Winter-Monate: Band 2, Heft 2 Februar 1815 [Reprint 2021 ed.] 9783112441107, 9783112441091


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Winter-Monate: Band 2, Heft 2 Februar 1815 [Reprint 2021 ed.]
 9783112441107, 9783112441091

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Von dieftm Journal, welches den Zweck'hat, den Freunden einer unterhaltenden Lektüre bk langen Winterabende Möglichst zu verkürzen, er» scheint mit dem ersten Tage jeden Wintermonates «in Heft von 6 Dogen.

Das Ganze wird als»

au« 6 Heften bestehen, welche r Bände bilden. Der Preis für alle 6 Heft« ist i Thaler 12 Gro­ schen, wofür man die« Journal durch alle Buch­

handlungen und Postämter beziehen kann. Leichte, angenehme Unterhaltung ist der Zweck

diese« Institute«.

Demselben entsprechende Auf­

sätze werden mit Vergnügen ausgenommen, und anständig honorirt; di« Redaction bittet dieselbe»

an den Verleger etnzusenden.

Lohn der Treue.

(Beschluß.) Ehrfried hatte, wie au- einer vom Instinkt ihm einqeqebnen Vorsichtsmaßregel, während dieser

Erzählung einen Lichtschirm auf den Tisch gestellt,

dessen über Theodors Gesicht verbreiteter Schat­

ten es dem Chirurg unmöglich machte, die Bewe­ gung zu bemerken, in die er, ohne es zu ahnen, durch einen so herzerquickenden Bericht seinen

eben so glücklichen, als aufmerksamen Zuhörer

versetzt hatte.

Auch dem Alten rollten unauf­

haltsam die Thränen über die Backen, und er

würde, hätte er nicht alsobaid sich hinausbege­

ben , bei dem Chirurg ein nicht geringes Befrem­ den veranlaßt haben, da sich, als er kaum das

Zimmer im Rücken hatte, zu seinen Thränen ein so heftiges und lautes Schluchzen gesellte, daß

er erst nach einer ziemlich geraumen Zeit vermö­

gend war, wieder eine ruhige Miene anzuneh­ men und in das Krankenzimmer zurück zu keh-

ICO

Zetzt herrschte hier die tiefste Stille; denn

rett.

der redselige Chirurg hatte, auf Zureden des Barons, sich nach einem in der Nähe befindli­ chen Kabinett verfügt,

um daselbst von

der

Erschöpfung, zu welcher die Unbequemlichkeit

seines nächtlichen Rittes, und die darauf erfolgte Anstrengung seiner Zunge gemeinschaftlich gewirkt

hatten, auszuruhen, und zur Rückkehr nach sei­ nem Wohnort neue Kräfte zu sammeln.

Theodor empfing den Alten mit einem Blicke, worin die ganze Wonne seiner Seele sich spie­

gelte.

Seine ersten Worte bestanden in der Mit­

theilung des im Stillen gefaßten Vorsatzes, die

abgebrannten Häuser in Erlheim auf eigne Kosten wieder aufbauen zu lassen, um sein Dankgefühl

wegen der köstlichen Entdeckung, die jenes Un­

glück herbetgeführt, sogleich durch wohlthätige Handlungen an den Tag zu legen.

Lange noch

unterhielten sich beide über den oft verhandelten Gegenstand, mit einer Lebhaftigkeit, bet welcher

Theodor aller Schmerzen vergaß;

bis endlich

gegen Mitternacht die Lust des Gesprächs von

der Lust des Schlummers überwältigt wurde. Ehrfried rückte den Lehnstuhl, auf welchem er dte

Nacht juzubringen beschlossen hatte, an bas Bett,

-..........

IOt

um 6ef jeder Bewegung seines kranken Herrn in der Nähe zu seyn, und war bereits in tiefen Schlaf verfallen, während jener noch mit offnen Augen von der gvldnen Zukunft träumte, die er nun durch die Gunst des mit seinem Kummer ausgesöhnten Schicksals zu erblicken und zu ge­ nießen hoffte. Sobald der Tag angebrochen war, erschien Herr Spilke vor dem Lager deS Barons; erkun­ digte sich mit neugestärkter Deredtsamkett über dessen Befinden, belehrte hierauf den Alten auf das umständlichste über die Verfahrungswetse, die er in Hinsicht deS gnädigen Herrn anzuwenden habe, und versprach unter so vielen Kratzfüßen als Worten, sich morgen in eigner Person wie­ der elnzufinden, um einer eben so dringenden, als angenehmen Pflicht, wie er sich ausdrückte, Genüge zu leisten. Und jetzt geschah es viel­ leicht zum erstenmal, daß der gute Mann, ohne vom Schlaf oder dem Höflichkeitsgefühl dazu ge­ nöthigt zu seyn, in Verstummen gerieth; da Theodor zu einem einstweiligen Zeichen seiner Erkenntlichkeit ihm zwanzig Dukaten einhändi­ gen ließ, und zu diesem unerwarteten Geschenk noch außerdem eine goldne Brustnadel, woran

sich ein ächter Rubin befand, hlnznfügte.

Der

Liebhaber von Kunstsachen dieser Art statld wie

vom Schlage getroffen, und ein Fremder würde

schwerlist, haben entscheiden können, ob die Blasse

und Nöthe, die mit Blitzesschnelle auf seinem Gesicht wechselte, einer schreckhaften oder freu­

digen Ueberraschung zuzuschreiben sei.

Lange

währte eS, bevor er sich im Stande sah, einige

Abschiedsworte

zu

stammeln und von seinem

großmüthigen Patienten sich loszureißen.

Ehr-

fried begleitete ihn biS vor die Hausthür, wo

das Reitpferd, das ihn zurücktragen sollte, be­ reits seit einer Stunde gesattelt stand.

Mit

einer Heftigkeit, die ihn leicht in den Verdacht

hätte bringen können, er sei nicht minder ge­

schickt, Armbrüche zu bewirken alS zu heilen, fiel er dem Alten um den Hals und rief mit

so lautem Schluchzen und so häufiger Wieder­

holung: „Gott segne Dich, alter Jungest" daß

dieser dem Himmel dankte, als er sich endlich von den lästigen Liebkosungen befreit und den

verschwenderischen Ertheilet derselben den Hügel

hinaufjagen sah. Noch denselben Vormittag erhielt Ehrfried

den Auftrag, sich nach Erlhelm zu begeben, um

daselbst dm wichtigen Punkt in Richtigkeit zu

dringen, der seit mehr als vierzehn Monaten

zu den täglichen Gesprächen auf dem Schlosse zu Florbach den Stoff geliefert hatte. Da Theo­

dors ^rechte Hand gelähmt, und er mithin nicht im Stande war, dem Müller sein Gesuch in

einem Briefe kund zu thun, so unterrichtete er den Alten, auf dessen guten Willen und Dienst,

eifer er sich verlassen konnte, mündlich über die Art und Weise, wie er an Ort und Stelle im

Namen dessen, von dem er abgeschtckt sei, zu verfahren und des ihm ertheilten Auftrags sich

zu entledigen habe.

Dabei band er eS ihm be-

sonders aufs Herz, alle feine Beredtfamkeit an«

zürnenden, um den Müller zu bewegen, daß der­

selbe ihn auf dem Rückwege nach Florbach be­ gleite, damit die Sache noch heut mit allen

ihren Nebenbeziehungen ins Reine gebracht werde. Hierauf ertheilte er ihm zum Schluß noch den

Befehl, den Häuptern der abgebrannten FamiNen in Erlheim, jedoch nur im Vorbcigchn und

ohne sich im geringsten dabei aufzuhalten, anzu­ zeigen, daß er sie in einigen Tagen sämmtlich

auf seinem Schloß erwarte, um über die Art der Hülfe und Unterstützung, die er ihnen zuge-

'

I«4

dacht habe, mit ihnen die nöthige Rücksprache zu nehmen. —

Ehrsried fuhr aisobald in seine

Sonntagskleider. legte die versilberten Schuh­

schnallen an, nahm das lange spanisch« Rohr in die Hand und wanderte wohlgemuth und mit

den gravitätischen Schritten eine- bevollmächtig­

ten FrelwerberS dem Ziele seiner Bestimmung entgegen. Theodor verfolgte indeß den Boten unauf­

hörlich mit seinen Gedanken, zählte, den Blick auf den Minutenzeiger der vor ihm liegenden

Taschenuhr geheftet, ihm jeden Schritt nach, den er über die wohlbekannten Felder zu thun

hatte und wußte vor immer stärker werdendem

Herzklopfen sich kaum zu lassen, als er ihn end­ lich, seiner Rechnung nach, an Ort und Stelle

vermuthen mußte. —

„ Sollte sie wohl gar

selbst — rief er aus — o Himmel l wenn sie

selbst mir mein Glück anzukündigen käme'." — In dem nehmlichen Augenblicke steckte ein Knecht

deS Hauses, der EhrfriedS Auftrage zufolge sich im Nebenzimmer aufhielt, um dem Baron nöthi«

genfalls aufzuwarten, den Kopf zur Thür her­

ein, weil er das Rufen gehört hatte und der Meinung war, daß der gnädige Herr vielleicht

seines Dienstes bedürfe. Wirklich erschien er auch ziemlich erwünscht; denn Theodor, der so eben eine gewaltige Unordnung um sich her bemerkt hatte, befahl dem Lintretenden so­ gleich daS Zimmer zu reinigen, und alles in gehörige Ordnung zu bringen, indem er keinen Augenblick vor diesem oder jenem Besuche sicher sey. Der Mensch vollzog, was ihm anbefohlen war, erhielt, nach geendigtem Geschäft, eine» Wink, sich wieder weg zu begeben, und Theo­ dors Ungeduld erstieg allmählig den höchsten Gipfel, da Stunde um Stunde verging, ohne daß auch nur eine MauS bei ihm Besuch abge­ stattet hätte. Ehrsrted erschien endlich, aber mit einem so niedergeschlagenen Gesicht, daß gleich bey dessen Anblick sich eine tödtliche Kälte durch Theodors Glieder ergoß. Kein Missethäter trat je mit einer kläglichern Miene in die Nähe des Richt« Platzes, als dieser, mit seinem Sonntaqsputz ausstaffirte Licbesbole in die Nähe seines Herrn. Ohne über die In der Mühle gefundn« Auf­ nahme sich im mindesten zu äußern, brachte er stillschweigend aus der rothdamastnen Westen­ tasche einen Brief zum Vorschein, trat nach des«

io6 ftn Auslieferung mit verstört«« Blick an da« Fenster, bewerkstelligte von dem NammSzuge,

der auf dem silbernen Knopf« de- spanischen RohrrS fid> befand, einen Abdruck In dem Flei­ sche seiner Nasenspitze, quetschte seinen zwischen

dem linken Arm eingepreßten dreieckigten Hut

zum Zwrikanter, und gab dann und wann durch «in gelindes Knirschen mit dm Zähnen zu er­ kennen, wie wenig er in seiner dermaligm Ge­

müthsstimmung zu einer abermaligen UmarmungSscene mit dem Chirurg sich aufgelegt fühle! Theodor entfaltete indeß dm Brief so schnell,

al« er es vermittelst brr Unken Hand, deren

Gebrauch allein ihm zu Gebote war, vermochte,

und las mit scheinbarer Ruhe folgende, mit

der Namensunterschrift deS Müllers bezeichnete Worte: „Die von Ihnen, mein Herr Baron, ge,

faßte Willensmeinung, die mir so «ben von Ihrem Ehrfrled mitgetheilt worden ist, hat mich

in größere Unruh« und Bestürzung gesetzt, alS

Sie bei Abfertigung des Boten wahrscheinlich

»«rmuthet haben.

