Wittenberger Universitätstheologie im frühen 17. Jahrhundert: Eine Fallstudie zu Friedrich Balduin 9783161554742, 9783161554759, 3161554744

Aufgrund von Personalunion in mehreren Ämtern tätig, gehörte Friedrich Balduin (1575-1627) zu den wirkmächtigsten kursäc

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Titel
Vorwort
Inhalt
Kapitel I: Friedrich Balduin (1575–1627) und Wittenberg
1. Zur historischen Bedeutung
2. Lutherische Orthodoxie in der Historiographie
3. Historiographische Annäherungen an Balduin
4. Methode und erkenntnisleitendes Interesse
5. Konzeptionelle Begründung vorliegender Arbeit
6. Theologiegeschichtliche Zielsetzungen
Kapitel II: Zum gegenwärtigen Stand der Orthodoxie-Forschung
1. Allgemeine Tendenzen
2. Forschungen zur Lehrbildung der Orthodoxie
3. Forschungen zur sogenannten „Reformorthodoxie“
4. Forschungen zum Praxis- und Lebensbezug der Orthodoxie
5. Versuch einer neuen Konzeptualisierung
Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte
1. Grundlinien der Fakultätsgeschichte (1580–1627)
2. Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627)
2.1. Herkunft
2.1.1. Räumlich-geographische Herkunft
2.1.2. Sozial-familiäre Herkunft
2.2. Ausbildung und Ausbildungsförderung
2.2.1. Schulbesuche in Dresden und Meißen
2.2.2. Studium und Graderwerb in Wittenberg
2.3. Wirkungsorte und Tätigkeitsfelder
2.3.1 Freiberg und Ölsnitz
2.3.2. Balduin in Wittenberg und das Prager „Intermezzo“
2.4. Besitz- und Familienstand sowie Haushalt
2.4.1. Besitzstand
2.4.2. Familienstand und Haushalt
Zwischenzusammenfassung
Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern
1. Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent
1.1. Stadtrat und Stadtkirche
1.2. Schulaufsicht
1.3. Personal der Stadtkirche
1.4. Examen und Ordination
1.5. Entwicklung des Ordinationswesens
1.6. Herkunft, Bildung und Wirkung der Ordinanden
1.7. Visitationstätigkeit
2. Friedrich Balduin als Professor der Theologischen Fakultät
2.1. Vorlesungstätigkeit
2.2. Disputation und Dissertation
2.3. Skizze zur Geschichte des Disputations- und Promotionswesens
2.4. Themen und Tendenzen der Disputationen
2.5. Übersicht I: Herkunft, Graderwerb, Wirkungsort der Respondenten
2.6. Übersicht II: Herkunft, Graderwerb, Wirkungsort der Graduierten
2.7. Inspektion der markgräflichen Stipendiaten
Zwischenzusammenfassung II
Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie im frühen 17. Jahrhundert
1. Grundlinien der Theologie Friedrich Balduins
1.1. Theologiebegriff
1.2. Hermeneutik
1.3. Methode
2. Brevis Institutio Ministrorum verbi (1621)
2.1. Einführung
2.2. Amtstheologie
2.3. Lehrmethode und Theologiestudium
2.4. Repräsentation und Wirkung der Wortverkündigung
3. Idea Dispositionum Biblicarum (1622)
3.1. Einführung
3.2. Homiletik als Exegese
3.3. Formen biblischer Exegese
3.3.1. Biblische Bücher
3.3.2. Typologie
3.4. Predigtpraxis und Erbauung
3.4.1. Postillen
3.4.2. Leichenpredigten
3.4.3. Biblisch Betbüchlein
4. De Casibus Conscientiae (1628)
4.1. Der historische Entstehungskontext
4.2. Zum theologisch-systematischen Hintergrund
Kapitel VI: Friedrich Balduin und Wittenberger Theologievermittlung
1. Räumlich-geographische und normativ-institutionelle Dimensionen
1.1. Pfarrerausbildung
1.2. Elitenbildung
1.3. Strukturen und Institutionen
2. Theologische und frömmigkeitspraktische Dimensionen
2.1. Normativ-rechtlich
2.2. Akademisierung und Professionalisierung
2.3. Balduins Beitrag
Anhang
1. Abkürzungen
2. Bibliographie Friedrich Balduin
3. Verzeichnis der Briefe von und an Friedrich Balduin
4. Edition ausgewählter Briefe
1604-09-04: Balduin (Ölsnitz) an Meisner (Wittenberg)
1608-11-23: Balduin (Wittenberg) an Seuße (Dresden)
1610-06-08: Balduin (Wittenberg) an Laelius (Ansbach)
1611-07-31: Balduin (Wittenberg) an Meisner (Dresden)
1613-04-30: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden)
1613-05-07: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden)
1613-11-05: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden)
1613-12-29: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden)
1618-02-15: Balduin (Wittenberg) an Kircher (Augsburg)
1618-05-07: Balduin (Wittenberg) an Laelius (Ansbach)
1618-10-21: Balduin (Wittenberg) an Laelius (Ansbach)
1618-12-09: Balduin (Wittenberg) an Mehlführer (Heilsbronn)
1619-03-04: Balduin (Wittenberg) an Mehlführer (Heilsbronn)
1619-04-03: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden)
1619-10-10: Balduin an Fürst Paul von Nadasd
1620-12-13: Balduin (Wittenberg) an Laelius (Ansbach)
1623-03-04: Balduin (Wittenberg) an Gerhard (Jena)
1624-07-26: Balduin (Wittenberg) an Andreae (Coswig)
1625-08-10: Balduin (Wittenberg) an Mehlführer (Heilsbronn)
1626-05-15: Balduin (Wittenberg) an Mehlführer (Heilsbronn)
5. Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)
Quellen und Literatur
1. Archivalische Quellen
2. Gedruckte Quellen und Hilfsmittel
3. Literatur
3.1. Literatur vor 1850
3.2. Literatur nach 1850
Register

Wittenberger Universitätstheologie im frühen 17. Jahrhundert: Eine Fallstudie zu Friedrich Balduin
 9783161554742, 9783161554759, 3161554744

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Beiträge zur historischen Theologie Herausgegeben von

Albrecht Beutel 183

Daniel Bohnert

Wittenberger Universitätstheologie im frühen 17. Jahrhundert Eine Fallstudie zu Friedrich Balduin (1575–1627)

Mohr Siebeck

Daniel Bohnert, geboren 1987; Studium für das Lehramt an Gymnasien, Fachrichtung Deutsch, Geschichte und Ev. Theologie; seit 2015 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am DFG-Forschungsprojekt Theologiae Alumni Vitebergense (TAV) der Professur für Kirchengeschichte an der Goethe-Universität Frankfurt am Main; 2016 Promotion.

Gedruckt mit Unterstützung der Gerda Henkel Stiftung, Düsseldorf. ISBN 978-3-16-155474-2 / eISBN 978-3-16-155475-9 ISSN 1436-3003 (Studien und Texte zu Antike und Christentum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http:// dnb.dnb.de abruf bar. © 2017 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und straf bar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von epline in Neuffen gesetzt, von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Vorwort Auf Anregung meines akademischen Lehrers Prof. Dr. Markus Wriedt, Frankfurt am Main, sowie des Universitätshistorikers Prof. Dr. Matthias Asche, Tübingen (derzeit Potsdam), habe ich im Frühjahr 2012 begonnen, die graduierten Absolventen der Theologischen Fakultät der Universität Wittenberg (Leucorea) von der Gründung der Universität (1502) bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (1648) anhand des Dekanatsbuches zu erfassen. Im Sommer 2012 wurde ich an der Theologischen Fakultät der GoetheUniversität Frankfurt am Main als Doktorand angenommen und sodann am Graduiertenkolleg 1728 Theologie als Wissenschaft, Frankfurt am Main, assoziiert. Im April 2013 hat die Stiftung LEUCOREA eine zunächst auf ein Jahr befristete Stelle eingerichtet, die dazu dienen sollte, den Antrag für ein größeres Forschungsprojekt zur Auswertung der zur Geschichte der Leucorea vorliegenden seriellen Quellenbestände zu beantragen. Dadurch erhielt ich die Möglichkeit, mich intensiver mit der Geschichte der Theologischen Fakultät der Leucorea und den an ihr graduierten Absolventen zu befassen. Für die hilfreiche Anbindung an die von Dr. Insa Christiane Hennen geleitete Forschergruppe Das ernestinische Wittenberg (1486–1547) während der Recherchen bin ich sehr dankbar. Der in Kooperation mit Prof. Dr. Heiner Lück (Halle) und Prof. Dr. Matthias Asche verfasste Rahmenantrag – das Forschungsprojekt Corpus Inscriptorum Vitebergense (CIV) – sowie der erste Teilantrag – das eine konkrete Auswertungsperspektive bietende Forschungsprojekt Theologiae Alumni Vitebergense (TAV) – sind durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligt worden und werden nun unter Leitung von Prof. Dr. Markus Wriedt umgesetzt. Im Rahmen der Antragsvorbereitungen begann ich mich stärker für die Zeit der lutherischen Orthodoxie zu interessieren. Die Langlebigkeit dieser kirchenund theologiegeschichtlichen Epoche auf der einen, ihre bis heute dauernde Marginalisierung auf der anderen Seite, haben ein immer tiefer werdendes Interesse geweckt. Als ich den fünften Band (1605–1627) des Wittenberger Ordiniertenbuchs studierte, wurde ich auf den in dieser Zeit an Examina und Ordinationen maßgeblich beteiligten Friedrich Balduin (1575–1627) aufmerksam. Ich begann, nunmehr als Stipendiat der Gerda Henkel Stiftung beinahe ein Jahr lang gefördert, das Œuvre dieses heute weithin vergessenen Wittenberger Theologieprofessors zu studieren. Die hervorstechende Bedeutung Balduins im Rahmen der Wittenberger Theologenausbildung in quantitativer, aber auch in

VI

Vorwort

qualitativer Hinsicht ließ eine Studie zu ihm als lohnend erscheinen. Im Herbst 2014 erhielt ich die Möglichkeit, erste Ergebnisse meiner Studien in dem von Prof. Dr. Thomas Kaufmann und Prof. Dr. Dorothea Wendebourg geleiteten Reformationsgeschichtlichen Nachwuchskolloquium sowie im Rahmen des Frankfurter Oberseminars Kirchengeschichte von Prof. Dr. Markus Wriedt vorzustellen. Für die dort erhaltenen Kritiken und Anregungen bin ich sehr dankbar.1 Im Rahmen meiner Studien ist neben der hier vorgelegten Inauguraldissertation eine etwa 170 Seiten umfassende Fakultätsgeschichte der Wittenberger Theologischen Fakultät unter Berücksichtigung der noch unerschlossenen Akten und Gutachten im Universitätsarchiv Halle entstanden, die gesondert publiziert werden soll. Die knapp 100 Briefe von und an Friedrich Balduin, die im Anhang der vorliegenden Arbeit verzeichnet sind, wurden bereits während der Vorbereitungen der vorliegenden Arbeit transkribiert. Eine Auswahl findet sich im Anhang.2 Auf die sich in der Vorbereitung auf das Reformationsjubiläum 2017 heute stellende Frage nach der Aktualität der Theologie Luthers bietet die vorliegende Studie zu Friedrich Balduin überraschende Antworten: Nicht so sehr in der beständigen Wiederholung der Theologie Luthers besteht ihre Aktualität, sondern vielmehr im lebendigen Umgang mit der Heiligen Schrift in Auslegung und Verkündigung. Dass dabei freilich der Kern der lutherischen Normdogmatik unangetastet geblieben ist, muss nicht betont werden. Die entscheidende Akzentverschiebung von der Wiederholung der Lehre zum konkreten Nachvollzug der Lehrbildung in der Exegese birgt Innovationspotential für spätere Theologengenerationen, das in voller Tragweite allerdings erst in der Aufklärungsepoche sichtbar geworden ist. Danken möchte ich meinem Doktorvater Prof. Dr. Markus Wriedt, der mich nicht nur mit seiner Sachkenntnis unterstützt, sondern mir auch die nötige Freiheit zur selbstbestimmten Umsetzung des Forschungsvorhabens gelassen hat. Ebenso danke ich Prof. Dr. Matthias Asche, der mich inbesondere bei historischen Fragen mit großer Sachkenntnis beraten hat. Außerdem gebührt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Archive und Bibliotheken in Halle (Saale), Lutherstadt Wittenberg, Dresden, Braunschweig, Wolfenbüttel und Zwickau sowie Nürnberg mein besonderer Dank. Vor allem hat mich Herr Mayer, Stadtkirchenarchiv Wittenberg, während der Recherchen unterstützt und mir auch jenseits konventioneller Öffnungszeiten Zugang zu den Quellen ermöglicht. Dem Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Albrecht Beutel, danke ich herzlich für die 1 Nach Fertigstellung des Manuskripts der Dissertation wurde ich auf den Aufsatz zu Balduins Exegese von Benjamin Mayes aufmerksam. Vgl. Mayes: Not Just Proof-Texting, in: CTQ 79 (2015), 103–120. Für die vorliegende Druckfassung konnte dieser Beitrag eingehender berücksichtigt werden. 2  Bei den im Rahmen der vorliegenden Arbeit angeführten lateinischen Zitaten wurden Orthographie und Interpunktion behutsam angepasst. Auf eine Wiedergabe der originalen Textgestalt wurde bewusst verzichtet, um eine bessere Lesbarkeit zu erreichen.



Vorwort

VII

Wertschätzung meiner Arbeit und für die Aufnahme in die Reihe Beiträge zur Historischen Theologie. Schließlich gilt besonderer Dank meiner Frau Theresa Bohnert (geborene Sachs) und unserer Tochter Mathilda, die im November 2015 geboren ist und dazu beigetragen hat, dass ich in den frühen Morgenstunden bereits an die Arbeit gehen konnte. Umgekehrt hat sie beim abendlichen Vorlesen die beruhigende Wirkung lutherisch-orthodoxer Auslegung und Predigt erfahren dürfen. Dank gebührt auch und insbesondere meinen Eltern, Brigitte und Gerhard Bohnert, sowie meinen Geschwistern und Freunden, die mich auf dem Weg der Abfassung der vorliegenden Studie in vielfältiger Weise unterstützt und begleitet haben. Dazu zählt auch mein Patenonkel Wolfgang Walther, der im April 2015 unerwartet verstorben ist. Sabine Ackermann, Sven Rathmann und Florian Seelig M. A. danke ich für die akribische Lektüre des Manuskripts. Sinntal-Jossa, im November 2016

Daniel Bohnert

Inhalt Kapitel I: Friedrich Balduin (1575–1627) und Wittenberg  . . . . . . . . . 1 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Zur historischen Bedeutung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Lutherische Orthodoxie in der Historiographie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Historiographische Annäherungen an Balduin  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Methode und erkenntnisleitendes Interesse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Konzeptionelle Begründung vorliegender Arbeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Theologiegeschichtliche Zielsetzungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Kapitel II: Zum gegenwärtigen Stand der Orthodoxie-Forschung  . . 20 1. 2. 3. 4. 5.

Allgemeine Tendenzen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Forschungen zur Lehrbildung der Orthodoxie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Forschungen zur sogenannten „Reformorthodoxie“  . . . . . . . . . . . . . . 26 Forschungen zum Praxis- und Lebensbezug der Orthodoxie  . . . . . . . . 28 Versuch einer neuen Konzeptualisierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Grundlinien der Fakultätsgeschichte (1580–1627)  . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2. Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2.1. Herkunft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2.1.1. Räumlich-geographische Herkunft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2.1.2. Sozial-familiäre Herkunft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 2.2. Ausbildung und Ausbildungsförderung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2.2.1. Schulbesuche in Dresden und Meißen  . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2.2.2. Studium und Graderwerb in Wittenberg  . . . . . . . . . . . . . . 67 2.3. Wirkungsorte und Tätigkeitsfelder  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 2.3.1 Freiberg und Ölsnitz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 2.3.2. Balduin in Wittenberg und das Prager „Intermezzo“  . . . . . 90 2.4. Besitz- und Familienstand sowie Haushalt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2.4.1. Besitzstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2.4.2. Familienstand und Haushalt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Zwischenzusammenfassung I  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

X

Inhalt

Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern  . . . . . 123 1. Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent  . . . . . . . . . . . 123 1.1. Stadtrat und Stadtkirche  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1.2. Schulaufsicht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 1.3. Personal der Stadtkirche  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1.4. Examen und Ordination  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1.5. Entwicklung des Ordinationswesens  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 1.6. Herkunft, Bildung und Wirkung der Ordinanden  . . . . . . . . . . . . . 141 1.7. Visitationstätigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 2. Friedrich Balduin als Professor der Theologischen Fakultät  . . . . . . . . . 154 2.1. Vorlesungstätigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2.2. Disputation und Dissertation  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 2.3. Skizze zur Geschichte des Disputations- und Promotionswesens  . . 162 2.4. Themen und Tendenzen der Disputationen  . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2.5. Übersicht I: Herkunft, Graderwerb, Wirkungsort der Respondenten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 2.6. Übersicht II: Herkunft, Graderwerb, Wirkungsort der Graduierten 171 2.7. Inspektion der markgräflichen Stipendiaten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Zwischenzusammenfassung II  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie im frühen 17. Jahrhundert  . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 1. Grundlinien der Theologie Friedrich Balduins  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 1.1. Theologiebegriff  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 1.2. Hermeneutik  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 1.3. Methode  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 2. Brevis Institutio Ministrorum verbi (1621)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 2.1. Einführung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 2.2. Amtstheologie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2.3. Lehrmethode und Theologiestudium  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 2.4. Repräsentation und Wirkung der Wortverkündigung  . . . . . . . . . . 238 3. Idea Dispositionum Biblicarum (1622)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 3.1. Einführung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 3.2. Homiletik als Exegese  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 3.3. Formen biblischer Exegese  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 3.3.1. Biblische Bücher  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 3.3.2. Typologie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 3.4. Predigtpraxis und Erbauung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 3.4.1. Postillen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 3.4.2. Leichenpredigten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 3.4.3. Biblisch Betbüchlein  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272



Inhalt

XI

4. De Casibus Conscientiae (1628)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 4.1. Der historische Entstehungskontext  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 4.2. Zum theologisch-systematischen Hintergrund  . . . . . . . . . . . . . . . 275

Kapitel VI: Friedrich Balduin und Wittenberger Theologievermittlung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 1. Räumlich-geographische und normativ-institutionelle Dimensionen  . 280 1.1. Pfarrerausbildung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 1.2. Elitenbildung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 1.3. Strukturen und Institutionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 2. Theologische und frömmigkeitspraktische Dimensionen  . . . . . . . . . . . 282 2.1. Normativ-rechtlich  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 2.2. Akademisierung und Professionalisierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 2.3. Balduins Beitrag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

Anhang  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 1. Abkürzungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 2. Bibliographie Friedrich Balduin  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 3. Verzeichnis der Briefe von und an Friedrich Balduin  . . . . . . . . . . . . . . 309 4. Edition ausgewählter Briefe  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 1604-09-04: Balduin (Ölsnitz) an Meisner (Wittenberg)  . . . . . . . . . . . 312 1608-11-23: Balduin (Wittenberg) an Seuße (Dresden)  . . . . . . . . . . . . 313 1610-06-08: Balduin (Wittenberg) an Laelius (Ansbach)  . . . . . . . . . . . . 314 1611-07-31: Balduin (Wittenberg) an Meisner (Dresden)  . . . . . . . . . . . 315 1613-04-30: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden)  . . . 316 1613-05-07: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden)  . . . 316 1613-11-05: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden)  . . . 317 1613-12-29: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden)  . . . 318 1618-02-15: Balduin (Wittenberg) an Kircher (Augsburg)  . . . . . . . . . . 319 1618-05-07: Balduin (Wittenberg) an Laelius (Ansbach)  . . . . . . . . . . . . 320 1618-10-21: Balduin (Wittenberg) an Laelius (Ansbach)  . . . . . . . . . . . . 320 1618-12-09: Balduin (Wittenberg) an Mehlführer (Heilsbronn)  . . . . . . 321 1619-03-04: Balduin (Wittenberg) an Mehlführer (Heilsbronn)  . . . . . . 321 1619-04-03: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden)  . . . 322 1619-10-10: Balduin an Fürst Paul von Nadasd  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 1620-12-13: Balduin (Wittenberg) an Laelius (Ansbach)  . . . . . . . . . . . . 324 1623-03-04: Balduin (Wittenberg) an Gerhard (Jena)  . . . . . . . . . . . . . . 325 1624-07-26: Balduin (Wittenberg) an Andreae (Coswig)  . . . . . . . . . . . 326 1625-08-10: Balduin (Wittenberg) an Mehlführer (Heilsbronn)  . . . . . . 326 1626-05-15: Balduin (Wittenberg) an Mehlführer (Heilsbronn)  . . . . . . 327

XII

Inhalt

5. Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)  . . . . . . . . . . . 328

Quellen und Literatur  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 1. Archivalische Quellen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 2. Gedruckte Quellen und Hilfsmittel  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 3. Literatur  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 3.1. Literatur vor 1850  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 3.2. Literatur nach 1850  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370

Register  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393

Kapitel I

Friedrich Balduin (1575–1627) und Wittenberg 1.  Zur historischen Bedeutung Friedrich Balduin (1575–1627) war als Oberpfarrer der Wittenberger Stadtkirche, Generalsuperintendent des Kurkreises, Assessor des Konsistoriums zu Wittenberg sowie als professor primarius der Theologischen Fakultät der Universität (Leucorea) einer der bedeutendsten Theologen in der Zeit der lutherischen Orthodoxie der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.1 Aufgrund seiner kirchlichen, kirchenleitenden sowie akademischen Ämter und der mit diesen Ämtern verbundenen Amtsobliegenheiten verdient es der auch über Kursachsen hinaus sehr gut vernetzte Balduin, als einer der wirkmächtigsten Vermittler einer an der Leucorea in der Zeit der lutherischen Orthodoxie gelehrten und gelebten Theologie bezeichnet zu werden.2 Denn mehr als zwei Jahrzehnte lehrte, lebte und predigte Balduin in Wittenberg und erreichte eine Amtszeit, die bis dahin nur von Bugenhagen übertroffen worden war.3 Während dieser Zeit war Balduin als Präses, Promotor oder Dekan  – er hatte 14 Mal das Dekanat der Theologischen Fakultät inne – an elf Promotionen zu Lizentiaten und Doktoren der Theologie, mithin künftigen territorialen kirchlichen Leitungseliten, maßgeblich beteiligt.4 Während seiner langjährigen Amtszeit als Oberpfarrer und 1  Speziell zu den kumulierten Ämtern des Stadtkirchenpfarrers und Generalsuperintendenten des Kurkreises liegen bisher keine Studien vor. Ein Bereich der mit diesen Ämtern verbundenen Amtsobliegenheiten – nämlich die Ordinationstätigkeit – wird am Beispiel Paul Ebers (1511–1569) – eines bedeutenden Vorgängers Friedrich Balduins in diesen Ämtern – untersucht bei Gössner: Ebers Tätigkeit, in: Gehrt/Leppin (Hrsg.): Eber, 2014, 162–172. 2  Dies ist beispielsweise anhand von Balduins im Rahmen der vorliegenden Arbeit teilweise rekonstruiertem Briefwechsel zu belegen. Vgl. für das Verzeichnis der bisher aufgefundenen Briefe Anhang 3. Balduin wurde dabei auch von römisch-katholischen Theologen als ernst zu nehmender Kontrahent wahrgenommen. Mit Martin Becan (1563–1624) etwa stand er sowohl in brieflichem Kontakt als auch in literarischer Fehde. Vgl. exemplarisch Balduin: De Communione Sub Utraq[ue] Specie Disputatio Martini Becani, 1610. 3  Später weisen seine Nachfolger Paul Röber (1587–1651) und Abraham Calov (1612–1686) noch längere Amtszeiten auf. Röber folgte Balduin 1628 in seinen Ämtern nach und übte diese bis zu seinem Tod 1651 aus. Calov ersetzte Röber 1652 und blieb ebenfalls bis zu seinem Tod 1686 tätig. Beide aber wirkten in einer Zeit an der Theologischen Fakultät, als die Außenwirkung der Leucorea bereits merklich zurückgegangen war. Vgl. zu Röber Appold: Paul Röber (1587–1651), in: Sames (Hrsg.): 500 Jahre Theologie, 2002, 55–77. Vgl. zu Calov die im zweiten Kapitel der vorliegenden Arbeit genannten Studien. 4  Die an der Theologischen Fakultät der Leucorea durchgeführten Promotionen dokumentiert das Dekanatsbuch der Theologischen Fakultät, das in einer älteren Edition von Karl E. Förstemann aus dem Jahr 1838 vorliegt. Vgl. Förstemann (Hrsg.): Liber Decanorum, 1838. Außerdem gibt es eine Faksimileausgabe aus dem Jahr 1923. Vgl. Ficker (Hrsg.): Liber decanorum, 1923. Diese Faksimileausgabe endet allerdings im Jahr 1593, während die Edition von Förstemann die Promotionen bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts hinein dokumentiert.

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Kapitel I: Friedrich Balduin (1575–1627) und Wittenberg

Generalsuperintendent haben in Wittenberg mehr als 800, vornehmlich im fünften Band des Wittenberger Ordiniertenbuchs (1605 bis 1627) dokumentierte Examina und Ordinationen5 stattgefunden, die Balduin größtenteils selbst vollzogen hat. Insofern kam ihm schon rein quantitativ offenbar die bedeutendste Rolle im Kontext der Wittenberger Theologenausbildung in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu.6 Mit zahlreichen Predigten und Predigtsammlungen, Disputationen, Kommentaren und anderen monographischen Abhandlungen sowie auf externe Anfragen hin erstellten Gutachten und Briefen hat Balduin ein umfassendes Œuvre hinterlassen und damit schon früh eine kaum zu überschätzende Wirksamkeit erreicht.7 Es nimmt daher nicht Wunder, dass Kurfürst Christian II. ihn nach dem Tod des Hofpredigers Polycarp Leyser d. Ä. im Jahr 1610 mit zum Fürstentag nach Prag genommen hat – wohl in der Überzeugung, in ihm seinen nächsten Hofprediger zu gewinnen.8 Balduin war damit in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts einer der – wenn nicht zeitweise gar der – wirkmächtigste kursächsische Universitätstheologe und exponierteste Vertreter einer spezifischen Wittenberger Universitätstheologie.9 Eine Studie zu seinem Leben und Werk stellt damit ein wichtiges Desiderat im Kontext der Forschung zur Geschichte der Universität Wittenberg in der Zeit der lutherischen Orthodoxie und der unter diesem theologiegeschichtlichen Epochenbegriff sich versammelnden Konzeptionen von lutherisch-orthodoxer Theologie dar.10 5 Vgl. zu den Ordinationsfrequenzen die Tabelle bei Buchwald (Hrsg.): Wittenberger Ordiniertenbuch, Bd. 2: 1560–1572, 1872, II (Vorwort). 6  Desungeachtet haben Balduin und seine beiden an Theologiestudenten gerichteten Werke (vgl. dazu insbesondere den zweiten und dritten Abschnitt des fünften Kapitels vorliegender Arbeit) in der Studie zu den Wittenberger Studienanweisungen in der Zeit von Reformation und Konfessionalisierung keine Berücksichtigung gefunden. Vgl. Nieden: Erfindung, 2006. Dies gilt gleichermaßen für die Studie zum Wittenberger Disputationswesen in der Zeit der lutherischen Orthodoxie. Vgl. Appold: Orthodoxie, 2004. 7 Das Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts (VD 17) führt 383 mit Friedrich Balduin verbundene Werke auf [letzter Zugriff am 8. Juli 2016]. Vgl. zur Problematik der Vollständigkeit des VD 17 jedoch Beyer: How complete are the German national bibliographies, in: Walsby/Kemp (Hrsg.): The book triumphant, 2011, 57–77. Insgesamt können Friedrich Balduin rund 300 Werke zugeschrieben werden. Vgl. dazu die Bibliographie im Anhang 1. 8 Aus seiner Tätigkeit als Begleiter Kurfürst Christians II. nach Prag ist eine zehn Predigten umfassende Predigtsammlung hervorgegangen, die 1610 in Wittenberg erschienen ist. Vgl. Balduin: Sermones De Tempore X. 9 Es ist anzunehmen, dass ihm in gewisser Hinsicht der aus Wien stammende Matthias Hoë von Hoënegg (1580–1645) den Rang ablief. Nachdem Balduin das ihm angetragene Amt des kursächsischen Hofpredigers 1610 ausgeschlagen hatte, um an der Universität bleiben zu können, war zunächst Paul Jenisch (1551–1612) in dieses Amt gelangt, der aber schon 1612 verstarb. Hoë, der ihm nachfolgte, sicherte sich gar in seiner Bestallungsurkunde den bis dato noch nicht existierenden Titel des Oberhofpredigers. Vgl. Sommer: Die lutherischen Hofprediger, 2006, sowie Berg: Military Occupation, 2010. Berg weist auf die Bedeutung insbesondere der Universitätstheologen im Kontext der Reformbestrebungen in der lutherischen Orthodoxie hin. 10 Bereits Johannes Wallmann hat darauf hingewiesen, dass die von Ernst Troeltsch lancierte These der Einheit des altprotestantischen Lehrbegriffs revisionsbedürftig sei und hat mit seiner Arbeit zur Differenzierung der lutherischen Orthodoxie an den Beispielen von Johann Gerhard (Jena) und Georg Calixt (Helmstedt) erheblich beigetragen. Vgl. Wallmann: Theologiebegriff, 1961. Nach wie vor gehört die Binnendifferenzierung der lutherischen Orthodoxie anhand einer auf breiter Quellengrundlage erarbeiteten Differenzkriteriologie zu den wichtigsten Desideraten der Forschung zur lutherischen Orthodoxie.



2.  Lutherische Orthodoxie in der Historiographie3

2.  Lutherische Orthodoxie in der Historiographie Dass sich die Forschung bisher nur rudimentär und erst in den letzten Jahren intensiver mit Leben und Werk Friedrich Balduins befasst hat, ist forschungsgeschichtlich erklärbar. Die sich aus der lutherischen Memorialkultur herausbildende zunächst rein affirmative oder apologetische historische und theologische Auseinandersetzung mit den Lehrern der Orthodoxie11  – vor allem das „Lehrergedächtnis“  – wird in der zweiten Hälfte des 17. und im 18. Jahrhundert zunehmend durch die von Pietismus und Aufklärung geprägte Theologie und hier anknüpfende Historiographie überlagert.12 Diese hat das Bild der dogmatisch-erstarrten und lebensfernen Orthodoxie, das sich – in differenzierter Form – bis in das 19. und 20. Jahrhundert hinein erhalten hat, nachhaltig geprägt.13 Obgleich die von Pietismus und Aufklärung ausgegangenen Entwicklungen nicht dazu geführt haben, dass die mit der lutherischen Orthodoxie konform gehende Historiographie gänzlich verschwunden ist, so wenigstens dazu, dass diese mit bis weit in das 20. Jahrhundert hinein wahrnehmbaren Folgen marginalisiert worden ist – von wenigen Rehabilitierungsansätzen im Gefolge von Neuluthertum und Lutherrenaissance einmal abgesehen.14 Die Forschung hat die Geschichte der Leucorea in der Zeit der lutherischen Orthodoxie in den letzten beiden Jahrzehnten nur punktuell für sich entdeckt, und dies, obwohl Theodor Mahlmann bereits 1996 ein neues Interesse an der lutherischen Orthodoxie zu erblicken vermeinte.15 Dieser Befund gilt derzeit für die theologische – kirchen- und theologiegeschichtlich akzentuierte – Forschung zur lutherischen Orthodoxie insgesamt in gleicher Weise.16 Im Wesentlichen verdankt sich die mit Blick auf die letzten Jahre zu konstatierende „Wiederentdeckung“ der lutherischen Orthodoxie den Anstößen durch die Konfessionalisierungsthese und der Frage nach der Durchsetzung der Reformation.17 Die von hier ausgehenden Forschungen sind 11  Diese Auseinandersetzung mit den Lehrern der Orthodoxie erfolgte in der Regel im Rahmen von Personennachschlagewerken, in welchen Leben, Werk und Wirkung von lutherischen Lehrern, Professoren und Pfarrern sowie Superintendenten beschrieben wurden. Eine Bibliographie dieser Personennachschlagewerke entsteht derzeit bei Markus Wriedt und Matthias Asche. 12  Genannt werden in der Literatur immer wieder der radikale Pietismus, vertreten durch Gottfried Arnold (1666–1714), und die gemäßigte Aufklärung, vertreten durch Christian Thomasius (1655–1728). Vgl. exemplarisch Leube: Reformideen, 1924, 4–20. Der als Begründer des lutherischen Pietismus geltende Philipp Jacob Spener (1635–1705) etwa hat sich dabei stets bemüht seine eigene Orthodoxie nachzuweisen. Scharfe Grenzziehungen mithin scheinen nicht immer möglich. 13  Für das 19. Jahrhundert kommt August G. Tholuck (1799–1877) das Verdienst zu, die Forschung zur lutherischen Orthodoxie wieder gründlich aufgenommen zu haben. Vgl. Tholuck: Der Geist der lutherischen Theologen Wittenbergs; ders.: Lebenszeugen der lutherischen Kirche. Vgl. zu den Forschungen Tholucks ausführlich das zweite Kapitel dieser Arbeit. 14 Exemplarisch sei hier verwiesen auf die Arbeit von Werner Elert. Vgl. etwa Elert: Morphologie des Luthertums, 2 Bde., 1931–1932. 15  Mahlmann: Unio cum Christo, 1996, 73–74. Vgl. neuerdings den ausführlichen Forschungsbericht von Bohnert/Asche: Forschungsstand und Überlieferungssituation, in: Asche/Lück/ Rudersdorf/Wriedt (Hrsg.): Die Leucorea zur Zeit des späten Melanchthon, 2015, 15–76, sowie das zweite Kapitel der vorliegenden Arbeit. 16  Vgl. insbesondere den verdienstvollen, inzwischen allerdings nicht mehr aktuellen Forschungsbericht Matthias: Art.: Orthodoxie, lutherische, in: TRE 25 (2004), 464–485. 17 Vgl. Schilling (Hrsg.): Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland, 1986; Rublack

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Kapitel I: Friedrich Balduin (1575–1627) und Wittenberg

zumeist sozialgeschichtlich konzipiert oder verbinden sozial- und theologiegeschichtliche Fragestellungen.18 Zwei historiographische Hemmnisse haben einer Würdigung von Leben und Werk Friedrich Balduins bisher im Wege gestanden. Zum einen die auf Luther, Melanchthon und andere Reformatorenpersönlichkeiten sowie deren erste Schülergenerationen konzentrierte reformations- und universitätsgeschichtliche Historiographie, zum anderen die forschungsgeschichtlich bedingte pauschale theologiegeschichtliche Abwertung der Epoche der lutherischen Orthodoxie. Neue Quellenfunde zur Geschichte der Leucorea im Rahmen von interdisziplinär angelegten Forschungsprojekten sowie die für die letzten zwei Jahrzehnte zu konstatierende, allmähliche Wiederentdeckung der lutherischen Orthodoxie eröffnen nun die Möglichkeit einer Würdigung von Leben und Werk der Akteure dieser kirchen- und theologiegeschichtlich wichtigen Epoche.19 Hinzu kommt, dass die fortschreitende digitale Quellenerschließung  – die editorische Erschließung steckt, abgesehen von den Arbeiten Johann A. Steigers, noch in den Anfängen – inzwischen die Möglichkeit bietet, eine Fülle der Werke von Theologen der Zeit der lutherischen Orthodoxie einzusehen und systematisch auszuwerten.20 So ist es auch inzwischen aufgrund neuer Quellenfunde (Hrsg.): Die lutherische Konfessionalisierung in Deutschland, 1992; Reinhard (Hrsg.): Die katholische Konfessionalisierung, 1995. Vgl. weiterhin die grundlegende Übersichtsdarstellung zu den Forschungen zur Konfessionalisierungsthese Lotz-Heumann/Ehrenpreis: Reformation und konfessionelles Zeitalter, 2002. 18  Kaufmann: Universität und lutherische Konfessionalisierung, 1997; Schorn-Schütte: Evangelische Geistlichkeit in der Frühneuzeit, 1996. Schon früher ist auf die theologische Bedeutung der lutherischen Orthodoxie hingewiesen worden, allerdings ohne, dass diese Hinweise weitere Impulse für die Forschung gesetzt hätten. Zu nennen sind die Arbeiten von Hans-Werner Gensichen, Hans Leube und Karl Holl. Eine Vertiefung der Forschung zur lutherischen Orthodoxie ist gleichwohl nicht geschehen. Vgl. Gensichen: Die Wittenberger antisozinianische Polemik, 1942; Leube: Reformideen; Holl: Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte, Bd. 1, 1921. 19  Es ist insofern ein wichtiges Verdienst des an der Stiftung LEUCOREA angesiedelten Forschungsprojektes „Das ernestinische Wittenberg. Universität und Stadt (1486–1547)“, quellenbasierte Forschung zur Geschichte der Leucorea wiederangestoßen zu haben. Vgl. etwa Lück/Bünz/Helten/ Kohnle/Sack/Stephan (Hrsg.): Das ernestinische Wittenberg: Bd. 1: Universität und Stadt (1486– 1547), 2011; Bd. 2/I–II: Stadt und Bewohner, 2013, sowie Bd. 3: Spuren Cranachs in Schloss und Stadt, 2015. Das von dem Frankfurter Kirchenhistoriker Markus Wriedt geleitete DFG-Forschungsprojekt „Corpus Inscriptorum Vitebergense (CIV). Wittenberger Universitätsangehörige von den Anfängen bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (1502 bis 1648)“ setzt hier an und dient der Erschließung zur Geschichte der Universität Wittenberg vorliegender serieller und nicht-serieller Quellenbestände (Matrikel, Dekanatsbücher, Stipendienverzeichnisse, Ordiniertenbücher und Gelegenheitsschrifttum) für weitere Forschungen. Erste personengeschichtliche Auswertungsperspektiven sollen zunächst im Rahmen von drei Folgeprojekten zu den drei oberen Fakultäten (Theologie, Jurisprudenz und Medizin) geboten werden. Das erste dieser Folgeprojekte, das ebenfalls von Markus Wriedt geleitete Forschungsprojekt „Theologiae Alumni Vitebergense (TAV). Die graduierten Absolventen der Wittenberger Theologischen Fakultät und deren Beitrag zur Distribution und Diffusion der Wittenberger Theologie (1502–1648)“ wird bereits von der DFG gefördert. Projektiert ist zudem ein weiteres Anschlussprojekt zu den graduierten Absolventen der Philosophischen Fakultät. Diese Forschungen weiten die Perspektive der Wittenberg-Forschungen erstmals dezidiert auf die zweite Hälfte des 16. und das 17. Jahrhundert aus. 20  Hinzuweisen ist auf die Verzeichnisse der Drucke des 16. und 17. Jahrhunderts (VD 16 und 17) sowie andere, teilweise mit VD 16 und 17 verbundene Angebote digitalisierter und online einsehbarer Drucke des 16. und 17. Jahrhunderts. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit waren die digitalen Bestände der UB Halle, HAB Wolfenbüttel und UB Jena von besonderer Bedeutung.

3.  Historiographische Annäherungen an Balduin5



möglich, das Leben und Werk Friedrich Balduins anhand bisher unbekannter gedruckter, aber auch handschriftlicher Quellen schärfer zu zeichnen, als das bei den nur auf die damals verfügbaren gedruckten Quellen zurückgreifenden Einträgen in Personennachschlagewerken der Fall gewesen ist. Im Einzelnen werden im Rahmen der Biographie einerseits kirchliche (Rechnungsbücher des Gemeinen Kastens, Schoßbücher, Ordiniertenbücher) und andererseits akademische Quellen (Matrikel, Dekanatsbücher, Rechnungsbücher, Stipendiatenlisten) herangezogen, die bisher noch nicht oder nur punktuell ausgewertet wurden. Erst auf dieser Grundlage lassen sich auch die quantitativen und qualitativen Dimensionen der Tätigkeiten Balduins als Oberpfarrer der Wittenberger Stadtkirche, Generalsuperintendent des Kurkreises und Konsistorialassessor sowie professor primarius (seit 1616) an der Theologischen Fakultät der Leucorea genauer als es bisher möglich gewesen ist, nachzeichnen.

3.  Historiographische Annäherungen an Balduin Allenfalls punktuell und holzschnittartig hat sich die kirchen- und theologiegeschichtliche Forschung mit Leben, Werk und Wirkung Friedrich Balduins – wie mit den Wittenberger Theologen der lutherischen Orthodoxie in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts überhaupt – befasst.21 Dies ist in der Regel im Rahmen von kurzen Einträgen in die einschlägigen Personen- und Literaturnachschlagewerke sowie theologiegeschichtlichen Spezialstudien zu Themen, zu denen sich Balduin im Rahmen seines Œuvres geäußert hatte, geschehen. Der Eintrag in Johann H. Zedlers UniversalLexicon – dagegen fehlt ein entsprechender Eintrag in Christian G. Jöchers Allgemeines Gelehrten-Lexicon (1750–1751) gänzlich – aus dem Jahr 1733 nennt die personenbezogenen Daten zu Balduins Leben und zählt einige seiner Schriften auf, enthält sich indes der Einordnung und Wertung.22 Eine Ausnahme bildet die Beschreibung von Balduins Leben und Wirken durch den Lübecker Superintendenten Georg H. Götze aus dem Jahr 1712, der festgestellt hat, dass Balduin nach wie vor durch seine Werke wirksam sei.23 Auch fällt die biographische Würdigung in Johann Chr. Erdmanns Professorenlexikon deutlich umfangreicher aus. In Hinsicht auf Balduins Œuvre lobt Erdmann vor allem dessen Predigttätigkeit.24 Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Balduin – als Verfasser des Liedes „Vor Gott lieg ich mit Flehen“ (1615)25 – zwei kurze Würdigungen im Rahmen biographischer Sammlungen zu Kirchenlieddichtern erfahren hat.26 21  Bohnert/Asche:

Forschungsstand und Überlieferungssituation, 15–76. Balduinus (Fridericus), in: Zedler: Universal-Lexicon 3 (1733), 217. Zu nennen ist außerdem der kurze Eintrag in Freher: Theatrum Virorum Eruditione Clarorum, 1688, 434 ff. [mit einem Verzeichnis der lateinischen und deutschen Schriften Balduins sowie der von ihm herausgegebenen Schriften anderer Verfasser]. 23  Götze: Send-Schreiben, 1712, 44: „Ich richte aber für allen andern meine Gedancken auf dem seligen Herrn D. Fridericum Balduinum, der in Wittenberg General Superintendens, und Professor Theologiae gewesen, und in seinen Schrifften annoch lebet.“ 24  Erdmann: Lebensbeschreibungen, 1804, 67–70. 25  Clauder: Psalmodia Nova, 1631 (11627), 498–509. 26  Richter: Allgemeines Biographisches Lexikon, 1804, 15 sowie Goedeke: Grundriß, Bd. III. 5. Buch: Vom dreißigjährigen bis zum siebenjährigen Kriege, 1887 (ND 2011), 152. 22 Art.:

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Kapitel I: Friedrich Balduin (1575–1627) und Wittenberg

Bemerkenswert ist weiterhin, dass der Wittenberger Theologe in der Geschichte der protestantischen Auslegung vor der Genese der historisch-kritischen Methode bisher kaum Beachtung gefunden hat. Dabei hatte kein geringerer als August Hermann Francke bereits auf die Bedeutung der Schriftauslegungsmethode Ägidius Hunnius’ d. Ä. und im Anschluss an ihn des Balduin hingewiesen.27 Im Rahmen von Wilhelm Gaß’ Geschichte der christlichen Ethik wird Balduin als Begründer der protestantischen Kasuisitik genannt und damit einer Gattung, welcher der Verfasser selbst nur wenig abzugewinnen vermocht hat. Das Urteil fällt demgemäß wenig günstig aus, was sich bereits  – etwas abgemildert  – in dem von Gaß verfassten Artikel für die Allgemeine Deutsche Biographie (ADB) niedergeschlagen hatte.28 Im Rahmen von August G. Tholucks wegweisenden Arbeiten zu den Wittenberger Theologen wird Balduin sodann lediglich im Schatten des – in den Augen des Verfassers – alle überragenden Theologen Balthasar Meisner (1587–1626) als dessen väterlicher Freund und Schwager genannt. Hans Leube war der erste, der auf die Bemühungen Balduins hingewiesen hat, die kirchlichen Missstände der Zeit zu beheben. Er hat ihm darum das Label der „Reformorthodoxie“ angeheftet. Balduin erscheint bei Leube als ein behutsamer Reformer und vornehmlich auf praktische Erfordernisse hin ausgerichteter Universitätstheologe, ohne dass eine vertiefte Auseinandersetzung mit Leben und Werk des Theologen stattfindet. So heißt es bei Leube29: Alle diese Probleme, welche die protestantische Ethik betreffen, behandelt auch Friedrich Balduin in seinen Casus Conscientiae. Doch geht er auch auf die kirchliche Verwaltung, Kirchenzucht, Sonntagsfeier, Ehesachen ein. Er will in seinem umfassenden Werke den protestantischen Geistlichen eine Richtschnur für ihre amtliche Tätigkeit geben. Derselbe Theologe nimmt in seinem Kommentar zum Philipperbrief Veranlassung, sich über das Zunehmen der theologischen Streitigkeiten zu beklagen, wodurch das Studium der Gottseligkeit erstickt würde. Er sieht darin einen Angriff auf die theologische Wissenschaft, um diese in ihrer fruchtbringenden Wirkung zu beeinträchtigen.

Im Rahmen der Herausbildung und Ausdifferenzierung einer neu ausgerichteten (nicht länger explizit konfessionellen) wissenschaftlichen kirchen- und theologiegeschichtlichen Forschung seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist Balduin weitgehend 27  Francke: Monita Pastoralia Theologica, 1718, 73. Auf die zeitgenössische Bedeutung Balduins als Exeget weist auch Preus: Theology of Post-Reformation Lutheranism, 1970, 55, hin. 28  Gass: Geschichte der christlichen Ethik, Bd. 1: Sechzehntes und siebzehntes Jahrhundert, 1886 und Ders.: Art.: Balduin, Friedrich, in: ADB 2 (1875), 16–17. Auf Balduin als Begründer der „Gewissensfälle“ in systematischer Form hatte bereits Stolle: Anleitung zur Historie der theologischen Gelahrtheit, 1739, hingewiesen. 29  Leube: Reformideen, 46–47. Freilich wird dabei übersehen, dass es in erster Linie praktische Erfordernisse waren, die zur Entstehung des Werkes De Casibus Conscientiae beigetragen haben und die zunächst historisch zu rekonstruieren sind. Die langjährige Erfahrung Balduins im Kontext der theologischen Gutachtertätigkeit, hat dabei ebenso eine Rolle gespielt wie seine Vertrautheit mit den Problemlagen der Zeit, die er als Assessor des Wittenberger Konsistoriums gewonnen hatte. In der Tat sollte das genannte Werk einen Leitfaden für den im kirchlichen Amt tätigen Theologen bieten und ihm bei aufkommenden Gewissensfragen zur Seite stehen. Ebenso wie Balduin die Streitsucht der Theologen moniert, legt er ihnen nahe, das Wort Gottes zu verteidigen, was wesentlich zu dessen Amt gehört. Es kommt aber auf die Art und Weise des Streitens oder Disputierens an, ob dies der Kirche schadet oder nützt.



4.  Methode und erkenntnisleitendes Interesse7

in Vergessenheit geraten. Selbst die neueren Arbeiten von Kenneth G. Appold (2004) und Marcel Nieden (2006), die explizit die Wittenberger Theologen und Theologenausbildung (sic) untersuchen, übersehen die Bedeutung des gebürtigen Dresdners. Mit den Arbeiten von Walter Sparn zur Wiederkehr der Metaphysik um 1600 und Janis Kreslins zur Wittenberger Homiletik sowie Theodor Mahlmanns zur unio mystica liegen immerhin Forschungen vor, die auf die Bedeutung Balduins hinweisen und bisweilen einige Desiderate benennen.30 Erst in jüngster Zeit hat Roderick H. Martin eine erste umfassende Studie zu Balduin – allerdings speziell zur Rhetorik in De Casibus Conscientiae – vorgelegt und die theologiegeschichtliche Bedeutung des Theologen erstmals gewürdigt.31 Auf diese Ergebnisse gestützt hat Benjamin T. G. Mayes betont, dass es Friedrich Balduin vor allem um die praktischen Erfordernisse der Theologie gegangen sei. Gleichwohl, beide mehr theologisch-systematisch angelegten Studien übersehen sowohl historisch als auch theologisch-systematisch das praktische und auf konkrete Nutzanwendung bezogene Anliegen der Theologievermittlung als Kern des Balduin’schen Anliegens. Eine historisch-genetische und systematisch-theologische Untersuchung des Œuvres Balduins ist bisher nicht geleistet. So zeigt sich insgesamt – trotz erfreulicher Tendenzen – einmal mehr, dass die Erforschung der lutherischen Orthodoxie an der Leucorea und mithin dem Zentrum lutherischer Orthodoxie im Heiligen Römischen Reich in der Zeit des späten 16. und 17. Jahrhunderts angesichts mangelnder Grundlagenforschung noch in den Anfängen steckt.

4.  Methode und erkenntnisleitendes Interesse Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, exemplarisch die räumlich-geographische sowie geistig-wissenschaftliche Ausstrahlung und Prägekraft eines Wittenberger Theologen in der Zeit der lutherischen Orthodoxie offenzulegen. Ausstrahlung und Prägekraft werden einerseits durch die Schülerschaft des Theologen, andererseits durch die schriftstellerische Tätigkeit sichtbar: Den Verbreitungsgrad der Schriften, die Druckorte sowie die Anzahl der Auflagen, welche die Schriften erfahren haben. Die Schülerschaft Balduins kann nur aufgrund der Untersuchung der Wirksamkeit des Wittenberger Theologen in seinen Ämtern – als Professor, Stadtkirchenpfarrer und Generalsuperintendent sowie Konsistorialassessor – ermittelt werden, mithin aus der konkreten Theologievermittlungstätigkeit heraus. Das geeignete Instrumentarium für eine solche Untersuchung bieten die Methoden von Prosopographie und kollektiver Biographik. Die Anwendung der prosopographisch-kollektivbiographischen Methode erfolgt nach Wilhelm H. Schröder, der den Begriff der Kollektivbiographie als „die theoretisch und methodisch reflektierte, empirische, besonders auch quantitativ gestützte Erforschung eines historischen 30  Sparn: Wiederkehr der Metaphysik, 1976; Kreslins: Dominus narrabit in scriptura populorum, 1992; Mahlmann: Unio cum Christo, 1996, 72–199. 31  Martin: The Reformation of Conscience, 2007 sowie Mayes: Counsel and Conscience, 2010.

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Kapitel I: Friedrich Balduin (1575–1627) und Wittenberg

Personenkollektivs in seinem jeweiligen gesellschaftlichen Kontext anhand einer vergleichenden Analyse der individuellen Lebensläufe der Kollektivmitglieder“ definiert.32 Diese Definition zeichnet sich durch ihre doppelte Erkenntnisrichtung aus, die einerseits Rückschlüsse auf das Typische und Allgemeine, i. e. auf allgemeine gesellschaftliche Aggregate zulässt, andererseits den Rekurs auf das Untypische, Abweichende, i. e. das Individuelle ermöglicht. In Hinsicht auf die zugrundegelegte Themenstellung ist also einerseits das Eingebundensein Friedrich Balduins als graduierter Absolvent der Wittenberger Theologischen Fakultät in unterschiedliche personelle, institutionelle und kirchliche sowie politische Zusammenhänge, andererseits das Eigentümliche der Biographie zu erforschen. Die zum methodischen Instrumentarium der historischen Sozialforschung zählende prosopographisch-kollektivbiographische Methode ermöglicht eine Verbindung von quantitativ und qualitativ ausgerichteten Erkenntnisinteressen und damit von personen- und sozialgeschichtlichen sowie kultur- und alltagsgeschichtlichen Fragestellungen im Sinne von Komplementarität. Zum einen rückt der individuelle Lebenslauf in den Fokus, zum anderen wird das Individuum in den sozialen Kontext rückgebunden. Entscheidend ist aber, auf welche Weise die personenbezogenen Daten für die Auswertung operationalisiert werden. Eine formalisierte Strukturierung des jeweiligen Lebenslaufs in objektivierbare Merkmale und chronologisch geordnete Merkmalssequenzen sensibilisiert für die Möglichkeiten und Grenzen des Unternehmens. Diese Merkmale und Merkmalssequenzen (räumlich-geographische Herkunft und soziale Provenienz, Schulbesuche und Universitätsaufenthalte, spätere Wirkungsorte und Tätigkeitsfelder) konnten anhand von personenbezogene Daten beinhaltenden seriellen Quellen (Leichenpredigten, Ordiniertenbücher, Verwaltungs- und Gelegenheitsschrifttum) erhoben und formuliert werden. Die prosopographisch-kollektivbiographische Methode zielt damit auf vergleichende Aussagen über eine größere Gruppe von Personen (Kollektiv), die ein gemeinsames, die Gruppenidentität konstituierendes Merkmal (z. B. Studium, Ordination oder Graderwerb in Wittenberg) besitzen. Bisweilen können aufgrund der Quellenlage lediglich einerseits die personellen Konstellationen33 aufgezeigt werden, in denen sich die Personen bewegt haben, andererseits die institutionellen Gefüge, in deren Rahmen sie tätig geworden sind. Beide Aspekte – die personellen Konstellationen sowie die institutionellen Gefüge – können sich überschneiden, dergestalt, dass institutionelle Gefüge gleichsam den Rahmen für personelle Konstellationen bereitstellen, gleichwohl können sich personelle Konstellationen ohne institutionelle Gefüge konstituieren und umgekehrt ist es möglich, 32  Schröder (Hrsg.): Lebenslauf und Gesellschaft, 1985; ders.: Kollektivbiographie als inter­ disziplinäre Methode in der Historischen Sozialforschung, 2011. Die prosopographisch-kollektivbiographische Methode ist bereits mehrfach erprobt, auch speziell in Anwendung auf das 16. und 17. Jahrhundert. Vgl. etwa Reinhard (Hrsg.): Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts, 1996. Vgl. auch die Studie von Asche: Profile und Rekrutierungsmechanismen, in: Hesse/Schwinges (Hrsg.): Professorinnen und Professoren, 2012, 185–246. 33  Die personellen Konstellationen lassen sich teils nur rudimentär rekonstruieren. Keineswegs ist der Begriff im Rahmen der vorliegenden Arbeit im Sinne der durch die Konstellationsforschung erfolgten Konzeptualisierung gebraucht. Vgl. dazu zusammenfassend Mulsow (Hrsg.): Konstellationsforschung, 2005.



4.  Methode und erkenntnisleitendes Interesse9

dass institutionelle Gefüge nicht unbedingt dazu führen, dass sich personelle Konstellationen ausbilden.34 Der historiographische Mehrwert der vorliegenden Arbeit besteht darin, dass mit ihr zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Theologischen Fakultät der Leucorea im frühen 17. Jahrhundert geleistet wird. Mit der erstmaligen Auswertung noch unerschlossener oder noch unbekannter Quellen dürfte vorliegende Arbeit zudem anschlussfähig für sozial-, universitäts-, kultur- und mentalitätsgeschichtliche Forschungen sein. Die Frage nach der „Weltwirkung der Reformation“ (Gerhard Ritter) und der Wirkmächtigkeit Wittenbergs, insbesondere der Theologischen Fakultät, auch im 17. Jahrhundert wird nicht nur mit dem Hinweis auf die Reformatorenpersönlichkeiten Luther, Melanchthon und andere zu beantworten sein. Im anstehenden Reformationsjubiläum 2017 wird sich der kirchen- und theologiegeschichtlichen Forschung erneut die Frage nach der Aktualität der Theologie Luthers stellen.35 Balduin – der im Rahmen der vorliegenden Arbeit exemplarisch als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie untersucht wird  – ist ein idealtypischer Repräsentant lutherischer Theologie der vierten Generation im frühen 17. Jahrhundert, welcher eine Antwort auf die Frage nach der Aktualität Luthers bietet. Nicht in der Wiederholung einzelner Theologumena, sondern in einer eigenständigen, aktualisierenden Aneignung der Lehrartikel der lutherischen Normdogmatik anhand der Schrift findet Balduin diese Antwort. Die Fortschreibung der Theologie Luthers besteht für ihn nicht alleine in der systematischen Entfaltung und Apologetik der von Luther grundgelegten Lehrartikel, sondern im lebendigen, eigenverantwortlichen Nachvollzug im Umgang mit der Schrift. Die von Melanchthon zur systematischen Explikation der Theologie Luthers eingeführte humanistische Methode, die Grundgerüst konfessioneller Theologenausbildung wird, dient dabei als Ausgangspunkt. Dass in der rechten Anwendung der exegetischen Methode auf die Bibel nur Luthers Theologie Ergebnis sein könne, setzt Balduin allerdings voraus. Entscheidend ist, dass es Balduin nicht um die Lehrnorm selbst, sondern um den Prozess des Auffindens derselben sowohl im Rahmen der konfessionellen Klärungsbemühungen als auch im Rahmen der Theologenausbildung gegangen ist. Anzunehmen ist, dass die Wirkmächtigkeit der Wittenberger Theologie noch im 17. Jahrhundert darauf zurückzuführen ist, dass es gelang, die Theologie Luthers aus den historischen Entstehungsbedingungen zu lösen und Diskursfähigkeit unter den Bedingungen konfessioneller Normierung zu lehren.

34 Als Professor bewegte sich Balduin im Rahmen des Collegium Theologicum und Collegicum Academicum sowie im Kreise seiner Schüler und Hausschüler, als Dekan im Kontext auch der übrigen lutherischen Theologischen Fakultäten des Heiligen Römischen Reiches, die sich mit Anfragen zuerst an den Dekan wandten, als Oberpfarrer im Gefüge des geistlichen Ministeriums (Archidiakonus und Diakone der Pfarrei), als Generalsuperintendent im Rahmen der Geistlichen Ministerien der Pfarreien im gesamten Kurkreis, als Konsistorialassessor im Zusammenhang von Konsistorium, Oberkonsistorium und kursächsischem Hofgericht. Dazu sind auch temporäre Einrichtungen wie Visitationskommissionen und Theologenkonvente zu rechnen, in deren Rahmen Balduin sich wiederum in anderen Konstellationen bewegte. 35  Das ist bisher allenfalls in ersten Ansätzen geschehen. Vgl. exemplarisch Schilling (Hrsg.): Martin Luther 2017, 2014.

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Kapitel I: Friedrich Balduin (1575–1627) und Wittenberg

5.  Konzeptionelle Begründung vorliegender Arbeit In der vorliegenden Arbeit wird  – in konsequenter Verbindung von Sozial- und Theologiegeschichte  – Friedrich Balduins theologisches Werk im Kontext seiner berufspraktischen Tätigkeit gewürdigt.36 Der Verfasser geht dabei von der Grundthese aus, dass die kirchlichen, kirchenleitenden und akademischen Amtsobliegenheiten den Schriftsteller Balduin entscheidend in seinem theologischen Werk geprägt haben. Die Wahrnehmung der in der beruflichen Praxis erfahrenen theologischen Prägung erst ermöglicht es, Balduin in das Gefüge der lutherischen Orthodoxie sachgemäß einzuordnen.37 Die genannte Grundthese erfordert einen Sozial- und Theologiegeschichte verbindenden Ansatz: Theologie ist immer in geographische, soziale, kulturelle, politische und institutionelle Kontexte eingebunden, die sie nicht nur umgeben, sondern entscheidend prägen, i. e. im Falle Balduins die Universität Wittenberg, die als Zentrum der mitteldeutschen Bildungslandschaft neben Leipzig, Jena und Helmstedt einen kaum zu überschätzenden Beitrag zur Entstehung protestantischer Konfessionskulturen geleistet hat.38 Erstmals wird eine Studie zu einem Wittenberger Theologen des 17. Jahrhunderts vorgelegt, die über die Würdigung von Leben, Werk und Wirkung hinaus sowohl die ihn historisch auszeichnende Vermittlungstätigkeit als auch die theologische Hermeneutik und Methodik rekonstruiert und damit die Propria seiner Theologie expliziert.39 Nur en passant sei hier bemerkt, dass die Erforschung der Exegese im späten 16. und im 17. Jahrhundert bisher eine Domäne der katholisch geprägten Forschung gewesen und noch heute ist. Die Zeit nach dem Konzil von Trient (seit 1563) bis zur zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist nicht umsonst als „goldenes Zeitalter der katholischen Exegese“ bezeichnet worden.40 Dass sich die protestantisch 36  Die Notwendigkeit eines solchen Ansatzes ist in den vorliegenden, zumeist systematisch-theologisch konzipierten Studien zu Themen- und Problemfeldern der Theologiegeschichte in der Zeit der lutherischen Orthodoxie mit Bezug zu den Wittenberger Theologen bisher nicht oder nur in Ansätzen gesehen worden. Vgl. zum Beispiel Keller-Hüschemenger: Fundamentalartikel, 1939. 37  Das gilt gleichermaßen für etwaige Monographien zu den übrigen Vertretern der Wittenberger Universitätstheologie im frühen 17. Jahrhundert. Der Inhaber der vierten Professur beispielsweise, der sogenannte professor controversiarium hatte qua Amt einen ungleich stärkeren Bezug zu Katechese und Kontroverstheologie als dies bei den anderen Professuren der Fall war. 38 Vgl. zu diesem Ansatz und die neueren Forschungen auf diesem Gebiet zusammenfassend Wriedt: Bildungslandschaften, in: Dingel/Lotz-Heumann (Hrsg.): Entfaltung und zeitgenössische Wirkung der Reformation, 2015, 249–267. 39 Eine die Methoden der historisch-biographischen und theologiegeschichtlichen Forschung verbindende Arbeit zu Ägidius Hunnius und damit zu einem in Wittenberg tätigen und für Wittenberg nachhaltig prägenden Theologen des 16. Jahrhunderts liegt vor mit Matthias: Theologie und Konfession, 2004. Die Arbeit ist für die vorliegende Studie zu Friedrich Balduin allerdings insofern nur bedingt von Wert, da in ihr die theologische Methode Hunnius’  – mithin die Methode der Schriftauslegung und -anwendung  – gerade nicht zur Darstellung gebracht wird. Für Balduin, der in einem Brief an Meisner diesem die Lektüre der methodisch geschriebenen Bücher des Hunnius empfiehlt, scheint dessen theologische Methode aber von Bedeutung gewesen zu sein. Vgl. dazu das fünfte Kapitel der vorliegenden Arbeit sowie Wriedt: Bildungslandschaften, hier 258. 40  Bauer: Exegese des Neuen Testaments, in: Schreiner (Hrsg.): Methoden der biblischen Exegese, 1971, 18–39, hier 30. Eine Übersicht über die katholische Exegese des 16. und 17. Jahrhunderts bietet Baroni: La contre-Reforme devant la Bible, 1943.



5.  Konzeptionelle Begründung vorliegender Arbeit11

geprägte Forschung mit der Geschichte der Exegese im späten 16. und im 17. Jahrhundert bisher nur rudimentär befasst hat, ist der Fokussierung auf die Genese der historisch-kritischen Exegese im Kontext der Geschichte der Leben-Jesu-Forschung anzulasten.41 Mit dieser Blickrichtung werden nun die Kriterien der älteren Forschungen zur lutherischen Orthodoxie in Wittenberg von August G. Tholuck, der den theologischen Charakter der Theologen der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts scharf von dem der Theologen der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts abzugrenzen versuchte, teils ergänzt, teils revidiert und teils neu formuliert42 und insofern ein wichtiger Beitrag für das Desiderat einer umfassenden Differenzkriteriologie für die Theologen in der lutherischen Orthodoxie geleistet, für die bisher allenfalls erste wichtige Ansätze vorliegen.43 Leben, Werk und Wirkung Friedrich Balduins, eines Theologen, der – rechnet man sein Wittenberger Studium (von 1593 bis 1602) ein – über einen Zeitraum von mehr als drei Jahrzehnten hinweg an der Theologischen Fakultät der Leucorea tätig gewesen ist, können kaum sachgemäß unter Ausblendung der Geschichte ebendieser Institution beschrieben werden.44 Dass zumal für die Zeit, in der Balduin an der Theologischen Fakultät der Leucorea wirkte (von 1593 bis 1627) noch erhebliche Forschungsdesiderate bestehen muss nicht betont werden.45 Seit dem Erscheinen der großen Geschichte der Universität Wittenberg von Walter Friedensburg im Jahr 1917 – dem 400-jährigen Reformationsjubiläum  – hat sich die historische Forschung mit dieser Epoche der Universitätsgeschichte nicht mehr befasst.46 In institutionen- und gelehrtengeschicht41  Klassisch geworden ist das mehrfach wiederaufgelegte und breit rezipierte Werk von Albert Schweitzer, das die Leben-Jesu-Forschung mit Hermann Samuel Reimarus (1694–1768) einsetzen lässt. Vgl. Schweitzer: Von Reimarus zu Wrede, 1906. 42  Tholuck: Geist der lutherischen Theologen. Tholuck attestierte den Theologen der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts Anspruchslosigkeit, minder scholastischen Charakter in der Wissenschaft, biblisch-praktischen Charakter der Predigt, Erkenntnis der Notstände der Kirche, Friedensliebe und Duldsamkeit, den Theologen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts dagegen theologische Anmaßung, lutherische Scholastik, Verblendung gegen die kirchlichen Notstände, Streitsucht sowie Unduldsamkeit. Diese Kriterien sind dringend einer Revision bedürftig. Die Forschungen von Leube haben den Fokus stärker auf die Reformideen in der lutherischen Orthodoxie (die sowohl Theologen des frühen wie späteren 17. Jahrhunderts vertreten haben) gelenkt, damit das überkommene Bild weiter revidiert und wenigstens gegenüber dem Pietismus zu einer schärferen Abgrenzung geführt. Vgl. Leube: Reformideen. 43  Einerseits materialtheologisch – vgl. insbesondere Wallmann: Theologiebegriff; Baur: Luther und seine klassischen Erben, 1993; Sparn: Wiederkehr der Metaphysik – andererseits praktischtheologisch, wenn es etwa um die Frage nach dem Gebrauch von Exempeln in der Predigt geht. Johann A. Steiger hat hier auf eine wichtige Differenz in der Predigtgestaltung von Gregor Strigenitz und Johann Gerhard hingewiesen. Vgl. Steiger: Gregor Strigenitz (1548–1603), 2003. 44  Neuere historische und theologische Forschungen zur Geschichte der ersten und zweiten von den Reformatoren Luther und Melanchthon ausgebildeten Schülergeneration zeigen wie ergiebig und weiterführend die Verbindung von personen-, institutionen- und theologiegeschichtlichen Fragestellungen sein kann. Vgl. etwa Dingel/Wartenberg (Hrsg.): Georg Major (1502–1574), 2005. 45 Insgesamt Bohnert/Asche: Forschungsstand und Überlieferungssituation. 46  GUW (1917); Aland: Die Theologische Fakultät, in: 450 Jahre Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Bd. 1: Wittenberg 1502–1817, 1952, 155–237 [wiederabgedruckt in: Ders.: Kirchengeschichtliche Entwürfe, 1960, 283–394]; Lück: Art.: Wittenberg, Universität, in: TRE 36 (2004), 232–243.

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Kapitel I: Friedrich Balduin (1575–1627) und Wittenberg

licher Akzentuierung wird daher im dritten Kapitel die Geschichte der Theologischen Fakultät der Leucorea von 1591/92 bis etwa 1630 in Form einer Skizze beschrieben.47 Terminus a quo und ad quem sind historisch mit dem letzten konfessionspolitischen Kurswechsel der Jahre 1591/92, der das streng orthodoxe Luthertum an der Leucorea endgültig etablierte48, und der umfassenden personellen Neukonstitution der Fakultät Ende der 1620er Jahre, die mit dem zunehmenden Spürbarwerden der Folgen des Dreißigjährigen Krieges in Stadt und Universität Wittenberg gerade in dieser Zeit einher geht49, zu begründen. Theologiegeschichtlich markieren das Erscheinen des Konkordienbuchs (1580) sowie der Durchbruch der analytischen Methode in der Theologie Mitte der 1620er Jahre die Zäsuren. Mit dem Erscheinen des Konkordienbuchs ist die Bekenntnisbildung des orthodoxen Luthertums weitgehend abgeschlossen.50 Die analytische Methode in der Theologie wurde für die sogenannte „Hochorthodoxie“ prägend und brach sich zeitgleich mit der Neukonstitution der Theologischen Fakultät Ende der 1620er Jahre vollends Bahn.51 Die Darstellung der Geschichte der Theologischen Fakultät (1591/92 bis 1630) orientiert sich an den allgemeinen historischen sowie kirchen- und theologiegeschichtlichen Aspekten: Landesherrschaft, Universitätsordnungen, Frequenzentwicklung (Immatrikulations-, Promotions-, Ordinationsfrequenzen), personelle Entwicklung des Lehrkörpers, Tendenzen der Lehrbildung sowie konfessionelle und institutionelle Entwicklungen. Eine Binnenzäsur ist zudem um die Jahre 1603 bis 1605 anzusetzen, da in jenen Jahren die Fakultät personell grundlegend neukonstituiert wurde und die jüngere Theologengeneration um Wolfgang Franz, Balduin und Balthasar Meisner sowie Nicolaus Hunnius sich von der älteren signifikant unterscheidet.52 47 Diese Skizze der Grundlinien der Fakultätsgeschichte basiert auf einer eigenen, rund 180 Seiten umfassenden ausführlichen Darstellung der Geschichte der Theologischen Fakultät der Leucorea (1591/92–1648), die im Rahmen der Arbeiten zur vorliegenden Dissertation entstanden ist. Vgl. den ersten Abschnitt des dritten Kapitels, Anmerkung 1. 48  Punktuell wird dabei auf die große kursächsische Kirchenordnung von 1580 zurückzugehen sein, die auch das Schul- und Universitätswesen auf eine neue rechtliche Grundlage stellte. Vgl. für eine eingehende Untersuchung der Kirchenordnung von 1580 die luzide Darstellung bei Ludwig: Philippismus und orthodoxes Luthertum, 2009. 49  Ende der 1620er Jahre gehen die Immatrikulations-, Promotions- und Ordinationsfrequenzen der Leucorea drastisch zurück. Vgl. dazu die Hinweise bei Asche: Der Dreißigjährige Krieg und die Universitäten, in: Kossert (Hrsg.): Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, 2011, 147–182, sowie den ersten Abschnitt des dritten Kapitels vorliegender Arbeit. 50 Vgl. für die Quellen zu den theologischen Auseinandersetzungen nach dem Tod Luthers (1546) und darauf Melanchthons (1560) sowie im Vorfeld des Konkordienwerks zum sogenannten „Kryptocalvinismus“ Dingel (Hrsg.): Reaktionen auf das Augsburger Interim, 2010; dies. (Hrsg.): Antitrinitarische Streitigkeiten, 2013 sowie dies. (Hrsg.): Debatte um Wittenberger Abendmahlslehre und Christologie, 2008. Nunmehr brachen um das Konkordienwerk selbst Diskussionen aus. Vgl. dazu wiederum Dingel: Concordia controversa, 1996. 51  Vgl. dazu Weber: Einfluss, 1908; Appold: Calov’s Doctrine of Vocatio, 1998, 16–35. 52 Von der älteren Theologengeneration um Hunnius, Gesner und Runge sowie Mylius, der Hunnius 1603 ersetzt hat, bleibt alleine Hutter bis zu seinem Ableben 1616 im Amt. Auf den Umstand, dass die nunmehr an der Fakultät lehrende jüngere Generation sich deutlich von der älteren unterscheide, hat bereits Tholuck aufmerksam gemacht. Vgl. Tholuck: Lebenszeugen. Hinweise auf die Bedeutung der ersten Wittenberger Theologengeneration des 17. Jahrhunderts finden sich auch bei Stegmann: Gerhardt und die Universität Wittenberg, in: Wendebourg (Hrsg.): Paul Gerhardt, 2008, 15–66.



5.  Konzeptionelle Begründung vorliegender Arbeit13

Leben und Werk Friedrich Balduins können sodann nur sachgemäß beschrieben werden, indem die zur Geschichte von Stadt und Universität Wittenberg – in diesem Spannungsfeld bewegte er sich aufgrund seiner zwischen beiden Polen angesiedelten Ämter – vorliegenden seriellen und nicht-seriellen Quellenbestände in Hinsicht auf sein Leben und Wirken ausgewertet werden. Bei den zu untersuchenden Quellen handelt es sich im Einzelnen um Matrikel, Dekanatsbücher der Philosophischen und Theologischen Fakultät, Leichenpredigten, Ordiniertenbücher, Stipendiatenlisten, Rechnungsbücher und Gutachten sowie Briefe.53 Auf Grundlage der teils erstmals vorgenommenen systematischen Auswertung dieser Quellen wird die Biographie Balduins so genau wie möglich rekonstruiert, indem einerseits sämtliche in Quellen belegten Stationen seines Lebens, andererseits die Bereiche seiner konkreten kirchlichen, kirchenleitenden und akademischen Berufstätigkeit in den Blick genommen werden. Die Biographie, die im zweiten Abschnitt des dritten Kapitels beschrieben wird, ist an den Parametern räumlich-geographischer und sozial-familiärer Herkunft, Ausbildung und Ausbildungsförderung (hierzu gehört auch der Graderwerb), beruflicher Wirkungsorte und Tätigkeitsfelder, häuslichen Lebens sowie Tod und Begräbnis, sodann Selbst- und Fremdwahrnehmung – wie sie einerseits anhand der Werke, andererseits anhand der Briefe erkennbar wird – und schließlich der Mitgliedschaft in gelehrten Netzwerken orientiert.54 Für die Biographie Balduins konnten für jede der hier genannten biographischen Stationen zudem auf erste Ergebnisse der prosopographisch-kollektivbiographischen Studie zu den graduierten Absolventen von der Gründung der Universität (1502) bis zum Endes des Dreißigjährigen Krieges (1648) zurückgegriffen werden, die im Rahmen eines größeren Forschungsprojektes erstellt wird.55 Anhand erster Ergebnisse aus diesem Forschungsprojekt wird die Individualbiographie Balduins (der am 28. Juni 1605 in Wittenberg zum Lizentiaten der Theologie promoviert wurde und am 23. Juli die Würden des Doktors der Theologie verliehen bekam, also der untersuchten Gruppe von insgesamt 76 graduierten Absolventen (von 1580 bis 1648)56 der Theologischen Fakultät der Leucorea angehört) im Rahmen der prosopographisch-kollektivbiographischen Studie gewürdigt, um die Propria der Biographie Balduins einschätzen zu können. Sodann wird im zweiten Abschnitt des dritten Kapitels die Würdigung der kirchlichen, kirchenleitenden und nicht zuletzt akademischen Wirksamkeit Balduins unternommen.

53 Vgl. Bohnert/Asche: Forschungsstand und Überlieferungssituation sowie die Ergänzungen im zweiten Kapitel dieser Arbeit. 54  Zur Bedeutung dieser gelehrten Netzwerke seit der Reformation zusammenfassend Wriedt: Christliche Netzwerke [Elektronische Ressource], 2011; zu Meisners Briefwechsel, in dem sich auch einige Briefe von Friedrich Balduin befinden, Krüger (Hrsg.): Katalog der Handschriften, Bd. 8: Supellex epistolica Uffenbachii et Wolfiorum, 1978. 55 „Theologiae Alumni Vitebergense. Die graduierten Absolventen der Wittenberger Theologischen Fakultät und deren Beitrag zur Distribution und Diffusion der Wittenberger Theologie (1502–1648)“. 56 Diese Gruppe wurde anhand des Dekanatsbuches der Theologischen Fakultät, der Aufzeichnungen des Fiskus der Theologischen Fakultät sowie der entsprechenden Disputationsdrucke pro gradu ermittelt. Vgl. Förstemann (Hrsg.): Liber Decanorum. Für die Disputationsdrucke Kramm: Wittenberg und das Auslandsdeutschtum, 1941.

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Kapitel I: Friedrich Balduin (1575–1627) und Wittenberg

Als Wirkungsfelder konnten Ordinationstätigkeit, Lehrtätigkeit, Gutachtertätigkeit, Visitationstätigkeit und Predigttätigkeit ausgemacht werden. Weil sich anhand der Ordinationstätigkeit die quantitative Wirksamkeit und inner- sowie transterritoriale Ausstrahlung gut nachzeichnen lässt, erfolgt als Detailstudie auf Grundlage der prosopographisch-kollektivbiographischen Methode die erstmalige Auswertung von Band VI des Wittenberger Ordiniertenbuchs (1605 bis 1627).57 Dieser Band dokumentiert die Einträge von mehr als 800 Ordinanden in der Zeit, als Balduin für die Examination und Ordination der angehenden Kirchendiener zuständig war.58 Auf Grundlage der prosopographisch-kollektivbiographischen Methode wurden die Lebensläufe der als Schüler Balduins verifizierbaren Studenten – solche, bei deren Disputationen Balduin als Präses oder gar als Promotor fungierte, mithin eine enge akademische Zusammenarbeit nachweisbar ist  – vergleichend untersucht. Hier werden Balduins Tätigkeiten als Professor an der Theologischen Fakultät der Leucorea sowie als Mitglied des Collegium Theologicum und die von ihm ausgehenden Prozesse der Wissensdistribution und -diffusion zunächst in ihren quantitativen Dimensionen nachgezeichnet und abgebildet. Ganz grundlegend werden dabei räumlich-geographische Einzugsund Entsendungsgebiete sichtbar gemacht. In qualitativer Hinsicht und mehr punktuell wird Balduins Tätigkeit als Fakultätsgutachter, als Ephorus der Stipendiaten der Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach, als Assessor des Wittenberger Konsistoriums sowie als Visitator des Kurkreises und als Teilnehmer der landesherrlich einberufenen Theologenkonvente der 1620er Jahre in Dresden und Leipzig untersucht. Für den theologiegeschichtlichen Teil der Arbeit wurden sämtliche Werke Balduins erfasst, bibliographiert und gattungsspezifisch geordnet.59 Eine Titelblattanalyse diente zunächst der Ordnung der Werke Balduins nach Gattungen (Predigt, Disputation, Kommentar und Studienanweisung), Themen (Bücher des Alten und Neuen Testaments) und Modi der Behandlung der Themen (nach loci communes oder loci scripturae), was nicht gleichbedeutend mit der Methode der Auslegung ist.60 Nach der gattungsspezifischen und thematischen Einordnung des Werkes wurden die Schwerpunkte der Themen sowie die theologische Methode durch Analysen der Vorreden und Einleitungen zu den Werken eruiert.61 Es ging dabei heuristisch darum, die Texte 57 Bei der prosopographisch-kollektivbiographischen Methode wird eine überschaubare Personengruppe, die über ein gemeinsames, ebendiese Personengruppe konstituierendes Merkmal verfügt (hier: Examen und Ordination), vergleichend untersucht. StKA Wittenberg, WOB VI (1605–1627): Ordinandi in hac Ecclesia haec sua manu huic libro inscribant. 58 Dazu muss zweierlei bemerkt werden: Erstens setzt der sechste Band des Wittenberger Ordiniertenbuchs (1605–1627) regelmäßig erst im Jahr 1607 ein und verzeichnet nur punktuell Ordinationen in den Jahren 1605 und 1606. Der fünfte Band (1590–1606) verzeichnet regelmäßig Ordinationen bis einschließlich zum Jahr 1606. Bei der Auswertung wurden daher auch die Einträge der Jahre 1605 und 1606 in Band V berücksichtigt. Zweitens ist nicht klar, ob sich sämtliche in Wittenberg für ein kirchliches Amt ordinierte Kandidaten in das Ordiniertenbuch eingetragen haben. Eine konsistoriale Gegenüberlieferung fehlt. 59  Vgl. für die Bibliographie der Werke Balduins Anhang 1. 60  In den vorliegenden Disputationen wurden zumeist dogmatische Themen (loci communes) behandelt, doch konnten auch einzelne Schriftstellen (loci scripturae) ausgewählt werden. 61 Vgl. zur Vorgehensweise die noch heute wichtige Pionierstudie Preus: Theology of PostReformation Lutheranism, insbesondere 15–25. Der Verfasser konzentrierte sich vornehmlich auf dogmatische Prolegomena.



5.  Konzeptionelle Begründung vorliegender Arbeit15

so zu lesen, wie sie gelesen werden wollten, mithin nach Lektüre- und Rezeptionsanweisungen zu suchen, die die Texte selbst enthalten, um nicht den Text über den Kontext, nicht den Kontext über den Text zu stellen, sondern die Intentionalität des Textes wahrzunehmen.62 Auf diese Weise wurde erkennbar, dass die Werke in der Regel aus der berufspraktischen Tätigkeit als Professor der Theologischen Fakultät der Leucorea, Oberpfarrer der Stadtkirche und Generalsuperintendent des Kurkreises sowie Assessor des Konsistoriums hervorgegangen sind. Die Schwerpunkte seines umfangreichen Werkes liegen auf der rechten (i. e. schriftgemäßen) Hermeneutik, Exegese und Homiletik sowie deren sachgemäßen Vermittlung in Schule, Universität und Kirche. In diesem Interesse ist Balduin auch als Kommentator des gesamten Corpus Paulinum tätig gewesen (sieben Auflagen der posthum erschienenen Gesamtausgabe sind bisher nachgewiesen).63 Balduin bearbeitet diese Schwerpunkte vor dem Hintergrund seines Theologiebegriffs, den er nicht zuletzt in kontroverstheologischer Abgrenzung formuliert. Seine theologische Methode besteht darin, dass er die Disposition (An-Ordnung) des auszulegenden Textes in den Mittelpunkt seiner Exegese rückt und eine solche mit der Anwendung der Exegese in eins setzt.64 Balduin hat keine systematische Darstellung seiner Theologie abgefasst, an der sich diese Arbeit orientieren könnte. Daher wurden im Rahmen des Abschnitts zu den Grundlinien der Theologie Theologiebegriff, theologische Hermeneutik und Methode rekonstruiert. Erst in den folgenden Abschnitten zu beiden didaktischen, an angehende Prediger und Theologen gerichteten 62  Skinner: Meaning and Understanding, in: History and Theory 8/1 (1969), 3–53. Die Analyse des theologischen Werkes erfolgt gemäß einiger theoretischer Einsichten, die Quentin Skinner für die Ideengeschichte formuliert hat. Skinner geht davon aus, dass die beiden klassischen Modelle zur Interpretation eines Textes an den ihnen wesentlichen Prämissen scheitern. Während das eine auf die Annahme aufgebaut ist, dass sich der Sinn des Textes nur aus dem Text selbst erschließt, ist das andere Modell auf die Annahme gegründet, dass dieser sich nur durch die Rekonstruktion des Kontextes erschließt. Diese Modelle stehen sich in problematischer Weise gegenüber, denn während das erste Modell dem Text bewusst oder unbewusst ein System und mithin Kohärenz unterstellt, die unhistorisch ist, läuft das zweite Modell Gefahr, den Text zu verzeichnen, indem es historische Kontexte heranträgt, die dem Text nicht gerecht werden. Die beiden zugrundeliegenden Prämissen scheitern bei der Interpretation eines Textes folglich deswegen, weil sie den Text in seiner Intentionalität nicht zu Wort kommen lassen. Insofern fordert Skinner dazu auf, den Text zunächst auf solche Weise zu untersuchen, wie er selbst wahrgenommen werden wollte  – “seeing things their way”  – so lautet das Postulat. Mithin geht es bei der Interpretation des Textes zum einen darum, die Lektüre- oder Rezeptionsanweisungen, die der Text selbst an die Hand gibt wahrzunehmen  – im Rahmen von Widmungen und Vorreden beispielsweise; zum anderen geht es darum, den Text nicht mit Gedanken und Denkmodellen in Verbindung zu bringen, die dem Verfasser selbst gar nicht verfügbar waren. 63  Vereinfacht gesagt ist zu sehen, dass die thematischen Schwerpunkte auf den prophetischen und apostolischen Schriften des Alten und Neuen Testaments sowie den Psalmen liegen, aber sich keineswegs darin erschöpfen. Vgl. zu den Pauluskommentarwerken Mahlmann: Art.: Balduin, Friedrich, in: RGG4 1 (1998), 1069. Diese erschienen zunächst in Form von Einzeldrucken, sodann als voluminöse, von Johannes Olearius, einem Absolventen der Wittenberger Theologischen Fakultät, besorgte Gesamtausgabe. Vgl. Balduin: Commentarius In Omnes Epistolas Beati Apostoli Pauli, 1655. Das VD 17 verzeichnet darüber hinaus die Ausgaben Frankfurt am Main 1664 und 1691. 64  Darauf hat Janis Kreslins am Rande hingewiesen: Kreslins: Dominus narrabit in scriptura, 34–35 und 99–100. Der praktischen Umsetzung der theologischen Methode in Schriftauslegung und -anwendung ist daher differenziert in Hinsicht auf einzelne Bücher des Alten und Neuen Testaments sowie spezifisch in Hinsicht auf unterschiedliche Dikta nachzuspüren.

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Kapitel I: Friedrich Balduin (1575–1627) und Wittenberg

Werken – Brevis Institutio Ministrorum Verbi (1621)65 und Idea Dispositionum Biblicarum (1622)66  – erfolgte die Konkretisierung und Differenzierung der begrifflichen, hermeneutischen und methodischen Einsichten. Während im Rahmen der Untersuchung der Brevis Institutio Rückbindung an die Amtstheologie, Theologiestudium und Zweck des Theologen besondere Akzentuierungen erfahren, bilden exegetische Lehren sowie Formen und Beispiele biblischer (auch alttestamentlicher typologischer) Exegese Untersuchungsschwerpunkte der Idea Dispositionum Biblicarum. Im letzten Abschnitt zu De Casibus Conscientiae wird der Frage nachgespürt, warum Balduin vor dem Hintergrund der stetigen Betonung der eigenständigen Auslegung der Schrift gleichwohl ein kasuistisches Regelwerk entworfen hat, das posthum veröffentlicht wurde. In der Verbindung von Sozial- und Theologiegeschichte wird die quantitative und qualitative Bedeutung Balduins als Vermittler der Wittenberger Theologie, seine überregionale und überterritoriale Ausstrahlung und Prägekraft mithin, sichtbar gemacht und so auch anhand weiterer Quellen in Form von Aussagen ehemaliger Studenten verifiziert. Ob und inwieweit diese die „Wittenberger Theologie“ weitervermittelt und gegebenenfalls den an den jeweiligen Wirkungsorten vorgefundenen Umständen angepasst haben, müssen der vorliegenden Studie folgende Forschungen klären.

6.  Theologiegeschichtliche Zielsetzungen Die Theologie des orthodoxen Luthertums wird von der Forschung wesentlich als biblische Theologie beschrieben. Das inkludiert die Forderung, dass alle Lehraussagen des Glaubens einen Grund in den Büchern der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments haben – vor allem aber in den prophetischen und apostolischen Büchern.67 An zweiter Stelle stehen die Bekenntnisschriften des orthodoxen Luthertums, welche den Grundgehalt in der Schrift aufgefundener Lehraussagen bündeln. Die als Prüfstein des Auslegungsgehaltes fungierende Glaubensnorm (analogia fidei) ist zu konsultieren, wenn einmal eine Perikope sich dem ersten einfachen Verstehenszugriff entzieht.68 Die Glaubensnorm bestimmt die Auslegung der Schrift auch in Beziehung auf dunkle Stellen, die nicht anders gelöst werden können als durch sie selbst.69 Aus diesem Blickwinkel artikuliert sich die bekenntnisbezogene Auslegungshermeneutik 65  Balduin: Brevis Institutio, 1621. Weitere Auflagen folgten unmittelbar darauf in den Jahren 1622 und 1623. 66  Ders.: Idea Dispositionum Biblicarum, 1622. Eine weitere Auflage erschien 1623. Johannes Olearius besorgte zudem 1666 eine weitere Ausgabe. 67 Exemplarisch Steiger: Philologia sacra, 2011. 68 Zur orthodoxen Lehre von der Glaubensnorm (analogia fidei) finden sich auch im Œuvre Balduins zahlreiche einschlägige Bemerkungen. Vgl. etwa Balduin: Hypomnēmata Homiliarum In Evangelia Dominicalia Et Praecipuorum Festorum, 1612, 112 sowie 153 ff. und 260 der vorliegenden Arbeit. 69  Das wichtigste Werk zur lutherischen Schrifthermeneutik im 16. Jahrhundert stammt von Matthias Flacius Illyricus. Vgl. Flacius: Clavis Scripturae Sacrae, 1567. Zur Schrifthermeneutik in der lutherischen Orthodoxie und Friedrich Balduins Beitrag vgl. auch den ersten Abschnitt des fünften Kapitels der vorliegenden Arbeit.



6.  Theologiegeschichtliche Zielsetzungen17

der lutherischen Orthodoxie, obschon die Postulate absoluter Präponderanz und Suffizienz der Schrift eine gewisse „Freiheit“ in der Auslegung suggerieren mögen. Die Verpflichtung auf die Bekenntnisschriften in Form des Eides seit 1591/9270 macht diese verbindlich und stärkt ihre Rezeption und Apologie an der Universität noch zusätzlich.71 Hierin ist die konservative Prägung der Wittenberger Reformation fortgeführt. Theologische Innovation war in der Theologie der lutherischen Orthodoxie nicht möglich, ging es doch gerade darum, der alten apostolischen Lehre wieder zu gebührendem Recht zu verhelfen.72 Zwar mögen Bekenntnisbindung und daraus resultierende Glaubensnorm materialtheologisch die Prozesse der Lehrbildung entscheidend bestimmt haben. Formaltheologisch gilt das jedoch nur bedingt. In der Art und Weise des Theologietreibens, i. e. in Hinsicht auf die theologische Methode, ist eine gewisse „Freiheit“ zu erkennen: Diverso stilo methodoque, non diversa fide, schrieb Balduin selbst in Anlehnung an Augustinus.73 So ist für Balduin auch Homiletik nichts anderes als methodisch angeleitete Exegese, wobei diese alle theologischen Teildisziplinen zu durchdringen hat. Die theologische Methode ist für ihn der Schlüssel der Schrift, den diese selbst in sich trägt.74 Balduin hat in seinem Werk nicht nur eine prägende Fassung der Lehre von der unio mystica hinterlassen, sondern auch maßgeblich zur Fortbildung der lutherischen Schrifthermeneutik und Melanchthons theologischer Methodik sowie deren Vermittlung beigetragen. Wo der Wittenberger Theologe Exegese und Homiletik pointiert in eins setzt, der Dogmatik vorordnet und die Schriftgebundenheit aller theologischen Arbeit betont, hat er – trotz aller dogmatischer Gebundenheit – stets die selbständige Auseinandersetzung des Theologen mit der vom Bekenntnis her verstandenen Schrift 70  Vgl. für die archivalische Überlieferung 10088, Oberkonsistorium, Loc. 2007/2: Religionseide 1595–1609 sowie Loc. 2010/8: Religionseide 1626 ff. Zum Religionseid als Bestandteil der ständischen Gesellschaft Blickle (Hrsg.): Der Fluch und der Eid, 1993. 71  Zahlreiche Disputationen über die Bekenntnisschriften – Confessio Augustana, Schmalkaldische Artikel, Konkordienformel sowie Meißnische Visitationsartikel – im letzten Drittel des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts legen davon Rechenschaft ab. 72 Zur konservativen Ausrichtung des Reformvorhabens der Reformatoren Luther und Melanchthon vgl. die Studien von Markus Wriedt, z. B.  Wriedt: Innovation und Beharren, in: Zager (Hrsg.): Luther und die Freiheit, 2010, 59–80. 73  Vgl. die Widmungsvorrede in Balduin: Hypomnēmata Homiliarum In Epistolas Dominicales Et Praecipuorum Festorum, 1612, 7r–v: „Quod studium in se pium et laudabile quia magno cum Ecclesiae fructu coniunctum est, à verè doctis, piis et sinceris Christianis nunquam improbatum fuit: et qui gloriam Dei et Ecclesiae utilitatem non dicis caussa, sed ex animi sententia quaerunt, exoptarunt semper, ut plures à pluribus, etiam de iidem textibus explicationes ederentur, diverso stilo methodoque, non diversa fide, ut ad plurimos res ipsa perveniret, idque monitu D. Augustini lib. I. de Trinit […].“ Das Originalzitat bei Augustinus lautet: „Licet multi doctissimi et probatissimi viri, diverso quidem stilo, sed non diversa fide, innumerabilia opuscula ediderint, ita ut difficile sit eorum omnia documenta legere.“ Seine Provenienz konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Möglicherweise handelt es sich also um eine proverbial gewordene Sentenz, die Augustinus zugeschrieben wurde. Signifikant ist, dass Balduin hieraus den Begriff methodus ableitet, der sich bei Augustinus selbst nicht findet. 74  Tatsächlich wurde Balduin auch so wahrgenommen. Vgl. die Vorrede von Andreas Reichard in seiner deutschen Übersetzung von Balduins Hypomnēmata Homiliarum: Reichard (Übers.): Hypomnemata Homiliarum, 1622. Die Ausgabe sei „mit Consens vnnd guter einwilligung“ Balduins besorgt worden. Es gibt aber Hinweise darauf, dass dieser mit dem Endergebnis weniger zufrieden gewesen ist.

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Kapitel I: Friedrich Balduin (1575–1627) und Wittenberg

im Blick. Die oben genannte, noch zu erarbeitende Differenzkriteriologie75 hätte hier anzusetzen. Die Schwierigkeit im Falle Balduins, der nicht wie sein Wittenberger Nachfolger Abraham Calov mit seiner Systema Locorum Theologicorum76 ein umfassendes systematisches Hauptwerk publiziert hat, dem in der Darstellung gefolgt werden könnte, besteht darin, einen geeigneten Ausgangspunkt zu finden, an dem sich das theologische Werk explizieren lässt.77 Sein theologisches Werk ist nicht von einem ausgeprägten systematischen Interesse bestimmt gewesen. Im Falle Balduins ist ein möglicher Ausgangspunkt, der sowohl sein theologisches Selbstverständnis spiegelt als auch mit den theologischen Positionen kongruiert, in der Amtstheologie gegeben. Von hier aus lassen sich die Kernstücke des Werkes sinnvoll rekonstruieren  – Theologiebegriff (der das Theologenideal miteinschließt), Hermeneutik, exegetische Methodik, Homiletik und Applikation. In der Amtstheologie bilden Vokation und Ordination die zentralen Bausteine. Die mit der Einsetzung ins kirchliche Amt dem Theologen und Prediger zuteilwerdenden Aufgaben wie sie in den Paulinischen Briefen (vor allem den Timotheus-Briefen) formuliert und in lutherisch-orthodoxem Sinne exegetisiert worden sind, entsprechen den Schwerpunkten der Balduin’schen Theologie. Zuletzt sind die Propria der Theologie Balduins innerhalb der theologischen Konzeptionen der lutherischen Orthodoxie allgemein und insbesondere der Theologischen Fakultät der Leucorea darzustellen. Anknüpfend an neuere Forschungen zur lutherischen Orthodoxie kann exemplarisch gezeigt werden, dass die Theologen zwischen Konkordienbuch (1580) und Ende des Dreißigjährigen Krieges (1648) wichtige Beiträge im Kontext der Professionalisierung der Theologie und der theologischen Ausbildung geleistet haben. Neben der ontologischen Fundierung in der Dogmenbildung (Sparn) waren sie nämlich auch für die Differenzierung theologischer Methodik mit bis in die Aufklärung reichenden Folgen prägend, welche auch im Kontext der Säkularisierungsdebatte78 zu diskutieren wären. Die im Rahmen des Arbeitsprogramms vorgestellten Kapitel orientieren sich an folgenden Leitfragen:

75 Nur so ließe sich der individuelle Beitrag Balduins zur Theologie der lutherischen Orthodoxie und im Rahmen der späthumanistischen Gelehrsamkeit, die stets an die staatlichen Formen und Institutionen gebunden geblieben ist, angemessen würdigen. Um ein Beispiel eines solchen Differenzkriteriums zu nennen, ist etwa auf die Sakramententheologie in der lutherischen Orthodoxie und im Besonderen auf die Stellung zur Frage nach der Zulassung von Enthaltsamen zum Abendmahl hinzuweisen. Einige orthodoxe Theologen konzedierten, dass in diesem Falle das Abendmahl unter einer Gestalt gereicht werden könne, andere, dass man Wasser – mit ein klein wenig Wein versehen – reichen könne, was Balduin beides abweist. Vgl. Balduin: Brevis Institutio, 232 ff. und ders.: Notis Necessariis, 231. 76  Calov: Systema Locorum Theologicorum, 12 Bde., 1655–1677; vgl. dazu Appold: Vocatio. 77  Die analytische Methode, die aufgrund der Rezeption der aristotelischen Metaphysik durch Zabarella Eingang in die lutherisch-orthodoxe Theologie gefunden hat, ist von Balduin zwar rezipiert worden, hat aber seine Theologie nicht wesentlich bestimmt. Vgl. dazu Weber: Analytische Methode, 1907. 78  Pars pro toto sei verwiesen auf Taylor: A Secular Age, 2007 sowie Joas: Glaube als Option, 2012.



6.  Theologiegeschichtliche Zielsetzungen19

–– Welcher Gestalt ist die Theologische Fakultät der Leucorea im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert, von der Balduin geprägt ist und die er mitprägt? –– Welche Prägungen hat Balduin durch räumlich-geographische und sozial-familiäre Herkunft sowie Ausbildung in Schule und Universität erfahren? –– Auf welche Weise wirkt Balduin als gelehrter Theologe an der Leucorea, auf welche Weise trägt er zur Distribution und Diffusion der „Wittenberger Theologie“ bei? –– Welches sind die Propria (Eigentümlichkeiten) des theologischen Werks Balduins und wie ist er innerhalb des Labels „lutherische Orthodoxie“ zu verorten? Mit Balduin wird ein gelehrter lutherisch-orthodoxer Theologe vorgestellt, der stets darauf bedacht war, den Nutzen von Theologie in ihrer praktischen Anwendung zu betonen. Sodann wird ein Kirchenmann porträtiert, welcher der Gemeinde den Wert gelehrter Theologie verständlich zu machen versucht hat. Weiterhin wird ein Kirchenleitender untersucht, der vom Evangelium aus nicht vor Obrigkeitskritik zurückschreckt. Schließlich wird ein theologischer Schriftsteller in den Blick genommen, dessen breit gefächertes Œuvre sich über die Auslegung der Bücher des Alten und Neuen Testaments erstreckt, schwerpunktmäßig nun aber an der Vermittlung – der Distribution und Diffusion – akademisch gelehrter Theologie vertikal wie horizontal gewirkt hat. An Balduin lässt sich exemplarisch zeigen, dass das überkommene Bild, welches die Forschung von der lutherischen Orthodoxie gezeichnet und tradiert hat, dringend revisionsbedürftig ist. Auf diesem Feld wird noch einige Forschungsarbeit zu leisten sein.

Kapitel II

Zum gegenwärtigen Stand der Orthodoxie-Forschung 1.  Allgemeine Tendenzen In der kirchen- und theologiegeschichtlichen Forschung besteht bis heute kein Konsens hinsichtlich der Bestimmung des terminus a quo und des terminus ad quem der Epoche der lutherischen Orthodoxie.1 Auch die Periodisierung innerhalb der Epoche in Früh-, Hoch- und Spätorthodoxie, die auf Franz Lau zurückgeht und von Markus Matthias teilweise korrigiert wurde, ist umstritten und wird in der Forschung unterschiedlich bewertet. Während Lau, Matthias und die sich auf sie berufende Forschung das Jahr des Augsburger Religionsfriedens (1555) und damit die reichsrechtliche Legitimierung der Anhänger des Augsburgischen Bekenntnisses als Beginn der (Früh)Orthodoxie ansehen, nehmen Mehlhausen, Wallmann und die sich auf diese berufende Forschung an, dass erst die Publikation des Konkordienbuchs (1580) den Beginn der Orthodoxie markiere. Dabei ist es freilich entscheidend, auf welche Weise lutherische Orthodoxie definiert wird. Wenn unter diesem Begriff bereits das Ringen um die reine Lehre verstanden wird, so ist die Frühdatierung nachvollziehbar. Wenn unter dem Begriff der Orthodoxie allerdings die beständige Referenz auf einen einmal fixierten Lehrbegriff verstanden wird, kann erst mit der Publikation des Konkordienbuchs (1580) der Beginn der Orthodoxie datiert werden. Wallmanns Hinweis, dass das Konkordienbuch nicht überschätzt werden dürfe, ist zuzustimmen. Dennoch wird in der vorliegenden Arbeit der Beginn der (Früh)Orthodoxie mit dem Jahr 1580 angesetzt, ging es doch nicht mehr um das Finden einer neuerlichen Formel des Kompromisses, sondern um die Apologie des bereits Gefundenen. Nicht umsonst entsteht eine eigene Literatur, die das Konkordienwerk verteidigt. So ist auch schon überlegt worden, ob es nicht angemessener sei, von vorkonkordistischer und sodann nachkonkordistischer Theologie zu sprechen.2 Diese Terminologie insinuierte allerdings in der Tat eine Überbewertung des Konkordienwerkes. Im Folgenden wird daher weiterhin der Begriff „lutherische Orthodoxie“ verwendet, nicht als Reminiszenz an die inzwischen widerlegte Unterscheidung zwischen Alt- und Neuprotestantismus von Ernst Troeltsch, sondern als wissenschaftlicher Begriff zur Beschreibung der streng lutherisch geprägten unter den Konfessionskulturen. Das Ende 1  Lau: Art.: Altprotestantische Orthodoxie, in: RGG3 4, 1986, 1719; Matthias: Art.: Orthodoxie. I. Lutherische Orthodoxie, 464–485; Bauer/Sparn: Art.: Lutherische Orthodoxie, in: Evangelisches Kirchenlexikon, 954–959; Mehlhausen: Kirchengeschichte. Zweiter Teil, in: Strecker (Hrsg.): Theologie, 1983, 249–252; Mahlmann: Art.: Orthodoxie, orthodox: II, in: Ritter (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 6, 1984, 1382–1685; Nüssel: Allein aus Glauben, 2000, 11, Anm. 1; Klueting: Reformatio vitae, 2003, 4. 2  Nüssel: Allein aus Glauben, 11–19.



1.  Allgemeine Tendenzen21

der Epoche der Orthodoxie ist nicht präzise datierbar, sondern hat sich als sukzessive Überlagerung durch die Orthodoxie unterlaufende oder ihr offen widerstreitende Transformationsformen in der Zeit des Pietismus und der beginnenden Aufklärung im frühen 18. Jahrhundert vollzogen. Ein wichtiger Markstein war ohne Zweifel die Gründung der Universität Halle (1697). Die kirchen- und theologiegeschichtliche Forschung zur Epoche der lutherischen Orthodoxie bewegt sich seit mehreren Jahrzehnten auf der theoretischen Grundlage des von Reinhard und Schilling entwickelten „Konfessionalisierungsparadigmas“.3 Die Anwendung des äußerst anschlussfähigen Konzepts hatte zwei Studien zur Folge, die  – jeweils unterschiedlich akzentuiert  – den Nachweis erbracht haben, dass theologisch gebildete Pfarrer und Universitätstheologen einen entscheidenden Beitrag im Rahmen der territorialstaatlichen Konfessionalisierung  – exemplarisch in den Herzogtümern Braunschweig-Wolfenbüttel und Mecklenburg  – geleistet haben.4 Im Kontext dieser Studien hat sich die Forschung erneut der Frage nach der zunehmenden Professionalisierung des theologischen Studiums am Beispiel von Studienanweisungen (auch und insbesondere denjenigen Wittenberger Provenienz) zugewandt, auf sozialgeschichtliche Untersuchungen aber verzichtet.5 Für die Universität Wittenberg  – zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine der bedeutendsten Universitäten des Heiligen Römischen Reichs – liegen bisher kaum sozialgeschichtliche Untersuchungen vor.6 Hinzu kommt, dass, da es sich bei den Studienanweisungen um normative Quellen handelt, auf dieser Grundlage nur wenig über den tatsächlichen Verlauf des akademischen Studiums ausgesagt werden kann und die Ergebnisse dieser Arbeiten somit einen vorläufigen Charakter haben.7 Daneben wird nach wie vor auf widerständige, bisweilen gar der obrigkeitlich insinuierten Konfessionalisierung unmittelbar zuwiderlaufende Tendenzen hingewiesen, die das von Luise Schorn-Schütte konstatierte „Sonderbewusstsein“ der akademisch gebildeten

3 Ausschlaggebend dürfte der aus einem Symposion des Vereins für Reformationsgeschichte von 1988 hervorgegangene Tagungsband und darin insbesondere der einführende Aufsatz von Hans Christoph Rublack sowie dessen Aufsatz zur lutherischen Predigt gewesen sein. Vgl. Rublack: Lutherische Predigt und soziale Wirklichkeit, in: ders. (Hrsg.): Die lutherische Konfessionalisierung in Deutschland, 1992, 344–395. Vgl. zuletzt zum Stand der Konfessionalisierungsdebatte Ehrenpreis/ Lotz-Heumann (Hrsg.): Reformation und Konfessionalisierung, 2002. 4  Schorn-Schütte: Evangelische Geistlichkeit in der Frühneuzeit, 1996, sowie Kaufmann: Universität und lutherische Konfessionalisierung, 1997. 5  Nieden: Erfindung, 2006; Stegmann: Johann Friedrich König, 2006, sowie König: Theologia positiva acroamatica, hrsg. von Stegmann, 2006. Die Frage nach der Professionalisierung der theologischen Ausbildung ist schon vor dem Hintergrund philosophischer und systematisch-theologischer Forschungen gestellt worden. 6  Die maßgeblichen personengeschichtlichen Nachschlagewerke zu den in Stadt und Universität tätigen Theologen sind bereits über 200 Jahre alt. Vgl. Erdmann: Biographie sämmtlicher Pastoren und Prediger, 1801; ders.: Biographie sämmtlicher Pröpste an der Schloß- und Universitätskirche, 1802; ders.: Lebensbeschreibungen und litterarische Nachrichten, 1804; ders.: Supplemente zur Biographie der Wittenbergischen Diaconen, 1808. 7  Dringend bedürfen sie der sozialgeschichtlichen Folie. Vgl. die Kritik bei Anja Kürbis: Rez. zu: Nieden, Marcel: Die Erfindung des Theologen. Wittenberger Anweisungen zum Theologiestudium im Zeitalter von Reformation und Konfessionalisierung, in: H-Soz-Kult, 21. 03. 2007 (www. hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-8499).

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Kapitel II: Zum gegenwärtigen Stand der Orthodoxie-Forschung

Theologen noch unterstreichen.8 Vor diesem Hintergrund mag es kaum verwundern und ist inzwischen hinreichend belegt, dass auch die Theologen der lutherischen Orthodoxie bei aller obrigkeitlichen Reglementierung zu theologisch begründeter Obrigkeitskritik fähig waren. Dies haben die Studien von Andreas Sommer zu Johann Arndt (1555–1621) sowie den lutherischen Hofpredigern und zuletzt Chang Soo Park zu Tilemann Heshusius (1527–1588) eindrucksvoll gezeigt. Diese Obrigkeitskritik wird man – möglicherweise gar mit breiterer Wirkung – ebenso bei den Universitätstheologen finden.9 Hier werden in der Tat theologisch begründete, aber rasch politisch werdende Kommunikationsstrukturen sichtbar, wie sie Luise SchornSchütte neuerdings exemplarisch anhand von Postillen in Wolfenbüttel untersucht hat.10 Die Kritik am „Konfessionalisierungsparadigma“ bündelt sich gegenwärtig in Forschungen, die von einem weit gefassten Raumbegriff ausgehen und von „Konfessionskulturen“ sprechen, deren Angehörige sich partiell den Normierungsprozessen entziehen konnten, indem sie bisweilen prekäre Lebensformen wählten.11 Komplementär wenden sich kirchen- und theologiegeschichtliche Forschungen zur lutherischen Orthodoxie verstärkt dem Verhältnis von Lehre und Leben zu  – rekurrierend auf die vor allem von Johannes Wallmann angestoßenen Debatten um die Abgrenzung von Reformorthodoxie und Pietismus.12 Vor dem Hintergrund der aktuell disparaten Forschungssituation wird das Bedürfnis nach einer Bündelung und konzeptuellen Neuausrichtung der Forschung deutlich. Dabei sollten die Ergebnisse der älteren Forschung nicht per se abschlägig gewertet, sondern kritisch geprüft und erwogen werden. Die Forschung hätte sich verstärkt auf die Binnendifferenzierung der unter dem Epochenschlagwort „lutherische Orthodoxie“ versammelten Theologien zu konzentrieren und eine entsprechende Differenzkriteriologie zu erarbeiten.

8 Zu diesem „Sonderbewusstsein“ Schorn-Schütte: Evangelische Geistlichkeit, 1996. Ein schönes Beispiel für die Eigenständigkeit und das Selbstbewusstsein der Universitätstheologen – vor allem der Wittenberger – nennt Ludwig Schwabe aus dem Bereich der akademischen Gutachtertätigkeit. Vgl. Schwabe: Kursächsische Kirchenpolitik im dreissigjährigen Krieg, in: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde 11 (1890), 282–318. Zu den Grenzen der Konfessionalisierung exemplarisch Pietsch/Stollberg-Rilinger (Hrsg.): Konfessionelle Ambiguität, 2013. 9  Sommer: Gottesfurcht und Fürstenherrschaft, 1988; ders.: Die lutherischen Hofprediger in Dresden, 2006, sowie Park: Luthertum und Obrigkeit im Alten Reich in der Frühen Neuzeit, 2016. 10 Die Ergebnisse wurden bereits publiziert. Vgl. Schorn-Schütte: Gottes Wort und Menschenherrschaft, 2015. Zu diesem Ansatz weiterhin Wolfgang Sommer (Hrsg.): Kommunikationsstrukturen, 2005. 11  Kaufmann: Frühneuzeitliche Konfessionskulturen, 2008; Mulsow: Prekäres Wissen, 2012. Einen instruktiven Überblick über die aktuellen Forschungstendenzen bietet Wriedt: Bildungslandschaften. 12  Wallmann: Pietas contra Pietismus, in: Sträter (Hrsg.): Pietas in der Lutherischen Orthodoxie, 1998, 6–18; Nieden (Hrsg.): Praxis pietatis, 1999, und zuletzt Elkar: Leben und Lehre, 2015.



2.  Forschungen zur Lehrbildung der Orthodoxie23

2.  Forschungen zur Lehrbildung der Orthodoxie Die Konkordienformel von 1577, die dem Konkordienbuch von 1580 beigefügt worden ist, vermochte es nicht, die innerlutherischen Kontroversen zu beenden.13 Nach der neuerlichen Krise des Philippismus in Kursachsen nach 1591/92 bedurfte die Konkordienformel (wie im Übrigen auch das Konkordienbuch) innerhalb von Disputationen und Streitschriften erneuter Verteidigung durch die Professoren der Theologischen Fakultät der Universität Wittenberg. Vor allem Leonhard Hutter ist in zahlreichen Disputationen und einigen umfangreichen Traktaten für Konkordienformel und -buch eingetreten.14 Und selbst innerhalb der soeben neukonstituierten Theologischen Fakultät gab es Probleme, die offenbar im gelehrten Gespräch nicht aufgelöst werden konnten: Der von Samuel Huber initiierte Streit um die Prädestinationslehre, der sich kurz nach den Amtsenthebungen von 1591/92 und der darauf erfolgten Neukonstitution der Theologischen Fakultät der Leucorea entzündete, wurde mit der Entlassung des Berners nicht beendet, aber doch eingedämmt.15 Eine Annäherung an die römisch-katholische Theologie schien nicht möglich angesichts des Erstarkens des Jesuitenordens, dem es durch entsprechende Bildungsreformen gelang  – verwiesen sei auf die Ratio atque institutio studiorum Societatis Iesu (1599) – hochkarätigen theologischen Nachwuchs heranzubilden.16 Das Religionsgespräch in Regensburg 1601 führte eindrücklich vor Augen, dass es aufseiten der lutherischen Theologen unter der Führung des Wittenberger Theologieprofessors Ägidius Hunnius in der Frage nach der Auslegungshermeneutik – es ging um die Frage, ob die Schrift als alleinige Norm bei Glaubensstreitigkeiten herangezogen werden könne – kein Zubewegen auf die römisch-katholischen Theologen geben würde.17 Es besteht allerdings kein Zweifel, dass die aus dem Geist der theologischen Kontroverse sich erneut erhebende Frage nach der Auslegungshermeneutik der Schrift entscheidenden Einfluss auf die Lehrbildung in der Zeit der lutherischen Orthodoxie hatte, indem sie gar die Dogmatik in ihrer Gestalt veränderte (Prolegomena).18 Dies hing mit dem seit den 1590er Jahren zuerst 13  Dingel: Concordia controversa, 1996; Koch: Vom Dissensus zum Konsensus, 1980; vgl. auch Hund: Das Wort ward Fleisch, 2006. 14  Zu den Apologien von Konkordienformel und Konkordienbuch durch Theologen der ersten und zweiten Generation der lutherischen Orthodoxie liegen bisher keine Studien vor. Zu verweisen ist beispielsweise auf die Disputationenreihe über die Artikel der Konkordienformel von Leonhard Hutter. Das von den Zeitgenossen hochgeschätzte Standardwerk – heute weitgehend vergessen – wurde dann aber Hutters monumentale Apologie Concordia concors. Vgl. Hutter: Concordia Concors, 1614. Es folgten zahlreiche Neuauflagen. In der Forschung wird der Rekurs auf die Bekenntnisschriften bisweilen gegen den alleinigen Bezug auf die Schrift (sola scriptura) ausgespielt. Vgl. exemplarisch Preus: Theology of Post-Reformation Lutheranism, 27–43. 15  Adam: Streit um die Prädestination, 1970. 16  Hengst: Jesuiten, 1981. Zur Ratio Studiorum vgl. Kessler: Ratio Studiorum, in: Education 6 (2014), 25–37. 17  Herbst: Das Regensburger Religionsgespräch von 1601, 1928; vgl. auch Dingel: Art.: Religionsgespräche IV, in: TRE 28 (1997), 664. 18  Vgl. insgesamt Wallmann: Theologiebegriff. Ein solches Urteil steht den unzähligen Fehleinschätzungen der älteren Forschung diametral entgegen. Vgl. z. B. Heller: Nikolaus Hunnius, 1843, 6: „Nur müssen wir den Umfang und die Tiefe dessen, was er namentlich in der Exegese sich aneignete, gemäß dem Stande dieser Wissenschaft in jenen Tagen, nicht allzu hoch anschlagen. Fielen doch seine Studien gerade in eine Zeit, in welcher die Theologen schon wieder anfingen, mehr und mehr

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Kapitel II: Zum gegenwärtigen Stand der Orthodoxie-Forschung

in Wittenberg und Helmstedt wiederaufgenommenen Studium der aristotelischen Metaphysik sowie den logischen und methodologischen Schriften des italienischen Philosophen Jacopo Zabarella (1533–1589) zusammen  – eine Entwicklung, der Lutheraner zunächst mit Unbehagen begegneten.19 Die Forschung hat gezeigt, dass es im Zuge dieser Entwicklung zu einer Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie durch die Vertreter der lutherischen Orthodoxie kam, die in der Gestalt von Meisners Philosophia Sobria – die Wortverbindung ist rasch proverbial geworden  – klassisch geworden ist.20 Indes hatten sich in Helmstedt, das neben Wittenberg in Hinblick auf die Theologie das bedeutendste Zentrum der wiederentdeckten aristotelischen Metaphysik war, Widerstand formiert: Als Fürst Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel mit Johannes Caselius (1533–1613) und Cornelius Martini (1568–1621) sich dezidiert auf Melanchthon berufende Vertreter der aristotelischen Metaphysik an die Universität Helmstedt berufen und den Antiaristotelismus des Petrus Ramus (1515–1572) per Edikt verboten hatte, widersprach der vom Ramismus herkommende Helmstedter Theologieprofessor Daniel Hofmann (um 1538–1611), woraufhin jahrelange Debatten um die Möglichkeiten und Grenzen der Vernunft begannen.21 Diese innerlutherischen Streitigkeiten endeten mit dem Tod Hofmanns am 30. November 1611 nicht. Eine Neuauflage erfuhren sie durch die Magdeburger Vernunftkritiker um Wenceslaus Schilling, dem der Wittenberger Theologieprofessor Jacob Martini in seinem Vernunfftspiegel (1618) widersprach, und den sogenannten „Habitualstreit“.22 Weniger erforscht sind demgegenüber die Wittenberger Positionen zu dem sich schwerpunktmäßig in den Gebieten des heutigen Polens formierenden „Antitrinitarismus“. Immerhin liegt inzwischen eine Edition des 1608 herausgegebenen Rakówer Katechismus des Valentin Schmalz (1572–1622) und des Soner-Katechismus vor.23 Ebenfalls nur am Rande Beachtung gefunden haben die Wittenberger Positionen zur mystischen Theologie Valentin Weigels (1533–1588), welche von der Vorstellung eines völligen Verschmelzens von Gott und Mensch ausgeht. In Hinsicht auf die von Friedrich Balduin maßgeblich und schulbildend geformte Lehre von der unio mystica hat Theodor Mahlmann konstatiert, dass die nachreformatorische Theologie gegenüber einer vollständigen Einheit und Verschmelzung in Christo meist zurückhaltend gewesen sei. Distanziert habe sie sich die unio mystica als unio cum Christo angeeignet.24 Zumindest aus Tübinger Perspektive ist die vor dem Hintergrund der „Wiederkehr der Metaphysik“ aufgebrochene Debatte um die den Quell, aus welchem im Reformationszeitalter die Ströme des neuen Lebens geflossen waren, nämlich die gründliche Erklärung der heiligen Schrift, zu verlassen, und sich, als wären ihnen durch die Reformatoren die Fesseln der Scholastik nicht gelöst, in subtilen dogmatischen Bestimmungen und in der Entscheidung von müßigen und thörichten Streitfragen zu gefallen.“ 19 Vgl. Leinsle: Methodologie und Metaphysik, 157–169 sowie Weber: Analytische Methode. 20  Sparn: Wiederkehr der Metaphysik, 1976 sowie Wundt: Die deutsche Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts, 1939. 21  Friedrich: Die Grenzen der Vernunft, 2004. 22  Vgl. dazu neuerdings Nahrendorf: Humanismus in Magdeburg, 2015. 23  Schmeisser (Hrsg.): Sozinianische Bekenntnisschriften, 2012. Balduin indes dürfte an der an der Theologischen Fakultät entstandenen Widerlegungsschrift maßgeblich beteiligt gewesen sein. 24  Mahlmann: Unio cum Christo, 72–199.



2.  Forschungen zur Lehrbildung der Orthodoxie25

rechte Gestalt der lutherischen Christologie gemäß der Konkordienformel von 1577 weitaus besser erforscht. Die Rezeption der Metaphysik ermöglichte nämlich eine neue, ontologische Fundierung der Christologie. Die innerlutherische Kontroverse wiederum, die im Streit der Tübinger mit der Gießener Theologischen Fakultät kulminierte, musste die Wittenberger zur Stellungnahme auf den Plan rufen.25 Zudem liegt speziell zum locus de iustificatione in der lutherischen Orthodoxie ein Sammelband von Udo Sträter aus dem Jahr 2003 vor, der nach Stellenwert und Entfaltung des Rechtfertigungsartikels sowie dessen Apologie im konfessionellen Disput fragt.26 Die aufgeführten Forschungen zu interkonfessionellen (Regensburger Religionsgespräch von 1601), innerkonfessionellen (Prädestinations-, Vernunft-, christologischer Streit) und aus lutherischer respektive reichsrechtlicher Sicht transkonfessionellen (Antitrinitarismus, Sozinianismus) Kontroversen zeigen, dass eine Einigung zwischen den Konfessionen nicht in Sicht war. Vielmehr wurde nun grundsätzlich um den Stellenwert der Schrift und ihre Auslegung debattiert. Mit dem Consensus repetitus fidei vere Lutheranae von 1665 wurde vor dem Hintergrund des synkretistischen Streits der Wittenberger mit den Helmstedtern um die Irenik Georg Calixts der letzte Versuch einer innerkonfessionellen Einigung unternommen.27 Dieser Detailstudien ungeachtet, welche einzelne, durchaus bedeutende Aspekte innerhalb der Lehrbildungsprozesse in der lutherischen Orthodoxie erschließen, fehlt es hier noch immer an weiteren Konkretisierungen: Vor allem fehlt bislang eine Untersuchung der gelehrten Diskurse über die Formung der einzelnen Lehrartikel in Streitschriften und Briefen mit den römisch-katholischen, zumal mit Vertretern des Jesuitenordens, auf der einen sowie reformierten Theologen auf der anderen Seite.28 Die die Prozesse der Lehrbildung im Rahmen der lutherischen Orthodoxie erforschenden dogmengeschichtlichen Studien müssten künftig nicht nur die Gestalt der Dogmen, wie das bisher geschehen ist, sondern verstärkt einerseits ihre Genese, andererseits ihre Rezeption in den Blick nehmen  – und letzteres nicht alleine im gelehrten Diskurs, sondern in der kulturellen und Alltagspraxis. Das Beharren auf dem Standpunkt der Bekenntnisschriften und der beständige Eifer in der Verteidigung 25  Wiedenroth: Krypsis und Kenosis, 2011. Es ist zwar der Positionen der Professoren der Theologischen Fakultät gedacht worden, deren Urteil in diesem Kontext angefragt worden war, allen voran derjenigen Balthasar Meisners. Doch die Prozesse der Urteilsbildung in Kursachsen selbst  – zwischen dem Oberkonsistorium zu Dresden und den Konsistorien zu Wittenberg und Leipzig – sind unerforscht, obwohl die Quellenlage sehr gut ist. Vgl. zu den im sächsischen HStA zu Dresden aufbewahrten Quellen das Quellenverzeichnis der vorliegenden Arbeit. 26 Zur Sprache kommen wichtige Repräsentanten der lutherischen Orthodoxie wie Martin Chemnitz, Ägidius Hunnius, Johann Gerhard oder Abraham Calov. Vgl. Sträter (Hrsg.): Zur Rechtfertigungslehre in der Lutherischen Orthodoxie, 2003. 27  Staemmler: Helmstedter Synkretismus, 2005; Baur: Helmstedter Lesart des Rechtfertigungsartikels, in: Sträter (Hrsg.): Rechtfertigungslehre, 2003, 81–135. 28  Die gelehrte Kontroverse sollte der Konsensfindung dienen. Doch im Laufe der Zeit festigte sich der Gedanke, dass die Spitzfindigkeiten der gelehrten Theologen der Kirche mehr schadeten als nützten. Überhaupt ist bisher unerforscht, inwieweit die Positionen in den gelehrten Kontroversen nicht nur horizontal, sondern auch vertikal diffundiert sind. Sollten sie nur Sache des gelehrten Diskurses gewesen sein, wie ist dann ihre Leistungsfähigkeit im Rahmen der Konfessionalisierungsprozesse zu bewerten? Konnte aus Sicht der Obrigkeit der gelehrte, diskursive Wahrheitserweis den Konfessionalisierungsprozessen überhaupt nützlich sein? Musste nicht dem gemeinen Manne die in den Bekenntnisschriften einmal festgehaltene Wahrheit genügen?

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Kapitel II: Zum gegenwärtigen Stand der Orthodoxie-Forschung

der dort komprimierten Theologie müssten dann anders als bisher und nicht nur als subtile Prozesse der Lehrbildung im Sinne des theologischen Wahrheitserweises im Geiste der Kontroverse, sondern auch schlicht als Teil des akademischen, „konfessionalisierten“ Unterrichts gedeutet werden. Wenn Forschungen vor 1980 die lutherische Orthodoxie mit Begriffen wie „Theologengezänk“, „Zelotentum“ und „Rückfall in die Scholastik“ beschreiben, so spiegelt dies lediglich den Forschungsstand einer schwerpunktmäßig auf Lehrgestalt und Lehrbildungsprozesse ausgerichteten Forschungstradition.

3.  Forschungen zur sogenannten „Reformorthodoxie“ Neben diesen Forschungen zu Lehrgestalt und Lehrbildungsprozessen in der lutherischen Orthodoxie gibt es seit langem eine Tradition von Untersuchungen, die sich mit dem Lebensbezug der Theologie der lutherischen Orthodoxie beschäftigen. Es mag überraschen, dass ausgerechnet die Universität Wittenberg bisweilen im Fokus dieser Studien gestanden hat: Sie konterkarierten das Bild der streitbaren, rein „scholastischen“ Theologie an der Universität Wittenberg in der Zeit der lutherischen Orthodoxie, zum einen, indem sie die Beziehung von Lehre und Leben betonten, zum anderen, indem sie eine Reformbewegung innerhalb der lutherischen Orthodoxie annahmen, die sich diesem Lebensbezug verpflichtet gefühlt und in der Praxis gepflegt hat. Diese Forschungen dekonstruierten den Mythos der rückwärtsgewandten und innovationshemmenden Orthodoxie, etablierten allerdings eine Dichotomie zwischen einer lebensnahen (Reform-) und einer lebensfernen Orthodoxie, der es nur um die reine Lehre gegangen sei: Es handelt sich um die Forschungen August G. Tholucks (1799–1877) sowie Hans Leubes (1896–1947) und die an sie inhaltlich anknüpfende Forschungstradition. Angetreten, um eine umfassende Geschichte des Rationalismus zu schreiben, hat sich Tholuck auf breiter Quellengrundlage – unter Berücksichtigung einer Fülle handschriftlicher und gedruckter Überlieferung wie dem Briefwechsel Balthasar Meisners – erstmals differenziert mit der lutherischen Orthodoxie befasst.29 Tholucks Darstellung der Theologen Wittenbergs in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts trägt nicht apologetische, aber doch wenigstens affirmative Züge, während spätere Vertreter der Orthodoxie teilweise pauschalisierend unter das Verdikt „Formalismus“ und „Methodenreiterei“ sowie „Streitsucht“ fallen.30 Die positiven Ansätze der Theologie der Orthodoxie seien durch Subtilitäten und Methodenformalismus 29 Es seien an dieser Stelle nur die wichtigsten Monographien und Sammelbände genannt: Tholuck: Geist der lutherischen Theologen, 1852; Ders.: Das akademische Leben, 1853; ders.: Lebenszeugen, 1859; ders.: Vorgeschichte des Rationalismus, Bd. 2: Das kirchliche Leben, Teil 1: Die erste Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts, 1861. 30 Zusammenfassend Tholuck: Geist der lutherischen Theologen, 242–283. Vgl. nur das Urteil über Abraham Calov: „Gemüthlose Zähigkeit bei innerlich kochender Leidenschaftlichkeit erscheint als Grundzug dieses theologischen Charakters; weder auf der Kanzel, noch in vertraulichen Briefen, noch in den theologischen Schriften ein Lebenshauch christlicher, selten auch nur menschlicher Wärme. Die Menschen erscheinen ihm wie Zahlen, und unter den dogmatischen Problemen bewegt er sich wie unter Rechenexempeln.“ (S. 207). Calov erfährt hingegen bei Weber: Einfluss der protestantischen Schulphilosophie, eine wohlwollendere Würdigung. Vgl. zur Dekonstruktion dieser



3.  Forschungen zur sogenannten „Reformorthodoxie“27

überwuchert worden, was dem Rationalismus schließlich die Bahn gebrochen habe.31 Tholuck hielt  – wie die gegenwärtige Forschung zur lutherischen Orthodoxie  – Johann Gerhard (1582–1637) für den vorzüglichsten Theologen der Zeit. Deshalb räumt er der Jenaer Theologischen Fakultät jener Zeit auch Vorrang gegenüber anderen ein. Noch heute bildet die Gerhard-Forschung den Schwerpunkt innerhalb der Orthodoxie-Forschung. Verwiesen sei hier insbesondere auf die seit 1997 von Johann A. Steiger herausgegebene, in zwei Abteilungen untergliederte Reihe Doctrina et Pietas, in deren Rahmen historisch-kritische Editionen, Reprint-Editionen und Materialienbände sowie Untersuchungen von und zu Gerhard (Abteilung I)32, sodann weitere wichtige Texte zentraler Gestalten des Luthertums und der lutherischen Orthodoxie (Abteilung II) erscheinen.33 Diese Texte und Forschungen thematisieren das Verhältnis von Lehre und Leben und haben zu einer erheblichen Aufwertung der lutherischen Orthodoxie beigetragen. Tholuck perpetuierte zwar noch die überkommenen, aus dem von Gottfried Arnold geprägten Geschichtsbild des radikalen Pietismus herrührenden Unterscheidung von „erstarrtem Formalismus“ und „lebendiger Bewegung“, konnte jedoch aufgrund großer Quellenkenntnis beide Momente innerhalb der lutherischen Orthodoxie Wittenbergs festmachen. Dies ist in der Forschung, die Tholuck meist einlinig in seiner Bewertung nachzeichnet, oft nicht recht klar widergegeben.34 Über Tholucks Arbeiten geht Hans Leube mit seiner These von einer akademisch etablierten Reformorthodoxie hinaus, die auch noch heute Forschungspotential bietet.35 Leube hat an Tholucks Arbeiten anknüpfend eindrucksvoll belegt, dass der äußerst einflussreichen Narrative exemplarisch Stegmann: König, 239; Holtz: Theologie und Alltag, 175, und Ohlemacher: Lateinische Katechetik der frühen lutherischen Orthodoxie, 2010, 424. 31  Interessant ist, dass genau dies von Ernst Troeltsch als Vorbereitung einer neuen Theologie gedeutet worden ist. Vgl. Ernst Troeltsch: Rez. zu: Emil Weber: Der Einfluss der protestantischen Schulphilosophie auf die orthodox-lutherische Dogmatik, in: Theologische Literaturzeitung 34 (1909), 302–304 [wiederabgedruckt in der kommentierten Kritischen Gesamtausgabe 4 (2004), 574–578]. 32 Vgl. zunächst Steiger: Johann Gerhard (1582–1637), 1997. Weiterhin liegen bisher vor Gerhard: Meditationes Sacrae (1603/04). Lateinisch/deutsch, hrsg. von Steiger, 1998; Gerhard: Meditationes Sacrae (1606/07). Lateinisch/deutsch, 2 Bde., hrsg. von Steiger, 2000; Gerhard: Christliche Evangelische Andachten, hrsg. von Steiger, 2001; Gerhard: Sämtliche Leichenpredigten nebst Johann Majors Leichenrede auf Gerhard, hrsg. von Steiger, 2001; Gerhard: Enchiridion consolatorium morti ac tentationibus in agone mortis opponendum (1611). Lateinisch/ deutsch, 2 Bde., hrsg. von Richter, 2002; Steiger (Hrsg.): Bibliotheca Gerhardina. Rekonstruktion der Gelehrten- und Leihbibliothek Johann Gerhards (1582–1637) und seines Sohnes Johann Ernst Gerhard (1621–1688), 2002; Steiger (Hrsg.): Bibliographia Gerhardina (1601–2002), 2003; Gerhard: Erklährung der Historien des Leidens vnnd Sterbens vnsers HErrn Christi Jesu nach den vier Evangelisten (1611), hrsg. von Steiger, 2002; Gerhard: Exercitium Pietatis Quotidianum Quadripartitum (1612). Lateinisch/deutsch, hrsg. von Steiger, 2007; Gerhard: Tractatus de legitima scripturae sacrae interpretatione (1610). Lateinisch/deutsch, hrsg. von Steiger, 2007; Gerhard: Postilla (1613), Teil 1: Advent bis Judica, hrsg. von Steiger, 2014; Gerhard: Postilla (1613), Teil 2: Palmarum bis Pfingsten, hrsg. von Steiger, 2015. 33 Von diesen sind zu nennen Hütter: Compendium Locorum Theologicorum. Lateinisch/ deutsch/englisch, hrsg. von Steiger, 2 Bde., 2006; Habermann: Christliche Gebet für alle Not vnd Stende der gantzen Christenheit (1567), hrsg. von Steiger, 2009; Steiger (Hrsg.): Jonas Propheta, 2011. 34  So z. B. nicht bei Steiger: Philologia sacra, 5–18. 35  Leube: Reformideen; ders.: Kalvinismus und Luthertum im Zeitalter der Orthodoxie,

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Kapitel II: Zum gegenwärtigen Stand der Orthodoxie-Forschung

konstatierte Lebensbezug der akademischen Theologie auf ein umfassendes Reformprogramm zurückging, das gerade nicht nur außerakademisch – wie im prominenten Fall Johann Arndts – gepflegt wurde, sondern auch innerakademisch verankert gewesen sein muss. Die These von der akademischen Verankerung der Reformbewegung erst kann die Distribution und Diffusion des Reformprogramms erklären, konnten doch die Universitätstheologen auf einen weitaus größeren Bereich – nämlich den der akademischen Theologenausbildung – Einfluss nehmen.36 Hatte Tholuck der Orthodoxie in Wittenberg bereits ein Interesse am kirchlichen Leben und der Verkündigungspraxis des Evangeliums beigemessen, so sprach Leube nun erstmals explizit von „Reformideen“. Obgleich Leube sich den „Reformideen“ der Wittenberger nur kurz zuwendet, so hat er doch dazu beigetragen, dass das Thema in der Forschung wahrgenommen wurde. Sowohl von Udo Sträter wie auch in jüngerer Zeit von Wolfgang Sommer ist es wieder aufgegriffen worden.37 Seit den Arbeiten Tholucks und Leubes ist die Reformorthodoxie als Movens einer Frömmigkeitsreform gelegentlich in den Fokus der Forschung gerückt worden, wenigstens soweit es sich um programmatische Entwürfe zu einer Reform handelte.

4.  Forschungen zum Praxis- und Lebensbezug der Orthodoxie Wenn angenommen wird, dass inhaltliche Entwicklungen in der Lehrbildung vertikal diffundierten und einen Beitrag im Rahmen der Konfessionalisierung leisteten, sowie, dass die programmatischen Forderungen nach einer Reform der Frömmigkeit in der lutherischen Orthodoxie tatsächlich umgesetzt worden sind, müssen sich beide Aspekte auch in der kulturellen- und Alltagspraxis niedergeschlagen haben. Traditionell erheben Forschungen zur Predigt den Anspruch, die sozialen Wirklichkeiten und das Eingehen der Prediger auf ebendiese in der Verkündigung offenzulegen.38 Ob dieser Bd. 1: Der Kampf um die Herrschaft im protestantischen Deutschland, 1928; ders.: Orthodoxie und Pietismus. Gesammelte Studien, hrsg. von Dieter Blaufuss, 1975. Vgl. auch speziell zum Antisozinianismus der Wittenberger Theologen die wenig beachtete Arbeit von Gensichen: Wittenberger antisozinianische Polemik. 36  Kaufmann: Universität und lutherische Konfessionalisierung, 178–232. 37 Der Kirchenhistoriker Udo Sträter hat in den 1990er Jahren den Versuch unternommen, Forschungen zur lutherischen Orthodoxie in Wittenberg anzuregen, nachdem beinahe ein halbes Jahrhundert keine nennenswerten Monographien erschienen sind. Den Ausgangspunkt dazu bildete die Habilitationsschrift Sträters, in der er sich dem Thema der Meditation und Kirchenreform in der lutherischen Kirche im 17. Jahrhundert insgesamt zugewandt hatte. Der Verfasser rief die sogenannten Wittenberger Symposien zur Erforschung der Lutherischen Orthodoxie ins Leben, die seit 1994 an der Stiftung LEUCOREA stattgefunden haben und deren Erträge bisweilen im Rahmen von Tagungsbänden festgehalten wurden. Mit den Themen knüpfte Sträter an bereits bestehende Forschungen an, aber mit dem Ziel, die Ergebnisse zu präzisieren, um eine schärfere Profilierung der lutherischen Orthodoxie – vor allem Wittenbergs – zu erreichen. Sträter (Hrsg.): Meditation und Kirchenreform in der lutherischen Kirche des 17. Jahrhunderts, 1995; ders. (Hrsg.): Pietas in der Lutherischen Orthodoxie, 1998. Inzwischen ist seit über einem Jahrzehnt keine Veröffentlichung mehr erschienen. Vgl. weiterhin Sommer: Frömmigkeit am Dresdner Hof zur Zeit der Orthodoxie, in: Litz/Munzert/ Liebenberg (Hrsg.): Frömmigkeit – Theologie – Frömmigkeitstheologie, 2005, 591–604. 38  So z. B.  Holtz: Theologie und Alltag, 1993. Eine Studie zur lutherisch-orthodoxen Homiletik liegt bisher nicht vor. Auch auf diesem Forschungsfeld gibt es  – den Themen und Tendenzen der



4.  Forschungen zum Praxis- und Lebensbezug der Orthodoxie29

Anspruch eingelöst werden kann, ist aus heuristischen und methodischen Gründen höchst fraglich: Die gedruckte Predigt ist unter anderem ein literarisches Kunstwerk, das nicht der mündlich gehaltenen Predigt entspricht. Auch hat die gedruckte Predigt oft einen formellen und inkonkreten bis schematischen Charakter, der vermuten lässt, dass die sozialen Wirklichkeiten oft ganz anders gelegen haben. Das Faktum, dass die gedruckte Predigt, ihre Sammelform sowie die Postille, nachweislich sowohl als homiletische Muster als auch als einführende Literatur im Rahmen des Theologiestudiums gedient haben, legt nahe, diese Texte zunächst als literarische Werke wahrzunehmen und die Frage nach der konkreten Performation auszublenden. Eine Beschreibung der konkreten Verwendungszusammenhänge kann – wenn überhaupt – nur durch weitere Quellen geschehen. Eine einflussreiche Darstellung der lutherisch-orthodoxen Predigt  – mit Bezug auf Wittenberg – stammt von Martin Schian (1869–1944), der in zwei Aufsätzen die zweite Hälfte des 16. und im Rahmen einer weiteren Gesamtdarstellung auf wenigen Seiten die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts behandelt.39 In der genannten Gesamtdarstellung „Orthodoxie und Pietismus im Kampf um die Predigt“ deutet Schian die Geschichte der Predigt am Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts als Auseinandersetzung der „ihre Methode verteidigenden orthodoxen Lutheraner gegen die zur Reform drängenden Pietisten“. Konkretisierend fügt Schian hinzu, dass es in dieser Auseinandersetzung „um das Verlangen nach Verinnerlichung und Verlebendigung der Predigt auf der einen, um die Verteidigung der zum Gesetz gewordenen homiletischen Regelkunst auf der anderen Seite“ gehe.40 Schian versucht, neben der homiletischen Praxis auch die homiletische Theorie genauer in den Blick zu nehmen und setzt dabei an Speners Pia Desideria (1675) an. Der Umstand, dass die Forschung zu Predigt und Homiletik in der Zeit der lutherischen Orthodoxie das überkommene Bild inzwischen gehörig revidiert hat, hat bisher nicht zu einer Würdigung speziell der Wittenberger Homiletik41 geführt: Hans Rublack hat 1985 den Wert der Predigten und Postillen für die Prozesse der Konfessionalisierung betont und damit weitere Forschungen überhaupt erst angestoßen.42 Janis Kreslins hat sich 1992 im Rahmen seiner Studie zu den lutherischen Homiletiken, insbesondere zu Georgius Mancelius’ Lettische lang-gewünschte Postill (1654) ausdrücklich Forschung insgesamt folgend – einerseits Überblicksdarstellungen, welche die Epoche der lutherischen Orthodoxie nur streifen und zumeist aburteilend behandeln, andererseits (neuere) Detailstudien zu bestimmten Vertretern und mit dem Thema verbundenen Problemstellungen. Zu nennen sind hier die Überblickswerke von Achelis: Lehrbuch, 2 Bde., 1898, und Müller: Art.: Homiletik, in: TRE 15 (1986), 534–536; ders.: Homiletik, 1996, 77–81; vgl. zudem Kreslins: Dominus narrabit in scriptura, sowie zuletzt Conrad/Weeber (Hrsg.): Protestantische Predigtlehre, 2012. In der zuletzt genannten Quellensammlung werden zur lutherischen Orthodoxie zwei Quellentexte von Haas und Löscher geboten, die die „altprotestantische Orthodoxie“ repräsentieren sollen. Es handelt sich dabei freilich um Beiträge der Spätorthodoxie. Damit wird mehr als ein Jahrhundert Kirchen- und Theologiegeschichte übergangen. 39  Schian: Kampf um die Predigt, 1912. 40  Ebd., 1. 41  Speziell zur Konstruktion von Heilsgeschichte am Beispiel der Wittenberger Jubelpredigten ist erschienen Ligniez: Das Wittenbergische Zion, 2013. 42  Rublack: Lutherische Predigt, in: ders. (Hrsg.): Lutherische Konfessionalisierung in Deutschland, 1992, 344–395.

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Kapitel II: Zum gegenwärtigen Stand der Orthodoxie-Forschung

auf die Wittenberger Homiletiken bezogen, Friedrich Balduin aber weitgehend ausgeklammert.43 Diese Studie muss gegenwärtig gleichwohl als wichtigste Arbeit zur Wittenberger Homiletik angesehen werden. Albrecht Beutel hat 2007 Johann Benedict Carpzovs Hodegeticum (1652) untersucht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass dieses keineswegs Methodenmacherei, sondern eine Anleitung zu selbstbestimmter Exegese und Homiletik sei.44 Die moderne Edition und Übersetzung des Hodegeticums hat unter Berufung auf die Ergebnisse Beutels unlängst Reiner Preul besorgt, der in der Vorrede zahlreiche Desiderate für die Erforschung der orthodoxen Homiletik benennt und auch mehrfach auf die Werke Balduins hinweist.45 Andreas Stegmann hat unlängst (2014) im Grunde die These Rublacks aus dem Jahr 1985, dass die Predigt auf die soziale Wirklichkeit bezogen sei und der Konfessionalisierung diene, wiederholt und an einigen Beispielen den wesentlich lehrhaften Charakter der orthodoxen Predigt zu belegen versucht.46 Daneben erheben die vorliegenden neueren Arbeiten, die das Theologiestudium an der Leucorea untersuchen, den Anspruch, die sozialen Wirklichkeiten, nämlich die Studienpraxis in der Zeit der Orthodoxie abzubilden: So die Monographien Kenneth G. Appolds und Marcel Niedens. Vor allem letzterem gelingt das allerdings nur bedingt. Die 2004 erschienene Habilitationsschrift „Orthodoxie als Konsensbildung“ von Appold geht in der Formulierung der Thematik, in der Methodik sowie hinsichtlich des zugrundeliegenden Quellencorpus weit über seine 1998 vorgelegte Studie zu Calovs Lehre von der vocatio hinaus. Das Verdienst der Arbeit ist es, die theologischen Disputationen, die an der Universität Wittenberg zwischen 1570 und 1710 durchgeführt wurden, erstmals gesichtet, erschlossen und inhaltlich in Hinsicht auf die ekklesiologischen Konzeptionen hin ausgewertet zu haben. Die Hinwendung zu den Disputationen ermöglicht es Appold, Theologie als beständigen Arbeitsprozess wahrzunehmen und führt zu einer Neubewertung der traditionell als starr und unbeweglich empfundenen Orthodoxie, da sich im Rahmen der Disputationen dogmatische Entwicklungslinien aufzeigen ließen. Auf die Umsetzung von Lehre und Frömmigkeit zielten auch Fakultätsgutachten47 und die offensichtlich hieraus erwachsenen Kasuistiken.48 Balduin gilt in den einschlägigen Personennachschlagewerken sogar als Begründer der Kasuistik im lutherischen Protestantismus. Diese Einschätzung geht auf Wilhelm Gaß’ dreibändige „Geschichte der christlichen Ethik“ (1886) zurück, der Balduins posthum veröffentlichtes Werk De Casibus Conscientiae als die erste lutherische Kasuistik betrachtet hat. Gaß, der Balduin 43  Kreslins:

Dominus narrabit in scriptura. Aphoristische Homiletik, in: ders.: Reflektierte Religion, 2007, 66–83. 45  Carpzov: Hodegeticum. Lateinisch – Deutsch, hrsg. von Preul, 2014. 46  Stegmann: „evangelium pure docetur“, in: LuJ 81 (2014), 249–302. Auch Friedrich Balduin ist von Stegmann als Vertreter einer lehrhaften Predigtweise gewürdigt worden. Unterscheidet sie sich in ihrem lehrhaften Charakter von der katholischen Predigt? Vgl. zu diesem Problemfeld: Frymire: Primacy of the Postils, 2010. 47  Vgl. zur Quellengattung und den Quellenbeständen Bohnert/Asche: Perspektiven, 65–68 mit weiteren Literaturhinweisen. Zu nennen sind noch Gössner: Die Gutachten der Theologischen Fakultät Leipzig von 1560 bis 1670, in: Beyer (Hrsg.): Kirche und Regionalbewusstsein in Sachsen im 16. Jahrhundert, 2003, 189–262; Kaufmann: Konfession und Kultur, 2006, vor allem 323 ff. 48  Das hat bereits Friedensburg bemerkt. Vgl. GUW, 405. 44  Beutel:

5.  Versuch einer neuen Konzeptualisierung31



immerhin sechs Seiten Raum widmet, vermag kaum eine differenzierte Untersuchung des Werkes zu leisten und mithin auch kein differenziertes Urteil aufzustellen. Es wird moniert, dass die kasuistische Methode „Ersatzmittel für das fehlende System“ sei und eine formelle, aber auch sachliche Annäherung an jesuitische Kasuistik bedeute, sich das protestantische Urteil gegenüber dem katholischen nur dadurch aufrecht zu erhalten vermochte, dass es seine Forderung auf die Spitze treibe. Dem Gewissen als erstem Artikel (locus), welches Balduin als Grund des Zweifels und als Forum der Entscheidung vorstellt, würden nurmehr eine Reihe von Lehrartikeln vorgehalten, die von den Gläubigen – auch den Laien – aufs Genaueste gewusst werden müssten, so dass sich das Gewissen in ein zweifelloses Gewissen wandeln könne. Gaß entgeht allerdings nicht, dass Balduin das Gewissen in der Erfahrung ansiedelt, dass er in Hinsicht auf die Fragen nach der Zulassung mehrerer Konfessionen in einem Land oder nach der Duldung der Juden durchaus von den Tatsachen ausgeht und formuliert, dass ungetaufte Kinder keine Verdammnis zu fürchten haben, mithin – wie Gaß sagt – unbefangen urteilt. Gaß kommt deshalb nicht umhin, das Werk als Materialsammlung von großer „Zerstückelung“ zu bezeichnen, die gleichwohl keine „Vollständigkeit“ zu erreichen in der Lage sei. Übersehen wird dabei das Anliegen Balduins zu vermitteln, nämlich Lehre und praktische Lebensfragen in Beziehung zu setzen. Die Einbindung der Untersuchung des Werkes in den sozial- sowie den theologiegeschichtlichen Kontext wird nicht geleistet. Die beiden neueren Studien zur protestantischen Kasuistik von Roderick H. Martin und Benjamin T. G. Mayes49 können dieses Desiderat nicht beheben – auch die dazu erforderliche Quellenarbeit zu den Gutachten ist bisher nicht geleistet worden. Erst diese Quellenarbeit würde möglicherweise näheren Aufschluss über die konkrete Umsetzung von Lehre und Frömmigkeit liefern.

5.  Versuch einer neuen Konzeptualisierung Die in den letzten Jahrzehnten sowohl im Rahmen sozial-, kultur- sowie kirchenund theologiegeschichtlicher Forschungen diskutierten Thesen der Akademisierung und Professionalsierung des Theologiestudiums machen eine neue interdisziplinäre Konzeptualisierung erforderlich.50 Leitend sollte dabei die Frage nach den Mitteln sein, derer sich die Professoren der Theologischen Fakultäten an den Universitäten bedienten, um den rasant gestiegenen Bedürfnissen im Rahmen der konstatierten Akademisierung und Professionalisierung gerecht zu werden.51 Die Folge eines 49  Martin:

Reformation of Conscience, 2008 sowie Mayes: Counsel and Conscience, 2011. Sparn: Zweite Reformation und Traditionalismus, in: Löcher (Hrsg.): Retrospektive Tendenzen in Kunst, Musik und Theologie um 1600, 1991, 127 ff. Johann A. Steiger bewertet die Zeit der lutherischen Orthodoxie mit Recht als „performative Phase“ des Altprotestantismus, die wichtige theologische Arbeit – rezeptiv wie produktiv – in Hinsicht auf Philologie für die Exegese, Methodologie und Wissenschaftstheorie sowie Patristik durch neue Editionen und Orientalistik geleistet habe. Vgl. Steiger: Philologia sacra. Diese Auffassung entspricht den Ergebnissen der neueren und neuesten Forschungen zur lutherischen Orthodoxie. 51  Forschungen, die nach den Mitteln des Theologietreibens fragen, haben eine lange Tradition, beschränken sich aber im Wesentlichen auf die Applikation metaphysischer Axiome auf biblisch fundierte Lehrsätze (Materialtheologie) und gehen nur am Rande bis gar nicht auf die Art und Weise 50 Vgl.

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Kapitel II: Zum gegenwärtigen Stand der Orthodoxie-Forschung

solchen Perspektivenwechsels dürfte die Akzentverschiebung der Forschungen weg von Lehrinhalten und hin zu Formlehren – Hermeneutik und Methodik – bedeuten. In den letzten zwei Jahrzehnten ist ein Trend in der Forschung zur lutherischen Orthodoxie zu beobachten, der unmittelbar in diese Richtung weist, von sozial- und kulturgeschichtlicher Fundierung gleichwohl absieht. Kenneth G. Appold hat mit seiner 1998 erschienenen Studie „Abraham Calov’s Doctrine of Vocatio in Its Systematic Context“ die erste wichtige theologischsystematische Monographie zu einem der bekanntesten und streitbarsten Vertreter der Hochorthodoxie in Wittenberg – Abraham Calov – vorgelegt.52 Im ersten Teil der Arbeit behandelt Appold den Begriff der vocatio im Rahmen des orthodoxen Systems und bietet einen konzisen Überblick über die Entwicklung der theologischen Methode von Melanchthon bis Calov, eine kurze Skizze der Methode Calovs sowie die Entfaltung des Theologiebegriffs als habitus practicus cognitionis und seiner Implikationen für die vocatio.53 Grundlage der Studie ist Calovs Systema Locorum Theologicorum, das von 1655 bis 1677 in zwölf Bänden erschien, jedoch unvollendet blieb. Insbesondere die Beschreibung der Entwicklung des theologischen Systems seit Melanchthon ist instruktiv für die im Rahmen der vorliegenden Arbeit verfolgte These: Nicht umsonst blendet sie – der Forschungssituation geschuldet – mehrere Jahrzehnte theologischer Entwicklung aus. Bereits 1999 erschien mit „Das Ganze der Heiligen Schrift“ von Volker Jung erstmals eine Untersuchung zur Schrifthermeneutik und Schriftauslegung ebenfalls bei Calov und damit ein Appold thematisch ergänzendes Werk.54 Bezeichnenderweise wird die theologische Methode der lutherischen Orthodoxie vor Calov bei Appold nur anhand von Johann Gerhard dargestellt, für den mit der Studie von Wallmann eine wichtige Arbeit vorliegt.55 Diese Verlegenheit hat ihren Grund darin, dass bisher keine weiteren Forschungen zu Theologiebegriff und theologischer Methode der lutherischen Orthodoxie insgesamt existieren. Calov ist ein Höhepunkt im Rahmen einer bereits seit mehreren Jahrzehnten sich abzeichnenden Entwicklung, die bisher weitgehend unbeachtet geblieben ist. Ein möglicher Grund darf in dem höchst ambivalenten Verhältnis der lutherischen Orthodoxie zur Theologie Philipp Melanchthons – noch verstärkt im Streit um die Irenik Calixts – gesucht werden. Die lutherische Orthodoxie verdankte Melanchthon wohl mehr, als sie sich einzugestehen bereit war.56 Das Beharren auf der im Rahmen der Bekenntnisschriften fixierten der Gewinnung biblisch fundierter Leitsätze (Formaltheologie) und die Weise der Anwendung in Lehre, Predigt, Seelsorge ein. 52  Appold: Vocatio. Weiterhin Wallmann: Abraham Calov  – theologischer Widerpart der Religionspolitik des Großen Kurfürsten, in: Oehmig (Hrsg.): 700 Jahre Wittenberg, 1995, 303–311. 53  Appold: Vocatio, 11–66. Im zweiten Teil der Studie thematisiert Appold vocatio als Teil des ordo salutis nach Calov – die Definition von vocatio, die Lehre von der vocatio efficax und die Wirkung der vocatio – und kommt so zu dem Schluss, dass die vocatio efficax als Sprachgeschehen zu verstehen sei. 54  Jung: Das Ganze der Heiligen Schrift, 1999. Vgl. auch Nellen: Bible Commentaries as a Platform of Polemical Debate, in: Enenkel (Hrsg.): Neo-Latin Commentaries and the Management of Knowledge in the Late Middle Ages and Early Modern Period (1400–1700), 2013, 445–472. Zur Schriftauslegung bei Calov liegt vor Hoffmann: Lutherische Schriftauslegung im 17. Jahrhundert, dargestellt am Beispiel Abraham Calovs, in: Balz/Schulz (Hrsg.): Das Wort und die Wörter. Festschrift für Gerhard Friedrich zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1973, 127–142. 55  Wallmann: Theologiebegriff. 56  Grundlegend zur Genese des vorherrschenden negativen Melanchthonbildes im orthodoxen



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Wahrheit der lutherischen Lehre musste durch die methodisch angeleitete exegetische Suche nach dieser Wahrheit ergänzt und vervollkommnet werden. Hermeneutik und Methodik bedurfte es nicht alleine im Rahmen der Auslegung, sondern auch im Rahmen der Homiletik. Die Frage nach der praktischen Umsetzung der Theologie im kirchlichen Verkündigungsraum erhebt sich etwa am Beispiel der Predigten und Postillen, deren Wert für die Durchsetzung reformatorischer Theologie zwar betont, ebenso gut aber bezweifelt werden kann. Der artifizielle Charakter der gedruckten Predigt oder Postille dürfte erstens keineswegs dem mündlichen Vortrag eins zu eins entsprochen haben, zweitens geht es inhaltlich durchaus nicht alleine um die reine Lehre, sondern um die Vermittlung von methodischem und Alltagswissen sowie um Trostzuspruch und Erbauung. Mit den gedruckten Predigten und Postillen wird der Anwendungsbereich der Lehre berührt. Der dogmatische Wahrheitserweis allerdings steht dabei nicht stets an erster Stelle. Predigt sollte auch Methodenwissen vermitteln, Ermahnung artikulieren oder im Dienste der Seelsorge Trost aussprechen. Forschungen, die die Möglichkeiten und Grenzen des Konfessionalisierungsparadigmas ausloten, haben bereits gezeigt, dass die Artikulation von konfessioneller Differenz im Rahmen alltagspraktischer Wendungen erfolgte. An dem überkommenen Bild der dogmatisch fixierten und äußerst streitbaren Orthodoxie im Blick auf die Stellung der Lehre ist grundsätzlich festzuhalten. Gleichzeitig verleiten die benannten neuen Forschungen dazu, dieses Bild von der Orthodoxie zu revidieren. Entscheidend ist nur die Frage: In welchen Punkten? Während im Bereich der innerlutherischen Lehrbildung mit dem Konkordienbuch (1580) die wesentlichen Fragen geklärt waren, mussten Vertreter der lutherischen Orthodoxie im Dienste der Konfessionalisierung versuchen, die gewonnene Lehre einerseits zu vermitteln und andererseits auch praktisch umzusetzen. Es ist seit langem bekannt, dass nicht erst der Pietismus den Fokus auf praktische Frömmigkeit verlagert hat, sondern schon in der lutherischen Orthodoxie das Bedürfnis nach Reform lebendig war, das auch artikuliert worden ist. Durch philosophische und systematisch-theologische Studien ist weiterhin bekannt, dass die orthodoxen Theologen im Dienste der Kontroverstheologie die aristotelische Metaphysik rezipiert und den Theologiebegriff aufs Praktische hin transformiert haben.57

Luthertum Kobler: Die Entstehung des negativen Melanchthonbildes, 2014. Zur Melanchthonrezeption der lutherischen Orthodoxie besteht noch viel Forschungsbedarf. Bisher liegt dazu erst ein Sammelband vor: Sträter (Hrsg.): Melanchthonbild und Melanchthonrezeption, 1999. Die Erforschung der Melanchthonrezeption in den Werken der Vertreter der lutherischen Orthodoxie in Wittenberg hätte historisch bei den Inhabern der professio controversiarium anzusetzen, die die loci communes nach Melanchthon statutenmäßig zu lesen hatten. Sodann könnte systematisch nach Apologien der Confessio Augustana gesucht werden, die eine Auseinandersetzung mit Melanchthons Theologie enthalten. Bisher nicht geleistet ist in dieser Hinsicht eine Untersuchung von Leonhard Hutters Loci Theologici von 1619, in der der Verfasser ausdrücklich auf Melanchthon rekurriert. Dazu könnte Friedrich Balduins Apologia Confessionis Augustanae herangezogen werden. Vor allem wäre zu prüfen, ob und inwieweit die Dichotomie des wahren (frühen) und des abgeirrten (späten) Melanchthon aufrecht zu erhalten ist. Eine andere Frage ist, ob und inwieweit, aber auch wie lange die Melanchthonische Methode des Theologietreibens (Loci-Methode) die lutherische Theologie bestimmt und ob und inwieweit diese mit anderen Methoden verbunden worden ist. 57  Vgl. exemplarisch Weber: Analytische Methode.

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Kapitel II: Zum gegenwärtigen Stand der Orthodoxie-Forschung

Beide Beispiele belegen, dass in dem Beharren auf dem als lutherisch bestimmten Lehrbegriff sich lutherisch-orthodoxe Theologen über den abgesteckten Rand hinausbewegten. Hier zeigt sich, dass diese Theologen, insofern sie sich im Bereich der praktischen Anwendung der Schrift bewegten, größeres Innovationspotential haben konnten, obwohl sich dieses nicht immer sogleich erschließt. Doch nicht nur im Bereich der Anwendung war das der Fall. Den Vertretern der lutherischen Orthodoxie war eine Unterscheidung von Formal- und Materialprinzip in der Theologie fremd. Der Spitzensatz der lutherischen Schrifthermeneutik – die Heilige Schrift lege sich selbst aus (sacra scriptura sui ipsius interpres), i. e. das Formalprinzip der Theologie mit all seinen Konsequenzen – wurde aus der Schrift selbst heraus begründet. Die Art und Weise, wie die Schrift recht ausgelegt werden müsse, könne nur in der Schrift selbst begründet sein. Aufgabe des Theologen sei es, die in der Schrift verstreuten Rezeptionsanweisungen offen zu legen. Demgegenüber geraten etwa die Rhetorik des Altertums oder die Aussagen der kirchlichen Tradition (Kirchenväter) nicht zu Hilfsmitteln zweiter Klasse. Vielmehr müssen diese sich nunmehr am Zeugnis der Schrift messen lassen. Das ebenso mit der Schrift zu begründende Thema der Theologievermittlung hatte zwar keinen eigenen Raum im Amtsverständnis, gewann aber zunehmende Bedeutung im Kontext der Konfessionalisierung und Professionalisierung, die theologisch begründet gefordert und vorangetrieben wurde. Daraus ergeben sich nachstehende Bereiche für die kirchen- und theologiegeschichtliche Forschung zur lutherischen Orthodoxie: yy das Lehrsystem: Die Lehre und ihre Apologie im Rahmen sich an ihr entzündender kontroverstheologischer Debatten, yy die Lehrvermittlung: Die Vermittlung der Lehre im Rahmen des akademischen Studiums und Propädeutika, yy die Lehranwendung: Die praktische Nutzanwendung der Lehre in Ermahnung und Trost im Rahmen von Predigt und Seelsorge, yy die Lehrproduktion: Die Art und Weise der Gewinnung der Lehre im Umgang mit der Schrift. Vor dem Hintergrund kontroverstheologischer Vertiefung wurde der Ruf nach einer Methode artikuliert, an welcher sich vor allem der Theologiestudent orientieren könnte. Von der reinen Lehre, die an die Bekenntnisschriften geknüpft ist, darf erwartet werden, dass sie auch in anderen Städten und Territorien lutherischen Bekenntnisses konform rezepiert worden ist. In Hinsicht auf die genannten An­ wendungsbereiche Vermittlung, Verteidigung, Ermahnung und Trost sowie vielleicht auf den Aspekt der Gewinnung von Lehre (i. e. den Auslegungsvollzug) darf das nicht ohne weiteres gesagt werden. Hier ist vielmehr zu erwarten, dass es räumlich-geographische Differenzierungsformen gab, die von den ausbildenden Universitätstheologen wahrgenommen und berücksichtigt worden sind. Die Gründe sind vielschichtig und können allenfalls historisch eruiert werden: In Hamburg war womöglich ein anderer Umgang mit Häretikern oder Juden beispielsweise erforderlich als in Jena. Das ergab sich schon aus der geographischen Lage Hamburgs und

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der damit verbundenen historischen Bedeutung als Handels- und Schifffahrtsstadt heraus.58 Es ist schon früher die Frage gestellt worden, ob der (Spät)Humanismus als eine überkonfessionell geteilte gemeinsame Grundlage, die Funktion des Bindegliedes zwischen den Konfessionen habe übernehmen können. Der (Spät)Humanismus habe das Potential in sich geborgen, die Einheit der Kirche wiederherzustellen. Auf seinem Grund sei weiterhin theologisch begründete Obrigkeitskritik ermöglicht worden. Selbst von den Vetretern des „Konfessionalisierungsparadigmas“ sind Äußerungen wahrnehmbar, die eine Kritik vor dem Hintergrund des „Nichtkonfessionalisierbaren“ implizieren. Kriterien der (spät)humanistischen Gelehrsamkeit wären die überkonfessionell geteilte Kenntnis des klassischen Altertums und der Alten Kirche, Kenntnis der lateinischen, griechischen, hebräischen und bisweilen gar weiterer Sprachen, die Fähigkeit, die Quellen in der Originalsprache zu lesen, sowie zunehmend eine philosophische und methodische Kompetenz, die aus ebendiesen Quellen schöpfte. Die sich von der These des Späthumanismus als einer „Standeskultur“ (Trunz) und Grundlage des „Nichtkonfessionalisierbaren“ her ergebenden Forschungsfelder sind noch weithin unbeackert.59 Die theologiegeschichtliche Forschung ist hinsichtlich der Rezeption des klassischen Altertums und der Alten Kirche über die Zeit der Reformation – mithin der Konzentration auf Luther, Melanchthon und die anderen Reformatorenpersönlichkeiten – kaum hinausgekommen.60 Es ist aber zu vermuten, dass sich diese Rezeption von einer „labelhaften“ Rezeption  – Hieronymus als Musterbeispiel für einen Gelehrten oder Augustinus als Siegel der Orthodoxie61  – zunehmend hin zu einer differenzierten Auseinandersetzung mit klassischer Antike und Alter Kirche entwickelt, die auch zur Herstellung neuer Antiken- und Kirchenväterausgaben geführt hat. Auch Forschungen zur Sprachkompetenz in der nachreformatorischen Epoche sind unlängst aufgenommen worden.62 Außerdem ist nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass Thomas Kaufmann herausgearbeitet hat, dass in der akademischen Lehre gerade nicht nur Dogmatik, sondern vielmehr Exegese gelehrt worden sei. Zu prüfen wäre, inwieweit dies an der Leucorea, der Kaufmann eine entscheidende Vorbildfunktion einräumt, ähnlich oder abweichend war. Dabei ist fraglich, ob die Durchsetzung der Lehre und der Reformation überhaupt im Sinne des „Konfessionalisierungsparadigmas“ die wichtigste Leistung der Universitätstheologen und der gebildeten Theologen gewesen ist, ferner ob diese Durchsetzung tatsächlich innovationshemmend gewirkt hat. 58  Braden:

Hamburger Judenpolitik im Zeitalter lutherischer Orthodoxie 1590–1710, 2001. Konfessionalisierung und Grenzen von Konfessionalisierbarkeit, in: ders./ Ziegler (Hrsg.): Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung, Bd. 7, 1997, 9–44. 60  Bisher liegen nur punktuelle Annäherungen an die Antiken- und Väterrezeption des 17. Jahrhunderts vor. Vgl. etwa Frank/Leinkauf/Wriedt (Hrsg.): Die Patristik in der frühen Neuzeit, 2006, sowie Maissen/Walther (Hrsg.): Funktionen des Humanismus, Göttingen 2006. 61  Vgl. dazu Wriedt: Via Augustini – Ausprägungen des spätmittelalterlichen Augustinismus in der observanten Kongregation der Augustinereremiten, in: Bultmann/Leppin/Lindner (Hrsg.): Luther und das monastische Erbe, 2007, 9–38, hier 17. 62  Kettmann: Wittenberg – Sprache und Kultur in der Reformationszeit, 2008. 59  Schindling:

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Kapitel II: Zum gegenwärtigen Stand der Orthodoxie-Forschung

In theologiegeschichtlicher Hinsicht mit Blick auf Balduin sind künftig verstärkt die thematischen Schwerpunkte der Werke zu erforschen: Hat sich der betreffende Theologe schwerpunktmäßig mit dem Alten oder mit dem Neuen Testament befasst? Hat er gegen römisch-katholische, calvinistische oder andere  – etwa als heterodox stigmatisierte  – Theologen angeschrieben? Auf der Grundlage dieses zunächst quantitativen Befundes ist nach den theologischen Inhalten und der Methode ihrer Gewinnung zu fragen. Wie bestimmt jener betreffende Theologe seine Profession, die Theologie? Was ist sein Begriff von Theologie? Sodann, welche Ziele verfolgt er mit dem Theologietreiben und was beabsichtigt er zu tun, um die Ziele zu erreichen? Zuletzt genannte Frage zielt auf die Methode der Auslegung (Gewinnung von theologischen Inhalten) und Didaktik (Vermittlung von theologischen Inhalten).

Kapitel III

Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte 1.  Grundlinien der Fakultätsgeschichte (1580–1627) Friedrich Balduin war Schüler der ersten Theologengeneration nach der 1591/921 erfolgten Festlegung der Leucorea auf die lutherische Orthodoxie: Ägidius Hunnius, Salomon Gesner, David Runge und Leonhard Hutter sowie Samuel Huber.2 Diese Theologengeneration (ausgenommen Huber, der 1595 entlassen worden war) prägte die Fakultät über einen Zeitraum von etwa einem Jahrzehnt maßgeblich. Hutter sollte gar als Bindeglied zwischen der ersten und der seit 1605/07 nachfolgenden zweiten Theologengeneration der lutherischen Orthodoxie an der Leucorea fungieren. Balduin war als Schüler der ersten ein Teil der zweiten Theologengeneration neben Wolfgang Franz, Balthasar Meisner und Nicolaus Hunnius. Diese zweite Theologengeneration repräsentierte die Fakultät über einen Zeitraum von etwa zwei Jahrzehnten bis zur abermaligen Neukonstitution in den Jahren 1627/28 maßgeblich.3 Während die erste Theologengeneration noch stärker an der Festigung der im Konkordienbuch von 1580 grundgelegten Theologie der lutherischen Orthodoxie arbeitete (Formierungsphase), konnte die zweite Theologengeneration sodann vor dem Hintergrund kontroverstheologischer Vertiefungen sowie der praktisch-theologischen Anwendung über diese im Konkordienbuch festgeschriebene Theologie bereits hinausgehen, ohne dabei ihren Boden zu verlassen (Konsolidierungsphase). 1  Gregor XIII. hatte 1582 eine Kalenderreform durchgeführt, welche im Wesentlichen auf die römisch-katholischen Territorien beschränkt geblieben ist. Die protestantischen Territorien hielten bis in das 18. Jahrhundert hinein mehrheitlich am julianischen Kalender fest – so auch Kursachsen. Die nachfolgend genannten Datumsangaben folgen – insofern nicht anders angegeben – den Angaben der Quellen und somit dem julianischen Kalender. 2  Eine Bearbeitung der Fakultätsgeschichte zwischen 1591/92 und 1627 liegt bisher nicht vor. Die Darstellung von Aland: Die Theologische Fakultät, reicht nur bis zum Jahr 1592. Zur Fakultätsgeschichte im 17. Jahrhundert vgl. GUW, 395–430. Friedensburg bietet allerdings weniger eine umfassende Gesamtdarstellung als vielmehr einzelne biographische sowie historiographische Notizen. Zuletzt hat Hausmann: Laurentius Laelius, 1989, 64–96, die Fakultätsgeschichte auf Grundlage der älteren Forschung für die Jahre der Studienzeit des Laelius in Wittenberg (1593 bis 1597) skizziert. Für die Geschichte der Leucorea in der Zeit, als Johann Friedrich König an der Theologischen Fakultät studiert hat (1644 bis 1649), vgl. Stegmann: König, 15–25. Der nachstehende Abriss zu den Grundlinien der Fakultätsgeschichte basiert auf einer eigenen, rund 180 Seiten umfassenden ausführlichen Darstellung der Geschichte der Theologischen Fakultät der Leucorea, die im Rahmen der Arbeiten zur vorliegenden Dissertation entstanden, allerdings hier aufgrund des begrenzten Raumes keinen Platz finden konnte. 3 Vgl. zu Meisner und Franz Tholuck: Geist der lutherischen Theologen, 14–39 sowie die verstreuten Bemerkungen auf den Seiten 51–160, weiterhin ders.: Lebenszeugen der lutherischen Kirche, 172–176 und 202–208 sowie Leube: Reformideen, 45–51. Zu Franz und Balduin außerdem Gensichen: Wittenberger antisozinianische Polemik, § 4.

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

Die kursächsische Kirchenordnung von 1580, die eine umfassende Schul- und Universitätsordnung enthielt, bildete  – vorbehaltlich der tatsächlichen Umsetzung der enthaltenen Bestimmungen – die Grundlage für die Fortentwicklung der Universität Wittenberg im späten 16. und im 17. Jahrhundert.4 Daran änderte auch die nach dem Tod Kurfürst Augusts von Sachsen (1586) in der Folge des abermaligen religionspolitischen Kurswechsels unter Christian I. verabschiedete Revision der Universitätsordnung (1588) nur wenig.5 Der Administrator Friedrich Wilhelm I., der die Regierungsgeschäfte für den noch minderjährigen Thronfolger Christian II. übernahm, brachte nach dem Tod Christians I. im Jahr 1591 zwar keine neue Universitätsordnung auf den Weg, kehrte aber in den wesentlichen Bestimmungen wieder zur Kirchenordnung von 1580 und den darin enthaltenen Ordnungen für die Universitäten in Leipzig und Wittenberg zurück. Schon bald nach der Regierungsübernahme durch Christian II. im Jahr 1601 ließ dieser an einer neuen Universitätsordnung für Leipzig und Wittenberg arbeiten. Ein Entwurf der Universitätsordnung wurde im Jahr 1606 präsentiert, jedoch nicht verabschiedet.6 Die darin getroffenen Regelungen deuten ein Zurückgehen auf die Bestimmungen der Kirchenordnung von 1580 an. Dabei ist davon auszugehen, dass in dem Entwurf die an den Universitäten tatsächlich gepflegte Praxis teilweise abgebildet wurde – Abweichungen indes hat es immer wieder gegeben. Zu Beginn der 1580er Jahre wurde die Durchsetzung der Unterschriften aller Professoren unter das Konkordienbuch forciert.7 Mit der Generalvisitation (1592), welche fernerhin die Visitation der Leucorea zur Folge 4  Die kursächsische Kirchenordnung von 1580 ist vollständig abgedruckt in Lünig (Hrsg.): Codex Augusteus oder Neuvermehrtes Corpus Juris Saxonici, 1724. Die Schul- und Universitätsordnung einschließlich Stipendiatenordnung liegt in einer älteren Edition vor. Vgl. Wattendorf (Hrsg.): Die Schul- und Universitätsordnung Kurfürst Augusts von Sachsen, 1890. Die Kirchenordnung von 1580 ist ediert in Sehling: Die Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts. Abt. 1: Sachsen und Thüringen, nebst angrenzenden Gebieten, 1902, 359–457. Vgl. zur kursächsischen Kirchenordnung von 1580 zuletzt Ludwig: Philippismus und orthodoxes Luthertum, 2009, 302–412. Vgl. insgesamt zu den Ordnungsmodellen und Ordnungsvorstellungen im 16. Jahrhundert Dingel/Kohnle (Hrsg.): Gute Ordnung, 2014. 5  UUW 1, Nr. 449. Vgl. dazu Ludwig: Philippismus und orthodoxes Lutherum. Außenpolitisch manifestierte sich der religionspolitische Kurswechsel unter dem der lutherischen Orthodoxie zugeneigten Administrator durch die Annäherung an das Haus Habsburg und ein Abrücken von der Pfalz. Vgl. Gotthard: „Politice seint wir bäpstisch“, in: ZHF 20 (1993), 275–319. Vgl. zu Kurfürst August Bruning: Landesvater oder Reichspolitiker? Kurfürst August von Sachsen, in: Hettling/ Schirmer/Schötz (Hrsg.): Figuren und Strukturen, 2002, 205–224. 6  UUW 1, Nr. 528. 7  Förstemann (Hrsg.): Liber decanorum, 59–60: „Anno Domini 1581. mense Ian. ex mandato Illustrissimi Electoris huc venerunt nobilis et strenui viri Ioannes Georgius de Ponickaw et Ioannes Friderichus de Schönberg: Reverendi item et clarissimi viri D. D. Nicolaus Selneccerus, Superintendens Lipsensis, et D. D. Ioannes Avenarius Superintendens Citzensis, quibus una cum Collegio Theologico huius Academiae iniunctum fuit, ut secunda vice vocatis omnium Facultatum Professoribus, ab ipsis exigerent, ut vel libro Christianae Concordiae subscriberent, vel causas suae tergiversacionis exponerent. Subscripserunt ergo ex Facultate Iuridica Doctor Michael Teüber, D. Vitus Winshemius, ex Facultate Medica Doctor Salomon Albertus, Doctor Valentinus Espach. Ex Facultate Philosophica M. Andreas Franckenberger, M. Petrus Albinus, Doctor Andreas Schato, M. Michael Reichardus, M. Nicolaus Thodenus, M. Valentinus Schindeler. Doctorem vero Matthaeum Wesenbeccium, ne subscribere cogeretur, excepit ipse Elector, peculiari schedula mandato inserta. Subscribere detrectarunt Doctor Bartholomaeus Schönborn, qui ne unam quidem iustam causam praetendere noverat, Doctor Ioannes Matthesius et M. Lohmeier, qui se alio vocatos esse praetenderunt, M. Casparus Alteneich, qui ex professo Calvi-



1.  Grundlinien der Fakultätsgeschichte (1580–1627)39

hatte, wurden die Professoren zur Unterschrift der vier Visitationsartikel (Abendmahl, Person Christi, Taufe und Gnadenwahl sowie ewige Vorsehung) verpflichtet.8 Seit 1624 dokumentierte gar ein eigens angelegtes Buch die Unterschriften der in der Philosophischen sowie Juristischen und Medizinischen Fakultät graduierten Kandidaten.9 Nicht zuletzt zielten die Leges Academiae Wittebergensis De Studiis et Moribus Studiosorum (1610), die sich unmittelbar gegen studentische Exzesse richteten, auf die konfessionelle Zuverlässigkeit der Studenten.10 Aktenkundig wurden indes der konfessionellen Homogenisierungsbemühungen ungeachtet immer wieder Abweichungen von Universitätsordnung und Bekenntnis. Die Theologische Fakultät der Leucorea bleibt nach den Bestimmungen der Kirchenordnung von 1580 mit vier ordentlichen Professuren sowie der Professur für hebräische Sprache, die ihr inkorporiert war, ausgestattet.11 Eine Berufung auf eine ordentliche Professur in der Theologischen Fakultät setzte nach den Bestimmungen voraus, dass der Kandidat bereits ein Predigtamt innegehabt hatte. Das ließ sich sachlich damit begründen, dass drei der vier ordentlichen Professuren mit Predigtämtern verbunden waren, die eine gewisse Erfahrung erforderten.12 Weitere für die Theologische Fakultät relevante Bestimmungen betrafen die Lehrinhalte, das nianum dogma probabat, M. Valentinus Ottho Mathematicus, qui grauissimas calumnias non tam ad librum Concordiae, quam ad ipsum Electorem spectantes scripto comprehensas obtulit. Denique Iulius Boyma L. L. subscripsit quidem, sed postea ab alijs seductus, adducto Notario subscriptionem repetijt. Haec Omnia 26. 27. et 28. Ian. tractata sunt. Inde 16. Feb. allatum mandatum, quo illi omnes qui Libro Concordiae subscribere detrectarunt, ex Academia absque mora discedere iussi fuerunt, et Facultati Theologicae iniunctum est, ut in posterum omnes cuiuscunque professionis, si in numerum Professorum Academiae, Formulae Concordiae subscribere iuberentur, quo firma et constans quoad confessionem pax inter omnium Facultatum Professores conservetur.“ 8 Christliche Visitation-Articul, Wie dieselbige in Theses und Anti-Theses kürtzlich verfasset, und in Anno 1592. verrichter Visitation der Kirchen und Schulen dieser Lande und Fürstenthume der Chur-Sachsen zu unterschreiben vorgeleget worden, in: Corpus Juris Ecclesiastici Saxonici, Oder: Churfl. Sächs. Kirchen-, Schulen- wie auch andere darzu gehörige Ordnungen. Nebenst unterschiedenen Ausschreiben in Consistorial- und Kirchen-Sachen. Samt einem vollkommenen Register, Dresden 1708, 463–469. 9  UA Halle, Rep. 1, 4608: Catalogus eorum, qui a publicato decreto visitationis anno 1624 Augustanae confessioni et plerique etiam formulae Christianae concordiae ao 1580 publicatae subscripserunt. In academia Wittebergensi admissi 1) ad munus professoris 2) ad gradus doctorum in iure et medicina 3) ad gradum magisterii 4) ad lectiones privatas in theologia habendas (Der Band reicht von 1624 bis 1810). 10  Leges Academiae Witebergensis De Studiis Et Moribus Studiosorum. Item, Artickel Etlicher nothwendiger Ordnung unnd Satzung zu erhaltung guter Policey, Ruhe, Friede und Einigkeit, auch guter Zucht und Erbarkeit, Wittenberg 1610. Nachgedruckt wurden die Bestimmungen 1612, 1613, 1614, 1615, 1616 und 1620. 11 Vgl. Sehling: Kirchenordnung. Daran änderten auch die Revision von 1588 sowie der Entwurf von 1606 nichts. Allerdings wurde die Professur für hebräische Sprache wenigstens nach dem Entwurf von 1606 ausgegliedert und gehörte formal nicht mehr zur Theologischen Fakultät. In den Rechnungsbüchern, die die Besoldung der Professoren dokumentieren, wurde die Professur für Hebräisch der Philosophischen Fakultät zugeordnet. 12  Tatsächlich ist diese Forderung nicht immer eingehalten worden. Man konnte sich dabei auf die Revision von 1588 berufen, die diese in der Kirchenordnung von 1580 formulierte Voraussetzung gestrichen hatte mit dem Argument, dass auch nicht zum Predigtamt geeignete Kandidaten sich zu Universitätsprofessoren eignen könnten. Rechtlich war diese Position durchaus sattelfest, da die Revision von 1588 formal nicht aufgehoben worden ist. Zudem folgte der Entwurf von 1606 in diesem Punkt der Revision von 1588 und verwarf die genannte Voraussetzung für den Erhalt einer theologischen Professur.

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

Disputations- und Stipendienwesen. Die Professoren sollten die Lehrinhalte so unter sich aufteilen, dass ein Theologiestudent innerhalb von fünf Jahren das Wesentliche in der Theologie gelernt haben konnte: Einer der Professoren war für die Bücher Mose (oder das Psalterium), ein anderer für die Propheten, ein dritter für das Neue Testament (mit Schwerpunkt auf den Paulinischen Briefen) und ein vierter für die Lehrartikel nach Konkordienbuch oder Loci communes Melanchthons (nach der Ordnung von 1580 zudem für die Auslegung der Timotheusbriefe sowie des Titusbriefs) zuständig.13 Die öffentlichen Disputationen – das Disputationswesen hatte im Rahmen der Reformen des Tübingers Jacob Andreae (1528–1590) eine umfassende Neuordnung erfahren – sollten nunmehr regelmäßig jeden Monat stattfinden. Dabei sollten sich die Inhaber der Professuren in den drei oberen Fakultäten abwechseln. Im Dienste der Heranbildung geeigneten akademischen Nachwuchses wurde außerdem der Etat für die kurfürstlichen Stipendiaten erhöht und nunmehr einhundert Studenten aus landesherrlichen Mitteln versorgt.14 Neben den Bestimmungen der Universitätsordnung ist auf die von Universität und Fakultät als Korporationen selbst verabschiedeten Beschlüsse hinzuweisen, die für die weitere Entwicklung von Bedeutung waren. Bei der Visitation der Leucorea im Rahmen der Visitation des Kurkreises (1592) wurden Senioratszulagen15 vereinbart, die seit 1593 mit 12 ½ fl pro Quartal ausgezahlt wurden. Auf Beschluss der Professoren Hunnius, Gesner und Runge wurde die Einrichtung eines Fiskus der Theologischen Fakultät (1596) umgesetzt16 und am 11. Dezember 1597 bat die Fakultät Rektor und Senioren um die Wiederaufnahme der in lateinischer Sprache abgehaltenen Sonntagspredigten für die ausländischen Studenten.17 Zur gleichen Zeit traf die Theologische Fakultät weitere Bestimmungen zur Einschränkung der privaten theologischen Disputationen und Vorlesungen. Die von der Fakultät initiierten Bemühungen zielten insbesondere auf finanzielle Konsolidierung, Qualitätssicherung in Lehre und theologischer Arbeit sowie dezidiert auf konfessionelle Homogenität. 13  Hier folgte der Entwurf von 1606 im Wesentlichen der Universitätsordnung von 1580. Alleine die vierte Professur war nunmehr ganz mit den Lehrartikeln und nicht mehr mit der Auslegung der Timotheusbriefe sowie des Titusbriefs betraut. Damit hatte die Behandlung des Neuen Testaments gewisse Einschnitte erfahren gegenüber der Vermittlung der Lehrartikel. 14  Lück/Rockmann: Der Verkauf des Lutherhauses an die Universität Wittenberg 1564, in: LuJ 69 (2002), 79–100 sowie Ludwig: Unterbringung und Versorgung  – sozialgeschichtliche Aspekte der Universität Wittenberg, in: Asche/Lück/Rudersdorf/Wriedt (Hrsg.): Institutionen und Formen, 483–516; dies.: „das sie beisammen fridtlich, zuchtick und stille leben“ – Die Bewohner der Wittenberger Kollegien in der Frühen Neuzeit, in: Lück/Bünz/Helten/Kohnle/Sack/Stephan (Hrsg.): Das ernestinische Wittenberg: Stadt und Bewohner. 15  UA Halle, Rep. 1, 2273 Rechnungsbuch der Universität 1594/95. Senioren waren damals Ägidius Hunnius (Theologie), Johannes Zanger (Jurisprudenz), Andreas Schato (Medizin) und Michael Reichard (Philosophie). 16  UUW 1, Nr. 494. Vgl. dazu auch Appold: Orthodoxie, 50–52. Die Aufzeichnungen des Fiskus der Theologischen Fakultät sind erhalten und werden im Universitätsarchiv Halle (Saale) aufbewahrt. 17  In dem Entwurf von 1606 heißt es, dass die lateinischen Sonntagspredigten – wie bisher geschehen – im großen Auditorium gehalten werden sollen, allerdings nicht von einem der vier ordentlichen Theologieprofessoren. Denn diesen fehle aufgrund der zahlreichen anderen Amtsobliegenheiten die Zeit dazu. Daher möge für die lateinischen Sonntagspredigten ein eigener Prediger bestellt werden. Ob dies auch tatsächlich umgesetzt worden ist, bleibt zu prüfen.



1.  Grundlinien der Fakultätsgeschichte (1580–1627)41

Die Immatrikulations-, Promotions- und Ordinationsfrequenzen der Leucorea blieben bis zum Beginn der 1620er Jahre auf beinahe gleichbleibend hohem Niveau wie der Vergleich zu den übrigen drei mitteldeutschen Universitäten Leipzig, Jena und Helmstedt zeigt.18 Zwar hatte die Schwesteruniversität in Leipzig die Leucorea hinsichtlich der absoluten Immatrikulationszahlen in den 80er und 90er Jahren des 16. Jahrhunderts zunehmend überholt (mit 13.408 gegenüber 12.972 Einschreibungen belegte sie den ersten Rang), doch gehörte die Leucorea nach wie vor zu den frequenzstärksten Universitäten im Heiligen Römischen Reich.19 Dagegen verzeichneten Jena (mit 7.077) und Helmstedt (mit 8.513) insgesamt deutlich weniger Einschreibungen. In dem Zeitraum von 1605 bis 1628 überragte die Universität Leipzig mit 15.693 Immatrikulationen Wittenberg (13.166), Jena (7.328) und Helmstedt (7.886) dann noch stärker. Eine erste Studie zum Einzugsbereich der mitteldeutschen Universitäten (ohne Helmstedt) für die Jahre zwischen 1570 und 1605 hat ergeben, dass nur 19,0 % der an der Universität Wittenberg inskribierten Studenten aus dem Trägerterritorium (hier: Kursachsen) kamen (an der Universität Leipzig waren das etwa 47 %, an der Universität Jena etwa 35 %).20 Indes: Der Anteil der Besucher der Universität Helmstedt aus den welfischen Gebieten betrug in den Jahren zwischen 1576 und 1625 insgesamt 35 %.21 Dieses Bild verändert sich auch in den Folgejahrzehnten nicht grundlegend22 – auch dies ist ein Indiz für die nach wie vor besondere überregionale sowie überterritoriale Anziehungskraft der Leucorea (siehe Abb. 1). An der Universität Wittenberg haben mit Abstand die meisten Promotionen zum Magister artium stattgefunden: Von 1580 bis 1604 wurden 1.781 und von 1605 bis 1628

18 Entgegen der in der Forschung als die mitteldeutsche Bildungslandschaft konstituierenden Universitäten gezählten Standorte Wittenberg, Leipzig und Jena wird im Folgenden auch die Universität Helmstedt explizit als Teil dieser Gruppe verstanden. Nicht nur die geographische Lage, sondern auch die persistenten gelehrten Beziehungen zur Universität Helmstedt rechtfertigen diese Einordnung. Vgl. zum Forschungskonzept der Bildungslandschaft Töpfer: Zwischen bildungskultureller Vorbildwirkung und politischer Legitimitätsstiftung, in: Tanner (Hrsg.): Konstruktionen von Geschichte, 2012, 29–52; ders.: Bildungsgeschichte, Raumbegriff und kultureller Austausch in der Frühen Neuzeit, in: North (Hrsg.): Kultureller Austausch, 2009, 115–139; ders.: Die Universitäten Leipzig und Wittenberg im Reformationsjahrhundert, in: Döring (Hrsg.): Universitätsgeschichte als Landesgeschichte, 2007, 41–83. 19  Eulenburg: Die Frequenz der deutschen Universitäten, 1904 (ND Berlin 1994). Zu bemerken ist auch, dass die Leucorea kontinuierlicher frequentiert war als die Universität Leipzig, an der der Wert der Standardabweichung deutlich größer ist und Minimal- und Maximalwerte deutlich größere Schwankungen aufweisen. Vgl. dazu Abbildung 1. 20  Bönisch: Universitäten und Fürstenschulen, 2013, 94–109. Bönisch vergleicht die Universitäten Leipzig, Wittenberg, Jena und Erfurt als Universitäten einer mitteldeutschen Bildungslandschaft. Warum Erfurt hier zur mitteldeutschen Bildungslandschaft gerechnet wird, erschließt sich nicht. Eine Matrikelanalyse liegt indes auch speziell für die Universität Helmstedt vor: Alschner: Universitätsbesuch in Helmstedt 1576–1810, 1998. 21  Alschner: Universitätsbesuch, 131. 22  In den Jahren zwischen 1605 und 1618 kamen rund 42 % der Besucher der Universität Leipzig aus Kursachen und knapp 34 % der Besucher der Universität Jena kamen aus den thüringischen Territorien. Hingegen kamen lediglich knapp 17 % der Besucher der Leucorea aus Kursachsen. Vgl. Bönisch: Universitäten und Fürstenschulen, 153, 157 und 160.

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

1200 Wittenberg Leipzig

Jena Helmstedt

1000

800

600

400

200

0

05

16

07

16

09

16

11

16

13

16

15

16

17

16

19

16

21

16

23

16

25

16

27

16

Abb. 1:  Immatrikulationsfrequenzen der vier mitteldeutschen Universitäten Leipzig, Wittenberg, Jena und Helmstedt zwischen 1605 und 1627 im Vergleich

1.519 Kandidaten an der Philosophischen Fakultät der Leucorea promoviert.23 An der Universität Leipzig wurden im ersten Zeitraum 417 und im zweiten 518, an der Universität Helmstedt 448 und 595 Kandidaten zum Magister artium promoviert.24 Dagegen lagen sämtliche mitteldeutsche Universitäten in Hinsicht auf die Promotionen der Theologischen Fakultät (Lizentiaten und Doktoren der Theologie) etwa auf einem Niveau. Alleine Jena blieb hinter den übrigen Universitäten erkennbar zurück. 23 Diese Zahlen basieren auf einer Auszählung der Namenseinträge in das Dekanatsbuch der Philosophischen Fakultät. Vgl. UA Halle, Rep. 1, XXXXV, Nr. 1, Dekanatsbuch der Philosophischen Fakultät, Bd. 2 und 3. 24  Die Daten der jährlichen Promotionsfrequenzen lagen für die Universitäten Leipzig und Helmstedt bereits vor. Für die Universität Jena liegen keine Daten vor. Vgl. für die Universität Leipzig Erler (Hrsg.): Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig (1559–1809), 1909. Für die Universität Jena Mentz (Bearb.): Die Matrikel der Universität Jena, Teil: 1. 1548 bis 1652, 1944. Für die Universität Helmstedt Zimmermann (Bearb.): Album Academiae Helmstadiensis. Abt. 1. Studenten, Professoren etc. der Universität Helmstedt von 1574–1636, 1926, CIII–CVIII. Vgl. für die Daten der jährlichen Promotionsfrequenzen an der Philosophischen Fakultät der Universität Wittenberg, die der Forschung bisher nicht vorlagen: UA Halle, Rep. 1, XXXXV, Nr. 1, Dekanatsbuch der Philosophischen Fakultät, Bd. 2 und 3. Eine gedruckte ältere Edition des ersten Bandes des Dekanatsbuches der Wittenberger Philosophischen Fakultät liegt vor mit Köstlin (Hrsg.): Die Baccalaurei und Magistri der Wittenberger philosophischen Fakultät (1503–1560), 4 Bde., 1887/91. Vgl. zu den Daten der jährlichen Promotionsfrequenzen an der Universität Leipzig ferner Bönisch: Universitäten und Fürstenschulen, 428, Diagramm 18: Übersicht über die jährlichen Graduierungen der Leipziger Artistenfakultät (1570–1605). Während mit dem Zahlenwerk von Eulenburg eine statistische Darstellung der Immatrikulationsfrequenzen für die Universitäten des Heiligen Römischen Reiches vorliegt, gibt es für die Promotionsfrequenzen kein vergleichbares Werk.



