbarung festlegen, dass bestimmte Räume des Sondereigentums oder des gemeinschaftlichen Eigentums nur in einer bestimmten Art und Weise und in einem bestimmten Umfang genutzt werden dürfen (sog. Gebotsnormen).

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Beispiele: Es kann vereinbart werden, dass die Räume des Sondereigentums zweimal täglich 10 Minuten zu lüften sind, dass gemeinschaftliche Räume nur als Hobbyräume benutzt werden dürfen, auf gemeinschaftlichen Freiflächen nur Pkws abgestellt werden dürfen, dass Musizieren nur einmal in der Woche für eine Stunde gestattet sein soll etc.

Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung bestimmte Verhaltensweisen auch gänzlich untersagen (sog. Verbotsnormen). Beispiele: Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, dass in Eigentumswohnungen keine Hunde und Katzen gehalten werden dürfen oder dass gemeinschaftliche Grünflächen nicht als Kinderspielplatz genutzt werden dürfen. Die Wohnungseigentümer können ein Vermietungsverbot2 oder ein Musizierverbot vereinbaren.3

1 BGH, Urt. v. 15.1.2010 – V ZR 72/09, MDR 2010, 499 = MietRB 2010, 114 = NJW 2010, 3093 ff.; OLG Saarbrücken, Urt. v. 24.5.2012 – 8 U 183/11-52, ZWE 2012, 492. 2 BGH, Urt. v. 29.11.1995 – VII ZR 230/94, MDR 1996, 355 = NJW 1996, 714. 3 OLG Hamm, Beschl. v. 10.11.1980 – 15W 122/80, MDR 1981, 320 = NJW 1981, 465.

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Desgleichen kann durch Vereinbarung das Gebrauchsrecht des Einzelnen auch über das in § 14 Nr. 1 WEG bezeichnete Maß hinaus erweitert und danach unzulässige Verhaltensweisen gestattet werden. Beispiele: Möglich ist der Abschluss von Sondernutzungsvereinbarungen, wonach ein Wohnungseigentümer unter Ausschluss aller übrigen zur alleinigen Benutzung eines Teils des gemeinschaftlichen Eigentums berechtigt sein soll. – Durch Vereinbarung kann das Musizieren über Zimmerlautstärke für täglich fünf Stunden gestattet werden.

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Der Abschluss derartiger Vereinbarungen ist zulässig, sofern diese nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen (§§ 242, 134, 138 BGB).1 Beispiel: Wegen sittenwidriger Knebelungen gem. § 138 BGB unwirksam ist eine Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung, wonach in einer Wohnanlage mit Kurhotel und Apartmentwohnungen eine Vermietung der Apartments nur über die Hotelbetriebsgesellschaft zu festgesetzten Preisen erfolgen darf. Dem jeweiligen Betreiber des Hotels würde damit ein Vermietungsmonopol eingeräumt. Während die Wohnungseigentümer ihre Apartments nur über den Hotelbetreiber vermieten dürfen, ist dieser nicht verpflichtet, seinerseits tätig zu werden und eine Vermietung zu vermitteln.2

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Gemäß § 10 Abs. 3 WEG sind die Sondernachfolger von Wohnungseigentümern an Vereinbarungen nur gebunden, wenn diese als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen werden (s. Rz. 167 ff.). Vereinbarungen über Gebrauchsregelungen können nur durch eine Vereinbarung geändert, nicht aber mit Stimmenmehrheit beschlossen werden. Ein gleichwohl gefasster Beschluss wäre nichtig.3 Eine Änderungsvereinbarung wirkt gegenüber Sondernachfolgern wiederum nur bei Eintragung im Grundbuch.

3. Beschränkungen durch Beschluss 264

Während die Wohnungseigentümer gem. § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG von den Vorschriften des Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen und somit auch die Grenzen des Gebrauchs abweichend von § 14 Nr. 1 WEG definieren können, dürfen die vom Gesetz vorgegebenen Beschränkungen des Gebrauchsrechtes durch Mehrheitsbeschluss gem. § 15 Abs. 2 WEG lediglich konkretisiert und im Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG ausgestaltet werden.

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Außer der in § 15 Abs. 2 WEG geregelten gesetzlichen Beschlusskompetenz dürfen Mehrheitsbeschlüsse über Gebrauchsregelungen nur aufgrund einer vorherigen Vereinbarung gefasst werden (vgl. § 23 Abs. 1 WEG). Vereinbaren die Wohnungseigentümer, dass allgemein die Gemein1 BGH, Beschl. v. 24.2.1994 – V ZB 43/93, MDR 1994, 580 = NJW 1994, 2950 (2952); OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.2.1987 – 4 W 41/86, NJW-RR 1987, 651 (652). 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.2.1987 – 4 W 41/86, NJW-RR 1987, 651 (653). 3 Becker/Kümmel, ZWE 2001, 128 (136).

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II. Beschränkungen des Gebrauchs- und Nutzungsrechts

schaftsordnung insgesamt durch Mehrheitsbeschluss geändert werden darf oder dass konkrete Gebrauchsregelungen mit Stimmenmehrheit beschlossen werden können (sog. Öffnungsklausel), sind die Wohnungseigentümer nicht an § 14 Nr. 1 WEG gebunden. Sie können aufgrund einer Öffnungsklausel durch Beschluss ebenso wie durch eine Vereinbarung die Grenzen des zulässigen Gebrauches abweichend von § 14 Nr. 1 WEG festlegen. a) Beschlussfassung gem. § 15 Abs. 2 WEG aa) Zulässiger Inhalt Gemäß § 15 Abs. 2 WEG können die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit einen der Beschaffenheit der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsmäßigen Gebrauch beschließen, soweit nicht eine Vereinbarung entgegensteht. Haben die Wohnungseigentümer also keine Vereinbarung über den Umfang des Gebrauchsrechts getroffen, können sie einen ordnungsmäßigen Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums durch Mehrheitsbeschluss regeln.

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Beispiel: Wurde zugunsten eines Wohnungseigentümers ein Gartensondernutzungsrecht begründet, schließt dies einen Mehrheitsbeschluss über die Vermietung dieser Fläche aus. Dem steht insoweit die Vereinbarung über die Einräumung des Sondernutzungsrechts entgegen, wonach allein der begünstigte Wohnungseigentümer über die Nutzung der Grünfläche entscheidet.

In § 15 Abs. 2 WEG ist nicht geregelt, welche Maßnahmen einem ordnungsmäßigen Gebrauch entsprechen. Insoweit ist der Maßstab des § 14 Nr. 1 WEG zugrunde zu legen (s. Rz. 235 ff.). Eine Gebrauchsregelung ist danach ordnungsmäßig, wenn hierdurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst (s. dazu Rz. 235 ff.). Die Regelung muss bei objektiv vernünftiger Betrachtungsweise nach der Verkehrsauffassung dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechen. Zu berücksichtigen ist der besondere Charakter einer Wohnanlage, d.h. die besonderen Bedürfnisse der jeweiligen Wohnungseigentümer und die örtlichen und baulichen Gegebenheiten.1 Durch einen Mehrheitsbeschluss i.S.d. § 15 Abs. 2 WEG darf mithin lediglich der nach § 14 Nr. 1 WEG zulässige Gebrauch ausgestaltet und konkretisiert werden. Einem ordnungsgemäßen Gebrauch entspricht es nicht, wenn der Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG überschritten und ein danach zulässiger Gebrauch untersagt oder ein unzulässiger Gebrauch gestattet wird.2 Derartige Maßnahmen können nicht gem. § 15 Abs. 2 WEG beschlossen werden. Erforderlich ist vielmehr eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer. 1 OLG Köln, Beschl. v. 3.12.1999 – 16 Wx 165/99, NZM 2000, 191. 2 BayObLG, Beschl. v. 9.6.1988 – 2 Z BR 102/87, NJW-RR 1988, 1164 (1165); OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.10.1994 – 8 W 218/93, ZMR 1995, 81.

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§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum Beispiele: Einem ordnungsgemäßen Gebrauch entspricht ein Mehrheitsbeschluss, der den Beginn der Ruhezeit auf 23 Uhr festlegt und das Betreiben eines Biergartens auf einer Sondernutzungsfläche nach diesem Zeitpunkt untersagt.1 Nicht ordnungsgemäß ist ein Mehrheitsbeschluss, der das Musizieren vollständig ausschließt oder auf Zimmerlautstärke beschränkt, wenn dies nach Art des Instruments (Klavier) einem vollständigen Ausschluss gleichkommt.2 Eine Mehrheitsentscheidung, die eine Haustierhaltung generell verbietet, entspricht ebenfalls nicht ordnungsmäßigem Gebrauch.3 Ordnungsmäßig ist jedoch ein Beschluss über ein Parkverbot auf einem gemeinschaftlichen Fahrweg.4 Ebenfalls ordnungsgemäß ist ein Mehrheitsbeschluss über die Einrichtung eines Hausmeisterbüros mit Toilette in einem gemeinschaftlichen Raum.5 Ordnungsmäßig ist auch der Beschluss eines sog. Rotationsprinzips, wonach die nicht ausreichend vorhandenen gemeinschaftlichen Kfz-Stellplätze in festgelegter Reihenfolge von den Wohnungseigentümern turnusmäßig genutzt werden sollen.6 Ein Mehrheitsbeschluss, der das Abstellen von Kinderwagen in einem engen Treppenhaus gestattet, entspricht nicht einem ordnungsmäßigen Gebrauch.7

bb) Fehlerhafte Beschlüsse 268

Hinsichtlich der Rechtsfolgen fehlerhafter Beschlüsse, die nicht im Einklang mit dem Gesetz stehen, ist zu differenzieren. Beschlüsse, die gegen zwingende gesetzliche Vorschriften, den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstoßen, sind per se unwirksam. Nichtig sind ferner Beschlüsse über den Gebrauch des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums, für die weder nach § 15 Abs. 2 WEG noch aufgrund einer Vereinbarung eine Beschlusskompetenz gegeben ist (vgl. § 23 Abs. 1 WEG).8 Unwirksame Beschlüsse entfalten von vornherein keine Regelungswirkung, ohne dass es hierüber einer gerichtlichen Entscheidung bedarf.9 Beispiele: Nichtig ist ein Beschluss, der abweichend von öffentlich-rechtlichen Vorschriften kürzere Ruhezeiten festlegt.10 Ein Beschluss, der auch das vorübergehende Abstellen eines Rollstuhls im Treppenhaus trotz ausreichender Passiermöglichkeiten verbietet, verstößt gegen die guten Sitten und ist gem. § 138 BGB nichtig.11 Mangels Beschlusskompetenz nichtig ist ein Beschluss über die Abänderung einer Vereinbarung, da gem. § 15 Abs. 2 WEG eine Gebrauchsregelung nicht beschlossen werden kann, sofern bereits eine entgegenstehende Vereinbarung getroffen wurde.12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

BayObLG, Beschl. v. 11.4.2001 – 2 Z BR 119/00, ZMR 2001, 823 (824). BayObLG, Beschl. v. 23.8.2001 – 2 Z BR 96/01, ZMR 2002, 64. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.7.2002 – 3 Wx 173/02, WuM 2002, 506. LG Berlin, Beschl. v. 11.7.2000 – 85 T 359/99, ZMR 2001, 915. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.8.2002 – 3 Wx 388/01, NZM 2002, 867. KG, Beschl. v. 27.4.1994 – 24 W 7352/93, WE 1994, 339. OLG Hamburg, Beschl. v. 28.10.1992 – 2 Wx 10/91, WE 1993, 87. BGH, Beschl. v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500 (3501); Wenzel, ZWE 2000, 2 (5 f.); Ott, ZWE 2000, 333 (336). BGH, Beschl. v. 18.5.1989 – V ZB 4/89, MDR 1989, 897 = NJW 1989, 2059. KG, Beschl. v. 18.11.1991 – 24 W 3791/91, ZMR 1992, 68 (70). OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.12.1983 – 3 W 227/83, ZMR 1984, 161. Becker/Kümmel, ZWE 2001, 128 (136).

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II. Beschränkungen des Gebrauchs- und Nutzungsrechts Desgleichen ist ein Beschluss mangels Beschlusskompetenz nichtig, durch den das Mitgebrauchsrecht eines Wohnungseigentümers an einem Teil des gemeinschaftlichen Eigentums, etwa durch die Begründung eines Sondernutzungsrechts, entzogen wird. Denn gem. § 15 Abs. 2 WEG darf durch Beschluss das Gebrauchsrecht des Einzelnen nur im Rahmen der Ordnungsmäßigkeit konkretisiert, nicht aber gänzlich ausgeschlossen werden.1

Desgleichen dürfen dem einzelnen Wohnungseigentümer keine Leistungspflichten durch Beschluss auferlegt werden (z.B. Reinigung des Treppenhauses), da nach § 15 Abs. 2 WEG nur der zulässige Gebrauch geregelt werden kann. Insoweit fehlt die Beschlusskompetenz.2 Beschlüsse, die nicht nichtig sind, aber die Grenze eines ordnungsmäßigen Gebrauches i.S.d. § 15 Abs. 2 WEG überschreiten, bedürfen demgegenüber einer Anfechtung und müssen vom Gericht erst für ungültig erklärt werden (§ 23 Abs. 4 WEG). Der Beschlussanfechtungsantrag ist innerhalb eines Monats seit der Beschlussfassung beim zuständigen WEG-Gericht zu stellen (s. Rz. 881 ff.). Wird diese Frist versäumt, erwächst der Beschluss in Bestandskraft, auch wenn er einen nicht ordnungsmäßigen Gebrauch zum Gegenstand hat. Dieser rechtswidrige Beschluss ist zu befolgen.

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Beispiele: Ein Mehrheitsbeschluss, der die Hundehaltung in einer Wohnanlage generell verbietet, entspricht nicht einem ordnungsmäßigen Gebrauch, bindet aber gleichwohl alle Wohnungseigentümer, solange er nicht innerhalb der Frist des § 23 Abs. 4 WEG angefochten und gerichtlich für ungültig erklärt wird.3 Bestandskräftig kann auch ein nicht ordnungsmäßiger Beschluss werden, durch den die Musikausübung vollständig ausgeschlossen wird.4

Arbeitsbeispiel 6: Beschluss ordnungsmäßiger Gebrauchsregelungen Sachverhalt: A, der Eigentümer einer Dachgeschosswohnung in einer Seniorenresidenz ist, ließ wegen der besonders in den Sommermonaten herrschenden hohen Temperaturbelastungen ein auf seinem Balkon festinstalliertes Klimagerät errichten. Die übrigen Wohnungseigentümer haben daraufhin mit Stimmenmehrheit beschlossen, dass dieses Gerät wieder zu entfernen ist, weil davon erhöhte Vibrationen und Geräuschentwicklungen ausgingen. A ficht den Beschluss fristgerecht innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung mit der Begründung an, das Erdulden hochsommerlicher Temperaturen sei für ihn unzumutbar. Wie wird das Gericht entscheiden? Ändert sich die Beurteilung, wenn A die Anfechtungsfrist versäumt hätte? Lösung: Die Wohnungseigentümer dürfen gem. § 15 Abs. 2 WEG nur einen ordnungsgemäßen Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums beschließen. Ordnungsmäßig ist ein Gebrauch, der bei einer 1 BGH, Beschl. v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500 (3501). 2 BGH, Urt. v. 18.6.2010 – V ZR 193/09, MDR 2010, 1108 = MietRB 2010, 265 = ZWE 2010, 359 (360). 3 BGH, Beschl. v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, MDR 1995, 895 = NJW1995, 2036 (2037). 4 BayObLG, Beschl. v. 23.8.2001 – 2 Z BR 96/01, ZMR 2002, 64 (65).

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objektiv vernünftigen Betrachtungsweise nach der Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung der konkreten Bedürfnisse der Wohnungseigentümer und des besonderen Charakters der Wohnanlage dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entspricht. Vorliegend ist das Interesse des A an einer wohltemperierten Wohnung gegen die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer, nicht durch Lärm und Vibrationen beeinträchtigt zu werden, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist der besondere Charakter der Wohnanlage als Seniorenresidenz zu berücksichtigen. Die Interessenabwägung fällt hier zu Lasten des A aus, da in einer Seniorenwohnanlage ein erhöhtes Ruhebedürfnis besteht und A sein Ziel einer angemessenen Temperierung durch die Installation eines Raumklimagerätes erreichen kann, welches keine Geräuschbelästigungen anderer Wohnungseigentümer verursacht. Der Beschluss entspricht daher einem ordnungsmäßigen Gebrauch i.S.d. § 15 Abs. 2 WEG und ist nicht vom Gericht für ungültig zu erklären.1 Da der Beschluss ordnungsmäßig war, kommt es auf die Einhaltung der Anfechtungsfrist nicht an. Diese ist vielmehr nur maßgeblich für rechtswidrige Beschlüsse, die nicht einem ordnungsmäßigen Gebrauch entsprechen. Jene Beschlüsse werden bestandskräftig und bleiben wirksam, wenn sie nicht innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung angefochten worden sind.

b) Beschlussfassung aufgrund einer Öffnungsklausel 271

Grundsätzlich können die Wohnungseigentümer nur aufgrund des § 15 Abs. 2 WEG Gebrauchsregelungen mit Stimmenmehrheit beschließen. Die Vorschrift räumt den Wohnungseigentümern insoweit eine gesetzliche Beschlusskompetenz ein. Beschlüsse, die den Rahmen eines ordnungsmäßigen Gebrauchs überschreiten und deshalb von § 15 Abs. 2 WEG nicht gedeckt sind, sind rechtswidrig und auf fristgerechten Antrag vom Gericht für ungültig zu erklären. § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG eröffnet den Wohnungseigentümern allerdings die Möglichkeit, von den gesetzlichen Vorschriften und damit auch von § 15 Abs. 1 und 2 WEG abweichende Vereinbarungen zu treffen. Die Wohnungseigentümer können insbesondere vereinbaren, dass abweichend vom Gesetz auch nicht ordnungsmäßige Gebrauchsregelungen mit Stimmenmehrheit beschlossen werden dürfen und nicht vereinbart werden müssen (sog. Öffnungsklausel).2 Die Vereinbarung kann eine Abänderung der Gemeinschaftsordnung insgesamt gestatten (sog. allgemeine Öffnungsklausel) oder sich auf Gebrauchsregelungen beschränken bzw. konkrete Maßnahmen (z.B. Begründung von Sondernutzungsrechten durch Beschluss) festlegen (sog. konkrete Öffnungsklausel). In diesen Fällen beruht die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer auf einer Vereinbarung, nämlich auf der Öffnungsklausel (vgl. §§ 10 Abs. 2 Satz 2, 23 Abs. 1 WEG). Die Wohnungseigentümer sind in diesen Fällen nicht an die gesetzliche Vorgabe des § 15 Abs. 2 WEG gebunden und können auch Maßnahmen, die nicht einem ordnungsmäßigen Gebrauch entsprechen, mit Stimmenmehrheit beschließen. Ein solcher Beschluss ist we1 BayObLG, Beschl. v. 20.3.2001 – 2 Z BR 45/01, ZMR 2001, 818 (819). 2 OLG Köln, Beschl. v. 29.10.2001 – 16 Wx 180/01, ZMR 2002, 467.

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III. Rechtschutz bei Beeinträchtigungen

gen der zuvor vereinbarten Beschlusskompetenz rechtmäßig und unanfechtbar. Die Wohnungseigentümer müssen nicht erst beschließen, dass vom Gesetz oder der Regelung in der Gemeinschaftsordnung abgewichen werden soll. Bereits der konkrete Beschluss, der eine Abweichung enthält, ist von der Öffnungsklausel gedeckt.

III. Rechtschutz bei Beeinträchtigungen 1. Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch Gemäß § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer von den anderen Wohnungseigentümern einen Gebrauch des Sonder- und Gemeinschaftseigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen entspricht. Der Einzelne hat gegenüber jedem anderen Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Einhaltung bestehender Vereinbarungen, Beachtung gefasster Beschlüsse und, wenn abweichende Bestimmungen nicht getroffen wurden, auf Ausübung eines nach § 14 Nr. 1 WEG zulässigen Gebrauchs. Bei Beeinträchtigungen besteht gem. § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB ein individueller Anspruch des Einzelnen gegen den störenden Wohnungseigentümer auf Beseitigung bzw. Unterlassung der Störung.1 Dies gilt sowohl für das Sondereigentum als auch für das gemeinschaftliche Eigentum. Insbesondere muss bei Beeinträchtigungen des gemeinschaftlichen Eigentums nicht vorher ein Mehrheitsbeschluss herbeigeführt werden, da die Befugnis zum Gebrauch aus dem Eigentumsrecht des Einzelnen fließt.2 Im Einzelfall kann der Unterlassungsanspruch wegen Verwirkung nicht durchsetzbar sein, wenn die Wohnungseigentümer den unzulässigen Gebrauch über einen längeren Zeitraum hinnehmen, durch ihr Verhalten Einverständnis zu erkennen geben und der Betreffende sich darauf eingerichtet hat.3 Sofern einem Wohnungseigentümer das Recht zum Mitgebrauch komplett entzogen wird, besteht gem. §§ 985, 861 BGB ein Anspruch auf Wiedereinräumung des Mitbesitzes.

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Beispiel: Verschließt ein Wohnungseigentümer einen gemeinschaftlichen Kellerraum eigenmächtig mit einem Vorhängeschloss, um diesen selbst zu nutzen, kann jeder der anderen Wohnungseigentümer Herausgabe an alle Wohnungseigentümer verlangen.4

Die Wohnungseigentümer können nach h.M. die Geltendmachung des individuellen Abwehranspruchs durch Mehrheitsbeschluss zur Gemeinschaftsangelegenheit erheben und den Anspruch sodann gem. § 10 Abs. 6 1 BayObLG, Beschl. v. 30.5.1996 – 2 Z BR 9/96, WE 1997, 79; OLG Hamm, Beschl. v. 3.1.2002 – 15 W 287/01, ZMR 2002, 622. 2 KG, Beschl. v. 14.3.1990 – 24 W 6087/89, ZMR 1990, 307. 3 BGH, Beschl. v. 25.3.2010 – V ZR 159/09, ZWE 2010, 266: Duldung einer Gaststätte über Jahrzehnte. 4 KG, Beschl. v. 26.11.2001 – 24 W 6774/00, ZMR 2002, 544 (545); Beschl. v. 4.12. 2006 – 24 W 201/05, NotBZ 2007, 182 = MietRB 2007, 148 = MietRB 2007, 235 = ZMR 2007, 385.

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Satz 3 Halbs. 2 WEG durch die rechts- und prozessfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend machen (s.o. Rz. 206).1 Der einzelne Wohnungseigentümer hat allerdings keinen Anspruch, dass die Gemeinschaft gegen den Störer vorgeht. Der Gemeinschaft steht insoweit ein weites Ermessen zu. Sie kann den Einzelnen auch auf seinen individuellen Abwehranspruch verweisen.2 Ein Eigentümerbeschluss, wonach die Gemeinschaft gegen den Störer vorgeht, schließt die Geltendmachung des individuellen Abwehranspruchs durch den Einzelnen daher nicht aus.3 Ist der Rechtsstreit zwischen der Gemeinschaft und dem Störer entschieden, fehlt einer Klage des Einzelnen auf Unterlassung oder Beendigung der Störung allerdings das Rechtsschutzbedürfnis. 274

Durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer, dass ein Mitglied der Gemeinschaft ein bestimmtes, als störend empfundenes Verhalten einzustellen oder zu unterlassen habe, kann eine eigenständige Rechtsgrundlage für einen Abwehranspruch gegen den vermeintlichen Störer nicht geschaffen werden. Den Wohnungseigentümern fehlt die Beschlusskompetenz zur Schaffung selbständiger Anspruchsgrundlagen durch Mehrheitsbeschluss.4 Ein anspruchsbegründender Beschluss ist daher nichtig. Die Gemeinschaft kann im Rahmen ihrer Beschlusskompetenz lediglich darüber entscheiden, ob ein aus Sicht der Eigentümergemeinschaft bestehender Anspruch außergerichtlich oder gerichtlich geltend gemacht werden soll. Die Beurteilung, ob der von der Eigentümermehrheit behauptete Anspruch tatsächlich besteht, liegt aber allein in der Kompetenz der Gerichte.5 Ein Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümerversammlung lediglich über die Durchsetzung eines vermeintlich bestehenden Abwehranspruchs (z.B. durch Klageeinreichung) entscheidet, wird im Falle der Anfechtung vom Gericht nur auf formelle Beschlussfehler überprüft. Das Gericht prüft im Anfechtungsverfahren nicht, ob der Abwehranspruch, über dessen Durchsetzung beschlossen wurde, materiell-rechtlich besteht. Diese Frage prüft das Gericht erst in dem anschließenden Unterlassungsverfahren.6

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Die vorgenannten Ansprüche bestehen auch dann, wenn Beeinträchtigungen von einem Dritten ausgehen, dem von einem Wohnungseigentümer die Benutzung des Sonder- oder Gemeinschaftseigentum überlassen wurde. Der betreffende Wohnungseigentümer hat gem. § 14 Nr. 2 WEG dafür zu sorgen, dass diese Personen sich ordnungsgemäß i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG verhalten. Der Wohnungseigentümer ist deshalb selbst Störer und damit 1 Elzer in Riecke/Schmid, § 10 WEG, Rz. 426. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.11.2003 – 20 W 506/01, ZMR 2004, 290. 3 OLG München, Beschl. v. 16.11.2007 – 34 Wx 111/07, MietRB 2008, 43 = NJW-RR 2008, 247; Abramenko in Riecke/Schmid, § 10 WEG, Rz. 25; a.A. Wenzel, NZM 2008, 74. 4 Vgl. OLG Köln, Beschl. v. 23.6.2003 – 16 Wx 121/03, MietRB 2003, 107 = ZMR 2004, 215; OLG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2003 – 2 Wx 148/00, ZMR 2003, 447. 5 Schmidt/Riecke, ZMR 2005, 252; Wenzel, NZM 2004, 542. 6 Vgl. KG, Beschl. v. 8.1.1997 – 24 W 5678/96, ZMR 1997, 318.

126

III. Rechtschutz bei Beeinträchtigungen

Anspruchsgegner, wenn er diese ihm obliegende Pflicht verletzt.1 Die vorgenannten Ansprüche sind vor dem zuständigen WEG-Gericht zu verfolgen, da es sich insoweit um „Streitigkeiten der Wohnungseigentümer untereinander“ i.S.d. § 43 Nr. 1 WEG handelt (s. Rz. 832). Nach der Rechtsprechung2 sollen dem beeinträchtigten Wohnungseigentümer auch Unterlassungs- und Abwehransprüche nach § 1004 Abs. 1 BGB unmittelbar gegen den Dritten (z.B. Mieter) zustehen, wenn der Dritte vom Sonder- oder Gemeinschaftseigentum in einer Weise Gebrauch macht, die mit den vereinbarten oder beschlossenen Gebrauchsregelungen der Wohnungseigentümer nicht in Einklang steht. Als Begründung wird angeführt, dem Mieter könnten gegenüber den anderen Wohnungseigentümern keine weitergehenden Rechte zustehen als dem vermietenden Wohnungseigentümer selbst, weil der Mieter von diesem seine Rechtsstellung ableite. Gegen diese Auffassung bestehen erhebliche Bedenken.3

276

Gegen die Argumentation der Rechtsprechung lässt sich einwenden, der Mieter könne sehr wohl weitergehende Rechte als der Vermieter haben nämlich dann, wenn der Vermieter sich schuldrechtlich gegenüber einem Dritten, etwa den anderen Wohnungseigentümern, zu einem eingeschränkten Gebrauch verpflichtet hat, woran der Mieter nicht gebunden ist. Die Vereinbarungen der Wohnungseigentümer über Gebrauchsbeschränkungen stellen ihrer Rechtsnatur nach bloße schuldrechtliche Vereinbarungen mit relativer Wirkung dar.4 Diese binden nur die am Rechtsgeschäft beteiligten Personen, nicht Dritte. Sie ähneln in ihrer Rechtswirkung nachbarrechtlichen Verträgen zwischen Grundstücksnachbarn, die die Mieter der Grundstücke ebenfalls nicht binden. Bereits der Gedanke, der Mieter leite seine Befugnis zur Nutzung des Mietgegenstandes vom Eigentümer ab, ist verfehlt. Denn Vermieter eines Gegenstandes kann auch sein, wer keinerlei Rechte an der Mietsache hat. Der Vermieter verpflichtet sich aufgrund des Mietvertrages lediglich schuldrechtlich, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache zu gewähren (§ 535 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ob er diese Verpflichtung aufgrund seiner dinglichen Rechtsstellung erfüllen kann, ist grundsätzlich unerheblich. Besondere Rechte gegenüber Dritten werden durch einen Mietvertrag nicht übertragen, schon gar keine Rechte aus dem Eigentum. Der Mietvertrag greift in die Rechtsposition des Eigentümers nicht ein.

276a

1 Abramenko in Riecke/Schmid, § 14 WEG, Rz. 30. 2 KG, Beschl. v. 13.12.2004 – 24 W 298/03, MietRB 2005, 128 = ZMR 2005, 977; Beschl. v. 26.11.2001 – 24 W 7/01, MDR 2002, 574 = ZMR 2002, 458; Beschl. v. 10.2.1997 – 24 W 6582/96, NJW-RR 1997, 713; BGH, Urt. v. 29.11.1995 – XII ZR 230/94, MDR 1996, 355 = NJW 1996, 714; OLG München, Urt. v. 25.2.1992 – 25 U 3550/91, NJW-RR 1992, 1492; OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.9.1992 – 8 W 256/92, NJW-RR 1993, 24; OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.1993 – 6 U 49/93, MDR 1994, 59 = NJW-RR 1994, 146; so auch Riecke in Riecke/Schmid, Anhang zu § 15 Rz. 46. 3 Siehe dazu Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG, Rz. 4; Jennißen/Hogenschurz, § 14 WEG, Rz. 19; Kümmel, ZWE 2008, 273. 4 Armbrüster/M. Müller, ZMR 2007, 321 (324).

127

§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum

2. Anspruch auf Gebrauchsregelung 277

Ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus Vereinbarungen oder Beschlüssen eine Regelung, kann jeder Wohnungseigentümer gem. § 15 Abs. 3 WEG einen Gebrauch verlangen, der dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Diese Bestimmung ist vor allem bedeutsam für Fälle, in denen die Wohnungseigentümer ihr Gebrauchsrecht zwar nicht überschreiten, eine Regelung des Gebrauchs aber gleichwohl im Interesse aller Wohnungseigentümer als sinnvoll erscheint. Das Gericht kann hiernach selbst auf den Klageantrag eines Wohnungseigentümers hin nach billigem Ermessen eine Entscheidung treffen, welche von mehreren in Betracht kommenden ordnungsmäßigen Gebrauchsregelungen am interessengerechtesten ist (siehe zur Gestaltungsklage Rz. 377 ff.). Die Gestaltungsfreiheit des Gerichts (§ 21 Abs. 8 WEG) wird begrenzt durch § 14 Nr. 1 WEG. Das Gericht darf nur solche Regelungen treffen, die einem ordnungsmäßigen Gebrauch i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG entsprechen und über die die Wohnungseigentümer selbst rechtmäßig nach § 15 Abs. 2 WEG beschließen könnten.1 Beispiel: Sind in einer Wohnanlage Kfz-Stellplätze nicht in ausreichender Anzahl vorhanden, so widerspricht es nicht § 14 Nr. 1 WEG, wenn diese nach dem Prinzip „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ belegt werden. Insbesondere überschreitet ein nicht arbeitstätiger Wohnungseigentümer sein Gebrauchsrecht nicht, der stets einen Stellplatz erhält, weil faktisch alle Wohnungseigentümer die gleichen Chancen auf eine Parkmöglichkeit haben. Tatsächlich werden jedoch die Wohnungseigentümer von der Nutzung ausgeschlossen, die erst spät von der Arbeit nach Hause kommen. Das Gericht könnte als interessengerechte Lösung eine turnusmäßige Nutzung der KfzStellplätze festlegen (sog. Rotationsprinzip), um auch diesen Wohnungseigentümern tatsächlich eine Nutzung zu ermöglichen.

3. Schadensersatz und nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch 278

Hält ein Wohnungseigentümer sein Sondereigentum nicht ordnungsgemäß instand oder überschreitet er schuldhaft die Grenzen seines Gebrauchsrechtes und beschädigt er dadurch fremdes Sondereigentum oder das gemeinschaftliche Eigentum, können zudem Schadenersatzansprüche gem. § 280 BGB i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG (bzw. i.V.m. einer Vereinbarung), § 823 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG in Betracht kommen. Bei Beschädigung des Gemeinschaftseigentums kann der Schadensersatzanspruch gem. § 10 Abs. 6 Satz 3, Halbs. 1 WEG nur durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend gemacht werden.

278a

Daneben kann ein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichanspruch (§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog) im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gegeben sein, wenn ein Wohnungseigen-

1 Vgl. Abramenko in Riecke/Schmid, § 15 WEG, Rz. 36 ff.

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III. Rechtschutz bei Beeinträchtigungen

tümer das Sondereigenum eines anderen beschädigt.1 Die Wohnungseigentümer stehen sich im Hinblick auf das Sondereigentum als echtem Alleineigentum wie Grundstücksnachbarn gegenüber und es besteht zwischen diesen ebenso ein gesetzliches Schuldverhältnis (Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme). Eine vergleichbare Interessenlage liegt jedoch nicht vor, wenn durch einen Mangel am Gemeinschaftseigentum Sondereigentum oder durch einen Sondereigentümer gemeinschaftliches Eigentum beschädigt wird, weshalb hier ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch ausscheidet.2 Beispiel: Die Toilettenspülung des Sondereigentümers ist defekt, ohne dass dies erkennbar war. Es dringt unbemerkt Feuchtigkeit in die Geschossdecke. In der unterhalb des Bades gelegenen Wohnung entsteht ein Wasserschaden am Sondereigentum. Der geschädigte Sondereigentümer kann von dem Eigentümer der Wohnung über ihm analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB Ersatz der entstandenen Schäden am Sondereigentum und an der sonstigen Wohnungseinrichtung verlangen.

1 BGH, Urt. v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, MDR 2014, 23 = MietRB 2014, 10 f. = ZfIR 2014, 66 (68); OLG Stuttgart, Urt. v. 27.10.2005 – 7 U 135/05, MDR 2006, 806 = MietRB 2006, 244 = ZMR 2006, 391. 2 BGH, Urt. v. 21.5.2010 – V ZR 10/10, MDR 2010, 1252 = MietRB 2010, 232 = ZWE 2010, 327 (329); Ott, ZfIR 2014, 70 (71).

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§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum

Übersicht 11: Gebrauch und Nutzung 279 Wohnungseigentum

Sondereigentum

alleiniges Gebrauchsrecht; § 13 Abs. 1

gemeinschaftliches Eigentum

alleiniges Fruchtziehungsrecht; § 13 Abs.1

Mitgebrauch; § 13 Abs. 2 Satz 1

– erweiterbar durch Vereinbarung

Anteil an sonstigen Nutzungen; §§ 13 Abs. 2, 16 Abs. 2 – erweiterbar durch Vereinbarung

Beschränkungen

Vereinbarungen – Zweckbestimmungen; Ge- und Verbotsregelungen

130

Beschluss; § 15 Abs. 2

gesetzliche Grenzen; § 14

– grundsätzlich nur ordnungsgemäßer Gebrauch – Ausnahme: Öffnungsklausel

– Instandhaltung des Sondereigentums und Rücksichtnahmegebot; § 14 Nr. 1 – Einflussnahme auf Dritte; § 14 Nr. 2 – Duldungspflichten; § 14 Nr. 3 und 4

IV. Sondernutzungsrecht

IV. Sondernutzungsrecht Ein praktisch bedeutsamer Fall einer Gebrauchs- und Nutzungsregelung ist die Begründung eines Sondernutzungsrechts zugunsten eines Wohnungseigentümers.

280

1. Inhalt und Umfang des Sondernutzungsrechts Ein Sondernutzungsrecht ist die einem Wohnungseigentümer durch Vereinbarung gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG eingeräumte Befugnis, einen Teil des gemeinschaftlichen Eigentums unter Ausschluss aller anderen Wohnungseigentümer zu nutzen.1 Der begünstigte Wohnungseigentümer ist abweichend von § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG zum alleinigen Gebrauch des betreffenden Teils des gemeinschaftlichen Eigentums berechtigt und ihm allein gebühren abweichend von § 13 Abs. 2 Satz 2 WEG die sonstigen Nutzungen (z.B. Einnahmen aus Vermietung). Der sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümer erhält ein umfassendes Nutzungsrecht am Gemeinschaftseigentum und damit wirtschaftlich die Stellung eines Alleineigentümers. Siehe dazu auch Übersicht 12, Rz. 291.

281

Beispiele: Praktisch bedeutsam ist die Begründung von Sondernutzungsrechten an gemeinschaftlichen Kfz-Stellplätzen, Kellerräumen, Terrassen, Hausgärten, Grünflächen, Dachböden etc. Denkbar sind aber auch Sondernutzungsrechte an Gebäudebestandteilen wie Fassaden oder Dachflächen, etwa um Werbung oder Sonnenkollektoren anbringen zu dürfen.

Auch wenn dem begünstigten Wohnungseigentümer ein umfassendes Nutzungsrecht an Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums zusteht, ist er in dessen Ausübung gewissen Beschränkungen unterworfen. Grenzen ergeben sich vornehmlich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung. Hierin können Inhalt und Umfang des Nutzungsrecht genau festgelegt und bestimmt werden, was der Begünstigte tun darf und was er zu unterlassen hat. In der Praxis ist dies zu empfehlen, um späteren Streitigkeiten vorzubeugen. Inhalt und Umfang können auch durch Auslegung ermittelt werden. Bei im Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrechten kommt es auf die nächstliegende Bedeutung des Wortsinns an. Beispiele: In einer Vereinbarung kann festgelegt werden, dass der Sondernutzungsberechtigte nicht zu einer Vermietung des ihm zugewiesenen Kfz-Stellplatzes an Dritte berechtigt ist. – Dem Sondernutzungsberechtigten eines Gartens können konkrete Vorgaben über die Bepflanzung, etwa über die einzubringenden Pflanzen oder die maximale Höhe von Bäumen und Sträuchern gemacht werden. 1 BGH, Beschl. v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 (147); BayObLG, Beschl. v. 5.3.1987 – 2 Z BR 50/86, NJW-RR 1987, 846; KG, Beschl. v. 4.12.2006 – 24 W 201/05, NotBZ 2007, 182 = MietRB 2007, 148 = MietRB 2007, 235 = ZMR 2007, 385 (386).

131

282

§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum

283

Beschränkungen ergeben sich ferner aus einer regelmäßig getroffenen Zweckbestimmung (s. Rz. 256). Wird dem begünstigten Wohnungseigentümer etwa ein Sondernutzungsrecht an einem „Hobbyraum“, einem „Hausgarten“ oder „Kfz-Stellplatz“ eingeräumt, sind hiervon abweichende Nutzungsarten nicht gestattet, die zu weitergehenden Beeinträchtigungen der übrigen Wohnungseigentümer führen. Beispiele: Die Zweckbestimmung einer Sondernutzungsfläche als „Kfz-Stellplatz“ berechtigt nicht zum Abstellen von Wohnmobilen, wenn die Gefahr einer Beschädigung anderer Fahrzeuge besteht.1 Die Einräumung eines Sondernutzungsrechtes an einem „Spitzbodendachraum“ schließt dessen Nutzung zu Wohnzwecken aus.2

284

Wurde eine Zweckbestimmung nicht getroffen, kann sich eine Beschränkung des Umfanges des Sondernutzungsrechts aus der bisherigen Nutzung ergeben. Beispiel: Ein im Dachgeschoss befindlicher Raum, der weder über eine Wärmedämmung noch über Elektro- oder Sanitärinstallationen verfügt, darf seiner Beschaffenheit entsprechend nicht zu Wohnzwecken, sondern nur als Speicher benutzt werden.3

285

Im Übrigen hat auch der Inhaber eines Sondernutzungsrechts die Grenzen des § 14 Nr. 1 WEG zu beachten. Er darf sein Sondernutzungsrecht nur in der Weise ausüben, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer ein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Dabei ist zu berücksichtigen, dass durch die Einräumung eines Sondernutzungsrechts bestimmte Verhaltensweisen gerade legitimiert wurden, die anderenfalls einen unzulässigen Gebrauch darstellen würden. So kann etwa der Ausschluss des Gebrauchsrechts der anderen Wohnungseigentümer grundsätzlich keine unzumutbare Beeinträchtigung darstellen. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn ein anderer Wohnungseigentümer auf das Benutzen des Sondernutzungsobjektes angewiesen ist, um sein Wohnungseigentum oder Teile des gemeinschaftlichen Eigentums überhaupt sinnvoll nutzen zu können.4 Beispiele: Ist ein gemeinschaftlicher Kellerraum nur über eine sondergenutzte Gartenfläche zu erreichen, muss der Begünstigte den übrigen Wohnungseigentümern eine Zugangsmöglichkeit einräumen.5 Der Sondernutzungsberechtigte einer Grundstücksfläche muss eine Überfahrt dulden, wenn ein anderer Wohnungseigentümer die ihm zugewiesene Garage auf dem rückwärtigen Grundstücksteil nicht erreichen kann.6

1 2 3 4 5 6

BayObLG, Beschl. v. 6.2.1992 – 2 Z BR 170/91, WE 1992, 348. BayObLG, Beschl. v. 30.6.1989 – 2 Z BR 47/89, DNotZ 1990, 381 (384). BayObLG, Beschl. v. 13.9.1993 – 2 Z BR 72/93, WE 1994, 281 (282). OLG Köln, Beschl. v. 6.2.1998 – 16 Wx 324/97, WuM 1998, 427. KG, Beschl. v. 20.12.1989 – 24 W 3084/89, NJW-RR 1990, 333 (334). OLG Zweibrücken, Beschl. v. 17.1.2011 – 3 W 196/10, MietRB 2011, 183 = ZWE 2011, 179 (180).

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IV. Sondernutzungsrecht

Ob eine bestimmte Verhaltensweise zu einem vermeidbaren Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG führt, ist wiederum nach der Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Eigenart der konkreten Gemeinschaft und dem Charakter der Wohnanlage, zu ermitteln (s. Rz. 238).

286

Beispiele: Eine unzumutbare Beeinträchtigung stellt das Einschließen einer Gartenfläche mit einer Weißdornhecke dar, wenn sich daraus Gefahren für die Benutzer eines angrenzenden Weges ergeben.1 Gleiches gilt, wenn der Sondernutzungsberechtigte eine Thujahecke sieben Meter in die Höhe wachsen lässt. Auch wenn der rechtswidrige Zustand von dessen Rechtsvorgänger als Handlungsstörer geschaffen wurde, kann dieser als Zustandsstörer auf Rückschnitt in Anspruch genommen werden.2

Die Einräumung eines Sondernutzungsrechts berechtigt den begünstigten Wohnungseigentümer nur zu einer Nutzung, nicht aber zu einer Umgestaltung des betreffenden Teils des gemeinschaftlichen Eigentums. Zu baulichen Veränderungen ist der Sondernutzungsberechtigte deshalb nur befugt, wenn ihm dies ausdrücklich durch Vereinbarung gestattet wurde oder wenn bauliche Veränderungen nach Maßgabe des § 22 Abs. 1 WEG zulässig sind3, d.h. die Zustimmung durch Eigentümerbeschluss erteilt wurde (s. Rz. 395 ff.).

287

Gemäß § 21 Abs. 1 WEG obliegt die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums allen Wohnungseigentümern gemeinsam. Dies gilt grundsätzlich auch für Teile des Gemeinschaftseigentums, an denen ein Sondernutzungsrecht begründet wurde.4 Dem begünstigten Wohnungseigentümer kann jedoch das Verwaltungsrecht durch Vereinbarung übertragen werden. Dieser ist dann im Rahmen der Ordnungsmäßigkeit berechtigt und verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. In der Praxis sinnvoll ist insbesondere eine Bestimmung, wonach der Sondernutzungsberechtigte zur Instandhaltung und Instandsetzung des Sondernutzungsobjektes und zur Kostentragung verpflichtet sein soll, da ihm schließlich auch allein die Nutzungsvorteile zu Gute kommen. Es ist nicht interessengerecht, wenn die übrigen Wohnungseigentümer etwa die Kosten für die Bewässerung einer sondergenutzten Gartenfläche oder die Kosten einer Instandhaltung einer sondergenutzten Garage anteilig zu übernehmen hätten, obgleich sie von der Nutzung ausgeschlossen sind. Es ist deshalb stets zu empfehlen, bereits bei der Begründung eines Sondernutzungsrechts eine entsprechende Bestimmung zu treffen. Anderenfalls ist der Begünstigte weder zur alleinigen Instandhaltung/Instandsetzung noch zur Kostentragung verpflichtet.5 Wurde dem Sondernutzungsberechtigen die

288

1 BayObLG, Beschl. v. 12.12.1996 – 2 Z BR 104/96, NJWE-MietR 1997, 59 (60). 2 BGH, Urt. v. 4.3.2010 – V ZB 130/09, MDR 2010, 688 = MietRB 2010, 171 = IMR 2010, 235. 3 BayObLG, Beschl. v. 30.6.1989 – 2 Z BR 47/89, DNotZ 1990, 381 (383); OLG Hamburg, Beschl. v. 4.4.2002 – 2 Wx 91/98, ZMR 2002, 621. 4 BayObLG, Beschl. v. 4.6.1998 – 2 Z BR 170/97, NZM 1998, 818 (819). 5 Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG, Rz. 41.

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§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum

Verwaltung des Sondernutzungsobjekts, insbesondere dessen Instandsetzung und Instandhaltung übertragen, hat dieser auch die Verkehrssicherungspflichten zu erfüllen. Die Wohnungseigentümer können keinen Beschluss zur Verwaltung des dem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gemeinschaftseigentums fassen; es fehlt die Beschlusskompetenz.1 Beispiel: Dem Sondernutzungsberechtigten eines Hauszugangsweges obliegt das Schneeräumen und die Streupflicht, wenn er diesen auf eigene Kosten zu unterhalten hat.2

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Auch ohne eine ausdrückliche Bestimmung ist der Sondernutzungsberechtigte im Wege der Auslegung berechtigt und verpflichtet, bestimmte Verwaltungsmaßnahmen durchzuführen, die im Zusammenhang mit seinem Nutzungsrecht stehen. Beispiel: Der Inhaber eines Gartensondernutzungsrechts ist zur gärtnerischen Gestaltung berechtigt und verpflichtet. Ihm obliegt insbesondere die Auswahl der jährlich zu erneuernden Bepflanzung, das Auslichten des Baum- und Strauchbestandes, das Rasenmähen, Gießen und Unkraut jäten.3

Arbeitsbeispiel 7: Grenzen des Sondernutzungsrechts 290

Sachverhalt: Zu Gunsten des Wohnungseigentümers A wurde ein Sondernutzungsrecht an einer Dachterrasse mit der Maßgabe eingeräumt, dass bei deren Benutzung auf „eine einheitliche Gestaltung des Gesamtgrundstückes zu achten“ sei. A ließ auf der Brüstung der Dachterrasse Blumenkästen aufstellen. Die Wohnungseigentümer beschlossen später eine Hausordnung, wonach u.a. Blumenkästen auf Balkonen und Terrassen nur innerhalb der Brüstung angebracht werden dürfen. A beantragt, den Beschluss über die Hausordnung insoweit für ungültig zu erklären. Mit Erfolg? Lösung: Die Wohnungseigentümer dürfen gem. § 15 Abs. 2 WEG einen ordnungsmäßigen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums beschließen, soweit nicht eine Vereinbarung entgegensteht. Als entgegenstehende Vereinbarung kommt vorliegend die Vereinbarung über die Einräumung eines Sondernutzungsrechts an der Dachterrasse in Betracht. Denn grundsätzlich ist der Inhaber eines Sondernutzungsrechts im Rahmen der Ordnungsmäßigkeit zur umfassenden Nutzung berechtigt. Die Sondernutzungsvereinbarung enthält indes die Einschränkung, dass durch die Ausübung des Sondernutzungsrechts die einheitliche Gestaltung des Gebäudes nicht beeinträchtigt werden darf. Diese Beschränkung macht bei objektiver Betrachtung nur dann Sinn, wenn die Wohnungseigentümer auch in Zukunft über die äußere Gestaltung des Gebäudes mit Stimmenmehrheit entscheiden können. Die Sondernutzungsvereinbarung steht dem Beschluss daher nicht entgegen.4 Es kommt vielmehr le1 Vgl. BayObLG, Beschl. v. 4.3.2004 – 2Z BR 244/03, MietRB 2004, 238 = ZMR 2004, 605. 2 BayObLG, Beschl. v. 17.5.1985 – 2 Z BR 144/84, DWE 1985, 95. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.4.1994 – 3 Wx 534/93, WE 1994, 374. 4 BayObLG, Beschl. v. 22.3.2001 – 2 Z BR 20/01, ZMR 2001, 819.

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IV. Sondernutzungsrecht

diglich darauf an, ob der gefasste Beschluss einem ordnungsmäßigen Gebrauch entspricht. Dies ist zu bejahen, da ein einheitliches Erscheinungsbild der Wohnanlage dem Interesse aller Wohnungseigentümer entspricht. Auch können durch innen angebrachte Blumenkästen Beeinträchtigungen anderer Wohnungseigentümer durch herabfallendes Laub oder abfließendes Wasser vermieden werden. Der Beschluss ist daher rechtmäßig. Der Antrag des A auf Ungültigerklärung des Beschlusses hat somit keinen Erfolg.

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Grenzen:

Ausnahme: entsprechende Vereinbarung

Ausnahme: entsprechende Vereinbarung

Befugnis zur Ziehung sonstiger Nutzungen (z.B. Mietzins bei Vermietung)

keine alleinige Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung

keine alleinige Kostentragungspflicht

– Beschränkung durch Vereinbarung (z.B. Zweckbestimmung) – ggf. bisherige Nutzung – § 14 Nr. 1 WEG

Gebrauchsrecht

umfassendes Nutzungsrecht

Sondernutzungsrecht

Übersicht 12: Rechte und Pflichten des Sondernutzungsberechtigten

Ausnahme: Vereinbarung; sonst Zulässigkeit nach § 22 Abs. 1 WEG

per se keine Befugnis zur Vornahme baulicher Veränderungen

§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum

291

IV. Sondernutzungsrecht

2. Begründung von Sondernutzungsrechten Sondernutzungsrechte können grundsätzlich nur durch eine Vereinbarung aller (werdenden) Wohnungseigentümer begründet werden (§ 10 Abs. 2 Satz 2 WEG). Einer Vereinbarung steht die einseitige Begründung durch den teilenden Eigentümer in der mit der Teilungserklärung verbundenen Gemeinschaftsordnung gleich (§§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4 WEG).1 Die Einräumung durch Mehrheitsbeschluss ist unwirksam, sofern nicht eine Öffnungsklausel vereinbart wurde. Denn gem. § 15 Abs. 2 WEG besteht eine Beschlusskompetenz nur für die Ausgestaltung, nicht aber für einen Entzug des allen Wohnungseigentümern nach § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG zustehenden Rechts zum Mitgebrauch.2

292

Sondernutzungsrechte werden überwiegend durch den teilenden Eigentümer begründet. Dies kann in der Weise geschehen, dass in der mit der Teilungserklärung verbundenen Gemeinschaftsordnung einem bestimmten Wohnungseigentum ein konkretes Sondernutzungsobjekt zugeordnet und im Grundbuch als Inhaltsbestimmung des Sondereigentums eingetragen wird.3 Um flexibel auf Erwerberwünsche reagieren zu können, wird häufig auch nur der Nutzungsausschluss in den Grundbüchern der potentiellen Erwerber und ein Vorbehalt eingetragen, wonach eine Zuordnung der bereits bestimmten Sondernutzungsobjekte zu einem späteren Zeitpunkt durch den Bauträger oder einen Dritten, etwa den Verwalter, erfolgen soll. Inhalt und Umfang der Zuweisungsbefugnis sind ggf. durch Auslegung nach der nächstliegenden Bedeutung des Wortsinns der Gemeinschaftsordnung zu ermitteln. Die aufschiebend bedingt begründeten Sondernutzungsrechte entstehen dann gem. § 158 Abs. 1 BGB mit Bedingungseintritt, d.h. durch die Zuordnungserklärung.4 Eine dritte Möglichkeit besteht darin, dass die zukünftigen Gegenstände eines Sondernutzungsrechts zwar zunächst von allen Wohnungseigentümern gebraucht werden dürfen, dies aber von vornherein unter der auflösenden Bedingung steht, dass eine Begründung und Zuweisung des Sondernutzungsrechts durch den Berechtigten, etwa Bauträger oder Verwalter, erfolgt und die übrigen Wohnungseigentümer dadurch von der Mitnutzung dieses gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen werden. Es handelt sich hierbei – im Gegensatz zu den beiden vorgenannten Gestaltungsmöglichkeiten – um einen Fall eines echten Begründungsvorbehalts, weil das Sondernut-

292a

1 BGH, Beschl. v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 (147). 2 BGH, Beschl. v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500 (3502); Ott, ZWE 2000, 333 (336); differenzierend Häublein, Sondernutzungsrechte, S. 257. 3 Ein Sondernutzungsrecht soll auch nur einem Bruchteil eines von mehreren Miteigentümern eines Wohnungseigentums zugeordnet werden können. BGH, Beschl. v. 10.5.2012 – V ZB 279/11, MDR 2012, 1024 = MietRB 2012, 238 = ZWE 2012, 359 (360); a.A. OLG München, Beschl. v. 21.11.2011 – 34 Wx 357/11, NotBZ 2012, 55 = MietRB 2012, 16 = ZWE 2012, 92. 4 OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.5.2012 – 8 W 164/11, ZWE 2012, 488; OLG Hamm, Beschl. v. 11.2.1997 – 15 W 490/96, NJWE-MietR 1997, 281 (282).

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§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum

zungsrecht erst nachträglich durch einseitige Erklärung begründet wird.1 Die Zuordnungsbefugnis des teilenden Eigentümers erlischt im Zweifel mit der Veräußerung des letzten Wohnungseigentums und dessen Ausscheiden aus der Gemeinschaft.2 293

Eine Vereinbarung ist nur für die an ihrem Abschluss beteiligten Wohnungseigentümer verbindlich. Gegenüber Sondernachfolgern, d.h. Personen, die später das Wohnungseigentum erwerben oder in der Zwangsversteigerung erstehen, wirkt die Sondernutzungsvereinbarung aber auch die einseitige Bestimmung des teilenden Eigentümers in der Gemeinschaftsordnung nur, wenn diese gem. § 10 Abs. 3 WEG als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen wurde. Im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs wird regelmäßig auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen (§ 7 Abs. 3 WEG), aus der sich dann die konkrete Sondernutzungsregelung ergibt. Bezieht sich die Eintragungsbewilligung indessen nicht auf die Sondernutzungsregelung, sondern etwa nur auf sonstige Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung, wird diese nicht Grundbuchinhalt. Von dem Grundsatz, dass ein Sondernachfolger nur an eine im Grundbuch eingetragene Sondernutzungsbestimmung gebunden ist, macht die h.M.3 jedoch eine Ausnahme. Eine nicht im Grundbuch eingetragene Sondernutzungsvereinbarung entfaltet hiernach zwar keine Wirkung gegen Sondernachfolger der von der Nutzung ausgeschlossenen Wohnungseigentümer; diese müssten den Nutzungsausschluss nicht gegen sich gelten lassen. Der Sondernachfolger des sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümers soll sich aber auf eine Sondernutzungsvereinbarung aber berufen können, sofern diese ihn ausschließlich begünstigt und hierdurch keine zusätzlichen Pflichten, wie etwa die Verpflichtung zur alleinigen Kostentragung, begründet werden.4 Der Sondernachfolger des sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümers kann nach h.M. also durch die Übertragung des Wohnungseigentums das Sondernutzungsrecht erwerben, auch wenn es nicht im Grundbuch eingetragen wurde. Veräußert demgegenüber einer der anderen Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentum, soll dessen Erwerber nicht an die Sondernutzungsvereinbarung gebunden sein und eine Beteiligung an der Nutzung verlangen können.

293a

Die h.M. beruft sich insoweit auf den Wortlaut des § 10 Abs. 3 WEG, wonach nur die Wirkung von Vereinbarungen „gegen“ Sondernachfolger von einer Grundbucheintragung abhängig sei. Aus der gem. § 10 Abs. 2 Satz 1 1 BGH, Urt. v. 2.12.2011 – V ZR 74/11, MDR 2012, 207 = MietRB 2012, 73 = DNotZ 2012, 528 (529). Zu den verschiedenen Begründungsmöglichkeiten Häublein/Ott in Köhler, Anwalts-Handbuch Wohnungseigentumsrecht, Teil 17 Rz. 70 ff.; Ott, Sondernutzungsrecht, S. 52 ff. 2 OLG München, Beschl. v. 27.4.2011 – 34 Wx 149/10, MietRB 2011, 321 = ZWE 2011, 264 (265). 3 BayObLG, Beschl. v. 16.12.1993 – 2Z BR 82/93, NJW-RR 1994, 781 (782); BayObLG, Beschl. v. 20.2.1997 – 2 Z BR 136/96, WuM 1997, 340; OLG Hamm, Beschl. v. 28.5.1998 – 15 W 4/98, WE 1999, 70 (71). 4 BayObLG, Beschl. v. 10.1.2002 – 2 Z BR 180/01, ZMR 2002, 528 (529).

138

IV. Sondernutzungsrecht

WEG ergänzend anzuwendenden Vorschrift des § 746 BGB ergebe sich deshalb, dass Vereinbarungen auch ohne Eintragung im Grundbuch „zugunsten“ von Sondernachfolgern wirken. Dem kann nicht gefolgt werden. Vereinbarungen sind, unabhängig davon, ob sie günstige oder nachteilige Regelungen enthalten, gegenüber Sondernachfolgern nur bei Eintragung im Grundbuch wirksam. § 10 Abs. 2 WEG dient insoweit der Rechtssicherheit. Aus § 746 BGB lässt sich nicht herleiten, dass vorteilhafte Vereinbarungen auch ohne Eintragung im Grundbuch gegenüber einem Sondernachfolger gelten sollen, denn die Vorschrift gilt nur für Gebrauchs- und Verwaltungsregelungen von Bruchteilsgemeinschaftern. Die h.M. vermag deshalb nicht zu erklären, warum nicht eingetragene Vereinbarungen, die keine Regelungen über die Benutzung oder Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums enthalten (z.B. Regelungen des Stimmrechts, der sonstigen Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder der Nutzung des Sondereigentums) für einen Sondernachfolger wirken sollen. Unklar ist auch, wie mit Vereinbarungen zu verfahren ist, die sowohl begünstigende als auch benachteiligende Regelungen enthalten (z.B. Sondernutzungsvereinbarung mit Kostentragungsregelung).1 Die h.M. muss hier die Frage beantworten, ob derartige Vereinbarungen im Falle der Sondernachfolge in einen „begünstigenden“ und in einen „benachteiligenden“ Teil aufzuspalten sind oder ob sie insgesamt gegenüber dem Sondernachfolger wirken oder unwirksam werden.2 Soll ein Sondernutzungsrecht als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen werden, verlangt der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz, dass der Gegenstand Sondernutzungsrechts klar und eindeutig bezeichnet wird, so dass keine räumlichen Abgrenzungsprobleme zum sonstigen Gemeinschaftseigentum auftreten. Die konkrete Bezeichnung kann durch Worte erfolgen. Ratsam ist jedoch die Darstellung in Plänen und Skizzen (z.B. Sondernutzungsplan), die in Bezug genommen werden. Es genügt, dass die Sondernutzungsfläche bestimmbar ist. Entspricht die Bezeichnung diesen Anforderungen nicht, ist ein dinglich wirkendes Sondernutzungsrecht – trotz Eintragung im Grundbuch – nicht wirksam entstanden.3 Beispiel: Eine Regelung in der Teilungserklärung, wonach der teilende Eigentümer befugt ist, „Teile der Gartenfläche als Terrassen zur Sondernutzung zuzuordnen“, verstößt gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und ist unwirksam, da unklar ist, welche Gartenflächen gemeint sind.4

1 Ausführlich Ott, Sondernutzungsrecht, S. 47 ff.; Ott, WE 1999, 80. 2 Im letzten Sinn: BayObLG, Beschl. v. 10.1.2002 – 2 Z BR 180/01, ZMR 2002, 528 (529); Häublein, Sondernutzungsrechte, S. 45 Fn. 174: Wahlrecht des Sondernachfolgers. 3 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.4.2004 – 5 W 208/03–50, ZMR 2005, 981. 4 BGH, Urt. v. 20.1.2012 – V ZR 125/11, MDR 2012, 702 = NotBZ 2012, 297 m. Anm. Zimmer = MietRB 2012, 173 = ZWE 2012, 258 (259).

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294

§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum

294a

Ist das Grundstück bereits vor der Teilung mit dinglichen Rechten (z.B. Grundschuld, Dienstbarkeit) belastet, ist zur Eintragung eines Sondernutzungsrechts im Grundbuch die Zustimmung dinglich berechtigter Dritter nach §§ 877, 876 BGB analog nicht erforderlich.1 Diese sind in ihren Rechten nicht beeinträchtigt, da sich diese nach der Begründung von Wohnungseigentum an den einzelnen Wohnungseigentumsrechten als Gesamtbelastung fortsetzen. Anders ist die Rechtslage, wenn Sondernutzungsrechte erst nachträglich, d.h. nach Vollzug der Teilungserklärung im Grundbuch begründet werden sollen. In diesem Fall können dinglich Berechtigte Dritte in ihren Rechten beeinträchtigt sein, mit der Folge, dass deren Zustimmung erforderlich ist. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nach § 5 Abs. 4 Satz 3 WEG nur dann, wenn Sondernutzungsrechte nicht nur Inhalt anderer Wohnungseigentumsrechten werden sollen, sondern zugleich auch dem belasteten Wohnungseigentum ein Sondernutzungsrecht zugewiesen wird. Beispiel: Ist ein Wohnungseigentum mit einer Grundschuld belastet, bedarf es der Zustimmung des Grundschuldinhabers, wenn ein Sondernutzungsrecht an einem Kellerraum als Inhalt eines anderen Wohnungseigentums im Grundbuch eingetragen werden soll. Die Beeinträchtigung ergibt sich daraus, dass der Gegenstand des Sondernutzungsrechts nicht mehr dem Mitgebrauchsrecht nach § 13 Abs. 2 WEG unterliegt und damit das Haftungsobjekt des Grundpfandrechts geschmälert wird (Plakativ: Wohnungseigentum ist mehr wert, wenn Gemeinschaftseigentum mitgenutzt werden, als wenn Teile davon anderen Wohnungseigentümern zur alleinigen Nutzung zugewiesen sind.). Wird dagegen auch dem belasteten Wohnungseigentum ein Sondernutzungsrecht an einem Kellerraum zugewiesen, ist die Zustimmung des Grundschuldgläubigers nach § 5 Abs. 4 Satz 3 WEG entbehrlich.2

3. Übertragung von Sondernutzungsrechten 295

Ein nicht im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht (sog. schuldrechtliches Sondernutzungsrecht) kann innerhalb der Gemeinschaft an einen anderen Wohnungseigentümer gem. § 398 BGB abgetreten werden.3 Hierzu müssen der bisherige und der zukünftige Inhaber einen entsprechenden Vertrag schließen. Eine Übertragung auf einen Nichtwohnungseigentümer ist ausgeschlossen.4 Die nicht begünstigten Wohnungseigentümer verpflichten sich gegenüber dem berechtigten Wohnungseigentümer, das im Innenverhältnis aus ihrem Eigentum fließende Recht zur Beteiligung an der Nutzung (§ 13 Abs. 2 WEG) nicht auszuüben. Der Begünstigte ist deshalb als Eigentümer wegen 1 BGH, Beschl. v. 9.2.2012 – V ZB 95/11, NotBZ 2012, 168 m. Anm. Hügel = MDR 2012, 396 = MietRB 2012, 107 = ZWE 2012, 219 (220). 2 OLG München, Beschl. v. 1.2.2013 – 34 Wx 453/12, NotBZ 2013, 274 = MietRB 2013, 148 = ZWE 2013, 216; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 10.5.2010 – 5 W 94/10-37, 5 W 95/10-38, 5 W 96/10-39, ZWE 2011, 82 (84). 3 BGH, Beschl. v. 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145 (148). 4 Ertl, DNotZ 1988, 4 (11).

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IV. Sondernutzungsrecht

seiner eigenen Mitberechtigung aus § 13 Abs. 2 WEG zur alleinigen Nutzung befugt. Ein außenstehender Dritter ist demgegenüber nicht Eigentümer und kann deshalb auch nicht Inhaber der lediglich im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer bestehenden Nutzungsbefugnis aus § 13 Abs. 2 WEG sein. Die Wohnungseigentümer können bei der Begründung eines Sondernutzungsrechts festlegen, dass dieses auch innerhalb der Gemeinschaft nicht übertragen werden kann. Desgleichen kann eine Übertragung von der Zustimmung eines Dritten, etwa eines anderen Wohnungseigentümers oder des Verwalters abhängig gemacht werden. Die Zustimmung ist dann Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Übertragung. Ferner soll ein schuldrechtliches Sondernutzungsrecht mit der Übertragung des Wohnungseigentums durch den Sondernutzungsberechtigten nach h.M. auf den Erwerber übergehen (s. Rz. 293), wenn damit keine nachteiligen Regelungen (z.B. Kostentragungspflicht) verbunden sind. Es erlischt nach h.M. erst in dem Zeitpunkt, in dem ein von der Nutzung ausgeschlossener Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentum veräußert.

296

Wurde ein Sondernutzungsrecht als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen (sog. verdinglichtes Sondernutzungsrecht), kann dieses nicht mehr nur durch Abtretung an einen anderen Wohnungseigentümer übertragen werden. Vielmehr sind gem. §§ 873, 877 BGB eine dingliche Einigung zwischen dem veräußernden und dem erwerbenden Wohnungseigentümer und eine Eintragung im Grundbuch erforderlich.1 Die Übertragung ist sowohl im Grundbuch des bislang begünstigten Wohnungseigentums als auch im Grundbuch der erwerbenden Eigentumseinheit zu vermerken. Zur Übertragung eines Sondernutzungsrechts ist ggf. eine Zustimmung dinglich berechtigter Dritter gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 und 3 WEG; §§ 877, 876 BGB erforderlich, sofern diese hierdurch in ihren Rechten beeinträchtigt werden.2

297

Beispiele: Zustimmen muss der Inhaber eines Nießbrauchsrechtes am Wohnungseigentum des Veräußerers, da dieser zur umfassenden Nutzung des Wohnungseigentums und damit des Sondernutzungsobjektes berechtigt ist und durch die Übertragung einen Rechtsverlust erleiden kann. – Gleiches gilt für einen Hypothekengläubiger am verlierenden Wohnungseigentum, weil sich die Hypothek auf das gesamte Wohnungseigentum einschließlich des Sondernutzungsrechts bezieht und durch die Übertragung eine Schmälerung des Haftungsobjektes droht. Plakativ ausgedrückt: Das Wohnungseigentum ist ohne Sondernutzungsrecht weniger wert. Durch die Übertragung des Sondernutzungsrechts wird das Verwertungsrecht des Hypothekengläubigers beeinträchtigt.

Die Eintragung im Grundbuch muss von den beteiligten Wohnungseigentümern und den zustimmungspflichtigen dinglich Berechtigten in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form gegenüber dem Grundbuchamt 1 Abramenko in Riecke/Schmid, § 13 WEG, Rz. 36. 2 Ausführlich Häublein/Ott in Köhler, Anwalts-Handbuch Wohnungseigentumsrecht, Teil 17 Rz. 158 ff.; Ott, Sondernutzungsrecht, S. 148 ff.

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§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum

bewilligt werden (§§ 19, 29 GBO). Die anderen Wohnungseigentümer oder der Verwalter müssen nicht mitwirken, sofern nicht ein entsprechender Vorbehalt vereinbart wurde. Eine Übertragung an einen außenstehenden Dritten ist wiederum ausgeschlossen, weil dieser nicht Wohnungseigentümer ist, das eingetragene Sondernutzungsrecht aber mit dem Wohnungseigentum als dessen Inhaltsbestimmung untrennbar verbunden ist. 299

Ein im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht kann nicht nur isoliert innerhalb der Gemeinschaft übertragen werden. Es kann auch automatisch mit der Übertragung des Wohnungseigentums, dessen Inhalt es bestimmt, auf den Erwerber übergehen. Einer besonderen Vereinbarung bedarf es hierzu nicht. Eine Zustimmung von dinglich berechtigten Dritten ist nicht erforderlich, da das Sondernutzungsrecht weiter Inhalt des belasteten Wohnungseigentums bleibt.

300

Ein im Grundbuch verlautbartes, aber in Wirklichkeit nicht bestehendes Sondernutzungsrecht kann auch gutgläubig gem. §§ 892, 893 BGB erworben werden.1 Die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs besteht zum einen, wenn das Sondernutzungsrecht isoliert innerhalb der Gemeinschaft an einen anderen Wohnungseigentümer übertragen wird.2 Möglich ist aber auch ein gutgläubiger Erwerb des Wohnungseigentums, als dessen Inhalt das Sondernutzungsrecht im Grundbuch eingetragen ist. Beispiel: Am Abschluss der Sondernutzungsvereinbarung und an der Einigung über die Inhaltsänderung des Sondereigentums hat eine Person mitgewirkt, die zu Unrecht als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Mit der Eintragung des Sondernutzungsrechts wird das Grundbuch unrichtig, da eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer und eine entsprechende dingliche Einigung nicht zustande gekommen sind. Überträgt nun der Begünstigte sein Wohnungseigentum, kann der Erwerber das Wohnungseigentum mit dem zu Unrecht eingetragenen Sondernutzungsrecht erwerben, wenn ihm die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bekannt ist.

301

Die Wohnungseigentümer können sich vor einem möglichen gutgläubigen Erwerb eines zu Unrecht im Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrechts durch Eintragung eines Widerspruchs gem. § 899 BGB etwa aufgrund einer einstweiligen Verfügung wirksam schützen. Auch steht ihnen nach § 894 BGB ein Grundbuchberichtigungsanspruch zu.3

4. Inhaltsänderung von Sondernutzungsrechten 302

Sollen Inhalt und Umfang eines Sondernutzungsrechts nachträglich geändert und die alleinige Nutzungsbefugnis des begünstigten Wohnungseigentümers beschränkt oder erweitert werden, bedarf es hierzu ebenfalls einer 1 Ott, Sondernutzungsrecht, S. 156 ff. m.w.N.; a.A. Häublein, Sondernutzungsrechte, S. 164: Keine Anwendbarkeit von §§ 877, 876 BGB. 2 Ott, Sondernutzungsrecht, S. 158; a.A. Weitnauer, DNotZ 1990, 385 (388). 3 BayObLG, Beschl. v. 6.3.1991 – 2 Z BR 12/91, ZMR 1991, 313.

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IV. Sondernutzungsrecht

Vereinbarung aller Wohnungseigentümer.1 Gleiches gilt, wenn dem Sondernutzungsberechtigten zusätzliche Pflichten auferlegt werden sollen. Insbesondere können die übrigen Wohnungseigentümer dem Berechtigten nicht ohne dessen Mitwirkung Pflichten aufdrängen. Ein Sondernutzungsrecht gewährt dem Begünstigten eine grundsätzlich unentziehbare Rechtsposition.2 In der Praxis ist eine nachträgliche Willensübereinkunft aller Wohnungseigentümer oft nur schwer zu erzielen. Die von der Nutzung ausgeschlossenen Wohnungseigentümer haben mitunter kein Verständnis für eine Erweiterung der Befugnisse des begünstigten Wohnungseigentümers. Umgekehrt wird ein Sondernutzungsberechtigter nicht stets damit einverstanden sein, dass seine Befugnisse beschränkt oder ihm zusätzliche Pflichten auferlegt werden. Es ist deshalb bereits bei der Begründung eines Sondernutzungsrechtes auf eine möglichst vorausschauende Gestaltung im Interesse aller Wohnungseigentümer zu achten. Interessengerecht kann es insbesondere sein, wenn dem begünstigten Wohnungseigentümer die Instandhaltung und Instandsetzung des Sondernutzungsobjektes zur Pflicht gemacht wird und ihm die Kosten hierfür auferlegt werden. Auch kann es sinnvoll sein, den Umfang eines Sondernutzungsrechts im Voraus genau festzulegen (s. Rz. 282).

303

Um Wirkungen gegenüber Sondernachfolgern zu erzielen, muss die Änderungsvereinbarung gem. § 10 Abs. 3 WEG im Grundbuch eingetragen werden. Dem müssen die Inhaber von beschränkten dinglichen Rechten am Wohnungseigentum gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 und 3 WEG; §§ 877, 876 BGB zustimmen, sofern sie durch die Inhaltsänderung in ihren Rechten beeinträchtigt werden können.

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Beispiel: Ist ein Sondernutzungsrecht als Inhalt des Sondereigentums und damit des Wohnungseigentums im Grundbuch eingetragen, muss der Inhaber eines Nießbrauchsrechtes an diesem Wohnungseigentum seine Zustimmung erteilen, wenn die Nutzungsbefugnis des begünstigten Wohnungseigentümers beschnitten werden soll. Dies würde zugleich zu einer Beeinträchtigung des Nutzungsrechts des Nießbrauchsberechtigten führen.

Zur Eintragung im Grundbuch bedarf es einer Bewilligung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form der Wohnungseigentümer, die durch die Änderungsvereinbarung in ihren Rechten beeinträchtigt werden, und der dinglich Berechtigten, deren Zustimmung materiell-rechtlich erforderlich ist (§§ 19, 29 GBO). Beispiel: Soll der sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümer zukünftig zur Instandhaltung und Instandsetzung des Sondernutzungsobjektes verpflichtet sein, ist nur dessen Bewilligung und ggf. der an seinem Wohnungseigentum dinglich Berechtig-

1 OLG Köln, Beschl. v. 28.2.2002 – 16 Wx 30/02, ZMR 2002, 702 (703). 2 Merle, DWE 1986, 34 (39).

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§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum ten erforderlich, nicht aber eine Bewilligung der übrigen Wohnungseigentümer. Deren Rechtsstellung verbessert sich, da sie nicht mehr für die Instandhaltung und Instandsetzung des Sondernutzungsobjektes verantwortlich sind.

306

Durch einen Mehrheitsbeschluss können Inhalt und Umfang eines Sondernutzungsrechts nicht geändert werden, es sei denn, in der Gemeinschaftsordnung wurde eine sog. Öffnungsklausel vereinbart (s. Rz. 161 ff.).1 Ein gleichwohl gefasster Mehrheitsbeschluss ist unwirksam und bedarf keiner Anfechtung nach § 46 Abs. 1 WEG, weil hierdurch die Sondernutzungsvereinbarung geändert oder dem Berechtigten abweichend vom Gesetz zusätzliche Pflichten auferlegt werden würden.2

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In Ausnahmefällen kann gem. § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG ein individueller Anspruch auf Abänderung einer Vereinbarung bestehen, wenn ein Festhalten an der getroffenen Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unbillig erscheint. Insoweit ist ein strenger Maßstab anzulegen. Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ist nicht bereits dann gegeben, wenn sich eine Regelung als nachteilig erweist, einseitige Erwartungen nicht erfüllt werden oder bestimmte Entwicklungen in den Risikobereich eines Wohnungseigentümers fallen.3 Ein Anspruch insbesondere auf Abänderung einer Sondernutzungsvereinbarung wird daher nur selten in Betracht kommen. Beispiel: In einer Anlage sind die den Wohnungen vorgelagerten Grünflächen dem jeweiligen Wohnungseigentümer zur Sondernutzung zugewiesen, wobei das Abstellen von Gegenständen jeglicher Art untersagt wurde. Ein Wohnungseigentümer, der infolge eines Unfalls auf einen Rollstuhl angewiesen ist, kann einen Anspruch auf Anpassung dieser Vereinbarung haben, die ihm das Abstellen seines Rollstuhls gestattet, wenn der einzige Zugang zur Wohnung über die Grünfläche führt und ein Unterbringen des Rollstuhls in der Wohnung nicht möglich ist.

5. Aufhebung von Sondernutzungsrechten 308

Die Aufhebung eines Sondernutzungsrechts ist ebenso wie dessen Begründung nur durch eine Vereinbarung, d.h. durch einen Vertrag aller Wohnungseigentümer, möglich.4 Eine einseitige Aufgabeerklärung des Berechtigten analog § 875 BGB genügt insoweit nicht.5 Auch kann ein Sondernutzungsrecht, abgesehen von dem Fall einer vereinbarten Öffnungsklausel (s. Rz. 161), nicht durch Mehrheitsbeschluss aufgehoben werden. Ein gleichwohl gefasster Beschluss wäre nichtig, da die Wohnungseigentümer zur 1 KG, Beschl. v. 20.10.1999 – 24 W 9855/98, WuM 2000, 84; OLG Köln, Beschl. v. 28.2.2002 – 16 Wx 30/02, ZMR 2002, 702 (703). 2 Becker/Kümmel, ZWE 2001, 128 (136). 3 Häublein/Ott in Köhler, Anwalts-Handbuch Wohnungseigentumsrecht, Teil 17 Rz. 171. 4 BGH, Beschl. v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, MDR 2001, 80 = ZMR 2001, 119; BayObLG, Beschl. v. 30.3.2000 – 2 Z BR 18/00, ZMR 2000, 472 (473). 5 A.A. Röll, ZWE 2000, 343.

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IV. Sondernutzungsrecht

Abänderung einer Vereinbarung keine Beschlusskompetenz haben.1 In besonderen Ausnahmefällen kann der Sondernutzungsberechtigte, aber auch ein anderer Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Aufhebung eines Sondernutzungsrechts haben, wenn dies aufgrund besonderer Umstände nach dem Grundsatz von Treu und Glauben dringend geboten ist.2 Beispiele: Entgegen einer behördlichen Auflage zur Baugenehmigung wurden vom Bauträger Fahrradstellplätze nicht geschaffen (vgl. § 48 Abs. 1 und 2 BauO Bln). Die Behörde beabsichtigt diese Auflage nunmehr zu vollziehen. Als einzige Möglichkeit zur Errichtung der Fahrradabstellplätze kommt eine Grundstücksfreifläche in Betracht, an der einem Wohnungseigentümer ein Sondernutzungsrecht eingeräumt worden ist. – Ein Wohnungseigentümer, dem Sondernutzungsrechte an sämtlichen Kfz-Stellplätzen eingeräumt wurden, muss einer Aufhebung zustimmen, wenn nach der Baugenehmigung eine bestimmte Anzahl von Stellplätzen als „Besucherparkplätze“ auszuweisen sind und aufgrund der baulichen Gegebenheiten zusätzliche Stellplätze auf dem Grundstück nicht geschaffen werden können. Der Sondernutzungsberechtigte hat allerdings einen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Ausgleichs.3

Wurde ein Sondernutzungsrecht im Grundbuch eingetragen (sog. verdinglichtes Sondernutzungsrecht), soll dieses nach Auffassung des BGH4 durch eine einseitige Bewilligung gem. § 19 GBO des Sondernutzungsberechtigten und ggf. der hierdurch potentiell beeinträchtigten dinglich Berechtigten an dessen Wohnungseigentum ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer aus dem Grundbuch gelöscht werden können. Das Sondernutzungsrecht bestehe dann bis zum Abschluss einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer als schuldrechtliches Sondernutzungsrecht fort.

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Die Auffassung des BGH ist zu Recht auf Kritik gestoßen, insbesondere weil eine einseitige Bewilligung des Sondernutzungsberechtigten auch für den Fall genügen soll, dass die Sondernutzungsvereinbarung für diesen nachteilige Regelungen enthält. Neben einer materiell-rechtlichen Einigung nach §§ 877, 873 BGB wird deshalb überwiegend jedenfalls eine Bewilligung aller Wohnungseigentümer verlangt, sofern mit der Sondernutzungsvereinbarung zugleich etwa eine Pflicht zur Kostentragung oder zur Instandhaltung und Instandsetzung des Sondernutzungsobjektes verbunden ist.5 Die Auffassung des BGH hätte nämlich zur Konsequenz, dass der Sondernachfolger des Sondernutzungsberechtigten an die ihn benachteiligende Regelung nicht gebunden wäre. Der Sondernutzungsberechtigte könnte damit faktisch auch ohne eine Vereinbarung aller Wohnungseigen-

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Becker/Kümmel, ZWE 2001, 128 (136). Ertl, DNotZ 1979, 267 (283). BayObLG, Beschl. v. 5.12.2001 – 2 Z BR 126/01, ZMR 2002, 368. BGH, Beschl. v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, MDR 2001, 80 = ZMR 2001, 119. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.7.1995 – 3 Wx 210/95, WE 1995, 373; Müller, ZMR 2000, 473; Häublein, ZMR 2001, 120 (122); Ott, ZMR 2002, 7 (10); Häublein/Ott in Köhler, Anwalts-Handbuch Wohnungseigentumsrecht, Teil 17 Rz. 186.

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§ 4 Gebrauch und Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum

tümer eine Aufhebung nachteiliger Regelungen und ggf. ein Erlöschen des Sondernutzungsrechts herbeiführen. 311

Ein Sondernutzungsrecht erlischt ferner gem. §§ 163, 158 BGB, wenn dieses von vornherein nur für einen bestimmten Zeitraum eingeräumt wurde und die Frist abgelaufen ist oder wenn das Sondernutzungsrecht nur bis zum Eintritt einer auflösenden Bedingung fortbestehen soll. Beispiel: Bei der Begründung eines Sondernutzungsrechts wird vereinbart, dass dieses ausschließlich einem bestimmten Wohnungseigentümer persönlich zustehen soll. Veräußert der betreffende Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentum oder stirbt er, erlischt das Sondernutzungsrecht kraft Gesetzes.

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer I. Grundsätze der Verwaltung 1. Zuständigkeiten Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt den Wohnungseigentümern nach Maßgabe der §§ 21 bis 25 WEG und dem Verwalter nach Maßgabe der §§ 26 bis 28 WEG. Ist ein Verwaltungsbeirat bestellt, hat dieser die Aufgaben und Befugnisse nach § 29 WEG. Die Aufgabenverteilung zwischen Wohnungseigentümern, Verwalter und Verwaltungsbeirat besteht im Wesentlichen darin, dass den Wohnungseigentümern die Entscheidungshoheit über das gemeinschaftliche Eigentum zusteht, während der Verwalter berufen ist, die Verwaltungsentscheidungen der Wohnungseigentümer in die Praxis umzusetzen. Der Verwaltungsbeirat soll im Interesse der Eigentümer den Verwalter bei seiner Tätigkeit unterstützen und überwachen.

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Die Zuständigkeitsverteilung zwischen Wohnungseigentümern, Verwalter und Verwaltungsbeirat ist dispositiv, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist (§ 10 Abs. 2 Satz 2 WEG). Die Bestimmungen der §§ 20 bis 29 WEG können daher grundsätzlich durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer abgeändert oder ergänzt werden. Auf diese Weise erreichen die Wohnungseigentümer eine Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung, die den besonderen Bedürfnissen ihrer Anlage angepasst ist. Beschränkungen der Gestaltungsfreiheit ergeben sich lediglich aus einigen zwingenden Vorschriften des WEG, insbesondere den §§ 20 Abs. 2, 22 Abs. 2 S. 2, 27 Abs. 4 WEG.

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Beispiel: Nach § 27 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 WEG ist der Verwalter berechtigt, Willenserklärungen und Zustellungen für die Wohnungseigentümer und die Wohnungseigentümergemeinschaft entgegenzunehmen. Das Gesetz weist dem Verwalter diese Befugnis im Interesse des Rechtsverkehrs zu, weshalb sie nicht durch Vereinbarungen der Wohnungseigentümer eingeschränkt oder ausgeschlossen werden soll.

2. Begriff „Verwaltung“ Der BGH definiert den Begriff der Verwaltung als sämtliche Maßnahmen und Entscheidungen, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf eine Änderung des bestehenden Zustands abzielen oder sich als Geschäftsführung zugunsten der Wohnungseigentümer in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum darstellen.1 Unter „Verwaltung“ sind sowohl die 1 BGH, Beschl. v. 11.12.1992 – V ZR 118/91, MDR 1993, 445 = NJW 1993, 727; Beschl. v. 6.3.1997 – III ZR 248/95, MDR 1997, 537 = NJW 1997, 2106.

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313a

§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

Verwaltungsentscheidungen als auch die Verwaltungsmaßnahmen zu verstehen.1 Eine Verwaltungsentscheidung ist der Willensbildungsakt der Wohnungseigentümer, der rechtsverbindlich festlegt, welche konkreten Verwaltungsmaßnahmen durchzuführen sind. Beispiele: Beschluss über die Durchführung einer Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme, Beschluss über die Bestellung oder Abberufung des Verwalters, Beschluss über den Abschluss eines Vertrages mit Dritten oder die Führung eines Gerichtsprozesses, Beschluss über die Anlageform für die gemeinschaftlichen Gelder.

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Die typische Form der gemeinschaftlichen Entscheidungsfindung ist der Beschluss gem. § 23 WEG. Verwaltungsentscheidungen werden nach der gesetzlichen Grundkonzeption allein durch die Wohnungseigentümer getroffen. Verwalter und Verwaltungsbeirat sind lediglich Vollzugs- bzw. Kontrollorgane. Sie können grundsätzlich nicht gegen den Willen der Wohnungseigentümer tätig werden.

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Eine Verwaltungsmaßnahme ist die Verwirklichung einer Verwaltungsentscheidung durch Vornahme eines Ausführungsakts. Sie kann tatsächlicher und rechtlicher Art sein. Beispiele: Behebung eines Defekts, Beseitigung einer Gefahrenquelle, Abschluss eines Vertrages mit einem Handwerker, Vermietung des gemeinschaftlichen Eigentums, Eröffnung eines Bankkontos.

3. Gegenstand der Verwaltung 316

Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezieht sich, wie § 20 Abs. 1 WEG klarstellt, ausschließlich auf das gemeinschaftliche Eigentum. Für die Verwaltung des Sondereigentums, etwa die Instandhaltung und Vermietung einer Wohnung, ist jeder Wohnungseigentümer selbst zuständig. Beschlüsse, die die Verwaltung des Sondereigentums betreffen, sind daher mangels Beschlusszuständigkeit der Gemeinschaft nichtig. Insoweit unterscheidet sich die Verwaltung von der Befugnis zur Gebrauchsregelung. Gemäß § 15 Abs. 1, 2 WEG können die Wohnungseigentümer nicht nur den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern auch den Gebrauch des Sondereigentums durch Beschluss oder Vereinbarung regeln (s. Rz. 256 ff., 266).

317

Zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören nach § 1 Abs. 5 WEG das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen (zur Abgrenzung von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum s. Rz. 13 ff.). Der Verwaltung unterliegt darüber hinaus das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft, das aus im Rahmen der gesamten Verwal1 Vgl. BGH, Beschl. v. 22.4.1999 – V ZB 28/98, MDR 1999, 924 m. Anm. Riecke = NJW 1999, 2108 (2109).

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I. Grundsätze der Verwaltung

tung des gemeinschaftlichen Eigentums gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Sachen und Rechte sowie entstandenen Verbindlichkeiten besteht (§ 10 Abs. 7 WEG; s.o. Rz. 194 ff.). Beispiele: Zum Verwaltungsvermögen gehören der gemeinschaftliche Rasenmäher, die Waschmaschine, das Bargeld und Wertpapiere, Rechte (Forderungen) der Gemeinschaft aus Rechtsgeschäften mit Dritten, etwa Kontoguthaben bei Banken, oder Mängelrechte gegen Handwerker wegen mangelhafter Reparaturarbeiten. Das Verwaltungsvermögen umfasst auch die gemeinschaftlichen Ansprüche der Wohnungseigentümer gegen einzelne Mitglieder der Gemeinschaft (sog. Sozialansprüche), etwa der Anspruch auf Vorschusszahlung gemäß dem beschlossenen Wirtschaftsplan oder der Anspruch auf Nachzahlung (Abrechnungsspitze) gemäß der Jahresabrechnung (§ 10 Abs. 7 S. 3 WEG).

Die Wohnungseigentümer können im Rahmen der Verwaltung also nicht nur über die Instandhaltung und Instandsetzungen des gemeinschaftlichen Grundstücks samt Wohngebäude beschließen, sondern auch, wie mit den zum Verwaltungsvermögen gehörenden Vermögensgegenständen umgegangen werden soll.

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4. Recht und Pflicht zur Verwaltung Jeder Wohnungseigentümer hat ein Recht zur Mitwirkung an den Verwaltungsentscheidungen und Verwaltungsmaßnahmen, soweit nicht Kompetenzen des Verwalters oder des Verwaltungsbeirats vorrangig sind. Das Recht des Wohnungseigentümers zur Verwaltung kann durch Vereinbarung eingeschränkt werden. Ein völliger Ausschluss von Mitverwaltungsrechten, etwa durch einen generellen Ausschluss des Stimmrechts, ist allerdings nicht möglich.

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Die Wohnungseigentümer sind aufgrund des Gemeinschaftsverhältnisses verpflichtet, zur ordnungsmäßigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zusammenzuwirken.1 Sie schulden einander nicht nur eine Beschlussfassung über Verwaltungsmaßnahmen, sondern auch die entsprechende Durchführung beschlossener Maßnahmen mit Hilfe geeigneter Fachkräfte. Sollten sich die Wohnungseigentümer allerdings einig sein, können sie auch auf eine ordnungsmäßige Verwaltung verzichten, denn Wohnungseigentümer sind ebenso wie Alleineigentümer grundsätzlich in der Entscheidung frei, ob und wie sie ihr (gemeinschaftliches) Eigentum verwalten.

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Der Verwalter und die Mitglieder des Verwaltungsbeirats sind verpflichtet, die ihren Ämtern zugewiesenen Aufgaben wahrzunehmen. Pflichtwidrige Versäumnisse können zu Schadensersatzansprüchen der Gemeinschaft bzw. der Wohnungseigentümer führen.

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1 BGH, Beschl. v. 22.4.1999 – V ZB 28/98, MDR 1999, 924 m. Anm. Riecke = NJW 1999, 2108 (2109).

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer 1. Gemeinschaftliche Verwaltung 322

Gemäß § 21 Abs. 1 WEG steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. Verwaltungsentscheidungen bedürfen vorbehaltlich einer abweichenden Regelung der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer. Da die Form der gemeinschaftlichen Willensbildung die Beschlussfassung ist, sind Verwaltungsentscheidungen grundsätzlich durch einstimmigen Beschluss zu treffen. „Einstimmigkeit“ verlangt die Zustimmung aller Wohnungseigentümer der Gemeinschaft und nicht nur die Zustimmung der in der Versammlung Anwesenden und Vertretenen. Wie bereits dem Wortlaut des § 21 Abs. 1 WEG zu entnehmen ist, sieht das Gesetz auch Ausnahmen vom Einstimmigkeitsprinzip vor. Die wichtigste Ausnahme regelt § 21 Abs. 3 WEG. Danach kann eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschlossen werden (Mehrheitsbeschluss). Bei baulichen Veränderungen i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG ist die Zustimmung eines Wohnungseigentümers entbehrlich, wenn die Rechte des Wohnungseigentümers durch die Baumaßnahme nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Dienen bauliche Veränderungen der Modernisierung i.S.v. § 555b Nr. 1–5 BGB oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik und wird dadurch die Eigenart der Wohnanlage nicht geändert und auch kein Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigt, können diese gem. § 22 Abs. 2 WEG mit einer Mehrheit von drei Vierteln aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden (doppelt qualifizierter Mehrheitsbeschluss). Schließlich ist die Zustimmung aller Wohnungseigentümer im Fall des § 21 Abs. 2 WEG nicht erforderlich, wenn ein einzelner Wohnungseigentümer Maßnahmen trifft, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind (Notverwaltung). Eine weitere Ausnahme vom Einstimmigkeitsprinzip enthält schließlich § 15 Abs. 2 WEG; sie ermöglicht es den Wohnungseigentümern, den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums mit Stimmenmehrheit zu beschließen.

2. Ordnungsmäßige Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss 323

Wohnungseigentümer können eine der Beschaffenheit des gemeinschaftliche Eigentums entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung mit Stimmenmehrheit beschließen. Diese in § 21 Abs. 3 WEG enthaltene Bestimmung ist von größter praktischer Bedeutung. Müssten einer Verwaltungsmaßnahme stets alle Wohnungseigentümer zustimmen, wäre – wegen der oftmals unterschiedlichen Interessenlagen innerhalb einer Gemein150

II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

schaft – eine positive Entscheidungsfindung nur selten herbeizuführen. Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund in bestimmten Grenzen Mehrheitsentscheidungen zugelassen. Die Grenze bildet das Kriterium der „Ordnungsmäßigkeit“. Der Gesetzgeber hielt es für zumutbar, dass einzelne Wohnungseigentümer bei Entscheidungen über ordnungsmäßige Verwaltungsmaßnahmen überstimmt werden können, da solche Maßnahmen per definitionem im Interesse aller Wohnungseigentümer liegen. a) Beschlussfassung durch Stimmenmehrheit Mehrheitsbeschlüsse sind gem. § 23 Abs. 1 WEG in der Wohnungseigentümerversammlung zu fassen. Das Beschlussverfahren, von der Einberufung der Versammlung bis zur Beschlussfassung und Protokollierung, ist in den §§ 23 bis 25 WEG geregelt (s. Rz. 443 ff.). Die Stimmenmehrheit berechnet sich nach der Anzahl der abgegebenen Stimmen. Stimmenthaltungen werden nicht gewertet. Ein positiver Beschluss kommt zustande, wenn mehr JA-Stimmen als NEIN-Stimmen abgegeben werden. Bei Stimmengleichheit ist der Beschlussantrag abgelehnt (s. Rz. 498).

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Fassen die Wohnungseigentümer einen Mehrheitsbeschluss über eine Maßnahme, die nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ist dieser Beschluss zwar wirksam. Er kann aber auf Antrag eines Wohnungseigentümers durch das Gericht nach § 43 Nr. 4 WEG für ungültig erklärt werden, da er fehlerhaft ist (§ 23 Abs. 4 WEG). Wird der Antrag auf gerichtliche Ungültigerklärung nicht innerhalb eines Monats seit Beschlussfassung gestellt, erwächst der Mehrheitsbeschluss trotz seines ordnungswidrigen Inhalts in Bestandskraft. Die Bestandskraft bewirkt, dass die Wohnungseigentümer sich auf die Ordnungswidrigkeit des Beschlusses nicht mehr berufen können.

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b) Kriterium der „Ordnungsmäßigkeit“ Das Kriterium der Ordnungsmäßigkeit findet sich an mehreren Stellen im Gesetz (vgl. §§ 21 Abs. 3, 15 Abs. 2, 21 Abs. 5, 27 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 WEG). Es erlangt darüber hinaus in jenen Fällen Bedeutung, wo das Gesetz eine Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss zulässt (vgl. § 21 Abs. 7 WEG: Regelung der Art und Weise von Zahlungen, der Fälligkeit und der Folgen des Verzuges, Kosten einer besonderen Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand; § 26 Abs. 1 Satz 1 WEG: Bestellung des Verwalters; § 28 Abs. 4 WEG: Beschluss über Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung; § 29 Abs. 1 WEG: Bestellung des Verwaltungsbeirats). Auch wenn das Gesetz in diesen Fällen die Ordnungsmäßigkeit nicht ausdrücklich als Tatbestandsmerkmal nennt, ist ein Mehrheitsbeschluss auch hier nur rechtmäßig, wenn er inhaltlich ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Dies folgt aus der Generalklausel des § 21 Abs. 3 WEG, der für sämtliche Fälle gilt, in denen das WEG eine Mehrheitsentscheidung zulässt. 151

326

§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer Beispiel: Eine Jahresabrechnung darf trotz des Wortlauts des § 28 Abs. 4 WEG nicht mit Stimmenmehrheit beschlossen werden, wenn sie inhaltlich unrichtig ist. Ein solcher Mehrheitsbeschluss ist erfolgreich anfechtbar.

326a

Was unter dem Begriff der ordnungsmäßigen Verwaltung zu verstehen ist, bestimmt das Gesetz nicht. Aus einer Zusammenschau aller Vorschriften des WEG, in denen von „ordnungsmäßiger Verwaltung“ oder „ordnungsmäßigem Gebrauch“ die Rede ist, lässt sich jedoch folgende Definition ableiten: Ordnungsmäßige Verwaltung sind alle Maßnahmen, die im Interesse aller Wohnungseigentümer auf die Erhaltung, Verbesserung oder den der Zweckbestimmung des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden Gebrauch gerichtet sind.1 Konkrete Kriterien mit Allgemeingültigkeit lassen sich für die Bestimmung der Ordnungsmäßigkeit nicht aufstellen. Eine Maßnahme erfolgt im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer, wenn sie bei objektiv vernünftiger Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles nützlich ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die Maßnahme bei einer an den konkreten Bedürfnissen und Möglichkeiten ausgerichteten KostenNutzen-Analyse (Zehnjahresvergleich) und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gemeinschaft im Einzelfall als vertretbar erweist.2

327

Zur Beantwortung der Frage, ob eine Verwaltungsmaßnahme im konkreten Fall ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, sind die örtlichen und baulichen Besonderheiten der Wohnanlage sowie die Interessen der Wohnungseigentümer zu berücksichtigen. Beispiele: Während das Überstreichen der Hausfassade im 3-Jahres-Rhythmus bei einem Geschäftshaus in repräsentativer Lage einer Stadt ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann, wird der zeitliche Abstand bei einem zu Wohnzwecken genutzten Gebäude in ländlicher Umgebung großzügiger zu bemessen sein. Andererseits wird die Anschaffung eines selbstfahrenden Rasenmähers bei einer Wohnanlage mit einem großen Rasenanteil eher notwendig sein als bei einer innerstädtischen Anlage mit kleiner Rasenfläche.

328

Oftmals wird nicht nur eine der möglichen Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Den Wohnungseigentümern verbleibt dann innerhalb der Grenze der Ordnungsmäßigkeit ein Beurteilungsspielraum. Innerhalb dieses Beurteilungsspielraums treffen sie ihre Wahl durch Mehrheitsbeschluss. c) Fälle ordnungsmäßiger Verwaltung gem. § 21 Abs. 5 WEG

329

Die Vorschrift des § 21 Abs. 5 WEG nennt mehrere Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung, wobei der Katalog nicht abschließend ist. Es 1 Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 27. 2 OLG Köln, Beschl. v. 5.9.2006 – 16 Wx 154/06, ZMR 2007, 389; Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 29.

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II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

handelt sich um Beispiele, die der Gesetzgeber für besonders praxisrelevant hielt. Nicht jede der in § 21 Abs. 5 WEG genannten Maßnahmen ist jedoch per se schon ordnungsmäßig. Erforderlich ist vielmehr, dass die Maßnahme auch in ihrer konkreten Form dem Interesse der Gesamtheit aller Wohnungseigentümer entspricht.1 Dies zeigt insbesondere § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, wonach nicht schon jede Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme eine ordnungsmäßige Verwaltung darstellt, sondern nur eine für sich wiederum „ordnungsmäßige“ Maßnahme. Es gilt also auch in den Fällen des § 21 Abs. 5 WEG stets zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Ordnungsmäßigkeit erfüllt sind. aa) Aufstellung einer Hausordnung (§ 21 Abs. 5 Nr. 1 WEG) § 21 Abs. 5 Nr. 1 WEG nennt als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung die Aufstellung einer Hausordnung. Trotz der Stellung des § 21 Abs. 5 Nr. 1 WEG im 3. Abschnitt des WEG (Verwaltung) kann die Hausordnung aber auch Regelungen enthalten, die den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums betreffen. Dies folgt aus § 15 Abs. 2 WEG.

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Die Hausordnung soll ein geordnetes und störungsfreies Zusammenleben der Wohnungseigentümer fördern. Sie enthält daher vornehmlich Regelungen zur Wahrung des Hausfriedens. Zugleich dient sie dem Schutz des Gebäudes, der Gewährleistung der allgemeinen Sicherheit und Ordnung innerhalb der Wohnanlage sowie der Pflege der gemeinschaftlichen Einrichtungen.2 Trotz dieser Zweckbestimmung muss die Hausordnung so beschaffen sein, dass sie den Wohnungseigentümern einen größtmöglichen Entfaltungsspielraum beim Gebrauch und der Nutzung ihres Sondereigentums belässt. Eine Regelung in der Hausordnung entspricht also nur ordnungsmäßiger Verwaltung und ordnungsmäßigem Gebrauch, wenn sie einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer an einem reibungslosen Zusammenleben einerseits und den Individualinteressen des einzelnen Wohnungseigentümers an möglichst wenig einschränkender Reglementierung andererseits erreicht.

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Beispiel: Das Musizieren in den Wohnungen über Zimmerlautstärke darf nicht dazu führen, dass in die Wohnanlage fast nie Ruhe einkehrt. Andererseits darf das Musizieren in der Wohnanlage nicht vollständig verboten werden. Ein Ausgleich der gegenseitigen Interessen lässt sich dadurch erreichen, dass die Hausordnung Ruhezeiten festlegt, die noch genügend Raum für Übungsstunden lassen. Ordnungsmäßig ist etwa eine Regelung, dass zwischen 20 Uhr und 8 Uhr sowie zwischen 12 Uhr und 14 Uhr Ruhezeit ist.3

1 Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 77. 2 Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 78. 3 BGH, Beschl. v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713.

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

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Da jeder Wohnungseigentümer an Beschlüsse innerhalb der Gemeinschaft gebunden ist, ist auch jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, die beschlossenen Bestimmungen der Hausordnung einzuhalten. Bei Zuwiderhandlungen kann der Störer zur Einhaltung der Hausordnung verurteilt werden (§ 43 Nr. 1 WEG). Aufgrund der vollstreckbaren Entscheidung des Gerichts erfolgt die Vollstreckung gegen den Störer durch die Verhängung von Zwangsgeld/Zwangshaft (§ 888 ZPO) oder Ordnungsgeld/Ordnungshaft (§ 890 ZPO). Neben den Wohnungseigentümern ist auch der Verwalter berechtigt und verpflichtet, für die Einhaltung der Hausordnung zu sorgen (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG), etwa durch Hinweise, Aufforderungen, Rundschreiben, Aushänge oder die Aufstellung von Nutzungsplänen (s. auch Rz. 633).1

333

Regelungen in der Hausordnung, die über den Rahmen der Ordnungsmäßigkeit hinausgehen, bedürfen entweder eines einstimmigen Beschlusses (bei Verwaltungsregelungen) oder einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer (bei Gebrauchsregelungen). Treffen die Wohnungseigentümer ordnungswidrige Regelungen durch Mehrheitsbeschluss, ist der Beschluss anfechtbar, nicht aber nichtig. Die Gerichte haben in zahlreichen Fällen entschieden, welche Bestimmungen einer Hausordnung im Regelfall ordnungsmäßig sind und demzufolge durch Mehrheitsbeschluss getroffen werden können. Beispiele: Zulässige Regelungen in der Hausordnung sind: Untersagung des Betriebs von Grillgeräten und sonstigen offenen Feuerstellen auf Balkonen und Terrassen;2 Anleinpflicht von Hunden auf Gemeinschaftsflächen;3 Begrenzung der Anzahl von Haustieren;4 Anordnung über das Geschlossenhalten von Kellerfenstern bei Minustemperaturen;5 Musizierverbot während der Mittagszeit;6 Verbot des Aufstellens von Garderoben, Schirmständern und Bänken im Treppenhaus;7 Erlaubnis der Nutzung einer Grünfläche als Kinderspielfläche;8 Bade- und Duschverbot von 23 Uhr bis 5 Uhr.9 Unzulässige Regelungen sind: generelles Verbot der Hundehaltung;10 völliges Musizierverbot;11 Verbot des Spielens von Kindern;12 Verbot der Bepflanzung von Terrassen und Balkonen;13 Verbot des zeitweiligen Abstellens eines Rollstuhls im Treppenhaus.14 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 30. AG Wuppertal, Beschl. v. 25.10.1976 – 47 UR II 7/76, Rpfleger 1977, 445. OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.3.1993 – 2 U 124/99, NJW-RR 1993, 981 f. KG, Beschl. v. 8.4.1998 – 24 W 1012/97, MDR 1998, 1345 = NJW-RR 1998, 1385. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.4.1976 – 3 W 8/76, MDR 1976, 758. OLG Hamm, Beschl. v. 7.11.1985 – 15 W 181/85, MDR 1986, 501 = OLGZ 1986, 167. KG, Beschl. v. 4.11.1992 – 24 W 7087/91, NJW-RR 1993, 403. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 24.10.1989 – 5 W 187/89, NJW-RR 1990, 24. BayObLG, Beschl. v. 21.2.1991 – 2Z BR 7/91, WE 1992, 60. BGH, Beschl. v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, MDR 1995, 895 = NJW 1995, 2036. OLG Hamm, Beschl. v. 10.11.1980 – 15 W 122/80, MDR 1981, 320 = NJW 1981, 465. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11.6.1996 – 5 W 82/96, ZMR 1996, 566. BayObLG, Beschl. v. 19.1.1984 – 2Z BR 17/83, DWE 1984, 62. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.12.1983 – 3 W 227/83, ZMR 1984, 161.

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II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

Problematisch ist, ob und in welchem Umfang die Wohnungseigentümer in der Hausordnung zur sog. tätigen Mithilfe verpflichtet werden können und ob insoweit ein Mehrheitsbeschluss ausreichend oder eine Vereinbarung erforderlich ist.

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Beispiele: Häufig anzutreffende Fälle der „tätigen Mithilfe“ sind Regelungen über die turnusmäßige Reinigung des Treppenhauses, die Verrichtung von Winterdiensten oder das Streichen der Fenster.

Wohnungseigentümer können nicht durch Mehrheitsbeschluss zu einer turnusmäßigen Übernahme der Räum- und Streupflichten durch Mehrheitsbeschluss verpflichtet werden.1 Ein solcher Beschluss wäre wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig. Zwar obliegt es den Wohnungseigentümern nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG über die Instandsetzung und Instandhaltung mit Stimmenmehrheit zu beschließen. Dies umfasst aber nicht die Befugnis, einem einzelnen Wohnungseigentümer Leistungspflichten aufzuerlegen.2 Das WEG sieht eine Pflicht zur Verwaltung in Form von Eigenleistungen nicht vor. Es bestimmt lediglich in § 16 Abs. 2 WEG eine Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur anteiligen Kostentragung.

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bb) Ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG) Zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehört insbesondere die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Darunter fallen alle Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, den bestehenden Zustand der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Einrichtungen und Anlagen zu erhalten, ferner die Wiederherstellung eines früheren Zustandes und die erstmalige Herstellung eines mangelfreien Zustandes.3

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Beispiele: Rasen mähen; Abschluss eines Wartungsvertrages für die gemeinschaftliche Heizungsanlage; Anstreichen der Fassade; Durchführen von Dachreparaturen; Ersatzbeschaffung für verschlissene Reinigungsgeräte; bei größeren Anlagen das Anstellen eines Hausmeisters; Sanieren eines mangelhaften Flachdaches; nachträgliche Schallisolierung oder Wärmedämmung.4

Um den Anforderungen der Ordnungsmäßigkeit zu entsprechen, muss eine Maßnahme der Instandhaltung/Instandsetzung erforderlich und zweckmäßig sein und in fachgerechter Art und Weise ausgeführt werden. Bei größeren Vorhaben ist es erforderlich, den Instandsetzungsbedarf zu er1 BGH, Urt. v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 f. = ZWE 2012, 268 (269). 2 BGH, Urt. v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, MDR 2012, 701 = MietRB 2012, 170 f. = ZWE 2012, 268 (269). 3 Vgl. Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 111. 4 BayObLG, Beschl. v. 2.4.1992 – 2Z BR 9/92, NJW-RR 1992, 974 (975); WE 1990, 183.

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

mitteln und mehrere (mindestens drei) Angebote von Handwerksunternehmen einzuholen, bevor der Auftrag vergeben wird. Die Einholung von Vergleichsangeboten dient dazu, eine Überteuerung zu verhindern. Die Wohnungseigentümer müssen sich aber nicht zwingend für das billigste Angebot entscheiden. 338

Der Beschluss über die Durchführung der Instandhaltungsmaßnahme sollte zugleich regeln, wie die Maßnahme finanziert werden soll. Treffen die Wohnungseigentümer dazu keine Regelung, erfolgt die Finanzierung aus den gemeinschaftlichen Geldern, insbesondere aus der Instandhaltungsrücklage (s. Rz. 345 ff.). Reichen die vorhandenen Mittel dazu nicht aus, kann eine maßnahmenbezogene Sonderumlage beschlossen werden.