Da ich bi« an mein Ende

«in schlichter, ehrlicher Mann zu bleiben und mein Gemüth von jeder Eingebung eine« thi-

io? tlgten Hochmuths frei zu erhalten wünsche ; so

versichre ich hiermit nochmals aus das feierlichst«,

daß ich niemals meine Einwilligung zu einer Ver­ bindung geben werde, die meine Tochter, statt

ihr Glück zu befördern, nur in das tiefste Un­

glück und Elend stürzen würde; da eine so un­ gleiche Heirath von Ihrem Herrn Vater unmög­

lich jemals gebilligt werden kann.

Za ich be-

theure Ihnen sogar, daß ich meine Marie mit

geringrer Angst zwischen den Schaufeln der Mühl­ räder , als in den Armen eine« Manne« erblicke«

würde, dessen Rang und Stand viel zu hoch über dem mistigen ist, al« daß nicht der bloße Gedanke an eine Blutsverwandtschaft mit dem-

selben mich mehr erschrecken al« erfreuen sollte. Glauben Sie ja nicht, daß versteckter Eigensinn

mir diese abschlägige Antwort eingegeben habe; eS begründet sich dieselbe vielmehr aus die vielen

unglücklichen Beispiele, von denen ich gelesen und

gehört habe, und welche mir bet Eröffnung Ihre«

Vorsatzes nothwendig der Reihe nach wieder in dm Sinn kommen mußten.

Auch habe ich dabet

nicht blos nach eignem Gutdünken gehandelt.

Marie, die, so wie ich, an Ihrem vorgestern erltttnen Unfälle den herzlichsten Antheil nimmt.

stimmt mit mir darin vollkommen überein, und Ehrfrted selbst wird Ihnen bezeugen können, daß ich erst nach mit ihr genommener Verabredung

die Feder angeseht habe, um Ihnen unsern bei­

derseitigen Entschluß kund zu thun.

Ze unver­

änderlicher derselbe ist, je inniger ersuche ich Sie,

mein Herr Baron, nicht länger auf einem Ent­ würfe zu bestehn, welcher, statt sich au-führen zu lassen, nur da« Glück und die Wohlfahrt

eines unbescholtenen Mädchens und die anspruchs­ lose Zufriedenheit einer harmlosen Familie unfehl­ bar zu Grunde richten würde. “ —

„Mein Schicksal ist entschieden! “ rief Theo­

dor, «lS er den Brief gelesen hatte, mit schwa­

cher Stimme, und vergrub, ohne mit einer ein­

zigen Sylbe sich den weitern mündlichen Bericht von Ehrfried zu erbitten, sein Gesicht in das

Kopfkissen.

Der Alt« steckte das auf dem Bett

liegende, unglückselige Papier wieder in di« We­

stentasche, aus welcher er es hervorgezogen, seht« sich auf den nächsten Stuhl und heftete, ohne di« im Zimmer herrschend« Stille nur durch den ge­

ringsten Laut zu unterbreche«, seinen Blick wohl eine Stunde lang starr auf das über dem Bett

befindliche Bild des Kammerherrn, das Theodor

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bereits vor einigen Jahren von einem andern

Gemälde heimlich kopirt und in seinem Schlaf­ zimmer aufgehangen hatte.

Jetzt richtete der

Kranke sich auf und begehrt« zu trinken.

Wie

von einem elektrischen Schlage aus seinen Betrach­ tungen geweckt,

fuhr Ehrfrted auf,

reichte

ihm, was er verlangte, und bemerkte, während

Theodor das Glas in gierigen Zügen ausleerte,

rlne glühende Fieberhitze auf seinem Gesicht. Auch waren diese Zeichen eine- verschlimmerte»

KrankheitSzusiandeS teineSwegrS von unzuver­

lässiger Art; denn kaum war er kraftlos auf das Lager zurückgefallen, al« er in so sinnlose Phan»

tafieen auSbrach, daß. dem Alten vor Grause» und Entsetzen der Angstschweiß von der Stirn

zu laufen anfing.

Wie sehr verwünschte er jetzt

di« voreilige Auslieferung des Briefes; wie sehr

bereute er eS jetzt, daß er nicht auf irgend eine Ausflucht gesonnen, daß er nicht wenigstens bis

morgen den Unglücklichen durch eine scheinbare Hoffnung htngehallen habe, wo durch die Gegen­ wart de« Wundärzte« den Folgen seiner erschüt­

ternden Zeitung vielleicht voizubeugen gewesen wäre.

Er betrachtete seinen Herrn alS ein ret«

tung-lojes Opfer des Todes und raufte bei der

ITO

————

Vorstellung, daß er selbst durch seine unstnnige Verfahrungsweise an diesem schrecklichen Wechsel

der Dinge die meiste Schuld habe, sich die grauen

Haare aus dem Kopfe.

Wie ein Verzweifelnder

schoß er die Treppe hinunter, befahl dem ersten

Knecht, der ihm im Hofe aufstieß, eiligst das

beste Pferd zu satteln, nach dem Wohnorte deS

Chirurgs zu jagen, und den Mann sogleich, mit Güte oder Gewalt, todt oder lebendig nach Flor­

bach zu fördern.

Herr Spilke saß eben im Zirkel einiger Nach­ barn und Freund«, die, von ihm in der Freude

ftineS Herzen« auf ein Glas Doppelbier ringel«den, sich mit kurzen GypSpfeifcn im Munde sei­

nen erlebten Glücksfall erzählen ließen; als der Bote die Straße heraufsprengte, aus den über

der Thür hängenden Barbierbecken den richtigen Schluß zog, daß er am Ziele sei, und ohne vom Pferde zu steigen auS Leibeskräften nach dem

Bader schrie.

Glühend vor Zorn und Scham,

trat Herr Spilke vor die Thür und überströmte den Reiter, der nach und nach von dem ganzen

Tobakskollegium stch umringt sah, mit so uner­ schöpflichen Verweisen wegen seiner Ungefchltffen-

hrtt, daß der arme, von Wortschwall und Pfei-

fendampf betäubte Kerl erst eine geraume Zeit

nachher, als die Redefluth des Chirurgs in Stok» kung gerathen war, den Gebrauch seiner Zunge

erhielt, um stotternd anzudeutrn, daß er in Auf­

trag des Herrn Baron von Därfeld, der in de« letzten Zügen liege, hierher geschickt sei.

Kaum

aber war dieser Name über seine Lippen, als di«

Scene sich plötzlich änderte.

Der Chirurg ward

von einem heftigen Zittern befallen und indem er, ohne von der Stelle zu kommen, sich wie

ein Kreisel herumdrehte, rief er unaufhörlich: „Dringt mir Rock und Stiefeln aus der Hintrrstube i — holt mir den Arzneikasten aus dem

Eckschrank! — zieht mir das Pferd aus dem Holzstalle l" —

Als ihm endlich alles, was er

verlangte, zur Stelle gebracht wurde, schleuderte

er den Schlafrock in den Koth und die Pantof­

feln seinen Freunden an die Köpfe, schwang sich mit einer Eilfertigkeit,

die ihn fast aus dem

Gleichgewicht gebracht hätte, auf das Pferd und jagte davon.

Die Anwesenden, denen er noch

so eben betheuert hatte, daß er das erhaltne glän­ zende Geschenk lediglich der Geschicklichkeit, ver­

möge welcher er den Baron aus der augenschein­ lichsten Lebensgefahr errettet, zn verdanken habe.

schüttelten die Köpfe, lasen die umhcrgestreuten Fragmente zusammen, und begaben sich wieder nach der Stube, um einigen, daselbst noch vorhandnen Resten des Gerstensaftes »hre Bestim­ mung anjuweisen. Der Chirurg konnte, als er auf dem Schlosse angelangt war, gar nicht fertig werden, dem Alten seine Verwunderung über den gegenwärtigen Zustand des Kranken zu erkennen zu geben, da er ihn dicstn Morgen, ohne nur im minde­ sten einen so gefährlichen Rückfall ahnen zu kön­ nen, verlassen habe, und erklärte zuletzt, da Ehrfried nicht für gut fand, ihn über das, seit seiner Abreise stattgefundne Ereignis zu belehren, daß der Baron nur von einem heftigen Wund, fieber befallen sei, welches er mit GotteS Hülfe und vermöge seiner eignen vieljährigen Einstcht und Erfahrung bald zum Rückzüge zu bringen gedenke. Auch ließ der Zufall ihn in der That einen so glücklichen Griff in den mitgcbrachten Arzneikasten thun, baß der Kranke, nachdem ihm die verordnete Mixtur beigebracht war, in einen Schweiß verfiel, welcher, wahrscheinlich zu Folge der gänzlichen Entkräftung, die er nach flch zog, das Fieber wenigstens vor der Hand

von allen weitern Angriffen zurückschreckte.

Un­

fähig ein Glied zu rühren und seinen Wider­

willen gegen die Quantität der Arzneien, die er verschlucken mußte, nur durch eine Miene zu

erkermen zu geben, lag Theopor da und ließ alles geduldig über sich ergehen, bis endlich ein

wohlthätiger Schlummer sich ein freiste, der fast ununterbrochen bis zum folgenden Mittage fort»

dauerte.

Der erfreute Alte, der mit Vermin­

derung der Fteberphantafleen, die ihn mehr als

alles andre in Schrecken gesetzt hatten, das Uebel selbst bereits gehoben glaubte,

überhäufte mitt­

lerweile den Wundarzt mit den rührendsten Be­ weisen der Achtung und Dankbarkeit; indem er,

ohne bet den günstigen Zeichen, die er am Lei­ denden bemerkte, die kräftige Natur und Kör­ perbeschaffenheit desselben im mindesten in An­

schlag zu bringen, einzig und allein den Scharf­

blick und die Geschicklichkeit des modernen AeskulapS als die Talismane betrachtete, durch welche

die Rückkehr semes guten Herrn von den Pfor­ ten des Todes erfolgt sei. Es zeigte sich bei Theodors Erwachen bald

genug, daß man durch schweißtreibende Mittel

leichter die Seele auS dem Körper, als die Lel-

IL D.

8

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---------------

denschast der Liebe aus der Seele verscheuchen könne.

Zn seinen Zügen herrschte eine dumpf«

Melancholie; mürrisch und verdrießlich wieß er «inen neuen Trank zurück, den der Chirurg ihm

zur Stärkung bereitet, und mit welchem er sich,

sobald der Kranke die Augen aufschlug, gegen

das Bett hin in Bewegung gesetzt hatte.

Weder

Bitten noch Vorstellungen konnte« ihn bewegen, nur einen Tropfen davon zu nehmen, obgleich

Herr Spilk« in den zierlichsten Ausdrücken betheuerte, daß gegenwärtiges Medikament von

dem bereit- früher angewandten durch eine ganentgegengesetzte Wirkung unterschieden sei.

Theo­

dor wollte von einer Stärkung dieser Art nichts wissen, und gab endlich, da er sich fortwährend gedrängt sah, seinen Widerwillen, nicht nur

gegen die ihm vorgehaltne Mixtur, sondern auch gegen die «»preisenden Worte auf ein« so ab­ schreckend» Art zu erkennen, daß der Chirurg

genöthigt ward, mit seinem Wundersaft sich nach dem Lehnstuhl zurückzuziehen, auf welchem er noch so eben die fast bi- zur Anbetung gestei­

gerten Huldigungen des Alten mit selbstgefälli­

gem Lächeln in Empfang genommen hatte.

ES

ward allwählt- Abend, ohne daß der PatieH

MS feinen verstockten Sinn geändert und wenigstens

dem Chirurg,

der vor Unmut!) über das ihm

aufericgte Stillschweigen fast verging, durch einen

freundlichen Blick Muth eingefiößt hätte, eilte Unterhaltung anjuspinnen. stellen konnte,

wie

Da er stch nicht von

jemand mehrere Stunden

lang, in dumpfes Hinstarren verloren und ohne das geringste Lebenszeichen von sich zu gefiert, unbeweglicher als ein Stein

auf einer Stelle

liegen könne; so kam er zuletzt, und zwar mit Recht, auf die Vermuthung, daß zur Erholung

der

durch

die

auSgestandne Schwitzkur abge­

matteten Glieder ein zwölfstündiger Schlaf nicht hinreichend gewesen und die Natur daher wieder zu ihrem gewöhnlichen Stärkungsmittel geschrit­ ten sei.