1.  Grundlinien der Fakultätsgeschichte (1580–1627)43

An der Leucorea wurden zwischen 1580 und 1604 insgesamt 25 und zwischen 1605 und 1628 insgesamt 28 Promotionen zu Lizentiaten und Doktoren der Theologie durchgeführt. An der Universität Jena waren es im ersten Zeitraum 14, im zweiten Zeitraum 20 Promotionen. An der Leipziger Universität wurden von 1580 bis 1605 sieben Kandidaten zu Doktoren und Lizentiaten promoviert (in diesem Zeitraum fanden zudem sieben weitere Promotionen zum theologischen Bakkalaureat statt, das in Wittenberg nicht vergeben wurde), von 1605 bis 1628 wurden 28 Promotionen zu Lizentiaten und Doktoren veranstaltet. In Helmstedt wurden im gleichen Zeitraum 27 Promotionen zu Lizentiaten und Doktoren vollzogen (siehe Tab. 1).25 Die Ordinationsfrequenzen dieser vier mitteldeutschen Universitäten können dagegen nur bedingt verglichen werden.26 Das Leipziger Ordiniertenbuch setzt erst im Jahr 1615/17 ein und ist lückenhaft geführt. Bei den in einem Exemplar des Konkordienbuchs eingetragenen Jenaer Ordinationen ist nicht gewiss, ob es sich dabei um sämtliche Jenaer Ordinationen handelt.27 Die 1576 einsetzenden Aufzeichnungen zu den Helmstedter Ordinierten28 sind in ihrer Gestalt nicht mit dem Wittenberger Ordiniertenbuch vergleichbar. Vielmehr handelt es sich um die konsistoriale Überlieferung zu den Präsentationen, Examina, Probepredigten und Ordinationen.29 In Wittenberg haben nach den Einträgen in den vierten und fünften Band des Wittenberger Ordiniertenbuchs von 1580 bis 1604 insgesamt 1.214, nach den Einträgen des sechsten Bandes von 1605 bis 1628 weitere 905 Ordinationen stattgefunden. Stellt man die Wittenberger und Leipziger Ordinationsfrequenzen seit 1617 gegenüber  – der 25  Für Wittenberg: Förstemann (Hrsg.): Liber Decanorum. Auch als Faksimile: Ficker (Hrsg.): Liber decanorum, 1923. Für Jena: Beier: Syllabus Doctorum Et Licentiatorum, 1652. Vgl. auch die Hinweise bei Rasche: Quellen zum frühneuzeitlichen Promotionswesen der Universität Jena, in: Müller (Hrsg.): Promotionen und Promotionswesen, 2001, 82. Für Leipzig: Gössner: Personelle Struktur und Nachwuchsrekrutierung, in: ders. (Hrsg.): Die Theologische Fakultät der Universität Leipzig, 2005, 73–161. 26 Die ersten drei Bände (bis zum Jahr 1572) des Wittenberger Ordiniertenbuchs liegen seit langem ediert vor: Buchwald (Hrsg.): Das Wittenberger Ordiniertenbuch. Die hier ausgewerteten, im Stadtkirchenarchiv Wittenberg aufbewahrten Bände haben in der Forschung bisher kaum Beachtung gefunden. Vgl. StKA Wittenberg, WOB, IV (1572–1590), V (1590–1605) und VI (1605–1627). Das Leipziger Ordiniertenbuch (LOB) beginnt im Jahr 1615 und verzeichnet die Ordinierten in der Nikolaikirche, Kirchliches Archiv Leipzig (KAL)  – Bestand Ordiniertenbücher. Ordinierte in der Nikolaikirche 1615, vor 1618, 1618–1628 und 1633–1645 (1); der zweite Band des Leipziger Ordiniertenbuchs setzt im Jahr 1645 und 1646 ein, führt dann erst wieder 1657 fort. Es trägt die Überschrift: Vorzeichnis Der Jenigen Personen, so in der Kirchen Zu St. Nicolai, Vom H. Doctor Johann Höpnern itziger Zeit Superintendenten, Zum H. Predigtambt ordiniret worden seyn, beneben ihrer und wohin sie beruffen worden. 27  Vgl. die Hinweise bei Feyl: Beiträge zur Geschichte der slawischen Verbindungen und internationalen Kontakte der Universität Jena, 1960. 28  Zimmermann verweist auf ein Helmstedter Ordiniertenbuch, das in zwei Bänden überliefert ist. Die Eintragungen mit Namen, Herkunft und künftigem Wirkungsort, i. e. dem Berufungsort, umfassen nach Zimmermann die Zeit von 1576 bis 1634 sowie 1634 bis 1705. Vgl. Zimmermann (Bearb.): Album Academiae Helmstadiensis, VI–VII. Dieses Helmstedter Ordiniertenbuch konnte bisher nicht aufgefunden werden, wohl aber eine entsprechende konsistoriale Überlieferung, anhand welcher die Ordinationsfrequenzen für Helmstedt ermittelt werden konnten. 29  Eingesehen wurden die entsprechenden Akten für die Jahre 1605 bis 1626 – die Überlieferung liegt insgesamt für die Jahre von 1576 bis 1626 vor. Vgl. NLA WO, 37 Alt, Nr. 1718, 26r ff., 1719, 1720, 1721, 1722, 1723, 1724. Darin finden sich Präsentationsschreiben sowie Briefe, die Examina und Ordinationen der angehenden kirchlichen Amtsträger dokumentieren. Von den Professoren der Theologischen Fakultät der Universität Helmstedt taucht z. B. Basilius Sattler (1549–1624) als Verfasser auf.

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1605 1606 1607 1608 1609 1610 1611 1612 1613 1614 1615 1616 1617 1618 1619 1620 1621 1622 1623 1624 1625 1626 1627 1628

Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

Wittenberg

Leipzig

Helmstedt

70 57 67 59 64 92 98 61 54 66 77 69 70 65 75 71 62 73 44 70 57 37 27 34

18 20 26 21 27 35 35  0 23 13 26 23 21 17 20 36 22 29 45 30 28 25 24 19

20 26 21 29 36 16 20 24 15 25 25 21 16 21 36 24 30 45 30 25 26 25 20 19

1519

5830

595

Tab. 1: Promotionsfrequenzen (Magister artium) der Philosophischen Fakultäten der mitteldeutschen Universitäten Wittenberg, Leipzig und Helmstedt im Vergleich

Vergleich ist wie erwähnt nur bedingt aussagekräftig, so zeigt sich, dass in Leipzig spätestens seit Mitte der 1620er Jahre deutlich mehr Ordinationen stattgefunden haben als in Wittenberg. An der Universität Helmstedt, für die entsprechende Zahlen anhand der genannten konsistorialen Überlieferung erhoben wurden, haben zwischen 1605 und 1626 insgesamt 209 und damit deutlich weniger Ordinationen als in Wittenberg stattgefunden.30 Überschaut man die quantitative Entwicklung der Leucorea zwischen 1580 und 1628, so zeigt sich, dass diese zwar um 1600 von der Leipziger Universität hinsichtlich der Immatrikulationsfrequenz übertroffen worden war. Gleichwohl haben nach wie vor  – mit signifikantem Abstand zu Leipzig  – die meisten Promotionen zum 30 Ausgezählt wurden die Namen sämtlicher Kandidaten, für die anhand der konsistorialen Überlieferung Präsentation, Examen und Ordination nachgewiesen werden konnten, Vgl. NLA WO, 37 Alt, Nr. 1718–1724. Im Einzelnen waren das im Jahr 1605 elf, 1606 fünf, 1607 sechzehn, 1608 neunzehn, 1609 siebzehn, 1610 neunzehn, 1611 zwanzig, 1612 neunzehn, 1613 sieben, 1614 neun, 1615 dreizehn, 1616 zwölf, 1617 zwei, 1618 sieben, 1619 sechzehn, 1620 keine Präsentation, 1621 zehn und 1622 sieben Präsentationen von künftigen kirchlichen Amtsträgern. Für die Jahre 1623 bis 1626 ist entweder kein Kandidat präsentiert worden oder die Überlieferung ist nicht vorhanden.



1.  Grundlinien der Fakultätsgeschichte (1580–1627)45

Magister artium in Wittenberg stattgefunden. Bei den Promotionen in der Theologischen Fakultät waren die Universitäten auf einem ähnlichen Niveau. Hinsichtlich Examen und Ordination der Pfarramtskandidaten kann einerseits auf beständig hohe Wittenberger Frequenzen hingewiesen werden. Andererseits kann vergleichend nur festgestellt werden, dass Leipzig seit Mitte der 1620er Jahre erheblich mehr Examina und Ordinationen vollzogen hat. Es ist bereits bemerkt worden, dass Friedrich Balduins akademische Lehrer die Professoren waren, welche die Theologische Fakultät der Universität Wittenberg nach den Amtsentlassungen der Jahre 1591/92 maßgeblich prägten: Hunnius (mit einer Besoldung von 75 fl), Gesner (72 ½ fl), Runge (60 fl) und Hutter (47 ½ fl) sowie Huber (60 fl), der durch Runge ersetzt wurde.31 Der aus Tübingen stammende Ägidius Hunnius dürfte als wichtigster akademischer Lehrer Balduins anzusehen sein.32 Hunnius wurde als ältester Sohn des Färbermeisters Ägidius und seiner Frau Apollonia am 21. Dezember 1550 in Winnenden geboren und von dem örtlichen Pfarrer Kaspar Leyser  – dem Vater des späteren kurfürstlichen Hofpredigers Polycarp Leyser d. Ä. (1552–1610)  – getauft. Nachdem er die ersten Kindheitsjahre in seiner Heimatstadt verbracht hatte, besuchte Hunnius ab 1563 die in Adelberg und Maulbronn gelegenen Klosterschulen. Am 1. November 1565 immatrikulierte er sich an der Universität Tübingen und wurde unter die Stipendiaten des Herzogs Christoph von Württemberg (reg. 1550–1568) aufgenommen. Hunnius erwarb 1567 den Magistergrad und wurde Repetent bei Jacob Heerbrand (1521–1600) am Tübinger Stift. Er studierte unter anderem bei dem Tübinger Theologen und späteren Reformer an der Wittenberger Universität Jacob Andreae sowie bei Dietrich Schnepf (1525–1586) und wurde 1574 Diakonus. Auf Empfehlung Heerbrands ging Hunnius als Professor der Theologie an die Universität Marburg. Zuvor war er am 16. Juli 1576 in Tübingen zum Doktor der Theologie promoviert worden. Am 8. August nahm Hunnius mit Vorlesungen über das Johannesevangelium seine Lehrtätigkeit auf. Im Zuge der „kryptocalvinistischen“ Händel an der Universität Wittenberg und der entsprechenden Amtsenthebungen berief der kursächsische Administrator Friedrich Wilhelm I. von Sachsen-Weimar (reg. 1591–1601) Hunnius am 19. November 1591 als Professor der Theologie in Wittenberg. Hunnius traf am 1. Mai 1592 in Wittenberg ein, hielt am 4. Mai seine erste Predigt und führte am 25. Mai seine erste Disputation durch. Am 4. Juni wurde er Propst33 der Wittenberger Schlosskirche und am Tage darauf zum professor primarius 31  Leben und Werk dieser Professoren werden im Folgenden in der Form kurzer Übersichten abgedruckt. Für die ausführlichere Würdigung ist auf die in Anm. 1 genannte Darstellung zur Geschichte der Theologischen Fakultät der Leucorea zwischen 1591/92 und 1648 zu verweisen. Vgl. zu diesen Universitätstheologen außerdem Kohnle/Kusche (Hrsg.): Professorenbuch. 32 Sein Leben wurde mehrfach beschrieben. Vgl. Adam: Vitae Germanorum Theologorum, 1620, 723–731; Zedler 13 (1735), 1243–1247; Erdmann: Biographie sämtlicher Pröbste, 17–19; ADB 13 (1881), 415–416; GUW, 397–399; NDB 10 (1974), 67–68; Adam: Der Streit um die Prädestination; TRE 15 (1986), 703; Matthias: Rechtfertigungslehre bei Ägidius Hunnius, in: Sträter (Hrsg.): Rechtfertigungslehre in der Lutherischen Orthodoxie, 2003, 27–41. Zu ihm liegt eine umfassende historische und theologische Studie vor, auf deren Ergebnisse bei der nachstehenden Betrachtung zurückgegriffen werden kann: Matthias: Theologie und Konfession. Vgl. auch Friedrich: Die Grenzen der Vernunft. 33  Der Titel des Propstes der Schlosskirche wird von dem ersten Prediger der Schlosskirche, der zugleich Inhaber einer der vier ordentlichen Professuren an der Theologischen Fakultät war, auch im

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

an der Theologischen Fakultät gewählt. Damit gehörte er zugleich dem Konsistorium an. Hunnius versah außerdem das Ephorat über die markgräflichen Stipendiaten in Wittenberg. Nachdem der mit ihm befreundete Polycarp Leyser, der als Oberpfarrer der Stadtkirche und Generalsuperintendent des Kurkreises neben ihm wirkte, als Hofprediger nach Dresden gewechselt war, übernahm Hunnius dessen Ämter. Trotz auswärtiger Berufungen nach Leipzig und an seine Heimatuniversität Tübingen, gelang es dem Kurfürsten, ihn in Wittenberg zu halten. Durch die Schenkung der Wittenberger Propstei war Hunnius sesshaft geworden. Weiterhin räumte ihm die Stadt Privilegien ein, wie etwa ein zusätzliches Braurecht, um ihn vor Ort zu binden. Allerdings verstarb er bereits 1603 in Wittenberg. Aufgrund seiner Bedeutung im Rahmen der Auseinandersetzung um Hubers Lehre von der Gnadenwahl, maßgeblicher Beteiligung am Regensburger Religionsgespräch von 1601 und im Hofmannsstreit hat Hunnius das Interesse der Forschung immer wieder auf sich gezogen. Demgegenüber wenig beachtet geblieben sind seine Verdienste um die Entwicklung der lutherisch-orthodoxen Exegese und Homiletik. Dabei lag sein Arbeitsschwerpunkt auf der Auslegung der Evangelien sowie der Briefe des Neuen Testaments. Die Wittenberger Gesamtausgabe seiner lateinischen Schriften (Tomae Operum Latinorum), die in drei Bänden zwischen 1607 und 1609 erschien, spricht für einen breiten Leserkreis. Der gebürtige Schlesier Salomon Gesner34 hatte als städtischer Alumnus in Straßburg insbesondere bei Johannes Marbach (1521–1581) und Johannes Pappus (1549–1610) studiert und war anschließend zunächst als Privatpräzeptor, sodann sogar als Lehrer und Rektor am Stettiner Pädagogium (1589) sowie als Lehrer und Prediger in Stralsund (1592) tätig gewesen. Bald darauf wurde er als Professor an die Theologische Fakultät der Leucorea berufen und dort 1593 zum Doktor der Theologie promoviert. Nachdem Hunnius zum professor primarius aufgerückt und Huber entlassen worden war, übernahm Gesner die Präpositur in der Schlosskirche und die Aufsicht über die kurfürstlichen Stipendiaten. Gesner ist in der Forschung insbesondere aufgrund seiner wider calvinistische Tendenzen in Schlesien gerichteten Streitschrift Treuherzige Warnung bekannt geworden, die sich gegen den Erbauungsschriftsteller Martin Moller (1547–1606) wandte. In der Forschung häufig erwähnt wird zudem, dass Gesner mit seiner Einleitung und Neuausgabe der Epitome metaphysicae Aristotelicae (1594) Johann Versors wichtige Verdienste für die „Wiederkehr der Metaphysik“ zuzuschreiben seien.35 Bisher noch nicht untersucht ist Gesners alttestamentliche Exegese mit Schwerpunkten auf dem Buch Genesis, dem Psalter und den Propheten.36 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass Gesner an Editionen der späten 16. und im 17. Jahrhundert geführt, wenngleich die alte Propstei nicht mehr existiert hat. Sie war im Besitz der Familie Hunnius, wurde aber dann anderweitig genutzt. Vgl. Ludwig (Bearb.): Die vormalige Probstey. 34 Vgl. Zedler 10, (1735), 1292–1293; Erdmann: Biographie sämtlicher Pröpste, 19–21; ADB 9 (1879), 121–122; GUW, 402–403; Axmacher: Praxis Evangeliorum, 1989; Wiedenroth: Krypsis und Kenosis. 35  Ratschow: Lutherische Dogmatik zwischen Reformation und Aufklärung, Bd. 1, 1964, 15 sowie Kathe: Philosophische Fakultät, 209. 36  Gesner: Genesis Sive Primus Liber Moysis, 1603, 21604; ders.: Commentarius In Genesin, seu primum librum Moysis, 1613; ders.: Commentationes In Psalmos Davidis, 1605, 1606, 1609, 1616 und 1629. Die Kommentare zu den Propheten wurden posthum von Paul Gesner, dem Sohn



1.  Grundlinien der Fakultätsgeschichte (1580–1627)47

Schriften des Kirchenvaters Augustinus gearbeitet hat. Die vier Bücher De Doctrina Christiana sowie das Enchiridion ad Laurentium erschienen beide im Jahr 1604 und dürften auch von Friedrich Balduin benutzt worden sein.37 In den Vorreden betonte Gesner den Nutzen dieser Schriften des Kirchenvaters für das Theologiestudium. Gesner war schwerpunktmäßig mit dem Alten Testament befasst und besaß ein ausgeprägtes editorisches Interesse.38 Der aus Greifswald stammende David Runge39  – Sohn des Theologieprofessors und Generalsuperintendenten für Pommern-Wolgast Jacob Runge (1527–1595) – besuchte das Stettiner Pädagogium und studierte sodann in Greifswald, Rostock und Tübingen, wo er ein herzogliches Stipendium bezog. Seit 1589 war er als außerordentlicher Professor für hebräische Sprache und Poesie in Greifswald tätig, bis er 1595 nach Wittenberg berufen wurde. Runge nahm die Vokation an und wurde Professor an der Theologischen Fakultät der Leucorea. Zugleich versah er das Amt des Predigers an der Schlosskirche. Als David Chytraeus (1530–1600) gestorben war, wurde Runge die vakante Professur an der Theologischen Fakultät der Universität Rostock angetragen.40 Eine erfolgreiche Berufung wurde daraus nicht. Bekannt ist Runge als Berichterstatter des Regensburger Religionsgesprächs (1601), das er an der Seite von Hunnius besucht hatte.41 Bekannt sind überdies seine umfassenden Disputationsreihen zum Römer- und den Korintherbriefen sowie zum Apostolikum.42 Seine posthum publizierten exegetischen Vorlesungen über die Bücher Genesis und Exodus werden in den einschlägigen Artikeln dagegen nicht genannt und verdienen nähere Beachtung.43 Salomon Gesners, herausgegeben. Vgl. Gesner: Commentarius in Oseam Prophetam, 1614; ders.: Commentarius In Joelem Prophetam, 1614 und ders.: Commentarius In Abdiam Prophetam, 1618. 37 Divi Aurelii Augustini Hipponensis, Episcopi. De Doctrina Christiana Libri Quatuor. In gratiam et usum Studiosorum Theologiae, seorsim, cum Isagogica praefatione Salomonis Gesneri S. Theologiae Doctoris et Professoris, editi, 1604 und Divi Aurelii Augustini Enchiridion Ad Laurentium Urbis Romae Primicerium. Nec non libellus De Essentia Divinitatis, qui inter opera Augustini extat tomo quarto. In gratiam studiosorum Theologiae seorsim edita, 1604. 38  Er hatte auch eine Edition von Bugenhagen: Passio Domini Nostri Iesu Christi, hrsg. von Gesner, 1602 herausgegeben. 39 Vgl. Vanselow: Gelehrtes Pommern, 1728, 98; Zedler 32 (1742), 1822–1823; Jöcher 3, 2311; Erdmann: Lebensbeschreibungen, 63–64; GUW, 403–404; Gummelt: Die Theologische Fakultät und das Jubiläum der Universität Wittenberg im Jahre 1602, in: Dingel/Wartenberg: Die Theologische Fakultät Wittenberg, 2002, 225–226. Vgl. zu David Runges Vater auch Gummelt: Jacob Runge, ein Schüler und Mitarbeiter Philipp Melanchthons in Pommern, in: Baltische Studien 84 (1998), 57–66. 40  Vgl. für Runges Schreiben vom 24. September 1601 an den Kurfürsten HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1990/1: Register über die Universiteten-, Consist.- und Geistl. Sachen Anno 1601–1607, Nr. 6. 41  Runge: Diagraphē Colloquii Ratisbonensis, 1602; dazu Herbst: Regensburger Religionsgespräch, 30–31. 42  Runge: Disputationes septendecim, ex Epistola Pauli ad Corinthios priori, 1599; ders.: Disputationes quindecim ex Epistola Pauli ad Corinthios posteriori, 1600; ders.: Analysis Epistolae divi Pauli ad Romanos, 1600; ders.: Symboli Apostolici Brevis Explicatio, 1602. Die Gesamtausgabe Volumen Disputationum erschien zu Wittenberg im Jahr 1606. 43  Ders.: Praelectiones in Genesin Mosaicam, 1608 und 21614; ders.: Praelectiones In Exodum Mosaicam, 1614.

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

Nach dem Tod Johann Georg Volkmars (1596), der die vierte Professur in der Theologischen Fakultät nur knapp ein Jahr lang bekleidet hatte, wurde der aus Nellingen stammende Leonhard Hutter nach Wittenberg berufen. Nach seinem Studium in Straßburg und Aufenthalten in Leipzig und Heidelberg kam Hutter nach Jena und wurde dort zum Doktor der Theologie promoviert.44 In Jena als Privatlehrer tätig, wurde er 1596 an die Theologische Fakultät der Leucorea berufen, wo er zwei Jahrzehnte bis zu seinem Tod 1616 tätig war. Als professor controversiarium hatte er die Artikel christlicher Lehre nach den Bestimmungen der Universitätsordnung von 1580 abwechselnd entweder nach Melanchthons Loci communes oder nach dem Konkordienbuch zu behandeln. Mehr als Hunnius, Gesner und Runge war Hutter schon aufgrund seiner Professur mit kontroverstheologischen und theologisch-dogmatischen Problemen befasst. Er ist als redonatus Lutherus und als derjenige unter den damaligen Wittenberger Theologen bezeichnet worden, der sich stark an Luther orientiert habe und am wenigsten von Melanchthon abhängig gewesen sei. Sein auf Veranlassung von Kurfürst Christian II. verfasstes Compendium Locorum Theologicorum (1610)45, das als wichtigstes Lehrbuch des 17. Jahrhunderts gilt, habe Melanchthons Loci theologici (1559) entscheidend zurückgedrängt, heißt es in der Forschung. Hutter hat seine Position zu Melanchthon, die als zwischen Kritik und Affirmation lavierend zu beschreiben ist, ausführlicher in dem posthum erschienenen, auf der Grundlage von Vorlesungen zusammengestellten Lehrbuch Loci communes theologici (1619) dargelegt.46 Außerdem hat er mit seinen Schriften Calvinista Aulico-Politicus (1610) und Calvinista Aulico-Politicus alter (1614) gegen den (holsteinischen) Calvinismus geschrieben.47 Als polemisches Hauptwerk dürfte die Concordia concors (1614) anzusehen sein, eine monumentale Apologie der Konkordienformel gegen Hospinian, die noch heute als wichtige Quelle für die Entstehung der Konkordienformel anzusehen ist.48 Auch exegetische und praktisch-theologische Werke liegen von Hutter vor. Hinzuweisen ist auf Epitome Biblica (1609) und Meditationes crucis Christi (1612) sowie Bericht vom ordentlichen und apostolischen Beruf, Ordination und Amt der lutherisch-evangelischen Prediger (1608).49 Als Auftragsarbeit hatte Hutter indes die Emendation der Neuausgabe der deutschen Bibel vorzunehmen.50 Vor allem aufgrund seines Compendiums, das bis in das 18. Jahrhundert hinein rezipiert wurde, ist Hutter einer der wirkmächtigsten Theologen dieser Zeit gewesen. 44  Zedler

13 (1735), 1323–1324; ADB 13 (1881), 476–479; NDB 10 (1974), 104–105. Compendium Locorum Theologicorum, 1610. Eine moderne Edition liegt vor, herausgegeben von Johann Anselm Steiger. 46  Ders.: Loci Communes Theologici, 1619. 47  Ders.: Calvinista. Aulico-Politicus, 1609 und ders.: Calvinista Aulico-Politicus Alter, 1614. 48  Ders.: Concordia Concors, 1614. 49  Ders.: Gründtlicher Bericht. Von Ordenlichen und recht Apostolische[m] Beruff, Ordination, und kräfftigem Ampt der Lutherischen Evangelischen Prediger, 1608; ders.: Epitome Biblica. Das ist Kurtzer und doch eigentlicher Begriff aller un[d] jeder Capiteln der gantze[n] heiligen Schrifft altes und newes Testaments, 1609; ders.: Meditationes Crucis Christi. Sive Homiliae Academicae, 1612. 50  Mit einem Schreiben, datiert auf den 30. Mai 1604, moniert er, dass ihm die für die Korrekturarbeit versprochenen 50 fl noch nicht ausgezahlt worden seien. Vgl. HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1990/1: Register über die Universiteten-, Consist.- und Geistl. Sachen Anno 1601–1607, Nr. 90. 45  Hutter:



1.  Grundlinien der Fakultätsgeschichte (1580–1627)49

Neben Balduin lehrten nach der Neukonstitution (1604/05) Franz, Meisner sowie später Nicolaus Hunnius, Martini und Polycarp Leyser d. J. (1586–1633) als Extraordinarius an der Theologischen Fakultät.51 Im Oktober 1564 in Plauen (Vogtland) geboren und in Küstrin vorgebildet, wurde der einer Handwerkerfamilie entstammende Wolfgang Franz 1581 in Frankfurt (Oder) und 1585 in Wittenberg immatrikuliert, wo ihm ein kurfürstliches Stipendium gewährt wurde.52 Franz erwarb 1587 den Magistergrad und 1591 das theologische Lizentiat in Wittenberg.53 1598 wurde er auf die Professur für Geschichte an der Leucorea berufen und zum Doktor der Theologie promoviert. Nachdem er 1601 zunächst als Propst nach Kemberg gegangen war, wurde Franz 1605 auf die vakante Professur an der Theologischen Fakultät der Leucorea berufen und versah damit zugleich die Präpositur an der Schlosskirche.54 Seit 1616 war er zudem Assessor des Wittenberger Konsistoriums. Dreimal hatte er das Rektorat der Universität inne. Von seinen Werken sind insbesondere die Historia Animalium Sacra (1612)55 zu nennen, in der Franz für angehende Prediger die Eigenschaften der Tiere in der Bibel zur ikonologischen Anwendung zusammentrug, sowie der umfassende Tractatus De Interpretatione Sacrarum Scripturarum (1619), in dem Franz eine umfassende Hermeneutik der Schriftauslegung entfaltete.56 Darüber hinaus hat er sich mit der Auslegung des Deuteronomiums57 sowie der Apologie der Confessio Augustana jeweils im Rahmen von Disputationen befasst.58 Der 1587 in Dresden als Sohn eines Archidiakonus, der später Stadtprediger zu Dresden wurde, geborene Balthasar Meisner59 besuchte die Schule seiner Vaterstadt und wurde 1602 im Alter von 15 Jahren an der Leucorea immatrikuliert. Auch Meisner erhielt ein kurfürstliches Stipendium. Schon 1604 erhielt er den Magistergrad und 51  Johannes Förster, der 1607 bis 1613 an der Theologischen Fakultät lehrte, und Polycarp Leyser d. J., werden in dieser Übersicht nicht explizit biographisch gewürdigt. Vgl. zu beiden die ausführliche Darstellung der Geschichte der Theologischen Fakultät der Leucorea, die im Rahmen der Arbeiten zur vorliegenden Dissertation entstanden ist. 52  Vgl. für den Immatrikulationseintrag AAV 2, 332, B 27. Zu seiner Biographie Zedler 9 (1735), 1761; Tholuck: Lebenszeugen, 172–177; ADB 7 (1878), 319–320; RGG 3 4(2000), 246. 53  Förstemann: Liber decanorum, 86–87. 54  Die vier Propsteien im Kurkreis – Kemberg, Schlieben und Klöden neben Wittenberg – waren der Universität Wittenberg durch die Bulla Julii Pontificis Romanis (1507) dergestalt inkorporiert, dass diese das Wahl- und Nominationsrecht, der Kurfürst das Konfirmationsrecht ausübte. Vgl. die Nomination vom 29. Juni 1605, nachdem durch die Berufung von Franz zum Professor an der Theologischen Fakultät die Propstei von Kemberg vakant wurde, in HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1990/1: Register über die Universiteten-, Consist.- und Geistl. Sachen Anno 1601–1607, Nr. 121. Aus dem corpus der Universität hatten sich um die Nachfolge Jacob Martini, Martin Hilwig, Laurentius Fabritius und Michael Gruber beworben. Martini und Hilwig wollte man aber an der Universität halten. Vgl. weiterhin Wabst: Historische Nachricht, 1732, 180. 55  Franz: Historia Animalium Sacra, 1612, 1613, 1616, 1621, 1624, 1633, 1642 und 1654. 56  Ders.: Tractatus Theologicus De Interpretatione Sacrarum Scripturarum, 1619. Vgl. dazu den ersten Abschnitt des fünften Kapitels der vorliegenden Arbeit. 57  Ders.: Deuteronomium Hoc est, Quintus Liber Moysis. Disputationibus quindecim breviter comprehensus, 1608. 58  Ders.: Augustanae Confessionis Articuli Priores Decem, Disputationibus duodecim breviter explicati, 1610, 1619, 1620 und ders.: Augustanae Confessionis Articuli Posteriores Undecim. Disputationibus duodecim breviter explicati, 1610. 59  Zu seiner Biographie Zedler 20 (1739), 369–371; Tholuck: Lebenszeugen, 202–209; ADB 21 (1885), 243; GUW, 406–409; BBKL 5 (1993), 1172–1174; RGG 5 4(2002), 996.

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

1611 das theologische Lizentiat in Wittenberg. Am 21. Januar 1612 wurde Meisner von Johannes Förster zum Doktor der Theologie promoviert, nachdem er am 21. und 22. November des Vorjahres unter dem Vorsitz Leonhard Hutters gegen den reformierten Rudolf Hospinian über das Konkordienbuch disputiert hatte.60 1609 hatte sich Meisner im Rahmen einer ausgedehnten Reise auch in Gießen und Tübingen61 aufgehalten. Während seines Studiums bereits hatte er als Adjunkt (1608 war Meisner rezipiert worden) Lehrveranstaltungen an der Philosophischen Fakultät angeboten. 1611 war er auf die vakante Professur für Ethik berufen worden. Nach dem Weggang Försters wurde Meisner im Juli 1613 im Alter von nur 26 Jahren auf die mit 47 ½ fl pro Quartal vergütete vierte Professur an der Theologischen Fakultät der Leucorea berufen. Er übernahm das Amt des Predigers an der Schlosskirche sowie die Inspektion der kurfürstlichen Stipendiaten. Meisner ist vor allem aufgrund seiner Philosophia Sobria (1611) bekannt geworden, in der er das Verhältnis der Philosophie zur Theologie als ein hierarchisches Dienstverhältnis zugunsten der Theologie beschreibt. Bedeutend waren seine Disputationen zur Anthropologie und Christologie, nicht alleine im Kontext der Entfaltung der Wittenberger Ekklesiologie, sondern auch im Kontext der Auseinandersetzungen mit den Photinianern.62 Auswärtige Berufungen  – beispielsweise nach Halle63 – schlug er aus oder sie scheiterten aus anderen Gründen.64 Nicolaus Hunnius65 wurde als Sohn des Ägidius Hunnius 1585 in Marburg geboren. Seit 1600 studierte er an der Leucorea und begleitete 1601 seinen Vater zum Regensburger Religionsgespräch. 1604 erwarb er den Magistergrad und seit 1609 gab er als Adjunkt außerordentliche Lehrveranstaltungen an der Philosophischen Fakultät. 1612 wurde er zum Pfarrer und Superintendenten nach Eilenburg berufen und in Leipzig ordiniert. Noch im selben Jahr erwarb er in Wittenberg das Lizentiat der Theologie und wurde daraufhin zum Doktor der Theologie promoviert. Nach Leonhard Hutters Tod wurde Hunnius auf die vakante theologische Professur berufen, wo er bis 1623 lehrte.66 Von der älteren Forschung als Kontroverstheologe wahrgenommen, hat Hunnius im Rahmen der Ausbildung der lutherischen Lehre von den Fundamentalartikeln maßgeblich gewirkt.67 60  Ders.: Yperaspistēs elenchtikos Pro B. Luthero [21./22. November 1611/Balthasar Meisner], 1611. Vgl. Förstemann: Liber decanorum, 89. 61  Ungesichert sind die Aufenthalte in Straßburg und Basel. 62  Meisner: Anthrōpologias Sacrae, 1619; ders.: Christologias Sacrae Disputationes L., 1624. Vgl. die Würdigungen bei Appold: Orthodoxie. Die Theologie der Photinianer hat Meisner ebenfalls monographisch bearbeitet. Vgl. ders.: Brevis Consideratio Theologiae Photinianae, 1619. Vgl. auch Wollgast: Zum Sozinianismus in Danzig, in: Beckmann/Garber (Hrsg.): Kulturgeschichte Preußens, 2005, 267–300, hier 284 sowie Filser: Dogma, Dogmen, Dogmatik, 2001, hier 210. 63  HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 2131: Bedencken an Ihre Churf. Durchl. de ao. 1610 biß anno 1638, 5r–v. 64 Vgl. zur gescheiterten Berufung nach Straßburg HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 2131: Bedencken an Ihre Churf. Durchl. de ao. 1610 biß anno 1638, 91r–98v. 65  Heller: Nikolaus Hunnius; Hauschild: Kirchengeschichte Lübecks, 1981, 292–311; Jähnig: Der Lübecker Superintendent Nikolaus Hunnius, in: Hammel-Kiesow/Jenks (Hrsg.): Das Gedächtnis der Hansestadt Lübeck, 2005, 341–349. 66  Eine Berufung als Superintendent nach Magdeburg gelang nicht. Vgl. HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 2131: Bedencken an Ihre Churf. Durchl. de ao. 1610 biß anno 1638, 4r–v. 67  Keller-Hüschemenger: Fundamentalartikel, 100–109. Von seinen Schriften sind insbeson-



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Jacob Martini68 war bereits seit 1602 Professor für Logik in Wittenberg. Erst nach Weggang von Nicolaus Hunnius wurde er – inzwischen 53 Jahre alt – als Professor an die Theologische Fakultät berufen. Martini hatte während seiner mehr als zwanzig Jahre währenden Lehrtätigkeit an der Philosophischen Fakultät zahlreiche Lehrbücher und theologische Abhandlungen verfasst. Nicht umsonst war er bereits 1613 für die vakante Professur an der Theologischen Fakultät vorgeschlagen worden, die dann Meisner übernommen hatte.69 Mit dem 1618 veröffentlichten Vernunfftspiegel legte er eine grundlegende positive Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie in deutscher Sprache vor, die eine breite Rezeption erfahren sollte. Eine beinahe 1.000 Seiten starke theologische Abhandlung über die Beschaffenheit der Theologie und dabei insbesondere über die biblischen Schriften erschien 1620 unter dem Titel Locorum Theologicorum Generalis De Theologiae Constitutione Et Specialis De Verbo Dei Scripto Sive Sacra Scriptura. Nennenswert ist außerdem die von ihm verfasste Einführung in die wissenschaftliche Arbeit, die 1631 unter dem Titel Paedia Seu Prudentia in disciplinis generalis erschien. Weiterhin liegen von Martini zahlreiche, als Disputationensammlungen erschienene dogmatische Darstellungen vor. Hunnius, Gesner, Runge und Hutter sowie auch Huber bestimmten die am Konkordienbuch (1580) ansetzende Lehrbildung an der Theologischen Fakultät der Leucorea im letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts.70 Zunächst war die Restauration der lutherischen Orthodoxie durch den Administrator Friedrich Wilhelm I.  – die Amtsentlassungen 1591/92 und die anschließenden Neubesetzungen  – nur bedingt erfolgreich. Mit Samuel Huber war ein aus lutherischer Sicht problematischer Kandidat an die Theologische Fakultät der Leucorea berufen worden. Bei Huber, der in Heidelberg studiert hatte, handelte es sich um einen reformierten Theologen, der allerdings in Hinsicht auf die Lehre von der Prädestination abgewichen und dessen Position bereits in Mömpelgard (1586) und Bern (1588) kontrovers diskutiert worden war. Huber war daraufhin seines Amtes enthoben und später des Landes verwiesen worden. Der „innerreformierte Dissident“ (Volker Leppin) verließ Bern mit seiner siebenköpfigen Familie, kam nach Württemberg und unterschrieb dort die Konkordienformel. Huber erhielt sodann eine Anstellung als Pfarrer in Derendingen. Als Professor an die Theologische Fakultät berufen, geriet er mit der Übernahme des Dekanats im Wintersemester 1593/94 erneut in Auseinandersetzungen. Hunnius hatte Thesen zur Taufe vorgelegt, die Huber als Dekan nicht gelten lassen wollte. dere die 1625 erschienenen Epitome Credendorum zu nennen, in welchen Hunnius den Heterodoxien der Zeit ein beachtliches Maß an Unbefangenheit entgegengebracht hat. Die Schrift ist noch im 19. Jahrhundert aufgelegt worden. Vgl. GUW, 410. 68  Erdmann: Biographie sämmtlicher Pröpste, 22; ders.: Lebensbeschreibungen, 76–77; GUW, 410–411; BBKL 5 (1993), 944–946; Kathe: Philosophische Fakultät, 210–213 sowie Stegmann: König, 22. 69  Allerdings hat Martini mit seinen (als Professor der Philosophischen Fakultät abgefassten) theologischen Abhandlungen offenbar bisweilen Anstoß erregt, konnten diese doch als Überschreitung seiner Kompetenzen und Anmaßung gelesen werden. Vgl. das Responsum Facultatis Theologicae zu Wittenberg auff etliche articulos M. Jacob Martini von der natürlichen Erkändtnis Gottes, in: Consilia Theologica Vitebergensia, 817–826. 70  Leppin: Der calvinische Antichrist, in: Selderhuis/Leiner/Leppin (Hrsg.): Calvinismus in den Auseinandersetzungen des frühen konfessionellen Zeitalters, 2013, 9–19.

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

Auch die Heuchler empfingen in objektiver Weise in der Taufe das Heil, hatte Huber überspitzt gegen Hunnius behauptet. Zudem sprach er von einer allgemeinen Rechtfertigung aller Menschen, einer iustificatio universalis. Ein mehrtätiges Kolloquium in Torgau endete am 2. Dezember 1594 mit der Entlassung Hubers. Im Rahmen von Disputationen und Streitschriften wurden Hubers Thesen auch noch nach dem Ende des Prädestinationsstreites diskutiert.71 Die aristotelische Metaphysik bildete um 1600 gleichsam eine Schnittstelle der Arbeit in der Philosophischen und der Theologischen Fakultät. Die Begegnungen an dieser Schnittstelle verliefen nicht immer konfliktfrei und so entzündete sich ein langwieriger Streit um die Epistemik des Helmstedter Theologieprofessors Daniel Hofmann72, der davon ausging, dass in Philosophie und Theologie nicht dasselbe wahr sei. Damit geriet er in einen Gegensatz zu den übrigen Vertretern der Helmstedter Theologischen Fakultät um Cornelius Martini. Es ist unklar, ob Hofmann lediglich vor einem Missbrauch der Philosophie in der Theologie warnen oder aber die Bedeutung der Philosophie für die Theologie gänzlich in Abrede stellen wollte. Die Wittenberger Professoren um Balthasar Meisner hielten dagegen, es gebe nur eine Wahrheit in Philosophie und Theologie. Eine maßvolle, der Theologie dienende Philosophie könne der Theologie nicht zuwider sein. Der „Hofmannsstreit“ trug zur weiteren Vertiefung der Rezeption aristotelischer Hermeneutik und Methodologie unter dem Primat der Theologie bei. Auch an der Leucorea kam es offenbar zu einem „Fakultätenstreit“ über die Kompetenzen der Philosophischen und Theologischen Fakultät.73 Zwar liegen zu diesem Streit bisher keine Forschungen vor, doch ist der Ausgang allbekannt: Das in der Formel philosophia sobria beschriebene Dienstverhältnis der Philosophie gegenüber der Theologie blieb unangetastet.74 Diese Entwicklungen führten zu einer grundlegenden Transformation der Theologie als Wissenschaft. Für die erste Theologengeneration nach den Entlassungen von 1591/92 bildete noch die Apologie der im Konkordienbuch (1580) versammelten Bekenntnisschriften durch den Erweis ihrer Übereinstimmung mit der Bibel den Kern der theologischen Arbeit. Durch die Rezeption der aristotelischen Metaphysik wurde eine Akzentverschiebung in Gang gesetzt, die sich an der Veränderung der Gestalt der theologischen Prolegomena aufzeigen lässt.75 Die Theologie als Wissenschaft wird selbst thematisiert – mit Folgen für Hermeneutik und Methodologie. Diese Folgen lassen sich an Balduins Werk und Wirkung exemplarisch darstellen. Das Profil der Theologengeneration, die Balduin in Wittenberg vertritt, wird erst im Verlaufe der vorliegenden Arbeit schärfer gezeichnet werden können. Ein wichtiger Aspekt, auf den bereits August G. Tholuck hingewiesen hat, scheint allerdings 71 Vgl. für die archivalische Überlieferung HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10317/6: D. Samuel Huberus contra Die Theologos zu Wittenbergk,1603–1606. 72  Friedrich: Die Grenzen der Vernunft. 73  UA Halle, Rep. 1. 74 So der Titel von Meisners Hauptwerk. Vgl. Meisner: Philosophia Sobria, 1611–1625. Der Untertitel zeigt bereits an, worum es dem Verfasser ging: „Hoc Est: Pia Consideratio Quaestionum Philosophicarum, In Controversiis Theologicis, quas Calviniani moverunt Orthodoxis, subinde occurrentium.“ 75  Ratschow: Lutherische Dogmatik, 21–26.



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noch nennenswert, zumal dieser im Œuvre Balduins kaum greifbar ist: Die Theologengeneration, die in den ersten Jahrzehnten in Wittenberg wirkte, ist erkennbar von Johann Arndt beeinflusst gewesen.76 Am 12. März 1620 fasste die Theologische Fakultät eine Censura von Johann Arnds Büchern ab, in der Dekan (Wolfgang Franz), Senior und die Professoren zu Besonnenheit gegenüber Arndt mahnten.77 Den Vorwurf des Weigelianismus könne die Fakultät aufgrund ihrer Lektüren nicht bestätigen. Zudem werde sich Arndt erklären.78 Nur drei Tage später, am 15. März, hat sich Friedrich Balduin in einem Brief an den Pfarrer und Superintendenten zu Eisleben Leonhard Rechenbach für Arndt eingesetzt und vorgeschlagen, er möge sich in einer öffentlichen Schrift ausführlich äußern.79 Dieser Ankündigung kam Arndt in dem Schreiben an Franz vom 29. März auch tatsächlich nach.80 Allerdings war die Kontroverse damit keineswegs beendet. Die Theologische Fakultät wandte sich am 6. März 1621 in einem Gutachten an Arndt selbst.81 Dekan (Nicolaus Hunnius), Senior und Professoren wiesen darauf hin, dass sie ihn und seine Schriften bisher stets verteidigt 76  Tholuck führt das milde Gutachten der Fakultät über Arndts Bücher als Beleg dafür an, dass die Professoren Arndt sehr wohlgesonnen gewesen seien und nicht gegen ihn geschrieben hätten. Vor allem bei Wolfgang Franz, der mit Arndt im Briefwechsel gestanden hat, sei die Aufnahme Arndts, des Verfassers der Vier Bücher vom wahren Christentum deutlich zu spüren. Vgl. Tholuck: Lebenszeugen, 174–175. sowie Apologetica Arndiana, 83–84. sowie zu Arndt insgesamt die Studien von Schneider: Der fremde Arndt, 2006 sowie Sommer: Gottesfurcht. 77  Censura von Johann Arnds Büchern, in: Consilia Theologica Vitebergensia, 876–877. Adressat(en) der Zensur konnte(n) bisher nicht ermittelt werden. Auch eine Zuordnung zu einer Position in den Aufzeichnungen des Fiskus der Theologischen Fakultät war nicht möglich. Vgl. UA Halle, Rep. 1, 4588, 249r. 78  Censura von Johann Arnds Büchern, in: Consilia Theologica Vitebergensia, 876–877: „[…] als bitten wir euch im Herrn Brüderlich / daß ihr solche differens ingesampt hin legen / derselben / sonderlich auff der Cantzel nicht mehr gedencken […] sondern euer Judicium so lange suspendiren wollet / biß der Autor, der noch am Leben / sich und seine Schrifften selber genugsam und nothdürftig erkläret habe […]. So viel wir in seinen Schrifften gelesen / bedüncket uns / daß er zwar besondere Phrases auß Timlero und der Teutschen Theologi genommen / braucht / daß er aber im realibus irre und ein Weigelianer sey / kann daher nicht geschlossen werden / sondern ist vielmehr sein intent hoch zuloben / daß er die Leute von den Sünden so treulich abmahnet / und zu einem bessern leben auffmuntert […].“ 79  „Unum adhuc addo de M. Joanne Arndt, vestrae qvondam Ecclesiae symmysta; iam Superintendente generali in ducatu Luneburgensi: is à multis suspectus habetur Weigelianismi, eiusque libri de Christianismo magnae […] occasionem dedere in Ministerio Dantiscano, propter phrases nonnullas, qvibus etiam Weigelius utitur, quas tamen è Taulero et Theologia Germanica, qvem Lutherus qvoqve commendavit, se mutuatas scribit. Qvaesitus semel atqve iterum, nuper etiam literis ab illustri loco ad me missis consultus, num qvid Weigelianismi in ipsius scriptis lateat? candidè respondi, me, qvantum qvidem liberos de Christianismo attinet, qvos cursoriè perlegi, nihil horum invenire: qvaenam aliis in scriptis habeat, et num qvae alia sint istius suspicionis signa, me latere; neque etiam opinari, verùm istum fanaticis istis nugis se involuturum. Quia verò vobis sine dubio notus est, et adhuc vivunt apud vos, qvi ipsius in ministerio Collegae fuerunt, rem gratam faceres, si qvasi aliud agendo, ab illis inqvireres, num qvid huiusmodi in ipso animadverterint: hac enim ratione conscientias eorum, qvi ea de re satis sunt solliciti, tranqvilliores reddere possem: Qvod si qvae notitia mihi cum ipso intercederet, non intermitterem, qvin rogarem, ut publico qvodam scripto se hâc suspicione, qvae nimis latae grassatur, liberaret: nam iniuriam ei fieri existimo.“ Vgl. Rehtmeyer: Historiae Ecclesiasticae, 331–332. 80  Apologetica Arndiana, 87–88. 81  Von Herrn Johann Arndts Büchern, in: Consilia Theologica Vitebergensia, 875–876. Der von den Herausgebern der Consilia gewählte Titel ist irreführend. Aus dem Gutachten geht klar hervor, dass es sich an Arndt selbst richtet: „Nun haben wir zwar männiglich zu euch Euch remittiret, dieweil ein

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

hätten und darin den Verdacht des Weigelianismus oder Rosenkreuzertums nicht bestätigt fänden.82 Problematisch sei vielmehr, dass sich einzelne, den Rosenkreuzern zugeordnete Akteure affirmativ auf die Schriften Arndts beriefen. Prägend waren für die Theologische Fakultät der Universität Wittenberg im frühen 17. Jahrhundert die Kontroverse um Hermann Rathmann (1585–1628), der Streit der Gießener und Tübinger Theologischen Fakultäten um die Gestalt der lutherischen Christologie sowie die Auseinandersetzung mit der Irenik Georg Calixts (1586–1656), welche auch die Erbsündenlehre einschloss.83 Zur Beilegung dieser innerlutherischen theologischen Differenzen fanden seit den 1620er Jahren insgesamt acht Theologenkonvente unter kursächsischer Führung statt, an denen Balduin und Meisner als Vertreter der Wittenberger Theologischen Fakultät teilnahmen. Der erste dieser Theologenkonvente tagte Anfang September 1621 unter dem Vorsitz des Oberhofpredigers Hoë von Hoënegg im Schloss zu Jena.84 Teilnehmer waren die Vertreter der Theologischen Fakultäten der Universitäten Jena, Leipzig und Wittenberg sowie der Coburger Generalsuperintendent Caspar Finck (1578–1631).85 Die inhaltlichen Kernthemen bildeten der „Rathmannsche Streit“ sowie die Kontroverse um die Tübinger Christologie, die sich – zu Beginn der 1620er Jahre angestoßen – um die Allgegenwart Christi (Ubiquität) sowie die Herrschaft des erniedrigten Christus in jeder optimus verborum suorum interpres ist / und ihr am besten von euch selbsten werdet zeugen können […].“ 82  Ebd.: „1. Daß wir euch für euer Person in den Verdacht deß Weigelianismi nicht ziehen können / alldieweil ihr bißhero der Kirchen Christi getreulich gedienet / auch in dem Predigtampt / welches die neue Gesellschaft verwirfft […]. 2. Daß ihr in Praefatione gemeldter Bücher protestiret, daß ihr […] auch in Articulo de libero arbitrio & iustificatione, peccatoris coram Deo, nicht anders / denn nach dem Verstand librorum symbolicorum Ecclesiarum Augustanae Confessionis […] wollet verstanden haben […].“ 83  Vgl. zum sogenannten „Rathmannschen Streit“ nach wie vor von Engelhardt: Der Rahtmannische Streit, in: Zeitschrift für die historische Theologie 24 (1854), 43–131, zur Kontroverse über die Tübinger Christologie Wiedenroth: Krypsis und Kenosis, und zu den Streitigkeiten über den Helmstedter Synkretismus Staemmler: Helmstedter Synkretismus sowie speziell zur Erbsündenlehre Schubert: Das Ende der Sünde, 2002, 71 ff. 84  Die Akten der Theologischen Fakultät der Universität Jena fehlen für diesen Zeitraum. Die Akten der Regierung in Weimar, der das Schloss zu Jena unterstand und durch die eine solch illustre Veranstaltung wohl genehmigt werden musste, datieren auf die Jahre 1630 und 1631. Im Bestand Religionssachen wird in Weimar ein rund 50 Blätter umfassender Band mit dem Titel Die von Kursachsen in causis theologicis und ecclesiasticis nach Leipzig ausgeschriebene Convente und die Erforderung von Major und Gerhard dazu, datiert auf 1630 bis 1631, aufbewahrt. Möglicherweise lassen sich bei einer systematischen Durchsicht der landesherrlichen Überlieferung zur Universität Jena (etwa Berufungsakten der Professoren der Theologischen Fakultät) im Bestand Kunst und Wissenschaft–Hofwesen oder in einzelnen Korrespondenzen des herzoglichen Hauses (Bestand Fürstenhaus) einzelne Informationen zum Konvent von 1621 finden. Anhand der Aktentitel ließ sich bisher nichts Konkretes ermitteln. Hinzuweisen ist auf eine handschriftliche Quelle, verzeichnet von Schnorr von Carolsfeld: Katalog der Handschriften der Königlichen Öffentlichen Bibliothek zu Dresden, Bd. 1, 1882, 581, Nr. 198, 38–49 M. Hoe von Hoenegg und der Theologen-Convent zu Jena. 1621. 85  Insgesamt waren zwölf Theologen aus Kursachsen und den Herzogtümern angereist: Polycarp II., Wilhelm und Friedrich Leyser – allesamt Söhne Polycarp Leysers d. Ä., Friedrich Balduin und Balthasar Meisner aus Wittenberg, Heinrich Höpfner und Vincentius Schmuck aus Leipzig, Caspar Finck aus Coburg sowie Johannes Major, Johannes Himmel und Johann Gerhard aus Jena. Vgl. Henke: Georg Calixtus und seine Zeit, 1853, 317. Keine Hinweise finden sich dazu bei Heussi: Geschichte der Theologischen Fakultät der Universität Jena, 1954.



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seiner menschlichen Natur drehte.86 Weitere Theologenkonvente, die vornehmlich dieses Thema behandelten, kamen in Leipzig (1624 und 1628) sowie Dresden (1631) zusammen. Der spezifische Beitrag Friedrich Balduins im Rahmen dieser innerlutherischen theologischen Vermittlungsversuche wird sich wohl erst auf der Grundlage weiterer Studien eruieren lassen.87 Dabei ist in der Forschung bisweilen Balduins durchaus streitbar anmutende Rolle etwa im Rahmen des Streits um den Helmstedter Synkretismus betont worden.88 Die kursächsischen Theologen unter Führung Hoë von Hoëneggs wandten sich mit der Solida, Verboque Dei et Libro Concordiae Christianae congrua Decisio (1624) gegen die Tübinger Theologen.89 Diese wiederum wiesen in der Amica Admonitio (1624) die von den kursächsischen Theologen dargebrachte Argumentation mit Nachdruck zurück.90 Daraufhin nahm sich Kurfürst Johann Georg I. der Sache an und sandte ein Schreiben an Herzog Johann Friedrich zu Württemberg sowie den Landgrafen Ludwig V. von Hessen-Darmstadt. Ein weiterer 1624 auf Befehl des Kurfürsten in der Residenzstadt Dresden veranstalteter Theologenkonvent mit den Leipzigern sollte dazu dienen, den Tübingern eine neue Antwort vorzulegen. Beschlossen wurde eine Apologie der Decisio, die sie von den wichtigsten lutherischen Superintendenturen approbiert wissen wollten und auch an die Superintendentur der Stadt Braunschweig sandten.91 Es handelte sich hierbei um die wohl aufwändigsten Bemühungen in der 86  Vgl. ebd. Auf der Agenda standen weiterhin die Verbreitung des Calvinismus in Mähren, das Kipper- und Wipperwesen, die Festsetzung der Magdeburger Zenturien sowie der Chemnitz-Leyserschen Evangelienharmonie und andere die lutherische Kirche angehende Fragen. Vgl. weiterhin Rehtmeyer: Historiae Ecclesiasticae, 433 ff. 87 Vgl. aber zum Beispiel die Würdigung bei Wilisch: Kirchen-Historie, 167: „Unterdessen aber ward er doch immerzu in wichtigen Religions- und Kirchen-Sachen zu Rathe gezogen, zum Exempel: Als die Theologi auf Befehl des Churfürsten Joh. Georg. I. bald zu Leipzig, bald zu Dresden, sowol wegen der Tubingischen, als auch Rathmannischen Streitigkeiten, ihre Zusammenkünffte hielten, so war Balduinus allenthalben dabey, und bemühete sich ernstlich, daß Einigkeit in der Kirchen erhalten, und die Aergernisse von allen Seiten her abgewendet würden.“ 88  Staemmler: Helmstedter Synkretismus, 30–31. Balduin habe mit Blick auf die Frage nach dem Umgang mit Calixt, insbesondere der Schrift gegen Meisner vorgeschlagen, die Kontroverse einem Studenten zur Übung aufzugeben. Ob dies als eine „schroffe Lösung“ (Staemmler) gewertet werden muss, mag dahin gestellt bleiben. Dieser Vorschlag kann despektierlich erscheinen, doch muss gleichwohl bemerkt werden, dass der Grund des Votums für eine weniger autoritative und zentralistische Lösung auch darin liegen könnte, dass Balduin einen offenen und auch offiziellen Affront gegen die Universität Helmstedt möglicherweise zu vermeiden beabsichtigte. 89  Solida, Verboque Dei et Libro Concordiae Christianae congrua Decisio Quatuor illorum inter aliquos Theologos Augustanae Confessionis, nuperrime Controversorum capitum principaliorum, de vera descriptione et fundamento Praesentiae Dei, Eiusque Filii Jesu Christi apud creaturas, nec non de incessante et plenario dominio Christi, secundum humanam naturam in statu humiliationis, & quid humiliatio, exinanitio, ac evacuatio Christi sit? Cum clementissimo, et pientissimo mandato Serenißimi ac Potentißimi Principis ac Domini, Domini Johannis Georgii, Saxoniae, Iuliae, Cliviae, et Montium Ducis […]. Quomodo in Serenitatis suae Electoralis Academiis, Ecclesiis, et Scholis publice de supra dictis quatuor capitibus doceri debeat. Singulari iussu Electorali, ad notitiam omnium publici iuris facta, Leipzig 1624. 90  Amica Admonitio Super Decisione De Quatuor Per Aliquot annos inter nonnullos Augustanae Confessinis Theologos agitatis Controversis quaestionibus, De Omnipraesentia Christi Theanthrōpu ad creaturas, eiusdemque vera et profunda Humilitatione et Inanitione. Adornata a Theologis Württenbergicis, Tübingen 1624. 91  Rehtmeyer: Historiae Ecclesiasticae, 434.

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Geschichte der innerprotestantischen Lehrstreitigkeiten, einen möglichst breiten Konsens der lutherischen Theologen zu erlangen. Dass die kursächsischen Theologen dabei einmal mehr federführend waren, spiegelt deren Bedeutung für das Luthertum in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wieder. Der Theologenkonvent, bestehend aus Leipziger und Wittenberger Theologen, tagte nunmehr erneut in Dresden und verfertigte eine Apologia der Contra Amicam Admonitionem Tubigensium. Die Leipziger und Wittenberger Theologischen Fakultäten forderten offenbar von sämtlichen kursächsischen und darüber hinaus anderen bedeutenden Superintendenturen Gutachten über die von Kurfürst Johann Georg I. zu Sachsen wegen dieser Streitigkeiten ausgegangenen Dezision. Diese Gutachten richten sich an die Theologischen Fakultäten von Leipzig und Wittenberg und sind im dritten der insgesamt vier Bücher (es handelt sich dabei um Aktensammlungen), den Streit zwischen den württembergischen und hessischen Theologen betreffend, verzeichnet.92 Eine besondere Rolle im Rahmen des theologischen Vermittlungsprozesses spielte der kursächsische Oberhofprediger Matthias Hoë von Hoënegg (1580–1645), der mit Friedrich Balduin ebenfalls regen brieflichen Austausch pflegte. Das Verhältnis des Wittenberger Theologen zu Hoë von Hoënegg scheint ohnehin 92  Die umfassende Überlieferung, die Rückschlüsse auf die kursächsische Bedeutung in diesem Zusammenhang ermöglicht, befindet sich im Sächsischen Hauptstaatsarchiv zu Dresden. Vgl. HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10317/7: Erste Buch Religionsstreit Zwischen den Würtenbergischen und Hessischen Theologen zu Tübingen und Giessen. Darinnen zu befinden: Was Chur Sachßen derohalben an den Herzogk zu Württenbergk, und Landgraff Ludwigen gelangen laßen, Loc. 10317/8: Ander Buch Religions-streit zwischen den fürstlichen hessischen und württenbergischen Theologen zu Giessen und Tübingen belangende Anno 1624 sowie Loc. 10318/01 Drittes Buch, Religionsstreit zwischen den fürstlich hessischen und württembergischen Theologen zu Gießen und Tübingen. Der Aktentitel des dritten Buches lautet: „Drittes Buch Religionsstreit zwischen den fürstlichen hessischen und württenbergischen Theologen zu Giessen und Tübingen bet: Darinnen zu befinden: Ausländischer Universiteten und Ministerien: auch der Superintendenten und Pfarren im Churfürstenthumb Sachßen Censuren Uber des Churfürsten Zu Sachßen dieses Streits halben ausgegangene Decision Anno 1624“. Dieser Band beinhaltet im Einzelnen die Gutachten ausländischer Theologen der Städte Königsberg, Jena, Coburg, Eisenach, Halberstadt, Kulmbach, Ansbach, Baierswalde, Straßburg, Lübeck, Magdeburg, Stettin, Frankfurt am Main, sowie der Pfarreien und Superintendenturen, die dem Dresdner Oberkonsistorium unterstehen: Freiberg, St. Annaberg, Chemnitz, Leißnig, Oschatz, Colditz, Pirna, Hain und Waldtheim. Darüber hinaus enthält der Band die Gutachten der Superintendenten und Pfarrer, die dem Wittenberger Konsistorium unterstellt sind (Torgau, Herzberg, Bitterfeld, Kemberg, Belzig, Liebenwerda, Schlieben, Seida, Klöden, Gommern, Gräfenhainich, Zahna und Baruth), die Gutachten der Superintendenten und Pfarrer, die dem Leipziger Konsistorium angehören (Eulenberg, Borna, Penigk, Zwickau, Plauen, Weida, Grimma, Rochlitz, Pegau, Dölitzsch, Neustadt an der Orla, Ölsnitz, Sangershausen, Salza, Weißenfels, Meißen, Eckartsberg, Frauen Preisnitz und Freiburgk) sowie die Gutachten der Superintendenten und Pfarrer in den Stifften Meißen, Merseburg und Naumburg (Wurzen, Merseburg und Zeitz). Mithin wurde eine Fülle von Gutachten abgefasst, welche die ausgegangene Dezision betrafen. Was nach der Apologie der kurfürstlich sächsischen Dezision vorgefallen ist, wird sodann im vierten Buch des Religionsstreites verzeichnet, der Akten für die Jahre zwischen 1625 und 1628 enthält. Der „Streit der Fakultäten“ zog sich also insgesamt über sechs Jahre von 1622 bis 1628 hin. Es handelt sich um eine gut dokumentierte theologische Kontroverse, die in der Forschung bislang unbeachtet geblieben ist und die dringend einer systematischen Aufarbeitung, zumal im Kontext theologischer Entscheidungsfindungsprozesse und Gutachtertätigkeit, bedarf. In der wichtigsten Studie zu diesem Themenkomplex – Wiedenroth: Krypsis und Kenosis (2011) – findet die umfassende kursächsische Überlieferung keine Berücksichtigung.



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ein gutes gewesen zu sein: Einer seiner Söhne befand sich in Wittenberg unter der Obhut Balduins.93

2.  Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) 2.1. Herkunft 2.1.1.  Räumlich-geographische Herkunft Friedrich Balduin wurde am 17. November 1575 in Dresden geboren und am folgenden Tag getauft.94 Mit der Leipziger Teilung der wettinischen Lande 1485 war Dresden Residenzstadt der sächsischen Herrscher albertinischer Linie geworden und hatte mit Erhebung des albertinischen Herrschaftsbesitzes zum Kurfürstentum nach dem Schmalkaldischen Krieg (1546/47) eine deutliche Aufwertung als politisches, kulturelles, aber auch wirtschaftliches Zentrum erfahren.95 Nach der Wittenberger Kapitulation war Dresden damit zur Hauptstadt des wichtigsten protestantischen Territoriums innerhalb des Heiligen Römischen Reiches geworden.96 Im Jahr 1583 – mithin in der Zeit, in der Balduin dort lebte – besaßen Dresden (innere Stadt), Vorstädte sowie Altendresden Schätzungen zufolge zusammengenommen rund 14.140 Einwohner, wobei die Stadt im 16. Jahrhundert ein stetiges Wachstum erfahren hatte, das nur aufgrund von Pestepidemien unterbrochen worden war.97 Das Kürsch93 Vgl. dazu den Brief Balduins an Hoë von Hoënegg vom 10. August 1625 im Anhang der vorliegenden Arbeit. 94 Vgl. zur Biographie Balduins zuletzt noch Martin: Reformation of Conscience, 52–84. Quellenmäßige Grundlage der nachstehenden Biographie bildet die ausführliche Leichenrede von Erasmus Schmidt, die Leichenpredigt von Jacob Martini sowie das akademische Programm von Gottfried Reuter. Die von hier bezogenen biographischen Daten wurden einerseits mit den biographischen Daten in den seriellen und nicht-seriellen Quellen in den Beständen zu Wittenberg, Halle und Dresden abgeglichen, ergänzt und emendiert, andererseits mit den Artikeln in den nachstehend genannten einschlägigen Personennachschlagewerken in Beziehung gesetzt: Spitzel: Templum honoris reseratum. In quo L. illustrium aevi huius, orthodoxorum, ac beate defunctorum Theologorum Philologorumque imagines exhibentur, Augsburg 1673, 77–85 [mit Werkeverzeichnis]; Buchner: Dissertationes Academicae, 236–239; Uhse: Leben der berühmtesten Kirchen-Lehrer und Scribenten, 1710, 474–476 [mit Werkeverzeichnis]; Zedler 3 (1733), 217; Wilisch: Kirchen-Historie der Stadt Freyberg, 1737, 166–169; Erdmann: Pastoren, 5–6; ders.: Lebensbeschreibungen, 67–70; ADB 2 (1875), 16–17; GUW, 404–405; Grünberg (Bearb.): Sächsisches Pfarrerbuch, 1939/40, 25; Roth: Restlose Auswertungen von Leichenpredigten und Personalschriften, Bd. 2: Behandelte Personen mit den Nummern R1001–R2000, 1961, R 1137; 4RGG 1 (1998), 1069; Albrecht-Birkner (Bearb.): Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen, Bd. 1: Biogramme A-Bo, 2004, 188. 95  Zur Geschichte der Stadt Dresden liegt eine ältere Gesamtbibliographie vor: Sächsische Landesbibliothek Dresden. Bibliographie zur Geschichte der Stadt Dresden, 4 Bde. (= Bibliographie der Sächsischen Geschichte; Bd. III/1–4). [4 Bde.], 1981. Vgl. weiterhin Blaschke (Hrsg.): Geschichte der Stadt Dresden, Bd. 1, 2005; Meinhardt: Dresden im Wandel, 2009. Vgl. speziell zu den Verhältnissen während und nach Einführung der Reformation Dibelius: Die Einführung der Reformation in Dresden, 1889. 96  Vgl. zu den Folgen für Universität und Stadt Wittenberg Töpfer: Die Leucorea am Scheideweg, 2004. 97  Errechnet auf Grundlage der Schätzungen von Andreas Meinhardt. Vgl. Meinhardt: Dresden im Wandel, 138 und 140.

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nerhandwerk, das in Hinsicht auf Paul Balduin, den Vater Friedrich Balduins, von Bedeutung ist, zählt zu den früh in der Stadt nachzuweisenden Gewerken – Kürschner werden, wie Meinhardt nachweist, vor allem in den Neubürgerverzeichnissen vergleichsweise oft erwähnt.98 Das kirchliche Leben der Stadt Dresden wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts maßgeblich durch den Pfarrer und Superintendenten Daniel Greser geprägt, der diese Ämter seit 1542 und bis zu seinem Tod 1591 innehatte.99 Der 1504 in Weilburg in der Grafschaft Nassau-Saarbrücken geborene Greser hatte in Erfurt zunächst Luther gehört, war erst von Erhardt Schnepf für die Reformation gewonnen worden und entwickelte sich zu einem Anhänger des strengen Luthertums. Greser hatte als solcher an der Bekämpfung der als „Kryptocalvinisten“ diffamierten Anhänger Melanchthons im Kurfürstentum aufgrund der konfessionspolitischen Wende Kurfürst Augusts von Sachsen 1574 in Dresden maßgeblichen Anteil. Meinhardt weist zudem darauf hin, dass Greser nicht alleine die Durchsetzung der Reformation im Rahmen von Pfarrei und Superintendentur befördert, sondern sich auch als Kirchen- und Schulvisitator sowie als Berater der Kurfürsten Moritz und August verdient gemacht habe. Greser hatte solches Ansehen gewonnen, dass er bei Bedarf sogar das Amt des Hofpredigers vertreten sollte.100 Damit wird er auch auf die Kreuzschule in Dresden, die Balduin zunächst besucht hat, entscheidenden Einfluss ausgeübt haben. Friedrich Balduin gehörte mit seiner Geburt im Jahr 1575 zu der Generation von Theologen, die bereits auf dem Boden des Konkordienbuchs (1580) und der kursächsischen Kirchen-, Schul- und Universitätsordnung (1580) groß geworden ist. Er dürfte in Dresden – was das kirchliche Leben angeht – eine streng lutherische Prägung erfahren haben. Doch auch in Dresden als der kurfürstlichen Residenzstadt waren die konfessionellen Differenzierungs- und Abgrenzungsprozesse weiterhin deutlich zu spüren. 2.1.2.  Sozial-familiäre Herkunft Friedrich Balduins Vater war der Dresdner Bürger  – der Erwerb des Bürgerrechts bildete eine Voraussetzung für den Betrieb einer Meisterwerkstatt in Dresden – und Kürschner Paul Balduin (auch Baldwein, Baldewyn, Balduyn). Seine Mutter Magdalena, eine geborene Sperling, war eine gebürtige Dresdnerin.101 Paul Balduin war zugezogen. Er war ein Sohn des in Wittenberg lebenden Urban Balduin, gebürtig zu 98  Ebd.,

174 und 324. die Artikel zu Daniel Greser in den einschlägigen Personennachschlagewerken Jöcher 2 (1750), 1173; ADB 9 (1879), 641; NDB 7 (1966), 49–50. Schlegel: Lebens-Beschreibungen, 1–104; Fortgesetzte Sammlung von Alten und Neuen Theologischen Sachen, 537–542; Matthiae: Lexicon Evangelischer Jubel-Priester, 138–141. Vgl. weiterhin die entsprechenden biographischen Abschnitte bei Müller: Quellenstudien zur Geschichte der sächsischen Hofprediger, in: Zeitschrift für kirchliche Wissenschaft und kirchliches Leben 8 (1887), 180–197; Dibelius: Die Dresdner Superintendenten, in: Beiträge zur sächsischen Kirchengeschichte 15 (1900–1901), 278–301; Clemen: Zur Biographie Daniel Gresers, in: Beiträge zur sächsischen Kirchengeschichte 20 (1906), 248–252; Butte: Daniel Greisers Leben, in: JHKV 2 (1950/51), 144–171 sowie Klein: Zweite Reformation in Kursachsen, 1962, 84 und 96–97 und Wartenberg: Landesherrschaft und Reformation, 1988, 114–117. 100  Meinhardt: Dresden im Wandel, 564. 101  Dibelius: Reformation in Dresden. Weiterhin: Meinhardt: Dresden im Wandel, 328. 99  Vgl.



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Luckau in der Niederlausitz. Über dessen Familie ist bisher nichts bekannt. Fest steht nur, dass Urban sich am 15. September 1521 in die Matrikel der Leucorea eintrug. Dort hat er 1522 den akademischen Grad eines Baccalaureus artium unter dem Vorsitz Martin Rösers und später den Grad des Magister artium erworben.102 Seit 1525 war Urban nachweislich als Gehilfe des Wittenberger Stadtschreibers Philipp Reichenbach und ihm nachfolgend seit dem Jahr 1530 selbst als Notar und Stadtschreiber zu Wittenberg tätig – er begegnet in den Quellen bereits seit 1524 als Kastenschreiber.103 Als Stadtschreiber musste Urban beispielsweise Kaufverträge in das Wittenberger Stadtbuch aufnehmen.104 Ob die Familie Balduins ursprünglich in Luckau und mithin in der Niederlausitz ansässig war, muss offen bleiben. Zwar ist der Name Baldwin (und Boldewyn) in Luckau in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts nachweisbar: Ein Johannes Baldwin war offenbar ein angesehener Bürger von Luckau, wie zwei Urkunden aus dem Luckauer Stadtarchiv belegen.105 Allerdings ist eine Verwandtschaft dieses Baldwin zu Urban nicht nachweisbar. Urban jedenfalls war in seiner Amtsstellung als Stadtschreiber von Wittenberg unmittelbar an den reformatorischen Entwicklungen beteiligt: Er hatte Anteil an der Vermittlung einzelner Werke Luthers nach Zwickau. Mit dem dortigen Stadtschreiber Stephan Roth106 stand er in den 1530er Jahren in regem brieflichem Austausch, ihm übersandte er die gerade neu erschienenen Drucke der Reformatoren.107 Urban Balduin hat das Amt des Stadtschreibers bis zu seinem Tode im Mai 1547 versehen. Aus seiner Eheverbindung mit Anna, der Tochter des Wittenberger Bürgers Stefan Wolff, waren mindestens drei weitere Söhne  – Andreas, Friedrich und Johann  – hervorgegangen, die ohne 102  AAV 1, 107, 2: „Vrbanus Baldewyn de Lucka Misnen. dioc. 15 Sept.“ und Köstlin (Hrsg.): Baccalaurei und Magistri, 183: „Urbanus Baldwin de Lucka gratis“. Vgl. auch Vetter: Chronik der Stadt Luckau, 1904, 184. 103  Kettmann: Wittenberg – Sprache und Kultur in der Reformationszeit, 20–21, 33, 107–108 und 129. Vgl. auch Gornig: Visitation in Wittenberg, in: Blaha/Spehr (Hrsg.): Reformation vor Ort, 147. Gornig geht davon aus, dass Balduin Ende 1528 als Kastenschreiber eingesetzt worden ist und dann ab 1529 neben seiner Ratsanstellung dauerhaft als eine Art Verwalter des Gemeinen Kastens fungierte. 104 Vgl. Kettner. Historische Nachricht Von dem Raths-Collegio, 1734, 146. Ein Brief von ihm ist abgedruckt bei Kolde (Hrsg.): Analecta Lutherana, 1883. Vgl. weiterhin Buchwald: Zur Wittenberger Stadt- und Universitätsgeschichte in der Reformationszeit, 1893, 6 und Clemen: Briefe von Georg Buchholzer 1526 und 1527, in: Jahrbuch für Kirchengeschichte 18 (1920), 1–19. 105 Vgl. Lehmann: Die Urkunden des Luckauer Stadtarchivs in Regesten, 1958, Nr. 172, 194 und möglicherweise auch 202. 106  Vgl. zu ihm Metzler: Stephan Roth (1492–1546), 2008. 107  Etwa Luthers Vorlesung über Jesaia (1527/29), die unter dem Titel In Esaiam Scholia ex D. Martini Lutheri praelectionibus collecta in den ersten Monaten des Jahres 1532 erschien und am 16. März von Urban Balduin an Stephan Roth verschickt worden ist. Vgl. Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels, Bd. 16, Nr. 394, vgl. auch Nr. 399. Urban Balduin hat nachweislich außerdem Luthers Vermahnung an die Geistlichen, versammelt auf dem Reichstag zu Augsburg (1530), Von Ehesachen (1530), Warnung an seine lieben Deutschen (1531) und Glosse auf das vermeinte kaiserliche Edikt (1531) sowie Von den Schleichern und Winckelpredigern (1532), Ägidius Fabers Der Psalm Miserere, deutsch ausgelegt (1531), mit einer Vorrede Luthers, Bugenhagens Ausgabe von Athanasii libri contra idolatriam (1532), ebenfalls mit einer Vorrede Luthers, und Johann Brenz’ Homiliae viginti duae sub incursionem Turcarum in Germaniam ad populum dictae (1532), auch mit einer Vorrede Luthers versehen, und schließlich Der 147. Psalm, Lauda Jerusalem, ausgelegt (1532) an Roth nach Zwickau gesandt. Vgl. die entsprechenden Einträge in der Weimarer Ausgabe (WA).

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

Ausnahme in Wittenberg studierten108 und dort den Magistergrad erwarben. Urban, der während des Schmalkaldischen Krieges im Mai 1547 in Wittenberg verstorben war, hatte seine Söhne als Lehrer an der Wittenberger Stadtschule unterbringen können, wobei seine Freundschaft zu Melanchthon zweifelsohne eine entscheidende Rolle gespielt hatte. Der bekannteste der Söhne Urbans, Andreas Balduin109, der als Archidiakonus an der Petruskirche in der Bergbaustadt Freiberg vermutlich an der Vermittlung Friedrich Balduins als Diakonus ebendorthin mitgewirkt hat, wurde am 1. Mai 1531 in Wittenberg geboren und im Oktober 1542 gemeinsam mit seinem Bruder Johann an der dortigen Universität immatrikuliert. Andreas hatte noch Luther persönlich gehört, sich sodann aber insbesondere Melanchthon angeschlossen.110 Nach dem Schmalkaldischen Krieg und der Belagerung der Stadt Wittenberg hatte er seine Studien an der Leucorea fortgesetzt, bis die Universität wegen des Ausbruchs der Pest nach Torgau verlegt werden musste. Andreas ging nach Berlin zu seinem Schwager Doktor Johann Brüller und wurde der Lehrer von dessen Kindern. Erneut in Wittenberg, setzte er dort seine Studien fort. Am 16. Februar 1557 erwarb er den Magistergrad111 und wurde mit der Erziehung von niederlausitzischen Adeligen betraut. Anschließend wurde Andreas Rektor der Schule zu Frankenhausen. In einem Brief an Nikolaus Claus in Frankenhausen vom 27. April 1557 hatte sich Melanchthon für Andreas Balduin eingesetzt, mit dessen Vater er bereits befreundet gewesen sei.112 Vor seiner Abreise dorthin ermahnte Melanchthon ihn am 10. April 1557, er möge sein Amt fromm und pflichtbewusst erfüllen und sich nicht in Streitigkeiten des Volkes einmischen.113 Andreas kehrte nur wenig später auf Empfehlung seines Lehrers Melanchthon als Rektor der Stadtschule in seine Heimatstadt Wittenberg zurück.114 Hier ersetzte er 1558 den unlängst verstorbenen Peter Bloch.115 Im selben Jahr ehelichte er Gertraud – „Melanchthon selbst führte ihn zur Kirche“ (Spitzner) –, die Tochter 108  AAV 1, 198, 2: Andreas und Johannes wurden im Oktober 1542 immatrikuliert. Vgl. AAV 1, 316, 2: Friedrich (der Ältere) wurde am 29. Dezember 1555 immatrikuliert. 109 Lebenslauf bei Gensreff: Eine Christliche Leichpredigt, 1616. Ein von Andreas Balduin eigenhändig abgefasster Lebenslauf bis zur Ordination findet sich in Buchwald: Wittenberger Ordiniertenbuch (WOB), Bd. 2 (1560–1572), 73 (Nr. 676). 110  AAV 1, 198, 2. Vgl. auch Gensreff: Leichpredigt, 16v–17r: „Ob er wol bey lebzeiten Doctor Luthers noch wenig können assequiren, und von den Theologischen lectionibus verstehen/ so hat doch sein lieber Vater gewolt/ daß er diesen thewren Mann solte hören/ und ihme nachschreiben/ damit er sich dessen in seinem Alter/ und bey den Nachkommenden köndte erinnern. Gedachte es auch offtmals/ daß ihn sein Herr Vater zum Herrn D. Luthern geschickt/ welcher ihm die Hand gereicht/ und zum fleis in studiren angemahnet hette. Den Herrn Philippum hat er nachmals mit grossem nutz gehöret/ auch nach dem er sich schon in Ehestand begeben hat.“ 111  Köstlin (Hrsg.): Baccalaurei und Magistri, 18. 112  MBW, Nr. 6239 und 8207. Vgl. CR 9, 147–148. 113  MBW, Nr. 8185a. 114  Gensreff: Leichpredigt, 18r: „Denn als E. Ehrnv. Rath daselbst Philippum um Rath fragte/ wie sie ihre Schule mit einem feinen gelehrten Manne versorgen möchten/ hat er ihnen Magistrum Baldvinum fürgeschlagen/ welches ihm nicht eine geringe Ehre gewest/ daß ein solcher Mann das vertrawen für andern zu ihme getragen.“ Vgl. Spitzner: Geschichte des Gymnasiums, 1830, 9–10: „Balduin war ein Schüler Melanchthons, und erfreute sich der vorzüglichen Gunst dieses seines Lehrers.“ 115  Am 1. Mai 1558 wurde Andreas Balduin zudem in die Philosophische Fakultät der Leucorea



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des Frankenhausener Bürgers und Ratsverwandten Hans Schaff, mit der er 58 Jahre verheiratet war und 13 Kinder bekam. Über seine Tätigkeit als Rektor ist nur wenig bekannt.116 In seine Amtszeit aber fällt die Erbauung des neuen Schulhauses. Am 2. Januar 1567 erhielt Andreas eine Berufung durch den Rat der Stadt Freiberg zum Diakonus an die dortige Domkirche, der er auch entsprach. Daher wurde er 1567 von Paul Eber ordiniert, der damals Pfarrer der Stadtkirche und Superintendent des Kurkreises war.117 Bei der Berufung spielte der Pfarrer und Superintendent zu Freiberg (Magister Samuel Jauch) eine Rolle, der gemeinsam mit dem Rat der Stadt ein Schreiben an die Theologische Fakultät der Leucorea gerichtet und um Stellenvermittlung gebeten hatte.118 Andreas nahm seine Tätigkeit als Diakonus 1567 auf und blieb, zum Archidiakonus aufgestiegen, bis zu seinem Tod im Oktober 1616 im Amt.119 Sein Neffe, Friedrich Balduin, der inzwischen professor primarius an der Theologischen Fakultät und Senior war, steuerte zur gedruckten Leichenpredigt auf seinen Onkel ein Trauergedicht bei.120 Ein Sammelband mit 23 Drucken und fünf Handschriften, der vermutlich im Besitz Georg Röhrers, des „Chronisten der Reformation“, gewesen ist, befand sich wohl ebenfalls in seiner Bibliothek.121 Über die übrigen Söhne Urban Balduins, Friedrich und Johann, ist wenig bekannt. Friedrich, der ebenfalls den Magistergrad erworben hatte, unterrichtete neben seinem Bruder an der Wittenberger Stadtschule –nicht gewiss ist, ob er als ordentlich bestellter Lehrer tätig war. Er verstarb am 22. Januar 1569, nachdem er auch

rezipiert. Vgl. UA Halle, Rep. 1, XXXXV, Nr. 1, Dekanatsbuch der Philosophischen Fakultät, Bd. 2, 742. 116 In einer überlieferten Jahresrechnung aus dem Jahr 1564 ist die Besoldung eines „Andree Balduino Ludimoderato“ genannt. Vgl. RA Wittenberg, 361 (Bp 6) Rechnungen des Gemeinen Kastens (1564), 85. 117  Buchwald: Wittenberger Ordiniertenbuch (WOB), Bd. 2 (1560–1572), 73. 118  Gensreff: Leichpredigt, 18v: „Als er 9. Jahr Rector zu Wittenberg gewesen/ verlediget sich allhier zu Freybergk/ in dieser Thumbkirchen/ eine Diaconat stelle/ da wird er von E. E. hochweisen Rath/ und dem damals Superintendenten allhier/ Herrn M. Samuel Jauchen / durch ein sonderliches Schreiben an die Wittenbergische Theologische Facultet, erfordert/ und erlanget darauff an solche verledigte Stelle einen ordentlichen Beruff.“ Jauch, zunächst Pfarrer in Lauban und Görlitz, sodann Hofprediger in Brieg, Oberpfarrer (pastor primarius) in Lauban und Görlitz, seit 1566 Superintendent in Freiberg scheint zeitlebens in gutem Kontakt zur Theologischen Fakultät der Leucorea gestanden zu haben. Er hat dem Wittenberger Doktor der Theologie und Reformator Freibergs Hieronymus Weller die Leichenpredigt gehalten. Vgl. Jauch: Leichpredigt Uber der Leich des Ehrwirdigen […] Herren Hieronymi Welleri […], 1580. 119  Gensreff: Leichpredigt, 19r–v; Schwindel: Thesavrvs Bibliothecalis, 1739, 201–202. 120  Gensreff: Leichpredigt, 20v. 121  Stadtarchiv Kamenz  – Sammelband 6463: 23 Drucke des 16. Jahrhunderts und fünf Handschriften, darunter Anmerkungen Philipp Melanchthons (?). Wie der Band nach Kamenz gelangte, ist nicht mit Sicherheit zu rekonstruieren. Einbände vergleichbarer Werke der Kamenzer Ratsbibliothek tragen den Besitzvermerk des Andreas Balduin (gestorben 1616). Sein Vater Urban Balduin könnte durch seine berufliche Tätigkeit in den Besitz des Bandes gekommen sein. Andreas dürfte seine Bücher mit nach Freiberg genommen haben. Andere Kamenzer Bände aus seinem Besitz (z. B. 6049) tragen den Kaufvermerk „1564“. In Freiberg gelangte der spätere Chronist Andreas Möller (1598–1660) in den Besitz jener Bibliothek, aus dessen Nachlass wiederum der Kamenzer Bürgermeister Ehrenfreund Reichel die Bücher erworben hatte. Vgl. zu Röhrer Michel/Speer (Hrsg.): Georg Rörer (1492–1557), 2012.

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ein Predigtamt bekleidet hatte.122 Der jüngere Bruder Johann hatte den Magistergrad gleichfalls erworben und ist am 22. Januar 1557 neben Johannes Bugenhagen d. J. in die Philosophische Fakultät der Leucorea rezipiert worden  – als solcher fungierte er 1569 als Dekan.123 Über seinen Verbleib ist bisher nichts bekannt. Friedrich Balduins Mutter Magdalena, Tochter eines Dresdner Kassenverwalters (praefectus aerarii) und Bürgers namens Lazarus Sperling entstammte jener bekannten Dresdner Familie Sperling, aus der auch einige bedeutende Theologen hervorgegangen sind.124 Ein weiterer Sohn mit Namen Paul war der Vater des späteren Wittenberger Doktors der Theologie Paul Sperling, den Friedrich Balduin selbst für das kurfürstliche Stipendium vorschlagen sollte.125 Auch dieser Paul Sperling d. Ä., geboren am 20. Dezember 1568, hatte die Kreuzschule besucht, sodann in Wittenberg studiert – die Immatrikulation erfolgte am 18. Oktober 1583 – und war schließlich Lehrer in Freiberg, Merseburg und Freiburg geworden.126 Friedrich Balduin entstammte damit zweifelsohne der Verbindung zweier namhafter Wittenberger und Dresdner Bürgerfamilien, die dem mittleren Bürgertum zugerechnet werden können, das keineswegs als unvermögend zu bezeichnen ist.127 Als Kürschner verarbeitete der Vater Tierfelle zu Pelzbekleidung und dürfte insofern zu den wohlhabenden Handwerkern gehört haben  – auch Balduins Nachfolger in Wittenberg, der Theologieprofessor, Stadtkirchenpfarrer und Generalsuperintendent Paul Röber (1587–1651) war Sohn eines Kürschners  – und in der Lage, dem Sohn 122  Spitzner: Geschichte des Gymnasiums, 8. Die Nachricht seines Todes findet sich in den Scripta publice proposita: „Decessit autem heri placida sed immatura morte doctus et honestus Vir, Magister FRIDERICUS BALDUINUS, natus patre viro integerrimo, et scriba publico in hoc oppido, qui cum antehac doctrinae et virtutis suae specimen hic ediderit in formandis pueritiae studiis in schola publica, et fratris Magistri ANDREAE BALDUINI labores sedulo adiuverit, ante biennium in vicinia Ecclesiasticae functioni se dedidit, ac Deo servire, ac Deo servire in propagatione doctrinae coelestis coepit.“ Vgl. Maius (Hrsg.): Scriptorum Publice Propositorum, 1572, 796. Ein entsprechender Eintrag in das Wittenberger Ordiniertenbuch ist nicht vorhanden. 123  Vgl. UA Halle, Rep. 1, XXXXV, Nr. 1, Dekanatsbuch der Philosophischen Fakultät Bd. 2, 741; Sennert: Athenae. Itemq[ue] Inscriptiones Wittebergenses. Libri II, 1678, 124 sowie Spitzner: Geschichte des Gymnasiums, 12. 124  Nur bei Schmidt: Oratio Funebris, 1627, 5. Bei Götze: Send-Schreiben, 45 findet sich die Angabe, dass Lazarus Sperling ebenfalls Kürschner zu Dresden gewesen sei. 125  Am 3. Mai 1620 richtet Balduin eine Bittschrift an Kurfürst Johann Georg I. und empfiehlt Magister Paul Sperling für das hohe theologische Stipendium (90 fl), das bisher Balthasar Fuhrmann – nunmehr Propst zu Klöden – erhalten hatte. Balduin argumentiert, dass ihm der langjährige kurfürstliche Stipendiat Sperling, Sohn des Pfarrers von Laucha, seines Fleißes wegen bekannt sei. Auch habe sich dieser im Rahmen der gewöhnlichen Übungen bei den Stipendiaten und privaten Disputationen sowie beim Disputieren und Predigen in privaten Kollegien insgesamt bereits hervorgetan, so dass nicht zu zweifeln sei, dass der Kurfürst an ihm schon bald einen nützlichen Diener habe. Vgl. UA Halle, Rep. 1, 4593. 126 Erst 1605 ist er Pfarrer in Laucha geworden, wo er bis zu seinem Tod am 27. September 1640 tätig gewesen ist. Vgl. Götze: Send-Schreiben, 98–100 sowie Hantzsch: Dresdner auf Universitäten, 1906, 72 Nr. 693. Ein Autograph befindet sich im Ratsarchiv. Vgl. die Leichenpredigt von Dauderstadt: Doctor Benedictus, 1641. 127  Der Familienname Balduin (Baldewin) ist um 1600 in der Kartei zu den Häuserbüchern nachweisbar. Es ist noch zu ermitteln, welcher Balduin welches Haus in Dresden hatte erwerben können. In jedem Fall handelt es sich um ein weiteres Indiz, das auf die guten Vermögensverhältnisse der Familie hinweisen könnte. Vgl. Dresden, StA, Auskunft von Christine Stade.

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sozialen Aufstieg zu ermöglichen.128 Deshalb ist die Bemerkung Erdmanns, Balduins Auskommen in Wittenberg sei aufgrund der geringen Mittel der Eltern zunächst dürftig gewesen, mit Vorsicht zu behandeln, wobei als Bedingung für den Erhalt des kurfürstlichen Stipendiums, das Balduin bekanntlich erhalten hatte, neben Geschicklichkeit ausdrücklich die Bedürftigkeit des Kandidaten gefordert war.129

2.2.  Ausbildung und Ausbildungsförderung 2.2.1.  Schulbesuche in Dresden und Meißen Nach Auskunft von Götze hätten die Eltern Balduins es gerne gesehen, wenn der Sohn das Handwerk des Vaters erlernt hätte. Und in der Tat scheint er zunächst dazu von seinen Eltern angehalten worden zu sein.130 Doch Balduin habe stets Freude am Lernen, von Jugend auf eine „innige Liebe“ zu Büchern besessen und sich nur ungern durch lästige Hausgeschäfte vom Lesen abhalten lassen.131 So schickten die Eltern ihren Sohn zunächst in die Schule der Heimatstadt Dresden, die sogenannte Kreuz- oder Stadtschule, wo er von den dortigen Lehrern (bei Schmidt werden nur Thomas Pitschius und Magister Michael Rackelmann genannt) bis zu seinem 15. Lebensjahr in den Grundlagen von Frömmigkeit und Gelehrsamkeit – in der Beredsamkeit sowie den alten Sprachen – unterrichtet wurde.132 Die Dresdner Kreuz- oder Stadtschule zählte in der zweiten Hälfte des 16. und im 17. Jahrhundert neben den drei Fürstenschulen Meißen, Grimma und Schulpforta zu den wichtigsten Bildungseinrichtungen Kursachsens – in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht.133 Mit 214 Schülern im Jahr 1572 (davon wohnten 70 in dem seit 1557 bestehenden Alumnat) war sie eine der größten der insgesamt 103 städtischen Lateinschulen des Kurfürstentums am Ende des 16. Jahrhunderts. Der Rat der Stadt hat nach der Schulreform von 1575, in deren Zuge die erste Schulordnung abgelöst worden ist, inhaltliche und administrative Änderungen eingeführt, die reformatorische und humanistische Forderungen aufnahmen. Die Schüler lernten ab 1571 nach dem Lektionsplan von Friedrich Zörler in sieben Klassen.134 Es ist davon auszugehen, dass Balduin diese sieben Klassen an 128  Vgl.

bereits Götze: Send-Schreiben, 44–45. Lebensbeschreibungen, 67: „Hier mußte er sich, weil seine Eltern nicht unter die Reichen gehörten, anfangs sehr dürftig behelfen, ward aber bald durch das kurfürstliche Stipendium von 30, 40 und 90 fl. unterstützet.“ 130  Wetzel: Hymnopoeographia, Bd. 1, 1718, 92. 131  Götze: Send-Schreiben, 46 und Serpilius: Fortsetzung, 144. 132  Schmidt: Oratio, 7: „In Schola itaqve Patria, usquve in decimum qvintum, annum currentem aetatis commoratus, fundamenta Pietatis, Artium dicendi, & Lingvarum eruditarum, feliciter jecit, Magistris usus THOMA PIETZSCHIO, et M. MICHAELE RACKELMANNO, in erudienda pueritia longè fidelissimis et felicissimis.“ 133  Zur Dresdner Kreuzschule liegen bisher nur wenige kleinere Studien vor. Hinzuweisen ist auf einen quellenbasiert zusammengestellten Bildband, der im Rahmen des 775-jährigen Jubiläums der Kreuzkirche 1991 herausgegeben worden ist: Blaschke/Arnhardt/John/Herrmann (Hrsg.): Dresden. Kreuzkirche – Kreuzschule – Kreuzchor, 1991. 134 Zörler, geboren 1550, war von 1574 bis 1583 Diakonus an der Dreikönigskirche in Altendresden und von 1583 bis zu seinem Tod 1613 Pfarrer zu Leubnitz. Vgl. Meinhardt: Dresden im Wandel, 535 und 539. 129  Erdmann:

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der Kreuzschule absolviert hat, er also 1583 dort aufgenommen wurde (1590 ging er nach Meißen). Einen Beleg dafür gibt es aber nicht: Die Matrikel ist für diese Zeit nicht erhalten.135 Die Kreuzschulordnung von 1575 und die kursächsische Schul- und Kirchenordnung von 1580 stellten den Rahmen der Bildungs- und Erziehungsarbeit an der Kreuzschule bis in das 17. Jahrhundert hinein dar und waren somit  – vorbehaltlich ihrer tatsächlichen Durchsetzung in der schulischen und akademischen Praxis – die Grundlage der ersten Schulbildung Balduins. Als Balduin die Kreuzschule besuchte, waren dort sechs Lehrer (seit 1572) angestellt. Das von dem Pfarrer und Superintendenten Greser geführte Verzeichnis der Lehrer des laufenden Jahres 1587 führt als Rektor Magister Michael Rackelmann, als Supremus Magister Matthias Schuman, den Baccalaureus Thomas Pitschius, sowie Kantor Basilius Koeler und Quintus Joachimus Kitzius auf.136 Auch das Lehrerkollegium der Dresdner Kreuzschule hatte durch die nach dem Tod Kurfürst Augusts mit dem Regierungsantritt Christians I. einsetzende konfessionspolitische Wende herbe Einschnitte erfahren. Der Rektor Rackelmann wurde durch Caspar Janitius, der allerdings 1591 wiederum abgesetzt wurde, Matthias Schuman durch Tobias Simon ersetzt, der nach der Absetzung von Janitius Rektor wurde.137 Das erledigte Konrektorat erhielt Magister Caspar Füger, der sein Amt mindestens zwölf Jahre lang verwaltete und anschließend Diakonus an der Kreuzkirche zu Dresden wurde. Es ist davon auszugehen, dass die von Schmidt benannten Lehrer Rackelmann und Pitschius die wichtigsten Einflüsse auf Balduin ausgeübt haben. Der aus Weida stammende Michael Rackelmann hatte an den Universitäten Leipzig und Wittenberg, wo er am 27. Oktober 1575 immatrikuliert wurde, als kurfürstlicher Stipendiat studiert, unter dem Dekanat des späteren (umstrittenen) Stettiner Schulrektors Konrad Bergius (1544–1592)138 den Grad des Magister artium erworben und war schließlich am 21. Dezember 1580 von Polycarp Leyser d. Ä. in Wittenberg examiniert und ordiniert worden.139 Rackelmann erhielt eine Berufung als Lehrer an die Dresdner Kreuzschule und war von 1585 bis 1589 dort als Rektor tätig, bis er infolge von theologischen Streitigkeiten entlassen wurde und als Rektor an das Katharineum nach Lübeck ging.140 Magister Caspar Füger, der Sohn des gleichnamigen Pfarrers der Kreuzkirche, hatte die Fürstenschule zu Meißen besucht, seit 1581 in Leipzig und Wittenberg studiert und war sodann 1585 Kantor an der Kreuzkirche

135  Friederichs:

Die Matrikel der Kreuzschule, 1967. Das Kreuzkantorat in Dresden, in: Vierteljahresschrift für Musikwissenschaft 10/3 (1894), 239–410, hier 272, Anm. 1. 137  Zu Caspar Janitius vgl. Otto: Lexikon der seit dem funfzehenden Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden oberlausizischen Schriftsteller und Künstler, 1802, 214–215; Janicki: Janitius, (Jancke, Jänichen, Janitz, Janison), Caspar, in: Sächsische Biografie, Online-Ausgabe: http://www. isgv.de/saebi/ (10. 2. 2015). 138  Konrad Bergius war ebenfalls Absolvent der Leucorea. Er hatte 1589 den Grad des Doktors der Theologie verliehen bekommen. 139  StKA Wittenberg, WOB IV (1572–1590), Nr. 136: „Ego M. Michäel Rackelmann Weidensis, natione Variscorum, prima fûndamenta studiorum in patria schola à pueritia ieci, ac deinde […] aetatis 18 Norîmburgium […] me contuli, ibique per annos 1 ½ […].“ 140  Zedler 30 (1741), 498; von Seeklen: Athenarum Lubecensium Pars III, 1721, 205 136  Held:



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geworden.141 Doch warum betont Schmidt, dass Balduin alleine bei Rackelmann und Pitschius die Grundlagen für Frömmigkeit und Gelehrsamkeit gelegt habe? Es gibt ein apologetisches Narrativ in den Leichenpredigten und -reden auf diejenigen namhaften lutherischen Theologen des frühen 17. Jahrhunderts, die in den Zeiten des sogenannten Kryptocalvinismus ausgebildet worden waren, das dazu dient, den Bildungsweg von etwaigen „kryptocalvinistischen“ Verwicklungen reinzuwaschen. Um jeden Verdacht sogleich auszuräumen, könnte Schmidt an dieser Stelle möglicherweise nur die ausgewiesenen lutherischen Lehrer genannt haben. Balduin hat wahrscheinlich bis 1590 die Kreuzschule besucht, mithin auch noch in einer Zeit, als Rackelmann bereits abgesetzt war. Fest steht zudem, dass die Lehrer, die den jungen Balduin an der Kreuzschule prägten, zumeist in Wittenberg ausgebildet worden waren und dort maßgeblich ihre Bildung empfangen hatten. Ein Bezug zur Leucorea war einem Alumnus der Kreuzschule stets mitgegeben. In der Dresdner Kreuzschule hatte Balduin bereits eine grundlegende Bildung empfangen, denn am Ende der ersten Klasse (prima) stand das Beherrschen der lateinischen Grammatik und Stilistik, Unterweisungen in Dialektik und Rhetorik und das Lesen der Werke Homers und Ciceros. Es nimmt nicht Wunder, dass Balduin nur etwas mehr als drei statt der vorgesehenen sechs Jahre an der kursächsischen Fürstenschule St. Afra in Meißen verbracht hat, denn die an der Kreuzschule genossene Vorbildung war bereits enorm. So schickten ihn seine Eltern im Frühjar 1590 nach Meißen, wo er vermutlich auch gewohnt hat. Im April 1590 ist er in der Matrikel nachweisbar.142 Balduin hat dort über beinahe dreieinhalb Jahre hinweg bis zum 8. September 1593 finanzell unterstützt durch ein Stipendium des Rats der Stadt Dresden studiert.143 Die kursächsischen Fürstenschulen – neben St. Afra in Meißen gab es noch St. Augustin in Grimma und St. Marien in Schulpforta – waren um die Mitte des 16. Jahrhunderts als Kaderschmieden für den kursächsischen Nachwuchs gegründet worden.144 Hier sollten zukünftige Eliten für Kirche und Staat auf den Universitätsbesuch vorbereitet werden. St. Afra war am 3. Juli 1543 unter humanistischen Vorzeichen fundiert worden. Der erste Rektor war Hermann Vulpius. Die wichtigsten kursächsischen 141  Held: Kreuzkantorat. Die Immatrikulation in Wittenberg erfolgte möglicherweise am 18. März 1583. 142  Schmidt: Oratio, 7: „Inde verò quum profectus pro aetate eximios Praeceptoribus ostendisset, et Parentes suos in spem optimam de se erexisset, in Illustrem Scholam Provincialem Misenae, Magni illius olim GEORGII FABRICII industria et dextra informatione nobilitatam, uberioris culturae Ingenii gratia, anno 1590, die 27. Aprilis, missus est. In quo Ludo triennium cum se misse ita exegit, ut omnibus magnifestum faceret, non existimasse se Ventris causa, otiosorum Monachorum modo in id Coenobium detrusum esse, sed se in phronisterio et quasi palaestra Pietatis, & bonarum Artium vivere, unde, ut cum laude aliquando ad suos redire posset, sedulò sibi enitendum duxit. Idq[ue] etiam feliciter praestitit.“ 143  Die Information bei Wilisch: Kirchen-Historie, 166, Balduin habe sich in der Fürstenschule zu Meißen nicht länger als drei Jahre aufgehalten, ist damit nicht korrekt. Auch Götzes Behauptung, Balduin sei (sogar) viereinhalb Jahre in Meißen gewesen, ist unzutreffend. Vgl. Götze: Send-Schreiben, 46. Es konnten zu dem wohl Balduin gewährten Ratsstipendium bisher keine weiteren Belege gefunden werden. Das Ratsarchiv zu Dresden weist für die Ratsstipendien zwischen 1587 und 1627 eine Lücke auf. 144  Vgl. dazu die grundlegenden Studien von Jonas Flöter. Exemplarisch genannt sei an dieser Stelle Flöter/Wartenberg (Hrsg.): Die sächsischen Fürsten- und Landesschulen, 2004.

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

Städte hatten Freistellen an St. Afra, so auch Dresden mit fünf Plätzen.145 Alle drei Fürstenschulen erfreuten sich schon kurz nach ihrer Gründung einer vorzüglichen Beliebtheit, in St. Afra wurde die Stellenzahl nach nur zwölf Jahren auf einhundert erhöht, nachdem in der Neuen Landesordnung von 1543 zunächst 60 Stellen festgelegt worden waren. Hinzu kamen aber noch Kost- und Extraneerstellen, so dass sich wohl schon damals mehr als einhundert Schüler pro Jahr in Meißen aufgehalten haben. Eine Studie zur Frequenzentwicklung an den kursächsischen Fürstenschulen hat ergeben, dass in Meißen im Jahr durchschnittlich 23 Schüler aufgenommen wurden.146 Dagegen war St. Marien in Schulpforta mit durchschnittlich dreißig aufgenommenen Schülern deutlich frequenzstärker, St. Augustin in Grimma mit 21 Schülern etwas frequenzschwächer. Weil neben dem Aufnahmejahr in der Matrikel oft auch das Abgangsjahr genannt wird, sind auch Analysen der Verweildauer der Schüler möglich gewesen. Das Gros der Fürstenschüler verbrachte zwischen zwei und fünf Jahre in St. Afra, aber immerhin war auch ein Drittel die vorgesehenen sechs Jahre dort. Die erste Schulordnung, die den Schulalltag, aber auch die Lehrinhalte sowie den Schulbetrieb insgesamt regelte, hat der zweite und über viele Jahre hinweg an St. Afra beschäftigte Rektor Georg Fabritius herausgegeben. Doch galt während der Zeit, als Balduin in St. Afra studierte, die durch den Kurfürsten August 1580 als Teil der großen Kirchenordnung eingeführte Schulordnung auch für St. Afra in Meißen. Mit dieser maßgeblich durch den Tübinger Theologen Jacob Andreae beeinflussten Neuregelung des Schulwesens wurden die Fürstenschulen stärker zu theologischen Anstalten für die Ausbildung von Geistlichen umfunktioniert. Balduin betrat St. Afra in einer Krisenzeit. Gerade einmal drei Jahrzehnte waren seit der Gründung vergangen, als auch St. Afra im Kontext der ersten Krise des Philippismus in Kursachsen, die mit den Amtsenthebungen der Jahre 1574 kulminierte, einen Niedergang erleben musste. Bekanntermaßen kam es 1590/91 zu einer erneuten Auseinandersetzung um den sogenannten Kryptocalvinismus in Kursachsen, der abermals auch in St. Afra die Immatrikulationszahlen sinken ließ. Im Jahr 1590, als Balduin in Meißen eintraf, wurden nur 19 neue Schüler aufgenommen, der damalige Rektor Johannes Ladislaus wurde 1592 entlassen und Daniel Menius, vormals Praezeptor, zum neuen Rektor ernannt. Zwar beschränkte sich die geographische Herkunft der Schüler gemäß der Neuen Landesordnung auf Landeskinder, doch war es über die bereits genannten Kost- und Extraneerstellen möglich, dass auch die Zöglinge aus anderen Regionen und Ländern frei an die Fürstenschulen geschickt werden konnten.147 Unter den Fürstenschülern befanden sich wohl zu rund 80 % Landeskinder aus Kursachsen, primär aus urbanen Einzugsgebieten. Immerhin kamen auch mehr als ein Viertel aus nicht-urbanen Regionen.148 Um ein differenziertes Bild von dem in St. Afra erfahrenen Unterricht zu erhalten, ist es unumgänglich, das Lehrpersonal der Schule in den Blick zu nehmen. Der Rektor Johannes Ladislaus war gebürtig aus Dresden und bereits Rektor in Schleusingen und Halle gewesen, bevor er 145  Flathe:

Sanct Afra, 1879, 91–92. Universitäten und Fürstenschulen, 257. 147  Ebd., 263. 148  In der Zeit zwischen 1563 und 1650. 146  Bönisch:

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nach Meißen kam. Im Juni 1592 wurde er wegen Verdachts auf „Kryptocalvinismus“ entlassen.149 Sein Nachfolger Daniel Menius war am 13. Mai 1548 in Torgau geboren und hatte dort auch seine erste Bildung empfangen.150 Am 25. Juli 1565 wurde er in Wittenberg immatrikuliert.151 Nach seinem Studium wurde er Rektor in Döbeln, 1572 Lehrer, 1588 Konrektor und 1593 Rektor in Meißen. Am 27. April 1593 wurde Menius durch den Hofprediger Martin Mirus eingeführt. Konrektor war seit 1593 Balduins Dresdner Lehrer Michael Rackelmann (bis 1609). Balduin wie Heinrich Höpfner – Professor an der Leipziger Theologischen Fakultät – sollen ihn vor anderen wegen seiner Treue und Gelehrsamkeit gelobt haben.152 Weitere Lehrer, die am 27. April 1593 durch Martin Mirus eingeführt wurden, waren Magister Heinrich Meurer aus Rudolstadt und Elias Gerlach aus Borna. Als Schulverwalter fungierte indes Lucas Cranach aus Wittenberg, der Sohn des bekannten Malers Lucas Cranach d. J., der am 30. Januar 1591 eingeführt worden war.153 Die kursächsische Fürstenschule St. Afra in Meißen besuchte Balduin also in einer Zeit, als unter der vormundschaftlichen Regierung des Administrators Friedrich Wilhelm I. abermals ein konfessionspolitischer Kurswechsel, diesmal erneut in lutherischorthodoxer Richtung, stattgefunden hatte. Nachdem Balduin bis zum 8. September 1593 in Meißen die Grundlagen für das Studium an der Universität gelegt hatte, begab er sich auf Rat seiner Familie nach Wittenberg und wurde am 2. Oktober 1593 an der Universität Wittenberg immatrikuliert.154 2.2.2.  Studium und Graderwerb in Wittenberg Balduin hat von 1593 (Immatrikulation) bis 1602 (Ordination) – abgesehen von einer kurzen Unterbrechung – an der Universität Wittenberg studiert und in der Stadt Wittenberg gelebt. Er ist dabei durch ein kurfürstliches Stipendium unterstützt worden. Daher ist anzunehmen, dass Balduin – wenigstens zeitweise – in dem von der Universität erworbenen, umgebauten und als Konvikt genutzten ehemaligen Wohnhaus 149  Dunkel:

456.

Historisch-Critische Nachrichten von verstorbenen Gelehrten und deren Schriften,

150  Müller: Geschichte der Chursächsischen Fürsten- und Landschule zu Meissen. Aus Urkunden und glaubwürdigen Nachrichten, Bd. 2, Leipzig 1789, 92–94. 151  AAV 2, 89, 1. 152  Ebd., 184: „Heinrich Höpfner und Friedrich Balduin, zween der gelehrtesten Theologen, seine vormaligen Schüler, rühmen seine Treue und Gelehrsamkeit ungemein.“ Entsprechende Belege habe ich bisher nicht finden können. 153 Vgl. jetzt zu Lucas Cranach Heiner Lück/Enno Bünz/Leonhard Helten/Armin Kohnle/Dorothée Sack/Hans-Georg Stephan (Hrsg.): Das ernestinische Wittenberg: Spuren Cranachs in Schloss und Stadt, Petersberg 2015. 154 AAV 2, 404, 2: „Fridericus Balduinus Dresdensis“  – am Rande findet sich die spätere Bemerkung: „Postea in numerum professorum s. theologiae receptus anno 1605.“ Schmidt: Oratio, 8: „Quia autem, ut in Patria, ita etiam & quidem multò magis in hac illustri Schola, τό Hoc age, et Dic cur hic, praxi quotidiana exprimere sibi propositum habuit; id à Deo benedicenti impetravit, ut ejusmodi in studijs Pietatis, Artium et Linguarum, profectus fecerit, qui ad Academicam culturam apti judicarentur. Idcircò de consilio suorum, in hanc nostram Wittebergensem Academiam concessit, ipsoque die Michaelis Archangeli, anno 1593. feliciter accessit, & in Album Studiosorum huius Universitatis relatus est, Rectore Viro Consultissimo & Magnifico Dn. D. Petro Hegio JCts longè celeberrimo.“

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

Martin Luthers (Augusteum) gewohnt hat.155 Er hat damit, was in der Zeit der lutherischen Orthodoxie selbst für einen kurfürstlichen Stipendiaten nicht die Regel war, nur an einer Universität studiert und dort seine akademischen Grade erworben: 1597 unter dem Dekanat Friedrich Taubmanns den Grad des Magister artium und 1605 unter dem Vorsitz Leonhard Hutters den Grad des Doktors der Theologie. Das Studium an der Leucorea und die dort durch seine akademischen Lehrer erfahrenen Prägungen sind nun etwas näher zu betrachten. Als Balduin im Herbst 1593 nach Wittenberg übersiedelte und sich dort in das Matrikelbuch der Universität einschrieb, hatten die Universität sowie vor allem die Theologische Fakultät einen zäsurhaften personellen Einschnitt hinter sich. Dieser ist von Balduin rückblickend in seiner – bisher nicht aufgefundenen – Autobiographie als Ausgangspunkt eines Aufschwungs der Theologie in Wittenberg beschrieben worden.156 Mit der Entlassung und Ersetzung aller vier Professoren in den Jahren 1591/92 war die Theologische Fakultät durch Administrator Friedrich Wilhelm neukonstituiert worden, der für den noch minderjährigen Christian II. als dessen Vormund die Regierungsgeschäfte übernommen hatte. Damit hatte die neue Regierung nur kurze Zeit nach dem Tod Christians I. eine Kehrtwende in der Religionspolitik unternommen. In der älteren Forschung wird diese ex post als eine Festlegung des Kurfürstentums auf die lutherisch-orthodoxe Richtung der von der Wittenberger Reformation ausgehenden Theologie gewürdigt, die zugleich mit einer nachhaltigen Schwächung der gemäßigt-melanchthonischen Richtung einherginge.157 Doch hat demgegenüber die neuere Forschung am Beispiel der nach wie vor auch von der lutherisch-orthodoxen Richtung rezipierten Loci-Methode wiederholt auf den Fortbestand des Melanchthonianismus aufmerksam gemacht, ohne dass dies neue Forschungsanstrengungen zur Folge gehabt hätte.158 Hier wird davon ausgegangen, dass es eine intensive, durchaus affirmative und kritische Melanchthon-Rezeption in der lutherischen Orthodoxie gegeben habe.159 Fest steht andererseits auch, dass sich mit den Amtsenthebungen von 1591/92 die Auseinandersetzung mit Melanchthon sichtbar verändert hatte, weil eben die gemäßigt-melanchthonische Richtung, die theologisch 155  Lück/ Rockmann: Der Verkauf des Lutherhauses an die Universität Wittenberg 1564, in: LuJ 69 (2002), 79–100 sowie Ludwig: Unterbringung und Versorgung, in: Asche/Lück/Rudersdorf/Wriedt (Hrsg.): Institutionen und Formen gelehrter Bildung um 1550, 2015, 483–516. 156  Götze: Send-Schreiben, 46 sowie Serpilius: Fortsetzung, 144. Balduin hatte nach Überlieferung von Götze, der sich dabei vermutlich auf Serpilius bezieht, in seiner Autobiographie nachstehende Worte notiert: „Incidi ex benedictione Domini in tempus longè felicissimum, cum Academia â fermento Calvinistico expurgata, studio imprimis Theologico floreret praeclarissime.“ („Durch die Gnade des Herrn begann ich in einer überaus glücklichen Zeit, als die Universität, nachdem sie vom calvinistischen Sauerteig gereinigt worden war, vor allem im theologischen Studium sehr üppig gedieh.“). 157  Klein: Der Kampf um die Zweite Reformation in Kursachsen, 1962; Calinich: Kampf und Untergang des Melanchthonianismus, 1866. 158  Junghans: Philipp Melanchthons Loci theologici, in: Wartenberg (Hrsg.): Werk und Rezeption Philipp Melanchthons, 1999, 9–30 und zuletzt Steiger: Nachwort, hier besonders 718–720. 159  Dieser Problemkomplex ist noch kaum erforscht. Zu verweisen ist insbesondere auf Hutter: Loci Communes Theologici, aber auch auf Balduin: Defensio Augustanae Confessionis, 1623. Beide stehen exemplarisch als Vertreter der lutherisch-orthodoxen Richtung, die sich eingehend mit Melanchthon auseinandergesetzt haben.



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zumindest eine gewisse Affinität zu reformierten Theologen aufwies, personell stark geschwächt worden war.160 Entlassen wurden 1591/92 die von Christian I. seit 1586 berufenen, an Melanchthon orientierten und nunmehr als sogenannte Kryptocalvinisten diffamierten Professoren Urban Pierius (Birnbaum), Petrus Calaminus, Paul Auleander und Heinrich Majus, die inhaftiert oder ausgewiesen wurden oder aber Kursachsen von selbst verließen.161 Im Rahmen der Neukonstitution der Theologischen Fakultät (1592/93) berief der Administrator Friedrich Wilhelm I. zwei Tübinger Theologen: Polycarp Leyser d. Ä., der bereits 1577 als Professor, Pfarrer und Generalsuperintendent in Wittenberg tätig war, und den ihm freundschaftlich verbundenen Ägidius Hunnius d. Ä., der zuvor Professor an der Theologischen Fakultät der Universität Marburg war.162 Hunnius kam 1592, Leyser 1593 nach Wittenberg: Dieser erneut als Pfarrer und Generalsuperintendent, jener als Propst an der Schlosskirche. Im Mai 1593 wurden Salomon Gesner (Professur ohne kirchliches Amt) und Samuel Huber (Prediger an der Schlosskirche) zu Professoren der Theologischen Fakultät der Leucorea berufen. Nach der Ausweisung Hubers und dem Weggang Leysers nach Braunschweig wurde David Runge, Sohn des Greifswalder Generalsuperintendenten Jacob Runge, zum Professor der Theologie (zugleich Amt des Predigers an der Schlosskirche) ernannt.163 Eine vollständige Besetzung des Kollegiums wurde erst im Sommer 1595 erreicht, als Johann G. Volkmar auf die noch immer vakante vierte Professur (ohne kirchliches Amt) berufen worden war.164 Aufgrund der Entlassung Hubers, der sich mit dem Kollegium über seine Auffassungen bezüglich der Gnadenwahl zerstritten hatte, wurde Runge zum Prediger an der Schlosskirche und dritten Professor der Fakultät ernannt.165 Mit der Entlassung Hubers – die Fakultät war 1595 mit Hunnius, Gesner, Runge und Volkmar besetzt – begann eine Phase der Formierung und Konsolidierung der lutherischen Orthodoxie an der Leucorea, die nur noch durch den frühen Tod Volkmars 1596 – einem sehr vielversprechenden Nachwuchstheologen – unterbrochen wurde.166 Die Lücke konnte diesmal mit Leonhard Hutter rasch angemessen geschlossen werden, der nunmehr die vierte Professur innehatte, die mit der Vorlesung über die Hauptartikel der christlichen Lehre nach dem Konkordienbuch oder aber den Loci communes Melanchthons betraut war. Auf diese Zäsur ist oben bereits näher eingegangen worden.

160  Zur Nähe der Theologie der gemäßigt-melanchthonischen Richtung zur reformierten Theologie vgl. etwa Hund: Das Wort ward Fleisch, 2006; Ders.: Kryptocalvinismus oder Kryptophilippismus?, in: Dingel/Kohnle (Hrsg.): Philipp Melanchthon, 2011, 271–288. 161  Vgl. den ersten Abschnitt des dritten Kapitels vorliegender Arbeit. Vgl. aus der einschlägigen Literatur: Klein: Der Kampf um die Zweite Reformation in Kursachsen (1586–1591), 1962 sowie ders.: Urban Pierius, 1970. 162  Beide hatten gemeinsam in Tübingen studiert und 1576 den Doktorgrad erworben, ihre theologischen Lehrer waren Jacob Andreae, Jacob Heerbrand und Theodor Schnepf. Vgl. Sommer: Die lutherischen Hofprediger in Dresden, 2006, 115–116. 163  Vgl. dazu aus der einschlägigen Literatur Peters: Leyser in Wittenberg, in: Dingel/Wartenberg (Hrsg.): Die Theologische Fakultät Wittenberg, 173–188. 164  UA Halle, Rep. 1, 2273. 165 Ebd. 166  Ebd. Vgl. zu Volkmar: Appold: Orthodoxie, 209–213.

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

Auch die Philosophische Fakultät war nicht von den Maßnahmen des Kurfürsten zur Beseitigung des „Kryptocalvinismus“ und zur Herstellung eines im Sinne der lutherischen Orthodoxie tätigen Lehrkörpers an der Leucorea verschont geblieben.167 Im Einzelnen wurden Albert Voit (Poesie) durch Jacob Fuhrmann, Johannes Grunius (Logik und Ethik) durch Antonius Euonymus, Janus Gruter (Geschichte) durch Nicolaus Todaeus, Valentin Schindler (Hebräisch) durch Laurentius Fabritius, Caspar Straub (Mathematik) durch Johannes Hagius und Andreas Schato (Physik) durch Ernestus Hettenbach ersetzt. Mehr als die Hälfte des an der Philosophischen Fakultät tätigen Lehrpersonals wurde damit ausgetauscht. Als Balduin im Herbst 1593 das Studium zunächst an der Philosophischen und im Sommer 1597 sodann an der Theologischen Fakultät aufnahm, waren beide Fakultäten von Grund auf neu gebildet worden.168 Die Theologische Fakultät hatte sich in den 1590er Jahren, als die Streitigkeiten um Huber in Wittenberg weitgehend beendet waren, wieder erholen und ihre Arbeit aufnehmen können. Um die Jahrhundertwende hatte sich die Leucorea soweit gefestigt, dass sie erneut zu den europäischen Spitzenuniversitäten zählen durfte, was sich nicht nur an den Immatrikulations-, sondern insbesondere auch an den Promotions- und Ordinationsfrequenzen eindrucksvoll belegen lässt.169 In diese personellen Konstellationen und das geistige Klima lutherisch sanktionierter Linientreue trat Balduin mit seiner Immatrikulation im Herbst 1593 ein. Die bereits genannte Begräbnisrede des Gräzisten und Mathematikers Erasmus Schmidt bietet einige wertvolle Informationen über Balduins Studium an der Leucorea, sowohl an der Philosophischen als auch an der Theologischen Fakultät. Denn Schmidt notiert, welche akademischen Lehrer Balduin in welchen Fächern gehört hat und bietet damit eine Art Lehrprofil, aufgrund dessen sich rekonstruieren lässt, welche Einflüsse – sowohl Personen als auch Lehrinhalte – Balduins in Wittenberg von 1593 bis 1602 genossene Ausbildung maßgeblich bestimmt haben.170 Zu diesen an der Leucorea erworbenen Prägungen zählt das Insistieren auf der in den lutherischen Bekenntnisschriften festgehaltenen biblisch-theologischen Wahrheit, die keine Abweichung duldet, aber eben auch die umfassende sprachliche und philosophische Bildung, deren Grundlage bereits in Meißen gelegt worden war und die an der Leucorea nunmehr verfeinert wurde. Mit der umfassenden Sprachbildung setzen die Ausführungen Schmidts in der Oratio funebris ein. An der Leucorea habe Balduin neben der Vertiefung der Kenntnisse in der lateinischen und griechischen Sprache auch die hebräische Sprache erlernt. Dies ist unter der Leitung des bekannten Hebraisten Laurentius Fabritius geschehen, der seit 1593, nachdem Valentin Schindler entlassen und nach Helmstedt berufen worden war, die Professur für hebräische Sprache bekleidet hatte.171 167  Kathe:

Philosophische Fakultät, 163 ff. ist davon auszugehen, dass Balduin bis zu dem Erwerb des Magistergrades 1597 vornehmlich in der Philosophischen, anschließend jedoch vornehmlich in der Theologischen Fakultät studiert hat. Dadurch ist keineswegs ausgeschlossen, dass er bereits vor dem Erwerb des Magistergrades theologische und noch nach dem Erwerb des Magistergrades philosophische Lehrveranstaltungen besucht hat, auch wenn dies nach der Studienordnung so nicht vorgesehen war. 169  Vgl. dazu Abschnitt 1 dieses Kapitels. 170  Schmidt: Oratio, 11–12. 171 Ebd., 11: „Praeterquam enim quod statim â primo ad Academiam accessu, exercitationem Theologicam unam itemq[ue] alteram in Acroateriis publicis orsus fuisset, ad Graecam et Latinam 168 Es



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Fabritius war 1554 in Danzig als Sohn eines Handelsmannes geboren worden und hatte sodann das dortige Gymnasium besucht.172 Anschließend hatte er an den Universitäten Wittenberg, Jena, Frankfurt, Leipzig und Tübingen sowie Straßburg studiert und war als privater Präzeptor tätig gewesen. 1587 war er nach Wittenberg zurückgekehrt und hatte im September dort den Magistergrad unter dem Dekan Simon Grünberg erworben. Seine Studien hatte Fabritius sodann in Jena fortgesetzt und dort wohl auch private Lehrveranstaltungen angeboten, bis er 1593 als Professor für hebräische Sprache an die Leucorea berufen wurde. Dieses Amt hatte er am 28. April desselben Jahres angenommen. Bis zu seinem Tod 1628 war er an der Leucorea tätig, zweimal als Rektor der Universität und sechsmal als Dekan der Philosophischen Fakultät  – ihre Geschicke hat er also maßgeblich mitbestimmt.173 Fabritius hat die hebräische Grammatik auf der Grundlage von Lehrbüchern mit Textbeispielen aus den alttestamentlichen Büchern zur Einübung in die Sprache erklärt.174 Es ist anzunehmen, dass er überdies der syrischen und arabischen Sprache kundig gewesen ist und diese auch unterrichtet hat, sei es im Rahmen der öffentlichen oder privaten Lehrveranstaltungen.175 Als Aushilfe wurde ihm sein Schüler Martin Trost zur Seite gestellt, der bereits andernorts als Hebraist tätig gewesen und ihm als Professor für hebräische Sprache in Wittenberg nachgefolgt war.176 Eine besondere Aufmerksamkeit verdient in dem Jahrzehnt vor 1600 das Studium der Logik, Metaphysik und Ethik: In dieser Zeit haben allen voran die Universitäten zu Wittenberg und Helmstedt die aristotelische Metaphysik auf der Grundlage neuer Lehrbücher wieder eingeführt. Schmidt berichtet, dass Balduin diese Fächer bei Antonius Euonymus und Daniel Cramer studiert habe. Cramer (Candidus) versah seit 1593, dem Jahr als Balduin nach Wittenberg kam, ein Extraordinariat für aristotelische Metaphysik. Der aus Teuchen bei Villach stammende Antonius Euonymus war seit 1577 in Wittenberg immatrikuliert und hatte dort den Magistergrad erworben. 1592 hatte er die Professur für Logik und Ethik erhalten und war 1598 Rektor der Leucorea.177 Er starb, noch jung, bereits 1601. Von seinen Werken sind eine lateinische linguam, quarum usum in Illustri Misenensi perquam familiarem sibi reddiderat, Hebraicae quoque, cuius initia etiam inde attulerat, coginitionem solidam M. LAURENTIO FABRICIO, iam Decano Facultatis Philosophicae Spectabili, doctore percepit.“ 172  Röber: Emphasis voculae, 1629. 173 Allerdings hatte Fabritius seine Lehrtätigkeit wohl schon eineinhalb Jahre zuvor aus gesundheitlichen Gründen eingestellt. 174  So in seinem Programm Ad pietatis et sanctae Hebreae Linguae Studiosos (Wittenberg 1602). Vgl. Miletto: Hebraistik und Orientalistik in Wittenberg, in: kuyt (Hrsg.): Orient als Grenzbereich, 2007, 197. Nur spärliche Informationen finden sich bei Kathe: Philosophische Fakultät, 190–192 sowie GUW, 476–477. 175  Kathe: Philosophische Fakultät, 192. Bei Friedensburg heißt es hingegen, er sei über das Hebräische nicht hinausgegangen. Vgl. GUW, 477. Vgl. auch Grohmann: Annalen, 102–104. 176  Zobel: Hebraisten an der Universität zu Wittenberg, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 7 (1957/58), 1178–1179; vgl. auch Burnett: Christian Hebraism in the Reformation era (1500–1660), 2002. 177 Vgl. GUW, 505. Nach seinem Tod 1601 wollte das Collegium Philosophicum an dieser Doppelprofessur festhalten, doch sprach sich der akademische Senat dafür aus, diese beiden ohnhin unterschiedenen Aufgabenbereiche zu trennen und zwei Lehrkräften aufzutragen. Vgl. Kathe: Phi-

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Grammatik nach Melanchthon und einige Disputationen bekannt.178 Cramer wurde am 20. Januar 1568 in Reetz in der Neumark als Sohn des dortigen Pfarrers Martin Cramer und seiner Frau Gertrud, geborene Krüger, geboren.179 Er besuchte zuerst die Schule seines Heimatortes und wechselte im August 1581 nach Landsberg, wo er bei Jacob Capitus unterrichtet wurde. Seit 1584 besuchte er das Pädagogium zu Stettin, seit 1586 das Danziger Gymnasium.180 Cramer immatrikulierte sich im September 1588 mit Duncan Liddel an der Universität Rostock und genoss dort bis zum September des darauf folgenden Jahres 1589 die Unterstützung des Gemeinen Tisches. Hier erwarb er am 2. September 1591 den Magistergrad. Die Kosten trug der Däne Georg Rosenkrantz, dessen Sohn Oliger unter Cramers Anleitung studierte. Am 9. Oktober 1592 immatrikulierte er sich an der Universität Wittenberg und nahm unter Hunnius, Gesner und Huber das Theologiestudium auf.181 Zugleich wurde er Professor für Logik an der Philosophischen Fakultät, im Juli 1593 außerordentlicher Professor für das aristotelische Organon. Hier wurde nach seiner Berufung nach Stettin 1595 Bartholomäus Hierovius sein Nachfolger. Nachdem Cramer 1595 zum Pfarrer an St. Marien, Lehrer am Pädagogium und Archidiakonus in Stettin berufen worden war, disputierte er am 4. April 1595 über das Thema De Sanctorum Cultu unter dem Vorsitz Salomon Gesners, wurde allerdings erst am 13. Juni 1598 in Wittenberg von Gesner zum Doktor der Theologie ernannt.182 Er war seit April 1597 auch Inspektor und Assessor des Stettiner Konsistoriums. In Stettin hat Cramer bis zu seinem Tod am 5. Oktober 1637 gelebt und gewirkt.183 Seit dem 15. September 1595 war er mit Erdtmuth, der Tochter des Generalsuperintendenten von Pommern-Stettin Jacob Faber, verheiratet.184 Rhetorik habe Balduin bei Schmidts eigenem Vorgänger Magister Michael Reichard gehört, der am 2. August 1578 vom Kurfürsten auf die Professur für Rhetorik berufen worden war und sie bis zu seinem Tod am 2. September 1597 versah.185 Das Studium der Mathematik habe Balduin bei Magister Johannes Hagius, das der losophische Fakultät, 209–210 sowie 216 und 219. Martin Hilwig wurde auf die Professur für Ethik, Jacob Martini auf die Professur für Logik berufen. 178  Euonymus: Syntaxeos Latinae Domini Philippi Melanthonis Explicatio, 1587. 179  PSB Wittenberg, Fun. 605, 2. 180  StB Stettin Album Studiosorum Illustris Paedagogy Stetinensis, 11v. 181  AAV 2, 393, B 15. 182  Förstemann: Liber Decanorum, 87. 183 Während seiner Zeit als außerordentlicher Professor für das aristotelische Organon an der Leucorea veröffentlichte Cramer 1594 eine Einführung in die aristotelische Metaphysik (Isagoge in Metaphysicam Aristotelis) und 1595 ein Handbuch des aristotelischen Organons gegen Petrus Ramus (Synopsis Organi Aristotelis contra P. Ramum). Während die späteren Vertreter der aristotelischen Philosophie, insbesondere der Metaphysik, der Philosophie nur im Dienste der Theologie stehend eine wichtige Bedeutung konzedierten – etwa Balthasar Meisner in seiner Philosophia Sobria – maß Cramer der aristotelischen Philosophie eine eigenständige Rolle zu. Vgl. zusammenfassend Wundt: Schulmetaphysik, 57–58 und 106 ff. 184  Nach ihrem Tod ehelichte er am 16. Januar 1609 Elisabeth, die Tochter des Kaufmannes und Seidenhändlers Barthelm Martens. Er hinterließ einen Sohn namens Johann Jakob (Pfarrer in Danzig) und eine Tochter namens Regina (Ehefrau des Alexander Seifarth) sowie weitere Kinder. 185  UA Halle, Rep. 1, 113, 17r (Kurfürst August an die Universität Wittenberg, 2. August 1578). Vgl. dazu auch Kathe: Philosophische Fakultät, 147–148 sowie weiterhin Ludwig: Bremen – Zerbst – Wittenberg, in: Daphnis. Zeitschrift für Mittlere Deutsche Literatur und Kultur 36 (2007), 433. Zu



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Geschichte bei dem Doktor beider Rechte Friedrich Tilemann betrieben.186 Über Reichard und Hagius ist bisher wenig bekannt. Tilemann indes erhielt 1595 die Professur für Geschichte – als eine der ersten im Heiligen Römischen Reich – und versah zudem eine außerordentliche Professur für Politik.187 Sein Hauptwerk war wohl der 1597 erschienene Discursus philologicus.188 Tilemann war zugleich Assessor der Wittenberger Juristenfakultät und wurde kurz nach seiner Berufung auf die Professur für Geschichte Doktor beider Rechte in Wittenberg.189 Er starb allerdings schon am 9. Juni 1598. Schmidt beschreibt Balduin als vorzüglichen Theologen, der sich insbesondere dadurch auszeichne, dass er – wie seine Kommentarwerke zu biblischen Büchern offenbarten – die Schrift in der Originalsprache auslege, Logik und Metaphysik – wie seine Disputationen aufwiesen – beherrsche und die Inhalte eloquent artikuliere.190 Damit leitet Schmidt zum Theologiestudium Balduins über. Nachdem Balduin über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren grundlegende Bildung in der Philosophischen Fakultät vermittelt worden war, konnte er den Magistergrad erwerben. Als kurfürstlicher Stipendiat wurde er dazu von David Runge – dem damaligen theologischen Ephorus der kurfürstlichen Alumni – vorgeschlagen.191 Den Grad des Baccalaureus artium, den die kursächsische Kirchenordnung von 1580 noch ausdrücklich als Voraussetzung für den Erwerb des Magistergrads gefordert hatte, der aber an der Leucorea nicht vergeben seiner Biographie Hinweise bei Müller: Geschichte der Chursächsischen Fürsten- und Landschule zu Meissen, 1789, 106. 186  Zöllner: Geschichte und Geschichtswissenschaft an der Universität Wittenberg, in: Lück/ Schildt (Hrsg.): Recht, Idee, Geschichte, 2000, 373–403, hier 399. 187  Kathe: Philosophische Fakultät, 220. Johann Georg Volkmar war indes als vierter Professor an die Theologische Fakultät gewechselt. 188  Seifert: Cognitio historica, 1976, 145. 189  Kathe: Philosophische Fakultät, 169–170 und 219–220. 190  Schmidt: Oratio, 11–12: „Atque hac ratione, exemplo cum paucis hodiè conferendo, nullam Philosophiae partem intactam reliquit, quam non, pro suo sibi, imò et publicum commodo, penitiùs cognovisset, ita quidem, ut non cognovisse eas tantùm, sed et quasi suas sibi fecisse, et in singulis excelluisse, haud absque re dici posset. In Linguarum usu quid valuerit, doctissimae eius Commentationes in Sacrae Scripturae plurimos libros, comprobant, dum saepè ex Originalis linguae emphasi & genuinum Scripturae sensum eruit, & doctrinas inde gravissimas eduxit. In Logocis et Metaphysicis quanto acumine et dexteritate praeditus fuerit, Disputationes eius eruditissimae satis evicerunt. Oratoria qvantus Artifex fuerit, Suggesta publica Templorum, non huius tantùm loci, sed et alibi passim, loqui possunt Quis auditorum attentiorum, sine motu animi insigni ab eo concionato abiit? Qvis contriti et anxii Spiritus, solamina ex ore ipsius non hausit? Quis ita plane desperatae vitae est, qui non de Ira Dei, Iudicioq[ue] extremo concionantem expaverit? Quae errantium ovicularum ad huius Pastoris fidelissimi vocem non in viam redire animum induxit? Nulla certè […].“ 191  Ebd., 13: „Vix enim triennium in hac Academia substiterat, quando hortatibus, imò voluntate & iussu Reverendi Dn. D. DAVIDIS RUNGII, Alumnorum Electoralium Inspectoris, ut eò magis in studio Theologico, quod maxime laudabiliter coeperat, totus deinceps esse posset, ad summos honores Facultatis Philosophicae. Gradum nempe Magisterii modestè aspiravit: ad quem etiam, utpotè dignisimus inventus, maximâ cum gloriâ evectus fuit, inter tres et quadraginta Candidatos primo loco constitutes, id quod factum meminimus die 15. Martij Anni 1597. suprà nominato FRIDERICO TILEMANNO Decano.“ Die Aufgaben der Inspektoren – die Kirchenordnung von 1580 nannte sie „Superintendenten des Stipendii“  – waren erstens, darauf zu sehen, dass die Ordnung eingehalten würde, zweitens, die Austeilung der Stipendiatengelder zu überwachen, drittens, Mängel beim Oberkonsistorium anzuzeigen, viertens dafür zu sorgen, dass die Stipendiaten ihre Predigtobligation in der Kommunität einhalten. Vgl. Wattendorff (Hrsg.): Schul- und Universitätsordnung, 219–220.

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

wurde, hatte Balduin nicht erworben.192 Die kursächsische Kirchenordnung verlangte von den Kandidaten, dass diese „der lateinischen und griechischen Sprache kundig, in Dialecticis, Physicis und Ethicis Aristotelicis wohl geübet und erfahren, auch guten Lebens und Wandels“ wären und auch bereits im Disputieren geübt seien.193 Die Professoren haben die Prüfungen im Beisein des Kanzlers sowie der übrigen Magister öffentlich zu vollziehen. Um die Kandidaten nicht durch hohe Kosten von der Promotion abzuschrecken, soll das auf die Promotion folgende Festmahl (convivium) gänzlich abgeschafft werden. Das prandium Aristotelicum, der Hauptschmaus, sei so einzuschränken, dass lediglich noch die an der Fakultät lehrenden Magister und die an den drei oberen Fakultäten lehrenden Doktoren eingeladen werden sollen.194 Um einen gewissen Wettbewerb unter den Kandidaten zu erzeugen, wird ferner gefordert, dass die Festsetzung einer Rangfolge durch Plätze (loci), die die Kandidaten in der Prüfung eingenommen haben, beibehalten wird. Die Promotionen zum Magister artium fanden an der Philosophischen Fakultät der Leucorea zweimal im Jahr – im Frühjahr und im Herbst – unter dem Vorsitz des jeweiligen Dekans statt. So wurde Friedrich Balduin am 15. März 1597 unter dem Vorsitz Friedrich Tilemanns zum Magister artium promoviert. Er hatte neben 23 weiteren Kandidaten – 43 wurden im Jahr 1597 insgesamt promoviert – über ein politisches Thema, die Zerrüttungen des Staatswesens (De rerum publicarum eversionibus) disputiert und den ersten Rang unter den Mitrespondenten erworben.195 Mit dem Erwerb des Magistergrades hatte sich Balduin offiziell dazu qualifiziert, das Studium in einer der drei oberen Fakultäten aufzunehmen oder – bei einer entsprechenden Berufung – ein Schul- oder Kirchenamt zu übernehmen, wobei letzteres zusätzlich die Ordination erfordern würde. Balduin wollte offenbar seine Studien in der Theologischen Fakultät fortsetzen und brachte beste Voraussetzungen mit: Er war Landeskind, Stipendienempfänger und Magister artium – außerdem besaß er einflussreiche Gönner unter den Professoren der Theologischen Fakultät. Weiterhin erwies sich Balduin – wie noch zu zeigen ist – als klug und umsichtig, indem er durch einige kleinere Widmungs- und Gratulationsadressen Gelehrsamkeit und Orthodoxie geschickt zu inszenieren verstand. Als kurfürstlicher Stipendiat wurde Balduin bereits seit 1595 gefördert, obwohl sein Vater, der Dresdner Bürger und Kürschner Paul Balduin, keineswegs mittellos gewesen sein dürfte. Es ist nicht auszuschließen, dass der Name des Großvaters in Wittenberg noch bekannt war und Balduin nicht zuletzt deshalb das begehrte kurfürstliche Stipendium erhalten hat, wovon er wohl gut hatte leben können.196 Auch dürfte er 192  Ebd., 166. Während die Universität Leipzig den Grad des Baccalaureus artium entsprechend der Universitätsordnung verlieh, wurde der unterste Grad an der Universität Wittenberg nicht mehr verliehen, weder in der unteren noch in den oberen Fakultäten. 193  Ebd., 166. 194 Ebd., 166–167. Vgl. dazu für Leipzig Georg Erler: Leipziger Magisterschmäuse im 16., 17. und 18. Jahrhundert, Leipzig 1904. 195  UA Halle, Rep. 1, XXXXV, Nr. 1, Dekanatsbuch der Philosophischen Fakultät Bd. 3, 377–378. Vgl. auch Tilemann: De Eversionibus Rerum Publicarum, Politica Dissertatio, 1597 sowie Götze: Send-Schreiben, 46. Nach Götze waren es insgesamt 46 Kandidaten. Als Examinatoren fungierten nach Angaben des Dekanatsbuches der Philosophischen Fakultät Dekan Friedrich Tilemann, Laurentius Fabritius, Friedrich Taubmann, Balthasar Menz und Zacharias Beuthen. 196  Schmidt: Oratio: „Quamvis autem initio ob tennitatem, qua constrictae erant parentum res,



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als ehemaliger Fürstenschüler und Landeskind von der Fakultät als aussichtsreicher Nachwuchstheologe eingestuft worden sein. In dem Unterthänigsten Bericht, der Akte, die den Kurfürsten seit 1594 über Stipendienanwärter (Exspektanten) und den Fleiß der Stipendienempfänger in den quartalsweise abzuhaltenden Examina unterrichtete, findet sich Balduin erstmals am 2. Juni 1595 – allerdings noch unter den Exspektanten, die „an die stellen der Ienigenn die entweder in ehestand sich begebenn oder sonsten nicht alhier in loco Ihre studia continuiren“ zu setzen seien.197 Diese Stipendienanwärter waren zu diesem Zeitpunkt aber schon durch den Kurfürsten als künftige Stipendiaten bestätigt worden.198 In dem Unterthänigsten Bericht vom 6. Juni 1596 wird Balduin zwar als Stipendiat aufgeführt, doch war er aufgrund einer Erkrankung nicht zum Quartalsexamen erschienen. Mithin ist ihm das Stipendium vermutlich seit Herbst 1595 konferiert worden. Vorher dürfte Balduin in der Kommunität sein Auskommen gefunden haben.199 Das Stipendium hat er über sechs Jahre hinweg bis zu seiner Berufung in das kirchliche Amt erhalten, soweit der überlieferte Unterthänigste Bericht an den Kurfürsten zeigt.200 Balduin erhielt zuerst 30, sodann 40 und schließlich arcte ipsi vivendum esset, tamen virtute ac eruditione sua mox impetravit, ut satis melioribus donaretur. Nam uti praeclarum istud ingenium ne iaceret diutius, et situ quodam obsoleceret, Celsissimus Princeps, FRIDERICUS GUILIELMUS, Saxoniae Dux et Proelector, porrexit, manum, et numerato non uno stipendio, cuius sublevavit fortunam, ut egregie caepta studia non promovere modo, sed et commodius, quam ante, tractare posset.“ 197  Diese Exspektanten waren M. Hieronimus Mucrenius, Martinus Cossman, Thomas Cratersleben, Johannes Burgenis, Thomas Helmuth, M. Martinus Hilingius (Hilwigius?), Georgius Steglitz, Sigismundus Fustell, Fabianus Pechsel, Petrus Peucher, Jacobus Crause, Fridericus Balduinus, Joannes Ulricus und David Faber. Vgl. HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10509/9: Schrifften die Stipendia und Stipendiaten zu Wittenbergk und Leipzigk belangende, was derhalben an beide Vniversiteten geschrieben worden, und sie hinwider berichtet (1594–1596): „Welcher gestalt nicht allein in der ordnung und fundation Churfürsten Augusti und Christiani seliger gedechtnüs vorsehenn, sondern auch Churf E. F. M. unterschriebene mandata uns in gnaden auferleget und beschlossen ist, die gewönnlichen examina mit denn Churfürstlichen Stipendiaten alle Quartal zu halten und darauff E. F. M. in Vntherthenigkeit neben Vbersendung ihrer scriptorum zu berichten, wie sie bestanden, und was von iedem zu hoffen sey, auch wie die erledigten stellenn mit andern künftigen Studiosis auß den Jenigenn, Welche albereit Von E. F. M. uns unter die Exspectanten zu referiren befohlen seindt, Auff E. F. M. gnedigste Confirmation möchten wiederumb ersetzt werden […].“ Der Unterthänigste Bericht war stets von Rektor, Magistri und Doktoren der Universität abgefasst und verantwortet. Er ist leider nicht durchgängig, sondern nur punktuell überliefert. In dem Verzeichnis über die abgehaltenen Examina wurden die Stipendiaten auch bewertet, ob sie sehr gut, mittelmäßig oder weniger erfolgreich bestanden haben. Auch wenn sie nicht zu den Examina erschienen waren, wurde das vermerkt. Zur letztgenannten Gruppe gehörte 1595 auch Magister Erasmus Schmidt. 198  Vielleicht ist auf dieser Grundlage die seither beständig wiederholte These geäußert worden, dass Balduin die besondere Gunst des Kurfürsten besessen und deshalb überhaupt erst habe studieren können. Vgl. zuletzt Ligniez: Das Wittenbergische Zion. 199  Vgl. auch Götze: Send-Schreiben, 46. 200  HStA Dresden, 10024, Loc. 10509/9. Vgl. auch Schmidt: Oratio: „Itaque quum circa Pascha anni 1595. loca quaedam Stipendiaria vacarent, in numerum Alumnorum Electoralium Saxonicorum receptus: et primo quidem ferè triennio, trigenario beneficiis usus: sed Natalitijs anni 1597. quadragenario adiutus fuit: & mox Natalitiis anni sequentis 1598, quum profectus eius, praeter Philosophicos, etiam Theologici, magis ac magis innotescerent, è supremis Stipendijs Theologicis nonagenarum florenorum, quorum quatuor tunc erogabantur, unum accepit: quo per integrum triennium ita usus fuit, ut spem haud vulgarem de se concitaret, et triennio hoc elapse, alterum triennium ipsi de novo indulgeretur, à Serenissimo Saxoniae Electore, Dn. Christiano IIo. Beatae recordationis, diplomate in oppido Weissensee perscripto, die 25. Octobris an. 1601 quo tamen tempore perfungi necesse non habuit, quòd

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90 fl und hat die ihm gewährten Mittel nach Überlieferung Martinis sinnvoll verwendet und nicht „durch Fressen, Saufen, Stolzieren und Üppigleben verbracht“.201 Als kurfürstlicher Stipendiat war Balduin eng mit deren Aufseher, dem Ephorus, verbunden, der die Auszahlung der Stipendiengelder verantwortete. Dieses Amt erfüllte zu Balduins Stipendiatenzeit Salomon Gesner und hernach David Runge, der Balduin dann auch für den Erwerb des Magistergrades als qualifiziert befunden hatte.202 Balduins Biographen loben neben fundierter Sprachkompetenz, philosophischer und mathematischer Bildung sowie seiner Kenntnisse der Geschichte (des klassischen Altertums) vor allem die ausgeprägte Neigung zur Poesie.203 Von Natur aus zum Dichten begabt gewesen sei er und deshalb nicht nur in der Lektüre der Dichter, sondern auch in deren Nachahmung rasch fortgeschritten. Balduins Vorliebe für die Poesie des Altertums entsprach, dass er 1599 durch den Jenaer Juristen Nicolaus Reusner zum Dichter (poeta laureatus) gekrönt wurde.204 Er kam so seinem Lehrer Friedrich Taubmann gleich, der bereits 1592 diese Würde erhalten, 1595 den Magistergrad erworben und hernach die Professur für Poesie an der Leucorea bekleidet hatte.205 Eine Dichterkrönung vornehmen zu dürfen, gehörte als ein königliches Regal ursprünglich zu den Hofpfalzgrafenprivilegien.206 Nicolaus Reusner hatte seinen Titel am 1. November 1576 noch von Kaiser Rudolf II. persönlich erhalten.207 Mit der Ernennung zum Poeta laureatus durfte Reusner, der seit 1588 Professor der Juristischen Fakultät der Universität Jena war, wiederum selbst kreieren.208 Eine Beschreibung der Bedingungen, an die eine Verleihung dieses Ehrentitels geknüpft war, ist nicht bekannt. Doch ist davon auszugehen, dass Balduin nicht ohne gewichtige Referenz zum Poeta laureatus gekrönt wurde. Bereits 1597 hatte er die Tragödie der Lucretia209 aus dem ersten Buch der ersten Dekade des Titus Livius publiziert – Schmidt jedenfalls nennt interea sub Pascha anni 1602 ad Diaconatum Fribergensem evocatus fuisset: qua de re postea.“ In der Kommunität wurden Studenten für eine geringe Gebühr mit Nahrungsmitteln versorgt. Der wöchentliche Tischpreis in der Kommunität schwankte zwischen vier und fünf Groschen. Vgl. Appold: Orthodoxie, 50. 201  Schmidt: Oratio sowie Roth II. 202  Vgl. dazu den ersten Abschnitt des dritten Kapitels dieser Arbeit. Beide sind auch zu den theologischen Lehrern Balduins zu rechnen. 203  Reuter: Programma, in: Witte: Memoriae, 271: „Latinas enim Graecasque ad elegantias usque tenuit, Hebraearum etiam peritus: praeterquae Philosophiam Mathesin quoque excoluit. Accedebat Antiquitatis & Historiarum notitia: et ad Poesin, ut à natura videbatur factus, ita ex lectione optimi cuiusq[ue] Poetarum eo profecit, ut, imitationis sumpta fiducia, simillima fingeret.“ 204  Erdmann: Pastoren, 5. Vgl. zum Gesamtzusammenhang Mertens: Zu Sozialgeschichte und Funktion des poeta laureatus im Zeitalter Maximilians I., in: Schwinges (Hrsg.): Gelehrte im Reich, 1996, 327–348. 205  Vgl. zum ihm Flood: Poets Laureate in the Holy Roman Empire, Bd. 4: S-Z, 2006, 2058–2065. 206  Vgl. dazu Arndt: Hofpfalzgrafen-Register, 3 Bde., 1964–1988. 207  Flood: Poets Laureate, Bd. 1, 1656–1670. 208 Nach derzeitigem Kenntnisstand ist nicht davon auszugehen, dass Reusner als Dekan der Juristischen Fakultät die Dichterkrönungen vornahm. Eine Gegenüberlieferung zum Krönungsakt in Jena, etwa unter den Fakultätsakten der Juristischen Fakultät, konnte nicht ermittelt werden. Auch nicht in Wien, wo eine entsprechende Dokumentation zu vermuten wäre, da Dichterkrönungen dem Kaiser mitgeteilt werden mussten. So ist davon auszugehen, dass Reusner, der kraft seiner eigenen Ernennung kreieren durfte, dies auch getan und von einer Meldung abgesehen hat. 209  Balduin: Lucretia Tragoedia, 1597.



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dies als Grund für die Dichterkrönung.210 Hinzuweisen ist zudem auf die kleinen, Poesie und Theologie verbindenden Arbeiten Balduins aus seiner Studienzeit. Da die Dichterkrönung vom Professor der Jenaer Juristenfakultät Nicolaus Reusner vorgenommen worden ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass Balduin sich wegen der Dichterkrönung kurzzeitig in Jena aufgehalten hat.211 In den von ihm herausgegebenen Drucken nennt sich Balduin fortan Magister artium und Poeta laureatus.212 Balduin hatte sich nach dem Erwerb des Magistergrades dem Studium an der Theologischen Fakultät unter Hunnius, Gesner, Runge und Hutter sowie bis zu dessen Entlassung dem umstrittenen Huber zugewandt.213 Die von Serpilius aus Balduins Autobiographie überlieferte Bemerkung, dass sich Balduin zunächst besonders Huber angeschlossen habe, der ihm gar mit väterlicher Liebe begegnet sei, ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Serpilius setzt hinzu, dass Balduin umso betrübter gewesen sei, dass sich Huber in der Kontroverse mit den Fakultätskollegen über die Prädestination nicht habe belehren lassen.214 Außerdem impliziert die Bemerkung, dass Balduin schon früh ein theologisches Studium vor Augen gehabt hatte, denn Huber war bereits 1594 wieder entlassen worden. Daher wurden die genannten vier Theologieprofessoren Hunnius, Gesner, Runge und Hutter Balduins maßgebliche theologische Lehrer.215 Prägend für die akademische Lehre dürfte neben der Kontroverse um die Prädestination mit Huber216, in der sich nach dem Weggang Leysers insbesondere Ägidius Hunnius profilierte, die Verteidigung der Bekenntnisschriften gewesen sein, welcher sich die Vertreter der Fakultät ausnahmslos annahmen. Als Folge des Regensburger Religionsgesprächs (1601) verlagerte sich der Fokus der Lehrbildung noch stärker auf die Explikation und Apologie des lutherischen Schriftprinzips.217 Auch im 210  Schmidt: Oratio: „Quid de Poesi dicam? Cuius non tantùm ignarus optimè fuit, sed et Artifex cum paucis conferendus. Testis potest esse Drama illud Tragicum quod Iuvenis exhibuit, LUCRETIAE nomine inscriptum. Testes sunt tot elegantes eius Versus, quibus vel Honores, vel Nuptias, vel Labores, vel Funera Amicorum prosequutus est. De quà facultate eius Poeticâ, quum Fama publicè passim loqveretur; factum est, ut admodum adhuc Juvenis, annum agens aetatis vigesimum quartum, à Magnifico illo & amplissimo Celeberrimoq[ue] Viro Dn. NICOLAO REUSNERO I. U. D. Comite Palatino Caesaro, et in Academia Jenensi quondam Professore, Laureâ Poeticâ honoraretur: quod factum Idibus Octobribus anni 1599.“ 211  Zu belegen ist dies allerdings nicht (ein Immatrikulationseintrag in Jena ist anhand des Jenaer Matrikelbuchs jedenfalls nicht nachweisbar). Erdmann behauptet indes, dass Balduin in Wittenberg gekrönt worden sei. Vgl. Erdmann: Pastoren, 5. 212  Nur in seinem Ordiniertenbucheintrag hat er dies nicht erwähnt – hier heißt es lediglich, er sei bis zu seinem 26. Lebensjahr in Wittenberg verblieben und sodann als Diakonus nach Freiberg gewechselt. Vgl. dazu den zweiten Abschnitt des dritten Kapitels vorliegender Arbeit. 213  Vgl. zu den theologischen Lehrern Balduins den ersten Abschnitt des dritten Kapitels. Auf die personelle und theologische Umbruchsituation in den 1590er Jahren ist oben bereits hingewiesen worden. 214  Serpilius: Fortsetzung, 144. Vielleicht um ihn sogleich von jedem Anfangsverdacht des „Huberianismus“ loszusprechen. 215 Der Blick auf die Quellen der Studienzeit Balduins, ebenso auf die Werke seiner Lehrer erhellt, welche Prägungen er durch diese Lehrer an der Leucorea erhalten haben könnte. Vgl. weiterhin den ersten Abschnitt des dritten Kapitels vorliegender Arbeit. 216  Adam: Der Streit um die Prädestination. 217  Vgl. exemplarisch Hunnius: Tractatus De Sacrosancta Maiestate, Autoritate, Fide Ac Certitudine Sacrae Scripturae Propheticae et Apostolicae Veteris et Novi Testamenti, 1601. Vgl. auch Hutters Disputation zum Schriftprinzip, die bereits auf den 25. Januar 1597 datiert: Hutter: Disputatio De

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Kontext des Hofmannstreits äußerten sich die Vertreter der Theologischen Fakultät. Kontinuierlich wurden im Rahmen der akademischen Lehre nicht nur Fragen der Dogmatik und Kontroverstheologie behandelt, sondern auch Exegese betrieben.218 Von Balduin selbst sind nur wenige Aussagen über sein Studium an der Leucorea überliefert: „Die Stunden“, schrieb der gerade einmal 25-jährige Student im April 1600 in der Vorrede zu seinen Paraphrasis Elegiaca den Professoren der Theologischen Fakultät – Hunnius, Gesner, Runge und Hutter –, „die ich im Theologiestudium in den letzten Jahren frei hatte, widmete ich entweder der heiligen Poesie, gab biblische Texte erläutert heraus oder unternahm das eigene Wagnis, etwas derartiges zu erforschen.“219 Es handelt sich bei diesem Werk um eines aus der Reihe kleinerer Arbeiten, die Balduin während seiner Zeit als Student an der Leucorea herausgegeben hatte. In der Vorrede zu den Paraphrasis Elegiaca hatte er seinen Lehrern und Förderern Dank und Verbundenheit ausgesprochen und sie als Zierden unter den lutherisch-orthodoxen Theologen bezeichnet.220 Dass er mit solchen Gesten sein eigenes Fortkommen an der Leucorea zu befördern suchte, liegt auf der Hand, unterstrich er doch mit den Elegien zu den Klageliedern, dass er sich – als Magister artium und Poeta laureatus – nunmehr eingehend der Theologie zugewandt hatte und gewillt war, das dafür Erlernte ganz und gar deren Bedürfnissen unterzuordnen und dienstbar zu machen.221 Die Vertreter der Theologischen Fakultät waren längst auf den jungen Gelehrten aufmerksam geworden. Nicht nur seine fachlichen Kompetenzen, sondern auch sein spürbares Geschick, sich in bestimmten Kontexten strategisch klug zu Wort zu melden, dürften dazu beigetragen haben, diese Aufmerksamkeit zu steigern.222 Den Beginn der akademischen Publikationen markierten die bereits 1594 unter dem Titel Religionis Christianae Principio. Verbo Dei scripto, et non scripto (25. Februar 1597/Georgius Herdenius), 1597. Hunnius hatte gemeinsam mit Runge und den Famuli Balduin und Laelius das Regensburger Religionsgespräch besucht und mit der Relatio historica eine Berichterstattung vorgelegt. Vgl. Hunnius: Relatio Historica De Habito Nuper Ratisbonae Colloquio inter Augustanae Confessionis Theologos et Pontificios, 1602. In deutscher Sprache ders.: Historischer bericht. Von dem zu Regenspurgk unlangst gehaltenen Colloquio, zwischen den Theologen Augspurgischer Confession und den Papisten, 1602. 218 Hunnius las über die Paulinischen Briefe. Salomon Gesner hatte in dem genannten Zeitraum ein privates theologisches Kollegium über das Buch Genesis veranstaltet, an dem indes auch Balduin teilgenommen und mitdisputiert hatte. 1597 hatte er das exegetische Werk Meditatio Psalteris publiziert. David Runge hatte seit dem 29. Oktober 1597 im Rahmen privater theologischer Kollegien über den Römer- sowie den ersten Korintherbrief disputieren lassen. Es folgte ein privates theologisches Kolleg mit katechetischen Disputationen zum Dekalog im Jahr 1602. 219 Vgl. die Widmungsvorrede (epistola dedicatoria) zu Balduin: Paraphrasis Elegiaca, 2r–v: „SUPERIORIBUS ANNIS, Reverendi Clarissimique viri, Domini praeceptores et Mecaenates honorandi, eas horas, quas à studio Theologico interdum habebam vacuas, sacrae poesi vel in primis consecrabam: dum vel paraphrasticè reddebam scriptum quoddam Biblicum, vel aliquid ad hanc faciem proprio ausu invenire conabar.“ 220 Ebd. 221 Vgl. die Titelseite zu Balduin: Paraphrasis Elegiaca, 1r. Dort prangt nun „FRIDERICI BALDVINI DRESDENSIS, PHILOSOPHIAE M. ET POEtae Laureatii“. Dies war zweifelsohne eine ansehnliche Empfehlung an die Professoren der Theologischen Fakultät, dass mit ihm ein gelehrter und geschickter, der Theologie zugeneigter Kandidat für etwaige Nominationen bereit steht, um sich für den Schul- und Kirchendienst, aber auch für die akademische Lehre verwenden zu lassen. 222  Bereits Wilisch hat darauf aufmerksam gemacht, dass Balduin schon um 1600 als 25 Jahre alter Student und Magister eigene Werke in den Druck gegeben hat. Wilisch: Kirchen-Historie.



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„Siegespreis dem höchsten Sieger Jesus Christus“ (Epinikion victori summo Jesu Christo) erschienenen Verse, die Administrator Friedrich Wilhelm I. gewidmet waren.223 Nur ein Jahr darauf, 1595, veröffentlichte Balduin zwei weitere kleinere Arbeiten, die sein theologisches Interesse belegen: „Fünf Wunden oder fünf der rettenden Wunden unseres Herrn und Erlösers Jesu Christi“ (Pentatrauma seu quinque salvificorum vulnerum domini et salvatoris nostri Jesu Christi) sowie Christogonia versu paulum liberiori adumbrata, die den sächsischen Herrschern Christian, Johann Georg und August gewidmet waren.224 Es folgten 1597 die bereits erwähnte Lucretia Tragoedia und sodann 1598 die an der Universität Wittenberg gehaltenen „Zwei Reden über den römischen Pontifex, dass dieser jener große Antichrist sei“ (Orationes duae de Pontifice Romano, quod is sit magnus ille Antichristus), in denen er – inzwischen Magister artium und Theologiestudent – den Papst als Antichristen bezeichnete.225 An der jährlich wiederkehrenden Totenfeier Martin Luthers am 18. Februar hielt Balduin 1599 an der Leucorea eine öffentliche Rede, in der er auf der Grundlage von 1. Tim 3 zu zeigen suchte, dass Luther selbst „wahrer Bischof und Evangelist Deutschlands“ (verum fuisse Episcopum et Evangelistam Germaniae) gewesen sei.226 Neben den 1600 erschienenen Paraphrasis Elegiaca ist noch auf zwei solcher kleineren Arbeiten hinzuweisen, die er jeweils seinem Landesherrn widmete: Eine Lobrede anlässlich der Geburt des Sohnes des Administrators Friedrich Wilhelm I. und seiner Gattin Anna Maria im Jahr 1600 einerseits, andererseits eine Gratulationsadresse an Christian II. aus dem Jahr 1601.227 Aufgrund seines tadellosen Studiums und Graderwerbs sowie seiner kleineren, Poesie und Theologie verbindenden Arbeiten hatte sich Balduin um 1600 zweifelsohne einen Namen an der Leucorea gemacht. Dass er bereits 1598 immerhin als Nachfolger Friedrich Tilemanns auf dessen Lehrstuhl für Geschichte an der Philosophischen Fakultät gehandelt worden war, verweist auf die Gelehrsamkeit und Rechtgläubigkeit, die man Balduin an der Leucorea zumaß.228 Im Rahmen seines Studiums hat Balduin Vorlesungen gehört sowie Disputationen und Predigten eingeübt.229 Das überlieferte Gelegenheitsschrifttum aus dieser Zeit 223  Balduin: Epinikion victori summo Jesu Christo salutari resurrectione sua triumphanti decantatum, 1594. Man kann hier eine gewisse Hinwendung zur Theologie sowie ein Sich-Andienen an den Landesherrn ablesen. 224  Ders.: Pentatrauma seu quinque salvificorum vulnerum domini et salvatoris nostri Jesu Christi meditatio, 1595 und ders.: Christogonia Versu paulùm liberiori adumbrate, 1595. 225  Ders.: Orationes duae de Pontifice Romano, quod is sit magnus ille Antichristus. Ex immotis Sacrarum literarum fundamentis, et ANTICHRISTI notis, eventu iam comprobatis, diductae, Wittenberg 1598. 226  Ders.: Parentatio Anniuersaria Pro D. Martino Luthero P. M. Qua ostenditur Beatissim. Illum Patrem Verum fuisse Episcopum & Evangelistam Germaniae, 1599. 227  Ders.: Panegyris De Tertio Filiolo Illustri; […] Friderico Wilhelmo, Duci Saxoniae, Tutori et Elector: Administratori &c. Ex […] Dn. Anna Maria Palatina Rheni etc. coniuge Dilectissima, feliciter nato Torgae, […] celebrata in inclytâ Academiâ Witebergensi, 1600. 228  Darauf hat Kathe: Philosophische Fakultät, 170–171. aufmerksam gemacht. 229 Vgl. Schmidt: Oratio, 14–15. Dabei habe Balduin die Philosophie keineswegs verschmäht oder verworfen, sondern im Rahmen privater Vorlesungen und Disputationen mit den ihm anvertrauten Schülern intensiv weiterverfolgt, aber auch als Adjunkt der Philosophischen Fakultät. Vgl. als Beleg die von seinem Sohn Balthasar Balduin 1625 herausgegebene Sammlung von Disputationen aus dieser Zeit: Balduin: Disputationes In Physicae Aristotelae Partem Communem. Olim Liberalis

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dokumentiert die rege Anteilnahme Balduins am Tagesgeschäft der Fakultät, die ihm die Ausbildung eines weit gespannten Gelehrtennetzwerks ermöglichte. Um ein Beispiel anzuführen: Als im Jahr 1598 der aus Dortmund stammende Magister Andreas Schafmann den Grad des Doktors der Theologie erwarb, steuerte Balduin der von Gesner herausgegebenen Gratulationsschrift ein Gedicht bei.230 Auch die Reisegeleitswünsche (vota propemptica), die von seinen erlesensten Freunden (selectissimis amicis) 1602 anlässlich der Berufung nach Freiberg verfasst wurden, belegen das Gelehrtennetzwerk, in dem sich Balduin bewegte.231 Aus der Zeit seines Theologiestudiums sind drei gedruckte Disputationen Balduins überliefert, die Einblick in die Lehrinhalte und den Umgang mit den Lehrinhalten bieten. So disputierte er am 5. Juli 1598 unter dem Vorsitz Gesners über Gen 14 und am 25. Juli 1599 über Gen 30–33 im Rahmen eines privaten theologischen Kollegiums.232 Am 6. September 1600 disputierte Balduin unter dem Vorsitz Hutters in der Schlosskirche über einen Brief des Antonius Sadeel (Antoine de la Roche Chandieu)233 an die Fürsten und Räte des Heiligen Römischen Reiches, in dem Sadeel die Lehre von der Ubiquität als mit der menschlichen Natur Jesu Christi unvereinbar dargestellt hatte.234 Balduin hatte über Anlass und Gegenstand der Streitfrage sowie über die Geschichte ihrer Behandlung in der Alten Kirche, bei Luther und den Vertretern des lutherischen sowie reformierten Bekenntnisses, schließlich aber über die schriftgemäße Lösung der Streitfrage zu disputieren. exercitii gratia propositae. Nunc autem denuo recognitae, et publici iuris factae, hrsg. von Balthasar Balduin, Wittenberg 1625. 230  Gesner: Carmina Gratvlatoria in honorem Reverendi Et Clarissimi Viri, Dn. M. Andreae Schaffmanni, Ecclesiae Tremoniensis ad divam Mariam pastoris vigilantissimi, cum ei in […] VVitebergensium Academia summus in Theologia gradus decerneretur, 1598. Vgl. Förstemann: Liber decanorum, 88. 231 Es handelt sich dabei um Gebete, die von seinen Freunden abgefasst und ihm gewidmet wurden: Darunter die Adeligen Marcus Horvath, Bartolomäus Bilovius von Bilov, die Professoren der Philosophischen und Medizinischen Fakultät Adam Theodor Siber, Friedrich Taubmann, Laurentius Rhodomann, Tobias Tandler, Daniel Sennert, Matthias Hoë von Hoënegg, der sich als Frater in Christo Iesu tuus fidelissimus bezeichnet, sodann Paulus von Gisbice, Balthasar Menz, Conrad Ruhelius, Johann Georgius Hochstater, Leonhard Angelus, Nicolaus Rudolph, Abraham Wunschold und Abraham Mezner – darunter einige Poetae laureati. 232  Gesner: Disputatio Biblica XII. De Capite XIV. Geneseos, Ad Privatam [5. Juli 1598/ Friedrich Balduin], Wittenberg 1598; ders.: Disputatio Biblica XII. De Capite XIV. Geneseos, Ad Privatam [25. Juli 1599], Wittenberg 1599. 233 Über ihn Adam: Decades Duae Continentes Vitas Theologorum Exterorum Principum, 1653, 153–163. 234  Dieser richtete sich argumentationslogisch gegen die in der lutherischen Orthodoxie vertretene Lehre von der Realpräsenz Christi. Die Lehre von der Verbalinspiration der Schrift wird vorausgesetzt. Es geht nun darum, die sich aus der Verbalinspiration ergebenden Folgen zu reflektieren (z. B. LIII.). Vgl. Hutter: Sadeel Elenchomenos Disputatio I. Ecclesiarum per Germaniam vere Reformatarum […] ac Puritatem, adversus ea, quae Antonius Sadeel in Epistola ad Illustriss. Germaniae Principes et Magistratus & c. paradoxa iisdem obiicit, afferens [9. September 1600/Friedrich Balduin], Wittenberg 1600. Hutter publizierte 1602 eine umfangreiche Widerlegung mit dem Titel Sadeel Elenchomenos. Vgl. ders.: Sadeel Elenchomenos. Sive Tractatio Theologica, De Veritate Et Maiestate Humanae Naturae Jesu Christi. Opposita Sophismatis Antonii Sadeelis Chandei, Quibus In sua de eadem materia, Theologica et Scholastica Tractatione, contra sanam et Orthodoxam veritatem pugnare voluit, Wittenberg 1602. Die Disputationen  – Balduins Disputation war die erste in einer ganzen Reihe zu diesem Thema – dürften der Vorbereitung der Widerlegungsschrift gedient haben.



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Am 18. Oktober 1601 wurde Balduin unter dem Dekanat Taubmanns gemeinsam mit Magister Conrad Ruhelius als Adjunkt in das Kollegium der Philosophischen Fakultät aufgenommen.235 Als Adjunkten der Philosophischen Fakultät kamen nur fortgeschrittene Studenten in Frage, die den Magistergrad erworben hatten und in einer der drei oberen Fakultäten studierten. Sie boten geringfügig – bisweilen durch Kolleggeld – entlohnte und von der Universität überwachte Lehrveranstaltungen an und ergänzten so nicht nur das öffentliche Lehrangebot der ordentlichen Professoren, sondern verdienten sich auch etwas dazu. Zugleich exponierten sie sich auf diese Weise für die spätere Übernahme einer ordentlichen Professur in der Philosophischen oder in einer der drei oberen Fakultäten. Diese privaten Dozenten wurden nicht aus dem Fiskus der Universität bezahlt, sondern von den Studenten durch Hörergeld entlohnt. Bereits die große Universitätsordnung Kurfürst Augusts von 1580 enthält Bestimmungen, welche die Tätigkeit von privaten Präzeptoren  – der Begriff des Adjunkten wird hier nicht verwendet – regeln sollten. Mit den privaten Präzeptoren waren damals allerdings noch nicht die Adjunkten gemeint, sondern „vor allen andern die Professores und Magistri, so in Facultate artium sind, Discipulos zu halten“. Die ordentlichen Professoren sowie die an der Fakultät lesenden Magister (magistri legentes) sollten Studenten in der Philosophischen Fakultät aufnehmen, erziehen und unterrichten, zu einem für die Studenten erträglichen Lehrgeld ohne Stubenzins und Kostgeld.236 Für die an der Philosophischen Fakultät lehrenden Professoren und Magister bedeutete die Einrichtung eine willkommene zusätzliche Einnahmequelle wie auch die Möglichkeit, eine Schülerschaft auszubilden. Die als private Präzeptoren tätigen Professoren und Magister unterlagen strenger Visitation durch Rektor, Kanzler und Fakultät, der private Unterricht sollte mit dem öffentlich angebotenen ineinandergreifen.237 Es ging den Universitätsreformern um Jacob Andreae sowie dem Kurfürsten 235  Schmidt: Oratio, 13–14: „Et pòst, anno 1601. die 18. Octobris, in Collegium Philosophicum cooptati dignus habitus fuit, Decano FRIDERICO TAUBMANNO Poeta celeberrimo.“ Vgl. UA Halle, Rep. 1, XXXXV, Nr. 1, Dekanatsbuch der Philosophischen Fakultät Bd. 2 und 3, darin: Chronologische Verzeichnisse der Adjunkten von 1601–1655, hier III, 715–727. Vgl. auch den Hinweis in GUW, 474, Anm. 4. Es ist davon auszugehen, dass Balduin schon vorher in der Philosophischen Fakultät gelehrt hat. Vgl. Balduin: Disputatio Physica VI. De Caussis In Rebus Naturalibus Per Se, Et Per Accidens [10. Juni 1601/Andreas Franckenberger], Wittenberg 1601. Vgl. UA Halle, Rep. 1, XXXXV, Nr. 1, Dekanatsbuch der Philosophischen Fakultät Bd. 2, 778, wo beiden bescheinigt wurde: „Quorum utriusque mores et vitae gravitas publice bonis omnibus; eruditio et doctrina cuivis docto; fides et industria, qua docendo, qua declamando, qua disputando, quae tria leges et iuramentum adiunctos etiam iubent, non pubi solum scholasticae, sed et collegio probata erant.“ 236  Wattendorff (Hrsg.): Schul- und Universitätsordnung, 163: „Es sollen auch vor allen andern die Professores und Magistri, so in Facultate artium sind, Discipulos privatim halten und durch den Rectorem und das Consilium perpetuum solche Anordnung geschehen, auf daß die Discipel mit dem Lehrgelde nicht übernommen; wie dann einigem Präzeptori allein vor die Disciplin, ohne Stubenzins, und anders, von einem vermögenden Discipel über fünf Thaler und von einem unvermögenden über vier Thaler jährlich nicht gegeben werden sollen. Wie wir dann auch die Verordnung gethan, daß sie mit übermäßigem Kostgeld und Stubenzins nicht beschweret, sondern allein was gleich und billig ist, von ihnen genommen werden soll.“ 237  Ebd.: „Und damit von denen privatis Praeceptorib. die Ingenia nicht veräumet, sondern die privata institutio denen Lectionib. Publicis die Hand reiche, so sollen alle viertel Jahr der Rektor, Kanzellarius und die Fakultät artium einen jeden, so privatim Discipulos hält, vor sich erfordern, auch da es notwendig, als im Fall, da der Präceptor wegen Unfleiß verdächtig, die Discipel mit vorbescheiden, Bericht einnehmen: was und wieviel ein jeder vor Discipel halte? was Geschicklichkeit sie

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

gewiss auch darum, die nicht im Rahmen der landesherrlichen und privaten Stipendienprogramme eingebundenen Studenten zu überwachen. Dieser Aspekt scheint in der Universitätsordnung Kurfürst Christians I. von 1588 noch verstärkt. Hier wird gefordert, dass „ein jeder studiosus ein privatum praeceptorem habe“, bis er so weit fortgeschritten sei, dass er selbst als privater Präzeptor fungieren könne.238 Die in der Philosophischen Fakultät tätigen Adjunkten studierten in der Regel in den oberen Fakultäten und boten auch an diesen private Lehrveranstaltungen  – Disputationen oder Vorlesungen – an. Dazu bedurfte es der Zustimmung der Theologischen Fakultät und einer Honorarzahlung gemäß dem Vermögen des Privatpräzeptors in den Fiskus derselben.239 So zahlte 1602 unter dem Dekanat Leonhard Hutters der spätere Dresdener Oberhofprediger Matthias Hoë von Hoënegg für die Erlaubnis, ein privates theologisches Kollegium zu eröffnen (pro concessa potestate aperiundi collegia privata theologica) einen Gulden und drei Groschen, der Magister Christoph Jordan dagegen nur zwölf Groschen.240 Die Theologen mussten folglich für die Zulassung zur Eröffnung des theologischen Kollegiums zahlen, der Betrag aber wurde offenbar individuell festgelegt (siehe Tab. 2). Am 1. Oktober 1601 erging ein Beschluss der Philosophischen Fakultät über die Anlegung getrennter Personalstandslisten der Professoren und der Adjunkten, die an der Philosophischen Fakultät lehrende ordentliche Professoren und Adjunkten aufführen sollten.241 Die philosophische Adjunktur etablierte sich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zusehends in der Fakultät. Zwischen den Jahren 1600 und 1650 wurden 110 Studenten als Adjunkten der Philosophischen Fakultät rezipiert, was 2,2 Rezeptionen pro Jahr entspricht. Balduin hatte, bevor er seine Tätigkeit als Adjunkt der Philosophischen Fakultät aufnahm, bereits private Disputationen veranstaltet.242 Im Jahr 1601 begann Balduin ein privates Kollegium, in welchem er den vernünftigen Gebrauch der aristotelischen Physik in theologischen Streitfragen behandelte. In dem dieser Lehrveranstaltung zugrundegelegten, 19 Seiten umfassenden akademischen Programm, der „Kurzen sind? wasserlei Exercitia er mit ihnen des Styli halben und sonsten angestellet? und was er vor einen methodum in docendo brauche? “ 238  UUW, Nr. 449: Kurfürst Christians I. von Sachsen Ordnung für die Universität Wittenberg, 466. 239  Ebd.: Einrichtung eines Fiskus der theologischen Fakultät durch die Professoren der Theologie Hunnius, Gesner und Runge, 604: „Es soll auch ein jeder, welchem von der facultet concedirt und nachgelassen wirdt, ein collegium privatum theologicum zu halten, den fiscum collegii mit einem honorario nach seinem vermögen bedencken.“ 240 UA Halle, Rep. 1, 4588, 212r–402v, hier 227r. Am 24. Oktober 1602 erscheint unter dem Dekanat des Ägidius Hunnius noch einmal Magister Christoph Jordan mit 12 gr. 241  Die von Erasmus Schmidt angelegte Liste greift bis in das Jahr 1575 zurück, weshalb ihre Vollständigkeit für diese Zeit fraglich erscheint, reicht zunächst bis in das Jahr 1623 und wurde dann durch Andreas Sennert fortgesetzt. Vgl. UUW 1, Nr. 511 A.: Beschluß der philosophischen Fakultät über die Anlegung getrennter Listen der Professoren und der Adjunkten. Schmidt war kraft Schreibens vom 10. Oktober 1601 durch die Universität zum Inspektor der Stipendiaten vorgeschlagen worden. Vgl. HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1990/1: Register über die Universiteten-, Consist.- und Geistl. Sachen Anno 1601–1607, Nr. 14. 242  Z. B.: Balduin: Disputatio Physica VI. De Caussis In Rebus Naturalibus Per Se, Et Per Accidens [10. Juni 1601/Andreas Franckenberger], Wittenberg 1601. Als Adjunkt der Philosophischen Fakultät war er dann zum Disputieren verpflichtet. Vgl. UUW 1, Nr. 512 A.

2.  Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627)83



Wittenberg 1600 1601 1602 1603 1604 1605 1606 1607 1608 1609 1610 1611 1612 1613 1614 1615 1616

0 2 1 1 0 0 1 2 1 3 4 2 2 0 3 4 1

Wittenberg 1617 1618 1619 1620 1621 1622 1623 1624 1625 1626 1627 1628 1629 1630 1631 1632 1633

2 4 2 4 3 2 4 0 2 3 1 2 3 2 1 3 2

Wittenberg 1634 1635 1636 1637 1638 1639 1640 1641 1642 1643 1644 1645 1646 1647 1648 1649 1650

4 2 2 2 2 6 0 2 1 1 0 3 6 0 3 5 2

Tab. 2: Rezeptionen von Adjunkten an der Philosophischen Fakultät der Universität Wittenberg in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts nach Angaben des Dekanatsbuchs der Philosophischen Fakultät

Übersicht über den vernünftigen Gebrauch der Physik in göttlichen Dingen“ (Brevis Διεξοδος De Sano Physicae Usu in Rebus Divinis), kündigte Balduin dieses Kollegium

an und legte zugleich die Argumentationsstruktur offen.243 In Anlehnung an den auf Ennius zurückgehenden, von Cicero und Aulus Gellius gleichermaßen geschätzten Senar – Philosophandum est, sed paucis: nam omninò, nocet – fordert Balduin eine maßvolle Beschäftigung mit der Philosophie, die darauf zielt, das anzunehmen, was nützlich ist,

243  Balduin: Brevis Διεξοδος De Sano Physicae Usu In Rebus Divinis. Ubi exemplis aliquot ostenditur, quomodo etiam ex sobria de principiis et adfectionibus corporum naturalium doctrina errores nonnulli Theologici commode castigari queant. Collegio Disputationvm Physicarum privato in inclytâ Academiâ Witebergensi, coronidis loco subjuncta, Wittenberg 1601. Der Begriff Διεξοδος steht in seiner wörtlichen Bedeutung „Ausgang“ oder „Durchgang“ zugleich für eine literarische Gattung, die in der Zeit der lutherischen Orthodoxie nicht selten bedient worden ist. Gemeint ist eine kurze und einfache Darstellung, die der Übersicht über ein Thema, auch der Vermittlung schwieriger Sachverhalte dienen kann. Der Begriff wird von Balduin zudem im Rahmen des akademischen Programms verwendet, mit dem er seine Vorlesung über den Römerbrief bewirbt. Abgedruckt in: Balduin: Catechesis Apostolica: „Propositum mihi est, deinceps, adiuvante DEI gratia, planam et perspicuam EPISTOLAE PAULINAE AD ROMANOS Διεξοδον instituere, tum quia ea inter caeteras potissimum propter articulorum dei, quos tractat, copiam, & doctrinae Apostolicae specimen illustre, primas obtinet […].“

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

und das zu verwerfen, was nicht nützlich ist.244 So versucht er zu vermitteln, dass die Physik im Blick auf theologische Streitfragen nützlich sein könne, zum einen in Hinsicht auf ein tieferes Verständnis, zum anderen in Hinsicht auf das leichtere Auflösen dieser Streitfragen. Obgleich es gefährlich sei, die Angelegenheiten des Glaubens den menschlichen Lehren anzuvertrauen und die göttliche Schrift menschliche Weisheiten keineswegs nötig habe, so sei es dennoch nützlich, den Glauben mit der menschlichen Lehre zu vergleichen, um ihn zu stärken.245 Sollten sich die Anstrengungen im Ergebnis unterscheiden, so gilt der wohl von Melanchthon geliehene Satz, dass die Mysterien Gottes eher zu bestaunen als auszuforschen seien.246 Balduin geht es darum zu zeigen, auf welche Weise die an der Philosophischen Fakultät angesiedelte Disziplin der Physik, die nach der Definition von den Prinzipien und Affektionen der natürlichen Körper handelt, für das Verstehen und bessere Erforschen theologischer Paradoxa Gewinn bringend angewendet werden könnte.247 Balduin legt dar, dass das Verhältnis von Philosophie und Theologie ein Dienstverhältnis sei. Er fordert, dass die Urteilskraft der Vernunft nicht Prinzip, sondern Hilfsmittel, nicht Herrin, sondern vielmehr Dienerin sein solle.248 Die von Meisner für nachfolgende Theologengenerationen mit dem Titel seines Frühwerks Philosophia Sobria (1611) geprägte Formel findet sich bereits 1601 bei Balduin.249 Mit der Aufnahme der Tätigkeit als Adjunkt in der Philosophischen Fakultät und zugleich als privater Präzeptor in der Theologischen Fakultät schien sich für Balduin endgültig ein akademischer Werdegang abzuzeichnen. Als Adjunkt der Philosophischen Fakultät begleitete Balduin Hunnius und Runge zum 1601 einberufenen Regensburger Religionsgespräch und führte das Protokoll der Versammlung.250 Das Regensburger Religionsgespräch wurde im Herbst 1601 auf Be244  Balduin:

Brevis Διεξοδος, 3v. „Mihi verò hoc iam curae erit, ut ostendam, quantum ad nonnullas Theologorum controversias et melius intelligendas et facilius deponendas, faciat naturalis Philosophia. Etsi enim magnum est periculum res fidei humanis committere rationibus, siquidem non opus habet divina scriptura humanâ sapientiâ, ut opportunè monet D. Chrysostomus: tamen utile est interdum cum Ratione Fidem conferre, ut, si qua in parte mutuam sibi operam haec duo praestare videris; eò magis in fide confirmeris: si dissentire intellexeris; mysteria Dei mirari potius quam rimari dicas.“ 246 Vgl. Melanchthons Vorrede zu den Loci communes von 1521: „Mysteria divinitatis rectius adoraverimus quam vestigaverimus.“ (CR 21, 84). 247 Ebd., 4v. Wie der Untertitel des akademischen Programms bereits anzeigt, bezieht sich Balduin in seinen Ausführungen auf einige Beispiele, insgesamt sind es acht. 248  Ebd., 11v: „HAEC pauca sunt, Ornatissimi Domini Collegae, quae praecipuè ex Principijs et Adfectionibus Scientiae naturalis ad unam atque alteram controversiam Theologicam strictim & ut in transcursu applicare volui, ut ita vobis ipsis anfam praeberem de pluribus cogitandi. Videtis enim quàm non omnino male sana Philosophicarum rerum contemplation minister Theologiae, modò non ipsimet nobis vanâ speculation pedicas injiciamus, divina Omnia ad hanc rationis libram unicè examinare volentes. Esto enim nobis Rationis nostrae iudicium in divinis non principium, sed qualecunque adminiculum: non domina, sed ministra.“ 249 Meisner hat diese bereits von seinem Lehrer explizierte Grundannahme in der Philosophia Sobria, dem 1611 erstmals erschienenen Frühwerk, umfassend systematisch dargestellt. Das Werk gilt seither als exemplarische lutherisch-orthodoxe Darstellung des Verhältnisses von Philosophie und Theologie überhaupt. Obschon der Gegenstand in der Philosophia Sobria differenzierter und ungleich elaborierter dargestellt worden ist, kann nicht übersehen werden, dass über die Auffassung des Dienstverhältnisses von Philosophie und Theologie nach der neu einsetzenden Rezeption der aristotelischen Metaphysik in Wittenberg seit den frühen 1590er Jahren schon lange vorher diskutiert worden ist. 250  Wilisch schreibt: „[…] allwo er gleichsam ein Actuarium oder Registratorem abgeben mußte, 245  Ebd., 4r–v:



2.  Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627)85

fehl Herzog Maximilians von Bayern und Herzog Philipp Ludwigs von Pfalz-Neuburg im Regensburger Rathaus veranstaltet.251 Geklärt werden sollte das Schriftverständnis der katholischen und evangelischen Theologen. Der jeweilige Gegner sollte von der Wahrheit und Rechtmäßigkeit der gegnerischen Auffassung überzeugt werden. Das Religionsgespräch begann am 18. und endete ohne Konsens am 27. November 1601. Den beiden protestantischen Kolloquenten Ägidius Hunnius und Jakob Hailbronner, Hofprediger in Neuburg, standen auf katholischer Seite der Ingolstädter Professor und Universitäts-Vizekanzler Albert Hunger und sein Kollege Jakob Gretser SJ gegenüber. Für den erkrankten Gretser sprang später sein junger Ordensbruder Adam Tanner SJ, Schüler des Gregor von Valencia, ein. Die insgesamt 14 Arbeitssitzungen wurden in lateinischer Sprache geführt. Das Religionsgespräch scheiterte vor allem wegen unüberbrückbarer Kommunikationsprobleme und der fehlenden Bereitschaft in beiden Lagern, auf Polemik und Beschimpfungen zu verzichten. Ob Balduin tatsächlich ein Protokoll des Religionsgesprächs verfasst hat, muss offen bleiben. Ein entsprechendes Manuskript konnte nicht ausfindig gemacht werden.252 Doch hat er sich in Regensburg möglicherweise derart wohl gefühlt, dass er gedachte, an diesem Ort zu bleiben. Nur auf Widerraten seiner Professoren, die ihm offenbar schon damals eine Professur an der Leucorea in Aussicht gestellt hatten, ist er wieder nach Wittenberg zurückgekehrt.253 Serpilius berichtet – wohl auf Grundlage der Autobiographie –, dass Balduin seine Erfahrung des Religionsgesprächs wie folgt beschrieben habe: Celeri calamo excepi omnia, quae ultro citroque dicta sunt, prout exemplar eorum, quae tunc excepi adhuc mihi ad manum est, ex quo pleraque in protocollo ordinariorum Notariorum (quod iam lucem vidit publicam) in omnibus ferè paginis emendata sunt.

Nachdem Balduin gemeinsam mit seinen Lehrern Hunnius und Runge vom Regensburger Religionsgespräch im Spätherbst 1601 zurückgekehrt war, wurde er erneut als Adjunkt in der Philosophischen Fakultät tätig und zugleich mit der Erziehung und Ausbildung von Marcus Horvath oder Stansith, eines ungarischen Adelssohnes, betraut, der am 5. November mit Nicolaus Horvath immatrikuliert wurde.254 Schon wie denn alle Acta von gedachtem Colloquio wir heut zu Tage seinem Fleiß und Redlichkeit zu dancken haben.“ Vgl. Wilisch: Kirchen-Historie, 166. Friedensburg (GUW, 405) berichtet fälschlicherweise, dass er Hutter bei dem Religionsgespräch als Amanuensis gedient und sich an ihn besonders angeschlossen habe. 251  Tanner: Acta Colloquii Ratisbonensis, 1602; ders.: Gründtlicher, außführlicher Bericht von dem Anfang, Fortgang und Endtschafft deß Regenspurgischen Colloquii, 1602. Vgl. dazu die grundlegende Studie von Herbst: Das Regensburger Religionsgespräch, sowie ders.: Das dritte Religionsgespräch zu Regensburg (anno 1601), in: ZBKG 3 (1928), 104–127. Vgl. dazu auch Hausmann: Laelius, 101 ff. 252 Vgl. Götze: Send-Schreiben, 47. 253  Vgl. ebd. Balduin schrieb: „Obsequium praestiti, sed non sine gravi tentatione. Vale Ratispona!“ [„Der Gehorsam steht an erster Stelle, aber nicht ohne schwere Anfechtung.“] Vgl. auch Serpilius: Fortsetzung, 145. Serpilius bezeichnet sich an dieser Stelle als Urenkel Balduins. 254 Vgl. AAV 2, 486. Vgl. auch Schmidt: Oratio, 18: „Reverso secum M. BALDUINO Wittebergam à Colloquio Dominus D. HUNNIUS, in Pietate studiisq[ue] tàm generosam indolam docentibus instituendum tradidit Illustrem & Generosum Baronem Vngarum, Dn. MARCUM HORWATHUM, aliter Stansith, Illustris, Generosi & Magnifici Viri, Domini GREGORII HORWATHI,

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

sein Vater Gregor Horvath, der Gründer einer humanistischen Adelsschule im Schloss von Nehre (Slowakei), hatte an der Universität Wittenberg studiert.255 Marcus Horvath hat nicht lange unter der Obhut Balduins gestanden, denn bereits im Januar 1602 wurde Balduin als Diakonus nach Freiberg berufen und Gregor Horvath, Marcus’ Vater, verstarb, so dass Marcus sich alsbald auf den Weg nach Hause machte, um seine Mutter zu trösten.256 Balduin schrieb am 13. Februar 1603 in das Stammbuch Marcus Horvaths/Stansiths die Zeilen: Haec ponebam Illustri ac Generoso Domino, Domino […], Domino meo clementi iam iam Witteberga in patriam a me abituro, postquam novem menses studiis et moribus ipsius praefuissem.

Damit ist belegt, dass Balduin bereits während seiner Studienzeit in Kontakt zu Ungarländern gestanden hat – als Pfarrer und Superintendent sollte er zahlreiche Examina und Ordinationen für Ungarländer durchführen. Nur wenige Monate verblieb Balduin als Adjunkt der Philosophischen Fakultät in Wittenberg, denn bereits am 11. April 1602 (Dominica Quasimodogeniti) wurde er, nachdem er durch den städtischen Senat Freibergs zum Diakonus der Petrikirche berufen worden war, von seinem verehrten Lehrer, Gönner und Patron Ägidius Hunnius ordiniert und nahm die Vokation an.257

2.3.  Wirkungsorte und Tätigkeitsfelder 2.3.1  Freiberg und Ölsnitz Ego M. Fridericus Balduinus Dresdensis, PL. honestis legitimisque natus parentibus, in patria prima pietatis atque literarum fundamenta ieci usque ad annum aetatis 14. deinceps in Electorali gymnasio Misnensi usque ad annum aetatis 18. inde Witebergam missus singulari Serenissimi Saxoniae Electoris Dni mei Clementissimi munificentiâ studia mea Philosophica et Theologica inprimis continuavi usque ad annum aetatis 26 et quod excurrit. Hinc singulari Dei providentiâ ab Amplissimo et Prudentissimo Senatu Fribergensi ad Diaconatum templi Petrini eius civitatis legitimè vocatus sum, ita volente et iubente Serenissmo et Illustrissmo Elextore Christiano II. & c. Dno. mei clementissimo. Ad hoc aliter Stansith, Domini in Nehren, Vice Comitis Scepusiensis in superior Ungaria, longè meritissimi & c. Filium unicum, quem Pater iam dictus, paulò ante mortem, quam ante aliquot tùm Menses obierat, Wittebergam ablegari iusserat.“ 255  Melzer: Biographien berühmter Zipser, 1832, 14–20. 256  Schmidt: Oratio, 18: „Huic ergò Illustrem et Generosum Dn. MARCUM HORWATHUM tradidit, simulq[ue] ipsi ad Mensam suam, cum Discipulo Illustri […] promisit, id quod factum Ianuario anni 1602. Quam functionem Illustrem, ut debita fide, ita feliciter aggressus est M. Balduinus, sed usq[ue] in tertium tantùm mensem administrare potuit. Ecce enim mense Martio subsequente, non tantùm M. BALDUINUS diplomate Electorali FRIBERGAM Misniae, ad Diaconatum ibidem in Ecclesia Petrina suscipiendum evocabatur; sed ipse etiam Illustris et Generosus Dn. MARCUS, paulò post, rebus suis, ob obitum, ne, fallor maternum, ita postulantibus, Wittebergae valedixit, et Ungariam vel nolens, voto suo citiùs repetere necesse habuit. Divulsi itaque spe citiùs, M. BALDUINUS, et Discipulus Illustris, uterque ad sua concessit: BALDUINUS Fribergam, quò se divinities evocatum agnoscebat: Illustris Dn. MARCUS in Patriam, quò se prae maturiùs revocatum dolebat.“ 257  Für Balduin mag die bessere Bezahlung im kirchlichen Amt den Ausschlag gegeben haben, die Berufung zum Diakonus in der Petrikirche im Meißnischen Freiberg anzunehmen.