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Aufgabe des Verwalters ist es, für die Durchführung beschlossener Instandhaltungsmaßnahmen zu sorgen (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG). Dazu gehört insbesondere, dass er den von den Wohnungseigentümern ausgewählten Handwerker mit der Vornahme der Maßnahme im Namen der Gemeinschaft beauftragt. Dem Verwalter steht dafür Vertretungsmacht für und gegen die Gemeinschaft zu (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG).

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Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung dürfen nur im Rahmen der Ordnungsmäßigkeit zu dauerhaften Änderungen der Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums führen. Bauliche Veränderungen, die über eine ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgehen, sind nur mit Zustimmung aller beeinträchtigten Wohnungseigentümer zulässig (§ 22 Abs. 1 WEG; Rz. 390 ff.). Maßnahmen der Modernisierung entsprechend § 559 Abs. 1 BGB oder zur Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik können mit einer Mehrheit von drei Vierteln aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen werden, wenn dadurch die Eigenart der Wohnanlage nicht geändert und kein Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigt wird (§ 22 Abs. 2 WEG; Rz. 418 ff.). Von derartigen Modernisierungsmaßnahmen zu unterscheiden sind Maßnahmen der sog. modernisierenden Instandsetzung, die einen Unterfall der ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung i.S.d. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG darstellen (§ 22 Abs. 3 WEG; Rz. 428 ff.).

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Die Wohnungseigentümer sind im Rahmen der ordnungsmäßigen Instandsetzung/Instandhaltung nicht darauf beschränkt, lediglich den Zustand wiederherzustellen, der bei Errichtung der Anlage bestand oder geplant war. Vielmehr sind auch modernisierende Instandsetzungen zulässig, wenn diese eine bessere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung als der ursprüngliche Zustand darstellen. Mit Stimmenmehrheit können die Wohnungseigentümer daher auch Maßnahmen beschließen, die dem derzeitigen Stand der Technik Rechnung tragen und die Vorteile neuerer technischer Entwicklungen nutzen. Entscheidend sind dabei die Funktionsfähigkeit des bisherigen Zustandes, das Kosten-Nutzen-Verhältnis und die Frage, ob die neue Lösung dem aktuellen Standard der Wohnverhältnisse besser entspricht. Abzustellen ist auf das Verständnis eines vernünf156

II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

tigen, verantwortungsbewussten, wirtschaftlich denkenden und erprobten Neuerungen gegenüber aufgeschlossenen Wohnungseigentümers.1 Voraussetzung für eine modernisierende Instandsetzung ist in Abgrenzung zu Modernisierungen i.S.d. § 22 Abs. 2 WEG aber stets, dass überhaupt ein Instandsetzungsbedarf besteht. Beispiele: Die Rechtsprechung hat als Maßnahmen modernisierender Instandsetzung anerkannt: erstmalige Aufbringung eines Farbanstrichs auf der Hausfassade aus Naturputz;2 Austausch reparaturbedürftiger, einscheibenverglaster Holzfenster gegen Kunststofffenster mit Isolierverglasung;3 Ersetzen morscher Holzpfosten eines Zaunes durch einbetonierte Stahlpfosten;4 Ersetzen einer abgenutzten Raufasertapete durch eine Glasfasertapete;5 Anbringen einer Wärmedämmung auf der Fassade oder im Bereich der Kellerdecke.6

cc) Feuer-, Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung (§ 21 Abs. 5 Nr. 3 WEG) Zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehört gem. § 21 Abs. 5 Nr. 3 WEG auch der Abschluss einer Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung sowie einer Feuerversicherung für das gemeinschaftliche Eigentum zum Neuwert. Zur Versicherung des Sondereigentums sind die Wohnungseigentümer hingegen nicht verpflichtet.

342

Da die Versicherungsunternehmen für Wohnungseigentumsanlagen aber meist nur einheitliche Gebäudeversicherungen anbieten, die sowohl das Gemeinschaftseigentum als auch das Sondereigentum abdecken, ist die Beschränkung der Versicherungspflicht des § 21 Abs. 5 Nr. 3 WEG auf das gemeinschaftliche Eigentum nur noch von geringer praktischer Bedeutung.7 Zudem ist in vielen Gemeinschaftsordnungen vorgeschrieben, dass die Wohnungseigentümer auch ihr Sondereigentum zu versichern haben.

343

Die Wahl unter den verschiedenen Versicherungsunternehmen und den verschiedenen Versicherungsformen treffen die Wohnungseigentümer durch Beschluss. Ordnungsmäßiger Verwaltung wird in der Regel auch der Abschluss weiterer Versicherungsverträge entsprechen, etwa der Abschluss einer Glasbruchversicherung.

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1 BayObLG, Beschl. v. 27.11.2003 – 2Z BR 176/03, MietRB 2004, 239 = ZMR 2004, 442 (443). 2 KG, Beschl. v. 24.5.1993 – 24 W 3698/92, WuM 1993, 429 f. 3 OLG Köln, Beschl. v. 14.4.1997 – 16 Wx 89/97, ZMR 1998, 49. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.3.1986 – 3 Wx 36/86, MDR 1986, 677. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.4.1994 – 3 Wx 370/93, MDR 1994, 1245 = NJW-RR 1994, 1169 (1170). 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.4.2000 – 3 Wx 81/00, NZM 2000, 1067; BayObLG, Beschl. v. 25.9.2001 – 2Z BR 95/01, NZM 2002, 75, OLG Hamm, Beschl. v. 18.9. 2006 – 15 W 88/06, ZMR 2007, 131. 7 Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 134 ff.

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

dd) Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage (§ 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG) 345

Im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung kommt der Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage besondere Bedeutung zu. Die Instandhaltungsrücklage dient der Sicherung künftig notwendig werdender Reparaturen am gemeinschaftlichen Eigentum. Sie wird vornehmlich durch monatliche Beiträge der Wohnungseigentümer gebildet. Über die Höhe der Beiträge beschließen die Wohnungseigentümer im Rahmen des Wirtschaftsplans durch Stimmenmehrheit. Die Höhe der Rücklage ist nach objektiven Maßstäben zu ermitteln, wobei auf die tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere den baulichen Zustand der Wohnanlage abzustellen ist (s. Rz. 708).1

346

Über die Verwendung der in der Instandhaltungsrücklage angesammelten Gelder entscheiden die Wohnungseigentümer durch Beschluss. Wegen der Zweckbindung der Instandhaltungsrücklage entsprechen Entnahmen aus der Rücklage nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Gelder tatsächlich für Maßnahmen der Instandhaltung oder Instandsetzung verwendet werden. Dennoch ist es den Wohnungseigentümern nicht verboten, die Gelder der Instandhaltungsrücklage auch zu anderen Zwecken zu verwenden, etwa für die Durchführung baulicher Veränderungen oder zum Auffangen von Wohngeldausfällen. Allerdings ist dann die Zustimmung aller Wohnungseigentümer, also ein einstimmiger Beschluss erforderlich. Mehrheitsbeschlüsse über Entnahmen, die der Zweckbindung der Instandhaltungsrücklage zuwiderlaufen, widersprechen ordnungsmäßiger Verwaltung und sind daher anfechtbar.

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Der Verwalter muss die Rücklage getrennt von seinem Vermögen halten (§ 27 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 6, Abs. 3 Satz 1 Nr. 5, Abs. 5 WEG). Die Wohnungseigentümer entscheiden, wie die Gelder der Instandhaltungsrücklage angelegt werden. Zu wählen ist eine verzinsliche Anlage. Da die Gelder in einem überschaubaren Zeitraum abrufbar sein müssen, entspricht in der Regel nur eine Festgeldanlage mit angemessener Kündigungsfrist den Kriterien der Ordnungsmäßigkeit. Anlageformen mit höherer Renditemöglichkeit aber auch höheren Sicherheitsrisiken sind nicht verboten, können aber nur einstimmig beschlossen werden. Möglich ist auch ein Beschluss über die gänzliche Auflösung der Instandhaltungsrücklage. Da dies aber jedenfalls bei bestehendem oder absehbarem Instandsetzungsbedarf nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ist ein solcher Beschluss ebenfalls nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer möglich. Ein schlichter Mehrheitsbeschluss wäre auf Antrag eines Wohnungseigentümers durch das Gericht für ungültig zu erklären. Ein Mehrheitsbeschluss über die (teilweise) Auflösung einer Instandhaltungsrückstellung kann ausnahmsweise ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn – z.B. nach einer umfassenden Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums – ein Instandsetzungsbedarf nicht absehbar ist. 1 OLG Hamm, Beschl. v. 18.5.2006 – 15 W 25/06, MietRB 2006, 300 = ZWE 2007, 34 (38).

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II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

ee) Aufstellung eines Wirtschaftsplans (§ 21 Abs. 5 Nr. 5 WEG) Ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht es ferner, für jedes Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen. Der Wirtschaftsplan dient dazu, die Finanzierung der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums durch die Gemeinschaft im laufenden Wirtschaftsjahr zu regeln und zu sichern. Im Verhältnis zu Dritten, etwa einem beauftragten Handwerker, hat die Gemeinschaft Zahlungen dann zu leisten, wenn die Ansprüche fällig sind. Um einer unmittelbaren anteiligen Inanspruchnahme einzelner Wohnungseigentümer durch Dritte (§ 10 Abs. 8 WEG) vorzubeugen, sollte die Gemeinschaft dafür sorgen, dass durch ständige Vorauszahlungen der Eigentümer immer so viel Geld in der gemeinschaftlichen Kasse ist, dass Ansprüche Dritter erfüllt werden können. Die Höhe der innergemeinschaftlichen Vorauszahlungen wird im Wirtschaftsplan festgelegt. Seine Aufstellung ist daher eine wesentliche Voraussetzung für eine funktionierende Verwaltung.1

348

Der Wirtschaftsplan enthält eine Aufstellung jener Kosten, die im laufenden Wirtschaftsjahr voraussichtlich für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums anfallen werden (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WEG). Diese Kosten werden im Wirtschaftsplan auf die einzelnen Wohnungseigentümer gemäß dem gesetzlichen (§ 16 Abs. 2 WEG) oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel umgelegt (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WEG). Darüber hinaus enthält der Wirtschaftsplan die Beitragsleistungen der Wohnungseigentümer zu der in § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG vorgesehenen Instandhaltungsrückstellung (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WEG). Die voraussichtlichen Kosten sind zu schätzen und in angemessener Höhe festzusetzen; dabei können auch bereits absehbare Wohngeldausfälle Berücksichtigung finden.

349

Die Aufstellung des Wirtschaftsplans ist Aufgabe des Verwalters (§ 28 Abs. 1 Satz 1 WEG). Für die Wohnungseigentümer ist der Wirtschaftsplan aber erst verbindlich, wenn diese über ihn wirksam beschlossen haben. Erst der Beschluss über den Wirtschaftsplan verpflichtet die Wohnungseigentümer zur Zahlung der entsprechenden Vorschüsse. Entspricht der Wirtschaftsplan den Vorgaben des § 28 Abs. 1 WEG, ist ein Mehrheitsbeschluss ausreichend, ansonsten bedarf es eines einstimmigen Beschlusses. Zu weiteren Einzelheiten des Wirtschaftsplans s. Rz. 704 ff. ff) Duldung von Anschlüssen (§ 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG) Gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG hat jeder Wohnungseigentümer Maßnahmen zu dulden, die zur Herstellung einer Fernsprechteilnehmereinrichtung, einer Rundfunkempfangsanlage oder eines Energieversorgungsanschlusses zugunsten eines Wohnungseigentümers erforderlich sind.2 Durch diese Regelung soll dem einzelnen Wohnungseigentümer ein gewisser technischer Mindeststandard in seinem Sondereigentumsbereich ge1 Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 160. 2 Vgl. Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 162 ff.

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

währleistet werden. § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG betrifft daher in analoger Anwendung auch die Errichtung von Fernsehempfangsanlagen, weil diese heute, anders als noch zu Zeiten der Normierung des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahr 1951, zur Standardausstattung von Wohngebäuden zählen und das WEG insofern eine Regelungslücke enthält. 351

Die Duldungspflicht betrifft nur Maßnahmen hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums. Sofern Maßnahmen zur Errichtung einer der genannten Anlagen das Sondereigentum berühren, indem etwa Wohnungswände oder Decken aufgestemmt werden müssen, bedarf die Durchführung solcher Maßnahmen der Zustimmung des betroffenen Wohnungseigentümers. Allerdings folgt aus dem Gemeinschaftsverhältnis (§ 242 BGB) die Pflicht, solche Maßnahmen zu dulden, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen. Für den Fall, dass dem einzelnen Wohnungseigentümer aus seiner Duldungspflicht Nachteile erwachsen, gewährt § 21 Abs. 6 WEG einen entsprechenden Schadensersatzanspruch. Die Duldungspflicht bezieht sich im Übrigen nur auf den Anschluss an eine im Haus bereits vorhandene Hauptleitung, nicht aber an eine außerhalb des Hauses verlaufende Versorgungsleitung. d) Fälle ordnungsmäßiger Verwaltung gem. § 21 Abs. 7 WEG

352

Die Vorschrift des § 21 Abs. 7 WEG begründet Beschlusskompetenzen in Geldangelegenheiten. Die Wohnungseigentümer können die Regelung der Art und Weise von Zahlungen, der Fälligkeit und der Folgen des Verzuges sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des Gemeinschaftseigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand mit Stimmenmehrheit beschließen. Nach der Begründung des Bundesrates1 und nach h.M.2 sollen die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung einen abweichenden Mehrheitsbeschluss auch in Angelegenheiten fassen können, die bereits durch Vereinbarung geregelt sind. Die Angelegenheiten des § 21 Abs. 7 WEG seien bewusst nicht in § 21 Abs. 5 WEG implementiert, sondern gesondert geregelt worden, um klarzustellen, dass insoweit nicht der Vereinbarungsvorbehalt („soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch Vereinbarung … geregelt ist …“) gelte. Gleichwohl soll das Kriterium der Ordnungsmäßigkeit des § 21 Abs. 3 WEG für die in § 21 Abs. 7 WEG geregelten Fälle gelten. Beispiel: Ist in der Gemeinschaftsordnung geregelt, dass Wohngeldzahlungen auf Grund eines Wirtschaftsplanes zum 3. eines Monats fällig werden, könnten die Wohnungseigentümer hiervon abweichend durch Mehrheitsbeschluss eine Fälligkeit zum 15. des Monats bestimmen.

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Diese Argumentation erscheint auf den ersten Blick wertungswidersprüchlich. Da § 21 Abs. 7 WEG anders als etwa § 16 Abs. 3 WEG nicht den Zusatz „soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht“ ent1 BT-Drucks. 16/887 Ziff. 8. a), 27. 2 Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 168; Häublein, ZMR 2007, 409 (418).

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II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

hält, könnte man die Angelegenheiten des § 21 Abs. 7 WEG als Unterfälle des § 21 Abs. 3 WEG mit der Folge begreifen, dass nicht nur das dort geregelte Kriterium der Ordnungsmäßigkeit, sondern auch der Vereinbarungsvorbehalt gelten. Dabei würde jedoch übersehen, dass der Vereinbarungsvorbehalt die Beschlusskompetenz, d.h. das „rechtliche Können“ betrifft, das Kriterium der Ordnungsmäßigkeit dagegen das „rechtliche Dürfen“ und damit inhaltsbezogen und nicht kompetenzbegründend ist. Die Vorschrift des § 21 Abs. 7 WEG lässt sich deshalb im Sinne der h.M. begreifen, so dass für danach gefasste Beschlüsse die Grundsatzregelung des § 21 Abs. 3 WEG gilt, dernach allgemein Beschlüsse den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen müssen. aa) Art und Weise von Zahlungen, Fälligkeit Die Wohnungseigentümer können mit Stimmenmehrheit die Art und Weise von Zahlungen der Wohnungseigentümer an die Gemeinschaft einerseits und der Gemeinschaft an die Wohnungseigentümer andererseits beschließen.

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Beispiele: Wohngeldzahlungen durch Teilnahme am Lastschriftverfahren, Überweisungsauftrag oder als Barzahlungen.

Überdies können die Wohnungseigentümer die Regelungen über die Fälligkeit von Zahlungen und sonstigen Leistungen treffen. Möglich ist eine konkrete Bestimmung für den Einzelfall, aber auch eine allgemeine Regelung der Fälligkeit von Zahlungen, die mangels Vereinbarungsvorbehalt auch von einer bereits getroffenen Vereinbarung etwa einer Fälligkeitsbestimmung in der Gemeinschaftsordnung abweichen kann.

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Beispiele: Bestimmungen der Fälligkeit von Vorschussansprüchen auf Grund des Wirtschaftsplanes, etwa zum 3. eines Monats; Festlegung, wann Sonderumlagen ganz oder teilweise in Raten zu leisten sind; Festlegung über die Fälligkeit von Nachforderungen bzw. Erstattung von Guthaben aus der Jahresabrechnung; Vorfälligkeitsbeschluss, wonach der Gesamtbetrag des Einzelwirtschaftsplanes fällig wird, wenn ein einzelner Wohnungseigentümer sich mit einer festgelegten Anzahl monatlicher Vorschussleistungen in Verzug befindet.

Nach § 21 Abs. 7 WEG können die Wohnungseigentümer indessen nicht über die generelle Fortdauer eines Wirtschaftsplanes Beschluss fassen. Denn insoweit geht es nicht lediglich um die bloße Regelung der Fälligkeit einer Beitragsforderung, sondern um deren Begründung.1 Die Fortgeltung eines Wirtschaftsplanes über das konkrete Wirtschaftsjahr hinaus bis zum Beschluss über einen neuen Wirtschafsplan kann stattdessen nach §§ 21 Abs. 3, 28 Abs. 5 WEG beschlossen werden2. Überdies kann die Fälligkeit sonstiger Leistungen geregelt werden. 1 A.A. Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 175. 2 LG Itzehoe, Urt. v. 17.9.2013 – 11 S 93/12, ZWE 2014, 133 mit Anm. Merle.

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356

§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer Beispiel: Sind die Wohnungseigentümer nach der Gemeinschaftsordnung zur Reinigung des Treppenhauses und der Außenanlagen im Wege tätiger Mithilfe verpflichtet, kann ein Reinigungsturnus beschlossen werden.

bb) Folgen des Verzugs 357

Nach § 21 Abs. 7 WEG können die Wohnungseigentümer ferner mit Stimmenmehrheit über die Folgen des Verzuges beschließen. Gemeint sind damit die Rechtsfolgen, nicht aber die Voraussetzungen eines Verzuges, die sich aus §§ 286 ff. BGB ergeben. Beispiele: Festlegung pauschalierter Verzugszinsen bei Beitragsrückständen; Vertragsstrafe; Kostenerstattungsanspruch bei Verzug mit der Erbringung sonstiger Leistungen; Festlegung von Gebühren für Mahnungen nach Verzugseintritt.

cc) Kosten einer besonderen Nutzung 358

Ferner können die Wohnungseigentümer die Regelung der Kosten für eine „besondere Nutzung“ des gemeinschaftlichen Eigentums mit Stimmenmehrheit beschließen. Umstritten ist, was mit „Regelung der Kosten einer besonderen Nutzung“ gemeint ist. Nach einer Auffassung soll es sich insoweit um Kosten handeln, die in Folge der Überschreitung des Maßes des zulässigen Gebrauchs nach § 13 Abs. 2 WEG entstehen. § 21 Abs. 7 WEG sei in diesem Anwendungsbereich insoweit mit § 16 Abs. 3 WEG deckungsgleich und eigentlich überflüssig.1 Hiergegen sprechen Gesetzeswortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift. Im Gesetz ist ausdrücklich die Rede von „besonderer Nutzung“ und nicht von „unzulässiger Nutzung“. Werden durch eine unzulässige Nutzung besondere Kosten ausgelöst, stünde den Wohnungseigentümern insoweit ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 280 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG zu. § 21 Abs. 7 WEG ist auch nicht deckungsgleich mit § 16 Abs. 3 WEG. § 16 Abs. 3 WEG stellt eine Kostenverteilungsvorschrift dar, wohingegen § 21 Abs. 7 WEG eine Beschlusskompetenz zur Begründung von Zahlungspflichten enthält.

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Nach anderer Auffassung soll Regelungsgegenstand des § 21 Abs. 7 WEG eine Entscheidung über die Verteilung zusätzlicher Kosten für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, Verbrauch von Wasser und Strom etc. für eine über die normale, gewöhnliche und übliche Nutzung hinaus gehenden übermäßigen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums sein.2 Durch objektive Betrachtung (generalisierend) sei zu ermitteln, welche Nutzung innerhalb einer Gemeinschaft gewöhnlich sei. Erforderlich sei, dass eine darüber hinaus gehende Nutzung bei einer typisierenden Betrachtungsweise der Anfall besonderer Kosten wahrscheinlich ma1 Hügel/Elzer, § 8 Rz. 64. 2 Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 154.

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II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

che.1 Nach wiederum anderer Ansicht soll im Wege einer individuellen Betrachtung des Nutzungsverhaltens in der konkreten Gemeinschaft zu ermitteln sein, welche Verhaltensweisen einer gewöhnlichen Nutzung entsprechen und welche darüber hinausgehen.2 Nach der hier vertretenen Auffassung stellt § 21 Abs. 7 WEG anders als § 16 Abs. 3 WEG keine Kostenverteilungsvorschrift dar, sondern regelt eine Beschlusskompetenz zur Begründung von Zahlungspflichten für eine besondere Nutzung. Wie die vom Gesetzgeber genannten Beispiele (Vertragsstrafe bei Verstoß gegen Vermietungsbeschränkung; Umzugskostenpauschale, Pauschale für Nichtteilnahme am Lastschriftverfahren etc.) belegen3, sollen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Ordnungsmäßigkeit festlegen können, welche Verhaltensweisen eine „besondere Nutzung“ bedeuten. Die Wohnungseigentümer können mithin festlegen, welche Verhaltensweisen sie als eine „besondere Nutzung“ bewerten und hierfür besondere Zahlungspflichten begründen, etwa in Form von Nutzungsentgelten, Entschädigungen durch Pauschalen etc., und zwar unabhängig davon, ob mit der besonderen Nutzung tatsächlich Kosten verbunden sind. Maßstab für die Einordnung einer Verhaltensweise als „besondere Nutzung“ und das hierfür bestimmte Entgelt sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung. Ordnungsmäßiger Verwaltung dürfte es insoweit entsprechen, wenn für ein potentiell schadensträchtiges Nutzungsverhalten oder für ein Nutzungsverhalten, das typischerweise mit besonderen Instandhaltungs-, Instandsetzungs-, Unterhaltungs- oder Verbrauchskosten verbunden ist, ein zusätzliches Entgelt bestimmt wird.4 Die Festlegung der Höhe des Entgeltes entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn diese angemessen ist.5 Für die Bestimmung einer Kostenregelung und die Festlegung eines „besonderen Nutzungsverhaltens“ spielt es im Rahmen des § 21 Abs. 7 WEG keine Rolle, ob es sich insoweit um einen zulässigen oder unzulässigen Gebrauch i.S.d. § 15 Abs. 3 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG handelt.

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Beispiele: Festlegung einer Umzugspauschale;6 Bestimmung einer Vertragsstrafe bei Verstoß gegen Vermietungsbeschränkungen; Festlegung einer Reinigungspauschale für stark frequentierte Gewerbeeinheiten; Festlegung von Nutzungsentgelten für Schwimmbäder, Saunen, Sonnenterrassen, Grillplätzen etc.

Den Wohnungseigentümern ist mithin die Möglichkeit eröffnet, durch Mehrheitsbeschluss gesonderte Zahlungspflichten für eine besondere Nutzung des Gemeinschaftseigentums zu begründen, unabhängig davon, ob 1 BGH, Urt. v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = ZWE 2010, 31. 2 So wohl Häublein, ZWE 2007, 409, 418 f. 3 BT-Drucks. 16/887, 27. 4 So auch BGH, Urt. v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = ZWE 2011, 31. 5 BGH, Urt. v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = ZWE 2011, 31. 6 BGH, Urt. v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = ZWE 2011, 31.

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

damit tatsächliche Kosten verbunden sind. Löst ein bestimmter Gebrauch des Gemeinschaftseigentums Kosten des Verbrauches, der Instandhaltung oder Instandsetzung etc. aus, sind diese Kosten nach dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel umzulegen. Eine abweichende Kostenverteilung kann über einen Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG erfolgen, der dem Maßstab des Verbrauchs oder der Verursachung Rechnung trägt. Beispiel: Beschließen die Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 7 WEG ein pauschales Nutzungsentgelt von 3 Euro pro Saunabesuch, sind die tatsächlichen Verbrauchskosten für Heizung nach dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel umzulegen. Möglich ist auch eine gesonderte Beschlussfassung nach § 16 Abs. 3 WEG, wonach die Kosten von den Wohnungseigentümern zu tragen sind, die die Sauna benutzen.

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Haben die Wohnungseigentümer durch Beschluss eine „besondere Nutzung“ festgelegt, sind mit der hierfür getroffenen Kostenregelung etwaige Ansprüche wegen eines übermäßigen oder unzulässigen Gebrauches nicht abgegolten. Beispiel: Beschließen die Wohnungseigentümer die Erhebung einer Umzugskostenpauschale i.H.v. 100 Euro, kann ein Wohnungseigentümer, der bei seinem Umzug das Treppenhaus beschädigt, auf Schadensersatz nach § 280 BGB i.V.m. §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG, § 823 BGB in Anspruch genommen werden.

dd) Kosten für einen besonderen Verwaltungsaufwand 363

Nach § 21 Abs. 7 WEG können die Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss ferner die Kosten für einen besonderen Verwaltungsaufwand regeln. In Abgrenzung zu § 16 Abs. 3 WEG ist Regelungsgegenstand der Vorschrift nicht eine konkrete Kostenverteilung. Wie ein Vergleich mit den vom Gesetzgeber genannten Beispielen (z.B. Umzugskostenpauschale, Festlegung übergesetzlicher Verzugszinsen bei Beitragsrückständen, Vertragsstrafen bei Verstoß gegen Vermietungsbeschränkungen) zeigt1, soll den Wohnungseigentümern die Kompetenz eingeräumt werden, durch Beschluss Zahlungspflichten für einen besonderen Verwaltungsaufwand zu begründen, und zwar unabhängig davon, ob damit im Einzelfall tatsächlich zusätzliche Kosten verbunden sind.2 Maßgeblich ist allein, ob bei typisierender Betrachtung zusätzliche Kosten entstehen können. Wohnungseigentümer können dabei im Rahmen der Ordnungsmäßigkeit sowohl über die Höhe der zu leistenden Zahlungen entscheiden als auch festlegen, welche Maßnahmen einen „besonderen Verwaltungsaufwand“ darstellen sollen. Die Festlegung etwa einer Pauschale würde nur dann den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, d.h. dem Interesse aller Wohnungseigentümer bei objektiver Betrachtung entsprechen, wenn es sich bezogen auf die zugrunde liegenden Maßnahmen etwa um 1 BT-Drucks. 16/887, 27. 2 BGH, Urt. v. 1.10.2010 – V ZR 220/09, MDR 2011, 20 = MietRB 2010, 360 = ZWE 2011, 31.

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II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

eine angemessene Entschädigung handelt. Der Beschluss über die Festlegung eines „besonderen Verwaltungsaufwandes“ wäre dann ordnungsmäßig, wenn der zugrunde liegende Verwaltungsaufwand über eine ganz normale, alltägliche und übliche Verwaltung hinausgeht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass den Wohnungseigentümern insoweit ein Beurteilungsspielraum zusteht, der nur beschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Eine Beschlusskompetenz besteht hinsichtlich der Kosten eines besonderen Verwaltungsaufwandes der Gemeinschaft. Dies ist etwa der Fall, wenn die Gemeinschaft für bestimmte Verwaltungsmaßnahmen zur Zahlung einer Sondervergütung an den Verwalter verpflichtet ist oder dieser besondere Maßnahmen treffen muss. Die Wohnungseigentümer können hier beschließen, dass insoweit Zahlungspflichten einzelner Wohnungseigentümer begründet werden sollen.

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Beispiele: Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass die an den Verwalter zu zahlende Sondervergütung für eine Veräußerungs- oder Vermietungszustimmung von dem betreffenden Wohnungseigentümer zu entrichten sind. Im Falle einer in der Gemeinschaftsordnung geregelten Ausbaubefugnis können die Wohnungseigentümer festlegen, dass die Arbeiten nach Fertigstellung auf Kosten des Berechtigten durch einen Sachverständigen hinsichtlich ihrer Mangelfreiheit überprüft werden.

Die Beschlusskompetenz besteht auch bezüglich der Festlegung von Kosten für einen besonderen Verwaltungsaufwand einzelner Wohnungseigentümer. So können die Wohnungseigentümer pauschale Aufwandsentschädigungen oder Entgelt für besondere Verwaltungsleistungen einzelner Wohnungseigentümer beschließen.

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Beispiel: Die Wohnungseigentümer können festlegen, dass der Verwaltungsbeirat eine pauschale Aufwandsentschädigung erhalten soll. Für größere Instandsetzungs- oder Instandhaltungsarbeiten können die Wohnungseigentümer die Einrichtung von „Bauausschüssen“ aus ihrem Kreise zur Begleitung der Maßnahmen beschließen und über § 21 Abs. 7 WEG eine angemessene Zeitvergütung bestimmen. Für einen Ersatzzustellungsvertreter nach § 45 Abs. 2 WEG kann eine pauschale Aufwandsentschädigung beschlossen werden.

Die Beschlusskompetenz erstreckt sich ferner auf Kosten eines besonderen Verwaltungsaufwandes des Verwalters.1 Ein insoweit gefasster Beschluss widerspricht nicht bereits deshalb den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil der Verwalter die zugrunde liegenden Aufgaben bereits im Rahmen des Verwaltervertrages/Bestellungsrechtsverhältnisses schuldet. Ein besonderer Verwaltungsaufwand kann vielmehr auch gegeben sein, wenn eine bestimmte Tätigkeit des Verwalters zu dessen gesetzlichen oder vertraglichen Aufgaben gehört und mit der vereinbarten Vergütung abgegolten ist. Die gesetzlichen und vertraglichen Aufgaben und Befugnisse sind insoweit nicht Bewertungsgegenstand, sondern die Frage, ob zu deren Erfüllung ein besonderer Verwaltungsaufwand erforderlich ist. 1 Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 191.

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

Abzustellen ist auch hier auf einen ganz normalen, üblichen und alltäglichen Verwaltungsaufwand. Dazu zählen das Erstellen von Wirtschaftsplänen und Jahresabrechnungen, die Einberufung der ordentlichen Jahresversammlung, die Abwicklung des normalen Zahlungsverkehrs, die übliche Buchhaltung etc. Wegen aller darüber hinausgehender Maßnahmen können die Wohnungseigentümer Kosten für einen besonderen Verwaltungsaufwand festlegen. § 21 Abs. 7 WEG ermöglicht damit auch die Einführung zusätzlicher Entschädigungen/Entgelte in Fällen, in denen es der Verwalter bei Abschluss des Verwaltervertrages verabsäumt hat, sich Sondervergütungen versprechen zu lassen. Beispiel: Einführung von Aufwandspauschalen für die Durchführung außerordentlicher Eigentümerversammlungen; Kostenpauschalen für Vervielfältigungen ab zehn Seiten pro Einzelfall; Festlegung von Zeithonoraren für die Ausschreibung, Begleitung und Überprüfung von Instandsetzungsmaßnahmen; Sondervergütung für die Begleitung von Mängelprozessen gegen den Veräußerer von Wohnungseigentum aus Erwerbsverträgen nach Ansichziehungsbeschluss der WEG; Sondervergütung für die Erstellung einer Jahresabrechnung, die dem Vorverwalter obliegt; Sondervergütung für die Erstellung einer Jahrsabrechnung für das Wirtschaftsjahr vor Verwalterwechsel; Sondervergütung für die Begleitung von Prozessen einschließlich der erforderlichen Zuarbeit für den Rechtsanwalt.

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Die Vorschrift des § 21 Abs. 7 WEG begründet allerdings nur eine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer über die Festlegung eines besonderen Verwaltungsaufwandes und der diesbezüglichen Kosten. Damit korrespondiert kein Anspruch des Verwalters. Liegt tatsächlich ein besonderer Verwaltungsaufwand vor, der über den Aufwand einer ganz normalen, üblichen und alltäglichen Verwaltung hinausgeht und der mit der vertraglich vereinbarten Vergütung des Verwalters abgegolten ist, können die Wohnungseigentümer insoweit über eine Sondervergütung entscheiden, müssen dies aber nicht. Beispiel: Ist im Verwaltervertrag eine Sondervergütung für die Durchführung außerordentlicher Eigentümerversammlungen nicht geregelt und fassen die Wohnungseigentümer auf Antrag des Verwalters insoweit keinen positiven Beschluss über deren Einführung, kann der Verwalter dies nicht erzwingen.

3. Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG) 368

Gemäß § 21 Abs. 4 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. a) Inhalt des Anspruchs

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Zunächst kann ein Wohnungseigentümer verlangen, dass bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums die Gemeinschaftsordnung (Ver166

II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

einbarung) berücksichtigt wird. Haben die Wohnungseigentümer etwa einen von § 16 Abs. 2 WEG abweichenden Kostenverteilungsschlüssel vereinbart, hat jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf, dass dieser Kostenverteilungsschlüssel den Wirtschaftplänen und Jahresabrechnungen zugrunde gelegt wird. Die Vorschrift des § 21 Abs. 4 WEG verleiht zudem einen Anspruch auf Beachtung und Durchführung bereits gefasster Beschlüsse. Dieser Anspruch besteht unabhängig davon, ob die Beschlüsse ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Entscheidend ist lediglich, dass die Beschlüsse wirksam sind und die Wohnungseigentümer binden. Auch ein angefochtener Beschluss ist bindend und grundsätzlich vom Verwalter auszuführen, solange dieser nicht im Wege einstweiliger Verfügung vorläufig außer Kraft gesetzt bzw. durch rechtskräftige Endentscheidung gerichtlich für ungültig erklärt wurde. Der Anspruch auf Beachtung und Durchführung der Beschlüsse richtet sich auch gegen den Verwalter.

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Grds. hat jeder Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 4 WEG einen Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung. Dies gilt dann nicht, wenn sich die Wohnungseigentümer bereits durch einen einstimmigen Beschluss oder unangefochtenen Mehrheitsbeschluss zu einer Verwaltungsmaßnahme entschlossen haben, die über die Grenze der Ordnungsmäßigkeit hinausgeht.

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Ist eine Angelegenheit weder durch Beschluss noch durch Vereinbarungen geregelt, kann jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Mit der Formulierung „Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer“ ist nichts anderes gemeint als eine ordnungsmäßige Verwaltung. Dies zeigt der Vergleich mit § 21 Abs. 5 WEG, in dem sich diese Formulierung wiederfindet. Der Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung korrespondiert mit der Befugnis eines jeden Wohnungseigentümers aus §§ 23 Abs. 4, 43 Nr. 4 WEG, nicht ordnungsmäßige Mehrheitsbeschlüsse durch das Gericht für ungültig erklären zu lassen. Der Anspruch aus § 21 Abs. 4 WEG richtet sich gegen die anderen Wohnungseigentümer entweder auf Zustimmung zu einem Beschluss oder unmittelbar auf Mitwirkung an der begehrten ordnungsmäßigen Verwaltungsmaßnahme. Ein Wohnungseigentümer kann diejenigen Wohnungseigentümer in Anspruch nehmen, die ihre Zustimmung oder ihre Mitwirkung verweigern. Beispiel: Ist der Fassadenputz teilweise abgeplatzt und bilden sich bereits Feuchtigkeitsflecken innerhalb der Wohnungen, kann jeder Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 4 WEG von den übrigen Eigentümern verlangen, dass sich diese mit einer unverzüglichen Ausbesserung der Fassade einverstanden erklären. Die Ausbesserung dient der Verhinderung weiterer Feuchtigkeitsschäden und liegt daher im Interesse der Gesamtheit aller Wohnungseigentümer; sie entspricht also ordnungsmäßiger Verwaltung. Dem Anspruch auf Fassadenausbesserung können die übrigen Eigentümer nicht entgegengehalten, dass die notwendigen Gelder für die Instandhaltungsarbei-

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer ten nicht vorhanden seien. Notfalls muss eine Sonderumlage erhoben werden, was ebenfalls jeder Eigentümer gem. § 21 Abs. 4 WEG verlangen kann.

b) Durchsetzung des Anspruchs 373

Durchzusetzen ist der Anspruch aus § 21 Abs. 4 WEG im gerichtlichen Verfahren gem. § 43 Nr. 1 WEG. Vor Anrufung des Gerichts muss der Wohnungseigentümer sich allerdings grundsätzlich um Beschlussfassung in der Wohnungseigentümerversammlung bemühen, da seiner Klage sonst das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die primäre Entscheidungszuständigkeit der Eigentümerversammlung darf durch das Gericht nicht übergangen werden. Zudem entspricht häufig nicht nur eine Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung. In diesen Fällen ist es der Wohnungseigentümergemeinschaft vorbehalten, die Wahl zwischen den möglichen Maßnahmen zu treffen. Der vorherigen Einschaltung der Wohnungseigentümerversammlung bedarf es nur dann nicht, wenn wegen der Stimmenverteilung in der Gemeinschaft mit einem positiven Beschluss nicht zu rechnen ist und ohne weitere Aufklärung feststeht, dass der antragstellende Wohnungseigentümer ohnehin keine Mehrheit finden würde.1

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Haben die Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung den Beschlussantrag auf Durchführung der beantragten ordnungsmäßigen Maßnahme abgelehnt und stattdessen einen andern, gegenteiligen (positiven) Beschluss gefasst, muss ein solcher Beschluss vor Geltendmachung des Anspruchs auf ordnungsmäßige Verwaltung gerichtlich angefochten werden. Solange der entgegenstehende Beschluss nicht durch das Gericht für ungültig erklärt ist, steht dieser Beschluss dem Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung entgegen.2 Die Anfechtung kann zugleich mit dem Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung gerichtlich geltend gemacht werden. Beschränkt sich der Beschluss dagegen in der bloßen Ablehnung der zur Abstimmung gestellten Maßnahme (negativer Beschluss), bedarf es einer Beschlussanfechtung dagegen grundsätzlich nicht.3

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Vor Gericht muss der Kläger anders als nach altem Recht gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO einen konkreten Klageantrag stellen und eine bestimmte Verwaltungsmaßnahme, auf die er einen Anspruch zu haben glaubt, genau bezeichnen. Anders als im Rahmen des § 21 Abs. 8 WEG genügt nicht die bloße Angabe eines Rechtsschutzziels. Das Gericht wird in der Regel die anderen Wohnungseigentümer zur Zustimmung, also zur Abgabe einer Willenserklärung, verurteilen. Hat der Kläger ein schriftliches Beschlussverfahren nach § 23 Abs. 3 WEG initiiert und haben einige Wohnungseigentümer ihre Zustimmung verweigert, so ersetzt die gerichtliche Entscheidung die Zustimmungserklärungen der sich weigernden Wohnungseigentümer und die Feststellung sowie Bekanntgabe des Beschlussergebnisses. Ist es gar nicht erst zu einer Beschlussfassung gekommen, er1 KG, Beschl. v. 3.3.1999 – 24 W 3566/98, ZMR 1999, 509. 2 Jennißen/Suilmann, § 21 Rz. 140. 3 Jennißen/Suilmann, § 46 Rz. 130 f.

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II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

setzt die Entscheidung des Gerichts den gesamten Beschluss auf Vornahme der ordnungsmäßigen Verwaltungsmaßnahme, d.h. das Gericht verurteilt die Wohnungseigentümer unmittelbar zur Vornahme der ordnungsmäßigen Verwaltungsmaßnahme. Die rechtskräftige Entscheidung gestaltet die Rechtslage so, als ob die Wohnungseigentümer einen entsprechenden Beschluss gefasst hätten.1 Die Wohnungseigentümer sind an die gerichtliche Entscheidung in gleicher Weise gebunden, wie an einen Eigentümerbeschluss. Der Verwalter muss die Entscheidung entsprechend § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG durchführen. Beispiel: Im obigen Fassadenfall muss der betreffende Wohnungseigentümer zunächst beim Verwalter darauf hinwirken, dass die Fassadenproblematik in der Eigentümerversammlung behandelt wird. Dazu hat er nach § 24 Abs. 2 WEG die Möglichkeit, eine außerordentliche Eigentümerversammlung einberufen zu lassen, sofern er ein Viertel der übrigen Wohnungseigentümer dafür gewinnen kann. Andernfalls hat er zumindest einen Anspruch, dass der Verwalter in der nächsten regulären Eigentümerversammlung die Angelegenheit in die Tagesordnung aufnimmt. Kommt ein Beschluss über die Fassadenausbesserung zustande, ist eine Anrufung des Gerichts nicht erforderlich. Wird der Beschlussantrag über die Fassadenausbesserung mit Stimmenmehrheit abgelehnt, kann derjenige, der die Maßnahme verlangt, den negativen Beschluss nach Auffassung des BGH gerichtlich anfechten und zugleich beantragen, dass die anderen Eigentümer zur Durchführung der Fassadenausbesserung verurteilt werden.

Übersicht 13: Ordnungsmäßige Verwaltung 376

Gegenstand

– Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 1 WEG)

Definition

– Maßnahmen, die im Interesse der Gesamtheit aller Wohnungseigentümer liegen (objektiv vernünftige Betrachtungsweise)

Bedeutung

– Rechtmäßigkeitsgrenze für Mehrheitsbeschlüsse (§ 21 Abs. 3 WEG) – ordnungswidrige Mehrheitsbeschlüsse sind anfechtbar (§ 23 Abs. 4 WEG)

Individualanspruch – Jeder Eigentümer kann verlangen, dass Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung ergriffen werden – Ausnahme: abweichende Bestimmung durch Vereinbarung oder Beschluss (§ 21 Abs. 4 WEG)

4. Ermessensentscheidung des Gerichts (§ 21 Abs. 8 WEG) a) Voraussetzungen Das Gericht kann nach § 21 Abs. 8 WEG an Stelle der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entscheiden, wenn diese eine nach dem Gesetz erforderliche Maßnahme nicht treffen und die Maßnahme sich nicht 1 BGH, Beschl. v. 6.3.1997 – III ZR 248/95, MDR 1997, 537 = NJW 1997, 2106 (2107).

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

aus dem Gesetz, einer Vereinbarung oder einem Beschluss der Wohnungseigentümer ergibt. Mit „erforderliche Maßnahmen“ sind Verwaltungsentscheidungen (Beschlüsse, Vereinbarungen) der Wohnungseigentümer gemeint, nicht aber deren Umsetzung. So sind etwa nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG Beschlüsse vom Verwalter durchzuführen. Voraussetzung für eine Billigkeitsentscheidung des Gerichts ist es, dass die Wohnungseigentümer eine gesetzlich erforderliche Maßnahme nicht treffen, d.h. einen erforderlichen Beschluss nicht fassen, obgleich hierauf ein Anspruch nach § 21 Abs. 4 WEG besteht oder eine Änderungsvereinbarung nicht schließen, die nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG beansprucht werden kann. Zuvor müssen die Wohnungseigentümer mit der begehrten Maßnahme konfrontiert worden sein („treffen die Wohnungseigentümer eine … Maßnahme nicht …“), d.h. es muss zunächst erfolglos versucht werden, eine Entscheidung der Wohnungseigentümer (Beschluss, Vereinbarung) herbeizuführen1. Beispiel: Über die Bestellung eines Verwalters muss zunächst eine Beschlussfassung herbeigeführt werden. Erst wenn ein Beschluss nicht zustande kommt, ist Raum für eine Billigkeitsentscheidung des Gerichts.

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Weitere Voraussetzungen für eine Billigkeitsentscheidung des Gerichts ist es, dass sich die Maßnahme nicht aus dem Gesetz, einer Vereinbarung oder einem Beschluss der Wohnungseigentümer ergibt. Diese Formulierung ist missverständlich. Es geht nicht darum, dass sich die konkret zu treffende Verwaltungsentscheidung bereits aus dem Gesetz, einer Vereinbarung oder einem Beschluss ergibt. Vielmehr ist damit die Bindung des Gerichts an das Gesetz, Vereinbarungen und bestandskräftige Beschlüsse gemeint. Beispiel: Das Gericht darf sich nicht über eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer hinwegsetzen, auf deren Abänderung kein Anspruch nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG besteht, auch wenn es eine andere Entscheidung für billiger hält. Ferner ist das Gericht an bestandskräftige Beschlüsse gebunden und darf eine Billigkeitsentscheidung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 21 Abs. 8 WEG nur dann treffen, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen und das Festhalten an dem Beschluss unbillig und gegen Treu und Glauben verstoßend erscheint.

379

Entscheidungen des Gerichts nach § 21 Abs. 8 WEG kommen überwiegend in Verfahren nach § 43 Nr. 1 WEG (Streitigkeiten der Wohnungseigentümer untereinander) aber auch in Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG (Beschlussanfechtungsverfahren) in Betracht.2 Beispiel: Die Wohnungseigentümer beschließen die Beauftragung eines bestimmten Hausmeisterunternehmens, obgleich nur die Annahme des Angebots eines anderen Bewerbers den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte, weil darin umfangreichere Leistungen zu deutlich günstigeren Konditionen enthalten sind.

1 BGH, Urt. v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, MDR 2010, 399 = MietRB 2010, 73 f. = NJW 2010, 2129 (2130). 2 A.A. Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 200.

170

II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer Erklärt das Gericht im Beschlussanfechtungsverfahren den angefochtenen Mehrheitsbeschluss für ungültig, kann es auf einen ausdrücklichen Antrag des Klägers hin nach § 21 Abs. 8 WEG zugleich anordnen, dass der günstigere Anbieter zu beauftragen ist.

b) Rechtsfolgen Das Gericht kann nach billigem Ermessen entscheiden. Dem Gericht steht es jedoch nicht frei, eine Entscheidung nach Belieben zu treffen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass eine Entscheidung nur an Stelle der Wohnungseigentümer getroffen werden kann, denen im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung ein Entscheidungsspielraum zwischen mehreren ordnungsmäßigen Maßnahmen zusteht. Prozessual bedeutet dies, dass der eine Billigkeitsentscheidung begehrende Kläger wegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eine mögliche, den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechende Entscheidung vorgeben muss, worauf das Gericht nach § 139 ZPO hinzuwirken hat. Geschieht dies, obliegt es den Beklagten im Rahmen der sekundären Darlegungslast, eine andere den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechende Entscheidung darzutun, die den Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer besser entspricht.

380

In einem Verfahren nach § 21 Abs. 8 WEG kann das Gericht nach § 49 Abs. 1 WEG über die Verteilung der Prozesskosten nach billigem Ermessen entscheiden. Insoweit kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Dabei entspricht es nicht billigem Ermessen, regelmäßig die Prozesskosten denjenigen Wohnungseigentümern aufzuerlegen, die die Selbstorganisation verhindert haben1, sondern nur in Fällen der Ermessensreduktion auf Null, d.h. wenn nur eine mögliche Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung bzw. ordnungsmäßigen Gebrauchs in Betracht kommt. So steht es den Wohnungseigentümern etwa bei Beschlussfassungen frei, gegen Beschlussanträge zu stimmen, weil andere Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung/ordnungsmäßigen Gebrauchs in Betracht kommen. Eine Verteilung der Prozesskosten auf diejenigen Wohnungseigentümer, die gegen den Beschlussantrag gestimmt haben, würde dem Selbstorganisationsrecht zuwiderlaufen. In Fällen, in denen nicht nur eine Verwaltungsentscheidung in Betracht kommt, entspricht es stattdessen der Billigkeit, die Prozesskosten auf sämtliche Parteien zu verteilen.

381

c) Änderung der Entscheidung des Gerichts Je nachdem, welche Entscheidung die Wohnungseigentümer nicht getroffen haben (Vereinbarung, Beschluss), kann die an deren Stelle ergangene Billigkeitsentscheidung des Gerichts durch eine entsprechende Entscheidung geändert werden. Hat das Gericht eine Entscheidung in einer Angelegenheit getroffen, über die die Wohnungseigentümer hätten einen Be1 So Hügel/Elzer, § 13 Rz. 232 ff.; Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 215.

171

382

§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

schluss fassen müssen, kann diese durch eine spätere Beschlussfassung unter Beachtung der Grundsätze des sog. Zweitbeschlusses wieder geändert werden (s.o. Rz. 164 ff.). Betrifft die Ermessensentscheidung des Gerichts dagegen eine Angelegenheit, über die die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung entscheiden können, kann diese durch Vereinbarung aller Wohnungseigentümer jederzeit wieder geändert werden.

5. Notverwaltungsrecht (§ 21 Abs. 2 WEG) 383

Gemäß § 21 Abs. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer diejenigen Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind. Die Vorschrift regelt damit einen besonderen Fall der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag. Auf die §§ 677, 683 BGB kann ergänzend zurückgegriffen werden. a) Voraussetzungen des Notverwaltungsrechts

384

Die Befugnis eines Wohnungseigentümers zur Notverwaltung ist im Vergleich zur Befugnis des Teilhabers einer schlichten Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB erheblich eingeschränkt. Während ein Miteigentümer nach § 744 Abs. 2 BGB jede „zur Erhaltung des Gegenstandes notwendige Maßregel“ durchführen kann, darf ein Wohnungseigentümer nur die zur „Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens“ notwendigen Maßnahmen treffen. Voraussetzung für das Eingreifen eines Notverwaltungsrechts ist eine Gefahrensituation, in der ein verständiger Wohnungseigentümer nicht länger abwarten würde und in der er weder den nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WEG zuständigen Verwalter noch die anderen Wohnungseigentümer zur Behebung der Notlage heranziehen kann.1 Eine Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung darf nicht mehr abgewartet werden können.2 Ein Notverwaltungsrecht besteht daher grundsätzlich nicht, wenn der gefahrenträchtige Zustand bereits längere Zeit andauert und auch der Verwalter von dieser Situation Kenntnis hat. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn die Maßnahme plötzlich so dringend und unaufschiebbar wird, dass eine vorherige Anrufung der Wohnungseigentümer ohne den Eintritt von Schäden nicht mehr möglich ist. Die Befugnis zur Notgeschäftsführung besteht ferner auch dann, wenn ein Schaden bereits eingetreten ist und die beabsichtigte Notmaßnahme verhindern soll, dass noch weitere Schäden hinzutreten, nicht aber wenn keine weiteren Schadensfolgen drohen.

1 OLG Hamburg, Beschl. v. 16.11.2006 – 2 Wx 35/05, ZMR 2007, 129 (130); Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 10. 2 OLG Celle, Beschl. v. 20.12.2001 – 4 W 2860/01, ZWE 2002, 369.

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II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer Beispiel: Ist das Dach des Wohnhauses bereits seit längerer Zeit reparaturbedürftig und wissen die Wohnungseigentümer und der Verwalter davon, darf ein einzelner Wohnungseigentümer nicht im Wege der Notgeschäftsführung die Dachreparatur veranlassen, auch nicht, wenn dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspräche. Es fehlt an einer plötzlichen Notlage. Etwas anderes gilt, wenn durch einen Sturm zusätzlich zahlreiche Dachziegel abgedeckt werden und sich dadurch der reparaturbedürftige Zustand des Daches verschlimmert. Ist in diesem Fall zur Vermeidung größerer Wasserschäden eine Reparatur unaufschiebbar, sind Notmaßnahmen zulässig.

b) Umfang des Notverwaltungsrechts Maßnahmen im Rahmen der Notgeschäftsführung können baulicher, rechtlicher oder wirtschaftlicher Art sein.

385

Beispiele: Beauftragung eines Schlüsseldienstes zur Erneuerung eines aufgebrochenen Schlosses; Beauftragung eines Rohrreinigungsdienstes bei Rohrverstopfung oder eines Gasnotdienstes bei Gasgeruch; Einleitung eines Mahnverfahrens bei unmittelbar drohender Verjährung eines gemeinschaftlichen Anspruchs.

Dem Inhaber des Notverwaltungsrechts steht auch bei berechtigter Geschäftsführung keine Vertretungsmacht für die übrigen Wohnungseigentümer zu. Etwaige Rechtsgeschäfte kann der Notgeschäftsführer daher nur im eigenen Namen schließen. Handelt er dennoch im Namen aller Wohnungseigentümer, ist der darauf angewiesen, dass die Wohnungseigentümer das Rechtsgeschäft, etwa den Handwerkervertrag, genehmigen (§ 177 BGB). Über die Genehmigung entscheiden die Wohnungseigentümer durch Beschluss.

386

c) Aufwendungsersatzanspruch des Notgeschäftsführers Der Wohnungseigentümer, der unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 WEG gehandelt hat, kann von der Wohnungseigentümergemeinschaft Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Der Anspruch ist auf Zahlung von Geld gerichtet und notfalls im Verfahren nach § 43 Nr. 1 WEG durchzusetzen. Jeder Wohnungseigentümer haftet anteilig entsprechend seiner Miteigentumsquote für den Aufwendungsersatzanspruch des Notgeschäftsführers neben der Gemeinschaft (§ 10 Abs. 8 WEG, s.o. Rz. 226). Eine gesamtschuldnerische Haftung besteht nicht.1 Enthält die Gemeinschaftsordnung einen von § 16 Abs. 2 WEG abweichenden Kostenverteilungsschlüssel, sind die Haftungsquoten danach zu berechnen.

387

Der Notgeschäftsführer ist zunächst gehalten, Befriedigung aus dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft zu erlangen, bevor er die Wohnungseigentümer in Anspruch nimmt.2 Ansprechpartner ist insoweit der Verwalter, da dieser gem. § 27 Abs. 1 Nr. 6 WEG die gemeinschaftlichen Gelder verwaltet. Er ist gem. § 27 Abs. 1 Nr. 5 WEG berechtigt, alle Zah-

388

1 OLG Hamm, Beschl. v. 27.4.1993 – 15 W 327/92, OLGZ 1994, 134 (140). 2 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 21 WEG, Rz. 21.

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

lungen zu bewirken, die mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zusammenhängen. Sind gemeinschaftliche Gelder nicht vorhanden oder reichen diese nicht aus, kann der Notgeschäftsführer sich sofort an die einzelnen Wohnungseigentümer wenden. Musste der Wohnungseigentümer im Rahmen seiner Notgeschäftsführung keine Aufwendungen erbringen, sondern lediglich Verbindlichkeiten gegenüber Dritten eingehen, hat er gegen die Gemeinschaft gem. § 257 BGB einen Anspruch auf Befreiung von diesen Verbindlichkeiten. d) Geschäftsführung ohne Auftrag 389

Auch ohne vorliegende Voraussetzungen einer Notgeschäftsführung nach § 21 Abs. 2 WEG soll ein Wohnungseigentümer befugt sein, von der Gemeinschaft Aufwendungsersatz zu verlangen, wenn er nach §§ 677 ff. BGB als Geschäftsführer ohne Auftrag gehandelt hat.1 Voraussetzung ist insoweit nicht, dass die Maßnahme der Abwendung eines zum gemeinschaftlichen Eigentums unmittelbar drohenden Schadens dient, sondern dass die Aufwendungen dem Interesse und wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Gemeinschaft entsprechen.2

6. Bauliche Veränderungen (§ 22 Abs. 1 WEG) 390

Die Maßnahmen ordnungsmäßiger Instandhaltung und Instandsetzung, von denen bisher die Rede war, sind abzugrenzen von baulichen Veränderungen i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG und Maßnahmen der Modernisierung und Anpassung an den Stand der Technik i.S.d. § 22 Abs. 2 WEG, von denen später noch zu sprechen sein wird (vgl. Rz. 418 ff.). Bauliche Veränderungen führen zu einem Eingriff in die Bausubstanz und gehen über eine ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung hinaus.

391

Die Abgrenzung baulicher Veränderungen von Maßnahmen der ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung und Maßnahmen der Modernisierung und Anpassung an den Stand der Technik ist aus zwei Gründen von Bedeutung. Zum einen können bauliche Veränderungen nicht mit einer feststehenden Stimmenmehrheit beschlossen werden. Zum anderen richtet sich die Pflicht zur Kostentragung bei baulichen Veränderungen nicht nach § 16 Abs. 2 WEG, sondern nach § 16 Abs. 6 WEG, sofern die Wohnungseigentümer keine andere Kostenverteilung beschließen (s. dazu Rz. 698 ff.). Die Kosten einer baulichen Veränderung sind nicht von allen Wohnungseigentümern zu tragen, sondern nur von denjenigen, die der Maßnahme zugestimmt und sich nicht gegen die Kostentragung verwahrt haben.3 Diese Unterschiede sind in der Praxis von außerordentlicher Bedeutung und in einer Vielzahl von Fällen Anlass zu gerichtlichen Aus1 OLG Hamburg, Beschl. v. 16.11.2006 – 2 Wx 35/05, ZMR 2007, 129 (130). 2 Vgl. Merle in Bärmann, § 21 WEG, Rz. 22 ff. 3 Ott, ZWE 2001, 61 (66).

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II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

einandersetzungen. Bauliche Veränderungen, die ohne die erforderliche Genehmigung vorgenommen werden, müssen auf Verlangen jedes Wohnungseigentümers, dessen Zustimmung übergangen wurde, beseitigt werden. Es stellt sich daher für jeden Wohnungseigentümer vor Durchführung einer baulichen Veränderung die Frage, ob überhaupt eine solche vorliegt und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen diese zulässig ist, insbesondere wer der Maßnahme zustimmen muss. a) Begriff und Abgrenzung zur ordnungsmäßigen Instandhaltung/ Instandsetzung Bauliche Veränderungen i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG sind auf Dauer angelegte gegenständliche Eingriffe in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums, die nicht mehr der Pflege, Erhaltung oder Bewahrung des gegenwärtigen Zustands oder seiner erstmaligen Herstellung dienen, sondern einen neuen Zustand schaffen, der über eine ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung hinausgeht.

392

Beispiele: Anbau eines Balkons;1 Einbau oder Vergrößerung eines Fensters;2 räumliche Abtrennung eines im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Flurteiles;3 Fällen eines Baumes;4 Pflasterung einer Grünfläche;5 Installation von Rollläden an Fenstern;6 Wanddurchbruch durch tragende Wand;7 Anbringen eines Werbeschildes;8 Errichtung eines Zaunes.9

Innerhalb seines Sondereigentums kann der Wohnungseigentümer bauliche Veränderungen vornehmen, soweit dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus ein Nachteil erwächst (§ 14 Nr. 1 WEG).

393

Beispiel: Ein Wohnungseigentümer kann in seiner Wohnung Zwischenwände ziehen, ohne die anderen Eigentümer zuvor um Erlaubnis bitten zu müssen. Die Maßnahme betrifft nur das Sondereigentum. Voraussetzung ist aber, dass das gemeinschaftliche Eigentum durch diese Veränderungen nicht beeinträchtigt wird.

Das entscheidende Abgrenzungskriterium zu den Instandsetzungsmaßnahmen im Rahmen des § 21 Abs. 3 WEG ist das Überschreiten der Grenze der Ordnungsmäßigkeit. Eine Maßnahme der Instandhaltung/Instandsetzung ist also selbst dann keine bauliche Veränderung, wenn sie 1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.3.1997 – 3 Wx 186/95, WE 1997, 344. 2 OLG Köln, Beschl. v. 23.12.1994 – 16 Wx 172/94, MDR 1995, 1211 = WuM 1995, 331; AG Hamburg, Beschl. v. 5.6.1988 – 102a II 34/88, DWE 1989, 78. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.11.1988 – 3 Wx 436/88, DWE 1989, 80. 4 BayObLG, Beschl. v. 30.7.1998 – 2Z BR 54/98, WE 1999, 77. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 9.11.1995 – 15 W 163/95, WE 1996, 310. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.7.1995 – 3 Wx 99/95, WE 1996, 32. 7 BGH, Beschl. v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, MDR 2001, 497 = NJW 2001, 1212. 8 KG, Beschl. v. 8.6.1994 – 24 W 5760/93, NJW-RR 1995, 333. 9 BayObLG, Beschl. v. 3.7.1991 – 2Z BR 29/91, NJW-RR 1991, 1362.

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

zwar eine Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mit sich bringt, zugleich aber im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich ist. Eine Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ist entweder eine Instandhaltungs-/Instandsetzungsmaßnahme im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung oder eine bauliche Veränderung, die den Rahmen der Ordnungsmäßigkeit überschreitet. Die Abgrenzung ist stets eine Frage des Einzelfalls, weshalb die Besonderheiten der jeweiligen Wohnanlage zu berücksichtigen sind. b) Zustimmungserfordernis aa) Grundsatz 395

Eine bauliche Veränderung bedarf ebenso wie alle anderen Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum der Genehmigung durch Beschluss der Wohnungseigentümer.1 Das Zustandekommen eines positiven Beschlusses bedarf der einfachen Stimmenmehrheit inklusive der Zustimmung aller, durch die Maßnahme beeinträchtigten Wohnungseigentümer.2 Der Wohnungseigentümer, dem die bauliche Veränderung zugute kommt, ist ebenfalls stimmberechtigt.3 Die Genehmigungswirkung des Beschlusses wirkt gem. § 10 Abs. 4 WEG auch gegenüber Sonderrechtsnachfolgern.

396

Teilweise wird die Auffassung vertreten, zur Genehmigung der Maßnahme sei ein Eigentümerbeschluss nicht zwingend erforderlich, es genüge zur Genehmigung auch, wenn alle beeinträchtigten Wohnungseigentümer der Maßnahme durch einseitige Erklärung zugestimmt hätten.4 Der (neue) Gesetzestext spricht allerdings von einer Genehmigung durch Eigentümerbeschluss. Eine Genehmigung durch formlose Zustimmung ist im Gesetz nich erwähnt. Die Gegenauffassung würde dazu führen, dass eine bauliche Veränderung, die keinen Eigentümer beeinträchtigt, ohne jegliche Anhörung und Genehmigung der Gemeinschaft durchgeführt werden könnte. Wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist, wollte der Gesetzgeber aber gerade verhindern, dass bauliche Veränderungen vorgenommen werden, ohne dass die Eigentümerversammlung zuvor mit der Sache befasst war.5 Ist kein Wohnungseigentümer beeinträchtigt, besteht ein Anspruch auf genehmigende Beschlussfassung.

397

Verkündet der Versammlungsleiter einen positiven Beschluss, obwohl die Zustimmung aller beeinträchtigten Wohnungseigentümer nicht vorliegt, ist der Beschluss wirksam und genehmigt die Baumaßnahme. Der Beschluss kann allerdings im Rahmen eines Beschlussanfechtungsverfahrens nach § 46 WEG erfolgreich angefochten werden. Unterbleibt die Anfechtung, erwächst der Beschluss in Bestandskraft. Die übergangene Zu1 2 3 4

Merle in Bärmann, § 22 WEG, Rz. 122 ff. Kümmel, ZMR 2007, 933; Merle in Bärmann, § 22 WEG, Rz. 139. BayObLG, Beschl. v. 25.9.2003 – 2 Z BR 161/03, ZMR 2004, 209. Jennißen/Hogenschurz, § 22 WEG, Rz. 13; Häublein, ZMR 2007, 409; Armbrüster, ZWE 2007, 384. 5 BT-Drucks. 16/887, 28.

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II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

stimmung eines beeinträchtigten Wohnungseigentümers wird durch den bestandskräftigen Beschluss ersetzt. bb) Beeinträchtigung als Voraussetzung für das Zustimmungserfordernis Der Beschlussantrag bedarf der Zustimmung derjenigen Wohnungseigentümer, deren Rechte über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Ein Wohnungseigentümer ist danach immer dann in seinen Rechten beeinträchtigt, wenn ihm durch die bauliche Veränderung ein „über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwächst“.1 Nachteil in diesem Sinne ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Es muss sich um eine Rechtsbeeinträchtigung handeln, die nicht bloß völlig belanglosen oder bagatellartigen Charakter hat.2 Andererseits sind die Grenzen des nach § 14 Nr. 1 WEG Zulässigen nicht erst bei einer erheblichen Beeinträchtigung überschritten.3 Die Schwelle für die Annahme einer Beeinträchtigung ist entsprechend dem Charakter des § 22 Abs. 1 WEG als Ausnahmeregelung niedrig anzusetzen.4

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Ist ein solcher Nachteil gegeben, muss als Nächstes geprüft werden, ob dieser das bei einem geordneten Zusammenleben der Wohnungseigentümer unvermeidliche Maß überschreitet. Hier sind die von den Wohnungseigentümern verfolgten Interessen zu berücksichtigen. Abzuwägen sind die Interessen des oder der bauwilligen Wohnungseigentümer und die Interessen der beeinträchtigten Wohnungseigentümer.5 Von Bedeutung sind objektive und konkret feststellbare Beeinträchtigungen. Es kommt darauf an, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann.6 Gegebenenfalls betroffene Grundrechte sind gegeneinander abzuwägen.7

399

Beispiel: Begehrt ein Wohnungseigentümer die Genehmigung zur Errichtung einer Parabolantenne, um zusätzliche Fernsehprogramme empfangen zu können, muss die Gemeinschaft bei der Entscheidung dem Grundrecht auf Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 GG) Rechnung tragen. Diesem Grundrecht steht auf Seiten der übrigen Eigentümer das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht gegenüber. Hat ein Wohnungseigentümer ein begründetes besonderes Interesse an bislang nicht zugänglichen Informationen und Informationsquellen, kann dies die Installation einer Parabolantenne rechtfertigen. Das trifft insbesondere auf Wohnungs-

1 2 3 4

BGH, Beschl. v. 18.1.1979 – VII ZB 19/78, NJW 1979, 817 (819). Jennißen/Hogenschurz, § 22 WEG, Rz. 30. BayObLG, Beschl. v. 21.11.1980 – 2 Z 72/80, DWE 1981, 58 (60). BVerfG, Beschl. v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, MietRB 2005, 263 = ZMR 2005, 634. 5 OLG München, Beschl. v. 6.11.2007 – 32 Wx 146/07, ZMR 2008, 659. 6 BGH, Beschl. v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, MDR 1992, 484 = NJW 1992, 978 (979). 7 BGH, Beschl. v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = ZMR 2004, 438; BVerfG, Beschl. v. 22.12.2004 – 1 BvR 1806/04, MietRB 2005, 263 = ZMR 2005, 634.

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer eigentümer mit ausländischer Staatsangehörigkeit zu, deren Heimatprogramme nicht oder nur in geringer Zahl in das deutsche Kabelnetz eingespeist werden.1

400

Setzt sich das Grundrecht des die Baumaßnahme begehrenden Wohnungseigentümers gegen die Rechtsposition der übrigen Wohnungseigentümer durch, bleiben die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsinteressen der übrigen Wohnungseigentümer nicht gänzlich unberücksichtigt. Auch eine nach § 14 Nr. 1 WEG grundsätzlich zu genehmigende bauliche Veränderung darf die anderen Wohnungseigentümer nicht über das unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigen. Dies bedeutet insbesondere, dass die Baumaßnahme entsprechend den bau- und ggf. auch denkmalschutzrechtlichen Vorschriften vorgenommen werden muss, so dass eine Beschädigung oder eine erhöhte Reparaturanfälligkeit des Gemeinschaftseigentums ausgeschlossen werden kann. Bei der Auswahl zwischen mehreren geeigneten Ausführungsvarianten steht den übrigen Wohnungseigentümern ein Mitbestimmungsrecht bzw. Entscheidungsermessen zu, das die Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss ausüben. Solange der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht die Möglichkeit gegeben wurde, ihr Entscheidungsermessen auszuüben, darf die Maßnahme nicht durchgeführt werden.2 Gegebenenfalls muss der betroffene Wohnungseigentümer einen Genehmigungsbeschluss erzwingen. Beispiel: Ein körperlich behinderter Wohnungseigentümer, der auf eine Rollstuhlrampe am Hauseingang angewiesen ist, hat zwar wegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG grundsätzlich einen Anspruch auf Genehmigung einer Rampe. Über Ort und Art der Rampe entscheidet aber die Wohnungseigentümerversammlung mit Stimmenmehrheit. Der betroffene Wohnungseigentümer kann dabei nicht die Genehmigung der kostengünstigsten Ausführungsvariante verlangen. Die Wohnungseigentümerversammlung trifft eine Ermessensentscheidung, in die die Interessen aller beteiligten Personen einfließen. Die Kosten der Maßnahme können gem. § 16 Abs. 3 WEG dem Wohnungseigentümer auferlegt werden, der die Maßnahme wünscht.

401

Anhand der Rechtsprechung zu § 22 Abs. 1 WEG lassen sich Fallgruppen bilden, in denen von einer rechtserheblichen Beeinträchtigung grundsätzlich auszugehen ist: Eine Beeinträchtigung aller Wohnungseigentümer liegt in der Regel vor, wenn durch die bauliche Veränderung in die Statik und Substanz des Gebäudes eingriffen wird. Der Eingriff muss allerdings von einiger Erheblichkeit sein. Das ist immer dann der Fall, wenn die Umgestaltung Sicherungsund Ausgleichsmaßnahmen erforderlich macht, um Gefahren für die Standsicherheit des Gebäudes zu vermeiden.3 Beispiel: Durchbruch durch eine tragende Wand zum Einbau einer Tür.

1 BGH, Beschl. v. 22.1.2004 – V ZB 51/03, MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = MietRB 2004, 173 = ZMR 2004, 438. 2 LG München, Beschl. v. 14.3.2008 – 1 T 11576/07, ZMR 2008, 573. 3 BGH, Beschl. v. 21.12.2000 – V ZB 45/00, MDR 2001, 497 = NJW 2001, 1212.

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II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

Die Zustimmung eines Wohnungseigentümers ist erforderlich, wenn die Maßnahme zu Schäden an dessen Sondereigentum führt oder zumindest die hinreichende Gefahr solcher Schäden begründet.1

402

Beispiel: Ein Eigentümer nimmt Änderungen an der Dachterrasse vor, die zu Feuchtigkeitseintritten in der darunterliegenden Wohnung führen.

Einen in der Praxis sehr häufig auftretenden Nachteil stellt die Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage dar. Hier ist in der Regel die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich.2 Ist die Umgestaltung wegen ihrer räumlichen Lage nur für einige Wohnungseigentümer optisch wahrnehmbar, müssen nur diese der Veränderung zustimmen.

403

Beispiel: Anbringung von Markisen vor Balkonen oder Außenfenstern; Änderung der Farbgestaltung der Außenfassade.3

Ein Nachteil kann darin liegen, dass sich durch die Umgestaltung die Wartungs- und Reparaturanfälligkeit des gemeinschaftlichen Eigentums erhöht.4 Da die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums auch nach Durchführung der baulichen Veränderung Aufgabe aller Wohnungseigentümer ist, kann sich durch die Umgestaltung die allen Wohnungseigentümern obliegende Instandhaltungslast erhöhen.

404

Beispiel: Austausch einer Dachluke durch ein Dachflächenfenster; Letzteres hat einen komplizierteren Aufbau und mehr bewegliche Teile, so dass es reparaturanfälliger ist.

Ein Nachteil kann auch darin liegen, dass die bauliche Veränderung zu einer intensiveren Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums führt.5

405

Beispiel: Umbau von Wirtschaftsräumen – wie Keller oder Speicher – zu Aufenthaltsräumen. Zusammenlegung von Teileigentumseinheiten durch Entfernung einer Trennwand.

Wird durch eine bauliche Veränderung Wohnungseigentümern die Gebrauchsmöglichkeit des gemeinschaftlichen Eigentums entzogen oder wird die Gebrauchsmöglichkeit eingeschränkt, folgt daraus eine vermeidbare Beeinträchtigung. Die bauliche Veränderung ist nur mit Zustimmung der beeinträchtigten Wohnungseigentümer zulässig.6

1 BayObLG, Beschl. v. 10.5.1990 – 2 Z BR 26/90, MDR 1990, 823 = WuM 1990, 608. 2 BGH, Beschl. v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, MDR 1992, 484 = NJW 1992, 979. 3 Vgl. OLG Hamburg, Beschl. v. 17.1.2005 – 2 Wx 103/04, MDR 2005, 1160 = MietRB 2005, 264 = ZMR 2005, 394. 4 KG, Beschl. v. 28.11.1990 – 24 W 5299/90, WuM 1991, 128. 5 BayObLG, Beschl. v. 2.9.1993 – 2Z BR 73/93, NJW-RR 1994, 82. 6 BayObLG, Beschl. v. 10.9.1992 – 2Z BR 74/92, MDR 1993, 235 = NJW-RR 1993, 85.

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§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer Beispiel: Ein Wohnungseigentümer legt vor dem Wohnzimmerfenster seiner Erdgeschosswohnung eine Terrasse an, wodurch die übrigen Wohnungseigentümer vom Gebrauch der bisherigen Grünfläche ausgeschlossen werden.

407

Eine bauliche Veränderung ist zustimmungspflichtig, wenn sie zu einer erhöhten Gefährdung der Wohnungseigentümer führt.1 Beispiel: Durchbrechung einer Brandmauer und Einbau einer nicht feuersicheren Tür. Bei einer Mobilfunkanlage sind die Bewohner der Wohnanlage einer erhöhten Strahlenbelastung ausgesetzt, die möglicherweise – auch ohne Überschreitung der gesetzlichen Grenzwerte – gesundheitsgefährdend ist; diese allgemein verbreitete Befürchtung kann zu einer Minderung des Miet- und Verkaufwertes der Eigentumswohnungen führen, ohne dass es auf die Berechtigung dieser Befürchtung ankommt.2

408

Eine Beeinträchtigung kann darin liegen, dass die bauliche Veränderung nachteilige Immissionen (Lärm, Geruch) zur Folge hat.3 Hierzu zählen auch sog. negative Immissionen, etwa der Entzug von Licht oder Luft. Beispiel: Will der Eigentümer eines als Gaststätte betriebenen Teileigentums einen Dunstabzug mit Abschluss über die Gebäudeaußenwand installieren, so steht dies unter dem Zustimmungsvorbehalt jener Eigentümer, die Fenster in der Nähe des Abzugschachtes haben und die Abluft wahrnehmen.

c) Anspruch auf Genehmigung 409

Gemäß § 22 Abs. 1 WEG kann eine bauliche Veränderung verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Mit der Formulierung „kann verlangt werden“ will der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen, dass der bauwillige Wohnungseigentümer einen Anspruch auf positive Beschlussfassung hat, wenn alle beeinträchtigten Wohnungseigentümer zugestimmt haben. Die nicht beeinträchtigten Wohnungseigentümer dürfen eine positive Beschlussfassung also nicht verhindern, wenn alle beeinträchtigten Wohnungseigentümer für die Maßnahme stimmen. Der einzelne Wohnungseigentümer hat allerdings nur einen Anspruch darauf, die Maßnahme selbst und auf eigene Kosten durchführen zu dürfen. Er kann nicht verlangen, dass die Baumaßnahme von der Gemeinschaft durchgeführt wird.4

1 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 22 WEG, Rz. 103. 2 Siehe OLG München, Beschl. v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MDR 2007, 711 = MietRB 2007, 39 = ZMR 2007, 391. 3 OLG Hamburg, Beschl. v. 30.1.1989 – 2 W 24/88, OLGZ 1989, 309 (312). 4 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten § 22 Rz. 6; a.A. Merle in Bärmann, § 22 WEG, Rz. 162.

180

II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

Wird der Beschlussantrag mehrheitlich abgelehnt, obwohl alle beeinträchtigten Wohnungseigentümer zugestimmt haben, hat der Versammlungsleiter zunächst die Ablehnung des Beschlussantrages zu verkünden. Der bauwillige Wohnungseigentümer kann allerdings den Negativbeschluss innerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 WEG gerichtlich anfechten und zugleich beantragen, dass das Gericht den verweigerten Positivbeschluss durch Urteil ersetzen möge. Der auf Beschlussersetzung gerichtete Klageantrag hat Erfolg, wenn alle beeinträchtigten Wohnungseigentümer dem Beschlussantrag zugestimmt haben und der Beschluss unter keinen sonstigen Beschlussfehlern leidet.

410

d) Beseitigungsanspruch Bauliche Veränderungen, die ohne den erforderlichen Eigentümerbeschluss vorgenommen werden, sind rechtswidrig. Wohnungseigentümer, deren Zustimmungsvorbehalt übergangen wurde und die durch die Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden, haben gem. § 1004 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Beseitigung. Der Beseitigungsanspruch steht jedem Wohnungseigentümer als Individualrecht zu.1 Die Wohnungseigentümer haben nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG allerdings die Möglichkeit, die Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs durch Mehrheitsbeschluss zur Gemeinschaftsangelegenheit zu machen.2 Der einzelne Wohnungseigentümer verliert durch einen solchen Heranziehungsbeschluss seinen individuellen Störungsbeseitigungsanspruch nicht, ist aber an dessen Ausübung gehindert (s.o. Rz. 207 f.).3 Die Entscheidung darüber, ob die Wohnungseigentümer einen Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch zu einer Angelegenheit der Gemeinschaft machen, steht im Ermessen der Wohnungseigentümer. Ein Anspruch auf eine entsprechende Beschlussfassung besteht regelmäßig nicht.4

411

Der Beseitigungsanspruch richtet sich gegen den oder die Wohnungseigentümer als Handlungsstörer, die die bauliche Veränderung vorgenommen haben. Der Handlungsstörer ist verpflichtet, den früheren Zustand auf seine Kosten wiederherzustellen. Wie er dies bewerkstelligt, ist grundsätzlich ihm überlassen. Die Auswahl unter mehreren geeigneten Beseitigungsmaßnahmen obliegt ihm.5 Mittelbarer Handlungsstörer ist ein Wohnungseigentümer, wenn eine Person die bauliche Veränderung vorgenommen hat, die anstelle des Eigentümers die Wohnung nutzt und für deren Verhalten der Eigentümer gem. § 14 Nr. 2 WEG verantwortlich ist. Die beeinträchtigten Wohnungseigentümer können allerdings den Mieter bzw.

412

1 OLG München, Beschl. v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MDR 2007, 711 = MietRB 2007, 39 = ZMR 2007, 215. 2 Klein in Bärmann § 10 Rz. 253 ff. 3 Wenzel, NZM 2008, 74; a.A. OLG München, Beschl. v. 16.11.2007 – 32 Wx 111/07, MietRB 2008, 43 = NZM 2008, 87. 4 LG Itzehoe, Urt. v. 24.1.2012 – 11 S 16/11, ZMR 2012, 390 (391). 5 KG, Beschl. v. 19.3.2007 – 24 W 317/06, ZMR 2007, 639.

181

§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

Nutzungsberechtigten direkt auf Beseitigung der von ihm veranlassten baulichen Veränderung in Anspruch nehmen.1 413

Die Haftung als Handlungsstörer geht im Fall der Übertragung von Wohnungseigentum nicht kraft Gesetzes auf den Sondernachfolger über.2

414

Vom Handlungsstörer ist der Zustandsstörer zu unterscheiden. Der Zustandsstörer haftet grundsätzlich nicht auf Beseitigung der Störung, sondern nur auf Duldung der Beseitigung durch den Handlungsstörer oder die Gemeinschaft. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn er tatsächlich und rechtlich zur Beseitigung der Störung in der Lage ist und die Störung bei der gebotenen rechtlichen Betrachtung mit seinem Willen aufrechterhalten wird.3 Bei dem Anspruch auf Duldung handelt es sich um einen von einem Beseitigungsanspruch zu unterscheidenden Verfahrensgegenstand.4 Zustandsstörer ist jeder, der die Beeinträchtigung des Eigentums zwar nicht verursacht hat, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aber aufrechterhalten wird.5 Dies setzt voraus, dass die betreffende Person die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit zu deren Beseitigung hat und ihr die Beeinträchtigung zurechenbar ist.6 Beispiel: Der Wohnungseigentümer nimmt in seiner Wohnung einen Durchbruch durch eine tragende Wand vor, ohne die erforderlichen staatischen Ausgleichmaßnahmen zu ergreifen. Später verkauft oder vermietet der Eigentümer die Wohnung an einen Dritten. Der Sondernachfolger oder der Mieter verweigert der Gemeinschaft den Zugang zur Wohnung, um die Schließung des Wanddurchbruchs zu verhindern.

415

Ist der Handlungsstörer nicht mehr greifbar, etwa weil er die Wohnung veräußert hat und unbekannten Aufenthalts ist, oder scheitert die Durchsetzung des Rückbauanspruchs gegen den Handlungsstörer an anderen Umständen, kann jeder Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 4 WEG im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung von der Gemeinschaft Beseitigung der baulichen Veränderung verlangen.7 Der Eigentümergemeinschaft steht allerdings ein Ermessen zu, auf welche Weise sie die Beeinträchtigung beseitigt.

416

Die Verjährungsfrist für Beseitigungsansprüche wegen baulicher Veränderungen beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Sie beginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entsteht und der Gläubiger von der baulichen Veränderung und der Person des Störers Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen konnte (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Erwerber einer Wohnung muss sich die Kenntnis seines Rechtsvorgängers von der 1 Kümmel, ZWE 2008, 273. 2 KG, Beschl. v. 19.3.2007 – 24 W 317/06, ZMR 2007, 639; OLG Hamburg, Beschl. v. 24.1.2006 – 2 Wx 10/05, ZMR 2006, 377. 3 BGH, Urt. v. 4.3.2010 – V ZB 130/09, NZM 2010, 365 (366): Rückschnitt einer Thujahecke. 4 KG, Beschl. v. 19.3.2007 – 24 W 317/06, ZMR 2007, 639. 5 BGH, Urt. v. 24.1.2003 – V ZR 175/02, NJW-RR 2003, 953, 955. 6 BGH, Urt. v. 1.12.2006 – V ZR 112/06, MDR 2007, 578 = MietRB 2007, 203 = ZMR 2007, 188 (189). 7 KG, Beschl. v. 19.3.2007 – 24 W 317/06, ZMR 2007, 639.

182

II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

baulichen Veränderung zurechnen lassen. Der Beseitigungsanspruch kann für die einzelnen Wohnungseigentümer zu verschiedenen Zeitpunkten verjähren, wenn sie von der Störung zu unterschiedlichen Zeiten erfahren haben oder erfahren konnten. e) Kosten der baulichen Veränderung Ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach § 22 Abs. 1 WEG nicht zugestimmt hat, ist nicht verpflichtet, Kosten, die durch eine solche Maßnahme verursacht sind, zu tragen (§ 16 Abs. 6 Satz 1 WEG). Dies bedeutet, dass die Kosten einer baulichen Veränderung nur von jenen Wohnungseigentümern zu tragen sind, die der Maßnahme zugestimmt und sich nicht zugleich gegen die Kostentragung verwahrt haben.1 Dies gilt auch für Wohnungseigentümer, deren Zustimmung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG entbehrlich ist.2 Die Kostenbefreiung nach § 16 Abs. 6 Satz 1 WEG erfasst auch Folgekosten der Baumaßnahme, also die Kosten des laufenden Unterhalts und der Instandhaltung und Instandsetzung3, soweit diese eine kausale Folge der Baumaßnahme sind. Häufig regeln die Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit dem Beschluss über die bauliche Veränderung, welche Personen die Kosten der Maßnahme zu tragen haben. Ein solcher Beschluss, der schon aus Klarstellungsgründen dringend zu empfehlen ist, bedarf gem. § 16 Abs. 4 WEG der Zustimmung einer Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. Die Kosten können allerdings nur solchen Wohnungseigentümern auferlegt werden, die durch die bauliche Veränderung einen Gebrauchsvorteil oder zumindest die Möglichkeit zum Gebrauch des baulich veränderten Gemeinschaftseigentums haben (vgl. Rz. 701).

1 Ott, ZWE 2001, 61 (66); Merle in Bärmann, § 22 WEG, Rz. 299. 2 BGH, Urt. v. 11.11.2011 – V ZR 65/11, MDR 2012, 80 = NotBZ 2012, 218 = MietRB 2012, 74 = ZWE 2012, 86 (87). 3 BGH, Beschl. v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, MDR 1992, 484 = NJW 1992, 987.

183

416a

§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

Übersicht 14: Bauliche Veränderungen (§ 22 Abs. 1 und 2 WEG) 417

Bauliche Veränderung (§ 22 Abs. 1 WEG)

Modernisierung, Anpassung an Stand der Technik (§ 22 Abs. 2 WEG)

Gegenstand

– gemeinschaftliches Eigentum

– gemeinschaftliches Eigentum

Definition

– auf Dauer angelegte gegen– auf Dauer angelegte gegenständliche Eingriffe in die ständliche Eingriffe in die Bausubstanz, Bausubstanz, – die über die ordnungsmäßige – die über die ordnungsmäßige Instandhaltung/InstandsetInstandhaltung/Instandsetzung des Gemeinschaftszung des Gemeinschaftseigentums hinausgehen eigentums hinausgehen und – die der Modernisierung oder der Anpassung an den Stand der Technik dienen

Zustimmungs- – Beschluss mit Zustimmung erfordernisse sämtlicher, durch die Maßnahme beeinträchtigter Wohnungseigentümer

– Beschluss mit doppelt-qualifizierter Mehrheit oder mit Zustimmung sämtlicher, durch die Maßnahme beeinträchtigter Wohnungseigentümer

– nach Miteigentumsanteilen Kostentragung – Wohnungseigentümer, die (§ 16 Abs. 2 WEG), soweit der Maßnahme zugestimmt nicht abweichender Beund sich nicht gegen die schluss nach § 16 Abs. 4 Kosten verwahrt haben (§ 16 WEG Abs. 6 Satz 1 Halbs. 2 WEG), soweit nicht abweichender Beschluss nach § 16 Abs. 4 WEG Beseitigung

– auf Verlangen jedes beein– auf Verlangen jedes beeinträchtigten Wohnungseigenträchtigten Wohnungseigentümers tümers, dessen erforderliche Zustimmung fehlt

7. Maßnahmen der Modernisierung und Anpassung an den Stand der Technik 418

Maßnahmen der Modernisierung und Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik stellen vom Grundsatz her ebenfalls bauliche Veränderungen i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG dar, denn sie führen zu einem neuen baulichen Zustand, der bislang nicht vorhanden war und über eine bloße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums – und auch über eine modernisierende Instandsetzung (vgl. Rz. 428) – hinausgeht. Da die Wohnungseigentümer nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch die erleichterte Möglichkeit haben sollen, ihre Wohnanlage dem technischen Fortschritt anzupassen und die Wohnverhältnisse zu verbessern, können diese Maßnahmen gem. § 22 Abs. 2 184

II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer

WEG mit einer besonderen qualifizierten Mehrheit – auch gegen den Willen etwa beeinträchtigter Wohnungseigentümer – beschlossen werden. Die Kompetenz, Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung mit einfacher Stimmenmehrheit beschließen zu können, bleibt davon unberührt (s. Rz. 340). a) Begriffe und Abgrenzung aa) Modernisierung Für die Definition der Modernisierung greift das WEG auf die mietrechtliche Bestimmung des § 555b Nr. 1–5 BGB zurück. Diese Norm definiert den Begriff der Modernisierung als bauliche Maßnahmen,

419

– die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, – die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder – die nachhaltig Einsparungen von End- oder Primärenergie oder von Wasser bewirken oder das Klima nachhaltig schützen. Der Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 WEG erfasst allerdings nur Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum, nicht solche am Sondereigentum. Letztere können grundsätzlich ohne eine Zustimmung der Wohnungseigentümerversammlung vorgenommen werden.

420

Der Erhöhung des Gebrauchswertes dienen alle Maßnahmen, die den bestimmungsgemäßen Gebrauch bequemer, sicherer, gesünder, angenehmer und weniger arbeitsaufwendig machen. Die Verbesserung kann sich insbesondere Beziehen auf den Zuschnitt der Wohnung, die Belichtung und Belüftung der Räume, die Barrierefreiheit, den Schallschutz, die Versorgung mit Energie und Wasser, die Sicherheit in der Wohnanlage, den Schutz vor Kälte und Hitze.

421

Beispiele: Einbau einer Zentralheizung, einer zentralen Warmwasserversorgungsanlage, eines Aufzugs, einer Türöffnungs- und Gegensprechanlage; Anschluss an Fernwärme; Einbau einer einbruchshemmenden Tür; Verstärkung der Elektrohaussteigeleitung; Einbau von Schallschutzfenstern.

Zu einer Verbesserung der Wohnverhältnisse führen solche Maßnahmen, die die Qualität des das Wohnumfelds, insbesondere außerhalb der Wohnungen, erhöhen. Häufig bewirken diese Maßnahmen auch eine Erhöhung des Gebrauchswertes, was eine Abgrenzung zur Fallgruppe der Erhöhung des Gebrauchswertes unnötig macht.

422

Beispiele: Errichtung eines Kinderspielplatzes, eines Fahrradständers oder Fahrradstellplatzes; Anlegung von Grünflächen; Anbau von Balkonen; Befestigung von Kfz-Stellflächen; Erleichterung des Zugangs zum Gebäude; Einbau eines Fensters.

Bloße Verschönerungs- und Luxusmaßnahmen fallen dagegen nicht mehr in den Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 WEG, wie etwa die Wiederanbringung einer vor Begründung der Wohnungseigentümergemeinschaft 185

423

§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

vorhandenen Stuckfassade, die Belegung des Linoleumbelages im Treppenhaus mit einem Kokosläufer, der Bau eines gemeinschaftlichen Schwimmbades und Ähnliches. 424

Andererseits ist nicht erforderlich, dass die Maßnahmen allen Wohnungseigentümern oder allen Wohnungseigentumseinheiten zugute kommt. Eine Modernisierung liegt auch dann vor, wenn die Verbesserung nur bei einem Wohnungseigentümer eintritt (z.B. die Installation einer Markise vor dem Wohnzimmerfenster einer Wohnung). Allerdings wird dann häufig nicht die erforderliche Stimmenzahl für die Genehmigung der Maßnahme zustande kommen. Für das Vorliegen einer Modernisierung i.S.d. § 22 Abs. 2 WEG ist auch unerheblich, ob die Maßnahme von der Gemeinschaft oder einem Wohnungseigentümer oder einer Eigentümergruppe durchgeführt wird.

425

Die Maßnahmen zur Einsparungen von Energie oder Wasser dienen vornehmlich einer ökologischen Zielsetzung; sie müssen keine Verbesserung der Wohnverhältnisse oder des Gebrauchswertes bewirken, wenn gleich dies häufig der Fall sein wird. Es genügt, wenn die erzielte Einsparung an Wasser und Heizenergie von Dauer ist und der Allgemeinheit zugute kommt.1 Nicht erforderlich ist grundsätzlich, dass Kosten gespart werden oder die Investitionskosten sich amortisieren. Entscheidend ist die Einsparung von Energie und Wasser. Nur wenn die Investitionskosten außerhalb jedes Verhältnisses zur Einsparung der Versorgungskosten und der Verbesserung der Umweltverträglichkeit stehen, liegt keine Modernisierung vor. Beispiele: Anschluss an das Fernwärmenetz; Dämmmaßnahmen an Fassade, Dach, Fenstern, Türen; Einbau von Wasserdurchlaufbegrenzern; Regenwassersammelbehälter für Gartenbewässerung; Austausch von Glühbirnen gegen Energiesparlampen.

bb) Anpassung an den Stand der Technik 426

Die Beschlusskompetenz des § 22 Abs. 2 WEG erfasst auch die Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik. In vielen Fällen stellen solche Maßnahmen auch eine Modernisierung im vorstehenden Sinne dar. Eigenständige Bedeutung erlangt diese Fallgruppe in der Regel nur bei Teileigentumseinheiten (in denen nicht gewohnt wird und in denen sich folglich auch die „Wohnverhältnisse“ nicht verbessern können) und bei Maßnahmen, die nur der besseren Umweltverträglichkeit dienen oder ausschließlich Kosten sparen, ohne zugleich eine Einsparung von Energie und Wasser zu bewirken. Unter dem „Stand der Technik“ wird das Niveau einer anerkannten und in der Praxis bewährten, fortschrittlichen technischen Entwicklung verstanden.2

1 Vgl. BGH, Urt. v. 7.1.2004 – VIII ZR 156/03, MDR 2004, 625 = MietRB 2004, 134 = NZM 2004, 252. 2 BT-Drucks. 16/887, 30.

186

II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer Beispiele: Installation von Sonnenkollektoren, einer Solaranlage, einer Wärmerückgewinnungsanlage; Befestigung von Kfz-Stellflächen.

Den Maßnahmen der Modernisierung und Anpassung an den Stand der Technik ist immanent, dass sie – teils erhebliche – Kosten verursachen, die nicht anfielen, wenn die Maßnahme nicht durchgeführt würde. Der Gesetzgeber nimmt dies grundsätzlich in Kauf. Er vertraut darauf, dass sich die erforderliche qualifizierte Mehrheit der Eigentümer nicht finden wird, wenn die Kosten im Verhältnis zur durchschnittlichen Einkommens- und Vermögenssituation der Mitglieder der Gemeinschaft sehr hoch sind. Nur wenn die Kosten außerhalb jeden Verhältnisses zum erzielten Erfolgt stehen,1 kann die Maßnahme nicht nach § 22 Abs. 2 WEG beschlossen werden.

427

cc) Abgrenzung zur modernisierenden Instandsetzung Eine Reihe technischer Maßnahmen kann im Einzelfall sowohl als modernisierende Instandsetzung (§ 22 Abs. 3 WEG) als auch als Modernisierung oder Anpassung an den Stand der Technik einzuordnen sein. In diesem Fall genügt für eine Beschlussfassung die einfache Stimmenmehrheit nach § 21 Abs. 3, 5 Nr. 2 WEG, denn § 22 Abs. 2 WEG will die Beschlussfassung erleichtern, nicht erschweren.

428

Der praktische Unterschied in den Anwendungsbereichen der Modernisierung einerseits und der modernisierenden Instandsetzung andererseits liegt darin, dass eine modernisierende Instandsetzung nur Vorliegen kann, wenn ein Bauteil bereits vorhanden ist und Instandsetzungsbedarf aufweist. Durch eine Modernisierung hingegen kann ein Bauteil oder eine Anlage erstmals in das Gebäude eingefügt werden und zwar unabhängig von jeglichem Instandsetzungsbedarf.

429

Verfügt die Wohnanlage beispielsweise noch nicht über einen Personenaufzug, kann dieser nicht nach § 22 Abs. 3 WEG i.V.m. § 21 Abs. 3, 5 Nr. 2 WEG modernisierend instand gesetzt werden. Der Einbau des Aufzugs kann nur eine Modernisierung i.S.d. § 22 Abs. 2 WEG sein. Verfügt die Wohnanlage zwar bereits über eine Ölzentralheizung und ist diese funktionstüchtig, kann der Austausch der Anlage gegen einen Fernwärmeanschluss nicht mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden, weil es an einem Instandsetzungsbedarf fehlt. Auch diese Maßnahme kann nur mit doppelt qualifizierter Mehrheit als Modernisierung beschlossen werden, weil eine Modernisierung keinen Instandsetzungsbedarf voraussetzt.

430

b) Ausschlussgründe Auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen einer Modernisierung oder Anpassung an den Stand der Technik vorliegen, kann die Maßnahme 1 BT-Drucks. 16/887, 30.

187

431

§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

dann nicht nach § 22 Abs. 2 WEG mit der dort geregelten Stimmenmehrheit beschlossen werden, wenn durch sie die Eigenart der Wohnanlage verändert oder einzelne Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigt werden. In diesem Fall gilt die Maßnahme als bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG, die der Zustimmung aller beeinträchtigten Wohnungseigentümer bei gleichzeitiger (einfacher) Stimmenmehrheit bedarf. aa) Keine Veränderung der Eigenart der Wohnanlage 432

Das erstgenannte Ausschlusskriterium schützt den einzelnen Wohnungseigentümer vor einer gegen seinen Willen zu beschließenden gravierenden baulichen oder optischen Umgestaltung der Wohnanlage, mit der er beim Erwerb seiner Wohnung nicht zu rechnen brauchte. Andererseits lassen sich viele Maßnahmen der Modernisierung und Anpassung an den Stand der Technik nur mit erheblichen Umbaumaßnahmen und optischen Veränderungen realisieren. Das Ausschlusskriterium soll daher nur Extremfälle des Umbaus und der Umgestaltung gegen den Willen des Einzelnen verhindern. Beispiele: Abriss oder Errichtung eines Gebäudeteils; Aufstockung des Gebäudes; Ausbau eines Speichers oder Kellers zu Wohnzwecken; Errichtung einer Hausmeisterwohnung; Asphaltierung einer Grünfläche; Zerstörung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage, etwa durch die Errichtung von asymmetrisch angeordneten Gauben oder Balkonen; Umbau einer Wohnanlage einfacher Wohnqualität zu einer Luxusanlage.

433

Die Eigenart der Wohnanlage wird bestimmt durch die architektonische und optische Gestaltung und den Ausstattungsgrad des Gemeinschaftseigentums. Anders als bei § 22 Abs. 1 WEG, wo bereits jede nicht ganz unerhebliche, vermeidbare Umgestaltung zu einer zustimmungsbedürftigen Beeinträchtigung führt, sind Eingriffe in die Eigenart der Wohnanlage nur von Relevanz, wenn sie von deutlicher Schwere sind, vergleichbar mit der „Unbilligkeit“ der Beeinträchtigung beim zweiten Ausschlusskriterium. bb) Keine unbillige Beeinträchtigung gegenüber anderen Wohnungseigentümern

434

Die Maßnahme kann auch dann nicht nach § 22 Abs. 2 WEG beschlossen werden, wenn durch sie ein Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigt wird. Eine gleichmäßig Beeinträchtigung aller (oder fast aller) Wohnungseigentümer ist unbeachtlich. Anders als bei § 22 Abs. 1 WEG muss die Beeinträchtigung des einen Eigentümers gegenüber den übrigen Mitglieder der Gemeinschaft „unbillig“ sein. Unbilligkeit liegt dann vor, wenn sich die Ungleichheit der Beeinträchtigung als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Maßgeblich sind insoweit die konkreten Umstände des Einzelfalls.

188

II. Verwaltungskompetenzen der Wohnungseigentümer Beispiele: Starke Verschattung eines Wohnzimmerfensters durch den Anbau eines Balkons; Verschluss des Fensters zu einem Raum, der dem dauernden Aufenthalt dient; Beeinträchtigung durch Maschinengeräusche.

Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liegt vor, wenn von dem beeinträchtigten Wohnungseigentümer ein Sonderopfer abverlangt würde, das durch die Vorteile der Modernisierung und Anpassung des Gemeinschaftseigentums an den Stand der Technik nicht annähernd kompensiert wird, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der beeinträchtigte Wohnungseigentümer keinen Nutzen aus der Maßnahme ziehen kann.

435

c) Doppelt qualifizierte Mehrheit Beschlüsse über Maßnahmen i.S.d. § 22 Abs. 2 WEG bedürfen einer doppelt qualifizierten Mehrheit. Erforderlich ist die Zustimmung von

436

– mindestens drei Viertel aller (nicht nur der in der Versammlung anwesenden!) stimmberechtigten Wohnungseigentümer i.S.d. § 25 Abs. 2 WEG und – mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. Der Verweis auf § 25 Abs. 2 WEG bedeutet, dass für die 3/4-Mehrheit aller Wohnungseigentümer das Kopfstimmrecht gilt. Jeder Wohnungseigentümer hat insoweit also nur eine Stimme, gleich wie viele Sondereigentumseinheiten ihm gehören und welches Stimmprinzip die Wohnungseigentümer vereinbart haben. Das Abstellen sowohl auf die Eigentümerköpfe als auch auf die Miteigentumsanteile soll bewirken, dass in Eigentümergemeinschaften mit einem Mehrheitseigentümer weder dieser von den übrigen Eigentümern noch umgekehrt die Einzeleigentümer von dem Mehrheitseigentümer überstimmt werden können.

437

Da eine Maßnahme der Modernisierung oder Anpassung des Gemeinschaftseigentums an den Stand der Technik in der Regel auch eine bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG darstellt, kann die Maßnahme auch nach § 22 Abs. 1 WEG mit dem dort geregelten Zustimmungserfordernis beschlossen werden, wenn dieses Quorum im Einzelfall eher erreicht wird als die doppelt qualifizierte Mehrheit nach Abs. 2. Ist die Maßnahme als sog. modernisierende Instandsetzung anzusehen, genügt sogar die einfache Stimmenmehrheit (Rz. 428).

438

d) Unabdingbarkeit Die Möglichkeit der Beschlussfassung nach § 22 Abs. 2 WEG kann weder hinsichtlich des Beschlussgegenstandes (z.B. Modernisierung) noch hinsichtlich des erforderlichen Stimmenquorums eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Erleichterungen sind aber durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer möglich. § 22 Abs. 2 WEG will eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer erleichtern, nicht eine in der Ge189

439

§ 5 Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer

meinschaftsordnung gegebenenfalls enthaltene Öffnungsklausel einschränken. 440

Ob die Gemeinschaftsordnung eine Erleichterung oder Erschwerung der Beschlussfassung vorsieht, lässt sich häufig nicht abstrakt beurteilen, weil es vom Stimmverhalten der Eigentümer im Einzelfall abhängen kann. So kann etwa eine Mehrheit von 8/10tel der in der Versammlung anwesenden Köpfe eher erreicht sein, als eine Mehrheit von 3/4tel aller Eigentümerköpfe. Enthält die Gemeinschaftsordnung eine einschlägige Öffnungsklausel, kann es daher erforderlich sein, die Stimmenauszählung sowohl nach der Gemeinschaftsordnung als auch nach § 22 Abs. 2 WEG vorzunehmen. Ist nach einer Variante das für eine positive Beschlussfassung erforderliche Stimmenquorum erreicht, muss der Versammlungsvorsitzende ein entsprechendes Beschlussergebnis verkünden.

8. Wiederaufbau und stecken gebliebener Bau (§ 22 Abs. 4 WEG) 441

Wird ein aus Wohnungseigentumseinheiten bestehendes Gebäude ganz oder teilweise zerstört, etwa durch Brand, Gasexplosion oder Überschwemmung, stellt sich die Frage, ob die Wohnungseigentümer untereinander zum Wiederaufbau des Gebäudes verpflichtet sind. Dazu enthält § 22 Abs. 4 WEG folgende Regelung: „Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht gem. § 21 Abs. 3 WEG beschlossen oder gem. § 21 Abs. 4 WEG verlangt werden.“

442

Aus dieser Bestimmung folgt im Umkehrschluss, dass die Wohnungseigentümer den Wiederaufbau eines Gebäudes dann durch Stimmenmehrheit beschließen können oder ein Wohnungseigentümer den Wiederaufbau des Gebäudes verlangen kann, wenn der Schaden durch eine Versicherung oder in anderer Weise, etwa durch einen realisierbaren Schadensersatzanspruch, gedeckt ist. Gleiches gilt, wenn das Gebäude zu nicht mehr als der Hälfte seines Bestandes zerstört wurde. Geht die Zerstörung dagegen über die Hälfte des ursprünglichen Bestandes hinaus und ist der Schaden nicht in irgendeiner Weise gedeckt, kann der Wiederaufbau nur einstimmig beschlossen werden. Ein dennoch gefasster Mehrheitsbeschluss wird aber mangels Anfechtung bestandskräftig. Ähnlichkeiten zur Zerstörung eines bereits errichteten Gebäudes bestehen im Fall des sog. „stecken gebliebenen Baus“. Siehe dazu Rz. 93 ff.

190

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer I. Grundlagen Wohnungseigentümer regeln ihre gemeinschaftlichen Angelegenheiten regelmäßig durch Beschlussfassung in einer Versammlung (§ 23 Abs. 1 WEG). Soweit ihnen durch Gesetz oder Vereinbarung Beschlusskompetenz zugewiesen ist (s. Rz. 155 ff.), können sie Mehrheitsbeschlüsse grundsätzlich nur in einer förmlich einberufenen Versammlung fassen. Ohne Versammlung sind Beschlüsse ausnahmsweise gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären (§ 23 Abs. 3 WEG). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollen gültige Mehrheitsbeschlüsse grundsätzlich nur zustande kommen, wenn alle Wohnungseigentümer die Möglichkeit haben, in einer Versammlung über den jeweiligen Beschlussgegenstand zu beraten. Ein überstimmter Wohnungseigentümer soll an eine Mehrheitsentscheidung nur gebunden sein, wenn er die Gelegenheit hatte, seine Auffassung in der Versammlung vorzutragen und die Willensbildung der Mehrheit zu beeinflussen.

443

Um eine Mehrheitsentscheidung allen Wohnungseigentümern zurechnen zu können, muss die Versammlung ordnungsgemäß einberufen und durchgeführt werden. Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Einberufung und Durchführung der Versammlung sind in den §§ 23 bis 25 WEG geregelt. Diese Vorschriften sind jedoch grundsätzlich nicht zwingend, so dass die Wohnungseigentümer in ihrer Gemeinschaftsordnung abweichende Einberufungsmodalitäten vereinbaren können.

444

Beispiele: Abweichend von § 24 Abs. 1 WEG können die Wohnungseigentümer vereinbaren, dass die Versammlung mindestens zweimal im Jahr einzuberufen ist. Zudem ist es möglich, die Einberufungsfrist von zwei Wochen (§ 24 Abs. 4 Satz 2 WEG) zu verlängern.

Ein Verstoß gegen die gesetzlichen oder in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Einberufung und Durchführung der Versammlung hat regelmäßig nicht unmittelbar die Ungültigkeit der Versammlungsbeschlüsse zur Folge. Vielmehr sind formal fehlerhaft zustande gekommene Versammlungsbeschlüsse grundsätzlich erst auf fristgerechte Anfechtung für ungültig zu erklären, wenn sich der Fehler auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hat (s. Rz. 183). Eine Ungültigerklärung kommt also nicht in Betracht, wenn der Beschluss bei ordnungsgemäßer Einberufung oder Durchführung der Versammlung in der Sache ebenso gefasst worden wäre. Siehe dazu auch Übersichten 15 (Rz. 474) und 16 (Rz. 494).

191

445

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

II. Einberufung der Versammlung 1. Einberufung durch den Verwalter 446

Die Einberufung der Versammlung ist grundsätzlich Aufgabe des Verwalters (§ 24 Abs. 1 WEG). Er hat eine Versammlung einzuberufen: – mindestens einmal im Jahr (§ 24 Abs. 1 WEG), – in den durch Vereinbarung bestimmten Fällen (§ 24 Abs. 2, Halbs. 1 WEG), – wenn mehr als ein Viertel der Wohnungseigentümer eine Einberufung schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangen (§ 24 Abs. 2, Halbs. 2 WEG; s. Rz. 448), – wenn eine Versammlung beschlussunfähig ist (sog. Wiederholungsversammlung, § 25 Abs. 4 Satz 1 WEG; s. Rz. 472).

447

Der Verwalter ist darüber hinaus berechtigt und verpflichtet, eine Versammlung einzuberufen, wenn dies nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung erforderlich ist. Beispiel: Ein Sturmschaden macht eine umgehende Instandsetzung des Daches erforderlich. In diesem Fall kann die sofortige Einberufung einer außerordentlichen Versammlung geboten sein, um geeignete Instandsetzungsmaßnahmen zu beschließen.

a) Einberufung auf Verlangen der Wohnungseigentümer 448

Eine Minderheit von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer kann von dem Verwalter die Einberufung einer Versammlung verlangen (sog. Minderheitenquorum; § 24 Abs. 2 WEG). Für die Berechnung des Minderheitenquorums ist allein die Kopfzahl der Wohnungseigentümer maßgeblich, ohne dass es auf deren Stimmberechtigung ankommt. Steht Wohnungseigentum mehreren Mitberechtigten, etwa Ehegatten, gemeinschaftlich zu, können sie ihr Einberufungsverlangen nur einheitlich ausüben.1 Ein abweichend vom Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 WEG vereinbartes Stimmrecht nach dem Objekts- oder Wertprinzip (s. Rz. 522) bleibt bei der Berechnung des Quorums unberücksichtigt, sofern nicht etwas anderes ausdrücklich vereinbart ist.

449

Die Wohnungseigentümer können abweichende Vereinbarungen über das Einberufungsverlangen treffen. Allerdings darf der bezweckte Minderheitenschutz nicht unterlaufen werden. Unzulässig sind daher Vereinbarungen, die die Einberufung zu Lasten der Minderheit erschweren.2 So wäre es etwa unzulässig, das Minderheitenquorum durch ein Mehrheitsquorum zu ersetzen. 1 Staudinger/Bub, § 24 WEG, Rz. 68. 2 BayObLG, Beschl. v. 5.10.1972 – 2 Z BR 54/72, BayObLGZ 1972, 314 (319); vgl. Jennißen/Elzer, § 24 WEG, Rz. 202.