Er ließ demnach, da er seine Zunge

schlechterdings nicht länger im Zaum zu halten

wußte, den alten Ehrfried,

der noch immer in

seinen Sonntagskleidern einherqing, neben

sich

im breiten Lehnstuhle Platz nehmen und knüpfte flisternd mit ihm ein Gespräch an, das von den

Grillen des Barons auslief,

allmählich auf die

Launen und Sonderbarkeiten der großen Herren

überhaupt überging und endlich in einem Labp» rinth von Begriffen, Urtheilen und Schlüffen

fl6

-------------

sich verlor, aus welchem keiner von beiden den

Ausweg würde gefunden haben, hatte nicht ein

Zufall von höchst überraschender Art sich ins Mittel geschlagen und ihren tiefsinnigen Betrach­

tungen plötzlich ein Ende gemacht.

ES fing bereits an zu dämmern, als die Thür sich öffnete und «in alter Herr, in eine

Wtldschur gehüllt, heremtrat.

Ehrfrted erhob

sich von seinem Sitze, blickte der langen Hagern

Gestalt ins Gesicht, und blieb wie versteinert stehen, alS er den alten Kammerherrn von Bär» selb erkannte.

Dieser näherte sich indeß dem

Lager, betrachtete einige Minuten lang, in ern­

stes Stillschweigen verloren, bald das über dem Bett befindliche Gemälde, bald seinen in tiefem Schlummer liegenden Sohn, und gab endlich,

indem seine abgezehrten Wangen von Thränen

benetzt wurden, dem Alten ein Zeichen, ihm in das nächste Zimmer zu folgen.

Hier erkundigte

er sich, während der zurürkgeblieben« Chirurg

vor Neugierde fast umkam, genau nach ave» Umständen des von Theodor erlittenen Unfalls, hörte dem Alten nitt sichtbarer Rührung zu, lobte ihn in den leutseligsten Ausdrücken wegen

seiner Sorgfalt und Treue, und «mahnte ihn.

darin fortzusahren, da die baldige Wiedergent-

fung de« Kranken gegenwärtig sein einziger un­

sehnlichster Wunsch sei.

Ehrfried aber, dem der

Gedanke, daß die Rettung de« Sohne« lediglich

in der Gewalt de« Daker« stehe, mit lebendiger Klarheit vor die Seel« trat, glaubte diesen gün-

sttgen Augenblick nicht unbenutzt lassen zu dürfen und entdeckte, indem er dem Kammerherrn au«

den Reisekleibern half,

mit beherzten Worte«

ihm alle«, wa« ihm von Theodors Liebe z«

Marien, dem hartnäckigen Widerstreite de« Mül­

ler«, dm seltsamen Beobachtungen de« Chirurg« und dem verjährten Kummer de« Verschmähten

bekannt war.

Der Kammerherr faßte, währen­

de« mit steigendem

Affekt ertheilten Bericht«,

den Alten scharf in« Auge, erhielt auf jein Be­ gehren de« Müller« Brief, setzte sich damit vor

den Kamin, und trug, nachdem er einige Worte

gelesen,

dem erwartungsvollen Berichterstatter

auf, hinauSzugehcn und ihm das Schlafzimmer in Ordnung bringen zu helfen. Al« Ehrfried wieder zurückkam,

ging der

Kammerherr mit übrreinandergeschlagenen Armen und in tiefe« Nachdenken versunken, langsam

im Zimmer auf und nieder, fragte, sobald er den

Eintrevnden femertte, ob da- Zimmer zu seinem Empfange bereit fti, unt befahl dem Alken ihm hinaufzuieuchten, da «r, von der langen, be«

sichwerlichen Reise ermüdet, erst morgen früh seinen Sohn zu sprechen Willens sei.

An Ort

und Stelle .angelang k, wandte der Kawmerherr

sich mit etndringend ernster Miene zu chm und

ertheilte ihm dir Weisung, von seiner Ankunft gegen Theodor nichts zu erwähnen, dem Chirurg Las nämliche einzuschärfen und überhaupt dafür zu sorgen,

daß Peine Anwesenheit auf dem

Schlosse vor dem Kranken so lange geheim ge» halten werde, bis er selbst sich ihm zu zeige«

für gut finde.

Ehrfrted wagte es nicht, über

die Ursache dieser strengen Verordnung eine Frage zu thun, die auch allem Anschein nach unbeant­

wortet geblieben wär«, sondern entfernte sich mit

einem tiefen Bückling und begab, wechselnd zwi­ schen Furcht und Hoffnung, sich nach dem Kran­ kenzimmer zurück, wo der Chirurg ihm bis an

die Thür entgegen eilte, und um die erwarte­ ten wichtigen Nachrichten

ohne Zettverlust in

Empfang zu nehmen, ihm hastvoll das linke

Ohr an den Mund hielt.

Es gereichte Theodors

geschwächtem Nervensystem zu großem Heil«, daß

—-—

II9

Herr Spille, zu Gunsten einiger an den Zehen

befindlicher Hühneraugen, sich seiner mit Hufi>

eisen versehenen Stiefel entledigt harte;

denn

kaum war ihm der Name de« Fremden in der

Wildschur zugeflistert worden, als er vor Ver»

wunderung einen so rxaltirten Sprung in die Höhe that, daß Ehrfrted flugs mit den Fingern untersuchte, ob er etwa, in Folge der zwischen seiner Nasenspitze und dm harten Gehörknorpeln

des Chirurg- entstandenen,

empfindlichen Rei­

bung, bevor er weiter spreche, erst eine« blut­ stillenden Mittels benöthlgt sei.

Herr Spille

bereitete sich, nachdem er alles vernommen, n>6*

jener ihm mitzuthellen für gut fand, noch einige

Stunden lang auf die Komplimente und feinen

Redensarten vor, vermittelst welcher er sich am nächsten Morgen bei dem Kammerherrn in Gunst zu setzen gedachte, und überließ nach dieser Gei-

steSanstrengung seinen Körper der Ruhr; Ehr­

frted aber, aus dessen Augen die Erwartung der Dinge, die da kommen sollten, allen Schlaf verbannte, ward von dem dämmernden Morgen

wachend auf dem Lehnstuhl angetroffen. Zehr vernahm er plötzlich rin Geräusch untm aus dem Hoscaum.

Leis« schüch er an ein Fenster

deS angrenzenden Zimmers, und kam eben za rechter Zeit, um den Kammerherrn in eine vor der Thür befindliche Reisekurfche etnsteigen zu

sehen.

Alles geschah mit einer so geheimnißvollen

Stille, daß der Alte kaum den eignen Augen trauen wollte.

Wie heftig aber fing ihm unke«

der rothen Weste das Herz au zu pochen, als er den Wagen recht« nach dem Hügel etnlenken sah,

über welchen der Weg schnurstraks nach Erlheim führte! Das überströmende Gefühl wollt« ihye

die Brust zersprengen, alle« Blut stieg ihm ins

Gesicht und auf seinen Knieen dankte er de» Himmel für die qlückweiffagenden Zeichen, deren

Anblick ihm zu Theil ward.

Zn dieser Stellung

überraschte ihn der Chirurg, der so eben in« Zimmer trat, und mit noch schlaftrunknen Augen sich erkundigte, ob der Kammerherr sich schon

beim Frühstück befinde.

Ehrfrted antwortete bloß

durch einen triumphirenden Blick, wiewohl er sich die größte Gewalt anthun mußte, um dem

Chirurg, der ihn mit tausend Fragen bestürmte, das köstliche Geheimniß nicht zu verrathen, für dessen Bewahrung seine Brust nicht Raum zü

haben schien. Auf eine weit härter« Probe ward jedoch seine

------ -------

I2t

Verschwiegenheit gestellt, als er bald darauf da­ von Gram verzehrte Erficht seines geliebten Herrn

erblickte, der, sobald er ihn ins Zimmer trete« sah, mit matter Stimme sich über brennenden

Durst beklagte, und einen frischen Trunk ver» langte.

Niemand «ar aber in diesem Anqenblick

Weniger geschickt, daS Ami eines Mundschenk-

zu verwalten, aiS Ehrfrtrd,

der vor heftigem

Zittern seine Glieder nicht eine Sekund« lang still

zu halten vermochte, und niemand war zum Glück

bereitwilliger, sich diesem Geschäft zu unterzie­ hen, als Herr Spilke, der sogleich mit einem

Glase Drvtwaffer sich nach dem Dett verfügte. Der Kranke hielt mit einem mißtrauischen Blicke

das Glas -egen das Fenster,

indem er darin

wahrscheinlich einen Zusatz von des Chirurg« Er, ssndung vermuthete; statt dessen aber fiel ihm

Ehrsried in die Augen, welcher so eben mit (in, dtschem Wohlgefallen seinen dreicckigten Hut meh»

rrremale nach der Decke warf und wieder auf­ fing.

Ohne seine Verwunderung über dieß när­

rische Betragen durch etwas mehr, als rin zwei­

deutige- Lächeln zu erkennen zu geben, lischt«

Theodor seinen Durst, kehrte darauf das Geficht gegen die Wand und gab dadurch dem Chirurg

m deutlich genug zu verstehen, daß er sich au» feiner Nähe begeben und schweigen möge.

Dieser aber

hatte nicht sobald EhrsriedS wunderliche Geberden Md Grimassen wahrgenommen, als er schon über

ein zweckmäßige- Mittel nachsann, um einer vollkommnen Raserei bet Zetten vorzubeugen, in* dem der Alte, seit er am Fenster auf den Knieen gelegen hatte, den Verdacht mehr und mehr zu

rechtfertigen schien, daß sein Gehirn, in Folge der wiederholten, anstrengenden Nachtwachen, in

Zerrüttung gerathen sei.

Di« siegreich heitre

Miene deS Alten, in welcher nur dann und wann

ein Zug von ungeduldiger Erwartung bemerklich ward, das dumpfe, von aller Theilnahme ent» fernte Hinbrüten de< Leidenden im Bett, und der mitleidsvolle Blick des Wundarztes, der fast drei

Stunden lang über die Nothwendigkeit einet schleunigen Hülfe philosophirtr, und sie doch weder

dem «inen noch dem ander.» anzubieien wagte; alleS zusammengenommen bildet« ein so sonderba*

res Wechselverhältniß, daß «ln ruhiger Beobachter

(id) an demselben vielleicht noch lange nicht satt geweidet gehabt hätte, al« endlich «tue freundli­ chere Scene an dessen Stelle trat.

>>Jst eS erlaubt?" rief ein« dem überraschten

J23

Theodor wohlbekannte Stimme, indem die Thür sich öffnete und der Kammerherr hereintrat.

Ein

freudiges Schrecken überflog das Gesicht des Kran» ten; auf den linken Arni gestützt, war er verge­ bens bemüht, sich aufzurichten, als der Kammer»

Herr auf ihn zueilte, sich zu ihm herabnetgte, und

auf feine bebenden Lippen einen Kuß drückte, in

welchem die ganze Zärtlichkeit der väterlichen Liebe

sich vereinigte.

Der Chirurg brannte vor Be­

gierde, feine Nachtgedanken an den Mann za

bringen und stand gleich einer Pagode neben Ehr»

fried, welcher indessen, die Hände in den Taschen, mit beiden Rockzipfeln sein Gesicht bedeckt«, und

ohne sich daran zu kehren, daß der, über seinen

Verstoß gegen die feine Lebensart höchst aufgr» bracht« Nachbar, ihm fortwährend den spitzet»

Ellnboqrn in die Rippen stieß, in ein so uner­ trägliches Mittelding von Schluchzen und Heulen ausbrach, daß beide weit früher einen Wink, sich wegzubeqeben, vom Kammerherrn erhielten. alS

eS bei ruhigem Verhalten vielleicht der Fall gewe­ sen wäre.