2.  Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627)87

officium more modoque Apostolico per manuum impositionem inauguratus sum à Celeberrimo illo Theologo, Viro Reverendissimo Dno. D. AEgidio Hunnio & c. praeceptore fautore et patrono meo aeternùm honorando. Dominica Quasimodogeniti Anno Christi 1602. Benedicat mihi Dominus, ut faciam fructum multum, Amen.

Diese Zeilen258 schrieb Friedrich Balduin am 11. April 1602 in das Wittenberger Ordiniertenbuch, nachdem er von Ägidius Hunnius ordiniert worden war, der damals als Oberpfarrer der Stadtkirche und Generalsuperintendent des Kurkreises die Ordinationen angehender Kirchendiener zu vollziehen hatte.259 Hunnius, den Balduin nicht nur als seinen Lehrer (praeceptor), sondern auch als Gönner (fautor) und Patron (patronus) bezeichnet, dürfte prägend auf den jungen Theologiestudenten gewirkt haben. Dieser war bereits im Jahr 1601 durch den Senat der Stadt Freiberg zum Diakonus an der Petruskirche in die Bergbaustadt Freiberg berufen worden. Als kurfürstlicher Alumnus sollte Balduin in den Dienst seines Landesherrn treten und in Kursachsen selbst tätig werden. Dass Balduin ausgerechnet nach Freiberg berufen worden ist, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass sein Onkel Andreas Balduin dort seit 1567 Archidiakonus am Freiberger Dom war. Er dürfte Fürsprache gehalten und die Berufung eingeleitet haben. Balduin wurde damit als Nachfolger Magister Michael Niederstetters (1562–1613)260 Diakonus und Frühprediger der Petruskirche, verblieb dort aber nur bis zum folgenden Jahr 1603.261 Leider gibt es aus Balduins Freiberger Zeit keine Quellen – die Frühprediger als Berufsanfänger sind in den überlieferten Akten nicht zu finden.262 In diese Zeit fällt aber die Hochzeit mit Dorothea (9. November 1602), der Tochter des Magisters Balthasar Meisner (1556–1623), des Dresdner Stadtprediger und Vaters Balthasar Meisners (1587–1626), der später neben Balduin Professor an der Theologischen Fakultät der Leucorea werden sollte. Mit der 1603 ergangenen Berufung zum Pfarrer und Superintendenten nach Ölsnitz im Vogtland endete die Freiberger Zeit. Balduin stieg im Alter von nur 28 Jahren immerhin schon in ein kirchenleitendes Amt auf, wenngleich die Ölsnitzer Superintendentur nicht zu den bedeutendsten des Kurfürstentums gehörte. Hier wurde Balduin Nachfolger von Paulus Laurentius (1554–1624)263, der nach Dresden berufen worden war, und übernahm die Aufsicht

258 StKA Wittenberg, WOB V (1590–1605), Nr. 644. Vgl. auch die nicht ganz vollständige Transkription Buchwald/Scheuffler: Die in Wittenberg ordinierte Geistlichkeit, in: Beiträge zur sächsischen Kirchengeschichte 11 (1897), 192. Vgl. weiterhin Götze: Send-Schreiben, 48. 259  Nur am Rande sei an dieser Stelle bemerkt, dass eine Auswertung des fünften Bandes des Wittenberger Ordiniertenbuchs (1590–1605) bisher nicht vorliegt. 260  Niederstetter wurde Pfarrer und Superintendent in Freiberg, später ging er als Hofprediger des Kurfürsten nach Dresden. Vgl. zu seiner Biographie Gleich: Annales Ecclesiastici, 637–652. 261  Möller: Theatrum Freibergense, Bd. 1, 1653, 264. 262  An dieser Stelle danke ich Archivpfleger i. R. Dr. Battenberg herzlich für seine Auskunft: Eine zeitlich passende Akte beinhaltet wohl nur die Amtsprediger (vielleicht mehr, die Akte ist allerdings ihres Zustandes wegen nicht benutzbar). Die nächste Akte, in der die Vesperprediger vermerkt sind, sozusagen die nächste Rangstufe, beginnt erst 1617. 263  Laurentius bekleidete seit 1586 das Amt des Superintendenten in Ölsnitz. 1603 ging er als Pfarrer, Superintendent und Assessor des Konsistoriums nach Dresden und wurde 1616 Superintendent in Meißen. Vgl. Appold: Orthodoxie, 194 sowie Schlegel: Lebens-Beschreibung Hn. Pauli Laurentii, 1698.

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Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte

über die der Superintendentur untergeordneten Pfarreien.264 In einem Schreiben vom 30. Oktober 1603, dem Tag seines Amtsantritts265, begrüßt Balduin die ihm nunmehr unterstellten Pfarrer der Superintendentur Ölsnitz und übersendet entsprechende Schreiben des Kurfürsten sowie des Konsistoriums Zwickau.266 Der Universität war er darum keineswegs fern, sondern partizipierte durch Korrespondenz mit seinem Schwager Meisner, der in Wittenberg studierte, an den aktuellen Entwicklungen. Balduin verließ Ölsnitz bereits 1604 wiederum gen Wittenberg. Sein Nachfolger in Ölsnitz wurde Nicolaus Zürner, der schon Diakonus gewesen war und von 1604 bis 1632 im Amt blieb. Zürner fungierte 1625 auch als Rektor der Stadtschule von Ölsnitz.267 Der Eintritt in das kirchliche und sodann in das kirchenleitende Amt bedeutete für Balduin also durchaus nicht den Abschied von der akademischen Theologie. Vielmehr befasste er sich noch in Freiberg mit der unlängst erschienenen Streitschrift des Caspar Schoppe SJ (1576–1649) gegen Hunnius’ Abhandlung De Indulgentiis, die gegen den Kardinal Robert Bellarmin (1542–1621) gerichtet war – mit dem Ergebnis einer umfassenden Apologie.268 Balduin hat diese Streitschrift, die den Titel Examen Apologetici trug, bereits im Dezember 1602 fertiggestellt. Sie erschien aber erst 1606 gedruckt.269 Weitere Streitschriften sollten folgen. Das Examen Apologetici hat – soweit sich das sagen lässt – keine größere Beachtung gefunden, doch lassen sich anhand der umfangreichen Apologie zwei wichtige Erkenntnisse gewinnen. Zum einen, dass sich Balduin auch im kirchlichen Amt weiterhin mit akademischer Theologie beschäftigte, 264  Jahn: Urkundliche Chronik der Stadt Oelsnitz, 1841, 513. Paulus Laurentius war am 20. Oktober 1595 an der ernestinischen Landesuniversität in Jena zum Doktor der Theologie promoviert worden, vgl. Beier: Doctorum et Licentiatorum Syllabus, 5v–6r sowie Schreiber: Jena von seinem Ursprunge, 1850, 93. 265 Vgl. Möller: Theatrum Freibergense, 264. 266  „[…] Quoniam igitur Reverendo et clarissimo viro Domino D. Paulo Laurentio, viro haud ita pridem Ephoro et Inspectori à Reverendissimis et Amplissimis praedicti Assessoribus Synedrii paucis abhinc septimanis per literas iniunctum fuit, ut occasione quám prima, illustrissimi istius Edicti copiam vobis faceret, et serenissimi numeri seriam voluntatem exponeret: mei sane fuit officii, qui in praedicti Domini Doctoris locum Dei praepotentis, summique magistratus iussa (quod bene prospereque cedat) indignus, sed legitimè successi, ut id, quod Dn. Doctor absens praestare non potuit, expeditum darem.“ Insgesamt drei Briefe Balduins an das Geistliche Ministerium aus der Zeit in Ölsnitz befinden sich im Archiv der Superintendentur Plauen. Die Superintendentur Ölsnitz wurde 2010 aufgelöst. Infolgedessen wurden die Akten in das Archiv der Superintendentur Plauen überführt. Vgl. Akte Nr. 2490, Darinnen allerhand dienliche Nachrichten, so zur Superintendentur Oelsnitz gehören, sich befinden von ao. 1537, 1550 et sequ. usque ad annum 1667. 267  Jahn: Urkundliche Chronik, 513. 268  Hunnius: De Indulgentiis Et Iubilaeo Romani Pontificis Tractatus. Scriptus Et Opositus Duobus Libris Roberti Bellarmini Iesuitae, Wittenberg 1601. Dagegen: Schoppe: Apologeticus Adversus Aegidium Hunium Pro Gemino de Indulgentiis libro Ill.mi Roberti Cardinalis Bellarmini. In quo praeter doctrinam Indulgentiarum, Iustificationis, Satisfactionum et Purgatorii de vitiis quoque et abusibus Curiae Romanae disputatur, München 1601. 269  Balduin: Examen Apologetici, 1606. Der vollständige Titel lautet „Examen Apologetici. Quem Gasper Schoppius Apostata Pro Gemino De Indulgentiis libro Roberti Bellarmini, Curiae Romanae Cardinalis, in nupero Pontificiorum Iubilaeo opposuit Tractatui de Indulgentiis D. D. Aegidii Hunnii p. m. In quo ea omnia, quae G. Schoppius de Indulgentiis, de Iustificatione, de Satisfatione, de Purgatorio, de Ieiunio, de Primatu Papae, de Peregrinationibus ad loca Sanctorum, de vitiis quoq[ue] et abusibus curiae Romanae disputavit, excutiuntur.“



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zum anderen, dass er zu Hunnius’ begabtesten Schülern zu rechnen ist, da ihm diese Aufgabe immerhin zugetraut wurde.270 Hunnius selbst habe, schreibt Balduin, das Examen Apologetici ausdrücklich approbiert. Hinzu kommt, dass sich in den frühen Streitschriften Balduins schon die spätere Position bezüglich der Lektüre der Werke von Theologen anderer Konfession im Rahmen des Theologiestudiums abzuzeichnen beginnt: Zusehends verfestigte sich die Ansicht, dass die Lektüre der adversarii unverzichtbar für den fortgeschrittenen und bereits im rechten Glauben gefestigten Theologen sei. Der Gegner, Caspar Schoppe SJ, war sogar noch ein Jahr jünger als Balduin und so dürfte es Hunnius nicht der Mühen wert gewesen sein, selbst auf die Streitschrift zu reagieren. Daher habe er den jungen, aber fortgeschrittenen Studenten Balduin, der ihn zum Regensburger Religionsgespräch begleitet hatte, mit dieser Aufgabe betraut. So stilisiert es Balduin wenigstens in der Vorrede.271 Der aus Pappenberg in der Oberpfalz gebürtige Caspar Schoppe hatte eine umfassende philologische und juristische Bildung an den Universitäten in Heidelberg, Altdorf und Ingolstadt erworben und war 1598 während eines Aufenthalts in Prag zum Katholizismus konvertiert.272 In der auf den 18. Februar 1606 datierten Widmung an den Rat der Stadt Freiberg geht Balduin auf das Amt des Theologen ein und erklärt am Beispiel von Schoppe, dass humanistische Gelehrsamkeit und Rechtgläubigkeit auch auseinanderfallen können:273 Unde factum, quod etsi non sim nescius, aetatem meam inprimis decere modestiam; nonnunquam tamen in respondendo scapham dixerim, ut intelligat Grammaticus, aliud esset, tractare Plauti fabulas, aliud Pauli Epistolas; et aliter respondendum fuisse Orbilio, quàm Theologo.

270  Vgl. die Widmungsvorrede zu Balduin: Examen Apologetici, 4r–v, in welcher der Verfasser berichtet, dass Hunnius ihm die Abfassung der Widerlegungsschrift aufgetragen habe. 271  Ebd., 4v: „Etsi verò Reverendus et iam Beatus Dominus DOCTOR, scriptum illud conviciis et calumniis emarcidum iam pridem viderat: indignam tamen iudicavit istam viperam, cui ipse respondeat; qui bonas horas in emolumentum Ecclesiae longè utilius insumere potuit, quàm si eas in mataeologi istius gratiam, quasi milium terendo (quod dici solet) inutiliter contrivisset. Accidit autem, ut Ratisbonae, durante colloquio, binis uno tempore literis à viris magni nominis et autoritatis rogaretur, ne hominem hunc Grammaticum responso dignetur, sed iunior cuidam Examen istius Apologetici exercitii gratia committeret: unde factum, ut mihi, quem tum in comitatu sua habeat, hanc responendi provinciam demandaret.“ 272  Über ihn zuletzt Jaumann (Hrsg.): Kaspar Schoppe (1576–1649), 1998. 273  Vgl. die Widmungsvorrede zu Balduin: Examen Apologetici, 2v–3r: „Eam verò sive laudem sivè utilitatem ut Monachis istis non invidemus, ita gratulamur, quod nemo istorum Apostatarum, qui veritati publico scripto bellum indixère, cum adhuc noster esset, quantum quidem publicè constat, professione fuit Theologus, sed plerique vel ex ICtorum familiis, vel ex Medicorum collegijs, vel ex Grammaticorum subfellijs, veluti Ophiogenes aut Pfylli quidam subitò nati prodierunt, quos omnes non vocatio, sed ambitio; non rerum divinarum scientia, sed πολυπραγμοσυνη fecit Theologos. Hi enim iam sunt mores hominum, de quibus olim Socrates: Si quis in theatro coriarios surgere iuberet, hi soli surrecturi essent, similiter si fabros aerarios, textores, aut alios quoscunque: si verò prudentes & iustos (adde etiam Theologos) hîc omnes exsurrecti essent; sed hoc pernicionissimum est in vita, quod cum pleriq; sint rerum humanarum et divinarum inscientes, nihilominus sapientissimi haberi volunt: quod genus hominum public exitio repertum, nec poenis unquam coercendum, per praemia elicitor, quod delatoribus olim dicebat Tacitus lib. 4 Annal.“

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Die Autorität der Schrift als Wort Gottes, die das menschliche Fassungsvermögen übersteige, sei Zeichen der wahren Kirche und gelte auch negativ.274 Balduin, der in dem Examen Apologetici seinen Lehrer Hunnius gegen Schoppe verteidigt, schreibt an dieser Stelle über die Existenz des Fegefeuers, die Hunnius mit dem Argument abgewiesen hatte, dass das Fegefeuer in der Schrift nicht genannt werde. Schoppe hatte dagegen den Einwand geltend gemacht, dass ein negatives Argument, das von der Autorität der Schrift abgeleitet werde, zu keinem sicheren Schluss führen könne. Balduin argumentiert nun, dass Schoppe durchaus Recht habe, wenn er profane Schreiber meine. Im Falle der Bibel könne das Argument jedoch nicht gelten, da diese das menschliche Vermögen übersteige. Mit Augustinus und Gregor von Nazianz resümiert Balduin, dass, was weder in der Schrift genannt noch enthalten sei, nicht rechtmäßig aus der Schrift abgeleitet werden könne, wenn die Schriftauslegung nicht willkürlich sein solle. Mit Hunnius geht also auch Balduin von der Nicht-Existenz des Fegefeuers aus. Interessant ist dabei weniger der Standpunkt hinsichtlich des Fegefeuers als die exegetische Strategie, stets auf die Bibel zu rekurrieren und aus ihr selbst den Modus ihrer rechten Auslegung zu schöpfen. Wie noch zu zeigen sein wird, ging es den ersten Generationen der lutherischen Orthodoxie insgesamt weniger um die rechte Lehre gemäß des Konkordienbuchs von 1580 als vielmehr um die Methode ihrer rechten Auslegung. Die Gegner der lutherischen Orthodoxie ließen sich von den Bekenntnisformulierungen der Konkordienformel kaum beindrucken. Es bedurfte des eingehenden Rekurses auf die rechte Hermeneutik und Methodik der Auslegung sowie deren Artikulation unter Zuhilfenahme paganer und christlicher Tradition, freilich nur insofern diese der rechten Lehre entsprach. 2.3.2.  Balduin in Wittenberg und das Prager „Intermezzo“ Nach dem Tod David Runges am 7. Juli 1604 wurde die Universität von Kurfürst Christian II. beauftragt, geeignete Nachfolger zu nominieren und zu empfehlen. Die Denomination fiel auf Friedrich Balduin, der die vierte Professur, welche mit keinem kirchlichen Amt verbunden war, übernehmen sollte.275 Balduin entsprach der Berufung: Sie war mit einem Schreiben vom 8. Oktober ausgegangen, das er am 17. desselben Monats erhalten hatte. Nach anfänglichem Zögern resignierte er das Amt des Pfarrers und Superintendenten in Ölsnitz, das er inzwischen 14 Monate lang verwaltet hatte, am 5. Februar 1605.276 Noch an diesem Tag brach er nach Witten274  So Balduin in Anlehnung an Augustinus, De Genesi ad Litteram (zweites Buch, fünftes Kapitel). Vgl. Balduin: Examen Apologetici, 461 (Autoritas Scripturae etiam negativa valet) und 547 (De autoritate Scripturae). 275  Schmidt: Oratio, 21. Entsprechende Berufungsakten konnten in den Beständen des UA Halle und des HStA Dresden bisher nicht ausfindig gemacht werden. 276  Ebd.: „Quae vocatio quum non opinanti offerretur; haesitavit primum, quid facto opus esset; praesertim quum Olsnicii quoque functionem haberet non contemnendam. Sed re posteà secum altiùs deliberatâ, piisque precibus DEO commendatâ, voluntatem et providentiam divinam agnoscens, grato tandem animo, legitimè vocantibus Academiae Patribus operam suam addixit, et cum rebus suis huc sese contulit, die 5. Februarii, anno 1605, Wittebergae tanquam Matri, et Altrici suae, in qua ea adminicula quibus ad honestas functiones obeundas instructus fuit, acceperat, et Deo benedicente auxerat, vices gratas repensurus, et ea quae indefesso studio Linguarum, Artium, et peritiae Theologicae hic acquisiverat, cum foenore quasi redditurus.“ Dabei handelt es sich um einen stereotypen und



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berg auf, wo er am 10. Februar, dem Tag des Begräbnisses Salomon Gesners, der am 7. Februar gestorben war, ankam.277 Seine Frau Dorothea war indes in Dresden bei den Eltern verblieben, da sie am 5. Februar den gemeinsamen Sohn Balthasar zur Welt gebracht hatte. Der bereits im Vorjahr verstorbene David Runge findet sich noch zu Reminiscere 1605 (24. Februar) in den Rechnungsbüchern der Universität, war es doch üblich, dass das Gehalt eines verstorbenen Professors über zwei Quartale an die zurückgelassene Familie nachgezahlt wurde. Balduin erscheint dann ab Trinitatis 1605 in den Rechnungsbüchern der Universität mit dem für die vierte Professur üblichen Gehalt von 47 ½ fl pro Quartal. Wie er in der Zwischenzeit seinen Unterhalt bestritten hat, lässt sich nicht sagen. Fest steht, dass er noch im Februar in das Kollegium der Theologischen Fakultät aufgenommen wurde und am 28. Februar mit der Auslegung der Bußpsalmen begann.278 Seine Antrittsrede hielt Balduin am 5. März 1605 im Rahmen einer akademischen Festversammlung, die wohl  – wie damals üblich  – im großen Auditorium der Theologen stattgefunden hat. Er sprach über das Thema De Scrutinio Rationis humanae in mysteriis divinis. Nicht nur seiner Freude über die ergangene Berufung verlieh Balduin hier Ausdruck, er explizierte auch die Grundlinien seiner Position zum Verhältnis von Philosophie und Theologie.279 Das war ein aufgrund der aktuell diskutierten theologischen Metaphysikrezeption und der daran angeknüpften theologischen Kontroversen äußerst brisantes Thema. Balduin war damit als Magister auf eine Professur der Theologischen Fakultät der Leucorea berufen worden und hatte als solcher mit den obligatorischen Vorlesungen begonnen. Nun waren traditionell die Professoren an der Theologischen Fakultät der Leucorea allerdings Doktoren der Theologie. Auch wenn dazu keine Quellen vorliegen, ist davon auszugehen, dass die noch nicht erfolgte Doktorpromotion als Mangel empfunden wurde. Balduin musste, wollte er an einer der nach wie vor bedeutendsten Fakultäten der Universitäten des Heiligen Römischen Reiches lehren, den Grad des Doktors der Theologie erwerben. Die dazu erforderlichen Voraussetzungen erfüllte er: Er besaß den Magistergrad, hatte beinahe neun Jahre in Wittenberg studiert und in zahlreichen Berufungsschilderungen anzutreffenden Topos, mit dem aus theologischen Gründen eingeforderten Tugenden – Bescheidenheit, Demut und Erkenntnis der eigenen Unzulänglichkeiten – Rechnung getragen wurde. 277  Vgl. zu der in der Schlosskirche gehaltenen Leichenpredigt Mylius: Eine Christliche Leichpredigt, 1605. 278  Schmidt: Oratio, 22: „Sequentibus diebus Reverendi Collegii Facultatis Theologicae membrum receptus fuit, et mox reculis suis vix aliquantulum dispositis, die 28. Februarii, Lectionum publicarum Theologicarum feliciter initium fecit, à Psalmis, quos Poenitentiales vocant, Johannem Baptistam, Christum, et Apostolum Paulum ad Romanos imitates, qui omnes à Poenitentia praedicatione suas Conciones sunt exorsi.“ 279  Balduin: De Scrutinio [unpaginiert]: „Quo quidem tempore, si ab ordinariis provinciae mihi tum demandata laboribus discessero, nihil magis in precibus meis pensi habui, quàm ut salute et prosperitatem huius Academiae praepotenti Deo devote commendarem. Scio enim et sciunt mecum omnes boni, florente ea, floret rem Christianorum publicam; periclitante ea, periclitari simul sacra literaturemque meliorism Germaniae.“ Die Freude über die Berufung – so formelhaft sie auch verpackt sein mag – dürfte doch authentisch sein: Mit gerade dreißig Jahren war Balduin der mit einigem Abstand jüngste der Professoren an der Theologischen Fakultät einer – wenn nicht der wichtigsten – protestantischen Universität des Heiligen Römischen Reiches (Hutter war 42 Jahre, Franz 41 Jahre und Mylius 57 Jahre).

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auch bereits ein Pfarramt  – wenn auch nur für kurze Zeit  – inne gehabt. Insofern war er berechtigt, um ein entsprechendes Verfahren zu bitten. Dass der Grad für die Übernahme der Professur in den Statuten, wie Schmidt behauptet, vorgeschrieben gewesen sei, ist jedoch nicht zu belegen.280 Balduin hat sodann am 28. Juni 1605 unter dem Vorsitz Leonhard Hutters, der als Verfasser der Disputation genannt wird, im Auditorium der Theologischen Fakultät über das Thema De Voluntate Dei, Circa Aeternum Praedestinationis Salvandorum decretum disputiert281, um den Grad des Doktors der Theologie zu erwerben, und ist daraufhin am 23. Juli desselben Jahres von Georg Mylius zum Doktor der Theologie promoviert worden.282 Das Lizentiat der Theologie, das Magistern auf die entsprechende qualifizierende Disputation hin verliehen wurde, damit diese das öffentliche Lehrprogramm der Fakultät ergänzen durften, hat Balduin dagegen nicht erworben. Es ist naheliegend, dass die Erteilung des Lizentiats gleichsam grundsätzlich mit der Berufung einherging. Wie das Verfahren der Promotion zum Doktor der Theologie um 1600 ausgesehen hat, ist aus einer Quelle aus dem Universitätsarchiv Halle zu entnehmen, die in der Forschung seit langem bekannt, aber erst kürzlich ediert worden ist.283 Es handelt sich um eine Beschreibung der Vorgänge und Rituale, die bei der Doktorpromotion getätigt werden, die wohl maßgeblich von Ägidius Hunnius entworfen, vielleicht auch abgefasst worden ist und den Titel DE PROMOTIONIBUS in Facultate Theologica almae Universitatis Wittebergensis trägt.284 Gleich zu Beginn werden Voraussetzungen benannt, die ein Kandidat mitbringen musste, der den Grad des Doktors der Theologie erwerben wollte. Der Grad des Doktors der Theologie ist danach ein öffentliches Zeugnis, das nur denjenigen verliehen werden konnte, die sich durch Frömmigkeit, Bekenntnis (zur reinen Lehre) sowie durch theologisches Wissen und allgemeine Erfahrung auszeichnen.285 Die Berufung auf die vakante Professur an der Theologischen Fakultät der Leucorea war damit zweifelsohne mit der Erwartung verbunden, dass der 280  Schmidt: Oratio, 22: „In hanc autem novam stationem collocatus M. BALDUINUS, non tàm ut suas operas iam antea satis commendatas, publicè commendatiores redderet, et maiore autoritate muniret, quàm in Statutis Facultatis Theologicae satisfaceret, ad Gradum Doctoratus aspiravit.“ 281  Hutter: Exetasis Theologica De Voluntate Dei, Circa Aeternum Praedestinationis Salvandorum decretum: Opposita Tum Calvinianorum, tum recentiorum quorundam fanaticorum furoribus [28. Juni 1605/Friedrich Balduin], Wittenberg 1605 [wiederabgedruckt in: Balduin (Hrsg.): Disputationum Theologicarum, Wittenberg 1620, 719 ff.]. Vgl. auch Götze: Send-Schreiben, 48. 282  Im Dekanatsbuch der Theologischen Fakultät heißt es: „Die 23. Iulii A. 1605 S. Theologiae Doctor solenniter renunciatus est M. Fridericus Balduinus Dresdensis: promotore D. Georgio Mylio Superintendente: Decano et praeside Leonharto Huttero, S. Theologiae Doctore. Disputavit 28 Iun: 1605.“ Vgl. Förstemann: Liber decanorum, 88–89. 283 Vgl. UUW 1, Nr. 505. Zur Edition sowie zur rechts- und kulturgeschichtlichen Einordnung der Quelle Lück/Weise: Rechtsgrundlagen und Rituale, in: Selderhuis/Waschke (Hrsg.): Reformation und Rationalität, 2015, 59–94. 284 Die Theologische Fakultät war damals mit Ägidius Hunnius, David Runge und Salomon Gesner besetzt. Johann G. Volkmar war in diesem Jahr verstorben. Verfasser der Aufzeichnungen war möglicherweise Ägidius Hunnius, der professor primarius war. 285  UA Halle, Rep. 1, 4588, 165r: „Promotiones nuncupamus solennes illas ac publicas testificationes, quae Facultatis nomine perhibentur iis, qui in Doctorum S. Theologiae numerum ob insignem pietatem, spectatam orthodoxae doctrinae, Confessionem, rerumque Theologicarum scientiam et peritiam minimè vulgarem cooptantur.“



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Kandidat den Doktorgrad erwerben würde, denn es ging dabei gerade um die theologische auctoritas eines Professors.286 Das der von Hutter verfassten disputatio zugrundegelegte Thema De Voluntate Dei, Circa Aeternum Praedestinationis Salvandorum decretum („Über den Willen Gottes, entsprechend dem ewigen Ratschluss von der Prädestination der zu Erlösenden“) ist im Kontext der von Samuel Huber evozierten Kontroverse um die Prädestinationslehre zu sehen, die von Schülern und Anhängern Hubers weiter perpetuiert worden ist und derer es sich zu erwehren galt. Die aufgestellten Thesen sollten der Klärung zweier Fragen dienen, die anhand von Röm 8,29 und Eph 1,5 bezüglich des göttlichen Ratschlusses aufgekommen waren287: 1. Quaenám et qualis sit illa Dei voluntas, quae Electionis ac salutis nostrae negotium, non tàm inchoat, quàm absolvit? 2. Quomodo secundum hanc ipsam Dei voluntatem, Aeterna praedestinatio sive Electio sit definienda?

Über zwei Jahre hinweg ist Balduin als vierter Professor der Theologischen Fakultät tätig gewesen. Unmittelbar nach seinem Dienstantritt hat er zunächst die Bußpsalmen und anschließend die drei letzten Propheten Haggaeus, Zacharias und Maleachi im Rahmen des obligatorischen Lehrdeputats ausgelegt.288 Daneben hat er sich in Disputationen vornehmlich mit den Bekenntnisschriften befasst. Am 28. Mai 1607 starb Georg Mylius (Müller) im Alter von 59 Jahren. Balduin hielt ihm an Dominica Trinitatis die Leichenpredigt in der Stadtkirche.289 Damit war das Amt des Pfarrers der Stadtkirche und Generalsuperintendenten des Kurkreises vakant. Mylius war zugleich professor primarius an der Theologischen Fakultät gewesen und hatte dem Geistlichen Konsistorium als Assessor gedient. Am 30. Juli 1607 forderte Kurfürst Christian II. Universität und Stadt Wittenberg auf, sich zu beraten und ihm ihre Nominationen zur Neubesetzung der vakanten Stelle zuzustellen.290 Der Rektor Bartholomäus Reusner hatte den kurfürstlichen Befehl an das Kollegium (Dekan und Theologische Fakultät) weitergeleitet, welches ihm am 15. August ausführlich antwortete. Zu Beginn des Nominationsschreibens betonte das Kollegium, dass Polycarp Leyser der Wunschkandidat sei, konzedierte aber gleichzeitig, dass dieser wohl kaum zu haben sein würde.291 Sodann fragten Dekan (Balduin) und Fakultät (Hutter, Franz, 286  So heißt es etwa in dem von Gottfried Reuter verfassten Programm, das der Leichenpredigt auf Friedrich Balduin angehängt ist, in Hinsicht auf seine Promotion zum Doktor der Theologie: „ut cum maiore auctoritate sustineret“. Vgl. Martini: Leichenpredigt, 27v. 287  Hutter: Exetasis, 1. Die Disputation umfasst insgesamt 132 Thesen. 288  Schmidt: Oratio, 22. Aus diesen Vorlesungen ist Balduins großer Kommentar zu den letzten drei Propheten hervorgegangen. 289  Balduin: Christliche Leichpredigt. Zu der sich daran entzündenden Kontroverse Appold: Der Fall Georg Mylius. Wie üblich wurde das Gehalt des Mylius noch für das gesamte Jahr 1607 an seine Erben weitergezahlt. Das Rechnungsbuch für 1607/08 fehlt. Vgl. UA Halle, Rep. 1, 2277 Rechnungsbuch der Universität Wittenberg (1609/10). 290  Für die zur Berufungsangelegenheit aufgefundenen Akten HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7422/3: Universitäten-, Consistoria-, Geistliche Sachen und Die Beneficien aus der Procuratur Meißen betr. Anno 1607–1610, Nr. 27. 291  Ebd. Nur die Antwort des Dekans und der Theologischen Fakultät ist in einer durch den Notar Franciscus Hessus beglaubigten Abschrift erhalten: „Nachdem abermals durch Gottes wunderbare schickung sich eine stell in nostro Collegio erlediget, und vermöge deßelben Statuten, uns […]

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Balduin), welche Stelle im Kollegium der Kandidat erhalten solle, und ob einem Kandidaten aus den eigenen Reihen das Superintendentenamt sowie die Stelle im Konsistorium aufgetragen werden könne.292 Die Neubesetzung des Seniorats – auch dieses hatte Mylius bekleidet – bereitete hingegen weniger Schwierigkeiten, da hier nach alter Gewohnheit der älteste Theologe einrücken konnte. Indes ist erwähnenswert, dass das Kollegium offenbar gedachte, einen alten und erfahrenen Theologen in die vakanten Ämer zu berufen.293 So nominierten sie für den Fall, dass innerhalb des Landes (Kursachsen) „keine tüchtigen personen zufinden weren“, Philipp Nicolai (1556–1608) in Hamburg, Johannes Winckelmann (1551–1626) in Gießen sowie Daniel Cramer (1568–1637) in Stettin.294 Zugleich wollte das Kollegium es dem Urteil des Kurfürsten sowie seiner Räte überlassen, unter Umständen einen jüngeren graduierten Theologen und Landeskind zu berufen.295 Daraufhin erging bereits am 17. August 1607 ein Schreiben von Rektor und Senat der Universität (Magister und Doktoren) sowie Bürgermeister und Rat der Stadt Wittenberg an den Kurfürsten. Die Vertreter von Universität und Stadt gedachten des Todes von Mylius und machten deutlich, dass Leyser der Wunschkandidat beider Seiten sei. Da bekannt sei, dass der Kurfürst seinen Hofprediger nicht gehen lassen werde, teilten sie die Nominationen Nicolais, Winckelmanns und Cramers mit, welche die Theologische Fakultät übersandt hatte. Sie fügten aber auch zwei eigene Nominationen bei und benannten Balthasar Mentzer (1565–1627) sowie Friedrich Balduin.296 Insofern darf vermutet gebühren will, darauff bedacht zußein, wie daßelbe wiederumb möchte ersetzet werden, und aber die beysorge zutragen, das Herr D. Polycarpus Lyserus (wie er sich selbst jetzen mündlich erkleret haben soll) schwerlich wird zu haben sein, welchen wir sonst einig und allein, zu seinem capite und Superintendenten nominiren und fürschlagen wollen, Als haben wir in warer Gottes furcht uns collegialiter verglichen, welche Personen fürnemblich dem Churfürsten zu Sachßen, unserm gnedigsten Herrn, möchten underthenigst fürgeschlagen werden […].“ 292 Ebd.: „Erstlich, wie und welcher gestalt es mit den Seßionibus, bey solchem unßerem Collegio hinfüro gehalten, und in welchen locum, der neue Collega angewiesen werden solle, auch ob einem aus unßerm mittell, oder einem andern die Superintendentia, neben dem loco in Consistorio Ecclesiastico solle oder könne auffgetragen werden […].“ 293  Ebd.: „Sonsten aber und ausser itztangedachten Puncten halten wir dafür, das bey ersetzung des Collegii Theologici nicht auff privat affect, freundschafft, gunst oder anders dergleichen, Sondern einig und allein dahin zu sehen sey, wie hinfüro das Collegium Theologicum nicht mir eittel Jungen Leuten, Sondern etwas alters, erfahrenen, und wohlgeübten Theologen möchte ersetzt werden, auff welchen die studirende Jugent einen respectum desto beßer haben möchte […].“ 294  Ebd.: „Und machen uns keinen Zweiffell, das durch dieße dreyen Theologen einen, großen nutz bey der studirenden Jugend geschafft, auch durch Sie guten fried, einigkeit und brüderliches vernehmen inter Collegas würde gestifftet und erhalten werden.“ 295  Ebd.: „Wir stellen es aber in aller underthenigkeit zu unsers gnedigsten Herrn, und seiner Churfürstlichen gnaden hochverstendigen Räthen iudicio, ob, post habitis istis, quos iam nominavimus, veteranis et exercitatis Theologis, einer aus den Jüngeren Theologiae Doctoribus, derer, Gottlob, etliche bey diesem hochlöblichen Churfürstenthumb zubefinden, auch ihre von Gott verliehene feine Gaben, möchte vocirt und confirmirt, und also auch dergestalt, das Collegium Theologicum mit nutz und ruhm ersetzet, und einigkeit erhalten […].“ 296  Ebd.: „Nominiren aber für unß dabey neben zuförderst und für allen andern D. Balthasarum Menzerum gleichfalß zu Gießen, und adiungiren Jhme aus unserm corpore D. Fridericum Balduinum, hiebeuorn gewesenen Pfarrrern und Superintendenten zu Ölßnitz, und haltten dafür, das durch diese Perßonen sambt und sonders, mit lesen, disputirn und predigen, dieser Schulen und Kirchen wohlstand befördert, undt die Theologische Studia nutzlich erbauet werden können.“



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werden, dass die Initiative für die Besetzung des vakanten Amtes mit Balduin von Seiten des Bürgermeisters und des Rats ausgegangen ist. Im Falle Mentzers, der offenbar bereits Anfang 1605 nominiert worden war, hatte man die Sorge gehabt, dass es ihm an Begabung zur Predigt mangele. Doch diese Bedenken könnten nun als ausgeräumt gelten, hieß es, alleine die schwache Stimme des Kandidaten bereitete noch Kopfzerbrechen.297 Mentzers außergewöhnliche theologische Bildung und Schreibbefähigung wurde hingegen gelobt. Balduin war sowohl dem Bürgermeister als auch dem Rat der Stadt bekannt. Insbesondere aber wäre er bei der Bürgerschaft sowie bei den Studenten äußerst beliebt.298 So bestand kaum Zweifel, dass Rat und Universität sich bereits auf Balduin geeinigt hatten, obgleich vorbehaltlich der kurfürstlichen Entscheidung. Dem genannten Schreiben waren zwei Anhänge beigeheftet: Erstens ein notariell beglaubigter Auszug aus der Fundation des Kurfürsten Moritz von 1548, zweitens ein notariell beglaubigter Auszug aus der städtischen Registratur der Visitatoren im Rahmen der Visitation von 1533.299 In dem Auszug aus der Fundation von 1548 geht es um die Besoldung der Konsistorialassessoren sowie des Stadtpfarrers.300 Der Auszug aus der städtischen Registratur von 1533 handelt von der Stellung des Stadtpfarrers zu Wittenberg unter den Geistlichen im gesamten Kurkreis und mithin von der Begründung des Generalsuperintendentenamtes („Obersuperattendentz“) in Wittenberg, dessen Inhaber gemeinsam mit dem Propst zu Kemberg die wichtigste Pfarrstelle im Kurfürstentum zukommen sollte.301 Der Kurfürst reagierte  – gemäß 297  Ebd.: „Dann obwohl itztgemelten D. Balthasaris Menzeri wier in nechstem unterthänigster praesentation underm dato 9 Martii Anno 1605. dergestaldt gedacht, daß unß allerdings nicht bewust, ob er ein prediger sey, So haben wier doch numehr so viel nachrichtung, Das es daran nicht mangele, sondern Er ieder Zeit, neben dem lesen unndt disputiren, auch in predigen sich geübt und deßelben abgewarttet, nur das die stimme nicht so gahr starck und völlig sein solle, unnd hatt er sonsten dieses Lob bey menniglichen, das Jhme in solida eruditione Theologicâ et neruose scribendo, nicht baldt einer gleichen solle, wie seine in publicum edirte scripta ausweisen […].“ 298  Ebd.: „So laßen wier es zuförderst bey dem gesambten unterthenigsten vorschlage, wegen Herrn D. Polycarpi, unnd inuentum, bey D. Friderici Balduini Perßon bewenden, alß den wier gleichsfalß kennen, und deßelben numehr gewohnett sein, auch der gemeinen Burgerschafft sonderbahre gute Affection unnd beliebung zu Jhme, inn dehme seine predigten von denselben, so wohl alß den studenten mit allem vleiß und Christlichem eyfer besuchett werden, genugsamb spuren und vermercken […].“ 299  Ebd. Dazu heißt es in dem Schreiben: „Endtlich ist an E. Churf. G. unsere der Universitet und des raths in gesambt unterthenigste bitte, weill inhalt beygefügter Extracten in Weiland Churfurst Moritzen hochlöblichster gedächtnuß, foundation, und unser des raths Visitation Registratur Anno 1533 zu befinden, das das Pfarr: und Superattendenten Ambtt, E. Churf. G. Löbliche vorfahren zusammen geordnet, und sonder allen Zweiffel deßelben erhebliche und wichtige ursachen gehabtt, die zum theill in gemeltten Extracten angedeutet, daß E. Churf. G. solche nachmaln unzertrennet gnedigst beysammen laßen, und einer Perßon, wer auch dieselbe sein, und E. Churf. G. belieben wirt, zugleich aufftragen wöllen […].“ Vgl. für die Fundation des Kurfürsten Moritz von 1548 UUW 1, Nr. 301 sowie Israel: Universitätsarchiv, 119–122. 300 HStA Dresden, 10024, Loc. 7422/3, Nr. 27: „Hierüber soll die Universität hinfürder das Consistorium mit unserm vorwißen und willen bestellen, und geben ihärlich zweyen Juristen, iedem ein hundert gülden, zweyen Theologis, iedem achtzig gülden, und dem Notario Consistorii, achtzig gülden, […] daruon sollen iherlich dem Pfarherrn zu Wittemberg vierzig gülden gegeben werden, dagegen sollen die Superattendenten in der Chur zu Sachßen im sorgen und befehlich haben.“ 301  Ebd.: „Und nach deme Wittemberg sunst die Heubtstadt in der Chur zu Sachßen, und ohne das ein ehrliche Hohe Schule ist, daraus durch Gottes gnade, das heilig Euangelium in dieser letzten

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den überlieferten Akten – erst am 8. Oktober 1607 mit einem Schreiben an das Oberkonsistorium Dresden (Jan von Quingenberg, Paulus Laurentius, Leonhard Köppel, Urban Hentzschmann302), in dem er die von Universität und Rat zu Wittenberg angestellten Erwägungen zu übersenden versprach sowie die Nomination Balduins bekannt gab.303 Eine Frage war dabei offen geblieben: Die kurfürstlichen Räte waren sich unsicher, ob Balduin auch das sogenannte Generalat aufgetragen werden könnte.304 Alternativ trugen sich die Räte einesteils wohl mit dem Gedanken, dieses „in der Schwebe“ zu halten und die an diesen Titel geknüpften Kompetenzen dem Konsistorium Wittenberg zu übertragen.305 Anderenteils plädierten die Räte für den Verbleib der „Observanz“ bei dem Superintendenten und sprachen sich dafür aus, keine „Neuerung“ vorzunehmen. Da sich der Kurfürst offenbar unsicher war, forderte er ein „Bedenken“ des Oberkonsistoriums. Das gewünschte Schreiben des Oberkonsistoriums datiert auf den 16. Oktober. Darin verweisen die Mitglieder auf die Existenz des Generalsuperintendentenamtes in der Kirchenordnung von 1580.306 Sie wenden ein, dass das Amt außer Gebrauch gekommen und ihnen von der Existenz eines Generalsuperintendenten nichts bekannt sei. Daher plädierte das Oberkonsistorium ebenfalls gegen die Übertragung des Generalats auf Balduin. Im Kontext des Problems der zahlreichen Personalunionen der Zeit revelirt, So soll die Kirche im Land zu Sachßen ein Metropolis, und der Pfarrer daselbst die Obersuperattendentz haben, Nach dem sich alle andere Kirchen zurichten, und zusambt dem Probst zu Kemberg auff alle andere Superattendenten im Churfürstenthumb, Nemlichen der Pfarrer zu Wittembergk auff die so dißeit der Elbe, und der zu Kembergk auff die andern, so jenseit der Elbe sein, desgleichen auff die Pfarrer auffsehen haben […].“ 302 Vgl. zur personellen Konstitution des Dresdner Oberkonsistoriums HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7428/9: Bestallung des Churfürstl. Sächßischen Ober-Consistorii belangend 1587–1704. 303 HStA Dresden, 10024, Loc. 7422/3, Nr. 27: „[…] auch unsere Universitet zu Wittemberg und den Rath daßelbst hieruber vernommen, die uns dann auch Jr underthenigst bedencken, welches euch künfftig neben allen andern sachen so hierinnen vorgelauffen zu euer nachrichtung zu gestellet werden solle […] daraus wir soviel befunden, das sie beiderseits nicht wenig beliebung zu des Doctoris Friderici Balduini person tragen und haben. Und weil uns derselbe […] auch gerühmet und wegen seiner geschickligkeiten gelobt wirdt, So sind wir entschloßen, denselben auff gewiße maß und weiß an die verledigte stelle zu gebrauchen […].“ 304  Bei dem Generalat handelte es sich um eine Einrichtung, welche der Inspektion der dem Kurkreis unterstellten Spezialsuperintendenturen dienen sollte. In der Kirchenordnung von 1580 war diese Einrichtung, über die indes bisher wenig bekannt ist, begründet worden. Vgl. den Abschnitt „Vom ampt der general Superintendenten“ Kirchenordnung 1580, CCL–CCLII. 305 Ebd.: „Nachdemde aber bey unsern Räthen dieses mit erwegt werden will, ob nemlich angeregtem Balduino das generalat mit aufzutragen oder nicht, Jnn deme etzliche der meinung, das wir solches nicht thun, sondern […] solch generalat in suspenso behalten und dem Consistorio zu Witemberg bevelen sollten, Etzliche aber dahin gehen, das mann es bey der observantz und wie es bis zum absterben Doctoris Mylij breuchlichen gewesenn, verbleibenn und keine neuerung vornehmen sollten […].“ 306 Ebd.: „Ob wol, besage derselben geliebten Herrn Grosvaters, weilandt Churfürst Augusti hochlöblichsten gedechtnis, Anno: 80. publicirten Kirchenordnung, zur theilung, der General: und Special Superintendenten, so wol derer Adiuncten, gemacht worden, daß doch bald hernach, auß denen E. Churf. G. geheimen Rähten, sonders zweifels, bekantten ursachen, solches Generalat widerumb gefallen, Inmaßen wir alhier von keinem General Superintendenten wissen […] und daher ietzo dergleichen, unsers erachttens, weder Doctori Balduino, noch einem andern auffzutragen oder zu befehlen seyn wird.“



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Professoren aufschlussreich ist der sich hier unmittelbar anschließende Absatz, welcher einen Bericht des Konsistorialassessors Leonhard Köppel wiedergibt: Darneben berichtet unser Collega D. Köppel, daß mehrerwehnter D. Mylius, und dessen Antecessores, von Anno: 89. bishero unterschiedliche Ämbter, (welche zuuor mehrmals gesondert gewesen) zuegleich bedienet, Nemlichen, die erste Profession Theologischer Facultät, inn der Vniuersität, die erste Assessur, unter den Theologis, im Christlichen Consistorio, die Praedicatur inn der Pfarrkirchen und Superintendentz, über seine untergebene Pastores, Kirchen und Schulen. Als der erste Professor in Facultate Theologica, hetten sie die erste Stell unnd Session, nach dem Rectore, wie auch die bequembste Stund zur Lectur, und andere Praerogatiuas gehabt, dahero sie auch im Geistlichen Consistorio, inn Sachen, die Religion, und der Geistlichen lehr und leben betreffende, primas gehaltten, das examen Theologicum publicè dirigirt, und die Ordinationes inn der Pfarrkirchen verrichttet. In Politicis aber, ex iis, quae ad processum pertinent, were hiebeuorn das Directorium und Innsiegel dem Obersten Politico befohlen gewesen. Wie sie dann ferner, umb angedeutter ursachen willen, von E. Churf. G. jedesmal zum Synodo, und Jährlichen Visitation der dreyen Landtschulen, erfordert worden.

Das Oberkonsistorium wies auf die Ämterkumulationen und Personalunionen der bisherigen Inhaber der ersten Professur der Theologischen Fakultät hin, konzedierte gleichzeitig, dass diese dagegen mit dem Rektorat verschont worden seien. Wenn man dieses Amt mitsamt all den unterschiedlichen Amtsobliegenheiten als „Generalat“ bezeichnen und nunmehr in ein „Specialat“ umwandeln wolle, so könne dieses gleichwohl nicht dem Konsistorium unterstellt werden, so das Oberkonsistorium.307 Insofern enthielten sich die Assessoren auch mit einer konkreten Empfehlung und legten die Entscheidung ganz in die Hände des Kurfürsten.308 Der Kurfürst fühlte sich von den Assessoren offenbar unverstanden, wie sein Antwortschreiben, datiert auf Grimnitz, den 6. November 1607, belegt.309 Demzufolge sei dem Kurfürsten bekannt, dass das „Generalat“ durch Kurfürst August im Rahmen der kursächsischen Kirchenordnung von 1580 eingeführt, später aber wieder abgeschafft und die Inspektion der Spezialsuperintendenten den Konsistorien zu Leipzig und Meißen aufgetragen worden sei.310 Das dritte „Generalat“ sei allerdings zu keiner Zeit aufgehoben, sondern 307  Die Assessoren verweisen in diesem Zusammenhang auf die ohnehin dürftige Besetzung des Konsistoriums Wittenberg, ebd.: „Dabey zu geschweigen, daß ietzo das Consistorium allein auff eines Theologi, und (nur substitutions weise) eines Politici Personen beruhet, dahero vermutlich, diese verrichtung, ausserhalb solches Collegii, keinem andern anbefohlen werden möchtte, Jnnmassen dieselbe nach Doctoris Mylii Tödtlichem abgang, D. Leonhart hüttern albereit auffgetragen worden. Und do gleich die durch D. Zangeri absterben, inn Christlichen Consistorio erledigte Stell, mit einem andern Politico, inn kurtzen ersetzt, und dergleichen verrichtung, nach gelegenheit, einem Theologo, welcher kein Consistorialis, auffgetragen werden soltte, so würde doch solches ohne gezänck schweerlich abgehen, und dahero allerhand ungelegenheit erfolgen.“ 308 Der Kurfürst mahnte in einem weiteren Schreiben vom 20. Oktober 1607, das Oberkonsistorium möge das gewünschte Gutachten liefern. 309  Hinweise darauf finden sich auch bei Erdmann: Professoren, 67–68. Erdmann nennt zwei Dokumente – den Brief des Kurfürsten, datiert auf Grimnitz, den 6. November 1607, an das Oberkonsistorium und die Antwort des Oberkonsistoriums, datiert auf Dresden, den 9. Dezember 1607. 310  HStA Dresden, 10024, Loc. 7422/3, Nr. 27: „Dann ob uns wol nicht unbewust, das unser geliebter Herr Groß Vater hochloblichsten gedechtnüs, Ao. 80 gewisse Generales Superintendentes ahngeordnet, dieselbe auch hernach mals aus gewißen ursachen in seinen Erblanden widerumb abge-

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weiterhin einem Superintendenten nach dem anderen bis zuletzt Georg Mylius aufgetragen worden. Dieses sei dem Kurfürsten von seinem Hofprediger Leyser mitgeteilt worden, der den verstorbenen Mylius selbst im Beisein der kurfürstlichen Räte als Generalsuperintendenten eingeführt habe. Weil das Generalat also niemals abgeschafft worden sei, müsse es entweder Balduin aufgetragen oder aber in der Schwebe (in suspenso) gehalten und die mit dem Amt verbundenen Obliegenheiten müssten zunächst dem Konsistorium Wittenberg anbefohlen werden. Der Kurfürst weist das Oberkonsistorium an, die Frage nochmals zu erwägen und zu antworten. In dem entsprechenden Schreiben vom 12. November 1607 plädierte das Oberkonsistorium erneut für die Übertragung der an das „Generalat“ geknüpften Inspektion über die Superintendenten an das Konsistorium Wittenberg.311 Als Gründe führten die Assessoren an, dass das Konsistorium Wittenberg andernfalls nicht genügend ausgelastet sei. Außerdem sei die Entscheidung jeweils zweier Theologen und Juristen effizienter und angesehener als die eines einzelnen. Die Antwort Kurfürst Christians II. auf diese Empfehlung ist nicht überliefert, wird aber aus dem Schreiben des Oberkonsistoriums an ebendiesen vom 9. Dezember 1607 erhellt. Offenbar hatte der kursächsische Geheimrat Caspar von Schönberg (1570–1629) dem Oberkonsistorium deutlich gemacht, dass die konsistorialen Kompetenzen durch die Verleihung des „Generalats“ nicht angetastet würden. In dem Schreiben vom 9. Dezember heißt es: Ob wol, die bestellung deß Generalats zue Wittenberg betreffende […] Wir am 12. Nouembris, es inn Unterthänigkeit darfür gehaltten, daß Generalis inspectio, über die Special Superintendenten im Churkreiß, weder Doctori Balduino, noch einem andern, sondern dem Consistorio zue Wittenberg, in perpetuum anzubefehlen: Dieweil aber doch von E. Churf. G. geheimen Rath, Herrn Caspari von Schönberg, wir numehr berichtet worden, daß es nur umb die Inspection und blossen Tittel zu thuen, sonsten aber E. Churf. G. Herrn D. Leonhart Hüttern, Primam Professionem Theologicam, und die erste Stelle unter den Theologen im Geistlichen Consistorio, neben darzue gehörigen Verrichtung, auffzutragen gnedigst entschlossen, So erachten wir nicht vor unbillich, daß D. Balduinus, zu erhalttung mehrers ansehens, den titulum eines Generalsuperintendenten, wie sein antecessor, gebrauchen, und löblich erhaltten möge.

Aus dem Schreiben des Oberkonsistoriums geht hervor, dass das „Generalat“ nicht die Übertragung der ersten Professur der Theologischen Fakultät und den ersten schafft und die inspection der special Superintendenten, so die generales gehabt den Consistoriis Leipzig und Meißen aufgetragen, So ist auch das dritte Generalat im Chur kreis niemals aufgehoben, Sondern von einem Superintendenten zum andern und also biß auf des Herren Doctoris Mülii continuirt worden.“ 311  Ebd.: „Und haltten […] darfür, daß Generalis inspectio, über die Special Superintendenten im Churkreiß, weder Doctori Balduino, noch einem andern, sondern dem Consistorio Wittenberg, in perpetuum anzubefehlen, nicht allein auß denen ursachen, umb welcher willen inn E. Churf. G. Erblanden, solch Generalat auffgehoben, und den Consistoriis committiret worden, sondern auch, weil vegen den andern beyden, das Consistorium Wittenberg, ohne das, gar wenig zu thuen hatt, und dergleichen geschäffte, vonn vier Assessorn beyder Facultäten, neben Jhrem geschwornen Notarius und Consistorialboten, viel besser, schleuniger, inngleichen mit mehrem ansehen und gehorsam, als von einem Theologo allein, vorrichtet werden können.“ Diesem Schreiben wurden zwei Dokumente zum Berufungsverfahren von Balduins Amtsvorgänger Mylius beigefügt: Ein Schreiben des Kurfürsten an Hofprediger Leyser, betreffend die Investitur des Mylius, sowie das kurfürstliche Konfirmationsschreiben zu seiner Berufung.



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theologischen Sitz im Konsistorium implizierte, sondern sich nur auf die Inspektion der Spezialsuperintendenten bezog. Gleichwohl scheinen die mit dem „Generalat“ verbundenen Kompetenzen in der Kirchenaufsicht doch etwas über eine bloße Titulatur zur Steigerung des Ansehens hinauszugehen. Der an den Korrespondenzen sichtbar werdende Widerstand des Oberkonsistoriums gegen das ebenfalls mit kirchenleitenden Aufgaben betraute Amt des Generalsuperintendenten zeigt, dass dieses keineswegs gewillt war, eigene Kompetenzen wieder an rein kirchliche Entscheidungsträger abzugeben. Freilich war man sich in Dresden darüber im Klaren, dass der Generalsuperintendent aufgrund seines Sitzes im Konsistorium gleichwohl an den kirchenleitenden Entscheidungen beteiligt war. Doch als Assessor wusste man ihn in die Struktur des Konsistoriums Wittenberg eingebunden, welches dem Oberkonsistorium unterstellt war. Mit der Übertragung der ersten Professur der Theologischen Fakultät sowie dem ersten theologischen Sitz im Konsistorium an Balduin nach dem Tod Hutters (1616) war das „Generalat“ faktisch wieder gestärkt. Doch auch für die Zeit bis dahin ist davon auszugehen, dass das „Generalat“ mehr bedeutete als ein lediglich traditions- und prestigeträchtiger Titel. Mit der Inspektion der Spezialsuperintendenturen kamen dem Amtsträger wichtige kirchenleitende Tätitgkeiten zu.312 Bereits am Tag darauf (10. Dezember) erfolgte ein Schreiben des Kurfürsten an Hofprediger Leyser sowie Hans Friedrich von Schönberg, in dem die Entscheidung des Landesherrn kommuniziert wurde. Dass keine der nominierten ausländischen Theologen berufen werden sollten, begründete der Kurfürst damit, diese nicht abwerben zu wollen. Außerdem gestand er ein, dass es ungewiss sei, ob die jene überhaupt zur Verfügung stünden.313 Die Berufung Balduins wurde mit dessen „geschicklicheit und habende gaben zu Predigen“ begründet. Der Kurfürst ordnete ferner die Investitur Balduins im Beisein aller Spezialsuperintendenten des Kurkreises an. Was den locus in der Theologischen Fakultät betraf, so befahl der Kurfürst, Hutter Balduin aufgrund seines Alters vorzuziehen.314 Balduin stimmte daraufhin seiner Nomination zu, wie Schmidt berichtet.315 Am 31. Dezember erfolgte ein weiteres Schreiben des Kurfürsten an Leyser und den Vize-Hofrichter zu Wittenberg Hans Friedrich von Schönberg. Er ordnet an, 312  De facto scheinen sich die Aufgaben, die mit dem „Generalat“ verbunden waren, kaum von denen zu unterscheiden, die der Assessur im Konsistorium zukamen. Vgl. mit Blick auf das Amt des Generalsuperintendenten, das mit der Stadtpfarrei von Ansbach verbunden war: Hausmann: Laelius, 279–281. 313  HStA Dresden, 10024, Loc. 7422/3, Nr. 27: „Nun vermercken wir zuvorn, das etliche außlendische furneme Theologen vorgeschlagen, dieweil wir aber nicht gern, der gleichen Personen von Jren stellen hinweg nehmen, und also den Widersachern, von Papisten und Calvinisten […] ursach geben, auch noch ungeweiß sein, ob dergleichen Personen zu erlangen […].“ 314  Ebd. Hutter solle „alß primarius Theologiae professor und Senior, in allen Conuentibus und Aedibus primum locum habe[n] und D. Balduino in alleding vorgezogen werde[n].“ Schon in diesem Schreiben weist der Kurfürst darauf hin, dass die durch Balduins Berufung vakant gewordene vierte Professur mit Johannes Förster, Pfarrer zu Zeitz, zu besetzen wäre. 315  Schmidt: Oratio, 23: „Cui quum successor novus surrogandus esset, Unanimibus tum votis utriusque huius Repub. Senatus, Academici et Oppidani, D. BALDUINUS noster Aulae Illustrissimae nominates, et ad hoc munus expetitus fuit. Quae vota quum Serenissimus Elector CHRISTIANVS II. sanctae recordationis, facile suo rata faceret. Ipse quoque consentit, et ad functionem hanc capessendam sese accinxit.“

100 Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte Balduin bei Gelegenheit der Investitur zugleich die (zweite) theologische Assessur im Konsistorium aufzutragen, damit die Geschäfte desselben nicht liegen bleiben.316 Außerdem befiehlt der Kurfürst, die Inspektoren für die kurfürstlichen Stipendiaten zu bestellen. Die eine Inspektion solle dem neu berufenen Johannes Förster, die andere Wolfgang Franz oder seinem etwaigen Nachfolger aufgetragen werden.317 Die Universität bestätigte in dem Schreiben vom 2. Januar 1608 das Gesuch und der Kurfürst begrüßte das einmütige Votum aus Wittenberg am 25. Januar 1608.318 Am 14. Januar war ein Schreiben von Schönbergs und Leysers an den Kurfürsten ergangen, in dem sie über die Fortschritte bezüglich der ausgegangenen Anordnungen berichteten. Demnach ist Balduin am ersten Sonntag nach Epiphanias (10. Januar) nach gehaltener Predigt und abgelegtem Gebet „in beysein der gantzen Christlichen volckreichen gemein von studiosiss, Burgern und aus den eingepfarten Dörffern solenniter“ investiert worden. Weiterhin berichten von Schönberg und Leyser, dass Balduin am 13. Januar „in beysein der gantzen Academien“ mit der zweiten theologischen Assessur im Konsistorium versehen worden ist. Dabei waren etwaige Kompetenzstreitigkeiten erwogen worden, welche die Besetzung mit Balduin hätte evozieren können, da er ja zugleich das Amt des Generalsuperintendenten bekleidete. Man fürchtete offenbar die Errichtung eines „Winkel-Konsistoriums“: Daneben hat er allein gebeten, das solche sachen alle Collegialiter mögen gehandelt, und was als dann in Collegio decretum geschloßener maßen exequirt, und nicht etwa sub titulo generalis ein winckel consistorium angestellet, und hernach der schluß geändert, 316 Ebd. Der zweite Abschnitt des Schreibens verdient insofern Beachtung, als der Kurfürst hier erwägt, Wolfgang Franz zu entlassen und durch Helwig Garth (1579–1619) zu ersetzen. Anlass dazu hätten ihm Berichte gegeben, wonach Franz „bey der gemeinen Bürgerschafft und studiosis zu Witemberg wenig fauor und guten willen, ein schlechtes donum docendi et concionandi haben, auch dahero seine predigten wenig besuchet und zimlich despectirt werden soll […].“ Da er Franz aber nicht verärgern wolle, forderte er Leyser und von Schönberg auf, „gute vorbereitung zu machen, damit Francius an einen andern guten ortt befördert, doselbst mit gutem willen auf: und angenommen, unnd also seine stelle durch D. Heluicum Gardium auf vorgehende der Theologischen Facultet nomination, weil uns dieser mann, wegen seiner kunst und geschickligkeit sonderlich gerühmet wirdt, ersetzt werden möge.“ Dazu kam es bekanntlich nicht. 317  Ebd. Die Inspektion der kurfürstlichen Stipendiaten sollte gemäß der Stipendiatenordnung von 1580 einem Professor aus der Theologischen sowie einem Professor aus der Philosophischen Fakultät aufgetragen werden. Offenbar plante der Kurfürst, das theologische Inspektorat zu teilen. Dafür spräche wenigstens der Satz, dass „auch die besoldung, so der Francius vonn solcher Inspection itzo hat, dißfalls geteilt werden möge.“ 318  RA Wittenberg, 327 Des Raths zu Wittenberg Ius Patronatus, die Bestellung derer Kirchen- und Schul-Diener und derselben Vocationes 1569–1650 sowie RA Wittenberg, 19 (Bc 7) Des Raths zu Wittenberg Ius Patronatus, die Bestellung derer Kirchen- und Schuldiener und derselben Vocationes, 325r–v: Copia der churfürstlichen Confirmation: „[…] Nachdem die würdigen und hochgelahrten, unsere liebe andechtige und getreue, Rector, Magistri und Doctores unserer Universitet zu Wittenberg, auch der Rath daselbsten […] an ihres verstorbenen Superintendenten, Doctoris Georgii Mylii seligen statt, den würdigen und hochgelahrten, unsern auch lieben andechtigen und getreuen Herrn Fridericum Balduinum, der Heiligen Schrifft Doctorn und Professorn zue Wittenberg, zum Pfarrern und Superintendenten fürgeschlagen, beruffen […] ihn darzu gnedigst zu confirmiren und bestetigen zu lassen ersucht und gebeten haben, Das wir solchen ihren unterthenigsten Suches gnedigst stat gegeben, und gedachten Doctorem Fridericum Balduinum zu ihrem Seelsorger und Pfarrer, auch zu eines Superintendenten […] und General Inspectorn uber die Superintendenten im Churkreiß gnedigst confirmiert und bestetigt haben […].“



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und auf andere wege gerichtet werden möchte, welches Zerrüttungen und uneinigkeiten verursachen würde.

Weiterhin berichteten die Räte, dass die kurfürstliche Resolution zur Ersetzung der durch Balduins Aufrücken vakant gewordenen vierten Professur mit Förster an die Universität weitergeleitet worden sei. Außerdem habe eine entsprechende Ermahnung der Superintendenten, Pfarrer und Diakonen des gesamten Kurkreises stattgefunden.319 In diesem Zusammenhang wurde noch einmal darauf hingewiesen, dass der Generalsuperintendent „nichts privato arbitrio sondern auf vorwissen und guttachten des Consistorii der ordnung gemeß handeln“ solle. Auch hatten die Räte Franz einbestellt und ihm die kurfürstlichen Pläne vorgestellt, die seine Person betrafen. Dieser habe sich entschuldigt und um die Anhörung seiner Meinung beim Kurfürsten gebeten.320 Damit waren Mylius’ Ämter mehr als ein halbes Jahr unbesetzt geblieben. Der Befehl des Kurfürsten vom 15. Juni 1607, dass bei vorfallender Erledigung eines Amtes die betreffende Fakultät innerhalb von sechs Wochen ihre Vorschläge einzureichen habe, hatte offenbar seinen Grund darin, dass in Wittenberg vakante Professuren oftmals über einen längeren Zeitraum hinweg erledigt blieben.321 Im Falle der Berufung Balduins dürften die Bedenken sowohl der Universität als auch des Oberkonsistoriums, ob Balduin neben der Superintendentur auch das „Generalat“ aufgetragen werden solle, als Gründe für die Dauer des Berufungsverfahrens anzuführen sein. Der Kurfürst selbst indes schien zunächst unschlüssig, wie diese Frage entschieden werden sollte.322 Erst zum Jahreswechsel 1607/08 ersetzte Balduin den verstorbenen Mylius in den Ämtern des Oberpfarrers der Stadtkirche, des Generalsuperintendenten des Kurkreises und dann – ebenfalls als Nachfolger Mylius’ – des Assessors des Geistlichen Konsistoriums zu Wittenberg. Am 10. Januar 1608 wurde er von Hofprediger Leyser, nachdem er zuvor in der Stadtkirche gepredigt hatte, feierlich und öffentlich in seine neuen Ämter eingeführt. Balthasar Meisner d. Ä. gab ein Gratulationsgedicht zur 319 HStA Dresden, 10024, Loc. 7422/3, Nr. 27: „Ferner sind nach diesem auch die speciales Superintendenten (welche wegen des tieffen schnees und bösen weges zeitlichen nicht ankommen köndten) sambt den Pastoribus und Diaconis erfordert, und ihnen E. Churf. G. gnädigster wille und meinung wegen des Generalis officii, welches D. Balduino aufgetragen sey, angezeiget, ihnen auch beiderseits nottürftige erinnerung gethan, und sonderlich die Superintendenten vermahnet worden, D. Balduino neben dem Consistorio gebürliche reuerentz und obedientz zu praestirn, auch in schweren fürfallenden sachen, sich bei ihme so wol bei dem Consistorio raths und bescheids zu erholen, und was er iederzeit der ordnung gemeß, entweder auf E. Churf. G. beuehl oder schluß des Consistorii ihnen beuehlen und enmelden werde, solchem gehör und folge zugeben […].“ Vgl. auch Erdmann: Pastoren, 68. Erdmann gibt an, dass diesen Feierlichkeiten die Spezialsuperintendenten, welche dem Konsistorium Wittenberg unterstellt waren, beigewohnt hätten, um Balduin als dem neuen Generalsuperintendenten durch Handschlag Gehorsam und Ehrerbietung zu erweisen. Vgl. Erdmann: Lebensbeschreibungen, 68–69. Genau zu belegen ist das allerdings nicht. 320  Die Räte widerrieten „solche weitleufigkeit“. Franz erklärte sich offenbar daraufhin bereit, als Propst nach Kemberg zurückzukehren, wo er vor seinem Amtsantritt in Wittenberg tätig gewesen war. Indes, auch die Propstei zu Kemberg war ein Lehen der Universität. Diese Stelle aber war damals mit Magister Michael Gruber besetzt. Die Räte erwogen, Gruber gegebenenfalls nach Naumburg oder Pirna zu versetzen. 321  UUW 1, Nr. 532. Nicht immer konnte eine vakante Professur in der gebotenen Eile besetzt werden, so dass der Lehrbetrieb fortgesetzt werden konnte. 322  Erdmann: Lebensbeschreibungen, 67 ff.

102 Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte Amtseinführung seines Schwiegersohnes Balduin in der Stadtkirche heraus.323 Das Amt des Assessors des Geistlichen Konsistoriums wurde ihm erst drei Tage später – am 13. Januar 1608 – übertragen. Nach Schmidt wurde ihm bereits hier der Vorsitz im kirchlichen Konsistorium (locus supremus in consistorio ecclesiastico) zugewiesen. Diese Behauptung ist unzutreffend. Anfang 1608 übernahm Balduin die mit seinen neuen Ämtern verbundenen Tätigkeiten.324 Am zweiten Sonntag nach Epiphanias predigte Balduin vor seiner Gemeinde in der Stadtkirche. Dabei exponierte er sich als Inhaber der cathedra Lutheri und stellte sich bewusst in die Tradition des Reformators.325 Seit März nahm Balduin nunmehr regelmäßig Ordinandenexamina ab und vollzog die Ordinationen der Pfarramtskandidaten.326 Die Rechnungsbücher des Gemeinen Kastens führen einige Positionen auf, die in direktem Zusammenhang mit der Berufung Balduins in sein neues Amt stehen. Für die Konfirmation des neuen Oberpfarrers der Stadtkirche wurde am Sonntag Reminiscere 1608 (21. Februar) eine Gebühr von 3 ß und 9 gr an die landesherrliche Kanzlei in Dresden entrichtet.327 Am Sonntag Invocavit (14. Februar) 1608 half ein Tagelöhner Balduin beim Umzug und erhielt dafür 16 gr und 6 ch. Paul Höhler erhielt 24 gr dafür, dass er Balduin Holz an das Stadtpfarrhaus lieferte, Christian Schultz 18 gr dafür, dass er Balduins Hausgeräte dorthin brachte. Am zweiten Sonntag nach Trinitatis (5. Juni) wurden dem Maler Hans Vogel 3 fl (1 ß und 3 gr) ausgezahlt, da er die Stube des Superintendenten geweißt hatte.328 Das Legat Michael Kerstens wurde 1608  – die Auszahlung erfolgte am 8. Sonntag nach Trinitatis (17. Juli) – für den Diener Balduins Michael Horst verwandt. Die ausgezahlte Summe betrug 10 fl (3 ß, 30 gr). Götze vertritt die These, dass die unerwartete Beförderung Balduins in genannte Ämter, die mit erheblichen Gehaltserhöhungen einhergingen und mithin begehrt waren, wegen seiner außerordentlichen Bemühungen um die studierende Jugend zustande gekommen sei.329 Balduin besaß aber auch die Gunst des städtischen Senats. Er hat dies 323  Meisner: Votum Gratulatorium, Ad Reverendum et Clarissimum Virum, Dn. Fridericum Balduinum SS. Theologiae Doctorem, Et Eiusdem In Academia Wittenbergensi Professorem publicum, Adfinem suum reverenter observandum, Cum ipsi authoritate Illustrissimi Electoris Saxoniae […] in templo Parochiali committeretur, ad diem 10. Ianuarii Anno 1608, Wittenberg 1608. 324  Schmidt: Oratio, 23: „Ab eo tempore, officii sui munio Legendo, Disputando, Concionando, Ordinando, casus matrimoniales diiudicando, Ecclesias visitando, novos Pastores investiendo, et similibus, ita semper obivit, ut et alii eius operis multum iuvarentur, et ipse celebrior subinde evaderet.“ In der Wahrnehmung der mit dem Generalat verbundenen Aufgaben hat Balduin am 22. Februar 1618 Magister Christoph Schneider zum Pfarrer und Superintendenten von Bitterfeld investiert. Vgl. Balduin: Investitur Predigt (1618). Darüber hinaus sind nur wenige weitere Investitur-Predigten von Balduin bekannt. Vgl. Balduin: Postilla (1671). 325 Vgl. Balduin: Postilla (1671), 393: „An diesem heutigen Sonntage sind es gleich 62. Jahr / daß unser seliger Vatter und theure Mann Gottes D. Luther seine letzte Predigt auff dieser Wittenbergischen Cantzel / über die heutige Sonntägliche Epistel / welche uns S. Paulus Rom. 12. beschrieben / darinnen er seine liebe Pfarr-Kinder gar treulich vermahnet / daß / weil sie durch das Verdienst Christi einmal dem Teuffel wären auß dem Rachen gerissen / sie ja nicht wieder wollen in die Welt gerathen.“ 326  UA Halle, Rechnungsbuch 1608/09 und WOB VI (1605–1627). 327  Die Position findet sich unter den Ausgaben für Expensen, Zehrung und Botenlohn. 328  Diese Positionen finden sich unter den Ausgaben für Expensen (Geldausgaben) in den Rechnungsbüchern des Gemeinen Kastens. 329  Götze: Send-Schreiben, 49: „[…] unterliesse er nicht, in allem seine Treue zu der Studierenden Jugend besten sehen zu lassen, deswegen Er denn auch an des sel. Herrn D. Georgii Mylii Stelle,



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zu schätzen gewusst und dem Senat seine erste größere Postille mit dem Titel Psalmi Graduum gewidmet, die 1608 in erster Auflage in Wittenberg bei Johann Gormann († 1628) erschien. Der städtische Senat honorierte die Widmung des neuen Oberpfarrers und Generalsuperintendenten mit der großzügigen Zahlung von 28 fl am 16. Juli 1608.330 Dass Dedikationen mit solch generösen Zuwendungen durch die Widmungsempfänger honoriert wurden, scheint kein Einzelfall gewesen zu sein, wie Tholuck berichtet.331 Als Balduin 1608 die Ämter des Stadtkirchenpfarrers, Generalsuperintendenten des Kurkreises, Assessors des Geistlichen Konsistoriums und Professors an der Theologischen Fakultät antrat, verfügte er bereits über einige Erfahrung im kirchlichen Amt. Ein knappes Jahr hatte er als Diakonus in Freiberg an St. Petri verbracht und sodann etwa 14 Monate als Pfarrer und Superintendent in Ölsnitz gedient. Als Nachfolger Runges in die vierte Professur gerückt, oblagen ihm in Wittenberg zunächst keine Predigtverpflichtungen. Runge versah neben seinem Lehr- und Predigtamt zugleich das Ephorat oder Inspektorat über die kurfürstlich sächsischen Stipendiaten, das stets ein Professor der Theologischen und ein Professor der Philosophischen Fakultät gemeinsam ausübten. Bislang konnte allerdings nicht geklärt werden, ob Balduin auch das Ephorat seines Vorgängers übernommen hat. Mit Mylius’ Tod wurde auch der Titel des professor primarius an der Theologischen Fakultät vakant. Dieser war schon öfter dem Oberpfarrer der Stadtkirche und Generalsuperintendenten verliehen worden, etwa Polycarp Leyser oder Ägidius Hunnius. Doch hätte dies den in derartigen Fällen üblicherweise angewandten Prinzipien von Anciennität und Seniorität widersprochen, war doch Balduin gerade einmal 32 Jahre alt und nicht ganz drei Jahre im Amt. So machte Leonhard Hutter, der zum Zeitpunkt des Todes von Mylius die vierte Professur in der Theologischen Fakultät versah, ihm den Anspruch auf das Amt des professor primarius mit Erfolg streitig. Hutter wurde als Ältester und Dienstältester professor primarius und behielt diesen Titel bis zu seinem Tod 1616 bei. Dass Balduin nach Hutters Tod professor primarius wurde, steht fest.332 Spätestens zu diesem Zeitpunkt war Balduin nicht mehr nur einer der Bestverdiener unter den Professoren an der Theologischen Fakultät der Leucorea, sondern wohl der am höchsten besoldete Professor. Um die Besoldungen zu eruieren, genügt es nicht, in den Rechnungsbüchern der Universität die ordentlichen Gehälter nachzuschlagen. Die Besoldung der Professoren der Theologischen Fakultät setzte sich aus verschiedenen Positionen zusammen. Zunächst erhielten sie aus den Mitteln des Fiskus der Universität einen Betrag für ihre akademische Lehrtätigkeit, der dem Lehrdeputat welcher An. 1607 mit Tode abgegangen, zum Pastorat und Superintendenten Amt, und Assessur des Consistorii beruffen wurde.“ 330  RA Wittenberg, Ausgabe von des Rhats Beschencken den Newenn Doctorn, Magisteris und andern frembden Besten. Die Einnahmen und Ausgaben des frühneuzeitlichen Stadtrats wurden in den Verzeichnissen der Kämmerei dokumentiert (Kämmereirechnungen). Unter den in den Kämmereirechnungen aufgeführten Positionen findet sich unter anderem die Ausgabe des Stadtrats für Geschenke an Doktoren und Magister. Vgl. Kämmereirechnungen (1608–1627). 331  Tholuck: Geist der lutherischen Theologen, 23 und 32–33. 332  So nennt er sich auf dem Titelblatt des 1621 erschienenen Werkes Adventus Christi Typicus. Auch wird der Titel des professor primarius in der 1621 vom Rat der Stadt Wittenberg verabschiedeten Schulordnung für die Mädchenschule zu Wittenberg verwendet.

104 Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte Rechnung trug. Der „Propst“ der Schlosskirche bekam zunächst 77 ½ fl und spätestens seit dem vierten Quartal 1590 nur noch 72 ½ fl. Der Prediger der Schlosskirche erhielt zunächst 50 fl, spätestens seit dem vierten Quartal 1590 aber dann 60 fl und seit dem zweiten Quartal 1610 62 ½ fl, der Professor ohne kirchliches Amt zunächst 37 ½ fl, spätestens seit dem vierten Quartal 1590 sogar 47 ½ fl.333 Das gesamte Deputat des Fiskus der Universität für die Besoldung der Professoren der Theologischen Fakultät war um 1589/90 um 15 fl pro Quartal, also um 60 fl pro Jahr und nochmals zum zweiten Quartal 1610 um 2 ½ fl pro Quartal, also um 10 fl pro Jahr angehoben worden. Die mit dem Amt des Pfarrers der Stadtkirche verbundene Professur war mit 25 fl gleichbleibend gering besoldet, da das Gehalt desselben vornehmlich aus Mitteln des Gemeinen Kastens  – mithin aus kirchlichen und städtischen Mitteln  – bestritten wurde.334 Aus dem Gemeinen Kasten, der durch den Stadtrat verwaltet wurde, erhielt Balduin quartalsweise 50 fl (17 ß und 30 gr) für seine wöchentliche Predigttätigkeit. Mithin bekam er aus den Mitteln des Gemeinen Kastens jährlich 200 fl (70 ß).335 Für das Gehalt aus dem Fiskus der Universität musste Balduin eine zweistündige wöchentliche Vorlesung abhalten und eine öffentliche Disputation pro Jahr verrichten. Es ergeben sich daraus die (akademischen) Jahresgehälter von 290 fl (Schlosspropst), 240/250 fl (Schlossprediger), 190 fl (Professur ohne Kirchenamt) und 100 fl (mit der Stadtpfarrei legierte Professur). Doch dabei handelte es sich keineswegs um das gesamte Einkommen der Professoren. Zu der Besoldung für die akademische Lehrtätigkeit kamen weitere Gehälter für die Tätigkeit als Beisitzer im Konsistorium, für das Seniorat sowie sogenannte Personalzulagen (personal accession) der Professoren. Für ihre Tätigkeit als Beisitzer und Kommissare des Konsistoriums erhielten die Professoren der Theologischen Fakultät 20 fl, die Professoren der Juristischen Fakultät aber 25 fl pro Quartal, mithin 80 fl respektive 100 fl pro Jahr.336 Für das Seniorat der Fakultät, das jeweils der Älteste aller vier Fakultäten bekleidete, standen den Amtsinhabern zudem 12 ½ fl pro Quartal zu, mithin 50 fl pro Jahr. Die Sonderzulagen erhielten nur die Professoren der Theologischen Fakultät. Spätestens seit Michaelis 1597 wurden diese halbjährlich – zum Michaelismarkt und zum Leipziger Ostermarkt – ausgezahlt. Die mit der Stadtpfarre verbundene Professur wurde mit zusätzlich 25 fl, die übrigen drei Professuren mit 55 fl pro Halbjahr bedacht. Rechnet man die genannten Positionen ein, so ergeben sich beispielsweise für das Jahr 1614/15 nachstehende Jahresgehälter, geordnet nach dem Rang der Professoren: 530 fl für Hutter (Grundgehalt, Assessur, Seniorat und Zulagen), 360 fl für Franz (Grundgehalt und Zulagen) und 300 fl für Meisner (Grundgehalt und Zulagen) sowie 430 fl Gulden für Balduin (Grundgehalt, Gehalt aus der Pfarre, Assessur und Zulagen). Nicht berücksichtigt sind dabei die 333  Vgl. UA Halle, Rep. 1, 2270, 2271 und 2272 Rechnungsbücher der Universität, Besoldung der Professoren. Das Rechnungsbuch für Luciae 1589 bis Crucis 1590 ist nicht überliefert. 334 Ebd. 335  1609 erhielt Balduin je 17 ß und 30 gr auf Sonntag Oculi im Quartal Reminiscere, am ersten Sonntag nach Trinitatis im Quartal Trinitatis, am 16. Sonntag nach Trinitatis im Quartal Crucis sowie am vierten Adventssonntag im Quartal Luciae. 336  Vgl. UA Halle, Rep. 1, 2270 (Luciae 1587 bis Crucis 1588), 2271 (1588/1589), 2272 (1590/1591), 1542 (1592/1593), 2273 (1594/1595), 2274 (1597/1598), 2275 (1599/1600), 2276 (1604/1605), 2282 (1614/1615) und 2372 (1626/1627).



2.  Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627)105

Mittel, die derjenige Professor (damals Meisner) zusätzlich erhielt, dem die Inspektion der kurfürstlichen sächsischen Stipendiaten anvertraut war. Dies waren 30 fl pro Jahr, die vormals  – zur Zeit Gesners  – aus den Mitteln der kurfürstlichen Stipendiaten genommen worden waren, später aber aus dem Fiskus der Universität entrichtet wurden.337 Hutter und ihm nachfolgend Balduin sind überdies als Inspektoren der markgräflich-ansbachischen Stipendiaten vergütet worden – und zwar mit halbjährlich an Ostern und Michaelius ausgezahlten 25 fl. Nach dem Tod Hutters stieg Balduin damit zum Topverdiener unter den Professoren der Theologischen Fakultät auf: Im Jahr 1626/27 etwa erhielt er nachweislich insgesamt 530 Gulden, da er nun auch das Seniorat der Fakultät bekleidete, obwohl Franz eigentlich der Älteste der Fakultät gewesen war. Neben der fiskalischen gab es auch materielle Entlohnung für alle Professoren. Bei dem Oberpfarrer erfolgte diese nicht nur aus dem Fiskus der Universität, sondern auch aus den Mitteln des Gemeinen Kastens. Es handelte sich um 50 Scheffel Roggen sowie 24 Scheffel an „weiss habern“ und 24 Scheffel an „rauchen habern“ pro Jahr.338 Darüber hinaus erhielt der Pfarrer und Generalsuperintendent 2 ß und 48 gr Holzgeld pro Jahr.339 Im Visitationsbericht von 1617 werden die Besoldungen der Kirchenund Schuldiener offengelegt. Danach erhält Balduin als Pfarrer 200 fl an Geld, 50 Scheffel Korn, 1 Wispel weißen und 1 Wispel „rauchen“ Hafer, dazu als „ordentliche Accidentia“ zwei Reichstaler aus der Stiftung von Melchior Fendt (1486–1564).340 Einen weiteren Aspekt muss man in diesem Zusammenhang berücksichtigen: Da das Stadtpfarrhaus zur Stadtkirche gehörte und nicht nur als Amts-, sondern auch als Wohnsitz des Stadtkirchenpfarrers und Generalsuperintendenten diente, wurden die für die Instandhaltung desselben anfallenden Kosten aus den Mitteln des Gemeinen Kastens bestritten. Am Sonntag Quasimodogeniti 1609 erhielt ein Handwerker z. B. für seine Arbeit an der Pfarre und der Studierstube des Superintendenten 65 gr. Am 14. Sonntag nach Trinitatis wurden Martin Thaler, einem Schneider, für Predigtstühle, Taufstein, Altar, Pult und „des Herrn Superintendenten Stühle zu beziehen“ 12 gr gegeben. Auch das weitere Dienstpersonal an der Stadtkirche wurde aus den Mitteln des Gemeinen Kastens besoldet. Archidiakonus Heinrich Silbermann und zweiter Diakonus 337  UUW 1, Nr. 522, 636. Der Entwurf der Ordnung von 1606 sieht vor, dass zwei Inspektoren, einer aus der Theologischen und einer aus der Philosophischen Fakultät, der zugleich Magister domus sei und bei den Stipendiaten wohne, die kurfürstlichen Stipendiaten „umb ein gebührlich salarium“ beaufsichtigen sollten. Dem Theologen aber stehe es frei, die Aufgabe mit einem Kollegen abwechselnd zu bewältigen. Vgl. UUW 1, Nr. 528, 687–688. 338  Das weitere Personal der Stadtkirche erhielt 1609/1610 an Roggen: Silbermann und Amberger 31 Scheffel, Jordan 23, Wunschold acht, Schleich 31, Rittwagen 24, Supremus Hettenschlehius 16 (dessen Vorgänger 1607 war Martin Hirsemann), Erhard 12, Stumpf acht, und Blum zwei, macht in der Summe 242 Scheffel. 339  So erhielt Balduin 1608, 1609, 1610 und 1611 sowie 1613 das Holzgeld am dritten Adventssonntag in Höhe von jeweils 8 fl (2 ß, 48 gr). 340  Pallas (Bearb.): Registraturen. Erster Teil, 1906, 85. Der Medizinprofessor Fendt hatte am 13. März 1560 die Summe von 400 Gulden zu dem Zweck gestiftet, dass der jährliche Zinsertrag gleichenteils den Kirchendienern und den städtischen Schulen zugutekommen sollte. Vgl. mit weiteren Hinweisen Gössner: Studenten, 90 und 92–93. Es handelte sich mithin nicht um ein herkömmliches Studienstipendium.

106 Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte Andreas Amberger erhielten quartalsweise 25 fl (8 ß 45 gr), mithin 100 fl (35 ß) pro Jahr. Der dritte Diakonus Georgius Jordan erhielt 90 fl (31 ß, 30 gr) pro Jahr, der vierte Diakonus Petrus Schleich 60 fl (21 ß) pro Jahr. Die aufgelisteten Ausgaben für die Kirchen- und Schuldiener zeigen, dass darüber hinaus die Stadtschule der Stadtpfarrkirche inkorporiert und personell angebunden war: Die Ausgaben zur Unterhaltung der Kaplan-Häuser und der Knaben- und Mädchenschule sowie die Personalkosten wurden ebenfalls aus den Mitteln des Gemeinen Kastens bestritten. Der Schulmeister (ludimoderator) Johann Rittwagen erhielt jährlich 65 fl (22 ß, 45 gr), der Supremus Johannes Schmid jährlich 30 fl (10 ß, 13 gr), Kantor David Erhard 18 fl, Quartus Martin Heintz 20 fl, Quintus Catull Stumpf 20 fl, Sextus Bartsell Blum 8 fl und der 5. Schulmeister Valentin Bohn 23 fl und 17 gr sowie der Organist Christian Gräfenthal 20 fl. Auf der Gehaltsliste standen zudem Calcanti Bartsell Blum mit 30 fl, Wachmann (custos) Matthaeus Reutzelmann mit 30 fl und schließlich der Kastenschreiber Philipp Niederstal. In diesem Kontext zu erwähnen ist, dass Balduin als Generalsuperintendent gemeinsam mit dem Bürgermeister der Stadt Wittenberg die halbjährlich anstehenden Schulexamina abzunehmen hatte und dafür gesondert entlohnt wurde. Zur Besoldung kamen noch anderweitige Emolumente, Honorare für Privat-Vorlesungen, die beträchtlichen Sporteln bei Promotionen, die Beträge der zahlreichen Kostgänger, Geschenke der Fürsten für dedizierte Bücher (Bücher-Honorare), Honorare für theologische Gutachten (insofern sie nicht im Rahmen der Fakultätsgutachtertätigkeit verfasst worden waren), für besondere Predigten und die lateinischen Predigten am Sonnabend für die ausländischen Studenten. So hatte der Oberhofprediger Matthias Hoë von Hoënegg (1580–1645) Balduin für seine Streitschrift gegen den Ungarischen Erzbischof Péter Pázmány (1570–1637) 200 Dukaten übersandt.341 Ob Balduin im Rahmen der 1609 und 1617 auf Befehl des Kurfürsten Christian II. zu Wege gebrachten Visitationen der Kirchen und Schulen des Territoriums sowie der seit 1620 regelmäßig in Leipzig und Dresden veranstalteten Theologenkonvente gesondert entlohnt worden ist, konnte bisher nicht festgestellt werden.342 Aufgrund der Forschungssituation kann das Gehalt eines Professors an der Theologischen Fakultät der Universität Wittenberg zu Beginn des 17. Jahrhunderts gegenwärtig noch nicht vergleichend betrachtet werden. Am 22. Februar 1610 starb der erste Dresdner Hofprediger und vormalige Theologieprofessor an der Universität Wittenberg Polycarp Leyser d. Ä. (1552–1610).343 Am kurfürstlichen Hof in der Residenzstadt gehörten zur Hofkapelle jeweils drei Hofprediger, die einer gemäß den Prinzipien der Anciennität (Dienstalter) und der Seniorität (Lebensalter) organisierten Rangfolge unterstanden. Noch gab es Amt und 341  Tholuck: Geist der lutherischen Theologen, 32, Anm. 2. Balduin hatte in einem Brief an ebendiesen vom 15. Februar 1625 geschrieben: „Valorem ducatorum iam subinde crescere novit R. U. D. apud nos unus 40 gr valet.“ Geht man von dem hier genannten Wert aus, dann hatte Balduin umgerechnet rund 381 Gulden für das Auftragswerk erhalten (ein Gulden entspricht 21 Groschen). Vgl. UB Gießen, Hs. 114, 62r, dokumentiert in Schüling: Verzeichnis, 3. 342  Vgl. die Hinweise bei Wilisch: Kirchen-Historie, 166. 343  Jenisch: Eine Christliche Predigt. Beym Begräbniß des weiland Ehrwürdigen, Achtbarn und Hochgelahrten Herrn Polycarpi Lyseri, der heiligen Schrifft Doctorn und Churf. Sächs. Hofpredigers, auch zu Kirch- und Schulsachen verordneten Raths, 1610. Auch Polycarp Leyser war 1607 von Kaiser Rudolf II. veranlasst worden, in Prag zu predigen. Vgl. UUW 1, Nr. 533.



2.  Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627)107

Titel des Oberhofpredigers als Bezeichnung des ersten Hofpredigers in Dresden nicht. Diese wurden erst 1613 mit der Berufung Hoë von Hoëneggs begründet. Als Leyser starb, waren neben ihm noch Paul Jenisch (1551–1612), der Leyser auch die Leichenrede hielt und seit 1603 Hofprediger war, sowie Michael Niederstetter (1562–1613), der seit 1609 als Hofprediger fungierte, tätig. Mit dem Tod Leysers hatte der Kurfürst nun eine Vakanz an der Hofkapelle zu füllen. Gemäß den Prinzipien der Anciennität und der Seniorität rückte 1610 der Dienst- und Lebensälteste Jenisch zum ersten Hofprediger, Niederstetter vom dritten zum zweiten Hofprediger auf.344 Zum dritten Hofprediger wurde im gleichen Jahr 1610 Daniel Hänichen (1566–1619) berufen. Wie die zeitweilige vocatio Friedrich Balduins zum Hofprediger sich hier einordnen lässt, ist aufgrund der Quellenlage nicht eindeutig zu klären.345 Fest steht, dass der Prager Fürstentag Kaiser Rudolfs II. unter Beteiligung Kurfürst Christians II. nur einige Wochen nach dem Tod Leysers terminiert war. Ein Verfahren zur Berufung eines geeigneten Nachfolgers war stets langwierig und konnte etliche Wochen in Anspruch nehmen. Balduin, der über einen ausgezeichneten Ruf als Prediger und Exeget verfügte, wurde dazu bestimmt  – so viel ist gewiss  – den Kurfürsten als Hofprediger nach Prag zu begleiten.346 Welchen Rang (locus) er unter den Hofpredigern eingenommen hat, ließ sich bisher nicht eruieren. Balduin selbst, der nach seiner Heimkehr nach Wittenberg eine Sammlung der auf der Reise nach und in Prag gehaltenen Predigten mit dem Titel Sermones De Tempore X. drucken ließ und der Kurfürstin Hedwig (1581–1641) widmete, sprach in der Widmungsvorrede davon, der Kurfürst habe ihn, um „die Hoffpredicatur eine zeitlang zubestellen/ gnädigst beruffen lassen“ und bezeichnete diesen Umstand als „solche[r] unversehene[r] Vocation“.347 Ob einerseits die Rede von der Vokation mehr proverbial oder in der Tat im Sinne der theologischen Berufung, andererseits der Begriff „Hoffpredicatur“ damit als Amtsbezeichnung zu sehen ist, muss offen bleiben. In letzterem Falle müsste er doch seine Ämter an der Leucorea resigniert haben – dagegen scheint eine Äußerung Balduins in der Vorrede zu der Postille, welche die in Prag gehaltenen Predigten dokumentiert, zu sprechen.348 344  Dies geht – obschon wenig präzise – aus seiner von Niederstetter gehaltenen Leichenpredigt hervor: „[…] und im Jahr 1610. die durch seliges Absterben Herren Doctoris Polycarpi Leisers verledigte stelle uff gnedigst ansinnen Churfürstl. Gn eingereumet.“ Vgl. Michael Niederstetter: Christliche Leichpredigt. Beym Begräbnüs des […] M. Pauli Jenisch, Churfürstlichen Sächsischen Hofepredigers und des Obern Consistorii zu Dreßden verordenten Assessoris, Leipzig 1613. 345 Die einschlägige Akte zu den Besetzungen der Hofpredigerstellen HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1871: Die Ersetzung der HoffPrediger zu Dreßden betr. auch Oberhofprediger 1603–1681 enthält keine Hinweise auf Balduins Hofpredigertätigkeit in Prag. Auch in der Akte HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 8684/5: Musterung des Chur-Fürstl. Sächßischen Reißigen Hof-Gesindes item Rolle oder Verzeichnis der Musterung welche ChurFürst Christian mit S. ChurFürstl. Gnd. Hoff. Gesind und Amtleuten gehalten, item Hof. Bücher und Summarische Auszüge aus denenselben de ao. 1570–1653 konnten bisher keine Hinweise gefunden werden. Dies gilt in gleicher Weise für die Überlieferung des Amtsbuchs der Dresdner Hofkirche. Vgl. LKA Dresden, 92, Amtsbuch der Hofkirche zu Dresden, Bd. 1 (1612–1692). 346  GUW, 405. 347  Balduin: Sermones De Tempore X., 1610. 348  Vorrede zu: Balduin: Sermones, 3v. In der Vorrede des Bandes dankt Balduin dem Kurfürsten für die erhaltene Dimission nach seiner Tätigkeit als Hofprediger in Prag: „[…] nach dem ich Amptshalben von Wittenberg nicht wol lenger sein konnte/ mich auff mein untherthenigst ansuchen endlich zu meinem vorigen ampt gantz gnädigst widerumb dimittiret hat.“

108 Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte In der Forschung wurde bisher nur wenig präzise angegeben, dass Balduin den Kurfürsten Christian II. als „Hofprediger“349 oder „Vize-Hofprediger“350 nach Prag begleitet habe und ihm nachher von den kurfürstlichen Räten angeboten worden sei, künftig als Hofprediger in Dresden tätig zu sein.351 Briefliche Korrespondenzen oder andere Quellen, die das belegen, konnten jedoch bisher nicht ausfindig gemacht werden. Ebenso wird in der Forschung stets darauf hingewiesen, Balduin habe diese Offerte ausgeschlagen, weil er lieber an der Universität als bei Hofe habe leben wollen, mithin seine kirchlichen und akademischen Ämter vorgezogen habe.352 Zweifelsohne hat aber die Tatsache, dass Balduin den Kurfürsten nach Prag begleiten durfte, eine besondere Ehre für den Wittenberger Theologen bedeutet, welcher er in der Vorrede zu seinem 1610 erschienenen Kommentar zu den drei letzten Propheten der Berufung noch einmal würdig gedenkt.353 Die Dauer der Reise kann nicht exakt bestimmt werden. Am 30. März 1610 hatte Balduin noch die Ordination des Wittenbergers Martin Heinisius vollzogen und dürfte bald darauf abgereist sein.354 Der auf den 2. April datierte Brief des Jesuiten Martin Becan an Balduin ist bereits nach Prag gesandt worden, was darauf schließen lässt, dass dieser über Balduins Eintreffen Anfang April ebendort in Kenntnis gewesen sein könnte.355 Schmidt berichtet, Balduin habe erst am 7. April einen entsprechenden Brief von Kurfürst Christian II. erhalten – er wird jedoch wohl bereits vorher informiert gewesen sein.356 Spätestens am 18. April traf die Hofgesellschaft in Prag ein – an diesem Tag hielt Balduin dort seine erste Predigt. Dies war bereits die dritte Predigt vor dem Kurfürsten, nachdem die erste am 13. April 1610 zu Wasser in der Nähe von Bad Schandau in der sächsischen Schweiz „uffm Schiff 349  So bereits Himmel: Threnologia, XLI. Gaß gibt fälschlicherweise – und dementsprechend ohne Beleg – Amt und Titel des „Oberhofpredigers“ an, welche 1610 allerdings noch nicht im Gebrauch waren. Vgl. auch den Eintrag in der ADB. 350  Diesen Begriff gebraucht Erdmann: Lebensbeschreibungen, 69  – vermutlich rekurrierend auf Schmidt: Oratio, 23, „vice Concionatoris Aulici“  – und  – diesem folgend  – Ligniez: Das Wittenbergische Zion, 281. 351  Schmidt: Oratio, 23. Zedler, der fälschlicherweise das Jahr 1620 angibt, schreibt: „An. 1620. gieng er mit Churfürst Christian II. als Hofprediger nach Prag, es suchten ihn auch die Hof-Räthe zu völliger Annehmung dieses Amtes zu bereden, allein er wollte auf der Universität als bey Hof leben […].“ Vgl. Zedler sowie Wilisch: Kirchen-Historie,166–167: „Als auch bald darauf gedachter Churfürst nach Prag, zum Kayser Rudolph sich begab, so muste unser Balduinus, weil der Ober-HofPrediger Lyserus, kurtz zuvor gestorben war, ihn Amtswegen dahin zu begleiten.“ 352  So habe er, wie Wilisch überliefert, dieses Angebot ausgeschlagen und zur Antwort gegeben: „Se malle in amoenis Academiae umbris, quam invidioso aulae splendore vitam transigere.“ Götze überliefert nachstehende Zeilen: „Satis mihi fuit, quasi per transennam vidisse aulam, iam Deo meo gratias habeo, qui voluit me abiectum esse in domo Dei mei, & cum Poeta dico: Qui cupit et flores et fructus perdere vitae, Serviat infelix, aula modesta, tibi.“ Vgl. Götze: Send-Schreiben, 50. So auch Eckert: Die Prager deutschen evangelischen Pfarrer der Reformationszeit, 1972, 6–7. 353  Praefatio, in: Balduin: In Tres postremos Prophetas, 10: „Aeterna vero laude digna est ille verè Christiana benevolentia, qua S. T. C. sacrosanctum ministerium complectitur; cujus bonam partem & ego, minimorum minimus, in nupero itinere Pragensi, in quo S. T. C. meâ opellâ uti clementer voluit, cum singulari voluptate expertus sum: quod si silentio penitus involverem, fateor, me ingrati hospitis stigma nequaquam effugere posse.“ 354  StKA Wittenberg, WOB VI (1605–1627), Nr. 199. 355  Becan: Ad Fridericum Balduinum Theologum Wittenbergensem. De Communione sub utraq[ue] specie: Epistola, 1610. 356  Schmidt: Oratio, 23.



2.  Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627)109

bey Schandaw“, die zweite am 15. April (Quasimodogeniti) noch immer auf dem Schiff nunmehr in der Nähe von Aussig in Nordböhmen gehalten worden war. Die übrigen acht Predigten wurden in Prag „im Churfürstlichen Hofflager“ verrichtet – die letzte am 20. Mai.357 Wann Balduin wieder in Wittenberg eingetroffen ist, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Am 23. Mai hatte Archidiakonus Heinrich Silbermann noch die Ordinationen vertretungshalber vollzogen, am 8. Juni schreibt Balduin von Wittenberg aus an Laurentius Laelius in Ansbach358: Citius haec unà cum Libro ad te ferme dedissem, sed impedivit iter, quo […] cogebar Serenissimus Electorem nostrum Pragam evocatum; è quo cum hisce diebus domum reverterer, alteros tuas ad me scriptas inveni, in quibus de adflictissimo et periculoso Ecclesiae statu non immerito conquereris.

Balduin ist also Anfang Juni nach Wittenberg zurückgekehrt und war damit von Anfang April an insgesamt etwa acht Wochen im Dienste des Kurfürsten unterwegs. In der Vorrede an den christlichen Leser zu seiner Postille weist Balduin darauf hin, dass ihn damals als Hofprediger Magister Paul Jenisch (Jenisius) begleitet habe – auch hier ist keine Angabe des Ranges, den Jenisch bekleidet hat, zu finden. Von den Hofpredigern, die den Kurfürsten nach Prag begleitet haben, hat nur Balduin mit seinen Sermones De Tempore X. eine entsprechende Predigtsammlung – „auf vielfältiges Begehren“ hin – herausgegeben. Die Arbeit ist der Kurfürstin als einer „Liebhaberin des reinen Worts Gottes“ gewidmet, weil es „Gottes wort ist, in dem irdischen Gefässe dieses Büchleins, gleichsam als ein edles und Königliches Kleinod in geringen tüchlein eingefast“. Obgleich sich gegenwärtig die Umstände der temporären Berufung, des Versuches, Balduin ganz und gar für das Amt des Hofpredigers zu gewinnen, und der Entscheidung des Gefragten für die Universität nicht rekonstruieren lassen, so steht doch fest, dass Balduin ein vorzügliches Ansehen bei Hofe genossen haben muss. In der Nacht vom 10. auf den 11. Dezember 1622 verstarb der langjährige Braunschweiger Pfarrer und Superintendent Johann Wagner (* 1559).359 Als Nachfolger war wohl zunächst der Gießener Professor für Logik und Metaphysik Christoph Scheibler (1589–1653) vorgesehen, der das Angebot allerdings ablehnte.360 So fiel die Wahl auf Balduin. Im Stadtarchiv Braunschweig befindet sich eine entsprechende Berufungsakte, die 14 Aktenstücke enthält.361 Wann Bürgermeister und Rat der Stadt auf Balduin gekommen sind, geht daraus nicht hervor. Bei der chronologisch ersten Akte 357  Die übrigen sieben Predigten wurden am 22. April (Dominica Misericordia), 23. April – in der Postille ist der 13. April genannt, es handelt sich dabei wohl um einen Druckfehler, 2. Mai, 6. Mai (Dominica Cantate), 11. Mai, 17. Mai (Festum Ascensio Christi) und 20. Mai (Dominica Exaudi) gehalten. Friedensburg schreibt, dass der Kurfürst Balduin am 20. Mai seine Zufriedenheit bescheinigt und daraufhin nach Wittenberg entlassen habe. Vgl. GUW, 405. 358  Verzeichnet in Krüger (Bearb.): Suppellex epistolica. Dies ist zugleich ein wichtiger Hinweis auf weitere Briefkorrespondenz zwischen Laelius und Balduin, die bisher noch nicht ermittelt werden konnte oder verloren ist. 359  Mönchmeier: Aller wahrer Christen Kampff, Lauff, Glaub und Krone, 1623. 360 Vgl. Rehtmeyer: Kirchen-Historie. Theil 4, 1715. 361 StA Braunschweig, RA, B III 15, 18 Bestallungen und Lebensnachrichten. Diese Akte enthält unter anderem Überlieferung zur Berufung von Friedrich Balduin zum Superintendenten durch den Rat der Stadt Braunschweig im Jahr 1623.

110 Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte handelt es sich um einen Brief Johannes Haberlandts (1593–1665) an Bürgermeister und Rat der Stadt Braunschweig vom 7. April 1623.362 Dieser Sohn des Braunschweiger Bürgermeisters Henning Haberlandt hatte seit 1618 in Wittenberg (und Jena) studiert und hier 1622 auch den Magistergrad erworben.363 Haberlandt meldete in einem lateinischsprachigen Brief nach Braunschweig, in dem er einen deutschsprachigen Brief Balduins (möglicherweise auch eine aufgezeichnete mündliche Zusage) zitierte364, dass Balduin im Falle einer ordentlichen Berufung Folge leisten und nach Braunschweig kommen würde, obgleich er keineswegs die Absicht habe, Wittenberg zu verlassen.365 Gleichwohl verweist er auf die dazu erforderliche Dimission des Kurfürsten. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass Balduins Ehegattin Dorothea erst im vorigen Jahr verstorben war und er mit seinen Kindern allein in Wittenberg lebte. Nur 14 Tage später teilten Bürgermeister (Henning Haberlandt) und Rat der Stadt Braunschweig Balduin mit, dass sie ihn gerne zum Pfarrer und Superintendenten nach Braunschweig berufen würden.366 In einem Schreiben vom 3. Mai formulierten sie ein entsprechendes Gesuch um Dimission an Kurfürst Johann Georg I.367 In einem Schreiben vom 11. Mai dankte Balduin dem Bürgermeister und Rat der Stadt für die Vokation, welche ihm am 4. Mai zugetragen worden sei, und äußerte die Absicht, dass er, obgleich er sich auch in einer vorzüglichen Amtsstellung nun schon mehrere Jahre lang in Wittenberg aufhalte und keinen Grund habe, von dort zu scheiden, dennoch gewillt sei, den göttlichen Ruf anzunehmen, sofern ihm die kurfürstliche Dimission gewährt würde.368 Am 18. Mai schrieb der kurfürstliche 362  Ebd.,

209r–v. hatte sich am 6. Januar 1618 immatrikuliert  – AAV (JR) 1, 1618, 5. Seit 1627 fungierte er als Konrektor der Wittenberger Stadtschule (seit 1645 war Haberlandt Rektor). Vgl. Spitzner: Geschichte des Gymnasiums, 51–52. 364  Möglicherweise hatte der Sohn Haberlandts Balduin eine entsprechende informelle Anfrage übermittelt. In einem Brief Balduins an Matthias Hoë von Hoënegg vom 4. Mai 1623 heißt es: „[…] am Sonntag Palmarum iüngsthin, da ich in meis doloribus podagricis zu bett gelegen, durch einen studiosum Brunsuicensem mir zu verstehen geben lassen, weil ihr Superintendens verstorben, weren sie gesinnet, mich an desselben stat zu vociren […].“ Vgl. UB Gießen, Hs. 114, 54r. Balduin ist schon hier keineswegs abgeneigt, das Amt zu übernehmen, zumal es eine sehr ansehnliche Besoldung – die Rede ist von 1.200 Talern – verhieß. 365  StA Braunschweig, RA, B III 15, 18, 209v: Balduin habe ihm versichert: „Es weis der Herr es mir an diesem ort nicht nostri iuris sein, sondern an unseren hohn obrigkeit verkünden. Wen Ich demnach vermercke, das mich der liebe gott von hinnen an einen andern ort wolle beruffen, da Ich vielleicht bey seiner christlichen gemein konte grossen Nutz schaffen mus Ich bereit sein zu folgen […] weil Ich meiner selbst nicht mechtig, mus mein gnedigster Churfürst umb gnedige dimission ersucht werden. Zwar Ich bin nun ein geraume Zeit alhier gewesen undt des orts […] auch der leute gewehnet: ob Ich kein gros begierde habe von hinnen zu scheiden; zu dem werde Ich oft von dem podagra geplaget das ich darüber mus zu bette liegen, sonst mangelts gottlob an andern Kräften nicht, auch entpfinde Ich keine grosse beschwerung des alters, wen aber mein […] gott Ihm solches lust gefallen undt mich dahin beruffen will, bin Ich bereit gern zu folgen.“ 366 Ebd., 207r–v: „Also thun wir E. E. hirmitt vociren und freundlich ersuchen, dieselbe sich zu verrichtung thanen Prob-Predigten, ehistmüglich auff unsere Kosten dieß ortts einstellen, und darauf ferner communication und handlung alhir gewertig sein wolle, zuversichtig, E. E. sich hirzun wilfährig erweisen […].“ 367  Ebd., 206r–v und für das entsprechende Manuskript 208r–v. 368 Ebd., 211r–v und 214r: „Ob ich nun wol dieses orts in einem solchen officio bin, da mir neben der professione Theologica, sessione im Consistorio, auch das Pfarrampt dieser Stat und die Generalsuperintendentz des gantzen Churkreises anbefolen, bei welchem officio ich auch bißher in 363 Haberlandt



2.  Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627)111

Rat und Geheimsekretär Ludwig Wilhelm Moser (1556–1635) an Bürgermeister und Rat der Stadt Braunschweig, dass ihm die in Sache der Berufung an den Kurfürsten gesandten Gesuche nicht zugegangen seien, er jedoch durch diesen davon erfahren habe. Moser versicherte, dass er den Kurfürsten erinnern wolle, die Resolution zu verabschieden, sobald man sich wieder in Dresden befinde.369 In dem auf den 19. Mai datierten Antwortschreiben des Kurfürsten an Bürgermeister und Rat verzögerte dieser die Entscheidung mit dem Hinweis, man halte sich gegenwärtig nicht am Hofe auf. Zudem macht er sogleich deutlich, dass er „in diesen Zeiten“ kaum wisse, wen er an Balduins statt berufen könne.370 Fernerhin habe er die für Kirchen- und Schulsachen verordneten Räte nicht zur Hand und auch Balduin selbst müsse gefragt werden. Johann Georg vertröstet den Braunschweiger Bürgermeister und Rat auf seine Wiederankunft in Dresden, zu diesem Zeitpunkt würde endlich entschieden werden.371 Auch in Jena begehrte man zu wissen, was es mit der Berufung Balduins auf sich hatte. Am 1. Juni schrieb Philipp Horst (1584–1664), seit 1621 Professor an der Philosophischen Fakultät der Universität Jena, dem Syndikus der Stadt Braunschweig Johannes Cammann (1584–1649).372 Am 21. Juni 1623 meldeten sich Bürgermeister und Rat mit einem Schreiben an den Kurfürsten zurück, in dem sie unter Bezugnahme auf das kurfürstliche Schreiben vom 19. Mai die Dringlichkeit der Entscheidung betonten.373 Immerhin waren bereits mehr als vier Wochen vergangen, seitdem Johann Georg die Resolution in Aussicht gestellt hatte. Nochmals vier Wochen später, nachdem wohl noch immer keine Antwort ergangen war, wandten sich Bürgermerister und Rat an Balduin mit der Frage, ob denn ihre Schreiben angekommen seien. Balduins Antwort erfolgte erst am 20. August und blieb ohne neue Nachrichten: Er habe das Schreiben aus Braunschweig, da er es erhalten hatte, an den Hof geschickt und erwarte nun die Resolution. Bürgermeister und Rat dankten am 5. September für diese Nachricht und beklagten, dass Dimission und Berufung noch immer in der Schwebe lägen. Erst das […] zehende Jar (ohn ungebürlichen rhum zu melden) Gottes success und gedeien gespüret, also das ich ursach zu mutiren nicht habe, iedoch erkenne ich mich schuldig meinem lieben Gott, dessen der Erdboden ist, und alles was darauf wechset, gehorsamlich zu folgen, wohin er mich durch […] beruff erfordern wird.“ 369  Das nachfolgende Antwortschreiben des Kurfürsten vom 19. Mai 1623 lag diesem Schreiben bei. Vgl. dazu die entsprechende Überlieferung im HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 2131: Bedencken an Ihre Churf. Durchl. de ao. 1610 biß anno 1638, Nr. 223. 370  StA Braunschweig, RA, B III 15, 18, 220r–v: „Ob nun wol wir Euch gern, alsbalden mit gebürendem bescheid versehen laßen wöllen, Dieweill wir aber itziger Zeit nicht in unserm gewönlichen Hofflager auch bey diesen ganz gefährlichen unndt geschwinden läuften, nicht eigentlich wissen, wann wir beruffennen möchten, undt liber das unsere zu Kirchen undt Schul sachen verordnete Räthe itzo nicht bey uns sein undt ermeldter Herr D. Balduinus hierüber auch benommen werden muß, So haben wir unns schlieslichen zu diesem mahl nicht ercleren können.“ 371  Vgl. dazu auch die entsprechende Überlieferung im HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 2131: Bedencken an Ihre Churf. Durchl. de ao. 1610 biß anno 1638, Nr. 224. 372  Vgl. zu ihm Wiesner: Camman, Johann, in: Jarck (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon – 8. bis 18. Jahrhundert, 2006, 132–133. 373  StA Braunschweig, RA, B III 15, 18, 221r–v: „Und wir das der Hoffnung geleben, E. Churf. G. inmittelst zur Dreßden glücklich wieder angelangt thun kundt unser beschehens suchen gnädigst erwogen haben, und unserer Kirch und Christlichen Gemeinde, die eines Superintendentes nunmehr zum allerfürderlichsten sachlich benötigt, in dem gebetenen gnedigst zu wilfahren wolgeneigt sein werden, Also thun wir wenige unsere unterthenigste bitte hiemit fleißigst enholen kundt […].“

112 Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte am 15. September und damit rund ein halbes Jahr nach den ersten Erwägungen der Berufung Balduins erfolgte die kurfürstliche Resolution.374 Sie war ablehnend und ließ verlauten, dass der Kurfürst nicht geneigt sei, den seit beinahe zwei Jahrzehnten an der Universität Wittenberg tätigen und beliebten wohlverdienten Theologen ziehen zu lassen, da dies nicht ohne Schaden für Universität, Konsistorium sowie Kirchen und Schulen des Kurkreises geschehen könne: Kein anderer sei mit dem Zustand der Universität und der Kirchen des Kurkreises so vertraut wie er. Außerdem seien Wolfgang Franz krank und Nicolaus Hunnius fortgegangen, so dass Balduin als Haupt der Theologischen Fakultät (neben Balthasar Meisner) bleiben müsse. Noch immer also waren Pfarre und Superintendentur der Stadt Braunschweig vakant. Balduin schrieb am 30. September an Syndikus Johannes Cammann und bedauerte das Scheitern der Berufung.375 In einem vorausgegangenen Brief an Balduin muss Cammann gebeten haben, dass er einen Kandidaten benennen möge, der an seiner Stelle nach Braunschweig berufen werden könne, eine Bitte, der Balduin in seinem Brief nachkam. Er empfahl den Superintendenten und Konsistorialrat zu Bayreuth Christoph Schleupner (1566–1635), der – so Balduin – über eine vorzügliche Lehrbegabung und einige Erfahrung in der Praxis des Kirchenregiments verfüge. Außerdem sei Balduin zuversichtlich zu wissen, dass Schleupner einem etwaigen ordentlichen Ruf tatsächlich Folge leisten würde. Noch am selben Tag schrieb Balduin an Bürgermeister und Rat und teilte mit, er sei vor acht Tagen (22. September) in Dresden gewesen.376 Dort sei ihm die Dimission des Kurfürsten versagt worden, so dass er nun nichts weiter tun könne. Auch dem Rat gegenüber empfahl Balduin 374  Ebd., 231r–v und 236r: „Wie weren wir zwar nicht ungeneigt, Euch hierinnen gnedigst zu willfaren, wann es mit gedachtem D. Balduino nicht die gelegenheit hette, daß wir seiner aus unser Universitet itziger Zeit ganz und gar nicht entrathen können, Sintemal Er inn achzehen Jhar sich alda aufgehalten, bey der Kirchen und studirenden Jugent viel nutz geschafft, dem Consistorio beygewohnet, und nunmehr in der Theologischen Facultet Senior ist, dem auch der Zustandt unserer Universitet, und der Kirchen im ganzen Churkreiß für andern bekannt, dahero, als die Universitet und Rath zu Wittenberg vernommen, daß gemelter D. Balduinus eine vocation nach Braunschweig haben solte, bey uns Sie underthenigist und ganz flehentlich gebeten, In im Lande und bey Inen zu behalten mit anziehung des großen schadens, so aus einem abzug, bey unser Universitet, Consistorio, auch Kirchen und Schulen erfolgen würde, Wann wir dann auf vorgehabte weisse beratschlagung, die sach selber also beschaffen befunden, und darneben und erinnern, daß der andere Theologus um über drey Jhar kranck gelegen, der vierdte Theologus nemlichen weil mutirt und da D. Balduino auch […] werden solte, ungezweifelt unserer Universitet, und insonderheit der Theologischen Faculet solches sehr schädtlich und nachtheilig sein würde […].“ Vgl. dazu die entsprechende Überlieferung im HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 2131: Bedencken an Ihre Churf. Durchl. de ao. 1610 biß anno 1638, Nr. 221. 375  Ebd., 232r: „Proinde in clementissima illa Principis mei voluntate patienter mihi adquescendum est: neque iam restat aliud, quam ut Amplissimo Senatui vestro pro honorifico de me iudicio debitos agerem gratias, quod adiunctis terries facio, stimulus alium in meum locum nomino, videbar Reverendum et Cl. virum Dn. D. Christophorum Schleupnerum Superintendentem & Consistorialem Biruthensem, qui donis docendi egregiis pollet, praxin in gubernanda Ecclesia iam à multis oneris habet eximiam. Scio, quod cum gaudio ad vos sit migraturus, si legitimè vocaretur.“ 376  Ebd., 233r–v und 234r: „Nach dem ich aber vor acht tagen anhero nahen Dreßden kommen, dahin mein gnedigster Churfürst und Herr mich gnedigst erfordert, werde ich berichtet, das Ihre Churfl. Gnaden, meine großgünstige Herren albereit mit redlicher resolution versehen, und in meine dimission nicht willigen wollen, dazu dann, wie ich vermerkt, nicht wenig geholffen, das beides die löbliche Universitet und der Rhat zu Wittenberg, mich bei ihnen zu laßen, unterthenigst gebeten. Dieweill mir dann Ihre Churfl. Gnaden gehorsamst zu pariren gebühren will, alß weis ich (wie gern



2.  Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627)113

Schleupner, wobei er hier abermals dessen Predigtgabe und Erfahrung in der kirchlichen Praxis lobte. Doch Schleupner wurde nicht berufen. Die Gründe hierfür gehen allerdings aus der Akte nicht mehr hervor. Berufen wurde schlussendlich Daniel Mönchmeier (1582–1635) aus den Reihen des Geistlichen Ministeriums von Braunschweig. Dieser trat das Amt tatsächlich an und versah es bis zu seinem Tod.377 Bereits im 16. Jahrhundert hatten berühmte Wittenberger Theologen das Amt des Pfarrers und Superintendenten in Braunschweig bekleidet. Man denke nur an Joachim Mörlin (1514–1571), Nicolaus Selnecker (1530–1592) oder den bereits als kurfürstlichen Hofprediger vorgestellten Polycarp Leyser d. Ä. Dass die Besetzung des Amtes mit Friedrich Balduin nicht erfolgreich war, dürfte vor allem daran gelegen haben, dass der Zeitpunkt für die Dimission  – wie der Kurfürst selbst verlauten ließ  – im Jahr 1623 sehr ungünstig war. Im März war N. Hunnius nach Lübeck berufen worden, Franz hatte seit drei Jahren aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr lesen können und Balduin daher als Haupt der Theologischen Fakultät schwerlich zu ersetzen. Der Krieg und die Pest, die einerseits den Bedarf an gut ausgebildeten Theologen steigen ließen, andererseits aber die universitären Besucherzahlen drückten, haben gewiss ebenso dazu beigetragen, dass die Berufung scheitern musste. Die letzte bedeutende Veränderung des Status Balduins an der Leucorea erfolgte mit dem Tod Leonhard Hutters am 23. Oktober 1616, als Balduin zum professor primarius aufgestiegen ist. Zudem wurde er am 16. November 1616 im Rahmen einer entsprechenden öffentlichen Festversammlung als Senior der Theologischen Fakultät gefeiert und in das Seniorat der Universität rezipiert.378 Zu Beginn des Jahres 1617 wurde ihm überdies durch Markgraf Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach (1583–1625) die Inspektion der ansbachisch-brandenburgischen Alumnen befohlen. Außerdem erging Ende August 1617 ein Reskript Kurfürst Johann Georgs zur jährlichen Visitation der kurfürstlichen Schulen. Anstelle Hutters (der dieses Amt vormals wahrgenommen hatte) übernahm nun Balduin die Inspektion.379 Als im November 1624 das 81-jährige Bestehen (Gründung 1543) von Schulpforta gefeiert wurde, hatte sich Balduin gerade wegen der Inspektion der Schule, die am 31. Oktober beschlossen worden war, ebendort aufgehalten. Als er sich am Tag darauf zur Abreise rüstete, hatten ihn die Rektoren der Schule – vor allen Justin Bertuch (1564–1626) – darauf hingewiesen, ich sonst wolte) bei dieser sachen ein mehres nicht zu thun, müg es vor Gottes werck halten, dem es also gefallen, das ich vielleicht das ubrige meines lebens zu Wittenberg zu bringen solle.“ 377  Mönchmeier indes hatte in Wittenberg studiert und unter Friedrich Balduin disputiert. Ob Balduin bei der Entscheidung mitgewirkt hat, ist anhand der Akten nicht zu klären. Es ist wahrscheinlich, dass es sich dabei um eine pragmatische Entscheidung des Rats gehandelt hat. Mönchmeier war in Braunschweig bekannt und bei seiner Berufung würde man zudem nicht mit Widerständen zu rechnen haben. 378  Schmidt: Oratio, 24. Dabei war eigentlich Wolfgang Franz (* 1564) der älteste unter den Professoren der Theologischen Fakultät. Das Seniorat bestand 1626/27 (für dieses Jahr liegt ein Rechnungsbuch vor) neben Balduin noch aus dem Juristen Bartholomaeus Reusner, dem Mediziner Daniel Sennert und dem Hebraisten Laurentius Fabritius. Vgl. UA Halle, Rep. 1, 2372. 379  Ebd., 24: „Eodem anno 1617 sub finem Augusti, rescripto serenissimi nostri Electoris, Dn. JOHANNIS GEORGII, Domini nostri Clementissimi, ad annuas Scholarum Provincialium Illustrium Visitationes evocabatur, et in locum D. HÜTTERI defuncti, Collega mihi ab anno 1604 ex hac Academia addebatur quartus. Cui expeditioni quanta solicitudine et fide praefuerit, testabuntur mecum et Inspectores Nobiles singularum Scholarum & ex Academia Lipsiensi […].“

114 Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte dass das Fest der Gründung der Schule bevorstünde, und gebeten, Balduin möge sich nicht weigern, jenen Tag durch eine Predigt zu würdigen. Weil Balduin dies anfangs aus verschiedenen Gründen zurückgewiesen hatte, habe Schmidt, der dies als sein Leichenredner selbst berichtet, ein gutes Wort eingelegt und Balduin schließlich zur Zustimmung bewegen können.380 Balduin hielt die ihm abverlangte Predigt in Pforta über die Worte des Jacobus in Gen 28, die im Rahmen einer posthum publizierten Sammlung auch gedruckt worden ist.381 Nicht nur seine Berufung als Hofprediger Christians II., den er nach Prag begleitet hatte, nicht nur seine abgelehnte Berufung als Pfarrer und Superintendent nach Braunschweig, sondern auch seine maßgebliche Beteiligung an der Visitation der Universität und den Kirchen- und Schulvisitationen von 1617 und 1624 sowie an den Theologenkonventen der 1620er Jahre zeigen die kirchliche, akademische und kirchenleitende Bedeutung Balduins in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.

2.4.  Besitz- und Familienstand sowie Haushalt 2.4.1. Besitzstand Im Folgenden werden Familien- und Besitzstand als entscheidende Mittel der Professoren an frühneuzeitlichen Universitäten betrachtet, um sich langfristig am Universitätsstandort zu etablieren.382 Mit Heirat und Gründung einer Familie wurde der Grundstein für den Aufbau einer Familiendynastie am Universitätsstandort geschaffen. Durch umfassende Ausbildungsförderung der Nachkommen und gezielte Heiratspolitik 380 Ebd., 25: „[…] sequenti die Calendarum Novembris concinnanda, et pauca quaedam alia sub discessum exedienda restarent: admonuerunt Scholae Praeceptores, imprimis Dn. JUSTINUS BERTUCHIUS, Ludi illius, quod ante ipsum nemini contigit, (tempore Con-Rectoratus antegressi non computato) ultra vicennium, cum sexennio Rector, instantem diem crastinum Calendarum Novembris, Scholae Natalem esse, quo ante 81 et ita novies novem annos, solenniter inaugurate fuit, anno nempe 1543: et proinde ex more antiquo et perpetuâ observantiâ, festum & solennem: ideoque obnixe petierunt, ut Dn. D. BALDUINUS Concione sua diem illum, imò Scholam ipsam honorare non dedignaretur. Quumque recusaret initiò Dn. BALDUINUS variis de causis, imprimis quod non huius, sed aliorum expediendorum causa iussus adesset: expetente Dn. Rectore meam intercessionem, feci quod potui, et tandem ut petito Scholae annueret, impetravi. Habuit itaque dictis Calendis Novembribus anni 1624.ti. Concionem Scholae illi admodum convenientem gravem et egregiam, ex Cap. 28. Geneseos, et verbis illis Jacobi, quae quum Scalam è coelo in terras protentam, & Angelis ascendentibus ac descendentibus occupatam, in somnis vidisset, protulit: Verè hic locus non est alius, nisi Domus Dei & PORTA Coeli, &c.“ An der Visitation des Jahres 1625 hatte Balduin nicht teilgenommen, weil er sich gesundheitlich erholen musste. Ein Gesuch Balduins an den Kurfürsten, um eine Reise in das Hirschfeldische Bad nach Schlesien antreten zu dürfen, ist auch im Rahmen der Überlieferung des Oberkonsistoriums nachweisbar (Schreiben vom 1. August 1625 in HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 2131: Bedencken an Ihre Churf. Durchl. de ao. 1610 biß anno 1638, 346r). Im Jahr 1626 war die Visitation aufgrund der grassierenden Pest abgesagt worden. 381  Encaenia Portensia Oder Fünff Pförtnische Schul-Predigten. Darunter die Erste, Von dem […] Herrn Friderico Balduino Sel. […] Als die Churfl. Löbliche Land-Schule Pforte ihren ein und achtzigsten Natalem mit Freuden celebriret d. 1. Novembr. Anno 1624. Die Letzten aber Von Johanne Manitio, SS. Th. Licent. […] Die 1. Novembr. Anno 1667. 1668. 1669. 1670. […] Christlich zu der lieben Jugend Information und Erbauung gehalten, Wittenberg 1671. 382 Immer wieder wird auf das Beispiel Ägidius Hunnius d. Ä. Bezug genommen, dem vom Kurfürsten – in der Absicht, ihn an der Leucorea zu halten – verschiedene Privilegien (unter anderem das Braurecht) zugestanden worden waren.



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konnte diese Familiendynastie erst etabliert werden. In diesem Zusammenhang spielte der Immobilienerwerb eine kaum zu überschätzende Rolle. Er konnte nicht nur eine nachhaltige Wertanlage ermöglichen, sondern auch der weiteren Aufbesserung der Einkünfte zuträglich sein.383 Tod, Begräbnis und Memoria zeigen oftmals den Erfolg der Anstrengungen an, eine langfristige Existenz für Familie und Nachfahren zu schaffen. Balduin ist das nur teilweise gelungen. Obzwar er durchaus als Begründer einer bedeutsamen Gelehrtenfamilie gelten darf, so haben seine Nachfahren in Wittenberg selbst nicht Fuß fassen können (oder wollen). Aufgrund seiner ersten Ehe könnte die Balduin-Familie auch als der „Dynastie“ der Meisners zugehörig betrachtet werden. Für zahlreiche der in der ersten Hälfte des 17.  Jahrhunderts an der Leucorea lehrenden Professoren ist der Erwerb eines oder mehrerer Häuser in der Stadt dokumentiert.384 Auch frühneuzeitliche Grund- und Hausbesitzer hatten Steuern (den sogenannten Schoss) zu entrichten. Der gezahlte Schoss wurde schriftlich in sogenannten SchossRegistern verzeichnet. Verantwortlich war der Schösser, der die Steuern eintrieb. Die Höhe des entrichteten Schosses lässt auf den Wert der jeweiligen Immobilie(n) schließen und damit auf den Vermögensstand eines Professors. Das speziell für die an der Leucorea lehrenden Professoren (die nun in der Regel Haus- oder Grundbesitzer waren) angelegte Schoss-Register liegt für die Jahre zwischen 1569 und 1650 – überliefert im Ratsarchiv – vor. Es wurde in dem in Hinsicht auf Balduin zu untersuchenden Zeitraum durch Amtsschösser Magister Elias Janus (1572–1618) geführt, der zugleich als Verwalter des Fiskus der Universität tätig war.385 Balduin wird in dem Schoss-Register erstmals in den Aufzeichnungen für das Jahr vom Gallustag (16. Oktober) 1605 bis 1606 genannt. Er zahlte 21 gr und 10 ch für ein Haus im Grauen-Kloster-Gässlein, das er wohl kurz nach seiner Ankunft in Wittenberg zu Beginn des Jahres 1605 erworben hatte. Das dort gelegene Graue Kloster, im nordwestlichen Viertel der Stadt die Burger-Meister-Gasse mit der Juristen-Gasse verbindend, hatte diesem Gässlein seinen Namen gegeben.386 Von den Universitätsgebäuden der Leucorea wohnte Balduin damit vergleichsweise weit entfernt. Aus dem Schoss-Register ist fernerhin zu erfahren, dass dieses Wohnhaus vormals Leonhard Hutter gehört hatte. Hutter hatte 1605 gerade ein neues Haus erworben und sein altes wohl an Balduin verkauft. Verglichen mit den Schoss-Zahlungen, die seine damaligen Amtskollegen Hutter, Franz und Mylius zu entrichten hatten, zahlte Balduin nur einen relativ geringen Betrag.387 Mithin ist davon auszugehen, dass es sich bei Balduins Haus um ein kleineres – offensichtlich abgelegenes – und damit weniger wertvolles Haus 383  Durch Mieteinnahmen, Gewinn bringenden Wiederverkauf oder Nebenerwerbstätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Immobilie standen: Wenn etwa zusätzlich eine Braugenehmigung eingeholt wurde, wie das nachweislich bei Ägidius Hunnius der Fall gewesen ist. 384  HStA Dresden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 11269 Hauptzeughaus: Verzeichnis der löblichen Universitet Wittembergk Professorum und anderer Jncorporatorum, so eigene Häuser haben (30. Oktober 1626). Der Besitzstand der Professoren der Universität Wittenberg wird im Rahmen des Häuserbuchprojektes von Insa Christiane Hennen zusammengestellt. 385  RA Wittenberg, 140 (Bc 127, Vol I) Universität Wittenberg jährliches Schoßregister 1563, 1569–1650. 386 Vgl. den Stadtplan von 1624 bei Lück/Bünz/Helten/Kohnle/Sack/Stephan (Hrsg.): Das ernestinische Wittenberg: Stadt und Bewohner. 387  Georg Mylius zahlte 1 ß 47 gr und 4 ch, Wolfgang Franz 49 gr und 10 ch, Leonhard Hutter 49 gr und 11 ch.

116 Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte handelte.388 Seit 1608 ist Balduin gar nicht mehr in den Schoss-Registern vermerkt. Ob er das Haus wieder verkauft hat oder ihm der Schoss nachgelassen wurde, ist nicht bekannt. Für den Stadtkirchenpfarrer und Generalsuperintendenten war das Stadtpfarrhaus nahe der Stadtkirche als Wohnhaus und Dienstsitz vorgesehen.389 Insofern ist möglich, sogar wahrscheinlich, dass Balduin vom Jahr 1608 an das Stadtpfarrhaus bewohnte. Es ist als ein Privileg dieses Amtes anzusehen, dass die Unterhaltung des Stadtpfarrhauses aus den Mitteln des Gemeinen Kasten finanziert wurde. Dieser Umstand hinderte die Amtsinhaber jedoch nicht daran, trotzdem weitere Immobilien zu erwerben. So ist darauf hinzuweisen, dass Balduins Vorgänger Mylius ebenfalls ein eigenes Wohnhaus besessen und vermutlich nicht oder nicht ausschließlich das Stadtpfarrhaus bewohnt hat. Balduin erscheint erst im Jahr 1616/17 wieder im Schoss-Register der Universität – und zwar an erster Stelle, an der vormals Hutter genannt wurde. Nach dem Tod Hutters 1616 war dessen Wohnhaus frei geworden. Balduin sah die Gelegenheit und erwarb es von dessen Erben. Dafür entrichtete er nunmehr 1 ß, 39 gr und 10 ch pro Jahr und damit deutlich mehr Schoss als zuvor – wohl für ein attraktiveres Objekt. Wie der Stadtplan aus dem Jahr 1624 zeigt, lag Balduins neues Wohnhaus im Elsterviertel (= Universitätsviertel), somit deutlich näher als das vormalige Wohnhaus im nordwestlichen Teil der Stadt. Die hierfür entrichtete Position ist auch in den Folgejahren im Schoss-Register aufgeführt (1617/18, 1618/19, 1619/20 und 1620/21). Seit dem Jahr 1621/22 findet sich nur eine Position, nämlich 5 gr für ein Haus, das Balduin offenbar neu gekauft hat, im Schoss-Register. Was indes mit dem Haus geschehen ist, das er von den Erben Hutters 1616 erworben hatte, und warum er keinen Schoss mehr dafür entrichtete, ist unklar. Diese neue Position ist auch in den Folgejahren (1622/23, 1623/24, 1624/25 und 1625/26) aufgeführt. Wo diese Immobilie gelegen hat, war bisher nicht zu ermitteln. Auch wer das Haus oder die Häuser Balduins nach dessen Tod 1627 gekauft hat, konnte bisher nicht geklärt werden. Jedenfalls scheint Balduin das Stadtpfarrhaus im Jahr 1617 nicht bewohnt zu haben, wie aus dem Visitationsbericht vom 10. Juni hervorgeht: Dort wird gemeldet, dass den Diakonen gestattet werden sollte, im Pfarrhaus Mieter unterzubringen, allerdings mit der Auflage, die Gebäude zu schonen und nicht dem Gemeinen Kasten unnötige Reparaturen aufzuerlegen.390 Eine weitere Immobilie erwarb Balduin im Jahr 1611: Es handelte sich um ein Haus oder Grundstück in der Nähe der Sandstraße, das er von dem Wittenberger Bürger Michael Salmuth erwerben konnte. Jedenfalls dokumentiert das 388  Dies gilt für die Jahre 1607/08, 1608/09, 1609/10, 1610/11 und 1611/12. Sodann folgt eine Lücke in der Überlieferung. Erst im Jahr 1616/17 setzen die Aufzeichnungen wieder ein. Im folgenden Jahr vom Gallustag 1606 bis zum Gallustag 1607 blieben Balduins Kosten gleich, so dass keine weitere Erwerbung anzunehmen ist. 389  Hennen: Fürbilde der Herde, 2007. Der Amtssitz des Superintendenten – die „alte Pfarre“ – zählte auch zum Besitz der Stadtkirche und war als Wohnhaus des Pfarrers vorgesehen, nicht immer auch als solches genutzt. Bugenhagen und sein Nachfolger Paul Eber hatten dann auch tatsächlich dort gewohnt. Die späteren Amtsinhaber aber haben sich durch eigene Hauserwerbungen von der alten Pfarre gleichsam als Wohnsitz gelöst. 390  Pallas (Bearb.): Registraturen, 86.

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ein auf das Jahr 1611 datierter Kaufvertrag, der im Wittenberger Handelsbuch überliefert ist.391 In den Schoss-Registern findet sich dazu keine Gegenüberlieferung. 2.4.2.  Familienstand und Haushalt Balduin ist nach seiner Berufung nach Wittenberg im Wintersemester 1604/05 zunächst alleine von Ölnsitz nach Wittenberg gezogen. Seine Ehefrau Dorothea, die er am 9. November 1602 geheiratet hatte, lebte zunächst weiter in Dresden. Den ersten Sohn, der kurz nach der Geburt gestorben war, hatte sie in Ölsnitz geboren, wo er auch begraben ist.392 Dorothea war am Jahreswechsel 1604/05 hochschwanger und daher außerstande, die Reise nach Wittenberg anzutreten. So wurde der zweite Sohn, der den Vornamen seines Onkels Balthasar Meisner erhalten sollte, am 5. Februar 1605 in Dresden zur Welt gebracht. Über Dorothea (geborene Meisner) ist nicht viel bekannt. Sie war die Tochter des Dresdner Stadtpredigers Balthasar Meisner, des Vaters des bekannten Professors der Theologischen Fakultät der Leucorea gleichen Namens. Dorothea war am 5. September 1585 in Dresden geboren worden und damit beinahe zehn Jahre jünger als ihr späterer Ehemann. Sie war zum Zeitpunkt der Eheschließung gerade 17 Jahre alt. Aus der knapp zwanzigährigen Ehe – Dorothea starb im Alter von 37 Jahren am 4. Oktober 1622 in Wittenberg  – waren insgesamt zwölf Kinder (zehn Söhne und zwei Töchter) hervorgegangen.393 Davon verstarben vier Söhne und eine Tochter im Kindesalter. Dorothea war nicht nur fürsorgliche Mutter und umsichtige Hausfrau. Aus der Leichenpredigt, die Nicolaus Hunnius anlässlich ihres Todes in der Stadtpfarrkirche gehalten hat, ist zu erfahren, dass Dorothea nicht nur lesen und schreiben konnte, sondern sich literarisch betätigte und sogar eigene Gedichte abgefasst hat.394 Wann Dorothea mit den Kindern von Dresden nach Wittenberg übersiedelte, ist nicht bekannt – doch liegt es nahe, dass sie, nachdem sie sich von der Geburt hatte erholen können und Balduin noch 1605 das Haus nahe dem Grauen Kloster erwerben konnte, zu ihm gezogen ist.395 Am 13. September 1614 wurden vier Söhne Balduins, nämlich Balthasar, Christian, Friedrich und Gottfried, in die Matrikel der Leucorea eingetragen. Aufgrund ihres Alters hatten sie keinen Schwur ableisten müssen.396 Der bekannteste aus dieser Ehe 391  RA

Wittenberg, Wittenberger Handelsbuch. Christliche Sterbensgedancken, 71r–88v. Der erstgeborene Sohn namens Balthasar verstarb am 29. Oktober 1604 in Ölsnitz. 393  Hunnius: Christliche Leichpredigt. Bey dem Begräbnuß der Ehrbarn, Ehren- und vieltugentsamen Frawen Dorotheen, Des […] Friderici Balduini, der H. Schrifft Doctoris, bey der löblichen Universitet Wittenberg vornehmen Professoris, der Theologischen Facultet Senioris, auch Pfarrherr, unnd Superintendenten daselbsten, Ehelichen geliebten Hauß-Frawen, 1622, 21623. Angehängt sind weiterhin Epistolae tres consolatoriae trium Theologorum, die erste von Matthias Hoë von Hoënegg, die zweite von Daniel Cramer und die dritte von Polycarp Leyser; gefolgt von zwei Epicedien der Söhne Balthasar und Christian. Vgl. auch Götze: Send-Schreiben, 50. 394 Ebd. 395  Vgl. RA Wittenberg, Der Herrn Professorn zusambt anderen Jncorporirten Personen, wegen Ihrer Güttere gantzen Beschoß uff Gallj deß 1619. Jhareß (heute Collegienstraße 76, allerdings ein Neubau, mindestens 1619–1624 belegt). 396  AAV (JR), 162, 607 ff. 392  Balduin:

118 Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte hervorgegangene Sohn ist Balthasar, der spätere Pfarrer und Superintendent von Regensburg.397 Balthasar wurde am 5. Februar 1605 in Dresden geboren. Sein Vater war seinerzeit noch Pfarrer und Superintendent in Ölsnitz, allerdings bereits als Nachfolger Runges zum Theologieprofessor nach Wittenberg berufen. Nachdem Dorothea und der Sohn Balthasar nach Wittenberg umgezogen waren, besuchte dieser die Stadtschule in Wittenberg und wurde bereits am 13. September 1614 immatrikuliert. Er erhielt ein kurfürstliches Stipendium, das der Vater ihm eingeworben haben dürfte398, und erwarb am 16. März 1624 den Magistergrad an der Leucorea. Im Februar 1625 wurde er zum Magister legentes ernannt. 1626 hat sich Balthasar an der Jenaer Universität eingeschrieben, kam aber wieder zurück nach Wittenberg. 1630 wurde er zum Pfarrer von Döbeln berufen und in Wittenberg ordiniert. 1636 ging er als Pfarrer und Superintendent nach Chemnitz und 1638 in derselben Stellung nach Zwickau. Nachdem er am 8. Mai 1638 gemeinsam mit Martin Caselius pro licentia disputiert hatte, erwarb Balthasar Balduin am 28. August den Grad des Doktors der Theologie. Schließlich wurde Balthasar 1648 zum Pfarrer und Superintendenten nach Regensburg bestellt, in welcher Stellung er bis zu seinem Tod verblieb. Ein weiterer Sohn namens Friedrich wurde Mediziner in Dresden.399 Auch Paul verschlug es nach Regensburg. Er erwarb hier das Bürgerrecht und wurde Gastwirt, davor diente er als Korporal im Linckischen Regiment. 1648 ehelichte Paul Balduin Anna Margaretha Wissinger, Witwe des Gastwirts Johann Wissinger.400 Christian Adolph Balduin wurde Schöffer401 zu Großenhain († 1682). Er war der Verfasser von chymischen Schriften und Mitglied der Leopoldina.402 Zu nennen sind weiterhin Gottlieb Balduin, der 1684 als Prediger zu Regensburg starb und dessen Lieder größtenteils in seinem Werk Entdecktes Heiligthum des neuen Bundes im heiligen Abendmahl (1673) stehen, und Johannes, die ihren Vater überlebten.

397  PSB Wittenberg, Fun. 599., 14.; LP Stolberg 1, 92; UA Halle, Rep. 1, XXXXV, Nr. 1, Dekanatsbuch der Philosophischen Fakultät Bd. 3; WOB VI (1605–1627). Vgl. Hingst: Chronik von Döbeln, 1872, 167; ADB; Grünberg 2, 25; Supellex Epistolica I, 38/1,2. 398  Friedrich Balduin teilte Matthias Hoë von Hoënegg am 21. Dezember 1623 mit: „Peterem etiam pro filio meo M. Balthasare, ut ipsi spes fiet de stipendio nonagenario.“ Und lobte diesen mit den Worten: „Interim studium Theologicum graviter urget, publice hactenus in disputationes Theologicis ter opposuit […].“ Vgl. UB Gießen, Hs. 114, 59r. 399  Götze: Send-Schreiben, 51. 400 HochzeitGedichte. Zu Ehren und Wolgefallen, Dem Ehrnvesten und Mannhafften Herrn Paul Balduin, gewesenen Corporal, unter dem Hochlöbl. Linckischen Regiment: Weyland Des […] Herrn Friderici Balduini, S. S. Theol. D. […] General Superint: des ChurSächsischen Creises Wittenberg […] Professoris Publici der Löbl: Academiae […] nachgelassenen Eheleiblichen Sohns. An jetzo Burgers und Gastwirths, Und dann auch Der […] Frawen Annae Margarethae, weiland des Erbarn Johann Wissingers gewesten Burgers und Gastgebers allhie Seel. nachgelassenen Wittib. Als sie ihr Hochzeitliche Ehrenfrewd begiengen in Regenspurg den 7. Tag November dieses zu endgehenden 1648. Jahrs glückwünschend auffgesetzt Von Nahen anverwandten, Schwägern und guten Freundten, Regensburg 1648. 401  Er hatte an der Leucorea studiert und das hohe, auf 100 fl pro Jahr dotierte juristische Stipendium genossen. Vgl. RA Wittenberg, Stipendiatenverzeichnis (1605–1660), 266r. 402  Neigebaur: Geschichte der kaiserlichen Leopoldino-Carolinischen deutschen Akademie der Naturforscher, 1860, 191.



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Nachdem Dorothea 1622 verstorben403 war, ehelichte Balduin am 20. Januar 1624 die damals 17 Jahre alte Sophia Barwasser in Torgau.404 Das war schon alleine deswegen geboten, damit die anfallenden Aufgaben in der Erledigung der häuslichen Angelegenheiten und die Erziehung der übrigen Kinder gewährleistet blieben.405 Aus der Antwort auf ein Gratulationsschreiben Johannes Mehlführers (1570–1640) an Balduin ist zu ersehen, dass dem Hochzeitsfest hochkarätige Gäste beigewohnt haben.406 Neben Meisner wird der Theologe Christoph Schleupner genannt, der in Wittenberg graduiert worden war, darüber hinaus mit der Fakultät in Kontakt stand und von Balduin als Pfarrer und Superintendent nach Braunschweig empfohlen worden war. Sophia wurde am 18. Juni 1607 in Torgau als Tochter des Ratsmannes und Bürgermeisters Eucharius Barwasser und seiner Frau Barbara, geborene Gadegast, geboren.407 Barbara war eine Enkelin des Professors der Wittenberger Juristenfakultät Johannes Schneidewein (1519–1568). Ihre Mutter Margarethe war mit dem damaligen Torgauer Bürgermeister Benedict Gadegast liiert. Sophia verlobte sich am 31. Oktober 1623 mit dem unlängst verwitweten Friedrich Balduin – die kirchliche Trauung fand am 20. Januar 1624 in Torgau statt. Diese Eheverbindung blieb kinderlos. Nach Balduins Tod am 1. Mai 1627 blieb Sophia drei Jahre lang im Witwenstand408 und heiratete dann am 26. Januar 1630 Johannes Hülsemann (1602–1661), der als dessen Schüler im Hause Balduins gewohnt und am selben Tag bereits den Grad des Doktors der Theologie erworben hatte. Aus der gemeinsamen Ehe sind drei Söhne und sieben Töchter bekannt. Sophia starb am 19. September 1667, nachdem sie bereits seit dem 11. Juni 1661, dem Todestag Hülsemanns, wieder alleine gelebt hatte. Der Pfarrer- und Professorenhaushalt beherbergte nicht alleine die Familie des Amtsträgers, sondern auch Privatlehrer, Famuli sowie Studenten und versorgte darüber hinaus weitere sogenannte Tischgäste. Nachweislich fungierte der aus Wiesenburg in der Mark stammende Friedrich Schultze (1598–1677) als Hauslehrer der Söhne Balduins.409 Dieser immatrikulierte sich im April 1612 an der Leucorea, wobei die Ge403 StKA Wittenberg, Rechnungen des Gemeinen Kastens (1623), XV. Einnahme geldes von den Grabestellen in der Pfarrkirchen und uffm Pfarrkirchhoffe. Friedrich Balduin zahlte 40 fl für die Grabstätte. 404  Pamler: Reverendo Clarissimo Et Excellentissimi Viro, Domino Friderico Balduino, S. S. Theologiae Doctori, ejusdemq[ue] Professori in Academia Vittebergensi, Pastori, & Superintendenti in Electoratu Saxonico Generali, Consistorii Ecclesiastici Assessori, & Facultatis Theologicae Seniori … Nuptias ad 20. Januarii […] 1624. feliciter contrahenti, Cum […] Sophia […] Eucharii Barwasseri, Praetoris Civitatis Torgensis … filia, Gratulatur, 1624. Vgl. auch Bieler: Kurzgefaßte Chronika der hochberühmten Stadt Torgau, 43. 405  Schmidt: Oratio, 26. 406  SUB Hamburg, Sup. ep., 45r. 407  Reinhart: Die Wahre Heilige und Ewige Ruhe der Seele unter Den Flügeln Der Gnade Gottes. Bey […] Leichbegängniß Der […] Sophien, Gebornen Barwasserin, Des Grossen Theologen unserer Zeiten/ Seeligster Gedächtnüß. Des […] Johann Hülsemanns, Der Heil. Schrifft Höchstbenahmten Doctoris und Professoris Publici Primarii […] Nachgelassenen Fraw Witwen. Den 22. Septembr. MDCLXVII. In der Pauliner Kirche gepredigt, 1668. 408  StKA Wittenberg, Rechnungen des Gemeinen Kastens (1627). Im Jahr 1627 wurden nach dem Tod des Bezügeempfängers die Beträge, nämlich „150 fl seine[r] hinterlassene[n] Witwe und Erben, die andern drey Quartal Trinitatis, Crucis und Luciae ausgezahlt.“ 409  Albrecht-Birkner (Bearb.): Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen, 182; Zedler 35 (1743), 1613–1614; Roth 1976, Bd. 9, 203, R 8353.

120 Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte bühren für die Einschreibung erlassen wurden.410 Er wurde Famulus dreier Hamburger Studenten und sodann ab 1618 Hauslehrer Balduins, der es ihm ermöglichte, am 22. September 1622 den Magistergrad zu erwerben, ohne die dafür anfallende Gebühr bezahlen zu müssen. Schultze hatte Balduin 1621 als Sekretär zum Theologenkonvent nach Jena begleitet. 1623 wurde er als Substitut des Pfarrers Wolfgang Kämpff in Axien berufen, den er am 16. Oktober desselben Jahres als Pfarrer ablöste. Dazu wurde er 1623 von Friedrich Balduin in Wittenberg examiniert und ordiniert.411 Am 18. September 1632 ging er als Diakonus nach Torgau und stieg dort nach dem Tod von Magister Christian Meisner am 20. März 1657 zum Archidiakonus auf, in welcher Funktion er mehrmals den dortigen Superintendenten vertrat.412 In Balduins Haus haben nachweislich weiterhin die Studenten Johannes Hülsemann und Balthasar Rhau d. J. (1601–1658) gewohnt. Friedrich Balduin starb am 1. Mai 1627413 im Alter von 52 Jahren als professor primarius der Theologischen Fakultät, erster Stadtkirchenpfarrer und Generalsuperintendent sowie Assessor des Geistlichen Konsistoriums. Er war seit mindestens vier Wochen bettlägerig gewesen und hatte seine 410  AAV

(JR), 114. Wittenberg, WOB (1605–1627), Nr. 739: „Ego M. Fridericus Scultetus Alumnus Electoralis, hoc meo chirographo sanctè testor, me Anno 1598 in vigilia Nativitatis Christi piis honestisque parentibus natam esse: Patre, viro Reverendo M. Marco Sculteto, quondam Pastore Wisenburgensi quadragenario: Matre verò Dorothea Schaumannia. Hi mei Parentes clarissimi me in annum usque 1607 domi in pietate, ut potuerunt, educarunt fideliter. Ubi cum ad aetatulam quondam adolevissem, ut studiis literarum, capax et habitis viderer, in scholam Beltizensem deportarunt, et Praeceptoribus, qui ibi docebant, informandum tradiderunt. Postquam autem in hac schola per triennium ingenii et industriae melioris documenta edidissem, suasu Parentum, Witebergam me contuli, et sacris studiosorum, pro nigre, initiatus scholam trivialem rigressus sum; quod factum Anno 1610. Hujus scholae Alumnus fui per integrum septennium, et tribus linguis, quales quidem in eâ tradebantur operam, quoad fieri potuit, dedi sedulam. Exacto hoc spacio septennali Admodum Reverendus et Clarissimus Vir Dn. D. FRIDERICUS BALDUINUS SS. Theologiae in hac ipsa Academiâ Professor primarius, Seniorque eius Facultatis, et Ecclesiae et Diocoeseos Witebergensis Pastor ac Superattendens, familiae suae domesticae me sumtibus carentem, asscivit, operâque meâ in scribendo et expedrundis negotiis aliis, per quinquennium, et quod excurrit usus est. Quibus ego ut nihil industriae et laboris detraxi, ita me iisdem à studiis Theologicis et Philosophicis abstia non sum passus, sed utrisque convenientes horas impendi dataque occasione in concionibus habendis me exercui. Unde, Dei benediction, in utrisuqe tantum profeci, ut et promotione vernâ Anni 1622 Lauream Philosophicam peculiari gratia impetrarem, et à Dn. D. Balduino dignus habitus sum, qui functioni Ecclesiasticae ideoneae praefici posse. Quo nomine me Illustrissime, Principissae Hedvig viduae Electorali, cui sedes in Lichtenburg, diligenter commendavit debitaque revrentiâ rogavit, ut ad idoneam functionem Ecclesiasticam benevole me promovere non dedignetur. Et sane commendatio haec non omni caruit fructu, siquidem Edicta Principissa, Domina mea clementissima, me statim, perlectis literis commendatiis, ad concionem in illustri et splendido templo, quod ibi extructum, habendam admisit, et finita concione ad ministerium verbi in Axyn vocavit, hac addita ratione ut omni posthabita morâ ritum ordinationis Witebergae legitimo peterem. Quemadmodum igitur huic vocationi, ut divinae et legitimate, obtemperare debui: ita honesto illi postulato deesse nolui. Quapropter instructus literis praesentationis Antistitem Ecclesiae Witebergensis accessi subruxè et suberisse orans et rogans, ut me in privato examine audire, et, exploratis in rebus theologicis profectibus, ritum ordinationis conferre haud gravetur. Cui meae petitioni satisfactum esse, testantur Admodum Reverendi viri, qui examine interfuerunt 15. April et qui 16. eiusdem in aede Mariana ordinationis ritu me confirmarunt. Faxit Deus ut haec actione ad nominis sui gloriam, Ecclesiae aedificationem, et mei meorumque auditorium salute sedat. Amen.“ 412  Schultze hatte über 800 Predigten über das Lehrbuch Sirachs gehalten und 5.000 Predigten über andere Bibeltexte. 413  Vgl. die Anzeige in Witte: Diarium Biographicum, 1688. 411  StKA



2.  Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627)121

Amtsobliegenheiten nicht mehr wahrnehmen können.414 Sein Begräbnis fand am 4. Mai 1627 in der Stadtpfarrkirche statt. Die Leichenpredigt gestaltete Jacob Martini auf der Grundlage von Dan 12, 2–3 als Aufruf zu ewigem Nachruhm Balduins in seiner Eigenschaft als Lehrer. Sein Nachfolger im Amt als Pfarrer und Generalsuperintendent wurde Paul Röber (1587–1651).415 Der bisher einzige Hinweis, dass in der Wittenberger Stadtkirche Balduin zu Ehren ein Epitaph aufgestellt worden sei, findet sich bei Paul Freher.416 Zwischenzusammenfassung I Aus der Verbindung zweier Dresdner Kürschner- und damit gehobener Handwerkerfamilien mit enger Verbindung zu Wittenberg und der Leucorea entstammend, wuchs Friedrich Balduin in der Residenzstadt Dresden auf und besuchte zunächst die dortige Kreuzschule. Um höhere Bildung zu erwerben, wurde Balduin 1590, nachdem er eine solide Vorbildung erfahren hatte, auf die kursächsische Fürstenschule nach Meißen geschickt, welche seit den Reformen von 1580 in erster Linie als Ausbildungsstätte für den Theologennachwuchs fungierte. Nach rund dreieinhalb Jahren immatrikulierte er sich im Herbst 1593 an der Universität Wittenberg. Das Studium an der Philosophischen Fakultät konnte Balduin im Frühjahr 1597 mit dem Erwerb des Magistergrades abschließen, wobei er den ersten locus unter den Kandidaten erreichte. Vom Rat der Stadt Dresden in seiner Ausbildung unterstützt, wurde ihm seit 1595 ein kurfürstliches Stipendium gewährt, das zunächst mit 40 fl, später mit 50 fl und schließlich mit 90 fl dotiert war. Schon früh hat sich Balduin der Theologie zugewandt und den Landesherren geschickt im Rahmen von kleineren Arbeiten über seine Fortschritte unterrichtet. Seine Lehrer waren Hunnius, Gesner, Runge und Hutter. Die besondere Hinneigung zur Poesie, die Balduin in den Dienst der Theologie stellte, wurde 1599 mit der Dichterkrönung durch Reusner belohnt. Von seinen Fähigkeiten überzeugt, nahmen ihn Hunnius und Runge mit zum Religionsgespräch in der Reichsstadt Regensburg (1601). Noch im selben Jahr wurde er als Adjunkt der Philosophischen Fakultät rezipiert und hielt in dieser Funktion eigene Lehrveranstaltungen ab. In dem Versuch, auch die Physik den Bedürfnissen der Theologie zu unterstellen, manifestieren sich die ersten Ansätze, die Philosophie insgesamt als Dienerin der Theologie im Theologiestudium in etablieren. Nachdem das Stipendium ausgelaufen war, verdiente sich Balduin als Lehrer zweier ungarischer Barone und als Adjunkt der Philosophischen Fakultät den Unterhalt seines Studiums. Schon im darauf folgenden Jahr 1602 wurde er als Frühprediger an St. Petri zu Freiberg berufen. Es ist davon auszugehen, dass dies auf Vermittlung seines Onkels Andreas Balduin geschehen ist, der dort seit längerem Archidiakonus war. Nur ein Jahr darauf (1603) wurde er zum Pfarrer und Superintendenten nach Ölsnitz und damit in ein kirchenleitendes Amt 414  Vgl. hierzu die Akten zum examen neglectum im Universitätsarchiv Halle. Aus den Akten ist insgesamt zu ersehen, dass es in Hinsicht auf den Fleiß der Professoren der Theologischen Fakultät keine Klagen gab. 415  Einer Erzählung Johannes Hülsemanns zufolge soll Röber von Balduin selbst als Nachfolger ins Spiel gebracht worden sein. Dies geht aus Hülsemanns Leichenrede auf Röber hervor. Vgl. auch Götze: Sendschreiben, 42 ff. 416  Freher: Theatrum, 436.

122 Kapitel III: Zur Biographie Friedrich Balduins (1575–1627) im Kontext der Fakultätsgeschichte berufen, wobei seine Publikationen dieser Jahre weiterhin die Beschäftigung mit akademischer Kontroverstheologie auf der Höhe der Zeit anzeigen. Als David Runge starb, erhielt Balduin die Berufung auf die vierte Professur der Theologischen Fakultät der Leucorea, die er seit Februar 1605 versah. Auch seine Frau Dorothea und sein soeben geborener Sohn Balthasar siedelten nach Wittenberg über. Balduin gelang es, in Wittenberg Grundbesitz zu erwerben und dort mit seiner Familie heimisch zu werden. Als vierter Professor legte er zunächst Psalmen und Propheten aus. 1607/08 wurde er Oberpfarrer der Stadtkirche und Generalsuperintendent des Kurkreises sowie Assessor des Konsistoriums. Von nun an bildete die Auslegung der Paulusbriefe den Schwerpunkt seiner akademischen Tätigkeit. 1610 begleitete Balduin Christian II. als Hofprediger nach Prag, schlug das Ansuchen, ganz an den kurfürstlichen Hof zu wechseln, aber aus. 1616 wurde er professor primarius. Bei den Theologenkonventen der 1620er Jahre im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Tübinger Christologie nahm er eine wichtige Rolle ein. Balduin starb 1627 in Wittenberg und hinterließ eine Ehefrau sowie mehrere Kinder.

Kapitel IV

Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern 1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent Im Folgenden wird Balduins kirchliche und kirchenleitende Berufstätigkeit in quantitativer und qualitativer Hinsicht untersucht: Sein maßgeblicher Anteil an Examina und Ordinationen von mehr als 800 angehenden Kirchendienern für Kursachsen, aber auch grenzüberschreitend für die lutherischen Territorien und Städte des Heiligen Römischen Reiches sowie seine Tätigkeit als Prediger an der Stadtkirche zu Wittenberg und als Generalsuperintendent des Kurkreises von 1607/08 bis 1627.

1.1.  Stadtrat und Stadtkirche Der Rat der Stadt Wittenberg besaß das Kollaturrecht für das Personal der Stadtkirche  – das des Oberpfarrers ebenso wie des Archidiakons, der übrigen Diakone und des weiteren Personals wie etwa des Kantors.1 Die Personalkosten wurden aus dem durch Rat und Kirche gemeinsam verwalteten Gemeinen Kasten (Gotteskasten) bestritten, der auf eine von Martin Luther angeregte Ordnung zurückging und der Aquisition und Distribution sämtlicher Finanzmittel der Kirche diente. Bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 1520 hatte der Rat der Stadt Wittenberg eine Ordnung beschlossen, welche die regelmäßige Versorgung der Armen gewährleisten und Betteln überflüssig machen sollte.2 Die Einrichtung des Gemeinen Kastens diente der Sozialfürsorge, hatte aber auch den Zweck, die Besoldung des Schul- und Kirchenpersonals sowie den Erhalt der Schul- und Kirchengebäude zu gewährleisten.3

1 RA Wittenberg, 327: Des Raths zu Wittenberg Ius Patronatus, die Bestellung derer Kirchen- und Schul-Diener und derselben Vocationes 1569–1650 sowie 19 (Bc 7): Des Raths zu Wittenberg Ius Patronatus, die Bestellung derer Kirchen- und Schuldiener und derselben Vocationes. 2  Böhmer/Kirsten: Der Gemeine Kasten, in: Kulturbund der DDR des Kreises Wittenberg, 1989, 37–52; Oehmig: Der Wittenberger Gemeine Kasten, in: Jahrbuch für Geschichte des Feudalismus 12 (1988), 229–269 und 13 (1998), 133–179 sowie ders.: Über Arme, Armenfürsorge und Gemeine Kästen mitteldeutscher Städte der frühen Reformationszeit, in: ders.: Medizin und Sozialwesen, 2007, 73–114; Steinwachs: Der Gemeine Kasten, in: Luther 78 (2007), 32–34 sowie zuletzt Gornig: Die erste Visitation in Wittenberg im Spiegel städtischer und kirchlicher Quellen, in: Blaha/Spehr (Hrsg.): Reformation vor Ort, 2016, 140–141. 3 Vgl. zur Geschichte der Ordenung des Gemeynen Bewtels zcu erhaltung Hauß vnnd ander armen bedurfftigen leutthen und der mit dieser Ordnung verbundenen Institution Pallas: Beutelordnung, in: Zeitschrift des Vereins für Kirchengeschichte der Provinz Sachsen 12 (1915), 7–11 und 104–109 sowie 13 (1916), 9–13. Vgl. die Handschrift: Stadtarchiv Wittenberg: Nachrichten des Gotteskastens zu Wittenberg, Fundationes Donationes und Stiftungen sämtl. Güter- und Grundstücken 1300–1721, 156 (Handschrift des Schreibers Urban [H]Balduin, korrigiert durch den Stadtschreiber Andreas Meinhard mit

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

Der Oberpfarrer der Stadtkirche, der zugleich Generalsuperintendent des Kurkreises und Professor der Theologischen Fakultät war, erhielt – wie oben bereits beschrieben – aus dem Fiskus der Universität 25 fl pro Quartal, die Hauptlast trug der Gemeine Kasten mit 50 fl pro Quartal.4 Die Verwaltung des Gemeinen Kastens oblag zwar dem Oberpfarrer, unterstand aber der Supervision des Rats und musste im Falle einer kurfürstlichen Visitation offengelegt werden: Daher wurden die Einnahmen und Ausgaben durch den Kastenschreiber akribisch verzeichnet.5 Der Rat ließ weiterhin Listen über die Bestellung der Kirchen- und auch der Schuldiener anlegen, die aus dem Gemeinen Kasten besoldet wurden.6 Diesen Personalstandslisten sind die Korrespondenzen zu den einzelnen Besetzungsverfahren der Pfarrer und (Archi-) Diakone der Stadtkirche zwischen dem Rat der Stadt und der Universität, die geeignete Kandidaten zu empfehlen hatte, beigegeben. Strukturell zeugen bereits diese Tatsachen von einer engen wechselseitigen Verbindung von Stadtrat und Universität. Diese kulminierte gleichsam im Amt des Oberpfarrers und Generalsuperintendenten, der zugleich Professor an der Theologischen Fakultät war und daher – wie gezeigt wurde – von beiden Seiten vergütet worden ist. Obwohl der größte Anteil der Vergütung von der Kirche (und damit auch vom Rat) getragen worden ist und noch dazu die Kollatur ebendort lag (schließlich musste der Kandidat von der Gemeinde erwünscht sein), begehrte die Universität gleichwohl ein gewisses Mitspracherecht im Rahmen des Verfahrens zur Neubesetzung einer Vakanz.7 Die eigentümliche Stellung des Oberpfarrers zwischen Stadtrat, -kirche und Universität hatte sodann die Folge, dass dieser sich sowohl in den kirchlichen als auch in den akademischen personellen Konstellationen und Strukturen bewegte: Als Oberpfarrer war er von den an der Stadtkirche angestellten Archidiakonen und Diakonen Vermerk von späterer Hand: „Circa 1521“). Ein zweites Manuskript, das Nikolaus Müller gekannt hat, ist verschollen. Es ist ebd. kollationiert. 4  Nimmt man diese beiden Beträge als Grundbesoldung an – indes waren auch der nur aus dem Fiskus der Universität vergütete Propst der Schlosskirche sowie der ebenfalls nur aus dem Fiskus der Universität vergütete Prediger der Schlosskirche zum Predigen verpflichtet –, dann ergibt sich, dass die mit dem Amt des Oberpfarrers und Generalsuperintendenten legierte Professur mit insgesamt 100 fl pro Quartal (ohne Akzidentien) die bestdotierte war. Es folgte mit 72 ½ fl pro Quartal (ebenfalls ohne Akzidentien) der Schlosskirchenpropst, dessen Gehalt ausschließlich aus dem universitären Fiskus bestritten wurde. Vgl. StKA Wittenberg, Rechnungen des Gemeinen Kastens (1605–1627). 5  Vgl. zum Gemeinen Kasten (Gotteskasten) und zu seiner Verwaltung durch Balduin die Hinweise in den nachfolgenden Abschnitten. Weil die mit dem Amt des Stadtpfarrers verbundene Professur bestdotiert war, musste es das Bestreben des älteren der beiden Senioren sein, in dieses Amt zu gelangen, weshalb in der Geschichte der Theologischen Fakultät der Leucorea der Stadtpfarrer oft auch professor primarius war. Balduin stieg nach Leonhard Hutters Tod zum professor primarius auf. 6  Aus den Mitteln des Gemeinen Kastens wurden neben den Besoldungen des Personals an der Stadtkirche auch die des Personals der Stadtschule getragen. 1610 erhielt Schulmeister Johannes Rittwagen 65 fl, Supremus (stellvertretender Schulmeister) Johannes Schmid 30 fl, Kantor David Erhard 18 fl, Quartus Martin Heintz und Quintus Catull Stumpf jeweils 20 fl, Sextus Bartsell Blum 88 fl, ein weiterer Schulmeister (der Mädchenschule?) Valentin Bohn 23 fl und der Organist Christian Gräfenthal 20 fl. Vgl. StKA Wittenberg, Rechnungsbuch des Gemeinen Kastens (1610). 7  Dass diese prekäre Situation zu Spannungen führen konnte und gelegentlich tatsächlich geführt hat, muss nicht eigens erwähnt werden. Doch gibt es im Falle der Berufung Balduins keinerlei Anhaltspunkte für Uneinigkeiten. Balduin war für beide Seiten kein Unbekannter, hatte er doch bereits seit 1593 in Wittenberg studiert und war seit 1605 als Professor an der Theologischen Fakultät tätig gewesen.



1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent125

umgeben und zudem in der Lage, bei vorfallenden Vakanzen die Neubesetzung in seinem Sinne zu lenken.8 Als Balduin 1607/08 Oberpfarrer geworden war, versah der erfahrene Magister Heinrich Silbermann (* 1563) das Amt des Archidiakonus. Als Diakone waren die Magister Andreas Amberger, Georgius Jordan und Petrus Schleich tätig.9 In dieser Konstellation bewegte sich Balduin im kirchlichen Alltag. Auch das übrige an der Stadtkirche beschäftigte Personal ist hier zu berücksichtigen: Dieses half dem Oberpfarrer bei der Ausübung seiner Amtsobliegenheiten (Examina, Ordinationen, Seelsorge, Verwaltung der Sakramente) und vertrat ihn auf der Kanzel. Wenn in Einträgen in das Wittenberger Ordiniertenbuch angegeben wird, dass ein Kandidat im Beisein des Geistlichen Ministeriums ordiniert worden sei, so wird deutlich, dass die Diakone eine wichtige Rolle im kirchlichen Leben Wittenbergs gespielt haben. Die Beschreibung des den Oberpfarrer umgebenden Personals der Stadtkirche lässt Rückschlüsse auf diesen selbst zu. Es zeigte sich etwa, dass der Archidiakonus Silbermann Balduins besonderes Vertrauen genossen hat, so er dessen Amtsobliegenheiten wahrnahm, wenn sich Balduin aufgrund anderer Verpflichtungen nicht in Wittenberg aufhalten konnte.10 Die Doppelstellung zwischen Stadtrat und Universität hatte eine weitere Folge: Der Generalsuperintendent führte Aufsicht über die ebenfalls durch den Gemeinen Kasten finanzierte und vom Rat überwachte Wittenberger Stadtschule, die ihrerseits an die Universität angebunden war, sowie über die Wittenberger Mädchenschule. Im Beisein des Bürgermeisters Samuel Selfisch examinierte Balduin halbjährlich die dort lernenden Schülerinnen und Schüler. Insgesamt lassen sich als Aufgaben des Generalsuperintendenten nachstehende Bereiche benennen: Die Aufsicht über Kirchen und Schulen sowie die Stipendiaten (insoweit sie aus Mitteln des Gemeinen Kastens finanziert wurden), Visitation der Schulen, Predigen und Beichtsitzen, Ehegerichtsund Konsistorialversammlungen, Examination der Kirchen- und Schuldiener, Aufsicht über das Almosenwesen, Aufsicht über wichtige, die Religion betreffende Angelegenheiten, die in- und außerhalb Kursachsens vorfielen.11 8  Das an der Stadtkirche beschäftigte kirchliche Personal ist anhand der im Ratsarchiv Wittenberg aufbewahrten Akte des Stadtrats betreffend das Patronatsrecht desselben, außerdem anhand der Relation der Visitation der Kirchen zu Wittenberg zu ermitteln, die am 19. und 21. September 1608 durch Hans Friedrich von Schönberg und Polycarp Leyser d. Ä. gehalten worden ist. Vgl. RA Wittenberg, 327: Des Raths zu Wittenberg Ius Patronatus, die Bestellung derer Kirchen- und Schul-Diener und derselben Vocationes 1569–1650 sowie RA Wittenberg, 19 (Bc 7) Des Raths zu Wittenberg Ius Patronatus, die Bestellung derer Kirchen- und Schuldiener und derselben Vocationes. Vgl. auch Pallas (Bearb.): Registraturen, 80–84. 9 Vgl. Erdmann: Memoria Diaconorum Wittenbergensium, 1789; ders.: Nachricht von den Mitgliedern des geistlichen Ministeriums, 1801; ders.: Supplemente und Berichtigungen zur Biographie der Wittenbergerischen Diaconen, 1808. Diese wurden ohne Ausnahme in Wittenberg ordiniert, so dass aus deren Einträgen in das Ordiniertenbuch der jeweilige Lebenslauf rekonstruiert werden kann. 10  Balduin hielt Silbermann eine ehrende Leichenpredigt, in der er ihn als exemplarischen Lehrer und Prediger würdigte. Vgl. Balduin: Prediger Ampt und Belohnung, 1620. Nur am Rande sei bemerkt, dass diese Predigt als wichtige Quelle zur Rekonstruktion der Amtstheologie in der lutherischen Orthodoxie dienen kann. 11  Vgl. auch Hausmann: Laelius, 280. Die Liste deckt sich im Wesentlichen mit den durch das Konsistorium wahrzunehmenden Aufgaben. Der Generalsuperintendent stand diesem nicht gegen-

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

1.2. Schulaufsicht Auf den Umstand, dass Balduin als Generalsuperintendent das Inspektorat der Wittenberger Stadtschule innehatte, ist in der Forschung bereits hingewiesen worden. Welche konkreten Tätigkeiten zeichneten das Inspektorat aus? Nur punktuelle Nachrichten, die detaillierte Rückschlüsse auf mit dem Inspektorat verbundene Tätigkeitsfelder ermöglichen, liegen vor. Dem Eintrag des Johannes Schmid in das Wittenberger Ordiniertenbuch aus dem Jahr 1610 ist zu entnehmen, dass Balduin maßgeblichen Anteil bei der Besetzung von Lehrerstellen an der Stadtschule hatte. Der Generalsuperintendent schlug dem Rat der Stadt bei vorfallender Vakanz einen geeigneten Magister vor. Der Rat hatte daraufhin seine Zustimmung zu geben, sofern man den Kandidaten anzunehmen gedachte. Das lag schon deswegen nahe, weil Balduin als Professor an der Theologischen Fakultät einen Überblick über geeignete Anwärter besaß. Für Balduin eröffnete sich damit eine Möglichkeit, seine Schüler zu versorgen. Genannter Magister Johannes Schmid war einer dieser Schüler. Balduin schlug ihn am 2. November 1609 für das Konrektorat der Wittenberger Stadtschule vor, woraufhin Schmid vom Rat der Stadt tatsächlich in das Amt berufen wurde. Im Falle Schmids konnte sich Balduin der erfolgreichen Berufung sicher wähnen, denn dessen Vater hatte selbst dem Wittenberger Stadtrat angehört – folglich war der Sohn kein Unbekannter.12 Zu dem Inspektorat über die Wittenberger Stadtschule liegen darüber hinaus keine Nachrichten vor. Es ist aber davon auszugehen, dass Balduin dieses Amt nutzte, um begabte Studenten zu rekrutieren und sodann wiederum durch eine gezielte Personalpolitik geeignete Anwärter für ein Schulamt zu gewinnen. Die Mädchenschule ist in Wittenberg vermutlich in den späten 1520er Jahren gegründet worden, seitdem sie in den Rechnungsbüchern vorkommt.13 Ein Jungfrauenschulmeister wird seit 1529 in den Rechnungsbüchern geführt. Dabei handelt es sich möglicherweise um eine Folge des reformatorischen Umbruchs: Luthers Ordensbruder Johannes Lang (1487–1548) hatte im Rahmen seiner Edition zweier Hieronymus-Briefe über Mädchenerziehung von 1515 die Forderung nach Mädchenbildung über, sondern war vielmehr selbst Teil des Konsistoriums. Kompetenzfragen ergaben sich dennoch oder gerade deswegen. 12  StKA Wittenberg, WOB VI (1605–1627), Nr. 239: „Ego M[agister] Johannes Schmid 14. Jan. A[nn]o 1584 natus sum hîc Wittebergae patre Christiano Schmid eiusdem Reip[ublicae] Senatore et Maria Werzeliana: In Schola patria primum bonarum literarum fundamenta praeceptore M[agister] Christiano Salbachio ieci; postmodum in patria Academia liberalibus artibus per aliquot annos operam dedi usus manuductione inter caeteros M[agister] Georgii Zeaemanni, et Anno Supra sesquimillesimum centesimo tertio à Spectabili D[omi]n[i] Dn. M[agister] Martino Hilwigio Ethices profess. Magisterii gradum petii et adeptus sum. Abhinc sexennio (cum tempore peregrinationibus destinato) in studio Theologico confecto 2. Novemb[ris] A[nn]o 1609 a Reverend[issime] et Clariss[ime] D[omi]n[e] D[octore] Friderico Balduino Superattendente vigilantissimo praeceptore meo observando et Senatu Patria Ampliss[ima] ad munus Conrectoratus Scholae oppidianae legitime vocatus, eidem per annum, et quod ultra excurrit praefui. Tandem 12. Decemb. A[nn]o 1610 ad functionem Ecclesiasticam ab Illustri et Generosissmo D[omi]no D[omi]no Rudolpho Trüfeln Lib[era] Barone in Gundersdorf: divina et legitima per Reverend. D[omi]n[u]m. Superintendentem vocatio offertur et solenni manuum impositione in praesentia reliquorum ministrorum verbi divini in templo parochiali mihi cum collega meo M[agister] Iohanne Eccio 17 Decembri confertur atque confirmatur. Pater latissimus suo sancto Spiritu mihi adsit et in me confirmet, quod cepit, opus bonum, ut in vinea eius sim.“ 13  Pallas (Bearb.): Registraturen, Bd. 1, 12–13.



1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent127

artikuliert.14 Allerdings fehlen genauere Nachrichten über die gegründete Mädchenschule. Die Stadtkarte Wittenbergs aus dem Jahr 1623 zeigt, dass sie unmittelbar am Kirchplatz gelegen war.15 Seit 1620 – in der Zeit als Balduin für diese verantwortlich war – verzeichnet die Kastenrechnung höhere Bauausgaben für die Mädchenschule, doch zu wenig für einen Neubau (circa 310 Gulden).16 1621 werden neue Möbel angeschafft und im Spätherbst desselben Jahres eine Schulordnung durch den Rat der Stadt verabschiedet, an deren Ausgestaltung Friedrich Balduin wichtigen Anteil hatte. Die Ordnung wurde vom Rat der Stadt Wittenberg (konstituiert durch Bürgermeister, Richter und Ratsverwandte) unter dem 1. November 1621 verabschiedet.17 Balduin hatte bereits an den im Vorfeld unternommenen Beratungen teilgenommen. Er wird gleich zu Beginn der Ordnung als Berater der Ratsverwandten genannt.18 Die erlassene Ordnung geht nicht sehr ins Detail, sondern benennt Richtlinien, die für den Schulbetrieb der Mädchenschule als Orientierung dienen sollten. Es handelte sich also vielmehr um ein Schulprogramm: Der Unterricht sollte im Sommer von 6 bis 9 Uhr vormittags, von 12 bis 15 Uhr nachmittags an den Tagen Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag stattfinden. Die Unterrichtsstunden sollten stets mit Gesang und Gebet begonnen und beschlossen und von einem bestellten Schulmeister und seiner Frau abgehalten werden. Gebet, Luthers Katechismus und das Psalterium werden als inhaltliche Schwerpunkte des Unterrichts genannt, wobei die Psalmen gesungen und auch Katechismuspredigten gehört werden sollten. Der Schulmeister und seine Frau hatten auf die Sitten der Schülerinnen zu achten.19 Nicht zugehörigen Personen sollte der Zutritt zur Schule verboten sein. Über Kinder aus sehr armen Familien oder Waisenkinder hatte der Rat gemeinsam mit dem Superintendenten zu beraten und den Schulmeister gegebenenfalls anzuweisen, das betreffende Kind ohne Schulgeld 14  Divi Hieronymi Epistola ad magnum urbis oratorem elegantissimum. Eiusdem ad Athletam de filiae educatione, Wittenberg 1515. Vgl. dazu Kathe: Philosophische Fakultät, 45 sowie Gössner: Die Anfänge des Buchdruckes, in: Bünz (Hrsg.): Bücher, Drucker, Bibliotheken in Mitteldeutschland, 2006, 133–152. 15 Vgl. die Beilagen zu Lück/Bünz/Helten/Kohnle/Sack/Stephan (Hrsg.): Das ernestinische Wittenberg: Stadt und Bewohner. 16  Hennen: Fürbilde der Herde. 17  StKA Wittenberg, AI 579. 18 Ebd.: „Wir, Bürgermeister, Richter und Rathmanne alhier aller Bürger Räthe, thun kundt und zuweißen allen denjenigen, welchen ihre Kinder nach alter Ordinantz und Herkommen, in unsere und […] Stadt alhier angeordnete Jungfrou Schul zu schicken gebühret, und allda in Gottesfurcht, beten, lesen und schreiben, in der weisen laßen sollen und wollen daß wir mit gehabten Raht, des Ehrwürdigen, hochachtbahren und hochgelahrten, Herrn Friedrich Balduini der H. Schrifft Doctoris general Superintendentis und Pastoris auch Professoris primarii alhier, wegen des Schulgeldes und anderen puncten halben einmüthiglich folgende Schulordnung und Ordinantz bey unser und gemeinte Stadt aufgerichteten Jungfrau Schule miteinander vergleichen, auch solche von dem Schulmeister, so wohl seinen Schülern nach gelebet, und von männiglich darüber steiff und feste gehalten haben wollen.“ 19  Die Besoldung des Schulmeisters betrug 23 fl und 17 gr sowie 24 Scheffel Zucker und Salz und 60 Scheite Holz mit Transport aus dem Gemeinen Kasten und 15 Schock und 60 Scheite Holz vom Rat der Stadt. Zudem sollte ein wöchentliches Schulgeld erhoben werden: 3 ch sollten die Eltern für die jüngeren, die das Abc und lesen, 6 ch für die älteren Mädchen bezahlen, die lesen und schreiben lernen sollten. Für den Eintritt in die Schule (Aufnahme) sollte darüber hinaus eine Gebühr von 2 ch erhoben werden.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

zu unterrichten. Gemäß und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die kursächsische Kirchenordnung von 1580 sollten die sogenannten „Winckelschulen“ abgeschafft werden.20 Halbjährlich waren Examina vorgesehen, die durch den Rat der Stadt unter Hinzuziehung des Generalsuperintendenten abgenommen werden sollten. Aus der Schulordnung ist weiterhin zu erfahren, dass die Mädchenschule in der Trägerschaft des Stadtrats sowie der Stadtkirche stand und damit dem Generalsuperintendenten die Aufsicht über die Schule zukam. Hieraus erklärt sich, dass diesem auch die Abnahme der Examina oblag. Mit der Bestimmung über die Examina wurde offensichtlich eine seit langem gehandhabte Praxis festgeschrieben: Wie aus den Kämmereirechnungen zu ersehen, bekam der Generalsuperintendent seit längerem für die halbjährlich – in der Regel im Mai und im September – abgenommenen Examina in der Mädchenschule jeweils 48 gr (2 fl und 6 gr). Auch die Bürgermeister – zunächst beispielsweise Lucas Cranach (1515–1586), seit den 1580er Jahren Samuel Selfisch (1529–1615) – wohnten den Examina bei und wurde dafür entlohnt, wenn auch etwas geringfügiger als der Generalsuperintendent.

1.3.  Personal der Stadtkirche In der Stadtkirche war Balduin von einem akademisch gebildeten, konfessionell zuverlässigen Personal umgeben, das meist aus Wittenberg kam. Der Archidiakonus Heinrich Silbermann wurde am 29. September 1563 als Sohn einer Tischlerfamilie in Gotha geboren.21 Er besuchte die Schulen in Gotha, Jena, Naumburg und immatrikulierte sich sodann an der Universität Jena, wo er nur ein Jahr verblieb. Am 26. Februar 1584 schrieb Silbermann sich in die Matrikel der Leucorea ein.22 1587 erwarb er hier den Magistergrad.23 Möglicherweise wegen des in Wittenberg nach dem Tod Kurfürst Augusts erstarkenden „Kryptocalvinismus“ hat sich Silbermann wiederum nach Jena begeben und seine Studien fortgesetzt.24 Zurück in Wittenberg, heiratete er die Tochter des Wundarztes Johann Gäbler und wurde 1591 zum dritten Diakonus der Stadtkirche ernannt. Ordiniert wurde er gemeinsam mit Andreas Amberger in Leipzig, denn in Wittenberg war das damals aufgrund des abermaligen religionspolitischen Kurswechsels, der die Entlassung der „kryptocalvinistischen“ Professoren zur Folge gehabt hatte, nicht möglich gewesen. Silbermann wurde 1593 Archidiakonus und versah das Amt bis zu seinem Tod 1620.25 Nach seinem Ableben 20  Kirchenordnung

1580, in: Corpus Juris Ecclesiastici, 256. hat Silbermann 1620 die Leichenpredigt gehalten und darin von seinem Leben und Wirken Nachricht gegeben. Vgl. Balduin: Prediger Ampt und Belohnung, 1620. Weitere Nachrichten von Silbermanns Leben und Wirken finden sich in den einschlägigen Personennachschlagewerken. Vgl. Erdmann: Pastoren, 21; ders.: Supplemente und Berichtigungen, 86–87. 22  AAV 2, 327. 23  UA Halle, Rep. 1, XXXXV, Nr. 1, Dekanatsbuch der Philosophischen Fakultät, Bd. 2. 24  Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass er bereits 1589 wieder nach Wittenberg gezogen ist und damit noch vor den in lutherisch-orthodoxem Sinne getroffenen Personalentscheidungen von 1591/92 zurückgekehrt ist. 25  Erdmann: Pastoren, 21 und StKA Wittenberg, Rechnungen des Gemeinen Kastens (1593). Unter vier Oberpfarrern und Generalsuperintendenten hat Silbermann gedient  – Polycarp Leyser d. Ä., Ägidius Hunnius d. Ä., Georg Mylius und Friedrich Balduin. 21  Balduin

1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent129



rückte Andreas Amberger, vormals Diakonus, in das Amt des Archidiakonus auf, der, wie Silbermann, bereits seit 1592 im geistlichen Ministerium gedient hatte. Andreas Amberger war knapp fünf Jahre jünger. Am 7. Mai 1568 in Wittenberg geboren, wurde er zunächst auf die Stadtschule geschickt.26 Am 3. März 1586 immatrikulierte er sich an der Leucorea und erwarb 1589 in der Zeit des „Kryptocalvinismus“ den Magistergrad.27 1591 wurde er zum vierten Diakonus an der Stadtkirche berufen. Konfessionell war er wie auch Silbermann eines Abweichens von lutherischen Lehrvorgaben unverdächtig. 1593 rückte er zum zweiten Diakonus an der Stadtkirche auf. Wie erwähnt, wurde er 1620 nach dem Tod Silbermanns Archidiakonus. Nachdem Amberger durch einen Schlaganfall 1626 bettlägerig geworden war, starb er 1629 in Wittenberg. Amberger predigte sowohl in der Stadt- als auch in der Schlosskirche. Die meisten Diakone waren jünger und gehörten selbst der Theologengeneration um Balduin an. Georgius Jordan wurde am 7. Juli 1576 in Wunsiedel (Vogtland) als Sohn eines Diakons geboren und besuchte unterstützt von Markgraf Georg Friedrich I. das Heilsbronner Gymnasium.28 Jordan wurde für ein Jahr lang Kantor im fränkischen Helmbrechts, wo sein Vater Pfarrer war. Am 2. April 1597 immatrikulierte er sich an der Universität Wittenberg.29 Ägidius Hunnius d. Ä. nahm ihn als Inspektor der markgräflichen Stipendiaten in seinem Haus auf und beschäftigte ihn über vier Jahre hinweg als Gehilfen. Hunnius war es auch, der ihn für das frei gewordene Diakonat an der Stadtkirche vorgeschlagen hatte. Nach der Berufung durch den Rat wurde Jordan am 10. Oktober 1601 von Hunnius im Beisein des Ministeriums und einiger Ratsverwandten examiniert und tags darauf ordiniert. Bereits 1604 wurde Jordan dritter Diakonus. 1610 nahm Jordan einen Ruf nach Oberösterreich an und verließ Wittenberg. Petrus Schleich wurde am 16. August 1562 als Sohn des Buchdruckers Clemens Schleich in Wittenberg geboren.30 Er besuchte die dortige Stadtschule und wurde 26  Röber:

Verbera Manus Paternae, 1631. 2, 345. 28  Der Lebenslauf bis zur Ordination ist dem Eintrag in das Ordiniertenbuch entnommen. StKA Wittenberg, WOB V (1590–1606), Nr. 611: „Ego Georgius Jordanus, natis Wonsidliae Variscorum, die 7. Julii, Anni salutis 1576. Patre Johanne Jordano, tum temporis ibidem Diacono iam vero Pastore Helmbrechtensi, et Sara matre, iactis linguae latinae fundamentis in schola patria, missus sum in illustre Gymnasim Heilsbronnense ibi per integrum sexennium, liberalitate illustrissimi Principis ac Domini, Domini Georgii Friderici Marchionis Brandeburgici, Domini mei clementissimi sustentatus, postmodum crescentibus annis profectus in patriam, et ad Academica aspirans studia à senatu Helmbrechtensi, praetor omnem meam meorumque mentem vocatus ad functionem Cantoris quam annuentibus tandem parentibus ad tempus debita diligentia administravi, dehinc elapse annuo spacio commendatus Reverendo et excellentissimo Viro, Domino Doctori Aegidio Hunnio, ad hanc […] Academiam cleberrimam, statimque in familiam Hunnianam laudatißimam receptus, in ea per quadriennium cum semestri officium famuli et Amanuensis praestiti: tandem, vacante Diaconatu huius Ecclesiae, à Reverendo et Clarissimo D. D. Aegidio Hunnio Superintendente Ducatus Saxonici generali, Patrono, imò verè patre meo summa cum animi observantia prosequendo, nec non Amplissimo, prudentissimoque Senatu totàque civitate huius loci, unanimibus suffragiis in diaconum electus et legitimà vocatus sum: Et demum X. die Octob. Ao 1601 à Rvdo. D. Superintendente praesente toto Ministerio, nonnullisque ex ordine Senatoris examinatus, et sequenti die Dominico sacris ordinibus initiatus sum. Mal. 51. Cor mundum crea in me DEUS, et spiritum rectum innova invisceribus meis.“ Vgl. auch Erdmann: Pastoren, 22. Vgl. zu den markgräflichen Stipendien Wotschke: Markgräflich-ansbachische Stipendiaten in Wittenberg, 197–207. 29  AAV 2, 438. 30  Der Lebenslauf bis zu seiner Ordination ist dem Eintrag in das Ordiniertenbuch entnommen. 27  AAV

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

von Johannes Ursinus und Leonhard Etzler unterrichtet. Am 8. Oktober 1579 schrieb er sich in die Matrikel der Leucorea ein.31 Schleich besuchte sodann seit dem 4. Januar 1580 die Fürstenschule zu Grimma, wo er bis zum 6. April 1583 lernte.32 Anschließend kehrte er nach Wittenberg zurück und nahm das Studium an der Leucorea auf. Von hier wurde er 1591 durch den Senat der in der Unterlausitz gelegenen Stadt Kirchhain in ein Schulamt  – Balduin scheibt in der Leichenpredigt, er sei SchulRektor gewesen  – berufen, das er zehn Jahre lang versehen hat. 1601 bestellte der Senat Wittenbergs Schleich zum vierten Schulmann an der Stadtschule. Als er dieses Amt gerade zwei Jahre ausgeübt hatte, wählten und beriefen ihn Senat und Konsistorium in das vakante Amt des vierten Diakons. Salomon Gesner ordinierte ihn am 23. September 1603. Schleich wirkte hier bis zu seinem Tod am 13. März 1613.33 Am 27. Februar 1610 wurde Georg Wunschold zum Diakonus berufen.34 Als Sohn des Archidiakons Georg Wunschold in Zwethau geboren, besuchte er die Schulen in Torgau und Meißen.35 Am 9. Juni 1585 immatrikulierte er sich gemeinsam mit StKA Wittenberg, WOB V (1590–1606), Nr. 746: „Ego M. Petrus Schleich Vuitebergensis honestis legitimisque parentibus natus, patre nimirum Clemente Typographo, & matre Catharina Sandmannin, in patria prima pietatis atque literarum fundamenta ieci sub informatione M. Johannis Vrsini Mulhusini, & M. Leonhardi Etzleri Vratislaviensis, deinceps in electorali Grimensi Gymnasio ûberiorem atrium & linguarum cognitionem hausi, indes rediens sumptibus parentis Vuitebergae literis operam deidi, quo defuncto â senatu Kirchhanensi in Lusatia inferiori Anno 91 vocatus sum ad munus informandi pueritiam, cui officio per decennium praefui, hinc ab amplissimo & prudentissimo Vuitebergensium senatu quartus scholae collega sum receptus, quod munus per duos annos & quatuordecim septimanas sedulo administravi. Tandem singulari Dei providentia vacante Diaconatu huius Ecclesiae ab amplissimo prudentissimoque senatu nec non Reverendis amplissimis & dignissimis Consistorii assessoribus praemisso examine in Diaconum electus & legitime vocatus sum. Ad hoc officium more modoque Apostolico per manuum impositionem & preces publicas inauguratus sum in praesentia totius ordinis senatorii à viro Reverende Dno Salomone Gesnero SS. Theologiae Doctore & professore publico, Anno 1603, 23 Septembris, qui dies sac est victorii. Ut tibi grata […], dicam, faciamque docendo, Cor, linguam, mentem, tu rege Christe, meam.“ Vgl. auch Erdmann: Pastoren, 23 sowie ders.: Supplemente und Berichtigungen, 93. 31  AAV 2, 284, B: „Petrus Schleich Vuitebergensis“. Das Datum markiert nicht den Beginn seines akademischen Studiums. 32  Lorenz: Grimmenser-Album, 1850, 51. 33  Balduin: Christlicher Leichsermon, 1613. Schleich war in erster Ehe mit Magdalena, der Witwe des Bürgers von Pretzsch Johannes Schacht, in zweiter Ehe mit Maria, der Witwe Magister Christoph Reichels, des Pfarrers von Zwochau, verheiratet. 34  RA Wittenberg, 327: Des Raths zu Wittenberg Ius Patronatus, die Bestellung derer Kirchen- und Schul-Diener und derselben Vocationes 1569–1650 sowie 19 (Bc 7): Des Raths zu Wittenberg Ius Patronatus, die Bestellung derer Kirchen- und Schuldiener und derselben Vocationes. 35  Der Lebenslauf bis zu seiner Ordination ist dem Eintrag in das Ordiniertenbuch entnommen. StKA Wittenberg, WOB V (1590–1605), Nr. 678: „Ego M. Georgius Wunschaldus Torgensis, honestis legitimisque parentibus natus, patre nimirum Viro Reverendo Domino M. Georgio Wunschaldo Torgae Archidiacono, matre Magdalena, in patria prima pietatis atque literarum fundamenta ieci, deinceps in Electorali Misnensi gymnasio; inde Witebergam missus Serenissimi Saxoniae Electoralis, Domini mei Clementissimi munificentiâ studia mea Philosophica et Theologica continuavi. Inde singulari Dei providentiâ ab Amplissimo et prudentissimo Senatu Torgensi ad obeundum in patria munus Scholasticum promotus, cui officio per annos duos cum dimidio praefui. Tandem maiori et singulari providentiâ divina ad munus Ecclesiasticum in pago Weidenhâin propè Torgam sito legitimè vocatus sum. Ad hoc officium more modòque […] per manuum impositionem inaugurates sum à celeberrimo illo Theologo, Viro Reverendissimo Domino D. Aegidio Hunnio, praeceptore meo aeternum honorando die 25. Augusti. Anno 1602. Benedicat mihi Dominus, ut faciam fructum multum Amen.“ Vgl. weiterhin Erdmann: Pastoren, 23; ders.: Supplemente und Berichtigungen, 80–81.