192

II. Einberufung der Versammlung

Das Einberufungsverlangen muss schriftlich gegenüber dem Verwalter erklärt werden. Die Schriftform verlangt, dass die erforderliche Anzahl von Wohnungseigentümern das Einberufungsverlangen eigenhändig unterzeichnen (§ 126 Abs. 1 BGB). Inhaltlich muss das Einberufungsverlangen den Zweck und die Gründe der Einberufung angeben. Es muss erkennen lassen, mit welchen Tagesordnungspunkten sich die Versammlung befassen soll (z.B. „Abberufung des Verwalters“). Zudem müssen die Umstände angegeben werden, die eine Einberufung der Versammlung und die Befassung mit dem gewünschten Thema aus Sicht der Minderheit erforderlich machen.

450

Das formgerechte Einberufungsverlangen der qualifizierten Minderheit hat zur Folge, dass der Verwalter zur Einberufung der Versammlung verpflichtet ist. Die Einladungen sind unverzüglich zu versenden.1 Der Verwalter darf die Einberufung nur verweigern, wenn die formalen Anforderungen an das Einberufungsverlangen nicht erfüllt sind. Hinsichtlich Ort und Zeit der Versammlung steht ihm ein Ermessensspielraum zu, soweit der Zweck der Versammlung nicht gefährdet wird.2 Der Verwalter ist nicht berechtigt, darüber zu entscheiden, ob die Einberufung nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Versammlung erforderlich ist. Nur wenn das Einberufungsverlangen offensichtlich rechtsmissbräuchlich ist, darf er die Einberufung verweigern.3

451

Beispiel: Sofern die Voraussetzungen eines Einberufungsverlangens nach § 24 Abs. 2 WEG vorliegen, darf der Verwalter die Einberufung der Versammlung über seine Abberufung nicht mit der Begründung verweigern, diese sei – etwa wegen einer Beschränkung der Abberufung auf einen wichtigen Grund (s. dazu Rz. 610) – nicht möglich. Vielmehr kann die pflichtwidrige Weigerung ihrerseits einen wichtigen Grund zur Abberufung des Verwalters darstellen.4

b) Pflichtwidrige Verweigerung der Einberufung oder Fehlen eines Verwalters Die Einberufung der Versammlung muss auch möglich sein, wenn der Verwalter die Einberufung pflichtwidrig verweigert. Falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, kann der Vorsitzende des Verwaltungsbeirates oder sein Vertreter die Versammlung einberufen (§ 24 Abs. 3 WEG). Allerdings lässt sich dem Gesetz („kann“) eine Pflicht des Beirats zur Einberufung nicht entnehmen. Die Wohnungseigentümer haben daher keinen durchsetzbaren Anspruch gegen den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirates bzw. gegen dessen Stellvertreter auf Einberufung der Versammlung.5 Macht auch der Vorsitzende des Verwaltungsbeirates bzw. sein Stellvertreter von dem 1 2 3 4

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.8.2003 – 3 Wx 217/02, ZMR 2004, 692. BayObLG, Beschl. v. 29.11.1990 – 2 Z BR 72/90, WuM 1991, 131. BayObLG, Beschl. v. 9.8.1990 – 1b Z 25/89, WE 1991, 358 (359). BayObLG, Beschl. v. 30.4.1999 – 2Z BR 3/99, NZM 1999, 844; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.2.1998 – 3 Wx 345/97, ZfIR 1998, 367. 5 Jennißen/Elzer, § 24 WEG, Rz. 24; a.A. Staudinger/Bub, § 24 WEG, Rz. 75.

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452

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

Einberufungsrecht keinen Gebrauch, kann jeder Wohnungseigentümer den Verwalter durch das Gericht zur Einberufung der Versammlung verpflichten lassen.1 Fehlt ein Verwalter, kann der Vorsitzende des Verwaltungsbeirates oder sein Vertreter ebenfalls die Versammlung einberufen. Macht der Beirat davon keinen Gebrauch, kann das Gericht auf Antrag jedes Eigentümers diesen ermächtigen, eine Versammlung einzuberufen.2 Ausnahmsweise sind auch die Eigentümer berechtigt, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, sofern die Einberufung einvernehmlich durch alle Wohnungseigentümer erfolgt3. c) Einberufung durch unzuständige Personen 453

Die unzulässige Einberufung durch einen einzelnen Wohnungseigentümer oder eine sonstige nicht zur Einberufung befugte Person, etwa einen abberufenen Verwalter, führt nicht ohne weiteres zur Ungültigkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse. Vielmehr sind diese im Interesse der Rechtssicherheit nur ungültig, wenn sie auf fristgerechte Anfechtung durch das Gericht für ungültig erklärt wurden (§ 23 Abs. 4 WEG; s. Rz. 182 ff.).4 Aufgrund des Einberufungsmangels kommt eine Ungültigerklärung der gefassten Beschlüsse nur in Betracht, wenn sich der Mangel auf das jeweilige Beschlussergebnis ausgewirkt hat. Diese Kausalität fehlt, wenn feststeht, dass der betreffende Beschluss bei ordnungsgemäßer Einberufung ebenso gefasst worden wäre.5 Eine Ungültigerklärung scheidet ebenfalls aus, wenn sämtliche Wohnungseigentümer in der Versammlung die Einberufung durch die unzuständige Person genehmigen (sog. Vollversammlung).6 Die rügelose Teilnahme aller Wohnungseigentümer an den Abstimmungen ist grundsätzlich als schlüssige Genehmigung zu werten. Beispiele: Die genannten Grundsätze gelten für die Einberufung durch einen nicht hierzu ermächtigten Wohnungseigentümer7, durch ein Mitglied des Verwaltungsbeirats ohne die Voraussetzungen nach § 24 Abs. 3 WEG8, durch einen unwirksam bestell-

1 OLG Hamm, Beschl. v. 4.9.1973 – 15 W 34/73, NJW 1973, 2300. 2 Merle in Bärmann, § 24 WEG, Rz. 27; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 24 WEG, Rz. 4. 3 BGH, Urt. v. 10.6.2011 – V ZR 222/10, MietRB 2011, 283 = ZWE 2011, 354 (355). 4 Differenzierend: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 24 WEG, Rz. 5 f. 5 BayObLG, Beschl. v. 19.12.1985 – 2 Z BR 103/85, MDR 1986, 502 = NJW-RR 1986, 813 f.; Beschl. v. 13.9.1990 – 2 Z BR 100/90, NJW-RR 1991, 531 (533); OLG Hamm, Beschl. v. 13.1.1992 – 15 W 13/91, OLGZ 1992, 309 (312); OLG Köln, Beschl. v. 9.1. 1996 – 16 Wx 214/95, WuM 1996, 246; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.5.2005 – I-3 Wx 51/06, ZMR 2006, 871. 6 OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.12.1985 – 8 W 338/85, NJW-RR 1986, 315 (316). 7 BayObLG, Beschl. v. 25.9.1986 – 2 Z BR 81/86, MDR 1987, 58 = NJW-RR 1987, 204; KG, Beschl. v. 27.8.1986 – 24 W 1747/86, MDR 1987, 143 = NJW 1987, 386. 8 OLG Hamm, Beschl. v. 4.7.1980 – 15 W 177/79, MDR 1980, 1022 = OLGZ 1981, 24.

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II. Einberufung der Versammlung ten Verwalter1, durch Verwalter nach Ablauf der Bestellungszeit, durch wirksam abberufenen Verwalter2, durch Verwalter nach Amtsniederlegung.3

Besonderheiten gelten, wenn ein Verwalter eine Versammlung einberuft, nachdem der Beschluss über seine Bestellung gem. § 46 Abs. 1 WEG angefochten worden ist. Solange der Beschluss noch nicht rechtskräftig für ungültig erklärt ist, bleibt die zum Verwalter bestellte Person einberufungsbefugt. Sie verliert ihre Einberufungsbefugnis auch nicht rückwirkend durch eine rechtskräftige Ungültigerklärung des Bestellungsbeschlusses. Für eine ordnungsgemäße Einberufung ist allein die Verwalterstellung im Zeitpunkt der Einberufung maßgeblich. Andernfalls könnten für die Dauer des Beschlussanfechtungsverfahrens keine gültigen Beschlüsse gefasst werden. Im Interesse der Rechtssicherheit entfällt die Einberufungsbefugnis des fehlerhaft bestellten Verwalters mit rechtskräftiger Ungültigerklärung nur mit Wirkung für die Zukunft.4 In der Vergangenheit gefasste Versammlungsbeschlüsse sind nicht wegen fehlender Einberufungsbefugnis ihrerseits für ungültig zu erklären.

454

Anders ist es hingegen, wenn ein Verwalter nach seiner Abberufung eine Versammlung einberuft und das Gericht den Beschluss über die Abberufung für ungültig erklärt. Die gerichtliche Entscheidung ersetzt nicht rückwirkend die fehlende Einberufungsbefugnis des Verwalters.5

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2. Einberufungsmodalitäten Die Einberufung der Versammlung erfolgt durch Ladung der einzelnen Wohnungseigentümer. Soweit die Wohnungseigentümer nichts Abweichendes vereinbart haben, sind folgende Einberufungsmodalitäten zu beachten: – Die Einberufung bedarf der Textform (§ 24 Abs. 4 Satz 1 WEG; s. Rz. 457). – Die Ladung muss grundsätzlich den Wohnungseigentümern zugehen (s. Rz. 462 ff.). – Die Einberufungsfrist soll mindestens zwei Wochen betragen, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt (§ 24 Abs. 4 Satz 2 WEG; s. Rz. 465). – Die Ladung hat Ort und Zeit der Versammlung anzugeben (s. Rz. 466). – Die Beschlussgegenstände sind in einer Tagesordnung zu bezeichnen (§ 23 Abs. 2 WEG; s. Rz. 468 ff.). 1 OLG Köln, Beschl. v. 9.1.1996 – 16 Wx 214/95, WuM 1996, 246. 2 BayObLG, Beschl. v. 16.11.1995 – 2 Z BR 69/95, BayObLG v. 2.4.1992 – 2Z BR 4/92, NJW-RR 1992, 910. 3 BayObLG, Beschl. v. 6.2.1990 – 2 Z BR 119/89, WuM 1990, 325. 4 Vgl. BayObLG, Beschl. v. 13.9.1990 – 2Z BR 100/90, NJW-RR 1991, 531 (532); OLG Hamm, Beschl. v. 13.1.1992 – 15 W 13/91, OLGZ 1992, 309 (312) unter Hinweis auf § 32 FGG. 5 BayObLG, Beschl. v. 16.11.1995 – 2 Z BR 69/95, BayObLG v. 2.4.1992 – 2Z BR 4/92, NJW-RR 1992, 910 (911).

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456

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

a) Textform 457

Die nach § 24 Abs. 4 Satz 1 WEG erforderliche Textform verlangt im Unterschied zur Schriftform keine eigenhändige Unterschrift des Einberufenden. Es genügt, dass die Einberufung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneter Weise erklärt wird (vgl. § 126b BGB). Die Einberufung kann deshalb auch mittels eines fotokopierten Ladungsschreibens oder unter Verwendung moderner Kommunikationsmittel erfolgen, etwa durch Fax oder E-Mail. Allerdings muss die Person des Erklärenden und der Abschluss der Erklärung – etwa durch Datierung oder Grußformel – erkennbar sein.1 b) Ladungsempfänger

458

Die Ladung zur Versammlung ist empfangsbedürftig. Ladungsempfänger sind grundsätzlich alle teilnahmeberechtigten Wohnungseigentümer unabhängig davon, ob sie hinsichtlich einzelner Tagesordnungspunkte nach § 25 Abs. 5 WEG vom Stimmrecht ausgeschlossen sind.2 Steht Wohnungseigentum mehreren Mitberechtigten als Bruchteils- oder Gesamthandsgemeinschaft (z.B. Miterbengemeinschaft) zu, sind sämtliche Mitberechtigte zu laden.3 Richtiger Ladungsempfänger ist derjenige, der im Zeitpunkt der Absendung als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Bei einer „werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“ sind deren Mitglieder, nicht aber sog. Zweiterwerber zu laden (s. Rz. 129 ff.).4

459

Bei einem Eigentümerwechsel ist bis zur Eigentumsumschreibung im Grundbuch grundsätzlich der Veräußerer zu laden, da die Rechte aus dem Wohnungseigentum bis zu diesem Zeitpunkt allein dem Veräußerer zustehen.5 Unerheblich ist, ob zugunsten des Erwerbers eine Auflassungsvormerkung eingetragen und nach dem Erwerbsvertrag die Lasten, Kosten und Nutzungen auf den Erwerber übergegangen sind. Zur Ermächtigung des Erwerbers durch den Veräußerer zur Stimmrechtsausübung s. Rz. 516. Beim Eigentumserwerb im Wege der Zwangsversteigerung geht Wohnungseigentum bereits mit dem Zuschlag auf den Ersteher über (§ 90 Abs. 1 ZVG), so dass dieser auch ohne Eintragung im Grundbuch zu laden ist.6 Ist der wahre Eigentümer unbekannt, empfiehlt es sich, den im Grundbuch eingetragenen Scheineigentümer zu laden, da die Grundbucheintragung die widerlegliche Vermutung begründet, dass ihm das Wohnungseigentum zusteht (§ 891 Abs. 1 BGB). 1 Vgl. Palandt/Ellenberger, § 126b BGB, Rz. 5. 2 BayObLG, Beschl. v. 10.4.2002 – 2Z BR 97/01, NZM 2002, 616. 3 KG, Beschl. v. 27.3.1996 – 24 W 5414/95, NJW-RR 1996, 844; OLG Köln, Beschl. v. 16.12.1987 – 16 Wx 92/87, WE 1989, 30. 4 KG, Beschl. v. 8.1.1997 – 24 W 5678/96, FGPrax 1997, 92. 5 Vgl. BGH, Beschl. v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087 (1088). 6 Vgl. BGH, Beschl. v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = NJW 1999, 3713 (3714).

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II. Einberufung der Versammlung

Auch Dritte kommen als Ladungsempfänger in Betracht, sofern sie kraft Gesetzes berechtigt sind, Mitverwaltungsrechte aus dem Wohnungseigentum (Teilnahmerecht, Stimmrecht, Beschlussanfechtungsrecht) im Verhältnis zu den Wohnungseigentümern auszuüben. Ist etwa über das Vermögen eines Wohnungseigentümers ein Insolvenzverfahren eröffnet oder steht das Wohnungseigentum unter Zwangsverwaltung, so muss der Insolvenzverwalter bzw. der Zwangsverwalter zur Versammlung geladen werden.1 Sofern – wie im Fall der Insolvenz (vgl. § 80 Abs. 1 InsO) – sämtliche Verwaltungsbefugnisse kraft Gesetzes auf den Dritten übergehen, ist allein der Dritte zur Versammlung zu laden.2

460

Ist Wohnungseigentum mit Rechten Dritter belastet, etwa mit einem Grundpfandrecht oder Nießbrauch, sind die Drittberechtigten nicht zur Versammlung zu laden. Nach der Rechtsprechung des BGH ist nur der jeweilige Wohnungseigentümer stimmberechtigt (s. Rz. 315 f.).3 Nur dieser ist zu laden.

461

c) Zugang der Ladung Die Ladung muss den genannten Ladungsempfängern zugehen (vgl. § 130 Abs. 1 BGB). Sie geht dem Empfänger zu, wenn sie in seinen Machtbereich gelangt und unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden kann.4 Beispiele: Die als Brief versandte Ladung geht dem Empfänger zu, sobald der Brief in den Briefkasten des Empfängers gelangt und nach der Verkehrsanschauung mit der Entnahme zu rechnen ist. – Nach allgemeinen Grundsätzen ist Zugang hingegen nicht bewirkt, wenn ein Einschreibebrief nicht zugestellt werden kann. Der Einwurf eines Benachrichtigungsscheins in den Briefkasten des Empfängers genügt grundsätzlich nicht.5 – Eine per Fax oder E-Mail übermittelte Ladung geht dem Empfänger regelmäßig nur zu, wenn er sich mit dieser Form der Übermittlung, etwa durch Angabe seiner Faxnummer oder E-Mail-Adresse, einverstanden erklärt hat.

Ein nicht erfolgter Zugang beim Ladungsempfänger ist unerheblich, wenn in der Gemeinschaftsordnung eine Zugangsfiktion vereinbart ist.

1 KG, Beschl. v. 24.10.1988 – 24 W 896/88, WE 1989, 28: Konkursverwalter; KG, Beschl. v. 27.8.1986 – 24 W 5931/85, MDR 1987, 143 = NJW-RR 1987, 77; OLG Hamm, Beschl. v. 23.1.1987 – 15 W 429+434/86, DWE 1987, 54: Zwangsverwalter. 2 AG Essen, Beschl. v. 14.7.1995 – 95 II 5/95 WEG, NJW-RR 1996, 79: Testamentsvollstrecker; so auch OLG Hamm, Beschl. v. 23.1.1987 – 15 W 429+434/86, DWE 1987, 54 (55); Beschl. v. 3.5.1990 – 15 W 8/90, WuM 1991, 218 (220) für die Zwangsverwaltung; a.A. KG, Beschl. v. 27.8.1986 – 24 W 5931/85, MDR 1987, 143 = NJW-RR 1987, 77. 3 BGH, Beschl. v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, MDR 2002, 1003 = ZWE 2002, 260 (261). 4 Palandt/Ellenberger, § 130 BGB Rz. 5 m.w.N. 5 Vgl. BGH, Urt. v. 26.11.1997 – VIII ZR 22/97, BGHZ 137, 205 (208) = MDR 1998, 337.

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462

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer Beispiel: In der Gemeinschaftsordnung ist vereinbart, dass die Ladung mit der Absendung an die zuletzt genannte Adresse des Empfängers als zugegangen gilt.

463

Die Nichtladung einzelner Wohnungseigentümer oder sonstiger einzuladender Personen hat nach der Rechtsprechung regelmäßig nur zur Folge, dass die in der Versammlung gefassten Beschlüsse angefochten werden können.1 Allerdings scheidet eine Ungültigerklärung im fristgebundenen Beschlussmängelverfahren aus, wenn feststeht, dass die Beschlüsse auch bei ordnungsgemäßer Ladung in gleicher Weise gefasst worden wären (s. Rz. 183). Ausgeschlossen ist etwa eine Ungültigerklärung, wenn trotz des Ladungsmangels alle Wohnungseigentümer in der Versammlung anwesend sind und sich widerspruchslos an der Beratung und Abstimmung beteiligen (sog. Vollversammlung). Ein nicht zur Versammlung geladener Wohnungseigentümer kann sich nach Treu und Glauben auch dann nicht auf die Fehlerhaftigkeit der ohne seine Mitwirkung gefassten Versammlungsbeschlüsse berufen, wenn er es versäumt, rechtzeitig eine ladungsfähige Anschrift anzugeben.2

464

Ausnahmsweise sind die in einer Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse nichtig, wenn ein Eigentümer bewusst nicht geladen oder in anderer Weise bewusst von der Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen wurde.3 Nach Auffassung des OLG Köln soll eine Ausnahme von der Nichtigkeit vorliegen, wenn der betroffene Wohnungseigentümer in der Versammlung vom Stimmrecht ausgeschlossen war.4 d) Einberufungsfrist

465

Damit sich jeder Wohnungseigentümer hinreichend auf die Versammlung vorbereiten kann, soll die Frist zur Einberufung mindestens zwei Wochen betragen (§ 24 Abs. 4 Satz 2 WEG). Maßgeblich für den Beginn der Einberufungsfrist ist der Zeitpunkt, in dem die Einladung dem Adressaten zugeht. Eine Ladung gilt erst dann als zugegangen, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme durch den Empfänger gerechnet werden kann.5 Wird die Frist nicht eingehalten, so rechtfertigt dieser Mangel allein nicht die Ungültigerklärung der in der Versammlung gefassten Beschlüsse. Bei 1 BGH, Urt. v. 20.7.2012 – V ZR 235/11, MietRB 2012, 296 = MDR 2012, 1275; BGH, Beschl. v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = NJW 1999, 3713 (3714). 2 Vgl. Palandt/Bassenge, § 24 WEG, Rz. 5. 3 BGH, Urt. v. 20.7.2012 – V ZR 235/11, MietRB 2012, 296 = MDR 2012, 1275; BayObLG, Beschl. v. 8.12.2004 – 2Z BR 199/04, MietRB 2005, 154 = NZM 2005, 630 zur Nichtmitteilung des Versammlungsortes; OLG Köln, Beschl. v. 3.12.2003 – 16 Wx 216/03, ZMR 2004, 299 zur Nichterreichbarkeit des Versammlungsortes durch Rollstuhlfahrer; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 21.11.2002 – 3 W 179/02, ZMR 2004, 60. 4 OLG Köln, Beschl. v. 3.12.2003 – 16 Wx 216/03, ZMR 2004, 299. 5 Jennißen/Elzer, § 24 WEG, Rz. 92.

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II. Einberufung der Versammlung

§ 24 Abs. 4 Satz 2 WEG handelt es sich lediglich um eine Sollvorschrift1, da anders als bei der unterbliebenen Ladung grundsätzlich die Möglichkeit der Teilnahme an der Versammlung besteht. Die Frist von zwei Wochen gilt nicht, wenn ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt oder eine andere Frist vereinbart ist. Beispiel: Sofern dringende Maßnahmen zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich sind, kann der Verwalter die Versammlung kurzfristig, ohne Einhaltung der Zwei-Wochenfrist einberufen. Die Einhaltung der Zwei-Wochenfrist würde hier dazu führen, dass die Entscheidung der Wohnungseigentümer zu spät käme.

e) Ort und Zeit der Versammlung Die Ladung hat Ort und Zeit der Versammlung zu bezeichnen. Über Ort und Zeit entscheidet die zur Einberufung zuständige Person nach pflichtgemäßem Ermessen.2 Der ausgewählte Versammlungsort muss verkehrsüblich zu erreichen sein und darf die Teilnahme an der gemeinschaftlichen Willensbildung nicht unzumutbar erschweren.3 Regelmäßig hat die Versammlung am Ort der Wohnanlage oder im näheren Umkreis stattzufinden. Dies gilt auch dann, wenn die Mehrheit der Eigentümer außerhalb des Ortes der Anlage wohnhaft ist.4 Der Versammlungsort muss so beschaffen sein, dass die Nichtöffentlichkeit der Versammlung gewahrt ist und akustische Beeinträchtigungen ausgeschlossen sind.5

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Beispiel: Die Vertraulichkeit der Beratung und der freie Gedankenaustausch sind nicht gewährleistet in einem nicht abgetrennten, öffentlich zugänglichen Raum einer Gaststätte. Die in einer solchen Versammlung gefassten Beschlüsse sind grundsätzlich anfechtbar, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Öffentlichkeit der Versammlung auf die Beschlussfassung ausgewirkt hat.6

Die Zeit der Versammlung muss verkehrsüblich und für alle Wohnungseigentümer zumutbar sein. Sie soll so gewählt sein, dass möglichst viele Wohnungseigentümer an der Versammlung teilnehmen können. In Gemeinschaften mit berufstätigen Wohnungseigentümern darf eine Versammlung an Werktagen im Regelfall7 nicht vor 17. Uhr beginnen.8 Eine Versammlung kann auch an Sonn- und Feiertagen stattfinden, wenn es 1 2 3 4 5

BGH, Beschl. v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, MDR 2002, 1003 = ZWE 2002, 260 (264). OLG Hamburg, Beschl. v. 9.6.2004 – 2 Wx 14/04, ZMR 2004, 771. BGH, Beschl. v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, MDR 2002, 1003 = ZWE 2002, 260 (264). OLG Köln, Beschl. v. 6.1.2006 – 16 Wx 188/05, MDR 2006, 866 = ZMR 2006, 384. KG, Beschl. v. 30.4.1997 – 24 W 5809/96, KGReport Berlin 1997, 145; OLG Frankfurt/M, Beschl. v. 7.4.1995 – 20 W 16/95, NJW 1995, 3395. 6 So OLG Frankfurt/M, Beschl. v. 7.4.1995 – 20 W 16/95, NJW 1995, 3395. 7 Zu einer Ausnahme bei einer Großanlage mit überwiegend auswärtigen Kapitalanlegern s. OLG Köln, Beschl. v. 13.9.2004 – 16 Wx 168/04, MietRB 2005, 40 = ZMR 2005, 77. 8 Vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.3.1993 – 3 Wx 512/92, OLG Düsseldorf v. 1.3. 1993 – 2 Wx 512/92, WuM 1993, 305.

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467

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

dem einzelnen Wohnungseigentümer möglich bleibt, sein Recht auf Religionsausübung wahrzunehmen.1 f) Bezeichnung der Beschlussgegenstände 468

Bei der Einberufung der Versammlung sind ferner die Beschlussgegenstände in einer Tagesordnung zu bezeichnen (§ 23 Abs. 2 WEG). Die Tagesordnung soll den Wohnungseigentümer über die Beschlussgegenstände der Versammlung informieren, damit dieser sich entsprechend vorbereiten und entscheiden kann, ob er überhaupt an der Versammlung teilnehmen will oder ggf. eine Vollmacht erteilt.2 Die Tagesordnungspunkte und die vorgesehenen Beschlüsse sind so genau zu bezeichnen, dass die Wohnungseigentümer verstehen und überblicken können, was in tatsächlicher Hinsicht erörtert und beschlossen werden soll und welche Auswirkungen der vorgesehene Beschluss insoweit auf die Gemeinschaft und sie selbst hat3. Wie genau die einzelnen Beschlussgegenstände zu bezeichnen sind, richtet sich somit in erster Linie nach dem Informationsbedürfnis der Wohnungseigentümer. Der Beschlussgegenstand ist umso genauer zu bezeichnen, je größer seine Bedeutung und je geringer der Wissensstand des einzelnen Wohnungseigentümers ist.4 Regelmäßig ist aber eine schlagwortartige Bezeichnung ausreichend.5 Im Einzelfall kann es darüber hinaus erforderlich sein, den Wohnungseigentümern zusätzlich eine Unterlage zur Verfügung zu stellen, um ihnen eine inhaltliche Befassung mit dem Beschlussgegenstand zu ermöglichen (z.B. den Entwurf eines Wirtschaftsplans oder einer Jahresabrechnung).6 Beispiele: Die Bezeichnung „Wahl eines Verwalters“ genügt, um über die Bestellung des Verwalters und über den Abschluss eines Verwaltervertrages zu beschließen.7 Ebenso deckt die Bezeichnung „außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrages“ den Beschluss über die Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund. Unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ dürfen allerdings nur Beschlüsse von untergeordneter Bedeutung gefasst werden, mit denen jedermann rechnen muss.

468a

Ohne hinreichende Bezeichnung des Beschlussgegenstandes in der Tagesordnung sind Versammlungsbeschlüsse regelmäßig auf fristgerechte Anfechtung gem. §§ 23 Abs. 4 Satz 2, 46 Abs. 1 WEG für ungültig zu erklären. Nach § 23 Abs. 2 WEG ist die Bezeichnung des Beschlussgegenstandes bei der Einberufung „zur Gültigkeit eines Beschlusses erforderlich“. 1 Vgl. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 24 WEG, Rz. 29. 2 BayObLG, Beschl. v. 23.12.2002 – 2Z BR 89/02, WuM 2003, 169 (170). 3 BGH, Urt. v. 13.1.2012 – V ZR 129/11, MietRB 2012, 109 = NJW-RR 2012, 343 (344). 4 OLG München, Beschl. v. 14.9.2006 – 34 Wx 49/06, ZMR 2006, 954. 5 BGH, Urt. v. 13.1.2012 – V ZR 129/11, MietRB 2012, 109 = NJW-RR 2012, 343 (344). 6 BGH, Urt. v. 13.1.2012 – V ZR 129/11, NZM 2012, 275 (276). 7 BayObLG, Beschl. v. 21.4.1998 – 2 Z BR 36/98 und 43/98, NZM 1998, 668.

200

II. Einberufung der Versammlung

Es handelt sich nicht um eine echte „Gültigkeitsvoraussetzung“, die eine gerichtliche Ungültigerklärung nach § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG entbehrlich macht. Der Beschluss muss also angefochten werden. Eine Ungültigerklärung kommt ausnahmsweise nicht in Betracht, wenn feststeht, dass der Beschluss auch bei ordnungsgemäßer Bezeichnung des Beschlussgegenstandes gefasst worden wäre (s. Rz. 183). Insbesondere scheidet eine Ungültigerklärung aus, wenn alle Wohnungseigentümer in der Versammlung anwesend sind und Beschlüsse in Kenntnis der fehlenden Bezeichnung der Tagesordnung fassen, ohne den Einberufungsmangel zu rügen.1

469

Die Bezeichnung und Auswahl der Tagesordnungspunkte obliegt grundsätzlich der zur Einberufung zuständigen Person (s. Rz. 446 ff.). Ein einzelner Wohnungseigentümer kann die Aufnahme bestimmter Beschlussgegenstände in die Tagesordnung verlangen, wenn dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (§ 21 Abs. 4 WEG).2 Weigert sich in diesem Fall die zur Einberufung befugte Person, den Tagesordnungspunkt aufzunehmen, kann der betreffende Wohnungseigentümer dies im Verfahren nach § 43 Nr. 1 bzw. Nr. 3 WEG durchsetzen. Die pflichtwidrige Weigerung kann zudem eine Schadensersatzpflicht zur Folge haben.

470

In der Praxis kommt es häufig vor, dass Wohnungseigentümer in der Versammlung spontan über einen nicht bei der Einberufung bezeichneten Beschlussgegenstand entscheiden wollen. Als Versammlungsvorsitzender hat der Verwalter die Wohnungseigentümer in diesem Fall darauf hinzuweisen, dass ein Beschluss möglicherweise mangels Bezeichnung des Beschlussgegenstandes in der Tagesordnung angefochten werden kann. Der Verwalter ist jedoch nicht berechtigt, die Beschlussfassung über den Gegenstand zurückzuweisen.

471

3. Einberufung einer Wiederholungsversammlung Die Einberufung einer Wiederholungsversammlung ist erforderlich, wenn eine erste Versammlung nicht beschlussfähig ist (§ 25 Abs. 4 WEG; zur Beschlussfähigkeit s. sogleich Rz. 478 ff.). Bei der Einberufung muss darauf hingewiesen werden, dass die Wiederholungsversammlung unabhängig von der Höhe der vertretenen Anteile beschlussfähig ist (§ 25 Abs. 4 Satz 2, Halbs. 2 WEG). In der Praxis häufig anzutreffen ist der Fall, dass mit der Einberufung der Erstversammlung für den Fall der Beschlussunfähigkeit dieser Versammlung bereits zur Wiederholungsversammlung mit denselben Beschlussgegenständen einberufen wird, die ohne Rücksicht

1 KG, Beschl. v. 1.3.1974 – 1 W 858/73, OLGZ 1974, 399 (401); OLG Hamm, Beschl. v. 7.6.1979 – 15 W 56/79, OLGZ 1979, 296 (300); BayObLG, Beschl. v. 9.7.1987 – 2Z BR 70/87, WE 1988, 67. 2 Vgl. BayObLG, Beschl. v. 18.11.1991 – 2Z 147/91, WE 1992, 234 (235); OLG Saarbrücken, Beschl. v. 24.3.2004 – 5 W 268/03-63, ZMR 2004, 533.

201

472

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

auf die in der Versammlung vertretenen Anteile beschlussfähig ist (sog. Eventualeinberufung). Häufig soll die Wiederholungsversammlung noch am selben Tag wie die Erstversammlung stattfinden. Beispiel: Eine Ladung zur Versammlung enthält den Hinweis, dass für den Fall der fehlenden Beschlussfähigkeit eine halbe Stunde später eine weitere Versammlung mit gleicher Tagesordnung einberufen wird, die ohne Rücksicht auf die Anzahl der anwesenden oder vertretenen Wohnungseigentümer beschlussfähig sein soll.1

473

Die gesetzliche Regelung in § 25 Abs. 4 Satz 1 WEG bestimmt, dass der Verwalter eine neue Versammlung mit dem gleichen Gegenstand einberuft, wenn die erste Versammlung nicht beschlussfähig ist. Eine Wiederholungsversammlung darf daher erst einberufen werden, nachdem die Beschlussunfähigkeit der ersten Versammlung festgestellt ist.2 Um den in der ersten Versammlung nicht anwesenden Wohnungseigentümern die Teilnahme an der Wiederholungsversammlung zu ermöglichen, müssen für die Einberufung einer Wiederholungsversammlung die regulären Einberufungsmodalitäten beachtet werden. Es ist daher unzulässig, ohne Einhaltung dieser Modalitäten für den Fall der fehlenden Beschlussfähigkeit der Erstversammlung sogleich eine Wiederholungsversammlung einzuberufen. Ein Verstoß dagegen führt grundsätzlich zur Anfechtbarkeit der in der Wiederholungsversammlung gefassten Beschlüsse3, wenn sich der Mangel auf das Beschlussergebnis auswirkt. Durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer § 25 Abs. 4 WEG abbedingen und die Zulässigkeit einer Eventualeinberufung anordnen. Ein entsprechender Mehrheitsbeschluss wäre jedoch mangels gesetzlicher Beschlusskompetenz nichtig (s. Rz. 159).4 Übersicht 15: Einberufung der Versammlung gesetzliche Anforderungen5

474 Einberufungsbefugnis

Fehlerfolgen

– Verwalter (§ 24 Abs. 1) – Einberufung durch unzuständige Person hat An– Vorsitzender des Verwalfechtbarkeit der Beschlüsse tungsbeirats oder Vertreter zur Folge, wenn sich Fehler bei Fehlen oder pflichtwidauf Beschlussergebnis ausriger Weigerung des Verwirkt walters (§ 24 Abs. 3) – gerichtlich ermächtigter Wohnungseigentümer

1 OLG Köln, Beschl. v. 23.8.1989 – 16 Wx 79/89, NJW-RR 1990, 26. 2 OLG Köln, Beschl. v. 30.12.1998 – 16 Wx 187/98, MDR 1999, 799; Niedenführ/ Kümmel/Vandenhouten, § 25 WEG, Rz. 23. 3 BayObLG, Beschl. v. 11.10.1989 – 2 Z BR 65/89, WE 1991, 49; OLG Köln, Beschl. v. 23.8.1989 – 16 Wx 79/89, NJW-RR 1990, 26. 4 Palandt/Bassenge, § 25 WEG, Rz. 11; Wenzel, ZWE 2001, 226 (236); a.A. noch KG, Beschl. v. 17.5.2000 – 24 W 3651/99, NZM 2001, 105. 5 Abweichende Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung ist möglich.

202

III. Durchführung der Versammlung gesetzliche Anforderungen1

Fehlerfolgen

Turnus

– mindestens einmal im Jahr – Schadensersatzpflicht des (§ 24 Abs. 1) Verwalters bei pflichtwidriger Weigerung (§ 280 – schriftliches, begründetes Abs. 1 BGB) Einberufungsverlangen von mehr als 1/4 der Wohnungseigentümer (§ 24 Abs. 2)

Modalitäten

– Einberufungsmangel hat – Textform (§ 24 Abs. 4 grds. Anfechtbarkeit der Satz 1) Beschlüsse zur Folge, wenn – Zugang beim Ladungsempsich Fehler auf Beschlussfänger ergebnis auswirkt – Einberufungsfrist mindes– Schadensersatzpflicht des tens zwei Wochen, AusVerwalters bei schuldhafter nahme: besondere DringPflichtverletzung (§ 280 lichkeit (§ 24 Abs. 4 Satz 2) Abs. 1 BGB) – Ort und Zeit der Versammlung – Tagesordnung: Bezeichnung der Beschlussgegenstände (§ 23 Abs. 2)

Wiederholungsversammlung

– Erstversammlung ist nicht – Verstoß (z.B. Eventualeinberufung) hat Anfechtbarbeschlussfähig keit der Beschlüsse zur Fol– Einberufungsmodalitäten ge, wenn sich Fehler auf sind zu beachten Beschlussergebnis auswirkt – Hinweis auf Beschluss– Schadensersatzpflicht des fähigkeit der WiederVerwalters bei schuldhafter holungsversammlung (§ 25 Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 4) Abs. 1 BGB)

III. Durchführung der Versammlung 1. Versammlungsvorsitz Den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung führt grundsätzlich der Verwalter, sofern die Wohnungseigentümer nichts anderes beschließen (§ 24 Abs. 5 WEG). Bestimmen sie eine andere Person, so ist diese nur verpflichtet, den Vorsitz zu führen, wenn sie die Wahl zum Versammlungsvorsitzenden annimmt.

475

Sofern der Vorsitz einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft als Verwalter zusteht, können die Aufgaben des Versammlungsvorsitzenden nur von einem organschaftlichen Vertreter oder bevollmächtigten Mitarbeiter ausgeübt werden.2 Grundsätzlich können alle beim Verwalter beschäftigten und geeigneten Mitarbeiter zur Wahr-

476

1 Abweichende Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung ist möglich. 2 OLG Schleswig, Beschl. v. 4.12.1996 – 2 W 85/96, MDR 1997, 821 m. Anm. Riecke = DWE 1997, 160.

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§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

nehmung der Aufgaben bestimmt werden.1 Ist jedoch eine natürliche Person zum Verwalter bestellt, so hat diese die Aufgaben im Zweifel persönlich wahrzunehmen (§§ 664 Abs. 1 Satz 1, 613 S. 1 BGB).2 Kraft seines Amtes hat der Versammlungsvorsitzende für die ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung zu sorgen. Seine Aufgabe ist es, eine sachgerechte Behandlung der Tagesordnung und eine ungestörte Willensbildung der Wohnungseigentümer sicherzustellen. Im Wesentlichen umfasst dies folgende Aufgaben und Befugnisse: – Feststellung der Beschlussfähigkeit (s. Rz. 478); – Aufruf der Tagesordnungspunkte; Ordnungsmaßnahmen (s. Rz. 483 ff.); – Entgegennahme von Beschlussanträgen (s. Rz. 496); – Leitung der Abstimmung über Beschlussanträge (s. Rz. 497 ff.); – Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses (s. Rz. 503); – Anfertigung und Unterzeichnung der Versammlungsniederschrift (s. Rz. 538 ff.). 477

Die Leitung durch einen Vorsitzenden ist keine notwendige Voraussetzung einer Versammlung, so dass diese auch ohne Vorsitzenden Beschlüsse fassen kann. In seinem Amt ist der Vorsitzende lediglich Funktionsgehilfe der Wohnungseigentümer. Die Wohnungseigentümer können dem Vorsitzenden durch Beschluss in der Versammlung seine Aufgaben und Befugnisse entziehen.

2. Beschlussfähigkeit 478

Der Versammlungsvorsitzende hat zunächst die Beschlussfähigkeit der Versammlung festzustellen. Sofern die Wohnungseigentümer nichts Abweichendes vereinbart haben3, ist die Versammlung gem. § 25 Abs. 3 WEG nur beschlussfähig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile vertreten. Als erschienen gelten auch stimmberechtigte Wohnungseigentümer, die in der Versammlung ordnungsgemäß vertreten sind.4 Für die Beschlussfähigkeit bleiben die Anteile der nicht stimmberechtigten Wohnungseigentümer unberücksichtigt.5 Beispiel: Eine Gemeinschaft besteht aus sechs Wohnungseigentümern, denen jeweils ein gleich großer Miteigentumsanteil zusteht. Zur Versammlung sind jedoch nur vier Wohnungseigentümer erschienen. Diese Versammlung kann nicht rechtmäßig darüber beschließen, einen der erschienenen Wohnungseigentümer mit der Durchfüh1 OLG München, Beschl. v. 7.6.2005 – 32 Wx 32/05, ZMR 2005, 728. 2 Jennißen/Elzer, § 24 WEG, Rz. 96 f. 3 Vgl. KG, Beschl. v. 10.11.1993 – 24 W 6075/92, 24 W 6297/92, MDR 1994, 274 = KGReport Berlin 1994, 16. 4 BayObLG, Beschl. v. 27.10.1993 – 2Z BR 17/93, WuM 1994, 105 (106). 5 Vgl. KG, Beschl. v. 10.11.1993 – 24 W 6075/92, 24 W 6297/92, MDR 1994, 274 = KGReport Berlin 1994, 16.

204

III. Durchführung der Versammlung rung von Instandsetzungsarbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum zu beauftragen. Hierzu fehlt die Beschlussfähigkeit, denn nur die Hälfte der erschienenen Wohnungseigentümer ist stimmberechtigt. Der betroffene Wohnungseigentümer ist vom Stimmrecht ausgeschlossen, da die Beschlussfassung den Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit ihm betrifft (vgl. § 25 Abs. 5 WEG).

Einer Zweitversammlung bedarf es nach h.M. ausnahmsweise nicht, wenn mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile vom Stimmrecht ausgeschlossen sind.1 Die Stimmberechtigung der anwesenden oder vertretenen Wohnungseigentümer hängt von dem jeweiligen Beschlussgegenstand ab. Daher ist auch die Beschlussfähigkeit der Versammlung für jeden einzelnen Beschlussgegenstand getrennt zu beurteilen. Der Vorsitzende hat sich vor jeder Abstimmung von der Beschlussfähigkeit der Versammlung zu überzeugen.2

479

Beispiel: In dem vorgenannten Beispiel könnten die vier erschienenen Wohnungseigentümer rechtmäßig über die Durchführung einer Instandsetzungsmaßnahme beschließen. Beschließen die Wohnungseigentümer darüber hinaus über die Frage, wer mit der Durchführung der Maßnahme beauftragt werden soll, ist hinsichtlich der Beschlussfähigkeit zu differenzieren: Soll ein Dritter mit der Durchführung beauftragt werden, ist die Versammlung beschlussfähig. Soll die Maßnahme hingegen von einem erschienenen Wohnungseigentümer ausgeführt werden, fehlt die Beschlussfähigkeit aus den oben genannten Gründen.

Ist die Versammlung insgesamt oder hinsichtlich einzelner Beschlussgegenstände nicht beschlussfähig, so beruft der Verwalter gem. § 25 Abs. 4 WEG eine neue Versammlung mit dem gleichen Gegenstand ein (s. Rz. 472). Die Einberufung kann etwa durch Aufnahme in das Protokoll der beschlussunfähigen Erstversammlung erfolgen, wenn dieses allen Wohnungseigentümern zugesandt wird.

480

Bei der Einberufung ist darauf hinzuweisen, dass die Wiederholungsversammlung ohne Rücksicht auf die vertretenen Anteile beschlussfähig ist. Wegen fehlender Beschlussfähigkeit der Versammlung können Beschlüsse gem. § 46 Abs. 1 WEG innerhalb eines Monats angefochten werden.

481

Da § 25 Abs. 3 WEG abdingbar ist, können die Wohnungseigentümer auch vereinbaren, dass eine Versammlung generell ohne Rücksicht auf die Anzahl der anwesenden oder vertretenen Wohnungseigentümer oder Miteigentumsanteile beschlussfähig sein soll.3

482

3. Geschäftsordnung Die Wohnungseigentümer können den ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung durch Beschluss regeln (sog. Geschäftsordnung). Beschlüsse zur 1 KG, Beschl. v. 25.8.2003 – 24 W 110/02, ZMR 2004, 144 m.w.N.; a.A. Niedenführ/ Kümmel/Vandenhouten, § 25 WEG, Rz. 21; Häublein, NZM 2004, 534. 2 A.A. BayObLG, Beschl. v. 10.5.1989 – 2 Z BR 23/88, WE 1990, 140 (141 f.). 3 OLG München, Beschl. v. 1.12.2005 – 32 Wx 93/05, ZMR 2006, 232.

205

483

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

Geschäftsordnung, etwa über eine Änderung der Tagesordnung, können mit Stimmenmehrheit gefasst werden (zur Anfechtbarkeit von Geschäftsordnungsbeschlüssen s. Rz. 184). Als Funktionsgehilfe der Wohnungseigentümer ist der Vorsitzende an Geschäftsordnungsbeschlüsse gebunden. Um eine störungsfreie Willensbildung in der Versammlung zu gewährleisten, ist der Vorsitzende kraft seines Amtes berechtigt, Ordnungsmaßnahmen gegen störende Wohnungseigentümer zu verhängen (sog. Ordnungsrecht). Der Vorsitzende kann die Entscheidung über die Verhängung von Ordnungsmaßnahmen auch der Beschlussfassung der Versammlung überlassen.1 In Fragen der Geschäftsordnung hat die Versammlung stets die „Letztentscheidungskompetenz“. a) Einzelne Ordnungsmaßnahmen 484

Der Vorsitzende kann Ordnungsmaßnahmen zu dem Zweck der ordnungsmäßigen Durchführung der Versammlung vornehmen. Ihm steht dabei grundsätzlich ein weiter Ermessenspielraum zu. Da allerdings Ordnungsmaßnahmen die anwesenden Wohnungseigentümer in der Ausübung ihres Teilnahmerechts beschränken, muss der Vorsitzende stets den Gleichbehandlungsgrundsatz und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten.2

485

Je nach Art und Umfang der Tagesordnung kann eine Beschränkung der Redezeit erforderlich sein. In diesem Fall hat der Vorsitzende darauf zu achten, dass sich jeder Wohnungseigentümer in angemessener Weise Gehör verschaffen kann. Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung muss auch die Minderheit Gelegenheit haben, ihre abweichenden Ansichten in der Versammlung vorzubringen. Im Einzelfall kann auch eine spezielle Redezeitbeschränkung gegenüber einem einzelnen Teilnehmer in Betracht kommen, wenn dieser etwa durch weitschweifige Ausführungen den ordnungsgemäßen Versammlungsablauf stört.3 Überschreitet ein Redner seine Redezeit, so kann der Versammlungsvorsitzende ihm nach vorheriger Abmahnung das Wort entziehen.4 Gleiches gilt, wenn sich ein Redner beleidigend gegenüber anderen Versammlungsteilnehmern äußert.

486

Einzelne Wohnungseigentümer können auch gänzlich von der Versammlung ausgeschlossen werden. Da der Versammlungsausschluss den einzelnen Wohnungseigentümer vollständig von der weiteren Ausübung seines Teilnahmerechts ausschließt, ist diese Maßnahme als ultima ratio nur zulässig, wenn der ordnungsgemäße Ablauf der Versammlung erheblich gestört ist und sich die Störung nicht durch ein milderes Mittel beheben lässt.5 Beispiel: Ein Wohnungseigentümer stört den Versammlungsablauf durch Lärmen, beleidigende Zurufe und Obstruktionsreden. Erst wenn mündliche Ermahnungen ohne Er1 2 3 4 5

Becker, Versammlung, S. 80. Vgl. dazu Becker, Versammlung, S. 71 ff. Vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.4.1986 – 8 W 531/85, NJW-RR 1986, 1277. Merle in Bärmann, § 24 WEG, Rz. 116. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 28.8.2003 – 5 W 11/03, ZMR 2004, 67.

206

III. Durchführung der Versammlung folg bleiben, ist es gerechtfertigt, den störenden Wohnungseigentümer unter vorheriger Androhung von der Versammlung auszuschließen.

Ein rechtswidrig von der Versammlung ausgeschlossener Wohnungseigentümer kann die nach seinem Ausschluss gefassten Beschlüsse wegen Verletzung seines Teilnahmerechts gem. § 23 Abs. 4 WEG erfolgreich anfechten, sofern sich der Ausschluss auf das jeweilige Beschlussergebnis ausgewirkt hat (s. dazu Rz. 183).

487

b) Unterbrechung und Vertagung Bis zu ihrem Beginn kann eine anberaumte Wohnungseigentümerversammlung vom jeweilig Einladenden wieder abgesetzt werden.1 Nach Beginn der Versammlung ist der Vorsitzende dagegen nicht mehr berechtigt, die Versammlung zu vertagen, solange noch nicht alle Tagesordnungspunkte behandelt sind. Über die Vertagung und über die Absetzung einzelner Tagesordnungspunkte entscheidet nach ihrem Beginn allein die Versammlung der Wohnungseigentümer durch Beschluss. Eine Vertagung der Versammlung ist auch nicht vom Ordnungsrecht des Versammlungsvorsitzenden gedeckt. Ordnungsmaßnahmen des Versammlungsvorsitzenden sind nur zu dem Zweck zulässig, den ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung sicherzustellen. Dieser Zweck kann im Einzelfall die vorübergehende Unterbrechung der Versammlung rechtfertigen. Der Versammlungsleiter darf mit seinen Maßnahmen allerdings nur auf den äußeren Ablauf der Versammlung einwirken, nicht aber darüber hinaus eine Beschlussfassung der konkret einberufenen Versammlung verhindern.2

488

c) Ende der Versammlung Nachdem alle Tagesordnungspunkte behandelt sind, erklärt der Vorsitzende die Versammlung für beendet. Das Ende der Versammlung muss nicht ausdrücklich erklärt werden; es kann sich auch aus den Umständen ergeben. Die Versammlung ist etwa als beendet anzusehen, wenn der Vorsitzende nach Behandlung aller Tagesordnungspunkte den Versammlungsort verlässt. Nach dem Ende der Versammlung können die am Versammlungsort verbliebenen Wohnungseigentümer keine wirksamen Beschlüsse mehr fassen.3 Die Beendigung der Versammlung ist rechtsmissbräuchlich, wenn der Vorsitzende (häufig der Verwalter) die Versammlung nur deshalb abbricht, um für ihn nachteilige Beschlüsse zu verhindern (z.B. seine Abberufung). In diesem Fall können die Wohnungseigentümer einen neuen Vorsitzenden wählen und mit der Versammlung fortfahren.

1 BGH, Urt. v. 10.6.2011 – V ZR 222/10, MietRB 2011, 283 = ZWE 2011, 345 (355). 2 Vgl. KG, Beschl. v. 16.9.1988 – 24 W 3952/88, NJW-RR 1989, 16 (17). 3 BayObLG, Beschl. v. 30.7.1998 – 2 Z BR 54/98, WE 1999, 77 (78): Nichtigkeit; a.A. Merle in Bärmann, § 24 WEG, Rz. 115: Anfechtbarkeit.

207

489

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

4. Teilnahmeberechtigte Personen 490

An der Versammlung der Wohnungseigentümer dürfen grundsätzlich nur Wohnungseigentümer teilnehmen. Das Teilnahmerecht des Wohnungseigentümers umfasst das Recht auf Gehör im Rahmen einer der Beschlussfassung vorausgehenden Beratung (Rederecht) und das Recht, konkrete Anträge zur Beschlussfassung zu stellen (Beschlussantragsrecht). Mehrere Berechtigte eines Wohnungseigentums, etwa im Falle einer Bruchteilsoder Erbengemeinschaft, sind jeweils für sich teilnahmeberechtigt, obwohl sie das Stimmrecht gem. § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG nur gemeinschaftlich ausüben können.

491

Um den gemeinschaftsfremden Einfluss Dritter auf die gemeinschaftliche Willensbildung der Wohnungseigentümer auszuschließen, ist die Versammlung nicht öffentlich.1 Dritte dürfen daher grundsätzlich nicht an der Versammlung teilnehmen, sofern sie nicht von einem Wohnungseigentümer bevollmächtigt wurden oder gesetzlich ermächtigt sind, Rechte aus dem Wohnungseigentum an Stelle des im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümers auszuüben. Beispiele: Kraft Gesetzes teilnahmeberechtigt sind Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter, Zwangsverwalter und Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Wohnungseigentümers. – Ein zur Stimmrechtsausübung bevollmächtigter Vertreter eines Wohnungseigentümers darf an der Versammlung teilnehmen, sofern die Vertretung nicht durch eine Vertretungsbeschränkung in der Gemeinschaftsordnung eingeschränkt ist.2

492

Der einzelne Wohnungseigentümer ist grundsätzlich nicht berechtigt, in Begleitung eines Beraters oder Beistands an der Versammlung teilzunehmen. Nur wenn das Interesse an einer sachkundigen Beratung, etwa durch einen Rechtsanwalt, im Einzelfall ausnahmsweise gewichtiger ist als das Interesse der anderen Wohnungseigentümer, die Versammlung auf den Kreis der Wohnungseigentümer zu beschränken (z.B. hohes Lebensalter, besonderer Schwierigkeitsgrad der Angelegenheit), ist die Teilnahme eines Beraters zu dulden.3 Regelmäßig ist es dem Wohnungseigentümer zuzumuten, sich vor der Versammlung durch eine Person seines Vertrauens beraten zu lassen. Sofern sich auch nur ein Wohnungseigentümer oder dessen Vertreter gegen die Anwesenheit des Dritten ausspricht, muss der Vorsitzende den Dritten von der Versammlung ausschließen. Über die Anwesenheit des Dritten kann nicht durch Mehrheitsbeschluss entschie-

1 BGH, Beschl. v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1329 (1330). 2 BGH, Beschl. v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, MDR 1987, 485 = NJW 1987, 650 (651); Beschl. v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1329 (1330); zur sog. „Vertreterklausel“ s. Rz. 535. 3 BGH, Beschl. v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1329 (1330 f.).

208

III. Durchführung der Versammlung

den werden, da das Recht auf Nichtöffentlichkeit der Versammlung nicht zur Disposition der Eigentümermehrheit steht.1 Anders verhält es sich mit Rechtsanwälten und Sachverständigen, die zur Beratung aller Wohnungseigentümer an der Versammlung teilnehmen.2 Über deren Anwesenheit entscheiden die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit. Der Berater darf jedoch nur so lange an der Versammlung teilnehmen, wie dies für die Erfüllung seines Auftrags erforderlich ist. Bei der Behandlung anderer Tagesordnungspunkte hat er kein Anwesenheitsrecht.

493

Übersicht 16: Durchführung der Versammlung

494

gesetzliche Anforderungen

3

Fehlerfolgen

Vorsitz

– Verwalter (§ 24 Abs. 5) – andere Person durch Geschäftsordnungsbeschluss

– fehlerhafter Geschäftsordnungsbeschluss unanfechtbar

Beschlussfähigkeit

– mehr als 1/ 2 der Miteigentumsanteile erschienen (§ 25 Abs. 3) – Anteile der nicht stimmberechtigten Wohnungseigentümer bleiben unberücksichtigt – für jeden Beschlussgegenstand zu prüfen

– Einberufung einer Wiederholungsversammlung bei fehlender Beschlussfähigkeit (§ 25 Abs. 4) – Beschluss anfechtbar (§ 23 Abs. 4), wenn Beschlussfähigkeit fehlt

Beschlussantrag

– gerichtet auf bestimmte Rechtsfolge

– keine Wirkungen, allenfalls Probeabstimmung

Abstimmung

– Abstimmungsfragen des Vorsitzenden nach Ja- und Nein-Stimmen sowie Stimmenthaltungen – Vorsitzender oder Beschluss kann Abstimmungsverfahren festlegen (Handzeichen, Stimmkarten, sog. Subtraktionsverfahren) – Feststellung des Abstimmungsergebnisses: Ungültige Stimmen und Stimmenthaltungen bleiben unberücksichtigt

– Beschluss anfechtbar (§ 23 Abs. 4), wenn festgestellter Beschluss auf falscher Wertung von Einzelstimmen beruht

1 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 24 WEG, Rz. 53; Jenissen/Elzer, § 24 WEG, Rz. 66; a.A. Staudinger/Bub, § 24 WEG, Rz. 96. 2 Vgl. BayObLG, Beschl. v. 19.2.2004 – 2 Z BR 212/03, ZMR 2004, 603. 3 Abweichende Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung ist möglich.

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§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer gesetzliche Anforderungen1

Fehlerfolgen

Feststellung und Bekanntgabe des Beschlusses

– Feststellung des Vorsitzen- – Beschluss anfechtbar (§ 23 den, ob erforderliche MehrAbs. 4), wenn Feststellung heit erreicht ist (einfache und Bekanntgabe falsche oder qualifizierte Mehrheit, Mehrheitserfordernisse zuEinstimmigkeit) grunde liegen – Bekanntgabe des Be– Unwirksamkeit des Beschlussergebnisses schlusses bei fehlender Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses (gerichtliche Feststellung nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 möglich)

Ende der Versammlung

– nach Behandlung aller Tagesordnungspunkte

– Unwirksamkeit nach Versammlungsende gefasster Beschlüsse

IV. Beschlussfassung in der Versammlung 1. Zustandekommen eines Beschlusses 495

Im Anschluss an die Beratung einzelner Tagesordnungspunkte entscheiden die Wohnungseigentümer regelmäßig über die jeweilige Angelegenheit durch Beschluss. Der Beschluss ist ein Rechtsgeschäft eigener Art, das auf eine kollektive, rechtsverbindliche Willensbildung gerichtet ist. Er kommt durch Abstimmung über einen Beschlussantrag zustande. Siehe dazu auch Übersicht 17. a) Beschlussantrag

496

Der Beschlussantrag ist darauf gerichtet, eine bestimmte Rechtswirkung herbeizuführen. Er muss inhaltlich derart bestimmt sein, dass die gewollte Rechtswirkung durch bloße Zustimmung einer Mehrheit der Wohnungseigentümer eintreten kann. Der Beschlussantrag fixiert somit bereits den Inhalt des zu fassenden Beschlusses. Es ist Aufgabe des Versammlungsvorsitzenden, dafür zu sorgen, dass hinreichend bestimmte Beschlussanträge formuliert werden.

497

Im Einzelfall ist zu ermitteln, ob ein Beschlussantrag oder lediglich eine bloße „Beschlussanregung“ gewollt ist. Letztere ist noch nicht darauf gerichtet, eine bestimmte Rechtswirkung herbeizuführen. Sie enthält lediglich eine Aufforderung, konkrete Beschlussanträge zu stellen. Auch der Antrag auf eine Probeabstimmung ist nicht auf die Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge gerichtet. Vielmehr soll lediglich ein unverbindliches Meinungsbild festgestellt werden. 1 Abweichende Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung ist möglich.

210

IV. Beschlussfassung in der Versammlung

b) Abstimmung und Beschlussergebnis Der Versammlungsvorsitzende leitet die Abstimmung über den Beschlussantrag. Er muss feststellen, ob die erforderliche Mehrheit der stimmberechtigten Wohnungseigentümer für den Beschlussantrag stimmt. Hierzu hat der Vorsitzende zunächst durch entsprechende Abstimmungsfragen die Anzahl der gültigen Ja- und Nein-Stimmen zu ermitteln. Ein positives Abstimmungsergebnis liegt nur vor, wenn die gültigen Ja-Stimmen die gültigen Nein-Stimmen überwiegen. Unberücksichtigt bleiben ungültige Stimmen und Stimmenthaltungen, sofern nicht vereinbart ist, dass Enthaltungen als Nein-Stimmen zu werten sind.1

498

Beispiel: In einer Versammlung sind sechs Wohnungseigentümer anwesend. Es wird der Beschlussantrag gestellt, rückständige Beitragsforderungen gegen einen der anwesenden Wohnungseigentümer gerichtlich geltend zu machen. Drei Wohnungseigentümer stimmen für den Antrag, der betroffene Wohnungseigentümer stimmt dagegen, die übrigen Wohnungseigentümer enthalten sich der Stimme. Obwohl nur drei der sechs Wohnungseigentümer für den Beschlussantrag gestimmt haben, ist das Abstimmungsergebnis positiv. Die Nein-Stimme bleibt unberücksichtigt, da der betroffene Wohnungseigentümer einem Stimmverbot unterliegt (§ 25 Abs. 5 WEG). Ebenso sind die Stimmenthaltungen nicht zu berücksichtigen.

Die Wohnungseigentümer können das Abstimmungsverfahren durch Vereinbarung oder durch Geschäftsordnungsbeschluss näher regeln. Wenn nichts anderes geregelt ist, kann der Versammlungsvorsitzende das Abstimmungsverfahren, insbesondere die Reihenfolge der Abstimmungsfragen, bestimmen. Er hat die Abstimmung nach billigem Ermessen so durchzuführen, dass eine fehlerfreie Willensbildung gewährleistet ist. Im Einzelfall kann es etwa erforderlich werden, mit Stimmzetteln zu arbeiten und/oder geheim abzustimmen. Kann das Abstimmungsverhalten für spätere Schadensersatzansprüche relevant werden, ist namentliche Abstimmung erforderlich.

499

Der Versammlungsvorsitzende kann das Abstimmungsergebnis dadurch ermitteln, dass er bereits nach zwei von drei – auf Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung gerichteten – Abstimmungsfragen die Anzahl der noch nicht abgegebenen Stimmen als Ergebnis der dritten – nicht ausdrücklich gestellten – Abstimmungsfrage wertet (sog. Subtraktionsmethode). Damit das Abstimmungsergebnis hinreichend verlässlich ermittelt werden kann, sind allerdings organisatorische Maßnahmen erforderlich.2 In Betracht kommt insbesondere das Erstellen eines Teilnehmerverzeichnisses, in dem auch ein vorzeitiges Entfernen vermerkt wird.

500

Der Versammlungsvorsitzende hat das ermittelte Abstimmungsergebnis, d.h. das Verhältnis der gültigen Ja- und Nein-Stimmen, an den gesetzlichen oder vereinbarten Mehrheitserfordernissen zu messen, die für den jeweiligen Beschlussgegenstand gelten. Er muss beurteilen, ob der konkrete Be-

501

1 BGH, Beschl. v. 8.12.1988 – V ZB 3/88, NJW 1989, 1090. 2 BGH, Beschl. v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = ZfIR 2002, 914 (917).

211

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

schluss mit einfacher Mehrheit, mit qualifizierter Mehrheit oder nur einstimmig gefasst werden kann. Hierbei können sich schwierige Abgrenzungsfragen stellen. Um ein Haftungsrisiko wegen fehlerhafter Feststellung des Beschlussergebnisses zu vermeiden, sollte der Verwalter als Versammlungsvorsitzender bereits vor der Abstimmung auf bestehende Zweifel hinsichtlich der erforderlichen Stimmenmehrheit hinweisen. Beispiel: Wohnungseigentümer stimmen über eine Sanierung der Außenfassade ab. Hier hat der Versammlungsvorsitzende zu prüfen, ob es sich noch um eine Maßnahme der ordnungsmäßigen Instandhaltung oder Instandsetzung (einfache Stimmenmehrheit), der Modernisierung oder Anpassung an den Stand der Technik gem. § 22 Abs. 2 WEG (doppelt qualifizierte Mehrheit) oder um eine bauliche Veränderung gem. § 22 Abs. 1 WEG (Zustimmung aller Beeinträchtigten) handelt.

502

Ein positiver Beschluss kommt zustande, wenn die jeweils erforderliche Mehrheit für den Beschlussantrag stimmt. Findet der Beschlussantrag keine Mehrheit, so ist lediglich der Tatbestand eines negativen Beschlusses erfüllt. Obwohl die Ablehnung des Antrags die Rechtslage unverändert lässt, handelt es sich um einen kollektiven Willensakt mit Beschlussqualität.1 c) Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses

503

Nach Ansicht des BGH ist ein Versammlungsbeschluss nicht bereits mit der Abstimmung über den Beschlussantrag wirksam. Ein Beschluss komme erst wirksam zustande, wenn der Versammlungsvorsitzende das Beschlussergebnis, d.h. die Annahme oder Ablehnung des Beschlussantrags, in der Versammlung gegenüber den Wohnungseigentümern feststellt und bekannt gibt. Da die Rechtsfolgen fehlerhafter Beschlüsse gem. § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG grundsätzlich nur innerhalb eines Monats durch Beschlussanfechtung im gerichtlichen Beschlussmängelverfahren beseitigt werden könnten, soll bereits in der Versammlung Klarheit darüber bestehen, ob und mit welchem Inhalt ein Beschluss zustande gekommen ist.2

504

Zweifelhaft ist jedoch, ob sich das Erfordernis einer förmlichen Feststellung des Beschlussergebnisses aus dem Gesetz ergibt. Nach § 24 Abs. 6 WEG hat der Vorsitzende über die in der Versammlung „gefassten Beschlüsse“ eine Niederschrift aufzunehmen (s. dazu Rz. 538 ff.). Die Protokollierung in einer Niederschrift ist jedoch für die Wirksamkeit eines Be1 BGH, Urt. v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, NJW 2010, 2129 (2130); BGH, Beschl. v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339 (3343); a.A. noch BayObLG, Beschl. v. 4.11.1999 – 2 Z BR 141/99, ZMR 2000, 115 (116); OLG Hamm, Beschl. v. 12.12.1994 – 15 Wx 327/94, OLG Hamm v. 12.12.1994 – 15 W 327/94, NJW-RR 1995, 465; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.10.1999 – 3 Wx 259/99, ZMR 2000, 118 (119): Nichtbeschluss. 2 BGH, Beschl. v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339 (3341 f.); kritisch Suilmann, Beschlussmängelverfahren, S. 8 ff.; Becker/Gregor, ZWE 2001, ZWE 2001, 245 (247 f.).

212

IV. Beschlussfassung in der Versammlung

schlusses nicht erforderlich. Daher lässt sich § 24 Abs. 6 WEG auch nicht entnehmen, dass die förmliche Feststellung des Beschlussergebnisses in der Versammlung Wirksamkeitsvoraussetzung ist.1 Die Bekanntgabe des festgestellten Beschlussergebnisses in der Versammlung ist nach Ansicht des BGH Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Versammlungsbeschlusses. Unterbleibt die förmliche Feststellung des Beschlussergebnisses in der Versammlung, ist der Beschluss unwirksam, ohne dass es einer Ungültigerklärung nach § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG bedarf.

505

Beispiel: In dem oben genannten Beispiel (Rz. 498) ist sich der Versammlungsvorsitzende über die Gültigkeit der Stimmabgabe des Beitragsschuldners sowie über die Bewertung der Stimmenthaltungen im Unklaren. Er unterlässt es daher, das Beschlussergebnis in der Versammlung bekannt zu geben.

In diesem Fall kann jeder Wohnungseigentümer ohne Einhaltung einer Frist im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG die gerichtliche Feststellung des Beschlussergebnisses beantragen. Das Gericht entscheidet abschließend über die „Gültigkeit“ des Beschlusses, d.h. es hat alle Nichtigkeitsund Anfechtungsgründe zu berücksichtigen (s. Rz. 839). Der Antrag ist unbegründet, wenn Gründe vorliegen, die eine gerichtliche Ungültigerklärung rechtfertigen.2 Liegen derartige Gründe nicht vor, stellt das Gericht antragsgemäß das Beschlussergebnis fest. Mit der rechtskräftigen gerichtlichen Feststellung des Beschlussergebnisses wird der Beschluss gültig.3 Ein Antrag auf Ungültigerklärung des erstmals gerichtlich festgestellten Beschlusses wäre wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig.4

506

In der Praxis erklärt der Versammlungsvorsitzende bisweilen nicht ausdrücklich, ob der Beschluss seines Erachtens positiv oder negativ zustande gekommen sei. Er erklärt lediglich, dass die Mehrheit für oder gegen den Beschlussantrag gestimmt habe. Nach der Rechtsprechung könne gleichwohl von einer konkludenten Beschlussverkündung ausgegangen werden, wenn das Abstimmungsergebnis eindeutig sei, von keinem Beteiligten in Frage gestellt werde und die Versammlungsniederschrift das Beschlussergebnis wiedergebe.5

507

Von dem Fall der unterbliebenen Feststellung und Bekanntgabe ist die fehlerhafte Feststellung und Bekanntgabe eines Beschlussergebnisses zu unterscheiden. Die falsche Feststellung kann etwa darauf beruhen, dass der

508

1 So aber BGH, Beschl. v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339 (3341); kritisch Becker, ZWE 2002, 93 (94). 2 Becker, ZMR 2006, 489; Abramenko, ZMR 2004, 789. 3 BGH, Beschl. v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339 (3342). 4 OLG München, Beschl. v. 15.11.2006 – 34 Wx 97/06, ZMR 2007, 223; Becker, ZWE 2006, 157; Suilmann, ZWE 2003, 73 (75); Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 23 WEG, Rz. 56; Abramenko in Riecke/Schmid, § 43 WEG, Rz. 20; a.A. Jennißen/Elzer, vor §§ 23 bis 25 WEG, Rz. 67; Deckert, ZMR 2003, 153 (158); Müller, NZM 2003, 222 (225). 5 BayObLG, Beschl. v. 29.1.2004 – 2Z BR 153/03, ZMR 2004, 446.

213

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

Vorsitzende ungültige Stimmabgaben als gültig behandelt, Stimmenthaltungen fehlerhaft als Nein-Stimmen wertet oder ein qualifiziertes Mehrheitserfordernis bzw. ein Einstimmigkeitserfordernis verkennt. Beispiel: In dem oben genannten Beispiel (Rz. 498) verkennt der Versammlungsvorsitzende, dass der Beitragsschuldner einem Stimmverbot unterliegt und seine Nein-Stimme daher nicht zu berücksichtigen ist. Zudem wertet er die zwei Stimmenthaltungen als gültige Nein-Stimmen und gibt in der Versammlung bekannt, dass der Antrag, Beitragsforderungen geltend zu machen, mangels Stimmenmehrheit nicht angenommen sei (negatives Beschlussergebnis).

509

Der fehlerhaft festgestellte und bekannt gemachte Beschluss ist im Interesse der Rechtssicherheit vorläufig verbindlich, solange er nicht auf fristgerechten Antrag im gerichtlichen Beschlussmängelverfahren für ungültig erklärt wird (§ 23 Abs. 4 WEG, s. dazu Rz. 866 ff.).1 Um die Wirkungen einer fehlerhaften Ergebnisfeststellung zu beseitigen, ist also eine fristgerechte Beschlussanfechtung erforderlich. Wird der fehlerhaft festgestellte Beschluss nicht innerhalb eines Monats angefochten, erwächst er in Bestandskraft. Hat der Versammlungsvorsitzende an Stelle eines positiven Beschlussergebnisses fehlerhaft ein negatives Ergebnis festgestellt, ist die Anfechtung des negativen Beschlusses allein nicht ausreichend, um die Wirkungen eines positiven Beschlusses herbeizuführen. Hierzu ist der fristgebundene Antrag auf Ungültigerklärung des fehlerhaft festgestellten negativen Beschlusses mit dem Antrag auf Feststellung des positiven Beschlusses zu verbinden.2 Der in Wahrheit gefasste positive Beschluss wird erst gültig, wenn das Gericht auf Antrag die Gültigkeit eines positiven Beschlusses rechtskräftig feststellt. Zur fehlerhaften Bekanntgabe des Beschlussergebnisses s. auch Arbeitsbeispiel 8 (Rz. 544).

1 BGH, Beschl. v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339 (3341). 2 BGH, Beschl. v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = ZfIR 2002, 907 (909); OLG Hamm, Beschl. v. 7.6.1979 – 15 W 56/79, OLGZ 1979, 296 (298); Beschl. v. 28.12.1989 – 15 W 441/89, OLGZ 1990, 180 (183).

214

IV. Beschlussfassung in der Versammlung

Übersicht 17: Zustandekommen von Beschlüssen 510 Beschlussantrag gerichtet auf bestimmte Rechtsfolge (keine Probeabstimmung) gegenüber Vorsitzenden zu erklären

Feststellung des Beschlussergebnisses Feststellung der erforderlichen Mehrheit: – einfache Mehrheit – qualifizierte Mehrheit – Einstimmigkeit Folge: positives oder negatives Beschlussergebnis

Abstimmung Entscheidungsmöglichkeiten – Ja-Stimme – Nein-Stimme – Stimmenthaltung Feststellung des Abstimmungsergebnisses: Ungültige Stimmen und Stimmenthaltungen bleiben unberücksichtigt Ungültige Stimmen – Stimmverbot, Ruhen des Stimmrechts (§ 25 Abs. 5) – Rechtsmissbrauch – Geschäftsunfähigkeit – Anfechtung der Stimmabgabe (§§ 119, 123 BGB) – Vertreter ohne Vertretungsmacht Folge: positives oder negatives Abstimmungsergebnis

Bekanntgabe durch den Vorsitzenden Wirksamkeitsvoraussetzung nicht nachholbar durch Protokollierung des Beschlusses

Bekanntgabe fehlt Beschluss ist unwirksam gerichtliche Feststellung des Beschlussergebnisses – auf Antrag (§ 43 Nr. 4) – ohne Einhaltung einer Frist Folge rechtskräftiger gerichtlicher Feststellung: Beschluss ist wirksam

Bekanntgabe fehlerhaft bekannt gegebener Beschluss ist vorläufig verbindlich gerichtliche Ungültigerklärung – auf Antrag (§ 43 Nr. 4) – innerhalb eines Monats (§ 46 Abs. 1) bei Ungültigerklärung eines negativen Beschlusses: Antrag auf Feststellung eines positiven Beschlusses

215

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

2. Stimmabgabe 511

Als Rechtsgeschäft beruht der Beschluss auf einzelnen Stimmen, die in Bezug auf den Beschlussantrag abgegeben werden. Die einzelne Stimmabgabe ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die gegenüber den übrigen in der Versammlung anwesenden oder vertretenen Wohnungseigentümern abzugeben ist.1 Der Versammlungsvorsitzende gilt als ermächtigt, die abgegebenen Stimmen für die Wohnungseigentümer in Empfang zu nehmen. Als Willenserklärung muss die Stimmabgabe die Kundgabe eines Rechtsfolgewillens des Abstimmenden, die Zustimmung (Ja-Stimme), Ablehnung (Nein-Stimme) oder Stimmenthaltung erkennen lassen. Die Abstimmungsfrage des Abstimmungsleiters bestimmt, ob ein Erklärungsverhalten – regelmäßig ein Handzeichen – als Zustimmung, Ablehnung oder als Stimmenthaltung zu werten ist.

512

Ermittelt der Versammlungsvorsitzende die Anzahl der Ja- oder Nein-Stimmen nach der sog. Subtraktionsmethode (s. Rz. 500), kann dem Schweigen Anwesender ausnahmsweise ein konkreter Erklärungswert beigemessen werden. Das Gesamtverhalten eines Anwesenden kann im Einzelfall als Zustimmung zu einem Beschlussantrag zu werten sein, wenn er auf die Abstimmungsfragen nach Ablehnung eines Beschlussantrags und nach Stimmenthaltungen nicht reagiert. Sofern nicht besondere Umstände vorliegen, etwa im Falle eines erkennbar Schlafenden, genügt es, dass der Schweigende die Wertung des Vorsitzenden anhand der Reihenfolge der Abstimmungsfragen erkennen konnte. Ist sich der Schweigende der rechtsgeschäftlichen Bedeutung seines Verhaltens nicht bewusst, kann er seine Stimmabgabe entsprechend § 119 Abs. 1 BGB anfechten.2

513

Für die Stimmabgabe gelten die allgemeinen Regeln über Willenserklärungen. Eine gültige Stimmabgabe setzt insbesondere Geschäftsfähigkeit voraus (§§ 104 ff. BGB). Der Erklärende kann seine Stimmabgabe wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung nach Maßgabe der §§ 119 ff. BGB anfechten.3 Die Anfechtung der Stimmabgabe durch rechtsgestaltende Erklärung des Abstimmenden ist von der Beschlussanfechtung gem. § 46 Abs. 1 WEG zu unterscheiden. Eine erfolgreiche Anfechtung der Stimmabgabe hat lediglich zur Folge, dass die Stimmabgabe als von Anfang an nichtig anzusehen ist (§ 142 Abs. 1 BGB). Ein Beschluss ist hingegen auf Antrag im gerichtlichen Verfahren für ungültig zu erklären, wenn das festgestellte Beschlussergebnis auf der angefochtenen Einzelstimme beruht.

3. Stimmrecht 514

Eine gültige Stimmabgabe setzt voraus, dass der Erklärende entweder selbst stimmberechtigt ist oder er als Vertreter für eine stimmberechtigte 1 BayObLG, Beschl. v. 2.8.2001 – 2Z BR 144/00, ZWE 2001, 480 (481). 2 BGH, Beschl. v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = ZfIR 2002, 914 (917). 3 BayObLG, Beschl. v. 2.8.2001 – 2Z BR 144/00, ZWE 2001, 480 (481 f.) zur arglistigen Täuschung.

216

IV. Beschlussfassung in der Versammlung

Person handelt (s. dazu Rz. 532 ff.). Das Stimmrecht steht grundsätzlich den Wohnungseigentümern zu. Nur in besonderen Fällen ist es Dritten eingeräumt (s. Rz. 519 ff.). a) Stimmrecht des Wohnungseigentümers Grundsätzlich ist jeder Wohnungseigentümer stimmberechtigt. Das Stimmrecht ergibt sich aus dem Wohnungseigentum und ist untrennbar an die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft geknüpft. Stimmberechtigt ist grundsätzlich derjenige, der als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Steht aber fest, dass derjenige, der im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, das Wohnungseigentum nicht wirksam erworben hat, so ist er weder stimmberechtigt noch stehen ihm die sonstigen mitgliedschaftlichen Recht eines Wohnungseigentümers zu; sie stehen allein dem wahren Berechtigten zu.1

515

Im Falle der Veräußerung geht Wohnungseigentum erst mit Auflassung und Eigentumsumschreibung im Grundbuch auf den Erwerber über (s. Rz. 101). Der Veräußerer bleibt stimmberechtigt, solange das Eigentum noch nicht im Grundbuch umgeschrieben ist (zum Sonderfall einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft s. Rz. 129 ff.).2 Der Veräußerer kann jedoch den Erwerber ermächtigen, das Stimmrecht vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch auszuüben. Nach der Rechtsprechung ist eine solche Ermächtigung im Wege der Auslegung des Erwerbsvertrages bereits anzunehmen, wenn im Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber bereits der Lasten-/Nutzenwechsel erfolgt ist und dem Erwerber die Wohnung übergeben wurde.3 Ein weiteres Indiz ist die Eintragung einer Auflassungsvormerkung für den Erwerber im Grundbuch.4

516

Vollzieht sich der Erwerb von Wohnungseigentum ausnahmsweise außerhalb des Grundbuchs, etwa durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung (§ 90 Abs. 1 ZVG), so wird das Grundbuch unrichtig. Stimmberechtigt ist der wahre Eigentümer, nicht der Buchberechtigte als Scheineigentümer. Zum Schutz der gutgläubigen anderen Wohnungseigentümer muss sich allerdings der wahre Eigentümer die Stimmabgabe entsprechend § 893, 2. Fall BGB zurechnen lassen.5 Steht Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, etwa in Form einer Bruchteilsgemeinschaft, ehelichen Gütergemeinschaft oder Erbengemeinschaft, so können die Mitberechtigten das Stimmrecht nur einheit1 BGH, Urt. v. 20.7.2012 – V ZR 241/11, MDR 2012, 1151 = MietRB 2012, 295 = ZWE 2012, 499 (500). 2 BGH, Beschl. v. 1.12.1988 – V ZB 6/88, MDR 1989, 435 = NJW 1989, 1087. 3 KG, Beschl. v. 18.2.2004 – 24 W 126/03, MietRB 2005, 10 = ZMR 2004, 460; Beschl. v. 20.7.1994 – 24 W 3942/94, NJW-RR 1995, 147; kritisch Becker, Versammlung, S. 160 ff.; Drasdo, Eigentümerversammlung, Rz. C 45. 4 KG, Beschl. v. 20.7.1994 – 24 W 3942/94, ZMR 1994, 524. 5 Jennißen/Elzer, § 25 WEG, Rz. 16; vgl. auch KG, Beschl. v. 17.5.1989 – 24 W 5147/88, MDR 1989, 823 = WuM 1989, 456 (Vermutungswirkung nach § 891 BGB).

217

517

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

lich ausüben (§ 25 Abs. 2 Satz 2 WEG). Die Stimmrechtsausübung kann gemeinschaftlich oder durch einen bevollmächtigen Vertreter erfolgen (zur Stimmrechtsvollmacht s. Rz. 532 f.).1 Beispiel: Eheleuten steht Wohnungseigentum nach Bruchteilen zu. Ein Ehegatte kann den anderen bevollmächtigen, das gemeinschaftliche Stimmrecht auch in seinem Namen auszuüben.

518

Fehlt es an einer Einigung unter den Mitberechtigten, ist eine gleichwohl abgegebene Stimme eines Mitberechtigten unwirksam. Sie darf vom Versammlungsvorsitzenden bei der Feststellung des Beschlussergebnisses nicht berücksichtigt werden. b) Stimmberechtigte Dritte

519

Stimmberechtigt sind auch Nichtwohnungseigentümer, die kraft gesetzlicher Anordnung berechtigt sind, Mitverwaltungsrechte aus dem Wohnungseigentum auszuüben. Mit Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Wohnungseigentümers gehen alle Verwaltungsbefugnisse auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 Abs. 1 InsO), so dass allein der Insolvenzverwalter zur Stimmabgabe berechtigt ist. In der Zwangsverwaltung von Wohnungseigentum übt grundsätzlich der Zwangsverwalter das Stimmrecht an Stelle des Wohnungseigentümers aus.2 Mit Anordnung der Nachlassverwaltung gehen die Verwaltungsbefugnisse und damit auch das Stimmrecht auf den Nachlassverwalter über (§ 1984 BGB). Entsprechendes gilt für den Testamentsvollstrecker (§ 2205 BGB).3

520

Mieter und Grundpfandgläubiger eines Wohnungseigentümers sind hingegen nicht stimmberechtigt. Grundpfandgläubiger sind zwar dinglich am Wohnungseigentum berechtigt. Das beschränkte dingliche Recht – eine Hypothek oder Grundschuld – räumt ihnen jedoch nur eine Verwertungsbefugnis ein (vgl. §§ 1113, 1147, 1191, 1192 BGB). Dem Wohnungseigentümer bleiben seine Mitverwaltungsrechte und damit auch sein Stimmrecht aus dem Wohnungseigentum erhalten.

521

Nach Ansicht des BGH lässt auch die Belastung des Wohnungseigentums mit einem Nießbrauch das Stimmrecht des Wohnungseigentümers unberührt.4 Selbst in Angelegenheiten des Gebrauchs, der Nutzung und der Ver1 Vgl. BayObLG, Beschl. v. 31.3.1994 – 2Z BR 16/94, MDR 1994, 581 = NJW-RR 1994, 1236. 2 OLG Hamm, Beschl. v. 23.1.1987 – 15 W 429 + 434/86, DWE 1987, 54; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.1.1990 – 11 W 167/89, WE 1990, 105; einschränkend KG, Beschl. v. 14.3.1990 – 24 W 4243/89, WE 1990, 206; BayObLG, Beschl. v. 5.11. 1998 – 2 Z BR 131/98, NZM 1999, 77. 3 AG Essen, Beschl. v. 14.7.1995 – 95 II 5/95 WEG, NJW-RR 1996, 79. 4 BGH, Beschl. v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, MDR 2002, 1003 = ZWE 2002, 260 (261); a.A. KG, Beschl. v. 1.4.1987 – 24 W 3131/86, MDR 1987, 674 = OLGZ 1987, 417; OLG Hamburg, Beschl. v. 10.9.1987 – 2 W 21/86, MDR 1988, 55 = NJW-RR 1988, 267; Becker, Versammlung, S. 175 f.

218

IV. Beschlussfassung in der Versammlung

waltung gehe das Stimmrecht nicht auf den Nießbraucher über. Allerdings könne der Wohnungseigentümer gegenüber dem Nießbraucher verpflichtet sein, bei der Stimmabgabe dessen Interessen zu berücksichtigen, nach dessen Weisungen zu handeln oder ihm eine Stimmrechtsvollmacht zu erteilen. Eine Verpflichtung zur Vollmachtserteilung komme insbesondere in Betracht, wenn der Nießbraucher im Verhältnis zum Wohnungseigentümer abweichend von § 1041 Satz 2 BGB sämtliche Lasten und Kosten des belasteten Wohnungseigentums zu tragen habe.1 c) Stimmkraft Nach der gesetzlichen Regelung hat jede stimmberechtigte Person eine Stimme (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG). Das bedeutet, dass grundsätzlich nach Köpfen abzustimmen ist (Kopfprinzip). Abweichend von der gesetzlichen Regelung können die Wohnungseigentümer in der Gemeinschaftsordnung ein Stimmrecht nach Wohnungseigentumseinheiten (Objektprinzip) oder nach Miteigentumsanteilen (Wertprinzip) vereinbaren. Unterschiede der Stimmkraft ergeben sich, wenn einzelnen Wohnungseigentümern das Eigentum an mehreren Wohnungen zusteht oder die Miteigentumsanteile nicht gleichmäßig verteilt sind.

522

Beispiel: Ein Bauträger teilt sein Grundstück in sechs Wohnungseigentumseinheiten und veräußert zwei davon an A und B. Nach dem gesetzlichen Kopfprinzip ist die Stimmkraft aller drei Wohnungseigentümer gleich. Ist hingegen das Objektprinzip vereinbart, hätte der Bauträger aufgrund seines Eigentums an vier Wohnungen im Verhältnis zu A und B die Stimmenmehrheit. Gleiches gilt im Falle eines vereinbarten Wertprinzips, wenn das Verhältnis der Miteigentumsanteile gleich ist.

Bei vereinbartem Objekt- oder Wertprinzips ist der Fall denkbar, dass ein Wohnungseigentümer mehr Stimmen als alle anderen Eigentümer hat und damit den Ausgang von Beschlussfassungen allein vorgeben kann. Dann besteht grundsätzlich die Gefahr, dass dieser Eigentümer seine Stimmenmehrheit rechtsmissbräuchlich zu Lasten der Minderheit ausübt (sog. Majorisierung). Diese Gefahr führt aber nicht zu einer Reduzierung des Stimmrechts.2 Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Mehrheitseigentümer durch seine Stimmrechtsausübung rechtsmissbräuchlich handelt. Ein Rechtsmissbrauch ist jedoch erst anzunehmen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die sich als Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gemeinschaft darstellen.3 Die rechtsmissbräuliche Ausübung der Mehrheitsmacht hat nur zur Folge, dass die Stimmabgabe im Einzelfall ungültig ist und vom Versammlungsvorsitzenden nicht gewertet werden darf (s. Rz. 529a). Die bloße Gefahr eines Stimmrechtsmissbrauchs rechtfertigt es nicht, eine vom Kopfprinzip abweichende Vereinbarung als unwirksam anzusehen. Insbesondere besteht 1 BGH, Beschl. v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, MDR 2002, 1003 = ZWE 2002, 260 (263). 2 BayObLG, Beschl. v. 3.5.2005 – 2Z BR 143/04, MietRB 2006, 13 = ZMR 2006, 139. 3 BGH, Beschl. v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = ZfIR 2002, 907 (913).

219

523

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

ein berechtigtes Interesse, das Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen zu bemessen, wenn sich auch die Lasten- und Kostentragung nach Miteigentumsanteilen bemisst.1 Die Rechtsprechung billigt darüber hinaus grundsätzlich auch eine vom Kostenverteilungsschlüssel abweichende Verteilung der Stimmkraft.2 524

Die Stimmverhältnisse in der Gemeinschaft können sich im Falle der Veräußerung von Wohnungseigentum ändern, wenn das gesetzliche Kopfprinzip gilt. Gehören in diesem Fall einem Eigentümer mehrere Wohnungen und veräußert er eine davon, so kommt es zu einer Vermehrung der Stimmrechte. Die anderen Wohnungseigentümer müssen es hinnehmen, dass ihre Stimmkraft sich verringert.3 Beispiel: In dem oben genannten Beispiel (s. Rz. 522) veräußert der Bauträger auch die restlichen vier Wohnungen. Sofern das Kopfprinzip gilt, bestand für die Wohnungseigentümer A und B vor der Veräußerung ein Stimmverhältnis von eins zu zwei. Nach der Veräußerung reduziert sie sich die Stimmrechtsmacht auf das Verhältnis eins zu fünf. Die Stimmkraft bliebe jedoch erhalten, sofern das Objekt- oder Wertprinzip vereinbart ist.

525

Eine Vermehrung von Stimmrechten kann schließlich im Fall der Unterteilung von Wohnungseigentum eintreten (s. dazu Rz. 56). Dies ist etwa unter Geltung des gesetzlichen Kopfprinzips anzunehmen, wenn ein Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentum nachträglich unterteilt und die neu geschaffenen Wohnungseigentumsrechte an verschiedene Erwerber veräußert.4 Beim Objektstimmrecht führt die Unterteilung einer Wohnung in mehrere selbständige Einheiten dazu, dass das Stimmrecht entsprechend der Zahl der neu entstandenen Einheiten nach Bruchteilen aufgespaltet und diesen zugewiesen wird.5 d) Stimmrechtsschranken

526

Das Stimmrecht des Wohnungseigentümers ist unentziehbar. Ein Wohnungseigentümer kann jedoch gem. § 25 Abs. 5 WEG im Einzelfall von der Ausübung seines Stimmrechts ausgeschlossen sein. Ein Stimmrechtsausschluss besteht hiernach in folgenden Fällen:

527

Die Beschlussfassung betrifft die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gerichteten Rechtsgeschäfts mit einem Wohnungseigentümer. Dieser unterliegt einem Stimmverbot, um zu ver1 BayObLG, Beschl. v. 28.1.1986 – 2 Z BR 4/86, NJW-RR 1986, 566. 2 BGH, Urt. v. 6.6.1986 – V ZR 264/84, MDR 1987, 41 = NJW 1986, 2759 (2760); OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.7.1986 – 11 W 8/86, WuM 1988, 325 (326); OLG Zweibrücken, Beschl. v. 10.7.1989 – 3 W 72/89, Rpfleger 1989, 453 (454). 3 BayObLG, Beschl. v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, BayObLGReport 2002, 119 (120). 4 KG, Beschl. v. 15.9.1999 – 24 W 9353/97, KGReport Berlin 2000, 79; a.A. OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.2.2004 – 8 W 475/03, ZMR 2005, 478. 5 BGH, Beschl. v. 7.10.2004 – V ZB 22/04, MDR 2004, 1403 m. Anm. Riecke = NotBZ 2005, 32 = MietRB 2004, 352 = MietRB 2004, 353 = NJW 2004, 3413.

220

IV. Beschlussfassung in der Versammlung

hindern, dass die Beschlussfassung von privaten Sonderinteressen beeinflusst wird. Beispiele: Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn ein Beschluss gefasst werden soll, mit ihm einen Werkvertrag über die Durchführung einer Instandsetzungsmaßnahme zu schließen. – Nach Ansicht des BGH besteht allerdings kein Stimmverbot für einen Wohnungseigentümer, der zum Verwalter bestellt oder vom Verwalteramt abberufen werden soll. Gleiches gilt für die Entscheidung, einen Verwaltervertrag mit einem Wohnungseigentümer abzuschließen oder zu beenden. Nur wenn die Wohnungseigentümer über die Abberufung und Kündigung des Verwaltervertrages aus wichtigem Grund entscheiden, ist der betroffene Wohnungseigentümer vom Stimmrecht ausgeschlossen.1

Gegenstand des Beschlusses ist die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits mit dem betroffenen Wohnungseigentümer. Auch hier besteht die Gefahr, dass sich der Wohnungseigentümer, gegen den ein Rechtsstreit eingeleitet oder beendet werden soll, bei der Stimmabgabe von privaten Interessen leiten lässt. Er unterliegt daher einem Stimmverbot.

528

Beispiele: Um die Einleitung eines Rechtsstreits geht es bei Entscheidungen über Anträge nach § 43 Nr. 1 und 2 WEG, Anträge auf Erlass eines Mahnbescheids oder vorprozessuale Maßnahmen, wie die Beauftragung eines Sachverständigen oder Rechtsanwalts. Entscheidungen über die Einlegung von Rechtsmitteln, die Antragsrücknahme oder den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs betreffen demgegenüber die Erledigung eines Rechtsstreits.

Ein Wohnungseigentümer ist nach § 18 WEG rechtskräftig zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt worden. Die Verurteilung beruht auf einer schweren Verletzung seiner Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis (s. Rz. 814). Der rechtskräftig Verurteilte bleibt bis zur Versteigerung seines Wohnungseigentums zwar noch Mitglied der Gemeinschaft. Er soll jedoch keinen Einfluss mehr auf die gemeinschaftliche Willensbildung haben. Deshalb ordnet § 25 Abs. 5 WEG das Ruhen des Stimmrechts an.

529

Neben den im Gesetz genannten Stimmrechtsschranken ist im Einzelfall das Verbot der rechtsmissbräuchlichen Stimmrechtsausübung zu beachten. Wie bereits angesprochen (Rz. 523), besteht insbesondere bei Vereinbarung des Objektprinzips die Gefahr, dass ein Mehrheitseigentümer seine Stimmenmehrheit zu Lasten der Minderheit rechtsmissbräuchlich ausnutzt (sog. Majorisierung). Der Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens ist jedoch nicht schon dann begründet, wenn ein Wohnungseigentümer seine Stimmenmehrheit nutzt, um eine bestimmte Entscheidung herbeizuführen. Vielmehr ist ein Rechtsmissbrauch erst anzunehmen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die sich als Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gemeinschaft und die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung darstellen.2

529a

1 BGH, Beschl. v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = ZfIR 2002, 907 (912). 2 BGH, Beschl. v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = ZfIR 2002, 907 (913).

221

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer Beispiel: In einer aus 70 Wohneinheiten bestehenden Wohnanlage stehen 40 Einheiten dem teilenden Bauträger zu. Nach der Gemeinschaftsordnung wird für jede Wohneinheit eine Stimme gewährt. In diesem Fall wäre es rechtsmissbräuchlich, wenn der Bauträger seine Stimmenmehrheit dazu benutzt, seine Bestellung zum Verwalter durchzusetzen, obwohl im Verhältnis zu den anderen Wohnungseigentümern Streitigkeiten wegen Baumängeln bestehen.1

530

Eine rechtsmissbräuchlich abgegebene Stimme ist unwirksam. Sie muss bei der Feststellung des Beschlussergebnisses unberücksichtigt bleiben.2 Verkennt dies der Versammlungsvorsitzende, so muss die fehlerhafte Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses durch fristgerechte Beschlussanfechtung geltend gemacht werden (s. Rz. 506). e) Stimmrecht bei Mehrhausanlagen

531

Besondere Stimmrechtsschranken können sich bei Wohnungseigentumsanlagen ergeben, die aus mehreren Wohngebäuden bestehen (sog. Mehrhausanlage).3 Auch in einer Mehrhausanlage steht grundsätzlich jedem Wohnungseigentümer das Stimmrecht in Angelegenheiten des gesamten gemeinschaftlichen Eigentums zu. Nach der Rechtsprechung beschränkt sich das Stimmrecht jedoch für bestimmte Beschlussgegenstände auf eine abgrenzbare Gruppe von Wohnungseigentümern, wenn der Gegenstand ausschließlich die Wohnungseigentümer eines Gebäudes betrifft, ohne die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer zu berühren.4 Ob ein Beschlussgegenstand nur eine abgrenzbare Gruppe von Wohnungseigentümern betrifft, ist jeweils im Einzelfall zu bestimmen. Beispiele: Jedes Gebäude einer Mehrhausanlage ist mit einem gemeinschaftlichen Fahrradkeller ausgestattet. In diesem Fall sind nach § 14 Nr. 1 WEG nur die Wohnungseigentümer des jeweiligen Gebäudes zum Mitgebrauch des Kellers berechtigt (s. Rz. 249). In Angelegenheiten des Gebrauchs der Kellerräume beschränkt sich das Stimmrecht auf die zum Mitgebrauch berechtigten Wohnungseigentümer. – Gegenstand einer Jahresabrechnung sind „Kanalgebühren“ und „Abfallbeseitigungskosten“, die für die gesamte Wohnanlage angefallen sind. In diesem Fall ist jeder Wohnungseigentümer einer Mehrhausanlage berechtigt, an der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung mitzuwirken. Anders ist es, wenn nach der Gemeinschaftsordnung die Kosten für jedes Gebäude getrennt abzurechnen sind.5

1 BayObLG, Beschl. v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, BayObLGReport 2002, 119 (121); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.4.1999 – 3 Wx 77/99, OLGR 2000, 4. 2 BGH, Beschl. v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = ZfIR 2002, 907 (913). 3 Vgl. Göken, Mehrhausanlage, S. 19 ff. 4 BayObLG, Beschl. v. 17.1.2000 – 2Z BR 99/99, ZWE 2000, 268 (270); Beschl. v. 21.8.2003 – 2Z BR 52/03, ZMR 2004, 598. 5 BayObLG, Beschl. v. 17.1.2000 – 2Z BR 99/99, ZWE 2000, 268 (270).

222

IV. Beschlussfassung in der Versammlung

4. Vertretung bei der Stimmabgabe Wohnungseigentümer können sich grundsätzlich durch rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter (Bevollmächtigte) bei der Stimmabgabe zu Versammlungsbeschlüssen vertreten lassen.1 Eine Stimmrechtsvollmacht kann generell für alle zukünftigen Versammlungen, für einzelne Versammlungen oder auf einzelne Tagesordnungspunkte beschränkt erteilt werden.

532

Nach dem Gesetz bedarf die Vollmacht zur Ausübung des Stimmrechts keiner Form (§ 167 Abs. 2 BGB). Allerdings ist der Versammlungsvorsitzende berechtigt (und auf Rüge eines Wohnungseigentümers auch verpflichtet)2, die Stimmabgabe eines Bevollmächtigten zurückzuweisen, wenn dieser keine Vollmachtsurkunde vorlegt und der Vollmachtgeber ihn nicht in anderer Weise von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hat (vgl. § 174 BGB).3 Die Vollmachtsurkunde muss im Original vorliegen; ein Telefax genügt nicht.4 Um eine Zurückweisung der Stimmabgabe zu verhindern, ist es also ratsam, dem Bevollmächtigen eine schriftliche Vollmachtsurkunde auszuhändigen. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die Gemeinschaftsordnung ausdrücklich eine „schriftliche Vollmacht“ verlangt. Im Fall der Zurückweisung darf der angeblich Bevollmächtigte nicht an der Versammlung teilnehmen.

533

Der Versammlungsvorsitzende muss die Stimmabgabe eines nicht durch Vollmachtsurkunde legitimierten Vertreters unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, zurückweisen. Unterlässt er eine Zurückweisung, obwohl eine schriftliche Vollmacht nicht vorliegt, so ist die Stimmabgabe des Bevollmächtigten gleichwohl wirksam, sofern er im Rahmen einer ihm tatsächlich erteilten Vollmacht handelt.5 Die von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegebene Stimme ist gem. § 180 Satz 1 BGB unwirksam.

534

In der Gemeinschaftsordnung finden sich oftmals Klauseln, die die Vertretung auf bestimmte Personen, etwa auf Ehegatten, andere Wohnungseigentümer oder den Verwalter beschränken. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine vereinbarte Vertretungsbeschränkung dieser Art grundsätzlich zulässig, um gemeinschaftsfremde Einwirkungen aus der Versammlung fernzuhalten.6 Allerdings kann die Gemeinschaft im Einzelfall nach Treu und Glauben gehalten sein, auf einer vereinbarten Vertretungsbeschränkung nicht zu bestehen.7

535

1 2 3 4 5

BGH, Beschl. v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, MDR 1987, 485 = NJW 1987, 650. Lehmann-Richter, ZMR 2007, 741. Kümmel, ZWE 2000, 292 (293). Vgl. Palandt/Heinrichs, § 174 BGB Rz. 5. BayObLG, Beschl. v. 2.2.1984 – 2Z BR 63/83, BayObLGZ 1984, 15 (22); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.4.2005 – I-3 Wx 317/04, ZMR 2006, 56; kritisch Kümmel, ZWE 2000, 292 (294). 6 BGH, Beschl. v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, MDR 1987, 485 = NJW 1987, 650 f.; Beschl. v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1329 (1330); s. dazu Becker, Versammlung, S. 195 ff. 7 OLG Köln, Beschl. v. 17.12.2004 – 16 Wx 191/04, MietRB 2005, 265 = ZMR 2005, 809.

223

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer Beispiel: Die Gemeinschaftsordnung beschränkt die Vertretung auf „Ehegatten, den Verwalter oder einen anderen Wohnungseigentümer“. Gegenüber einem verhinderten Wohnungseigentümer darf sich die Gemeinschaft nach Treu und Glauben nicht auf die Vertretungsbeschränkung berufen, wenn der Ehegatte aus gesundheitlichen Gründen zur Vertretung nicht in der Lage, der Wohnungseigentümer mit den übrigen Wohnungseigentümern völlig zerstritten und erst unmittelbar vor der Versammlung ein neuer Verwalter bestellt worden ist, den der verhinderte Wohnungseigentümer nicht kennt.1

536

Die Vertretung durch einen Bevollmächtigten darf nicht dazu führen, dass ein gesetzliches Stimmverbot umgangen wird. Soweit ein Wohnungseigentümer gem. § 25 Abs. 5 WEG vom Stimmrecht ausgeschlossen ist (s. Rz. 526 ff.), kann er die Stimmrechtsausübung auch nicht einem Bevollmächtigten übertragen. Eine wirksame Vertretung ist zudem dann nicht möglich, wenn die Person des Bevollmächtigten einem Stimmverbot unterliegt. Insbesondere besteht ein Stimmverbot für den von einem Wohnungseigentümer bevollmächtigten Verwalter, wenn die Wohnungseigentümer über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit dem Verwalter entscheiden.2 Beispiel: Ein Wohnungseigentümer erteilt dem Verwalter eine Vollmacht, die diesen zur Ausübung des Stimmrechts zu allen Tagesordnungspunkten berechtigt. Der Verwalter kann in diesem Fall nicht im Namen des Wohnungseigentümers für seine Entlastung als Verwalter stimmen.3

537

Ein zur Stimmabgabe Bevollmächtigter kann Untervollmacht erteilen, wenn die Hauptvollmacht ihn hierzu ermächtigt. Ob die Hauptvollmacht eine derartige Ermächtigung enthält, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der Interessenlage durch Auslegung zu ermitteln. Hat der Vollmachtgeber Weisungen für die Ausübung des Stimmrechts erteilt, binden diese auch den Unterbevollmächtigten.4 Beispiel: In dem vorgenannten Beispiel (Rz. 536) kann der bevollmächtigte Verwalter trotz des Stimmverbots einem anderen Wohnungseigentümer Untervollmacht erteilen, wenn die Hauptvollmacht dies gestattet. Die Untervollmacht darf aber nicht mit Weisungen für die Abstimmung verbunden werden, sofern diese nicht Gegenstand der Hauptvollmacht sind.5

V. Versammlungsniederschrift 538

Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist eine Niederschrift aufzunehmen (§ 24 Abs. 6 Satz 1 WEG). Die Niederschrift dient der Infor1 2 3 4 5

OLG Düsseldorf, Beschl. 19.10.1998 – 3 Wx 332/98, OLGR 1999, 196. BayObLG, Beschl. v. 23.12.2002 – 2Z BR 89/02, NZM 2003, 204. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.5.2002 – 14 Wx 91/01, ZMR 2003, 289. BayObLG, Beschl. 23.12.2002 – 2 Z BR 93/02, WuM 2002, 173. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 14.5.1998 – 3 W 40/98, NZM 1998, 671; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.5.2002 – 14 Wx 91/01, ZMR 2003, 289.

224

V. Versammlungsniederschrift

mation über Inhalt und Zustandekommen der Beschlüsse. Sie muss Ort und Zeit der Versammlung angeben. Der Wortlaut der Beschlussanträge und das jeweilige Abstimmungsergebnis sind in der Niederschrift zu protokollieren. Darüber hinaus empfiehlt sich, die Beschlussfähigkeit der Versammlung im Protokoll festzustellen. Die Anfertigung der Niederschrift obliegt dem Vorsitzenden der Versammlung, also regelmäßig dem Verwalter. Es bleibt den Wohnungseigentümern jedoch unbenommen, durch Mehrheitsbeschluss eine andere Person mit der Anfertigung zu betrauen. Das Gesetz verlangt lediglich, dass der Vorsitzende und ein Wohnungseigentümer die Niederschrift unterschreiben. Falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist (s. dazu Rz. 782 ff.), muss auch dessen Vorsitzender oder sein Vertreter das Protokoll unterschreiben (§ 24 Abs. 6 Satz 2 WEG). Die Unterschriften beweisen die Urheberschaft, nicht jedoch die inhaltliche Richtigkeit der Urkunde. Es handelt sich lediglich um eine Privaturkunde i.S.v. § 416 ZPO.1 Die Unterzeichner bringen mit ihrer Unterschrift zum Ausdruck, dass der Inhalt der Niederschrift den Verlauf der Versammlung zutreffend wiedergebe.

539

Die eingeschränkte Beweiskraft schließt nicht aus, Beschlüsse anhand des Versammlungsprotokolls auszulegen. Für die Auslegung sollen nur solche Umstände Berücksichtigung finden, die für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, sich insbesondere aus dem Protokoll ergeben.2 Nach Ansicht des BGH ist im Zweifel davon auszugehen, dass ein protokolliertes Beschlussergebnis auch so in der Versammlung festgestellt und verkündet wurde.3 Siehe dazu Arbeitsbeispiel 8 (Rz. 544).

540

Das Gesetz bestimmt nicht ausdrücklich, in welcher Frist der Vorsitzende die Niederschrift zu erstellen hat. Allerdings soll jeder Wohnungseigentümer in der Lage sein, rechtzeitig vor Ablauf der Anfechtungsfrist zu prüfen, ob Beschlüsse der Anfechtung bedürfen. Deshalb verlangt die Rechtsprechung, dass die Niederschrift mindestens eine Woche vor Ablauf der Anfechtungsfrist von einem Monat (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG) zu erstellen ist.4 Die Niederschrift muss jedoch grundsätzlich nicht an die Wohnungseigentümer versandt werden.5 Es genügt, wenn ihnen fristgerecht die Einsichtnahme in die Niederschrift ermöglicht wird.

541

Jeder Wohnungseigentümer hat das Recht, Einsicht in die Versammlungsniederschrift zu nehmen. Er ist auch berechtigt, einen Erwerbsinteressenten zur Einsichtnahme zu ermächtigen. Dieser hat ein schutzwürdiges Interesse an der Einsichtnahme, da Beschlüsse gegen den Erwerber wirken

542

1 Differenzierend Jennißen/Elzer, § 24 WEG, Rz. 112 f. 2 BGH, Beschl. v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, MDR 1999, 28 m. Anm. Riecke = NJW 1998, 3713 (3714). 3 BGH, Beschl. v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339 (3342). 4 BayObLG, Beschl. v. 20.3.2001 – 2Z BR 101/00, NZM 2001, 754 (757) m.w.N. 5 BayObLG, Beschl. v. 20.3.1991 – 2Z BR 8/91, WE 1991, 139 (140); Niedenführ/ Kümmel/Vandenhouten, § 24 WEG, Rz. 73.

225

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

(§ 10 Abs. 4 WEG). Die Einsichtnahme erfolgt grundsätzlich am Ort der Verwaltung. Der Verwalter hat die Versammlungsniederschriften zu sammeln und zur Einsichtnahme bereit zu halten. Verweigert er die Einsichtnahme, kann er sich schadensersatzpflichtig machen. 543

Nach dem Gesetz ist die richtige Protokollierung der Beschlüsse in der Niederschrift keine Voraussetzung für ihre Gültigkeit. Allerdings kann die Gemeinschaftsordnung bestimmen, dass zur „Gültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung“ dessen Protokollierung erforderlich ist.1 Ein Verstoß hiergegen macht den Beschluss lediglich anfechtbar. Im Zweifel ist nicht anzunehmen, dass die Wohnungseigentümer durch eine derartige Vereinbarung § 23 Abs. 4 WEG abbedingen wollen, wonach ein Beschluss nur ungültig ist, wenn er auf fristgerechte Anfechtung für ungültig erklärt ist. Arbeitsbeispiel 8: Fehlerhafte Feststellung und Protokollierung eines Beschlusses

544

Sachverhalt: Eine Wohnungseigentumsanlage besteht aus 12 Einheiten. In einer Versammlung sind alle Wohnungseigentümer anwesend. Sie beschließen über den Antrag, auf einer gemeinschaftlichen Gartenfläche eine Pergola zu errichten. Neun Wohnungseigentümer stimmen für den Antrag, zwei stimmen dagegen und ein Wohnungseigentümer enthält sich der Stimme. Der Versammlungsvorsitzende gibt daraufhin bekannt, dass der Antrag damit angenommen sei. Die Versammlungsniederschrift gibt lediglich das Abstimmungsergebnis wieder: „9 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen, 1 Enthaltung“. Ein Wohnungseigentümer ist der Ansicht, der Beschluss sei nicht wirksam zustande gekommen. Wie ist die Rechtslage? Lösung: Das festgestellte und bekannt gegebene Beschlussergebnis ist fehlerhaft. Beschlussgegenstand ist eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, die grundsätzlich der Zustimmung aller nachteilig betroffenen (§ 14 Nr. 1 WEG) Wohnungseigentümer bedarf (§ 22 Abs. 1 WEG; s. Rz. 395). Gegen deren Willen ist eine Beschlussfassung mit Stimmenmehrheit nicht zulässig. Da nicht alle Wohnungseigentümer zugestimmt haben, hätte der Vorsitzende bekannt geben müssen, dass ein positiver Beschluss nicht zustande gekommen ist. Gleichwohl ist der fehlerhaft festgestellte positive Beschluss vorläufig verbindlich (s. Rz. 509). Der Wohnungseigentümer kann den festgestellten Beschluss innerhalb eines Monats anfechten, um seine gerichtliche Ungültigerklärung zu erwirken (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG). Andernfalls wird der festgestellte Beschluss bestandskräftig.2 Abwandlung: Wie ist es, wenn sich nicht mehr klären lässt, ob der Vorsitzende das richtige Beschlussergebnis in der Versammlung bekannt gegeben hat?