Der Chirurg zog den Alten halb mit

Güte halb mit Gewalt nach seinem rechter Hand

befindlichen Schlafkabinett, um ihm daselbst, bl< die zum Trepaniern tauglichen Werkzeug« herbei»

geschafft wären, einstweilen «in spanische« Fliegen»

Pflaster auf den Wirbel zu legen. Sobald der Kammerherr mit feinem Sohn

Mein, und die erschütternde Gewalt der Empfin­

dungen bet dem letzter« in eine ruhigere Stim­

mung übergegangen war, erfuhr Theodor zu sei» «em Erstaunen, durch welch« strenge Schule sein

Waler noch im GreifeSalter geführt worden, und

welcher furchtbare Kampf der Entsagung von tief« gewurzelten Grundsätzen und vieljährigen Met» «ungcn vorangegangen «ar. —

Das launenvolle Spiel, welches die Gräfin

-Aurelia, wie wir bereits oben erwähnt haben, mit ihren Anbetern zu treiben gewohnt war, fing

allmähllg an ernsthaftere Folgen zu äußern, al­

pe selbst, geblendet vom Rausche der Eitelkeit und bestocken von der Meinung ihrer «»wider»

steblichen Reize, sich jemals hätte träumen lassen. Wiel zu grausam hatt« fie die Sylphen des Hofe«,

fast der Reihe nach, geneckt und beschämt, am Narrensell geführt und bis zur Verzweiflung ge­ trieben, als daß nicht am Ende sich eine still­

schweigende Verschwörung wider sie hätte anspin-

nen sollen, vermöge deren der Troß ihrer schmach­ tenden Nachtreter mehr und mehr zusammen-

schmolz; biS zuletzt Verdruß und Langeweile ihr einziqes Gefolge auSmachten. Auch waren tHe Schmeicheleien, die der Spiegel ihrem Gesicht ertheilte, mit weit geringerer Begeisterung abge­ faßt, als sie sonst in ihren, mit Fletsch und Dtut versehenen Lobrednern zu errraen gewohnt gewe­ sen war. Zn stolz, die Sailen herabzuspannm und der Rolle, die sie einmal zu spielen angefan» gen hatte, einen gefälligern Anstrich zu geben, glaubte sie vielmehr, an ihren abtrünnigen Ver­ ehrern eine empfindliche Rache üben zu können, wenn sie gegen den alte» Kammerherrn von Bär­ feld, der eben jetzt sich um ihre Gunst zu bewer­ be» anfing, in den gefälligen Ton etnstlmmte, den man früherhtn so ganz an ihr vermißt und durch Anwendung aller Künste des OvibinS bet ihr hervorzubringen, umsonst versucht hatte. Wirklich merkte sie bald, daß blefes Lockmittel seine» Zweck nicht verfehle; um aber ihrem Groll ganz den Zügel schießen zu lassen, folgte sie dem Baron sogar ohne Weigerung zum Altare, durch welch« heroische Selbstüberwindung der leichtfüßi­ gen Schaar wenigsten- der Zugculg zu ihrer Hand abgeschnitten ward. Daß aber Aurelia über­ haupt viel geschickter «ar, einen Liebhaber, akis

einen Ehemann glücklich zu machen, zeigte sich

bald zum Schrecken des Kammerherrn, welcher nach und nach in eine, von dem Zustande eines Galeerensklaven nur durch die sanftere Benennung

unterschiedene Lage zu gerathen anfing.

Zu der,

von ehemals vielen, jetzt auf ihn allein überge-

tragenen tyrannischen Behandlungsweise gesellte sich außerdem noch der Umstand, daß nach voll«

zvgenem Vermählungsfeste sich ihr spröder Sinn allmählich bis zu einem Grade zu erweichen schien,

der dem Kammecherrn desto unverkennbarer in die Augen fallen mußte, je deutlicher ihn die täg­

liche Erfahrung lehrte, daß er allein von dem wohlthätigen Einflüsse dieser veränderten Sinnes, art ausgeschlossen sei.

Noch waren daher kaum

zwei Monate verflossen, seit er diesen gefährlich­ sten Schritt seines Lebens gethan hatte; als er

bereits über die begangne, seinen Zähren so wenig

entsprechende Uebereilung die aufrichtigste Reue

zu empfinden, und mit dem Gedanken der Wie­

derauflösung eines Bandes, das sein Glück und seine Ruhe empfindlich bedrohte, sich insgeheim

wie mit einem Lieblingsgedanken zu beschäftigen anfing.

Lange würden Schaam und Furcht viel­

leicht die Ausführung desselben verhindert haben.

hätten nicht Wuth und Abscheu mivermutheter

Weise über beide Rücksichten die Oberhand ge» Wonnen und zur Wegräumung dieser Steine deS Anstoßes sich als gewaltige Hebel vereinigt.

Der

Zufall wollte es nämlich, daß der Kammerherr,

als er eines Abends zur ungewöhnlichen Stunde nach Hause kam, seine junge Gemahlin in einem

teiu-a-tete überraschte, worin sie für die Er­ füllung

seines oft geäußerten Wunsches nach

einem Erben seines Namens nnd Wappens einen so mißverstandnen Elfer an den Tag legte, daß

der alte Herr bei dessen Anblick schier zur Salz­ säule ward.

Ungesäumt faßte er jetzt den Ent­

schluß , die Residenz wo nicht für immer zu mei­

den , doch wenigstens nicht früher dahin zurück­ zukehren, als bis er von der daselbst erlittenen

Schmach und Kränkung unter einem entfernten Himmelsstriche genesen und Aurelia durch gesetz­

liche Vermittlung

von allen Verbindlichkeiten,

deren sie sich gegen ihn anheischig gemacht, förm­

lich freigesprochen sei-

Sehnsucht nach

Eine unwiderstehliche

dem Anblick des verkannten,

verstoßenen Jünglings, der durch den nämlichen

Umstand, durch

welchen er einst des Vaterö

Gunst verlor, jetzt dessen ganze Achtung gewann-

bemächtigte sich seiner Seele und schon am näch­ sten Morgen trat er, nachdem er die von ihm bewohnten Zimmer des Hauses unter Riegel ge-

kgr und seine Diener entlassen hatte, die Reise

Nach Florbach an. — Nachdem der Kamneerherr seinem Sohne die wesentlichsten Punkte auS der eben angeführten Leidensgeschichte nicht ohne merkliche Schaamröthe

und Verlegenheit

mitgetheilt hatte und dieser

wechselswetse bald in Mitleid zerflossen, bald in die bittersten Verwünschungen ausgebrochen war,

wandte er nach einer kurzen Pause sich wieder ernt folgenden Worten an ihn:

„Laß unS, mein

Sohn, nun ich durch dieß freimüthtge Geständ-

utß einer durch ihre Folgen hart genug bestraften Schwachheit mein Herz erleichtert habe, des ver­

haßten Gegenstandes mit keiner Sylbe weiter ge­ denken,

da gegenwärtig eine weit angenehmere

Sorge mein Znn'res beschäftigt. fand ich in jenem,

Schon gestern

an der Wand hängenden

Gemälde einen zu rührenden Beweis deiner fort-

daürenden Liebe gegen mich, als daß ich nicht feit diesem Augenblick darauf hätte denken sollen,

auch von der meinigen dir eine überzeugende Probe

fu geben.

Eine junge Verwandte von uns, eine

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129

arme, vaterlose Waise, die ich -vvr eintgrr Zeit nebst ihrer Mutter in mein HauS aufnahm, hat

mied hierher begleitet.

Ausgewachsen In iändlj-

eher Sine und Anspruchslosigkeit, setzt sie nicht minder durch ihre Tugenden, als durch ihre Rerze

jeden, der sie kennen zu lernen Gelegenheit hat, in Verwunderung; und ich darf ?s dir frei geste­

hen, mein Sohn,

daß die Betrachtung ihrer

persönlichen Vorzüge, welche deinem mir bekany-

ten Grundsätzen vollkommen |u entsprechen schei­ nen, mich während unsrer Reise zu so erfreuli­ chen Wünschen und Hoffnungen veranlaßt hat,

daß cs mir sehr schwer sollen würde, sie wieder aufzugeben.

Doch wozu bedarf es dieser Schil­

derung, da die nähere Bekanntschaft mit ihr dich

über das alles weit besser belehren kann.'

Ich

eile, sie herzusüdren; in wenig Augenblicken bitt

ich wieder bei dir! “ Vergebens betheuerte Theodor, daß er gegen­

wärtig sich schlechterdings nicht geneigt fühle, einen Besuch dieser Art anzunehmen; der eigen­ mächtige Freiwerber war ihm aus dem Gesicht,

bevor er von den zwanzig Entschuldigungearünden, die er vorzubringen hatte, nur mit einem

einzigen zu Stande gekommen war. — II. B.

Kaum

Igo

aber sah er sich allein, als sich ein neues Schau­

spiel vor seinen Augen eröffnete.

Von der rech­

ten Hand des Wundarztes am Zopf, von der linken am Kragen gefaßt,

stürzte Ehrftied aus

dem Kabtnet, indem er sich Haid scherzend, halb unwillig von seinem Verfolger loszumachen strebte.

Der Chirurg hatte nämlich mit dem aufzulegen­ den Pflaster dem Alten so lange und ernstlich zu­

gefetzt, daß dieser «S ihm endlich,

verdrießlich

Aber den Spott, den er mit sich getrieben glaubte,

aus den Händen riß, an den Boden warf und «eil eS keinen andern Ausweg gab, durch Theo­

dors Zimmer hin das Freie zu erreichen suchte.

Jener aber, in der Meinung, daß ein Verstoß gegen den Wohlstand sich durch seine menschen­ freundliche Absicht vollkommen entschuldigen lasse,

schoß wie ein Pfeil hinter ihm her, und eben in der Thür gelang eS ihm,

sich besagtermaßen

seiner Person zu versichern.

Sicher wäre jedoch

der Verdacht, den der Chirurg gegen den Alten hegte, in Theodor« Augen auf ihn selbst zurück­

gefallen, hätte der Drang und die Gewalt deAugenblickS so geringfügige Untersuchungen ver­

stattet.

Denn als Theodor eben über diesen räth-

felhaften Austritt ein« Erklärung verlangt hatte.

iar kam der Kammerherr zurück, führte tüt in holder

Verwirrung errithende« Mädchen herein, näherte sich mit ihr dem Lager M Kranken und mit freu­ digem Schrecken erkannt« Theodor — feine Ma­

rie! —

„Nimm sie hi«!"

sagt« der gerührte

Vater, indem er ihr« Hand in die srinig« legte,

und der Müller,

der zugleich mit in da« Zimmer

getreten war, die Anwesenden freundlich grüßte;

„fern fei es von mir, mein väterliche« Ansehen zum Nachtheil einer Neigung zu gebrauchen, dir

so «delmüthiger Aufopferungen fähig war!

Seid

glücklich, meine Kinder, und verschafft mir den

Trost, durch «eis« Benutzung einer Erfahrung,

die ich nur zu theuer erkaufen mußt«, eure Wohl­

fahrt befördert zu haben! — Hätte Theodor noch diesen Morgen fein Dermählunqsfest zu vollziehen beschlossen, der Chirurg,

der einem

so wäre

steinernen Bilde glich,

sehr geschickt gewesen, bei den dabei anzustellendrn

Tänzen de« Landvolk«, die Säule abzngeben, die den Mittelpunkt de« in Bewegung gesetzten Zir­ kel« zu bezeichnen pflegt.