1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent131



seinem Bruder Abraham an der Leucorea und erhielt ein kurfürstliches Stipendium.36 Nachdem er den Magistergrad erworben hatte, bekam er eine Vokation als Lehrer nach Torgau, wo er zweieinhalb Jahre lang tätig war. Berufen in ein kirchliches Amt nach Weidenhain bei Torgau, wurde Wunschold am 25. August 1602 von Ägidius Hunnius ordiniert.37 Am 27. Februar 1610 wurde er dann zum Diakonus an die Stadtkirche zu Wittenberg berufen. Bereits 1613 ging er als Pfarrer nach Schmiedeberg, wo er 1635 an der Pest verstarb. Der 1581 in Wittenberg geborene Michael Blum nahm 1605 zunächst die Pfarrstelle zu Söllichau in der Diözese Eilenburg an.38 1613 ersetzte er Wunschold als dritten Diakonus an der Wittenberger Stadtkirche. 1621 stieg er zum zweiten Diakonus auf, 1627 kam er als Pfarrer und Superintendent nach Belzig, wo er bis zu seinem Tod 1646 blieb. Magister Anton Berger wurde 1587 in Torgau geboren.39 Er besuchte zunächst die Schule in Torgau, sodann die Fürstenschule zu Grimma und immatrikulierte sich im August 1608 an der Leucorea.40 Am 31. März 1612 erwarb er hier den Magistergrad und erhielt sodann eine Pfarrstelle im kursächsischen Pösigk, wozu er mit einem Schreiben vom 15. Januar 1612 berufen worden war. 1614 wurde er vierter Diakonus und 1621 dritter Diakonus an der Stadtkirche zu Wittenberg. Erdmann schreibt über ihn: „[…] binnen welchen Jahren er den Generalsup[erintendenten] D. Friedrich Balduin mit solcher Aufmerksamkeit hörte, daß er sich zu dessen glücklichsten Nachahmer bildete.“ 1627 wurde Berger als Pfarrer zu St. Andreas nach Braunschweig berufen. Leonhard Amberger d. J. wurde im Januar 1579 als Sohn von Leonhard Amberger in Wittenberg geboren.41 Er besuchte zunächst die Wittenberger Stadtschule bis zu 36  AAV

2, B 330. bezeichnet Hunnius in dem Eintrag in das Wittenberger Ordiniertenbuch als „praeceptore meo aeternum honorando“. 38  Erdmann: Pastoren, 23. 39  Vgl. zu ihm Weller: Mühsamer, jedoch seliger Kämpffer, 1643 sowie Erdmann: Pastoren, 23. 40  AAV (JR) 1, Nr. 339. 41 Der Lebenslauf bis zur Ordination ist dem Eintrag in das Ordiniertenbuch entnommen. StKA Wittenberg, WOB VI (1605–1627), Nr. 89: „Ego M. Leonhardus Ambergius Witebergensis honestis parentibus civibus Witebergensibus patre Leonhardo Ambergio, matre Anna anno 1579 mense Januario natus pietatis et literarum initia ieci in schola patria ad annum decimum sextum aetatis. Postea Philosophicis et Theologicis studiis sexennium integrum incubui in Academia Witebergensi parentum sumptibus ad studia sustentatus. Magisterii titulum assecutus anno reparatae salutis 1601. Ab eo tempore studio Theologico me totum dicans et integrum iterum quiquennium et quod excurrit cum frequentando Lectiones et disputationes Theologorum, tum infraque extraque urbam Witebergam consumpsi concionandi. Anno vero 1606 in Austriam profectus quibus Illustri et Generoso Dno, Dno Johanne Gulielmo Barone a Zelking, Dno in Weinberg, Zelking, Leonstein, Tornach et Wartberg etc. Casarva Maiestatis consiliario Provincialis in Austria superiori ad Rectoratum ipsius Generositatis illustris scholae Campegorentis vocatus fui. Quo pro virile annum desumtus ab illustribus ad Generosis Dno. Schulterianis tutoribus gubernatio scholae Mursbacensis et inspectio Alumnorum inopinato mihi clemendarbar. Mensibus vero vix sex elapsis Nobilis. ac Generosus Dominus Johannes Bernhardus a Danckheim, Dominus in Albrechtsberg et Streitwisen ad docendum purum verbum Dei et legitime dispensandum sacramenta in templo arcis Streitwisen legitime me vocavit. Ad suscipione dum igitur sacros ordinis testimoniis vocationis morumque instructus Witebergam à Gratioso meo Dno missus fui. Anno itaque 1608 24 Maii Reverendo ac clarissimo Ecclesiae Witebergensis Superattendente Dno D. Friderico Balduino, Theologiae professore Publico examinatus altero die in praesentia reliquorum Dominorum Theologorum et verbi, qui hic sunt ministrorum sacris ordinibus 37 Wunschold

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

seinem 16. Lebensjahr und immatrikulierte sich am 16. Juli 1595 gemeinsam mit Martin Amberger an der Leucorea.42 1601 erwarb er hier den Magistergrad. Anschließend folgte er einer Berufung als Rektor nach Campegoren in Oberösterreich und nur ein Jahr später als Rektor und Inspektor der Alumnen nach Winsbach. Am 24. Mai 1608 wurde er in Wittenberg durch Friedrich Balduin examiniert sowie ordiniert und darauf Schlossprediger zu Streitwiesen, wo er bis 1620 verblieb. In diesem Jahr kam er als vierter Diakonus an die Wittenberger Stadtkirche. Doch bereits 1623 ging er als Pfarrer nach Wartenburg, wo er nach Auskunft des dortigen Kirchenbuchs am 18. Juli 1650 gestorben ist. August Fleischhauer wurde 1595 in Glaucha im Schönburgischen geboren und zog als Kleinkind im Alter von zwei Jahren mit seinen Eltern nach Wittenberg.43 Er besuchte zunächst die Wittenberger Stadtschule und sodann die Universität – ein Eintrag in die Matrikel ist nicht nachweisbar. Bekannt ist nur, dass er am 24. September 1622 den Magistergrad erworben hat.44 Ende des Jahres 1623 wurde er vierter Diakonus, 1627 dritter und 1628 zweiter Diakonus, 1631 sogar Archidiakonus an der Stadtkirche. Er blieb bis zu seinem Tod 1676 in diesem Amt. Eusebius Bohemus schließlich wurde 1598 als Sohn des Zwickauer Archidiakonus Eusebius Bohemus d. Ä. geboren und besuchte zunächst die dortige Stadtschule.45 initiatus sum. Deus adsit mihi sua gratia ut non tantum purum verbum divinum sine figmentis et traditionibus humanis auditoribus meis proponam verum etiam doctrinam honestis virtutum exemplis ornem et auditoribus ad imitationem praeluceam me, dum aliis praedico ipse reprobus efficiar.“ Vgl. auch Erdmann: Pastoren, 23–24. Der Diakonus der Stadtkirche Andreas Amberger war sein Bruder. 42  AAV 2, 423, A 18. 43  WOB VI (1605–1627), Nr. 752: „Ego M. Augustus Fleischhaur hac mea manu testatum facio, me anno 1595 in oppido Glaucha a piis et honestis parentibus esse proceatum, Patre quidem Zachaeo Fleischhaur […], matre vero Maria Königin pie iam in Christo defuncta. Qui cum postea anno 1597 Wittebergam avocarentus ab Amplissimo senatu ibidem Oppidano, in omni pietate ac probitate hic Wittebergae sum educates, partim propriis ipsorum sumptibus, partim etiam Illustrissimi Principis et Electoris Saxoniae Iohannis Georgii Domini mei Clementissimo Munificentia: Ubi etiam non tantum fundamenta ieci studiorum meorum sed et ipsas linguas et artes edoctui sum. Ao 1622 summum in Philosophia gradum assecutus fui a Spectabili Decano Dno. M. Aegidio Hunnio, tum temporis Philosophiae Adiuncto. Anno ab hinc, et quod excurrit, elapso, mirandi Dei providentia et consilio Amplissimi senatus Wittebergensis; ad honestam quarti Diaconi functionem, legitima vocatio mihi afferebatur, qui occasione pro more examinatus et ad ministerium Ecclesiasticum sacris ordinibus initiatus sum, ab admodum Reverendo et Clarissimo viro D. Friderico Balduino, Superintendente, et Praeceptore ac Promotore meo omni observantiae genere colendo, id quod factum 22 Decemb. a. 1623. Promitto virtutem largiente Deo ter Opt. Max. non tantum in fide et doctrina constantiam, sed et morum probitatem, ut et in pascendo gregem meam, omnem fidelitatem. Amen.“ 44  AAV (JR) 1, 597. 45  Der Lebenslauf bis zur Ordination ist dem Eintrag in das Ordiniertenbuch entnommen. StKA Wittenberg, WOB VI (1605–1627), Nr. 804: „Ego M. Eusebius Bohemus Cycnea-Misnicus, natus sum Anno Christi 1598. 4 Maij Patre M. Eusebio Bohemo Ecclesiae Patriae Archidiacono, educatus & bonis artibus imbutus in Schola Patria, anno 1618 in hanc Academiam missus, in qua usque ad praesens tempus continue bonis artibus & imprimis studio Theologico incubui; anno 1623 gradum Magisterii eiusque privilegia consecutus sum in hac ipsa Academia, & eo ipso in numerum Alumnorum Electoraliûm receptus sum. Anno praesenti die 12 mensis Septembris ab Amplissimo Senatu huius Urbis officium […] Diaconi adiuvante Divina gratia mihi demandatum est, & hodie (13 Septemb:) ad Admodum Reverendo, Clarissimo atque Excellentissimo Dn. D. Friderico Balduino SS Th. Prof: P. Pastore & Superattendente vigilantissimo huius Ecclesiae Patrono meo colendissimo in praesentia Caeterorum Verbi Ministrorum ritu Apostolico ordinatus sum. Anno Christi 1626. […].“ Vgl. weiterhin Erdmann: Pastoren, 24.



1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent133

Am 12. Oktober 1618 wurde er an der Leucorea immatrikuliert und durch ein kurfürstliches Stipendium unterstützt. Bohemus erwarb am 1. April 1623 den Magistergrad und war ab Oktober 1624 als Magister legentes an der Philosophischen Fakultät tätig. Am 12. September 1626 wurde er zum vierten Diakonus an die Stadtkirche berufen und am 13. September von Balduin ordiniert. 1628 stieg er zum dritten und 1631 zum zweiten Diakonus auf. Am 19. Juni 1632 erwarb er das Lizentiat der Theologie und wurde sodann als Pfarrer und Superintendent nach Zwickau berufen. Hier starb er bereits am 30. Juni 1633.

1.4.  Examen und Ordination Das theologische Examen bildete seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Voraussetzung dafür, dass eine Ordination vollzogen werden konnte. Melanchthons Ordinandenexamen, das 1552 erstmals erschienen ist, hat in Wittenberg zunächst als Grundlage der Prüfung gedient.46 Das Examen sollte nach den Bestimmungen der Kirchenordnung von 1580 durch das paritätisch besetzte Konsistorium Wittenberg abgenommen werden  – von den theologischen Assessoren sowie im Beisein eines oder beider „politischer“ (juristischer) Assessoren.47 In den Jahren 1604/05 versahen Georg Mylius (Pfarrer und Generalsuperintendent) und Salomon Gesner (Propst der Schlosskirche) aus der Theologischen Fakultät, Johannes Zanger und Ludwig Person aus der Juristischen Fakultät die Assessuren.48 Das Konsistorium Wittenberg musste neu besetzt werden, nachdem Gesner 1605, Mylius, Zanger und Person 1607 46  Stegmann: König, 134–137. Ob und inwieweit es in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts tatsächlich im Rahmen des Ordinandenexamens gebraucht worden ist, konnte nicht geklärt werden. Anzunehmen ist, dass es im Rahmen der Durchsetzung der lutherischen Orthodoxie in Kursachsen nach 1591/92 zurückgedrängt worden ist. Vgl. etwa das Vorzeichnüs: Inn welchenn Stückenn das Examen Philippi unrichtigk befünden wordenn, in HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10327/2: Synodus, so zu Dresden gehalten werden soll 1599–1610, 81r–84r. Dort werden eingangs „etzliche vornehme Articull unnd Haubtpuncten“ benannt, nämlich „De scriptura sacra, de creatione, de imagine DEI, de providentia Dei, de praedestinatione, de communione sub utraque specie, de Antichristo, de purgatorio, de statu animarum post hanc vitam, de Resurrectione mortuorum“, die sodann näher problematisiert werden. Immerhin war Hutters Compendium Locorum Theologicorum (1610) als Grundlage für das Ordinandenexamen konzipiert und vorgesehen. 47 Vgl. den Abschnitt der Kirchenordnung von 1580 „Vom Examine aller Kirchendiener / so entweder ordinirt / oder zur andern Pfarren gefördert werden sollen“ (XC) bei Sehling: Kirchenordnungen, 377–380. Anhand der Rechnungsbücher der Leucorea (Fiskus) können die Assessoren des Konsistoriums ermittelt werden, weil in ihnen die für die Assessoren anfallenden Kosten verzeichnet wurden. Vgl. UA Halle, Rep. 1. Akten zu Universität und Konsistorium, die etwa Berufungsangelegenheiten dokumentieren, finden sich im HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7422/4: Universiteten-, Consistoria-, Geistliche Sachen und Beneficia aus der Procuratur Meissen. Anno 1611–1613, Loc. 7423/1: Registratur über Universität-, Consistorial- und Geistliche Sachen, auch die Beneficia aus der Procuratur Meißen de annis 1614–1616, Loc. 7423/2: Registratur über Universität-, Consistorial- und Geistliche Sachen, auch Die Beneficia aus der Procuratur Meißen de Annis 1617–1620, Loc. 7424/1: Registratur über die Universitet-, Consistorial- und Geistlichen Sachen auch die Beneficia aus der Procuratur Meißen. Ao.1624–1627 sowie Loc. 7424/2: Universitaet und Consistorial Sachen, ao. 1617–1629. 48  UA Halle, Rep. 1, 2276: Rechnungsbuch 1604/05. Die theologischen Assessoren wurden mit 20 fl pro Quartal, die juristischen mit 25 fl pro Quartal vergütet. Als Notarius fungierte in diesem Zeitraum ein Philipp Melanchthon, der für seine Tätigkeit ebenfalls 20 fl pro Quartal erhielt. Ob dieser ein Nachfahre des Reformators gewesen ist, konnte bisher nicht geklärt werden. Vgl. Beuttenmüller: Nachfahren Philipp Melanchthons, 1997, der diesen Philipp Melanchthon nicht kennt.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

gestorben waren.49 In den Jahren 1609/10 versahen dann Leonhard Hutter (Professur ohne Predigtamt) und Friedrich Balduin (Pfarrer und Generalsuperintendent) aus der Theologischen Fakultät, Bartholomäus Reusner und Lucas Beckman aus der Juristischen Fakultät die Assessuren des Konsistoriums.50 Nach dem Tod Hutters wurde Wolfgang Franz theologischer Assessor des Konsistoriums, der aber krankheitsbedingt faktisch seit 1620 durch Balthasar Meisner ersetzt wurde. Nach dem Tod Lucas Beckmans wurde Conrad Carpzov zum juristischen Assessor.51 Neben dem Examen war auch die Ordination gemäß der Kirchenordnung von 1580 durch das Wittenberger Konsistorium zu vollziehen.52 Der sechste Band des Wittenberger Ordiniertenbuchs (1605–1627) enthält Hinweise, dass in der Praxis Abweichungen von den in der Kirchenordnung von 1580 zugrundegelegten Bestimmungen die Regel waren. Mit Balduin, der zumeist als Examinator und in der Regel als Ordinator, und Hutter, der ebenfalls häufig als Examinator tätig war, werden zwar Professoren der Theologischen Fakultät genannt, die zugleich Assessoren des Konsistoriums waren. Doch gibt es nur punktuell Hinweise auf die Institution des Konsistoriums Wittenberg, mehr noch wird in den Einträgen auf die Institution Universität verwiesen.53 Auch Professoren wie Johannes Förster und später Nicolaus Hunnius, die keine Assessuren im Konsistorium versahen, haben examiniert und ordiniert, wenngleich dies eher selten vorkam. Das Personal der Stadtkirche indes war bei den Ordinationen anwesend, bisweilen sogar bei den Examina (!). Der Archidiakonus Silbermann hat nach Angaben im Wittenberger Ordiniertenbuch ebenfalls Examina und Ordinationen abgenommen. Das gilt auch für die übrigen Diakone.54 49 Vgl. zur personellen Konstitution des Wittenberger Konsistoriums HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7429/II: Acta, das Consistorium zu Wittenberg betr. 1542–1708. 50  UA Halle, Rep. 1, 2282. Als Notarius fungierte nunmehr Franciscus Hessus. Die Aufzeichnungen des Fiskus der Universität zwischen 1604/05 und 1609/10 müssen gegenwärtig als verschollen gelten. 51  Ebd., 2372. 52  Eine Sonderbestimmung betraf die angehenden Kirchendiener aus dem Meißnischen Kreis, die fortan durch das Oberkonsistorium zu Dresden ordiniert werden sollten, um die Konsistorien in Wittenberg und Leipzig zu entlasten. 53 Es finden sich nur wenige Kandidaten, die explizit angeben, durch das Konsistorium examiniert und ordiniert worden zu sein, wie beispielsweise Heinrich Schnell: „Et Witeberga â Reverendo consistorio examinatus et ordinatus sum.“ Vgl. z. B. StKA Wittenberg, WOB VI (1605–1627), Nr. 317 und 318. Und selbst bei solchen Angaben ist noch kritisch zu fragen, ob hier tatsächlich alle vier Konsistorialassessoren beteiligt gewesen sind, zumal diese für das Abnehmen der Examina und Ordinationen nicht gesondert entlohnt wurden. Außer in den wenigen genannten Einträgen wird das Konsistorium nicht als die für Examina und Ordinationen zuständige Institution genannt, sondern die diesem angehörenden Professoren der Theologischen Fakultät. Auf die Universität als Institution, die für Examen und Ordination verantwortlich war, verweist der Eintrag von Magister Joachim Strigius aus Pommern: „[…] examinatus in Academia hac, et â Reve. viro Dn. D. Friderico Balduino, praeceptori colende ordinationis rituum confirmatus“ – was lediglich nahelegt, dass die Universität als für die Examina zuständige Institution aufgefasst wurde. Vgl. ebd., Nr. 432. 54  Silbermann etwa hat Examen und Ordination des Lausitzen Abraham Benedict durchgeführt: „Tandem Wittbergae quoque â Reverendo M. Henrico Silberman examinatus sum et ab eodem in templo sum ordinatus.“ Vgl. ebd., Nr. 78. Und auch sonst waren die Diakone beteiligt, wie der Eintrag des Simon Basilius zeigt: „Examine coram Reverendo atque Clarissimo viro Dno. Friederico Balduino SS. Th. D. et professore nec non Ecclesiae Vitebergensis Superattendente digniss. et Dno. M. Jordano Ecclesiae eisdem Diacono fideli, publice 20. Aprilis A: 1608 in Ecclesiâ Vitebergensi ab



1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent135

Der Kandidat Simon Basilius ist demzufolge am 20. April 1608 von Balduin und dem Diakonus Jordan examiniert worden. Ob die Anmerkung in praesentia reliquorum Theologorum55 auf die Anwesenheit der Diakone oder der Universitätstheologen hinweist, erschließt sich nicht. Mochten die Professoren formal als Vertreter des Konsistoriums examinieren und ordinieren, in der Wahrnehmung der Ordinanden traten sie als Universitätsprofessoren auf – Balduin indes ist darüber hinaus stärker als Pfarrer und Superintendent von Wittenberg wahrgenommen worden. Das belegen die Einträge in das Ordiniertenbuch deutlich.56 Die Anwesenheit eines der beiden juristischen Assessoren wird in keinem der ausgewerteten Ordiniertenbucheinträge genannt. Personell dürfte das Verfahren von Examen und Ordination mithin eng an das Stadtkirchenpersonal gebunden gewesen sein, ohne dass dies institutionell verankert war. Auch ist zu vermuten, dass die Ordinationen häufig in der Stadtkirche stattgefunden haben.57 Ob die sogenannte Ordinandenstube oberhalb der Sakristei für Examina genutzt worden ist, muss dagegen offenbleiben. Nicht selten dürften Examina privatim stattgefunden haben, wie der Visitationsbericht moniert – denn auch in den Einträgen in das Ordiniertenbuch ist von privaten Examina die Rede.58 Öfter wird angegeben, dass den Examina auch Studenten beigewohnt hätten. Die Ordination indes wird immer wieder als publicum testimonium beschrieben: Die rechtmäßige Berufung, die mit der Formel rite vocatus angezeigt wurde, sowie die Öffentlichkeit des Aktes wird in den Einträgen häufig betont.59 Die feierliche Konfirmation (Bestätigung) bildet den Abschluss des Verfahrens. In der Praxis waren die Kompetenzen von Konsistorium und Universität in Hinsicht auf Examen und Ordination nicht klar geregelt und wurden durch Personalunionen faktisch unterwandert. Diesem Umstand entsprach, dass die Ordnungen der Universität von 1580 und 1606 explizite Bestimmungen hinsichtlich des Verfahrens von Examen und Ordination enthielten. Danach hatte der Professor, eodem Dno D. Balduino et caeteris dignissimis tùm in Ministerio Collegis […] ordinatus sum.“ Vgl. ebd., Nr. 80 sowie Nr. 112. 55  Ebd., Nr. 129. 56 Die Angaben sind alles andere als einheitlich und eindeutig: „Interim à Rv. Dno. Superintendete et reliquis Diaconis in praesentia nonnullorum ex numero Audiosorum 8 Martii examinatus in loco publico: 9 Martii in templo ordinatus sum“, schrieb der Böhme Adam Wolf am 9. März 1608 in das Wittenberger Ordiniertenbuch. Vgl. ebd., Nr. 75. Bisweilen wird nicht das bestandene Examen, sondern nur die vollzogene Ordination erwähnt  – immer wieder mit ausdrücklichem Hinweis auf den Ordinationsritus: „ordinationis ritum manuumque impositione confirmatus sum.“ Vgl. z. B. ebd., Nr. 86 und 88. 57  Während Adam Wolf angibt, Superintendent Friedrich Balduin und die Diakone hätten ihn im Beisein einiger Studenten an einem öffentlichen Ort am 8. März examiniert und am Tage darauf in der Kirche – gemeint ist wahrscheinlich die Stadtkirche, wo gewöhnlich ordiniert wurde – ordiniert, so heißt es bereits im nächsten Eintrag: „ubi à Reveren: et Clariss: D. Doct. Friderico Balduino 15. Martii examinatus et 16. in templo ordinatus sum.“ Hat hier das Examen privatim stattgefunden, wie der Visitationsbericht moniert? Außerdem variieren sogar die an Examen und Ordination beteiligten Personen. Johannes Wachsmuth schreibt im nächstfolgenden Eintrag: „Tandem Witebergâ quoque à Reverendo et Clariss: D. D. Leonharto Hüttero 22. Martii examinatus, et à Rever: ac Clariss. D. D. Friderico Balduino 23. in templo sum ordinatus.“ Vgl. ebd., Nr. 105: „in templo parochiali“. 58  „[…] privatim examinatus, ordinario publico initiatus, et à caeteris Divini verbi ministris ordinationis ritum, manuumque impositione confirmatus sum“, schreibt Mathias Simonides. Vgl. ebd., Nr. 114 und 130. 59  Ebd., Nr. 100 und Nr. 127.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

der zugleich Pfarrer der Stadtkirche und Generalsuperintendent des Kurkreises war, mit dem Professor, der nicht zugleich ein kirchliches Amt versah, zusammenzuarbeiten. Das bot sich insofern an, als letztgenannter im Rahmen seines akademischen Lehrdeputats mit der Lektur der Hauptartikel der christlichen Lehre (loci communes) betraut war, die im Rahmen des Ordinandenexamens abgefragt wurden. Dieser sogenannte professor controversiarium hatte gemeinsam mit dem Pfarrer und Generalsuperintendenten zu examinieren und außerdem der Ordination beizuwohnen. Hier ergab sich eine enge Zusammenarbeit gleichsam wie von selbst.60 Bis zu seinem Tod 1616 hatte Hutter die Professur für die Hauptartikel der christlichen Lehre inne und führte zugleich den Titel des professor primarius. Von 1617 bis 1623 folgte Nicolaus Hunnius, der Sohn Ägidius Hunnius d. Ä. und, nach dem Weggang von Hunnius nach Lübeck (1623) Jacob Martini, der bereits gut zwei Jahrzehnte an der Philosophischen Fakultät gelehrt hatte. Mit diesen Theologen arbeitete Balduin bei der Durchführung der Ordinationen zusammen.

1.5.  Entwicklung des Ordinationswesens Seit 1535 fanden auf kurfürstlichen Befehl hin zunächst nur Examina und Ordinationen der kursächsischen Kandidaten (Landeskinder) durch Professoren der Theologischen Fakultät an der Leucorea statt.61 Wenig später, 1537, wurde das Verfahren für Kandidaten geöffnet, die gebürtig aus anderen Territorien und Städten des Heiligen Römischen Reiches sowie Nord-, Nordost- und Ostmitteleuropas kamen oder für diese ordiniert werden sollten. So entwickelte sich die Universität Wittenberg zur maßgeblichen „Ordinationsuniversität“, deren Einzugs- und Ausstrahlungsradius die Landesgrenzen weit hinter sich ließ. Formal fiel die Ordination in späterer Zeit – wie oben beschrieben – in den Aufgabenbereich des in Wittenberg 1539 errichteten Konsistoriums, das paritätisch – mit je zwei Theologen und Juristen – besetzt war.62 Weil diese Assessuren mit Universitätsprofessoren bekleidet waren, verblieben Examen und Ordination weiterhin in den Händen der Theologischen Fakultät63, unterliefen die Professoren durch Personalunionen die institutionellen Bestimmungen der Ordnung faktisch.

60 Daher ist es nicht abwegig, dass das 1610 erschienene Compendium Locorum Theologicorum Hutters als Grundlage des Ordinandenexamens gedient hat. 61  Zur Ordination in Wittenberg liegen bisher nur wenige Arbeiten vor, die in erster Linie die Jahrzehnte der Reformation thematisieren: Rietschel: Luther und die Ordination, 1883 (21889); Drews: Die Ordination, Prüfung und Lehrverpflichtung der Ordinanden in Wittenberg 1535, 1904; Lieberg: Amt und Ordination bei Luther und Melanchthon, 1962; Mittermeier, Evangelische Ordination im 16. Jahrhundert, 1994; Krarup: Ordination in Wittenberg, 2007. Vgl. speziell zum Verständnis der Ordination bei Philipp Melanchthon Fischer: Zum Verständnis der Ordination, in: Frank (Hrsg.): Konfrontation und Dialog, 2006, 45–66. 62 Zum Wittenberger Konsistorium Frassek: Eherecht und Ehegerichtsbarkeit, 2005; ders.: Das Wittenberger Konsistorium und der Aufbau der evangelischen Ehegerichtsbarkeit, in: Lück/De Wall (Hrsg.): Wittenberg, 2006, 115–136. 63  Die juristischen Assessoren haben diese Praxis offenbar gebilligt. Dokumente, die eine Beteiligung derselben an Examina und Ordinationen belegen, konnten bisher nicht aufgefunden werden.



1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent137

Seit 1537 verzeichnet das speziell zu administrativen Zwecken angelegte Ordiniertenbuch die in Wittenberg examinierten und ordinierten Kandidaten.64 Dem Pfarrer der Stadtkirche, der zugleich Superintendent des Kurkreises war und eine Professur in der Theologischen Fakultät der Universität versah, oblagen – so wenigstens ist aufgrund der ermittelten Ordinationssituation zu vermuten – Führung und Verwahrung des Ordiniertenbuchs. Er wird die Führung möglicherweise einem Diakonus aufgetragen haben. Diesem zugedachten Zweck als Register gemäß waren die Einträge zunächst knapp gehalten und unterrichteten über nicht mehr als Herkunft, rechtmäßig vollzogene Berufung und die Ordination selbst. Im Bedarfsfalle sollte das Ordiniertenbuch ermöglichen, eine rechtmäßig vollzogene Ordination später noch ausweisen zu können. Seit 1558 allerdings – mit dem Amtsantritt Paul Ebers – hatten sich die Kandidaten eigenhändig dort einzuschreiben und die Einträge wurden immer ausführlicher.65 Die Ordinanden legten mit den Einträgen, die mit wenigen Ausnahmen in lateinischer Sprache66 abgefasst waren, nun zusätzlich Rechenschaft über die erworbene Bildung in Schule und Universität ab, dabei ehrten sie Protegés und Präzeptoren mit deren Nennung.67 So diente das Register ganz maßgeblich einem wichtigen memorialen Zweck: dem akademischen Lehrergedächtnis. Insgesamt liegen neun Bände des Wittenberger Ordiniertenbuchs vor, die im Wittenberger Stadtkirchenarchiv aufbewahrt werden.68 Bisher fehlen umfassende quantitative und qualitative Studien, wohl aber gibt es eine ältere zweibändige Edition der ersten drei bis zum Jahr 1572 reichenden Bände.69 Neben Georg Buchwald darf Theodor Wotschke als bester Kenner der Ordiniertenbücher gelten, so er in Pratau nahe bei Wittenberg wohnhaft gewesen ist und die Bände mehrfach benutzt hat.70 64  Allgemeine Übersichten zum Wittenberger Ordiniertenbuch bieten Pallas: Das Wittenberger Ordiniertenbuch, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 38 (1920), 56–66 und Buchwald: Zum Wittenberger Ordiniertenbuch, in: Archiv für Reformationsgeschichte 29 (1932), 67–79. Pallas nimmt an, dass sich eine konsistoriale Gegenüberlieferung zum Wittenberger Ordiniertenbuch in Dresden befinde, doch konnte eine solche bisher nicht ausfindig gemacht werden. 65 Zu Paul Ebers Tätigkeit als Kirchenmann mit Ordinationstätigkeit  – als Pfarrer der Stadtkirche und Generalsuperintendent – Gössner: Paul Ebers Tätigkeit an der Theologischen Fakultät in Wittenberg und in seinen Kirchenämtern, in: Gehrt/Leppin (Hrsg.): Paul Eber (1511–1569), 2014, 162–172, hier 169. 66  Exemplarisch für die insgesamt seltenen deutschsprachigen Einträge StKA Wittenberg, WOB V (1590–1605), Nr. 873; VI (1605–1627), Nr. 431, 525 und 526. 67 Die Einträge waren nicht streng normiert, hatten aber dem Schema zu folgen, das auf der ersten Seite eines jeden Bandes der Wittenberger Ordiniertenbücher zu finden ist. Die erste Seite war mit folgender Anweisung beschrieben: „Ordinati in hac Ecclesia haec sua manu huic libro inscribant.“ Sodann waren fünf Punkte aufgeführt, die in dem Eintrag erwähnt werden sollten: „I. Nomen, Cognomen, Patriam suam. II. Paucis indicent, in quibus Academiis aut scholis, et quamdiu sint versati discendi causa. III. Si Puericiae in scholis aut alibi servierunt, eius quoque ministerij locum et tempus annotent. IV. Praecipuè verò exprimant locum vocationis et ditionem et gradúm quem obtinebunt in illa Ecclesia. V. Significent etiam à quibus testimonia de vocatione et moribus suius attulerint.“ 68  StKA Wittenberg, WOB, Bd. I: 1537–1560, II: 1560–1572, III: 1572–1590, IV: 1590–1605, V: 1605–1627, VI: 1627–1674. 69  Buchwald (Hrsg.): Das Wittenberger Ordiniertenbuch, Bd. 1: 1537–1560, Bd. 2: 1560–1572. Mit Berichtigungen und Ergänzungen für die Jahre 1558–1568 aus Paul Ebers Aufzeichnungen, 1894/1895. Insgesamt wurden nach den Schätzungen Buchwalds in Wittenberg von der Gründung (1502) bis zur Schließung der Universität (1817) etwa 7.500 Pfarrer ordiniert. 70  Vgl. zu Georg Buchwald die lückenhafte Bibliographie von Jauernig: Georg Buchwald in

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

Von ihm sowie anderen Forschern liegen punktuelle Forschungserträge zu den Ordiniertenbüchern vor, die in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts datieren. Es handelt sich dabei zumeist um kleinere Problemanzeigen oder Exzerpte von Ordinierten aus oder für bestimmte Städte und Territorien des Heiligen Römischen Reiches, aber auch Nord-, Nordost- und Ostmitteleuropas. Vor allem die unedierten Bände des Ordiniertenbuchs haben in der Forschung bisher wenig Beachtung gefunden und wurden allenfalls stichprobenartig rezipiert. Der im Folgenden zu betrachtende Zeitraum – das Wittenberger Ordiniertenbuch von 1605 bis 1627 – kann als eine eigene Epoche der Wittenberger Universitätsgeschichte aufgefasst werden: Diese Epoche der Blüte der frühen Wittenberger Orthodoxie71 war durch personelle Kontinuitäten ebenso geprägt wie durch nach wie vor hohe Immatrikulations- sowie Promotions- und Ordinationsfrequenzen.72 Für die Geschichte der Ordination ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung, dass das Amt des Stadtkirchenpfarrers und Superintendenten des Kurkreises, der die Ordinationen zu vollziehen hatte, in dieser Zeit durch einen einzigen Theologen – Friedrich Balduin – besetzt war. Bereits Johannes Bugenhagen d. Ä. (1485–1558) hatte in Wittenberg als Pfarrer der Stadtkirche, Superintendent des Kurkreises und Professor der Theologischen Fakultät der Universität Examina und Ordinationen der rechtmäßig für das Kirchenamt berufenen Kandidaten unternommen.73 Neben dem Abhalten von Synoden und der Durchführung der Visitationen gehörten Examen und Ordination zu den Hauptaufgaben des Superintendenten.74 Im Zuge des Aufbaus landesherrlicher Kirchenregimentsstrukturen seit der Mitte des 16. Jahrhunderts  – Superintendenturen und landesherrliche Konsistorien  – wurden Examen und Ordination vielfach den neu eingerichteten Konsistorien übertragen.75 In Kursachsen war mit dem 1539 auf Anweisung des Kurfürsten in Wittenberg eingerichteten landesherrlichen Konsistorium, das in erster Linie mit Universitätsprofessoren besetzt war, der Anfang gemacht worden.76 Doch verblieben Examen memoriam, in: ThLZ 78 (1953), 239–250; zu Theodor Wotschke das Verzeichnis der Schriften des Pastors D. Dr. Theodor Wotschke (abschließende Bibliographie), in: Deutsche Wissenschaftliche Zeitschrift im Wartheland 1 (1940), 241–254. Wotschkes Nachlass befindet sich in der Bibliothek des Predigerseminars Wittenberg. Das Ordiniertenbuch wurde auch verwendet für Dietmann: Der ungeänderten Augspurgischen Confeßion zugethane Priesterschaft, 5 Bde., 1752–1763. 71 Zur Geschichte der Leucorea nach wie vor GUW (1917), UUW, 2 Bde. (1926/27). Vgl. zusammenfassend Lück: Art.: Wittenberg, Universität, in: TRE 36 (2004), 232–243. Speziell zur Epoche der lutherischen Orthodoxie ist noch immer auf die materialreichen theologiegeschichtlichen Arbeiten von August G. Tholuck und Hans Leube zu verweisen, insbesondere: Tholuck: Geist der lutherischen Theologen und Leube: Reformideen. Vgl. auch Matthias: Art.: Orthodoxie, I. Lutherische, 464–485. 72 Zur Immatrikulationsfrequenz Eulenburg: Die Frequenz der deutschen Universitäten. Zu den Promotions- und Ordinationsfrequenzen gibt es bislang keine systematischen Untersuchungen. 73 Vgl. zum Amtsverständnis Bugenhagens sowie zu seinen Verdiensten für das Ordinationswesen in Braunschweig, Hamburg und Lübeck sowie Pommern, Dänemark und Schleswig-Holstein Rosenfeld: Bugenhagen und die Ordination, 2016, 25–76 sowie 77–226. 74 Vgl. zum Amt des Superintendenten Nobbe: Das Superintendentenamt, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 15 (1895), 44; Streiter: Das Superintendentenamt, 1973. 75  Thomas: Aufbau und Umgestaltung, in: Herbergen der Christenheit 10 (1975/76), 99–144. 76  Das Konsistorium hatte sich in Kursachsen aus einer Visitationskommission heraus entwickelt. Vgl. Frassek: Eherecht, 72 ff.



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und Ordination zunächst beim Superintendenten und einem weiteren Professor der Theologischen Fakultät. Ein vom Kurfürsten ausgehender Versuch, diese zu entlasten und die Einführung in das kirchliche Amt dem Konsistorium zu übertragen, scheiterte 1542. Die kursächsische Kirchenordnung von 1580 überträgt Examen und Ordination den Konsistorien zu Wittenberg und Leipzig, daneben dem in der Residenzstadt Dresden eingerichteten Oberkonsistorium.77 Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde in den übrigen protestantischen Territorien und Städten des Heiligen Römischen Reiches nach dem Vorbild Kursachsens und Wittenbergs am Aufbau landesherrlicher Kirchenregimentsstrukturen gearbeitet, also Superintendenturen und Konsistorien eingerichtet, an welchen Ordinationen stattfinden sollten. Im Folgenden seien nur diejenigen Einrichtungen genannt, an denen Ordinationen stattgefunden haben, die durch entsprechende Ordiniertenbücher oder -listen nachweisbar sind. Nach dem Übergang der Universität Wittenberg von der ernestinischen an die albertinische Linie wurde 1558 die Universität Jena als neue ernestinische Landesuniversität gegründet. Ein entsprechendes Konsistorium, das als Ordinationsstätte fungierte, wurde 1561 eingerichtet.78 Hatten vormals auch Ordinationen in der Hauptresidenzstadt Weimar stattgefunden, wurden diese nun in Jena durchgeführt. In Eisenach, wo 1596 ein Konsistorium eingerichtet wurde, wurden ebenfalls Ordinationen für das ernestinische Sachsen vollzogen.79 Für das Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel wurde 1569 ein Konsistorium in Wolfenbüttel eingerichtet.80 Es wurde bereits 1575 nach Helmstedt, wo 1576 die welfische Landesuniversität gegründet worden war, und 1589 wieder zurück nach Wolfenbüttel verlegt  – die Ordination aber ist in Helmstedt verblieben, wie die Helmstedter konsistoriale Überlieferung zu Präsentationen, Examina und Ordinationen zeigt.81 Seit 1578 wurden die 77 Vgl. Sehling (Hrsg.): Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts. Abt. 1: Sachsen und Thüringen, nebst angrenzenden Gebieten. Hälfte 1: Die Ordnungen Luthers. Die ernestinischen und albertinischen Gebiete, Leipzig 1902; vgl. den Abschnitt Von beyden Consistoriis zu Leipzig und Wittenberg sowie für die archivalische Überlieferung HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7428/3: Extract I Der Ordnung des Ober-Consistorii zu Dreßden de a. 1607, II Ober-Consistorial-Instruction de Anno 1617, III Nachrichten von denen Chur-Sächßischen Consistoriis. Vgl. dazu weiterhin Thomas: Aufbau und Umgestaltung, 69. Meinungs- und Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem Oberkonsistorium und den lokalen Konsistorien hat es immer wieder gegeben. Vgl. für die archivalische Überlieferung HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7422/2: Unterschiedliche zweiffel-hafftige felle, darinnen die drei Consistoria Dreßden, Wittenberg und Leipzig vngleich und widerwertig gesprochen und welcher gestalt der Churfürst zu Sachssen derhalben Verordnung gethan, Anno 1607. 78  Schweitzer: Öffentliches Recht des Großherzogtumes Sachsen-Weimar-Eisenach, Bd. 1, 1825, 131 ff. 79  Jauernig: Das Eisenacher Ordiniertenbuch (1597–1853), in: Beiträge zur thüringischen Kirchengeschichte 1 (1929), 80–127, 250–293, 327–355, 399–422. 80  Dettmer: Konsistorium zu Wolfenbüttel, 1922; Nobbe: Superintendent, 66; Mager: Die Konkordienformel im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel, 1993, 362, Anm. 127. 81 Ein „Helmstedter Ordiniertenbuch“, das dem Wittenberger Ordiniertenbuch vergleichbar wäre (mit von den Ordinierten eigenhändig gemachten Eintragungen mit Namen, Herkunft und ihrem künftigen Wirkungsort, i. e. dem Berufungsort), konnte bisher nicht ausfindig gemacht werden. Vgl. aber die Hinweise bei Zimmermann auf ein zweibändiges Ordiniertenbuch, das die Zeit von 1576 bis 1634 und von 1634 bis 1705 umfasst. Vgl. Zimmermann (Bearb.): Album Academiae Helmstadiensis, Bd. 1: Album Academiae Juliae. Abt. 1: Studenten, Professoren etc. der Universität Helmstedt von 1574–1636, 1926, VI–VII.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

Kandidaten für das benachbarte, seit 1570 vereinigte Fürstentum Anhalt nicht mehr in Wittenberg, sondern in Zerbst durch den dortigen Pfarrer und Superintendenten Wolfgang Amling ordiniert, wobei auch Kandidaten aus Böhmen in Zerbst in das kirchliche Amt eingeführt wurden.82 Die fränkischen Markgrafschaften der Hohenzollern unterhielten seit 1594 in Ansbach und Kulmbach und seit 1604 in Bayreuth landesherrliche Konsistorien, auch in Coburg wurde 1593 ein Konsistorium geschaffen.83 In den schlesischen Fürstentümern bestanden zwar keine landesherrlichen Konsistorien, doch die Befugnisse der Superintendenten in Liegnitz und Brieg hatten eine dahingehende Erweiterung erfahren, dass diese Ordinationen vornehmen durften.84 In Brieg haben frühestens seit 1548 Ordinationen stattgefunden – das Register beginnt erst 1564. Für Liegnitz sind seit 1550 Ordinationen nachweisbar – das Register beginnt erst 1607.85 Zu Beginn des 17. Jahrhunderts traten das Konsistorium zu Breslau – seit 1619 – und Oels als Ordinationsorte hinzu.86 Das Vorbild Kursachsens und Wittenbergs ist in den übrigen protestantischen Territorien und Städten im Kontext des Aufbaus landesherrlicher Kirchenregimentsstrukturen mithin in verschiedener Weise angewendet worden.87 Ohne an dieser Stelle auf territorial verschiedene Ausprägungen der Rezeption des Musters Wittenberg eingehen zu können, hatte diese Entwicklung zur Folge, dass die Ordinationsfrequenzen Wittenbergs im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts merklich zurückgingen, obgleich die Attraktivität der Ordination in Wittenberg bis 1620 ungebrochen war. Nach wie vor kamen die Ordinanden auch aus den Territorien und Städten des Heiligen Römischen Reiches und darüber hinaus, obwohl dort bisweilen eigene Ordinationsorte entstanden waren. Die Bedeutung Wittenbergs als Universitätsstandort, mehr noch die über Jahrzehnte hinweg augebildeten personellen 82  Becker: Des Zerbster Superintendenten Wolfgang Amling Ordinationen 1578–1606, in: ThStKr 70 (1897), 112–163; ders.: Die ersten Ordinationen für die evangelische Kirche Anhalts 1538–1578, in: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Geschichte und Altertumskunde 7 (1898), 556–591. Vgl. speziell zu den in Anhalt ordinierten böhmischen Pfarrern ders.: Böhmische Pastoren, in Anhalt ordiniert 1583–1606, in: Jahrbuch für Geschichte des Protestantismus in Österreich 17 (1896) und zu den anhaltischen Ordiniertenbüchern Graf: Die anhaltischen Ordiniertenbücher, in: Anhaltische Geschichtsblätter 8/9 (1932/1933), 87–98. 83  In Bayreuth wurden Ordinationen durchgeführt und verzeichnet Engelhardt: Bayreuther Ordinationsbuch (1612–1821), 1934. 84  Sehling: Kirchenordnungen, 425 und 445. In der Briegischen Kirchenordnung Herzog Joachim Friedrichs von 1592 heißt es über die Prädikanten: „Es sollen die personen, so i. fürstl. Gnaden landen predigen und das kirchenamt versehen wollen, den superintendenten oder senioribus praesentiret, von ihnen verhöret, examiniret und ordiniret wo sie zuvor nicht ordiniret wären auch, wo sie tüchtig befunden für der gemeine, auf einen gewissen tag investiret werden, alles vermöge der alten ordnung und ihrer fürstl, gnaden mandats A 1568. Donnerstag nach Pauli bekehrung ausgegangen.“ 85  Fischer: Geschichte der Ordination, in: ThStKr, 237; Sehling: Kirchenordnungen, 425. Vgl. zum Brieger Ordinationsregister Soffner: Ein Brieger Ordinations-Register aus der Zeit von 1564–1573, in: Zeitschrift für Geschichte und Alterthum Schlesiens, 289–310 und zum Liegnitzer Ordinationsregister Eberlein: Der Liegnitzer Ordinationskatalog von 1636 bis 1742, in: Jahrbuch für Schlesische Kirche und Kirchengeschichte, 7–32. 86  Sehling: Kirchenordnungen, 425; Konrad: Der schlesische Majestätsbrief Kaiser Rudolfs II., 1909; ders.: Ordinationsalbum des Breslauer Stadtkonsistoriums, 1913. 87  Huismann: Die rechtliche Stellung, Struktur und Funktion der frühen evangelischen Konsistorien nach den evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, 1980.



1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent141

Beziehungen dürften in diesem Zusammenhang eine kaum zu überschätzende Rolle gespielt haben.

1.6.  Herkunft, Bildung und Wirkung der Ordinanden Der sechste Band des Wittenberger Ordiniertenbuchs (1605–1627) dokumentiert 815 Ordinationen.88 Der Pfarrer der Stadtkirche und Generalsuperintendent Friedrich Balduin war im Verlauf seiner über zwei Jahrzehnte währenden Amtszeit meistenteils an diesen Ordinationen beteiligt.89 Obgleich sich die Ordinationsfrequenzen in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts nicht mit denen Mitte des 16. Jahrhunderts messen können, sind sie allemal beachtlich. Während in der Zeit Paul Ebers (knapp 1.000 Ordinationen in zehn Jahren Amtszeit bis 156990) die Leucorea weithin alleine als „Ordinationsuniversität“ dastand, besaß sie in der Zeit Balduins und Meisners durch alternative Ordinationsorte erhebliche Konkurrenz. Für die ersten beiden Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts ist eine gewisse Kontinuität der Ordinationsfrequenzen zu konstatieren. Pro Jahr wurden in diesem Zeitraum durchschnittlich rund 51 Ordinationen vollzogen. Zwar wurde die Marke von jährlich 70 Ordinationen, die in den Jahren zwischen 1600 und 1603 sogar überschritten worden war, nach 1605 nicht mehr erreicht, doch verblieben die Ordinationsfrequenzen bis zum Beginn der 1620er Jahre auf einem kontinuierlich hohen Niveau. Im Jahr 1618 wurde die Marke von jährlich 50 Ordinationen zum letzten Mal überschritten. Seit 1625 wurden nur noch weniger als 20 Kandidaten pro Jahr in Wittenberg examiniert und ordiniert. Dieser deutliche Abwärtstrend – bedingt durch die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges – hat sich in den 1630er und 1640er Jahren fortgesetzt. Untersuchungen hierzu liegen allerdings bisher nicht vor (siehe Abb. 2). Obgleich bisher noch keine Untersuchungen zur räumlich-geographischen Herkunft der Ordinanden vorliegen, ist durch vorliegende Forschungsbeiträge bekannt, dass die Leucorea als Ordinationsort in der Zeit Paul Ebers und noch im 17. Jahrhundert einen großen Ausstrahlungs- und Wirkungsradius besaß.91 Die in Wittenberg ordinierten Kandidaten92 kamen in den hier betrachteten Jahrzehnten mehrheitlich 88  In diesem Zeitraum wurden insgesamt 894 Ordinationen vollzogen. Das Gros der Ordinationen für die Jahre 1605 und 1606 dokumentiert jedoch der Vorgängerband des Wittenberger Ordiniertenbuchs (1590–1605). 89  Der Frage, ob und inwieweit Balduin bei der Besetzung von erledigten kirchlichen Ämtern in- und außerhalb des Kurkreises mitgewirkt hat, wäre eigens zu klären. Die Überlieferung, die zur Beantwortung dieser Frage herangezogen werden müsste, ist dezentral und müsste erst noch gesichtet werden. Vgl. exemplarisch LKA Dresden, 18, Superintendentur-, Pfarrstellen- und andere Besetzungsakten. Diese Akte enthält Dokumente zur Besetzung des Pfarramtes zu Gnandstein (1580–1770), darunter ein Schreiben aus dem Jahr 1615 mit Erwähnung Friedrich Balduins als Generalsuperintendent zu Wittenberg. 90  Gehrt/Leppin (Hrsg.): Eber. 91 Bei acht von 815 Einträgen in das Ordiniertenbuch konnten Herkunftsort und Herkunftsterritorium nicht oder nicht eindeutig zugeordnet werden (1 %). Die Ermittlung von Wirkungsort und Wirkungsterritorium gestaltete sich demgegenüber schwieriger: Bei 56 von 815 Einträgen konnte keine oder keine eindeutige Zuordnung vorgenommen werden (7 %). 92  Ein Hinweis darauf, dass Balduin sich durchaus des evangelischen Auftrags bewusst war, den er mit den zahlreichen Ordinationen für die Länder der böhmischen Wenzelskrone leistete, zeigt sich

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Abb. 2: Ordinationsfrequenz an der Universität Wittenberg zwischen 1605 und 1627 nach Band V und VI des Wittenberger Ordiniertenbuchs

aus den Ländern der böhmischen Wenzelskrone (44 %) – beide Lausitzen, Schlesien93, Mähren  – und Mitteldeutschlands (38 %)  – Magdeburg, Halberstadt, Sachsen und Thüringen sowie (in sehr geringem Maße) Niedersachsen und Hessen.94 Die verbleibenden Kandidaten kamen aus den Territorien und Städten Nord- und Nordostdeutschlands (5 %) – Mecklenburg, Pommern und Brandenburg, der ungarischen Stephanskrone (3,5 %)  – Oberungarn und Siebenbürgen, Frankens, Bayerns und Schwabens (5 %) und der österreichischen Länder (2 %).95 Hinzuweisen ist auch auf an seinem Lob in einer Predigt aus dem Jahr 1609 in der Pfarrkirche, dass der Kaiser den Böhmen endlich freie Religionsausübung gewährt habe. Vgl. Balduin: Eine Christliche Predigt, 1609. Der Holzschnitt auf dem Titelblatt zeigt den Predigttext – die Speisung der 4.000 (Mk 8,19). Am Ende der Predigt findet sich die Vermeldung und herzliche Danksagung, dass der Kaiser den Evangelischen im Königreich Böhmen endlich die freie Religionsausübung gewährt habe. 93  Vgl. auch Rademacher: Wittenberger Ordinationen für Schlesien, 127–143. 94  Insgesamt kamen 354 von 813 Kandidaten aus den Ländern der böhmischen Wenzelskrone, 310 von 813 Kandidaten aus den Ländern Mitteldeutschlands (schwerpunktmäßig aus Sachsen). In den 1620er Jahren nahm der Anteil der Kandidaten aus den Ländern der böhmischen Wenzelskrone signifikant ab, während der Anteil der Kandidaten aus den Ländern Mitteldeutschlands signifikant zunahm. 95 Das entspricht 41 Kandidaten aus Nord- und Nordostdeutschland, 28 Kandidaten aus den Ländern der ungarischen Stephanskrone, 40 Kandidaten aus Franken, Bayern und Schwaben sowie 17



1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent143

einige auswärtige Kandidaten: Simon Huber (Nr. 159) etwa kam aus Bern (Schweiz), Nicolaus Olai (Nr. 267) aus Schweden und Hieronymus Pauli (Nr. 596) aus Insterburg (Litauen). Der Anteil der Landeskinder unter den Ordinanden betrug damit deutlich weniger als 50 %. Österreichische

Länder Süd- und Südwestdeutschland 2 % 5% Länder der ungarischen Stephanskrone 3%

Sonstige 3%

Nord- und Nordostdeutschland 5%

Länder der böhmischen Wenzelskrone 44 %

Mitteldeutschland 38 %

Abb. 3: Räumlich-geographische Herkunft der in Wittenberg ordinierten Kandidaten anhand der Einträge in den sechsten Band des Wittenberger Ordiniertenbuchs (1605–1627)

Der Bildungsweg der Pfarramtskandidaten im Wittenberger Ordiniertenbuch verlief in der Regel über mehrere Stationen. Auf den Besuch der Schule des Heimatortes folgte der Besuch wenigstens einer, in der Regel mehrerer auf die Universität vorbereitender höherer Schulen, Lateinschulen, Gymnasien und Fürstenschulen.96 Hier legten auch die angehenden Schul- und Kirchenmänner die Grundlagen von Frömmigkeit und Gelehrsamkeit (pietatis et literarum fundamenta). Der Ort des Besuchs einer auf die Universität vorbereitenden, höheren Bildungsanstalt war einerseits von der geographischen Lage des Herkunftsortes des Kandidaten oder berufsbedingten Migration der Eltern, andererseits von den vor Ort vorzufindenden Bildungstraditionen abhängig, Kandidaten aus den österreichischen Ländern. Hinzu kamen zehn Kandidaten aus Westdeutschland (1 %). 96  Bei einigen dieser Bildungseinrichtungen kann der Schulbesuch der Ordinanden anhand der erhaltenen Schulmatrikeln verifiziert werden. Eine ältere – leider nicht vollständige – Übersicht über die erhaltenen Schulmatrikeln bietet: Achelis: Schülerverzeichnisse höherer Lehranstalten Deutschlands, 1920.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

die sich in den vergangenen Jahrzehnten herausgebildet hatten. Für die kursächsischen Kandidaten haben ohne Zweifel die drei Fürstenschulen St. Afra in Meißen (1543), St. Marien in Schulpforta (1543) und St. Augustin in Grimma (1550) eine wichtige, wenn auch bisweilen überschätzte Rolle gespielt. Von den hier untersuchten Ordinanden hatten nachweislich 26 St. Afra97, 14 St. Marien98 und 48 St. Augustin99 besucht (dies entspricht 10 %). Die Besucher der kursächsischen Fürstenschulen waren ausnahmslos Landeskinder, die aus denjenigen Orten kamen, die über Freitische in den Fürstenschulen verfügten.100 Mit dem Übergang an die Universität wurde ihnen zumeist ein kurfürstliches Stipendium gewährt. Die Verweildauer der Besucher, die sich anhand der Schulmatrikeln bestimmen lässt, da hier in der Regel jeweils auch das Abgangsdatum vermerkt wurde, lag bei den im Ordiniertenbuch eingetragenen Kandidaten bei etwa fünf Jahren. Neben den drei kursächsischen Fürstenschulen spielten in Kursachsen selbst noch die städtischen Schulen in Leipzig (Thomasschule), Dresden (Kreuzschule) und Torgau eine wichtige Rolle.101 Den Herkunftsorten der lausitzischen, schlesischen und mährischen Kandidaten gemäß besuchten diese vielfach die in den Ländern der böhmischen Wenzelskrone gelegenen Lateinschulen und Gymnasien. In Schlesien war das Elisabeth-Gymnasium in Breslau von großem Einfluss, das zur Musteranstalt der schlesischen Schulen geworden war und von den Wittenberger Ordinanden aus Schlesien, Lausitzen, aber auch aus Ungarn besucht wurde.102 Neben dem Gymnasium in Breslau (68) sind von den schlesischen Schulen vor allem Brieg (4), Goldberg (1) und die Stadtschulen in Liegnitz und Bunzlau zu 97  Melchior Cunradus, Martinus Ruppertus, Nicolaus Kühne, Johannes Zumlerus, Augustinus Krohmeyer, Johannes Nicolai, Georgius Cratzsch, Polycarpus Lyserus, Georgius Ottfar, Johannes Kretzschmarus, Andreas Stoltzius, Andreas Mechelius, Martinus Peucerus, Paulus Caesar, Abrahamus Sternbachius, Johannes Simon, Samuel Müllerus, Christianus Clarus, Christianus Kretzschmarus, Martinus Lentzius, Samuel Richter, Fridericus Roth, Petrus Abbas, Petrus Clajus, Georgius Ludovicus Starcius, Johannes Durrius (aus Krailshaim, war markgräflicher Stipendiat. Vgl. LAELKB, MKA Gen. 104 [ungezählt] und Christophorus Benckerus. Vgl. für die entsprechenden Einträge Kreyssig: Afraner-Album, 1876. 98  Conradus Degen, Christophorus Genselius, Hieronymus Reichel, Andreas Copinus, Andreas Cruciger, Abrahamus Caesius, Johannes Gruberus, Johannes Georgius Pharetratus, Petrus Planitz, Johannes Greislau, Andreas Schmidt, Christianus Baumann, Johannes Person und Johannes Jentzsch. Vgl. für die entsprechenden Einträge: Bittcher: Pförtner Album, 1843. 99  Johannes Henningius, Andreas Perhen, Benedictus Thyselius, Christophorus Alberti, Samuel Lysichius, Samuel Engelhart, Johannes Graefius, Adamus Schönhaar, Michael am Ende, Johannes Krüger, Johannes Henningius, Johannes Jentzschius, Georgius Tinaeus, Antonius Bergerus – später Diakonus an der Stadtkirche, Georgius Cuno, Johannes Hanisius, Johannes Lipius, Andreas Salichius, Martinus Crusius, Heinricus Bitterfeldensis, Matthaeus Löscherus, Martinus Otfarus, Gregorius Fischer, Jacobus Dacius, Johannes Wilckius, Nicolaus Wolfius, Abrahamus Neander, Valentinus Gerhardus, Benedictus Kretzschman, Martinus Beyer, Philippus Leisnig, Michael Mülingius, Petrus Becmannus, Valentinus Trage, Balthasar Fuhrmann, Jeremias Fuchsius, Martinus Rüschius, Martinus Erdmannus, Christianus Mochius, Andreas Örtelius, Adamus Mülingius, Christianus Meisner, Martinus Thiel, Johannes Karius, Zacharias Otto, Severinus Regenstein, Christianus Wincklerus, Johannes Mühlingius und Matthaeus Gilbertus. Vgl. für die entsprechenden Einträge Lorenz: Grimmenser-Album. 100  Vgl. dazu jetzt Bönisch: Universitäten und Fürstenschulen. 101  Held: Das Kreuzkantorat zu Dresden, 1894. 102  Bauch: Geschichte des Breslauer Schulwesens, 1911; Seifert: Das höhere Schulwesen. Universitäten und Gymnasien, in: Hammerstein (Hrsg.): Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. 1, 1996, 304.



1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent145

nennen, die als Ausbildungsorte der Ordinanden, die keine Landeskinder waren, gedient haben und mithin eine überregionale Anziehungskraft erreichten.103 Unter den Bildungseinrichtungen in der Oberlausitz – seit dem Prager Frieden 1635 dem Kurfürstentum zugehörig  – wurden von den Wittenberger Ordinanden besonders die in den Sechsstädten Bautzen (51), Görlitz (26), Zittau (42), Lauban (8), Kamenz und Löbau gelegenen besucht.104 Das 1586 gegründete Gymnasium zu Zittau und das Gymnasium zu Bautzen nehmen den ersten Rang der Bildungseinrichtungen in der Oberlausitz ein, in Zittau scheint vor allem der Rektor Melchior Gerlach (1562–1616) besondere Anziehungskraft besessen zu haben.105 Von den mährischen Bildungseinrichtungen sticht insbesondere das in Iglau gelegene Gymnasium (35) hervor. Die Kandidaten aus den österreichischen Ländern besuchten das 1542 gegründete Gymnasium in Linz oder das 1573 gegründete Gymnasium in Graz. Von den Bildungseinrichtungen Pommerns besaß insbesondere das Pädagogium zu Stettin eine wichtige Bedeutung.106 Dass sich Kandidaten, die das Stettiner Pädagogium besucht hatten, dennoch in Wittenberg ordinieren ließen, spricht einerseits für die Attraktivität der Leucorea und die Bedeutung der dort empfangenen Ordination, andererseits für die Vermittlerrolle, die dem stets personell mit Wittenberg verbundenen Stettin in dieser Hinsicht zukam. Von den Schulen und Gymnasien Kurbrandenburgs, das im Vergleich mit Kursachsen eine eher dürftig ausgebildete Bildungsinfrastruktur besaß, sind im Ordiniertenbuch die Gymnasien zu Berlin (1574) und Joachimsthal (1607) vertreten, wobei nur letztere dem kursächsischen Modell einer Fürstenschule entsprach. Auch im 17. Jahrhundert wurden Ordinationen von und für Ungarn in Wittenberg durchgeführt, wobei die aus Oberungarn und Siebenbürgen gebürtigen Kandidaten zumeist die Lateinschulen der drei größeren Bergstädte Kremnitz, Schemnitz und Neusohl besucht hatten.107 Die Mehrheit (66 %) der in Wittenberg ordinierten Kandidaten hat ein Universitätsstudium absolviert  – ist mithin in der Matrikel der jeweiligen Universität nachweisbar oder berichtet im Ordiniertenbuch über das absolvierte Studium. Der Akademisierungsgrad der Ordinanden dürfte faktisch noch höher gewesen sein, da 103 Vgl. speziell zu Brieg Schönwälder: Geschichte des königlichen Gymnasiums zu Brieg, 1869, zu Goldberg Bauch: Valentin Trozendorf und die Goldberger Schule, 1921. Vgl. zu den Gymnasien und Stadtschulen in Schlesien insgesamt Absmeier: Das schlesische Schulwesen, 2011. 104  Zu den Sechsstädten der Oberlausitz Köhler: Der Bund der Sechsstädte, 1846. 105  Abrahamus Benedictus, Nicolaus Schram, Timotheus Erithraeus, Michael Richterus, Caspar Cretzschmerus, Georgius Cratzsch, Adamus Tappertus, Daniel Birlingius, Martinus Tieftrunck, David Seidelius, Johannes Supanus, Zacharias Otto, Johannes Friderici, Christophorus Eberhardi, Melchior Neuman, Osvaldus Smidichen, Johannes Lochmannus, Matthaeus Hüfnerus, Martinus Praetorius, Andreas Winzigerus, Zacharias Heischius, Melchior Gerlachius, Johannes Ossigius, Fridericus Holstenius, Christophorus Cotbusiensis, Jonas Gablerus, Michael Leubnerus, Tobias Siebenhaar, Matthäus Koch, Gregorius Titler, Christianus Gadegast, Samuel Monachus, Paulus Micanus, Georgius Laurentius, Christophorus Tichtnerus, Andreas Kuttlerus, Augustus Posseltus und Johannes Tilenus. 106 Vgl. die Einträge von Petrus Möde, Matthias Malluvius und Casparus Kirchsteinius sowie weiterhin die Einträge von Daniel Crugerus, Andreas Reussig, Philippus Leisnig, Jacobus Churisius, Abrahamus Güntherus, Johannes Stral und David Goldtbeck. 107  Relkovic: Bilder aus dem deutschen Schulwesen der sieben niedern Bergstädte, in: Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und des Unterrichts 25 (1935), 145.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

nicht alle Ordinanden hier ausführliche Angaben machen. Es liegt nahe, dass aus der Gruppe derjenigen, die ein Universitätsstudium absolviert hatten, erneut die Wittenberger Studenten den größten Anteil (55 %) ausmachten, wo die Ordination faktisch den Abschluss des Studiums bildete. Sodann folgt die Gruppe der Leipziger Studenten, die die Ordination in Wittenberg empfingen, ohne dort immatrikuliert zu sein, obgleich an der Leipziger Universität  – in der Nikolaikirche  – auch ordiniert wurde.108 Diese Eigentümlichkeit ist vielleicht darauf zurückzuführen, dass die die Kandidaten berufenden Patronatsherren auf eine Ordination in Wittenberg insistierten, möglicherweise aus Traditionsgründen. Neben den Ordinanden, die an kursächsischen Universitäten den philosophischen und theologischen Studien oblagen, gab es auch Ordinanden, die an der kurbrandenburgischen Universität in Frankfurt an der Oder (10 %) oder der Landesuniversität des Herzogtums Braunschweig-Wolfenbüttel in Helmstedt studiert hatten. Besucht wurden von den übrigen protestantischen Universitäten weiterhin die ernestinische Landesuniversität in Jena, die hessischen in Gießen/Marburg, die fränkische in Altdorf, die württembergische in Tübingen, die mecklenburgische in Rostock, außerdem noch Prag, Königsberg, Uppsala und Straßburg. Immerhin konnte für einen erheblichen Teil der Ordinanden (33 %) kein Studium an einer Universität nachgewiesen werden. Auch Bildungsinstitutionen, welche zwar keine Universitätsprivilegien und kein Promotionsrecht besaßen, doch gleichwohl ein herausragendes Ansehen genossen, Gymnasien wie das Stettiner Pädagogium, konnten als Referenz für eine Berufung durchaus genügen. Nicht alle in Wittenberg immatrikulierten Ordinanden hatten tatsächlich auch in Wittenberg studiert, sondern wohl bisweilen nur die auf das Ordinandenexamen vorbereitenden Lehrveranstaltungen besucht.109 Der Ort des Studiums war nicht immer auch der Ort der Ordination. Nicht nur der Universitätsbesuch erfreute sich zunehmender Beliebtheit unter den Ordinanden, auch der akademische Graderwerb, der zumal für die Übernahme eines höheren Kirchenamtes immer mehr verlangt wurde. In der Regel wurde der Grad des Magister artium erworben – der Grad des Baccalaureus artium wurde in Wittenberg nicht mehr vergeben, konnte etwa noch in Leipzig erworben werden. Der Graderwerb in der Theologischen Fakultät wie in den oberen Fakultäten überhaupt war weitaus seltener. Nach dem Dekanatsbuch der Wittenberger Philosophischen Fakultät wurden zwischen 1605 und 1627 1.479 Magisterpromotionen durchgeführt – mithin durchschnittlich 64 pro Jahr. In den hier betrachteten knapp zweieinhalb Jahrzehnten war die Frequenz kontinuierlich auf diesem Niveau und erst seit 1626 gehen die Zahlen drastisch zurück. Über 15 % derjenigen Ordinanden, die nachweislich an einer Universität im Heiligen Römischen Reich studiert hatten, erwarben den Grad des Magister artium, weniger als 1 % den Grad des Lizentiaten oder gar die Würde des Doktoren der Theologie. Ein akademischer Grad bedeutete allerdings keineswegs den direkten Weg in ein gut bezahltes Amt im Bereich von Kirche oder Schule. Die Teilnahme an einem theologischen Kollegium und der Druck der Disputation, auch die außerinstitutionelle Tätigkeit als Privatlehrer, die nicht selten war, konnte der 108  Exemplarisch 109 

Ebd., Nr. 858.

StKA Wittenberg, WOB V (1590–1605), Nr. 848.

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Karriere des Studenten zuträglich sein.110 Einige der Kandidaten waren sogar an der Leucorea selbst als lesende Magister oder Adjunkten in der Philosophischen Fakultät beschäftigt.111 Der berühmte Wittenberger Theologe Balthasar Meisner war 1613 bereits zum Doktor der Theologie promoviert und als Professor an die Theologische Fakultät berufen, als er von Friedrich Balduin ordiniert und in sein kirchliches Amt eingeführt wurde.112 Der Blick auf die Entsendungsorte (Wirkungsorte nach der Ordination in Wittenberg) der Ordinanden ist in Hinsicht auf die geographische Ausstrahlung und Prägekraft der Leucorea instruktiv. Die Kandidaten wurden in den hier betrachteten Jahrzehnten mehrheitlich wiederum für die Länder der böhmischen Wenzelskrone (44 %) – beide Lausitzen, Schlesien, Mähren – und Mitteldeutschlands (29 %) – Magdeburg, Halberstadt, Sachsen und Thüringen sowie (in sehr geringem Maße) Niedersachsen und Hessen – ordiniert.113 Werden die prozentualen Angaben für die Entsendungsorte mit denjenigen der Herkunftsorte verglichen, so ist für die Länder der böhmischen Wenzelskrone nur eine marginale, für Mitteldeutschland jedoch eine signifikante Differenz zu konstatieren. Der qualitative Befund lässt die Aussage zu, dass die Kandidaten aus den Ländern der böhmischen Wenzelskrone auch wiederum für den kirchlichen Dienst in diesen Ländern ordiniert worden sind. Die Kandidaten aus Mitteldeutschland hingegen sind zwar größtenteils für den kirchlichen Dienst in den Heimatlanden ordiniert worden, doch existiert auch ein großer Anteil an Kandidaten, die nicht in den Heimatlanden tätig geworden sind. Eine wichtige Rolle unter den sogenannten Nehmerländern haben die österreichischen Länder eingenommen, aus welchen nur wenige angehende Kirchenamtsträger nach Wittenberg kamen, für die jedoch 12 % aller Kandidaten ordiniert wurden. Vor allem angehende kirchliche Amtsträger aus Sachsen zogen in die österreichischen Länder. Die verbleibenden Kandidaten wurden für die Territorien und Städte Nord- und Nordostdeutschlands (3 %) – Mecklenburg, Pommern und Brandenburg, der ungarischen Stephanskrone (1 %) – Oberungarn und Siebenbürgen, Süd- und Südwestdeutschlands – Franken, Bayern und Schwaben (1 %) ordiniert.114 Hinzuweisen ist auch an dieser Stelle auf einige Kandidaten, die für das Ausland ordiniert wurden: Paulus Raubigius aus Prag (Nr. 135) etwa wurde für Knin (Kroatien), Joachim Strigius aus Stettin (Nr. 424) für Danzig und Hieronymus Hirnius aus Magdeburg (Nr. 539) wurde für Rotterdam (Niederlande) ordiniert.

110 

Ebd., Nr. 328. Ebd., Nr. 368. 112  Ebd., Nr. 371. 113  Insgesamt wurden 356 von 813 Kandidaten für die Länder der böhmischen Wenzelskrone, 235 von 813 Kandidaten für die Länder Mitteldeutschlands (schwerpunktmäßig für Sachsen) ordiniert. In den 1620er Jahren nahm der Anteil der Ordinationen für die Länder der böhmischen Wenzelskrone signifikant ab, während der Anteil der Ordinationen für die Länder Mitteldeutschlands signifikant zunahm. 114 Das entspricht 26 Kandidaten für Nord- und Nordostdeutschland, 17 Kandidaten für die Länder der ungarischen Stephanskrone, 10 Kandidaten für Süd- und Südwestdeutschland (Franken, Bayern und Schwaben) sowie 99 Kandidaten für die österreichischen Länder. 111 

148

Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern Sonstige und Nichtidentifizierte 11 %

Länder der ungarischen Stephanskrone 1% Nord- und Nordostdeutschland 3%

Österreische Länder 12 %

Mitteldeutschland 29 %

Länder der böhmischen Wenzelskrone 44 %

Abb. 4: Entsendungsorte der in Wittenberg ordinierten Kandidaten anhand der Einträge in den sechsten Band des Wittenberger Ordiniertenbuchs (1605–1627)

Die Ordination sollte als öffentliches Ereignis durch den Stadtkirchenpfarrer und Generalsuperintendenten in der Stadtkirche vollzogen werden.115 Das Rechnungsbuch für das Jahr vom vierten Quartal 1609 bis zum dritten Quartal 1610 verzeichnet aus der Theologischen Fakultät Friedrich Balduin und Leonhard Hutter als Assessoren, die für ihre Tätigkeit mit je 20 fl pro Quartal entlohnt wurden. Balduin übernahm die Ordinationen, Hutter und in späterer Zeit Meisner nahmen die Examina ab. Dies lässt sich aus zahlreichen Einträgen der Ordinierten so herauslesen. Wenn einer der Professoren einmal verhindert war, fungierte ein Diakonus, etwa Heinrich Silbermann oder Andreas Amberger als Substitut  – auch dies lässt sich an den Einträgen der Ordinierten erkennen.116 In der Praxis scheint die Ordination nicht immer als ein öffentliches Ereignis stattgefunden zu haben, wie aus der von Hans Friedrich von Schönberg und Polycarp Leyser unterzeichneten Relation der Visitation der Kirchen

115  StKA Wittenberg, WOB VI (1605–1627), Nr. 762: „[…] in templo parochiali inauguratus fui.“ Vgl. auch StKA Wittenberg, WOB V (1590–1605), Nr. 747. 116  Ebd., Nr. 827: „Missus a senatu Treboviensi Witebergam, more Apostolico per manuum impositionem et publicas preces inauguratus sum a Reverendo et Doctiss. D. M. Heinrico Silbermanno in Absentia R. D. et clarissi. D. D. Mylii anno: 1605 24 April.“ Vgl. auch ebd., Nr. 838 und ebd., VI (1605–1627), Nr. 689.



1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent149

zu Wittenberg hervorgeht, die am 19. und 21. September 1609 abgehalten wurde.117 In der Relation monieren die Visitatoren, dass das Examen nicht mehr wie von alters her öffentlich, sondern privatim entweder im Hause Balduins oder Hutters ohne die übrigen Theologen abgehalten werde. Die Ordination werde sodann von Balduin und den Diakonen – dies waren zu jener Zeit Archidiakonus Heinrich Silbermann und die Diakone Andreas Amberger, Georgius Jordan und Schleich – alleine abgehalten. Nicht bestellt würden dazu Hutter und Franz mit der Begründung, dass diese selbst nicht ordiniert seien, wenigstens pflege Förster den Ordinationen beizuwohnen. Unbekannt bleibt, ob die Praxis von Examen und Ordination aufgrund der Relation geändert wurde.

1.7. Visitationstätigkeit Während der Amtszeit Balduins als Pfarrer und Generalsuperintendent (1607/08 bis 1627) haben zwei Kirchen- und Schulvisitationen in Kursachsen stattgefunden, die Universität und Stadt Wittenberg unmittelbar betrafen: 1608/09 sowie 1617/24.118 Mit dem Schreiben vom 5. Februar 1608 hatte das Oberkonsistorium Dresden Kurfürst Christian II. die Ausschreibung einer landesweiten Visitation nahegelegt.119 Christian II. hat dem Ansuchen entsprochen und erbeten, dass Visitatoren benannt und entsprechende Instruktionen übersandt würden. Das Oberkonsistorium kam dem mit einem Schreiben vom 2. April 1608 nach, das den Beginn der Visitation nach Pfingsten vorsah.120 In dem Schreiben an die Konsistorien wurde die Absicht geäußert, künftig jährliche Visitationen abzuhalten. Die Visitation der Kirchen zu Wittenberg ist am 19. und 21. September 1608 von Hans Friedrich von Schönburg und Polycarp Leyser abgehalten worden.121 Der Bericht der Visitatoren nennt das Personal der Stadt- und Schlosskirche sowie der Stadtschule und lobt dessen Fleiß, Lebenswandel und Rechtgläubigkeit.122 Die enthaltenen Instruktionen zielen auf eine straffere Reglementierung des kirchlichen Lebens in Stadt- und Schlosskirche, 117  Pallas (Bearb.): Registraturen. Erster Teil: Die Ephorien Wittenberg, Kemberg und Zahna, 1906, 84. 118  Vgl. zum Folgenden die grundlegende Studie Kupke: Kirchen- und Schulvisitationen, 2010, hier 59–62. 119 HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 10603/2: Visitation, So jährlich im Churfürstenthum Sachßen gehalten worden ao. 1597–1608, 89r–v. und für das nachfolgend genannte Stück 90r. Das Oberkonsistorium Dresden war 1606/07 als Zentralbehörde des landesherrlichen Kirchenregiments neugebildet (die Einrichtung war in der Kirchenordnung von 1580 fundiert), die Konsistorien Meißen und Zwickau aufgelöst worden. Vgl. Kupke: Kirchen- und Schulvisitationen, 54–58. 120 HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 10603/2: Visitation, So jährlich im Churfürstenthum Sachßen gehalten worden ao. 1597–1608, 92r und für das Schreiben an die Konsistorien 93r–v. 121  Vgl. für die Relation der Visitation der Kirchen zu Wittenbergk, welche gehalten worden den 19. und 21. Septembris ao. 1608 die Zusammenfassung bei Pallas (Bearb.): Registraturen, 80–84. Eine Edition liegt nicht vor. Die Kollatoren der Stadtkirche indes, Universität und Rat, hatten an der Visitation teilgenommen: Auf der Seite der Universität erschienen der Rektor und die vier Senioren, auf der Seite des Rats der Bürgermeister, zwei Ratsverwandte und Kastenherren. 122  Ebd. Die Visitatoren monierten lediglich, dass Wolfgang Franz die ihm aufgetragene Mittwochspredigt in der Schlosskirche eine gewisse Zeit lang eingestellt habe. Zudem wiesen sie darauf hin, dass die Predigten ebendort durch viele Substituten bestellt würden, was verbesserungsfähig sei. Der Quintus der Stadtschule möge ferner aus den kurfürstlichen Stipendiaten erwählt werden.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

vor allem die Praxis des Predigens wird detailliert geregelt. Die Visitation der Universitäten durch Jan von Quingenberg, Präsident des Oberkonsistoriums, Polycarp Leyser, Hofprediger, Hans Friedrich von Schönberg, Vizehofrichter zu Wittenberg, sowie die Juristen Martin Eichmann und Johann Timaeus begann mit der Instruktion Christians II. vom 20. Februar 1609.123 Danach sollten sich die Räte am 5. März nach Leipzig und sodann nach Wittenberg begeben, um die Rektoren und Professoren über die Missstände zu befragen. Auf einen nicht überlieferten Bericht der Visitatoren hin teilte Christian II. am 17. Juli dem Oberkonsistorium mit, was die Visitatoren bemängelten.124 Der wichtigste Punkt betraf das examen neglectum, das die Professoren verpflichtete, ihre Lektionen und Disputationen an das Konsistorium zu schicken.125 Ingesamt haben sich die Visitationen im Kurfürstentum bis Mitte des Jahres 1609 hingezogen. Erst am 17. Januar 1610 vermeldete das Oberkonsistorium, dass die Visitation nunmehr überall stattgefunden hätte.126 Seit März 1610 berieten sodann die Mitglieder des Oberkonsistoriums in Dresden, Hofrat Christoph Reichner, der Generalsuperintendent von Wittenberg Balduin, Leonhard Hutter, Konsistorialadvokat Bartholomaeus Reusner, der Leipziger Theologieprofessor Georg Weinrich und Paul Calmberg. Die beschlossenen Dekrete sind in den Jahren 1610 und 1611 versandt worden. Ob die gedruckte Synodalschrift, die der geistlichen Ermahnung der Pfarrer diente, mitverschickt worden ist, konnte bisher nicht geklärt werden.127 Balduin ist folglich visitiert worden und hat als Beratungsmitglied der Visitationskommission zugleich selbst an der Visitation mitgewirkt. Gleichwohl ist sein spezifischer Beitrag kaum zu eruieren. Dazu liegen nach bisherigem Kenntnisstand zu wenige Quellen vor. Der erhebliche Aufwand und die damit verbundene Dauer machten die für die Folgejahre vorgesehene lückenlose Durchführung solcher Visitationen, die dabei helfen sollten, die Missstände in der Kirche zu beseitigen, unmöglich. Nach den Visitationen der Fürstenschulen in den Jahren 1614 und 1617 fanden zwischen 1617 und 1624 General- und Lokalvisitationen im Kurfürstentum statt. Anzunehmen ist, dass sie im Zusammenhang mit der 100-Jahr-Feier der Reformation im Jahr 1617 123  UUW

1, Nr. 536. Ebd., Nr. 539. 125  Das scheint auch tatsächlich umgesetzt worden zu sein. Im Universitätsarchiv Halle werden zwei Aktenbände aufbewahrt, die einige Akten, betreffend das examen neglectum enthalten. Vgl. UA Halle, Rep. 1, 356: Berichte der Universität über die Neglecta in den Professionen der vier Fakultäten (1614–1642) und 357: Berichte über Abhaltung der Lektionen und Disputationen, sowie über deren Neglecta (1615–1622, 1676). Die Professoren der Theologischen Fakultät geben darin kaum Anlass zu Klagen, vielmehr sind es die der Juristischen Fakultät, die über ihre zahlreichen Nebentätigkeiten offenbar ihr Lehramt vernachlässigt haben und sich damit angreifbar machten. 126  HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7422/3: Universitäten-, Consistoria-, Geistliche Sachen und Die Beneficien aus der Procuratur Meißen betr. Anno 1607–1610 sowie 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1986/3: Decreta des gehaltenen Synodi der Visitationum 1609–1611. Vgl. weiterhin Loc. 9362/5: Extract Der Gravaminum Anno 1609 ubergeben, so vor die Consistoriales gehörig, I. Religion belangende, 2. Consistoria, Jura Patronatus und Fürsten-Schulen, 3. Universitaeten und Professoren sowie Loc. 10596/10: Visitation der Vniversitäten, auch Consistorien vnd Stadtschulen zu Leiptzig vnd Wittembergk. Ao. 1609. 127 Vgl. Kupke: Kirchen- und Schulvisitationen, 60. Vgl. Ad Pastores Ac Ministros Ecclesiarum In Electoratu Saxoniae, Pia Ac Necessaria Admonitio, Dresden 1610. 124 



1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent151

initiiert wurden. Wie bereits 1608/10 gingen auch diese Visitationen auf eine Initiative des Oberkonsistoriums zurück, das die vorausgegangenen Maßnahmen zwischen 1607 und 1610 als erfolglos einstufte.128 Der Kurfürst signalisierte der Initiative am 24. März 1617 sein Wohlwollen, gab allerdings Probleme der Finanzierung zu bedenken. Die offizielle Autorisierung der Visitatoren erfolgte gleichwohl am 28. April 1617. Balduin und Reusner wurden  – als Mitglieder des Konsistoriums Wittenberg – zu Generalvisitatoren des Kurkreises bestimmt.129 Die Visitationen der (General)Superintendenten  (Generalvisitationen) erstreckten sich vom 27. Mai 1617 bis zum März 1618, die Lokalvisitationen wurden hauptsächlich von 1617 bis 1619 vollzogen  – doch gab es auch Verzögerungen sowie das Ausbleiben angeforderter Akten zu beklagen.130 Gemeinsam mit Jakob von Koseritz und Nicolaus Reusner hat Balduin am 7. September 1617 in Kemberg, für das die Leucorea das Kollaturrecht besaß, die Generalvisitation durchgeführt.131 Die Visitation der Kirchen und Schulen in Wittenberg selbst fand am 10. Juni 1617 und den darauf folgenden Tagen statt.132 In dem Bericht der Visitatoren des Jahres 1617 wird darauf hingewiesen, dass sich der Rat dazu bereit erkläre, dem Ansuchen des Superintendenten stattzugeben und künftig die Gelder des Gotteshauses – nämlich die des Gemeinen Kastens – nur mit seinem Wissen auszuteilen. Kastenvorsteher und Hospitalverwalter sollten künftig nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Superintendenten angestellt werden. Die Aufnahme armer Leute in das Hospital sollte ebenso lediglich erfolgen, wenn der Superintendent in Kenntnis gesetzt und seine Zustimmung dazu eingeholt wurde.133 Außerdem weist der Superintendent darauf hin, dass während seiner Amtszeit der Stand des Gemeinen Kastens um 1.000 fl verbessert worden sei. Weil bisher keine Synode in der Superintendentur Wittenberg gehalten worden sei und Balduin dies als einen Missstand empfinde, schlägt er vor, dass künftig jährlich eine Synode gehalten werde. Ziel der Synode sei die Überprüfung des Bildungsstandes der Pfarrer in der Superintendentur im Sinne der kirchlichen Qualitätssicherung.134 Die Forderung nach einer alljährlichen Synode unter Leitung des Superintendenten mit allen Pfarrern der Superintendentur indes wird auch 1624 wiederholt. Als Generalsuperintendent des Kurkreises und Assessor des Konsistoriums Wittenberg waren Balduin 128  Kupke: Kirchen- und Schulvisitationen, 63. Vgl. für die archivalische Überlieferung HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1980/1: Die im Churfürstentum Sachsen bei den Superintendenten u. Pastoribus in Städten und uffen Lande angeordnete und gehaltene Visitation 1617. 129  Sie haben dann auch tatsächlich als Generalvisitatoren fungiert, wobei die Visitationskommissionen durch Amtleute ergänzt werden sollten. Vgl. ebd., 66; Pallas (Bearb.): Registraturen, Bd. 2. 130  Kupke: Kirchen- und Schulvisitationen, 67 ff. 131  Pallas (Bearb.): Registraturen, 208. 132  Relatio undt Bericht der auff Churfürstlichen gnedigsten befehl am 10. Junii undt folgende tage Anno 1617 verrichteten Visitation der Kirchen und Schulen in WIttenbergk im LHASA, MD, Rep. 29 b II Nr. 35 (Film 022): [Visitation der Inspektionen Wittenberg, Torgau, Liebenwerda und Kemberg 1617/18]. Eine Edition der Relation liegt nicht vor, allerdings eine Inhaltsangabe bei Pallas (Bearb.): Registraturen, 84 ff. Diese jedoch ist insofern problematisch, da sie einerseits nicht sämtliche Informationen enthält, andererseits die Randbemerkungen nicht immer anführt und klar erläutert. 133  Pallas (Bearb.): Registraturen, 87. 134  Ebd.: „damit man sehe, was die Pastores auf den hereingehörenden Dörfern studieren“. Die Visitatoren bestätigen das Ansuchen (wie aus den Randbemerkungen hervorgeht): „soll künftig jährlich gehalten werden“. Ob das geschehen ist, konnte bisher nicht festgestellt werden.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

15 Superintendenturen unterstellt.135 An dem Bestand, der seit Ende des 16. Jahrhunderts vorhanden war, ist bis 1815 nichts geändert worden. Das Predigen übungshalber (exercitii causa) in der Stadtkirche war ein Teil des akademischen Theologiestudiums angehender Prediger in Wittenberg um 1600. Als Pfarrer der Stadtkirche fordert Balduin, dass dem Superintendenten die Entscheidung über das übungsweise Predigen in der Stadtkirche obliegen müsse. Die übrigen Professoren (Balduin nennt Hutter und Franz) dürften ihm das Recht der Entscheidung nicht streitig machen. Die Visitatoren bestätigen das Ansuchen des Superintendenten und bekräftigen ferner, dass die Zirkularpredigten alljährlich gehalten werden sollten. Zuletzt bittet der Superintendent darum, dass ein „Pförtlein“ in der Juristenstraße durch den Stadtgraben angelegt werde, um die Wegstrecken zu verkürzen. Wenn es zutreffend sein sollte, dass vor Hutters Tod Balduin das Haus nahe des Grauen Klosters noch besessen hat und er von dort am bequemsten durch die Juristengasse zu seinem Amtssitz an der Stadtkirche gelangen konnte, so scheint diese Bitte auf eigene Interessen zurückzuführen zu sein. Am 24. Oktober 1623 teilte Kurfürst Johann Georg I. der Universität mit, die Visitation von Universität, Geistlichem Konsistorium, Kirchen und Schulen solle am 10. November beginnen.136 Auf der Grundlage des Berichts der Visitatoren, der wohl vom 16. November 1623 datiert, legten Präsident und Räte des Oberkonsistoriums Johann Georg I. die Missstände schriftlich dar und unterbreiteten Vorschläge, wie diese behoben werden könnten (23. Dezember).137 Am 9. Januar 1624 wurde das kurfürstliche Visitationsdekret verabschiedet und am 12. Januar hat Johann Georg I. der Universität die Veröffentlichung angekündigt.138 Nachdem am 19. März 1624 entsprechende Einladungen des Oberkonsistoriums ausgegangen waren, fand am 28. Juni der Generalsynodus statt, an dem auch die Vertreter des Wittenberger Konsistoriums – Balduin und Reusner – teilnahmen, um die Berichte zu verlesen und zu erwägen. Das Ergebnis war ein sich über fünf Blätter erstreckender Abschlussbericht des Synodus, der insgesamt neun Bestimmungen enthielt.139 Für Balduin dürfte der Beschluss, dass der Superintendent alljährlich eine Synode mit den Pfarrern der Superintendentur halten solle, der wichtigste gewesen sein. Ob die geforderte alljährliche 135  Pallas: Superintendenturen, 119–120. Vgl. für eine Übersicht der Superintendenturen des Kurfürstentums HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7418/3: Consistorial Matricul oder Specification Derer unter die Consistoria im Churfürstenthum Sachssen und incorporirten Landen gehorigen Superintendenturen, darinnen befindlichen Kirchen und deren Collatorum sowie Loc. 7430/3: Verzeichniß der Superint. und Pfarrer in Sachsen, mit Namen, 1619–1656. 136  UUW 2, Nr. 619. 137  Ebd., Nr. 620. 138  Ebd., Nr. 621 und 622. Vgl. für die archivalische Überlieferung auch HStA Dresden, 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10596/11: Wie die beiden Vniversiteten Leipzigk vnd Wittembergk visitirt, befunden vnd was der profeßorn vnd anders halben daruff angeordnet worden. Anno 1623/24. 139 Die Entscheidungen infolge der Synode 1624 und des Abschlussberichts, die Wittenberg betreffen, sind bereits von Pallas (Bearb.): Registraturen, Bd. 1, 90–91, zusammengefasst worden. Eine Edition liegt auch hier nicht vor. Vgl. für die archivalische Überlieferung auch HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1980/1: Decreta So uff die anno 1617 gehaltene Visitation im Synodo anno 1624 ausgefertiget worden sowie insbesondere 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1987/3: Protocol des nach volbrachter General und Local Visitation aller Kirchen und Schulen im Churfürstentum Sachse angeordneten und vom 28. Juni biß auf den Anno 1624 gehaltenen Synodi 1624.



1.  Friedrich Balduin als Pfarrer und Generalsuperintendent153

Synode tatsächlich stattgefunden hat, ließ sich bisher nicht feststellen, ist allerdings höchst zweifelhaft. Als Pfarrer der Stadtkirche und Generalsuperintendent war Balduin auch an der Aufsicht über den 1522 in Wittenberg begründeten Gemeinen Kasten beteiligt.140 Ob und inwieweit der Pfarrer der Stadtkirche und Generalsuperintendent des Kurkreises als wichtigster Angestellter der Stadtkirche Einfluss auf Ausgaben und Einnahmen des Gemeinen Kastens besaß, kann nur vermutet werden. In den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts übertrafen die Ausgaben der Stadtkirche ihre Einnahmen.141 Der Gemeine Kasten hatte gleichsam eine sozial-karitative Funktion: Die Rechnungen verzeichnen Ausgaben für Speise und Versorgung der armen Leute im Kloster, an Fleischgeld zum Heiligen Kreuz, für Arznei, um gebrechliche und kranke Leute zu heilen, sowie zur Instandhaltung von Pfarrkirche und Pfarrhaus. Mithin floss ein Teil der Ausgaben des Gemeinen Kastens in die Armenfürsorge.142 In Krisenzeiten fielen die Aufwendungen naturgemäß höher aus: Hinzu konnten Ausgaben kommen, die wegen der Pest anfielen, beispielsweise die Besoldung des Pestdiakonus (diaconus pestilentialis), wie etwa 1607 für Abraham Caesius143 und 1614 für Bartholomaeus Birnbaum144 140  StKA Wittenberg, Rechnungsbücher des Gemeinen Kastens. Vgl. dazu den ersten Abschnitt des vierten Kapitels der vorliegenden Arbeit. Die Rechnungsbücher des Gemeinen Kastens verzeichnen seit der Gründung die jährlichen Einnahmen und Ausgaben der Stadtkirche. Zu den Einnahmen zählen Kirchensteuer, Almosen, Stiftungen und kasuale Zahlungen, zu den Ausgaben die Besoldung der Bediensteten (Pfarrer, Diakone und weiteres Dienstpersonal), Mittel für die Instandhaltung der Gebäude sowie Verbrauchsgüter wie Messwein. Hinzu kommen Einnahmen aus den Landgütern der Stadtkirche, etwa aus dem Getreidehandel. Der Gemeine Kasten wurde durch den Rat der Stadt und den Superintendenten verwaltet, der auch an der Bestallung des Dienstpersonals mitwirkte. Kurfürst Friedrich der Weise hatte dem Rat die Kollatur 1526 übertragen. 141  Ebd.: 1607: 1090 ß, 32 gr und 7 ch (Einnahme); 1609: 1291 ß, 25 gr und 9 ch (Einnahme); 1347 ß, 6 gr und 9 ch (Ausgabe); 1610: 1174 ß, 13 gr und 6 ½ ch (Einnahme); 1611: 1562 ß, 3 gr und 10 ch (Einnahme); 1677 ß, 24 gr und 8 ch (Ausgabe); 1612: 1112 ß, 7 gr und 3 ½ ch (Einnahme); 1234 ß, 31 gr und 3 ch (Ausgabe); 1613: 1068 ß, 26 gr und 9 ch (Einnahme); 1245 ß, 6 gr und 9 ch (Ausgabe); 1614: 1020 ß, 43 gr und 7 ch (Einnahme). 142 Ebd. Beispielsweise werden Gaben für Bedürftige verzeichnet, die jeden Sonntag an der Kapelle ausgeteilt werden, ebenso Ausgaben für Bedürftige, die außerordentlich oder „um Gottes willen“ getätigt wurden. 143  StKA Wittenberg, WOB V (1605–1627), Nr. 69: „Ego Abrahamus Caesius Thuringus legitimè natus, patre M. Abrahamo Caesio, pastore et in illustri gymnasio Portensi et oppido Schönwerda, ibi et ego educatus matre Agnete Meiers. Pietatis et initia literarum ieci in caenobio Rosaleben, sumtibus Theodorici à Witzleben per quinquennium […] Rosalebiâ discedens contuli me Osnaburgam versor ibi per tres annos commoratus. Inde Göttingam profectus ultra triennium ibi vixi Philosophicis et Theologicis studiis incubui. Dehinc in hanc celeberrimam Academiam perrexi, ibi triennium sumtibus propriis et quidem duriter vixi, donec à Rever: et Excellentissimo Dn. D. Georgio Mylio, piae memoriae, ad famulitium sui ipsius susceptus sum. Postea post obitum huius viri, à viris huius academiae clarissimis, et ab amplissimo senatu huius urbis, grassante undiquaque huc pestilentiali ad functionem Ecclesiasticam et inprimis ad visitandos duae pestilentialis infectos 18 Julii Ao 1607 vocatus et quidem mira mirandi dei providentia, à viro Rever: et Clarissimo D. Wolf: Frantzio die 28 Julii examinatus sum Anni 1607 et die sequente 29 sacris ordinibus initiatus. Deus omnipotens […].“ 144  Ebd., Nr. 291: „Ego Bartholomaeus Birnbaum Hertzbergensis, honestis parentibus, Fabiano patre cive Hertzbergensi et Hedewig Crusiana matre natus, in Patria ad annum usque decimum quasi educatus à matre, Patre mortuo, Islebium missus scholam ibidem sex annos frequentavi. Abhinc bona venia dimissus ad continuanda studia Hannoveranum sum profectus, ubi ultra annum vixi. Ab hinc Wolfferbytum me contuli, ibi ultra quinque annos substiti. Denique in schola Einbeccensi biennio in literis transact, ubi primum à Patribus Patriae stipendium per literas commendaticias bonorum

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

(er bekam 12 gr), und der Pestchirurgen. Außerordentliche Ausgaben für Bedürftige wurden oftmals auf Befehl des Pfarrers und Generalsuperintendenten getätigt. An der Zuteilung dieser Ausgaben lässt sich die spezifische Rolle Balduins bei der Armenfürsorge erkennen. Auf sein Geheiß wurden nach den Aufzeichnungen Abgaben an bedürftige Kinder, Studenten, Witwen, vertriebene Pfarrer (Exulanten), wie den ehemaligen Pfarrer Jacobus Matthaeus, und sogar ehemalige Sträflinge geleistet. Die nachstehend gebotene Quelle belegt die Bemühungen Balduins, den Gemeinen Kasten redlich zu verwalten, um eine möglichst gute Versorgung aus kirchlichen Mitteln zu gewährleisten: Meine iederzeitt gefliessene Dienste sampt andächtigen gebets zu Gott bevor, Ehrnveste, Hochgelartte, und wollweise insonders günstige Herren und Freunde, E. E. mitt diesem briefflein zuersuchen habe ich nicht umbgehen können, weil mich dessen mein ampt erinnert, in welches, lautt Churfl. Sächsischer Kirchenordnung, mir unter anders auch die Inspection uber die geistlichen gütter im Gotteskasten anbefohlen, Wie bey demselben die Retardaten nunmehr bey vielen iharen des aufwachschen, ist meinen großgünstigen Herren unverborgen, Daher es offtermals bey nothwendigen außgaben am besten mangeln will, wie solches nicht allein die Herren Vorsteher beklagen, sondern auch ohnlängst daß werck selber bewiesen, als man die 100 fl so von H. D. Hirschbachii S. begräbnuß gefallen, welche billich zum Capital hetten sollen gemacht werden, zu dem baw der Jungfrauschulen angewendet. Wie woll ich nun verhoffe, daß E. E. die leutt zu einbringung solcher Retardaten mitt fleiß anhalten, ich es auch an meinem ortt nicht mangeln lasse, iedoch gibt’s die erfahrung, daß wenig gehör bey den leutten ist, also daß auch woll die, so zihmlichen vermögens, […] ampts halber andere dazu halten sollten, es an ihnen selbst erwinden lassen, undt nun von sehr viel iahres her keine Zinsen endrichtet, Dahero nunmehr dieselbe uber etlich sechzig gulden aufgewachsen, und noch zur Zeitt keine hoffnung der bezahlung bey ihnen erscheinen will.

2.  Friedrich Balduin als Professor der Theologischen Fakultät Im Folgenden wird Friedrich Balduins Wirksamkeit im Rahmen der akademischen Theologenausbildung  – mithin in Disputationen und Vorlesungen an der Theologischen Fakultät der Leucorea – untersucht.

2.1. Vorlesungstätigkeit Als Formen des akademischen Unterrichts finden sich an der Leucorea wie an anderen Universitäten des Heiligen Römischen Reiches im 17. Jahrhundert vornehmlich die akademische Disputation sowie die Vorlesung.145 Auf die Disputation wurde virorum adeptus, postea etiam in numerum famulorum communis mensae hic receptas in pietatis et artium studium vitam ultra triennium sustentare potui. Quoad tandem ab Ecclesia Wittebergensi ad Diaconatum pestilentialem legitimè vocatus et à Reverendo et clarissimo Dn. D. Friderico Balduino, professore, pastore et Superintendente examinatus, ab eodem et caeteris divini verbi ministris ordinatus, ritu manuumque impositione sum confirmatus. Faxit DEUS, ut omnia cedant in nominis sui gloriam. Die S. Nicolai Anno 1611.“ 145  Kolb: Geschichte der Disputation, in: Blätter für württembergische Kirchengeschichte 27



2.  Friedrich Balduin als Professor der Theologischen Fakultät155

nicht nur im akademischen Unterricht als Übungsform, sondern auch im Rahmen akademischer Prüfungsverfahren zum Graderwerb zurückgegriffen.146 Die Vorlesung bildete neben der Disputation die wichtigste akademische Lehrform. Alle ordentlichen Professoren hatten Vorlesungen abzuhalten.147 Die Professoren dürften den Studenten in ihren Vorlesungen einen vorgefertigten Vorlesungstext vorgelesen haben.148 Auf der Grundlage der Vorlesungstexte erarbeiteten die Professoren sodann umfassende monographische Abhandlungen. Das semesterweise Lehrangebot an der Theologischen Fakultät der Leucorea ist für die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts aufgrund der schwierigen Überlieferungslage noch nicht systematisch rekonstruiert worden.149 Die Professur an der Theologischen Fakultät der Leucorea, die mit dem Amt des Pfarrers der Stadtkirche und Generalsuperintendenten des Kurkreises verbunden war, verpflichtete Balduin seit 1607/08 zu einer zweistündigen (exegetischen) Vorlesung.150

(1923), 16–29 und 37–48; Kolde: Wittenberger Disputationsthesen aus den Jahren 1516–1522, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 11 (1890), 448–471; Marti: Dissertationen, in: Rasche (Hrsg.): Quellen zur frühneuzeitlichen Universitätsgeschichte, 2011, 293–312; Riederer: Von den verschiedenen, sonderlich ältesten Sammlungen von Disputationen der wittenbergischen Lerer, 1768; Wolf: Zur wissenschaftsgeschichtlichen Bedeutung, in: 450 Jahre Martin-Luther-Universität HalleWittenberg, Bd. 1, 1952, 335–344; Felipe: Ways of disputing and principia in 17th century German disputation handbooks, in: Gindhart (Hrsg.): Form, Funktion und Wirkung, 2010, 33–62 sowie Freedman: Published academic disputations, in: ebd. 146  Müller: Promotionen und Promotionswesen, 2001; Schwinges (Hrsg.): Examen, Titel, Promotionen, 2007. 147  Wie diese Vorlesungen konkret aussahen, ist aufgrund der sehr seltenen Überlieferung – bestenfalls in Form von Mitschriften – nur zu vermuten. In der Ratsschulbibliothek Zwickau befindet sich eine umfangreiche Buchhandschrift, die den Titel Explicatio Prophetae Malachiae D. Frideri Balduini incepta 7. Calendarum Martii führt. Vgl. RSBZ, Ms. 79 Commentarios ad Malachiam et Epistolam ad Romanos. In ebendieser Buchhandschrift folgt auf die eben genannte Abschrift eine weitere mit dem Titel Epistola Apostoli Pauli ad Romanos, dem Titel des im Jahr darauf in Wittenberg erschienenen Römerbriefkommentars Balduins. Bei der dritten dem Band beigebundenen Handschrift wahrscheinlich desselben unbekannten Schreibers handelt es sich um eine Abschrift des Kommentars von Wolfgang Franz zu Genesis 22. Aus einer Annotation geht hervor, dass die Abschrift zu Franz’ Kommentar am 27. Juni 1608 begonnen worden ist (inchoatus). Ob es sich dabei um Mitschriften handelt, wäre noch zu überprüfen, liegt aber immerhin aufgrund des oben genannten Titels nahe. 148 Nach einem ersten Vergleich der mutmaßlichen Vorlesungsmitschrift mit dem 1610 gedruckten Kommentar ist zu konstatieren, dass beide Texte weitgehend miteinander übereinstimmen. Vgl. Balduin: In Tres postremos Prophetas, 1610. 149 Dies ist darauf zurückzuführen, dass bisher keine systematische Sichtung und Zusammenstellung der Quellen vorliegt. Vgl. Bohnert/Asche: Forschungsstand und Überlieferungssituation, 15–76. Für die spätere Zeit der Fakultätsgeschichte vgl. die Edition der Vorlesungsverzeichnisse bei Stegmann: Quellen zu Paul Gerhardts Wittenberger Studienzeit, in: Wendebourg (Hrsg.): Paul Gerhardt, 2008, 285–332. 150  Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen hatte in einem Schreiben an das Oberkonsistorium vom 26. August 1616 entschieden, dass Balduin als Stadtpfarrer nur zu einer zweistündigen Vorlesung und einmaligem Disputieren verpflichtet sei. Hinweise auf nicht gehaltene Lehrveranstaltungen hingegen geben alleine die sogenannten Lektions- oder Quartalszettel (Rechenschaftsberichte genannt), mit welchen die ordentlichen Professoren Mitteilungen über die tatsächlich gehaltenen öffentlichen Lehrveranstaltungen (examen neglectum) machten. Hier indes gab es bei den Professoren der Theologischen Fakultät kaum Anlass für Kritik. Vgl. HStA Dresden, Loc. 7423: Registratur über Universität (1614–1616), 500 und UUW 2, Nr. 595.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

Reprod. 1: Mitschrift der Vorlesung zur Auslegung des Propheten Maleachi (RSBZ)



2.  Friedrich Balduin als Professor der Theologischen Fakultät157

Aus vorhandenen Lektionskatalogen151 ist zu sehen, welche Vorlesungen Balduin plante: zum Sommer 1620 kündigte er an, die Auslegung des zweiten Timotheusbriefs abzuschließen und zum Titusbrief überzugehen, zum Sommer 1626 weiterhin über die Gewissensfälle zu lesen, welche die Praxis des Predigtamtes betreffen, und sodann mit denen weiterzumachen, die den Magistrat angehen.152 Diese durch den Rektor aufgesetzten Lektionskataloge allerdings hat es an der Leucorea erst aufgrund eines kurfürstlichen Erlasses aus dem Jahr 1610 gegeben. Doch ist die Überlieferung lückenhaft, so dass weitere Quellen herangezogen werden müssen. Zudem handelt es sich nur um einen Teil der an der Universität gebotenen Lehrveranstaltungen, nämlich die der ordentlichen Professoren der vier Fakultäten. Die privatim abgehaltenen Lehrveranstaltungen der außerordentlichen Professoren (Extraordinarien) und Adjunkten (Privatdozenten) werden in den Lektionskatalogen nicht aufgeführt.153 Genauere Informationen zu den geplanten Lehrveranstaltungen bot die öffentliche Vorlesungsankündigung, mit der die Professoren für die eigene Lehrveranstaltung warben. Hier gab der Professor nicht nur Datum und Uhrzeit der Lehrveranstaltung bekannt, sondern erläuterte sogar Thema, Konzeption und Methode. Die Vorlesungsankündigungen können mithin auch der Erforschung von Lehrinhalten und -methoden als Grundlage dienen. Die öffentliche Vorlesungsankündigung wurde erst unmittelbar vor Beginn des jeweiligen Semesters öffentlich bekanntgegeben. Obgleich die Wahrscheinlichkeit hierbei höher ist, dass die angekündigte Lehrveranstaltung tatsächlich stattgefunden hat, kann davon nicht immer ausgegangen werden.154 Im Falle Balduins 151  Es handelt sich eben mehr um Absichtserklärungen, die noch keine verlässliche Auskunft über die tatsächlich abgehaltenen Lehrveranstaltungen geben. Seit 1610 (UUW 1, Nr. 542) wurden an der Wittenberger Universität semesterweise Lektionskataloge geführt. Sie liegen bis 1650 verstreut vor und konnten teilweise aus Erfurt, Jena und Gotha zusammengetragen werden. Schon im 16. Jahrhundert gab es solche Vorlesungsankündigungen an der Leucorea. Dabei handelt es sich um gedruckte und veröffentlichte Verzeichnisse, die sämtliche für das jeweilige Semester angekündigten Lehrveranstaltungen aller vier Fakultäten nennen und insofern vorläufigen Charakter haben. Vgl. UUW 2, Nr. 542. Eine (unvollständige) Bibliographie der damals bekannten und verzeichneten Lektionskataloge findet sich bei Erman/Horn: Bibliographie zur Geschichte, 1980. Weitere Ergänzungen bietet Schäfer: Juristische Germanistik, 2008, 705–710; Stegmann: Quellen, 285–331. 152 JUB und EMB. Einige der Lektionskataloge liegen gedruckt in einem zeitgenössischen Sammelwerk akademischer Schriften des Professors für Geschichte Johannes Wankel vor, das die Scripta publice proposita fortsetzt: Wankel (Hrsg.): Scriptorum Academicorum, Bd. 2, 1616. In tabellarischer Form werden geordnet nach den vier Fakultäten in den Lektionskatalogen sämtliche lesende Professoren namentlich samt dem Titel der angekündigten Lehrveranstaltung genannt. 153  Sie erscheinen bisweilen in dem 1596 aufgerichteten Fiskus der Theologischen Fakultät: Die privatim an der Theologischen Fakultät angebotenen Lehrveranstaltungen bedurften nämlich der Genehmigung derselben und erforderten die Begleichung einer Gebühr. Da die außerordentlichen Professoren und Adjunkten für ihre Lehrtätigkeit nicht aus dem Fiskus der Universität entlohnt wurden und in den Quellen bisher nicht greifbar schienen, haben sie in der Forschung noch keine Beachtung gefunden. Erst die Auswertung der Rechnungen des Fiskus der Theologischen Fakultät ermöglicht quantitative und qualitative Analysen zum außerordentlichen Lehrprofil der Theologischen Fakultät. 154  Die Überlieferung der öffentlichen Vorlesungsankündigungen steht nur punktuell zur Verfügung. Die gedruckten Vorlesungsankündigungen der Professoren finden sich entweder einzeln oder im Rahmen von größeren Sammlungen öffentlich bekannt gemachter akademischer Schriften, nur teilweise abgedruckt im Rahmen von Kommentarwerken, die nachmals auf der Grundlage der abgehaltenen Lehrveranstaltung entstanden sind. In letzterem Fall ist gewiss, dass die angekündigte Lehrveranstaltung tatsächlich stattgefunden hat.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

haben sich zahlreiche solche öffentlichen Vorlesungsankündigungen erhalten, weil sie den aus den Vorlesungen hervorgegangenen, gedruckten Kommentarwerken vorangestellt wurden.155 Gleichwohl ist eine lückenlose Rekonstruktion der von Balduin gehaltenen Lehrveranstaltungen aufgrund der vorliegenden Quellen nicht möglich. Im Winter 1604/05 wurde Balduin an die Theologische Fakultät der Leucorea berufen und trat sein Amt an. Aus den Rechnungsbüchern der Universität geht hervor, dass er seit Februar über die Bußpsalmen im Rahmen seiner ordentlichen Lehrverpflichtung gelesen und daneben eine außerordentliche Lehrveranstaltung zur Erklärung der Sonntagsevangelien angeboten hat. In der Vorlesungsankündigung über die drei letzten Propheten bemerkt Balduin in seiner Begründung für die Wahl des Themas, dass er bereits in den Bußpsalmen erfahren sei.156 1606 ist Balduin dann zur Auslegung jener Propheten übergegangen. Der entsprechende Kommentar erschien 1610, das Kommentarwerk zu den Bußpsalmen Davids bereits 1609 in der ersten Auflage. Es lag freilich nahe, zuerst die Arbeit zu den Bußpsalmen fertigzustellen.157 Doch lässt sich nicht feststellen, wie lange Balduin bei diesem Thema verweilen durfte. Allerdings hat er spätestens im Sommersemester 1606 über die drei letzten Propheten Haggai, Sacharja und Maleachi gelesen. Die Ankündigung dieser Lehrveranstaltung datiert auf den ersten Sonntag nach Epiphanias 1606 (12. Januar) und hier gibt er bekannt, dass die Vorlesung am kommenden Donnerstag zur achten Stunde beginnen werde.158 Wie lange Balduin darüber gelesen hat, ist ebenfalls nicht zu ermitteln. Da für das Jahr 1607 keine Lehrveranstaltung festgestellt werden konnte, ist es nicht auszuschließen, dass sich die Auslegung der Propheten noch über das Jahr 1607 hinzog. Nicht unbegründet ist der Hinweis, dass sich Balduin in seiner Ölsnitzer Zeit im Rahmen seiner Predigttätigkeit bereits intensiv mit den Psalmen beschäftigt hatte und es somit nahe lag, die Auslegung im Rahmen der akademischen Vorlesung fortzusetzen. Durch die Berufung auf die mit der Stadtkirchenpfarre sowie der Generalsuperintendentur verbundene Professur an der Theologischen Fakultät im Jahr 1607/08 begann Balduin die Auslegung der Paulinischen Briefe ordine mit der Auslegung des Römerbriefs. Soweit sich dies aus den Quellen rekonstruieren lässt, hat Balduin bis zu seinem Tod 1627 über sämtliche Paulinischen Briefe sowie den Hebräerbrief gelesen. Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass Balduin der große Neutestamentler der Leucorea in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts gewesen ist. Als Früchte seiner Exegese und der akademischen Vorlesungstätigkeit erschienen im Laufe der Zeit Kommentarwerke zu sämtlichen Paulinischen Briefen sowie zum Hebräerbrief, die teils weitere Auflagen erfuhren und sich noch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts einer gewissen Beliebtheit erfreuten, wie die posthum publizierte Gesamtausgabe des Wittenberger Theologen Johannes Olearius (1611–1684) zeigt. 155 Bei der posthum erschienenen Gesamtausgabe dieser Kommentarwerke wurden diese Ankündigungen allerdings weggelassen. 156  Ebd.: „Cum igitur plurimum intersit, ut Prophetarum Scripta Theologiae Studiosis semper proponantur: selegi (iam expeditis Psalmorum Poenitentialium Scholis) vaticinia duorum priorum inter jam denominatos, HAGGAEI nimirum et ZACHARIAE, qui […].“ 157  Balduin: Psalmi Davidis Quos Poenitentiales vocant, 1609. 158  S. THEOLOGIAE Studiosis in Academia VVittebergensi S. P., in: Balduin: In Tres postremos Prophetas, 1610.



2.  Friedrich Balduin als Professor der Theologischen Fakultät159

In einem Brief vom 8. März 1615 weist Balduin darauf hin, dass er nach dem Leipziger Markt vom 16. Januar bis zum 8. März des Jahres 25 Vorlesungen über den Galaterbrief gehalten habe.159 Und dies, obwohl er aufgrund des Kirchenamtes von alters her lediglich zu einer zweistündigen Vorlesung verpflichtet sei, weshalb sogar das Gehalt für die Vorlesung an der Universität sehr viel geringer sei als das der übrigen Professoren. Bisher habe er jedoch viermal pro Woche gelesen und habe dies auch nach dem kurfürstlichen Dekret so gehalten, mit Ausnahme der Tage, an welchen er durch die öffentliche Disputation und eine Leichenpredigt daran gehindert worden sei. Wenn er also durch außerordentliche Aufgaben des Pfarramtes in den übrigen gehindert würde, so würde er die dem Pfarrer bestimmten ordentlichen Lektionen einschränken müssen.

2.2.  Disputation und Dissertation In der Universitätsordnung (1580) und dem Entwurf der Universitätsordnung (1606) wurde der Disputation (weniger der Vorlesung) als Form akademischen Unterrichts große Bedeutung beigemessen.160 Grundlage der mündlichen Disputation bildeten gedruckte Thesen (Dissertation), über die disputiert werden sollte und die als Einladung ausgingen, um die Disputation anzukündigen.161 Im Verlauf der Disputation hatte der Respondent unter dem Vorsitz des Präses gegenüber den übrigen Teilnehmern  – dem Kollegium, Studenten, Gästen (auch Obrigkeit) – die vorgelegten Thesen zu verteidigen. Diese Thesen waren in der Regel aus der Zusammenarbeit von Präses und Respondent hervorgegangen.162 Nicht immer ist die Verfasserschaft 159  Vgl. SUB Hamburg, Sup. ep. 222: „Post mercatum Lipsensem à die XVI. Januar. usque ad IIX. Martii anni currentis 1615 lectiones vigintiquinque in Epistolam ad Galatas habui. Et quanquam ob officium Ecclesiasticum, quod expeditiones aliae individuo nexu comitantur, Pastor antiquitus singulis septimanis ad duas horas tantum fuerit obstrictus; quam ob causam stipendium eius pro Lectione, magna ex parte tenuius est, quàm reliquorum Dominorum Collegarum: hactenus tamen plerumque semper quater singulis septimanis legi; quemadmodum et iam post publicatum Clementiss. Decretum feci, excepto eo tempore, quo propter Disputationem meam publicam ad biduum, ut et per concionem funebrem impeditus fui. Faciam deinceps et officium tentò promtius quantò me ad humillimam subiectionem Serenissimi Electoris nostri, Dni mei clementissimi, obligatum agnosco. Quod si per expeditiones Pastoratus extraordinarias in reliquis impeditus fuero, non tamen facile committam, ut quidquam aliud ordinarias illas duas horas lectioni Pastoris alioquin destinatus, intercipiat. Wittebergae a. d. 8. Mart. Anno Christiano 1615.“ 160  Vgl. das dritte Kapitel dieser Arbeit. Kenneth G. Appold hat die Funktion der Disputation im Rahmen der Konsensbildungsprozesse in der Verteidigung der Wahrheit in Form der reinen Lehre gegen die übrigen Konfessionen, aber auch gegen andere als häretisch bezeichnete Heterodoxien anhand der ekklesiologischen Entwürfe der Wittenberger Theologen im 17. Jahrhundert untersucht. Vgl. Appold: Orthodoxie. Hier ist das Nötigste über den Stand der Forschung zur Disputation gesagt, so dass an dieser Stelle nur die für die Leucorea relevanten Beiträge genannt werden. 161  Das ist erkennbar an der Verwendung des Futurs auf dem Titelblatt (respondebit). Bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts lagen der öffentlichen Disputation zumeist gedruckte Thesen (Dissertation) zugrunde. Vgl. Drews: Disputationen Dr. Martin Luthers in den Jahren 1535–1545 an der Universität Wittenberg gehalten, Göttingen 1895. 162  Auch die alleinige Verfasserschaft des Präses oder Respondenten war möglich. Vgl. zu dieser Problematik Haeberlin: Zur Autorschaft alter Dissertationen, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 43 (1926), 174–177. Eine Verfasserschaft des Respondenten kam wohl eher seltener vor, war jedoch

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

eindeutig zu klären.163 Der faktische Verlauf einer Disputation ist anhand der gedruckten Thesen nicht ablesbar. Aus Mitschriften ist bekannt, dass Martin Luther im Verlauf einer Disputation keineswegs immer den vorgelegten Thesen gefolgt ist, sondern manches ausführlicher, manches kürzer behandelt hat.164 Solche Mitschriften sind für das frühe 17. Jahrhundert bisher nicht bekannt, so dass über den Verlauf der Disputationen nur gemutmaßt werden kann. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Disputationen unterschiedliche Anlässe haben konnten. Durch die Universitätsordnung von 1580 vorgeschrieben und im Entwurf von 1606 bestätigt, waren die ordentlichen Disputationen in den drei oberen Fakultäten fest verankert. Sie sollten reihum veranstaltet werden, so dass jeder Professor einmal im Jahr öffentlich einer Disputation präsidierte. Sodann gab es die weitaus seltenere außerordentliche Disputation, die ebenfalls öffentlich war und nur dann stattgefunden hat, wenn ein besonderes theologisches Problem disputiert werden sollte. Neben diesen öffentlichen Disputationen gab es private Disputationen im Rahmen von öffentlichen oder auch privaten theologischen Kollegien, die zu Übungszwecken von den Professoren eingerichtet worden waren. Die dabei entstandenen Disputationen wurden durch den jeweiligen Professor in Form von Sammlungen publiziert und erhielten den Charakter von dogmatischen Darstellungen. Diese theologischen Kollegien konnten auch von außerordentlichen Professoren oder Adjunkten (Privatdozenten) veranstaltet werden. Solche Disputationen waren nicht Teil des Graduierungsverfahrens, dennoch konnten sie dem Fortkommen des Theologiestudenten nützlich sein: Eine Disputation, die ein Student unter dem Vorsitz eines Professors verteidigte und in den Druck gab, galt als Ausweis von Gelehrsamkeit und Frömmigkeit und war bei Berufungsverfahren förderlich. Die wichtigste Form der öffentlichen Disputationen bildete die Promotionsdisputation, an deren Bestehen der Erwerb des Lizentiats und/oder die Verleihung des Doktorgrades geknüpft waren. Die feierliche Promotionsdisputation (publica et solennis disputatio) bildete eine besondere Form der öffentlichen Disputation und den zentralen Bestandteil des akademischen Promotionsverfahrens. Die Theologieprofessoren kannten die räumlich-geographischen sowie die konfessionellen Eigentümlichkeiten und konnten den Kandidaten gezielt auf Amt und Amtsobliegenheiten vorbereiten. Anzunehmen ist, dass Präses und Respondent an der Abfassung der Thesen gemeinsam gearbeitet haben. Oft hatten die Kandidaten bereits im Rahmen des Studiums unter dem Vorsitz ihres späteren Präses oder Promotors disputiert. Bisweilen lassen sich sogar noch nähere Bezüge nachweisen. Diese Bezüge blieben grundsätzlich nach Studium, Graderwerb und Berufung bestehen. Die Absolventen pflegten weiterhin brieflichen Kontakt zu ihren Lehrern in Wittenberg und fragten um Zensuren, Gutachten und andere Stellungnahmen bei ihnen an. Der Dissertation geht oftmals ein Widmungsteil voraus. Die Thesen sind in der Regel in Abschnitte oder Paragraphen gegliedert. Ihnen liegt zumeist eine klare möglich. Ein Beispiel ist die Disputation, die Johannes Hülsemann unter dem Vorsitz von Friedrich Balduin verteidigt hat. Sie ist ohne Zweifel dem Respondenten zuzuschreiben. 163  Im Titel sind personenbezogene Daten zu Präses und Respondent, Thema der Disputation, Ort und Zeit der Veranstaltung, Universität und Fakultät, Erscheinungsort und Drucker (Verleger) samt Rangtitulaturen und den angemessenen Epitheta der Ständeklausel genannt. 164  Vgl. exemplarisch für die Disputationen Luthers WA 39 I/II.



2.  Friedrich Balduin als Professor der Theologischen Fakultät161

logische Gliederung zugrunde, die oft durch ein Inhaltsverzeichnis transparent gemacht wird. Hinzu kommen bisweilen sogenannte Corollaria und Gratulationsadressen, die verschiedene kommunikative Funktionen erfüllen sollten. Die Thesen dienten einerseits dazu, die Rechtgläubigkeit des Anwärters auf die Probe zu stellen, andererseits dazu, einen Konsens in den Argumentationslinien zu erreichen. Weiterhin wurde die Validität eines Argumentes geprüft, um den jeweiligen Kontrahenten gleichsam kraft des besseren Argumentes zu überzeugen sowie einen für andere Personen und Gruppierungen annehmbaren Konsens zu erzielen, der  – zumindest aus Sicht der disputierenden Parteien  – der eigentlichen Wahrheit entsprach. Insofern fällt die bisweilen streng syllogistische Form der Argumente auf. Der tatsächliche Verlauf einer Disputation ist durch Mitschriften (oftmals aber nur aus zweiter Hand) teilweise bekannt. Nun ist die These Appolds in der Sache durchaus schlüssig, gleichwohl ergänzungsbedürftig: In der Tat hat die Disputation eine maßgebliche Funktion im Rahmen der Konsensbildungsprozesse in den Konfessionen gespielt  – als Medium des diskursiven Austausches für die Prozesse der Lehrbildung des orthodoxen Luthertums. Das ist gewiss auch kein Spezifikum der Epoche der lutherischen Orthodoxie, maßen doch schon Luther und Melanchthon der Disputation eine wichtige Rolle in der akademischen Entscheidungsfindung sowie der akademischen Lehre bei.165 Ergänzungsbedürftig ist die These dahingehend, dass die Disputation eine entscheidende Rolle im Rahmen der Professionalisierung der theologischen Ausbildung gespielt hat: Sie bereitete den Theologiestudenten auf seine spätere kirchliche, kirchenleitende oder akademische Amtsstellung und die damit verbundenen Amtsobliegenheiten vor. Die These impliziert, dass diese Vorbereitung keineswegs „nur“ die reine Lehre betreffen konnte, sondern die an den späteren beruflichen Wirkungsorten vorzufindenden theologischen heterodoxen Strömungen mitberücksichtigen musste, indem sie Strategien einschloss, welche die Gewinnung der reinen Lehre durch rechte Auslegung, die Verteidung der reinen Lehre durch Widerlegung der häretischen Argumente sowie Mahnung und Trost in der Anwendung der Schrift aufzeigten. Die mit den unterschiedlichen räumlich-geographischen Wirkungsorten gegebenen konfessionellen Eigenheiten machten eine gezielte Ausbildung im Sinne von Kompetenzerwerb notwendig: In der Auseinandersetzung um das Schriftprinzip mit römisch-katholischen Theologen bedurfte es anderer Argumente als in der Auseinandersetzung um die Rechtfertigungslehre mit den reformierten Theologen oder aber um den Antitrinitarismus mit den Sozinianern. Das steht keineswegs im Widerspruch zu dem Festhalten an der einen Wahrheit, die durch die reine, aus dem Wort Gottes geschöpfte Lehre vermittelt wird. Selten sind die Wechselwirkungen von räumlich-geographischen Eigentümlichkeiten und Theologievermittlung explizit thematisiert worden. Eine Anpassung der Themen in Hinsicht auf die räumlichen und konfessionellen Eigenheiten kann mit guten Gründen vermutet, eine Ausrichtung des Theologiestudiums auf die Kompetenz des Theologiestudenten allerdings deutlich gezeigt werden.

165 Vgl. Drews: Disputationen; Haussleiter: Schule Melanchthons, 1897; WA 39 I/II; Horn: Disputationen und Promotionen, 1893.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

2.3.  Skizze zur Geschichte des Disputations- und Promotionswesens Hier ist nicht der Ort, die Entwicklung des Disputationswesens differenziert nach Formen und Themen der Disputation nachzuzeichnen.166 Die Disputation als Form des akademischen Unterrichts neben der Vorlesung mag eine Übernahme aus dem scholastischen Lehrbetrieb darstellen und als Kontinuität von nachreformatorischer und vorreformatorischer Universität gesehen werden. Die Disputation war schon vor der Reformation das Kernstück der akademischen Graduierungsverfahren, die vor und in der Anfangszeit der Reformation vergleichsweise oft stattgefunden haben.167 Erst 1525 erlebte das Disputationswesen und damit das akademische Graduierungsverfahren an der Universität Wittenberg eine tiefe Krise. Im Zusammenhang mit der allgemeinen Frequenz- und Bildungskrise am Beginn der 1520er Jahre wurden das Disputationswesen eingestellt und fortan keine Grade mehr verliehen.168 Erst in den 1530er Jahren kam es zu einer Wiederbelebung des Graduierungs- und damit auch des Disputationswesens: Robert Barnes (um 1495–1540) war im Auftrag der Hansestadt Hamburg nach Wittenberg gesandt worden, um die statutenmäßig geforderte Promotion Johann Aepins in Wittenberg zu erbitten. Dieser wurde gemeinsam mit Johannes Bugenhagen und Caspar Cruciger am 18. Juni 1533 zum Doktor der Theologie promoviert, nachdem er am 17. Juni über das Thema menschlicher Traditionen pro licentia disputiert hatte.169 In der Fundationsurkunde Kurfürst Johann Friedrichs (1536) wird an der Disputation als Bestandteil akademischer Lehre für alle vier Fakultäten (nicht nur des Graduierungsverfahrens) ausdrücklich festgehalten.170 Seit 1535 fanden bis zum Tod Luthers (1546) beinahe jährlich Promotionsdisputationen statt.171 Nach dem Tod Luthers war es nun alleine

166  Kenneth G. Appold hat im Rahmen seiner Habilitationsschrift – Appold: Orthodoxie – einen wichtigen Beitrag zur Geschichte des Disputationswesens an der Theologischen Fakultät der Leucorea geleistet. Gleichwohl steht eine umfassende Untersuchung zur Geschichte des Disputationswesens an der Leucorea unter Berücksichtigung auch der Juristischen und Medizinischen sowie der Philosophischen Fakultät noch aus. 167  Förstemann: Liber decanorum, 1–20 sowie die zahlreichen, das (theologische) Disputationswesen betreffenden Beschlüsse UUW 1, Nr. 23, 34–35; Nr. 28, 60; Nr. 31, 61–62, Nr. 35, 63, Nr. 38, 64 und Nr. 59, 81–82. Vgl. zum Gesamtzusammenhang Kohnle/Kusche: Anfangszeit, in: Selderhuis/ Waschke: Reformation und Rationalität, 2015, 27–42, hier 31–34, sowie Leppin: Zuspitzung und Wahrheitsanspruch, in: ebd., 43–58. 168  Förstemann: Liber decanorum, 28. Zur Frequenzkrise an den deutschen Universitäten in den Jahrzehnten der Reformation Asche: Frequenzeinbrüche und Reformen, in: Ludwig (Hrsg.): Musen im Reformationszeitalter, 2001, 53–96. 169  Förstemann: Liber decanorum, 28–30; Scheible: Melanchthon, 1997, 51–54; Beiergrösslein: Robert Barnes, 2011, 40–41. Vgl. für die Disputation Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe (WA), Bd. 39/I. 170  UUW 1, Nr. 193, 177. 171  Bis zum Tod Luthers wurden an der Theologischen Fakultät der Leucorea 17 Doktoren der Theologie promoviert. Dies waren nach den Angaben des Dekanatsbuchs der Theologischen Fakultät: Hieronymus Weller, Nicolaus Medler, Jacob Schenck, Philipp Moth, Petrus Palladius, Tilemann Nopp, Cyriacus Gericke, Joachim Mörlin, Johannes Machabaeus, Heinrich Schmedenstede, Johannes Marbach, Friedrich Backofen, Erasmus Alber, Theodor Fabritius, Stanislaus Lituanus, Georg Major, Johannes Faber und Petrus Hegemon. Vgl. Förstemann: Liber decanorum, 31–34. Vgl. auch WA 39/I und II.



2.  Friedrich Balduin als Professor der Theologischen Fakultät163

Melanchthon, der das Disputationswesen an der Universität Wittenberg maßgeblich prägte.172 Nach dem Tod Melanchthons (1560) wiederum geriet das akademische Disputations- und mit ihm das Promotionswesen erneut in eine tiefe Krise. Knapp zehn Jahre sollten vergehen, ehe an der Leucorea wieder ein theologischer Grad vergeben wurde. Doch die theologischen Promotionen der Jahre 1570 und vor allem 1574 standen im Zeichen der Auseinandersetzung mit dem sogenannten „Kryptocalvinismus“ infolge des religionspolitischen Kurswechsels des Kurfürsten.173 Nach den einschneidenden landesherrlichen Maßnahmen des Jahres 1574 wurde zunächst gar keine theologische Promotion mehr veranstaltet. Das akademische Disputationsund Promotionswesen hat erst im Zuge der obrigkeitlich verordneten Reformen des aus Tübingen berufenen Jacob Andreae eine Neuordnung und damit auch eine neuerliche Blüte erfahren.174 Die Bedeutung, die dem Disputationswesen für die akademische Lehre beigemessen wurde, spiegelt sich in der starken Berücksichtigung in der Universitätsordnung von 1580, welche als rechtliche Grundlage für die weitere Entwicklung des Disputations- und Promotionswesens im 17. Jahrhundert gelten kann.175 In der Tat haben quantitative Erhebungen gezeigt, dass in den letzten Jahren des 16. sowie im 17. Jahrhundert die Anzahl der Disputationen erheblich angestiegen ist.176 Auch Promotionsdisputationen haben an der Leucorea wieder häufiger und kontinuierlicher stattgefunden  – sogar inmitten des Dreißigjährigen Krieges.177 So gilt die Epoche der lutherischen Orthodoxie als Blütezeit des akademischen Disputationswesens: Die theologische Disputation hat sich als das wohl wichtigste Medium des theologischen Erkenntnisfortschritts erwiesen.

2.4.  Themen und Tendenzen der Disputationen Eine Übersicht der Themen der Disputationen Balduins, die nicht im Rahmen theologischer Kollegien, sondern ordine, pro gradu oder pro loco, aber auch exercitia causa gehalten wurden, zeigt, dass in diesen Disputationen keineswegs lediglich die Positionen der lutherischen Normdogmatik wiederholt worden sind.178 Außerdem 172 Das gilt insbesondere für das theologische Disputationswesen. Unter Melanchthons Vorsitz wurden bis 1560 weitere 18 Doktoren der Theologie promoviert. Vgl. Förstemann: Liber decanorum, 34–50. Einige der Disputationen sind überliefert. Vgl. dazu insgesamt Haussleiter: Aus der Schule Melanchthons. 173  Vgl. die Berichterstattung im Dekanatsbuch der Theologischen Fakultät bei Förstemann: Liber decanorum, 52–57. Zum dogmengeschichtlichen Hintergrund ist auf Hund: Das Wort ward Fleisch, 2006, hinzuweisen. 174  Dazu grundlegend Ludwig: Philippismus und orthodoxes Luthertum, 2009. 175  Wattendorf: Universitätsordnung, 134–139. In der Universitätsordnung von 1580 war gefordert, dass die der Disputation zugrundegelegten Thesen in syllogistischer Form vorzubringen seien. Zugleich sollten die Respondenten von philosophischen Subtilitäten absehen. Zur Bestätigung der Lehrartikel sollte die Heilige Schrift herangezogen werden. Balthasar Meisner hat in der Philosophia Sobria (1611) auf die Unmöglichkeit der ausschließlich syllogistischen Form in theologischen Disputationen hingewiesen. 176  Kramm: Wittenberg und das Auslandsdeutschtum. 177  Förstemann: Liber decanorum, 59 ff. 178  Schon Appold hat gezeigt, dass das akademische Disputationswesen gewisse Freiheiten aufweist und damit Innovationspotenzial für die Ausdifferenzierung der lutherischen Norm birgt. Vgl.

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decken Balduins Disputationen längst nicht sämtliche Lehrartikel der lutherischen Norm ab, sondern lassen Akzentuierungen erkennen, die sich aus den jeweiligen kontroverstheologischen Frontstellungen der Zeit ergaben.179 Gleichwohl wurde der (öffentlichen) Disputation nicht einfach eine kontroverstheologische, sondern eine amtstheologisch begründete kontroverstheologische Funktion zugewiesen.180 Einen Schwerpunkt bildet das reformatorische Kernthema: das Verhältnis von Glaube und Werken. In der im Jahr 1608 abgedruckten Promotionsdisputation Johannes Behms (1578–1648) geht es um Gerechtigkeit des Glaubens (De Iustitia Fidei). Im Jahr 1611 lässt Balduin im Rahmen einer ordentlichen Disputation über den Glauben der Kinder (De Fide Parvulorum) disputieren. In einer weiteren ordentlichen Disputation, welcher der markgräfliche Stipendiat Abdias Treu 1622 respondierte, geht es dann um die Natur heilsamen Glaubens (De Natura Fidei Salvificae). Balduins Disputationen zu den Werken wurden in ausdrücklicher Frontstellung zu Kardinal Robert Bellarmins De Iustificatione konzipiert.181 Die 1612 von Gallus Zeämann verteidigte Disputation über die Notwendigkeit der guten Werke (De Necessitate Bonorum Operum) war gegen das vierte, die von Levinus Pouchen 1620 verteidigte Disputation über die Verdienste der guten Werke (De Meritis Bonorum Operum) gegen das fünfte Buch von Bellarmins De Iustificatione gerichtet.182 Gegen die römisch-katholischen

Appold: Orthodoxie. Die nachfolgende Darstellung der Themen und Tendenzen der Disputationen Balduins erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern möchte vielmehr einen luziden Überblick vermitteln. 179  Die öffentliche Disputation (disputatio publica) war in der (unveröffentlicht gebliebenen) Ordnung der Universität (1606) als eine für Studierende in allen vier Fakultäten nützliche Unterrichtsform vorgeschrieben. Vgl. UUW 1, Nr. 528 [1606 Mai 6. Dresden] Kurfürst Christians II. von Sachsen Entwurf letzter Fassung, wie es in den Universitäten Leipzig und Wittenberg mit der Lehre, Disziplin und sonst allenthalben gehalten werden soll, 664. Es sollten in jeder der drei oberen Fakultäten vier öffentliche Disputationen pro Jahr stattfinden, mithin eine öffentliche Disputation pro Monat je abwechselnd in der Theologischen, Juristischen und Medizinischen Fakultät, mehr als dieses Pensum sei gar nicht notwendig, weil die Disputation, insbesondere die private, ohnehin vielfach Anwendung finde. Vgl. ebd., 665: „[…] so sint wir gnedigst zufrieden, daß in einer jedern obern facultet des jhars mehr nicht (jedoch auch nicht weniger) dann vier publicae disputationes gehalten werden. und könten sich in diese ordnung die doctores der dreier faculteten wol also eintheilen, daß fast einen jedern monat und wenig tagen durchs ganze jhar ein publica disputatio, die erste von einem theologo, die andere von einem jurisconsulto, die dritte von dem medico und folgends wider von fornen anzufangen gehalten würde.“ 180  Ein jeder der in den drei oberen Fakultäten lehrenden Professoren veranstaltete folglich eine öffentliche Disputation pro Jahr. Diese vorgeschriebene öffentliche Disputation diene zur Übung, zumal für den Theologen, der im Rahmen des Studiums nicht nur lernen müsste, ordentlich zu lehren, sondern auch die Lehre gegen ihre Widersacher zu verteidigen, mehr noch, auch wie er den Angefochtenen zu trösten habe. Vgl. ebd., 664–665: „dann ein theologus soll nicht allein lernen, wie er auf der canzel mit gueter ordnung nützlich lehren, sondern auch, wie er die warheit reiner göttlicher lehr wider die feinde derselben bestendiglich vertheidigen, ja auch und sonderlich, wie er kranke, betrüebte, angefochtene und vom Sathan geplagte leuthe in fürfallenden gewissenssachen trösten und des grunds der göttlichen warheit fein kurz und rund berichten möge.“ 181 Vgl. Bellarmin: Opera omnia, 1873 (ND Frankfurt am Main 1965), 208 ff. 182  Auch die 1619 von Balthasar Fuhrmann verteidigte Disputation über die Erfüllung des Gesetzes (De Impletione Legis) war gegen das vierte Buch von De Iustificatione gerichtete, nämlich gegen die Kapitel zehn bis zum Ende der Disputation, wo Bellarmin von der Wahrheit der guten Werke handelt (De Veritate Bonorum Operum).



2.  Friedrich Balduin als Professor der Theologischen Fakultät165

Theologen richteten sich darüber hinaus noch die Disputation über das kirchliche Primat des Papstes (De Primatu Papae Ecclesiastico) und die ekklesiologische Disputation über die Messe (De Missa Papistica) aus den Jahren 1622 und 1624.183 Im Kontext der ekklesiologischen Debatten nahm auch das Abendmahl eine besondere Bedeutung in den Disputationen Balduins ein. Bereits im Jahr 1609 ließ Balduin über die Einsetzungsworte (De Verbis Testamenti Jesu Christi Filii Dei, Hoc Est Corpus Meum. Hoc Est Sanguis Meus) disputieren.184 Nachdem Balduin im Jahr 1618 in den Lehrbildungsprozess prägender Weise über das Thema unserer Gemeinschaft mit Christus (De Communione Nostri Cum Christo) hatte disputieren lassen, wurde das Thema der Gemeinschaft mit Christus im Jahr 1625 nunmehr erstmals dezidiert im Kontext des Abendmahls disputiert (De Communione SS. Coenae Sub Utraque Specie).185 Als exegetisch-historische Disputation ist ferner die Promotionsdisputation Christian Gilberts de Spaignart aus dem Jahr 1617 zu nennen, in der er unter dem Vorsitz Balduins die Frage traktierte, wo die wahre Kirche Christi vor Zeiten Luthers, i. e. im Papsttum, gewesen sei. Dem für Fragen des Kirchenregiments grundlegenden Problemkomplex des Umgangs mit Häresien und Häretikern wendet sich Balduin in drei Disputationen zu. 1608 präsidierte er einer ordentlichen Disputation über die Häretiker und die Art und Weise, sie zu tadeln (De Haereticis Et Quomodo Sint Coercendi), 1612 präsidierte Balduin einer weiteren, mehr fundamentaltheologischen Disputation über die Bekehrung des Menschen zu Gott (De Conversione Hominis Ad Deum). Eine durchaus wirkmächtige Disputation über das kirchliche Anathema (De Anathematismis), in der Balduin vor allem die Frage traktiert, ob Häretiker in Predigten und Schriften von Predigern namentlich genannt widerlegt werden dürften, wurde 1620 publiziert.186 In fünf Kapiteln handelt er über die Eigenart des kirchlichen Anathemas sowie Status und Zurückweisung der Beschuldigung, weiter argumentiert er, dass es Predigern erlaubt sei, Irrlehren und derselben Verfechter auch namentlich zu nennen. Außerdem führt er aus, dass die Obrigkeit Predigern nicht verbieten 183 Auch die Thesen dieser Disputationen richteten sich bisweilen gegen Bellarmin. Balduin scheint sich also, nachdem er sich am Beginn seiner akademischen Laufbahn vor allem mit Caspar Schoppe (z. B.  De Antichristo, 1606), aber auch Martin Becan auseinandergesetzt hatte, nunmehr dezidiert Bellarmin zuzuwenden. Später hat Balduin als Auftragsarbeit zudem das Hodegum des Erzbischofs und späteren Kardinals Péter Pázmány widerlegt (Phosphorus Veri Catholicismi, 1626). Vgl. zu den Themen und Tendenzen antijesuitischer Publizistik in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts insgesamt Kaufmann: Konfession und Kultur, 220–222. Eine systematische Sichtung dieser Publizistik auch für die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts indes steht noch aus. 184  Die Disputation richtete sich einerseits gegen calvinistische Theologen (Calvinianorum strophis opposita), ist andererseits auch Teil der Vorbereitungen der 1610 erschienenen Entgegnungsschrift auf Martin Becans Disputation über die Gemeinschaft unter beiderlei Gestalt (De Communione sub utraque specie). Die Widmungsvorrede zu dieser Entgegnungsschrift datiert auf den 4. Oktober 1609. 185  Diese Disputation aus dem Jahr 1625 erlebte im gleichen Jahr eine zweite Auflage. Auf die Bedeutung dieser Disputation im Rahmen der Entwicklung eines zentralen Lehrstücks der Theologie der lutherischen Orthodoxie hat erstmals Theodor Mahlmann hingewiesen. Vgl. insgesamt Mahlmann: Unio cum Christo, 1996. Auch die 1626 veranstaltete Disputation Asylum Fidelium Hoc est Assertio Solida Sanguinem Jesu Christi Filii Dei ist diesem Themenkreis zuzurechnen. 186 Noch im Jahr 1700 erfuhr diese Disputation eine Neuauflage. Sie ist sodann bis in das 19. Jahrhundert hinein rezipiert worden. Vgl. exemplarisch von Hase: Lehrbuch der Evangelischen Dogmatik, 1826, 473.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

dürfe, Irrlehren und deren Verfechter öffentlich und mit namentlicher Erwähnung zu widerlegen.187 Schließlich ist auf eine Gruppe von Disputationen Balduins hinzuweisen, die sich nicht explizit mit dogmatischen und kontroverstheologischen Fragestellungen befassen. Von besonderem Interesse in Hinsicht auf die typologische Exegese, die Balduin in den zwei Bänden der Passio typica (1614/16) und Adventus Christi typicus (1621) vorgeführt hat, ist die 1624 erschienene Disputation über die ewige Gottheit Jesu Christi, gezeigt an den heiligen Orakeln (Aeterna Jesu Christi Divinitas Sacris Oraculis demonstrata), in der Balduin Aspekte der typologischen Exegese zum Gegenstand machte.188 Die von seinem Sohn Balthasar Balduin verteidigte Disputation aus dem Jahr 1626 diente der Auslegung (exegesis) von 1 Tim 3,16 (Manifeste magnum est pietatis mysterium: Deus manifestatus est in carne, iustificatus in Spiritus).189 In seinen privaten theologischen Kollegien hat Balduin sich zunächst ausschließlich mit den Bekenntnisschriften befasst. Bereits in dem auf seine Berufung folgenden Wintersemester 1605/06 veranstaltete Balduin das erste Kollegium über die Schmalkaldischen Artikel, das erstmals 1606 als Sammelwerk gedruckt erschien.190 Unter dem Titel De Articulis Smalcaldicis wurde dieses Sammelwerk leicht überarbeitet 1609 und nochmals 1610 bei Johann Gormann in Wittenberg nachgedruckt.191 Im Wintersemester 1606/07 veranstaltete Balduin sodann ein theologisches Kollegium über die Artikel des Meißnischen Visitationsbuchs, das erstmals 1607 als Sammelwerk gedruckt erschien.192 Im Rahmen der ersten beiden theologischen Kollegien behandelte Balduin mit den Schmalkaldischen Artikeln (1537) und dem Meißnischen Visitationsbuch (1594) mithin explizit dogmatische Themen. Das sollte sich mit der Berufung in das Amt des Pfarrers der Stadtkirche und die damit verbundene 187 Diese Position verteidigte er sodann gegen Einwände der Gegner. Vgl. exemplarisch zur amtstheologischen Grundlegung Balduin: Discursus Theologicus De Anathematismis, 7r sowie zum Verhältnis zur weltlichen Obrigkeit 18v. 188 Vgl. zur typologischen Exegese bei Friedrich Balduin den dritten Abschnitt des fünften Kapitels der vorliegenden Arbeit mit weiteren Literaturhinweisen. 189  Bereits 1623 hatte Balduin Andreas Kesler, Adjunkt der Philosophischen Fakultät der Leucorea, im Rahmen einer öffentlichen Disputation die Auslegung (explicatio) von Röm 4,24 (De Christi in Mortem Traditione Et In Vitam Resuscitatione) vornehmen lassen. 190 Die insgesamt 22 Disputationen verteilten sich auf 14 Kollegiumsteilnehmer. Balduin war Verfasser und präsidierte den Disputationen, die vom 1. November 1605 bis zum 7. Juni 1606 beinahe wöchentlich (wo genau ist nicht bekannt) stattgefunden hatten: Balduin: Disputationes XXII. pro Articulis Smalcaldicis, 1606. Unter den Teilnehmern befand sich auch der spätere Wittenberger Theologieprofessor Balthasar Meisner, Balduins Schwager. Meisner, der am 25. Oktober 1605 unter dem Vorsitz Balduins eine öffentliche Disputation über die Ursünde (De Peccato Originis) durchgeführt hatte, disputierte am 15. Februar 1606 über die Aktualsünden (De Peccatis actualibus). Unter den Teilnehmern des Kollegs befand sich weiterhin Ägidius Strauch, der am 18. Januar 1606 über die Anrufung der Heiligen (De Invocatione Sanctorum) disputierte. 191  Balduin: De Articulis Smalcaldicis, 1609/10. 192  Am 25. Oktober 1606 fand die erste von insgesamt 13 Disputationen, verteilt auf zwölf Teilnehmer, statt. Die letzte Disputation datiert auf den 7. März 1607: Balduin: Disputationes Tredecim Pro Aureolo Visitationis Misnicae Libello, 1607. Zur Verfasserschaft dieser Disputationen finden sich auf den Titelblättern keine Hinweise. Auch dieses private theologische Kollegium fand in der Regel wöchentlich statt. Der Kreis der Teilnehmer hatte sich inzwischen grundlegend geändert, nur Balthasar Meisner war noch übrig von den Respondenten, die an dem privaten theologischen Kollegium über die Schmalkaldischen Artikel teilgenommen hatten.



2.  Friedrich Balduin als Professor der Theologischen Fakultät167

Generalsuperintendentur sowie Professur an der Theologischen Fakultät im Wintersemester 1607/08 ändern. Im Frühjahr 1608 begann Balduin ein privates theologisches Kollegium zur Auslegung des Hebräerbriefs, das noch in demselben Jahr unter dem Titel Analysis Epistolae ad Hebraeos als Sammelwerk gedruckt worden ist.193 Einige der Respondenten hatten an dem Kollegium Balduins über das Meißnische Visitationsbuch teilgenommen194, nur vier von ihnen waren Landeskinder.195 Lediglich zwei der Respondenten fanden nach dem Studium an der Universität Wittenberg eine Anstellung in Kursachsen.196 Die verbleibenden Respondenten wurden in anderen Territorien und Städten des Heiligen Römischen Reiches tätig.197 Es ist weiterhin auffällig, dass fünf der 13 Respondenten nach ihrem Studium ein akademisches Amt antraten, die übrigen dagegen ein Kirchen-, Matthaeus Reimer ein Schulamt. Von 1608 bis 1617 hat Balduin keine privaten theologischen Kollegien mehr angeboten. Im Jahr des Reformationsjubiläums begann Balduin nun ein theologisches Kollegium zur Auslegung des Philipper- und des Kolosserbriefs, das unter dem Titel Quaestiones Illustres Ex Divinis Apostoli Pauli Ad Philippenses Et Colossenses erutae (1617) gedruckt worden ist.198 Das letzte theologische Kollegium Balduins bediente mit der 193  Balduin war Verfasser und Präses der insgesamt 15 Disputationen, in welchen er die 13 Teilnehmer alle 13 Kapitel des Hebräerbriefs traktieren ließ: Balduin: Analysis Epistolae Ad Hebraeos, 1608. Die Teilnehmer waren Heinrich Julius Strube (am 21. Februar 1612 in Helmstedt ordiniert, vgl. NLA WO, 37 Alt, Nr. 1721, 28r), Nicolaus Hunnius, Gabriel Melartopoaeus, Balthasar Meisner, Matthaeus Reimer, Johannes Lippius, Johannes Schmid, Tobias Tilemann, Joachim Fleischer, Matthaeus Bachmann, Erasmus Zolner, Petrus Danckwert und Hermann Slorfius. 194  Dies waren Nicolaus Hunnius, Gabriel Melartopoaeus, Balthasar Meisner, Joachim Fleischer, Johannes Schmid und Erasmus Zolner. Der aus Kimitschau in Finnland stammende Gabriel Melartopoaeus gehörte zu denen, die in Wittenberg auch den Grad des Magisters artium erwarben. Bischof Erich wollte ihn in das Amt des Schulrektors zu Abo berufen, da er ein geschickter und gelehrter, in beiden Sprachen (Griechisch und Hebräisch) kundiger Mann sei, scheiterte jedoch, weil die Regierung einen Schweden berufen wollte. Vgl. Koskinen: Finnische Geschichte, 1874. 195  Dies waren Balthasar Meisner, Johannes Schmid, Tobias Tilemann und Matthaeus Bachmann. Bei diesem Johannes Schmid könnte es sich um den am 17. Dezember 1610 von Balduin ordinierten Magister Johannes Schmid handeln, der ein Jahr zuvor von Balduin zum Konrektor der Stadtschule vorgeschlagen worden war. Vgl. den Eintrag in das Wittenberger Ordiniertenbuch, WOB V (1605–1627), Nr. 239. Auch Matthaeus Bachmann wurde am 21. Oktober 1612 ordiniert. Vgl. den Eintrag in das Wittenberger Ordiniertenbuch V (1605–1627), Nr. 329. Bachmann war Adjunkt der Philosophischen Fakultät. 196 Der gebürtige Dresdner Balthasar Meisner (Theologische Fakultät) und der Wittenberger Tobias Tilemann (Philosophische Fakultät) wurden als kurfürstliche Alumnen nach ihrem Studium Professoren an der Leucorea. Vgl. zu Meisner den ersten Abschnitt des dritten Kapitels der vorliegenden Arbeit, zu Tilemann Kathe: Philosophische Fakultät, 218–219. 197 Der gebürtige Marburger Nicolaus Hunnius ging zunächst als Pfarrer und Superintendent nach Eilenburg, wurde nach Hutters Tod zum Professor der Theologie nach Wittenberg berufen und ging schließlich 1623 als Pfarrer und Superintendent nach Lübeck. Der aus Heinrichsstadt im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel gebürtige Heinrich Julius Strubius  – indes auch gekrönter Dichter  – wurde nach seinem Studium Professor und Superintendent in Helmstedt, und Johannes Lippius Professor in Straßburg. 198  Die erste Disputation fand am 24. Januar, die letzte am 9. April statt. Vgl. Balduin: Quaestiones Illustres Ex Divinis Apostoli Pauli Epistolis Ad Philippenses Et Colossenses erutae, 1617. An dem Kollegium haben acht Theologiestudenten teilgenommen, von welchen jeder eine Disputation zu verteidigen hatte.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

Trinitätslehre wiederum ein dogmatisches Thema. Im Wintersemester 1618 ließ er zwölf Disputationen halten, die sich eingehend mit den antitrinitarischen Strömungen der Zeit befassten und 1619 unter dem Titel Collegium SS. Trinitatis publiziert wurden.199 War Balduin in den Disputationen zu den Schmalkaldischen Artikeln und dem Meißnischen Visitationsbuch an die einzelnen Lehrartikel gebunden und orientierte er sich in den exegetischen Disputationen an den Kapiteln der biblischen Bücher, so waren seine Gestaltungsmöglichkeiten in der systematischen Behandlung eines einzelnen Lehrartikels freier.200 Das theologische Kollegium zur Trinitätslehre ist in den Kontext der antitrinitarischen Strömungen in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts einzuordnen, deren sich die Fakultät vor allem seit 1615 immer mehr zu erwehren suchte.201

2.5.  Übersicht I: Herkunft, Graderwerb, Wirkungsort der Respondenten Die Theologiestudenten, die eine öffentliche oder private Disputation unter dem Vorsitz von Balduin verteidigt haben, werden im Folgenden kollektivbiographisch untersucht.202 Balduin präsidierte im Rahmen der genannten theologischen Kollegien insgesamt 49 Respondenten. Dabei bildeten die Landeskinder mit 14 Teilnehmern erwartungsgemäß die größte Gruppe unter den Respondenten (28,5 %), doch waren die Nicht-Landeskinder insgesamt deutlich in der Mehrzahl. Die aus den norddeutschen Territorien und Städten (Nord-, Nordwest- und Nordostdeutschland203) 199 Am 11. November 1618 fand die erste, am 7. April 1619 die letzte Disputation statt. Vgl. Balduin: Collegium SS. Trinitatis, 1619. 200  Die erste Disputation thematisiert die Begriffe, die bei der Behandlung des Artikels über die Trinität gebräuchlich sind, nämlich Essenz, Person und Dreiheit, und bietet eine Reflexion über den Gebrauch metaphysischer Terminologie in theologischen Fragen. 201  Die ordentliche Disputation über die Übereinstimmung der Theologie der Photinianer mit der calvinischen ist wohl im Kontext der Vorbereitungen zu diesem Kollegium zu sehen. 202  Gleichwohl wird eine unmittelbare Schülerschaft keineswegs behauptet. Es soll vielmehr auf Grundlage der prosopographisch-kollektivbiographischen Methode dargestellt werden, aus welchen räumlich-geographischen Einzugsgebieten und sozial-familiären Umfeldern die Kandidaten kamen, wie lange sie in Wittenberg verblieben und welche akademischen Grade sie erworben haben und schließlich, wohin sie nach dem Studium in Wittenberg berufen wurden und welche Tätigkeit sie an ihren späteren Wirkungsorten ausgeübt haben. Auf diese Weise soll die Verbindung der Theologischen Fakultät der Leucorea und ihres Professors Balduin nicht nur innerhalb Kursachsens, sondern auch zu den Territorien und Städten innerhalb und außerhalb des Heiligen Römischen Reiches abgebildet werden. Dabei sind zum einen die Disputationen der graduierten Absolventen von den nicht-graduierten zu trennen, zum anderen die öffentlichen und privaten Disputationen. Auf diese Weise werden die Rezeptionsräume deutlich, in denen sich Prozesse von Wissensdistribution und -diffusion überhaupt erst abspielen konnten. 203 Das nachstehende Diagramm zeigt die Verteilung der Respondenten hinsichtlich ihrer räumlich-geographischen Herkunft. Norddeutschland umfasst Schleswig-Holstein und Hamburg, Nordwestdeutschland umfasst Ostfriesland, Oldenburg, Bremen und die Welfischen Territorien, Nordostdeutschland umfasst Mecklenburg, Pommern und Brandenburg, Mitteldeutschland umfasst Magdeburg, Halberstadt, Harzterritorien, Sachsen und Thüringen; Hessen (mit Wetterau); Oberrheinlande (mit Elsaß, Baden, pfälzische Territorien); Franken (mit Reichsstädten); Bayern; Länder der böhmischen Wenzelskrone (mit Lausitzen, Schlesien, Mähren); österreichische Länder (mit Herzogtum Krain); Länder an der südlichen Ostseeküste (West- und Ostpreußen, Polen, Litauen, Kurland, Livland, Estland, Ingermanland) sowie die skandinavischen Länder (Dänemark und Norwegen mit Island und den Färöer-Inseln, Schweden mit Finnland und Karelien).

2.  Friedrich Balduin als Professor der Theologischen Fakultät169



kommenden Respondenten bildeten mit insgesamt 13 Teilnehmern die zweitgrößte und damit den Landeskindern beinahe ebenbürtige Gruppe (26,5 %). Es folgen sodann fünf Kandidaten aus den Ländern der südlichen Ostseeküste (10 %), vier Kandidaten aus Bayern (8 %), sowie je drei Kandidaten aus Franken und aus den österreichischen Ländern (je 6 %). Weiterhin vertreten waren Kandidaten aus den Oberrheinlanden, den Länder der bömischen Wenzelskrone und den skandinavischen Ländern (je 4 %) sowie ein Kandidat aus Hessen. Die Tatsache, dass 71,5 % der Respondenten in den theologischen Kollegien Balduins Nicht-Landeskinder waren, verweist auf die nach wie vor bestehende überregionale und überterritoriale Anziehungskraft der Leucorea. Angesichts der von der Forschung für die (protestantischen) Universitäten des 17. Jahrhunderts konstatierten Territorialisierungthese204, ist dieser Befund bemerkenswert. Weiterführende prosopographische Studien zu den Fakultätskollegen Meisner, Franz oder Hutter müssten zeigen, ob und inwieweit sie ebenfalls in den von ihnen veranstalteten theologischen Kollegien verstärkt Nicht-Landeskinder aus- und weiterbildeten.205 Darüber hinaus müsste der Vergleich zu den Professoren an den Theologischen Fakultäten der übrigen Universitäten der mitteldeutschen Bildungslandschaft – Leipzig, Jena, Helmstedt – gezogen werden. Bei den öffentlichen Disputationen, denen Balduin präsidiert hat, zeigt sich kein grundlegend, aber doch sichtbar anderes Bild. Der Anteil der Landeskinder unter den Respondenten ist hier weitaus größer: Mit 17 von insgesamt 33 Teilnehmern lag der Anteil der Landeskinder unter den Respondenten bei knapp 52 %. Auch bei den Respondenten im Rahmen von öffentlichen Disputationen bildete die aus den norddeutschen Territorien und Städten (hier Nordwest- und Nordostdeutschland) kommende Gruppe mit acht von 33 (24 %) die zweitgrößte Gruppe. Die übrigen Teilnehmer kamen aus den Oberrheinlanden (2), den Ländern der südlichen Ostseeküste (2), Hessen und Franken (je 1). Eine Ausnahme stellt der aus Griechenland stammende Zacharias Gerganus dar (siehe Abb. 5 und 6). Der bei den Respondenten im Rahmen der öffentlichen Disputationen deutlich größere Anteil an Landeskindern ist wohl auf die Bestimmungen in der Universitätsordnung zurückzuführen. Für die kurfürstlichen Stipendiaten war dort das Abhalten einer öffentlichen Disputation als verpflichtend bestimmt worden und nach diesen Vorschriften mussten die kurfürstlichen Stipendiaten auch Landeskinder sein. Das war tatasächlich in der Regel der Fall. Insofern ist der höhere Anteil an Landeskindern gegenüber dem Anteil im Rahmen der privaten Kollegien nicht weiter überraschend. Für die räumlich-geographische Herkunft der Respondenten insgesamt ist zu bemerken, dass diese überwiegend aus den protestantischen Territorien und Städten des Heiligen Römischen Reiches (mit einem Schwerpunkt bei den norddeutschen Territorien und Städten) stammen. Andererseits ist signifikant, dass sie gerade bei den 204  Vgl.

exemplarisch Reinhard: Geschichte der Staatsgewalt, 1999, 399–404. Wie bereits deutlich geworden sein dürfte, besaß jeder der an der Theologischen Fakultät der Leucorea lehrenden Professoren aufgrund der je eigenen Amtsobliegenheiten unterschiedlichen Bezug zu den Studenten. Meisner dürfte einerseits aufgrund seiner Tätigkeit als (theologischer) Ephorus der kurfürstlichen Stipendiaten eng mit den Landeskindern verbunden gewesen sein, andererseits ist durch seinen Briefwechsel (SUB Hamburg, Sup. ep.) seine enge Bindung etwa zu den Schlesiern dokumentiert. 205 

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

Länder der böhmischen Wenzelskrone 4%

Österreichische Länder 6%

Nordwestdeutschland 4%

Länder der südlichen Ostseeküste und Skandinavien 14 %

Nord- und Nordostdeutschland 23 %

Süd- und Südwestdeutschland 18 % Mitteldeutschland 31 %

Abb. 5: Räumlich-geographische Herkunft der Respondenten, die in den von Friedrich Balduin geleiteten privaten theologischen Kollegien disputiert haben

Länder der südlichen Griechenland Ostseeküste und 3% Skandinavien 6%

Nord- und Nordostdeutschland 16 %

Süd- und Südwestdeutschland 9%

Nordwestdeutschland 10 %

Mitteldeutschland 56 %

Abb. 6: Räumlich-geographische Herkunft der Respondenten, die in den von Friedrich Balduin geleiteten öffentlichen theologischen Kollegien disputiert haben

2.  Friedrich Balduin als Professor der Theologischen Fakultät171



privaten Kollegien nicht überwiegend aus dem Trägerterritorium kommen, bei den ordentlichen Disputationen dagegen sehr wohl. Der erste Befund ist im Kontext der räumlich-geographischen Herkunft der Besucher der Universität Wittenberg insgesamt zu sehen, die sich eben überwiegend auf die Städte und Territorien Mittel- und Norddeutschlands erstreckt hat. Für sämtliche Respondenten konnte ein Eintrag in die Matrikel der Universität Wittenberg nachgewiesen werden. Die überwiegende Mehrheit der Respondenten hat zudem wenigstens an einer weiteren Universität studiert. Für die überwiegende Mehrheit der Respondenten ist außerdem ein Graderwerb in der Philosophischen Fakultät (Magistergrad) nachweisbar (79 %). Der tatsächliche Anteil der Graduierten unter den Kollegienteilnehmern dürfte noch höher gewesen sein, denn nicht immer (doch in der Regel) wurde der akademische Grad angegeben. Nur für acht Respondenten ist der Erwerb des Magistergrades nicht nachweisbar, etwa Barthold von Krakewitz (1582–1642), späterer Pfarrer, Superintendent und Professor in Greifswald, hatte wohl keinen Magistergrad erworben. Krakewitz wurde dennoch später in Rostock mit der Würde des Doktors der Theologie versehen, nachdem er unter dem Vorsitz Eilhard Lubins (1565–1621) disputiert hatte.206

2.6.  Übersicht II: Herkunft, Graderwerb, Wirkungsort der Graduierten Am 21. Oktober 1608 disputierte der aus Königsberg stammende Johannes Behm unter dem Vorsitz Balduins über das Thema De Iustitia Fidei und erwarb damit den Grad des Lizentiaten und Doktors der Theologie.207 Behm wurde hernach Professor der Theologischen Fakultät der Universität Königsberg und Assessor des Samländischen Konsistoriums. Auch nach dem Erwerb der höchsten akademischen Würden in Wittenberg blieb er weiterhin in regem Austausch mit seinen Wittenberger Lehrern.208 Am 3. und 4. September disputierte der in Marburg geborene Nicolaus Hunnius, Sohn von Ägidius Hunnius d. Ä., unter dem Vorsitz Balduins über das Thema De Conversione Hominis ad Deum und wurde hernach zum Lizentiaten und Doktor der Theologie promoviert.209 Hunnius ging zunächst als Pfarrer und Superintendent nach Eilenburg und wurde nach dem Tod Hutters (1616) als Professor an die Wittenberger Theologische Fakultät berufen, wo er bis 1623 die vierte Professur versah.210 Anschließend wurde Hunnius Pfarrer und Superintendent in der Reichsstadt Lübeck und genoss dort einen herausragenden Ruf als Prediger und Kontroverstheologe. Am 4. Juli 1617 disputierte Christian Gilbert de Spaignart aus Torgau unter dem Vorsitz Balduins über das Thema De Vera Christi Ecclesia Ante Tempora D. Lutheri,

206  Lubin:

De Primatu et Potestate Romani Pontificis, 1607. De Iustitia Fidei, Disputatio Publica [21. Oktober 1608/Johannes Behm], 1608. Vgl. Förstemann: Liber decanorum, 89. 208  Insbesondere seine Anfragen an die Wittenberger Theologen sind hier zu nennen. Vgl. exemplarisch UA Halle, Rep. 1, 4578 sowie 4593. 209  Balduin: Disputatio Publica De Conversione Hominis Ad Deum [3./4. September 1612/ Nicolaus Hunnius], 1612. Vgl. Förstemann: Liber Decanorum, 89. 210  Vgl. zu ihm insbesondere das dritte Kapitel der vorliegenden Arbeit. 207  Balduin:

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

Durante Papatu und wurde zum Lizentiaten der Theologie promoviert.211 Gilbert war seit 1609 Pfarrer in Enns (Oberösterreich) und dazu (vermutlich) von Balduin in Wittenberg ordiniert worden.212 Er hat das Thema seiner Promotionsdisputation über die Spuren der wahren Kirche (in der Kirchengeschichte) vor der Reformation Luthers in den Schriften Stellae Pietatis Lutheranae (Wittenberg 1617) und Medulla Theologiae Ambrosianae (Linz 1617) vertieft. Gilbert gilt aufgrund seines Werkes Theologische Müntzfrage (1621) als einer der ersten protestantischen Ökonomen.213 Am 24. August 1621 disputierte Immanuel König unter dem Vorsitz Balduins über das Thema De Providentia Dei, um den Grad des Lizentiaten und Doktors der Theologie zu erwerben.214 König wurde später Generalsuperintendent von Kolberg. In der Vorrede von Balduins Werk Idea Dispositionum Biblicarum wird König als derjenige benannt, der den Verfasser zu ebendiesem Werk ermutigt habe.215 Auch der aus Halle stammende Laurentius Andreae ist unter dem Vorsitz Balduins promoviert worden. Er hatte am 14. März 1623 über das polemische Thema Speculum Idololatriae Papalis disputiert.216 Andreae wurde später Stiftssuperintendent in Merseburg, starb allerdings früh. Noch im selben Jahr disputierte am 27. Juni der langjährige Professor der Philosophischen Fakultät Jacob Martini unter dem Vorsitz Balduins pro licentia.217 Der aus Langenstein stammende Martini sollte nunmehr die Professur an der Theologischen Fakultät versehen, die durch den Weggang des Nicolaus Hunnius vakant geworden war. Er blieb bis zu seinem Tod 1649 im Amt. Der letzte Kandidat, der unter dem Vorsitz Balduins pro licentia disputierte, war Johann Cothmann aus Herford.218 Cothmann war zu dem Zeitpunkt seiner Disputation, die nicht im Druck erhalten ist, bereits designierter Professor der Theologischen Fakultät der Universität Rostock. 1633 wurde er erster fürstlicher Theologieprofessor ebendort.

2.7.  Inspektion der markgräflichen Stipendiaten Nicht nur die kursächsischen Stipendiaten an der Leucorea verfügten über eine Einrichtung (Ephorat oder Inspektorat) zur Aufsicht über ihren Lebenswandel und Studienfortschritte. Auch für ausländische Stipendiaten, die von ihrem Landesherrn durch ein entsprechendes Auslandsstipendium an der Leucorea versorgt wurden, war eine solche Einrichtung gebräuchlich.219 Das Ephorat der kursächsischen Stipen211  Balduin: Disputatio Solennis De Vera Christi Ecclesia Ante Tempora D. Lutheri, Durante Papatu [4. Juli 1617/Christian Gilbert de Spaignart], 1617. Vgl. Förstemann: Liber decanorum, 90. 212  WOB VI (1605–1627), Nr. 169. 213  Roscher: Geschichte der National-Oekonomik in Deutschland, 1874, 178–179. 214  Balduin: Disputatio Solennis De Providentia Dei [1621/Immanuel König], 1621. 215  Vgl. dazu insbesondere den vierten Abschnitt dieses Kapitels. 216  Balduin: Speculum Idololatriae Papalis, [1623/Laurentius Andreae], 1623. 217  Ders.: Defensio Augustanae Confessionis [27. Juni 1623/Jacob Martini], 1623. 218  Förstemann: Liber decanorum, 91. 219  Die Geschichte dieser Auslandsstipendien an der Leucorea ist noch nicht geschrieben. Problematisch ist vor allem die dezentrale Überlieferungslage. Vgl. zum Gesamtzusammenhang Asche: Studienförderung und Stipendienwesen, in: Jahrbuch für Universitätsgeschichte 15 (2012), 37–105 sowie speziell zur Leucorea Bohnert/Asche: Forschungsstand und Überlieferungssituation, 58–61.

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diaten versah stets ein Professor der Theologischen Fakultät, welcher außerdem durch einen Professor der Philosophischen Fakultät unterstützt wurde  – von 1613 bis 1626 etwa war Balthasar Meisner der theologische Ephorus der kurfürstlichen Stipendiaten.220 Auch die markgräflichen Stipendiaten an der Leucorea besaßen einen solchen Ephorus  – gleichsam als externe (auch extern vergütete) Einrichtung  – in Wittenberg.221 Der erste Amtsinhaber war der Theologieprofessor, Pfarrer und Superintendent Paul Eber (1511–1569). Institutionell verankert war das Ephorat damals allerdings noch nicht. Das Kloster Heilsbronn war 1132 durch Bischof Otto von Bamberg gestiftet worden. Im September 1555 hatte Aemilia, die Witwe des Markgrafen Georg, als Mitvormünderin ihres Sohnes Georg Friedrich die evangelische Kirchenordnung eingeführt.222 Georg Friedrich sollte den Konvent schließlich in eine Schule umwandeln und stiftete am 20. August 1563 Plätze für 24 fähige und bedürftige brandenburgische Landeskinder in Ansbach (und ebensoviele oberhalb des Gebirges) in Partikularschulen.223 Das Stipendium war der Höhe nach gestaffelt, so dass zehn der Stipendiaten jährlich 40 fl, 20 jährlich 50 fl und die übrigen zehn jährlich 60 fl zu ihrem Auskommen erhielten. An die Stelle des ehemaligen Konvents trat am 19. Juli 1581 ein Gymnasium, das, gegründet nach dem Vorbild der kursächsischen Fürstenschulen, am 5. April 1582 eingeweiht wurde. Die Stipendiaten sollten im Kloster unterhalten und entgeltfrei unterrichtet werden. Für den Erhalt des Stipendiums wurde vorausgesetzt, dass die Anwärter zwischen zwölf und 16 Jahre alt und außerdem Landeskinder waren sowie über die nötige Begabung verfügten.224 Damit traf Georg Friedrich zugleich die Anordnung, dass an der Leucorea 40 Stipendiaten aus beiden Fürstentümern zu unterhalten seien. Diese sollten in erster Linie Theologie studieren. Von den einhundert Stipendiaten zu Heilsbronn und den insgesamt 50 akademischen Stipendiaten durften sich zehn teils der Jurisprudenz und teils der Medizin zuwenden.225 Am 28. November 1581 wurde eine Ordnung der Schulen zu Heilsbronn und Ansbach erlassen. Darin wurde auch bestimmt, dass die akademischen Stipendiaten 220  Schmidt:

Oratio Meisneri Memoriae, 1627, 39. Vgl. speziell zu den Nürnberger Stipendienstiftungen Ebneth: Stipendienstiftungen in Nürnberg, 1994. 222  Layritz: Geschichte der öffentlichen und Privatstipendien, Bd. 1, 1804, 43; Popp: Die Reformation in Kulmbach, 1978; Gravenhorst (Hrsg.): Markgraf Georg Friedrich, 1966. Vgl. zur Kirchenordnung Sehling (Hrsg.): Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts. Teil 11: Bayern, Teil 1: Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach, Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weißenburg, Windsheim, Grafschaft Castell, Rieneck und Wertheim, Herrschaft Thüringen, Tübingen 1961. 223  Der Entschluss, eine Knabenschule zu begründen, geht auf den 1529 gewählten Abt Johann Schopper zurück, der zunächst zwölf Knaben einen Schulmeister vorsetzte und versorgte. Auch Melanchthon hat Schüler empfohlen. Unter dem Abt Georg Greulich stieg die Zahl der Schüler auf 20. 224  Die Stipendien sollten den Kindern armer Kirchen- und Schuldiener oder anderen armen oder mit vielen Kindern gesegneten Familien dienen. Es war aber auch erlaubt, Kinder anderer Eltern kostenpflichtig aufzunehmen. 225 Die Stellen waren 1618 so eingeteilt, dass Bayreuth 9, Kulmbach 9, Hof 9, Wunsiedel 6, Neustadt an der Aisch 7, Bayersdorf 1, Heilsbronn 1 und 8 Gnadenstellen besaß. Vgl. Layritz: Ausführliche Geschichte, 59. Insgesamt dürfte die Stiftung Schätzungen zufolge jährlich etwa 10.000 fl gekostet haben. 221 

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

ein Ephorat an der Leucorea benötigten, für das einer der Professoren gewonnen werden müsse. Am 10. Februar 1586 erging eine besondere Ordnung über das Amt dieses Ephorus und die Pflichten der Stipendiaten.226 Der erste Inhaber des Ephorats für die markgräflichen Stipendiaten gemäß der Ordnung wurde Salomon Alberti, Professor der Medizinischen Fakultät, mit der Begründung, dass dieser in der Theologie und Philosophie gleichfalls die nötige Kenntnis besitze.227 Eine Zäsur, deren Ausmaß sich nur erahnen lässt, dürfte die „kryptocalvinistische“ Phase der Universität Wittenberg zwischen 1587 und 1591/92 bedeutet haben.228 Als Alberti das Ephorat 1592 resignierte  – er wechselte als Leibarzt Friedrich Wilhelms nach Dresden –, wurde abermals der Ruf nach einem Theologieprofessor für die Übernahme der Aufgaben laut. Tatsächlich gelang es, Ägidius Hunnius für das Amt zu gewinnen.229 Bereits am 2. Dezember 1600 wurde Hutter als Nachfolger ins Spiel gebracht, da man dem vielfältig beschäftigten und daher überlasteten Hunnius die Verwaltung des Ephorats offenbar nicht mehr zutraute. Zudem stand zu vermuten, dass Hunnius nach Tübingen zurückberufen werden würde. Möglich ist, dass sich seit dessen Tod im Jahr 1603 Hutter und neben ihm Friedrich Taubmann um die Belange der Stipendiaten gekümmert haben.230 Um 1612 war dann Balduin als Ephorus vorgeschlagen worden, doch weil er als „krank und vielbeschäftigt“ eingestuft worden war, nicht als erste Wahl. Nach dem Tode Taubmanns231 1613 wurde eine offizielle Anfrage an Hutter gestellt. Es gelang, ihn von 1614 bis zu seinem Tod 1616 als Ephorus der markgräflichen Stipendiaten zu beschäftigen.232 Vertretungsweise hat offenbar auch Meisner das Ephorat geführt.233 Im Frühjahr 1617 226  Layritz: Ausführliche Geschichte, 52: Dem Inspektor wurde befohlen, das Kaiptel über die Pflichten der Stipendiaten diesen zweimal jährlich vorzulesen und einzuschärfen. 227  Vgl. auch Hausmann: Laelius, 288. Vgl. zu ihm auch Koch: Wittenberger Medizinische Fakultät, 299–300. Dort findet seine Tätigkeit als Inspektor der markgräflichen Stipendiaten allerdings keine Erwähnung. Doch wurde damals bereits der Wunsch geäußert, einen der ordentlichen Professoren der Theologischen Fakultät für dieses Amt zu gewinnen. Vorgeschlagen wurde Polycarp Leyser, der offenbar abgelehnt hat. 228  LAELKB, MKA, Gen. 96, 3r: „Nota. Wegen einfallender Unrichtigkeit zu Wittenberg, sind ein Zeitlang die Academica stipendia unbestellen gelaßen, unnd auff besserung gewarttet worden: Biß endlich die Stipendiaten von Wittenberg abgefordert, und volgende ordnung ausgegangen ist. Ao. 1592.“ Untersuchungen zu inner- und transterritorialen Auswirkungen der Restauration im Sinne der lutherischen Orthodoxie an der Leucorea liegen bisher nicht vor. 229  Wann genau Hunnius mit der Aufgabe betraut wurde, konnte bisher nicht festgestellt werden, doch berichtete er am 26. Juni 1596 an Markgraf Georg Friedrich über Fortschritte der Ansbacher Stipendiaten. 230  Wie lange und wie gewissenhaft sie ihre Ämter versahen, ist nicht bekannt. Allerdings hat Hausmann in seiner Studie zu Laurentius Laelius darauf hingewiesen, dass in einem Entwurf zu einem Konsistorialschreiben vom 10. August 1610 bemerkt worden war, dass nunmehr seit sieben Jahren kein Aufseher vorhanden sei. Hinweise zu Balduin bei Schmidt: Oratio, 24; Layritz: Ausführliche Geschichte, 53; Kupke: Kirchen- und Schulvisitationen, 76. 231  Taubmann indes ist in Gen. 101 nicht als Empfänger der Inspektorenbesoldung genannt. 232 Hutter erhielt das Gehalt für seine Inspektorentätigkeit erstmals zu Ostern 1614 – vgl. Gen. 101, 12r – und noch einmal Michaelis 1616. Anschließend wird Balduin als Empfänger der Besoldung genannt. Vgl. Gen. 101, 17r. 233  Die noch unerschlossenen umfangreichen Akten harren der systematischen Auswertung. Die speziell zur Berufungsangelegenheit Balduin vorliegenden Aktenstücke (LAELKB, MKA, Gen. 104 [ungezählt]) werden im Folgenden erstmals ausgewertet. Die zu den markgräflichen Stipendiaten



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wurden erneut Verhandlungen mit Balduin sowie mit Meisner aufgenommen.234 Als Meisner in einem Schreiben an Laelius abgesagt hatte, nahm Balduin, der darauf hingewiesen hatte, dass Meisner bereits das Ephorat der kurfürstlichen Stipendiaten in Wittenberg verwaltete, die Aufgabe an.235 Ein entsprechendes Schreiben des Konsistoriums zu Bayreuth (Christoph Schleupner, Heinrich Hain, Johannes Sartorius und Johann Beheim) erging am 11. April 1617.236 Das Stipendiatenverzeichnis der markgräflich-ansbachischen Stipendiaten in Wittenberg ist überliefert, so dass sich der Kreis der von Balduin betreuten Studenten aus den Markgrafschaften rekonstruieren lässt. In dem Stipendiatenverzeichnis werden die Empfänger des halbjährlich ausgezahlten Stipendiums namentlich aufgelistet. Einen gleichbleibend großen Kreis von 18 Stipendiaten hat Balduin betreut und geprüft  – stets waren es fünf Stipendiaten (Nr. 1–5), die zu 60 fl, zehn (Nr. 6–15), die zu 50 fl und fünf, die zu 40 fl entlohnt wurden. Zwei der mit 40 fl versorgten Stipendien wurden für die Diakone der Pfarrkirche vergeben. Hinzu kamen weitere zehn Heilsbronner Stipendiaten „unterhalb Gebirgs“ zu 50 fl. Die Stipendiaten erhielten zudem Gratifikationen, etwa dann, wenn sie den Grad des Magisters artium erworben hatten (siehe Reprod. 2).237

vorliegenden Akten, darunter auch Stipendiatenverzeichnisse und zahlreiche Obligationen, sind: LAELKB, MKA, Gen. 96, 99, 101 und 102 sowie 104. 234 Ebd., MKA, Gen. 104. Schreiben vom 6. März 1617 an den Landesherrn Anmahnung: Die bestellung eines Stipendiaten Inspectoris Zue Wittenberg betr.: „[…] erinnern sich noch gnedig, was […] D. Balthasar Meisnerus Professoris Zue Wittenberg, damitt Er an D. Hutters stell Zue einem Inspectore […] daselbst bestellt werden möge […].“ In dem auf dieses Aktenstück folgenden Schreiben an den Landesherrn vom 27. März 1617 wird dann Balduin ins Spiel gebracht: „Wann dann H. Doctor Balthasar Meisner Professor Zu gedachtem Wittenberg […] seine meinung […] seithero geendert […], ob möchte Herr D. Balduinus daselbsten dies Ambt uff sich nehmen […].“ 235  Balduin und Laelius kannten sich vermutlich seit dem Studium in Wittenberg und standen auch danach noch in brieflichem Kontakt. In einem Brief vom 8. Juni 1610 urteilte Balduin sehr wohlwollend über Laelius’ Exegesis Articuli De Persona Christi und zwar wegen der Klarheit in Methode und Erklärung. Deshalb empfehle Balduin das Werk nicht nur Theologiestudenten, sondern auch Predigern: „Superiore Aprili tres à Te accepi unà cum Commentario luculentissimo de Persona Christi quem à me legi, et num cum publice jure dignum censeam scire voluisti. Etsi verò eum me non est, scio, qui tam quod clariss. ingenij tui faetibus, vel limam vel censuram adhibere ausim, quippe, quem scio tantis ingenij dotibus, ea rerum Theologicarum experientia instructum, ut ab eo non nisi singulare aliquid et bono publico dignum proficisci queat: gratulatus tam mihi sum, quod librum tam praeclarum legere mihi contigit ante […] à quamplurimis legatus alijs. Ut a. iudicium meum superaddam, vix audeo: Tuae tam ut satisfaciam petitioni iam dixi, qui res est, librum praeclarum et commentarium luculentum nominavi, illud propter meae, quos tractas, amplitudinem ac maiestatem: hoc propter methodi & tractationis perspicuitatem partier ac soliditatem. Proinde noli defraudere divinius Ecclesiam Christi optimo hoc scripto, benè mereberis, sat scio, de multis non modò Theologiae studiosis, sed &, si quod iudicare possum, Ecclesiae ministris.“ Vgl. SUB Hamburg, Sup. ep. 1v–2v. 236  LAELKB, Gen. 104 [ungezählt]: „Jedoch weil Herr D. Fridericus Balduinus nicht allein zu dienen unterschiedlichen mahlen seine dienst und fleiß zu solcher inspection trewherzigen zuerbotten: Sondern auch dabey berichtet, das gedachter D. Meisnerus den Churfürstlichen Sächsischen […] auch ettlicher […] Beneficiariorum Inspector sei, unnd […] bekandt habe, das da die Brandenburgischen Ihm auch sollen anvertrauet werden, er allen nicht wol vorstin könnte.“ Ob Christoph Schleupner, der Balduin gut bekannt war und im Konsistorium (neben Heinrich Hain, Johannes Sartorius sowie Johann Beheim) saß, seinen Einfluss geltend gemacht hat, darf nur vermutet werden. 237  LAELKB Nürnberg, Gen. 101, 19v. So erhielt Burchard Ley 10 fl pro honore Magisterii.

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Christoff [?] Georg F. Burgfeld M. Willibald Knoll Philipp Cöler M. Johann B. Bernhold Johann N. Schürbein Sebastian Sartorius Burchard Ley Simon Fischer David Kumel Caspar Ehrmann Andreas Weinmann Johann S. Hoenberger Andreas Stahl Philipp L. Baursbach Diakon (Pfarrkirche) Diakon (Pfarrkirche) Johannes Junius Philippus Ley Michael Bohlmann

Bernhard Nagel Georg F. Burgfeld M. Willibald Knoll Philipp Cöler M. Balthasar Johann N. Schürbein Sebastian Sartorius M. Burchard Ley Simon Fischer David Kümmel Caspar Ehrmann Andreas Weinmann Johann S. Hohenberg Andreas Stahl Philipp L. Baursbach Diakon (Pfarrkirche) Diakon (Pfarrkirche) Johannes Junius Philippus Ley Michael Bohlmann

Bernhard Nagel Georg F. Burgfeld Philippus Cöler Johann N. Schürbein Sebastian Sartorius Burchard Ley Simon Fischer David Kümmel Caspar Ehrmann Andreas Weimann Johann Hohenberg Andreas Stahl Philipp L. Baubach Johannes Junius Philipp Ley Diakon (Pfarrkirche) Diakon (Pfarrkirche) Michael Boldmann Tilemann Klösser Thomas Lohe

Tabelle 2: Zusammensetzung der von Friedrich Balduin seit 1617/18 betreuten markgräflichen Stipendiaten

Balduins Tätigkeit als Ephorus der markgräflichen Stipendiaten238 ist konkret zuerst für das Jahr 1618 nachweisbar.239 In den Personalia der Leichenpredigt auf den Bayreuther Pfarrer und Superintendenten Stephan Böner, der seit 1623 in Wittenberg 238  In einem Brief an Laurentius Laelius in Ansbach vom 7. Mai 1618 berichtet Balduin von der Austeilung des Stipendiums an die markgräflichen Alumnen sowie über die Stipendiaten Burchard Ley und Philipp Köler: „Quomodo pecuniam inter alumnos vestros distribuerim, cum reliquis pertinentibus ad Reverendum vestrum Consistorium iam scribo, Vir Reverende et Clarissime, Domine fautor et amice singulari et observantiâ colende. Res expedita est usque ad debita M. Borchardi Leii, qui nomina non falsam satis magna contraxit, sed et, qui me male Tres creditores ad huius termini solutionem remisit, quem tu probe novit vix tremediam partem nominum serviat adaequare. Ita iam multi crediturus in ea furie opinione, qui ego ex gratia distribuerim eique sortem, qui cum animadverterem, demum illam pecuniae vim ipsi debitum Magnifico Dn. Rectori consilia, qui ratione officij eam distribuat, ita ne et alios apte me facere memini: Philippus Cölerus Jenam cogitam vel Gießam, inprimis aeris mutandi gratia.“ In einem weiteren Brief (21. Oktober 1618) berichtet Balduin ebenfalls über die Austeilung des Stipendiums und beklagt, dass markgräfliche Stipendiaten zu anderen Universitäten aufgebrochen seien. Vgl. SUB Hamburg, Sup. ep., 3r. Layritz hatte lediglich festgestellt, dass Balduin 1623 Ephorus der markgräflichen Alumnen gewesen ist. 239  Balduin sollte das Ephorat knapp zehn Jahre lang verwalten. In der an den Landesherrn gerichteten Vorrede zu Adventus Christi typicus (1621) schreibt Balduin: „Sed hoc fortasse cum multis aliis commune habeo: peculiare verò illud, quod I. C. T. alumnos suos, quos hac in Academia magno sumtu alit, inspectioni meae superioribus annis commisit, qui qua fide instituantur, documentum aliquod extare oportebat, quod cum hujus libelli in ipsius Clementissimi Nutritij sinum expositione, edam, nihil ab officio alienum me fecisse confido.“ Vgl. die Widmungsvorrede zu Balduin: Adventus Christi Typicus, 13v.



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Reprod. 2: Auszug des Verzeichnisses der markgräflichen Stipendiaten in Wittenberg aus dem Landeskirchlichen Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (Nürnberg)

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

studiert hatte, wird der Tätigkeit Balduins als Inspektor der markgräflichen Stipendiaten gedacht. Balduin hat diese Tätigkeit offenbar mit nötigem Ernst und Strenge ausgeführt.240 Es ist bisher nicht bekannt, welcher Professor das Ephorat unmittelbar nach dem Tode Balduins 1627 übernommen hat. Layritz bemerkt lediglich, dass 1632 Jacob Martini, Professor an der Theologischen Fakultät und Propst der Schlosskirche, Inspektor der markgräflichen Stipendiaten gewesen sei. In einem Schreiben des Ansbacher Konsistoriums vom 6. September 1627 begegnete man Martini allerdings mit Skepsis241: Wir haben denen Vorschlag wegen bestellung eines […] Inspectoris der Wittenbergischen Stipendiaten verlesen hören, und daß dieselbe H. D. Jacobum Martini hierzue kann qualificirt machten, verstanden, Welchen wir uns diesfals in ihrer meinung leichtlich bequemeten […] daß besagter Martini, als er noch Professor Philosophiae gewesen, sei geraume Zeit mit der Theologischen Facultet nicht einhellig […].