1 BGH, Beschl. v. 3.7.1997 – V ZB 2/97, NJW 1997, 2956. 2 BGH, Urt. v. 15.1.2010 – V ZR 114/09, NJW 2010, 2129 (2130); BGH, Beschl. v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339 (3342).

226

V. Versammlungsniederschrift

Lösung: Die Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses in der Versammlung ist nach Ansicht des BGH Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen eines Beschlusses (s. Rz. 503). Das Gericht verlangt keine ausdrückliche Bekanntgabe, sondern lässt eine Bekanntgabe durch schlüssiges Verhalten genügen. Bei der Auslegung des Verhaltens können allerdings nur solche Umstände Berücksichtigung finden, die für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, sich insbesondere aus dem Protokoll ergeben. Nach Ansicht des BGH soll im Zweifel bei einem protokollierten klaren Abstimmungsergebnis von einer Beschlussfeststellung durch schlüssiges Verhalten auszugehen sein.1 Im vorliegenden Fall lässt sich dem Protokoll zwar ein klares Abstimmungsergebnis entnehmen. Es ist jedoch nicht erkennbar, ob die ausgewiesene Stimmenmehrheit für die Annahme des konkreten Beschlussantrags genügt. Von einer Beschlussfeststellung durch schlüssiges Verhalten kann allenfalls dann ausgegangen werden, wenn sich aus den protokollierten Erörterungen ergibt, ob der Beschluss einer Mehrheitsentscheidung oder nur einer einstimmigen Entscheidung zugänglich sein soll. Wird dies nicht erkennbar, kann man auf Grund der Protokollierung nicht von einer Beschlussfeststellung durch schlüssiges Verhalten ausgehen. Der Wohnungseigentümer kann im gerichtlichen Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG die gerichtliche Feststellung der „Ungültigkeit“ des Beschlusses beantragen, ohne dass er eine Frist einhalten muss (s. Rz. 505). Da jedoch nicht vorhersehbar ist, ob das Gericht aufgrund des protokollierten Abstimmungsergebnisses auf eine konkludente Beschlussfeststellung erkennt, sollte er den Antrag im Zweifel innerhalb der Anfechtungsfrist von einem Monat stellen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG). Abwandlung: Wie ist die Rechtslage, wenn die Gemeinschaftsordnung bestimmt, dass „bauliche Veränderungen abweichend von § 22 Abs. 1 WEG mit einer Mehrheit von 3/4 beschlossen werden“ können, der Vorsitzende abweichend vom Ausgangsfall bekannt gibt, der Antrag sei mangels einstimmiger Entscheidung abgelehnt? Lösung: In diesem Fall beruht die Feststellung eines negativen Beschlussergebnisses auf der irrigen Annahme des Vorsitzenden, der Beschluss bedürfe einer einstimmigen Entscheidung. Nach der Gemeinschaftsordnung genügt jedoch eine 3/4 Mehrheit, die im vorliegenden Fall erreicht ist. Allerdings ist der fehlerhaft festgestellte negative Beschluss vorläufig verbindlich. Er kann lediglich bei fristgerechten erhobener Klage im gerichtlichen Verfahren für ungültig erklärt werden (§ 46 Abs. 1 WEG). Die gerichtliche Ungültigerklärung kassiert jedoch nur die Rechtswirkungen eines negativen Beschlusses. Deshalb ist der Antrag auf Ungültigerklärung mit dem Antrag auf Feststellung eines positiven Beschlusses zu verbinden.2

1 BGH, Beschl. v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339, (3342). 2 BGH, Beschl. v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = ZfIR 2002, 907; s. Rz. 509.

227

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

VI. Beschlüsse ohne Versammlung 545

Die behandelten Grundsätze gelten nur für die Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer. Zu einer wirksamen Beschlussfassung ist jedoch die Durchführung einer Versammlung nicht zwingend erforderlich. Gemäß § 23 Abs. 3 WEG ist ein Beschluss auch ohne Versammlung gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss schriftlich erteilen (sog. schriftliches Beschlussverfahren). Mit seiner Zustimmung erklärt der einzelne Wohnungseigentümer i.d.R. sein Einverständnis mit dem schriftlichen Verfahren und zugleich auch seine Zustimmung zu dem beantragten Beschluss.1 Auch ein vom Stimmrecht ausgeschlossener Wohnungseigentümer muss dem schriftlichen Beschlussverfahren zustimmen, da er ein Recht darauf hat, dass Mehrheitsbeschlüsse in einer Versammlung gefasst werden.2

546

Die schriftliche Beschlussfassung ohne Versammlung kann jeder Wohnungseigentümer und auch der Verwalter beantragen. Der Antrag muss erkennen lassen, dass eine verbindliche Entscheidung und nicht lediglich eine unverbindliche Meinungsäußerung herbeigeführt werden soll. Es ist ratsam, den Beschlussinhalt in einem Rundschreiben zu formulieren, das von allen Wohnungseigentümern unterzeichnet werden kann (sog. Umlaufverfahren).

547

Die Schriftform der Zustimmung erfordert regelmäßig eine eigenhändige Namensunterschrift (§ 126 Abs. 1 BGB). Es genügt nicht, die Zustimmung per Fax zu übermitteln.3 Als empfangsbedürftige Willenserklärung ist sie gegenüber dem empfangsberechtigten Beschlussinitiator oder dem Verwalter zu erklären. Bis zum Zugang der letzten Zustimmungserklärung ist sie widerruflich.4 Insoweit besteht ein Unterschied zu der in einer Versammlung abgegebenen Stimme, die nach ihrem Zugang bei dem Versammlungsleiter nicht mehr widerrufen werden kann.5 Nach Ansicht des BGH kommt ein schriftlicher Beschluss jedoch erst durch eine an alle Wohnungseigentümer gerichtete Mitteilung des Beschlussergebnisses zustande.6 Die Wohnungseigentümer sollen durch Aushang oder Rundschreiben über das Zustandekommen eines Beschlusses in Kenntnis gesetzt werden.

548

Der auf diese Weise festgestellte Beschluss dürfte auch dann verbindlich sein, wenn tatsächlich nicht alle Wohnungseigentümer dem Beschluss zugestimmt haben. Nach richtiger Ansicht handelt es sich bei § 23 Abs. 3 1 Jennißen/Elzer, § 23 WEG, Rz. 73; kritisch Kümmel, ZWE 2000, 62 ff. 2 BayObLG, Beschl. v. 19.9.2001 – 2Z BR 89/01, ZWE 2001, 590 (593), s. auch Kümmel, ZWE 2000, 62 (63). 3 Staudinger/Bub, § 23 WEG, Rz. 207; a.A. Jennißen/Elzer, § 23 WEG, Rz. 86. 4 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 23 WEG, Rz. 73; Palandt/Bassenge, § 23 WEG, Rz. 6; a.A. Weitnauer/Lüke, § 23 WEG, Rz. 11: Kein Widerruf nach Zugang der eigenen Zustimmungserklärung. 5 BGH, Urt. v. 13.7.2012 – V ZR 254/11, MietRB 2012, 326 = MDR 2012, 1218. 6 BGH, Beschl. v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339 (3343); kritisch Becker/Gregor, ZWE 2001, 245 (253).

228

VII. Beschluss-Sammlung

WEG nicht um eine unverzichtbare Rechtsvorschrift1, so dass eine fristgerechte Beschlussanfechtung gem. § 46 Abs. 1 WEG erforderlich ist, um die Wirkungen des fehlerhaft festgestellten Beschlusses zu beseitigen. Zur fehlerhaften Feststellung eines Versammlungsbeschlusses s. Rz. 508.

VII. Beschluss-Sammlung Seit dem 2.7.2007 hat jede Wohnungseigentümergemeinschaft eine Beschluss-Sammlung zu führen (§ 24 Abs. 7 WEG). Die Pflicht zur Erstellung einer Versammlungsniederschrift bleibt davon unberührt. Die BeschlussSammlung enthält nur den Wortlaut

549

– der in der Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Versammlung, – der schriftlichen Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Verkündung – der Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gem. § 43 mit Angabe ihres Datums, des Gerichts und der Parteien, soweit diese Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen nach dem 1.7. 2007 ergangen sind. Die Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen sind fortlaufend einzutragen und zu nummerieren. Sind sie angefochten oder aufgehoben worden, so ist dies anzumerken. Im Falle einer Aufhebung kann von einer Anmerkung abgesehen und die Eintragung gelöscht werden. Eine Eintragung kann auch gelöscht werden, wenn sie aus einem anderen Grund für die Wohnungseigentümer keine Bedeutung mehr hat. Die Eintragungen, Vermerke und Löschungen sind unverzüglich zu erledigen und mit Datum zu versehen. Das Gesetz enthält keine Vorgaben hinsichtlich der Form und des Erscheinungsbildes einer Beschluss-Sammlung. Sie kann daher sowohl in Papierform als auch als elektronische Datei geführt werden. Die im Einzelfall gewählte Form muss sicherstellen, dass die Eintragungen dauerhaft erhalten bleiben und jederzeit ungehindert Einsicht in die Beschluss-Sammlung genommen werden kann. Die Wohnungseigentümer, etwaige Erwerbsinteressenten, sonstige berechtigte Dritte und der Verwalter sollen sich anhand der Beschluss-Sammlung auf einfachem Weg Kenntnis von der aktuellen Beschlusslage in der Gemeinschaft verschaffen können.

550

Das Gesetz unterscheidet zwischen der Eintragung von Eigentümerbeschlüssen und gerichtlichen Entscheidungen einerseits und sonstigen Vermerken und Löschungen andererseits. Die Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen sind in der Reihenfolge einzutragen und zu nummerieren, wie sie zeitlich ergehen. Bei der Nummerierung wird nicht zwi-

551

1 Staudinger/Bub, § 23 WEG, Rz. 204, 112; a.A. LG München I, Urt. v. 18.7.2013 – 36 S 20429/12 WEG, ZWE 2014, 189 (190); Jennißen/Elzer, § 23 WEG, Rz. 83.

229

§ 6 Versammlung der Wohnungseigentümer

schen Eigentümerbeschlüssen und gerichtlichen Entscheidungen unterschieden. Sonstigen Anmerkungen zum Bestand und der Wirksamkeit von Eigentümerbeschlüssen und Gerichtsentscheidungen bedürfen keiner Nummerierung. Alle Veränderungen in der Beschluss-Sammlung sind kenntlich zu machen und mit Datum zu versehen. 552

Beschlüsse der Wohnungseigentümer sind mit ihrem Wortlaut einzutragen. Der Wortlaut entspricht dem Beschlussantrag, der in der Eigentümerversammlung zur Abstimmung gestellt wurde und der auch in die Versammlungsniederschrift aufzunehmen ist. Neben dem Beschlusswortlaut ist das vom Versammlungsvorsitzenden verkündete Beschlussergebnis einzutragen, also die Bekanntgabe, ob der Antrag angenommen oder abgelehnt wurde. Die Anzahl der abgegebenen Stimmen ist für die Beschluss-Sammlung ohne Bedeutung. Einzutragen sind grundsätzlich sämtliche Eigentümerbeschlüsse, gleich welchen Inhalt sie haben. Keiner Eintragung bedürfen lediglich Geschäftsordnungsbeschlüsse, da diese sich mit dem Ablauf der Versammlung erledigen und aus der Beschluss-Sammlung wegen Bedeutungslosigkeit sofort wieder gelöscht werden könnten (vgl. § 24 Abs. 7 Satz 6 WEG).

553

Gerichtsentscheidungen sind mit ihrer Urteilsformel einzutragen. Zur „Urteilsformel“ gehört die Entscheidung zur Hauptsache nebst Regelung zu den Prozesskosten und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit.1 Eine Entscheidung ist auch die Klageabweisung. Aufgrund des Verweises in § 24 Abs. 7 Satz 2 WEG auf sämtliche Nummern des § 43 WEG sind in die Beschluss-Sammlung grundsätzlich auch solche Gerichtsentscheidungen einzutragen, die außerhalb von Beschlussmängelverfahren gem. § 43 Nr. 4 WEG ergehen, wie etwa Wohngeldverfahren nach § 43 Nr. 2 WEG. Eine Ausnahme mag lediglich für solche Gerichtsentscheidungen zulässig sein, die für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und für die Gemeinschaft als Ganzes keinerlei Bedeutung haben.2 Zu denken ist etwa ein Urteil im Verfahren nach § 43 Nr. 5 WEG, in dem ein Wohnungseigentümer aufgrund der Klage seines Mieters verurteilt wird, einen Guthabenbetrag aus der Betriebskostenabrechnung auszuzahlen. Solche Gerichtsentscheidungen könnten gem. § 24 Abs. 7 Satz 6 WEG unmittelbar nach ihrer Eintragung wieder gelöscht werden, da sie für die Wohnungseigentümer keine Bedeutung haben.

554

Aufgrund der besonderen Bedeutung der Beschluss-Sammlung, die Wohnungseigentümer – und gegebenenfalls auch Dritte – stets über die Rechtsverhältnisse der Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem Laufenden zu halten, sind die Eintragungen und Vermerke unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, vorzunehmen. Dem wird nur genügt, wenn die Eintragungen innerhalb von maximal 1–3 Tagen erfolgen.

1 Jennißen/Elzer, § 24 WEG, Rz. 158. 2 Merle in Bärmann, § 24 WEG, Rz. 174.

230

VII. Beschluss-Sammlung

Die Beschluss-Sammlung entfaltet trotz ihrer erheblichen Bedeutung keinen guten Glauben. Weder die Wohnungseigentümer noch Erwerber können auf die Richtigkeit der Beschluss-Sammlung vertrauen. In Gerichtsverfahren begründet die Beschluss-Sammlung lediglich einen ersten Anschein dafür, dass die in der Beschluss-Sammlung wiedergegebenen Tatsachen und Umstände der Wahrheit entsprechen. Dieser Anschein kann aber im Prozess widerlegt werden.

555

Die Beschluss-Sammlung ist von dem Verwalter zu führen (§ 24 Abs. 8 WEG). Fehlt ein Verwalter, so ist der Vorsitzende der Wohnungseigentümerversammlung verpflichtet, die Beschluss-Sammlung zu führen, sofern die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit keinen anderen für diese Aufgabe bestellt haben. Ist ein Verwalter wirksam bestellt, kann er die Führung der Beschluss-Sammlung weder auf einen Dritten übertragen, noch können die Wohnungseigentümer ihn durch Mehrheitsbeschluss von dieser Aufgabe entbinden. Lediglich durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer von den gesetzlichen Bestimmungen zur BeschlussSammlung abweichen.

556

Führt der Verwalter die Beschluss-Sammlung nicht ordnungsgemäß, rechtfertigt dies regelmäßig seine sofortige Abberufung aus dem Verwalteramt aus wichtigem Grund (§ 26 Abs. 1 Satz 4 WEG). Allerdings ist die Abberufung nicht zwingend, vielmehr verbleibt den Wohnungseigentümern ein Beurteilungsspielraum; bestehen im Einzelfall nachvollziehbare Gründe, von einer Abberufung Abstand zu nehmen, entspricht dies ordnungsmäßiger Verwaltung.1

557

Jeder Wohnungseigentümer hat das Recht, Einsicht in die BeschlussSammlung zu nehmen. Dieses Recht umfasst auch die Befugnis, vom Verwalter (gegen Kostenerstattung) Kopien aus der Beschluss-Sammlung gefertigt und ausgehändigt zu bekommen. Jeder Wohnungseigentümer kann einen Dritten ermächtigen, Einsicht in die Beschluss-Sammlung zu nehmen. Der Dritte benötigt kein besonderes persönliches Interesses für die Einsichtnahme.

558

1 BGH, Urt. v. 10.2.2012 – V ZR 105/11, NJW 2012, 1884 (1885).

231

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter I. Grundlagen Gemäß § 20 Abs. 1 WEG obliegt die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dem Verwalter nach Maßgabe der §§ 26 bis 28 WEG. Die Bestellung eines Verwalters kann nicht ausgeschlossen werden (§ 20 Abs. 2 WEG). Zwar schreibt das Gesetz den Wohnungseigentümern nicht vor, dass ein Verwalter zwingend bestellt sein muss. Das Fehlen eines Verwalters ist daher für sich genommen kein rechtswidriger Zustand. Andererseits ist die Bestellung eines Verwalters aber eine Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung. Deshalb kann jeder Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 4 WEG die Bestellung eines Verwalters verlangen.

559

Dem Verwalter sind im Wesentlichen Vollzugsaufgaben zugewiesen. Er kann grundsätzlich keine Entscheidungen mit Bindungswirkung für die Wohnungseigentümer treffen. Die Wohnungseigentümer sind auch dann Träger der Entscheidungen in Angelegenheiten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, wenn ein Verwalter bestellt ist. Der Verwalter soll die Wohnungseigentümer bei der Verwaltung unterstützen und entlasten. Er soll vornehmlich sicherstellen, dass die Verwaltungsentscheidungen der Wohnungseigentümer ordnungsgemäß durchgeführt werden. Mit der Institution des Verwalters wird gewährleistet, dass ein Mindestkatalog an Aufgaben und Befugnissen, die an sich den Wohnungseigentümern in ihrer Eigenschaft als Grundstücks- und Gebäudeeigentümer zukommen, rechtzeitig und mit der erforderlichen Sorgfalt erfüllt werden.

560

Der Verwalter ist Handlungsorgan der rechtsfähigen Gemeinschaft. Das Amt des Verwalters mit den gesetzlich ausgestalteten Aufgaben und Befugnissen soll den Rechtsverkehr der Gemeinschaft erleichtern. Ein gemeinschaftliches Handeln aller Wohnungseigentümer würde die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft in der Praxis unnötig erschweren. Deshalb ist dem Verwalter kraft Gesetzes in bestimmten Angelegenheiten die Rechtsmacht eingeräumt, die Gemeinschaft im Rechtsverkehr zu vertreten (§ 27 Abs. 3 Satz 1 WEG, s. Rz. 627 ff.). Darüber hinaus nimmt der Verwalter auch Aufgaben gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern wahr. In bestimmten Angelegenheiten weist ihn das Gesetz als gesetzlichen Vertreter der einzelnen Wohnungseigentümer aus (§ 27 Abs. 2 WEG).

561

Die gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse des Verwalters stehen nicht zur Disposition der Wohnungseigentümer. Sie sind unentziehbar (§ 27 Abs. 3 WEG). Wohnungseigentümer und Dritte sollen etwa darauf vertrauen dürfen, dass sie Zahlungen an die Gemeinschaft zu Händen des Verwalters bewirken können, um ihre Zahlungspflichten gegenüber der Gemeinschaft zu erfüllen (§ 27 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WEG). Den Wohnungseigentümern steht es frei, die Aufgaben und Befugnisse ihres Verwalters zu

562

233

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

erweitern, soweit dadurch nicht in unentziehbare Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Wohnungseigentümer eingegriffen wird.

II. Bestellung des Verwalters 1. Person des Verwalters 563

Zum Verwalter kann grundsätzlich jede geschäftsfähige Person bestellt werden. Verwalter kann ein Wohnungseigentümer oder ein nicht zur Gemeinschaft gehörender Dritter sein. Es darf aber immer nur eine Rechtsperson das Verwalteramt inne haben. Die Bestellung mehrerer Personen zum Verwalter wäre nichtig.1 Insoweit kann die Gemeinschaftsordnung auch nichts Abweichendes regeln.

564

Das WEG enthält keine Regelung darüber, welche subjektiven Voraussetzungen eine Person erfüllen muss, um das Verwalteramt übernehmen zu können. Danach sind weder Befähigungsnachweise noch andere persönliche Qualifikationen erforderlich. Die Wohnungseigentümer haben daher bei der Auswahl des Verwalters einen weiten Ermessensspielraum, dessen Grenze im Kriterium der ordnungsmäßigen Verwaltung liegt. Die vornehmliche Eigenschaft des Verwalters muss darin liegen, dass er den an ihn gestellten Anforderungen gewachsen ist.

565

Die Wohnungseigentümer können auch eine juristische Person, etwa eine GmbH, eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG)2 oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts (OHG, KG) zum Verwalter bestellen. Nach Ansicht des BGH ist hingegen die Bestellung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nicht möglich, selbst wenn ihr als Außengesellschaft Rechtsfähigkeit zukommt.3 Anders als bei einer Personengesellschaft des Handelsrechts sei bei der GbR der Kreis der Gesellschafter mangels Registerpublizität nicht offenkundig, so dass durch Gesellschafterwechsel den Wohnungseigentümern unbemerkt andere Gesellschafter als handelnde Personen aufgedrängt werden könnten.4

1 BGH, Urt. v. 11.12.1989 – II ZR 117/89, ZMR 1990, 188. 2 BGH, Urt. v. 22.6.2012 – V ZR 190/11, MDR 2012, 955 = MietRB 2012, 264 = ZWE 2012, 427 (428). 3 BGH, Beschl. v. 26.1.2006 – V ZB 132/05, MDR 2006, 981 = NotBZ 2006, 171 = MietRB 2006, 170 = NJW 2006, 2189 = ZWE 2006, 183 = ZMR 2006, 375; vgl. BGH, Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056 zur Rechtsfähigkeit der GbR. 4 Kritisch Jennißen/Jennißen, § 26 WEG, Rz. 6; Armbrüster, ZWE 2006, 181 (182) mit dem Hinweis, dass OHG mit Aufnahme des vollkaufmännischen Geschäftsbetriebs auch ohne Eintragung im Handelsregister entsteht.

234

II. Bestellung des Verwalters

2. Bestellungsakt Der Verwalter erlangt sein Amt durch Bestellung. Die Bestellung erfolgt in drei Schritten:

566

– Beschluss über die Bestellung, – Erklärung gegenüber der zu bestellenden Person, – Annahme der Bestellung. Eine wirksame Bestellung setzt voraus, dass die Wohnungseigentümer über die Bestellung einer Person beschließen (§ 26 Abs. 1 Satz 1 WEG). Der Beschluss kann mit Stimmenmehrheit gefasst werden, soweit die Bestellung der Person ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, also keine triftigen Gründe gegen diese Person sprechen. Ist die zu bestellende Person für das Verwalteramt ungeeignet, kann ein Mehrheitsbeschluss auf Antrag für ungültig erklärt werden (§ 23 Abs. 4 WEG). Die gerichtliche Ungültigerklärung des Bestellungsbeschlusses lässt die Legitimationsgrundlage der Bestellung entfallen. Sie ist unwirksam.

567

Soll ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Verwalter bestellt werden, ist dieses nach Ansicht des BGH bei der Beschlussfassung ebenfalls stimmberechtigt, und zwar selbst dann, wenn der Beschluss neben der Bestellung auch den Abschluss eines Verwaltervertrages betrifft.1 Auch ein Mehrheitseigentümer ist nicht von vornherein vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn er seine Stimmrechtsmacht dazu benutzt, um seine eigene Bestellung oder die Bestellung einer ihm nahe stehenden Person durchzusetzen. Eine unwirksame Stimmrechtsausübung wegen rechtsmissbräuchlicher Majorisierung der übrigen Wohnungseigentümer ist erst anzunehmen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die sich als Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gemeinschaft darstellen. Eine rechtsmissbräuchliche Stimmrechtsausübung ist etwa anzunehmen, wenn zwischen der Gemeinschaft und dem Bauträger als Mehrheitseigentümer ein Rechtsstreit über Baumängel anhängig ist und der Bauträger sich mit der Mehrheit seiner Stimmen zum Verwalter bestellt (s. Rz. 529a).2

568

Der Bestellungsbeschluss bedarf der Ausführung durch Erklärung gegenüber der zu bestellenden Person.3 Die aufgrund des Bestellungsbeschlusses erklärte Bestellung wirkt auch für und gegen die Wohnungseigentümer, die gegen den Beschluss gestimmt oder an der Beschlussfassung nicht mitgewirkt haben (§ 10 Abs. 5 WEG).

569

Da die Wohnungseigentümer niemandem die Amtspflichten eines Verwalters einseitig ohne seinen Willen auferlegen können, muss der Betroffene schließlich die Bestellung annehmen, d.h. seine Zustimmung zur Bestellung erklären. Erst mit der Annahme der Bestellung ist die Bestellung

570

1 BGH, Beschl. v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704. 2 BayObLG, Beschl. v. 19.12.2001 – 2Z BR 15/01, ZMR 2002, 527. 3 BGH, Beschl. v. 20.6.2002 – V ZB 39/01, MDR 2002, 1427 = NJW 2002, 3240.

235

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

wirksam. Der Abschluss eines Verwaltervertrages ist darüber hinaus für eine wirksame Verwalterbestellung nicht erforderlich (s. dazu Rz. 583).1

3. Dauer der Bestellung 571

Mit der Bestellung bestimmen die Wohnungseigentümer regelmäßig zugleich den Beginn der Amtszeit des Verwalters. Ist der Beginn der Bestellungszeit nicht ausdrücklich geregelt, wird in der Regel zu differenzieren sein: Hat die Gemeinschaft im Zeitpunkt der Bestellung keinen Verwalter, ist die Bestellung mangels entgegenstehender Anhaltspunkte sofort wirksam. Ist hingegen noch ein Verwalter vorhanden, dessen Amtszeit demnächst endet, so wird die Bestellung dahin auszulegen sein, dass die Amtszeit des neuen Verwalters mit Ablauf der Amtszeit des gegenwärtigen Verwalters beginnen soll.

572

Mit der Bestellung bestimmen die Wohnungseigentümer regelmäßig auch die Dauer der Amtszeit. Die Höchstdauer ist gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 WEG auf fünf Jahre beschränkt; die erste Bestellung nach der Begründung von Wohnungseigentum darf sogar nur für die Dauer von höchstens drei Jahren vorgenommen werden (s. Rz. 579). Ein Bestellungsbeschluss, der eine längere Amtszeit festlegt, ist nichtig, soweit er fünf bzw. drei Jahre überschreitet.

573

§ 26 Abs. 1 Satz 2 WEG gilt nicht nur im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander, sondern ist auch im Verhältnis zum Verwalter zwingendes Recht. Die Amtszeit eines Verwalters endet daher in jedem Fall – vorbehaltlich einer Wiederbestellung – nach fünf bzw. drei Jahren. Ist die Dauer der Amtszeit weder ausdrücklich geregelt noch durch Auslegung der Bestellung ermittelbar, so ist der Verwalter auf unbestimmte Zeit bestellt2, d.h. seine Amtszeit endet spätestens nach fünf Jahren.

574

Die wiederholte Bestellung eines Verwalters ist zulässig. Sie bedarf eines erneuten Bestellungsbeschlusses, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit gefasst werden kann (§ 26 Abs. 2 WEG). Die Amtszeit der Wiederbestellung beginnt, sofern nicht ein früherer Termin bestimmt ist, mit dem Ende der laufenden Amtszeit. Die fünfjährige Höchstfrist des § 26 Abs. 1 Satz 2 WEG beginnt ab diesem Zeitpunkt erneut zu laufen.

575

Nach Sinn und Zweck des § 26 Abs. 1 und 2 WEG sollen sich die Wohnungseigentümer nicht für einen längeren Zeitraum als sechs Jahre an einen Verwalter binden.3 Ein Wiederbestellungsbeschluss, der früher als ein Jahr vor Ablauf der gegenwärtigen Bestellungszeit gefasst wird, ist daher nichtig, wenn die neue Amtszeit erst mit Ablauf der gegenwärtigen Amtszeit beginnen und fünf Jahre betragen soll. Ist die Wiederbestellung hin1 Sog. Trennungstheorie: BGH, Urt. v. 6.3.1997 – III ZR 248/95, MDR 1997, 537 = NJW 1997, 2106. 2 Siehe dazu Merle in Bärmann, § 26 WEG, Rz. 61 f. 3 BGH, Beschl. v. 23.2.1995 – III ZR 65/94, NJW-RR 1995, 780.

236

II. Bestellung des Verwalters

gegen dahin auszulegen, dass die neue Amtszeit – bei gleichzeitiger Abkürzung der laufenden Amtsperiode – sofort oder innerhalb des nächsten Jahres beginnen soll, ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden. Gegen den Zweck des § 26 Abs. 1 und 2 WEG wird in diesem Fall nicht verstoßen.1 Da das Verwalteramt personengebunden ist, endet es vor Ablauf der Bestellungszeit, wenn der Verwalter stirbt oder die Gesellschaft, die das Verwalteramt ausübt, aufgelöst und auseinandergesetzt wird. So endet etwa das Verwalteramt einer OHG, wenn sämtliche Gesellschaftsanteile auf eine GmbH übergehen. Soll die GmbH das Amt des Verwalters übernehmen, ist eine Neubestellung erforderlich.2

576

Gliedert eine zum Verwalter bestellte natürliche Person ihr einzelkaufmännisches Verwaltungsunternehmen zum Zwecke der Neugründung einer Einpersonen-GmbH aus, so endet das Verwalteramt weder automatisch noch geht es automatisch auf die neu gegründete GmbH über.3 Der Verwalter muss sein persönliches Amt niederlegen (s. Rz. 619), damit die GmbH zur Verwalterin bestellt werden kann. Eine Neubestellung ist hingegen nicht erforderlich, wenn ein Verwaltungsunternehmen unter Wahrung der Identität des Rechtsträgers in eine andere Rechtsform umgewandelt wird. Auch bei der Verschmelzung einer zur Verwalterin bestellten juristischen Person (GmbH, AG) auf eine andere juristische Person gehen Organstellung und Verwaltervertrag im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger über (§ 20 Abs. 1 UmwG).4

577

4. Erstmalige Bestellung in der Teilungsphase Bei der Begründung von Wohnungseigentum durch Teilung (§ 8 WEG) erfolgt die Bestellung des ersten Verwalters in der Praxis zumeist durch den aufteilenden Bauträger. Obgleich der Bauträger vor dem Entstehen der Eigentümergemeinschaft keinen Beschluss über die Bestellung gem. § 26 Abs. 1 Satz 1 WEG fassen kann, billigt man ihm das Recht zu, bereits mit der Teilungserklärung den ersten Verwalter zu bestellen. Solange durch Veräußerung von Wohnungseigentum an einen ersten Erwerber und Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch noch keine (werdende) Eigentümergemeinschaft entstanden ist (s. Rz. 51 ff.), kann sich der teilende Bauträger die Bestellung eines Verwalters mit Wirkung für und gegen die künftige Gemeinschaft vorbehalten.5 Vollzogen ist die Bestellung in diesem Fall, 1 Merle in Bärmann, § 26 WEG, Rz. 65. 2 OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2006 – 2 Wx 5/06, ZMR 2006, 385; OLG Düsseldorf, Beschl. 28.5.1990 – 3 Wx 159/90, MDR 1990, 925 = NJW-RR 1990, 1299. 3 BayObLG, Beschl. v. 7.2.2002 – 2Z BR 161/01, NZM 2002, 346; OLG Köln, Beschl. v. 24.9.2003 – 2 Wx 28/03, MietRB 2004, 81. 4 BGH, Urt. v. 21.3.2014 – V ZR 164/13, MietRB 2014, 142 = ZWE 2014, 216 (217); OLG München, Beschl. v. 31.1.2014 – 34 Wx 469/13, ZWE 2014, 169 zur Abspaltung eines Teilbetriebs „WEG-Verwaltung“; a.A. LG München I, Urt. v. 10.1.2013 – 36 S 8058/12, ZWE 2013, 415 für die Abspaltung zur Neugründung. 5 Vgl. Merle in Bärmann, § 26 WEG, Rz. 75 ff.

237

578

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

wenn der teilende Alleineigentümer eine Bestellungserklärung gegenüber dem künftigen Verwalter abgibt und dieser seiner Bestellung zustimmt.1 Die Bestellungserklärung ist nur dann entbehrlich, wenn der teilende Bauträger sich selbst zum Verwalter bestellt, was zulässig ist.2 579

Der teilende Alleineigentümer kann die Dauer der Bestellung bestimmen, wobei die Amtszeit im Zweifel mit Entstehen der (werdenden) Gemeinschaft beginnt. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass die Gemeinschaft von Anfang an einen Verwalter hat, der einen Wirtschaftsplan aufstellen und in einer von ihm einberufenen ersten Eigentümerversammlung beschließen lassen kann. In der Praxis hat die Bestellung des Verwalters durch den Bauträger für die Erwerber zumeist den Nachteil, dass der Bauträger sich selbst oder eine mit ihm wirtschaftlich verbundene Person zum Verwalter bestellt. Hier ergeben sich Interessenkonflikte, wenn der durch den Bauträger bestellte Verwalter Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums feststellen und gemeinschaftsbezogene Mängelansprüche der Erwerber im Namen der Gemeinschaft gegen den Bauträger geltend machen soll. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die Erwerber die Möglichkeit haben, noch vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist einen anderen Verwalter zu bestellen. Deshalb ist die erstmalige Bestellung eines Verwalter gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB auf höchstens drei Jahre beschränkt.

580

Die durch die WEG-Novelle 2007 neu eingefügte Vorschrift ist missverständlich. Nach dem Wortlaut des Gesetzes gilt die Beschränkung der Bestellungszeit für die erste Bestellung „nach der Begründung von Wohnungseigentum“. Die konfliktträchtige Erstbestellung durch den Bauträger erfolgt jedoch regelmäßig bereits vor der Begründung von Wohnungseigentum, d.h. vor Anlegung der Wohnungsgrundbücher. Nach Sinn und Zweck gilt die Vorschrift in diesem Fall zumindest entsprechend.

5. Bestellung durch das Gericht 581

Mit Inkrafttreten der WEG-Novelle 2007 ist die vormalige Regelung in § 26 Abs. 3 WEG a.F. entfallen, wonach das Gericht in dringenden Fällen bei Fehlen eines Verwalters auf Antrag eines Wohnungseigentümers oder eines Dritten im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einen Notverwalter bestellen konnte. Wie eingangs bereits erwähnt, kann ein Wohnungseigentümer jedoch von den übrigen Wohnungseigentümern die Bestellung eines Verwalters als Maßnahme der ordnungsmäßigen Verwaltung verlangen (§ 21 Abs. 4 WEG). Er kann den Anspruch auf Bestellung eines Verwalters nunmehr im Zivilprozess gegen die übrigen Wohnungseigentümer geltend machen (§ 43 Nr. 1 WEG).3 Ein etwaiger zuvor gefasster Beschluss, wonach kein Verwalter bestellt werden soll, kann dem Be1 KG, Beschl. v. 6.10.2011 – 1 W 477/11, MietRB 2012, 46 = ZWE 2012, 96 m. Anm. Jacoby. 2 Staudinger/Bub, § 26 WEG, Rz. 140. 3 Jennißen/Suilmann, § 43 WEG, Rz. 16.

238

III. Verwaltervertrag

stellungsbegehren nicht entgegenstehen, da ein solcher Beschluss wegen Verstoßes gegen § 20 Abs. 2 WEG nichtig wäre. Der einzelne Wohnungseigentümer kann seinen Anspruch auf Bestellung eines Verwalters im Wege der Gestaltungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG durchsetzen (s.o. Rz. 377 ff.). Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Gestaltungsklage auf gerichtliche Bestellung eines Verwalters besteht jedoch in der Regel nur, wenn sich der Wohnungseigentümer zuvor vergeblich um eine Beschlussfassung der Eigentümerversammlung bemüht hat. Weigert sich der zur Einberufung einer Versammlung befugte Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder sein Stellvertreter, eine Versammlung mit dem Tagesordnungspunkt „Bestellung eines Verwalters“ einzuberufen, kann sich der einzelne Wohnungseigentümer durch Klage gerichtlich zur Einberufung einer Versammlung mit diesem Tagesordnungspunkt ermächtigen lassen. Nur wenn die Einberufung einer Versammlung – etwa wegen der Stimmrechtsverhältnisse – von vornherein keinen Erfolg verspricht oder für den einzelnen Wohnungseigentümer unzumutbar ist, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für eine unmittelbar auf gerichtliche Bestellung gerichtete Gestaltungsklage.1 Damit das Gericht durch Gestaltungsurteil den Beschluss über die Bestellung eines Verwalters ersetzen kann, hat der Kläger eine oder mehrere geeignete Personen zu benennen und deren Zustimmung zur Bestellung darzulegen.2 Bei besonderer Eilbedürftigkeit kann das Gericht auf Antrag einen Verwalter durch einstweilige Verfügung nach §§ 935 ff. ZPO bestellen.3

582

III. Verwaltervertrag 1. Verwaltervertrag und Verwalterbestellung Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer schließt mit dem Verwalter regelmäßig einen sog. Verwaltervertrag, um die gegenseitigen Rechte und Pflichten zu regeln. Für eine wirksame Bestellung ist der Abschluss eines Verwaltervertrages nicht erforderlich.4 Die Mindestaufgaben und -befugnisse brauchen nicht vertraglich geregelt zu werden, da sie sich bereits aus dem Gesetz ergeben (§§ 27, 28 WEG). Gleichwohl wird in der Regel ein Verwaltervertrag abgeschlossen, um zusätzliche Rechte und Pflichten, insbesondere die Vergütungsansprüche des Verwalters zu begründen.

583

Bestellung und der Verwaltervertrag sind hinsichtlich Zustandekommen und Wirksamkeit grundsätzlich voneinander zu trennen (Trennungstheo-

584

1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.8.2007 – 3 Wx 85/07, ZMR 2007, 878 (879). 2 Merle in Bärmann, § 26 WEG, Rz. 283. 3 BGH, Urt. v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, MDR 2011, 1032 = MietRB 2011, 282 = ZWE 2011, 356. 4 Striewski, PiG 61, 217 (222): a.A. noch die frühere Rechtsprechung: BayObLG, Beschl. v. 25.7.1974 – 2Z BR 25/74, NJW 1974, 2136; OLG Köln, Beschl. v. 21.2. 1990 – 16 Wx 18/90, WE 1990, 171.

239

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

rie).1 In der Praxis ist eine inhaltliche Trennung von Bestellung und Verwaltervertrag oftmals nur schwer möglich. Sie kann jedoch von Relevanz sein, wenn der Verwaltervertrag nichtig, die Bestellung hingegen wirksam ist oder wenn die Wohnungseigentümer den Verwalter aus seinem Amt abberufen, ein wichtiger Grund für die vorzeitige Beendigung des Verwaltervertrages hingegen fehlt (s. Rz. 608 ff.).

2. Rechtsnatur und Inhalt 585

Durch Abschluss des Verwaltervertrages verpflichtet sich der Verwalter gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft regelmäßig das Amt des Verwalters gegen Entgelt wahrzunehmen. Der Verwaltervertrag ist damit in der Regel ein entgeltlicher Geschäftbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) mit teilweise dienstvertraglichem, zum Teil aber auch werkvertraglichem Charakter. Wird der Verwalter ohne ein Honorar tätig, besteht zwischen ihm und der Gemeinschaft lediglich ein Auftragsverhältnis i.S.d. § 662 BGB.

586

In beiden Fällen hat der Verwalter die Rechte und Pflichten eines Beauftragten gem. §§ 665 bis 670 BGB. Er ist der Gemeinschaft zu Auskunft und Rechenschaft verpflichtet (§ 666 BGB). Er hat die Einsichtnahme in sämtliche Buchungsunterlagen, Ausgabenbelege und sonstige Abrechnungsunterlagen zu gestatten.2 Die Gemeinschaft ist gegenüber dem Verwalter weisungsberechtigt, wobei der Verwalter von den Weisungen nur abweichen darf, wenn den Umständen nach anzunehmen ist, dass die Wohnungseigentümer bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würden. Der Verwalter hat zuvor die Wohnungseigentümer hierüber zu unterrichten und die Entschließung der Gemeinschaft abzuwarten, wenn nicht ein sofortiges Handeln erforderlich ist (§ 665 BGB).

587

Macht der Verwalter zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendige Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, kann er von der Gemeinschaft Ersatz seiner Aufwendungen verlangen (§ 670 BGB), soweit diese nicht bereits mit dem Verwalterhonorar abgegolten sind. Andererseits hat der Verwalter gem. § 667 BGB alles, was er zur Ausführung seiner Aufgaben erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, an die Gemeinschaft herauszugeben bzw. dem Verwaltungsvermögen zuzuführen. Verwendet der Verwalter Geld für sich, welches er nach § 667 BGB herauszugeben hat, trifft ihn die Verzinsungspflicht nach § 668 BGB.

588

Die einzelnen Wohnungseigentümer sind nicht Partei des Verwaltervertrages.3 Da der Verwaltervertrag der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Wohnungseigentümer dient, hat der Verwalter auf die 1 BGH, Beschl. v. 10.6.2002 – V ZB 39/01, NJW 2002, 3240; LG Lüneburg, Urt. v. 18.3.2014 – 9 S 70/13, ZWE 2014, 277. 2 BayObLG, Beschl. v. 4.7.2002 – 2Z BR 139/01, ZWE 2002, 577. 3 OLG Hamm, Beschl. v. 3.1.2006 – 15 W 109/05, NZM 2006, 632; OLG München, Beschl. v. 8.11.2006 – 34 Wx 45/06, NZM 2007, 92; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.9.2006 – 3 Wx 281/05, NJW 2007, 161.

240

III. Verwaltervertrag

Rechte, Rechtsgüter und Interessen der Wohnungseigentümer Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB). Der Vertrag entfaltet mithin Schutzwirkungen für die einzelnen Wohnungseigentümer mit der Folge, dass jeder einzelne vom Verwalter Schadensersatz verlangen kann, wenn der Verwalter ihm gegenüber schuldhaft seine Rücksichtnahmepflicht verletzt (s. Rz. 675). Als echter Vertrag zugunsten der Wohnungseigentümer ist der Verwaltervertrag hingegen nur anzusehen, soweit die Vertragsauslegung ergibt, dass den einzelnen Wohnungseigentümern Erfüllungsansprüche gegen den Verwalter zustehen sollen (§ 328 Abs. 2 BGB).1 Die Pflicht des Verwalters, jedem Wohnungseigentümer auf Verlangen Einsicht in die Verwalterunterlagen zu gewähren, ergibt sich bereits als gesetzliche Nebenpflicht aus dem Bestellungsverhältnis. Die Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen kann grundsätzlich jederzeit am Ort der Verwaltung erfolgen.2 Jeder Wohnungseigentümer darf sich auf eigene Kosten Kopien fertigen.3 Ob der Verwalter verpflichtet ist, auf Verlangen des Wohnungseigentümers gegen Kostenerstattung Kopien anzufertigen und zu versenden, ist noch nicht abschließend geklärt.4 Sicherheitshalber sollte diese Frage und die Kostentragungspflicht im Verwaltervertrag ausdrücklich geregelt werden. Sofern eine Kostenerstattung nicht geregelt ist, dürften 0,50 Euro pro Kopie als Aufwendungsersatz angemessen sein (§ 670 BGB).5

589

3. Vertragsschluss Der Abschluss des Verwaltervertrages ist nicht formbedürftig. Gleichwohl werden Verwalterverträge in der Regel schriftlich abgeschlossen. Bei Abschluss des Vertrages wird die Gemeinschaft durch die Wohnungseigentümer vertreten (§ 27 Abs. 3 Satz 2 WEG). Sie entscheiden über den Abschluss durch Mehrheitsbeschluss. In der Praxis werden häufig ein oder mehrere Wohnungseigentümer, etwa die Mitglieder des Verwaltungsbeirates, durch Beschluss ermächtigt, den Verwaltervertrag auszuhandeln und im Namen der Gemeinschaft abzuschließen. Der oder die zum Vertragsschluss Ermächtigten müssen darauf achten, dass sie die eingeräumte Vertretungsmacht nicht überschreiten, da sie sich sonst gegenüber dem künftigen Verwalter nach § 179 BGB schadensersatzpflichtig machen könnten.

590

Wird der Verwaltervertrag vom teilenden Alleineigentümer zu einem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem noch keine Wohnungseigentümergemein-

591

1 Merle in Bärmann, § 26 WEG, Rz. 112; Häublein, ZWE 2008, 6 f.; a.A. Abramenko, ZMR 2006, 6 (9); Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 26 WEG, Rz. 28. 2 Zu Ausnahmen s. OLG Köln, Beschl. v. 28.2.2001 – 16 Wx 10/01, NZM 2002, 221. 3 KG, Beschl. v. 31.1.2000 – 24 W 601/99, ZMR 2000, 401. 4 Vgl. BayObLG, Beschl. v. 13.6.2000 – 2Z BR 175/99, ZMR 2000, 687. Eine Pflicht zur Überlassung bejahen OLG München, Beschl. v. 29.5.2006 – 34 Wx 27/06, ZWE 2006, 501; AG Berlin-Schöneberg, Urt. v. 14.4.2010 – 77 C 133/09, ZWE 2011, 53. 5 AG Köln, Beschl. v. 29.7.1988 – 204 II 202/87, WE 1990, 36.

241

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

schaft besteht, geht der Vertrag später nicht auf die Gemeinschaft über.1 Der Verwaltervertrag wirkt nur für und gegen die Gemeinschaft, wenn die Wohnungseigentümer ihn nach Entstehen der Gemeinschaft durch Beschluss genehmigen (s.o. Rz. 138 ff.).

4. Vergütung des Verwalters 592

Da mit der Übernahme des Verwalteramtes ein nicht unerheblicher Arbeitsaufwand verbunden ist, wird der zu Bestellende das Amt in der Regel nur gegen eine Vergütung übernehmen wollen. Die meisten Wohneigentumsanlagen werden von professionellen Immobilienverwaltern betreut. In diesen Fällen gilt eine Vergütung auch dann als stillschweigend vereinbart, wenn eine solche nicht ausdrücklich im Verwaltervertrag geregelt ist. Die Wohnungseigentümergemeinschaft schuldet dann eine branchenübliche Vergütung (§§ 632 Abs. 1 und 2, 675, 612 Abs. 1 und 2 BGB).2

593

Auch wenn der Verwalter nach dem WEG nur für das gemeinschaftliche Eigentum und nicht für das Sondereigentum zuständig ist, wird die Höhe der Vergütung regelmäßig nach der Anzahl der Sondereigentumseinheiten berechnet. Einen Anhaltspunkt für die übliche Vergütung bildet die Höhe der „Verwaltungskosten“ i.S.d. §§ 41 Abs. 2, 26 II. Berechnungsverordnung. Für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben ist eine monatliche Verwaltervergütung zwischen 15 Euro und 35 Euro pro Wohnung und zwischen 1,50 Euro bis 2,50 Euro pro Garage (ggf. zzgl. MwSt.) üblich.3

594

Mit der vereinbarten Vergütung sind alle Tätigkeiten des Verwalters entlohnt, die ihm durch Gesetz oder Vereinbarung zugewiesen sind und die zum typischen Berufsbild eines Verwalters gehören (zu den Aufgaben s. Rz. 623 ff.).4 Etwaige Sondervergütungen kann der Verwalter daher nur beanspruchen, wenn dies zuvor vereinbart wurde, etwa für die gerichtliche Geltendmachung von Beitragsforderungen oder die Verfolgung von Mängelrechten gegen den Bauträger.

595

Für die Verwaltervergütung haftet die Wohnungseigentümergemeinschaft mit ihrem Verwaltungsvermögen. Der Verwalter darf seine Vergütung aus den gemeinschaftlichen Geldern entnehmen.5 Wie gegenüber jedem anderen Gläubiger der Gemeinschaft haftet jeder Wohnungseigentümer auch dem Verwalter gegenüber für die Verwaltervergütung als Teilschuldner nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils (§ 10 Abs. 8 WEG; s.o. Rz. 214). Im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer erfolgt die Kostentragung jedoch nach dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel. Hierbei 1 2 3 4 5

Merle in Bärmann, § 26 WEG, Rz. 119. Merle in Bärmann, § 26 WEG, Rz. 149. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 26 WEG, Rz. 63. BGH, Beschl. v. 6.5.1993 – V ZB 9/92, MDR 1993, 865 = NJW 1993, 1924. OLG Hamm, Beschl. v. 5.6.2007 – 15 W 239/06, MietRB 2008, 180 = ZWE 2008, 182 f.

242

IV. Nachweis der Verwaltereigenschaft

ist zu beachten, dass die Kostenverteilung gem. § 16 Abs. 2 WEG nach Miteigentumsanteilen erfolgt, wenn nicht für die Verwaltervergütung ein anderer Verteilungsschlüssel vereinbart oder gem. § 16 Abs. 2 WEG beschlossen wurde.1 Die Fälligkeit der Vergütung richtet sich in erster Linie nach dem Verwaltervertrag. Ist hierin keine besondere Bestimmung getroffen, wird eine monatlich zu zahlende Vergütung mit Ablauf des Monats fällig (§ 614 Satz 2 BGB). Wurde eine monatliche Vergütung nicht vereinbart, ist die Vergütung nach Jahresablauf und Vorlage der Jahresabrechnung fällig.2

596

5. Laufzeit des Vertrages Die Laufzeit des Verwaltervertrages wird in der Regel an die Dauer der Bestellungszeit angepasst. Enthält der Verwaltervertrag keine Bestimmung zur Laufzeit, obwohl die Bestellung nur auf bestimmte Zeit erfolgt ist, wird der Verwaltervertrag regelmäßig dahin auszulegen sein, dass er für die Dauer der Bestellungszeit eingegangen wurde. Ergibt die Auslegung des Verwaltervertrages hingegen, dass ausnahmsweise die Vertragsdauer über den Bestellungszeitraum hinausgehen soll, ist der Verwaltervertrag wegen § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG i.V.m. § 134 BGB insoweit unwirksam, wie die Vertragsdauer die Bestellungszeit übersteigt.3 Die maximale Vertragsdauer darf fünf Jahre nicht überschreiten. Ist die Dauer der Bestellungszeit länger als die Laufzeit des Vertrages, müsste ein neuer Vertrag geschlossen werden. Zum Schicksal des Verwaltervertrages bei vorzeitiger Beendigung des Bestellungsrechtsverhältnisses aus wichtigem Grund s. Rz. 609.

597

IV. Nachweis der Verwaltereigenschaft Die Bestellung oder Abberufung eines Verwalters wird nicht in einem öffentlichen Register bekannt gemacht, wie dies etwa bei der Bestellung von Vorstandsmitgliedern eines eingetragenen Vereins der Fall ist. Ein Verwalter muss jedoch bisweilen seine Verwaltereigenschaft und die ihm zustehende Vertretungsmacht im Rechtsverkehr nachweisen. Relevant wird dies vor allem, wenn die Zustimmung des Verwalters zur Veräußerung von Wohnungseigentum nach § 12 WEG gem. § 29 GBO in öffentlich beglaubigter Form gegenüber dem Grundbuchamt nachgewiesen werden muss.

598

Soweit die Verwaltereigenschaft durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachzuweisen ist, genügt die Vorlage einer Niederschrift über den Bestellungsbeschluss. In der Niederschrift müssen die Unterschriften der

599

1 BGH, Beschl. v. 15.3.2007 – V ZB 1/06, MDR 2007, 879 = MietRB 2007, 142 = ZWE 2007, 398 (403). 2 OLG Hamm, Beschl. v. 4.3.1993 – 15 W 295/92, NJW-RR 1993, 845. 3 Merle in Bärmann, § 26 WEG, Rz. 172.

243

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

in § 24 Abs. 6 WEG bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sein (§ 26 Abs. 3 WEG). 600

Nach § 24 Abs. 6 WEG sind die Versammlungsniederschriften, und damit auch die Niederschrift über den Bestellungsbeschluss, von dem Vorsitzenden der Versammlung und einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen Vorsitzendem oder seinem Vertreter zu unterschreiben.

601

Wurde der Verwalter durch schriftlichen Beschluss nach § 23 Abs. 3 WEG bestellt, kann die Verwaltereigenschaft durch die Vorlage der öffentlich beglaubigten Zustimmungserklärungen aller Wohnungseigentümer nachgewiesen werden.1 Ist der Verwalter vom teilenden Alleineigentümer bestellt worden, genügt zum Nachweis der Bestellung die Vorlage der notariell beurkundeten Gemeinschaftsordnung.2 Ein gerichtlich bestellter Verwalter kann seine Verwaltereigenschaft durch Gerichtsurteil nachweisen.

602

Der Verwalter kann nach § 27 Abs. 6 WEG von den Wohnungseigentümern auch die Ausstellung einer Vollmachts- und Ermächtigungsurkunde verlangen, aus der der Umfang seiner Vertretungsmacht ersichtlich ist. Den Anspruch auf Ausstellung der Urkunde kann der Verwalter gegebenenfalls gerichtlich vor dem nach § 43 Nr. 3 WEG zuständigen AG gegen die Wohnungseigentümer einklagen.3 Die Vollmachtsurkunde hat die Person des Verwalters und den Umfang seiner Vertretungsmacht anzugeben. Ihre Vorlage begründet Vertrauensschutz (§§ 172 ff. BGB). Danach gilt derjenige, der eine Vollmachtsurkunde vorlegt, dem gutgläubigen Dritten gegenüber solange als vertretungsberechtigt, bis die Urkunde zurückgegeben, für kraftlos erklärt oder das Erlöschen der Vertretungsmacht anderweitig angezeigt wird (§§ 172 Abs. 2, 173 BGB).4

V. Abberufung des Verwalters und Amtsniederlegung 1. Ordentliche Abberufung 603

Wohnungseigentümer können den Verwalter grundsätzlich jederzeit aus seinem Amt abberufen. Die Abberufung erfolgt durch Beschluss und Erklärung der Abberufung gegenüber dem Verwalter.5 Mit Zugang der Abberufungserklärung beim Verwalter verliert dieser mit sofortiger Wirkung seine Amtsstellung.

604

Über die Abberufung können die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit beschließen, wenn die Abberufung ordnungsmäßiger Verwal1 2 3 4 5

BayObLG, Beschl. v. 23.1.1986 – BReg 2 Z 14/85, NJW-RR 1986, 565. BayObLG, Beschl. v. 16.4.1991 – BReg 2 Z 25/91, NJW-RR 1991, 978. Jennißen/Heinemann, § 27 WEG, Rz. 165. Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 317. BGH, Beschl. v. 20.6.2002 – V ZB 39/01, MDR 2002, 1427 = NJW 2002, 3240; BayObLG, Beschl. v. 28.1.2003 – 2Z BR 126/02, NZM 2003, 243.

244

V. Abberufung des Verwalters und Amtsniederlegung

tung entspricht (§ 26 Abs. 1 Satz 1 WEG). Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Verwalter seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt. Findet ein Abberufungsbeschluss keine Mehrheit, kann jeder Wohnungseigentümer unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 WEG die Abberufung des Verwalters erzwingen (s. Rz. 617). Nach Ansicht des BGH ist ein zum Verwalter bestellter Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über seine Abberufung grundsätzlich stimmberechtigt, und zwar auch dann, wenn der Beschluss zugleich die Kündigung des Verwaltervertrages zum Gegenstand hat. Ein Stimmrechtsausschluss bestehe nur, wenn die Abberufung oder die Kündigung des Verwaltervertrages aus wichtigem Grund erfolgen sollen.1

605

Fraglich ist, ob auch bei einer befristeten Bestellung der allgemeine Grundsatz gilt, wonach ein befristetes Dauerschuldverhältnis nur aus wichtigem Grund vorzeitig beendet werden kann, oder ob jederzeit eine grundlose Abberufung möglich ist.2 Entscheidend dürfte sein, welchen Zweck die Wohnungseigentümer mit der Festlegung einer konkreten Bestellungszeit verfolgt haben. Im Zweifel wird die Auslegung zu dem Ergebnis führen, dass die Wohnungseigentümer eine jederzeit mögliche Abberufung ohne wichtigen Grund nicht ausschließen wollten. Etwaige Interessen des Verwalters stehen dem nicht entgegen, da die Abberufung den Bestand des Verwaltervertrages grundsätzlich unberührt lässt.

606

2. Kündigung des Verwaltervertrages Soll auch der Verwaltervertrag beendet werden, müssen die Wohnungseigentümer neben der Abberufung auch die Kündigung des Verwaltervertrages beschließen und im Namen der Gemeinschaft gegenüber dem Verwalter erklären. Regelmäßig werden Abberufungsbeschluss und die Abberufungserklärung aber dahin auszulegen sein, dass auch die Beendigung des Verwaltervertrages gewollt ist. Wurde der Verwaltervertrag für unbegrenzte Zeit geschlossen, kann dieser sowohl von der Wohnungseigentümergemeinschaft als auch vom Verwalter ordentlich gekündigt werden (§§ 620 Abs. 2, 621, 649 Satz 2 BGB). Die Kündigung durch die Gemeinschaft ist spätestens am fünfzehnten eines Monats für den Schluss des Kalendermonats zulässig, wenn die Vergütung des Verwalters nach Monaten bemessen ist (§ 621 Nr. 3 BGB).3

607

Üblicherweise wird der Verwaltervertrag jedoch für einen begrenzten Zeitraum geschlossen, nämlich für die voraussichtliche Dauer der Bestellung. Die Befristung führt zum Ausschluss eines ordentlichen Kündigungsrechts. Der Verwaltervertrag kann nur noch aus wichtigem Grunde gekündigt werden (§ 314 BGB), wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer den

608

1 BGH, Beschl. v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704. 2 Siehe Staudinger/Bub, § 26 WEG, Rz. 192 m.w.N. 3 Staudinger/Bub, § 26 WEG, Rz. 387; a.A. wohl KG, Beschl. v. 20.3.1989 – 24W 5478/86, WE 1989, 132.

245

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen aller Beteiligten die Fortsetzung des Verwaltervertrages nicht zugemutet werden kann und deshalb das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist.1 Insoweit gelten die gleichen Maßstäbe wie für die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund zur Abberufung gegeben ist (s. Rz. 615). 609

Fehlt ein wichtiger Grund zur Kündigung des Verwaltervertrages, ist zwar der Eigentümerbeschluss über die Kündigung wirksam, die Kündigungserklärung gegenüber dem Verwalter entfaltet aber keine Rechtswirkungen. Der Verwaltervertrag besteht fort und die Wohnungseigentümergemeinschaft schuldet weiterhin das Verwalterhonorar.

3. Abberufung aus wichtigem Grund 610

Bereits erwähnt wurde, dass die Abberufung grundsätzlich jederzeit erfolgen kann, ohne dass es eines wichtigen Grundes bedarf. Die Wohnungseigentümer können jedoch nach § 26 Abs. 1 Satz 3 WEG bestimmen, dass die Abberufung des Verwalters nur aus wichtigem Grund erfolgen soll. Andere Beschränkungen der Abberufung sind unzulässig (§ 26 Abs. 1 Satz 4 WEG).

611

Die Beschränkungen der Abberufung auf einen wichtigen Grund kann in der Gemeinschaftsordnung vereinbart sein mit der Folge, dass sie generell für jeden Verwalter gilt. Sie kann sich auch unmittelbar aus dem Bestellungsbeschluss oder dem Verwaltervertrag ergeben, gilt dann aber nur für den konkret zu bestellenden Verwalter.2

612

Keine unzulässige Beschränkung der Abberufung des Verwalters liegt vor, wenn das gesetzliche Kopfprinzip (§ 25 Abs. 2 Satz 1 WEG) durch Vereinbarung abbedungen ist.3 Bei der Beschlussfassung über die außerordentliche Abberufung ist der Verwalter, im Gegensatz zur ordentlichen Abberufung, selbst dann nicht stimmberechtigt, wenn er Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist.4

613

Fassen die Wohnungseigentümer einen Abberufungsbeschluss, obwohl ein wichtiger Grund tatsächlich nicht vorliegt, ist der Beschluss dennoch zunächst wirksam. Er kann aber innerhalb eines Monats erfolgreich gerichtlich angefochten werden (§ 23 Abs. 4 WEG). Bleibt die fristgemäße Anfechtung aus, wird der Abberufungsbeschluss bestandskräftig.

614

Nach Ansicht des BGH steht auch dem abberufenen Verwalter ein Recht zur Anfechtung des Abberufungsbeschlusses zu (§ 46 Abs. 1 WEG).5 Aus 1 BayObLG, Beschl. v. 12.3.1998 – 2Z BR 8/98, NJW-RR 1998, 1022. 2 Drasdo, NZM 2001, 923; a.A. Reuter, ZWE 2001, 286 (292). 3 BGH, Urt. v. 28.10.2011 – V ZR 253/10, MDR 2012, 209 = MietRB 2012, 74 = ZWE 2012, 80 (81). 4 BGH, Beschl. v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704. 5 BGH, Beschl. v. 20.6.2002 – V ZB 39/01, MDR 2002, 1427 = NJW 2002, 3240.

246

V. Abberufung des Verwalters und Amtsniederlegung

der Bestellung erwachse dem Verwalter das Recht, sein Amt bis zur rechtmäßigen Abberufung auszuüben. Daher sei ihm die Möglichkeit eröffnet, seine ohne wichtigen Grund entzogene Amtsstellung durch fristgerechte Beschlussanfechtung zurück zu gewinnen. Nach richtiger Ansicht ergibt sich das Recht des Verwalters, sein Amt bis zur rechtmäßigen Abberufung auszuüben, jedoch allein aus dem Verwaltervertrag.1 Um das Vergütungsinteresse des Verwalters zu schützen, bedarf es keines fristgerechten Anfechtung des Abberufungsbeschlusses. Die Gemeinschaft gerät gegenüber dem zu Unrecht abberufenen Verwalter in Annahmeverzug. Ihm steht gem. § 615 BGB weiterhin ein Vergütungsanspruch zu, auch wenn er sein Amt nach der Abberufung nicht mehr ausüben kann. Ein wichtiger Grund zur Abberufung des Verwalters liegt vor, wenn das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Verwalter und den Wohnungseigentümern derart gestört ist, dass unter Beachtung aller Umstände und der Interessen des Verwalters den Wohnungseigentümern eine Fortsetzung des Verwalterverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann.2 Die Annahme eines wichtigen Grundes ist nicht notwendig von einem Verschulden des Verwalters abhängig.

615

Beispiele: Folgende Pflichtverletzungen des Verwalters können einen wichtigen Grund zur Abberufung darstellen: Unberechtigte Entnahme gemeinschaftlicher Gelder;3 Missachtung von Weisungen der Wohnungseigentümer;4 Verweigerung der Einsichtnahme in die Versammlungsniederschrift;5 bewusst falsche Erstellung der Versammlungsniederschrift;6 Ignorierung eines berechtigten Einberufungsverlangens nach § 24 Abs. 2 WEG;7 grundlose Verzögerung der Erstellung der Jahresabrechnung;8 Verweigerung jeglicher Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat;9 nicht ordnungsmäßige Führung der Beschlusssammlung;10 pflichtwidrige Weigerung eine (außerordentliche) Versammlung, um eine ordentliche Abberufung zu verhindern.11

Der „wichtige Grund“ muss bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Abberufung vorgelegen haben. Nachträglich eintretende Umstände können den Abberufungsbeschluss nicht legitimieren. Entsprechend § 314 Abs. 3 BGB müssen die Wohnungseigentümer die Abberufung innerhalb einer angemessenen Frist nach Bekanntwerden des wichtigen 1 Suilmann, Beschlussmängelverfahren, S. 182; Becker, ZWE 2002, 211 (212); Drasdo, NZM 2002, 853; Reuter, ZWE 2001, 286 (292). 2 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 26 WEG, Rz. 84. 3 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 26 WEG, Rz. 93. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.1.1998 – 3 Wx 492/97, WuM 1998, 311. 5 LG Freiburg, Beschl. v. 25.11.1966 – 4 T 129/65, NJW 1968, 1973. 6 BayObLG, Beschl. v. 5.12.1979 – 2Z BR 66/78, WEM 1980, 125 (128). 7 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 26 WEG, Rz. 96. 8 OLG Köln, Beschl. v. 22.1.1999 – 16 Wx 218/98, WuM 1999, 299. 9 OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.5.1988 – 20 W 206/87, MDR 1988, 780 = WE 1989, 31. 10 LG Karlsruhe, Urt. v. 21.2.2012 – 11 S 46/11, ZWE 2012, 36. 11 LG Düsseldorf, Urt. v. 3.11.2011 – 19 S 45/11, ZWE 2012, 328 (329).

247

616

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

Grundes vornehmen.1 Die Länge der Frist kann je nach Art des wichtigen Grundes unterschiedlich sein. In jedem Falle ist die Frist zur Abberufung gewahrt, wenn innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden des wichtigen Grundes die Einberufung einer Eigentümerversammlung zum Zwecke der Abberufung beantragt wird. Verzögert der Verwalter daraufhin die Einberufung, wirkt sich dies für die Wohnungseigentümer nicht nachteilig aus. 617

Begehrt ein einzelner Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 4 WEG die Abberufung des Verwalters als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung, muss er zunächst die Eigentümerversammlung über sein Begehren entscheiden lassen. Wird in der Versammlung der Beschlussantrag auf Abberufung von der Eigentümermehrheit abgelehnt, kann jeder Wohnungseigentümer diesen negativen Beschluss anfechten und gem. § 21 Abs. 8 WEG die Abberufung des Verwalters durch das Gericht beantragen. Ausnahmsweise kann der individuelle Abberufungsanspruch unmittelbar gerichtlich geltend gemacht werden, wenn von vornherein absehbar ist, dass in der Versammlung ein positiver Abberufungsbeschluss nicht zustande kommen wird. Einen Anspruch auf Abberufung hat der einzelne Wohnungseigentümer allerdings nur, wenn ein so schwerwiegender Grund vorliegt, dass unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums der Gemeinschaft nur noch die sofortige Abberufung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.2 Die Anforderungen für einen Abberufungsanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers können also höher sein als die Voraussetzungen für eine Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund durch Eigentümerbeschluss. Beispiel: Jeder einzelne Wohnungseigentümer kann die sofortige Abberufung des Verwalters verlangen, wenn der Verwalter nachweisbar Gelder der Gemeinschaft veruntreut. Etwaige Interessen der übrigen Wohnungseigentümer an einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Verwalter können diese Pflichtverletzung nicht aufwiegen.

1 BayObLG, Beschl. v. 17.1.2000 – 2Z BR 120/99, NJW-RR 2000, 676. 2 BGH, Urt. v. 10.2.2012 – V ZR 105/11, MDR 2012, 574 = MietRB 2012, 142 = ZWE 2012, 221 (222).

248

NEIN

1. Beschluss der WEer über ordentliche Kündigung – anfechtbar, wenn Abberufung ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht

2. Mitteilung der Abberufung an Verwalter – unwirksam, wenn Beschluss zu 1.) ungültig

1. Beschluss der WEer über außerordentliche Abberufung – anfechtbar, wenn wichtiger Grund fehlt

ansonsten

2. Kündigungserklärung an Verwalter – unwirksam, wenn wichtiger Grund fehlt – unwirksam, wenn Beschluss zu 1.) ungültig

1. Beschluss der WEer über außerordentliche Kündigung – anfechtbar, wenn wichtiger Grund fehlt

JA, – wenn Verwaltervertrag befristet – wenn Verwaltervertrag dies ausdrücklich bestimmt

NEIN

2. Kündigungserklärung an Verwalter – unwirksam, wenn Beschluss zu 1.) ungültig

1. Beschluss der WEer über ordentliche Kündigung – anfechtbar, wenn Kündigung ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht

ansonsten

Wichtiger Grund erforderlich?

Wichtiger Grund erforderlich?

JA, – wenn GemO oder Beschluss dies vorsehen

Kündigung des Verwaltervertrages

Abberufung aus Verwalteramt (Bestellungsrechtsverhältnis)

Übersicht 18: Abwahl des Verwalters

V. Abberufung des Verwalters und Amtsniederlegung

618

249

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

4. Amtsniederlegung durch den Verwalter 619

Der Verwalter kann von sich aus die Verwalterstellung jederzeit beenden. Zu unterscheiden ist auch hier zwischen der Beendigung des Bestellungsrechtsverhältnisses und der Kündigung des Verwaltervertrages. Die Beendigung des Bestellungsrechtsverhältnisses, die sog. Amtsniederlegung, erfolgt durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die der Verwalter gegenüber den Wohnungseigentümern als Passivvertreter der Gemeinschaft abzugeben hat.1 Die Niederlegungserklärung wird bereits wirksam, wenn sie einem Mitglied der Gemeinschaft zugeht.2

620

Für die Wirksamkeit der Amtsniederlegung ist es ohne Bedeutung, ob die Beendigung des Bestellungsrechtsverhältnisses im konkreten Fall, etwa wegen einer Befristung des Bestellungsrechtsverhältnisses, nur aus wichtigem Grunde erfolgen kann. Den Beteiligten kann nicht zugemutet werden, bis zu einer gerichtlichen Klärung über das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Ungewissen über die Wirksamkeit der Amtsniederlegung zu sein.3 Der Rechtsverkehr verlangt klare Vertretungsverhältnisse. Die Amtsniederlegung ist daher in jedem Fall sofort wirksam.

621

Die Erklärung der Amtsniederlegung wird in der Regel dahin auszulegen sein, dass sie auch die Kündigung des Verwaltervertrages enthält.4 Erklärt der Verwalter hingegen ausdrücklich nur die Beendigung des Bestellungsrechtsverhältnisses und liegt kein wichtiger Grund zur Amtsniederlegung vor, sind die Wohnungseigentümer ihrerseits berechtigt, den Verwaltervertrag aus wichtigem Grunde zu kündigen (§§ 314, 626 BGB).5 Darüber hinaus hat der Verwalter bei einer unberechtigten Amtsniederlegung der Gemeinschaft einen aus der Niederlegung resultierenden Schaden zu ersetzen (§ 280 Abs. 1 BGB).

622

Haben die Wohnungseigentümer durch ihr Verhalten einen wichtigen Grund zur Amtsniederlegung selbst herbeigeführt und hat der Verwalter infolgedessen Amtsniederlegung und Kündigung des Verwaltervertrages wegen Unzumutbarkeit der Amtsfortführung erklärt, ist die Wohnungseigentümergemeinschaft dem Verwalter gem. § 628 Abs. 2 BGB zum Ersatz des durch die Vertragsaufhebung entstandenen Schadens verpflichtet, insbesondere haben sie ihm Ersatz für das entgangene Verwalterhonorar zu leisten.6

1 2 3 4 5 6

Staudinger/Bub, § 26 WEG, Rz. 478. LG Karlsruhe, Urt. v. 11.12.2012 – 11 S 231/11, ZWE 2013, 180. Staudinger/Bub, § 26 WEG, Rz. 481; a.A. Reichert, ZWE 2002, 438. BayObLG, Beschl. v. 29.9.1999 – 2Z BR 29/99, ZWE 2000, 72 (74). Staudinger/Bub, § 26 WEG, Rz. 486. BayObLG, Beschl. v. 29.9.1999 – 2Z BR 29/99, ZWE 2000, 72 (74).

250

VI. Aufgaben und Befugnisse des Verwalters

VI. Aufgaben und Befugnisse des Verwalters 1. Grundlagen Die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters sind in den §§ 27, 28 WEG geregelt. Weiterhin hat der Verwalter Aufgaben und Befugnisse im Zusammenhang mit der Einberufung und Durchführung der Wohnungseigentümerversammlung (§ 24 Abs. 1, 2, 5 WEG; s. Rz. 446, 475). Zusätzliche Aufgaben und Befugnisse des Verwalters können rechtsgeschäftlich zwischen Wohnungseigentümergemeinschaft und Verwalter im Verwaltervertrag vereinbart werden oder sich aus der Gemeinschaftsordnung ergeben.

623

Beispiel: In der Gemeinschaftsordnung oder im Verwaltervertrag kann bestimmt sein, dass der Verwalter auch ohne ausdrücklichen Eigentümerbeschluss berechtigt ist, Wohngeldansprüche gegen einzelne Wohnungseigentümer gerichtlich geltend zu machen.

Der Verwalter ist als Handlungs- und Vollzugsorgan bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Willen der Wohnungseigentümer, d.h. an deren Vereinbarungen und Beschlüsse gebunden. Eine originäre Entscheidungszuständigkeit besitzt der Verwalter grundsätzlich nicht. Vielmehr besteht seine vornehmliche Aufgabe darin, die Entscheidungen der Wohnungseigentümer auszuführen und die zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Geschäfte vorzunehmen.1

624

Beispiel: Stellt der Verwalter Feuchtigkeitsschäden in einem gemeinschaftlichen Kellerraum fest, darf er diese Schäden nicht in Eigeninitiative beseitigen lassen. Vielmehr muss er die Wohnungseigentümer über den Schaden informieren und einen Beschluss der nächsten Eigentümerversammlung vorbereiten. Kommt ein Eigentümerbeschluss über die Art und Weise der Schadensbeseitigung zustande, hat der Verwalter für die Durchführung der beschlossenen Maßnahmen zu sorgen. Der Verwalter darf nur dann über Reparaturmaßnahmen selbständig entscheiden, wenn Gefahr im Verzug ist (§ 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG).

Die in § 27 WEG geregelten Aufgaben und Befugnisse des Verwalters können weder durch Beschluss der Wohnungseigentümer noch durch Vereinbarung eingeschränkt oder ausgeschlossen werden (§ 27 Abs. 4 WEG). Hierdurch wird sichergestellt, dass dem Verwalter die gesetzlichen Mindestaufgaben und -befugnisse unentziehbar zustehen, was nicht zuletzt der Sicherheit des Rechtsverkehrs mit Dritten dient.2

1 Siehe Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 5. 2 Jennißen/Heinemann, § 27 WEG, Rz. 136.

251

625

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

Übersicht 19: Aufgaben und Befugnisse des Verwalters nach § 27 WEG 626 Aufgaben und Befugnisse des Verwalters nach § 27 WEG

Geschäftsführung für Gemeinschaft und Wohnungseigentümer (§ 27 Abs. 1 WEG)

Vertretung der Wohnungseigentümer (§ 27 Abs. 2 WEG)

Vertretung der Gemeinschaft (§ 27 Abs. 3 Satz 1 WEG)

– Durchführen von Beschlüssen, Hausordnung (Nr. 1) – Instandhaltung, Instandsetzung (Nr. 2) – Dringende Erhaltungsmaßnahmen (Nr. 3) – Anfordern und Empfang von Lastenund Kostenbeiträgen (Nr. 4) – Bewirken und Empfang von Leistungen (Nr. 5) – Verwaltung von Geldern (Nr. 6) – Unterrichtung über Rechtsstreit (Nr. 7) – Erklärungen zur Duldung von Rundfunkempfangs- und Energieversorgungsanlagen (Nr. 8)

– Empfang von Willenserklärungen und Zustellungen (Nr. 1) – Maßnahmen zur Abwendung von Rechtsnachteilen (Nr. 2) – Geltendmachung von Ansprüchen aufgrund Vereinbarung oder Beschluss (Nr. 3) – Streitwertvereinbarung mit Rechtsanwalt wegen Rechtsstreit gem. § 43 Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 5 (Nr. 4)

– Empfang von Willenserklärungen und Zustellungen (Nr. 1) – Maßnahmen zur Abwendung eines Rechtsnachteils (Nr. 2) – laufende Instandhaltung, Instandsetzung (Nr. 3) – Maßnahmen nach Abs. 1 Nr. 3 bis 5 und 8 (Nr. 4) – Kontenführung (Nr. 5) – Streitwertvereinbarung mit Rechtsanwalt wegen Rechtsstreit gem. § 43 Nr. 2 oder Nr. 5 (Nr. 6) – Rechtsgeschäfte, Rechtsverhandlungen aufgrund Vereinbarung oder Beschluss (Nr. 7)

Unentziehbarkeit (§ 27 Abs. 4 WEG) Aufgaben und Befugnisse können nicht durch Vereinbarung eingeschränkt oder entzogen werden.

252

VI. Aufgaben und Befugnisse des Verwalters

2. Geschäftsführung und Vertretung Die Regelungen in § 27 WEG unterscheiden Aufgaben und Befugnisse des Verwalters im Innenverhältnis gegenüber den Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (§ 27 Abs. 1 WEG) von der Vertretungsmacht des Verwalters, im Rechtsverkehr nach außen mit Wirkung für und gegen die Wohnungseigentümer (§ 27 Abs. 2 WEG) bzw. die rechtsfähige Gemeinschaft zu handeln (§ 27 Abs. 2, 3 WEG). Das Gesetz räumt dem Verwalter keine umfassende Vertretungsmacht ein. Er ist zwar gegenüber den Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft berechtigt und verpflichtet, Beschlüsse der Wohnungseigentümer, etwa zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums durchzuführen (§ 27 Abs. 1 Nr. 1, 2 WEG). Die Befugnis im Innenverhältnis verleiht ihm jedoch nicht ohne weiteres die Rechtsmacht, im Außenverhältnis Rechtsgeschäfte zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums mit unmittelbarer Wirkung für und gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer abzuschließen. Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen mit Wirkung für und gegen die Gemeinschaft kann der Verwalter nur vornehmen, soweit er hierzu durch Vereinbarung, Beschluss oder den Verwaltervertrag ermächtigt ist (§ 27 Abs. 3 Satz Nr. 7 WEG).1

627

Beispiel: Im vorangegangenen Beispiel ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet, den Beschluss der Wohnungseigentümer zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Kellers durchzuführen. Damit ist jedoch noch nicht geklärt, ob er mit Wirkung für und gegen die Gemeinschaft einen Werkvertrag mit einem Unternehmen abschließen kann. Soweit keine Ermächtigung in der Gemeinschaftsordnung oder im Verwaltervertrag vereinbart ist, wird der Verwalter in der Regel zugleich durch Beschluss „ermächtigt, den Unternehmer X im Namen der Gemeinschaft mit der Durchführung der Instandsetzungsarbeiten zu beauftragen“.

Fehlt dem Verwalter die Rechtsmacht, Rechtsgeschäfte unmittelbar mit Wirkung für und gegen die Gemeinschaft abzuschließen, so kann er Rechtsgeschäfte zur Wahrnehmung seiner Aufgaben im eigenen Namen für Rechnung der Gemeinschaft abschließen und die hierfür getätigten Aufwendungen von der Gemeinschaft erstattet verlangen (§§ 675, 670 BGB).2 Auch aus Verträgen, die er ohne die erforderliche Vertretungsmacht im Namen der Gemeinschaft abschließt, wird der Verwalter persönlich verpflichtet, wenn die Gemeinschaft diese nicht durch Beschluss genehmigt (§ 179 Abs. 1 BGB).

628

Im Folgenden werden zunächst die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters nach § 27 Abs. 1 WEG behandelt. Eine dem Verwalter zur Wahrnehmung dieser Aufgaben gesetzlich eingeräumte Vertretungsmacht wird im Zusammenhang mit der jeweiligen Aufgabe erörtert.

629

1 Vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.11.2005 – 23 U 211/04, NZM 2006, 182, wonach der Maßnahmebeschluss in der Regel bereits die konkludente Ermächtigung enthält. 2 Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 29.

253

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

3. Aufgaben und Befugnisse nach § 27 Abs. 1 WEG a) Durchführung der Beschlüsse und der Hausordnung (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) 630

Der Verwalter ist gegenüber den Wohnungseigentümern und gegenüber der Gemeinschaft berechtigt und verpflichtet, Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen und für die Durchführung der Hausordnung zu sorgen (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG). Die Pflicht zur Durchführung der Beschlüsse umfasst Maßnahmen sowohl tatsächlicher als auch rechtlicher Art. Der Verwalter kann den mit dem Beschluss bezweckten Erfolg entweder selbst herbeiführen oder Dritte, etwa den angestellten Hausmeister, zum Tätigwerden anweisen. Erfordert die Durchführung eines Beschlusses die Vornahme rechtsgeschäftlicher Handlungen im Außenverhältnis, etwa den Abschluss eines Vertrages, hat der Verwalter als Vertreter der Wohnungseigentümer tätig zu werden. Den Wohnungseigentümern steht es frei, dem Verwalter konkrete Weisungen durch Beschluss zu erteilen. Beispiel: Die Wohnungseigentümer beschließen, dass der vernachlässigte Vorgarten von Unkraut befreit und neuer Rasen ausgesät werden soll. Der Verwalter hat im Rahmen des § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG entweder den Hausmeister zur Vornahme entsprechender Arbeiten anzuweisen oder – soweit der Beschluss dies deckt – ein Gartenbauunternehmen mit den Arbeiten zu beauftragen. Die Pflicht des Verwalters zur Durchführung des Beschlusses umfasst in jedem Falle auch das Überwachen der ordnungsgemäßen Ausführung der Arbeiten und deren Abnahme nach Fertigstellung.

631

Die Durchführung der Beschlüsse hat, sofern der Beschluss nichts Gegenteiliges aussagt, unverzüglich zu erfolgen. Dies gilt auch für gerichtlich angefochtene Beschlüsse. Die Anfechtungsklage nach § 46 Abs. 1 WEG entfaltet keine aufschiebende Wirkung (s. Rz. 186).1 Erst wenn das Gericht den Beschluss rechtskräftig für ungültig erklärt, entfällt die Pflicht des Verwalters, für die (weitere) Durchführung des Beschlusses zu sorgen. Wollen Wohnungseigentümer verhindern, dass der Verwalter vor der Entscheidung des Gerichts nicht tätig wird, müssen sie Beschlussanfechtungsklage erheben und darüber hinaus im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gem. §§ 935 f. ZPO eine einstweilige Verfügung erwirken, die dem Verwalter ein Tätigwerden untersagt oder den Beschluss vorläufig außer Kraft setzt.

632

Nichtige Beschlüsse darf der Verwalter nicht durchführen. Wird er dennoch tätig, haftet er u.U. auf Schadensersatz wegen einer Pflichtverletzung. Ist die Nichtigkeit eines Beschlusses zweifelhaft, kann der Verwalter die Nichtigkeit oder Wirksamkeit des Beschlusses durch eine Feststellungsklage nach § 43 Nr. 4 WEG gerichtlich feststellen lassen.

633

Die darüber hinaus bestehende Pflicht des Verwalters, gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG für die Durchführung der Hausordnung zu sorgen, wird allgemein dahingehend verstanden, dass der Verwalter lediglich durch Maßnahmen tatsächlicher Art auf die Einhaltung der Hausordnung hinzuwirken hat. 1 Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 19.

254

VI. Aufgaben und Befugnisse des Verwalters Beispiel: Der Verwalter kann durch die Aufstellung von Nutzungsplänen, Aushänge, Rundschreiben oder Ermahnungen auf die Einhaltung der Benutzungsregelungen der gemeinschaftlichen Einrichtungen (Aufzug, Pkw-Abstellplätze) oder auf die Einhaltung sonstiger Regelungen der Hausordnung (z.B. Hausruhe, Gestattung des Anbringens von Schildern) hinwirken. Er darf jedoch keine rechtsgeschäftlichen Maßnahmen treffen, etwa ein Reinigungsunternehmen mit der Säuberung des Treppenhauses beauftragen.

Den Verwalter trifft sowohl eine Ordnungsfunktion als auch eine Vermittlungsfunktion. Gerichtliche Maßnahmen gegen störende Wohnungseigentümer kann er allerdings weder im eigenen Namen noch im Namen der übrigen Wohnungseigentümer oder der Gemeinschaft ergreifen1, sofern er nicht durch Beschluss dazu ermächtigt wurde. Es ist allein Sache der Wohnungseigentümer, über die Einleitung von Gerichtsverfahren wegen Nichteinhaltung der Hausordnung zu entscheiden.

634

b) Instandhaltung und Instandsetzung (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG) Der Verwalter ist berechtigt und verpflichtet, die für die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG). Zu den Begriffen Instandhaltung und Instandsetzung s. Rz. 336 f. In erster Linie entscheiden die Wohnungseigentümer darüber, welche Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen vorzunehmen sind (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG). Der Verwalter ist daher nicht berechtigt, gegen den Willen der Wohnungseigentümer unter Berufung auf § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Aufgabe des Verwalters ist es vielmehr, durch regelmäßige Kontrollmaßnahmen etwaigen Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf festzustellen, die Wohnungseigentümer darüber zu unterrichten und deren Entscheidung über die zu treffenden Maßnahmen vorzubereiten und herbeizuführen.2 Aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG ergeben sich für den Verwalter lediglich Kontroll-, Hinweis- und Organisationspflichten.3

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Eine wesentliche Aufgabe in diesem Zusammenhang ist die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflichten hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Übernahme durch den Verwalter befreit die Wohnungseigentümer im Außenverhältnis allerdings nicht von ihren Überwachungspflichten.4

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Gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WEG ist der Verwalter berechtigt, „laufende Maßnahmen der erforderlichen Instandhaltung“ mit Wirkung für

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1 Schmidt, ZMR 2009, 325 (330); a.A. Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 36. 2 BayObLG, Beschl. v. 21.5.1992 – 2Z BR 6/92, NJW-RR 1992, 1102; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.6.1997 – 3 Wx 231/96, WE 1997, 424; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 14.6.1991 – 3 W 203/90, NJW-RR 1991, 1301. 3 Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 45 ff. 4 BGH, Urt. v. 27.11.1984 – VI ZR 49/83, MDR 1985, 311 = NJW 1985, 484.

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§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

und gegen die Gemeinschaft zu treffen. Damit ist klargestellt, dass der Verwalter die Vertretungsmacht hat, auch ohne Beschluss der Wohnungseigentümer Rechtsgeschäfte zur Durchführung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Namen der Gemeinschaft abzuschließen, die erforderlich und laufend sind.1 In der Regel handelt es sich um Maßnahmen, die durch Abnutzung des Gemeinschaftseigentums erforderlich werden oder um wiederkehrende Maßnahmen, wie etwa der Rückschnitt von Pflanzen oder die turnusmäßige Reinigung von Dachrinnen.2 Die gesetzliche Vertretungsmacht erstreckt sich nicht auf erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen, die nicht zur laufenden Instandhaltung und Instandsetzung gehören. Für Rechtsgeschäfte zur Durchführung außergewöhnlicher, kostenintensiver Sanierungsmaßnahmen, etwa zur erforderlichen Sanierung des Daches, benötigt der Verwalter eine Ermächtigung durch Beschluss der Wohnungseigentümer (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG).3 In dringenden Fällen, in denen eine Befragung der Wohnungseigentümer nicht mehr möglich ist, kann der Verwalter seine Vertretungsmacht aus § 27 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WEG herleiten (s. sogleich Rz. 638). c) Durchführung dringender Erhaltungsmaßnahmen (§ 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG) 638

Der Verwalter ist gem. § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG berechtigt und verpflichtet, in dringenden Fällen sonstige zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderliche Maßnahmen zu treffen. Diese Befugnis korrespondiert mit § 21 Abs. 2 WEG, wonach der einzelne Wohnungseigentümer zur Abwendung eines unmittelbar drohenden Schadens handeln darf, ohne vorher die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer einholen zu müssen. Die Befugnis des Verwalters aus § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG geht jedoch insofern weiter, als er in dringenden Fällen schlechthin und nicht nur in Fällen eines unmittelbar drohenden Schadens erforderliche Erhaltungsmaßnahmen durchführen darf. Eine Erhaltungsmaßnahme ist dringend, wenn wegen ihrer Eilbedürftigkeit eine vorherige Anrufung einer Wohnungseigentümerversammlung nicht mehr möglich ist4 und die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ohne ein sofortiges Handeln gefährdet wäre.5 Dies betrifft in der Regel Fälle, die durch ein plötzliches Ereignis entstehen. Beispiel: Dringende Fälle liegen vor bei Brand, Explosion, Unwetter oder technischen Havarien. Nicht hierunter fallen übliche Unterhaltungsarbeiten, wie das Auswechseln einer defekten Lampe, das Kaminkehren, die Erneuerung eines Anstrichs.

1 2 3 4 5

Siehe BT-Drucks. 16/887, 71. Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 214 ff. BGH, Urt. v. 21.10.1976 – VII ZR 193/75, BGHZ 67, 232 (235 ff.) = MDR 1977, 217. BayObLG, Beschl. v. 26.2.2004 – 2 Z BR 266/03, NZM 2004, 390. Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 65.

256

VI. Aufgaben und Befugnisse des Verwalters

Durch § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WEG ist klargestellt, dass der Verwalter zur Durchführung dringender Erhaltungsmaßnahmen ermächtigt ist, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu vertreten1, insbesondere in ihrem Namen Verträge mit Handwerkern schließen. Die Vertretungsmacht besteht jedoch nur im Rahmen der Dringlichkeit. Soweit eine vorherige Anrufung der Wohnungseigentümerversammlung möglich ist, muss der Verwalter die Entscheidung der Wohnungseigentümer abwarten, bevor er tätig wird.2 Bei Notmaßnahmen kann der Verwalter aber auch im eigenen Namen tätig werden und seine Aufwendungen von der Gemeinschaft ersetzt verlangen.

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d) Anforderung von Lasten- und Kostenbeiträgen (§ 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG) Nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet, Lasten- und Kostenbeiträge i.S.d. § 16 Abs. 2 WEG sowie Tilgungsbeträge und Hypothekenzinsen anzufordern, in Empfang zu nehmen und abzuführen, soweit es sich um gemeinschaftliche Angelegenheiten der Wohnungseigentümer handelt. Gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WEG ist ihm hierzu Vertretungsmacht für und gegen die Gemeinschaft eingeräumt.

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Die Anforderung der Beträge umfasst alle außergerichtlichen Tätigkeiten, wie Zahlungsaufforderung, Überwachung der Zahlungseingänge, Mahnung etc.3 Von besonderer praktischer Bedeutung ist die Befugnis des Verwalters, die aufgrund des beschlossenen Wirtschaftsplans zu zahlenden Vorschüsse (sog. Wohngeld) abzurufen und abzuführen. Die Zahlung an den empfangszuständigen Verwalter hat schuldbefreiende Wirkung. Zu gerichtlichen Maßnahmen ist der Verwalter nur befugt, wenn die Wohnungseigentümer ihn hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss ermächtigt haben (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG; Rz. 664 f.).

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e) Bewirken und Entgegennahme von Zahlungen und Leistungen (§ 27 Abs. 1 Nr. 5 WEG) Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 5 WEG ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet, alle Zahlungen und Leistungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die mit der laufenden Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zusammenhängen.

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Beispiel: Zahlungen an Versorgungsunternehmen für Gas, Wasser und Strom; Entrichten von Versicherungsbeiträgen und öffentlichen Gebühren; Zahlungen an Handwerker etc.

Die Vorschrift bezweckt die erleichterte Abwicklung von Zahlungen und Leistungen im Verhältnis von Wohnungseigentümergemeinschaften zu 1 So vor der WEG-Novelle 2007 bereits OLG Hamm, Beschl. v. 10.2.1997 – 15 W 197/96, WE 1997, 314. 2 LG Frankfurt/O., Urt. v. 2.10.2012 – 16 S 11/12, ZWE 2013, 219 (220). 3 Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 230.

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643

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

Dritten. Zur Wahrnehmung der Aufgaben ist dem Verwalter eine entsprechende Vertretungsmacht für und gegen die Gemeinschaft eingeräumt (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WEG). Leistungen des Verwalters haben somit Erfüllungswirkung zugunsten der Gemeinschaft. Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Zahlungen ist aber stets, dass den Zahlungen tatsächlich durchsetzbare Ansprüche Dritter zugrunde liegen. Leistet der Verwalter rechtsgrundlos, macht er sich gegenüber der Gemeinschaft schadenersatzpflichtig. Andererseits darf der Verwalter Zahlungen nicht solange hinauszögern, dass Verzugszinsen anfallen. Soweit der Gemeinschaft Zurückbehaltungsrechte zustehen, hat der Verwalter diese geltend zu machen. 644

Der Verwalter ist ferner berechtigt, Zahlungen und Leistungen Dritter entgegenzunehmen. Beispiel: Einziehung von Mietzinsen aus der Vermietung des gemeinschaftlichen Eigentums, Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Dritte, Entgegennahme von Lieferungen, Abnahme geleisteter Arbeiten.

In diesem Zusammenhang kann er auch Fristsetzungen und Mängelrügen erklären. Eine Befugnis zur Ausübung von Gestaltungsrechten (Kündigung, Minderung, Rücktritt) hat der Verwalter allerdings nicht.1 f) Verwaltung eingenommener Gelder (§ 27 Abs. 1 Nr. 6 WEG) 645

Der Verwalter ist gem. § 27 Abs. 1 Nr. 6 WEG berechtigt und verpflichtet, die eingenommenen Gelder zu verwalten. Im Rahmen der Verwaltung der eingenommenen Gelder ist dem Verwalter die Vertretungsmacht eingeräumt, für die Gemeinschaft Konten zu führen (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 WEG).

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Die eingenommenen Gelder dienen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Sie gehören zum Verwaltungsvermögen der rechtsfähigen Gemeinschaft (s.o. Rz. 194). Hierzu zählen vornehmlich die auf den Wirtschaftsplan gezahlten Beitragsvorschüsse der Wohnungseigentümer. Ferner zählen hierzu Zahlungen Dritter, etwa aus der Vermietung im gemeinschaftlichen Eigentum stehender Räume oder Pkw-Stellplätze oder die praktisch bedeutsame Instandhaltungsrücklage nach § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG (s. Rz. 143 ff.). Die eingenommenen Gelder können als Kassenbestand in Form von Bargeld vorhanden sein. Im Regelfall bilden sie jedoch ein Kontoguthaben bei einer Bank.

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Gemäß § 27 Abs. 5 Satz 1 WEG ist der Verwalter verpflichtet, die für die Gemeinschaft eingenommenen Gelder von seinem Vermögen zu trennen. Betreut der Verwalter mehrere Gemeinschaften gleichzeitig, hat er auch die Gelder dieser Gemeinschaften getrennt voneinander zu verwalten. In der Regel führt der Verwalter für eine Gemeinschaft zwei Konten: ein Gi1 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 27 WEG, Rz. 36.

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VI. Aufgaben und Befugnisse des Verwalters

rokonto, aus dem er die laufenden Zahlungen für die Gemeinschaft bestreitet, und ein Festgeldkonto oder eine ähnliche Anlageform, auf dem die angesammelten Gelder der Instandhaltungsrücklage verzinslich angelegt sind. Über die Art der Geldanlage können die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden. Im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung kann ein Beschluss über die Art der Geldanlage mit Stimmenmehrheit gefasst werden. Für die Anlage der Instandhaltungsrücklage ist es in der Regel ordnungsmäßig, eine festverzinsliche Anlage zum üblichen Marktzins mit kurzer Laufzeit (3 bis 12 Monate) zu wählen. Eine spekulative Anlageform entspricht dagegen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Hierüber müssen alle Eigentümer durch einstimmigen Beschluss entscheiden.

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Der Verwalter kommt seiner Pflicht zur Vermögenstrennung dadurch nach, dass er die gemeinschaftlichen Gelder auf ein offenes Fremdgeldkonto auf den Namen der rechtsfähigen Gemeinschaft anlegt. Die Eröffnung eines offenen Treuhandkontos auf den Namen des Verwalters ist hingegen unzulässig, da sie dem Grundsatz der Vermögenstrennung widerspricht.1

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Die Pflicht zur Kontentrennung bezweckt, die Gelder der Wohnungseigentümergemeinschaft vor vollstreckenden Gläubigern des Verwalters zu schützen. Diesem Zweck wird nur ein Konto gerecht, das auf den Namen der Gemeinschaft angelegt ist. Da bei dieser Kontoführungsform allein der Wohnungseigentümergemeinschaft Inhaberin des Kontoguthabens ist, können Gläubiger des Verwalters in das Guthaben nicht vollstrecken. Auch die Bank hat kein Aufrechnungs-, Zurückbehaltungs- oder Pfandrecht wegen Forderungen gegen den Verwalter. Dieser vollumfängliche Schutz der Wohnungseigentümergemeinschaft vor den Gläubigern des Verwalters wird durch ein offenes Treuhandkonto auf den Namen des Verwalters nicht erreicht. Hier bestehen Rechtsbeziehungen nur zwischen dem Verwalter und der kontoführenden Bank. Die Treuhandabrede schützt nicht davor, dass ein Gläubiger des Verwalters in das Treuhandkonto vollstreckt. Um die Vollstreckung zu verhindern, müsste die Gemeinschaft Drittwiderspruchsklage gegen den Pfändungsgläubiger erheben. Das Risiko über den Ausgang dieses Verfahrens trägt die Gemeinschaft. Ist über das Vermögen des Verwalters sogar ein Insolvenzverfahren eröffnet worden, müsste die Wohnungseigentümergemeinschaft ein Aussonderungsrecht gem. § 47 InsO geltend machen.2 Bei einem Eigenkonto fallen die Gelder der Gemeinschaft hingegen gar nicht erst in die Insolvenzmasse.

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Im Verhältnis zu Dritten ist der Verwalter grundsätzlich unbeschränkt berechtigt, über Gelder der Wohnungseigentümergemeinschaft zu verfügen. Gleichwohl muss der Verwalter im Innenverhältnis die Beschlüsse der

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1 LG Frankfurt/M., Urt. v. 11.12.2013 – 2-13 S 6/11, ZWE 2014, 183 (184); a.A. zur Rechtslage vor der WEG-Novelle 2007: BGH, Beschl. v. 23.8.1995 – 5 StR 371/95, MDR 1996, 86 = NJW 1996, 65. 2 OLG Hamm, Urt. v. 11.2.1999 – 27 U 283/98, ZIP 1999, 765.

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§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

Wohnungseigentümer und die Grundsätze der ordnungsmäßigen Verwaltung beachten. Gemäß § 27 Abs. 5 Satz 2 WEG kann die Verfügungsbefugnis des Verwalters aber durch Vereinbarung oder Beschluss mit Wirkung für das Außenverhältnis von der Zustimmung eines Wohnungseigentümers oder eines Dritten abhängig gemacht werden. Eine Verfügung ohne die erforderliche Zustimmung ist dann schwebend unwirksam. In der Praxis wird die Verfügungsbefugnis häufig in der Weise eingeschränkt, dass ab einer bestimmten Summe, über die verfügt werden soll, die Zustimmung des Verwaltungsbeirats erforderlich ist. Entscheidend ist aber letztlich, welche Vereinbarung mit der kontoführenden Bank über die Frage der Verfügungsberechtigung getroffen wurde. 652

Aus § 27 Abs. 1 Nr. 6 WEG folgt keine Befugnis des Verwalters, im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft Kredite aufzunehmen.1 Hierzu bedarf es stets einer Ermächtigung durch Eigentümerbeschluss.2 Der Verwalter ist ebenfalls nicht befugt, das für die Gemeinschaft geführte Konto zu überziehen. Befindet sich die Gemeinschaft in Liquiditätsschwierigkeiten, muss vielmehr eine Sonderumlage beschlossen werden (s. Rz. 720 ff.). g) Unterrichtung über anhängige Rechtsstreitigkeiten (§ 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG)

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Nach § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG ist der Verwalter verpflichtet, die Wohnungseigentümer über anhängige Rechtstreitigkeiten gem. § 43 WEG zu informieren. Die Informationspflicht erfasst nur solche Rechtsstreitigkeiten, in denen der Verwalter gem. § 45 Abs. 1 WEG Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer ist (s. dazu Rz. 854 ff.).3 Nur wenn er in dieser Eigenschaft durch Zustellung der Klage gesicherte Kenntnis von der Anhängigkeit eines Rechtsstreits erlangt, ist der Verwalter pflichtet, die Wohnungseigentümer hierüber zu informieren. h) Abgabe von Erklärungen nach § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG (§ 27 Abs. 1 Nr. 8 WEG)

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Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 8 WEG ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet, Erklärungen abzugeben, die zur Vornahme der in § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG bezeichneten Maßnahmen erforderlich sind. Die Vorschrift betrifft Maßnahmen, die die Gemeinschaft zur Herstellung einer Fernsprechteilnehmereinrichtung, einer Rundfunkempfangsanlage oder eines Energieversorgungsanschlusses zugunsten eines Wohnungseigentümers zu dulden hat. Die Erklärungen wirken gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, da dem Verwalter nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WEG eine 1 BGH, Urt. v. 18.2.2011 – V ZR 197/10, MietRB 2011, 147 = ZWE 2011, 209; Urt. v. 28.4.1993 – VIII ZR 109/92, NJW-RR 1993, 1227. 2 Zur Beschlusskompetenz s. BGH, Urt. v. 28.9.2012 – V ZR 251/11, NotBZ 2013, 20 m. Anm. Suppliet = ZWE 2013, 27 (29). 3 BT-Drucks. 16/887, 50, 70.

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VI. Aufgaben und Befugnisse des Verwalters

entsprechende Vertretungsmacht eingeräumt ist. Die praktische Relevanz dieser Vorschrift ist gering.

4. Vertretungsmacht des Verwalters (§ 27 Abs. 2, 3 WEG) Wie bereits verschiedentlich angesprochen, ist dem Verwalter zur Wahrnehmung seiner Aufgaben die Rechtsmacht eingeräumt, die Gemeinschaft aber auch die einzelnen Wohnungseigentümer in bestimmten Angelegenheiten zu vertreten. Die in § 27 Abs. 2 WEG geregelte Vertretungsmacht mit Wirkung für und gegen die Wohnungseigentümer hat nach der Anerkennung der rechtsfähigen Gemeinschaft an Bedeutung verloren. Seit dem die Gemeinschaft gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG die gemeinschaftsbezogenen Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer ausübt bzw. wahrnimmt (s.o. Rz. 202 ff.), geht es vornehmlich darum, die rechtsfähige Gemeinschaft im Rechtsverkehr zu vertreten. Die in § 27 Abs. 3 Satz 1 WEG geregelte Vertretungsmacht für und gegen die Gemeinschaft steht daher im Vordergrund der nachfolgenden Betrachtung.

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a) Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellungen Gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WEG ist der Verwalter berechtigt, mit Wirkung für und gegen die Gemeinschaft Willenserklärungen und Zustellungen entgegenzunehmen. Der Verwalter ist somit Empfangsvertreter der Gemeinschaft. Die an die Gemeinschaft gerichteten Willenserklärungen wirken unmittelbar für und gegen die Gemeinschaft, wenn sie dem Verwalter zugehen (§§ 130, 164 Abs. 1, 3 BGB).

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Beispiel: Will ein Versorgungsunternehmen einen Vertrag mit der Gemeinschaft kündigen, so kann die Kündigung dem Verwalter gegenüber erklärt werden („Wohnungseigentümergemeinschaft X-Straße in Y-Stadt, vertreten durch die Hausverwaltung Hans Meyer“). Die Kündigung wird mit Zugang beim Verwalter wirksam, wenn die Kündigungsvoraussetzungen erfüllt sind.

Der Verwalter ist ferner befugt, Zustellungen an die Gemeinschaft entgegenzunehmen. Dies gilt vornehmlich für Zustellungen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten, an denen die Gemeinschaft beteiligt ist. Der Verwalter ist Zustellungsvertreter der Gemeinschaft i.S.v. § 170 Abs. 1 ZPO. Für die Zustellung an den Verwalter genügt daher die Übergabe nur einer Ausfertigung des zuzustellenden Schriftstücks.1 Eine Zustellung an den Verwalter ist allerdings wegen Interessenkollision ausgeschlossen, wenn der Verwalter in dem Rechtsstreit der Gemeinschaft als Gegner gegenübersteht, etwa wenn die Gemeinschaft Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter wegen pflichtwidrigen Verwalterhandelns im Rechtsstreit nach § 43 Nr. 3 WEG geltend macht.2 1 BGH, Urt. v. 25.9.1980 – VII ZR 276/79, MDR 1981, 220 = NJW 1981, 282. 2 Jennißen/Heinemann, § 27 WEG, Rz. 88.

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657

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

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Gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG ist der Verwalter auch Empfangsvertreter der Wohnungseigentümer, soweit Willenserklärungen und Zustellungen an diese gerichtet sind. Die Vorschrift hat kaum praktische Bedeutung. Dass der Verwalter in gerichtlichen Verfahren Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer ist, ergibt sich bereits aus § 45 WEG (s. dazu Rz. 854 ff.). b) Maßnahmen zur Abwendung von Rechtsnachteilen

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Der Verwalter kann gem. § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WEG mit Wirkung für und gegen die Gemeinschaft Maßnahmen treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind, insbesondere einen gegen die Gemeinschaft gerichteten Rechtsstreit zu führen. Wegen der vorrangigen Entscheidungszuständigkeit der Wohnungseigentümer besteht die Vertretungsmacht grundsätzlich nur, wenn wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit eine Willensbildung durch die Wohnungseigentümer nicht herbeigeführt werden kann.1 Der Verwalter hat vor seinem Tätigwerden stets zu prüfen, ob noch kurzfristig eine Eigentümerversammlung einberufen werden kann. Ist die Zuständigkeit des Verwalters gegeben, darf er nur solche Maßnahmen ergreifen, die zur Abwendung des Nachteils objektiv erforderlich sind. Er darf innerhalb seiner Zuständigkeit keine Maßnahmen ergreifen, die über die reine Nachteilsabwendung hinausgehen.

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Unter die zu wahrenden Fristen i.S.v. § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WEG fallen insbesondere Verjährungsfristen, Rechtsmittelfristen und Fristen für Mängelrügen. Die Norm berechtigt den Verwalter deshalb zur fristwahrenden Klageerhebung oder Inanspruchnahme eines Gewährleistungsbürgen.2 Die Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils kann durch die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens oder die Antragstellung in Zwangsversteigerungs-, Zwangsverwaltungs- oder Vollstreckungsschutzverfahren erfolgen.3

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Die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlichen Maßnahmen kann der Verwalter auch mit Wirkung für und gegen einzelne Wohnungseigentümer treffen (§ 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG). Er ist insbesondere berechtigt, einen gegen die Wohnungseigentümer gerichteten Rechtsstreit gem. § 43 Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 5 im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren zu führen. Ihm ist somit die Rechtsmacht eingeräumt, die übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte im Beschlussanfechtungsprozess eines Wohnungseigentümers zu vertreten (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG; Rz. 855).

1 Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 202. 2 BGH, Urt. v. 25.9.1980 – VII ZR 276/79, MDR 1981, 220 = NJW 1981, 282. 3 Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 139.

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VI. Aufgaben und Befugnisse des Verwalters Beispiel: Dem Verwalter wird als Zustellungsvertreter eine Beschlussanfechtungsklage eines Wohnungseigentümers zugestellt mit der gerichtlichen Aufforderung an die Beklagten, innerhalb von zwei Wochen die Verteidigung anzuzeigen. In diesem Fall ist der Verwalter ermächtigt, im Namen der Beklagten einen Rechtsanwalt mit der Prozessführung auf Passivseite zu beauftragen und zu bevollmächtigen. Nach überwiegender Ansicht erstreckt sich die Prozessvertretungsmacht des Verwalters auf das gesamte Verfahren. Die Vertretungsmacht ist nicht darauf beschränkt, fristwahrend die Verteidigung der Beklagten anzuzeigen.1

c) Streitwertvereinbarungen Der Verwalter ist gem. § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG berechtigt, mit Wirkung für und gegen die Wohnungseigentümer mit einem Rechtsanwalt wegen eines Rechtsstreits nach § 43 Nr. 4 oder 5 WEG zu vereinbaren, dass sich die Gebühren nach einem höheren als den gesetzlichen Streitwert bemessen. Die Vertretungsmacht wurde im Zuge der WEG-Novelle 2007 geschaffen, um negative Auswirkungen der Streitwertbegrenzung gem. § 49a GKG abzumildern. Gemäß § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG darf der Gebührenstreitwert das fünffache Eigeninteresse des Klägers und der auf seiner Seite beigetretenen Wohnungseigentümer an der Entscheidung nicht überschreiten. Um der Gefahr vorzubeugen, dass sich kein Rechtsanwalt findet, der die Prozessvertretung der Wohnungseigentümer auf Passivseite übernimmt, soll der Verwalter ermächtigt sein, eine Streitwertvereinbarung zu treffen, die der Rechtsanwaltsvergütung zugrunde zu legen ist. Der vereinbarte Streitwert darf allerdings den Höchstwert gem. § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG, d.h. 50 % des Interesses aller Parteien an der gerichtlichen Entscheidung nicht übersteigen.

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Beispiel: In einer aus 100 Wohnungseigentümern bestehenden Gemeinschaft ficht ein Eigentümer den Beschluss über eine Sanierungsmaßnahme im Umfang von 100 000 Euro an, an denen sich der Anfechtungskläger mit 1 000 Euro beteiligen müsste. Der Regelstreitwert i.H.v. 50 % des Interesses aller Parteien würde hier 50 000 Euro betragen. Da der Streitwert auf das fünffache Eigeninteresse des Klägers beschränkt ist, beträgt der Streitwert maximal 5 000 Euro. In diesem Fall hat der Verwalter die Möglichkeit, im Namen der Beklagten mit einem Rechtsanwalt einen Streitwert bis zu 50 000 Euro zu vereinbaren (BT-Drucks. 16/887, 77).