Ehrsried aber fiel mit

so ungestümer Heftiqkcit ihm um den Hal«, und

überhäufte, während di« h.llen Thränen an dem

sech-tägigen Haarwuch« seine« Kinne« herabflessen.

m

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den guten Mann mit so nachdrücklichen und ver­ schwenderischen Beweisen der Versöhnung, daß

dessen linke Mange noch mehrere Tage lang an Nöthe sich von der rechten merklich unterschied, da sie den stürmischen Angriffen des entzückten

GraukopfS besonders ausgesetzt gewesen war.

Kräftiger, als Herrn SptlkeS Tropfen und

Pillen, wirkten Martens zärtliche Sorgfalt und

Pflege zu Theodors Genesung. —

Der nächste

Frühling vereinigte die beiden benachbarten Dörfer

zur gemeinsamen Feier eines Volksfestes, das alle Gemüther desto mehr zur Fröhlichkeit stimmte, je inniger die Theilnahme war, die sie über des­

sen glückliche Veranlassung empfanden, und ein Blumenbeet im Schloßgarten spendete am näm­ lichen Tage seine Erstlinge für die Giebclkränze

der von Theodor neuerbauten Hauser in Erlheim

und für den Brautkranz der reizenden Marie in Florbach. K. G. Prätzel.

Kaise.rstolz und Huckepack, oder

Emma und Eginhard.

Polterabend-Spiel in zwei Aufzügen.

Kaiser Karl der Große.

Hanswurst, sein geheimer Rath.

Eginhard, sein Geheimschretber. Emma, seine Priiijessin.

Erster Aufzug. Erster

Auftritt.

Emma allein. 5» einer Adrienne, eine goldpapiernr Krone auf dem Haupte. Sie näht an einem Tische, worauf ein Haubenstock und weibliche Arbeit befindlich, und hat den Siegwart vor sich aufgeschlagen.

Nein! länger kann ich nicht den Lauf der Thränett hemmen, Sie würden noch gewiß den Schloßplatz über­ schwemmen — Sieht in einen Spiegel.

Ach, meine Aeug'lein find wahrhaftig feuerroth — Der arme Siegwart, der ist also mausetvdt! Weil sich sein zartes Herz ein Liebchen hat erkohren, Zst er im Mondenschein gar jämmerlich erfroren! — Ach, armer Eginhard! wie wird es dir ergeh'n. Wenn ich dem, Kaiser nun cS endlich muß gesteh'».

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IS6

Daß seit dem MardrigaS, da die Harmonika

Mir aus Paris verschrieb der gnäd'ge Herr Papa, Du mir dazu ein Lied voll Liebesseufzer saugst.

Daß du von Zeit zu Zett auf Gegenliebe drangst. Und daß ich einst, gerührt von Mozart» Zauberflöte, Dir Liebe eingestand, zwar schüchtern noch und

biöde — — Ach, armer Eginhard! wie wird eS dir ergeh'«.

Wenn — ach, ich kann nickt mehr — es ist

um mich gescheh n!

Zweiter Emma. Eginhard telverucke,

Auftr itt. Eginhard.

In einem schwarzen Kleide und einer Den-

eine Feder hinten» Ohr,

Stoß Akten,

unterm Arm

elnen-

In der Hand einen Stimmhammer.

Hier bin ich, Emma! hier lieg' ich zu deinen Füßen! Wie lange mußt' ich heut' den holden Anblick

missen! — Der gnäd'ge Herr Papa hat gar zu üble Launen, Er brummt und lärmet schier, wie Bomben und

Karthaunen. Der große Laudon Hai die Reichsarmee geschlagen,

Da- fahr dem Kaiser wie ein Vomitiv in Magen.

Ich sah ihn,

wie den Bär

am Honigbaum

ergrimmen;

Da wandt' ich plötzlich vor, ich müß' den Flügel stimmen.

Und, weil da- Podagra ihn eben gräßlich plagt,

Har Seine Majestät mich huldreichst fortgejagt. Dao war erwünscht, mein Schah! ich flog auf Liebesflüqeln

Mich in

dem Himmelsblick der Schönsten zu bespiegeln.

Doch sag',

was kümmert dich?

du hast wohl

gar geweint?

Emma. O dringe nicht in mich, geliebter Heizen-freund l

Zch la- im Siegwart-buch —

und ward so

tief gerührt — Und dachte dann an dich, wenn- mein Papa verspürt.

Daß ich — ach Eginhard! ich hab' dir viel zu sagen,

Doch kann das Tageslicht ich dabei nicht vertragen; Auch sürcht' ich, daß Papa, sobald dir Trommel

klingt

Und seine Gard' auszieht, zu mir herüberhinkt.

Drum sei auf dies« Nacht, sobald da- keusche Llcht

Des Heilgen Silbermonds durch dies« Scheiben bricht. Zu einem Rendezvous aar zärtlich eingeladen.

Dann schnarcht die Majestät — und Niemand »echt den Braten. Ich harre dann auf dich, ganz im Deshabille —

Auel, komm du nur getrost in deinem Negligee!

Die Liebe kümmert fich um Kleid und Titel wenig.

Vor ihr ist alles gleich, Heiducke, Schreiber, König!

Eginhard. Darf ich, Prinzessin! darf ich meinen Sinnen trauen?

Mich überfällt ein Drang,

ein wonnigliche»

Grauen —

Die Waden schlottern mir — mein Busen klopft: 6«m! bum!

Um meine Ohren surrte, wie Wespen: sum! fum! sum! — Zch soll um Mitternacht verstohlen zu dir kriechen

Und mich in dtinem Arm, an deinem Dusen wiegen —

Dritter

Die Vorigen.

Auftritt.

Hanswurst,

«nb«me,kt «in,

tretend.

Emma.

Za, komm' du nur getrost! Hanswurst #ot sich.

Was Teufel! giebt'S denn hier? Emma fottfobten».

Schon hab' ich wegstipizt ein Fläschchen Por« terbier; Für Tabak tst gesorgt; du sollst ein Pfeifchen

schmauchen. Wie Seine Majestät eS nur beim Hofball rauchen; Auf meinem Kanapee fitzt fich's nicht unbrqurm —

Eginhard. Ei, ei, das alles ist mir lieb und angenehm! Hanswurst. Ja, ja, das glaub' ich ihm — mein Six! er darf nicht schwören. Eginhard.

Doch bist du auch gewiß, daß Niemand uns

wird stören?

1-4®

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Emma tärMch.

Wir brauchen ja durch Dltck und Küsse nur zu sprechen!

HanSwurst vor sich.

Potz Velten! das ist stark — ich muß sie unter­ brechen.

Doch nein! was schiert'S denn mich ?— ich möcht' eS weiter wissen. Wer sich auf Küsse legt, der legt sich auch aufs Kiffen; DaS ist ein wahres Wort —

Emma.

Du sollst gewiß nicht frieren. HanSwurst. Za, ja, ich glaub' eS schon; sie wird sich wohl

nicht zieren.

Emma. Du kömmst, Geliebter, doch?

Eginhard. Sobald eS zwölf geschlagen, Soll mich im stärksten Trab Gott Amor zu dir

tragen! HanSwurst.

Nun, ich bin auch dabei!

------------ —

14t

Der Husten kommt ihm an.

Verwünscht wär mein Katharr! Er kann ibn nicht länger unterdrücken.

Hem! Hem! Emma und Eginhard fahren auseinander.

Emma. Zoseph! Mari'! Eginhard.

Zum Teufel! 'S ist der Narr!

Hanswurst

laut.

Prinzessin Töchterlein! ich bin dein Servlteur. Emma

schnippisch.

ES giebt dergleichen Herrn an unserm Hofe mehr. HanSwurst. Und größer noch, als ich! Eginhard macht sich reifefertig und stellt sich, als hatten sie von Muss­

kalten gesprochen.

Ich werd' es schon besorgn^

Der Kantor wird mir wohl die Kora wieder borgen. Auf den HanSwurst deutend.

Die Konversation will mir nicht ganz behagen —

Ufl

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Hanswurst.

Zwei Narren können sich zusammen nicht vertragen! DonödteS, Herr Sekretär! nicht wahr, ich hab'ü

errathen ? Eginhard. Prinzessin! ich empfehl' devvtest mich zu Gnaden. Emma mit angenommener Größe.

Zch bleib' euch stets geneigt! Eginhard ab.

Hanswurst

a«.

Mein Six! ich glaub' es wohl. DaS Mäuschen liebt den Speck, das Häschen

liebt den Kohl!

Emma

zum Hanswurst.

Mein Herr! was bringt ihr mir? Dor sich-

Zch muß ihn doch sondiren.

Der weiß, er kam wohl gar, ein wenig nach-

zuspüren. Er lauschte wohl vielleicht — Laut.

Wir spielten jeht Klavier; Mein Herr geheimer Rath! wie lange seid ihr hier?

Hanswurst vor ft«.

so fragt man nur die

He! Jungfer Kaiserin!

Dauern! Laut.

Durchlauchtigste Prinzeß! ich darf nicht lange lauern.

Zwar hSrt' ich schon von fern das Positivchen klingen Und euch mit Eginhard ein fein Duettchen singen.

Doch lief, als jagte man mich wie ein Schwein parforce,

Zch fast die Sohlen weg, wein Fußgestell fast morsch — Thut, al- hätt' er sich überlaufen und wedelt sich mit der

Pritsche.

Der Athem geht mir aus — ach, laßt mich nur

verfchnteben! Emma vor sich. Der Kerl ist viel zu dumm! — Laut.

Wae hat euch so getrieben? Hanswurst.

Des Kaisers Machtbefehl! — o weh! ich hör ihn fluchen!

IM Drum sag' ich euch geschwind: er will euch jcht besuchen. Macht viele Nenereuze, nid wollt' er seinen Abtritt nehmen.

Vierter Die Vorigen.

Auftritt. Kaiser Karl.

golfet in einet oben Uniform und Pel;siiefeln, auf dem Havp»e eine Allonaenperück-», und Krone von Pappe Er ist mit verschiedenen Orden behangen, träat in einer Hand ein hölzernes Zepter, in der andern eine Tabakspfeife, und geht an einer Krücke.

Poh elementi du Hund! mein Herr geheimer Rath! Scdon riß an der Geduld der Haden und die Rath. Wie lange werdet ihr noch Neverenze scharren, Indeß dcrKaiser harrt und lauert wie die Narren? Ich hinkte ubern Hof, fiel übet Kehrichthaufen — Hanswurst. Die Majestät ist lahm! Wer hieß euch auch so laufen?

Kaiser. Bei meinem Bart! ihr seid ein wahrer Haubenstock. Geschieht eS noch einmal, kommt ihr in pohi'schen Dock.

Hanswurste kniet nieder und küßt tbm den Stiefel.

O zürne

nicht

auf



inich

wir

schwachen

Avamsktnder, So Narr, als Kaiser, sind doch alle arme Sünder!

Kaiser. Der Zorn taugt nicht

Ans! ich begnad'ge dich.

zur Gicht.

Schon juckt mir's in der Zeh' und zwickt und brennt und sticht. Emma und Han-wurft holen einen Stuhl.

Der Kaiser

setzt sich.

Kaiser. Prinzessin Tochter! nun will ich mit dir rin-

schwatzen. Setz' dich hier neben mich! — Du kriegst einst

schöne Batzen, Wenn ich von hinnen muß — EMM« »or «ich.

Au weh! ich bin nicht dumm ! Zch merke schon, was kommt, aus bem Präludium-

Kaiser.

Za, ja, nach meinem Tod!

denn eh'r kann ich

nichts geben!

IL B.

io

146-------------Emma weiivne.

Der Herr erhalte euch fein lange noch am Leben! Kaiser.

Nun, Emmchen! grinze nicht i Emma schluchzend.

Ach! ach! mcin Herj will brechen!

Hanswurst «um Kois«. DaS Podagra wird euch nicht gleich zu Tode stechen l Kaiser.