Um eine ordentliche Versorgung und Betreuung dieser markgräflichen Stipendiaten zu gewährleisten, wurden dem Ephorus für seine Tätigkeit 50 fl  – nämlich halbjährlich 25 fl als Lohn gereicht.242 Zu den Tätigkeiten des Inspektors gehörten neben dem Empfangen der Stipendiaten in Wittenberg243 auch die Auszahlung der Stipendiengelder sowie die Überprüfung der Studienfortschritte.244 Nicht zuletzt das 240  Vgl. die entsprechende Überlieferung in der Leichenpredigt bei Rosa: Aller Treuen Diener Christi Beygelegte Krone, 36r: „Wohin [i. e. nach Wittenberg] er [i. e. Stephan Böner] förderlichst nach gehaltener Oratione Valedictoriâ und gratiarum actione, vermög deß praesentation-Schreibens verreiset/ den 12. Julii bey Herrn D. Friderico Balduino, damahligen Hailsbronner Inspectorn, sich angegeben/ der ihn zu dem damahligen Magnifico, Herrn Jeremiae Reußern/ Juris utriusque Doctori, in der Juristen Gassen/ angewiesen/ da er in Album Literatiae Reipublicae inscribirt worden. Nachmals sind ihm so balden vom Herrn D. Balduino, 25 fl. An dem Stipendio bezahlt worden/ und so consequenter: Doch daß alle halbe Jahr/ so lang er da gewesen/ der Herr Inspector die Stipendiaten sämbtlichen in sein Hauß beruffen/ und scharff inquirirt und examiniert, was für Lectiones Theologicas in den Auditoriis ein jedweder/ neben den Disputationibus Philosophicis und Theologicis fleißig besuche? Was für Collegia privata disputatoria er mit halte? Darauff haben die Stipendiatii ihre Dictata, was sie nachgeschrieben/ auffweisen müssen. Wie nun eines jedwedern Fleiß oder Unfleiß der Herr Inspector befunden/ ist es von ihme ins Fürstl. Consistorium Jährlichen berichtet worden. Als nun Herr Doctor, unsers seeligen Herrns/ zu der Zeit Studiosi, guten profect vielfeltig befunden/ hat er denselben dem Collegio Philosophico de optimâ formâ recommendirt, daß ihme titulus Magisterii neben andern/ Anno 1626. conferirt werden möchte, wie es dann nach außgestandenen hierzu gehörigen examinibus erfolgt/ und besag derer com Collegio Philosophico Scriptis & Typis expressis Testimoniis vollzogen worden.“ 241  LAELKB, MKA, Gen. 101, 18v und insgesamt auch Gen. 104 [ungezählt]. 242  Einen Beleg hierfür führt Layritz nicht an. Vgl. Layritz: Ausführliche Geschichte, 53 sowie Hausmann: Laelius, 289. Festgeschrieben ist die Besoldung des Ephorats allerdings im Rahmen der Ordnung. Nur aufgrund dieser Besoldung wird verständlich, warum das Ephorat bei den Professoren in Wittenberg so begehrt war. 243 Die Stipendiaten erhielten vor ihrem Abgang an die Universität  – gewöhnlich war es Wittenberg, in der Folgezeit konnten sie das Stipendium auch an anderen Universitäten z. B. Jena, Königsberg, Altdorf, Leipzig, Tübingen und Straßburg in Anspruch nehmen – 5 fl Zehrung, 6 ½fl für einen Mantel und 1fl für einen Hut. Bei Annahme der Magisterwürden erhielten sie zudem 10 fl zur Deckung der Unkosten. 244 So berichtet etwa M. Antonius Knoll an den Landesherrn und macht dabei zugleich sein Recht auf die für die Promotion gezahlten 10 Gulden geltend: „Demnach uff guttachten Unsers Inspectoris Herrn Doctoris Balduini, Ich bey iungst gehaltenen promotion den gradum Magisterii erlanget, Undt aber E. Fl. Dlcht dero Stipendiariis, so […] dignitet würdig […] 10 fl “ Vgl. LAELKB,



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Sicherstellen konfessioneller Zuverlässigkeit dürfte zu seinen Aufgaben gezählt haben: Die markgräflichen Stipendiaten hatten ein Glaubensbekenntnis abzulegen, das diese offenlegen sollte. Während die Betreuung der markgräflichen Stipendiaten in der Verantwortung Balduins lag, waren die Stipendiatenstellen weitgehend kontinuierlich besetzt.245 Ein bekannter Theologe, der zu Beginn der 1620er Jahre als markgräflicher Stipendiat unter der Aufsicht Balduins studiert hatte, war der spätere Hallenser Pfarrer und Superintendent Gottfried Olearius (1604–1685), der ältere Bruder des Johannes Olearius (1611–1684).246 Balduin ist aber nicht nur als Ephorus tätig gewesen. Er hat 1617 auch selbst ein privates Stipendium gestiftet, das der vierte an der Wittenberger Stadtkirche beschäftigte Diakonus erhalten sollte – möglicherweise wegen des geringen Salärs.247 Balduin hat zudem zwei Stiftungen in den Gotteskasten (Gemeinen Kasten) in Wittenberg gemacht: 1617 stiftete er 50 fl zur Speisung der Armen im Grauen Kloster.248 Erdmann behauptet, dass diese „als Hypothek auf einer wüsten Stelle verloren“ gegangen sei. 1624 stiftete Balduin wiederum 50 fl, wobei die anfallenden Zinsen dem fünften Kaplan bestimmt worden waren. Diese Stiftung ist offenbar bis in das 19. Jahrhundert hinein „gangbar“ gewesen.249 In der Jahresrechnung des Gemeinen Kastens von 1627 ist die eine Balduin’sche Stiftung als 19., die andere aber als 30. Stiftung genannt.250 MKA, Gen. 104 [ungezählt]. M. Johannes Albertus Kniege (darauf folgendes Aktenstück) und andere tun es ihm gleich. 245  Ebd., MKA, Gen. 96: Verzaichnuß aller und jeder Stipendiaten bey der Universitet Wittenberg, wie dieselben Inn unser Gnedigen Herrschafft verlag, auff […] des 76. Jares, nach absterben Herren aj. Geirgii Cargii von mir M. Adamo Francisci Superintendens befunden und ordentlich beschrieben worden. 246  Schubart: Constantia Oleae sacrae in domo Jehovae, 17v: „[…] und hat hernach / auf der damaligen hohen Landes Obrigkeit Gnädigste verfügung / als ein Fürstlicher Stipendiat, unter Herrn D. Friderici Balduini inspection, auff die Churf. Sächsische Universität Wittenberg sich wenden müssen […].“ 247 Es ist nicht unüblich gewesen, dass vermögende Professoren der Universität Wittenberg private Stipendien begründeten. Vgl. für eine entsprechende Übersicht RA Wittenberg, 19 (Bc 7) Stipendia und deren Stifftungen derselben Administration und Collatur die darüber und zwischen denen Percipienten entstandenen Differentien und Untersuchungen wie solche nach und nach zu Unterhalt derer Kirchenund Schuldiener […] verordnet worden. 248  Vgl. auch die Angabe in dem umfassenden Verzeichnis der Stiftungen und Legate beim Gemeinen Kasten StKA Wittenberg, AI 117 Stipendien- und Legatenbuch des Gotteskastens zu Wittenberg. Nachrichten aus den frühen Jahren (1613, 1636), 160r. 249  Erdmann: Pastoren, 5. 250  StKA Wittenberg, Rechnungen des Gemeinen Kastens (1627): „Die Neunzehende Stifftung ist Herrn Friderici Balduini S. S. Theologiae Doctoris, Superintendentis und Professoris alhier. 3 fl Jehrlicher Zinße Von 50 fl Capital, Stephan Meißner […] zu Kömitzsch im Ambt Annaburgk, den armen leuhten im grauen Closter uff Friderici tagk an ehen auszuthun […]. Die dreissigste Stifftung ist Herrn D. Friderici Balduini, wegen seiner verstorbenen Hausfrauen Dorotheen Meißnerin seligen Grabstädte, 2 fl 10 gr 6 ch järlicher Zinße uff Dorotheen tagk von 50 fl Capital wolgedachter Herr D. Fridericus Balduinus seligen, welche järlich dem infimo Diacono zur Verbeßerung seiner besoldung entrichtet werden.“ Die Positionen sind jeweils unter den Ausgaben (XIV. und XX.) vermerkt worden: „2 fl 10 gr 6 ch Am Tage Dorotheae, den 6. Februarii dieses Jahrs hatt Herr D. Balduinus M. Eusebio Bohemo Quarto Diacono selbst entrichtet, laut der gegebenen Quittungen.“ Vgl. analog für die erste Stiftung: StKA Wittenberg, Rechnungen des Gemeinen Kastens (1623). Vgl. auch ebd., AI 117 Stipendien- und Legatenbuch des Gotteskastens zu Wittenberg. Nachrichten aus den frühen Jahren (1613, 1636): „Anno 1624 den 6 februarii hatt der Ehrwirdige Grossachtbare undt hochgelarte Herr

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

Immer wieder kam es in Wittenberg zu Problemen, in die die in der Stadt lebenden und bei allen Vollzügen des Alltagslebens präsenten Studenten involviert waren, etwa Streitigkeiten mit Bürgern der Stadt.251 Auch Balduin selbst und seine Autorität als Stadtkirchenpfarrer sowie Generalsuperintendent scheinen davon nicht ganz unberührt geblieben zu sein. Das Spannungsverhältnis von Stadt und Universität, in das der Generalsuperintendent eingebunden war, wurde dabei bisweilen auf die Probe gestellt. Im Jahr 1615 sah sich Balduin mit Vorwürfen konfrontiert, er habe im Rahmen seiner Bußpredigt zu Epiphanias mehr die Obrigkeit als die Studenten ermahnt, weshalb es später zu Aufruhr unter diesen gekommen sei. Balduins rechtfertigendes Entschuldigungsschreiben kommt als besonnen klingender Beschwichtigungsversuch daher und soll im Folgenden vollständig dargeboten werden – auch deswegen, weil es noch andere interessante Informationen enthält252: Mein andechtig gebet, sampt allen getreuen diensten, undt wüntschung Gottes rechten segens an Leib und Seele bevorn, Ehrenverte, Erbare, Hoch- undt Wohlweise, insonders großgünstige Herrn und freunde. Dises mein schreiben aus wohlmeinenden hertzen herrürendt wollen E. E. und W. im besten vermercken, darümb ich zum allerfleißigsten bitte. Und ist an dem, das mir vor den heiligen Osterfeiertagen glaubwürdig angezeiget worden, wie in einem Ehrenverten Rhats alhier wider die löbliche Universitet ob ergebenen articulis, auch meiner Predigt einer, die ich in festo Epiphanias Dni. gehalten, gedacht und articuliret worden, Es solle was, und […] sein, das ich am selben sage zwar beides die Bürgerschaft und Studenten vermanet, aber auff der studenten seiten sei es zihmlich gelinde gewesen, oder wir die formalia eigentlich geleutet, dises ist doch die articulirte meinung. Welches mir dann solch zu hertzen gangen, nicht zwar darumb, das ungleiche iudicia von wolgemeinten Strafpredigten gehalten, denn das ist in der welt nichts neues, und ist mir mit S. Pauli auch ein geringes, das ich von menschen gerichtet werde, […] sein, das man ein solch iudicium, so wider den Prediger ist, in die articulos bringen, und Zeugen darüber verhören laßen solle, in einer solchen gemeine, da etliche hundert personen die Predigt angehöret, und ander mittel vorfunden were, mit dem Prediger zu handeln, warum man sich so beschwert befinde. Weill mir dann solcher proceß unbekandt, und vielleicht in dieser gemein vor disem unerhört, ich auch gewiß bin, das ich in selbiger Predigt mein ampt treulich und redlich verrichtet, wie einem christlichen Lehrer gebüren will, deßen mir dann, nach wenig tagen, der Ehrenverte undt Wohlweise Herr B. Johann Paulli mein vielgeliebter Herr Gevatter und vornemer freundt selbern proprio motu […] gegeben, und gesagt, Ich hette in selbiger Predigt getan, was einem ehrlichen Mann gebüret, der keinem Teil die Warheit verschwiegen, und treulich vermanet hette, Welches iudicium ich bitten hoch halte, weil es die warheit ist, und von einem frommen hertzen herrüret, Alß habe ich nicht unterlaßen können, gestrigen tages mit dem Ehrenverten undt Fridericus Balduinus, der heiligen Schriefft Doctor, Professor, Pastor unnd Superintendens alhier, wegen seiner Tugendsamen Hausfrauen Dorotheen Meissnerin seligen, 50 fl für ihre Grabstädt in der Pfarrkirchen, dem Gottes Casten deputiret unnd will solche 50 fl seiner gelegenheit nach abtragen, auch järlich 3 fl Zinß uf den Tag Dorotheae darein entrichten, welchen Zinß alle Zeitt der Vierdte Caplan haben solle, wie er dann albereit diesem ietzigen Quarto diacono M. Augusto Fleischauern zue diesem Jahr solchen Zinß zugestellet hatt.“ 251  Vgl. UUW 2, Nr. 583 und 584. 252  RA Wittenberg, 19 (Bc 7) Des Raths zu Wittenberg Ius Patronatus, die Bestellung derer Kirchenund Schuldiener und derselben Vocationes. Nicht lesbare Textpassagen werden mit eckigen Klammern kenntlich gemacht.



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wolweisen Herrn Burchart Clemen, itziger Zeit regierender Bürgermeistern und Syndico, meinem auch geliebten Herrn Gevattern undt vornemen freundt, privatim hiervon zu reden, ob dem so sei, wie ich berichtet worden, und wie ich doch also umb einen Ehrnverten Rhat verdienet, das man dergleichen wider mich in geheim verneme, daraus mir in den Schöppenstülen und zuforderst bei unserm gnedigsten Churfürsten und seine Hochverstendigen Herren Räten nicht wenig despect, und allerhand verdacht möchte zugezogen werden. Weill aber wolermelter Herr B. Clauder sich nicht befinden wollen, das dergleichen were wider mich articuliret worden, so habe ich müßen zu leiden sein, wie aber gewiß, das ichs aus keinem finger gesogen, So […] auch sonst die reden, es solle ein Rhatherr vor den Herrn Commissariis gesagt haben, der studententumult kann von meinen Predigten her, in welchen ich den studenten were zu gelinde gewesen. So dises von dergleichen ist geredt worden, so verzeihe es Gott selbiger person, undt will ich Ihn alß sein Pfarrer undt Seelsorger durch Gott seines gewißens erinnert haben, und zu bedencken geben, ob er auch in diesem punct seinen Zeugeneidt in gebürende acht genommen. Derer verhoffentlich viel hundert personen mich vor einen solchen turbatorem Israelis nicht halten werden und meinen verrichtungen, die ich in warer anruffung Gottes ohn rhum zu […] bei solchem lermen gethan, ob Gott will, ein beßer Zeugnus geben. Undt derwegen solchs trefflich angeben, so es geschehen, unter den alten […] lohn rechnen, und unter […] in gedult legen, und das ubrige Gott befelen, Wie ich denn solches weiter nicht zu anten begere.   Eins aber ist sonderlich, deßwegen an E. E. und W. zu schreiben ich vor nötig geachtet. Denn wohlgedachter Herr Bürgermeister Clauder gestriges tages mit vormeldet, das ein Ehrenverter Rhat zihmlich wider mich bewogen worden, das ich in werendem streitt mich so gar von ihnen abgebunden, und es alhier mitt der Universitet gehalten, so ich doch in motu Investitur vor dem hohen altar zugesagt hette, das ich in dergleichen steittigen fällen zwischen Rhat und Universitet, wolle ins mittel treten, undt vergleichung treffen. Darauff ich mich dann alsbald erkleret, es keme mir solch ansuchen frembdt vor, drum ich würde einen harten standt halten müßen, wenn ich in solchen […] streittsachen solt in der mitten alzeit stecken, und von beiden […] mich quatzschen laßen, bevorab in so wichtiger sache, da ich viel zu wenig bin, solchen schweren stein allen zu heben, und wohl also bald im anfang ein Ehrenverter Rhat unsern gnedigsten Churfürsten und Herrn die sache berichtet hatt. Weill nur denn von denen dieser sachen gnedigst ausschlag erwarten […] was hette ich mich zu einem Schidman sollen gebrauchen laßen? Derwegen ich mich nicht wenig gewundert, das mans mir vor ubel gehalten, und deßwegen wider mich bewogen werden will, das ich der Universitet beigestanden binn, so doch dieselbe auch meines Pfarrampts patrona ist, und ich derselben alß ein profeßor mit besondern […] zugetan binn, so habe ich auch in meinem gewißen die Hauptsache also beschaffen befunden, das ich der Universitet nicht habe abhalten können. Ist solchs im auch zu wider, so kann ich nicht dafür. Nihil possum contra veritate, sed omnia pro veritate. Dieweil ich aber insonderheit meiner Pflicht bin erinnert worden, die ich in meiner Investitur vor dem hohen altar getan, so wollen E. E. und W. meine günstige Herren und freunde […] glauben, das ich derselben, Gott lob, nach mir vergeßen, sich aber darneben gar freundlich erinnern, das ich vors erste, was ich daselbst, wie gewönlich, zugesagt, solchs diser gantzen Christlichen gemeine, und nicht einem Corpori oder regiment alhier, getan. Vors ander habe ich mich nicht zu besinnen, das mir were vorgehalten worden, ich solte in solchen streittsachen schidman sein, das were zumal eine schwere provincia, und were kein ubelgeplagter mann in dieser statt alß ich, Es ist auch dergleichen obligation weder in heiliger schrift, noch in der löblichen kirchenordnung zu finden, auch nicht in solchen investituren gebräuchlich,

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

wie ich dann zweimal unwürdig zum Superintendentenampt binn investiret worden, auch andere Superintendenten undt pastores investiret habe, dergleichen aber ihnen nicht auflegen können, noch mir ist aufgeleget worden. Vielweniger finde ich etwas hiervon in Churfürstl. Sächsischer Confirmation, die mir uber dises Ampft gnedigst ist gegeben, und darinnen meiner amptsverrichtung genügsam exprimirt ist, derer copiam E. E. und W. zu beßerer nachrichtung, ich hiermit ubersende. Dises ist mir ohn Zweifel vorgehalten worden, das ich zum fried und der lieben Einigkeit solte raten und helffen, wie denn auch das, so von einem und dem andern, es sei obrigkeit oder unterthan, aus menschlicher schwachheit ursachen worden, gebürlichen straffen. In welchem fall ich verhoffentlich mein zusage und mir von Gott befolenes ampt, also bishero in acht genommen habe, das ichs getreue vor dem richterstul meines Herrn Jesu Christi wohl zu verantworten, und versehe mich viler frommen Christen, un insonderheit E. E. und W. gutes Zeugnus darüber zu erlangen, was es die not erfordern würde. Wie treulich ich auch, ohne rhum, zu fride und rhue geraten, und geholffen, so viel menschlich und müglich, und vieleicht mehr als man sich zu […] verspüret, gibt mir man gewißen Zeugnus und wollen E. E. und W. sicherlich gleuben, das weder ich noch meiner collegarum einer, einiger gefallen an den unbefugten versen, so bishero von den studenten getriben worden, haben können, wie ich der solchs amptshalber in offentlicher predigt, ob Gott will, also gestrafet das er ihnen nicht zuo gelinde gewesen, sondern viel mechtiger […] durch Gottes kraft, hirmit ist geschaffet worden, wo nicht in allen gaßen […] in der stadt, vor welche gnad, vor welche gnad ich Gott danck, und mich genügen laße, weill ich weis, das die Apostel selbst nicht alle widerspenstigen aff einmal haben können fromm machen. Das aber die schuldt einig und alleine habe sollen der studenten sein, und die bürger gar […] haben, kann ich zur Zeit noch nicht befinden, und müßen erliche bürger selben bedenken, die uber etliche unruhige köpfe ihres mittels klagen.   Weill dann dem also, also verhoffe ich, E. E. und W. werden uber mich mitt gründlicher warheit nicht zu klagen haben. Viel weniger habe ich mit meiner sauren arbeit diese zehen iar, weill ich dieser christlich […] gewesen in der Schloß- und Pfarrkirchen mit predigen gedienet, verschulden, das ich auff einige weise in den schweren verdacht an solchen örtern solte getragen worden, als ob ich zu dem […] beiden der Studenten und der Bürgerschaft solte einige ursach gegeben haben, und zwar oben in dem, da ich solches unheil […], und ob Gott will, durch […] etwas erhalten habe. Sollen auch meine großgünstige Herren deßen […] versichert sein, das ich nicht ablaßen tag und nacht zu bitten, Gott wolle bestendigen friden geben, und die wunden, so unten vor geschlagen worden, selber heilen. Hoffe auch, zu dem lieben Gott, er werde es thun, und nicht zulaßen, das den feunden seines worts weitere sich uber uns zu freuen anlaß gegeben werde. Er wollen auch E. E. und W. mir sicherlich gleuben, das ich Sie alle und iede von hertzen liebe, rhue, und vor ihr wolfart bete, denen auch so aus menschlicher Schwachheit mich in meinem ampt iemaln […] von hertzen verzeihe und in dem h. Propheten Samuel in warheit sagen könnte, Es sei fern von mir, mich also an dem Herrn meinem Gott zu versündigen, das ich solte ablaßen für mich zu beten, vor euch zu lehren den guten und richtigen weg: fürchtet […] den Herrn, und dienet ihm treulich, und von gantzen Hertze. Der Gott des frides sei und bleibe mitt vor alle. Amen. Datum Wittenberg den 13. April 1615.

In seinem Schreiben an den Kurfürsten vom 13. April 1615 berichtet Balduin, dass er noch vor den Osterfeiertagen über eine Beschwerde des Rats gegen die Universität unterrichtet worden sei. Diese richte sich unter anderem gegen eine Bußpredigt, die er an Epiphania gehalten habe. Darin habe Balduin Bürger und Studenten ermahnt,

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doch sei es aufseiten der Studenten „zihmlich gelinde gewesen“. Damit habe er Studententumulten Vorschub geleistet. In seinem Schreiben berichtet der Wittenberger Theologe, dass ihm weniger die unterschiedlichen Auffassungen über diese Predigt „zu hertzen gangen“ seien, sondern vielmehr die Art und Weise wie mit diesem Vorwurf umgegangen werde. Denn ihm sei zugetragen worden, man wolle nun Zeugen des Gottesdienstes vernehmen lassen. Dies erscheine ihm unverhältnismäßig und angesichts etlicher hunderter Zuhörer mehr als problematisch. Auch habe ein solches Verfahren bisher keine Anwendung gefunden. Er selbst sei überzeugt, dass er sein „ampt treulich und redlich verrichtet“, was der damalige Bürgermeister der Stadt Wittenberg Johann Pauli (1556–1616)253 bekräftigt habe. Außerdem habe er privatim bereits mit Burchart Clemen sondiert. Balduin betont, dass er durch die Vorwürfe der Gefahr ausgesetzt sei, bei dem Schöffenstuhl sowie bei dem Kurfürsten und seinen Räten in Ungnade zu fallen. Einer der Wittenberger Ratsherren habe den kurfürstlichen Kommissaren mitgeteilt, dass der Studententumult in der Stadt von Balduins Predigt herrühre. Dass er sich nunmehr an den Kurfürsten wendet, begründet Balduin damit, dass der Rat gegen ihn gestimmt sei. Die Räte hielten dafür, dass der Stadtkirchenpfarrer ganz und gar die Universitätsseite unterstütze. Man werfe ihm vor, dass ihm während seiner Investitur befohlen worden sei, in Streitfällen als Schiedsmann fungieren solle. Doch habe Balduin niemand gebeten, sich als Schiedsmann zu verhalten. Von dergleichen Amt sei ferner weder in der Heiligen Schrift noch in der Kirchenordnung von 1580 die Rede. Insofern sei eine entsprechende Anweisung auch im Rahmen der Investitur nicht erfolgt. Balduin räumt ein, dass weder er noch seine Professorenkollegen Gefallen fänden an den „unbefugten versen, so bishero von den Studenten getriben worden“. Gleichwohl könne die Schuld nicht alleine bei der studierenden Jugend gesucht werden, zumal die Wittenberger Bürger selbst „uber etliche unruhige köpfe ihres mittels“ klagten. Das Agieren in der Auseinandersetzung zwischen Universität und Rat zeigt Balduin als einen besonnenen und behutsamen Vermittler. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass er möglicherweise selbst um seinen Ruf und seine Existenz bangen musste. Zwischenzusammenfassung II Aufgrund seiner Ämter als Professor sowie Pfarrer und Generalsuperintendent, aber auch Konsistorialassessor war Balduin über zwei Jahrzehnte hinweg (1607/08 bis 1627) der wirkmächtigste Wittenberger Theologe. Er stand in engem Austausch mit dem Rat der Stadt, dem das Kollaturrecht zustand, und hatte die Aufsichtsfunktion über die in Wittenberg befindlichen Schulen: die Stadt- sowie die Mädchenschule. Balduin wirkte entscheidend an den qualitätssichernden Maßnahmen in diesen Bildungseinrichtungen (Examina) mit. Als Pfarrer war er von dem an der Stadtkirche angestellten Personal umgeben: dem Archidiakonus, den Diakonen und weiterem kirchlichen Personal. Vorfallende Personalentscheidungen dürfte er in seinem Sinne beeinflusst haben. Maßgeblich hat Balduin bei den mehr als 800 Examina und Ordinationen mitgewirkt, die zwischen 1605 und 1627 in Wittenberg durchgeführt wurden. Der 253  Vgl.

zu ihm Kettner: Historische Nachricht, 52–54.

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Kapitel IV: Friedrich Balduin in seinen Wittenberger Ämtern

Umstand, dass die Ordinanden mehrheitlich gerade nicht aus Kursachsen, sondern zu einem großen Teil aus den Ländern der böhmischen Wenzelskrone stammten, dürfte Balduin eine überregionale Bekanntheit und Beliebtheit eingetragen haben. Als Generalsuperintendent übte er weiterhin Aufsicht über das kirchliche Leben im gesamten Kurkreis. In dieser Funktion hat Balduin an den Visitationen jener Jahre entscheidend mitgewirkt. Zu Beginn seiner Zeit als Professor an der Theologischen Fakultät (seit 1605) zunächst mit Themen alttestamentlicher Exegese (Psalmen und Propheten) sowie der Erklärung der Bekenntnisschriften befasst, hat Balduin sich – spätestens seit er 1607/08 arrivierte – schwerpunktmäßig mit der Auslegung der Paulinischen Briefe beschäftigt. Erst in den 1620er Jahren beginnt er seine Vorlesungen zu den Gewissensfällen. Im Rahmen der obligatorischen öffentlichen Disputationen hat sich Balduin schwerpunktmäßig mit dem Themenkomplex Glaube und Werke – in freilich kontroverstheologischer Abgrenzung  – auseinandergesetzt. Nicht alleine dogmatische, sondern auch exegetische Themen hat Balduin im Rahmen dieser Disputationen abgehandelt. Unter den Respondenten des Professors befanden sich bedeutende Theologen des 17. Jahrhunderts. Diese kamen, ähnlich den Ordinanden, nicht überwiegend aus dem Trägerterritorium Kursachsen, sondern häufig aus den anderen protestantischen Territorien und Städten des Heiligen Römischen Reiches, bisweilen auch von außerhalb seiner Grenzen. Weil Balduin knapp ein Jahrzehnt als Ephorus der markgräflichen Stipendiaten in Wittenberg tätig war, besaß er besondere Kontakte zu dieser Studentengruppe an der Leucorea (siehe Reprod. 3)



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Reprod. 3: Brief Friedrich Balduins an Laurentius Laelius in Ansbach aus der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg

Kapitel V

Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie im frühen 17. Jahrhundert 1.  Grundlinien der Theologie Friedrich Balduins Friedrich Balduin wird nachfolgend als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie im frühen 17. Jahrhundert untersucht.1 Dabei ist nach dem spezifischen Beitrag seines Werkes für die Entwicklung der lutherischen Orthodoxie insgesamt zu fragen.2 Die Theologie der lutherischen Orthodoxie hat sich im frühen 17. Jahrhundert vor dem Hintergrund kontroverstheologischer Fragestellungen dem Theologiebegriff zugewandt und vom Theologiebegriff ausgehend eine theologische Hermeneutik sowie eine entsprechende Methodik fortgebildet.3

1.1. Theologiebegriff Auch Friedrich Balduin hat einen Theologiebegriff entfaltet. Entsprechende Überlegungen in der Zeit der lutherischen Orthodoxie haben ihren Grund in dem Problem des Theologiebegriffs bei Luther und Melanchthon.4 Die – bisweilen höchst divergierenden – Aussagen der Reformatoren besaßen in der Zeit der lutherischen Orthodoxie einerseits lehrhafte und autoritative Geltung. Andererseits wurden in der Bezugnahme auf ebendiese doch gewisse Spielräume in der jeweiligen Gewichtung 1 Auch in dieser Zeit ist die Theologische Fakultät der Leucorea als Kollektiv in Erscheinung getreten und von außerhalb als Kollektiv wahrgenommen worden. Vor allem anhand der kollektiven Gutachtertätigkeit lässt sich dies eindrucksvoll belegen. Dass die Wittenberger Universitätstheologen als Kollektiv gewirkt haben und als Kollektiv konsultiert worden sind, hat bereits Jens-Martin Kruse für die Anfänge der Reformation überzeugend nachgewiesen. Vgl. Kruse: Universitätstheologie und Kirchenreform, 2002. Entsprechende Studien, die speziell die kollektive Tätigkeit im Rahmen der Erstellung von Fakultätsgutachten untersuchen, liegen bisher nicht vor. 2  Damit soll allerdings gerade nicht auf die Fortbildung des lutherisch-orthodoxen Lehrbegriffs abgehoben werden, zumal in der Forschung seit langem bekannt ist, dass die Rede von einem feststehenden Lehrbegriff der lutherischen Orthodoxie irreführend, bisweilen schlicht sachlich falsch ist. Vgl. exemplarisch Ratschow: Lutherische Dogmatik, 11–18 sowie aus dem Bereich der amerikanischen Forschung Preus: Theology of Post-Reformation Lutheranism, sowie ders.: The Inspiration of Scripture, 2003. 3  Auch dies ist seit langem bekannt, hat allerdings kaum zu weiterführenden Studien angeregt. Zum Theologiebegriff der lutherischen Orthodoxie exemplarisch anhand von Gerhard und Calixt Wallmann: Theologiebegriff, zur Hermeneutik Torbjörn/Kolb/Steiger (Hrsg.): Hermeneutica sacra, 2010, zur Methodik Appold: Vocatio. 4 Im Falle Balduins ist zunächst bei den reformatorischen Prägungen  – vor allem durch Luther, aber auch Melanchthon – anzusetzen, wenngleich diese Prägungen nicht mehr immer explizit benannt werden. Vgl. zu diesem Aspekt zusammenfassend Troeltsch: Vernunft und Offenbarung, 1891 und Wallmann: Theologiebegriff.

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der lehrbezogenen Aussagen zugelassen.5 Die Grundlage für den Rückbezug auf die Reformatoren in der Zeit der lutherischen Orthodoxie bildete wiederum das Konkordienbuch (1580), das die Bekenntnisschriften der lutherischen Orthodoxie bündelte.6 Explizite Überlegungen zum Theologiebegriff enthielten die darin versammelten Texte allerdings nicht.7 Zur Beantwortung der Frage, was eigentlich unter Theologie zu verstehen sei, mussten sich die Theologen der Zeit der lutherischen Orthodoxie auf die Reformatoren selbst, aber auch auf die altkirchlichen Autoritäten beziehen, freilich nur insoweit sie mit dem geschriebenen Wort übereinstimmten.8 Die Bezugnahme auf die Reformatoren gestaltete sich aufgrund der von ihnen nur punktuell geäußerten Dikta in Hinsicht auf das drängender werdende Desiderat einer Klärung des Theologiebegriffs in kontroverstheologischer Profilierung als schwierig. Einen systematisch formulierten Theologiebegriff Melanchthons gibt es nicht. Melanchthon spricht vielmehr von einer sich auf die Schrift gründenden Kirchenlehre (doctrina ecclesia).9 Dabei handelt es sich um eine auf der Grundlage einer methodisch geleiteten, an theologischen Gemeinplätzen (loci) orientierten Auslegung gewonnene Lehre, die dem Trost (consolatio) der angefochtenen Gewissen dienen soll. Luther dagegen verwendet den Theologiebegriff – nicht systematisch grundgelegt – im Rahmen seiner Kreuzestheologie (theologia crucis), die die existenzielle Bedeutung von Theologie in den Mittelpunkt rückt. Diese bündelt sich in der Frage, was das Kreuz Christi für den Einzelnen in seiner gegenwärtigen Situation bedeutet.10 Die existenzielle Dimension von Theologie artikuliert sich bei Luther auch in der Trias von Gebet, Meditation und Anfechtung (oratio, meditatio und tentatio), die der Reformator für das Theologiestudium empfiehlt.11 Beide Ansätze schließen sich nicht aus, stehen aber unvermittelt nebeneinander. Die kontroverstheologischen Auseinandersetzungen um 5 Exemplarisch

Steiger: Philologia sacra, 88–112. hatte das Konkordienbuch die vorausgegangenen kontroverstheologischen Auseinandersetzungen zu einem Abschluss gebracht. Vgl. die Erläuterungen in Dingel (Hrsg.): Bekenntnisschriften, 2014. 7 Vgl. die beiden grundlegenden Studien Wenz: Theologie der Bekenntnisschriften, 2 Bde., 1996/98 und Kolb: Konkordienformel, 2011. 8  Die Klärung des Theologiebegriffs wurde drängend vor dem Hintergrund kontroverstheologischer Problemstellungen und ging einher mit der einsetzenden Rezeption der aristotelischen Philosophie unter Einschluss der Metaphysik um 1600. Sowohl römisch-katholische als auch reformierte Theologen wandten sich unter dem Einfluss aristotelischer Philosophie einer Bestimmung des Theologiebegriffs zu. Vgl. speziell für die Wittenberger Orthodoxie Sparn: Wiederkehr. 9  So in der Vorrede zu den Loci communes rerum theologicarum seu Hypotyposes (1521) und stärker noch in der Vorrede zu den Loci praecipui theologici (1559). Vgl. Melanchthon: Werke in Auswahl II, 1: Loci communes von 1521. Loci praecipui theologici von 1559 (1. Teil), hrsg. von Stupperich, 1952, 168. Dagegen Bayer: Melanchthons Theologiebegriff, in: Frank (Hrsg.): Der Theologe Melanchthon, 2000, 25–48. 10 Die theologia crucis impliziert eine starke Konzentration der Theologie auf Christus und das an seine Verheißung gebundene Heilsgeschehen, das dem Menschen in der Anfechtung Zuspruch gibt. Vgl. dazu von Loewenich: Luthers Theologia Crucis, 1962 und Kim: Crux sola est nostra theologia, 2008. 11  Luthers Vorrede zum ersten Band der Wittenberger Ausgabe der deutschen Schriften, 1539, WA 50; 658, 29–661,8. Vgl. dazu auch Nieden: Erfindung, 80–86 sowie Bayer: Oratio, Meditatio, Tentatio, in: Lutherjahrbuch 55 (1988), 7–59. Speziell zum Begriff der Meditation vgl. Nicol: Meditation bei Luther, 21991. 6 Keineswegs

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das Erbe der Reformatoren in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts haben dabei nicht zur Formulierung eines Theologiebegriffs geführt.12 Vielmehr rückte zunächst die Frage nach der rechten Art und Weise der Auslegung der Heiligen Schrift in den Fokus theologischen Interesses.13 In dem Anliegen, das reformatorische Erbe zu bewahren, haben die Theologen in der Zeit der lutherischen Orthodoxie die Überlegungen Luthers und Melanchthons zu dem Sachverhalt, was unter Theologie zu verstehen sei, zu verbinden versucht.14 Nun gestaltete sich der Versuch der Bewahrung der Überlegungen Melanchthons insofern schwierig, weil diesem aufgrund seiner vermittelnden Grundhaltung vorgeworfen wurde, dass er nach Luthers Tod dessen Theologie verraten habe.15 Die Dichotomie eines frühen, Luthers Theologie nahestehenden, und eines späten, von Luthers Theologie abgefallenen Melanchthon gehört zu den Grundüberzeugungen der lutherischen Orthodoxie in Hinsicht auf den später als Praeceptor Germaniae titulierten Reformator.16 Für die Fassung des Theologiebegriffs bei Friedrich Balduin scheinen diese Grundüberzeugungen nur bedingt eine Rolle gespielt zu haben.17 Im Gegensatz zu vielen anderen Theologen der lutherischen Orthodoxie hat Balduin seinen Begriff von Theologie nicht systematisch entfaltet.18 Doch finden sich in seinem Werk 12  Für die dazu vorliegenden Quellenbestände Dingel (Hrsg.): Reaktionen auf das Augsburger Interim, 2010; dies. (Hrsg.): Antitrinitarische Streitigkeiten, 2013; dies. (Hrsg.): Die Debatte um die Wittenberger Abendmahlslehre und Christologie (1570–1574), 2008. 13 Kaum zufällig liegen die Anfänge der protestantischen Hermeneutik in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Sie werden durch das Erscheinen des Werkes Clavis Scripturae Sacrae (1567) des Schülers Luthers und Melanchthons in Wittenberg, Matthias Flacius Illyricus (1520–1575), markiert. Vgl. zu Flacius zuletzt Ilic: Theologian of Sin and Grace, 2014. 14  Die Art und Weise der Auslegung, der sogenannte modus tractandi der Schrift bestimmt zwar das Ergebnis des Theologietreibens, gleichwohl hat sich dieses Ergebnis an der je individuell erfahrenen Anfechtung des Einzelnen erst noch zu bewähren. Exemplarisch hat dies Johannes Wallmann am Beispiel des Jenaer Theologen Johann Gerhard gezeigt. Vgl. dazu Wallmann: Theologiebegriff. 15 Vgl. Kobler: Die Entstehung des negativen Melanchthonbildes, 2014 sowie Sträter (Hrsg.): Melanchthonbild und Melanchthonrezeption, 1999. 16  Vgl. die in dieser Hinsicht aufschlussreichen Prolegomena zu Hutter: Loci Communes Theologici, 1–4. Weitere Hinweise zu diesem bisher kaum bearbeiteten Forschungsfeld finden sich bei Steiger: Nachwort, in: Hütter: Compendium Locorum Theologicorum, hrsg. von Steiger, 2006, 699–791. 17  Wenn nun im Folgenden die Rekonstruktion des Theologiebegriffs Balduins an erster Stelle erfolgt, so geschieht das aus sachlogischen Gründen, um die Einordnung Balduins in die Reihe der Theologen der lutherischen Orthodoxie sachgemäß vornehmen zu können. Der Verfasser möchte dieses Vorgehen nicht als Reproduktion des Gliederungsschemas der altlutherischen Dogmatik seit Johann Gerhard verstanden wissen. 18  Balduin hat kein Dogmatiklehrbuch verfasst, dem er Bemerkungen zum Theologiebegriff hätte vorausschicken können. Auch die seiner akademischen Lehrtätigkeit (Disputationen) entsprungenen dogmatischen Kompendien enthalten keine systematischen Überlegungen zum Theologiebegriff. Die Disputationenreihe über die Schmalkaldischen Artikel beginnt etwa mit einer Disputation über die Schmalkaldischen Artikel selbst, bevor zum ersten Lehrartikel übergegangen wird. Vgl. exemplarisch Balduin: De Articulis Smalcaldicis, Disputatio Una. Die Disputationenreihe über die Trinität beginnt mit einer Disputation über die Begriffe, die für die Behandlung des Artikel über die Trinität gebräuchlich sind. Vgl. Balduin: Collegium SS. Trinitatis, Disputatio I. De Vocabulis In Articulo, De SS. Trinitate usitatis. Grundsätzliche Überlegungen zur Theologie selbst sind dort allerdings nicht zu finden.

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immer wieder punktuell Überlegungen zum Theologiebegriff. Am ausführlichsten äußerte sich Balduin in seiner am 5. März 1605 – wohl im großen Auditorium der Leucorea – gehaltenen Antrittsvorlesung De Scrutinio humanae rationis in rebus divinis.19 Er fragt darin, ob und inwieweit das Forschen der menschlichen Vernunft in Hinsicht auf göttliche Dinge helfen könne. Im Folgenden ist zunächst die Argumentationsstruktur Balduins nachzuzeichnen und sodann eine Verortung des Theologiebegriffs vor dem Hintergrund der reformatorischen Positionen sowie deren Fortbildungen in der lutherischen Orthodoxie vorzunehmen. Balduin setzt bei der gemäß Lehrtradition dem Menschen wesensmäßig eignenden Schwäche an und bestimmt von dort aus seinen Theologiebegriff.20 Diese Schwäche des Menschen bedarf eines Gottesverhältnisses, das das menschliche Unvermögen in Hinsicht auf Gott betont.21 Nur auf ein in Demut gegründetes Gottesverhältnis, das Gottesfurcht kennt, kann der Theologiebegriff gebaut werden, wenn Theologie nicht als Werk, sondern als Dienst aufgefasst werden soll  – so lassen sich Balduins Ausführungen an dieser Stelle interpretieren. Den Begriff der Theologie, den Balduin explizit gebraucht, definiert er als Kultus (religio rerum divinarum) und als Weisheit (sapientia)22: Ita enim decreveram, praestare omninò, Theologum non esse verbis, sed factis […] Sic omninò […] magis arridebat mihi ευσεβεια quàm θεολογια, hoc est, rerum divinarum religio, quàm sapientia, quemadmodum olim à nonnullis Theologiam theoreticam propriè Theologiam et sapientiam; Theologiam verò practicam Religionem sive pietatem nominatam fuisse, ex antiquitate constat. Sed enim vero verius est, quod Lactantius alicubi scribit: non potest nec religio à sapientia separari, nec sapientia à religione secerni, qui idem DEUS est, qui et intelligi debet, quod est sapientia; et honorari, quod est religionis.

Diese grundlegende Bestimmung bedarf einiger Konkretionen. Balduin betont, dass der Theologiebegriff nicht deckungsgleich mit dem Begriff der Weisheit sei, räumt aber ein, dass beide doch ineinander verwoben seien. Weisheit sei noch nicht Theologie, doch (redlich betriebene) Theologie sei immer schon Weisheit. Sie könnten nicht von einander getrennt werden, weil sie in Gott eins seien. Gott fordere das 19  Balduin:

Oratio De Scrutinio Rationis humanae in mysteriis divinis, 1605, 4r. Gottesfurcht steht an erster Stelle. Gleichwohl ist Weisheit (sapientia) notwendig. Balduin fordert, dass sich der Mensch durch Demut und Glauben in Gottesfurcht (timor dei) üben solle. Zuweilen gebraucht er den griechischen Terminus ευσεβεια, der sowohl Gottesfurcht als auch Frömmigkeit bedeuten kann. Da Balduin aber wenige Sätze vorher von timor dei (Gottesfurcht) spricht, ist ευσεβεια hier ebenfalls mit Gottesfurcht zu übersetzen. 21  Dass Balduin zunächst bei der wesensmäßigen Schwachheit des Menschen ansetzt, mag dem – kontroverstheologisch motivierten – Bemühen geschuldet sein, das Vermögen der Vernunft zu beschränken, um vor menschlicher Anmaßung zu bewahren. Eine reformatorisch vertiefte Erbsündenlehre mag dabei theologisch im Hintergrund gestanden haben. 22  Gerhard verwendet in seinen Werken eher noch den Begriff der Frömmigkeit (pietas). Umsomehr erstaunt, dass Balduin bereits 1605 den Begriff religio zentral im Rahmen des Theologiebegriffs platziert. Vgl. dazu sowie zum Begriff religio überhaupt Feil: Religio, Bd. 3, 2001, 17–28, hier 20. Die menschliche Weisheit stoße angesichts des göttlichen Mysteriums an ihre Grenzen. Vor allem in den Auseinandersetzungen mit der Theologie der „Photinianer“ wird das später von Balduin deutlich gemacht: „Theologia est sapientia non huius seculi, sed Dei in mysterio recondita.“ Vgl. dazu Balduins Disputation zur Übereinstimmung der photinianischen Theologie mit der calvinischen Balduin: De Theologiae Photinianae consensum cum calviniana [Paul Rössel], XXVI, 14v–15r. 20  Ebd.,

3v–7v:

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Verstehen der göttlichen Mysterien (wozu es der Weisheit bedürfe), gleichzeitig könnten die göttlichen Mysterien nicht umfassend verstanden werden, denn dazu bedürfe es des Glaubens. Gott fordere auch den Kultus der göttlichen Mysterien (religio rerum divinarum) und dazu brauche es Erkenntnis im Glauben, die mit der Theologie befördert werden solle.23 So entspricht die Differenzierung des Theologiebegriffs in Kultus und Weisheit jener Akzentuierung der dem Menschen gemäß Lehrtradition wesensmäßig eignenden Schwäche. Im Kultus werden die dem Zugriff des Menschen unverfügbaren Aspekte der Theologie erfahrbar. Mit Weisheit werden die durch den Menschen beeinflussbaren Aspekte der Theologie, das Studium der göttlichen Weisheit etwa, beschrieben. Dieses wird erst dann Theologie, wenn es sich sachgemäß mit dem Glauben und der Verehrung der Würde der Religion verbindet. Theologie ohne Bezug zur kirchlichen Praxis ist ohne Nutzen. Theologie ist kein bloßes Planspiel in Worten, sondern die Worte müssen auch in die Tat umgesetzt werden. Der Theologiestudent, so Balduin, müsse sich stets fragen, was der Versuch des Verstehens und die Forderung des Verehrens, die beide ihren Grund in Gott selbst hätten, für den Menschen und seine Handlungen bedeuten. Folgerichtig schlägt der Wittenberger Theologie eine andere, feingliedrigere Fassung des Theologiebegriffs vor, die beiden Aspekten – Kultus und Weisheit – gerecht werden möchte. Balduin unterscheidet theoretische und praktische Theologie. Theoretische Theologie (theologia theoretica) umfasst Glaubenserkenntnis (theologia) und Weisheit (sapientia), praktische Theologie (theologia practica) Religion (religio) als praktische Frömmigkeit (pietas).24 Im Rahmen der Antrittsvorlesung dient die Herleitung des Theologiebegriffs dazu, die Frage nach dem Vermögen der natürlichen Vernunft (ratio) in der Theologie zu beantworten.25 Es steht für Balduin außer Zweifel, dass die natürliche Vernunft, die den Verstand (intellectus) in sich schließt, für die Theologie unabdingbar ist und einen wichtigen Ort im Rahmen des Theologiebegriffs hat. Balduin verortet sie in seiner Fassung des Theologiebegriffs im Teil der theoretischen Theologie und sodann im Bereich der Weisheit (für die Erkenntnis im Glauben werde sie hingegen nicht erfordert). So könnten die Heiden etwa aufgrund der natürlichen Vernunft eine Erkenntnis von Gott haben, aber eben keine heilsbringende.26 Denn diese, so sie der 23  Mit Laktanz negiert Balduin die Möglichkeit der Trennung von Weisheit und Theologie. Eine konkrete Bezugnahme auf sein Werk ist hier feststellbar. Er zitiert aus dem 4. Kapitel des 4. Buchs von De vera sapientia et religione. Vgl. Balduin: De Scrutinio, 3v–4r. 24  Balduin sieht diese Fassung des Theologiebegriffs bereits in der Alten Kirche vorgeprägt. Dass der Theologiebegriff Balduins die Rezeption der aristotelischen Wissenschaftslehre voraussetzt, ist erkennbar. Vgl. speziell zur aristotelischen Wissenschaftslehre und ihrer Rezeption in der Zeit der lutherischen Orthodoxie am Beispiel Johann Friedrich Königs Wenz: Theologia positiva acroamatica, in: ders. (Hrsg.): Grundfragen ökumenischer Theologie, 2010, 70–115. 25  Diese Frage ist für die Frage nach dem Verhältnis von Philosophie und Theologie von zentraler Bedeutung, die sich einerseits aufgrund des Hofmannstreites, andererseits aufgrund des Regensburger Religionsgesprächs aufs Neue gestellt hatte. Entsprechende Hinweise oder Anspielungen finden sich in der Antrittsvorlesung Balduins aber nicht. Vgl. zum Gesamtzusammenhang Friedrich: Grenzen der Vernunft, 2004. 26  Die heilsbringende Erkenntnis von Gott ist gerade nicht die philosophische Gotteserkenntnis: „Hanc fundamentum [i. e. SS. Trinitatis] esse patet, 1. ex Christi assertione manifestâ Ioh. 17,3. Haec est vita aeterna, ut cogniscant te, Pater, solum verum Deum, et quem misisti Jesum Christum. Non enim hîc qualiscunque notatur cognitio Dei, qualis etiam in Turcas et Ethnicos cadit, sed in verbo revelata.“



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natürlichen Vernunft nicht bedarf, sei dem Bereich der Glaubenserkenntnis vorbehalten. Die heilsbringende Erkenntnis von Gott ist nach Balduin auch dem Bereich der theoretischen Theologie und sodann dem Bereich der Glaubenserkenntnis (theologia) zugeordnet. Diese bedürfe nicht der natürlichen Vernunft, sondern der Vernunft der Schrift (ratio scripturae), die auch dem einfachen Mann offen stehe und in der Annahme des Evangeliums von Christus bestünde, wie es die Schrift offenbare. Vernunft der Schrift sei noch etwas mehr: Die Schrift enthalte selbst Anweisungen, die als Richtschnur der eigenen Auslegung hinreichen und sei damit gleichsam ein eigener Perzeptionsmodus27, denn die natürliche Vernunft könne sich gegenüber der Vernunft der Schrift nicht urteilend, sondern nur zustimmend verhalten. Gottesfurcht könne helfen, eine unzulässige Vermengung beider zu verhindern. Die Schrift enthalte die Richtschnur für eine sachgemäße Trennung von Philosophie und Theologie.28 Philosophie und die der Theologie nahestehende Teildisziplin Metaphysik gründeten auf der natürlichen Vernunft und könnten sich gegen die Theologie nur dienend verhalten. Einen heilswirksamen Glauben zu stiften vermochten sie nicht. Gleichwohl wird die Philosophie als eine der Theologie dienende Wissenschaft als Teil der Theologie verstanden, gehöre sie doch in den Bereich der Weisheit hinein. Als zweite Säule der theoretischen Theologie stütze sie immer dann, wenn die Glaubenserkenntnis als erste Säule in Frage stehe. Das gilt für die Rede vom Theologiebegriff insgesamt. Balduins Antrittsvorlesung von 1605 zeigt, dass der Theologiebegriff stets bemüht wird, wenn Apologie und Artikulation von Differenz nötig geworden zu sein scheinen.29 Erkenntnis des Glaubens auf Grundlage der Vernunft der Schrift kann – so lässt sich Balduin verstehen – mit natürlicher Vernunft systematisiert und in Schule und Universität vermittelt werden.30 In der Vorrede zu seinem Galaterbriefkommentar Epitome Doctrinae Apostolicae (1622) geht Balduin auf die Rolle des professionellen Theologen insgesamt ein. Dieser zeichnet sich dadurch aus, im Rahmen des akademischen Studiums als eines umfassenden Qualifizierungsprozesses die Lehre (doctrina) erworben zu haben, worunter Balduin in Anlehnung an Paulus sowie Augustinus Fähigkeiten und Fertigkeiten (virtutes) in Hinsicht auf den Gegenstand (religio) sowie eine spezifische persönliche, charakterliche Prägung (character) versteht.31. Gleichsam Vgl. dazu weiterhin Balduin: De Theologiae Photinianae consensus cum calviniana [Paul Rössel], II/XLIV, 21r–v. 27  Balduin: De Scrutinio, 6r: „Scrutinio, quo scripturam cum scriptura conferendo fides nostra confirmatur.“ 28 Erhebt sich die natürliche Vernunft über die der Schrift, nimmt sie der Theologie den ihr eigenen, exklusiven Wissenschaftsanspruch. Balduin beruft sich für die genannte Unterscheidung auf den ersten Korintherbrief und stellt sie daher als biblisch begründet und damit selbstevident heraus (ψυχικος δε ανθρωπος, 1. Kor 2,14). 29 Die praktische Theologie hingegen, die als religio oder pietas die rechte Verehrung Gottes bezeichnet, ziele alleine auf die Gläubigen und sei diesen fraglos evident. 30 Dazu bedürfe es des eigens ausgebildeten, hinreichend professionalisierten Gottesgelehrten, den Balduin auch als Kirchengelehrten (ecclesiae doctor) bezeichnet. 31  Vgl. insgesamt die den Räten der Reichsstadt Lübeck gewidmete Vorrede zu Balduin: Epitome Doctrinae Apostolicae, 2r–10r, etwa 7r–v: „Sit doctus et pius mysteriorum divinorum dispensator, qui non saltem benè disserere sciat, sed et rectè vivere, ut auditores suos ducat ad agnitionem veritatis, quae secundam pietatem est: utrumque enim à fidelibus requiritur, et veritas et pietas Tit. 1,1.“ Mit

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komplementär zu den Ausführungen von 1605 erscheint die Bestimmung von religio als Gegenstand der doctrina, die sich als Wächter (custos) der religio geriere. Religio umfasst nach Balduin die Erleuchtung Gottes (agnitio) und die Verehrung (cultus), wobei beide wechselseitig aufeinander bezogen erscheinen. Doch hier wie dort könne der Mensch abfallen, sich der göttlichen Erleuchtung und Verehrung entziehen. Aufgabe im Amt des Theologen sei es daher, die Bewahrung von rechter Erkenntnis und rechter Verehrung Gottes sicherzustellen. Nicht umsonst nennt Balduin Widerlegung (refutatio) der Gegner und Ermahnung (exhortatio) der Nachlässigen die Säulen des Amtes.32 Die Begriffe σωμα και σοφια aus Luk 21,15 beschreiben, was der Theologe zur Widerlegung und Ermahnung brauche. Balduin übersetzt: Einerseits die gründliche Kenntnis der Gegenstände (accurata rerum cognitio), andererseits das Vermögen, diese Gegenstände zu vermitteln (animus eas proponendi). Er unterlässt es an dieser Stelle nicht, darauf hinzuweisen, dass Paulus die Sprachbildung (potentem in sermone) als eine wichtige Voraussetzung von Geistesgröße (animi magnitudinem) benannt hatte. Was sollte doctrina (im Sinne von Lehre) nützen, wenn sie nicht verständlich kommuniziert werden konnte? Die Hilfsmittel der Sprachen und Künste des Sprechens (adminicula linguarum artiumque dicendi) seien unabdingbar für das Theologiestudium.33 Sodann liefert Balduin ein Erklärungsmodell für die Notwendigkeit akademischer Theologie: Diese komme nicht ohne Lehre in Schule und Universität aus, weil Gott die Erkenntnis der Schrift nicht mehr unmittelbar eingebe. Als Schriftauslegung sei Theologie folglich eine im Dienst der Kirche stehende Professionalisierungswissenschaft, die auf der Grundlage alttestamentlicher und neutestamentlicher Überlieferung ruhe.34 Die Ermahnung in der reinen Lehre (exhortatione in doctrina sana) als Amt des Theologen werde in Schule und Universität von den ersten Jugendjahren in der Adoleszenz entscheidend geleistet.35 Gelehrsamkeit und Frömmigkeit als wesentliche Bestandteile des Theologiebegriffs, die auch im Theologiestudium vermittelt würden, seien dabei wechselseitig aufeinander zu beziehen. Balduin warnt ausdrücklich vor dieser Bestimmung von doctrina geht Balduin über diejenige Melanchthons hinaus, der den Begriff in den Loci communes von 1521 und den Loci Theologici von 1559 im Sinne von Lehre (doctrina) gebraucht. 32  Vgl. weiterhin die Vorrede zu Balduin: Epitome Doctrinae Apostolicae, 2v sowie 7v. Vgl. zur Amtstheologie der lutherischen Orthodoxie anhand der Brevis Institutio Ministrorum verbi die nachfolgenden Abschnitte der vorliegenden Arbeit. 33 Vgl. ebd., 3r. Wie die Philosophie so gehöre auch die Philologie zu den der Theologie dienenden Wissenschaften. 34 Ebd., 3v–4r: „In scholis iuventus Judaica legem patriam, et Prophetarum oracula imbibit: in Scholis Paulus ad pedes Gamalielis praeceptoris sui institutus fuit: in scholis docere populum, et refutare haereticos didicerunt Athanasius et Nazianzenus: in Scholis cavetur Ecclesiae, ne erroribus decipiatur, sed sacrum doctrinae sanae propositum servet incorruptum, et ad posteritatem feliciter transmittat.“ Schulen und Universitäten dienten der Kirche und würden sie vor Fehlern bewahren, insofern in ihnen unverfälschte Schriftauslegung und deren Vermittlung an Heranwachsende geschehe. In Schulen und Universitäten werde damit abgesicherte Überlieferung kirchlicher Lehre geleistet. 35  Vgl. ebd., 4v–5r. Die Ausbildung von den ersten Jugendjahren an in Schulen und Universitäten mache den Theologen erst zum Theologen: „Manet ergò hoc firmum fixumque, Theologum, hoc est, Ecclesiae Doctorem, ut sit potens in docendo, sacris literis enutritum; ut sit potens in exhortando, verâ pietate penitus imbutum esse oportere: utriusque rei gratiâ à primis pueritiae annis in Scholis ad pedes fidelium praeceptorum educatur.“ Vgl. zum reformatorischen Ansatz des lebenslangen Lernens, der im Blick auf Balduin eine eigene Betrachtung verdient hätte, die Studie von Ledl: Lebenslanges Lernen, 2007.



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den Gefahren, die eine Konzentration der Gelehrsamkeit im Rahmen des Theologiestudiums zur Folge haben könne, zum Beispiel dann, wenn die Philosophie das Theologiestudium bestimme, anstatt diesem nur zu nützen. Die Hauptaspekte des Bildungsbegriffs bei Luther und Melanchthon  – Frömmigkeit (pietas) und Bildung (eruditio) – gehören auch für Balduin zusammen.36 Der Theologe ist ihm ein gelehrter und frommer Schatzmeister (dispensator) der göttlichen Mysterien.37 In der Bestimmung des Theologiebegriffs von 1605 und in der Bestimmung des Theologen in der Vorrede des Galaterbriefkommentars (1622) hatte die Erfahrung des Theologen – Anfechtung und innerliches Ergriffensein – keinen explizit ausgewiesenen Platz gefunden.38 Anders verhält es sich in der Vorrede zu den Hypomnemata Homiliarum In Epistolas Dominicales (1612), gedruckten Predigten, die Balduin in Wittenberg gehalten hat.39 Hier fasst er Anfechtung und innerliches Ergriffensein als Teil der Lehre (doctrina) auf.40 Sie bestehe erstens in der Geschichte von den Worten und Handlungen Christi, zweitens im treuen Ergriffensein durch das Verdienst Christi und drittens im Befolgen des neuen Gehorsams, der Nachfolge Christi.41 Das Studium 36  Balduin: Epitome Doctrinae Apostolicae, 7r: „Neque tollunt studium pietatis moderatae disputationes in Scholis, quemadmodum veri cognitio, non tollit studium boni.“ Vgl. zum Bildungsbegriff der Reformatoren Luther und Melanchthon die Studien von Markus Wriedt. Exemplarisch seien genannt Wriedt: Die theologische Begründung, in: Beyer (Hrsg.): Humanismus und Wittenberger Reformation, 1996, 155–184 und ders.: Pietas et Eruditio, in: JHKV 62 (2011), 21–42 sowie ders.: Bildung, in: Beutel (Hrsg.): Luther-Handbuch, 2005, 231–236. 37  Balduin: Epitome Doctrinae Apostolicae, 7v. In diesem Sinne habe Clemens von Alexandria im 1. Buch seines Paedagogus die christliche Lehre paedagogia genannt. Diese bestehe in Gelehrsamkeit (doctrina) und Bildung (eruditio). Gelehrsamkeit vervollkommne Verstand (mens) und Einsicht (intelligentia), Bildung (bei Clemens von Alexandria παιδεια) ordne Leben und Sitten (mores). Der Bildungsbegriff, der Balduins Theologiebegriff zugrundeliegt, weist damit auch einen deutlichen Praxisbezug auf. Vgl. zum Paedagogus Stählin (Hrsg.): Clemens Alexandrinus, Bd. 1, 1905, 87–152. 38 In der Antrittsvorlesung ging es einerseits um die wissenschaftstheoretische Bestimmung der Theologie, andererseits um die kontroverstheologische Abgrenzung und sodann Apologie der rechten Lehre. In der Vorrede zum Galaterbriefkommentar behandelte Balduin stärker die lehr- und lernbare doctrina als Ergebnis der wissenschaftlichen Betrachtung der Schrift durch den professionell ausgebildeten Theologen. 39  Vgl. die Widmungsvorrede zu Balduin: Hypomnēmata Homiliarum In Epistolas Dominicales Et Praecipuorum Festorum, 2r–16v. Das literarische Genre der Hypomnema oder Hypomnemata bezeichnete in der Antike Schreibhefte oder Notizbücher. Auch den ersten Kirchenvätern dienten sie der Sammlung, Ordnung, Reflexion und Selbstbetrachtung. Vgl. Eichele: Hypomnema, in: Ueding (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 4: Hu–K, 1998, 122–128. 40 Auch in Psalmi Graduum (1608) hat Balduin diese beiden Aspekte betont und sodann mit seinem Reformanliegen verbunden. Vgl. Balduin: Psalmi Graduum, 71: „Nun finden sich aber viel Leute, die ausser der Gefahr, von der Christen Creutz unnd Bedrengnüssen wegen ihrer innerlichen unnd eusserlichen Feinde, auch von Gottes Väterlichen Hülff wol fein reden können, kömpt aber die reie an sie, so gehets ihnen schwer ein zu practiciren unnd gehets ihnen offt wie David seiner Person halber klagt, Da mirs wolgieng gedachte ich, Ich werde nimmermehr darnider liegen, aber da du dein Andlitz verbargest, erschrack ich, Psal. 30. Solche Leut verrahten sich, daß sie dißfals zwar gute Theologi, aber noch nicht rechte Christiani sein, das ist, sie wissen von Göttlicher Ordnung in diesen Handel wol zu reden, aber sie vor ihre Person können es selbst nicht ins Werck richten.“ 41  Balduin: Hypomnēmata Homiliarum, 7v–8r: „Haec enim tria ordine sese insequuntur, doctrinamque Christianam constituunt, 1. historia dictorum et factorum Christi. 2. fidelis apprehensio meriti ejus. 3. studium novae obedientiae, in quo sit imitatio Christi. […] Utinam autem tanta esset scientiae nostrae perfectio, ut nulla prorsus manuductione opus sit, vel ad intelligendos hosce textus, vel ad differendum cum fructu ex ijs, quoties ad populum verba facienda sunt. Sed quia doctrina

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der Theologie ist damit einmal mehr als ein lebenslanger Prozess verstanden, der sich in der Praxis zu bewähren hat: Ein Streben nach Vervollkommnung bei gleichzeitiger Gewissheit der Unmöglichkeit dieser Vervollkommnung. Nicht frommes Gebet, nicht beständige Meditation, nicht sorgfältige Sammlung und Vergleich (collatio) der Bibelstellen könnten das Mysterium himmlischer Lehre umfassend erschließen. Dies vermöge nur die praktische Erfahrung der Glaubenserkenntnis in der konkreten Situation der Anfechtung.42 Eine an diese Konkretion geknüpfte Theologie als Erfahrung der Glaubenserkenntnis des allmächtigen und gnädigen Gottes, den die Schrift offenbart, könne nicht gelehrt oder gelernt werden.43 Für Balduin besteht die Schwierigkeit, als akademischer Lehrer zu erreichen, dass die den Theologen ausmachende Anfechtung Teil des Theologiestudiums wird. Mithin mag es dienlich erscheinen, von einem doppelten Theologiebegriff bei Balduin zu sprechen. Dem epistemischen Theologiebegriff, den Balduin in seiner Antrittsvorlesung (1605) zugrundegelegt hat, mangelt es an der Erfahrung, die nach Luther den Theologen ausmacht. Deshalb beschreibt er Theologie auch als Erfahrung der Anfechtung.44 Bei Johann Gerhard ist der Theologiebegriff als Glaubenserkenntnis, Wortverkündigung und wissenschaftliche Erforschung und Darstellung der christlichen Lehre definiert.45 Für Gerhard wie Luther ist Theologie wesentlich praktisch. Eine explizite begriffliche Unterteilung in theoretische und praktische Theologie, wie Balduin sie auf der Grundlage der aristotelischen Wissenschaftslehre vornimmt, findet sich bei Luther wie bei Gerhard nicht.46 Gleichwohl ähneln sich die Fassungen des Theologiebegriffs von Gerhard und Balduin, die spätestens seit dem Jahr 1607 in brieflichem Kontakt gestanden haben.47 Balduin stellt der Glaubenserkenntnis eine natürliche Erkenntnis, welche Teil der Theologie als Professionalisierungswissenschaft sei, gegenüber. Wie Gerhard kennt auch Balduin die Bestimmung von Theologie als Wortverkündigung, doch betont er stärker die Begriffe religio und pietas. Signifikant ist demgegenüber, dass Gerhard die Darstellung der Lehre als Teil der Theologie explizit nennt. Bei Balduin fehlt coelestis est mysterium, cujus intelligentia non nisi piis precibus et assidua meditatione et diligenti scripturarum collatione obtinetur: idcircô semper in Ecclesia puriore observatum fuit, ut multi pii vel ratione officii, vel etiam in suum, suorumque usum privatum, licet professione Theologi non essent, suas in hos sacros et solennes textus meditationes bono studio conciperent, et sit ita opus esset, cum aliis publicis typis communicarent.“ 42  In seiner Predigt zum 121. Psalm fragt Balduin, wer der rechte Helfer des Christen in der Not sei und antwortet: „DAS ist die rechte Theologia, die rechte Göttliche Kunst, die keinem von Natur eingegossen, keinem in Schulen gelehret, sondern auß der erfahrung genommen wird, nicht das man nur wisse was Gott sey, sondern das mans auch gleube, daß er der Allmechtige, freundliche und gütige und hülffreiche Gott sey, darvor er in seinem Wort außgegeben wird, unnd das man sich alles guten zu ihm zu versehen habe.“ Vgl. Balduin: Psalmi Graduum, 21. 43  Vgl. zur Erfahrung bei Luther Bayer: Luthers Theologie, 20–21. 44 Die Erklärung dessen, was Theologie sei, erfolgt hier in der Predigt in der Stadtkirche zu Wittenberg und bedarf daher keiner Rückversicherungen epistemischer, hermeneutischer oder methodischer Art. 45  Wallmann: Theologiebegriff, 33. 46 Obgleich Gerhard seine Bestimmung der Theologie als praktische Wissenschaft vor dem Hintergrund der aristotelischen Unterteilung in theoretische und praktische Wissenschaften vorgenommen hatte. 47  Raidel (Hrsg.): Epistolae, 1740.



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diese Bestimmung. 1610 tritt bei Gerhard der Theologiebegriff an erste Stelle.48 Auch diesen Schritt geht Balduin nicht. In den Prolegomena zu seinen überwiegend exegetischen Werken reflektiert er vielmehr Fragen der Hermeneutik und Methodik der Auslegung.

1.2. Hermeneutik Durch die kritische Anwendung der Schriftautorität auf die Kirchenlehre hatte Luther den Bruch mit der scholastischen Theologie evoziert.49 Die sich nach dem Tod Luthers (1546) und sodann Melanchthons (1560) vehement verstärkenden innerkonfessionellen Differenzierungsprozesse führten zu einer spürbaren Vertiefung des Schriftprinzips, der Hermeneutik Luthers überhaupt: Die Heilige Schrift erhielt nun einen eigenen Abschnitt in den theologischen Kompendien.50 Die Frage drängte sich auf, auf welche Weise – ausgehend von Luthers Hermeneutik – aus der Schrift selbst eine angemessene Methode ihrer Auslegung möglich sein könnte.51 Schon der Tübinger Theologe Jacob Heerbrand, der Lehrer von Hunnius, hatte seinem Compendium Theologiae (1573), das auch Balduin Theologiestudenten zur Lektüre empfehlen sollte, Überlegungen zur Heiligen Schrift vorangestellt.52 Im Rahmen des Locus De Deo behandelte er die Frage Quis est scopus Theologiae, et totius Sacrae Scripturae?53 Der Braunschweiger Theologe Martin Chemnitz, der ein Schüler Melanchthons in Wittenberg gewesen und von ihm zu den Loci Theologici angeregt worden ist, ist Heerband darin gefolgt.54 Polycarp Leyser d. Ä. hat das von Chemnitz seit 1554 nur in Teilen veröffentlichte Werk erst 1591/92 in drei Bänden publiziert.55 Hinzuweisen ist in diesem Kontext auf das im Jahr 1573 erschienene, nach der Loci-Methode gegliederte und auf Grundlage von Kollektaneen seines Amanuensis abgefasste Lehrbuch Nicolaus 48  Gerhard: Locorum Theologicorum Tomus I, Jena 1610. Vgl. dazu Wallmann: Theologiebegriff, 5 ff. 49 Zum sola scriptura bei Luther Lohse: Luthers Theologie, 1995, 204–206. Zu Luthers Grundsatz, dass die Schrift sich selbst auslege, Mostert: Scriptura sacra sui ipsius interpres, in: ders.: Glaube und Hermeneutik, 1998, 9–41. 50 Grundlegend zur Hermeneutik Luthers: Ebeling: Evangelische Evangelienauslegung, 1942 (ND 1962). Zur Hermeneutik des strengen Luthertums in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und der lutherischen Orthodoxie in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts liegen bisher kaum Untersuchungen vor. Ausnahmen bilden Studien zu Matthias Flacius und Johann Gerhard. Vgl. exemplarisch zu Flacius Diebner: Hermeneutik der Melanchthon-Schule, in: Scheible (Hrsg.): Melanchthon in seinen Schülern, 1997, 157–181 und zu Gerhard Hägglund: Die Heilige Schrift und ihre Deutung, 1951. Grundlegend für die Hermeneutik der Hoch- und Spätorthodoxie sind Jung: Das Ganze der Heiligen Schrift, 1999 und Coors: Scriptura efficax, 2009 sowie Bultmann/Danneberg (Hrsg.): Hebraistik – Hermeneutik – Homiletik, 2011. 51  Vgl. zum Gesamtzusammenhang auch Ratschow: Lutherische Dogmatik, 21–26. 52  Heerbrand: Compendium Theologiae, 1573, 1–36, insbesondere 34 ff. Vgl. dazu auch Junghans: Philipp Melanchthons Loci theologici und ihre Rezeption, in: Wartenberg (Hrsg.): Werk und Rezeption Philipp Melanchthons, 1999, 9–30. 53  Er hatte an dieser Stelle Christus, der Ziel der Theologie und der Schrift sei, deshalb auch als Ziel der Auslegung bestimmt. Vgl. Heerbrand: Compendium, 34–35. 54  Appold: Orthodoxie, 152. 55  Leyser (Hrsg.): Loci Theologici (1591/92), 19–111. Die Seitenzahlenangaben beziehen sich auf die Ausgabe Wittenberg 1615.

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Selneckers, die Institutio Christianae Religionis. Auch Selnecker behandelt zu Beginn seines Werkes das Thema der Autorität der Schrift als Gotteswort (de autoritate verbi divini sive sacrarum literarum).56 Diese Entwicklungen der Lehrbildung haben sich in der Konkordienformel (1577)57 niedergeschlagen. Selnecker, Chemnitz, David Chytraeus, Andreas Musculus sowie Christoph Körner waren an deren Abfassung beteiligt. In dem ersten Artikel De compendiaria Doctrinae forma, fundamento, Norma atque Regula werden die Grundlinien einer lutherischen Hermeneutik formuliert.58 Eine der am meisten rezipierten Darstellungen des Gegenstandes indes, die Loci Theologici (1600) des Tübinger Theologen Matthias Hafenreffer (1561–1619), ordnet den Locus De Scriptura sacra dem ersten Buch De Deo unter.59 Die Brisanz der Frage nach der rechten Auslegung der Schrift vor dem Hintergrund der kontroverstheologischen Auseinandersetzungen zeigt sich vor allem an Einberufung und Scheitern des Regensburger Religionsgesprächs (1601).60 Der Artikel von der Heiligen Schrift hatte spätestens seitdem einen festen Platz in den Lehrbüchern der lutherischen Orthodoxie, auch der Wittenberger, eingenommen. Das posthum publizierte Compendium Doctrinae Coelestis (1606) des bekannten Wittenberger Theologen Salomon Gesner beginnt gar mit dem Locus De verbo Dei et Sacra 56  Selnecker:

Institutio religionis christianae, 25–39. (Hrsg.): Bekenntnisschriften, 2014. Vgl. auch die Bekenntnisschriften der evangelischlutherischen Kirchen, herausgegeben im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930, Göttingen 51963, 833–839. Bei der Edition von 1930 handelt es sich um eine moderne kritische Edition des Konkordienbuchs, die die Vorlage nicht mehr getreu reproduziert, sondern versucht, auf die darin abgedruckten Schriften im Original und die ersten erreichbaren Textfassungen zurückzugehen. Bei der Neuedition von Irene Dingel war es hingegen darum gegangen, die Textgestalt zugänglich zu machen, die auch tatsächlich rezipiert wurde, Rechtskraft erhielt und langfristige Wirkung erzielte. Sie enthält auch das lateinische Konkordienbuch (1584). 58  Es werden Artikel geboten, welchen die Schriftauslegung in der lutherischen Kirche zu folgen habe und nach welchen über abweichende Lehren geurteilt werden könne. Die prophetischen und apostolischen Schriften Alten und Neuen Testaments bilden die Richtschnur für Lehre und sie vertretende Lehrer (Gal 1,8). Darüber hinaus bekennt sich die lutherische Kirche zu den altkirchlichen Bekenntnissen (Apostolikum, Nizänum, Athanasium) und zur ungeänderten Augsburgischen Konfession, weil sie im Wort Gottes gegründet sei, sowie zu ihrer Apologie und zu den Schmalkaldischen Artikeln, weiterhin zu Luthers kleinem und dem großen Katechismus sowie zur Laienbibel. Nach der Richtschnur genannter Texte ist die rechte Lehre aus der Schrift selbst zu erfassen, die falsche aber zu verwerfen. Die Schrift selbst sei Richter, Regel und Leitfaden der Lehre. Die Bekenntnisschriften seien dagegen nur Zeugnis und Erklärung des Glaubens aus der Schrift im Laufe der Geschichte, die bei der Auslegung aus der Schrift wiederum helfen können. Diese Neubestimmung in der Aneignung und Verwerfung von Beständen aus der kirchlichen Tradition ist grundlegend für die Kontroversen vor allem mit den römisch-katholischen Theologen in der Zeit der lutherischen Orthodoxie geworden. Der Versuch der lutherisch-orthodoxen Theologen, diese Grundlinien systematisch fortzubilden, geschah vor dem Hintergrund zunehmender kontroverstheologischer Profilierung im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert im Rahmen von Disputationen und Streitschriften. Vgl. insgesamt Appold: Orthodoxie. 59  Hafenreffer: Loci Theologici, 21601, 20–36. Vgl. dazu Jung: „Coelestis doctrina“ und „Praxis Christiana“, 30–58. 60  Das für den Herbst 1601 einberufene Regensburger Religionsgespräch wurde bereits von den Zeitgenossen als ein Höhepunkt dieser Entwicklung wahrgenommen. Es zog eine Flut von Veröffentlichungen nach sich. Vgl. De Norma Doctrinae, Et controversiarum Religionis Iudice, 1602. Eine Einigung hat das Religionsgespräch indes nicht erbracht, hatte aber eine grundlegende Grenzziehung zwischen lutherisch-orthodoxer und römisch-katholischer Schrifthermeneutik zur Folge. Vgl. auch Arnold: Die römische Zensur, 2008. 57  Dingel

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scriptura.61 Das in der Forschung weitgehend unbeachtet gebliebene, offenbar nach der Jahrhundertwende kurze Zeit beliebte Werk bietet eine kurze, auf kurfürstlichen Befehl verfasste, wohl aus der akademischen Lehrtätigkeit Gesners erwachsene Darstellung der lutherischen Lehre.62 In Hinsicht auf Verbreitung und Rezeption weitaus bedeutender war das auf Anweisung von Kurfürst Johann Georg I. von Leonhard Hutter verfasste und den Theologischen Fakultäten der beiden kursächsischen Universitäten in Leipzig und Wittenberg für den Gebrauch an den kursächsischen Fürstenschulen nachdrücklich approbierte Lehrbuch Compendium Locorum Theologicorum (1610).63 Hutter beginnt wie selbstverständlich mit dem Artikel der Heiligen Schrift und betont, dass die Schrift vorzugsweise an den Stellen, die über Glaube und Rechtfertigung handeln, klar (dilucide) und einleuchtend (perspicuus) sei.64 Vor dem Hintergrund der durch die „Wiederkehr der Metaphysik“ angestoßenen meta-theologischen Überlegungen wurde dem Artikel über die Heilige Schrift ein neuer Artikel über das Wesen der Theologie vorangestellt. Als Nestoren der mit diesen meta-theologischen Überlegungen einhergehenden, grundlegenden Transformation des Theologiebegriffs, wie ihn Luther und Melanchthon vorgeprägt hatten, gelten in der Forschung zunächst Johann Gerhard und sodann der etwas jüngere Balthasar Meisner.65 Gerhard handelt in den Loci Theologici (1610) zuerst über die Natur der Theologie (De Natura Theologia), Meisner im Rahmen der Disputationes Praecognitorum Theologicorum zuerst De Generalibus requisitis verae Theologiae studiosi und rückt damit das Studium der Theologie in den Fokus.66 Die hier vollzogene Transformation des Theologiebegriffs hin zu einem praktischen Habitus vor dem Hintergrund der 1600 umfassend einsetzenden Rezeption der aristotelischen Metaphysik der Theologischen Fakultäten in Wittenberg und Helmstedt blieb nicht ohne Folgen für die Hermeneutik 61  Gesner:

Compendium Doctrinae Coelestis, 1–24. Auflagen folgten bereits 1607 und 1608. Gesners Compendium ist in den Entstehungsprozess eines lutherischen Lehrbuchs für die drei kursächsischen Fürstenschulen sowie die Abnahme der Ordinandenexamina einzuordnen, das schließlich von Hutter als Compendium vorgelegt worden war. Vgl. Steiger: Nachwort, 709–711. 63  Hutter: Compendium Locorum Theologicorum, 1–9. Vgl. zur Edition und Entstehungsgeschichte des Compendium grundlegend Steiger: Nachwort. 64  Hutter: Compendium, 2: „Estne Scriptura sacra dilucida et perspicua? Est maxime, praesertim in locis illis omnibus, quae de fide ac iustificatione nostra coram DEO, aeternaque salute agunt. Ps. 119, 105. Lucerna pedibus meis verbum tuum Domine, et lumen semitis meis. 2 Pet. 1,19. Habemus firmiorem sermonem Propheticum, cui recte facitis attendentes, tanquam lucernae in loco caliginoso lucenti.“ Gegenüber der Konkordienformel (1577) bedeutet der Satz, dass die Schrift klar und einleuchtend sei, nicht nur einen qualitativen Fortschritt, sondern verweist auch auf die seit dem Regensburger Religionsgespräch (1601) erfolgte Entwicklung der Schrifthermeneutik der lutherischen Orthodoxie. Hutter orientiert sich zumal beim ersten Locus stark an Chemnitz’ Examen Concilii Tridentini. Wie schon Heerbrands Compendium Theologiae ist auch Hutters Compendium in Frage-Antwort-Sätze gegliedert: In 17 Satzpaaren erklärt er, was die Heilige Schrift sei und worin sich etwa die kanonischen von den apokryphen Texten unterschieden. 65  Vgl. die grundlegenden Studien von Wallmann: Theologiebegriff sowie Sparn: Wiederkehr der Metaphysik. 66  Gerhard: Locorum Theologicorum Tomus, Jena 1610  ff.; Meisner: Praecognitorum Theologicorum Disputatio I. De Generalibus Requisitis Veri Theologiae Studiosi [16. März 1625/ Johann Michaelis], 1625. Hinzuweisen wäre zudem auf die Formulierungen des Theologiebegriffs in Gerhard: Meditationes Sacrae, 1607. 62  Weitere

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und die hier entwickelte Methode des „Theologietreibens“.67 Denn indem Theologie als Habitus bestimmt wird, der im Rahmen des Theologiestudiums gelehrt und gelernt werden kann, hält zugleich eine Form von Utilitarismus Einzug in den Theologiebegriff.68 Theologie ist nur dann von Nutzen, wenn sie auf die kirchliche Praxis, i. e. auf das Ziel, Menschen zum Heil zu führen, ausgerichtet ist.69 Die neue Ausrichtung der Theologie hat sodann eine neue Methode erforderlich gemacht und so die Rezeption der analytischen Methode in der Theologie eingeleitet.70 Nicht nur die Gestalt der Prolegomena und Methodik der Theologie, sondern auch die Hermeneutik ist von dieser Entwicklung betroffen. Balduin hat seine Hermeneutik nicht systematisch entfaltet, sondern sich immer wieder punktuell geäußert.71 Er war mehr Exeget als Dogmatiker und hat sich im Rahmen der Vorreden zu den Kommentaren zum Corpus Paulinum sowie der Werke zur Exegese des Alten Testaments wiederholt dezidiert Fragen der Hermeneutik zugewandt.72 Die Reformatoren um Luther und Melanchthon73 haben auf dem Felde der Hermeneutik als biblischer Auslegungskunst wesentliche Fortschritte gemacht, die in der Forschung zuerst von Karl Holl (1866–1926) gewürdigt wurden.74 Luthers 67  Die theologische Hermeneutik der lutherischen Orthodoxie fragt, unter welchen Voraussetzungen eine der Schrift selbst gemäße Auslegung möglich sein kann (z. B. Luthers Trias von Gebet, Meditation und Anfechtung). Die theologische Methode fragt nach der Art und Weise, wie diese hermeneutischen Voraussetzungen in der konkreten handwerklichen Auslegungstätigkeit gewahrt werden können, i. e. was der Exeget konkret gleichsam „handwerklich“ tun muss, damit die Auslegung in einer schriftgemäßen Weise gelingen kann. 68 In Analogie etwa zur Medizin, die auf das physische Heil des Menschen sieht, geht es der Theologie um das seelische Heil des Menschen. Ziel der Theologie ist es, den Menschen zum Heil zu führen. Der Theologe ist damit ein „Seelenarzt“. Vgl. zu Meisner etwa Nieden: Erfindung, 186–212. 69  Wallmann: Theologiebegriff. Diese Theologen setzen im Rekurs auf den Philosophen Jacopo Zabarella (1533–1589) nun am Begriff der Theologie an und entfalten von hier aus ihr theologisches System. 70 Grundlegend Weber: Der Einfluss der protestantischen Schulphilosophie, 1908. Der Praxisbezug der theologischen Wissenschaft ist in Wittenberg bei den sogenannten Begründern der lutherischen Orthodoxie Hunnius, Leyser, Hutter, Gesner und Runge bereits fest etabliert. Zu nennen sind hier explizit auch Gesner und Runge, die in der Forschung in der Regel eher übersehen werden, gleichwohl als herausragende Vertreter der Wittenberger Orthodoxie gelten müssen. 71  Er hat insofern nicht derart schulbildend gewirkt wie Johann Gerhard auf Abraham Calov. Vgl. Calov: Systema Locorum Theologicorum, 1655–1677. 72 Die Ausdifferenzierung der theologischen Wissenschaften als Einteilung in unterschiedliche theologische Disziplinen hat erst im 18. Jahrhundert parallel zur Entstehung der theologischen Enzyklopädik stattgefunden. Vgl. zuletzt etwa Buntfuss/Fritz: Einleitung. Schleiermachers „Kurze Darstellung des theologischen Studiums“ als Impuls für das gegenwärtige enzyklopädische Gespräch, in: dies. (Hrsg.): Fremde unter einem Dach, 2014, 3. Keineswegs ist damit ausgesagt, dass Balduin kein Dogmatiker war. Stets war die Exegese auf die dogmatischen Probleme der Zeit fixiert. Man war gerade der Auffassung, man könne durch methodisch „saubere“ Exegese dogmatische Kontroversen beseitigen. 73 Vgl. Gummelt: Johannes Bugenhagens Kommentar- und Exegesepraxis, in: Dingel/Rhein (Hrsg.): Der späte Bugenhagen, 2011, 109–116; Georg Major, Theologe der zweiten Generation der Reformation, langjähriger Theologieprofessor und Propst der Schlosskirche, hatte bereits das Corpus Paulinum kommentiert. Vgl. Hagen: Hebrews commenting, 1981. 74  In dem – auch aus heutiger Sicht noch bahnbrechenden – Beitrag hebt Holl nicht mehr nur auf Luthers Stellung zur Schrift selbst ab, sondern auf die konkrete Herangehensweise Luthers an den Text. Vgl. Holl: Luthers Bedeutung, in: ders.: Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte



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Bedeutung für die Hermeneutik liegt für Holl in der Neuakzentuierung der Anwendung der Lehre vom vierfachen Schriftsinn. Im Rahmen der Psalmenvorlesung suchte Luther seit 1513 regelmäßig zunächst den buchstäblichen Sinn dergestalt, dass die einzelnen Lieder  – soweit möglich  – auf Christus bezogen wurden. Während er in dem buchstäblichen Sinn die Grundlage sah, bevorzugte er, wo er über den buchstäblichen Sinn hinausging, den tropologischen oder moralischen Sinn, mithin den Sinn, der das Wort auf das eigene Leben hin anwendet.75 Pointiert schreibt Holl, dass es das paulinische Evangelium sei, das Luther als den tropologischen Sinn aus den Psalmen hervorhole.76 Als Folge rücken buchstäblicher und geistlicher Sinn zusammen, mehr noch, sie sind nunmehr wechselseitig aufeinander bezogen. Um den geistlichen Sinn zu erfassen, müssen gewisse innere Bedingungen aufseiten des Lesers erfüllt werden: Zum Geist der Schrift vorzudringen vermöge nur, wer ihn selbst in sich verspüre – nur der, der die Gemütsbewegungen und Herzenszustände, die in den Psalmen beschrieben sind, aus eigener Erfahrung kenne. Somit bedürfe es zuerst der inneren Umwandlung. Furcht Gottes und Demut seien damit Anfang allen Verstehens. Hieraus folge erstens, dass Verstehen nicht nur von wissenschaftlichen Bedingungen abhänge (der Laie könne das Wort unter Umständen besser auffassen als der Gelehrte), zweitens, dass Verstehen niemals abgeschlossen sei (es halte Schritt mit der wachsenden inneren Erfahrung). Holl hebt damit auf den Zusammenhang zwischen Auslegung und „eigenem Erleben, die Bedingtheit des Verstehens durch eine innere Angleichung an die im Wort ausgedrückte Sache“ ab.77 Die hermeneutische Einsicht, dass Furcht Gottes und Demut Grundlagen für das Verstehen der Schrift seien, teilt Balduin mit Luther.78 Dezidierter hat Luther nach Holl erst 1517 seine Auslegungsgrundsätze entwickelt. Zu diesen zählt zunächst die Überzeugung von der Eindeutigkeit der Schrift, und zwar hinsichtlich ihres Zwecks als Verkündigung des göttlichen Willens. In der Anfechtung halte nur das Einfache stand, so Holl über Luther. Noch stärker als bisher rückte der buchstäbliche bzw. grammatische Sinn an die entscheidende Stelle: Unzweideutigkeit und schlichter Sinn der Worte. Dazu verweist Holl auf die von Luther gegenüber Eck erhobene Forderung, nicht nur den nächsten Zusammenhang einer Stelle zu betrachten, sondern das Ganze der Bibel. Gleichwohl kam Luther nicht umhin, auch allegorische Deutungen zuzulassen, doch müsse dazu ein im Text selbst gegebener I: Luther, 71932, 544–582. Zu Luthers Hermeneutik sind seither zahlreiche Beiträge erschienen. Als grundlegend zu bezeichnen sind: Ebeling: Evangelische Evangelienauslegung, 1942 (ND 1962); ders.: Die Anfänge von Luthers Hermeneutik (1952), in: ders.: Lutherstudien, Bd. 1, 1971, 1–68; Beutel: In dem Anfang war das Wort, 1991; darin 235 Anm. 175 eine umfangreiche Bibliographie zu Luthers Schriftverständnis. Vgl. auch die neuere Übersichtsdarstellung von Köpf: Die Hermeneutik Martin Luthers, in: Schröder (Hrsg.): Theorie der Interpretation, 2001, 15–29. 75  Beisser: Claritas Scripturae, 1966, 38 ff. 76  Holl: Luthers Bedeutung, 546. 77  Ebd., 549. 78  So ist Gottesfurcht wesentlicher Bestandteil des Theologiebegriffs Balduins. Vgl. dazu die Ausführungen im fünften Kapitel der vorliegenden Arbeit. Luther geht von der klassisch gewordenen Kanonvorstellung aus – der Überzeugung, dass die Schrift in allen ihren Teilen einen und denselben Sinn habe. Von hier aus erklärt sich, dass Luther das als Kern der Schrift gedeutete paulinische Evangelium auch an die Psalmen heranträgt. In Hinsicht auf die Einheit des Kanons beschreibt Luther unter der Formel ut mos est scripturae Besonderheiten der biblischen Vorstellungs- und Ausdrucksweise.

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Hinweis anweisen. Die Frage nach dem Recht der allegorischen Erklärung müsse vom Verfasser und seiner Absicht ausgehen. Für Luther ist das wahre Verständnis erst das geistliche, das Verständnis für die in den Worten ausgedrückte Sache, Christus und sein Evangelium, das der Geist, den Gott verleiht, wirken müsse, indem er den Mensch affektiv berühre. Dieses innerliche Verstehen erfolge nur allmählich als ernsthaftes innerliches Ringen. Das geistliche Verständnis sei etwas anderes als das allegorische, aber es sei zugleich mystisch, da es einen über das bloße Wortverständnis hinausgehenden Sinn ausdrücke. Das geistliche Verständnis fordere im Unterschied zum allegorischen ein Ergriffensein durch die Sache.79 Daneben geht Luther von der Allgemeinverständlichkeit der Schrift aus. Zwar gebe es dunkle Stellen, Schwierigkeiten des sprachlichen Ausdrucks und scheinbare Widersprüche in der Sache, doch das, worauf es ankomme, sei klar gesagt und könne von jedermann verstanden werden. Dazu seien zwei Dinge zu beachten: Erstens, dass die Stellen, an denen das Gottesverhältnis beschrieben werde, innerlich nacherfahren werden sollen, zweitens, dass überall von den klaren Stellen auszugehen und von diesen in die dunklen hineinzuleuchten sei. Luther hatte betont, dass der Schlüssel zum Verständnis der Schrift sich in ihr selbst finde: Die Heilige Schrift legt sich selbst aus – sacra scriptura sui ipsius interpres.80 Bei Flacius führt die Betonung der dogmatischen Einheit der kanonischen Bücher zu der Tendenz, den lutherischen Grundsatz, dass die Schrift sich selbst auslege, zu nivellieren. Die dunklen Stellen der Heiligen Schrift, die ein Hemmnis für das Verstehen bedeuteten, seien alleine aufgrund grammatischer und sprachlicher Schwierigkeiten undurchsichtig. Flacius versuchte sie durch das systematische Heranziehen von Parallelstellen erklärbar zu machen.81 Die Unverständlichkeit der Schrift entspreche der Unverständlichkeit der göttlichen Mysterien wie der Menschwerdung Gottes. Abhilfe schaffen könne die Sinnmitte der Schrift, die als Norm des Glaubens (analogia fidei) in den prophetischen und apostolischen Büchern der Schrift klar und verständlich festgehalten sei und auch vom Laien eingesehen werden könne. Der Straßburger Theologieprofessor Johann Conrad Dannhauer (1603–1666) gilt gemeinhin als Begründer der Hermeneutik in der lutherischen Orthodoxie.82 Doch die wesentlichen 79  Das Wort sei alleiniges Mittel, durch das Gott seinen Geist mitteile. Deshalb gehörten Suche nach dem buchstäblichen oder grammatischen Sinn und Suche nach dem geistlichen Sinn untrennbar zusammen. Vgl. zu dieser Problematik am Beispiel der Zion-Deutungen Wriedt: Allegoria nomen Zion speculam significat, in: Pilger/Witte (Hrsg.): Zion, 2010, 167–188. 80 Vgl. WA 7, 40–99. Nur wenn keine vorgefassten Meinungen (praeconcepta opiniones) an die Schrift herangetragen würden, sei die Möglichkeit gewahrt, dass die Schrift sich dem Exegeten aufschließe. 81  Es ist davon auszugehen, dass dieser Lösungsansatz bisweilen in der lutherischen Orthodoxie übernommen worden ist, ohne dass die Auffassung, die Schrift so vollends durchdringen zu können, geteilt zu werden brauchte. Vgl. Flacius: De ratione, 7 und 65–66. Sodann darf als gesichert gelten, dass Balduin das hermeneutische Werk des Flacius kannte. In Idea Dispositione Biblicarum verweist er explizit auf dessen Clavis Scripturae und hier auf das erste Kapitel des zweiten Teils De Ratione cognoscendi Sacras Literas. Vgl. Balduin: Idea, 98 und 100. Hier kommt deutlich die Wertschätzung zum Ausdruck, die Balduin für Flacius hegte: „Si qui verò accuratiorem Chronologiae Biblicae rationem desiderant, hi consulant prae caeteris Matthiam Flacium part. 2 Clavis Script. Tract. 1 de Ratione cognosc. S. Literas.“ 82  So etwa bei Theissen: Polyphones Verstehen, 2014, 31. Vgl. auch Wallmann: Die Eigenart der Straßburger, in: ders.: Theologie und Frömmigkeit, 1995, 87–104. In den beiden Werken Idea bon interpretis (1630) und Hermeneutica sacra sive methodus exponendarum sacrarum litterarum (1654) konnte er



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hermeneutischen Grundeinsichten für eine gute Auslegung – Unbestechlichkeit des Urteils, die Untersuchung des Vorangehenden und des Nachfolgenden (contextus), die Beachtung der Analogie, der Kernaussage (scopus) und der Zielsetzung des Textes, die Kenntnis des Sprachgebrauchs des Autors sowie die Berücksichtigung von Übersetzungsfehlern – finden sich bereits deutlich ausgeprägt bei den Wittenberger Theologen im frühen 17. Jahrhundert, bei Johann Gerhard und Wolfgang Franz, aber eben auch bei Balduin.83 Franz’ Tractatus Theologicus über die rechtmäßige Auslegung der Heiligen Schrift (De Interpretatione Sacrarum Scripturarum maxime legitima) wurde nach langwierigen, seit 1614 währenden Streitigkeiten erst 1619 bei Matthäus Selfisch in Wittenberg publiziert.84 Franz geht in seinem Werk von zwei Regeln aus, die Luther in der deutschen Fassung der Heiligen Schrift sowie in seinen Schriften gebraucht habe.85 Die erste Regel lautet, dass das Wort Gottes dem Verstand leicht zugänglich sei (verbum DEI tandem satis est facile intellectu diligentibus), so dass auch dem Einfältigen eine heilsbringende Erkenntnis keineswegs verschlossen bleibe.86 Die zweite Regel lautet, dass dem Geist der biblischen Bücher nichts hinzugefügt und nichts weggenommen werden dürfe (menti Scripturarum nihil est addendum, nihil detrahendum) und wendet sich gegen die römisch-katholische und die Auslegung „calvinischer“ (reformierter) Theologen.87 Diese zweite Regel schließt die Annahme ein, dass die Schrift mit der Schrift auszulegen sei. Der Ausleger müsse verständig (νουνεχως oder cum intellectu) aus allerdings bereits auf einige hermeneutische Werke der lutherischen Orthodoxie zurückgreifen und musste dabei weniger Neuland beschreiten. Vgl. Dannhauer: Idea Boni Interpretis, 1630; ders.: Hermeneutica Sacra, 1654. 83  Vgl. zu Johann Gerhard Steiger: Nachwort, 486–504. Während Franz, der „zweite der hermeneutischen Triumvirn der älteren Epoche“ (Dilthey), ein umfassendes Standardwerk zur Hermeneutik für den gelehrten Diskurs gelingt, wendet sich Balduin an Prediger und versucht, hermeneutische Einsichten methodisch umzusetzen. 84  Franz: Tractatus Theologicus De Interpretatione Sacrarum Scripturarum, 1619. Das VD 17 verzeichnet weitere Ausgaben der Jahre 1634, 1668 und 1693. Vgl. zu den Streitigkeiten im Vorfeld der Publikation auch die beiden Schreiben des Oberkonsistoriums in HStA Dresden, 10088, Oberkonsistorium, Loc. 2131: Bedencken an Ihre Churf. Durchl. de ao. 1610 biß anno 1638, 112r–118v. Dass Balduin in diesem Kontext eine Rolle gespielt hat, belegen diese Briefe unmittelbar (etwa 115v). Der Entstehungsprozess von Franz’ Tractatus wäre einer eigenen Untersuchung wert. Weil der Tractatus 1619 und damit nur wenige Jahre vor Balduins Publikationen Brevis Institutio (1621) und Idea Dispositionum Biblicarum (1622) erschien, sind die von Franz formulierten hermeneutischen Grundeinsichten im Folgenden kurz zu skizzieren. 85  Franz: Tractatus, 2. Erklärt werden diese Regeln im Vorwort, nachdem Franz mit der Erinnerung des Hieronymus im ersten Kapitel seines Galater-Kommentars, dass wir nicht glauben müssten, dass unter den Worten der Schriften das Evangelium sei, sondern im Sinn, im Mark, nicht nur unter den Blättern des Gesprächs, sondern in der Wurzel der Lehre, auf die Bedeutung der richtigen Schrifthermeneutik verwiesen hatte. 86 Franz fragt: Wenn das Wort der Schrift dem einfachen und redlichen Verstand nicht hinreichend verständlich wäre, welchen Sinn sollte dann das Wort haben? Wozu all die Anweisungen Christi, der Apostel und der Väter, was die Schrift sei und wozu sie nütze, wenn sie doch nicht verstanden werden könne? 87  Franz: Tractatus, 2–3 und 3–5. Während die römisch-katholischen Theologen der Schrift die Tradition gleichwertig beiordneten, würden die Reformierten Argumente der Vernunft auf die Schrift hin anwenden. Weil diese beiden Regeln  – wie für die Philosophie die zugrundegelegten Argumente für den Ausgang des Diskurses  – entscheidend für das Gelingen der Auslegung sind, bezeichnet Franz sie auch als Axiome oder Präsuppositionen der Auslegung.

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den Schriften argumentieren. Er könne dies schaffen, indem er den eigenen Sinn des Heiligen Geistes so durchsuche, erforsche und unterscheide, dass er in der Meditation der Worte den Kern unter der Schale finde und aufschließe.88 Es sei die Pflicht des Auslegers, dass er nicht einen Sinn an die Schrift herantrage, der ihr fremd sei, sondern den Sinn aus der Schrift selbst schöpfe89: Ergo iam stat illud fundamentum de Sacrae Scripturae interpretatione, nimirum sensum non esse Importandum in Scripturas, sed Exportandum ex Scripturis, adeò, ut nequaquam liceat nobis ullas humanas immiscere phantasias, ubi sensum Spiritus Sancti expromere iubet conscientia. Si non verbis, sed gladiis coerceret forsan Princeps petulantiam illorum, qui pro affectibus suis diplomata principalia torquere, et explicare auderent; quanto plus adulterum censebitur, impium proclamabitur, et sacrilegium divinitus vindicabitur, seu errore, seu affectu, seu furore divinas ita rotare Scripturas, ut intentione divina obnubiletur, cunfundatur, dissipetur, aboleatur.

Dies könne nur gelingen, wenn der Ausleger erstens die Sprachen beherrsche, derer sich der Heilige Geist bedient habe.90 Sodann habe der Ausleger den jeweiligen Kontext (contextus) der auszulegenden Perikope anzuschauen, das Vorausgehende (antecedentem) und Nachfolgende (consequentem) gleichsam in konzentrischer Bewegung von der Perikope aus in den Blick zu nehmen.91 Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass Franz einen weiten Begriff von Kontext definiert. Er bezeichnet mit Kontext nicht nur die unmittelbar vorausgehenden und nachfolgenden Verse, sondern auch die vorausgehenden und nachfolgenden Kapitel und anderen biblischen Bücher (Intertextualität). Neben dem gleichsam durch die Ordnung des Kanons bestimmten Begriff von Kontext definiert Franz einen weiteren, durch die Semantik der Perikope bestimmten Kontextbegriff.92 Balduin, der – seit 1616 professor primarius – an der Herausgabe des Tractatus beteilgt gewesen ist, kannte das Anliegen dieser Schrift. Balduin entfaltet in seiner Antrittsvorlesung aus dem Jahr 1605 neben dem Theologiebegriff auch die Grundlinien einer Hermeneutik. Einige verstreute Bemerkungen 88  Ebd., 6: „Ergo νουνεχως vult responderi Christus, nimirum ut in Scripturis et ex Scripturis rectè intelligas, quod vis respondere; hoc autem ut possis facere, necesse est, ut sensum ipsum Spiritus Sancti ita rimeris, scruteris, sicut naribus et odoratu canes vestigia venantur et discernunt, et tandem incident in feram, ut tu inter verborum meditationes tandem intra corticem invenias et aperies nucleum Spiritus Sancti.“ 89  Ebd., 7. 90 Dies ist schon deswegen notwendig, weil ein Wort etwa aus der hebräischen Sprache verschiedene Bedeutungen besitzt oder einzelne Buchstaben große Ähnlichkeit zueinander haben. 91  Franz: Tractatus, 8: „Responsionis certissimae loco secundo aliud dari nequit, nisi istud, quod non sufficiat, habere peritiam linguarum Spiritus Sancti, nisi accedat consideration accurate, sancta, et plusqvam saepius iterate consideratione (exempli gratiâ), integri versûs unius, integrorum versuum aliquot, tum versum istum, de cujus interpretatione genuine agitur, quàm proximè antecedentium, et quàm proximè consequenium, immò quandoque aliquot librorum antecedentium et consequentium, quin et tandem aliorum Biblicorum librorum, ubi similia oracular, similes tanquam paralleli textus, simila dogmata extant. Haec omnia et singula nominare mihi placet contextus, antecedentia et consequentia, praeposita et postposita, textum cum glossa, rubricam cum textu, parallelos locos, circumstantias, harmonias.“ 92 Franz verhehlt nicht, dass der usus der Kontexte (methodus) sehr aufwändig sei, werde doch häufig eine einzelne Vokabel in einem Brief des Paulus etwa mehrfach gebraucht. Vgl. Franz: Tractatus, 8.



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zur Hermeneutik finden sich daneben in seinen Kommentaren zum Corpus Paulinum sowie den Psalmen. Im Rahmen der Antrittsvorlesung untersucht der Wittenberger Theologe das Verhältnis von natürlicher und geoffenbarter Erkenntnis. Er stellt die Frage, wie die geoffenbarte, göttliche Weisheit (sapientia) in Anbetracht der Unwägbarkeiten der menschlichen Vernunft gelernt und gelehrt werden könne.93 Balduin argumentiert, dass auch Theologen eine Regel hätten, die sie befolgen müssten, nämlich diese, dass die höchste Autorität das Wort Gottes sei.94 Gleichwohl lanciert er vorsichtig die Frage, ob nicht doch eine gewisse Autorität der Vernunft in Hinsicht auf göttliche Mysterien bestehen könne. Diese sei so beschaffen, dass sie das Mysterium, das offenbart sei, doch nicht verstanden werden könne, wenigstens bestätige.95 Der Grundgedanke von Meisners epochemachendem Werk Philosophia Sobria findet sich hier bereits vorgeprägt. Balduin kritisiert, dass die These der Dunkelheit der Schrift in der römisch-katholischen Theologie dazu führe, nur den Inhalt der Theologie, nicht aber ihre Form aus der Schrift abzuleiten96: Praeterquam, quod scripturam obscuram, perplexam, truncatam, ceream, ac proinde non solitariam fidei normam esse clamant omnes, inaudies multos, quibus licet rationem fidei ex scriptura solidam dederis, oggannient tamen, in materia quidem fuisse responsum, nihil autem in formâ, qua phrasi qui saniores sunt, Syllogisticum rationis discursum intelligent; qui cum novitiis insaniunt, serpentinum qualiscunq[ue] argumentationis gyrum; quo veritas involvitur potius, quam explicatur; quasi verò mysteriorum divinorum certitudo, quae ex ipso verbo iam solidata est, aliquid roboris et valoris accipiat ex informi forma cerebrosae rationis.

Die Form der Schriftauslegung ist nicht die des logischen Syllogismus, sondern hat von der Sinnmitte der Schrift auszugehen. Nur der Gottesfürchtige wisse, dass dem Menschen und der ihm verfügbaren Vernunft in der Betrachtung der göttlichen Mysterien keineswegs ein ius coactivum zukomme.97 Balduin nennt Augustinus als Kronzeugen 93  Balduin: De Scrutinio, 4r–v: „Est autem inter alias quaestio non ignobilis, certè necessaria, quomodo res divinae sapientiae ab homine disce docueriuè debeant, cum aliae sapientum ακροασις certum habeant […] suarum fundamentum, Rationem humanam; cum qua quidquid consentit, recipiunt; à qua quidquid dissonat, repudiant.“ 94  Ebd., 4v: „Theologi suum quoq[ue] habent canonem et tantum non Mercurialem statuam, DOMINI verbum, cuius haud dubiè maior est authoritas, quam omnis ingenii capacitas: ut alicubi D. Augustinus loquitur: sed ingenii humani petulantiáne dicam an arrogantia, facit, ut non de nihilo quaeratur, num qua in mysteriis divinis humanae rationis relinquatur authoritas, quae homini in rebus fidei adsensum faciat, vel aliunde factum constabilit?“. 95  Ebd., 4v–5r. Die Antworten der Philosophie, der römisch-katholischen und der reformierten Theologen sind für Balduin unzureichend. Denn erstere verließen sich nur auf das verfinsterte Licht der menschlichen Vernunft und nähmen von ihr den Grund der Religion. Nicht umsonst, so Balduin, habe Cicero geschrieben, dass die Religion von den Menschen angenommen werden müsse; nicht ohne Grund klage Laktanz, dass zu viel Philosophie die Religion aufheben würde. Bei den römischkatholischen Theologen werde schlechterdings davon ausgegangen, dass die Heilige Schrift verworren und dunkel sei, mithin als alleinige Norm des Glaubens nicht dienen könne. 96  Ebd., 5r. 97 Ebd.: „Haec et similia faciunt, ut mens pia, quae scit hominem in consideratione rerum divinarum non debere esse brutum, neque tamen in rebus fidei in semetipso habere ius coactivum, diligenter inquirat: Utrum Ratio humana quatenus fidei opponitur, divina mysteria de promissionibus consilio et voluntate DEI, perscrutando in dubium vocare, et ambigua disputatione in utramque partem examinare possit aut debeat?“.

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der Auffassung, dass der Vernunftgebrauch nicht zum Zweifel an einem Lehrartikel oder sogar zur Bestätigung des Zweifels führen dürfe.98 Weil Weisheit (sapientia) nach Balduin stets aufgrund der Vernunft handelt, widmet er seine Ausführungen nicht den Gründen der göttlichen Mysterien, welche die Vernunft anzuführen weiß. Vielmehr handelt er über die Gründe, die dem Wort Gottes entnommen seien, nicht über die menschliche Vernunft also, sondern über die göttliche.99 Im Rahmen des Lehramtes habe es der Prediger mit zwei Arten von Menschen zu tun. Da gebe es die, welche die heiligen Dinge nicht kennten, aber lernen wollten, und da gebe es die, welche diese nicht kennten und auch nicht lernen wollten. Der Prediger könne die einen lehren, die anderen aber habe er anzuklagen.100 Entscheidend ist für Balduin, dass mit der Forderung, dass das Wort Gottes einfach und gemeinhin verständlich sei und nicht durch kunstvoll syllogistische Anordnung aufgezeigt werden müsse, ernst gemacht wird.101 Warum die römisch-katholischen Theologen scheitern, die zwar aus dem Wort Gottes, aber eben in der Form des kunstvollen Syllogismus argumentierten, ist für Balduin offensichtlich: Die Grundlage ihrer Auslegung erkenne die Sinnmitte der Heiligen Schrift – die prophetischen und apostolischen Bücher – nicht an. Ein solches Forschen der menschlichen Vernunft in den göttlichen Mysterien ist für Balduin daher billig aus den Theologenschulen zu vertreiben. Diese Grundlinien einer Hermeneutik des jungen Balduin erfahren nun im Rahmen der Kommentare zum Corpus Paulinum (seit 1611) weitere Differenzierung.102 Es wird erkennbar, auf welche Weise den hermeneutischen Einsichten methodische 98  Der Verfasser zitiert wörtlich aus dem vierten Kapitel (ratio et fides) von Augustinus’ Enchiridion ad Laurentium, das in der Ausgabe von Salomon Gesner (1604) nur ein Jahr vor Balduins Antrittsvorlesung (1605) in Wittenberg erschienen war. Es liegt nahe, dass Balduin diese Ausgabe benutzt hat. Vgl. Augustinus: Enchiridion, 5–6. 99  Balduin: De Scrutinio, 5v–6r: „Nam cum omnis sapientia ratione agat, et verò nihil homini tàm carum sit, quàm Ratio, nihil Rationi tàm inimicum, quàm in rebus praestantissimis negare Rationi Dominium: sciendum est principiò nihil hîc agi, de mysteriorum divinorum causa, quam Rationem nominare solent: nam et quae divina sunt et ex verbo Dei depromta, ratione suâ nituntur, licet non humanâ, sed divina Ratione, quam D. Apostolus demonstrationem Spiritus et virtutis nominat: neq[ue] etiam per omnia, de ratione sei mente hominis renati, quatenus Spiritui Sancto per verbum loquenti non resistit, sed obtemberat: haec enim pertinet ad armaturam militiae nostrae, quam Apostolus non carnalem, sed divinitus validam appellat; sed iudicio et adsensu humanae mentis sermo est […].“ 100  Beides hat aus dem Wort Gottes zu geschehen. Hier wird die enge Verbindung von Lehr- und Streitamt offenkundig. Zugleich macht Balduin deutlich, dass das „damnamus“ nicht leichtfertig ausgesprochen werde. Vgl. dazu ingesamt auch Balduin: De Anathematismus. Zum Gesamtzusammenhang vgl. die 1955 erschienene Studie Gensichen: Damnamus, die sich schwerpunktmäßig auf das 16. Jahrhundert konzentriert. 101  Dies beschreibt für Balduin die für seine Antrittsvorlesung titelgebende Formel rationis humanae scrutinium in divinis. Und dabei handele es sich um eine Übertretung der Zuständigkeitsbereiche der Philosophie in die Theologie. Vgl. Balduin: De Scrutinio, 6r–v. 102 Dabei hat Balduin seine Einsichten zur Hermeneutik durchaus in kontroverstheologischer Abgrenzung entfaltet. Musste doch das lutherische Schriftprinzip gegen die Einwände der römischkatholischen Theologen wie Robert Bellarmin – De verbo Dei scripto, et non scripto – einerseits positiv aufgrund des Schriftnachweises für die Verbalinspiration der Schrift, anderseits negativ aufgrund des Nachweises der Verderbtheit der menschlichen Vernunft als Erkenntnisgrund in Hinsicht auf das in der Schrift geoffenbarte christliche Mysterium der Menschwerdung Gottes, das alleine Medium menschlichen Heils sein könne, verteidigt werden. In dieser Hinsicht instruktiv ist Balduins 1626 erschienenes kontroverstheologisches Hauptwerk, Balduin: Phosphorus Veri Catholicismi, hier 670–734.



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Anweisungen entnommen werden. Um den Theologiestudenten die Kompetenz zu schriftgemäßer Exegese zu vermitteln, seien konkrete, „heruntergebrochene“ lehr- und lernbare Handlungsanweisungen unabdingbar. In der Vorrede zu seinem Römerbriefkommentar Catechesis Apostolica (1611) schreibt Balduin, dass die Schrift keineswegs dunkel oder unverständlich sei. Allenfalls könnten unseren Sinnen einzelne Stellen der Schrift dunkel erscheinen, die ohne Betrachtung des Kontextes, Kenntnis der Phrasen und des Paulinischen Stils sowie ohne Vergleich mit anderen Stellen der Schrift nur schwer zu begreifen seien. Es bedürfe daher höchster Sorgfalt im Urteilen, so dass nicht das Falsche anstelle des Wahren gesetzt und in den Text hineingetragen werde.103 Die Dunkelheit der Schrift sei mithin nur eine scheinbare und könne mittels angemessener Methode – Kontextualisierung, Phraseologie und Stillehre sowie Vergleich von Schriftstellen (in Hinsicht auf ihre Heilsrelevanz) – überwunden werden.104 Für ein rechtes Urteilen in der Auslegung seien vor allem vorgefasste Meinungen (praeconcepta opiniones) und das Studium von Neuerungen (studium novitatis) zu meiden. Denn wenn vorgefasste Meinungen (i. e. Dogmen) zum Ausgangspunkt der Auslegung gemacht würden, welche nicht den Quellen Israels105, sondern den Quellen der menschlichen Vernunft entspringen, werde die rechte Auslegung der Schrift gehindert. Der Sinn der Schrift müsse aus der Schrift selbst genommen, nicht in sie hereingetragen werden. Mit dem Aphorismus des Apostel Paulus, dass die Prophetie dem Glauben gemäß sei (Röm 12), könne diesem Fehler begegnet werden106: Sunt autem duo inprimis, quae docti etiam interpretis aciem hebetant, et iudicium in interpretando remorantur, nimirum praeconcepta opinione, et novitatis studium. Reperiuntur enim, qui interpretationis suae fundamentum ponunt dogmata, in quibus ipsi nati sunt vel educati, quae non ex fontibus Israelis, sed ex lacunis humanae rationis hauserunt ii, quorum institutione in juventute usi sunt. Ad ea deinceps interpretationem scripturae detorquent, cuius sensum non ex scriptura petunt, sed in eam inferunt, ordine plane prae postero, cum scripturae non ex dogmatibus, sed dogmata ex scripturis examinanda sint et explicanda. Proinde huic errori opponendus est Aphorismus Apostoli Rom. 12 Prophetia sit analoga fidei, hoc est, in interpretatione scripturae videndum non est, quid cum dogmate quodam praeconcepto conveniat, sed quid constans et perpetua scripturarum divinarum de unoquoque doctrinae coelestis capite symphonia patiatur.

103  Vgl. die dem Rat der Stadt Breslau gewidmete Vorrede zu Balduin: Catechesis Apostolica, 2v: „Etsi enim nihil hîc obscuri, luce sua lucent omnia, ita ut externo lumine non indigeant: quia tamen sensibus nostris nonnulla videntur obscuriora, quae sine consideratione contextus, sine cognitione phraseos, et styli Paulini, ut et absque collatione cum alijs scripturae locis intelligi commodè non possunt: Utique summae diligentiae et discretionis est, attendere, ne falsa pro veris, aliena pro genuinis in textuum intrudantur: qua ratione tandem fieri necesse esset, ut somnia humana pro oraculis divinis venditentur.“ 104  Vgl. auch Balduin: De Theologiae Photinianae consensus cum calviniana [Paul Rössel], III/ VI, 29v–30r: „Unde concludimus firmiter, ea quae in scripturis occurrunt […] contradictoria, verè contradictoria non esse, licet ex ratione nostra illa conciliare haut quaquam valeamus. Nam fidei ac Theologiae certitudo non dependet ex cognitione caussarum Philosophicarum, sed ex veritate immota dicentis ac revelantis, cui credere tenemur, eumque per seipsum cognoscere.“ 105  Es handelt sich dabei um eine Allusion auf die Wendung in der Konkordienformel. Gemeint sind die prophetischen und apostolischen Schriften. 106  Vgl. weiterhin die Vorrede zu Balduin: Catechesis Apostolica, 2v–3r.

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Der Exegese gebührt damit also eindeutig Vorrang vor der Dogmatik. Gleichwohl sei es viel sicherer (zumal für Theologiestudenten), bei der Auslegung der Schrift den Spuren der älteren und auch der neueren Exegeten zu folgen, als sich in privaten Spekulationen zu ergehen und sie den Alten (i. e. Kirchenvätern) entgegenzusetzen. Vielmehr sollte der Exeget auch diese Werke mit Urteilsvermögen (cum iudicium) betrachten: Lesen und prüfen, welche Argumente biblisch sind und nicht vom anerkannten Glauben der Kirche abweichen.107 In den Hypomnēmata Homiliarum (1612)  – aus der antiken Rhetorik übernommen dienten Hypomnēmata (abgelegte Erinnerungen) auch den Kirchenvätern als Medium der Sammlung, Ordnung und Rückschau – führt Balduin in diesem Zusammenhang das Diktum Luthers an, dass nicht alle Ausleger der Schrift rein seien, die dies von sich behaupteten.108 Der Umgang mit der Tradition erfordere weder bedingungslose Annahme derselben noch pauschale Ablehnung, sondern begründetes Urteilsvermögen. Das gelte im Übrigen auch für die Werke der Anhänger des Papstes und der „Calvinisten“.109 Auf welche Weise die Methode der Auslegung in Balduins Römerbriefkommentar geschieht, ergibt sich aus den genannten hermeneutischen Einsichten: Neben der kurzen Analyse des Briefes (Exegese) und dem wahrhaften Gebrauch in der (vornehmlich) kirchlichen Praxis erfolgt eine Prüfung der Lehrsätze in Fragen und Antworten, die sich aus der Auslegung und deren Anwendung ergeben (Dogmatik). Dabei ist sich Balduin bewusst, dass es durchaus verschiedene Methoden und Behandlungsweisen geben könne, wenn nur der Glaube einheitlich sei und die Lehrartikel dieses Glaubens inhaltlich übereinstimmten110: 107 Ebd., 4r–v: „Proinde veterum et recentiorum vestigia in interpretandis scripturis legere, multò tutiùs est, quàm speculationibus privatis indulgere, easque veterum sententiis anteponere. Quid enim iucundius, quam illam doctrinae con sanguinitatem intueri, quam habent Ecclesiae nostrae cum Prisca illa Patrum? inquit Tertullianus libr. de praescript. Quemadmodum autem utrumque in vitio est, iuxta Senecae verbum, et omnibus credere, et nulli: ita interpretum quoque opera cum iudicio utendum est, ne cujusquam verba iuremus, neque temerè, quae fortè rectè dicta sunt, reiiciamus. Meum enim iudicium est, inquit Hieronymus in epistola ad Miner. antiquos legere, probare singular, retinere quae bona sunt, et à fide Ecclesiae non deviare.“ 108 Vgl. Balduin: Hypomnēmata Homiliarum In Epistolas Dominicales Et Praecipuorum Festorum, 10r: „Non equidem ignoro, magno et gravi iudicio opus esse in seligendis scripturarum interpretibus: non enim omnes puri sunt, qui iam scribunt (ait Lutherus in praef. postil. Spangenb.) quilibet merces suas in tabernis vanum vult exponere, non ut Christum vel mysterium eius, sed PROPRIAS SPECULATIONES revelet, quibus sperat se Diabolos etiam conversurum, cum ne quidem museam adhuc converterit: […].“ 109 Vgl. Balduin: Catechesis Apostolica, 4v–5r: „Nolui dogmata eò afferre, sed ea inde addiscere: nolui novas opiniones vel explicationes textus excogitare, sed veterum laboribus eo in genere grata mente uti. Contuli recentiorum quoque commentaries, quos plerosque omnes non sine singulari Ecclesiae Christianae emolumento, eandem trivisse viam animadverti. Et quia nemo dubitat, quin haec Epistola quasi Catechesin quondam Christianam complectatur, ad quam, quae in Ecclesia public audiuntur dogmata, examinanda sint, & ex eadem vicissim, quae cum ορθοδοξια fidei pugnant, refutanda; adhibui simul Pontificiorum et Calvinianorum commentaries, inter quos eo tempore, cùm laborem hunc susciperem, facile primas tenebant Benedicti Pererij Esauitae disputationes, Davidis Paraei, doctoris Heidelbergensis praelectiones: quibus in plerisque laudem eruditionis equidem neque derogo neque invideo […].“ 110 Ebd., 5r–5v: „Monstravit itaque mihi par illud Adversariorum methodum mei commentarii. Nam cùm, praeter brevem Epistolae αναλυσιν et verum eius usum in praxi potissimum Ecclesiastica, vix quicquam tradere primùm cogitassem: fecerunt tandem istorum disputationibus, ut labor in minibus cresceret, siquidem operae pretium putavi, ut uná opera singular ac universa, quae isti contra fidei analogiam proposuerunt, unà cum aliis, quae ab Adversariis veritatis in hac Epistola in alienum



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Nam ut nihil dicam, quod pro varietate ingeniorum, interpretum quoque varietas delectet; varietas, inquam, methodi et tractationis, non fidei aut doctrinae; certum insuper est, quod unius libri Biblici interpretatione à multis instituta Ecclesiarum locis discrepantium harmonium ac consensum mirificè contestur.

Eine stärker kontroverstheologisch profilierte Fassung des Schriftverständnisses und der sich daraus ergebenden Hermeneutik entfaltet Balduin in seinem polemischen Hauptwerk Phosphorus veri Catholicismi (1626).111 Die hermeneutische Grundannahme der Präponderanz des Neuen Testaments vor dem Alten Testament und die Grundlegung der Theologie durch die Paulusbriefe, die nicht nur die wahre christliche Theologie, sondern auch den hermeneutischen Schlüssel ihrer Auslegung beinhalten, bilden den Rahmen der von Balduin gebotenen Ausführungen. Der Grundsatz, dass sich die Schrift selbst auslege, bedeute auch, dass die Glaubensartikel nur aus der mit den Paulusbriefen gegebenen Sinnmitte der Schrift eruiert werden könnten. Andere Erkenntnisquellen könnten demgegenüber zu einer Verfälschung des genuinen Schriftsinns führen. Balduin macht einmal mehr deutlich, dass die Auslegung willkürlich werde, wenn vorgefasste Meinungen (praeconcepta opiniones) an die Schrift herangetragen würden.112 Die dunkel und schwierig erscheinenden Passagen könnten nur durch den geoffenbarten hermeneutischen Schlüssel erhellt und verständlich gemacht werden. Wenn die Schrift so angelegt sei, dass prinzipiell wenigstens ihr ganzer heilsrelevanter Inhalt verstanden werden könne (alles andere wäre in Hinsicht auf die göttliche Vorsehung zumindest unwahrscheinlich), dann müsse sie auch Anweisungen enthalten, die ihr Verständnis möglich machten. Folglich seien Dissonanzen etwa eine Folge des (noch) fehlenden Verständnisses. Obschon Balduin in kontroverstheologischer Frontstellung konzediert, dass es auch dem Laien prinzipiell möglich sei, die Schrift zu verstehen, und es mithin erlaubt sein müsse, dass dieser die Schrift alleine auslege, so hält er doch ausdrücklich an dem professionalisierten Beruf des Theologen fest.113 Tatsächlich nämlich bestehe die Gefahr der falschen Auslegung sowohl bei sensum contorquentur; quaestionibus et responsionibus propositis examinarem, qua ratione veritati nostrae doctrinae Testimonium publicum praeberetur, et quae speciose nonunquam opponuntur, ex hac Catechesi Apostolica pro tenuitate mea redunderentur.“ 111  Es ist hier insbesondere auf das siebte Buch De vero Sensu Scripturae et Controversiarum decisione hinzuweisen. Vgl. Balduin: Phosphorus Veri Catholicismi, 1626. Das polemische Werk sollte der Widerlegung einer auf Ungarisch abgefassten und 1613 erstmals in Pressburg erschienenen Schrift des Péter Pázmány mit dem Titel Isteni Igazságra vezérlö kalauz [Führer zur göttlichen Wahrheit] dienen. Elisabeth Czobor (1572–1626) hatte angeregt, dass Pázmánys Schrift durch ihren Sohn Imre Thurzo (1598–1621) ins Lateinische übertragen und als Hodegi ad veritatem divinam ducentis an die Theologische Fakultät der Leucorea geschickt wurde. Die Fakultät hatte sodann einmütig beschlossen, sich gefällig zu erweisen, und Balduin die Aufgabe der Widerlegung übertragen. Vgl. Balduin: Phosphorus Veri Catholicismi, 1626. Vgl. auch den Brief Balduins an den Oberhofprediger vom 21. Februar 1625 in UB Gießen, Hs. 114, 62r–63r. Eine umfassende kirchen- und theologiegeschichtliche Einordnung des Werkes kann an dieser Stelle nicht erfolgen. 112  Ebd., 682. 113  Ebd., 675: „Laici doctorum suorum operâ in intelligendis scripturis utuntur, doctores autem non operâ laicorum: Laici in facilioribus potissimum occupantur, doctores in difficilioribus: Laici scripturae interpretationum ad sui suorumque privatum, doctores vero ad publicum Ecclesiae usum conferunt. Et laici et doctores non proprio arbitratu, aut interno spiritus sui instinctu, sed iuxta normam ipsius scripturae interpretationis instituunt, examinant, et applicant.“ Weitere Belege finden sich auf den S. 677 und 678. Hier schreibt Balduin, dass Frauen die Übernahme eines öffentlichen

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dem professionellen, akademisch gebildeten Theologen als auch bei dem die Schrift auslegenden Laien. Dem Laien soll nach Balduin nur das Recht der öffentlichen Darbietung seiner Auslegung untersagt bleiben, damit keine Gefahr für Staat und Kirche daraus entsteht. Dem ordentlich berufenen und ordinierten Theologen soll dieses Recht vorbehalten bleiben, obgleich auch bei ihm die Frage des Gelingens, das Empfangen der unveräußerlichen Gnade Gottes anheimgestellt wird. Balduin gibt nun dem professionellen Theologen exegetische Anweisungen an die Hand, die ihm helfen sollen, eine schriftgemäße Exegese aus- und vorzuführen.114 Erstens empfiehlt er schwierigere (obscurioribus) mit verständlicheren (apertioribus) Perikopen in Beziehung zu setzen, zweitens, Ziel (scopus) und Aussageabsicht (intentio) des Schreibers sowie Kohärenz des Textes zu untersuchen, drittens, die Handlungsfolge (das Vorhergehende und das Nachfolgende) zu betrachten und hieraus den Sinn zu schöpfen versuchen, viertens, den Text in Originalsprache (inspiciendi sunt fontes) zu lesen, fünftens, Konvergenz zwischen ähnlichen oder vergleichbaren Stellen herzustellen (conferenda sunt loca similia), und sechstens, auf Distinktionen der Begriffe und Aussprache der Worte Acht zu haben. Hier wird die Heilige Schrift sinnbildlich als Apotheke des Heiligen Geistes bezeichnet, die alles zur seelischen Gesundheit Erforderliche enthalte. Generell solle die Schriftauslegung anhand der Glaubensnorm (analogia fidei) erfolgen. Balduin zeigt in seinem Galaterbriefkommentar Epitome Doctrinae Apostolicae (1622) in Bezugnahme auf Gal 4,21–30, auf welche Weise Paulus die hermeneutische Grundunterscheidung von Gesetz und Evangelium den Bibelstellen 1. Mose 16,15 und 21,2 entnommen habe: Wie viele Völker in der Welt seien, die den einen Gott, Vater und Herrn im Himmel erkennten und doch alle diese Menschen sich in zwei Arten unterteilten, von denen eine aus dem Gesetz, die andere aber aus dem Evangelium Gerechtigkeit ersuchte, so habe Abraham zwei Söhne oder zwei Arten von Söhnen gehabt, von denen einer dem Fleische, der andere der Verheißung gemäß geboren sei.115 An diesem Beispiel macht Balduin deutlich, dass die Schrift selbst die zu ihrem kirchlichen Lehramtes zwar nicht gestattet sei, sie aber gleichwohl privat in der Schrift lesen und ihre Familien unterrichten könnten. 114  Ebd., 698: „Quod si obscuriora quaedam apparent, explicare ea discamus per textus clariores. Nam sacrae literae in obscurioribus locis quasi cibus sunt, qui exponendo frangitur, et manducando glutitur; in locis autem apertioribus quasi potus, qui ita sorbetur, sicut invenitur, inquit Gregorius Magnus. Consideretur scopus et intentio sacri scriptoris, nam intelligentio dictorum est ex causa sumenda dicentis, inquit Hilarius. Totius contextus oeconomia atque serie inspiciatur, ut monet Augustinus: nam, Hieronymi iudicio, ex antecedentibus et consequentibus colligitur omnis scripturae sensus. Et interdum una vox, aut phrasis intellecta lucem afferat toti textui, inspiciendi sunt fontes, hoc est, Hebraeus et graecus textus, diligenter ponderentur verba et phrases scripturae, inquit Hieronymus, quem habeant sensum, et quomodo aliis in locis scripturae usurpentur. […] Quod si vocabulum aliquod sit polusηmon, dispiciendum est ex loci circumstantia, quae significatio sit accomodatior. Nam Augustino teste, verba Evangelica secum portant expositiones suas. Conferenda sunt inter se loca similia, et ex collatione et convenientia de sensu statuendum, ut Augustinus suadet. Expositio fiat ex regula Ecclesiastica, ut Clemens Alexandrinus monuit, vel ut cum Paulo nostro loquar, iuxta analogiam fidei. Vetus Testamentum cum Novo diligenter conferatur, quae res multis dictis magnam affert lucem. Non negligantur distinctiones, et pronunciations verborum.“ 115  Balduin: Epitome Doctrinae Apostolicae, 242–243: „Etsi multae nationes sunt in mundo, quae omnes unum agnoscunt Deum, Patrem ac Dominum in coelo: tamen tota multitudo hominum distinguitur in duas classes, quarum una ex lege, altera ex Evangelio quaerit iustitiam, quemadmodum



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Verstehen hinreichenden Rezeptionsanweisungen enthalte. Die hermeneutische Grundunterscheidung zwischen Gesetz und Evangelium bildet dabei das Kernstück. Folgerichtig befasst sich Balduin im anschließenden Aphorismus mit der Schrift selbst. Sie ist ihm alleinige Richtschnur in den Streitigkeiten des Glaubens, weil der Apostel Paulus dies insinuiert habe, wenn er in Gal 4,22 – und nicht nur dort – aus Genesis heraus die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium prüfe.116 Balduin weist zudem auf den praktischen Nutzen dieses Schriftverständnisses hin: Nur so habe die Rede von göttlichen Dingen eine gewisse sowie feststehende Grundlage und könne nicht mit Leichtigkeit zurückgewiesen werden.117 Bemerkenswert ist, wie direkt Balduin den Vorrang der Schrift im Vollzug der Exegese postuliert: Diejenige Auslegung der Schrift sei von allen die beste, die dem Text selbst genüge und nicht willkürlich einen beliebigen Lehrartikel generiere. Die Lehre der Verbalinspiration wird zwar nicht explizit formuliert, die inhaltlichen Grundlagen aber scheinen bereits gelegt: Es sei gewiss, schreibt Balduin weiter, dass der Sinn, der dem Wort unmittelbar entnommen wurde, auch vom Heiligen Geist selbst intendiert sei (2. Petr 1,12).118 Gleichwohl wird der allegorischen Auslegung ein Platz eingeräumt. Dabei sei allerdings zwischen menschlicher und göttlicher Allegorie zu unterscheiden: Jene sei vom Menschen erdacht, diese aber gehe aus dem Heiligen Geist selbst hervor – und dergestalt sei die Allegorie des Paulus aus der soeben skizzierten Geschichte von den Söhnen Abrahams. Nur die göttliche Allegorese, so Balduin, könne dazu dienen, einen Lehrartikel zu prüfen. Von der menschlichen Allegorese seien vier Aspekte zu beachten. Erstens befänden sie sich nicht an jedem beliebigen Ort der Schrift, zweitens seien sie nicht an von sich aus verständlichen (evidenten) Stellen zu suchen, drittens brächten sie in der Dogmatik (sic) nicht eben feste Gewissheit hervor, sondern reichten nur als Ornament hin, viertens müssten sie schlicht und dem Glauben gemäß sein (der durch das lebendige und recht ausgelegte Wort recht wirke und damit gleichsam den empirischen Nachweis liefere).119 Die in der Antrittsvorlesung (1605) entfalteten und in den Kommentaren zum Corpus Paulinum (seit 1611) differenzierten Grundlinien der Hermeneutik erfahren im Rahmen der exegetischen Praxis wesentliche Konkretisierungen. Die Eigentümlichkeiten der Psalmenauslegung etwa thematisiert Balduin in der Vorrede seines ersten, in Wittenberg publizierten Kommentars zu den Bußpsalmen, Psalmi Davidis Quos Abraham duos habuit filios v. 22. seu duo genera filiorum, unus erat secundum carnem natus, alter secundum promissionem.“ 116  Ebd., 243: „Scriptura est unica norma controversiarum fidei: ad hanc enim etiam Apostoli provocant, et inprimis Paulus noster, qui v. 22. ex Genesi probat discrimen Legis et Evangelii: sic alibi de passione, morte ac resurectione Christi loquitur iuxta Scripturas 1. Cor. 15,1 et Ephesi Iudeos convincebat publicè, ostendens per Scripturas, Christum esse Iesum Actor. 18,28.“ 117  Ebd.: „Imitemur et nos hunc morem Apostoli, et sermones de rebus divinis scripturis condiamus, nam quod in iis non habet fundamentum, eadem facilitate reicitur, quâ adfertur.“ Und dies, obgleich das lutherisch-orthodoxe Schriftverständnis für sich genommen eine  – von Balduin apodiktisch vorgetragene – Selbstevidenz postuliert. 118  Ebd., 244: „Interpretatio Scripturae omnium optima est, quam ipsa litera suppeditat, nisi forte impingat in aliquem fidei articulum. Certum enim est, sensum illum, qui ex verbis immediatè colligitur, esse intentum à Spiritu Sancto, ideò Scriptura non privata interpretationis esse dicitur, quippe quae non voluntate humana allata, sed Spiritu Sancto inspirata est 2. Petri 1,12.“ 119 Ebd.

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Poenitentiales vocant (1609).120 In ausdrücklicher Bezugnahme auf die in der altkirchlichen Tradition Athanasius zugeschriebene Synopsis scripturae sacrae bezeichnet Balduin das Psalterium als einen Garten, in dem Gewächse aller Art entdeckt werden könnten.121 Was in den biblischen Büchern verstreut sei, versammele das Psalterium gleichsam in einer Hand. Dies sei der Grund, so Balduin, dass die Psalmen Davids bereits in den urchristlichen Gemeinden  – allen voran in Antiochien (wie Theodoret überliefere) – gesungen worden seien. Umso erfreulicher ist es für Balduin, dass der Brauch, Psalmen in der Kirche zu singen, gegenwärtig wieder aufkomme. Das Psalterium könne Anleitung zu einer besonders tiefen Gotteserfahrung sein: Werde die geistliche Lieblichkeit dieses Gartens dem frommen Gemüt mehr und mehr vertraut, erkenne es, dass das Psalterium bündele, was der Kanon nur abseitig biete: Dass nämlich Gott entweder mit uns oder wir mit Gott handelten.122 In den Bußpsalmen könne das höchste Gut  – Sündenvergebung, Heil und ewiges Leben  – erfahren werden. Nur wahre Buße, die in ernsthafter Erkenntnis der eigenen Sündhaftigkeit, wahrer Betrübnis des Herzens, Bekenntnis und treuer Ergriffenheit durch das göttliche Leiden bestehe, vermöge eine Aufhebung der Sündenherrschaft zu wirken.123 Kaum ein anderes Buch der Heiligen Schrift leite zu frommer Umkehr so vorzüglich an wie das Psalterium Davids. Balduin vergleicht die Wirkung der Bußpsalmen unter Bezugnahme auf eine Homilie des Chrysostomos zu Psalm 51 mit derjenigen eines Malers: Der Maler bilde die Natur kunstvoll nach.124 Er vermische Farben und male 120  Vgl. für die dem Rat der Stadt Dresden gewidmete Vorrede Balduin: Psalmi Davidis, 2r–7r. Es ist bemerkenswert, dass sich Balduin hier gerade nicht auf Luther beruft, der in Wittenberg seit 1513 über das Psalterium gelesen und einen entsprechenden Kommentar in den Druck gegeben hatte – umsomehr, weil Luther dort wichtige hermeneutische Einsichten formuliert hatte, die er in Erinnerung hätte rufen können. Vgl. zur Hermeneutik Luthers grundlegend Ebeling: Evangelische Evangelienauslegung, 1942 (ND 1962) sowie Beutel: In dem Anfang war das Wort, 1991. Auch die neueren Kommentare über das Psalterium, die von den Vertretern der lutherischen Orthodoxie verfasst worden waren, finden keine Beachtung – Balduins Lehrer Salomon Gesner hatte nicht einmal ganz fünf Jahre zuvor einen Kommentar über das Psalterium in den Druck gegeben. Vgl. Gesner: Commentationes In Psalmos Davidis, 1605. 121  Vgl. die Vorrede zu Balduin: Psalmi Davidis, 3v: „[…] apud Athanasius, qui psalterium Davidis Paradisum nominavit, in quo reperiantur omnis generis ligna. Nam quod in caeteris libris Biblicis sparsim habetur, hoc Psalmorum liber unâ quasi manu conjunctim exhibet, tantum abest, ut humanas et nescio quas, seculares cantiunculas, nedum imprecationes in Christianos complectatur […].“ 122 Ebd., 3v–4 r: „Ut a.amoenitas spiritualis huius paradisi pio animo magis magisq[ue] innotescat, cogitet saltem in psalterio Davidis simul fieri, quod in universe scripturarum codice seorsim observatum fuit, nimirum quod vel Deus nobiscum, vel nos cum Deo agimus. Deus autem nobiscum agit vel per instructionem, hinc Psalmi oriuntur διδακτικον; vel per consolationem, hinc sunt […]; vel per exhortationem […] vel per praedicationem, hinc προφητικοι; vel denique per commemorationem rerum praeteritarum […]. Nos vicissim cum Deo agimus vel per precationem, hinc Psalmi […], vel per gratiarum actionem […].“ Gott handelt mit uns durch Anweisung, Trost, Ermahnung, Vorhersage und Erinnerung. Wir aber handeln mit Gott im Gebet oder durch Danksagungen. 123  Ebd., 4v: „[…] dominium verò peccati tollitur per veram poenitentiam, quae in seriâ peccatorum agnitione, verâ pectoris contritione, ingenua confessione, et fideli misericordiae divinae apprehensione consistit: cuius rei specimen ediderunt multi sancti in scriptura, nemo autem tam luculentum tamq[ue] eximium, quam David noster: de quo verè refert Chrysostomus, quod peccati sui perpetuò meminerit, virtutis nunquam, nisi compulsus necessitate. Is igitur insignem nobis aperuit scholam poenitentiae in Psalmis illis septem, qui vulgo, ab argumento POENITENTIALES appellantur.“ 124  Ebd. 5v: „Verè hoc est illustre speculum, in quo pia mens, cui aeterna felicitatis desiderium curae cordiq[ue] est, exsatiari nunquam poterit. Chrysostomus [In praefat. Psalm. 51] totum hoc



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sichtbare Abbilder von Körpern, von Menschen, Tieren, Pflanzen und allen sichtbaren Dingen. So wie der Maler sichtbare Dinge nachbilde, so bildeten auch die Propheten Dinge nach. Die Propheten seien Maler der Tugend und Kriegskunst: Sie beschrieben Sünder und Gerechte. Die Bußpsalmen enthielten ein wahres und lebendiges Bild des Sünders, des Ringenden sowie auch des Gereinigten.125 Damit hat Balduin die Eigentümlichkeiten der Hermeneutik der Psalmenauslegung benannt: Das Psalterium ist ein Kompendium der biblischen Bücher. Vorzüglich lässt es erkennen, dass und wie Gott mit dem Menschen und der Mensch mit Gott handelt. Dabei bieten die Bußpsalmen Gelegenheit zu tieferer geistlicher Erfahrung der eigenen Sündhaftigkeit, des Ringens mit sich selbst und mit Gott sowie der Hoffnung auf Sündenvergebung. Im Prolegomenon macht Balduin zudem deutlich, dass das Psalterium göttliche Prophetie enthalte und auf Geburt und Tod, Herrschaft und Königtum, Geschichte und Leiden Christi hinweise sowie Gebetsanweisung und Trostzuspruch bereitstelle, ein Kompendium künftiger Glückseligkeit, gleichsam ein Register der Schrift und Vollendung der Theologie sei.126 Künftige Glückseligkeit bestehe in der Erkenntnis Christi und der Erkenntnis des eigenen Selbst. Erkenntnis Christi könne anhand der Weissagungen der Psalmen erfolgen, die Wesen, Person, Natur, Amt, Herrschaft, Leiden, Tod und Auferstehung voraussagten.127 Aufgrund dieser Funktion trügen sie den Kern aller theologischen Weisheit (sapientiae theologicae) in sich: Sie führten den Menschen zunächst in sich selbst hinein, so dass er seine verderbte Natur erkennen und in schlafloser Nacht und an rastlosem Tag beklagen lerne. Sodann führten sie den Menschen, in dem selbst keine Hoffnung der Abhilfe, keine Medizin sei, aus sich heraus zum Erbarmen Gottes und zu Christus, in welchem Versöhnung, Leben und Heil sei, wie es in Psalm 130 geschrieben stehe.128 Warum eine Auslegung der negocium praeclara similitudine proposuit: Pictores, inquit, imitantur arte naturam, et colores coloribus permiscentes, visibiles corporum depingunt imagines, et faciunt homines et animalia, et arbores, et reges, et rusticos, et barbarous, et pugnas, et rixas, torrents sanguinum et lanceas, et loricas et scuta, et sedem regale, et Imperatorem sedentem, et barbarum subditum, et gladium acutum, et fluvios decurrentes, et campos variis floribus adornatos, et omnia, quae videntur, per artem imitantes, mirabilem historiam videntibus praestant. Sic et Prophetae velut quidam pictores sunt virtutes ac militia. Describunt denim et illi peccatorem, justum, poenitentem, stantem, cadentem, surgentem, titubantem: et sicut faciunt pictores occidentes et occisos: sic et Prophetae faciunt, aliquando quidem insurgentia peccata […].“ 125  Ebd., 5r–v: „Hi enim veram et vivam peccatoris iam cadentis, iam luctantis, iam resurgentis imaginem continent, unde et idem Chrysostomus primarium inter illos Psalmum, in ordine quiquagesimum primum imaginem appellavit.“ 126 Ebd., 1–2: „Habemus in Psalmis Christi ortum et mortem, regnum et regalia: habemus hominum actiones et passiones: habemus precum formulas in rebus secundis, solatia in adversis, et, ut verbo complectar omnia, compendium verae felicitatis consequendae. Constitit autem omnis nostra felicitas tàm in agnitione Christi, quam in agnitione nostri.“ Balduin verweist dazu auf Augustinus’ Vorrede zu seinem Psalmenkommentar. 127  Ebd., 2. Der Mensch selbst werde aus den übrigen Psalmen erkannt, die das Leben des Menschen entweder anleiten oder aber korrigieren wollten. Balduin nennt erstere prophetische (prophetici), letztere aber isagogische (isagogici), wobei die Bußpsalmen zu den isagogischen zu rechnen seien. 128  Ebd., 5–6: „Hi ergo Psalmi verè succum et sanguinem continent omnis sapientia Theologicae, quin et omnis felicitates humanae: Deducunt hominem primum in semetipsum, ut saniem vitiatae naturae agnoscere, et deplorare discat insomnia nocte, et irrequieta die. Abducunt deinde hominem à semetipso, in quo nulla spes remedii, nulla medicina est, ad misericordiam Dei, et Christum, apud quem multa propitiation, vita atque salus est, Ps. 130.“ Deshalb nenne Gregor von Nyssa das Buch

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Psalmen, die doch für Balduin (wie bereits für Luther) an den wesentlichen (heilsbezogenen) Stellen klar und verständlich waren, gleichwohl geboten sei, erklärt Balduin am Ende des Prolegomenon mit philologischen Argumenten: Weil der Sinn wegen der Kürze der heiligen Sprache, der Feinheit des prophetischen Stils, dem kunstvollen Unterschied der Worte und Wortverbindungen dem Leser nicht sofort offen stehe, gelte es, diesen in der Analyse dem Leser aufzuschließen.129 In der Vorrede zu den Predigten über die Psalmi Graduum (1608), die Balduin in der Wittenberger Schlosskirche gehalten hat, verweist er, anders als in dem Kommentar zu den Bußpsalmen, stärker auf Luther.130 Der Grundtenor in der Predigtsammlung ist dem Kommentar ähnlich, aber durchaus volkstümlicher gehalten: Das Buch der Psalmen sei gleichsam eine kleine Bibel, darin dem Christen zu Lehre und Leben Nützliches vorgelegt werde, zumal wenn nicht nur das Wissen um die heilsame Lehre, sondern das tägliche Praktizieren gefordert sei. Die 15 Psalme, die seit Augustinus Psalmi Graduum genannt würden, seien zwar kurz, doch dergestalt verfasst, dass ein jeder eine besondere Lehre in sich begreife. Balduin sieht in den Psalmen „herrliche, geistreiche Lehren, gleichsam in kurtze Aphorismos verfasset“.131 Für den für die Psalmen wesentlichen Praxisbezug beruft sich Balduin auf den Psalmenkommentar Luthers: Sie dienten der Erbauung des Christentums und zur Beförderung der ewigen Seligkeit. Die Tatsache, dass sich Balduin in dem Kommentar zu den Bußpsalmen nur an wenigen Stellen ausdrücklich auf Luther bezieht, mag darauf zurückzuführen sein, dass Balduin – und mit ihm die Theologen der lutherischen Orthodoxie überhaupt – in hohem Maß daran interessiert waren, die Wahrheit ihrer Theologie aus der Schrift zu erweisen und diese Wahrheit mit Zeugnissen der Alten Kirche zu bestätigen, weil Luther selbst und damit auch die explizite Bezugnahme auf Luther noch immer dem Verdacht der Neuerung ausgesetzt schien.

1.3. Methode Auch Balduin gehört zu den Theologen der Zeit der lutherischen Orthodoxie, welche die „neue“ Theologie (i. S. einer habituellen Bestimmung) und deren Methode (weg der Psalmen einen „Begleiter des menschlichen Lebens“. Balduin betont, dass die Bußpsalmen nichts anderes seien als eine Schule der Buße. Vgl. ebd., 7–8: „Nam, cum Chrysostomi peccatum res gravis sit et onerosa, et plumbo omni onerosior, quo deprimuntur hi, qui peccatorum onera cumulant, et isti, qui quidem agnoscunt, sed nullam spem veniae concipere possunt. Utrobique succurrunt hi Psalmi, ostendentes, quomodo peccata agnoscenda sint, ne securitate opprimamur, et quomodo venia impetrandae, ne sub gravitate tanti oneris succumbamus. Ita Psalmi hi nihil aliud sunt, quam schola poenitentiae, in qua qui probè exercitatus est, is demum benè beateque se vixisse glorietur. Quapropter horum Psalmorum frequens meditatione, apprimè necessaria est, et utilis.“ 129  Ebd., 8–9: „Quia verò horum Psalmorum sententia ob concisam linguae sanctae brevitatem, styli prophetici subtilitatem, et figuratam verborum ac phrasium varietatem non statim primò lectori sit obvia, operae precium facturi sumus, si quo ad ejus fieri potest, dilucidam unius cujusq[ue] αναλυσιν instituamus, rerum momenta ponderemus, et ad usum nostrum transferamus […].“ 130  Vgl. die dem Rat der Stadt Wittenberg gewidmete Vorrede zu Balduin: Psalmi Graduum, 2r–4v. 131 Ebd. Aphorismen sind nach damaligem Sprachgebrauch (kurze) Leitsätze. Vgl. etwa den Gebrauch des Begriffs bei Johann Gerhard oder später Johann Benedict Carpzov, der den Begriff im Rahmen seiner Homiletik – dem Hodegeticum – gebraucht.



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von der Melanchthonischen Loci- und hin zur analytischen Methode) vorbereitet haben, ohne die „alte“ ganz zu verlassen.132 Gleichwohl ist nicht davon auszugehen, dass das Fortwirken der Melanchthonischen Loci-Methode durch die Rezeption der analytischen Methode gänzlich verdrängt worden ist.133 Die Transformation des Theologiebegriffs und die entsprechenden Auswirkungen auf die theologische Hermeneutik haben allerdings Einfluss auf die konkrete Methodik und – damit verbunden  – auf Form und Aufbau der Exegese gehabt.134 Weil die Ordnung (ordo) der Schrift das Zentrum der exgetischen Methodik nach Balduin bildet, sollen im Folgenden Form und Aufbau der Auslegung in ihrer historischen Entwicklung bei Balduin rekonstruiert werden. Dazu werden die aus privat veranstalteten exegetischen Disputationen hervorgegangene Analysis Epistolae Ad Hebraeos (1608), der Kommentar In Tres postremos prophetas (1610) und sodann die zwischen 1611 und 1623 publizierten Kommentarwerke zum Corpus Paulinum herangezogen.135 Form und Aufbau der Exegese bleiben in den mehr als zwei Jahrzehnten, in welchen sie von Balduin als Pfarrer an der Stadtkirche und Professor an der Leucorea angewandt worden sind, in ihren Grundzügen gleich. Dennoch lassen sich wichtige kleinere Akzentverschiebungen durchaus bemerken. Im Jahr der Übernahme der neuen, mit dem Stadtpfarramt verbundenen Professur (1608) veranstaltete Balduin ein privates theologisches Kollegium zur Auslegung des Hebräerbriefs.136 Damit machte Balduin deutlich, dass er mit der Übernahme der neuen Professur den Schwerpunkt seiner akademischen Tätigkeit nunmehr auf die Auslegung des Neuen Testaments zu verlegen gedachte.137 Im Rahmen des privaten Kollegiums sollte die Auslegung (analysis) des gesamten Hebräerbriefs anhand der 132  Wie bei Johann Gerhard so ist auch Balduins Theologiebegriff – wie oben gezeigt werden konnte – selbst noch im Kontext der Bewahrung des Erbes Luthers und Melanchthons zu verstehen, denn der bei ihm gebotene Praxisbezug aller theologischen Wissenschaften ist dezidiert biblisch begründet. Gerhard habe die analytische Methode zwar gekannt und geschätzt, sich aber dennoch nicht zu eigen gemacht, so Wallmann. Vgl. insgesamt Wallmann: Theologiebegriff. Es ist hier darauf hinzuweisen, dass die in dem Versuch der Bewahrung des reformatorischen Erbes erfolgte Aneignung explizit auch Melanchthons – und zwar des wahren Melanchthons der ungeänderten Augsburgischen Konfession – betrifft. Vgl. speziell zur analytischen Methode Weber: Analytische Methode. 133 Sie hat auch in der lutherischen Orthodoxie  – im Rahmen eines kritischen Aneignungsprozesses – fortgewirkt. Zu nennen wäre hier Hutter: Loci Communes Theologici. Untersuchungen dazu liegen bisher nicht vor. 134  Den einzelnen Methodenschritten der Exegese ist im Rahmen der Betrachtung der beiden Werke Idea Dispositionum Biblicarum (1622) und der Brevis Institutio Ministrorum verbi (1621) detaillierter nachzuspüren. 135  Allesamt wiederabgedruckt im Rahmen der von Johannes Olearius besorgten Gesamtausgabe von 1654. Vgl. Balduin: Commentarius In Omnes Epistolas Beati Apostoli Pauli, 1655. 136 Das private theologische Kollegium über den Hebräerbrief umfasste insgesamt 15 Disputationen und wurde noch in diesem Jahr unter dem Titel Analysis Epistolae ad Hebraeos publiziert. Vgl. Balduin: Analysis Epistolae Ad Hebraeos, 1608. 137  Das war nicht ungewöhnlich. Zwar war – wie oben gezeigt – nicht klar geregelt, welcher Professor welche der vorgeschriebenen Lehrinhalte behandeln sollte, doch hat sich in der akademischen Praxis eine mehr oder weniger feste Verteilung der Lehrinhalte untereinander herausgebildet. Ziel eines jeden Seniors dürfte gewesen sein, die mit dem Stadtpfarramt verbundene Professur zu erlangen, da diese am besten besoldet war. Mit der Zeit hatte es sich so ergeben, dass die mit dem Stadtpfarramt verbundene Professur bisweilen die des professor primarius war. Dieser las – auch das hatte sich im Laufe der Zeit so ergeben – über das Neue Testament und schwerpunktmäßig über die Paulinischen Briefe.

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Anordnung des Textes (dispositio textus) und in Hinsicht auf die wichigsten Glaubensartikel (praecipuorum articulorum fidei brevem et perspicuam diexodon) geleistet werden.138 Die Auslegung sollte mithin auf Grundlage der im Text vorzufindenden Ordnung, die Anwendung der Auslegung in Hinsicht auf die wesentlichen Glaubensartikel durchgeführt werden. Die Richtung ist klar benannt: Am Anfang steht die Exegese und erst dann folgt die Dogmatik. In der methodischen Vorbemerkung (protheoria) nennt Balduin das „Handwerkszeug“: Bei der Auslegung eines Textes ist stets die Autorität (auctoritas), der Nutzen (utilitas) und der Inhalt (argumentum) sowie die Einteilung (partitio) zu erörtern.139 Um zu zeigen, was mit diesen vier Schritten im Einzelnen gemeint ist, sind die Thesen der systematischen Vorbemerkung etwas näher zu betrachten. Die Frage nach der Autorität nimmt dabei den größten Raum ein (40 Thesen).140 Gegen die Einwände römisch-katholischer Theologen ist für Balduin die Verfasserschaft des Paulus zu verneinen. Zugleich muss an der dennoch vorhandenen Autorität des Hebräerbriefs festgehalten und diese verteidigt werden.141 Die übrigen Aspekte der protheoria  – Nutzen (sechs Thesen), Inhalt (vier Thesen) und Einteilung (vier Thesen) – nehmen dagegen weitaus weniger Raum ein. Den Nutzen des Hebräerbriefs begründet Balduin mit dem Hinweis auf die Verbalinspiration, die durch nachstehende Merkmale bewiesen sei142:

138  Das zeigt bereits der Untertitel an. Die teilnehmenden 13 Theologiestudenten, von welchen die meisten bereits den Magistergrad erworben hatten, disputierten reihum aus den einzelnen Kapiteln des Hebräerbriefs zu bestimmten enthaltenen Lehrartikeln. Unter ihnen waren auch die späteren Professoren der Theologischen Fakultät Meisner und Nicolaus Hunnius. 139  Balduin: Analysis [Heinrich J. Strubius], 6r: „Vestibulum huius nostrae αναλυσεως quatuor inprimis continebit, quae in quolibet scripto Biblico consideratione digna sunt. 1.  Autoritatem. 2. Utilitatem. 3. Argumentum. 4. et partitionem hujus Epistolae: de quibus singulis aliqua προλεγομενων loco praemittimus.“ 140  Es ist nicht mit Sicherheit zu sagen, welche rhetorisch-exegetische Vorlage Balduin verwendet bzw. aus welchen exegetischen Traditionen der noch jungen lutherischen Orthodoxie er geschöpft hat. Naheliegend ist, dass er den Hebräerbriefkommentar seines Lehrers Hunnius, der 1608 in Wittenberg wiederaufgelegt worden war, herangezogen hat. Hier lassen sich zumindest begriffliche Bezüge erkennen. Vgl. Hunnius: Exegesis Epistolae Ad Hebraeos, 1608. 141  Balduin legt exemplarisch für den römisch-katholischen Standpunkt die Thesen des Jesuiten und Kardinals Robert Bellarmin zugrunde, mit dessen Werk er sich bereits in Disputationen und Streitschriften eingehend auseinandergesetzt hat. Balduin führt drei Argumente gegen die Verfasserschaft Paulus’ an, die er als Argumente der Alten Kirche ausweist: Erstens, dass Paulus den von ihm geschriebenen Briefen jeweils seinen Namen vorausschicke, was bei dem Brief an die Hebräer nicht der Fall sei (These VII.), zweitens, dass der Verfasser des Briefes an die Hebräer sich als Schüler der Apostel zu erkennen gebe, die ihn bestätigt hätten (These X.), und drittens, dass sich sein Stil von dem des Apostels unterscheide (These XIII.). Diese werden jeweils ausführlich im Spiegel des römisch-katholischen Standpunktes, vertreten durch Robert Bellarmin, diskutiert. Es handelt sich dabei also um philologisch-exegetische Argumente. Obschon der Hebräerbrief nicht Paulus, sondern nur vielmehr einem Schüler der Apostel zugeschrieben werden könne, so benehme diese Tatsache doch nichts an seiner Autorität für die Kirche, so Balduin. Auch der Verfasser des Hebräerbriefs sei ohne Zweifel vom Heiligen Geist inspiriert gewesen, nimmt er an. Alles, was den Verfasser angehe, sei geschichtlich und schaffe nicht Autorität, denn diese werde durch die Verbalinspiration dessen, was geschrieben stehe, gestiftet (These XIX.). 142  Balduin begründet den Nutzen des Hebräerbriefs mit 2. Tim 3,16, dass alle göttlich inspirierte Schrift nützlich sei, erstens zur Unterweisung in der wahren Lehre, zweitens zur Widerlegung der falschen Lehre, drittens zur Verbesserung der Sitten und viertens zum Vorschreiben der Sitten.



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1.  Genus doctrinae divinum. 2.  Scripturarum aliarum symphonia. 3.  Proprii cordis suffragium. 4.  Ecclesiae primitivae testimonium.

In Hinsicht auf die Hermeneutik der Auslegung des Hebräerbriefs ist die These Balduins bemerkenswert, dass er diesen als Kompendium der christlichen Lehre versteht, das aus der Übereinstimmung von Altem und Neuem Testament konzipiert sei (These L).143 Balduin teilt den Hebräerbrief in acht Teile ein und nimmt Christus als Ziel (scopus) des Briefes an – eine Tabelle veranschaulicht die gewählte Einteilung.144 Zwar leugne er mit Luther in der Vorrede seines Kommentars, dass der Hebräerbrief aus vielen Teilen zusammengestellt sei und nicht ein Thema der Ordnung gemäß behandele, doch vermeine er gleichwohl eine Ordnung finden zu können, wenn Christus selbst Skopus des Briefes sei. Am Ende des protheoria steht die kurze Synopsis D. Athanasii in Epistolam ad Hebraeos.145 Nach der systematischen Vorbemerkung setzt die Exegese der einzelnen Kapitel des Hebräerbriefs ein. Form und Aufbau der Exegese bleiben stets einheitlich: Zuerst werden Inhalt und Einteilung des jeweiligen Kapitels in einzelnen Textbestandteilen (argumentum et partitio capitis) dargestellt. Sodann wird der griechische Originaltext mit lateinischer Übertragung geboten. Drittens folgen Analyse und Erklärung (analysis et explicatio). Viertens werden jeweils die Thesen eines jeden Abschnitts des Kapitels (theses ex hac parte capitis) erörtert. Die sich ergebenden dogmatischen Fragen werden im Anschluss diskutiert. Das Zentrum der exegetischen Methode Balduins bildet damit das Auffinden der schriftgemäßen Ordnung des Textes und dessen philologisch-exakte Übersetzung: Nur auf dieser Grundlage kann eine sachgemäße Entnahme der Lehrartikel erfolgen.146 An der Grundannahme, dass die Ordnung des Textes Grundlage gelingender Exegese und deren Anwendung in Homiletik, Seelsorge und Kontroverstheologie ist, hat Balduin zeitlebens festgehalten.147 Die Vorordnung philologischhistorisch fundierter Exegese vor die dogmatische Behandlung darf als humanistischer

143  Balduin: Analysis, 12v–13r: „Est igitur haec Epistola, ut verbo Omnia complectar, doctrinae Christianae compendium; ex harmoniâ Veteris et Novi Testamenti concinnatum; in specie quidem propter Hebraeos, partim ad fidem Christi conversos partim adhuc convertendos à Spiritu Sancto conscriptum, in genere autem in Christianorum omnium usum fideli opera Ecclesiae ad nos transmissum.“ 144  Zu Luthers Auffassung vom „Generalscopus“ der Schrift Ebeling: Evangelische Evanglienauslegung, 410–412. 145 Die damals Athanasius zugeschriebene Synopsis Scripturae Sacrae ist wohl nicht authentisch. Daher wird der Verfasser in der Forschung als Pseudo-Athanasius bezeichnet. Die Synopsis beinhaltet kurze Zusammenfassungen der biblischen Bücher. Vgl. Ernest: Bible in Athanasius. 146  Gleichwohl hat sich der Nutzen der Exegese stets an den Lehrartikeln und deren Heilsrelevanz zu bewähren. Die Form der Durchführung dieser exegetischen Disputationen ist eben nicht die des Syllogismus. 147  Balduin hat die Analysis kurz nach dem Erscheinen im Oktober 1608 als Beilage zu einem Brief an Johann Gerhard nach Jena gesandt. Vgl. Raidel (Hrsg.): Epistolae, 174–176. Gerhard dürfte die exegetische Methode Balduins also gekannt haben. In seiner Studienanweisung Methodus Studii Theologici jedenfalls hat Gerhard auf diese Methode Bezug genommen. Vgl. Gerhard: Methodus Studii Theologici, 1620.

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Ansatz und ein Vermächtnis der von Melanchthon begründeten Methode des Auffindens der Lehrartikel in den biblischen Büchern bezeichnet werden. Kaum zwei Jahre später erschien Balduins Kommentar zu den drei Propheten Haggai, Sacharja und Maleachi unter dem Titel In Tres postremos prophetas (1610).148 Der Kommentar beruht auf Vorlesungen, die Balduin für den ersten Sonntag nach Epiphanias 1606 (12. Januar) angekündigt hatte. Der hermeneutischen Grundüberzeugung von der Klarheit der Schrift entsprechen die im Untertitel gesetzten Attribute planus und perspicuus, die sich auf Form und Inhalt des Kommentars beziehen.149 Balduin trennt formaltheologisch die Analyse (αναλυσιν) des Textes von seiner Erklärung (explicatio). Bei der Auslegung der Propheten spielen Erscheinungen (visiones) und Weissagungen (vaticinia) stets eine besondere Rolle. Diese bereiten regelmäßig Probleme für die Erklärung. In der lutherischen Tradition stehend schlägt Balduin vor, diese mit dem Christusgeschehen (cum eventu) in Beziehung zu setzen und von hier aus zu deuten.150 Christus und das Christusgeschehen, von dem das Alte Testament auf literaler Ebene nichts weiß, dienen als hermeneutischer Bezugsrahmen der Analyse der Erscheinungen und Weissagungen in den prophetischen Texten.151 Die philologischexakte Übersetzung ist für Balduin Voraussetzung der gelingenden Auslegung.152 In der Widmungsvorrede erklärt er nun, was er unter einer an Christus und dem Christusgeschehen ausgerichteten Exegese des Alten Testaments konkret versteht.153 Obwohl es scheint, dass die Schreiber des Alten Testaments Christus nicht gekannt haben, sei das Ziel aller von Gott eingegebenen Schriften doch immer Christus. Stets sei es die Absicht des Heiligen Geistes gewesen, der durch die Propheten und Apostel geredet habe, dass das Christusgeschehen auf der ganzen Erde verbreitet würde.154 148  Balduin: In Tres postremos Prophetas. Bei Serpilius: Fortsetzung, 149, findet sich der Hinweis auf eine weitere Auflage, welche der Vorrede allerdings entbehre. Sie scheint heute verloren. 149  Diese Attribute finden sich auch explizit in den exegetischen Werken seines Lehrers Ägidius Hunnius. Vgl. exemplarisch Hunnius: Epistolae Divi Apostoli Pauli, Ad Corinthios Prioris, Expositio Plana Et Perspicua, 1601. 150  Balduin betont, dass die Auslegung der Propheten nicht um der Auslegung willen, sondern zum Nutzen der Kirche geschehe. Deshalb sollten Zweifel, die sich den Gläubigen stellten, in der Auslegung ausgeräumt werden (dubia, quae occurrunt, solidè enodantur). Vor allem solle die Auslegung sowohl der theoretischen als auch der praktischen Anwendung durch die Kirche dienen (ad usum ecclesiae theoreticum et practicum accommodantur). Die Unterscheidung von theoretischer und praktischer Anwendung der Auslegung entspricht der Gestalt des Theologiebegriffs. Vgl. dazu insgesamt das fünfte Kapitel der vorliegenden Arbeit. 151  Diese Form der mystischen Exegese wird von Balduin später stärker aufgrund des Modells des im Alten Testament präfiguierten Christusgeschehens betrieben. Vgl. Passio typica I und Passio typica II sowie Adventus Christi typicus. Die bei Balduin als einem der ersten lutherischen Theologen zu findende explizit vorgetragene Wiederentdeckung der altkirchlichen Typologie erscheint bemerkenswert. 152  Im Rahmen des Kommentars wird stets der griechische Originaltext abgedruckt und dazu eine Übertragung ins Lateinische geboten. Zwei Indices, welche Problemfälle sowie gesicherte Lerninhalte verzeichnen (quorum alter dubiorum, alter rerum memorabilium notationes exhibet), sollen die Benutzung erleichtern. 153  Die Widmungsvorrede datiert auf den 30. August 1610 – Balduin war unlängst aus Prag nach Wittenberg heimgekehrt – und richtet sich an Kurfürst Christian II. 154 Vgl. die Widmungsvorrede zu Balduin: In Tres postremos Prophetas, 2v–3r: „SCOPUS UNIVERSAE Scripturae divinitus inspiratae, Serenissime ac Potentissime ELECTOR, Domine Clementissime, haud dubiè est IESUS CHRISTUS, DEI et Mariae Filus, Dominus ac Salvator noster



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Balduin nennt als Belegstellen Ps 40,2, Petr 1 und Joh 5. Der Apostel Petrus bezeuge, dass bereits die Propheten von Christus erzählten (Apg 10). Auslegung der Schrift bedeutet damit Analyse und Erklärung der Schrift in Beziehung auf Christus und seine Geschichte. In der Alten Kirche sei es vor allem Augustinus gewesen, der im Rahmen der Widerlegung der Manichäer argumentiert habe, die Propheten seien nicht vor Christus, sondern mit Christus gekommen.155 Insbesondere tragen die drei Propheten Haggai, Sacharja und Maleachi diese Hinordnung auf Christus in sich, wie Balduin nun nachzuweisen versucht. Eine mystische Exegese der Propheten kann nicht umhin, sich hermeneutisch und methodisch der Lehre vom vierfachen Schriftsinn behutsam zu öffnen: Durch harmonische Anagoge, maßvolle Allegorese und sachgemäße Tropologie sollte der genuine Sinn der Prophetie oder das erste Ziel des Heiligen Geistes nicht aufgehoben, sondern überhaupt erst erforscht und sodann ausgeschmückt werden.156 Gleichwohl könnten typologische Weissagungen über Christus auftauchen, die gemäß dem literalen Textsinn auszulegen seien. Beide Zugangsweisen – ratio textus und ratio scopi – verhalten sich komplementär.157 Weitere konkrete Methodenschritte zur alttestamentlichen Exegese finden sich in diesem Kontext nicht. unicus. Nam etsi pleriq[ue] veteris Instrumenti Scriptores nostra quidem opinione de Christo nequidem cogitasse videntur, dum vel historica rerum gestarum relatione, vel paramytico aut paraenetico scriptionum genere, vel etiam rerum futurarum praedictionibus occupati fuêre: certum tamen est, in capite libri scriptum esse de CHRISTO, hoc est, eam praecipuè fuisse intentionem Spiritus sancti, quem per divinos illos homines, locutum esse scimus, ut Christus illis Prophetarum et Apostolorum fasciis quasi involutus, in toto orbe terrarium circumferetur. Malè itaq[ue] consulunt sibi et Ecclesiae, qui in interpretatione scripti Biblici non imprimis Christum quaerunt, qui tamen in hunc ipsum finem nobis Scripturae scrutinium ac interpretationem commendavit, ut ibi et ipsum et vitam aeternam inveniamus.“ 155  Das Zitat – „quia non eum per superbiam praecedere voluerunt, sed eum per ipsos loquentem humiliter portaverunt“ – stammt aus dem 16. Buch von Augustinus’ Contra Faustum Manichaeum. Vgl. Augustinus: Opera, Pars IV. Opera Polemica, 1839, 427. Welche Ausgabe Balduin vorgelegen hat, konnte bisher nicht ermittelt werden. 156 Vgl. weiterhin die Widmungsvorrede zu Balduin: In Tres postremos Prophetas, 5v–6r: „Quae cum ita sint, ELECTOR Serenissime, Domine clementissime, omnium optima Prophetas interpretandi ratio sapientissimis sacrarum literarum interpretibus videtur esse ea, quae in visionibus aut vaticiniis oculum intendit ad illa potissimùm, quae ibi vel ad personam, vel officium, vel meritum, vel Ecclesiam Christi respiciunt. […] Quod si qua piâ aliquâ industriâ vel per concinnam quandam αναγωγην, vel per moderatam αλληγοριαν, vel per jucundam τροπολογιαν ad alium vitae communis usum referuntur, id quidem genuinum Prophetiae sensum aut principalem Spiritus sancti scopum neq[ue] facit neq[ue] tollit, sed expolit et exornat, tanquam inserta vel instita vestem, aut velut emblem anulum. Summa, primaries in interpretatione Prophetarum scopus, CHRISTUS IESUS esto, et quidquid ad hunc Jesum pertinent, in cuius exspectatione ac fiducia Prophetae auditors suos confirmare voluerunt: Caetera huic scopo ancillentur.“ 157  Ebd., 6v: „Etsi enim non nego, occurrere interdum vaticinia de Christo typica, quae secundum literam exponenda sunt, de re vel persona, quae typum Christi gerit, sensus ratione TEXTUS, vel paraphraseos verborum, est primarius et principalis attamen ratione SCOPI quem sibi praefixum habuit Spiritus sanctus, nimirum, ut Christum praefiguraret populo, alter iste sensus, cuius ille prior typus quidam erat, meritò vocatur principalior, ad quem etiam in interpretatione ante Omnia respiciendum est. In caeteris verò oraculis, quae absq[ue] typo de Messia loquuntur, distinctione illa opus est: sed simpliciter ad solum Christo referenda sunt: de quo num agetur ex professo in textu, non ex nostris coniecturis, sed ex ipsius textus circumstantia, aut interpretatio Novi Testamenti, iudicandum est: Scriptura enim Prophetica non est ιδιας επιλυσεως 2. Pet. Cap. 1.“

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

Der Schwerpunkt von Balduins exegetischer Arbeit lag spätestens seit 1609 auf den Paulinischen Briefen. Die auf diesen Vorlesungen beruhenden Kommentare erschienen gedruckt seit 1611 und vermittelten zwischen akademischer Theologie und kirchlicher Verkündigung. In Form und Aufbau der Exegese sowie in der Art und Weise der Anwendung der Exegese in Dogmatik und Homiletik knüpft Balduin an die Analysis des Hebräerbriefs an. Bei näherem Hinsehen fallen kleine Modifikationen auf, die aber durchaus der Gattung des Kommentars geschuldet sein können. Signifikant hingegen scheinen die terminologischen Modifikationen. In den Prolegomena handelt Balduin über Verfasser und Verfasserschaft, welche die theologische Autorität des Textes fundieren, über den Inhalt und die Adressaten, den Anlass der Abfassung des jeweiligen Textes sowie den Aufbau. Balduin beginnt mit einem kurzen Bericht des Inhalts (argumentum) und begründet mit dem Inhalt die Einteilung (partitio) des auszulegenden Textes.158 Sodann lässt er den griechischen Originaltext sowie eine lateinische Übertragung folgen, so dass Angabe des Inhalts und Einteilung des Textes nachvollzogen werden können. Der erste Hauptteil der Auslegung besteht in der Analyse und Erklärung (analysis et explicatio) des Textes. Der zweite Hauptteil der Auslegung setzt sich sodann aus einer Paraphrase (paraphrasis) des analysierten und erklärten Textes in der Ich-Form zusammen.159 An die Analyse und Erklärung schließen sich ausführliche Erörterungen dogmatischer Fragestellungen (quaestiones) in Form des Frage-Antwort-Schemas an.160 Die sich aus Exegese und Erörterung dogmatischer Fragestellungen ergebenden Gemeinplätze (loci communes) oder theologischen Leitsätze (aphorismi theologici) runden die Auslegung ab und bieten dogmatische Festlegung im Sinne einer Ergebnissicherung.161 Schritt für Schritt wird damit dem Leser der genuine Textsinn nach Auffassung der lutherischen 158  Es handelt sich dabei in der Regel um ein Kapitel. Die Einteilung in die Kapitel wiederum ist bereits im Rahmen der Prolegomena erfolgt. 159  Vgl. exemplarisch die entsprechenden Abschnitte in Balduins Römerbriefkommentar gemäß Paginierung der posthum erschienenen Gesamtausgabe: Olearius (Hrsg.): Commentarius in omnes Epistolas Pauli, 80–81: „Et haec, quae hactenus de iustitia fidei vobis probavi, ô vos mei Romani, andeò vera sunt, ut neminem prorsus extra hanc rationem iustificari, verè vobis adfirmare possim. Nam si quisquam eximendus esset à iustitia fidei, si quisquam ex operibus suam apud Deum impetrasset iustitiam, Abrahamus sanè esset, Patriarcha noster sanctissimus et religiosissimus: sed nunquid eum iustitiam invenisse arbitremini, vel in circumcisione carnis vel in alio quocunque opere? Fallimini sanè et, si ita sentitis […].“ 160 Die applicatio erfolgt in Form der Diskussion mehrerer Fragen (quaestiones praecipuae, quae ex hac parte Capitis erui possunt, cum responsionibus), die sich anhand des Textes entzünden können oder bereits entzündet haben. Vgl. die Erläuterungen zu Balduin: Paraenesis Apostolica [unpaginiert]: „Ad hanc ergo mentem Apostoli post genuinam textus explicationem, primùm quaestiones quasdam dubias ex ipso textu fluentes tractavi, quibus ea, quae in controversiam veniunt et Lectori remorari possunt, discussi: deinde doctrinas ex textu fluentes, quae ad pietatem erudire possunt, addidi, eaque ratione Lectori pio et erudite pro tenuitate mea, quoad veritatem et pietatem, inservire studui.“ 161  Diese sind kurz gehalten und damit memorierbar. Vgl. exemplarisch die entsprechenden Abschnitte in Balduins Römerbriefkommentar gemäß Paginierung der posthum erschienenen Gesamtausgabe: Olearius (Hrsg.): Commentarius in omnes Epistolas Pauli, 88: „Duos habemus spirituales Patres: unum in coelis, Deum nimirum, qui pater regenerationis nostrae est, regeneravit enim nos in spem vivam per resurrectionem Iesu Christi ex mortuis Petr. 1,3. alterum in terris, Abrahamum, qui est Pater imitationis: imitantur enim filii Dei fidem Abrahami in Christum: qui autem Christi sunt, semen Abrahae sunt, et secundum promissionem haeredes Gal. 3,29.“



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Orthodoxie nähergebracht.162 Als Kernpunkte der Exegese können der philologische Ansatz und die Vorordnung der Exegese vor die Dogmatik benannt werden. Balduins Kommentare zum Corpus Paulinum sollten nicht dazu dienen, Exegese und Dogmatik zu vermitteln, sondern hatten darüber hinaus den Zweck der Katechese.163 Nicht zuletzt dürfte die Anwendung der Exegese auf die kontroverstheologischen Auseinandersetzungen strategisch begründet sein.164 Balduin hielt auch nach dem Regensburger Religionsgespräch noch an der Überzeugung fest, dass die rechte Auslegung der Schrift in kontroverstheologischen Auseinandersetzungen urteilsfähig sein könne: Nicht einer kirchlichen Autorität, sondern nur der Schrift räumte er hierzu Geltung ein, konkret der an der Schrift selbst entfalteten Methode ihrer Auslegung. Von der Schrift aus kann Balduin sodann Kritik an den kirchlichen Zuständen äußern: „Reformatione saepè opus est“, schrieb er in der Ankündigung seiner Vorlesung zum zweiten Brief des Paulus an die Korinther.165 Gegenüber anderen Methoden der Exegese (und Homiletik) zeigt sich Balduin aufgeschlossen, doch ist für ihn der schlichte Paulinische Stil Norm und Richtschnur, an der sich die Exegese stets zu orientieren habe.166 Eine einfache Methode und klare Argumente gewährleisten nämlich eine rechte Auslegung und damit auch den rechten dogmatischen Inhalt.167 162 Die von Balduin postulierte hermeneutische Vorordnung der Exegese vor die Dogmatik schlägt sich im Aufbau der Exegese nieder. Das Ergebnis der Exegese und der von hier aus geführten Behandlung der sich erhebenden dogmatischen Fragen wird im letzten Teil dargestellt. 163 Drei Indices  – ein Index der behandelten Dicta der Schrift, ein Index der behandelten Quaestiones und ein Index der vorkommenden Personen und Gegenstände – erleichtern die Suche in den Kommentaren. 164  Diese werden im Untertitel angezeigt: „multiplices commonefactiones ex textu eruuntur, Et Quaestionibus controversiis bene multis fundamenta.“ 165 Diese Vorlesungsankündigung, SACROSANCTAE THEOlogiae, et verae pietatis Studiosi in Academiâ VVitebergensi Salutem et prosperitatem P., ist abgedruckt in: Balduin: Apologia Apostolica, 9r–12r: „Videas in harum trium Epistolarum serie tria praecipua capita, in quibus fidelis Ecclesiae Doctoribus labor inprimis est occupatus. Primùm enim erudiendi sunt rudiores in articulis fidei, ut rationem reddere poßint omni tempore cuilibet petenti: Id verò gnaviter fecit Apostolus noster, in eâ, quam Romanis inscripsit Epistolâ, quam propter diversißmorum articulorum fidei […] illustrem, non immeritò Catechesin Apostolicam nominavimus. Deinde reformatione Ecclesiarum saepè opus est, quas turbat Satan vel per haereticos; vel alioquin sceleratos. Quo nomine egregiam navavit Paulus noster operam in priore Epistola Corinthiis inscripta, quorum Ecclesiam à multiplici pravarum opinionem & scelerum ferment purgavit: quam si propterea Reformationem Apostolicam vocares, non erraveris. Denique expositi sunt fideles Ecclesiarum doctores multorum calumniis & sinistris judicijs, quo in genere ipsis ne quidem falsi fratres parcunt, quo artificio ipsorum fidem & autoritatem conculcare conatur Satan, dum alia ratione Ecclesiae obese non potest; ibi apologia legitimaque defensione opus est. Quo pacto D. Paulus in hac posteriore ad Corinthios, vocationem suam ad Apostolatum, doctrinam & vitam, inprimis autem dona, quae habuit prae caeteris, eximia, contra invidiam malevolorum, partim Pseudoapostolorum, partim falsorum fratrum, graviter defensum ivit, ita ut non abs re hanc nostrum Epistolam; Apologiam Apostolicam dixeris.“ 166  Vgl. exemplarisch die an den Rat der Stadt Hamburg gerichtete Vorrede zu Balduins Epheserkommentar: Balduin: Programma Apostolicum, 6r–7v sowie die Ankündigung zu den Vorlesungen, welche dem Kommentar als Grundlage dienten ebd., 9r–10r. 167 Ebd., 9 r–10v: „Ad Romanos rerum dominos, sapientiaeque laude prae caeteris populis nobilissimos […] sese praebuit, methodo facili et argumentis perspicuis, articulos doctrinae Christianae dextrè proponens, ut literae illae non tam epistolaris alicuius scripti, quàm catechetica methodo faciem induisse videantur. Utraque ad Corinthios multum dignitatis gravitatisque habet, ubi inprimis styli Paulini […] animadverti potest, quia non tam docendo et persuadendo flectere rudes, quàm increpando et praecipiendo corrigere voluit errantes, quam ad rem minaci quadam austeritate et vivo

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

Etsi enim in singulis scripturae divinitùs inspiratae sunt inditia longè evidentissima: styli tamen et tractationis diversitas facit, ut in quibusdam quasi mutus, in aliis verò longè facundissimus appareat. Nam prout Spiritus S. eloquentiae suae director, huic electo Dei organo os apariebat, et prout necessitas eorum, ad quos scribebat, efflagitare videbatur; ita sermo eius in una eademque materia modò magna ubertate exundabat, modò leniori cursu fluebat: iam pro captu discentium humi serpebat, iam sublimi quaedam maiestate super omne humanae sapientiae fastifium sese efferebat.

Balduin hat zu Beginn der 1620er Jahre, als er bereits auf eine 15-jährige akademische, kirchliche und kirchenleitende Berufstätigkeit zurückblicken konnte, zwei Werke zur Theologenausbildung und Theologievermittlung verfasst – Brevis Institutio Ministrorum Verbi (1621) und Idea Dispositionum Biblicarum (1622)  –, in deren Rahmen er seine exegetische und homiletische Methode in konkreten praktischen Anweisungen dargelegt hat.168 Beide Werke waren aus Balduins praktischer Berufstätigkeit sowohl in universitärer als auch kirchlicher Theologenausbildung und Theologievermittlung erwachsen und wurden mehrfach wiederaufgelegt.169 Sie richteten sich explizit an Theologiestudenten, insbesondere an angehende Pfarrer und behandelten in verständlicher Sprache nun ganz konkret Methoden der Schriftauslegung und -anwendung.

2.  Brevis Institutio Ministrorum verbi (1621) 2.1. Einführung In seinem Handbuch Brevis Institutio Ministrorum verbi (1621) richtete sich Balduin an angehende Prediger, um sie in den theologischen Grundlagen des Amts, den Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für das Amt erfordert werden, und den Aufgaben, die den Prediger in seinem Amt erwarten, zu unterrichten.170 Im Proömium erörtert potentique sermone opus erat, quem tamen subinde mansuetudine temperat, ne morose domini, quam benevoli parentis officium magis fecisse videatur. Epistolam ad Galatas tenui orationis filo conscriptam esse censet Augustinus, exceptis nonnullis locis, ubi Apostolus malitiam pseudoapostolorum et facilitate Galatorum vehementissimè castigat, ut illi seductos corrumpere, hi seductoribus fidem habere desinant: in praecipuo tamen argumento, perinde ut in ea, quae ad Romanos est, validissimis argumentis agit, quibus eos, qui ab Adversariis aliter persuasi errant, ad adsensum non tam manu ducere, quam vi veritatis cogere studuit. […] Ubi certè Apostolus interdum quasi extra se raptus, seipsum dicendo superare; interdum etiam non sine insigni artificio in sermone haerere visus est, propter magnitudinem & sublimitatem rerum, qua tractantur, quibus inter homines partes voces aut phrases difficilimè inveniuntur.“ 168  Balduin: Brevis Institutio, 1621 und ders.: Idea, 1622. Vgl. die Hinweise bei Stegmann: „evangelium pure docetur“, in: Lutherjahrbuch 81 (2014), 249. Der Berliner Kirchenhistoriker ordnet die Predigttheorie Balduins unter die Gattung der lehrhaften Predigt. Konkrete Schritte der exegetischen und homiletischen Methode und das damit verfolgte praktische Anliegen kommen dabei allerdings nicht zur Sprache. 169 Die Brevis Institutio erschien 1621 in der ersten Auflage und wurde bereits 1622 und 1623 erneut aufgelegt. Idea Dispositionum Biblicarum erschien 1623 in der ersten Auflage und wurde bereits 1623, sodann noch einmal 1666 erneut aufgelegt. 170  Balduin: Brevis Institutio. Die insgesamt 27 Kapitel lassen sich drei inhaltlich zusammengehörenden Blöcken zuordnen. Im ersten Block (Kapitel I–X) bietet Balduin eine amtstheologische Grundlegung. Er behandelt Notwendigkeit, Stifter, Amt, Ort, Personen, Berufung, Ordination und den Unterschied der Ordination zur theologischen Promotion. Im zweiten Block (Kapitel XI–XVIII)



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Balduin, dass er sich methodisch in erster Linie am ersten Timotheusbrief orientiere, weil dieser vor allen anderen Büchern des Neuen Testaments das Amt des Predigers beschreibe, sodann ziehe er exemplarisch die Kirchenväter heran.171 Es geht ihm in der Brevis Institutio gerade nicht darum, angehenden Predigern die Kernstücke konfessioneller Normdogmatik vorzuführen.172 Vielmehr möchte Balduin in die amtstheologischen Grundlagen einführen, zu eigenverantwortlicher Schriftauslegung und -anwendung anleiten sowie Ratschläge für die eigene Lebensgestaltung geben. Nutzen und Notwendigkeit des Predigtamts und einer entsprechenden artifiziellen Ausbildung begründet Balduin in der Widmungsvorrede an Herzog Johann Friedrich von Schleswig-Holstein-Gottorf.173 Balduin entwirft das Bild des artifiziell ausgebildeten Gottesgelehrten, dessen Amt durch Christus eingesetzt ist, damit die Wohltat des Christusgeschehens nicht gleich einem ungehobenen Schatz verborgen bleibt. Die artifizielle Ausbildung im Rahmen des Theologiestudiums ist vor allem deswegen unerlässlich, weil nicht jeder Kandidat auch für das Predigtamt geeignet erscheint.

2.2. Amtstheologie Die Brevis Institutio beginnt mit einer umfassenden amtstheologischen Grundlegung als Bestandteil akademischer Theologievermittlung.174 Der theologischen Begrünunterrichtet Balduin über die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die der Prediger zur Verrichtung seines Amtes erlernt haben sollte. Hier behandelt er etwa die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium, die Lehrbegabung und die Lehrbefähigung, die der Prediger im Rahmen des Studiums erwerben sollte. Überdies gibt er Hinweise zu konkreten Formulierungsweisen in der Predigt. Im dritten, umfangreichsten Block (Kapitel XIX–XXIIX) behandelt der Wittenberger Theologe die Aufgaben des Predigers, die ihm aus der kirchlichen Praxis entstehen, das Lehramt, das Amt der Sakramentsverwaltung, auch die Folgen der Wortverkündigung sowie das öffentliche und private Leben des Predigers, an dem allzu schnell Anstoß genommen werden könne. Mit Ausführungen über die Tugenden des Predigers und über die zu erwartenden Belohnungen und Strafen endet das Werk. 171 Ebd., 1–2. Daher rührt der Untertitel potissimum ex priore Epistola D. Pauli ad Timotheum. Balduin schreibt: „In huius institutione felicem operam impendit Apostolus illis epistolis, inprimis in pietate, quae quasi dives quoddam promptuarium est eorum omnium, quae ministro Ecclesiae sunt necessaria.“ Dazu verweist er auf den Kirchenvater Augustinus und das 4. Buch der hermeneutischen Schrift De Doctrina Christiana. Diese Schrift war 1604 von Salomon Gesner eingeleitet herausgegeben worden. Es ist zu vermuten, dass Balduin diese Wittenberger Ausgabe benutzt hat. Von den Schriften der Reformatoren indes ist nicht die Rede. Zum Vorgehen hatte Balduin in der Widmungsvorrede, 5v–6r, bemerkt: „Ut ergo studiosi Theologiae, ministerii candidati, eam habeant quam perfectissimam, sibique reddant quam familiarissimam, superioribus annis, cum Epistolae prioris ad Timotheum […] scholis publicis absolvissem, ex eadem Epistola eam evolvere coepi, et methodicè iuxta praecepta Apostoli docui, quidquid Ecclesiae Ministro in theoria et praxi ministerii sui scitu necessarium fuerit. Quam ad rem illustrationis gratia interdum adhibui, quae sancti Patres de eadem materia sparsim attigerunt. Neque dubito, si Ecclesiae ministri iuxta hanc Instructionem, quae non mea, sed Apostoli Pauli est, et doctrinam et vitam suam instituerint, quin varias muneris sui molestias, adversitates, contemptu et odia mundi facilè superaturi sint, officioque suo cum innumerabilium animarum salute satis abundè satisfacturi.“ 172  Einzelne Theologumena führt er nur als Beispiele an. 173  Zu Herzog Johann Friedrich ADB 14 (1881), 413–415; NDB 10 (1974), 481. 174 Für Balduin zählen die amtstheologischen Grundlagen damit zum Basiswissen, das den angehenden Predigern im Rahmen des Theologiestudiums zu vermitteln sei. Das neunte Kapitel, das über den Unterschied der Ordination und der theologischen Promotion (zu Lizentiaten und Doktoren der Theologie) handelt, ist im Vergleich zu älteren amtstheologischen Grundlegungen neu.

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

dung der Notwendigkeit des Predigtamtes mit der Einsetzung durch Christus ordnet Balduin noch den Hinweis auf die Befriedigung staatlicher Interessen zu. Das menschliche Handeln müsse Gott wohlgefällig und dem Staat nützlich zugleich sein.175 Die in Anlehnung an 1. Tim genannten Aufgaben des Predigtamtes lauten daher erstens Widerlegung der Irrlehren (refutatio), zweitens Verkündigung der göttlichen Wahrheit (veritatis divinae propagatio), drittens Anleitung des Lebens (vitae nostrae gubernatio) und viertens Beförderung des Heils (promotio). Weil die Kirche für das Predigtamt und die Bildung geeigneter Kandidaten für das Predigtamt sorge, kann Balduin den Prediger prononciert einen Gelehrten der Kirche (doctor ecclesiae) nennen. Diese mit dem Predigtamt verbundenen Aufgaben erforderten Qualitäten, die der Kandidat im Rahmen des Theologiestudiums erwerben müsse.176 Signifikant ist, dass Balduin in Hinsicht auf die propagatio keine Sammlung der Lehrartikel bietet, sondern vielmehr die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium benennt. Balduin warnt mit Nachdruck vor dem Verfall des Predigtamts. Die Heiden, die keine Prediger hätten, irrten ohne Gott in der Welt umher und seien deshalb ohne (eschatologische) Hoffnung.177 Die Einsetzung des Predigtamtes sei durch Christus selbst geschehen (1. Tim 1,12 und 2. Tim 2,2). Die Bezeichnungen für das Predigtamt variieren: Söhne der Apostel (1. Es findet sich etwa noch nicht bei Selnecker: De Ritu Apostolico, 1579, oder Weller: De Officio Ecclesiastico, 1552. 175  Balduin: Brevis Institutio, 4–6. Aufgabe des Predigers sei es, dafür zu sorgen, dass dieses Postulat eingelöst werde. Der Staat könne dafür nicht selbst sorgen. Das heißt nun gerade nicht, dass Gott nicht selbst Vorsorge treffen und für das Heil der Menschen sorgen könnte. Schließlich habe er die Propheten ohne das gesprochene Wort erleuchtet oder den Übeltäter am Kreuz (Lk 23,39–42) bekehrt. Gleichwohl habe Gott sein Wort zur Nahrung des Geistes gegeben. Das Amt des Predigers sei insofern nicht absolut notwendig, sondern angesichts des Gegebenseins des Wortes verpflichtend. Vgl. zum Verhältnis von Religion und Politik in der Frühneuzeit Schorn-Schütte: Eigenlogik oder Verzahnung?, in: dies./v. Friedeburg (Hrsg.): Politik und Religion, 2007, 13–31. 176  Refutatio erfordere ein geschultes Urteilsvermögen, andernfalls drohe die Kirche zum Einfallstor der Sünde zu werden. Vgl. Balduin: Brevis Institutio, 6: „Si ergò non essent doctores, quis pretiosum à vili separare scirent, nullo negotio totum Ecclesiae corpus conficeretur, et paulatim veritas coelestis admitteretur, multaque alia inordinatè fierent, sicut tempore Eli factum, cum verbum Domini pretiosum esset in terrâ, 1. Sam. 3, 1. et tempore Pharisaeorum, qui mandatis hominum transgrediebantur mandata Dei, nemine prohibente, Matth. 15, 13.“ Propagatio erfordere, dass die Verkündigung der göttlichen Wahrheit gemäß dem in der Schrift geoffenbarten Willen Gottes geschehe. Dazu müsse der Prediger die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium kennen. Vgl. ebd., 7: „Vult enim Deus agnitionem sui et mysteriorum divinorum transmitti ad posteros, ut semper habeat semen sanctum in mundo, à quo colatur. Idcirco Paulus Timotheo doctrinam Legis et Evangelii, in qua divina veritas constitit, commendat cap. 1. prioris Epistolae versu 18.“ Gubernatio sei unerlässlich, weil das Gesetz Gottes, wie es die Schrift geoffenbart habe und die (wahre) Kirche lehre, auch die Grundlage des bürgerlichen und ökonomischen Rechts bilde. Vgl. ebd., 8: „Nam fundamentum legum civilium et oeconomicarum est lex Dei, quae in Scripturis continetur, et in Ecclesia docetur.“ Schließlich zähle promotio als Vermittlung der Erkenntnis Gottes, Bekehrung, Erleuchtung und Heiligung zu den Aufgaben des Amtes. Vgl. ebd.: „Quò pertinent omnia spiritualia beneficia, Aginitio Dei, Conversio, Illuminatio, Sanctificatio, et c. quae Deus per Ministros verbi dispensat […].“ 177  Einerseits werde die Hochschätzung des Predigtamtes in der lutherischen Kirche durch die alten und neuen Schwenckfeldianer geschädigt, die das innerliche gegen das äußerliche (geschriebene und verkündete) Wort hielten. Vgl. zu dieser Thematik etwa das Gutachten der Theologischen Fakultät über eine Publikation des Königsberger Professors Johannes Behm aus dem Jahr 1619, Censur über D. Johannis Behmii Buch von der Wirckung des Worts Gottes, in: Consilia Theologica Witebergense, 785–786. Andererseits werde das Predigtamt durch die römisch-katholischen Theologen geschwächt, welche die lutherischen Prediger als „Prädikanten“ oder „Wortsknechte“ verunglimpften.