Eine entsprechende Vertretungsmacht ist dem Verwalter gem. § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 WEG auch mit Wirkung für und gegen die Gemeinschaft eingeräumt, wenn diese an einem Rechtsstreit nach § 43 Nr. 2 oder Nr. 5 WEG beteiligt ist (s. dazu Rz. 835 f.).

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d) Vornahme von Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen Gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 WEG ist der Verwalter berechtigt, im Namen der Gemeinschaft sonstige Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen 1 BGH, Urt. v. 5.7.2013 – V ZR 241/12, MDR 2013, 1212 = MietRB 2013, 264 f. = MietRB 2013, 266 = ZWE 2013, 368 (370) m. Anm. Bonifacio.

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§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

vorzunehmen, soweit er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer ermächtigt ist. Der Verwalter kann also Verträge im Namen der Gemeinschaft abschließen oder nur kündigen, wenn er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer ermächtigt wird. Entsprechendes gilt für geschäftsähnliche Handlungen, etwa für die Mahnung, die einen Vertragspartner der Gemeinschaft in Verzug setzt. Zu den Rechtshandlungen zählen auch Prozesshandlungen, so dass der Verwalter im Namen der Gemeinschaft deren Ansprüche oder die gemeinschaftsbezogenen Ansprüche der Wohnungseigentümer gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG gegen einzelne Wohnungseigentümer oder gegen Dritte geltend machen kann, wenn er hierzu durch Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung oder Beschluss ermächtigt ist (s.o. Rz. 206 ff.). Die Ermächtigung durch Beschluss kann ausdrücklich aber auch konkludent erfolgen.1 Beispiel: Wohnungseigentümer beschließen, gegen ein Mitglied der Gemeinschaft Unterlassungsansprüche wegen störenden Gebrauchs gemeinschaftlich geltend zu machen. Durch diesen Beschluss zieht die Gemeinschaft die Geltendmachung der individuellen Ansprüche an sich mit der Folge, dass der Verwalter die Ansprüche im Namen der Gemeinschaft geltend machen kann. Auch wenn der Verwalter nicht ausdrücklich ermächtigt, ist im Zweifel von einer konkludenten Beschlussermächtigung auszugehen.

665

Nach § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG ist der Verwalter auch berechtigt, im Namen der Wohnungseigentümer Ansprüche gerichtlich oder außergerichtlich geltend zu machen, sofern er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer ermächtigt ist. Die Vorschrift hat kaum praktische Bedeutung. Beschließen die Wohnungseigentümer ihre gemeinschaftsbezogenen oder sonstigen Ansprüche gemeinschaftlich geltend zu machen, so ist in aller Regel davon auszugehen, dass die Ansprüche gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG durch den Verwalter im Namen der Gemeinschaft und im Wege der Prozessstandschaft geltend gemacht werden sollen (s.o. Rz. 206 ff.).2 Eine Rückermächtigung an die Wohnungseigentümer, ihre Rechte gemeinschaftlich im eigenen Namen geltend zu machen, ist regelmäßig nicht anzunehmen.

5. Rechnungslegung 666

Auf Beschluss der Wohnungseigentümer ist der Verwalter zur sog. Rechnungslegung verpflichtet (§ 28 Abs. 4 WEG). Rechnungslegung ist die außerordentliche Rechenschaftsablegung des Verwalters über die von ihm verwalteten gemeinschaftlichen Gelder. Den Rechnungslegungsanspruch 1 BGH, Urt. v. 24.6.2005 – V ZR 350/03, MDR 2006, 85 = MietRB 2006, 44 = NJW 2005, 3146 (3147); zum Erlöschen der Ermächtigung durch Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund s. BGH, Urt. v. 20.1.2012 – V ZR 55/11, MDR 2012, 337 = MietRB 2012, 108 = ZWE 2012, 177. 2 Jennißen/Heinemann, § 27 WEG, Rz. 77.

264

VII. Haftung für Verwaltertätigkeiten

erfüllt der Verwalter dadurch, dass er eine Übersicht über alle Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaft seit dem Stichtag der letzten Jahresabrechnung erstellt und den Einnahmen-Ausgaben-Saldo mit den gemeinschaftlichen Konten abgleicht. Da die Rechnungslegung der Erstellung einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gleichkommt, wird wegen der Einzelheiten auf die Ausführungen zur Jahresgesamtabrechnung verwiesen (s. Rz. 778 ff.).

VII. Haftung für Verwaltertätigkeiten 1. Haftung gegenüber der Gemeinschaft und den Wohnungseigentümern Der Verwalter haftet der Gemeinschaft für die Erfüllung seiner Pflichten aus dem Verwaltervertrag und dem Bestellungsverhältnis. Er hat der Gemeinschaft gem. § 280 Abs. 1 BGB den Schaden zu ersetzen, der ihr durch eine schuldhafte Pflichtverletzung entsteht. Der Verwalter haftet gem. § 276 BGB für Vorsatz und Fahrlässigkeit. Die zum Verwalter bestellte Person hat diejenige Sorgfalt zu beachten, die ein durchschnittlicher und gewissenhafter Verwalter unter den Umständen des konkreten Vertragsverhältnisses aufgewandt hätte. Besondere Sachkunde ist zu berücksichtigen.1 Ist der Verwalter Kaufmann, hat er die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu beachten (§ 347 HGB).2 Bedient sich der Verwalter zur Erfüllung seiner Aufgaben weiterer Personen (Erfüllungsgehilfen), insbesondere Angestellter seines Unternehmens, hat er ein Verschulden dieser Personen in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden (§ 278 BGB).

667

Beispiele: Der Verwalter haftet für Schäden wegen des unterlassenen Hinweises auf Baumängel vor Ablauf der Gewährleistungsfrist3, die verzögerte Durchführung von Beschlüssen über Instandsetzungsmaßnahmen4, die Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen ohne Beschluss der Wohnungseigentümer5, die Bezahlung von Werklohn trotz erkennbarer Werkmängel6, das Auflaufenlassen hoher Beitragsrückstände7, das Unterlassen der Anmeldung von Beitragsforderungen im Zwangsversteigerungsverfahren (s. dazu Rz. 948).8

Verwaltervertrag und Bestellungsverhältnis dienen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Wohnungseigentümer mit der Folge, dass 1 2 3 4 5 6 7 8

BayObLG, Beschl. v. 30.8.1989 – 2Z BR 40/89, WE 1991, 22. BGH, Beschl. v. 21.12.1995 – V ZB 4/94, MDR 1996, 787 = NJW 1996, 1216. BayObLG, Beschl. v. 30.8.1989 – 2Z BR 40/89, WE 1991, 22. BayObLG, Beschl. v. 5.1.2000 – 2Z BR 85/99, ZWE 2000, 179; LG München I, Urt. v. 7.11.2013 – 36 S 16560/12 WEG, ZWE 2014, 278 (279); Urt. v. 15.10.2012 – 1 S 26801/11, MietRB 2013, 179 = ZWE 2013, 270 (Schimmelbildung). LG München I, Urt. v. 16.9.2013 – 1 S 21191/12 WEG, ZWE 2014, 185. KG, Beschl. v. 10.3.1993 – 24 W 5506/92, WE 1993, 197. BayObLG, Beschl. v. 20.11.1997 – 2Z BR 122/97, NJW-RR 1998, 519. LG Köln, Urt. v. 5.9.2013 – 29 S 40/13, ZWE 2014, 135.

265

668

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

die Pflichten des Verwalters auch Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer entfalten. Verletzt der Verwalter seine Pflichten, so haftet er auch den einzelnen Wohnungseigentümern auf Ersatz des Schadens, der ihnen – etwa im Bereich ihres Sondereigentums – infolge der Pflichtverletzung entstanden ist (s. Arbeitsbeispiel 9). 669

Gemäß §§ 823 ff. BGB haftet der Verwalter den Wohnungseigentümern auch für unerlaubte Handlungen. Von Bedeutung ist insoweit vor allem die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Zur Verkehrssicherungspflicht gehört etwa die Pflicht zur Beleuchtung, zum Schneeräumen und zum Streuen der Wege bei Glätte. Die Verkehrssicherungspflicht für das gemeinschaftliche Eigentum ist zwar originär eine Pflicht, die gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG von der Gemeinschaft wahrzunehmen ist (s.o. Rz. 212).1 Sie kann aber auf den Verwalter delegiert werden. Nach zutreffender Ansicht ergibt sich dies aus § 27 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WEG.2 Nach dieser Vorschrift hat der Verwalter für die Durchführung der Hausordnung und die ordnungsgemäße Instandhaltung zu sorgen, so dass ihn auch die Sorge für fremde Güter trifft. Die seitens der Gemeinschaft wahrzunehmende Verkehrssicherungspflicht reduziert sich mit der Delegierung auf den Verwalter auf eine Kontroll- und Überwachungspflicht.3 Verletzt der Verwalter die ihm übertragene Verkehrssicherungspflicht, so ist er einem Wohnungseigentümer, der Schaden erleidet, gem. § 823 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.4 Der geschädigte Wohnungseigentümer muss sich aber gem. § 254 BGB ein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er seiner Kontroll- und Überwachungspflicht nicht hinreichend nachgekommen ist.

670

Die Haftung des Verwalters kann im Verwaltervertrag auf Vorsatz beschränkt werden. Unterfällt der Verwaltervertrag allerdings den Bestimmungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 ff. BGB), handelt es sich also um einen vom Verwalter gestellten und für eine Vielzahl von Fällen vorformulierten Vertrag, ist eine Freizeichnung wegen Vorsatz und grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen (§ 309 Nr. 7 lit. a BGB). Unabhängig davon kann der Verwalter für solche Pflichtverletzungen nicht zur Verantwortung gezogen werden, für die ihm die Wohnungseigentümer wirksam Entlastung erteilt haben.

671

In der Praxis entscheiden die Wohnungseigentümer über die Verwalterentlastung einmal im Jahr durch Beschluss. Hat die Entlastung einen Verzicht auf Ansprüche gegen den Verwalter zum Inhalt, widerspricht ein Mehr1 OLG München, Beschl. v. 24.10.2005 – 34 Wx 82/05, ZWE 2006, 41 (42 f.) = NZM 2006, 110. BGH, Urt. v. 27.11.1984 – VI ZR 49/83, MDR 1985, 311 = NJW 1985, 484. 2 Vgl. BGH, Urt. v. 23.3.1993 – VI ZR 176/92, MDR 1994, 45 = NJW 1993, 1782; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 4.8.1994 – 3 W 89/94, WE 1995, 26; a.A. OLG Frankfurt, Urt. v. 4.12.2001 – 3 U 93/01, WuM 2002, 619: ausdrückliche Übertragung erforderlich. 3 BGH, Urt. v. 17.1.1989 – VI ZR 186/88, MDR 1989, 532 = NJW-RR 1989, 394. 4 Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 351.

266

VII. Haftung für Verwaltertätigkeiten

heitsbeschluss über die Entlastung ordnungsmäßiger Verwaltung. Es gibt keinen sachlichen Grund, warum die Gemeinschaft ohne Gegenleistung auf Schadensersatzansprüche verzichten sollte.1 Der Entlastungsbeschluss kann dann erfolgreich angefochten werden. Bestandkräftige Beschlüsse wirken wie ein negatives Schuldanerkenntnis hinsichtlich solcher Vorgänge, die bei der Beschlussfassung bekannt oder bei zumutbarer Sorgfalt erkennbar waren.2 Von der Entlastung grundsätzlich nicht erfasst sind Ansprüche, die auf strafbarem Handeln des Verwalters beruhen oder die den Wohnungseigentümern weder bekannt noch erkennbar waren.3

2. Haftung des Verwalters gegenüber Dritten Der Verwalter haftet Dritten gegenüber vornehmlich aus unerlaubter Handlung. Die dem Verwalter durch die Gemeinschaft übertragenen Verkehrssicherungspflichten bestehen jedoch nicht gegenüber Dritten.4 In Betracht kommt aber eine Haftung des Verwalters nach §§ 836, 838 BGB als Gebäudesicherungspflichtiger, wenn ein Dritter durch herabfallende Gebäudeteile geschädigt wird.5

672

3. Haftung der Gemeinschaft für den Verwalter Von der Haftung des Verwalters zu unterscheiden ist die Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft für ihren Verwalter. Wird der Verwalter für die Gemeinschaft bei der Abwicklung von Verträgen mit Dritten tätig und begeht er dabei diesen gegenüber Pflichtverletzungen, so hat die Gemeinschaft ein Verschulden des Verwalters im gleichen Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Der Verwalter ist insoweit Erfüllungsgehilfe der Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 278 BGB). Nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft bestehen keine Zweifel mehr daran, dass der Verwalter als ihr Organ anzusehen ist. Deshalb muss sich die Gemeinschaft im Rahmen der deliktischen Haftung (§ 823 Abs. 1 BGB) eine unerlaubte Handlung des Verwalters, insbesondere eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten, entsprechend § 31 BGB zurechnen lassen. Da der Verwalter – entgegen einer früher vertretenen Ansicht6 – als Organ und nicht als Verrichtungsgehilfe der Gemeinschaft anzusehen ist, kann 1 BayObLG, Beschl. v. 19.12.2002 – 2Z BR 104/02, ZMR 2003, 280; a.A. OLG Schleswig, Beschl. v. 23.1.2002 – 2 W 137/01, ZMR 2002, 382. 2 BGH, Urt. v. 6.3.1997 – III ZR 248/95, MDR 1997, 537 = NJW 1997, 2106 (2108); LG Hamburg, Urt. v. 10.4.2013 – 318 S 91/12, MietRB 2013, 272 f. = ZWE 2014, 129. 3 Becker in Bärmann, § 28 WEG, Rz. 198. 4 Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 352; Wenzel, NZM 2006, 321 (323); a.A. noch BGH, Urt. v. 23.3.1993 – VI ZR 176/92, MDR 1994, 45 = NJW 1993, 1782; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 4.8.1994 – 3 W 89/94, WE 1995, 26 sowie noch die 2. Aufl. dieses Werkes. 5 Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 357. 6 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.1.1985 – 20 W 94/84, OLGZ 1985, 144 (146).

267

673

§ 7 Verwaltung durch den Verwalter

sie sich nicht gem. § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB mit den Nachweis entlasten, sie habe bei der Auswahl und Überwachung des Verwalters die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet.1 674

Im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander ist der Verwalter weder Erfüllungsgehilfe noch Verrichtungsgehilfe.2 Die übrigen Wohnungseigentümer haften einem einzelnen Wohnungseigentümer daher nicht für Schäden, die der Verwalter durch schuldhafte Pflichtverletzungen verursacht hat. In Betracht kommt nur eine unmittelbare Haftung des Verwalters für eigenes Verschulden (s. Rz. 667 f.). Arbeitsbeispiel 9: Aufgaben und Haftung des Verwalters

675

Sachverhalt: Wohnungseigentümer A stellt fest, dass ein im Kellergang befindlicher Rohrabschnitt der gemeinschaftlichen Zentralheizung stark korrodiert ist und augenscheinlich noch in der laufenden Heizungsperiode repariert werden muss. Er informiert den Verwalter V. Dieser unternimmt zunächst aber nichts. Vier Wochen später platzt das Heizungsrohr und es kommt in den zu Sondereigentum erklärten Kellern der Eigentümer A und B zu erheblichen Wasserschäden. A und B möchten wissen, ob und in welchem Umfang sie von V oder der Wohnungseigentümergemeinschaft Schadensersatz verlangen können. Lösung: Die Zentralleitungen der Heizungsanlage stehen im gemeinschaftlichen Eigentum. Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG war V gegenüber den Wohnungseigentümern verpflichtet, die für die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentum erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Da die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 21 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2 WEG in erster Linie Sache der Wohnungseigentümer selbst ist, oblag V zwar nicht die Instandsetzung als solche. Er hätte aber die Wohnungseigentümer über die notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen unterrichten und deren Entscheidung über die zu treffenden Maßnahmen vorbereiten und herbeiführen müssen. Die Hinweispflicht wäre nur dann entfallen, wenn alle Wohnungseigentümer den Instandsetzungsbedarf gekannt hätten oder hätten kennen können. Im vorliegenden Fall wussten nur A und V von dem Leitungsproblem. V blieb pflichtwidrig untätig. Wäre er tätig geworden, hätte der Schaden vermieden werden können. V muss daher A und B wegen schuldhafter Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten aus dem Bestellungsrechtsverhältnis die entstandenen Schäden am Sondereigentum ersetzen (§ 280 Abs. 1 BGB). Ein Mitverschulden müssen sich A und B nicht anrechnen lassen. Ein Schadensersatzanspruch gegen die Gemeinschaft steht A und B mangels eines zurechenbaren Verschuldens nicht zu. A wusste zwar von dem Leitungsproblem, er erfüllte seine Eigentümerpflicht aber dadurch, dass er V von dem 1 Merle in Bärmann, § 27 WEG, Rz. 359; a.A. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 27 WEG, Rz. 114. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.2.1999 – 3 Wx 369/98, NZM 1999, 573.

268

VII. Haftung für Verwaltertätigkeiten

Instandsetzungsbedarf unterrichtete. Das WEG kennt keine verschuldensunabhängige Haftung der Gemeinschaft gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer für Schäden am Sondereigentum, die auf Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum zurückzuführen sind. Die Eigentümergemeinschaft muss sich auch nicht das schuldhafte Verhalten des Verwalters gem. § 278 BGB zurechnen lassen. Der Verwalter wird zwar für die Eigentümergemeinschaft tätig. Im Verhältnis zu den Wohnungseigentümern ist der Verwalter aber kein Erfüllungsgehilfe der Gemeinschaft.

269

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten I. Grundlagen In der Praxis besteht häufig Streit darüber, wie die Nutzungen sowie die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums im Verhältnis der Wohnungseigentümer zu verteilen sind. Die Verteilung der Nutzungen, Lasten und Kosten ist in § 16 Abs. 1 und 2 WEG zunächst in Anlehnung an das Recht der Bruchteilsgemeinschaft (§§ 743, 748 BGB) geregelt: Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein Anteil an den Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums. Er ist den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, anteilig die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen. Im Unterschied zum Recht der Bruchteilsgemeinschaft ergeben sich aus den genannten Vorschriften in der Regel noch keine konkreten Zahlungsansprüche. Konkrete Vorschussansprüche zu den Lasten und Kosten begründet erst der Beschluss eines Wirtschaftsplans (§ 28 Abs. 2 WEG; Rz. 704, 759). Die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaft werden nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres abgerechnet und im Verhältnis der Wohnungseigentümer verteilt (Rz. 725 ff.). Der Beschluss der Jahresabrechnung begründet Nachzahlungsansprüche (Abrechnungsspitze) der Gemeinschaft oder Rückzahlungsansprüche (Guthaben) gegen die Gemeinschaft (Rz. 759).

675a

In einer Mehrhausanlage sind Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung jeweils für die Gesamtgemeinschaft zu erstellen und zu beschließen. Durch Vereinbarung kann jedoch bestimmt werden, dass die Lasten und Kosten nach Untergemeinschaften getrennt zu ermitteln und abzurechnen sind.1

675b

II. Anteil an Nutzungen (§ 16 Abs. 1 WEG) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums. Unter Nutzungen i.S.d. § 16 Abs. 1 WEG sind nur sonstige Nutzungen nach § 13 Abs. 2 Satz 2 WEG, d.h. unmittelbare und mittelbare Sach- und Rechtsfrüchte, etwa Einnahmen aus Vermietung2, nicht aber Gebrauchsvorteile i.S.d. § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG zu verstehen (s. Rz. 231 f.). Der Anteil an den Nutzungen bestimmt sich, soweit nichts Abweichendes vereinbart ist, nach dem im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile (§ 16 Abs. 1 WEG). Beispiele: Einnahmequellen der Wohnungseigentümergemeinschaft können sein: die Vermietung von Dachflächen an Mobilfunkbetreiber, der Verkauf von Waschmünzen, Zinsen aus der Instandhaltungsrücklage, Gelder aus der Benutzung von im gemein1 BGH, Urt. v. 20.7.2012 – V ZR 231/11, MietRB 2012, 324 = ZWE 2012, 494 (495). 2 Becker in Bärmann, § 16 WEG, Rz. 10.

271

676

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten schaftlichen Eigentum stehenden Saunen oder Schwimmbädern. Zu den Einnahmen gehören auch Früchte von Bäumen der Wohnanlage (Äpfel, Birnen etc.).

677

Eine Sondervorschrift zur Nutzungsverteilung enthält § 16 Abs. 6 WEG. Wohnungseigentümer, die einer baulichen Veränderung gem. § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht zugestimmt haben, sind auch nicht berechtigt, einen Anteil der Nutzungen aus der baulichen Veränderung zu beanspruchen. § 16 Abs. 6 WEG schließt die nicht zustimmenden Wohnungseigentümer aber nicht vom tatsächlichen Mitgebrauch des neu geschaffenen Gemeinschaftseigentums aus. Die Vorschrift erfasst ebenso wie § 16 Abs. 2 WEG nicht Gebrauchsvorteile, sondern nur Früchte i.S.d. § 99 BGB.1 Über die Art und Weise der Fruchtziehung sowie über die Verwendung der Früchte entscheiden die Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 1 WEG durch Beschluss. Stimmenmehrheit ist ausreichend, wenn die Verteilung den Regelungen der Gemeinschaftsordnung bzw. dem Gesetz entspricht. Sofern § 16 Abs. 1 WEG jedem Wohnungseigentümer eine Teilhabe an den gezogenen Früchten gewährt, richtet sich der Anspruch aus § 16 Abs. 1 WEG zunächst nur auf Beschlussfassung über die Verteilung der Früchte. Die Verteilung der Einnahmen erfolgt, soweit es sich um Geld handelt, rechnerisch in der Jahresabrechnung. Ein Anspruch auf Auskehrung des Nutzungsanteils besteht erst, wenn die Eigentümer über das Ob und Wie der Verteilung beschlossen haben. Da die Einnahmen allerdings vorab zur Deckung der Lasten und Kosten i.S.d. § 16 Abs. 2 WEG zu verwenden sind, beschränkt sich der Auskehrungsanspruch auf einen Anteil am Reinertrag nach Abzug der Lasten und Kosten.2 Für die Aufstellung der Jahresabrechnung bedeutet dies, dass die Einnahmen mit den Ausgaben zu verrechnen sind. Dem einzelnen Wohnungseigentümer steht nur dann ein Auszahlungsanspruch zu, wenn die Einnahmen die Ausgaben übersteigen.

III. Pflicht zur Lasten- und Kostentragung (§ 16 Abs. 2 WEG) 678

Gemäß § 16 Abs. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils zu tragen.

1. Begriff der Lasten und Kosten 679

Das Gesetz unterscheidet zwischen Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Unterscheidung ist allerdings ohne größere praktische Bedeutung, solange für beide derselbe Verteilungsschlüssel gilt. 1 Becker in Bärmann, § 16 WEG, Rz. 161. 2 Becker in Bärmann, § 16 WEG, Rz. 17.

272

III. Pflicht zur Lasten- und Kostentragung (§ 16 Abs. 2 WEG)

Lasten sind gemeinsame schuldrechtliche Verpflichtungen der Wohnungseigentümer zu einer Leistung, für die alle Wohnungseigentumseinheiten – und nicht nur das Wohnungseigentum eines einzelnen Eigentümers – dinglich haften. Beispiele: Zu den privaten Lasten gehören vornehmlich Grundschuld- und Hypothekenzinsen oder Renten, soweit alle Wohnungseigentumseinheiten belastet sind.1 Zu den öffentlichen Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums gehören Leistungspflichten, die nach öffentlichem Recht dem Grundstück ruhen, insbesondere Gebühren und Abgaben, wie Anliegerbeiträge, Abwassergebühren, Müllabfallgebühren, Straßenreinigungsgebühren.2

Kosten i.S.d. § 16 Abs. 2 WEG sind zum einen alle Aufwendungen, die durch die Instandhaltung, Instandsetzung und sonstige Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums entstehen, zum anderen sind dies jene Aufwendungen, die der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums verursacht.

680

Beispiele: Zu ersteren zählen die Vergütung des Verwalters und Verwaltungsbeirats, Kosten für Versicherungen, Reparaturen, Hausmeisterdienste oder die Kosten der Wohnungseigentümerversammlung. Gebrauchskosten entstehen vornehmlich durch die Versorgung des gemeinschaftlichen Eigentums mit Energie, Wärme und Wasser.

Zu den Kosten der Verwaltung i.S.d. § 16 Abs. 2 WEG gehören auch Kosten eines Rechtsstreits gem. § 18 WEG und der Ersatz des Schadens im Falle des § 14 Nr. 4 WEG (s. § 16 Abs. 7 WEG).

681

2. Gesetzlicher Kostenverteilungsschlüssel Der Anteil an den gemeinschaftlichen Lasten und Kosten, den jeder Wohnungseigentümer zu tragen hat, ist an die Größe seines Anteils am Gemeinschaftseigentum geknüpft. Nach der gesetzlichen Regelung entfallen also auf jedes Wohnungseigentum Lasten- und Kostenanteile entsprechend der Größe des Miteigentumsanteils am gemeinschaftlichen Eigentum.

682

Diese gesetzliche Regelung schafft nicht immer einen angemessenen Interessen- und Kostenausgleich. Dies zeigt sich etwa dann, wenn Bereiche des gemeinschaftlichen Eigentums durch die Wohnungseigentümer in unterschiedlichem Maße genutzt werden. Hat ein Wohnungseigentümer nicht die Möglichkeit, einen bestimmten Teil des gemeinschaftlichen Eigentums zu gebrauchen, entspräche es eher der Billigkeit, ihn insoweit von der Kostentragungspflicht freizustellen. § 16 Abs. 2 WEG regelt aber die Kostentragungspflicht unabhängig von der Kostenverursachung.

683

1 Becker in Bärmann, § 16 WEG, Rz. 30. 2 Becker in Bärmann, § 16 WEG, Rz. 26 ff.

273

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten Beispiele: Ist das Wohnhaus mit einem Fahrstuhl ausgestattet, sind nach § 16 Abs. 2 WEG auch diejenigen Wohnungseigentümer an den Wartungskosten des Fahrstuhls zu beteiligen, die im Erdgeschoss wohnen und somit den Fahrstuhl nicht nutzen. – Der Erwerber einer noch unausgebauten Dachgeschosseinheit ist nach § 16 Abs. 2 WEG grundsätzlich auch an sämtlichen Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu beteiligen, obwohl er sein Wohnungseigentum noch nicht zu Wohnzwecken nutzen kann.

684

§ 16 Abs. 2 WEG gilt ausdrücklich nur für die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Lasten und Kosten der Instandhaltung/ Instandsetzung und des Gebrauchs des Sondereigentums hat jeder Wohnungseigentümer allein zu tragen. Dies ist allerdings mit Problemen verbunden, wenn sich die auf die einzelnen Sondereigentumseinheiten entfallenden Kosten betragsmäßig nicht ermitteln lassen, etwa bei der Gas- und Wasserversorgung mangels Verbrauchszählern in den Wohnungen. Werden die durch den Gebrauch des Sondereigentums entstehenden Kosten im Außenverhältnis vorab aus gemeinschaftlichen Geldern bestritten, müssen diese Ausgaben in der Jahresabrechnung auf die Wohnungseigentumseinheiten verteilt werden. Enthält die Gemeinschaftsordnung dazu keine Regelungen und haben die Wohnungseigentümer keinen Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG gefasst, muss auf die Verteilungsregelung des § 16 Abs. 2 WEG zurückgegriffen werden.1

3. Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten 685

Eine Sonderregelung zur Kostenverteilung enthält die Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (HeizKVO), die gem. § 3 HeizKVO zwingend auch für Wohnungseigentum gilt. Die Verordnung verpflichtet Wohnungseigentümer, den anteiligen Verbrauch an Wärme und Warmwasser in den Sondereigentumsbereichen zu erfassen (§ 4 HeizKVO). Dazu sind die Räume mit Verbrauchserfassungsgeräten (Wärmemengenzähler/Heizkostenverteiler, Warmwasserzähler/Warmwasserkostenverteiler) auszustatten, was jeder Wohnungseigentümer von den anderen als Maßnahme der ordnungsmäßigen Verwaltung verlangen kann (§ 21 Abs. 4 WEG). Am Ende eines jeden Wirtschaftsjahres sind der Gesamtverbrauch in der Gemeinschaft und der Verbrauch in jeder Wohnungseigentumseinheit zu ermitteln. Von den Gesamtheizkosten sind grundsätzlich mindestens 50 %, höchstens 70 % nach dem erfassten Verbrauch zu verteilen. Die übrigen Kosten können entweder nach der Wohn- und Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum umgelegt werden. Es kann aber auch die Wohn- und Nutzfläche oder der umbaute Raum der beheizten Räume zugrunde gelegt werden (§ 7 HeizKVO). Von den gesamten Warmwasserkosten sind mindestens 50 %, höchstens 70 % nach dem erfassten Warmwasserverbrauch, die üb1 BGH, Beschl. v. 27.9.2007 – V ZB 83/07, MDR 2007, 1413 = MietRB 2008, 76 = NJW 2007, 3492.

274

III. Pflicht zur Lasten- und Kostentragung (§ 16 Abs. 2 WEG)

rigen Kosten nach der Wohn- und Nutzfläche zu verteilen (§ 8 HeizKVO). Die Eigentümer können durch Mehrheitsbeschluss entscheiden, wie viel Prozent der Kosten verbrauchsabhängig verteilt werden sollen, allerdings darf dieser Anteil nicht 50 % unterschreiten oder 70 % überschreiten. Die Heiz- und Warmwasserkosten sind zwingend nach Maßgabe der HeizKVO nach Verbrauch zu erfassen und zu verteilen unabhängig davon, ob die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung oder Beschluss eine verbauchsabhängige Verteilung eingeführt haben.1 Die Vorschriften der HeizKVO gehen abweichenden Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung vor (§ 2 HeizKVO).2 Gemäß § 10 HeizKVO bleiben aber rechtsgeschäftliche Bestimmungen unberührt, die einen höheren Verbauchsanteil als 70 % vorsehen. Daher können die Wohnungseigentümer etwa vereinbaren, die Heiz- und Warmwasserkosten zu 100 % nach Verbauch zu verteilen.3

685a

Soweit in einer Wohnanlage die Heiz- und Warmwasserkosten verbrauchsabhängig abgerechnet werden, bestimmen § 7 Abs. 2 und § 8 Abs. 2 HeizKVO, welche Kosten zu den verbrauchsabhängig umzulegenden Kosten des Betriebs der zentralen Heiz- und Warmwasseranlage gehören (z.B. Kosten der verbrauchten Brennstoffe einschließlich ihrer Lieferung, die Kosten des Betriebsstrom, die Zählermiete usw.). Die dort nicht genannten Kosten (z.B. die Kosten der Reparatur der Heizungsanlage) sind nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel zu verteilen.

685b

4. Verteilung der Kosten baulicher Veränderungen (§ 16 Abs. 6 WEG) Eine weitere Sonderregelung zur Kostenverteilung enthält § 16 Abs. 6 WEG. Kosten baulicher Veränderungen haben ausschließlich diejenigen Wohnungseigentümer zu tragen, die der baulichen Veränderung zugestimmt und sich nicht zugleich gegen die Kostentragung verwahrt haben.4 Den Zustimmenden und dessen Rechtsnachfolger trifft die Kostentragungspflicht auch dann, wenn seine Zustimmung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG entbehrlich war, er also nicht hätte zustimmen müssen.5 Ein Wohnungseigentümer, der einer baulichen Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG nicht zugestimmt hat, kann auch nicht zu den Kosten einer solchen Maßnahme herangezogen werden. Die Kostenbefreiung gilt ferner für Folgekos-

1 BGH, Urt. v. 17.2.2012 – V ZR 251/10, MDR 2012, 510 = MietRB 2012, 141 = ZWE 2012, 216 (217); OLG München, Beschl. v. 6.9.2012 – 32 Wx 32/12, MietRB 2012, 357 = ZWE 2012, 497 (498). 2 BayObLG, Beschl. v. 30.6.2004 – 2Z BR 118/04, MietRB 2004, 355 = ZMR 2005, 135 (136); OLG Köln, Beschl. v. 13.9.2004 – 16 W 168/04, ZMR 2005, 77 (78). 3 OLG Hamm, Beschl. v. 12.1.2004 – 15 W 24/03, NZM 2004, 657 (658). 4 Becker in Bärmann, § 16 WEG, Rz. 154. 5 BGH, Urt. v. 11.11.2011 – V ZR 65/11, MDR 2012, 80 = NotBZ 2012, 218 = MietRB 2012, 74 = ZWE 2012, 86 (87).

275

686

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

ten der Maßnahme, insbesondere die Kosten einer zukünftig erforderlichen Instandhaltung oder Instandsetzung.1 Beispiel: Wohnungseigentümer A will im Bereich seines Wohnzimmers ein weiteres Fenster einbauen, was bauordnungsrechtlich zulässig wäre. Die übrigen Wohnungseigentümer genehmigen den Fenstereinbau durch Beschluss unter der Bedingung, dass A die Maßnahme selbst finanziert. Nachdem A das Fenster eingebaut hat, geht es bei einem Sturm zu Bruch. A muss auch die Instandsetzung des Fensters allein finanzieren.

687

Kann nach der Gemeinschaftsordnung abweichend von § 22 Abs. 1 WEG über bauliche Veränderungen mit einfacher oder qualifizierter Stimmenmehrheit beschlossen werden und ist zur Kostentragung nichts geregelt, so gilt § 16 Abs. 6 WEG, wonach die nicht zustimmenden Wohnungseigentümer keine Kosten zu tragen haben.2 Gleiches gilt, wenn die Wohnungseigentümer eine solche Vereinbarung nicht getroffen haben, gleichwohl aber über die Durchführung einer baulichen Veränderung mit Stimmenmehrheit beschließen und die Kostentragung nichts regeln.3

5. Änderung des Verteilungsschlüssels a) Änderung durch Vereinbarung oder Beschluss 688

Um bei der Kostenverteilung eine größere Einzelfallgerechtigkeit zu erreichen, können die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung i.S.v. § 10 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 WEG einen von § 16 Abs. 2 WEG abweichenden Kostenverteilungsschlüssel festlegen. Es können auch für verschiedene Kostenarten unterschiedliche Kostenverteilungsschlüssel bestimmt werden.

689

Vor Inkrafttreten der WEG-Novelle zum 1.7.2007 war ein auf Abänderung des gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels gerichteter Beschluss mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nichtig, es sei denn, eine in der Gemeinschaftsordnung vereinbarte Öffnungsklausel ließ einen solchen Beschluss zu (s. Rz. 155 ff.).4 Seit Inkrafttreten der WEG-Novelle zum 1.7.2007 haben die Wohnungseigentümer die Möglichkeit, bestimmte Kosten durch Mehrheitsbeschluss gem. § 16 Abs. 3, 4 WEG abweichend vom gesetzlichen oder vereinbarten Verteilungsschlüssel zu verteilen.

1 BGH, Beschl. v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, MDR 1992, 484 = NJW 1992, 978. 2 Staudinger/Bub, § 22 WEG, Rz. 9; a.A. BayObLG, Beschl. v. 21.9.1995 – 2Z BR 62/95, WuM 1996, 787. 3 BGH, Urt. v. 11.11.2011 – V ZR 65/11, MDR 2012, 80 = NotBZ 2012, 218 = MietRB 2012, 74 = ZWE 2012, 86 (87); a.A. BayObLG, Beschl. v. 27.4.2001 – 2Z BR 70/00, NZM 2001, 1138. 4 BGH, Beschl. v. 20.9.2000 – V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke = NJW 2000, 3500.

276

III. Pflicht zur Lasten- und Kostentragung (§ 16 Abs. 2 WEG)

b) Betriebskosten und Kosten der Verwaltung Seit dem 1.7.2007 erlaubt § 16 Abs. 3 WEG eine Änderung des gesetzlichen oder vereinbarten Verteilungsschlüssels für die Betriebskosten und die Kosten der Verwaltung durch Beschluss der Wohnungseigentümer mit einfacher Stimmenmehrheit. Bei den Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums handelt es sich um solche i.S.d. § 556 Abs. 1 BGB, der wiederum auf die Betriebskostenverordnung verweist.

690

Betroffen sind aber nur solche Betriebskosten, die aus dem Verwaltungsvermögen von der Eigentümergemeinschaft bezahlt werden. Ausgaben des einzelnen Wohnungseigentümers, die diesem aufgrund eigener Versorgungsverträge mit Dritten entstehen, werden nicht über das Verwaltungsvermögen getätigt, so dass diese Ausgaben auch nicht in die Jahresabrechnung oder den Wirtschaftsplan einfließen und folglich auch nicht nach einem Verteilungsschlüssel auf die Wohnungseigentumseinheiten verteilt werden müssen.

691

Zu den Kosten der Verwaltung gehören neben dem Honorar des Verwalters etwa die Kosten der Verwaltung gemeinschaftlicher Gelder (Kontoführungsentgelte), die Aufwendungen für den Verwaltungsbeirat (Kosten der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung), die Kosten für die Durchführung von Eigentümerversammlungen (Raummiete), Ausgaben für Ersatzansprüche im Falle des § 14 Nr. 4 WEG, die Kosten eines Rechtsstreits nach § 18 WEG.

692

Die Wohnungseigentümer können den Verteilungsschlüssel für die genannten Kostenpositionen sowohl im Einzelfall (etwa nur für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr) als auch mit Dauerwirkung ändern. Die Änderung muss in die Zukunft gerichtet sein. Eine rückwirkende Änderung des Verteilungsschlüssels für bereits abgeschlossene Wirtschaftsjahre ist unzulässig.1

693

Der neue Verteilungsschlüssel kann sich am Verbrauch oder der Verursachung durch den einzelnen Wohnungseigentümer orientieren. Möglich ist aber auch jeder andere Verteilungsmaßstab, soweit dieser ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Entscheidend ist, dass sich der neue Verteilungsschlüssel mit sachlichen Argumenten rechtfertigen lässt und zu einer angemesseneren Kostenverteilung führt als der bisherige Verteilungsschlüssel. Den Wohnungseigentümern steht sowohl bei der Frage, ob sie den Verteilungsschlüssel ändern, als auch bei der Auswahl unter mehreren denkbaren Verteilungsschlüsseln ein weiter Gestaltungsspielraum zu, in

694

1 BGH, Urt. v. 1.4.2011 – V ZR 162/10, MDR 2011, 781 = MietRB 2011, 211 f. = NJW 2011, 2202 (2203) = ZWE 2011, 323; LG Berlin, Urt. v. 13.8.2013 – 85 S 177/12 WEG, MietRB 2014, 48 f. = ZWE 2014, 268 (269); LG Hamburg, Urt. v. 22.2.2013 – 318 S 32/12, MietRB 2013, 334 = ZWE 2013, 453 (454).

277

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

den das Gericht nicht eingreifen kann.1 Die Wohnungseigentümer sind nicht verpflichtet, den „gerechtesten“ aller denkbaren Verteilungsschlüssel zu wählen. Es liegt auch im Ermessen der Wohnungseigentümer, ob der Verteilungsschlüssel für sämtliche Betriebskosten und Kosten der Verwaltung oder nur für einzelne Kostenpositionen geändert wird. 695

Wird der Verbrauch in den Wohnungen oder die Kostenverursachung durch den einzelnen Wohnungseigentümer erfasst (z.B. durch Kaltwasserzähler oder Müllwaagen), ist das Ermessen bei der Wahl des Verteilungsschlüssel dahingehend reduziert, dass die Kosten verursachungsabhängig umzulegen sind. Jeder andere Verteilungsschlüssel wäre in diesem Fall ordnungswidrig.

696

Ein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Änderung des Kostenverteilungsschlüssels besteht lediglich unter den engen Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG, wenn ein Festhalten an dem bislang geltenden Kostenverteilungsschlüssel aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. Ein schwerwiegender Grund setzt voraus, dass der geltende Verteilungsschlüssel für den die Änderung verlangenden Eigentümer zu einer erheblich (mindestens um 25 %) höheren Belastung als eine Verteilung nach den Wohn- oder Nutzflächen führt. Die erhebliche Mehrbelastung allein begründet jedoch noch keinen Änderungsanspruch. Es bedarf einer Abwägung der gesamten Umstände des Einzelfalls.2

697

Für die Kosten der Kaltwasserversorgung entschied der BGH bereits auf Basis der bis zum 30.6.2007 geltenden Fassung des WEG, dass jeder Wohnungseigentümer den Einbau von Kaltwasserzählern in den Sondereigentumseinheiten und eine verbrauchsabhängige Abrechnung verlangen kann, wenn die Aufwendungen für die Verbrauchserfassung (Kosten für den Einbau der Wasserzähler und die jährliche Ablesung) voraussichtlich niedriger sein werden als die innerhalb des 10-Jahres-Zeitraumes aufgrund der Verbrauchserfassung zu erwartenden Einsparungen in der gesamten Wohnanlage.3 c) Kosten baulicher Maßnahmen

698

Gemäß § 16 Abs. 4 WEG können die Wohnungseigentümer seit dem 1.7. 2007 auch den Verteilungsschlüssel für 1 BGH, Urt. v. 16.11.2011 – V ZR 3/11, MietRB 2011, 380 = ZWE 2012, 30 (31); Urt. v. 1.4.2011 – V ZR 162/10, MDR 2011, 781 = MietRB 2011, 211 f. = ZWE 2011, 323 (324); Urt. v. 16.9.2011 – V ZR 3/11, ZWE 2012, 30 (31); zur vereinbarten Öffnungsklausel ebenso BGH, Urt. v. 10.6.2011 – V ZR 2011 – V ZR 2/10, MDR 2011, 971 = MietRB 2011, 249 = ZWE 2011, 327 (328). 2 BGH, Urt. v. 17.12.2010 – V ZR 131/10, MietRB 2011, 214 = ZWE 2011, 170 (171) m. Anm. Becker. 3 BGH, Beschl. v. 25.9.2003 – V ZB 21/03, NotBZ 2004, 28 m. Anm. Schultzky = MDR 2004, 86 = MietRB 2004, 14 = MietRB 2004, 19 = NJW 2003, 3476.

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III. Pflicht zur Lasten- und Kostentragung (§ 16 Abs. 2 WEG)

– Kosten der Instandhaltung oder Instandsetzung i.S.d. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, – Kosten baulicher Veränderungen und Aufwendungen i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG und – Kosten der Maßnahmen der Modernisierung und Anpassung an den Stand der Technik i.S.d. § 22 Abs. 2 WEG ändern. Während § 16 Abs. 3 WEG allerdings eine dauerhafte Änderung des Kostenverteilungsschlüssels ermöglicht, begründet § 16 Abs. 4 WEG eine Beschlusskompetenz zur Änderung des Verteilungsschlüssels nur für den Einzelfall. Ein über den Einzelfall hinausgehender Beschluss über die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels für die in § 16 Abs. 4 WEG genannten Kosten ist mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nichtig. Ein Einzelfall ist gegeben, wenn sich die abweichende Kostenverteilung nur auf eine bestimmte Baumaßnahme bezieht. Nichtig wäre etwa ein Beschluss, wonach jeder Wohnungseigentümer künftig die Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung der im räumlichen Bereich seines Sondereigentums befindlichen Fenster zu tragen hat, da in diesem Fall der Verteilungsschlüssel für die Kosten der Fensterinstandsetzung dauerhaft geändert würde. Eine Einzelfallregelung i.S.d. § 16 Abs. 4 WEG liegt hingegen vor, wenn die Wohnungseigentümer anlässlich einer konkreten Instandsetzungsmaßnahme oder einer konkreten baulichen Veränderung eine von § 16 Abs. 2 WEG (bzw. einer bestehenden Vereinbarung) abweichende Kostenverteilung ausschließlich für diese Maßnahme beschließen.

699

Beispiel: Die Wohnungseigentümer beschließen den Austausch von Fenstern und regeln sogleich, dass die Kosten dieser Maßnahme nur von den Wohnungseigentümern zu tragen sind, in deren Wohnungen die Fenster ausgetauscht werden. Im Verhältnis dieser Wohnungseigentümer untereinander soll sich die Kostenverteilung nach der Anzahl der betroffenen Fenster in den jeweiligen Wohnungen richten.

Weiterhin weist § 16 Abs. 4 WEG insoweit eine Besonderheit auf, als der Änderungsbeschluss einer Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer i.S.d. § 25 Abs. 2 WEG (Es gilt hier zwingend das Kopfstimmrecht!) und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile bedarf. Wird die erforderliche doppelt qualifizierte Stimmenmehrheit nicht erreicht, hat der Versammlungsleiter die Ablehnung des Beschlussantrages zu verkünden. Verkündet er fehlerhaft die Annahme des Beschlussantrages, erwächst der Beschluss gleichwohl mangels Anfechtung in Bestandskraft.

700

Der im Einzelfall von den Wohnungseigentümern gewählte Verteilungsschlüssel muss „dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung tragen“. Mit dieser Formulierung will der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen, dass es für die abweichende Kostenverteilung einerseits nicht darauf ankommt, ob der einzelne Woh-

701

279

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

nungseigentümer die Kosten des instand gesetzten, veränderten oder geschaffenen Gebäudeteils tatsächlich nutzt, solange er jedenfalls die Möglichkeit des Gebrauchs hat. Andererseits soll bei der abweichenden Kostenverteilung eine gewisse Pauschalierung möglich sein. Der neu gewählte Kostenverteilungsschlüssel ist allerdings rechtswidrig (d.h. der Beschluss ist anfechtbar), wenn er jeglichen Bezug zum Gebrauch oder zur Möglichkeit des Gebrauchs vermissen lässt. Nach Ansicht des BGH ist ein Beschluss über die Einzel- oder Gruppenanlastung von Instandsetzungskosten anfechtbar, wenn die für den Einzelfall beschlossene Änderung der Kostenverteilung einen Anspruch der betroffenen Wohnungseigentümer auf Gleichbehandlung in einem künftigen auslöst und so die Geltung des allgemeinen Verteilungsschlüssels unterläuft (Gleichbehandlungsgrundsatz, Grundsatz der Maßstabskontinuität).1 Beispiel: Eine Mehrhausanlage besteht aus einer 1922 errichteten Villa und einem Neubau aus dem Jahre 1984. Als eine Dachsanierung der Villa erforderlich wird, beschließen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, dass allein die Eigentümer der Villa die Kosten der Sanierung zu tragen haben. – Der Beschluss ist anfechtbar, da die Eigentümer der Villa im Falle einer künftigen Dachsanierung des Neubaus, einen Anspruch auf Gleichbehandlung, d.h. auf Freistellung von den Instandsetzungskosten dieses Gebäudes hätten. Dadurch würde über den Einzelfall hinaus die Geltung des allgemeinen Verteilungsschlüssels unterlaufen.2

702

Unter mehreren denkbaren abweichenden Verteilungsschlüsseln wählen die Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen. Die Wohnungseigentümer haben auch ein Ermessen, ob sie von der Kompetenz des § 16 Abs. 4 WEG überhaupt Gebrauch machen.3

6. Kosten eines Rechtsstreits (§ 16 Abs. 8 WEG) 702a

Wer die Kosten eines Rechtsstreits der Wohnungseigentümer untereinander, etwa eines Beschlussanfechtungsprozesses nach §§ 43 Nr. 4, 46 WEG, zu tragen hat, bestimmt die gerichtliche Kostenentscheidung (s. Rz. 904). Diese Kosten sollen nicht gem. § 16 Abs. 2 WEG abweichend von der Kostenentscheidung im Verhältnis aller Wohnungseigentümer nach Miteigentumsanteilen verteilt werden.4 Deshalb bestimmt § 16 Abs. 8 WEG, dass die Kosten eines Rechtsstreits gem. § 43 WEG grundsätzlich nicht zu den Kosten der Verwaltung i.S.v. § 16 Abs. 2 WEG gehören. 1 BGH, Urt. v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = ZWE 2010, 362 (364); kritisch dazu Becker, ZWE 2011, 35 (36); Bonifacio, ZMR 2011, 771 (771); zum Gleichbehandlungsgrundsatz s. Schmid, ZWE 2011, 70; zum Grundsatz der Maßstabskontinuität s. Häublein, ZWE 2013, 160. 2 BGH, Urt. v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = ZWE 2010, 362. 3 BGH, Urt. v. 18.6.2010 – V ZR 164/09, MDR 2010, 977 = MietRB 2010, 266 = ZWE 2010, 362. 4 BGH, Beschl. v. 15.3.2007 – V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 (344) = MDR 2007, 879 = MietRB 2007, 142.

280

IV. Wirtschaftsplan

Nur Mehrkosten aus einer Streitwertvereinbarung gem. § 27 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 6 WEG (s.o. Rz. 662) sind von allen Wohnungseigentümern im Verhältnis der Miteigentumsanteile zu tragen. Der Wortlaut des § 16 Abs. 8 WEG ist allerdings unbeabsichtigt zu weit gefasst. In § 43 WEG sind nämlich nicht nur Rechtsstreitigkeiten der Wohnungseigentümer untereinander (Nrn. 1 und 4), sondern auch Streitigkeiten mit dem Verwalter oder mit Dritten genannt (Nrn. 3 und 5). Auf diese Rechtsstreitigkeiten findet die Vorschrift keine Anwendung.

702b

Macht die Gemeinschaft Beitrags- oder Schadensersatzansprüche gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer gerichtlich geltend, sind die ihr entstehenden Prozesskosten gem. § 16 Abs. 2 WEG von allen Wohnungseigentümern zu tragen. Als Mitglied der Gemeinschaft muss sich auch der Beklagte an den Kosten beteiligen und zwar auch dann, wenn er im Prozess obsiegt.1 Hat ein einzelner Wohnungseigentümer erfolgreich die Gemeinschaft verklagt, so steht ihm aufgrund der gerichtlichen Kostenentscheidung gegen die Gemeinschaft ein Anspruch auf Erstattung seiner notwendigen Rechtsverfolgungskosten zu. Nach richtiger Ansicht ist der obsiegende Wohnungseigentümer in diesem Fall von den Kosten der Finanzierung seines eigenen Kostenerstattungsanspruchs freizustellen.2 Nach Sinn und Zweck des § 16 Abs. 8 WEG darf der obsiegende Wohnungseigentümer darauf vertrauen, dass ihm der nach Maßgabe des gerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschluss zu erstattende Betrag endgültig zusteht.

703

IV. Wirtschaftsplan Der Wirtschaftsplan ist vom Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr aufzustellen (§ 28 Abs. 1 WEG). Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr bestimmen oder auf die Aufstellung eines Wirtschaftsplans verzichten. Solange aber nichts anderes vereinbart ist, kann jeder Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 4 WEG vom Verwalter die Aufstellung eines Wirtschaftsplans und von den anderen Wohnungseigentümern den Beschluss des Wirtschaftsplans als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung verlangen.

704

1. Funktion des Wirtschaftsplans Die Funktion des Wirtschaftsplanes wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ständig Zahlungsverpflichtungen der Eigentümergemeinschaft anfallen und zu erfüllen sind. Zu denken ist etwa an monatliche Ausgaben für 1 BGH, Urt. v. 4.4.2014 – V ZR 168/13, ZWE 2014, 260 (261) m. Anm. Becker. 2 Becker in Bärmann, § 16 WEG, Rz. 173; a.A. Bärmann/Seuß/Wanderer, C Rz. 1677 f.

281

705

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

die Energie- und Wasserversorgung, die Straßenreinigung, Hausmeisterdienste, kleinere Reparaturen am Gebäude, Ausgaben für Schornsteinfegerleistungen. Die mit der laufenden Verwaltung verbundenen Zahlungen bewirkt der Verwalter (§ 27 Abs. 1 Nr. 5 WEG). Er greift dafür auf das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft (§ 10 Abs. 7 WEG) zurück. Dieses muss deshalb über ausreichend Geldmittel verfügen. Der Instandhaltungsrücklage darf der Verwalter die notwendigen Gelder grundsätzlich nicht entnehmen, da die Instandhaltungsrücklage zweckgebunden ist und der Finanzierung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen dient (s.o. Rz. 345 ff.). Der Verwalter ist auch nicht verpflichtet, die Zahlungen aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Aus diesem Grunde müssen die Wohnungseigentümer gewährleisten, dass dem Verwalter ständig ausreichend Geldmittel für die laufende Verwaltung zur Verfügung stehen. Dies erreichen sie durch die Aufstellung eines Wirtschaftsplans, denn der Beschluss über den Wirtschaftsplan verpflichtet die Wohnungseigentümer zu regelmäßigen Vorschusszahlungen, das sog. Wohn- oder Hausgeld, an die Gemeinschaft zu Händen des Verwalters.

2. Inhalt des Wirtschaftsplans 706

Der Wirtschaftsplan besteht aus einem Gesamtwirtschaftsplan für die gesamte Gemeinschaft und Einzelwirtschaftsplänen für die einzelnen Wohnungen. Die gesetzlichen Vorschriften über die Aufstellung und den Inhalt des Wirtschaftsplans sind durch Vereinbarung abdingbar.1 a) Gesamtwirtschaftsplan

707

Im Gesamtwirtschaftsplan werden die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums aufgeführt (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WEG). Die einzelnen Kostenpositionen sind betragsmäßig aufzugliedern. Eine Aufgliederung ist insbesondere dort erforderlich, wo die Eigentümer die Kosten in unterschiedlichem Umfang und nach unterschiedlichen Verteilungsschlüsseln zu tragen haben. Der Verwalter bzw. die Wohnungseigentümer müssen die bei den einzelnen Kostenpositionen voraussichtlich entstehenden Ausgaben schätzen. Dabei haben sie sich an den Ausgaben zu orientieren, die im letzten Wirtschaftsjahr angefallen sind, und diese eventuell um einen Teuerungsbetrag zu erhöhen. In gleicher Weise ist mit voraussichtlichen Einnahmen zu verfahren. Die künftigen Beitragsvorschüsse der Wohnungseigentümer müssen allerdings nicht zwingend als Einnahmen dargestellt werden.2 Den Wohnungseigentümern steht bei der Schätzung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben ein weiter Ermessensspielraum zu. Ist bereits von vornherein absehbar, dass einzelne Wohnungseigentümer ihrer Wohngeldzah1 BayObLG, Beschl. v. 29.12.2004 – 2Z BR 112/04, FGPrax 2005, 59. 2 BGH, Urt. 7.6.2013 – V ZR 211/12, MDR 2013, 1090 = MietRB 2013, 298 = ZWE 2013, 367.

282

IV. Wirtschaftsplan

lungspflicht nicht nachkommen werden, sind die Kostenansätze um eine entsprechende Liquiditätsreserve zu erhöhen1, so dass eine Kostendeckung erreicht wird, auch wenn der befürchtete Zahlungsausfall eintritt.2 Neben den voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben muss der Wirtschaftsplan die Beitragsleistungen der Wohnungseigentümer zu der in § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG vorgesehenen Instandhaltungsrücklage enthalten (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WEG). Die Höhe des jährlichen Zuflusses zur Instandhaltungsrücklage ist nach objektiven Maßstäben zu ermitteln, wobei auf die tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere den baulichen Zustand der Wohnanlage, abzustellen ist. Angemessen ist, was ein verständiger und vorausschauender Eigentümer zur Pflege seines Eigentums zurücklegen würde. Bei einem Neubau ist die Rücklage anfangs niedriger als bei einem reparaturanfälligen Altbau. Die Rücklage soll dauerhaft so hoch bemessen sein, dass alle anfallenden Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen aus der Rücklage bestritten werden können. Die Wohnungseigentümer haben hier ebenfalls einen weiten Ermessensspielraum. Nur wesentlich überhöhte oder zu niedrige Ansätze widersprechen ordnungsmäßiger Verwaltung und können dann nur einstimmig beschlossen werden.3

708

b) Einzelwirtschaftspläne Die Gesamtbeträge aus den Einnahmen- und Ausgabenpositionen werden in den Einzelwirtschaftsplänen auf die einzelnen Wohnungseigentumseinheiten anhand des geltenden Verteilungsschlüssels umgelegt. Gleiches gilt für die Zuführung zur Instandhaltungsrücklage. Um den Wohnungseigentümern eine bessere Nachvollziehbarkeit des Rechenwerks zu ermöglichen, sollte der für jede Position geltende Verteilungsschlüssel angegeben werden. Siehe dazu Übersicht 20.

709

Die Einzelpositionen sind anschließend zu saldieren, wodurch sich der vom Wohnungseigentümer im Wirtschaftjahr insgesamt zu zahlende Vorschuss ergibt (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 3 WEG). Ob der Vorschuss je Wohnungseigentumseinheit als einmalige Zahlung oder ratenweise zu erbringen ist, ergibt sich entweder aus der Gemeinschaftsordnung oder, wenn dort nichts geregelt ist, aus dem Beschluss über den Wirtschaftsplan.

710

Üblicherweise wird der Gesamtbetrag in gleiche monatliche Raten aufgeteilt, so dass der Wirtschaftsplan abschließend den Betrag ausweist, den jeder Wohnungseigentümer als monatliches Wohngeld zu zahlen hat. Haben die Wohnungseigentümer weder in der Gemeinschaftsordnung noch im Wirtschaftsplan eine Bestimmung über die Fälligkeit des Wohn-

711

1 Vgl. BGH, Beschl. v. 15.6.1989 – V ZB 22/88, MDR 1989, 898 = NJW 1989, 3018. 2 Vgl. BGH, Beschl. v. 15.6.1989 – V ZB 22/88, MDR 1989, 898 = NJW 1989, 3018. 3 BayObLG, Beschl. v. 25.5.1998 – 2Z BR 22/98, NZM 1999, 34; Jennißen/Heinemann, § 21 WEG, Rz. 91 ff.: zu verschiedenen Methoden, die angemessene Höhe der Instandhaltungsrücklage zu berechnen.

283

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

geldes getroffen, greift § 28 Abs. 2 WEG, wonach die Vorschüsse nach Abruf durch den Verwalter zu zahlen sind. Ergibt sich aus dem Wirtschaftsplan, dass das Gesamtjahreswohngeld in monatlichen Raten zu zahlen ist, tritt mangels anderweitiger Regelung Fälligkeit jeweils mit Ablauf eines Kalendermonats ein. Die Wohnungseigentümer können die Art und Weise der Wohngeldzahlung, die Fälligkeit und die Folgen des Verzuges (z.B. Verzugszins) durch Beschluss mit einfacher Stimmenmehrheit regeln (§ 21 Abs. 7 WEG). Übersicht 20: Wirtschaftplan (Beispiel) 712

Wirtschaftsplan Geltungszeitraum von … bis … Name u. Anschrift des Wohnungseigentümers Gesamtbetrag (Euro) AUSGABEN (voraussichtliche) Wasser/Kanal Hausmeister Straßenreinigung Müllabfuhr Hausreinigung Versicherung Verwaltergebühren Strom Heizung/Wärme Schornsteinfeger Kabelanschluss Zuführung zur Instandhaltungsrücklage

– 6 000,00

Gesamt

– 40 650,00

– – – – – – – – – – –

3 800,00 6 000,00 700,00 2 500,00 3 000,00 4 300,00 3 600,00 600,00 9 000,00 250,00 900,00

Wohnanlage: … Wohnungs-Nr.: … Verteilungsschlüssel

10/100 MEA1 10/100 MEA 10/100 MEA 10/100 MEA 10/100 MEA 10/100 MEA 1/15 Einheit 10/100 MEA Verbrauch 10/100 MEA 1/15 Anschl. 10/100 MEA

Anteil Wohneinheit (Euro) – – – – – – – – – – –

380,00 600,00 70,00 250,00 300,00 430,00 240,00 60,00 550,00 25,00 60,00

– 600,00 – 3 565,00

EINNAHMEN (voraussichtliche) Mieten Benutzungsgebühren Zinsen aus Rücklage

1 000,00 600,00 250,00

Gesamt:

1 850,00

185,00

– 38 800,00

– 3 380,00

Saldo (Einnahmen/Ausgaben) = benötigte Wohngeldbeträge:

10/100 MEA 10/100 MEA 10/100 MEA

Ihre Vorauszahlungen: 3 380 Euro/12 Monate = 281,67 Euro/Monat

1 MEA = Miteigentumsanteil.

284

100,00 60,00 25,00

IV. Wirtschaftsplan

3. Zeitpunkt der Erstellung Der Wirtschaftsplan muss zu Beginn des Wirtschaftsjahres vom Verwalter vorgelegt und durch die Eigentümer beschlossen werden. Der erste Wirtschaftsplan ist unmittelbar nach Entstehung der (werdenden) Gemeinschaft in der ersten Eigentümerversammlung zu beschließen. Zur werdenden Gemeinschaft s. Rz. 129 ff. Kommt der Verwalter seiner Vorlagepflicht nicht nach, gerät er innerhalb einer angemessen gesetzten Frist nach dem Zugang einer Mahnung auch nur eines einzelnen Eigentümers, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, in Verzug. Die Wohnungseigentümer können den Wirtschaftsplan dann durch eine dritte Person erstellen lassen und die dadurch entstehenden Kosten vom Verwalter ersetzt verlangen.

713

Ein Wirtschaftsplan, der erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres aufgestellt wird, ist nichtig. Nach Ablauf des Wirtschaftsjahres kann nur noch die Erstellung einer Jahresabrechnung vom Verwalter verlangt werden.1 Sofern die Liquidität der Gemeinschaft es erfordert, ist neben dem Wirtschaftsplan für das neue Wirtschaftsjahr eine einmalige Liquiditätsumlage zu beschließen.

714

4. Beschluss über den Wirtschaftsplan Erst der Beschluss über Gesamt- und Einzelwirtschaftspläne begründet die Zahlungspflichten der Wohnungseigentümer.2 Der Wirtschaftsplan soll, bevor er den Wohnungseigentümern zur Beschlussfassung vorgelegt wird, vom Verwaltungsbeirat geprüft und mit dessen Stellungnahme versehen werden (§ 29 Abs. 3 WEG). Die Wohnungseigentümer beschließen über den Wirtschaftsplan mit einfacher Stimmenmehrheit (§ 28 Abs. 5 WEG). Dies gilt allerdings nur, wenn der vom Verwalter vorgelegte Wirtschaftsplan den Vorgaben des Gesetzes, also ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Ein Wirtschaftsplan verstößt gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn er entweder zu wesentlich überhöhten Vorschüssen oder am Jahresende zu erheblichen Nachzahlungen führt. Die Wohnungseigentümer haben aber einen weiten Ermessensspielraum, ob sie die Ansätze knapp oder reichlich bemessen.3

715

Ein Mehrheitsbeschluss über einen fehlerhaften Wirtschaftsplan kann gem. § 46 Abs. 1 WEG innerhalb eines Monats durch die Wohnungseigentümer gerichtlich angefochten werden. Unterbleibt die Anfechtung, sind die Wohnungseigentümer auch an einen fehlerhaften Beschluss gebunden.

716

1 OLG Schleswig, Beschl. v. 13.6.2001 – 2 W 7/01, MDR 2001, 1299 = ZMR 2001, 855. 2 BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 f. (237) = ZMR 2005, 547: Allein der Beschluss über den Gesamtwirtschaftsplan begründet keine Beitragszahlungspflicht. 3 BayObLG, Beschl. v. 20.3.2001 – 2Z BR 101/00, NZM 2001, 754; KG, Beschl. v. 11.2.1991 – 24 W 4560/90, WuM 1991, 224; OLG Frankfurt, Beschl v. 19.4.2005 – 20 W 270/03, MietRB 2006, 10 = OLGReport Frankfurt 2006, 93.

285

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

Der Wirtschaftsplan ist jedoch nicht vorgreiflich für die Jahresabrechnung. Etwaige Fehler im Wirtschaftsplan, etwa bei der Anwendung des Verteilungsschlüssels, sind daher in der Jahresabrechnung zu korrigieren.1 Wird der Beschluss des Wirtschaftsplans vom Gericht rechtskräftig für ungültig erklärt, können die Wohnungseigentümer die geleisteten Vorauszahlungen nicht auf bereicherungsrechtlicher Grundlage zurückverlangen. Nach ständiger (nicht unbestrittener) Rspr. wird ein solcher Erstattungsanspruch durch das Abrechnungssystem der Wohnungseigentümergemeinschaft überlagert. Der Wohnungseigentümer könne nur auf Basis der zu beschließenden Jahresabrechnung Rückzahlung zu viel geleisteter Wohngelder verlangen.2

5. Geltungsdauer des Wirtschaftsplans 717

Der Wirtschaftsplan gilt für den Zeitraum, für den er beschlossen wurde. In der Regel ist dies ein Wirtschaftsjahr, welches gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG dem Kalenderjahr entspricht. Die Wohnungseigentümer können aber auch beschließen, dass der vorliegende Wirtschaftsplan für einen längeren Zeitraum als ein Wirtschaftsjahr gelten soll, etwa so lange, bis ein neuer Wirtschaftsplan beschlossen wird.3 Ebenso kann nach Ablauf der Geltungsdauer des Wirtschaftsjahres beschlossen werden, dass der Wirtschaftsplan fortgelten soll.4 Mangels Beschlusskompetenz nichtig ist allerdings ein Beschluss, der unabhängig von einem konkreten Wirtschaftsplan generell die Fortgeltung eines jeden Wirtschaftsplans bis zur Beschlussfassung über einen neuen Wirtschaftsplan regelt. Eine solche Regelung bedarf einer Vereinbarung.5

718

Nach Ablauf der Geltungsdauer des Wirtschaftsplans schulden die Wohnungseigentümer keine Beitragsvorschüsse mehr. Es kann aber jeder Wohnungseigentümer die Aufstellung eines neuen Wirtschaftsplans als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung verlangen (§ 21 Abs. 4 WEG).

719

Ein Wirtschaftsplan verliert mit Ablauf seiner Geltungsperiode nicht jegliche Rechtswirkungen. Er bleibt Anspruchsgrundlage für noch nicht ge1 AG Hamburg, Beschl. v. 2.7.2003 – 506 II 9/03, ZMR 2004, 540. 2 OLG Hamm, Beschl. v. 18.5.2006 – 15 W 25/06, MietRB 2006, 300 = ZMR 2006, 879; Beschl. v. 22.11.2006 – 16 Wx 215/06, ZMR 2007, 642; LG Düsseldorf, Urt. v. 7.11.2013 – 19 S 77/12, ZWE 2014, 89 (90) m. krit. Anm. Merle; AG Augsburg, Beschl. v. 17.4.2013 – 30 C 5735/12 WEG, MietRB 2013, 216 = ZWE 2013, 423; AG Neuss, Urt. v. 19.12.2012 – 91 C 3589/12, ZWE 2013, 422; kritisch Schmid, ZWE 2013, 391 (392). 3 KG, Beschl. v. 7.1.2004 – 24 W 326/01, ZMR 2005, 221. 4 KG, Beschl. v. 27.2.2002 – 24 W 16/02, NZM 2002, 294; LG Saarbrücken, Urt. v. 21.6.2013 – 5 S 141/12, MietRB 2013, 301 = ZWE 2013, 379. 5 KG, Beschl. v. 7.1.2004 – 24 W 326/01, ZMR 2005, 221, 222; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.7.2003 – 3 Wx 77/03, NZM 2003, 810; LG Itzehoe, Urt. v. 17.9. 2013 – 11 S 93/12, MietRB 2013, 355 = ZWE 2014, 133 m. Anm. Merle; a.A. noch Becker in Bärmann, § 28 WEG, Rz. 39.

286

IV. Wirtschaftsplan

zahlte Wohngelder (Vorschüsse), Zinsen und Verzugsschäden. Dies gilt auch dann, wenn bereits die Jahresabrechnung desselben Wirtschaftsjahres beschlossen wurde1, es sei denn, die Jahresabrechnung hat ergeben, dass die rückständigen Vorschüsse zu Überzahlungen führen würden. Der Wirtschaftsplan wird dann durch das Ergebnis der Jahresabrechnung begrenzt.2

6. Sonderumlage Die Vorschüsse aufgrund des Wirtschaftsplans können sich im Laufe des Jahres als zu niedrig erweisen, etwa wenn der Gemeinschaft unvorhergesehene Ausgaben erwachsen oder einzelne Wohnungseigentümer mit ihren Vorschusszahlungen in Rückstand geraten oder ausfallen. Um in diesen Situationen dem Verwalter dennoch die erforderlichen Geldmittel zur Verfügung zu stellen, können die Wohnungseigentümer eine Änderung oder Ergänzung des Wirtschaftsplans beschließen. Eine solche Maßnahme wird als Sonderumlage bezeichnet.

720

Beispiel: Aufgrund einer kurzfristigen Erhöhung der Heizölpreise reichen die im Wirtschaftsplan für „Heizung/Warmwasser“ angesetzten Gelder nicht aus, um genügend Heizöl einkaufen zu können.

Sonderumlagen verpflichten die Wohnungseigentümer in der Regel zu einmaligen Sonderzahlungen zusätzlich zum laufenden Wohngeld aufgrund des Wirtschaftsplans. Die Wohnungseigentümer können aber auch beschließen, dass der Umlagebetrag in mehreren Raten gezahlt werden darf. Denkbar ist ferner, das monatlich zu zahlende Wohngeld für die Geltungszeit des Wirtschaftsplans zu erhöhen (Nachtragshaushalt).

721

Beschlüsse über Sonderumlagen folgen grundsätzlich den gleichen Regeln wie Beschlüsse über Wirtschaftspläne. Die Höhe einer Sonderumlage hat sich am geschätzten Finanzbedarf auszurichten. Die Wohnungseigentümer treffen also eine Prognose über den zusätzlichen Geldbedarf, wobei ähnlich wie beim Wirtschaftsplan ein weiter Ermessensspielraum besteht.3 Der Umlagebeschluss hat sowohl den Gesamtumlagebetrag als auch den auf jeden Wohnungseigentümer entfallenden Umlageanteil festzulegen.4 Nur ausnahmsweise genügt es, neben dem Gesamtumlagebetrag nur den Verteilungsmaßstab festzulegen, wenn sich der anteilige Umlagebetrag durch einfache Rechenoperation ermitteln lässt.5 Die Verteilung muss nach dem für die jeweilige Kostenart geltenden Kostenverteilungsschlüssel erfolgen. Ein Sonderumlagebetrag ist im Zweifel sofort fällig, die Eigentümer können aber auch etwas anderes beschließen (§ 21 Abs. 7 WEG).

722

1 2 3 4 5

BGH, Beschl. v. 30.11.1995 – V ZB 16/95, MDR 1996, 897 = NJW 1996, 725. BayObLG, Beschl. v. 24.8.2000 – 2Z BR 54/00, NJW-RR 2001, 659. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 28 WEG, Rz. 21. BayObLG, Beschl. v. 4.3.2004 – 2Z BR 247/03, ZMR 204, 606. BayObLG, Beschl. v. 20.11.2002 – 2Z BR 144/01, ZfIR 2003, 64; OLG Braunschweig, Beschl. v. 29.5.2006 – 3 W 9/06, ZMR 2006, 787.

287

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

723

Wird eine Sonderumlage für die Durchführung einer Instandhaltungsmaßnahme erhoben, setzt dies nicht voraus, dass eine Instandhaltungsrücklage fehlt oder zur Finanzierung der Maßnahme nicht ausreicht. Die Wohnungseigentümer können die Instandhaltungsrücklage unangetastet lassen, wenn diese für andere Maßnahmen eingeplant ist. Anfechtbar ist die Erhebung einer Sonderumlage aber dann, wenn die zusätzlichen Gelder in absehbarer Zeit nicht benötigt werden. Wird eine Sonderumlage beschlossen, um den Ausfall von Beitragsvorschüssen zu decken, so ist auch derjenige Wohnungseigentümer einzubeziehen, der den Ausfall verursacht hat.1 Dies gilt auch dann, wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Ergeht der Sonderumlagebeschluss nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist die anteilige Verpflichtung zur Zahlung nach umstrittener Ansicht eine sog. Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO).2 Der Insolvenzverwalter ist demnach zur Zahlung aus der Insolvenzmasse verpflichtet.

724

Da eine Sonderumlage als nachträgliche Erhöhung des Wohngelds zur Begleichung der Schulden der Gemeinschaft die Liquidität wiederherstellen soll, müssen die auf sie geleisteten Beträge wie das gezahlte Wohngeld in die nachfolgende Jahresabrechnung eingestellt werden.3 Es besteht grundsätzlich kein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers gegen den Verwalter auf gesonderte Abrechnung der Sonderumlage.

V. Jahresabrechnung 725

Gemäß § 28 Abs. 3 WEG hat der Verwalter innerhalb angemessener Frist nach Ablauf des Wirtschaftsjahres eine Abrechnung (sog. Jahresabrechnung) aufzustellen.

1. Funktion der Jahresabrechnung 726

Während der Wirtschaftsplan dazu dient, die Finanzmittel für ein Wirtschaftsjahr im Voraus zu planen und bereitzustellen, werden in der Jahresabrechnung im Nachhinein die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben rechtsverbindlich festgestellt und anteilig auf die Wohnungseigentümer verteilt. Die Jahresabrechnung steht in engem Zusammenhang mit dem Wirtschaftsplan, weil in ihr neben den tatsächlichen Nutzungen, Lasten und Kosten des zurückliegenden Wirtschaftsjahres auch die aufgrund des Wirtschaftsplans gezahlten Wohngeldvorschüsse abgerechnet werden. An 1 BGH, Beschl. v. 15.6.1989 – V ZB 22/88, MDR 1989, 898 = NJW 1989, 3018. 2 BGH, Beschl. v. 15.6.1989 – V ZB 22/88, MDR 1989, 898 = NJW 1989, 3018; zweifelnd BGH, Urt. v. 18.4.2002 – IX ZR 161/01, BGHZ 150, 305 (307) = MDR 2002, 1088; offen gelassen von BGH, Urt. v. 8.1.2009 – IX 21/07, ZWE 2009, 209 (213); a.A. Becker in Bärmann, § 16 WEG, Rz. 213; Beutler/Vogel, ZMR 2002, 802 (805); Vallender, NZI 2004, 401 (407); Wenzel, ZWE 2005, 277 (280): Insolvenzforderung. 3 KG, Beschl. v. 22.11.2004 – 24 W 233/03, WuM 2005, 145.

288

V. Jahresabrechnung

die Stelle der im Wirtschaftsplan geschätzten Beträge treten in der Jahresabrechnung die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben. Der Wirtschaftsplan ist für die Jahresabrechnung nicht vorgreiflich, eventuelle unrichtige Verteilungsschlüssel oder unrichtige Kostenansätze im Wirtschaftsplan sind in der Jahresabrechnung richtig zu stellen. Die Jahresabrechnung erfüllt im Wesentlichen drei Funktionen: 1. Sie informiert die Wohnungseigentümer, welche Einnahmen und Ausgaben insgesamt in der Wohneigentumsanlage im Wirtschaftsjahr angefallen sind (sog. Gesamtabrechnung). 2. Sie informiert über den Stand der Bankkonten und das Barvermögen der Gemeinschaft zu Beginn und zum Ende des Wirtschaftsjahres (Kontenabgleich). 3. Sie verteilt die Einnahmen und Ausgaben nach dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel auf die einzelnen Wohnungseigentumseinheiten und saldiert den Einnahmen- und Ausgabenanteil je Eigentumseinheit mit den je Einheit geleisteten Wohngeldvorauszahlungen, so dass sich je Einheit entweder ein Guthaben oder eine Nachzahlung ergibt (sog. Einzelabrechnung). 4. Sie gibt den Wohnungseigentümern eine Übersicht über die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage.

727

Die Jahresabrechnung dient zudem der Kontrolle des Verwalters, ob dieser sämtliche der Wohnungseigentümergemeinschaft zustehenden Gelder eingezogen und die vorhandenen und erlangten Geldmittel ordnungsgemäß eingesetzt hat. Die Wohnungseigentümer erhalten dadurch zugleich Aufschluss über die Vermögenssituation der Gemeinschaft.

728

2. Abrechnungspflicht des Verwalters Da die Erstellung einer Jahresabrechnung zur ordnungsmäßiger Verwaltung gehört, kann jeder Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 4 WEG (notfalls gerichtlich) vom Verwalter die Erstellung der Jahresabrechnung und von den Wohnungseigentümern die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung verlangen. Die Pflicht zur Abrechnung besteht nach Ablauf des Wirtschaftsjahres. Sie wird innerhalb einer angemessenen Frist, die spätestens sechs Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres fällig.1 Bei einem Wechsel des Verwalters ist derjenige zur Abrechnung verpflichtet, der zur Zeit der Entstehung der Abrechnungspflicht nach Ablauf des Wirtschaftsjahres im Amt ist.2 Nach richtiger Ansicht kommt es nicht darauf an, ob der Verwalter auch noch zur Zeit der Fälligkeit im Amt ist.3 Der 1 OLG Brandenburg, Beschl. v. 22.11.2006 – 13 Wx 4/06, NZM 2007, 773. 2 OLG Hamm, Beschl. v. 17.5.1993 – 15 W 260/92, NJW-RR 1993, 847; OLG Celle, Beschl. v. 8.6.2005 – 4 W 107/05, ZMR 2005, 718. 3 Becker in Bärmann, § 28 WEG Rz. 110; Reichert in Köhler, Teil 7, Rz. 322 ff.; a.A. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 11.5.2007 – 3 W 153/06, MDR 2007, 1067 = MietRB 2008, 82 = ZMR 2007, 887.

289

729

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

Zeitpunkt der Fälligkeit ist zu unbestimmt, um die Person des Abrechungspflichtigen zu bestimmen. Beispiel: Endet die Amtszeit des Verwalters mit Ablauf des Kalenderjahres (31.12.), so ist er nicht mehr verpflichtet, die Abrechnung des abgelaufenen Jahres zu erstellen. Die Abrechnungspflicht trifft seinen Nachfolger, der zum 1.1. des Folgejahres im Amt ist. Endet die Amtszeit des Verwalters jedoch erst im Laufe des Folgejahres, etwa zum 30.3., so bleibt er zur Erstellung der Abrechnung verpflichtet, auch wenn die Abrechnung zur Zeit des Ausscheidens aus dem Amt noch nicht fällig ist.

729b

Der titulierte Anspruch gegen den Verwalter wird im Wege der Ersatzvornahme vollstreckt, indem ein Dritter anstelle des Verwalters die Jahresabrechnung erstellt und dem Verwalter die dadurch entstehenden Kosten auferlegt werden (§ 887 ZPO).1 Sollte die Mehrheit der Wohnungseigentümer die Beschlussfassung über die Abrechnung verweigern, obwohl der Verwalter die Abrechnung fehlerfrei erstellt hat, kann das Gericht auf Antrag eines Wohnungseigentümers im Verfahren nach §§ 21 Abs. 4, 43 Nr. 1 WEG den Eigentümerbeschluss ersetzen.

3. Inhalt und Aufbau der Jahresabrechnung 730

Das Gesetz regelt nicht, welchen inhaltlichen Anforderungen eine Jahresabrechnung genügen muss. Bestimmt ist lediglich, dass eine Abrechnung aufzustellen ist. Inhalt und Aufbau einer Jahresabrechnung ergeben sich aber unmittelbar aus deren Zweck und Funktion. Siehe dazu Übersicht 21 (Rz. 750). a) Allgemeine Anforderungen

731

Die Jahresabrechnung enthält eine geordnete und übersichtliche, inhaltlich zutreffende Aufstellung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben für das betreffende Wirtschaftsjahr enthalten. Sie muss für einen Wohnungseigentümer ohne Zuziehung eines Buchprüfers oder sonstigen Sachverständigen verständlich sein.

732

Die Jahresabrechnung besteht aus einer Gesamtabrechnung und Einzelabrechnungen: Die Gesamtabrechnung listet die gesamten Einnahmen und Ausgaben eines Wirtschaftsjahres auf. In den Einzelabrechnungen werden die Einnahmen und Ausgaben auf die einzelnen Wohnungseigentumseinheiten nach dem geltenden Verteilungsschlüssel umgelegt und mit den Vorauszahlungen je Einheit saldiert.

733

Darüber hinaus muss die Jahresabrechnung Angaben über die Höhe der gebildeten Rücklagen und die Kontostände auf den Gemeinschaftskonten am Anfang und am Ende des Abrechnungszeitraumes enthalten.2 1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.3.1999 – 3 Wx 33/99, ZMR 1999, 425. 2 Becker in Bärmann, § 28 WEG, Rz. 129.

290

V. Jahresabrechnung

Nach überwiegender Ansicht braucht die Jahresabrechnung dagegen nicht notwendig einen Vermögensstatus, insbesondere Angaben über das sonstige Vermögen der Gemeinschaft zu enthalten, wie etwa der Heizölbestand oder offene Forderungen und Verbindlichkeiten.1 Der BGH verlangt lediglich, dass neben den tatsächlichen Zahlungen auch die noch geschuldeten Zahlungen zur Instandhaltungsrücklage angegeben werden.2 Deren Angabe kann in der Darstellung der Instandhaltungsrücklage erfolgen (s. Rz. 742 ff.). Wollen die Wohnungseigentümer, dass die Jahresabrechnung ganz oder teilweise in Form einer Bilanz oder Gewinn- und Verlustrechnung erstellt wird, muss dies in der Gemeinschaftsordnung vereinbart werden; ein Mehrheitsbeschluss genügt dafür nicht. Ohne eine solche Vereinbarung dürfen offene Verbindlichkeiten oder Forderungen nur dann in die Darstellung aufgenommen werden, wenn die Übersichtlichkeit der Abrechnung dadurch nicht leidet3 und aus der Darstellung deutlich hervorgeht, dass es sich nur um eine Zusatzinformation handelt, die nicht Gegenstand der Beschlussfassung ist.4

734

b) Gesamtabrechnung aa) Einnahmen- und Ausgabenprinzip Die Jahresabrechnung hat in Anlehnung an § 259 BGB alle Einnahmen und Ausgaben, also sämtliche Veränderungen im Bestand der gemeinschaftlichen Gelder, so auszuweisen, wie sie im Abrechnungszeitraum (Wirtschaftsjahr) tatsächlich erfolgt sind. Unerheblich ist, ob die Gelder für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums verwendet wurden, ob der Verwalter zur Verwendung der Geldmittel berechtigt war5 und ob der Rechtsgrund für den Geldfluss aus der betreffenden Rechnungsperiode stammt oder ob tatsächliche Auswirkungen auf spätere Wirtschaftsjahre bestehen können.6 Rechnungsabgrenzungen sind grundsätzlich nicht vorzunehmen. Erst im nächsten Wirtschaftsjahr fließende Zahlungseingänge oder -ausgänge dürfen erst in der nächsten Jahresabrechnung berücksichtigt werden. Beispiel: Wird die Versicherungsprämie für das Jahr 2014 bereits im Dezember des Jahres 2013 gezahlt, muss diese Zahlung trotz ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit zum Jahr 2014 in die Jahresabrechnung 2013 eingestellt werden.7 Gleiches gilt auf der 1 Niedenführ, ZWE 2011, 65 (66); a.A. Drasdo, NZM 2010, 217 (223). 2 BGH, Urt. v. 4.12.2009 – V ZR 44/09, MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 116 = ZWE 2010, 170. 3 KG, Beschl. v. 28.1.1994 – 24 W 1145/93, NJW-RR 1994, 1105. 4 Vgl. BayObLG, Beschl. v. 10.3.1994 – 2Z BR 11/94, WuM 1994, 498. 5 BGH, Urt. v. 4.3.2011 – V ZR 156/10, MDR 2011, 534 = MietRB 2011, 146 = ZWE 2011, 256; BGH, Urt. v. 4.12.2009 – V ZR 44/09, MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 116 = ZWE 2010, 170; KG, Beschl. v. 26.9.2005 – 24 W 123/04, ZMR 2006, 63 (64). 6 BGH, Urt. v. 17.12.2012 – V ZR 251/10, MDR 2012, 510 = MietRB 2012, 141 = ZWE 2012, 216 (217); OLG Saarbrücken, Beschl. v. 19.12.2005 – 5 W 166/05, NZM 2006, 228. 7 BayObLG, Beschl. v. 10.7.1998 – 2Z BR 49/98, ZMR 1998, 792.

291

735

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten Einnahmenseite: In die Gesamtabrechnung sind die im Abrechnungszeitraum tatsächlich gezahlten Wohngeldbeiträge einzustellen, auch wenn sie der Tilgung rückständiger Wohngeldschulden aus den Vorjahren dienten.1

bb) Aufgliederung nach Kostenarten 736

Die Einnahmen und Ausgaben sind so weit aufzuschlüsseln, dass sich der Grund für den Geldfluss durch die einzelnen Wohnungseigentümer ohne besondere Fachkenntnisse überprüfen lässt. Da die Abrechnung wahrheitsgemäß und vollständig sein muss, sind sämtliche Geldbewegungen unabhängig von ihrer materiellen Richtigkeit und Berechtigung in die Abrechnung aufzunehmen.2 Grundsätzlich genügt zur Straffung der Abrechnung eine Aufgliederung nach Kostenarten, wobei eine schlagwortartige Bezeichnung der Kostengruppen genügt. Eine Bezugnahme auf bestimmte Belege oder gar eine Aufgliederung nach Buchungsdaten, Gegenstand, Belegnummer und Betrag ist nicht erforderlich. Inwieweit Einzelpositionen zusammengefasst werden können, ist eine Frage des Einzelfalls, wobei kein kleinlicher Maßstab anzulegen ist. Positionen, für die besondere Verteilungsschlüssel gelten, sind gesondert auszuweisen. Auch sollten außergewöhnliche Ausgaben in einer besonderen Positionen erfasst oder besonders erläutert werden, etwa solche aufgrund größerer Instandhaltungsmaßnahmen. Eine Saldierung von Einnahmen und Ausgaben ist grundsätzlich unzulässig.3

737

Der vermietende Wohnungseigentümer kann verlangen, dass die Einnahmen und Ausgaben so aufgegliedert werden, dass er im Stande ist, die Mietnebenkostenabrechnung für seinen Mieter zu erstellen.4 Ohne eine entsprechende Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung ist der Verwalter jedoch nicht verpflichtet, die abrechnungstechnischen Vorschriften der Betriebskostenverordnung einzuhalten oder eine Untergliederung nach umlegbaren und nicht umlegbaren Kostenpositionen vorzunehmen.5 cc) Verbrauchsabhängige Kosten – Heizkosten

738

Besonderheiten gelten für Kosten, die kraft Gesetzes, aufgrund einer Vereinbarung oder eines Beschlusses nach § 16 Abs. 3 WEG periodengerecht nach Verbrauch abzurechnen sind. Insbesondere bei der Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten sind nur die Kosten der im Abrechnungszeitraum tatsächlich „verbrauchten Brennstoffe“ auf die Wohnungseigentümer zu verteilen (§§ 7 Abs. 2, 8 Abs. 2 HeizKVO; s.o. Rz. 685). Nach einer früher vertretenen Ansicht galt für diese Kosten eine Ausnahme von dem Prinzip der reinen Einnahmen- und Ausgabenrechnung. Nicht die tatsächlich aufgewandten Gelder, sondern nur die Kosten des tatsächlichen 1 2 3 4 5

BayObLG, Beschl. v. 12.11.1992 – 2Z BR 73/92, WuM 1993, 92. BayObLG, Beschl. v. 20.1.2005 – 2Z BR 117/04, ZMR 2005, 563. Vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 3.5.2001 – 15 W 7/01, ZMR 2001, 1001. BGH, Urt. v. 23.11.1981 – VIII ZR 298/80, MDR 1982, 483 = ZMR 1982, 108. BayObLG, Beschl. v. 4.4.2005 – 2Z BR 198/04, ZMR 2005, 564.

292

V. Jahresabrechnung

Verbrauchs sollten in die Gesamtabrechnung eingestellt und in den Einzelabrechnungen nach Verbrauch verteilt werden. Die gegenüber den Verbrauchskosten entsprechend den tatsächlichen Ausgaben entstandenen Mehr- oder Minderbeträge sollten als Abgrenzungspositionen berücksichtigt werden.1 Nach Ansicht des BGH ist jedoch auch bei der Abrechnung verbrauchsabhängiger Kosten am Einnahmen-Ausgaben-Prinzip festzuhalten.2 Die verbrauchsabhängige Verteilung der Heiz-und Warmwasserkosten erfordere keine Abweichung, da sie nur die Einzelabrechnungen betreffe. Demnach sind in den Einzelabrechnungen nur die Kosten des im Abrechnungszeitraum tatsächlich verbrauchten Brennstoffs zu verteilen; in die Gesamtabrechnung sind hingegen sämtliche Kosten, auch die Ausgaben für noch unverbrauchten Brennstoff aufzunehmen. Dass sich die Einzelabrechnungen in diesem Fall nicht unmittelbar aus der Gesamtabrechnung herleiten lassen, ist nach Ansicht des BGH hinzunehmen. Die Abweichung müsse aus der Abrechnung deutlich ersichtlich und mit einer Erläuterung versehen werden.

739

Die Kosten für im Abrechnungsjahr nicht verbrauchte Brennstoffe sind zunächst nach dem vereinbarten oder in § 16 Abs. 2 WEG bestimmten allgemeinen Verteilungsschlüssel auf die Wohnungseigentümer zu verteilen.3 In der Abrechnung des Folgejahres sind die Kosten dann nochmals nach Verbrauch abzurechnen. Um eine Doppelbelastung der Wohnungseigentümer zu vermeiden, müssen die nicht verbrauchten Vorschüsse im Folgejahr als fiktive Einnahme angerechnet und abgegrenzt werden.4

740

Beispiel: Im Jahr 2012 bezahlte die Gemeinschaft 10.000 Euro für die Beschaffung von 10.000 Liter Heizöl. Davon verbraucht wurden in 2012 jedoch nur 9.000 Liter. In der Abrechnung 2012 sind also 9.000 Euro nach Verbrauch abzurechnen. Die restlichen 1.000 Euro sind nach Miteigentumsanteilen zu verteilen. – Im Jahr 2013 wurden für die Beschaffung von 9.000 Litern Heizöl wiederum 9.000 Euro ausgegeben. Verbraucht wurden in diesem Jahre wiederum 9.000 Liter Heizöl. In der Abrechnung 2013 sind also 9.000 Euro nach Verbrauch abzurechnen. Dazu zählt auch das erst jetzt verbrauchte Heizöl aus dem Vorjahr. Auch für dieses Jahr verbleiben Ausgaben für unverbrauchtes Heizöl, die nach Miteigentumsanteilen zu verteilen sind. Damit es zu keiner Doppelbelastung kommt, sind für jede Einheit die im Vorjahr nach Miteigentumsanteilen verteilten Ausgaben jeweils als fiktives Guthaben anzurechnen. Zur Darstellung in der Gesamt- und Einzelabrechnung s. die Übersicht 21 unter Rz. 750.

1 BayObLG, Beschl. v. 7.8.2003 – 2Z BR 47/03, MietRB 2004, 47 = NJW-RR 2003, 1666; OLG Hamm, Beschl. v. 3.5.2001 – 15 W 7/01, ZWE 2001, 446 (448). 2 BGH, Urt. v. 17.2.2012 – V ZR 251/10, MDR 2012, 510 = MietRB 2012, 141 = ZWE 2012, 216 (218). 3 BGH, Urt. v. 17.2.2012 – V ZR 251/10, MDR 2012, 510 = MietRB 2012, 141 = ZWE 2012, 216 (218). 4 Jennißen/Kümmel/Schmidt, ZMR 2012, 758 (761); Häublein, ZWE 2010, 237 (245); Rüscher, ZfIR 2012, 435 (437); Casser/Schultheis, ZMR 2012, 375 f.

293

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

dd) Kontenabgleich 741

Die Jahresabrechnung muss ferner den Stand und die Entwicklung der gemeinschaftlichen Konten ausweisen. Werden in die Abrechnung alle tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben eingestellt, stimmt deren Saldo mit der Differenz der Anfangs- und Endbestände der Bankkonten und ggf. der Barkasse überein, über die diese Umsätze getätigt wurden.1 Diese sog. Kontenabstimmung indiziert die rechnerische Richtigkeit der Gesamtabrechnung.2 Die Plausibilitätsrechnung lautet also: Kontoanfangsbestand + Einnahmen – Ausgaben = Kontoendbestand. Geht diese Rechnung nicht auf, sind entweder die Kontostände nicht richtig angegeben oder die Jahresabrechnung enthält Einnahmen oder Ausgaben, die im Abrechnungszeitraum nicht angefallen sind. Hat die Gemeinschaft mehrere Bankkonten, so muss für jedes Bankkonto gesondert ausgewiesen sein, aufgrund welcher Einnahmen und Ausgaben sich die Kontostände vom Jahresanfang bis zum Jahresende verändert haben. ee) Instandhaltungsrücklage

742

In der Abrechnung ist auch die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage darzustellen. Neben dem Anfangsbestand zu Beginn und dem Endbestand am Ende des Wirtschaftsjahres sind die tatsächlichen Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Rücklage als Einnahmen und zusätzlich auch die nach dem Wirtschaftsplan noch geschuldeten Zahlungen auszuweisen.3 Entgegen einer früheren Rspr. darf der Soll-Betrag der Zuführung zur Rücklage nicht als fiktive Ausgabe dargestellt werden, da die Rücklage im Falle von Rückständen einzelner Wohnungseigentümer nicht den tatsächlichen Bestand ausweist.4

743

Regelmäßig zahlen die Wohnungseigentümer die nach dem Wirtschaftsplan zur Instandhaltungsrücklage geschuldeten Beiträge zur Instandhaltungsrücklage (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WEG) zusammen mit den Beiträgen zu den laufenden Kosten der Bewirtschaftung (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WEG) auf das allgemeine Girokonto der Gemeinschaft ein. Da auch die Beiträge zur Rücklage gem. § 28 Abs. 2 WEG als „Vorschuss“ zu leisten sind, kann der Verwalter aus den monatlichen Zahlungseingängen zunächst die Kosten der Bewirtschaftung bestreiten und entsprechende Beiträge am Ende des Wirtschaftsjahres der Rücklage zuführen.5 Da diese Ansicht nicht unbestritten ist, sollten die Wohnungseigentümer die unterjäh1 KG, Beschl. v. 26.9.2007 – 24 W 183/06, MietRB 2008, 306 f. = ZMR 2008, 67. 2 OLG Hamm, Beschl. v. 3.5.2001 – 15 W 7/01, ZWE 2001, 446 (448). 3 BGH, Urt. v. 4.12.2009 – V ZR 44/09, MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 116 = ZWE 2010, 170 (172). 4 BGH, Urt. v. 4.12.2009 – V ZR 44/09, MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 116 = ZWE 2010, 170 (172); a.A. noch OLG Hamm, Beschl. v. 3.5.2001 – 15 W 7/01, ZWE 2001, 446 (448) und 2. Aufl. 5 Becker, ZWE 2010, 231 (232).

294

V. Jahresabrechnung

rige Verwendung dieser Beiträge zur laufenden Bewirtschaftung vorsorglich durch Beschluss gestatten.1 Werden die Beiträge auf ein gesondertes Rücklagenkonto (Festgeldkonto) umgebucht, handelt es sich lediglich um eine interne Umbuchung und nicht um einen Abfluss im Vermögen der Gemeinschaft. Entgegen einer früher verbreiteten Ansicht sind daher Umbuchungen vom Girokonto auf das Rücklagenkonto in der Abrechnung nicht als Ausgaben darzustellen.2 Wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung sind Beitragsleistungen zur Instandhaltungsrücklage auch dann als Einnahmen der Rücklage gesondert auszuweisen, wenn sie nicht auf einem gesonderten Rücklagenkonto, sondern auf dem Girokonto verbucht wurden und am Ende des Wirtschaftsjahres dort noch vorhanden sind.3 Zur Darstellung in der Abrechnung s. die Übersicht 21 (Rz. 750). Die Aufteilung der Beitragsleistung in Beiträge zu den Bewirtschaftungskosten einerseits und in Beiträge zur Instandhaltungsrücklage andererseits bereitet Probleme, wenn einzelne Wohnungseigentümer lediglich Teilleistungen erbringen. Da es sich um eine Teilleistung auf eine einheitliche Beitragsschuld mit unterschiedlicher Zweckbestimmung handelt, lässt sich § 366 Abs. 2 BGB nicht unmittelbar, sondern allenfalls dem Rechtsgedanken nach entsprechend anwenden. Entgegen einer verbreiteten Praxis lässt sich dieser Vorschrift jedoch nicht entnehmen, dass Teilleistungen verhältnismäßig auf die Bewirtschaftungskosten und die Instandhaltungsrücklage anzurechnen sind.4 Der Rechtsgedanke des § 366 Abs. 2 BGB spricht dafür, die Teilleistung vorrangig auf die Bewirtschaftungskosten anzurechnen.5 Die Bewirtschaftungskosten sind für die Wohnungseigentümer der „lästigere“ Teil der Schuld. Werden sie während des laufenden Wirtschaftsjahres nicht bedient, droht jedem Wohnungseigentümer die persönliche anteilige Haftung für entsprechende Verbindlichkeiten der Gemeinschaft (s.o. Rz. 217). Eine „Tilgungsbestimmung“ durch den einzelnen Wohnungseigentümer ist unbeachtlich.6 Es lässt sich mit den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung nicht vereinbaren, dass der einzelne Wohnungseigentümer einseitig den Verwendungszweck seiner Leistung bestimmt.

1 Häublein, ZWE 2011, 1 (5). 2 BGH, Urt. v. 4.12.2009 – V ZR 44/09, MDR 2010, 435 = MietRB 2010, 116 = ZWE 2010, 170 (171); Häublein, ZWE 2011, 1 (3); Ott, ZWE 2007, 508 (509); a.A. noch 2. Aufl. 3 Becker in Bärmann, § 28 WEG, Rz. 152. 4 So LG Köln, Urt. v. 9.2.2012 – 29 S 181/11, MietRB 2012, 147 = ZWE 2012, 280 (281); Drasdo, NZM 2010, 217 (220); Jacoby, DWE 2010, 120 (123); Jennißen, ZMR 2010, 304; Wanderer/Kümmel, GE 2010, 600. 5 Becker in Bärmann, § 28 WEG, Rz. 153; Blankenstein, ZWE 2010, 318 (321); Häublein, ZWE 2010, 237 (244); Ott, GE 2010, 532. 6 Becker in Bärmann, § 28 WEG, Rz. 153; a.A. Häublein, ZWE 2010, 237 (244).

295

744

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

c) Einzelabrechnung 745

Aus der Gesamtabrechnung werden die Einzelabrechnungen abgeleitet,1 soweit es sich nicht um Heiz- und Warmwasserkosten handelt, die nach der HeizKVO nach Verbrauch abzurechnen sind (s.o. Rz. 738 ff.). In den Einzelabrechnungen werden nach Maßgabe des jeweils geltenden Verteilungsschlüssels die Einnahmen- und Ausgabenpositionen auf die einzelnen Wohnungseigentumseinheiten umgelegt. Die Verteilung erfolgt nach dem vereinbarten oder beschlossenen (§ 16 Abs. 3 und 4 WEG) Verteilungsschlüssel. Fehlt es an einer rechtsgeschäftlichen Regelung der Wohnungseigentümer zur Einnahmen- und Ausgabenverteilung, gelten die gesetzlichen Verteilungsschlüssel gem. § 16 Abs. 1, 2, 6 bis 8 WEG (s. dazu Rz. 682 ff.). Umstritten ist, ob Ausgaben, die ein Wohnungseigentümer durch eine schuldhafte Pflichtverletzung verursacht hat oder die das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers betreffen, in der Einzelabrechnung allein der Einheit des betroffenen Wohnungseigentümers angelastet werden können. Nach richtiger Ansicht kommt eine derartige Einzelanlastung nur in Betracht, wenn ein entsprechender Erstattungsanspruch der Gemeinschaft rechtskräftig festgestellt ist oder der betroffene Wohnungseigentümer den Anspruch anerkannt hat.2 Beispiel: Wohnungseigentümer A beschädigte bei der Anlieferung eines großen Möbelstücks fahrlässig eine Lampe im Treppenhaus. Der Verwalter gab die Instandsetzung in Auftrag, die aus dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft bezahlt wurde. Die Ausgaben für die Erneuerung der Lampe sind nur dann in die Gesamtabrechnung einzustellen und in den Einzelabrechnungen vollständig auf die Wohnungseigentumseinheit des A zu verteilenen, wenn dieser seine Ersatzpflicht anerkannt hat oder seine Ersatzpflicht rechtskräftig festgestellt ist.

746

Der auf die jeweilige Wohnungseigentumseinheit entfallende Anteil an den Einnahmen und Ausgaben wird sodann mit den auf den Wirtschaftsplan geleisteten Beitragszahlungen des Eigentümers verrechnet. Die Beitragsleistung ist gesondert als Einnahme auszuweisen. Anzugeben ist der Betrag, der vom Wohnungseigentümer auf die betreffende Wohnungseigentumseinheit im Abrechnungsjahr tatsächlich gezahlt wurde (Soll-Angaben sind unzulässig). Dies bedeutet, dass verspätete Beitragszahlungen, die erst im Folgejahr mit Tilgungsbestimmung für das Vorjahr geleistet werden, nicht in die Abrechnung des Vorjahres, sondern in die Abrechnung des Folgejahres aufzunehmen sind.3 In der Einzelabrechnung des Folgejahres ist aber klarzustellen, dass es sich um Nachzahlungen für das Vorjahr 1 Zum Verhältnis zwischen Gesamtabrechnung und Einzelabrechnung s. Drasdo, NZM 2005, 721 ff.; Jennißen/Jennißen, § 28 WEG, Rz. 75. 2 BGH, Urt. v. 4.3.2011 – V ZR 156/10, MDR 2011, 534 = MietRB 2011, 146 = ZWE 2011, 256 (257); Becker, ZWE 2011, 254 (255); a.A. noch 2. Aufl. und KG, Beschl. v. 26.9.2005 – 24 W 123/04, ZMR 2006, 63 (64); OLG Hamm, Beschl. v. 22.2.2007 – 15 W 322/06, MietRB 2007, 321 = ZMR 2008, 60; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.12. 2005 – I-3 Wx 229/05, ZMR 2006, 217. 3 BayObLG, Beschl. v. 4.7.2002 – 2Z BR 139/01, ZMR 2002, 946.

296

V. Jahresabrechnung

handelt. Diese Klarstellung ist erforderlich, damit die Nachzahlung nicht zu einem Ausgleich der anteiligen Kosten im Abrechnungsjahr führt. Beispiel: Hat ein Eigentümer im Jahr 2014 Nachzahlungen für das Jahr 2013 geleistet, bevor die Abrechnung für das Jahr 2013 erstellt und beschlossen wurde, so dürfen die Nachzahlungen in der Abrechnung 2013 nicht erscheinen. In der später zu erstellenden Abrechnung 2014 kann jedoch vermerkt werden, dass der ausgewiesene Schuld-Saldo 2013 durch Nachzahlungen im Jahr 2014 bereits ganz oder teilweise ausgeglichen wurde.

Die Differenz zwischen Wohngeldvorauszahlungen und tatsächlichem Lasten-/Kostenanteil führt entweder zu einer Nachzahlungsverpflichtung oder zu einem Guthaben (s.o. Rz. 727). Etwaige Guthaben oder Fehlbeträge des Wohnungseigentümers aus den Vorjahren sind nicht Bestandteil der Jahresabrechnung, sie können aber zur Information und Erinnerung zusätzlich mitgeteilt werden.1

747

Berücksichtigt die Jahresabrechnung die im Wirtschaftsjahr geleisteten Vorschüsse nicht vollständig, ist die Abrechnung unrichtig. Eine Beschlussanfechtung hätte Erfolg. Bleibt die fristgerechte Anfechtung jedoch aus, soll der betroffene Wohnungseigentümer nach verbreiteter Ansicht später nicht mehr einwenden können, er habe tatsächlich höhere Vorauszahlungen geleistet, als in der Abrechnung angegeben seien.2 Diese Auffassung ist nicht richtig, denn die Wohnungseigentümer können durch Beschluss der Einzelabrechnung gem. § 28 Abs. 5 WEG keine neuen Vorschusspflichten begründen, die in Höhe der tatsächlich bewirkten Leistung bereits gem. § 362 Abs. 1 BGB erloschen sind. Der einzelne Wohnungseigentümer kann also die Erfüllung in Höhe der tatsächlich geleisteten Vorschüsse auch dann noch einwenden, wenn der Beschluss der fehlerhaften Einzelabrechnung bestandskräftig ist.3 Umgekehrt kann die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht mehr geltend machen, der Wohnungseigentümer habe die in die Jahresabrechnung eingestellten Vorauszahlungen in Wahrheit nicht geleistet.4 Die Wohnungseigentümer können aber über eine korrigierte Abrechnung beschließen, die nur die tatsächlich gezahlten Beiträge berücksichtigt.

748

Wechselte während des Wirtschaftsjahres der Eigentümer einer Einheit, ist keine zeitanteilige Berechnung der auf Veräußerer und Erwerber entfallenden Einnahmen und Ausgaben vorzunehmen. Die Einzeljahresabrechnungen werden ausschließlich objektbezogen erstellt. Ein Anfechtungsgrund ist daher nicht gegeben, wenn der Verwalter in Unkenntnis der erfolgten Eigentumsumschreibung noch den Namen des Veräußerers in die Abrech-

749

1 BayObLG, Beschl. v. 4.7.2002 – 2Z BR 139/01, ZWE 2002, 577 (580); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2004 – I-3 Wx 65/04, ZMR 2005, 642. 2 So noch BayObLG, Beschl. v. 8.4.2004 – 2Z BR 193/03, ZMR 2005, 65 und 2. Aufl. 3 BGH, Urt. v. 1.6.2012 – V ZR 171/11, MDR 2012, 1023 = MietRB 2012, 233 = ZWE 2012, 373 m. Anm. Dötsch = ZfIR 2012, 635 (638) m. Anm. Lüke; LG Hamburg, Beschl. v. 6.4.2005 – 318 T 239/04, ZMR 2006, 77; Armbrüster, ZWE 2005, 267 (275). 4 KG, Beschl. v. 26.7.2004 – 24 W 87/03, MietRB 2005, 11 = ZMR 2004, 937 (938).

297

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

nung einträgt.1 Entscheidend ist, dass die richtige Wohnungsnummer angegeben ist und die Abrechnungsbeträge stimmen. Arbeitsbeispiel 10: Inhalt und Aufbau der Jahresabrechnung 749a

Sachverhalt: Die Gemeinschaft besteht aus 15 Wohneinheiten. Dem Wohnungseigentümer A gehört die Wohnung Nr. 1 mit einem Miteigentumsanteil von 10/100. Nach dem Wirtschaftsplan schuldet A für das Wirtschaftsjahr 2013 Vorschüsse in Höhe von insgesamt 3 380 Euro (Übersicht 20, Rz. 712), davon entfallen 600 Euro auf die Instandhaltungsrücklage. Im Wirtschaftsjahr 2013 zahlt A Beiträge nur in Höhe von 3 000 Euro an die Gemeinschaft. Davon entfallen 200 Euro als Nachzahlung auf Beitragspflichten aus dem Vorjahr. Im Wirtschaftsjahr 2013 hat die Gemeinschaft 10 000 Euro für Heizöl ausgegeben. Davon entfallen 9 000 Euro auf den tatsächlichen Verbrauch im Wirtschaftsjahr, davon wiederum 550 Euro auf den Verbrauch der Wohnung Nr. 1. In der Abrechnung 2012 wurden dieser Wohnung anteilige unverbrauchte Heizkosten in Höhe von 75 Euro angelastet. Wie sind die von A geleisteten Zahlungen und die Heizkosten in der Jahresabrechnung 2013 darzustellen? Lösung: Die auf das Vorjahr entfallende Nachzahlung von 200 Euro ist zwar als Einnahme in die Abrechnung aufzunehmen. Die Nachzahlung für das Vorjahr darf aber nicht zum Ausgleich anteiliger Kosten im Abrechnungsjahr führen (Rz. 746). Der Restbetrag von 2 800 Euro ist nach hier vertretener Ansicht vorrangig auf die nach dem Wirtschaftsplan geschuldeten Vorschüsse zu den Bewirtschaftungskosten (2 780 Euro) anzurechnen (Rz. 744). Der Restbetrag von 20 Euro ist die geleistete Zahlung zur Instandhaltungsrücklage. Die im Abrechnungsjahr angefallenen Heizkosten sind nach Verbrauch zu verteilen. Die Kosten für den nicht verbrauchten Teil des angeschafften Heizöls sind nach Miteigentumsanteilen zu verteilen (Rz. 740). In der Abrechnung 2012 angelastete unverbrauchte Heizkosten (75 Euro) sind als Guthaben zu berücksichtigen. Die Darstellung in der Gesamt- und Einzelabrechnung zeigt die folgende Übersicht 21.