Es sei früh oder spät! Genug, du kriegst einst Geld, Und wer nur Mosen hat, hat alles auf der Welt; Auch kommst du, eher enfant!

allmähllg in

die Jahre, Wo — Emma etbogt. Sprecht doch lieber gar, ich kriegte graue

Haare. Kaiser. Sei still und hör' auf mich! — Ich sag' silentmm! Sobald ich dir befehl', so fragst du nicht, warum? Zu lange schon vergaß ich über andern Dingen

Dich so mit Ehren noch an einen Mann zu bringen.

Auch kamst du nicht in Kours;

kein Geier

fragte nach. Ob Karls des Großen

einst auch

Weib

im

Kindbett tag. Trotz allem Modekram benebst Pariser Cu,

Trotz Schminken und Parfums — Emma.

Ach, ach, Papachen,

Was wissen S i e davon? —

1

Mir wirds ganz

schwarz und grün;

Zch werde mir's gewiß noch zu Gemüthe zieh'». Will in Obnnnufot fallen.

Wo ist denn mein Flakon? Hanswurst gießt ihr ein G«as W.iff.r ins Gesteht.

Hier ist er, euch zu dienen!

Kaiser. Nun, Emmchen!

sei aetrost!

erheitre deine

Mrenen! Und horche wohl auf mich! denn wisse, Häringsweise

Zst jeht ein ganzes Schock von Freiern auf der Reise. Bald kömmt

ein Liebesbrief vom Großsultan geflogen.

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148

Direkt vom Kapitol;

bald kömmt «in Trupp gejogen

Und mitten drunter hüpft «in duftender Mylord

Und führt für seinen Herrn, den Zar in Wien das Wort. Dor

kurzem hat

der

Papst

au« Petersburg

geschrieben,

ES fei aus dem Serail die Weibcrfchaar vertrieben.

Er lasse taufen sich, würd'st du mit ihm getraut. Der Herzog der Türket begehrt dich auch zur Braut; Zngletchen freit um dich Louis

qualorze

de

France,

So wir der Erzbifchoff vom Cap de bonne Esperance.

Kurz, meine Residenz, das prächtige Madrit Zst jetzt vom Kupido belagert Schritt vor Schritt. Emma.

Zu viel, Papa! zu viel.

D°> ach.

0 Brama

steh' mir bei l

Hanswurst v»r erholend.

Mein Seel! ich fühl' es schon; mir wird ganz greulich wohl! Du bist ein ganzer Arzt, auf KavalierSparol!

Doch sage mir nun auch— ich kenne dein Genie — WaS für «in Raptus ist's, der Emmchen plaget?

Hanswurst, als wcir's ihm vors Gehör gefallen.

Ich bin ein wenig taub.

Wie? Der Schreck hat meine

Ohren Schier deSorganisirt, als wär' ich taub geboren.

Kaiser schreiend. WaS meiner Tochter fehlt, das will ich von dir

wissen!

Hanswurst vor lich. 0 weh! was fang' ich an? Nun »erb’ ich beich­

ten müssen. Laß mir ein wenig Zeit! ich muß mich erst besinnen.

Kaiser. Klug! klug! Nur nachgedacht!

Hanswurst vor sich. Was soll ich nun beginnen? Mein Herr geheimer Rath! jetzt machen Ste's gescheut;

's ist besser vorgedacht, als hintcrnach bereut. PrinzHamlet! alleweil'ist, wie bei dir, die Frage:

Ob ich's dem Kaiser sag'? und ob ich's nicht ihm sage? —

Ei was, ich sag' eö ihm frisch von der Leber weg, Der Pfeffer mischet sich ja gern in Mausedr...!

Auch hat der Kaiser selbst vor seiner Thür zu

kehren — Wer weiß, muß ich nicht noch als Herrn den Schreiber ehren! Zum Kaiser.

Nun, Herr Gevatter, hört!

Kaiser.

Zch spitze beide Ohren. Hanswurst.

Vor allen Dingen faqt, von wein seid ihr geboren ? Kaiser. Du fängst vom Eie an! Nun wohl! von einem Weibe! HanSwurst. Von der Mama allein? Kaiser.

Frag' nicht so dumm! bei Leibe!

Hanswurst. Gelt, eure Mutter hat erst einen Man« geliebt? Kaiser spönisch.

Was mir der kluge Mann für weise Lehren giebt!

HanSwurst. Gevatter! wißt ihr's nun, was der Prinzessin fehlt ?

Warum thr'S nicht behagt, wenn ihr sie jetzt vermählt? Kaiser.

Du bist ein ganzer Narr!

I»6 Hanswurst.

Und dennoch bin ich klüger, Als euer Kabinet, als eure großen Bücher, Za, als der Kaiser selbst, den man den Großen

schimpft. — Die Liebe hat sich schon der Emma elngetmpft! Sie mag nach Petersburg, nach Rom, nach Wiek nicht wandern;

Sie kennt die Herren nicht; sie hat schon einen

andern. Kaiser stutzt.

Und dieser andere? Hanswurst. Zst Musse Eginhard!

Kaiser.

Da schlag der Donner drein! in den ist sie vernarrt?

Drum stimmt er ihr Klavier; verschreibt bald neu« Noten,

Bald Musenalmanachs, bald das Journal der Moden —

Hanswurst. Gevatter! ja, so Ists. Zch will euch noch mehr sagen;

Sobald in dieser Nacht die Glock' hat Zwölf geschlagen, Wird hier, so Arm in Arm — der Himmel observirt Und — nun, wie sag' ich gleich — sich zärtlich divertirt-

Kaiser. Zst'4 möglich? diese Nacht? und in der Geist«» stunde? Hanswurst. Gevatter! ja, so ist's; ich hab's aus ihrem Munde; Zch habe sie belauscht — ich hörte so was lallen, Drum ließ ich euch getrost in eine Pfütze fallen.

Kaiser. Das hast du schön gemacht! — doch bei dem Rendezvous — Dorjetzo bleibt das Ding, versteht sich, entre nous — Bin ich hier neben an, und du wirst spioniren! Verstanden? Hanswurst.

Sorgt nur nicht, ich werd' euch schon citiren.

158

----------Kaiser.

Und witterst du so was — von Majestäts­ verbrechen —

Hanswurst. Doch müßt ihr auch nicht gleich drein Hanen oder stechen! Kaiser.

Ach nein doch!— Merkst du was, so giebst du ein Signal. Hanswurst. Verlaßt euch drauf!

Kaiser.

Jetzt komm, und hilf mir übern Saal. Hinkt mit HanSwurft ab.

Zweiter A ufzug. Zimmer der Prinzeß, wie im ersten Akt. Es ist Nacht. Auf Emmas Toilettentische steht ein Nacht­ lämpchen, das gegen das Fenster zu mit einem Stoß Romane verschanzt ist. Dabei liegt eine Tabakspfeife und ein Päckchen Brieftabak. Gegen über auf einem andern Tischchen ein Teller mit Brod und Schinken, eine Bierflasche, und zwei Taffen Chokolade.

Erster Hanswurst

Auftritt.

mit einer Blendlaterne, schleicht auf den-

Zehen herein und hat ein Posthorn umhängcn.

Schön! Endlich abgelistl

Fast hab' ich Ras'

und Ohren

Auf meiner Lauerpost (m kalten Nord erfroren. Es muß in dieser Nacht gewißlich tapfer schneien.

Mein Darometerchen versteht das Prophezeien! — Die Kaisecstochtcr mußt' wohl ein Bedürfniß dringen —

160

--------------

Zum guten Glück für mich — daß Sie bei Seit« gingen. Hier ist'S gar angenehm.

Eis lag mir in Gr»

därmen. Doch jetzo thau' ich auf.

Ich kann den Bauch mir wärmen.

Besieht da- gedeckte Tischchen.

ES schlägt zwölf Uhr.

Ei, seht doch mal, wie gut ist alles hier besorgt!

Den Schinken hat sie wohl vom Koche sich

geborgt — Cr versucht ihn.

Nicht übel, meiner Six! ■— o weh, jetzt hör' ich keuchen —

Nun, Hänschen, ducke dich! — Hier will ich mich verkreuchen. Setzt sich hinter den Toilettentisch, daß ibn zwar die Zu­

schauer , aber nicht die Spielenden sehen können, und macht während deS verliebten DuodramaS komische Grimassen.

$6r

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Zweiter

Auftritt.

Hanswurst »eiftett.

Eginhard.

Eginhard in blauem Frack und -eiben Unterkleidern, in Pantoffeln, eine Federmütze mit einem Tvsabande auf dem Sopft.

O

welche schöne Nacht!

So hell — und kalt

wie EiS! Doch für di« Liebe ist's auch in Kamtschatka heiß. ES wacht im Schlosse nicht-, al- Uhu-, Ratzen, Eulen, Man hört von ferne nur den Wolf und Löwen heulen.

Der Mond sah mit ein Schalk herab auf meinen

Pfad, Al- merkt' er, «a- sein Freund hier ju ver­ richten hat.

Doch wie? wo steckt sie denn? — ich habe große Ette — Sieht das Essen.

Hier ist ja aufgetiftht; ist gut für lange Weile! Langt zn und spricht unter dem Kauen.

II. ®.

II

Wie zärtlich — lieb ich sie — so wie die Taub' — der Gatte — So wie — da- Hennelein — der Hahn — auf

seiner Latte —

Auftritt.

Dritter

Emma.

Hau-wurst vrrsttckt.

Eginhard-

E in m a tritt ein im weißen Zkorset mit Rosa schleifen, eine Nacht­ haube aüf.

Eginhard tlnen Bissen im Munde,

den et nicht gleich verschlingen

sonn, ihr entgegen.

Ach Emma! Emma. Eginhard!

Eginhard.

Zch bin r-! Emma. O du Lieber! Eginhard.

Die Wonne tödtrt mich.

Emma. Die Augen geh'n mir über! Du liegst —

Eginhard. Za freilich, ja!

Emma. Du liegst an meinem Dusen. Eginhard.

Und du an meiner Brust! Hanswurst vor sich.

Zum Trier! was die fchmußen! Zch lache mich halb tobt —

Emma.

Nun fetze dich zu mir! Hier steht di« Chokolad', hier Tabak, Pfeife, Bier.

Eginhard. Ach «ein, Prinzessin, nein! so lang' darf ich nicht bleiben, DeS Kaisers MHesiät gab mir zu viel zu schreiben;

Es ,st, ihr wißt es ja, der Allianz-Traktat, Den man beim MartlnSschmauß nicht längst

-«schlossen hat.

Der Fürst von Otahett', dke Kaiserin von Polen

Die möchten sich gar gern ein Stück von Peru holen; Der Prinz HrrakltuS, rin ächter Pfiffikus,

Verlangt di« Tartarrl bis an den Tagofluß;

Der Schach Paul Petrowitz, der Daffa von Schafhausen

Die möchten en passant auch was dabei mit

schmausen; Don KarloS, derZnfant—kurz jeder, jeder will—

4 m«. O süßer Eginhard! schweig' davon mäuschenstill. Und trink' zum

mindsten doch rin Täßchen Chokolade —

Eginhard. Nun, wenn ihr denn befehlt — Hanswurst «»» fi«.

Za, ja, 'S wär Zammerschad« UmS lieb« Gottesgut —

Emma. ES stärket doch den Magen—

Hanswurst vor ii&

Et, Stärkung» dieser Art, die könnt' ich auch vertrag«, —

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rfj

Eginhard spricht wahrend de- Trinken-.

An Stärke fehlt mtr'S Nicht — Aufs Herr deutend.

0 fühlt nur, wle's hier hämmert!

Wenn eine folcheNachtfür euer»Daphnie dämmert. Wenn nun im ganjen Land die Menschen, Dieß

und Felder — Hanswurst

vor sich.

Nun, endlich singt er gar: Nun ruhen alle Wälder. Emma.