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Tim 1,18), Bischöfe (3,1), Diakone (3,12), Presbyter (5,1), Menschen Gottes (6,11) und die Diener (1. Kor 3,5 und 4,1).178 Die ordnungsgemäße Berufung (vocatio) bildete die Voraussetzung für die öffentliche Ordination (ordinatio) und damit für die Übernahme des Amtes.179 Eine reformatorische Verhältnisbestimmung von theologischer Promotion und Ordination liegt aber nicht vor. Das Erfordernis einer solchen Verhältnisbestimmung könnte sich aufgrund der an der Leucorea vorzufindenden Ämterstruktur ergeben haben, die einerseits institutionalisiert, andererseits historisch gewachsen war.180 Balduin geht von dem Grundsatz aus, dass Prediger nicht geboren, sondern gemacht (gebildet) würden.181 Zudem könne das Amt nicht durch Erbrecht (iure haereditario), sondern nur durch rechtmäßige Wahl (legitima electione) erworben werden.182 Mit seinem Ansatz der Professionalisierung des Theologiestudiums erwehrt sich Balduin wenigstens prinzipiell des Einflusses von wohlhabenden und weit vernetzten Theologen- und Pfarrerfamilien, die wichtige Ämter besetzt zu halten suchten.183 Er führt vier Gründe für die Notwendigkeit der Berufung an: Erstens sei sie in der Schrift begründet, zweitens werde sie durch die Würde des Amtes, drittens zum Trost des 178  An anderen Stellen der Schrift werde die Begründung des Amtes explizit auf die drei Personen der Trinität bezogen, was Balduin in drei Abschnitten gesondert erklärt. Nicht Menschen und nicht Engel seien die Begründer des Amtes, sondern Gott selbst: Erstens, indem er der Kirche Diener verheißen habe, zweitens, indem er das gegeben, was er verheißen habe, drittens, indem er das Amt bewahre bis zur Vollendung des Zeitalters, viertens, im Verrichten des Lehramtes, und fünftens, im Ausrüsten der Gelehrten der Kirche mit den notwendigen Gaben. Vgl. Balduin: Brevis Institutio, 8–10. 179  Das öffentliche Lehren in der Kirche sowie die Verwaltung der Sakramente sind nach CA 14 nur dem gestattet, der ordentlich berufen worden ist (ritè vocatus). Luther hat in der Berufung einen Trost in der Anfechtung gesehen, zumal aus seiner Sicht als graduierter Theologe. Vgl. Steinlein: Luthers Doktorat, in: Neue kirchliche Zeitschrift 13 (1912), 757–843. 180 Die Rangfolge der vier Professuren ergab sich aus dem Prinzip der Anciennität und war im Grunde eine Besoldungsrangfolge. Für drei der vier Professuren war faktisch eine Predigtgabe Voraussetzung, weil diese drei Professuren mit Predigtämtern verbunden waren. Die nicht mit einem Predigtamt verbundene Professur setzte eigentlich keine Predigtgabe voraus. Die Universitätsordnung von 1580 forderte gleichwohl für alle Professuren den Nachweis einer Predigtbegabung, die Revision von 1588 strich diese Forderung. Seitdem blieben die rechtlichen Verhältnisse ungeregelt. Vgl. das dritte Kapitel der vorliegenden Arbeit. 181  Balduin: Brevis Institutio, 131: „[…] fieri enim non potest, ut primo statim in limine omnia solida sint ad perfecta, cum nemo nascatur artifex. Monitoribus ergo opus est, qui fideli institutione defectus tollere, naturalia excolere, ac limare possunt. Unde tandem, Deo largiente virtutem, donum docendi nascetur, si non omnibus summum et exactus tale tamen quod Ecclesiae Christi magnô cum fructu inservire possit.“ 182 Paulus fordert die freimütige Wahl durch die Kirche (Tit 3,1) und diese ist nach Balduin die Voraussetzung für das Amt des Predigers. Weil die Kirche des Neuen Testaments aber auf der ganzen Welt verstreut sei, so sei die Aussendung (missio) und die Berufung (vocatio) durch das Auflegen der Hände durch den Ältesten sowie durch die Bestätigung durch den gesamten Ältestenrat nötig. Balduin macht gegen die Photinianer und Wiedertäufer, welche die Notwendigkeit der vocatio bestreiten, deutlich, dass die vocatio durch mehrere loci in der Schrift gesichert sei. Der Wittenberger Theologe verweist hier auf die Widerlegung des Rakòwer Katechismus, welche die Theologische Fakultät wenige Jahre zuvor ausgearbeitet und die er selbst in lateinische Sprache übertragen und erneut herausgegeben hatte. 183 Die Realität in Schule, Universität und Kirche sah oftmals anders aus. Vgl. exemplarisch Kümmerle: Wissenschaft und Verwandtschaft, in: Selderhuis/Wriedt (Hrsg.): Bildung und Konfession, 2006, 159–210.

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

eigenen Gewissens und viertens wegen des einfachen Volkes erfordert.184 Mit dem Hinweis auf die Kirchengeschichte leitet Balduin nun die Lehre von der zweifachen vocatio ein: Auch Laien und darunter Frauen hätten, wie die Kirchengeschichte zeige, das Evangelium erfolgreich verkündet. Die vocatio immediata sei unmittelbar von Gott und in der Schrift durch Paulus bezeugt, der sich am Beginn seiner Briefe selbst als unmittelbar von Gott, i. e. nicht von den Menschen, sondern von Jesus Christus berufen ausweise.185 Die vocatio immediata sei die der Propheten und Apostel gewesen. Die vocatio mediata sei zwar auch von Gott, aber eben nur mittelbar. Auf die Berufung folgt die Ordination als Bestätigung der Berufung und Einführung des Kandidaten in sein Amt.186 Mit der Ordination unterscheide sich der berufene Kandidat vom gemeinen Volk und sei nunmehr offiziell im Lehr- und Sakramentenverwaltungsamt bestätigt. Balduin behandelt nun vier Dinge, die die Ordination zur qualifizierten Ordination machen: Ordinator, Ordinationshandlung, Ordinationsritus und Ordinationszweck.187 Mit 1. Tim 4,14 fordert Balduin, dass die Ordination â Presbyterio und zwar â toto ministerio zu erfolgen habe – im Namen der gesamten Kirche, weil omnia enim vestra sunt (1. Kor 3,21). Damit ist die Ordination ein öffentlicher Akt: non privato arbitrio, sed nomine, voto, autoritate et approbatione totius Ecclesiae. Sie sei zwar durch den Pfarrer und Superintendenten (den Inhaber eines kirchlichen Leitungsamtes), aber eben im Beisein der gesamten Gemeinde zu vollziehen.188 Die Ordination erfordere eine vorhergehende Prüfung und Entscheidung, ob der Kandidat in den donis et virtutibus sit instructa, quae ad ministerium verbi sunt 184  Luther habe zwar in De abusu Missae geschrieben, dass die vocatio nicht notwendig sei und auch ohne vocatio gelehrt werden könne, doch habe der Reformator dort nicht vom öffentlichen Amt in der Kirche, sondern von privaten Gesprächen geredet. In seiner Schrift De Institutione Ministrorum habe er hingegen die Notwendigkeit der vocatio nachdrücklich betont. Gerade die Kirchengeschichte zeige hier Beispiele, da Laien – auch Frauen – unter den Barbaren das Evangelium erfolgreich gepredigt hätten, dass die vocatio offenbar nicht immer nötig sei. 185  Balduin: Brevis Institutio, 43–46. 186 Ebd., 61–63. Balduin definiert Ordination als confirmatio et solennis quaedam declaratio, et ministri inauguratio. Die Ordination schließt die Konfirmation (Bestätigung im Amt) also ein. 187  Balduin behandelt die vier Fragen: „1. Quis ordinare possit? 2. Quomodo ordinatio fiat? 3. Quis adhibeatur ritus? 4. Quis sit ordinationis effectus?“ Dass es in diesen Bereichen durchaus offene Fragen gab, zeigt eine Anfrage an die Theologische Fakultät und das daraufhin erstellte, auf den 10. August 1618 datierende Gutachten über die Frage, ob das Auflegen der Hände oder die Ordination wiederholt werden sollte. Die Frage wurde in der Brevis Institutio allerdings nicht mehr diskutiert. Vgl. etwa Consilia Theologica Vitebergense, 37–38. 188  In der Tat ist in den Einträgen in das Wittenberger Ordiniertenbuch VI (1605–1627) in der Regel Friedrich Balduin als Ordinierender genannt. Nur vertretungsweise übernimmt ein anderer der Theologieprofessoren, etwa Balthasar Meisner, oder Archidiakonus Heinrich Silbermann die Ordinationen. In der Relation der Visitation der Kirchen zu Wittenbergk (1608) monieren Hans Friedrich von Schönberg und Polycarp Leyser, „darnach wird die Ordination verrichtet von D. Balduin und den Diaconis; D. Hütterus aber D. Frantzius kommen nicht darzu vorwendend, weil man ihnen diese quaestion moviret habe, dass sie nicht ordiniren können, darum dieweil sie selbst nicht ordiniret seien […]“. Vgl. Pallas (Bearb.): Registraturen, Bd. 1, 84. Auch ist fraglich, ob die Ordination stets im Beisein der Gemeinde stattgefunden hat. Die zitierte Relation legt nahe, dass die Ordination im Haus Balduins stattgefunden hat. In der bereits zitierten Relation von 1608 wird weiterhin moniert: „das Examen wird nicht in publico, sondern entweder in des D. Hütteri oder D. Balduini Haus privatim gehalten; es werden auch nicht alle Theologi dazu erfordert.“ Das bedeutet ein Abweichen von der revidierten Ordnung von 1588.



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necessaria erfahren ist. Die Prüfung – das Ordinandenexamen – ist für Balduin nichts anderes als die exploratio voluntatis atque facultatis ad munus. Zu den Fähigkeiten des Kandidaten zählen Inhalte – nämlich das Wissen über die rechte Lehre – ebenso wie Fertigkeiten  – nämlich die Gaben, zu lehren und zu predigen  – sowie der integre Lebenswandel.189 Welches Kompendium die Theologiestudenten in den 1620er Jahren zur Vorbereitung auf das Ordinandenexamen verwendet haben, ist bisher nicht bekannt.190 Im Zentrum des Ordinationsritus stand der Akt des Handauflegens. Balduin gibt an, dass die Ordination gemäß apostolischen Brauchs mit Gebet und Handauflegen zu erfolgen habe. Gegen Bellarmin betont er, dass die Ordination kein Sakrament und nicht einmal ein notwendiger Akt sei. Lediglich aus christlicher Freiheit heraus werde ordiniert. Hierfür führt Balduin den Grund an, dass durch die Ordination öffentlich feststehe, dass Gott durch den ordinierten Amtsträger zur Beförderung des Heils handeln möge. Damit stünde dann fest, dass der Ordinierte durch ebendiesen Akt vom übrigen Volk unterschieden sei. Hier wird der öffentliche Charakter, den Balduin der Ordination beilegt und der durch das Ordinationszeugnis bestätigt werden sollte, einmal mehr betont.191 Wenn Balduin in der Brevis Institutio das Examen als Voraussetzung für die Ordination fordert, damit aber keine konfessionelle Normdogmatik, sondern ein exegetische und homiletische Kompetenzen vermittelndes Handbuch vorlegt, scheint er eine andere, methodenbasierte Form der Theologenausbildung zu fordern.192 In seiner exegetische und homi189  Ob gefordertes Wissen und Kompetenzen bei allen Kandidaten vorhanden waren und entsprechend eingehend geprüft worden sind, muss dahin gestellt bleiben. Schon die Kirchenordnung von 1580 hatte auf die den Professoren zugemutete Belastung durch Ordinationen hingewiesen. Vgl. Sehling (Hrsg.): Die evangelischen Kirchenordnungen, 418. Auch wird moniert, es würden „etliche ungeschickte ordinanden“ zur Ordination geschickt, die „auf gewisse fragen abgerichtet“ seien und deshalb das Examen bestünden, sich „nachmals allein auf die postill legen“. Die Kritik betrifft wohl vor allem „arme ordinanden, so aus Hungarn, Böheim und andern weit entlegenen örtern“. Es wird jedenfalls nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Examina mit „besonderm ernst und fleis fürgenommen“ werden sollen – ein Katalog zu examinierender Artikel christlicher Lehre ist angefügt (377). 190  Während die Universitätsordnung von 1580 vorschreibt, dass das Ordinandenexamen gemäß den Hauptartikeln christlicher Lehre oder dem examen Philippi zu vollziehen sei, gilt nach der Revision von 1588, dass das Ordinandenexamen ausschließlich nach dem examen Philippi durchzuführen sei. Hutters Compendium von 1610 wurde für den Gebrauch an den drei Fürstenschulen sowie auch zur Vorbereitung auf die Ordinandenexamina in Auftrag gegeben. Direkte Nachrichten, ob das Compendium tatsächlich in diesem Sinne genutzt worden ist, fehlen bisher. Balduins Brevis Institutio jedenfalls bietet kein Prüfungswissen im Sinne von Prüfungsinhalten. Dies gilt ebenso für Idea Dispositionum Biblicarum, das eine methodisch konzipierte Anleitung zur Exegese und Homiletik für Theologiestudenten bietet. Vgl. dazu den dritten Abschnitt des fünften Kapitels vorliegender Arbeit. Ob beide Werke, die zu Beginn der 1620er Jahre in kurzer Zeit mehrfach aufgelegt worden sind, Handbücher zur Vorbereitung auf das Examen gewesen sind, kann nur vermutet werden. 191  Faktisch scheinen nur wenige Ordinationszeugnisse ausgestellt worden zu sein. Vgl. dazu die Aufzeichnungen des Fiskus der Theologischen Fakultät (UA Halle). Die quantitative Auswertung der Aufzeichnungen des Fiskus erfolgte im Rahmen der umfassenden Darstellung zur Geschichte der Theologischen Fakultät. Die Ordination war in der Tat kein verbindlicher Akt in dem Sinne, dass nur der, der ordiniert war, später predigen durfte. Von den Professorenkollegen Balduins waren Franz und Hutter nicht ordiniert, predigten aber dennoch. Dass die Lizentiaten- bzw. Doktorpromotion nicht mit der Ordination auf eine Stufe gestellt werden darf, macht Balduin in dem Kapitel An promotiones Doctorales Theologorum pro vera legitima et solenni ordinatione ad ministerium sint habendae deutlich. 192 Als Visitator weiß er, dass manche Ordinanden, zumal die ärmeren aus weit entfernten

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

letische Methoden instruierenden Brevis Institutio setzt Balduin den dogmatischen Lehrgehalt beinahe stillschweigend voraus und leitet den Prediger zu selbständiger und eigenverantwortlicher Exegese und Homiletik an.193

2.3.  Lehrmethode und Theologiestudium In der Brevis Institutio bietet Balduin eine Art Wegweiser der Exegese und Homiletik der Schrift für angehende Prediger. Er setzt beim Lehramt des Predigers an, das der Apostel Paulus und mit ihm der Kirchenvater Augustinus bereits geschätzt hätten.194 Das Lehramt sei durch Christus, der es seinen Schülern aufgetragen habe, eingesetzt worden (1. Tim 4,11 und 16). Signifikant ist nun, dass Balduin nicht die materialen Bestandteile der Lehre abhandelt, sondern die hermeneutische Grundunterscheidung von Gesetz und Evangelium vorstellt.195 Ohne Umschweife macht er die Dialektik von Gesetz und Evangelium deutlich: Beide könnten nicht für sich bestehen, sondern bedingten sich wechselseitig. Das Gesetz sei dreifach. Es sei das Gesetz, das die Ungehorsamen strafe (1. Tim 1,9), das Gesetz, das die Sünden überführe und tadele (1. Tim 6,17), sowie das Gesetz, welches das Leben der Menschen lenke, Laster aufdecke und Tugenden vorschreibe (1. Tim 4,13 und 6,3), also auch für die Wiedergeborenen (renati) gültig sei.196 Gegen die Antinomer verteidigt Balduin ausdrücklich den dreifachen Gebrauch des Gesetzes:197 Evangelium meine demgegenüber die VerTerritorien, nur kurz nach Wittenberg kommen und sich dort von Studenten auf die Beantwortung der prüfungsrelevanten dogmatischen Inhalte „abrichten“ lassen, was der Kirche nicht nützt, sondern schadet. 193  Der Prediger, der es verstehe, auf methodisch präzise Weise biblische Texte für den Hörer in nützlicher Form auszulegen, brauche nicht alle biblischen Bücher im Studium zu behandeln und könne auf Postillen verzichten – er besitze eine exegetische und homiletische Kompetenz. Dieses Anliegen teilt Johann Benedict Carpzov durchaus mit Balduin, den er explizit als Gewährsmann nennt. Vgl. Beutel: Aphoristische Homiletik, in: ders.: Reflektierte Religion, 2007, 66–83. 194  Balduin: Brevis Institutio, 112: „Praecipuum Ministrorum munus est docere verbum Dei. Idcirco Paulus noster Presbyteros illos duplici honore dignos iudicat, qui laborant in verbo et doctrina, cap. 5, 17. Et Augustinus Epistola 59 ad Paulinum Pastores et Doctores, apud Paulum pro uno et eodem fumi scribit Ephes. 4. ut intelligent Pastores, ad officium suum pertinere doctrinam.“ Eine nahezu identische Formulierung findet sich auch in Idea Dispositionum Biblicarum. Mit Verweisen auf Paulus (1. Tim 5,17) und Augustinus (Epistola 59 ad Paulinum) beginnt Balduin das elfte Kapitel De Doctrina Ministrorum verbi. Vgl. Augustinus: Opera, Pars 34, 635. 195  Balduin: Brevis Institutio, 113–117. Vgl. zum Verhältnis der reformatorischen Unterscheidung zwischen Gesetz und Evangelium und der augustinischen Unterscheidung von Gesetz und Gnade Lohse: „Gesetz und Gnade“ – „Gesetz und Evangelium“, in: ders.: Evangelium in der Geschichte, 1998, 231–254. 196  Balduin: Brevis Institutio, 113–114: „Lex, de qua Paulus noster cap. 1, 9. quâ primum cohercentur, contumaces, ut loco dicto docetur: deinde arguuntur peccata, quò pertinet illa correptio delinquentium, quae Timotheo praecipitur cap. 6, 17. Tertio regitur vita hominum, vitia corripiuntur et commendantur virtutes, quò referenda est Exhortatio, quam Paulus iungit doctrinae, cap. 4, 13. Cap 6, 3. ut et omnia ea, quae diversi generis hominibus à Timotheo praecipi voluit, cap. 2, 3, 4 et passim in hac Epistola.“ 197 Den tertius usus legis, den erstmals Melanchthon in der zweiten Auflage der Loci communes von 1535 formuliert hatte, hat die Konkordienformel von 1577 für das orthodoxe Luthertum verbindlich erklärt. Vgl. Melanchthon: Loci communes theologici, 6–7, sowie Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, 962–969 (FC VI). Dass er sich bei Balduin nicht in der zugespitzten Formulierung usus politicus, usus elenchticus und usus in renatis finden lässt, dürfte daran liegen, dass



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heißung der Gnade von der unentgeltlichen Vergebung der Sünden wegen Christus (1. Tim 1,14). Für die kirchliche Praxis sei es unerlässlich, dass das Evangelium recht vom Gesetz unterschieden werde.198 Balduin empfiehlt, die Predigt so zu konzipieren, dass das Gesetz bestimme, was der Mensch in Hinsicht auf Gott tun müsse, und das Evangelium, was der Mensch von Gott durch Christus zu empfangen habe. Außerdem solle er bei der Auslegung von Lehren und Beispielen stets beide, Gesetz und Evangelium, bedenken.199 Sie bilden die Grundlage der Exegese als Grundlage der Dogmatik. Damit scheint es, als durchbreche Balduin die Vorordnung der Exegese vor die Dogmatik durch die dogmatische Erstsetzung von Gesetz und Evangelium. Von ihm dürfte diese hermeneutische Grundunterscheidung allerdings selbst als Ergebnis seiner biblischen Bibelauslegung verstanden worden sein. Zudem sei es wesentlich, dass der angehende Prediger die Gabe zu unterrichten (donum docendi) besitze.200 Diese Gabe bedürfe zweier Hilfsmittel (requisita), eines, das sich auf die Lehre (doctrinalia), und eines, das sich auf das Leben (moralia) beziehe. Die Gabe zu unterrichten ordnet Balduin den lehrbezogenen Hilfsmitteln (requisita doctrinalia) unter.201 Mit Hilarius von Poitiers setzt er Wissen (scientia) und Lehre (doctrina) als höchste Tugenden des Predigers, allerdings nicht insoweit Wissen und Lehre nur im Geist des Predigers seien, sondern insoweit sie Mitmenschen vermittelt werden. Für Balduin ist Theologie nicht um ihrer selbst willen da, sondern für andere. Der eigentliche Wert der Lehre besteht in ihrer Vermittlung (διδακτικον). Die Lehrgabe besteht nun für Balduin darin, dass nicht nur die Dinge selbst verstanden werden, sondern auch der Weg der Erkenntnis. Zur Lehrgabe rechnet er den rechten Verstand der Dinge (intellectum rerum) und die Hermeneutik (ερμηνειαν), denn diese ermögliche, dass das Verstandene recht geordnet und angewendet werden könne.202 sich Balduin vornehmlich auf den ersten Timotheusbrief stützt und an einer möglichst der Schrift entsprechenden Formulierung interessiert ist. 198 Andernfalls könne es geschehen, dass den Sündern ohne Buße Gnade gepredigt werde und den Bußfertigen Verdammung. Vgl. Balduin: Brevis Institutio, 114: „[…]quae nihil aliud est, quàm concio gratiae de gratuita remissione peccatorum propter Christum, quae sicuti poenitentibus grata est, ita à lege recte distinguenda, ne impoenitentibus praedicetur gratia, unde sit securitas, et poenitentibus ira, unde sequitur desperatio.“ 199  Ebd., 115: „Tunc autem Ministri verbi sermonem veritatis rectè secant, 1. cum quae facienda sint nobis erga Deum et proximum, ex lege percipient: vicissim autem, quid à Deo accipiendum in Christo, ex Evangelio docent. 2. Cum utramque partem doctrinae suo tempore et loco proponent, quemadmodum hoc Scripturae praecepta et exempla monstrant.“ 200 Ebd., 117–135: CAPUT XII. De Dono docendi Ministris verbi necessario: „De Ministris verbi generalia hactenus habuimus, iam ad requisita eorum propius accedimus. Tunc enim quilibet officium suum rectius facit, cum, quae ab ipso requiruntur, in numerato habet.“ 201  Ebd., 117–118: „Est enim doctrina, ut Theophylactus super caput primum Titi scribit, virtus et character Episcopi, et Hilarius lib. 8 de Trinitate, Summa, inquit, omnium virtutum Episcopalium est scientia et doctrina. Non autem scientia et doctrina, quatenus est in animo doctoris, sed quatenus publicè exercetur docendo, ut et alii erudiri queant, nam iuxta tritum illud: Scire tuum nihil est, nisi te scire hoc, sciat alter. Idcirco Paulus in Epistola ad Titum Episcopum vult potentem esse exhortando in doctrina sacra, Tit. 1, 9 et 1. Tim. 3 διδακτικον, seu qui possit docere. Et in 2. Tim. 2,2. Requirit eiusmodi ministros, qui sint idonei ad docendum alios.“ 202  Jene betreffe die Begabung (ingenium), diese das Urteilsvermögen (iudicium). Vgl. Balduin: Brevis Institutio, 118: „Illa [i. e. intellectum rerum] facit hominem eruditum, qui ipse recte intelligit mysteria fidei; ideo vult Apostolus Tit. 1, 9. ministerium verbi amplecti eum, qui secundum doctrinam est, sanum sermonem: haec [i. e. ερμηνειαν] facit hominem discretum, qui rectè percepta

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Die Lehrgabe sei nun einerseits natürlich, andererseits artifiziell und daher Teil des Theologiestudiums.203 Das natürliche Vermögen sei nicht immer gleich nützlich, es müsse durch artifizielle Übung erst noch verfeinert werden.204 Balduin macht aber auch klar, dass niemand gerne einem Prediger folgt, der ohne eigene Meditation nur Postillen um Rat fragt. Es sei nämlich keineswegs dasselbe, wenn zwei Prediger über die gleiche Sache redeten. Der Bezug zur Praxis, zu den Hörern und den Umständen des Hörens, sei stets ein anderer.205 An dieser Stelle scheint Balduin modernen rezeptionsästhetischen Erkenntnissen zu entsprechen. Doch verurteilt er den Gebrauch von Postillen nicht gänzlich. Sie könnten nützlich sein, wenn sie als Hilfsmittel eingesetzt würden. Die eigene Meditation des Exegeten dürfe dadurch allerdings nicht ersetzt werden.206 Nun stellt sich die Frage, was der Prediger tun muss, um intellectum und ερμηνειαν – die sich indes auf die Sache und auf den Hörer, auf den die Sache anzuwenden ist, beziehen – zu erreichen, wenn das donum docendi nicht von Natur aus oder von Geburt an gegeben ist. Balduin setzt hier bei Luthers Trias oratio, meditatio und tentatio an.207 Er bezeichnet oratio, lectio und meditatio als dona docendi, die im Rahmen des Theologiestudiums dextre proponere, & ad institutum aptè applicare novit; Illa ad ingenium; haec ad judicium Doctoris pertinet: Christus utrumq; conjungit, cum discipulis promittit στομα και σοφιαν, Luc. 21, 15, haec […], illud ad ερμηνειαν pertinet. Christus utrumque conjungit, cum discipulus promittit […].“ 203 Zwar sei die Lehrgabe von Gott, doch niemandem sei diese von Geburt an mitgegeben. Obgleich manche Menschen ein natürliches Vermögen besäßen und redegewandt sein mögen, so sei doch der rechte Verstand erst im Theologiestudium vermittelbar. Vgl. Balduin: Brevis Institutio, 119: „Donum hoc à Deo est, sed nemini in solidum con nascitur. Etsi enim quidam ερμηνειαν naturalem habent, hoc est, diserti sunt, & de rebus utilibus expeditè loqui possunt: […] tamen seu intellectus rerum discendarum aliunde petendus est, neque naturalis illa δυναμις dicendi semper utilis est, nisi arte & exercitio excolatur.“ 204  Christoph Schleupner, der in Wittenberg studiert hatte und Balduin bekannt war, warnt in seiner Homiletik ausdrücklich vor den Gefahren, welche die methodus heroica, die er Luther zuschreibt, mit sich bringen könne. Vgl. Schleupner: Tractatus De Quadruplici Methodo Concionandi, 5–28. Vgl. zu ihm zusammenfassend Kreslins: Dominus narrabit in scriptura. 205  Balduin: Brevis Institutio, 120: „Nemo autem assequetur illud, qui alienâ saltem vitulâ arare voluerit, quod ii faciunt, qui absque ulla meditatione propria, postilla tantum, quae vocant, consilunt, et conciones inde ediscunt magno saepe cum labore, exiguo autem cum iudicio, unde ineptè satis interdum proferunt, quae non intelligunt, nec ad populum illum pertinent, ad quem verba faciunt.“ 206  Ebd., 120–121: „Idcirco etsi Postillarum usum non omnino improbamus, certum tamen est, donum docendi sibi nunquam paraturos esse, qui nihil ipsi meditantur, sed meditationes aliorum ex Postillis memoriae mandantes Psitaci instar recitant. […] Deinde populi ad quem dicturi sunt, mores temporumque conditiones, tanquam vivam postillam aliquam inspiciunt, et ad eas doctrinas ex textu applicant.“ und „Proinde omnium optimè sibi suisq[ue] auditoribus consulunt, qui textum, quem tractare volunt, diligenter in sua, si possunt, lingua, aut certe in versione Lutheri, quae commentarii instar est, legunt releguntq[ue] […] attendunt, verumq[ue] sensum assequi student, Deinde populi ad quem dicturi sunt, mores temporumq[ue] conditiones, tanquam vivam postillam aliquam inspiciunt, et ad eas doctrinas ex textu applicant. Postea demum doctiorum commentarios Postillasque, si volunt, consulant, praesertim minus exercitati, et exinde quae ex usu suo sunt, cum iudicio conquirant, iisq; tanquam famulis utantur, non ut magistris.“ 207  Die Trias von oratio, lectio und meditatio ist Luthers Vorrede zum ersten Band der Wittenberger Ausgabe der deutschen Schriften von 1539 entlehnt, der diese aus Psalm 119 ableitete. Vgl. WA 50, 658, 29–661,8. Mit ihr sind die Vorbereitungen (praeparationes) des Predigers, der zu einem rechten Verständnis der Schrift zu gelangen sucht, beschrieben. Luther selbst hatte von oratio, meditatio, tentatio gesprochen, in dieser Gestalt hat die Trias auch Eingang in die Studienanweisung der lutherischen Orthodoxie gefunden. Vgl. Nieden: Erfindung, 80–87 und 160–162. Möglicherweise knüpft Balduin



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eingeübt werden müssten. Oratio (Balduin gebraucht synonym auch preces) beziehe sich auf Frömmigkeit (pietas), lectio auf Beständigkeit (assiduitas) und meditatio auf das Verlangen zu lernen (discendi studium).208 Balduin nennt die tentatio als vierten Punkt. Damit stärkt er einerseits lectio als eigenständigen Teil des Theologiestudiums, obgleich auch Balduin sie als Teil der meditatio versteht. Andererseits akzentuiert er tentatio als einen von den übrigen drei Praktiken abgehobenen Aspekt.209 Oratio sei in Hinsicht auf lectio und meditatio sowie als Ansprache Gottes im Theologiestudium wichtig. Lectio meine hingegen die Ansprache des Menschen durch Gott mittels der Schrift und bereite angehende Prediger direkt auf das Amt vor.210 Unter lectio versteht Balduin mit 1. Tim 4,13 zwar zunächst lectio der Schrift (und sodann der Kirchenväter). Gleichwohl negiert er damit keineswegs die Lektüre profaner Schriftsteller, doch rät er dazu, bei ihnen nicht zu lange zu verweilen.211 Balduin empfiehlt, die theologischen Schriftsteller zu lesen, die über theologische Kontroversen, Auslegung biblischer Bücher, Übersetzung oder Kirchengeschichte handeln. Vor allem rät er zur Lektüre der symbolischen Bücher  – i. e. der Augsburgischen Konfession und ihrer Apologie, der Schmalkaldischen Artikel sowie insgesamt des Konkordienbuchs. Selbst die Schriften der theologischen Gegner sollten gelesen werden, allerdings erst dann, wenn der angehende Prediger ein angemessenes Urteilsvermögen erworben habe.212 an das Schema an, das der Luther-Schüler Hieronymus Weller im Anschluss an Luther aufgestellt hatte. Weller spricht im Blick auf die sachgemäße Anlage des Theologiestudiums ebenfalls von oratio, lectio, meditatio und tentatio. Vgl. Weller: Ratio formandi studii theologici, 1562, insbesondere 2r–10r. 208  Balduin: Brevis Institutio, 122–123: „Cum ergo donum docendi non aliorum laboribus, sed proprio marte comparandum sit, sciendum est, quod tria potissimum hanc ad rem sint necessaria, nimirum Oratio, Lectio et Meditatio; Illa pietatem, Ista assiduitatem, haec […] seu discendi studium complectitur. Singula Paulus noster iniunxit Timotheo: orationem, dum pietatem ei commendat, cuius bona pars preces sunt cap. 4. 8. Eiusque exercitium omnibus aliis corporalibus exercitiis ibidem praefert, Et dum in genere pro omnibus hominibus preces fieri vult, cap. 2. Vers. 1. Certè ministros verbi non excludit. Precibus utique opus est in omni negotio, cuius successum optamus felicem.“ 209  Luther hatte die lectio der meditatio zugeordnet, aber nicht als eigenständigen Punkt bezeichnet. Balduin hingegen formuliert die Trias oratio, lectio, meditatio und setzt als vierten Punkt die tentatio hinzu. Die Trias aber stellt keine zeitliche Abfolge dar, sondern alle drei genannten Punkte sind fortwährend zu leisten. Dass der oratio ein ebensolcher Stellenwert beigemessen wurde wie der lectio und meditatio zeigt sich darin, dass den theologischen Werken in der Regel Gebete vorangestellt worden sind. Es sei nämlich Gott selbst, der den Geist aufschließe und das Verständnis der Schrift erst möglich mache. Vgl. etwa die verstreuten Bemerkungen in der Widmungsvorrede an Markgraf Georg Friedrich zu Balduin: Passio typica I, 2r–16v. 210  Wenn wir beten, sprechen wir mit Gott, wenn wir aber lesen, so spricht Gott mit uns. Vgl. Balduin: Brevis Institutio, 124: „Nam cum oramus, ipsi cum Deo loquimur, cum vero legimus, Deus nobiscum loquitur. Partim etiam opus est precibus, cum iam ad concionem acceditur, et meditationes proferentur ad populum; Qua ratione lectionum et meditationum sacrarum clausula est.“ 211  Ebd., 125–126: „Philosophandum est, sed paucis, nam omnino nocet.“ 212  Das heißt für Balduin, dass er fest auf dem Boden lutherischer Lehre und Frömmigkeit steht. Vgl. ebd., 127: „Lectio ergo sacra praeparat Candidatum ministerii ad functionem sacram. Ad hanc lectionem sacram pertinet etiam lectio autorum aliorum praeter Scriptores Biblicos, qui de rebus sacris scripserunt, quales sunt controveriae Theologicae, et Exegeses librorum Bibliocorum, item linguarum interpretes, ut textus Biblici in fontibus legi queant, ut et historia Ecclesiastica: inprimis autem si à Bibliis discesserimus, legendi sunt libri Symbolici nostrarum Ecclesiarum, Augustana Confessio, eiusdem Apologia, Articuli Smalcaldici, et reliqua in libro Christianae Concordiae contenta. Et postquam iudicium confirmatum, fundamentaque pietatis et […] feliciter jacta sunt, addenda quoque est lectio adversariorum, ut strophae ipsorum discantur et contraria inter se posita magis elucescant.

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

Dazu erfordere die Lektüre der gegnerischen Schriften besondere Vorsichtsmaßnahmen: Stets habe sich der Lesende zu vergegenwärtigen, dass er sich im Lager der Feinde (in hostium castris) aufhalte. Wie leicht könne die vermischte lectio orthodoxer und heterodoxer Schriften (promiscua lectio) das Urteilsvermögen verwirren und dem Prediger ein schwieriges Hindernis werden. Auf die lectio folgt nun die meditatio, die nach Balduin das Urteilsvermögen forme und beim Memorieren der Inhalte helfe. Meditatio, so der Wittenberger Theologe, meine beständige Wiederholung (repetitio), Betrachtung der gelesenen und gelernten Dinge (consideratio rei lectae atque perceptae) und rechte Anwendung auf die Gegenwart (in re praesenti applicatio).213 Meditatio befriedige die Wissbegierde (philomatheia) und sei Teil aller Arten von Lehrformen und Übungen, die im Theologiestudium erfahren und exerziert würden: Vorlesungen, Disputationen, Predigten und homiletische Übungen.214 Vor allen anderen Lehrformen schätzt Balduin theologische Disputationen und Deklamationen. Er mahnt aber an, diese maßvoll zu veranstalten.215 Rede- resp. Predigtübungen (declamationes orationis) vermittelten Ordnung, Sprache und Ausdruck und führten angehende Prediger an die Praxis der Predigt heran.216 Balduin warnt vor der autodidaktischen Aneignung theologischen Wissens und fordert, dass die Bildung der angehenden Prediger in die Hände von Präzeptoren gelegt werde.217 Der Vorteil des Unterrichts durch Präzeptoren liege darin, dass diese nicht nur Wissen vermittelten, sondern auch die In horum verò lectione meminisse debemus nos in hostium castris versari, ad quae transeundum est interdum, non instar transfugarum, sed instar exploratorum, ut et artes ipsorum advertantur et arma in eos facilius expediantur. Nec similiter in legendos libros atq[ue] salutandos homines irruendum est, ut Augustinus monet lib. 1. de ordine cap. II. sed delectus librorum habendus. Nam promiscua lectio turbat iudicium, eosque, qui ante lectionem parum sciebant, iam veritate prorsus spoliat, aut suspensos duntaxat reddit, quod magnum est doctori impedimentum.“ 213  Ebd., 128: „Meditatio format iudicium, et quae legimus, in succum et sanguinem convertit. Est enim nihil aliud, quam crebra repetitio atque consideratio rei lectae atque perceptae, veraque eius in re praesenti applicatio. Multam enim tribuere veteres meditationi, ideo Periander dixit: […] Meditatio est omnia.“ 214 Diese Lehrformen und Übungen schärfen die dona docendi, Memorierfähigkeit, Urteilsvermögen und Öffentlichkeitstauglichkeit. Vgl. ebd., 129: „Cum Meditatione cohaeret […], quae complectitur omne genus exercitiorum, quibus iuniores in scholis ad ministerium praeparantur, ut sunt auscultationes lectionum publicarum et concionum, disputationes de rebus fidei, ut et exercitia homilitica, quibus omnibus acuitur ingenium, formatur judicium, firmatur memoria, et habitus agendi in publico aquiritur. Inprimis autem commendationem hoc in genere merentur Disputationes et declamations Theologicae.“ 215  Die Hochschätzung der Disputation zeigt sich auch an der von der Theologischen Fakultät 1625 herausgegebenen, dreibändigen Ausgabe der zwischen 1600 und 1615 in Wittenberg erschienenen Disputationen, die sich nicht zuletzt an Theologiestudenten richtete. Vgl. Balduin (Hrsg.): Tomus Disputationum Theologicarum, Bd. 1: 1600–1606, 2: 1606–1611, 3: 1611–1615, Wittenberg 1625. 216  Balduin: Brevis Institutio, 129: „Declamationes orationis structura et continuatione inventionis et dispositionis artificio, elocutione et pronunciatione, ad conciones Ecclesiasticas quam proximè accedunt. Neque enim virtus ulla perpetuae orationis reperiri potest, quae non sit cum hac dicendi meditatione coniuncta, ait Quintilianus […].“ 217  „Zuhören können“ ist für Balduin eine der entscheidenden Voraussetzungen für das Lehren. „Haec enim ordinaria sunt media comparandae eruditionis, per quae Deus donum illud docendi, quod in publicis congressibus est necessarium, largiri solet, semperq[ue] melius est praeceptoribus praesentibus talia instituere exercitia, fieri enim non potest, ut primo statim in limine Omnia solida sint ac perfecta, cum nemo nascatur artifex. Monitoribus ergo opus est, qui fideli institutione defectus tollere, naturalia excolere, ac limare possunt. Unde tandem, Deo largiente virtutem, donum docendi



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Möglichkeit der Nachahmung der Präzeptoren böten (Sir 18,19). Meditatio sei daher nicht alleine als singulär zu vollziehende meditatio der Sache zu verstehen, die durch lectio angeeignet worden sei, sondern durchaus als ein Akt, der im Diskurs stattfinde. Die tentatio, die Balduin in der Nachfolge Luthers nun als vierten Punkt im Rahmen des Theologiestudiums nennt, sei dem Studenten unverfügbar.218 Obgleich er seinen Erfolg in oratio, lectio und meditatio dem Ratschluss Gottes überlassen müsse, könne er selbst Einfluss nehmen, indem er sich besonders befleißige. Auf tentatio habe der Theologiestudent keinen Einfluss.219 Balduin beschreibt tentatio im Theologiestudium als ein Abkommen vom rechten Weg kurz vor dem Ziel und begreift sie als Leiden (2. Tim 2,3).220 Er unterscheidet zweierlei Arten von tentatio: Erstens die äußerliche, die durch Häretiker, Tyrannen, falsche Brüder, undankbare Schüler und Zuhörer, aber auch Krankheiten verursacht werde, zweitens die noch schwerwiegenderen innerlichen, die wider Herz und Gewissen stritten, die Anfechtungen der Sünden. Gerade diese Anfechtungen machten den Prediger erfahren und bereiteten die Waffen, um diese zu überwinden. Die Erfahrung der Anfechtung und der Überwindung der Anfechtung führe dazu, dass das wirksame und lebendige Wort Gottes erfüllt werde und die in gleicher Weise angefochtenen Menschen tröste.221 Nur wer bereits am eigenen Leib die Anfechtung erfahren habe, sei in der Lage, anderen in der Anfechtung beizustehen, denn dieser wisse, wovon er spreche und sei deshalb authentisch. Für Balduin ist der beste Prediger derjenige, der die Lehre am eigenen Leib erfahren hat (qui doctrinae suae experimenta habuere in semetipsis). Indem tentatio den angehenden Prediger von seinem in oratio, lectio und meditatio genommenen Weg abbringe und sein Herz und Gewissen erschüttere, leite sie ihn auch dazu an, sich selbst zu erforschen. Für Balduin ist tentatio mit der Erkenntnis des eigenen Selbst verbunden (Sir 4,11). Oratio, lectio, meditatio und tentatio dienen damit als Richtschnur, an der sich der Theologiestudent und der gestandene Theologe gleichermaßen sein Leben lang orientieren müssen. Für eine sachgemäße Auslegung und Anwendung der Schrift bedarf es weiterhin einer verlässlichen Methode, die gewährleistet, dass die Auslegung dem Sinn der Schrift genügt. Es genügt nicht, wenn der angehende Prediger die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium verstanden hat. Er muss auch wissen, wie er diese in der Auslegung operationalisiert; auch deswegen bedarf es einer Methode, die das zu leisten vermag.222 nascetur, si non in omnibus summum et exactum: tale tamen quod in Ecclesiae Christi magno cum fructu inservire possit.“ Vgl. ebd., 131–132. 218  Luther hatte tentatio, Anfechtung, als einen Prüfstein bezeichnet, welcher die Erfahrung des Wortes Gottes lehre. Vgl. WA 50; 658, 29–661,8. Vgl. weiterhin die Bemerkungen in der Widmungsvorrede zu Balduin: Adventus Christi Typicus, 2r–15v. 219  Gleichwohl ist die tentatio Teil des Theologiestudiums und in der Nachfolge Luthers Teil der Studienanweisungen. 220  Der Prediger, der sich in oratio, lectio, meditatio übe und in seinem Studium fortschreite, werde „non procul à perfectione“ von seinem Weg abkommen. Vgl. Balduin: Brevis Institutio, 132. 221 Ebd., 133: „Sed huiusmodi tentationum exercitia faciunt peritiam, et suggerunt arma contra tentatorem, verbum Dei reddunt efficax et vivum, solatiique materiam praebent apud eos, qui similia patiuntur. […] Et certè nihil tam validè penetrat cor auditorum, nisi quod ex corde dicentis prodiit. Ideo omnium efficacissimè docere possunt, qui doctrinae suae experimenta habuere in semetipsis.“ 222  Nur die Methode könne gewährleisten, dass die Lehre sachgemäß dargestellt und vermittelt werden könne, ohne dass die Kirche Schaden nehme. Vgl. ebd., 136: „Ornat autem cathedram

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In der Brevis Institutio legt Balduin seine Methode der Auslegung bezogen auf die Vermittlung der Lehre in der Predigt (modus loquendi in Ecclesia) dar. Gegenstand und Darbietungsweise müssten nämlich dergestalt aufeinander bezogen sein, dass Hören und Verstehen gewährleistet werden könnten.223 Gründliche Vorbereitung (praemeditatio) und sorgsame Verinnerlichung der Lehrmethode (de modo docendi cogitandum) sind für Balduin so lange unerlässlich, bis sie dem Prediger eignendes Verhalten (aquisito habitu) geworden sind und dieser nun mehr und mehr auch unvorbereitete Predigten erledigen kann.224 Seine Betrachtung der Lehrmethode ist unterteilt in die Betrachtung des Was (Lehrinhalte) und des Wie (Darbietungsweise). Dennoch bietet Balduin auch hier nicht die wesentlichen Lehrinhalte der konfessionellen Normdogmatik, vielmehr behandelt er zunächst die Frage nach der Genese dieser Lehrinhalte und sodann der konkreten Darbietungsweise (1. Tim 1,4 und 4,7).225 Er entfaltet seinen methodischen Ansatz an der Ausrichtung auf ein nützliches Ziel (finem utilem), nämlich den Menschen Heil zu schaffen.226 Deshalb seien etwa unpassende Erzählungen (ineptas fabulas), langwierige Genealogien (genealogias interminatas) und subtile Fragen (quaestiones spinosas) zu meiden. Demgegenüber solle die reine Lehre (1. Tim 1,18) gelehrt, falsche Lehre widerlegt (1. Tim 4,1 und 6,3), Unterweisung des Lebens und der Sitten vorgenommen (1. Tim 5,1 und 5,6) sowie Trost für die Angefochtenen geboten werden (1. Tim 4,13 und 6,3). Auf welche Weise (διδασκαλια)

Sacerdotalem inprimis doctrina, nam sacerdos indoctus est coecum animale, inquit Hieronymus super Maleachiam. Doctrinam autem ornat methodus et iusta ratio modusq[ue] proponendi. Non enim loquendum est in Ecclesia, quicquid in buccam venit, sed quid et quomodo dicatur, probe cogitandum, si cum fructu auditorum dicere velimus. […] Quae temeritas tentat Deum, fugit laborem, et non auditorum utilitatem, sed privatam quondam gloriolam captat.“ 223  Der Ausspruch Mt 10,19: „[…] so sorgt nicht, wie oder was ihr reden sollt; denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt“ widerspreche der Forderung nach einer Methode, welche die Lehre lehr- und lernbar mache, durchaus nicht, denn der Ausspruch sei nicht als methodisches Postulat, sondern vielmehr als Hilfe und Trost zu verstehen: „Verum dictum hoc non tollit studium, sed promittit auxilium, non agit de libere praedicantibus, sed de persecutionem patientibus; non de ordinaria praedicatione inter fideles, sed de extraordinaria confessione inter persecutores.“ Das Argument der Aussageabsicht ist im Rahmen der Exegese der lutherischen Orthodoxie von wichtiger Bedeutung. 224  Möglicherweise ist in dieser Auffassung der Grund dafür zu suchen, dass Balduin sich in den von ihm veröffentlichten Predigten nicht immer streng an die von ihm aufgestellten homiletischen Lehren hält und sich in Form und Gestaltung eine gewisse Freiheit zugesteht. 225  Balduin: Brevis Institutio, 138–139: „Duo autem ad modum docendi spectare, ipse Christus loco prius allegato innuit, videlicet, quid et quomodo locuamur: Illud materiam proponendam, hoc phrases et verba; Illud inventionem, hoc Elocutionem in concione concernit. Utrumque attingit Apostolus noster in prior. Ad Tim. De primo membro duo habet; nimirum quid docendum non sit, et quid sit docendum? De priore agit, cum vitare iubet fabulas et genealogies interminatas, quae quaestiones magis pariunt, quàm aedificationem, quae est in fide, cap. 1. vers. 4. et cap. 4. vers. 7.“ Bis in die Terminologie hinein orientiert sich Balduin hier an Augustinus’ De Doctrina Christiana, ohne dass er an dieser Stelle explizit auf den Kirchenvater verweist. Die Rezeption dieser hermeneutischen Schrift ist aber in der Brevis Institutio durchaus zu belegen. 226 Ebd., 139: „Nam in omnibus nostris actionibus finis potissimum respici debet, cui actio, studium et labor noster inserviturus est. Quod enim frustra sit, pro non facto meritò habetur, Quod autem finem habet utilem, laborem minuit, et stadium intendit. Potissimùm hoc attendum est in omnibus studiis liberalibus, in quibus omnis conatus, omnis intension ingenii, omne exercitium memoriae nullum est, si non habet finem utilem.“



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genannte Forderungen methodisch umgesetzt werden können, klärt Balduin nun in elf einzelnen Regeln. Die erste Regel besteht in Gottesfurcht.227 Im Anschluss an Luther nennt Balduin drei experimenta, um Gottesfurcht vor Augen zu führen. Erstens, dass die Vorüberlegungen, auch wenn der Prediger alles tüchtig meditiert habe, dennoch manchmal in der Predigt nichtig würden. Zweitens, dass der Prediger  – obgleich über seiner Meditation ganz und gar verzweifelt  – die Kraft Gottes fühle, so dass die Predigt ­seiner Meinung auch entspreche. Drittens, dass der Prediger, wenn er nichts empfangen habe, doch den Hörern nützen könne. Die zweite und dritte Regel besteht darin, dass sich der Prediger vergegenwärtigt, dass er im Lehramt die Wahrheit schaue, und diese Wahrheit solle möglichst verständlich (simplicissimè) gepredigt werden. Keine stilmittelüberfrachtete, sondern eine einfache Sprache (simplex oratio), die ganz an den nützlichen Lehren der Schrift ausgerichtet sei, könne die Wahrheit vermitteln. Deshalb empfiehlt Balduin, Worte, die der französischen oder italienischen Sprache entlehnt seien, oder solche, die mit der Sache nichts gemein hätten, zu vermeiden. In der vierten Regel fordert Balduin, dass die Lehre stets in der Schrift (doctrina textuales) gründen müsse. Nur das Finden der rechten Ordnung und sachgemäße Erklärung der Schrift könnten den Prediger davor bewahren, menschliche Ansichten anstatt des Wortes Gottes zu predigen.228 Beides setzt die fünfte Regel voraus, dass nämlich die Schrift in den Originalsprachen zu lesen sei. Allzu häufig besitze ein einzelnes Wort im Originaltext eine Bedeutung, die in der Übersetzung nicht mehr vorhanden sei. Die sechste Regel besagt, dass die Lehre nicht aus der Allegorie genommen werden solle. Allerdings gebe es Ausnahmen: Erstens, wenn der Heilige Geist selbst eine Lehre durch Allegorie vorstelle (Joh 1,29; 6,35; 15,1 und 10,11), zweitens, wenn eine Stelle der Schrift nur durch Allegorie verständlich werde (Ps 91,13), drittens, wenn der grammatische Sinn der Schrift absurd erscheine – etwa wenn Gott Ohren, Augen und Nasen zugeschrieben würden – oder viertens, wenn dieser nicht mit der Glaubensnorm (analogia fidei) vereinbar sei – etwa wenn uns befohlen werde, das Auge auszureißen und den Fuß abzuschneiden (Mt 18,8 und 9), und fünftens, wenn der grammatische Sinn nicht zur rechten (und nützlichen) Lehre hinführe – etwa in der Geschichte von den Aufenthalten der Israeliter im Buch Josua. Umgekehrt sei es 227  Das Amt des Predigers sei prekär, denn es sei Anmaßung und Notwendigkeit, dass der Prediger das Wort Gottes öffentlich verkünde. Nur die Gottesfurcht sei das geeignete Mittel gegen diese Anmaßung, die das Amt mit sich bringe. Das gelte nicht alleine für den angehenden und unerfahrenen Prediger, sondern auch für den erfahrenen. Vgl. ebd., 146: „Concionatores timidi sunt optimi: qui verò animam in lingua habent, plerumque confunduntur. Odit enim Deus audaciam in legatis suis: qui verò infirmantur, potentes sunt, 2. Corinth. 12,10. Hinc Lutherus de seipso dixit commensalibus suis: Eitsi iam senex, et iam in concionandi exercitatus sum; tamen timeo, quoties suggestum conscendo, et vos aliquando tria illa certo experiemini.“ Vgl. auch CA II. 228  Balduin: Brevis Institutio, 148–149: „Doctrina ex ipsis visceribus textus Biblici petenda est, quod ut fiat, textus ordine disponatur, et rectè explicetur. Nam doctrinae, quae ex tectu fluunt, sunt optimae, ideo Beatus Lutherus Theologos textuales maximè laudate solebat. Nam de huiusmodi doctrinis, quas textus suppeditat, certi esse possumus, quod eas intenderit Spiritus sanctus, ideo et suavius afficiunt, et facilius arripiuntur, animumque docentis corroborant, quod non figment hominum, sed Dei verbum protulerit.“

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aber falsch anzunehmen, dass alles in der Schrift allegorisch sei.229 Entscheidend sei, Allegorien maß- und sinnvoll einzusetzen: Nicht wie die Speise, sondern wie das Gewürz – sparsam, nicht als Stärkung, als Freude vielmehr – seien Allegorien in der Predigt zu gebrauchen. Bei der Auslegung solle sich der Prediger nach der siebten Regel nicht allzulange bei historischen Detailfragen aufhalten.230 Auch Vorüberlegungen (praecognita) könnten in der Predigt übergangen oder nur kurz geschildert werden, damit die Zeit für nützlichere Dinge verwendet werden könne. Die achte Regel besagt, dass der Prediger bei der Auslegung des Textes nicht nach Besonderheit (singularitas) streben solle.231 Die alleinige Richtschnur (norma) der Auslegung sei die Heilige Schrift, mahnt Balduin in der neunten Regel.232 In der zehnten Regel betont Balduin, dass dem Prediger eine unerschütterbare Glaubensgewissheit eignen müsse.233 Die elfte Regel schreibt ihm schließlich vor, stets mit Demut die Ehre Gottes zu suchen. Neben der Lehre, die Balduin am ausführlichsten behandelt, gehören Verteidigung, Unterweisung und Trost zum Predigtamt. Vor allem das Amt der Verteidigung der Lehre wird von der weltlichen Obrigkeit kritisch betrachtet, bisweilen gar verboten.234 Doch zeigt die Schrift für Balduin klar, dass der Prediger, der an der Erbauung der Kirche arbeite, auch die bekämpfen müsse, die der Erbauung im Wege stehen.235 Balduin geht noch einen Schritt weiter, indem er die weltliche Obrigkeit dazu ermahnt, den Predigern nicht Schweigen zu befehlen, wenn die Lehre durch Häresien angefochten werde.236 Er schreibt einige Regeln vor, die es für das Amt der Verteidigung (officium elenchticum) zu beachten gelte.237 Erstens richte sich das officium elenchticum nicht nur gegen die Häresien, sondern auch gegen die Häretiker. Zweitens 229  Wie Balduin unter Verweis auf das erste Kapitel des achten Buchs von Augustinus’ De Genesi ad Litteram betont. Vgl. Balduin: Brevis Institutio, 151. 230 Denn diese seien nicht der Schrift, sondern historischen Quellen entnommen und an die Schrift herangetragen worden, etwa wenn bei der Auslegung der Opfer der Leviten ausschweifig über die Maße der Hebräer berichtet würde. Vgl. ebd., 151–152. 231  Denn nichts verhindere die Erbauung der Hörer mehr als die Uneinigkeit der Lehrer: „sitis autem perfecti in eodem sensu, & in eadem scientia“ (1. Kor 1,10). 232  Balduin: Brevis Institutio, 153: „Nam Paulus vehementer improbat eos, qui non aquiescunt sanis sermonis Christi, cap. 6,3. Quod faciunt omnes, qui scripturae addunt vel rationes placita, vel verbum non scriptum, qui Christi meritum non reliquunt solum, sed humanorum operum assumenta abiciunt.“ 233 Ebd., 154: „Nam mundus quidem regitur opinionibus; Ecclesia verò verbo Dei, quod est immota veritas: Idcirco ipsi confirmati sunt, quod, quae docent, vera sint, sana et utilia, quorum ipsos poenitere nunquam possit.“ 234  Doch darum könne sich der Prediger, der sein Amt – i. e. in der Kirche zu lehren – ausführen müsse, nicht sorgen. Vgl. ebd., 157: „Certè qui officio docendi in Ecclesia rectè perfungi vult, non potest huiusmodi fulmina Politicorum curare, ideo mature ad hoc vibices et linguae flagella humeros suos praeparet.“ 235  Ebd., 158: „Architecti sunt, Psalm 118, 2. qui laborant in aedificanda Ecclesia, quae est templum Dei spiritualis […].“ 236  Ebd., 160. Dieses Thema hat Balduin – darauf weist er in der Brevis Institutio explizit hin – im Rahmen einer Disputation behandelt, die mehrfach wiederaufgelegt worden ist. Noch im Jahr 1700 wurde sie unter dem Titel Discursus Theologicus De Anathematismis gedruckt. Vgl. Balduin: De Anathematismis. 237  Balduin: Brevis Institutio, 161–165.



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sollten die Häretiker nicht bekämpft, sondern mit der Schrift überzeugt werden. Drittens gehöre zum officium elenchticum die Verdammung (damnatio) von Häresien und Häretikern. Die Verdammung sei viertens nicht als Lästerrede zu verstehen, sondern als Auftrag der Schrift. Die einfältigen Häretiker seien fünftens milder (mollius) zu behandeln und umsichtiger zu unterweisen. Hatte Balduin bisher das Auffinden (inventio) des Predigtthemas behandelt, so geht er nunmehr zur Darbietungsweise (elocutio), konkret zu Ausdruck und Aussprache, in der Predigt über.238 Balduin erörtert vier Paulinische Regeln, die Form, Stil und Wortwahl betreffen und dem Prediger stets vor Augen stehen sollen, wenn er predigt.239 Erstens solle das Wort Gottes in einfachen Worten dargelegt werden (verbum Dei quam simplicissimis verbis proponendum est).240 Weil die himmlische Lehre die Wahrheit selbst sei, welche sich einfach und klar darbiete, habe sie keine schmückenden Worte nötig (1. Kor 1,17).241 Balduin ergänzt konkretisierend, dass weder durch Effekthascherei (affectatis vocibus) und Überheblichkeit (insolentia styli) noch durch fremde Sprachen (peregrinis linguis) oder Zitate profaner Redner und Poeten (dictis gentilium oratorum aut poetarum) etwas ausgerichtet werden könne. Dem Ausdruck (elocutio) wird dabei eine durchaus ambivalente Rolle zugesprochen.242 Balduin fasst zusammen, dass diejenigen, die ohne den Prunk der Worte das zur Sache Gehörige kurz (breviter) und verständlich (dilucidè) so vorbrächten, dass es einen guten Nutzen schaffe, gute Prediger seien.243 Zweitens fordert Balduin, Phrasen oder Redewendungen nur so zu gebrauchen, dass bei den Unerfahrenen kein Anstoß erregt werde (ut cautè loquamur, ejusmodi utendum est phrasibus, quibus non offendantur imperiti), eine Regel, die Paulus in 2. Tim 1,13 ausdrücklich festlege, wenn er mahne, dass die Prediger bei der heilsamen 238  Denn wenn ein Prediger, der recht lehre, nicht angemessene Worte finde, mit welchen er die Lehre vor seine Hörer bringt, könne die rechte Lehre leicht pervertiert und das Evangelium Christi ein Evangelium des Menschen werden. Vgl. ebd., 182–196, hier 182: „Hactenus materiam seu inventionem concionum vidimus, iam de Elocutione dicendum restat. Multum enim interest videre, ne tantùm vera et bona proponantur, sed et ut benè. Nam scandalum praebent sermons incauti, et ut Jureconsulti causam bonam male agendo, sic verbi ministri doctrinam bonam male loquendo perdere solent.“ 239  Ebd., 183: „Cohaeredes nostri in regno Dei ibi sunt, quibus praedicamus Evangelium, propter quos, ut D. Hieronymus loquitur, grande periculum est, in Ecclesia loquitur, grande periculum est, in Ecclesia loqui, ne fortè interpretatione perversa de Evangelio Christi fiat Evangelium hominis, aut quod peius est, diaboli. Idcirco Paulus hortatur, ut in conventionibus Ecclesiae omnia ad aedificationem fiant 1. Corinth. 14, 26. et ministrum verbi studere iubet seipsum probatum exhibere Deo, ne erubescat, 2. Timoth. 2, 15. Ut ergo circumspectè et religiosè tractet minister verbum Domini, quatuor Regulae, quas Paulus noster hac de re habet, observandae, et in concionibus semper ante oculos habendae sunt.“ 240  Die Regel ist aus Ciceros Paradoxa (§ 3) abgeleitet, woraus Balduin direkt zitiert: „Nihil est tam incredibile, quod non dicendo fiat probabile, nihil tam horrendum, tam incultum, quod non splendescat oratione et tanquam excolatur.“ 241 Theodoret paraphrasierend vergleicht Balduin das Wort Gottes mit einer Lilie, die keines äußerlichen Schmuckes bedürfe, da sie aus natürlichem Glanz strahle; wie die Lilie, so bedürfe auch das Wort Gottes nicht der Kuppelei äußerlicher Worte, so Theodoret. Vgl. Balduin: Brevis Institutio, 184. 242  Balduin: Brevis Institutio, 185. 243  Ebd., 185: „Ille enim omnium optimè docent, qui sine verborum pompa, qvod ad rem facit, breviter ac dilucidè edisserunt, ut prodesse velle, non populo placere videantur.“

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

Lehre bleiben sollten.244 Balduin warnt mit Paulus davor, neue Redewendungen hinzuzudichten, und fordert, bei den gebräuchlichen zu verweilen, da aus neuen Redewendungen oft neue Lehren entstünden, die Kirche jedoch allein aus der Schrift schöpfen müsse.245 Er bringt ein Beispiel aus den Kirchenvätern: Wenn von Gott als dem Dreieinen gesprochen werde, nennten sie eine Gestalt (unam speciem) und drei Teile (tria individua). Doch Gestalt und Teile in der Logik seien sehr verschieden von dem, was Essenz (essentia) und Person (persona) in der Lehre von der Dreieinigkeit bedeuteten.246 Balduin zeigt hier eindrucksvoll, dass Worte und Wortverbindungen, die aus anderen Verwendungskontexten in die Predigt einfließen, schwerwiegende, kaum abzuschätzende Folgen haben können.247 Die dritte Paulinische Regel, die Balduin aufführt, fordert, im Lehren ungewöhnliche Äußerungen zu vermeiden, wie Paulus in 1. Tim 6,20, wo er das Neue zwar nicht einsehe, aber doch die Schwierigkeit der Dinge herausfordere.248 Häufig seien in der Schrift Dinge enthalten, die zum Zweck des Lehrens in anderen Worten ausgedrückt würden249: Tres in una essentia vocantur tres personae, et ipsa de hac re doctrina dogma S. S. Trinitatis. Sic corruptio naturae nostrae, quem à parentibus habemus, vocatur peccatum Originis; Symbola Ecclesiae, per quae Deus suam nobis confert et obsignat gratiam, vocantur Sacramenta.

Balduin bemerkt, dass diese und ähnliche Vokabeln zwar nicht in der Schrift gefunden werden könnten; da jene Dinge dennoch in der Schrift begriffen seien, füge die Kirche diese Vokabeln der Lehre halber hinzu. Balduin nennt diese Begriffe, durch welche leicht neue Lehrartikel in die Schrift hineingetragen werden könnten, καινοφονια. Der Wittenberger Theologe gibt noch einige Beispiele, wie der Gebrauch derselben zu neuen Lehrartikeln führen könne, die der Schrift nicht gemäß seien.250

244  Ebd.,

185–186. 186: „Non ergo vult quemvis novas affingere phrases, sed cum Ecclesia loquendum est, cum ex novitate phrasium, nova saepe oriantur dogmata: Ecclesia verò formales loquendi hausit ex Scripturis […].“ 246  Ebd., 187. Balduin bringt noch ein weiteres Beispiel, nämlich den Streit zwischen Erasmus und Luther über die Freiheit des Willens. 247  Um diese möglichst zu vermeiden, sei vor einiger Zeit die Konkordienformel entstanden, nämlich um eine der Schrift gemäße Sprache zu finden, die bei den Unerfahrenen keinen Anstoß errege. Vgl. ebd., 188–189: „Et in hunc finem inter caetera conscripta olim fuit Formula Concordiae, ut in Praefatione istius libri habetur, ut turbulentis contentiosisq[ue] hominibus, qui ad nullam formulam purioris doctrinae se astringi patiuntur, liberum non sit pro sua libidine controversias cum offendiculo coniunctas movere, et prodigiosas opiniones proponere et propugnare. Unde et aequitas et Ecclesiae tranquillitas poscit, ut qui alias cum doctrina illius libri per omnia consentiunt, à novis abstineat phrasibus, iis praesertim in articulis, qui eo libri explicantur. Illa enim novitas imperitos certaminum confundit et turbat, ipsosq[ue] phrasium novarum authores, de novitiate doctrinae suspectos reddit apud eos, qui ad sinistra iudicia proni sunt.“ 248  Ebd., 190: „In docendo vitandae sunt καινοφονια seu novitates vocum, quam regulam Paulus habet 1. Tim. 6.20 ubi tamen, ut in Exegesin diximus, non eam intelligit novitatem, quam rerum difficultas exigit.“ 249  Ebd., 191. 250  Ebd., 192–193. 245  Ebd.,

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Die vierte Regel, die Balduin aus Röm 11,6 ableitet, besagt, dass das Predigen dem Glauben zu entsprechen habe, mithin die Schrift so auszulegen sei, dass die Auslegung nicht dem rechten Glauben widerstreite. Das geschehe am besten, wenn die Schrift mit der Schrift (scripturam ex scriptura explicare) ausgelegt werde. Dabei sollen Worte und Wortverbindungen gebraucht werden, die der Schrift vertraut sind (et si fieri potest, iisdem verbis et phrasibus, quae Scripturae familiares sunt).251 Balduin lässt hierauf noch eine weitere Regel folgen, die er aus 1. Kor 14,22 ableitet: Spiritus Prophetarum prophetis subiecti sint, nemo enim sibi infallibile donum interpretandi Scripturas arrogare debet, ita ut se errare non posse existimet, idcirco vera cum humilitate et studio discendi alios audire debet, si quis cum fructu vult docere.

Niemand sei mit einer unfehlbaren Gabe versehen, die Schrift so auszulegen, dass er niemals irren könnte. Deshalb fordert Balduin, dass derjenige mit wahrer Demut und Eifer lernen müsse, andere anzuhören, der Gewinn bringend lehren möchte. Wenn die Norm des Predigens die Übereinstimmung mit dem Glauben sei – mithin die Entsprechung der christlichen Lehre in sämtlichen Lehrartikeln, die in den prophetischen und apostolischen Schriften zugrundegelegt seien und übereinstimmten, sei nur das zu bewahren, was sich zur wahren Erbauung nützlich erweise, und das zu verwerfen, was auch immer davon abweiche.252 Das Abweichen könne dreifach geschehen, erstens durch die Verwendung neuer und ungewohnter Worte und Wortverbindungen, zweitens durch die falsche Anwendung der Schriftworte selbst, drittens, wenn aus den schlecht erfassten Worten der Schrift falsche Regeln abgeleitet würden, wie etwa im Falle der antinomischen Auslegung von 1. Tim 1: „Lex iusto non est posita“.253 Balduin hat in einem Brief an Balthasar Meisner vom 4. September 1604 konkrete Anweisungen gegeben, die seine Auffassung über die Gestaltung des Theologiestudiums offen legen.254 Balduin, damals Pfarrer und Superintendent in Ölsnitz, rät seinem in Wittenberg studierenden Schwager Meisner, sich an seine Präzeptoren – vor allem an Hutter – zu halten und neben den Codices Hoës die methodisch geschriebenen Bücher des Ägidius Hunnius zu lesen. Zudem empfiehlt er die Loci Theologici und das Examen Concilii Tridentini des Martin Chemnitz zur Lektüre. Wie ihm einst David 251  Ebd.,

194. 195. 253  Ebd., 195–196. 254  „De curriculo studiorum Theologicorum non est opus meo consilio: habes per Dei gratia praeceptores faventes, ad quos tibi liber patere potest aditus: vel si nondum potet; autor tibi suas, ut unius vel alterius Theologi, Hutteri inprimis (qui est caeteris minus occupatus) familiaritatem ambias; qui tibi hoc in genere consilio auxilioque suo non deerit, si modò viri humanitatem rectè novi. Benè a facis quod iuxta lectionem Hoen codicis beatissimi Hunnii libellos methodicos familiares tibi reddis; qui ob perspicuitatem rerumque varietatem et gravitatem, tractandis quoque dexteritatem eam pridem omne tulere punctus. Quibus si adiunxeris D. Chemnitii non tam Locos Theologicos, sed etiam Examen Conciliatus Tridentini, exactissim Theologiae non compendium sed codicem habiturus es. Et his duobus inprimis in privatâ lectione uti potes: non nisi consultum puto, ut qui priore Theologorum subtellia salutat, multis variorum autorum lectionibus sese onera: fieri non potest, ut vel varietate methodi, vel sententiorum diversitate, vel styli disparitate facilè turbetur. Prae caeteris […] omnibus Praeceptorum voces Dei vocem putato, per quibus tecum loquitur: ex quod mihi olim beatissimus suadebat Rungius, tale, quod ab ipso petenti, quotidie ad minimum caput biblicum legito non perfunctorie, sed attentè, adhibito probae notae Theologi Commentario.“ Vgl. SUB Hamburg, Sup. ep., 36r-v. Vgl. dazu auch Tholuck: Geist der lutherischen Theologen, 15–17. 252  Ebd.,

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

Runge so rät Balduin nun Meisner, jeden Tag ein Kapitel der Bibel zu lesen und einen einschlägigen Kommentar hinzuzuziehen.

2.4.  Repräsentation und Wirkung der Wortverkündigung In den letzten Kapiteln der Brevis Institutio nennt Balduin die Aufgaben des Predigers, die außerhalb seines Lehramts auf ihn zukommen.255 Als erste Aufgabe nennt Balduin Beten für das Volk (orare pro populo). Gerade in der heutigen Zeit habe der Prediger nicht nur in der Kirche für das Volk zu beten, sondern auch öffentliche Gebete zu veranstalten. Zwar dürften die Gebete in der Kirche nicht vernachlässigt werden, der Prediger könne aber durchaus der Obrigkeit in Krisensituationen empfehlen, öffentliche Gebete für das Volk zu veranstalten. Dazu gehöre auch die Aufsicht über die Musik in den Kirchen, die dem Prediger obliege. Die zweite Aufgabe des Predigers besteht nach Balduin in der Aufsicht über die Kirchenkasse (curam habere aerarii ecclesiastici), da bereits in der Kirche der Apostel den Diakonen solche Verantwortung aufgetragen worden sei (Apg 6,2 ff.). Balduin selbst führte als Pfarrer und Generalsuperintendent der Stadtkirche die Aufsicht über den Gemeinen Kasten. Die dritte Aufgabe sei, in kirchlichen Angelegenheiten zu entscheiden (decidere causas ecclesiasticas).256 Zu den Immunitäten des Predigers gehöre, dass er die kirchlichen Angelegenheiten nicht in Rücksicht auf die weltlichen Entscheidungsträger, sondern in Rücksicht auf den Bischof (i. e. Generalsuperintendenten) oder das Geistliche Konsistorium behandele. Nur wenn die Schwere (gravitas) des Falles eine eingehendere Prüfung erfordere, sei dieser an das Konsistorium weiterzuleiten, das eben aus kirchlichen und weltlichen Personen (5. Mose 17,8) bestehe. Balduin betont, dass die Immunitäten des Predigers in der kurfürstlichen Kirchenordnung von 1580 geschützt seien.257 Als Beispiel führt er die Entscheidung in Eheangelegenheiten an: Nicht nur habe die Ehe ihren Grund im Wort Gottes, vielmehr gebe es hier auch viele Gewissensfälle, die Trost aus dem Wort Gottes erforderten. Die Sakramentsverwaltung ist eng mit dem Lehramt des Predigers verbunden:258 Nichts anderes seien die Sakramente als Siegel der Gnade, die Gott dem Wort 255  Balduin: Brevis Institutio, 197: „Quae huc usque de officio Ministrorum dicta sunt, ad omnes in genere pertinent. Quemadmodum autem gradus Ministrorum sunt, ut supra ostendimus: ita certe quaedam munia Antistiti seu Inspectori reliquorum sunt propria et peculiaria, de quibus nunc agendum.“ 256  Die Formulierung dieser Aufgabe darf durchaus als Spitze gegen das seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in den protestantischen Territorien und Städten des Heiligen Römischen Reiches immer stärker ausgebaute landesherrliche Kirchenregiment gelesen werden, das sich institutionell in der Gründung von Konsistorien niedergeschlagen hat, welche paritätisch mit Theologen und Juristen besetzt waren. Mit Schärfe hat Balduin das Primat der kirchlichen Entscheidungsgewalt in kirchlichen Fragen auch im Rahmen seines Discursus Theologicus über das kirchliche Anathema (De Anathematismis) vorgetragen. 257 Vom Immunitatibus und Freyheiten der Kirchendiener, in: Des Durchlauchtigsten, Hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Augusten, Hertzogen zu Sachsen […] Ordnung, Wie es in seiner Churf. G. Landen bey den Kirchen […], Wittenberg 1618. 258  Balduin: Brevis Institutio, 206. Vgl. die Bestimmung der potestas ecclesiastica nach Heerbrand als Predigt, Sakramentsverwaltung und Kirchenleitung, referiert von Ohlemacher: Lateinische Katechetik, 251.



2.  Brevis Institutio Ministrorum verbi (1621)239

beigegeben habe.259 Die Sakramente könnten nicht als Adiaphora bezeichnet werden, weil mit Mt 28,19 (Taufbefehl) für die Taufe ein Mandat Christi gegeben sei. Gleichwohl sei dem Amt der Wortverkündigung gegenüber der Sakramentsverwaltung der Vorrang einzuräumen, weil die Kirche der Lehre nicht (ratione necessitatis), der Sakramentsverwaltung hingegen unter gewissen Umständen schon entbehren könne. Balduin vergleicht die Lehre mit den Buchstaben, das Sakrament aber mit dem Siegel: Ein zerstörtes Siegel nehme dem Buchstaben nichts von seiner Kraft.260 Sakramentsverwaltung habe stets in der heimischen Sprache zu geschehen, damit die Teilnehmer das Geschehen gemäß 1. Kor 14,9 auch verstehen könnten. Mit Spitze gegen die römisch-katholische Theologie stellt Balduin klar, dass die Fähigkeit der Sakramentsverwaltung nicht von der priesterlichen Würde, sondern von der rechtmäßigen Berufung und der Würdigkeit des Pfarrers und der Empfangenden abhänge.261 In Hinsicht auf das Taufsakrament unterscheidet Balduin materia und forma der Taufe: Der Prediger könne  – wie er unter Hinweis auf Augustinus und Luther ausführt  – sogar dann, wenn er ein unlauteres Leben führe, recht taufen, da der Effekt der Taufe nicht von der Person des Taufenden abhängig sei.262 Ein römisch-katholischer Priester könne insofern – selbst wenn er nach römisch-katholischem Ritus verfahre – recht taufen. Voraussetzung sei lediglich, dass er die Einsetzungsworte rein und unverfälscht vortrage.263 Nicht ohne Grund erwägt Balduin einen solchen Fall: In den Territorien und Städten des Heiligen Römischen Reiches, die nicht dem lutherischen Bekenntnis anhingen, lebten lutherische Minderheiten, die sakramental versorgt werden mussten.264 259  Es ist ein Hinweis auf Balduins detaillierte Kenntnis und differenzierte Auseinandersetzung mit den Positionen der römisch-katholischen Theologen, wenn er darauf aufmerksam macht, dass Martin Becan SJ in der Disputation De vocatione ministrorum verbi, These 43, mit ihm hier übereinstimme – gegen Bellarmin. Vgl. Becan: Assertiones Theologicae De Vocatione, 1616. 260 Balduin betont außerdem, dass Gelehrsamkeit für die Wortverkündigung erfordert werde, was im Falle der Sakramentsverwaltung nicht der Fall sei. Allerdings sei bei der Sakramentsverwaltung darauf zu sehen, dass nicht ein Haar breit von den Einsetzungsworten abgewichen werde. 261 Sollten es die Umstände der Zeit erfordern, könne die Taufe etwa auch von Laien vollzogen werden. Dies betont Balduin unter Verweis auf das Priestertum aller Gläubigen und Luthers De captivitate Babylonica. 262  Balduin: Brevis Institutio, 211–225. Wenn es eine Notsituation erforderlich mache, könne darum auch eine Person ohne Berufung das Taufsakrament ausführen. Balduin bietet hier einen Vergleich zu den Beschneidungen im Alten Testament, die von den Müttern an den Söhnen vorgenommen worden seien (Ex 4,25). 263  Das bedeutet konkret, dass der Priester den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes nicht den der Maria hinzufügen darf. In Hinsicht auf die zu Taufenden bemerkt Balduin, dass niemand sich selbst taufen könne, da andernfalls die Einsetzungsworte – wo von zwei Personen, einem Taufenden und einem Getauften, die Rede ist – verändert würden. Die Kinder christlicher Eltern seien zu taufen aufgrund von Mt 28, Apg 10 und 16 sowie 1. Kor 1 und Joh 3. Die Kinder jüdischer oder türkischer und anderer Eltern seien erst dann zu taufen, wenn sie in christliche Amtsgewalt kämen. Kinder, die entweder noch nicht oder nicht vollkommen geboren wurden, seien nicht zu taufen (Tit 3,5). 264  Anfragen, die auf die Rechtmäßigkeit der Sakramentsverwaltung zielten, wurden nicht selten direkt an die Theologische Fakultät der Leucorea zur Begutachtung übersandt. Vgl. exemplarisch Responsum. Ob ein Lutheraner seine Kinder bey den Calvinisten könne lassen Teuffen? [16. August 1620], in: Consilia Theologica. Es ging dabei um die Taufe bei einem calvinistischen Pfarrer zu Köthen. Die Theologische Fakultät räumte zwar ein, dass die Wirkung des Sakraments nicht vom (Un-)Glauben des Pfarrers abhängig sei. Dennoch schlägt sie vor, einen rechtgläubigen Pfarrer aufzusuchen, was in diesem Falle gut möglich sei.

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

Der Prediger steht nach Balduin im Dienste von Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung der heilsbringenden Wirkung halber.265 So sei der Prediger zwar nur ein Werkzeug Gottes, doch hänge die heilsbringende Wirkung auch vom Prediger selbst ab, dessen Sprache und Hand sich Gott bediene.266 Ein guter Prediger sei derjenige, dessen Worte sich mit dem Geist Gottes (Jes 59,21) verbänden. Diese Verbindung (coniunctio) Gottes und des Predigers in der Wortverkündigung werde durch die auf Schwenckfeld zurückgeführte Distinktion eines inneren Wortes (verbum internum) und eines äußeren Wortes (verbum externum), die von den Calvinisten rezipiert würde, desavouiert.267 Auch diese Problematik dürfte Balduin und dem Kollegium der Theologischen Fakultät lebhaft vor Augen gestanden haben: In einem Gutachten, das auf den 7. November 1623 datiert ist, stellte die Theologische Fakultät einer Schrift Johannes Behms (1578–1648)268 über das innerliche und äußerliche Wort und seine Wirkung eine Zensur aus.269 Behm war 1608 an der Leucorea zum Doktor der Theologie promoviert worden. Dieses Gutachten fiel ganz und gar zustimmend aus: Der Streit über das Verhältnis des innerlichen und äußerlichen Wort Gottes sowie über Kraft und Wirkung desselben sei wohl gefasst und gründlich erörtert. Der Streit gehe ferner nicht auf das geschriebene oder gedruckte Wort (materialiter sumpto), sondern vielmehr auf den rechten Gebrauch des Wortes (formali sua ratione) zurück. 265  Schließlich seien es nicht die Worte des Predigers, sondern die Worte, in denen der Heilige Geist wirke und die insofern zu recht Worte Gottes (Jer 23,19; 1. Thess 2,13) genannt würden, die der Prediger verkünde und im Sakrament gebrauche. Auch beim Sakrament sei es die Einsetzung durch Christus, die die Wirkung hervorrufe und damit durch Gott selbst bedingt sei. 266  Balduin: Brevis Institutio, 245: „Dependet tamen etiam à ministris verbi, tanquam ordinariis Dei instrumentis, quorum lingua et manu in re tam sancta utitur, ita ut, cum per se nihil possint in re tanti momenti, iam ex virtute Dei in ipsis operante faciant ea omnia ministerialiter, quae Deo et verbo eius in Scriptura assignantur efficienter.“ 267 Ebd., 249–250. Auf der anderen Seite hielten die römisch-katholischen Theologen in der Aufgabe der Sakramentsverwaltung am opus operatum fest, was aus lutherischer Sicht insbesondere in Hinsicht auf das Abendmahl (Unwürdigkeit) kritisiert wurde. 268  Witte: Memoriae theologorum, 694–703; Zedler 3 (1733), 950; Meusel: Lexikon, Bd. 1, 1802, 291–293; Förstemann: Liber decanorum, 89; ADB 2 (1875), 283–284; Kaufmann: Königsberger Theologieprofessoren im 17. Jahrhundert, in: Rauschning (Hrsg.): Die Albertus-Universität zu Königsberg und ihre Professoren, 1995, 45–86. 269  Censur über D. Johannis Behmii Buch von der Wirckung des Worts Gottes, in: Consilia Theologica Witebergensia, 785–786. Behm hat auch nach seiner Berufung nach Königsberg noch weiterhin in engem Kontakt zur Theologischen Fakultät der Leucorea gestanden. Am 28. Juli 1621 hatte er einen Brief an die Fakultät geschrieben, der im UA Halle, Rep. 1, 4578 überliefert ist: „Ehrwürdige, Hochachtbare, Hochgelahrte, Großgünstige Herren undt hohe Freunde, beyliegende haben E. […] etzliche speciales Articulos wieder die Calvinianer deutsch und Lateinisch bono consilio gestellet. Weill nun an diesen unsern denselbigen Articulis viell disputats ist, in dem Etzliche an den Articulis Theticis baldt dieses, baldt jennes mangell zu haben vermeinen: Andere aber in dem Wahn stecken, das in Antithesi den Calvinianis gar zu viell imputiret wirdt, als was Sie eines undt das andere dogma defendiren sollten, da Sies doch nicht gestehen, sondern dawieder solennissimè protestiren, Ja es auf Ihre Seell wahnes, daß sie solchen Erroribus nicht beypflichten: Deß gelanget an E. Hoch: und Gunsten meine dienstfreundliche Bitt, mich nebenst andern gutthertzigen Leuten unbeschwert zu berichten: Ob dieselbigen Articuli quoad Thesin nicht dem geschriebenen Wortt Gottes, wie auch der reinen Symbolischen Büchern Lutherischer Kirchen gemäß sein? undt ob in Antithesibus den Calvinianis Zuviell geschehe, das ihnen etwas solte angetichtet werden, welches Sie niemals gelehret? Bin der Hofnung E. […] mir in diesem werck so viell gratificiren werden. Bin bereit den Herren allerseits alle behagliche dienste der mügligkeit nach künfftig zuerweisen, Welche ich hiemit der Göttlichen Bewahrung in diesen gefährlichen und verwirreten zeiten träulich […].“



2.  Brevis Institutio Ministrorum verbi (1621)241

Der Standpunkt der Theologischen Fakultät ist klar: Ob nun das Wort gepredigt, gelesen, gehört oder im Herzen betrachtet werde, so sei es gleichwohl Wort Gottes. Eine Unterscheidung von innerlichem und äußerlichem Wort Gottes hinsichtlich der Sache sei daher obsolet, hinsichtlich der Anwendungsmodi aber möglich.270 Behms Schrift erschien 1624 in Wittenberg bei Paul Helwig, versehen mit einer Vorrede der Theologischen Fakultät.271 Obschon das Lehramt wichtigster Bestandteil des Predigtamtes sein mag, so nimmt der Prediger für Balduin auch durch seinen öffentlichen und privaten Lebenswandel eine besonders herausgehobene Vorbildrolle ein.272 Von der eigenen Lebensweise hänge nicht nur die Authentizität und Glaubwürdigkeit des Predigers ab273: Durch die Lebensweise des Predigers würden Tugenden habituell vermittelt. Folgerichtig beschreibt Balduin die Tugenden, die der Prediger durch vorbildhaften Lebenswandel vorleben solle, um zur Nachahmung zu motivieren. Der Apostel Paulus selbst schreibe dem Prediger zwei grundlegende Regeln für die Ausübung seines Amtes vor: Erstens, dass er ohne Tadel sei (1. Tim 3,2)274, zweitens, dass er ein Vorbild der Gläubigen sei (1. Tim 4,12)  – im Wort, im Gespräch, in der Nächstenliebe, im Glauben und in Hinsicht auf seine Unschuld, mithin dass der Prediger das, was er lehrt, vor allem in seinem eigenen Leben wertschätze (1. Petr 5,3). Die Hörer sollten sich in dem Prediger wie in einem Spiegel ansehen und entscheiden, was sie meiden und was sie nachahmen. Gemäß Paulus zeige sich das Vorbild des Predigers in reiner Lehre, tiefer

270  Censur, in: Consilia Theologica Witebergensia: „Dennoch in zweyerlei Wort, deren eins euserlich, das ander innerlich geredet und eines von dem andern specie unterschieden sey, nicht kann noch sol getheilet werden, denn gleich wie nur eine Tauffe und ein Abendmahl ist, ob zwar ungleiche Actiones und Verrichtung darinnen vorgehen deren etliche die euserliche Gliedmassen deß Leibes etliche die innerliche Seel und Geist angehen: Also ist auch nur ein Wort eigentlichen hiervon zu reden, es werde entweder innerlich im Hertzen betrachtet oder euserlich gelesen geschrieben und gepredigt.“ Was die Wirkung des Wortes Gottes anlange, so könne das Wort nicht vom Heiligen Geist getrennt werden, „sondern setzen sie beyde zusammen in einerley Wirckung“. Dabei sei der Heilige Geist ursprüngliche Ursache, der im Menschen Erkenntnis Gottes, Trost, Glauben und Leben wirke, doch nicht nur bei, mit und neben dem Wort, wie die Schwenckfeldianer behaupteten, sondern durch das gepredigte, geschriebene oder im Herzen betrachtete Wort. 271  Behm: Erörterung unnd Erklerung, 1624. 272  Balduin: Brevis Institutio, 262: „Etsi enim auctoritas in docendo etiam Dei insigne donum est, qui oculum videntem et aurem audientem fecit, Prov. 20,12. Multum tamen hanc ad rem facit vita docentis, quae auditorium animos veluti fulgere quodam perstringit, ut in doctore ipsum quasi Deum, in cuius nomine loquitur, conspicere videantur. Idcirco Augustinus libr. 4. de Doctrina Christiana cap. 27 scribit: Ut obedienter audia tue, quantacunque granditate dictionis maius pondus habet vita docentis.“ 273  Stehe der Prediger doch unter besonderer Beobachtung der Gemeindemitglieder, so dass seine Tugenden und Laster eben auch leichter entdeckt würden. Vgl. ebd., 251. 274  Keineswegs meine Paulus solchen Tadel, der auf körperliche Makel zurückzuführen sei, denn solcher könne durch den Geist ausgeglichen werden. Sodann meine Paulus auch nicht solchen Tadel, der aus einer Schwäche von Geburt an herrühre. Vgl. ebd., 254: So könnten einem Kind aus illegitimer Verbindung nicht die Fehler der Eltern angerechnet werden. Gleichwohl: Wenn auch eine illegitime Geburt das Kind an sich nicht in Verruf bringe, so könne doch das Urteil der Menschen abschreckend wirken. Deshalb seien Kinder aus illegitimen Verbindungen nicht zum Predigtamt zuzulassen. Zu diesem Amt bedürfe es eines besonderen Grades an Würde und Ehre. Wenn nun ein Kandidat aus illegitimer Verbindung besonders begabt sei, könne durchaus eine Ausnahme gemacht werden, zumal Paulus das Thema selbst nicht explizit behandele.

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

Predigt und eifriger Nächstenliebe, maß- und ehrenvollem Leben und im festen und beständigen Glauben. Die Tugenden des Predigers, die Balduin mit Paulus als Früchte des Heiligen Geistes benennt und einfordert, lauten: Frömmigkeit, Glaube, Hoffnung, Geduld, Eifer, Nächstenliebe, Güte, Sanftmut, Maßhaltung und Enthaltsamkeit. Balduin betrachtet nur diese Tugenden näher, die für das Predigtamt unmittelbar notwendig seien. Als erste Tugend nennt er Klugheit (prudentia), von der er unter Verweis auf Aristoteles sagt, dass alle Tugenden in der Klugkeit verbunden seien (virtutes omnes in prudentia connexas esse), und dass sie drei weitere Tugenden einschließe: Wachsamkeit (vigilantia), Umsicht (circumspectio) und Aufsicht über das Volk (populi inspectio).275 Als zweite Tugend des Predigers neben der Klugheit führt er die Maßhaltung (modestia) ein, die nicht nur in Hinsicht auf die Kirchendisziplin, sondern auch auf die Mäßigung der Affekte geboten sei, damit der Prediger nicht arrogant oder herrisch erscheine. Zur Maßhaltung gehöre auch, dass der Prediger andere anhöre und deren Mahnungen ertrage, die Probleme erkenne und löse sowie nicht sich selbst liebe und damit der Kirche schade.276 Die dritte Tugend des Predigers ist nach Balduin seine Schicklichkeit (ornatus): Damit meint Balduin die Kleidung des Predigers, die dem Amt entsprechend würdevoll, aber keineswegs zu pompös sein sollte. Zwar komme es nicht auf die äußerliche Würde des Predigers, sondern auf die geistliche an, dennoch sei es sinnvoll, dass der Prediger eine angemessene Kleidung habe, damit er von den anderen unterschieden werden könne.277 Viertens fordert Balduin die Tugend der Gastfreundschaft (hospitalitas), die vor allem gegenüber den des christlichen Glaubens wegen verfolgten Menschen geboten sei. Sehr ausführlich behandelt Balduin bezeichnenderweise die fünfte Tugend, die weniger eine Tugend darstellt, sondern die materielle Ausstattung des Predigers betrifft: Die (finanzielle) Selbständigkeit (αυταρκεια). Sie verhindert nach Balduin, dass sich bestimmte Laster und Probleme in das Predigtamt schleichen: Geldgier, Abhängigkeit von Akzidentien oder die Notwendigkeit handwerklicher oder anderer Arbeit: Dass der Prediger nicht etwa zum Nebenerwerb ein Wirtshaus oder dergleichen eröffnet.278 Die Eigenschaft der αυταρκεια gewährleiste 275  Balduin: Brevis Institutio, 264–266. Konkret verweist er auf das dritte Kapitel des sechsten Buches der Nikomachischen Ethik des Aristoteles. Die Ausführungen lassen bisweilen an das Ideal des Miles christianus in Erasmus’ Enchiridion denken, ohne dass explizit darauf Bezug genommen wird. Vgl. indes auch Eph 6,10–18. 276  Immer wieder beruft sich Balduin in diesem Kapitel auf Chrysostomos’ De Dignitate Sacerdotum. Welche Ausgabe Balduin vorgelegen haben könnte, ließ sich bisher nicht ermitteln. In den Sententiae Sanctorum Patrum De Coena Domini, bona fide recitatae, et editae Philipp Melanchthons aus dem Jahr 1530 finden sich indes ebenfalls Auszüge aus Chrysostomos’ De Dignitate Sacerdotum. 277  Balduin: Brevis Institutio, 269: „Idcirco placuit et Deo, et sapienti Antiquitati, ut ministri Ecclesiae peculiares habeant vestes, quibus â reliquis dicernantur, quarum quem pudet, ministerium indignus est, neque honorificium est huic ordini mercat orum aut militum more incedere. Adhibeatur in ornatu corporis moderatio, ne externa tantum splendeant, interiora verò sordescant, quod graviter reprehendit Hieronymus Epistola 83.“ Abermals bezieht sich Balduin in diesem Zusammenhang auf Chrysostomos’ De Dignitate Sacerdotum. 278 Ebd., 274: „Tertio excludit αυταρκεια Ministrorum Cauponariam, quam proh dolor multi non sine scandalo et contemptu ministerii exercent, qui ipsi colunt vineas et cerevisiam coquunt, et postea vinum et cerevisiam cauponum instar divendunt, quae res magnam redolet sorditiem, ministris verbi prorsus indignam, qui non coctores, sed doctores sunt Ecclesiae.“ Zumal für die Verhältnisse in Wittenberg dürfte dies ein wichtiger Punkt gewesen sein.



3.  Idea Dispositionum Biblicarum (1622)243

die Versorgung der Familie des Predigers und verhindere Zinswucher. Als sechste und letzte Tugend des Predigers nennt Balduin Friede und Eintracht (pax et concordia), denn nur wenn der Prediger selbst über diese Tugenden verfüge, könne er andere zu Sanftmut, Geduld und Eintracht ermahnen. Der Prediger könne nur dann ein Streiter Christi sein, wenn er nicht das weltliche Schwert gegen den Bruder und Nächsten, sondern wenn er das geistliche Schwert gegen den Teufel und andere Feinde erhebe. Auch in Hinsicht auf sein privates Leben – wenn es ein solches denn gibt – dürfe er sich nichts erlauben, was zum Stein des Anstoßes werden könnte.

3.  Idea Dispositionum Biblicarum (1622) 3.1. Einführung Auch in seinem zweiten Handbuch Idea Dispositionum Biblicarum (1622) richtet sich Balduin an angehende Prediger. Es handelt sich dabei um ein Methodenbuch für die Auslegung der Schrift und die Anwendung der Auslegung in der Predigt. Die Ordnung der biblischen Bücher bildet den Ausgangspunkt von Exegese und Homiletik.279 Die Predigt sollte auf Grundlage der in den biblischen Büchern aufgefundenen Ordnung gestaltet werden. Insofern kann von einer Ineinssetzung von Exegese und Homiletik bei Balduin gesprochen werden.280 Diese Auffassung war in der lutherischen Orthodoxie nicht unbestritten, wurde aber zumindest akzeptiert.281 Methodisch bietet Balduin Predigtlehre in Form von Lehrsätzen (praecepta) und Beispielen (exempla) auf. Widmungsempfänger ist Herzog Ulrich von Pommern-Stettin und damit der Landesherr eines traditionell eng mit der Universität Wittenberg verbundenen Territoriums.282 Der in der Widmung genannte Immanuel König, dessen Initiative sich die Abfassung des Handbuchs verdankte, war 1621 durch den Herzog auf die vakante Superintendentur im Stift Kolberg-Cammin berufen worden.283 Im Rahmen dieser Widmung nennt Balduin die Trias der Einsetzung durch Jesus Christus, des Verkündigungsauftrags und der apostolischen Nachfolge als Grundlage des Predigtamtes, das für ihn vorzüglich Lehramt ist.284 Sodann bietet Balduin einen kurzen Aufriss einer dem Predigtamt angemessenen biblischen Rhetorik, die sorgsam 279 Die Grundthese des Werkes kommt bereits in Titel und Untertitel zum Ausdruck: „Idea Dispositionum Biblicarum. Qua ratio tractandi textus Biblicos in concionibus ad populum praeceptis & exemplis monstratur.“ 280  Kreslins: Dominus narrabit in scriptura, 34. 281  Vgl. exemplarisch die mit Beispielen illustrierte, bisweilen kritisch anmutende Darstellung bei Schleupner: Tractatus, 29–94. 282  Wehrmann: Geschichte von Pommern, Bd. 2, 1921 (ND 1992); ders.: Genealogie des pommerschen Herzogshauses, 1937, 128–129. 283  Vgl. zu König Müller: Die evangelischen Geistlichen Pommerns von der Reformation bis zur Gegenwart. 2. Teil: Der Regierungsbezirk Köslin, Stettin 1912, 560. 284  Vgl. den einleitenden Satz der Widmungsvorrede zu Balduin: Idea, 2r: „Praecipuum ministrorum Ecclesiae munus est, docere verbum Dei, ad quod summus ille animarum nostrarum Pastor et Episcopus Iesus Christus se missum ait, ad quod et Apostolus emisit; ad quod inprimis se missum esse D. Paulus scribit; quod et tanti facit, ut necessitatem docendi sibi incumbere, et malè sibi esse scribat, si non docuerit.“

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

auf die Bedürfnisse der Hörenden sieht, diese erreichen und durch die Lehre erlösen möchte.285 Die mit dem Predigtamt verbundenen Gefahren von Hochmut aufseiten des Predigers und Verachtung des Predigers aufseiten der Hörer könnten durch die Gelehrsamkeit des Predigers gemildert werden.286 Weil Gelehrsamkeit nicht angeboren sei, bedürfe das Predigtamt sorgfältiger Vorbereitung im Rahmen des Theologiestudiums. Als im Rahmen des Theologiestudiums zu beachtende Aspekte nennt Balduin Unterweisung durch Präzeptoren, natürliche Begabung und göttliche Tugenden, welche er als Voraussetzungen für die Übernahme eines Predigtamtes beschreibt. Den genannten Gefahren könne der Prediger nur mit wahrer Demut des Geistes (vera animi humilitate), die stets im Blick behalte, dass es Gott selbst sei, der das menschliche Herz ansehe, mit wahrer Größe des Geistes (magnitudo animi) und eben mit Unterweisung im Theologiestudium begegnen.287 Eine Anweisung dazu möchte Balduin in seiner Idea Dispositionum Biblicarum geben und in diesem Kontext nimmt die biblische Rhetorik eine Schlüsselfunktion ein288, denn ein guter Prediger oder Kirchenredner (rhetor ecclesiasticus) sei derjenige, der über die Heilige Schrift wahrhaft (vero), geordnet (ordine), verständlich (perspicue) und recht (dextre) lehre.289 Nicht so sehr die Ideale der antiken Rhetorik, sondern vielmehr das Vermögen, in der Predigt den genuinen Sinn der Heiligen Schrift zu öffnen (genuinum scripturae sensum aperire) und in die Seelen der Hörer einzudringen (auditorum animos penetrare), um aufzumuntern, zu trösten oder zu belehren, werden von Balduin gefordert.290 Den Erfolg, dass die 285  Die biblische Rhetorik wird abgegrenzt von der Rhetorik der Marktschreier und Rechtsgelehrten, die sich selbst gerne reden hörten und darüber die Adressaten vergäßen. Nicht um der Sache oder um der eigenen Eitelkeit willen hat der Prediger das Wort Gottes zu lehren, sondern um des Hörers und dessen Heil willen. Aufgabe des Predigers sei es, auf sich selbst zu achten und in der Lehre zu bleiben, um sich wie auch seine Hörer zu erlösen (1. Tim 4,16). Vgl. zudem die Widmungsvorrede zu Balduin: Idea, 2v–3r: „Magno ergo opus est, quod Dei virtus in ista ministrorum suorum infirmitate perficit, dum docendo salvat animas hominum, quod D. Paulus Timotheo suo expressè tribuit: Attende, inquiens, tibi ipsi doctrinae, hoc enim faciens, et seipsum salvabis, et qui te audierit: quo sanè nihil divinius, nihil magis ex voto hominum de doctoribus Ecclesiae dici posset.“ Hinweise zur biblischen Rhetorik in der lutherischen Orthodoxie finden sich bei Steiger: Johann Gerhard (1582–1637), 1997, 127. Vgl. mit Hinweis auf Balduin zudem Johansson: Das Leiden Christi, in: ders./Kolb/Steiger (Hrsg.): Hermeneutica sacra, 291. 286  Balduin: Idea, 3r: „ Sed quò praeclarius hoc munus est, eò maiori periculo est expositum, et quidem gemino, unum ex parte ipsius doctoris est, qui cum sublimitate huius muneris effertur animo, quasi longè pretiosior sit in oculis Dei, quàm auditoris sui, superconcilium tollit, aliosque contemnit, et hoc pessimae opiniones typho sibi ipsi perniciem accelerat. […] Alterum periculum est ex parte auditorum, quibus, cum aures purire incipiunt, vix satisfacit quantacunque doctoris diligentia.“ 287  Ebd., 3v–4r: „Quam ob caussam ad munus docendi quam instructissimum accedere necesse est, non tantum donis necessariis, sed et virtutibus planè divinis, ne cum periculo doctoris totius Ecclesiae salus simul periclitetur. Priori ergo periculo occurendum est verâ animi humilitate, cum, qui docet, cogitat, Deum esse cordis sui inspectorem, qui ipsum immerentem eò honoris evexerit, ut per eius linguam magnalia sua praedicet, ad quae praedicanda nullius angeli lingua sufficiat […].“ 288  Es dürfte insofern durchaus treffend sein, den Begriff idea mit Wegweiser zu übersetzen. Auch wird in der Vorrede der Begriff idea gleichbedeutend mit manuductio (Wegweiser) gebraucht. Balduin möchte offensichtlich mit diesem Wegweiser anleiten, auf welche Weise der Exeget sich der Schrift allgemein (in genere), einzelnen biblischen Büchern insbesondere (in specie) und schließlich einzelnen Textgattungen (particulari certorum textuum) nähern kann. 289  Balduin lehnt sich hier an De Dignitate Sacerdotali von Johannes Chrysostomos an. 290  Nicht die Milde des Sokrates, der Stolz des Demosthenes, die Klarheit des Thukydides oder die Tiefe Platons würden von einem angehenden Prediger erfordert. Vgl. Balduin: Idea, 5v–6r:



3.  Idea Dispositionum Biblicarum (1622)245

Lehre in den Herzen der Hörer tatsächlich wirkt (in cordibus auditorum operatur), müsse der Prediger der unverfügbaren Gnade Gottes anheimstellen. Der Prediger brauche dafür nun aber primär exegetische Kompetenzen, keine rhetorischen.291 Auch eine biblische Rhetorik, die auf der Exegese aufbaue, bedürfe der Erörterung und Vermittlung und sei insofern Teil des Theologiestudiums.292 Die biblische Rhetorik, die Balduin in Idea Dispositionum Biblicarum begründet, beruht auf einer grundsätzlichen Übereinstimmung von antik-paganer (Cicero) und christlicher Rhetorik (Augustinus) in Hinsicht auf die Eigenschaften des Predigers.293 Der Prediger lehre aus der Notlage heraus, begeistere um der Annehmlichkeit willen und überzeuge des Sieges halber. Diesen drei Eigenschaften korrespondieren bei Balduin nun drei Weisen des Hörens: Das verständige (intelligenter), das bereitwillige (libenter) und das gehorsame (obedienter) Hören. Drei Handlungsanweisungen für den Prediger lassen sich Balduin zufolge aus diesen Eigenschaften und Hörweisen ableiten: Erstens habe der Prediger die Schrift richtig auszulegen und so zu lehren, dass der Sinn leicht verstanden werden könne (ut sensus absque difficultate innotescat). Zweitens solle der Prediger die Hörer begeistern, indem er die zusammenstimmende Ordnung in der Predigt beachtet (cum ordinem in dicendo convenientem observat) und den Text sowie die Bestandteile der Predigt kunstvoll ordnet (concinnè disponit). Drittens habe der Prediger die Hörer zu überzeugen, dass er nicht fremde, sondern aus dem Text selbst fließende Lehren behandele (sed ex textu fluentes tractat) und auf die Bedürfnisse der Hörer anwende. Die Idea Dispositionum Biblicarum als Predigtlehre ist nach Balduin Exegese in praktischer Anwendung.

„Quanquam autem nec Socratis lenitas, nec Demosthenis tumor, nec Thucydidis claritas, nec altitudo Platonis à tali Rhetore requiritur (ita n. et Paulus srcibit, se imperitum fuisse sermone, quem tamen Hieronymus in Epist. ad Pammach. tubam Evangelii, rugitum Leonis nostri, tonitru gentium, flumen eloquentiae Christianae nominat) necessarius tamen ipsi talis sermo est, qui et genuinum scripturae sensum facilè aperiat, et auditorium animos penetret, et quidquid vel exhortando, vel consolando, vel docendo persuadere voluerit, obtineat. Etsi enim effectus ille sermonum divinorum non est in potestate hominis: Deus tamen, qui rigante Paulo, et plantante Apollo, dat incrementum, salutaria dona sermonis doctoribus largitur, per quae in cordibus Auditorum, prout ipse vult, operatur.“ 291  Kein Zufall dürfte es sein, dass mit Chrysostomos ein Lehrer der Alten Kirche befragt wird, der für ein unmittelbares Verständnis der Schrift eintrat und aus ihr Lehren für das Leben abzuleiten suchte. 292 Eine kirchliche Lehrbegabung (donum docendi) sei den Aposteln einst mit anderen außerordentlichen Gaben unmittelbar (immediate) geschenkt worden. Obgleich sie im Reden nicht geübt gewesen seien, so doch unmittelbar durch den Heiligen Geist angewiesen und hätten daher mit Erfolg die Früchte des Wortes Gottes gemehrt. Gegenwärtig sei die kirchliche Lehrbegabung Teil des theologischen Studiums an der Universität (ad studium Theologicum necessariis, in Scholis addiscitur). 293  Balduin: Idea, 6v–7r.: „Tria autem olim Eloquentiae Magister Tullius dicenti ad persuadendum necessaria judicavit; quae Agustinus lib. 4 de doctrin. Christ. Cap. 12. seqq. etiam Rhetori Ecclesiastico observanda esse arbitratur; ut nimirum doceat, ut delectet, ut flectat: docere, necessitatis est, delectare sua vitatis, flectere victoriae. Illud facit, ut intelligenter, istud ut libenter, hoc, ut obedienter audiatur. Docet Ecclesiastes, cum textum Biblicum, de quo verba facturus est, dextrè exponit, ut sensus absque difficultate innotescat: delectat, cum ordinem in dicendo convenientem observat, singulaque textus et concionis membra concinnè disponit; Nam ut confusio taediosa, ita ordo inprimis gratus est Auditori: flectit verò, cum doctrinas non peregrinas, sed ex textu fluentes tractat, et pro Auditorum indigentiâ ritè applicat. Ad quae omnia precibus ardentissimis et industria maximâ opus est; quam Deus benedictione sua non destituet.“

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

In der Vorrede unterscheidet Balduin res und verba der Predigt, wobei er den Vorrang der res betont.294 Diese Unterscheidung findet sich in den fünf Bestandteilen der Rede der antik-paganen Rhetorik wieder: Das Auffinden des Gegenstands (inventio) und die Ordnung der Bestandteile (dispositio) sowie der dem Gegenstand gemäße Ausdruck (elocutio), das Gewährleisten des Memorierens (memoria) und die sprachliche Gestalt (pronunciatio).295 Balduin erblickt nun in der dispositio die Grundlage von elocutio, memoria und pronunciatio, doch möchte er sich nur der dispositio zuwenden.296 So betont er, dass Christus das Vorbild sei, an dem sich angehende Prediger orientieren könnten, denn auch Christus wende sich mit Worten der Heiligen Schrift an seine Hörer.297 Die übrigen Bestandteile der Rede der antik-paganen Rhetorik müssten zwar ebenfalls beachtet werden, wenn die Predigt dem Hörer angenehm sein solle. Die Ordnung allein biete bereits die Voraussetzungen dafür, dass die Predigt die übrigen Bestandteile der Rede elocutio, memoria und pronunciatio enthalte.298 Balduin definiert dispositio als angemessene und harmonische Aufteilung (distributio) und gleichzeitige Sammlung (collocatio) der aufgefundenen Gegenstände (rerum inventarum).299 Er begründet die Hochschätzung der dispositio des aufgefundenen und artikulierten Gegenstands rhetorisch, aber auch theologisch mit dem Hinweis auf Gott als Urheber 294 Vgl. das Proömium zu Balduin: Idea, 1: „Omnis Sermo, quo quidem voluntas aliqua enunciatur, rem & verba habet, quae duo materiam & formam suppeditant dicenti. Prima cura de rebus esse debet; altera de verbis; Priùs quid proferendum sit, apud animum constituendum, inventa ordine velut in acie collocnda, & demum tanquam auxiliaribus verborum copijs eleganter producenda, tandemq; aptâ animi & corporis moderatione exornanda sunt.“ Auch hier ist die enge Anlehnung an Augustinus’ De Doctrina Christiana zu bemerken. 295  Balduin verweist hier explizit auf Ciceros De Oratore. 296  Balduin begründet diese Entscheidung mit dem Hinweis darauf, dass er sich an angehende Prediger wende, welchen das Auffinden des Gegenstandes (Christus) mit der Heiligen Schrift bereits vorgegeben sei. Vgl. Balduin: Idea, 2: „Unde apud Rhetores quinque Partes orationis vulgò recensentur; Inventio, Dispositio, Elocutio, Memoria et Pronunciatio. Quis enim hic non sua sponte viderit, inquit Antonius apud Ciceronem Lib. 2 de Oratore, neminem posse aptè dicere, nisi et quid diceret, et quibus verbis, et quo ordine diceret haberet, et ea neminisset. De singulis praecepta tradunt Rhetores, quae nos hoc loco non attendimus, nam Rhetorem Ecclesiasticum informare animus est, qui inventa sua iam habet in Bibliis, extra quae quicquam dicere religio sit, quia Praeceptum Apostoli Petri est; Qui loquitur […]. Neque veró hîc alias dicendi partes, ut est Elocutio, Memoria, Pronunciatio, attingam, quae quomodo comporatae esse debeant, ut oratio grata sit, aliunde disci potest De Dispositione saltem textuum Biblicorum nostra est consideratio.“ 297  Balduin führt ein Beispiel des Lukasevangeliums an (Lk 4,17), in dem Jesus den prophetischen Text Jes 61,1 als Grundlage seiner Rede an das Volk nimmt. Die untrennbare Verbindung von Schriftauslegung und Wortverkündigung sei mithin am Beispiel Jesu Christi belegt und insofern biblisch begründet. 298  Wer nämlich den Gegenstand unordentlich vorbringe, der werde weder Gewinn bringend angehört, noch habe er selbst den Gegenstand richtig verstanden. Damit störe er Erinnerung und Verkündigung gleichermaßen. Vgl. Balduin: Idea, 4: „Ea enim dicturis ad populum saepe multum negotii facessit, nec tamen omitti potest; nam qui confusè omnia proponit, nec ab aliis utiliter auditur, nec à seipso rectè intelligitur, saepeque memoriam et pronunciationem turbat. Dispositio in omni orationum genere cum rerum inventione quàm proximè cohaeret, et perspicuitatis plurimum orationi confert, et ut est apud Ciceronem 2. De Orat. tantum potest in dicendo, ut ad vincendum nulla plus possit.“ 299  Ebd., 4–5: „Est autem Dispositio apta et concinna rerum inventarum distribution et collocatio. Nam sicut in praelio plurimùm valet commoda aciei ordinatio, ita nihil magis iuvare potest docentem, quam ut argumentis et omnibus orationis partibus ordine dispositis in publicum prodeat.“



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der Ordnung (ordo).300 Idea Dispositionum Biblicarum ist damit eine Predigtlehre als Exegese in praktischer Anwendung, weil die Ordnung Grundlage von Exegese und Predigt ist. Als dreiteiliger Wegweiser konzipiert möchte das Werk zeigen, auf welche Weise diese Ordnung in den Heiligen Schriften gefunden werden kann.301 Im ersten Teil erörtert Balduin die heuristischen, hermeneutischen (Gesetz und Evangelium), methodischen und praktischen Grundlagen. Im zweiten Teil behandelt der Verfasser einzelne Gattungen der biblischen Bücher und einzelne biblische Bücher in Hinsicht auf die Frage nach der dispositio. Im dritten Teil zeigt Balduin die dispositio einzelner Kapitel und Verse sowie Geschichten, Allegorien und Typen, Parabeln, Beispiele, Gebete und Gesänge, prophetischer Visionen und Offenbarungen. Dabei ist er daran interessiert, den praktischen Nutzen in der kirchlichen Verkündigung aufzuzeigen.302

3.2.  Homiletik als Exegese Die einschlägigen Studienanweisungen der lutherischen Orthodoxie thematisieren das Grundproblem des Theologiestudiums nach Luther, der die Bedingungen für den Erfolg letztlich der unverfügbaren Gnade Gottes überantwortet, stets ausweichend.303 Balduin erläutert dieses Grundproblem in der Idea Dispositionum Biblicarum nun in Hinsicht auf die Bedingungen einer gelingenden Exegese.304 Auch das Erörtern der dispositio als Kern der Exegese und Grundlage der Predigt sei den Unwägbarkeiten der Gnade Gottes unterworfen.305 Wie in der Brevis Institutio empfiehlt er hier zur Vor-

300 Die Ordnung diene dem Redenden und dem Zuhörenden gleichermaßen, insofern das ordentlich Gesagte leichter aufgenommen werde und länger im Gedächtnis des Hörenden bleibe, da ihm durch die Teile der Ordnung gleichsam eine Gedächtnisbrücke bereitgestellt werde. So werde zugleich dem göttlichen Ratschluss gedient, denn Gott sei selbst Urheber der Ordnung und habe durch den Apostel Paulus eine wohl geordnete Rede eingefordert. Vgl. ebd., 5: „Cuiusmodi ordo inservit dicenti et audienti: illi, ne proponenda confundat, huic, ne audita memoriae effluant. Nihil enim tenacius haeret, quam quod est ordinatum, unde et versus facilius ediscuntur et memoriae diutius infixi manent, quia in illis est connexio quaedam, quae sua consequentia memoriam spontè incitat. Quin et Deus ipse omnia in pondere, numero et mensura disposuit Sapient. 11, 21 quia ipse est autor ordinis, qui et per Apostolum Paulum ordinem in dicendo requisivit, quando ministrum Ecclesiae iubet […].“ 301 Zum dreiteiligen Aufbau des Werkes schreibt Balduin ebd., 8 selbst: „In prima agitur de generali dispositionne textuum Biblicorum. In secunda, de Dispositione integrorum librorum in sacris Bibliis. In tertia denique de certorum Textuum dispositione et tractatione in variorum generum concionibus.“ 302  In der Auslegung des sonntäglichen Evangeliums oder der Episteln, des Evangeliums anlässlich der Investitur neuer Amtsträger sowie bei Gegenständen der Predigten, die alle Menschen angingen, und bei solchen, die nur gewisse Menschen beträfen. 303 Vgl. Nieden: Erfindung, 160–232. Auch Friedrich Balduin bildet mit seiner Brevis Institutio keine Ausnahme. 304 Er fragt: Was kann dann der Theologe angesichts der menschlichen Schwäche zur Vorbereitung tun, wenn das Gelingen der Schriftauslegung von der Gnadenwirkung Gottes abhängt? 305  Dass die richtige Ordnung vom Exegeten gefunden werde, hinge wiederum teils von Faktoren ab, über die er verfügen, teils von Faktoren, über die er nicht verfügen könne. Vgl. den besonders alten, vielleicht ersten Beleg für hermeneutica im Sinne von interpretativa, den Lutz Danneberg bei Alexander Richardson (gestorben 1621) in einem zu dessen Lebzeiten nicht gedruckten Kommentar nachgewiesen hat: Danneberg: Logik und Hermeneutik, in: Schröder (Hrsg.): Theorie der Interpretation, 2001, 75–77.

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bereitung auf die Auslegung Gebet und Meditation.306 Überhaupt hänge vom Beten das Gelingen des Theologiestudiums wesentlich ab. Dies könne gut mit den Worten des 119. Psalms (18,34 und 43) oder mit den Worten des Augustinus geschehen.307 Sodann möge sich der reine und von allen fremden Sorgen freie Geist der Meditation zuzuwenden, bevor er zur Betrachtung der Ordnung des Redens übergehen könne.308 Mit Augustinus fordert Balduin, dass die Heilige Schrift bei der Lektüre von dem Prediger geliebt werden müsse.309 Mit seiner dreifachen Definition von meditatio geht Balduin über die in der Brevis Institutio dargelegte Bestimmung hinaus.310 Meditatio meint demnach erstens die Erforschung des Schriftsinnes (sensum scripturae), zweitens die Erforschung der Schriftordnung (ordinem scripturae) und drittens die Erforschung des Schriftgebrauchs (usum scripturae).311 Von hier leitet Balduin die drei Bestandteile der dispositio ab: Die Erklärung (explicatio), die Einteilung (partitio) und die Anwendung (applicatio). Balduin geht davon aus, dass sich Exegese in der Praxis zu bewähren habe. Pointiert schreibt er, dass sie erst in der Praxis Berechtigung finde. Exegese dient demnach ihrer Umsetzung in der Predigt.312 Nur die methodisch angeleitete Exegese kann durch ihre Anwendung in der Praxis heilswirksam sein. Damit entspricht die exegetische Methode der homiletischen, kurzum: Ohne Exegese keine Predigt. Bei der exegetischen Methode Balduins handelt es sich um die Überführung seiner Hermeneutik in 306  Balduin: Idea, 9–10: „Primùm Preces ad Deum prae potentem, â quo omnium nostrorum studiorum, inprimis autem Theologicorum, successus dependet, unde est illa D. Iacobi admonitio cap. 1. 5. Si quis vestrum indiget Sapientiâ, postulet à Deo. Accessurus ergo tractandum textum Sacrum, antequam quicquam meditetur, ingemiscat ad Deum, ut ipse aperiat librum signatum, verum det intellectum, rectum monstret ordinem, et verba suggerat ad docendum necessaria et ad aedificandum utilia; cum Regio Propheta dicat: […].“ 307  Das Gebet als Mittel der Vorbereitung des Predigers wird mit der Meinung der Kirchenväter Origines und Augustinus begründet. Vgl. ebd., 10–11: „Huiusmodi preces magnopere commendavit Origines Homil. 12. in Exodum: Non solùm studium nobis adhibendum est, inquit, ad discendas sacras literas, verum et supplicandum Domino et noctibus et diebus obsecrandum, ut veniat agnus ex tribu Juda, et ipse accipiens librum signatum, dignetur aperire. Similia habet Augustinus libr. 3. de Doctr. Christ. Cap. 17.“ 308  Ebd., 11: „Deinde ad meditationem sacram afferendus est animus à vitiis expurgatus, qui totus sit Deo deditus, ab omnibus verò, quae Deo displicent, alienus. Nam Sapientia non ingreditur animam malignam, nec habitabit in corpore peccatis subdito Sapient. 1, 4. […] Tertiò. Studium observandi ordinem in dicendo afferri necessum est. Certò enim persuasum esse nobis debet, neminem utiliter dicere posse, qui confusè loquitur, et qui non ordinant studium, sunt sicut pulli equorum, qui modo currunt huc, modo illuc, sed iumentum pleo passu invadit, ut Bonaventura ex Augustino loquitur Serm. 19. in Hexaemer. Et hic ipse ordo est, de quo haec nostra instituitur Tractatio, ad quam nunc propius accedo.“ 309  Die Liebe zur Heiligen Schrift lasse den Prediger nach Balduin nicht bei der Lektüre stehen bleiben, sondern treibe ihn auch zur Meditation an. 310  Vgl. dazu den zweiten Abschnitt des fünften Kapitels vorliegender Arbeit. 311  Balduin: Idea, 12–13: „Meditatio ista vel Sensum Scripturae inquirit, vel ordinem vel usum. Quae tria in omni dispositione legitima Textuum Biblicorum attendenda sunt, Unde tres fiunt generales dispositionum Biblicarum partes; Explicatio Textus, Partitio, et Applicatio. Illa sensum, ista ordinem; haec usum concernit.“ 312 Theologie wird nach Balduin nicht um ihrer selbst oder um der Eitelkeit der Theologen willen betrieben, sondern alleine für die Hörenden des Wortes bzw. dessen Heil. So diene Exegese der kirchlichen Verkündigung in der Predigt.



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Regeln, die im Rahmen von Exegese und Homiletik beachtet werden sollen.313 Wie oben angedeutet unterscheidet sich dieser Ansatz von alternativen Predigtweisen, die in der lutherischen Orthodoxie gebraucht wurden.314 Für Balduin entspricht diese Herangehensweise den Forderungen von Präponderanz und Suffizienz der Heiligen Schrift am besten. Er bietet nicht nur eine Anweisung zur Ordnung der Gegenstände (modus disponendi), sondern auch zur Auslegung derselben (modus tractandi) durch Extrahieren der Lehre aus der Schrift und Veranschaulichung in Form von Beispielen.315 Zu fragen ist nun, welche Regeln der Prediger beachten muss, damit er die exegetische Methode (rationem interpretandi scripturas) auch richtig anwendet und angemessen in die Predigtlehre (methodum concionandi) überführt.316 Die Reformation hatte eine fundamentale Transformation der altkirchlichen Doktrin vom vierfachen Schriftsinn zur Folge.317 Diese Lehre findet sich nun bei Balduin folgendermaßen modifiziert: Er geht nicht davon aus, dass in der Schrift vier Sinne (ein literaler, moralischer, allegorischer und anagogischer Sinn) zu suchen seien, sondern es nur einen Sinn der Schrift gebe, der vom Heiligen Geist eingegeben sei. Dieser Literalsinn könne allerdings allegorisch, anagogisch oder moralisch angewendet werden.318 Um den Literalsinn zu erforschen, gibt Balduin dem Prediger acht Anweisungen (regulae) zu bedenken. Erstens müsse der Exeget anerkennen, dass die Schreiber der Heiligen Schrift mit dem Geist Gottes versehen gewesen seien (Inspiration) und diese dafür entsprechend ehren.319 Zweitens solle der Exeget die Lektüre der Heiligen 313  Methodisch verfährt Balduin so, dass er von der Schrift ausgeht und versucht, den Inhalt der Perikope durch Extrahieren der enthaltenen Lehrsätze (praecepta) zu erfassen, sodann durch Anfügen treffender Beispiele (exempla) in der Predigt zu vermitteln. 314  Schleupner nennt neben der textuellen Predigtmethode, die am nächsten an die Balduinsche herankommen dürfte (der Tractatus erschien 1608 und damit zu einer Zeit als Balduin erst am Anfang seiner akademischen Laufbahn gestanden hat; eine frühe Homiletik des Wittenberger Theologen liegt nicht vor und deshalb wird er bei Schleupner auch nicht erwähnt), die heroische Predigtweise (die Luthers Predigtweise wohl am nächsten stehe, allerdings keine Methode, sondern vielmehr eine Gabe sei) sowie die doktrinale und die thematische Predigtmethode. Vgl. Schleupner: Tractatus, 5–28. 315  Erstens habe sich jeder Exeget die – obgleich in den lutherischen Bekenntnisschriften einmal artikulierte – Wahrheit aus der Schrift heraus selbst anzueignen. Zweitens habe der Exeget als Prediger diese Wahrheit stets im Rahmen der kirchlichen Verkündigung zu bewähren. 316  Alles komme darauf an, den genuinen Schriftsinn zu erforschen und sachgemäß in der Predigt anzuwenden. Unter Hinweis auf Hieronymus betont Balduin, dass das nicht sachgemäß begriffene Wort Gottes gewiss nicht das Wort Gottes sei. Vgl. Balduin: Idea, 13: „Quicunque igitur de Textu quovis Biblico sollicitus est, ut de eo cum fructu differat, ante omnia videat, ut verum ejus sensum assequatur. Nam ut Hieronymus alicubi dixit: Verbum Dei non rectè intellectum non est verbum Dei.“ 317 Grundlegend: Reventlow: Epochen der Bibelauslegung, Bd. 2: Von der Spätantike bis zum Ausgang des Mittelalters; Bd. 3: Renaissance, Reformation, Humanismus, 1994/97, speziell zur lutherischen Orthodoxie insbesondere 201–233. 318  Balduin: Idea, 13–14: „Hunc sensum potest auditoribus verbis perspicuis quàm fidelissimè inculcet, tanquam omnium doctrinarum, quae in applicatione considerantur, fundamentum, Meritò autem hîc reiicimus veterum quorundam ineptias, qui uniuscuiusque Scripturae quatuor dixêre sensus esse; Literalem, Moralem seu Tropologicum, Allegoricum et Anagogicum; Qua de re videatur Augustinus lib. De Genesi ad liter. Oper. Imperfect. Cap. 2. Pagninus de variis Sensibus Scripturae cap. 28. Bellarminus lib. 3. de verbo DEI cap. 3. et inprimis Philippus Melanchthon in Rhetoricis lib. 2. et Flacius part. 2. Clavis Scripturae Tract. 1. de Ratione cognoscendi sacras literas. Nos unum saltem […].“ 319  Balduin verweist für diese Regel der Schriftauslegung auf Augustinus’ Confessiones (12. Buch, Kapitel 30) und setzt mit Blick auf den 2. Petrusbrief hinzu, dass Prophetie zu keiner Zeit dem

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Schrift, sofern es möglich sei, in der Originalsprache vornehmen, insbesondere wegen der Verschiedenheit der Übersetzungen. Dies sei auch deswegen wichtig, weil jede Sprache ihre Eigentümlichkeiten besitze und einige Wörter in der Originalsprache solcherart akzentuiert seien, dass sie nicht sachgemäß in eine Übersetzung überführt werden könnten – dies sei dann gleichsam Einfallstor für alle weiteren Verirrungen.320 Drittens solle sich der Exeget nicht mit einer einmaligen Lektüre zufrieden geben, sondern den Text mehrfach lesen. Dies fördere nicht nur das Memorieren, sondern auch das Verständnis des Exegeten erheblich und schärfe seine Sicht auf den ihm vorliegenden Gegenstand.321 Damit sei das Lesen ein wichtiges Instrument zum richtigen Schriftverständnis und nicht nur notwendiges Erfordernis. Viertens fordert Balduin mit Hieronymus, dass der Exeget einen Sinn nicht lehren dürfe, sofern er ihn nicht sicher feststellen könne.322 Damit empfiehlt Balduin dem Exegeten große Vor- und Umsicht, wenn dieser exegetisch schwierige Schriftstellen in Lehrartikel überführen und im Rahmen seiner Unterweisung anwenden möchte. Fünftens mahnt er den Exegeten, insofern einige Äußerungen verschiedenen Sinn haben mögen, dass dieser nicht nur hinter den Worten versteckt bleiben dürfe, wie sie im Text stehen, sondern auf das Ziel (scopus) und Zusammenstimmen des Textes (cohaerentia textus) hingeordnet werden müsse.323 Sechstens weist Balduin den Prediger und Exegeten an, sich eine menschlichen Vermögen entsprungen, sondern durch den Heiligen Geist eingehaucht worden sei (2. Petr 1,21). Der lutherisch-orthodoxe Lehrartikel von der wörtlichen Eingebung der Heiligen Schrift findet sich hier nicht explizit formuliert. Vielmehr wird unter Rückgriff auf die altkirchliche Autorität des Augustinus von jedem Exegeten gefordert, dass er die Fülle des Geistes Gottes in den Schreibern verehre. 320  Balduin bietet mit Hiob 13,15 ein schönes Beispiel. In der lateinischen Version stehe „etiamsi occiderit me, tamen sperabo in eum“, während in der Originalsprache sinngemäß „ecce occidet me, non sperabo“ zu finden sei. Hier würde der Sinn fahrlässig verändert, weil aus der Übersetzung unterschiedliche dogmatische Verwendungszwecke hervorgingen. Vgl. Balduin: Idea, 15: „2. Scripturam, si fieri potest, in originali sua lingua legat interpres, ne alienis oculis videre cogatur, praesertim in ista versionum varietate. Habet enim quaelibet lingua suos Idiotissimos, et saepe unius vocis in originali lingua ea est emphasis quam versio non exprimere potest, et talis in ipsa doctrina latet, quae in versione nusqiam apparet.“ Die Lektüre der Schrift in den Originalsprachen hatten bereits Luther und Melanchthon gefordert. 321  Wie ein Mensch, der ein Gesicht nur einmal gesehen habe, es nicht so genau erkenne, wenn er es aber mehrmals ansehe, schließlich genau kenne, so habe auch die Heilige Schrift zunächst ein dunkles Antlitz, werde sie jedoch immer wieder angeschaut, so werde sie zusehends vertraut. Vgl. ebd., 16–17: „Sicut enim homo faciem semel tantum visam, non ita exactè cognoscit, sed quando frequenter aspicit, postea cognoscet; Ita enim Scriptura Sacra, quia primò faciem obscuram habet, postea quando frequenter aspecta fuit, efficitur familiaris. Quad si diu inspecta adhuc non cognoscuntur Scripturae, non deferamus propter qualemcunq[ue] obscuritatem, sed per Scripturas clariores explicare discamus.“ 322  Ebd., 17: „Cum non possimus scire sensum, nisi eum per verba discamus, dicente Hieronymo in Cap. I. Ecclesiast. Diligenter ponderentur verba et phrases Scripturae, quem habeant sensum, et quomodò aliis in locis Scripturae usurpentur […].“ 323  So könne sich der wahrhafte Sinn erschließen, wenn er auch vorher dunkel erschienen sei. Vgl. ebd., 18: „Cum voces nonnullae diversum habeant sensum, ideo in solis vocabulis haerendum non est interpreti, sed inprimis considerandus est scopus et cohaerentia textus, seu quomodo Consequentia cum Antecedentibus cohaereant, hinc sensus verus apparebit, qui ex solis vocibus aut phrasi non ita erat liquidus.“ Balduin führt das Gleichnis über die Arbeiter im Weinberg (Mt 20) als Beispiel an, weil hier nur aus dem Ziel des Gleichnisses erhellt werde, dass dieses nicht über die Werkgerechtigkeit (de meritis operum) handele. Es geht Balduin hier darum, dass der Exeget sich Kontext und Intention des gesamten Textes (Christus) vergegenwärtigen und prüfen möge, wie sich die gewählte Äußerung dazu verhalte.



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Sammlung ähnlicher Schriftstellen anzulegen, anhand derer er auch die dunklen Bibelworte beleuchten könne.324 Siebtens solle er die exegetischen Werke der alten und neueren Schriftausleger hinzuziehen. Dies habe allerdings nicht im Sinne einer autoritativen Versicherung der eigenen Schriftauslegung, sondern vielmehr mit reifem Urteilsvermögen (cum iudicio) zu geschehen. Nicht sämtliche der alten und neuen Kirchenlehrer könnten für die jeweilige Interpretation auch Autorität sein.325 Von den neueren Exegeten nennt Balduin keine namentlich, bittet aber die textbezogen arbeitenden vorzuziehen.326 Achtens mahnt Balduin, dass sich ungeachtet großer Mühe der wahre Sinn einer Perikope nicht immer erschließe. Hier gelte es in der Auslegung nicht von der Glaubensnorm (regula fidei) abzuweichen.327 Die Einteilung der Perikope diene nicht nur der Darlegung, sondern auch dem Memorieren.328 Diese Methode der Auslegung ist für Balduin die biblische, für die Christus und seine Lehre und Lehrweise Vorbild seien.329

324 Ebd., 19: „Collatio similium locorum instituenda est, ex quae locorum obscuriorum illustratio fieri potest. […]. Et haec res magnum habet usum in conciliatione Scripturarum, quae apparentem aliquam contrarietatem habent. Verissimum enim est, quod Augustinus scripsit lib. 18 de Civitat. Dei cap. 41. Autores nostri, in quibus non frustra sacrarum literarum figitur et terminatur Canon, absit, ut inter se aliqua ratione dissentiant.“ Das Anlegen solcher Sammlungen wurde im 16. Jahrhundert bereits praktiziert. Aus ihnen sind zahlreiche Loci-Darstellungen erwachsen. Eine systematische Untersuchung zu diesem Problemkomplex fehlt bisher. 325  Beispielsweise sei von den Kirchenvätern in Hinsicht auf die Erläuterung der Heiligen Schriften Hieronymus Augustinus vorzuziehen, weil jener die Schrift von der Originalsprache her auslege, dieser aber nur Übersetzungen gebrauche. Vgl. Balduin: Idea, 21: „Adhaec omnia adhibenda sunt Interpretationes veterum et recentiorum interpretum, sed cum iudicio; non enim omnes sunt eiusdem autoritatis: Inter Patres in expositione Scripturarum praeferendus est Hieronymus Augustino, quia ille ex fontibus interpretatur Scripturarum; hic tantum versionibus utitur, unde saepe numerò decipitur. Idem esto de reliquis iudicium. Atque ita censet Erasmus in Ratione verae Theologiae; Partem laboris, inquit, adimat nobis veterum labor, adiuvemur illorum commentariis, dum modò primùm ex his eligamus optimos, velut Originem, qui sic est primus, ut nemo cum illo conferri possit, post hunc Basilium, Nazianzenum, Athanasium, Cyrillum, Hilarium, Augustinum.“ 326 Ebd., 22: „Inter recentiores praeferendi sunt ii, qui collatis sententiis eam, quae ex textu Argumentis omnium optimè confirmari potest, tuentur, ubi non facilè recedendum est à communi sententia Ecclesiae, nisi ea apertis scripturae textibus contradicat.“ 327 Paulus selbst habe nämlich im Römerbrief die Forderung ausgesprochen, dass die Schriftauslegung gemäß dem Glauben zu geschehen habe (1. Kor 15,29). Bei dieser Regel sind vier Cautelae zu beachten (etwa, ob die Auslegung dem Kontext entspricht und dem Glauben gemäß ist, oder aber, dass das, was sich nicht auf die Wahrheit oder den guten Lebenswandel bezieht, bildlich zu betrachten sei), die sich bei Augustinus im elften Kapitel des ersten Buches De Genesi ad Litteram und im zehnten Kapitel des dritten Buches von De Doctrina Christiana sowie in den Enarrationes Psalmi (54) finden. Die von Balduin für die erste Regel zitierte Passage wird etwas kürzer auch im ersten Buch von Johann Gerhards Loci Theologici (Jena 1610, 135) allerdings ohne Beleg zitiert. Das Zitat konnte bei Augustinus nicht nachgewiesen werden. 328  Balduin: Idea, 25: „Percepto vero sensu textus, partitione opus est, libri integri in capita, capitis in partes, Partium in membra, si textus prolixitas ita postulet. Quae partitione facit, ut Omnia rectius proponantur, et tenacius memoriae inhaereant.“ 329  Wie Christus selbst seine Schüler unterrichtet habe, nämlich differenziert: Erstens über das Leiden, zweitens über seine Auferstehung, drittens über den Diener des Wortes; ferner mit den Predigten Johannes des Täufers, die sich zusammensetzen aus Verkündigung der Buße und Vergebung der Sünden, sowie den Worten des Apostels Paulus im Brief an die Römer und Galater, wo er zuerst über das Gesetz, hernach über das Evangelium handelt. Vgl. ebd., 26.

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Für Balduin ist die Einteilung der Bibel, der biblischen Bücher und einzelner Textbestandteile derart grundlegend, dass er darin die wesentliche exegetische Arbeit sieht.330 Die Einteilung könne unterschiedlichen Prinzipien folgen: Dem Prinzip der Chronologie (seriem rerum narratarum) wie in Geschichtswerken, dem der Kausalordnung (ordinem Causarum) wie in Dogmatiken, dem der Entgegensetzung (ordinem oppositorum) wie in der Paränese, dem der Unterordnung (ordinem rerum subordinatorum) wie in der Unterweisung, dem des Kontextes (ordinem antecedentium et consequentium) und dem der Redeelemente (partes orationis) wie in Predigten oder Gebeten.331 Auf diese Prinzipien der Einteilung lässt Balduin drei weitere praktische Regeln folgen, die bei der Einteilung des Textes beachtet werden müssen. Erstens fordert er, nicht zu trennen, was in sich zusammenstimme, zweitens seien Worte und Phrasen sorgsam abzuwägen, um das Zusammenstimmen der Teile aufzuzeigen, drittens fordert er, eine kurze Paraphrase des Textes anzufertigen, mit welcher der Sinn des Textes in verständliche Worte gefasst, so dass er leichter auf die kirchliche Praxis hin angewendet werden könne.332 Die Entnahme der Lehrartikel (modus colligendi) erfolgt stets auf der Grundlage des bereits geordneten und erörterten Textes. Balduin nennt neun Regeln, die der Prediger dabei beachten sollte. Die sachgemäße Entnahme der Lehrartikel entspricht nach Ansicht des Wittenberger Theologen dem Auffinden des genuinen Schriftsinnes.333 Der Nutzen des Auffindens des genuinen Schriftsinnes sei die rechte Anwendung (applicatio). Diese Anwendung sei zweifach und beziehe sich zum einen auf die Lehren, zum anderen auf die Menschen, denen die Lehren dienten. Bei der Entnahme der Lehrartikel habe der Exeget nachstehende Regeln zu beachten: Erstens sollten die Lehrartikel nicht vom Text verschieden, sondern mit dem Text übereinstimmend sein.334 Zweitens sollten Lehrartikel nicht fehlerhaften Übersetzungen, 330  Wer den Text recht gegliedert und in seine Bestandteile zerlegt habe, der habe den Text bereits hinreichend analysiert und vice versa. Vgl. ebd., 26–27: „Iuxta haec exempla Minister Ecclesiae ordine docere debet, ac proinde textum, quem sibi tractandum proposuit, in suas distribuere partes, ut de distinctis distinctè agatur, quae distributione nihil aliud est, quàm analysis Textus, quae sex potissimum modis fieri potest.“ 331  Ebd., 27–29. 332  Ebd., 29: „1. Ne disiungantur, quae inter se cohaerent: male divelluntur membra unius propositionis tanquam diversae partes Orationis, quaelibet enim pars quasi novam propositionem constituit. 2. In singulis partibus cohaerentia partium fideliter monstranda, phrases et verba ponderanda. 3. Concinna Paraphrasis addenda est; quae sensum Scriptoris verbis perspicuis explicet, quibus omnibus expedites, facilior erit aditus ad applicationem. Saepe tamen textus ita cohaeret, ut commodè in partes divide non possit, ubi continua paraphrasis, in qua mens Scriptoris perspicuè exponitur, praemitti, et statim applicatione seu usus addi potest.“ Bisweilen werde der Text, der eigentlich einzuteilen sei, unversehrt nur durch Paraphrase erklärt und die Lehrsätze hinzugefügt. Dies sei die einfachste Methode der Auslegung und Anwendung. Balduin folgt einem aufwändigeren Ansatz. Die Paraphrase ist dennoch wesentlicher Bestandteil der exegetischen Methode Balduins, wie sie sich an den Kommentarwerken zum Corpus Paulinum zeigt. Vgl. dazu den ersten Abschnitt des fünften Kapitels der vorliegenden Arbeit. 333  Auch hier lehnt sich Balduin an Paulus und Augustinus an. Vgl. ebd., 31: „Sensus Scripturae sine usus inanis est scientia, quam instare scribit Paulus 1. Cor. 8,1.“ 334 Ebd., 32: „Doctrinae non sint heterogeneae, sed conformes textui.“ Balduin erklärt diese Regel anhand der Unterscheidung von Gesetz und Evangelium: Wenn ein Text, der das Gesetz betreffe, die Botschaft des Evangelium nicht hergebe und umgekehrt, so sei es nicht richtig, wenn aufgrund der Auslegung des Dekalogs von Christus gepredigt werde, den der Dekalog nicht kenne.



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sondern aus den Quellen selbst entnommen werden, hätten doch die griechischen oder hebräischen Originaltexte oft einen anderen Sinn als die Übersetzungen glauben machten.335 Drittens gelte es in Hinsicht auf die Hörenden der Predigt zu bedenken, dass einer Perikope zwar mehrere Lehren zugrundeliegen könnten, doch nicht immer sämtliche zugleich den Hörern zu präsentieren, sondern die Predigtkontexte (Ort und Zeit) zu beachten seien. Viertens, obgleich diejenigen Lehren die vorzüglichsten seien, welche aus den Buchstaben des Textes schöpften (Inspiration), sei es gleichwohl nicht immer notwendig, dass die Predigt in allem dem Buchstaben entspreche. Balduin betont, dass der Text auch zu anderem, was der Heilige Geist nicht unmittelbar eingegeben habe, angewendet werden könne. Die Anwendung dürfe zwar dem buchstäblichen Sinn nicht zuwiderlaufen, könne aber durchaus in Analogie zu dem buchstäblichen Sinn stehen.336 Fünftens könnten einem Diktum der Bibel verschiedene Lehrartikel entnommen werden, sofern sie nicht einander entgegengesetzt seien. Bisweilen werde, sechstens, anhand von zwei Perikopen der Bibel ein Lehrsatz betätigt.337 Siebtens könnten aus jenen biblischen Büchern, die über die dem Menschen nutzbare Schöpfung handelten, moralische Lehren genommen werden. In Hinsicht auf die Ur- und Erbsünde diene die Lehre achtens nicht der Nachahmung, sondern vielmehr der Korrektur und Ermahnung.338 Die Lehren der Bibel können nach Balduin nun in zweifacher Hinsicht unterschieden werden: Erstens in Hinsicht auf den Text selbst, zweitens in Hinsicht auf die im Text enthaltenen Gegenstände. In Hinsicht auf den Text sei die Lehre entweder deutlich ausgedrückt (expressa) und im Text enthalten oder aber verborgen (occulta) und durch Kontextualisierung zu entnehmen.339 Die Sammlung (collectio) der Lehrartikel könne nun auf verschiedene Weise erfolgen: Erstens, indem das Allgemeine

Nur indirekt könne Christus erwähnt werden, insoweit er Erfüllung des Gesetzes sei. Die Auslegung des Dekalogs auf Christus hin kann nach Balduin nur durch die mystische Exegese, wie sie der Wittenberger Theologe 1614 und 1616 in den zwei Bänden seiner Passio typica sowie 1621 in Adventus Christi typicus vorgeführt hatte, geleistet werden. Die mystische Exegese aber kann nach Balduin nicht zur Gewinnung von Lehrartikeln angewendet werden, sondern nur zur Illustration bereits gewonnener Lehrartikel dienen. Ohnehin sei diese Form der Exegese bisher wenig betrieben worden, wie Balduin konzediert. 335  Ebd.: „Doctrinae non petantur ex vitiosis versionibus, sed ex ipsis fontibus, si fieri potest, fluant.“ 336  Das Verfahren ist die Überführung der Hypothese in die These oder Anwendung der Geschichte auf einen Lehrartikel (per translationem hypotheseos ad thesin, seu per accommodationem historiae ad locum communem). 337  Balduin: Idea, 38: „Interdum ex duobus Scriptura locis una confirmatur doctrina, ut cum Christus prophanationem templi sui arguere vellet, allegat verba quaedam ex Esaia cap. 56, 7. Dominus mea domus orationis vocabitur; et alia quaedam ex Jeremia cap. 7, 11. Numquid ergo Spelunca latronum facta. Hinc suam petit apologiam; Scriptum est; Domus mea domus orationis est […].“ 338  Auch diese Regel weist Balduin als eine Regel des Augustinus aus. Sie finde sich einmal mehr in De Doctrina Christiana III, 22–23. 339  Als Beispiel einer expliziten Lehre führt Balduin Joh 3,16 an, wo ausdrücklich drei Gründe menschlicher Rechtfertigung genannt würden: Die Gnade Gottes, das Verdienst Christi und der Glaube. Die im Text verborgene Lehre sei aufgrund der festen Folge (solida consequentia) aus dem wahren Sinn des Textes zu eruieren. So könne nicht etwa aus dem Spruch 16,4 gelehrt werden, dass Gott den Menschen zur Verdammung geschaffen habe.

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vom Besonderen abgeleitet werde (genus ex specie).340 Zweitens, indem der Antitypus aus dem Typus gebildet werde (antitypus ex typo), etwa wenn Paulus die Lehre der unentgeltlichen Wahl der Gläubigen zur Herrschaft Christi aus der Geschichte Jacobs und Esaus ableite. Sodann könne drittens und viertens die kleinere aus der größeren sowie umgekehrt die größere aus der kleineren Lehre abgeleitet werden. Fünftens und sechstens könne die Wirkung aus der Ursache und die Ursache aus der Wirkung abgeleitet werden, siebtens ein Gegensatz aus einem anderen Gegensatz sowie achtens aus dem Nachfolgenden das Vorhergehende.341 Die Lehre, die den im Text enthaltenen Gegenständen entnommen wird, sei vierfach und entspreche dem Amt des Predigers: Die Lehre enthalte Unterricht im Glauben (διδασκαλια), Widerlegung von Häresie (ελεγχον), Unterweisung der Sitten (παιδεια) sowie Selbstkorrektur (επανορθωσις).342 Ohne Bezug zur kirchlichen Praxis aber, so betont Balduin, seien diese Regeln unnütze Wissenschaft. Diese Praxisorientierung spiegelt sich bei dem Wittenberger Theologen in einer konsequenten Ausrichtung auf die Bedürfnisse seiner Hörer wider.343

3.3.  Formen biblischer Exegese Der Exegese kann eines der biblischen Bücher (integrum librum), ein Kapitel oder ein Abschnitt zugrundegelegt werden.344 Deshalb nennt Balduin dem Exegeten und Prediger einige Kategorien zu deren Unterscheidung (distinctio): Die des Alten und Neuen Testaments (ratione temporis), von Gesetz und Evangelium (ratione materiae), der historischen, prophetischen, poetischen und proverbialen Bücher sowie Briefe (ratione formae), der kanonischen und apokryphen Bücher (ratione autoritatis).345 Obgleich alle 340 Dergestalt nehme Paulus in Röm 4,5 aus Gen 15,6  – wo es heißt, dass Abraham geglaubt habe und der Glaube ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden sei – die allgemeine Lehre (generalem doctrinam), nach der alle Glaubenden durch angerechnete Gerechtigkeit gerechtfertigt werden. Vgl. Balduin: Idea, 44. 341 Ebd., 46: „Ex his exemplis Biblicis intelligitur, quomodo iusta sit instituenda collectio doctrinarum in textu occultarum, quae prima fuit divisio doctrinae respectu textus.“ 342  Nicht alle diese Aspekte seien in einer Perikope zu suchen. Vgl. ebd.: „Non autem necesse est, ut hae doctrinae omnes in omni textu simul quaerantur. Nam sicut non omnis fert omnia tellus: ita nec omnis Scriptura omnes doctrinas. Iudicio ergo opus est erit in colligendis doctrinis, ut singulis textibus convenientia tribuantur. Si quis vero textus tam dives est, ut omnes admittere possit, ex eo sigillatim et ordine proponi debent […].“ 343  Ebd., 48: „Cum omnis Scripturae tractatio fiat propter homines, hi verò iuxta status et conditiones suas variant, fidelis Ecclesiae ministri est, attendere, ut omnia in tempore et loco dicantur, cum utilitate auditorium, ut monet Apostolus 1. Cor. 14,12.“ Balduin unterscheidet zwischen gesunden und kranken Zuhörern, auf welche er sich jeweils differenziert einzustellen habe. Den gesunden Zuhörern (48–57) wendet er sich in der öffentlichen Predigt, den kranken (57–66) aber privatim in der Seelsorge zu. Für beide Hörergruppen bietet Balduin eine Typologie, um sich auf diese jeweils individuell ausrichten zu können. 344  Ebd., 67. In der Behandlung einzelner sprachlicher Mittel (Tropen) müssen wiederum andere Regeln beachtet werden. Vgl. ebd., 93–104. 345  Balduin weist darauf hin, dass sich bei Origines, dem dabei der Beginn des Johannesevangeliums vor Augen gestanden habe, eine andere Unterscheidung ratio materiae finde, nämlich die in historische, ethische oder proverbiale, physikalische und theologische. In Hinsicht auf diese Differenzierung empfiehlt Balduin außerdem Ambrosius (Ps 36) und Augustinus (Ad Volusianum Epistola) zu befragen. Vgl. ebd., 70.

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diese Unterscheidungen von Nutzen sein könnten, präferiert Balduin die Einteilung in drei Gruppen: Historische, dogmatische und gemischte biblische Bücher. Bei der Auslegung der biblischen Bücher unterscheidet Balduin eine gelehrte (scholasticam) und eine volkstümliche (popularem) Auslegung.346 3.3.1.  Biblische Bücher Acht Regeln (regulae) sollen dem Ausleger helfen, die historischen Bücher sachgemäß zu bearbeiten. Erstens enthalte jede Geschichte eine Vorgeschichte, die Ausführung der Geschichte selbst (πραχθεντα) sowie die Folge der Geschichte (επομενα). Gemäß diesen drei Bestandteilen könne die Geschichte gegliedert, eine allgemeine Einteilung (dispositio generalis) vorgenommen werden. Zweitens könnten historische Bücher verschiedene Geschichten enthalten, die insofern auch differenziert betrachtet und geordnet werden müssten. So enthalte Genesis die Geschichte der Patriarchen, insbesondere die Geschichte Adams (bis Kapitel 6), sodann aber die Geschichte Noahs (bis Kapitel 12). Analog verhalte es sich mit dem ersten Samuelbuch. Die historischen Bücher zeichneten sich drittens durch zahlreiche Einschübe (interiectae materiae) aus. Diese Einschübe seien Teil der Geschichten und seien es zugleich nicht  – mithin als solche zu benennen und zu differenzieren. Als Beispiel nennt Balduin aus der Noaherzählung die Erhöhung des babylonischen Turms (1. Mose 11). Ein weiteres Stilmittel, das es wahrzunehmen gelte, bemerkt Balduin: Viertens seien in den Geschichten Umkehrungen – verkehrte Erzählfolgen (υστερον προτερον) – zu beachten, damit in der Auslegung die Ordnung gleichwohl beibehalten werden könne. Balduin weist in diesem Zusammenhang auf Augustinus’ De Civitate Dei (20,14) hin. Fünftens sei im Rahmen der Nacherzählung der Geschichten die zeitliche Ordnung einzuhalten. Balduin führt vier Argumente für das Festhalten an der Chronologie in der Exegese an: Die Chronologie bestätige zuerst die Gewissheit der göttlichen Verheißung.347 Sodann helfe sie, dass die Genealogie Christi erkannt werde. Außerdem diene die Chronologie dazu, Gegensätze der Erscheinungen zusammenzuführen.348 Schließlich führe die biblische Zeitfolge dem Leser das letzte Gericht vor Augen. Sechstens lehrten die in den historischen Büchern beschriebenen Fehler der Heiligen nicht nur das, was sie heilig mache, sondern auch zu sehen, was sie erlitten hätten.349 346  Ebd.,

72. so fragt Balduin, bewundere nicht die Wahrheit Gottes, wenn er lese, dass der Herr bei den Propheten genau siebzig Jahre der babylonischen Gefangenschaft vorausgesagt habe (Jer 25,12 und 29,10). 348 Mit Augustinus (Serm. 16. De verbis Domini) schreibt Balduin: „Distribuite tempora, et concordat Scriptura.“ Hier weist er zudem auf weiterführende hermeneutische Überlegungen bei Flacius in dessen Clavis Scripturae hin. 349  Balduin nennt hier schwerwiegende Anfechtungen des Fleisches, die den Leser lehren, dass auch diese Heiligen Menschen waren. Er führt zahlreiche Beispiele – etwa den Ehebruch Davids – an und betont gegen Bellarmins De verbo Dei (1587), Kapitel 15, dass alle diese Beispiele mit Nutzen in der Kirche gelesen und ausgelegt werden könnten und den Laien in ihrer Sprache nicht zu verbieten seien. Balduin beruft sich hier auf Luther, der in Kapitel 38 seiner Genesisvorlesung schreibe (521): „[…] huiusmodi nimirum exempla lapsuum nobis in doctrinam et consolationem, et fidei confirmationem recitari, ut sciamus, quod sanctissimi Patres fuerint homines, pleni infirmitate et maximis naevis, quibus haec misera natura est obnoxia, et quod mirabiliter eos rexerit Deus Spiritu 347  Wer,

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Siebtens gehe es nicht nur darum, die biblischen Geschichten zu erkennen, sondern auch darauf, sie anzuwenden. Der größte Nutzen der Geschichten liege in ihren Beispielen, aus denen der Mensch lernen könne, was er tun und lassen sollte.350Achtens könnten in den Geschichten Einschübe (Parenthesen) aufgefunden werden, die vom Kontext der „eigentlichen“ Geschichte zu differenzieren seien. Didaktische Bücher nennt Balduin solche, die entweder Glaubenslehren (dogmata fidei) oder Verhaltensweisen (praecepta morum) überliefern.351 Glaubenslehren seien in den Psalmen und den apostolischen Briefen, Verhaltensweisen etwa in dem Buch Jesus Sirach enthalten. Die Auslegung der Psalmen erfordere die Beachtung nachstehender Regeln und Grundsätze. Erstens sei das Buch der Psalmen gleichsam als Abriss der gesamten Schrift (epitome totius scripturae) zu verstehen. Aufgrund der Verschiedenheit der den Psalmen zugrundeliegenden Dinge, die entweder dicht gedrängt oder aber stark gekürzt vorzufinden seien, erscheine die Auslegung der Psalmen schwieriger als die der übrigen biblischen Bücher.352 Umso wichtiger sei es, bei der Auslegung der Psalmen zuerst die Einteilung der Psalmen in Betracht zu ziehen.353 Balduin selbst scheint die Einteilung in vier Arten von Psalmen zu präferieren: Dialektische (dialectici), tröstende (nuthetici), paränetische (paraenetici) und prophetische (prophetici). Bei letzteren handele Gott mit den Menschen, bei ersteren aber handele der Mensch mit Gott, im Gebet oder während des Dankens.354 Bei der Auslegung der Psalmen sei folglich zuerst festzustellen, welcher Art (classis) der betreffende Psalm angehöre. Zweitens möge der Exeget die Titel der Psalmen mit Sorgfalt betrachten, da diese doch gleichsam Schlüssel der Auslegung seien. Häufig enthielten sie nämlich den reinen Inhalt des Psalms. Drittens habe der Ausleger anhand des Inhalts zu prüfen, wie der Psalm unterteilt werden könne. Sodann sei viertens genau zu beachten, was denn David selbst oder der Messias durch die Person Davids oder aber Gott durch David aussage.355 Fünftens sei zu betrachten, was von Christus in den Psalmen gesagt sei. Sechstens habe sich der Ausleger klar zu machen, dass in den Psalmen häufig Sancto, ita tamen […].“ Das Zitat konnte nachgewiesen werden. Es ist aber nicht bekannt, welche Ausgabe der Genesisvorlesung Luthers Balduin vorgelegen hat. Das Zitat wird bei ihm paraphrasiert gebraucht. Vgl. WA 44, 309. 350  Dies sei nun auch der Grund dafür, dass Christus und die Apostel ihre Predigten mit den Geschichten des Alten Testaments belebt und beseelt hätten. 351  balduin: Idea, 104–111. 352  Ebd., 105: „Est enim Psalmorum liber quasi Epitome totius scripturae, ubi, quae in historiis, in Prophetis, in proverbiis sunt, repetuntur.“ 353  Einige – wie Hilarius und Epiphanius – unterteilten das Psalterium in fünf Bücher. Andere überlegten sich einige Gattungen von Psalmen. Balduin verweist hier auf den umfangreichen Psalmenkommentar seines akademischen Lehrers Salomon Gesner (Kapitel 12). Vgl. Gesner: Commentationes In Psalmos Davidis, 1605. Das VD 17 verzeichnet weitere Ausgaben für die Jahre 1606, 1609, 1616, 1629. Wiederum andere würden sechs Arten von Psalmen unterscheiden. 354  Die dialektischen Psalmen handelten entweder über die Glaubensartikel oder unterrichteten in guten Verhaltensweisen oder aber beschrieben die Bedingungen, unter denen Fromme und Unfromme leben. Die tröstenden Psalmen richten angefochtene Gewissen auf. Die paränetischen Psalmen ermahnen den Menschen und leiten ihn zum richtigen Leben an. Die prophetischen Psalmen schließlich bieten Vorhersagen über den Messias und seine Herrschaft. Doch habe bereits Luther darauf hingewiesen, dass viele Psalmen durchaus gemischten Charakter besitzen und sich nicht klar voneinander scheiden lassen. 355  Hierfür bezieht sich Balduin auf Luthers Vorrede zu seinem Psalmenkommentar.



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Personen wechselten. Es sei nützlich, wenn er hier sorgfältig darauf schaue, dass er den Äußerungen folge und die Lehre sachgemäß daraus schöpfe.356 Sodann rechnet Balduin die apostolischen Briefe, die Glaube und Sitten thematisierten, unter die didaktischen Bücher.357 Zuerst sei bei der Auslegung der apostolischen Briefe die Authentizität zu klären: Während die 13 Paulusbriefe, der erste Brief des Petrus und der erste Brief des Johannes echt (authentica) genannt werden, gehörten der Hebräer-, der Jacobusbrief, der zweite Petrusbrief sowie der zweite und dritte Johannesbrief zu den zweifelhaften (dubiae).358 Balduin bietet neun Regeln, die bei der Auslegung der apostolischen Briefe zu beachten seien. Erstens sollten Glaubenslehren vorzüglich aus denjenigen Büchern überprüft werden, über die oder über deren Verfasser in der (Alten) Kirche niemals gestritten worden sei – mithin aus den ersten 13 Paulusbriefen, dem ersten Johannes- und dem ersten Petrusbrief.359 Zweitens seien die zweifelhaften Bücher dem Kanon der unzweifelhaften gemäß auszulegen. Balduin illustriert die Bedeutung dieser Regel anhand von zwei Beispielen, welche die Rechtfertigung des Menschen beträfen: Während im Jakobusbrief gelesen werde, dass der Mensch auch durch die Werke, nicht nur durch den Glauben gerechtfertigt werde, lehre der Römerbrief, dass der Mensch durch den Glauben ohne Werke gerechtfertigt sei. Der Aussagekontext nämlich sei je ein anderer. Drittens sollte bei der Auslegung der einzelnen Briefe geprüft werden, wann, an wen und aus welchem Anlass ein Brief geschrieben worden sei.360 Viertens sei zu beachten, dass in den Paulusbriefen nicht immer eine methodische (methodica) Behandlung der Glaubenslehren vorzufinden sei.361 Bei der Anordnung des Textes sei deshalb darauf zu achten, dass die Proposition (propositio) passend mit den Argumenten verbunden werde. Fünftens werde in den Briefen bisweilen ein Lehrsatz in Frageform behandelt, welcher sorgfältig mitsamt dargebotenen Antworten nachgezeichnet werden müsse. Dabei habe der Ausleger darauf zu achten, dass die vorgefundene Ordnung der Argumentation in der Auslegung angemessene Berücksichtigung erfahre. Sechstens sei zu beachten, 356  Balduin verweist abschließend auf die wichtigsten lutherischen Psalmenkommentare. Dabei handelt es sich indes stets um von in Wittenberg zu Doktoren kreierten Theologen verfasste Kommentare: Die Arbeiten Luthers, Wellers, Mörlins, Selneckers sowie Gesners. Unter diese reiht er sich selbst ein. 357  Balduin: Idea, 111–118. 358  Diesen Unterschied führt er zurück auf Eusebius und verweist auf das dritte Kapitel des dritten Buches der Kirchengeschichte Historia Ecclesiastica. Zweifel besteht indes darin, ob der Hebräer- und der zweite Petrusbrief mehr Autorität haben als der Jacobus- und der Judasbrief. Den Apokryphen des Neuen Testaments wird jedoch mehr Autorität zugemessen als den Apokryphen des Alten Testaments. Es könnten daher Glaubensartikel aus ihnen genommen oder bestätigt werden. 359  Balduin: Idea, 112: „Dogmata fidei potissimum iis ex Libris probanda sunt, de quibus nunquam dubitatum fuit in Ecclesia, vel cum de autore saltem dubitatem.“ Diese Regel werde von Augustinus im achten Kapitel des zweiten Buches von De Civitate Dei bestätigt. Dies konnte bislang allerdings nicht nachgewiesen werden. 360  Dieser Regel, die darauf zielt, die historischen Umstände zu erfragen, hat Balduin im Rahmen seiner Kommentarwerke große Aufmerksamkeit geschenkt. Als Quellen, die über den Kontext der Abfassung unterrichten, nennt Balduin neben der Apostelgeschichte auch die Briefe selbst. Beispielsweise könne aus Apg 17 der Anlass (argumentum) des ersten Briefes des Paulus an die Thessaloniker erfahren werden. 361  Und dennoch sei alles so eingerichtet, dass das, was Paulus lehre und durch Beweise bestätige, leicht aus dem Text erkannt wird, so Balduin.

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dass in den Briefen des Paulus häufig mit Steigerungen gearbeitet werde, etwa in 1. Kor 10,15. Siebtens beziehe sich Paulus in den einzelnen Kapiteln der Briefe bisweilen auf einen Lehrsatz des Glaubens oder der Sitten, der an einer anderen Stelle der Schrift behandelt werde. Es sei daher Aufgabe des Exegeten, den ursprünglichen Sitz der Schriftstelle ausfindig zu machen.362 Achtens seien die Lehrsätze des Glaubens von den Lehren der Sitten (sittlichen Verhaltensweisen) sorgfältig zu unterscheiden und sowohl am Beispiel des Paulus als auch unterschieden davon zu behandeln. Wie von der Übereinstimmung der Apostel her feststehe, würden neuntens die Lehrsätze des Glaubens oder der Sitten aus den übrigen Briefen der Apostel immer wieder bestätigt.363 Bei der Auslegung der Sprüche Salomos und des Buchs Jesus Sirach sollen nachstehende Regeln Beachtung finden: Erstens, so Balduin, sei es nicht nötig (und auch gar nicht möglich), in allen Kapiteln textuelle Kohärenz (cohaerentia) zu erzeugen, weil die genannten Bücher beinahe eine reine Adagia364 über gänzlich verschiedene Dinge seien, welche nun einmal nicht immer zusammenstimmten. Wer sich hier verrenne, könne leicht vom wahren Sinn abweichen. Zweitens seien die ersten neun Kapitel in den Sprüchen quasi die Vorbereitungen der Folgenden. Daher trage auch das zehnte Kapitel den neuen Titel Parabolae Salomonis. Drittens besäßen einzelne Verse jeweils einzelne moralische Aussagen, welche getrennt betrachtet und mit anderen Schriften verglichen werden müssten. Dies sei gemeinhin durch keine andere dispositio zu leisten, als welche vom Verfasser selbst geboten werde.365 Viertens werde ein bestimmtes Thema in etlichen Versen bisweilen abseits behandelt. Diese Verse könnten dann für sich geordnet werden. Dies sei etwa im ersten Kapitel der Sprüche vom achten Vers an bis zum Ende der Fall, wo die Ermahnung, falsche Freundschaften zu meiden, aufgeführt sei. Fünftens sei, wenn in den Sprüchen Salomons der Begriff Weisheit genannt werde, immer der Sohn Gottes zu erkennen, der in 1. Kor 1 als Weisheit des Vaters bezeichnet sei. Das Buch der Sprüche müsse weiterhin mit anderen Äußerungen heiliger oder profaner Schriften zusammengebracht werden.366 Das Buch der Weisheit sei zweigeteilt: Im ersten Teil würden die Fürsten der Welt ermahnt, ihre Macht recht zu gebrauchen, niemandem Unrecht zu tun und aus diesem Grunde Weisheit von Gott zu ersuchen. Im zweiten Teil würden die wunderbaren Werke Gottes in der Welt betrachtet. In der Auslegung sind Balduin zufolge dreierlei Dinge zu 362 Aus jenem nämlich könnten die zuverlässigsten Argumente der Bestätigung aller Artikel genommen werden. Vgl. Balduin: Idea, 116: „Quilibet haec proprio Marte observare potest, et fideliter memoriae infigere debet, ut sciat, quo quisque articulus loco tanquam in primaria sua sede quaerendus sit. Ex iis enim locis omnium firmissima argumenta Confirmationis petuntur.“ 363  Balduin verweist abschließend auf die Kommentarwerke von Hunnius, Weinrich, Selnecker und Cyriacus Spangenberg. 364 Balduin spielt hier auf Erasmus’ Adagia an, eine Sammlung und Kommentierung antiker Sprichwörter, Redewendungen und Redensarten. 365  So hätten die ersten acht Verse des zwölften Kapitels in den Sprüchen drei Teile: Der erste handele von der Bedingung der Frommen und der Unfrommen, der zweite von den Früchten der Frömmigkeit, der dritte von der Verdammung der Unfrömmigkeit usw. 366  Balduin: Idea, 124. Vor allem aber ist auf das nachstehend Genannte zu achten: „Semper ergo videndum est Argumentum et Scopus totius libri, qui est, hominem ab omnibus mundanis, quomodocunque vocentur, avocare ad Deum, ut ab eius nutu totus pendeat, ei res suas omnes commendet, et ipsi soli considat.“



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beachten: Erstens die Grundlagen der Artikel des Glaubens, zweitens die Widerlegung der Irrtümer im Glauben367 und drittens, dass man wichtige Äußerungen beachte und mit anderen Schriften in Beziehung setze.368 Das Lied Salomons rechnet Balduin unter die dogmatischen Schriften, weil es auf allegorische Weise die wechselseitige Zuneigung der Liebe zwischen Christus und der Kirche beschreibe. Neben diesen allgemeinen Vorschriften seien noch nachstehende Aspekte zu beachten: Erstens die fortwährende allegorische oder mystische Sprechweise (allegoria, seu mystica loquendi ratio), zweitens die Hörenden, die mit ganz unvoreingenommenen Ohren und Seelen alle Aussprüche dieses Buchs empfangen, drittens die Schwierigkeit der Auslegung dieser Schrift in Hinsicht auf die vier Personenkreise, welche die Rede in eine gewisse Unordnung brächten. Eingeführt würden nämlich der Bräutigam und die Braut, die Freunde des Bräutigams und die Gefährten oder Kameraden der Braut. Der Bräutigam sei Christus, die Braut die Kirche oder der Heilige Geist. Nur die hörerbezogene mystische Auslegung könne ein sachgemäßes Verstehen ermöglichen. Gemischte Bücher (libri mixti) nennt Balduin biblische Bücher, die teils Geschichten, teils Glaubensartikel behandelten und damit entweder für den Glauben oder für die Lebensweise Bedeutung hätten: Die letzten vier Bücher Mose, das Buch Hiob, die Propheten und die vier Evangelisten sowie die Johannes-Apokalypse zählt er zu diesen gemischten Büchern.369 Bevor Balduin auf die Auslegung derselben gesondert eingeht, bietet er einige allgemeine Beobachtungen. Die gemischten Bücher seien in der Auslegung sorgfältig in den geschichtlichen und den die Glaubensartikel betreffenden Bestandteilen wahrzunehmen. Die Anwendung (applicatio) habe in den geschichtlichen Teilen von der Hypothese zur These hin zu erfolgen, in den die Glaubensartikel betreffenden Teilen dagegen von der These zur Hypothese hin. Außerdem dürfe die Lektüre in keinem der Bücher der Schrift als müßig oder gar überflüssig empfunden werden.370 In den die konkrete Lebensweise betreffenden geschichtlichen Teilen müsse sorgfältig zwischen den Zeremonien und Gesetzen in Kirche und Staat der Hebräer unterschieden werden.371 Die in den gemischten Büchern gefundenen Sätze über den Messias, die prophetischen oder dogmatischen Inhalt hätten, sollten mit besonderer Sorgfalt notiert werden. In den mosaischen Büchern gehe es indes nicht nur darum, den Literalsinn zu eruieren und anzuwenden, sondern auch Status und Voraussetzung des Neuen Testaments allegorisch oder typisch zu untersuchen.372 367  Ebd., 126: „Quae omnia ex hoc quidem solo libro infirmiora sunt ad constringendos adversarios, quia liber hic non est in Canone, attamen cum aliis Canonicis Scripturis iunctus multum valet ad confirmandam veritatem.“ 368  Hier weist Balduin die Studenten an, dass der, der möchte, hier die meditationes von Selnecker und Strigel über dieses Buch gebrauchen könne. 369  Balduin: Idea, 129–130. 370 Denn die göttliche Schrift, urteilt Balduin mit dem Verweis auf Chrysostomos, sei nicht zurechtzuweisen, sondern abzuwägen – mit Blick auf den Nutzen. 371  Ebd., 133–139. 372  Ebd., 135. Diese Form der Exegese, die sich auf die lange Tradition der altkirchlichen Exegese berufen kann, hat Balduin in drei monographischen Werken vorgeführt. Vgl. dazu den dritten Abschnitt des fünften Kapitels der vorliegenden Arbeit. Balduin verweist immer wieder darauf, dass diese Form der Exegese in der Schrift selbst gefunden werden könne: „Sic Leviticus nihil aliud est, quam Evangelium Veteris Testamenti. Nam Sacrificia et alii ritus cultus Levitici perpetuum habent typum

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Weiterhin sei es nützlich, die Verbindung der mosaischen Bücher untereinander zu beachten. Stets habe sich der Ausleger die besondere Gliederung der einzelnen Bücher vor Augen zu führen. Deshalb bietet Balduin in diesem Zusammenhang die Dispositionen von Exodus, Leviticus und Numerus.373 Der Abschnitt zur Behandlung des Buchs Hiob beginnt mit einem kurzen Exkurs zu dem von Robert Bellarmin (1542–1621) und Juan de Pineda (1558–1637) gegen Luther erhobenen Vorwurf, dieser habe behauptet, das Buch Hiob sei nicht historisch und biete den Inhalt einer Fabel.374 Balduin sieht hierin eine Verdrehung der Worte Luthers, der das Buch Hiob ein wahrhaft historisches genannt habe, das aber wegen der Personen die Form einer Fabel oder Komödie aufweise. Es sei weiterhin – was Bellarmin selbst einräume – zu bemerken, dass auch wahre Dinge in Komödien erzählt und Geschichten in auf komödiantische Weise behandelt werden könnten.375 Daher nennt Balduin das Buch Hiob weiterhin ein historisches und zugleich dogmatisches und führt an, dass es von einigen sogar im Anschluss an Augustinus ein prophetisches genannt werde. Er nennt sodann sechs Regeln für die Auslegung und Behandlung in Predigten: Erstens müsse zunächst die Quelle gelesen und erst dann gelehrte Ausleger befragt werden. Das Buch Hiob zähle nämlich zu den schwierigsten  – nicht alleine, weil es arabische Rede enthalte. Als Gedicht konzipiert fänden sich darin auch Sprüche und andere eigentümliche Aussagen, die schwer verständlich seien. Zweitens sei das Buch Hiob dialektisch angelegt. Der Ausleger müsse insofern achtsam sein, dass er nicht das Falsche für das Wahre nehme. Drittens sei alles, was in der gesamten Schrift enthalten sei, auch im Buch Hiob zu finden und so müsse es sorgfältig sowie zum Nutzen der Hörer ausgelegt werden.376 Balduin behandelt sodann die Auslegung der prophetischen Bücher.377 Er nennt neun Regeln zur Bewältigung der bei der Auslegung der prophetischen Bücher vorfallenden Schwierigkeiten. Erstens die Kenntnis der Geschichte der Zeit, in der die Propheten lebten und lehrten. Balduin schreibt diese Vorschrift (praeceptum) Luther zu, der sie in seinem Kommentar zum Propheten Jesaja aufgestellt habe. Die Propheten hätten deshalb stets die Herrscher der Zeit benannt, in der sie lehrten. Aufgrund dieses Satzes kann Balduin den ordo Prophetarum ratione temporis postulieren und gibt den Hinweis, dass, wer in der lectio der Propheten glücklicher fortschreiten wolle, sie in dieser Ordnung lesen und die Geschichten jener Zeiten kennen sollte. Zweitens sei das Ziel der Propheten anzusehen, welches in der Verkündung der Buße und des Glaubens, sodann in der Verheißung des Messias und seinen Wohltaten bestehe. Messiae, interprete Epistola ad Hebraeos. Quam ob causam Lex umbram habere dicitur futurorum bonorum, corpus autem in Christo Coloss. 2,17. et Hebr. 10,1.“ 373  Exodus bestehe aus zwei Teilen, erstens der historischen Erzählung der Geschichten, zweitens der Nennung der moralischen, forensischen oder die Zeremonien betreffenden Gesetze. Auch Leviticus sei zweigeteilt. Der erste Teil enthalte die Gesetze, der zweite die Geschichten – die Einteilung in Dinge, Personen und Handlungen biete sich aber auch an. Numerus sei in drei Teile zu gliedern: Praeparatoria, dogmatica, historica. 374  Ebd., 139–145 375  Balduin verweist auf das neunte Kapitel des ersten Buchs von Bellarmins De verbo dei. 376  Balduin: Idea, 142: „Quae omnia uti sunt memorabilia, ita in interpretatione diligenter separanda, et à quonam dicantur, considerandum, quod non sine fructu auditorium erit.“ 377 Ebd., 145–154.



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Drittens, dass die Propheten die Geschehnisse entweder durch Visionen (visiones), Handlungen (facta) oder Aussagen (dicta) in fester Wahrheit aufzeigten. Ein dreifacher Unterschied der Ausdrucksform (elocutio) müsse beachtet werden: Entweder sei ein bestimmter Ausdruck klar, offen und einfach, wie es die zahlreichen Zeugnisse von Christus beispielsweise seien, oder durch Symbole oder Zeichen verhüllt, wie es bei den Visionen der Fall sei, wo präzise Auslegung erfordert werde, oder aber es liege ein gewisses bedeutsames Mysterium zugrunde (wie Jer 1,12). Aspekte, die unverständlich erscheinen, könne der Ausleger viertens entweder aus der Natur der prophetischen Sprache, aus den Geschichten jener Zeiten, aus sich ähnelnden Stellen, welche miteinander in Beziehung gesetzt werden können, oder aus der Analogie des Glaubens selbst erhellen. Fünftens – erneut eine Beobachtung aus Augustinus’ Sermon 119 De tempore, wie Balduin bemerkt  – pflegten die Propheten über zukünftige Dinge in solcher Weise zu reden wie über vergangene oder gegenwärtige (wegen der prophetischen Gewissheit in der Sache). Sechstens werde bei den Propheten bisweilen über Christus gehandelt als alleiniges Haupt, bisweilen über das Haupt und dessen ganzen Körper die Kirche, bisweilen jedoch über das Haupt unter dem Namen des Körpers. Die besten Ausleger der prophetischen Schriften – siebtens – seien Christus und sodann die Apostel.378 Nachdem Balduin zunächst auf Athanasius’ Feststellung der Kanonizität der Evangelien hingewiesen hat, bestimmt er die Evangelien als gemischte Bücher, weil sie einerseits über das Christusgeschehen als Geschichte berichteten, andererseits Predigten und Reden von Christus überlieferten, die Lehren enthielten und Glauben sowie Verhaltensweisen der Menschen berührten.379 Acht Regeln müssten bei der Auslegung und Verwendung der Evangelien in der Predigt beachtet werden: Erstens sei mit Gewissheit anzunehmen, dass die Evangelisten nichts selbst erdacht haben.380 Zweitens sei bei der Auslegung der Evangelien die Harmonie der Propheten mit Christus aufzuzeigen, was die Authentizität und damit die Glaubwürdigkeit der Evangelisten stärke. Drittens müssten die vier Evangelien als ein Evangelium aufgefasst werden. Balduin betont mit dieser Forderung die Einheit der Verkündigungsbotschaft. Viertens zeigten die Evangelisten, dass Jesus der verheißene Messias sei, und berichteten Dinge, die zu seiner Herrschaft gehörten. Ferner pflegten sie überall auf die Propheten anzuspielen, in denen Christus verheißen worden sei. Es liege mithin am Ausleger, die genannten Aussprüche an ihren ursprünglichen Orten zu suchen und zu zeigen, wie sie von den Evangelisten gebraucht und angewendet worden seien. Fünftens habe sich der Ausleger vorzusehen, dass er entweder den Text der Evangelisten korrumpiert nenne oder behaupte, dass sich die Evangelisten täuschten.381 378  Ebd., 151. Als Schriftbelege nennt Balduin Lk 24,8; Apg 26,22; Mt 1,20; 2,14 und 8,17. Die Weise der im Neuen Testament vorzufindenden Auslegung der Propheten ist bei der Exegese mithin genau zu beachten: „Semper igitur in lectione Prophetarum respiciendum est ad N. T. quod instar clavis est Scripturae Propheticae, multa nobis aperiens, quae intellectum nostrum alias effugissent.“ 379  Ebd., 154–164. 380  Balduin schreibt diese Regel Laktanz zu und verweist auf das erste Kapitel des fünften Buches der Divinae Institutiones. 381  Dies sei der alte, bereits von Augustinus verworfene Fehler des Manichäismus, der sich bis in die gegenwärtige Zeit erhalten habe und sich etwa bei Melchior Canus oder Erasmus von Rotterdam finde. Beiden Meinungen stellt Balduin die Einsichten des Kirchenvaters entgegen.

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Wenn nun sechstens einer der Evangelisten bisweilen etwas anführe, das die übrigen nicht anführten, so habe dasselbe gleichwohl dieselbe Autorität wie als wenn es alle angeführt hätten.382 Obschon zwar der Gehalt des Evangeliums ganz und gar wahr sei, so sei siebtens gleichwohl nicht alles Ausgesagte für wahr zu halten, weil von den Juden vieles falsch und unfromm gesagt sei, wie die Schriften der Evangelien bezeugten. Achtens beträfe nun die dispositio der Evangelien. Balduin präferiert eine dispositio gemäß der zugrundeliegenden Sache (subiectam materiam), weil sie einfach und dem Verstehen des Volkes zugänglich sei. 3.3.2. Typologie Balduin hat als einer der ersten Theologen der lutherischen Orthodoxie die altkirchliche Methode der Typologie rezipiert383 und sie erstmals in dem 1614 und 1616 in zwei Bänden erschienenen Werk Passio typica angewendet.384 In dem Georg Friedrich von Baden-Durlach385 gewidmeten ersten Band des Werkes untersucht der Wittenberger Theologe typologisch, auf welche Weise sich die Passionsgeschichte in den Büchern des Alten Testaments bereits angedeutet oder vorgebildet findet.386 Am Beispiel von Hld 1,12 und damit einer Perikope, die für Balduin auf Christus anspielt, führt er in seiner Vorrede die typologische Methode exemplarisch vor: Die Perikope enthalte die liebliche Stimme der Zusage Christi an die Menschen, eine Stimme, die des Lichts des Heiligen Geistes voll sei. Sie führe den Menschen vor, dass nicht nur das Leiden Christi Zusage sei.387 Wie von Myrrhe bekannt sei, dass sie zwar einen bitteren Geschmack, aber einen sehr angenehmen Duft habe und sich eigne, die Körper der Verstorbenen vor dem Verfall zu bewahren, so sei das Leiden für Christus bitter, für die Menschen 382  Diese Regel gelte vor allem gegen Bellarmin. Das, was einer der Evangelisten sage, sagten alle, wegen des (behaupteten) Konsenses derselben. Was aber keiner derselben enthalte, dies sei nicht zu glauben (Balduin verweist hier auf das vierte Kapitel von Tertullians De Monogomia). 383  Hall: Typologie, in: TRE 34 (2002), 208–224; Johansson: Das Leiden Christi, 291–292 sowie Bitzel: Psalterium Betulianum. Teil 1, 2016, 732. 384  Balduin: Passio Typica Seu Liber Unus Typorum Veteris Testamenti, 1614 und ders.: Passionis Typicae Liber Alter Complectens Res Et Historias Veteris Testamenti, 1616. 385  Zu ihm Ledderhose: Aus dem Leben des Markgrafen, 1890. Speziell zu seiner Abdankung Roth: Die Abdankung Markgraf Georg Friedrichs, in: Richter/Dirbach (Hrsg.): Thronverzicht, 2010, 191–212. 386  Interessant ist, dass Balduin hier von der Passionsgeschichte als integra historia spricht. Die gesamte Passionsgeschichte ist nämlich nach Balduin in Typen vorgebildet (praefiguratus) und kann mithin in dem genuinen Sinn gemäß der Anwendung betrachtet werden. Bereits am 5. November 1613 hat Balduin offenbar ein Manuskript an den Oberhofprediger Matthias Hoë von Hoënegg gesandt, wie aus einem Brief hervorgeht: „[…] me iam sub calamo labore Tractatum de Passione Christi Typica, cui, Deo me benè servente, intra paucos alios finem imponam: in quo typos personarum V. T. qui quoque modo passionum Christi repraesentarunt, mediocri diligentia (nisi fallor) tracto, inprimis iuxta mentem orthodoxorum partum, quorsum sententias non sine labore inquisivi, et ad veritatis amussim in […] examinavi. Existimo a nihil omissum, qui in territoria Evangelica de passione Christi habetur: ideo ordine procedo à primo ingressu Christi […], usque ad mortem eius. e. g. Aaronis ingressus in sanctuarium adumbrat ingressum Christi […].“ 387  Vgl. die Widmungsvorrede zu Balduin: Passio typica I, 2v: „Amatoriam hîc vocem habemus, sed sponsae vocem, cujus cor et os flamma Spiritus Sancti plenum est, qua et novis, et in scripturae prius vix auditis blanditiis Dilectum suum demulcent, eoque nomine compellat, quod non nisi ex passionibus amarissimis, quibus tota vita sponsi nobilitata fuit, originem trahit.“



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aber Heilmittel gegen den Wurm des Gewissens und den ewigen Verlust der Seele.388 Die Myrrhe fungiere in der Auslegung als ein Typos für das Leiden Christi, denn ihre Eigenschaften seien hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Menschen ebenso ambivalent wie das Leiden Christi.389 Auf Grundlage der typologischen Auslegung könnten Altes und Neues Testament in Hinsicht auf die Passionsgeschichte zusammengebracht werden. Balduin benennt sodann Typen für Ankunft, Geburt, Heimat, Mutter, Leben, Leiden und Tod. Das Kreuz Christi wird somit zum Dreh- und Angelpunkt alt- und neutestamentlicher Exegese. Diesen Ansatz findet Balduin bei Paulus und Augustinus vorgeprägt.390 In einem Brief an Oberhofprediger Hoë von Hoënegg im Vorfeld der Publikation der Passio typica schreibt Balduin sogar, dass er sich in seinem Werk besonders an den Kirchenvätern orientiere (inprimis iuxta mentem orthodoxorum patrum). Aufgrund der Bedeutung des Kreuzes Christi müssten Patriarchen und Propheten, die in mancher Hinsicht Vorboten Christi waren, auch das Kreuz Christi andeuten. Diese Überlegung legt Balduin seiner Lektüre zugrunde und findet zehn Typen des Alten Testaments, in denen die Geschichte des Leidens verborgen sei.391 Die Richtung der Hermeneutik ist damit gewiesen. Nur aus dem Neuen Testament könne erfahren werden, auf welche Weise das Alte Testament auszulegen sei. Ein Beispiel biete Paulus’ Auslegung von Ex 34 (2. Kor 3,13–18): So wie Mose eine Decke auf seinem Haupt gehabt habe, hätten diejenigen, die das Alte Testament in der Zeit der Apostel lasen, noch immer Decken auf ihren Häuptern, nur durch Christus könnten sie aufgedeckt werden. Nicht nur das mosaische Gesetz, die gesamte Prophetie des Alten Testaments sei in Decken verhüllt. Deshalb habe der Ausleger vor allem zu erwägen, wie das Mysterium der Herrschaft Christi bei Mose und den Propheten teils in einzelnen Aussagen, teils in den Geschichten verhüllt sei.392 Dies könne der Ausleger 388  Das Christusgeschehen wird als Heilmittel oder Balsam des Heils bezeichnet: „Si miseriam hominis, cuius bono Christus durissima quaeque vulnera in Christo vides ac dolores, unde balsamum sanitatis nostrae, et stacte favoris benevolentiaequae divinae erga nos non guttatum stillat, sed largo fonte se diffudit.“ 389 Denn das Leiden Jesu Christi berühre den Menschen einerseits in seiner Sündhaftigkeit, andererseits diene es als Heilmittel zur Erlösung aus der Sündhaftigkeit. 390 Balduin bezieht sich hierfür auf die paulinische Forderung in 1. Kor und auf Augustinus’ Contra Faustum Manichaeum, dass die Hoffnung des Heils im Alten Testament noch nicht offenbart, aber trotzdem schon vorgebildet gewesen sei. Augustinus hat die Typologie in der Tat ausführlich im Rahmen der genannten Schrift behandelt. Vgl. zum Gesamtzusammenhang Hall: Art.: Typologie, in: TRE 34 (2002), 208–224. Für die Zeit der lutherischen Orthodoxie verweist Hall lediglich auf Johann Gerhard und Salomon Glassius. Balduin wird nicht erwähnt. 391  Er empfiehlt die Lektüre der Geschichte von Aaron, über das Opferlamm, den Verkauf Josephs, über Hiskia, über die Verfolgungen Jeremias, den Fall und die Konversion Adams, über Simson, Achitophelis, über Abel und die Opferung Isaaks, denn dort ließe sich keineswegs nur Gesetz finden. Balduin schreibt: „sed simul vides istis in historiis Christum Pontificem nostrum peccatis generis humani onustum die Palmarum ingredientem sanctam civitatem, et à populo sibi obvio solenniter exceptum: vides ipsum et ultimum pascha cum discipulis comedentem, et in locum veteris novum surrogantem […].“ Und er betont, dass dies im Alten Testament nicht deshalb gelesen werde, weil das Neue Testament diese Lesart nahe lege, sondern weil die Sache selbst uns durch Christus zugeeignet ist. Die Figuren des Alten Testaments, die das Leiden Christi vorhersagen und vorbilden, werden aus vortrefflichen und in allen Zeiten erinnernswerten Taten bekannt gemacht. Nur in diesen wird der figürliche Christus gesucht und eben nicht eine obskure Bestätigung des christlichen Glaubens über den gekreuzigten Christus. 392  „Etsi verò velamen illud in omnibus legis Mosaicae speciebus facile ostendi posset, quod par-

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nur leisten, indem er vorzüglich Christus suche, der das Ziel der Bücher Alten und Neuen Testaments sei.393 Die erste Decke sei die der göttlichen Verheißungen. So war die erste Verheißung von Christus und seinem ersten Amt jene in Gen 3,15, die bei den Alten Protoevangelium genannt werde. Die zweite Decke sei die der Vorhersagen, derer die prophetischen Schriften voll seien. Sie sprächen von der Ankunft Christi im Fleische, der Geburt, Mutter, Heimat, Amt, Wundern, Leiden, Tod, Auferstehung, Auffahrt in den Himmel und ähnlichem. Die dritte Decke sei die der Figuren und Typen des Alten Testaments, welche das gesamte lex ceremonialis – das „Evangelium der Juden“  – beträfen.394 Die Hüllen (Typen), die Leiden und Tod Christi vorführten, könnten Personen und Sachen sein. Im ersten Band der Passio typica handelt Balduin von den Personen sowie den Handlungen der Personen, die Christus und das Christusgeschehen präfigurierten.395 Im zweiten Band bietet er Gegenstände und Geschichten mit ebendieser Funktion. Neben den Passiones typicae ist auch das 1621 erschienene Werk Adventus Christi Typicus der typologischen Exegese verpflichtet, die Balduin gemeinsam mit der allegorischen als mystische Exegese bezeichnet.396 Thema

tim naturae rerum contentarum partim ipse sermo, partim etiam naturalis nostra corruptione cordibus hominum obduxit: tamen quia hoc velamen non modo legem Mosaicam, sed et universam Prophetiam Veteris Testamenti adoperuit: diligentia sane homine pio digna est, vel inprimis considerare, quomodo mysteria regni Christi in Novo Testamento pleniùs revelata, sub partim sententijs, partim historiis studiosè involute fuerint.” Vgl. Praefatio, in: Balduin: Passio Typica, 4. 393  Christus ist Ziel des Alten Testaments. Die Bilder und Typen des Alten Testaments zeigen den Erlöser der Welt gleichsam aus der Ferne und durch ein Gitter hindurch. Aufgrund der Unterscheidung von Personen und Dingen können auch sie differenziert werden. Die Bilder und Typen, die Leiden und Sterben des Erlösers anzeigen, werden mithin in personales und reales unterschieden. Da die Personen im ersten Band des Werkes beschrieben worden sind, werden im zweiten Band die Dinge beschrieben. Unter den Typi Reales versteht Balduin: „[…] historiae quaedam, ritus et ceremoniae populo Israelitico usitatae, quae quidem in sese maiestate sua sunt nobilissimae; ad passionem verò Christi adhibitae, longè illustriores et homini pio iucundiores fiunt.“ Vgl. ebd., 3. 394 Es finde sich nur ein „Schatten“ der zukünftigen Wohltat, deren Substanz in Christus sei (Hebr 10,1). Dergestalt sei das Gesetz durch Mose gegeben, die Wahrheit aber durch Christus gemacht t (Joh 1), weil in Christus die Erfüllung der Figuren und Schatten, der Typen und Bilder sei. Es verstehe sich, dass diese Decken heruntergezogen werden könnten. Anleitung dazu gebe der Apostel Paulus als Ausleger. 395  1. Aarons Ankunft im Heiligtum und Christi Ankunft zur Passion, 2. Die Israeliten verzehren das Paschalamm und die Schüler Christi das letzte Nachtmahl, 3. Joseph ist von den Brüdern verkauft worden und Christus durch Judas verraten worden, 4. Hiskias lag tödlich darnieder und Christus lag im Todeskampf, 5. Jeremias wurde von den Priestern seines Volkes beschuldigt und Christus wegen Kaiphas angeklagt, 6. Die Sünde Adams und seine Bekehrung, die Sünde und Bekehrung des Petrus, 7. Simon wurde von seinen Untergebenen in die Hand der Feinde übergeben und Christus in die Hände des Pilatus, 8. Das Erhängen Achitophels und Judas’, 9. Abel wurde von Kain an einen Ort gebracht und getötet, Christus wurde von den Soldaten nach Golgota gebracht, 10. Isaak wurde von seinem Vater geopfert, Christus wurde auf dem Altar des Kreuzes vom ewigen Vater für uns geopfert. 396  Vgl. die Vorrede zu Balduin: Adventus Christi Typicus, 1621, 6: „Et diligentia homine pio digna est, talia de Christo in lectione V. Testamenti cogitare, ut omnia plena sint Christo, quem unicum sacrarum literarum scopum esse, non ignoramus. Libenter equidem admittimus, unum tantum esse sensum cujuslibet scripturae Biblicae, quem Spiritus sanctus principaliter intendit, & hic literalis appellatur: nam antiquum illum veterum nonnullorum errorem de quatuor scripturae sensibus literali, Tropologico, Allegorico, Anagogico, ad autores suos te mittimus: nihil tamen obstat, quin historiam aliquam Veteris Testamenti mystico sensu ad Christum referamus, sive id per typum, sive per allegoriam fiat.“

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ist hier nicht die Passionsgeschichte, sondern die Ankunft Christi im Fleische, die Balduin ebenfalls im Alten Testament vorgebildet findet. In der Idea Dispositionum Biblicarum behandelt Balduin die Typologie im Unterschied zur Allegorese als Formen der mystischen Exegese.397 Im modus loquendi liegt nach Balduin dieser Unterschied von Typologie und Allegorese: Ein Typus liegt immer dann vor, wenn eine Handlung im Alten Testament vorgebildet ist, die im Neuen ausgeführt wird. Eine Allegorie liegt immer dann vor, wenn eine Handlung im Alten und Neuen Testament in der geistlichen Lehre angewendet wird. Die Typologie erfolgt somit im Vergleich der Handlungen (factorum collatio). Die Allegorese bezieht sich dagegen auf die Handlungen selbst. Der Typus, der stets auf Christus und die Kirche bezogen ist, erfüllt die Forderung, Christus zum Zentrum der Auslegung im Alten und im Neuen Testament zu machen. Während die Allegorese Worte auf einen mystischen Gegenstand hin anwendet, bildet der Typus den mystischen Sinn des Geschehens ab. Allegorie ist dagegen eine immerwährende Metapher. Die Geschichte von der Erhöhung der kupfernen Schlange ist ein Typus der Erhöhung Christi am Kreuz. Dagegen ist die Rede Christi über die an die Wurzel der Bäume angelegte Axt (Mt 3,10) metaphorisch und allegorisch (Buße). Balduin nennt vier Arten der Allegorie: geschichtliche, handlungsbezogene, sprachliche und sakramentale. Es besteht eine dreifache Notwendigkeit, um die Schrift allegorisch auszulegen, wie der Verfasser unter Verweis auf Flacius’ Clavis Scripturae zeigt: Erstens, weil die Schrift ohne Tropen Falsches hervorbringt, zweitens, weil die Worte der Schrift im angenommenen grammatischen Sinn manchmal Absurditäten erzeugten, drittens, weil der grammatische Sinn bisweilen mit der Glaubensnorm im Widerspruch liegt. Balduin leitet nachstehende Anweisung für die Allegorese ab: Zuerst ist der eigentümliche Sinn der Worte anzuzeigen, darauf eine konzise Auslegung der Metapher hinzuzufügen und schließlich sind die Lehren nicht aus dem eigenen Sinn der Worte, sondern aus dem metaphorischen zu nehmen. Für die Typologie seien mehrere Regeln notwendig. Erstens ist die Geschichte, aus welcher der Typus genommen wird, in ihrem Kontext zu betrachten, zweitens ist der Anlass zu betrachten, der Christus oder den Aposteln gegeben ist, so dass sie über irgendeine Geschichte typisch handeln. Drittens sind die einzelnen Bestandteil des Typus mit denen des Antitypus zu vergleichen, viertens werden aus dem gezogenen Vergleich der Teile des Typus mit dem Antitypus solche Lehrsätze genommen, die vorzüglich den Antitypus betreffen, und fünftens haben auch bei den Typen und Allegorien, die von Christus und den Aposteln selbst ausgelegt werden, die Artikel des Glaubens eine sichere Grundlage.398 Für Balduin ist neben der Auslegung des Literalsinns die typologische Exegese damit die bedeutendste.

397  Vgl.

zum Folgenden Balduin: Idea, 192–200. Idea, 200: „In Typis et Allegoriis, quas Christus ipse et Apostoli interpretantur, etiam articuli fidei fundamentum suum habent, cum aliâs, ut Hieronymus super cap. 13. Matth. loquitur, ex mysticis sensibus fidei dogmata non possint efficaciter confirmari: quod de iis mysticis sensibus intelligendum est, quos alii interpretes excogitant, Christus autem et Apostoli tanquam immediatè à Spiritu S. uncti et docti articulos fidei per typos et allegorias proponere possunt et solent.“ 398  Balduin:

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3.4.  Predigtpraxis und Erbauung 3.4.1. Postillen Als Pfarrer und Superintendent in Ölsnitz (1603/04) hat Balduin insgesamt 22 Wochenpredigten über das Buch Ruth gehalten. Die Predigtsammlung Das Hausbüchlein Ruth, die auf Grundlage dieser Wochenpredigten erstellt wurde, erschien erstmals 1608.399 Darin bietet Balduin die Auslegung des gesamten Buches Ruth „nach der Richtschnur heiliger Göttlicher Schrifft“, das er nun „gottseligen Haußvätern und Haußmüttern“ zur Lektüre anempfiehlt.400 Balduin betont in der Vorrede, dass er „die erklerung auff selbiges orts gelegenheit gerichtet“ und sich daher „der kürtze und einfalt nach besten vermögen beflissen“ habe. Es handele sich folglich nicht um eine gelehrte, sondern um eine volkstümliche Auslegung, die sich an fromme, aber nicht theologisch geschulte Leserinnen und Leser richtet.401 In der ersten, hinführenden Predigt schreibt Balduin über den Verfasser (autor) des Buchs Ruth, Kernaussage (argumento) und Einteilung (teilung) sowie die Anwendung (nützlichen gebrauch).402 Die sachgemäße Einteilung, die von der Kernaussage abhängt, bildet auch hier das Kernstück der Auslegung. Die Predigt selbst hat unübersehbar lehrhaften Charakter. Balduin erklärt den Unterschied zwischen den kanonischen Büchern der Heiligen Schrift und den Apokryphen.403 Die Auswahl des Buchs Ruth als historisches und nicht allzu ausführliches Buch aus dem Alten Testament erfolgte aus pragmatischen Gründen.404 Das Buch Ruth ist für Balduin besonders zur Wochenpredigt – mithin für kurze, etwa halbstündige Predigten – geeignet.