Übersicht 21: Jahresabrechnung (Muster) 750

Gesamt-/Einzelabrechnung Geltungszeitraum von … bis … Name und Anschrift des Wohnungseigentümers Kontenübersicht: Gemeinschaftliches Girokonto (Sparkasse Berlin, BIC …, IBAN …) Stand zu Beginn des Wirtschaftsjahres am 31.12.2012 Stand am Ende des Wirtschaftsjahres am 31.12.2013

Wohnanlage: … Wohnung-Nr. 1

5 000,00 Euro 1 950,00 Euro

1 BGH, Beschl. v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = NJW 1999, 3713 = GE 1999, 1500.

298

V. Jahresabrechnung Instandhaltungsrücklage/Festgeld (Sparkasse Berlin, BIC …, IBAN …) Stand zu Beginn des Wirtschaftsjahres am 31.12.2012 Stand am Ende des Wirtschaftsjahres am 31.12.2013 Ihre Wohngeldzahlungen im Abrechnungsjahr: Geleistete Gesamtzahlung davon Nachzahlungen für Vorjahre davon Beitrag zu den Bewirtschaftungskosten davon Beitrag zur Instandhaltungsrücklage

10 000,00 Euro 15 420,00 Euro 3 000,00 200,00 2 780,00 20,00

Euro Euro Euro Euro

Einnahmen und Ausgaben zur Bewirtschaftung: Gesamtbetrag (Euro)

Verteilungsschlüssel

Einnahmen Mieten Benutzungsentgelte Zinsen Beiträge (Bewirtschaftung)

1 000,00 600,00 250,00 31 000,00

10/100 MEA 10/100 MEA 10/100 MEA individuell

Gesamt:

32 600,00

Ausgaben Wasser/Abwasser Hausmeister Straßenreinigung Müllabfuhr Hausreinigung Versicherung Verwalterhonorar Strom (allgemein) Heizung/Wärme (verbraucht) Heizung/Wärme (unverbraucht)2 Schornsteinfeger Kabelanschluss

– – – – –

3 800,00 6 000,00 700,00 2 500,00 3 000,00 4 300,00 3 600,00 600,00 9 000,00 1 000,00 250,00 900,00

Anteil Wohneinheit (Euro) 100,00 60,00 25,00 2 780,00 2 965,00

10/100 MEA 10/100 MEA 10/100 MEA 10/100 MEA 10/100 MEA 10/100 MEA 1/15 Einheit 10/100 MEA Verbrauch1 10/100 MEA 10/100 MEA 1/15 Anschl.

– – – – – – – – – – – –

380,00 600,00 70,00 250,00 300,00 430,00 240,00 60,00 550,00 100,00 25,00 60,00

Gesamt:

– 35 650,00

– 3 065,00

Saldo:

– 3 050,00

– 100,00

Guthaben (Heizöl aus 2012):

3

Endbetrag:

75,00 25,00

Entwicklung der Instandhaltungsrücklage: Stand am 31.12.2012 Einnahmen Beiträge zur Rücklage Ausgaben (Entnahmen) Stand am 31.12.2013

10 000,00 Euro 5 420,00 Euro – 15 420,00 Euro

299

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten Zuführung zur Rücklage in 2013

Gesamtbetrag (Euro)

Anteil Wohneinheit (Euro)

Soll-Zuweisung nach Wirtschaftsplan

6 000,00

600,00

Ist-Zuweisung

5 420,00

20,00

580,00

580,00

Saldo Ihre Nachzahlung für das Abrechnungsjahr 2013 beträgt:

Nachzahlung zu den Bewirtschaftungskosten (Abrechnungsspitze) Nachzahlung zur Instandhaltungsrücklage Nachzahlung gesamt:

25,00 Euro 580,00 Euro 605,00 Euro

Erläuterungen: 1 2 3

Siehe Heizkostenabrechnung der Fa. … (Anlage) Ausgaben für in 2013 angeschafftes, unverbrauchtes Heizöl. Der Anteil wird in der Abrechnung 2014 als Guthaben angerechnet. In Abrechnung 2012 nach MEA verteilte Ausgaben für in 2012 angeschafftes, unverbrauchtes Heizöl.

4. Prüfung der Jahresabrechnung 751

Der Verwalter hat die von ihm erstellte Jahresabrechnung zunächst dem Verwaltungsbeirat zuzuleiten. Dieser soll die sachliche Richtigkeit der Jahresabrechnung zumindest stichprobenartig anhand der vorhandenen Rechnungen und Belege prüfen und eine Stellungnahme abgeben (§ 29 Abs. 3 WEG).1 Die Stellungnahme endet üblicherweise mit einer Empfehlung an die Wohnungseigentümer, die Jahresabrechnung zu genehmigen oder den Verwalter zu einer Neuaufstellung bzw. Berichtigung der Jahresabrechnung aufzufordern.

752

Angemessene Zeit vor der Beschlussfassung sind jedem Wohnungseigentümer die Gesamtabrechnung und die ihn betreffende Einzelabrechnung zur Kenntnis und Überprüfung zu übersenden.2 Den Wohnungseigentümern muss vor der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung die Möglichkeit eingeräumt werden, (in den Geschäftsräumen des Verwalters) die Rechnungen, Belege, Kontoauszüge und die Einzelabrechnungen der anderen Wohnungseigentümer einsehen.3 Nach Ansicht des BGH steht der Anspruch auf Auskunft zur Jahresabrechnung den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu.4 Erst wenn sie trotz Verlangens davon keinen Gebrauch machen, kann der einzelne Wohnungseigentümer Auskunft verlangen. Ein besonderes Interesse an der Einsichtnahme muss der Wohnungseigen1 Die unterlassene Prüfung durch den Beirat stellt allerdings keinen Anfechtungsgrund dar, KG, Beschl. v. 25.8.2003 – 24 W 110/02, ZMR 2004, 144. 2 Palandt/Bassenge, § 28 WEG, Rz. 3. 3 OLG Köln, Beschl. v. 24.8.2005 – 16 Wx 80/05, NZM 2006, 66. 4 BGH, Urt. v. 11.2.2011 – V ZB 66/10, ZWE 2011, 212 (213).

300

V. Jahresabrechnung

tümer nicht nachweisen.1 Zudem kann jeder Wohnungseigentümer gegen Kostenerstattung die Anfertigung und Übersendung von Kopien verlangen2, nicht aber die Herausgabe der Originalabrechnungsunterlagen.3 Auf Verlangen hat der Verwalter auch Auskunft über die Einzelheiten der Jahresabrechnung zu geben.

5. Beschluss über die Jahresabrechnung Die Jahresabrechnung erlangt Rechtsverbindlichkeit erst durch Beschluss der Wohnungseigentümer. Gegenstand des Beschlusses sind die Gesamtabrechnung und sämtliche Einzelabrechnungen.4 Der Beschluss kann mit Stimmenmehrheit gefasst werden, wenn die Jahresabrechnung ordnungsgemäß erstellt ist (§ 28 Abs. 5 WEG). Im Falle einer fehlerhaften Abrechnung ist ein Mehrheitsbeschluss gem. § 46 Abs. 1 WEG erfolgreich anfechtbar. Fehlen wesentliche Bestandteile der Jahresabrechnung, kann deswegen der Genehmigungsbeschluss nicht für ungültig erklärt werden. Der einzelne Wohnungseigentümer hat vielmehr nach ständiger (aber zweifelhafter) Rspr. einen Anspruch auf Ergänzung.5 Fehlen einzelne Teile der Abrechnung, etwa die Gesamtabrechnung oder die Angaben über die Kontostände, ist der Abrechnungsbeschluss nach richtiger Ansicht insgesamt für ungültig zu erklären, denn ohne diese Angaben lässt sich für den einzelnen Wohnungseigentümer die Schlüssigkeit der Abrechnung nicht überprüfen (s.o. Rz. 741).6

753

Ist die rechnerische Richtigkeit der Jahresabrechnung wegen erheblicher Darstellungsmängel nicht überprüfbar, muss die gesamte Abrechnung auf Antrag vom Gericht für ungültig erklärt werden. Wirkt sich ein Fehler in der Abrechnung nur in der Größenordnung von Cent-Beträgen oder wenigen Euro aus, kann darauf nach Treu und Glauben eine Anfechtung des Abrechnungsbeschlusses nicht gestützt werden.7 Auf fakultative Bestandteile einer Jahresabrechnung, etwa die Angaben von Wohngeldrückstän-

754

1 BGH, Urt. v. 11.2.2011 – V ZR 66/10, MDR 2011, 413 = MietRB 2011, 116 = ZWE 2011, 212 (213). 2 OLG München, Beschl. v. 29.5.2006 – 34 Wx 27/06, MietRB 2006, 271 = ZMR 2006, 881. 3 Palandt/Bassenge, § 28 WEG, Rz. 3. 4 KG, Beschl. v. 26.9.2007 – 24 W 183/06, MietRB 2008, 306 f. = ZMR 2008, 67; OLG Oldenburg, Beschl. v. 6.4.2005 – 5 W 204/04, ZMR 2005, 734. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 25.4.1998 – 15 W 13/98, ZMR 1998, 715; KG, Beschl. v. 22.11.1995 – 24 W 2452/95, NJW-RR 1996, 527; BayObLG, Beschl. v. 21.12.1999 – 2Z BR 79/99, NJW-RR 2000, 604; OLG Köln, Beschl. v. 24.8.2005 – 16 Wx 80/05, NZM 2006, 66; s. auch Abramenko in Riecke/Schmid, § 28 WEG, Rz. 98–108 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen. 6 LG Frankfurt/M., Urt. v. 9.1.2014 – 2-13 S 27/13, ZWE 2014, 137 (138); LG Berlin, Urt. v. 28.5.2013 – 55 S 73/12 WEG, ZWE 2014, 222; LG München I, Urt. v. 8.8. 2011 – 1 S 4470/11, MietRB 2011, 385; ZWE 2012, 98; AG Berlin-Charlottenburg, Urt. v. 6.1.2012 – 73 C 124/11, ZWE 2012, 291 (292). 7 BayObLG, Beschl. v. 11.11.1988 – 2Z BR 92/88, WE 1989, 218; Beschl. v. 10.1.1997 – 2Z BR 35/96, NJW-RR 1997, 716.

301

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

den aus den Vorjahren, erstreckt sich der Abrechnungsbeschluss nicht. Unrichtigkeiten in solchen Teilen führen deshalb nicht zur Anfechtbarkeit des Beschlusses.1 755

Durch den Beschluss über die Gesamt- und Einzelabrechnung wird verbindlich festgelegt, welche Einnahmen zu verzeichnen und welche Ausgaben als Lasten und Kosten der Gemeinschaft i.S.v. § 16 Abs. 2 WEG auf die Wohnungseigentumseinheiten umzulegen sind. Der Beschluss ist Voraussetzung für das Entstehen einer Nachzahlungspflicht oder eines Anspruchs auf Auszahlung eines Abrechnungsguthabens.

756

Weist die Einzelabrechnung ein negatives Abrechnungsergebnis aus, wird die Nachzahlungspflicht am Tage der Beschlussfassung fällig. Die Einziehung ist Aufgabe des Verwalters (§ 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG), der zur gerichtlichen Durchsetzung ggf. noch durch Beschluss ermächtigt werden muss (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG). Wohngeldrückstände können lediglich aus dem beschlossenen Wirtschaftsplan geltend gemacht werden. Entgegen einer früher verbreiteten Ansicht hat der Beschluss der Jahresabrechnung hinsichtlich der ausgewiesenen Wohngeldrückstände keine rechtsverstärkende Wirkung.2 Er hat somit keine Verdoppelung des Rechtsgrunds für rückständige Beiträge zur Folge.3 Durch Beschluss der Abrechnung können die Wohnungseigentümer auch noch nicht erfüllte Zahlungspflichten aus früheren Jahren nicht neu begründen.4 Eine originäre, neue Forderung begründet der Abrechnungsbeschluss nur in Höhe jenes Betrages, um den der Abrechnungssaldo die nach dem Wirtschaftsplan geschuldeten Vorschüsse übersteigt.5 Diese Differenz wird als Abrechnungsspitze bezeichnet. Beispiel: Ein Wohnungseigentümer schuldet aufgrund des Wirtschaftsplans Vorauszahlungen i.H.v. 3 600 Euro (12 × 300 Euro). Tatsächlich zahlt er nur 3 000 Euro. Die Einzelabrechnung ergibt einen Einnahmen-/Ausgabenanteil von 4 000 Euro, so dass das Abrechnungsergebnis einen Nachzahlungsbetrag von 1 000 Euro ergibt. Die Abrechnungsspitze i.H.v. 400 Euro – Differenz aus Soll-Vorauszahlungen (3 600 Euro) und Einnahmen-/Ausgabenanteil (4 000 Euro) – schuldet der Wohnungseigentümer aus der Jahresabrechnung. Die rückständigen Wohngeldvorauszahlungen i.H.v. 600 Euro kann die Gemeinschaft nur aus dem Wirtschaftsplan geltend machen. Hatten die Wohnungseigentümer im Einzelfall mangels eines beschlossenen Wirtschaftsplans keine Vorauszahlungen zu leisten, umfasst die Abrechnungsspitze die gesamten Kosten des Wirtschaftsjahres.6

1 BayObLG, Beschl. v. 5.5.1993 – 2Z BR 29/93, WuM 1993, 488. 2 So noch BGH, Beschl. v. 30.11.1995 – V ZB 16/95, MDR 1996, 897 = NJW 1996, 725; OLG Hamm, Beschl. v. 8.7.2003 – 15 W 48/03, ZMR 2004, 54. 3 So jetzt BGH, Urt. v. 1.6.2012 – V ZR 171/11, MDR 2012, 1023 = MietRB 2012, 233 = ZWE 2012, 373 m. Anm. Dötsch = ZfIR 2012, 635 (638) m. Anm. Lüke. 4 BGH, Urt. 9.3.2012 – V ZR 147/11, ZWE 2012, 260 (261). 5 BGH, Beschl. v. 30.11.1995 – V ZB 16/95, MDR 1996, 897 = NJW 1996, 725; BGH, Urt. v. 1.6.2012 – V ZR 171/11, MDR 2012, 1023 = MietRB 2012, 233 = ZWE 2012, 373 m. Anm. Dötsch = ZfIR 2012, 635 (638) m. Anm. Lüke. 6 OLG Köln, Beschl. v. 15.1.2008 – 16 Wx 141/07, MietRB 2008, 173 = ZMR 2008, 478.

302

VI. Beitragsforderung

Übersteigen dagegen die Soll-Vorauszahlungen den später nach der Genehmigung der Jahresabrechnung geschuldeten Betrag, so kann nur noch ein etwaiger Fehlbetrag zwischen tatsächlich geleisteten Wohngeldzahlungen und dem Abrechnungsergebnis gefordert werden.1 Auf diese Weise wird die Gefahr einer Überzahlung durch den Schuldner einerseits und die Gefahr der doppelten Geltendmachung der betreffenden Beitragsleistung andererseits vermieden.

757

Beispiel: Ein Wohnungseigentümer schuldet aufgrund des Wirtschaftsplans Vorauszahlungen i.H.v. 3 600 Euro (12 × 300 Euro). Tatsächlich zahlt er nur 3 000 Euro. Die Einzelabrechnung ergibt einen Einnahmen-/Ausgabenanteil von 3 400 Euro, so dass das Abrechnungsergebnis einen Nachzahlungsbetrag von 400 Euro ausweist. Diesen Nachzahlungsbetrag schuldet der Wohnungseigentümer noch aufgrund des Wirtschaftsplans. Die Soll-Vorauszahlungen (3 600 Euro) werden also durch das Ergebnis der Jahresabrechnung (3 400 Euro) begrenzt.

Weist die genehmigte Einzelabrechnung ein Guthaben aus, können die Wohnungseigentümer beschließen, ob dieses ausgezahlt oder mit den künftigen Vorauszahlungen verrechnet wird.2 Wird nichts bestimmt, hat der einzelne Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Rückzahlung seines Abrechnungsguthabens.3 Der Rückzahlungsanspruch gegen die Gemeinschaft ist auf Auszahlung aus dem Verwaltungsvermögen gerichtet. Eine Verrechnung mit laufendem Beitragspflichten darf der Wohnungseigentümer eigenmächtig nicht vornehmen.4

758

VI. Beitragsforderung 1. Entstehen der Beitragsforderung Die von den Wohnungseigentümern zu leistenden Beiträge bestehen aus den im Wirtschaftsplan festgelegten Vorschüssen (Wohngelder), den evtl. beschlossenen Sonderumlagen und den durch die Jahresabrechnung festgestellten Nachzahlungspflichten. Da Wirtschaftsplan, Sonderumlage und Jahresabrechnung erst durch einen Eigentümerbeschluss Rechtsverbindlichkeit erlangen, bilden diese Eigentümerbeschlüsse die rechtliche Grundlage aller Beitragsforderungen. Fällig werden diese nach Maßgabe des jeweiligen Beschlusses. Sofern durch Beschluss keine Fälligkeitsbestimmung getroffen ist, sind die Beiträge nach Abruf durch den Verwal1 BayObLG, Beschl. v. 18.2.1998 – 2Z BR 134/97, NZM 1998, 334; Jennißen/Jennißen, § 28 WEG, Rz. 6. 2 Eine Verrechnung darf aber nur mit bestandkräftig beschlossenen Guthabenbeträgen zugelassen werden; KG, Beschl. v. 25.2.2004 – 24 W 285/01, MietRB 2004, 172 = ZMR 2005, 470. 3 OLG Hamm, Beschl. v. 15.2.2011 – 15 Wx 222/10, ZWE 2011, 414 (415). 4 KG, Beschl. v. 29.4.2002 – 24 W 26/01, ZWE 2002, 413 (415 f.); es ist sehr zweifelhaft, ob daran nach der Novellierung des WEG zum 1.7.2007 noch festgehalten werden kann.

303

759

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

ter zu leisten (§ 28 Abs. 2 WEG). Das Entstehen von Zahlungspflichten im Außenverhältnis, etwa der Zahlungspflicht gegenüber einem Versorgungsunternehmen, ist für die Beitragsschuld im Innenverhältnis ohne Bedeutung.1 Auch fehlerhafte Beschlüsse begründen Zahlungsverpflichtungen, solange sie nicht nichtig oder durch ein Gericht gem. §§ 23 Abs. 4, 43 Nr. 4 WEG für ungültig erklärt sind. Einer Beitragsforderung kann also nicht der Einwand entgegengehalten werden, der zugrunde liegende Beschluss sei fehlerhaft. 760

Da die Klageerhebung nach §§ 46 Abs. 1, 43 Nr. 4 WEG auf Ungültigerklärung eines Beschlusses keine aufschiebende Wirkung entfaltet2, besteht eine Zahlungspflicht selbst dann, wenn der Beschluss innerhalb der Monatsfrist angefochten wurde, aber noch nicht für ungültig erklärt worden ist. Die Zahlungsverpflichtung entfällt erst, wenn das Gericht den Beschluss rechtskräftig für ungültig erklärt hat.

2. Beitragsgläubiger und Beitragsschuldner 761

Gläubigerin der Beitragsansprüche ist die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (§ 10 Abs. 6 WEG). Die Beitragsansprüche gehören zum Verwaltungsvermögen (§ 10 Abs. 7 WEG). Beitragsschuldner ist jeweils der im Grundbuch eingetragene Wohnungseigentümer. Fallen wirklicher und im Grundbuch eingetragener Eigentümer auseinander, ist der wahre Eigentümer Beitragsschuldner.3 Gehört Wohnungseigentum mehreren Personen, haften sie als Gesamtschuldner (§ 421 BGB), d.h. die Beitragsforderung kann nach Belieben von jedem Teilhaber in voller Höhe oder zu einem Teil verlangt werden. Dies gilt etwa für Wohnungseigentumseinheiten, die mehreren Personen in Bruchteilsgemeinschaft oder ehelicher Gütergemeinschaft zustehen. Im Falle einer werdenden Gemeinschaft (s.o. Rz. 129 ff.) ist allein der Erwerber als Mitglied der Gemeinschaft Beitragsschuldner, nicht jedoch der im Grundbuch eingetragene teilende Eigentümer.4

3. Durchsetzung der Beitragsforderungen 762

Die Gemeinschaft kann ihre Beitragsansprüche durch Zahlungsklage im Zivilprozess (§ 43 Nr. 2 WEG) gegen den Beitragsschuldner durchsetzen (Rz. 835 f.). Da der Beitragsanspruch auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme gerichtet ist, kann die Gemeinschaft den Anspruch auch im Mahnverfahren gem. §§ 688 ff. ZPO geltend machen (Rz. 842 f.). Die Einziehung der Beitragsforderungen ist Aufgabe des Verwalters (§ 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG, s.o. Rz. 640 f.). Zur gerichtlichen Geltendmachung im Namen 1 2 3 4

BGH, Beschl. v. 21.4.1988 – V ZB 10/87, BGHZ 104, 197 = MDR 1988, 765 (202 f.). BGH, Urt. v. 4.4.2014 – V ZR 167/13, ZWE 2014, 264. BGH, Beschl. v. 6.10.1994 – V ZB 2/94, MDR 1994, 1206 = NJW 1994, 3352. BGH, Urt. v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, ZWE 2012, 369 (370).

304

VI. Beitragsforderung

der Gemeinschaft benötigt er jedoch gem. § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG eine besondere Ermächtigung durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer (s.o. Rz. 653 f.). Eine entsprechende Ermächtigung kann sich auch aus den Vereinbarungen der Gemeinschaftsordnung oder aus dem Inhalt des Verwaltervertrages ergeben. Der ermächtigte Verwalter kann im Namen der Gemeinschaft einen Rechtsanwalt beauftragen, die Beitragsansprüche als Prozessbevollmächtigter der Gemeinschaft gerichtlich geltend zu machen. Zur Zwangsvollstreckung titulierter Beitragsansprüche s. § 13. Die Gemeinschaft kann den Beitragsschuldner nicht nur auf Zahlung rückständiger Beiträge verklagen. Sie kann ihn gem. § 257 ZPO auch auf Zahlung künftiger Betragsvorschüsse aus dem beschlossenen Wirtschaftsplan für das laufende Wirtschaftsjahr verklagen, wenn die Fälligkeit an den Eintritt eines Kalendertages geknüpft ist. Es genügt, dass die Beiträge nach den Vereinbarungen der Gemeinschaftsordnung oder nach dem Beschluss des Wirtschaftsplans jeweils monatlich im Voraus an einem bestimmten Kalendertag fällig werden.

762a

Der säumige Wohnungseigentümer kann im gerichtlichen Verfahren nicht einwenden, die Höhe der in der Jahresabrechnung oder dem Wirtschaftsplan ausgewiesenen Zahlungen und Ausgaben oder der Kostenverteilungsschlüssel seien unzutreffend. Das Gericht prüft im Zahlungsverfahren lediglich, ob ein wirksamer Beschluss über die Jahresabrechnung, die Sonderumlage oder den Wirtschaftsplan vorliegt und dieser an keinem Nichtigkeitsgrund leidet. Hält der säumige Wohnungseigentümer die Jahresabrechnung, die Sonderumlage oder den Wirtschaftsplan für unrichtig, kann er dahingehende Einwendungen nur in einem Beschlussanfechtungsverfahren gem. §§ 46 Abs. 1, 43 Nr. 4 WEG vorbringen. Versäumt er die fristgerechte Erhebung einer Anfechtungsklage, sind alle Einwendungen gegen die Richtigkeit des Rechenwerks ausgeschlossen.

763

Aufrechnungen gegen die Beitragsforderungen sind nach §§ 387 ff. BGB möglich. Allerdings kann der Beitragsschuldner nur mit solchen Forderungen gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aufrechnen, die durch die Gemeinschaft anerkannt wurden, rechtskräftig festgestellt sind oder die einer Notgeschäftsführung (§ 21 Abs. 2 WEG i.V.m. § 683 BGB) entstammen.1 Mit überzahlten Beiträgen bzw. Guthaben aus Jahresabrechnungen kann nur dann aufgerechnet werden, wenn die Gemeinschaft dies durch Beschluss oder Vereinbarung zugelassen hat.2 Die bislang h.M. sieht den Grund für die Beschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit in der großen Bedeutung fortlaufender Beitragszahlungen für eine funktionierende ordnungsmäßige Verwaltung.3 In der Gemeinschaftsordnung

764

1 Ständige Rechtsprechung, s. nur OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.2.1999 – 3 Wx 369/98, NZM 1999, 573. 2 KG, Beschl. v. 29.3.1995 – 24 W 4812/94, NJW-RR 1995, 975. 3 Zu Einzelfragen der Aufrechnung s. Becker in Bärmann, § 28 WEG, Rz. 93 ff. m.w.N.

305

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

kann auch ein generelles Aufrechnungsverbot vereinbart werden. Die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 309 Nr. 3 BGB) verbieten dies nicht, denn sie finden auf Vereinbarungen der Wohnungseigentümer keine Anwendung. 765

Ähnliche Beschränkungen wie für die Aufrechnungsmöglichkeit gelten für die Einrede des Zurückbehaltungsrechts (§ 273 BGB) gegenüber Beitragsforderungen. Insbesondere kann der Wohngeldschuldner ein Zurückbehaltungsrecht nicht darauf stützen, dass der gesetzliche oder vereinbarte Kostenverteilungsschlüssel grob unbillig sei und deshalb gegen die übrigen Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels bestehe (s. Rz. 696). Der Kostenverteilungsschlüssel gilt solange, wie er nicht durch die Wohnungseigentümer oder gerichtliche Entscheidung abgeändert worden ist. Er muss deshalb auch dem Wirtschaftsplan und der Jahresabrechnung zugrunde gelegt werden. Eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels entfaltet keine Rückwirkung. Bis zur Abänderung richtet sich die Verpflichtung zur Beitragszahlung nach dem alten (ggf. unbilligen) Kostenverteilungsschlüssel. Auch wegen eines fälligen Anspruchs auf Abrechnung der Vorschüsse steht dem Wohnungseigentümer kein Zurückbehaltungsrecht zu. Da sich der Anspruch nicht gegen die Gemeinschaft, sondern gegen den Verwalter bzw. die übrigen Wohnungseigentümer richtet, fehlt es an der erforderlichen Gegenseitigkeit der Ansprüche.1

766

Umgekehrt kann aber die Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem säumigen Wohnungseigentümer in der Weise ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, dass sie die Versorgung der dem Wohngeldschuldner gehörenden Räume mit Wasser und Wärme unterbricht. Die Anwendung einer Versorgungssperre ist erst zulässig, wenn die Wohngeldrückstände eine Höhe von sechs Monatsraten erreicht haben und ein Eigentümerbeschluss den Verwalter zur Einleitung entsprechender Maßnahmen anweist.2 Der Wohngeldschuldner hat die Versorgungssperre entsprechend § 14 Nr. 4 WEG zu dulden. Die Versorgungssperre wird nach umstrittener Ansicht nicht dadurch unzulässig, dass die Wohnung vermietet ist.3 Zweifelhaft ist, ob der Gemeinschaft ein Anspruch gegen den Mieter auf Duldung des Zutritts zusteht, um die Versorgungssperre gegen den vermietenden Eigentümer zu vollziehen.4 1 BGH, Urt. v. 1.6.2012 – V ZR 171/11, MDR 2012, 1023 = MietRB 2012, 233 = ZWE 2012, 373 (375) m. Anm. Dötsch. 2 BGH, Beschl. v. 10.6.2005 – V ZB 235/04, MDR 2005, 1279 = MietRB 2006, 45 = NJW 2005, 2622; Kümmel/v. Seldeneck, GE 2002, 1045; zur behördlichen Anordnung, die Versorgung wiederherzustellen vgl. VG Berlin, Beschl. v. 28.3.2012 – VG 13 L 63.12, ZWE 2012, 338. 3 BGH, Urt. v. 6.5.2009 – XII ZR 137/07, MDR 2009, 919 = NZM 2009, 482 (484); KG, Beschl. v. 26.11.2001 – 24 W 7/01, MDR 2002, 574; Briesemeister, ZMR 2007, 661. 4 Ablehnend KG, Urt. v. 26.1.2006 – 8 U 208/09, NZM 2006, 297; Becker in Bärmann, § 28 WEG, Rz. 87; Bonifacio, ZMR 2012, 330 (333); Suilmann, ZWE 2012, 111 (114); a.A. Briesemeister, ZMR 2007, 661 (664).

306

VII. Beitragspflicht bei Eigentümerwechsel

4. Verjährung Beitragsforderungen aufgrund eines Wirtschaftsplans, einer Sonderumlage und einer Jahresabrechnung verjähren gem. § 195 BGB in drei Jahren.1 Die Verjährungsfrist beginnt gem. § 199 BGB mit dem Schluss jenes Jahres, in dem die Wohnungseigentümer über das Rechenwerk beschlossen haben. Für Vorschussansprüche aus dem beschlossenen Wirtschaftsplan beginnt die Verjährungsfrist mit Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres.2 Gerichtlich festgestellte Ansprüche verjähren in 30 Jahren, beginnend mit der Rechtskraft der Entscheidung (§§ 197 Abs. 1 Nr. 3, 201 BGB).

767

VII. Beitragspflicht bei Eigentümerwechsel 1. Zeitpunkt des Lasten- und Kostenübergangs Bei einem Eigentümerwechsel geht nicht nur das Wohnungseigentum sondern auch die Pflicht zur Lasten- und Kostentragung auf den Erwerber über. Ein Gesamtrechtsnachfolger, insbesondere der Erbe nach §§ 1922, 1967 BGB, tritt ohne weiteres in die gesamte Rechtsstellung seines Rechtsvorgängers ein. Er haftet folglich für alle Beitragsforderungen, die sein Rechtsvorgänger nicht beglichen hatte. Es handelt sich um Nachlassverbindlichkeiten, für die der Erbe seine Haftung mit dem Nachlass beschränken kann. Beitragsschulden, die nach dem Erbfall fällig werden, sind grds. Eigenverbindlichkeiten des Erben;3 eine Haftungsbeschränkung auf den Nachlass ist insoweit nicht möglich.

768

Problematisch ist die Rechtslage beim rechtsgeschäftlichen Erwerb von Wohnungseigentum und beim Erwerb in der Zwangsversteigerung (Sonderrechtsnachfolge). Es gelten folgende Grundsätze: Der Veräußerer haftet nicht aus Beschlüssen, die nach seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaft (Eigentumsumschreibung im Grundbuch/Zuschlag in der Zwangsversteigerung) gefasst werden. Solche Beschlüsse können ausschließlich den Erwerber binden, da nur dieser im Zeitpunkt der Beschlussfassung Mitglied der Gemeinschaft ist. Für die Haftung des Erwerbers gilt grundsätzlich § 10 Abs. 4 WEG. Der Sondernachfolger ist an Beschlüsse gebunden, die vor seinem Eintritt in die Gemeinschaft gefasst wurden. Er haftet deshalb grundsätzlich aus Wirtschaftsplänen, Jahresabrechnungen und Sonderumlagen, die vor seiner Eintragung im Grundbuch oder der Erteilung des Zuschlages in der Zwangsversteigerung beschlossen worden sind. Nach Ansicht des BGH ist die Erwerberhaftung jedoch dahingehend eingeschränkt, dass der Son1 Vgl. OLG Hamburg, Beschl. v. 24.7.2006 – 2 Wx 4/05, ZMR 2006, 791. 2 BGH, Urt. v. 1.6.2012 – V ZR 171/11, MDR 2012, 1023 = MietRB 2012, 233 = ZWE 2012, 373 (375) m. Anm. Dötsch. 3 BGH, Urt. v. 5.7.2013 – V ZR 81/12, MDR 2013, 1045 = MietRB 2013, 267 = ZWE 2013, 372 (373).

307

769

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

dernachfolger nur für Beitragsforderungen haftet, die nach dem Eigentümerwechsel fällig geworden sind.1 Maßgebliches Kriterium sei nicht der Zeitpunkt der Beschlussfassung, sondern der Zeitpunkt der Fälligkeit der Beitragsforderung. Bei einem Eigentümerwechsel hafte danach, wer bei Fälligkeit der Beitragsforderung Wohnungseigentümer ist. 770

Die Rechtsprechung des BGH ist zutreffend. Dass jeder Wohnungseigentümer nur die Beiträge schuldet, die während der Dauer seiner Mitgliedschaft fällig werden, ergibt sich aus § 16 Abs. 2 WEG.2 Die gesetzliche Beitragspflicht folgt aus der Mitgliedschaft, die mit der Übertragung des Wohnungseigentums auf den Erwerber übergeht. Er schuldet nunmehr originär die Beiträge, die nach der Übertragung fällig werden. Der Veräußerer schuldet weiterhin Beiträge, die bereits vor der Übertragung fällig waren. Für die Außenhaftung der Wohnungseigentümer für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft ist dieser Grundsatz in § 10 Abs. 8 Satz 1 Halbs. 1 WEG ausdrücklich geregelt.

770a

Ohne Bedeutung für die Beitragspflicht ist, wann die durch den Beschluss umgelegten Kosten tatsächlich entstanden sind (vor oder nach dem Eigentümerwechsel)3, ob zugunsten des Erwerbers bereits eine Auflassungsvormerkung eingetragen ist, seit wann dieser das Wohnungseigentum nutzt oder welche Vereinbarung Veräußerer und Erwerber im Kaufvertrag über den Übergang von Nutzen und Lasten getroffen haben.4

2. Haftung für Beitragsvorschüsse 771

Tritt der Eigentümerwechsel im Laufe eines Wirtschaftsjahres ein, haftet der Veräußerer für alle Beitragsvorschüsse, die bis zum Eigentümerwechsel beschlossen und fällig geworden sind. Für die nach Eigentumsumschreibung fällig werdenden Wohngeldvorschüsse haftet der Erwerber. Die Fälligkeit der Beitragsvorschüsse richtet sich nach den Bestimmungen des Wirtschaftsplans oder der Gemeinschaftsordnung. Darin kann bestimmt sein, dass die Vorschüsse aufgrund des Wirtschaftsplans an einem bestimmten Tag des Monats fällig werden. Enthalten Wirtschaftsplan und Gemeinschaftsordnung eine solche Regelung nicht, sind die Beitragsvorschüsse nach Abruf durch den Verwalter fällig (§ 28 Abs. 2 WEG). Monatlich zu leistende Wohngeldvorschüsse werden spätestens mit Ablauf des jeweiligen Monats fällig. Beispiel: Nach dem Einzelwirtschaftsplan sind Beitragsvorschüsse i.H.v. 3 600 Euro in monatlich gleichen Raten (12 × 300 Euro; jeweils fällig am dritten Werktag eines Mo1 BGH, Beschl. v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = NJW 1999, 3713 (3715). 2 BGH, Urt. v. 2.12.2011 – V ZR 113/11, ZWE 2012, 90 (91); a.A. noch 2. Aufl. 3 BGH, Beschl. v. 21.4.1988 – V ZB 10/87, MDR 1988, 765 = NJW 1988, 1910. 4 BGH, Beschl. v. 4.3.1983 – VII ZB 28/82, NJW 1983, 1615; Beschl. v. 18.5.1989 – V ZB 14/88, MDR 1989, 981 = NJW 1989, 2697.

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VII. Beitragspflicht bei Eigentümerwechsel nats) zu zahlen. Der Eigentümerwechsel erfolgt am 15. September. Nach der Rechtsprechung schuldet der Veräußerer die Beitragsvorschüsse für die Monate Januar bis September (2 700 Euro) und der Erwerber die Vorschüsse für Oktober bis Dezember (900 Euro).

Besonderheiten ergeben sich, wenn eine Verfallklausel vereinbart oder beschlossen ist. Danach wird der gesamte Vorschuss für das Wirtschaftsjahr bereits zu Beginn des Jahres fällig, die Gesamtleistung aber gestundet, solange der Wohnungseigentümer monatliche Teilzahlungen bewirkt.1 In diesem Fall schuldet der Veräußerer den gesamten Vorschuss für das laufende Wirtschaftsjahr, wenn der Erwerber nach dem Eigentümerwechsel in Zahlungsverzug gerät.

771a

Der Erwerber haftet auch dann nicht für rückständige Vorschüsse aus dem Wirtschaftsplan, wenn nach dem Eigentümerwechsel die Jahresabrechnung beschlossen wird. Durch Beschluss der Einzelabrechnung können die Wohnungseigentümer keine Haftung des Erwerbers für rückständige Beitragsschulden des Veräußerers begründen. Hierzu fehlt ihnen die Beschlusskompetenz. Soweit rückständige Beitragsschulden des Veräußerers zu Lasten des Erwerbers in die Jahresabrechnung eingestellt werden, ist der Abrechungsbeschluss teilnichtig.2

772

3. Haftung aus der Jahresabrechnung Die nach einem Eigentümerwechsel beschlossene Jahresabrechnung kann den Veräußerer nicht mehr binden. Ergibt die Jahresabrechnung eine sog. Abrechnungsspitze, übersteigt also der Saldo der tatsächlich angefallenen Einnahmen und Ausgaben die aufgrund des Wirtschaftsplans zu zahlenden Vorschüsse, hat allein der Erwerber für den Nachzahlungsbetrag einzustehen.Dies gilt auch dann, wenn die Abrechnungsspitze auf Ausgaben der Gemeinschaft beruht, die vor Eigentumsumschreibung angefallen sind.3

773

Ergibt die Einzeljahresabrechnung hingegen ein Guthaben, weil die Wohngeldvorschüsse zu hoch bemessen waren, steht das Guthaben dem jetzigen (neuen) Eigentümer zu. Dass der Veräußerer im Nachhinein zu hohe Wohngeldvorschüsse geleistet hat, begründet für ihn keinen Auszahlungsanspruch gegen die Gemeinschaft, da er nicht mehr Wohnungseigentümer ist. Ein Ausgleich kann nur im Innenverhältnis zwischen Erwerber und Veräußerer nach Maßgabe des Erwerbsvertrages stattfinden. Gleiches gilt im umgekehrten Fall, wenn der Erwerber gegenüber der Eigentümergemeinschaft die gesamte Abrechnungsspitze zu zahlen hat. Auch hier kann der Erwerber eventuell Rückgriff beim Veräußerer nehmen, wenn

774

1 BGH, Beschl. v. 2.10.2003 – V ZB 34/03, BGHZ 156, 279 = ZWE 2004, 77 (84). 2 BGH, Urt. v. 9.3.2012 – V ZR 147/11, ZWE 260 (261) m. Anm. Becker; Urt. v.22.7. 2011 – V ZR 245/09, MietRB 2012, 16 = ZWE 2011, 403 (404); a.A. noch 2. Aufl. 3 BGH, Urt. v. 2.12.2011 – V ZR 113/11, ZWE 2012, 90 (91); Beschl. v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = NJW 1999, 3713; a.A. AG Kerpen, Urt. v. 14.8.2012 – 26 C 74/11, ZWE 2013, 277 (278).

309

§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

die Abrechnungsspitze wirtschaftlich aus der Zeit vor dem Eigentümerwechsel stammt.

4. Haftung bei Sonderumlagen 775

Für beschlossene Sonderumlagebeiträge haftet derjenige (Erwerber oder Veräußerer), der im Zeitpunkt der Fälligkeit Wohnungseigentümer ist.1 Für eine Sonderumlage kann also nur entweder der Veräußerer oder der Erwerber haften, soweit nicht die Gemeinschaftsordnung eine Haftung des Erwerbers für Beitragsrückstände des Veräußerers anordnet. Beispiel: Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt eine Sonderumlage. Auf die verkaufte Wohnungseigentumseinheit entfällt ein Anteil von 1 000 Euro. Der Beschluss über die Sonderumlage regelt nichts zur Fälligkeit, so dass der Betrag sofort zur Zahlung fällig ist. Da am Tag der Beschlussfassung der Käufer noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, haftet der Veräußerer gegenüber der Gemeinschaft. Sollte nach dem Kaufvertrag der Lasten-/Kostenwechsel bereits stattgefunden haben, hat der Veräußerer einen Freistellungsanspruch gegen den Käufer der Wohnung. – Wird eine Sonderumlage beschlossen, die ratenweise in den Monaten Januar bis April jeweils zum Ersten des Monats zu zahlen ist und findet am 15. Februar ein Eigentümerwechsel statt, haftet der Veräußerer für die Raten der Monate Januar und Februar, der Erwerber hat die Raten für März und April zu zahlen.

5. Erwerberhaftung kraft Vereinbarung 776

Die Wohnungseigentümer können die Beitragspflicht bei einem Eigentümerwechsel abweichend vom Gesetz regeln. Erforderlich ist eine als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch einzutragende Vereinbarung (§ 10 Abs. 3 WEG); ein Beschluss wäre nichtig. Nach Ansicht des BGH kann die Gemeinschaftsordnung eine Bestimmung enthalten, wonach der Sondernachfolger neben dem Veräußerer gesamtschuldnerisch für etwaige Beitragsrückstände seines Rechtsvorgängers haftet.2 Allerdings könne eine solche Regelung nicht den Ersteher in der Zwangsversteigerung treffen, da eine Haftung des Erstehers für Schulden des Voreigentümers gegen § 56 Satz 2 ZVG verstoße.3 Umgekehrt können die Wohnungseigentümer die Haftung des Erwerbers ohne weiteres einschränken. Unzulässig ist lediglich eine Regelung, wonach der Veräußerer für solche Beitragspflichten haften soll, die nach seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaft beschlossen werden.

1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.11.2004 – 14 Wx 82/03, MietRB 2005, 127 = ZMR 2005, 310; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.11.2000 – 9 U 88/00, NZM 2001, 198. 2 BGH, Beschl. v. 24.2.1994 – V ZB 43/93, MDR 1994, 580 = NJW 1994, 2950. 3 BGH, Beschl. v. 22.1.1987 – V ZB 3/86, MDR 1987, 485 = NJW 1987, 1638.

310

VIII. Rechnungslegung

Arbeitsbeispiel 11: Beitragspflicht bei Eigentümerwechsel Sachverhalt: Wohnungseigentümer A verkauft sein Wohnungseigentum an Erwerber E. Der Eigentümerwechsel wird am 15.9.2012 im Grundbuch eingetragen. Nach dem am 2.1.2012 beschlossenen Einzelwirtschaftsplan ist jeweils am dritten Werktag eines Monats ein Wohngeldbeitrag i.H.v. 300 Euro zu zahlen. A zahlte Wohngelder nur für die Monate Januar bis Juni 2012, E begann erst im Dezember 2012 mit seinen Wohnzahlungen. Im April 2013 beschließt die Gemeinschaft über die Gesamt- und Einzelabrechnungen. Die Einzelabrechnung für das Wohnungseigentum des E weist einen Einnahmen-/Ausgabenanteil von 4 000 Euro aus. Der Verwalter fragt sich, welche Beiträge er noch von A und E einfordern kann.

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Lösung: A und E haben zusammen Beitragsvorschüsse i.H.v. 2 100 Euro geleistet. Die Differenz zwischen den Beitragsvorschüssen (2 100 Euro) und dem Einnahmen-/Ausgabenanteil (4 000 Euro) beträgt somit 1 900 Euro. Diesen Betrag kann der Verwalter noch einfordern. Da A im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung nicht mehr Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft war, kann ihn der Beschluss über die Jahresabrechnung nicht binden. Er schuldet aber aufgrund des Wirtschaftsplans noch jene Beitragsvorschüsse, die vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch fällig geworden sind und nicht gezahlt wurden. Dies sind die Beitragsvorschüsse für die Monate Juli, August, September 2012 (3 × 300 Euro = 900 Euro). Der Verwalter kann von A noch die Zahlung von 900 Euro verlangen. E schuldet aufgrund des Wirtschaftsplans die Beitragsvorschüsse für die Monate Oktober und November 2012 (2 × 300 = 600 Euro), da diese fällig wurden, als er schon Eigentümer war. Darüber hinaus hat E auch die sog. Abrechnungsspitze aufgrund der Jahresabrechnung zu erbringen. Dies sind jene 400 Euro, um die der Einnahmen-/Ausgabenanteil aufgrund der Einzeljahresabrechnung (4 000 Euro) die Soll-Vorauszahlungen aufgrund des Wirtschaftsplans (3 600 Euro) übersteigt. Der Verwalter kann von E somit noch 1 000 Euro einfordern.

VIII. Rechnungslegung 1. Anspruch auf Rechnungslegung Die Wohnungseigentümer können vom Verwalter jederzeit Rechnungslegung verlangen. Erforderlich ist lediglich ein Mehrheitsbeschluss (§ 28 Abs. 4 WEG). Der Anspruch gegen den Verwalter steht allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. Ein einzelner Wohnungseigentümer kann nur dann vom Verwalter Rechnungslegung verlangen, wenn die übrigen Eigentümer einen Mehrheitsbeschluss entgegen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung verweigern (§ 21 Abs. 4 WEG).1 Der An1 Becker in Bärmann, § 28 WEG, Rz. 187 m.w.N.

311

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§ 8 Nutzungen, Lasten und Kosten

spruch der Gemeinschaft und der Anspruch des einzelnen Eigentümers aus § 21 Abs. 4 WEG gegen den Verwalter auf Rechnungslegung sind im Verfahren nach § 43 Nr. 3 WEG zu verfolgen. 779

Die Rechnungslegung dient vornehmlich der Kontrolle der Geschäftsführung des Verwalters. In der Praxis wird von ihr Gebrauch gemacht, wenn der Verwalter im laufenden Wirtschaftsjahr aus seinem Amt scheidet oder wenn sich Anhaltspunkte für eine unregelmäßige Wirtschaftsführung ergeben, etwa wenn der Verwalter vom Wirtschaftsplan abweicht oder mit den gemeinschaftlichen Geldern in unzulässiger Weise verfährt. Begrenzt ist das Rechnungslegungsverlangen aber durch den Grundsatz von Treu und Glauben und das Schikaneverbot (§ 226 BGB). Der Verwalter kann daher ohne hinreichenden Grund nicht mehrfach hintereinander zur Rechnungslegung aufgefordert werden.

2. Inhalt und Form der Rechnungslegung 780

Rechnungslegung ist die außerordentliche Rechenschaftsablegung des Verwalters über die von ihm verwalteten gemeinschaftlichen Gelder. Sie soll den Wohnungseigentümern auch außerhalb der turnusmäßigen Abrechnung Aufschluss über ihre Vermögenslage geben. Sie wird erfüllt durch die Vorlage einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung für den Rechnungslegungszeitraum, die Angabe der Kontenstände zu Beginn und zum Ende des Rechnungslegungszeitraums und die Vorlage der erforderlichen Quittungs- und Buchungsbelege.1 Den Rechnungslegungszeitraum bestimmen die Eigentümer durch Beschluss. Der Zeitraum kann allerdings maximal das laufende Wirtschaftsjahr umfassen, da für frühere Zeiträume nur noch eine Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung besteht. Ebenso wie die Jahresabrechnung muss auch die Rechnungslegung für den einzelnen Wohnungseigentümer ohne Zuziehung eines Sachverständigen nachvollziehbar sein. Im Rahmen der Rechnungslegung hat der Verwalter den Eigentümern auch Einblicke in die Buchungsbelege zu gewähren und Auskünfte zu erteilen.

781

Nach Erstellung des Rechenwerkes ist dieses den Eigentümern zur Genehmigung vorzulegen. Die Genehmigung erfolgt durch Beschluss, wobei Stimmenmehrheit ausreicht, wenn die Rechnungslegung rechnerisch richtig ist und keine Verwaltungsfehler zu Tage gebracht hat. Ein gesondertes Honorar steht dem Verwalter trotz des erheblichen Aufwandes einer Rechnungslegung nicht zu. Im Verwaltervertrag kann allerdings etwas anderes vereinbart werden.2

1 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 28 WEG, Rz. 197. 2 A.A. OLG Köln, Beschl. v. 30.10.1985 – 16 Wx 88/85, OLGZ 1986, 163.

312

§ 9 Verwaltungsbeirat I. Mitglieder des Verwaltungsbeirats Die Wohnungseigentümer können durch Stimmenmehrheit die Bestellung eines Verwaltungsbeirats beschließen. Der Verwaltungsbeirat besteht aus drei Wohnungseigentümern, einem Wohnungseigentümer als Vorsitzenden und zwei weiteren Wohnungseigentümern als Beisitzern (§ 29 Abs. 1 WEG). Durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer auch eine andere Zusammensetzung des Beirats zulassen, etwa die Bestellung von Nichtwohnungseigentümern oder die Bestellung von mehr oder weniger als drei Personen. Die Wohnungseigentümer können sogar vereinbaren, dass die Bildung eines Verwaltungsbeirats völlig ausgeschlossen ist. Durch Vereinbarung kann die Bestellung der Mitglieder an ein höheres Stimmenquorum, etwa an eine 2/3-Mehrheit geknüpft werden.

782

Die Wohnungseigentümer können auch ohne eine von § 29 Abs. 1 Satz 2 WEG abweichende Vereinbarung weniger oder mehr als drei Wohnungseigentümer oder Nichtwohnungseigentümer zu Beiratsmitgliedern bestellen. Ein Mehrheitsbeschluss verstieße gegen § 29 Abs. 1 Satz 2 WEG und wäre anfechtbar. Er würde aber bei unterbliebener Anfechtung in Bestandskraft erwachsen.1

783

Beispiel: Die Wohnungseigentümer beschließen mit Stimmenmehrheit über die Bestellung eines Mieters (Nichtwohnungseigentümer) zum Mitglied des Verwaltungsbeirats. Der Mehrheitsbeschluss ist anfechtbar. Bleibt die fristgerechte Anfechtung aber aus, erwächst der Beschluss in Bestandskraft. Der Mieter ist wirksam zum Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt.

Ausgeschlossen ist es allerdings, den WEG-Verwalter zum Mitglied des Verwaltungsbeirat zu bestellen. Denn der Verwaltungsbeirat hat u.a. die Aufgabe, den Verwalter zu unterstützen und dessen Tätigkeit zu kontrollieren (§ 29 Abs. 3 WEG). Eine Mitgliedschaft des Verwalters im Verwaltungsbeirat verstieße daher gegen den allgemeinen Rechtssatz, dass der zu Kontrollierende sich nicht selbst kontrollieren darf. Beschlüsse und Vereinbarungen, die gegen diesen Grundsatz verstoßen, sind nichtig.

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II. Begründung und Beendigung der Mitgliedschaft Die Bestellung zum Mitglied des Verwaltungsbeirats erfolgt durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer. Über jeden Kandidaten wird 1 BGH, Urt. v. 5.2.2010 – V ZR 126/09, MDR 2010, 619 = MietRB 2010, 138 = ZWE 2010, 215 (216); LG Dortmund, Urt. v. 19.11.2013 – 1 S 296/12, ZWE 2014, 127; Wenzel, ZWE 2001, 226 (236); a.A. Armbrüster, ZWE 2001, 355 (356 f.); Lüke, PiG 63, 75 (96): Nichtigkeit.

313

785

§ 9 Verwaltungsbeirat

grundsätzlich einzeln abgestimmt. Eine Blockwahl, d.h. die Abstimmung über drei Kandidaten gleichzeitig, ist nur zulässig, wenn kein Wohnungseigentümer eine Einzelabstimmung verlangt.1 Da die Übernahme des Beiratsamtes mit Pflichten verbunden ist, bedarf die Bestellung auch der Zustimmung der gewählten Personen. 786

Anders als bei der Bestellung des Verwalters hat der einzelne Wohnungseigentümer nach h.M. keinen Anspruch auf Einsetzung eines Verwaltungsbeirats, so dass die Bestellung eines Verwaltungsbeirats nicht gem. § 21 Abs. 4 WEG als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung erzwungen werden kann.2

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Ein Mehrheitsbeschluss über die Bestellung der Beiratsmitglieder muss gem. § 21 Abs. 3 WEG ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn ein wichtiger Grund gegen die Bestellung spricht, d.h. wenn unter Berücksichtigung aller Umstände eine Zusammenarbeit mit dem zu Bestellenden für die Gemeinschaft unzumutbar ist, weil das erforderliche Vertrauensverhältnis von vornherein nicht besteht und dessen Herstellung auch nicht zu erwarten ist.3 Es müssen allerdings schwerwiegende Umstände gegen die Person des Gewählten sprechen. In zerstrittenen Eigentümergemeinschaften muss sich der Beirat nicht aus Repräsentanten widerstreitender Eigentümergruppen zusammensetzen. Bei Zwistigkeiten in der Gemeinschaft reicht es für eine erfolgreiche Beschlussanfechtung regelmäßig nicht aus, wenn bei der überstimmten Minderheit das Vertrauen in die persönliche Eignung fehlt. Auch die Verfolgung eigener Interessen oder die einer Mehrheitsgruppe ist nicht ausreichend, um die Qualifikation als Beiratsmitglied auszuschließen. Da dem Beirat Entscheidungsbefugnisse fehlen und die Eigentümermehrheit Vorschläge des Beirats in Verwaltungsangelegenheiten annehmen oder ablehnen kann und beides zudem gerichtlich überprüfbar ist, können an Beiratsmitglieder nicht die gleichen persönlichen Anforderungen wie an den Verwalter gestellt werden.4 Bei der Beschlussfassung ist der zur Abstimmung gestellte Kandidat nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen. Stimmberechtigt ist auch der Verwalter, wenn er zugleich Wohnungseigentümer ist.5

788

Mit der Bestellung des Verwaltungsbeirats kommt zwischen den Beiratsmitgliedern und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer konkludent ein Auftragsverhältnis i.S.d. § 662 BGB zustande, welches sich auf die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Verwaltungsbeirats bezieht. Soll das 1 KG, Beschl. v. 29.3.2004 – 24 W 194/02, NZM 2005, 107; OLG Hamburg, Beschl. v. 28.1.2005 – 2 Wx 44/04, MietRB 2005, 266 = ZMR 2005, 395; a.A. Drasdo, ZMR 2005, 596. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.8.1990 – 3 Wx 257/90, MDR 1991, 60 = NJW-RR 1991, 595; Palandt/Bassenge, § 29 WEG, Rz. 1; Staudinger/Bub, § 29 WEG, Rz. 24. 3 BayObLG, Beschl. v. 30.3.1990 – 2Z BR 22/90, WE 1991, 226. 4 KG, Beschl. v. 28.1.2004 – 24 W 3/02, ZMR 2004, 458. 5 Staudinger/Bub, § 29 WEG, Rz. 31.

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II. Begründung und Beendigung der Mitgliedschaft

Beiratsmitglied für ein Entgelt tätig werden oder weitere als die gesetzlichen Aufgaben erfüllen, kann aus dieser Abrede auf den stillschweigenden Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages (§ 675 BGB) geschlossen werden.1 Der Verwaltungsbeirat ist eine ständige Institution, die keine Amtsperioden kennt. Auch die Bestellungszeit der einzelnen Mitglieder des Verwaltungsbeirats ist vom Gesetz nicht vorgegeben. In der Regel werden die Mitglieder des Verwaltungsbeirats auf unbestimmte Zeit bestellt. Das Beiratsamt endet dann, wenn das Beiratsmitglied aus seinem Amt durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer abberufen wird oder das Beiratsmitglied sein Amt von sich aus niederlegt. Im Übrigen endet das Beiratsamt durch Tod des Bestellten oder durch dessen Ausscheiden aus der Wohnungseigentümergemeinschaft infolge der Veräußerung seines Wohnungseigentums.2 Nach dem Ausscheiden eines Mitglieds aus dem Beiratsamt besteht der Beirat mit den restlichen Mitgliedern bis zur nächsten Eigentümerversammlung fort, sofern dem Bestellungsbeschluss nicht zu entnehmen ist, dass der Verwaltungsbeirat nur bestehen soll, wenn und solange alle bestellten Mitglieder dem Beirat angehören.3 Ist ein Ersatzmitglied bereits durch Eigentümerbeschluss bestellt, rückt dieses automatisch in das Amt des ausgeschiedenen Beiratsmitglieds ein.

789

Will die Eigentümergemeinschaft einzelne oder alle Mitglieder des Verwaltungsbeirats abberufen, ist dafür ein Mehrheitsbeschluss ausreichend, auch wenn die Bestellungszeit begrenzt ist.4 Stimmberechtigt ist dann auch das abzuberufende Beiratsmitglied. Die Abberufung kann jederzeit erfolgen, ohne dass hierfür ein wichtiger Grund vorliegen muss. Sie darf nur nicht willkürlich geschehen. Wirksam ist die Abberufung allerdings erst, wenn sie gegenüber dem Abzuberufenden erklärt wird und ihm diese Erklärung zugeht.

790

Eines wichtigen Grundes bedarf es für die Abberufung nur, wenn dies im Bestellungsbeschluss oder in der Gemeinschaftsordnung ausdrücklich geregelt ist. Das abzuberufende Beiratsmitglied ist bei der außerordentlichen Abberufung aus wichtigem Grund vom Stimmrecht ausgeschlossen. Ein wichtiger Grund zur Abberufung liegt vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände den Wohnungseigentümern eine Zusammenarbeit mit dem Mitglied des Verwaltungsbeirats unzumutbar ist, weil das erforderliche Vertrauensverhältnis nicht mehr besteht.5

1 Abramenko in Riecke/Schmid, § 29 WEG, Rz. 14. 2 Abramenko in Riecke/Schmid, § 29 WEG, Rz. 12. 3 Streitig, Abramenko in Riecke/Schmid, § 29 WEG, Rz. 12; Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten, § 29 Rz. 14 (Beirat besteht unbeschränkt fort); a.A. Drasdo, Verwaltungsbeirat, S. 57 (sofortige Auflösung des Beirats). 4 OLG Hamm, Beschl. v. 18.1.1999 – 15 W 77/98, NZM 1999, 227; a.A. Abramenko in Riecke/Schmid, § 29 WEG, Rz. 9. 5 BayObLG, Beschl. v. 30.3.1990 – 2Z BR 22/90, WE 1991, 226.

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§ 9 Verwaltungsbeirat

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Will ein Mitglied des Verwaltungsbeirats sein Amt von sich aus niederlegen (sog. Amtsniederlegung), ist es dabei weder an Fristen gebunden noch auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes angewiesen. Mit Zugang der Niederlegungserklärung bei den Wohnungseigentümern endet die Rechtsstellung als Beiratsmitglied unmittelbar. Die Niederlegungserklärung kann auch gegenüber dem Verwalter abgegeben werden, da dieser insoweit gem. § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG zur Vertretung der Wohnungseigentümer berechtigt ist.

III. Innere Ordnung des Verwaltungsbeirats 792

Der Verwaltungsbeirat hat, soweit nichts anderes vereinbart oder beschlossen ist, einen Vorsitzenden und zwei Beisitzer, wobei ein Beisitzer zum Vertreter des Vorsitzenden berufen sein kann (s. §§ 29 Abs. 1, 24 Abs. 3 WEG). Welches Beiratsmitglied den Vorsitz innehat, bestimmen entweder die Wohnungseigentümer bei der Bestellung oder später die Beiratsmitglieder selbst. Aufgabe des Vorsitzenden ist es, den Verwaltungsbeirat nach Bedarf einzuberufen (§ 29 Abs. 4 WEG). Weitere Bestimmungen über die innere Organisation des Verwaltungsbeirats enthält das Gesetz nicht. Die Wohnungseigentümer können daher entweder eine Beirats-Geschäftsordnung in ihre Gemeinschaftsordnung (durch Vereinbarung) aufnehmen oder die Aufstellung einer Geschäftsordnung den Beiratsmitgliedern selbst überlassen. Beispiele: Die Geschäftsordnung kann Bestimmungen enthalten über die Einberufung der Sitzungen des Verwaltungsbeirats, die Sitzungsleitung, Abstimmungen, Protokollierungserfordernisse, Aufgabenverteilungen unter den Beiratsmitgliedern.

IV. Aufgaben und Befugnisse 793

Gemäß § 29 Abs. 2 WEG hat der Verwaltungsbeirat den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen. Er soll dem Verwalter insbesondere beratend zur Seite stehen und zwischen ihm und den Wohnungseigentümern vermitteln. In der Praxis wird der Verwaltungsbeirat vorwiegend bei der Vorbereitung der Eigentümerversammlungen, insbesondere der Aufstellung der Tagesordnung zu Rate gezogen. Der Verwaltungsbeirat hat ferner das Recht, nicht aber die Pflicht, die Tätigkeit des Verwalters zu überwachen und jederzeit vom Verwalter Auskünfte zu verlangen.1 Eigenständige Entscheidungsbefugnisse sind dem Verwaltungsbeirat durch das Gesetz nicht übertragen. Dem Verwaltungsbeirat kommt insbesondere nicht die Befugnis zu, die Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter zu vertreten. Auch im Verhältnis zu Dritten hat der Ver1 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 29 WEG, Rz. 15.

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IV. Aufgaben und Befugnisse

waltungsbeirat keine Vertretungsmacht für und gegen die Wohnungseigentümer, solange er nicht ausdrücklich bevollmächtigt wurde. Gemäß § 29 Abs. 3 WEG hat der Verwaltungsbeirat die Aufgabe, Wirtschaftspläne, Jahresabrechnungen, Rechnungslegungen und Kostenanschläge zu prüfen und mit einer Stellungnahme zu versehen, bevor diese den Wohnungseigentümern zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Unterbleibt die Prüfung durch den Beirat, etwa weil der Beirat untätig ist oder der Verwalter ihn daran hindert, hat dies allein aber nicht die Rechtswidrigkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse zur Folge. Der Verwaltungsbeirat kann vom Verwalter Auskunft und Einsichtnahme in alle Verwaltungsunterlagen und Belege verlangen.

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Die Prüfung der Rechenwerke umfasst die rechnerische Schlüssigkeit, die sachliche Richtigkeit sowie die Kontrolle der Kostenzuordnung und -verteilung. Einnahmen- und Ausgabenrechnungen sind mit den Kontoständen zum Beginn und zum Ende der Rechnungsperiode abzugleichen. Die sachliche Richtigkeit einzelner Abrechnungspositionen ist zumindest stichprobenartig durch Kontrolle der Belege zu überprüfen. Der Verzicht auf die Kontrolle der Kontenbelege wäre eine grob fahrlässige Pflichtverletzung, die zu Schadensersatzansprüchen der Wohnungseigentümer gegenüber den Verwaltungsbeiratsmitgliedern führen kann.1

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Neben § 29 WEG weist das Gesetz dem Verwaltungsbeirat folgende Aufgaben und Befugnisse zu:

796

– Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder dessen Vertreter darf die Wohnungseigentümerversammlung einberufen, wenn ein Verwalter fehlt oder dieser die Einberufung pflichtwidrig verweigert (§ 24 Abs. 3 WEG; s. Rz. 452). – Nach Beendigung einer Eigentümerversammlung hat der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder sein Vertreter – neben dem Versammlungsleiter und einem weiteren Wohnungseigentümer – das Versammlungsprotokoll zu unterschreiben (§ 24 Abs. 6 WEG; s. Rz. 539). – Die Verfügung des Verwalters über Gelder der Wohnungseigentümer kann von der Zustimmung eines Wohnungseigentümers oder eines Dritten abhängig gemacht werden (§ 27 Abs. 5 Satz 2 WEG). Diese Verfügungen können daher auch an die Zustimmung eines oder aller Mitglieder des Verwaltungsbeirats gebunden werden (s. Rz. 651). In der Praxis werden dem Verwaltungsbeirat häufig weitere Aufgaben und Befugnisse zugewiesen. Dies kann allerdings nur durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geschehen, wenn die Kompentenzerweiterung dauerhaft gültig sein soll. Aufgaben und Befugnisse, die dem Verwalter in § 27 Abs. 1 bis 3 WEG unentziehbar zugewiesen sind (§ 27 Abs. 4 WEG), müssen beim Verwalter verbleiben. Auch kann dem Verwaltungsbeirat nicht

1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.9.1997 – 3 Wx 221/97, MDR 1998, 35 m. Anm. Rechenberg/Riecke = NZM 1998, 36.

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797

§ 9 Verwaltungsbeirat

die Befugnis übertragen werden, den Verwalter zu bestellen oder von seinem Amt abzuberufen (§ 26 Abs. 1 Satz 5 WEG). Beispiel: In größeren Gemeinschaften bestimmt häufig die Gemeinschaftsordnung, dass der Verwaltungsbeirat in einem bestimmten Finanzrahmen anstelle der Gemeinschaft über die Durchführung von Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums entscheiden darf. Die Entscheidung des Verwaltungsbeirats ersetzt dann den an sich erforderlichen Eigentümerbeschluss.

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Auch ohne eine Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung können die Wohnungseigentümer im Einzelfall anlässlich einer konkreten Verwaltungsmaßnahme dem Beirat durch Mehrheitsbeschluss Entscheidungsbefugnisse übertragen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Entscheidungskompetenz des Beirats klar umgrenzt ist und die zu entscheidenden Fragen nur von untergeordneter Bedeutung sind.1 Beispiel: Die Wohnungseigentümergemeinschaft will das Treppenhaus sanieren. Die Wohnungseigentümer müssen in der Versammlung selbst über den Umfang der Sanierung und den Kostenrahmen entscheiden. Die Auswahl der Handwerker und die Farb- und Materialauswahl kann durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümer dem Verwaltungsbeirat übertragen werden.

V. Haftung 1. Haftung der Beiratsmitglieder gegenüber den Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft 799

Die Mitglieder des Verwaltungsbeirats haften der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den Wohnungseigentümern auf Schadensersatz, wenn sie ihre gesetzlichen oder durch Vereinbarung begründeten Pflichten schuldhaft verletzen (§ 280 BGB). Begehen die Mitglieder des Verwaltungsbeirats eine unerlaubte Handlung, kommt auch eine Haftung gem. §§ 823 ff. BGB in Betracht.

800

Der Verschuldensmaßstab richtet sich nach § 276 BGB. Die Beiratsmitglieder haben Vorsatz und jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Auch ein unentgeltlich tätig werdendes Beiratsmitglied hat die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften, ehrenamtlich tätigen Prüfers und Beraters in Ansatz zu bringen. Auf persönliche oder fachliche Defizite kann sich das Beiratsmitglied grundsätzlich nicht berufen. Sind die Mitglieder des Verwaltungsbeirats Buchprüfer, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt, kann von ihnen die in einem solchen Berufsstand übliche Sorgfalt erwartet werden.2 Übt das Verwaltungsbeiratsmitglied seine Tätigkeit entgeltlich aus, richtet sich der anzulegende Sorgfaltsmaßstab nach dem In1 KG, Beschl. v. 10.9.2003 – 24 W 141/02, ZMR 2004, 622. 2 Gottschalg, Haftung, S. 130.

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V. Haftung

halt des Geschäftsbesorgungsverhältnisses und den von den Wohnungseigentümern erteilten Weisungen.1 Eine Beschränkung der Haftung des Beirats, z.B. auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, bedarf der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer. Eine Haftungsbeschränkung für die gegenwärtigen und alle künftigen Beiratsmitglieder stellt eine vom Gesetz abweichende Regelung dar, die einer Vereinbarung i.S.d. § 10 Abs. 3 WEG bedarf. Ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer, der nur die Haftung der gegenwärtig bestellten Beiratsmitglieder beschränkt, widerspricht in der Regel ordnungsmäßiger Verwaltung, da es für die Haftungsbegrenzung keinen sachlichen Grund gibt. Der Beschluss ist anfechtbar. Etwaige Haftungsrisiken können durch eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung des Beirats abgesichert werden. Der Abschluss einer Beiratsversicherung, deren Versicherungsbeiträge die Eigentümergemeinschaft zahlt, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.2

801

Die Mitglieder des Verwaltungsbeirats können – ebenso wie der Verwalter (s. Rz. 671) – durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer entlastet werden. Der Beschluss entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn der Verwaltungsbeirat keine Pflichtverletzung begangen hat. Solange ein Ersatzanspruch möglich erscheint, muss die Entlastung versagt werden.3

802

2. Haftung der Gemeinschaft für die Beiratsmitglieder Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat gem. § 278 BGB für schuldhafte Pflichtverletzungen der Beiratsmitglieder einzustehen, die diese als Erfüllungsgehilfen der Gemeinschaft innerhalb von Vertragsverhältnissen mit Dritten begehen. Als Erfüllungsgehilfen werden die Beiratsmitglieder tätig, wenn sie mit dem Willen der Wohnungseigentümer bei der Erfüllung der der Gemeinschaft obliegenden Verbindlichkeiten behilflich sind, etwa bei der Abwicklung von Vertragsverhältnissen mit Handwerkern oder Versorgungsunternehmen. Da auch der Verwalter als „Dritter“ in diesem Sinne anzusehen ist, haftet die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auch für schuldhafte Pflichtverletzungen der Beiratsmitglieder gegenüber dem Verwalter aus dem Verwaltervertrag.

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Im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander sind die Beiratsmitglieder keine Erfüllungsgehilfen, so dass ein durch den Verwaltungsbeirat geschädigter Wohnungseigentümer nicht von den anderen Eigentümern Schadensersatz wegen des Verhaltens der Beiratsmitglieder verlangen kann.4 Auch eine Haftung der Gemeinschaft für Pflichtverletzungen des Beirats kommt nicht in Betracht, da der Beirat nicht Organ i.S.d.

803a

1 2 3 4

Vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.9.1997 – 3 Wx 221/97, MDR 1998, 35. KG, Beschl. v. 19.7.2004 – 24 W 203/02, MietRB 2004, 359 = NZM 2004, 743. BayObLG, Beschl. v. 7.3.2005 – 2Z BR 182/04, ZMR 2006, 137. Vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.9.1997 – 3 Wx 221/97, MDR 1998, 35.

319

§ 9 Verwaltungsbeirat

§ 31 BGB ist.1 Begehen die Beiratsmitglieder im Zusammenhang mit ihrem Amt unerlaubte Handlungen und erleiden dadurch ein Wohnungseigentümer oder ein Dritter Schaden an Gesundheit, Eigentum oder anderen absoluten Rechten, kann die Gemeinschaft hierfür gem. § 831 BGB einzustehen haben.2

VI. Aufwendungsersatzanspruch der Beiratsmitglieder 804

Werden die Mitglieder des Verwaltungsbeirats unentgeltlich tätig, können sie ihre Aufwendungen, die sie nach den Umständen für erforderlich halten durften, aus den gemeinschaftlichen Geldern der Wohnungseigentümergemeinschaft ersetzt verlangen (§ 670 BGB). Dies betrifft insbesondere Kosten für Telefon, Porto, Kopien, Fahrten etc. Für den Aufwendungsersatz haftet die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit dem Verwaltungsvermögen. Im Bestellungsbeschluss oder in der Gemeinschaftsordnung kann eine andere Regelung zum Aufwendungsersatz getroffen werden, etwa dass ein Ersatz ausgeschlossen ist oder eine Pauschale gezahlt wird. Werden die Beiratsmitglieder entgeltlich aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages tätig (§§ 675, 611 BGB), haben sie grundsätzlich neben ihrem Vergütungsanspruch einen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach den oben beschriebenen Grundsätzen.

1 Merle in Bärmann, § 29 WEG, Rz. 108; Lehmann-Richter, ZWE 2011, 439 (440). 2 Abramenko in Riecke/Schmid, § 29 WEG, Rz. 28; Merle in Bärmann, § 29 WEG, Rz. 108.

320

§ 10 Aufhebung der Gemeinschaft und Entziehung des Wohnungseigentums I. Aufhebung der Gemeinschaft Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist auf Dauer angelegt. Sie kann grundsätzlich nicht gegen den Willen eines Wohnungseigentümers aufgelöst werden (§ 11 WEG). Siehe dazu Übersicht 22, Rz. 812.

805

1. Unauflöslichkeit der Gemeinschaft Durch ihre „Unauflöslichkeit“ unterscheidet sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von einer schlichten Bruchteilsgemeinschaft. Während ein Bruchteilsgemeinschafter nach § 749 Abs. 1 BGB jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen kann, macht § 11 Abs. 1 Satz 1 WEG hiervon eine Ausnahme: Kein Wohnungseigentümer kann die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Zweck dieser gesetzlichen Regelung ist es, dem einzelnen Wohnungseigentümer nach der Begründung von Wohnungseigentum eine gesicherte Rechtsstellung zu verschaffen.1 Seine Rechte als Wohnungseigentümer sollen ihm grundsätzlich nicht gegen seinen Willen durch Aufhebung der Gemeinschaft entzogen werden.

806

Abweichend von § 749 Abs. 2 BGB kann die Aufhebung der Gemeinschaft auch aus wichtigem Grund nicht verlangt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 2 WEG). Der einzelne Wohnungseigentümer kann sein Wohnungseigentum veräußern und sich so für die Zukunft der Bindung an die Gemeinschaft entziehen. Sofern die Fortsetzung der Gemeinschaft mit einem Wohnungseigentümer den anderen Wohnungseigentümern wegen einer schweren Pflichtverletzung nicht mehr zugemutet werden kann, können diese von dem Störer lediglich die Veräußerung seines Wohnungseigentums nach Maßgabe der §§ 18, 19 WEG verlangen (s. Rz. 813 ff.). Auch im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Wohnungseigentümers oder im Fall der Einzelzwangsvollstreckung ist das Aufhebungsrecht des Insolvenzverwalters bzw. des Pfändungsgläubigers ausgeschlossen (§ 11 Abs. 2 WEG). Über das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft findet ein Insolvenzverfahren nicht statt (§ 11 Abs. 3 WEG).

807

2. Abweichende Vereinbarungen Der gesetzliche Ausschluss des Aufhebungsanspruchs ist grundsätzlich zwingend. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 WEG ist eine abweichende Vereinbarung der Wohnungseigentümer nur für den Fall zulässig, dass das Gebäude ganz oder teilweise zerstört wird und eine Verpflichtung zum Wie1 Vgl. BR-Drucks. 75/51 zu § 11.

321

808

§ 10 Aufhebung der Gemeinschaft und Entziehung des Wohnungseigentums

deraufbau nicht besteht. Eine Verpflichtung zum Wiederaufbau besteht nach § 22 Abs. 4 WEG nicht, wenn das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt ist (s. Rz. 441 f.). Darüber hinaus kann die Wiederaufbaupflicht durch Vereinbarung ausgeschlossen sein. Für diese Fälle können die Wohnungseigentümer vereinbaren, dass jeder Wohnungseigentümer die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen kann. Der Anspruch auf Zustimmung zur Aufhebung der Gemeinschaft ist im gerichtlichen Verfahren nach § 43 Nr. 1 WEG durchzusetzen.

3. Aufhebungsvertrag und Vollzug der Aufhebung 809

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist nach § 11 Abs. 1 Satz 1 WEG nur in der Weise „unauflöslich“, dass kein Wohnungseigentümer die Aufhebung gegen den Willen anderer Wohnungseigentümer verlangen kann. Es bleibt den Wohnungseigentümern unbenommen, die Aufhebung der Gemeinschaft mit Zustimmung aller durch Vertrag zu regeln.1 Der Vertrag bedarf gem. § 4 Abs. 3 WEG, § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB der notariellen Beurkundung, sofern er einzelne Wohnungseigentümer verpflichtet, ihr Sondereigentum an einer Wohnung zu übertragen oder aufzuheben.

810

Zur Aufhebung des Sondereigentums ist gem. § 4 Abs. 1, 2 WEG eine Einigung der Beteiligten in Form der Auflassung (§ 925 BGB) und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich. Infolge der Aufhebung des Sondereigentums entsteht eine Bruchteilsgemeinschaft an dem gemeinschaftlichen Grundstück. Die Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft erfolgt durch Realteilung, Veräußerung oder Versteigerung (§§ 752–758 BGB, 180 ff. ZVG). Der Anteil der Miteigentümer an einem Veräußerungsoder Versteigerungserlös bestimmt sich nach dem Verhältnis des Wertes ihrer Wohnungseigentumsrechte zur Zeit der Aufhebung (§ 17 Satz 1 WEG). Hat sich der Wert durch Maßnahmen verändert, derentwegen ein Wohnungseigentümer keine Kosten getragen hat, ist dies bei der Anteilsberechnung nicht zu berücksichtigen. Abzustellen ist mithin auf den wirklichen Wert des Wohnungseigentums, der im Streitfall durch einen Sachverständigen zu ermitteln ist. Die Art der Wertermittlungsmethode steht im Ermessen des Gerichts.2 Im Gegensatz zu Ansprüchen auf Aufhebung der Wohnungseigentümergemeinschaft sind Ansprüche aus der vollzogenen Aufhebung nicht im Verfahren nach § 43 Nr. 1 WEG geltend zu machen, da die Parteien nicht mehr Wohnungseigentümer sind.3

811

Eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer setzt stets eine Mehrheit von Personen voraus (s. Rz. 128). Die Gemeinschaft ist also faktisch „aufgehoben“, wenn sämtliche Wohnungseigentümer ihre Wohnungseigen-

1 Vgl. BayObLG, Beschl. v. 10.12.1979 – 2Z BR 23/78, BayObLGZ 1979, 414 (421). 2 BGH, Urt. v. 2.7.2004 – V ZR 213/03, MDR 2005, 27 = NZM 2004, 709. 3 BayObLG, Beschl. v. 10.12.1979 – 2Z BR 23/78, BayObLGZ 1979, 414 (418).

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II. Entziehung von Wohnungseigentum

tumsrechte an eine Person veräußern. Wohnungseigentum bleibt in diesem Fall aber bestehen (§ 10 Abs. 7 Satz 4 WEG). Übersicht 22: Aufhebung der Gemeinschaft 812 Aufhebungsanspruch Grundsatz: kein Aufhebungsanspruch einzelner Wohnungseigentümer („Unauflöslichkeit der Gemeinschaft“; § 11 Abs. 1 Satz 1 WEG) Ausnahme: Vereinbarung eines Aufhebungsanspruchs zulässig für den Fall, dass das Gebäude ganz oder teilweise zerstört wird und keine Wiederaufbaupflicht besteht (§ 11 Abs. 1 Satz 3 WEG)

Aufhebungsvertrag Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich Notarielle Beurkundung erforderlich, sofern Pflicht zur Übertragung oder Aufhebung von Sondereigentum (§ 4 Abs. 3 WEG, § 311 b Abs. 1 BGB)

Vollzug der Aufhebung 1. Umwandlung in eine Bruchteilsgemeinschaft durch Aufhebung von Sondereigentum; erforderlich sind Auflassung und Eintragung im Grundbuch (§ 4 Abs. 1, 2 WEG, § 925 BGB) 2. Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft durch Realteilung, Veräußerung oder Versteigerung (§§ 752 ff. BGB)

II. Entziehung von Wohnungseigentum Verletzt ein Wohnungseigentümer seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsverhältnis, so kann im Einzelfall aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung den anderen Wohnungseigentümern die Fortsetzung der Gemeinschaft mit dem störenden Wohnungseigentümer unzumutbar sein. Als Ausgleich für die Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (s. Rz. 806 f.) ermöglicht § 18 Abs. 1 WEG in diesen Fällen eine Entziehung des Wohnungseigentums. Die anderen Wohnungseigentümer können von dem Störer die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen (sog. Entziehungsanspruch). Die erzwungene Veräußerung des Wohnungseigentums hat zur Folge, dass der Störer aus der Gemeinschaft ausscheidet. 323

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§ 10 Aufhebung der Gemeinschaft und Entziehung des Wohnungseigentums

Die Entziehung von Wohnungseigentum kommt regelmäßig nur in Betracht, wenn sonstige Maßnahmen zur Herstellung des Gemeinschaftsfriedens erfolglos bleiben.1 Siehe dazu auch Übersicht 23, Rz. 821.

1. Entziehungsanspruch a) Voraussetzungen 814

Die Voraussetzungen eines Entziehungsanspruchs sind in § 18 Abs. 1 WEG generalklauselartig bezeichnet. Der betroffene Wohnungseigentümer muss sich einer schweren Pflichtverletzung gegenüber anderen Wohnungseigentümern schuldig gemacht haben. Die Verletzung muss sich nicht gegen alle Wohnungseigentümer richten. Ausreichend ist eine Pflichtverletzung gegenüber einem einzelnen Wohnungseigentümer oder gegenüber dessen Angehörigen oder Mietern.2 Beispiele: Dauernde grobe Beleidigungen und Tätlichkeiten;3 Nutzung von Wohnungseigentum als Bordell; wiederholte Beschmutzungen und Sachbeschädigungen; Ungeziefergefahr durch Vernachlässigung der Wohnung; fortlaufende unpünktliche Zahlung von Wohngeld,4 nicht dagegen: querulatorische Beschlussanfechtungen.5

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Erforderlich ist grundsätzlich ein Verschulden des pflichtwidrig handelnden Wohnungseigentümers. Gemäß § 278 BGB hat der Wohnungseigentümer auch für ein fremdes Verschulden seines Mieters einzustehen.6 Sofern ein Wohnungseigentümer die Pflichtverletzung im Zustand der Schuldunfähigkeit begeht, können nur besondere Umstände – insbesondere eine Wiederholungsgefahr – eine Entziehung von Wohnungseigentum rechtfertigen.7 Beispiel: Die Belästigung durch ständig andauernde, stechend-beißende Fäkalgerüche aus der Wohnung eines psychisch Kranken rechtfertigen die Entziehung des Wohnungseigentums, wenn eine Besserung des Gesundheitszustands auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist. In der Vergangenheit begangene Pflichtverletzungen genügen dagegen allein nicht, wenn nach Genesung keine Wiederholungsgefahr besteht.8

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Schließlich muss die Fortsetzung der Gemeinschaft mit dem Störer den anderen Wohnungseigentümern gerade infolge der schweren Pflichtverlet1 Zur Verfassungsmäßigkeit im Hinblick auf Art. 14 GG vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.7.1993 – 1 BvR 1523/92, NJW 1994, 241 (242); Beschl. v. 27.2.1997 – 1 BvR 1526/96, FGPrax 1998, 90 (91). 2 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG, Rz. 8. 3 AG Dachau, Urt. v. 16.1.2001 – 3 C 265/00, ZMR 2006, 319. 4 BGH, Urt. v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = ZWE 2007, 193 ff. 5 OLG Köln, Beschl. v. 20.2.2004 – 16 Wx 7/04, NZM 2004, 260. 6 So Staudinger/Kreuzer, § 18 WEG, Rz. 11; a.A.; Palandt/Bassenge, § 18 WEG, Rz. 2; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG, Rz. 15. 7 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.7.1993 – 1 BvR 1523/92, NJW 1994, 241 (242). 8 LG Tübingen, Urt. v. 22.9.1994 – 1 S 39/94, NJW-RR 1995, 650.

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II. Entziehung von Wohnungseigentum

zung unzumutbar sein. Die Unzumutbarkeit ergibt sich im Einzelfall aus einer umfassenden Interessenabwägung. Gegeneinander abzuwägen sind das Interesse der anderen Wohnungseigentümer an der Entziehung des Wohnungseigentums und das Interesse des Störers, sein Wohnungseigentum zu behalten. Zu berücksichtigen ist, dass die Entziehung des Wohnungseigentums wegen der mittelbaren Drittwirkung des Grundrechts auf Eigentum (Art. 14 GG) lediglich als letztes Mittel in Betracht kommt, wenn andere Maßnahmen erfolglos bleiben. Erforderlich ist deshalb grundsätzlich stets eine vorherige Abmahnung, die nur dann entbehrlich ist, wenn sie ausnahmsweise unzumutbar erscheint oder keinen Erfolg verspricht.1 Da für den störenden Wohnungseigentümer die Eigentumsgarantie des Art 14 GG streitet, sollten die übrigen Wohnungseigentümer diesen stets vor dem Entziehungsbeschluss abmahnen. Anderenfalls besteht das Risiko, dass das Gericht im Prozess zu dem Ergebnis gelangt, eine Abmahnung hätte dem Störer möglicherweise doch den Ernst der Lage vor Augen führt und dieser daraufhin sein Verhalten geändert.

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b) Regelbeispiele (§ 18 Abs. 2 WEG) Die Voraussetzungen eines Entziehungsanspruchs sind insbesondere erfüllt, wenn ein Wohnungseigentümer trotz Abmahnung wiederholt gröblich gegen die ihm nach § 14 WEG obliegenden Pflichten verstößt (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG). Ein wiederholter Verstoß ist anzunehmen, wenn nach erfolgter Abmahnung mindestens zwei gravierende Pflichtverstöße vorliegen. Die empfangsbedürftige Abmahnung kann formlos durch die Wohnungseigentümer oder durch den hierzu ermächtigten Verwalter erfolgen.2 Sie muss das beanstandete Verhalten bezeichnen.3

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Gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG sind die Voraussetzungen eines Entziehungsanspruchs auch erfüllt, wenn ein Wohnungseigentümer sich mit der Erfüllung seiner Beitragspflicht nach § 16 Abs. 2 WEG länger als drei Monate in Verzug befindet und der rückständige Betrag 3 % des Einheitswertes seines Wohnungseigentums übersteigt. Ist die Fälligkeit der Beitragspflicht kalendermäßig bestimmt, kommt der Beitragsschuldner ohne Mahnung in Verzug (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die erforderliche Schuldhaftigkeit der Nichtleistung ist regelmäßig zu vermuten (§ 286 Abs. 4 BGB). Über den Wortlaut des § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG hinaus ist auch für eine Entziehung wegen Beitragsschulden grundsätzlich eine vorherige Abmahnung erforderlich.4

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1 BGH, Urt. v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = ZWE 2007, 193 ff. 2 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 18 WEG, Rz. 12; Staudinger/Kreuzer, § 18 WEG, Rz. 22. 3 BayObLG, Beschl. v. 2.5.1985 – 2Z BR 108/84, BayObLGZ 1985, 171 (177). 4 BGH, Urt. v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, MDR 2007, 799 = MietRB 2007, 143 = ZWE 2007, 193 ff.

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§ 10 Aufhebung der Gemeinschaft und Entziehung des Wohnungseigentums

2. Beschluss über das Entziehungsverlangen 818

Liegen die Voraussetzungen eines Entziehungsanspruchs vor, so entscheiden zunächst die Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss, ob sie von dem Störer die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen (§ 18 Abs. 3 Satz 1 WEG). Erforderlich ist eine Mehrheit von mehr als der Hälfte aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer (§ 18 Abs. 3 Satz 2 WEG). Der betroffene Wohnungseigentümer ist gem. § 25 Abs. 5 WEG nicht stimmberechtigt. Besteht die Gemeinschaft lediglich aus zwei Wohnungseigentümern, ist eine Beschlussfassung entbehrlich.1

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Wird der Beschluss über das Veräußerungsverlangen im Verfahren nach § 43 Nr. 4 WEG angefochten, so prüft das Gericht in diesem Verfahren lediglich, ob der Beschluss formell ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Ob das Veräußerungsverlangen in der Sache gerechtfertig ist, entscheidet das Prozessgericht im Entziehungsklageverfahren.2

3. Entziehungsklage 820

Sofern der Störer dem Beschluss über das Veräußerungsverlangen nicht freiwillig nachkommt, kann der Entziehungsanspruch durch Klage bei dem nach §§ 43 Nr. 1 WEG, 23 Nr. 2c GVG zuständigen AG geltend gemacht werden3. Die Ausübungsbefugnis steht der Gemeinschaft zu (§ 18 Abs. 1 Satz 2 WEG). Der Klageantrag ist darauf zu richten, den Beklagten zur Veräußerung seines Wohnungseigentums zu verurteilen. Wird der Beklagte rechtskräftig zur Veräußerung verurteilt kann die Zwangsvollstreckung nach §§ 1 – 161 ZVG betrieben werden, wobei die Ausübungsbefugnis wiederum der Gemeinschaft zusteht, wenn diese nicht lediglich durch zwei Wohnungseigentümer gebildet wird (§ 19 Abs. 1 Satz 2 WEG). In der Regel wird die Zwangsvollstreckung durch Zwangsversteigerung erfolgen. Waren Wohngeldrückstände nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG Anlass der Entziehung, kann diese auch nach Ergehen eines Urteils von dem betreffenden Wohnungseigentümer noch abgewendet werden, wenn er die Rückstände ausgleicht, sämtliche Kosten des Rechtsstreits und Versteigerungsverfahrens ersetzt und seinen weiteren Verpflichtungen zu Wohngeldzahlungen nachkommt (§ 19 Abs. 2 WEG).

1 Staudinger/Kreuzer, § 18 WEG, Rz. 31; offenlassend BayObLG, Beschl. v. 28.4. 1983 – 2Z BR 44/82, BayObLGZ 1983, 109 (112). 2 BayObLG, Beschl. v. 15.2.1995 – 2Z BR 1/95, NJW-RR 1996, 12 (13). 3 BGH, Beschl. v. 19.12.2013 – V ZR 96/13, MDR 2014, 335 = MietRB 2014, 107 = ZWE 2014, 139.

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II. Entziehung von Wohnungseigentum

Übersicht 23: Entziehung von Wohnungseigentum 821 Beschluss über das Veräußerungsverlangen (§ 18 Abs. 3 WEG) qualifizierte Mehrheit aller übrigen Wohnungseigentümer nach Köpfen aus formellen Gründen anfechtbar gem. § 46 WEG

Entziehungsklage Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 43 Nr. 1 WEG) Klagebefugnis der Gemeinschaft (§ 18 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WEG) Klageantrag, den Beklagten zur Veräußerung seines Wohnungseigentums zu verurteilen Beschluss über das Veräußerungsverlangen als Sachurteilsvoraussetzung Klage begründet, wenn Anspruch auf Veräußerung nach § 18 Abs. 1, 2 WEG besteht

Wirkungen rechtskräftiger Verurteilung (§ 19 Abs. 1 WEG) verpflichtet zur Veräußerung des Wohnungseigentums Abwendungsbefugnis bei Verurteilung wegen Zahlungsverzugs gem. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG (§ 19 Abs. 2 WEG)

Vollstreckung des Entziehungsurteils Durch Zwangsversteigerung nach dem ZVG in Rangklasse 5 Vollstreckungsantrag durch die Gemeinschaft (§ 19 Abs. 1 WEG)

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§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen I. Grundlagen Mit Inkrafttreten der WEG-Novelle am 1.7.2007 hat sich das gerichtliche Verfahren in Wohnungseigentumssachen grundlegend geändert. Über Anträge der Wohnungseigentümer oder des Verwalters, sie seit diesem Zeitpunkt anhängig sind, entscheidet das AG nicht mehr im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), sondern im Klageverfahren nach der Zivilprozessordnung (ZPO). Im Parteiprozess der ZPO werden die Verfahrensbeteiligten als Kläger, Beklagte und Beigeladene und nicht mehr als Antragsteller, Antragsgegner und weitere Beteiligte bezeichnet. Das Gericht entscheidet in der Hauptsache nicht durch Beschluss, sondern durch Urteil. Für das Verfahren nach der ZPO ergeben sich im Wesentlichen folgende Unterschiede zum früheren Verfahren:

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– Während im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Amtsermittlungsgrundsatz galt, gilt nunmehr der Beibringungsgrundatz. Das Gericht ermittelt die entscheidungserheblichen Tatsachen also nicht von Amts wegen. Es berücksichtigt nur Tatsachen, die die Parteien im Prozess vortragen.

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Beispiel: Erhebt die Eigentümergemeinschaft, vertreten durch den Verwalter, Klage gegen einen Wohnungseigentümer auf Zahlung rückständiger Wohngelder, so hat die Gemeinschaft als Klägerin die Legitimation des Verwalters – d.h. seine Bestellung zum Verwalter und seine Ermächtigung zur Geltendmachung von Beitragsrückständen kraft Vereinbarung oder Beschluss (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG) – und den Beschluss über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung als Anspruchsgrundlage unter Beweisantritt darzulegen. Gelingt es der Gemeinschaft auch nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts (§§ 139, 273 Abs. 2 ZPO) nicht, das Entstehen und die Höhe der Beitragsforderung nachzuweisen, ist die Klage durch Sachurteil abzuweisen.

– Im Zivilprozess ist das Gericht an die Anträge der Parteien gebunden (§ 308 ZPO). Abgesehen von dem Fall des § 21 Abs. 8 WEG (s. Rz. 377 ff.) ist es dem Gericht versagt, Entscheidungen nach billigem Ermessen zu treffen. Es hat über den Streitgegenstand zu entscheiden, den der Kläger durch seinen Klageantrag und den seinerseits vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt. Beispiel: Beantragt der Kläger, den Beschluss über eine Jahresabrechnung insgesamt für ungültig zu erklären, so hat das Gericht über diesen Antrag zu entscheiden. Beschränkt sich der Fehler auf einzelne Teile der Abrechnung, so erklärt das Gericht den Beschuss teilweise für ungültig und weist die Klage im Übrigen als unbegründet ab.

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– Der Beschleunigung des Verfahrens dienen die gesetzlichen Einlassungsund Ladungsfristen (§§ 217, 274 Abs. 3 ZPO). Verspätetes Vorbringen einer Partei kann gem. §§ 282, 296 ZPO zurückgewiesen werden. – Anders als im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit kann auf Antrag gegen eine säumige Partei Versäumnisurteil ergehen (§§ 330 ff. ZPO). Auch eine gerichtliche Entscheidung durch Anerkenntnisurteil (§ 307 ZPO) ist möglich, soweit der Beklagte durch Anerkenntnis des Klageanspruchs über den Streitgegenstand verfügen kann.1 – Im Zivilprozess kann das Gericht von Amts wegen keine einstweiligen Anordnungen über den Streitgegenstand erlassen. Einstweiliger Rechtsschutz ist nur noch über einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung zu erlangen, die in einem gesonderten Verfahren zu beantragen sind (§§ 916 ff., 935 ff. ZPO). – Abgesehen von den in § 49 WEG geregelten Sonderfällen (s. Rz. 898 ff.) hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 ZPO). Im Unterschied zum früheren Verfahren hat die unterliegende Partei der obsiegenden Partei grundsätzlich auch deren außergerichtliche Kosten zu erstatten. – Unterschiede ergeben sich schließlich im Rechtsmittelverfahren. Während den Beteiligten im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Wohnungseigentumssachen ein dreigliedriger Instanzenzug offen stand, können die Parteien das erstinstanzliche Urteil nur mit der Berufung angreifen. Die Revision zum BGH bedarf einer besonderen Zulassung durch das Berufungsgericht. Vor dem LG als Berufungsgericht besteht Anwaltszwang, d.h. die Parteien müssen anwaltlich vertreten sein. Bereits der kurze Überblick über die Grundsätze des ZPO-Verfahrens deutet an, dass in Wohnungseigentumssachen zahlreiche Besonderheiten zu beachten sind, die in den §§ 43 ff. WEG eine gesetzliche Regelung erfahren haben. Die Besonderheiten des Zivilprozesses in Wohnungseigentumssachen sind im Folgenden näher zu betrachten.

II. Zuständigkeit des Gerichts 1. Örtliche Zuständigkeit 831

Besonderheiten gelten zunächst für die örtliche Zuständigkeit des Gerichts in Wohnungseigentumssachen. Für die in § 43 WEG genannten Streitigkeiten ist ausschließlich das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. In Wohnungseigentumssachen richtet sich die Klage eines einzelnen Wohnungseigentümers oftmals gegen die übrigen Wohnungseigentümer. Hier macht es Sinn, die örtliche Zuständigkeit auf das Gericht im Bezirk der Wohnanlage zu konzentrieren, da die Beklagten zu1 Vgl. Staudinger/Wenzel, § 44 WEG, Rz. 53 f. zum Meinungsstand nach altem Recht.

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II. Zuständigkeit des Gerichts

meist ihren Wohnsitz an unterschiedlichen Orten haben und somit kein einheitlicher Gerichtsstand am Wohnsitz der Beklagten besteht. Die ausschließliche Zuständigkeit erfasst darüber hinaus Klagen, die sich gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer richten. Die Gemeinschaft kann also einen Wohnungseigentümer, der seinen Wohnsitz in einem anderen Bezirk hat, etwa nicht, wie sonst im ZPO-Verfahren üblich, an dem Gerichtsstand seines Wohnsitzes auf Zahlung rückständiger Wohngelder verklagen. Zuständig ist allein das Gericht, in dessen Bezirk sich die Wohnanlage befindet. Die Parteien können weder durch Gerichtsstandsvereinbarung (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch durch rügeloses Verhandeln zur Hauptsache (§ 40 Abs. 2 Satz 2 ZPO) die Zuständigkeit eines anderen Gerichts begründen. Die ausschließliche örtliche Zuständigkeit des Gerichts in Wohnungseigentumssachen gilt für die in § 43 Nrn. 1 bis 6 WEG aufgeführten Streitigkeiten. a) Streitigkeiten unter Wohnungseigentümern (§ 43 Nr. 1 WEG) Gemäß § 43 Nr. 1 WEG ist die ausschließliche Zuständigkeit begründet für Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander. Die Vorschrift ist weit auszulegen. Sie gilt für sämtliche Streitigkeiten über wechselseitige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer aus ihrem Gemeinschaftsverhältnis, insbesondere für Streitigkeiten über:

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– den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums, – die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums gem. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, – die Zulässigkeit und Beseitigung baulicher Veränderungen gem. § 22 WEG, – die Durchführung der Eigentümerversammlung und die Ausführung von Beschlüssen, – die Wirksamkeit und Auslegung von Vereinbarungen, – den Anspruch eines Wohnungseigentümer auf Änderung der Gemeinschaftsordnung gem. § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG, – den Anspruch eines Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung gem. § 21 Abs. 4 WEG. Die Zuständigkeit des Gerichts nach § 43 Nr. 1 WEG hängt nicht davon ab, ob der Kläger oder der Beklagte im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage noch Mitglieder der Eigentümergemeinschaft sind. Soweit es um Rechte und Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis geht, ist das Gericht in Wohnungseigentumssachen auch für Klagen zuständig, die gegen oder von einem aus der Gemeinschaft ausgeschiedenen Wohnungseigentümers erhoben werden.1 1 BGH, Beschl. v. 26.9.2002 – V ZB 24/02, MDR 2003, 43 = NJW 2002, 3709.

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Streitigkeiten der Wohnungseigentümer über Gegenstand und Umfang des Sondereigentums oder des gemeinschaftlichen Eigentums sind hingegen vor dem allgemeinen Zivilgericht auszutragen, weil sie nicht die Rechte und Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis, sondern die sachenrechtlichen Grundlagen des Wohnungseigentums betreffen.1 Hierzu gehören auch Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum und umgekehrt. Keine Wohnungseigentumssachen sind Streitigkeiten aus Kaufverträgen oder sonstigen Verträgen über Wohnungseigentum und für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Begründung, Übertragung, Aufhebung oder Belastung von Wohnungseigentum.2 Auch für Streitigkeiten im Verhältnis mehrerer Inhaber ein und desselben Wohnungseigentums ist das allgemeine Zivilgericht zuständig. Mangels Zuständigkeit des Gerichts in Wohnungseigentumssachen kann die Klage in den genannten Fällen am allgemeinen Gerichtsstand erhoben werden, der sich nach dem Wohnsitz des Beklagten bestimmt. b) Streitigkeiten zwischen Gemeinschaft und Wohnungseigentümern (§ 43 Nr. 2 WEG)

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Auch für Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und einzelnen Wohnungseigentümern ist gem. § 43 Nr. 2 WEG ausschließlich das Gericht in Wohnungseigentumssachen zuständig. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass die Gemeinschaft gegenüber den Wohnungseigentümern eigene Rechte erwerben und Pflichten eingehen kann (§ 10 Abs. 6 Satz 1 WEG) und sie gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG auch die gemeinschaftsbezogenen und sonstigen Rechte der übrigen Wohnungseigentümer ausübt (s. Rz. 202 ff.). Die Gemeinschaft kann daher vor dem zuständigen Gericht in Wohnungseigentumssachen gegen einzelne Wohnungseigentümer klagen bzw. von ihnen verklagt werden. Die Zuständigkeit erfasst insbesondere Streitigkeiten über:

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– Ansprüche der Gemeinschaft auf Zahlung fälliger Beiträge zur gemeinschaftlichen Lasten- und Kostentragung, selbst wenn die Klage gegen den aus der Gemeinschaft ausgeschiedenen Wohnungseigentümer bzw. gegen eine Partei kraft Amtes, etwa gegen den Insolvenzverwalter oder den Zwangsverwalter, geltend gemacht werden3, – Ansprüche der Wohnungseigentümer, die die Gemeinschaft kraft ihrer Ausübungsbefugnis gegen einzelne Wohnungseigentümer im eigenen Namen in Prozessstandschaft geltend macht, etwa Ansprüche auf Unterlassung eines unzulässigen Gebrauchs oder auf Beseitigung einer unzulässigen baulichen Veränderung (s. Rz. 411 ff.), 1 BGH, Urt. v. 30.6.1995 – V ZR 188/94, MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2851. 2 BGH, Urt. v. 21.6.1974 – V ZR 164/72, NJW 1974, 1552; Klein in Bärmann, § 43 WEG, Rz. 63. 3 Jennißen/Suilmann, § 43 WEG, Rz. 27.

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II. Zuständigkeit des Gerichts

– die Entziehung von Wohnungseigentum (§ 18 WEG) nach entsprechender Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer (s. Rz. 820 ff.), – Ansprüche eines Wohnungseigentümers auf Aufwendungsersatz wegen Notgeschäftsführung gem. § 21 Abs. 2 WEG (s. Rz. 387), – Ansprüche eines Wohnungseigentümers auf Auszahlung eines Abrechnungsguthabens bzw. auf Rückzahlung zuviel gezahlter Wohngelder (s. Rz. 758)1, – Ansprüche eines Wohnungseigentümers auf Schadensersatz wegen Verletzung von gemeinschaftlichen Verkehrssicherungspflichten (s. Rz. 212).2 Die Zuständigkeit des Gerichts in Wohnungseigentumssachen ist hingegen nicht begründet für Streitigkeiten, die sich aus einer Sonderrechtsbeziehung der Gemeinschaft zu einzelnen Wohnungseigentümern ergeben. Vermietet die Gemeinschaft etwa Gemeinschaftseigentum an einen Wohnungseigentümer, so gehört die Klage der Gemeinschaft auf Zahlung der Miete vor das allgemeine Zivilgericht. Die Zuständigkeit des Gerichts für Streitigkeiten aus dem Mietverhältnis ändert sich nicht dadurch, dass die Gemeinschaft an einen Wohnungseigentümer und nicht an einen Dritten vermietet. Entsprechendes gilt, wenn die Gemeinschaft nach Veräußerung von Wohnungseigentum aus abgetretenem Recht des Erwerbers einen Freistellungsanspruch aus dem Kaufvertrag wegen rückständiger Wohngelder gegen den Veräußerer einklagt. Die Abtretung ändert nichts daran, dass die Gemeinschaft einen Anspruch aus dem Kaufvertrag zwischen Veräußerer und Erwerber geltend macht, über den das allgemeine Zivilgericht zu entscheiden hat.3

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c) Streitigkeiten mit dem Verwalter (§ 43 Nr. 3 WEG) Nach § 43 Nr. 3 WEG ist das Gericht in Wohnungseigentumssachen auch für Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zuständig. Erfasst werden sowohl Streitigkeiten im Verhältnis zu den einzelnen Wohnungseigentümern als auch Streitigkeiten zwischen der rechtsfähigen Gemeinschaft und dem Verwalter unabhängig davon, ob sich die Rechte und Pflichten des Verwalters aus dem Gesetz, aus dem Verwaltervertrag oder aus der Gemeinschaftsordnung ergeben.4 Da § 43 Nr. 3 WEG ebenfalls weit auszulegen ist, sind vor dem Wohnungseigentumsgericht auch Streitigkeiten über die Abberufung und Bestellung des Verwalters, die Wirksamkeit und Auslegung des Verwaltervertrages und Streitigkeiten über den Vergütungs-

1 OLG München, Beschl. v. 30.3.2006 – 32 Wx 40/06, ZMR 2006, 553; Jennißen/ Suilmann, § 43 WEG, Rz. 32. 2 Jennißen/Suilmann, § 43 WEG, Rz. 32; Klein in Bärmann, § 43 WEG, Rz. 72. 3 OLG München, Beschl. v. 25.7.2005 – 34 Wx 55/05, ZMR 2005, 979; Klein in Bärmann, § 43 WEG, Rz. 67; a.A. Jennißen/Suilmann, § 43 WEG Rz. 30: Zuständigkeit kraft Sachzusammenhang. 4 BGH, Urt. v. 5.6.1972 – VII ZR 35/70, NJW 1972, 1318.

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anspruch des Verwalters auszutragen.1 Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit immer dann gegeben, wenn der Streitgegenstand in einem inneren Zusammenhang mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums steht.2 838

Vor dem nach § 43 Nr. 3 WEG zuständigen Gericht sind daher auch Ansprüche gegen den ehemaligen Verwalter geltend zu machen, wenn diese Ansprüche ihre Grundlage in der früheren Verwaltertätigkeit haben oder mit der Abwicklung der Verwaltung zusammenhängen.3 Dies betrifft etwa Ansprüche der Gemeinschaft auf Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Herausgabe von Unterlagen oder Ansprüche des Verwalters gegen die Gemeinschaft auf Zahlung rückständigen Verwalterhonorars oder Ersatz von Aufwendungen. Unerheblich ist auch, ob der Verwalter wirksam bestellt worden ist. Es genügt, dass er mit Wissen und Billigung der Wohnungseigentümer das Gemeinschaftseigentum verwaltet.4 Geht es hingegen um die Rechte und Pflichten bei der Verwaltung von Sondereigentum, so ist der Streit vor dem allgemeinen Zivilgericht auszutragen. d) Streitigkeiten über die Gültigkeit von Beschlüssen (§ 43 Nr. 4 WEG)

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Nach § 43 Nr. 4 WEG entscheidet das örtlich zuständige Gericht in Wohnungseigentumssachen auch bei Streitigkeiten über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer. Die Vorschrift knüpft an § 23 Abs. 4 WEG an, wonach ein Beschluss grundsätzlich nur ungültig ist, wenn er durch das Gericht für ungültig erklärt wird. Die Zuständigkeit erfasst also die fristgebundene Beschlussanfechtungsklagen eines Wohnungseigentümers oder des Verwalters gem. § 46 WEG, die auf Ungültigerklärung des angefochtenen Beschlusses gerichtet sind (s. Rz. 866 ff.). Aber auch Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit oder der Gültigkeit eines Beschlusses betreffen Streitigkeiten, für die gem. § 43 Nr. 4 WEG das Gericht in Wohnungseigentumssachen zuständig ist. Entsprechendes gilt für Streitigkeiten über das Zustandekommen oder den Inhalt von Beschlüssen.5 Die Gestaltungs- und Feststellungsklagen haben gemein, dass sie sich gegen die übrigen Wohnungseigentümer richten. Da sich ein allgmeiner Gerichtsstand am Wohnsitz der Beklagten nicht feststellen lässt, macht es Sinn, dass für solche Klagen aussschließlich das Gericht im Bezirk der Wohnanlage zuständig ist. e) Klagen Dritter (§ 43 Nr. 5 WEG)

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Auch für Klagen Dritter, die sich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder gegen einzelne Wohnungseigentümer richten und sich 1 Siehe Klein in Bärmann § 43 WEG, Rz. 81 ff. 2 BGH, Urt. v. 5.6.1972 – VII ZR 35/70, NJW 1972, 1318. 3 BGH, Urt. v. 10.7.1980 – VII ZR 328/79, MDR 1981, 43 = NJW 1980, 2466; BGH, Urt. v. 24.11.1988 – V ZB 11/88, MDR 1989, 342 = NJW 1989, 714. 4 Jennißen/Suilmann, § 43 WEG, Rz. 33; Klein in Bärmann, § 43 WEG, Rz. 77. 5 Klein in Bärmann, § 43 WEG, Rz. 99 ff.