Ach, jetzo dichte nicht! Komm! ruh' in meinem Arme! Du weißt so vieles nicht— ach, Eginhard, erbarme

Dich über mich und dich! Bald reißt man mich beim Haar Gleich einem Opferthier zum gvldnrn Traualtar, Mein Vater tobt und droht — o Brama ! welche Qual!

Bei diesem Feuerkuß — Sie küsst ihn lange.

Hanswurst

vor sich.

Wie? geb' ich daS Signal?

Wie? oder geb' tch'S nichts — Ein Kuß ist wohl nicht lanti —

Der Kaiser meinte wohl, erst, wenn sie in

flagranti — Emma.

Entführ' mich, Eginhard! Laß uns nach War» schau geh'»;

Dort wird so gut, wie hier, ein Mond am Himmel steh'n — Eginhard.

Bedenkt euch wohl — kangt zu.

Zch bitt' um eine Dutterbemm'!

HanSwurst den der Husten wieder überfällt.

Schon wieder mein Katharr! verteufelt doch! — Hustet halblaut.

Hem! Hem! Eginhard erschrocken aufspringend.

O Himmel! h-rtet ihr? — ich zittr' an allen

Vieren —

Der Kaiser wachet noch;

da muß ich mich

sktsiren.

Emma. Joseph! Maria! ja! — auf pack« dich von hinnen! Da würde er ein schön Laus deo uns beginnen. Eginhard. Ach Emma! lebe wohl! Er umarmt sse.

Emma. Und wann seh' ich dich wieder. Eginh ard. Ich weiß nicht — morgen Nacht, wenn Luna steigt hernieder —

Emma.

Ans Morgen! — Morgen wird der Kaiser fester schnarchen. Gieb ihm recht viel zu thun. Wer kann «S uns verargen? Hanswurst vor sich.

Habt Recht, ihr Kinderchen! Eginhard. Jetzt leg' ich mich zu Bette.

16t ßmme.

s Mtvn doch heute nur Papa geschlafen Härtel Eginhard ab.

Emma begleitet ihn bt- an die Thür

Md sieht ihm nach.

Hao««urst hebt sich ein wenig in die Höhe — vor kch.

Da» hab' ich schön gemach«! Geheimer Rath, wie dumm! Für dießmal war'S vorbei, das LlebS - Spekta-

knlum!

Da wart' ich Esels köpf, und saß den Hasen

lausen;

Nun wird die Majestät mir schön die Haar« raufen!

Eginhard stürzi athemloS wieder herein und wirft In tragischer Wnth die .Nachtmütze auf die Erde.

O daß sich Gott erbarm! ach!

daSmal geht's

an Hatt; Zch komm' ins Hundeloch bet

Brote

ohne

Schmalz, Bei Wasser, oder gar —

Emma.

Was ist dir denn begegnet?

Eginhard.

O Höllenelement! Prinzeß, eS hat geregnet! Ach nein — «S hat geschneit — mein Kopf ist

mir so wüst —

Emma. Ich sehe doch nicht ein, was das für Unglück ist. Eginhard grob.

Sv seh' doch leider ich's! — Wenn ich nun in

mein Stübchen Jetzt übern Hof marschier', geradeweg- vom

Liebchen,

Wenn man im tiefen Schnee deS Schreiber-

Tapfen sieht, Der so inkognito zu Emmchen sich bemüht —

Emma fast weinend.

Ach, hilfmir Mahomet! ich schäm« mich zu Tode, Die Nachtvisiten

sind

bet Fürstinnen nicht

Mode — An EqtnhardS Halse.

Ach, armer Eginhard, gewiß du wirst gehangen! HanSwurst »°« si». Potz Velten! da- ist schön!

das Füchslein ist

gefangen!

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—■ -

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Eginhard.

O hätt' ich bießmal nur bei mir den Luftballon, So käm' ich ganz gewiß mit heiler Haut davon;

Dann flög' ich, wie ein Gott, hin durch die Atmosphäre — Hanswurst vor gch.

Nein, nein, 'S ist so recht schön! ich dächte, was mir wäre!

Emma. 's ist «in fataler Streich; doch heißt'S, daß Wetberlist Verschmitzter, pfiffiger, als selbst der Teufel ist. Zch bin so ziemlich stark und ramasstrt von

Knochen Und komme doch nicht eh', als Lichtmeß in bl« Wochen — Tritt an einen Stuhl.

Drum «Ile, Eginhard! dich flink mir aufzupacken.

Sieht man am Morgen auch die spth'gen Wei­ berhacken, Wer denkt an mich dabei? — Dort fliegt ja stets was aus

Aon meinen Kammerfrau«, als wär's ein Tau­ benhaus ;

-------------

17»

Dort sieht brr keusch« Mond so manches Min­

neglück — Eginhard steigt auf den Stuhl.

Getrost! ich wage es — doch brecht nicht das Genick I

Emma

backe Ihn auf.

Zch brauch« ja wohl nicht so sehe ju galopptren—

Hanswurst vor sich, indem sie die Kavalkade antreten.

Nein, nein! bemüht euch nicht — ich will's signalistren! Er blast das Lrompeterstückchen und wirft das Lottetten-

tischchen um.

Die Lampe sollt herunter und verlischt.

klebenden fallen vor Schreck über einander. Panse,

Die

Eine kleine

die das Schauerliche der künftigen Scene ane kündiget.

Vierter Hanswurst. der Erde.

Auftritt»

Emma «nd Eginhard auf Der Kaiser

etntretend.

Kaiser In Pelzschlafrock und einer Pelzmütze, worauf ein hölzerner Reichsapfel, wie sie bet den Vögeln zum Abfchteßen üblich

sind, befestiget ist.

Bet meinem Kaiserbart! was ist im Tabernakel Der Jungfer Tochter mein für ein verflucht Spektakel! 'S ist finster, wie am Styr; man stißt sich ans

Genie — Stößt mit dem Fuß an Eginhard.

Was Henker ist denn das? Was liegt hier für ein Vieh? Hanswurst der noch immer die Laterne verbirgt.

Geruht, Herr Kaiser! nur vorerst mich anjuhbren.

Die Leutchen wollen wir für jetzo noch nicht stiren. Leuchtet dem Kaiser ins Gesicht.

Herr Kaiser! ja, ihr seid's! Leuchtet sich in- Gesicht.

Zch, der geheim« Rath, Hold und gewärtig euch, ihr wißt eS, früh und spat.

Was diese hier betrifft — Leuchtet Eginhard in- Gesicht und bebt ihn in dir Höhe.

Mein Six! das ist der Schreiber. Beleuchtet Emma.

Doch was ? wie wird mir denn ? mein Six! hier giebt'S auch Weiber. Hebt sie auf.

Emma hält die Schürze vors Gesicht.

Papa! e Zemtne! ich sterb« schier vor Schaam!

Kaiser.

H«! warum starbst du nicht, wenn der Kanj» liste kam.

Doch Basta! einen Stuhl! jetzt heg' ich Hals»

gertcht. Han-wurft bringt einen Stuhl. Oer Kaiser fetzt sich. Han-«

wurst zündet Lichter an, schleppt Tisch, Feder, Tinte und

Papier herzu und setzt sich, als wollte er reglstrtren.

W«u.tch von euch nicht frag' — merkt wohl! — der redet nicht! —

Dn Emm»!

Rabenkind!

die du

dich hast

erkühnet — —

174

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Mir schnürt's die Kehle zu — Sag', was hast

du verdienet?

Emma

heulend

Ach, gnäd'ger Herr Papa! — ach laßt euch von mir rühren!

Verdienet hab ich nicht-; ihr könnt's gewißlich glauben;

Zbr schafft mir ja genug Chemisen, Fächer, Hauben. Auch ist der Schreiber arm; ihr zahlt ja sür'S

Mundiren Ein Lumpengeld.

Doch ja — bald hätt' ich's

nicht bedacht — €tn Joujou hat er mir auS Frankfurt mitgebracht.

Zwar war auch dieses nur von schlechtem weichen Holz; Doch gab er rnir'S so schön, daß ich vor Liebe

schmolz. Katser-

Du bist ein dummes Ding! Zu Eqinbard.

Nun sag' er mir, er Dengel! Er Tintenklekfer er! er fauler Galgenschwengel!

WaS für ein Teufel fuhr ihm Esel in den Kopf?

Denkt er ein Kaiserkind kriegt man so leicht beim Schopf?

Ich, den der Kaiserhut, acht HerzogSkronen zieren, Zch gehe wohl »nein Kind zum Lohne für sei« Schmiere» ?

Eginhard.

Herr Kaiser; o geruht nur dießmal zu verzeihen. Zch thu's, mein Seel! nicht mehr, 'S mag regnen oder schneien!

Hanswurst. Mein Six! das glaube ich. Zhr seid kein Freund vom Schnee; Drmn stiegt ihr, wie «in Katz, getrost hier auf bin Stuhl dtutenv — in die Höh, Drum ließt ihr euch getrost auf Emmchen» Rücken packen — Mein Seel'! ich hörte selbst das Schulterbein ihr knacken! Kaiser vor sich, mit Rührung, die er verbirgt.

Fast rührt die Liebe mich. Es ist ein starkes Stück. Der Kerl ist ziemlich derb, sie wagte das Genick. Doch nein! eS kann nicht seyn. Wo blieb der Kaiserstolz? ES wächst kein Katserreiß auf einem Bürgerholz.

I?ar» — ernenn' ich dich zum Grafen,

Dann kannst du frank und frei bei meiner Tochter schlafen! Beide küssen ihm die Hände. Strophe aus:

Hanswurst bläst die erste

Jungfer Lieschen,

weißt du was rc.

bilden ein rührendes Tableau und der Vorhang fällt.

Alle

Traue schaue wem?

>,Aa, man kann sich zuwcilcn gewaltig verpuffen;" — erzählte mir ein Freund, den ich Lorenz

nennen will, auf einem Spahiergange — ich selbst habe einmal ein solches Histörchen erlebt-

daS ich Ihnen «urtheilen muß. „Ich war damals noch ein junger Advokat, doch mit dem festen Vorsätze, mit Ehren ein

alter zu werden.

Das Schicksal schien seinerseits

diesen Vorsatz zu begünstigen; es wurden mir,

meiner Jugend ungeachtet, verschiedene wichtige Angelegenheiten übertragen."

-.Doch waren diese nichr hinreichend, meine

ganze Zeit auszufüllen.

Ueberdieß war ich ge­

waltig verliebt, und reifete daher sehr oft, wenn schon nur auf einige Tage, nach — wo ich sehr bekannt war, und auch weine Braut wohnte."

180

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„Eine! Morgens, da ich eben eine sehr müh­ same und langwierige Arbeit beendigt hatte, ging

ich bei der Post vorüber.

Die nach — gehend«

Pdstkutsche wurde eben aufgepackt.

Das Wetter

war außerodentiich heiter; ich konnte vier bis sechs Tage abkommen; kurz, ich beschloß, mich

sofort einschreiben zu lassen.

Aus einer Laune,

die mir schon bet solchen Gentereisen manchen Dortheil verschafft hatte, zog ich auch diesmal das

Inkognito vor.

Ich nannte mich Z., herrschaftli­ Damals war das We­

chen Sekretair aus —.

sen mit den Pässen der Reisenden bei weitem weniger streng, alS in jetzigen Zeiten." „Nach einer Stunde war ich völlig reisefer­ tig; die Kutsche ging ab.

ziemlich unbedeutend;

Die Gesellschaft war

ich hielt mich blos an

meinen Nachbar, in dem ich bald einen guten Gesellschafter und wohl unterrichteten, mir an Alter ziemlich gleichen Mann entdeckte."

„Die langweilige Nacht hindurch wurde unsre Bekanntschaft immer vertraulicher;

der anbre­

chende Helle Svmmermorgen bewog uns, einig«

Stunden zu wandern.