399  Balduin: Das Hausbüchlin Ruth, 1608. Diese Predigtsammlung erfreute sich großer Beliebtheit und wurde 1610 in korrigierter und mit Register versehener Fassung sowie 1620 erneut abgedruckt, wobei Balduin der dritten Auflage eine neue Vorrede spendierte. Vgl. ders.: Das Haußbüchlin Ruth. Vor dieser zeit in zwey unnd zwantzig Predigten, nach der Richtschnur Heiliger Göttlicher Schrifft, schlecht und recht erkleret und geprediget. Itzo aber Gottseligen Haußvätern unnd Haußmüttern zum besten in druck verfertiget. Itzo zum andern mahl auffgelegt, 1610 und ders.: Das Haußbüchlin Ruth. Vor dieser Zeit In zwey und zwantzig Predigten geprediget. Itzo aber Gottseligen Haußvätern und Haußmüttern zum besten in Druck verfertiget. Jetzo zum dritten mahl verbessert mit einem nützlichen Register, 1620. 400 Balduin widmet die Erstausgabe dem kurfürstlich sächsischen Hofmarschall und Rat Wolf Ernst von Wolfframsdorff, den er als seinen „insonders großgünstigen Herrn“ bezeichnet. Zu ihm vgl. Lauterbach: Memoria Wolframsdorfia, 1624. 401 Christliche Vorrede, in: Balduin: Das Hausbüchlin Ruth, 3: „Unnd ob ich zwar gern bekenne, das in denselben Predigten nichts sonderlichs zu finden, dadurch den Gelerten könnte gedienet werden. Jedoch so hab ich dieselbe in Truck zuverfertigen die mühe mich nicht tauren lassen, ob vielleicht fromme Haußväter und Haußmütter, die es besser nicht wissen, hieraus etwas zu ihrem besten empfangen möchten […].“ 402 „Die erste Predigt uber das Haußbüchlein Ruths. In welcher zur Vorbereitung folgender Predigten etwas vom Autore, Argumento, teilung und nützlichen gebrauch dieses Büchleins gehandelt wird.“ Vgl. Balduin: Das Haußbüchlein Ruth, 1–11. 403  Ebd. Darin „alles das, so zu unser sehligkeit zu wissen von nöten ist, begriffen wird, welche man in unserer sprach Glaubens-Bücher nennen mag, denn die articul des glaubens können aus denselben probieret werden“. 404 Ebd.: „Dieweil aber Menschliches Hertz allzeit mehr lust zun Historien und kurtzen Schrifften / als zu weitleufftigen Lehrbüchern hat / so hab ich mir vorgenommen zum anfang in dieser Kirchen / durch Göttliche verleihung […].“



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Im Jahr 1608 erschien außerdem die Predigtsammlung Psalmi Graduum, die auf in der Schlosskirche zu Wittenberg gehaltenen Predigten basierte.405 Darin kann sich Balduin auch von der Auslegung Luthers abwenden, wenn diese dem einfachen Sinn des Textes seiner Auffassung nach nicht entspricht. Dass dies mit aller gebotenen Behutsamkeit geschieht, braucht angesichts des Kontextes  – in der Schlosskirche zu Wittenberg gehaltene und dem Rat der Stadt Wittenberg gewidmete Predigten – nicht weiter verwundern. Ein schönes Beispiel bietet Balduin bei der Auslegung des 120. Psalms, in dem es um den Lehrartikel von den Verleumdern geht.406 Er führt zunächst die Auslegung Luthers ein, der gemäß David den Psalm wider die falschen Lehrer gebraucht habe, die damals den Gottesdienst zu verfälschen suchten, indem sie die Werkgerechtigkeit gefordert hätten. Sodann urteilt er, dass diese Auslegung in der Tat „sehr bequem […] zu dieser zeit sehr nötig“ sei, er aber von der Werkgerechtigkeit in seiner Predigt gerade nicht handeln möchte, sondern alleine erstens „etliche Motiven anzeigen, warumb ein frommer Christ für dem schedlichen Laster der Verleumdung sich hüten solle“ und sodann zweitens „vermelden, wie wir uns denn verhalten sollen, wenn wir von bösen Leuten übel angegossen und verleumdet werden“.407 Ohne Luthers Auslegung zu negieren – Balduin nimmt durchaus die Absicht einer solchen Auslegung wahr –, wendet er sich von ihr und ihrem lehrhaften Kern ab und der praktischen Frage nach der Verhütung von Verleumdung und der Verhaltensweise bei an eigenem Leib erfahrener Verleumdung zu. Das bedeutet nun nicht, dass diese Verleumdungen nicht vorzugsweise den konfessionellen Gegnern zugeordnet werden. Allerdings erfolgt die Benennung derselben in derart unkonkreter und stereotyper Weise, dass sie kaum explizit als konfessionelle Polemik gefasst werden kann. Stets wird die Parallelität zu den in der Schrift benannten Häresien aufgezeigt, die noch heute, i. e. im 17. Jahrhundert, zu finden seien.408 Balduin erklärt also erstens die Gefahren der Verleumdung, zweitens die rechte Verhaltensweise bei geschehener Verleumdung. Ein Mittel der Wehr biete das Gebet, für das Balduin eine kurze Anleitung (methodum) bietet. In der Kurfürst Johann Georg I. gewidmeten Vorrede zum ersten Band der Postille Postilla oder Außlegung der Sontäglichen und Vornembsten Fest-Evangelien aus dem Jahr 1624 erörtert Balduin ausgehend von dem Befund der oft begegnenden Verachtung der Predigt und des Predigtamtes den Nutzen sowohl der Predigt in mündlich vorgetragener wie auch in gedruckter Form und des mit der Wortverkündigung 405  Balduin: Psalmi Graduum, 1608. Das VD  17 verzeichnet weitere Ausgaben für die Jahre 1611 und 1625. 406 Ebd., 3: „Der Herr Lutherus ist der meinung, als habe König David diesen Psalm eigentlich wider falsche Lehrer und Ketzer gebraucht, die damals den Gottesdienst verfelschen wollten. Denn David war nicht allein König, sondern auch Prophet im Lande, dem gebühren wollte, mit Beten und Lehren den schwermern zu wehren unnd gedenckt D. Luther sonderlich, das er diesen Psalm gerichtet habe wider die Werckheiligen, die auff das opus operatum pochten und meinten umb ihrer Opfer willen wollten sie Gott gefallen […]. “. 407 Ebd., 4. 408  Ebd., 5: „Was für Lügen richtet der leidige Satan in der Kirchen an / durch die Sophisten und allerley Rotten / welche allerley zur ungebür von der Lehr unnd den Lehrern der rechtgleubigen erdencken. Also ward der fromme Prophet Jeremias von den falschen Propheten zu Jerusalem angegeben mit Lügen / als hette er etwas zur ungebür wider den Tempel unnd Stadt gepredigt / so er doch geredt hatte / was ihm der HERR befohlen hatte […].“

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

beauftragten Trägers des Predigtamtes.409 Balduin betont gegen die Kritik an der gedruckten Predigt seitens der sogenannten Postillenfeinde den Sinn und Nutzen der Postillen, macht aber auch die Gefahren deutlich, die sich aus dem falschen Gebrauch der Postillen ergeben können. Er führt zunächst die biblische Begründung nicht nur des Verkündigungsauftrags, sondern auch die des Bücherschreibens an. Die historische Begründung, dass die Lehre der Zeit an die Nachfahren gelangen müsse, fügt er dieser biblischen Begründung bei.410 Denn dies sei schon in der Alten Kirche umgesetzt worden. So seien Augustinus’ Sermones de Tempore oder die Orationes Chrysostomi nichts anderes als Postillen gewesen, auch Sokrates habe in seiner Kirchengeschichte darauf hingewiesen, dass Predigten nachgeschrieben worden seien. Eine weitere Begründung findet Balduin in den Erfordernissen des Theologiestudiums: Postillen könnten für angehende, noch unerfahrene Prediger von Nutzen sein, damit diese eine Anleitung haben, wie sie ihre Predigten methodisch aufbereiten.411 Balduin weist auf die Monita hin, welche Augustinus in De Doctrina Christiana (Buch IV, Kapitel 26) formuliere, dass es nämlich etliche Prediger gebe, denen es nicht an guter Aussprache mangele, diese aber kaum wüssten, was sie vorbringen sollten. Zum Missbrauch wird die Arbeit mit Postillen, wenn daraus auswendig gelernt und nachgepredigt werde. Studium und Gebet, Lektüre der Heiligen Schrift, Erforschung von Auslegung und Anwendung müssten dem Vergleich mit gedruckten Predigten vorausgehen.412 Damit ist das selbstverantwortliche Studium der Heiligen Schrift unabdingbare Voraussetzung für das Predigtamt, hingegen die Postille nur ein Hilfsmittel.413 Der Einwand schließlich, es gebe mehr als genug Postillen, wird von Balduin entkräftet: Erstens bezeuge die Heilige Schrift, „viel Bücher machens ist kein ende“ (Pred 12,12), zweitens habe es bereits in der Alten Kirche Postillen gegeben – er führt hier wiederum Augustinus’ Sermones de Tempore an – und überhaupt meine Augustinus, es müssten viele Bücher geschrieben werden, auf dass die Lehre von vielen mitgeteilt würde. Drittens betont Balduin, dass auch Luther eine Postille verfertigt und den Nutzen derselben betont, mehr noch, den Postillen von Antonius Corvinus und Johannes Spangenberg Vorreden geschrieben hat. Balduin bemerkt aber auch, dass bereits Luther den Missbrauch der Postillen angeprangert habe.414 Äußerst aufschlussreich für den Charakter der Postille und ihre Aussagekraft als Quelle in Hinsicht auf die Predigtpraxis ist die Vorrede An 409  Dem Durchläuchtigsten Hochgebornen Fürsten und Herrn Herrn Johann Georg Hertzogen zu Sachsen, Jülich, Cleve, und Berg, in: Balduin: Postilla, Bd. 1: Von Advent an/ biss auff Reminiscere, 1624. 410 Ebd., 9–10. 411  Ebd., 10: „Es erfoderts auch bißweilen die Nothdurfft, das junge und noch ungeübte Prediger eine anleitung haben wie sie ihre Predigten methodicè anstellen sollen, da es denn besser ist, das sie eine zeitlang/ biß sie solcher Arbeit gewohnen, anderer reiner Theologen Arbeit gebrauchen, als nach ihrem gutdüncken ungeschickte Sachen vorbringen, Inmassen solches auch der alte Kirchenlehrer Augustinus ihme gefallen lesset.“ 412  Ebd., 11. Erst danach „können sie solche ihre Gedancken mit andern, die dergleichen Textus auch gepredigt haben, conferiren, und wo es noht thut ihre Gedancken darauß verbessern.“ 413  Postillen haben darüber hinaus ihren Nutzen für Menschen, die ihres Gehörs beraubt worden, in Verfolgung geraten sind oder keine „reinen“ Prediger haben, ferner für diejenigen, die auf Reisen sind oder im Gefängnis sitzen oder von langwierigen Krankheiten geplagt sind oder aus welchen Gründen auch immer nicht der Predigt zuhören können. 414  Ebd., 13–14.



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den Christlichen Leser. Balduin stellt hier klar, dass seine Postille nicht als Predigtsammlung in dem Sinne zu verstehen ist, als habe er lediglich bereits gehaltene Predigten zusammengestellt und in Druck gegeben. Vielmehr nennt er die Postille hier einen „Evangelischen Commentarium gleichsam als den Kern ausz vielen meinen Predigten zusammen getragen […]“, wobei er als Kriterium angibt, dass sie „cohaeriren“, also zusammenstimmen.415 In dieser zweiten Vorrede finden sich wichtige Bemerkungen zur Predigtmethode416: Nach dem Exordio ist eine richtige Paraphrasis oder Erklärung des Texts bey einem jeden Evangelio zu finden. Alsdenn folgen die Lehrpuncten nach Ordnung des Evangelischen Textus von anfang biss zum ende, da ich mich beflissen, nichts im Text zu ubergehen, dessen Application in den Lehrpuncten nicht begriffen were.

Die Ordnung der Predigt besteht demnach aus Exordium, Paraphrase (i. e. Erklärung), Lehrartikel und Anwendung. Die Lehrartikel werden nach Ordnung des Textes geboten, so dass nichts übrig bleibt, dessen Anwendung in den Lehrpunkten nicht enthalten wäre. 3.4.2. Leichenpredigten Balduin hat großes Ansehen als Prediger an der Wittenberger Stadtkirche besessen. Es ist davon auszugehen, dass er seine exegetischen und homiletischen Methoden vor dem Hintergrund der jungen lutherischen Tradition von der kirchlichen Praxis her entwickelt hat. Der Wittenberger Theologe hat zahlreiche Predigten, Postillen und Leichenpredigten hinterlassen, die in Hinsicht auf die Umsetzung der exegetischen und homiletischen Methoden in der kirchlichen Praxis untersucht werden können.417 Anzunehmen ist, dass Balduin auch durch die Predigten, die er in Wittenberg gehalten hat, die Theologiestudenten erreicht hat, denn diese waren im Rahmen der akademischen Curricula verpflichtet, Predigten zu besuchen. Überhaupt bildete die Predigt verstärkt seit der Reformation das wichtigste Mittel, um akademische Wissensbestände einem breiteren Rezipientenkreis sowohl horizontal als auch vertikal zu vermitteln. Die Predigt wirkte dabei zunächst als von der Kanzel gesprochenes Wort, sodann in Form von gedruckten Predigten und Predigtsammlungen, sowie durch Postillen.418 Aufgabe der Predigt war es, zu lehren, zu mahnen und zu trösten. Zugleich stand die Predigt im Dienst von Kirche und Staat und wurde als Instrument der sozialen Disziplinierung verwendet.419 Gedruckte Predigten und Predigtsammlungen sowie Postillen fungierten als Medien des Wissenstransfers – der 415  An den Christlichen Leser, in: Balduin: Postilla, Bd. 1. Es ist jeweils mit Sternchen markiert, wo eine neue Predigt beginnt. 416 Ebd. 417  Vgl. für die Bibliographie Anhang 1. 418 Johann Heinrich Zedler definierte die Postille wie folgt: „Postilla heisset eine gedruckte Sammlung von Predigten über die Evangelia, Episteln, Passionstext, Catechismus etc.“ Vgl. zum Gesamtzusammenhang Holtz: Predigt: Religiöser Transfer über Postillen, 2011. Vgl. weiterhin Schindler: Die Prinzipien des Hörensagens, in: Historische Anthropologie 1 (1993), 359–393. 419  Damit waren Predigten auch von konfessionsspezifischen Werten durchdrungen. Ob und auf welche Weise diese aber aus den Quellen erhoben werden können, ist fraglich.

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Kapitel V: Friedrich Balduin als Vertreter der Wittenberger Universitätstheologie

Distribution und Diffusion religiösen Wissens. Dieser Befund ist insbesondere für die Zeit der lutherischen Orthodoxie zu betonen, in der zahlreiche Drucke in Auftrag gegeben wurden. Postillen erfreuten sich in der lutherischen Orthodoxie im Rahmen des Theologiestudiums gleichsam als Handbuch der Predigtvorbereitung einer enormen Beliebtheit.420 Luther hatte für das Sujet der Postille mit seiner Kirchenpostille (1522) und seiner Hauspostille (1544) die maßgeblichen Referenzwerke geschaffen. Die Vertreter der lutherischen Orthodoxie beriefen sich auf Luther, sie konnten aber auch andere Wege gehen. Den jeweiligen Anlässen entsprechend gibt es unterschiedliche Arten der Predigt: Die Fest- und Sonntagspredigt, Investitur- und Valetpredigt, Huldigungspredigt sowie nicht zuletzt die Leichenpredigt. Balduin hat sich im 15. Kapitel seiner Idea Dispositionum Biblicarum mit der Leichenpredigt befasst.421 Die lutherische Kirche halte an der Leichenpredigt fest, weil sich die Spuren solcher Predigten in der Heiligen Schrift selbst finden ließen (2. Sam 3,32) und diese in der Alten Kirche in Gebrauch waren.422 Bei der Perikopenwahl empfiehlt Balduin, sich an den Verstorbenen zu orientieren.423 Dem Prediger stehe es frei, anhand des dargebotenen Materials selbst zu wählen. Balduin hat schwerpunktmäßig Leichenpredigten auf Angehörige der Wittenberger Oberschichten und Universitätsverwandte, auch auf Angehörige des kursächsischen Herrscherhauses gehalten und drucken lassen. Die Leichenpredigten auf Angehörige des kursächsichen Herrscherhauses wurden allerdings nicht bei den Begräbnisfeiern im Dom zu Freiberg, dessen Chor als Grablege der Albertiner diente, sondern in der Wittenberger Stadtkirche im Rahmen von Gedenkfeiern gehalten.424 Von den insgesamt 107 überlieferten Leichenpredigten Balduins waren 23 auf Professoren und 420 Diese Nutzung wurde in der Studienanweisungsliteratur des 17. Jahrhunderts bisweilen kritisch gesehen, fürchtete man doch, dass der exegetische Eifer der Theologiestudenten durch den übermäßigen Postillengebrauch gefährdet sei. 421  Balduin: Idea, 294–298. 422 Ebd., 295: „In nostris Ecclesiis Electorali sanctione retinetur, quia vestigia talium sermonum reperiuntur in Bibliis.“ Nicht Lob auf die Verstorbenen, sondern Trost der Lebenden sei das Ziel der Leichenpredigt: „Et in pia antiquitate in usu fuerunt, ut testatur antiquissimus Scriptor Dionysius In Hierarchia Ecclesiastica. cap. 7. Extant etiam integrae Conciones funebres Gregorii Nysseni, Nazianzeni, Ambrosii et aliorum, cumque non tam propter laudes defunctorum, quam propter solatium et informationem superstitum instituantur, magnum certè usum habet in Ecclesia, nec justa causa est, cur omitti debeant.“ 423  Balduin unterscheidet Leichenpredigten auf Fürsten, Gelehrte, junge Menschen, Säuglinge und Kinder, Frauen, Menschen, die lange gelitten haben, und Menschen, die unerwartet und grausam zu Tode gekommen sind, und setzt diesen Gattungen der Leichenpredigt jeweils passende Perikopen hinzu. Abschließend betont er den lehrhaften Charakter der Leichenpredigt und nennt einige Lehrartikel, die im Rahmen der Leichenpredigt behandelt werden können. Vgl. Balduin: Idea, 298: „In hisce concionibus utile docetur de miseriis generis humani, de longaevitate aut brevitate vitae, de termino vitae, de morte, resurrectione, extremo iudicio, de amore Dei erga nos, de merito Christi, de fide et poenitentia, de praeparatione ad mortem, de gaudiis vitae aeternae, de praemiis piorum in ea et quaecunque solatiis piorum inserviunt.“ 424  Drei Leichenpredigten für Angehörige des kursächsischen Herrscherhauses hat er gehalten, zunächst auf Kurfürst Christian II. am 6. August 1611, sodann auf Herzog August am 6. Februar 1616 und schließlich auf Kurfürstin Sophia, die Gemahlin Christians I. am 28. Januar 1623. Vgl. Balduin: Churfürstliche Sächsische Leich und Huldigungs Predigten, 1611; ders.: Christliche Leichpredigt, 1616; ders.: Juditha Saxonica, 1623.



3.  Idea Dispositionum Biblicarum (1622)271

Professorenwitwen und -kinder aus allen vier Fakultäten gehalten worden.425 Balduin hat 22 Leichenpredigten auf Studenten (13 davon waren Theologiestudenten) – mithin Universitätsverwandte – gehalten und in den Druck gegeben.426 Das sind 42 % aller Leichenpredigten. Den zweitgrößten Teil bilden Leichenpredigten auf städtische Oberschichten in Wittenberg (Mitglieder von Rats-, Bürgermeister-, Stadt- und Hofrichter- sowie Schösserfamilien), vor allem auf Mitglieder von Ratsfamilien (22).427 Der hohe Anteil an Leichenpredigten auf die in Wittenberg ansässigen, urbanen Mittel- und Oberschichten erklärt sich aus Balduins Amt als Stadtkirchenpfarrer und Generalsuperintendent sowie aus dem Kollaturrecht des Rats der Stadt Wittenberg. Eine weitere Gruppe bilden Angehörige von Kauf- und Gewerbefamilien: Apotheker (1), Buchhändler (1), Handelsfamilien (2), Buchdrucker (1). Schließlich sind vier Leichenpredigten auf kirchliches Personal überliefert, je eine auf einen an der Stadtkirche angestellten Archidiakon, Diakonus und Kantor sowie eine auf den Brandenburgischen Hofprediger Paul Rössel.428 An den Perikopen, die Balduin den Leichenpredigten zugrundelegte, lässt sich ein Überblick über seine theologischen Akzentsetzungen gewinnen. Mit insgesamt 31 Perikopen bildet das Psalterium den Schwerpunkt, gefolgt von den Evangelien und der Apostelgeschichte (20)  – wobei Balduin primär das Johannesevangelium heranzieht (9)  – sowie den Paulinischen Briefen (19)  – mit Schwerpunkt auf dem Korinther- (5) und Römerbrief (4). Verwendung finden außerdem Perikopen aus der Offenbarung des Johannes (8), dem 1. Buch Mose (6) und dem Propheten Jesaja (6). Geschichtsbücher und Propheten sind weniger vertreten. Bemerkenswert ist, dass das Buch Jesus Sirach vergleichsweise häufig vorkommt (4), obwohl es von Balduin in reformatorischer Tradition unter die Apokryphen gerechnet wird. 425  Zwei auf Professoren aus der Theologischen, drei aus der Juristischen (davon ein Adjunkt), zwei aus der Medizinischen und vier aus der Philosophischen Fakultät. Dazu kamen neun auf die Ehefrauen und vier auf Kinder der Professoren aller vier Fakultäten. Die am meisten beachtete und kontroverstheologisch heftig angefochtene Leichenpredigt Balduins war die auf seinen Vorgänger im Amt als Stadtkirchenpfarrer und Generalsuperintendent Georg Mylius. Diese Leichenpredigt hatte in ihrem Erscheinungsjahr 1607 bereits sieben Auflagen erlebt und Balduin sogar eine Verteidigungsschrift abgenötigt. Vgl. Appold: Georg Mylius, in: Dingel/Wartenberg (Hrsg.): Theologische Fakultät, 155–172. 426  Das ist bemerkenswert, da die Druckkosten nicht unerheblich waren und von dem Patron des Studenten oder seiner Familie getragen werden mussten. Auch die Kostenübernahme durch Balduin selbst ist in einzelnen Fällen nicht auszuschließen. Wahrscheinlich ist, dass sich unter den Theologiestudenten, auf die Balduin Leichenpredigten gehalten und in den Druck übergeben hat, Schüler oder gar Hausschüler Balduins befinden. Zu nennen wären beispielsweise die Theologiestudenten (im Folgenden jeweils mit Herkunftsort und Immatrikulationsdatum) Georg Neugebauer aus Breslau (September 1605), Michael Zaupe aus Riga (17. Mai 1609), Johann Philipp Wegmann aus Höchstedt (Oktober 1611), Joachim Kohl aus Hamburg (Oktober 1611), Daniel Deutschmann aus Mümeln (April 1612), Michael Friedrich Dresler aus Heilsbronn (8. April 1614) sowie Paul Krumm aus Iglau (Mai 1612). 427  Vgl. zur Terminologie Schmitz: Ratsbürgerschaft und Residenz. 428  Paul Rössel, Adjunkt der Philosophischen Fakultät, ist vermutlich von Balduin ordiniert worden. Vgl. StKA Wittenberg, WOB V (1605–1627), Nr. 660. Examinator und Ordinator sind in dem Eintrag nicht genannt, vielleicht wurde von Rössel, einem Schüler Balduins, die Ordination durch Balduin stillschweigend vorausgesetzt. Rössel hatte unter Balduin über die Theologie der Photinianer disputiert. Vgl. Balduin: De Theologiae Photinianae consensu cum Calviniana [11. Dezember 1618/ Paul Rössel], 1618.

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3.4.3.  Biblisch Betbüchlein Das erbauliche Biblisch Betbüchlein (1617), das – Ursula, der Witwe des kurfürstlichen Rats und Obersten Hans Wolff von Schönberg gewidmet – 50 Gebete zu Genesis und 40 zu Exodus zu einem jeden Kapitel bietet, folgt ebenfalls der exegetischen Methode Balduins.429 Wie der Untertitel anzeigt, möchte der Verfasser Summe, Inhalt und Gebrauch eines jeden Kapitels der ersten beiden Bücher Mose in der Form eines kurzen Gebets für den einfachen Mann veranschaulichen: „Welches eines jeden Capitels des Ersten und Andern Buchs Mosis Summ und Inhalt, auch besten Gebrauch in einem kurtzen Gebetlein zeiget. Dem gemeinen Manne zu gute unnd ubung der Gottesfurcht gestellet.“430 Die Gebete sollen zur Übung der Gottesfurcht – einem für Balduins Theologiebegriff zentralen Aspekt – anleiten. Sich an 2. Tim 3 anlehnend bestimmt er die Bibel als Paradies Gottes, das dem einen zeige, dass nichts Neues unter der Sonne sei, dem anderen, dass hierin der Grund seines Glaubens liege, den dritten erfreue, dass es das Leben der Menschen in allen Ständen mit Regeln und Exempeln regiere, dem vierten indes die Seele in Leid und Betrübnis labe und erquicke. Überdies repräsentiere die Bibel ein schönes und vollkommenes Betbuch, woraus der Leser erstens recht beten lerne und zweitens Ursache und Anleitung finde, in allerlei Nöten Gott selbst anzurufen. Das Betbüchlein soll zur erbaulichen Rezeption der Bibel anleiten. Es ersetzt keineswegs die eigene Lektüre oder Anhörung der Bibel, sondern bietet Rezeptionsanweisungen, die zum rechten Verstand hinführen sollen, und zwar mittels Gebeten und „Seufftzerlein“.431 In der Reihenfolge der Kapitel der Bücher Genesis und Exodus finden sich insgesamt 90 inhaltlich korrespondierende Gebete und „Seuffzer“ – „Gott ist ein Schöpffer aller ding/ dafür wir ihm billich dancken“, „Betrachtung Menschlicher Seligkeit im Stande der unschuldt“, „Klage uber der ersten Eltern Fall“ usw. In diesen ist der Verfasser stets darauf bedacht, zu zeigen, wie der Inhalt der beiden Bücher Mose den Leser affektiv berühren kann: „Sodomittscher Jammer bewegt uns zu bitten umb Vergebung der Sünden“, „Sarae Begrebnis gibt ein Sterbgebet fein“ oder „Isaac und Rebeccae Hochzeit lehret umb ein gute Ehe bitten“.432

429  Balduin: Biblisch Betbüchlein, 1617. Das Werk richtet sich zudem an den Sohn der Witwe Caspar von Schönbergs, der Geheimer Rat und Präsident des Appellationsgericht war. 430  Vgl. die Widmungsvorrede zu Balduin: Biblisch Betbüchlein, 6v–8r: „In welcher Betrachtung ich vor rhatsam erachtet, wenn auff ein jedes Capitel der vornembsten Biblischen Bücher ein kurtz und rund Gebet oder Seufftzerlein gemacht, unnd dem gemeinen Manne, der es besser nicht weis, hiermit der Innhalt und beste gebrauch eines jeden Capitels, auch was er ohn gefehr vor Gedancken bey demselben, wenn er es lieset, oder lesen höret, haben solle, gezeiget würde. Denn es sol so billich ein Christ in der Bibel anders lesen als ein Heyde und Feind des Worts Gottes, der das Gespötte daraus treibet zu seinem grossen Verderben. Solche habe ich nu im Namen GOTtes, unlengst mit den Ersten zweien Büchern Mosis versucht, un uber ein jedes Capitel ein gar kurtz Gebet oder Seufftzerlein gestellet, darinnen des Capites Inhalt unnd vornemster Gebrauch in unserem Christenthumb mit wenigen Worten zusammen gefasset wird.“ 431 Vgl. ebd. Dabei gibt Balduin dem andächtigen (kurzen) „Seuffzer“ durchaus den Vorzug gegenüber dem langen Gebet. 432  Ebd., 68–71, 82–85, 86–89.



4.  De Casibus Conscientiae (1628)273

Mit dem Betbüchlein reiht sich Balduin in eine um und nach 1600 immer breiter werdende Reihe an seelsorgerlichen und erbaulichen Werken ein, die sich – ohne dass dies in Vorrede oder Einleitung explizit gesagt würde – vor allem an Johann Arndt orientieren.433 Balduin hatte indes zu einer von Jacob Zader (1555–1613) besorgten Neuauflage von Johann Habermanns Gebetbuch aus dem Jahr 1617 eine Vorrede verfasst.434 Dabei gilt es besonders darauf hinzuweisen, dass sich im Laufe der Zeit eine deutliche Akzentverschiebung vollzogen hatte: Während Balduins Betbüchlein daran gelegen war, dem „gemeinen Mann“ mit Gebeten nach den Büchern Genesis und Exodus einen erbaulichen Verständniszugang zur Bibel zu eröffnen, stehen etwa Josua Stegmanns Ernewerte Hertzenseufftzer (1630) ganz im Zeichen von Leid und Not des Dreißigjährigen Krieges.

4.  De Casibus Conscientiae (1628) 4.1.  Der historische Entstehungskontext Zu den Grundannahmen der Brevis Institutio Ministrorum verbi und der Idea Dispositionum Biblicarum gehört, dass die Heilige Schrift für sämtliche, im täglichen Leben aufkommenden Fragen die rechte Antwort bereit hält. In beiden Werken leitet Balduin angehende Prediger zu einem eigenverantwortlichen Umgang mit der Heiligen Schrift in Hinsicht auf diese alltagsrelevanten Fragestellungen an. Balduin fordert damit den akademisch ausgebildeten professionellen Theologen, der die konkrete Anwendung der Schrift auf das Leben in Auslegung und Predigt vollzieht. Obgleich Hilfsmittel wie Konkordanzen oder Postillen, auch gelehrte Kommentare den Umgang mit der Schrift erleichtern mögen, so ist doch die Kompetenz der professionellen Auslegung und Anwendung nach wie vor Kern des Theologiestudiums für Balduin.435 Gleichwohl zeigt die Erfahrung, dass die Beantwortung zahlreicher, im Alltag des Predigers begegnender Fragen aus der Heiligen Schrift auch den akademisch ausgebildeten Predigern Schwierigkeiten bereitet. Nicht nur die zahlreichen in Streitschriften ausgetragenen theologischen Kontroversen, sondern auch die Gutachtenanfragen an die Theologische Fakultät dürften Balduin vor Augen gestanden haben. Als 14-maliger Dekan hatte er zahlreiche theologische Gutachten zu verantworten, deren Abfassung

433  Dies gilt vor allem für die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Josua Stegmann etwa veröffentlichte 1630 sein mehrfach wieder aufgelegtes Betbuch Stegmann: Ernewerte Hertzen Seufftzer, 1630. 434  Zader (Hrsg): D. Johann Habermans Gebetbuch, 1617. Gebetet wurde zur Linderung der Not der Christenheit, zur Buße, zur Erhaltung der reinen Lehre, wegen des Krieges, zur Abwendung von Teuerung und Hungersnot, sowie aufgrund von Pest und Tod. 435  Vgl. zum Beispiel das Gutachten der Theologischen Fakultät vom 21. September 1609 über die Praefation über die deutsche Concordanz Bibel Agricolae, in: Consilia Theologica Vitebergensis, 28–29: „Damit aber solches [Auslegung des Wortes Gottes] baß und füglicher geschehe und zu Wercke gerichtet werden möge, so bedarf man allerhand Vortheil und Mittel dazu, als da sind nechst eim andächtigen Gebet, freye Künste und nützliche Sprachen, und neben denen ein gut Gedächtnüs und daß man die gleichstimmige Sprüch der Schrifft fein gegeneinander halte. Hierzu nun dienen nicht wenig die Concordantiae Bibliorum […].“

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oftmals mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden war.436 Mit dem erst posthum mit einer Vorrede der Theologischen Fakultät erschienenen Tractatus De Casibus Conscientiae (1628) hat Balduin eine monumentale Bearbeitung sämtlicher Fragen, die sich in Hinsicht auf die Glaubensartikel der lutherischen Orthodoxie ergeben können, vorgelegt.437 So scheint es, als habe Balduin mit dem Tractatus der eigenständigen Auseinandersetzung mit der Schrift den Rücken gekehrt und sich einem System in Form der Kasuistik zugewandt.438 Dass ein solches Urteil kaum zutreffend sein dürfte, zeigt sich daran, dass Balduin bereits 1620 während der Abfassungszeit der Brevis Institutio Ministrorum verbi sowie der Idea Dispositionum Biblicarum über Gewissensfälle gelesen hat. Außerdem scheint es, als möge das System in Form der Kasuistik dazu gedacht gewesen sein, die Anfragen an die Theologische Fakultät nach Fakultätsgutachten zu ersetzen oder wenigstens in der Häufigkeit zu verringern. Darüber hinaus wurden einzelne Fakultätsgutachten gedruckt und mit den Consilia Theologica Vitebergensia (1664) sogar eine monumentale Sammlung an Fakultätsgutachten publiziert.439 Vielmehr ist anzunehmen, dass Exegese, Homiletik und Kasuistik sowie Gutachtertätigkeit bei Balduin komplementär zu verstehen sind. Die Tatsache, dass der Tractatus im 17. Jahrhundert mehrfach neu aufgelegt worden ist und gar angenommen wird, Balduin habe darin eine eigene literarische Gattung begründet, 436  Die externen Anfragen ergingen an die Theologische Fakultät als Kollektiv und wurden zuerst vom Dekan gelesen und eingeschätzt. Dieser setzte sodann eine knappe handschriftliche Stellungnahme dazu auf und leitete sie an das Kollegium weiter. Die übrigen Professoren notierten ihre eigenen Ansichten auf genannter Stellungnahme, stimmten dem Dekan zu oder erhoben Einspruch, und leiteten die Stellungnahme an den Dekan zurück. Dieser verfasste daraufhin das Gutachten und übersandte es zur Korrektur an das Kollegium. Stimmte dieses zu, wurde das Gutachten an den Bittsteller zurückgeschickt. Eine Gebühr wurde jeweils individuell festgesetzt und orientierte sich am Adressaten. Es konnten gewiss einige der Schritte ausgelassen werden und es gab auch Gutachten einzelner Professoren. 437  Balduin: Tractatus De Casibus Conscientiae, 1628. 438  Balduin gilt in der Forschung als Begründer der protestantischen Kasuistik. Bereits von Zeitgenossen wurde bemerkt und sodann in der Forschung wiederholt, dass es sich bei dem Sujet um eine Innovation handelte. Vgl. Martin: The Reformation of Conscience und Mayes: Counsel and Conscience. Vgl. auch die Hinweise bei Berg: Military occupation. Als Begründer der protestantischen Kasuistik wird Balduin bei Leube etwa zur Vorgeschichte des Pietismus gerechnet. 439 Der vollständige Titel lautet: Consilia Theologica Witebergensia, Das ist, Wittenbergische Geistliche Rathschläge Deß theuren Mannes GOttes, D. Martini Lutheri, seiner Collegen, und treuen Nachfolger von dem heiligen Reformations-Anfang biß auff jetzige Zeit in dem Namen der gesampten Theologischen Facultät außgestellete Urtheil, Bedencken und offentliche Schrifften. In Vier Theilen: Von Religion-, Lehr-, und Glaubens-, Ministerial-, und Kirchen-, Moral-, und Policey-, Matrimonial-, und Ehesachen. Und allerhand darbey vorfallenden Casibus, Ordentlich zusammen gebracht. Die Sammlung wurde in Frankfurt am Main (1664) gedruckt. Die Theologische Fakultät hat im Rahmen eines Gutachtens auf den Nutzen der Gutachtertätigkeit hingewiesen: „Wiewol uns nun unverborgen, daß etliche Klügling der Academicorum Theologorum judicia gäntzlich verworffen und sie ohn unterscheid in ihren tribunitiis concionibus vor neue Pelagianer und innerliche Anti-Christen ohne scheu und ohn erhebliche Ursache ausschreien, da sie doch in Academiis selbsten wollen studiret haben allda sie auch honores scholasticos angenommen und wenn es ohn die Theologen in Academis wäre, wurden sie nicht eine einige gute Predigt zu wege bringen können. […] Jedoch haben wir und solcher undanckbarer und auffgeblasener Leute verkehrte Judicia nichts hindern lassen, sondern der Warheit zu steuer wieder welche wir nichts können uns zum Zeugnis unsers einhelligen Consensus, daß von uns begehrte Bedencken dem Autori nicht verweigern wollen.“ Vgl. Censur über D. Johannis Behmii Buch von der Wirckung des Worts Gottes, in: ebd., 785–786.

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zeigt: Mit dem Tractatus hatte der Verfasser gleichsam den Nerv der Zeit getroffen. Die eigenständige Exegese des Predigers abzulösen jedenfalls scheint Balduin mit seinem Werk nicht intendiert zu haben.

4.2.  Zum theologisch-systematischen Hintergrund Ob Balduin mit dem Tractatus tatsächlich eine neue literarische Gattung begründet hat, bleibt zu klären. Selbst die sich affirmativ auf den Verfasser berufenden Theologen haben das durchaus anders gesehen. Der Wittenberger Doktor der Theologie Johannes Olearius (1611–1684) hat das umfangreiche Werk im Rahmen seiner Studienanweisung in eine Reihe vergleichbarer Werke gestellt.440 In der Vorrede, die in der vorliegenden Fassung nicht von Balduin selbst stammen kann441, wird die Besonderheit des Tractatus herausgestellt. Es gebe zwei Arten von Wissen, die für den Christen notwendig seien: Die Erkenntnis Gottes (cognitio dei) und die Erkenntnis des eigenen Selbst (cognitio sui). Gegenstand des Tractatus ist die Erkenntnis des eigenen Selbst, denn nur diese ermöglicht es, dass der Mensch Gott in reinem und unversehrtem Geist (pura et integra mente) verehrt. Die akademischen Disziplinen, so die Vorrede, behandeln die Erkenntnis des eigenen Selbst (γνωθι σεαυτον) nicht. Die Theologie aber, nicht Logik und Ethik, nicht Physik und Anatomie, sei die akademische Disziplin, die sich mit der Erkenntnis des eigenen Selbst befassen sollte.442 Zweck und Ziel der Theologie sei das ewige Heil des Menschen. Sie habe die Aufgabe, den Menschen dazu anzuleiten. Das könne aber nur dann geschehen, wenn die Theologie den Menschen zur Erkenntnis seiner selbst führe. Aus dem Theologiestudium sollte der Mensch eine zweifache Erkenntnis schöpfen: die Erkenntnis der eigenen Schwäche (ratione defectuum) und der Schwäche seiner Handlungen (ratione actuum suorum). Denn daraus folge die Betrachtung der zerstörten (consideratione naturae destitutae) und der wiederhergestellten Natur (consideratione restitutae). Dem Studium der Theologie stünden naturgemäß (propter infirmitatem carnis) Widerstände entgegen, die die Bedingung für viele Handlungen bildeten. Daraus folge, dass eine tägliche Erforschung des eigenen Selbst notwendig sei. Diese geschehe durch das Gewissen (conscientiae scrutinium), in dem der Mensch sein eigenes Gericht (forum suum) habe. Die Betrachtung der Gewissensfälle (casus conscientiae), die daraus entstehen, sei, so die Vorrede, ebenso notwendig wie die der Glaubensartikel. Der Tractatus ist im Loci-Schema gegliedert. Es ist auffällig, dass der Locus De Deo vor dem Locus De Sacra Scriptura erscheint. Der erste Locus aber ist der Locus De Conscientia, nicht der in lutherischen Dogmatiken der Orthodoxie üblich gewordene Locus De Natura Theologia, der die Theologie selbst thematisiert. In diesem ersten Locus De Conscientia, et eius casibus in genere (über das Gewissen und seine Fälle im Allgemeinen) behandelt Balduin Existenz, Begriff und Definition des Gewissens, den Unterschied 440  Olearius:

Methodus Studii Theologici, 1664. die Widmungsvorrede zu: Balduin: Tractatus, 2r–5r. Im Erscheinungsjahr (1628) des Tractatus waren Röber, Martini und W. Leyser Professoren der Theologischen Fakultät. 442 Ebd.: „[…] non cedit ulli harum sacrosancta nostra disciplina Theologica, quae cum circa aeternam hominis salutem occupata sit, qui fieri posset, ut non ad sui ipsius cognitionem hominem adduceret.“ 441  Vgl.

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zur Synteresis, Aufgaben und Gestalten des Gewissens (das rechte, irrende, zweifelnde, vermutende, gefährliche, das gute und schlechte Gewissen), aber auch die Frage, woher der Mensch wissen könne, ob er ein gutes oder schlechtes Gewissen habe. Dass ein Gewissen sei, lehren nach Balduin die Heiligen Schriften an den Stellen, an denen von einem guten (Spr 15,15 und Sir 13,30) oder einem schlechten (Weish 17,10–11 und Sir 14, 2) Gewissen die Rede ist, an denen sie entweder an das Gewissen der Menschen appellieren (Gen 43,22 und 1 Kor 8,7 sowie 2. Kor 1,12 und 4,2, aber auch 2. Tim 1,3) oder sie zum Urteil des Gewissens aufrufen (Röm 1,3 und 5) oder aber das Urteil des Gewissens veranschaulicht wird. Weiterhin verweist Balduin auf die Gebete und Wünsche der Heiligen für ein gutes Gewissen (Ps 51,12–14), die Freuden der Frommen aus dem Zeugnis eines guten Gewissens (1. Joh 3,21) und die Ängste der Unfrommen, die sie heimsuchen, nachdem sie ein Verbrechen begangen haben. Balduin führt auch die tägliche Erfahrung sowie die Aussagen und Aussprüche der Ethiker an, durch die sie das Urteil des Gewissens (an)erkannt haben, um die Existenz des Gewissens nachzuweisen. Der Begriff Gewissen habe in der deutschen, lateinischen und griechischen Sprache seinen Grund in a sciendo, weil es um alles Denken, Reden und Handeln des Menschen wisse und jenes Wissen den Menschen zur Erkenntnis seiner selbst führe, so dass es des Ganzen, was durch den Menschen, sei es nun gut oder schlecht, zuwege gebracht wird, Inhalt und Urteil sei. In der hebräischen Sprache werde nicht selten das Herz selbst, das den Menschen überführe, für das Gewissen erachtet (Pred 7,23). Sodann erklärt Balduin den Unterschied zwischen scientia und conscientia. Erstens ist nach Balduin conscientia nichts anderes als scientia cordis (Wissen des Herzens), weshalb es sich  – wie er unter Bezugnahme auf Hugo schreibt  – mit den eigenen Handlungen befasse. Zweitens sei conscientia gleichsam scientia concludens (folgerndes Wissen), weil es ein syllogismus practicus (praktischer Syllogismus) sei, der aus dem Licht der Natur und der Gnade urteile und folgere.443 Drittens werde conscientia als scientia cum aliis (Mitwissen) bezeichnet, insofern es die Ordnung des Wissens auf ein Ziel hin einführe. Denn conscientia sei applicatio scientiae ad aliquem actu maut faciendum aut intermittendum, vel etiam ad iam factum, über das es urteile. So sei es einerseits applicatio des Getanen mit dem Wissen oder applicatio des Wissens zum Getanen. Der Mensch, so Balduin, habe fünf Zeugen, um sich seiner Handlungen bewusst zu werden: Gott, Engel, andere Menschen, Teufel und überhaupt alle Geschöpfe. Balduin definiert das Gewissen also als eine operative Fähigkeit des Geistes, die auf natürlichen Vernunft- oder geoffenbarten Schriftgründen basierende Handlungsprinzipien auf eine einzelne Handlung bezieht und Schuld zuweist.444 Damit 443  Balduin: Tractatus, 3: „Quibusdam est conscientia quasi concludens scientia, quia conscientia est syllogismus practicus, qui ex lumine naturae et gratiae iudicat et concludit, quid honestum sit, quid turpe; quid praeceptum, quid prohibitum, et quaenam maneant hominem propterea praemia vel poenae. In hoc syllogismo propositio maior est ex lumine naturae vel Scripturae: e. g. qui sanguinem humanam effundit, eius sanguis etiam effunditur, ut in scriptura docet Gen. 9. Conscientia homicidae subsumit: Tu sanguinem humanum effudisti: Hinc concludit sibi ipsi sententiam dicens homo: Ergo sanguis tuus etiam est effundendus.“ 444  Ebd., 5: „Est ergò conscientia facultas mentis operativa, quae principia actionum vel ex lumine naturae, vel ex lumine Scripturae ipsi insita applicat ad aliquod factum, quod à nobis fieri aut non fieri debere aut debuisse ratio dictitat.“

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ordnet Balduin das Gewissen zunächst der Vernunft des Menschen (ad animam hominis rationalem) und sodann dem Intellekt (intellectum), nicht dem Willen (voluntas), zu. Zudem unterscheidet Balduin explizit conscientia und synteresis:445 yy Fallibilität: conscientia ist fehlbar, synteresis ist dagegen nicht fehlbar yy Prädikation: conscientia können die Attribute „gut“ und „schlecht“ zugeschrieben werden, synteresis besteht dagegen nur in Gutem yy Definition: conscientia ist als Handlung (naturalem habitum), synteresis ist als natürlicher Instinkt (instinctus naturalis) bestimmt yy Partikularität: conscientia bezieht sich auf einzelne Handlungen, dagegen ist synteresis allgemein yy Applikation: conscientia ist eine dreifache Anwendung des Wissens auf irgendein Werk Während conscientia ein habitus principium actus sei, entspreche synteresis dem principium conscientiae. Als naturalem habitus sei conscientia zwar einerseits vorgeprägt, andererseits aber lehr- und lernbar und damit Teil des Theologiestudiums.446 Die Aufgaben des Gewissens seien vielfältig, wie er in den folgenden Kapiteln anführt: verpflichten, anreizen, zurückziehen, bezeugen, an- und entschuldigen, kränken, ergreifen, loben und trösten. Weil jeder Satz des Gewissens in der Anwendung eines Wissens in Hinsicht auf eine zu vollziehende oder bereits vollzogene Handlung bestehe, passten sich auch die Aufgaben des Gewissens der Verschiedenheit der Anwendung an.447 Nach Balduin sind die Aufgaben des Gewissens vierfach: Das Gewissen verpflichte nicht durch sich selbst, sondern durch die Lehre des Gesetzes, weiter sei das Zeugnis des Gewissens höchst gewiss, sodann zeuge das Gewissen erstens von geheimen Gedanken des Herzens, zweitens vom Willen und den Affekten der Seele, drittens von äußerlichen Handlungen. Vor diesem Hintergrund differenziert Balduin fünf Gestalten des Gewissens: Conscientia recta, erronea, dubia, opinabilis und scrupulosa. Grund des rechten Gewissens sei das göttliche Recht (ius divinum) oder das Wort Gottes (verbum dei). Balduin definiert448: Est ergò bona conscientia laeta et tranquilla cogitatio cordis, de rebus nostris, iuxta legem Dei et naturae, benè, piè, rectè, candidèque administratis, de quibus, licet alii minus dextrè iudicent, cor tamen nostrum testificatur, contra calumnias excusat, nosque laetos intrepidosque reddit.

Entscheidend ist nun aber die Frage, auf welche Weise das gute Gewissen erworben und bewahrt werden kann. Balduin nennt erstens Gebete und zweitens Nachfolge des

445  Vgl.

dazu Appel: Synteresis, 1891. Seit den 1620er Jahren hat Balduin, wie sich anhand der semesterweise publizierten Lektionskataloge nachweisen lässt, über Gewissensfälle (und nicht mehr neutestamentliche Exegese) gelesen. Vgl. das Vorlesungsverzeichnis aus der Universitätsbibliothek Jena von 1626. 447  Balduin: Tractatus, 9: „Et cum omnis conscientiae ratio consistat in applicatione scientiae alicuius ad opus vel faciendum vel factum; haec quoque conscientiae officia pro diversitate applicationis diversimodè se accommodant.“ 448  Ebd., 21. 446 

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Wortes Gottes als Media, durch die dies möglich werde.449 Er macht deutlich, dass beides im Rahmen des Theologiestudiums erworben werden müsse. Den Begriff des Gewissensfalls (casus conscientiae) leitet Balduin von den Begriffen cadendo und lapsus sowie vitium ab, welche in Physik und Ethik verwendet würden. Der genuin theologische Gebrauch des Begriffs werde in der Sentenz des Augustinus Omnis homo cum casu suo ambulat: quia praeceps est in vitium exemplarisch zum Ausdruck gebracht und ähnele dem ethischen Gebrauch. Ein Fall des Gewissens liege immer dann vor, wenn bei einer Handlung von der rechten Lehre abgewichen werde450: Casus conscientiae, de quo nos loquimur, pertinet ad actiones hominum cuiusque proprias, quae semper ita conformandae sunt, ut rectae rationi congruant: Et hae per omnia vitae humanae genera diffunduntur.

Die hier aufkommenden Zweifel oder Skrupel bedürften der Entscheidung und Überwindung aufgrund der aus dem Wort Gottes genommenen Lehre: Decisionum horum dubiorum vocant Theologiam casuum conscientiae, nonnulli scholam tentationum, Soteriologiam, nominant, quia dubia practica solvit, tentationes superare docet, conscientiam tranquillat, et sic salutem hominis promovet.

Der theologische Ort des Gewissens als Fähigkeit sich selbst – die bereits ausgeführten und die noch auszuführenden Handlungen  – zu erforschen, sei zudem, insofern es der Effekt der Verkündigung des Wortes durch den Prediger sei, die Lehre vom Wort Gottes, sodann die Sakramentaltheologie. Voraussetzung für die Würdigkeit, das Abendmahl zu empfangen, sei – in Anlehnung an 1. Kor 11,28 – die Fähigkeit, sich selbst prüfen zu können. Diese Fähigkeit sei eine Funktion des Gewissens, die bei Kindern und Säuglingen noch nicht ausgebildet sei, weshalb diese nicht zum Abendmahl zuzulassen seien. Balduin macht keinen Hehl daraus, dass er mit dieser literarischen Gattung keine ganz neuen Wege beschreitet. Der Jesuit Franciscus Toletus (1532–1596) hingegen habe sein Werk entsprechend der Ämter des Priesters eingeteilt, der Reformierte Wilhelm Perkinsus (1558–1602) gemäß der Betrachtungsweise des Menschen, entweder sich selbst anzusehen oder Gott zu schauen, der Reformierte Johann Heinrich Alsted (1588–1638) habe sein Werk gemäß den Bestandteilen der Katechismuslehre geordnet. Nun ist Balduins Begründung seiner Auswahl einer dieser verschiedenen Methode in ihrer Gestalt kurz zu betrachten, ist sie doch bereits von den Zeitgenossen als eine eigenständige und neue Leistung aufgefasst worden451: Cum autem methodus unicuique libera sit, nos casus conscientia distribuemus, secundum obiecta hominis. Aut enim homini agendum est cum Deo in rebus divinis & Religionem 449 Ebd., 24: „Idcirco et media monstrantur, per quae conscientia bona adquiri et conservari potest, qualia sunt 1. preces, ut Deus dirigat gressus nostros verbo suo, ne dominetur peccatum in nobis Psal. 119, 5, 2. Obsequium verbi divini: nam in obsequiis sermonum divinorum adolescens viam suam innocenter ambulabit Psal. 119, 9. qui ergo gubernationem vitae suae à Deo semper petit, eamque ad normam praeceptorum divinorum quotidiè examinat, is, quomodo conscientia sua comparata sit, satis evidenter noscere potest.” 450  Ebd., 32–33. 451  Ebd., 33.



4.  De Casibus Conscientiae (1628)279

concernentibus, Aut versatur circa Angelos et Spiritus, Aut circa seipsum, tàm quoad corporis & fortunarum statum, quàm quoad animae salutem, occupatus est. Aut denique cum proximo ei conversandum est in statu Ecclesiastico, Politico et Oeconomico.

Instruktiv ist zunächst der Hinweis, dass die Methode einem jeden frei stehe. Balduin hat sich für die Ordnung der Gewissensfälle gemäß den dem Menschen entgegengehaltenen Dingen (obiecta) entschieden – in Beziehung auf Gott, Engel, den Menschen selbst und sodann in Beziehung auf den kirchlichen, politischen und ökonomischen Stand des Menschen.

Kapitel VI

Friedrich Balduin und Wittenberger Theologievermittlung 1.  Räumlich-geographische und normativ-institutionelle Dimensionen 1.1. Pfarrerausbildung Aufgrund seiner Ämter war Friedrich Balduin1 in besonderem Maße an der Ausbildung von angehenden kirchlichen Amtsträgern an der Leucorea beteiligt.2 Zwischen 1605 und 1627 kam beinahe die Hälfte der Ordinanden (insgesamt waren es mehr als 800) aus den Ländern der böhmischen Wenzelskrone (44 %). Mehrheitlich wurden diese Ordinanden wiederum für die Länder der böhmischen Wenzelskrone ordiniert, bisweilen fanden sie auch in Kursachsen sowie den übrigen protestantischen Territorien und Städten des Heiligen Römischen Reiches Anstellung.3 Immerhin mehr als ein Drittel der Wittenberger Ordinanden (38 %) kam aus den mitteldeutschen Ländern (Magdeburg, Halberstadt, Sachsen  – als dem Trägerterritorium der Leucorea  – und Thüringen). Diese wurden meistenteils wiederum für die mitteldeutschen Länder ordiniert. Der Anteil der aus Kursachsen stammenden Kandidaten liegt insgesamt nur bei 18 %. Während die Kandidaten, die aus den Ländern der böhmischen Wenzelskrone und Mitteldeutschland kamen, den größten Anteil (insgesamt 84 %) ausmachen, verteilen sich die verbleibenden Kandidaten auf die Städte und Territorien Nordund Nordostdeutschlands (Mecklenburg, Pommern und Brandenburg) mit 5 %, der ungarischen Stephanskrone (Oberungarn und Siebenbürgen) mit 3,5 %, Frankens, Bayerns und Schwabens mit 5 % und der österreichischen Länder mit 2 %.4 Dagegen

1  Zu beachten ist dabei, dass der tatsächliche Bezug zu dem Lehrer bei den untersuchten Personengruppen durchaus unterschiedlich gewesen sein dürfte: Während in Hinsicht auf die Respondenten ein vergleichsweise starker Bezug nahe liegt, vor allem zu denjenigen, die einen der beiden hohen theologischen Grade erwarben, aber auch zu den theologischen Stipendiaten, deren Lohn der Inspektor auszuzahlen, die er zu visitieren und zu beurteilen hatte, wird der Bezug zu der großen Zahl der Ordinierten bisweilen nur sehr flüchtig gewesen sein. 2 Alleine Balthasar Meisner wird als Inspektor der kurfürstlichen Stipendiaten eine ähnliche Bedeutung zuzumessen sein, zumal den kurfürstlichen Stipendiaten in späterer Zeit nicht mehr der gesamte Betrag des Stipendiums ausgezahlt wurde: Der Inspektor verteilte lediglich ein Handgeld, die Stipendiaten erhielten eine bezahlte Stube und Speisen. Die Ordinationstätigkeit allerdings blieb im Wesentlichen dem Oberpfarrer und Generalsuperintendenten vorbehalten. 3  Die Feststellung des späteren Wirkungsortes gestaltete sich ungleich schwieriger als die Feststellung des Herkunftsortes, der in der Regel in den Ordiniertenbucheinträgen angegeben ist. Für die Publikation der vorliegenden Arbeit wurden die erhobenen Daten möglichst vollständig aufbereitet und zur Verfügung gestellt. Vgl. Anhang 5. 4  Bei den Ordinanden ist nicht pauschal von einer Lehrer-Schüler-Beziehung, sondern vielmehr nur von der Möglichkeit einer Lehrer-Schüler-Beziehung auszugehen.



1.  Räumlich-geographische und normativ-institutionelle Dimensionen281

überraschen die vergleichsweise zahlreichen Entsendungen in die österreichischen Länder (10 %). Wittenberg hatte damit als für die protestantischen Territorien und Städte des Heiligen Römischen Reiches noch im 17. Jahrhundert maßgebliche „Ordinationsuniversität“ ein transterritoriales Profil.

1.2. Elitenbildung Bei den Respondenten, die im Rahmen privat oder öffentlich gehaltener Disputationen respondierten, ergibt sich ein etwas anderes Bild.5 Mit 26 Respondenten (37 %) kam das Gros erwartungsgemäß6 aus Mitteldeutschland und mit sieben Respondenten wurde das Gros wiederum für Mitteldeutschland ausgebildet. 18 Respondenten (26 %) kamen aus den Territorien und Städten Nordostdeutschlands und zwölf Respondenten wurden wiederum für Nordostdeutschland ausgebildet. Es folgen unter den „Nehmerländern“ die Territorien und Städte Norddeutschlands (Schleswig-Holstein und Hamburg), die der südlichen Ostseeküste und Österreichs.7 In Hinsicht auf die akademische Elitenbildung im Rahmen des theologischen Promotionswesens war feststellbar, dass sich kein Kandidat aus den Ländern der böhmischen Wenzelskrone unter den graduierten Absolventen befunden hat. Auch einen Kandidaten, der außerhalb der Grenzen des Heiligen Römischen Reiches gebürtig war, sucht man vergebens. Die von Balduin und der Theologischen Fakultät in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts graduierten Absolventen (Doktoren und Lizentiaten) waren schwerpunktmäßig aus und für Kursachsen sowie einzelne protestantische Territorien und Städte des Heiligen Römischen Reiches ausgebildet worden.

1.3.  Strukturen und Institutionen Die Nehmer- und Geberländer, die genannten Territorien und Städte des Heiligen Römischen Reiches, hatten sich seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zunehmend  – über gelehrte Personenbeziehungen vermittelt  – auch in normativ-institutioneller Hinsicht an das „Wittenberger Modell“ angelehnt, indem sie Institutionen (Universitäten, Konsistorien und Superintendenturen) nach dem Vorbild Wittenbergs umbildeten oder neugründeten. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts konnten

5  Auch bei den Respondenten kann eine Lehrer-Schüler-Beziehung nicht pauschal angenommen werden. Diese respondierten je nach Studiendauer unter dem Vorsitz mehrerer Professoren. 6 Bei den statutarisch verankerten ordentlichen Disputationen ist der Anteil der Landeskinder deswegen höher, weil diese zum Disputieren verpflichtet waren. 7  Nennenswert ist unter den Ausländern der Grieche Zacharias Gerganus, Bischof in Arta und Verfasser eines lutherischen Katechismus. Interessant ist ferner, dass die Länder der böhmischen Wenzelskrone unter den Respondenten Balduins keine Rolle spielen: Nur der spätere Pfarrer zu Breslau Joachim Fleischer hat unter Balduin respondiert. Auch die ungarländischen Studenten spielten unter den Respondenten keine Rolle. Soweit das die ordentlichen Disputationen betrifft, die in der Regel von einem der kurfürstlichen Alumnen zu defendieren waren, ist dieser Sachverhalt nicht verwunderlich, soweit das die privaten Disputationen anlangt dagegen schon. Mit dem Ende des ungarischen Coetus an der Leucorea nach 1605 wurde die Peregrination der Ungarländer ebendorthin rückläufig. Vgl. zum Gesamtzusammenhang Szabó: Geschichte des ungarischen Coetus, 1941.

282

Kapitel VI: Friedrich Balduin und Wittenberger Theologievermittlung

diese bereits auf eine Tradition der Orientierung an dem „Wittenberger Modell“ zurückblicken, so dass es  – bisweilen trotz eigener Landesuniversitäten und landesherrlicher Bildungseinrichtungen – noch immer zum guten Ton gehörte, einmal in Wittenberg studiert zu haben oder umgekehrt einen Wittenberger Absolventen zu berufen. Über das private und landesherrliche Stipendienwesen wurden diese nach wie vor lebendigen gelehrten Beziehungen zusätzlich gestärkt. Ein weiteres Beispiel bietet das Ordinationswesen, welches in der zweiten Hälfte des 16. und sodann vor allem im 17. Jahrhundert eine zunehmende Dezentralisierung erfahren hatte, während umgekehrt die an der Leucorea vollzogenen Ordinationen nach wie vor nicht nur für Landeskinder, sondern insbesondere für Nicht-Landeskinder offen standen. Die These von der Landesuniversität im klassischen Sinne ist insofern dringend revisionsbedürftig: Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich trotz der normativen Bemühungen, die Universität auf die Erfordernisse des Konfessionsstaates ganz und gar auszurichten, rekurrierend auf die über Jahrzehnte währenden Personenbeziehungen zu den genannten Territorien und Städten zum einen komplementäre, zum anderen subkutane bis subversive Formen des Austausches und der Beziehungen herausgebildet haben, die quer zu den Bedürfnissen des Konfessionsstaates lagen, ohne dass die Akteure den Boden des lutherischen Bekenntnisses verlassen mussten. Erklärt werden können diese Beziehungen einerseits historisch, andererseits auch theologisch mit Blick auf den Verkündigungsauftrag, der den Theologen die Schriftgrundlage lieferte.

2.  Theologische und frömmigkeitspraktische Dimensionen 2.1. Normativ-rechtlich Die vorliegende Arbeit darf als Beitrag zur Diskussion um die Professionalisierung der theologischen Ausbildung um 1600 gelesen werden.8 Es konnte gezeigt werden, dass die theologische Ausbildung an der Universität Wittenberg seit der Einführung der großen kursächsischen Kirchenordnung (1580) sichtbare „Professionalisierungsschübe“ erfahren hat. Hinzuweisen ist an dieser Stelle auf die Re-Installierung des Disputations- und Promotionswesens (seit 1580), die zunehmende obrigkeitlich gelenkte Vereinnahmung und Kontrolle komplementärer Lehrangebote durch Extraordinarien, Privatdozenten und Adjunkten (in den 1590er Jahren) sowie die weiterhin forcierten konfessionellen Homogenisierungsanstregungen durch Eid-, aber auch neue Bekenntnisverpflichtungen (Visitationsartikel- und Konkordienbuchunterschrift). Als weitere Einrichtungen, die der akademischen Qualitätssicherung gedient haben dürften, sind die obrigkeitlichen Kontrollorgane – temporäre (Visitation) sowie fest institutionalisierte Einrichtungen (Konsistorium, Oberkonsistorium)  – zu nennen. Damit dürfte die Professionalisierung in ihrer normativ-rechtlichen Dimension als Teil der Konfessionalisierung, wie sie der Konfessionsstaat vorantrieb, zu sehen sein. 8 Grundlegend Sparn: Die Krise der Frömmigkeit, in: Rublack (Hrsg.): Die lutherische Konfessionalisierung, 1992, 72 ff.



2.  Theologische und frömmigkeitspraktische Dimensionen283

2.2.  Akademisierung und Professionalisierung Die Praxis der Theologenausbildung zeigt, dass die zum einen obrigkeitlich gelenkte, zum anderen durch Theologieprofessoren forcierte Professionalisierung erfolgreich war, weiterhin, dass es Grenzen der Professionalisierung gab, die der Konfessionsstaat hingenommen hat oder hinnehmen musste. In Hinsicht auf die an der Leucorea von 1605 bis 1627 ordinierten Kandidaten ist festzustellen, dass ein Universitätsaufenthalt, sei es durch die Matrikel der Universitäten des Heiligen Römischen Reiches oder durch die eigene Angabe im Eintrag in das Ordiniertenbuch in 66 % sämtlicher Fälle nachweisbar ist.9 Das Akademisierungsniveau der Wittenberger Ordinanden ist mit mehr als zwei Dritteln beachtlich hoch. Darüber hinaus konnte für 15 % der Ordinanden der Erwerb des Magistergrades nachgewiesen werden. Dabei ist ausdrücklich zu betonen, dass viele Ordinanden für kleinere Dorfpfarrstellen oder als Diakone ordiniert worden sind. Bei den Respondenten Friedrich Balduins finden sich nur wenige, die keinen Magistergrad erworben haben: Mit mehr als 80 % ist der Anteil derer, die einen Grad erworben hatten, dennoch erwartungsgemäß hoch, handelte es sich doch hierbei um angehende territoriale kirchliche Eliten.

2.3.  Balduins Beitrag Die Professionalisierung der theologischen Ausbildung ist durch die an der Leucorea tätigen Theologieprofessoren im Rahmen von Disputationen sowie der Studienanweisungsliteratur entscheidend gestärkt worden.10 Das ist bekannt. Weniger aber ist bekannt, dass die Theologieprofessoren der Universität Wittenberg der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts vor dem Hintergrund der Transformationen im Theologiebegriff und den im Anschluss unternommenen hermeneutischen Anstrengungen die Methode des Theologietreibens bearbeiteten. Damit ist nicht die Rezeption der analytischen Methode11 der Stofforganisation oder gar die Ablösung von Melanchthons Loci-Methode gemeint, sondern die Methode einer Bibelexegese unter den Bedingungen der Verbalinspirationslehre (noch nicht des systematisch durchformten Lehrartikels12).13 In diesen Zusammenhang reiht sich der spezifische Beitrag Friedrich 9 Es ist davon auszugehen, dass er faktisch noch höher gewesen, aber wie dargestellt aus verschiedenen Gründen nicht dokumentiert worden ist. 10  Durch die Studien von Nieden: Erfindung und Appold: Orthodoxie ist diese von den Theologieprofessoren forcierte Professionalisierung bereits anhand von Studienanweisungsliteratur und Disputationsdrucken untersucht worden. Sparn hatte die These der Professionalisierung der theologischen Ausbildung vor dem Hintergrund des Meisnerischen Theologie- und Praxisverständnisses formuliert. 11 Damit wird keineswegs negiert, dass die Rezeption der aristotelischen Metaphysik und die Rezeption der analytischen Methode Zabarellas Anteil am Professionalisierungsprozess gehabt haben – zumal in der Transformation des Theologiebegriffs und den damit einhergehenden Konsequenzen für die Organisation des theologischen Studiums. 12 Keineswegs ausschließend, gleichwohl komplementär  – und wohl für eben genannte Rezeptionsprozesse auch öffnend – werden die Melanchthonischen Errungenschaften für Exegese und Homiletik als ambivalentes Erbe in der lutherischen Orthodoxie Wittenberger Prägung, i. e. primär die didaktischen und methodischen Einsichten des Reformators aufgenommen und produktiv im Dienste der Apologie des orthodoxen Lehrbegriffs fortgebildet. Eine Untersuchung zur Melanchthonaneignung der lutherischen Orthodoxie steht noch immer aus.

284

Kapitel VI: Friedrich Balduin und Wittenberger Theologievermittlung

Balduins ein: Er setzt die These der Suffizienz der Schrift nicht nur material-, sondern auch formaltheologisch um. Es konnte gezeigt werden, dass Balduin auf Grundlage seiner Hermeneutik eine exegetische Methode abgeleitet hat, die dem angehenden Prediger eine theologische Kompetenz und nicht so sehr theologisches Wissen im Sinne der lutherischen Dogmatik abverlangt.14 Die auf Grundlage dieser Methode betriebene Exegese entspricht nach Balduin der Schrift, und eine solche Methode der Exegese ist zugleich nichts anderes als Homiletik. Damit steht Theologie klar im Dienst der kirchlichen Verkündigung, ist aber auf der Grundlage des Postulats, dass sie – als Auslegung der Schrift – methodisch abgesichert betrieben wird, Wissenschaft gemäß der Orthodoxie. Balduins Beitrag zur Professionalisierung der theologischen Ausbildung liegt mithin in der Ineinssetzung von Exegese und Homiletik. Diese Ineinssetzung erfolgt in der Disposition, die der Exeget aufzufinden und anzuwenden hat. Die Paulinische Methodik der Exegese – geschärft an Augustinus’ De Doctrina Christiana indes – und seine darauf aufbauende biblische Rhetorik stehen im Dienste des Anliegens, die reformatorische Theologie zu bewahren, indem man sie von ihren Entstehungsbedingungen zu lösen suchte. Der Exeget befragt die Schrift nicht zuerst hinsichtlich ihres dogmatischen Gehalts im Sinne der lutherischen Theologie, er befragt sie zuerst hinsichtlich der ihr beigegebenen Rezeptionsanweisungen. Solche Exegese, die zugleich Homiletik ist und sich selbst genügt, könnte die Dogmatik eigentlich ersetzen. Damit akzentuiert Balduin Theologie weniger im Sinne einer propositionalen Bestimmung dessen, was Theologie ist, sondern im Sinne eines Prozesses lebendiger Auseinandersetzung mit der Schrift. Die Bedingungen gelingender Auslegung offenzulegen, mithin die Überprüfbarkeit des exegetischen Prozesses zu ermöglichen, war sein Anliegen. Zu erwägen wäre, ob und inwieweit Balduins Ansatz, der ein Primat der Exegese vor der Dogmatik impliziert und zugleich auf den praktischen Nutzen der Exegese vor der Dogmatik abhebt und damit ein gewisses Maß an Utilitarismus insinuiert, eine Art Säkularisierung wider Willen begünstigt haben könnte. Ob und inwieweit Balduin mit diesem Ansatz Schule gemacht und – vermittelt durch seine Schüler, aber auch durch seine Werke – gewirkt hat, muss an dieser Stelle offen bleiben. Wünschenswert wäre, wenn – anknüpfend an die vorgelegte Arbeit – weitere sozialgeschichtlich fundierte Forschung zur Theologie der lutherischen Orthodoxie aufgenommen würde. Eine Differenzkriteriologie der unter dem Epochenbegriff versammelten Konzeptionen lutherisch-orthodoxer Theologie bleibt ein Desiderat.

13  Die Lehre von der Verbalinspiration der Schrift wurde von den Vertretern der lutherischen Orthodoxie entwickelt, um das protestantische Schriftprinzip (sola scriptura) abzusichern. Sie war aber zugleich der grundlegende Baustein der lutherisch-orthodoxen Hermeneutik und Methodologie von Hutter über Gerhard und Balduin sowie Franz bis hin zu den Vertretern der Hoch- und Spätorthodoxie, die einen entsprechenden Lehrartikel dann systematisch entfaltet haben. 14  Balduin weist angehende Prediger an, was sie konkret handwerklich im Vollzug der Exegese tun müssen, damit die Auslegung gelingt. Nicht eigens betont zu werden braucht, dass bei einer sachgemäß betriebenen Exegese nur die Theologumena der lutherischen Dogmatik das Ergebnis sein können.

Anhang

1. Abkürzungen AAV Album Academiae Vitebergensis AAV (JR) Album Academiae Vitebergensis (Jüngere Reihe) Anm. Anmerkung As. Archivsignatur BPW Bibliothek des Predigerseminars Wittenberg CA Confessio Augustana cap. caput CR Corpus Reformatorum Ders. Derselbe Dies. Dieselbe Dr. Doktor Ebd. Ebenda E. Churf. G. Euer Churfürstlichen Gnaden f. und die folgende Seite FB Forschungsbibliothek ff. und unbestimmt viele folgende Seiten fl. Gulden gr. Groschen GUW Geschichte der Universität Wittenberg Hs. Handschrift HStA (Sächsisches) Hauptstaatsarchiv i. e. id est i. R. in Rente KA Kirchliches Archiv LAELKB Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zu Nürnberg LHASA Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt LKA Landeskirchenarchiv Dresden LOB Leipziger Ordiniertenbuch MKA Markgräfliches Konsistorium Ansbach Ms. Manuskript Nr. Nummer o. O. ohne Ort RA Ratsarchiv reg. regierend von Rep. Repositorium RSBZ: Ratsschulbibliothek Zwickau SA Superintendenturarchiv StA Stadtarchiv StB Stadtarchiv Braunschweig

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Anhang

StKA Stadtkirchenarchiv Wittenberg StS Städtische Sammlungen Wittenberg SUB Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg ß Schock UA Universitätsarchiv UB Universitätsbibliothek UUW Urkundenbuch der Universität Wittenberg VD 16 Verzeichnis der Drucke des 16. Jahrhunderts (www.vd16.de) VD 17 Verzeichnis der Drucke des 17. Jahrhunderts (www.vd17.de) WA D. Martin Luthers Werke, Kritische Gesammtausgabe, Weimar 1883 ff. (Weimarer Ausgabe) WOB Wittenberger Ordiniertenbuch z. B. zum Beispiel

2.  Bibliographie Friedrich Balduin Die nachstehende chronologisch geordnete Bibliographie der Werke Friedrich Balduins basiert auf den Verzeichnissen der Drucke des 16. und 17. Jahrhunderts (VD 16 und 17) und umfasst sämtliche derzeit in der Forschung bekannten gedruckten Werke. Aufgrund der Problematik, dass die Vollständigkeit der genannten bibliographischen Verzeichnisse nur bedingt gewährleistet ist, wurden zudem die in Frage kommenden Archive und Bibliotheken bezüglich vorhandener Werke von Friedrich Balduin befragt. Werkausgaben, die in älteren bibliographischen Nachschlagewerken genannt, aber heute nicht mehr verifiziert werden können, wurden in Klammern gesetzt. Die im Rahmen der Arbeit genannten Kurztitel wurden kursiv gesetzt. Die Bibliographie der Werke ist zunächst nach Erscheinungsjahr, sodann in alphabetischer Folge geordnet. Die Form der bibliographischen Angaben wurde auf eine heute gebräuchliche Konvention angeglichen, orthographische Korrekturen aber wurden nicht vorgenommen. Auf die exakte Wiedergabe der jeweiligen Wortrennungen sowie der Groß- und Kleinschreibung wurde bewusst verzichtet, um eine bessere Lesbarkeit zu erreichen. Wiederabgedruckte Werke werden in eckigen Klammern aufgeführt. Einzelne Disputationen, die im Rahmen von Disputationssammlungen veröffentlicht worden sind, werden gesondert mit Spiegelstrichen unter Angabe von Titel, Datum und Respondent aufgeführt. Für eine bessere Lesbarkeit wurden die Namen der Respondenten kursiv gesetzt. Nicht mitaufgenommen wurden die zahlreichen Epigramme Balduins in Werken anderer Verfasser. Der bei Lippenius zitierte und Balduin zugeschriebene Bericht vom Konzil zu Trient, gedruckt in Wittenberg, konnte bislang nicht verifiziert werden.1 Epinikion. Victori Summo Iesu Christo Salutari Resurrectione suâ decantatum. Et Illustrissimo Celsissimo[que] Principi Dn. Friderico Guilhelmo Duci et Proelectori Saxoniae inclyto, Musarum Mecoenati benignissimo, Domino suo clementissimo Nuncupatum, Wittenberg 1594 Pentatrauma seu quinque salvificorum vulnerum domini et salvatoris nostri Jesu Christi meditatio, concepta, et quinario accommodate, Wittenberg 1595 Christogonia Versu paulùm liberiori adumbrate. Quam Illustrissimis Celsissimisque Principibus ac Dominis, D. D. D. Christiano, Ioan-Georgio et Augusto, Fratribus, Ducibus Saxoniae, Landgraviis Thuringiae, Marchionibus Misniae, […] Dominis meis clementissimis, debitae subiectionis ergo dedico consecróque, Wittenberg 1595 A. A. M. M. De Eversionibus Rerum Publicarum, Politica Dissertatio, Quam edissertabat Fridericus Tilemannus, U. I. D. Et Publicus Historiarum Professor, temporê Decanus 1  Lippenius:

Bibliotheca, 1685, 359.

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ornatissimi collegii Philosophici, in Academia Vvitebergensi. Cum […] candidatis titulum magisterij […] attribueret, Wittenberg 1597 Lucretia Tragoedia. Ex Primo libro Decadis Primae Livianae ad […] Dn. Melchiorem Pantaleonem, Illustr. D.  D. Procerum Carniolanorum Consiliarium clarissimum. Recensente, Wittenberg 1597 Orationes Duae De Pontifice Romano, Quod is sit magnus ille Antichristus. Ex immotis Sacrarum literarum fundamentis, et Antichristi notis, eventu jam comprobatis, diductae: et in inclytâ Witebergensium Academiâ recitatae, Wittenberg 1598 Parentatio Anniuersaria Pro D. Martino Luthero P. M. Qua ostenditur Beatissim. Illum Patrem Verum fuisse Episcopum & Evangelistam Germaniae. Habita publice […] in Academia Witebergensi a. d. 18. Feb. qui Concordiae inscribitur, Anni 1599, Wittenberg 1599 Panegyris De Tertio Filiolo Illustri; […] Friderico Wilhelmo, Duci Saxoniae, Tutori et Elector: Administratori &c. Ex […] Dn. Anna Maria Palatina Rheni etc. coniuge Dilectissima, feliciter nato Torgae, […] celebrata in inclytâ Academiâ Witebergensi, Wittenberg 1600 Paraphrasis Elegiaca. Threnorum Ieremiae Prophetae; Et septem Psalmorum Poenitentialium. Ad Reverendissimum Collegium Theologicum in inclytâ Vitebergensium Academiâ, Wittenberg 1600 Brevis Diexodos De Sano Physicae Usu In Rebus Divinis. Ubi exemplis aliquot ostenditur, quomodo etiam ex sobria de principiis & adfectionibus corporum naturalium doctrina errores nonnulli Theologici commode castigari queant. Collegio Disputationum Physicarum privato in inclyta Academia Witebergensi, Wittenberg 1601 Disputatio Physica VI. De Caussis In Rebus Naturalibus Per Se, Et Per Accidens [10. Juni 1601/ Andreas Franckenberger], Wittenberg 1601 Pia Gratulatio Pro […] Christiano II. […]. Cum Witebergam, homagium a subditis accepturus, felici omine ingrederetur, Wittenberg 1601 Flosculi et Emblemata. Praecipuarum Absurditatum. Quas Jesuitae In Colloquio Ratisbonensi Mense Novembri Anni MDCI publice evomuerunt. Bona Fide Simplicique Versu, Sub Finem Colloquii, Ratisbonae descripta, Wittenberg 1602 und Jena 1602 Themata Physica De Imperfecte Mixtis. Quae voluntate et consensu Amplissimae facultatis Philosophicae in Electorali Witebergensium Academia Pro Loco in eadem facultate sibi aßignato publicae disquisitioni subiicit [22. Januar 1602/Valentinus Thiel], Wittenberg 1602 Hyperaspistes Lutheri. Adversus maledicam Orationem Nicolai Serari[i], Esauiticae factionis Monachi, nuper editam: in qua disserit: Utrum candide, sinceriter, ex animiq[ue] sententia, citra ullum aut convicium, aut maledictum loquendo verum sit, Lutherum, quemadmodum de seipso ipse scripsit, Diabolo Magistro & Doctore usum esse, Leipzig 1603 [Eisleben 1608] Valet und Letzepredigt. Beneben der Auslegung des gewönlichen Evangelij Matth. 6: So auff den 15. Sontag nach Trinitatis zu erkleren verordnet. Gehalten in der Kirchen zu S. Peter der […] Bergkstadt Freybergk [2. Oktober 1603], Freiberg 1603 Christliche Sterbensgedancken. Aus dem XXXI. Psalm Davids. In fünff Predigten bey etlicher frommen Christen Leichbegengnis kürtzlich erkleret. Darinnen das fürnembste zufinden darmit sterbende Christen pflegen umbzugehen, Wittenberg 1605 De Peccato Originis Disputatio Publica. In Academia Wittebergensi sub auspiciis divini Numinis proposita [25. Oktober 1605/Balthasar Meisner], Wittenberg 1605 Exetasis Theologica. De Voluntate Dei, Circa Aeternum Praedestinationis Salvandorum decretum. Opposita Tum Calvinianorum, tum recentiorum quorundam fanaticorum furoribus [28. Juni 1605/Friedrich Balduin], Wittenberg 1605



.  Bibliographie Friedrich Balduin291

Oratio De Scrutinio Rationis humanae in mysteriis divinis. In Academiae Consessu, Sub Auspiciis praelectionum publicarum habita, Wittenberg 1605 De Disputatione Lutheri cum Diabolo in controversia de privata Mißa. Tractatio Theologica Et Scholastica, Leipzig 1605 De Articulis Smalcaldicis. Quos ut commune Ecclesiarum orthodoxarum Symbolum Concilio exhibendos, Beatus Lutherus Anno Christiano 1537. conscripsit, Disputationes XXII. Habitae in Illustri Academia Wittebergensi et nunc denuo in nonnullis locis correctiores editae, Wittenberg 1606, 1609 und 1610 – Disputatio Una De Articulis Smalcaldicis a B. Luthero conscriptis [1. November 1605/Barthold von Krakewitz] – Disputatio Secunda De Deo Uno [9. November 1605/Heinrich Gödeke] – Disputatio Tertia De Deo Trino [16. November 1605/Johann Hess] – Disputatio Quarta De Incarnatione Filii Dei [23. November 1605/Andreas Timpler] – Disputatio Quinta De Officio Christi [7. Dezember 1605/Georg Schönwald] – Disputatio Sexta De Missa Pontificia [14. Dezember 1605/Martin Koch] – Disputatio Septima De Purgatorio – [21. Dezember 1605/Georg Friedrich Ziling] – Disputatio Octava De Indulgentiis [11. Januar 1606/Johannes Jacob Rulich] – Disputatio Nona De Invocatione Sanctorum [18. Januar 1606/Ägidius Strauch] – Disputatio Decima De Primatu Et Potestate Papae [29. Januar 1606/Jeremias Schreiber] – Disputatio Undecima De Peccato Originali [8. Februar 1606/Johann Jacob Zuckwolf] – Disputatio Duodecima De Peccatis Actualibus [15. Februar 1606/Balthasar Meisner] – Disputatio Decimatertia De Lege Et Evangelio [4. März 1606/Barthold von Krakewitz] – Disputatio Decimaquarta De Poenitentia [15. März 1606/Heinrich Gödeke] – Disputatio Decimaquinta De Baptismo [22. März 1606/Johann Hess] – Disputatio Decimasexta De Coena Domini [29. März 1606/Andreas Timpler] – Disputatio Decimaseptima De Ministerio Ecclesiastico [5. April 1606/Georg Schönwald] – Disputatio Decimaoctava De Coniugio Sacerdotum [12. April 1606/Martin Koch] – Disputatio Decimanona De Ecclesia [21. Mai 1606/Nicolaus Bergemann] – Disputatio Vicesima De Iustificatione [24. Mai 1606/Johann Jacob Rulich]

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– Disputatio Vicesimaprima De Votis Monasticis [31. Mai 1606/Matthaeus Diemer] – Disputatio Vicesimasecunda & ultima De Traditionibus Humanis [7. Juni 1606/Jeremias Schreiber] Examen Apologetici. Quem Gasper Schoppius apostata pro gemino de Indulgentiis libro Roberti Bellarmini, Curiae Romanae Cardinalis, in nupero Pontificiorum Iubilaeo opposuit Tractatui de Indulgentiis D. D. Aegidii Hunnii, Wittenberg 1606 De Antichristo Disputatio anaskolastikē. Syntagmati & Epistolae de Antichristo cuiusdam Gasperis Scioppii Apostatae Romani opposita [21. November 1606/Johann Weber], Wittenberg 1606 Christliche Leichpredigt aus dem 90 Psalm. Bey dem Begrebniß des Weiland Erbarn und Wolgelarten Georgii Neugebaur von Breßlaw aus der Schlesien S. S. Theologiae Studiosi, Wittenberg 1607 Christliche Leichpredigt. Bey dem ehrlichen Leichbegängnus des […] Boppo Recken Churf. Sächsischen Amptmans [1. Mose 47], Wittenberg 1607 Diatribe Theologica De Antichristo: In Qua Papicolarum fabulae de Utopico Antichristo ex immotis scripturarum divinarum oraculis, & subsecuto infallibili temporum eventu sufficienter refutantur: In gratiam cuiusdam Gasperis Scioppii Apostatae, & Amasii Romanae Thaidis tenerrimi, Wittenberg 1607 und 1615 Disputationes Tredecim Pro Aureolo Visitationis Misnicae Libello. In quo Articuli quatuor […] De Coena Domini, De Persona Christi, De Baptismo, De Praedistinatione Ad Vitam, compendiose & orthodoxe per Thesin & Antithesin explicantur, Wittenberg 1607 und 1620 – Articulus primus De Coena Domini Disputatio I. De Vera Et Reali Praesentia Corporis [25. Oktober 1606/Jacob Werenberg] Disputatio II. De Manducatione Corporis [1. November 1606/Nicolaus Hunnius] Disputatio III. De Eucharistia Calvinianorum [8. November 1606/Joachim Fleischer] – Articulus secundus De Persona Christi Disputatio IV. De Unione Duarum Naturarum In Christo [6. Dezember 1606/Balthasar Meisner] Disputatio V. De Communicatione Naturarum Et Idiomatum in Christo [13. Dezember 1606/Erasmus Zolner] Disputatio VI. De Christo Calvinianorum [20. Dezember 1606/Gabriel Melartopoeus] – Articulus Tertius De Baptismo Disputatio VII. De Salutari Fructu Baptismi [10. Januar 1607/Daniel Mönchmeier] Disputatio VIII. De Necessitate Baptismi [17. Januar 1607/Johannes Borawski] Disputatio IX. De Baptismo Calvinianorum [31. Januar 1607/Nicolaus Albanus] – Articulus Quartus De Praedestinatione Disputatio X. De Universali Generis Humani Redemptione per Christum [7. Februar 1607/Johannes Schmidt] Disputatio XI. De Praedestinatione Particulari Fidelium, Et Impiorum [14. Februar 1607/Philipp Arnoldi]



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Disputatio XII. De Praedestinatione Absoluta Calvinianorum [21. Februar 1607/Johannes Weber] Disputatio XIII. & ultima. De Praedestinatione Universali [7. März 1607/Jacob Werenberg] Eine Christliche Leichpredigt. Bey dem Volckreichen Leichbegängnuß des weilandt Ehrwürdigen, Achtbarn und hochgelarten Herrn Georgii Mylii, Der heiligen Schrifft Doctoris und Professoris, auch Superintendenten zu Wittemberg [Psalm 84], Wittenberg 1607 Elegia Gratulatoria. In Honorem Novae Academiae Giessae Catorum; Donante atq[ue] Confirmante Rudolpho II. Caesare semper-augusto, Wittenberg 1607 Analysis Epistolae Ad Hebraeos. Complectens Dispositionem Textus, et praecipuorum articulorum fidei brevem et perspicuam diexodon, Wittenberg 1608 [wiederabgedruckt in: Olearius (Hrsg.): Commentarius in omnes epistolas Pauli, 1539–1652] – Disputatio I. De Autoritate, Argumento, Utilitate Et Partitione [12. März 1608/Heinrich Julius Strubius] – Disputatio II. Complectens analysin Capitis Primi [2. April 1608/Nicolaus Hunnius] – Disputatio III. Complectens analysin Capitis II. [30. April 1608/Gabriel Melartopoaeus] – Disputatio IV. Complectens analysin Capitis III. [7. Mai 1608/Balthasar Meisner] – Disputatio V. Complectens analysin Capitis IV. [28. Mai 1608/Matthaeus Reimer] – Disputatio VI. Complectens analysin Capitis V. [5. Juni 1608/Johannes Lippius] – Disputatio VII. Complectens analysin Capitis VI. [11. Juni 1608/Johannes Schmid] – Disputatio IIX. Complectens analysin Capitis VII. [18. Juni 1608/Tobias Tilemann] – Disputatio IX. Complectens analysin Capitis IIX. [25. Juni 1608/Joachim Fleischer] – Disputatio X. Complectens analysin Capitis IX. [9. Juli 1608/Matthaeus Bachmann] – Disputatio XI. Complectens analysin Capitis X. [23. Juli 1608/Erasmus Zolner] – Disputatio XII. Complectens analysin Capitis XI. [30. Juli 1608/Petrus Danckwert] – Disputatio XIII. Complectens analysin Cap. XI. [6. August 1608/Hermann Slorf] – Disputatio XIV. Complectens analysin Capitis XII. [13. August 1608/Heinrich Julius Strubius] – Disputatio XV. & Ultima Complectens analysin Cap. XIII. [20. August 1608/Gabriel Melartopoaeus] Christliche Leichpredigt. Bey dem ehrlichen Leichbegengnuß Des weiland Ehrnvesten, Achtbarn, und Wolweisen Herrn Conrad Fluth, Rathskämmerern und Apotekern zu Wittenberg [2. Kor. 5], Wittenberg 1608 Das Hausbüchlin Ruth. In zwey unnd zwantzig Predigten nach der Richtschnur heiliger Göttlicher schrifft schlecht unnd recht erkleret und geprediget in der Pfarr-Kirchen zu Olßnitz im Voigtlande. Itzo aber […] in druck verfertiget, Wittenberg 1608, 31620 [mit Register]

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De Iustitia Fidei [Oktober 1608/Johannes Behm], Wittenberg 1608 Disputatio Theologica De Haereticis Et Quomodo Sint Coercendi [24. Januar 1608/Nicolaus Albanus], Wittenberg 1608 Psalmi Graduum. Das ist, Die Schönen Lieder im Höhern Chor des heiligen Königs und Propheten Davids, welche in seinem Psalmenbüchlein zu finden, von dem 120. Psalm biß auff den 135: In besondern Predigten einfeltig erkleret in der Schloßkirchen zu Wittenberg. Nunmehr aber auff Bitt frommer Christen in Truck verfertiget, Wittenberg 1608, 1611 und 1625 Rettung der LeichPredigt Herrn D. Georgio Mylio In Gott seligen gethan, derer letzten Theil ein Päbstischer Sycophant in einer öffentlichen außgesprengten LästerCharten zu beschmützen ihme hat belieben lassen, Wittenberg 1608 Disputatio ordinaria, De Verbis Testamenti Jesu Christi Filii Dei, Hoc Est Corpus Meum. Hoc Est Sanguis Meus [4. August 1609/Nicolaus Hardkopf], Wittenberg 1609 Drey Christliche Pfingstpredigten. Uber die gewöhnlichen Evangelia desselben heiligen und hochfeierlichen Festes, Gott dem heiligen Geist zu Ehren in der Pfarrkirchen zu Wittenberg gehalten und […] jetzo in Truck verfertiget, Wittenberg 1609 Eine Christliche Leichpredigt Uber den schönen Trostspruch des heiligen Apostels Pauli 1. Corinth. 10. vers. 13. Wittenberg 1609 Eine Christliche Predigt. Uber das ordentliche Evangelium des Siebenden Sontags nach Trinitatis: in der Pfarrkirchen zu Wittenberg Anno 1609. gehalten und […] in Truck verfertiget, Wittenberg 1609 Epistola Apologetica Friderici Balduini, S. Theol. Doctoris ac Professoris Wittebergensis: In qua respondetur ad Epistolam Martini Becani, S. Theol. Doctoris ac Professoris Moguntini, nuper editam, qua Notas de Communione sub utraq[ue] spiecie leviter perstringere conatus fuit, Wittenberg 1609 Psalmi Davidis Quos Poenitentiales vocant: Commentariis illustrati Et cum Textus Trilingui; Hebraico, Graeco & Latino editi, Wittenberg 1609, 21621 De Communione Sub Utraq[ue] Specie Disputatio Martini Becani, Jesuwiticae Theologicae Doctoris ac Professoris Moguntini. Cum Notis Necessariis. Pro asserendo integro Sacramento Christi, una cum Confeßione constantissimi martyris Johannis Hussi de hoc articulo, Wittenberg 1610 In Tres postremos Prophetas Haggaeum, Zachariam, Malachiam. Commentarius Planus Et Perspicuus: In quo praeter analysin & luculentam explicationem textus, Visiones & Vaticinia singula cum Eventu mediocri diligentia conferuntur […]. Una cum Textu Graeco-latino & Indice gemino: quorum alter Dubiorum, alter Rerum Memorabilium Notationes exhibet, Wittenberg 1610 [wieder abgedruckt in: Johann Schmidt: In Prophetas Minores Commentarius cum D. Friderici Balduini, Theologi quondam Wittenbergensis In Tres Posteriores Prophetas Commentario, Et Indicibus Locorum Scripturae, Vocum & Rerum necessariis, Leipzig 1687, 21698] Christliche Leichpredigt. Uber den schönen Trostspruch des 73. Psalms. Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erden, Wittenberg 1610 Christliche Leichpredigt. Bey […] Leichbegengnüs einer […] betagten Matron, der […] Frawen Annae Försterin, Herrn Thomae Calixti Sehlen, Weiland Rathsverwandten zu Wittenberg hinterlassenen Wittib. Gehalten in der PfarrKirchen zu Wittenberg am andern Sontag nach Trinitatis [Prediger Salomonis], Wittenberg 1610 Sermones De Tempore X. Das ist Zehen OsterPredigten von gewönliche[n] texten zu Osterlicher zeit gehalten bey Churfürstlichen Sächsischen Hofflager, Wittenberg 1610 Catechesis Apostolica: hoc est, S. Apostoli Pauli Epistola Ad Romanos, Commentario perspicuo illustrate. In quo praeter Analysin, Explicationem, & Paraphrasin textus,



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multiplices comonefactiones ex textu eruuntur. Cum textu Graeco-latino, Wittenberg 1611 und 21620 Christliche Leichpredigt. Von rechter Kindertrew, so fromme Söhn unnd Töchter ihren Eltern schuldig sein [Sir. 3], Wittenberg 1611 Christliche Leichpredigt Bey ehrlichen Begräbnüs der Erbarn und Ehrntugentsamen Frawen Elisabeth, des […] M. Henrici Velstenii Professoris Ethici […] Haußfrawen [Ps. 116], Wittenberg 1611 Christliche Leichpredigt Uber den Seligen Abschiedt des Weylandt Edlen unnd Ehrenvesten Junckern Fritz Levin von Meding Erbsassen zu Schnellenberg [Offenbarung 14,13], Wittenberg 1611 Christliche Leichpredigt Bey Ehrlichem Begrebnüss des […] Michael Zaupii von Riga auss Lifflandt der H. Schrifft Studiosi [Offenbarung 14,13], Wittenberg 1611 Churfürstliche Sächsische Leich- und Huldigungs Predigten: Eine gehalten zu Wittenberg in der Pfarkirchen den 6. Augusti deß 1611. Jahres. Als der Leichnam deß Weiland Durchlauchtigsten und Hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Christiani deß Andern, Hertzogen zu Sachsen, Gülich, Cleve und Berg, deß H. Römischen Reichs Ertzmarschaln und Churfürsten […] zu Freyberg in Meissen in sein Ruhebetlein versetzet […]. Die Andere gehalten zu Wittenberg in der Schloßkirchen, den 15. Septemb. Als der auch Durchlauchtigste und Hochgeborne Fürst und Herr, Herr Johannes Georgius, Hertzog zu Sachsen, Gülich, Cleve, Berg, deß H. Römischen Reichs Ertzmarschall und Churfürst […] die Erbhuldigung von den Unterthanen selbiges Orts glücklich eingenommen, Wittenberg 1611 [Vorwort zu] De Jesuitico Lysandro. Taxillis suis Christianos in doctrina, & iuramentis in moribus decipiente Dissertatio, Wittenberg 1611 Disputatio Ordinaria De Fide Parvulorum. Jesuitarum & Calvinianorum strophis opposita Et Adiuvante Domini Spiritu In inclyta Academia Wittebergensi publici exercitii gratia proposita [25. Januar 1611/Matthaeus Bachmann], Wittenberg 1611 Eine Christliche Leichpredigt. Von armen Wittwen und Waisen trost aus dem Spruch des 68. Psalm Davids: Der Herr ist ein Vater der Waisen und Richter der Wittwen: Bey Ehrlicher Leichbegengnuß der […] Annen, Herrn Doctoris Petri Bienen, Fürstlichen Pommerischen LeibMedici und der Stadt Colberg wolverordenten Physici, in Gott seligen hinterlassenen Wittib, welche am 5. Iunii Christlich verschieden und am 7. selbiges Monats ehrlich zur Erden bestattet worden, Wittenberg 1611 Oratio Inauguralis De Quadruplici Facie Ecclesiae Novi Testamenti, a Temporibus Christi & Apostolorum, ad hoc usq[ue] seculum, Wittenberg 1611 Von dem Königlichen und Hohenpriesterlichen Ampt Meßiae Vier Predigten Aus dem hundert und zehenden Psalm König Davids, Wittenberg 1611 Zwo Christliche Leichpredigten. Uber den Seeligen Abschied zweyer Brüder von Adel aus dem Löblichen Königreich Dennemarck, Herrn Nicolai und Herrn Georgii Fasti, weiland Erbsassen auff Schmidstrup und Menstrup [Röm. 14], Wittenberg 1611 Disputatio Publica De Conversione Hominis Ad Deum [3./4. September 1612/Nicolaus Hunnius], Wittenberg 1612 Disputatio Ordinaria De Necessitate Bonorum Operum. Opposita Novem prioribus Capitibus lib. 4. de Iustificatione Roberti Bellarmini [24. April 1612/Gallus Zeämann], Wittenberg 1612 Christliche Trost und Leichpredigt. Uber den Spruch S Pauli I. Tim. 2. Das Weib wird Selig durch Kinderzeugen etc. Bey Ehrlichen Leichbegengnis der […] Frawen Barbaren, des […] Herrn Clement Bergern, Rathßverwandten und Buchhändlers Ehlicher Haußfrawen, Wittenberg 1612

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Christliche Leichpredigt. Uber den Spruch Apocal. am 3. Sihe, ich komme bald, halt was du hast. Bey Ehrlicher Leichbegengnüs des Weyland Ehrnvesten unnd Wolweisen Herrn Andreae Gerae Torgensis, Stadtrichtern zu Wittenberg, Wittenberg 1612 Christliche Leichpredigt. Bey Ehrlicher Leichbegängnüß der […] Margarethen Des […] Bartholomaei Crugeri der Artzney Doctoris und […] Practici zu Wittemberg […] Haußfrawen [Joh 14,1–3], Wittenberg 1612 Christliche Leichpredigt. Uber den Spruch S. Pauli Phil. 3. Unser Wandel ist im Himmel: Bey Ehrlicher Leichbegengnüs des Weiland Erbarn und Wolgelarten Daniel Deutzschman von Mümeln, aus Preussen bürtig, Studiosi Theologiae, Wittenberg 1612 Christliche Leichpredigt. Uber den Spruch S. Pauli in der 1. Thessal. 5. Gott hat uns nicht gesetzt zum Zorn, sondern die Sehligkeit zu besitzen: Bey Ehrlichem Leichbegengnüs der weyland Erbarn und Ehrentugentsamen Frawen Barbaren des Ehrnvesten und Hochgelarten Herrn M. Johannis Wanckelii, Historiarum Professoris publici bey der löblichen Universitet Wittenberg, Wittenberg 1612 Eine Christliche Leichpredigt. Von unterschiedlichen Todt und Aufferstehung der Menschen. Bey ehrlichem Begräbnüs des […] Ehrnfried Kletten, Patritii von Görlitz aus der Oberlaußnitz, Studiosi Iuris zu Wittenberg, welcher den 21. April. seliglich entschlaffen und den 23. April. Christlich zur Erden bestattet worden [Offenbarung 20,6], Wittenberg 1612 Christlicher Leichsermon de tempore: Bey Adelicher Leichbegängnuß des […] Wolgelarten Junckern Johan Georg Meusingern auf Etzenberg und Teurling […] Welcher in der besten blüt seiner Jugendt […] den 3. Jannarii des 1612. Jahres todes verblichen [Jes. 49], Wittenberg 1612 Hypomnēmata Homiliarum In Epistolas Dominicales Et Praecipuorum Festorum Totius Anni. Cum Indice Rerum locupletißimo, Wittenberg 1612, 1614, 1618 und 1631 sowie Rostock 1616 Hypomnēmata Homiliarum In Evangelia Dominicalia Et Praecipuorum Festorum totius Anni. Cum Indice Rerum locupletißimo, Wittenberg 1612, 31616 und 41621 Assertio sanae doctrinae. De Vera Deitate Domini Nostri Jesu Christi. Recentiorum Photinianorum blasphemiis opposita, Wittenberg 1613 Christliche Gedancken. Die auff dem Gottes-Acker bey begräbnissen from[m]er Christen vornemlich in acht zu nemen seyn. Aus der Historia von S. Abrahams Erbbegräbnüs Gen. 23. kürtzlich angedeutet Und bey Christlichen Leichbegängnüs dess […] Herrn Samuel Seelfischen des Mittlern, Churfürstlichen Sächsischen Kornschreibers zu Wittenberg und seines geliebten Sohns, des […] Samuel Seelfischen des Jüngern, Studiosi Iuris, Welche beyde den 23. Julii Anno 1613. innerhalb einer halben stunden in Gott verschieden, Wittenberg 1613 Christliche Leichpredigt. Bey ehrlichem Leichbegengnus des weiland Ehrenvesten und Hochgelarten Herrn Georgii Alberti Spenlini, Beyder Rechten Licentiati, der Juristen Facultet bey der löblichen Universitet Wittenberg adiuncti, und deß Churfürstlichen Sächsischen Hoffgerichts, auch Schöppenstuels daselbsten Protonotarii [Ps. 68], Wittenberg 1613 Christliche Leichpredigt. Aus dem Spruch Esa. 56. Der Gerechte kom[m]et umb und niemand ist der es zu Hertzen neme: Bey […] Leichbegengniß Des […] Herrn Bartholomaei Crugeri, der Artzney Doctoris, und […] Practici zu Wittemberg, Welcher am heiligen Pfingstag, das ist, den 23 Maii Anno Christi 1613 […] entschlaffen, Wittenberg 1613 Christliche Leichpredigt. Von des H. Patriarchen Jacobs Kampff auß dem Ersten Buch Mosis Cap. 32. Bey Volckreicher Leichbegengnus des […] Herrn Friderici Taubmanni,



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Vornehmen Poëtae und Professoris bey der löblichen Universitet Wittenberg welcher am 24. Martii anni 1613 […] entschlaffen unnd den folgenden 26. Martii […] zur Erden ist bestattet worden, Wittenberg 1613 [wiederabgedruckt in]: Taubmannus Redivivus Et Defensus, Helmstedt 1700 Christliche Leichpredigt. Aus dem Spruch S. Pauli in der 2. an Timoth. am 2. Cap. Halt im gedechtnus Jesum Christ der aufferstanden ist von den toden etc. Bey volckreicher Leichbegengnuß des […] Herrn Michael Blumen, vornemen Rathsverwandten, Kämmerern und Handelsmannes in Wittenberg. Seliger gedechtnus, Wittenberg 1613 Christliche Leichpredigt. Uber den Spruch S. Johannis 1. Epist. 1. Das Blut Jesu Christi, deß Sohns Gottes macht uns rein von aller Sünde. Bey Ehrlichem Begrebniß Deß […] H. Henrici Velstenii, Philosophiae moralis Professoris publici, Bey der löblichen Universitet Wittemberg, Wittenberg 1613 Christlicher Leichsermon. Aus dem Spruch S. Pauli Phil. 1. Ich begere Abzuscheiden und bey Christo zu sein: Bey Ehrlichen Begrebnus des […] Petri Schleichii Wittebergensis, der Kirchen zu Wittenberg Diaconi, in Gottseligen, Wittenberg 1613 Eine Christliche Leichpredigt. Bey dem Ehrlichen Begräbnis Der […] viel Ehrentugentsamen Frawem Mariae, Des […] Herrn Matthiae Grosii […] Haußfrawen […] Welche Anno Christi 1613. den 3. Augusti […] verschieden [1. Kor. 11], Wittenberg 1613 Eine Christliche Leichpredigt Bey Ehrlicher Leichbegängnüß des […] Pauli Crummii à Scharffengraben von Iglaw aus Mähren, Theologiae Studiosi, Welcher […] den 20. Martii Anni 1613. […] eingeschlaffen, unnd den 22. desselben Monats […] zur Erden ist bestattet worden [Ps. 31], Wittenberg 1613 Josua. Das ist, Gründliche Erklerung der Geist- und Lehrreichen Historien des Buchs Josua, von der Kinder Israel Einzug und Theilung in dem gelobten Lande Chanaan. In LXIIX. Predigten der Gemeine Gottes zu Wittenberg vorgetragen, Wittenberg 1613 und 1621 Zweyerley Rhat und Christliche Bedencken Herrn D. Lutheri, seliger Gedechtniß. In Diesen schwebenden Sterbens Leufften. Allen guthertzigen frommen Christen hoch von nöten: I. Wie man sich in Todt schicken und zum Sterben Christlich zu bereiten soll. II. Ob man mit gutem Gewissen vor dem Sterben fliehen könne, Wittenberg 1613 Christliche Leichpredigt. Uber den Spruch des XC. Psalms, Herr lehre uns bedencken, daß wir sterben müssen: Bey […] Leichbegengnüß, Deß […] Johann Lösers, Erbsaße[n] auff Pretsch, Thumbprobsten zur Naumburg, Thumdechant zu Meissen, Churfürstlichen Sächsischen Erbmarschalln unnd vornemen Raths, auch des Churfürstlichen Hoffgerichts zu Wittenberg berühmten Aßessoris […] in Gott seligen, Welcher den 18. Martii im Jahr Christi […] entschlaffen, Wittenberg 1614 Christliche Leichpredigt. Bey Ehrlichem Leichbegengnüß Des […] Andreae Rühelii, […] Stadtrichters zu Wittenberg, welcher den 2. Maij Anno 1614. […] verschieden, und den 5. Maij […] bestattet worden [2. Kor. 4], Wittenberg 1614 Christliche LeichPredigt. Bey Ehrlichen Leichbegängnüß, Des Erbarn und Wolgelarten Conradi Reuttern Von Bitterfeldt, Medicinae Studiosi, Welcher am 29. Novemb. Anno Christi 1614. im Herrn Christo seliglich gestorben [Ps. 73], Wittenberg 1614 Christliche Leichpredigt. Bey Ehrlichen Leichbegängnüß Des […] M. Tobiae Tilemanni Wittebergensis, Mathematum Professoris Publici, bey der löblichen Universitet Wittenberg, welcher den 25. Martii 1614. […] verschieden, und folgents den 27. Martii […] ist bestattet worden [Joh. 12], Wittenberg 1614 Christliche Leichpredigt. Uber den Spruch des XC. Psalms, Herr lehre uns bedencken, daß wir sterben müssen: Bey […] Leichbegengnüß Deß […] Johann Lösers, Erbsaß auff

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Pretsch, Thumbprobsten zur Naumburg, Thumdechant zu Meissen, Churfürstlichen Sächsischen Erbmarschalln unnd vornemen Raths, auch des Churfürstlichen Hoffgerichts zu Wittenberg berühmten Aßessoris &c. in Gott seligen, Welcher den 18. Martii im Jahr Christi 1614, Wittenberg 1614 Christlicher Leichsermon. Uber den Spruch König Salomonis, aus seinem Prediger Cap. 9. Der Mensch weiß seine zeit nicht [et]c. Bey Adelichen Leichbegengniß Des […] Junckern Albrecht Von Leipzig auff Gaditz. Welcher den 8. Augusti […] zu Wittenberg plötzlich entleibet, Wittenberg 1614 Gründlicher Bescheidt. Auff die Zwölff berühmte HauptUrsachen, warumb die Reformirten, welche man sonst Calvinisten nennet, mit Herrn D. Lutheri Außlegung der Wort Christi im Heiligen Abendmal nicht wollen eins seyn: Welche in der jüngst abgewichenen Franckfurter Herbstmeß zu Düsseldorf von etlichen Dienern des Worts, Wittenberg 1614 [kurzer Auszug hieraus gedruckt Halle 1614] Oratio Panegyrica De Synodo Evangelicorum Generali: Quam in componendis Controversiis Sacramentariis frustra urget D. Pareus in suo Irenico, Wittenberg 1614 Passio typica seu Liber unus typorum Veteris Testamenti, Wittenberg 1614 1: Typorum Veteris Testamenti, Qui Passionem Ac Mortem […] Jesu Christi in nobilioribus aliquot personis adumbrant: Ita conscriptus, ut integram Historiam Paßionis Dominicae in Typis illis praefiguratam […] exhibeat, Wittenberg 1614 2: Complectens Res Et Historias Veteris Testamenti, In Quibus Passio ac Mors […] Jesu Christi Typice praefiguratur, Wittenberg 1616 Christliche Leichpredigt. Uber das schöne Sterbelied des heiligen alten Simeonis Herre nun lessestu deinen Diener in Frieden fahren: Bey Volckreichem Leichbegengnus Des […] Herrn Samuel Selfischen des eltern, vornehmen Buchhändlers und dreissigjährigen Bürgermeisters der löblichen Churstadt Wittemberg, nunmehr seligen, Welcher den 8. Ianuarii des 1615. Jahres […] verschieden, Wittenberg 1615 Disputatio Posterior De Pane Vitae, Ex dicto Salvatoris, Joh. 6, v. 33. Panis Dei est, qui de coelo descendit, & dat vitam mundo. Qua ex vocabulo Mundi universalitats Meriti Christi, contra particularitatem Calvinianorum, defenditur, Wittenberg 1615 Disputatio Prior De Pane Vitae, Ex dicto Salvatoris, Johan. 6, v. 33. Panis Dei est, qui de coelo descendit, & dat vitam mundo, Wittenberg 1615 Eine kurtze LeichPredigt. Uber den Spruch Apocal. 14. […]: Bey Ehrlicher Leichbegängnüß der […] Reginae, Des […] Jacob Walchen, RathsKämmerern und […] Handelsmannes in Wittenberg […] Haußfrawen, Wittenberg 1615 Funebria Oder Christlicher Todtengedechtnis, Wittenberg 1615–1623 1: In dreissig Leichpredigten bey Ehrlichen Leichbegängnüssen frommer Mann und Weibespersonen uber außerlesene Text Altes und Newes Testaments, Wittenberg 1615, 1625 2: In zwey und dreissig Predigten bey Ehrlicher Sepultur frommer Mann und Weibspersonen uber außerlesene Text Altes und Newes Testaments, Wittenberg 1617 3: In zwey und dreissig Predigten bey Ehrlicher Sepultur frommer Mann und Weibspersonen uber außerlesene Text Altes und Newes Testaments in der PfarrKirchen zu Wittenberg gehalten und in Druck verfertiget, Wittenberg 1623 Honoribus Reverendi & Praestantis Viri Dn. Johannis Rodenborchi, S. S. Theologiae Licentiati, cum suprema ipsi laurea in Theologico studio exoptatissimis auspiciis conferretur ipsis Calend. Augusti Anno nati Christi M. DC. XV, éuphemia dicatae a Fautoribus, Collegiis, & Amicis, Wittenberg 1615



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Rettung seiner Lateinischen Oration de Synodo generali Evangelicorum. In promotione Doctorali anno 1614. d. 19. Iul. gehalten, Welche D. David Paraeus Professor zu Heidelberg in einer Teutschen Vorrede, die er seinem Teutschen Irenico praefigiret, unlangst anzustechen sich hat gelüsten lassen, Wittenberg 1615 Vita, Et Res Gestae Praecipuorum Theologorum: Quorum ministerio Deus, postrema hac Mundi senescentis aetate, Doctrinam Ecclesiae, corruptelis & erroribus Pontificiis obliteratam, & pene oppressam, repurgavit & restituit. Ex innumeris eruditae literaturae locis & regionibus … collectae, Wittenberg 1614, Halle 1615 Dissertatio De Aeterna Divinitate Christi Servatoris, Ab Opere Creationis probate. Ex loco plane evidentissimo Coloss. 1. v. 15, 16, 17 [12. Juli 1616/Paul Coler], Wittenberg 1616 Christliche Leichpredigt. Uber den seligen Abschied von dieser Welt, des […] Herrn Augusti, Hertzogen zu Sachsen […] Christmilder gedechtnüß. Dessen Fürstliche Gnaden den 26. Decemb. An. 1615. zu Dreßden im Herrn entschlaffen [Jes. 22], Wittenberg 1616 Christliche Leichpredigt. Uber dem krefftigen Lebenswort des Sohns Gottes Joh. II. Ich bin die Aufferstehung und das Leben: Bey Adelichen Leichbegengnüß des […] Junckern Bernhardt Ditrich von Brüncke auff Einhausen, welcher auff der Universitet Wittenberg […] er sich Studierens halber auffgehalten […] verschieden, Wittenberg 1616 Christliche Leichpredigt. Uber den Spruch des 73. Psalms: Wenn ich nur dich habe/ so frage ich nichts: Bey Ehrlichen Leichbegengnüß Des […] Ernesti Hettenbachii, der Artzney Doctoris und Professoris, Wittenberg 1616 Christliche Leichpredigt. Uber den Apostolischen Spruch S. Pauli/ Gott hat uns nicht gesetzt zum Zorn: Bey […] Leichbegengnuß des […] Johann Paulli […] Bürgermeisters der Cgurstadt Wittenberg, Wittenberg 1616 Christliche Leichpredigt. Aus dem Propheten Daniel cap. 12. Viel so unter der Erden schlaffen liegen: Bey Ehrlichem Leichbegengnüß des […] Herrn David Erhardi Curiensis, Cantoris der Kirchen und Schulen zu Wittemberg, Wittenberg 1616 Christliche Leichpredigt. Bey Ehrlichen Leichbegängnüs/ der Weylandt Erbaren und viel Ehrenthugentsamen Frawen/ Marien-Magdalenen/ Des Ehrnvesten und Wohlweisen Herrn Christophori Wusten/ Rahtsverwanten und Buchhändlers zu Wittenberg/ Ehelicher Haußfrawen, Wittenberg 1616 Christliche Leichpredigt. Auß dem 90. Psalm v. 7, 8, 9, 10, 11: Bey Ehrlichem Begräbnüß Des Weyland Ehrnvesten und Hochgelahrten Herrn M. Iohannis Wanckelii, Historiarum Professoris Publici, welcher am 11. Junii anno 1616. im Herrn seliglich verschieden, Wittenberg 1616 Deß H. Lehrers Syrachs Raht unnd Bedencken. Vor Christliche Patienten: Auß seinem Buch c. 38. Bey ehrlicher Leichbegängnüß deß weyland Ehrnvesten unnd Wolgeachten Herrn Bechtoldi Raaben, fürnehmen alten Bürgers und Buchhändlers in Wittenberg, Wittenberg 1616 Ad Antitheses Apologeticas Christophori Pelargi D. […]: Quibus suam a doctrina pristina & vera fide defectionem ita palliat, ut eam clarius prodere non possit; Studio veritatis & pro defensione Examinis Compendii Pelargiani nuper correcti scripta ac edita, Wittenberg 1617 Biblisch Betbüchlein. Welches eines jeden Capitels des Ersten vnd Andern Buchs Mosis Summ vnd Inhalt, auch besten Gebrauch in einem kurtzen Gebetlein zeiget. Dem gemeinen Manne zu gute, vnnd vbung der Gottesfurcht gestellet, Wittenberg 1617 Christliche Leichpredigt uber den Anfang des Siebenden Psalms: Bey Ehrlicher Leichbegängniß der weiland Erbarn und Tugentsamen Frawen Gertraudt Herrn Egidii Strauchs,

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vornehmen Bürgers und Handelmannes in Wittenberg Seligen hinderlassener Witwen, Wittenberg 1617 Christlicher Leichsermon/ Uber die Wort des 39. Psalms […] Bey Ehrlichen Leichbegängnuß/ des weiland Erbarn und Wolgelarten Wenceslai Hahns von Brüx aus Böhmen bürtig, Wittenberg 1617 [Vorrede zu] D. Johann Habermans Gebetbuch. Als letzte mal von jhm verbessert, in sechs Wochen, neben dem Catechismo und heiligen Schrifft Sprüchen […] abgetheilet und in Ordnung gebracht Durch M. Jacob Zadern, Wittenberg 1617 Des Heiligen Propheten Eliae Himmelfahrt. Auß dem 2. Reg. 2.: Bey Christlicher Leichbegängnüß Des […] Herrn Leonhardi Hütteri, Der H. Schrifft Doctoris und Professoris […] und zur zeit Magnifici Rectoris, bey der löblichen Universitet Wittenberg, Wittenberg 1616, 1617 Disputatio Solennis De Vera Christi Ecclesia Ante Tempora D. Lutheri, Durante Papatu [4. Juli 1617/Christian Gilbert de Spaignart], Wittenberg 1617 Examen Compendii Theologici recens correcti a D. Christophoro Pelargo, &c. In quo Calvinismum palam profitetur [7. Februar 1617/Johann Thomas Phrysius], Wittenberg 1616 und 1617 Iudices. Das ist, Ausfürliche Erklerung des schönen Lehrreichen Biblischen Buchs der Richter: darinnen nicht allein ein klarer Regentenspiegel, sondern auch ein weitleufftig Exempelbuch Göttlicher providentz, unnd wunderbarer Regierung, auch vieler Tugenden und Laster zu finden ist, Wittenberg 1617 Responsio D. Friderici Balduini Professoris In Academia Wittebergensi.c Ad Antitheses Apologeticas Christophori Pelargi D. Quibus suam a doctrina pristina & vera fide defectionem ita palliat, ut eam clarius prodere non possit. Studio veritatis & pro defensione Examinis Compendii Pelargiani nuper correcti scripta ac edita, Wittenberg 1617 Quaestiones Illustres Ex Divinis Apostoli Pauli Epistolis Ad Philippenses Et Colossenses erutae, et Disputationibus aliquot, studiosae iuventutis gratia in Academia Witebergensi ventilatae, Wittenberg 1617 [beteiligt] Christliche Evangelische Lutherische JubelPredigten. Auff das Erste hohe Lutherische Jubelfest so durch den Churfürsten zu Sachsen 1617 feyerlich zu halten angeordnet worden [Matt. 9], Wittenberg 1618 Christliche Leichpredigt. Uber den Spruch Christi Joh. 3. Gleich wie Moses in der Wüsten eine Schlange erhhet hat. Bey Ehrlichen Leichbegaengnueß des […] Georgii Christohori Werners von Nuernberg, Studiosi Theologiae, welcher […] am Sontag Trinitatis Anno 1618. zu Wittenberg […] eingeschlaffen, Wittenberg 1618 Christliche Leichpredigt. Bey Christlicher Leichbegängnüß Der Weiland […] Jungfrawen Barbarae, Des Weiland […] Herrn Tobiae Tandleri, der Medicin Doctoris […] Eheleiblichen Tochter. Welche den 12. Martii Anno 1618. im Herrn seliglich entschlaffen [Offenbarung 14,5], Wittenberg 1618 Christliche Leichpredigt. Uber den Passional Spruch des Propheten Esaiae Cap. 53. Fürwar Er trug unser Kranckheit. Bey Adelicher Leichbegängnüß Des […] Junckern Hans Kemmettern auff Trywein und Heinburg auß Kernden, welcher in dem besten Lauff seiner wolangefangenen Studien auff der Universitet Wittenberg den 14. Martii Anno 1618. im Herrn entschlaffen, Wittenberg 1618 Christliche Leichpredigt. Uber die Wort des 39. Psalms: Herr lehre mich daß es ein Ende mit mir haben muss. Bey […] Leichbegängniß des […] M. Eliae Iani Churfürstlichen Sächsischen Amptschössers zu Wittenberg/ auch der Universitet Verwalter daselbsten, Wittenberg 1618



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Christlicher LeichSermon. Uber die schöne Parabel des Sohns Gottes/ Von den zehen Jungfrawen Matth. am 25. Capitel. Bey […] LeichBegängnüß einer Gottseligen Braut, Der […] Annae Mariae, Des […] Polcarpi Lyseri, der H. Schrifft Doctoris […] hinterlassener Eheleiblichen Tochter. Des […] Ernesti Stisseri, beyder Stiffte S. Nicolai, und S. Gangolphi in Magdeburgk Canonici lieben Vertrawten, Wittenberg 1618 Christlicher LeichSermon. Uber den Spruch Matth. 18. Des Menschen Sohn ist kommen selig zu machen/ das verlohren ist. Bey Christlicher Leichbegängnüß Des Weyland Erbarn […] Herrn Augustini Ionae Philosophiae Studiosi, Aus dem Lande Eyderstad bürtig/ welcher in dem besten Lauff seiner studien durch einen sanfften Todt von dieser Welt abgefordert, Wittenberg 1618 Disputatio Ordinaria De Communione Nostri Cum Christo. Opposita tum Calvinianorum, tum Fanaticorum quorundam erroribus, qui ex Theophrasti Paracelsi Philosophia novam plane de Christo & Christianis Theologiam comminiscuntur [27. März 1618/ Abraham Heinick], Wittenberg 1618 Disputatio Theologica De Theologiae Photinianae Consensu Cum Calviniana, Natura Et Argumentis Quibus ex Scripturis contra S. S. Trinitatem pugnat [11. Dezember 1618/ Paul Rössel], Wittenberg 1618 Investitur Predigt. Uber das Evangelium Matth. 4. am Sontag Invocavit, Als auff Churfürstlichen gnedigsten Befehl, der Ehrwürdige, Achtbare und Wolgelarte Herr M. Christophorus Schneider zu einem Pfarrer und Superintendenten zu Bitterfeld ist investirt und eingewiesen worden, Wittenberg 1618 Kurtze und Schrifftmessige Erinnerung. Von Gabriel Rotstocks zu Grünberg in Schlesien Buch/ Der Christliche Haußvater genandt: Darinnen etliche Christliche und zu der Menschen Seligkeit nothwendige Haußlehren desselbigen Buchs aus Gottes Wort etwas besser reformirt und von Calvinischen Sifft gereiniget werden, Wittenberg 1618 Oratio Panegyrica De Tenebris Papatus Longe Densissimis Circa Doctrinam De Sanctis Et Eorum Cultu, in: Orationes Iubileae Tres Mandato Serenissimi & Potentissimi Electoris Saxoniae &c. Domini Johannis Georgii, Wittenberg 1618 [Vorrede zu] Antapologia Und Schrifftmessige Proba Der vermeinten Apology ungründlicher Salvation der Zwölff Häuptursachen. Worumb die so genante Reformirte Kirchen mit D. Lutheri meinung in der Lehr vom H. Abendmahl des Herrn nicht einig sein wollen, Wittenberg 1619 Außführliche unnd Gründliche Widerlegung Des Deutzschen Arianischen Catechismi: Welcher zu Rackaw in Polen anno 1608. gedruckt und der uhralten algemeinen Apostolischen Bekentnuß der Christlichen Kirchen von Jesu Christi Person und Ampt entgegen gesetzet ist, Wittenberg 1619 und 1620 Christlicher Leichsermon. Uber den herrlichen Machtspruch Christi Matth. II. Kompt her zu mir alle die ihr mühselig. Bey Ehrlichen Leichbegängnüß Der […] Barbarae des […] Zachariae Schürers […] Rathsverwandten und Buchhändlers in Wittenberg […] Haußfrawen, Wittenberg 1619 Collegium SS. Trinitatis seu Disputationum Theologicarum Dodecas: De arduo mysterio SS. Trinitatis, potißimum Photinianorum recentium mataeologiae opposita, Wittenberg 1619 – Disputatio I. De Vocabulis In Articulo, De SS. Trinitate usitatis [11. November 1618/Hieronymus Praetorius] – Disputatio II. De Unitate Dei Quoad Essentiam & voluntatem [25. November 1618/Georg Schlüsselburg]

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– Disputatio III. De Pluralitate Personarum In Una Deitatis Essentia [2. Dezember 1618/Michael Reichard] – Disputatio IV. De Argumentis Photinianorum [9. Dezember 1618/Petrus Ram] – Disputatio V. De Deo Patre Prima SS. Trinitatis Persona [30. Dezember 1618/Heinrich Chemnitz] – Disputatio VI. De Aeterna Filii Dei Generatione a Patre [13. Januar 1619/Christoph Kircher] – Disputatio VII. De Divinitate Filii Dei Ex Dictis Veteris Testamenti [24. Februar 1619/Johann Nicolaus Schülin] – Disputatio VIII. De Divina Filii Dei Natura Ex Tribus Locis Novi T. [3. März 1619/Lorenz Wigand] – Disputatio IX. De Argumentis Photinianorum Contra Divinitatem Jesu [10. März 1619/Martin Strömann] – Disputatio X. De Deitate Spiritus Sancti Et Eiusdem Personali Existentia [17. März 1619/Valentin Rauff] – Disputatio XI. De Processione Spiritus Sancti A Patre & Filio [31. März 1619/Adrian Stoddert] – Disputatio XII. Argumenta Pneumatomachorum Contra Deitatem [7. April 1619/Johannes Rotlöben] Disputatio Ordinaria. De Impletione Legis: Opposita disputationi Bellarmini de Veritate bonorum Operum, quam habet lib. 4. de Iustificatione a cap. 10. usq[ue] ad finem libri [5. November 1619/Balthasar Fuhrmann], Wittenberg 1619 Disputationes Tres De Pane Vitae. Ex dicto Salvatoris Johan. 6. v. 33. Panis Dei est, qui de coelo descendit, & dat vitam mundo. Quibus pleraq[ue], de Persona & officio Christi, dextre explicantur, & contra Fanaticorum furores ex sacra scriptura firmiter muniuntur, Wittenberg 1619 Streitige Frage. Ob die Gottheit ohne das geoffenbarete Wort mit Menschlichem verstande etlicher massen warhafftig erkant werde oder erkant werden könne? Auß Heiliger Schrifft erkläret, Wittenberg 1619 Apologia Apostolica. Hoc est, S. Apostoli Pauli Epistola Posterior Ad Corinthios, Commentario perspicuo illustrate. In quo praeter Analysin, Explicationem, & Paraphrasin textus, multiplices commonefactiones ex textu eruuntur, Et Quaestionibus controversis bene multis fundamenta, Wittenberg 1620 Christlicher LeichSermon. Uber den schönen Apostolischen Spruch S. Pauli auß der 2. Tim. 4. Ich habe einen guten Kampff gekämpffet. Bey Christlicher Leichbegängnis der weiland Erbarn und Tugentsamen Frawen Sabinen, Des […] Herrn Valentini Guilielmi Forsteri, beyder Rechten Doctoris, und Professoris bey der löblichen Universitet Wittenbergk, Wittenberg 1620 Christlicher Unterricht Vom Balgen. Auß Heiliger Göttlicher Schrifft genommen Und Bey Adelichem Leichbegängnüß des […] Henrich Platen, Welcher im Jahr Christi 1620. den 29. Augusti tödtlich verwundet worden [Gen. 4], Wittenberg 1620 und 1621 Disputatio Ordinaria De Meritis Bonorum Operum, quae est de Bonis Operibus Tertia. Opposita toti Libro quinto Bellarmini de Iustificatione [17. November 1620/Levinus Pouchen], Wittenberg 1620 Discursus Theologicus De Anathematismis Seu Condemnationibus Ecclesiasticis. Ubi inprimis illa tractatur Quaestio An Calviniani & similes in concionibus & scriptis publicis a ministris Ecclesiae nominatim sint refutandi, Wittenberg 1620 und 1700



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[mit Balthasar Meisner/Wolfgang Franz/Nicolaus Hunnius] Fernere Außführung der Frage: Ob Gott ohne das geoffenbarte Wort etlicher massen warhafftig erkandt werde? Sampt erörterung anderer Nebenfragen, auch ableinung der zugefügten Lästerungen, Zue Rettung Der vormals außgangener Erklärung Etlichen Calumnianten entgegen gesetzt, Wittenberg 1620 Gründlicher Gegenbericht. Auff Abrahami Sculteti vermeinten Schrifftmessigen Bericht von Götzenbildern, Welchen Er an die Christliche Gemein zu Prage in einer Predigt den 12/22 Decembr. des 1619. Jahrs gethan. Genommen aus den alten Schrifften der Theologischen Facultet zu Wittenberg wieder die Anhalter darinnen solcher Bericht vorlengst widerlegt, Wittenberg 1620 Leichpredigt: Bey Christlicher Leichbegängnüß der […] Marthae, Des […] Caspar Mainers, Churfürstl. Sächsischen Alten Amptschössers in Wittenberg Ehlicher Haußfrawen, nunmehr Seligen, Wittenberg 1620 Prediger Ampt und Belohnung. Auß dem Spruch des 2. Cap. der Offenbahrung S. Johannis: Sey getrew biß an den Tod, so wil ich dir die Krone des Lebens geben: Bey Christlicher Leichbegängnüß Des […] Herrn M. Henrici Silbermans, Archidiaconi der Kirchen zu Wittenberg, Wittenberg 1620 Reformatio Apostolica. Hoc est, S. Apostoli Pauli Epistola Prior Ad Corinthios, Commentario perspicuo illustrata: In quo praeter Analysin, Explicationem, & Paraphrasin textus, multiplices commonefactiones ex textu eruuntur, Et fere ducentis Quaestionibus controversis fundamenta sanae doctrinae monstrantur, Wittenberg 1620 Solida Refutatio Catechismi Ariani. Qui Rackoviae In Polonia Anno 1608. excusus, & antiquißimae Apostolicae Confeßioni Ecclesiae Christianae de Jesu Christi Persona & officio oppositus est. Ex Sola Sacra Scriptura […] eruta, & non ita pridem nomine Facultatis Theologicae in Academia Wittebergensi germanice edita, Wittenberg 1620 Adventus Christi Typicus Seu Doctrina De Adventu Jesu Christi In Carnem ad Iudicium ad Mentes deniq[ue]; hominum. Typis Decem Veteris Testamenti adumbrata necessario Elencho ab iniuriis Adversariorum vindicata utilißimisq[ue] commonefactionibus in usum docentium ac discentium explicata, Wittenberg 1621 Außführlicher und in Gottes Wort wolgegründter Bericht. Von Bildern Gottes Christi und der Heiligen in und ausserhalb den Gotteshäusern. Mit Beantwortung dessen, Was Theophilus Mosanus Esbacensis in seinen vindiciis wider solche Lehre unlengst vorgebracht, Wittenberg 1621 und 21663 Brevis Institutio Ministrorum verbi, potissimum ex priore Epistola D. Pauli ad Timotheum Conscripta, Wittenberg 1621, 1622 und 1623 Christliche Leichpredigt. Uber den schönen Machtspruch des Sohns Gottes: Also hat Gott die Welt geliebet: Bey Ehrlicher Leichbegängnüß Des […] Valentini Guilielmi Försteri, beyder Rechten Rechten Doctoris und Professori publici bey der Universitet Wittenberg, Auch des Churf. Sächs. Hoffgerichts und Schöppenstuels daselbst Assessoris [Joh. 3, 16], Wittenberg 1621 Christliche Leichpredigt. Von der Aufferstehung der Gerechten. Bey […] Leichbegängnüß des […] Valentini Tindelii Hungari, S. S. Theol. Studiosi, Welcher den 28. Martii, Anno Christi 1621. im besten Lauff seiner Studien […] entschlaffen [Jes. 26], Wittenberg 1621 Christlicher LeichSermon. Bey Ehrlichem Leichbegängnis der Weiland Erbarn und Tugendreichen Frawen Marien, des Weiland Ehrnvesten Herrn Jeremiae im Hoff Patricii in Nürnberg hinterlassene Widwen, welche am 16. Octobris, Anno Christi 1621. im Herrn entschlaffen [Ps. 25], Wittenberg 1621

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Christlicher Leichsermon. Von Tabeae der Christlichen Jüngerin Tod und Wiederaufferweckung aus Act. 9: Bey Ehrlichen Leichbegengnüß der weiland Erbarn und Vieltugendsamen Frauen Eleonorae, des […] Aegidii Hunnii vornemen Theologi, Professoris und Superattendenten in Wittenberg S. hinderlassener Witwen, Wittenberg 1621 Christlicher Unterricht Von Verdammung falscher Lehre wie die in Kirchen gebreuchlich ist. Vor diesem in Lateinischer Sprache beschrieben. Nuhn aber Jedermenniglichen und insonderheit Lateinischer Sprache unkündigen zu Nutz und besten in die Deutsche Sprache transferiret, Wittenberg 1621 Disputatio Ordinaria De Imaginibus. Complectens synopsin Libelli Germanici paulo post subsecuturi, quo vindiciae cuiusdam Theophili Mosani, quibus Abrahamni Sculteti iconomachiam Pragensem defenderre conatus est, depelluntur [13. April 1621/Paul Sperling], Wittenberg 1621 Disputatio Solennis De Providentia Dei [24. August 1621/Immanuel König], Wittenberg 1621 Defensio Augustanae Confessionis, Eiusdem Apologiae, & Formulae Concordiae. Opposita invectivae, quam Petrus Pazmannus Jesuita in libros illos scripsit [27. Juni 1623/Jacob Martini], Wittenberg 1623 Disputatio Ordinaria De Primatu Papae Ecclesiastico [5. April 1622/Zacharias Gerganus], Wittenberg 1622 Disputatio Theologica, De Aeterna Filiorum Dei Praedestinatione [12. Juli 1622/Johann von Platen], Wittenberg 1622 Disputatio Theologica De Natura Fidei Saluificae [5. Juli 1622/Abdias Treu], Wittenberg 1622 Epitome Doctrinae Apostolicae. Hoc est, S. Apostoli Pauli Epistola Ad Galatas, Commentario perspicuo illustrata. In quo praeter Analysin, Explicationem & Paraphrasin textus, multiplices Commonefactiones ex textu eruuntur, Et Quaestionibus Contoversis […] respondetur. Cum Textu Graeco-latino & Indice triplici, Wittenberg 1622 Hypomnemata Homiliarum in Evang. Dom. Autore Friderico Balduino D. Professore, Pastore & Superintendente Wittebergense: Das ist: Evangelische Außlegung Auff die Sontage und vornembsten Feste durchs ganzte Jahr, so wol auch von der Passion und Leyden unsers Herrn Jesu Christi: Beneben einem nützlichen Register, Christgläubigen, from[m]en und einfeltigen Hertzen […] in Teutscher Sprach getrewlich fürgetragen, Wittenberg 1622 und 1664 Idea Dispositionum Biblicarum. Qua ratio tractandi textus Biblicos in concionibus ad populum praeceptis & exemplis monstratur; Omnibus sacrosancti Ministerii Candidatis inprimis necessaria. Acceßit Oratio de Impedimentis verae religionis, habita Wittebergae in promotione Doctorali, d. 18. Septemb. Anni 1621, Wittenberg 1622, 1623 und 1666 Oratio Panegyrica In Laudem Dei Omnipotentis, Et Honorem Serenissimi Celsissimique Principis Ac Domini, Domini Johannis Georgii, Saxoniae, Iuliae, Cliviae, Montium Ducis […] Domini Nostri Clementissimi, Wittenberg 1622 Soteria Serenissimo Saxonum Duci Sacrique Romani Imperii Electori Septemviro Dn. Johanni Georgio &d. Quum divina virtute felicitateq[ue] admirabili utramq[ue] silesiam Lusatiamq[ue] & pacasset & Caesari restituisset, ab Academia Wittenbergensi Kal. Ianuar. Anni MDCXXII. Persoluta, Wittenberg 1622 Aphorismorum De S. S. Coena Domini. Pentadecas Annuente altissimo In illustri Witebergensi Academia [24. Januar 1623/Friedrich Schöning], Wittenberg 1623 Apostasia Ecclesiae Iudaicae nec non Papistico-Romanae. Ex unico primo capite Esaiae unice ostensa & damnata. Contra vero Praerogativa & Orthodoxia Ecclesiarum Praesertim Saxonicarum feliciter & solide inde demonstrata, Wittenberg 1623



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Didactica Apostolica. Hoc est, S. Apostoli Pauli Epistola Ad Colossenses Commentario perspicuo illustrates. In quo praeter Analysin, Explicationem & Paraphrasin textus, multiplices Commonefactiones ex textu eruuntur, Et Quaestionibus Controversis bene multis fundamenta sanae doctrinae monstrantur; Cum Textu Graeco-latino & Indice triplici: quorum unus est Dictorum Scripturae, alter Quaestionum explicatarum; tertius Rerum & Verborum, Wittenberg 1623 und 1624 Explicatio Loci Apostolici Rom. 4. vers. 24. De Christi in Mortem Traditione Et In Vitam Resuscitatione [11. Oktober 1623/Andreas Kessler], Wittenberg 1623 [wiederabgedruckt in: Fasciculus Disputationum Theologicarum, Quarum Prima De Lachrymis Christi, In Illustri Acad. Iulia, Altera De Vulneribus Christi, Tertia De Sanguine Christi, Quarta De Sepultura Jesu, & Ultima deniq[ue] De Christi In Mortem Traditione Et In Vitam Resuscitatione, In Electorali Acad. Wittebergensi publicae habitae, Wittenberg 1672] Juditha Saxonica. Das ist, Erklärung der Historien von der Judith heiligen Wandel unnd seligen Tode aus dem Buch Judith cap. 16: Gethan in der Pfarrkirchen zu Wittenberg, den 28. Januar. des 1623. Jahrs […] wegen des Seligen hintrits Der weyland Durchläuchtigsten […] Frawen, Frawen Sophien Gebornen aus Churfürstlichen Stamme Brandenburg, Wittenberg 1623 Paraenesis Apostolica. Hoc est, S. Apostoli Pauli Epistola Ad Philippenses, Commentario perspicuo illustrate. In quo praeter Analysin, Explicationem & Paraphrasin textus, multiplices Commonefactiones ex textu eruuntur […]. Cum Textu Graeco-latino & Indice triplici, Wittenberg 1623 Programma Apostolicum. Hoc est, S. Apostoli Pauli Epistola Ad Ephesios, Commentario perspicuo illustrata. In quo praeter Analysin, Explicationem & Paraphrasin textus, multiplices Commonefactiones ex textu eruuntur […]. Cum Textu Graeco-latino & Indice triplici, Wittenberg 1623 Speculum Idololatriae Papalis. In quo Horrenda abominatio regni Papistici vivis suis coloribus depicta oculis eorum inprimis, qui iam passim ad Apostasiam tentantur, subiicitur [24. März 1623/Laurentius Andreae], Wittenberg 1623 De Aeterna Jesu Christi Divinitas Sacris Oraculis demonstrata [28. Mai 1624/Balthasar Bockwitz], Wittenberg 1624 Christlicher Leichsermon. Uber den Spruch Job 19. Ich weiß das mein Erlöser lebet: Bey ehrlichem Leichbegängnis des […] Pauli Rösselii, Weylandt Churfürstl. Brandeburgischer Witben wolverordneten Hoffprediger. Welcher zu Wittenberg den 7. Aprilis Anno Christi MDCXXIV. im Herrn entschlaffen, Wittenberg 1624 Christlicher Leichsermon. Uber den 130. Psalm Davids. Aus der tieffen ruff ich, Herr, zu dir. Bey Volckreicher Leichbegängnüß des […] Herrn Lucae Beckmanni […], Welcher am 7. Februar. 1624. im Herrn selig entschlaffen, Wittenberg 1624 Christlicher Leich-Sermon. Uber die Wort des Heiligen Jobs, cap. 14. v. 5. & 6. Bey ehrlichem Leichbegängnis des Weyland Erbaren und Wolgelarten Herren Johannis Ungari, von Perleberg aus der Marck bürtig, der H. Schrifft Studiosi, welcher im besten Lauff seiner Studien im Monat Majo des 1623. Jahres zu Wittemberg im Herren entschlaffen, Wittenberg 1624 Disputatio Ordinaria De Missa Papistica, Cuius abdominationes tanquam in Compendio monstrantur [3. September 1624/Balthasar Rhau], Wittenberg 1624 Investitur-Predigt. Uber das Evangelium Luc. 5. Von geistlicher Fischerey, so Gott durchs H. Predigampt verrichtet. Bey der Investitur un[nd] Einweisung in sein Pfarr- und

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SuperintendentenAmpt, des Ehrwürdigen […] Herrn M. Johannis Schneiders2, Wittenberg 1624 Oratio De Modo Convertendi Homines Papistico. Qui, quod plane novus sit, Christo & Apostolis incognitus, ostenditur, cum exhortatione ad Constantiam. In Promotione Trium Doctorum Theologiae, Wittenberg 1624 Postilla Oder Außlegung der Sontäglichen und vornehmbsten FestEvangelien uber das gantze Jahr. Aus unterschiedlichen Predigten vieler Jahren also zusammen getragen, daß des Texts rechter Verstandt und heilsamer Gebrauch von Anfang biß zum Ende des Evangelii ördentlich gezeiget wird, Wittenberg 1624 Ander Theil der Postill. Oder Außlegung der Sontäglichen und vornehmbsten FestEvangelien uber das gantze Jahr. Aus unterschiedlichen Predigten vieler Jahren also zusammen getragen/ daß des Texts rechter Verstandt und heilsamer Gebrauch von Anfang biß zum Ende des Evangelii ordentlich gezeiget wird, Wittenberg 1624 Dritter und letzter Theil der Postill. Oder Außlegung der Sontäglichen und vornehmbsten FestEvangelien uber das gantze Jahr. Aus unterschiedlichen Predigten vieler Jahren also zusammen getragen, daß des Texts rechter Verstandt und heilsamer Gebrauch von Anfang biß zum Ende des Evangelii ordentlich gezeiget wird, Wittenberg 1625 Christlicher Leichsermon. Uber das schöne Trostsprüchlein S. Pauli Rom. 8. Ich halte dafür, daß dieser zeit Leyden nicht werth sey der Herrligkeit. Bey volckreicher Leichbegängnuß der […] Frawen Margariten, des […] Herrn Danielis Sennerti, der Artzney berühmten Doctoris, und vornehmen Professoris […] bey der löblichen Universitet Wittenberg ehelicher Haußfrawen, welche den 23. Iulii Anno 1625. im Herren entschlaffen, Wittenberg 1625 Christlicher Leichsermon. Uber die Wort des 25. Psalms. Herr sey mir gnädig, denn ich bin einsam und elend: Bey Ehrlichen Leichbegängniß, der […] Frawen Barbara, Des […] Herrn Jonae Fritzschen […] Ehlichen Haußfrawen, Welche anno 1625. den 11. Febr. im Herrn entschlaffen, Wittenberg 1625 Christlicher Leichsermon. Uber das schöne Sprüchlein des Propheten Jeremiae cap. 31. Bey Christlicher Leichbegängnüß der Frawen Catharinen, Wittenberg 1625 Disputatio Ordinaria De Communione SS. Coenae Sub Utraque Specie [27. Mai 1625/Christian Jentzsch], Wittenberg 1625 Disputatio Ordinaria, De Fine Seculi [9. Dezember 1625/Heinrich Innichenhöfer], Wittenberg 1625 Disputationes In Physicae Aristotelae Partem Communem. Olim Liberalis exercitii gratia propositae. Nunc autem denuo recognitae, & publici iuris factae, hrsg. von Balthasar Balduin, Wittenberg 1625 (Hrsg.) Tomus Disputationum Theologicarum. In Academia Wittebergensi […] publice habitarum, Bd. 1: 1600–1606, 2: 1606–1611, 3: 1611–1615, Wittenberg 1625 Asylum Fidelium. Hoc est Assertio Solida Sanguinem Jesu Christi Filii Dei, in ara Crucis profusum esse lytron pro universis, generis humani, praecipue tamen credentium, peccatis Isorropov, Adversariis nostris, imprimis Calvinianis, Photinianis & Romanensibus oposita, Ex Aphorismo nobili Johannis Epist. 1. c. 1. v. 7. [Januar 1626/Martin Ludemann], Wittenberg 1626 Christlicher Leichsermon. Uber die Wort des 103. Psalms, Der Mensch ist in seinem Leben wie Grass. Bey Volckreicher Leichbegengnuß des […] Herrn Mauritii Blumen, der Artzney Doctoris und designirten Botanices und Anatomices Professoris publici zu Wittenberg, Wittenberg 1626 2  StKA

Wittenberg, WOB, V (1605–1627), Nr. 222.



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Christlicher Leichsermon. Uber die Wort S. Pauli 1. Tim. 1. Das ist je gewißlich war und ein thewer werthes Wort. Bey Ehrlicher Leichbegängniß Deß […] Herrn Zachariae Schürers, Eines Ehrnvesten Raths Cämmerers und Vornehmen Buchhändlers zu Wittenberg, Wittenberg 1626 Exēgēsis Aphorismi Paulini ex 1. Tim. 3. v. 16. Manifeste magnum est pietatis mysterium: Deus manifestatus est in carne, iustificatus in Spiritus [6. Dezember 1626/Balthasar Balduin], Wittenberg 1626 Phosphorus Veri Catholicismi. Devia Papatus, & viam regiam ad Ecclesiam vere Catholicam & Apostolicam fideliter monstrans, facemque praelucens legentibus Hodegum Petri Pazmanni olim Jesuitae, nunc Cardinalis Ecclesiae Romano-Papisticae, Wittenberg 1626 Zweene Leichsermones. Uber den seligen Abschied zweyer frommer Geschwister, Herrn Christiani, alß des Brudern, und Jungfraw Magdalenen, alß der Schwester, Gebornen Blumen, Herrn Michael Blumen und Frawen Margarethen, Gebornen Steinmetzin Eheleiblichen Kindern [Offenbarung 14], Wittenberg 1626 De Quaestione Theologica, Quae Dogmata Ad Salutem Creditu Sint Necessaria? [Januar 1627/Johannes Hülsemann] Wittenberg 1627 [wiederabgedruckt in: Johannes Hülsemann: Calvinismus Irreconciliabilis, seu Delineatio caussarum, Earumque applicatio ad Calvinismum, Propter quas Josephus Hallus, Exoniensis Episcopus Papismum censuit esse Irreconciliabilem, Wittenberg 1644] Die Parabel von den zehen Jungfrawen Matth. 25. In einer kurtzen Leichsermon, Bey Ehrlicher Leichbegengnuß der […] Jungfrawen Anna, Herrn Abel Volcken, weyland Churfürstlichen Sächsischen Ambtschreibers allhier zu Wittenberg seligen hinterlassenen Tochter, Wittenberg 1627 Prophetia Apostolica. Hoc est, S. Apostoli Pauli Utraq[ue] Epistola Ad Thessalonicenses, Commentario perspicuo illustrate. In quo praeter Analysin, Explicationem & Paraphrasin textus, multiplices Commonefactiones ex textu eruuntur […]. Cum Textu Graeco-latino […], Wittenberg 1627 Tractatus Luculentus, Posthumus, Toti Reipublicae Christianae Utilissimus, De Materia rarissime antehac enucleata, Casibus nimirum Conscientiae. Summo studio elaboratus, a Friderico Balduino […]. Et […] post beatam Authoris mortem in lucem editus, Wittenberg 1628, [1635], 1654; Tübingen 1632, 1636; Frankfurt am Main 1654, 1663, 1688 Agenda Apostolica cum intercessoriis pro impetranda servo converso, Domini sui, gratia. Hoc est, S. Apostoli Pauli Epistolae Ad Titum Et Philemonem. Commentario perspicuo illustrata. In quo praeter Analysin & Explicationem textus, multiplices commonefactiones ex textu eruunter. Cum Textu Graeco-latino, Wittenberg 1630 Apostolica Ministrorum Ecclesiae Institutio. Hoc est, S. Apostoli Pauli Epistolae Prior Et Posterior Ad Timotheum, Commentario perspicuo illustratae. In quo praeter Analysin, & Explicationem, multiplices commonefactiones ex textu eruuntur. Cum textu Graeco-latino, Wittenberg 1630 Commentarius In Omnes Epistolas Beati Apostoli Pauli. In Quo Praeter Analysin, Explicationem Et Paraphrasin Textus, multiplices Commonefactiones ex Textu eruuntur, Tum Variis Quaestionibus Controversis Fundamenta Sanae Doctrinae Monstrantur, Iisque Inprimis, Quae Pererius, Pareus, Stevartius aliiq[ue] Disputationibus, Commentariis in has Epistolas, nec non diversis scriptis contra Orthodoxian Fidei insperserunt, in gratiam Studiosae Iuventutis sufficienter respondetur. Cum Textu Graeco-Latino, Et Indicibus Prioribus omnibus, Quaestionum, Scripturae dictorum, & Rerum. Quibus accessit

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Index Novus Generalis Amplissimum Thesauri huius Theologici usum Per Universae Theologiae Positivae, Polemicae, Exegeticae Et Moralis Summarium, Simulque Studii Theologici Directorium, Et Commentatores cum fructu legendi methodum exhibens, Frankfurt am Main 16443; Wittenberg 1655; Frankfurt am Main 1664, 1691 Postilla. Oder Außlegung der Sonntäglichen und fürnehmsten Fest-Evangelien über das gantze Jahr. Auß unterschiedlichen Predigten vieler Jahren also zusammen getragen, daß deß Texts rechter Verstand und heilsamer Gebrauch von Anfang biß zum Ende deß Evangelii ordentlich gezeiget wird, Frankfurt am Main 1671 Pfortische Schul-Predigt. Bey damals gehaltener Visitation, [Leipzig 1625] [wiederabgedruckt in: Encaenia Portensia. Oder Fünff Pförtnische Schul-Predigten. Darunter die Erste Von dem […] Herrn Friderico Balduino Sel. […]. Als die Churfl. Löbliche Land-Schule Pforte ihren ein und achtzigsten Natalem mit Freuden celebriret d. 1. Novembr. Anno 1624. Die Letzten aber Von Johanne Manitio, SS. Th. Licent. […] Die 1. Novembr. Anno 1667. 1668. 1669. 1670. […] Christlich zu der lieben Jugend Information und Erbauung gehalten [Gen 28,16–17], Wittenberg 1671 Friderici Balduini, Der Heil. Schrifft Doctoris und Prof. Primar auch Pastoris und General-Superintendentens zu Wittenberg, Wohlgeführtes Christenthum Des vornehmen Poetens Friderici Taubmanni: Jn einer Gedächtniß-Rede bey dessen Grabe vorgestellet. Samt einigen Theologischen und Politischen Remarqven über etliche Taubmannische Actiones und Schertz-Reden, Frankfurt und Leipzig 1705 Friderici Balduini Theologi Wittebergensis De Calvinianis Vera In Christum Fide Destitutis Discursus Theologicus, o. O. 1706 De veteris Ecclesiae statu et conditione ab Apostolis usque ad Constantini tempora, Commentariorum [Manuskript der HAB Wolfenbüttel, unveröffentlicht

3  Serpilius:

Fortsetzung, 151.

3.  Verzeichnis der Briefe von und an Friedrich Balduin AbsOrt

Datum

Adressat

EmpfOrt

Fundort

Ölsnitz Ölsnitz

1603-10-21 1603-10-30

Ministerium Ministerium

Ölsnitz Ölsnitz

SupA Plauen SupA Plauen

Ölsnitz Ölsnitz Ölsnitz

1604-03-09 1604-06-01 1604-09-04

Balthasar Meisner Ministerium Balthasar Meisner

Wittenberg Ölsnitz Wittenberg

SUB Hamburg SupA Plauen SUB Hamburg

Wittenberg

1607-08-22

Johann Gerhard

Jena



Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg

1608-01-04 1608-04-16 1608–10 1608-11-23

Johann Gerhard Johann Gergard Johann Gerhard Johannes Seuße

Jena Jena Jena Dresden

– – – RSBZ4

Wittenberg Wittenberg Wittenberg

1609-07-19 1609-08-31 1609-11-12

Georg Silberschlag Georg Silberschlag Balthasar Meisner

Erfurt Erfurt Tübingen

FB Gotha FB Gotha SUB Hamburg

Mainz Prag Wittenberg

1610-04-02 1610-05-18 1610-06-08

Friedrich Balduin Martin Becan Laurentius Laelius

Prag Mainz Ansbach

UB Halle UB Halle SUB Hamburg

Wittenberg Wittenberg Wittenberg

1611-04-11 1611-04-12 1611-07-31

Balthasar Meisner Palladius Fasti Balthasar Meisner

Gießen Schmidstrup Dresden

SUB Hamburg – SUB Hamburg

Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg

1613-04-30 1613-05-07 1613-08-26 1613 1613-09-17 1613-09-19 1613-10-05

Matthias Hoë Matthias Hoë Matthias Hoë Matthias Hoë Matthias Hoë Matthias Hoë Matthias Hoë

Dresden Dresden Dresden Dresden Dresden Dresden Dresden

UB Gießen UB Gießen UB Gießen UB Gießen UB Gießen UB Gießen UB Gießen

Wittenberg

1614-12-29

Matthias Hoë

Dresden

UB Gießen

Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg – Wittenberg

1615-01-13 1615-01-22 1615-02-15 1615-03-08 1615-06-05 1615-07-12

Matthias Hoë Matthias Hoë Matthias Hoë – Friedrich Balduin –

Dresden Dresden Dresden – Wittenberg –

UB Gießen UB Gießen UB Gießen SUB Hamburg SUB Hamburg SUB Hamburg

Wittenberg

1616-02-05

Matthias Hoë

Dresden

UB Gießen

310

Anhang

AbsOrt

Datum

Adressat

EmpfOrt

Fundort

Wittenberg

1616-10-13



Freiberg

StA Freiberg

Wittenberg

1617-01-17

Matthias Hoë

Dresden

UB Gießen

Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg

1618-02-09 1618-02-15 1618-05-21 1618-05-07 1618-08-14 1618-10-21 1618-12-09

Matthias Hoë Conrad Kircher Matthias Hoë Laurentius Laelius Conrad Kircher Laurentius Laelius Johann Mehlführer

Dresden Augsburg Dresden Ansbach Augsburg Ansbach Heilsbronn

UB Gießen München UB Gießen SUB Hamburg München SUB Hamburg SUB Hamburg

Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg

1619-01-16 1619-02-04 1619-03-04 1619-04-03 1619-06-13 1619-10-14

Matthias Hoë Matthias Hoë Johann Mehlführer Matthias Hoë Matthias Hoë Johann Mehlführer

Dresden Dresden Heilsbronn Dresden Dresden Heilsbronn

UB Gießen UB Gießen SUB Hamburg UB Gießen UB Gießen SUB Hamburg

Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg

1620-02-23 1620-03-15 1620-05-21 1620-12-13

Johann Mehlführer Leonhard Rechenbach Johann Mehlführer Laurentius Laelius

Heilsbronn Eisleben Heilsbronn Ansbach

SUB Hamburg – SUB Hamburg SUB Hamburg

– Wittenberg Wittenberg Ansbach Wittenberg

1621-03-10 1621-03-13 1621-07-23 1621-09-12 1621-10-08

Matthias Hoë Georg Wecker Laurentius Laelius Friedrich Balduin Johann Mehlführer

Dresden Wittenberg Ansbach Wittenberg Heilsbronn

UB Gießen SUB Hamburg SUB Hamburg SUB Hamburg SUB Hamburg

– Wittenberg

1622-04-30 1622-07-24

Matthias Hoë Matthias Hoë

Dresden Dresden

UB Gießen UB Gießen

Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg

1623-01-20 1623-02-18 1623-03-04 1623-03-20 1623-03-20 1623-05-04 1623-05-20 1623-07-23 1623-07-31

Matthias Hoë Matthias Hoë Johann Gerhard Salomon Lentz Johann Gerhard Matthias Hoë Matthias Hoë Matthias Hoë Johann Georg II.

Dresden Dresden Jena Halle Jena Dresden Dresden Dresden Dresden

UB Gießen UB Gießen FB Gotha SUB Hamburg FB Gotha UB Gießen UB Gießen UB Gießen UA Halle

Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg Dresden Dresden Dresden Dresden

1624-02-19 1624-03-07 1624-04-13 1624-04-19 1624-05-20 1624-05-29 1624-07-13 1624-07-22 1624-07-24

Johann Mehlführer Matthias Hoë Johann Mehlführer Matthias Hoë Laurentius Laelius Laurentius Laelius Balthasar Meisner Balthasar Meisner Balthasar Meisner

Heilsbronn Dresden Heilsbronn Dresden Ansbach Ansbach Wittenberg Wittenberg Wittenberg

SUB Hamburg UB Gießen SUB Hamburg UB Gießen SUB Hamburg SUB Hamburg SUB Hamburg SUB Hamburg SUB Hamburg

.  Verzeichnis der Briefe von und an Friedrich Balduin311



AbsOrt

Datum

Adressat

EmpfOrt

Fundort

Dresden Dresden Wittenberg Wittenberg

1624-07-26 1624-07-29 1624-08-31 1624-12-21

Laurentius Andreae Balthasar Meisner Matthias Hoë Matthias Hoë

Coswig Wittenberg Dresden Dresden

SUB Hamburg SUB Hamburg UB Gießen UB Gießen

Wittenberg Wittenberg Hirschberg Wittenberg Wittenberg Wittenberg

1625-02-02 1625-08-10 1625-09-04 1625-10-05 1625-10-18 1625-11-09

Matthias Hoë Johann Mehlführer Balthasar Meisner Matthias Hoë Laurentius Laelius Matthias Hoë

Dresden Heilsbronn Wittenberg Dresden Ansbach Dresden

UB Gießen SUB Hamburg SUB Hamburg UB Gießen UB Hamburg UB Gießen

Wittenberg

1626-05-15

Johann Mehlführer

Heilsbronn

SUB Hamburg

Wittenberg Wittenberg Wittenberg

1627-01-04 1627-02-14 1627

Johann Gerhard Johann Gerhard Polycarp Leyser II.

Jena Jena –

FB Gotha FB Gotha HAB

4.  Edition ausgewählter Briefe Die aus den genannten Archiven und Bibliotheken zusammengetragenen Briefe Balduins wurden historisch zugeordnet und transkribiert. Eine Auswahl dieser Briefe findet sich im Folgenden in chronologischer Folge abgedruckt. Orts- und Datumsangaben am Ende der Briefe sowie die überlieferten Briefumschläge, die Daten zu Brief, Adressat und Empfänger benennen, wurden nicht transkribiert, sondern nachstehend aufgelöst dargeboten. Die Fußnoten enthalten Angaben zu den in den Briefen genannten Personen, Orten und historischen Ereignissen oder verweisen auf die Kapitel der vorliegenden Arbeit, in welchen der jeweilige Brief besprochen wird. Die von Balduin gebrauchten Abkürzungen wurden bisweilen aufgelöst und mit eckigen Klammern kenntlich gemacht, bisweilen – bei eindeutigen Abkürzungen (etwa Dno = Domino)  – nicht eigens benannt. Marginalnotizen befinden sich in runden Klammern. Unlesbare Stellen wurden durch [?] kenntlich gemacht. 1604-09-04: Balduin (Ölsnitz) an Meisner (Wittenberg) Salutem in Domino. Me verò ternas à te accipere literas uno mense, Aùfinis carissime, idem erat ac si ternas vidissem Dominos uno coelo, eoque sudo. Usque adeo hactenus dedidiceras ad amicum scribere, quem sive defectum sive errorem iam nunc farcire sat oportunè incipis. Neque verò me permittet te monuisse, etiamsi ex omnibus illis exemplis, quas hactenus à te habeo, intelligam, te sentire stimulum: est n[on] hoc probi calcaris, pungere, quem ferit. Tu, si tui similis es, hoc est animi ingenui, [et] probae mentis, vel potius cum es, (quid non dubitem?) facilè cognosces, candidum hoc Amici monitum è re tua esse, cui quod iam locum non dio nullum dederis, gaudeo. Quod si et[iam] deinceps tantum studiis detraxeris, ut ad me per occasionem de Academicae vestrae statu nonnihil referas, non tamen gaudebo, sed et mihi sibique gratulabor. Sed loco hactenus. (Gesneri Commentarius) Supplementum commentariorum Gesnerianorum4 unà cum reliquis libellis rectè accepi: et pro praestita opera hoc in genere singulares tibi gratias habeo. Florenum meo nomine haud dubiè mater tua tibi transmisit, quem amanuensi, qui suam in describendo operam navavit, sufficere arbitror, sin minus, quod residuum est, subiiciam. D. Hutteri Commentarius vel potius Elenchticus de Missa ii R. Bellarminum5 ex catalogo librario6 mihi notus est, possum eius faciliori negotio in nundinis Lipsiensibus compos fieri, quapropter tuae 4  Welchen Kommentar Salomon Gesners Balduin gemeint haben könnte, ließ sich bisher nicht ausmachen. 5 Gemeint ist vermutlich Leonhard Hutter: Roberti Bellarmini libri duo De Sacrificio Romanensium Missatico, Wittenberg 1604. 6 Das von Balduin genannte Bücherverzeichnis konnte bisher nicht aufgefunden werden. Das VD  17 verzeichnet lediglich einen Catalogus Singularis Omnium Librorum, gedruckt zu Wittenberg

  Edition ausgewählter Briefe313

quantitudini gratias ago. (Methodum studii Theologiae praescribit) De curriculo studiorum Theologicorum non est opus meo consilio: habes per Dei gratiam praeceptores faventes, ad quos tibi liber patere potest aditus: vel si nondum potet; autor tibi sum, ut unius vel alterius Theologi, Hutteri inprimis (qui ex caeteris minus occupatus) familiaritatem ambias; qui tibi hoc in genere consilio auxilioque suo non deerit, si modò viri humanitatem rectè novi. Benè a. facis quod iuxta lectionem Hoen codicis beatissimi Hunnii libellos methodicos familiares tibi reddis; qui ob perspicuitatem rerumque varietatem et gravitatem, tractandis quoque dexteritatem iam pridem omne tulere punctus. Quibus si adiunxeris D. Chemnitii non tamen Locos Theologicos7, sed etiam Examen Conciliabuli Tridentini8, exactissim[e] Theologiae non compendium sed codicem habiturus es. Et his duobus inprimis in privatâ lectione uti potes: non n[e] consultum puto, ut qui prima Theologorum subsellia salutat, multis variorum autorum lectionibus sese oneret: fieri n[on] potest, ut vel varietate methodi, vel sententiarum diversitate, vel styli disparitate facilè turbetur. Prae caeteris tamen omnibus Praeceptorum voces Dei vocem putato, per quos tecum loquitur: et quod mihi olim beatissimus suadebat Rungius, tale, quid ab ipso petenti (quid iam a me petis) quotidie ad minimum caput biblicum legito non perfunctoriè, sed attentè, adhibito probae notae Theologi Commentario. De sanctae linguae studio alio tempore et dixi et scripsi. Quae omnia à praeceptoribus tuis quibus per Dei gratiam abundas, accuratius et fusius audire potes. Haec ut animo tibi benè cupiente scripta sunt, optimè quoque consules: ita Altissimus curriculum studiorum tuorum benignitate sua undequaque prosperet; et in emolumentum Ecclesiae, gaudiumque singulare parentum succrescere faciat. Optimè vale, et Magister Ruhelium (cuius Decanatum ex animo gratulor) ut et Hunnianam familiam, caeterosque notos diligenter saluta. 1608-11-23: Balduin (Wittenberg) an Seuße (Dresden) Salutem Precor. Rarius ad te scribo, Vir Praestantissime, Domine et Amice colendo: non ex negligentiâ aliquâ, aut scribendi taedio, sed quia religio mihi est, vivum undiquaque occupatissimum inanitate mearum literarum interturbare. Fecerunt Tu eae, quas à te mihi reddidit Schlichtius noster, ut hisce paucis lineis negotiis tuis obstreperem. Beneficii Electoralis clementissimam prorogationem ipsum impetrasse scribis: sed heri me convenit, referens, quaestorem noster hebdomoratim dimidium duntaxat anavisse florenum. Existimat in Electorali rescripto vel errorem aliquem scribae, intervenisse, vel (quod facilius credit) clementissimam dimidii floreni accessionem factam ex ad eum, quem iam ante impetraverat. Quid ergo sibi hoc in genere expectandum sit à tua praestantia haud dubiè literis suis ii petet. Optarim hominis istius rationem haberi posse in per motione aliqua Ecclesiastica: qua quidem in re plurimum possent Domini consiliarii superioris Synedrii Ecclesiastici: nos quoque ut habuimus, ita et princeps 1609, der die von den Landesuniversitäten Leipzig und Wittenberg approbierten und zur Oster- und Herbstmesse zum Verkauf offerierten Druckwerke auflistet. 7  Martin Chemnitz: Loci Theologici, hrsg. von Polycarp Leyser d. Ä., Frankfurt am Main 1591/92. 8  Ders.: Examen decretorum Concilii Tridentini, in quo ex sacrae scripturae norma, collatis etiam orthodoxis verae et purioris antiquitatis testimoniis ostenditur, qualia sint illa decreta et quo artificio sint composite, 4 Teile, Frankfurt am Main 1566–1573.

314

Anhang

habituri sumus eius rationem, quoad eius fieri poterit. Caeterum perplacuit mihi anagramma, quod in nominem et artes Gaspari Scioppii te noctu et q. aliud agentem lusisse scribis: de quo dum isthaec scribo, hi incident versiculi: Somnia fallaci dicuntur ludere nocte: Saepe sub hoc lusu seria vera latent. Nuper ego insomnis meditabor fata vicesque Astria sive tuas, Styria sive tuas. Et viden Italia profugus successerat hospes, Graezia quà tales convocat aula vivos. Quaerebam nomen: latuit: sed nomen et artes Unica suggessit linea versiculi. PONTIFICIS PEROPUS SCURRA ET MAGNUS PARASITUS: Nempe Scioppeis dignum anagramma dolis. GASPAR SCIOPPIUS PATRITIUS ROMANUS ET FRANCUS. Haec ludens, et pro ut, in buccam venerè: quae boni consulas, et libertati tuis, qua tecum utor, ignoscas. Si qua certa habes de rebus Austriacis, ut et de Comitiis Bohemicis, quaeso, si per otium licet, tribus nobis ad me: hic varia sparguntur, sed incerta: aulae vestrae isthaec omnia haud dubiè satis sunt aperta. Bene vale, mi Seußi, et si vacat hanc quam adieci disputationem meam lege, mihique favere perge. 1610-06-08: Balduin (Wittenberg) an Laelius (Ansbach) Salutem precor à Christo Salvatore cum omnibus humanitatis officiis. Reverende et CLarissime vir; Domine et Amice singulariter colendo. Superiore Aprili litteras à Te accepi unà cum Commentario luculentissimo de Persona Christi[,] quem à me legi, et num eum publice iure dignum censeam scire voluisti.9 Etsi verò eum me non esse, scio, qui tam praeclarissimi ingenii tui faetibus, vel limam vel censuram adhibere ausim, quippe, quem scio tantis ingenii dotibus, ea rerum Theologicarum experientia instructum, ut ab eo non nisi singulare aliquid et bono publico dignum proficisci queat: gratulatus tamen mihi sum, quod librum tam praeclarum legere mihi contigit antequam à quamplurimis legatur aliis. Ut a. iudicium meum superaddam, vix audeo: Tuae tamen ut satisfaciam petitioni iam dixi, qui res est, Librum praeclarum et commentarium luculentum nominavi, illud propter meae, quos tractas, amplitudinem ac maiestatem: hoc propter methodi et tractationis perspicuitatem pariter ac soliditatem. Proinde noli defraudere divinus Ecclesiam Christi optimo hoc scripto, benè mereberis, sat scio, de multis non modò Theologiae studiosis, sed et, si quid iudicare possum, Ecclesiae ministris. Ego certè Ecclesiae nomine pro tam eximio labore gratias tibi habeo, quas debeo, haec est longè maximas, Deumque veneror, ut Te in Ecclesiae satis adflictae commodum, in tanta praeclarorum, hoc est, tui similium Theologorum penuriâ, quam diutissimè prostet incolumem. Citius haec unà cum Libro ad te ferme dedissem, sed impedivit iter, quo commutavi cogebar Serenissimum Electorem nostrum Pragam evocatum; è quo cum hisce diebus domum reverterer, 9 Gemeint sein könnte Laelius: Exegesis Articuli De Persona Et Officio Christi, 1611. Die Streitschrift richtete sich gegen Robert Bellarmin.

  Edition ausgewählter Briefe315

alteros tuas ad me scriptas inveni, in quibus de adflictissimo et periculoso Ecclesiae statu non immeritò conquereris. Non immeritò inquam. Nam in his subitis bellorum tumultibus dubius profecto est rerum eventus, praesertim cum non satis in comperto sit, quorsum censura sit tot Imperii procerum partim Unio, partim Divisio. DEUS sic in medio Deorum, Deus pacis et iustitiae: et qua bonum utique est, confidere in Domino, et non in principibus, franget is ac dissipet omnia consilia, quae bella volunt, et conglutinet animos Magnatum, ut sub uno capite Christo consonant unanimiter, qui gloriam Dei, Ecclesiae pacem plus quam privatum lucellum concernunt. Idque treum ex animi sententia suspiro voveoque, quid non aliter possumus, quam vota litare precesque? Animas fidei nostrae commissas ad seriam excitare poenitentiam? Dubium nec non est, quin hi tumultus sim flagella Dei, quibus visitat postea patriae nostrae. In nostra Saxonia, Dei beneficio, ut et in Misnia, adeoque toto Electoralia omnia adhuc satis tranquilla sunt. Scimus a. res agier nostras, ponet cum proximus ardet, quod incendium clementer avertat is [quod] protectio nostra, cuiusque nomen turris est fortissima Cui Te Ecclesiamque tuam publicam privatamque fideliter commendo. Bene Vale Vir clementissime, et me inter tui studiosissimos numera. Dabit in tumultuario calamo. 1611-07-31: Balduin (Wittenberg) an Meisner (Dresden) Salutem Precor. Magnoperè vos sollicitos esse de morbo meo, Affinis dilectissime, ex literis vestris intelligo. Pro qua quidem cura gratias vobis habeo singulares, et exinde verbum erga me affectum pensito. Affligit me opinione mea et Medici diutius: tanti nimirum laboris est, vires reparare semel amissas. Si lassitudo abesset membrorum omnium nihil ferè esset, qui admodum conquererer. Illa verò ave ad studia et satis omnia prorsus ineptum facit. Labitur dies pro diem ex exiguum defectum languoris sentio, qua somnus nondum rediit in naturaliter, ut in sanis esse solet. Appropinquat dies esse, quails, ubi concionem ipse habiturus sum ut [?] potero, si modò Deus meus me non prorsus lecto iterum affigat. Scio n: si ipse officium hoc meum facere non possem, rem non fore sine lite collegarum, quibus praecavebo, quo ad eius fieri poterit. Deus vires largietur non dubito. Postero die, qui erit συν Θεο 7 Augusti decreveram iter ad vos suscipere cum naevis, modò per virium languorem potero. Poteris igitur per dies aliquot diutius apud parentes expectare. De concionibus in loco illustri à te habitis tibi gratulor: erit hic fortasse prodromus ad functionem aulicam: quibus tamen et re tua fore vix credo. Quinquaginta florere Velstenii certò tibi adservantur, nisi vi eos aula eripere ex alii trader velim. Qua nomine prolixam Apologiam in Aulam misit Senatus Academicus. Exemplaria libelli tui contra Lestium multa mittere non potes omnia n: confusè hinc inde erant dispersa, a mihi propter lassitudinem corporis [?] colligere certè non licuit. Mitto interim hoc unicum unà cum eo quod colligatum inveni. Credo etiam plura tibi vix fore necessaria, quia opus imperfectum est. De negotio Tuo nihil scribere possum praeterea quam nuper scripsi. Deus illud clementer fortunet et apti mè dirigat. Bene vale in Domino et parentes cum sorore meis verbis officiosè salute.

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1613-04-30: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden) Salutem Precor in Domino Jesu. Quod in colloquiis nostris nuper postremum ferè locum obtinebat, Reverende et Excellentissime Domine Doctor, Compater et in Christo Frater animitus dilecte, plurimumque honorande: id interea temporis ferè primas tenuit in animo meo. Recordor n: quid mihi tum à R. T. D. de Pomerii pasquillo in mentem revocabantur, ubi inter caetera iste me accusat, quasi Dominum Jesum nälem Josephi filium vocassem, vel hanc nälem eius patrem. Quod mendacium etiamsi unà cum caeteris in Apologia mea satis sufficienter in iugulum autoris retorsum fuisse mihi videbatur, ita iudicantibus multis Bonis viris et optimis Theologis, quorum unus partem aliquem mei Apologetici ante biennium suum contra Gretserum scripto inservit: mirum tamen auditu mihi fuit, quod, R. T. De., referente, intellexi, esse nonnullos è nostratibus, qui me non modò o[mnia] satisfecisse [scurrae], sed et caussam meam patrocinio isto peiorem reddidisse, arbitrentur. Quos quidem ego suo frui sensu cogor, neque eiusmodi sinistra iudicia unus aßis facio, dum sat multos habeo, qui contrarium dicunt, et res ipsa loquitur, ita ut illius scriptiunculae apologeticae me in hunc usque diem neque pudeat, neque paeniteat. Scio n: me meam innocentiam satis aperuisse, et scurram istum, semel atque iterum ab aliis quoque tu hac ipsa caussa provocatum, ad silentium redegisse, a tuò ut ne Gretserus quidem, qui tamen istius scurrae omnia adorat steriosa, nihilque absque responso relinquit, in hunc usque diem contradiscat. Interim tamen, q[ui]a Te dicere memini, Apologiam meam Tibi nondum visam, volui hac exemplar ad Te mittere, et per fraternam nostram amicitiam orare, si lectione dignus iudicaveris has pagellas […] legas, candideque meum communices, qua in re minus satisfactum putes vel ipse vel alii: quo candore tuo nihil mihi erit antiquus, nihil exoptatius. Caeterum, si R. T. D. tribus tobis certiorem me reddere vellet, quo in loco sint res [Zahorenses], et in iis Magister Ambergeri nostri: optarim equidem, boni huius viri rationem haberi iam posse: quod si verò fieri [interdum] potest, alia occasione ut fior, R. T. D. peramanter et officiosè rogo. Dominus Doctor Gerhardus hisce diebus ad vocationem Academicam respondit, se dimissionem ab Illustrissimo suo petiturum, qui haud dubiè eo nomine in aulam Electoralem relaturus sit. Et ita penderè mihi adhuc videtur eius ad nos ad T. R. D fido, ipsam non oblitam ivi, in omnem eventum [?] nostri, sive in totum, sive in tantum (conciones n: ipsum [?] rumor est) res omnium successerit. Febres malignae apud [nos] frequentes sunt, alicubi etiam contagiosae, quibus quotidie [unus] item alter extinguitur, praesertim in suburbio piscatorum. [Deinde] inhibeat angelum per [?], et Academiae dissipationem, [quem] [?] denuò non permitteat. Quo nomine precibus vestris nos diligenter commendo. Unum hoc addo, quod re aegrè feros peto. [Postea] vel tuam saltem habere à Te verba, quod quindecim thaler minae Austriacae commendatos à me acceperis: alios pecunias exigere ad ea o[mnia] potero: hoc igitur in genere ne mihi desis vel oro. Vale in Domino Vir Reverende et Nobilissime, et in Domino honorande, et quo ad mea meorumque spectant [?] curare non intermitte. 1613-05-07: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden) Salutem Precor in Domino Jesu. Reverende et Exccellentissime Domine Doctor, Compater et in Christo Frater plurimùm honorande. Ex tuis intelligo, Magister

  Edition ausgewählter Briefe317

Ambergium repulsam tulisse, quod ipse aequo feret animo, seque eo solabitur, quod ipsi occasione alia promotio commoda promittitur, quo in genere R. T. D. ei non defuturum, prorsus scio. De Doctore Gerhardi ad nos adventu rem adhuc incertam esse, et ex ipsius literis huc missis, et ex literis tuis perspicio. Quod si non successerit vocatio, hoc saltem caveas permanenter oro, ne fortè quis ex Academia Jenensi nobis adiungatur (eò n: fortè inclinabunt consilia, si rem rectè conicio) siquidem ex Te habeo, quod Dux Coburgensis Gerhardum suum ad vicinam aliquam Academiam dimittere velit. Sed quorsum opus est his contentionibus? Huic viro similes habemus apud nos Dei beneficio, unus atque alterum: extraneis certè opus non est. Tibi fido, Mi Frater, Tuum illud (EN DEXTRA FIDES) fortè imò verè fortius et certius erit, quam illius, qui ante hoc triennium haec ipsa taba ad me in simili negotio, sed iam egregiè fefelli sumpsit. Nolo commendare prolixius Meisnerus: Tibi aliàs notus est hoc unum saltem est, quod peto, facio, ut hoc vere eius Academia sedulo habeatur: ita Ecclesiae et Academiae nostrae optimè consultas fore spero, de qua Tu benè mereberis, et multorum virorum bonorum gratiam inibis. Quod à me scire cupis, an Is, quem nosti, de odio suo erga te innocentem nondum remittent; parvum de re scribere possum. Si quid certius cognocsco, faxo habeas suo tempore. Interim hoc unum addo, quod tertius meus collega heri quasi aliud agens mihi retulit, se ex secretario Legati Anglicani (qui hisce diebus hîc transiit) cognovisse, legatum illum contulisse cur Dominus Doctor Hoë de transitu Christi per ianuas clausas, et D. Hoë ursisse semper graecam particulam δια, quae significet transitus seu penetrationem. Legatum verò in itinere rem accuratius perpendisse, et illam particulam δια [?] in tretu non invenisse. Respondi ego me vix adduci posse, ut credam, Dominum Doctorem Hoë ita respondisse. Scire n: ipsum, graecum vetus aliter habere, contra quem ipsum tam incogitanter aliquid asservisse, nunquam ediderim. Sed ita iste saltem retulit, nihil amplius addidit. Videt exinde, R. T. D. quid Anglus iste colloquio suo quaesiverit. Sed non dubito, quin satis masculè ipsi respondentis in omnibus, quae de re esse isti collegae fidem feci. Quod restat, contagiosa lues apud nos num pedetentim serpit, et eventus mihi providere nondum sumus. Deo nos nostramque Academiam commendemus piis precibus: In minibus eius tempora nostra. Ipse Dominus et autor [?] faciat nobiscum pro sua voluntate. Vos pro nostra [?] sat scio, quod et nos facturos spondemus. Bene vale [?] et me inter suos esse et monere patiatur. 1613-11-05: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden) Salutem Precor in Domino. Reverende et Excellentissime Domine, Doctor, Compater et in Christo frater honorande plurimumque dilecte: Quod pro candore tuo mecum agere et magno me metu exonerare voluisti, gratis habeo longè maximas. Ignosce vocabulo, non qui inter serpentes habitat, cur is non sibi metuat: palàm nullos video inimicitias, neque libentur suspicor: sed quod reconciliatis sit fidem tuum, ipse rectè monuisti: Interim officium meum faciam pro virili, et bona conscientia fruor, ut et totius nostrae Academiae, si fortasse Lupum et Vulpem excipias, favore, quo per Dei gratiam fruor, quantum sciam, intemerato. Deus nobis omnibus adsit, et diabolum sub pedibus nostris conculcet citò. De eo, qui pauper totum simulet, et auriscalpium exercet, cum legerem, veniebat in mentem illud [?]: Avaritiam tuam scimus, potentiam,

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(graviam volebam dicere) non ignoramus. Ad votum nolo addere. Reliqua in conventum nostrum differo, de quo Dominus providebit. Coronidis loco hoc significo, bono diu, me iam sub calamo habere Tractatum de Paßione Christi Typica10, cui, Deo me benè iuvente, intra paucos dies finem imponam: in quo typos personarum Veteris Testamenti[,] qui quoque modo paßionum Christi repraesentarunt, mediocri diligentia (nisi fallor) tracto, inprimis iuxta mentem orthodoxorum patrum, quorsum sententias non sine labore inquisivi, et ad veritatis amussim in Christo praescriptam examinavi. Existimo a. nihil omissum, qui in territoria Evangelica de paßione Christi habetur: ideo ordine procedo à primo ingreßu Christi ad Hierosolymitanos, usque ad mortem eius. Exempli gratia[:] Aäronis ingreßus in sanctuarium adumbrat ingressum Christi Hierosolymitanum. Judaeorum pascha, Apostolorum coenam ultimam. (Josephus à fratribus venditus, Christi [proditionem]), Hiskias morbos doloros Christi in horto: Jeremias à Sacerdotibus accusatus, Christi actionem, in aula Caiphae. Simsonis traditio in manus Philistiosorum, traditionem Christi in manus Pilati: Abelis eductio, deductioni Christi ad crucem. Josephi immolatio crucifixioni Christi etc. Realis typi vacue rufas, ae[?] serpentis, arcae foederis, funiculi Raháb sacrifice[?] etiam omnium, suo subsequentur tempore, si Dominus utros et virorum concesserit. Haec ως εν παροδω recitare volui, ut tibi de privatis meis studiis aliquid constaret. Videbit an prima pars horum meditationum lucem ad proximas nundinas Francofurtensi Dominus voluerit. Cuius protectione nos cum nostris, Te verò inprimis in isto itinere, quod ab contagium pestile, periculosos cavet ex animo commendo. Vale in Domino. 1613-12-29: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden) Salutem Precor in Domino cum felicissimo Novi anni auspicio, progressu et decursu, unà cum meis officiis ex animi sententiâ. Quia ergo ita omnino fieri oportet, Vir Reverende ac Excellentissime, Compater ac in Christo Frater honorande plurimumque dilecte, faciam et ego pro virili, ne quoquo modo contra decretum Electorale peccaße videar, certusque sum, me officium meum, quod citra iactantiam dixerim, hactenus καδδυναμιν ita fecisse, ut ad conscientiae meae tribunal, multorumque Bonorum testimonium intrepidè provocare possim. Sed, ut video, quod sus peccavit, sucula saepè luit. Transeam ergo ista, et me seletur illud: Merces vestra copiosa erit in coelis. Finitis nundinis Lipsensibus, disputationem publicam συν Θεος praemitta et mox ad Epistolam ad Galatas accedam, absoluturus singular capita paucis lectionibus, si Dominus voluerit. Possem hîc fallaciâ uti, et pro ut nonnulli unam Controversiam Theologicam in plures locos Theologicos olim dispescuerunt, ita hîc quoque distributionem graecorum nonnullorum Codicum, in quo 12 sunt capita huius Epistolae, adhiberem: sed agam candidè, scio ne quod dictum sit illis, qui officium suum fraudulenter faciunt. Eventus committam Deo meo, qui clementer perhibeat, ne dissipatio Auditorum meorum inde oriatur, quod vehementer metuo. Nam certè, vir Reverendissime Domine Compater, iam alia Anno tempora, quod ante hos quindecim vel sedecim annos, cum ambo ac pedes praeceptorum nostrorum sederemus. Et quae sint iudicia studiorum ex Academia Tubingensi huc venientium de lectionibus Theologorum istius loci, ubi 10  Balduin:

Passio typica, 2 Bde., Wittenberg 1614 und 1616.

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tribus vel quatuor horis caput Biblicum absolvitur, saepe audivi. Nostris Candidatis Theologiae, ut nosti, iuxta vetera Collegii nostri statuta permittuntur octo vel decem lectiones de uno vel Psalmo vel capite interdum admodum brevi; et haec vocatur lectio Cursoria: quomodo verò nostras deinceps nominabunt lectiones? Sed quod disputo? Parebo, parebo, quantum et quamdiu potero, Deumque eventus commendabo, à quo et successum petam. Tibi verò de 5000 fl honorario ex animo gratulor: tu conversus confirma fratres Ingratitudinem Streccii vehementer im[pera]bo, et eò res [?], ut me ferè commendationis meae paeniteat. Sed quam ad sa[?] angustias incendio isto redactus est, benè facis, quod [?] succurris. Nusti illud Alexandri Magnifici Regium [est] facere et malè audire: addimus nos, id Christianos esse. P[?] ne deinceps, sicubi in commendatione aliorum opera tuo [?], huius istius mihi alios plane ignoti, culpam [?] possum, impute, etiam atque etiam oro. In refutatione scripti Berlinensis strenuè iam labore [?] Lucius, occasione proxima quaterniones aliquot legendum [oportet]: forte labor iste Tibi non displicebit: placet et [?] Huttero ut ita pergat. Modò unius vel alterius septim[?] moram patienter feras. Vale in Domino et pro [?] tuo in me amore huic meae παρρησια ignosce; et tuis omnibus salve. 1618-02-15: Balduin (Wittenberg) an Kircher (Augsburg) Salutem Precor in Domino. Quae diem 18. Novembris anni praeteriti satis amicè ad me scripsisti, Vir Reverende et praestantissime, Amice et in Christo Frater honorande, ad diem 4. Februaris huius demum anni accepi. Doleo equidem tabellariorum copiam non esse nobis et frequentiorem et certiorem: vult dè n: delector erudito tuò colloquio, cuius specimen proximae tuae praebuerunt. Placet inprimis iudicium tuum de loco Prov: 8. in quo non reicis interpretationem istam, qua gratia aeterna filii Dei ex isto loco probatur, quem ab aeterno enlise pater, haec est genuit, qua creandi vox non verò in scriptura eadem est cum gignendi: exempla sunt Ezech. 21,30. Sir. 1,4. et Gen. 14,19. ubi in [thaeo] est Kana, LXX reddiderunt ὁs enlise, Hieronymus, creavit. Et Aquila locus Prov. 8. reddidit per enlnsalo, quam rela[ti]o non viderat in usu. Est haec observatio Johannis Drusi11 in Praeteritis seu annotat[ionibus] in N. T. ut et in epistola ad Fratres Belgas de logo creato seu genito: qua quidem sua opinione apud multos reprehensionem incurrit, fortè qua verbulum creandi non rectè intellexerunt: quamquam mallem ipsum á logω creato (qua durius sonat) abstinuisse. In sententia ipsa nihil video absurdi. Fieri potest, ut ex Betuleio hanc interpretationem hauserit, sicut multa tamen ex aliis, quae nonnulli pro Drusianis inventis exosculantur. Utinam editionem Drusianam laboramus unà cum lexico graeco D. Helvici p. m. sed utroque scripto fortè nobis nunc cavendus erit, postquam utrumque è viris evocavit Altissimus. Quam sub finem explicatione tuae promittis tr[ieter]ica praeteriti seculi avidè expecto, et benè mereberis etiam hoc nomine de Ecclesia Christi prodest ne ista ad miranda Dei opera diligenter adservari in solatium Ecclesiae afflictissimae, et propter iuventutem succrescentem. Ut igitur feliciter in isto opere pergas, à Deo praepotenter, 11  Johannes Drusius (1550–1616) war ein flämischer Hebraist und Exeget. Er lehrte in Oxford und Franeker.

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vires corporis ac animi precor, eiusque patrocinio te cum Tuus omnibus diligenter commendo. Vale, vir Cle[mentissimè]. 1618-05-07: Balduin (Wittenberg) an Laelius (Ansbach) Salutem Precor in Domino cum officiis: Quomodo pecuniam inter alumnos vestros distribuerim, cum reliquis pertinentibus ad Reverendum vestrum Consistorium iam scribo, Vir Reverende et Clarissime, Domine fautor et amice singulari cum observantiâ colende. Res expedita est usque ad debita M. Borchardi Leii, qui nomina non saltem satis magna contraxit, sed et, quod me malè [?] omnes creditores ad huius termini solutionem remisit, quem tamen probe novit vix dimidiam partem nominum suorum adaequare. Ita iam multi creditorum in ea fuere opinione, qui ego ex gratia distribuerim eius sortem, quod cum animadverterem, demum illam pecuniae vim ipsi debitum Magnifico Domino Rectori condit; qui ratione officii eam distribuat, ita n: et alios apte me facere memini. Philippus Cölerus Jenam cogitat vel Gießam, inprimis aeris mutandi gratia. Ostendit mihi litteras, quibus spes et facta est de conviventia Reverendi Consistorii, quod si ita est, ego quoque convivere possum facilè, licet o[mnia] sim nescius, esse id ii leges stipendiarios, quod ideo scribo, ne existimet R. T. D. me in divi brendis vestris nimis esse facilem: nullum n: omnes potius hîc retinere, si commodè semper fieri posset: et inprimis apto instructionem, quos et quam diu extra casus afflictae valetudinis dimittere debeam. Quod restat, mitto R. T. D. exemplar nostrarum homiliarum et Orationum in Jubilaeo Evangelico, quod boni gratulas.12 Pontificii hactenus praeter unicum illum Adamum Cumlium Moguntinum, parum ii illum [?] quantus quidem mihi constat: nam eum qui contra Paraeum Heidelbergensem scripsit, non curo. Fortè iam gladios et enses acuunt, et rubrica refutare conabuntur, quos atramento non possunt. Sed Christus sedet adhuc ad dextram patris, qui furoribus illis resistet, et concessam suam deinceps etiam tuebitur. Nescio quis rumor hic sparsus fuerit, de intestinis motibus in vestra vicinia, quid huic rumori tribuendus sit, equidem dubito: Deum tamen precor, ut confundat omnes qui bella volunt, suaeque Ecclesiae tranquilla Halcedonia clementer concedunt: cuius protectioni R. T. D. et omnes collegas reverenter commendo. Vale in Domino. 1618-10-21: Balduin (Wittenberg) an Laelius (Ansbach) Salutem Precor in Domino. Multa iam non scribo, Reverende et Clarissime Vir, frater in Christo honorande. Condolentiam meam tantum significo, quod ex tuis intellego, Tibi in re adiaphoristica litera moveri ab eo, qui Collegium nostrum ingressus pium vestrum sollicitudinem parum aestimat. Antiqua haec est cantilena Satanae, qua multorum dementavit animos, cui rectè satis quod masculè resistis. Non enim video, quî aliter possis in re tam manifestâ. Doleo perfectò vicem vestrae patriae, quod tentationis spons sacramentarii iam reperitur: quos ut superatis animosè, Deum precor, qui curam Ecclesiae suae non depositurus est. Quis a. ille sit, qui haec pietatem vestram turbat, 12  Christliche/ Evangelische Lutherische JubelPredigten/ Auff das Erste/ hohe Lutherische Jubelfest, Wittenberg 1618.

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non forte unus ex illis, qui rescriptis Consistorialibus subscribit, vel alius qui [?] si tutus est, et absque molestia fieri potest, [?] sub fide silentii, communicas, ut eò rectius sciam, quinam sint cavendi. Caeterum pecuniam inter alumnos vestros iam numeravi: et quam multa sint debita Linseri, peculiari in charta consignavi, qui iam ad solvendum adigi non posse, dum, ut speramus, inter beatos agit, ut a vel perrogatione stipendii, vel per amicis eius creditoribus sint satis, vestrâ prudentiâ effici potest. Desiderium vestrorum alumnorum proficiscendi hinc ad aliam Academiam mihi non placet: praetenderunt quidem morbos huius loci, et hactenus non sine causa: iam verò Dei beneficio nullum amplius est periculum morborum, si uni amplius concedetur facilè a reliquis habetur in exemplum: nolim a propter unius vel alterius libidinem totum caeterum distrahi, sed haec istum in potestate vestrâ: videlicet quomodo porrò alumnorum vestrorum utilitati hoc in genere consulendum sit. Benè vale in Domino vir clementissime. 1618-12-09: Balduin (Wittenberg) an Mehlführer (Heilsbronn) Salutem Precor in Domino, cum officiis. Rectè accepi eas, Vir Reverende et Clarissime, Domine ac frater in Christe honorande, quas superiori aestate ad me dedisti, humanitatis et officiorum plenas: sed tardius nonnihil, mense nimirum vix praeterito, neque per eum, quem latorem earum nominasti. Nam studiosum illum Marcum Otter, quem mihi singulariter commendasti, nondum vidi: ab Abdia verò Trewio vestros istos et fasciculum librarium, quem adiunxeras, accepi. Inprimis a. gratum fuit, quod non tantùm pristinae nostrae coniunctionis memoriam non omnino deposuisti; verùm etiam quod epistolari hoc officio conservare voluisti: quo sanè vix quidquam magis ex voto meo fieri potuisset. Iucunda n: mihi est recordatio pristinorum amicorum, quos praesertim illustribus in locis Reipublicae Christinae cum fructu inservire, et exinde debitum virtutis suae fructum percipere audio: inter quos Te potissimum, magno tuo cum merito, numero. Facit haec animi mei voluptas, quam ex rerum Tuorum prosperitate capio, ut mihi nihil tam grave sim, modò vires non excedat, quod in Tui gratiam non libenter feram, iis praesertim in rebus, quas ad studiosae iuventutis emolumentum cedere posse novi. Cuius generis illud est, quod tam amicè à me petis, patrocinium optimi iuvenis Abdiae Trew: cui etsi alioquin faveo, tum propter demandatam illam mihi alumnorum vestratium omnium inspectionem, tum etiam propter parentis amicissimas literas: inprimis tamen tuae faciunt literae, ut eum complectare rectius, et [amem] impensius: qui sicubi fortè prae reliquis meâ vel opus habebit vel uti volet opellâ, semper eam inveniet paratam. Decaden quintam eruditissimorum tuarum disputationum grata mente accipio, et in symbolum amicitiae nostrae repono: quod si priores etiam adderentur, nullo me in unose magis hoc tempore beare posses. Ignosce a. huic confidentiae in petendo, quo mea in te amor peperit: Spondeo [?] interim Respondentis mei Theses de Theologiae Photinianae tantum habe, et me amare perge, te colentem. Vale in Domino.