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II. Zuständigkeit des Gerichts

„auf das gemeinschaftliche Eigentum, seine Verwaltung oder das Sondereigentum beziehen“, ist gem. § 43 Nr. 5 WEG ausschließlich das Gericht im Bezirk der Wohnanlage zuständig. Die Vorschrift erfasst zunächst Klagen, mit denen ein Dritter Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis mit der Gemeinschaft geltend macht, etwa Ansprüche aus Liefer- und Versorgungsverträgen. Aber auch Klagen, mit denen Dritte Ansprüche aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis, etwa aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus unerlaubter Handlung, gegen die Gemeinschaft geltend machen, fallen in die örtliche Zuständigkeit des Gerichts in Wohnungseigentumssachen. Entsprechendes gilt für Klagen, mit denen Dritte einzelne Wohnungseigentümer in Anspruch nehmen, die für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft gem. § 10 Abs. 8 WEG als Teilschuldner einzustehen haben (s. Rz. 217). Für die Zuständigkeit des Gerichts ist unerheblich, ob der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer bereits vor Rechtshängigkeit der Klage aus der Gemeinschaft ausgeschieden ist.1 Um im Rahmen der Zuständigkeit Abgrenzungsschwierigkeiten bei der sachenrechtlichen Zuordnung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum zu vermeiden, erfasst die Zuständigkeit auch Streitigkeiten, die sich auf das Sondereigentum beziehen. Erfasst sind dabei auch Streitigkeiten, die die Verwaltung des Sondereigentums betreffen. Deshalb ist anzunehmen, dass auch für Ansprüche der Direktversorger, Dienstleister oder Werkunternehmer aus einem Vertragsverhältnis mit dem einzelnen Sondereigentümer die durch § 43 Nr. 5 WEG begründete ausschließlich örtliche Zuständigkeit gilt.2 Entsprechendes gilt für den Anspruch des Wohnungskäufers auf Auflassung des Wohnungseigentums.3

841

f) Mahnverfahren (§ 43 Nr. 6 WEG) Gemäß § 43 Nr. 6 WEG ist für Mahnanträge der Eigentümergemeinschaft ausschließlich das AG zuständig, in dessen Bezirk das gemeinschaftliche Grundstück belegen ist. Die §§ 689 Abs. 2, 17 Abs. 1 ZPO finden keine Anwendung. Nach diesen Vorschriften wäre ausschließlich das AG zuständig, bei dem der Antragsteller seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Da die Gemeinschaft aber keinen „Sitz“ hat, müsste auf den Sitz des Verwalters abgestellt werden. Die Regelung wäre bei einem Verwalterwechsel unpraktikabel und würde von vornherein nicht greifen, wenn kein Verwalter bestellt ist.4 Deshalb stellt § 43 Nr. 6 WEG klar, dass für Mahnanträge stets das Gericht der belegenen Sache zuständig ist. Die Zuständigkeit eines zentralen Mahngerichts gem. § 689 Abs. 3 ZPO bleibt hingegen unberührt. 1 Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/3843, 27. 2 Klein in Bärmann, § 43 WEG, Rz. 119; Jennißen/Suilmann, § 43 WEG, Rz. 46. 3 Klein in Bärmann, § 43 WEG, Rz. 119; Jennißen/Suilmann, § 43 WEG, Rz. 6 unter Hinweis auf die amtliche Begründung zu § 29b ZPO a.F., BT-Drucks. 11/3621, 33. 4 Jennißen/Suilmann, § 43 WEG, Rz. 48.

335

842

§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

843

Die Vorschrift erfasst nur Mahnverfahren, bei denen die Eigentümergemeinschaft Antragstellerin ist. In der Praxis handelt es sich regelmäßig um Anträge der Gemeinschaft, mit denen sie Ansprüche auf Zahlung rückständiger Beiträge gegen einzelne Wohnungseigentümer geltend macht. Für Mahnverfahren, die auf Antrag einzelner Wohnungseigentümer oder Dritter eingeleitet werden, bleibt gem. § 689 Abs. 2 ZPO das AG zuständig, an dem der Antragsteller seinen Sitz hat. Handelt es sich um eine Wohnungseigentumssache, so wird die Sache erst auf Grund eines Widerspruchs gegen den Mahnbescheid bzw. eines Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid an das nach § 43 WEG zuständige Gericht der belegenen Sache abgegeben.

2. Sachliche Zuständigkeit 844

Besonderheiten gelten in Wohnungseigentumssachen auch für die sachliche Zuständigkeit des Gerichts. Für die in § 43 Nr. 1 bis 4 und Nr. 6 WEG genannten Streitigkeiten besteht gem. § 23 Nr. 2c GVG eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit des AG. Das AG ist in diesen Streitigkeiten also unabhängig vom Streitwert zuständig. Bei Klagen Dritter i.S.v. § 43 Nr. 5 WEG ist das AG dagegen nur solange zuständig, als der Streitwert die Summe von 5 000 Euro nicht überschreitet (§ 23 Nr. 1 GVG). Übersteigt der Wert der Klageforderung diese Grenze, gehört der Rechtsstreit erstinstanzlich vor das LG. In den Fällen des § 43 Nr. 5 WEG kann die Zuständigkeit des sachlich unzuständigen AG bzw. LG allerdings durch rügeloses Verhandeln zur Hauptsache begründet werden.

3. Schiedsvereinbarung und obligatorische Streitschlichtung 845

Die in § 43 WEG angeordnete ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts in Wohnungseigentumssachen hindert die Wohnungseigentümer nicht daran, durch Schiedsvereinbarung i.S.d. §§ 1025 ff. ZPO die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts zu bestimmen.1 Sämtliche Streitigkeiten nach § 43 Nr. 1 bis 5 WEG sind schiedsfähig. Die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts kann insbesondere auch für Beschlussmängelstreitigkeiten begründet werden.2 Da in derartigen Rechtsstreitigkeiten stets sämtliche Wohnungseigentümer als Kläger oder Beklagte beteiligt sind (s. Rz. 861), ist die erforderliche personelle Identität der Parteien des Rechtsstreits mit den Parteien der Schiedsvereinbarung gewahrt. Für Streitigkeiten mit dem Verwalter (§ 43 Nr. 3 WEG) kann die Zuständigkeit des Schiedsgerichts allerdings nur durch gesonderte Schiedsvereinbarung mit dem Verwalter begründet werden. 1 Als ständiges Schiedsgericht steht das „Deutsche Ständige Schiedsgericht für Wohnungseigentumssache in Berlin“ zur Verfügung [www.schiedsgericht-wohnungseigentum.de]. 2 Jennißen/Suilmann, § 43 WEG, Rz. 9; Klein in Bärmann, § 43 WEG, Rz. 201; a.A. Hügel/Elzer, § 13 Rz. 179.

336

III. Klage in Wohnungseigentumssachen

Das zuständige Schiedsgericht entscheidet endgültig über den Rechtsstreit. Eine beim staatlichen Gericht in Wohnungseigentumssachen erhobene Klage ist als unzulässig abzuweisen, wenn sich der Beklagte auf die Schiedsvereinbarung beruft (§ 1032 ZPO).

846

Bei Streitigkeiten nach § 43 Nr. 1 bis 3 und Nr. 5 WEG ist zu beachten, dass einzelne Bundesländer von der Ermächtigung gem. § 15a Abs. 1 Nr. 1 EGZPO Gebrauch gemacht und ein obligatorisches Schlichtungsverfahren eingeführt haben.1 In diesem Fall ist in vermögensrechtlichen Streitigkeiten die Erhebung einer Klage vor dem AG erst nach dem erfolglosen Schlichtungsversuch einer durch die Landesverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle zulässig, wenn der Streitwert 750 Euro nicht übersteigt. Bei fristgebundenen Beschlussanfechtungsklagen gem. § 46 WEG findet von vornherein kein Schlichtungsverfahren statt (§ 15a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGZPO).

847

In der Praxis ist ein obligatorisches Streitschlichtungsverfahren vor allem bei der Beitreibung von Wohngeldrückständen durch die Gemeinschaft zu beachten. Es ist allerdings nicht durchzuführen, wenn Wohngelder im Mahnverfahren oder im Urkundsprozess beigetrieben werden (§ 15a Abs. 2 Satz 1 Nrn. 4 und 5 EGZPO). Für die Beitreibung von Beitragsrückständen im Urkundsprozess ist die Versammlungsniederschrift über den Beschluss des Wirtschaftsplans bzw. der Jahresabrechnung und der Einzelwirtschaftsplan bzw. die Einzelabrechnung vorzulegen sowie durch Vorlage eines Grundbuchauszuges die Eigentümerstellung des Beklagten nachzuweisen.

848

III. Klage in Wohnungseigentumssachen 1. Bezeichnung der Parteien in der Klageschrift a) Bezeichnung der Eigentümergemeinschaft Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muss die Klageschrift die Parteien so genau bezeichnen, dass keine Zweifel an der Identität der am Prozess beteiligten Personen besteht. Jede Partei auf Kläger- und Beklagtenseite ist grundsätzlich mit Name und Anschrift zu benennen. Klagt die parteifähige Wohnungseigentümergemeinschaft oder wird sie verklagt, ist die Gemeinschaft unter Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks (§ 10 Abs. 6 Satz 4 WEG) und ihres Vertreters samt ladungsfähiger Anschrift zu bezeichnen. Beispiel: Die Gemeinschaft klagt gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer auf Zahlung rückständiger Wohngelder. Die Klägerin ist in der Klageschrift zu bezeichnen als „Wohnungseigentümergemeinschaft A-Straße 10–12 in 97860 B-Stadt, vertreten

1 Zu den landesrechtlichen Vorschriften s. Zöller/Gummer, ZPO, § 15a EGZPO, Rz. 27.

337

849

§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen durch die Verwalterin, die X-GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Walter Y, Z-Straße 13 in 97860 B-Stadt – Klägerin“.

b) Bezeichnung der Wohnungseigentümer 850

Klagt ein einzelner Wohnungseigentümer gegen alle übrigen Wohnungseigentümer, so müsste er in der Klageschrift eigentlich sämtliche Wohnungseigentümer namentlich unter Angabe der ladungsfähigen Anschrift benennen. Aus Gründen der Vereinfachung lässt § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG für eine ordnungsgemäße Klageerhebung jedoch eine Sammelbezeichnung der Wohnungseigentümer unter Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks genügen. Der Kläger muss in diesem Fall allerdings den Verwalter als Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer benennen, damit eine Zustellung der Klage mit Wirkung gegen die Beklagten durch das Gericht möglich ist (§ 45 Abs. 1 WEG, s. Rz. 855). Haben die Wohnungseigentümer gem. § 45 Abs. 2 WEG einen Ersatzzustellungsvertreter bestellt (s. Rz. 857), so ist neben dem Verwalter auch dieser in der Klageschrift zu bezeichnen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 WEG). Die namentliche Bezeichnung der Wohnungseigentümer mit Angabe der ladungsfähigen Anschriften1 hat allerdings spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu erfolgen (§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG). Beispiel: Ein Wohnungseigentümer erhebt gegen die übrigen Wohnungseigentümer eine Beschlussanfechtungsklage gem. § 46 WEG. Die Beklagten können wie folgt in der Klageschrift bezeichnet werden: „Klage … gegen die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft A-Straße 10–12 in 97860 B-Stadt – Beklagte; Verwalter: X-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Walter Y, Z-Straße 13 in 97860 B-Stadt; Ersatzzustellungsvertreter: Hans Meyer, A-Straße 10, 97860 B-Stadt“).

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Haben die Wohnungseigentümer keinen Ersatzzustellungsvertreter bestellt oder scheidet die Zustellung an ihn oder an einen Verwalter aus (s. Rz. 856), so muss der Kläger die Wohnungseigentümer bereits in der Klageschrift namentlich bezeichnen.2 Es genügt der Verweis auf eine Eigentümerliste, die in diesem Fall bereits mit der Klageschrift einzureichen ist, damit das Gericht die Klage an die einzelnen Wohnungseigentümer zustellen kann. Insbesondere bei der Beschlussanfechtungsklage, die sich gem. § 46 Abs. 1 WEG gegen alle übrigen Wohnungseigentümer richtet, sollte der Kläger auf die Vorlage eine vollständigen Eigentümerliste achten, die die ladungsfähigen Anschriften aller Wohnungseigentümer enthält. Die Anfechtungsfrist von einem Monat wird nur gewahrt, wenn die Klage „demnächst“ alle Beklagten oder an ihren Zustellungsvertreter zugestellt wird (s. Rz. 883).

1 Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 16/887, 36; BGH, Urt. v. 8.7.2011 – V ZR 34/11, NZM 2011, 782; BGH, Urt. v. 20.5.2011 – V ZR 99/10, MDR 2011, 972 = MietRB 2011, 250 = ZWE 2011, 328 (329). 2 Jennißen/Suilmann, § 44 WEG, Rz. 7; Klein in Bärmann, § 44 WEG, Rz. 9.

338

III. Klage in Wohnungseigentumssachen

Nach dem Wortlaut des § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG genügt eine Sammelbezeichnung der Wohnungseigentümer auch bei einem Aktivprozess, den die übrigen Wohnungseigentümer gegen einen einzelnen Miteigentümer führen. In der Praxis dürfte es jedoch nur selten vorkommen, dass die Wohnungseigentümer ihre individuellen Ansprüche, etwa ihre Ansprüche auf Unterlassung eines unzulässigen Gebrauchs, im eigenen Namen gegen den einzelnen Wohnungseigentümer geltend machen. Beschließen die Wohnungseigentümer, den einzelnen Wohnungseigentümer gemeinschaftlich in Anspruch zu nehmen, so ist in der Regel anzunehmen, dass die Gemeinschaft ihre Ansprüche gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG in Prozessstandschaft für die anspruchsberechtigten Wohnungseigentümer geltend macht (s. Rz. 206).1

852

Macht ein einzelner Wohnungseigentümer einen individuellen Anspruch, etwa seinen Anspruch auf Unterlassung eines unzulässigen Gebrauchs oder auf Beseitigung einer unzulässigen baulichen Veränderung, gegen einen anderen Wohnungseigentümer geltend, so sind die übrigen Wohnungseigentümer nicht als Partei am Rechtsstreit beteiligt. In diesem Fall muss der Kläger in der Klageschrift gem. § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an sich nur den verklagten Wohnungseigentümer bezeichnen. Um jedoch die erforderliche Beiladung der übrigen Wohnungseigentümer gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 WEG zu ermöglichen (s. Rz. 861), sind auch diese in der Klageschrift zu bezeichnen. Auch hier genügt zunächst eine Sammelbezeichnung unter Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks. Die namentliche Bezeichnung der übrigen Wohnungseigentümer hat entsprechend § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu erfolgen, wenn nicht das Gericht von ihrer Beiladung absieht (§ 44 Abs. 2 WEG).

853

2. Zustellung der Klage a) Verwalter als Zustellungsvertreter Die Klage wird mit Zustellung an den Beklagten rechtshängig. Ist die Eigentümergemeinschaft Beklagte, obliegt es dem Verwalter als Zustellungsvertreter die Zustellung der Klage mit Wirkung gegen die Gemeinschaft entgegenzunehmen (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WEG). Fehlt ein Verwalter oder ist er zur Vertretung nicht berechtigt, so sind alle Wohnungseigentümer Zustellungsvertreter der Gemeinschaft (§ 27 Abs. 3 Satz 2 WEG). Gemäß § 170 Abs. 3 ZPO genügt es, die Klage an einen Wohnungseigentümer zuzustellen.

854

Richtet sich die Klage eines Dritten gegen sämtliche Wohnungseigentümer, so muss die Klage an sich allen Beklagten zugestellt werden. Um in diesem Fall die Zustellung zu erleichtern, bestimmt § 45 Abs. 1 WEG, dass der Verwalter in diesem Fall als Zustellungsvertreter der Wohnungs-

855

1 Klein in Bärmann, § 44 WEG, Rz. 3.

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§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

eigentümer anzusehen ist. Wie bereits erwähnt, ist der Verwalter auch in Binnenstreitigkeiten einzelner Wohnungseigentümer Zustellungsvertreter der übrigen Wohnungseigentümer auf Passivseite1 bzw. der nach § 48 Abs. 1 WEG beizuladenden Wohnungseigentümer. In diesen Fällen kann das Gericht die Klage statt an die einzelnen Wohnungseigentümer auch an den Verwalter zustellen, es sei denn, dass er selbst als Gegner an dem Rechtsstreit beteiligt ist oder aufgrund des Streitgegenstandes die Gefahr besteht, dass der Verwalter die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichtet. 856

Der Verwalter ist im Beschlussanfechtungsprozess als Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer ausgeschlossen, wenn er selbst als Kläger den Beschluss angefochten hat oder er dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten ist. In diesen Fällen ist er selbst am Rechtsstreit beteiligt. – In Prozessen über die Anfechtung des Bestellungs- oder Abberufungsbeschlusses, von Beschlüssen über die Verwalterentlastung oder über die Feststellung der Wirksamkeit des Verwaltervertrages ist der Verwalter in seiner persönlichen Rechtsstellung betroffen. Aufgrund des Streitgegenstandes besteht hier die abstrakte Gefahr, dass der Verwalter die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichtet. Umstritten ist, ob eine solche abstrakte Möglichkeit eines Interessenkonflikts ausreicht2, oder ob ein konkreter Konflikt – etwa ein nachhaltig gestörtes Vertrauensverhältnis aufgrund konkreter Pflichtverletzungen des Verwalters – vorliegen muss3, um den nicht am Verfahren beteiligten Verwalter als Zustellungsvertreter auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein Verwalter als Zustellungsvertreter nur ausgeschlossen, wenn begründete Umstände ersichtlich sind, die die konkrete Gefahr einer nicht sachgerechten Information der Wohnungseigentümer rechtfertigen.4 In Zweifelsfällen kann das Gericht Zustellungen sowohl an den Verwalter als auch an einen von den Wohnungseigentümern bestimmten Ersatzzustellungsvertreter veranlassen. b) Ersatzzustellungsvertreter

857

Für den Fall, dass der Verwalter als Zustellungsvertreter ausgeschlossen ist, haben die Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss einen Ersatzzustellungsvertreter sowie dessen Stellvertreter zu bestellen (§ 45 Abs. 2 Satz 1 WEG). Die Verpflichtung zur Bestellung eines Ersatzzustellungsvertreters besteht unabhängig von der Anhängigkeit eines Rechtsstreits. Ersatzzustellungsvertreter kann ein Wohnungseigentümer, aber auch ein Dritter sein. Seine Bestellung setzt voraus, dass der Beschluss über seine Bestellung ihm gegenüber erklärt wird und er das Amt des Er1 2 3 4

Klein in Bärmann, § 45 WEG, Rz. 4; Bergerhoff, NZM 2007, 425 (428). So Klein in Bärmann, § 45 WEG, Rz. 18; Hogenschurz, ZMR 2005, 764 (765). Jennißen/Suilmann, § 45 WEG Rz. 17. BGH v. 9.3.2012 – V ZR 170/11, MDR 2012, 572 = MietRB 2012, 169 = ZWE 2012, 257.

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III. Klage in Wohnungseigentumssachen

satzzustellungsvertreters mit seinen Rechten und Pflichten annimmt. Der Ersatzzustellungsvertreter tritt in die dem Verwalter als Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer zustehenden Aufgaben und Befugnisse erst dann ein, wenn das Gericht die Zustellung an ihn anordnet (§ 45 Abs. 2 Satz 2 WEG). Die Bestellung zum Ersatzzustellungsvertreter begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis zu den Wohnungseigentümern. Wie der Verwalter als Zustellungsvertreter hat auch der Ersatzzustellungsvertreter im Falle der Zustellung einer Klage die Wohnungseigentümer unverzüglich darüber zu informieren, dass ein Rechtsstreit anhängig ist. Durch Vertrag kann die Art und Weise der Erfüllung sowie die Vergütung seiner Tätigkeit näher geregelt werden. Ohne eine Vergütungsvereinbarung kann der Ersatzzustellungsvertreter lediglich den Ersatz seiner Aufwendungen verlangen (§ 670 BGB).1

858

Haben die Wohnungseigentümer keinen Ersatzzustellungsvertreter bestellt oder ist die Zustellung aus sonstigen Gründen nicht ausführbar, etwa wegen einer Interessenkollision oder wegen Abwesenheit des Ersatzzustellungsvertreters, so kann das Gericht einen Ersatzzustellungsvertreter bestellen (§ 45 Abs. 3 WEG). Das Gericht darf allerdings nicht über die betroffenen Wohnungseigentümer hinweg für sie einen Zustellungsvertreter bestellen. Ferner darf es keine Person bestellen, die nicht bereit ist, die Aufgabe zu übernehmen. Das Gericht muss daher den Wohnungseigentümern vor der Bestellung eines Zustellungsvertreters den Wohnungseigentümern rechtliches Gehör gewähren und die Bereitschaft des zu Bestellenden zur Übernahme des Amtes erkunden.2

859

In der gerichtlichen Praxis empfiehlt es sich, die Klageschrift an die einzelnen Wohnungseigentümer zuzustellen, wenn weder der Verwalter noch ein Ersatzzustellungsvertreter als Zustellungsvertreter in Betracht kommt. Mit der Zustellung der Klageschrift kann das Gericht die Wohnungseigentümer zugleich über die beabsichtigte Bestellung eines Ersatzzustellungsvertreters in Kenntnis setzen.3

860

3. Beiladung Die Klage in Wohnungseigentumssachen ist nicht nur den Beklagten, sondern darüber hinaus den Personen zuzustellen, die gem. § 48 Abs. 1 WEG beizuladen sind (§ 48 Abs. 2 Satz 1 WEG). Die Beiladung soll Wohnungseigentümern und dem Verwalter rechtliches Gehör gewähren, wenn sie selbst nicht Partei eines Rechtsstreits sind, der sie in ihren Rechten und Pflichten berührt.4 Gemäß § 48 Abs. 3 WEG wirkt ein rechtskräftiges Ur1 Jennißen/Suilmann, § 45 WEG, Rz. 50; a.A. Klein in Bärmann, § 45 WEG, Rz. 32: übliche Vergütung gem. §§ 675, 612 BGB. 2 Jennißen/Suilmann, § 45 WEG, Rz. 54 f.; Klein in Bärmann, § 45 WEG, Rz. 39. 3 So der Hinweis von Jennißen/Suilmann, § 45 WEG, Rz. 55 a.E. 4 Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 16/887, 39.

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861

§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

teil auch für und gegen die Beigeladenen. Als Mittel der Rechtskrafterstreckung soll die Beiladung dauerhaft Rechtssicherheit und Rechtsfrieden innerhalb der Gemeinschaft schaffen. 862

Richtet sich die Klage eines Wohnungseigentümers, der in einem Rechtsstreit nach § 43 Nr. 1 oder Nr. 3 WEG einen ihm allein zustehenden Anspruch geltend macht, nur gegen einzelne Wohnungseigentümer oder nur gegen den Verwalter, so sind die übrigen Wohnungseigentümer beizuladen (§ 48 Abs. 1 Satz 1 WEG). Ihre Beiladung ist entbehrlich, wenn ihre rechtlichen Interessen erkennbar nicht betroffen sind. Beispiele: Ein Wohnungseigentümer verklagt einen anderen Wohnungseigentümer aus § 1004 Abs. 1 BGB auf Beseitigung einer baulichen Veränderung. Wird die Klage durch Sachurteil als unbegründet abgewiesen, so sollen auch die anderen Wohnungseigentümer den Beklagten wegen desselben Streitgegenstandes nicht mehr erfolgreich verklagen können. Sie sind beizuladen, damit die Rechtskraft des Urteils auch ihnen gegenüber wirkt.1 – Streiten zwei Wohnungseigentümer über die Grenzen ihrer benachbarten Sondernutzungsflächen, ist eine Beiladung der übrigen Wohnungseigentümer entbehrlich. Ihre rechtlichen Interessen sind nicht betroffen, da sie vom Mitgebrauch der Sondernutzungsflächen ausgeschlossen sind.2 – Verklagt ein Wohnungseigentümer den Verwalter auf Erstellung der Jahresabrechnung (§§ 21 Abs. 4, 28 Abs. 3 WEG), so sind auch die übrigen Wohnungseigentümer von der gerichtlichen Entscheidung betroffen; ihre Beiladung ist erforderlich.3 Anders ist es hingegen, wenn ein Wohnungseigentümer den Verwalter wegen einer Pflichtverletzung auf Ersatz des Schadens in Anspruch nimmt, der ausschließlich ihm in seinem Sondereigentum entstanden ist. Hier ist eine Beiladung der übrigen Wohnungseigentümer mangels Betroffenheit entbehrlich.4

863

Der Verwalter ist in Streitigkeiten nach § 43 Nr. 3 oder Nr. 4 WEG beizuladen, soweit er nicht Partei des Rechtsstreits ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 WEG). Praktische Bedeutung erlangt die Beiladung des Verwalters im Beschlussanfechtungsprozess, den einzelne Wohnungseigentümer gegen die übrigen Wohnungseigentümer führen (s. Rz. 866 ff.).

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Die Beigeladenen können jeweils der einen oder der anderen Partei zu deren Unterstützung beitreten (§ 48 Abs. 2 Satz 2 WEG). Der Beitritt als Streithelfer erfolgt durch Einreichung eines Schriftsatzes bei Gericht (§ 70 Abs. 1 ZPO). Durch den Beitritt erlangt der Beigeladene die Stellung als streitgenössischer Nebenintervenient der Hauptpartei, der er als Streithelfer beigetreten ist (§ 69 ZPO).5 Er kann auch gegen den Willen der unterstützten Hauptpartei Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen und Prozesshandlungen vornehmen. Das Gericht hat Beweisangebote des Streithelfers zu berücksichtigen. Durch seinen Widerspruch kann er ein wirksames Anerkenntnis der Hauptpartei, nicht aber die Klagerücknahme, 1 2 3 4 5

Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 16/887, 75. BayObLG, Beschl. v. 7.11.1991 – 2Z BR 112/91, WuM 1992, 80. Jennißen/Suilmann, § 48 WEG, Rz. 7. BGH, Beschl. v. 2.10.1991 – V ZB 9/91, MDR 1992, 257 = NJW 1992, 182. Jennißen/Suilmann, § 48 WEG, Rz. 26; a.A. Abramenko, Das neue WEG in der anwaltlichen Praxis, S. 256: einfache Nebenintervention.

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IV. Beschlussmängelklagen

die Erledigterklärung oder den Abschluss eines Vergleichs verhindern. In den letztgenannten Fällen kommt es nicht zu einem Sachurteil, das Rechtskraftwirkung gegen die Beigeladenen entfalten kann.1 Für die beigeladenen Wohnungseigentümer besteht Anlass, dem Rechtsstreit als Streithelfer einer Partei beizutreten, wenn die Besorgnis besteht, dass der Rechtsstreit durch die Parteien und deren Rechtsanwälte nicht ordnungsgemäß geführt wird. Obsiegt die anwaltlich vertretene Hauptpartei, so stehen der Hauptpartei und ihrem Streithelfer gem. § 50 WEG grundsätzlich ein Kostenerstattungsanspruch nur hinsichtlich der Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu (s. Rz. 904). Selbst im Falle des Obsiegens der unterstützten Hauptpartei besteht also die Gefahr, dass der Streithelfer auf den Kosten seines Rechtsanwalts sitzen bleibt.

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IV. Beschlussmängelklagen 1. Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage Besonderheiten gelten für Klagen, die sich gegen die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer richten. Ein fehlerhafter Beschluss kann nichtig oder nur anfechtbar sein (s. Rz. 171 ff.). Anfechtbare Beschlüsse sind gültig, solange sie nicht durch rechtskräftiges Gestaltungsurteil für ungültig erklärt sind (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG). Der Kläger muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung eine Gestaltungsklage (Anfechtungsklage) erheben mit dem Antrag, den Beschluss für ungültig zu erklären (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG). Andernfalls wird der anfechtbare Beschluss bestandskräftig. Nur soweit ein Beschluss gegen unverzichtbare Rechtsvorschriften verstößt, ist er von Anfang an nichtig (§ 23 Abs. 4 Satz 1 WEG; s. Rz. 178 ff.). Um die Nichtigkeit eines Beschlusses geltend zu machen, bedarf es keiner fristgebundenen Gestaltungsklage. Die Nichtigkeit eines Beschlusses, etwa wegen Überschreitens der Beschlusskompetenz, kann auch noch nach Ablauf der Anfechtungsfrist durch Klage auf Feststellung der „Ungültigkeit“ geltend gemacht werden (Nichtigkeitsklage).

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Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage haben denselben Streitgegenstand. Ziel beider Klagen ist es, eine endgültige Entscheidung über die „Gültigkeit“ eines Beschlusses herbeizuführen.2 Zu diesem Zweck hat das Gericht bei der Entscheidung über Anfechtungsklagen auch Nichtigkeitsgründe zu berücksichtigen. Übersieht der Anfechtungskläger erkennbar Nichtigkeitsgründe, so hat das Gericht darauf hinzuweisen (§ 46 Abs. 2 WEG). Mehrere Prozesse über Klagen auf „Erklärung“ und „Feststellung“ der Ungültigkeit desselben Beschlusses sind zur gleichzeitigen Verhand-

867

1 Jennißen/Suilmann, § 48 WEG, Rz. 31 m.w.N. 2 BGH, Beschl. v. 2.10.2003 – V ZB 34/03, BGHZ 156, 279 (294) = NJW 2003, 3550; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 1.10.2004 – 3 W 179/04, MietRB 2005, 41 = ZMR 2005, 407; Suilmann, Beschlussmängelverfahren, S. 55.

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§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

lung und Entscheidung zu verbinden (§ 47 WEG). Wird eine Anfechtungsklage als unbegründet abgewiesen, so kann die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht mehr geltend gemacht werden (§ 48 Abs. 4 WEG). Über die „Gültigkeit“ eines Beschlusses hat das Gericht endgültig entschieden. 868

Wegen der Identität des Streitgegenstands sind Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage als Ausprägungen einer einheitlichen Beschlussmängelklage zu behandeln.1 Das Gesetz kennt Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe, nicht aber verschiedene Beschlussmängelklagen. Mit der Klage auf „Ungültigerklärung“ eines Beschlusses kann der Kläger sowohl Anfechtungsgründe als auch Nichtigkeitsgründe geltend machen. Das Gericht ist nicht gehindert, einen bereits nichtigen Beschluss für ungültig zu erklären. Umgekehrt kann das Gericht einer Nichtigkeitsklage stattgeben, wenn sich der vermeintliche Nichtigkeitsgrund als Anfechtungsgrund erweist und die Anfechtungsfrist gewahrt ist. Besteht Unsicherheit darüber, ob ein Beschluss nichtig oder lediglich anfechtbar ist, sollte man die Klage auf „Ungültigerklärung“ vorsorglich innerhalb der Anfechtungsfrist erheben.

1 Jennißen/Suilmann, § 46 WEG, Rz. 11 ff.

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IV. Beschlussmängelklagen

Übersicht 24: Beschlussmängelklagen 869 Anfechtungsklage (§ 46 WEG)

Nichtigkeitsklage

Klageantrag Ungültigerklärung eines Beschlusses

Klageantrag Feststellung der Ungültigkeit eines Beschlusses

Streitgegenstand Gültigkeit eines Beschlusses (§ 43 Nr. 4 WEG) Prozessverbindung bei identischem Streitgegenstand (§ 47 WEG)

Kläger Wohnungseigentümer bzw. Verwalter (§ 46 Abs. 1 Satz 1 WEG)

Beklagte übrige bzw. alle Wohungseigentümer (§ 46 Abs. 1 Satz 1 WEG)

Klagefrist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG) 1 Monat seit Beschlussfassung Wiedereinsetzung der Frist (§§ 233 ff. ZPO)

Klagebegründungsfrist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG) 2 Monate seit Beschlussfassung Wiedereinsetzung der Frist (§§ 233 ff. ZPO)

Gerichtliche Prüfung Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe (§ 46 Abs. 2 WEG)

Gerichtliche Prüfung Nichtigkeitsgründe

Gestaltungsurteil Ungültigerklärung des Beschlusses

Feststellungsurteil Feststellung der Ungültigkeit

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§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

2. Klagebefugnis und Anfechtungsrecht a) Klagebefugnis 870

Der gesetzlichen Regelung in § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG lässt sich entnehmen, dass Wohnungseigentümer („Klage eines oder mehrerer Wohnungseigentümer“) aber auch der Verwalter („Klage des Verwalters“) zur Einleitung eines Beschlussmängelprozesses klagebefugt sein können. Die Klagebefugnis bezeichnet das Recht, als Kläger einen Prozess über die Gültigkeit von Eigentümerbeschlüssen führen zu können. Eine Klagebefugnis des Verwalters folgt allerdings nicht daraus, dass er zur Durchführung der Beschlüsse berechtigt und verpflichtet ist (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG).1 Beispiel: Durch Beschluss ermächtigen die Wohnungseigentümer den Verwalter, im Namen der Gemeinschaft einen Versorgungsvertrag mit einem Versorgungsunternehmen zu schließen (vgl. § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG). Selbst wenn Zweifel bestehen, ob der Ermächtigungsbeschluss gültig ist, kann der Verwalter die Ungültigerklärung des Beschlusses unter Berufung auf Anfechtungsgründe nicht betreiben. Er kann lediglich die Nichtigkeit des Beschlusses durch Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer feststellen lassen. Auch der Versorgungsunternehmer ist nicht befugt, auf Feststellung der Gültigkeit des Beschlusses zu klagen. Wenn die Gemeinschaft nach Vertragsschluss die vertraglich geschuldete Gegenleistung nicht erbringt, kann er Leistungsklage gegen die Gemeinschaft erheben (vgl. § 43 Nr. 5 WEG).

b) Anfechtungsrecht 871

Von der Klagebefugnis ist das Recht zur Beschlussanfechtung zu unterscheiden. Wer die „Gültigkeit“ oder „Ungültigkeit“ eines Beschlusses gerichtlich feststellen lassen kann, ist nicht zwangsläufig berechtigt, anfechtbare Beschlüsse im Wege der Gestaltungsklage gerichtlich für ungültig erklären zu lassen. Als Abwehrrecht gegen fehlerhafte Beschlüsse steht das Anfechtungsrecht jedem Wohnungseigentümer kraft seiner Mitgliedschaft in der Gemeinschaft zu. Als Mitglied der Gemeinschaft kann jeder Wohnungseigentümer von den anderen verlangen, dass ordnungsmäßige, dem Gesetz und den Vereinbarungen entsprechende Beschlüsse gefasst werden. Dieses Recht ist verletzt, wenn der Wohnungseigentümer an rechtswidrige Beschlüsse gebunden wäre. Deshalb ist ihm das Recht eingeräumt, die Ungültigerklärung durch richterlichen Gestaltungsakt herbeizuführen.

872

Da Beschlüsse gem. § 10 Abs. 4 WEG auch gegen Sondernachfolger wirken, kann auch der Erwerber von Wohnungseigentum rechtswidrige Beschlüsse anfechten, wenn im Zeitpunkt des Erwerbs – Eigentumsumschreibung im Grundbuch oder Zuschlag in der Zwangsversteigerung (s. Rz. 103) – die Anfechtungsfrist noch nicht abgelaufen ist.2 Beim rechts1 LG Nürnberg/Fürth, Urt. v. 18.3.2009 – 14 S 8312/06, ZMR 2009, 483 (485); LG Itzehoe, Urt. v. 12.4.2011 – 11 S 50/10, NZM 2012, 207; Klein in Bärmann, § 46 WEG, Rz. 32; Jennißen/Suilmann, § 46 WEG Rz. 49a. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.4.1992 – 20 W 202/91, NJW-RR 1992, 1170.

346

IV. Beschlussmängelklagen

geschäftlichen Erwerb von Wohnungseigentum kann der Veräußerer den Erwerber ermächtigen, das Gestaltungsklagerecht bereits vor der Eigentumsumschreibung in gewillkürter Prozessstandschaft geltend zu machen. Der zur Prozessführung ermächtigte Erwerber muss jedoch innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist offen legen, dass er das Verfahren in Prozesstandschaft für den Veräußerer betreibt.1 Ein ausgeschiedener Wohnungseigentümer ist zur Beschlussanfechtung berechtigt, sofern die Ungültigerklärung noch Auswirkungen auf ihn hat.2 Beispiel: Ein Wohnungseigentümer veräußert sein Wohnungseigentum Anfang Januar. Am 20. Januar beschließen die Wohnungseigentümer, zur Finanzierung einer dringenden Instandsetzungsmaßnahme eine zum 1. Februar fällige Sonderumlage zu erheben. Allerdings liegt der Sonderumlage ein falscher Kostenverteilungsschlüssel zugrunde. Am 15. Februar wird das Wohnungseigentum im Grundbuch auf den Erwerber umgeschrieben. Da der rechtswidrige Beschluss den Veräußerer bindet, bleibt er auch nach der Eigentumsumschreibung zur Beschlussanfechtung berechtigt.3

Steht Wohnungseigentum mehreren Mitberechtigten gemeinschaftlich nach Bruchteilen oder als Miterben zu, so kann jeder Mitberechtigte allein das Gestaltungsklagerecht zur Beschlussanfechtung entsprechend §§ 1011, 2039 BGB ausüben.4 Nach diesen Vorschriften ist der einzelne Bruchteilsberechtigte oder Miterbe berechtigt, das gemeinschaftliche Gestaltungsklagerecht im eigenen Namen in gesetzlicher Prozessstandschaft auf Klägerseite auch mit Wirkung für die anderen Mitberechtigten geltend zu machen. Daher ist die Beschlussmängelklage eines Mitberechtigten nur gegen die „übrigen Wohnungseigentümer“, d.h. gegen die „Inhaber der übrigen Wohnungseigentumsrechte“ zu richten. Die übrigen Mitberechtigten am klägerischen Wohnungseigentum sind nicht Partei des Rechtsstreits. Als materiell Betroffene sind sie jedoch entsprechend § 48 Abs. 1 Satz 1 WEG beizuladen. Sie können dem Rechtsstreit auf Klägerseite beitreten (s. Rz. 864).5 Beispiel: Getrennt lebenden Ehegatten steht Wohnungseigentum nach Bruchteilen zu. Der Ehemann erhebt Anfechtungsklage gegen einen Beschluss der Wohnungseigentümer, ohne seine Frau hiervon in Kenntnis zu setzen. – Die Ehefrau muss die Prozessführung ihres Mannes gegen sich gelten lassen. Sie kann dem Rechtstreit auf Klägerseite beitreten. Die Möglichkeit zum Beitritt verschafft ihr die Beiladung durch das Gericht. Damit das Gericht die Beiladung vornehmen kann, wird man vom Ehe1 LG Berlin, Urt. v. 20.9.2011 – 85 S 424/10, ZMR 2012, 119 (120); Klein in Bärmann, § 46 WEG, Rz. 26; a.A. Jennißen/Suilmann, § 46 WEG, Rz. 95: innerhalb der zweimonatigen Klagebegründungsfrist. 2 BayObLG, Beschl. v. 4.9.1986 – 2Z BR 82/86, NJW-RR 1987, 270; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.6.1997 – Wx 420/96, OLGR 1997, 318 (Ls); vgl. auch BGH, Beschl. v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = NJW 2001, 3339 (3340). 3 Vgl. OLG Hamburg, Beschl. v. 18.6.2001 – 2 Wx 72/97, OLGR 2002, 109, 111; KG, Beschl. v. 6.9.1993 – 24 W 4142/92, MDR 1993, 1203 = KGReport Berlin 1993, 133. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.9.2006 – 20 W 241/05, MietRB 2007, 96 = NZM 2007, 490; KG, Beschl. v. 5.5.1993 – 24 W 3913/92, NJW-RR 1994, 278 (279); BayObLG, Beschl. v. 27.9.1990 – 2Z BR 47/90, MDR 1991, 158 = NJW-RR 1991, 215 (216). 5 Becker, ZWE 2008, 405 (409).

347

873

§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen mann verlangen müssen, dass er die Prozessstandschaft für seine Frau dem Gericht gegenüber offen legt.

874

Steht Wohnungseigentum unter Zwangsverwaltung, so übt der Zwangsverwalter das Anfechtungsrecht als Partei kraft Amtes aus. Entsprechendes gilt für den Testamentsvollstrecker und für den Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Wohnungseigentümers.1 Die Inhaber dinglicher Nutzungsrechte am Wohnungseigentum, etwa Nießbraucher, sind nicht zur Beschlussanfechtung berechtigt, da ihnen mangels eines Stimmrechts die Mitwirkung an der Willensbildung der Wohnungseigentümer versagt ist.2 Auch der rechtsfähigen Gemeinschaft steht kein Anfechtungsrecht zu, selbst wenn sie Wohnungseigentümerin ist.3

875

Obgleich in § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG von der „Klage auf Erklärung der Ungültigkeit“ die Rede ist, steht dem Verwalter neben den Wohnungseigentümern kein Gestaltungsklagerecht zur Beschlussanfechtung zu, dass er im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer ausüben könnte.4 Die Vorschrift regelt schon dem Wortlaut nach allein die passive Parteistellung.5

876

Ein eigenständiges, altruistisches Anfechtungsrecht des Verwalters wird seiner Funktion als ausführendes Organ der Eigentümergemeinschaft nicht gerecht und ist daher abzulehnen.6 Der Verwalter darf sich über gültige Beschlüsse der Wohnungseigentümer nicht hinweg setzen. Er ist gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG auch verpflichtet, anfechtbare Beschlüsse der Wohnungseigentümer auszuführen. Deshalb bleibt die Beschlussanfechtung den Wohnungseigentümern überlassen. Eine Ausnahme gilt für den Beschluss über die Abberufung des Verwalters: Nach Ansicht des BGH steht dem Verwalter das Recht zu, einen solchen Beschluss anzufechten (s. dazu Rz. 614).7

3. Klagegegner 877

Die Beschlussmängelklage eines Wohnungseigentümers ist gem. § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten, 1 Klein in Bärmann, § 46 WEG, Rz. 35. 2 OLG Düsseldorf, ZMR 2005, 469; Klein in Bärmann, § 46 WEG, Rz. 36; a.A. Jennißen/Suilmann, § 46 WEG, Rz. 65. 3 Klein in Bärmann, § 46 WEG, Rz. 30; Häublein, FS Seuß (2007), S. 125 (136); Hügel/Elzer, § 13 Rz. 123. 4 LG Nürnberg/Fürth, Urt. v. 18.3.2009 – 14 S 8312/06, ZMR 2009, 483 (485); LG Itzehoe, Urt. v. 12.4.2011 – 11 S 50/10, NZM 2012, 207; Klein in Bärmann, § 46 WEG, Rz. 32; Jennißen/Suilmann, § 46 WEG Rz. 49a; unklar: Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 16/3834, 28. 5 Klein in Bärmann, § 46 WEG, Rz. 31. 6 Jennißen/Suilmann, § 46 WEG, Rz. 44 ff.; Jennißen/Suilmann, Beschlussmängelverfahren, S. 56 ff., 157 ff.; Kümmel, ZWE 2001, 516. 7 BGH, Beschl. v. 20.6.2002 – V ZB 39/01, MDR 2002, 1427 = ZWE 2002, 570 (572); a.A. Becker, ZWE 2003, 162 (164 f.); Drasdo, NZM 2001, 923 (931); Gottschalg, ZWE 2006, 332; Reuter, ZWE 2001, 286 (292); Suilmann, ZWE 2000, 106 (111).

348

IV. Beschlussmängelklagen

und zwar unabhängig davon, ob diese dem angefochtenen Beschluss zugestimmt haben oder nicht.1 Auch die Beschlussmängelklage des Verwalters richtet sich zwingend gegen die einzelnen Wohnungseigentümer, nicht etwa gegen die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Hier zeigt sich der Charakter der Beschlussmängelklage als Abwehrklage gegen eine rechtswidrige Willensbildung der Wohnungseigentümer. Grundlage des Gestaltungsklagerechts ist der Anspruch auf Aufhebung fehlerhafter Beschlüsse.2 Er richtet sich gegen die Wohnungseigentümer als Träger der Willensbildung, die für die Aufhebung von Beschlüssen zuständig sind.3 Dadurch, dass das Gesetz die Aufhebung im Interesse der Rechtsklarheit von einem richterlichen Gestaltungsakt abhängig macht, ändert sich nichts an der Zuständigkeit der Wohnungseigentümer. Sie sind daher die richtigen Beklagten um Beschlussmängelprozess.

878

Der Kläger muss die übrigen Wohnungseigentümer der Gemeinschaft grundsätzlich bereits in der Klageschrift als Beklagte benennen, also zum Ausdruck bringen, dass sich die Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer der Gemeinschaft richtet. Dies kann auch durch eine Sammelbezeichnung geschehen. Die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit, die Beklagten noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung „namentlich“ zu bezeichnen (§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG), macht eine richtige Bezeichnung der Beklagten in der Klageschrift gem. § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht entbehrlich. Bereits bei Zustellung der Klageschrift muss feststehen, zwischen welchen Parteien ein Prozessrechtsverhältnis besteht.

879

Beispiel: „Klage des … gegen die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft A-Straße 10–12 in 97860 B-Stadt – Beklagte; Verwalter: X-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Walter Y, Z-Straße 13 in 97860 B-Stadt.“

Nach der Rechtsprechung des BGH wird die in § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG geregelte Klagefrist allerdings auch durch eine innerhalb dieser Frist gegen die (nach § 10 Abs. 6 WEG rechtsfähige) Wohnungseigentümergemeinschaft erhobene Klage gewahrt, sofern die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG erfüllt sind, die Klage also an den in der Klageschrift als Zustellungsvertreter benannten Verwalter zugestellt wurde und der Übergang zu einer Klage gegen die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft vor Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt.4

1 Vgl. BT-Drucks. 16/887, 73. 2 Jennißen/Suilmann, § 46 WEG, Rz. 9. 3 So bereits BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 f. (237) = NJW 2005, 2061 (2068); BT-Drucks. 16/887, 38. 4 BGH, Urt. v. 21.1.2011 – V ZR 140/10, MDR 2011, 413 = MietRB 2011, 117 = WuM 2011, 186 m.w.N.

349

880

§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

4. Anfechtungs- und Klagebegründungsfrist a) Anfechtungsfrist 881

Bei der Klage auf Ungültigerklärung anfechtbarer Beschlüsse hat der Kläger die Anfechtungsfrist zu beachten. Er muss die Klage auf Ungültigerklärung innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erheben (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG). Die Anfechtungsfrist soll den Wohnungseigentümern und dem Verwalter im Hinblick auf Anfechtungsgründe alsbald Klarheit über die Gültigkeit eines Beschlusses verschaffen.1 Wird sie versäumt, erwächst ein anfechtbarer Beschluss in Bestandskraft. Das Gericht weist die Anfechtungsklage als unbegründet ab.2

882

Die Monatsfrist beginnt mit dem Tag der Beschlussfassung. Bei Versammlungsbeschlüssen ist also der Tag der Versammlung maßgeblich. Der Fristbeginn hängt nicht davon ab, ob der Anfechtungsberechtigte an der Versammlung teilgenommen hat oder ihm eine Versammlungsniederschrift zugegangen ist.3 Die Frist endet im Folgenden Monat mit Ablauf des Tages, der nach seiner Bezeichnung dem Tag der Beschlussfassung entspricht (§ 188 Abs. 2 BGB). Fällt der bezeichnete Tag auf einen Sonnabend, Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag, so ist der nächste Werktag maßgeblich (§ 193 BGB). Beispiel: Am 25.11.2009 findet eine Versammlung der Wohnungseigentümer statt. Die Frist zur Anfechtung der in der Versammlung gefassten Beschlüsse endet nicht bereits mit Ablauf des 25. Dezember. Da der 25. und der 26.12.2009 gesetzliche Feiertage sind und sich ein Sonntag anschließt, endet die Frist erst mit Ablauf des 28.12.2009, dem nächsten Werktag.

883

Die Anfechtungsfrist wird durch Erhebung der Klage, d.h. durch Zustellung an die Beklagten gewahrt (§ 253 Abs. 1 ZPO). Die rechtzeitige Einreichung der Klageschrift bei Gericht wahrt die Frist, wenn die Zustellung demnächst erfolgt (§ 167 ZPO). Auch die Einreichung bei einem örtlich unzuständigen Gericht genügt.4 Die Zustellung erfolgt „demnächst“, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist ohne eine vom Kläger zu vertretene Verzögerung vorgenommen wird. Längere Fristen können angemessen sein, wenn die Verzögerung auf Versäumnisse des Gerichts und nicht auf einer vorwerfbaren Nachlässigkeit des Klägers beruht.5 Ohne gerichtliche Anforderung braucht der Kläger daher den Gerichtskostenvorschuss nicht einzuzahlen, um

1 BGH, Beschl. v. 17.9.1998 – V ZB 14/98, NJW 1998, 3648. 2 BGH, Urt. v. 16.1.2009 – V ZR 74/08, NotBZ 2009, 232 = MDR 2009, 462 = MietRB 2009, 134 = Rz. 7. 3 BGH, Urt. v. 16.1.2009 – V ZR 74/08, NotBZ 2009, 232 = MDR 2009, 462 = MietRB 2009, 134 = Rz. 16; Jennißen/Suilmann, § 46 WEG Rz. 70. 4 BGH, Beschl. v. 17.9.1998 – V ZB 14/98, NJW 1998, 3648. 5 LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 23.5.2008 – 14 T 2925/08, ZMR 2008, 737.

350

IV. Beschlussmängelklagen

die Zustellung der Klage zu bewirken (§ 12 Abs. 1 Satz 1 GKG).1 Bleibt die Anforderung aus, so ist der Kläger gehalten, innerhalb einer angemessenen Frist bei Gericht nachzufragen. Nach gerichtlicher Anforderung muss er den Vorschuss unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, einzuzahlen. Die Einzahlung muss innerhalb eines Zeitraumes erfolgen, der sich „um zwei Wochen bewegt oder nur geringfügig darüber liegt.“2 Beispiel: Ein Wohnungseigentümer wendet sich gegen Beschlüsse einer Eigentümerversammlung vom 7.8. Seine Anfechtungsklage geht am 7.9. bei Gericht ein. Am 18.9. geht dem Kläger die Anforderung des Gerichtskostenvorschusses zu. Der Kläger zahlt den Vorschuss am 5.10. ein. Die Klage wird den Beklagten am 18.10. zugestellt.3 – Obgleich zwischen Zugang der Gebührenanforderung und Zahlung 17 Tage liegen, sieht das LG die Anfechtungsfrist als gewahrt. Zu Recht betont das Gericht, dass angesichts der weit reichenden Folgen für den Kläger keine absolute Obergrenze von zwei Wochen gibt. Schutzwürdige Belange der Beklagten werden dadurch nicht beeinträchtigt, da der Kläger seine konkreten Angriffsmittel erst innerhalb der Klagebegründungsfrist von zwei Monaten vorbringen muss und bis dahin für die Beklagten keine abschließende Gewissheit über die Reichweite der Bestandskraft besteht.

b) Klagebegründungsfrist Der Kläger muss die Beschlussanfechtungsklage innerhalb von zwei Monaten seit der Beschlussfassung begründen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG). Die über die Anfechtungsfrist hinausgehende Klagebegründungsfrist trägt dem Umstand Rechnung, dass die Versammlungsniederschrift den Wohnungseigentümern oft nicht rechtzeitig innerhalb der Anfechtungsfrist zur Verfügung steht, um die Anfechtungsklage zu begründen.4 Die Klagebegründungsfrist ist wie die Anfechtungsfrist eine materielle Ausschlussfrist, die das Gericht auch auf Antrag des Klägers nicht verlängern kann.5 Wird die Anfechtungsklage rechtzeitig erhoben, aber nicht innerhalb der Klagebegründungsfrist begründet, ist die Klage als unbegründet abzuweisen.6

884

Um die Begründungsfrist nicht zu versäumen, muss der Anfechtungskläger sämtliche Anfechtungsgründe rechtzeitig in den Prozess einführen. Erforderlich ist, dass sich den innerhalb der Frist eingegangenen Schriftsätzen der wesentliche tatsächliche Kern der Gründe entnehmen lässt, auf die der Kläger seine Anfechtungsklage stützt7. Ein Nachschieben von neuen Gründen ist ausgeschlossen.8 Der Kläger hat jedoch auch nach Ab-

885

1 BGH, Urt. v. 19.10.1977 – IV ZR 149/76, BGHZ 69, 361 (368); Jennißen/Suilmann, § 46 Rz. 83a. 2 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 1.10.2008 – 14 S 4986/08; a.A. LG München I, Urt. v. 22.9.2008 – 1 S 6883/08. 3 LG München I, Urt. v. 22.9.2008 – 1 S 6883/08, MietRB 2009, 45. 4 BT-Drucks. 16/887, 73. 5 Jennißen/Suilmann, § 46 WEG, Rz. 104; Klein in Bärmann, § 46 WEG, Rz. 55. 6 BGH, Urt. v. 16.1.2009 – V ZR 74/08, NotBZ 2009, 232 = MDR 2009, 462 = MietRB 2009, 134 = NJW 2009, 999 (1000). 7 BGH, Urt. v. 27.3.2009 – V ZR 74/98, NJW 2009, 2132 (2133). 8 BGH, Urt. 16.1.2009 – V ZR 74/08, NotBZ 2009, 232 = MDR 2009, 462 = MietRB 2009, 134 = NJW 2009, 999 (1000).

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§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

lauf der zweimonatigen Frist die Möglichkeit, seinen Tatsachenvortrag zu ergänzen.1 Beispiel: Ein Wohnungseigentümer erhebt Anfechtungsklage mit der Begründung, der angefochtene Beschluss einer Instandsetzungsmaßnahme verstoße gegen die Grundsätze einer ordnungsmäßigen Verwaltung, da die Maßnahme zur ordnungsmäßigen Instandhaltung nicht geeignet sei. Nach Ablauf der Klagebegründungsfrist kann der Kläger nicht mehr geltend machen, der Beschluss sei bereits aus formalen Gründen fehlerhaft, weil die Versammlung nicht beschlussfähig gewesen sei. Er hat lediglich die Möglichkeit, seinen Sachvortrag zu substantiieren, indem er etwa ein Privatgutachten über die fehlende Eignung der beschlossenen Instandsetzungsmaßnahme vorlegt.

c) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand 886

Versäumt der Anfechtungskläger ohne sein Verschulden die Anfechtungsoder Klagebegründungsfrist, kann ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren. Nach Inkrafttreten der WEG-Novelle 2007 bestimmt § 46 Abs. 1 Satz 3 WEG ausdrücklich, dass die §§ 233 bis 238 ZPO über die Wiedereinsetzung entsprechend gelten.2 Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen zwei Wochen seit Beseitigung des Hindernisses zu stellen, das den Anfechtungsberechtigten von der rechtzeitigen Klageerhebung bzw. -begründung abgehalten hat. Die Tatsachen, die auf ein fehlendes Verschulden schließen lassen, sind glaubhaft zu machen. Beispiele: Die Rechtsprechung gewährt eine Wiedereinsetzung der versäumten Anfechtungsfrist, wenn ein Wohnungseigentümer wegen unterbliebener Ladung oder unzureichender Bezeichnung des Beschlussgegenstandes in der Tagesordnung nicht an einer Versammlung der Wohnungseigentümer teilgenommen und daher zu spät von dem Beschluss Kenntnis erlangt hat.3 Eine Wiedereinsetzung kommt in Betracht, wenn Beschlüsse nicht ordnungsgemäß vor Ablauf der Anfechtungsfrist in die Beschluss-Sammlung oder in eine Versammlungsniederschrift aufgenommen werden. Unterlässt es ein ordnungsgemäß geladener Wohnungseigentümer jedoch, sich rechtzeitig durch Einsichtnahme in die Beschluss-Sammlung nach den gefassten Beschlüssen zu erkundigen, so ist die Fristversäumung verschuldet; eine Wiedereinsetzung der Frist kommt nicht in Betracht.

1 Jennißen/Suilmann, § 24 WEG, Rz. 111. 2 Zum alten Recht bereits BGH, Beschl. v. 21.5.1970 – VII ZB 3/70, NJW 1970, 1316 (1317); BayObLG, Beschl. v. 9.2.1981 – 2Z BR 8/80, BayObLGZ 1981, 21 (27); Beschl. v. 27.1.1989 – 2Z BR 67/88, BayObLGZ 1989, 13 (14); BayObLG, Beschl. v. 20.3.1991 – 2Z BR 8/91, NJW-RR 1991, 976 (977); Beschl. v. 2.8.2001 – 2Z BR 144/00, ZWE 2001, 480 (481); KG, Beschl. v. 9.1.2002 – 24 W 91/01, WuM 2002, 167; a.A. zum alten Recht Suilmann, Beschlussmängelverfahren, S. 78; Assmann, ZWE 2001, 294 (296); Merle/Becker, FS Deckert, 2002, S. 231 (236 f.). 3 BayObLG, Beschl. v. 9.4.1998 – 2Z BR 63/98, ZMR 1998, 508; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.12.1994 – 3 Wx 536/93, NJW-RR 1995, 464; KG, Beschl. v. 27.3. 1996 – 24 W 5414/95, NJW-RR 1996, 844, 845.

352

IV. Beschlussmängelklagen

Mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung muss der Kläger die versäumte Prozesshandlung nachholen, also eine ordnungsgemäße Anfechtungsklage erheben bzw. die Begründung der Klage bei Gericht einreichen (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Nach Ablauf eines Jahres seit Verstreichen der versäumten Frist ist eine Wiedereinsetzung ausgeschlossen (§ 234 Abs. 3 ZPO).

887

5. Verbindung mehrerer Beschlussmängelprozesse Mehrere Wohnungseigentümer können unabhängig voneinander von ihrem Gestaltungsklagerecht Gebrauch machen, indem jeder für sich die Ungültigerklärung desselben Beschlusses beantragt. Sind mehrere Beschlussmängelklagen mit demselben Streitgegenstand anhängig, darf es nicht zu inhaltlich divergierenden gerichtlichen Entscheidungen kommen. Deshalb bestimmt § 47 Satz 1 WEG, dass mehrere Prozesse über die Gültigkeit desselben Beschlusses zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden sind. Wegen der Identität des Streitgegenstands sind auch Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen zu verbinden, die denselben Beschluss betreffen.

887a

Die Verbindung der vorher selbständigen Prozesse bewirkt, dass die jeweiligen Kläger als Beklagte in den jeweils anderen Verfahren ausscheiden und als prozessual notwendige Streitgenossen auf Klägerseite anzusehen sind (§ 47 Satz 2 WEG). Die Streitgenossen können weiterhin unabhängig voneinander Prozesshandlungen vornehmen, etwa ihre Klage zurücknehmen. Ist die Beschlussmängelklage auch nur eines Streitgenossen begründet, so hat das Gericht den Beschluss für ungültig zu erklären bzw. dessen Ungültigkeit festzustellen. Die Streitgenossenschaft hindert das Gericht nicht, die unbegründete Klage eines anderen Klägers abzuweisen.1

888

Beispiel: Die Wohnungseigentümer A und B beantragen unabhängig voneinander, den in der Versammlung am 2.3. gefassten Sonderumlagebeschluss für ungültig zu erklären. Die Anfechtungsklage des A geht form- und fristgerecht am 2.4. bei Gericht ein. Die Klage des B wird erst am 4.4. und damit verspätet bei Gericht eingereicht. – Ist die Klage des A begründet, erklärt das Gericht den angefochtenen Beschluss für ungültig. Obwohl damit auch B sein Rechtsschutzziel erreicht, wird sein Klageantrag wegen Versäumung der Anfechtungsfrist als unbegründet abgewiesen. Der unterlegene Kläger ist gemeinsam mit den Beklagten gem. § 92 Abs. 1 ZPO an den Kosten des Rechtsstreits zu beteiligen.

Nicht nur theoretisch ist der Fall, dass alle Wohnungseigentümer nacheinander innerhalb der Anfechtungsfrist Beschlussanfechtungsklage erheben.2 In einem solchen Fall hat die Verbindung der Prozesse (§ 47 Satz 1 WEG) zur Folge, dass kein (formeller) Beklagter mehr vorhanden ist. Da ein Zivilprozess ohne Beklagte nicht vorstellbar ist, liegt die (unzutreffen1 BGH, Urt. v. 27.3.2009 – V ZR 196/08, MDR 2009, 796 = MietRB 2009, 198 ff. = NJW 2009, 2132 (2134); Klein in Bärmann, § 47 WEG, Rz. 11; Jennißen/Suilmann, § 46 WEG, Rz. 170. 2 Siehe AG Bingen, Beschl. v. 12.9.2007 – 3 C 399/07, ZMR 2008, 739.

353

889

§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

de) Annahme nahe, dass die Prozessrechtsverhältnisse der Parteien durch Konfusion ohne weiteres erlöschen.1 890

Eine solche Verfahrensweise wäre indes nicht sachgerecht. Eine Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage ist nicht deshalb unzulässig, weil sie von allen Wohnungseigentümer betrieben wird. Die von ihnen begehrte Rechtsgestaltung kann nur das nach § 43 Nr. 4 WEG zuständige Gericht bewirken2. Anders als bei Leistungs- oder Feststellungsklagen kommt es bei einem Gestaltungsklageverfahren auch nicht maßgeblich darauf an, welche Parteistellung die Beteiligten einnehmen. Maßgeblich ist, dass die materiell betroffenen Personen an dem Verfahren überhaupt beteiligt sind. Nicht erforderlich ist es daher, einem Wohnungseigentümer die Rolle eines Beklagten und Widerklägers zuzuweisen3. Die Kläger dürfen auch nicht auf die Möglichkeit verwiesen werden, den Beschluss durch erneute Beschlussfassung (Zweitbeschluss) selbst aufheben zu können. Die Beteiligung aller Wohnungseigentümer als Kläger des Anfechtungsverfahrens macht allenfalls eine Kostenentscheidung nach § 91 ZPO entbehrlich, da im Verhältnis mehrerer obsiegender Kläger untereinander kein Kostenerstattungsanspruch entstehen kann4.

6. Gerichtliche Entscheidung 890a

Ist die Beschlussmängelklage zulässig und begründet, erklärt das Gericht den angefochtenen Beschluss durch Gestaltungsurteil für ungültig oder stellt die Ungültigkeit des Beschlusses fest. Bei einer auf Ungültigerklärung gerichteten Beschlussanfechtungsklage hat das Gericht auch Nichtigkeitsgründe zu berücksichtigen, da sie denselben Streitgegenstand betreffen (s.o. Rz. 867). Hat der Anfechtungskläger erkennbar eine Tatsache übersehen, aus der sich die Nichtigkeit des Beschlusses ergibt, so hat das Gericht darauf hinzuweisen (§ 46 Abs. 2 WEG). Erweist sich der angefochtene Beschluss als nichtig, ist das Gericht nicht gehindert, den Beschluss durch Gestaltungsurteil für ungültig zu erklären.5 Wird eine Anfechtungsklage als unbegründet abgewiesen, so kann keiner der Parteien mehr geltend machen, der angefochtene Beschluss sei nichtig (§ 48 Abs. 4 WEG).

1 So auch AG Bingen, Beschl. v. 12.9.2007 – 3 C 399/07, ZMR 2008, 739; Bonifacio, ZMR 2007, 592 (594); a.A. Abramenko, ZMR 2008, 689 (690), der die rechtsfähige Gemeinschaft als „gewillkürten“ Ersatzbeklagten ansieht. 2 Abramenko, ZMR 2008, 689 (699); a.A. AG Bingen v. 12.9.2007 – 3 C 399/07, NZM 2009, 167; Bonifacio, ZMR 2010, 163 (167). 3 So aber: Lüke in FS Merle (2010), 229 (241). 4 Wie hier: Elzer in Timme, § 46 WEG Rz. 126; Jennißen/Suilmann, § 46 WEG, Rz. 143d. 5 Zutreffend Jennißen/Suilmann, § 46 WEG, Rz. 156 f.; Dötsch, ZMR 2008, 433 (435); a.A. BGH, Beschl. v. 2.10.2003 – V ZB 34/03, BGHZ 156, 279 (294) = NJW 2003, 3550 (3554); Klein in Bärmann, § 46 WEG, Rz. 77: Feststellung der Nichtigkeit.

354

IV. Beschlussmängelklagen

Die gerichtliche Entscheidung über die Gültigkeit eines Beschlusses kann gegenüber den Beklagten nur einheitlich erfolgen. Das Gericht kann insbesondere kein Teilversäumnisurteil gegen einzelne Wohnungseigentümer erlassen. Die Beklagten sind prozessual notwendige Streitgenossen i.S.v. § 62 Abs. 1 Fall 1 ZPO, so dass ein säumiger Wohnungseigentümer nach dieser Vorschrift als durch die anderen Streitgenossen vertreten angesehen wird. Auch kann das Gericht gegen einen einzelnen Beklagten, der den Gestaltungsklageanspruch anerkennt, kein Teilanerkenntnisurteil erlassen. Nur wenn alle Beklagten den Gestaltungsklageanspruch anerkennen, kann das Gericht durch Anerkenntnisurteil entscheiden. Werden die Beklagten gem. § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG durch den Verwalter vertreten, ist streitig, ob dieser den Klageanspruch mit Wirkung gegen alle Beklagten anerkennen kann (s.o. Rz. 826).1

891

Die Beschlussanfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung. Ein anfechtbarer Beschluss ist erst dann rückwirkend ungültig, wenn das Gestaltungsurteil in Rechtskraft erwächst, also nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden kann (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG). Das rechtskräftige Urteil wirkt gem. § 48 Abs. 3 WEG für und gegen alle Wohnungseigentümer und ihre Rechtsnachfolger sowie für und gegen den beigeladenen Verwalter (s.o. Rz. 863). Zu den materiell-rechtlichen Folgen der rückwirkenden Ungültigerklärung (s.o. Rz. 187 ff.).

892

Will der Anfechtungskläger erreichen, dass der angefochtene Beschluss bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache außer Kraft gesetzt wird, muss er den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen. Nach § 940 ZPO sind einstweilige Verfügungen zur Regelung eines einstweiligen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht darf im einstweiligen Verfügungsverfahren allerdings die Hauptsache nicht vorwegnehmen. Deshalb darf es den Beschluss nicht im Wege der einstweiligen Verfügung für ungültig erklären. Es kann lediglich anordnen, dass ein ausführungsbedürftiger Beschluss vorläufig nicht ausgeführt werden darf.2

893

Arbeitsbeispiel 12: Beschlussanfechtungsklage Sachverhalt: Der anwaltlich vertretene Kläger betreibt die Anfechtung eines Beschlusses über den Anbau von Balkonen, den die Eigentümerversammlung am 19.6. mit einer Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile gefasst hat. Die am 13.7. beim AG eingereichte Klage bezeichnet „die Wohnungseigentümergemeinschaft X Straße in Y-Stadt“ als Beklagte. In der Klageschrift ist stets von „der Beklagten“ die Rede. Der Klageschrift sind das Versammlungsprotokoll und eine Eigentümerliste beigefügt. Nach Einzahlung des an1 Bejahend: Bergerhoff, NZM 2007, 425 (430); verneinend: Suilmann, MietRB 2014, 156 (158). 2 Jennißen/Suilmann, § 46 WEG, Rz. 175.

355

894

§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

geforderten Gerichtskostenkostenvorschusses wird die Klage dem Verwalter zugestellt. Mit Schriftsatz vom 31.8. zeigt der Kläger an, dass sich die Klage nicht gegen die Gemeinschaft, sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer richtet. Wie wird das Gericht entscheiden? Lösung: Naheliegend wäre es, die Klage abzuweisen, weil sie gegen die falsche Beklagte erhoben wurde. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG ist die Anfechtungsklage gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten. Hier hat der Kläger die Klage jedoch gegen die Gemeinschaft gerichtet. Nach der Rechtsprechung des BGH wird die in § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG geregelte Klagefrist indes auch durch eine innerhalb dieser Frist gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft erhobene Klage gewahrt, sofern die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG erfüllt sind und der Übergang zu einer Klage gegen die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft vor Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt1. Maßgeblich für die Fristwahrung sei es, dass die Klage an den Verwalter zugestellt werde. Zweck der Anfechtungsfristen sei es, dass die übrigen Wohnungseigentümer und der Verwalter möglichst rasch Klarheit darüber erlangen sollen, welche Beschlüsse aus welchen Gründen angefochten werden. Dieses Ziel werde auch dann erreicht, wenn eine diesen Anforderungen genügende Klage gegen die „Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband“ erhoben und begründet werde.2 Abwandlung: Anders als im Ausgangsfall richtet sich die Klage von Anfang an gegen die übrigen Wohnungseigentümer. Die Klageschrift vom 13.7. begründet die Anfechtung zunächst damit, dass der Anbau der Balkone die Eigenart der Wohnanlage verändere und der Anbau den Lichteinfall in den Erdgeschosswohnungen beeinträchtige. Erst mit Schriftsatz vom 31.8. macht der Kläger zudem geltend, dass der Beschlussgegenstand „Anbau von Balkonen“ bei der Einberufung der Versammlung nicht bezeichnet gewesen sei. Wie wird das Gericht entscheiden? Lösung: Das Gericht wird den angefochtenen Beschluss für ungültig erklären, wenn der Balkonanbau als Maßnahme der Modernisierung in seiner konkreten Ausführung die Eigenart der Wohnanlage verändert oder einzelne Wohnungseigentümer unbillig beeinträchtigt (§ 22 Abs. 2 WEG; s.o. Rz. 398 ff.). Es kann die Ungültigerklärung nicht auf die fehlende Bezeichnung des Beschlussgegenstandes in der Einberufung stützen (§ 23 Abs. 2 WEG; s.o. Rz. 468 ff.). Der Kläger hat den Einberufungsmangel nicht innerhalb der zweimonatigen Klagebegründungsfrist gem. § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG geltend gemacht. Ein Nachschieben von Anfechtungsgründen ist nach Ablauf der Klagebegründungsfrist ausgeschlossen (s.o. Rz. 885).

1 BGH, Urt. v. 21.1.2011 – V ZR 140/10, MDR 2011, 413 = MietRB 2011, 117 = WuM 2011, 186; BGH, Urt. v. 5.3.2010 – V ZR 62/09, MDR 2010, 737 = MietRB 2010, 170 = NJW 2010, 2132 f.; BGH, Urt. v. 17.9.2010 – V ZR 5/10, MDR 2010, 1341 = MietRB 2010, 361 = NJW 2010, 3376 f.; BGH, Urt. v. 6.11.2009 – V ZR 73/09, MDR 2010, 98 = MietRB 2010, 40 ff. = NZM 2010, 46. 2 BGH, Urt. v. 5.3.2010 – V ZR 62/09, MDR 2010, 737 = MietRB 2010, 170 = NJW 2010, 2132 f.

356

V. Kosten des Rechtsstreits

Abwandlung: Wie ist die Rechtslage, wenn der Kläger ohne die beigefügte Tagesordnung zur Versammlung geladen wurde? Ist ihm auf Antrag die Wiedereinsetzung der versäumten Klagebegründungsfrist zu gewähren, weil er erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens Kenntnis von der Tagesordnung erlangt? Lösung: Nein! Der Wiedereinsetzungsantrag nach § 46 Abs. 1 Satz 3 WEG, §§ 233 ff. ZPO kann sich zwar auf die Zulassung verspätet vorgetragener Anfechtungsgründe beziehen (s.o. Rz. 886). Allerdings hat der Antrag nur Erfolg, wenn der Kläger schuldhaft gehindert war, den Anfechtungsgrund rechtzeitig geltend zu machen. Daran fehlt es hier, denn der Kläger hätte innerhalb der Klagebegründungsfrist ohne weiteres geltend machen können, dass ihm keine Tagesordnung zugegangen ist.

V. Kosten des Rechtsstreits 1. Kostenentscheidung des Gerichts a) Kostentragung der Parteien Mit der Entscheidung in der Hauptsache entscheidet das Gericht nach Maßgabe der §§ 91 ff. ZPO darüber, wer im Verhältnis der Parteien die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Zu Kosten des Rechtstreits (Prozesskosten) zählen neben den Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen des Gerichts) auch die außergerichtlichen Kosten, insbesondere die Anwaltskosten der Parteien. Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits, also auch die außergerichtlichen Kosten der obsiegenden Partei zu tragen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.

895

Im Unterschied zum Recht vor der WEG-Novelle 2007 steht die Kostenentscheidung grundsätzlich nicht mehr im billigen Ermessen des Gerichts (vgl. § 47 WEG a.F.). Es kann also nicht mehr von der vormals üblichen Praxis Gebrauch machen, von einer Erstattung der außergerichtlichen Kosten abzusehen.1 Gemäß § 49 Abs. 1 WEG kann das Gericht über die Prozesskosten nur ausnahmsweise nach billigem Ermessen entscheiden, wenn es gem. § 21 Abs. 8 WEG auch in der Hauptsache nach billigem Ermessen entscheidet (s.o. Rz. 377).

896

Obsiegt eine Partei nur teilweise, sind die Kosten in dem Verhältnis zu teilen, in dem die Parteien unterlegen sind (§ 92 ZPO). In diesem Fall weist die gerichtliche Kostenentscheidung eine Kostenquote aus. Ausnahmsweise hat der obsiegende Kläger die Prozesskosten zu tragen, wenn der Beklagte keine Veranlassung zur Klage gegeben hat und er den Klageanspruch sofort anerkennt (§ 93 ZPO). Haben die Parteien den Rechtstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, so ist durch Urteil in der Hauptsache nicht mehr zu entscheiden. Das Gericht entscheidet über die Kosten unter Be-

897

1 Vgl. dazu BGH, Beschl. 2.6.2005 – V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 f., 237 = NJW 2005, 2061 (2069).

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§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

rücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands durch Beschluss (§ 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO). b) Kostenlast des Verwalters 898

Die Prozesskosten sind grundsätzlich von den Parteien zu tragen. Hiervon macht § 49 Abs. 2 WEG für den Verwalter eine Ausnahme. Soweit er die Tätigkeit des Gerichts durch grobes Verschulden veranlasst hat, kann das Gericht ihm die Prozesskosten auferlegen, wenn er nicht selbst Partei des Rechtsstreits ist. Beispiele: Der Verwalter klagt im Namen der Gemeinschaft Beitragsrückstände gegen einen Wohnungseigentümer ein. Die Gemeinschaft unterliegt, weil der Verwalter weder durch Vereinbarung noch Beschluss zur Geltendmachung von Beitragsforderungen ermächtigt ist (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 WEG; s.o. Rz. 664).1 – Die Gemeinschaft unterliegt im Beitragsprozess, weil der Verwalter im Namen der Gemeinschaft Beiträge geltend macht, die noch nicht fällig sind.2 – Im Beschlussmängelprozess erklärt das Gericht einen Beschluss der Eigentümerversammlung für ungültig, weil der Verwalter als Versammlungsleiter die fehlende Beschlussfähigkeit der Versammlung nicht beachtet oder ein fehlerhaftes Beschlussergebnis verkündet hat (s.o. Rz. 503 ff.).3

899

Das Gericht müsste die Prozesskosten in den genannten Fällen nach § 91 ZPO der jeweils unterliegenden Partei, im Beitragsprozess also der Gemeinschaft und im Beschlussmängelprozess den beklagten Wohnungseigentümern auferlegen. Die mit Prozesskosten belastete Partei hätte in diesem Fall einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen den Verwalter, der den Prozess durch pflichtwidriges und schuldhaftes Verhalten veranlasst hat (§ 280 Abs. 1 BGB). Den Kostenerstattungsanspruch müsste die unterliegende Partei in einem Folgeprozess gesondert geltend machen. Um derartige Folgeprozesse zu vermeiden, kann das Gericht gem. § 49 Abs. 2 WEG die Kostenerstattungspflicht des Verwalters bereits im Rahmen der gerichtlichen Kostenentscheidung berücksichtigen und ihm die Prozesskosten ganz oder teilweise auferlegen.

900

Zu beachten ist, dass das Gericht dem Verwalter Prozesskosten nur auferlegen kann, wenn ihn ein grobes Verschulden trifft. „Grobes Verschulden“ erfordert ein pflichtwidriges, mindestens grob fahrlässiges Verhalten. Der Verwalter muss die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt haben, indem er etwa ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben und dasjenige unbeachtet gelassen hat, was sich im konkreten Fall jedem aufdrängen musste.4 Das 1 Vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.6.2006 – 3 Wx 265/05, NZM 2007, 46. 2 BayObLG, Beschl. v. 25.7.2005 – 2Z BR 230/04, NJW-RR 2005, 1607 (1608). 3 OLG München, Beschl. v. 21.2.2007 – 34 Wx 100/06, MietRB 2007, 176 = NZM 2007, 448. 4 Klein in Bärmann, § 49 WEG, Rz. 25; Jennißen/Suilmann, § 49 WEG, Rz. 25; a.A. Drasdo, NZM 2009, 257 (259): „Verhalten, das das Maß der groben Fahrlässigkeit überschreitet.“

358

V. Kosten des Rechtsstreits

Maß der im Verkehr anzuwendenden Sorgfalt hängt im Einzelfall auch davon ab, ob der Verwalter gewerbsmäßig tätig wird. Von einem gewerbsmäßig tätigen Berufsverwalter kann erwartet werden, dass er die in der Teilungserklärung getroffenen Vereinbarungen kennt und richtig anwendet.1 Beispiel: Einem gewerbsmäßig tätigen Verwalter müssen die gesetzlichen oder in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Mehrheitserfordernisse einer Beschlussfassung sowie die Rechtsprechung zur Feststellung und Verkündung von Versammlungsbeschlüssen bekannt sein (s.o. Rz. 503 ff.). Beschließen die Wohnungseigentümer, die Kosten einer Instandsetzungsmaßnahme abweichend vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel zu verteilen, so hat der Verwalter als Versammlungsleiter zu beachten, dass ein derartiger Beschluss gem. § 16 Abs. 4 Satz 2 WEG einer qualifizierten Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer nach Köpfen und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile bedarf. Stellt der Verwalter ein positives Beschlussergebnis fest, obwohl nur eine einfache Mehrheit für den Beschlussantrag stimmt, handelt der gewerbsmäßig tätige Verwalter grob fahrlässig. Er läuft Gefahr, dass ihm das Gericht im Beschlussanfechtungsprozess die Prozesskosten auferlegt.

Liegt ein grobes Verschulden des Verwalters vor, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßen Ermessen, ob es von der Möglichkeit Gebrauch macht, dem Verwalter nach § 49 Abs. 2 WEG Prozesskosten aufzuerlegen. Bevor das Gericht dem Verwalter die Prozesskosten auferlegt, muss es ihm rechtliches Gehör gewähren. Es muss dem Verwalter von den entscheidungserheblichen Umständen in Kenntnis setzen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Der Verwalter kann eine ihn belastende Kostenentscheidung entsprechend §§ 91a Abs. 2, 99 Abs. 2 ZPO mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde beim LG anfechten.2

901

Sieht das Gericht davon ab, dem Verwalter Prozesskosten aufzuerlegen, weil es kein grobes Verschulden des Verwalters festzustellen vermag, stellt sich die Frage, ob diese Entscheidung abschließend ist. Der BGH verneint dies3. Die Entscheidung, dem Verwalter gem. § 49 Abs. 2 WEG Kosten aufzuerlegen oder hiervon abzusehen, sei nicht der materiellen Rechtskraft fähig. Im Rahmen des § 49 Abs. 2 WEG entscheide das Gericht nur über einen Ausschnitt eines prozessualen Anspruchs, nämlich über eine auf grobem Verschulden beruhende Pflichtverletzung. Den Wohnungseigentümern werde durch eine solche Entscheidung folglich ein etwaiger materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch nicht aberkannt. Der Verwalter könne daher noch in einem gesonderten Rechtsstreit auf Schadensersatz (und Ersatz etwaiger Prozesskosten) mit der Behauptung in Anspruch genommen werden, es liege jedenfalls einfaches Verschulden vor. Eine erneute Inanspruchnahme des Verwalters sei selbst dann zulässig, wenn das Erstgericht eine Haftung des Verwalters schon deshalb ab-

902

1 BGH, Beschl. v. 9.10.1997 – V ZB 3/97, MDR 1998, 29 = NJW 1998, 755 (756). 2 LG Frankfurt/M., Beschl. v. 3.11.2008 – 2/13 T 33/08, ZMR 2009, 228; LG Berlin, Beschl. v. 17.2.2009 – 55 T 34/08, ZMR 2009, 293. 3 BGH v. 18.8.2010 – V ZB 164/09, MietRB 2010, 326 = MDR 2010, 1209 = NZM 2010, 748; kritisch zu dieser Entscheidung: Abramenko, ZMR 2011, 613 f.

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§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

lehnt, weil es kein vertragswidriges Verhalten und keine Pflichtverletzung festzustellen vermag. Nach zutreffender Ansicht bewirkt § 49 Abs. 2 WEG dagegen eine materiell-rechtliche Haftungsmilderung auf grobes Verschulden mit der Folge, dass eine erneute Inanspruchnahme in einem weiteren Prozess nicht in Betracht kommt.1 Raum für die Geltendmachung materiell-rechtlicher Kostenerstattungsansprüche gegen den Verwalter besteht nach dieser Auffassung nur, wenn das Gericht Kostenerstattungsansprüche gegen den Verwalter nicht geprüft hat.2 Arbeitsbeispiel 13: Haftung des Verwalters für Prozesskosten 903

Sachverhalt: Die Eigentümerversammlung beschließt über den Antrag, dass künftig jeder Wohnungseigentümer selbst die Fenster im Bereich seines Sondereigentums auf eigene Kosten instand zu setzen hat. Vor der Abstimmung weist der gewerbsmäßig tätige Verwalter die Anwesenden darauf hin, dass der Beschluss auf Grund einer Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung nur mit einer Dreiviertelmehrheit aller Wohnungseigentümer gefasst werden kann. Obwohl nur eine einfache Mehrheit für den Antrag stimmt, stellt der Verwalter ein positives Beschlussergebnis fest. Auf Anfechtungsklage eines Wohnungseigentümers erklärt das AG den Beschluss für ungültig und legt dem Verwalter die Prozesskosten auf, weil dieser die Tätigkeit durch grobes Verschulden veranlasst habe. Kann der Verwalter mit Erfolg gegen die Kostenentscheidung vorgehen? Lösung: Der mit den Kosten belastete Verwalter kann die Kostenentscheidung mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde entsprechend §§ 91a Abs. 2, 99 Abs. 2 ZPO anfechten. Allerdings hat das AG ihm zu Recht gem. § 49 Abs. 2 WEG die Prozesskosten auferlegt. Von einem gewerbsmäßig tätigen Verwalter kann erwartet werden, dass er bei der Feststellung des Beschlussergebnisses die vereinbarten Mehrheitserfordernisse beachtet. Hier hat der Verwalter das qualifizierte Mehrheitserfordernis nicht beachten und das Beschlussergebnis fehlerhaft festgestellt (s.o. Rz. 503 ff.). Er hat mindestens grob fahrlässig gehandelt. Eine sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung hätte keinen Erfolg. Abwandlung: Anders als im Ausgangsfall ist der Verwalter nicht gewerbsmäßig tätig. Zugleich ist er Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft. Nachdem er als Versammlungsleiter fehlerhaft einen positiven Beschluss festgestellt hat, erhebt er mit Erfolg Anfechtungsklage. Gleichwohl legt ihm das AG die Prozesskosten auf mit der Begründung, er habe die Tätigkeit des Gerichts durch grobes Verschulden veranlasst. Kann der Verwalter mit Erfolg Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung einlegen?3 Lösung: Im vorliegenden Fall ist der Verwalter als klagender Wohnungseigentümer zugleich Partei des Rechtsstreits. Nach zutreffender Ansicht findet § 49 1 Zutreffend Jennißen/Suilmann, § 49 WEG, Rz. 31; a.A. Klein in Bärmann, § 49 WEG, Rz. 22. 2 Jennißen/Suilmann, § 49 WEG, Rz. 33. 3 LG Berlin, Beschl. v. 17.2.2009 – 55 T 34/08, ZMR 2009, 392.

360

V. Kosten des Rechtsstreits

Abs. 2 WEG auch in diesem Fall Anwendung.1 Deshalb kann das Gericht auch dem im Anfechtungsprozess obsiegenden Verwalter die Prozesskosten auferlegen, wenn er den Rechtsstreit durch sein grob fahrlässiges Verhalten veranlasst hat. Von einem nicht gewerbsmäßig tätigen Verwalter kann jedoch nicht erwartet werden, dass er die Rechtsprechung zur Beschlussverkündung kennt (s.o. Rz. 503 ff.). Deshalb kann dem Verwalter die fehlerhafte Feststellung eines positiven Beschlusses nicht als grobes Verschulden angelastet werden. Die Kostenbelastung ist zu Unrecht erfolgt. Der Verwalter kann die Kostenentscheidung entsprechend §§ 91a Abs. 2, 99 Abs. 2 ZPO erfolgreich mit der sofortigen Beschwerde anfechten.

2. Kostenerstattung Nach Maßgabe der gerichtlichen Kostenentscheidung kann jede Partei im Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff. ZPO ihren Kostenerstattungsanspruch geltend machen. Erstattungsfähig sind die Kosten des Rechtsstreits, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der obsiegenden Partei sind insbesondere die gesetzlichen Gebühren und die Kosten eines mit der Prozessvertretung beauftragten Rechtsanwalts zu erstatten (§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

903a

In Rechtsstreitigkeiten der Wohnungseigentümer untereinander, insbesondere im Beschlussmängelprozess nach § 43 Nr. 4 WEG, bestünde ein erhebliches Kostenrisiko, wenn sich mehrere Wohnungseigentümer auf der Gegenseite jeweils durch mehrere Anwälte vertreten lassen. Um das Kostenrisiko zu begrenzen, bestimmt § 50 WEG, dass den Wohnungseigentümern als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Kosten nur die Kosten eines Rechtsanwalts zu erstatten sind, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtige Rechtsanwälte geboten war.

904

Beispiel: Im Beschlussmängelprozess eines Wohnungseigentümers werden sechs von neun Wohnungseigentümern auf Beklagtenseite von einem Anwalt vertreten, den der Verwalter im Namen der Beklagten beauftragt hat (vgl. § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG, s.o. Rz. 661); die drei übrigen Beklagten ziehen es vor, sich jeweils durch ihre eigenen Anwälte vertreten lassen. Die Anfechtungsklage wird abgewiesen. Dem Kläger werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. – Der Kläger hat in diesem Fall den Beklagten nur die Kosten eines Rechtsanwalts einschließlich der Mehrvertretungsgebühr zu erstatten, obgleich auf Beklagtenseite drei Anwälte tätig waren. Wegen der gleichgerichteten Interessen der Beklagten erfordert der Streitgegenstand keine Vertretung durch mehrere Anwälte.

Die zu erstattenden Kosten sind insgesamt auf den Betrag zu beschränken, der sich ergeben hätte, wenn sämtliche Streitgenossen einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten beauftragt hätten. Die Kosten sind grundsätzlich anteilig entsprechend der Anzahl der insgesamt vertretenen Streitgenos1 LG Frankfurt/M., Beschl. v. 3.11.2008, ZMR 2009, 228; LG Berlin, Beschl. v. 17.2. 2009 – 55 T 34/08, ZMR 2009, 392; a.A. Drasdo, NZM 2009, 257 (259).

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905

§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

sen festzusetzen.1 Ein anteilige Festsetzung kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn im Passivprozess – wie im Beispielsfall – zunächst der Verwalter aufgrund seiner Vertretungsmacht nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG für die Beklagten einen Rechtsanwalt mit der Prozessführung beauftragt hat. Wenn es aufgrund der gleichgerichteten Interessen nicht geboten war, dass mehrere Streitgenossen jeweils ihren eigenen Anwalt beauftragen, sind nur die Kosten des von dem Verwalter beauftragten Rechtsanwalts erstattungsfähig. Dem jeweiligen Streitgenossen, der in diesem Fall einen weiteren Anwalt mit seiner Prozessvertretung beauftragt hat, steht kein Kostenerstattungsanspruch zu, auch wenn er in dem Rechtsstreit obsiegt hat.2

3. Höhe der Kosten 905a

Die Höhe der Gerichtskosten richtet sich nach dem vom Gericht festgesetzten Streitwert. Seit der WEG-Novelle 2007 sind Gerichtskosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) zu erheben mit der Folge, dass erheblich höhere Gebühren anfallen als im früheren FGG-Verfahren nach der Kostenordnung. Für das gerichtliche Verfahren erster Instanz wird das Dreifache der vollen Gebühr erhoben, die sich gem. § 34 GKG nach dem Streitwert bestimmt (GKG Anlage 1 Nr. 1210 KV). Um die Kosten in einem erträglichen Rahmen zu halten, wird der Streitwert gem. § 49a GKG begrenzt: Der Streitwert ist auf 50 % des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen. Er darf das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das Fünffache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten. In keinem Fall darf der Wert den Verkehrswert des Wohnungseigentums des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen übersteigen (§ 49a Abs. 1 GKG). Beispiel: Im Beschlussmängelprozess wendet sich der Kläger gegen die Gültigkeit des Beschlusses einer Jahresabrechnung. Die Gesamtabrechnung hat ein Volumen von 60 000 Euro; die Einzelabrechnung weist für den Kläger 4 000 Euro aus. – Das Gesamtinteresse der Parteien bestimmt sich nicht nach dem Gesamtvolumen der Jahresabrechnung. Es beträgt lediglich ein Bruchteil hiervon, wobei überwiegend ein Betrag von 20 % bis 30 % angenommen wird3. Dieser Abschlag ist geboten, weil die Beteiligten nicht über die Entstehung der Kosten, sondern nur über ihre ordnungsgemäße Verteilung streiten.4 Der nach § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG zu bestimmende (hälftige) Wert entspricht somit ungefähr 10 %–15 % des Nennbetrages 1 Vgl. BGH, Beschl. v. 2.5.2007 – XII ZB 156/06, MDR 2007, 1160 = MietRB 2007, 229 = NJW 2007, 2257 (2258); Klein in Bärmann, § 50 WEG, Rz. 10. 2 BGH, Beschl. v. 16.7.2009 – V ZB 11/09, MietRB 2009, 295 = GE 2009, 1199. 3 BGH v. 27.9.2007 – V ZB 83/07, MDR 2007, 1413 = MietRB 2008, 76 = NZM 2007, 886 (887): 30 %; OLG Stuttgart v. 12.3.2012 – 5 W 32/11, MietRB 2012, 330 = ZWE 2012, 502 (503); LG Hamburg v. 10.10.2008 – 318 T 79/08, ZMR 2009, 71 (73); LG Dortmund v. 17.3.2010 – 17 T 159/09, ZWE 2011, 46; LG Itzehoe v. 24.3.2011 – 11 T 10/11, ZMR 2011, 667 (668), a.A.OLG Bamberg v. 29.7.2010 – 3 W 94/10, zitiert nach juris; LG Braunschweig v. 8.2.2011 – 6 T 39/11, ZWE 2011, 374. 4 Jennißen/Suilmann, § 49a GKG, Rz. 16; Einsiedler, ZMR 2008, 765 (769).

362

VI. Rechtsmittel der in der Jahresabrechnung oder im Wirtschaftsplan als Ausgaben ausgewiesenen Kosten.1 Für den Streitwert ist somit ein Betrag i.H.v. 9 000 Euro (15 % von anzusetzen 60 000 Euro). Dieser Betrag überschreitet nicht das fünffache Eigentümerinteresse des Klägers (5 × 4 000 Euro = 20 000 Euro).

Die Rechtsanwaltsgebühren bestimmen sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Gemäß § 23 Abs. 1 RVG richten sich die Anwaltsgebühren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften, so dass auch hier der gerichtlich festgesetzte Streitwert maßgeblich ist. Wenn der Rechtsstreit nach mündlicher Verhandlung streitig entschieden wird, fallen zwei Gebühren, eine 1,3 Verfahrensgebühr und eine 1,2 Terminsgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer an (§§ 2, 13 RVG i.V.m. Nrn. 3100, 3104, 7002, 7008 RVG-VV).

906

Beispiel: Eine Wohngeldklage der Gemeinschaft hat einen Gegenstandswert von 10 000 Euro. Der Prozessbevollmächtigte der Gemeinschaft kann seiner Mandantin für das Führen des Verfahrens 725,40 Euro in Rechnung stellen. Kommt es zu einer streitigen mündlichen Verhandlung fallen weitere 669,60 Euro an. Zzgl. der Auslagenpauschale i.H.v. 20 Euro und der Umsatzsteuer i.H.v. 19 % ergibt sich ein Vergütungsanspruch von 1.683,85 Euro.

Vertritt der Rechtsanwalt in dem Rechtsstreit, etwa auf Beklagtenseite eines Beschlussmängelprozesses, mehrere Wohnungseigentümer, so steht ihm wegen mehrerer Auftraggeber eine Mehrvertretungsgebühr zu. In diesem Fall erhöht sich die Verfahrensgebühr für jede weitere Person um 0,3 wobei mehrere Erhöhungen einen Gebührensatz von 2,0 nicht übersteigen dürfen (§§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 1008 RVG VV).

907

Beispiel: In einem Rechtsstreit über die Gültigkeit des Abrechnungsbeschlusses vertritt der Rechtsanwalt auf Beklagtenseite 15 Wohnungseigentümer. Wegen der 15 Auftraggeber kann der Anwalt jedoch lediglich eine erhöhte Verfahrensgebühr von 3,3 abrechnen.

VI. Rechtsmittel 1. Berufung Gegen das erstinstanzliche Urteil des AG ist das Rechtsmittel der Berufung statthaft. Über die Berufung entscheidet in Wohnungseigentumssachen nach § 43 Nr. 1 bis 4 und Nr. 6 WEG das für den Sitz des OLG zuständige LG, sofern nicht durch landesrechtliche Verordnung eine andere Zuständigkeit begründet ist (§ 72 Abs. 2 GVG). Gemäß § 511 Abs. 2 ZPO ist die Berufung zulässig, wenn 1 LG Saarbrücken v. 4.3.2009 – 5 T 40/09, NZM 2009, 323; LG Nürnberg-Fürth v. 23.5.2008 – 14 T 2925/08, ZMR 2008, 737 (739); LG Nürnberg-Fürth v. 30.10.2008 – 6 S 101/08, ZMR 2007, 794; LG Dortmund v. 17.3.2010 – 17 T 159/09, ZWE 2011, 46; LG Itzehoe v. 24.3.2011 – 11 T 10/11, ZMR 2011, 667 (668); LG Stuttgart v. 22.6.2011 – 19 T 12/11, zitiert nach juris.

363

908

§ 11 Gerichtliches Verfahren in Wohnungseigentumssachen

– der Wert des Beschwerdegegenstandes, d.h. die Beschwer des Berufungsklägers durch das erstinstanzliche Urteil, 600 Euro übersteigt (sog. Wertberufung) oder – das AG die Berufung zugelassen hat (sog. Zulassungsberufung). 909

Das AG lässt Berufung zu, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Partei durch das Urteil mit nicht mehr 600 Euro beschwert ist. Der Beschwerdewert bestimmt sich danach, was dem Berufungskläger durch das angefochtene Urteil versagt wird.1 Maßgeblich ist das Interesse des Berufungsklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils; er ist nicht zwingend mit dem Streitwert identisch.2 Beispiel: Eine Wohngeldklage der Gemeinschaft mit einem Streitwert von 700 Euro wird i.H.v. 300 Euro abgewiesen. Die Beschwer der Klägerin beträgt 300 Euro und die des verklagten Wohngeldschuldners 400 Euro.

910

Die Berufung muss innerhalb einer Frist von einem Monat seit Zustellung des Urteils beim Berufungsgericht eingelegt werden (§§ 517, 519 ZPO). Sie ist innerhalb von zwei Monaten zu begründen (§ 520 ZPO). Vor dem LG müssen sich die Parteien anwaltlich vertreten lassen (§ 78 Abs. 1 ZPO). Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung des AG auf einer Rechtsverletzung beruht oder die dem Urteil zugrunde gelegten Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO).

2. Revision 911

Gegen die Entscheidung des LG als Berufungsgericht in Wohnungseigentumssachen ist die Revision zum BGH gem. § 543 Abs. 1 ZPO nur statthaft, wenn – das LG die Revision im Berufungsurteil zugelassen hat oder – der BGH die Revision sie auf Nichtzulassungsbeschwerde hin zugelassen hat. Das LG hat die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BGH erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Nichtzulassungsbeschwerde ist für Binnenstreitigkeiten gem. § 43 Nr. 1 bis Nr. 4 WEG für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2014 ausgeschlossen (§ 62 Abs. 2 WEG), weil der Gesetzgeber nach Inkrafttreten der WEG-Novelle 2007 einer Überlastung des BGH vorbeugen wollte. Ist die Revision zugelassen, kann sie nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht. 1 Vgl. BGH, Beschl. v. 17.9.1992 – V ZB 21/92, MDR 1992, 1177 = NJW 1992, 3305. 2 BGH, Beschl. v. 9.2.2012 – V ZB 211/11, NZM 2012, 838.

364

§ 12 Wohnungserbbaurecht und Dauerwohnrecht Abschließend sollen die Besonderheiten des in der Praxis nicht so bedeutsamen Wohnungserbbaurechtes und Dauerwohnrechtes im Überblick dargestellt werden.

912

I. Wohnungserbbaurecht Wohnungseigentum kann nur von dem Alleineigentümer bzw. von Miteigentümern eines Grundstücks begründet werden, nicht aber von dem Inhaber eines Erbbaurechtes. Ein Erbbaurecht ist das veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter einem fremden Grundstück ein Bauwerk zu errichten (§ 1 Abs. 1 ErbbauRG). Das Erbbaurecht kann einer Person allein oder mehreren gemeinschaftlich nach Bruchteilen zustehen. Soll das errichtete oder zu errichtende Bauwerk von mehreren Erbbauberechtigten genutzt werden, besteht eine dem Wohnungseigentum/Teileigentum vergleichbare Interessenlage. Der Gesetzgeber hat deshalb in § 30 WEG eine den §§ 3 und 8 WEG entsprechende Regelung getroffen. Das Erbbaurecht am Grundstück kann umgewandelt werden in mehrere Wohnungserbbaurechte. Die Wohnungserbbaurechte treten an die Stelle des ungeteilten Erbbaurechts am Grundstück.

913

Steht ein Erbbaurecht mehreren Personen gemeinschaftlich nach Bruchteilen zu, so können sie durch Vertrag Wohnungserbbaurechte begründen und die Anteile mit dem jeweiligen Sondereigentum an einer Wohnung oder nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen verbinden. Dieser Vorgang ist insoweit vergleichbar mit der vertraglichen Begründung von Wohnungseigentum durch die Miteigentümer eines Grundstücks i.S.d. § 3 WEG. Zur Begründung von Wohnungserbbaurechten ist gem. § 30 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 4 WEG eine diesbezügliche Einigung der Beteiligten in der Form der Auflassung und eine Eintragung im Erbbaugrundbuch erforderlich.1

914

Ist nur eine Person Inhaber des Erbbaurechtes, kann dieses durch einseitige Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt in Bruchteile geteilt und die Anteile sodann jeweils mit dem Sondereigentum an einer Wohnung bzw. nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen verbunden werden. Der Vorgang entspricht insoweit der Begründung von Wohnungseigentum durch den teilenden Alleineigentümer eines Grundstücks i.S.d. § 8 WEG. Die Begründung des Wohnungserbbaurechts setzt neben der erwähnten einseitigen Erklärung des Erbbauberechtigten eine Eintragung der Wohnungserbbaurechte im Erbbaugrundbuch voraus.

915

Ähnlich wie bei der Begründung von Wohnungseigentum werden im Rahmen der Begründung von Wohnungserbbaurechten das Erbbaugrundbuch geschlossen und gesonderte Wohnungserbbaugrundbuchblätter angelegt.

916

1 Pick in Bärmann, § 30 WEG, Rz. 34.

365

§ 12 Wohnungserbbaurecht und Dauerwohnrecht

917

Gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 WEG finden auf das Wohnungserbbaurecht die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechende Anwendung. Wohnungserbbauberechtigte werden also kraft Gesetzes wie Wohnungseigentümer behandelt. Es kann daher an dieser Stelle auf die jeweiligen Ausführungen verwiesen werden.1

917a

Eine Veräußerung des Wohnungserbbaurechtes bedarf der Zustimmung des Grundstückseigentümers. Aus dem Grundsatz der freien Veräußerlichkeit (§ 1 Abs. 1 ErbbauRG) folgt jedoch, dass ein Anspruch auf Zustimmung besteht, wenn durch die Veräußerung des Erbbaurechts der mit der Bestellung verfolgte Zweck nicht wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet wird (§ 7 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG). Beispiele: Der Grundstückseigentümer darf seine Zustimmung nicht davon abhängig machen, dass der Erwerber eines Wohnungserbbaurechts in die Teilungserkärung mit Gemeinschaftsordnung „eintritt“, die die gesamtschuldnerische Aufbringung des Erbbauzinses regelt. Die Gemeinschaftsordnung betrifft nur das Innenverhältnis der Wohnungserbbauberechtigten zueinander. Der Grundstückseigentümer kann auch nicht verlangen, dass der Erwerber sich wegen der Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein Vermögen unterwirft. Die Zustimmung kann jedoch verweigert werden, wenn der Erwerber nicht die schuldrechtlichen Verpflichtungen des Veräußerers des Erbbaurechts zur Entrichtung oder Anpassung des Erbbauzinses übernimmt.2

II. Dauerwohnrecht 918

Gemäß § 31 Abs. 1 WEG kann ein Grundstück und damit auch das Wohnungseigentum als grundstücksgleiches Recht mit einem sog. Dauerwohnrecht belastet werden, wonach der Begünstigte unter Ausschluss des Eigentümers befugt ist, eine Wohnung in dem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude zu bewohnen oder in anderer Weise zu nutzen. Die Belastung kann auch Räume betreffen, die nicht zu Wohnzwecken dienen. Man spricht dann von einem sog. Dauernutzungsrecht (§ 31 Abs. 2 WEG). Die Belastung des Wohnungseigentums (bzw. des Grundstücks) bedarf wiederum gem. § 873 BGB einer Einigung zwischen dem Eigentümer und dem Berechtigten und einer Eintragung im Grundbuch.

919

Das Dauerwohnrecht ist als beschränktes dingliches Recht vererblich und veräußerbar, wohingegen das Wohnungsrecht i.S.d. § 1093 BGB nur einer bestimmten Person zustehen kann. Das Dauerwohnrecht umfasst zudem nicht nur die Befugnis zur Benutzung von Räumen als Wohnung, sondern auch zur Nutzung in anderer Weise.

1 Zu weiteren Einzelheiten: Pick in Bärmann, § 30 WEG, Rz. 31 ff. 2 OLG Hamm, Beschl. v. 24.7.2013 – 15 W 199/12, ZWE 2013, 404 (405).

366

II. Dauerwohnrecht Beispiel: Der Inhaber eines Dauerwohnrechts hat insbesondere das Recht zur Vermietung und Verpachtung der Wohnung. – Das Dauernutzungsrecht gestattet die Nutzung auch von nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen, etwa zur gewerblichen Nutzung.

Ferner kann das Dauerwohnrecht auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstückes erstreckt werden, sofern die Wohnung wirtschaftlich die Hauptsache bleibt (§ 31 Abs. 1 Satz 2 WEG). Bei einem Wohnungsrecht i.S.d. § 1093 BGB ist dies nicht möglich.

920

Beispiel: Dem Inhaber eines Dauerwohnrechts kann die Befugnis eingeräumt werden, eine Gartenfläche oder einen Kfz-Stellplatz zu benutzen. Wurde Wohnungseigentum begründet, müssten allerdings sämtliche Wohnungseigentumsrechte insoweit mit dem Dauerwohnrecht belastet werden, da die betreffenden Grundstücksflächen Teile des gemeinschaftlichen Eigentums sind.

Ein Dauerwohnrecht kann zudem bereits vor der Errichtung des Gebäudes begründet werden. Die Vererblichkeit des Dauerwohnrechts ist zwingender Rechtsinhalt (§ 33 Abs. 1 WEG). Gleichwohl kann diese nach § 41 Abs. 1 WEG befristet auf den Tod des Berechtigten bestellt werden.1 Es erlischt dann mit dem Tod des Inhabers des Dauerwohnrechtes. Ein dem Wohnungseigentum immanentes Gemeinschaftsverhältnis gibt es beim Dauerwohnrecht nicht. Rechtsbeziehungen bestehen grundsätzlich nur zwischen dem Eigentümer und dem Wohnungsberechtigten. Wird Wohnungseigentum mit einem Dauerwohnrecht belastet, müssen sich die übrigen Wohnungseigentümer bei Störungen des Gemeinschaftsverhältnisses grundsätzlich an den Inhaber des belasteten Wohnungseigentums halten und diesen veranlassen, auf den Dauerwohnberechtigten Einfluss zu nehmen (§ 14 Nr. 2 WEG). Für den Dauerwohnberechtigten gelten im Verhältnis zu dem Wohnungseigentümer, von dem er sein Recht ableitet, die Verhaltensanforderungen des § 14 WEG (§ 33 Abs. 2 WEG).

921

Gleichwohl sollte der betreffende Wohnungseigentümer mit dem Dauerwohnberechtigten zusätzliche Vereinbarungen treffen und insbesondere gem. § 33 Abs. 4 Nr. 1 WEG Art und Umfang der Nutzung genau festlegen, um von vornherein Konflikte mit den anderen Wohnungseigentümern zu vermeiden.2

922

1 OLG Hamm, Beschl. v. 10.8.2011 – I-15 W 557/10, ZWE 2012, 39. 2 Zu weiteren Einzelheiten: Pick in Bärmann, §§ 31 ff. WEG.

367

§ 13 Zwangsvollstreckung wegen Beitragsforderungen I. Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wegen rückständiger Lasten- und Kostenbeiträge gegen den Beitragsschuldner einen Zahlungstitel erwirkt, kann sie daraus die Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen des Beitragsschuldners betreiben. Zum beweglichen Vermögen gehören körperliche Sachen und Forderungen, die dem Schuldner gegen Dritte zustehen, etwa Mietforderungen gegen einen Mieter. Sie unterliegen der Pfändung (§ 808 ZPO bzw. § 829 ZPO). Zum unbeweglichen Vermögen gehören Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte, insbesondere das Wohnungseigentum des Beitragsschuldners. Die Vollstreckung erfolgt hier durch Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung oder durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die titulierte Forderung (§ 866 Abs. 1 ZPO). Während Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung der Befriedigung des Gläubigers dienen, bezweckt die Eintragung einer Sicherungshypothek lediglich die rangwahrende Sicherung des Gläubigers. Sämtliche Vollstreckungsakte erfordern stets einen Vollstreckungsantrag, der an das jeweils zuständige Vollstreckungsorgan zu richten ist. Die Ermächtigung des Verwalters zur gerichtlichen Geltendmachung von Beitragsansprüchen (s.o. Rz. 762) ermächtigt ihn auch, Maßnahmen der Zwangsvollstreckung im Namen der Gemeinschaft zu beantragen.1

923

Übersicht 25: Vollstreckungsarten und Vollstreckungsorgane

924

Vollstreckungsgegenstand

Vermögen des Schuldners Bewegliches Vermögen Sachen

Forderungen

Unbewegliches Vermögen (Wohnungseigentum)

Vollstreckungsorgan

Gerichtsvollzieher

Vollstreckungsgericht = Amtsgericht am Wohnsitz des Schuldners (§§ 828 Abs. 1 u. 2, 802, 13 ZPO, § 7 BGB)

Vollstreckungsgericht = Amtsgericht am Ort des belegenen Wohnungseigentums (§ 1 Abs. 1 ZVG)

Vollstreckungsmaßregel

Pfändung = Inbesitznahme der Sache im Gewahrsam des Schuldners (§ 808 Abs. 1 ZPO)

Pfändungs- u. Überweisungsbeschluss (§§ 829, 835 ZPO)

Anordnung der Zwangsversteigerung (§§ 15 ff. ZVG)

Anordnung der Zwangsverwaltung (§§ 146 ff. ZVG)

Grundbuchamt = Amtsgericht am Ort des belegenen Wohnungseigentums (§ 1 Abs. 1 GBO)

Eintragung einer Sicherungshypothek im Grundbuch (§ 867 Abs. 1 ZPO); Betrag mehr als 750 Euro (§ 866 Abs. 3 ZPO)

1 LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 16.3.2011 – 1 T 38/11, MietRB 2011, 152 = ZWE 2011, 339.

369

§ 13 Zwangsvollstreckung wegen Beitragsforderungen

II. Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung 1. Allgemeine Voraussetzungen a) Vollstreckungstitel 925

Jede Zwangsvollstreckung setzt einen Vollstreckungstitel voraus. Die Gemeinschaft kann aus einem rechtskräftigen oder für vorläufig vollstreckbar erklärten Zahlungsurteil die Zwangsvollstreckung gegen den Beitragsschuldner betreiben (§ 704 ZPO). Ferner findet die Zwangsvollstreckung aus den in § 794 Abs. 1 ZPO genannten Titeln statt, etwa aus einem gerichtlichen Vergleich (Nr. 1), aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss (Nr. 2) oder aus einem Vollstreckungsbescheid (Nr. 4), den die Gemeinschaft im Mahnverfahren gegen den Schuldner erwirkt hat. Der Vollstreckungsbescheid steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich (§ 700 Abs. 1 ZPO). b) Vollstreckungsklausel

926

Um aus einem Zahlungsurteil vollstrecken zu können, benötigt die Gemeinschaft eine Ausfertigung des Urteils, die mit einer Vollstreckungsklausel versehen ist (vollstreckbare Ausfertigung, § 724 Abs. 1 ZPO). Die Vollstreckungsklausel bescheinigt die Vollstreckbarkeit des Urteils (vgl. § 725 ZPO: „Vorstehende Ausfertigung wird der Gemeinschaft … zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt.“). Sie wird auf Antrag durch das Gericht erster Instanz, also durch das gem. § 43 Nr. 2 WEG ausschließlich zuständige AG erteilt, wenn nicht der Rechtsstreit bei einem höheren Gericht anhängig ist (§ 724 Abs. 2 ZPO). Vollstreckt die Gemeinschaft aus einem Vollstreckungsbescheid, ist eine Vollstreckungsklausel nur erforderlich, wenn die Vollstreckung gegen einen anderen als den im Bescheid bezeichneten Schuldner erfolgen soll (§ 796 Abs. 1 ZPO).