Wir nahmen «in freund-

liches Frühstück «in, und schlenderten dann ge­

mächlich durch den herrlichen Wald."

xei

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„Wir hatten bereits so ziemlich alle Gegen»

stände der gewöhnlichen Unterhaltung erschöpft, als mein Retsegesrllschaster, der wahrscheinlich

«inen Angehörigen der heiligen ThemtS in mir erwiktert halte, das Gespräch wie von ungefähr auf einen Proceß leitete, der damals ziemliche Auf­

merksamkeit erregte.

Er fragte mich, »ö ich

davon gehört habe — was ich nicht läugnm

konnte und mochte — und

verlangte zuletzt

meine Meinung über den wahrscheinliche» Aus­ gang. “ „So viel mir von der Sache bekannt ist —

versetzte ich und beobachtete meinen unbekanntenFreund ein wenig genauer — wirb, muß ihn

der Kläger verlieren." „WaS? wie so? fiel er erst hitzig, dann

gemäßigter ein — ich kann dieß nicht glauben. Sie würben mich verbinden, mir Ihre Gründe

anzugeben.

Zwar — habe ich nicht das geringste

Interesse daran; doch kann ich nicht läugnen, daß ich nach allem, was ich davon gehört habe,

eher das Gegentheil glauben sollte." »Ich sagte ihm eins und das andere, was

mir scheine, beantwortete einige seiner Linwen-

düngen, und mußte ihn, darnach zu „schellen,

fast für «inen Mann vorn Fache halte». , Jch gebe Ihnen zu — sagte ich endlich —

daß dir Sach« allerdings sehr verwickelt und

dornigk seyn mag.

Der Beklagte, obschon auf

Kessen Seit« mir die Gerechtigkeit zu stehen scheint, möchte immer

einen schweren Stand

gehabt haben, wäre die Einleitung dieser Recht-»

fache anders gemacht worden.

So aber — “

„Dee Einleitung — erwiederte er lächelnd — diese hätte ich geradezu für ganz tadellos, für vortrefflich gehalten “

,.Zch suchte nun meinen Satz zu beweisen.

Hätte der Kläger — sagte ich — gleich anfäng» lieh einen geschickten Recht-gelehrten zu Rathe

gezogen; Sie werden mir zugeben müssen, daß man dann diesen — oder diesen Weg erwählt

haben würde.

So aber hat ein Anverwandter,

der mittelbar da- hauptsächlichst« Interesse bei diesem Rechtsstreite hat — ich denke, Berndt

heißt er — stich eingemtscht, und da ist «S denn ergangen und wird gehen, wie bet einer Krank­

heit, bei der man anfänglich Kräutrrweiber und Scharfrichter statt bet Aerzte gebraucht hat I „Da- Gesicht melne- Gefährten färbt« sich

--------------

Ich wurde aufmerksam auf mich mich

r-ther.

ihn.

ig$

Gan; zur rechten Zett- um mich einiger,

maßen wieder zu stärken, bot er mir seine lackirtt Rauchtabak-dose an, um meine Pfeif« daraus zu

stopfen.. Mit großem Vergnügen bemerkte ich auf dem Deckel derselben einen Buchstaben, der kein

B. war." „Lassen wir die Sache auf sich selbst beruhe»

— sagt« ich eln lenkend —

Wie kann ich, wir

können Sie wissen, auf welch« Art sich die Sache eigentlich verhält-

Hat Herr Berndt etwa» vrr»

sehen, so schreibe er sich r- selbst zu! “

„Ja da- wird er! “ — fiel er lebhaft ein —

„Wissen Sie denn, ich bin e- selbst!" „So verzeihen Sie —“

.Lchnen habe ich nicht- zu verzeihen;

Sie

urtheilen, wie man die Sach« erzählt ha«, aber

ich kann Ihnen die genaueste, die vollständigste

Nachricht über die ganze Lage der Dinge mit­ theilen."

„Er fing nun an, -en ganzen Zusammenhang

weitläuftig zu erklären,

erzählte,

daß er blos

dieser Angelegenheit halber in — gewesen sei, erzählte von allen Gängen, die er gethan, von allen Hoffnungen, die man ihm gemacht habe.

IS4

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So sehr ich Mich bemühte, den Fluß feiner Rebe

|u anterbrechen, ich mußte jeden Thaler, jeden

Dukaten wissen, den er — aus Unkenntniß der

Berhältniffe — dem oder jenem Kammerdiener oder Schreiber in die Hand gedrückt habe. Weitet» mögen Sie Sich denken.

DaS

Zuletzt vrrfi-

cherte er, seine Sache sei so gut als gewonnen; nur der gegnerische Advokat sei ihm «in Dorn im Auge, weil dieser in der Sache mit einer Heftig,

teil arbeite, als wär' sie seine eigene. —

Er

wünschte ihm daher auch epilogswrise einige christ­

liche Flüche auf den HaiS." „Zch fand für gut, blos mit: Hm? hm! so

gratultr' ich — zu antworten, und bezeigte Lust,

wieder einzusteigen.

Seine Hitze war hierdurch

auf einmal gewaltig abgekühlt; er sah — auf

meine Füße — und bat sich mit einer verbindli­ chen Wendung, bevor wir einsttegen, Namen aus.

meinen

Zch blieb nach wie vor, Z., herr­

schaftlicher Sekretair aus —. “ „Als wir wieder In dem Kasten saßen, wollte ihm, so sehr er sich anstrengte, weder Scherz,

noch Ernst mehr recht gelingen.

Zch bemerkte

auf der vorletzten Station aus dem Fenster des PosthauseS, baß er sich vom Schaffner die Post-

-----------

XOS

rolle ausbat, und nach meiner Nummer sucht». Daun schien er wieder unbefangener und heitre» zu werden." „So gelangten wir ungefilhr bis zwei Stun« den vor dem Ort unsrer jetzigen Bestimmung. Plötzlich unterbrach Berndt das Gespräch mit dem freudigen Ausruf: Da kommen fiel und sprang aus dem Wagen. Zch beugte den Kopf hinan-, und sah ein muntres Häuflein junger Leutchen, und varrmter auch zwei Frauenzimmer meiner Be­ kanntschaft." „Zch werde vorausgehen — sagte ich zum Schaffner, da der Wagen am Wirth-hause hielt, — wo schon Berndt und seine Freunde fich bv grüßten und umarmten — der Koffer soll abgeholt werden!" Zch schlug einen Seitenweg ein. Nach wenigen Minuten hörte ich hinter mir rufen. Es war Berndt, der mich augenblicklich vermißt hatte. „Sie dürfen uns nicht fehlen, sagte er sehr verbindlich; ich muß Sie, dem ich eine so angenehme Reise danke, bei den Meini­ gen «tnführen! — Er drang sehr, fast zu sehr, in mich. „Zch habe meine Gründe — erwiederte ich —>• doch nein! ich will Sie jeder Desorgniß überhe»

tat.

Sie könnt«», später

Minuten

Offenherzigkeit

selbst sage.

ging ich mit,

nut eitrig«

daö erfahren. Was ich Ihrer

schuldig

bin, und

daher Ihnen

Sie haben es mit einem ehrlichen

Manne zu thun; Übrigeys bin ich — der Advo­ kat ihres Gegners!" Ich benutzt« sein fast in Erstarren

überge»

hendeö Erstaunen, um mich schnell zu entfernen,

und weiß daher nicht, ob ihm durch diese Ent­ deckung

das

freundlich«

Dewillkommungsmahi

nicht vielleicht verleide» worden ist.

Don feinen

verfänglichen Geständnissen habe ich nie Gebrauch

gemacht; übrigens aber, Freundchen! ward, wtz

Sie wol wissen, mein Prozeß gewonnen.

Der MüHenhandel.

Mi. tinrt schönen Seele und mit einem guten Kopfkam Karl S * * von Lübeck nach tilTflbon, in das schöne Land der Portugiesen

die Erde ein Tyron des

immer rein und mild,

Frühling«,

wo oer Himmel

selbst im Winter mit den schönsten

Blumen bedeckt ist.

Hier kam

Karl aut

ein

großes Komroir, wurde seine« Herrn Prinzipal­ rechte Hand, arbetttte viel und wurde dafür be­ lohnt.

Den schönsten

Lohn hatte er aber noch

zu erwarten, denn sein Herr hatte sich vorgrnominen, ihn mit in die Handlung zu nehmen und ihm da« L»ebste wa« er hatte, seine gute, sieb«

schön« Tochter, zur Frau zu geben.

denn auch Karl die Tochter liebte diese ihn wieder? ben.

Aber Hebt»

seine« Herrn,

und

Zch sollt« e« fast glau­

Wen» bei Tische die Apfelsinen, Fergen

und Mandeln an die Reihe kamen,

so

durften

die übrigen Gäste nach Belieben zulanqen;

un­

serm Freunde aber legre die Tochter de« Hause« immer dir schönsten Früchte selbst vor, und er sah ihr dann in di« Augen, al« wenn —

Nun, ihr

wißt es ja, wie man einem Mädchen in die Am gen sieht, wenn man verliebt ist. Wenn die Ge­ sellschaft nach Tische auf den Balkon dcS schönen Hauses hinauStrat, um den herrlichen Fluß Tajo, daS große Meer und die reiche umliegende Gegend, oder daS prächtige Amphitheater der auf mehreren Hügeln liegendem Stadt Lissabon zu betrachten; bann stand daS Mädchen — es versteht sich ganz zufällig — immer an seiner Seite, und man wollte sagen, daß die beiden Leutchen mit weit mehr Vergnügen sich selbst, alS die reihende Welt, welche vor ihren Augen lag, betrachtet haben. Einst, es war den ersten November 1755, Mor­ gens um 9 Uhr und 45 Minuten, fühlte man plötzlich einen Ruck unter den Füßen; man sah sich schweigend und verwundernd an — noch einen! und die Tische wankten, die Thüren spran­ gen auf, die Fenster bekamen Riffe und die Mauern erbebten. Da stürzte alles, was fort konnte, zum Hause hinaus. Karl riß die Ge­ liebte die Treppe hinunter. Als er eben über die Schwelle des Hauses gesprungen war, stürzte über der an seiner Hand nacheilenden Geliebten, über den Eltern, über allem, was Leben hatte, das Hauin Trümmer zusammen. Er selbst war wie durch ein Wunder gerettet, aber alles, was ihm lieb und werth war, lag in der Tiefe der Erde, unter dem großen Steinhaufen begraben. Lissabon war nicht mehr. 20000 Einwohner kamen um, die

übrigen stürzten hinaus auf die Felder, und als fie sich umsahen, da stand das, was das Erdbeben verschont hatte, in Flammen. Aller Reichthum war verschwunden; alle köstlichen Waaren lagen in Asche; nichts als das Leben hatten die Entflo­ henen gerettet. Stumm und allein stand Karl am Ufer deTajo, den Blick auf die Erde geheftet. Aber ep sah und suchte nichts aff der Erde. Er sah nichtals das Bild der Geliebten, wie sie in die schreck­ liche Gruft hinabstürzte, und hörte nichts als den gräßlichen Schlag, der sie niebcrschmetterte. Er rang die Hände und rief endlich: Alles verloren! von Allen verlassen! Mit diesen Worten sank er nieder und lag nun bewußtlos an dem schrecklich tobenden Fluß. Als er wieder zu sich gekommen war, hatten Sturm und Wogen sich gelegt und die Wellen gleiteten wieder ruhig und heiter vor­ über. Da wurde Karls Seele erleichtert — ein Strom von Thränen floß still und unbemerkt über seine Wangen in den Schooß des Tajo hinab. Endlich wagte er wieder seine Augen in die Höhe zu richten und, siehe da! es lag vor ihm ein gro­ ßes Schiff mitten auf dem Strom. Der Kapi­ tän winkte ihm mit einem Tuche, stieg in etn Boot und betrat in wenig Minuten das Ufer. Höre, mein Zunge! sprach er zu Karin, träume ich oder wache ich? Karl sah ihn an und schüttelte den Kopf. »Rede, wem Zunge, ich bitte dich.

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