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1619-03-04: Balduin (Wittenberg) an Mehlführer (Heilsbronn) Salutem Precor in Domino. Dici non potest, qua cum consternatione animi tuas legerim, Vir Reverende et clarissime, fautor et in Christo frater singulari studio colende. Meros n: mihi lapides dicere videbaris, cum incendii tui historiam texeres, in quo non tantum supellectilem librariam bonam partem periisse, sed et carissimam Tuam periclitatem fecisse scribis. Certè, mi Mehlfürere, si qua amicorum est communio, ego certè non possum, quin hunc dolorem tuum communem mihi faciam. Quid ne aliter possum quam tristari ex sententiâ in calamitate tanta eius amicis, quem perpetuâ prosperitate dignissimum iudico. Sed qua miserum est, ut ait ille, nunquam dolere, è re planè tua esse arbitror, hanc Domini manum experiet. Neque ne piorum quisquam calamitatis omnis vel expers est, vel esse optat, cum, quos diligit Dominus, castiget, qua ratione et patientiam eorum probat, et ad maiora, quae in coelis suis reservavit electis, praeparat. Et quanquam passionum varia sunt grata: quisque tamen piorum suos patitur manes, quos inter fermè felicissimus, qui in mundo hoc maxima videtur infelicitate premi. Quae res facit, ut et ego dolorem meum mitigem, et in proprio et in communi amicorum infortunio: et quin pro tua pietate ista crebrò cogites, ac proinde in ista Domini Dei nostri voluntate ad gestos patienter, nullus dubito. Eamque ob causam prolixius Te solari nolo, ne vel noctuas Athenas afferre, vel tuae pietati saepius probatae dissidere videor. Dominus Jesus sit benedictus in secula, qui gladium vindictae deo misericordiae suae tinxit, istosque tuae calamitatis modum posuit, vestroque dolor ecosin, ut [?] portare. Quem et [?] invoco, ut vulnus, quod ipse vobis inflixit, omnipotente suâ dexterâ sanet, et à nobis omnibus [?] similes clementer avertat, vobis a [?] hanc tribulationum nubem, laetitiae solem elucescere iubeat. Caeterùm, quos denuò mihi quam diligentissimè commendos adolescentes, iam pridem complecti et vel tuo nomine omnis benefaciam quantum per viribus et occasione datâ potero. Neque ne quidquam est, quod pietati tuae denegare possim, [modò] non ipsae vires mihi denegent. Decades quoque residuas disputationum tuarum exspecto, et ut in continuatione strenuè pergere amicè rogo, facturus utique rem [?] utique nam eoque nomine gratissimam. Mitto unum exemplar Responsionis nostrae ad Catechismam Photinianam Rackoviensium, à collegio nostro adornatam: et quod reliquus est R. T. D. cum omnibus suis divinae protectioni ex animo commendo. 1619-04-03: Balduin (Wittenberg) an Hoë von Hoënegg (Dresden) Salutem Precor in Domino cum observantiâ. Quae ante ferias Paschales, clementissimo Serenissimo Electoris mandato, iniuncta nobis sunt, ut cum M. Nagelio ageremus, Vir Admodum Reverende, Nobilissime et Magnifice, Domine Compater et in Christo Frater honorande, pro virili expedivimus, pro ut Relatio nostra, quae Decanus propediem expediet, prolixius docebit. Factus id est per biduum integrum, absente tamen Rectore, qui se negotiis publicis excusabat. Revocationem à Nagelio tandem impetravimus, quam manus suae subscriptione ad propositiones quosdam, quos ei praescripsimus, contestatus est: sed quin ad vomitum redituros sit valde metuo, nisi intra certa repagula coherceatur. Quo in genere consulturum fortè esset, si ministerio Torgensi committeretur, ut frequenter cum ipso agerent, quod et ei suasimus, ipseque nostram et informationem, ut vocabat, et consilium gratus agnoscebat. Nolumus a N. T. M.

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vel reliquis Dominis Consiliariis quodam praescriptum. Iam unicum à N. T. M. peto [?] officiosissimè. Quia exemplaria omnia et Nagelii et Weigelii ut et sociorum fisco Electorali illata sunt, de singulis illis scriptis exemplar unum mihi communicari peto. Requirit n: status Ecclesiae horum temporum, [?], illorum defensores paßim crescit in vicina Lusatia et alibi, ut iuventutis animos eo in genere praemuniamus: quod sine lectione ipsorum Autorum fieri non potest. Spero me, cum non iniqua petam, voti mei compotem futurus. Pluribus iam R. T. D. detinere nolo. quam unà cum Coniuge et liberis dulcissimis divinae tutelage commenda. (Adiunxi hisce Scriptum Facultatis nostrae de notitia Dei naturali.) 1619-10-10: Balduin an Fürst Paul von Nadasd Quam à Deo praepotente gratiam ac salutem devotis animi suspiriis orare possumus, J. T. M. ex animi sententia precamur. Et quanquam his tristissimis temporibus afflictus Reipublicae Christianae status in istâ regnorum et provinciarum convulsione, nos haud immeritò perturbat: in hisce tamen iustissimis doloribus nostris magnoperè nos erigit multorum et magnorum Heroum pietas, et in propagandâ veritate coelesti zelus planè divinus, qui D[omi]no gloriae suis in regionibus portas aperiunt, filium osculantur, et thesauris suis Jesulum nostrum, multis in locis adhuc exulantem, liberaliter excipiunt. Inter quos J. T. Magnificentiam magno suo merito libenter numeramus, quippe quo maiorum suorum illustrissimorum laudatissima vestigia feliciter premens, non tantum doni Ecclesiae nutritium agit munificentissimum, sed et beneficentiae suae fontes feras derivat in alumnos suos, quos nostrâ in Academiâ magnis sumptibus sustentat. Ita nimirum elevatur nomen Domini apud scuta terrae, cum, qui et opibus et potentiâ valent in mundo, primitias decimasque eorum quos à Deo Domini, thesaurorum ita conferrunt, ut non tantum ii, qui iam altari inserviunt, de altari honestè vivant, sed et in futurum iis, qui in hanc suadendentium locum surrogari queant, maturè prospiciatur, id quod J. T. Magnificentiam facere, alumnorum vestrorum honesta apud nos sustentatio docet. Dedicat eam inprimis Ornatissimus vir iuvenis Nicolaus M. Galgocenus13 Alumnus Vester, quem J. T. M. superiori mense Augusto literis gratiosissimis ad Collegium nostrum exoratis avocavit, quibus et nobis pro praestitâ in ipso informando operâ (quae eius est humanitas) gratias agit, et ut pro more ac consuetudine ornatum et excultum emittamus, rogavit. Quomodonam a J. T. Magnificentiae singularem, et in hoc honorum fastigio raram humanitatem meritè praedicamus, quod ea in eo, in quo nos officii ratione debitores agnoscimus haud inviti, gratias agit: ita hunc alumnum vestrum melius ornare ac excolere non possumus, quàm apud J. T. M. Si ea, de ipso deponamus, quae vera scimus, quaeque si occasio tulerit, ipse facilè comprobabit. Dimittimus ergo hunc Alumnum vestrum verâ pietate, bonis literis ac artibus, PL. quod familiam ducit, profectibus in studio Theologico eximiis probè instructus, quos sibi indefesso studio, in auscultandis publicis privatisque nostris Lectionibus ac Disputationibus hoc, quo nobiscum vixit biennio, comparavit, quorum etiam specimina14 edidit non contemnenda ter in Collegio Disputationum private, tum etiam in scripto Theologico haud ita pridem edito, in quo, quantum in retundendis 13  Auch 14 Vgl.

Nicolaus Golgocinus. Exercitationes Academicae Privatae. In quibus Quatuor Theologicae Controversiae

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Adversariorum strophis valent, nobis sic satis probavit. Quos praeclaros studiorum profectus verâ pietate, morumque honestate ornavit, ita ut, quantum nobis constat, nullius unquam culpae affinis vel accusatus deprehensus fuerit. Quae cum ita sint, non dubitamus, quin utile vos Ecclesiae sit futurus sumtusque ab J. T. M. in ipsum effussus ganeis servitiis aliquando magno cum frenore Ecclesiae patriae refusurus. Quo nomine J. T. M. hunc alumnum suum optimâ de notâ commendamus, et quasi de manu in manum reddimus. Faxit Altissimus, ut sumtus isti in nullo Alumnorum vestrorum permeant, sed ut omnes, ad exemplum huius, feliciter et magno cum fructu Ecclesiae in patriam revertantur. Idem in hisce turbulentissimis temporibus J. T. M. cum omnibus suius, adeoque universa inclytâ patriâ vestrâ sub umbris altarum suorum protegat, vim hostilem avertat, pacem ac sanitatem largiatur, et in bonum Ecclesiae suae in quamplures adhuc annos florentem in eo lumemque conservet. Amen. 1620-12-13: Balduin (Wittenberg) an Laelius (Ansbach) Pacem ac sanitatem, vivamque consolationem Spiritus s[anct]i ex animo precor. Triste, nec uno modo, sed duplici nomine triste ac peracerbum ad me perlatum est nuncium, Amicissime Laeli, Vir Reverende et Clarissime. Nam tuam dilectissimam costam satis concessisse, teque in viduo toro languidum et diversis cum morbis acriter luctantem reliquisse audio: quo ipso nomine silentium tuum per tabellarium excusas. Sed ô funestum silentium, quò penetrantius ad cor mihi loqueris, quam mille exemplis. Nam quia Te magno tuo merito aestimo, et in visceribus meis amo, ita ut paucis sint, quibus aequè et pari merito valetudinem firmam, et fata secunda et vitam diuturnam ex animi sententia precer, fieri non potest, quin res tuae vel secundae vel adversae me graviter afficiant; unde intermittere iam non possum, quin συμπαθειαν meam in amicissimum tuum sinum effundam. Neque verò est, ut solatii materiam à me exspectes, qui in schola Spiritus domini ita hactenus exercitatus es, ut quid tibi hoc in genere deesse possit non videam. Multò minus dubito, quin desideratissimae tuae coniugis obitum ita lugeas, ut mortalem fuisse recorderis, cui in hac periculosissima tempestate in lucto fuerit, beatè mori; quae matrimonialibus virtutibus honestam nominis sui famam post se reliquit, quaeque tandem (quod hoc in genere familiam ducit) in die illo restitutionis omnium tibi magrâ cum gloriâ restituetur, sempiternae felicitatis socia. Illud inprimis doleo, quod in iusto illo animo tuo maerore corporis doloribus non es exemtus. Ita nimirum nulla calamitas sola, ne pitissare solent pii, sed haurire crucem, cuius potum praebet Deus in mensura, ut Psalmista loquitur. Quosque vult praecones esse cruces, vel omnium maximè ista mole onerat, ut experti de cruce loquitur; sed sicut abundant passiones Christi in ipsis, ita et per Christum abundant consolatio ipsorum, ut et ipsi solari possint alios consolatio, quo ipsi divinitus abundavit. Gratias ago DEO meo, qui et me minimum servorum suorum particulam aliquam de hac sorte piorum experiri voluit, dum fuit de cum morbis confligo, et haec ipsa viro dum dilecto doloris consurgens languidâ non nihil [manu] scribo: experior ne virtutem altissimi in hac infirmitate mea. Sed de me fiat voluntas Domini Tibi verò vitam longiorem et vale[tudinem] firmiorem verè et ex animo aperto: quia video refelluntur. Conscriptae Per Nicolaum Galgocinum V. Approbante venerando Theologorum Wittebergensium Collegio, Wittenberg 1619.

  Edition ausgewählter Briefe325

Tui similium magnam esse vanitatem, qui pari fide atque dexteritate Ecclesiae Christi contra hostium furores inservire possint. Proinde ore non desino Patrem Domini nostri Jesu Christi, ut sonet omnes contritiones tuos mitiget in res corporis ac animi, et pristinae sanitati nè restitutur in commodum Ecclesiae tuorumque eminentur quam diutissimè adhuc salvus in lumemque prostet. Quod votum meum non in labore aut calamo motum, sed ex imis animi penetrat praefectum, exaudiat Pater ille [?] tuosque omnes fideliter commendo. 1623-03-04: Balduin (Wittenberg) an Gerhard ( Jena) Salutem Precor in Domino cum officiis. Reverende, Clarrissime, et Excellentissime Domine Doctor, Domine, Amice et in Christo Frater coniunctissime. Diu admodum nihil literarum ad R. T. D. dedi; sed si Tu perturbatissimum rerum meorum statum post desideratissimae meae coniugis beatum obitum scires, non dubito, quin veniam apud Te facilè sim reperturus. Is n: cum gaudio omni, quod in hac vita mihi evenire potuit, alacritatem deus ad res serias abripuit; ad amicas etiam scribendi (in quo tamen officiorum genere aliquid voluptatis esse solet) compendium mihi imperavit. Interim decrescunt vires, depascitur cor, et vigor pristinus sensim evanescit. Multum me refecerint consolatoriae terrae contstantissimorum amicorum, inter quos R. T. D. vel primo loco nomino, cui pro efficacissimâ consolatione singulares gratias habeo, quam, bona, quod spero, pace vestra, cum [artoris] quibus doni, in memoriam meorum liberorum typis exscribi curavi. Sed [recrudescit] subinde [vulnus] nimis profundè inflictum, quod suo tempore sonet dextra Altissimi, qui mutare potest omnia. Maerorem hunc augent interim multa alia, non dicam de publicis, ut est hostium mox metus, et [?] apud nos summa caritas ex visitate monetae oriunda, quo nobis decimam partem salarii denotat: his ne malis facilè me dari per Altissimus: sed quod fidelissimo collega Doctor Hunnio [spoliamur], qui ad Lubecenses evocatus, iam exspectat dimissionem ex aulâ, quam, uti ex multis colligo indiciis, impetrabit. Candidum collegam dimidiae parti salarii antefero. Sed et hoc in genere Deum preces nostras exauditurum, et meis Meisnerumque nostri votis satisfacturum, nullus dubito. Non ignoramus, fere non paucos, qui hunc locum ambient, sed en cum in singulis simus habituri, qui locunam Collegii nostri fraterna et sincera illa amicitia, quae hactenus inter nos tres fuit, supplere possit, equidem dubii feramus. Unum hoc scio, praeter Te, Vir Reverende et clarissime, posse neminem. Tuum ergo Reverendam Dignitatem Collegarum exoptamus amicè: quod si votis nostris annueres, praeclarè nobiscum actum foret. Aulam Electoralis iam consentire scimus, modò de Tua voluntate [?] quid constaret. Esse quaedam hic obstacula scio, sed tua pietas et modestia facilè removere posset. Primus in collegio locus vacat, sed ab ambitione alienum Te esse scio, et apud vos ista locorum diversitas parum curatur, qui me quoque quam [lubentissimè] licet, ut ultimus ac primus sive in honore pares, addo etiam ultimus superiorem. Collega noster tertius fermè per mortuo habetur: ego infirmissimae sum valetudinis, quam curae iam indies magis magisque attenuant, ita facilis pater ad sempiterna adscensus. Salarium nobis adhuc in viliri moneta [?] et hoc forsan est, quod R. T. D. meritò decernere posset: [sed] speramus in dies meliora, non ne tam ferem credo [?] pectora, quin tandem tot gemitibus et suspiriis pressorum [?]. Jllustrissimo Duci Coburgensi

326

Anhang

obstrictus es, sed par nihilominus manere potes, et Academiae vestrae deservi Collegos non libenter deseris, sed his facilè unum ex discipulis adiungere potes. Fac ergo mi desideratiss[me] domine D. Gerharde, ut exoptato responso refocilles vim [?] nostra: modò annuas, iam conclusus esse scio et in [Aca]demia et in Aula. Quam ob Hoën haece praemittere vo[luit] etiam [?] Dn. D. Hunnius dimissionem impetravit, ut [per] petratâ illâ, deliberatio nostra sit facilior. Dominus Jesus bene huic instituto: invenies hîc fratres, amicos et discipulos, qui super adventu tuo et sibi ex totum Academiae plurimus congratulabuntur. Vale in Domino, et Reverendos Dominos C[olle]gas amicos meos exoptatissimos plurimumque dilectos, [in] nomine quibus diligentissimè salute. Salutem quoque adferit Meisnerus noster, qui fortè suos quoque additurus est. 1624-07-26: Balduin (Wittenberg) an Andreae (Coswig) Salutem Precor in Domino. Literas R. T. D: rectè accepi, Reverende et praestantissime Vir, Domine amice et in Christo frater honorande. Causam tuam in Consessu totius proto synedria fideliter egi, utinam eo cum successu, quo optavi, tu ut sine dubio sperasti. Sed in tam magno concurso competitorum dubito, an exspectationi nostrae responsurus sit eventus. Etiamsi n: Superintendens Weidensis succederet Plauiensi, quod tamen in dubio adhuc est, expressè tamen deseruit omnes, propter inopiam istius aerarii Ecclesiastici accensendum esse, quondam ex vicinia ad minuendos sumtus: obieci ego, suppelectilem nostram fortè non adeò amplum esse, sed nihil profeci, regesserunt n: aerarium illius Ecclesiae vix ad paucos florenos sufficere expectandum esse occasionem aliam, qua rationem tui sint habituri. Inprimis a. Dn. D. Hoë displicuit crebra illa instantia in petendo, quam pro signo dissidentiae habuit, excusavi ego per summam illam necessitatem, quae te urgeat: plura a. hac vice efficere non potui, si vel pro fratre mihi intercedendum fuisset. Video, quanta sit clientus copia in aula, quibus omnibus gratificari, et quidem uno tempore, unaque vacante parochiâ, non est possibile: Proinde cur patientia possideas animam tuam, in puncto veniet, quod non speratur in anno. Interim non precabis, si alibi, vel etiam Stetini operam tuam offeras Ecclesiae, si qua hîc futura tibi messis est, ea non peribit. Vale in Domino. 1625-08-10: Balduin (Wittenberg) an Mehlführer (Heilsbronn) Salutem Precor in Domino cum officiis. Non quidem multum est, quod scribam, Reverende et Clarissime vir, Domine et in Christo frater honorande: nolui tamen hunc γραμματοφορον sine meis ad R. T. D. dimittere, tantum ut anime in te mei affectum declarem. Eruditam concionem vestram accepi et avidè perlegi: meritò commendasti optimum principem, cui elogio plus fidei habeo, quam rumoribus apud nos sparsis de nescio qua defectione eius ad Papatum, et de Testamento, quo illustrem suboles Jesuitis [?]. Talia puto fingunt, qui, ut ista fiant. A. Domino Laelio diu est, quod nihil literarum habui, qui fortè specialiora hoc de re scriber posset. De nihile quoque in Francia vestra hibernaturo multa hîc feruntur: credo sanè Pontificios singulari diligentia inhiare huic volo, sed spero Deum vigilaturum ad huc pro Ecclesia sua. Filium vestrum quod attinet facit is officium suum satis fideliter, nec propria studia negligit. Plura iam non addo propter angustiam temporis, et occupationes, quae me abrumpere iubent.

  Edition ausgewählter Briefe327

R. T. D. cum omnibus suis carissimis divinae protectioni commendo. (Adiunctam disputationem boni consulas). 1626-05-15: Balduin (Wittenberg) an Mehlführer (Heilsbronn) S[alutem] P[recor] in D[omi]no. Literas R. T. D. Vir Reverende et praeclarissime, D[omi]ne, amice, ac in Chr[ist]o frater honorande, rectè accepi, et ex illis sufficienter intellexi, qua occasione filius vester Dn. M. Johannes Burchardus hinc avocetur. Etsi verò fidelium eius operâ diutius libenter usus fuissem, eam n: filiolis meis utilem esse animadverti: commodis tamen eius deesse, uti non potui, ita minimè volui: sed potius optimâ cum gratiâ eum hinc dimisi. Gratias autem inprimis R. T. D. habeo quam maximas, quod huc usque vestram eius filiis meis concessit, qui utilem operam huius sui praeceptoris nulla unquam oblivion obliterabunt. Deus ei beneficiat, et studia egregiè capta praeclaro cursu continuare sinat: idque est re Ecclesiae sacrae maximè futurum spero. Quo in statu sint furores Martii in hac vicinia, forsan ipse filius navabit. Miserrimè affliguntur miseri Anhaldini, una post alteram exhauritur provincia, et mirantur multi, cur ita quiescat exercitus [?], qui ad avertendam istam vim collectus esse dicitur. Fatale certè bellus est, qui non humanis regitur consiliis, sed Θει orti habet, uti pestis, praesertim epidemia. Nisi illud precibus et vera paenitentia curabimus, de meliore statu desperatum videtur. Sed nolo noctuas Athenas, usque otio vestro abuti prolixioribus literis, animus mihi est. Deum supplex veneror, ut R. T. D. in salutem Ecclesiae suae quàm diutissimè florentem conservet. Adiunctum exemplar disputationis de votis, boni, animoso consule.

5.  Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI) Das nachstehende Register zum sechsten Band des Wittenberger Ordiniertenbuchs (1605–1627) stellt personenbezogene Daten für weiterführende kirchen- und theologie-, aber auch sozial- und kultur- sowie alltagsgeschichtliche Forschungen bereit. Es soll damit zur weiteren Untersuchung der Geschichte des Ordinationswesens in Wittenberg anregen. Der sechste Band des Wittenberger Ordiniertenbuchs reicht den Angaben auf der Titelseite zufolge von 1605 bis 1627. Die Namenseinträge der Jahre 1605 bis 1607 sind allerdings unvollständig. Weitere Ordinationen für diesen Zeitrau dokumentiert der fünfte Band des Wittenberger Ordiniertenbuchs, der gemäß den Angaben auf der Titelseite von 1590 bis 1605 reicht, tatsächlich aber auch Einträge für die Jahre 1605 bis 1607 aufweist. Der sechsten Band des Wittenberger Ordiniertenbuchs dokumentiert insgesamt 815 Ordinationen. Aus der Fülle der aus diesen Namenseinträgen entnehmbaren personenbezogenen Daten wurden gemäß der im Rahmen der vorliegenden Arbeit verfolgten Fragestellung nachstehende ausgewählt: Vorname und Name, Herkunftsort und -territorium, Berufungsort und -territorium sowie das Ordinationsdatum. Die ausgewählten Parameter lassen die Universität Wittenberg als bedeutende „Drehschreibe“ akademisch gebildeter kirchlicher Amtsträger sichtbar werden. Die in das Ordiniertenbuch eingeschriebenen Namenseinträge werden in der Eintragsreihenfolge dargeboten, die nicht immer der Ordinationsreihenfolge entspricht. Die vorgenommene Nummerierung der Ordinanden weicht von der fehlerhaften Nummerierung im sechsten Band des Wittenberger Ordiniertenbuchs ab. Vakaten sowie unleserliche Einträge wurden durch Spiegelstriche gekennzeichnet. Die in dem nachstehenden Register aufgeführten Namens- und Ortsbezeichnungen wurden – insoweit sie identifiziert werden konnten – standardisiert, d. h. (behutsam) sprachlich modernisiert. Der Nutzer sei darauf hingewiesen, dass es sich bei den angegebenen personenbezogenen Daten um Lese- und Interpretationsvorschläge handelt, die auf der Grundlage weiterer Recherchen zu ergänzen und gegebenenfalls auch zu korrigieren sind. Die in eckige Klammern gesetzten Einträge in den sechsten Band des Wittenberger Ordiniertenbuchs sind fälschlicherweise in ebendiesen Band eingetragen worden und/ oder stehen bereits in einem der übrigen Bände. So findet sich unter den Einträgen etwa derjenige des Johannes Scharff (ordiniert 1649).

  Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)329

Vorname und Name Herkunftsort

Berufungsort

Ordination

1) Martin Hilwig

Bunzlau (Schlesien)

Halberstadt (Sachsen)

1605-12-05]

2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9)

Naumburg (Sachsen) Borna (Sachsen) Herzberg (Sachsen) Wittenberg (Sachsen) Halberstadt (Sachsen) Wittenberg (Sachsen) Solna (Ungarn) Plessen (Böhmen)

Wahrenbrück (Sachsen) Belzig (Sachsen) Ohnaw (Sachsen) Schlieben (Sachsen) Neunhaus (Böhmen) Pratau (Sachsen) Holleschow (Mähren) Leitmeritz (Böhmen)

1606-03-12] 1606-06-18] 1606-07-09] 1606-07-23] 1606-00-00] 1606-10-08] 1606-12-03] 1606-12-10]

Andreas Cruciger Johannes Graefius Martin am Ende Conrad Rühelius Joachim Chaericus Joachim Brüno Daniel Hrabecius Fabianus Ripanus

10) Simon Bütner 11) Matthias Ssitkovsky 12) Nicolaus Hunobroden 13) Balthasar Perinna 14) Nicolaus Lani 15) Christophorus Schütz 16) Paulus Ludovici 17) Hieronymus Hizler

Friedersdorf (Franken) Gruben (Franken) Glattowitz (Böhmen) Janowitz (Böhmen) Hunnobrod (Mähren) Konnice (Böhmen)

1607-01-21 1607-03-01 1607

Altsohl (Ungarn) Uduardin (Ungarn) Schönstadt (Thüringen) Scheubenberg (Sachsen) Ravensburg (Schwaben) Ortrant (Sachsen)

– (Ungarn) Ujvar (Ungarn) Murstetten (Österreich)

1607-02-22 1607-02-22 1607-03-04

– (Böhmen)

1607-03-11

Altenburg (Österreich)

1607-03-18

Reichau (Lausitz)

1607-03-26

Knäschitz (Böhmen) Ungarisch Brod (Mähren) Cur (Schweiz) Bunzlau (Schlesien) Neusiedel (Österreich)

1607-03-26 1607-03-31

Wilsche (Sachsen) Kamenitz (Böhmen) Cölln (Mark) Trebov (Mähren)

1607-04-15 1607 1607-04-29 1607

Trzebechovice (Böhmen) Lisnensi (Böhmen) Pogorziel (-)

1607-05-07

Chissen (Böhmen)

1607-05-12

Pirna (Sachsen) Lippau (Mähren) (-) Praeroviensis (Mähren)

1607-06-08 1607-07-02 1607-07-02 1607-07-02

18) Valentinus Schurichius 19) Laurentius Simonis Belitz (Mark) 20) Nicolaus Wrbowsky Lutilla (Ungarn) 21) Johannes Procopius 22) Paulus Winckler 23) Martin Ruppert 24) 25) 26) 27)

Leitmeritz (Böhmen) Nymburg (Böhmen) Veldisberg (Österreich) Torgau (Sachsen) Polna (Mähren) Frankfurt (Mark) Habelschwerdt (Schlesien) Königgrätz (Böhmen)

Wolfgang Otto Jacobus Arcezius Petrus Stulerus Christophorus Friedrich 28) Thomas Pohlodecius 29) Andreas Duorzacius Zlatestorski (Böhmen) 30) Johannes Curtius Bracomontanus (Schlesien) 31) Bartholomäus Dobromerzicius Tsypor (Böhmen) 32) Jakob Franck Sulza (Thüringen) 33) Adam Swesch Strelitz (Schlesien) 34) Mathias Micho Arvensis (Ungarn) 35) Johannes Crispus Hunnobrod (Mähren)

1607-03-31 1607-03-31 1607-04-15

1607-05-07 1607-05-12

330

Anhang

Vorname und Name Herkunftsort 36) Johann Malobiteremus 37) Georgius Witkowsky 38) Abraham Russinus 39) Georgius Kovinus 40) Johannes Krusinna 41) Samuel Cossorius

Meseritz (Schlesien)

Felix Anthropius Michael Förster Johannes Hagius Johannes Halecius Joachim Berlin Wilhelm Brunn

49) Caspar Wagner 50) Abraham Caesius 51) Heinrich Henning 52) Darius Posthumus 53) Johannes Sseyda 54) Johannes Leopoldi 55) Thomas Pithigius 56) Antonius Gommer 57) Augustin Liebald 58) Johannes Caselius 59) Samuel Pithigius 60) Adam Schönhaar 61) Johannes Coci 62) Jakob Pistoris 63) Wenzeslaus Hlucensky 64) Georg Ornygenes 65) Adam Foelicis 66) Adam Crusius 67) Wenzeslaus Johanides 68) Jajan Libertini

Ordination

Klenowitz (Böhmen)

1607-07-02

Galgoziensis (Ungarn) Thovaczozov (Mähren)

Novobrad (Böhmen) – (Mähren) Kozelski (Schlesien) Guttebergensis (Böhmen) 42) Georgius Simonides Hlinyky (Böhmen) 43) 44) 45) 46) 47) 48)

Berufungsort

1607-07-02

Brünn (Böhmen) – (Böhmen) Levinensis (Schlesien) Brünn (Böhmen)

1607 1607 1607 1607

Hermannstadt (Siebenbürgen) – (Böhmen) Marzahn (Sachsen) Kaaden (Böhmen) Tabor (Böhmen) Magdeburg (Sachsen) Bleckede (Lüneburg)

1607

Kemberg (Sachsen) Wittenberg (Sachsen)

1607-08-18 1607-07-29

Lebehn (Lüneburg)

1607-08-18

Dobruska (Böhmen) Neulissa (Böhmen) Zvolen (Ungarn)

1607 1607-08-19 1607-09-03

Bensen (Böhmen)

1607-09-23

Löbau (Lausitz) Löbau (Lausitz) Bergwitz (Sachsen)

1607-09-23 1607-09-30 1607-09-30

Pittarn (Mähren)

1607-09-30

Znaim (Mähren) Neotischt (Ungarn) Zehringen (Anhalt)

1607-10-14 1607-10-18 1607-10-18

Kamenz (Lausitz)

1607-10-18

Teutobrod (Böhmen) Prag (Böhmen) Lebus (Mark) Grabczice (Böhmen)

Turnov (Böhmen) Turnov (Böhmen) Kropstädt (Sachsen) Petrovice (Böhmen)

1607-10-18 1607-10-18 1607-11-11 1607



Wodnian (Böhmen)

1607

Chotebor (Böhmen) Wittenberg (Sachsen) Igau (Mähren) Nimburg (Böhmen) Betzendorf (Mark) Lübeck (Freie Reichsstadt) Augsburg (Franken) Schönwerda (Thüringen) Wrisbergholz (Hildesheim) Gitezin (Böhmen) Bistritz (Mähren) Rochesanensis (Böhmen) Göttingen (Braunschweig) Göda (Lausitz) Lauban (Lausitz) Walzedensis (Thüringen) Leobschütz (Schlesien) Wittenberg (Sachsen) Marksdorf (Ungarn) Nordhausen (Thüringen) Prag (Böhmen)

1607 1607 1607 1607 1607-07-28 1607-07

  Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)331

Vorname und Name Herkunftsort

Berufungsort

Ordination

69) Lucas Wilckius 70) Jacob Gopta 71) Johannes Rephun

Eilenburg (Sachsen) Naundorf (Sachsen) Meletinus (-) Gitschin (Böhmen) Neukirchen (Sachsen) Gabhorn (Böhmen)

1607-12-02 1607-12-02 1607-12-02

72) 73) 74) 75)

Littau (Mähren) Belzig (Sachsen) Liptz (Sachsen) Haselbach (Österreich) Beneschov (Böhmen) Iglau (Mähren) Belgern (Sachsen)

Kucksdorff (Mähren) Zahna (Sachsen) Elster (Sachsen) Grandorf (Österreich)

1608-03-02 1608-03-02 1608-03-02 1608-03-09

Neuenburg (Böhmen) Burda (Mähren) Wartenburg (Sachsen)

1608-03-09 1608-03-16 1608-03-23

Friedersdorf (Lausitz) Kunstadt (Böhmen) Turnov (Böhmen) Racenensis (Böhmen) Andersbach (Österreich)

1608-04-06 1608-04-20 1608-04-20 1608-04-27 1608-04-27

Prisnensis (Böhmen)

1608-05-03

Plötzki (Sachsen) – (Mähren) Dobormelice (Mähren) Twardawa (Schlesien) Lovosice (Böhmen)

1608-05-06 1608-05-06 1608 1608 1608

Streitwiesen (Österreich) Rožďálovice (Böhmen) Werbig (Mark) Krappitz (Schlesien) Neoprag. (Böhmen)

1608-05-24 1608-06-10 1608 1608 1608

Beiersdorf (Sachsen) Teutobrod (Böhmen) Leutmannsdorf (Schlesien) Giersdorf (Schlesien)

1608-06-29 1608-07-13 1608-07-13

76) 77) 78) 79) 80) 81) 82) 83)

Elias Büttner Andreas Wilde Daniel Frentzel Wolfgang Hochholzer Adam Wolf Augustinus Fermann Johannes Wachsmuth Abraham Benedict Michael Leporinus Simon Basilius Paulus Raphigius Johannes Kirchofer

84) Martin Skalycky 85) 86) 87) 88) 89) 90) 91) 92) 93) 94)

Ulrichg Storr Daniel Philomates Thomas Prusius Caspar Maczalius Georgius Chobottides Leonhard Amberger Joseph Suschniak Benedict Bencker Johannes Burdius Jacob Hodecius

Forst (Lausitz) Bayna (Ungarn) Nimburg (Böhmen) Litomysl (Böhmen) Grieskirchen (Österreich) Boleslavinus (Böhmen) Viernheim (Kurpfalz) Przerovinus (Mähren) Neogitsch (Mähren) Beuthen (Schlesien) Mssenus (Böhmen)

Wittenberg (Sachsen) Szelec (Ungarn) Niemegk (Sachsen) Krappitz (Schlesien) Neopragenus (Böhmen) 95) Adam Schönborn Görlitz (Lausitz) 96) Georgius Pannek Litsoviensis (Mähren) 97) Sigismundus Sibetus Goldberg (Schlesien) 98) Georgius Queccerus Frankenstein (Schlesien) 99) Jacob Acanthis Mega-Plomaeus (Schlesien) 100) Nicolaus Kühne Niemegk (Sachsen) 101) Balthasar Ludovici Scheibenberg (Sachsen) 102) Johann Fessendorf B. Hochschildt (Österreich) 103) Sylvester Falko Piscenus (Böhmen)

Raschaloviensi (Böhmen) Niemegk (Sachsen) Puschwitz (Böhmen)

1608-07-29 1608-08-15 1608-08 1608-08-24

Ebergassing (Österreich) 1608-08-31 Przepyssen (Böhmen)

1608

332

Anhang

Vorname und Name Herkunftsort

Berufungsort

Ordination

Balthasar Bandovius Johannes Zumlerus Michael am Ende Petrus Fryssl Moisel Czacko Andreas Schultetus Jan Hajon Adam Adami Sigismund Steudner

Krossen (Schlesien) Brück (Sachsen) Jessen (Sachsen) Vodnan (Böhmen) Bayna (Ungarn) – (Ungarn) Landskron (Polen) Curius (Böhmen) Greiffenberg (Schlesien) 113) Balthasar Tilesius Hirschberg (Schlesien) 114) Jacobus Stephanides Pribislav (Böhmen) 115) Mathias Simonides Piscenus (Böhmen) 116) Caspar Crusius Isling (Franken) 117) Abraham Giskra Chotieborzenus (Böhmen) 118) Johannes Zibrjed Klobucensis (Mähren) 119) Johannes Jüterbog (Sachsen) Kannengiesser 120) Johannes Zittau (Lausitz) Scharschmidt

Netkow (Schlesien) Brück (Sachsen) Bitterfeld (Sachsen) Mulda (Sachsen) Wimberge (-) Janovice (Ungarn) – – Holtendorf (Böhmen)

1608-09-07 1608-09-14 1608-09-14 1608-09-16 1608-09-16 1608-10-08 1608-10-08 1608-10-08 1608-10-12

Seidorf (Schlesien) Gimramov (Böhmen) Lomnitz (Schlesien) Höllerich (Franken) Klenovice (Mähren)

1608-10-12 1608 1608-10-20 1608-10-20 1608-10-26

– Mörtz (Mark)

1608 1608-11-02

Walersdorf (Lausitz)

1608

121) Conrad Radthardt

Linz (Österreich)

1609-01-04

104) 105) 106) 107) 108) 109) 110) 111) 112)

122) Johannes Zeidler

Waltershausen (Thüringen) Breslau (Schlesien)

Grieskirchen (Österreich) Dalensis (Böhmen) Stränhof (Böhmen) Stettin (Pommern) Bernsdorf (Sachsen) Neuwessely (Ungarn) Boschowitz (Mähren) Tetzschen (Böhmen) Trebov (Böhmen) Schweinitz (Sachsen) – (Österreich) Wittenberg (Sachsen) Bernau (Österreich) Coburg (Franken) Meltendorf (Franken)

1609-01-04

Reichenbach (Lausitz) Vetschau (Lausitz) Schönwald (Böhmen)

1609-04-26 1609-04-26 1609-05-03

Mensdorf (Schlesien)

1609-05-03

134) Elias Etzler

Görlitz (Lausitz) Cottbus (Lausitz) Kirchenbircken (Böhmen) Schweidnitz (Schlesien) Goldberg (Schlesien)

1609-05-03

135) 136) 137) 138)

Prag (Böhmen) Bielitz (Schlesien) Misensis (Böhmen) Lipowitz (Mähren)

Habelschwerdt (Schlesien) Knin (Kroatien) Bela (Ungarn) Bela (Ungarn) Prerov (Mähren)

123) 124) 125) 126) 127) 128) 129)

Abraham Hermann Erdmann Schultz Daniel Corvinus Tobias Titlerus Johannes Krüger Mauritius Seyfertus Georgius Eyssentraut 130) Friedrich Igel 131) Johannes Fliccius 132) Samuel Poler 133) Caspar Gottschalk

Paulus Raubigius Georgius Stronger Marcus Zayner Paulus Chubejus

1609-01-30 1609 1609-03-15 1609-03-15 1609-03-22 1609-03-29 1609

1609 1609-05-14 1609-05-14 1609-05-14

  Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)333

Vorname und Name Herkunftsort 139) Melchior Sartorius 140) Johannes Orthwing 141) Johannes Scheumberg 142) Job Barnassides 143) Johannes Stetitenus 144) Jeremias Becherer 145) Jacobus Viti 146) Paulus Cramer 147) Matthaeus Alberti 148) Johannes Kretzschman 149) Bartholomaeus Agricola 150) Jacobus Joannides 151) Augustinus Krohmayer 152) Caspar Schranckle 153) Johannes Horiceus 154) Sigismund Nera 155) Nicolaus Heliades 156) Georgius Delicius 157) Johannes Vyschotinus 158) Nicolaus Schramm 159) Simon Huber 160) Johannes Mittis 161) Michael Kirstenius 162) Wenzeslaus Hynconius 163) Theodor Schadaeus 164) Johannes Moshauer 165) Johannes Schulz 166) Elias Fulcerinus 167) 168) 169) 170) 171) 172) 173)

Martin Hirsemann Georgius Langer Christian Gilbert Paulus Candidus Johannes Regius Johannes Crumena Theophilus Lehmann

Berufungsort

Ordination

Zolyom-Lipcse (Ungarn) Boskowicz (Mähren) Bistritz (Mähren)

Liptov (Ungarn)

1609-05

– (Mähren) – (Mähren)

1609-05 1609-05

Nepomuk (Böhmen) – (Mähren) Nördlingen (Bayern) Zdanice (Böhmen) Lieberose (Lausitz) Planensis (Böhmen) Hartenstein (Böhmen)

Bistritz (Mähren) Pavlovic (Mähren) Obersdorf (Österreich) Pacov (Böhmen) Lieberose (Lausitz) Sangerberg (Böhmen) Reinsdorf (Sachsen)

1609 1609-05 1609-05-17 1609 1609-06-13 1609-06 1609

Kunewald (Lausitz)

Kotec (Böhmen)

1609

Feborinus (Böhmen) Döbeln (Sachsen)

Kamenz (Lausitz) Grieskirchen (Österreich) Kirchdorf (Österreich) Steinhaus (Österreich) Meseritzsch Brünn (Mähren) (Böhmen) Neubidschow Neustadt (Mähren) (Böhmen) Netolitz (Böhmen) Brünn (Böhmen) Schneeberg (Sachsen) Dobersberg (Österreich) Gevice (Mähren) Janovicz (Ungarn)

1609-06-14 1609-06-21

Lippensis (Böhmen) Bern (Schweiz) Lomnitz (Böhmen) Glaucha (Sachsen) Colinus (Böhmen)

Polnensis (Böhmen) Arnnsnest (-) Gilov (Böhmen) Greslav (Sachsen) Duba (Böhmen)

1609-08-09 1609-08-17 1609-08-17 1609-08-29 1609

Kundorf (Franken) Eisleben (Sachsen) Muskau (Lausitz) Crucimontanus (Schlesien) Wittenberg (Sachsen) Oppau (Schlesien) Torgau (Sachsen) Hunnobrod (Mähren) Namslau (Schlesien) Thermenus (Böhmen) Hainichen (Sachsen)

– Zittau (Lausitz) Muskau (Lausitz) Nimsdorf (Schlesien)

1609-09-20 1609-09-27 1609-10-04 1609-10-04

– (Sachsen) Schönberg (Mähren) Enns (Österreich) – Proschlitz (Schlesien) Stederensis (-) Leipa (Böhmen)

1609-10-11 1609-10-11 1609-10-11 1609-10-19 1609-10-19 1609-10-19 1609-11-01

1609-07-05 1609-08-01 1609-08-01 1609-08-01 1609-08-01 1609

334

Anhang

Vorname und Name Herkunftsort

Berufungsort

Ordination

174) Timotheus Erythraeus 175) Jacob Neander 176) Zacharias Hildebrand 177) Christophorus Wecker 178) Samuel Lysichius 179) Andreas Praetorius

Schemnitz (Ungarn)

Eibenschütz (Mähren)

1609-11-01

Tribel (Schlesien) Dessau (Anhalt)

Zeln (-) Prettin (Sachsen)

1609-11-01 1609-11-15

180) Christophorus Bunerus 181) Abraham Wolfrum 182) Ägidius Strauch 183) Christoph Reuprecht 184) Samuel Engelhart 185) Johannes Mittichius 186) Paulus Schuberthus 187) Georgius Thomae 188) Andreas Copinus 189) Samuel Josephiades 190) Johannes Piscatoris 191) Martinus Heinisius 192) Sylvester Tham 193) Matthaeus Rhostius 194) David Goldtbeck 195) Christoph Weitzendorf 196) Christoph Gilbert

Friedeberg (Schlesien) – (Schlesien)

1609-11-15

Hertzberg (Kurmark) Frankenhausen (Sachsen)

Schweidnitz (Schlesien) Selnitz (Böhmen)

1609-12-06 1609-12-06

Czerbice (Böhmen)

Rochlitz (Böhmen)

1610-01-17

Freiberg (Sachsen) Weißau (Lausitz) Wittenberg (Sachsen) Oschatz (Sachsen) Commotau (Böhmen) –

1610-01-17 1610-01-17 1610-01-25

Schlieben (Sachsen) Camenz (Lausitz) Iglau (Mähren) Sornensis (Sachsen) Reppist (Lausitz) Suticenus (Böhmen) Cosel (Schlesien) Wittenberg (Sachsen) Halle (Sachsen) Zeitz (Sachsen) Freienwalde (Pommern) Annaberg (Sachsen)

– (Österreich) Berthelsdorf (Lausitz) Iglau (Mähren) Sornensis (Sachsen) Gröditz (Sachsen) Neuenburg (Böhmen) Datschitz (Mähren) Knüppelsdorf (Sachsen) Hollabrunn (Österreich) – (Österreich) Eisenberg (Böhmen)

1610-01-25 1610-02 1610-03-07 1610-03-07 1610-03-14 1610-03-14 1610-03-14 1610-03-30 1610-04-25 1610-04-25 1610-04-26

Kupferberg (Böhmen)

1610-05-06

Liebenwerda (Sachsen) 197) Urban Rackelmann Zahna (Sachsen) 198) Johannes Co[l]er Annaberg (Sachsen) 199) Johannes Wien (Österreich) Wendelinus 200) Friedrich Heischius Reichenberg (Böhmen) 201) Michael Richter Zittau (Lausitz) 202) Petrus Polster Leuba (Sachsen) 203) Michael Senensis Kremnitz (Ungarn) 204) Balthasar Pötichius Mies (Böhmen) 205) Melchior Cunradus Glogau (Schlesien) 206) Johannes Deinert Nassach (Franken) 207) Jacob Flackius Frigenwald (Pommern)

Tragonensis (Österreich) 1610 Seyda (Sachsen) – (Sachsen) –

1610-05-02 1610-05-02 1610

Reinowitz (Böhmen)

1610-05-09

Stränhof (Böhmen) Weidenhain (Sachsen) Schemnitz (Ungarn) Prag (Böhmen) Mügeln (Sachsen) Friesenhausen (Franken) – (Österreich)

1610-05-09 1610-05-23 1610-05-23 1610-06-27 1610-07-05 1610-07-25 1610-08-01

  Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)335

Vorname und Name Herkunftsort 208) Elias Hermann 209) Andreas Perlien 210) David Wolf 211) 212) 213) 214) 215)

Lippensis (Böhmen) Kemberg (Sachsen) Crölbitz (Sachsen)

Johannes Scultetus Georgius Menschius Samuel Hosius Johannes Schneider Ernestus Pisselius

Goldberg (Schlesien) Targwitz (Schlesien) Stega (Schlesien) Bitterfeld (Sachsen) Troschenreuth (Franken) 216) Stanislaus Mollner Pyscovice (Schlesien) 217) Basilius Sartorius Schemnitz (Ungarn) 218) Simon Brandt Wittenberg (Sachsen) 219) Michael Hartmann Freiburg (Schlesien) 220) Johannes Baropius Dortmund (Westfalen) 221) Johannes Withenius Dortmund (Westfalen) 222) Abraham Ursinus Guhrau (Schlesien) 223) Christoph Schneider Bitterfeld (Sachsen) 224) Johannes Grefius Schweinfurt (Franken) 225) Theophilus Dresler Planensis (Böhmen) 226) Christophorus Annaberg (Sachsen) Genselius 227) Martinus Slovacius Lisicenus (Mähren) 228) Conrad Degen Weißensee (Thüringen) 229) Caspar Praetorius Zahna (Sachsen) 230) Johannes Eccius Schweinfurt (Franken) 231) Johannes Schmid 232) Michael Speccius 233) Martinus Kirchofius 234) Georg A. Kregelmeyer 235) Georgius Profeldt 236) Elias Schuhmann 237) Johannes Closius 238) Hieremias Schinckius 239) Caspar Partschius 240) Wolfgang Lang 241) Clemens Poppius 242) Johannes Czilik 243) Wolfgang Günther 244) Martin Etner 245) Jacobus Widikindus 246) Daniel Hasing

Berufungsort

Ordination

Lindenau (Böhmen) Kansdorf (Sachsen) Schwarzenau (Österreich) Reichenbach (Schlesien) Mittelwalde (Schlesien) Ternberg (Österreich) Pouch (Sachsen) Vischbach (Franken)

1610-08-01 1610-08-01 1610-08-08

– (Böhmen) Lamberg (Österreich) Almegg (Österreich) Rossenbach (Schlesien) Dortmund (Westfalen) Dortmund (Westfalen) Guhrau (Schlesien) Bitterfeld (Sachsen) Aistersheim (Österreich) Thomaschlag (Böhmen) –

1610-09-05 1610-09-05 1610-09-12 1610-09-12 1610-09-12 1610-09-12 1610-09-12 1610-09-26 1610-10-24 1610-10-24 1610-11-14

– (Schlesien) Großa (Österreich)

1610-11-14 1610-11-21

1610-08-29 1610-08-29 1610-08-29 1610-09-05 1610-09-05

Liensdorf (Sachsen) Schöngrabern (Österreich) Wittenberg (Sachsen) Guntersdorf (Österreich) Wolkenburg (Sachsen) Veslau (Österreich)

1610-12-04 1610-12-17

Jessen (Sachsen) Wittenberg (Sachsen)

Schweidnitz (Schlesien) Niemegk (Sachsen)

1611-02-06 1611-03-06

Leipa (Böhmen) Radeberg (Sachsen) Görlitz (Lausitz) Senftenberg (Lausitz)

Schmnitz (Böhmen) – (Schlesien) Melaune (Lausitz) Reschinensis (Mähren)

1611-03-06 1611-04 1611-04-16 1611-04-24

Kirchaynensis (-) Steinach (Franken) Karlsbad (Böhmen) Sobeslau (Böhmen) Glashütte (Sachsen) Guhrau (Schlesien) Arnstadt (Thüringen) Meiningen (Franken)

Calau (Lausitz) Niederleis (Österreich) – (Österreich) Kamnitz (Böhmen) Mügeln (Sachsen) Guhrau (Schlesien) Trebga (Anhalt) – (Österreich)

1611-04-24 1611-04-24 1611-04-26 1611-04-30 1611-05-06 1611-05-06 1611-05-21 1611-05-21

1610-12-17 1610-12-21

336

Anhang

Vorname und Name Herkunftsort 247) Johannes Henning 248) Daniel Stosius 249) Martin Henkel 250) Martin Heineccius 251) Melchior Feyerabendt 252) Salomon Rephun 253) Michael Eberhardi 254) Johannes Nicolai 255) Joachim Wagner 256) Wolfgang E. Englhart 257) Johannes Campanus 258) Jonas Nordhamer 259) Caspar Cretzschmer 260) Marcus Marcelli 261) Philipp Hrubetius 262) Daniel Milivensky 263) Stephanus Sgrobelius 264) Philipp Weber 265) Matthaeus Schmidt 266) Johannes Jenischius 267) Nicolaus Olaj 268) Wolfgang Sarcander 269) Georgius Cratzsch 270) Johannes Pistor 271) Sigismund Badehorn 272) Balthasar Warmnest 273) Andreas Neander 274) Valentinus Mylius 275) Daniel Moderer 276) Johannes Zeiger 277) Andreas Frobisgruner 278) Christian Nicolai 279) Johannes Schönniger 280) Burchhard L. Cuchius 281) Leonhard Marius 282) Georgius Tinaeus

Berufungsort

Grimma (Sachsen) Bielitz (Schlesien) Sonnenwalde (Lausitz) Gersdorf (Lausitz) Straßburg (Elsaß)

Ordination

– (Sachsen) Polna (Böhmen) – (Österreich) Seidau (Lausitz) Habelschwerdt (Schlesien) Ölnsitz (Sachsen) Lauterbach (Böhmen) Lichtenstein (Sachsen) Sporitz (Böhmen) Altenberg (Sachsen) Pillnitz (Sachsen) Iglau (Mähren) Polna (Böhmen) Zellensis (Österreich) – (Österreich)

1611-06-04 1611-06-04 1611-06-05 1611-06-05 1611

Kuttenberg (Böhmen) Augsburg (Franken) Kratzau (Böhmen) Zar (Schlesien) Brod (Ungarn) Pardubitz (Böhmen) Rastochenus (Ungarn) Augsburg (Franken) Iglau (Mähren) Mügeln (Sachsen) Scazensis (Schweden) Eger (Böhmen) Zeitz (Sachsen) Schmöln (Sachsen) Großenhain (Sachsen)

– (Böhmen) Rastenburg (Österreich) Seifersdorf (Schlesien) Letowitz (Böhmen) Trebitsch (Mähren) – (Mähren) Belnicium (Böhmen)

1611-07-29 1611-08-07 1611-08-07 1611-08-14 1611-08-14 1611-08-14 1611-08-14

Bruck (Österreich) Iglau (Mähren) – (Österreich) Linz (Österreich) Eger (Böhmen) Horn (Österreich) Mörlitz (Böhmen) Torgau (Sachsen)

1611-08-14 1611-08-21 1611-08-28 1611-09-04 1611-09-04 1611 1611-09-11 1611-09-18

Görlitz (Lausitz) Waldenburg (Sachsen) Dresden (Sachsen) Peterswalde (Schlesien) Hainichen (Sachsen)

1611-09-25 1611-10-02 1611-10-02 1611-10-02

Auma (Thüringen)

Leschwitz (Lausitz) Waldenburg (Sachsen) Urspitz (Mähren) Steinkunzendorf (Schlesien) Malischkendorf (Sachsen) Altöls (Schlesien)

Radis (Sachsen) Asch (Sachsen)

S. Georgia (-) Tschelief (Böhmen)

1611-10-16 1611-10-30

Schleusingen (Franken) Gunzenhausen (Franken) Herzberg (Sachsen)

– (Böhmen)

1611-10-30

Zwentendorf (Österreich) Herzberg (Sachsen)

1611-11-06

1611 1611-07-19 1611-07-17 1611-07-17 1611-07-17

1611-10-16 1611-10-16

1611

  Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)337

Vorname und Name Herkunftsort

Berufungsort

Ordination

283) Bartholomäus Herzberg (Sachsen) Birnbaum 284) Polycarp Leyser d. J. Wittenberg (Sachsen)

Wittenberg (Sachsen)

1611

Wittenberg (Sachsen)

1611-12-02

285) Antonius Berger 286) Benedictus Mutius 287) Caspar Feigius

Torgau (Sachsen) Belzig (Sachsen) Frankenstein (Schlesien) Parsberg (Pfalz) Bunzlau (Schlesien) Schlaggenwald (Böhmen) Bernau (Mark) Belzig (Sachsen) Ellersleben (Thüringen) Zahna (Sachsen) Hirschberg (Schlesien) Wilnsdorf (Sachsen) Schönberg (Mähren) Schwabach (Franken) Frankenstein (Schlesien) Braunschweig (Nieders.) Kochstadt (Halberstadt) Arnsdorf (Schlesien) Guttau (Lausitz) Lysic (Mähren) Sörnewitz (Sachsen) Beltzig (Sachsen)

Pösigk (Sachsen) Wiendorf (Sachsen) Lauterbach (Schlesien)

1612-01-15 1612-01-15 1612-04-05

Schierfling (Pfalz) Türchau (Schlesien) Kuttenplan (Böhmen)

1612-02-12 1612-03-04 1612-03-04

Goßmar (Mark) Gommern (Sachsen) –

1612-03-04 1612-03-12 1612-03-17

Zahna (Sachsen) Haselbach (Schlesien) Gategast (Sachsen) Grünberg (Mähren) Traustadt (Franken) Briesnitz (Schlesien)

1612-03-19 1612-04-01 1612 1612-04-23 1612-04-22 1612

– (Österreich)

1612-06-21

Frankenthal (Sachsen)

1612

Weigelsdorf (Schlesien) Hoyerswerda (Lausitz) Triesch (Mähren) Rabenstein (Sachsen) Schwanebeck (Sachsen)

1612 1612-06-17 1612-07-01 1612-07-10 1612-07-22

Lippach (Böhmen) Eger (Böhmen)

Thomaschlag (Böhmen) 1612 Seifenburg (Österreich) 1612-08-12

Kirchhain (Lausitz) Lauban (Lausitz)

Eferding (Österreich) Lauban (Lausitz)

1612-07-07 1612-08-26

Neustadt (Schlesien) Prettin (Sachsen) Jauer (Schlesien) Torgau (Sachsen) Breslau (Schlesien) Briznensis (Ungarn) – (Mähren)

Leuber (Schlesien) – (Sachsen) Merzdorf (Schlesien) Kreischau (Sachsen) Domanze (Schlesien) Cocaviane (Ungarn) –

1612-08-26 1612-09-09 1612-09-09 1612-09-23 1612-10-14 1612-10-21 1612-10-21

288) Johannes Heys 289) Adam Tappert 290) Zacharias Theobaldus 291) Johannes Riderus 292) Mauritius Poltz 293) Johannes Becherer 294) Martinus Vogelius 295) Friedrich Tilesius 296) Petrus Lucius 297) David Frobenius 298) Johannes Sartorius 299) Martin Mayer 300) Henning Meier 301) Andreas Meißner 302) 303) 304) 305) 306) 307) 308) 309) 310) 311) 312) 313) 314) 315) 316) 317)

Matthaeus Exner Daniel Birlingius Johannes Cruciger Georgius Ottfar Severinus Regenstein Ambrosius Schobius Bartholomaeus Albinus Heinrich Schnell Christoph Holstenius Johannes Henricus Georgius Cuno Joachimus Profius David Praetorius Joachim Buchs Michael Gallus Johannes Viti

338

Anhang

Vorname und Name Herkunftsort 318) Johannes Kapffenburger 319) Matthaeus Möstius 320) Christian Coler

Nördlingen (Schwaben) Memmingen (Schwaben) Grimma (Sachsen)

Berufungsort

Ordination

Priesen (Böhmen)

1612-10-21

– (Österreich)

1612-10-21 1612-10-21

321) Matthaeus Bachmann 322) Christophorus Hoffman 323) Esaias Wochius 324) Andreas Meier 325) Tobias Michäel 326) Carolus Fridericus Rhau 327) David Crugerus

Dresden (Sachsen)

Winckelberg (Österreich) Wahrenbrück (Sachsen)

Oschatz (Sachsen)

– (Österreich)

1612-10-21

Strelitz (Schlesien) Glauchau (Sachsen) Znaym (Mähren) Eiwantschitz (Mähren) Lubbenau (Lausitz)

– (Schlesien) Glauchau (Sachsen) Enzersdorf (Österreich) – (Mähren)

1612-11-25 1612-11-25 1612-12-02 1612-12-02

Großdrentzig (Mark)

1612-12-21

328) Friedrich Zappius

Frankenstein (Schlesien) Rothenburg (Franken) Breslau (Schlesien) Kempten (Schwaben) Belgern (Sachsen)

Frankenstein (Schlesien)

1613-01-04

Ebendorf (Österreich)

1613-02-04

Frankenstein (Schlesien) – (Österreich) Wesenick (Sachsen)

1613-01-04 1613-01-13 1613-01-20

Spandau (Mark) Liptov (Ungarn) Baruth (Sachsen) Görlitz (Lausitz) Muskau (Lausitz) Crimmitschau (Sachsen) Habelschwerdt (Schlesien) Helmstedt (Braunschweig) – (Österreich)

– (Lausitz) Redova (Ungarn) Solms (Hessen) Jänkendorf (Lausitz) Zibelle (Lausitz) Arsteten (Österreich)

1613-02-05 1613-02-26 1613-03-10 1613-03-10 1613-03-10 1613-03-22

Schönberg (Mähren)

1613-03-26

Prödel (Sachsen)

1613-04-07

Gundersdorf (Österreich) Vetzschow (Lausitz) Neiße (Sachsen) Polna (Böhmen) Kunnersdorf (Böhmen) Bartfeld (Ungarn) Eckendorf (Österreich) Riet (Mark) – (Österreich)

1613-04-21

329) Johannes Halschius 330) Martin Weniger 331) Isaac Pröbstel 332) Johannes Kretzschmar 333) Adam Melitius 334) Johanes Husty 335) Johannes Hanisius 336) Georgius Langius 337) Petrus Blasius 338) Petrus Thalmannus 339) Johannes Ursinus 340) Wolfgang Springenberg 341) Elias Knogler 342) Georgius Hasler 343) Michael Jumpeltus 344) Andreas Gromen 345) Martin Tiefftrunk 346) Martin Wagner 347) Philipp Lindener 348) Michael Praetorius 349) Daniel Eccius

Cottbus (Lausitz) Theban (Sachsen) Iglau (Mähren) Kreibitz (Böhmen) Bartfeld (Ungarn) Röthensis (Sachsen) Ziesar (Mark) Schweinfurth (Franken)

1612-10-21

1613-04-21 1613-04-28 1613-04-28 1613-04-28 1613-05-04 1613-05-19 1613-05-19 1613-06-09

  Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)339

Vorname und Name Herkunftsort

Berufungsort

Ordination

Rottenschach (Österreich) Krumpach (Österreich) Tschelief (Böhmen) Neusohl (Ungarn) Seidenberg (Schlesien) Mertzdorf (Sachsen) Gierendorf (Österreich)

1613-06-09

Freiberg (Sachsen) Brück (Sachsen) Thabor (Böhmen) Schlaggenwald (Böhmen) Sternberg (Mähren) Jüterbog (Sachsen) Dresden (Sachsen) Mureck (Österreich) Trubell (Lausitz)

Grupa (Böhmen) Brück (Sachsen) Policen (Böhmen) Losenstein (Österreich)

1613-07-28 1613-08-04 1613-08-04 1613-09-10

Sternberg (Mähren) Fröhden (Mark) Wittenberg (Sachsen) Heinburg (Österreich) –

1613-09-10 1613-09-10 1613-08-11 1613 1613-10-06

Wittenberg (Sachsen) Arnstadt (Thüringen) Münchberg (Franken) Frankfurt (Mark) Colmen (Sachsen) Iglau (Mähren) Oschatz (Sachsen)

Lützelburg (Österreich) Herzberg (Sachsen) Dommitzsch (Sachsen) Prettin (Sachsen) Hohenleipitz (Sachsen) Urspitz (Mähren) Oberbühel (Österreich)

1613-10-06 1613-10-13 1613-10-20 1613-11-02 1613-11-02 1613-11-27 1613-12-07

Colmar (Elsaß)

Trübau (Mähren)

1613-12-22

Schweidnitz (Schlesien) Dessau (Anhalt)

Nießdorf (Schlesien)

1614-01-13

Seida (Sachsen)

1614-01-26

Döbrichau (Sachsen) Gebesee (Thüringen)

Döbrichau (Sachsen) Annaberg (Sachsen)

1614-01-26 1614-02-16

Reichenbach (Schlesien) Iglau (Mähren) Königswart (Böhmen) Kyritz (Mark) Zwickau (Sachsen) Kitzingen (Franken) Calau (Lausitz) Leipa (Böhmen) Rumberg (Böhmen)

Reichenbach (Schlesien) 1614-02-23

350) Gallus Stahelius

Wagstadt (Schlesien)

351) 352) 353) 354) 355) 356)

Zeitz (Sachsen) Jena (Thüringen) Daber (Pommern) Bunzlau (Schlesien) Baruth (Sachsen) Wittenberg (Sachsen)

357) 358) 359) 360) 361) 362) 363) 364) 365) 366) 367) 368) 369) 370) 371) 372) 373)

Andreas Stoltzius Johannes Hofsteter Michael Bussaeus David Seidelius Johannes Lipius Godefridus Hoffman Jacobus Setlerus Martin Breusnitzius Georgius Hoffman Christoph Crinesius Elias Faber Andreas Mechelius Balthasar Meisner Matthaeus Herpius Gregorius Druckschius Cyriacus Lohius Johannes Steiffius Johannes Schlegelius Erasmus Willich Johannes Fidlerus Andreas Crumenius Reichardus Strentzelius Matthaeus Betulejus

374) Casparus Egranus 375) Johann Georg Clingius 376) Martin Peucer 377) Christophorus Francus 378) Melchior Euchorn 379) 380) 381) 382) 383) 384) 385) 386)

Jeremias Dürbarth Johannes Rockstro Joachim Wegen Friedrich Ölmann Johannes Reger Johannes Supanus Johannes Beccerus Zacharias Otto

– (Mähren) Schönwald (Böhmen) Brietzen (Mark) Lichtenstein (Sachsen) Rohrbach (Österreich) Groß Mehßow (Lausitz) Hauska (Böhmen) Rumberg (Böhmen)

1613-06-09 1613-06 1613-07-07 1613-07-07 1613-07-07 1613-07-28

1614-03-16 1614-03-23 1614 1614-03-30 1614-03-30 1614-04-06 1614-04-06 1614-04-11

340

Anhang

Vorname und Name Herkunftsort 387) Georgius Martini 388) Johannes Friderici 389) Paulus Caesar 390) Christophorus Heer 391) Samuel Thuringus 392) Christophorus Hahn 393) Christian Wolffius 394) Christoph Reichelius 395) Salomon Weger

Breslau (Schlesien) Luckau (Lausitz) Schneeberg (Sachsen) Lauban (Lausitz) Schweidnitz (Schlesien) Dresden (Sachsen)

Radanice (Böhmen) Münsterberg (Schlesien) Frankenstein (Schlesien) 396) David Laetius Zeuden (Mark) 397) Fabian Kesler Adorf (Sachsen) 398) Theodoricus Flegius Hornburg (Nieders.) 399) Joachim Fabri 400) Johannes Schefflerus 401) Ehrenhold Graull 402) Christoph Lehmann 403) Johannes Polus 404) Gabriel Bruniovius 405) Georgius John 406) Petrus Galli 407) Augustinus Pauspertel 408) Christoph Eberhardi 409) Christophorus Albinus 410) Matthias Ellinger 411) Abraham Steinbach

Burg (Sachsen) Spremberg (Lausitz) Magdeburg (Sachsen) Calau (Lausitz) Messersdorf (Lausitz) Gentin (Sachsen) Leipzig (Sachsen) Kirchhain (Lausitz) Iglau (Mähren)

Berufungsort

Ordination

Neiße (Schlesien) Boresdorf (Sachsen) Schweta (Sachsen) Seifersdorf (Lausitz) Polsdorf (Schlesien)

1614-05-04 1614-05-18 1614-05-18 1614-05-25 1614-06-03

Ihleburg (Sachsen)

1614-06-03

Sehta (Böhmen) Littau (Mähren)

1614-06-21 1614-06-21

Baumgarten (Schlesien)

1614-06-21

Zeuden (Mark) – (Österreich) Thedinghausen (Nieders.) – Friedersdorf (Lausitz) – (Österreich) Löbau (Lausitz) Greifenstein (Lausitz) Hobeck/Gäbel (Sachsen) Süptitz (Sachsen) Zücka (Lausitz) Iglau (Mähren)

1614-06-29 1614-06-29 1614-07-13 1614-07-27 1614-08-10 1614-08-16 1614-08-16 1614-08-24 1614-09-07 1614-09-16 1614-09-22 1614-09-21

Reichenbach (Lausitz) Reichenbach (Lausitz) 1614-09-21 Köben (Schlesien) Winzenberg (Österreich) 1614-10-12

Lauban (Lausitz) Dippoldiswalde (Sachsen) 412) Johannes Nagler Pausa (Sachsen) 413) Johannes Heyberger Schlamming (Österreich) 414) David Walther Schneeberg (Sachsen) 415) Samuel Roth Schwiebus (Schlesien) 416) Macglano – Bamororosky 417) Georgius Heinrici Habelschwerdt (Schlesien) 418) Hieronymus Nördlingen Sutorius (Schwaben) 419) Johannes Walter Bunzlau (Schlesien) 420) Jonas Roterus Neustadt (Schlesien) 421) Nicolaus Suevus Wonsesen (Franken)

Neuendorf (-) Pillnitz (Sachsen)

1614-10-12 1614-10-26

Prettin (Sachsen) 1614-11-09 Seussenburg (Österreich) 1614 Linz (Österreich) Hartau (Lausitz) –

1614-11-06 1614-11-23 1614-11-25

Plomnitz (Schlesien)

1614-11-28

– (Pfalz)

1614-12-07

Gramschitz (Schlesien) Filstein (Mähren) Schönwald (Franken)

1614 1614-12-21 1614-12-21

  Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)341

Vorname und Name Herkunftsort

Berufungsort

Ordination

422) Daniel Praetorius

Baruth (Sachsen)

Baruth (Sachsen)

1614-12-21

423) Stephan Inmacher 424) Joachim Strigius 425) Friedrich Chalybaeus 426) Christian Droschelius 427) Thomas Kellner 428) Severus Pontanus 429) Melchior Neuman 430) Andreas Salichius 431) Paulus Kindler 432) Thomas Schreiter 433) Martinus Crusius 434) Valentinus Herlichius 435) Georgius Sartorius 436) Casparus Sutorius

Jessen (Sachsen) Stettin (Pommern) Spremberg (Lausitz)

Leopoldsdorf (-) Danzig (Polen) Zabeltitz (Sachsen)

1615-01-15 1615-01-31 1615-02-08

Graupen (Böhmen)

Gartitz (Sachsen)

1615-02-24

Lippa (Böhmen) Stettin (Pommern) Friedland (Böhmen) Belzig (Sachsen) Jauer (Schlesien) Prettin (Sachsen) Hertzberg (Sachsen) Delitzsch (Sachsen)

Lippa (Böhmen) Fraundorf (Österreich) Reichenberg (Böhmen) Schierstedt (Sachsen) Pirchen (Böhmen) Mögeln (Sachsen) Ahlsdorf (Sachsen) Delitzsch (Sachsen)

1615-03-22 1615-03-29 1615-03-29 1615-04-19 1615-04-19 1615-04-26 1615-05-06 1615-05-06

Nimptsch (Schlesien) Joachimsthal (Böhmen) Finsterwald (Sachsen)

Peterswaldau (Schlesien) 1615-05-16 Schumburg (Böhmen) 1615-05-16 Alt Döhlen (Sachsen)

1615-05-24

Topschau (Ungarn)

Woykowitz (Mähren)

1615-06-01

Gestinghausen (Franken) Habelschwerdt (Schlesien) Ölsnitz (Sachsen)

Bugberg (Franken)

1615

– (Mark)

Peurbach (Österreich)

1615-07

Delitzsch (Sachsen) Stendal (Mark) Magdeburg (Sachsen)

Meerane (Sachsen) Grabow (Mark) Heringen (Hessen)

1615-07-12 1615-07-26 1615-09-08

Lipnitz (Mähren) Muskau (Lausitz) Lößnitz (Sachsen)

Strzelec (Schlesien) – (Ungarn) Wiesa (Sachsen)

1615-09-21 1615-09-28 1615-10-04

Bunzlau (Schlesien) Kitzingen (Franken) Torgau (Sachsen) Lauban (Lausitz) Lorch (Rhein) Lauban (Lausitz)

Ottendorf (Schlesien) Salzfurth (Sachsen) Hauzenthal (Österreich) Seifersdorf (Schlesien) Reichenthal (Österreich) Lauban (Lausitz)

1615-10-11 1615-10-18 1615 1615 1615-11-15 1615-12-06

437) Christophorus Raccius 438) Michael Lachanosarcus 439) Heinrich Reuter 440) Johannes Viewig 441) Christophorus Feigius 442) Georgius Berchthold 443) Jeremias Zeisingius 444) Friedrich Bruck 445) Michael Mönchmeier 446) Martin Raphanulus 447) Johannes Cupfer 448) Christophorus Colhard 449) Johannes Drümelius 450) Georgius Hoffman 451) Johannes Zeller 452) Elisaeus Heer 453) Johannes Rosnerus 454) Paulus Haugsdorphius

Altwaltersdorf 1615-06-21 (Schlesien) Primersdorf (Österreich) 1615-07-04

342

Anhang

Vorname und Name Herkunftsort

Berufungsort

Ordination

455) Johannes Hundius 456) Melchior Huffschlager

Joachimsthal (Mark) Nördlingen (Thüringen)

Buckau (Sachsen) Enzesdorf (Österreich)

1615 1615-12-13

457) Bartholomaeus Besold 458) Heinrich Steutter 459) Paullus Wagnerus 460) Cunradus Bernhardi 461) Christian Tilesius 462) Jacobus Kühn

Engelhausen (Böhmen) Bitterfeld (Sachsen) Lichtenstein (Sachsen) Brück (Mark) Olavis (Schlesien) Bolkenhain (Schlesien) Meseritz (Mähren) Raudnitz (Böhmen) Ungarisch Brod (Mähren) Eisersdorf (Schlesien) Fulda (Hessen) Schneeberg (Sachsen)

Reuthsehowes (Böhmen) Mühlbeck (Sachsen) – Dommatzsch (Sachsen) Militsch (Schlesien) Waldenburg (Schlesien)

1616-01-24

Brodetz (Böhmen) Betnicensis (-) Brunn (Mähren)

1616-02-28 1616 1616-02-28

Habendorf (Schlesien) Hundeluft (Anhalt) Münichen (Österreich)

1616-03 1616-03 1616-03-26

Torgau (Sachsen) Schluckenau (Böhmen) Glatz (Schlesien) Glatz (Schlesien) Torgau (Sachsen) Neapolitanus (Vogtland) 475) Jacobus Czernochius Blizkovice (Mähren) 476) Paulus Beck Iglau (Mähren) 477) Daniel Fabritius Habelschwerdt (Schlesien) 478) Johannes Rebentrost Platten (Böhmen) 479) Johannes Simon Seegrehna (Sachsen) 480) Georgius Helbigius Nebra (Sachsen) 481) Johannes Thammius Burglengenfeld (Bayern) 482) Johannes Stangius Pegau (Sachsen) 483) Georgius Paludinus Nicopolium (Ungarn) 484) Johannes Tischer Schleusingen (Thüringen) 485) Christoph Vetschau (Lausitz) Praetorius 486) Johannes Gelnitius Baruth (Sachsen) 487) Georgius Rudelius Spremberg (Lausitz) 488) Georgius Uber Breslau (Schlesien) 489) Abraham Crusius Schönau (Schlesien)

Sonnewalde (Sachsen) Schluckenau (Böhmen)

1616-04-10 1616-04-10

Mittelwaldt (Schlesien) Schönfeldt (-) Brakenegg (Österreich) – (Österreich)

1616-04-10 1616-04-10 1616 1616-04-24

– Malspitz (Mähren) Glatz (Schlesien)

1616-04-24 1616-05-06 1616-05-10

Schaboglück (Böhmen) – (Österreich) Holzdorf (Sachsen) Eggendorf (Österreich)

1616-06-04 1616-06-05 1616-07-03 1616-07-10

– (Sachsen) Schwabotz (Ungarn) – (Österreich)

1616-07-10 1616-07-10 1616-08-14

Altdöbern (Lausitz)

1616-08

Heinsdorf (Sachsen) Spremberg (Lausitz) Lortzendorf (Schlesien) Wohnwitz (Schlesien)

1616-08-14 1616-08-28 1616-08-28 1616

463) Victorinus Facilides 464) Michael Volphius 465) Jacobus Hrubetius 466) David Copisius 467) Georgius Mullerus 468) Christophorus Hertelius 469) Erasmus Rennerus 470) Matthaeus Schultetus 471) Lucas Barth 472) Paulus Barth 473) Casparus Cleninsius 474) Petrus Hertzog

1616-02-06 1616-02-12 1616-02-13 1616-02-28 1616-02-28

  Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)343

Vorname und Name Herkunftsort 490) Vitus Burchardus 491) Matthaeus Löscher 492) Daniel Malesius 493) Erardus Heshusius 494) David Sänftleben 495) Augustin Holtzhammer 496) Bartholomäus Henrici 497) Jeremias Danielis 498) Daniel Schalitzius 499) Martin Otfar 500) Christophorus Leiscius 501) Georgius Breitagius 502) Georg Leopold Lieblich 503) Jacobus Eckmannus 504) Philippus Caesius 505) Johannes Crügerus 506) David Hochschildt 507) Petrus Scultetus 508) Johannes Freudenreich 509) Johannes Feigius

Berufungsort

Ordination

Neagorensis (Thüringen) Grimma (Sachsen) Breslau (Schlesien) Minden (Westfalen) Bunzlau (Schlesien) Podersam (Böhmen)

Belzig (Sachsen)

1616-09-25

Plösigk (Sachsen) Wilren (Schlesien) Becko (Holstein) Kunnersdorf (Böhmen) Kunnersdorf (Böhmen)

1616-09-25 1616 1616-09-25 1616-10-03 1616-10-03

Neapolitanus (Ungarn) Halle (Sachsen) Torgau (Sachsen) Sernwitz (Sachsen) Schweidnitz (Schlesien) Celich (Schlesien) Halle (Sachsen)

Leipertitz (Mähren)

1616-10-03

Hobeck/Gäbel (Sachsen) Rhefeldt (Sachsen) Beinsdorf (Sachsen) Weichau (Schlesien)

1616-10-03 1616-10-30 1616-11-18 1616-11-20

– Streitwies (Österreich)

1616-11-20 1616-11-27

Wittenberg (Sachsen)

Arnsnesta (Sachsen)

1616-12-11

Schönewerda (Thüringen) Cottbus (Lausitz) Haggenberg (Österreich) Behm (Zips) Trübau (Mähren)

Schierau (Sachsen)

1617-01-22

Altdöbern (Lausitz) – (Österreich)

1617-01-29 1617-02-05

Grusbach (Mähren) Trübau (Mähren)

1617-02-05 1617-02-12

Trübau (Mähren)

1617-12-02

– (Mähren) Wolfersdorf (Böhmen) Zwethau (Sachsen) Pfaffenschlag (Österreich) Magdeburg (Sachsen) Klöden (Sachsen) Dübrau (Lausitz) Flöhe (Böhmen) Obergassing (Österreich) Strach (Sachsen) Wildenhain (Sachsen) Kethsee (Österreich) – – (Mähren) Großschönau (Lausitz) Wickwitz (Böhmen)

1617-02-19 1617-03-05 1617-03-12 1617-03-26

Habelschwerdt (Schlesien) 510) Johannes Schierlach Neocomiensis (Zips) 511) Georgius Fischer Pirna (Sachsen) 512) Jonas Alberti Leostein (Sachsen) 513) Christophorus Schweinsberg Molitor (Hessen) 514) Joachim Bergeman Plaue (Mark) 515) Jacobus Decius Torgau (Sachsen) 516) Johannes Crüger Cottbus (Lausitz) 517) David Bach Preßnitz (Böhmen) 518) Johannes Major Jüterbog (Sachsen) 519) Simon Cannius Strach (Sachsen) 520) David Jentzsch Oschatz (Sachsen) 521) Elisäus Homberger Graz (Österreich) 522) Florian F. Caleph Prerau (Mähren) 523) Petrus Möde Schievelbein (Mark) 524) Oswald Smidich Zittau (Lausitz) 525) Johannes Lochmann Zittau (Lausitz)

1617-03-26 1617-04-09 1617-04-09 1617-04-09 1617-04-26 1617-04-24 1617-04-30 1617 1617-06-04 1617-06-06 1617-06-11 1617-06-24

344

Anhang

Vorname und Name Herkunftsort

Berufungsort

Ordination

Weidenhain (Sachsen) Weißkirch (-) Sworis (Böhmen) Aschmeritz (Mähren) Stainberg (Ungarn) Hardegg (Österreich)

1617-07-16 1617-07-16 1617-07-11 1617-07-16 1617-07-23 1617-07-30

Lichtenau (Österreich) Malitschkendorf (Sachsen) Hünnefeld (Niedersachsen) Dobrilug (Lausitz) Kirchhain (Lausitz) Schemnitz (Ungarn) Trübau (Mähren)

1617-08-01 1617-08-20

Rotterdam (Niederlande) 540) Paulus Trescovius Müncheberg (Mark) Sizendorf (Österreich) 541) Matthaeus Hüfnerus Drebkau (Lausitz) Drebkau (Lausitz) 542) Nicolaus Wolfius Düben (Sachsen) Lühnsdorf (Sachsen) 543) Andreas Polemann Frankfurt (Mark) Brandenburg (Mark) 544) Valentinus Rulichius Templin (Mark) Themberg (Österreich) 545) Melchior Böllius Jüterbog (Sachsen) Sorau (Lausitz) 546) Andreas Fonhemius Pretzsch (Sachsen) Treben (Thüringen) 547) Samuel Müller Frauenstein (Sachsen) Pforta (Sachsen) 548) Matthias Ruthardus Bunzlau (Schlesien) Lillendorf (Schlesien) 549) Andreas Lang Drossen (Mark) – 550) Michael Hermann Breslau (Schlesien) Breslau (Schlesien) 551) Johannes Breslau (Schlesien) Breslau (Schlesien) Curtzmann 552) Johannes Breslau (Schlesien) Breslau (Schlesien) Teutschmann 553) Gregorius Haus Nimitzsch (Sachsen) Nimitzsch (Sachsen) 554) Martin Praetorius Lüberose (Lausitz) Forst (Lausitz) 555) Matthäus Fligel Löwenberg Tymendorf (Schlesien) (Schlesien)

1617-09-05

526) Georgius Beuthner 527) Johannes Mirus 528) Matthias Malluvy 529) Tobias Dürbarth 530) Balthasar Fritzschius 531) Georgius Strassius

Torgau (Sachsen) Neurohlau (Böhmen) Kolberg (Pommern) Iglau (Mähren) Weida (Thüringen) Nördlingen (Schwaben) 532) Johannes Wilckius Wittenberg (Sachsen) 533) Johannes Wernsdorff Chemnitz (Sachsen) 534) Heinrich Florinus 535) 536) 537) 538)

Lemgo (Westfalen)

Caspar Pfister Henricus Krigius Johannes Gruber Balthasar Örtelius

Herzberg (Sachsen) Kirchhain (Lausitz) Hain (Sachsen) Dürnstein (Österreich) 539) Hieronymus Hirnius Magdeburg (Sachsen)

556) Lucas Hieberus 557) Christophorus Busch 558) Christian Clarus 559) Jacob Grundeman 560) Paulus Wernerus 561) Paulus Reuterus 562) Franck

1617-08-27 1617-08-27 1617-08-27 1617-09-05 1617-09-05

1617-09-16 1617-09-16 1617-09-18 1617-09-26 1617-10-01 1617-10-08 1617-10-15 1617-10-15 1617-10-28 1617-11 1617-12-10 1617-12-10 1617-12-10 1617-12-17 1617 1617-12-29

Augsburg (Franken) Plauen (Thüringen)

Guntersdorf (Österreich) 1618-01 Prettin (Sachsen) 1618-02-11

Hertzberg (Sachsen) Oschatz (Sachsen) Torgau (Sachsen) Bitterfeld (Sachsen) Kroltz (Lausitz)

Lichtenberg (Sachsen) Sandov (Böhmen) Weiden (Sachsen) Bitterfeld (Sachsen) Kroltz (Lausitz)

1618-02-11 1618-02-18 1618-02-28 1618-03-04 1618-03-04

  Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)345

Vorname und Name Herkunftsort 563) Nicolaus Clarus

Habelschwerdt (Schlesien) 564) Georgius Scultetus Lauban (Lausitz) 565) Abraham Neander Meißen (Sachsen) 566) Valentin Gerhard Pirna (Sachsen) 567) Christian Keill Wittenberg (Sachsen) 568) Andreas Winziger Zittau (Lausitz) 569) Georgius Perlitius Storkow (Mark) 570) Zacharias Heischius Triebel (Lausitz) 571) Benedict Belgern (Sachsen) Kretzschmar 572) Petrus Henningus Lauban (Lausitz) 573) Melchior Gerlach Bautzen (Lausitz) 574) Georgius Caesar Schluckenau (Böhmen) 575) Andreas Reussig Teschen (Schlesien) 576) Martin Lemle Jägerndorf (Schlesien) 577) Abrahamus – (Ungarn) Benedicti 578) Jacobus Drasdius – (Ungarn) 579) Johannes Oschatz (Sachsen) Kretzschmar 580) Daniel Mylius Paderborn (Westfalen) 581) Johannes Frenkelius Dalen (Sachsen) 582) Abrahamus Ortrant (Sachsen) Schurichius 583) Georgius Glauchius Zeitz (Sachsen) 584) Johannes Crugius Wittenberg (Sachsen) 585) Martin Beyer Wittenberg (Sachsen) 586) Johannes Ossigius Neumark (Schlesien) 587) Christian Hammer Brehna (Sachsen) 588) Philipp Zeising Schmiedeberg (Sachsen) 589) Gottfried Textor Glogau (Schlesien) 590) Georgius Brucatius Triebel (Lausitz) 591) Johannes Sagittarius Elster (Sachsen) 592) Georgius Gutewortt Jessen (Sachsen) 593) Adamus Mathesius Sommerfeld (Lausitz) 594) Abrahamus Guben (Lausitz) Mathesius 595) Tobias Henckelius Halberstadt (Sachsen) 596) Hieronymus Pauli Insterburg (Litauen) 597) Friedrich Holstenius Bunzlau (Schlesien) 598) Christianus Zigardus – (Mark) 599) Petrus Lübbenau (Lausitz) Winckelmannus 600) Basilius Minor Strehlen (Schlesien)

Berufungsort

Ordination

Schönberg (Schlesien)

1618-03-11

Breslau (Schlesien) Roitzsch (Sachsen) Schönfeld (Böhmen) – (Österreich) Herbigsdorf (Lausitz) Münchenhof (Sachsen) Reinswalde (Lausitz) Elster (Sachsen)

1618-03-11 1618-03-18 1618-03-18 1618-03-30 1618-04-05 1618-04-18 1618-04-17 1618-04-22

Lauban (Lausitz) Strahwalde (Lausitz) Kottwitz (Schlesien)

1618-05-01 1618-05-08 1618-05-08

– Hranice (Böhmen) Lipnice (Böhmen)

1618-05-08 1618-05-06 1618-05-08

– Veselau (Österreich)

1618-05-08 1618-05-12

Schweinitz (Sachsen) – Christofsgrund (Böhmen) Torgau (Sachsen) Döbrichau (Sachsen) Dabrun (Sachsen) Schönau (Schlesien) Pösigk (Sachsen) Niederseefeld (Sachsen)

1618-05-20 1618-06-08 1618-06-25

Groß-Kauer (Schlesien) Zibelle (Lausitz) Lichtenburg (Sachsen) Klöden (Sachsen) Sorau (Lausitz) – (Lausitz)

1618-08-26 1618-08-26 1618-09-02 1618-09-02 1618-09-16 1618-09-23

Halberstadt (Sachsen) Altenburg (Österreich) Koppitz (Schlesien) – Orgrosen (Lausitz)

1618-10-01 1618-10-01 1618-10-07 1618-10-07 1618-10-15

Domanze (Schlesien)

1618-10-21

1618-07-15 1618-07-15 1618-07-15 1618-07-15 1618-07-29 1618-08-13

346

Anhang

Vorname und Name Herkunftsort 601) Georgius Lanus 602) Paulus Jungerus 603) Georgius Pan 604) Johann H. Wipacher 605) Christian Kretzschmar 606) Martin Lentz 607) Micheal Müling 608) Paulus Weisius

Berufungsort

Ordination

Spremberg (Lausitz) Elterlein (Sachsen) Spremberg (Lausitz) Eger (Böhmen) Gröde (Sachsen)

Gravenstein (Lausitz) Kötzschau (Sachsen) Malschwitz (Sachsen) Serau (Österreich) Elsnigk (Sachsen)

1618-11-04 1618-11-09 1618-11-11 1618-11-11 1618-12-16

Zhana (Sachsen) Grimma (Sachsen) Krossen (Schlesien)

Wiesenburg (Mark) Ubigau (Sachsen) Guben (Lausitz)

1618-12-23 1618-12-23 1618-12-23

– (Böhmen)

1619-01-20

Zedlitz (Böhmen)

1619-01-27

Giehren (Schlesien) – (Lausitz)

1619-02-10 1619-02-24



1619-04-14

Tetschen (Böhmen) Lichtenberg (Sachsen) – Wittigau (Böhmen) Sonnenberg (Mähren) Jänkendorf (Lausitz)

1619-04-28 1619-04-29 1619-04-28 1619-04-28 1619-05-20 1619-06-09

Leschnensi (Schlesien) Breckwitz (Sachsen) Weissig (Sachsen) S. Nicolaiberg (Böhmen) Stenhoff (Böhmen) Torgau (Sachsen) Mügeln (Sachsen) Stranzendorf (Österreich) Lunsdorff (Sachsen) Fellem (-)

1619-06-16 1619-06-16 1619-06-25 1619 1619-07-14 1619-07-21 1619 1619-08-18

Zittau (Lausitz) Wesenigk (Sachsen) Beyersberg (-)

1619-09-01 1619-09-01 1619-09-01

– Ogersitz (Mark) Pirschen (Schlesien) – (Schlesien)

1619-09-15 1619 1619 1619

609) Johannes Zadolsky

Dobrahtenus (Böhmen) 610) Valentinus Lehman Joachimsthal (Böhmen) 611) Johannes Schweidler Friedeberg (Schlesien) 612) Christoph Cottbus (Lausitz) Wueropus 613) Jonas Gablerus Schlocknaviensis (Böhmen) 614) Samuel Richter Pirna (Sachsen) 615) Friedrich Roth Freiberg (Sachsen) 616) Zacharias Brynn Bauchwitz (Polen) 617) Michael Leubnerus Ostritz (Lausitz) 618) Ferdinandus Kernius Steinach (Österreich) 619) Tobias Siebenbaar Niederseifersdorf (Lausitz) 620) Jeremias Mymerus Glatz (Böhmen) 621) Petrus Becmannus Hänichen (Sachsen) 622) Jacobus Schmöllerus Beyern (Sachsen) 623) Michael Reichelius Geusin (Sachsen) 624) Johannes Mylius Plauen (Sachsen) 625) Valentinus Trage Kemberg (Sachsen) 626) Thomas Wercknerus Jüterbog (Sachsen) 627) Johannes Gletzelius Strehlen (Schlesien) 628) Martinus Boccatius 629) Johannes Neumann

Niemegk (Sachsen) Buxtehude (Niedersachsen) 630) Matthäus Koch Zittau (Lausitz) 631) Daniel Kretzschman Belgern (Sachsen) 632) Tobias Egenhofer Habelschwerdt (Schlesien) 633) Joachim Rademann Wusterhusen (Mark) 634) Christoph Jenichius Frankfurt (Mark) 635) Georgius Jugeltus – (Schlesien) 636) Elias Butschky Namslau (Schlesien)

1619-08-18 1619-09-01

  Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)347

Vorname und Name Herkunftsort 637) Michael Baudanus 638) Johannes Hausen 639) Ambrosius Grapenthin 640) Christophorus Vulpius 641) Andreas Scheorcovius 642) Johann G. Pharetratus 643) Georgius Titler 644) Georgius Krigius 645) Abrahamus Wilandus 646) Casparus Kirchsteinius 647) Georgius Richmannus 648) Balthasar Fuhrmann

Schluckenau (Böhmen) Coburg (Franken) Stargard (Pommern)

Berufungsort

Ordination

Dürhennersdorf (Sachsen) Horn (Österreich) Neogard (Litauen)

1619 1619 1619-10-06

Schwiebus (Schlesien) Schweinert (Schlesien)

1619-12

Cottbus (Lausitz)

Bautzen (Lausitz)

1619-10-20

Neustadt (Thüringen) Trossin (Sachsen)

1619-11-03

Teschen (Böhmen) Kirchhain (Lausitz) Kolin (Böhmen)

– Kirchhain (Lausitz) Lebach (Böhmen)

1619-11-03 1619-11-03 1619-12-02

Daber (Pommern)



1619-12-17

Zwickau (Sachsen)

Rotta (Sachsen)

1619-12-17

Wittenberg (Sachsen)

Klöden (Sachsen)

1619-12-22

Grzimalow (Galizien)

1620-01-11

– (Böhmen)

1620-01-26

Reigersdorf (Schlesien)

1620

Berlin (Mark)

1620-02-21

649) Jacobus Heidenreich Löwenberg (Schlesien) 650) Johannes Nordhausen G. Hoffman (Thüringen) 651) Martin Seidel Frankenstein (Schlesien) 652) Paul Rössel Reichenbach (Schlesien) 653) Bartholomaeus Sandersleben (Anhalt) Davidis 654) Melchior Cunelius Reichenbach (Schlesien) 655) Joachimus Fabritius Neuenburg (Schlesien) 656) Christianus Adolphi Wünschendorf (Schlesien) 657) Jacobus Mylius Görlitz (Lausitz) 658) Christinus Gadegast Cottbus (Lausitz) 659) Paulus Zwittinger Iglau (Mähren) 660) Samuel Monachus Lippensis (Böhmen) 661) Matthias Händelius Adorf (Sachsen) 662) Martinus Burgerus Teusing (Böhmen) 663) Paulus Micanus Lippensis (Böhmen) 664) Jeremias Fuchsius Delitzsch (Sachsen) 665) Jacobus Churisius Calau (Lausitz) 666) Petrus Widmannus Lauban (Lausitz)

Gräfenhainich (Sachsen) 1620-02-21 Eisersdorf (Schlesien)

1620-02-29

Droschkau (Lausitz)

1620-03-08

Klein-Neuendorf (-)

1620-03-22

Ebersbach (Lausitz) – (Lausitz) – (Mähren) Zellin (Böhmen) – Leipa (Böhmen) Hirschberg (Böhmen) Krina (Sachsen) Schönewalde (Lausitz) Lauban (Lausitz)

1620-03-22 1620-03-29 1620-05-06 1620-05-03 1620-05-10 1620-05-17 1620-05-17 1620-06-01 1620-06-09 1620-06-14

348

Anhang

Vorname und Name Herkunftsort 667) Martinus Rüschius 668) Johannes Prebitius 669) Andreas Mentzerus 670) Johann S. Krelsheimer 671) David Cichorius 672) Heinrich Praetorius 673) Christoph Lichtenberg 674) Joachimus Strengerus 675) Donatus Praetorius 676) Georgius Laurentii 677) Michel Pribiseus 678) Petrus Abbas 679) Johannes Schufferus

Kemberg (Sachsen) Bosdorf (Sachsen) Gnandtstein (Sachsen) Neuburg (Pfalz)

680) Andreas Lanckisch 681) Christoph Tichtner 682) Sigismundus Fridericus 683) Martinus Erdmanni 684) Christianus Mochius 685) Jobus Schröter 686) Andreas Kuttlerus 687) Johannes Hoffmannus 688) Daniel Poltzius 689) Philippus Reichknecht 690) Matthaeus Gussovius 691) Andreas Rubin 692) Abrahamus Withofius 693) Matthias Rosmenselius 694) Johannes Dasaeus 695) David Rosenberg 696) Esaias Horn

Berufungsort

Ordination

Grassa (Sachsen) Glindow (Sachsen) Dommitzsch (Sachsen) – (Österreich)

1620-06-14 1620-06-14 1620-06-14 1620-06-14

Hoyerswerda (Lausitz) Hoyerswerda (Lausitz) Naumburg (Schlesien) – (Schlesien) Grünberg (Schlesien) Cosel (Schlesien)

1620-07-12 1620 1620-09-06

Heunenberg (Franken) Freiberg (Sachsen) Lippensis (Böhmen) Golsen (Lausitz) Nimitzsch (Sachsen) Pegau (Sachsen)

Neissa (Sachsen)

1620-09-13

Freiberg (Sachsen) Löbau (Lausitz) Zichow (-) Trippensee (Sachsen) Schönau (Sachsen)

1620-09-13 1620-09-27 1620-11-24 1620-11-29 1620-12-20

Borna (Sachsen) Cratzow (Böhmen) Luckau (Lausitz)

Sausedelitz (Sachsen) Nimes (Böhmen) Giesmarsdorf (Lausitz)

1621-01-25 1621-02-21 1621

Dahlen (Sachsen) Herzberg (Sachsen) Wittenberg (Sachsen) Leipa (Böhmen) Bunzlau (Schlesien)

Kobershain (Sachsen) Alt-Herzberg (Sachsen) – (Sachsen) Kreibitz (Böhmen) Falkenhain (Schlesien)

1621-06-06 1621-06-27 1621-07-11 1621 1621

Beltzig (Sachsen) Wittenberg (Sachsen)

Ragösen (Sachsen) Gasdorf (Sachsen)

1621-08-22 1621-08-22

Magdeburg (Sachsen)

Schönborn (Lausitz)

1621-09-12

Spremberg (Lausitz) Priebus (Schlesien)

Lübbenau (Lausitz) – (Schlesien)

1621-09-12 1621-09-12

Lauterbach (Böhmen) Dürrenreichenbach (Sachsen) Guben (Lausitz) Dombsdorf (Lausitz) Pomerzig (Schlesien) Liebnzig (Schlesien) Löwenberg Nieda (Lausitz) (Schlesien) 697) Johannes Teucherus Olbernhau (Sachsen) – (Böhmen) 698) Henricus Etzelius Mühlhausen Elster (Sachsen) (Thüringen) 699) Jacobus Hess Eisenerz (Österreich) –

1621-07-26

700) Martinus Hänisius 701) Blasius Müller

1622 1622

Friedeberg (Schlesien) Kupferberg (Schlesien) Wittenberg (Sachsen) Lünsdorf (Sachsen)

1621-10-02 1621 1621 1621 16211621

  Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)349

Vorname und Name Herkunftsort

Berufungsort

Ordination

Gräfenhainich (Sachsen) Jessen (Sachsen) Calau (Lausitz) Wildenau (Sachsen) Wahrenbrück (Sachsen) Senftenberg (Lausitz) Sorau (Lausitz) Bäßnig (Mähren)

1622 1622-04 1622-04-28 1622-04-28 1622-04-25 1622-05-28 1622-05-31 1622-05-31

Gräfenhainich (Sachsen) 711) Petrus Michael Schmiedeberg (Sachsen) 712) Georgius Weckerus – 713) Matthaeus Öltzenius Burg (Sachsen) 714) Zacharias Römhild (Franken) Heimericus 715) Adamus Jagodaeus Liebenzig (Schlesien) 716) Christian Meisner Torgau (Sachsen) 717) Martin Thiel Wittenberg (Sachsen) 718) Tobias Samer Iglau (Mähren) 719) Johannes Liescovius Cletice (Lausitz) 720) Abrahamus Sagan (Schlesien) Güntherus 721) Timotheus Solna (Ungarn) Lowczani 722) Andreas Tamitius Labaci (Österreich) 723) David Langeus Sagan (Schlesien) 724) Johann Gottwald Friedeberg (Schlesien) 725) Erdmann Steindorf Beltzig (Sachsen)

Oschelin (Böhmen)

1622-07-10

Brück (Sachsen)

1622

– (Sachsen) Burg (Sachsen) Löbnitz (Sachsen)

1622-07-31 1622-07-31 1622-08-14

Brieg (Schlesien) Torgau (Sachsen) – (Österreich) Polna (Mähren) – (Lausitz) Oberherzogswalde (Schlesien) Teschen (Böhmen)

1622-09-04 1622-09-25 1622-10-02 1622-10-02 1622-10 1622-10-08

Dommitzsch (Sachsen) Jauernig (Schlesien) Prausnitz (Schlesien) – (Sachsen)

1622-12-04 1622-12-04 1622-12-11 1622

726) Augustus Posseltus 727) Johannes Eckardus 728) Petrus Clajus 729) Johannes Crusius 730) Johannes Marmelstein 731) Fridericus Scultetus 732) Daniel Wesenius 733) Johannes Karius 734) Christian Ulrich 735) Petrus Pentzius 736) Georgius Schwabius 737) Zacharias Otto

Zittau (Lausitz) Oschatz (Sachsen) Meißen (Sachsen) Bitterfeld (Sachsen) Limburg (Westfalen)

Hennersdorf (Lausitz) – (Sachsen) Buckau (Sachsen) Zahna (Sachsen) Borninghausen (Mark)

1623-02-08 1623-03-19 1623 1623 1623

Wiesenburg (Mark) Brandenburg (Mark) Ubigau (Sachsen) Jeßnitz (Anhalt) Griben (Mark) Zahna (Sachsen) Liebenwerda (Sachsen) Delitzsch (Sachsen)

Axien (Sachsen) – Battin (Sachsen) Halle (Sachsen) Germersleben (Sachsen) Niederwerbig (Sachsen) Hilmersdorf (Sachsen)

1623-04-16 1623 1623-04-23 1623-04-23 1623 1623 1623

Niemegk (Sachsen)

1623-08-13

702) Barthold Reibsthal 703) Andreas Örtelius 704) Georgius Metzdorff 705) Georgius Tinaeus 706) Adamus Mülingius 707) Jacobus Schackaeus 708) Petrus Flöterus 709) Laurentius Lehmannus 710) Andreas Pueritius

738) Christian Barth

Grund (Sachsen) Schweinitz (Sachsen) Lübbenau (Lausitz) Herzberg (Sachsen) Grimma (Sachsen) Senftenberg (Lausitz) Landsberg (Polen) Zahna (Sachsen)

1622-10-16

350

Anhang

Vorname und Name Herkunftsort

Berufungsort

Ordination

739) Ambrosius Clementis 740) Martin Growinckel 741) Reiner Buschius 742) Paulus Zicker 743) David Walther 744) Augustus Fleischhaur

Jüterbog (Sachsen)

– (Neumark)

1623-08-13

Jüterbog (Sachsen) Limburg (Westfalen) Halle (Sachsen) Breslau (Schlesien) Glauchau (Sachsen)

Prettin (Sachsen) Wagenfeld (Hessen) Lübars (Mark) Queitsch (Schlesien) Wittenberg (Sachsen)

1623-08-27 1623-09-03 1623-10-10 1623-11-11 1623

745) Christoph Studentius 746) Andreas Wagenbreth 747) Andreas Keilebergius 748) Severinus Regenstein 749) Michael Bruchner 750) Marcus Benckerus 751) Georgius Berlichius

Schwiebus (Schlesien) –

1624-01-07

Wittenberg (Sachsen) Torgau (Sachsen)

Jessen (Sachsen) – (Sachsen)

1624-02-18 1624-02-25

Beltzig (Sachsen)

Dobrigau (Sachsen)

1624-03-03

Lauban (Lausitz) Niemegk (Sachsen) Frauenbrießnitz (Thüring.) Oschatz (Sachsen) Sorau (Lausitz) Meißen (Sachsen)

Bettelsdorf (Lausitz) Niemegk (Sachsen) Sandersdorf (Sachsen)

1624-03-10 1624-04-07 1624-04-14

Köln (Westfalen) Kuntzendorf (Lausitz) Zschakau (Sachsen)

1624-04-21 1624 1624-05-12

Esens (Ostfriesland)

Wittenberg (Sachsen)

1630-03-05]

Kroppenstedt (Sachsen) Wittenberg (Sachsen) Trebishain (Sachsen) Dresden (Sachsen)

Wittenberg (Sachsen)

1649-03-18]

Gengelbach (Österreich) Mittweida (Sachsen) Weißenfels (Sachsen) Dommitzsch (Sachsen) 764) Martin Seideman Löwenberg (Schlesien) 765) David Zöllner Steinburg (Thüringen) 766) Johann Philipp Toelt Glauchau (Sachsen) 767) Melchior Pirscherus Grünberg (Schlesien) 768) Johannes Otto Kitzingen (Franken)

Peurbach (Österreich)

1624-08-04

Neiße (Lausitz) Murstetten (Österreich) Pretzsch (Sachsen)

1624-08-16 1624-08-24 1624

– (Schlesien)

1624



1624

Lichtenberg (Sachsen) – Posigk (Sachsen)

1624 1624 1624-12-01

769) Johannes Müller 770) Johannes Nippius

Lüneburg (Lüneburg) Grünberg (Schlesien)

1625-01-07 1625-01-26

752) Petrus Planitz 753) Johannes Tilenus 754) Georgius L. Starcrius 755) Johannes Hülsemann 756) Johannes Scharff 757) Paul Müller 758) Johannes Lunitius 759) Christian Wincklerus 760) Johannes Herdergasner 761) Jacobus Francus 762) Johannes Greislau 763) Johannes Durrius

Breslau (Schlesien) Grünberg (Schlesien)

Halberstadt (Sachsen) 1624-04-26 Schmiedeberg (Sachsen) 1624-07-21 Lietzkow (Mark) 1624

  Register zum Wittenberger Ordiniertenbuch (Band VI)351

Vorname und Name Herkunftsort

Berufungsort

Ordination

Wittenberg (Sachsen) Hobeck (Sachsen)

1625-02-08 1625-04-06

Landeshut (Schlesien)

1625-05

Zahna (Sachsen) Neuwalde (Schlesien) Windischborau (Schlesien) Glinde (Schleswig-Holst.) Schmiedeberg (Sachsen) –

1625-06-15 1625-06-27 1625-06-27

Sorau (Lausitz) Ziesar (Mark) Gräfenhainich (Sachsen) Reichenbach (Lausitz)

Wellersdorf (Lausitz) Ziesar (Mark) Posigk (Sachsen)

1625 1625 1625-09-21

Schrebersdorf (-)

1625-09-30

Wittenberg (Sachsen) Schönwalde (Schlesien)

Borna (Sachsen) Neuendorf (Lausitz)

1625-11-27 1625-11-09

Goldberg (Schlesien) Henneberg (Sachsen)

– Beyersdorf (Sachsen)

1626-02-23 1626-03-15

Reichenbach (Schlesien) Schilda (Lausitz)

Reichenbach (Schlesien) 1626-05-01 Seida (Sachsen)

1626-05-24

Vehlitz (Sachsen) Gebesee (Thüringen) Brieg (Schlesien) Drebkau (Lausitz) Henneberg (Sachsen) Herzberg (Sachsen)

– – (Sachsen) Wiesenburg (Mark) Ogrosen (Lausitz) Torgau (Sachsen) Jessen (Sachsen)

1626-05-24 1626 1626-06-21 1626-07-26 1626-08-10 1626-08-23

Zwickau (Sachsen) Prettin (Sachsen) Golßen (Lausitz) Belzig (Sachsen) Belzig (Sachsen) – (Thüringen)

Wittenberg (Sachsen) Mügeln (Sachsen) Golßen (Lausitz) Brück (Sachsen) Belzig (Sachsen) –

1626-09-13 1626-09-13 1626-10-17 1627-01-18 1626-11-24] 1626-11-29]

Niemegk (Sachsen) Neustadt (Sachsen)

– (Sachsen) Moritz (Sachsen)

1627-01-10 1627-01-17

771) Paulus Kandtlerus Baccabama (Ungarn) 772) Leopold Lugenda (Thüringen) Waidtheuser 773) Christoph Krebisius Schweidnitz (Schlesien) 774) Christian Trenckner Canitz (Sachsen) 775) Johannes Stral Sagan (Schlesien) 776) Abrahamus Bucenus Losz (-) 777) Johannes Riccius

Dehlitz (Sachsen)

778) Andreas Schmidt 779) Theophilus Eckhardus 780) Johannes Sturmius 781) Petrus Gussovius 782) Christian Kutzsch

Mühlberg (Sachsen) –

783) Johannes B. Eberhardi 784) Johannes Langius 785) Jeremias Hartranfft 786) Abraham Seiler 787) Sebastian Rumpelius 788) Caspar Titschardus 789) Valentin Grundmann 790) Johannes Bone 791) Wilhelm Camera 792) Petrus Wagenerus 793) Johannes Crügerus 794) Johannes Zieglerus 795) Heinrich Innichenöfer 796) Eusebius Bohemus 797) Martin Gregorius 798) David Rudolf 799) Andreas Voigt 800) Jacob Kegel 801) Hermann Heusius 802) Sebastian Boggius 803) Christian Martini

1625-08-10 1625-08-17 1625

352

Anhang

Vorname und Name Herkunftsort 804) Valentin Margwergius 805) Chilianus Zimmerman 806) Christophorus Bencker 807) Christophorus Poyda 808) Johannes Hoffmann 809) Balthasar Reinheckel 810) Christian Baumann 811) Johannes Mühling 812) Gregorius Rudolphi 813) Johannes Person 814) Christophorus Dürrer 815) Matthäus Gilbertus

Berufungsort

Ordination

Strassberg (Sachsen)

Hackpföffel (Sachsen)

1627-02-14

Coburg (Franken)

Steglitz (-)

1627-03-07

Niemegk (Sachsen)

Zahna (Sachsen)

1627-03-14

Bitterfeld (Sachsen)

Reuden (Sachsen)

1627-03-20

Radekow (Mark) Hohnstein (Sachsen)

Dresden (Sachsen) Glauchau (Sachsen)

1627-04-04 1627-04-25

Torgau (Sachsen) Grimma (Sachsen) Wittenberg (Sachsen) Rochlitz (Sachsen) Frankfurt (Hessen)

Torgau (Sachsen) Wahrenbrück (Sachsen) – Wittenberg (Sachsen) Hohenbuck (-)

1627-05-09 1627-05-09 1627-05-07 1627 1627

Liebenwerda (Sachsen)

Liebenwerda (Sachsen)

1627-08-22

Quellen und Literatur 1.  Archivalische Quellen Braunschweig, Stadtarchiv RA, B III 15, 18 Bestallungen und Lebensnachrichten Dresden, Landeskirchenarchiv 18, Superintendentur-, Pfarrstellen- und andere Besetzungsakten 92, Amtsbuch der Hofkirche zu Dresden, Bd. 1 (1612–1692) Dresden, Sächsisches Hauptstaatsarchiv 10088 Oberkonsistorium, Loc. 1871: Die Ersetzung der HoffPrediger zu Dreßden betr. auch Oberhofprediger 1603–1681 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1980/1: Die im Churfürstentum Sachsen bei den Superintendenten und Pastoribus in Städten und uffen Lande angeordnete und gehaltene Visitation 1617 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1980/1: Decreta So uff die anno 1617 gehaltene Visitation im Synodo anno 1624 ausgefertiget worden 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1986/3: Decreta des gehaltenen Synodi der Visitationum 1609–1611 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1987/3: Protocol des nach volbrachter General und Local Visitation aller Kirchen und Schulen im Churfürstentum Sachse angeordneten und vom 28. Juni biß auf den Anno 1624 gehaltenen Synodi 1624 10088, Oberkonsistorium, Loc. 1990/1: Register über die Universiteten-, Consist.- und Geistl. Sachen Anno 1601–1607 10088, Oberkonsistorium, Loc. 2007/2: Religionseide 1595–1609 10088, Oberkonsistorium, Loc. 2010/8: Religionseide 1626 ff. 10088, Oberkonsistorium, Loc. 2131: Bedencken an Ihre Churf. Durchl. de ao. 1610 biß anno 1638 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7418/3: Consistorial Matricul oder Specification Derer unter die Consistoria im Churfürstenthum Sachssen und incorporirten Landen gehorigen Superintendenturen, darinnen befindlichen Kirchen und deren Collatorum 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7422/2: Unterschiedliche zweiffelhafftige felle, darinnen die drei Consistoria Dreßden, Wittenberg und Leipzig vngleich und widerwertig gesprochen und welcher gestalt der Churfürst zu Sachssen derhalben Verordnung gethan, Anno 1607 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7422/3: Universitäten-, Consistoria-, Geistliche Sachen und Die Beneficien aus der Procuratur Meißen betr. Anno 1607–1610 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7422/4: Universiteten-, Consistoria-, Geistliche Sachen und Beneficia aus der Procuratur Meissen. Anno 1611–1613

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Quellen und Literatur

10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7423/1: Registratur über Universität-, Consistorial- und Geistliche Sachen, auch die Beneficia aus der Procuratur Meißen de annis 1614–1616 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7423/2: Registratur über Universität-, Consistorial- und Geistliche Sachen, auch Die Beneficia aus der Procuratur Meißen de Annis 1617–1620 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7424/1: Registratur über die Universitet-, Consistorial- und Geistlichen Sachen auch die Beneficia aus der Procuratur Meißen. Ao.1624–1627 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7424/2: Universitaet und Consistorial Sachen, ao. 1617–1629 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7428/3: Extract I Der Ordnung des OberConsistorii zu Dreßden de a. 1607, II Ober-Consistorial-Instruction de Anno 1617, III Nachrichten von denen Chur-Sächßischen Consistoriis 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7428/9: Bestallung des Churfürstl. Sächßischen Ober-Consistorii belangend 1587–1704 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7429/II: Acta, das Consistorium zu Wittenberg betr. 1542–1708 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 7430/3: Verzeichniß der Superint. und Pfarrer in Sachsen, mit Namen, 1619–1656 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 8684/5: Musterung des Chur-Fürstl. Sächßischen Reißigen Hof-Gesindes item Rolle oder Verzeichnis der Musterung welche ChurFürst Christian mit S. ChurFürstl. Gnd. Hoff. Gesind und Amtleuten gehalten, item Hof. Bücher und Summarische Auszüge aus denenselben de ao. 1570–1653 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 9362/5: Extract Der Gravaminum Anno 1609 ubergeben, so vor die Consistoriales gehörig, I. Religion belangende, 2. Consistoria, Jura Patronatus und Fürsten-Schulen, 3. Universitaeten und Professoren 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10317/6: D. Samuel Huberus contra Die Theologos zu Wittenbergk,1603–1606 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10317/8: Ander Buch Religionsstreit zwischen den fürstlichen hessischen und württenbergischen Theologen zu Giessen und Tübingen belangende Anno 1624 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10327/2: Synodus, so zu Dresden gehalten werden soll 1599–1610 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10509/9: Schrifften die Stipendia und Stipendiaten zu Wittenbergk und Leipzigk belangende, was derhalben an beide Vniversiteten geschrieben worden, und sie hinwider berichtet (1594–1596) 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10596/10: Visitation der Vniversitäten, auch Consistorien vnd Stadtschulen zu Leiptzig vnd Wittembergk. Ao. 1609 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10596/11: Wie die beiden Vniversiteten Leipzigk vnd Wittembergk visitirt, befunden vnd was der profeßorn vnd anders halben daruff angeordnet worden. Anno 1623/24 10024, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10603/2: Visitation, So jährlich im Churfürstenthum Sachßen gehalten worden ao. 1597–1609 Erfurt, Ministerialbibliothek Vorlesungsverzeichnis, SoSe 1626 Gießen, Universitätsbibliothek Hs. 114 Hs. 115



1.  Archivalische Quellen355

Gotha, Forschungsbibliothek Chart A 00408, 155r–161v Chart A 00409, 46r–47v Halle, Universitätsarchiv der Martin-Luther-Universität Rep. 1, XXXXV, Nr. 1, Bd. 2: Philosophisches Dekanatsbuch, Bd. 2 (1554–1599) Rep. 1, XXXXV, Nr. 1, Bd. 3: Philosophisches Dekanatsbuch, Bd. 3 (1600 – 1650) Rep. 1, 356: Berichte der Universität über die Neglecta in den Professionen der vier Fakultäten (1614–1642) Rep. 1, 357: Berichte über Abhaltung der Lektionen und Disputationen, sowie über deren Neglecta (1615–1622, 1676) Rep. 1, 4578: Nachrichten, der theologischen Fakultät zu Wittenberg gehörig (1575–1622) Rep. 1, 4579: Nachrichten, der theologischen Fakultät zu Wittenberg gehörig (1623–1629) Rep. 1, 4588: Statuten und Dekanatsrechnungen der theologischen Fakultät (1592–1812) Rep. 1, 4590: Acta et responsa facultatis theologicae (1557–1616) Rep. 1, 4591: Acta et responsa facultatis theologicae (1561–1618) Rep. 1, 4592: Acta et responsa facultatis theologicae (1563–1606) Rep. 1, 4593: Acta et responsa facultatis theologicae (1564–1621) Rep. 1, 4595: Acta et responsa facultatis theologicae (1593–1616) Rep. 1, 4596: Acta et responsa facultatis theologicae (1597–1617) Rep. 1, 4608: Catalogus eorum, qui a publicato decreto visitationis anno 1624 Augustanae confessioni et plerique etiam formulae Christianae concordiae ao 1580 publicatae subscripserunt. In academia Wittebergensi admissi 1) ad munus professoris 2) ad gradus doctorum in iure et medicina 3) ad gradum magisterii 4) ad lectiones privatas in theologia habendas Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek Supellex epistolica Jena, Universitätsbibliothek 2 Hist lit VI, 11 0003 [Lektionskatalog der Leucorea für das Sommersemester 1620] Leipzig, Kirchliches Archiv (KLA) Bestand Ordiniertenbücher, Bd. 1: Ordinierte in der Nikolaikirche 1615, vor 1618, 1618–1628 und 1633–1645 Lutherstadt Wittenberg, Städtische Sammlungen (StS) Stipendiatenverzeichnis (1605–1660) Nr. 14 (Bc 2): Die Collatur der nach und nach gestifteten sämtlichen Stipendien, sowohl bei der Ratskämmerei, als auch bei dem Gotteskasten (1535–1664) Nr. 17 (Bc 5): Des Rats zu Wittenberg Religions- und Kirchen- auch Schulen- und Stipendien-, ingleichen Almosensachen (1517–1746) Nr. 19 (Bc 7): Des Raths zu Wittenberg Ius Patronatus, die Bestellung derer Kirchen- und Schuldiener und derselben Vocationes Nr. 71 (Bc 59): Ratsprotokolle (1617–1629) Nr. 140 (Bc 127, Vol. I): Universität Wittenberg jährliches Schoßregister (1563, 1569–1650) Nr. 124 (Bc 113): Handelsbuch (1605–1620)

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Quellen und Literatur

Nr. 327: Des Raths zu Wittenberg Ius Patronatus, die Bestellung derer Kirchen- und Schul-Diener und derselben Vocationes (1569–1650) Nr. 417: Schoßregister Kämmereirechnungen (1608–1627) Lutherstadt Wittenberg, Stadtkirchenarchiv Wittenberger Ordiniertenbücher (WOB) Bd. I (1537–1560) Bd. II (1560–1564) Bd. III (1565–1572) Bd. IV (1573–1589) Bd. V (1590–1606) Bd. VI (1605–1627) AI 6: Investitur des ersten Superintendenten 1570–1617 AI 7: Konsistorialverfügungen 17. Jahrhundert AI 12: Rat der Stadt, Sitzungsprotokolle, auch Stipendien 1568–1745 AI 49: Bittschriften an den Generalsuperintendenten 17. Jahrhundert AI 85: Stiftung des Paul Röber AI 118: Quittungen der gezahlten Stipendien AI 129: Rechnungen des Gemeinen Kastens von 1526 bis 1806, Fach 2: 1591–1631 AI 514a: Diaconus pestilentialis 1625–1794 AI 522: Quittungen über die Besoldung der Pfarrer und Lehrer 1606, 1623 AI 524: Quittungsbuch über die Besoldung 1627–1730 AI 529: Besoldungen, ordentlichen und außerordentliche Zulagen, Stiftungen und Accidentien der angestellten Personen bei der Pfarrkirchen 16.–18. Jahrhundert AI 562: Die Weinrechnungen der Kirchen auch Personenzahl angegeben 1576–1631 AI 579: Jungfrauenschule 1621, 1662 Lutherstadt Wittenberg, Stiftung Luthergedenkstätten V1 876 a V1 876 b V1 876 c V1 876 d V1 876 e München, Universitätsbibliothek 2 °Cod. ms. 653, 14–15 (Briefe von Friedrich Balduin an Conrad Kircher) Nürnberg, Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern MKA, 2. 0. 0001–100 (As.: Gen. 96): Stipendiatenverzeichnis MKA, 2. 0. 0001–103 (Gen. 99): Stipendienangelegenheiten, darunter auch von der Universität Wittenberg (1584–1662) MKA, Gen. 101: Verzeichnis der Stipendiaten (Wittenberg und Heilsbronn) (1610–1632) MKA, Gen. 102: Reverse und Obligationen der markgräflichen Stipendiaten (1611–1625) MKA, 2. 0. 0001–108 (As.: Gen. 104): Stipendiatenangelegenheiten (1616–1661)



1.  Archivalische Quellen357

Plauen, Superintendenturarchiv 2490, Darinnen allerhand dienliche Nachrichten, so zur Superintendentur Oelsnitz gehören, sich befinden von ao. 1537, 1550 et sequ. usque ad annum 1667 Wernigerode, Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abt. Magdeburg (LHASA) MD, Rep. 29 b I Nr. 565: Acta Des Hn. General-Superintendens zu Wittemberg Concurrenz bey Vergebung derer Stipendiorum von dem Rathe daselbst betrf. (1618), 1745–1747 MD, Rep. 29 b II Nr. 33 (Film 019 und 020): [Lokalvisitation der Ephorien Wittenberg, Torgau, Herzberg, Jessen, Belzig, Bitterfeld, Gräfenhainich, Gommern, Seyda, Zahna, Baruth, Kemberg, Liebenwerda 1608/09] MD, Rep. 29 b II Nr. 35 (Film 022): [Visitation der Inspektionen Wittenberg, Torgau, Liebenwerda und Kemberg 1617/18] Wolfenbüttel, Niedersächsisches Landesarchiv 37 Alt, Nr. 1718–1724 Zwickau, Ratsschulbibliothek (RSBZ) Ms. 79 Commentarios ad Malachiam et Epistolam ad Romanos

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Quellen und Literatur

2.  Gedruckte Quellen und Hilfsmittel Im Folgenden werden sämtliche, im Rahmen der vorliegenden Arbeit gebrauchten gedruckten Quellen und Hilfsmittel bibliographisch aufgeführt, insoweit sie nicht von Friedrich Balduin selbst stammen. Bei Disputationsdrucken wird der Name des Respondenten im Anschluss an den Disputationstitel in eckigen Klammern kursiv angegeben. Adam, Melchior: Decades Duae Continentes Vitas Theologorum Exterorum Principum, Qui Ecclesiam Christi Superiori Seculo Propagarunt Et propugnarunt. Additi sunt Indices personarum et rerum, Frankfurt am Main 1653 Ad Pastores Ac Ministros Ecclesiarum In Electoratu Saxoniae, Pia Ac Necessaria Admonitio, Dresden 1610 Apologetica Arndiana. Das ist, Schutz-Briefe, zu Christlichen Ehren-Rettung des geistreichen Theologi, Herrn Johann Arndts. Aus seinen hinterlassenen Briefen, Urkunden, eigenen Antworten wie auch Testament, etlichen Censuren und Testimoniis ehemals zusammen getragen. Nebst Johann Arndts kurtzen Bedencken, über Valent. Weigelii Dialogum de Christianismo, Leipzig 1706 Augustinus, Aurelius: De Doctrina Christiana Libri Quatuor. In gratiam et usum Studiosorum Theologiae, seorsim, cum Isagogica praefatione Salomonis Gesneri S. Theologiae Doctoris et Professoris, editi, Wittenberg 1604 –: Enchiridion Ad Laurentium Urbis Romae Primicerium. Nec non libellus De Essentia Divinitatis, qui inter opera Augustini extat tomo quarto. In gratiam studiosorum Theologiae seorsim edita, Wittenberg 1604 –: Opera, Pars IV. Opera Polemica, Paris 1839 Becan, Martin: Ad Fridericum Balduinum Theologum Wittenbergensem. De Communione sub utraq[ue] specie: Epistola, Mainz 1610 –: Assertiones Theologicae De Vocatione Ministrorum Ecclesiae Novi Ac Veteris Testamenti [Jacob Algeier], Wien 1616 Behm, Johannes: Kurtze einfaltige, doch gründliche Erörterung unnd Erklerung, Was 1. Von dem H. Wort Gottes, wie auch desselben unterscheidt in das eusserliche und innerliche 2. Von der Krafft und wirckung desselben zuhalten und zugleuben, Gott unnd seinem Heiligen Lebendigmachenden Wort zu ehren, der Warheit zu stewr, den Rechtgleubigen zur bekräfftigung, den Irrenden aber und Verirten zum nothwendigen unterricht. Sampt einer Vorreden der Theologischen Facultet zu Wittenberg, Wittenberg 1624 Beier, Adrian: Syllabus Doctorum Et Licentiatorum publica solennitate In Salana ab A. C. 1558. 2. Febr. natali suo primo usque ad A. C. 1652. 31. Aug. promotorum metrice conscriptus & hodie 31. August. promotis Dominis Quatuor Viris Doctoribus inscriptus, Jena 1652 Bellarmin, Robert: Opera omnia. Ex ed. Veneta, pluribus tum add. tum corr., iterum ed. Justinus Fèvre, Paris 1873 (ND Frankfurt am Main 1965) Bittcher, Christian F. H.: Pförtner Album. Verzeichniss sämmtlicher Lehrer und Schüler der Königl. Preuß. Landesschule Pforta vom Jahre 1543 bis 1843, Leipzig 1843 Buchwald, Georg (Hrsg.): Wittenberger Ordiniertenbuch (1537 bis 1572), 2 Bde., Leipzig 1894/95 (ND München 1979) Bugenhagen, Johannes: Passio Domini Nostri Iesu Christi, E Quatuor Evangelistis, hrsg. von Salomon Gesner, Wittenberg 1602



2.  Gedruckte Quellen und Hilfsmittel359

Calov, Abraham: Systema Locorum Theologicorum. E Sacra potissimum Scriptura, et Antiquitate, nec non adversariorum confessione, Doctrinam, Praxin, et Controversiarum Fidei, Cum Veterum, tum imprimis recentiorum pertractationem luculentam exhibens, 12 Bde., Wittenberg 1655–1677 Carpzov, Johann B.: Hodegeticum brevis aphorismis pro collegio concionatorio conceptum. Ein Wegweiser für Prediger in Leitsätzen. Lateinisch – Deutsch. Eingeleitet, übers. und hrsg. von Reiner Preul, Leipzig 2014 Catalogus Singularis Omnium Librorum, Qui In Hoc Electoratu et Ducatu Saxoniae hoc semestri typis excusi sunt, et Nundinis Autumnalibus Anno Christi 1609. Francofurti Venales prostant, Wittenberg 1609 Christliche Visitation-Articul, Wie dieselbige in Theses und Anti-Theses kürtzlich verfasset, und in Anno 1592. verrichter Visitation der Kirchen und Schulen dieser Lande und Fürstenthume der Chur-Sachsen zu unterschreiben vorgeleget worden, in: Corpus Juris Ecclesiastici Saxonici, Oder: Churfl. Sächs. Kirchen-, Schulen- wie auch andere darzu gehörige Ordnungen. Nebenst unterschiedenen Ausschreiben in Consistorialund Kirchen-Sachen. Samt einem vollkommenen Register, Dresden 1708 Clauder, Joseph: Psalmodia Nova, sive Selectissimorum Hymnorum, Ad Hominis euēmerian, euzōian kai euthanasian facientium, Centuria I. Sic elaborata, ut Latinus Germanico Versui facile, rhythmice ac sine elisione respondeat. Das ist: Hundert Christliche Morgen- Abend- Tisch- und zu einem Gott wolgefälligen Leben und seeligem Sterben dienliche Gesänge in gleichstimmige Lateinische Reimen versetzet, Altenburg 1631 (11627) Consilia Theologica Witebergensia, Das ist: Wittenbergische Geistliche Rathschläge Deß theuren Mannes Gottes, D. Martini Lutheri, seiner Collegen, und treuen Nachfolger, von dem heiligen Reformations-Anfang, biß auff jetzige Zeit, in dem Namen der gesampten Theologischen Facultät außgestellete Urtheil, Bedencken, und offentliche Schrifften. In Vier Theilen: Von Religion- Lehr- und Glaubens- Ministerial- und Kirchen- Moral- und Policey- Matrimonial- und Ehe-sachen. Und allerhand darbey vorfallenden Casibus, Ordentlich zusammen gebracht, Frankfurt am Main 1664 Cramer, Daniel: Isagoge In Metaphysicam Aristotelis. Quaestionibus rotunde & dilucide comprehensa, Wittenberg 1601 –: Synopsis Organi Aristotelis. In qua Praecepta Logica Organi Totius, Iuxta seriem singulorum capitum in quaestiones contrahuntur, Wittenberg 1604 Dauderstadt, Christoph: Doctor Benedictus: Das ist, Christliche Leichpredigt, aus dem 7 und 8 Versicul des 84 Psalms. Gehalten Bey Christlicher Sepultur und Begräbnis Des […] Herrn Pauli Sperlings, gewesenen Pfarrers zu Laucha und der Freiburgischen Inspection Adiuncti: Welcher den 27 Septembris instehenden 1640 Jahrs […] im 72 Jahr seines Alters […] entschlaffen und den 29 hernach […] zur Erden bestattet worden, Jena 1641 Des Durchlauchtigsten, Hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Augusten, Hertzogen zu Sachsen […] Ordnung, Wie es in seiner Churf. G. Landen bey den Kirchen […], Wittenberg 1618 Erler, Georg (Hrsg.): Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig (1559–1809). Als Personen- und Ortsregister bearbeitet und durch Nachtrag aus den Promotionslisten ergänzt, Leipzig 1909 Euonymus, Antonius: Syntaxeos Latinae Domini Philippi Melanthonis Explicatio succincta et puerilis, in Tyronum gratiam, quibus plenè praeceptiones Syntaxeos

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Quellen und Literatur

nondum innotuerunt, aut qvibus in ijsdem ad usum transferendis familiariori etiamnum manuductione est opus, rudi Minerva ad usum privatae institutionis, Wittenberg 1587 Ficker, Johannes (Hrsg.): Liber decanorum. Das Dekanatsbuch der Theologischen Fakultät zu Wittenberg, Halle 1923 Flacius, Matthias: Clavis Scripturae Sacrae, Basel 1567 Förstemann, Karl E. (Hrsg.): Liber Decanorum Facultatis Theologiae Academiae Vitebergensis, Leipzig 1838 – (Hrsg.): Album Academiae Vitebergensis (AAV), 3 Bde., Halle/Leipzig 1841/1905 (ND Aalen 1976) Franz, Wolfgang: Deuteronomium Hoc est, Quintus Liber Moysis. Disputationibus quindecim breviter comprehensus, Wittenberg 1608 –: Augustanae Confessionis Articuli Priores Decem, Disputationibus duodecim breviter explicati. Cum Indice succincto singulas materias monstrante, Wittenberg 1610, 1619, und 1620 –: Augustanae Confessionis Articuli Posteriores Undecim. Disputationibus duodecim breviter explicati. Ex his quoque Disputationibus, Lector, in specie, reliqua de iisdem Articulis hodiernorum Photinianorum, seu, ut vulgo vocantur, novorum Arianorum dogmata, cum brevibus eorundem refutationibus deprehendes. Cum Indice succincto singulas materias monstrante, Wittenberg 1610 –: Historia Animalium Sacra. In Qua Plerorumque Animalium Praecipuae Proprietates in Gratiam Studiosorum Theologiae et Ministrorum Verbi ad usum eikonologikon breviter accommodantur. In Academia Witebergensi ante annos aliquot dictata, Wittenberg 1612, 1613, 1616, 1621, 1624, 1633, 1642 und 1654 –: Tractatus Theologicus Novus & Perspicuus, De Interpretatione Sacrarum Scripturarum Maxime Legitima. Duabus constans regulis essentialibus & perspicuis illis, quae B. Luthero, ad felicissimam Papatus Romani destructionem, in Versione Bibliorum Germanica, et in Scripturarum, praeter morem antea sub Papatu consuetum explicatione, unice usitatae et familiares fuere, Et CLII. exemplis selectis et difficilioribus elucidates. Ante Sex Annos In Academia Wittebergensi conscriptum nunc vero Anno Christi 1619 singulari publicatum, Wittenberg 1619, 1634, 1668 und 1693 Friedensburg, Walter (Hrsg.): Urkundenbuch der Universität Wittenberg (= UUW), 2 Bde., Magdeburg 1926/27 Friederichs, Heinz F.: Die Matrikel der Kreuzschule. Gymnasium zum Heiligen Kreuz in Dresden, Bd. 1: 1639 – 1712. Mit dem Verzeichnis der Rektoren und Lehrkräfte aus der Zeit von 1540 bis etwa 1810, Neustadt an der Aisch 1967 Gehrt, Daniel: Katalog der Reformationshandschriften. Aus den Sammlungen der Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha’schen Stiftung für Kunst und Wissenschaft, 2 Bde., Wiesbaden 2014 Gensreff, Abraham: Eine Christliche Leichpredigt/ Bey dem Volckreichen Leichbegängnüß/ des […] Andreae Balduini, Archidiaconi in der Thumbkirchen zu Freyberg/ Welcher den 12. Octobris, Anno 1616. […] entschlaffen/ Und den 17. hernach […] zur Erden bestattet worden, Freiberg 1616 Gerhard, Johann: Locorum Theologicorum Cum Pro Adstruenda Veritate, Tum Pro Destruenda quorumvis contradicentium falsitate per Theses nervose, solide & copiose explicatorum Tomus I, Jena 1610 –: Meditationes Sacrae Das ist Geistreiche Hertzerquickende und lebendigmachende Betrachtungen vornemer Heuptpuncten/ welche gleich als das Geistliche Zündpulver



2.  Gedruckte Quellen und Hilfsmittel361

sein. Auß der Rüstkam[m]er der heiligen Göttlichen Schrifft … mitgetheilet, Magdeburg 1607 –: Methodus Studii Theologici. Publicis praelectionibus in Academia Ienensi Anno 1617 exposita, Jena 1620 Gesner, Salomon: Carmina Gratvlatoria in honorem Reverendi Et Clarissimi Viri, Dn. M. Andreae Schaffmanni, Ecclesiae Tremoniensis ad divam Mariam pastoris vigilantissimi, cum ei in […] VVitebergensium Academia summus in Theologia gradus decerneretur, Wittenberg 1598 –: Disputatio Biblica XII. De Capite XIV. Geneseos, Ad Privatam [5. Juli 1598/Friedrich Balduin], Wittenberg 1598 –: Disputatio Biblica XII. De Capite XIV. Geneseos, Ad Privatam [25. Juli 1599], Wittenberg 1599 –: Genesis Sive Primus Liber Moysis, Disputationibus XXXVIII Breviter compraehensus, et collatis inter se Patrum sententiis, orthodoxe explicatus, Wittenberg 1603 und 21604 –: Commentationes In Psalmos Davidis. Textui, Qui E Fontibus Ad Verbum Translatus est, praemissae sunt periochae, appositae genuinae interpretationes, et tandem adiecti loci doctrinarum. Insertae Hinc Inde Controversiarum Aliquot pertractiones, nec non Conciones seu homiliae in Psalmos quosdam germanicae. Sub Finem Harum Commentationum Adiectus est libellus eiusdem Autoris, quem ipse sub titulo Meditationis Generalis Psalterii antea seorsim edidit, Wittenberg 1605, 1606, 1609, 1616 und 1629 –: Commentarius In Genesin, seu primum librum Moysis. In quo collatis diversorum inter se Patrum sententiis praecipuae quaestiones distincte tractantur et explicantur, Wittenberg 1613 –: Commentarius in Oseam Prophetam. Olim in Academia Witebergensi publice ab eodem propositus, hrsg. von Paul Gesner, Wittenberg 1614 –: Commentarius In Joelem Prophetam. Olim in Academia Witebergensi publice ab eodem propositus, hrsg. von Paul Gesner, Wittenberg 1614 –: Commentarius In Abdiam Prophetam. Olim in Academia Witebergensi publice ab eodem propositus, hrsg. von Paul Gesner, Hamburg 1618 Grohmann, Johann Chr. A.: Annalen der Universität zu Wittenberg, Meißen 1801 (ND Osnabrück 1969) Hafenreffer, Matthias: Loci Theologici. Certa Methodo Ac Ratione, In Tres Libros tribute. Qui Et Rerum Theologicarum Summas, Suis Scripturae Testimoniis confirmatas, breviter continent: earumq[ue] Christianam Praxin paucis commonstrant, Wittenberg 21601 Heerbrand, Jacob: Compendium Theologiae quaestionibus methodi tractatum, Tübingen 1573 Hofmeister, Adolph: Die Matrikel der Universität Rostock, Bd. 2: Mich. 1499–Ost. 1611, Rostock 1891 Hunnius, Ägidius: Epistolae Divi Apostoli Pauli ad Thessalonicenses prioris exposition plana et perspicua, Frankfurt am Main 1596 –: Exegesis Epistolae ad Hebraeos, scripta, recognita, et denuo emendatius edita, Frankfurt 1598 –: De Indulgentiis Et Iubilaeo Romani Pontificis Tractatus. Scriptus Et Opositus Duobus Libris Roberti Bellarmini Iesuitae, Wittenberg 1601 –: Epistolae Divi Apostoli Pauli, Ad Corinthios Prioris, Expositio Plana Et Perspicua. Cum Oratione Post Praefationem Maxime frugifera, in qua praecipui Loci ex priore hac Epistola ad Corinthios observandi complectuntur, Wittenberg 1601

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Quellen und Literatur

–: Exegesis Epistolae Ad Hebraeos. Scripta, Recognita, Et Denuo emendatius edita, Wittenberg 1608 Hunnius, Nicolaus: Christliche Leichpredigt. Bey dem Begräbnuß der Ehrbarn, Ehrenund vieltugentsamen Frawen Dorotheen, Des […] Friderici Balduini, der H. Schrifft Doctoris, bey der löblichen Universitet Wittenberg vornehmen Professoris, der Theologischen Facultet Senioris, auch Pfarrherr unnd Superintendenten daselbsten Ehelichen geliebten Hauß-Frawen, Wittenberg 1622, 21623 Hutter, Leonhard: Sadeel Elenchomenos Disputatio I. Ecclesiarum per Germaniam vere Reformatarum […] ac Puritatem, adversus ea, quae Antonius Sadeel in Epistola ad Illustriss. Germaniae Principes et Magistratus & c. paradoxa iisdem obiicit, afferens [9. September 1600/Friedrich Balduin], Wittenberg 1600 –: Gründtlicher Bericht. Von Ordenlichen und recht Apostolische[m] Beruff, Ordination, und kräfftigem Ampt der Lutherischen Evangelischen Prediger. Entgegen gesetzt Den jenigen vermeinten Gründen, mit welchen […] die Papisten […] solchen […] Beruff als unrechtmessig […] zu beschmitzen sich […] unterstehn. Zusampt einer wolgegründte[n] Refutation […] eines Jesuwiterischen Büchlins […] So unter dem Namen Sigismundi Ernhoffers zu Grätz […] getruckt worden. Frommen Eyferigen Christen zu Nötigem unterricht gestelt, Wittenberg 1608 –: Compendium Locorum Theologicorum. Ex Scripturis Sacris, et libro Concordiae, Iussu & autoritate Christiani II. &c. Collectum, & ab utraq[ue] Facultate Theologica, Lipsiensi et Wittebergensi approbatum. In usum tum trium Scholarum Illustrium, tum reliquarum trivialium in his regionibus, Wittenberg 1610 –: Yperaspistēs elenchtikos Pro B. Luthero: et libro Concordiae. Adversus Criminationes Rodolphi Hospiniani, quibus utrumq[ue] in sua Landgravium Hassiae &c. praefatione sēliteutikē, Concordiae discordi praefixa, insectari & exagitare voluit [21./22. November 1611/Balthasar Meisner], Wittenberg 1611 –: Loci Communes Theologici. Ex Sacris Literis Diligenter Eruti, Veterum Patrum testimoniis paßim roborati, et conformati ad methodum Locorum Philippi Melanthonis, adeoq[ue] singulari dexteritate ita explicati, ut divina veritas ex iis facile cognosci, et adversariorum sophismata sufficienter refutari poßint. Nunc primum publici iuris facti, iam olim vero in Witteberg. Academia praelecti, Wittenberg 1619 –: Concordia Concors. De Origine Et Progressu Formulae Concordiae Ecclesiarum Confessionis Augustanae, Liber Unus. In Quo Eius Orthodoxia, Scripturae Sacrae, Oecumenicis Symbolis […] demonstratur & Rodolphi Hospiniani Tigurini Helvetii convitia, mendacia, et manifesta crimina falsi deteguntur ac solide refutantur. Ex Actis Publicis: Recessibus Etiam Aliquot Conventuum & Colloquiorum: Scriptis item et Rescriptis […] Pro Orthodoxis Ecclesiis: Iussu Et Autoritate Serenissimorum Electorum Saxoniae: Christiani II. augustissimae recordationis Principis: et Johannis Georgii, &c. Cum approbatione Theologorum Lipsensium, Witebergensium, & Würtenbergensium. editus, Wittenberg 1614 Jenisch, Paul: Eine Christliche Predigt. Beym Begräbniß des weiland Ehrwürdigen, Achtbarn und Hochgelahrten Herrn Polycarpi Lyseri, der heiligen Schrifft Doctorn und Churf. Sächs. Hofpredigers, auch zu Kirch- und Schulsachen verordneten Raths, Leipzig 1610 Kaufmann, Johann: Enchiridion Ordianandorum, Complectens quaestiones De Ministerio Ecclesiatico. De Examine Testimonio Repulsa Ordinandorum. Scitu oppido utiles, Cognitu apprime necessarias, Nürnberg 1601



2.  Gedruckte Quellen und Hilfsmittel363

Köstlin, Julius (Hrsg.): Die Baccalaurei und Magistri der Wittenberger philosophischen Fakultät (1503–1560), 4 Bde., Halle 1887/91 Kreyssig, August H.: Afraner-Album. Verzeichnis sämtlicher Schüler der Königlichen Landesschule zu Meißen von 1543 bis 1875, Meißen 1876 Lauterbach, Erhart: Memoria Wolframsdorfia. Christliche Leich- und Ehrenpredigt Bey Adelicher Sepultur Des […] Herrn Wolff Ernesten von Wolfframsdorff uff Crossen und Silbitz, Churf. Sächs. gewesenen Hofemarschals, OberStallmeisters und Raths. Welcher 72. Jahr alt, den 25 Tag Septembris […] selig eingeschlaffen, und den 7. Octobris dieses lauffenden 1624. Jahres in der Kirchen zu Crossen in sein Schlaffkämmerlein niedergesetzt worden, Leipzig 1624 Leges Academiae Witebergensis De Studiis Et Moribus Studiosorum. Item Artickel Etlicher nothwendiger Ordnung und Satzung zu erhaltung guter Policey, Ruhe, Friede und Einigkeit, auch guter Zucht und Erbarkeit, Wittenberg 1610 Leyser, Polycarp (Hrsg.): Loci Theologici Reverendi et Clarissimi Viri D. Martini Chemnitii, sacrae Theologiae Doctoris atque Ecclesiae Brunsvicensis quondam Superintendentis fidelißimi. Quibus et Loci communes D. Philippi Melanthonis perspicuè explicantur, Frankfurt am Main 1591/92 Lorenz, Christian G.: Grimmenser-Album. Verzeichnis sämtlicher Schüler der Königlichen Landesschule zu Grimma von ihrer Eröffnung bis zur dritten Jubelfeier, Grimma 1850 Lünig, Johann Chr. (Hrsg.): Codex Augusteus oder Neuvermehrtes Corpus Juris Saxonici, Leipzig 1724 Maius, Michael (Hrsg.): Scriptorum Publice Propositorum a gubernatoribus studiorum doctrinae in Academia VVitebergensi. Tomus Septimus. Complectens ea, quae proposita fuere à Calend. Maii, Anni Iesu Christi M. D.LXVI. us[que] ad Calend Maij, Anni M. D.LXIX, Wittenberg 1572 Martini, Jacob: Vernunfftspiegel Das ist, Gründlicher unnd unwidertreiblicher Bericht, was die Vernunfft sampt derselbigen perfection, Philosophia genandt, sey, wie weit sie sich erstrecke und fürnemlich was für einen gebrauch sei habe in Religions Sachen. Entgegen gesetzet allen newen Enthusiastischen Vernunfftstürmern und Philosophyschändern, Fürnemlich aber etlichen ungehobelte[n] schmehekarten, so diese zwey Jar aus Magdeburg geflogen. In zwey Bücher abgetheilet: Da das erste handelt von der Natur, Das ander von der Philosophy selbsten, Wittenberg 1618 Meisner, Balthasar: Votum Gratulatorium, Ad Reverendum et Clarissimum Virum, Dn. Fridericum Balduinum SS. Theologiae Doctorem, Et Eiusdem In Academia Wittenbergensi Professorem publicum, Adfinem suum reverenter observandum, Cum ipsi authoritate Illustrissimi Electoris Saxoniae […] in templo Parochiali committeretur, ad diem 10. Ianuarii Anno 1608, Wittenberg 1608 –: Philosophia Sobria, Hoc Est: Pia Consideratio Quaestionum Philosophicarum, In Controversiis Theologicis, quas Calviniani moverunt Orthodoxis, subinde occurrentium, Wittenberg 1611–1625 –: Anthrōpologias Sacrae In Qua Status Naturae humanae, & eo spectantes Articuli exponuntur, Decas, Wittenberg 1619 –: Brevis Consideratio Theologiae Photinianae, Prout eam Faustus Socinus descripsit in libello suasorio, cui titulus: Quod Evangelici omnino deberent se illorum coetui adiungere, qui falso Ariani atq[ue] Ebionitae vocentur, Wittenberg 1619 –: Christologias Sacrae Disputationes L. Certis titulis notatae, accuratiore methodo inclusae, Wittenberg 1624

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Quellen und Literatur

Melanchthon, Philipp: Werke in Auswahl II, 1: Loci communes von 1521. Loci praecipui theologici von 1559 (1. Teil), hrsg. von Robert Stupperich, Gütersloh 1952 Mentz, Georg (Bearb.): Die Matrikel der Universität Jena, Teil: 1. 1548 bis 1652, München 1944 Mönchmeier, Daniel: Aller wahrer Christen Kampff, Lauff, Glaub, und Krone. Auß 2. Timoth: 4. v. 7.8. Bey Christlicher Leichbegengnüß. Deß […] Ehrn M. Joannis Wageneri der Löblichen Stadt Braunschweig/ wolverdienten Superintendentis, Braunschweig 1623 Mylius, Georg: Eine Christliche Leichpredigt. Bey der Volckreichen Leichenbegengniß deß weiland Ehrwirdigen und Hochgelarten Herrn Solomonis Gesneri der Heiligen Schrifft Doctoris und Professoris zu Wittemberg. Gehalten in der Schloßkirchen daselbsten den 10. Februarii, Leipzig 1605 Niederstetter, Michael: Christliche Leichpredigt/ Beym Begräbnüs des […] M. Pauli Jenisch, Churfürstlichen Sächsischen Hofepredigers/ und des Obern Consistorii zu Dreßden verordenten Assessoris, Leipzig 1613 Olearius, Johannes: Methodus Studii Theologici. Indici Balduiniano & necessariae Systematis Theol. connexioni atque repetitioni adaptata, Halle 1664 Pallas, Karl (Bearb.): Die Registraturen der Kirchenvisitationen im ehemals sächsischen Kurkreise. Erster Teil: Die Ephorien Wittenberg, Kemberg und Zahna, Halle/Saale 1906 –: Die Superintendenturen des Kurkreises, in: Zeitschrift des Vereins für Kirchengeschichte der Provinz Sachsen 3 (1906), 88–129 Pamler, Caspar: Reverendo Clarissimo Et Excellentissimi Viro, Domino Friderico Balduino, S. S. Theologiae Doctori, ejusdemq[ue] Professori in Academia Vittebergensi, Pastori, et Superintendenti in Electoratu Saxonico Generali, Consistorii Ecclesiastici Assessori, & Facultatis Theologicae Seniori […] Nuptias ad 20. Januarii […] 1624. feliciter contrahenti, Cum […] Sophia […] Eucharii Barwasseri, Praetoris Civitatis Torgensis […] filia, Gratulatur, Hof 1624 Raidel, Georg M. (Hrsg.): Epistolae Virorum Eruditorum Ad Johannem Gerhardum Magni Nominis Theologum, Nürnberg 1740 Reinhart, Elias S.: Die Wahre Heilige und Ewige Ruhe der Seele unter Den Flügeln Der Gnade Gottes. Bey […] Leichbegängniß Der […] Sophien, Gebornen Barwasserin, Des Grossen Theologen unserer Zeiten, Seeligster Gedächtnüß, Des […] Johann Hülsemanns, Der Heil. Schrifft Höchstbenahmten Doctoris und Professoris Publici Primarii […] Nachgelassenen Fraw Witwen. Den 22. Septembr. MDCLXVII. In der Pauliner Kirche gepredigt, Leipzig 1668 Röber, Paul: Verbera Manus Paternae, Seu Virga Dei Domestica. Deß Himlischen Vaters LiebesZeichen KinderRuthe und HaußRegiment. Auß dem 12. Cap. der Epistel an die Hebreer: Mein Sohn achte nicht geringe die Züchtigung deß Herrn, Wittenberg 1631 –: Emphasis voculae, Ego, in exercitiis Fidei Speiq[ue] Christianae. Beweglicher Krafft und Nachdruck des Wörtleins, Ich, dessen sich ein Christ in Erfassung der Gnaden Verheissung nach S. Pauli Exempel trösten kann. Auß dem Spruch 2. Tim. 4. Ich habe ein guten Kampff gekempffet. Bey […] Leichbegängnüß Des […] Herrn M. Laurentii Fabricii […] Professoris der heiligen Hebreischen und anderer Orientalischen Sprachen bey der […] Universitet Wittenbergk. Welcher dieses lauffende 1629. Jahr am 28. MonatsTag April. […] verschieden und d. 1. Maii […] in sein Ruhbettlein versetzet ist, Wittenberg 1629



2.  Gedruckte Quellen und Hilfsmittel365

Rosa, Johann: Aller Treuen Diener Christi Beygelegte Krone Genommen Aus der 2. Tim. 4. v. 6. 7. 8. Als Trostreicher Leich-Text M. Stephani Böners, Getreu-gewesenen Superintendentens, auch Hoff-Predigers und deß Hochloeblichen Consistorii und Ehe-Gerichts Assessoris, Welcher den 27. Aprilis […] Anno 1669 […] entschlaffen, Bayreuth 1669 Runge, David: Diagraphē Colloquii Ratisbonensis, Inter Augustanae Confessionis Theologos & Pontificios habiti Anno 1601 mense Novembri. Praecipua capita deliberationum quae Colloquium antecesserunt, nec non omnia utriusque partis argumenta & solutiones complectens, Wittenberg 1602 –: Disputationes septendecim, ex Epistola Pauli ad Corinthios priori, complectentes perspicuam Analysin Textus, cum explicatione locorum dogmatikōn, quorum Catalogum sequentes ostendunt pagellae, Wittenberg 1599 –: Disputationes quindecim ex Epistola Pauli ad Corinthios posteriori, Complectentes perspicuam analysin textus, cum explicatione locorum dogmatikōn, quorum Catalogum sequentes ostendunt pagellae, Wittenberg 1600 –: Analysis Epistolae divi Pauli ad Romanos, complectentes textus dispositionem, et praecipuorum locorum dogmaticorum luculentam explicationem. Disputationibus octodecim in Academia VVitebergensi habitis inclusa, Frankfurt am Main 1600 –: Symboli Apostolici Brevis Explicatio. Quatuordecim Disputationibus inclusa, et discussa, Wittenberg 1602 –: Praelectiones in Genesin Mosaicam. Quibus, Praeter Textus Perspicuam et dilucidam enarrationem, praecipui Christianae religionis articuli & capita, tam didaktikōs quam elenchtikōs, tractantur: rerum maximarum acta commemorantur: Chronologia simul et certa atq[ue] continua temporum series ab exordio mundi accurate annotatur: typi partim Prophetici, partim dogmatici illustres explicantur: omnis denique generis virtutum exempla, ad fidem et pietatem facientia, proponuntur. Cum Indice Perquam Utili, praecipuos doctrinae Christianae Locos continente, Wittenberg 1608 und 21614 –: Praelectiones In Exodum Mosaicam. Quibus, Praeter Textus perspicuam et dilucidam enarrationem, multi religionis Christianae articuli et capita tam didaktikōs quam elenchtikōs pertractantur: miracula stupenda: gloriosus filiorum Israel ex Aegypto exitus: promulgatio legis, ac praestantissimum tabernaculi aedificium commemorantur: omnis deniq[ue] generis exempla ad fidem et pietatem facientia proponuntur. Cum Indice Perquam Utili, Praecipuos doctrinae Christianae Locos continente, Wittenberg 1614 Schleupner, Christoph: Tractatus De Quadruplici Methodo Concionandi. Rationem Diversimode Formatarum Concionum, quae potissimum in Ecclesiis, Divinitus, ministerio D. Lutheri repurgatis, in usu sunt, exponens, Leipzig 1608, 1610, 1613, 1617 Schmidt, Erasmus: Oratio Funebris, Viri Reverendi Et Optimi Friderici Balduini, SS. Theol. D. Et In Academia Wittebergensi Professoris Solertissimi. Eiusdemque Ecclesiae Pastoris, Et Vicinarum Superintendentis Supremi, longe dignissimi, Wittenberg 1627 –: Oratio Viri Reverendi, Clarissimi, Doctissimi, Dn. Balthasaris Meisneri Theologi Et Philosophi Incomparabilis Memoriae, Wittenberg 1627 Schnorr von Carolsfeld, Franz: Katalog der Handschriften der Königlichen Öffentlichen Bibliothek zu Dresden, Bd. 1, Wiesbaden 1882 Schoppe, Caspar: Apologeticus Adversus Aegidium Hunium Pro Gemino de Indulgentiis libro Ill.mi Roberti Cardinalis Bellarmini. In quo praeter doctrinam Indulgentiarum, Iustificationis, Satisfactionum et Purgatorii de vitiis quoque et abusibus Curiae Romanae disputatur, München 1601

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Quellen und Literatur

von Seeklen, Johann H.: Athenarum Lubecensium Pars III Cuius sectio I Iurisconsultos, Sectio II Medicos, Sectio III Philologos et Philosophos exhibet. Lübeck 1721 Selnecker, Nicolaus: Institutio religionis christianae continens explicationem locorum theologicorum, Leipzig 1573 –: De Ritu Apostolico Ordinationis Usitatae in Ecclesiis Purioribus, Confessioni Augustanae Addictis. Tractatus, Leipzig 1579 Sennert, Andreas: Athenae. Itemq[ue] Inscriptiones Wittebergenses. Libri II, Wittenberg 1678 Stegmann, Josua: Ernewerte HertzenSeufftzer. Darinnen ZeitGebetlein auff die bevorstehende betrübte KriegsThewrung und Sterbenszeiten gerichtet. Benebenst Morgen und Abendsegen, Beicht, Communion und andern Gebetlein. Augirt und gemehrt, Lüneburg 1630 Wankel, Johannes (Hrsg.): Scriptorum Academicorum, Volumen 2: Continens Programmata proximo hoc triennio ab excessu V. Cl. Friderici Taubmanni, publice proposita. Nunc vero praemissa editioni Intimationum nondum post priora volumina editarum, Wittenberg 1616 Wattendorf, Ludwig (Hrsg.): Die Schul- und Universitätsordnung Kurfürst Augusts von Sachsen. Aus der kursächsischen Kirchenordnung vom Jahre 1580, Paderborn 1890 Weissenborn, Bernhard (Hrsg.): Album Academiae Vitebergensis (AAV). Jüngere Reihe (JR). Teil 1 (1602–1660), 2 Bde., Magdeburg 1934 Weller, Jacob: Mühsamer, jedoch seliger Kämpffer. Das ist, kurtze Erklerung des 7. 8. Verß des 84. Psalms. Angestellet Bey Volckreicher und ansehnlicher Leichbegängnüß Des […] Herrn M. Antonii Bergers, Treweyferigen Seelsorgers unnd Pastorn der Kirchen zu S. Andres in Braunschweig, Braunschweig 1643



3. Literatur367

3. Literatur Der bibliographische Nachweis personenbezogener Artikel aus vor 1850 erschienenen Nachschlagewerken erfolgt nicht gesondert.

3.1.  Literatur vor 1850 Bieler, Benjamin: Eine Kurzgefaßte Chronica der hochberühmten Stadt Torgau, oder: Historische Nachrichten von ihrem Ursprunge und sehr vielen daselbst vorgefallenen wichtigen Begebenheiten, Leipzig 1769 Boeckler, Johann H.: Bibliographia Historico-Politico-Philologica curiosa quid in quovis Scriptore laudem censuramve mereatur exhibens, cui praefixa celeberrimi cujusdam viri de studio politico bene instituendo. Dissertatio epistolica posthuma, Frankfurt am Main 1676 Buchner, August: Dissertationes Academicae, Sive Programmata In Incluta Wittebergensi Academia Publico olim nomine scripta editaque, nunc vero ferme omnia in unum corpus collecta, inque gratiam ac commodum studiosae Iuventutis, necessariis Indicibus adiectis, excusa, 2. Bd., Frankfurt am Main/Leipzig 1679 Dietmann, Karl G.: Die gesamte der ungeänderten Augsp. Confeßion zugethane Priesterschaft in dem Churfürstenthum Sachsen und denen einverleibten, auch einigen angrenzenden Landen, bis auf das ietzt laufende 1752te Jahr, 5 Bde., Dresden und Wien 1752/63 Dunkel, Johann G. W.: Historisch-Critische Nachrichten von verstorbenen Gelehrten und deren Schriften, Insonderheit aber Denenienigen, welche in der allerneuesten Ausgabe des Jöcherischen Allgemeinen Gelehrten-Lexicons entweder gänzlich mit Stillschweigen übergangen, oder doch mangelhaft und unrichtig angeführet werden, 1. Bd., 1. Teil, Köthen 1753 Erdmann, Johann Chr.: Memoria Diaconorum Wittenbergensium, Wittenberg 1789 –: Biographie sämmtliche Pastoren und Prediger an der Stadt- und Pfarrkirche zu Wittenberg, Wittenberg 1801 –: Nachricht von den Mitgliedern des geistlichen Ministeriums an der Stadt- und Pfarrkirche, wie auch Pestdiaconis in Wittenberg vom Anfange des 16ten Jahrhunderts bis auf gegenwärtige Zeit, aus glaubwürdigen Urkunden mitgetheilt, Wittenberg 1801 –: Biographie sämmtlicher Pröpste an der Schloß- und Universitätskirche zu Wittenberg. Vom Anfange des XVI. Jahrhunderts bis auf gegenwärtige Zeit. Aus glaubwürdigen Urkunden. Ein Beitrag zur Chursächsischen Reformations- und Kirchengeschichte, Wittenberg 1802 –: Lebensbeschreibungen und litterarische Nachrichten von den Wittenbergischen Theologen seit der Stiftung der Universität 1502 bis zur dritten Säcularfeyer 1802, aus den Matrikulu und anderen glaubwürdigen Urkunden. Ein Beitrag zur Chursächsischen Reformations- und Kirchengeschichte, Wittenberg 1804 –: Supplemente zur Biographie der Wittenbergischen Diaconen vom Anfange des XVI. Jahrhunderts an, bis auf gegenwärtige Zeit, Wittenberg 1808 Fabricius, Johann: Amoenitates Theologicae varii et selecti argumenti. Opus tam sacra, quam alia studia tractantibus, nec non peregre abeuntibus haud inutile, Helmstedt 1699 Francke, August H.: Monita Pastoralia Theologica, oder Theologische Erin[n]erungen und Vorschläge, für einige im Lehr-Amt stehende Freunde anfänglich entworfen, Und

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Quellen und Literatur

nunmehro Zum gemeinsamen Dienst und Nutzen […] im Druck mitgetheilet, Halle 1718 Freher, Paul: Theatrum Virorum Eruditione Clarorum. In quo Vitae et Scripta Theologorum, Iureconsultorum, Medicorum et Philosophorum, Tam in Germania Superiore et Inferiore, quam in aliis Europae Regionibus, Graecia nempe, Hispania, Italia, Gallia, Anglia, Polonia, Hungaria, Bohemia, Dania et Suecia A Seculis Aliquot, Ad Haec Usque Tempora, Florentium, Secundum Annorum Emortalium Seriem, Tanquam Variis In Scenis Repraesentantur; Opus omnibus Eruditis Lectu iucundissimum in quatuor partes divisum; quarum I. Theologos varios; II. Magnates, Iurisconsultos & Politicos; III. Medicos, Chymicos, Botanicos, Anatomicos &c. IV. Philosophos, Philologos, Historicos, Mathematicos, Poetas &c. complectitur, Nürnberg 1688 Götze, Georg H.: Send-Schreiben An Den neu erwehlten Pirnischen Superintendenten, Tit. H. Johann Gottlieb Lucium. Darinnen Von unterschiedenen hin und her zerstreuten Dreßdnern gehandelt wird, Frankfurt am Main/Leipzig 1712 Grosser und berühmter Theologorum Urtheile Von Heimlichen Nacht-Begräbnissen. Wenn dieselbe ohne Noht mit den erblaßten Leibern gläubiger Christen fürgenommen werden, Ratzenburg 1712 Hartnack, Daniel: Anweisender Bibliothecarius. Der Studirenden Jugend. Durch die Vornehmsten Wissenschafften. Sammt der bequemsten Methode, Wie dieselbe zu erlernen von einem zukünfftigen Theologo, Iurisconsulto, und Medico, Bey welcher Jeden ein kurtz- und ordentlicher Catalogus derer besten Bücher angehängt. Sammt einer Vorred von dieses allen Nutz und Gebrauch, Stockholm/Hamburg 1690 Hase, Karl: Lehrbuch der Evangelischen Dogmatik, Stuttgart 1826 Heller, Ludwig: Nikolaus Hunnius. Sein Leben und Wirken. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte des siebzehnten Jahrhunderts, größtentheils nach handschriftlichen Quellen, Lübeck 1843 Hendreich, Christoph: Pandectae Brandenburgicae. Continentes I. Bibliothecam, seu magnam, et, si Additamenta accesserint, maximam Auctorum impressorum et Manuscr. partem: quibus adduntur Auctorum quorundam Vitae, delectus; nomina plurimorum Anonymorum, Pseudonymorum &c. explicata. Idque in omnibus fere Scientiis, & orbis Terrarum Linguis. II. Indicem materiarum praecipuarum, in iis contentarum: utrumque Ordin. Alphabetico. Additus erit Index 1. Aetatum Mundi, quibus Auctores vixerunt […] Appendix continebit 1. Bibliothecam selectam […] Finem faciet Tomus, continens addenda & emendanda. Opus Quale hactenus vix elaboratum, certe editum non est; Tale, omnium Professionum Hominibus exhibere conatur, Berlin 1699 Jahn, Johann G.: Urkundliche Chronik der Stadt Oelsnitz und des Schlosses und Amtes Voigtsberg topographisch, historisch und statistisch dargestellt, nach den besten Quellen bearbeitet, mit den einschlagenden Urkunden und Beweisstellen belegt und herausgegeben, Oelsnitz 1841 Kettner, Paul G.: Historische Nachricht Von dem Raths-Collegio. Der Chur-Stadt Wittenberg, Wolfenbüttel 1734 Layritz, Friedrich W. A.: Ausführliche Geschichte der öffentlichen und Privatstipendien für Baireutische Landeskinder, Bd. 1: Enthaltend die öffentlichen und Privat-Stipendien von Auerbach bis Kanne, Hof 1804 Lippenius, Martin: Bibliotheca Realis Universalis Omnium Materiarum, Rerum Et Titulorum, In Theologia, Iurisprudentia, Medicina Et Philosophia Occurrentium. Melioris Ordinis, commoditatis & distinctionis causa, respectu IV. Facultatum in IV. Partes […] Divisa, Ordine Alphabetico ita disposita, ut primo statim, Frankfurt am Main 1685



3. Literatur369

Melzer, Jakob: Biographien berühmter Zipser, Leipzig 1832 Möller, Andreas: Theatrum Freibergense Chronicum. Beschreibung der alten löblichen BergHauptStadt Freyberg in Meissen. Alles mit Fleiß aus alten monumenten, Raths Archiven, Stadt- und Gerichtsbüchern, Historien zusammen getragen, Bd. 1: Darinnen des reichen herrlichen Silber-Bergwercks und der Stadt uhrsprung Gelegenheit Gebäwde Privilegia zu befinden. Ingleichen was sich bißher innerhalb fünffhundert Jahren im Lande Meissen denckwürdiges begeben, Freiberg 1653 Müller, Johann A.: Versuch einer vollständigern Geschichte der Chursächsischen Fürsten- und Landschule zu Meissen. Aus Urkunden und glaubwürdigen Nachrichten, Bd. 2, Leipzig 1789 Otto, Gottlieb F.: Lexikon der seit dem funfzehenden Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden oberlausizischen Schriftsteller und Künstler aus den glaubwürdigsten Quellen möglichst vollständig zusammengetragen, Görlitz 1802 Rehtmeyer, Philipp J.: Historiae Ecclesiasticae Inclytae Urbis Brunsvigae Pars IV. Oder: Der berühmten Stadt Braunschweig Kirchen-Historie Vierter Teil, darinn Die Reformations-Historie samt Denen Lebens-Beschreibungen derer Superintendenten, Coadjutorn, Pastorn und Schul-Rectorn; Ingleichen die Historien derer Conventuum, Controversiarum, Visionum &c. mit denen dahin gehörigen nöthigen und nützlichen Sachen von an. 1586 biß auf jetzige Zeiten beschrieben, Braunschweig 1715 Richter, Gottfried L.: Allgemeines biographisches Lexikon alter und neuer geistlicher Liederdichter, Leipzig 1804 Riederer, Bartholomäus: Von den verschiedenen, sonderlich ältesten Sammlungen von Disputationen der wittenbergischen Lerer bey dem anfange der Reformation, in: ders.: Nachrichten zur Kirchen-, Gelehrten- und Büchergeschichte, 4. Bd., Altdorf 1768, 50–83, 181–201, 283–309, 400–414 Schlegel, Christian: Lebens-Beschreibung Hn. Pauli Laurentii, Der Heil. Schrifft weitberühmten Doctoris, Chur-Sächs. Consistorial- und Kirchen-Raths/ und In der Ordnung des vierdten vom Anfang der Reformation in Dreßden gewesenen Superintendentens, Dresden 1698 Schmieder, Heinrich E.: Erinnerungs-Blätter. Zur dritten Jubelfeier der KöniglichPreußischen Landes-Schule Pforte, Leipzig 1843 Schreiber, Carl: Jena von seinem Ursprunge bis zur neuesten Zeit, nach Adrian Beier, Jena 1850 Schweitzer, Christian W.: Öffentliches Recht des Großherzogtumes Sachsen-WeimarEisenach, Bd. 1, Weimar 1825 Schwindel, Georg J.: Thesaurus Bibliothecalis. Das ist: Versuch einer allgemeinen und auserlesenen Bibliothec Darinnen nicht nur ein accurates Verzeichnis von allerhand alten und neuen, auf Reisen und sonst, in den vortreflichst- und berühmtesten Bibliothequen, mit Augen selber angesehenen Büchern enthalten ist, sondern auch zugleich von einem jeden Auctore und Buch eine hinlängliche und so viel immer möglich, gründliche Nachricht, Nebst richtigter Anzeige der Fontium treulich mitgetheilet wird […] zu vielem Nutzen und Vergnügen der Bücherliebhaber ans Licht gestellt, Nürnberg 1739 Serpilius, Georg: Fortsetzung der zufälligen Lieder-Gedancken, Regensburg 1704 Spitzel, Theophilus: Templum honoris reseratum. In quo L. illustrium aevi huius, orthodoxorum, ac beate defunctorum Theologorum Philologorumque imagines exhibentur, Augsburg 1673

370

Quellen und Literatur

Spitzner, Franz: Geschichte des Gymnasiums und der Schulanstalten zu Wittenberg. Aus den Quellen erzählt, Leipzig 1830 Stolle, Gottlieb: Anleitung zur Historie der theologischen Gelahrheit, Jena 1739 Uhse, Erdmann: Leben der berühmtesten Kirchen-Lehrer und Scribenten des XVI. und XVII. Jahr-Hunderts nach Christi Geburth. In Alphabetischer Ordnung nach den besten Autoribus abgefasset, Leipzig 1710 Vanselow, Amandus K.: Gelehrtes Pommern, Stargard 1728 Wabst, Christian G.: Historische Nachricht von des Churfürstentums Sachsen und derer dazu gehörigen Landes Jetziger Verfassung der Hohen und niederen Justitz aus authentischen Urkunden abgefasset, Leipzig 1732 Wetzel, Johann C.: Hymnopoeographia, oder Historische Lebens-Beschreibung der berühmtesten Lieder-Dichter, Bd. 1, Herrnstadt 1718 Wilisch, Christian G.: Kirchen-Historie der Stadt Freyberg und der in dasige Superintendentur eingepfarrten Städte und Dörffer samt den Lebens-Beschreibungen der allermeisten ehemaligen und ietzigen Superintendenten und Prediger, wie auch einem besonderen Codice Diplomatico Freibergensi und zweyfachen Register, Leipzig 1737 Witte, Henning: Diarium Biographicum. Quo Eruditorum cuiusvis gentis & generis, huius seculi virorum Vitae & Scripta, Iuxta anni, mensis & diei emortualis seriem Breviter recensentur, Danzig/Riga 1688 Zedler, Johann H.: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste, Halle/Leipzig 1732/54

3.2.  Literatur nach 1850 Absmeier, Christine: Das schlesische Schulwesen im Jahrhundert der Reformation. Ständische Bildungsreformen im Geiste Philipp Melanchthons, Stuttgart 2011 Achelis, Christian E.: Lehrbuch der praktischen Theologie, Bd. 1: Einleitung. Die Lehre von der Kirche und ihren Ämtern, die Lehre vom Kultus, Homiletik; Bd. 2: Katechetik, Poimenik, Koinonik (innere Mission, Gustav-Adolf-Verein), die Heidenund Judenmission, Kybernetik, Leipzig 21898 Achelis, Otto: Schülerverzeichnisse höherer Lehranstalten Deutschlands. Ein bibliographischer Versuch, Leipzig 1920 Adam, Gottfried: Der Streit um die Prädestination im ausgehenden 16. Jahrhundert. Eine Untersuchung zu den Entwürfen von Samuel Huber und Aegidius Hunnius, Neukirchen-Vluyn 1970 Aland, Kurt: Die Theologische Fakultät Wittenberg und ihre Stellung im Gesamtzusammenhang der Leucorea während des 16. Jahrhunderts, in: 450 Jahre Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg. 1: Wittenberg 1502–1817, Halle 1952, 155–237 [wiederabgedruckt in ders.: Kirchengeschichtliche Entwürfe. Alte Kirche, Reformation und Luthertum, Pietismus und Erweckung, Gütersloh 1960, 283–394] Albrecht-Birkner, Veronika (Bearb.): Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen, Bd. 1: Biogramme A-Bo, Leipzig 2003 Alschner, Uwe: Universitätsbesuch in Helmstedt 1576–1810. Modell einer Matrikelanalyse am Beispiel einer norddeutschen Universität, Wolfenbüttel 1998 Appel, Heinrich: Die Lehre der Scholastiker von der Synteresis, Rostock 1891 Appold, Kenneth: Abraham Calov’s Doctrine of Vocatio in Its Systematic Context, Tübingen 1998



3. Literatur371

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Quellen und Literatur

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Register Aemilia (Markgräfin von BrandenburgAnsbach) 173 Aepin, Johannes 162 Alber, Erasmus 162 Alberti, Salomon 174 Alsted, Johann H. 278 Amberger, Andreas 105–106, 125, 128– 129, 148–149 Amberger d. Ä., Leonhard, 131 Amberger d. J., Leonhard 131 Amberger, Martin 132 Ambrosius von Mailand 254 Amling, Wolfgang 140 Andreae, Jacob 40, 45, 66, 69, 81, 163 Andreae, Laurentius 172 Angelus, Leonhard 80 Anna Maria (Herzogin von Sachsen-Weimar) 79 Appold, Kenneth G. 7, 30, 32, 159, 161– 163 Aristoteles 242 Arndt, Johann 22, 28, 53, 273 Arnold, Gottfried 3, 27 Asche, Matthias 3 Athanasius 210, 215, 261 August (Kurfürst von Sachsen) 38, 58, 66, 81, 97, 128 August von Sachsen 270 Augustinus, Aurelius 17, 35, 47, 90, 191, 203–204, 211–212, 217, 221, 226, 232, 234, 239, 245–246, 248–255, 257, 260– 261, 263, 268, 278, 284 Auleander, Paul 69 Bachmann, Matthaeus 167 Bachofen, Friedrich 162 Balduin, Andreas 59–61, 87, 121 Balduin, Anna-Margaretha 118 Balduin, Balthasar 79, 91, 117–118, 122, 166

Balduin, Christian A. 117–118 Balduin, Dorothea 87, 91, 110, 117–119, 122 Balduin d. J., Friedrich 59, 61, Balduin, Gertraud 60 Balduin, Gottfried 117 Balduin, Gottlieb 118 Balduin, Johann 59–62 Balduin, Johannes 118 Balduin, Magdalena 62 Balduin, Paul 58 Balduin d. J., Paul 118 Balduin, Urban 58–61, 123 Baldwin, Johannes 59 Barnes, Robert 162 Barwasser, Barbara 119 Barwasser, Eucharius 119 Barwasser, Sophia 119 Basilius, Simon 134–135 Becan, Martin 1, 108, 165, 239 Beckman, Lucas 134 Beheim, Johann 175 Behm, Johannes 164, 222, 240–241 Bellarmin, Robert 88, 164–165, 204, 214, 225, 239, 255, 260, 314 Benedict, Abraham 134 Berg, Holger 2 Berger. Anton 131 Bergius, Konrad 64 Bertuch, Justin 113 Beutel, Albrecht 30 Beuthen, Zacharias 74 Bilovius, Bartholomäus 80 Birnbaum, Bartholomäus 153 Bloch, Peter 60 Blum, Michael 105–106, 124, 131 Böner, Stephan 176 Bönisch, Linda W. 41 Bohemus, Eusebius 132 Bohemus d. Ä., Eusebius 132

394

Register

Bohn, Valentin 106, 124 Brenz, Johann 59 Brüller, Johann 60 Buchwald, Georg 137 Bugenhagen d. Ä., Johannes 59, 116, 138, 162 Bugenhagen d. J., Johannes 62

Dannhauer, Johann C. 200 Demosthenes 244 Deutschmann, Daniel 271 Dilthey, Wilhelm 201 Dingel, Irene 196 Dresler, Michael F. 271 Drusius, Johannes 319

Caesius, Abraham 153 Calaminus, Petrus 69 Calixt, Georg 25, 32, 54–55, 186 Calmberg, Paul 150 Calov, Abraham 1, 18, 25–26, 30, 32, 198 Cammann, Johannes 111–112 Canus, Melchior 261 Capitus, Jacob 72 Carpzov, Conrad 134 Carpzov, Johann B. 30, 212, 226 Caselius, Johannes 24 Caselius, Martin 118 Chemnitz, Martin 25, 195–197, 237 Christian I. (Kurfürst von Sachsen) 38, 64, 68–69, 82, 270 Christian II. (Kurfürst von Sachsen) 2, 38, 48, 68, 79, 90, 93, 98, 106–108, 114, 122, 149–150, 164, 216, 270 Christoph (Herzog von Württemberg) 45 Chrysostomos, Johannes, 210, 242, 244– 245, 259 Chytraeus, David 47, 196 Cicero 65, 83, 203, 235, 245–246 Claus, Nikolaus 60 Clemen, Burchart 183 Clemens von Alexandria 193 Corvinus, Antonius 268 Cothmann, Johannes 172 Cranach d. J., Lucas 67 Cranach, Lucas 67, 128 Cramer, Daniel 71–72, 94, 117 Cramer, Elisabeth 72 Cramer, Erdmuth 72 Cramer, Gertrud 72 Cramer, Martin 72 Cruciger d. Ä., Caspar 162 Czobor, Elisabeth 207

Eber, Paul 1, 61, 116, 137, 141, 173 Eichmann, Martin 150 Elert, Werner 3 Ennius 83 Epiphanius 256 Erasmus von Rotterdam 236, 242, 258, 261 Erdmann, Johann Chr. 5, 63, 97, 101, 131, 179 Erhard, David 105–106, 124 Erich Sorolainen (Bischof von Finnland) 167 Etzler, Leonhard 130 Eulenburg, Franz 42 Euonymus, Antonius 70–71 Eusebius von Caesarea 257

Danckwert, Petrus 167 Danneberg, Lutz 247

Faber, Ägidius 59 Faber, Jacob 72 Faber, Johannes 162 Fabritius, Georg 66 Fabritius, Laurentius 49, 70–71, 74, 113 Fabritius, Theodor 162 Fendt, Melchior 105 Finck, Caspar 54 Flacius, Matthias 16, 188, 195, 200, 255, 265 Fleischer, Joachim 167, 281 Fleischhauer, August 132 Flöter, Jonas 65 Förstemann, Karl E. 1 Förster, Johannes 49–50, 99–100, 134, 149 Francke, August H. 6 Franz, Wolfgang 12, 37, 49, 53, 91, 93, 100–101, 104–105, 112–113, 115, 134, 149, 152, 169, 201–202, 225 Freher, Paul 121 Friedensburg, Walter 11, 30, 37, 85, 109 Friedrich der Weise (Kurfürst von Sachsen) 153

Register395

Friedrich Wilhelm I. (Herzog von Sachsen-Weimar) 38, 45, 51, 67–69, 79, 174 Füger, Caspar 64 Fuhrmann, Balthasar 62, 164 Fuhrmann, Jacob 70 Gadegast, Benedict 119 Gadegast, Margarethe 119 Gäbler, Johann 128 Garth, Helwig 100 Gaß, Wilhelm 6, 30–31, 108 Gellius, Aulus 83 Gensichen, Hans-Werner 4 Georg (Markgraf von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach) 173 Georg Friedrich (Markgraf von BadenDurlach) 262 Georg Friedrich I. (Markgraf von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach) 129, 173–174, 229 Gerganus, Zacharias 169, 281 Gerhard, Johann 11, 25, 27, 32, 54, 186, 188–189, 194–195, 197–198, 201, 212– 213, 215, 251, 263, 284 Gericke, Cyriacus 162 Gerlach, Elias 67 Gerlach, Melchior 145 Gesner, Salomon 12, 37, 40, 45–48, 51, 69, 72, 75, 77–78, 80, 82, 91, 105, 121, 130, 133, 196–198, 204, 210, 221, 256–257, 312 Gilbert de Spaignart, Christian 165, 171– 172 Gisbice, Paulus von 80 Glassius, Salomon 263 Golgocinus, Nicolaus 323 Gormann, Johann 103, 166 Gornig, Antje 59 Götze, Georg H. 5, 63, 65, 68, 74, 102 Gräfenthal, Christian 106, 124 Gregor von Nazianz 90 Gregor von Nyssa 211 Gregor von Valencia 85 Gregor XIII. 37 Greser, Daniel 58, 64, 92 Gretser, Jakob 85 Greulich, Georg 173 Gruber, Michael 49, 101

Grunius, Johannes 70 Gruter, Janus 70 Grünberg, Simon 71 Haas, Nicolaus 29 Haberlandt, Henning 110 Haberlandt, Johannes 110 Habermann, Johann 273 Hafenreffer, Matthias 196 Hänichen, Daniel 107 Hagius, Johannes 70, 72–73 Hailbronner, Jakob 85 Hain, Heinrich 175 Hall, Stuart G. 263 Hausmann, Gerhard 174 Hedwig (Kurfürstin von Sachsen) 107 Heerbrand, Jacob 45, 69, 195, 238 Hegemon, Petrus 162 Helwig, Paul 241 Heinisius, Martin 108 Heinrich Julius (Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel) 24 Heintz, Martin 106, 124 Hennen, Insa-Christiane 115 Hentzschmann, Urban 96 Heshusius, Tilemann 22 Hessus, Franciscus 93, 134 Hettenbach, Ernestus 70 Hettenschlehius 105 Hieronymus 35, 126, 143, 201, 249–251 Hierovius, Bartholomäus 72 Hilarius von Poitiers 227, 256 Hilwig, Martin 49, 72 Himmel, Johannes 54 Hirnius, Hieronymus 147 Hirsemann, Martin 105 Hochstater, Johann Georgius 80 Hoë von Hoënegg, Matthias 2, 54–57, 80, 82, 106–107, 110, 117–118, 237, 262–263 Höhler, Paul 102 Höpfner, Heinrich 54, 67 Hofmann, Daniel 24, 52 Holl, Karl 4, 198–199 Homer 65 Horst, Michael 102 Horst, Philipp 111 Horvath, Gregor 86 Horvath, Marcus 80, 85–86

396

Register

Horvath, Nicolaus 85 Hospinian 48, 50 Huber, Samuel 23, 37, 45–46, 52, 69, 72, 77, 93 Huber, Simon 143 Hugo von St. Viktor 276 Hülsemann, Johannes 119–121 Hunger, Albert 85 Hunnius d. Ä., Ägidius 6, 10, 12, 23, 25, 37, 40, 45–46, 48, 50–52, 69, 72, 77–78, 82, 84–90, 92, 103, 114–115, 121, 129, 131, 136, 171, 195, 198, 214, 216, 237, 258 Hunnius, Apollonia 45 Hunnius, Nikolaus 12, 37, 49–51, 53, 112– 113, 117, 134, 136, 167, 171–172, 214 Hutter, Leonhard 12, 23, 33, 37, 45, 48, 50–51, 68–69, 77–78, 80, 82, 85, 91–93, 99, 103–105, 113, 115–116, 121, 124, 133–134, 136, 148–150, 152, 169, 171, 174, 197–198, 225, 237, 284 Janitius, Caspar 64 Janus, Elias 115 Jauch, Samuel 61 Jenisch, Paul 2, 107, 109 Joachim Ernst (Markgraf von Brandenburg-Ansbach) 113 Joachim Friedrich (Herzog von Brieg) 140 Jöcher, Christian G. 5 Johann Friedrich (Kurfürst von Sachsen) 162 Johann Friedrich (Herzog von SchleswigHolstein-Gottorf) 221 Johann Friedrich (Herzog von Württemberg) 55 Johann Georg I. (Kurfürst von Sachsen) 55–56, 62, 110–111, 113, 152, 155, 197, 267 Jordan, Christoph 82, 105 Jordan, Georgius 106, 125, 129, 135, 149 Jung, Volker 32 Kämpff, Wolfgang 120 Kaufmann, Thomas 35 Kesler, Andreas 166 Kersten, Michael 102 Kitzius, Joachimus 64

Kniege, Johannes A. 179 Knoll, Antonius 178 Koeler, Basilius 64 Köler, Philipp 176 König, Immanuel 172, 243 König, Johann F. 37, 190 Köppel, Leonhard 96–97 Körner, Christoph 196 Kohl, Joachim 271 Koseritz, Jakob von 151 Krakewitz, Barthold von 171 Kreslins, Janis 15 Krumm, Paul 271 Kruse, Jens-Martin 186 Ladislaus, Johannes 66 Laelius, Laurentius 37, 109, 174–176, 185 Laktanz 190, 203, 261 Lang, Johannes 126 Lau, Franz 20 Laurentius, Paulus 87–88, 96 Layritz, Friedrich W. 176, 178 Leyser, Friedrich 54 Leyser, Kaspar 45 Leyser, Wilhelm 54, 275 Leyser d. Ä., Polycarp 2, 45–46, 54, 64, 69, 77, 93, 99–101, 103, 106–107, 113, 117, 125, 148–150, 174, 195, 198, 224 Leyser d. J., Polycarp 49 Leppin, Volker 51 Leube, Hans 4, 6, 11, 26–28, 138, 274 Ley, Burchard 175–176 Liddel, Duncan 72 Lippenius, Martin 289 Lippius, Johannes 167 Lituanus, Stanislaus 162 Livius, Titus 76 Löscher, Valentin E. 29 Lubin, Eilhard 171 Ludwig V. (Landgraf von Hessen-Darmstadt) 55 Luther, Martin 4, 9, 11–12, 17, 35, 48, 58– 60, 68, 79, 123, 126–127, 160–162, 165, 186, 187–188, 193–195, 197–199, 201, 206, 210, 212–213, 215, 223–224, 228– 229, 231, 233, 236, 239, 247, 249–250, 255–257, 260, 267–268, 270

Register397

Machabaeus, Johannes 162 Major, Georg 162, 198 Major, Johannes 54 Majus, Heinrich 69 Mancelius, Georg 29 Mahlmann, Theodor 3, 7, 24, 165 Marbach, Johannes 46, 162 Martens, Barthelm 72 Martens, Johann J. 72 Martin, Roderich H. 7, 31 Martini, Cornelius 24, 52 Martini, Jacob 24, 49, 51, 57, 72, 76, 121, 136, 172, 178, 275 Matthaeus, Jacobus 154 Matthias, Markus 20 Maximilian I. (Herzog von Bayern) 85 Mayes, Benjamin 7, 31 Medler, Nikolaus 162 Mehlführer, Johannes 119 Mehlhausen, Joachim 20 Meinhardt, Andreas 57–58, 123 Meisner, Balthasar 6, 10, 12–13, 25–26, 37, 49–52, 54–55, 87–88, 105, 112, 119, 134, 141, 147–148, 163, 166–167, 169, 173– 175, 197–198, 203, 214, 224, 237–238, 280, 283 Meisner, Christian 120 Meisner d. Ä., Balthasar 87, 101, 117 Melanchthon, Philipp 4, 9, 11–12, 17, 24, 32–33, 35, 40, 48, 58, 60–61, 68–69, 72, 84, 133, 161, 163, 173, 186–188, 192– 193, 195, 197–198, 213, 216, 226, 242, 250, 283 Melanchthon, Philipp (Notarius) 133 Melartopoaeus, Gabriel 167 Menius, Daniel 66–67 Mentzer, Balthasar 94–95 Menz, Balthasar 74, 80 Meurer, Heinrich 67 Mezner, Abraham 80 Mirus, Martin 67 Mörlin, Joachim 113, 162, 257 Moller, Martin 46 Möller, Andreas 61 Mönchmeier, Daniel 113 Moritz (Kurfürst von Sachsen) 58, 95 Moser, Wilhelm 111 Moth, Philipp 162

Müller, Nikolaus 124 Musculus, Andreas 196 Mylius, Georg 12, 91–94, 98, 101, 115– 116, 133, 271 Neugebauer, Georg 271 Nicolai, Philipp 94 Nieden, Marcel 7, 30 Niederstal, Philipp 106 Niederstetter, Michael 87, 107 Nopp, Tilemann 162 Olai, Nicolaus 143 Olearius, Gottfried 179 Olearius, Johannes 15–16, 158, 179, 213, 275 Origines 248, 254 Otto I. (Bischof von Bamberg) 173 Palladius, Petrus 162 Pallas, Karl 137 Pappus, Johannes 46 Park, Chang Soo 22 Pauli, Hieronymus 143 Pauli, Johann 183 Pázmány, Péter 106, 165, 207 Perkinsus, Wilhelm 278 Person, Ludwig 133 Philipp Ludwig (Pfalzgraf von Pfalz-Neuburg) 85 Pierius, Urban 69 Pineda, Juan de 260 Pitschius, Thomas 63–65 Platon 244 Pouchen, Levinus 164 Preul, Reiner 30 Pseudo-Athanasius 215 Quingenberg, Jan von 96, 150 Rackelmann, Michael 63–65, 67 Ramus, Petrus 24 Rathmann, Hermann 54 Raubigius, Paulus 147 Rechenbach, Leonhard 53 Reichard, Andreas 17 Reichard, Michael 40, 72–73 Reichel, Christoph 130

398

Register

Reichel, Ehrenfreund 61 Reichel, Maria 130 Reichenbach, Philipp 59 Reichner, Christoph 150 Reimarus, Hermann S. 11 Reimer, Matthaeus 167 Reinhard, Wolfgang 21 Reusner, Bartholomaeus 93, 113, 134, 150, 152 Reusner, Nicolaus 76–77, 121, 151 Reuter, Gottfried 57, 93 Reutzelmann, Matthaeus 106 Richardson, Alexander 247 Ritter, Gerhard 9 Rittwagen, Johann 105–106, 124 Rhau d. J., Balthasar 120 Rhodomann, Laurentius 80 Röber, Paul 1, 62, 121, 275 Röhrer, Georg 61 Röser, Martin 59 Rössel, Paul 271 Rosenkrantz, Georg 72 Rosenkrantz, Oliger 72 Roth, Stephan 59 Rublack, Hans 21, 29–30 Rudolf II. (Kaiser) 76, 106–107 Rudolph, Nicolaus 80 Ruhelius, Conrad 80–81 Runge, David 12, 37, 40, 45, 47–48, 51, 69, 73, 76–78, 82, 84–85, 90–92, 103, 121–122, 198, 237–238 Runge, Jacob 47, 69 Sadeel, Antonius 80 Salmuth, Michael 116 Sartorius, Johannes 175 Sattler, Basilius 43 Schacht, Johannes 130 Schacht, Magdalena 130 Schaff, Hans 61 Schafmann, Andreas 80 Scharff, Johannes 328 Schato, Andreas 40, 70 Scheibler, Christoph 109 Schenck, Jacob 162 Schian, Martin 29 Schilling, Johannes 21 Schilling, Wenceslaus 24

Schindler, Valentin 70 Schleich, Clemens 129 Schleich, Petrus 105–106, 125, 129–130, 149 Schleupner, Christoph 112–113, 119, 175, 228, 249 Schmalz, Valentin 24 Schmedenstede, Heinrich 162 Schmid, Johannes 106, 124, 126, 167 Schmidt, Erasmus 57, 63–65, 70, 72–73, 75–76, 82, 92, 99, 102, 108, 114 Schmuck, Vincentius 54 Schneider, Christoph 102 Schneidewein, Johannes 119 Schnell, Heinrich 134 Schnepf, Dietrich 45 Schnepf, Erhardt 58 Schnepf, Theodor 69 Schönberg, Caspar von 98, 272 Schönberg, Hans F. von 99–100, 125, 148–150, 224 Schönberg, Hans W. von 272 Schönberg, Ursula von 272 Schoppe, Caspar 88–90, 165 Schopper, Johann 173 Schorn-Schütte, Luise 21–22 Schröder, Wilhelm H. 7 Schultz, Christian 102 Schultze, Friedrich, 119–120 Schuman, Matthias 64 Schwaber, Ludwig 22 Schweitzer, Albert 11 Schwenkfeld, Caspar 240 Seifarth, Alexander 72 Seifarth, Regina 72 Selfisch, Matthäus 201 Selfisch, Samuel 125, 128 Selnecker, Nikolaus 113, 195–196, 257–259 Sennert, Andreas 80, 82, 113 Serpilius, Georg 68, 77, 85 Siber, Adam Th. 80 Silbermann, Heinrich 105, 109, 125, 128– 129, 134, 148–149, 224 Simon, Tobias 64 Simonides, Matthias 135 Skinner, Quentin 15 Slorfius, Hermann 167 Sokrates 244, 268

Register399

Sommer, Andreas 22, 28 Sophia (Kurfürstin von Sachsen) 270 Spangenberg, Cyriacus 258 Spangenberg, Johannes 268 Sparn, Walter 7, 18, 283 Spener, Philipp J. 29 Sperling, Lazarus 62 Sperling, Magdalena 58 Sperling d. Ä., Paul 62 Sperling d. J., Paul 62 Spitzner, Franz 60 Staemmler, Heinz 55 Stegmann, Andreas 30 Stegmann, Josua 273 Steiger, Johann A. 4, 11, 27, 31 Sträter, Udo 25, 28 Straub, Caspar 70 Strauch, Ägidius 166 Strigel, Viktorin 259 Strigenitz, Gregor 11 Strigius, Joachim 134, 147 Strubius, Heinrich J. 167 Stumpf, Catull 105–106, 124 Tandler, Tobias 80 Tanner, Adam 85 Taubmann, Friedrich 68, 74, 76, 80–81, 174 Tertullian 262 Thaler, Martin 105 Theodoret 235 Tholuck, August G. 3, 6, 11, 26–28, 52–53, 103, 138 Thomasius, Christian 3 Thukydides 244 Thurzo, Imre 207 Tilemann, Friedrich 73–74, 79 Tilemann, Tobias 167 Timaeus, Johann 150 Todaeus, Nicolaus 70 Toletus, Franciscus 278 Treu, Abdias 164 Troeltsch, Ernst 20 Trost, Martin 71

Trunz, Erich 35 Ulrich (Herzog von Pommern-Stettin) 243 Ursinus, Johannes 130 Versor, Johann 46 Vogel, Hans 102 Voit, Albert 70 Volkmar, Johann G. 48, 69, 73, 92 Vulpius, Hermann 65 Wachsmuth, Johannes 135 Wagner, Johann 109 Wallmann, Johannes 2, 20, 22, 32, 188, 213 Wankel, Johannes 157 Wegmann, Johann Ph. 271 Weigel, Valentin 24 Weinrich, Georg 150, 258 Weller, Hieronymus 162, 229, 257 Wilisch, Christian G. 84, 108 Winckelmann, Johannes 94 Wissinger, Anna M. 118 Wissinger, Johann 118 Wolf, Adam 135, 266 Wolff, Stefan 59 Wolfframsdorff, Wolf E. von 266 Wotschke, Theodor 137–138 Wriedt, Markus 3, 4, 193 Wunschold, Abraham 80, 131 Wunschold, Georg 105, 130 Wunschold d. Ä., Georg 130 Zabarella, Jacopo 18, 24, 198, 283 Zader, Jacob 273 Zanger, Johannes 40, 133 Zaupe, Michael 271 Zeämann, Gallus 164 Zedler, Johann H. 5, 108, 269 Zimmermann, Paul 43 Zörler, Friedrich 63 Zolner, Erasmus 167 Zürner, Nicolaus 88