927

Veräußert der Beitragsschuldner sein Wohnungseigentum nach Rechtshängigkeit, d.h. nachdem ihm die Zahlungsklage der Gemeinschaft zugestellt wurde (§§ 253, 261 ZPO), kommt eine Titelumschreibung gegen den Erwerber gem. §§ 727 Abs. 1, 325 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht in Betracht. Streitbefangen ist lediglich die persönliche Beitragsschuld des Veräußerers, die mit Veräußerung nicht auf den Erwerber übergeht (s.o. Rz. 768 ff.).1 Nur wenn gem. § 10 Abs. 3 WEG als Inhalt des Sondereigentums eine Vereinbarung im Grundbuch eingetragen ist, wonach der Erwerber für Beitragsschulden des Veräußerers haftet (s.o. Rz. 776), ist die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung gegen den Erwerber analog § 727 Abs. 1 ZPO möglich. Die persönliche Haftung des Erwerbers für die Beitragsschuld des Veräußerers gehört in diesem Fall zum Inhalt des erworbenen Wohnungseigentums. Die Erwerberhaftung ist „verdinglicht“ (s.o. 1 LG Stuttgart, Beschl. v. 24.5.2012 – 2 T 130/12, ZMR 1012, 731 (732) m. krit. Anm. Schneider.

370

II. Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung

Rz. 168), so dass das gegen den Veräußerer ergangene Urteil gem. § 10 Abs. 4 WEG auch gegen den rechtsgeschäftlichen Erwerber wirkt.1 c) Zustellung Vor Beginn der Zwangsvollstreckung muss der Vollstreckungstitel dem Schuldner zugestellt werden (§ 750 Abs. 1 ZPO). Es genügt eine Zustellung von Amts wegen, wenn das Gericht die Zustellung auf dem Titel vermerkt hat. Eine nochmalige Zustellung im Parteibetrieb ist nicht erforderlich. Neben dem Vollstreckungstitel muss nur eine qualifizierte Vollstreckungsklausel, etwa eine gegen den Rechtsnachfolger erteilte titelübertragende Klausel nach § 727 Abs. 1 ZPO, mitsamt den die Rechtsnachfolge nachweisenden Urkunden zugestellt werden (§ 750 Abs. 2 ZPO).

928

d) Parteiidentität Schließlich müssen die Parteien, für und gegen die die Zwangsvollstreckung stattfinden soll, im Vollstreckungstitel namentlich bezeichnet sein (§ 750 Abs. 1 ZPO). Eine Zwangsvollstreckung gegen Dritte kommt nur nach entsprechender Titelumschreibung gegen den Rechtsnachfolger gem. § 727 ZPO in Betracht (s.o. Rz. 927).

929

2. Besondere Voraussetzungen Im Einzelfall müssen über die genannten allgemeinen Voraussetzungen hinaus noch besondere Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung erfüllt sein. Ist der Schuldner auf künftige Zahlung von Beitragsvorschüssen verurteilt worden, die jeweils an einem bestimmten Kalendertag fällig werden, darf die Zwangsvollstreckung wegen dieser Forderungen jeweils erst nach Ablauf des Kalendertages beginnen (§ 751 Abs. 1 ZPO).

930

Ist ein Urteil für die Gemeinschaft nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, so darf mit der Zwangsvollstreckung nur begonnen werden, wenn die Sicherheitsleistung durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen und eine Abschrift dieser Urkunde zugestellt wird (§ 751 Abs. 2 ZPO). Ohne die erforderliche Sicherungsleistung kann die Gemeinschaft lediglich eine Sicherungsvollstreckung gem. § 720a ZPO betreiben, etwa die Eintragung einer Sicherungshypothek im Grundbuch beantragen (Rz. 953). Allerdings darf die Sicherungsvollstreckung nur beginnen, wenn das Urteil und ggf. eine qualifizierte Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt wird (§ 750 Abs. 3 ZPO).

931

1 Becker, MietRB 2014, 282 (283). Zum Schuldbeitritt allgemein siehe Gaul/Schilken/Becker-Eberhardt, Zwangsvollstreckungsrecht, § 16 Rz. 87 m.w.N.

371

§ 13 Zwangsvollstreckung wegen Beitragsforderungen

III. Mobiliarvollstreckung 1. Pfändung beweglicher Sachen 932

Die Pfändung beweglicher Sachen obliegt dem Gerichtsvollzieher. Dieser bewirkt die Pfändung der im Gewahrsam des Schuldners befindlichen pfändbaren Sachen, indem er sie in Besitz nimmt, wobei er in der Regel ein Pfandsiegel anbringt und die Sachen im Gewahrsam des Schuldners belässt (§ 808 Abs. 1, 2 ZPO). Zu beachten ist, dass einzelne Sachen nach § 811 ZPO unpfändbar sind, insbesondere solche, die dem persönlichen Gebrauch des Schuldners dienen. Zubehör des Wohnungseigentums kann nicht gepfändet werden, solange es im Haftungsverband mitsamt dem Wohnungseigentum der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegt (§ 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Der Gerichtsvollzieher verwertet die gepfändeten Sachen regelmäßig durch öffentliche Versteigerung (§ 814 ZPO).

2. Forderungspfändung 933

Die Pfändung und Überweisung von Forderungen des Beitragsschuldners gegen einen Drittschuldner, etwa die Pfändung und Überweisung von Mietforderungen aus vermietetem Wohnungseigentum, ist beim zuständigen Vollstreckungsgericht zu beantragen. Ausschließlich zuständig ist das AG, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand, d.h. seinen Wohnsitz hat (§ 764 Abs. 1, 2, § 828 Abs. 1, 2, § 13 ZPO; § 7 BGB).

934

Pfändung und Überweisung werden wirksam, wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts dem Drittschuldner zugestellt wird (§§ 829 Abs. 3, 835 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Die Zustellung an den Drittschuldner erfolgt auf Betreiben des Gläubigers (§ 829 Abs. 2 ZPO). Die Gemeinschaft muss daher den Gerichtsvollzieher beauftragen, den Beschluss dem Drittschuldner zuzustellen. Mit Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner erwirbt die Gemeinschaft ein Pfändungspfandrecht an der gepfändeten Forderung des Beitragsschuldners. Die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung ermächtigt die Gemeinschaft, die gepfändete Forderung des Schuldners gegen dessen Drittschuldner einzuziehen. Bei vermietetem Wohnungseigentum des Schuldners ist zu beachten, dass Mietforderungen nur der Pfändung unterliegen, solange kein anderer Gläubiger durch Anordnung der Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums deren Beschlagnahme zu seinen Gunsten erwirkt hat (§ 865 Abs. 2 Satz 2 ZPO, §§ 20 Abs. 2, 21 Abs. 2, 146 Abs. 1, 148 Abs. 1 Satz 1 ZVG).

935

Ist die Forderung des Schuldners auf eine fortlaufende Geldleistung gerichtet, etwa auf Zahlung einer monatlichen Miete, ist eine Dauerpfändung nach § 832 ZPO möglich. Das Pfandrecht erstreckt sich in diesem Fall auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Beträge, ohne dass die Gemeinschaft erneut einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zustel372

IV. Immobiliarvollstreckung

len lassen muss. Das Pfändungspfandrecht entsteht allerdings nicht im Voraus, sondern jeweils erst, wenn die Beträge fällig werden.1 Bei der Pfändung und Überweisung eines Bankguthabens ist zu beachten, dass die Bank das gepfändete Guthaben erst vier Wochen nach Zustellung des Überweisungsbeschlusses an die Gemeinschaft auszahlen darf. Soweit auch künftiges Guthaben gepfändet ist, darf die Auszahlung erst vier Wochen nach der Gutschrift der jeweils auf dem Konto eingehenden Zahlungen erfolgen (§ 829 Abs. 3 ZPO). Wird Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto des Schuldners gepfändet, erfasst die Pfändung nicht den monatlichen Freibetrag nach § 850c Abs. 1 Satz 1 ZPO, über den der Schuldner jeweils bis zum Ende des Kalendermonats verfügen kann (§ 850k Abs. 1 Satz 1 ZPO).

936

IV. Immobiliarvollstreckung 1. Zwangsversteigerung a) Verwertungsvorrecht aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG Wird auf Antrag der Gemeinschaft oder eines anderen Gläubigers über das Wohnungseigentum des Beitragsschuldners die Zwangsversteigerung angeordnet, gewährt § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG der Gemeinschaft wegen ihrer Beitragsansprüche ein begrenztes Verwertungsvorrecht in Rangklasse 2. Die erst 2007 in das Rangklassensystem eingefügte Vorschrift räumt der Gemeinschaft bei der Verteilung des Versteigerungserlöses im begrenzten Umfang den Vorrang vor dem Verwertungsrecht der Gundpfandrechtsgläubiger in Rangklasse 4 ein.

937

Das Vorrecht erfasst zunächst die „laufenden“ Beträge, die nach der Beschlagnahme, also nach Anordnung der Zwangsversteigerung fällig werden. Es erfasst auch die „rückständigen“ Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren davor. Gemeint sind die letzten zwei Kalenderjahre vor dem Jahr der Beschlagnahme durch Anordnung der Zwangsversteigerung. Nach der Gesetzesbegründung sollen Forderungen aus der Abrechnungsspitze einer Jahresabrechnung, die durch Beschluss der Abrechnung innerhalb des Zeitraums begründet werden, sich aber auf ein vor dem Zeitraum liegendes Wirtschaftsjahr beziehen, nicht den Vorrang genießen.2

938

1 Vgl. BGH, Beschl. v. 31.10.2003 – IXa ZB 200/03, MDR 2004, 413 = NJW 2004, 369 (370). 2 BT-Drucks. 16/887, 45; ebenso Alff, ZWE 2010, 105 (107); Alff/Hintzen, Rpfleger 2008, 165 (166); Becker in Bärmann, § 16 WEG, Rz. 190; a.A. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, Anhang zu § 16 WEG, Rz. 155; Schneider, ZWE 2011, 341 (342): Zeitpunkt der Fälligkeit der Abrechnungsspitze; offen gelassen von BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = ZIP 2011, 1723 (Rz. 32).

373

§ 13 Zwangsvollstreckung wegen Beitragsforderungen Beispiel: Die Anordnung der Zwangsversteigerung (Beschlagnahme) erfolgt in 2014. Bevorrechtigt sind fällige Beitragsforderungen aus den Jahren 2012, 2013 und 2014. Haben die Wohnungseigentümer in 2012 die Jahresabrechnung 2011 beschlossen, erhält eine dadurch begründete Nachforderung (Abrechnungsspitze) nicht den Vorrang.

939

Der Höhe nach ist das Vorrecht begrenzt auf 5 % des Verkehrswertes, den das Vollstreckungsgericht gem. § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzt hat. Neben der Hauptforderung sind Nebenleistungen einzubeziehen, etwa aufgelaufene Zinsen und etwaige Rechtsverfolgungskosten, insbesondere die im Vollstreckungsverfahren anfallenden Anwaltskosten. Auch die im vorausgegangen Erkenntnisverfahren angefallenen und nicht erstatteten Titelbeschaffungskosten sind zu berücksichtigen, soweit sie die Titulierung bevorrechtigter Ansprüche betreffen.1 Löst ein nachrangiger Gläubiger, etwa ein Grundpfandgläubiger der Rangklasse 4, die bevorrechtigten Ansprüche der Gemeinschaft ab, gehen diese mitsamt der Rangstelle auf den ablösenden Gläubiger über (§§ 268 Abs. 3 Satz 1, 401, 412 BGB). Soweit die Rangklasse 2 dadurch weiterhin besetzt ist, kann die Gemeinschaft in demselben Verfahren keine weiteren, bisher nicht bevorrechtigten Ansprüche in Rangklasse 2 anmelden.2 Zahlungen des Schuldners vermindern hingegen nicht das Vorrecht der Gemeinschaft, so dass weitere Rückstände in Rangklasse 2 angemeldet werden können.3

940

Die Gemeinschaft kann den Vorrangbereich nur objektbezogen geltend machen. Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG handelt es sich um privilegierte Ansprüche, die aus dem zu versteigernden Wohnungseigentum fällig werden. Hat der Schuldner etwa mehrere Wohnungseigentumsrechte, kann die Gemeinschaft jeweils nur die Beitragsrückstände in Rangklasse 2 anmelden, die das zu versteigernde Objekt betreffen.4 b) Dingliche Wirkung des Vorrechts?

941

Nach der Einführung des Vorrechts durch die WEG-Novelle 2007 war umstritten, ob das Vorrecht dingliche Wirkung entfaltet mit der Folge, dass nach Veräußerung des Wohnungseigentums der Erwerber die Zwangsversteigerung wegen rückständiger Beitragsschulden des Veräußerers im Vorrangbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG die Zwangsversteigerung in das erworbene Wohnungseigentum dulden muss. Entgegen einer vormals ver-

1 LG Bonn, Urt. v. 17.8.2011 – 5 S 77/11, MietRB 2012, 79 = ZWE 2012, 139; Alff/ Hintzen, Rpfleger 2008, 165 (169); Becker in Bärmann, § 16 WEG, Rz. 191; Schneider, ZMR 2011, 421 (422). 2 BGH, Beschl. v. 4.2.2010 – V ZB 129/09, MDR 2010, 620 = NotBZ 2010, 377 = MietRB 2010, 139 = NZM 2010, 324; Beschl. v. 24.6.2010 – V ZB 17/10, ZWE 2010, 367; Beschl. v. 14.6.2012 – V ZB 194/11, MDR 2012, 1251 = MietRB 2012, 263 = ZWE 2012, 437. 3 BGH, Urt. v. 14.6.2012 – V ZB 194/11, MDR 2012, 1251 = MietRB 2012, 263 = ZWE 2012, 437. 4 Suilmann, ZWE 2010, 385 (387).

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IV. Immobiliarvollstreckung

breiteten Rechtsprechung1 verneint der BGH2 inzwischen eine dingliche Wirkung des Verwertungsvorrechts. Als verfahrensrechtliche Norm enthalte § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG lediglich eine Privilegierung schuldrechtlicher Ansprüche, ohne selbst eine dingliche Haftung des Wohnungseigentums für die persönliche Beitragsschuld anzuordnen. Die Ablehnung einer dinglichen Wirkung des Vorrechts wirkt sich nachteilig auf die Vollstreckungsmöglichkeiten der Gemeinschaft aus, wenn der persönliche Beitragsschuldner nicht zugleich auch Wohnungseigentümer ist. Es geht um folgende Fälle:

942

– Veräußerung des Wohnungseigentums: Veräußert der Beitragsschuldner sein Wohnungseigentum, kann die Gemeinschaft den Erwerber wegen der Beitragsrückstände des Veräußerers nicht mit Erfolg auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das erworbene Wohnungseigentum in Anspruch nehmen. Hat die Gemeinschaft bereits vor der Veräußerung ein Zahlungstitel erwirkt, kann sie den Titel nicht gem. § 727 Abs. 1 ZPO in einen Duldungstitel gegen den Erwerber umschreiben lassen. – Eintragung einer Erwerbsvormerkung: Ist vor Anordnung der Zwangsversteigerung auf Betreiben der Gemeinschaft bereits eine Erwerbsvormerkung zugunsten eines Erwerbers im Grundbuch eingetragen, müsste man die Beschlagnahme zugunsten der Gemeinschaft an sich als vormerkungswidrige Verfügung ansehen. Demnach wäre die Beschlagnahme gemäß § 883 Abs. 2 BGB gegenüber dem Vormerkungsberechtigten unwirksam, wenn das Eigentum während des Verfahrens auf den Vormerkungsberechtigten umgeschrieben wird. Das Verfahren müsste dann nach § 28 Abs. 1 ZVG eingestellt werden.3 Nach Ansicht des BGH ist die Beschlagnahme zugunsten der Gemeinschaft jedoch keine vormerkungswidrige Verfügung. Die nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten Beitragsansprüche der Gemeinschaft hätten im Verfahren den Vorrang gegenüber der Vormerkung, die wie ein Recht der Rangklasse 4 zu behandeln sei. Betreibt die Gemeinschaft die Zwangsversteigerung aus Rangklasse 2 (Rz. 947), ist die Vormerkung demnach nicht im geringsten Gebot zu berücksichtigen. Sie erlischt mit Zuschlag. Wird das Wohnungseigentum nach Beschlagnahme zugunsten der Gemeinschaft vor dem Zuschlag auf den Erwerber umgeschrieben, ist diese Verfügung gegenüber der betreibenden Gemeinschaft gem. § 23 Abs. 1 ZVG, §§ 135, 136 BGB relativ unwirksam.

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1 OLG Dresden, Beschl. v. 22.11.2010 – 17 W 1165/10, ZWE 2011, 365; OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.10.2010 – 20 W 354/10, ZWE 2011, 89; LG Berlin, Urt. v. 22.7. 2009 – 85 S 18/09, ZWE 2010, 228; Urt. v. 28.9.2010 – 55 S 87/10, MietRB 2011, 81 = ZWE 2011, 97; LG Heilbronn, Beschl. v. 21.12.2012 – 1 T 231/12, ZWE 2013, 230; AG Koblenz, Urt. v. 10.12.2009 – 133 C 1461/09, Rpfleger 2010, 282. 2 BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, MDR 2013, 1309 = MietRB 2013, 327 = ZfIR 2013, 806 m. krit. Anm. Becker. 3 So Kesseler, NJW 2009, 121 (123); Herrler, NJW 2013, 3518; Reymann, ZWE 2013, 446 (449).

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§ 13 Zwangsvollstreckung wegen Beitragsforderungen

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Das Verfahren ist fortzusetzen und nicht gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG einzustellen.1 – Werdende Gemeinschaft: In den zahlreichen Fällen einer „werdenden Gemeinschaft“ ist der Erwerber nach den oben unter Rz. 130 genannten Voraussetzungen bereits vor Eigentumsumschreibung im Grundbuch persönlicher Beitragsschuldner. Aus einem Zahlungstitel gegen den persönlichen Schuldner kann die Gemeinschaft nicht die Zwangsversteigerung in das Wohnungseigentum betreiben, solange der Schuldner nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist (§ 17 Abs. 1 ZVG). Mangels dinglicher Wirkung kann sie den nach wie vor als Eigentümer eingetragenen teilenden Eigentümer nicht auf Duldung der Zwangsvollstreckung in Anspruch nehmen.2 Für die Gemeinschaft hat ein Verwertungsvorrecht ohne dingliche Wirkung nur geringen Wert. Der Schuldner kann sein Wohnungseigentum dem Vollstreckungszugriff der Gemeinschaft entziehen, indem er sein Wohnungseigentum rechtzeitig an eine ihm nahestehende Person, etwa an seinen Ehegatten oder an einen Verwandten, veräußert. Diese „Enthaftungsstrategie“ liegt auch im Interesse der Grundpfandrechtsgläubiger, die nach der Veräußerung aus dinglichem Recht weiterhin aus Rangklasse 4 die Versteigerung des Wohnungseigentums betreiben können, ohne ein Vorrecht der Gemeinschaft aus Rangklasse 2 dulden zu müssen. Die Gemeinschaft kann der „Entziehung“ des Wohnungseigentums als Haftungsobjekt begegnen, indem sie rechtszeitig vor der Veräußerung selbst die Zwangsversteigerung betreibt und so zu ihren Gunsten die Beschlagnahme des Wohnungseigentums erwirkt (§ 20 Abs. 1 ZVG). Zugunsten des betreibenden Gläubigers hat die Beschlagnahme die Wirkung eines Veräußerungsverbots (§ 23 Abs. 1 ZVG), so dass der Schuldner das Wohnungseigentum danach nicht mehr durch Veräußerung dem Zugriff der Gemeinschaft entziehen kann. Eine entgeltliche Veräußerung vor Beschlagnahme kann die Gemeinschaft allenfalls wegen Gläubigerbenachteiligung anfechten (§ 3 AnfG). Die Gemeinschaft müsste also erneut – diesmal gegen den Erwerber – den Klageweg beschreiten, mit offenem Ausgang. c) Betreiben durch die Gemeinschaft

947

Die Gemeinschaft kann selbst die Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums aus Rangklasse 2 betreiben. Sie kann auch einem bereits anhängigen Versteigerungsverfahren in Rangklasse 2 beitreten. In beiden Fällen müssen die aus Rangklasse 2 zu vollstreckenden Beträge einschließlich der Nebenleistungen 3 % des Einheitswertes des Wohnungseigentums übersteigen (§ 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG, § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG). Diese Voraussetzung kann die Gemeinschaft durch Vorlage des Einheitswertbescheides des Finanzamts glaubhaft machen. Liegt ein vollstreckbarer Titel vor, 1 BGH, Beschl. v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, NJW 2014, 2445; im Ergebnis ebenso LG Heilbronn, Beschl. v. 21.12.2012 – 1 T 231/12, ZWE 2013, 230. 2 Schneider, ZWE 2014, 61 (72).

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IV. Immobiliarvollstreckung

hat das Finanzamt den Einheitswert mitzuteilen, ohne dass § 30 AO entgegensteht. Zur Vollstreckung aus Rangklasse 2 genügt ein Zahlungstitel, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind (§ 10 Abs. 3 Satz 2 ZVG). Soweit die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit nicht aus dem Titel zu erkennen sind, sind sie in geeigneter Weise, etwa durch die Niederschrift der Beschlüsse der Wohnungseigentümer einschließlich ihrer Anlagen, glaubhaft zu machen (§ 10 Abs. 3 Satz 3 ZVG).1 d) Anmeldung der Beitragsansprüche Betreibt ein anderer Gläubiger die Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums, kann die Gemeinschaft ihre nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten Ansprüche in Rangklasse 2 anmelden. Zur Anmeldung der Ansprüche ist ein Vollstreckungstitel nicht erforderlich. Es genügt, dass die bevorrechtigten Ansprüche durch die Niederschrift der Beschlüsse über Wirtschaftsplan bzw. Jahresabrechnung einschließlich ihrer Anlagen glaubhaft gemacht werden (§ 45 Abs. 3 Satz 1 ZVG). Aus dem Vorbringen müssen sich die Zahlungspflicht, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit ergeben (§ 45 Abs. 3 Satz 2 ZVG). Die bloße Anmeldung von Ansprüchen bewirkt keine Beschlagnahme des Wohnungseigentums zugunsten der anmeldenden Gemeinschaft. Die Beschlagnahme wirkt nur zu ihren Gunsten, wenn sie selbst aus einem Vollstreckungstitel die Zwangsversteigerung betreibt.

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Beispiel: Ein Grundpfandrechtsgläubiger betreibt die Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums aus Rangklasse 4, die Gemeinschaft meldet Beitragsansprüche in Rangklasse 2 an. Die Beschlagnahme bewirkt ein Veräußerungsverbot nur zugunsten des betreibenden Gläubigers (§ 23 Abs. 1 ZVG). Wurde eine Erwerbsvormerkung mit Rang nach dem Grundpfandrecht im Grundbuch eingetragen, ist nach Beschlagnahme zugunsten des betreibenden Gläubigers ein Eigentümerwechsel auf den Vormerkungsberechtigten relativ unwirksam (§§ 135, 136 BGB). Stimmt der betreibende Gläubiger dem Eigentümerwechsel zu, wird das Verfahren nicht mehr gegen den Schuldner fortgesetzt. Die Anmeldung der Gemeinschaft verliert in diesem Fall ihre Wirkung. Um dies zu verhindern, sollte die Gemeinschaft möglichst aus einem Vollstreckungstitel selbst die Zwangsversteigerung betreiben (s.o. Rz. 944).

e) Ablauf des Versteigerungsverfahrens Auf Antrag des betreibenden Gläubigers ordnet das Vollstreckungsgericht durch Beschluss die Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums an, wenn die Verfahrensvoraussetzungen vorliegen und keine Anordnungshindernisse bestehen. Die Anordnung bewirkt die Beschlagnahme des Wohnungseigentums (§ 20 Abs. 1 ZVG). Nach der Beschlagnahme stellt das Vollstreckungsgericht durch Beschluss den Verkehrswert fest (§ 74a 1 Vgl. LG Heilbronn, Beschl. v. 28.11.2011 – 1 T 408/11, ZWE 2012, 277.

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§ 13 Zwangsvollstreckung wegen Beitragsforderungen

Abs. 5 ZVG) und bestimmt den Versteigerungstermin. Die Terminsbestimmung muss den aus § 37 ZVG ersichtlichen Inhalt haben, öffentlich bekannt gemacht und den Beteiligten zugestellt werden. 950

Im Versteigerungstermin werden nach dem Aufruf der Sache und den Bekanntmachungen über das Versteigerungsobjekt, die betreibenden Gläubiger und deren Ansprüche das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen festgestellt (§ 66 Abs. 1 ZVG). Die Zwangsversteigerung darf nicht die Rechte der Gläubiger beeinträchtigen, die dem betreibenden Gläubiger vorgehen. Deren Rechte müssen daher vom geringsten Gebot gedeckt sein (§ 44 Abs. 1 ZVG: „Deckungsprinzip“). Betreibt etwa ein Grundpfandrechtsgläubiger die Versteigerung aus Rangklasse 4, werden die in Rangklasse 2 angemeldeten Ansprüche der Gemeinschaft im geringsten Gebot berücksichtigt.

951

Es folgt die Aufforderung zur Abgabe von Geboten (§ 66 Abs. 2 ZVG). Dem Meistbietenden wird durch Beschluss der Zuschlag erteilt (§§ 81 Abs. 1, 82 ZVG). Durch den Zuschlag wird er kraft staatlichen Hoheitsakts Wohnungseigentümer, ohne dass es hierzu einer Eigentumsumschreibung im Grundbuch bedarf (§ 90 Abs. 1 ZVG).

952

Im anschließenden Verteilungstermin muss der Ersteher Barzahlung in Höhe des Bargebots leisten. Der bare Versteigerungserlös wird nach Abzug der Verfahrenskosten an die Berechtigten nach Maßgabe des Teilungsplans entsprechend dem Rang ihrer Rechte ausgezahlt (§§ 113, 117 ZVG).

2. Zwangsverwaltung a) Anordnung der Zwangsverwaltung 953

Auf Antrag eines Gläubigers ordnet das Vollstreckungsgericht die Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums an. Sie dient dazu, dem betreibenden Gläubiger aus den laufenden Einnahmen, etwa aus den Mieteinnahmen, zu befriedigen. Die Anordnung bewirkt die Beschlagnahme des Wohnungseigentums. Dadurch wird dem Schuldner die Verwaltung und Nutzung des Wohnungseigentums entzogen (§ 148 Abs. 2 ZVG). Die Verwaltungsbefugnis steht nur noch dem gerichtlich bestellten Zwangsverwalter zu. b) Ausgaben der Zwangsverwaltung

954

Aus den erzielten Einnahmen sind zunächst die Ausgaben der Verwaltung und die Kosten des Verfahrens vorweg zu bestreiten (§ 155 Abs. 1 ZVG). Die verbleibenden Überschüsse werden nach Maßgabe des Teilungsplans auf die in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 ZVG bezeichneten Ansprüche im Rangklassensystem verteilt (§ 155 Abs. 2 ZVG).

955

Laufende Beträge der Ansprüche auf Beiträge zu den Lasten und Kosten des Wohnungseigentums, die nach Beschlagnahme fällig werden, gehören zu 378

IV. Immobiliarvollstreckung

den vorweg zu bestreitenden Ausgaben der Zwangsverwaltung.1 An dieser Rechtslage hat die im Zuge der WEG-Novelle 2007 eingefügte Vorschrift des § 156 Abs. 1 Satz 2 ZVG nichts geändert, die die laufenden Beträge der Ansprüche zu den Lasten und Kosten nach § 16 Abs. 2 WEG den laufenden Beträgen der öffentlichen Lasten gleichstellt. Die Vorschrift stellt lediglich klar, dass die laufenden Beträge weiterhin „ohne weiteres Verfahren“ außerhalb des Teilungsplans vorweg aus den Einnahmen und ggf. aus Gläubigervorschüssen zu bestreiten sind.2 Umstritten ist, ob nur die nach der Beschlagnahme fälligen Beitragsvorschüsse aus beschlossenen Wirtschaftsplänen oder auch Beiträge aus beschlossenen Sonderumlagen und Nachzahlungen aus beschlossenen Jahresabrechnungen in Höhe der Abrechnungsspitze vorweg zu bestreiten sind.3 Nach zutreffender Ansicht gehören auch Nachzahlungen aus einer nach Beschlagnahme beschlossenen Jahresabrechnung zu den Ausgaben der Verwaltung gem. § 155 Abs. 1 ZVG. Entsprechendes gilt für die Beiträge zu einer Sonderumlage, wenn diese nicht ausschließlich dem Zweck dient, rückständige Beiträge des Schuldners aus der Zeit vor Beschlagnahme des Wohnungseigentums auszugleichen.4

956

3. Zwangshypothek Wegen ihrer titulierten Beitragsansprüche kann die Gemeinschaft beim Grundbuchamt die Eintragung einer Sicherungshypothek beantragen, wenn der titulierte Betrag über 750 Euro hinausgeht (§§ 866 Abs. 3, 867 ZPO). Die Sicherungshypothek sichert der Gemeinschaft eine spätere Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum aus Rangklasse 4. Als Grundpfandrecht hat die Hypothek dingliche und rangwahrende Wirkung. Sie kommt auch in Betracht, soweit die Ansprüche bereits gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG in Rangklasse 2 bevorrechtigt sind. Die Gemeinschaft ist nicht gehalten, die Eintragung einer Sicherungshypothek zu beantragen, die durch den Wegfall des Vorrechts aufschiebend bedingt ist.5

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Gegen den im Titel bezeichneten Beitragsschuldner kann die Gemeinschaft später ohne weiteres die Zwangsversteigerung aus der Sicherungshypothek in Rangklasse 4 betreiben. Sie braucht hierzu keinen besonderen

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1 BGH, Beschl. v. 15.10.2009 – V ZB 43/09, BGHZ 182, 361 = MDR 2010, 107 = MietRB 2009, 355 = ZfIR 2010, 37. 2 Alff/Hintzen, Rpfleger 2008, 165 (175); Becker in Bärmann, § 16 WEG, Rz. 203; Schädlich, ZfIR 2009, 265 (270); für öffentliche Lasten ebenso Mayer, Rpfleger 2000, 260 (262); kritisch Schneider, ZWE 2010, 77 (81). 3 Siehe dazu Becker in Bärmann, § 16 WEG, Rz. 204 m.w.N. zum Streitstand. 4 Offen gelassen von BGH, Urt. v. 8.1.2009 – IX 21/07, ZWE 2009, 209 (213). 5 OLG Dresden, Beschl. v. 22.11.2010 – 17 W 1165/10, ZWE 2011, 365 (366); OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.10.2010 – 20 W 354/10, ZWE 2011, 89; OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.11.2010 – 8 W 83/10, MietRB 2011, 48 = ZWE 2011, 88 (89); a.A. Zeiser, Rpfleger 2008, 58; zur Möglichkeit einer solchen Eintragung s. BGH, Beschl. v. 20.7.2011 – V ZB 300/10, MietRB 2011, 381 = ZWE 2011, 401 m. Anm. Schneider.

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§ 13 Zwangsvollstreckung wegen Beitragsforderungen

Duldungstitel gem. § 1147 BGB. Es genügt der vollstreckbare Zahlungstitel, auf dem die Eintragung der Sicherungshypothek vermerkt ist (§ 867 Abs. 3 ZPO). Veräußert der Schuldner sein Wohnungseigentum, ist jedoch ein dinglicher Duldungstitel gegen den Erwerber erforderlich, um in das Wohnungseigentum vollstrecken zu können.1

V. Insolvenz des Wohnungseigentümers 959

Wird über das Vermögen des Beitragsschuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet, gehört das Wohnungseigentum des Schuldners zur Insolvenzmasse (§ 35 Abs. 1 InsO). Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis geht auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 Abs. 1 InsO). Für die Gemeinschaft bewirkt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Zäsur. Ihre Vollstreckungsmöglichkeiten unterscheiden sich danach, ob die zu vollstreckenden Beitragsansprüche bereits zur Zeit der Verfahrenseröffnung fällig sind, oder ob sie erst während der Dauer des Insolvenzverfahrens fällig werden. Beispiel: Der Bauträger S hat sein Grundstück in Wohnungseigentum aufgeteilt und sämtliche Einheiten mit Ausnahme einer Einheit veräußert. Für das Wohnungseigentum des S bestehen Beitragsrückstände für das Wirtschaftsjahr 2006 i.H.v. 4.498 Euro, für das Wirtschaftsjahr 2007 i.H.v. 4.677 Euro. Im November 2007 beschließen die Wohnungseigentümer die Abrechnung 2006. Die Abrechnung 2007 wird im Juni 2008 beschlossen. Bereits im Dezember 2007 wurde das Insolvenzverfahren über Vermögen des S eröffnet. Die Gemeinschaft nimmt den Insolvenzverwalter auf Duldung der Zwangsvollstreckung bis zu 5 % des Verkehrswertes aus Rangklasse 2 in Anspruch.2

1. Gemeinschaft als Insolvenzgläubigerin 960

Hinsichtlich der zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits fälligen Beitragsansprüche ist die Gemeinschaft Insolvenzgläubigerin (§ 38 InsO). Im Beispiel sind dies die Beitragsrückstände aus 2006 und aus 2007, soweit sie als Vorschüsse aufgrund des Wirtschaftsplans 2007 vor Insolvenzeröffnung fällig geworden sind. Diese Ansprüche kann die Gemeinschaft zur Insolvenztabelle anmelden. Zwangsvollstreckungen in die Insolvenzmasse oder in das sonstige Vermögen des Schuldners sind für Insolvenzgläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens grundsätzlich unzulässig (§ 89 Abs. 1 InsO). Soweit die Ansprüche jedoch in den Vorrangbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG fallen (s.o. Rz. 935 f.), steht der Gemeinschaft gem. § 49 InsO ein Recht zur abgesonderten Befriedigung aus dem Wohnungseigentum zu.3 Aufgrund eines Duldungstitels gegen den In1 Stöber in Zöller, § 867 ZPO Rz. 20. 2 Nach BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = ZIP 2011, 1723. 3 BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = ZIP 2011, 1723 (1725) = ZfIR 2011, 825 m. Anm. Derleder.

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V. Insolvenz des Wohnungseigentümers

solvenzverwalter kann sie also wegen bevorrechtigter Beitragsansprüche die Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums betreiben. Hat die Gemeinschaft vor Insolvenzeröffnung bereits gegen den Schuldner einen Zahlungstitel erwirkt, kann sie diesen gem. § 727 Abs. 1 ZPO in einen Duldungstitel gegen den Insolvenzverwalter umschreiben lassen. Liegt noch kein Zahlungstitel gegen den Schuldner vor, kann die Gemeinschaft den Insolvenzverwalter analog § 1147 BGB auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum in Anspruch nehmen. Nach Ansicht des BGH muss der konkrete Umfang des Vorrechts aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG im Duldungsprozess betragsmäßig festgestellt und tituliert werden.1 Diese Ansicht ist bedenklich, denn der Umfang des Vorrechts lässt sich erst im späteren Versteigerungsverfahren bestimmen, wenn das Vollstreckungsgericht den maßgeblichen Verkehrswert gem. § 74a Abs. 5 ZVG bestimmt hat. Es muss daher ein Duldungstitel genügen, der den Vorrangbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 2 abstrakt beschreibt („Der Beklagte wird verurteilt, die Zwangsversteigerung wegen der Ansprüche … in das Wohnungseigentum … aus Rangklasse 2 bis zu fünf Prozent des nach § 74a Abs. 5 ZVG festzusetzenden Verkehrswertes zu dulden.“).2

961

2. Gemeinschaft als Massegläubigerin Wegen der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fälligen Beitragsansprüche ist die Gemeinschaft Massegläubigerin. Es handelt sich um Verbindlichkeiten, die durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO). In dem genannten Beispiel sind dies etwa Nachzahlungsansprüche aus einer Abrechnungsspitze 2007, die erst nach Eröffnung des Verfahrens durch Beschluss der Jahresabrechnung entstehen. Wegen dieser Ansprüche kann die Gemeinschaft den Insolvenzverwalter auf Zahlung der Beiträge aus der Insolvenzmasse in Anspruch nehmen. Nach Ansicht des BGH steht der Gemeinschaft als Massegläubiger aber kein Absonderungsrecht am Wohnungseigentum des Schuldners zu.3 Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens könnten Rechte an Gegenständen der Insolvenzmasse gem. § 91 Abs. 1 InsO nicht wirksam erworben werden.

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Das Fehlen eines Absonderungsrechts wirkt sich aus, wenn die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die fälligen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen. Sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit dem Insolvenzgericht angezeigt hat, ist die Vollstreckung wegen einer vor der Anzeige be-

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1 BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = ZIP 2011, 1723 (1726). 2 Zutreffend LG Berlin, Urt. v. 28.9.2010 – 55 S 87/10, MietRB 2011, 81 = ZWE 2011, 97 (98). 3 BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = ZIP 2011, 1723 (1724); kritisch dazu Becker, ZIP 2013, 1554 (1557 f.).

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§ 13 Zwangsvollstreckung wegen Beitragsforderungen

reits fälligen Altmasseverbindlichkeit unzulässig (§§ 210, 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Da aus einem Zahlungstitel nicht mehr vollstreckt werden kann, fehlt für eine Zahlungsklage das Rechtsschutzbedürfnis.1 Eine Klage gegen den Insolvenzverwalter auf Duldung der Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums kommt ebenfalls nicht in Betracht, da der Gemeinschaft nach Ansicht des BGH wegen einer Masseforderung kein Recht auf abgesonderte Befriedigung zusteht.2 Arbeitsbeispiel 14: Veräußerung durch den Insolvenzverwalter 964

Sachverhalt:3 Am 30.4.2010 wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Wohnungseigentümers S eröffnet. Zu dieser Zeit sind für das Wohnungseigentum des S folgende Beitragsansprüche fällig: Vorschüsse aus dem Wirtschaftsplan 2009 i.H.v. 175 Euro, Vorschüsse aus dem Wirtschaftsplan 2010 i.H.v. 516 Euro und eine Abrechnungsspitze aus der Jahresabrechnung 2009 i.H.v. 435 Euro. Der Insolvenzverwalter veräußert das Wohnungseigentum freihändig an den Erwerber E, dem Vater des S. Das Eigentum wird am 13.7. 2010 im Grundbuch auf E umgeschrieben. Wegen der rückständigen Beiträge verklagt die Gemeinschaft den E auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das erworbene Wohnungseigentum i.H.v. max. 5 % des Verkehrswertes. Ist die Klage begründet? Lösung: Nein! Nach Ansicht des BGH besteht kein Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen E. Der Erwerber E haftet nicht persönlich für Beitragsrückstände seines Rechtsvorgängers. Eine dingliche Haftung des E mit dem aus der Insolvenzmasse vom verfügungsberechtigten Insolvenzverwalter erworbenen Wohnungseigentum i.H.v. max. 5 % des Verkehrswertes kommt nicht in Betracht. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG gewährt der Gemeinschaft kein dingliches Befriedigungsrecht (s.o. Rz. 940). Auch beim Erwerb von Wohnungseigentum aus der Insolvenzmasse muss der Erwerber keine Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum wegen rückständiger Beträge seines Rechtsvorgängers dulden. 1. Abwandlung: Kann die Gemeinschaft auf den Erlös zugreifen, den der Insolvenzverwalter durch die Veräußerung an E für die Insolvenzmasse erzielt hat? Lösung: Ja! Vor der freihändigen Veräußerung gehörte das Wohnungseigentum zur Insolvenzmasse (§ 35 Abs. 1 InsO). Wegen ihrer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fälligen Beitragsansprüche stand der Gemeinschaft ein Recht zur abgesonderten Befriedigung aus dem Wohnungseigentum i.H.v. max. 5 % des Verkehrswertes zu (§ 49 InsO, § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG; s.o. Rz. 956). Nach der freihändigen Veräußerung an E gehört das Wohnungseigentum nicht mehr zur Insolvenzmasse. Daher besteht kein Absonderungsrecht an einem Massegegenstand mehr. Das Absonderungsrecht setzt sich aber am er-

1 BGH, Urt. v. 3.4.2003 – IX ZR 101/02, MDR 2003, 1015 = ZIP 2003, 914 (915). 2 A.A. noch LG Berlin, Urt. v. 11.7.2009 – 85 S 18/09, ZWE 2010, 228 f. 3 Nach BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, MDR 2013, 1309 = MietRB 2013, 327 = ZfIR 2013, 806.

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V. Insolvenz des Wohnungseigentümers

zielten Veräußerungserlös fort, so dass dieser im Umfang des Vorrechts nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG an die Gemeinschaft auszukehren ist.1 2. Abwandlung: Wie ist es, wenn S sich gegenüber E bereits lange vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam und unanfechtbar zur unentgeltlichen Übertragung des Wohnungseigentums verpflichtet hatte und zugunsten des E eine Erwerbsvormerkung im Grundbuch eingetragen war? Lösung: Der durch die Vormerkung gesicherte schuldrechtliche Übertragungsanspruch des E gegen S ist gem. § 106 Abs. 1 Satz 1 InsO insolvenzfest. Der Insolvenzverwalter musste also den Anspruch durch Übertragung an der Insolvenzmasse erfüllen, ohne eine Gegenleistung dafür verlangen zu können. Da in diesem Fall kein Veräußerungserlös erzielt wird, steht der Gemeinschaft auch kein Ersatzabsonderungsrecht am Erlös zu. Die Gemeinschaft kann ihre Beitragsansprüche lediglich zur Insolvenztabelle anmelden. Ihre Ansprüche werden nur nach der Insolvenzquote befriedigt.

1 So BGH, Urt. v. 11.3.2010 – IX ZR 34/09, MDR 2010, 893 = NotBZ 2010, 307 m. Anm. Suppliet = ZIP 2010, 791 zur Aufhebung eines Grundpfandrechts im Zuge der Veräußerung; offen gelassen von BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, MDR 2013, 1309 = MietRB 2013, 327 = ZfIR 2013, 806.

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Anhang: Wohnungseigentumsgesetz1 I. Teil Wohnungseigentum § 1 Begriffsbestimmungen (1) Nach Maßgabe dieses Gesetzes kann an Wohnungen das Wohnungseigentum, an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes das Teileigentum begründet werden. (2) Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. (3) Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. (4) Wohnungseigentum und Teileigentum können nicht in der Weise begründet werden, daß das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird. (5) Gemeinschaftliches Eigentum im Sinne dieses Gesetzes sind das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen. (6) Für das Teileigentum gelten die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend.

1. Abschnitt Begründung des Wohnungseigentums § 2 Arten der Begründung Wohnungseigentum wird durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum (§ 3) oder durch Teilung (§ 8) begründet. § 3 Vertragliche Einräumung von Sondereigentum (1) Das Miteigentum (§ 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) an einem Grundstück kann durch Vertrag der Miteigentümer in der Weise beschränkt werden, daß jedem der Miteigentümer abweichend von § 93 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude eingeräumt wird. 1 BGBl. I 1951, 175, 209, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes zur Einführung eines Datenbankgrundbuchs (DaBaGG) vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3719).

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(2) Sondereigentum soll nur eingeräumt werden, wenn die Wohnungen oder sonstigen Räume in sich abgeschlossen sind. Garagenstellplätze gelten als abgeschlossene Räume, wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind. (3) (weggefallen) § 4 Formvorschriften (1) Zur Einräumung und zur Aufhebung des Sondereigentums ist die Einigung der Beteiligten über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich. (2) Die Einigung bedarf der für die Auflassung vorgeschriebenen Form. Sondereigentum kann nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung eingeräumt oder aufgehoben werden. (3) Für einen Vertrag, durch den sich ein Teil verpflichtet, Sondereigentum einzuräumen, zu erwerben oder aufzuheben, gilt § 311b Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. § 5 Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums (1) Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß § 3 Abs. 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne daß dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. (2) Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, sind nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. (3) Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, daß Bestandteile des Gebäudes, die Gegenstand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören. (4) Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander können nach den Vorschriften des 2. und 3. Abschnitts zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden. Ist das Wohnungseigentum mit der Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder der Reallast eines Dritten belastet, so ist dessen nach anderen Rechtsvorschriften notwendige Zustimmung zu der Vereinbarung nur erforderlich, wenn ein Sondernutzungsrecht begründet oder ein mit dem Wohnungseigentum verbundenes Sondernutzungsrecht aufgehoben, geändert oder übertragen wird. Bei der Begründung eines Sondernutzungsrechts ist die Zustimmung des Dritten nicht erforderlich, wenn durch die Vereinbarung gleichzeitig das zu seinen Gunsten belastete Wohnungseigentum mit einem Sondernutzungsrecht verbunden wird. 386

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§ 6 Unselbständigkeit des Sondereigentums (1) Das Sondereigentum kann ohne den Miteigentumsanteil, zu dem es gehört, nicht veräußert oder belastet werden. (2) Rechte an dem Miteigentumsanteil erstrecken sich auf das zu ihm gehörende Sondereigentum. § 7 Grundbuchvorschriften (1) Im Falle des § 3 Abs. 1 wird für jeden Miteigentumsanteil von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt (Wohnungsgrundbuch, Teileigentumsgrundbuch) angelegt. Auf diesem ist das zu dem Miteigentumsanteil gehörende Sondereigentum und als Beschränkung des Miteigentums die Einräumung der zu den anderen Miteigentumsanteilen gehörenden Sondereigentumsrechte einzutragen. Das Grundbuchblatt des Grundstücks wird von Amts wegen geschlossen. (2) (aufgehoben) (3) Zur näheren Bezeichnung des Gegenstands und des Inhalts des Sondereigentums kann auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. (4) Der Eintragungsbewilligung sind als Anlagen beizufügen: 1. eine von der Baubehörde mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehene Bauzeichnung, aus der die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich ist (Aufteilungsplan); alle zu demselben Wohnungseigentum gehörenden Einzelräume sind mit der jeweils gleichen Nummer zu kennzeichnen; 2. eine Bescheinigung der Baubehörde, daß die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 vorliegen. Wenn in der Eintragungsbewilligung für die einzelnen Sondereigentumsrechte Nummern angegeben werden, sollen sie mit denen des Aufteilungsplans übereinstimmen. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und in welchen Fällen der Aufteilungsplan (Satz 1 Nr. 1) und die Abgeschlossenheit (Satz 1 Nr. 2) von einem öffentlich bestellten oder anerkannten Sachverständigen für das Bauwesen statt von der Baubehörde ausgefertigt und bescheinigt werden. Werden diese Aufgaben von dem Sachverständigen wahrgenommen, so gelten die Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes vom 19. März 1974 (BAnz. Nr. 58 vom 23. März 1974) entsprechend. In diesem Fall bedürfen die Anlagen nicht der Form des § 29 der Grundbuchordnung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesbauverwaltungen übertragen. (5) Für Teileigentumsgrundbücher gelten die Vorschriften über Wohnungsgrundbücher entsprechend. 387

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§ 8 Teilung durch den Eigentümer (1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise teilen, daß mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude verbunden ist. (2) Im Falle des Absatzes 1 gelten die Vorschriften des § 3 Abs. 2 und der §§ 5, 6, § 7 Abs. 1, 3 bis 5 entsprechend. Die Teilung wird mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam. § 9 Schließung der Wohnungsgrundbücher (1) Die Wohnungsgrundbücher werden geschlossen: 1. von Amts wegen, wenn die Sondereigentumsrechte gemäß § 4 aufgehoben werden; 2. auf Antrag sämtlicher Wohnungseigentümer, wenn alle Sondereigentumsrechte durch völlige Zerstörung des Gebäudes gegenstandslos geworden sind und der Nachweis hierfür durch eine Bescheinigung der Baubehörde erbracht ist; 3. auf Antrag des Eigentümers, wenn sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person vereinigen. (2) Ist ein Wohnungseigentum selbständig mit dem Recht eines Dritten belastet, so werden die allgemeinen Vorschriften, nach denen zur Aufhebung des Sondereigentums die Zustimmung des Dritten erforderlich ist, durch Absatz 1 nicht berührt. (3) Werden die Wohnungsgrundbücher geschlossen, so wird für das Grundstück ein Grundbuchblatt nach den allgemeinen Vorschriften angelegt; die Sondereigentumsrechte erlöschen, soweit sie nicht bereits aufgehoben sind, mit der Anlegung des Grundbuchblatts.

2. Abschnitt Gemeinschaft der Wohnungseigentümer § 10 Allgemeine Grundsätze (1) Inhaber der Rechte und Pflichten nach den Vorschriften dieses Gesetzes, insbesondere des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums, sind die Wohnungseigentümer, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. (2) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen tref388

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fen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. (3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, sowie die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. (4) Beschlüsse der Wohnungseigentümer gemäß § 23 und gerichtliche Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch. Dies gilt auch für die gemäß § 23 Abs. 1 aufgrund einer Vereinbarung gefassten Beschlüsse, die vom Gesetz abweichen oder eine Vereinbarung ändern. (5) Rechtshandlungen in Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschlossen werden kann, wirken, wenn sie auf Grund eines mit solcher Mehrheit gefaßten Beschlusses vorgenommen werden, auch für und gegen die Wohnungseigentümer, die gegen den Beschluß gestimmt oder an der Beschlußfassung nicht mitgewirkt haben. (6) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen. Sie ist Inhaberin der als Gemeinschaft gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Rechte und Pflichten. Sie übt die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus und nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahr, ebenso sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können oder zu erfüllen sind. Die Gemeinschaft muss die Bezeichnung „Wohnungseigentümergemeinschaft“ gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks führen. Sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden. (7) Das Verwaltungsvermögen gehört der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Es besteht aus den im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Sachen und Rechten sowie den entstandenen Verbindlichkeiten. Zu dem Verwaltungsvermögen gehören insbesondere die Ansprüche und Befugnisse aus Rechtsverhältnissen mit Dritten und mit Wohnungseigentümern sowie die eingenommenen Gelder. Vereinigen sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person, geht das Verwaltungsvermögen auf den Eigentümer des Grundstücks über. 389

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(8) Jeder Wohnungseigentümer haftet einem Gläubiger nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils (§ 16 Abs. 1 Satz 2) für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden oder während dieses Zeitraums fällig geworden sind; für die Haftung nach Veräußerung des Wohnungseigentums ist § 160 des Handelsgesetzbuches entsprechend anzuwenden. Er kann gegenüber einem Gläubiger neben den in seiner Person begründeten auch die der Gemeinschaft zustehenden Einwendungen und Einreden geltend machen, nicht aber seine Einwendungen und Einreden gegenüber der Gemeinschaft. Für die Einrede der Anfechtbarkeit und Aufrechenbarkeit ist § 770 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend anzuwenden. Die Haftung eines Wohnungseigentümers gegenüber der Gemeinschaft wegen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung bestimmt sich nach Satz 1. § 11 Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (1) Kein Wohnungseigentümer kann die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Dies gilt auch für eine Aufhebung aus wichtigem Grund. Eine abweichende Vereinbarung ist nur für den Fall zulässig, daß das Gebäude ganz oder teilweise zerstört wird und eine Verpflichtung zum Wiederaufbau nicht besteht. (2) Das Recht eines Pfändungsgläubigers (§ 751 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) sowie das im Insolvenzverfahren bestehende Recht (§ 84 Abs. 2 der Insolvenzordnung), die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, ist ausgeschlossen. (3) Ein Insolvenzverfahren über das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft findet nicht statt. § 12 Veräußerungsbeschränkung (1) Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, daß ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. (2) Die Zustimmung darf nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Durch Vereinbarung gemäß Absatz 1 kann dem Wohnungseigentümer darüber hinaus für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung eingeräumt werden. (3) Ist eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 getroffen, so ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Veräußerung verpflichtet, unwirksam, solange nicht die erforderliche Zustimmung erteilt ist. Einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung steht eine Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Insolvenzverwalter gleich. (4) Die Wohnungseigentümer können durch Stimmenmehrheit beschließen, dass eine Veräußerungsbeschränkung gemäß Absatz 1 aufgehoben wird. Diese Befugnis kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer 390

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nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Ist ein Beschluss gemäß Satz 1 gefasst, kann die Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch gelöscht werden. Der Bewilligung gemäß § 19 der Grundbuchordnung bedarf es nicht, wenn der Beschluss gemäß Satz 1 nachgewiesen wird. Für diesen Nachweis ist § 26 Abs. 3 entsprechend anzuwenden. § 13 Rechte des Wohnungseigentümers (1) Jeder Wohnungseigentümer kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, insbesondere diese bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen, und andere von Einwirkungen ausschließen. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe der §§ 14, 15 berechtigt. An den sonstigen Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums gebührt jedem Wohnungseigentümer ein Anteil nach Maßgabe des § 16. § 14 Pflichten des Wohnungseigentümers Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet: 1. die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, daß dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst; 2. für die Einhaltung der in Nummer 1 bezeichneten Pflichten durch Personen zu sorgen, die seinem Hausstand oder Geschäftsbetrieb angehören oder denen er sonst die Benutzung der im Sonder- oder Miteigentum stehenden Grundstücks- oder Gebäudeteile überläßt; 3. Einwirkungen auf die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, soweit sie auf einem nach Nummer 1, 2 zulässigen Gebrauch beruhen; 4. das Betreten und die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist; der hierdurch entstehende Schaden ist zu ersetzen. § 15 Gebrauchsregelung (1) Die Wohnungseigentümer können den Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums durch Vereinbarung regeln. (2) Soweit nicht eine Vereinbarung nach Absatz 1 entgegensteht, können die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit einen der Beschaffenheit der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsmäßigen Gebrauch beschließen. 391

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(3) Jeder Wohnungseigentümer kann einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. § 16 Nutzungen, Lasten und Kosten (1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. (3) Die Wohnungseigentümer können abweichend von Absatz 2 durch Stimmenmehrheit beschließen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums im Sinne des § 556 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, und die Kosten der Verwaltung nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder nach einem anderen Maßstab verteilt werden, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. (4) Die Wohnungseigentümer können im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 oder zu baulichen Veränderungen oder Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 und 2 durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Absatz 2 regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Der Beschluss zur Regelung der Kostenverteilung nach Satz 1 bedarf einer Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des § 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. (5) Die Befugnisse im Sinne der Absätze 3 und 4 können durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. (6) Ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach § 22 Abs. 1 nicht zugestimmt hat, ist nicht berechtigt, einen Anteil an Nutzungen, die auf einer solchen Maßnahme beruhen, zu beanspruchen; er ist nicht verpflichtet, Kosten, die durch eine solche Maßnahme verursacht sind, zu tragen. Satz 1 ist bei einer Kostenverteilung gemäß Absatz 4 nicht anzuwenden. (7) Zu den Kosten der Verwaltung im Sinne des Absatzes 2 gehören insbesondere Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 18 und der Ersatz des Schadens im Falle des § 14 Nr. 4. 392

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(8) Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 43 gehören nur dann zu den Kosten der Verwaltung im Sinne des Absatzes 2, wenn es sich um Mehrkosten gegenüber der gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwalts aufgrund einer Vereinbarung über die Vergütung (§ 27 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 6) handelt. § 17 Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft Im Falle der Aufhebung der Gemeinschaft bestimmt sich der Anteil der Miteigentümer nach dem Verhältnis des Wertes ihrer Wohnungseigentumsrechte zur Zeit der Aufhebung der Gemeinschaft. Hat sich der Wert eines Miteigentumsanteils durch Maßnahmen verändert, deren Kosten der Wohnungseigentümer nicht getragen hat, so bleibt eine solche Veränderung bei der Berechnung des Wertes dieses Anteils außer Betracht. § 18 Entziehung des Wohnungseigentums (1) Hat ein Wohnungseigentümer sich einer so schweren Verletzung der ihm gegenüber anderen Wohnungseigentümern obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht, daß diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann, so können die anderen Wohnungseigentümer von ihm die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen. Die Ausübung des Entziehungsrechts steht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu, soweit es sich nicht um eine Gemeinschaft handelt, die nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht. (2) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 liegen insbesondere vor, wenn 1. der Wohnungseigentümer trotz Abmahnung wiederholt gröblich gegen die ihm nach § 14 obliegenden Pflichten verstößt; 2. der Wohnungseigentümer sich mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen zur Lasten- und Kostentragung (§ 16 Abs. 2) in Höhe eines Betrags, der drei vom Hundert des Einheitswerts seines Wohnungseigentums übersteigt, länger als drei Monate in Verzug befindet; in diesem Fall steht § 30 der Abgabenordnung einer Mitteilung des Einheitswerts an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder, soweit die Gemeinschaft nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht, an den anderen Wohnungseigentümer nicht entgegen. (3) Über das Verlangen nach Absatz 1 beschließen die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit. Der Beschluß bedarf einer Mehrheit von mehr als der Hälfte der stimmberechtigten Wohnungseigentümer. Die Vorschriften des § 25 Abs. 3, 4 sind in diesem Fall nicht anzuwenden. (4) Der in Absatz 1 bestimmte Anspruch kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. § 19 Wirkung des Urteils (1) Das Urteil, durch das ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt wird, berechtigt jeden Miteigentümer zur Zwangsvollstreckung entsprechend den Vorschriften des Ersten Ab393

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schnitts des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. Die Ausübung dieses Rechts steht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu, soweit es sich nicht um eine Gemeinschaft handelt, die nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht. (2) Der Wohnungseigentümer kann im Falle des § 18 Abs. 2 Nr. 2 bis zur Erteilung des Zuschlags die in Absatz 1 bezeichnete Wirkung des Urteils dadurch abwenden, daß er die Verpflichtungen, wegen deren Nichterfüllung er verurteilt ist, einschließlich der Verpflichtung zum Ersatz der durch den Rechtsstreit und das Versteigerungsverfahren entstandenen Kosten sowie die fälligen weiteren Verpflichtungen zur Lasten- und Kostentragung erfüllt. (3) Ein gerichtlicher oder vor einer Gütestelle geschlossener Vergleich, durch den sich der Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verpflichtet, steht dem in Absatz 1 bezeichneten Urteil gleich.

3. Abschnitt Verwaltung § 20 Gliederung der Verwaltung (1) Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt den Wohnungseigentümern nach Maßgabe der §§ 21 bis 25 und dem Verwalter nach Maßgabe der §§ 26 bis 28, im Falle der Bestellung eines Verwaltungsbeirats auch diesem nach Maßgabe des § 29. (2) Die Bestellung eines Verwalters kann nicht ausgeschlossen werden. § 21 Verwaltung durch die Wohnungseigentümer (1) Soweit nicht in diesem Gesetz oder durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer etwas anderes bestimmt ist, steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind. (3) Soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt ist, können die Wohnungseigentümer eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen. (4) Jeder Wohnungseigentümer kann eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. (5) Zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung gehört insbesondere: 394

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1. die Aufstellung einer Hausordnung; 2. die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums; 3. die Feuerversicherung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Neuwert sowie die angemessene Versicherung der Wohnungseigentümer gegen Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht; 4. die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung; 5. die Aufstellung eines Wirtschaftsplans (§ 28); 6. die Duldung aller Maßnahmen, die zur Herstellung einer Fernsprechteilnehmereinrichtung, einer Rundfunkempfangsanlage oder eines Energieversorgungsanschlusses zugunsten eines Wohnungseigentümers erforderlich sind. (6) Der Wohnungseigentümer, zu dessen Gunsten eine Maßnahme der in Absatz 5 Nr. 6 bezeichneten Art getroffen wird, ist zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. (7) Die Wohnungseigentümer können die Regelung der Art und Weise von Zahlungen, der Fälligkeit und der Folgen des Verzugs sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand mit Stimmenmehrheit beschließen. (8) Treffen die Wohnungseigentümer eine nach dem Gesetz erforderliche Maßnahme nicht, so kann an ihrer Stelle das Gericht in einem Rechtsstreit gemäß § 43 nach billigem Ermessen entscheiden, soweit sich die Maßnahme nicht aus dem Gesetz, einer Vereinbarung oder einem Beschluss der Wohnungseigentümer ergibt. § 22 Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau (1) Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in der in Satz 1 bezeichneten Weise beeinträchtigt werden. (2) Maßnahmen gemäß Absatz 1 Satz 1, die der Modernisierung entsprechend § 555b Nummer 1 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dienen, die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen, können abweichend von Absatz 1 durch eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des § 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden. Die Befugnis im Sinne des Satzes 1 kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. 395

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(3) Für Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 verbleibt es bei den Vorschriften des § 21 Abs. 3 und 4. (4) Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht gemäß § 21 Abs. 3 beschlossen oder gemäß § 21 Abs. 4 verlangt werden. § 23 Wohnungseigentümerversammlung (1) Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluß entscheiden können, werden durch Beschlußfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet. (2) Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist erforderlich, daß der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist. (3) Auch ohne Versammlung ist ein Beschluß gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluß schriftlich erklären. (4) Ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, ist nichtig. Im Übrigen ist ein Beschluss gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist. § 24 Einberufung, Vorsitz, Niederschrift (1) Die Versammlung der Wohnungseigentümer wird von dem Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen. (2) Die Versammlung der Wohnungseigentümer muß von dem Verwalter in den durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer bestimmten Fällen, im übrigen dann einberufen werden, wenn dies schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird. (3) Fehlt ein Verwalter oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung der Wohnungseigentümer einzuberufen, so kann die Versammlung auch, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter einberufen werden. (4) Die Einberufung erfolgt in Textform. Die Frist der Einberufung soll, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt, mindestens zwei Wochen betragen. (5) Den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung führt, sofern diese nichts anderes beschließt, der Verwalter. (6) Über die in der Versammlung gefaßten Beschlüsse ist eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch 396

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von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter zu unterschreiben. Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, die Niederschriften einzusehen. (7) Es ist eine Beschluss-Sammlung zu führen. Die Beschluss-Sammlung enthält nur den Wortlaut 1. der in der Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Versammlung, 2. der schriftlichen Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Verkündung und 3. der Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 mit Angabe ihres Datums, des Gerichts und der Parteien, soweit diese Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen nach dem 1. Juli 2007 ergangen sind. Die Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen sind fortlaufend einzutragen und zu nummerieren. Sind sie angefochten oder aufgehoben worden, so ist dies anzumerken. Im Falle einer Aufhebung kann von einer Anmerkung abgesehen und die Eintragung gelöscht werden. Eine Eintragung kann auch gelöscht werden, wenn sie aus einem anderen Grund für die Wohnungseigentümer keine Bedeutung mehr hat. Die Eintragungen, Vermerke und Löschungen gemäß den Sätzen 3 bis 6 sind unverzüglich zu erledigen und mit Datum zu versehen. Einem Wohnungseigentümer oder einem Dritten, den ein Wohnungseigentümer ermächtigt hat, ist auf sein Verlangen Einsicht in die Beschluss-Sammlung zu geben. (8) Die Beschluss-Sammlung ist von dem Verwalter zu führen. Fehlt ein Verwalter, so ist der Vorsitzende der Wohnungseigentümerversammlung verpflichtet, die Beschluss-Sammlung zu führen, sofern die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit keinen anderen für diese Aufgabe bestellt haben. § 25 Mehrheitsbeschluß (1) Für die Beschlußfassung in Angelegenheiten, über die die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschließen, gelten die Vorschriften der Absätze 2 bis 5. (2) Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme. Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben. (3) Die Versammlung ist nur beschlußfähig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, berechnet nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile, vertreten. (4) Ist eine Versammlung nicht gemäß Absatz 3 beschlußfähig, so beruft der Verwalter eine neue Versammlung mit dem gleichen Gegenstand ein. Diese Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlußfähig; hierauf ist bei der Einberufung hinzuweisen. 397

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(5) Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlußfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Wohnungseigentümer gegen ihn betrifft oder wenn er nach § 18 rechtskräftig verurteilt ist. § 26 Bestellung und Abberufung des Verwalters (1) Über die Bestellung und Abberufung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit. Die Bestellung darf auf höchstens fünf Jahre vorgenommen werden, im Falle der ersten Bestellung nach der Begründung von Wohnungseigentum aber auf höchstens drei Jahre. Die Abberufung des Verwalters kann auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt werden. Ein wichtiger Grund liegt regelmäßig vor, wenn der Verwalter die Beschluss-Sammlung nicht ordnungsmäßig führt. Andere Beschränkungen der Bestellung oder Abberufung des Verwalters sind nicht zulässig. (2) Die wiederholte Bestellung ist zulässig; sie bedarf eines erneuten Beschlusses der Wohnungseigentümer, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit gefaßt werden kann. (3) Soweit die Verwaltereigenschaft durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden muß, genügt die Vorlage einer Niederschrift über den Bestellungsbeschluß, bei der die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind. § 27 Aufgaben und Befugnisse des Verwalters (1) Der Verwalter ist gegenüber den Wohnungseigentümern und gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, 1. Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen und für die Durchführung der Hausordnung zu sorgen; 2. die für die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen; 3. in dringenden Fällen sonstige zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderliche Maßnahmen zu treffen; 4. Lasten- und Kostenbeiträge, Tilgungsbeträge und Hypothekenzinsen anzufordern, in Empfang zu nehmen und abzuführen, soweit es sich um gemeinschaftliche Angelegenheiten der Wohnungseigentümer handelt; 5. alle Zahlungen und Leistungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die mit der laufenden Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zusammenhängen; 6. eingenommene Gelder zu verwalten; 7. die Wohnungseigentümer unverzüglich darüber zu unterrichten, dass ein Rechtsstreit gemäß § 43 anhängig ist; 8. die Erklärungen abzugeben, die zur Vornahme der in § 21 Abs. 5 Nr. 6 bezeichneten Maßnahmen erforderlich sind. 398

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(2) Der Verwalter ist berechtigt, im Namen aller Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie 1. Willenserklärungen und Zustellungen entgegenzunehmen, soweit sie an alle Wohnungseigentümer in dieser Eigenschaft gerichtet sind; 2. Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind, insbesondere einen gegen die Wohnungseigentümer gerichteten Rechtsstreit gemäß § 43 Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 5 im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren zu führen; 3. Ansprüche gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen, sofern er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss mit Stimmenmehrheit der Wohnungseigentümer ermächtigt ist; 4. mit einem Rechtsanwalt wegen eines Rechtsstreits gemäß § 43 Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 5 zu vereinbaren, dass sich die Gebühren nach einem höheren als dem gesetzlichen Streitwert, höchstens nach einem gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes bestimmten Streitwert bemessen. (3) Der Verwalter ist berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie 1. Willenserklärungen und Zustellungen entgegenzunehmen; 2. Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind, insbesondere einen gegen die Gemeinschaft gerichteten Rechtsstreit gemäß § 43 Nr. 2 oder Nr. 5 im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren zu führen; 3. die laufenden Maßnahmen der erforderlichen ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung gemäß Absatz 1 Nr. 2 zu treffen; 4. die Maßnahmen gemäß Absatz 1 Nr. 3 bis 5 und 8 zu treffen; 5. im Rahmen der Verwaltung der eingenommenen Gelder gemäß Absatz 1 Nr. 6 Konten zu führen; 6. mit einem Rechtsanwalt wegen eines Rechtsstreits gemäß § 43 Nr. 2 oder Nr. 5 eine Vergütung gemäß Absatz 2 Nr. 4 zu vereinbaren; 7. sonstige Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, soweit er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit ermächtigt ist. Fehlt ein Verwalter oder ist er zur Vertretung nicht berechtigt, so vertreten alle Wohnungseigentümer die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können durch Beschluss mit Stimmenmehrheit einen oder mehrere Wohnungseigentümer zur Vertretung ermächtigen. (4) Die dem Verwalter nach den Absätzen 1 bis 3 zustehenden Aufgaben und Befugnisse können durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. (5) Der Verwalter ist verpflichtet, eingenommene Gelder von seinem Vermögen gesondert zu halten. Die Verfügung über solche Gelder kann durch 399

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Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit von der Zustimmung eines Wohnungseigentümers oder eines Dritten abhängig gemacht werden. (6) Der Verwalter kann von den Wohnungseigentümern die Ausstellung einer Vollmachts- und Ermächtigungsurkunde verlangen, aus der der Umfang seiner Vertretungsmacht ersichtlich ist. § 28 Wirtschaftsplan, Rechnungslegung (1) Der Verwalter hat jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen. Der Wirtschaftsplan enthält: 1. die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums; 2. die anteilmäßige Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Lastenund Kostentragung; 3. die Beitragsleistung der Wohnungseigentümer zu der in § 21 Abs. 5 Nr. 4 vorgesehenen Instandhaltungsrückstellung. (2) Die Wohnungseigentümer sind verpflichtet, nach Abruf durch den Verwalter dem beschlossenen Wirtschaftsplan entsprechende Vorschüsse zu leisten. (3) Der Verwalter hat nach Ablauf des Kalenderjahrs eine Abrechnung aufzustellen. (4) Die Wohnungseigentümer können durch Mehrheitsbeschluß jederzeit von dem Verwalter Rechnungslegung verlangen. (5) Über den Wirtschaftsplan, die Abrechnung und die Rechnungslegung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit. § 29 Verwaltungsbeirat (1) Die Wohnungseigentümer können durch Stimmenmehrheit die Bestellung eines Verwaltungsbeirats beschließen. Der Verwaltungsbeirat besteht aus einem Wohnungseigentümer als Vorsitzenden und zwei weiteren Wohnungseigentümern als Beisitzern. (2) Der Verwaltungsbeirat unterstützt den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben. (3) Der Wirtschaftsplan, die Abrechnung über den Wirtschaftsplan, Rechnungslegungen und Kostenanschläge sollen, bevor über sie die Wohnungseigentümerversammlung beschließt, vom Verwaltungsbeirat geprüft und mit dessen Stellungnahme versehen werden. (4) Der Verwaltungsbeirat wird von dem Vorsitzenden nach Bedarf einberufen. 400

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4. Abschnitt Wohnungserbbaurecht § 30 (1) Steht ein Erbbaurecht mehreren gemeinschaftlich nach Bruchteilen zu, so können die Anteile in der Weise beschränkt werden, daß jedem der Mitberechtigten das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in einem auf Grund des Erbbaurechts errichteten oder zu errichtenden Gebäude eingeräumt wird (Wohnungserbbaurecht, Teilerbbaurecht). (2) Ein Erbbauberechtigter kann das Erbbaurecht in entsprechender Anwendung des § 8 teilen. (3) Für jeden Anteil wird von Amts wegen ein besonderes Erbbaugrundbuchblatt angelegt (Wohnungserbbaugrundbuch, Teilerbbaugrundbuch). Im übrigen gelten für das Wohnungserbbaurecht (Teilerbbaurecht) die Vorschriften über das Wohnungseigentum (Teileigentum) entsprechend.

II. Teil Dauerwohnrecht § 31 Begriffsbestimmungen (1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, unter Ausschluß des Eigentümers eine bestimmte Wohnung in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude zu bewohnen oder in anderer Weise zu nutzen (Dauerwohnrecht). Das Dauerwohnrecht kann auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks erstreckt werden, sofern die Wohnung wirtschaftlich die Hauptsache bleibt. (2) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, unter Ausschluß des Eigentümers nicht zu Wohnzwecken dienende bestimmte Räume in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude zu nutzen (Dauernutzungsrecht). (3) Für das Dauernutzungsrecht gelten die Vorschriften über das Dauerwohnrecht entsprechend. § 32 Voraussetzungen der Eintragung (1) Das Dauerwohnrecht soll nur bestellt werden, wenn die Wohnung in sich abgeschlossen ist. (2) Zur näheren Bezeichnung des Gegenstands und des Inhalts des Dauerwohnrechts kann auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. Der Eintragungsbewilligung sind als Anlagen beizufügen: 1. eine von der Baubehörde mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehene Bauzeichnung, aus der die Aufteilung des Gebäudes sowie die 401

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Lage und Größe der dem Dauerwohnrecht unterliegenden Gebäude- und Grundstücksteile ersichtlich ist (Aufteilungsplan); alle zu demselben Dauerwohnrecht gehörenden Einzelräume sind mit der jeweils gleichen Nummer zu kennzeichnen; 2. eine Bescheinigung der Baubehörde, daß die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen. Wenn in der Eintragungsbewilligung für die einzelnen Dauerwohnrechte Nummern angegeben werden, sollen sie mit denen des Aufteilungsplans übereinstimmen. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und in welchen Fällen der Aufteilungsplan (Satz 2 Nr. 1) und die Abgeschlossenheit (Satz 2 Nr. 2) von einem öffentlich bestellten oder anerkannten Sachverständigen für das Bauwesen statt von der Baubehörde ausgefertigt und bescheinigt werden. Werden diese Aufgaben von dem Sachverständigen wahrgenommen, so gelten die Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes vom 19. März 1974 (BAnz. Nr. 58 vom 23. März 1974) entsprechend. In diesem Fall bedürfen die Anlagen nicht der Form des § 29 der Grundbuchordnung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesbauverwaltungen übertragen. (3) Das Grundbuchamt soll die Eintragung des Dauerwohnrechts ablehnen, wenn über die in § 33 Abs. 4 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Angelegenheiten, über die Voraussetzungen des Heimfallanspruchs (§ 36 Abs. 1) und über die Entschädigung beim Heimfall (§ 36 Abs. 4) keine Vereinbarungen getroffen sind. § 33 Inhalt des Dauerwohnrechts (1) Das Dauerwohnrecht ist veräußerlich und vererblich. Es kann nicht unter einer Bedingung bestellt werden. (2) Auf das Dauerwohnrecht sind, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, die Vorschriften des § 14 entsprechend anzuwenden. (3) Der Berechtigte kann die zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes und Grundstücks mitbenutzen, soweit nichts anderes vereinbart ist. (4) Als Inhalt des Dauerwohnrechts können Vereinbarungen getroffen werden über: 1. Art und Umfang der Nutzungen; 2. Instandhaltung und Instandsetzung der dem Dauerwohnrecht unterliegenden Gebäudeteile; 3. die Pflicht des Berechtigten zur Tragung öffentlicher oder privatrechtlicher Lasten des Grundstücks; 4. die Versicherung des Gebäudes und seinen Wiederaufbau im Falle der Zerstörung; 402

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5. das Recht des Eigentümers, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Sicherheitsleistung zu verlangen. § 34 Ansprüche des Eigentümers und der Dauerwohnberechtigten (1) Auf die Ersatzansprüche des Eigentümers wegen Veränderungen oder Verschlechterungen sowie auf die Ansprüche der Dauerwohnberechtigten auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung sind die §§ 1049, 1057 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. (2) Wird das Dauerwohnrecht beeinträchtigt, so sind auf die Ansprüche des Berechtigten die für die Ansprüche aus dem Eigentum geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. § 35 Veräußerungsbeschränkung Als Inhalt des Dauerwohnrechts kann vereinbart werden, daß der Berechtigte zur Veräußerung des Dauerwohnrechts der Zustimmung des Eigentümers oder eines Dritten bedarf. Die Vorschriften des § 12 gelten in diesem Fall entsprechend. § 36 Heimfallanspruch (1) Als Inhalt des Dauerwohnrechts kann vereinbart werden, daß der Berechtigte verpflichtet ist, das Dauerwohnrecht beim Eintritt bestimmter Voraussetzungen auf den Grundstückseigentümer oder einen von diesem zu bezeichnenden Dritten zu übertragen (Heimfallanspruch). Der Heimfallanspruch kann nicht von dem Eigentum an dem Grundstück getrennt werden. (2) Bezieht sich das Dauerwohnrecht auf Räume, die dem Mieterschutz unterliegen, so kann der Eigentümer von dem Heimfallanspruch nur Gebrauch machen, wenn ein Grund vorliegt, aus dem ein Vermieter die Aufhebung des Mietverhältnisses verlangen oder kündigen kann. (3) Der Heimfallanspruch verjährt in sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Eigentümer von dem Eintritt der Voraussetzungen Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in zwei Jahren von dem Eintritt der Voraussetzungen an. (4) Als Inhalt des Dauerwohnrechts kann vereinbart werden, daß der Eigentümer dem Berechtigten eine Entschädigung zu gewähren hat, wenn er von dem Heimfallanspruch Gebrauch macht. Als Inhalt des Dauerwohnrechts können Vereinbarungen über die Berechnung oder Höhe der Entschädigung oder die Art ihrer Zahlung getroffen werden. § 37 Vermietung (1) Hat der Dauerwohnberechtigte die dem Dauerwohnrecht unterliegenden Gebäude- oder Grundstücksteile vermietet oder verpachtet, so erlischt das Miet- oder Pachtverhältnis, wenn das Dauerwohnrecht erlischt. 403

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(2) Macht der Eigentümer von seinem Heimfallanspruch Gebrauch, so tritt er oder derjenige, auf den das Dauerwohnrecht zu übertragen ist, in das Miet- oder Pachtverhältnis ein; die Vorschriften der §§ 566 bis 566e des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend. (3) Absatz 2 gilt entsprechend, wenn das Dauerwohnrecht veräußert wird. Wird das Dauerwohnrecht im Wege der Zwangsvollstreckung veräußert, so steht dem Erwerber ein Kündigungsrecht in entsprechender Anwendung des § 57a des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zu. § 38 Eintritt in das Rechtsverhältnis (1) Wird das Dauerwohnrecht veräußert, so tritt der Erwerber an Stelle des Veräußerers in die sich während der Dauer seiner Berechtigung aus dem Rechtsverhältnis zu dem Eigentümer ergebenden Verpflichtungen ein. (2) Wird das Grundstück veräußert, so tritt der Erwerber an Stelle des Veräußerers in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Rechtsverhältnis zu dem Dauerwohnberechtigten ergebenden Rechte ein. Das gleiche gilt für den Erwerb auf Grund Zuschlages in der Zwangsversteigerung, wenn das Dauerwohnrecht durch den Zuschlag nicht erlischt. § 39 Zwangsversteigerung (1) Als Inhalt des Dauerwohnrechts kann vereinbart werden, daß das Dauerwohnrecht im Falle der Zwangsversteigerung des Grundstücks abweichend von § 44 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung auch dann bestehen bleiben soll, wenn der Gläubiger einer dem Dauerwohnrecht im Range vorgehenden oder gleichstehenden Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast die Zwangsversteigerung in das Grundstück betreibt. (2) Eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung derjenigen, denen eine dem Dauerwohnrecht im Range vorgehende oder gleichstehende Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast zusteht. (3) Eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 ist nur wirksam für den Fall, daß der Dauerwohnberechtigte im Zeitpunkt der Feststellung der Versteigerungsbedingungen seine fälligen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Eigentümer erfüllt hat; in Ergänzung einer Vereinbarung nach Absatz 1 kann vereinbart werden, daß das Fortbestehen des Dauerwohnrechts vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen abhängig ist. § 40 Haftung des Entgelts (1) Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden und Reallasten, die dem Dauerwohnrecht im Range vorgehen oder gleichstehen, sowie öffentliche Lasten, die in wiederkehrenden Leistungen bestehen, erstrecken sich auf den Anspruch auf das Entgelt für das Dauerwohnrecht in gleicher Weise 404

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wie auf eine Mietforderung, soweit nicht in Absatz 2 etwas Abweichendes bestimmt ist. Im übrigen sind die für Mietforderungen geltenden Vorschriften nicht entsprechend anzuwenden. (2) Als Inhalt des Dauerwohnrechts kann vereinbart werden, daß Verfügungen über den Anspruch auf das Entgelt, wenn es in wiederkehrenden Leistungen ausbedungen ist, gegenüber dem Gläubiger einer dem Dauerwohnrecht im Range vorgehenden oder gleichstehenden Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast wirksam sind. Für eine solche Vereinbarung gilt § 39 Abs. 2 entsprechend. § 41 Besondere Vorschriften für langfristige Dauerwohnrechte (1) Für Dauerwohnrechte, die zeitlich unbegrenzt oder für einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren eingeräumt sind, gelten die besonderen Vorschriften der Absätze 2 und 3. (2) Der Eigentümer ist, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist, dem Dauerwohnberechtigten gegenüber verpflichtet, eine dem Dauerwohnrecht im Range vorgehende oder gleichstehende Hypothek löschen zu lassen für den Fall, daß sie sich mit dem Eigentum in einer Person vereinigt, und die Eintragung einer entsprechenden Löschungsvormerkung in das Grundbuch zu bewilligen. (3) Der Eigentümer ist verpflichtet, dem Dauerwohnberechtigten eine angemessene Entschädigung zu gewähren, wenn er von dem Heimfallanspruch Gebrauch macht. § 42 Belastung eines Erbbaurechts (1) Die Vorschriften der §§ 31 bis 41 gelten für die Belastung eines Erbbaurechts mit einem Dauerwohnrecht entsprechend. (2) Beim Heimfall des Erbbaurechts bleibt das Dauerwohnrecht bestehen.

III. Teil Verfahrensvorschriften § 43 Zuständigkeit Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für 1. Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander; 2. Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern; 3. Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums; 405

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4. Streitigkeiten über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer; 5. Klagen Dritter, die sich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder gegen Wohnungseigentümer richten und sich auf das gemeinschaftliche Eigentum, seine Verwaltung oder das Sondereigentum beziehen; 6. Mahnverfahren, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Antragstellerin ist. Insoweit ist § 689 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden. § 44 Bezeichnung der Wohnungseigentümer in der Klageschrift (1) Wird die Klage durch oder gegen alle Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Gegners erhoben, so genügt für ihre nähere Bezeichnung in der Klageschrift die bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks; wenn die Wohnungseigentümer Beklagte sind, sind in der Klageschrift außerdem der Verwalter und der gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 bestellte Ersatzzustellungsvertreter zu bezeichnen. Die namentliche Bezeichnung der Wohnungseigentümer hat spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu erfolgen. (2) Sind an dem Rechtsstreit nicht alle Wohnungseigentümer als Partei beteiligt, so sind die übrigen Wohnungseigentümer entsprechend Absatz 1 von dem Kläger zu bezeichnen. Der namentlichen Bezeichnung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf es nicht, wenn das Gericht von ihrer Beiladung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 absieht. § 45 Zustellung (1) Der Verwalter ist Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer, wenn diese Beklagte oder gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 beizuladen sind, es sei denn, dass er als Gegner der Wohnungseigentümer an dem Verfahren beteiligt ist oder aufgrund des Streitgegenstandes die Gefahr besteht, der Verwalter werde die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichten. (2) Die Wohnungseigentümer haben für den Fall, dass der Verwalter als Zustellungsvertreter ausgeschlossen ist, durch Beschluss mit Stimmenmehrheit einen Ersatzzustellungsvertreter sowie dessen Vertreter zu bestellen, auch wenn ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist. Der Ersatzzustellungsvertreter tritt in die dem Verwalter als Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer zustehenden Aufgaben und Befugnisse ein, sofern das Gericht die Zustellung an ihn anordnet; Absatz 1 gilt entsprechend. (3) Haben die Wohnungseigentümer entgegen Absatz 2 Satz 1 keinen Ersatzzustellungsvertreter bestellt oder ist die Zustellung nach den Absätzen 1 und 2 aus sonstigen Gründen nicht ausführbar, kann das Gericht einen Ersatzzustellungsvertreter bestellen. § 46 Anfechtungsklage (1) Die Klage eines oder mehrerer Wohnungseigentümer auf Erklärung der Ungültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümer ist gegen die üb406

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rigen Wohnungseigentümer und die Klage des Verwalters ist gegen die Wohnungseigentümer zu richten. Sie muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben und innerhalb zweier Monate nach der Beschlussfassung begründet werden. Die §§ 233 bis 238 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. (2) Hat der Kläger erkennbar eine Tatsache übersehen, aus der sich ergibt, dass der Beschluss nichtig ist, so hat das Gericht darauf hinzuweisen. § 47 Prozessverbindung Mehrere Prozesse, in denen Klagen auf Erklärung oder Feststellung der Ungültigkeit desselben Beschlusses der Wohnungseigentümer erhoben werden, sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Die Verbindung bewirkt, dass die Kläger der vorher selbständigen Prozesse als Streitgenossen anzusehen sind. § 48 Beiladung, Wirkung des Urteils (1) Richtet sich die Klage eines Wohnungseigentümers, der in einem Rechtsstreit gemäß § 43 Nr. 1 oder Nr. 3 einen ihm allein zustehenden Anspruch geltend macht, nur gegen einen oder einzelne Wohnungseigentümer oder nur gegen den Verwalter, so sind die übrigen Wohnungseigentümer beizuladen, es sei denn, dass ihre rechtlichen Interessen erkennbar nicht betroffen sind. Soweit in einem Rechtsstreit gemäß § 43 Nr. 3 oder Nr. 4 der Verwalter nicht Partei ist, ist er ebenfalls beizuladen. (2) Die Beiladung erfolgt durch Zustellung der Klageschrift, der die Verfügungen des Vorsitzenden beizufügen sind. Die Beigeladenen können der einen oder anderen Partei zu deren Unterstützung beitreten. Veräußert ein beigeladener Wohnungseigentümer während des Prozesses sein Wohnungseigentum, ist § 265 Abs. 2 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. (3) Über die in § 325 der Zivilprozessordnung angeordneten Wirkungen hinaus wirkt das rechtskräftige Urteil auch für und gegen alle beigeladenen Wohnungseigentümer und ihre Rechtsnachfolger sowie den beigeladenen Verwalter. (4) Wird durch das Urteil eine Anfechtungsklage als unbegründet abgewiesen, so kann auch nicht mehr geltend gemacht werden, der Beschluss sei nichtig. § 49 Kostenentscheidung (1) Wird gemäß § 21 Abs. 8 nach billigem Ermessen entschieden, so können auch die Prozesskosten nach billigem Ermessen verteilt werden. (2) Dem Verwalter können Prozesskosten auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft, auch wenn er nicht Partei des Rechtsstreits ist. 407

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§ 50 Kostenerstattung Den Wohnungseigentümern sind als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war. §§ 51 bis 58 (weggefallen)

IV. Teil Ergänzende Bestimmungen §§ 59 u. 60 (weggefallen) § 61 Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch vor dem 15. Januar 1994 erfolgt ist und es sich um die erstmalige Veräußerung dieses Wohnungseigentums nach seiner Begründung handelt, es sei denn, daß eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegensteht. Das Fehlen der Zustimmung steht in diesen Fällen dem Eintritt der Rechtsfolgen des § 878 Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht entgegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen der §§ 30 und 35 des Wohnungseigentumsgesetzes. § 62 Übergangsvorschrift (1) Für die am 1. Juli 2007 bei Gericht anhängigen Verfahren in Wohnungseigentums- oder in Zwangsversteigerungssachen oder für die bei einem Notar beantragten freiwilligen Versteigerungen sind die durch die Artikel 1 und 2 des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 370) geänderten Vorschriften des III. Teils dieses Gesetzes sowie die des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden. (2) In Wohnungseigentumssachen nach § 43 Nr. 1 bis 4 finden die Bestimmungen über die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 543 Abs. 1 Nr. 2, § 544 der Zivilprozessordnung) keine Anwendung, soweit die anzufechtende Entscheidung vor dem 31. Dezember 2014 verkündet worden ist. § 63 Überleitung bestehender Rechtsverhältnisse (1) Werden Rechtsverhältnisse, mit denen ein Rechtserfolg bezweckt wird, der den durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen entspricht, in sol408

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che Rechtsformen umgewandelt, so ist als Geschäftswert für die Berechnung der hierdurch veranlaßten Gebühren der Gerichte und Notare im Falle des Wohnungseigentums ein Fünfundzwanzigstel des Einheitswerts des Grundstücks, im Falle des Dauerwohnrechts ein Fünfundzwanzigstel des Wertes des Rechts anzunehmen. (2) (gegenstandslos) (3) Durch Landesgesetz können Vorschriften zur Überleitung bestehender, auf Landesrecht beruhender Rechtsverhältnisse in die durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen getroffen werden. § 64 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

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Stichwortverzeichnis Abgeschlossenheitsbescheinigung – Teilungserklärung 48 f. Abnahme – Beschlusskompetenz 76 Abstimmungsverfahren 498 Anfechtungsfrist 881 Anfechtungsgründe – Beschluss 182 ff. Anfechtungsklage 866 ff. – Anfechtungsrecht 871 – gerichtliche Entscheidung 890 – Klagebefugnis 870 – Klagebegründungsrist 884 – Klagegegner 877 – Wiedereinsetzung 886 Aufhebung der Gemeinschaft 805 Aufrechnung 764 Aufteilungsplan – Teilungserklärung 47 Ausübungsbefugnis – gemeinschaftsbezogene Rechte 203 ff. – s. auch Wohnungseigentümergemeinschaft – sonstige Rechte 210 f. Bauliche Veränderungen – Abgrenzung zur Instandhaltung/Instandsetzung 392 ff. – Anspruch auf Genehmigung 409 – Begriff 392 – Beseitigungsanspruch 411 ff. – Einzelfälle 401 ff. – Handlungsstörer 412 – Kosten 416, 686 – Sondernutzungsrecht 287 – Verjährungsfrist für Beseitigungsansprüche 416 – Zustandsstörer 414 – Zustimmungserfordernis 395 Bauträger – Änderung Teilungserklärung 53 f. – Insolvenz 93 ff. – s. auch Bauträgervertrag – steckengebliebener Bau 93 ff. Bauträgervertrag – Abnahme 74 ff. – Abnahmeverweigerung 73 – Änderung Baubeschreibung 69 – Änderung Teilungserklärung 54 ff. – Änderungsklauseln 69 – Änderungsvollmachten 54 – Auslegung geschuldete Leistung 71

– – – – – – –

Baumängel 72 ff. Bürgschaften 99 f. Eigentumsübertragung 101 f. Inhalt und Form 62 f. konkludente Abnahme 73 Makler- und Bauträgerverordnung 64 ff. Mängel des Kaufgegenstandes 67 ff., 79 ff., 84 ff. – Mängelrechte 79 ff. – Prospekt 71 – Vergütung 64 ff. – Vollständigkeitsklauseln 71 Beiladung 861 Beitragsforderung – Aufrechnung 764 – Durchsetzung 762 – Eigentümerwechsel 768 – Entstehung 759 – Gläubiger 761 – Schuldner 761 – Zurückbehaltungsrecht 765 Beschluss – Abänderung 166 – Abgrenzung zu Vereinbarungen 146 ff. – Anfechtbarkeit 175 – Anfechtungsgründe 182 ff. – Anspruch auf Ordnungsmäßige Verwaltung 368 ff. – Art und Weise von Zahlungen 354 – Beschlusskompetenzen 155 ff. – Fälligkeit 355 – Feststellung und Bekanntgabe 182 – Folgen des Verzuges 357 – Folgenbeseitigungsanspruch 189 – Formelle Fehler 182 f. – Gebrauchsregelung 155 ff. – gerichtliche Ungültigerklärung 186 ff. – Geschäftsordnungsbeschluss 184 – Kosten besonderer Nutzung 358 ff. – Kosten besonderer Verwaltungsaufwand 363 ff. – Nichtbeschluss 172 – Nichtigkeit 173 – Öffnungsklausel 161 f. – Ordnungsmäßigkeit 158 f. – Positiver 502 – Schaffung selbstständiger Anspruchsgrundlagen 274 – schwebende Unwirksamkeit 174, 181 – Sondernachfolge 167 – Zweitbeschluss 164 ff.

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Stichwortverzeichnis Beschlussanfechtungsklage – s. Anfechtungsklage Beschlussantrag 496 Beschlussbuch – s. Beschluss-Sammlung Beschlussfähigkeit 477 Beschlussfassung – Abstimmung 498 – Bekanntgabe des Beschlussergebnisses 503 – Feststellung des Beschlussergebnisses 503 – Majorisierung 523 – ohne Versammlung 545 – Stimmenabgabe 511 – Stimmrecht 514 – Subtraktionsmethode 512 – Vertretung 532 – Zustandekommen eines Beschlusses 495 Beschlusskompetenz – Abnahme 76 – gesetzliche 155 ff. – Kostenverteilung 166 ff. – vereinbarte 688 ff. – Verwaltung 322 Beschluss-Sammlung – Einsicht 558 – Ersteller 556 – Form 550 – Gerichtsentscheidungen 553 – Guter Glaube 555 – Inhalt 549 Bestellung des Verwalters – Dauer 571 – durch Aufteiler 578 – durch Gericht 581 – Nachweis 598 – Stimmberechtigung 569 – Teilungserklärung 578 Betriebskosten 690 Bürgschaften – Bauträgervertrag 99 f. Dauerwohnrecht 918 Eigentümerwechsel – Beitragspflicht 768 – Haftung 219 ff. – Haftungsregelung in Gemeinschaftsordnung 776 – Jahresabrechnung 773, 749 – Sonderumlage 775 Einpersonengemeinschaft – s. Wohnungseigentümergemeinschaft

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Eintragungsbewilligung – Teilungserklärung 46 ff. Energieversorgungsanschluss – s. Fernsehempfangsanlage Entziehung von Wohnungseigentum – Beschluss 818 – Entziehungsklage 820 – Gründe 814 Ersatzzustellungsvertreter 857 Erwerb – Veräußerungsbeschränkung 104 – vom Bauträger 61 ff. – vom Wohnungseigentümer 103 Fernsehempfangsanlage – Duldung 350 Fernsprechteilnehmereinrichtung – s. Fernsehempfangsanlage Feststellung und Bekanntgabe – Beschluss 182 Fremdgeldkonto 645 Gebrauch – Abwehransprüche gegen Dritte 275 ff. – Anspruch auf Gebrauchsregelung 277 – Beeinträchtigung durch Dritte 275 – Beschränkungen 233 ff. – Drittwirkung von Grundrechten 241 – Einzelfälle 242 ff. – fehlerhafte Beschlüsse 268 f. – Ferienwohnung 258a – Ge- und Verbotsregelungen 259 ff. – Gemeinschaftliches Eigentum 231 – nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch 278 f. – Öffnungsklausel 271 – Rechtsschutz bei Beeinträchtigung 272 ff. – Regelung durch Beschluss 264 ff. – Regelungsanspruch 277 – Rücksichtnahmegebot 235 ff. – Schadensersatz 278 f. – Sondereigentum 230 – Sondernutzungsrecht 280 ff. – Unterlassung 272 Gebrauchsregelung – s. Beschluss Gemeinschaft – Rechtsfähigkeit 1 Gemeinschaftliches Eigentum – Abgrenzung zum Sondereigentum 12 ff. – Einzelfälle 22 ff. – Gebrauch 231 – Rechte und Pflichten 32 ff.

Stichwortverzeichnis – Verwaltung 312 ff. Gemeinschaftsordnung – Begriff 38 – Abgrenzung Teilungserklärung 38 Gerichtliches Verfahren – Anfechtungsklage 866 – Beiladung 861 – Berufung 908 – Bezeichnung der Parteien 849 – Ersatzzustellungsvertreter 857 – Kosten des Rechtsstreits 895 – Kostenerstattung 904 – Kostenlast des Verwalters 898 – Revision 911 – Schiedsvereinbarung 845 – Schlichtungsverfahren 847 – Zuständigkeit des Gerichts 831 Gesamtwirtschaftsplan 707 – Einzelwirtschaftspläne 709 Geschäftsordnungsbeschluss – s. Beschluss Gewährleistung – s. Mängelrechte Girokonto 647 Grundbuchinhalt 51 Haftung – s. Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümergemeinschaft Hausgeld – s. Wohngeld Hausordnung – Einzelfälle 333 – Inhalt 331 – tätige Mithilfe 324 f. – Verstöße 332 Heizkosten 685, 738 Insolvenz – Wohnungseigentümer 959 ff. – Wohnungseigentümergemeinschaft 198 Instandhaltung und Instandsetzung – Feuer-, Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung 342 ff. – modernisierende Instandsetzung 340 – Ordnungsmäßigkeit 336 ff. Instandhaltungsrücklage – Anlage 347 – Jahresabrechnung 742 ff. – Zweckbindung 346 Jahresabrechnung – Abgrenzungsposten 738 – Abrechnungsergebnis 747

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Aufbau 730 Bankkontostände 741 Beschluss 753 Eigentümerwechsel 749, 773 Einnahmen- und Ausgabenprinzip 735 Einzelabrechnung 745 Funktion 726 Gesamtabrechnung 735 Guthaben 747, 785 Heiz- und Warmwasserkosten 739 Inhalt 730 Instandhaltungsrücklage 742 ff. Kontenabgleich 741 Kostenverteilungsschlüssel 682 Prüfung durch Beirat 751 Rechnungsabgrenzungen 738 Veräußerung 749 Verbrauchsabhängige Kosten 738 Vorauszahlungen 746 Wohngeldvorauszahlungen 746

Kaltwasserkosten 697 Kontenführung 647 Kopfprinzip 522 Kosten – bauliche Veränderungen 416 – besondere Nutzung 358 ff. – besonderer Verwaltungsaufwand 363 ff. – Sondernutzungsrecht 288 Kosten der Verwaltung 690 Kostentragung 678 Kostenverteilungsschlüssel – Änderung 688 – Anspruch auf Änderung – bauliche Veränderung 686 – gesetzlicher 682 – Heiz- und Warmwasserkosten 685 – Instandhaltungskosten 698 – Modernisierungsmaßnahmen 698 – Sondereigentum 684 Kostenverursachung 683 Ladung zur Versammlung – Bezeichnung der Beschlussgegenstände 467 – Einberufungsfrist 465 – Frist 465 – Ladungsempfänger 458 – Textform 457 – Zugang der Ladung 461 Lasten 679 Majorisierung 523 Makler- und Bauträgerverordnung – s. Bauträgervertrag

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Stichwortverzeichnis Mängel – s. Bauträgervertrag Mängelrechte – gemeinschaftliches Eigentum 85 ff. – Mehrheitsbeschluss 89 ff. – Sondereigentum 85 Mehrhausanlage – Untergemeinschaft 125 f., 675b – Wirtschaftsplan und Abrechnung 675b Mieteigentumsanteil – Übertragung 55 Minderheitenquorum 448 Modernisierende Instandsetzung – s. Instandhaltung und Instandsetzung Modernisierung – Abgrenzung zur modernisierenden Instandsetzung 428 – Begriff 419 ff. – doppeltqualifizierte Mehrheit 436 – Eigenart der Wohnanlage 432 – Kostenverteilung 698 – Stand der Technik 426 – unbillige Beeinträchtigung 434 Negativbeschluss – Anfechtung 374 Notverwaltung – Aufwendungsersatzanspruch 387 f. Notverwaltungsrecht – Umfang 385 f. – Voraussetzungen 384 Nutzung – s. Gebrauch Nutzungen 676 Objektprinzip 522 Öffnungsklausel – Beschluss 161 f. – Gebrauch 271 – Vereinbarung 161 Ordnungsmäßige Verwaltung – Anspruch 368 ff. – Einzelfälle 329 ff. – gerichtliche Billigkeitsentscheidung 378 ff. Probeabstimmung 497 Protokoll der Versammlung – s. Versammlungsniederschrift Prozessstandschaft – Wohnungseigentümergemeinschaft 202

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Rechnungslegung 666 – Anspruch 778 – Inhalt 780 – Mehrheitsbeschluss 778 Rechtsfähigkeit – Gemeinschaft 1 – s. Wohnungseigentümergemeinschaft – Untergemeinschaft 125 f. – Wohnungseigentümergemeinschaft 119 ff. Redezeit 485 Rücksichtnahmegebot 236 ff. Rundfunkempfangsanlage – s. Fernsehempfangsanlage Schiedsvereinbarung 845 Schriftliches Beschlussverfahren 545 Sondereigentum – Abgrenzung zum gemeinschaftlichen Eigentum 12 ff. – Duldungspflichten 252 ff. – Einzelfälle 16 ff. – Eingriffe durch die Gemeinschaft 28 f. – Einwirkung auf Dritte 250 – Gebäudebestandteile 16 ff. – Gebrauch 230 – Instandhaltung 235, 239, 278 – Rechte und Pflichten 27 ff. – Teilübertragung 58 – Übertragung 58 – Unterteilung 56 – Verbindung 57 – Vermietung 250 – Zweckbestimmung 6 ff. Sondernachfolge – Beschluss 167 – Vereinbarung 168 f. Sondernutzungsrecht – Aufhebung 308 ff. – bauliche Veränderungen 287 – Beschränkungen 282 ff. – Inhaltsänderung 302 ff. – Instandhaltung und Instandsetzung 288 – Kostentragung 288 – Übertragung 295 ff. – Umfang 280 ff. Sonderumlage 720 – Eigentümerwechsel 775 Steckengebliebener Bau 442 – s. auch Bauträger Stimmkraft 522 Stimmrecht 514 – Bruchteilsgemeinschaft 517 – Eigentümerwechsel 515

Stichwortverzeichnis – – – – – –

Erbengemeinschaft 517 Insolvenzverwalter 519 Mehrhausanlagen 531 Nachlassverwalter 519 Nießbraucher 521 Unterteilung von Wohnungseigentum 525 – Veräußerung 515 – Zwangsverwalter 519 Stimmrechtsausschluss 526 Stimmrechtsschranken 526 Stimmverbot 536 Streitwertvereinbarung 662 Tagesordnung 467 – Auswahl 470 Tätige Mithilfe – Hausordnung 324 f. Teileigentum – Begriff 6 – Umwandlung 7 Teilungserklärung – Abgeschlossenheitsbescheinigung 48 f. – Abgrenzung Gemeinschaftsordnung 38 – Änderung 52 ff. – Aufteilungsplan 47 – Begriff 38 – Eintragung im Grundbuch 45 ff. – Eintragungsbewilligung 46 ff. – Form 43 f. – Inhalt 41 f. – Zustandekommen 39 f. – Zustimmung dinglich Berechtigter 50 Teilungsvertrag – s. Teilungserklärung Treuhandkonto 649 Umdeutung – unwirksame Begründung von Sondereigentum 20, 23, 24, 25 Umwandlung – Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung 7 – Sondereigentum/Gemeinschaftseigentum 55 – Teileigentum 7 – Wohnungseigentum 7 – Zustimmung dinglich Berechtigter 7 Untergemeinschaften – Mehrhausanlage – Rechtsfähigkeit 125 f. Untervollmacht 537 Veräußerungsbeschränkung – Inhalt 104 ff.

– Verweigerungsgründe 107 ff. Vereinbarung – Abänderungen 153 f. – Abgrenzung zu Beschlüssen 146 ff. – Inhalt 151 ff. – Öffnungsklausel 161 – Sondernachfolge 168 f. – Zweckbestimmung 255 ff. Verfallklausel 771a Verjährung – Beitragsforderung 767 Vermögenstrennung 649 Versammlung der Wohnungseigentümer – Ausschluss 486 – Berater 492 – Beschlussfähigkeit 477 – Beweiskraft 540 – Einberufung durch unzuständige Personen 453 – Einberufung durch Verwalter 446 – Einberufung durch Verwaltungsbeirat 452 – Einberufungsfrist 465 – Einberufungsverlangen 448 – Einsicht 542 – Ende 489 – Frist zur Erstellung 541 – Geschäftsordnung 483 – Inhalt 538 – Ladung 456 – Minderheitenquorum 448 – Nichtladung 463 – Nichtöffentlich 491 – Ordnungsmaßnahmen 484 – Ort 466 – Rechtsanwälte, Teilnahme 493 – Redezeit 485 – teilnahmeberechtigte Personen 490 – Unterbrechung 488 – Untervollmacht 537 – Unterzeichner 539 – Vertagung 488 – Vertretung 532 – Vertretungsbeschränkung 535 – Vorsitz 475 – Wiederholungsversammlung 472 – Zeit 467 Versorgungssperre 766 Vertretung 532 Verwalter – Abberufung 603 – Amtsniederlegung 619 – Aufgaben und Befugnisse 623 – Bestellung 566 – Entlastung 671

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Stichwortverzeichnis [Verwalter] – Haftung 667 – Instandhaltungsmaßnahmen 635 – Kontoführung 645 – Notmaßnahme 638 – Person 563 – Prozessvertretung 659 – Rechnungslegung 666 – Streitwertvereinbarung 662 – Vergütung 592 – Vertretungsmacht 627, 655 – Zustellungen 657 – Zustellungsvertreter 854 Verwaltervertrag – Inhalt 585 – Kündigung 607 – Laufzeit 597 – Rechtsnatur 585 – Vergütung 592 – Vertragsschluss 590 Verwaltung – Begriff 313 – Beschlusskompetenz 322 – Geschäftsführung ohne Auftrag 389 – Notverwaltungsrecht 383 ff. – Ordnungsmäßigkeit 323, 325 f. – Rechte und Pflichten 319 ff. Verwaltungsbeirat – Amtsniederlegung 791 – Aufgaben und Befugnisse 793 – Aufwendungsersatz 804 – Beendigung 789 – Bestellung 785 – Haftung 799 – innere Ordnung 792 – Mitglieder 782 – Vergütung 804 Verwaltungsvermögen – Gegenstand 317 f. – Übergang auf Alleineigentümer 199 ff. – Vermögensträger 194 f. Vollmacht 533 Warmwasserkosten 685 Werdende Gemeinschaft – Eigentümerwechsel 133 ff. – Entstehung 129 ff. – Zwangsvollstreckung 945 Wertprinzip 522 Wiederaufbau 441 Wiederholungsversammlung – Eventualeinberufung 472 Wirtschaftsplan – Aufstellung 348 f. – Beschluss 715

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– Eigentümerwechsel 771 – Fortgeltung 356 – Funktion 705 – Geltungsdauer 717 – Inhalt 706 – Zeitpunkt der Erstellung 713 Wohngeld – s. Beitragsforderung Wohnungseigentum – Begriff 6 – Begründung 38 ff. – Belastung 110 – Erwerb vom Bauträger 61 ff. – Erwerb vom Wohnungseigentümer 103 – gemeinschaftliches Eigentum 3 – Rechtsnatur 1 ff. – Sondereigentum 1 f. – Umwandlung 7 – Unterteilung 56 – Verbindung 57 – Zwangsversteigerung 937 ff. Wohnungseigentümer – Haftung als Gesamtschuldner 223 ff. – Haftung als Teilschuldner 217 f. – Haftung bei Eigentümerwechsel 219 ff. – Insolvenz 959 ff. – Rückgriff bei der Gemeinschaft 225 ff. Wohnungseigentümergemeinschaft 111 ff. – Aufhebung 805 – Ausübungsbefugnis 202 ff. – Einpersonengemeinschaft 142 f. – Entstehung 128 ff. – Erwerb von Grundeigentum 197 – gesetzliche Prozessstandschaft 202 ff. – Haftung 214 f. – Insolvenzfähigkeit 198 – Rechtsfähigkeit 119 ff., 191 f., 196 ff. – Unauflöslichkeit 806 – Verwaltungsvermögen 194 f. – Wechsel- und Scheckfähigkeit 196 Wohnungserbbaurecht 913 Zurückbehaltungsrecht 765 Zustellungsvertreter 854 Zustimmung – bauliche Veränderung 395 ff. – dinglich Berechtigter zur Teilungserklärung 50 – Übertragung von Wohnungseigentum 104 ff. Zustimmung dinglich Berechtigter 50 Zwangshypothek 957 f.

Stichwortverzeichnis Zwangsversteigerung – Ablauf des Versteigerungsverfahrens 949 ff. – Anmeldung der Beitragsansprüche 948 – Betreiben durch die Gemeinschaft 947 – Verwertungsvorrecht der Gemeinschaft 937 ff. – Verwertungsvorrecht – dingliche Wirkung 941 ff. Zwangsverwaltung – Anordnung 953 – Ausgaben der Zwangsverwaltung 954 ff. Zwangsvollstreckung – allgemeine Voraussetzungen 925 ff. – besondere Voraussetzungen 930 f. – Forderungspfändung 933 ff.

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Pfändung beweglicher Sachen 932 Sicherheitsleistung 931 Sicherungsvollstreckung 931 Titelumschreibung gegen Erwerber 927 – Vollstreckungsklausel 926 f. – Vollstreckungstitel 926 – wegen Beitragsforderungen 923 ff. – Zustellung des Vollstreckungstitels 928 – Zwangsversteigerung von Wohnungseigentum 937 ff. Zweckbestimmung – im engeren Sinn 256 – in weiterem Sinn 258 – Sondereigentum 6 ff., 256 ff. – Sondernutzungsrecht 283

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